Google
This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct
to make the world's books discoverablc online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.
Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.
Äbout Google Book Search
Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web
at|http: //books. google .com/l
Google
IJber dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nu tzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books . google .coiril durchsuchen.
Zeitschrift
für die
Geschichte des Oberrheins.
Neue Folge. Band XIV.
/
i ■ .1-
Zeitschrift
für die
Geschichte des Oberrheins
herausgegeben
von der
Badisehen Historisohen Kommission.
Neue Folge. Band XIV.
[Der gaiuen Reihe 53. Band.]
Karlsruhe.
J. Bielefeld's Verlag.
1899.
3S8ST 005
e, "''"£3''°'x'?^^V>■?.\■5>'ä
STANFORD UNIVCRSITY
IRARIES
JÜN^SSl
\
^-1. /
<-
rvi"«^"* lü
Inhalt.
Seite
Bericht über die siebenzehnte Plenarsitzung der Badischen Historischen
Kommission vom 21 22. Okt. 1898, erstattet von dem Sekretär
der Kommission i
Grandidiers Urkundenbehandlung, von Harry Brcsslau .... 9
Ulrich von Richental, von Konrad Bcycrlc 13
Gräfin Guta von Wertheim, von Pctcr Albert 28
Der Strassburger Stadtwechsel. Ein Beitrag zur Geschichte der
ältesten Banken in Deutschland, von Julius Cahn .... 44
Urkundliches über Colmarer Maler des 15. Jahrhunderts, von Eugen
Waldner 66
r>er Sturz des Mainzer Oberhofmarschalls Joh. Christ, von Boyne-
burg von Karl Wild (Schluss) 78
Zur Geschichte der badischen Presse in der Rheinbundszeit, von
Karl Obser 1 1 1
Die Schlacht zwischen Caesar und Ariovist, von Jo. von Schlum-
berger 169
Die Kostenrechnung einer bischöflich>strassburgischen Gesandtschaft
an die Curie, von Hans Kaiser . 181
Zur Biographie des Dichters Valentin Boltz von Ruffach, von
Gustav Bossert 194
Die Reichsdörfer der Landvogtei und Pflege Hagenau, von Josef
Becker 207
Zur Einverleibung der Reichenau in das Stift Konstanz, von Eugen
Schneider 248
Ein lateinisches Gredicht auf den Abt Laurentius von Altdorf und
Ettenheimmünster, von Albert Krieger 258
Die Überliefcning des ersten Strassburger Stadtrechtes, von Her-
mann Bloch 271
Hadische Gcschichtslitteratur des Jahres 1898, zusammengestellt von
Alfred Winkelmann 299
Das Totenbuch von Salem, von Franz Ludwig Baumann . . 3Sii 511
Die Kaiscrgräbcr im Dome zu Speyer, von Johannes Praun . . 381
Sleidaniana, von Alcuin Hollaender 428
Georg Nessel, beider Rechte Doctor. Ein Strassburger Stadtstipendiat
im Zeitalter der Reformation, von Gustav Knod .... 438
Briefwechsel Balthasar Nenmanns mit Kardinal Schönbom (1728 — 1730)
nebst einer DenkschriA von 1749. Mitgeteilt von Jakob Wille 465
Schloss Bilstein im Ober-Elsass, von Heino Pfannenschmid . . 549
Zur Geschichte Sleidans und seiner Kommentare, von Otto
Winckelmann 565
Zeitschrift
für die
Geschichte des Oberrheins.
Neue Folge. Band XIV.
X
Schneider, Dr. Eugen, Archivrat. Stuttgart.
ScHORBACH, Dr. Karl, Universitätsbibliothekar. Strassburg.
Schulte, Dr. Aloys, Universitätsprofessor Breslau.
VON SiMSON, Dr. Bernhard, Hofrat und
Universitätsprofessor. Freiburg i. B.
Varrentrapp, Dr. Konrad, Universitätsprof. Strassburg.
Waldner, Eugen, Stadtarchivar. Kolmar.
VON Weech, Dr. Frdr., Geh. Rat u. Archivdir. Karlsruhe.
Werminghoff, Dr. Alb., Mitarb. d. Mon. Germ. Berlin.
Wiegand, Dr. Wilh., Archivdir. u. Univ.-Prof. Strassburg.
Wild, Dr. Karl, Professor. Karlsruhe.
Wille, Dr. Jakob, Universitätsprofessor und
-bibliothekar. Heidelberg.
WiNCKELMANN, Dr. Otto, Stadtarchivar Strassburg.
Winkelmann, Dr. Alfred, Professor. Karlsruhe.
Witte, Dr. Heinr., Professor. Hagenau i. E.
Redaktion.
Archivrat Dr. Obser. Archivdirektor Prof. Dr. Wiegand.
Fiir die y>Mitt€ilungem: Archivdirektor Geh. Rat Dr. von Weech.
Redaktionsaussclitiss.
Geh. Hofrat Prof. Dr. ERDMiVNNSDÖRFFER.
Arcliivrat Dr. Obser. Professor Dr. Schäfer.
Hofrat Prof. Dr. von Simson. Archivdirektor Ptof. Dr. Wiegand.
Archivdirektor Geh. Rat Dr. von Weech.
Bericht •
über die
siebenzehnte Plenarsitzung
der
Badischen Historischen Kommission.
Karlsruhe, im November 1898. Die Plenarsitzung fand
am 21. und 22. Oktober statt. Anwesend waren die ordent-
lichen Mitglieder Geh. Hofräte und Professoren Dr. Erd-
mannsdorffer und Dr. Schröder, Kirchenrat Professor
D. Hausrath, Professor Dr. Schäfer aus Heidelberg:
Hüfrat Professor Dr. von Simson und Professor Dr. Dove
aus Freiburg i. B.; Archivdirektor Professor Dr. Wiegand
aus Strassburg; Archivdirektor Geh. Rat Dr. von Weech,
Geh. Rat Dr. Wagner und die Archivräte Dr. Obser
und Dr. Krieger aus Karlsruhe; femer die ausserordent-
lichen Mitglieder Professor Dr. Roder aus Überlingen,
Professor Maurer aus Mannheim und Archivassessor a. D.
I>r. Cartellieri aus Karlsruhe. Die ordentlichen Mitglieder
TTch. Hofrat Professor Dr. Kraus in Freiburg, Professor
Dr. Weber und Universitätsbibliothekar Professor Dr.
Wille in Heidelberg, sowie das Ehrenmitglied Reichs-
archivrat Dr. Baumann in München hatten ihr Ausbleiben
entschuldigt.
Als Vertreter der Grossh. Regierung wohnten der
Sitzung bei Seine Excellenz Staatsminister Dr. Nokk und
Staatsanwalt Dr. Böhm, Hilfsarbeiter im Ministerium der
Justiz, des Kultus und Unterrichts.
I>en Vorsitz führte als Vorstand Geh. Hofrat Professor
Dr. Erdmannsdörffer.
ZcitMhr. f. Gesch. d. Obenrfa. N. F. XIV. i. I
2 Bericht
Die beiden ordentlichen Mitglieder Geistlicher Rat
Professor Dr. König in Freiburg und Professor Dr. Heyck
in München stellten der Kommission ihr Mandat zur Ver-
fügung, jener mit Rücksicht aufsein hohes Alter, dieser in An-
betracht der Verlegung seines Wohnsitzes ausserhalb Badens.
Aus dem vom Sekretär, Geh. Rat Dr. von Weech,
erstatteten Bericht über die allgemeine Thätigkeit der
Kommission im Jahre 1897/98 ist hier zunächst das Ver-
zeichnis der in dieser Zeit im Buchhandel erschienenen
Veröffentlichungen anzuführen:
Kindler von Knobloch, J., Oberbadisches Ge-
schlechterbuch. I. Band, 7. (Schluss-) Lieferung. Heidel-
berg, C. Winter.
Badische Neujahrsblätter. Neue Folge. Erstes
Blatt 1898. von Weech, Fr., Römische Praelaten am
deutschen Rhein 1761 — 1764. Heidelberg, C. Winter.
Im mich, M., Zur Vorgeschichte des Orleans' sehen
Krieges. Nuntiaturberichte aus Paris und Wien. 1685 — 88.
Nebst ergänzenden Aktenstücken. Heidelberg, C. Winter.
Beyerle, C, Konstanzer Ratslisten des Mittelalters.
Heidelberg, C. Winter.
Oberrheinische Stadtrechte. Erste Abteilung.
Schröder, R., und Koehne, K., 4, Heft. Heidelberg*,
C. Winter.
Krieger, A., Topographisches Wörterbuch des Gross-
herzogtums Baden. 5. und 6. (Schluss-) Abteilung. Heidel-
berg, C. Winter.
Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins
Neue Folge. XIII. Band, nebst den
Mitteilungen der Badischen Historischen Kom-.,^
mission Nr. 20. Karlsruhe, J. Bielefelds Verlag.
Der Sekretär berichtet sodann über die Thätigkeit desssj,
am I. Januar 1898 als Hilfsarbeiter für die allgemeine^ ^
Zwecke der Kommission eingetretenen Dr. Hölscher, d^^^
in erster Linie die Weiterführung der Regesten der Mar^J^.
grafen von Baden und Hachberg unterstützte und c3k^ as
Register zum ersten Band vollendete.
Bei der anlässlich des Historikertages in Nürnbe^ssrr
stattgehabten Konferenz landesgeschichtlicher Publikatio'
Institute, welcher der Sekretär nach Sitzungsbeschluss v"«
über die XVI I. Plenarsitzung.
»>
vorigen Jahr anwohnte, wurde der Plan einer Fortsetzunj^^
des Walther-Konerschen Repertoriums wegen der sich er-
gebenden Schwierigkeiten einstweilen vertagt.
Die geplante Gründung einer Kaiser- Wilhelm-Bibliothek
in Posen beschliesst die Kommission durch die Zuwendung
ihrer noch verfügbaren bisherigen sowie aller künftigen
Publikationen zu unterstützen.
Nachfolgende Übersicht zeigt den Stand der einzelnen
Unternehmungen der Kommission, über die in der Plenar-
sitzung Bericht erstattet, beraten und beschlossen worden ist.
I. Mittelalterliche Quellen- insbesondere Regestenwerke.
Für die Fortführung der Regesten zur Geschichte
der Bischöfe von Konstanz war Dr. Cartellieri in
Karlsruhe weiterhin thätig. Er hat im abgelaufenen Jahre
die Verzeichnung der Abteilung Konstanz-Reichenau im
(Tcnerallandesarchiv für das 14. Jahrhundert beendigt und
eine Anzahl von auswärts eingesandter Archivalien erledigt.
Der wachsende Stoffandrang und die veränderte Berufs-
stellung des Bearbeiters machen die Unterstützung durch
einen Hilfsarbeiter notwendig, dessen Anstellung beschlossen
wird. Seine Aufgabe wird sein, den Abschluss des zweiten
Bandes zu fordern und das Register dazu anzufertigen.
Die im vorigen Jahr von Kurt Schmidt aus Berlin
begonnene Durchforschung der vatikanischen Register-
bande, die ihm probeweise für den Bereich von ganz
Deutschland übertragen war, hat sich auf das erste Ponti-
fikatsjahr Gregors XI. (5. i. 1371 — 4. i. 1372) erstreckt.
Von einer Fortführung des Unternehmens in diesem Umfang
soll Abstand genommen und nur das für die Regesten
einschlägige Material herangezogen werden.
Die Bearbeitung der Regesten der Markgrafen
von Baden und Hachbcrg hat nach Professor Dr.
Festers Rücktritt Professor Dr. Witte in Ha gen au über-
nommen und im Laufe des Jahres, unterstützt von Dr.
Ilölscher, wesentlich gefördert. Ein mehrmaliger Auf-
enthalt in Karlsruhe, sowie verschiedene grössere Reisen
haben reiche Ausbeute ergeben. Das Entgegenkommen,
das Professor Witte seitens der Archivverwaltungen in
A Bericht
Karlsruhe, Freiburg-, Strassburg", Kolmar, Obembergheim,
Basel, Aarauy Solothum, Bern, Biel, Innsbruck, Wien
(Haus-, Hof- und Staatsarchiv), München (Reichsarchiv)
und Bamberg erfahren hat, verpflichtet die Kommission zu
grossem Danke.
Nach Abschluss des ersten Bandes, dem später ein
besonderer Ergänzungsband mit umfassenden Stammtafeln,
Siegelabbildungen und einer historischen Einleitung folgten
soll, ist die Fortführung der badischen und der hach-
bergischen Regesten in getrennten, neben einander her-
laufenden Bänden in Aussicht genommen.
Professor Dr. Wille in Heidelberg hat seine Thätig*-
keit an den Regesten der Pfalzgrafen am Rhein
wieder aufgenommen und ausser den gedruckten Quellen-
werken eine Reihe von Kopialbüchern des Generallandes-
archivs bearbeitet. Für das nächste Jahr ist die Durch-
sicht der im Münchener Reichsarchiv liegenden Materialien
geplant.
Von der fränkischen Abteilung der Oberrheini-
schen Stadtrechte ist das von (xeh. Hofrat Professor
Dr. Schröder in Heidelberg und Dr. Koehne in Berlin
bearbeitete vierte Heft erschienen. Es umfasst die Orte
Miltenberg, Obernburg, Hirschnorn, Neckarsteinach, Wein-
heim, Sinsheim und Hilsbach. Von der schwäbischen
Abteilung hofft Dr. Hoppeler in Zürich die Bearbeitung-
der Stadtrechtsquellen von Überlingen, Dr. Beyerle in
Freiburg die von Konstanz in Bälde abzuschliessen.
^Vls eine Frucht seiner weiteren Vorarbeiten hat Dr.
Koehne in der Zeitschr. f. d. Gesch. d. Oberrheins N.F. XI H,
004 ff. eine »Übersicht über das gedruckte und handschrift-
liche Material für die Herausgabe der badischen und
elsässischen Stadtrechte (Das mittlere und südliche Baden)«
veröffentlicht. Das fünfte Heft der fränkischen Stadtrechte
wird die Rechtsquellen von Heidelberg und Mosbach mit
ihren Tochterrechten, sowie von Neckargemünd und Adels-
heim enthalten. Für ihre Bearbeitung hat Dr. Koehne
bereits die Archivalien aus verschiedenen badischen Orten,
ferner aus dem Germanischen Museum in Nürnberg und
dem Königl. Geh. Staatsarchiv in Berlin erledigt. Für das
Aber die XVII. Plenarsitzung. c
ihm bewiesene Entgegenkommen sei auch an dieser Stelle
noch besonders gedankt.
Professor Dr. Schulte in Breslau hat den Plan des
ihm übertragenen Werkes nochmals erweitert und ihm
nunmehr den Titel gegeben: Geschichte des mittel-
alterlichen Handels und Verkehrs zwischen West-
deutschland und Italien unter Ausschluss Venedigs.
tSe Publikation soll je einen Band Darstellung und Ur-
kunden umfassen. Einige Kartenbeilagen sind in Aussicht
Stemmen. Das Quellenmaterial erfuhr eine wesentliche
öereicherung durch die von verschiedenen Seiten gewährte
freundliche Unterstützung. Herr Justizrat Freiherr von
Kress in Nürnberg, die Direktionen des Strassburger Stadt-
^chivs, des Düsseldorfer Staatsarchivs, des Nürnberger
Kreis- und des Karlsruher Generallandesarchivs haben die
Arbeit in dankenswerter Weise gefördert.
II« Quellenpublikationen zur neueren Geschichte.
Für die Vollendung der Politischen Korrespon-
denz Karl Friedrichs von Baden hat die von Archiv-
''at Dr. Obser in Karlsruhe unternommene Reise nach
"^ris und seine mehrwöchige Thätigkeit im Nationalarchiv
^nd im Archiv des Ministeriums der auswärtigen Angelegen-
heiten reiche Ausbeute ergeben, vermöge der opferwilligen
Unterstützung der Beamten beider Archive, vor allem der
Werren Courteault, Viard und Legrand, sowie der Herren
Farges und Chevrier. Ihnen, sowie Herrn K. Couvreu aus
^evey, der die Arbeit durch wertvolle Hinweise
gefördert hat, sei hiemit nochmals besonderer Dank
ausgesprochen. Unter den aufgefundenen Materialien ver-
fi^nen die im Nationalarchiv verw^ahrten Untersuchungs-
akten gegen den Marquis de Poterat, sowie andere für die
Beurteilung der revolutionären Propaganda am Oberrhein
wichtige Schriftstücke Krwähnung. Im Archiv des Mini-
steriums der auswärtigen Angelegenheiten wurde der
Fonds Bade der Abteilung »Correspondance politique
f?icht nur auf die für die Politische Korrespondenz Karl
Friedrichs in Betracht kommenden Stücke durchgesehen,
sondern auch mit Beri\cksichtigung früherer und späterer
\
5 Bericht
Zeit für die badische Geschichte ausgebeutet. Neben dem
Fonds Bade wurden die Fonds Suisse, Wurtemberg und
Baviere, sowie gewisse Bestände der Abteilung »Memoires
et documents«, Fonds Allemagne und France für die Poli-
tische Korrespondenz durchforscht. Alles, was in Paris
für die Publikation zu gewinnen war, dürfte nunmehr
erschöpft sein. — Einen weiteren ansehnlichen Beitrag
lieferten die von dem Grafen von Rechberg-Rothenlöwen
auf Donzdorf durch gütige Vermittlung des Freiherm voa
Stotzingen freundlichst mitgeteilten Korrespondenzen der
Brüder Edelsheim. Auch dafür fühlt sich die Kommissiork
zu Dank verpflichtet.
Für die Sammlung und Herausgabe der Korrespon—
denz des Fürst- Abtes Martin Gerbert von St. Blasiei
war Geh. Rat Dr. von Weech gemeinsam mit Dr. Brunnei
in Karlsruhe weiterhin thätig. Die Erhebungen zur Er-
gänzung des vielfach noch lückenhaften Materials wurdei
fortgesetzt und ergaben wiederum einen namhaften Zuwachi^^
an Originalbriefen und Mitteilungen. Hier sei besonder^^
der freundlichen Unterstützung durch die Herren Delisl<
und Nerlinger in Paris dankbar gedacht. Neben dei
weiteren Bearbeitung der von St. Paul zur Verfügunj
gestellten Korrespondenzbände kommt die von Dr. Brunnei
auf der Augsburger Stadtbibliothek mit Durchsicht dei
umfangreichen Zapfschen Briefsammlung erzielte Ausbeuu
in Betracht. Herrn Bürgermeister von Fischer und
Bibliothekar Dr. Ruess in Augsburg ist die Kommissioi
für ihr Entgegenkommen zu Dank verbunden.
III. Bearbeitungen.
Aus dem von Professor Dr. Gothein in Bonn ein —
gesandten Bericht über seine Vorarbeiten zum zweitenu
Band der Wirtschaftsgeschichte des Schwarz waldes^
und der angrenzenden Landschaften geht hervor^
(iass das Unternehmen durch die von der Kommission,
veranlasste Ordnung und Aufzeichnung der kleineren
Archivbestände von Gemeinden, Pfarreien und Grundherr-
schaften ausserordentlich gefördert worden ist. Professor
(jothein hat an der Hand der Pflegerberichte nicht nur
über die XVII. Plenarsitzung. y
seine Stoffsammlung ungemein bereichert, sondern ausser-
dem noch Stücke von grosser Bedeutung für die Rechts-
und Volkswirtschaftsgeschichte Badens aufgefunden. Weitere
Ergänzungen hat seine Thätigkeit in den Archiven zu Basel,
Freiburg, Strassburg und Karlsruhe gebracht, so dass nun-
mehr alles einschlägige Material vereinigt sein dürfte.
Privatdozent Dr. Ludwig in Strassburg wird sich der
ihm übertragenen Abfassung einer Geschichte der
badischen Verwaltung in den Jahren 1802 —1818
fernerhin widmen.
Für die Fortsetzung des Oberbadischen Ge-
schlecht er buchs hat Oberstlieutnant a. D. und Kammer-
herr Kindler von Knobloch in Berlin seine Thätigkeit
wieder aufgenommen.
Die Sammlungund Zeichnung der Siegel und Wappen
der badischen Gemeinden wurde fortgesetzt. Der Zeich-
ner Held war wie bisher dafür thätig. Insgesamt sind
nun für 56 Städte und 145 Landgemeinden neue Wappen
und Siegel unter Leitung der Archivdirektion entworfen
w"orden. Die Siegel der Städte in den Kreisen Mosbach,
Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe werden im ersten Heft
einer auf drei Hefte berechneten Sammlung veröffentlicht
Verden.
IV. Ordnung und Verzeichnung der Archive der
Gemeinden, Pfarreien u. s. w.
Auch im Jahre i8y8 haben die Pfleger der Kommission
unter Leitung der Oberpflcgcr Professor Dr. Roder,
.Vrchivrat Dr. Krieger, Professor Maurer und Professor
l^r. Wille eine Reihe von Archiven verzeichnet. Ein-
drehender Bericht über diese Thätigkeit, sowie das Ver-
zeichnis der Pfleger wird in Nr. 21 der Mitteilungen der
l»adischen Historischen Kommission* veröffentlicht.
V. Periodische Publikationen.
Von der Neuen Folge der Zeitschrift für die (tc-
'^«•'hichte des C>berrheins ist unter der Redaktion von
Archivrat Dr. Obs er und Archivdirektor Professor Dr.
8 Bericht
Wiegand der XIII. Band (der ganzen Reihe 52. Band)
erschienen. Als Beilage waren wie bisher die Mitteilungen
der Badischen Historischen Kommission (Nr. 20) bei-
gegeben, deren Redaktion der Sekretär der Kommission
übernommen hat. Ausser den Pflegerberichten brachten
sie zum erstenmal Publikationen aus den Bestanden des
Generallandesarchivs, sowie Auszüge aus franzosischen
Quellenverzeichnissen.
Das Neujahrsblatt für 1898 »Römische Praelaten am
deutschen Rhein 1761 — 1764« von Geh. Rat Dr. von Weech
ist im Januar erschienen. Für 1899 bearbeitet Professor
Dr. Gothein in Bonn das Neujahrsblatt, das Johann
Georg Schlosser, den hervorragenden Rat Karl Friedrichs,
behandeln soll.
VI. Wahlen.
Die Kommission hat den Archivar der Stadt Frei —
bürg i. B. Dr. Peter Albert zum ausserordentlichen Mit —
glied gewählt. Die Wahl wurde durch Erlass des Grosslm •
Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts vonn
28. Oktober d. J. bestätigt.
Nach Erledigung der Tagesordnung schloss der Vox"-
sitzende die XVII. Plenarsitzung, indem er Seiner König" -
liehen Hoheit dem Grossherzog, der Grossherzogliche-n
Regierung und der Volksvertretung für die gnädige ur»d
wohlwollende Förderung der Arbeiten der Kommission,
sowie den Herren Regierungsvertretern für ihre Anweseii-
heit in der Sitzung den aufrichtigsten Dank der Kommission
aussprach.
Grandidiers Urkundenbehandlung.
Von
H. Bresslau.
Da es im Elsass immer noch Leute giebt, die auch nach
dem von H. Bloch geführten, völlig schlagenden Beweise nicht
glautben wollen, dass Grandidier Urkunden gefälscht habe, sei
hiei- ein neuer Beleg») für die kecke Willkür gegeben, mit
der der Verfasser so vieler verdienstlicher Werke über
elsässische Geschichte die ihm vorliegenden Urkunden miss-
handelt hat.
In der Hist. d'Alsace 1, pi^ces justificatives S. CCXII
n, 372 hat Grandidier das Diplom Heinrichs II. für Kloster
Hohenburg vom 29. September 1016, Stumpf n. 1676, drucken
lassen. Von dem Original der Urkunde ist nur ein Bruchstück
im Strassburger Bezirksarchiv erhalten; ausserdem befindet
sich dort ein Originaltranssumpt Rudolfs von Habsburg vom
Jahre 1284. Grandidier hat jenes Bruchstück nicht gekannt oder
nicht beachtet; er druckt die Urkunde*) >ex autographo, cui
inseritur, Rudolphi imperatoris an. 1 284 diplomate, quod ser-
vatur in tabulario episcopali Argentinensi Tabernis Alsaticis«.
•
') Kurz berührt habe ich diesen Fall schon im 3. Kande der Jahrbücher
Heinrichs II. S. 39 N. 2. — -) Wie vor ihm Albrecht, Hi8tor>' von Hohcn-
^^Tf prob. p. 3. Von dem sagt Grandidier nach seiner Gepflogenheit, er
•••Dc die Urkunde ->mu1tum \'itiose« ediert. In der That hat Grandidier eine
™*kl Lesefehler Albrechts verbessert; an einigen Stellen aber hat Albrecht
nchtif^r als sein Nachfolger, und an anderen haben beide falsch gelesen.
^^ allem aber: Albrecht druckt ehrlich ab, was er zu lesen gemeint hat;
Grandidier entstellt, wie wir sehen werden, den Text in willküi liebster und
"Ehrendster Weifte.
IQ Bresslau.
In dem Transsumpt fehlen die Zeile der Königsunter-
schrift und die Kanzlerrecognition ; die Datierung lautet:
>Data III. kal. oct. indiccione XV, anno dominice incarnacionis
millesimo XVII, anno domini Heinrici secundo etc.* (wo
»secundo' für >sccundi* verschrieben ist); der Schluss der
Datierung »regnantis XV, imperii autem III; actum Erenstein;
felicitcr amen (wovon die Worte III — amen noch in dem
Originalfragment erhalten sind) fehlt in dem Transsumpt, und
ist erst von viel jüngerer Hand aus dem früher noch voll-
ständigeren Originaldiplom am Rande nachgetragen.
Während nun Albrecht, der die Urkunde zuerst im
Jahre 1751 aus dem Transsumpt herausgegeben hatte, sich
mit einem einfachen Abdrucke dessen, was er in seiner Vor-
lage fand, begnügte, strebte Grandidier auch hier danach
seinen Vorgänger zu übertreffen. Er meinte das lückenhafte
Eschatokoll vervollständigen zu müssen, hielt sich aber nicht
für verpflichtet, seine Leser davon zu unterrichten, was er
in der Überlieferung gefunden, und was er selbst auf eigene
Faust hinzugefügt hatte. Mit vollkommenem Rechte griff er
bei seinen Ergänzungen auf das sog. grössere Testament der
heiligen Odilia zurück, da dieses, wie er schon früher erkannt und
in der Hist. de Strasbourg I, pieces just. XLVI N. f. bemerkt
hatte*), eine mit Hilfe eben unserer Urkunde für Hohenburg
angefertigte Fälschung ist. Er entlehnte also aus dieser
Fälschung Signumzeile und Recognition sowie den Ortsnamen,
dessen Form ^Franchonofurt« 2) er aber mit Benutzung des
Diploms Heinrichs II. für Strassburg (Stumpf n. 1685, Grandi-
dier, Hist. d'Alsace l, pieces just. CCXI n. 371) in »Franchone-
ford änderte. Dieses letzteren Diploms endlich bediente er
sich auch um Königs- und Kaisersjahr, die in dem Trans-
sumpt fehlten, zu ergänzen; so schrieb er, entweder nach
dem Original oder nach dem Drucke bei Schöpflin
') An eben die-scr Stelle hat er dann freilich seine Leser gröblich
getäusclit, indem er ihnen die Behauptung auftischt, die Hohcnburger Urkunde
schHesse ebenso wie das gcfiilschle Testament mit Signumzeile, Recognition
und Actum Franchoneford--. Wir sahen schon, dass in der Grandidier
bekannten Überlieferung der Hohenburger Urkunde Signumzeile, Recognition
Mtul Ortsangabe fehlten, und dass die letztere im Original der Urkunde, das
«iramlidier nicht kannte, Erenstein , nicht jFranchoneford. lautete. — ^) In
tirandidicrs Druck des Testaments steht irrig Franchenfurt-.
Grandidiers Urkundenbehandlung. 1 1
Alsatia dipl. I. 150 n. 189: >regnantis XVP), imperii
autem IVc.
Dass Grandidicr bei diesen Ergänzungen, trotz allen
Scharfsinns, nicht das richtige getroffen und sowohl die
Regierungsjahre wie den Ortsnamen falsch angegeben hat,
wodurch die Forschung bis in die neueste Zeit irre geführt
worden ist, — daraus soll dem grossen Gelehrten kein
strenger Vorwurf gemacht werden, so wenig es auch unseren
heutigen und wohl auch den damaligen Anschauungen
gewissenhafterer ürkundenherausgebcr entspricht , dass er
seine Conjecturen dreist für mittelalterliche Überlieferung
ausgab. Unentschuldbar aber ist, wie er an einer Stelle mit
dem Texte der Urkunde umzuspringen wagte.
Dieser zufolge w^ar der Kaiser dem Kloster Hohenburg
gnädig vintcrventu vcncrabilis nostriquc dilecti fidelis Weren-
harii Argentinensis ccclesie episcopi et Hezclini ciusdem
ecclesie filiic. So steht in dem Grandidicr vorliegenden
Transsumpt, und so — nur mit dem Lesefehler »Hemgelini«
statt »Hezelini« — hatte Albrecht gedruckt; glücklicherweise
ist auch das Original Heinrichs 11. selbst an dieser Stelle
unverletzt, und auch in ihm steht »Hezilini eiusdem
acclesiae (!) filii«. Den Strassburgcr Kleriker Heinrich, der
hier zusammen mit seinem Bischof als Bittsteller genannt wird,
kennen wir sonst nicht sicher-); und Grandidicr kannte ihn
auch nicht. Aber er kannte einen Würzburger Bischof dieses
Namens (vgl. Hist. de Strasbourg II, 25), und es mochte ihm
angemessener erscheinen, dass der Würzburger Prälat und
nicht ein einfacher Kleriker sich für die Hohenburger Äbtissin
') In Grandidiers eigenem Drucke von St. 1085 steht falschlich ^regnantis
XV., — Im Voibeigehcn sei hier bemerkt, dass Grandidicr bei seinem
Abdiuck von St. 1685 (Hist. d'Alsace T, picces just. CCXI n. 371) wiedenim
^hOpflin den Vorwurf macht, er habe vitiose ediert. In AVirklichkeit
unterscheidet sich sein Druck von demjenii;en Schnpflins zum besseren nur
*o Jrei Stellen durch je einen Buchstaben (?cum statt tum*, »Argentinae
*tatt lArgentine« und Phaffenhoven.. statt *Pfaffenhoven r. dagegen hat an
üiti anderen Stellen Schöpllin ihm gegenüber das richtige. — -) In der
*ahncheinlich gefTdschten Urkunde Hischof Werners für S. Stephan (Strass-
t^urger U.B. I. 41 n. 51) kommt ein Hczelo scolaslicus vor, den man für
denselben halten könnte, wenn man sich auf die Zeugennamen dieser
Urkunde verlassen dürfte: vgl. AViegand in dieser Zeitschrift X. F. IX, 420.
12 Bresslau.
bemüht habe. So druckte er denn kühnlich: »interventu
venerabilis nostrique dilecti fidelis Wernharii Ar-gentinensis
ecclesie episcopi et Hezelini Wurceburgensis^) ecclesie
episcopi«. Jede Möglichkeit eines Lesefehlers ist hier ebenso
ausgeschlossen, wie die Annahme, dass Grandidier durch
einen Anderen getäuscht worden sei. Was er gethan hat,
vermögen wir auf gut deutsch nicht anders auszudrücken als
mit dem Urteil: er hat den ihm vorliegenden Text wissent-
lich und absichtlich verfälschtl Auch in französischer
Sprache wird sich kaum ein anderer Ausdruck für sein Ver-
fahren finden lassen.
^) Die Namensform WurceburgeDsis«: entlehnte er aus der Urkunde
Heinrichs II. Stumpf n. 1590 (vgl. Hist. d'Alsace I, pi^ces just. CCVl
n. 367), wo Bischof Heinrich von Würzburg wirklich mit Werner zusammen
genannt wird.
Ulrich von Richental.
Von
Konrad Beyerle.
Die Herkunft des berühmten Konstanzer Konzil-
chronisten konnte bisher nicht genügend aufgehellt
werden. Nachdem früher über denselben die wider-
sprechendsten Angaben im Laufe waren, ist durch die
Forschungen von Bück'), Heycks) und Ruppert^) soviel
sicher gestellt worden, dass Ulrich von Richental der Sohn
des Konstanzer Stadtschreibers Johannes von Richental,
selbst Konstanzer Bürger, Laie, verheiratet war, sowie
dass er im Jahre 1437 starb. Eine Reihe von Einzelnach-
richten über seine Vermögensverhältnisse brachte Ruppert
aus den Konstanzer Steuerbüchern bei, seine Verwendung
^u politischen Sendungen während der Konzilszeit hat von
Bück gebührende Beachtung gefunden. Dagegen herrscht
über die entferntere Herkunft der Familie Richental bis
heute völliges Dunkel, das lediglich der Vermutung Raum
verstattete, der Name möge von dem Dorfe Richenthal im
Kanton Luzem herrühren.
Eine Urkunde, auf die ich während anderweitiger
Nachforschungen im Grossh. Generallandesarchive zu Karls-
ruhe stiess und die ich in Beilage I wiedergebe, scheint
endlich die erwünschte Klarheit schaffen zu wollen. Datiert
vom 19. April 1361, ausgestellt vom bischöflichen Oflfiziale
2U Konstanz, enthält sie den Verzicht zweier Frauen von
') Einleitung zu dessen Ausgabe der Chronik Richentals in der Bibliothek
^ Htterariichen Vereins, Band 158 S. 9 fF. — *) Forschungen zur deutschen
'»«•dttchtc. Band XXV S. 553—555. — ') Konstanzer geschichtliche Beiträge,
H«ft I. S. 151 ff.
lA Beyerle.
Konstanz auf alle Ansprüche, die sie an das Mesnereiamt
der Domkirche zu Konstanz inbetreff des Hauses zum
Rappen, gelegen an der Münstergasse in Konstanz, haben
mochten. Die zwei Frauen sind Katharina, die Tochter
des verstorbenen Konstanzer Geschlechters Hugo
Schnewiss, die Witwe des bischöflichen Notars
Johannes von Sünchingen, und ihre Tochter Mar-
garetha, die Witwe des Konstanzer Schmiedes
Georg Richental. Keine Frage, in dem zuletzt Genannten
haben wir den Grossvater des Chronisten vor uns, und so
ist durch diese Urkunde der Zusammenhang Ulrichs von
Richental und seines Vaters, des lateinkundigen Proto-
notars, mit dem Konstanzer Patriziate Dank der ausfuhr-
lichen Personalangaben der Offizialatskanzlei mit einem
Male erschlossen.
Bisher war wohl bekannt, dass um die Wende des
dreizehnten und zu Beginn des vierzehnten Jahrhunderts
ein Konstanzer Domherr Ulrich von Richental existierte.
Man durfte daher annehmen, dass die Familie schon seit
dieser Zeit in Konstanz ansässig war. Allein für die Ab-
stammung des Chronisten war damit nichts anzufangen.
In dem ehrsamen Schmiedmeister Georg Richental ist das
Glied gefunden, das uns weitere unerwartete Einblicke in
die Familiengeschichte des Chronisten gewährt. Bei dem
überaus seltenen Vorkommen des Namens Richental in
den Konstanzer Urkundenbeständen liegt die Annahme
der Verwandtschaft jenes Domherren Ulrich von Richental
mit dem Schmiede sehr nahe. Wir werden in ihm nicht
mit Unrecht einen Vaterbruder des Georg Richental erblicken
dürfen.
Es verlohnt sich, zunächst für die Person jenes Dom-
herrn Ulrich von Richental hier zusammenzustellen, was
die Konstanzer Bischofsregesten zu seiner Lebensgeschichte
berichten. Bislang fand die auf Eiselein zurückgehende
Ansicht Vertretung, es habe in Konstanz mehrere Dom-
herrn aus der Familie von Richental gegeben. Noch
Ruppert Hess dahingestellt J), ob der zum Jahre 1282
erwähnte Chorherr von St. Stephan in Konstanz eine andere
') A. a. O. S. 14c).
Ulrich von Riehen tal. I =
Person sei als der Domherr Ulrich von Richental, der seit
dem letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts mehrfach genannt
wird. Allerdings verhielt er sich dem weiter von Eis el ein
für die Jahre 1340 — 1344 angeführten Domherrn von Richen-
tal gegenüber zweifelnd. Mit vollem Recht. Denn die
Annahme einer solchen Persönlichkeit findet in den bereits
bis zum Jahre 1351 reichenden Konstanzer Bischofsregesten
keine Stütze. Aber es handelt sich überhaupt nur um
einen Domherrn von Richental, denn der 1282 — 1284
erwähnte*) Chorherr von St. Stephan ist niemand anders
als der spätere Domherr Ulrich von Richental, welcher für
die Jahre 1289 — 13 14 häufig belegt ist^). Aus seinem am
II. Mai 13 14 abgefassten Testamente') geht mit Sicherheit
hervor, dass er aus dem Gebiet des heutigen Kantons
Luzern stammt. Er besass ein eigenes Haus in dem Städt-
chen Sursee. Und was anderes hätte ihn veranlassen sollen,
an das Kirchlein des Dorfes Richenthal eine letztwillige
Vergabung zu machen, wenn es sich nicht um die Kirche
=^iTier Heimat gehandelt hätte? Wir dürfen als festgestellt
betrachten, dass die Familie Richental wirklich aus jenem
*nn erschweizerischen Dorfe stammt, und da unser Domherr
^•flfenbar noch persönliche Beziehungen zu der alten Heimat
unterhielt, wird die Vermutung nicht unangebracht sein,
^ass die Familie nicht allzu lange vorher in die Bischofs-
stüdt übergesiedelt ist. Mir scheint es am natürlichsten,
dass der Domherr ITlrich von Richental selbst es gewesen
•"^in wird, der jenen Georg, einen Schmied, seinen ver-
deutlichen Neffen, in die Stadt zum Zwecke dos bessern
I* Ortkommens gezogen hat.
Der Domherr Ulrich von Richental stand schon zu
Bischof Rudolf II. von Ilabsburg in guten Beziehungen.
Er stiftete nach dessen Hinscheiden zur Gedächtnisfeier
des Verstorbenen zwei Wachskerzen von seinem unweit
Konstanz gelegenen sog. Huwersgarten*). Welche Ver-
trauensstellung derselbe bei dem Klingenberger einnahm,
ergiebt die Thatsache, dass der letztere ihn mit zum Voll-
*: Recestcn zur Gesch. d. Bisch, von IvouManz II, Nr. 25ÖÖ, Xr. 2« »07.
- ■) Rcgj». Nr. 2710, 2786. 2815. 2041b, 2072. 3007. 3 181. 5245. -
' ReR. Nr. 3f.74. — •) Regg. Xr. 2844.
lö Bcyerle.
Strecker seines Testaments berief*). Am 27. Mai 1300
entschied Ulrich von Richental als Schiedsrichter mit
Domscholaster Mag. Walther und dem Konstanzer Vogt
Albrecht von Klingenberg einen Streit zwischen dem
Kloster Petershausen und Bischof Heinrich von Konstanz
über Mühlen des Klosters im Rheine bei Konstanz').
Im Konstanzer Münster verewigte sich der Domherr durch
Stiftung des Altars und der Kaplaneipfründe der hl. Cäcilia.
Der Altar befand sich auf der rechten Seite des Chores
der Domkirche. Heinrich von KHngenberg war dieser
Stiftung sehr gewogen. Er übertrug am 29. September 1300
alle im Laufe des Jahres für den Hochaltar fallenden
Spenden dem Cäcilienaltar mit Ausnahme derjenigen Reich-
nisse, welche für die den Gottesdienst am Hochaltar jeweils
abhaltenden Geistlichen bestimmt waren. Zugleich stellte
er für die neugestittete Kaplaneipfründe ein Statut auf.
Dotiert hatte Ulrich von Richental seine Pfründe mit Ein-
künften von seinem sog. Hdwersgarten bei TägerweUen
(Kt. Thurgau), mit einem der ürtlichkeit nach nicht näher
zu bestimmendem Weingarten, mit einem Hause in Meers-
burg und mit einem Weingarten in Klingnau (Kt. Aargau)*).
Melirerr; Urkunden weisen auf Beziehungen unsers Dom-
herrn zum Kloster Boromünster ^). Mit andern Domherren
lag auch Ulrich von Richental vom Jahre 1308—1310
wegen Widersetzlichkeit gegen den Mainzer Erzstuhl itti
Kirchenbann^). Deutliclier aber als alles andere zeigt uns
das schon erwähnte Testament des Domherrn seine Wohl-
habenheit, seine weitverzweigten Beziehungen und seine
angeschene Stellung in der Di(")zese Konstanz. Ich kann
mir nicht versagen, das interessante Aktenstück als specimen
eines solchen geistlichen Testaments aus der KonstanX^^
Praxis des Mittelalters in Beilage II wörtlich mitzuteite^-
Zum II. Juli 1324 ist Ulrich von Richental ausdrückli^^^
als tot erwähnt**).
Kehren wir nach diesen Bemerkungen über den Dox^'
lierrn Ulrich von Richental zu unserer Urkunde zurück "^
Diesell:)e stützt die schon von Ruppert genügend erwiese^"*
') Regtr. Xr. 31 18. — -') Rcgo. Nr. 3174. — •') Regg. Nr. 3197.
*) ReKg. Nr 3294, 3300. — ^) Repg. Nr. 3490, 3507, 3532. — *)
Xr. 4000.
Ulrich von Richental.
17
^hauptung, dass die Familie Richental jedenfalls nicht
lern Konstanzer Patriciate angehörte, mit neuem Beweise.
Der zünftige Schmied heisst darin schlechthin Georius dictus
E<.ichentaL »Von« Richental schreibt erst der vornehmere
Sohn, der Stadtschreiber Johannes Richental 1). Dass übrigens
stuf diese Unterscheidung nicht allzu viel abzuheben ist,
hat schon Ruppert hervorgehoben, zumal, wie wir jetzt
Rissen, der Name der Familie von ihrem Heimatsorte
genommen ist. Die weitere Frage, wie die Handwerker -
familie zu so angesehener Stellung aufrückte, wie es die
des Stadtschreibers war, beantwortet sich nun an der Hand
unserer Urkunde sehr einfach. Schwiegervater des Schmiedes
Georg Richental war ein gelehrter Jurist, der auch ander-
wärts erwähnte kaiserliche und Notar des bischöflichen
Hofes Johannes von Sünchingen«). Jeder Zweifel, dass
Johannes von Richental der Sohn des bereits 1361 als tot
gemeldeten Georg Richental war, wird durch die That-
sache behoben, dass ja gerade der Stadtschreiber den
Namen seines mütterlichen Grossvaters, Johannes, trug.
Gewiss war es dieser Grossvater, der Notar des Konstanzer
Hofes, der seinen Enkel in die Lateinschule brachte und
ihm zu den juristischen und allgemeinen Kenntnissen ver-
half, welche wir an Johannes von Richental während seiner
langjährigen Amtsführung stets bemerken. Man braucht
nur an die schwierige Vertretung des Konstanzor Rates im
Prozesse gegen Bischof Heinrich von Brandis^) oder daran
w erinnern, dass Johannes von Richental für die ver-
schiedensten Zweige der Ratsthätigkeit eigene Protokoll-
bücher anlegte und musterhaft führte, um hiefür genügen-
den Beweis angetreten zu haben.
Aber mehr vielleicht noch als die Abstammung von
<1^ bischöflichen Notar Johannes von Sünchingen war die
-) Vgl. den eigenhändigen Eintrag desselben zu Beginn des Bürger-
^hi von 1378 bei Ruppert, Chroniken, S. 408. — ') Regg. Nr. 4723,
47-4« 4835. 5039. Er besass auch die Mesnereipfründe am Dome zu Konstanz.
*^*ber mögen die Ansprüche seiner Witwe an dieselbe rühren. Vgl. die
*ngwlnickle Urkunde GI-A Karlsruhe 5. Spcc. Conv. 181 zum Jahre 1362,
J^> 12. Ich verdanke die Kenntnis dieser Urkunde der gütigen Mitteilung
^ Herrn Dr. AI. Cartellieri. — ») Vgl. Ruppert, Ein wichtiges Akten-
*^^k, in seinen KonsUnzer geschichtlichen Beiträgen, Heft 1, S. 133 ff.
Z«ittchr. f. Getch. d, Oberrb. N. F. XIV i. 2
n«f«rl!
übe
Ir
,f-" ■"'Jflj,», dem talentvollij
./.-- ■''* jcm hohen Vertrauens-
'.'■■■" ' ■'-'"",' /Constanz zu ersghliessen.
•■i:^''"'"^Jd^<^^^''^^ i356-'38q'), indeas
«reclcer »eines
entschied ''
Domsch'
Albrer
Klos' ^_
^^^'^'t'teS^S:'''' ^'^"^ '" städtischen Ur-
*" "z"^' '^nS? der 50« Jahre vor. Den dritten
^■•^\t/>o" **" go hat Johannes Richental nicht lange
''^ft^'^'i.'^^L.di^'^^'^^^'"' ^""^'^ ■^'J» einen
X^l^'- Zchr^'t>^ In ''«'■ P'""5°" "^^^ ^^^^'^ ^**=*'*
nr«--" ^, jUerJnrflT'J'r ff®""^ verschwinden um dieselbe
besteli'^ ^^ ^^.ijnewiss aus den Reihen der Konstanter
Zeit «i"^ obwohl deren mehrere noch am Leben seht
Qeschi ' (g„ gje nicht zu der im dritten Zunflaufstand
'"''''*) floen Partei gehört haben und infolgedessen von
''"'^ ver/ogen sein')? Denn dass Johann Richental
iKt durch den dritten Zunftaufstand zeitweilig seines
Amtes entsetzt wurde, ist nach einem Eintrag im ältesten
Konstanzer Ratsbuch nicht fraglich').
Für die Familiengeschichte der Schnewiss, die durch
ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu Ulrich Richental
auf einmal unser lebhafteres Interesse erwecken, lässt sich
kurz folgendes ermitteln.
Die erste Nachricht, die uns von ihrem Namen berichtet,
jteigt die.'selbe sofort in hervorragender Stellung. Hu^
Schnewiss war es. der in Gemeinschaft mit Konrad Unter-
schopf im Jahre 1 255 als Vertreter der aufstrebenden
Konstanzer Bürgerschaft die Reise zu König Wilhelm
von Holland unternahm und am 4. November zu Boppard
für dieselbe das Privileg der freien Ratshaltung erwirkte').
Dass dabei vor dem Könige sehr bittere Worte über den städte-
feindüchen Bischof Eberhard gefallen sein müssen, bestätigt
uns der Sühnebrief des Abtes Berthold von S. Gallen, der
unter seinen im übrigen wesentlich verfassungsrechtlichen
Bestimmungen auch die enthält:
') Bey«l«, RaUHttin, S. «5. 1, J. IJS^, Fehr. <; S. 113, 1. J. 1389,
JanI iS. — •) Rutipert, ■. s. Ü. S. i.S). — ') Vgl. Ober den drimn ZobÄt'
■iilaUnd Golbcin, WlnKhal\semcbicbte dci Schmn:«kkls, Bd. I,
— ') RM»li«i«ii, S. 11;, ~ •) V. Weech. KAlMnekkt. ZGO. N,F,
Dtadc WiDkelmano, Acu impcrii I. 448 Nt. SS&
^;.||
Ulrich von Richental. ig
»Swas unserme herren dem bischof von hem Hugen
Schnewissen und hem Cünrat under Schophe geschehen
ist mit ubelrede vor dem Künge ald anderswa, des sint die
burger niht wer und bütten des ir unschulde; ouch bütten
sü baide desselben ir unschulde. Des erlies sü unser herr
der bischof alle und geloubete in das«^).
Mangels früherer Quellen müssen wir diesen Hug
Schnewiss als Stammvater der Familie betrachten. Als
dessen Sohn hat der ein Menschenalter später erwähnte
Amolt Snewisser zu gelten, welcher am 9. Oktober 1281
ihm eigentümlich zugehöriges Sumpfgelände am See in
Konstanz hinter dem Augiistinerkloster diesem letztem zur
Anlage eines Klostergartens übertrug*). Wieder ein
Menschenalter später taucht der Name Hugo Schnewiss
aufs neue auf, was seinen Träger als Enkel jenes älteren
Hugo Schnewiss erweist. Er ist zu verfolgen von 1315
bis 1344. Nahe Beziehungen verbanden ihn mit S. Gallen.
Er ist Träger des Spitals S. Gallen über Lehengüter des
Bistums Konstanz im S. Gallischen a), und besitzt auch in
eigenem Namen ein Konstanzisches Lehengut dortselbst«).
Als »der junge Snewisse« bezeichnet, kauft er in Gemcin-
scliaft mit Heinrich Spiser von dem Konstanzer Bürger
^Conrad Appe dessen Güter bei Steinach, ebenfalls im Kt.
S. Gallen, um die ganz bedeutende Kaufsumme von
^4-5 Pfund Pfennig*). Wir dürfen daraus einen Schluss auf
Wohlhabenheit der Familie ziehen, wir dürfen aber
tus weiter entnehmen, dass damals, es war der 1 2. März
* 320, Amolt Schnewiss, der »Alte«, noch am Leben war.
n weiteres Zeugnis für den Reichtum dieses Hugo
inewiss ist die Thatsache, dass er im Jahre 1325 für
tiischof Rudolf IIL von Konstanz Bürgschaft leistet«).
■ 3^8 ist er Salmann des Augustinerklostcrs in Konstanz').
fc-s müssen also andauernd gute Beziehungen der Familie
^'Ji diesem Kloster bestanden haben. Am 2. Februar 1333
*) Hier mitgeteilt nach Wart mann S. Gallcr Urk.-Buch III S. 709,
^». iq. Vgl. auch Roth v. Schrcckcnstcin, Bischof Eberhard II. von
twontunz im Kampfe mit der Stadt. ZGO. 26. 340 f. — «) Rcpp. 2534. -
** ^<«Cg 3704- — ') RcRR- 373»- — *) Wartmann, S. Gallcr Uik,-Buch III,
^ 4»9ff., Nr. 1259 und 1260. — *) Ratslistcn S. 77, /. J. 1325 o. T. —
'"> Ratslisten S. 78, 2. J. 1328 Jan. 28.
20 Beyerle.
erscheint Hug Snewis in der Gerichtsbank des Amman-
gerichts zu Konstanz i), im gleichen und im darauffolgenden
Jahre als Zeuge für Kloster Salem"). Im Jahre 1344 als
>Hug Snewis der alte« bezeichnet'), verschwindet er seit-
dem aus den Quellen, in unserer Urkunde vom ig. April
1361 wird er ausdrücklich als gestorben angeführt.
Hug Schnewiss besass nachweisbar vier Söhne und
eine Tochter. Das Steuerverzeichnis vom Jahre 1351
erwähnt Ulrich, Arnolt und H. Snewis*), die Ratsliste von
1368 als Brüder: Ulrich, Hugo und Johannes Schnewis»).
Amok ist der Enkel des gleichnamigen Schnewis, den wir
oben zum Jahre 1281 kennen lernten und damit der Sohn
des Hug Schnewiss, auch wenn er nicht ausdrücklich als
solcher bezeugt ist. Dagegen ist Ulrich Schnewiss aus-
drücklich als Sohn des altern Hug Schnewiss bezeichnet«),
daher sind auch dessen Brüder Hugo und Johannes Söhne
des altern Hug Schnewiss, Hugo umsomehr, als sein Vater
1344 der »alte« Hug Schnewiss genannt wird. Dass die
Frau des Notars Johannes von Sünchungen die Tochter des
Hug Schnewiss ist, ergiebt unsere Urkunde.
Arnold Schnewiss, 1351 erwähnt, war 1388 bis 138g
Mitglied des ersten Rates''). Hugo Schnewiss bekleidete
von 1361 bis 1371 das städtische Amt eines Pflegers der
Siechen am Feld und befand sich nachweisbar seit 1368
im Rate, dem er bis 1378 angehörte. Ulrich Schnewiss,
schon 1351 unter den Steuerpflichtigen, war im Jahre 1368
ebenfalls schon Ratsmitglied, sa.ss 1376 bis 1377 im zweiten
und 1379 bis 1387 im ersten Rate. Endlich befand sich
auch Johannes Schnewiss 1368 im Rate, zu welchem er
im Jahre 1376 und also vermutlich auch während der
Zwischenzeit zählte.
Ob wir in dem weiter vorkommenden Rudolf Schne-
wiss, der 1375 Bürge des Rates und dabei wahrscheinlich
selbst Ratsmitglied war, von 1377 ^^s 1383 im vierten Rate
sass und in der Ratsliste des letztem Jahres durchgestrichen,
') Ratslistcn S. 79, z. J. 1333 Febr. 2. — ') Ratslisten S. 80, z. J
1333 Juni 20 und 1334 März 2. — *) Ratslisten S. 83, z. J. 1344 Sept. 25-
— *) Ratslisten S. 240. — *) Ratslisten S. 89. — •) Ratslisten S. 83, z. J ~
1344 Sept. 25. — ') Vgl. für dieses und die folgenden Daten Beycrl« ^
Ratslistcn.
Ulrich von Richental. 2i
also vermutlich im Verlaufe desselben verstorben ist, eben-
falls einen Sohn des Hugo Schnewiss zu erblicken haben,
wage ich mangels näherer Anhaltspunkte nicht zu be-
haupten.
Seit 1389 erscheint kein Schnewiss mehr in den Rats-
listen, ja verschwindet die damals doch zahlreiche Familie
für immer aus denselben. Die Annahme erscheint daher
nur zu berechtiget, dass die Familie in den Wirren des
dritten Zunftaufstandes zu der unterliegenden Partei gehörte
und darum wohl, wenn nicht geradezu auswanderte, so
doch sich am politischen Leben der Stadt Konstanz nicht
mehr beteiligte. Die Thatsache, dass gerade mit dem
Jahre 1389 jede Nachricht über die Familie wie abgeschnitten
erscheint, wird anders kaum befriedigend erklärt werden
können.
Nun kann aber auch nicht mehr auffallen, dass der
Konzilschronist Ulrich von Richental kein öffentliches Amt
in seiner Vaterstadt bekleidet hat, trotzdem er der Sohn
eines in ihrer äussern und innem Verwaltung höchst ein-
flussreichen Beamten und trotzdem er ein für seine Zeit
gebildeter und kenntnisreicher Mann war. Die Ver-
abschiedung seines Vaters erfolgte unter Umständen, welche
ihn zum herrschenden Regiment im Gegensatz stehend er-
scheinen lassen. Und gleichzeitig mit seinem Vater waren
auch die Angehörigen derjenigen Familie aus ihrer öffent-
lichen Stellung gewichen, die ihn mit dem Patriziate der
Stadt Konstanz aufs engste verband. Mochte immerhin
seine Herkunft ihn zu den Missionen befähigen, mit denen
er zur Konzilszeit betraut wurde, mochte selbst eine grosse,
uneigennützige Liebe zur angestammten Heimat ihn zur
Verewigimg ihrer glänzendsten Tage begeistern, Ulrich
von Richental hatte am politischen Leben seiner Vater-
stadt aus den dargelegten Gründen keinen thätigen An-
teil mehr.
22
Beyerle.
C/5
Vi
> *
3- O
c
09
o
2^
n*
5*
(^ «--1
^ 3 /Ö
^ ^
g-'s-
Sg5S-
er ci
«g
r§ §
• 3
¥
< 3
O A
p£
•
^i4
3 »»
3
M
*•
3
£ Q
Cm
Cm
O
•
<
o
3
o 5* S
3
3
p-S ei
5! 'S
^^ ^rf P^
<•
O^
U>
L—J i_
00
u*
vO
c^
3-
3
3
• C/3
r* 3*
0 2
09 /-<
B„ P öS
Sg-aP" B fr
B "^
«^ ^J 3
O
3*«
o -
^°S S <^ ^ O 3
ST ™ I • J^i
3
09
CM
^ 3
00
CM
' a
00
Cm
CM 3-
00
o o
00 er
^ 3
^4 0>
- 2.
00 -^
Cm
3-
00 ^
3
O
3
2
Cm O -
ii:
3
3-
3
09
CAi
I
Cm
4^
er
o
2.
a
o
DT
3
CD
09
CO
00
CM
o
C»>
S
o
3-
3
3
«
CO
o
o
^ Ol
09
09
- M
N»
k a
o
o
3
Ulrich von Richental. 23
Beilage I.
Verzicht der Katharina von Sünchingen und der Margaretha
Richental auf ihre Ansprüche an die Dommesner eipf runde zu
Konstanz. 1361, April ig, Konstanz.
Offidalis cnrie Constantienns omnibos presentes litteras intuentibus
notidam tabscriptorum com salate. Noverint presendum inspectores universi
et siDgnli, qnot || nosce fuerit oportunum, quod constitate coram nobis anno
domini millesimo ccc^ bi primo feria secunda ante festum beati Georii
martiris prozima || iudidi in figura Katherina, filia quondam Hugoms dicti
Schnewis dvis Constantiensis, relicta quondam Johannis de Sundiingen
Dotarii curie Constantiensis, et Margaretha fUia dus, relicta quondam Greorii
dicti Richental fabri Constantiensis, fatebantur in iure coram nobis et
publice confesse fiienmt, se sponte et libere, non vi coacte nee dolo circum-
▼ente, sed bona et matnra deliberadone et tractatu soUempni et sepius
premissis, rennnciasse et cessisse et presentibus coram nobis renundavenint
et ceasenint pro se et heredibus suis nniversis et singulis omni iuri, accioni,
requisidoni et impeticioni, ipsis communiter vel divisim vel ipsarum heredibus
in officio edltuatos ecdesie maioris Constantiensis ex causis et raüonibus
quibnscnnqne usqne in hodiemum diem competentibus et competere valentibus,
in manos et potestatem honorabilis in Christo Joh. de Landenberg, thesaurarii
ecdesie Constantiensis predicte. Ita videlicet, quod domus et area ipsamm,
sita in vico dicto münstergas dicta zem Rappen dvitatis Constantiensis,
ccnsnalis ad dictum offidum edituatus sub onere census unius libre den.
Const, et edaro area contigua iamdicte domui pertinens ad dictum edituatus
officiom, predictis Katherine et Margarethe pro tempere vite prefati domini
Johinnis de Landenberg thesaurarii et ipsarun dumtaxat et non amplius
>bique omni censu libere et absolute cuinsvis cuntradicdone non obstante
pcrnianere debeant. El prefate Katherina et Margaretha filia sua promiserunt
P^ fides ipsamm nobis nomine sacramenti sollempni interposita stipulatione
^o>ponliter prestitas pro se et heredibus suis, contra predictam renunciadonem
*^ cessionem numquam facere vel venire per se vel interpositam personam,
directe vd indirecte, quesito quovis ingenio vel colore, sed ipsam habere
'^tein et gratam perpetuo atque firmam. Et insuper prefate Katharina et
Margiretha renundavenint in et super premissis omni iuris auxiUo canonid
^ civilis, quibüB mediantibns iuvari facere vel venire possent contra ea, que
^ presentibus litteris continentur in toto vel in aliqua sui parte. Adhibitis
^^ni in premissis omnibus et singulis verborum et gestuum soUempnitatibus
et rcDondadonibus debitis et consuetis. Et in premissorum omnium et
^"'Kiilorom testimonium sigillnm curie Constantiensis ad peticionem instantem
prefatamm Katherine et Margarethe renunciandum seu cedencium presentibus
doxiiniii appendendnm. Datum Constantie anno et die quibus supra,
«wl. Xlllla.
Perg. Or. Siegel des OfficiaU hängt an. GLA Karlsruhe 5 Spec.
^nt. 181.
2A Beyerle.
Beilage 11.
Testament des Konstanzer Domherren Clrich von RichentaL 1314,
Mai II, Konstanz.
Ego Ulricus de Richental, canonicus ecclesie ConsUntieosis, notum
facio universis tenorem presentium inspecturis, quod ego sub anno domini
millesimo trecentesimo decimo quarto, quinto idus maii, indictione dnodedma,
sanus mente de rebus meis existentibus in denodiis, in massis argenteis, in
fructibus anni giatie ecclesie Constantiensis videlicet prebende, in libris,
suppellectilibns et in omnibus aliis rebus mobilibus et inmobflibus michi
pertinentibus ordino et dispono et testamentum meum ÜBMao in hunc modnm:
Et primo volo, quod debita mea solvantur subcustodi dne marce domino
de Stainegge pro cappa; item eidem subcustodi ad usus sacristigie tres libre
cum dimidia pro calice assumpto ad altare sancti Conradi de sacristiga; item
octo libre minus quinque solidis pro quondam pie memorie H. Constantiensi
episcopo solvantur pro solutione debitorum suorum vel pro remedio anime
sue, de quibus due libre dentur filie sue in Habstal; et alia debita mea^ que
tempore mortis mee ludde apparerent et de quibus constare possent evidenter.
Item pro anniversario meo celebrando in maiori ecclesia Constantienii
dentur quinque marce capitulo Constantiensi. Item tres libre dentur altari
sancte Cedlie, de quibus ministrabit capellanas altaris eiusdem duo luminaria
utrumque de dimidia libra cere in die anniversarii mei ad altare maius et
alterum ad altare sancte Cecilie, incendenda post vesperas mortuorum et
arsura per totam noctem, quousque missa eiusdem anniversarii utrobique
fuerit celebrata. Item eidem altari sancte Cecilie applicentur [in] possessiones
convertende viginti libre Constantienium , ut capellanus ibidem in die
anniversarii mei perpetuo ministret tantum de pane» quantum de Ulis redditibus
haben potest de pane, pauperibus, sibi tarnen retineat duos solidos pro
labore suo.
Item pro anniversario meo celebrando apud sanctum Stephanum,
sanctum Johanncm ecclesiarum Constantiensium, necnon apud confratemitates
sacerdotum ambas dentur duodecim libre Constantiensium» ita quod singulis-
ecclesiis et confraterniis cedant tres libre, et de hijs partem recipiant in .
ecclesia sancti Stephani et sancti Johannis sacerdotes altarium et editui ibidem >
tali modo sicut alias respectu canonicorum redpere consnevit
Item leprosis iuxta Constantiam, hospitali pontis sancte Marie Magdalene^
monasterio Scotorum extra muros Constantienses, conventibus sancti Petri«.
in Zofingen et in Witengassen dvitatis Constantiensis singulis due libre pr^
meo anniversario tribuantur.
Item monasteriis in Crutzdingen et in Petridomo utrique monasterio
tres libre assignentur pro meo anniversario celebrando.
Item ad largas, que volgariter dicuntur »Raitinen« apud sanctno^
Stephanum due marce, apud sanctum Johannem una marca, apud sanctnK"
Paulum una marca, apud monasterium de Petridomo una marca et in Crutz^s
lingen una marca convertende in possessiones.
Item predicatoribus quatuor libre et una libra lectori ibidem.
Ulrich von Riehen tal.
25
Item Augostinensibus quatuor libre et una libra lectori ibidem.
Item altari sancte Cecilie ementur redditus quinque solidonim pro
himme ibidem ardente, ad qood iaro tantum pertinent redditus septem
koBdonim, et sie habebit ledditus duodecim solidonim ad dictum lumen.
Item volo, quod vinum meum proveniens de vinea mea in Halten
totom nbicumque inveniatur cum vasis et aliis utensilibus omnibus spectantibus
ad dictim vineam et torcular eiusdem vinee teeipiat monasterium in Wingarten,
iire sit in vineis vel in cellariis; ita tarnen, quod volo, quod de vino eodem
10 ceDario meo detnr ad valorem deeem marearum Ulrico dicto Ubilin famulo
neo. Dictum monasterium predicta et recipiat sub talibus pactis et condi-
tionibas, quod ordinent cum effectu annivenarium meum eelebrandum in
ipsorum monasterio et quod in die obitus mei duas karratas vini de eodem
viao sine dolo et frande assignent exeeutoribns meis, ut iidem in die exe-
qniarum mcarum stopas in eedesiis eollegiatis et aliis monasteriis, hospitalibus,
leprosts et aliis eonventibus civitatis Constantiensis distribuant, prout vidcbitur
ttpedire, et alia expediant et exequia mortaria [?] in quantum expedire possunt
de dictis karratis vini.
Item volo, quod dentur omnibus sacerdotibus secularibus infra muros
civiuitis Constantiensis existentibus et missas celebrantibus singulis in die
obitus mei triginta denarii pro missis eadem die celebrandis et memoria mei
Ebenda usque ad tricesimum diem.
Item monasterio in Wagenhusen una libra Const.
Item in Vischinnn due libre Const«
Item eoDventui in Merspurg una libra Const.
Item in Veltpach quatuor hbre Const
Item in Diessenhoven tres libre Const.
Item monasterio sancte Agnetis in SehafThusa due libre Const.
Item in Maggenowa due libre Const.
Item in Tennikon due libre Const.
Item in Mflnsterlingen due libre Const.
Item in Tosse tres libre Const.
Item in Otenbach tres libre Const.
Item in Seldenowa tres libre Const.
Item in Hoven due libre Const.
Item in Lowental tres libre Const.
Item in B&nde due libre Const.
Item in Walde tres libre Const.
Item in Crfitxestal due libre.
Item in monasterio Montis angelorum quinque libre Zovingensium
BOTOffllBI.
Iten monasterio Interlaeensi quinque libre Prissgaudiensium veterum.
Icem in Gnadental prope Meilingen tres libre Zovingensium.
fCeni in Znrtzach quinque libre Thuricensium.
Item monasterio sancte Katherine et in Rathusen utrique monasterio
*■• Iibre Zoringensinm.
Icem monasterio sancte Marie due libre et oeto solidi Const.
item in Ebersegge due libre Zovingensium.
^tewKi bospitali Zovingensi due libre Zovingensium.
26 Bcyerle.
Item in Stain due libre Const.
Item in Rinaugia tres libre Const.
Item in Amptenhusen due libre et decem solidi Const.
Item volo, quod domus mea in Surse et ortus mens ibidem applicentar
ecclesie in Surse iaxta conditiones et pacta in litteris sigillo meo sigillatis
contentas super hoc ipsi ecclesie datis.
Item Johanni consanguineo dentur decem libre Prissgaudiensinm
veterum.
Item fratri Walthero de Traiecto due libre Zovingensium.
Item familie mee et hiis omnibus, qui tempore mortis mee foerint dfi
familia mea infrascripta tribuantur: Ulrico dicto Übilin decem marce de vino
ut superius dictum est expediantur; dicto Usenberg una marca; C. de Haltnn
una marca; Bertschino una marca; dicto Sch&meller dimidia marca; Masculo
coquino dimidia marca ; item coco precium suum de uno anno et de secundo
anno, in quantum servierit et addatur sibi dimidia marca.
Item H. de Arbona tres libre Const.
Item Mathie tres libre Const.
Domino Lütoldo una marca vel eins valor in vestibus.
Item domino Wemhero una marca vel eius valor in vestibus.
Item domino Johanni caphardus meus novus cum varia pelle.
Friderico dicto Strosack respondeatur de laboribus suis, prout ezecato-
ribus Visum fuerit expedire.
Item B. dicto Schallcnberg decem libre Const«
Item capelle sancti Nicolai in Urdorff quindecim libre Thuricensium.
Item ecclesie in Richental dentur decem libre Zovingensiam ad
edificium campanilis, ita quod magister Johannes perficiat in reliquo edifidnoa
predictum.
Item in Hcrtzogenbuchs ad fabricam et ad ornamenta ecclesie dentur
quinque libre Prissgaudiensinm veterum.
Item monasterio sancti Petri in Nigrasilva quinque libre PrisgaudiensinK^
novorum.
Item ordino et volo, quod in ecclesiis Thuricensi, Beronensi et ZoviKX>'
gensi cum fructibus mei anni gratie ordinetur anniversarium meum in singolis
ecclesiis cum fructibus eiusdem ecclesie excepto in Beronensi, ubi talittf'
dispono, quod fructus anni gratie michi cedentes, de quibus ordinäre posseC^
iuxta consuetudinem eiusdem ecclesie eaque vellera, etiam extra eandec^
ecciesiam tribuantur pro redditibus servientibus in anniversario meo sacerdo*
tibus altadum et cnppellarum ecclesie Beronensis. Kt preter hec in ecclesie
Beronensi triginta octo libre usualis monete pro celebrando festo beate Cecili^
in modum duplicis festi, et quicquid de illis possessionibus emptis com dic^*
pecunia habetur, distrihuatur illa die canonicis et sacerdotibus ecclesie BerO"
ncnsis cqualiter hiis, qui intersunt divinis. Et ad hoc explenda in predicti*
tribus ecclesiis executores deputo in Thuricensi magistrum Ulricum Wolfleipscb«
thesaurarium ecclesie Thuricensis et magistrum Conradum de Ertzingen; item
in Zovingen eundem magistmm U.^) et dominum de Wartenvelss inniorein»
item in Beronensi ecclesia dominum N. prepositum et N. decanum io
M Die Vorlage (späte Abschrift) hat R.
Ulrich von Richental.
27
Greochen ; ita, qnod quilibet ipsorum si cesserit vel decesserit habeat mandatum
alinm substituendi ad exequenda prenotata.
Item ecclesie Werdensi ad omamenta ecclesie tres libre Zovingensium
pro anniversario meo celebrando.
Item magistro R. de Ahusen quatuor marce.
Item capelle sancti Michaelis in ecclesia Constantiensi decem libre Const«
Item capelle sancti Laurentii in Constantia decem solidi Const.
Item domino Johann! capellano meo, quicqaid habita ratione ostenderit
et postmodum obtinaerit per lacramentum, solvatur.
Item Tolo et ordino, quod quilibet executorum meorum recipiat quinque
fibns in ntensilibns et clenodiis vel prompta pecunia, ut testamentum meum
eo dfligentios exequantur.
Item capelle sancti Silvestri solvantur viginti quinque libre Const.
Item decanus in Grenchen et magister Johannes recipient libros meos
pro decem marcis argenti.
Item deputo ezecutores meos dominum preposituro et plebanum sancti
Siephani, lectorem Augostinensiam et magistrum Johannem de Basilea, ita
<IQod premissa fideliter exequantur et de eis omnem potestatem faciendi omnia,
9oe in executione premissorum requiruntur, vel que &cere possem existens in
▼ita mea ita videlicet, quod de omnibus rebus meis a me derelictis, que
nperenmt ultra ea que disposui fore danda, disponent et ordinent, que ipsis
Xiliora \identur pro remedio anime mee ad usus pios, remotis odio et amore,
>üi post datam huius testamenti contraria voluntas mea testibus vel instru-
vends apparetur manifeste.
Et in testimonium premissorum presens testamentum sigillo proprio
consignavi unacum sigillis episcopali et capituli ecclesie Constantiensis.
Nos etiam vicarius venerabilb patris G. dei gratia Constantiensis epis-
^|>i de mandato et consensu eiusdem domini episcopi in testimonium et
finnitatem dicti testamenti et omnium premissorum episcopale sigillum presen-
(Amis duximns appendendum.
Et nos capitulum ecclesie Constantiensis et in testimonium et firmitatem
omnlnm premissorum similiter sigillum nostri capituli apponi fecimus huic
caithe.
Daton Constantie anno domini millesimo trecenteaimo decimo quarto
die et indictione prenotatis. Item sciatur, quod capelle sancti Cünradi restituere
taieor ego Ulricus predictus viginti quinque libras Const. Datum ut supra.
GLA Karlsruhe, Copialbuch 307, [sarc. XVI\ Nr. 35 nach einem gleich-
zeitigen VuUmus des Konstanter Officiales.
i
, s-
>^;
l
i
t
Guta Gräfin von Wertheim.
Von
Peter Albert.
Als das älteste und mächtigste Dynastengeschlec
I. Franken badischen Anteils nennt die Geschichte die G
5 von Wertheim. Nahe an ein halbes Jahrtausend, fünfzehn (
rationen hindurch, haben sie geblüht und sind mit den c
P? Familien des hohen Adels von Deutschland in den en
■ji verwandtschaftlichen Beziehungen gestanden. Sie weisei
M lange Reihe vortrefflicher, edler Herren auf, die ihr
■Jj und ihre Leute mit Gerechtigkeit, Milde und Klugheit r
iV und zur Förderung der Reichsangelegenheiten nach t
n\- Kräften mit einer von echter, aufrichtiger Vaterland
V" getragenen Gesinnung mitgewirkt haben. An der politi
IJJ' Heranbildung des deutschen Volkes haben sie ebenso gr
^ Anteil, wie an dessen sozialer und kultureller Entwicl
Die Grafen von Wertheim haben bereits vor 55 Jahren
Geschichtschreiber gefunden»), der mit besonderer Bet<
hervorhebt 2), wie in der ganzen Folge des Geschk
weder eine Missheirat noch eine morganatische Ehe zu i
s
tj sei. Es gilt dies in der That nicht nur von allen i
■J*? liehen, sondern fast ausnahmslos auch von den weibl
Gliedern des erlauchten Hauses und ist vor allem den
Graf Johann I. (1373 — 1407) im Jahre 1398 errichteten!
gesetze zuzuschreiben, >wornach die Grafschaft Werthei
ein unteilbares Ganze für den ältesten Sohn und seine ]
erklärt ward, und ihm ausserdem alle diejenigen :
Erwerbungen von ungeteilten Besitzungen zugewiesen wi
^) J. Aschbach, Geschichte der Grafen von Wertheim. 2 Tle.
fürt a. M. 1843. — ■) I, 337-
Guta Grähn von Wertheim. 2Q
ann teils durch Erbschaft teils durch Kauf gemacht
die übrigen Besitzungen aber, woran er nur einen
latte, sollten einem Jüngern Sohn, den er sich vorbehielt
ählen, und dessen Erben zufallen und derselbe das
rgische Lehen-Kammeramt, Schweinburg etc. mit dem
Bruder gemeinschaftlich führen; alle übrigen Söhne
•Uten geistlich werden und mit 150 Gulden jährlichen
Renten abgefunden werden. Von den Töchtern jeder
ollte nur eine weltlich bleiben und mit einer Heim-
von höchstens 3000 Gulden verheiratet werden. Alle
wurden zu Klosterfrauen bestimmt mit einer jähr-
Rente von 30 Gulden, wobei ihnen wie ihren geist-
Brüdern die Verpflichtung auferlegt war, Verzicht-
luf die Grafschaft Wertheim und Herrschaft Breuberg
eilen« *).
ese an und für sich unnatürliche, harte Erbfolge und
lg, wie sie Graf Johann zur besseren standesgemässen
ng seines Stammes und Namens gegeben hat, ist, da
Söhnen und Töchtern strenge befolgt wurde, in ihren
Igen sowohl für die fränkische Geschichte im allgemeinen
1 für die wertheimische insbesondere nicht ohne traurige
geblieben. Sie gab einerseits Veranlassung zu dem
igen Erlöschen des Geschlechtes und zu dem in seinen
ligen Folgen heute noch nicht völlig überwundenen,
örtlich gewordenen wertheimischen Condominium und
andererseits zu einer im höchsten Grade missbräuch-
nanspruchnahmc des im Mittelalter zu Recht bestehen-
jcnanntcn Oblateninstitutes seitens der Familie. Nach
jralten Sitte der Oblation gelobten Eltern ihre noch
ligen Kinder Gott und bestimmten sie für ein Kloster
tes ausschliesslichem Dienste. Nun war es wohl die
: des Schöpfers der Einrichtung gewesen, dass erst
:schliessung der Mündiggewordenen entscheidend sein
allein diese kam zumeist entweder nicht zum Aus-
Dder aber nicht zur Geltung, denn nach dem Grund-
»Monachum aut paterna devotio aut propria professio
i war die Gelobung eine gültige, ohne dass der Wille
lobten nachher in Betracht kam. Nicht bloss wenig
Aschbach i, 192 f. — -) Decret. II. part. c. 3 C. XX. qu. i.
30
Albert
bemittelte adelige Familien, sondern auch reiche und hoch-
angesehene Geschlechter betrachteten die Kloster auf diese
Weise als Erziehimgs- und Versorgrungsanstalten für ihre
nachgeborenen Kinder, die sie manchmal schon im zartesten
Alter (von 2 bis 3 Jahren), in der Regel aber in jenen
Jahren dahin gaben, in denen man sie heutzutage in die
Schule schickt. Man pflegte sich durchaus keinen Bedenken
darüber hinzugeben, ob die solchergestalt dem Klosterleben
Geweihten, wenn sie zum Gebrauche der Vernunft heran-
gereift waren, sich auch in dem aufgedrungenen Berufe
glücklich fühlten oder nicht. Der letztere Fall war nicht
selten und hatte dann zur unausbleiblichen Folge» dass die
solchem Los Verfallenen nur Last und Qual empfanden in
ihren Satzungen, die sie zum grossen Ärgernis der Standes-
genossen wie zum vielfachen Schaden für sich selbst auf
allen erlaubten und unerlaubten Wegen zu lockern, zu
umgehen und zu überschreiten suchten. So war das Oblaten-
institut in Verbindung mit dem Umstände, dass es viele
Domstifter und Klöster gab, welche nur aus dem hohen.
Adel ihren Zuwachs nahmen, der Grund zu dem Nieder-
gang des Kirchen Wesens überhaupt wie der Stifter uncfl
Klöster insbesondere, welch' letztere dadurch oftmals gerad^^
wegs zum Aussterben gebracht wurden. Diese Klasse vc^-äi
Mönchen und Nonnen war es vornehmlich auch, die sicli
im i6ten Jahrhundert bald gesetzlich, bald gewaltsaxxi
Befreiung von ihren Fesseln verschaffte und die Reihen
der mit den kirchlichen und sozialen Verhältnissen der Z^it
Unzufriedenen massenhaft vermehrte.
Es gab aber allezeit auch solche, welche unter V^T-
meidung eines offenen Bruches mit den Geboten ur^d
Gewalten der Kirche den Eingebungen ihrer Natur ur^d
ihrer besseren Einsicht Folge zu geben sich gedrungen
fühlten. Ein sprechendes Beispiel dieser Art nun bietet
die Gräfin Guta von Wertheim, aus unserem gräflich^sn
Hause, das auf Grund seiner Hausordnung seit dem Anfaafi^^
des 1 5ten Jahrhunderts die Domstifter Würzburg, Baxnhejrg^
Mainz, Köln, Strassburg und Eichstatt mit Domherren reichli^^^
versorgte 1) und die Frauenklöster Gerlachsheim, Frauent^l«
^) Vgl. Aschbach i, 198.
Ghita Gi^fin von Wertheim.
31
Niederzell, Schxnerlenbach, Marienbronn und viele andere
mit Nonnen und Äbtissinnen füllte. Guta ist die einzige
missratene Tochter des Hauses Wertheim, die aber dessen
Geftchichtsschreiber nicht kennt und die infolge dessen
fast unbekannt geblieben ist. Sie gehörte der älteren von
den beiden im 1 5ten Jahrhundert blühenden Linien an 1) und
war wahrscheinlich die jüngste Tochter Georgs I. und
seiner Gemahlin Anna, einer Gräfin von Öttingen. Graf
Georg war ein ganz besonders ehrenfester und harter
Mann, der mit zäher Strenge an den Überlieferungen
seines Hauses hing und vor allem an der von seinem
Grossvater, Johann I., erlassenen Familienordnung. Gleich
im Anfange seiner Regierung (1444) bestätigte er das alte
Erbfolgegesetz und setzte speziell für seine eigene zahl-
reiche Nachkommenschaft fest, dass mit Ausnahme seines
Erstgeborenen Eberhard als seines alleinigen Nachfolgers,
sowie seiner ältesten Tochter Kunigunde, die mit 3000 Gul-
den Mitgift Gemahlin des Grafen Eberhard von Kirchberg
ward, seine sämtlichen Kinder in den geistlichen Stand
treten sollten*). Es waren dies ausser zwei Söhnen noch
fünf Töchter.
Doch Graf Georg hatte wenig Glück mit seinem Haus-
gesetze. Sein erwählter Erbe Eberhard starb kinderlos
noch vor ihm selbst, und mit seinem zweiten Sohne Johann,
der an dessen Stelle trat, aber, weil bereits Domherr zu
Köln und zum Priester geweiht, sich nicht verheiraten
durfte, erlosch im Jahre 1497 der ältere Stamm des Hauses
Wertheim. Von den fünf zur Weltentsagung auserlesenen
Töchtern schritten zwei, die schon in früher Jugend dem
Kloster zu den Elftausend Jungfrauen in Köln übergeben
worden waren, später entgegen der väterlichen Verordnung
wr Ehe: die eine, Katharina, mit Schenk Friedrich von
Umburg, die andere, Anna, mit dem Grafen Philipp II.,
dem Jüngern, von Ricneck (zu Lohr am Main). Die drei
andern, Margarete, Mechtilde und Guta (um 1450 geb.),
wurden Nonnen*). Aber auch diese letztere wusstc sich
Vi V^l. anch Th. von Liebenau , Urkundliche Geschichte der Kitic-r
von Baldegg. Lniern 1866. S. 71 Anm. -- '-) Die Urk. bei Aschbach 2,
2bgi. _ t) Vgl. Aschbach i. 245: 248 f.
32
Albert.
wieder aus dem Kloster zu befreien, mit Hilfe des
Junkers Albrecht von Rinach, mit dem sie danach auch
die Ehe einging.
Junker Albrecht i), aus dem damals in mehreren Zweigen
blühenden schweizerischen Ministerialengeschlechte der Ritter
von Rinach (Reinach), seines Namens der Dritte, Herr zu
Wildenstein, war ein Sohn des trefflichen Ritters Hemmann L
und der Ursula von Homberg. Er war eine abenteuerliche
Natur, der wohl seines Vaters Helm und Schild, nicht aber
dessen thatkräftiges und ritterliches Wesen geerbt hatte
und es nicht einmal der Mühe wert fand, sich die Ritter-
würde zu gewinnen 2). Der angestammten Erb- und Eigen-
güter Auenstein und Wildenstein sowie andern Besitztums
entledigte er sich durch Verkauf und erwarb sich dafür im
Jahre 1458 das Bürgerrecht der Stadt Luzem. Schon frühe,
erzählt der neueste Geschichtschreiber der Rinacher*),
hatte Junker Albrecht auf der seinem Stammsitz benach-
barten Burg Baldegg um die Hand eines Edelfräuleins
geworben und um 1439 Verensi, die Tochter des Junkers
Rudolf von Baldegg aus dessen erster Ehe mit Beatrix
von Ringgenberg als Hausfrau heimgeführt. Die Heirat
gestaltete sich anfangs nicht unglücklich; es entsprossen
ihr zwei Söhne, Hans (VIII.) und Hemmann (11.), Später
aber, seit 1463, lebte Albrecht mit seiner Gattin in Streit,
in welchem er Schutz und Rückhalt an Luzem fand, wo-
gegen sich Verena an das kaiserliche Hofgericht zu Rott-
weil wandte und gegen ihre Widersacher eine Achts-
erklärung erwirkte. Der Ausgang des Zwistes ist nicht
bekannt; eine dauernde Versöhnung zwischen den beiden
Ehegatten kam nicht zustande. Albrecht entführte, obwohl
nicht mehr jung, bald darauf die Gräfin Guta aus dem
Kloster Königsfelden und lebte mit ihr längere Zeit in
bigamischer Ehe, bis Verena, aus Gram über die Untreue
ihres Gemahls, ins Grab sank.
Alles dies berichtet ausführlich die Geschichte »Von
dem Leben der edlen Gräfin Guta von Wertheim
') Vgl. W. Merz, Die Ritter von RiDach (Argovia. Jahresschr. d. histor.
Gesellsch. d. Kantons Aargau. 21. Jahrg. Aarau 1860. S. 86 ff.) — *) Dahin
ist auch die in der Erzählung selbst gebrauchte Benennung »Ritter« zu ver-
stehen. — *) Merz a. a. O.
Guta Gräfin von Wertheim.
33
und Albert von Rinach, Ritter, ihrem Ehemann«,
wie sie in zwei handschriftlichen Werken des schweize-
rischen Geistlichen Dominikus Rotenflue, in seiner :'Chronik
der Stadt Rapperschweil« und in seiner »Registratur
Rapperschwylerischer Cantzley« enthalten ist. Rotenflue
war Pfarrer zu Busskirch im Kanton St. Gallen und Sekretär
des Landkapitels Zürich-Rapperswil, in welcher Stellung
er am 15. Juli 1699, 50 Jahre alt, gestorben ist. Von seiner
Chronik der Stadt Rapperswil sagt G. E. von Haller »):
»Es ist diese Schrift eigentlich keine Chronik, sondern eine
ohne Ordnung verfasste Sammlung von Auszügen aus
Urkunden und sonst, die eben deswegen sehr schätzbar
sind, besonders da sie an vielen Orten Nachrichten liefern,
^e man sonst nirgends antreffen würde.« Das Gleiche
gilt von der »Registratur«, die zumeist Aktenstücke und
Begebenheiten kirchlichen Belanges bietet, indem der Ver-
fosser alles, was irgendwie mit geistlichen Dingen in Be-
ziehung stand, besonderer Erwähnung wert erachtete. Auf
sie ist nicht minder wie auf die »Chronik« das anerkennende
Wort Hallers ^) zutreffend, :»dass, ohngeachtet der darin
herrschenden Unordnung, dieses Werk sehr viel Achtung
verdienet«.
Der Abdruck des Folgenden ist nach einer im Besitze
der gräflichen Familie von Mülinen in Bern befindlichen
und von dem Grafen Dr. W. F. von Mülinen gütig zur
Verfügung gestellten Abschrift der :>Registratur« gemacht,
die mit dem Berichte der »Chronik« Wort für Wort über-
einstimmt. Um der Erzählung das charakteristische Gepräge
nicht zu benehmen, ist, abgesehen von der in Anwendung
Ifebrachtcn heutigen Rechtschreibung, der Wortlaut der
Handschrift unverändert geblieben.
Von dem Leben der edlen Gräfin Guta von Wertheim und
Albert von Rinach, Ritter, ihrem Ehemann.
Zu Wertheim, einer Grafschaft im Würzburger Bistum des
irankenlands gelegen, wäre von grätlichen Eltern Guta geboren,
^^r derselbigen schon in ihrer unmündigen Kindheit durch den
h Bibliothek der Schweizer-Geschichte 4 (Bern 1786), 515 Nr. 585;
;«^ — «) A. a. O. Nr. 585.
Zcltichr. f. Getch. d. Oberrh. N. F. XIV. i. 3
34
Albert.
frühzeitigen Tod beraubt worden^), deswegen ihre nächsten
Verwandten die Vormundschaft dieses gräflichen Kindes mit
Leib, Hab und Gut an sich gezogen und, damit sie etwan dieser
hinterlassenen Grafschaft einige Erben, Besitzer vnd Herrn könnten
sein, haben sie das gräfliche Kind g'waltsweis, etwan 1 1 Jahre
alt, in das herrliche königliche Kloster Königsfclden S. Clarae
Ordens unter Baden in der Schweiz, der Berner Herrschaft, Ver-
stössen. Weilen aber die junge Guta keine Anmutung, Zuneigung
und Liebe zu dem Orden hatte, hat die Freundschaft, solches
vcnnerkend, eilends verschafft und angeordnet, dass das Töcbter-
lein ohne Verzug in das Probierjahr aufgenommen und, ehe zuvor
selbiges das 14. Jahr, so zu der Profession der klösterlichen
Gelübden erfordert wird, [zurückgelegt,] hat sie müssen, aus
Schrecken und Forcht der Freundschaft angetrieben, wiewohlen
sie im Herzen keinen Willen noch Liebe, solches zu thun, nit
hatte, das dreifache klösterliche Gelübd der 'Keuschheit, Armut
und Gehorsame in obgenanntem Kloster Königsfelden mit Eids-
pflicht schwören und verloben. Mittlerwcilen, da sie im Kloster
als in einer Gefangenschaft mit grossem Verdruss und Wider-
willen etwelche Jahre erlebte, endlich die völlige mannbar-
liche Jahr erreicht, wäre sie von der Welt und Fleisch sehr
angefochten, trachtete sie allzeit, verdrüssig des klösterlichen
Lebens, wie sie aus dem Kloster könnte entfliehen und die übrige
Zeit ihres Lebens in der Welt könnte zubringen, massen das
Klosterleben nit ihr Beruf wäre. Zu solchem Vorhaben aber hat
sie etwan tlurch heimliche Personen Steg und Weg gebabnet
und. wie mutmasslich, Mittel, Hilf und Rat gefunden bei Albert
von Rinach, einem edlen Ritter, so derzeiten im Bistum Chur
wohnetc, dass sie endlich, nach empfangenen weltlichen Kleidern,
den geistlichen Habit an den Nagel gehängt, sich weltlich bekleidet
und aus dem Kloster geflohen, alsbald von Albert in sein Her*
berung auf- und angenommen worden.
Albert von Rinach, so verehelichet, wäre durch beständige
lioiwolinung Gutae, der Gräfin, also familiär, holdselig und lieb-
reich, ja cntllich mit ungebührlicher Liebe gegen ihro angezündc
und gclocket worden, dass er sich, bei Lebenszeit seiner erstem
Ehegemahlin, Guta fleischlich vermischet, und [sie] etwan ein&
Zt'it lang ehebrecherisch bei einander gelebt, bis endlich durclx^
den zeillichen Tod Alberti Ehegemahlin von dieser Welt abgelebt:,
und abgeschieden.
Dieser tödliche Hintritt hatte soviel verursachet, dass di^
Lir]>e mehr und mehr bei ihnen gewachsen, und [sie] also ohn^
Sponsalien, öflentliche Verkündigung, solennischcn Kirchgang^
priesterliche Henecliktion nach Erforderung des tridentinischen Con-^
cilii elandestine in heimlicher Ehe gelebt und beisammen gewohnet
') (iraf ficor«: I. btarb, von seiner Gemahlin überlebt, 1454; Asch^
bnch I, 24 8.
Guta Gräfin von Wcrlhcim. 7^
Gräfin Guta verreist mit Alberto von Rinach gen Rom.
Nachdem diese vermeinte Eheleut eine geraume Zeit in
Sünden mit einander gelebt, Gottsforcht, ihr Gewissen und eigen
Seelenheil hintangesetzt und in einem so lasterhaften Leben ganz
eingeschlafen, waren sie endlich durch göttliche Eingebung des
h. Geists von dem Sündenschlaf erweckt, ihre Augen aufgangen,
das Herz berührt, ihr Gewissen von dem nagenden Wurm
gequälet; haben sie angefangen, ihr sündliches Leben wohl zu
erwägen, die grosse Gefahr, ihr Seelenheil reiflich zu betrachten,
ihre schwere begangene Sund bitterlich zu beweinen und würdige
Frucht der Buss zu thun, deswegen mit einander persönlich (wie
zu mutmassen, oder aber schriftlich durch den hochw. Bischof
zu Chur) sich nacher Rom begeben, dorten um gnädige Audienz
bei Ihrer päpstlichen Heiligkeit Paulo IL demütigst angehalten
und allergiiädigst erhalten, ihr Begehren mit weinenden Augen
vorgebracht, mit weitläufiger Erzählung ihres Lebens, wie dass
sie in ihrer blühenden Jugend den geistlichen Stand anzunehmen
sei gedrängt und gezwungen worden und vor dem 14. Jahr ihres
Alters wider ihren Willen aus Forcht ihrer Freundschaft habe
müssen annehmen, deswegen wiederum sich in die Welt begeben,
willens, die übrige Zeit ihres Lebens in dem Ehestand weltlich
voilsabringen; begehre deswegen um dies ihr Verbrechen
von Ihrer päpstlichen Heiligkeit die völlige Absolution und
Benediktion.
Auf dieses so demütiges Begehren hat Ihre päpstliche Heilig-
keit Paulus IL väterlich cingewilliget, die Absolution gegeben
samt einer päpstlichen Bullen an den Bischofen zu Konstanz, dass
er, obgenannte gräfliche Person Gutam ihre Ehe zu beschützen,
der obgenannten klösterlichen Ausflucht fleissige Nachforschung
solle halten, und wann die Sach also erfunden worden, soll er
^emeldte Person von aller regularischen Observanz frei und
leiiig sprechen, und [Guta] keine Schuldigkeit mehr zu den
klösterlichen Gelübden solle haben und verbunden sein. Geben
zu Rom bei St. Peter im Jahr der Menschwerdung Christi
unsers Herrn 1471, den i. Tag Aprilis, des Papsttums im
siebenten Jahr.
Päpstliche Bullen Pauli II. der Bcitciung Gutae, der (Träfin,
▼ OD aller klösterlichen Observanz.
Paulub episcopus servus scr^-onim dei venerabili fratri episcopo Con-
ktaatieDsi salutem et apoitolicam benedictionem etc. Dilecta in Christo ülia
nobilit mulier Guta de Werthcim, domicella tuac dioecesis, proposuit coram
'^it qaod olim ipsa, tunc minor quatuordecim annis cxistens quorundam
M*Ofutn amicorum vi et metu, qui cadcrc poterant in constantcm, nrctata >ive
^^^pulsa, monasterium s. Clarae in Küni^sfeld ordinis ejusdem sanctnc, dictac
^*<*^cesii, intravit et per eam regulari suscepto habitu monialium cjusdcm
*<Miuterii, dictis vi et metu juvantibus« rej^ularem per easdem monialcs
l
36 Albert.
emitti solitam professionein emisit. Nullatenus tarnen corde vel intentione
}^erens, quod alicui propterea vellet aut deberet religioni quomodolibet obligari
necnon cessantibus vi metuque praedictis, qua primum potuit, praefatum
inonasterium exivit et ad saeculum est reversa, in quo suos sub timore domini
dies tinire concupiscit. Quare nobis humiliter supplicavit, ut ne suae dispen«
dium famae patiatur, exinde sibi super hoc opportune providere de benignitate
sedis apostolicae dignaremur. Quocirco fratemitati tuac per apostolica scripta
mandamus, quatenus inquisita per te super praemissis diligentius veritate, si
ita esse iuveneris, eandem Gutam propterea ad regulärem denunties obserran-
tiam non teneri. Datum Romae apud s. Petrum anno incamationis dominicae
millesimo quadringentesimo septuagesimo primo kalendis Aprilis, pontificatus
nostri anno septimo. M. de Medran.
Albrecht von Rinach und Guta, Gräfin von Wertheim,
erlangen von Papst Paulo U. die Gnad, ein eigenen
Beichtiger zu erwählen.
Kaum hatte Guta, die Gräfin, von Ihrer päpstlichen Heilig-
keit Paulo II. die Gnad erhalten, dass sie von ihrem getbaneu
klösterlichen Habit und Gelübd ist entbunden worden und befreiet
von aller regularischcn Observanz und nach gethancr fleissiger
Nachforschung dieser Dingen von dem Bischofen zu Konstanz
die völlige Absolution sollte erlangen und zu keiner klösterlichen
Zucht mehr verbunden werden, so hatte oft ernamsete Gräfin
mit Albert von Rinach, dem edlen Ritter, die päpstliche Lizenz
und Gnad erhalten, ein eigenen Beichtvater, Religiös oder welt-
lichen Priester, nach Belieben zu erwählen, von deme sie von
allen Sünden und casibus reservatis (ausgenommen die Sund
wider die allgemeine Kirche, Ihre päpstliche Heiligkeit u. a. in
Bulla coenae domini begriffen) könnten absolviert werden, jedoch
mit auferlegter heilsamer Buss, dass sie, obgemeldete Personen,
ein Jahr lang alle Freitag, so sie anders nit verhindert würden,
sollten fasten oder so sie hohe Fasten nit könnten noch möchten
verrichten, könne solche von ihrem Beichtvater in andere gute
Werk verändert werden etc. Geben zu Rom bei St. Peter im
Jahr der Menschwerdung Christi 147 1, den i. Tag April, des
Papsttums Pauli H. im siebenten Jahr.
Lateinische Copia obgemeldter Lizenz.
Paulus episcopus servus scrvorum dei dilecto filio nobili viro Alberto
de Reinach, domicello Curicnsis dioecesis, et dilcctae in Christo filiae oobili
mulieri Gutae de Wertheim, ejus uxori, salutem et apostolicam benedictionem.
Devotionis vestrae sinccritas promeretur, ut votis vestris in iis praesertim,
quae ad animarum vestrarum salutem cedere valeant, quantum cum deo
possumus, favorabiliter annuanius. Hinc est, quod nos vestris devotis suppli-
cationibus inclinati, ut sacerdotem idoneum secularem vel regulärem possitis
eligere confessorem, qui confessionibus vestris diligenter auditis pro commitsis
Guta Gräfin von Wertheim.
37
per TOS criminibus, excessibus et peccatis, etiam in singulis sedi aposlolicae
reservatit casibos, praeterquam oflensae ecclesiasticae libertatis, violationis,
interdicti ab eadem sede impositi, criminum haeresis cujus offensac, inobe-
dientiae sen rebellionis aut conspirationis in personam vel statum Romani
pontificis sen sedem apostolicam invasionis, depraedationis vel occupationis
ant derastationis terrarum ecclesiae Romanae immedlate vel mediale subjecto-
ram, parricidii, oflensae personalis in cpiscopum vel alium praelatum ac etiam
iDvasionis Romipetarum seu quorum etc. Bulla, quae consueverat in die Coenae
domini per praedecessores nostros Romanos pontiiices publicari, sed duntaxat
debitam vobis absolutionem in forma ecclesiae consueta impendere et pocni-
lentiam salutarem injungere valeat etc.
Clausula bullae.
Null! ergo omnino hominum liceat hanc paginam nostrae conccäsioni:»,
cuDStiiutionis et voluntatis infringere vel ei ausu temcrario contraire. Si quis
lutem hoc attentare praesumpserit indignationem omnipolentis dei et beatorum
Petii et Pauli apostolorum ejus se noverit incursurum. Datum Romae apud
s. Petnim anno incarnationis dominicae millesimo quadringentcsimo septuagc-
simo primo, kal. April., pontiticatus nostri anno scptimo. A. OiiPLi>.
Die Gräfin Guta erlangt von Ihrer päpstlichen Heiligkeit
ein Weihstein, in ihrem Haus Mess lesen zu lassen.
Nach erlangter Lizenz, einen eigenen Priester und Beicht-
vater zu erwühlen, hatte die Gräfin Guta das Beste zu sein
erüinden, wann sie in ihrer Behausung auch täglicli das h. Mess-
opfer könnte anhören und ihrer vorgenommenen Andacht nach
Hclieben abwarten: deswegen bei Ihrer piipstlichfen Heiligkeit
nachmalen anhalten lassen, auch diese Gnad noch zu erteilen,
dass sie in ihrem Haus ein eigenen Altarstein könne haben und
ni solchem von einem urdenthchen Priester mit ihren I laus-
genos^en die h. Mess könne anhören. Auf solches sonders An-
^Iien hatte auch Ihre päpstliche Heiligkeit gnädigst einge williget
wd verwilligct, dass sie ein geweihten Altarstein mit gebührenden
'■-hren könne haben, auf welchem dann in gebührlichem, ehrlichem
Orte durch ihr eigen oder andern ordentlichen Priester die h.
Mess und andere Gottesdienst könne gehalten werden, jedoch
ohne Nachteil eines andern Rechten, dass sie und ihre llaus-
ficnossen mit Andacht der h. Mess könne beiwohnen. Geben
w Rom bei St. Peter im Jahr der .Menschwerdung Cliristi 1471,
^^ I. Tag April, unsers Papsttums im siebenten Jahr.
Lateinische Copia der päpstlichen Lizenz, ein geweihten
Altarstein zu haben.
Wnlus episcopus servus servorum dei dilectae in Chri.sto nobili iiiulicri
"oüc comitiüsae de Wcrthein» C'uriensis diocccsis salinem ei aj)o*«t«'licain
WttwJictionem. Sincerae devotionis affectus. (]uem ad no" et R<^nian;m. R<^ri>
38
Albert.
ecclesiam, non indigne meretur, ut postulationibus tuis, Ulis praesertim, quas
ex devotionis fervore prodire conspicimus, quantum cum deo possumus, favo-
rabiliter adnuamus. Hinc est, quod nos tuis devotis supplicationibus inclinati,
ut liceat tibi habere altare portatile cum debita reverentia et honore, super
quo in locis ad hoc congruentibus et honestis possis per proprium vel alinm
sacerdotem idoneum missam et alia divina offida sine juris alieoi praqudido
in tua et familiarium tuorum domesticonim praesentia facere celebrari dero-
tioni tuae tenore praesentium iodulgemus. Nulli ergo omnioo hominum liceat
haue paginam nostrae conceisionis infringere vel ei ausu temerario contraire.
Si quis autem hoc attemptare praesumpserit indignationem omnipotentis dd
et beatorum Petri et Pauli apostolorum ejus se noverit incursnmm. Datum
Romae apud s. Petium anno incamationis dominicae millesimo quadringen-
tesimo septuagesimo primo, kal. April., pontificatus nostri anno septimo.
A. Trajenate.
A. Oriens.
Albertus und Guta erlangen Absolution der Sund des
heimlich angestellten Ehestands.
Nach verflossenem ersten Tag April waren der Agent
obgemeldter Personen für den päpstlichen Poenitentiarium
gekehrt, ihme demütigst vorgebracht, wie dass Albert und Guta
bei Lebenszeit Alberti erster Gemahlin einander oftermalen
fleischlich erkennt, hernach aber, da Alberti Ehegemahlin mit
Tod abgangen, jedoch ohne Beförderung ihres Tods, auch
einige ns Versprechens zu künftiger Ehe mit einander heimlich
durch Wort ein ehelichen Kontrakt getroffen, selbigen mit fleisch-
licher Vermischung vollbracht und ein Kind erzeuget, begehren
dieselben, von solcher Sund Absolution und ledig gesprochen
zu werden, hinfüro aus päpstlicher Dispensation ehelich mit ein- -
ander zu leben und ihr erzeugtes Kind zu legitimieren und^
ehelich zu machen. Solches Anbegehren hatte also Philippus^
Bischof zu Albanien, derzeit Poenitentiarius, Ihro päpstlicheErr
Heiligkeit vorgetragen, der ihme vivae vocis oraculo mündliche
anbefohlen , dem Bischof zu Chur oder seinem Vicario, im^
dessen Bistum gemeldte Personen wohnhaft waren, in Kommissio:^
zu geben, dass er die verstrickte Personen von der Sund d<
Ehebruchs absolvieren solle und dass sie in dem Ehestand li<
und ziemlich fortfahren und das erzeugte Kind zu legitimier«
vergünstigen und sprechen solle, jedoch mit einer auferlegt^^i
heilsamen Buss. Geben zu Rom bei St. Peter unter dem Sjfajl.
des Poenitentiarii, den 2. April, des Papsttums Pauli IL "^m
siebenten Jahr. A. de Benenatis.
Guia Gräfin von Wertheim. 3g
LateiDische Copia der Absolution
von des claodestinischen Ehestands Alberti von'Reinach,
Ritter, und Gutae, Gräfin von Wertheim.
Venerabili in Christo patri dei gratia episcopo Curie nsi vel ejus vicario
in spiritualibus Philippus miseratione divina episcopus Albanensis salutem et
»Jnceram in domino caritatem etc. Ex parte Alberti de Rinach et Guotae
de Wertheim mulieris conjugum vestrae dioecesis nobis oblata petitio conti-
nebat, quod ipsi olira vivente prima uxore ipsius Alberti sese pluries carna-
liier coj^overint, postmodum vero dicta ipsius Alberti uxorc, sicut domino
placuit, de medio sublata, neutro tamen ipsomm in mortem ipsius machi-
nante nee aliqua intei eos data fide post mortem dictae uxoris de contrahendo
nutrimoninm inter se per verba de praesenti clandestine contraxerunt illudque
carnali copula consummarunt et prolem procrearunt, super quibus supplicari
fecerunt huroiliter dicti conjuges, eis per sedcm apostolicam de opportuno
remedio misericorditer providcri. Nos igitur autoritate domini papae, cujus
poenitentiariae curam gerimus et de ejus speciali mandato super hoc vivae
\'(<h oraculo nobis facto circumspectioni vestrae committimus, quatenus si
e»t ita, ipsos conjuges a generali excommunicationis senlentia, quam propter
cnntractum dandestinum matrimonium hujusmodi per constitutiones provin-
L-iales et sjmodales incurrerunt et hujusmodi adulterii reatu in forma ccciesiae
L-onsneta absolvatis et injuocta inde eorum cuiUbet pro remedio culpae poeni-
centia salutari, demum cum ipsis conjugibus, quod in matrimonio hujusmodi
licite valeant remanere proountietis, prolem post contractum dicti matrimonii
!iu-<cepium, ii qua sit et suscipicndam, exinde legitimam dccernentes. Datum
Ftomae apud s. Petrum sub sigillo officii )X)enitenti.iriue, IV. nonis Aprilis,
pontiticatus domini Pauli II. anno septimo.
Der päpstliche Beichtvater verleiht Lizenz Alberto
und Gutae, der Gräfin, ein eigenen Beichtvater zu erwählen.
Weiss, nit, aus was Ursachen den oftermeldten hohen Per-
sonen die Lizenz, ein Beichtvater zu erwählen von dem päpst-
lichen Poenitentiario gegeben ist worden, sintemalen ihnen solche
Cnad schon von Ihro päpstlichen Heiligkeit selbsten verliehen
wrden»). Nichtsdestoweniger hat obgemeldter Poenitentarius
ihiien die Gnad auch erteilt mit einem besiegleten Patent der
Poeiutentarie, dass sie einen Beichtvater können erwählen, der
üt von allen Sünden könne absolvieren, ausgenommen die Casus
and Sund, so dem päpstlichen Stuhl allein vorbehalten; wann
h Die Erlaubnis des Papstes zur Wahl eines Beichtvaters vom i. Apiil
l«io^ sich nur auf den speziellen Fall der Absolution von den Gelübden
u&J der Sünde des Ehebruchs, die jetzt am 9. April vom Pönitcntiar gej^cbene
^^iKünsiiguDg aber betraf die Wahl eines eigenen Beichtvaters für die ganze
'^'Kc«it, wie die Worte des Reskriptes: ^»quamdiu vixeritis- deutlich
40
Albert.
sie aber eUvan ein Gelübd einer Wallfahrt oder Abstinenz ver-
sprochen, so sie füglich nit können verrichten (als über Meer,
zu St. Peter und Paul, St. Jakob ausgenommen), in andere gute
Werk könne verändern. Geben zu Rom bei St. Peter unter dem
Sigill der h. Poenitentarie, den g. Tag April, des Papsttums
Pauli IL im siebenten Jahr.
Lateinische Copia einen Beichtvater zu erwählen gegebener
Lizenz von dem päpstlichen Poenitentiario.
Philippus miseratione divina episcopus Albanensis dilectis in Christo
Alberto de Rinach laico et Guotae comitissae de Wertheim ejus uxori
Curiensis dioecesis salutem in domino. Solet annuere sedes apostolica püs
votis et honestis petentium precibus, maxime ubi salus requirit animarum
favorem benevolum impertiri. Cum igitur ex parte vestra nobis fuerit humi-
liter supplicatum, ut in animarum vestrarum solatium eligendi confessorem
idoneum vobis licentiam concedere dignaremur. Nos vcstris supplicationibus
favorabiliter annuentes autoritate domini pontificis, cujus poenitentiariae curam
gerimus et de ejus speciali mandato super hoc vivae voris oraculo nobis facto
devotionis veslrae concedimus, quatenus liceat vobis idoneum et discretum
prcsbyterum in confessorem eligere, qui super peccatis, quae sibi confitebimini,
nisi talia sint propter quae merito sit sedes consulenda praedicta, vobis eadem
autoritate provideat de absolutionis debitae beneficio et poenitentia salutari,
quamdiu vixeritis, quoties fuerit opportunum, vota vero peregrinationis et
abstinentiae, si qua emisistis, quae commode servare non potestis ultra maria,
beatorum Petri et Pauli atque Jacobi apostolorum votis duntaxat exceptis,
commulet vobis idcm confessor in alia opera pictatis. Datum Romae apud
s. Petrum sub sigillo officii poenitentiariae, V. idu$ Aprilis, pontificatus domini
Pauli pa])ac II. anno seplimo. M. de Venariis.
Die Gräfin Guta wird von ihren gethanen klösterlichen
Gelübden durch Hermannum, Bischofen zu Konstanz, absol-
viert und von regularischer Observanz freigelassen.
Nachdem nun Gräfin Guta die päpstliche Bullen von Rom
mit sonderen Freuden empfangen und wohl verstanden, dass sie
wegen der klösterlichen Gelübd und Ausweihung von dem
Kloster Königsfeld vor den Bischof zu Konstanz gestellt, und die
päpstliche Bullen Ihro bischöflichen Gnaden Hermanno, bürtig
von der Breitenlandenberg, zu hohen ehrenden Händen über-
lieferet, hat hochgedachter Bischof selbige mit gebührender Ehr
und Reverenz empfangen und die päpstliche Kommission ver-
standen, deswegen alsobaid durch seinen öffentlichen geschwornen
Notarium die Wahrheit dieser Dingen lassen auf das fleissigst
nachforschen, viel und verschiedene ehren- und glaubenswürdige
Personen und die Gräfin Guta selbs examinieren, sodann bei
und mit ihme Guta bei hoher Pflicht und Eidesstatt ausgesagt,
Gnta Gräfin von Wertheim.
4»
dass sie aus Forcht und Schrecken von ihrer Freundschaft in
das Kloster Königsfelden Verstössen und gezwungen und bei
währender Forcht die klösterliche Gelübd nach Form selbiger
Nannen St. Clarae Ordens gethan, jedoch die Meinung und
^*iUen ganz und gar niemalen gehabt, dass sie die Gelübd und
klösterliche Observanz wolle halten und zu denselbigen verpflicht
s«i. Hernach aber, als Forcht und Schrecken aufgehört, sei sie
ans dem Kloster gangen und in die Welt gekehrt. Nach
angehörter genügsamer Kundschaft hat also Ihr bischöflich Gnaden
im Namen Christi die Sentenz und Urtel gegeben, dass obgenannte
Gräfin die klösterliche Observanz nit schuldig sei zu halten,
jedoch wann sie in ihrem Herzen und Meinung noch etwas
Heimliches verborgen hätte, so solle solches ihrem Gewissen
öberlassen sein, Gott dem Herrn hierüber Rechenschaft zu c^eben.
('eben zu Konstanz in unserm Hof mit Anhang bischöflichen
insiegel anno domini 147 1, den 22, Tag ]\Iai, römischer Zins-
zahl 4.
Lateinische Copia der bischöflichen Absoluiion Gutat-,
der Graf in von Wcrtheim.
Hermannub dei et apostolicac sedis gratia episcopiis C^onstantiensi;« uni-
Tcr»i& et sin^nilii praesenlium inspectoribus subscriptoruni notitiam cum sahite.
U Itcras jsanctissimi in Christo patris et domini nostri patiis Pauli divina
^lovidcDtia Roman. II. papac ejus vcro bulla plumbca in Ulis canapi niorc
Rcimanae curiae impeudente bullatas, sanai», intef^ras et illacsas omniquc
proTsus vitio et suspicionc carcntcs nobis pro parte nobili> et ;;cnerosae
dominiie de Wertheim comitissae in ipsis npostolicis littcris principaliter nomi-
sAtae praescntatas, cum ea qua decuit rcvercnlia recepimus hujusmodi sub
lenorc: Paulus cpiscopus Nervus servoruni dei etc. (Bulla hie Pauli II papae
iiSKTix) Post quarum quidcm littcrarum pracscntalioncm, rcccptionem et
(iiUscntem inspectioncm fuimus pro parte dictac dominae (luiac comitissar in
^fdem littcris, ut praefertur, principaliter noniinatae» quatcnus ad cxccutionein
firundcm et contentoruni in eis« juxta tradiiam inibi nobis form am proccilcre
^^ucmur. debita cum instantia requisiti. Xos itaquc superiorum nostnuum
**« prtli&^inie apostolicis mandatis tanquam obcdientiae tilius rcverenter obediie
Tolente*^ ut tenemar, et de veritate narratorum in ipsis litleris non pu«.iti. de
c'^Tundeni narratorum veritate j^erquaesivimus dilijjenter. Kl tpiia huju-^modi
»5Jeni inquisiüone praevia tum per multoium tcsiiuni fidc dijjnoium >iij)tM
•i« ad juramenta receptorum et per notarium nostnim publicum juraium
tximinatorum dicta et depositionem tum ctiam ipsius dominai' Gutac comi-
h»ae propriam confessionem narratis ipsis vcritatem sutlra^ari c()mpcrimu>.
Mcircn autoritatc apostolica nobis in hac parte commissa juxta dictac nobia
'*^"üe commissionis continentiam cum cidcm domin a comilissa ad dccl.ira-
tiOQfn et denuntiationem nostram procedentium duximus et in dei nomine
poctsiimus in hunc qui sequitur modum.
Christi nomine invocato. <Juia ex Cfram nobis secundum intenti«monj
^nmissionis apostolicae dcductis et prol»atis tt»niperimu«' suftiiicnter d<->miii;ini
42
Alben.
Gutam de Wertheim comitissam vi et meiu, qui etiam in constantem cmdere
potuissent, arctatam et compulsam monasterium s. Clarae in Künigsfeld
intrasse dictisque vi et metu durantibas regulari soscepto habitu monialium
ejusdem monasterii regulärem per ejusdem moniales emitti solitam professionem
emisiääe, ipsam quoque corde et intentione ntülatenus gessisse, quod propterea
vellet et deberet religioni quodlibet obligari. Denique cessantibos vi et meto
praedictis quam primum potuit praefatum monasterium in iCünigsfelden
exivü>se. Delato etiam super his omnibus et singulis ipsi dominae Gutae
juramento, quod haec vera siot quodque nee animo nee voluntate in habitam
et professionem aut illorum observantiam unquam consenserit aut in üs Üben
voluntate permancre elegerit, dictam dominam Gutam idcirco ad regulärem
obser>'antiam non teneri autoritate apostolica nobis commissa declarandam
duximus et denuntiandam ac praesentibus declaramus et denuntiamus, ipsam
suae conscientiae in iis, quac corde et intentione sunt occulta relinquentes.
In quorum omnium et singulonim fidem et testimonium praemissomm litteras
inde tieri et sigiUi nostri pontificalis jussimus et fecimus appensione communiri.
Datum Constantiae in aula nostra anno domini MCCCCLXXI., die vero
vicctima »ecunda mensis Maii, indictione quarta.
Conradus Armbroster scripsit m. pr.
Soweit Dominikus Rotenflue^).
Über das fernere Eheleben des Junkers von Rinach
mit Gräfin Guta liegen keine Nachrichten vor. Albrecht
schied schon drei Jahre nach der Giltigkeitserklärung seiner
Ehe mit Guta, um 1474, aus dem Leben, diese aber lebte
noch bis zum Jahre 1495 zu Rapperswil. »Ihr schon betagtes
Alter und nächst hinfliessendes Leben wohl erwägend und
betrachtend*, bestimmte sie auf Anraten des ihr in ihren
Geschäften zugegebenen Vogtes Johann Widler, des innern
Rats der Stadt Rapperswil, durch Urkunde vom 26. März
14^1, dass »all ihr Gut, fahrends und liegends, wie und wo
es wäre, ohne einiges Widersprechen und Einreden ihrer
Freundschaft«, wenn sie zu Rapperswil versterbe, zu einem
Anbau an den Chor der dortigen Pfarrkirche St. Johann
verwendet würde. Es betrug 600 Pfund Heller Züricher
Währung, wovon 20 Pfund der Kirche zu U. L. Fr. in Jona
zufallen sollten. Für den Fall, dass sie von Rapperswil
wegziehen müsste und ihr Leben daselbst nicht beschliessen
würde, sollte das Vermächtnis null und nichtig sein 2).
*) Registratur Rappcrschwylerischer Cantzley fol. 48 ff.; Chronik der
SiaJt Rapperschweil S. 333—346. — *) Rotenflues Registratur fol. 69« f.;
Chronik S. 480 f.; Rübenmann a. a. O. 2, 179.
Guta Gräfin von Wertheim.
43
Zum dankbaren Andenken an diese Stiftung wurde
Guta, als sie nach Mittefasten 1495 starb, »mit grossem
I-eichengepränge, vielen Lichtem und h, Messe Lesenlassen«
zur ewigen Ruhe geleitet und an einer bevorzugten Stelle
der von ihr so reich bedachten Kirche, »bei der kleinen
Kirchenthür, wo jetzt St. Basilii Kapelle«, bestattet. Ihr
Grabmal ward von einem Bürger der Stadt, Ludwig Moler,
mit Gold und köstlichen Farben geziert, und in einem
Fenster des neuen Chors, sowie in der Sakristei ihr gräf-
liches Wappen eingesetzt i).
Trotzdem und obwohl die von Rotenflue aufgezeichnete
romantische Erzählung mit dem charakteristischen Zug für
die gesellschaftlichen und religiös-sittlichen Zustände des
ausgehenden Mittelalters bereits seit dem Jahre 1820 ihrem
Hauptinhalte nach im Druck veröffentlicht ist % konnte sie
samt der Person der Heldin bis heute in der fränkischen
Geschichte gänzlich unbekannt bleiben^); nicht einmal die
Romanschriftsteller haben sich des dankbaren Stoffes
bemächtigt, trotz des 2^ubers der Romantik, von dem die
ganze Geschichte umsponnen ist.
^) Rotenllues Registratur fol. 50e; Chronik S. 352. — ^) Der schweize-
rische Geschichtsforscher 3 (Bern 1820), 205—210; S. 211 f. die päpstliche
Balte an den Bischof von Konstanz. *) Im Zusammenhang erzählen die
GtKhichtc M. Lutz, Rauracis. Ein Taschenbuch für 1830. Basel. S. 78 ff. —
H. Rickenmann, Gesch. der Stadt Raperswil. 2. Aud. Rapersw. 1878.
I. 181 ff. — W. Merz a. a. O. 86 fl.
l
Der Strassburger Stadtwechsel.
Ein Beitrag
zur Geschichte der ältesten Banken in Deutschland.
Von
Julius Cahn.
Strassburg hat das Glück, über seine wirtschaftliche
Entwickelung während des Mittelalters so gut unterrichtet
zu sein wie wohl kaum eine andere deutsche Stadt. Aus
fast allen Zweigen des Gewerbelebens besitzt das Strass-
burger Stadtarchiv schon für das XIV. Jahrhundert reich© ä
Material, welches teilweise durch Schmollers Arbeite "ä
weithin bekannt geworden ist. Auch über das mit der"«
aufblühenden Handel eng verknüpfte Wechsel wesen, d<
hier wie in anderen Städten von einer adligen Korporatioi
den Hausgenossen, bis zum Anfang des XV. Jahrhundt
verwaltet wurde, geben zahlreiche Urkunden und Akteicm-
stücke Aufschluss.
Hanauer im ersten Band seiner verdienstvollen »Etudi
economiques« und K. Th. Eheberg in einer besondere
umfangreichen Arbeit ^) haben Einrichtungen und Geschieh'
dieser Hausgenossenschaft beschrieben. Eine ge^vis^^^e
Unklarheit dagegen herrscht bezüglich der Zeit, in welch^^r
das Wechselmonopol der Hausgenossen aufhörte und d^^c
Stadt ihre «eigenen Beamten an die Wechselbänke setztz^ <•
Weder dieser Übergang noch die von der Stadt geschaffen^^n
Neueinrichtungen, mit welchen sie den Anforderung^^fl
einer ganz zur Geld Wirtschaft übergegangenen Zeit RecXi-
nung tragen musste, sind bisher genügend aufgekla'»^
*) 'über das ältere deutsche Münzwesen und die Hausgenossenschaf ic«''*
In Schmollers Staats- und sozialwissenschaftlichen Forschungen Bd. II. fS/'^-
Strassbuiiger SUdtwcchsel. i c
s ich vor einigten Jahren die »Münz- und Geldgeschichte
r Stadt Strassburg im Mittelalter«*) behandelte, konnte
1 auf diese Dinge nur flüchtig eingehen, da sie teils mit
m Thema nicht in Zusammenhang standen, dann aber
ch, weil die hauptsächlichsten hier in Betracht kommenden
^kumente, einst im »heimlichen Buche« der Stadt ent-
ilten, durch den Bibliotheksbrand 1870 zu Grunde ge-
ingen sind.
Um so grösser war meine Freude, als ich auf dem
aseler Staatsarchiv die Kopie einer Strassburger städtischen
.'echselordnimg aus der ersten Hälfte des XV. Jahr-
anderts fand. Dieselbe war dem Rate von Basel auf
essen Bitten übersandt worden, als er nach diesem be-
ahrten Vorbilde den eigenen Stadtwechsel einrichten
rollte, und hat sich dort erhalten. Zur Publikation dieses
Dokumentes, welches auf die berührten Verhältnisse neues
icht wirft und für Deutschland eines der ältesten Beispiele
ner Staatsbank feststellt, fühlte ich mich um so mehr
?rpflichtet, als es eine Ergänzung meiner früheren Arbeit
etet. Zur Erklärung desselben aber muss auf bekannte
inge zurückgegriffen werden.
Im Älittelalter bildete die Wechselbank (cambium) das
Ibstverständliche Zubehör zu jedem Markte. Bei dem
einen Umlaufsgebiet der einzelnen Landesmünzen, bei
n häufigen Verrufungen und dem eifersüchtig gewahrten
echte der Münzherren, nur das aus der eigenen Präge-
ttle hervorgegangene Geld auf ihren Märkten zuzulassen,
usste den Fremden Gelegenheit geboten werden, die
itgebrachte Münze gegen ortsübliche einzuwechseln,
idem bildete diese Einrichtung in Folge der dabei ent-
Uenden Abgabe eine ergiebige Einnahmequelle und war
«»heitsrecht des Marktherren.
In den oberrheinischen Bischofstädten ging nun bc-
iLnntlich mit dem Münzgericht des geistlichen Stadtherren
3ts Wechselmonopol an die aus seinen Ministerialen
eslehende Korporation der Hausgenossen über, bezüglich
eren Bedeutung auf die oben zitierten Schriften verwiesen
rerdcn kann. Als jedoch nach langen Kämpfen die Stadt
Sirassburg, Triibner 1895.
46
Cahn.
Strassburg vom Bischof unabhängig geworden und nach
den Revolutionen des XIV. Jahrhunderts von einem Rate
mit zünftlerischer Majorität regiert wurde, mussten Konflikte
mit den Privilegien der adligen Hausgenossenschaft ent-
stehen. War es doch für den Rat ein Gebot der Selbst-
erhaltung, keine andere mit Hoheitsrechten ausgestattete
Gewalt neben sich innerhalb der Stadtmauern zu dulden.
So kam das Münzrecht selbst im Laufe des XIV. Jahr-
hunderts in den alleinigen Besitz der Stadt, nachdem es
anfänglich nur auf bestimmte Zeit vom Bischof gepachtet
worden war. Schon früher war ihr mit der selbständigen
Marktpolizei das Recht zugefallen, den Umlauf fremden
Geldes und den Handel mit Edelmetall zu regeln. Bereits
vom 15. Dezember 1292 haben wir ein derartiges Gesetz,
w^elches von Meister und Rat nach Übereinkunft mit den
Hausgenossen erlassen ist*).
Da man sich bei grösseren Zahlungen damals meist
noch nicht des gemünzten Geldes sondern der Silberbarren
im Gewichte einer Mark bediente, welche, mit einem
staatlichen Stempel versehen, als gesetzliches Zahlungs-
mittel galten, erstreckte sich diese Ordnungzunächst auf den
Silberverkehr. Späterhin wurde jede Ausfuhr von Silber
unter Strafe gestellt, um der eigenen Münze das nötige
Edelmetall zu sichern. Damit griff nun die Stadt merklich
in die Handhabung des Wechsels ein, dessen Ausübung
aber noch allein den Hausgenossen verblieb. Diese ihrer-
seits fugten sich den Vorschriften, zu deren Abfassung sie
anfanglich herangezogen wurden, da sie den Rat als
Rechtsnachfolger des Bischofs anerkannt hatten.
Gegen Ende des XIV. Jahrhunderts jedoch traten mit
dem stets Avachsenden Geldumlauf und der gleichzeitigen
allgemeinen Münzverschlechterung ganz neue Anforderungen
an den Wechsel verkehr heran; die seit 1331 in Strassburg
nachweisbaren Goldgulden begannen immer mehr den
Verkehr zu beherrschen. Dazu kam gerade damals eine
ausserordentliche politische Spannung zwischen dem Rat
und den adligen Hausgenossen. Ihren Ausdruck fanden
*) Str. U.B. II. Nr. 187. Siehe auch »Münz- und Geldgesch. d. St.
Strassb.« p. 18 ff.
Strassburger Stadtwechsel. ^n
diese Verhältnisse in der am 2. Dezember 1391 vom Rate
angenommenen Wechselordnung *).
Wie man bereits vor einem Jahre in fast allen
elsassischen Städten gethan, stellte man, um den Umlauf
minderwertiger und beschnittener Geldstücke zu hindern,
jetzt auch an den Wechselbänken zu Strassburg »riterc
auf, d. h. Siebe von bestimmter Grösse, durch welche die
guten Pfennige nicht fallen durften 2).
Vor allem wurde jetzt aber auch den Hausgenossen
ihr Gewinn beim Umwechseln einer jeden Geldsorte genau
vorgeschrieben und sie auf diese Ordnung vereidigt.
Auch mussten sie schwören »keinen nuwen satz under ine
zu machen one urlop meister und rates«.
IMe Versorgung ihrer Münze mit Edelmetall nahm die
Stadt selbst in die Hand und schuf damit ein Finanzamt,
aus welchem später der eigene Stadtwechsel hervorging.
Es wurden Beamte eingesetzt, die ohne selbst dabei
interessiert zu sein, für die Stadt Silber einkaufen sollten.
Die Hausgenossen mussten alles eingehende Geld, das in
Strassburg nicht Währung hatte, gegen entsprechende
Bezahlung »dem der von der stette wegen an der münszen
sitzet« abliefern.
Diesem ersten Schritte folgten jedoch bald ein-
schneidendere Massregeln des Rates, zu welchen die
Korporation selbst die Veranlassung gab. Während der
schweren Kriegsstürme des Jahres 1392, in denen sich
Strassburg mit Aufgebot aller seiner Kräfte gegen die
verbündeten Nachbarfursten zu wehren hatte, verletzten
die Hausgenossen die Gesetze und suchten aus der allge-
meinen Unordnung Nutzen zu ziehen. In dem nach
Beendigung des Krieges, im Juli 1393, angestrengten
Prozesse*) wurde ihnen nachgewiesen, dass sie die guten
Strassburger Pfennige eingeschmolzen, das Silber den
^ein hinab geführt und dort verkauft hatten, wodurch in
der Stadt Geldnot entstanden war. Femer hatten sie sich
') Mflnz- u. Creldgesch. d. St. Strassb. Urk. Anh. I. — *) Gerne stelle
'^ lüer den von geschätzter Seite gerügten Irrtum richtig, dass ich durch
^ vorkinnmende Schreibart »rihter« veranlasst, dies Wort von richten ab-
**^. »RSter« heisst Sieb und wird in dieser Bedeutung noch heute in der
*^*l»ischen Mundart gebraucht — *) a. a O. p. 59.
^3 Cahn.
nicht an den Wechseltarif gehalten und die Bürger über-
vorteilt. Zu ihrer Rechtfertigung konnten sie nur anführen,
dass in anderen Städten von den Wechslern ähnlich
verfahren werde. Die Folge davon war, dass der Rat die
Urkunden und Bücher über die Pri\41egien der Haus-
genossen einzog, um sie einer Revision zu unterwerfen.
Inzwischen wurde der Wechsel der genauesten KontroUe
unterstellt, deren einzelne Bestimmungen die neue Ordnung
von 1393 aufweist 1). Man stellte zu diesem Zwecke eigene
Beamte an, welche teils im Alünzhause bleiben, teils unter
den Buden umhergehen sollten. Dennoch unternahm es
der Rat noch nicht, das Monopol der Hausgenossen an-
zugreifen und städtische Wechsler anzustellen, obwohl
Grund genug hiefür vorhanden gewesen wäre. Dies Recht
war nämlich Reichsregal und man wagte nicht, es zu
usurpieren, ohne wenigstens den Schein einer Verleihung
hinter sich zu haben 2).
In dieser Beziehung kam dem Rate das Münzgesetz
König Ruprechts vom 23. Juni 1402 höchst erwünscht,
welches auf dem Reichstage zu Mainz unter Zuziehung
der städtischen Gesandten zu Stande gekommen war").
Durch dieses Gesetz regelte der König Feingehalt und
Gewicht der rheinischen Goldgulden neu (22^/2 karat fein,
6ö Stück auf das Gewicht einer Mark). Zur Durchführung
seiner Reform und Aufrechterhaltung des Münzfiisses
bediente er sich der städtischen Behörden. Hierauf bezieht
.sich folgender Passus: »Ouch wollen wir und setzen und
ordnen in crafft disz brieffs, daz in allen und iglichen
fryen und ouch in unsern und des heiligen Richs stetden
von dem rate und der gemeinde daselbs erber und redlich
lutde, die sich des versteen, dartzu und darüber geseilt
werden, die auch zu den heiligen sweren sollen zu besehen,
daz unszer, unszer korfursten und ander unszer und des
heiligen Richs fursten und herren gülden muntze furbax
») a. a. O. p. 62. — *) In Italien war das Recht des Geldwechsels 8^1
Friedrich II. Regal. Gesetz von 1231: Non debet quis esse campsor, md^
voluntaie curiae (vergl. Goldschmidt, Universalgeschichte des Handelsrecht«
j). 162). Dem Frankfurter Rate hatte Ludwig der Baier 1346 das Rechti
Wechsel zu treiben, als Reichsregal verliehen. (Böhmer, Reg. p. 606.) ^
') R.T.A. Bd. V. Nr. 235.
Strassburger Stadtwechsel. ^g
Egeben und genomen werde, igliche nach irem werde,
-h dieser gegenwertigen unszer ordenunge und offsetzunge
vorgeschriben stet ane geverde. Wir gebieten allen
d iglichen , geistlichen und werntlichen und
t namen den ersamen unsern lieben getruwen Meister
d Rat der stat zu Straszburg diese gegenwertige unser
lenunge und gesetze getruwlichen zu halten etc.«
In diesen Worten erblickte der Rat die Übertragung
s Rechtes, den Wechsel aller Goldmünzen im Namen
d zum Vorteil der Stadt vornehmen zu lassen. In der
lat konnte er ja kaum die ihm vom König übertragene
ifgabe durchfuhren, wenn nicht die eigenen Beamten
5 im Grosshandel einströmenden Goldgulden selbst zu
»icht bekamen und ihre Umwechslung in Landesmünze
»Uzogen. Diese Auffassung des Rates spricht sich in zwei
ktenstücken vom i6. und 17. September 1402 aus').
Das erste ist der Schwur der »zwei, die von der stette
egen am Wechsel sitzen«. Man verband dies Amt mit
em seit 1393 bestehenden Institut der städtischen Silber-
Äufer. Diese leisteten jetzt den Eid, ihre Funktionen als
Vechsler des Goldgeldes getreu nach den Gesetzen des
wönigs und der Stadt zu erfüllen und letzterer den dabei
rrieken Gewinn abzuliefern. Auch sollen sie, wie früher,
las für die städtische Münze notwendige Silber durch Kauf
beschaffen und dreimal im Jahr vor der Kommission der
^ei, >die über das ungelt gesetzet sind«, Rechnung legen.
"Vichtig für die Folgezeit war die Bestimmung, dass die
iVechsler von dem in ihren Händen befindlichen Kapital
Hchts verleihen, zu Käufen oder gewerblichen Unter-
nehmungen hergeben durften ausser mit Erlaubnis von
Meister und Rat. Man war also von Anfang an bestrebt,
wer für die Geldoperationen der Stadt einen festen Rück-
^ll zu schaffen, da dieselbe ja genötigt war, zur Unter-
haltung der Wechselbank grössere Summen einzusetzen.
Durch Erlass vom 17. September machte der Rat die
geschehene Neuerung den Bürgern bekannt. Hier wird
ausdrücklich betont, dass dieselbe auf Befehl König
': Samstag und Sonntai; vor St. Mathüustag. Beide waren im »heini-
^M Buch der Stadt enthalten. Es sind nur mehr die von AbbO Hanauer
Stuhlen Auszüge vorhanden.
ZeiiHhr. f. Ücsch. d. Oberrh. N. F. XIV. i. 4
CQ Cahn.
Ruprechts vorgenommen sei. Der König habe gesehen,
dass es gegen die stetige Verschlechterung der Gulden
kein anderes Mittel gebe, als dass man in den Städten
ehrbare und sachverständige Leute einsetze, welche die
Gulden nach ihrem Werte nehmen; er befehle der Stadt
somit, Wechsler einzusetzen. Infolge dessen, und weil
Münze und Wechsel auf Verleihung von romisch könig-
licher Majestät beruhen, verordnet der Rat, dass künftighin
alle Goldgulden allein durch die von ihm dazu bestimmten
und vereidigten Beamten gewechselt werden dürfen, bei
einer Strafe von 20 Ib .dn. und Verbannung von Jahr und
Tag. Man sieht, dass der Rat das königliche Gesetz ganz
in seinem Sinne auslegte *j.
Wenn aber auch von eigentlichen Wechslern in dem
Gesetze nicht die Rede war, so hatte der Rat doch für
sein weiteres Vorgehen einen Rechtsgrund, und die Haus-
genossen hatten thatsächlich durch den mit ihren Privi-
legien getriebenen Missbrauch den Anspruch auf Schonung
derselben verwirkt.
Dennoch scheinen sie der Neuerung Widerstand
entgegengesetzt und den Gewinn der Stadt als unrecht-
mässig bezeichnet zu haben. Der Rat sah sich veranlasst,
am 24. Mai 1403 eine neue Bekanntmachung zu veröffent-
lichen, in welcher er sein Anrecht auf die Einnahmen aus
dem Wechsel ausführlich begründete und die vorjährige
Verordnung nochmals einschärfte-). Er habe die städtischen
Wechsler eingesetzt, um zu verhindern, dass ehrbare Leute
betrogen und geschädigt würden, wie das früher geschehen.
Der daraus entspringende Gewinn stehe der Stadt um so
mehr zu, als sie seit vielen Jahren die mit dem Münzrecht
vom Bischof übernommenen Lehen bezahlt und verzinst
habe, eine schwere Belastung ohne jede Gegenleistung*
') Mit dieser Auffassung stand der Strassburger Rat übrigens ni*^***
allein. In Frai.kfurt halte das Gesetz König Ruprechts ganz fihnli*^**^
Folgen. Hier nahm 1402 der Rat den bisher mit der Ausübung ^^'
Wechsels betrauten Kaufleuten diese Funktion ab und gründete eine eig*^"*
Wechselbank mit städtischen Beamten. (Vergl. Kriegk, »Frankfurter Grd**
und Handelsbanken im Mittelalter^ und Speyer, »Die ältesten Kredit- *****
Wechselbanken in Krankfurt a. M. — *) Auszüge bei Hanauer a, a. O. '•^^*
Hegel, Chroniken Stras^burgs II p. 993.
. Strassburger Stadt Wechsel. ^ l
Die betreffenden Lehen, d. h. Ansprüche auf jährlich zu
entrichtende Summen aus dem Gewinn der Münze, befanden
sich in den Händen von Hausgenossen; dafür suchte der
Rat jetzt Entschädigung und verfügte folgendermassen :
»Darumbe so sind unsere herren meister und rat,
schöffelf und amman mit rehter urteil übereinkommen, daz
dehein münszer noch wehseler noch nieman anders deheinen
weh sei von goldes wegen an der münssen oder in
unser statt an keinen stetten treiben sol, in deheinen weg
wie man das gemeinen kan, wände die, die wir von unsere
stette wegen an den wehsei und die münsze seczent, ir
sient lützel • oder vil.« Die Stadt erklärte schliesslich für
allen Schaden, der durch etwaige Unredlichkeit ihrer
Wechsler entstanden, aufkommen zu wollen.
Kurz darauf, am 5. Juni 1403 wurde die erste Ordnung
erlassen, welche den Dienst der städtischen Wechsler regelte.
Sie bezogen ein Gehalt von 10 ß für die Woche, also von
26 Ib. dn. jährlich. Für den Fall der »Untreue« mussten
sie Kaution stellen. Ihren bisherigen Wechseltarif Hess
die Stadt bestehen; sie nahm von einem Goldgulden i dn.,
von grrosseren Goldstücken, wie den englischen Rosen-
nobeln 2 dn. Die Prüfung geschah vermittelst sorgfältig
hergestellter Stalen (Normalgewichte). Die Zahl dieser
sudtischen Beamten wurde von zwei auf vier erhöht, ein
Beweis, dass der Verkehr bedeutend im Steigen be-
griffen war.
Diese Bestimmungen blieben freilich nicht lange un-
v;<?M:hfnälert. Als durch die Reformation der Stadtordnung
Vom 12. September 1405 1) das grosse Sparsystem in der
{»Mnzen Verwaltung eingeführt und alle Ausgaben auf das
unbedingt notwendige zurückgeführt wurden, mussten sich
^wch die Wechsler eine Beschränkung gefallen lassen.
Wir lesen in der Reformation folgenden Artikel:
»Die drie an der münssen.
Also man viere an der münssen gehabt hat, den
^ehssel aldo von unser stette wegen zu tribende, der man
Jeglichem alle jor 26 Ib. dn. geben hat, der soUent hinnan
*) Gedruckt bei Schmoller, Strassburg zur Zeit der Zunftkämpfo.
Anbatjj» I.
52
Cahn.
fürder nit me sin danne drie, und sol man der jegelicheni
geben zum jor i8 Ib. dn. und nützit anders in deheinen
weg, weder rechenschilling noch klein noch g^oss, und
SüUent alle jor vor dem rate sweren, der münssen zfi war-
tende, den wehssel zu tribende und alle andere dinge zll
tünde, also sie untze bar geton und geswom hant.«
Um jedoch die drei noch bleibenden Wechsler in ihren
Geschäften zu erleichtem, wurde ihnen durch die neue
Münzordnung vom 13. Oktober 1406*) die Verpflichtung des
Silberkaufs für die Münze abgenommen und hiefür ein
eigener Beamter eingesetzt, dem aber seinerseits verboten
war, Wechsel zu treiben. In dieser Ordnung wird auch
zum ersten mal des Kollegiums der i>drei vom pfennig-
türnec Erwähnung gethan, des städtischen Hauptkassen-
amts, welches die Aufsicht über das gesamte Geldwesen
hatte und Unregelmässigkeiten vor Meister und Rat zu
bringen verpflichtet war 2).
Nachdem nun so die Stadt ihre eigene Wechselbank
begründet und in das Gefüge ihrer Beamtungen eingeordnet
hatte, musste dieses Institut bald eine wichtige Einnahme-
quelle für sie werden und den Wunsch erwecken, aucli
den den Hausgenossen noch belassenen Silberwechsel zu
erwerben. Ferner war es im Interesse des Handels geboten,
hier ein einheitliches System zu schaffen. Die bestandig:«
Auflehnung der Adelsgeschlechter gegen die Ordnungen
*) Str. St.Arch. AA. monnaic I-ad. 24 Nr. 21. — *) Schmoller sagt w
i Sirassburg zur Zeit der Zunftkämpfe« p. 59, diese Behörde sei bereiis i™
XIV. Jahrhundert entstanden. Ich habe jedoch eine frühere ErwähniAüg
derselben nicht finden können. Vielmehr möchte ich behaupten, dass SK
1397 noch nicht existierte, da sie in der Kommission zur Beratung ^^
Münzordnung dieses Jahres nicht genannt wird, während später bei ciö**^
solchen Gelegenheit immer in erster Linie die Drei vom Pfcnnigturm beria«*"
wurden. Auch in der Reformation der Stadiordnung von 1405 tritt dicsef
Xame noch nicht auf, sie scheinen vielmehr hier noch mit den ^Dreien, »ic
über das Ungclt gescizct sind, identisch zu sein, was später nicht mehr o**"
Kall war. Die in den Stadti^rdnungcn Bd XIV p. 22 ff. enthaltene OrdnO. BS
Der dryer Anipt uf dem pfenig tümcvi ist nach 1405 entstanden, denn ^
wird darin auf Verordnungen dieses Jahres verwiesen. Die Namen der d'*
Beamten werden zum ersten mal in der Münzordnung vom 12. Dezen"*
1421 genannt. Es sind: Hans Adolf Ellehart der hüter, Claus Barpfcr»
und Cleinhansz der münssemeister.
Strassburger Stadtwechscl. e i
der Stadt, welche 14 19 zu dem sogenannten Dachsteiner
Krieg" führte, sowie der bekannte letzte Versuch der
Hausgenossen, mit Hilfe des Bischofs gewaltsam wieder
in den Besitz ihrer Privilegien zu gelangen , wofür sie
1437 verurteilt wurden *), gaben dem Rat Gelegenheit mit
ihren alten Vorrechten gründlich aufzuräumen.
Andererseits führte die weitere Entwickelung dahin,
dass sich unter den Händen der städtischen Wechsler immer
grossere Kapitalien ansammelten, die zu finanziellen Unter-
nehmungen reizten. Das war die Veranlassung, dass sich
dieser Stadtwechsel nach und nach in eine Bank in modernem
Sinne umwandelte, welche nicht nur die finanziellen Ge-
schäfte der Stadt zu regeln hatte, sondern auch Privaten,
fremden wie einheimischen, Gelegenheit bot, grössere
Summen zu deponieren oder auszuleihen.
Diesen Übergang, sowie die Neueinrichtung mit allen
ihren Einzelheiten schildert uns das interessante Dokument,
welches im Anhang wiedergegeben ist. Dasselbe ist nur
in einer für den Rat von Basel gefertigten Abschrift auf
dem dortigen Staatsarchiv erhalten ^) und bisher unbekannt
i^eblieben. Obwohl undatiert lässt sich diese Ordnung doch
mit ziemlicher Sicherheit in das Ende der dreissiger Jahre
des XV. Jahrhunderts setzen, denn einerseits bestand das
Kollegium der XV««", dessen Anregung sie ihre Entstehung
verdankt, seit 1433 als oberste kontrollierende Behörde der
Vfesamten städtischen Verwaltung^), andererseits datiert die
l^ler Wechselordnung, welche der unsrigen nachgebildet
i^^t, von 1445. Das Strassburger Vorbild muss indess schon
einige Jahre in Gebrauch gewesen sein und sich bewährt
Ilaben. Den unmittelbaren Anlass zu ihrer Abfassung
werden wohl die durch die Verurteilung der Hausgenossen
notwendig gewordenen Veränderungen gegeben haben,
für eine ausgebildete Staatsbank in Deutschland ist das
<^in recht früher Zeitpunkt; ein älteres Beispiel ist mir nur
von Frankfurt bekannt.
Das Ungeschick, ja geradezu die l'nfiihigkcit, eine
%<?ordnete Finanz Wirtschaft zu führen, war bei den deutschen
*» Münz- und Geldgesch. d. St. Slrassb. p. 73 ff — '-) St. 58. A. Nr. 2:
** ^ SchmoUer a. a. O. Anhang II.
54
Cahn.
Fürsten des ausgehenden Mittelalters ein allgemein ver-
breitetes UbePj. Das Reich als solches hatte damals in
dieser Beziehung die aller traurigsten Verhältnisse; die
Könige lebten bekanntlich von der Verpfandung nutzbarer
Kronrechte, welche man auf lange Jahre voraus aus der
Hand gab. Aber auch die Regierungen selbst bedeuten-
derer Städte hatten meist die grösste Unordnung in ihren
Finanzen *).
Eine um so mehr zu rühmende Ausnahme bildet daher
Strassburg, das ja wegen seiner ganzen Verfassung und
Verwaltung noch ein Jahrhundert später Erasmus als ein
Musterstaat erschien und ihn zu begeistertem Lob hinriss.
Schon durch die • Reformation von 1405 war die
genaueste Rechnungslegung und Buchung sämtlicher Ein-
nahmen und Ausgaben für alle städtischen Kassen vor-
geschrieben worden. Zudem besass man seit 1433 in dem
Kollegium der XVer eine Behörde, die fortwährend darüber
wachte, dass alle Vorschriften auch wirklich ausgeführt
wurden, und jeden Misstand sofort vor Meister und Rat
brachte. Ihrer Initiative entsprang auch die neue Ordnung
der »münsser«, wie man altem Gebrauche folgend noch
immer die Wechsler nannte.
Wie dieses Reglement jetzt vorliegt, ist es ofFenl>at
nicht das einheitliche Resultat eines einmaligen Gese**::^"
gebungsaktes. Vielmehr sind in dasselbe ganze Abschnitte
aus früheren Verordnungen wörtlich wieder aufgenomm^^o»
eine Gewohnheit, die sich in dieser Zeit in fast alL^n
Dekreten des Rates nachweisen lässt. So ist z. B. c^^^
Passus über die Arbeitszeit auf dem Münzhause sicher ^^in
Überbleibsel aus der vorhergehenden Zeit, in welcher cSi^
Stadt lediglich das Einwechseln fremder Münzen betreil>^^
liess; er wurde dennoch wieder aufgenommen, obwohl ^^
eigentlich in Widerspruch stand mit den Bestimmungf«"
über den Dienst auf dem Kaufhause an der 111, wo ^"^r
Erleichterung des Handels die neue Bank eingerich.'t^^
wurde.
1) Vergl. Lamprecht, ^Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalterc Bd - ^
— '^) Vergl. Kiiipping, >>Schuldenwesen der Stadt Köln im XIV. und XV. J ^*^\
hundert« i. d. Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Jahrg. V^ ^ *"
Heft IV.
Strassburger Stadtwechsel. q^
Überhaupt ist es das hervorragende Merkmal unserer
Ordnung", dass sie den Stadtwechsel aus einer Stelle für
Geldumtausch in eine Bank für Depots und Anleihen um-
wandelt. Geschäfte dieser Art waren in den dreissiger
Jahren des XV. Jahrhunderts nichts neues in Strassburg.
Bekanntlich war eines der Haupthindernisse, welche sich der
Entwicklung des Geldverkehrs im Mittelalter entgegen
stellten, das kirchliche Zinsverbot, das für Deutschland erst
1654 durch Reichsgesetz aufgehoben wurde. Indess liess
sich dasselbe in einer Zeit, die zur Geldwirtschaft über-
gegangen war, nicht mehr aufrecht erhalten; man umging
es überall durch »Rentenkauf«, d. h. durch hypothekarische
Belastung von Häusern und Grundstücken und durch die
jLeibzucht«, die mittelalterliche Art der Lebensversicherung.
Vor allem aber wurden die Juden, als von dem kirchlichen
Gesetz eximiert und von anderen bürgerlichen Gewerben
ausgeschlossen, auf das Geldgeschäft hingewiesen.
Im Budget der Stadt Strassburg spielten seit langem
die für entliehene Kapitalien zu zahlenden Zinsen eine
bedeutende Rolle, besonders nach den Kriegen am
Ende des XIV. Jahrhunderts. Einen Einblick in die
damaligen Geldnöte der Stadt gewährt der Bericht des
Cuntz Lentzelin von 1392'), der nach Frankfurt geschickt
worden war, um die auf der Messe fälligen Zinsen zu
zahlen.
In der Reformation von 1 405 werden die drei Umgeld-
herren angewiesen, die »zinse, precarie und ander sogetane
gelt von der stette wegen joreliche« auszuzahlen und zu
"buchen. Diese Funktion übten später die »Drei vom
Pfennigturm« aus. In ihrer Instruktion heisst es: »Item die
drye soUent ouch ein buch haben, darin söllent sü tun
sichriben alles das, das der stat jores usstot und ouch was
vorhanden blibt, es sie von zinsen, gülten, schulden, etc.«
^Itcm die drie uff dem pfennigtürn sollent ouch überslahen
alle und jegliche zins und gült, so die stat von ir git, und
die teilen, wie viel sich das in dem jor zinsen zur wochen
treffen möge, und sei man dann die selbe summen von
den Zinsen, so vil sich zur wochen treffen mag, wöchenlich
') Münz- und Geldgesch. d. St. Strassb. p. 141.
eö Cahn.
in den costbrief schriben, nämlich die abelosunge zin&e an
ein ende und das lipgedinge ouch an ein ende. Wer ouch
das utzit abgelöset wurde oder abe stürbe, das soll wöchen-
lich abe gerechent und an der sommen abe geslagen
werden.« Also eine sehr genaue Buchführung über diese
Dinge.
Es waren nun diese städtischen Geldgeschäfte ausser-
ordentlich umständlich, da es jedesmal eines besonderen
Ratsbeschlusses bedurfte und es den Dreien verboten war.
auf eigene Verantwortung etwas auszuleihen oder aufzu-
nehmen. Es stellte sich um so mehr das Bedürfnis heraus,
eine Bank, welche selbständig handeln konnte, zu gründen,
als sich die Inanspruchnahme des städtischen Kredits seitens
der Bürger mehrte. Die Kirche hatte inzwischen den
dringendsten Anforderungen der Zeit Rechnung getragen
und auf den Konzilien zu Konstanz und Basel die Zins-
forderungen der Wechsler und Banken dort für erlaubt
erklärt, wo sie auf obrigkeitlichem Privileg beruhten. So
waren damals alle Bedingungen zur Gründung eines
städtischen Instituts für Geldgeschäfte gegeben. Bei der
Neuheit der Sache darf es freilich nicht Wunder nehmen,
wenn die Art und Weise, wie dieser erste Versuch im^
Strassburg durchgeführt wurde, uns heute etwas kindlid»^
erscheint.
In der Einleitung giebt der Rat als Grund der Neu —
Ordnung die Unregelmässigkeiten an, welche seither i
Wechselgeschäft vorgekommen, und zwar sowohl vor Zeite
als auch vor kurzem. Es wird damit auf die Ubergrifr^"
der Hausgenossen hingewiesen, denen nun auch der ihne
noch gebliebene Wechsel des Silbergeldes genomme
worden war. Der Rat beruft sich ausdrücklich auf sei
Recht, innerhalb der Stadt alles so zu ordnen, wie es di^
Wohlfahrt der Bürger erfordere.
Er setzt daher drei Männer ein, welche im Namen dec^
Stadt den gesamten Wechsel handhaben sollen. Sie müssen,
bezüglich ihrer Ehrenhaftigkeit und ihres Vermögens die
genügende Sicherheit gewähren und ausserdem lesen und
schreiben können, was damals auch bei Kaufleuten nocl^
nicht selbstverständlich war. Die früheren Guldenwechsler'
waren jährlich vom Rat neu ernannt worden; da aber jetzt:
Strassburger Stadtwechscl. cj
die Stadtischen Geschäfte eine mehr gleichmässige Behand-
lung erforderten, wurde bestimmt, dass jedes Jahr nur ein
Mitglied aus dem Wechselamt scheiden solle, welches
durch die XVer nach eingeholter Genehmigung des Rates
ersetzt wurde. Die Wechsler hatten jährlich vor offenem
Rate den Eid der Treue zu erneuern.
Vor allem war es jetzt notwendig, dass die Stadt
bedeutendere Summen in ihre Bank einschoss, um deren
Betrieb überhaupt zu ermöglichen. Es wurde daher zu-
nächst >ein zümlich houptgftt in golde und müntzen« dort
hinterlegt, wobei »müntzen« so viel bedeutet wie Silber-
oder Kleingeld. Bedeutsamer jedoch war der Beschluss
des Rats, das Vermögen der vier grossen städtischen Stif-
tungen, des Frauenhauses, des »grossen spittals«, der »Guten
lutte« und »der Elenden herberge«, soweit es nicht zur
Bestreitung der täglichen Bedürfnisse gebraucht wurde, auf
der neuen Bank hinterlegen zu lassen. Auch alle anderen Stift-
und Klosterverwaltungen wurden angewiesen, ein gleiches
zu thun. Bei dem bekannten Reichtum dieser Strassburger
Stiftungen müssen gleich Anfangs bedeutende Summen
zusammen geflossen sein, über deren Höhe sich leider keine
Angabe findet. Auch Private konnten von vornherein,
gegen die übliche Verschreibung, Geld bei der städtischen
Wechselbank deponieren. Für dieselben war die Bestimmung
von besonderem Vorteil, dass über dies Geld »dehein ver-
^tte gon soll, weder geistlich noch weltlich«, d. h. weder
von geistlichem noch von weltlichem Gericht konnte ein
^ei der Stadt hinterlegtes Vermögen mit Beschlag belegt
^•erdcn.
Es war nur eine Vorsichtsmassregel, dass man den
Wechslern vorschrieb, in ihrer beschlagenen Truhe auf
^em Kaufhause nicht mehr als 7000 fl. zu bewahren, das
ändere Kapital aber in einer besonderen Kasse auf dem
sicheren Pfennig türm niederzulegen; denn die dort amtierende
Hnanzkommission konnte diese Kasse nur im Beisein eines
^tr Wechsler offnen.
Mit den so erhaltenen Summen sollten die städtischen
^Vechsler »den handel anfohen, üben und bruchenc
^Velcher Art war nun dieser Handel? Gewiss ist, dass
n^ch wie vor das Einwechseln von Geld, besonders von
l
cg Cahn.
(julden, eine ihrer hauptsächlichsten Funktionen und Ein-
nahmequellen bildete. Sie werden in ihrem Eid verpflichtet,
hierin alle Bürger und Fremden gleich und gerecht zu
behandeln, sowie den Wechseltarif der Stadt und alle
Ordnungen, welche vordem für die Münzer und Haus-
genossen gegolten, einzuhalten.
Daneben trat jetzt aber als recht mühevolle Aufgabe
die Verwaltung der ihnen anvertrauten Kapitalien. Diese
Thätigkeit war vor allem auch eine sehr verantwortliche.
Es war ihnen absolutes Schweigen darüber auferlegt, was,
wie viel und von wem Geld bei ihnen deponiert worden
war, auch über alle andere »Heimlichkeit« ihres Berufes.
Selbstverständlich durften sie auch von den Mitteln
der Bank nichts zu eigenen Nutzen verwenden oder
ausleihen.
Welche Zinsen in der bei der Aufnahme von Kapitalien
üblichen Verschreibung sowie bei Anleihen ausgemaclit
zu werden pflegten, ist in der Ordnung nicht enthalten ;
CS scheint dies auch in den einzelnen Fällen je nach deii
gebotenen Sicherheiten verschieden gewesen zu sein. It
der Regel dürften wohl 5 Prozent gegeben worden seixi
die sich in den meisten Zins vertragen dieser Zeit finden *)
Im übrigen fasst die Ordnung die von den Wechsleari
zu unternehmenden Geschäfte dahin zusammen, dsiss sie in
Namen der Stadt :>verlyhen, kouffien und verkouffent soll^r
ein sehr weites Feld für ihre Thätigkeit«
Man lieh im Mittelalter Geld meist nur unter der E3e
dingung aus, dass der Entleiher ein Pfand hinterlegte ai
Schmuck, Steinen oder anderen Wertgegenständen, welcln.^-
der entliehenen Summe an Wert ungefähr entsprach ix^^
im Falle säumiger Rückzahlung dem Gläubiger verfiel -)
Unsere Ordnung redet in diesem Sinne von »gülden m'nc
sylbem pfände«^, doch kommt auch Ausleihen »ufif yr^^
schrybung« vor. Die Strassburger Stadtwechsler werde
angewiesen, kein Geld zu verleihen, ohne dass sie ^*'
Gewähr haben, daran »sicher und versorget« zu s^^^
Kleinere Summen bis zu 100 Gulden dürfen sie auf eig^^
^) Verj»l. Latnprccht, Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter Bd-
— *) Auf der städtischen Bank zu Frankfurt war filr diese Zwecke ^
besondere Wage für Perlenschnüre aufgestellt. Vergl. Kriegk a. a. O.
Strassburger Stadtwechsel. eg
Verantwortung ausleihen; was darüber ist, darf nur mit
Zustimmung von mindestens zwei Mitgliedern des Wechsel-
amtes weggegeben werden und bei grösseren Beträgen
von über 500 fl. ist die Einwilligung aller drei Beamten
notwendig. Jedes abgeschlossene Geschäft ist sofort mit
dem Namen des dafür Haftbaren in die Bücher der Bank
einzuschreiben. Die von den Wechslern verlangte Buch-
führung war überhaupt eine so genaue, dass ihnen die
Stadt zu diesem Zwecke einen besonderen Schreiber zur
Verfügung stellte, der fortwährend auf dem Kaufhause
anwesend sein musste. Nur auf diese Weise wurde die
jährliche Rechnungslegung vor zwei Mitgliedern des Rates
und zwei Deputierten der XVcr ermöglicht, welche die
Bilanz der Bank einer scharfen Kontrolle zu unterwerfen
hatten und sich davon überzeugen mussten, ob die Wechsler
mit dem Gelde der Stadt auch einen redlichen Handel
ij^etrieben. Noch mehr geschärft wurde ihr Bewusstsein
--ier Verantwortung bei ihren Unternehmungen dadurch,
dass sie und ihre Erben der Stadt für den vierten Teil
tlcs ausgeliehenen Geldes hafteten, falls etwas verloren
^ing. Diese Haftung fiel natürlich dann weg, wenn auf
fciefehl der XVer oder XXler Summen vorgestreckt worden
xvaren.
Sehr eigentümlich berührt die Bestimmung, dass
dhein gut rinisch goldt noch Straszburger müntze die
ijenge und gebe ist« ausgeliehen werden dürfe »ufF das
<iliein unwylle noch schaden darusz erwachsen möge«.
Vielmehr sollen zu diesem Zwecke nur solche Gulden aus-
gegeben werden, welche nicht nach rheinischem Fusse ge-
prägt sind, und solche Silbermünzen, die in Strassburg
keine Währung haben. Das war eine ausserordentliche
Benachteiligung der Entleiher und stellte für die städtische
^Vechselbank von vorn herein einen bedeutenden Ge-
winn dar. Um nämlich mit dem so erhaltenen Gelde
^" Strassburg oder seiner Umgebung irgend welche
Zahlungen vornehmen zu können, musste der Entleiher
dasselbe bei eben der Bank, von der er es bekommen,
ffegen gesetzliche Währung umwechseln, wobei für die
btadt wieder die tarifmässigen Gebühren entfielen. Da die
Bank für das Umwechseln eines Guldens einen Pfennig
5o Cahn.
nahm und der Guldenkurs damals lo^/g ß. dn. war, wurden
somit bei jeder Kapitalentnahme sofort 0,8 Prozent als
Wechselabgabe erhoben. Es wird indess ausdrücklich ver-
boten, den Entleihern die fremde Währung höher anzu-
rechnen, als sie in ihrer Heimat gelte. Man darf hierbei
auch nicht vergessen, dass die Anleihen damals meist nur
auf sehr kurze Zeit gemacht wurden, und dadurch der
Zinsgewinn ein geringer war. So steht z. B. in der
Ordnung der «Drye«, dass sie mit Erlaubnis des Amman,
meisters Bürgern von einem Montage bis zum andern
Vorschüsse aus städtischen Mitteln gewähren durften.
Neben diesen Geldgeschäften sollten jedoch die
Wechsler offenbar auch noch Handel mit Edelmetall zu
Gunsten der Stadt betreiben, wie das damals bei allen
Wechselbanken üblich gewesen zu sein scheint. Es ist
der Fall vorgesehen, dass jemand zu ihnen kommt, um
»güldin od^er silbern cleinötter oder geschirre« zu verkaufen;
die sollten sie nach dem Gewicht annehmen und bezahlen.
Wolle man dagegen einwenden, dass die Arbeit oder die
etwaige Vergoldung mehr wert sei, so solle dem Verkäufer
eine Frist bis zu drei Monaten gewährt werden, in welcher
er den Wertgegenstand zurückkaufen könne; nach dieser
Zeit sei man nicht schuldig, ihm über den Verbleib des
Objekts Rede zu stehen. Man sieht auch hier das Bestreben,
so wenig als möglich für die Stadt die Gefahr eines Ver-
lustes zu übernehmen.
Bezüglich ihrer Arbeitszeit wurden diese ältesten Bank-
beamten der Stadt Strassburg ausserordentlich günstig
gestellt. Im Sommer (von Ostern bis Michaelis), mussten
sie von 6 Uhr bis q des Morgens und von 12 bis 4 Uhr
xnoch dem imbs« ihres Amtes walten, während im Winter
in den Morgenstunden von 7 bis 10 ihre Anwesenheit auf
dem Kauf hause verlangt wurde.
Die Dienstzeit auf dem Münzhause (unter den Gewerbs-
lauben, gegenüber dem Ausgange der Spiessgasse), welche
ausserdem noch die Ordnung vorschreibt, kollidiert teilweise
mit obigen Stunden und ist, wie erwähnt, jedenfalls aus
früheren Bestimmungen herübergenommen; nach Gründung
der Bank auf dem Kaufhause werden sich die Wechsler
in diese beiden Obliegenheiten geteilt haben. Bei der
Strassburger Stadtwechsel. 5i
siebenstündigen Arbeitszeit durften sie freilich auch nicht
mehr als lo Minuten zu spät an der Bank erscheinen,
wenn sie nicht in eine Strafe von i ß. dn. verfallen wollten.
Mit behaglicher Breite geht unsere Ordnung auf diese
Dinge ein. Das Versäumnisgeld soll in ein »trüselin« ge-
stossen und nach einiger Zeit von den Wechslern gemeinsam
verzehrt werden. Sogar ein Stundenglas wird aufgestellt,
das sechsmal in der Stunde ausläuft, und einer nach dem
andern muss pünktlich erscheinen, das Glas umdrehen und
feststellen, ob einer seiner Kollegen zu spät kömmt.
Diese städtische Bank muss sich sehr bewährt haben.
Weis schon aus dem Umstände hervorgeht, dass man sich
nach verhältnismässig kurzer Zeit in Basel bemühte, auf
Grund der Strassburger Ordnung zu ähnlichen Einrich-
tungen zu gelangen. Abgesehen von dem direkten Nutzen,
welchen der Gewinn der Bank der städtischen Kasse
brachte, übte dieses Institut den aller wohlthätigsten
Einfluss auf die Einanzverwaltung der Stadt aus, indem es
die nutzbringende Anlage disponibler Gelder ermöglichte
und der Stadt Gelegenheit bot, allezeit Anleihen unter
möglichst günstigen Bedingungen aufzunehmen, dagegen
ältere Schulden mit drückenden Zinsen abzustossen. Aber
auch der Handel und der Geldverkehr zwischen Privaten
wurde durch die neue Einrichtung bedeutend erleichtert und
Ixilebt. Offenbar vollzog sich die Entwicklung so, dass
die eine städtische Bank in Strassburg bald dem steigenden
V^erkehr nicht mehr genügte. Wir begegnen in der
/weiten Hälfte des XV. Jahrhunderts hier wie anderwärts
Privatbanken mit obrigkeitlicher Konzession. Die Haus-
genossen hatten, nachdem sie ihre politischen Vorrechte
oingebüsst und das Wechselmonopol verloren hatten, sich
mit ihrem bedeutenden Vermögen dem Handel zugewandt,
und als sich das Bedürfnis danach geltend machte, wurden
ihnen vom Rat, mit dem sie seit 1442 ausgesöhnt waren,
die Konzessionen zur Gründung von Privatbanken, wohl
als eine Art Entschädigung, erteilt. Wir werden darüber
unterrichtet durch eine Verordnung von 1484'), welche
den Hausgenossen einige Vorschriften in ihrem Beruf als
*) Gedruckt bei Eheberg a. a. O. Anhang Nr. IX.
02 Cahn.
Banquiers gibt. Auch ihnen wird strengstes Schweigen
über die Depositen der Strassburger Bürger zur Pflicht
gemacht. Dagegen dürfen sie, wenn ein Fremder eine
Anleihe machen will, diejenigen Mitbürger, welche Kapitalien
anlegen wollen, davon insgeheim in Kenntnis setzen.
Auch das Institut der Makler sehen wir bereits ausgebildet
in den sog. »underkoifFem«, welche Geldgeschäfte vermitteln.
Die Stadt hatte sich dabei immer noch in so fem das
Bankmonopol gewahrt, als sie sich von den privaten
Banken wie den Unterkäufern bei Abschluss eines jeden
Geschäftes eine der Höhe der Summe entsprechende Steuer
entrichten liess. Auch war es den Hausgenossen unter-
sagt, jemandem eine I-osung zu thun, ohne durch genügende
Sicherheiten gedeckt zu sein.
So sehen wir aus mittelalterlichen Institutionen die
Anfange modernen Verkehrs und Geschäftslebens sich
entwickeln. Hoffentlich werden die Archive noch durch
manches neue Aktenstück unsere Kenntnis über die
Gründung von Banken in Deutschland erweitern und damit
die Bearbeitung einer deutschen Geldgeschichte in weiterem
Umfang ermöglichen.
Beilage.
Strassburger Stadtwechselordnung.
Kopie «luf Papier im Staatsarchiv zu Basel St. 58. A. Nr. 22.
Der münsser ordnunge.
Nochdem vor ziten und yetz kürtzlichen ein mergklicher nocUteil.
breste und mangcl an dem wechssei der müntzen befunden und empfaögcn
worden ist, unnd wann die stat Straszburg hohe und loblich gefryet ist, d****
sie inn irer stat ordenen, setzen und entsetzen mögent alles das, so ***
truwent der stat unnd iren bürgern nütze und gut sin, hanimb so haben iin*^
herren meister und rat und die XXI erkandt, das die stat Straszburg ^^^'
wehsscl und die müntze nun fürbasz hin für sich i>elbs üben und Halw^
solle, inn mossen hernach geschryben stot.
Nemlich so soll man dry frommer, statthaftiger und habender mcti^^'
denen eren und güts zu vertrüwen sy, die schryben und lesen könnent uond
des handeis zürn besten bericht sin mögent, dartzu verordenen, die solli^^hc»
Strassburger Stadtwechsel. 53
handel der müntze und des wechssels inn namen der gemeynen stat Straszburg
brachen und halten sellent, wie dann läntlich, gewönlich und harkommen
ist getrewHch und ungeverlicb, unnd alle tag dar und dannen gan, wie man
pflegt das kouflhusz ufT und zi'izethun, nemlich im summer von Ostern an
bytz sant Michelstag am morgen, so die glock sehs sieht unnd zu nünen
>»ider zuzethün, unnd noch dem imbs zfi zwölffen uff und vor den vieren
nit dannen zu kommen noch zuzethün unpd winter zit von sant Michelstag
bytz wider Ostern am morgen zfi sübenen ufT zu thün und vor den zehenen
nit zuzesliessen, ouch zfi zwÖlfTen noch imbsz wider ufTzfithün und vor den
vieren nit zfi besliessen noch dannen zfi kommen, alles ungeverlich.
Die drye und ir schryber soUent ouch yeder zit, wintter und summer,
ufi' alle wercktag schuldig und verbunden sin, an der müntzen zfi blyben
bytz das die glock eylfT siecht, unnd wann es eins siecht noch dem imbsz
wider do zu sin, unnd wer zfi denselben obbestimpten zyten nit do were, so
die glock slüge, oder ein sehsten teyl einer stunden damoch, der bessert
I fi. dn., die sie ouch by iren eydcn eym yeden ungehorsamen abnemen und
nit faren lossen, unnd solch versumeniszgelt inn ir trüselin stossen und zu
zitten inen geliebt byeinander verzeren.
Unnd daruff sollen t sie ouch ein gläselin bestellen, das inn eyner
stunden sehs mole uszloufft, und dartzü schuldig und verbunden sin ye einer
noch dem andern uff die stunde yeder zit zu warten und uff die bestimpte
zit an der münssen zfi sin, unnd wann die glock siecht das gläselin umb
keren und sollichs glych under sich theylen, also das es ye einer umb den
Andern thun soll.
Denselben dryen sol man anfänglichen geben ein zümlich houptgfit inn
^olde und müntzen, dotzfi dienende und gebruchUchen, domit sie den handel
xinfohen, üben und bruchen inogent. Aber wann inen in losungs wise oder
anderer gestalt gelt zu gelegt wurdet, werden sie dann merer nottürflflig sin
zu irem täglichen gebruche underhanden zu haben, so mOgent sie bitz ufl'
«>ehs oder syben tusent gülden by iren banden behalten unnd das ubcrig
alles uff den pfennigthurn den dryen überantworten unnd das inn ein
«sondern beslossenen behalt thun, dartzu die dreye uff dem pfennigthurn
«rinen slüssel und die selben dry münsser den andern slüssel haben sollent,
a1.>o das keyn theyl on das andere darüber komen möge, unnd was also in
cien^elben behalt gelegt oder wider darusz genommen wurdet, das sollent
b€\'de teyl zfi yeder zit jeglichs inn sunders hinder sich verschryben unnd
«iarumb alle jor ein rechnunge unnd vcrglychunge bescheen, inn bysin zweyer
von den XV und zweyer von den reten und XXI, domit befunden, das
uffrcchtlich gehandelt und was Vorstands oder nachzugks alle jor davon
«nston oder erwachssen möge ungeverlichen. Es sollent ouch alle pflegere,
so von den reten und XXI gcordenet und geben werden uff unser frowcn
hu«z, dem grossen spittal, den gütten lüten, der Elenden heibergen oder
»ndern styfften, clöstein oder sammungen inn diser stat doran sin und
verfugen, was uberigs geltes dieselben hinder inen habcnt, es wcre inn
Ablösung oder anderer wise, desz sie zu irem tAgclichen gebruche nit noi-
turftig syent, das sollichs hinder die drye munsser im namen der stat Strasz-
burg gelegt werde uff ziemlich bekandtnisz, wie gcwenlich ist.
64 Cahn.
Und was gelts der oder ander messen hinder die drye münsser inn
namen der Stadt geleyt wurdet, doruber soll dehein verbotte gon weder
geistlich noch weltlich, aller mosscn als bytzhar uff dem pfennigthum gehalten
worden i.st one alle geverde.
Item die selben drye münsser sollent ouch von solchem gelt, so noch
egcmelter mossen hinder sie kompt oder geleyt wurt, inen selbs, iren wybeo,
kynden und fninden, noch iren gemeynern noch zuverwantcn nutzit lyhen,
anligen, bruchen noch bewenden inn deheyner weg dodurch es inen zu nutze
oder fürstandt erschicssen möge alles ungeverlichen.
Aber was sie sust uff nutzungc oder fürstandt inn namen der stat rer-
lyhen, kouffen oder veikouffen wöllent, das sollent und mogent sie th&n mit
sollicher bewarunge und bescheidenheit, das sie vertruwent daran sicher und
versorget sin, doch das ir keyner allein one wissen und gehelle der andern
nützit innemen oder empfohen, hinweg lyhen oder verbergen sol, das sich
betr^'fft über hundert guldin oder me ungeverlichen, dann was sich darüber
trj'ffet, do sollent ir allwcgen zfim mynsten zwen byenander sin, die das
handeln und vcrwarcn unnd das alles zu jeder zit eygentlichen inn ir buchere
verschryben, das des kein biuste oder mangel befunden werde. Was aber
grosz summen sindt uff fünffhundert guldin und darüber, so sollent sie alle
drie bicnander sin und darinn handeln noch dem nutzesten und besten
ungeverlichen.
Was ouch an dem gelt, so under ir yedem uszgeluhen oder geborget,
verloren oder nachgetzogen wurt, das sollent die genanten dryer und ir
schryber oder ir erben für iren theyl des vierden pfennigs schuldig und ver-
bunden sin wider zu erstatten unnd dar zu legen, alles getruwlich und unge-
verliehen. Doch so meister und rat und die XXI, oder die XV inen bevelhen
ycmans gelt zu lyhen oder uff borge zu geben, wurde do ettwas verloren odei
nachgetzogen, doran sollent sie oder ir erben nützit nochgeben oder verlieren,
sunder allein der stat zugeschryben werden.
Unnd uff das die münsser an solchem irem uszgelühenen gelt desto
mynder verlustig werden mögen, so sollent fürtter weder meister und rat
noch die XV keynem schuldener, den die dry umb bezalung furgenomen
hettcn, dhein zyle geben, sunder sie iren rechten ungehindert und unbekumbert
nochkomen lassen. Unnd umb das der münszsack und die barschaft darinn
desto gewarsanier behalten und die drye uff dem pfenniglhurn desto mynder
von inen ubcrlouffcn und gemügct werden, so sol man inen ein beslagenen
trock an das un^^elt stellen mit zwcyen slossen, dar inn sie alle tage abends
und morj^ens iren münszsack und barschafft, so sie hinder inen zu haben
nottürftig sindi, beslicsscn sollent, also das allewegen zwen münsser byenander
sin sollent, den trogk zu oder uff zu slicsscn unnd keyner one den andern
darüber konicn möge ungeverlichen.
Sie sollent ouch alle jor vor offenem rat schweren, der stat Straszburg
und ircr niünsscn heimlichheit zu verschwigen unnd besunder ouch nieman
zu sagen oder zu offenen, was oder wie vil oder von wem gelt hinder sie
geleyt werde, on sonderlichen bevelhe unserer herren oder der personen, so
gelt hinder inen ligen habent, sunder diser ordnunge uffrechtlichen und
styffe nachzukomen. Ouch solchen wechssei und handel der münssen frommlich
ullrechtlich, getruwlich und ungeverlichen zQ üben und zu bruchen noch der
Strassburger Stadtwechsel. 5^
»tat Stnszburg ere nutze und fromen unnd darin der stat, iren bürgern,
fTömbden und heimschen, geistlichen und weltlichen glich und gemeyn zu
sin, noch irexn besten flysz, können oder mögen zu sampt der alten ordnunge
so bytz har alle münsser und huszgenossen geschworen und verbunden
gewesen sindt zu halten, so verrc sie die beruren aller dinge ungeverlichen.
Item die münsser sollent ouch dhein rinisch goldt noch Straszburgcr müntze
die genge und gebe ist uff vor wechssei oder forteyl z& borge uszgeben oder
hinweg lyben, weder ufT verschrybung, gülden oder sylbem pfände nyemaodt,
er sy wer er wolle, uff das dhein unwylle noch schaden darusz erwachssen
möge. Käme aber yemandt und brächte güldin oder silbern cleinötter oder
ijeschirr und wolt die verkoufTen, die mOgent sie in kouffs wise wol annemen
and kouffen noch dem gewichte und ziemlicher achtung und werde ungever-
lichen, unnd ob dann yeman meynen oder die müntzer selbs beduncken wolt,
das es der arbeit oder vergültter cleydung noch merer wcrdt sie, so mögent
lie eim sin widerlosung daruff ein ziemlich zit setzen, doch nit über dry
nonat ungeverlichen, unnd wer das inn derselben zit nit löset, dem sol man
ijonoch nit schuldig sin antwort darumb zu geben in dheinen wegk. Was
ne aber von frömbden guldin, die nit uff rinsch werung gemüntzet werdent,
deszglichen von silbern müntzen, die nit hie genge und gebe sindt, cmphohent
oder inkonffent, die mogent sie wol z& borge wider uszgeben oder verlychen
atT g&t Sicherheit oder verschr^'bung, doch nit höher, dann sie an den orten
an«.l enden do sie gemüntzet oder geflyssen werden gern gelten, genge und
gebe syent z& nemen ungeverlichen.
Unser herren meister und rat und die XXI habent noch anbrungen
der herren der iunffxehen erkandt, das man fürtter das wehsselampt mit
iir\-en statthaftigen mannen versehen und verordenen soll, wie man bytzhar
<len stalle und den pfennigthurn versorgt hat und das soUichs den fünfftzehen
empfolhen sin soll alle jore einen mit willen und gehelle der rete und XXI
dartzü zQ verordnen.
Zeiuchr. f. Cetcb. d. Obcrrh. N. F. XIV. i.
Urkundliches über Colmarer Maler des
15. Jahrhunderts.
Von
Eugen Waldner.
Obgleich das Colmarer Stadtarchiv schon so oft ns
den Spuren Schongauers und der zeitgenössischen Kunst
durchforscht worden ist, so habe ich doch noch einmal v
sucht, ihm neue Aufschlüsse über die Malergeschichte (
15. Jahrhunderts abzugewinnen. Meine Nachlese war leid
wie zu erwarten stand, wenig ergiebig. Da aber bei (
Spärlichkeit der Nachrichten über diesen Gegenstand je
Kleinigkeit von Interesse ist, so teile ich hier kurz n
worin meine Feststellungen von den bisherigen Angat
abweichen. Um nicht schon oft Gesagtes zu wiederhol
setze ich bei dem Leser die Bekanntschaft mit der e
schlägigen Litteratur voraus.
Zünftigkeit der Maler.
Eine Ratsverordnung vom Jahre 1432 über die
gehörigkeit der verschiedenen Gewerbtreibenden zu *
einzelnen Zünften teilt die Maler den Krämern zu>):
>Was specerye, wahs, schürlitztflch, scherter, buckscl
gugerell, garn. bendel, lösche, alantleder oder hangen^
kräm veyl hat, dartzü alle schriber, die nit gefrijet s
die moler, würfFeler, teschenmacher vnd seckeler oder <
die glesere veyl haut, gehörent vnder die kremer.c
In derselben Verordnung steht weiter unten noch '
mal eine ausführlichere Aufzählung der Waren, welche
1) Rotbuch I 171.
Colmarer Maler des 15. Jahrhunderts. 5?
mer feil haben dürfen; darunter befinden sich auch
jrleye varwe« und »geslagen golt oder silber, lengolt.c
Hans von MechcL
Um den niederländischen Einfluss auf die Colmarer
1er auf einfache Weise zu erklären, hat sich F. Fries ')
en im Elsass thätigen und zu Caspar Isenmann in naher
Ziehung stehenden flandrischen Maler Hans von Mecheln
nstruiert. Seine Hypothese ist zwar auf den ersten Blick
:ht ansprechend und scheint auch durch die vorgebrachten
:hivalischen Notizen gestützt zu werden, allein bei ge-
uerer Untersuchung erweist sie sich als völlig haltlos.
Ein Hans von Mechel erwarb im Jahre 143 1 das Bürger-
cht zu Colmar und stand von 1447 t>is 1461 abwechselnd
i Zunftmeister und als Ratsherr an der Spitze der Krämer-
nft*). Er wird in den Amtsbüchern oft genannt, nirgends
)er als Maler bezeichnet Aus den Kaufhausbüchern, in
men er wiederholt als städtischer Lieferant erscheint,
giebt sich vielmehr mit Sicherheit, dass er Krämer war:
» z. B. verkaufte er der Stadt im Jahre 1436 ein »vehe
Jwichtc') und im Jahre 1456 »zwilich und scherterc für
IS städtische Zelt*); noch am 12. Juli 1461 wurde ihm
ne Summe »vmb allerlei« ausbezahlt *). Die Stadt schuldete
m lange Jahre hindurch eine Leibrente von 50 Gulden; da
' sie zum letztenmal am 14. Juni 1461 in Empfang nahm^),
uss er vor Ablauf des nächsten Jahres gestorben sein,
ii dieser Leibrente hing wahrscheinlich die nach seinem
oiie von Seiten des Rats erfolgte Geldauszahlung an
inen Zunftbruder Isenmann zusammen, der wohl mit ihm
?rwandt war.
Auch in Basel kommt um diese Zeit ein Krämer »von
lechelc vor').
Nichts mit dem Colmarer Krämer Hans von Mechel
icniein hat der von Fries mit ihm identifizierte Hans Moler,
^> btudien zur (ieschichtc der EUässer Malerei im XV. Jahrhundcit
'* dem Aufireien Martin Schongauers. Frankfurt 1S96. S. 49 — 51. —
' ^B Börgeraufnahrocrodel und Katslisten. — ') CC Kaufhausbuch Nr. 27.
• 34- — «) Nr. 43,, S. 36. — '") Nr. 47. S. 60. — ^) Ebenda S. 56. —
^HDg, HaDdel und Industrie d^r Stadt Basel. Hasel 1886. S. 278.
68 Waldncr.
der in den Jahren 146 1 und 1462 der Stadtbehorde so viel
zu schaffen machte. Über die Natur dieser Angelegenheit
erfahren wir Näheres aus einer Urkunde vom i. Februar
1462, durch welche Johann Damuan, Statthalter und Land-
schreiber zu Sanct-Diedolt, bekennt, dass er die Stättmeister
Ludwig Kesselring und Hans Iluter als Vertreter Colmars
und »Hans Moler von Rambeviller« gütlich verglichen hat
-'Von geschieht, vindtschafFt, gefengknisse vnd vnwillens
wegen, z wüschen ine gewachssen vnd gebändelte 1). Die
durch die Reise der beiden Stättmeister in der betreffenden
Woche verursachte Ausgabe ist folgendermassen im Kauf-
hausbuche*) verzeichnet: >Der meister Kesselring vnd
meister Hutter ryttent gon sant Diedolt vnd gon Wyche
zu dem bischoff von Metze der von Ongerßhin halb, worent
8 tag uß mit 4 pferden, cost 6 lib. 9 ß«. All diese An-
deutungen weisen darauf hin, dass irgend ein Streit vorlag,
wobei die Kunst wohl kaum beteiligt war.
Die von Fries versuchte Erklärung der frühen Beein-
flussung des Elsasses durch die Niederlande auf dem Gebiete
der Malerei muss demnach als verfehlt betrachtet werden.
Mag diese Beeinflussung durch den Aufenthalt nieder-
ländischer Meister im Elsass oder elsässischer Gesellen in
den Niederlanden zu Stande gekommen sein, so war sie
jedenfalls eine Folge des sehr regen Handelsverkehrs
zwischen beiden Ländern im 15. Jahrhundert. Die flan-
drischen Städte versahen damals die elsässischen Märkte
mit den Erzeugnissen ihrer blühenden Tuchindustrie und
bildeten dagegen ein Hauptabsatzgebict für den elsässischen
Weinhandel.
Caspar Isenmann.
Isenmann wurde nicht, wie Gerard') angriebt, im
Jahre 1436, sondern 1435 zum Colmarer Bürger auf-
genommen; er starb auch nicht im Jahre 1466, wo. er für
sich und seine Familie eine Seelenmesse zu St. Martin
stiftete, sondern wird noch in einer Urkunde vom Jahre 1472
erwähnt. Am 18. Januar dieses Jahres nämlich verkaufte
*) FF Streitigkeiten mit der Nachbaiüchaft. — ^) Nr. 48, S. 33. —
') I.es Artiätcs de TAlsacc pcndant Ic moyen-ägc. Colmar u. Paris 187a — 73.
II, 197.
Colmarer Maler des 15. JahrhuDderts. 60
Balthasar Hutzschin, Bürger zu Basel, dem Colmarer
Bürger Jörg Kruse, dem Jungen, »ein huß vnd gesesse mit
dem hindern huselin daran, das man nampt zum swan . . .
gelegen zu Colmar in der statt in der Schedelgassen nebent
Caspar Ysenman dem moler einsite, vnd ist andersite an
der gassen gegen Caspar Schongouwer dem goltschmydt
vber ein orthuß, vnd stosset das hinder huselin an herrn
W'alther Kännelins seligen huß 3^ 0- • • •
Das von Jörg Kruse erkaufte Haus bildete die obere
Ecke der Schädelgasse und der jetzigen Schöngauergasse;
g-egenüber, an der unteren Ecke, wohnte damals Martin
Schongauers Vater Caspar, neben Kruse in der Schädel-
g-asse Caspar Isenmann: dieser und die Familie seines
berühmten Schülers waren also Nachbaren.
Martin Schongauer.
I. Sein Vater,
Caspar Schongauer, der Goldschmied, Martins Vater,
*^nipfing bekanntlich das Colmarer Bürgerrecht am 29. Mai
'4-45. Merkwürdiger Weise steht aber schon auf der Liste
^er am i(). Mai ds. Js. gewählten Ratsherren der Name
traspar Goltsmyt. Da dieser Name in den städtischen
R-egistem stets von Schongauer gebraucht wird, auch ein
i-ndercr Goldschmied mit dem Vornamen Caspar in dieser
^eit zu Colmar nicht vorkommt, so können wir zuversicht-
lich schliessen, dass der Ratsherr Caspar Goltsmyt identisch
^st mit Caspar Schongauer. Der Umstand, dass er erst
einige Tage nach seiner Wahl zum Ratsherrn Bürger
^viirde, ist kein Beweis gegen, sondern für unsere Be-
hauptung. In dem im Jahre 1593 coditicierton und 1717
g'edruckten alten Colmarer »Municipal Stadt-Recht«; steht
nämlich auf Seite 96 die Bestimmung: wann ein Ilinder-
sai zu Rath, Gerichtsherren oder Scheffen erwöldt, dass
er zuvor vnnd ehe er denn darüber gestehen Aydt
sclweredt, das Burg-Recht empfahen solle, wie andere
liurgerc. Ziehen wir ferner die im Jahre 1386 erlassene
und spater oft wiederholte Verordnung 2) in Betracht, dass
i
') Dic^ l*rkunde diente bis jetzt ah Umschlag für dab Protooilluin
-•-tesutionum 1613— 1615. — FF. — -) Rotbuch T 117.
-O Waldner.
niemand des Rates zu Colmar werden kann, er sei denn
zuvor fünf Jahre in der Stadt sesshaft gewesen, so ergiebt
sich, dass Caspar Schongauer sich spätestens im Frühjahr
1440 kann zu Colmar niedergelassen haben.
Er kam vermutlich als junger Geselle auf seiner Hand-
werksreise nach Colmar und gründete sich daselbst einen
Hausstand durch die Heirat mit einer Colmarerin. DafQr
spricht auch die Thatsache, dass er so früh als Mitglied
des Rats erscheint. Die Gründe, welche für die an sich
unwahrscheinliche Annahme, als sei er mit Frau und Kind
von Augsburg nach Colmar gezogen, bisher vorgebracht
worden sind, entbehren jeder Beweiskraft.
Der Goldschmied Caspar wird als städtischer Lieferant
in den Kaufhausbüchern öfters genannt, zum letztenmal
im Jahre 1481. Diese Einträge bezeichnen wohl sämtlich
den Vater Schongauer, der um die letztgenannte Zeit
gestorben sein mag.
Das Haus, auf dem Caspar Schongauer im Jahre 1445
Bürger wurde, lag dem Bürgeraufnahmerodel zufolge in
der Schädelgasse neben dem Hause zum Fürsten. Da sein
damaliges Wohnhaus zugleich das mutmassliche Geburts-
haus seines Sohnes Martin ist, so habe ich versucht, die
Lage desselben zu bestimmen. Ich kann hier nicht auf
die Einzelheiten dieser topographischen Untersuchung ein-
gehen, sondern muss mich darauf beschränken, das Resultat
kurz anzugeben.
In dem unteren Teile der Schädelgasse wird die
Häuserflucht durch einen Einschnitt unterbrochen, in dem
bis vor kurzem noch der Schädelbrunnen stand. Das
vorspringende Haus, das in Urkunden auch ak Eckhaus
bezeichnet wird, hiess »zum Brief«*); daran stiess unten m
der Vertiefung das Haus »zum Gatter«; dann kam das
Haus »zum Fürsten«; und darauf folgte die Schongauersche
Behausung, die damals, wie noch au« anderen Erwähnungen
hervorgeht, keinen eigenen Namen hatte, so dass ihre "L^g^
durch Nennung des anstossenden Hauses beschneidet*
werden musste^). Inwiefern die jetzige Abgrenzung <1^
*) Jetzige Nummer 42. — *) Diese ganze Seite der Sch&delgasse gcbÖ»t<
noch zum Stadtviertel »Über den Weg*, nicht, wie Mossmum (Cal «*»•'*'
Zeitung vom 27. März 1887) angiebt, zu dem «Zum Haupt«.
Colmarer Maler des 1 5. Jahrhunderts. j I
Häuser in der Schädelgasse mit derjenigen des 15. Jahr-
hunderts zusammenfällt, muss dahingestellt bleiben. Früher
wurde allerdings die Vereinigung mehrerer Häuser zu
einem einzigen wegen der darauf ruhenden bürgerlichen
lasten selten zugelassen, doch scheint gerade das an der
Stelle des Hauses zum Fürsten stehende moderne Gebäude
den Platz von mehr als einer alten Wohnstätte einzunehmen.
2. Bürgerrecht.
Bei den Hypothesen über den Geburtsort Martin
Schongauers und seiner Brüder ging man immer von der
willkürlichen Voraussetzung aus, die Bürgersöhne besässen
schün von Geburt das Bürgerrecht und brauchten nicht
erst in die Bürgerlisten eingetragen zu werden. Doch
ein blosser Blick auf diese Listen zeigt uns, dass nicht nur
die Sohne von gewohnlichen Bürgern, sondern selbst von
Ratsherren und Stättmeistem erst durch eine förmliche
Aufnahme Vollbürger wurden. Wenn nun Martin Schon-
gauer in den betreffenden Verzeichnissen, welche bis zum
Jahre 1494 keine Lücke aufweisen, nicht vorkommt, so
müssen wir eben den Schluss ziehen, dass er das Bürger-
recht nie erworben hat.
Neben den Bürgern gab es ja noch zahlreiche andere
Einwohner, die sogenannten Seidner, welche am Ende des
Mittelalters die meisten bürgerlichen Rechte genossen,
nur dass sie keine städtischen Ehrenämter bekleiden durften.
Sie waren Mitglieder der Zünfte und konnten Grundbesitzer
sein; belbst Edelleute wohnten bisweilen als Seidner zu
Colmar*).
Was Martin Schongauer wohl davon abgehalten hat,
5»ich unter die Vollbürger aufnehmen zu lassen, wissen wir
nicht. Vielleicht war es seine häufige Abwesenheit zur
Ausführung auswärtiger Bestellungen; vielleicht lag ihm
überhaupt wenig an den Ehrungen von Seiten seiner
Genossen auf der Krämerzunft. Die zeitraubende Thätigkeit
'ni Rat und Gericht mochte manchem Künstler und
belehrten wenig zusagen: Hess sich doch Beatus Khenanus
^u Schlettstadt durch Kaiser Karl V. von allen Amts-
h Rotbach I, 16.
72
Waldner.
geschäften entbinden! In der That gelangte auchSchongauer
nie zur SchöfFenwürde, der untersten Stufe der städtischen
Ehrenleiter, während drei Maler, Caspar Isenmann, Conrad
Maler und Urban Maler, in den SchöfFenverzeichnissen der
Krämer aus den fahren 1459 — 1490 stehen*).
Auch noch auf die in der Nachbarstadt Mülhausea
geltende Bestimmung möchte ich hinweisen, dass die
Bürgersöhne erst am Tage ihrer Heirat in die Bürgerlisten
eingetragen werden sollten 2). Wenn diese Bestimmung-
auch in Colmar galt, was wir bei der Spärlichkeit der
Nachrichten über das alte Bürgerrecht daselbst nur ver*
muten können, so Hesse sich etwa daraus folgern, dass
Martin Schongauer nie verheiratet war. Dazu würde auch
die Thatsache stimmen, dass seine Brüder bekanntlich
seine Erbschaft antraten.
3. Sein Häuserbesitz.
In einem im Jahre 1472 begonnenen Zinsbuch des
St. Martinsbaus zu Colmar^) steht auf Seite 10 folgender
Eintrag, der bis jetzt nirgends gedruckt ist:
»Meister Martin Schongowor der moler gitt alle jor
jcrlichen acht gülden von sinem huse vnd gesesse, daz man
nennet zum schwanen, mit dem kleinen hüselin afFter dar
an gelegen zu Colmar ime Augustinergeßlin eine sitte
nebent der altten watloubcn vnd andersitte nebent Gerge
Krusen dem jungen, sint susten lidig eygen. Dy selben
hüser ouch vormolß vmb dy bumeister santt Martinß buw
koufft hatt vnd hatt dozü zii einem rechten vrsatz gesettzett
sine dni huser vnd gesesse aneinander gelegen zfi Colmar
in der Schedelgassen eine sitte nebent Peters von MumppurE
seligen wittewe andersitte nebent im vnd siner brüder
huß etc. Stontt dy acht gülden geltts houbtgftt hundert
vnd sechtzigk gülden noch besage deß koufFbrieffs, de£
datum wisett viertzehen hundert sübentzig vnd süben jor,
daß nyssen hatt Hannß Thanner sinen lebtag vnd mit
») Rotbuch I, 182, 206. — 2) P. Stoeber, De la condition des manants
a Mulhouse: Bulletin du Musec historique de Mulhouse VIII, 64. — ') ^^
St Martin.
Colmarer Maler des 15. Jahrhunderts. n^
lenger, denn vallet der zinß und houbtgfitt an santt
Martinß buw.c
Von späterer Hand ist beigefügt: »Diser zinß ist ab-
gelöset von Peter von Stroßburg.«
Wir sehen hieraus, dass Martin Schon gauer im Jahre
1477 ^^ Haus zum Schwan in dem Augustinergässchen,
der jetzigen Schöngauergasse, von der St. Martinsbau-
verwaltung gekauft und als Gewähr für die Bezahlung
des darauf lastenden Zinses drei ihm gehörende Häuser
in der Schädelgasse zum Unterpfand gesetzt hatte. Diese
letzteren Häuser standen in derselben Gegend, wo wir
schon das Geburtshaus des Meisters gesucht haben. Um
ihre Lage genauer zu bestimmen, gehen wir von dem
allen Freunden der Colmarer Topographie wohl bekannten
Gerberhof*) aus. Oben an dies Gebäude stiess im Jahre
M54 das Haus des Tuchscherers Simon Stetter, daneben
erhob sich das Haus des Schuhmachers Peter von
Muntpur, und an dieses schlössen sich die Schongauer-
schen Häuser an«).
Bekanntlich schuldete Martin Schongauer von seinem
ßwitz in der Schädelgasse mit seinem Nachbar Muntpur
zusammen eine Rente an das St. Martinsstift. Die darauf
bezüglichen Einträge in den Stiftsurbaren sind schon von
His-Heusler im Jahre 1867 veröffentlicht worden 8). Neuer-
<^ings hat M. Bach*) sie noch einmal abgedruckt, aber die
Biographie Schongauers dadurch wieder verwirrt, dass er
behauptet, dessen Name stehe bereits in dem Originaltexte
<le5 Urbars vom Jahre 1456, während doch, wie ich mich
selbst auf dem Bezirksarchive zu Colmar überzeugt habe,
dies zum ersten Male beim Urbar des Jahres 1490 der
fäll ist, in allen früheren Registern aber dio betreffenden
•Stellen nachträglich eingeschaltet sind.
Es war wohl die wachsende Bedeutung seines Kunst-
betriebs, welche Schongauer im Jahre 1477 veranlasste,
das geräumige Gebäude zum Schwan zu erwerben, das
*) Jetzige Nummer 54. — ') Bürgeraufnahmerodel 1454: von Muntpur
^^^ Stcttcr. — ») Das Todesjahr Martin Schongauers. (Archiv für die zcicli-
nenden Künste XIII). — *; Schongauerstudien 1895. (Repertorium für
KunsiwiMcnschaft XVIII).
74
Waldner.
sich besser für eine Malerwerkstatt eignete als die kleinen
Handwerkerhäuser in der Schädelgasse. Dasselbe ging
bekanntlich später auf Ludwig Schongauer über, denjenigen
Bruder Martins, der seine Werkstatt übernahm. Hier ist
wahrscheinlich auch Albrecht Dürer beherbergt worden,
als er den grossen Colmarer Meister aufsuchen wollte, ihn
aber nicht mehr am Leben fand.
Was die Lage dieses Hauses zum Schwan betrifft, so
wissen wir jetzt aus den angeführten Citaten, dass es nicht
das von Kraus *) abgebildete spätgothische Eckhaus war,
welches ja damals dem Jörg Kruse gehörte, sondern dass
es daneben im Augustinergässchen stand ^j. Wir können
sogar die Geschichte dieses Hauses noch weiter zurück-
verfolgen. Im Jahre 1463 nämlich schenkte der Domherr
Walther Kennelin dem St. Martinsbau »zwey hüsere vnd
gesesse hinder vnd vor . . . gelegen ... im gesselin zwüschent
den Augustinern vnd der Schedelgassen, einsite nebent der
alten wotlouben vnd andersite nebent den h&ttelin die
man nempt zfim swan« mit dem Vorbehalt des lebensläng-
lichen Nutzungsrechts für sich, Hans Tanner und dessen
Ehefrau Grede Sererin ■). Die Beschreibung dieser Schejikung
passt ganz genau auf die von Martin Schongauer im Jahre
1477 erkaufte Liegenschaft. Hinsichtlich der Benennung
erfahren wir aus den erwähnten Urkunden, dass im Jahre
1463 das IJaus Walther Kennelins von den Hüttlein zum
Schwan begrenzt wurde, dass im Jahre 1472 das eine
dieser Hüttlein zum Eckhaus des Jörg Kruse bezogen
war*), und dass im Jahre 1477 der Name »zum Schwan«
definitiv auf das von Schongauer erworbene Besitztum
übergegangen war, welches vermutlich inzwischen die
anderen Hüttlein in sich aufgenommen hatte.
') Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen II, 315. — *) Jetzige
Schöngauergasse Nr. 2. — ^) GG St. Martin. — <) Weiter oben, Seite 69.
Colmarer Maler des 15. Jahrhunderts. yc
Nachträge zu G^rards Malerverzeichnis.
I. Lienhard Maler.
Im Kaufhausbuch vom Jahre 1467 steht folgende
städtische Ausgabe: »Lienhart Maler 3472 ß vom kerker
thor ze molen«i).
Er ist vielleicht identisch mit dem später zu Strassburg
thätigen gleichnamigen Maler 2).
2. Conrad Maler.
*473- »Cunrat Moler ff. [actus] c. [ivis] vflf sinem huse
inn Theinhin vorstatt nebent Michel von Rote«*).
In dem im Jahre 1459 aufgestellten SchöfFenverzeichnis
der Krämerzunft ist der Name »Caspar Isenman« später
durchstrichen und durch »Cunrat Moler« ersetzt worden*).
Da die Schöffen auf Lebenszeit gewählt wurden, kann
Conrad Maler erst nach Isenmanns Tod an dessen Stelle
getreten sein. In dem nächstfolgenden Verzeichnis vom
Jahre 1490 fehlt sein Name; er war also damals bereits
gestorben oder wenigstens nicht mehr zu Colmar wohnhaft.
3. Wilhelm Maler.
Das Kaufhausbuch verzeichnet im Jahre 1474: »Meister
Wilhelm dem moler 10 ß. allerley ze molen«*).
4. Urban Hütter.
1475: »Vrban Hütter moler ff. c. vff Hanns Hütters
sins vatters huß an der nußlouben».
1446: »Hanns Hüter sartor f. c. vff sinem huse nebent
der nußloube vnd nebend Cftnrat Kruse «).
Dieser Urban Hütter, gewöhnlich kurzweg Urban
Moler genannt, dem Gerard") den Vornamen Adam giebt
und über dessen Herkunft er unnötige Vermutungen
macht, war einer der angesehensten Colmarer Maler jener
Zeit. Er folgte dem Conrad Maler in der Schöffienwürde
*) Nr. 53, S. 31. — ») G^rard II, 311— 313. — *) Bürgeraufnahme-
rodel. — ♦) Rotbach I, 182. — *) Nr. 60, S. 22. — «) ßürgeraufnahmerodel.
— ') JI. 270.
y6 Waldner.
nach und war seit 1495 Zunftmeister der Krämerzunft*). Da
die Verzeichnisse der Zunftmeister und Ratsherren für die
Jahre 1498 — 1500 fehlen und sein Name sich auf den
folgenden nicht mehr vorfindet, so ist wohl anzunehmen,
dass er vor der am 23. Mai 1501 vorgenommenen Rats-
erneuerung gestorben ist.
Über seine Thätigkeit erfahren wir aus dem Kaufhaus-
buche des Jahres 1478 «), dass er damals den Wagkeller
für 4 1/2 Pfund und 2 Schilling bemalte, und, was wichtiger
ist, aus einem Anniversarienbuch des Dominikanerklosters
zu Colmar, dass er die Passion in dem Kreuzgang des
Klosters gemalt hat»), »Anniversarium Vrban moler vnd
siner husfröwen vnd ir vatter vnd müter vnd ir kinderc
heisst es daselbst, und am Rande steht von einer Hand
aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts bemerkt: »fecit
picturam nostram de passione domini in ambitu«*). Er
scheint also der Urheber des noch erhaltenen und von
Kraus*) reproduzierten Wandgemäldes zu sein.
5. Arbogast Spies.
Im Jahre 1499 wurde der Bildhauer Hans Moser von
Walbach in Colmar zum Tode verurteilt wegen mehrerer
Verbrechen, deren er eines unlängst begangen hatte, als
er zu Colmar bei »Meister Arbogast Spies dem Moler«
diente«).
Dieser Bildhauer im Dienste eines Malers kann nur
ein Holzschnitzer gewesen sein, da die Steinmetzen eine
eigene Zunft bildeten. Durch die engere Verbindung der
Schnitzerei mit der Malerei erklärt sich auch das Vor-
kommen eines »Stephan Bildhouwer« im SchöfFenverzeichnis
der Krämer vom Jahre 1490.
Aus dem Umstände, dass uns im letzten Drittel des
15. Jahrhunderts mehrere als Meister bezeichnete, d. h.
selbständig arbeitende Maler zufällig in Archivalien
^) Ratslistcn, BB. — -) Nr. 63, S. 62. — ») Ingold, Notice sur T^glise
et le couvent des dominicains a Colmar. 1894, p. 62. — *) Bezirksarchiv
Colmar: Dominikaner zu Colmar, £ 3', S. 62. — ^) A. a. O. S. 268 —
«) FF Vergihtbuch 1466— 1 518.
Colmarer Maler des 15. Jahrhunderts. yy
^gr^gTien, ergfiebt sich, dass die künstlerische Thätigkeit
zu Colmar neben Schongauer doch bedeutender war, als
man bis jetzt angenommen hat. Vielleicht wird sich noch
manches Colmarer Gemälde dem einen oder anderen dieser
Maler zuweisen lassen. Für eine Untersuchung über Urban
Hütter würde das Wandgemälde im Kreuzgang des
Dominikanerklosters einen sicheren Anhalt bieten.
Meine Nachforschungen haben sich wesentlich auf das
Colmarer Stadtarchiv beschränkt; es wäre demnach nicht
unmöglich, dass eine nochmalige genauere Prüfung der im
Bezirksarchiv des Ober-Elsass verwahrten Klosterarchive
neue Aufschlüsse brächte.
L
Der Sturz des Mainzer Oberhofmarschalls
Johann Christian von Boynebui^ im Jahre i66^
Von
Karl Wild.
(Schluss.) M
Nachdem wir die ersten Spuren eines Missverhältnisse
zwischen Boyneburg- und seinem Herrn festgestellt habei
wenden wir uns zur Darlegung der Gründe, die sein
Stellung am Mainzer Hofe unhaltbar machten.
In der Mainzer Politik vollzog sich nicht lange nac
dem Abschluss des Rheinbundes eine merkliche Änderunj
Der Ausbruch des zweiten dänischen Krieges versetzt
Johann Philipp in .grosse Bestürzung; denn er befürchtete, d:
Reich werde trotz der Allianz oder gerade durch sie i
den Krieg verwickelt. Während der Mainzer Oberho
nuirschall Hoyncburg an den pyrenäischen Friedensverhani
lunj^en teilnahm, schickte der Kurfürst seinen Rat Blui
nach Köln, um anzufragen, ob man nicht im Notfall eine
Auswoic aus der Allianz suchen sollte. Da der Kolm
lürzbischof (»in derartiges Ansinnen zurückwies, so wun
liluin desavouiert, wie wenn er seine Instruktion übe
schritten liätte'-). Bald darauf geriet der Reichskanzl
Joliann Philii)p in Zwist mit dem Kaiser wegen Verlegur
der Reichsd<»putation^); so lange der Streit mit Heftigke
geführt wurde, war dt.T Mainzer Kurfürst froh, an de
M V^l. dk-c Zcit^chiifi, N.F. XIII. s«); ft. — -. Vgl. das Di.irium t
Muiii/.cr Rates lieitrain vom 30. Jan. i(>6.j. T.'bcr die Al^lassuii^ und (ilai
M'ür(li;;kcit dieses Tajiebucli.s wird späler berichtet werden. - - 'y Vj^l. Grüssl«
iJcr Streit um die rran>lation <ler Fianklurtor Ordiiiari Reich»deput.iti<
Slargard 1870.
Sturz Boyneburgs. nq
Rheinbund einen Rückhalt zu haben ; als aber die Spannung
zwischen Wien und Mainz nachliess, begann sich Johann
Philipps Anschauung über den Rheinbund zu ändern. Die
Besetzung Lothringens durch Ludwig XIV. suchte sich
zwar der Kurfürst so gut zu deuten, als er vermochte. Er
tröstete sich mit dem Gedanken, dass nun endlich das
Land in eine geordnete Verwaltung komme. Aber er liess
sidi schon von dem Herzog von Lothringen überreden, ein
Vermittleramt zwischen ihm und dem König von Frank-
reich anzunehmen, obwohl Boyneburg heftig davon abriet.
Als endlich Ludwig XIV. gar die Stände des Elsasses be-
drängrte, wurde Johann Philipp misstrauisch gegen Frankreich.
Er erkannte, dass seit dem Tode Mazarins die französische
Politik die traditionellen Bahnen verliess, ja er gewann eine
Ahnung von der Gefahr, die durch Ludwig XIV. dem Reiche
drohte. Es herrschte von da an zu Mainz eine un-
sichere Stimmung betreffs der Erneuerung der Allianz
niit Frankreich. Allein Johann Philipp hütete sich, bei
Frankreich den Verdacht zu erregen, als nähme er ungerne
eine Erneuerung des Rheinbundes vor*); denn er bedurfte
aer französischen Hilfe zur Überwältigung des wider-
spenstigen Erfurt, das sich der Mainzer Herrschaft zu ent-
ziehen suchte.
Boyneburg war weniger zurückhaltend und vorsichtig;
erwagte eine formliche Schwenkung zur kaiserlichen
Politik.
Auf dem Regensburger Reichstage suchte er sich den
Kaiserlichen gefällig zu erweisen und hoffte, sie würden
ihn bei seiner Bewerbung um das Reichsvizekanzleramt
unterstützen. Schon einmal war er nahe daran, das begehrte
Amt zu erlangen. Aber obwohl der Mainzer Erzbischof,
^em die Ernennung zustand, mit Entschiedenheit für ihn
<^inirat, so war doch die Abneigung des Kaisers gegen
Jhn zu stark, als dass sich seine Bestallung hätte durch-
•^'etzen lassen. Man einigte sich schliesslich auf Wilderich
von Walderdorf. Der ehrgeizige Boyneburg war über
^*esen Durchfall sehr missvergnügt und beschuldigte
') Über die «weite Prorogation des Bundes vergleiche MenU, Johann
I*hilipp voo Schönborn. Jena 1896. S. 102.
>s*
Wild.
nO>
mo uocnor am Mainzer Hofe, besonders den Geh. Rat
IWunu sio hätten während seiner Abwesenheit von Mainz
»Ion Kurtiirston gegen ihn aufgebracht, so dass er nicht mehr
aut .soinom X'orschlage bestanden habe. Als Walderdorf bald
.stMn Amt niederlegte, um das Bistum Wien zu übernehmen,
rrhicit lV")yneburg von neuem viele Versprechungen, sowohl
Vi»n seinem Herrn als auch von den Kaiserlichen. Der
oinflussreiche Porti a. der schon von Linz aus mit ihm in
Unterhandlung trat, stellte ihm die erstrebte Würde in
sichere Aussicht. Dadurch wurde Boyneburg bewogen,
sich den Kaiserlichen zu nähern. Als Portia nach
Regensburg kam, trat er mit ihm in intime Beziehungen.
Seine Gemahlin verkehrte mit der Portias. Er rühmte
sich, dass er zu jeder Zeit geheime Botschaft an Portia
gelangen lassen könne. Auch mit den andern kaiserlichen
Ministern, mit Auersberg, Lobkowitz, Hocher war er bald
wohl bekannt. Ja, während der Anwesenheit des Kaisers
wurde er sogar bei diesem zur Audienz zugelassen^).
Boyneburg trat in vielen Stücken zu gunsten der
Kaiserlichen auf. Er bemühte sich die Glieder des Rhein-
bundes zu überreden, dass sie dem Kaiser eine ihm genehme
Unterstützung im Türkenkriege versprächen*). Bei der
Generalitätswahl, bei den Anträgen, die das Herzogtum
Mantua betrafen, finden wir ihn mit ziemlichem Eifer auf
Seite Österreichs. Als der burgundische Abgesandte eine
Sicherstellung seines Kreises gegen HeeresdurchmlLrsche
verlangte, unterstützte Boyneburg diese Forderung. Der
französische Gesandte beklagte sich später beim Kurfürsten
von Mainz über gewisse Attestate, die in der burgundischen
Sache zu Ungunsten Frankreichs ausgestellt worden seien»).
*) Am 29. Januar 1664. Kaiser Leopold kam am 24. Dez. nach
Regensburg, kurz zuvor war der Erzbischof von Mainz eingetroffen. —
*) Vgl. Urkunden und Aktenstücke XI, 218 ff. und Guhrauer, Leibnin
deutsche Schriften I, 29, Leibnizs Epitaph auf Boyneburg:
Barbarus arma movet contra qua Ratisbonam magnos
Teutoniae proceres ad pia signa vocet.
Noster adest et monstrat amico foedere Rhenum
Danubio certam ferre salutis opem.
^) >De attestatis ab Archiepiscopo Salisburgensi in causa Burgundica contia
Gallos datisv, vgl. die Briefe Linckers an Boyneburg, datiert 28. nnd 30. Juni
1664 und den Brief Reiffenbergs an Boyneburg, datiert i. Juli 1664. Arch. s. W.
Sturz Boyneburgs. Sl
Johann Philipp half sich mit der Ausrede, dass ihm über
die ganze Sache nichts bekannt sei und meinte, es handle
sich wahrscheinlich um einen Auszug aus dem Sitzungs-
protokoll, den sich Gravel ebenso gut machen lassen
könne*).
Die Schwenkung, die der Mainzer Oberhofmarschall
in seiner politischen Anschauung ausführte, lässt sich nicht
deutlich aus seiner Stellungnahme bei den öffentlichen
Verhandlungen zu Regensburg nachweisen, da er erst spät
dorthin kam*) und selten an den Ratsitzungen teilnahm.
Dr. Bertram hatte in ihnen das Direktorium zu führen.
Die langwierigen Beratungen betrafen meist das Kriegs-
wesen: die Matrikelansätze zur Kriegssteuer, die Kriegs-
ratsinstruktion und die Verpflegungsordnung. Nebenbei
wurde auch ein Anfang in der Sache der ständigen Wahl-
kapitulation gemacht. Boyneburgs veränderte Anschauung
erkennt man am besten aus seinen gelegentlichen Reden
und geheimen Unterhandlungen.
Über die rheinische Allianz sagte er unter anderem
/u seinen Freunden, sie sei zur Garantie und Exekution des
Friedens gegründet worden. Man habe aber dabei auch
den Gedanken gehabt, durch sie allmählig eine beständige
Reichsverfassung anzubahnen. Diesem Zweck entsprechend
müsse der Bund umgebildet werden. Beides könne nicht
zusammen bestehen: Conventus et consilia foederatorum et
Imperii, militia et generales foederis et Imperii, cassa, aera-
rium et collecta foederatorum et Imperii'*). Frankreich
hindere das Werk der Verfassung; denn es drohe, seine
Streitkräfte zu verstärken, wenn ein ständiges Reichsheer
geschaffen werde. Da es im Interesse des Erzstiftes Mainz
') Johann Philipp wusste aber doch um die Sache, denn Boyne-
hurt; schreibt in einem Gutachten , das dem Kurfürsten zur Anleitunj^
\j^i der Führung der Reichstags{*cschä[te dienen sollte: »Interim praepaiamenta
riant, scd tacitc et secreto, de obstaculo Burgundici circuli noto removendo <:
luduia Boencb. 1. 44. — *) Boyneburg weilte zu Regensburg vom Nov.
tf.Ol bis Mai 1664. — •) Boyneburg schreibt über die Reichsverfassung in
•icm oben erwähnten Gutachten: *Consideratio suscipienda simul est, de
oickIo et ratione consortes pacis exteros complcctendi iiac Imperii sccurilatis
militari constitutione et indc sequente Generali Garantia. Huc spectat Pro-
videntia de coDservatione, incremento vcl decremcnto foederis.« ludiciu
Boeneburgica 1. 44.
Zctuchr. f. Gnch. d. Oberrh. N. F. XlV. i . 6
82 Wild.
liege, mit Frankreich in guten Beziehungen zu stehen, so
müsse man zur Zeit von einer beständigen Kriegsverfassung
absehen und dem Kaiser nur die Türkenhilfe gewähren*).
Boyneburgs Abneigung gegen die Allianz verstärkte
sich zusehends. Er ist zuletzt der Ansicht, dass sie besser
nicht bestände; denn sie trenne das Reich in zwei Lager;
sie schaffe »comritia in comitiis«. Wenn die Alliierten ihr
Kontingent zum Türkenkriege nur nach der Bundesmatrikel
stellen wollten, so sei dies eine Ungerechtigkeit gegen die
Nichtalliierten und Verstösse gegen die Exekutionsordnung.
Falls aber die Alliierten ausser ihrer Bundespflicht auch
noch nach der Reichsmatrikel ihre Beisteuer leisten wollten,
so sei dies eine Ungerechtigkeit gegen ihre Unterthanen,
die dadurch doppelte Lasten zu tragen hätten. Die Allianz
werde von Frankreich gegen das Reich ausgenützt; darum
müsse sie aufgelöst werden. Er habe sie zwar schliessen
helfen, aber nicht voraussehen können, welchen Schaden
sie bringe-).
In die Allianzfrage spielte auch der Streit hinein, den
die Fürsten und Kurfürsten miteinander führten, und der
durch die Beratung über die Wahlkapitulation neu
belebt wurde. Boyncburg meinte — zu einer Zeit, da er
noch an der Allianz festhielt — , man müsse bestrebt sein,
dass mehr Kurfürsten in den Rheinbund Aufnahme finden
und etliche geringe Stände austreten, damit nicht die kur-
fürstliche Hoheit um ihr Recht komme, wenn ein jeder
Fürst im Bundesrate so viel, zu sagen habe wie ein Kur-
fürst. Boyncburg huldigte überhaupt einer oligarchischen
Anschauung. Nach seinem Urteil sollten noch drei Kur-
fürsten geschaffen werden; die grossen fürstlichen Häuser
müssten sich zusammenthun und sich auf drei Stimmen
vereinigen; die übrigen kleineren Fürsten hätten sich zu
fügen. Dann komme das Reichsregiment an wenige Stände,
mit denen der Kaiser das Staatswesen leiten könne;
dann odialte man ein mächtiges Reich und werde weder
Frankreich noch sonst eine Macht zu fürchten haben *).
M Nach dem DiaTium Bertram s vom 24. Dez. 1663. — •) Nach dem
Diarium Bcitrams vom 7. und 15. März 1664. — ») Vgl. Prozesstkten
Boyneburgs, Examen vom I. Sept. 1664 (Frage 56) und Dianum Bertiaml.
^
i
Sturz Boyneburgs. S3
Es sind hingeworfene Aussprüche, wunderliche Pläne
Boyneburgs, die wir im Voranstehenden angeführt haben.
Man wird sie, ganz abgesehen davon, dass sie uns von
einem seiner Feinde, von Dr. Bertram überliefert werden,
nicht zu ernst zu nehmen haben; aber sie beweisen jeden-
falls, wie weit sich Boyneburg von seiner früheren An-
schauung entfernte.
Seine Annäherung an die Kaiserlichen erhellt am
deutlichsten aus seinem Projekt über die spanische Erb-
folge und aus den darüber angestellten Unterhandlungen.
In dem pyrenäischen Frieden wurde bestimmt, dass
L\idwig XIV. Maria Theresia, die älteste Tochter dos
spanischen Königs, zur Gemahlin erhalten sollte. Diese
xnusste auf ihre Erbansprüche verzichten; aber es geschah,
iwie Boyneburg bemerkte '), »renunciatione valde labili.« Als
der männliche Stamm der spanischen Habsburger auszu-
sterben drohte, erhielten die Diplomaten Europas reichen
Stoff zu allerhand Projekten. Auch zu Regensburg besprach
nian die spanische Erbfolge 2): Boyneburg schrieb am
'-». Dez. 1663 an Lincker: »Sobald ich Zeit habe, mache
ich ein eventual-instrumentum pacis et unionis inter Cae-
sarem et domum Austriacam, tum Regem Christianissimum
^t Galliam, in eventum mortis Infantis Hispani nee non et
alias.c Er machte sich sofort ans Werk, indem er auf
<?iner Tabelle in drei Reihen die Beweggründe nieder-
schrieb, die jede einzelne Partei und beide zusammen zur
Annahme eines gütlichen Vergleichs veranlassen konnten.
L>arnach arbeitete er das grosse Teilungsprojekt aus. Man
•erhält beim Lesen desselben den Eindruck, dass es dem
erfasser darum zu thun ist, das Wohlwollen der Oster-
r^'icher zu gewinnen 3), wenn auch das Ganze unter dem
kf rossen (xesichtspunkt, das Haus Ilabsburg und Bourbon
auszusöhnen und zu vereinigen, dargestellt ist.
Frankreich erhält nach dem Projekte Katalonien,
^vavarra, die noch übrigen spanischen Besitzungen dies-
seits der Pyrenäen, die Eranche Comte, Artois, einen Teil
*) Vjjl. Brief Boynchurps an ^^clchior friedlich von Sclir»n]>orn. datieit
iR. Min ibjo. A. r. W. — -) Vj;! Lc grolle, l;i diploni.uio fianvai^e et
U koccession d'Espa$>ne I, 106. — 'i Verschiedene Male kehrt die Anmerkunj;
^^^r: »Omittatur, si Austriacis ita videbitur.«
6*
84 Wild.
des Hennegau, Namur, Luxemburg und unter gewissen
Bedingungen Geldern und die Hälfte von Mailand. Öster-
reich werden die übrigen Teile des spanischen Erbes
zugesprochen. Für die Grafschaft Burgund soll dem Haus
Österreich Sitz und Stimme im Reichstag verbleiben, da-
gegen verspricht es dafür einzutreten, dass Frankreich im
Fürstenrate zwei Sitze erhält, einen auf der weltlichen
Bank für das Elsass und einen auf der geistlichen Bank
für die lothringischen Bistümer. Frankreich verpflichtet
sich, für seine deutschen Lande alle darauf ruhenden I-asten
zu tragen und ihrethalben beim Türkenkrieg unter den
Fahnen des Kaisers mitzuhelfen 0. Auch die Möglichkeit
eines Krieges zwischen Österreich und Frankreich ist vor-
gesehen. In diesem Falle sollen alle zum burgundischen
Kreise gehörenden Gebiete, ebenso Elsass und Lothringen
neutral sein. Es ist der alte unrichtige Gedanke des
Mainzer Systems, als könnte aus dem Reich ein neutrales
Gebiet gemacht werden, wenn auch an den Grenzen die
gerüsteten Heere der kriegführenden Mächte einander
gegenüber stehen.
Boyneburg wollte auch für seinen Herrn einen Gewinn
erzielen. Zuerst hoffte er sogar, ihm den Breisgau zu ver-
schaffen; in dem aufgestellten Projekte aber begnügt er
sich mit Philippsburg. Der König von Frankreich soll
zum Beweis seines Entgegenkommens die Besatzung der
Stadt Philippsburg abführen lassen; hierauf ist sie als
neutrale Reichsstadt der Verwaltung des Mainzer Erz-
bischofs zu übergeben. Welch* grossmütige EntSchliessungen
erwartete man nicht von Ludwig XIV., der doch seit dem
pyrenäischen Frieden einen ganz anderen Gang in der
Politik einschlug, als die Mainzer Politiker sich träumen
Hessen !
Seit längerer Zeit hielt sich zu Mainz der Spanier Don
Christoval de Roxas (Spinola) auf-). Zum grossen Arger
^) Fol^cudc Einschrilnkuni^ ist an^efü^i: Ita tarnen ut amicitiac Gallicae
cum P<>rta, (Jhristianis et coinmercioruin secuiitali in Oriente admodum pro-
ticuae inde nulluni crectur praciudiciuni. ■ - -) Er war Geistlicher des Heil.
Franziskus und Bischof von Stcphania in Ungarn. Vgl. über ihn Erd-
mannsdörlTcr, Deutsche Gesch. 1, 481, Auerbach, la diplomatie franvaisc
et la cour de Saxe S. 13K und Mcntz 1. c. 124.
Sturz Boyneburgs. 35
der Franzosen wich er nicht von dort. Nach seiner Aus-
lage hatte er die Absicht, eine ostindische Handelskompagnie
irn Reich zu gründen; aber man wusste, dass er ausserdem
t-ioch religiöse und politische Zwecke verfolgte. Durch ihn
jiess Johann Philipp seine Gedanken über eine Teilung des
«spanischen Erbes an den Wiener Hof gelangen. Der Kur-
fürst wurde sicherlich von Boyneburg dazu angeregt, der
*«ich immer nnventor et auctor totius negotii< nennt. Übrigens
tauchten gleichzeitig auch an anderen Höfen Teilungspläne
auf, weil sie eben durch die Sachlage nahe gelegt wurden.
Jedenfalls hat Boyneburg das Projekt zuerst in eine Form
i^ebracht, auf Grund deren man Unterhandlungen pflegen
konnte. Nach seinem Vorschlag sollten diese zu Regensburg
angetreten werden. Er meinte, der Kurfürst habe ja die
Sache glücklich angebracht; deshalb könnte man bei An-
kunft des Erzherzogs Sigismund, wenn nicht früher, die
Beratung beginnen. Unterdessen hätte man durch den
französischen Gesandten Gravel die Absichten Ludwigs XI\'.
näher erforschen zu lassen ^).
Bevor der Kurfürst von Mainz nach Rogensburg kam,
W^^ann Boyneburg durch den österreichischen Kommissär
Hücher Unterhandlungen mit den Kaiserlichen anzu-
knüpien; ja, er schickte sogar eine Denkschrift über die
•''panische Erbfrage nach Wien. Bei Portia fand er aber
nicht das Entgegenkommen, das er erwartet hatte. Doch
^'ies ihn dieser nicht ohne weiteres zurück, sondern
suchte die Annäherung Boyneburgs für die sonstigen
Interessen Österreichs auszunützen.
Erst nach der Ankunft des Kaisers zeigte Portia
P'Osseres Interesse für Boyneburgs Teilungsplan. Inzwischen
hatte der französische Minister Lionne ein Schreiben gesandt,
in dem er seine Bereitwilligkeit kund gab, mit Osterreich
^^^fin des spanischen Erbes Abmachungen zu treffen -).
Daduah wuchs der Eifer der Interessierten. Zwischen
Boyneburg und den kaiserlichen Ministern fanden im Monat
Januar 1064 mehrere geheime Zusammenkünfte statt, die
^vneburg veranstaltete und leitete. Seine Bemühungen
*i Vßl. da^ erwähnte Gutachten Royncburjjs über die Reichsia^>-
8^^chM(e. — ») V|»l. Diarium Bertrams vom S. De/. Kiö^. - ■•) Vj;!. Diarium
^"^ms vom 29. Jan. 1664.
86 Wild.
wurden auch anerkannt; denn er erhielt damals Geschenke
vom Kaiser und von Spinola. Seinem Herrn war es unliebsam,
dass er sich so sehr hervordrängte. Boyneburg war auch
unklug genug, des Kurfürsten Vorschläge abfällig zu
beurteilen^). Die Folge davon war, dass Boyneburg aus-
geschlossen und der Bruder des Kurfürsten ins Vertrauen
gezogen wurde. Johann Philipp wünschte, die ganze An-
gelegenheit selbst zu leiten.
Boyneburg wollte sich nicht in diese Zurücksetzung
fügen. Um wieder Einfluss zu gewinnen, Hess er sich ver-
leiten, dem Fürsten Auersberg, der nicht in die Sache
eingeweiht war, Eröffnungen zu machen und ihm seinen
eigenen Teilungsplan zu unterbreiten 2). Dieses eigenmächtige
Handeln musste Boyneburg bitter büssen; denn Auersberg,
Lobküwitz, Portia, alle schwatzten und meldeten dem Kur-
fürsten, was Boyneburg bei ihnen vorbrachte. Sein Herr
gestattete ihm zwar immer eine grosse Bewegungsfreiheit
und Hess es zu, wenn er bei wichtigen Dingen die Initiative
ergriff. Aber damals, als man ihn von der Verhandlung
auszuschliessen trachtete, wurde sein selbstherrisches Be-
ginnen übel aufgenommen und als Treulosigkeit empfunden.
Der Unwille des Kurfürsten brach gegen ihn los. Boyne-
burg rechtfertigte sich, so gut er konnte; allein Johann
Philipp Hess ihn seine Ungnade deutlich fühlen. Er ver-
traute ihm gar keine Geschäfte von einiger Wichtigkeit mehr
an und bestimmte, dass ein Teil \on der Boyneburg ge-
schenkten Geldsumme auch den übrigen Ministern zukommen
sollte. Durch die geschilderten Vorgänge kam natürlich
die ganze Verhandlung über das Teilungsprojekt ins Stocken.
Bei dieser Sachlage war die Bewerbung Boyneburgs
um das Vizekanzleramt ziemlich aussichtslos. Er hatte
erwartet, dass der Keiiser noch zu Regensburg eine Ent-
scheidung treffen werde. Allein dieser reiste ab und nahm ihn
nicht mit sich. Die Kaiserlichen behaupteten, die Sache hafte
') Vjll. den Brief Boyneburj^s an Walderdorf s. d. 'Burgundica, quae
no>ti, illa paradoxa approbarc non potni, hinc vapulare oportet^. Kopie von
Johann Philipps Hand. Arch. z. W. — 2| Diarium Bertrams vom 24. April
1Ö64, Vgl. da/u Pribrani, K. P. Freiherr von Lisola (Leipzig 1894) S. 328.
Hier wird ein Pari>er Memorial vom Jahre 1665 mitgeteilt, in dem der Gang
der Verhandlungen geschildert ist.
Sturz Boyneburgs 87
dem Kurfürsten von Mainz; dieser schob die Schuld
d^r Verzögerung auf den Kaiser.
Trotz dieser Enttäuschung hielt der Oberhofmarschall
seine Bewerbung aufrecht. Nachdem er die französische
Partei verlassen und sich den Kaiserlichen angeschlossen
Hatte, bestand für ihn die Gefahr, dass er zwischen zwei
Stühlen zu sitzen kam, wenn nicht seine Anstellung bald
erfolgte. Daher wandte er sich noch von Regensburg aus
an den einflussreichen Berater Johann Philipps, den l)om-
dechanten Saal, mit der Bitte, dem Kurfürsten bei Gelegen-
heit sein Gesuch vorzutragen. Der Kurfürst möchte ihm
die Anwartschaft auf das Vizekanzlariat zusagen, sobald
es frei geworden sei. Wenn er aber im Sinne habe, einem
>einer XefFen dieses Amt zu verleihen, so könnte man ihn
doch bis zum reifen Alter der Neffen das Amt führen
Ibissen, Nach Ablauf einiger Jahre würde er sich gerne in
^a:> Privatleben zurückziehen, wenn er nur wenigstens fiir
einige Zeit das Amt verwaltet hätte, um das er sich einst
^'^^rgeblich beworben habe. Dadurch hätte man seiner Ehre
^Tenüge gethan^). Nur in einer Hinsicht müsste der Kur-
ftirst dem Verhingen des Kaisers Rechnung tragen. Portia
habe ihm (Boyneburg) alles auseinander gesetzt. Er wolle
'^ichi mehr sagen ; aber es werde dem Kurfürsten nach seiner
'Gerechtigkeit und Milde leicht fallen, diese liedinguiig zu
**rt allen. Er versichere den Kurfürsten seiner beständigen
' reue und sei auch bereit, jede schriftliche Verpflichtung
♦^^nzugehen. Übrigens befinde er sich immer durch seine
"*?ziehungen zu Mainz, wo -er sich ein Haus erbaut habe
^nd wo sein Sohn soeben Kanonikus geworden sei, in der
^-"^ewiilt des Kurfürsten.
lk>yneburgs Beteuerungen seiner Anhänglichkeit an
^•^n Kurfürsten lassen erkennen, dass er sich bereits sehr
unsicher in der (xunst seines Herrn fühlte. Dieser war
^venijjr geneigt, ihn, von dessen Treue er nicht mehr über-
^•'Uirt war, aus dem Dienst zu lassen und an eine Stelle
zu befordern, wo er ihm unter Umständen schaden konnte.
L
•I Aliquntenus honori meo consulatur hoc modo, diini officio non-
tiiliil potirer, qu«> olini excidi. Brief Boyneburgs an Saal, dat. 16. Mär/
88 Wild.
Daher enthielt sich Johann Philipp jeder Aussprache über
Boyneburgs Aussichten zur Erlangung des Vizekanzlariats.
Die Mainzer Gesandtschaft brach Anfanges Mai von
Regensburg auf; nur die Räte Bertram und Hettinger
blieben dort zurück. Der Kurfürst war schon früher nach
Würzburg gereist, um einige Zeit in seinem Bistum zu
verweilen. Boyneburg hielt sich einen Monat zu ^lainz
auf; weil er aber von allen wichtigen Geschäften ferr
gehalten wurde, so besass er freie Zeit genug, um ein«
Badekur in dem beliebten Schwalbach zu gebrauchen i];
Es war jedoch für ihn keine Zeit der Erholung, sonderr
des bangen Wartens auf die Dinge, die da komme
sollten.
Boyneburg konnte sich nicht recht denken, dass seij
Verhalten auf dem Reichstage den Kurfürsten so seh"
verstimmte, da er ihm doch noch zu Regensburg seii~
ganze Handlungsweise den Kaiserlichen gegenüber au_
einander gesetzt hatte. Es musste irgend etwas vorband^
sein, was die Verstimmung des Kurfürsten aufrecht erhie'j
Denn obwohl es eine Zeitlang den Anschein hatte, £■-
sollte das alte Vertrauen wieder hergestellt werden, =
berichtete doch Lincker vom Hofe des Kurfürsten: >D^
Sturm , der kürzlich über uns hereingebrochen ist , h3
sich noch nicht gelegt. Ja, es sind viele Anzeichen vor-
handen, dass das Meer bis in seine Tiefen aufgewühlt
wurde; man muss annehmen, dass etwas Grosses gegen uns
vorgegangen ist« 2),
Der Mainzer Rat Bertram überschickte Ende Mai
dem Bruder des Kurfürsten ein Tagebuch, das er über dit
^Äusserungen Boyneburgs geführt hatte. Die Aufzeich-
nungen wurden am 29. November 1663 begonnen und bi«
zum 5. Mai 1664 fortgesetzt. Sie enthielten eine Menge
höchst beleidigender Ausdrücke gegen den Kurfürsten.
Bertram war aus dem Bistum Worms in die Dienst«
von Kurmainz gekommen. Nach der Abberufung dei
Kanzlers Meel führte er die Geschäfte des Direktorium!
bei den Reichsberatungen. Da ihn Boyneburg wie einer
untergeordneten Sekretär behandelte, so fühlte er sich ir
^) Er verweilte dort vom 20. Juni bis 15 Juli 1664. — ') Brief Lincker:
an Boyneburg, dat. 28. Mai 1664. Arch. z. W.
Sturz Boyneburgs. 3q
seiner Ehre tief gekränkt und begann eine Waffe gegen
Boyiieburg zu schmieden.
Man erhält beim Lesen seines Tagebuchs den Eindruck,
(lass es mit der bestimmten Absicht geschrieben wurde,
zur Anklage gegen Boyneburg zu dienen. Nur solche
Gespräche sind aufgenommen, die Boyneburg im schlimmsten
Lichte erscheinen lassen. Unter genauer Angabe der Zeit
und der anwesenden Personen sind die Aufzeichnungen
niedergeschrieben. Sollte etwa der Kurfürst Bertram auf-
gefordert haben, den Oberhofmarschall in seinen Gesprächen
zu belauschen? Es ist dies kaum anzunehmen, vielmehr
scheint Bertram von sich aus das Amt eines Aufmerkers
übernommen zu haben. Zur Zeit als Bertram sein Tagebuch
begann, war das Misstrauen Joh. Philipps noch nicht so
gross, dass er zu einem solchen Mittel gegriffen hätte, um
die Treue seines Ministers zu prüfen. Als der erste Unwille
des Kurfürsten gegen Boyneburg losbrach, wusste man
nwh nichts von den Aufzeichnungen, sonst hätte man sie
bereits damals gegen ihn verwertet.
Nach Abschluss seines Diariums machte Bertram Mit-
teilung davon an den Kurfürsten und dessen Bruder. Es
wurde ihm anbefohlen, das Tagebuch an den letzteren
zu übersenden. Bertram that es mit der Bitte um Geheim-
haltung des Verfassers *). Philipp Erwein von Schönborn
und Saal, dem gleichfalls ein Einblick in das Diarium
gewährt wurde, konnten sich nicht genug über die Un-
<^=inkbarkeit und Treulosigkeit Boyneburgs verwundern.
Es wurde ein Auszug aus dem Tagebuch hergestellt, und
^as Original dem Verfasser wieder zurückgegeben.
Dass die Aufzeichnungen Bertrams im allgemeinen
^^ Wahrheit entsprechen, ist nicht zu bezweifeln. Sie
wurden nicht allein von Bertram beschworen, sondern auch
^on Boyneburg, dem man sie später vorhielt, zugestanden.
Gn Vergleich zwischen dem, was Bertram von Boyneburgs
'Projekten berichtet und dem, was Boyneburg selbst in
"^inem Teilungsplan über die spanische Erbschaft angiebt,
^^^^ beinahe vollige Übereinstimmung, Die Sprache
I%neburgs ist bei allen Anführungen erkennbar; sein
*) Schreiben Bertrams an Philipp Erwein von Schönbom, dat. 19. Mai 1664.
QO Wild.
freimütiges und leidenschaftliches Wesen kommt übei
zum Vorschein.
Bertram, Lincker, ReifFenberg, Hettinger sind
Personen, mit denen Boyneburg gewöhnlich seine Gesprä<
führte. Man unterhielt sich über die verschiedensten EHn
Man sprach über die Bauten zu Mainz, über das Postwes
über die Erfurter Händel, über die rheinische Allianz, ül
den Gang der Reichsgeschäfte, über die einzelnen Fürs
und ihre Gesandten. Boyneburg witzelte darüber, d
seinem Herrn von unbekannter Seite ein leeres Felleii
zugesandt wurde; er tadelte es, dass man im Raui
unfähige Leute zu Generalen mache. Er meinte, (
Mainzer Hof werde bald wieder abziehen, der eine dah
der andere dorthin, sobald die Fässer leer getrunken sei(
Wenn aber wieder des Kurfürsten Küche zu Mainz damp
dann würden die Domherrn sich freuen; einige seien no
vom letzten Abschiedstrunke feucht geblieben. Des Ki
fürsten Bruder, der Oberamtmann von Steinheim w;
nannte er einen Bauernschultheiss. der ihm (Boynebur
seine Aufsätze korrigieren wollte, obwohl er noch r
einen Reichstagsabschied gelesen habe. Doch auch
bedenklicheren .Vusscrungen Hess sich Boyneburg hi
rcissen. Er bezeichnete es cils eine Schande, dass es a
dem Reichstage so unordentlich hergehe. Dies komr
daher, dass man ihn von den Geschäften fern zu halt
suche. Man werde aber schon wieder zu ihm komme
denn der Kurfürst sei ein Ignorant, und wisse es selb
und werde einer bleiben, auch wenn er hundert Jahre i
würde. Ein anderes Mal beschuldigte er Joh. Philipp, d<
er den Rat Blum nach Köln geschickt habe, um die Ai
lüsung der rheinischen Allianz zu beantragen. So müi
der Kurfürst nicht mit Königen umgehen; er sei eb
ein rechter foedifragus.
Da Boyneburg sich fortwährend zurückgesetzt s«
begann er zu drohen. Es werde sich schon zeigen, \»
er zu tliun vermöge. Er könne noch eine grosse Stellu
in Deutschland oder Frankreich erhalten und denen v
schaden, die ihm jetzt zuwider seien. Otters sagte
zu Bertram, von den Dingen, über die er mit ihm j
redet und von den Briefen, die er ihm gezeigt hal
Sturz Boyneburgs. oi
•
dürfe er niemand etwas verraten, auch dem Kurfürsten nicht.
Die Minister sollten zusammenhalten; dann müssten ihnen
ihre Herren schon folgen. Wenn der Kurfürst in einer
Sache nicht vorwärts gehen wolle, so käme es darauf an,
dass man ihm etwas vormache oder dass man andere
Leute hinter ihn schicke. So habe er (Boyneburg) schon
vieles durchgesetzt. Wenn Bertram etwas Wichtiges in
Händen habe, so möchte er es ihm abschreiben oder
mündlich mitteilen; er werde ihn dafür belohnen.
Als Beispiel, wie die Aulzeichnungen ungefähr lauteten,
möge Folgendes dienen:
»2. Febr. Boeneb., Lincker et Ilettinger. Ante coenam.
Boe: Ob es nicht schmählich sei, wie es zu Mainz hergehe.
Xun sei wieder das Dorf Werbach, das er habe gewinnen
helfen, an das Stift Würzburg verhandelt worden. Man
achte seinen Rat nicht mehr und meine, er habe nichts
mehr zu sagen. Aber man werde noch sehen, wer den
andern beim Schopf fasse. Der Saal, ja, das sei auch so
einer. Er halte es mit den beiden Grosshans und dem
ReifFenberg. Seien alle fures et socii furum. Mit dem
Kurfürsten werde es alle Tage ärger. Habe kein distinctum
iudicium. Lincker: plenus invidiae, Böen, ambitionis, L.
avaritiae, B. kein decorum in ihm, L. perexiguum.«
So und in ähnlicher Weise sind die Äusserungen
Boyneburgs aufgezeichnet. Man sieht daraus, dass Boyne-
burg, wenn er leidenschaftlich erregt war, keine Mässigung
•des Urteils kannte. Es ist aber zu beachten, dass diese
Reden nur Bruchstücke darstellen und aus aneinander
i^ereihten Schlagworten bestehen. vSie würden sich mildern,
venn sie in ihrem vollen Umfange berichtet wären. Zum
Teil wurde das Gesprochene von Bertram wörtlich nach-
s'eschrieben, zum Teil aber auch erst später aus dem
'iedächtnisse aufgezeichnet. Da ist es selbstverständlich,
'lass die grassesten Ausdrücke, die in lebhafter Erinnerung
blieben, sich vornehmlich zur Niederschrift aufdrängten.
Man wird Boyneburg manches nachsehen dürfen, wenn
man bedenkt, dass der durch Intriguen aus seiner
Stellung gedrängte Minister aufs tiefste erbittert war.
Aber die heftigen Ausfälle gegen seinen Herrn über-
^hreiten doch das Mass der entschuldbaren Leidenschaft.
92
Wild.
Was Wunder, dass der Kurfürst in seiner ohnehin reiz-
baren Natur beim Lesen solcher Bemerkungen in Wut
geriet und erklärte, Boyneburgs Bosheit sei schwärzer als
die Nacht.
Der Bruder des Kurfürsten, der sich in dem Tagebuch
eine ganze Reihe von Ehrentitel zurechnen musste, wurde
nach Boyneburgs Urteil auf einmal von einem erstaunlichen
Hasse gegen ihn erfüllt. Boyneburg konnte sich die
Ursache desselben gar nicht erklären; dass eine förmliche
Aufzeichnung seiner Gespräche stattfand, hat er nie
erfahren, aber er wurde bald inne, dass viele seiner
Äusserungen, die er früher oder jüngsthin gethan hatte,
seinem Herrn hinterbracht worden waren.
Johann Philipp hätte sich wohl nicht entschlossen,
** m
Boyneburg seiner Amter zu entsetzen, so lange er noch
das Vertrauen der französischen Minister genoss. Aber
eben durch sein Verhalten zu Regensburg beraubte sich
Boyneburg seiner starken Stütze in Frankreich.
Seine Annäherung an die Kaiserlichen konnte den
Franzosen nicht verborgen bleiben. Gravel, der fran-
zösische Gesandte zu Regensburg, war ein guter Beobachter;
auch wurden ihm von verschiedener Seite Mitteilungen
über Boyneburg zugetragen. Er legte schon zu Regens-
burg seine Unzufriedenheit mit ihm an den Tag; denn er
brach den intimen Verkehr mit ihm ab. Ja, er konnte
seinen ITnmut so weni^- bemeistern, dass er Boyneburg
öfters durch hitzige Reden beleidigte.
(Travels Berichte an den Pariser Hof meldeten den
Abfall Boyneburgs von der französischen Partei. Die
\\'irkung dieser Berichte machte sich bald fühlbar^).
Boyneburg hatte bei dem Minister Lionne angefragt, ob
er zu Paris gut aufgenommen werde, wenn er im Auftrage
seines Herrn dorthin komme. Auch hatte er Lionn<
ersucht, er möchte bei Kurmainz ihn als Gesandten vor
schlagen. Die Antwort des französischen Ministers wa
ziemlich zweideutig; nur soviel war daraus klar zu erseher
dass Boyneburg bei Ludwig XIV. angeschwärzt wordei
*) Vgl. Auerbach, La diplomatie fran^aise et la cour de Saze, S. i6c
Sturz Boyneburgs. gi
war') Zugleich mit der Antwort Lionnes erhielt Boyneburg
ein Schreiben des kurpfalzischen Residenten Pauel, der
von Zeit zu Zeit die Pariser Neuigkeiten nach Mainz
g^elangen Hess*). Er berichtete in offener Weise, was man
am französischen Hofe über Boyneburg dachte. Man
glaubt hier, schrieb er unter anderem, dass Boyneburg
sich mit allem Eifer um die Gunst des Wiener Hofes
bemüht, und es nur noch mit Frankreich hält, um auf alle
Fälle gesichert zu sein. Auch wird das Gerücht ver-
breitet, dass die Gemahlin Boyneburgs zur Ehrendame der
künftigen Kaiserin bestimmt sei. Es war ein schlimmes
Zeichen für das Ansehen Boyneburgs am Pariser Hofe,
dass man anfing Witze über ihn zu machen, wie wenn
hinter seinem ganzen Streben die ehrgeizigen Absichten
einer Dame verborgen lägen.
Boyneburg sah in seinem gesunkenen Ansehen die
Folge von Verleumdungen, die in Frankreich über ihn
ausgestreut wurden. »Tag und Nachte, so versichert er
seinen Freund Lincker^;, »denke ich darüber nach, worin ich
mich etwa zu Regensburg verfehlt haben könnte. Aber
ich konnte mich gar nicht verfehlen; denn es war dort
Jfar keine Gelegenheit dazu vorhanden«. Die französischen
Schreiben wurden von Boyneburg dem Kurfürsten von
Mainz mitgeteilt; denn Boyneburg war bis zuletzt der
Meinung, dass die gegen ihn gerichteten Verdächtigungen
auch seinem . Herrn zum Schaden gereichen sollten.
Johann Philipp war erstaunt, als er den Inhalt der Briefe
hernahm; wenn er auch um die ungünstigen Berichte
Travels wusste, so hatte er sich doch nicht gedacht, dass
Öoyneburg bei den Franzosen in solchen Misskredit
gekommen war. Er bemerkte zu Lincker, der ihm die
iWefe vorlas, Boyneburg hätte die Franzosen dadurch
erzürnt, dass er sich mit den Österreichern in Vertraulich-
keiten einHess. Ob Boyneburg denn nicht mehr den Franzosen
dienen wollte, von denen er doch so viele Wohlthaten
'•mpfangen habe? Auch er müsse Boyneburg tadeln, dass
*) Vgl Guhrauer, Kurmainz in der Epoche von 1672, I. 68. —
"' Vgl. über ihn Joachim, Die Entwickelung des Rheinbundes von 1658,
\ 2l<2. — ») Vgl. die Briefe Boyneburgs nn Lincker, dat. 13. und 14. Juli
1064. A. 2. W.
g6 Wild.
erkaltete 1). Darauf antwortete Boyneburg", es scheine ihm,
als ob die Fürstenberg damit umgingen, für sich ein
Monopol der französischen Gunst zu gewinnen'). Fort-
während sucht Boyneburg seine Sache mit der des Kur-
fürsten zu identifizieren, indem er den Grafen Wilhelm
von Fürstenberg als einen Mann schildert, der mit seinen
Verdächtigungen auch Johann Philipp treffen wolle: «Die
ganze Kabale, so schreibt er an den Kurfürsten, kommt
vom Fürstenberg her, welcher bei den Kaiserlichen
mich (und gar auch Eure Kurfürstlichen Gnaden selbst*)
vor unveränderlich, weiss nit wie, französisch, und am
französischen Hofe vor spanisch und österreichisch aus-
geben. Sind leichtfertige Lügen. — Wenn Eure Kurfürst-
liche Gnaden jemand anders nach Frankreich schicken
werden oder geschickt haben, so ist's gut. Vielleicht ist,
solange Fürstenberg seine Lügen dort feilbietet, unmöglich,
dass ich da viel ausrichte«.*)
Boyneburg war aber doch im Irrtum, wenn er die
Fürstenberg als seine schlimmsten Feinde betrachtete.
Der Mainzer Domherr Reiffenberg war es, der ihn aus
der Gunst der Franzosen drängte. Diesem wurde auch
die Boyneburg versprochene Reise nach Frankreich über-
tragen. Es war der erste Erfolg seiner hinterlistigen
Bemühungen.
Reiffenberg war von jeher ein grosser Intrigant. Als Neffe
des Mainzer Kurfürsten Anselm Kasimir gelangte er frühzeitig
in den Besitz einer Dompfründe. Doch überwarf er sich
bald mit seinem hohen Verwandten. Nach dessen Tode
hoffte er mit Unterstützung der Franzosen die erzbischöf-
liche Würde zu gewinnen. Seine Hoffnung schlug fehl.
Nun wandte er sich nach Trier, wo er sich beim Streit
') Brief Linckcr, dat. 12. Juli 1664: facile pcllucet quid litterae
Lionnaci fcrant, si ad artcs qiiibiis Ratisbonac petitus es, rcspicere velis:
.simuliatcs niminini, invidiam, siibstruciione«, dein apcrliores cum Fürstenbergiis
coitiones, tum fri^idam ac niox intidam GravcUi amicitiam. — >) Brief
IJoyneburgs, dat. 14. Juli 1664. — ^j Die Füistcnberg scheinen auch wirklich
^c;;cn den Kuriursten von Mainz inln^uiert zu haben: »lilector Mog. sc
quoque suanupie Directionom ab Klcctorc Colonicnsi (vel Fürstenbci^is
potius) apud Caesarem incusari ait. Brief Linckers an Boyneburg, dat.
15. Juli 1664. — *) Brief Boyneburgs an Johann Philipp, dat. 15. Juli 1664.
Über den Aufenthalt des Grafen Wilhelm zu Paris, vgl. Auerbach 1. c 160.
Sturz Boyneburgs. gn
des Erzbischofs mit sdnem Kapitel unbedingt auf die
Seite des ersten stellte, der ihn auch zuletzt zu seinem
Koadjutor ernannte. Die Wahl war jedoch so ungesetzlich
vollzogen worden, dass sie nicht aufrecht erhalten werden
konnte.
Reiffenberg war seiner Gesmnung nach entschieden
französisch ; ja, er überbot noch die Brüder Fürstenberg im
Eifer für Frankreich, von dem er reichliche Geldspenden
erhielt Es grefiel ihm, den lebenslustigen und genuss-
freudigen Domherrn zu spielen; daneben betrieb er aber
seine ehrgeizigen Pläne, wobei er sich verschiedene über-
eilte Handlungen zu Schulden kommen liess. Nur in einem
Punkte war er treu: in seinem unbedingten Eintreten für
die franzosischen Interessen. Frankreich hatte er es auch
zu danken, dass Johann Philipp bei einem Vergehen, das
strenge Ahndung forderte^ von einer Bestrafung absah;
doch zerfiel er über diesem Anlasse mit dem Erzbischof
und ging an den Hof des Kurfürsten von der Pfalz. Boyne-
burg brachte endlich eine Aussöhnung zwischen ihm und
Johann Philipp zu stände. Reiflfenberg strebte nun darnach,
die Koadjutorschaft von Mainz zu erlangen. Zunächst
suchte er sich unentbehrlich zu machen, daher setzte er
alle Hebel in Bewegung, um Boyneburg bei Seite zu
schieben und sich an seine Stelle zu drängen.
Als er auf dem Reichstage zu Regensburg merkte,
dass Boyneburg den Österreichern manches zu Gefallen
that, machte er Grravel darauf aufmerksam und teilte ihm
gelegentliche Äusserungen Boyneburgs mit. Auch dem
Kurfürsten hinterbrachte er die Reden Boyneburgs und
Linckers.
Er nahm, wie Bertram berichtet, mit lächelnder
Miene an den vertraulichen Gesprächen Boyneburgs und
seiner Freunde teil. Als diese sich eines Tages über
den Mainzer Kurfürsten lustig machten, sollen ihm sogar
die Worte entfahren sein: Ich werde es noch einmal an-
zeigen >).
In den Berichten Gravels an den französischen Hof
sind die Einwirkungen Reiffenbergs deutlich erkenn-
') Vgl. Diarium Bertrams vom 3. und 8. Febr. 1664.
Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrh. N.F. XIV. i. 7
98 Wild.
bar^). Bald entstand eine grosse Freundschaft zwischen
dem französischen Gesandten und ReifFenberg. Man hörte
sogar von nächtlichen Zusammenkünften. Was Boyneburg
am meisten wunderte, war, dass auch sein Herr mit
Reiffenberg intim verkehrte, obwohl der Kurfürst selbst
ihn erst kürzlich vor Reiffenberg gewarnt hatte.
Gravel versprach dem eifrigen Domherrn, er sollte
Boyneburgs Stelle erhalten, wenn dieser beseitigt wäre.
Der französische Gesandte wartete aber noch mit den ent-
sprechenden Anforderungen an den Kurfürsten, da man
nicht recht wusste, wie Johann Philipp selbst gegen Frank-
reich gesinnt war. Es befand sich nämlich der Spanier
Christoval de Roxas seit längerer Zeit in seiner Umgebung.
Als man endlich einsah, dass Johann Philipp sich nicht in
seiner Gesinnung wankend machen liess, zögerte Gravel
nicht länger, dem Kurfürsten nahezulegen, er solle sich
doch des unbequemen Ministers entledigen. Diese Zu-
mutung erging an Johann Philipp im Monat Juni. Ihre
Wirkung zeigt sich in einem Gespräche, das damals
I.incker mit seinem Herrn führte 2). Es handelte sich um
die Frage, ob Ludwig XIV. wieder einem Minister wie
Mazarin die Hauptgeschäfte übertragen werde. Der Kur-
fürst meinte, es sei besser, w^enn ein Fürst selbst alle An-
gelegenheiten in der Hand behalte und keinen zum Haupt-
minister ernenne; denn ein solcher lasse sich leicht zu
eigenmächtigem Handeln verführen und verwirre die ein-
heitliche Leitung der Geschäfte. Ludwig XIV\ «^i zu
klug, als dass er sich zu einer lästigen Nebenregierung
verstände. Boyneburg und Lincker konnten aus diesen
Äusserungen die nötigen Schlüsse ziehen.
Während sich Boyneburg zu Schwalbach befand'),
wurde Reiffenberg von dem Kurfürsten zu allen wichtigen
Beratungen beigezogen. Man erzählte sich, dass Johann
Philipp das l^andgut ReiflFenbergs besuchen werde. Am
Mainzer Hofe bezeichnete man den Domherrn schon als
magnum aulae magistrum^. Der Kurfürst entschloss sich,
') Auerbach, 1. c. i6o Anm. — ^) Brief Linckers an Boyneburg, dmt.
3. Juli i6(>4. — •*) Der Kurfürst war über Boyneburg sehr ungehalten, weil
er nach Schwalbach abgereist war, ohne Abschicil zu nehmen. Er liess ihm
nun auch gar keine Mitteilungen dort hin zukommen.
Sturz Boyneburgs. qq
ihn anstatt Boyneburgs nach Frankreich zu senden. Weil
er diese Mission früher Boyneburg versprochen hatte, suchte
er anfangs die Absendung ReifFenbergs vor ihm geheim
zu halten. Als sie sich aber nicht mehr länger verbergen
liess, gab er als Zweck derselben die Forderung rück-
ständiger Subsidiengelder an und vertröstete Boyneburg
auf eine Reise, die er in des Kurfürsten Auftrag nach
Köln unternehmen sollte. Boyneburg hatte aber verlernt,
solchen Versprechungen Glauben zu schenken, er meinte:
»Der April fallt zuweilen mitten in den Sommer*).«
Der französische Minister Lionne hatte in seinem
Schreiben Boyneburg unverhüllt angezeigt, dass er bei
Ludwig XIV. in schwerem Verdacht stehe. Doch werde der
König, setzte er hinzu, ihm jederzeit ein offenes Ohr gegen
seine Feinde bewahren. Es war ein schlechter Trost für
Boyneburg, da ein anderer an seiner Statt nach Paris
freschickt wurde. Er beabsichtigte nun auf eigene Kosten
und ohne Auftrag seines Herrn dorthin zu reisen, um sich
zu rechtfertigen *). Aber den Brief, worin er diese Absicht
Lionne kund that, scheint dieser gar nicht mehr beant-
wortet zu haben.
Gravel hüllte sich auch seit längerer Zeit in tiefes
Schweigen, und als er endlich wenige Zeilen schickte, ent-
schuldigte er sich mit Mangel an Zeit und Stoff. Auf sechs
Briefe'), die ihm Boyneburg anfangs August sandte, gab
Gravel nur zweimal Antwort. Er erwiderte kurz, dass sich
die Gesinnung aufseilen der Franzosen in nichts geändert
habe, in kurzer Zeit und bei einiger Geduld werde sich
schun alles klären«), und Boyneburg einsehen, dass er
keinen Grund zur Klage habe. Dem Ersuchen Boyne-
burgs, ihm diese rätselhatten Worte zu erklären, entsprach
Gravel nicht.
Flehentlich klingen die Bitten, mit denen der Minister
Gravel beschwort, ihn doch nicht im Stiche zu lassen.
Bisweilen bricht aber auch sein Mannesmut durch, wenn
M Ouhrauer 1. c. I, 68. — *) Vgl. den Brief an Lionne, dal. 16. Juli,
'itthratjcr JI. 12$. (Beilage 1, 2). — '-*) Vjjl. Ouhrauer II, 127—1.^1, mo
•ttof Biicfc Hoyneburgs mitgcteili weiden. Die Kopie eines sechsten liL'tindei
Mch unter den Akten z. W, — *| Avee peu de lenips ci paticnce- iauioUn
•J»« 'txttchnenden Worte. Guhrauer II. 131.
lOO Wild.
er Gravel versichert, er besitze Kraft und Würde genug,
um das Unglück zu tragen, das ihn treffen solle, nur
dürfe er nicht den Trost seiner besten Freunde entbehren;
denn welcher andere Entschluss bleibe ihm dann noch
übrig, als der, den die Verzweiflung dem Kämpfer in der
Arena darbiete *)!
Aber die Beteuerungen seiner Unschuld, die Erinnerung
an den früheren vertrauten Umgang, der Hinweis auf seine
Mitarbeit am Rheinbunde, die Schilderung einer hoffhungs»
reichen Zukunft, — alle Mittel der Überredung, die Boyne-
bürg anwandte, hatten bei Gravel keinen Erfolg; er trat
aus seiner Zurückhaltung nicht heraus; denn er wollte ihn
fallen lassen.
Auch Johann Philipp hatte seit der Absendung Reiiien-
bergs seinen Entschluss gefasst, nämlich Boyneburg abzu-
setzen 2). Wie konnte dieser erster Minister von Kurmainz
bleiben, wenn er bei Frankreich kein Vertrauen mehr genoss?
Das ganze politische System des Kurfürsten hätte sich ändern
müssen, wenn Boyneburg im Amte hätte bleiben sollen.
Zudem fühlte sich Johann Philipp durch dessen eigen-
mächtiges Handeln belästigt und durch seine Äusserungen
beleidigt*). Warum aber Hess er noch zwei Monate ver-
streichen, ehe er die Boyneburg zugedachte Strafe ein-
treten Hess?
Der Kurfürst wollte durch die Mission ReifFenbergs in
Erfahrung bringen, wie er selbst von Ludwig XIV. an-
gesehen wurde. Er war durch den Verdacht der Treu-
losigkeit, in den Boyneburg kam, selbst in ein falsches
Licht geraten. Nun wünschte er erst sichere Nachricht
darüber zu empfangen, ob der französische König ihm bei
') Guhraucrl, 180. — *) Vgl. die Bcglaubigungsschreibeu für ReiAe'*'
berj; an Ludwig XIV. und Lionne, Griihraucr I, 74. — ') Vgl. undat. iCoo-
zcpt eines Briefes von Johann Philipp an Gravel: Cehii que vous s»^^^
conlinuc dans son infidclitc et briguc tant (juMl peut d'avoir entr^e aux li^***
que vous savcz. Mais je tacherai de le mettre en 6lat qu'il sera entre troM
choses. (J'ai cu par bonheur des leltres, qu'il vous a voulu mander sou»
coperte de Jean Oxse, que j'ai ouvertes, d'autant que la poste. — 11 eö*'^*'^
qu'on a niande Mons. Rfi'enb. celui (jue vous savez. J'ai d6cou\*crt *-**
malices si noires, (luc vous 6tonniez.) Mais vous savez bicntöt le rem^^*^'
Die einj^eklammerlcn Sätze sind durchstrichen. Vgl zu diesen) Briefe G**
rauer I, 84.
Sturz Boyneburgs. lOi
seiner Unternehmung gegen Erfurt thatkräftige Unter-
stützung gewähre.
Für den Aufschub der Bestrafung Boyneburgs war
aber noch ein anderer Grund massgebend. Boyneburg
sollte in vollkommenen Misskredit gebracht werden.
Schon jetzt gingen über ihn allerhand Gerüchte umher,
dass er irgend etwas Schandbares gethan haben müsse.
Der Kurfarst wollte, dass diese Gerüchte sich überallhin
verbreiteten, damit er nicht irgendwo eine Anstellung fände,
in der er dem Erzstift Schaden zufügen könnte. In einem
Instniktionsentwurf für ReifFenberg heisst es, man habe
Bopeburg schon zu Regensburg absetzen wollen; aber
man habe es noch anstehen lassen, um ihn auf eine solche
Art zu entfernen, dass ihn niemand mehr annehme ^). In
einem zweiten Instruktionsentwurfe ^) wird ReifFenberg an-
gewiesen, über Boyneburgs Verhalten zu Regensburg aus-
fiihrlichen Bericht zu erstatten. Es wird dabei von einer
ganzen Reihe von Missethaten gesprochen, worin aber
diese bestanden, wird nicht angegeben. ReifFenberg hat
gewiss nichts vergessen, was zu Ungunsten Boyneburgs
angeführt werden konnte. Einen schlimmeren Sachwalter
hätte Boyneburg nicht finden können. Bald nach der
Rückkehr ReiflFenbergs •) verfügte Johann Philipp die In-
haftierung Boyneburgs.
*) Undat Konzept Johann Philipps. — *) In diesem gleichfalls von
JohioD Philipp verfassten Konzepte wird Reiffenberg befohlen : »M. de Lionne
n ttgen, dass ich im Nov. (1663) dnrch den Persot ihm geschrieben, dass
idi. weil ich den Bcynebiirg zu Regensburg nicht missen könnte, etwa jemand
»ulen confident schicken wolle. Worauf er mir auf des Boyneburgs prae-
occopation wieder geschrieben, als wenn gleichsam kein anderer angenehm sein
»erde. Was es aber för eine Beschaffenheit mit dem Boyneburg habe, wird
Oritel berichtet haben.« Der Auftrag Reiffenbergs umfasst vier Punkte:
M. ZQ informiereo, was des Monsig. und P. Rochas Negotiation und meine
I^oolation gewesen ; 2. ausführlich zu referieren, wie es mit den publicis zu
I^posburg hergangen, was mit Sachsen negotiiert, item die seriem d. Boy.
BMsotoi; 3. was ich dem Rochas für Kommission in Spanien geben; 4. mein
Vorhaben wegen der Erfurter Sache.« — ') Reiffenberg war am 4. Aug.
vicder zu Mainz. Guhrauer, Beilagen I, 2.
I02 Wild.
Der Prozess.
Boyneburg und Lincker wurden am 22. August 1664
auf der Martinsburg zu Mainz festgenommen und in
Gewahrsam gebracht. Der Prozess, der gegen sie an-
gestrengt werden sollte, wurde einem Tribunal übertragen,
das aus dem Kanzler Meel, den Räten Wingarten, Dr.
Konicken und Dr. Paz bestand. Meel war zu Mainz die
einzig passende Persönlichkeit, die den Vorsitz des Gerichts-
hofs führen konnte; aber er gehörte zum Unheil für Boynt
bürg zu dessen ausgesprochenen Gegnern.
Am 26. August wurde das erste Verhör gehalten.
Nach dem Tagebuch des Rates Bertram waren 70 Fragen
aufgestellt worden, welche Äusserungen Boyneburgs über
seinen Herrn und das Domkapitel betrafen. Bei Beginn
des Verhörs wurde Boyneburg durch Meel mitgeteilt, d^ss
der Kurfürst sich vorbehalten habe, auch über die Hand-
lungen des Angeklagten Fragepunkte ausarbeiten zu lassen.
Dies geschah jedoch nicht; denn die beim zweiten Verhör
hinzugefügten zehn weiteren Artikel bezogen sich wieder
nur auf die von »Boyneburg gegen Seine Kurfürstliche
Gnaden und ein hochwürdiges Domkapitel ausgestossenen
Kalumnien«. Vielleicht befürchtete Johann Philipp, seine
Person und seine Politik möchten durch eine spezialisierte
Untersuchung der Handlungsweise Boyneburgs zu sehr in.
die Verhandlung hineingezogen werden.
Beim ersten Verhör suchte Boyneburg seine Ruhe zu
bewahren. Er erklärte, auf alle Fragen eine klare und
richtige Antwort geben zu wollen. Es wurde ihm von
Meel bedeutet, dass man nichts anderes von ihm erwarte.
Als nun Boyneburg im Laufe des Verhörs merkte, worauf es
abgesehen war, nämlich ihm mit seinen eigenen Worten einen
Fallstrick zu drehen, geriet er in grosse Aufregung, schlug
die Hände zusammen und rief: »Gott weiss, dass dies alles
Unwahrheit ist.« Nachdem er sich wieder gesammelt hatte,
machte er einige Zugeständnisse, manche seiner Aussagen,
vor allem die Drohungen, suchte er so zu deuten, als hätte
er sie nicht gegen den Erzbischof, sondern gegen seine
Feinde gerichtet; die meisten der ihm zur Last gelegten
Reden wagte er noch zu bestreiten Um den hartnäckigen
Sturz Boyneburi^. 103
Leu^er mürbe zu machen, setzte man ihm mit scharfen
Worten zu und hielt ihn in strenger Haft. Beim zweiten
und dritten Verhör gestand Boyneburg beinahe alle vor-
jjfelegten Fragen über die Thatsächlichkeit seiner Äusser-
ungen zu. Er bekannte, dass er sich gegen seinen Herrn
gröblich verfehlt habe und bat um dessen Verzeihung 1).
Lincker, der Genosse Boyneburgs, war ganz zusammen-
gebrochen; er gestand beim letzten Verhör*), dass er ver-
loren wäre, wenn sein Herr nach der Schärfe des Rechts
mit ihm verfahren wollte.
Während zu Mainz das Verhör stattfand, wurde der
kurfürstliche Registrator Erbenius nach Regensburg gesandt,
um die Räte Bertram und Hettinger über die Aussagen
Boyneburgs und Linckers zu vernehmen. Bertram sollte
^»esonders darüber befragt werden, ob die nach seinem
Tagebuche verfertigten Anklageartikel richtig seien. Er
i:ab an, dass seine Aufzeichnungen meistens den Wortlaut
der Reden Boyneburgs bilden. Denselben entsprächen
im allgemeinen die zur Anklage aufgestellten Punkte; doch
niüsste er einige beanstanden, weil sie offenbar auf einem
Missverständnis beruhten. Nach Entgegennahme dieser
gewundenen Erklärung reiste Erbenius wieder nach Mainz.
•Man wollte einen direkten Beweis der Untreue Boyneburgs
nahen. Darum Hess man bereits bei seiner Festnahme
^*^ine Papiere in Beschlag nehmen. Alles was sich in
meinem Hause von Aktenstücken vorfand, wurde fort-
vreschleppt: Gutachten, Memoriale, Relationen, Briefe, Pro-
jekte und Wechselzettel. Da die Durchforschung von un-
f*ihij^ren ].euten vorgenommen wurde, so kamen die Papiere
»n die grösste Unordnung*). Das Resultat der Durch-
seuchung war äusserst gering. Man fand in dem Brief-
^'Vechsel Boyneburj»s mit Seckendorf, dass sich die Freunde
*^as Versprechen gegeben hatten, ihre beiderseitigen
abreiben zu verbrennen. Ein Beweis oder nur ein
Anhaltspunkt dafür, dass der Minister sich einer ver-
'■ \'g} Guhrauer I 84. Er hielt das Zugeständnis Boyneburgs für
^"»ahrschcinlich. Das let2te Verhör Boyneburgs fand am i. Sept. 1664 statt.
^^? AQs»^)ten sind von ihm unterschrieben unil besiedelt. - *j Ks tami am
^'* ^ps. if»fi4 stall. — ') Sie wurden später wiederholt durcheinander
S^'»rfen un-i befinden sich heute in einem chaotischen Zustand.
I04
Wild.
räterischen Handlung schuldig machte, konnte nicht erbracht
werden.
Der Arrest Boyneburgs wurde nach Abschluss des
Verhörs noch verschärft. Der französische Hauptmann
der Leibgarde erhielt den Befehl, niemand, auch nicht die
Frau des Oberhofmarschalls, einzulassen. Unte und Feder
wurden dem Gefangenen versagt. Er galt als trotzig, weil
er es lange abgewehrt hatte, sich bedingungslos der Gnade
des Kurfürsten zu unterwerfen. Es sollte ihm gezeigt
werden, dass er sich ganz in der Gewalt des Kurfürsten
befinde und dass seine Drohungen nichtig wären. 23 Wochen
lang blieb Boyneburg in Gefangenschaft. In dieser Zeit
vollzog Johann Philipp die Unterwerfung Erfurts. Der
glänzende Erfolg, die demütige Huldigung der Städter, die
dauernde Aufrichtung der Mainzer Herrschaft im thürin-
gischen Gebiet besänftigte den Zorn des Gebieters. Zuerst
erfuhr Lincker eine Erleichterung der Haft, die Freilassung
wurde ihm in Aussicht gestellt und ihm gestattet, an den
Kurfürsten zu schreiben. Gegen Lincker war Johann
Philipp weniger aufgebracht, denn er sah ihn als einen
Verführten an. Lincker versäumte nicht, an seinen Herrn
ein äusserst unterwürfiges Schreiben zu richten, worin er
ihn wegen seines Sieges über Erfurt als Helden pries, dem
auch er inmitten der Schar der treuen Diener seinen Glück-
wunsch darbringen wolle.
Für Boyneburg traten dessen Verwandte, das Dom-
kapitel, besonders der Weihbischof Walenburg, ja sogar
des Kurfürsten Bruder, der doch von Boyneburg bitter
beleidigt worden war, als Fürsprecher auf Zuletzt gewann
er selbst es über sich, um seine Freilassung zu bitten.
.Doch dauerte es noch bis zum Anfang des Jahres 1605,
ehe sich Johann Philipp erweichen Hess.
Die Verfügung der Freilassung geschah nicht ohne
demütigende Bedingungen für die Gefangenen. Boyneburg
hatte einen Revers zu unterzeichnen, in dem nicht allein
das, was er zugestanden hatte, angeführt wurde, son-
dern auch unerwiesene Anschuldigungen: er habe die
ihm verliehene Autorität missbraucht, seinen Herrn hinter-
Sturz Boyneburgs. 105
gangen, seine Ratschläge kund gegeben und verdächtige
Anzettelungen versucht').
Nachdem Boyneburg die Freiheit erlangt hatte,
setzte er ein grosses Schreiben auf, das er betitelte:
IVükr den Reverssteller. Er war der Meinung, sein
Reise- und Tischgenosse, der schmeichlerische Bertram
hätte den Revers verfasst. Allein er befand sich mit
dieser Vermutung auf falscher Fährte. Der Entwurf dazu
scamintc von dem Kurfürsten selbst. Boyneburg nennt
den Revers erlogen und erzwungen. Keine treulosen
XTiaten konnten ihm nachgewiesen werden, sondern nur
Schmähungen und Drohungen, deren er sich auch schuldig
bekannte; aber in dem Revers war sein Vergehen so
geschildert, als ob er verräterische Handlungen begangen
hätte. Dies versetzte ihn in grimmige Wut; er meinte,
man hätte redlicher mit ihm umgehen und den Revers so
einrichten sollen, dass beides, Wort und That, getrennt
li^eblieben wäre. Hätte man ihn dann auf das Einzelne
t^efragt, so wäre von ihm jene Bezüchtigung des treulosen
^"landelns niemals zugestanden worden; lieber wäre er
'^^ieder in das Gefängnis zurückgegangen. Das Zureden
Ss^iner Familie und der sehnliche Wunsch, endlich aus der
I^aft zu kommen, hätten ihn bewogen, die Unterschrift
^vi leisten.
Boyneburg macht eine zu scharfe Unterscheidung
-^vrischen Worten und Thaten. Wenn schon im gewöhn-
lichen Leben die Grenze zwischen beiden fliessend ist, wie
'^' idmehr sind oft bei einem Diplomaten Worte und Thaten
von derselben Bedeutung! Es fragt sich aber immerhin,
iri wiefern man ein Recht hatte, Boyneburg der Treulosig-
*) Der WorUant des Reverses ist folgender: »Dass ich nicht allein
X- K. Gd. gröblich verleunndet — , sondern endlich mit {grosser Vermessenheil,
*>)ci&e TOD I. K. Gd. gehabte Autorität derj^talt missbraucht habe, da^^
mich nnterstanden, I. K. Gn. in ihren kurf. functionibus et consiliis zu
l^iatergdien, deren Ratschlag zu pausieren, und dieselben sowohl dem Reich
^^ GemeinweseD, iosonderheit aber I. K. Gn. und dero hohen Erz- und
Aftern zu Gefahr und Nachteil zu hindern, ja sogar wider sie mich bedrohlich
^«rnehaen zu lassen und zu dem Ende verdächtigte, gefährliche Collusioncs
'^ verflben.« Unter dem letzteren ist wohl das Zusammengehen Boyneburgs
Vit liacker gemeiat, vielleicht auch die Anerbietung Boyneburgs an Bertram,
Bill ihm gemeinsame Sache zu machen.
io6 Wild.
keit zu beschuldigen. Der Umstand, dass er den Re^
unterschrieb, in dem unter anderem ausgesagt war, c
er seinen Herrn hintergangen habe, spricht nicht zu sei
Gunsten. In seinem Verhalten zu Regensburg findet i
manches, das die grösste Missbilligung verdient. S<
Annäherung an die Kaiserlichen ging so weit, dass i
Herr dadurch bei den Franzosen kompromittiert wer
musste. Bei den Verhandlungen über die Teilung
spanischen Erbes drängte sich Boyneburg in einer W
vor, wie er es als ein gehorsamer Diener seines Für
niemals hätte thun dürfen. Dass durch sein eigenmächti
Handeln die geheimen Absichten Johann Philipps
Uneingeweihte gelangten, gereicht ihm zum schwc
Vorwurf. Aber er handelte bei allen seinen Massnahi
in dem guten Glauben, die Interessen des Kurfürsten
des Erzstiftes zu fördern, und wenn er dabei auch für j
einen Vorteil zu gewinnen hoffte, so ist dies noch
einem Unterhändler verübelt worden.
Der Kurfürst schrieb bei der Absetzung Boyneburg^
den Pfalzgrafen von Neuburg, Boyneburg habe den Resp
gegen ihn verloren und sich »verlaufen«, an Berti
berichtete er, Boyneburgs böses Gemüt habe noch m
an den Tag gegeben, und er beharre in seiner üt
Bezeigung*); dem Vizekanzler Walderdorf teilte er i
Boyneburg habe seine (des Kurfürsten) Person und
Domkapitel verkleinert und auch wohl höhere strafb
Sachen begangen. Alle diese zweideutigen Ausdrü
zeigen an, dass man keinen schlagenden Beweis für
Untreue Boyneburgs vorbringen konnte. Beim Ver
sah man auch davon ab, seine Handlungsweise untersucl
zu lassen^). Geschah es aus dem Grunde, weil Joh;
Philipp nicht in die Untersuchung hineingezogen wer
wollte, so durfte er doch nichts Unerwiesenes in <
Revers aufnehmen. Die Papiere Boyneburgs wun
durchstöbert, ohne dass man eine spezielle unlautere Ha
lung entdeckte, durch die er sich des Verrats schul
^) Erst nachträglich wurden von dem Kurfürsten die Worte >unc
seiner Untreue« eingefügt*. — ^) Deshalb konnte Boyneburg in seiner Scfc
"Wider den Reverssteller« behaupten, er sei ^inauditus et indicta causa«
urteilt worden.
Sturz Boyneburgs. foy.
gemacht hätte. Boyneburg' war gewiss nicht ohne
Schuld; aber er verdiente nicht, dass man ihn vor dem
Prozesse so lange unter der Last eines erdrückenden
Verdachtes hinhielt, dass man ihn in dem Prozesse wie
einen Verbrecher und Hochverräter behandelte und ihn
zur Unterzeichnung des unbilligen Reverses zwang.
Der Revers war in mehrfacher Beziehung hart für
Boyneburg; denn er nahm ihm jede Freiheit der Be-
wegxing, jede Möglichkeit, sich für das erlittene Unrecht
Genugthuung zu verschaffen, jede Aussicht auf eine
Wiederherstellung seiner Ehre. Er musste sich verpflichten,
innerhalb der Grenzen des Erzstifts zu bleiben, ohne
Erlaubnis Johann Philipps keine Dienste bei einem Fürsten
des Reichs oder des Auslandes anzunehmen, keine Korre-
spondenz mit deutschen oder fremden Diplomaten zu
pflegen. Ausserdem musste er versprechen, dass er die,
welche gegen ihn Zeugnis ablegten, unbehelligt lassen
wolle, widrigenfalls er mit Hab und Gut, Leib und Leben
der Gewalt des Kurfürsten verfalle, wogegen kein Rechts-
spruch geistlicher oder weltlicher Gerichtsbarkeit, keine
Dispensation und kein Privilegium Giltigkeit haben sollte *).
Damit waren Boyneburg Hände und Füsse gefesselt.
Er meinte zwar, der Reverssteller sei ein schlechter
theologus, sonst musste er wissen, dass ein erzwungener
Eid keine bindende Kraft besitze; doch wolle er als ein
Christ sich jeder Rache enthalten 2). Weil er aber ohne
ordnungsgemässe Untersuchung verurteilt worden sei^),
und fühle, dass des Kurfürsten Gemüt durch seiner Wider-
sicher Bemühen gegen ihn verbittert bleibe, so rufe er zu
'rott: »Domine, libera animam meam a labris iniquis et a
Hngua dolosa. Adiuva me, quoniam alieni (G.) insurrexerunt
idversum me et fortes quaesiverunt animam meam
Boyneburg begab sich nach seiner Loslassung zuerst
nach Frankfurt, dann auf seine Güter. Später ging er auf
*) Vgl. den Revers unter den Prozessakten Boyneburgs im Archiv z. W.
Vgl. auch dazu Guhraucr 1. c. I, 86, Anm. — -) Vgl. Gruber 1. c. IT,
1158, — >) ajnauditus et indicta causa«. — *) Damit schliesst Bcyncburgs
Verteidigungsschrift betitelt »Wider den Reverssteller.« Arch. z. W. Boine-
hurgica IL
io8 Wild.
Reisen und übernahm einige Aufträge für Trier und Neu-
burg 0. Es dauerte lange, bis Johann Philipp einsah, dass
er seinen Minister zu hait gestraft hatte, und bis dieser
seinen Groll fahren Hess. Das Verhältnis zwischen beiden
besserte sich zusehends, nachdem Reiffenberg, der schlimmste
Gegner Boyneburgs, wegen schandbaren Lebens und
Hochverrats zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt worden
war*). Graf Wilhelm von Fürstenberg brachte endlich
eine Aussöhnung zwischen Johann Philipp und Boyneburg
zu Stande'), Sie erhielt dadurch eine Besiegelung, dass
Melchior Friedrich von Schönborn, der Neffe des Kurfürsten,
die liebenswürdige Tochter des früheren Ministers, Sophia
von Boyneburg, zur Gemahlin nahm*). Das einst ver-
traute Verhältnis des Kurfürsten zu Boyneburg ist aber
niemals vollkommen wiederhergestellt worden. Die Vor-
kommnisse vom Jahre 1664 stellten sich wie eine dunkle
Scheidewand zwischen die beiden.
Eine öffentliche Stellung hat Boyneburg nach seinem
Sturze nicht mehr bekleidet. Er bewarb sich zwar noch
einmal um das Reichsvizekanzleramt, aber obwohl seine
Bewerbung von verschiedenen Seiten, besonders von dem
Kurfürsten von Trier, eifrig unterstützt wurde, sollte sie
auch diesmal ohne Erfolg bleiben ß). Er widmete sich
jetzt ungehindert seinen Studien und arbeitete an einer
allgemeinen Litteraturgeschichte , sowie an einem fünf-
teiligen Werke: »de usu errorum in republicac, worin er
seine politische Erfahrung niederlegen wollte. Dadurch,
dass er später wieder mehr in das politische Leben zurück-
*) Eine Zeit lang schien es, als ob Boyneburg bei Hannover Dienste
annehmen werde. G ruber II, 1162 u. 1180. — ') Reiffenberg war Statt-
halter von Erfurt geworden. Im Febr. 1667 wurde er von Johann Philipp
aufgefordert, zur Beratung des Streites mit Kurpfalz nach Würzburg zu
kommen. Bei seiner Ankunft daselbst wurde er festgenommen und unter
die Anklage gestellt, Erfurt an die Sachsen ausliefern zu wollen. Ober die
Gründe seiner Verurteilung vgl. Oldenburger, Thesaums rer. publ. IV, 747.
— ^) Vgl« Brief Boyneburgs an Melchior Friedrich von Schönbom, dat.
II. März i6b8. Boyneburg schreibt, er hätte sich nicht erkühnt, dem Kur-
fürsten eine Aufwartung zu machen, wenn er nicht durch den »Prinzen
Wilhelm« dazu aufgemuntert worden wäre. — ^) Die Verlobung fand im
Mai, die Heirat Ende Juli 1668 statt. — ^) Vgl. das Schreiben Boynebni^gs
an den Kaiser, dat. Okt. 1669. Arch. z. W.
Sturz Boyneburgs. loo
gezogen wurde, blieben diese Werke unvollendet. Auf
einer seinen Reisen kam Boyneburg im Frühjahr 1667
nach Nürnberg. Hier traf er einen jungen Gelehrten, der
sein volles Interesse erweckte, Leibniz. Wahrscheinlich
waren es alchemistische Studien, durch die die beiden mit
einander bekannt wurden. Boyneburg erkannte sofort
die hohe Begabung des Leibniz und riss ihn aus der
unwürdigen Stellung, die er inne hatte, heraus, indem er
ihn mit sich nach Frankfurt nahm und ihn veranlasste, am
Mainzer Hofe Anstellung zu suchen. Boyneburg konnte
frfilich damals wenig für ihn thun, da er sich noch nicht
mit dem Kurfürsten ausgesöhnt hatte*). So war Leibniz
auf sich selbst angewiesen. Er empfahl sich Johann
Philipp durch die Widmung der Schrift: Növa metho-
dns docendi discendique juris. Allein der Kurfürst
i schenkte dem unansehnlichen jungen Gelehrten keine
weitere Beachtung. Daher begab sich dieser wieder zu
Boyneburg nach Frankfurt, ordnete dessen umfangreiche
Bibliothek, unternahm Reisen in seinem Auftrag, jedoch
ohne in ein Dienstverhältnis zu ihm zu treten. Um die
Wende des Jahres 1667 erhielt er Beschäftigung am kur-
Tnainzischen Revisionsgerichte bei dem mit seinem Gönner
sehr befreundeten Rate Dr. Lasser*). Als endlich die Aus-
söhnung zwischen Boyneburg und Johann Philipp erfolgte,
^rgte jener mit allem Eifer dafür, dass seinem Schützling
**in bestimmter Gehalt ausgesetzt wurde, denn er befürchtete,
d^^ ersieh sonst nicht werde halten lassen*). Wie er den
h VjjL Gl über 1. c. II, 1172, Anm. — ") Vj^l. Guhraucr, Leibniz
• 39- — •) Eine definitive Anstellung als Revisionsrat erhielt er erst im
J*Iire 1670. — *) Vgl Brief Boyneburgs an Melchior Friedrich von SchAnborn,
*"**. Köln 20. Mai 1668: «Ich bitte den Herin \otter» er lasse den
^^'' Leibniz, ko bei Hern Lasscr und ein trctVlichcr Mann, wiewohl jun};,
'**^."r aller guten That wert ist, zu sich rufen und weil er in studiis viel
^^rr.ag, gebe er ihm unbeschwert Luft, dass iler Herr Vetter und ich,
*^^ orderst aber Ihre Kurfürstliche (Inaden , unser gnädigster Hcir, ihn,
"*'^' unsere L'ntcrbauun';. gnädigst considerioren und ihm holten würden,
"•*'."iuf er sich zu verlassen h.Httc. Ich werde dem Herrn Vetter hier schon
'fck<. bliche triftige Ursache sagen, warum: est in bona via ad veram Bdem
^^ ;lanc incomparabilis in eruditionis omnis cultu ac usu . Auf der Brief-
'-■ccVic trÄgt Boyneburg noch nach: Ihre Kurfürstliche Cinadon könren den
^*^ • leibniz jährlich mit gar wenig halten. Vielleicht wird er geistlich, denn
*f K^Qi spekulativ und zum Professor und Büchcrschreibcn gar bctiucm ist«
HO Wild.
Kurfürsten für ihn interessierte, so spornte er auch Leibniz
an, seine schriftstellerische Begabung* in den Dienst der
Mainzer Politik zu stellen. Boyneburgs Erwartung, dass
er zur katholischen Kirche übertreten werde, entsprach
Leibniz nicht; doch erwies er sich für die kirchlichen
Unionsbestrebungen, die Boyneburg damals wieder aufnahm,
empfänglich. Der gealterte Staatsmann fand an Leibniz
einen jugendlichen Genossen, der auf seine Ideen mit Be-
geisterung einging und sie mit seinen eigenen, hochsinnigen
Plänen zu verbinden wusste. Jetzt war für das geistige
Leben am Mainzer Hofe eine herrliche Epoche angebrochen.
Die Veranstaltung eines CoUegium historicum unter den deut-
schen Gelehrten, die Errichtung eines polytechnischen Insti-
tuts, das in einer Stadt am Rheine auf neutralen Boden und
unter dem Schutz der benachbarten Staaten gestiftet werden
sollte '), die Anbahnung einer geordneten Verfassung für
Deutschland, die Abwendung der drohenden Gefahr von
Seiten Ludwigs XIV., — das waren Pläne, über welche die
beiden geistreichen Männer ihre Gedanken austauschten.
Wenn Boyneburg auch kein Amt mehr verwaltete, in
dem er sich seinem Herrn nützlich machen konnte, so hat
er doch dadurch, dass er Leibniz an den Mainzer Hof
brachte, viel zum bleibenden Ruhme Johann Philipps von
Schönborn beigetragen.
*) Ein interessanter Entwurf dazu findet sich im Archiv z. W. &
trägt keine Datiening, stammt aber zweifelsohne aus den Jahren 1660 ff. un.^
hat Boyneburg zum Verfasser.
Zur Geschichte der badischen Presse in der
Rheinbundszeit.
Von
Karl Obser.
An anderer Stelle *) habe ich unlängst die Anfänge des
Zeitungswesens im Bereich des heutigen Grossherzogtums
behandelt. Weniger bekannt, doch ungleich charak-
teristischer und lehrreicher ist das Kapitel seiner Leidens-
Ij^eschichte in den Tagen des Rheinbunds, zu deren Dar-
stellung mich einige interessante Schriftstücke bestimmen,
auf die ich im Pariser Archiv des Auswärtigen Amtes
Srestossen bin: charakteristisch und lehrreich vor allem.
Weil es uns zeigt, in welchem Masse die Willkür des fran-
zösischen Gewalthabers hier im fremden nicht minder
wie im eigenen Lande auch auf diesem Gebiete alles
geistige Leben in Fesseln zu schlagen bemüht war.
Wir sind ja im allgemeinen wohl über das Verhältnis
Napoleons zur Presse überhaupt und zur französischen ins-
l>esondere unterrichtet. Wir wissen , dass seine Sympa-
tliien ihr keineswegs gehörten, dass er aber auch ihre
ßedeutung nicht verkannte und sie darum, so lange sie
sich gefügig erwies, duldete als ein notwendiges Übel, als
^in unentbehrliches Werkzeug, um die öffentliche Meinung
'^ach seinem Sinne und Willen zu lenken. Eine der ersten
^egierungshandlungen des jungen Konsuls war es, dass er
^e Mehrzahl der in Paris erscheinenden politischen Blätter
bis auf dreizehn unterdrückte und die Gründung neuer
Zeitungen ein- für allemal untersagte 2). Aus seiner Korre-
*) Vgl. K. Obser, Die ältesten Zeitungen in Baden. Neues Archiv
t Gnch. der Stadt Heidelbercr, III, 140—46. -- •') Vgl. Hatin. Histoire de
1a pmse fran^se, IV, 402 ff.
112 Obser.
spondenz ersieht man, wie er von da ab mit scharfem
Auge die Haltung der hauptstädtischen Presse überwacht,
wie er von Jahr zu Jahr ihr immer engere Schranken zieht
und sie mehr und mehr in ein serviles Abhängigkeits-
verhältnis herabdrückt, in welchem sie, jeder eigenen
Meinung bar, lediglich das Sprachrohr der Regierung
wird. Und wehe dem Redakteur, der unvorsichtiger
Weise einen kleinen Verstoss beging und einem fremden
Blatte etwa einen an sich harmlosen Artikel entlehnte, der
aus irgend einem oft schwer zu erratenden Grunde das Miss-
fallen des Gewalthabers erregte : er bekam die volle Schwere
des kaiserlichen Zornes zu fühlen, Suspendierung der Zeitung,
Verhaftung und Ausweisung des Schuldigen bildeten nicht
selten die Strafe, mit der das Vergehen gesühnt wurde*).
Nur nach einer Seite hin gewährte Napoleon den Journa-
listen eine gewisse Bewegungsfreiheit: England gegenüber
brauchten sie keinerlei Rücksichten zu beobachten. Im
übrigen aber waren sie gebunden, von jedem seiner Winke
abhängig, blieb ihnen jede Bethätigxing eigenen politischen
Denkens und Urteilens versagt. »La politique demeure
un monde ferme; il y eut comme un blocus des idees,
non moins rigoureux que le blocus Continental«*): mit diesen
Worten hat der Geschichtsschreiber der französischen IH"esse
die für die T)auer unhaltbaren Zustände unter dem ersten
Kaiserreiche treffend gekennzeichnet.
Nicht viel besser erging es, soweit wir sehen, dies-
seits des Rheins der Rheinbundspresse. Auch sie stand
völlig unter dem Banne napoleonischer Diktatur und war
gezwungen, das Beispiel, das die Pariser Blätter gaben,
gefügig nachzuahmen. Für scharfe Kontrole war gesorgt:
französische Diplomaten und Offiziere wachten strenge
darüber, dass keine Zeile veröffentlicht wurde, die bei
ihrem Gebieter Ärgernis erregen konnte, und brachten
jede Übertretung zur Anzeige und Ahndung. Im Gross-
herzogtum Würzburg durfte vom April 1806 ab keine'
Zeitung erscheinen, deren »Aufsatz« nicht zuvor von den«k
^) Vgl. die kürzlich erschienene wertvolle Publikation von Lecestre
Lettres inedites de Napoleon I«^ die eine Menge interessanter Belege flbes
Napoleons Verhältnis zur Presse enthält, insbesondere I, 58, 163, 225, 339
II, 123, 250, 277. — ') Hatin, a. a. O. VII, 535.
Bad. Presse in der Rheinbundszeit.
H3
französischen Kommandanten geprüft und genehmigt worden
wäre'). In Baiem, wo während einiger Jahre die Zensur
aufgehoben war, wurde dieselbe zweifellos unter franzö-
sischem Drucke wieder eingeführt; die damals in Ulm
erscheinende Allgemeine Zeitung, das angesehenste der
baierischen Blätter, musste sich zu einem Abkommen mit
Frankreich bequemen und dem fremden Einflüsse ihre
Spalten in ausgiebigster Weise zur Verfügung stellen 2).
Ihrer umsichtigen Leitung hatte sie es zu danken, dass
keinerlei Gewaltmassregeln in dieser Periode gegen sie
angeordnet wurden, während beispielsweise die Bayreuther
Zeitung wegen eines unliebsamen englischen Artikels auf
Weisung Napoleons rücksichtslos suspendiert, ihr Redakteur
aber in Haft genommen wurde*). Ähnlich lagen die Ver-
hältnisse in Württemberg; auch im »Schwäbischen Merkur*,
überall sichtbar die Spuren franzosischer Einwirkung, Die-
selbe Gefügigkeit, wo es sich um Aufnahme französischer
Communiques, sei es auch der breitspurigsten Beschreibungen
von Pariser Hoffestlichkeiten, handelte, und andererseits
dieselbe ängstliche Scheu und Zurückhaltung vor jedem
offenen Wort, jeder unparteiischen, aber französischen
Interessen zuwiderlaufenden Berichterstattung*).
Am schwersten aber unter den süddeutschen Rhein-
bundstaaten hatte unzweifelhaft Baden zu leiden, mit dessen
Presszuständen wir uns hier näher zu befassen haben:
während der Imperator Baiern und Württemberg gegen-
über doch gewisse Rücksichten beobachtete, Hess er dem
Nachbarn gegenüber seiner Willkür ungehemmt die Zügel
s:hiessen.
Buntscheckig wie die Zusammensetzung des jungen
R^heinbundstaates war auch das Bild seiner Presse, ein
Produkt der historischen V^erhältnisse. In den rcichs-
*^dischen Territorien, die nach dem Willen Napoleons in
^ Jahren 1803— '806 mit der alten Markgrafschaft zu
«nem neuen Staatsgebilde verschmolzen wurden, in der
*) Göbl, Zur Gesch. der Presse in Würzburg bis zum Jahre 1815,
Aldi» d. bist. Vcr. f. Unterfranken, 38, 262. — ') Hcyck, Die AnKcni.
^SttBg 1798—1898. S. 172 ff. — ») Vgl. Lecestrc, a. a. O.. I, 225. -
'* V|L Eiben, Gesch. des Schwäbischen Merkurs, S. 33, 3S ff. (Notiz über
Z«<nchr. L Gesch. d. Oberrh. N. F. XIV. 1. 8
114
Obser.
Pfalz, im Breisgau, im nassauischen Lahr and anderwärts
war in der zweiten Hälfte des i8, Jahrhunderts eine An-
zahl politischer Tages-, bezw. Wochenblätter entstanden,
welche das in immer weiteren Kreisen erwachende Interesse
für die Welthändel zu befriedigen und das Publikum mit
den neuesten Nachrichten zu versorgen bemüht waren.
Da sie ohne alle Ausnahme vonseiten der landesherrlichen
Behörden durch Privilegien geschützt •waren, hatte auch
die badische Regierung als Rechtsnachfolgerin sie wohl
oder übel bestehen lassen, zumal ihre Aufhebung bei den
neugewonnenen Unterthanen zweifellos böses Blut erregt
hätte. So kam es, dass in einem Staate von verhältnis-
mässig bescheidenem Umfang eine für jene Zeit ungewöhn-
lich grosse Anzahl einheimischer Zeitungen in Wettbewerb
trat: ausser der in der Residenz erscheinenden Karlsruher
Zeitung der Konstanzer Volksfreund» die Freiburger Zeitung-«
das Lahrer Wochenblatt, das Pforzheimer Wochenblatt und
in Mannheim die deutsche Mannheimer Zeitung, das JoumaLl
politique und späterhin die Rheinische Bundeszeitung. Von
einiger Bedeutung waren freilich nur die Mannheimer
Blätter, die nicht lediglich mit der Scheere arbeiteten,
sondern auch Originalkorrespondenzen ') brachten, mit einem
gewissen Geschick geleitet waren und auch ausserhalb der
badischen Grenzpfähle gelesen wurden.
Die Zensurverhältnisse waren durch die von Geh. Rat
Brauer redigierte kurbadische Bücherzensurordnung vom
19. Dezember 1803^), die auch für die Presse massgebenci
war, neu geregelt worden. Man kann derselben da^
Zeugnis nicht versagen, dass ihre Bestimmungen unte?T
den damaligen Verhältnissen im wesentlichen gemässigt^
waren, und die Erfahrung lehrte, dass sie auch im all'
gemeinen mit Milde gehandhabt wurden. Für die Zeitung^ ^
kam vor allem Artikel IV Ziffer 5 in Betracht, welch^^''
besagte, dass nichts veröffentlicht werde, was geeignet s^^*»
die Regierung in Zwist mit dem Auslande zu verwickel- "**»
bei benaclibarten oder befreundeten Staaten Ärgernis ^^
erregen oder in Kriegszeiten das Interesse der VerbÄ-^'
*) Vgl. z. B. die Notiz in Nr. 65 der »Rheinischen Correspondeoze i^-^»'"
9. Mai 1809 S. 259. — «) Karlsruhe, bei Macklot, 1804. 45 S. 8".
Bad. Presse in der Rheinbundszeit.
115
deten zu schädigen, »kurz wovon leicht vorgesehen werden
könnte, dass es Uns oder Unsern Landen Nachteil bringen
möchte.c
So lange Baden noch dem alten Reichsverbande an-
gehörte, vernahm man selten von einer Übertretung dieser
Vorschriften oder irgend welcher Behelligung der Presse.
Anders nach dem Eintritte in den Rheinbund. In dem
Masse, wie sich die napoleonische Regierung mehr und
mehr in die inneren Verhältnisse des Landes einmischte
und nach eigenem Gutdünken schaltete und waltete,
wandte sie auch der badische Presse ihre Aufmerksamkeit
zu und verfuhr wider sie nach den in Frankreich erprobten
Gnindsätzen. Zusehends häuften sich in der Folge Klagen,
Beschwerden und Massregelungen wegen Pressvergehen;
sie bilden eine stehende Rubrik in den Berichten der beim
Karlsruher Hofe beglaubigten Diplomaten, denen die Aul-
gabe der Überwachung der Zeitungen vorzugsweise zufiel,
belbst ein Mann von so vernünftiger Denkweise und ge-
mässijrten Anschauungen, wie Massias konnte sich hierin
dem Drucke, der von Paris ausging, nicht entziehen, um
M) weniger seine Nachfolger, die aus ganz anderem Holze
geschnitzt waren.
Mit wenigen Ausnahmen, die wir später kennen lernen
werden, richteten sich die französischen Beschwerden aus-
M-hliesslich gegen die oben angeführten Mannheimer
Blätter: eine Thatsache, die in der Bedeutungslosigkeit der
übrigen Presse zur Genüge ihre Erklärung findet. Vor
allem gab das »Journal politique de Mannheim« häufig
Anlasb zu Reklamationen. Sein Verleger, der frühere
BcMtzer der »Gazette des Deux-i^onts«, Solome, hatte im
Februar 1801 vom Kurfürsten Max Jose! auf 25 Jahre das
IMvileg zur Herausgabe einer Zeitung in französischer
Sprache erhalten; nach seinem Tode (1802) hatte die
Witwe das Unternehmen weiter geführt, unterstützt durch
<ien kurpfälzischen Rat Ernst Andreas Lamey, der in den
Jahren 1801 — i8ob der redaktionellen Leitung sich annahm.
We Zahl der Abonnenten wird im Jahre 1806 auf
'xjo angegeben'). Bald nachdem Lamey von der
'i Im J. 1810 war &ic infol};e der wiederholten Mabsregc-lun^^en de:»
°uttek luf 400 zurückgegantren.
k
il5 Obser.
Redaktion zurückgetreten war, liefen die ersten Beschwer-
den ein.
In Nummer 78 vom 19. März 1807 war — vermutlich
nach dem Pariser »Publicistec — ein Schreiben, welches
ein gewisser Ascof aus Braunsberg an den Sekretär des
Zaren, Cordier de Launay, anlässlich der Schlacht bei
Eylau gerichtet hatte, zum Abdruck gebracht worden,
jedoch nur auszugsweise und, wie behauptet wurde, unter
geflissentlicher Auslassung der bezeichnendsten Stelle. Der
französische Geschäftsträger, Baron Massias, führte darüber
umgehend bei dem Minister v. Edelsheim Klagest
so dass dieser sich veranlasst sah, der Witwe Solome
sein Befremden über den Vorfall auszusprechen und
dem Redakteur künftig mehr Vorsicht zu empfehlen.
Der Grossherzog wünsche dringend, dass kein Journalist
der französischen Regierung, der er aufrichtig ergeben
sei, Grund zur Klage gebe^). Dabei hatte es vorläufig
sein Bewenden. Ein paar Monate später ereignete sich
indes ein neuer Zwischenfall. Das »Journal politique»
hatte in Nr. 6 vom 6. Januar 1808 nach dem «Moniteur«
einen intercipirten Bericht des schwedischen Geschäfts-
trägers in Wien, Grafen Düben, vom 12. Oktober 1806
mitgeteilt, in welchem u. a. den Baiem vorgehalten wurde,
sie hätten auf Wrede's Weisung in der Umgegend von
Leipzig geplündert und sich auch diesmal durch ihre
Raubgier und Grausamkeit ausgezeichnet. In einem an
die Mannheimer Redaktion gerichteten offenen Schreiben*)
hatte General Wrede dann unter Zurückweisung der An-
schuldigungen Düben für einen infamen Verleumder
erklärt, falls er nicht widerrufe. Daran knüpfte sich ein
weiterer Briefwechsel, es kam zur Herausforderung, deren
Annahme Wrede auf Befehl seines Königs zunächst ver-
weigerte*). Auf Dübens Verlangen veröffentlichte der Leiter
des »Journal politique«, da er zuvor Wrede das Wort erteilt,
^) Note vom 22. März 1807. Kopie. Paris. ArchWes des Afiaires
EtraDgdres. Die im Folgenden citicrten Aktenstücke bernhen, wo keine
andere Quelle angegeben wird, in demselben Archive. — ^ Dat. 22. Miirz
1807. — ') Vgl. Nr. 18 vom 18, Jan. 1807. — *) Vgl. über diese An-
gelegenheit und ihren weiteren Verlauf Hexlmano, FeldmancbaU Fürst
Wrede, 109 ff.
Bad. Presse in der Rheinbundszeit.
"7
die auf den Endverlauf der Angelegenheit bezüglichen
Schriftstücke in den Nummern 134 und 135 vom 15. und
16. Mai; dabei beging er aber die Unvorsichtigkeit, auch
ein Schreiben Dübens abzudrucken, in welchem der fran-
zösischen Regierung die Bekanntgabe des aufgefangenen
Berichts als »infraction notable aux egards que jusqu'ä nos
jours les gouvernements civilisea avaient conserve pour les
relations diplomatiquesc vorgeworfen wurde. Es war
vorauszusehen, dass Massias dagegen sofort Vorstellungen
erhob und darauf hinwies, dass das Blatt, wenn sich der-
ffleichen wiederhole, in Frankreich verboten werde. Der
Redakteur erhielt den unvermeidlichen Verweis, und Edels-
heim beeilte sich, Massias zu beruhigen, indem er ver-
sicherte, der Redaktion sei von neuem eingeschärft worden.
nichts zu veröffentlichen, was Frankreich irgendwie verletzen
konnte. Er hoffe, dass dies genüge und die Drohung
wirke ^). Massias gab sich damit zufrieden, er war kein
Freund von Gewaltmassregcln und sah offenbar auch
keinen Anlass zu " schärferem Vorgehen. So lange er noch
auf seinem Posten verblieb, wurden auch keine weiteren
Klagen über die Haltung der badischen Presse laut.
Anders, als er im März 1808 abberufen wurde und
August Talleyrand an seine Stelle trat, ein eitler, ränke-
^'oUer Streber, der sich bei jeder Gelegenheit dem Kaiser
^urch seine Dienstbeflissenheit zu empfehlen suchte und
iiit Eifer die Rolle eines Aufpassers und Angebers über-
'i^hm. Bald ertappte er denn auch das Mannheimer
Journal auf einem Staatsverbrechen. In Nr. 128 vom
^« Mai veröffentlichte dasselbe nach dem Beispiele bairischer
Zeitungen ein Rundschreiben des Papstes, in welchem
dieser gegen die Ausweisung der Kardinäle aus Rom
Verwahrung einlegte und sie zum Widerstände aufforderte.
Aus den daran geknüpften Schlussbemerkungen ergab
sich im übrigen deutlich, dass der Artikelschreiber keines-
wegs für die Kurie Partei ergriff. Allein dies half nichts:
der Abdruck des Rundschreibens, in dem, wie Talleyrand
behauptete, Frankreich als Todfeind der katholischen
M Massias an Iidelsheim. 18. Mai 1807: Edclshcim an Mnssia>,
»^ Mal 1807.
Il8 Obser.
Kirche behandelt wurde, genügte an sich schon völlig,
um die Redaktion strafwürdig* erscheinen zu lassen. War
doch bekannt, dass den Kaiser jede Erörterung der Händel
mit der Kurie, und sei es auch nur eine Mitteilung von
Aktenstücken, wegen der in Frankreich herrschenden
tiefen Erregung aufs empfindlichste berührte. Eben in
jenen Tagen hatte er, v,ne wir aus der verdienstvollen
Publikation Lecestre's ersehen, an Pouche geschrieben:
-Die römischen Angelegenheiten gehen keine Zeitung
etwas an. Wachen Sie ganz besonders darüber. Wann
etwas zu sagen ist, wird dies durch den Moniteur ge-
schehen»).« Talleyrand durfte daher auf die volle Unter-
stützung seiner Regierung rechnen, wenn er in gebiete-
rischem Tone von Edelsheim die Suspendierung des Blattes
forderte.
Ein solches Ansinnen war bisher niemals gestellt
worden, am wenigsten aus so geringfügigem Anla!^^.
Angesichts des ungestümen Auftretens Talleyrands konnte
sich indes PMelsheim dem Zwange, gegen die Schuldigen
einzuschreiten, nicht entziehen, wenn er auch sichtlich
bemüht war, dabei Milde walten zu lassen. Er erwiderte
dem französischen Gesandten*), das Journal politique< sei
auf s Taj^'o suspendiert und dem Redakteur, wie dem
Zensor eröffnet worden, der Grossherzog habe mit äusserstem
Missfallen die Veröffentlichung des Rundschreibens bemerkt:
wäre dasselbe nicht bairischon Zeitungen entlehnt, so wäre
(he Strafe härter ausgofallon. Aufs neue sei die Schrift-
leitung angewiesen worden, koinen Artikel über Frankreich
zu bringen, der niclit Pariser Blättern, vor allem dem
Monitour, entnommen sei. Mit der achttägigen Suspen-
dierung scheint es indes dem Minister nicht sonderlich
Ernst gewesen zu sein: nach den mir vorliegenden
Nummern ist das Blatt wenigstr^ns im Mai und Juni täglich
ohne jede Unterbrechung erschienfMi.
Talleyrand beruhigte sich auch bei dem erhaltenen
Bescheide nicht, um so wenig^T, als der französische
Minister des Auswärtigen, Chanipagny. ihm aus Bayonne
*) An Foiiclu», 23. April 180S. Locestre, .1. a. O. I, 180. — 'r Vgl.
Talleyrand an Champa^jny, S. Mai. — Eiiolsh»Mm an Tallcpand, 17. Mai 1808.
Bad. Presse in der Rheinbundszeit. I ig
mitteilte, der Kaiser sei damit einverstanden, dass er die
Unterdrückung des Journals gefordert, und wünsche sogar,
dass künftig überhaupt keine Zeitung in französischer
Sprache mehr in der Nähe der Grenze erscheine i}.
Erneute mündliche Vorstellungen bei Edelsheim waren die
Folge. Der Minister blieb jedoch fest; er wies darauf
hin, dass der Grossherzog bei der Übernahme der Pfalz
die Privilegien des »Journal politique« garantiert habe, ein
Verbot desselben ihn also verpflichten würde, dem Ver-
leger den daraus erwachsenden beträchtlichen Schaden
- etwa 60000 fl. — zu ersetzen. Auch habe man alle
Ursache zu glauben, dass das Blatt der französischen
Regierung selbst schon wiederholt gute Dienste geleistet.
Es solle aber, versprach man wiederholt, in Zukunft
strengste Zensur geübt und kein Artikel zugelassen werden,
der nicht aus dem Moniteur universel, der Gazette de
Hollande, dem Moniteur westphalien und den offiziellen
Zeitungen von Mailand und Neapel stamme. Im übrigen
solle sich das »Journale auf literarische Nachrichten hc-
schränken; auf diese Weise werde künftig jeder Anlass
^u Klagen vermieden. Bestehe der Kaiser indes trotzdem
üuf der Unterdrückung des Blattes, so werde der Gross-
her^üg ihm als erneuten Beweis seiner Ergebenheit auch
dieses Opfer bringen. Diese Darlegungen verfehlten an-
scheinend in Paris ihre Wirkung nicht; Talleyrand, der
darüber Bericht erstattete, empfing keinen weitern Bescheid :
man liess die Sache für diesmal auf sich beruhen.
Allein schon im Januar iSog wurde die Existenz des
Journals von neuem ernstlich gefährdet. In verschiedenen
deutschen Zeitungen waren vor kurzem Bemerkungen
über die Schlacht bei Eylau erschienen, die den Zorn
<ies Kaisers aufs höchste erregten; sie stammten, wie man
in Paris annahm, aus dem »Journal politiquc^. In einem
Erlasse vom 17. Januar beschwerte sich daher Champagny
bt:i dem französischen Geschäftsträger Lievre^) in Karls-
'1 »S. M. approuve que vous ayc/ doniaiuit: la suppr'?>'>ion de ce
}''Jnial: Kll.^ dC*»iFC meine qu'aucune j;a/etlc cn lan^uc fran<;aise iic s'iniprimc
•^ lavenir si prcs de la fronticrc de s>es ctal> . Conccpt, dd. IJayoiinc',
•4- Mai i^oJ<. -- '( An Tallcvrands Stelle iniorimisiisch nüt dir Lcituü;; der
'i«-sch;-.ue bftraut.
12C) Obser.
ruhe über den schlechten Geist, in welchem das Blatt
nach wie vor geleitet werde, und begehrte im Auftrage
Napoleons unverzügliche Unterdrückung der Zeitung.
Zugleich sollte Lievre die badische Regierung dringend
auffordern, die Presszensur künftig aufs strengste zu hand-
haben; für alle böswilligen, feindseligen Artikel, die
von nun an in der badischen Presse Aufnahme fanden,
wurde er vom Kaiser persönlich verantwortlich gemacht.
Mittelst Note vom 2^, Januar entledigte sich Lievre
des ihm erteilten Auftrages, ohne indes die Forderung
näher zu motivieren. Nichts desto weniger glaubte Edels-
heim derselben doch ohne Widerrede entsprechen zu
müssen und wies die Regierung des Niederrheins an, das
Blatt sofort zu unterdrücken, da Frankreich »aus ver-
schiedenen, jedoch nicht näher angegebenen Anlässen, in
welchen sich der böse Wille des Herausgebers . . , geäussert
haben soll«, darüber Klage geführt habe. Am 4. Februar
setzte die Expedition ihre Leser hiervon in Kenntnis:
»Des circonstances extraordinaires ont arrete momen-
tanement la publication du Journal polit. de Mannheim.
Nous prevenons M. M. les abonnes que nous avons
l'espoir bien fonde que son interruption sera de courte
duree et que sous pcu de jours il reparaitra comme ci-
devant. On remplacera par des fcuilles supplementaires
Celles qui n'ont pu paraitre.«
Wie hier schon angedeutet, war inzwischen eine Wen-
dung zu Gunsten des Blattes eingetreten. Eine aus ähn-
lichem Anlass erfolgte Beschwerde der russischen Regierung
hatte zu der überraschenden Entdeckung geführt, dass zweifel-
los nicht das Journal«, sondern ein Rivale desselben, die
Rheinische Bundeszeitung< diesmal der schuldige Teil war.
biese Zeitung, die seit Januar 180S in Mannheim erschien*)
und zur Zeit von einem früheren Redakteur des »Journals^-.
— demselben, der durch seine Ungeschicklichkeit dessen
Suspendierung verschuldet, — geleitet wurde, hatte näm-
lich in Nr. 334 vom 3. Dez. 1808^), angeblich nach meinem
') Sie wurde jjlcich der deutschen »Mannheimer Zeitunj» in der Druckerei
von Kaufmann und Friedrich her;»ostelh. — ^) Die Auftinciunj; des betreffen-
den Jahrganjjs, der weder in der KarlMuhcr, noch in der Heidelberger
Bibliothek vorhanden, verdanke ich Herrn Dr. Fr. Waller: er ist im Besitze
der Mannheimer öffentlichen Bibliothek.
Bad; Presse in der Rheinbundszeit. I 2 1
deutschen Journale, ohne nähere Quellenangabe ein paar
Bemerkungen über die Schlacht bei Eylau gebracht und
hervorgehoben, dass die Preussen und Russen die Vorteile
ihres »Sieges« nicht ausgenützt hätten. Anknüpfend daran
— und dies war eigentlich der Kern des Artikels — war
dann berichtet worden, der König von Preussen habe,
obwohl Napoleon ihm wiederholt nach der Schlacht unter
günstigen Bedingungen Frieden angeboten, stets dieses
Ansinnen zurückgewiesen, da er dem Zaren sein Wort
verpfändet, kein einseitiges Abkommen zu treffen. Auch
der Zar habe versprochen, dass er nur einen für Preussen
ehrenvollen Frieden schliessen werde und dieses kein
Dorf verlieren solle. Friedrich Wilhelm habe sein Wort
gehalten und stehe deshalb »mit unsterblichem Ruhm«
gekrönt bei der Mit- und Nachwelt da: habe er darüber
auch die Hälfte seiner Landö eingebüsst, so sei es doch
besser, ^unglücklich als treulos zu scyn«. Dass dieser
Artikel, der seine Spitze sichtlich gegen Russland kehrte
U5»d dieses, wenn auch nur verblümt, des Treubruchs
beschuldigte, der russischen Diplomatie nicht gefiel, war
vorauszusehen, nicht minder, dass auch Napoleon die Krän-
kung seines neuen Verbündeten übel empfinden musste. *)
Allein das »Journale hatte an ihm keinen Anteil;
K.echt und Billigkeit heischten daher angesichts der ver-
ändenen Sachlage die Aufhebung des gegen dieses Blatt
erlassenen Verbotes.
Die badische Regierung, die schon zuvor, . ehe diese
Thatsache festgestellt worden war, sich entschlossen hatte,
'u Gunsten des Journals zd intervenieren, that denn auch
ihr MCkglichstes. • In einer Note vom 2. Februar fasste
tdelsheim in beweglichen Worten alle Momente zusammen,
*e für seine Erhaltung sprachen. Der Grosshorzog fühle
l<*bhaftes Mitleid mit der Familie des Verlegers, die all'
ihre Einnahmen einbüsse, nicht minder mit den zahlreichen
Angestellten, die ihr Brot verlieren. Stets habe das Blatt
offen seine Sympathien für Frankreich bezeugt und zum
Entgelt von seiten des österreichischen Militärs früher
nuncherlei Anfeindungen erfahren; bei der Erbgr*:»s>-
*l Ver^l. Kleinschinidt, Karl Kiicdrich. 217.
122 Obser.
Herzogin Stephanie stehe es in besonderer Gunst. Seit
der letzten Verwarnung habe die Redaktion sich redlich
bemüht, jeden Anstoss zu vermeiden, und nur Artikel aus
Pariser Zeitungen abgedruckt; durch deren Verbreitung
habe sie zugleich der französischen Regierung einen Dienst
erwiesen, da die Pariser Blätter samt und sonders zu teuer
seien und darum in Baden verhältnismässig wenig gelesen
werden. Allein ganz abgesehen von all' diesen Erwägungen,
die an sich schon eine nachsichtige Behandlung empfehlen
würden: die Beschuldigung beruhe auf einem Missverständ-
nissc; es wäre also in höchstem Masse ungerecht, das
Journal für fremde Fehler büssen zu lassen. Der Gross-
herzog ersuche daher um Zurücknahme des Verbotes.
Gleichzeitig wurde Legationsrat Collini, der badische
Gesandtschaftssekretär in Paris, beauftragt, in ähnlichem
Sinne bei Champagny vorstellig zu werden. Der Minister
schien auch zunächst geneigt, dem Gesuche zu willfahren,
und meinte, falls die badische Regierung verspreche,
die »Rheinische Bundeszeitung« zu unterdrücken, könne er,
ohne weiter den Kaiser zu fragen, das Verbot des »Journals«
zurückziehen; als diese Zusage erfolgte, erklärte er sich
völlig befriedigt. Infolge dessen eröffnete Edelsheim der
Besitzerin des Journals, Witwe Solome, dass ihr Blatt wieder
er^cheint^n dürfe, doch möge dasselbe über Frankreich und
seine Politik keine andern Artikel bringen als »solche,
welche aus Pariser Blättern, vorzüglich aus dem Monitcur
genommen werden-, und die Quellen, aus denen es schöpfe,
stets bezeichnen, .damit nicht wiederholte Verlegenheit für
das CTOuverncment und alsdann gewiss ein unersetzlicher
Verlust für sie [die Witwe Solome] ent^stche^).« Der er-
teilten Zusage gemäss wurde zugleich die ^Rheinische
Bundeszeitung unterdrückt, in diesem Punkte erwies man
sich freilich in Karlsruhe nicht so gefügig, wie in Paris
wohl erwartet wurde, denn es bedeutete doch nur eine
rein furmelle Krfüllung der französischen Forderung, wenn
man die Furtführung des Blattes unter dem bisherigen
Titel verbot, bei Annahme eines neuen aber gestattete und
V» CoIHni an Edclshoiin, ii. Fchr. iSoo. K:ul>riihcr Archiv. Mann-
heim. Fasz. 334. — -; Da-.. iS. Februar 1S09. Ivailsi. Archiv. Mannheim,
Fasz. 334.
Bad. Presse io der Rheinbundszeit
123
damit seinen Verpflichtungen Genüge gethan zu haben
\-enneinte.
Mittlerweile war Champagny indes wieder anderer
Meinung geworden. Aus einer Unterredung mit dem
Kaüier hatte er entnommen, dass dieser trotz aller Für-
sprache auf dem Verbote des ^Journals« beharrte, da es sich
schon wiederholt vergangen habe. Das Blatt sei nun ein-
mal unterdrückt und somit solle es dabei auch sein ße-
wenden haben: .so lautete unabänderlich die lakonische,
Recht und Billigkeit verhöhnende Entscheidung Napoleons,
der gegenüber Champagny keinen Widerspruch wagte
und alle Vorstellungen Collinis erfolglos bleiben mussten.
Die badische Regierung fugte sich scheinbar dem
Zwange und zog am 6. März die der Witwe Solome
erteilte Erlaubnis zurück. Ihr Widerwille gegen die fran-
zösischen Anmassungen, die in jener Zeit immer unerträg-
licher wurden, trat indes offen zu Tage, als sie zwei Tage
später zu dem erprobten Auskunftsmittel abermals griff und
der Verlegerin »zu einiger Entschädigung« gestattete, ihr
Blatt unter dem harmloseren Titel :>Nouvelles litteraircs et
poliiiques« fortzufuhren i). Schon am 21. März gelangte die
erste Nummer dieser Zeitung, die fortan an der Spitze ein
paar Littcraturnotizen brachte, in ihrem politischen Teile aber
unverändert b^eb, zur Ausgabe, während die »Rheinische
Bundeszeitungc seit dem 3. März in eine »Rheinische Corrc-
'^pondenz« umgetauft war.
Dem französischen Gesandten entging dieses Manöver,
H'odurch die Weisungen seiner Regierung umgangen
worden sollten, natürlich nicht, und Vx\, Bignon, der seit
kurzem auf den Karlsruher Posten berufen worden, war
keineswegs gesonnen, dies ruhig mitanzusehen. Er benützte
den ersten Anlass, um sein Missfallen darüber zu äussern.
We deutsche »Mannheimer Zeitung«, die älteste der dort
bestehenden, die im Jahre 1767 gegründet und ursprünglich
von der kurpfälzischen Akademie der Wissenschaften heraus-
gegeben worden war, brachte in Nr. 80 vom 21. März
einen der Wiener Hofzeitung entnommenen Artikel über
den spanischen Feldzug, um, wie einleitend bemerkt wurde,
'u zeigen, wie man in Wien darüber urteile. Wenngleich
*^ Karl«r. Archiv. Mannheim, Fasz. 334.
124
Obser.
derselbe ziemlich harmlos aussah und lediglich konstatierte,
dass in Andalusien und Katalonien den Franzosen noch
Widerstand geleistet und Saragossa mit einem »des alten
Sagunt und Numantia würdigen Mute verteidigt werde,
erblickte Bignon darin eine höchst strafwürdige Anmassung.
Sofort wandte er sich beschwerend an Edelsheim und ver-
langte strenge Ahndung.
Die Thatsache, dass die Redaktion gewagt hatte, ihre
Nachrichten über die Vorgänge in Spanien aus einem
Wiener Blatte zu schöpfen, kennzeichnete nach seiner An-
sicht ausreichend ihre Gehässigkeit: »lorsqu'il est notoire
que les gazettes autrichiennes ont en general aujourd'hui
un ton presque hostile contre la France, c'est agir dans
un sens contraire a l'esprit du gouvemement de Bade que
de ce faire Techo des bruits qui partcnt d'une pareille
source.« In einer zweiten Note vom gleichen Tage (21. März)
fügte er hinzu, dass auch die einleitende Bemerkung nicht
als Entschuldigung gelten dürfe; man könnte sonst ungestraft
aus der österreichischen und englischen Presse alle mög-
lichen Schmähungen abdrucken und hinterdrein behaupten,
man habe das Publikum nur darüber belehren wollen, wie
man in den beiden Staaten über die Dinge denke. Zu-
gleich warf er der badischen Regierung vor, dass sie die
Fortführung der Rheinischen ßundeszeitung« unter ver-
änderter Firma dulde und dadurch die Journalisten zu
weiteren Ausschreitungen und Ausfällen förmlich ermutige;
er fordere daher, dass die ^»Rheinische Correspondenz*.
sofort unterdrückt und vorläufig durch kein anderes Blatt
ersetzt werde.
Edelsheim gab zu, dass seitens der »Mannheimer Zeitung«
ein Verstoss vorliege, verfehlte dabei aber nicht zu bemerken,
dass dergleichen auch französischen Blättern, sogar den
offiziellen, schon wiederholt begegnet sei, und meinte,
Redakteur und Zensor seien in diesem Falle mit der ihnen
erteilten Rüge genügend bestraft. Dagegen war er nicht
gesonnen, der weiteren Forderung Bignons nachzugeben.
Zu seiner Rechtfertigung berief er sich darauf, dass die
»Rheinische Bundeszeitung«, s. Zt. lediglich auf Reklamation
des russischen Gesandten in Paris, Grafen Romanzow,
unterdrückt worden sei, dieser selbst aber nachträglich
Bad. Presse in der Rheinbundszeit.
»25
sich dafür verwendet habe, dass sie wieder erscheinen
dürfe; der Grossherzog habe sie daher mit einem neuen
Privileg- und unter anderm Titel wieder zugelassen*).
Dabei übersah der Minister freilich geflissentlich, dass das
Verbot des Blattes auch und sogar zuerst von fransösischer
Seite verlanget worden war*).
Wenn er indes gehofft hatte, Bignon werde sich
dabei beruhigen, so täuschte er sich. Auch in Paris
schlug man auf dessen Berichte hin einen schärferen Ton
an. Ein Erlass Champagnys vom 25. März wies den
Gesandten an, nunmehr die Unterdrückung sämtlicher
in Mannheim erscheinender Zeitungen zu beantragen und
dafür zu sorgen, dass sie nicht unter anderer Marke wieder
auftauchten (^vous veillerez ä ce qu'il ne reparaisse point
sous un titre nouveau«). Am 4. April gab Bignon, ohne
auf Edelsheims Note vom 25. März weiter einzugehen,
dem Minister von dem Inhalt des Erlasses Kenntnis und
sprach die Erwartung aus, dass der Grossherzog sich
beeilen werde, der Forderung zu willfahren, »puisque des
eaivains qui se permettent de propager des articles
contraires aux interets de la France sont par cela meme
les ennemis de leur propre gouvernement«.
Allein Wochen vergingen, ohne dass darauf ein Bescheid
erfolgte oder gar eine der Mannheimer Zeitungen suspen-
diert worden wäre. Bignon sah sich daher genötigt, seine
Reklamation in gemessener Weise zu wiederholen und
kategorisch darauf zu dringen, dass die Regierung ihrem
auffallenden Zögern, das in Frankreich zum mindesten
berechtigtes Erstaunen hervorrufen werde, ein Ziel setze ^).
') Edelsheim an Bignon. 25. März 1809. — Beiliegend ein darauf
bexttgliches Schreiben des Grafen Romanzow an den russischen Gescliäfts-
iriger in Karlsruhe, von Riaibinine. Dat. 20. Jan., 11. Febr. — *) Vgl.
oben S. 120. Romanzow begehrte die Suspendierung in einem Schreiben
^om 22. Jan. n. St., Champagnys Ordre, die zwar das i»Joumal« nennt, aber
<lie »Rheinische Bundeszeitung« meint, datiert vom 17. Jan. — *) vQuoiqu^l [le
*oossign6] ne doive pas k raison de Pintimitc des deux pays et de la commu-
uuti de leum int^rßts avoir la moindre doute sur un objet qui ne scmble
pis comporter de refus, 11 est oblig^ d'inviter S. Exe, Mr. le Bo". d'Edcls-
^n, k Tonloir bien mettre fin ä une hisitation aussi singuli^rcment pro-
^OBgie et dout le gouvernement fran9ais aura au moins lieu d'dtre surpris.«
An Edelsheini, dd. 19. April 1809.
126 Obser.
Ein paar Tage später lief endlich Kdelsheims Antwort ein,
allein den Erwartungen Bignons entsprach sie keineswegs >).
Mit einer unter den damaligen politischen Verhältnissen
anerkennenswerten Festigkeit beharrte der Minister bei
der bisher von ihm vertretenen Anschauung und liess
zwischen den Zeilen ziemlich deutlich die Überzeugung
durchblicken, dass die Pariser Regierung durch eine
gehässige Darstellung Bignons beeinflusst sei. Mit Be-
fremden — bemerkt er — habe der Grossherzog ver-
nommen, dass man die drei angesehensten, fast einzigen
Zeitungen des Landes auf unbestimmte Zeit unterdrücken
wolle; obgleich er auf Ansinnen des französischen Gesandten
jederzeit auch den geringsten Verstoss in der Presse
strenge geahndet habe, werde er zu seinem Bedauern
gewahr, dass man seine Bemühungen nur gering achte,
mit immer kränkenderen Zumutungen an ihn herantrete
und ihn zu unbilligen Schritten zu drängen suche, die
seinem Gerechtigkeitssinne wie den Rücksichten, die er
sich selbst schulde, in gleicher Weise zuwiderliefen. Er
sei überzeugt, dass der Kaiser, wäre er von dem Inhalte
der früheren Noten Edelsheims unterrichtet worden, sein
Verhalten gebilligt hätte. Auch jetzt gebe er sich, da
Champagny bei Abfertigung seines Erlasses vom 25. März
Edelsheims Note vom gleichen Tage noch nicht gekannt
■habe, der Hoffnung hin, dass diese den Kaiser beruhigen
werde, wie er nicht minder von der 1-oyalität Bignons
erwarte, dass er dazu nach Kräften beitrage. Man möge
dabei — gab Edelsheim zu bedenken — in Paris auch die
finanziellen Verpflichtungen berücksichtigen, welche dem
Grossherzoge durch die ihm obliegende Entschädigung der
Zeitungsverleger erwüchsen: einer von ihnen verlange
1 2 000 fl., die andern sicherlich eine entsprechende Summe,
so dass der Grossherzog vielleicht genötigt würde,
4000Ü Francs zu opfern, obgleich er mit aller zulässigen
Strenge gegen die Presse eingeschritten, und dies in einem
Augenblicke, wo er angestrengt bemüht sei, den beträcht-
lichen Anforderungen nachzukommen, welche der Krieg
an seine Finanzen stelle.
*) S. Beilage i. . .
Büf\, Presse in, der Rheinbundszeit.
127
Es war vorauszusehen, dass diese Note nicht geeignet
war, die ohnehin gespannten Beziehungen zwischen Bignon
und dem Minister, der seit geraumer Zeit schon als eine
der Hauptstützen der antifranzosischen Partei am Karls-
ruher Hofe galt, freundlicher zu gestalten. Er beschränkte
sich darauf, sie seinem Vorgesetzten einzusenden; von
einer Befürwortung ihres Inhalts war selbstverständlich
nicht die Rede. Gleichwohl scheint sie in Paris die beab-
sichtigte Wirkung nicht verfehlt zu haben: wenigstens hat
Champagny in der Folge seine Forderung nicht erneuert,
noch überhaupt das Thema weiter berührt. Der Ausbruch
des Krieges gegen Österreich mag dazu beigetragen und
seine Aufmerksamkeit von der Angelegenheit abgelenkt
haben. Auch Bignon selbst kam nicht mehr darauf
zurück; es fällt auf, dass der federgewandte und .schlag-
fertige Diplomat auf die letzte Note Edelsheims kein Wort
der Erwiderung fand und damit gewissermassen seine
Niederlage stillschweigend eingestand.
In der Folge verstummten die Klagen über die
badische Presse, die bi.sher auf der Tagesordnung waren;
die Redakteure bekamen für geraume Zeit Ruhe. Sie
hatten dies zweifellos in erster Reihe der Abberufung
Bignons zu verdanken, der anfangs Juni nach Wien abging,
um auf Weisung Napoleons während des Feldzuges die
Verwaltung von Niederösterreich zu übernehmen, und die
badische Regierung auf Monate von einer lästigen Kontrolle
befreite. Des weitern sorgte man aber nach den letzten
Erfahrungen in Karlsruhe auch sicherlich für eine strengere
Überwachung der Presse, und die Verleger, die wohl
wussten, dass es sich um ihre materielle Existenz handelte,
erleichterten ihrerseits die Aufgabe der Zensurbehürde.
Was irgendwie die französische Eitelkeit verletzen konnte,
wurde fern gehalten. Man begnügte sich, über die Schlacht
bei Aspem den Leser lediglich das bekannte, den That-
bestand verdunkelnde lo^c Bulletin vorzulegen, während ein
Schreiben des- Kaisers Franz, worin es hiess, dass ausser
den Generalen Durosnel und Fouler noch andere Generale
und Stabsoffiziere in Gefangenschaft geraten seien, nur
mit dem Bemerken abgedruckt wurde, dass dies nach den
französischen Armeebulletins, »(]ie allein als offiziell an-
128 Obser.
zusehen sind«', bekanntlich nicht dei* Fall sei*). Dagegen
versäumte man ebenso wenig, Schill als »Räubere zu be-
zeichnen, der eine »klägliche Rolle« spiele, wie man
später von der »Charakterlosigkeit« des Sandwirts sprach.
Die »weltbeglück endec Heirat Marie Luisens und ihr Einzug in
Karlsruhe vollends konnte von keinem der kaiserlichen Eitel-
keit schmeichelnden Pariser HoQoumalisten mit grösserem
Aufwände von Begeisterung gefeiert werden, als dies in
der »Rheinischen Correspondenz« vom 24. März 1810
geschah. Nur einmal im weitern Verlaufe des Jahres 1809
hören wir von einer Klage, als die »Nouvelles litteraires
et politiques«, das ehemalige »Journal«, in Nr. 143 vom
2. August ein Verzeichnis der von Napoleon der Stadt
Wien und der Provinz Niederösterreich auferlegten Kontri-
butionen brachte und Bignon von Wien aus seine
Unzufriedenheit darüber äusserste, aber gerade in diesem
Falle fiel es Edelsheim leicht, die Redaktion zu recht-
fertigen, da der beanstandete Artikel einem offiziösen
Pariser Blatte, dem Publiciste, entlehnt war.
Als der französische Gesandte dann Ende November
wieder auf seinen Karlsruher Posten zurückkehrte, be-
schäftigten ihn bald ganz andere, wichtigere Fragen : über
dem Kampfe wider die Reitzenstcin'sche Organisation,
vergass er augenscheinlich mehr und mehr die badische
Presse. Sie blieb bis zum Herbst 18 10 völlig unbehelligt.
Je schlimmer der Sturm tobte, der sich über den Häuptern
der Regierung entlud, um so behaglicher mochten sich
die Redakteure im Gefühle ihrer Sicherheit wiegen.
Aus diesen Träumen wurden sie freilich eines Tages
recht unsanft aufgerüttelt. Ein Blatt, über welches bisher
niemals eine Klage eingelaufen war, gab Anlass zu einem
neuen Konflikte, der mit der Vernichtung der gesamten
nichtoffiziellen Presse Badens enden sollte. In einem
Erlasse an Bignon vom 17. September 1810 bemerkte
Champagny, die letzten Nummern der »Freiburger Zeitung«
notigten ihn, seine, des Gesandten, Aufmerksamkeit aber-
mals auf die badischen Zeitungen zu lenken. Ihre Zahl stehe
ausser allem Verhältnis zu dem Umfange des Landes; den
^) Rhein. Correspondenz Nr. 102 vom 16. Juni 1809.
Bad. Presse in der Rheinbandszeit. I2q
Nutzen hievon sehe man nicht ein, wohl aber machten
sich die Nachteile nur allzu sehr fühlbar. »Une seule
gazette, — fuhr er fort — serait bien suifisante pour le pays de
Bade. II deviendrait alors facile de la surveiller et cet
avantage doit l'emporter aux yeux du gouvemement
gTcind-ducal sur quelques interets particuliers«. Bignon
möge dies vorstellen und sich über die Freiburger Zeitung
beschweren.
Was eigentlich der letztem zur Last gelegt wurde,
war nirgends g^esagt. Ein badischer Diplomat, Sohn des
damaligen badischen Gesandten in Paris, der Freiherr Franz
von Andlaw, weiss in seinem »Tagebuche« ^) davon zu er-
zählen, Napoleon habe eines Tages seinen Vater in der
Audienz hart angefahren: »Was haben Sie denn in Freiburg
für ein elendes Blatt, dessen Redakteur einen Namen
trägt, den ich nicht aussprechen kann?*) Es wird auf-
hören zu erscheinen!« Als Ursache des kaiserlichen Zorn-
ausbruches habe sein Vater später ermittelt, dass der
Redakteur ein angebliches Schulzeugnis aus Brienne ver-
öffentlicht, in welchem Napoleon als mittelmässig befähigt
bezeichnet worden sei. Die Erzählung ist dann auch in
andere Schriften übergegangen"), muss aber nichtsdesto-
weniger als völlig unzutreffend zurückgewiesen werden.
Zunächst hat in der Zeit, um die es sich hier handelt in den
Monaten September und Oktober, eine ähnliche Unter-
redung Andlaws mit dem Kaiser nicht stattgefunden, denn
seine Berichte, in denen er einen solchen Vorfall sicherlich
nicht verschwiegen hätte, melden davon nichts. Dann
aber enthält die »Freiburger Zeitung«, wie ich mich über-
zeugt habe, in keiner ihrer Nummern jenes Schulzeugnis,
das den Zorn des Kaisers erregt haben soll; Andlaw ist
also falsch berichtet worden.
Auf die richtige Spur führt Champagnys Bemerkung,
dass die letzten Nummern des Blattes in Paris missfallen
hatten. Mochte schon der warme Nachruf verstimmt haben,
>) Vgl. Franx von Andlaw. Mein Tagebuch, I, ii. — *) Redakteur
und Verleger der "»Freibur^cr Zeitung^ war der damalige Magistratsrat und
spätere Stadtamtmann Franz Xaver Schnetzlcr. der das Blatt bis zu seinem
Tode (2Q. April 1830) {geleitet hat. Gefl. Mitteiinng des Herrn Stadtarchivars
Dr. Albert. — ») Vgl. Kleinschmidt, Karl Friedrich, 237.
Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrh. N. F. XIV. 1. q
l IQ Obser.
den die TLeitung der Königin Luise gewidmet, dem »Stolz
der deutschen Frauen, in welcher sich alle Tugenden mit
der lieblichsten Weiblichkeit und dem schönsten Körper
verbanden«*), so war dies zweifellos der Fall bei zwei
Artikeln in Nr. 178 und 180 vom 5. bezw. 8. September,
die aus London Mitteilungen vom spanischen Kriegsschau-
platze brachten. Man weiss ja aus mancherlei Äusserungen
Napoleons, wie sehr gerade die ungünstigen Nachrichten,
die aus Spanien einliefen und durch die Presse verbreitet
wurden, die Empfindlichkeit des siegverwohnten Mannes
reizten. Eben erst hatte sich sogar die unter besonderer
Aufsicht der Regierung erscheinende Karlsruher Zeitung
von Seiten Bignons eine Rüge zugezogen, lediglich weil
sie über die wackere Haltung der Badener in einigen
Gefechten gegen die Spanier berichtet und die dabei
erlittenen Verluste aufgezählt oder, wie Bignon sich aus-
drückte, die dortigen Operationen »unvorteilhaft« dargestellt
hatte: wie viel mehr musste es Ärgernis erregen, wenn in
den oben angeführten Artikeln die Rede war von den
Erfolgen, welche die englischen und portugiesischen Truppen
neuerdings errungen, von der Tapferkeit, die sie an den
Tag gelegt, von der Gefangennahme französischer Truppen-
teile, von der Desertion französischer Stabsoffiziere u. a.!
Diese aus England stammenden Mitteilungen sind es denn
auch höchst wahrscheinlich gewesen, die Champagfny zum
Einschreiten veranlasst haben.
Wie wir sahen, handelte es sich in seinem Erlasse
vom 17. September zunächst nur um eine Anregung, die
der Karlsruher Regierung gegeben werden sollte; das be-
stimmte Verlangen, dass die Freiburger und die übrigen
Zeitungen des Landes mit einer Ausnahme unterdrückt
werden sollten, war darin noch nicht ausgesprochen.
Allein der Gedanke, dass eine Zeitung für die Bedürfnisse
Badens genüge und die Überwachung erleichtere, wurde
von dem Kaiser alsbald eifrig aufgenommen und zur
kategorischen Forderung erhoben. Schärfere Massregeln
gegen die Presse waren in Frankreich seit kurzem ohnedies
wieder an der Tagesordnung 2). In einem Billet vom 28.
*) Vgl. Frciburger Zeitung vom 31. Juli und 2. August 1810. — *) Vgl.
Hatin, a. a. O. VII, 539.
Bad. Presse Id der Rheinbundszeit. I ^ I
September, das erst kürzlich veröffentlicht worden ist*),
schrieb Napoleon dem Minister: »Melden Sie meinem
Geschäftsträger in Karlsruhe, dass die Freiburger und die
übrigen im Grossherzogtum Baden erscheinenden Zeitungen
mit Ausnahme einer, die in Karlsruhe unter den Augen
der Regierung redigiert wird, unterdrückt werden sollen.
Dann werden all' die Schmähungen und böswilligen Aus-
streuungen, denen die französische Regierung ausgesetzt
ist, aufliören. In Darmstadt und an der Grenze sollte man
ebenso verfahrene.
Schon am folgenden Tage ergingen in diesem Sinne
neue Weisungen nach Karlsruhe. Bignon entledigte sich
unverzüglich seines Auftrags bei Edelsheim, der äusserst
betroffen war und im Ministerrate darüber zu berichten
versprach. Der Erbg^rossherzog, an welchen sich dtT
franzosische Gesandte gleichfalls wandte, schien, wie dieser
wenigstens behauptet, völlig geneigt, der Forderung zu
entsprechen, und gab offen zu, dass eine Zeitung für das
Land ausreiche. Dagegen stiess Bignon im Ministerium
auch diesmal auf Widerstand. Sein alter Gegner, der
Kabinetsminister von Reitzenstein. wies zwar sofort die
Freiburger Polizei an, die dortigen Blätter unter strengste
Aufsicht zu stellen, zu einem Verbote der Freiburger und
vollends der übrigen Zeitungen aber mochte er sich nicht
entschliessen. Wie früher, verschanzte man sich auch
diesmal hinter die Privilegien, die der Grossherzog bei der
Übernahme des Breisgaus garantirt habe und, ohne die
Zeitungsverleger zuvor zu entschädigen, nicht widerrufen
könne; jedenfalls müsse man, versicherte Edelsheim, erst
über die Beschaffenheit derselben nähere Erkundigungen
einziehen.
Dies lief, wie man sieht, wieder auf die alte Taktik
der Verschleppung hinaus. Bignon war wütend über den
Bescheid, für den er natürlich seinen verhassten Wider-
sacher ausschliesslich verantwortlich machte, und berichtete
sofort darüber nach Paris. Umgehend traf die Antwort
ein, die nur zu deutlich verriet, dass man dort nicht
gewillt war, sich länger hinhalten zu lassen. Der Kaiser,
') Lecestre, Lctlres inCditcs de Napoleon I«' II, 73.
1^2 Obser.
bemerkte Champagny, habe nicht erwartet, dass er seine
Forderung wiederholen müsse; die badische Regierung
möge daher derselben auf der Stelle in vollem Umfang
nachkommen: dies sei der sehr bestimmte Wille Seiner
Majestät ').
Damit war der gesamten nicht amtlichen Presse in
Baden das Todesurteil gesprochen. Die alte Widerstands-
kraft der Regierung war erloschen ; die Übeln Erfahrungen
des Frühjahrs, wo sie sich in Fragen der inneren Politik
der Diktatur des Kaisers bedingungslos beugen und die
volle Schale seines Zorns über sich hatte ergiessen lassen
müssen, hatten sie zu sehr eingeschüchtert, als dass sie
es gewagt hätte, sich gegen diesen neuen Gewaltakt weiter
zu wehren. Triumphirend meldete Bignon den Erfolg der
letzten Weisungen: Edelsheim habe wohl erkannt, dass
keine andere Wahl bleibe, das Ministerium habe sich also
gefügt und eine entsprechende Verordnung erlassen. Die
Karlsruher Zeitung solle unter Aufsicht der Regierung neu
organisiert und ein verantwortlicher Redakteur von Amts
wegen bestellt werden. Da das Verbot der andern Blätter
viele Privatinteressen verletzte und der Staat voraussichtlich
entschädigend eingreifen musste, wäre es der Regierung
sehr erwünscht gewesen, einigen Aufschub zu erlangen.
Vergeblich suchte Edelsheim eine Gnadenfrist von ein paar
Monaten zu erwirken, damit die Verleger wenigstens Zeit
fänden, ihre pekuniären Angelegenheiten zu ordnen und
sich mit ihren Abonnenten auseinanderzusetzen; Bignon
beharrte, da er von jedem längeren Aufschub neue Aus-
flüchte befürchtete, unerschütterlich auf seinem Scheine.
Ein Aufschub von wenigen Tagen, bis Ende Oktober, war
alles, wozu er sich schliesslich auf dringendes Zureden ver-
stand; spätestens vom i, November ab sollte die Neuord-
nung des Presswesens in Kraft treten.
Noch ehe der Monat zur Neige ging, wurde im Re-
gierungsblatte vom 27. Oktober ein vom 18. d. M. datiertes
Dekret veröffentlicht, welches das Publikum mit der Nach-
richt überraschte, dass der Grossherzog, »den Verhältnissen
der Zeitumstände angemessen gefunden« habe, »die Ver-
') Vj;!. den betr. Erlass vom 11. Oktober 18 10 in der Beilage 2.
Bad. Presse n der Rheinbundszeit.
133
breitung politischer Neuigkeiten in dem Weg der Zeitungen
durch Herabsetzung der Menge derselben auf eine einzige
unter einer besonders angeordneten Aufsicht herauszu-
gebende zu centralisieren.« Alle politischen Zeitungen des
Landes sollten daher vom 31. Oktober ab aufhören zu er-
scheinen; die ihnen verliehenen Privilegien wurden mit
keckem Federstrich als »unverträglich mit dem Staatswohl«
für erloschen erklärt. Die Karlsruher Zeitung allein sollte
bestehen bleiben und bis zum Jahresschluss noch in ihrer
allen Form unter der bisherigen Zensur fortgeführt werden,
vom I.Januar 181 1 ab jedoch unter dem Titel: »Gross-
herzoglich Badische Staatszeitung« und »unter der ganz
besondern Aufsicht« des Ministeriumsdes Auswärtigen zur Aus-
gabe gelangen. Den Bezirks- und Wochenblättern, die neben
den privaten und amtlichen Inseraten bisher gelegentlich
spärliche politische Nachrichten gebracht, wurde eingeschärft,
dass sie künftig »keine andere als das Inland« betreffende,
und zwar nur in wörtlichen Auszügen aus der Landes-
zeitung geschöpfte« aufnehmen dürften. Von einer Bar-
abfindung der geschädigten Verleger, welche die Regierung
selbst früher für billig erklärt hatte, war nicht mehr die
Rede; man scheute wohl angesichts der herrschenden
Finanznot vor den Opfern zurück. Vielmehr sollte der
Reinertrag der neuen Staatszeitung, soweit er ausreichte,
zur Entschädigung für die Schmälerung privilegierter Eigen-
tumsrechte verwendet werden. Dass die Verleger dabei
nicht zu ihrem Gelde kamen und in jeder Hinsicht im
Nachteil blieben, war vorauszusehen.
Befriediget konnte die franzosische Diplomatie auf ihr
Werk zurückblicken. Was sie in keinem andern süd-
deutschen Rheinbundstaate gewagt, hier hatte sie es mit
brutaler Gewalt durchgesetzt. Nach langer, zäher Gegen-
wehr hatte sich die badischc Regierung trotz aller Rechts-
und Gewissensbedenken in der Pressfrage gefügt: ein Bei-
spiel weiter für die offenkundige Thatsachc, dass sie auf-
gehört hatte, Herr im eigenen Hause zu sein. Die un-
bequemen Organe der öffentlichen Meinung waren, wie
man in Paris gewünscht, zum Schweigen gebracht; es gab
fortan in Baden, solange die na^oleonische Herrlichkeit
dauerte, nur noch die eine amtliche politische Zeitung, die
»34
Obser.
selbstverständlich ganz in französischem Geiste redigfiert
wurde und es ängstlich vermied, Anlass zu neuen Klagen
zu geben. Nur was die offiziellen Blätter des Kaiserreichs
über die Welthändel den Lesern mitzuteilen für zweck-
mässig erachteten, fand künftig Aufriahme in dem Karls-
ruher Moniteur.
Dies ging wohl zur Not, solange Napoleon auf der
Hohe seiner Macht stand und die Thatsachen sich nicht
in zu grellem Widerspruch mit der offiziellen Darstellung
befanden. Aber was half es, wenn die »Staatszeitungc
während des Feldzuges gegen Russland und der Erhebung
Preussens schönfärberisch immer nur von den Erfolgen
des Kaisers zu berichten wusste und die Niederlagen
beharrlich verschwieg *)? Schliesslich kam doch der Moment,
wo die hohle Lüge versagte, und unter der Wucht der
neuen Ereignisse brach siegreich die Wahrheit sich freie
Bahn. In den ersten Tagen nach der Leipziger Volker-
schlacht hielt auch die »Staatszeitungc es für geraten, die
aufgezwungene Maske fallen zu lassen: die »grosse Armeec,
deren Ruhmesthaten sie so eifrig verherrlicht, wurde erstmals
als »Feind« bezeichnet«). Die unterdrückte oflFentliche
Meinung kam in Deutschland wieder zum Wort; die Zeiten
der Verfolgung und Knechtung der deutschen Presse nahmen
mit dem Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft
vorläufig wenigstens ein Ende. Wohl als eine der ersten
unter den politischen Zeitungen, die durch französisches
Machtwort ihrer Existenz beraubt worden waren, kündigte
im November d. J. die altangesehene Gothaer »National-
zeitung der Deutschen« ihr Wiedererscheinen an^).
In Baden freilich fand dieses Beispiel keine Nach-
ahmung. Die schlimmen Erfahrungen des Jahres 1810
haben, wie es scheint, den journalistischen Unternehmungs-
geist auf geraume Zeit gelähmt; möglich auch, dass die
Regierung es an Entgegenkommen fehlen liess. Jedenfalls
steht fest, dass Mannheim erst im Jahre 1822 wieder eine
politische Zeitung erhielt, nachdem die Witwe des ehe-
1) Vgl. die charakteristischen Belege in von Weech's Geschichte der
Stadt Karlsruhe, I, 301, 305 ff., 310, 313 fF. — *) von Weech, a. a. O. L
316. — ') Vgl. Bad. Staatszeitung vom 27. November 1823.
Bad. Presse in der Rheinbimdszeit.
135
maligen Verlegers der »Mannheimer Zeitung«, Ernst Andr.
Lamey, um Wiederverleihung des Privilegs nachgesucht.
Kurze Zeit zuvor (1821) war im Oberlande auch die Frei-
burger Zeitung durch ihren früheren Redakteur Schnetzler
wieder ins Leben gerufen worden. Dass dies indes keinen
Wiederaufschwung der Presse bedeutete, dafür haben die
Karlsbader Beschlüsse gesorgt
Beilage i.
Edelsheim an Bignon.
Karlsruhe, 22. April 1809.
Monseigneur le Grand-Dac est vivement affect^ [de] Tana-
theme dont Soii Excellence Monsieur Tenvoy^ extraordinaire et
miiiistre picnipotentiaire de France, frappe k la fois las trois
principales et presque seules gazettes qu'on publie dans ce pays,
et dont Elle demande la suppression illimit^e. S. A. R. a apport6
taut d'empressement ä rt^primer tr^s sev^rement qu'aux moindres
inconsidcrations des rcdacteurs qui s'ctaient attirö TaniDaadversion
demandee par Son Excellence et k prevenir pour Tavenir toutes
les plaintes de ce genre; mais Elle voit avec peine bien sensible
que scs soins et ses sollicitudes ä cet 6gard paraisscnt £tre
enti^rement depris6es et n'avoir servi qu'ä lui attirer des
instances plus mortifiantes et d'exposer ä commettre des injustices
aussi contraires ä ses principes d'^quite qu'anx ^gards qu'Elle
crott se devoir 4 Elle-ra£me. — Elle se persuade, que les con-
sideratioQS qui ont etc developpt^es dans plusieurs ofBces et en
dernicr lien dans la note du 25 mars, si elles 6taient soumises
h Sa Majeste TEmpercur, ne manqueraient pas d'obtenir le
suffrage du monarque le plus magnanime , le plus juste et le
plus gcnereuxl
Comme il n'est pas possible non plus, que Son Excellence
Monsieur le ministie des relations ext^rieures alt pu £tre inform^e
du coutenn de la note du 25 mars lors de l'expedition de la
leure de m£me date, dont Son Excellence Monsieur Bignon fait
mentioa dans son office du 4 avril, Monseigneur le Grand-Duc
esp^re, que les explications postörieures de Paris repondront
davantage au sncc^s que S. A. R. se croit sufBsamment fond^ ä
devoir en attendre. Sa conBance dans la droiture et la loyaute
de Monsieur Bignon ne lui laisse aucun doute, que Son Excellence
voudra bien coopercr ä raccomplissement de ses voeux ä cet
^gard et faire entr' antre envisager aussi, que donnant k la
suppression de ces gazettes la latitude demandee, IMonseigneur
1^6 Obser.
le Grand-Duc se trouverait vtfritablement ^) porter seul et tr^s
essentiellement lespcines et dommages de cettemesure; attenduque
dcjcL le proprietaire du privil^ge de Tune de ces feuilles reclame une
indemmt6 de douze mille florins, que les deux autres jouma-
lisles ne manqueraient pas sans doute de proportionner leurs
pretentions en conscquence, et que S. A. R. se trouverait ainsi^)
devoir payer pour cet objet une amende, et pass6 deuz mille
louis peut-6tre, avec la conviction d'avoir employ6 toute la seve-
ritö que peut se permettre un souverain 6quitable envers ses sujets
en pareilles circonstances; et cela dans un moment oü il reunit
tous ses efforts pour subvenir auz depenses considerables qu'exige
imperieusement sa participation k la guerre actuelle.
Persuade que Son Excellence Monsieur Tenvoy^ extraordi-
naire et ministre plenipotentiaire sera pen6tr6 de Tevidence de
ces observations, et que conform6ment d son intcgritd reconnue.
il les appuyera des representations les plus convenables pour
faire envisager cette affaire dans son vrai jour, il ne reste au
soussigne qu'k lui r6iterer k cette occasion Tassurance de sa
tr^s haute consid^ration.
Carlsruhe le 22 avril 1809.
B^^ d'Edelsheim.
Copie. Paris, Archives du ministkre des Affaires Etrangires.
Beilage 2.
Champagny an Bignon.
Paris, II. Oct. 1810.
Mr. le Baron. £n vous chargeant de demander la suppression
de la gazette de Fribourg, Sa Majeste avait 6te loin de penser
qu'il ne suffirait pas de faire cette demande une fois et qu'il
faudrait la reit^rer. Cela ne tient sürement point 4 ce que
vous n'ayez pas employ6 les moyens de persuasion et Tinsi-
stance convenables. Mais le cabinet de Carlsruhe qui avait deja
se reprocher de ne point avoir prevenu les justes sujets de
plaintes donnös par les gazettes badoises au Heu de reparer ses
torts par une prompte deference au d6sir de Sa Majest6 a mieux
aim6 les aggraver. Sa Majest6 vous charge donc de faire connattre
que la gazette de Fribourg doit 6tre supprime sur le champ de
möme que toutes autres gazettes provinciales, qu'il ne doit y
avoir ddsormais qu'une seule gazette pour tout le grand-duche,
qu'elle doit 6tre redigee et imprimee ä Carlsruhe sous Taeil du
gouvernement et que teile est Tintentioii tr^s positive de Sa
Majest^.
Concept, Paris, Archives du ministre des Affaires Etranghres.
*) Sic ! Zu ergänzen etwa »forc^ dcc. — 2; Sic ! Zu ergänzen, wie oben.
M i s c e 1 1 e n.
Annalen von St. Leonhard in Basel. Das längst verlorene
Jahrzeitbuch der Augustinerchorherren von St Leonhard in Basel
enthielt kurze, von 1099 bis 1277 reichende Annalen, welche
uns jetzt nur noch in einer Abschrift Wurstisens erhalten sind.
Dieser Basler Geschichtschreiber legte nämlich um 1580 eine
Sammlung von allerlei Abschriften und Auszügen aus älteren
Quellen an, die er selber als »Analekten« bezeichnete *), und dort
findet sich auf S. 478 unter der Überschrift ^Ex libro vitae
S. Leonhardi« der erste und grössere Teil dieser Annalen. Der-
selbe bricht jedoch ab mit 1 208, und es folgen aus dem betreffen-
den Jahrzeitbuchc zunächst die auf das ganze Jahr verteilten Feier-
tage, sodann die Urkunden über Stiftung des Klosters und Weihung
seiner Altäre, und erst hierauf, zum Schluss, auf S. 480 noch
di« Fortsetzung der Annalen, von 1211 bis 1277. Schon in dem
verlorenen Buche bildeten also diese Annalen räumlich kein Ganzes,
sondern waren vermutlich auf eines der vordersten und eines
der letzten Blätter verteilt. Ob nun aber gerade mit 1 2 1 1 das
Werk eines neuen Verfassers beginnt, das mag dahingestellt
bleiben. Sicher ist nur, dass diese Annalen, soweit sie das
XII. Jahrhundert betreffen, im engsten Zusammenhang mit den
längstbekannten Annalen des Klosters Marbach stehen'), welches
demselben Orden angehörte, wie St. Leonhard Die Fortsetzung
hingegen, wenigstens von 1208 an, kann wohl nur in Basel ent-
standen sein.
Anno 1099 Jerusalem a Gotefrido duce capitur.
1122 Bertholdus dux Mollesheim occiditur.
M33*) Lotharius cepit regnare.
1148 4) facta est expeditio Jerusalem sub Chunrado rege Roma-
norum et Ludovico rege Francorum.^)
tt52«) Chunradus rex obiit, cui Fridericus'') successit.
1155 Fridericus Rome ab Adriano consecratur.
1158 Mediolanum obseditur.
. ^) JctJt Cod. 1. 11. 14 der Offentl. Bibliothek zu Basel. — *) S. Monumenta,
Soiptore» XVII. 158 ff. — ') Hs. 1130. — *) Hs. 1149 — ») Hs. rege
Fnacooiae. — •) Hs. 1 1 54. — ") Hs. cui Henricus successit
Iig Miscellen.
i6o Arnoldus episcopus Moguntinus occiditur. Crema ez-
pugnatur.
162 Mediolanum capitur. Burchardas Argentinensis episcopus
obiit et Ortliebus Basiliensis. Burkardo Rudolfus» Ort-
liebo Ludovicus succedit.
177^) facta est concordia inter regnum et sacerdotium Venetiis.
179 fuit concilium sub Alexandra. Basiliensis Ludovicus et
Metensis et Bremensis episcopi^) deponuntnr. Christi^nus
episcopus capiiur.
181 Alexandro mortuo Lucius successit.
188 filii Friderici Moguntiae gladios cingunt.
189 Fridericus aggressus est militiam Hierosoljoxütanam, in
qua obiit.
193 Adelbertus Leodiensis episcopus occiditur.
194 imperator Henricus Apuliam et Siciliam subjugavit, uxorem
Tancradi cum filio et filiabus, et Margaritam piratam et
episcopum Salerniae cepit et in exilium misit.
195 imperator erat Geilinhusen. Ibi principes muiti cmces
acceperunt.
196 Herbipoli plurimi cruces acceperunt.
197 Henricus imperator obiit in Sicilia. Regnare coeperunt
cum schismate Philippus et Otto.
204 capta est Constantinopolis a Teutonicis.
205 Philippus invasit cum exercitu Coloniam.
208 Basileae inundatio fuit magna Birsici. Philippus occiditur.
2 1 1 Otto ab imperio deponitur.
240 Tartari Litganam et Poloniam destruxerunt. Papae Gre-
gorius et Celestinus obierunt. £t eclypsi obscuratus.
243 Innocentius papa Celestino substituitur. Lugduni con-
cilium celebratur.^)
245 lantgravius Turingiae in regem eligitur. Conradus filius
Friderici ab eodem in Suevia superatur.
246 lantgravius idem obiit, et Fridericus dux Austriae
occiditur.
247 Wilhelmus de Holandia in regem eligitur Romanorum.
248 Ravenenses contra Fridericum depositum insurgentes
victoria potiuntur.
250 pridie idus decembris Fridericus quondam imperator
obiit.
251 Wilhelmus rex coronatur a papa Innocentio apud Lug-
dunum.
254 Innocentius papa IV obiit, qui Fridericum imperatorem
deposuit.
*) Hs. 1178. — ') episcopi fehlt i. d. Hs. — ») Nach celebimtur i. d.
Hs. noch drei Worte, von welchen ich jedoch nur »Fridericus Col
suam« (?) zu lesen vermag.
Miscellen.
U9
125Ö Wilhelmus de Hollanden Romanorum rex a Frisonibus
interficitur.
1271 electas est Rudolfus de Hapspurg in regem Romanorum.
1275 rex Boemus a predicto rege Rudolfo occiditur.
1251 turbatus est clerus Parisiensis a pastoribus totius regionis
potenter.
1277 dabatur vierncella silliginis pro 3^ 2 s^^*» vierncella speit
pro 2 s.y avena pro 18 d.
Basel, A, Bernotdli,
Zum Geschäftsgang des Konstanzer Hofgerichts. Die
nachstehend abgedruckten beiden Aktenstücke sind an eine
Urkunde angeheftet, die ich samt mehreren anderen dank
dem Entgegenkommen des katholischen Pfarramts in Bischofs-
zell im Karlsruher Gen oral landesarchiv benutzen konnte. Unter
dem iudex ecclesie Const verstehe ich den später durchgängig
und auch schon früher meist sogenannten officialis curie, den
bischötlichen Hofrichter. — Mit der Urkunde, an der die Akten-
stücke angeheftet sind und deren Regest ich vorausschicke, ver-
mag ich keinen Zusammenhang herzustellen.
1. 1275 Juli 2.
Ich, Bischof Rudolf von Konstanz, bekunde, dass Ritter
\Vezzelo, genannt von Blidegg [Kt. Thurgau], Marschall unseres
Hocbstifts, zu seinem und seines Bruders Herdegen Seelenheil
die Einkünfte der von seinem Vater ererbten Vogteien, Lehen
des Hochstifts, dem Stift Bischofszeil schenken will und mir die
Vogteien, nämlich in Altenburg [bei Griessenberg, Kt. Thurgau],
wo 2 Konst. Pfennige und 2 Quart Weizen Konst. Masses ein-
kommen, und in Hohentannen [Thurgau], wo 4 Konst. Pfennige
einkommen, aufgesagt hat. Die Güter selbst gehören dem Stifte.
Ich übertrage die Einkünfte dem Stifte, dessen Kellerer mir
jährlich einen Anerkennungszins von 4 Hühnern leisten wird.
Acta sunt hec Const in curia Hainrici de Clingenberch S^ Stephani
Const. et Episcopaliscelle ecclesiarum tunc prepositi a. d. 1275
mense iuiii ind. 3. etc. Tengen: Propst Heinrich (vorgenannt),
Friedrich von Bohlingen [BA. Konstanz] Chorherr und Friedrich
Pieban von Bischofszell und andere Genannte. — Regg. Konst. i
^'r. 2391.
II. [1275] Febr. 21.
Iudex ecclesie Const. F[riderico] plebano Episcopaliscelle
salutem in domino. Mandamus tibi quatenus omnes confratres
aut concanonicos tuos cites in chorum Const. proxima feria secunda
[März 1 1 ] post dominicam qua cantatur Reminiscere et tu nichi-
lominus loco et termino prcnarrato compareas cum eisdem, queri-
140
Miscellen.
moaie Adilhaidis de Constantia, relicte quondam Cünxadi dicti
Tanners, finaliter responsuri. D. Const. 9. kal. mart., ind. 3.
Reddite litteras. — Pergamentzettel. 11 cm lang, 5 cm breit.
111. [1275] März II.
Iudex ecciesie Const. etc. Die assignata coram nobis feria
secunda proxima post Reminiscere, preposito et capitulo Episco-
paliscelle ad instanciam Adelhaidis de Constancia, relicte quondam
Cfinradi dicti Tanners, partibus coram nobis constitutis, dicta
domina petivit quasdam possessiones a dictis dominis sitas in
Blaikon qui excipiendo proposuerunt: quod cum ipsi haberent
super predictis possessionibus cuius (I) warandum ipsorum,
quem in continenti iudicio sistebant, qui defensionem predictarum
possessionum partibus presentibus in se recepit, unde nos dictos
dominos ab in stancia nostri iudicii duximus absolvendos. Datum
Const. predicto die ind. 3. — Pergamentzettel; 8 cm lang, 6 cm
breit. Das »cuius« nach )^possessionibus€ ist entschieden ein Ver-
sehen und daher zu streichen. Blaikon, heute Bleiken, liegt bei
Sulgen im Thurgau.
Heidelberg, A, Cartellieri,
Ein unbekannter Brief Phil. Melanchthons. Bei meinen
Studien im Fürstlich Löwenstein-Wertheim'schen Gemeinschafts-
archive fand ich einen Brief des j^praeceptor Germaniae«:, der
meines Wissens und wie Herr Prot. Nlk. Müller in Berlin mir
mitzuteilen die Güte hatte, noch ungedruckt ist. Ich lasse das
Schreiben, welches vom 4. Jan, 1548 datiert und an einen mit
Melanchthon befreundeten Bürger zu Schweinfurt, Andreas
Laraperti '), gerichtet ist, hier folgen :
Honestissimo viro prudentia et virtute praestanti Dom.
Andreae Lamperti civi Swinoforti suo amico
colendo.
S. D. Honestissime vir et amice colende.
£tsi nee decet, in aliena republica se ingerere, minimeque
impediri volo iudiciorum libertatem in electione, tarnen et
honestum et utile est indicare homines idoneos ad munera
publica. Commendavit alium antea ad scholarum gubernationem
senatui urbis vestrae, civis Blitt, cuius eruditionem eximiam alii
docti probant Is autem relinquere petitionem dicitur; quod si
ita est et senatus alium querit, cui scholam commendet, indico
^) Der Name wird bei Beck, Chronik der Stadt Schweinfart, nicht
genannt; auch erfahren wir dort nichts über die Schulverhältnisse der Stadt
in jener Zeit.
Miscellen.
141
hunc Christophorum Ireneum Silesium, qui praefuit scholae Bern-
burgensi circiter triennium. £t scribit solutam orationem et
versus satis feliciter. Non ambitiöse contendo, sed senatum suo
iudicio et arbitrio statuere decet. Sed indicatio officiosa est. —
Ideo vos oro, ut hunc Christophorum et meum de eo testimonium
scnatui indicare velitis.
Bene valete!
die 4 Januarij
1548.
philippus Melanthon.
Xiklashausen b. Wertheim, Rolf Kern,
Zeitschriftenschau und Litteratumotizen.
Von Veröffentlichungen der Badischen Historischen
Kommission ist erschienen:
Neujahrsblätter der Badischen Historischen Kommission.
Neue Folge. 2. 1899. Johann Georg Schlosser als
badischer Beamter von Eberhard Gothein. Heidel-
berg, Winter.
Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg
und der rheinischen Pfalz. Band 111, Heft 3 u. 4 (1898).
A. Thorbecke: Mitteilungen aus Heidelberger Kirchen-
büchern. S. 151 — 173. Statistische Zusammenstellung über
Geburten und Eheschliessungen vom Ende des 16. bis zum Ende
des 17. Jahrhunderts. — M. Huffschmid: Zur Geschichte
des Heidelberger Schlosses. S. 174 — 187. Nachtrage und
Berichtigungen zu dem im gleichen Bande S. i ff. unter gleichem
Titel erschienenen Aufsatze. Entgegnung auf die kritischen
Bemerkungen von Koch und Seitz. — K. Obser: Eine Bären-
jagd im Schwetzinger Walde. S. 188 — 189. Jagdbericht
des Kurfürsten Philipp von der Pfalz an König Maximilian vom
10. Sept. 1492. — A. Thorbecke: Eine Verordnung von
Karl Philipp gegen das Bettler-, Zigeuner- und Räuber-
gesindel. S. 190 — 196. Vom 14. April 1720. Nach Einblatt-
druck. — R. Sillib: Ein englischer Reisebericht über
Heidelberg aus dem Jahre 1617. S. 196 — 199. Aus dem
Reise werke des F. Moryson (London, 1617). — K. Christ:
Das Stcuerwesen von Kurpfalz im Mittelalter. S. 200
— 264. Abdruck der schon von Eulenburg verwerteten kurpfalz.
Steuerrolle von 1439» zunächst soweit sie sich auf Heidelberg
bezieht. Mit wirtschaftsgeschichtlicher Einleitung. — Orts- und
Sachenverzeichnis zum 3. Bande. S. 264 — 280.
Alemannia: Jahrgang 26 (1898), Heft 2. M. E. Mar r läge:
Poetische Beziehungen des Menschen zur Pflanzen- und
Tierwelt im heutigen Volkslied auf hochdeutschem
Boden. S. 97 — 183. — O. Giemen: Eine fast verschollene
Streitschrift Thom. Murners. S. 183— 188. Inhaltsangabe einer
Zeitschriftenschau und Litteraturaotizen. I^ß
gegen den Esslinger Augustiner Mich. Styfel gerichteten Streit
Schrift M/s aus dem Jahre 1522, von der sich ausser dem bisher
allein bekannten Exemplare des Britischen Museums ein zweites
in der Zwickauer Ratsschulbibliothek gefunden hat.
Revue catholique d'Alsace: Nouvelle scrie. Band 17.
Jahr 1898. September-Oktober-November-Heft. Schickele: Le
doyennu du Sundgau, S. 641 — 663, 721 — 736, 816 — 828,
Fortsetzung der kirchengeschichtlichen Notizen über die Ge-
meinden jenes alten Ruralkapitels der Basler Diöcese, die Ort-
schaften Heidweiler, Heimsbrunn, Hirsingen, Hirzbach, Hochstatt,
Hundsbach, lUfurt, Lümschweiler, Lutterbach, Niedermorschweiler,
Obermorschweiler, Pfastatt und Reiningen betreffend. — Lew: Les
persccutions des catholiques dans le comte de Saar-
werden et la seigneurie de Diemeringen (1697 — 1793)»
S. 685 — 692, giebt aus d^n Pfarrarchiven von Thal und Hars-
kirchen noch einige Nachträge, betreffend Belästigungen der
Katholiken der Grafschaft Saarwerden im 18. Jahrhundert. —
Beuchot: Un commissaire de canton pendant la rdvo-
lation, S. 702 — 712, teilt aus dem Colmarer ßezirksarchiv die
Berichte des zu Wattweiler stationierten Kantonalkommissars von
Sennheim, Ddville, aus den Jahren 1796 und 1797 mit^ die sich
im wesentlichen mit den Umtrieben der nicht vereidigten Priester
beschäftigen. — Louvot: Perreciot, S. 801 — 815, Briefe des
Juristen Perreciot, Bürgermeister von Baume, an Grandidier aus
den Jahren 1779 — 1786, zumeist über Fragen der antiken
GeogfTaphic und Topographie. — Beuchot: Les prÄtres sexa-
g^naires et infirmes du Haut-Rhin pendant la rdvo-
lution, S. 845—850, Mitteilungen nach den Akten des Colmarer
Rezirksarchivs über die zu Colmar seit dem Oktober 1792 und
vom April 1793 ab zu Ensisheim eingesperrten alten und siechen
katholischen Priester. — A travers les livres, S. 869 — 875,
eine anonyme eingehende Besprechung von Th. Ludwigs Schrift
«Die deutschen Reichsstande im Klsass etc.«
Revue d'Alsace: Nouvelle scrie. Band 12. Jahr 1898.
Oktober-November-Dezember-Heft. Reuss: Correspondance
intime entre Ulrich Obrecht et Jean Baptiste Klinglin,
^» 434 — 474» merkwürdige Briefe Obrechts an den in Paris
weilenden Strassburger Syndikus Klinglin aus den Jahren 1O91
und 1692, welche die tödliche Feindschaft Obrechts gegen
Güntzer enthüllen. — Schoell: Theophile Conrad Pfeffel,
S. 482 — 492, Fortsetzung der litterargeschichtüchen Studie über
Pfeffel. — Nerlinger: La vie ä Strasbourg au commen-
^ement du i7e si^cle, S, 493—544, Weiterführung des Neu-
Abdnicks von D. Martins »New Parlament«, Kap. 3g — 82. —
I^nrrwell: Flistoire d'une ville d'Alsace et de ses envi-
144
Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen.
rons, S. 545-549, Notizen zur Geschichte von Feldkirch und
Pulversheim. — Benolt: Note sur un passage de la brochure
»Wissembourg« par Ducrot, S. 550 — 553, stellt fest, dass
General Ducrot am 4. August 1870 nicht um Mittag, wie er
angiebt, sondern schon um 8 Uhr Morgens in Lembach einrückte.
— Kurtz: Bibliographie, S. 554 — 560, analysiert u. a. einige
Alsatica. — Balzweiller: Une page de bibliographie,
S. 561 — 571, bespricht die Elsässische Bibliographie von Marck-
wald in unserer Zeitschrift, die Arbeiten Kassels zur Geschichte
von Ingweiler und des Hanauer Landes, sowie die Nr. 21
und 22 der Beiträge zur Landes- und Volkeskunde von Elsass-
Lothringen.
Annales de TEst : Band 12. Jahr 1898. Heft IV. Nerlinger:
Seigneur et bourgeois de Riquewihr au XVe si^cle,
S. 551 — 576, behandelt nach Urkunden des Fonds Montbüliard
im Pariser Nationalarchiv, die im Anhang abgedruckt werden,
den Prozess zwischen dem württembergischen Grafen, dem tollen
Heinrich, und dem Reichenweierer Bürger Stephan Grucker aus
den Jahren 1484 — 1500. — In der Bibliographie S. 594 — 612
kurze Anzeigen von Delabrousse »Valentine und Teutsch »Strass-
burger Bilder aus den vierziger Jahren« durch Th. Schoell.
Jahrbuch für Geschichte, Sprache und Litteratur Elsass-
Lothringens, 14. Jahrgang. 1898. Walter: Zur Geschichte
des Deutschritterordens im Oberelsass, S. 3 — 55, aus
archivalischen Quellen geschöpfte Beiträge zur Geschichte der
vier oberelsässischen Kommenden Rufach-Suntheim, Kaisersberg,
Gebweiler und Mülhauscn-Rixheim. — Hertzog: Die Mark-
genossenschaft des Ehnthales, S. 56 — 76, sucht die Existenz
einer alten, fränkischen, zum königlichen Fiskus gehörenden
Markgenossenschaft im Ehnthale mit dem Gerichts-, Verwaltungs-
und kirchlichen Zentrum in Oberehnheim nachzuweisen. —
Scholl: Pfeffel und Luc6, S. 84 — 105, behandelt auf Grund
bisher unveröffentlichter Briefe die freundschaftlichen Beziehungen
zwischen Pfeffel und dem Münsterer Pfarrer Lucc. ~ Martin:
Herder und Goethe in Strassburg, S. 106 — 123, weist in
einem Vortrag den Einfluss Herders auf Goethe bei ihrem Zu-
sammentreten in Strassburg 1770 nach; im Anhang Faksimiles
von einem Blatt der Strassburger Handschrift von Goethe's Lieder-
sammlung und von den Einträgen der Eltern und der Töchter
Brion im Sesenheimer Kirchenbuch. — Martin: Kleine Bei-
träge, S. 124 — 130, teilt eine Inschrift der Jung St. Peterkirche
in Strassburg aus dem 14. Jahrhundert mit und giebt noch einige
Litteraturnotizen über den Sprachlehrer Daniel Martin. — Bolte:
Historische Lieder aus dem Elsass, S. 131 — 137, druckt
aus einer Sammelhandschrift der Berliner Bibliothek zwei dem
Zeitschrifteiiächau und Litteraturuotizen. i ic
10. Jahrhundert angehörige Lieder ab. — VViegand: Bezirks-
und Gemeindearchive im Elsass, S. i6i — 191, zeichnet
die Entwicklung des französischen Archivwesens im Elsass seit
der Revolution und schh'esst Reformvorschläp^e an — Winckel-
mann: Zur Geschichte des deutschen Theaters in Strass-
burg unter französischer Herrschaft, S. 192--237, schildert
aus den Akten des Strassburger Stadtarchivs und aus der Litteratur
die Hauptmomente in der Geschichte der deutschen Bühne in
Strassourg vom Auftreten der Neuber'schen Truppe 1736 bis
zum Ausbruch der Revolution; im Anhang Faksimiles von einigen
alten Strassburger Theaterzetteln von 177Q, 1781 und 1782.
Mitteilungen der Gesellschaft für Erhaltung der geschicht-
lichen Denkmäler im Elsass, U, Folge, Band 19, erste Hälfte,
1898. Becker: Das Beamtentum der Reichslandvogtci
H agenau, S. i - 31, schildert die Amtsbefugnisse und Einkünfte
der Unterlandvögte, der Reichsschultheissen zu Hagenau, drs
Zinsmeibters, des Kastenkellers, des Gegenschreibers, der Räte
des Hagenauer Hofgerichts und einiger Unterbeamten. —
Dacheux: Annales de Scbastien Brant, S. 33 — 260, Ab-
druck einer aus dem Reussner'schen Nachlass stammenden, von
dem Strassburger Stadtbibliothekar Jung gefertigten Abschrift der
von Jakob Wcncker, wie es scheint, gemachten Auszüge aus den
Protokollen der Einundzwanziger, einer für die Geschichte der
Reformation in Strassburg von 1517 — 1536 höchst wichtigen
Quelle, die übrigens von Jung und Roehrich schon ausgebeutet
worden ist. — Reuss: Les Eph^mdrides de Jacques de
Gottesheim, S. 2Ö1 — 281, Abdruck der ebenfalls aus dem
Reussner'schen Nachlass stammenden, um 1600 gefertigten Aus-
züge aus dem Diarium des der katholischen Religion im Innern
treu gebliebenen Strassburger Advokaten Jakob von Gottesheim,
üie Jahre 1524 — 1543 umfassend. — Meister: Akten zum
>chisma im Strassburger Domkapitel 1583 — 1592, S. 282
.15g, Abdruck der wichtigsten unbekannten Akten zur Geschichte
jenes Schisma aus den Strassburger, Münchener, Wiener, Düssel-
dorfer und Innsbrucker Archiven. — Walter: Les reges tes
Je l'abbaye de Neu willer, S. 360 — 406, vollständiger Abdruck
von Aktenstücken zur Geschichte der Neuweilerer Abtei vom
10. bis 18. Jahrhundert aus dem Pfarrarchiv von Neuweiler und
Jen Bezirksarchiven von Metz und Strassburg. — In den »Fund -
berichten und kleinern Notizen*, S. 5* — 12* Mitteilungen
nut Plänen von A. Ingold über die Abtei Münster und über
eine Notiz Schöpflins, das Grab der Kaiserin Irmingard zu
Krsieln betreffend.
Zeuichr. f. Gesch. d. Oherrh. N*. K, XIV. i. lO
I i5 2^itschriftenschau und Litteratumotizen.
Württembergisches Adels- and Wappenbuch. Im
Auftrage des Württ. Altertumsvereins verfasst von Otto von
Alberti, Archivrat. Stuttgart, W. Kohlhammer Bd. i (8 Hefte)
1889 1898.
Vor kurzem ist der erste Band dieses Werkes, auf den ich
die Leser dieser Zeitschrift hiermit aufmerksam mache, vollendet
worden. Derselbe enthält als Einleitung die Geschichte des
württembergischen Wappens mit vielen Lichtdruckabbildungen
von Siegeln, dann eine alphabetische Liste des württembergischen
Adels, der von württembergischen Regenten Geadelten, des
landbegüterten Patriciats und der fremden Adelsgeschlechter, die
in Württemberg Besitz hatten oder in württembergischen Diensten
gestanden sind. Diese Liste des ersten Bandes beginnt mit
Aalen und endet mit Mylius. Die einzelnen Familien sind, wie
es der Aufgabe des Werkes, ein Nachschlagebuch für Forscher
auf dem Gebiete der Genealogie zu sein, entspricht, ganz kurz
behandelt. Verfasser giebt den Stammort des Geschlechtes, sein
erstes Erscheinen, bezw. seine Erhebung in den Adelstand, die
Zeit seines Bestandes und seinen Besitz in Württemberg, nicht
auch den ausserhalb dieses Landes an. Diese Beschränkung
möchte ich nicht ganz billigen; für den Adelsforscher ist es
sehr wichtig, wenn er erfahrt, bis wohin die Beziehungen einer
Familie gereicht haben, und wo sie begütert war. Ich hätte
darum gewünscht, dass v. Alberti auch ganz knapp auf den
fremden Besitz der württembergischen Familien hingewiesen
hätte, z. B. bei Gundelfingen, Helfenstein, Kirchberg. Auch ein
Hinweis auf länger dauernde Dienste solcher Familien bei fremden
Fürsten, z. B. der Gundelfingen bei Bayern, der Ellerbach bei
Österreich, wäre wohl von den Forschern mit Freuden begrüsst
worden. V^on dieser Ausstellung abgesehen, verdient die sorg-
fältige, fleissige Arbeit volles Lob; sie wird den Genealogen
dauernd von Nutzen sein. Besonders wertvoll ist die sehr reiche
Ausstattung desselben mit gut gezeichneten Abbildungen von
Wappen nach Originalsiegeln und alten Wappenbüchern. Möge
das Werk weite Verbreitung finden und damit seinem Verfasser,
wie dem Auftraggeber, dem Württembergischen Altertumsvereine,
der verdiente Lohn für die mühevolle Arbeit und ihre grossen
Kosten zu teil werden! B,
Wir machen auf zwei familiengeschichtliche Publikationen
aufmerksam. Aus einer Familienchronik von K. Odenwald,
Pfarrer a. D. (Karlsruhe, Druck der Aktiendruckerei Karlsruhe.
1898. 161 S.), schon früher im Feuilleton der »Bad. Landpost«
veröffentlicht, behandelt die Geschicke einer Familie, deren männ-
liche Mitglieder seit zweihundert Jahren fast alle lutherische
Pfarrer in der Kurpfalz waren, bezw. in neuerer Zeit als evan-
gelische Pfarrer im badischen Kirchendienst standen. Die Chronik
ist recht eigentlich ein Familienbuch; das erklärt, dass ver-
Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen. iaj
schiedenes darin steht, was man hier nicht sucht, und anderes,
für das die dokumentarische Beglaubigung schwer beizubringen
sein wird. Doch durfte dies kein Hindernis sein, dass das Buch
auch für solche, welche zu der Familie Odenwald in keinem
näheren Verhältnis stehen, eine ansprechende Lektüre bilden wird.
- Strengeren wissenschaftlichen Anforderungen entsprichtKl emms
Archiv; Mitteilungen aus der Familiengeschichte, herausgegeben
von dem Verband Klemm'scher Familien, von dem bis jetzt drei
Nummern (Pforzheim, September 1897, April und Oktober 1898)
ausgegeben sind, welche Urkunden zur Veranschaulichung der
Entstehung und Verbreitung des Namens Klemm, Lebensbilder,
kleine Mitteilungen u. s. w. enthalten und die verschiedenen
Familien, welche diesen in Deutschland weit verbreiteten Namen
fuhren, gleichmässig zu berücksichtigen bestrebt sind. — r.
\V. \V. wies kürzlich in dieser Zeitschrift (N. F. 12 (1897),
^« 3^5 ^') *^ic von R. Reuss unberechtigt erhobene Klage energisch
zurück, dass es keine jährliche bibliographische Übersicht über
die historische Litteratur des Elsasses gäbe. Das gleiche Miss-
geschick, die »Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins« und
bomit auf:h die in ihr von dem Unterzeichneten veröffentlichten
Litteraturübersichten nicht zu kennen, teilt mit Reuss auch Henri
Stein. In seinem soeben erschienenen Manuel de Biblio-
graphie generale (Paris, \, Picard et fils 1898. XX, S95 S.)
lacht man die historischen Bibliographien der einzelnen deutschen
Lander vergeblich in der Gruppe »Sciences historiques«. Man
findet sie in einer Rubrik, in der man nur die eigentlich landes-
kundlichen Übersichten sucht, die »Sciences g^ographiques« betitelt
ist. Die Zusammenstellung der Werke für »Alsace-Lorraine«,
S. 343 f. ist eine höchst willkürliche. Neben wirklichen biblio-
graphischen Arbeilen finden wir dort z. B. auch das W<?rk von
Reinhart über den Odilienberg angeführt, mit dem Zusatz:
>Contient une bibliographie de la localit^.c Wenn Stein alle
historischen Werke anführen wollte, in denen die Verfasser eine
bibliographische Zusammenstellung des behandelten Gegenstandes
liefern, so hätte er Dutzende anführen müssen. Den Schluss der
Aufzahlung bildet die »KIsass-Lothringische Bibliographie 1 (1887V
<Strassburg 1889) des Unterzeichneten, mit der Bemerkung:
»Repertoire mt-thodique tr^s important qui promettait d'etrt-
annaei, mais la suite bien qu'annoncee n'a jamais paru. 11 sc
ftut contenter actuellement de la bibliographie incompl^tc que
public periodiquement la ^Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte
ond Kunst«. Also auch für Henri Stein existiert unsere Zeit-
schrift nicht, mit der »'bibliographie incompletc^ der Westdeutschen
ZeitM:hrift wird schwcrlirh Jemand etwas anfangen können, - da
seit zehn Jahren in der Westdeutschen Zeitschrift bibliograi)hische
Cbersichten nicht mehr gegeben werden.
lü*
IJ.8 Zeitschriftenächau und Litteraturootizen.
Für Baden führt Stein die Werke an von A. Bingner (Lite-
ratur über das Herzogthum [!] Baden in allen seinen staatlichen
Beziehun<5^en. Karlsruhe 1854) und F. X. Lehmann (Die Litte-
ratur für vaterländische Naturkunde im Grossherzogthum Baden.
Karlsruhe 1885). Kr fügt hinzu: iVoir, pour la bibliographie
courante, les repertoires publi6s ä intervalles irrdguliers dans la
»Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins«.« --- Zahlreich sind
die Irrtümer und Fehler im Appendice 111: »Repertoire des
catalogues imprimt^s des principales biblioth^ques du monde
entier«. S. 746 wird u. a. bei Mülhausen der Katalog der einen
Teil der Stadtbibliothek bildenden G^rard'schen Alsatica-Samm-
lung angeführt, der Stöber-Wildische Katalog der eigentlichen
Sladtbibliothek fehlt. Ganz lückenhaft ist die Zusammenstellung
für Baden: es fehlen, um nur einige anzuführen, die Kataloge
der Gymnasien zu Bruchsal und Rastatt, des Mannheimer Alter-
tumsvereins, der Wcssenbergbibliothek in Konstanz und der
Leopold-Sofienbibliothek in Überlingen.
Dass auch die bibliographischen Obersichten des Unter-
zeichneten über lothringische Geschichte im »Jahrbuch der
Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskundec
bei Stein fehlen, darf wohl zum Schluss ebenfalls noch bemerkt
werden. E. M.
In Bd. XIV des Jahrbuchs des histor. litterar. Zweigvereins
des Vogesenklubs veröffentlicht W. Wiegan d eine aus einem
früheren Vortrage erweiterte Abhandlung über »Bezirks- und
Gemeindearchive im Elsass«, die in kurzen klaren Umrissen
ein vortreffliches Bild von der Entwickelung des elsässischen
Archivwesens seit den Tagen der grossen Revolution unter der
französischen und deutschen Herrschaft entwirft und schon wegen
der praktischen Winke, die sie enthält, jedem Freunde elsässischer
Geschichte willkommen sein wird. Die volle Beachtung der
massgebenden reichsländischen Faktoren verdienen die Bemer-
kungen über die Ziele der weitern Ausgestaltung des Archiv-
wesens, sowie die auf gründlicher Kenntnis der Bedürfnisse
beruhenden Vorschläge zur Lösung der Aufgaben, die zur Zeit
in den Bezirks- und Gemeindearchiven als die wichtigsten an-
gesehen werden müssen. Mit Recht erblickt der Verfasser einen
wesentlichen Misstand, unter dem die gegenwärtigen Verhält-
nisse leiden, in dem Mangel an einem wissenschaftlichen ver-
waltungstechnischen Centrum: dass demselben durch die Grün-
dung eines Landesarchives — sei es nun mit oder ohne Auf-
hebung der beiden Bezirksinstitute — abgeholfen werde, erscheint
'\\\ der That als eine unabweisbare, mit den Jahren immer drin-
gender werdende Forderung. Nicht minder berechtigt ist der
Wunsch nach einer Erschliessung der — nach den gegebenen
Andeutungen zu urteilen — überaus reichhaltigen Bestände
der Gemeindearchive durch genaue V^erzeichnung derselben und
Zeitschriftenschau und Litternturnotizen. I^n
Kegestierung der altem Urkunden, in der Weise, wie das in
Baden zum Segen der landesgeschichtlichen Forschung durch die
Plleger der Historischen Kommission geschieht; auch aus diesem
Grunde bleibt es zu bedauern, dass die geplante reichsländische
Historische Kommission, deren ein solches Pflegeriiistitut not-
wendig zur Anlehnung bedürfte, vorerst gescheitert ist.
A". Odser.
In den Sitzungsberichten der Bayer. Akad. 1898, Heft 3,
setzt H. Simons fei d seine Historisch-diplomatischen Forschungen
zur Geschichte des Mittelalters fort. Unter Nr. IV, S. 402 ff.,
macht er sehr eingehende Mitteilungen über die Formelsammlung
des Rudolf von Tours und zeigt u. a., dass die Überarbeitung
der französischen Vorlage, die in der Münchener Handschrift
Clm. öQii vorliegt, um die Mitte des 13. Jahrhunderts in Süd-
deutschland, Bayern oder Schwaben, stattfand. Besonders zu
beachten sind die beiden Schreiben über den Kmpfang Klisa-
beths, der Gemahlin König Konrads IV, in Schwaben (S. 442).
Die an zweiter Stelle behandelte Pariser Handschrift 14009
Bl. 181 — 204 gehört nach Mainz und Mitteldeutschland. Ein
Verzeichnis der Brief- und Urkundenanfänge erleichtert weitere
Forschungen. Erwünscht wäre ein Register der Eigennamen.
A. Cariellierü
In den Mitteilungen des Instituts für Österreichische Ge-
schichtsforschung, Band 19, S. 577 — 614. behandelt Alfons
Dopsch die Ebersheimer Urkundenfälschungen. Indem
er samtliche 16 Stücke von Theuderich III. bis auf Heinrich III.
dnrchgehty schliesst er sich den von Bloch gewonnenen Resul-
taten ruckhaltslos an und weist seinerseits nun auch die von
Sickel und Mühlbacher noch in der Hauptsache als echt bezeich-
nete Urkunde Karlmanns von 770 als ein Machwerk Grandidiers
nach. Er legt femer überzeugend dar, dass mit Ausnahme der
VüD dem letztern gefertigten vier Privilegien die übrigen Fäl-
scboDgen in den mittlem Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts ent-
standen sein müssen, sowohl um verlorne und strittige Besitzungen
XQ sichern^ wie um die Rechte und Pflichten der Klosterleute
und des Klostervogts festzustellen und die kirchen- und staats-
Kchtliche Stellung des Klosters selbst zu begründen. Aus den
beiden Urkunden Ludwigs des Frommen von 824 wird am
Schloss gradezu ein Ebersheimer Dienstrecht in 15 Paragraphen
lEQnstreich herausgeschält. Ausserhalb der allgemeinen Tendenz
filU nur das. Privileg Arnulfs von 889, dessen Fälschungszweck
nicht klar und scharf genug festgestellt ist. Hier wird eine
^eute Forschung einzusetzen haben, die auch die Untersuchung
Dich der Existenz und der Benutzung von echten Vorlagen
intensiver führen, sowie die Entwicklung des klösterlichen Güter-
besities im einzelnen wird klarlegen müssen. W, W,
I^O ZeitschriftenscbaiL und Litteratomotiaen.
Die soeben ausgegebene zweite Hälfte des vierten Bandes
des Urkundenbuchs der Stadt und Landschaft Zürich
(bearbeitet von J. K seh er und P. Schweizer. Zürich, Fäsi &
Beer, S. 201—400 u. i — 4) enthält die Nummern i486- 1645,
von denen reichlich die Hälfte ungedruckt war. Der Halbband
umfasst die Zeit vom März 1272 bis Ende 1276, der ganze Band
die Zeit von 1 265 an, also 1 2 Jahre. Auch wenn, was nicht
anzunehmen ist, keine Steigerung der erhaltenen Urkunden bis 1300
mehr eintritt, sind demnach, um diese Zeitgrenze zu erreichen,
noch volle zwei Bände erforderlich. Der Ertrag für die schweize-
rische Geschichte kommt für diese Stelle weniger in Betracht,
ich muss mich darauf beschränken, den Nutzen für das heutige
Deutschland hervorzuheben. Eine Reihe von Stücken betrifft
den Besitz der Klöster Reichenau (15 17. 1546. 16 14), St. Blasien
(1559« ^580. 1599), Petershausen (1584) und Lindau (1624),
des Konstanzer Domkapitels (1524. 1556). Die Nachrichten
über die Bischöfe von Konstanz (auch einige Nachträge zu den
Regesten), wie Konstanzer u. £. Geistliche, Adlige und Bürger
lassen sich in einer Notiz nicht aufzählen. Von Orten fand ich
erwähnt Messkirch (1545), Tiefenhäuser (1548. 1549), Hilzingen
(1642). Eine deutsche Urkunde der Elisabeth von Staufen
(1531) ist leider eine jüngere Obersetzung eines lateinischen
Originals. Der Rechtsgeschichte wird reicher Stoff geliefert: so
handelt eine Urkunde über die Verheiratung der Töchter eines
freien Bauern, wobei der Vizelandgraf im Aargau, ein Freiherr
von Bonstetten, als der von dem Vater auf dem Todesbette
bestellte Vogt handelt (1528), für die Praxis der Landgerichte
kommen 1595 und 1596 in Betracht. In 151 1 wird erzählt, wie
ein Ministeriale bittet, sein Herr möge ihn einem Cisterzien-
serinnenkloster zum eigenen Seelenheile und dem seiner Vor-
fahren schenken, was der Herr auch that. Sonderbar ist der
Vorgang besonders auch deshalb, weil die Cisterzienserklöster sich
grundsätzlich das Institut der Dienstmannen fem hielten. Zum
ersten Male tauchen in diesem Halbbande auch Ablassbriefe auf,
zwei solche, die der Mainzer Erzbischof Wernher ausstellt, machen
den Anfang (154 i. 1542). Zur Schulgeschichte von Zürich und
Luzern finden sich Beiträge, ebenso für das Leben von Gelehrten
und Dichtern (Konrad von Mure, Steinmar, Teschler). Interessant
ist auch der Name Gawein bei den von Trostberg (1563). Das
letzte Stück ist ein Brief des Kaplans Königs Rudolf »magister
Alvinus doctor decretorum^ • der seine im Chorherrenstift Zürich
deponierten juristischen Bücher zurückverlangt.
Über die Karte, zu der jetzt ein kurzer Text, der die
Ergebnisse zusammenfasst, gegeben wird, habe ich mich schon
Bd. 12, 1/9 geäussert. Für dieselbe muss man erneut danken.
Das Register von Zeller-Werdmüller zeichnet sich durch die sorg-
faltige Bestimmung der Ortschaften und auch der Rechtsstellung
der adligen Familien aus, Z.-W. giebt bei den Ministerialen-
Zeitschriftenschau und Litteratarnotizen.
151
familien auch die Herren an. Irrtümlich macht er die v. Rütteln
za Dienstmannen, wie die Hegauer Stoffeln zu Freiherren.
Unerklärt blieb der Name Oeristetten = Ehrenstetten bei Freiburg.
Da das Urkundenbuch Stadt und Landschaft umfasst, hat
es noch nicht die gleiche Zeitgrenze wie das Basler erreichen
können, dem es durchaus als Schwester au die Seite zu stellen
ist Man darf die Schweiz beglückwünschen, dass sie zwei so
vortreffliche Werke zu gleicher Zeit erhält. ^U. Sc/i.
Mit dem neuen Halbband des Strassburger Urkundenbuches
ist die seit längerer Zeit bestehende Lücke ausgefüllt (Urkunden-
buch der Stadt Strassburg. Vierter Band erste Hälfte:
Nachträge und Berichtigungen zu Band I — III, gesammelt
von Wilhelm Wiegand. Register zu Band II, III und IV, i,
bearbeitet von Aloys Schulte und Wilhelm Wiegand. Strass-
burg, Trübner. 360 Seiten) Das Register hat lange auf sich
warten lassen. £s sollte die beiden nach sachlichen Gründen
getrennten, jedoch die gleiche Zeit umfassenden Bände II u. III
umschliessen. Da nun jeder Bearbeiter eines Bandes angewiesen
wurde, selbst die Register zu bearbeiten, ergab sich die Schwierig-
keit, die bei einer solchen Anordnung stets entstehen wird. Kin
komplizirtes Register kann nur von einer einzigen Person
hergestellt werden, die für alle Teile der Arbeit gleich verant-
wortlich ist. Und so kann ich, der ich mein Material 1887
ablieferte und seither am Register nicht mehr mitarbeitete, sehr
wohl die Seufzer der Einleitung verstehen, die das verspätete
Erscheinen rechtfertigen. Das Register hat noch eine andere
Schwierigkeit zu überwinden gehabt. Band IV, 2 enthält bereits
Listen über die städtischen und kirchlichen Ämter und damit
ein Parallelregister. Nachträglich kann man sehr wohl urteilen,
dass es besser gewesen wäre, diese Amtslisten mit dem Register
zusammen zu veröffentlichen. In letzter Linie beruhen alle diese
Schwierigkeiten auf dem Versuche, das massenhafte Material
durch Scheidung in sachliche Gruppen übersichtlicher zu machen
nnd man wird zugeben müssen, dass die Teilung in i. Politische,
2. Privatrechtliche Urkunden, 3. Stadtrechte, sich bewährt hat.
Mir scheint, das Beste wäre es gewesen, wenn daneben als
4. Band Amtslisten und Register für das ganze gegeben worden
wären, doch das Strassburger Urkundenbuch musste zuerst sich
die Disposition eines grossangclegten städtischen Urkundenbuches,
das nicht an dem ausschliesslich chrononologischen Faden fest-
halten will, aufsuchen.
Das Register ist durchweg selbst bei dem schwierigen Artikel
Strassburg übersichtlich gestaltet. Versehen in Ortsbestimmungen
sind selten, irrtümlich ist mons Jovis auf den Gotthard statt auf
den grossen St. Bernhard gedeutet. Die Freiherren von Zimmern
stammen von Herrenzimmern (Württemberg). Bei Laufen ist auch
152
Zeitschriflenschau und Litteraturnoüzen.
an das Geschlecht, das sich nach Laufen am Rheinfälle nannte,
zu denken.
Der grössle Teil des Bandes enthält die Nachträge, ist
jedoch schon seit fünf Jahren im Drucke abgeschlossen. Sie
betreffen vor allem den ersten Band und stammen, von einzelnen
Funden und Mitteilungen aus der Litteratur abgesehen, vor allem
aus folgenden Quellen: Die reichste Beisteuer lieferte das vati-
kanische Archiv mit seinen Registerbänden, namentlich waren
die Innocenz' IV., welche überhaupt ja den höchsten Prozentsatz
deutscher Stücke enthalten, auch für Strassburg reichhaltig, unter
den päpstlichen Urkunden fallt besonders auf ein Stück über
die Reform des St. Stephanskloster in Strassburg (51), dann das
wichtige Privileg über die Bischofswahl (195). Kommt dieses
Material vor allem für die Geschichte der Pfründen und Kloster
in Betracht, so ist die Geschichte des Domkapitels besonders
bereichert durch die Stücke, welche den Melker und Donau-
eschinger Handschriften entnommen sind, auch ein Kopialbuch
des Domkapitels, wie das heutige Domkapitelsarchiv gaben einige
Beiträge. Gerade nach dieser kirchlichen Seite hin sind die
Ergänzungen sehr wesentlich. Für die Geschichte der städtischen
Politik sind nur wenige weitere Urkunden aufgefunden, für die
Verfassungsgeschichte kommen ein paar Urkunden der Gerber
bez. Schuhmacherzunft in Betracht (264 u. 320), für die Geschichte
des Handels der Brief der Stadt Regensburg (159) ausserdem
ist ein unscheinbarer Nachtrag für die Verfassungsgeschichte von
Bedeutung, es ist das ein Verzeichnis der duodecim inter pelli-
fices von 1240. Pis sind darunter Mitglieder der Familien
Virnekorn, Rebestock und Marsilius, auch der Grossvater des
Geschichtschreibers Elnhard. Da es nicht denkbar ist, dass
dem Kürschnerhandwerk seine Amtleute, die für den Bischof die
Felle bereiten und sie in Mainz oder Köln kaufen mussten, aus
einem andern Stande gegeben wurden, kennen wir nunmehr
de.i wirtschaftlichen Ursprung wenigstens einiger der »Geschlechter*
der Stadt, aus den Kaufleuten und den vornehmeren der Hand-
werke ergänzten sie sich auch in Strassburg mehr, als aus den
Kreisen der Ministerialen, wie das auch Baltzer schon nach-
gewiesen hat.
Die Geschichte der Bettelorden beleuchten Briefe aus der
von Finke in dieser Zeitschrift und in einem besonderen Buche
behandelten Berliner Handschrift. Relativ am Geringsten sind
die Nachträge zu den privatrechtlichen Urkunden, wo- eine syste-
matische Nachlese in den Archiven wohl eine grössere Ausbeute
gegeben hätte. Diese einzelnen Stücke würden das Bild der
Zustände aber nicht besonders umgestalten, während die ein-
zelne politische Urkunde viel wirkungsvoller ist. Aus badischen
und strassburger Archiven habe ich selbst einige Nachträge und
Berichtigungen beisteuern können.
Zeitschriftenschau und Utteratarnotizen.
153
Auch dieser Band lehrt uns wieder, wie ungemein reich
die Strassburger Quellen sind, keine deutsche Stadt mit Aus-
nahme von Köln kann sich für die Zeit vor 1332 eines gleich
umfangreichen Urkundenmaterials rühmen. Die Zahl derselben
beläuft sich, abgesehen von den in Anmerkungen untergebrachten
auf nicht weniger als 2818 (1: 619. II: 530. III: 1328. IV, i: 341)
Nummern, dazu kommen noch die in Band IV zweite Hälfte
veröffentlichten Rechtsquellen. Aloys Schulte.
Im Schweizer ^Geschichtsfreund«, 53, loi iT. setzt P. A. Vogel
seine Publikation der »Urkunden des Stiftes Engelbergc
für die J. 1328 1372 fort. h\ Betracht kommen für uns die
Nummern 288 (Aufkirch), zqz (Petershausen), 298, 323, 351
(Si Blasien), 299, 306, 307, 312, 315, 317, 318, 322,323,325,
320, 328 31, 334, 33Ö— 40 und 343 (Konstanz). »Offmennigen:
tS. 191) wäre als Offnadingen, Bez. A. Staufen, zu erklären
gewesen. K, O,
Von einem Handbuch der Schweizer Geschichte, das
Dr. Jos. Hürbin herausgiebt (Stans, Hans v. iMatt Verlagsbuch-
handlung) liegt uns Lieferung i und 2 (127 Seiten) vor. Sie
bi'handeln die Urzeit des Landes, die Helvetisch-Römische Periode,
die Germanische Einwanderung, Helvelien unter der Franken-
h^rrschaft und von dem der Deutschen Kaiserzeit gewidmeten
Abschnitt i\\ft Jahre 888 — 1218. Jedem Abschnitt, bezw. jeder
Unterabteilung der grösseren Abschnitte gehen Obersichten der
ijuellen und einschlägigen Litteratur voraus. Die Darstellung ist
kurz und knapp gehalten und wird wie den politischen Vor-
}$ängen, so — und zwar dieses in grösserem Umfang — auch
der Litteratur und Kultur gerecht. Es fehlen auch nicht kritische
Bemerkungen. Die vorliegenden Lieferungen lassen hoffen, dass
das Handbuch den gewollten Zweck in sehr befriedigender
Weise erfüllen wird. v, \\\
F. L. Baumann hat unter dem Titel »Forschungen zur
schwäbischen Geschichte« (Kempten, J. Kösel 1898, VIL u.
625 S.) einen grossen Teil seiner während 20 Jahren in ver-
»<:hiedenen Zeit- und Vereinsschriften veröffentlichten Aufsätze
über die Geschichte des Allgäues, Oberschwabens, des badischen
Schwabens und auch solche, die das gesamte Schwaben betreffen,
gesammelt herausgegeben. Diese Arbeiten tragen die Kenn-
zeichen an sich, die für alle wissenschaftlichen Veröffentlichungen
Baumanns charakteristisch sind, gründliche Sachkenntnis, um-
bssende Beherrschung des Materials, methodische Kritik und eine
j^en Leser erfreuende Frische und Klarheit der Darstellung,
t^ war gewiss ein guter Gedanke, sie in dieser Form Leser-
kreisen, denen manche der Zeitschriften, in welchen sie zuerst
erschienen, kaum in die Hände kommen, zugänglich zu machen.
I ^^. Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen.
um so mehr, als der Verfasser durch den Eintritt in den bayrischen
Staatsarchivdienst sich nunmehr anderen Arbeitsgebieten zuzu-
wenden veranlasst sein wird. v, W,
Fast gleichzeitig mit dem Wiederabdruck des bekannten
Aufsatzes von Fr. L. Baumann über »Schwaben und Alamannen
ihre Herkunft und Identität« (in Baumanns »Schwäbischen For-
schungen«, Kempten 1899, S. 500 — 585), ist in den Württem-
bergischen Vierteljahrsheften für Landesgeschichte NF. VII (1898),
S. 301 — 350 eine Abhandlung von K. Weller über »Die
Besiedlung des Alamannenlandes«^ (auch als Sonder-
abdruck, Stuttgart 1898, II u. 52 S.) erschienen. Lichtvolle
Darlegungen, deren Quellen- und Litteraturbelege mit ansehn-
licliem Fleisse zusammengetragen sind, schildern die Eiuwanderung
des schwäbischen Stammes in das rechtsrheinische Land und
seine weiteren Schicksale bis zur Eingliederung in das Franken-
reich (um 536); sie werden ergänzt durch eindringende Unter-
suchungen zur Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte der Ala-
mannen während jenes Zeitraums. Grade in diesen letzteren
dürfte der Hauptwert der Studie zu erblicken sein. W. beherrscht
die neuere Litteratur, der gegenüber er seine Selbständigkeit zu
wahren weiss, vergl. z. B. S. 12 (des Sonderabdrucks) über die
Hundertschaft bei den Alamannen; die Annahme freilich, sie
habe schon in der Urzeit den Charakter eines territorialen
Sprengeis angenommen, sei aber auf der Wanderung wieder zum
persönlichen Verbände geworden, erscheint etwas künstlich. Besser
begründet jedenfalls sind die Ausführungen über die Bedeutungs-
losigkeit der alten Gaugebiete — dem Verfasser sind Gau und
Hundertschaft in der Urzeit nicht identisch, vergl. S. 7 Anm. 4 —
für die auf fränkischen Einiluss zurückgehende Grafschaftsein-
teilung des Landes, vergl. S. 10 und bes. 45 ff. Beachtenswert
endlich ist die Kritik der Ergebnisse der Ortsnamenforschung
(S. 26 ff.): sie bedeutet eine Absage an W. Arnolds »Ansiedlungen
und Wanderungen deutscher Stämme«: (1875J, dessen Resultate
neuerdings nach dem Vorgange von Schiber und Witte auch von
W. Schnitze , Deutsche Geschichte von der Urzeit bis zu den
Karolingern II, S. 63, 66. 291 ff. nicht völlig mehr aufrecht
erhalten worden sind und dessen Zuweisung der einzelnen Orte mit
bestimmten Namensendungen an bestimmte Stämme E. Heyck
sogar als »zertrümmert« bezeichnet hat, vergl. Beilage Nr. 205
zur Münchener Allgemeinen Zeitung 1898, dazu Nr. 231.
A. Wtrminghoff.
Im Anzeiger für Schweizerische Geschichte 1898 Nr. 3,
S. 57—61, teilt A. Büchi zwei an den Herzog von Mailand
gerichtete Schreiben Konrad Schochs aus Luzern mit, die über
den Feldzug der Eidgenossen im Sundgau im Juli 1468 einige
bisher unbekannte Daten enthalten.
Zeitschridenschau und Litteratamotizen.
»55
In den ^Württemberg. Vierteljahrsheften für Landesgeschichte«
N. F. Vll, Heft 3/4, 269 ff. veröffentlicht und erläutert G. Mehring
(Zur Geschichte von Herrenalb und }3ebenhausen im
15. Jahrhundert) zwei Schreiben der Äbte von Herrenalb und
Bebenhausen aus den Jahren 1429 und 1499, >vonn dieselben
ihr Ausbleiben bei dem Generalkapitel in Citeaux entschuldigen;
vonseiten des Herrenalber Abtes geschieht dies 1429 unter
Berufung auf zwei bevorstehende Rechtstermine wegen seiner
Händel mit Frauerialb und den Herren von Riepur. K, 0,
Rabbi Josel von Rosheim, ein Beitrag zur Geschichte
der Juden in Deutschland im Reformationszeitalter, von Dr. Ludwig
Feilchenfeld ^Strassburg, J. H. Ed. Heitz, 1898). Rabbi Josel
ist wohl die interessanteste Persönlichkeit der deutschen Juden-
schaft in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. In seiner
amtlichen Stellung zwar nur »Befehlshaber^ der Juden in der
Landvogtei Hagenau — nicht, wie Verfasser irrtümlich annimmt,
des ganzen Unterelsass — aber durch das Vertrauen seiner
Glaubensgenossen zum Vertreter der gesamten deutschen Juden-
schaft erkoren, hat er sowohl im Elsass als im Reich eine
unermüdliche und meist erfolgreiche Thätigkeit zu Gunsten der
Juden entfaltet. Uns interessiert natürlich in erster Linie Joseis
Thätigkeit im Elsass, deren Schilderung auch der grösste Teil
des Buches gewidmet ist, und hier erhalten wir eine Reihe von
neuen und wertvollen Aufschlüssen über die Stellung der Juden
in den elsässischen Reichsstädten und Reichsdörfern, über
jüdischen Wucher, der allenthalben zur Klage Anlass giebt, und
über das Verhältnis der Magistrate sowohl, wie der Bürger zu
den jüdischen Einwohnern. Die nie ruhenden Streitigkeiten
Joseis, der auf seinem Schein, den kaiserlichen Privilegien, bestand,
mit den elsässischen Reichsstädten, bei denen Kaiser und Reich
stets auf jüdischer Seite standen, geben in der ausführlichen
Schilderung des Verfassers einen neuen willkommenen Beitrag
zur elsässischen Städte- und Kulturgeschichte.
Dass auch für die Reichs- und Reformationsgeschichte
interessantes Material in dem Buche steckt — ich mache beson-
ders auf das Verhältnis Joseis zu Karl V. und zu den Refor-
matoren aufmerksam — sei nur kurz erwähnt.
Das Werk beruht fast durchweg auf archivalischer Grund-
lage und ist mit verständiger Kritik geschrieben. Leider hat es
F. nicht verstanden, uns auch den Menschen Josel, die Persön-
lichkeit selbst zu schildern; wir erfahren nur, was er gethan hat.
Die staatsrechtlichen Zustände im Elsass sind zum teil, besonders
in der Einleitung, nicht richtig geschildert. Auch am Stil des
Buches ist manches auszusetzen. Im ganzen jedoch erscheint
das Werk des noch vor Beendigung der Drucklegung leider ver-
storbenen Verfassers durch die Sammlung und Sichtung eines
grossen, bisher unbekannten archivalisch^n Materials als ein
iz() Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen.
wertvoller und interessanter Beitrag zur Geschichte der Juden im
Elsass und in Deutschland. Alfred Overmann,
Das Buch von Dr. Konstantin Ho 11 über den :?Fürst-
bischof Jakob Fugger von Konstanz (1604 — 1626) und die
katholische Reform der Diözese im ersten Viertel des 17. Jahr-
hunderts« bildet den ersten Band der »Studien aus dem Kolle-
gium Sapientiae zu Freiburg i. B.« und erschien gerade noch
rechtzeitig, um dem neuen Erzbischof von Freiburg, Dr. Nörber,
als Krstlingsgabe dargebracht werden zu können. Ks ist ausser-
ordentlich breit angelegt und verwertet in ziemlich erschöpfender
Weise das vorhandene gedruckte und handschriftliche Material,
für welch letzteres das Fuggerische Hausarchiv und das Stadt-
archiv in Augsburg, das crzbi.schöfliche Archiv in Freiburg, das
badische Gencrallandesarchiv, das Konstanzer und das Meers-
burger Stadtarchiv, sowie Reutlingers Koliektaneen in Überlingen
reiche Ausbeute boten. Das Gebiet, das der Verfasser betreten
hat, ist, wie die spätere Geschichte von Stadt und Bistum
Konstanz überhaupt, ein fast ganz unbeackerter, also für die
Forschung verheissungsvoller Boden. Die Ergebnisse HoUs', auf
die hier im einzelnen nicht näher eingegangen werden kann,
kommen in erster Linie der Kirchengeschichte im engern Sinn
des Wortes zugut. Der Standpunkt ist ausgesprochen klerikal;
die Verdienste der Jesuiten um die Diözese, namentlich um die
Zurückdrängung des Protestanlibmus, werden mit besonderer
Wärme hervorgehoben. Diese konfessioneile Befangenheit macht
sich vor allem auch in der Gesamtauffassung von Fuggers Per-
sönlichkeit geltend. Während HoU fast nur Rühmenswertes von
ihm zu berichten weiss und entgegenstehende Zeugnisse der
Zeitgenossen als wertlos und tendenziös darzustellen sucht, wird
eine streng sachliche Betrachtung zu einem minder günstigen
Ergebnis kommen. Lediglich aus dem Material, das Holls Buch
selbst bringt, habe ich das Urteil gewonnen, dass Jakob Fugger
ein recht gewaltthätiger, unduldsamer, fanatischer Kirchenfürst
war, der höchstens noch der Ecclesia militans der Verherrlichung:
würdig erscheinen mag. Als fleissige, gewissenhafte Arbeit ver-
dient das Werk volle Anerkennung; für wahrhaft historische Auf-
fassung scheinen mir jedoch dem Verfasser die Vorbedingungen
zu fehlen. W, Martens,
In der vVierteljahrsschrift für Wappen-, Siegel- und Familien-
kunde« XXVI, Heft 3. behandelt M. Wertner (»Zur Familien-
geschichte der Kurfürsten von der Pfalz«) im Anschluss
an den im Törtenelmi Tir, J. 1887 — gi veröffentlichten Brief-
wechsel Sigmund R4k6czis die verschiedenen Projekte, die
bezüglich der Vermählung des siebenbürgischen Prinzen erörtert
worden sind, insbesondere seine von Erfolg gekrönte Bewerbung
um die Hand der Prinzessin Henriette von der Pfalz, einer
Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen.
'57
Tochter des Winterkönigs. Die Trauung ist am 26. Juni 1651
in Särospatuk erfolgt, aber schon nach vierteljähriger Ehe hat
der Tod die Pfälzerin ihrem jungen Gemahle entrissen. K, O,
In d«?r »Zeitschrift des Histor, Vereins für Niedersachsen*,
J. i8g8 S. I ff., teilt G. Weber einen ^Bericht des lüne-
burgischen Feldpredigers Georg Berkkemeyer über die
Feldzüge von 1674 — 1679« mit, der in seinem ersten Teile
(S. 7 — 18) die Erlebnisse während des Feldzuges im Elsass (1674),
insbesondere das Trefl'en bei Ensisheim schildert. K, O.
Die Geschichte einer weitverzweigten jildischen Familie, die
im Jahre 167 1 in Stühlingen erscheint, seit dem Jahre 1750 in
der Markgrafschaft Baden-Durlach ansässig ist und unter ihren
>Jitgliedern verschiedene angesehene Rabbiner zählt , hat
L. Löwenstein in seinen x^Beiträgen zur (xeschichte der
Juden in Deutschland. II. Nathanael Weil, Oberland-
rabbiner in Karlsruhe und seine Familie >^ (Frankfurt a. M., KaufT-
munn, 1898. 87 S.) auf Grund von Familienpapieren bearbeitet
Auffallenderweise wird die in dieser Zeitschrift veröffentlichte Arbeit
Zehnters nirgends verwertet, noch überhaupt genannt. K. O.
Die Habilitationsschrift von Theodor Ludwig: Die deut-
schen Reichsstände im Fllsass und der Ausbruch der
Revolutionskriege (Strassburg, Trübner i8g8) bietet mehr,
als der Titel besagt. Sie umschreibt zunächst klar und sicher,
wie es bisher nirgends geschehen, den Umfang der französischen
Erwerbungen im Elsass und ihre allmälige Ausdehnung, wobei
sie sich vorzugsweise auf eine bisher unbeachtete Colbert'sche
Denkschrift von 1657 stützt, sie hebt die Bedeutung und die
Tragweite der Lettres patentes zum ersten Male scharf und
richtig hervor, skizziert dann kurz den Charakter des franzö-
sischen Regiments im Fllsass, das auf zwei Hauptfundamenten,
der Justizhoheit und dem Steuererhebungsrecht beruht, und stellt
sodaun die wichtigeren Berechtigungen der Elsässischen Reichs-
stände mit besondrer Rücksicht auf ihre juristische Natur zu-
sammen, indem sie dieselben unter stetem Hinblick auf die
analogen Verhältnisse in Südwestdeutschland zum grössten Teil
aus den drei grossen altertümlichen Institutionen, der Gerichts-,
Leibes- und Grundherrschaft abzuleiten sucht. Mag immerhin
bei diesem Überblick, der nach der ausdrücklichen Versicherung
ües Verfassers und der ganzen Anlage der Arbeit nur eine Skizze
sein soll und kann, noch Manches zu ergänzen. Einiges anders
<Q interpretieren sein und Vieles, namentlich was das Oberelsass
anbelangt, eine ausführlichere, die lokalen Verhältnisse mehr
beräcksichtigende Darstellung verdienen, im ganzen sind doch
öJit eindringendem Verständnis und treffsichrer Hand die Grund-
linien für jenes sehr verwickelte Schema gezogen und von den
i:g Zeitschriften schau und Litteraturnotizen.
t
hier gegebenen Grundlagen wird jede weitere Einzeluntersuchung
zur neuern Elsässischen Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte,
die wissenschaftlich fruchtbringend werden soll, auszugehen haben.
Im weitern Verlauf der Arbeit entwickelt der Verfasser den
Gegensatz zwischen den letzten Reformen der alten französischen
Monarchie, den Bestrebungen der Iiitermediarkommission und den
Privilegien der Reichsstände, der in der beabsichtigten Einführung
der Municipalitäten und der Steuergleichheit den springenden
Ausdruck ^ndet. und schildert sodann zum ersten Mal voll aus
den Akten heraus unter besondrer Verwertung der bischöflich
Speierischen Korrespondenzen im Karlsruher Archiv den Wider-
stand der Stande, an ihrer Spitze des Grafen von Limburg-
Styrum, des Bischofs von Speier, gegen die nivellierende Tendenz
der Augustdekrete, die sich daran anschliessenden diplomatischen
Verhandlungen bei Kaiser und Reich, sowie am Pariser Hofe,
und ihre Überleitung in den Ausbruch der Revolutionskriege.
Mit feinem universalgeschichtlichen Verständnis wird schliesslich
die Bedeutung und der Einfluss der Elsässersache auf den Ein-
tritt jener Katastrophe abgewogen, wobei vielleicht nur die Ent-
schädigungsfrage der Stände und die Möglichkeit ihrer Lösung
ein wenig zu stark betont ist. Aber grade durch richtiges Mass-
halten in Form und Ausdruck zeichnet sich im übrigen diese
Schrift ebenso aus, wie durch lichtvolle Klarheit, durch scharfe
Formulierung der Probleme ebensowohl wie durch eindringende
Untersuchung, so dass ich nicht anstehe, sie als eine der besten
Leistungen auf dem Gebiet der Elsässischen Geschichte über-
haupt zu bezeichnen. IV. IV,
Die kleine biographische Skizze L. Ehrhards: »Charles
Schulmeister, Generalkommissär der Kaiserlichen Heere unter
dem ersten Kaiserreich-? (Strassburg, Druckerei des »Elsässer«,
1898. 47 S 40.) beschränkt sich im wesentlichen auf eine ziem-
lich mangelhafte und wertlose Verarbeitung des bekannten
Materiales: neu sind nur die Mitteilungen aus unveröffentlichten
Aufzeichnungen Schulmeisters, die sich im Besitze einer Enkelin
befinden und die Kriegsjahre 1805 — 9 betreffen, denen gegen-
über aber grösste Vorsicht angebracht ist. Was z. B. S. 25 '26
über die Dienste gesagt wird, die Seh. angeblich im Jahre 1805
Baden erwiesen, sowie über seine Beziehungen zu Grossherzog
Leopold, verrät sichtlich tendenziöse Färbung und wimmelt von
Unrichtigkeiten: das Regiment, das in Philippsburg errichtet
werden sollte, hiess Latour d'Auvergne, nicht Ncu-Ysenburg; die
Beschwerdenote stammt nicht von Reitzenstein, sondern von
Ochl, sie ist nicht aufgefangen, sondern von letzterem dem
Staatsrat Petiet übergeben worden, der sie auch beantwortete;
Grossherzog Leopold befand sich 1807 nicht vor Danzig; nicht
ihm, sondern höchstens dem Erbgrossherzoge Karl könnte Seh.
dort wichtige Dienste geleistet haben u. s. w. — Nachrichten
Zeitschriftenschau und Litteraturnoüzen. I sg
über Schulmeisters Thätigkeit in Hannover i. J. 1809 fin<^cn sich
in dem interessanten Aufsatze von F. Thimme: Neue Mit-
teilungen z. Gesch. der geh. PoUzei des Königreichs Westfalen
(Zeitschr. d. hist. Ver. f. Niedersachsen. 1898. S. 106).
K. Obser.
Aus dem Nachiass von Karl Mathy. Briefe aus den
Jahren 1846 — 48 mit Erläuterungen, herausgegeben von Ludwig
Slathy. Leipzig, S. Hirzel 1898. VII u. 523 S.
Die Ankündigung einer Veröffentlichung der Korrespondenz
Karl Mathy's hat unter den Freunden der neueren badischen
und auch der neueren deutschen Geschichte grosse Erwartungen
erweckt. Durch vorliegenden Hand werden diese allerdings nur
zum kleinsten Teile erfüllt. Die Zahl der wirklich wertvollen,
lehrreichen und interessanten Briefe, die aus Mathy's Nachiass
vorgelegt werden, ist nicht allzu gross: um so grösser die Zahl
jener, die ohne vermisst zu werden, ungedruckt bleiben konnten.
Wenn z. B. Mitlermaier seinen Freund Mathy einlädt, mit ihm
die Mittagssuppe zu essen, so konnte ein Brief, der nichts als
diese Aufforderung enthält, doch wohl der Lesewelt vorenthalten
bleiben. Und derartige Briefe kommen öfter vor. Der Druck
anderer, wenn auch etwas interessanterer Briefe konnte sehr
wohl durch eine kurze Inhaltsangabe ersetzt werden. Ein Blick
auf das »Verzeichnis der Briefe« zeigt sofort, dass die Zahl der
bedeutenden Männer unter den Korrespondenten Mathy's in den
Jahren 1846 — 48 nicht sehr gross ist. Unter diesen ^Briefen«
erscheint aber auch eine Anzahl von längst bekannten Akten-
stücken, und ein Teil der in diesem Verzeichnis aufgeführten
Namen erweckt ganz irrtümlich die Vorstellung, dass ihre
Träger in der That zu Mathy's Korrespondenten zählten, so
z. b. Cavaignac, von dem eine Depesche an die Präfekteu und
Unterprä fekten mitgeteilt wird, Casati, dessen Name unter der
Proklamation der provisorischen Regierung in Mailand an die
deutsche Nation steht. Wieder andere an sich wertlose Briefe
könnten durch ihre Beilagen interessant sein, aber leider fehlen
diese öfter, so z. B. S. 108 Bleistiftnotizen, welche Mitteilungen über
Vorgänge »vor und hinter den Coulissen«^ enthielten, aber in einer
Anmerkung als »nicht vorhanden« bezeichnet werden. In vielen
Briefen sind rein persönliche Angelegenheiten berührt, die wohl
auf nur wenige Leser eine Anziehungskraft ausüben dürften.
Aus dem Briefwechsel Mathy's mit seiner trefflichen, von allen,
tiie sie kannten, hochverehrten Gattin , hat Gustav Freytag in
ä«:iner Biographie Karl Mathy's allerlei Anmutendes mitgeteilt.
In der vorliegenden Veröffentlichung hätten, unserer Empfindung
uach, manche doch all zu intime Stellen wegbleiben dürfen Der
Herausgeber hat, wie er in der Vorrede sagt, die erläuternden
Anmerkungen auf das Notwendigste beschränkt. Wir würden
etwas weniger Beschränkung vorgezogen haben. Denn die vielen
l6o Zeitschiiftenschau und Litteruturnotizen.
langatmigen Artikel aus der Allgemeinen und Deutschen Zeitung,
meist ohne Beziehung auf Mathy, sind ebensowenig ein Ersatz
für die Erläuterungen, die man von dem Herausgeber erwarten
durfte, als die Auszüge aus dem Tagebuch des Dr. Leopold
Ladenburg. Von diesen waren des Abdrucks überhaupt allenfalls
jene Stellen wert, die uns über Vorkommnisse in Mannheim und
Umgebung belehren. Was aber Dr. Ladenburg über den bayrischen
Minister v. Abel und Lola Montez, über Pius IX. und den Gross-
herzog von Toscana, über die Revolutionen in Berlin und
Wien u. s. f. in den Zeitungen las und daraus in sein Tagebuch
notierte, konnte füglich ungedruckt bleiben. Auch die in dem
Personen- und Sachregister enthaltenen biographischen Notizen
sind nicht genügend. Der grössere Teil ist in jedem Konver-
sationslexikon zu finden, hier wäre allenfalls noch ein Verweis
auf biographische Werke am Platze gewesen. Ober die Namen,
die nicht in den Nachschlagebüchem stehen, sucht man meistens
auch in diesem Register vergebens eine Auskunft. Dass trotz
diesen Ausstellungen das vorliegende Buch manchen wichtigen
Beitrag zur Gescliichte der Jahre 1846 — 48 enthält, soll nicht
in Abrede gestellt werden. Dringend zu wünschen aber ist, dass
eine etwa beabsichtigte Fortsetzung der Veröffentlichung von
Mathy's Briefwechsel von anderen Editionsgrundsätzen geleitet
werde als die vorliegende. v, W.
In seinem Buche: Valentin et les derniers jours du
si^ge de Strasbourg (Nancy, Berger-Levrault 1898) will Lucien
Delabrousse neben einem kurzen Lebensabriss seines Helden
vor allem die gefahrvolle Odyssee desselben bis zum Eindringen
in die Festung und seine Einwirkung auf die Verzögerung ihrer
Kapitulation zum ersten Male authentisch schildern. Aber weder
vermag er das letztere schlagend zu beweisen, auch nicht durch
den Abdruck von bisher schon bekannten Aktenstücken, noch
ist er imstande, verschiedene rätselhafte Punkte der erstem auf-
zuklären, wie z. B. das zweimalige Durchschwimmen der Aar am
Abend des ig. September, die von dem auf einer beigegebenen
Karte besonders eingezeichneten Indianerpfade Valentins gar
nicht gekreuzt wurde. Valentins Tagebuch ist verschwunden,
fast alle Mitwissenden sind gestorben und Delabrousse verdankt
seine Kunde im wesentlichen nur mündlichen Mitteilungen seines
Helden. Auch bei der Beurteilung der Lage der belagerten
Festung und der Haltung ihres Kommandanten folgt er nur den
Aussagen von unverantwortlichen Zeugen, so dass sein Buch
nicht ein kritischer Beitrag zur Kriegsgeschichte, sondern ledig-
lich ein im chauvinistischen Ton gehaltener Panegyricus
geworden ist. W. W.
Zeitschriftenschau und Littcraturnotizen. l6l
Das im vorigen Jahre erschienene Lebensbild Jnlius Jolly's
hat Adolf Hansrath veranlasst, dem durch die Bande der Ver-
wandtschaft und politischer Gesinnung ihm nahestehenden badi-
schen Staatsmanne in der »Deutschen Rundschau«, J. XXIV,
Heft 9 — 12 unter der Aufschrift >»Baden im alten Bund und
neuen Reich« einige Blätter der Erinnerung zu widmen. Schliesst
sich seine fesselnde, lebendige Schilderung im wesentlichen auch
an die Baumgarten-Jolly'sche Biographie an, so ergänzt sie dieselbe
doch vielfach in willkommener Weise auf Grund persönlicher
Erlebnisse und Reminiscenzen. Dies gilt vor allem von der
Darstellung der ersten Hälfte der 6oer Jahre: von den Mitteilungen
über Jolly's Stellung zur Frage der Neuorganisation der evang.
Kirche (9, 405), über die Knies'schen Reformen im Schulwesen
und die daraus entspringenden Zerwürfnisse mit Jolly (10, Soff.),
über die Krisis des Jahres 1866, Jolly's Ausscheiden aus dem
Ministerium, und die damaligen Zustände in der Residenz, wobei
auf die hübsche Charakteristik Mathy's hingewiesen sei (S. 91 ff.),
u. a. m. Aber auch aus der späteren Periode von Jolly's Leben
teilt uns der Verfasser aus eigener Kenntnis der Verhältnisse
mancherlei mit, was selbständigen Wert besitzt: ich erinnere hier
nur an seine Bemerkungen über die Einführung des Kultur-
examens (11, 229 ff.), über die Bildung des Ministeriums im
Februar 1868 (11, 234 ff.), über die letzte Phase des Schenkel-
streits und den Fall Pierson (11, 238 ff.), sowie über die Militär-
konvention und ihre Folgen für den Minister (12, 388). — Bei
dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass der Abschnitt, den H. Blum
in seiner eben erschienenen Schrift (Vorkämpfer der deut-
schen Einheit. Lebens- und Charakterbilder, S. 2O1 — 84) dem
badischen Minister Verdientermassen zuweist, so erheblich an
Ungenauigkeiten und Flüchtigkeiten leidet, dass er als eine nennens-
werte Bereicherung der biographischen Litteratur über J. nicht
angesehen werden kann und kaum anzunehmen ist, dass dem
Verfasser, wie das Vorwort andeutet, mündliche oder schriftliche
Mitteilungen der Familie zur Verfügung gestanden haben. K, O.
Ober Frauenalb hat A. Thoma eine Studie veröffentlicht,
die erste zusammenfassende Arbeit, welche dieses Kloster zum
Gegenstand hat (Geschichte des Klosters Frauenalb. Ein
Beitrag zur Kulturgeschichte von sieben Jahrhunderten. Frei-
bnrg i. Br. P. Waetzel 1898, 104 S.). Das kleine Buch ist
für einen grösseren Leserkreis bestimmt, den es wohl auch
finden wird, beruht aber trotzdem durchaus auf eigenen Quellen-
studien des Verfassers, was anzuerkennen ist. Im einzelnen
vird man sich freilich zu mancherlei Ausstellungen veranlasst
sehen. Ungenauigkeiten, Missverständnisse, schiefe Auffassungen
sind nicht selten. Ich greife nur einige heraus. Ein Kapitel
beschäftigt sich mit dem Besitz und den Einkünften des Klosters;
Zeicichr. f. Gesch. d. Oberrh. N.F. XIV. i. I I
l62 ZeitschrifteDscfaau und Littentuniotizen.
dasselbe ist überschrieben »Widumb und Intradenc. Man ver-
misst eine Erklärung vor allem des ersten Ausdrucks; ausser-
dem erweckt der Titel die ganz falsche Vorstellung, als sei in
den verschiedenen Zeiten es üblich gewesen unter dieser Bezeich-
nung den gesamten Besitz eines Klosters, hier insbesondere den*
jenigen des Klosters Frauenalb, zusammenzufassen. In dem
gleichen Kapitel wird nach einer Urkunde von 1193 der älteste
Besitz des Klosters aufgezählt: Mecelineswenda (die Urkunde,
in dieser Zeitschrift Band 2^ S. 308, liest Mezelineswande),
Maugetsturm, Buoheln (die Urkunde: Buohele), Bulande, Roten-
fels, Grunbach (die Urkunde: Grunobach), Bilfingen (die Ur-
kunde: Bilvigen). Ob die Leser des Buches damit viel anfangen
können? Ich bezweifle es. Warum nicht Metzlinschwand,
Muggensturm, Niederbühi, Bulach u. s. w., was doch jedenfalls
deutlicher gewesen wäre? S. 20 ist von einer Klosterfrau die
Rede, welche weder lesen noch schreiben konnte; es heisst sie
sei »aus dem sonst hochgelehrten Geschlechte der Reuchlin«
gewesen. Jedermann wird sofort an Johann Reuchlin, den
berühmten Humanisten denken, und der Verfasser hat es wohl
auch gethan; die Klosterfrau war indes eine Reichlin-Meldegg;
dass aber gerade diese Familie vor den übrigen Adelsgeschlechtern,
denen sonst die Nonnen zu Frauenalb entstammten, durch beson-
dere Gelehrsamkeit sich ausgezeichnet hätte, wird nirgends
berichtet. Eine Erbhuldigung im Jahre 1532, von der S. 56 die
Rede ist, hat nicht stattgefunden, es handelt sich einfach um
die Aufstellung eines neuen Lagerbuches, in das u. a. auch die
Rechte der Äbtissin ihren Unterthanen gegenüber eingetragen
wurden. An derselben Stelle wird der Ausdruck »Zwang und
Bann« gebraucht, auch sonst ist wohl von »Zwengen und Bännenc
die Rede; natürlich muss es »Zwing und Bann« heissen. Doch
diese Beispiele mögen genügen. Nur noch einige Bemerkungen
zu dem Verzeichnis der Äbtissinnen auf S. 25. Zu demselben
sind nachzutragen Bertha (1197), Agnes (1335), Elisabeth von
Eberstein (134I1 i343. 134^» 1348, 13^3» U^S)» Elisabeth
Truchsess von Waldeck (141 2), alle den auch von dem Ver-
fasser benützten, in den Bänden 23 bis 27 dieser Zeitschrift
veröffentlichten Urkunden entnommen. Der Name der Äbtissin
Margaretha Zerrin (1496, 1506) beruht auf einem Lesefehler;
dieselbe hiess Zernin (Zörnin, Zorn) und war, wie der Verfasser
selbst richtig bemerkt, eine Angehörige der Familie Zorn. Ihre
unmittelbare Vorgängerin war nicht Katharina von Weingarten
— eine Äbtissin dieses Namens hat es überhaupt nicht gegeben —
sondern die als zweitnächste Vorgängerin genannte Margaretha
von Weingarten, die 1493 und 1494 noch lebte. — r.
Eine schätzbare Bereicherung unserer lokalgeschichtlichen
Litteratur bildet das Büchlein von August Meyer: Geschichte
ZeitichrifteDschau und Litteratumotiien. 15^
der Stadt L au te rb urg (Weissenbuig, Ackermann 1898), haupt-
sächlich wegen des ruhigen vorurteilslosen Tons seiner Erzählung
und wegen der Fülle seiner Notizen, die von der Gründung des
römischen Castells bis zur modernen Anlage des Rheinhafens
alle Seiten der Entwicklung dieser kleinen Grenzstadt streifen.
Die Abschnitte, welche die ältere Geschichte bis ins 14. Jahr-
hundert behandeln, sind allerdings mit grosser Vorsicht aufzu-
nehmen, da der Verfasser hier ohne den Versuch einer kritischen
Würdigung oder eigner Forschung der alten Überlieferung gefolgt
ist. So weiss er uns zu berichten, dass das Castell im Jahre 14
n. Chr. erbaut worden, dass der Ort um das Jahr 1000 zum
ersten Male ummauert und von einem Burggrafen verwaltet worden,
dass der letzte Burggraf Markedo (wohl korrumpierte Form aus
Merbodo?) 1234 gefallen sei, und dergleichen Fabelelen mehr,
die von Schöpflin und seinem nirgends erwähnten Vorgänger in
der Lauterburger Lokalhistorie Bentz u. a. gläubig übernommen
sind. Dagegen ist die entscheidende Thatsache, wie und wann
Lauterburg an das Bistum Speier gekommen, nicht aufgeklärt,
die Frage, ob das aus dem Mathildinischen Gut von Kaiser
Heinrich IV. 1086 dem Bistum geschenkte Lutera möglicher-
weise mit Lauterburg zu identifizieren und wie der Anteil der
Grafen von Zweibrücken damit zu vereinen sei, gar nicht gestreift.
Wertvoll dagegen sind die Nachrichten aus späterer Zeit, nament-
lich aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, die zum Teil aus alten
Archivalien geschöpft sind, einem Stadtlagerbuch, einem Seel-
buch, einem Schatzungsbuch, einem Pfarrbuch. Eine Beschreibung
und kurze Charakteristik dieser unbekannten Quellen ist leider
nirgends gegeben und hätte einen besonderen Platz verdient.
W, W.
In der Monatsschrift für Gottesdienst und kirch-
liche Kunst, Jahrg. III (1898) S. 164 ff. wird durch Professor
J. Smend i^Das älteste Strassburgcr deutsche Trau-
formular« mitgeteilt: Das Original findet sich in der bekannten
Nigri'schen Handschrift des Thomas-Archivs zu Strassburg. Der
hierin erhaltene Text des Trauformulars ist im wesentlichen eine
Übersetzung aus der Agenda Argentinensis von 1513. — ä.
»Zur Frage des Ursprungs der grossen Heidel-
berger Minnesängerliederhandschrift, fälschlich Codex
Manesse genannt» nimmt Graf Zeppelin im »Deutschen
Herold« XXIX Nr. 10 S. 133 ff. das Wort, um das Ergebnis
einer im nächsten Bande der Schriften des Bodenseevereins zum
Abdruck gelangenden Abhandlung vorläufig mitzuteilen, welches
im wesentlichen eine von F. X. Kraus schon im Jahre 1887
totgespro ebene und näher begründete Vermutung bestätigt.
Danach berechtigt die auffallende Übereinstimmung der Bilder
l54 Zeilschriftenschau und Littcraturnotizen.
der Handschrift mit der seit der Kraus'schen Publikation neu ent-
deckten Wandmalereien des 1 3. Jahrhunderts zu Konstanz zu der
Annahme, dass die Handschritt in der dortigen Dominikanermaler-
schule im Auftrage des kunstsinnigen Bischofs Heinrich v. Klingen-
berg hergestellt worden ist; von dem Klingenberger soll sie dann,
wie Z. wahrscheinlich zu machen sucht, dem Dominikane'rbruder
und Dichter Eberhard v. Sax, der bekanntlich in der Handschrift
mit Bild und Wappen begegnet, zur Vollendung überwiesen
worden und damit ihr Obergang in den Besitz der Familie
V. Sax erklärt sein. AT. O.
Im Euphoriou, Zeitschrift für Litteraturge schichte, Band 5,
S. 471 — 4751 veröffentlicht Karl Ohser aus Akten des Karls-
ruher (lenerallandesarchivs und den Kirchenbüchern von Will-
stätt einige Mitteilungen :>zur Lebensgeschichte Joh. Michael
Moscheroschs«, die namentlich die Verhältnisse und Lebcns-
schicksalc von Michael Moscherosch, des Dichters Vater, auf-
hellen.
Ein Verzeichnis der in den Jaliren 1460— 1539 in Frei-
burg i. B. studierenden Ulmer giebt B. A. Nacgele in den
»Württemberg. Vierteljahrsheften für Landesgeschichte« N. F. VII,
359 ff-
Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des
deutschen Volkes. Herausgegeben von Ludwig Pastor. 1. Bd.,
2. und 3. Heft: Nationaler Gedanke und Kaiseridee bei
den elsässischcn Humanisten. Ein Beitrag zur Geschichte
des Deutschtums und der politischen Ideen im Reichslande.
Von Dr. Joseph Knepper. (Freiburg i. B. 1898, Herder.
XV u. 207 S.) Der Bearbeiter dieses von Grauert gestellten
Themas hat in erster Linie die sattsam bekannten Gedanken-
gänge Wimpfelings und seiner Schüler über die deutsche Ver-
gangenheit des Elsasses mit ermüdender Umständlichkeit und
recht mechanischer Technik zusammengestellt. Trotz der er-
drückenden Masse gelehrt scheinender Anmerkungen kann von
einem wissenschaftlichen Ertrag nicht die Rede sein, da der
Verfasser ohne kritische Würdigung der nach einer dem Thema
fernliegenden Tendenz ausgewählten Schriften wie ohne Ver-
ständnis für die Eigentümlichkeiten humanistischer Schriftstellerei
und Epistolographie gearbeitet hat Die Tiraden Wimpfelings,
wie die offenbar auf Bestellung verfertigten Schildereien Geb-
wilers sind in ihrer politischen Bedeutung stark überschätzt;
der Anteil Spiegels an der Überarbeitung und Veröffentlichung
der wichtigsten kirchenpolitischen Schriften seines Oheims Wimpfe-
ling ist nicht kritisch gewürdigt, sein politischer Charakter über-
haupt nicht verstanden worden. Femer ist diese so vorsichtig
Zeittchriftenschau und l^tteraturnotixen. 165
ausgewählte — in sich noch recht heterogene Dekade —
clsassischer Schriftsteller ohne jede Rücksicht auf iluen Zu-
sammenhang mit dem humanistische Geistesleben mindestens
der ot>errheinischen Hochschulen betrachtet worden, was sich
auch nicht durch die starke Voranstellung Wimpfelings recht-
fertigen lässt, dessen vielgepriesene Sodalitaten von zu ephemerer
Dauer und fragwürdiger Bedeutung waren, wie denn der Verfasser
überhaupt diesem Oberhaupte seiner vom protestantischen Geiste
vermeintlich noch nicht angekränkelten Gruppe viel zu vertrauens-
selig gegenübersteht. Durch die Beschränkung auf die Zeit vor
der Kirchenspaltung wird eine Reihe gerade der bedeutendsten
Schriftsteller und Staatsmänner ausgeschlossen, die auf die An-
schauungen ihrer Mitbürger, die praktische nationale Politik ihrer
Heimat, besonders Strassburgs, viel tiefer und nachhaltiger ein-
gewirkt haben, wie z. R. der grosse Schüler Wimpfelings, Jakob
Sturm. Am wenigsten lässt der volltönende Titel ahnen, dass
das Buch sich nur auf »die ältere Richtung« oder deutlicher auf
die Männer beziehen durfte, in denen »der Katholik so echt
und gut war, wie der Patriot« (S. 171): es ist der bekannte
»Rahmen- des Janssen'schcn Werkes, in den der Verfasser seine
bestellte Arbeit eingezwängt hat, an der jener Titel in Ver-
bindung mit der eben angeführten Stelle das eigentlich Lehr-
reiche ist. P, Kalkoff,
Zur Feier von Richard Rothes hundertstem Geburtstage
veröffentlicht W. Honig (Richard Rothe, Berlin, Schwetschke,
227 S.) eine für weitere Kreise bestimmte Darstellung des Lebens
und Wirkens dieses >^hervorragendsten theologischen Denkers
nach Schleiermacher«, in dessen Wesen die seltsamsten Gegen-
sätze und Widersprüche scheinbar unerklärlich vereinigt sind.
Nach einer feinsinnigen allgemeinen Würdigung seiner Persön-
lichkeit giebt der Verfasser ein Bild von Rothes Entwicklung,
seinem Studiengange zu Heidelberg und Wittenberg, seiner Ab-
kehr vom Pietismus in Rom, und vor allem von seiner reich
gesegneten akademischen Thätigkeit in Heidelberg, dessen Hoch-
schule er mit Ausnahme der in Bonn verbrachten sechs Jahre
von 1837 — '^67 angehört hat. Ein Schlusskapitel behandelt die
iGrandzügc des Rothe'schcn Denkens«. — Aus gleichem Anlass
ist ein erweiterter Abdruck des Artikels über R. aus den
»Badischen Biographien« von H. Holtzmann erschienen (Bilder
aus der evangelischen Landeskirche des Grossherzogtums Baden.
V. - 48 S.). K. O.
Im Eingang des zweiten Teiles seiner Selbstbiographie,
dessen erste Hälfte soeben erschienen ist (Aus meinem Leben.
^ Teil. Erinnerungen und Erfahrungen der reiferen Jahre.
Hille 1898). schildert Willibald Beyschlag, der Hallenser
l66 Zeitscbriftenschan und Uttenttiniotizen.
Theologe, die Zeit seines Aufenthaltes als Hofprediger in Karls*
ruhe, dessen letzte zwei Jahre ganz von dem badischen Kirchen-
streit erfüllt waren, an dem er als Begründer und Herausgeber
des »Evangelischen Kirchen- und Volkablattes« selbst lebhaften
Anteil genommen hat. Es sind die betreffenden Abschnitte
(i. Im Karlsruher Hofpredigeramte S. i — 56. 2. Im badischen
Kirchenstreite S. 57—118) im wesentlichen eine in einzelnen
Partieen etwas weiter ausgeführte Wiederholung der von ihm vor
nunmehr neun Jahren im 14. Jahrgang der Deutsch-evangelischen
Blätter unter dem Titel x^Karlsruher Erinnerungenc veröffentlichten
Aufsätze. — Gegen seine nicht immer unparteiische Darstellung
der Ereignisse jener Jahre und vor allem gegen seine durchaus
einseitige Charakteristik Ludwig Häussers hat Ad. Hausrath in
den Protestantischen Monatsheften (N. F. 2. Jahrgang,
Heft 1 1 ) entschiedenen Widerspruch erhoben. — r.
Jugenderinnerungen eines alten Arztes von Adolf
Kussmaul. Stuttgart, Ad. Bonz u. Co. 495 S. (7 M. 20). —
Es ist die Entwicklungsgeschichte eines gross und genial ver-
anlagten Menschen aus kleinen Verhältnissen heraus und unter
teilweise überaus schwierigen äusseren Umständen, die uns hier
in den Jugenderinnerungen des berühmten Klinikers geboten
wird. Der Weg, den Kussmaul vom einfachen Landarzt bis zum
klinischen Lehrer und vielgesuchten ärztlichen Berater gegangen
ist, erregt das lebhafteste Interesse, namentlich der Fachgenossen,
weil er in dieser Weise jedenfalls nur selten, wenn überhaupt je
beschritten worden ist Für weitere Kreise wertvoll ist die Dar-
stellung des geschichtlichen Hintergrundes, von dem die persön-
lichen Erlebnisse sich abheben. Es sind die bewegten Zeiten
des dritten und vierten Jahrzehnts, es sind namentlich die Zu-
stände an der Heidelberger Universität unmittelbar vor der Revo-
lution, wo es in den Köpfen der deutschen akademischen Jugend
mächtig gährte, die Kussmaul aus einem ungewöhnlich treuen
Gedächtnis anschaulich zu schildern weiss.
Daneben finden auch die mächtigen Fortschrilte, welche
die medizinische Wissenschaft in ebenderselben Zeit machte,
ihre volle Würdigung. Die Umwälzung, die auf diesem Gebiet
namentlich unter der Führerschaft der kräftig aufstrebenden
pathologischen Anatomie sich vollzog, lässt sich nicht schärfer
und treffender als mit des Verfassers eigenen Worten charak-
terisieren: »Die Medizin löste die unnatürliche Allianz, die sie
mit der Spekulation geschlossen hatte, und nahm ihren richtigen
Platz bei den Erfahrungswissenschaften.« Wer sich mit der
Geschichte der Heilkunde in unserem Jahrhundert beschäftigt,
wird hier manchen wertvollen Beitrag finden.
Zwei Kapitel, welche die Überschriften »Auf dem Pegasusc
und »Weiland Gottlieb Biedermaier^ tragen, sind von litterar-
ZcitBchrifleiifchaa und Littentnraotuen, 167
historischem Interesse. Wir ersehen aus denselben die Beziehungen
Kussmauls su der Eichrodt'schen Muse und seinen Anteil an
der Schartenmeier- und Biedermaier- Poesie. Dass die zwar
ernst gemeinten, aber in ihrer Biederkeit unsäglich komischen
Gedichte des treuherzigen Dorfschuimeisters Samuel Friedr.
Sauter aus Flehingen vor Vergessenheit bewahrt wurden, ist
speziell Kussmauls Verdienst. K, Doli,
»Die hebräischen Druckereien zu Karlsruhe und
ihre Drucke« behandelt eine kleine Schrift Ed. Biber felds
worin der Verfasser die Entstehung der ersten hebräischen
Drucke (i 755) und die langwierigen Verhandlungen über die Grün-
dung einer privilegierten jüdischen Druckerei zu Karlsruhe mit
Hilfe der Akten schildert. Beigefügt ist ein Verzeichnis der
Karlsruher hebräischen Drucke, unter denen vor allem die aus
der Wormser'schen Offizin in den Jahren 1777 — 1839 hervor-
gegangenen geschätzt werden. — Der badische »Geheimrat
Francz« (S. 21) beruht auf einem Lesefehler; der betr. Rand-
vermerk trägt die Unterschrift des Hofratsassessors Stoesser. K, O,
In den »Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz«
XXIll, I ff. giebt J. Praun (»Das grosse Paradies der
Domkirche zu Speier«) auf Grund von Aufzeichnungen des
bischöfl. speierischen Archivars Kuhn eine Zusammenstellung
bisher unbekannter Nachrichten über die alte Vorhalle des Doms,
die schon um dessentwillen von Wert ist, als die Quellen, denen
Kuhn seine Angaben entnahm, grösstenteils verloren gegangen
sind. — Ebenda S. 1 1 ff . teilt derselbe Verfasser (»Enkomion
Spirae«) aus Schriftstellern des 16. Jahrhunderts eine Anzahl
von Lobsprüchen auf Speier mit, welche die dreifache Bedeutung
Speiers als Reichsstadt, bischöfl. Residenz und Sitz des Kammer-
gerichts feiern. K, O,
In der Biblioth^que de T^cole des chartes, Jahrgang 1898,
p. 304 — 321, giebt Charles Nerlinger in einem Aufsatz:
Etat du chi\teau de 7'hann au XV« si^cle nach Aktenstücken
aus dem Departementalarchiv in Dijun (Berichte von Kommissaren
des Herzogs von Burgund) und aus dem Stadtarchiv von Thann,
die im Anhang mitgeteilt werden, eine kurze anschauliche Be-
schreibung von der Befestigung, Ausrüstung und Ausstattung der
Kngelburg am Ende des 15. Jahrhunderts.
Der neue Jahrgang der Zeitschrift für bildende Kunst
Neue Folge IX (1897/98) enthält zwei Studien über den
elsässischen Künstler Hans Haidung. Edmund Wilhelm
l68 Zeitschriftenschau und Litteralurnotizen.
Braun bespricht in einem Artikel (S. 22 f.) »eine nene Hexen-
darsteliung Hans Baidungs«. Er fand sie in einem Holsschnstt,
welcher die Ausgabe von Geilers Emeis (15 lö) ziert. Die darin
zu Tage tretenden Rohheiten fallen jedenfalls dem Formschneider
der Grüninger'schen Offizin zur Last. Der zweite Aufsatz, dem
sechs Illustrationen beigefügt sind, bringt eine feinsinnige Charak*^
teristik von »Baidung Griens Zeichnungen« aus der Feder Robert
Stiassny's (S. 49 -61). Mit sicheren Strichen wird der geistige
Werdegang des Meisters gezeichnet. Die grosse Baidung-
Publikation Terey's wird einer scharfen, aber fruchtbaren Kritik
unterzogen, wobei jedoch in gerechter Weise deren Wert als
»Materialsammlung« anerkannt ist. Zum Schlüsse giebt Stiassnj
der Verwunderung Ausdruck, dass das grosse Unternehmen der
Herausgabe des Baidung- Werks unter Zuwendung öffentlicher
Mittel dem Ungarn Gabor von Turey anvertraut wurde, der noch
nicht hinlängh'ch für die Aufgabe vorbereitet war, während doch
in Deutschland in der Person O. Eisenmann's ein berufener
und bewährter Interpret des Meisters vorhanden war, dessen
Baldung-Biographic auch heute noch unveraltet und unersetzt ist
—h.
Die Geschichte der Schlossgärten zu Heidelberg und
Schwetzingen behandelt eine kleine Schrift von H. U. Jung,
Stadtobergärtner zu Köln a. Rh., und W. Schröder, Garten-
direktor der Stadt Mainz (Rheinische Gärten. Das Fleidel-
berger Schloss und seine Gärten in alter und neuer Zeit und
der Schlossgarten zu Schwetzingen. Berlin, G. Schmidt. 74 S,
gr. 8. 2 M. 50 Pf.) Dieselbe, hübsch ausgestattet und reich
illustriert, enthält u. a. einen Neudruck des -Hortus Palatinus a
Friderico rege Bocmiae etc. Heidelbergae exstructus« des Archi-
tekten Salomon de Caus vom Jahre 1620. — r.
Stammtafel der Grafen von Montfort.
12.
Hllisabcth. f nach 1266.
B.I- I- Mangold v. Nellenburg.
2. Emecho v. Wörlh.
27.
N
111. X, Graf
Worden -
hcrj».
19. ?
[llartmann.]
20.
Adelheid.
Gem.
Egeno III.
V. Matsch.
21.?
Guta.
Gem. Eberhard
Tnichsess
V. Waldburg.
37.
Ail«llicid ?)
iii. Heinrich
riK"n-»cn.
44- (3.)
Anna.
f nach 1330.
Gem. Friedrich
V. Teck.
49. II..
Iiiii- IX.
60. \ 2.)
Hugo XI.
f nath 1404.
(1425 ?j
61. (I.)
Anna.
t nach 1374.
Gem. Heinrich
V. Fürstenberg.
62. ?
Kunigunde.
Gem. Ulrich
V. Matsch.
63. (2.)
Klara.
Äbtissin von
Buchau.
64. Hugo iXllI.K Heinrich iVI.), Ulrich (V.), Wilhelm (VI.), Klara.»)
j Kunigunde.
\. ürcgcnz. 1
ir::;iirtha v. Pf
■Tru.TKM.'l \. Tof
iii.i V. Ncuhaui
69.
Stephi
t li
-s:.;.h.m III. »)
hl rH-h.iiulelt.
J
Die Schlacht zwischen Caesar und Ariovist.
Von
J?- von Schlumberger.
Nachdem in jüngster Zeit durch die Veröffentlichung-
von C. Winkler *) die seit langem und oft verhandelte
Frage nach dem Schlachtfelde, auf dem Caesar den
Ariovist geschlagen, wieder von neuem aufgerollt worden
ist, erachte ich es nicht für unangemessen, einige Gesichts-
punkte, die zur Lösung dieser Frage führen können,
und die bisher in der Diskussion fast gar nicht beachtet
worden sind, in den Vordergrund zu stellen und schärfer
zu beleuchten. Dieselben betreffen durchweg Verhältnisse
vor der Schlacht, behandeln gewissermassen die politische
i reographie des Landes, um das sich der Entscheidungskampf
/wischen dem Römer und dem Germanen erhob. Auf die
Entwicklung und den Verlauf der Schlacht gedenke ich
nur ganz kurz einzugehen, nachdem ich darüber in meinem
Buche «Caesar und Ariovist* vor Jahrzehnten ausführlich
;4^eschrieben habe 2).
Altere Schriftsteller haben bekanntlich den Ort der
berühmten Schlacht bei Ober-Michelbach (St. Apollinaris)
im Kanton Hüningen gesucht; andere bei Dampierre
/wischen Montbeliard und Delle, so de Golbery in seinem
Werke Antiquites d'Alsace, Der bekannte Geschichts-
schreiber Schöpflin glaubt die Gegend von Montbeliard
aN das Schlachtfeld annehmen zu müssen.
'» C. Wiiiklcr, Der Cacsar-AriovistVhe Kampfplatz. Colmar» Wald-
M-.i'vcr, l8<)8. — •) Im wesentlichen habe ich diese Ausführungen vor der
Konferenz der elsasb-lothringi&chen Gymnasiallehrer in Gebwciler am 18. Mai
1 898 entwickelt.
Zcicschr. f. Geich. d. Oberrh. N. F. XIV. j. 12
I yo von Schlumberger.
Unter den Modernen kommt eine andere Meinung zum
Vorschein, welche das Schlachtfeld mehr nach Norden ver-
legt, nämlich in die Nähe von Sennheim, so bei Herrn
General von Göler und Kaiser Napoleon III., und auch
Herr Professor Dr. Wiegand neigt derselben Ansicht zu.
glaubt aber, dass man Sicheres darüber nicht ermitteln
könne.
In letzter Zeit haben Oberst StoiFel und nach ihm der
schon genannte C. Winkler von Colmar den Ort der Schlacht
noch weiter nach Norden versetzt, der erste in die Gegend
zwischen Bennweier und Zellenberg, der letztere sogar
nach Epfig.
In Anbetracht dieser verschiedenen Meinungen habe
ich es, um die gestellte Frage zu losen, für das Ver-
nünftigste gehalten, nur das primäre Quellenmaterial ganz
genau zu studieren und mich weniger um die verschiedenen
Autoren, die darüber geschrieben haben, zu kümmern.
Dieses Quellenmaterial aber besteht fast durchweg in
Stellen der Kommentare Julius Caesars über den gallischen
Krieg und in einigen Angaben des Plutarch, Dio-Cassius
und Orosius, welch letztere vorzugsweise aus denselben
Commentaren geschöpft haben, aber wahrscheinlich aus
genaueren Abschriften, als diejenigen sind, die
uns heute zu Gebote stehen.
Durch dieses eingehende Studium ist es mir schon im
Jahre 1864 wahrscheinlich und jetzt fast zur Gewissheit
geworden, dass die Schlacht auf jetzigem französischen
Boden in der Nähe von Lachapelle-sous-Rougemont
(Kappeln), und zwar von Petitefontaine und Felon her
gegen Lcval, Rougemont und St. Germain hin geschlagen
worden ist.
Dass Caesar kein unparteiischer Geschichtsschreiber ist,
dürfte bekannt sein. Er ist ein Feldherr, der Material für
spätere Geschichtsschreiber seiner Thaten liefern wollte.
Der dadurch zu erzielende Ruhm für seine Person sowohl,
als seine Stellung dem römischen Senate gegenüber sind
nicht ohne Kinfluss auf seine Schriften geblieben. Angegebene
Ursachen seiner EntSchliessungen und Handlungen sind
nicht immer die alleinigen oder wahren; seine Angaben
sind oft übertrieben, wenn er es für vorteilhaft findet;
Schlacht zwischen Caesar und Ariovist.
«71
andrerseits schweigt er über Begebenheiten, die seinem
Ruhme nicht nützlich sein konnten. Caesar ist also mit
Vorsicht zu gebrauchen.
Eine der wichtigsten Vorfragen, die vor der Bestimmung
des Schlachtfeldes zu lösen ist, ist die Frage nach den
( rebietsgrenzen der verschiedenen Völkerschaften, welche
im Ariovistkriege erwähnt werden.
Es herrscht in dieser Hinsicht auf den historischen Karten
eine grosse Verwirrung, die darin besteht, dass auf einer und
derselben Karte Angaben verwertet werden, welche sich
auf verschiedene Zeiten beziehen. Es ist dies gerade so,
als wenn man heute die (xrenzen Deutschlands und Frank-
reichs auf einer undatierten Karte zugleich nach Angaben,
die vor dem Jahre 1870 und solchen, die nach diesem
Jahre gegeben worden sind, einzeichnen wollte. Ähnliche
tiefgreifende Veränderungen wie im Jahre 1870 haben am
Rheine in den Jahren 7! bis 65 vor Christus und später
im Jahre 58 und darnach stattgefunden.
Es kommen hier vorzugsweise die Belgier, unter
ihnen besonders die Mediomatriker, sodann die Sequaner
und die Helvetier in Betracht.
Die Grenze des Landes der Belgier wird von Caesar
nur sehr unvollständig angegeben. Im Osten (Com. i, 1)
stiess dieses Land an den Rhein; im Westen und Süden
ging die Grenze zuerst der Seine nach und dann, von dem
Punkte ihres Zusammenflusses mit der Marne, der nörd-
licher gelegenen Marne nach. Von I-angres, wo die Marne
entspringt, bis zum Rheine ist eine bedeutende Strecke:
Caesar sagt uns nicht, wo sich dort die südöstliche Grenze
der Belgier, die zugleich die nördliche der Kelten war,
hinzog. Es wird heute, glaube ich, allgemein angenommen,
dass diesseits der Vogesen die (xrenze dieselbe war, wie
diejenige, die heute L'nter-Elsass von Ober-Elsass trennt.
Hs war dies auch die Grenze, welche ehemals im Mittelalter
das Bistum Strassburg vom Bistum Basel schied, nämlich
der sogenannte Landgraben oberhalb Schlettstadt.
Die südlichste belgische Völkerschaft am Rheine war
die der Mediomatriker, die nördlichste keltische Völker-
schaft ebenfalls am Rheine, Nachbarn der Mediomatriker,
bildeten die Sequaner (siehe Caesars Com. 1, i und 4, 10).
12^
1*2 von Schlumberger.
Auf die Sequaner folgten dem Rheine weiter aufwärts
die Rauraker, die sicher um Basel bis an diesen Strom
sassen, obgleich sie Caesar an den genannten Stellen nicht
nennt, sei es weil er sie vergisst oder weil er sie als Klienten
der Helvetier ansieht und in dieser Eigenschaft sie zu
erwähn(?n nicht für nötig erachtet.
An die Rauraker stiessen schliesslich die keltischen
Helvetier.
Mit dem Einschreiten Ariovist's in die keltischen
Wirren im Jahre 71 vor Christus ändert sich diese Grenz-
lage nun vollständig.
Den Bürgerkrieg, der damals unter den keltischen
Galliern ausbrach, habe ich in meinem Buche «Caesar und
Ariovist» Seite 82 bis 91 ausführlich beschrieben, so dass
ich hier nur darauf zu verweisen brauche. Er endigte im
Jahre 65 oder etwas später nach Ciceros Angaben und
hatte zur Folge, dass sich die Geographie am Rheine
völlig anders gestaltete.
Nach Caesar (Com. 6, 12) machten die Sequaner dem
Ariovist, um ihn zu gewinnen, viele Vorteile und Ver-
sprechungen. Ariovist (Com, i, 44) geht viel weiter als
Caesar, indem er sagt, dass er nicht aus eigenem Antriebe,
sondern gebeten und durch die Gallier gedrängt, nach
Gallien gekommen sei, dass er sonst nicht seine Heimat
verlassen hätte, dass ihm grosse Anerbietungen und Ver-
sprechungen von den Galliern gemacht worden seien. Die
Sitze, die er in Gallien habe, seien ihm von den (Talliern
geschenkt worden (sedes habere in Gallia ab ipsis
concessas). — Divitiacus dagegen (Com. i, 31) sagt blos,
dass Ariovist und seine (xermanen von den Arvernem und
Sequanern als Söldner engagiert wurden. Er schweigt
über die Versprechungen, welche Ariovist erhielt; hat er
auch nicht denselben Grund wie Caesar, x\riovist's germa-
nische Besitzungen in (lallien nicht anzuerkennen» so
schildert er sie doch eher als eine gewaltsame Besitz-
nahme wie als eine für gegebene Hilfe gemachte Schen-
kung, — Divitiacus hatte eben Interesse so zu reden.
Sei dem wie ihm wolle, sicher ist, dass Ariovist für
seine Germanen feste Sitze in Gallien erlangt hatte.
Schlacht swischen Caesar und Ariovist.
»73
eine Provinz, so gut als die römische Provinz in Südgallien
eine für die Römer war (Com. i, 44).
Diese festen Sitze bestanden aus einem Dritteile des
Sequanergebietes (Com. i, 31), nicht etwa aus einem
Dritteile aller einzelnen Güter oder (iemarkungen, sondern
aus einem Dritteile des gesamten Gebietes, aus dem die
Sequaner ausziehen mussten. Aus Caesar Com. 6, 12
wissen wir, dass diesen auswandernden Sequanem neue
Sitze im Häduer-Grenzlande angewiesen wurden.
Welches war nun das Dritteil ihres Gebietes, das die
Sequaner an Ariovist abgetreten hatten?
Caesar giebt die Grenzen des Sequanergebietes (Com. i,
i; 1, 2; I, 6; I. 8; i. 11; i, 12; i, 33; 4, 10; 7, 66) ganz
genau an. Aus seiner Beschreibung geht hervor, dass das
Sequanerland in zwei Stücke zerfiel, das Gebiet der äussern
Sequaner, die den grössten Teil des Oberelsasses inne
hatten, und das Gebiet der innern Sequaner, die die ehe-
malige Franche-Comte und die andern jetzt französischen
Gebiete zwischen Jura und Saone bewohnten.
Caesar lässt in Com. i, i, einer Stelle, welche wahr-
scheinlich sich auf das Jahr 58 beziehen soll (sicher ist es
nicht), die äussern Sequaner bis an den Rhein stossen.
weil er eben es nie zugiebt, dass die Sequaner irgend ein
Stück Land an Ariovist abtreten konnten. Es heisst bei
ihm (Com. 1, 45): «Der römische Senat habe beschlossen,
dass Gallien frei bleiben soll»; mithin konnten Gallier an
die Germanen kein Land abtreten, und in diesem Sinn
macht Caesar seine Geographie.
Die von den Sequanem Ariovist versprochenen und
ihm abgetretenen Wohnsitze können nun nichts anderes
sein, als dasjenige Stück ihres Gebietes, das am Rheine
zwischen den belgischen Mediomatrikern und keltischen
Helvetiern (eigentlich Raurakem) lag und das ich mit dem
Namen «äussere Sequaner» bezeichnet habe. Es ist das
heutige obere Elsass bis gegen Basel.
Es liegt schon in der Natur der Sache, dass Ariovist
seinen Sitz eher am Rheine, den Germanen gegenüber,
als im innern Sequaner- und Keltenlande suchen musste.
Nur so war er sicher, seine Verstärkungen von der andern
Seite des Rheines direkt erhalten zu können. Nur so
I^^ von Schlumberger.
konnten sie zu ihm stossen, ohne zuerst sich durch bel-
gisches, raurakisches oder helvetisches Gebiet schlagen zu
müssen.
Zweitens geht aus der Beschreibung des Zuges der
Helvetier durch das südliche innere Sequanerland (Com. i,
9; I, 10; I, 11; I, 19) hervor, dass dort sich keine Ger-
manen befanden.
Dass femer weiter nördlich bei Vesontio (Resan5on)
keine sassen, ergiebt sich aus Com. i, 39. «Nicht aus
Angst vor den Germanen, sagen die erschreckten romischen
Soldaten, zaudern sie, sondern aus Furcht vor der Enge
der Wege, vor der Grösse der Wälder, die sich zwischen
ihnen und Ariovist erstrecken etc.» und Caesar leugnet
weder die Enge der Wege noch die Weite der Wälder.
Viertens beweist Com. i, 6, dass im Frühjahr des
Tahres 58 das Oberelsass für die auswandernden Hel-
vetier, Rauraker etc. gesperrt war und zwar sicher
durch die Ariovistische Besitznahme, wie ich es in
meinem Buche «Caesar und Ariovist» Seite 89 erläutert
habe.
Fünftens passen die wenigen Worte, die der Häduer
Divitiacus (Com, i, 31) über das abgetretene Gebiet sagt,
eher auf das Oberelsass als auf das übrige Sequanerland.
Er nennt es «optimus ager totius Galliae«.
Sehr wichtig für meine Annahme ist dann noch das
folgende Argument. Ks ergiebt sich aus Com. 2, 14, dass
vor dem Jahre 57 die Belgier, wenigstens die meisten
Belgier, eher zu der Partei der Häduer, als zu der-
jenigen der Arverner, der Sequaner und des Ariovist
standen. Die belgischen «Bellovaker, sagt Divitiacus zu
Caesar, sind beständig in Bund und Freundschaft mit dem
Häduerstaate gewesen» und er fügt hinzu, dass die Belgier
überhaupt gewohnt seien, die Häduer durch Truppen und
sonstigen Beistand in ihren Kriegen zu unterstützen.
Auch den Römern waren die Belgier im Jahre 58
noch nicht feindlich gesinnt. Beständig in Kriege (Com. 1,11
mit den transrhenanischen Germanen verwickelt, hätten sie
sich damals gerne, wie die Häduer, auf die Römer gestützt.
Erst im Jahre 57 ändert sich die Sache.
Schlacht zwischen Caesar und Ariovist.
»75
Vollständig irrig ist also die Meinung der Schriftsteller,
welche den Ariovist in inniger Freundschaft mit den bel-
gischen Mediomatrikem wissen» ja - seine oberelsässische
Provinz mit den Mediomatrikem des Unterelsasses und mit
den Tribokkem am Rheine in Verbindung bringen wollen.
Im Jahre 58 waren wahrscheinlich die Mediomatriker, wie
die Belgier überhaupt, Ariovist feindlich gesinnt und es ist
nirgends in den Commentaren Caesars berichtet, dass
Ariovist mit den Belgiern irgend etwas zu thun gehabt
habe. Die Tribokker übrigens standen im Jahre 58 wahr-
scheinlich noch nicht auf der linken Seite des Rheines.
Es geht aus allen diesen Gründen nicht an, die Ankunft
Ariovist's nach Gallien, sowie seine Flucht über den
Rhein, oder gar das Schlachtfeld in belgisches Gebiet zu
verlegen, wie es Winkler versucht hat.
Was nun die keltischen Rauraker und Helvetier an-
belangt, so erklären die Vertreter von ganz (rallien, die
Oberhäupter der Staaten, welche sich gleich nach dem
llelvetierkriege im Spätsommer des Jahres 58 (Com. i, 30)
bei Caesar einfanden, dass die tlelvetier — es ist dies
wohl auch auf die übrigen Völker, die den helvetischen
Zug mitgemacht hatten, zu beziehen, also auch auf die
Rauraker — mit Recht bestraft worden seien, zuerst fiir
ihre alten Unbilden gegen die Römer, dann weil sie unter
den glücklichsten Umständen (tlorentissimis rebus) ihr
Heim verlassen hätten. So hätten sich die Abgeord-
neten (lalliens nicht geäussert, wenn die Helvetier, Rau-
raker und ihre Bundesgenossen von i^iovist aus ihren
Sitzen verdrängt worden wären. Wie ganz anders drückt
sich Tags nachher der Häduer Divitiacus aus (Com. i, 31
und I, 32). wenn er Caesar das Elend der durch Ariovist
unterdruckten Sequaner schildert!
Die Commentare erwähnen femer nirgends, dass
Ariovist, weder als er den Sequanern zu Hilfe nach
(rallien kam, noch bei seiner Flucht über den Rhein, mit
den Raurakern oder Helvetiern in Berührung gekommen
sei. Dass mithin die Ankunft und die Flucht Ariovist's
über den Rhein, und besonders das Schlachtfeld auch in
diesen Landen, ebenso wie im belgischen (rcbiete, nicht
^ucht werden darf, ist mir demnach unzweifelhaft.
1^5 ^'^^ Schlumberger.
Es bleibt keine andre Annahme übrig: Ariovist kam
von Germanien direkt in das Sequanergebiet über den
Rhein, d. h. in den Raum zwischen den Grrenzen der
Mediomatriker und der Rauraker.
Auf dieser kurzen Rheinstrecke kommen nur drei
Punkte in Betracht: nämlich Altbreisach (das ehemalige
Mons Brisiacus), weiter etwa Eichwald und Kembs (das
ehemalige Cambes).
Von diesen drei Punkten bot Altbreisach bei weitem
die günstigste Stütze für einen Rheinübergang. Es lag
damals auf der linken Seite des Rheines, später wurde es
eine Insel, und erst im 1 3. Jahrhundert hatte sich der Lauf
des Rheines derart verändert, dass Breisach auf die rechte
Seite des Rheines zu liegen kam.
Ariovist, als er mit seinen 15000 ersten Germanen den
Sequanern zu Hilfe eilte, kam von Norden und es liegt in
der Natur der Sache, dass er den ersten giinstigen Punkt
suchen musste, um den Rhein zu überschreiten. Ich zweifle
keinen Augenblick daran, dass dieser Punkt eben Alt-
breisach war, dass Ariovist dort seinen Hauptsitz hatte und
dass er an derselben Stelle, nach seiner Niederlage, sich
über den Rhein flüchtete.
Ich berühre zum Schluss ganz kurz noch die Ereignisse
des Feldzugs, soweit sie mit meiner bisherigen Untersuchung
in Verbindung stehen.
Nachdem Caesar die Helvetier geschlagen hatte, befand
er sich bei Tonnerre am Armen9on, einem Nebenflusse
der Yonne.
Ariovist hatte seinen Sitz in Mons Brisiacus. Seine
(xermanen lagen im Oberelsasse zerstreut, nur 24000 Haruder
machten Streifzüge längs des Oignon bis zum Häduer-
gebiete, um dort ein zweites Dritteil des Sequanergebietes
zu erlangen.
Caesar marschiert, um Ariovist zu bekämpfen, nicht
direkt gegen ihn durch die sogenannte «-Troute de Beifort»,
sondern er begiebt sich zunächst in südöstlicher Richtung
nach Besan^on, wahrscheinlich um die 24000 Haruder
des Oignon zu umgehen und sie nicht im Rücken zu
haben.
Schlacht zwischen Caesar und Ariovist. l-y
Unterdessen hatte Ariovist seine Germanen zusammen-
vfenifen und war selbst der 111 entlang bis in die Gegend
von Ensisheim vorgerückt. Das ist nach meiner Meinung
Ariovist's erste Stellung.
Um Ariovist zu erreichen, macht nun Caesar von
Besan9on ohne Unterbrechung einen beschleunigten Marsch.
^Septimo die» sagt Caesar (Com. i, 41), das ist am siebenten
Marschtage, oder nach mehr als sechs Tagemärschen von
27 bis 30 Kilometern per Tag, je nachdem man den
siebenten Tag mehr oder weniger vollständig rechnet, also
nach einem Wege von etwa 180 bis igo Kilometern macht
er Halt.
! Diesen Marsch machte er nicht auf dem direkten
l Wege, der schlecht war, sondern mit einem Umwege nach
; links von mehr als 50000 passus d. h. etwas mehr als 74 Kilo-
metern. Wahrscheinlich spielten hierbei die Ilaruder längs
des Oignon, die im Begriffe waren, sich mit Ariovist zu
\ vereinigen, wieder eine Rolle.
Er bringt Caesar durch die Trouee de Beifort in die
Gegend von Lachapelle-sous-Rougemont am Bache Saint-
NicolasO und in die Nähe eines Punktes, an welchem die
Strasse, welche längs der Vogesen zog, sich mit der
Strasse von Breisach nach dem inneren (jallien vereinigte.
Auf dem direkten Wege liegt Lachapelle ungefähr
110 Kilometer von Besanyon entfernt, hierzu ein Um-
weg von mehr als 74 Kilometer macht etwas mehr als
184 Kilometer, was mit den Tagemärschen C.'aesars über-
•?instimmt.
Hier bei Lachapelle erfährt nun Caesar, dass Ariovist
noch immer in Ensisheim, in einer Kntfernung von 25000
passus (etwa 35 Kilometer) sich befindet. Die Entfernung
zwischen Ensisheim und Lachapelle stimmt.
Caesar verschanzt sich bei Lachapelle in einem grossen
I-ager. Man kann aus den Commentaren den Schluss
ziehen, dass dieses grosse römische Lager sicher auf einem
') Wenn man von Besau von nach dem Klsass kommt, ist der Bach
St. Nicolas der letzte, der sich in das Saonebassin ergiesst. Die Wasser-
Kbride bildet in dieser Ge^^end nicht nur die Sprachengrenze, sondern auch
^^ potitiKhe Grenze /wischen Frankreich und Deutschland.
iy8 von Schlumberger.
Hügel bei einem Bache, wahrscheinlich aber noch nicht
in der Ariovistischen Provinz sich befand (vergl. meine
Ausführungen in meiner Schrift «Caesar und Ariovist*).
Vom tumulus terrenus satis grandis hingegen wird gesagt,
dass er in der Ebene und in der Ariovistischen Provinz
schon stand.
Es folgt die wichtige strategische Bewegung Ariovist's
sub monte. Er marschiert die Thur aufwärts, auf die
Vogesenkette zu und von da in das DoUerbassin etwa bei
Sentheim, dort befindet er sich auf der Strasse, wie
schon erwähnt, welche den Vogesen entlang über Lacha-
pelle nach der Trouee de Beifort und dem inneren Gallien
führte und sicher in der Nähe von Lachapelle sich mit
der Strasse, welche von Breisach nach denselben Gebieten
hinzog, vereinigte. Die Gegend von Sentheim wäre sonach
die zweite Stellung Ariovist's.
An den folgenden Tagen rückt Ariovist weiter nach
Süden vor, kommt dicht am romischen Lager vorbei,
schlägt die Reiterei Caesars und nimmt seine dritte
Stellung an den Bergabhängen bei Rougemont ober-
halb Lachapelle, von welchem Punkte aus er die Zufuhren,
welche Caesar vom innern Gallien erhielt, unmöglich
machte.
Caesar sieht sich gezwungen, ein kleineres Lager noch
mehr nach Süden hin zu errichten, seinen Proviant dort
zu nehmen, um ihn nachher mit grossen Schwierigkeiten
in das grosse Lager weiter zu fuhren. Seine Lage war
eine verzweifelte geworden.
Nun folgt die Schlacht, die für die Besiegten ver-
nichtend sein musste, denn die Römer standen Front
gegen die Vogesen, die Germanen hingegen Front gegen
den Rhein.
Ariovist wird geschlagen und flüchtet sich auf der
Strasse nach Breisach; er entkommt über den Rhein an
demselben Punkte, an dem er ihn bei seinem Einrücken
in Gallien überschritten hatte. Die Flucht, sagt Caesar,
wurde nicht eingestellt, bis die Germanen an den Rhein,
der ungefähr 50000 Schritt entfernt war (dies ist sicher
die richtige Lesart der Commentare, welche Plutarch
Schlacht Z¥ri8chen Cmesar und AiioTist.
179
bestätigt), kamen. Es sind das ungefähr 74 Kilometer,
so ziemlich die Entfernung der Strasse von Lachapelle-
sous-Rougemont über Horburg nach Breisach.
So lösen sich von der Grundannahme aus, dass Ariovist
das Oberelsass okkupiert hatte, dass er von Breisach aus
sich gegen den von Süden her anrückenden Caesar wandte
und dass er auf seiner Flucht wieder über Breisach in die
germanische Heimat sich rettete, ungesucht alle Schwierig-
keiten dieser verwickelten Frage.
Die Kostenrechnung einer bischöilich-
strassburgischen Gesandtschaft an die Curie.
1478-79.
Von
Hans Kaiser.
Am 15- November 1478 gab die einhellige Wahl des
Kapitels dem durch das Hinscheiden des Witteisbachers
Ruprecht verwaisten Strassburger Bischofsstuhle in der
Person Albrechts von Mosbach, eines Vetters des Ver-
blichenen, einen neuen Inhaber 1). Die Bestätigung der
Curie ward, wie im späteren Mittelalter allgemein üblich,
durch eine eigens nach Rom abgeordnete Gesandtschaft
eingeholt, über deren Reise und die Erlebnisse auf der-
selben wir uns auf das Eingehendste unterrichten können.
Faszikel G 207 des Strassburger Bezirksarchivs enthält
nämlich ein vierzehn Folien starkes gut geschriebenes
Papierheft, das laut seinem Titel »computatio receptorum
et expositorum in causa legationis ad curiam Romanam
pro confirmatione reverendissimi in Christo patris et domini
Alberti, ducis Bavarie et confirmati Argentinensis, per me
Vitum Studeler expositorum anno domini (M)CCCCLXXVIII^
etc.« ein genaues Verzeichnis aller von der Gesandtschaft
unterwegs und während ihres Verweilens in Rom gemachten
Ausgaben bietet. Dasselbe zerfällt in zwei Teile, deren
^) Grandidier, Histoire de T^glise et des evöques-princes de Stras-
bourg i. G^uvres historiques in^ditcs IV, S. 365. — Jacobi Wimphe-
lingi catalogus cpiscoporum Argentinensium ad sesquiscentem desideratus (rcst.
J. M. Moscherosch) S. T16: sedit Albertus annis viginti septeni, xnensibus
novem, diebus quinque.' (t 20. August 1508.) Nach welcher Quelle die
Bischofsverzeichnisse von Garns und Mooyer den 12. November als Wahltag
angeben, ist mir unbekannt.
Kostenrechnung einer Strassburger GetandUchaft. i^l
erster mit den Unterabteilungen Hinreise, Aufenthalt in
Rom, Ruckreise, die blossen Verpflegungskosten ') enthalten
5«ollte, während der zweite zur Aufnahme aller ausserordent-
lichen während der Reise und des römischen Aufenthaltes
an die Gesandten herantretenden Aufwendungen bestimmt
war*). Diese Scheidung ist jedoch nicht ganz streng durch-
geführt: auf der Hin- und Ruckreise sind im ersten Teile
dann und wann Posten notiert, die keine Zehrungsausgaben
sondern Extraordinarien enthalten, der umgekehrte Fall
findet sich im zweiten Teile für die Dauer des romischen
Aufenthaltes. Die der Anordnung zuwider in den ersten
Teil eingedrungenen Summen sind aber so ausserordentlich
niedrig, dass sie keiner besonderen Hervorhebung bedürfen.
Anders liegt aber die Sache bei den im zweiten Teile mit
den römischen Extraordinarien vermischten Zehrungskosten,
welche die übrigen Angaben in erheblicher Weise zu
orj^^änzen vermögen. Infolge dessen wird es sich für die
später folgende genauere Besprechung der Kosten
empfehlen, diese Ergänzungen im Zusammenhang mit den
Angaben des ersten Teiles zu behandeln, während für die
Reise die Scheidung in Zehrungs- und ausserordentliche
Ausgaben festgehalten werden mag.
Im Hauptteil steht über den einzelnen Summen der
betreffende Wochentag, auch sind die Aufenthaltsorte der
(Gesandtschaft — stets die der Nächtigung, bisweilen aber
auch Zwischenstationen — angegeben. Auch im zweiten Teile
tinden sich übrigens Ortsangaben öfter vor, nie dagegen
genauere Daten Das Heft enthält noch mehrere Einlagen,
deren wichtigste die an die päpstliche Kanzlei für die Aus-
fertigung der Bestätigungsbulle entrichteten Gebühren ver-
zeichnet 3).
Geben uns somit diese Blätter den genauesten Auf-
^chluss über die Reisegeschwindigkeit einer solchen Gesell-
schaft, so wird man ihrem Inhalte auch vom kultur- und
') expüsiu zerung. — ^) ußgeben in manichcrlcy sachen utf disser fort.
- ^\ Dieses Verzeichnis hat sich ausserdem noch zweimal erhalten, und
/war befindet sich unter diesen im gleichen Fas/ikel bewahrten Schrift!>tücken
tin von gleicher Hand wie die Rechnung geschriebenem Concept, das« liem-
:iach von dem KasMnführer Studeler selbst herzurühren scheint.
i82 Kaiser.
wirtschaftsgeschichtlichen Gesichtspunkte eine gewisse
Bedeutung nicht absprechen können. Denn mögen auch
manche der uns entgegentretenden Einzelheiten auf den
ersten BUck geringfügig genug erscheinen, so ist zu bedenken,
dass auch sie immerhin Bausteine liefern zur Erforschung
und Kenntnis eines mehr denn vier Jahrhunderte hinter
uns liegenden Zeitraums, von dessen Zuständen der Forscher
sich infolge der Abfassungsweise seiner Quellen, wie so
oft schon betont ist, ein getreues und anschauliches Bild
nur allzuschwer zu entwerfen vermag. An Wert gewinnt
dies Kostenverzeichnis ganz besonders deshalb noch, weil
sonst überhaupt jede Kunde von dieser Romfahrt fehlt:
kein Zeitgenosse hat etwas über sie niedergeschrieben, was
auf uns gekommen wäre. Da vermag doch diese ursprüng-
lich zu ganz anderem Zwecke angefertigte Aufstellung, in
der sich, wie wir sehen werden, mehr oder minder das
gesamte tägliche Leben der Gesandtschaft widerspiegelt,
Ersatz zu bieten, wenn auch nur in sehr bescheidenem
Masse.
Als die Häupter der Gesandtschaft lernen wir einen
Herrn von He wen *), den Propst von Surburg«) und Meister
Johann Symiler^) kennen.
') Ein Heinricus baro in Hewen 'wird am 19. November 1478 unter
den Canouikern und Capitularen der Strassburgcr Kirche genannt. (Strass-
burger Bezirksarchiv G 2721 und G 3465, Nr. 242 und 247.) — ') Eine in
Rom am 10. Februar 1479 ausgestellte Urkunde (G 5222, 3 und 7; G 5217)
nennt als solchen Jakob Dcdinger, wohl identisch mit J. D. von Offenburg,
der 1466 als Clerikcr der Strassburger Diöcese und öffentlicher Notar
erscheint. (G. 4725.) — •) J. S. aus Gertweiler, licentiatus in decrctis, ist
am II. November 144 1 Canonikus und Cantor bei Alt St. Peter in Strass-
burg (G 4220, 4) und am 9. Juni 1466 Pförtner ebendaselbst (G. 4725.)
Des Weiteren erscheint er am 10. Februar 1479 als Canonikus von St.
Thomas (G 5217) und am 6. November 1481 als Dekan dieses Stifts und
advocatus curiarum ecclesiasticarum Argentinensium. (G 2721 und 3465,
Nr. 254.) Nach einer Urkunde von 1496 (G 2715, 15 und 3465, Nr. 5),
die ihn als bereits verstorben bezeichnet, muss er ausserdem noch im Besitze
eines Canonikats von Jung St. Peter gewesen sein (vgl. auch [Horning],
Urkundliches über die Jung-St.- Peter- Kirche und Gemeinde S. 5, wo nach
einem Auszuge aus Hedios auserlesener Chronik das Todesjahr auf 1492
angesetzt ist), was aber für das Jahr 1468 noch nicht zutreffen wird, da sein
Name bei einer Aufzählung der Canoniker in einer Urkunde vom 4. Mai
jenes Jahres fehlt. (G 4717, 3 c.) Aus der bereits citierten Urkunde vom
KottenrechnuDg einer Stratsburger Gesandtschaft. 183
Als Knechte sind gelegentlich ein Conrad, Ulrich und
Johann angegeben, ferner ist zu wiederholten Malen von
einem Knechte Johann Symilers die Rede, der indessen
mit einem der drei namentlich aufgeführten identisch sein
konnte. Ob die Dienerschaft noch grösser an Zahl gewesen
ist, steht dahin, aus den vorliegenden Blättern ist nach
dieser Richtung nichts zu ersehen, jedenfalls aber ist die
Cresandtschaft nicht unter sieben Mann stark gewesen. Ihr
Kassenführer ist der in der Aufschrift sich selbst nennende
Veit Studeler'j,
Dritthalb Wochen nach Albrechts Wahl, am 9. Dezember,
brach die Gesandtschaft von Strassburg auf, um am sechs-
unddreissigsten Tage (13. Januar 1479) ihr Ziel zu erreichen*).
Während eines achtundzwanzig Tage dauernden Auf-
<'nthaltes in der ewigen Stadt fand sie Gelegenheit, ihren
Auftrag zu erledigen: am 11. Februar zog sie durch die
Porta del Popolo wieder von dannen und traf am 12. März,
also am dreissigsten Tage, wieder in Strassburg ein, um
sich alsdann nach der bischöflichen Residenz Zabern zu
begeben. Auf die Hinreise entfallen vier, auf die Heim-
kehr zwei Rasttage.
Diese Zeitdauer entspricht durchaus den uns von anderen
Gesandtschaften bekannten Zahlen, denn die Reisegeschwin-
digkeit einer ruhig ihres Weges ziehenden Gesellschaft wird
von Orten Mitteldeutschlands aus bis Rom oder umgekehrt
II. November 1441 geht noch hervor, dass er in Strassburg ein Haus in vico
diclo Ciicgcsgassc besass und die Jahieseinkünfte eines neben diesem liegen-
i!cn Grundstücks im Betrage von i H. Stras!»buigcr Dcn.iren mit Einwilligung
seines Bruders Walthcr dem Stift Alt St. Peter überwies.
*) V. S. erscheint in der Urkunde vom 10. Februar 1479 als Custos
und Canonikus bei St. Florenz in I laslach, nachdem er am 28. April 1478
Mf 5217, 8) nur als presbylcr maioris Argenlincnsis bezeichnet war. Die
Verleihung von Cnstodic und ('anonikat zu Ilnslach füllt also wohl in die
Zwi>chenzeit. Später, in den Jahren 1492 und 1500 (G 34'»5, Nr. 316 und
K»Oit, wird er noch unter den Chordcputaten des llochstifts Strassburg auf-
;:eführt. - ') Die vollständigen Monatsdaten linden *>ich in dem Verzeichnis
nicht, Anfangs sind nur die einzelnen Wochentage nacheinander aufgc/ählt.
Die erste Datierung bildet die .'\n«;abe »in vigilia nativitatis (Christi am
dritten Donnerstage der Reise, woraus die früher angegebenen Tage bestimmt
werden kOnnen. In der F'olge wird genauere Datierung häufiger.
184 Kaiier.
auch im späteren Mittelalter auf immerhin i — i'/, Monate
berechnet*).
Wir lassen nun das genaue Itinerar der Gesandtschaft
folgen:
Dez. 9. Strassburg — Oifenburg,
» 10. OfFenburg — Gengenbach,
> II. Gengenbach — Hornberg,
V 12. Hornberg — Rottweil über Burg He wen,
» 13. Rottweil — Engen,
» 14. Engen — Constanz über Radolfzell,
■■> I s» 1
; I Rast in Constanz,
i> 16. j
i> 17. Constanz — Rheineck,
■•> 18. Rheineck— Bludenz über Bauren*) (zu dem
Buren),
19. Bludenz — Pettneu (Budenewe),
■> 20. Pettneu — Pfunds bei Finstermünz,
21. Pfunds — Mals,
22, Mals — Meran,
V 2^. Meran — Tramin über Eppan,
» 24. Tramin — Trient,
* 25. Rast in Trient,
26. Trient — Borghetto,
i- 27. Borghetto — Verona über Volargne(Wolernia),
28. Rast in Verona,
> 2g. Verona— Ostiglia(Hostia) überlsoladellaScala,
3(x Ostiglia — St. Martin 3) über Mirandola,
31. St. Martin — S. Giovanni in Persiceto (zu sanct
Johanns castell) über Bomporto,
Jan. I . S. Giovanni in Persiceto - Bologna,
> 2. Bologna — Imola,
■> 3. Imola— Forli (Fürlin) über Faenza,
4. Forli — Cesena (zu Zesinis),
5. Cesena — Rimini (Arymela) über Savignano
(in castcllo Zaniniana),
> 6. Rimini — Pesaro über Cattolica,
') Menzel, deutsches (jesandtschaftswesen im Mittelalter S. 201. —
') sw. von Hohenembs in Vorarlberg. — ') Dieser Ort ist mit Hilfe des mir
IM Gebote stehenden kartographischen Materials nicht zu ermittelu. Das dw.
von Reggio liegende S. Martino in Rio kann natürlich nicht gemeint sein«
Kostenrechnung einer Strassburger Gesandtschaft. ige
Jan. 7. Pesaro — Cagli (a la Calagnia) über Fossom-
brone,
0 8. Cagli— Sigillo (in castelloZusillino oder Sugillo)
über Cantiano,
9. Sigillo — a la Cerqua') über Nocera,
> 10. Cerqua — Trevi,
> II. Trevi — Terni über Strettura (in valli Structura),
^ 12. Terni— -Civita Castellana über Otricoli und
S. Spirito,
> 13. Givita Castellana -Rom über Castelnuovo,
^ , I Aufenthalt in Rom.
Febr. 10. J
Rom — Rignano (castellum Arianum),
Rignano — Nami über S. Spirito,
Narni — Sp<>leto über Terni,
Spoleto — Gaifana über Trevi,
Gaifana — Cagli über Sigillo,
Cagli — Fano über Fossombrone,
Fano — Rimini über Pesaro,
Rimini — Faenza über Savignano,
Faenza — Bologna über Castel S. Retro,
Bologna — S. Giovanni in Persiceto,
S. Giovanni in Persiceto — Mirandola über
Bomporto,
Mirandola — Ostiglia,
Ostiglia — Verona über Isola della Scala,
Verona — Borghetto über Volargne,
Borghetto— Trient über Roveredo,
Trient — Kaltem über Salurn,
Kaltem — Meran,
Rast in Meran,
Meran — Mals über Latsch (Lestzhc),
Mals— Prutz fPrüsczhc),
Prutz — Pettneu über Landeck,
Pettneu — Bludenz über Stuben und Klöstcrle,
Bludenz — Rheineck über Bauren.
Rheineck — Constanz,
Rast in Constanz,
1) Nicht zu ermitteln.
Zritschr. f. Gesch. d. Oberrb. N. F. XIV. a. 13
>
II.
->
12.
>
13-
■
14.
>
15.
r>
16.
»
17-
»
18.
J
19.
»
20.
»
21.
*
22.
>
23-
24.
*
25-
»
26.
■>
27-
>
28.
März
1.
»
2.
>
3.
»
4-
>
5-
»
6.
>
j'
l86 Kaiser.
März 8. Constanz — ^Engen über Radolfzell und Neu-
hausen,
» 9. Engen— St. Georgen über Villingen,
> 10. St. Georgen— Gengenbach,
» II. Rast in Gengenbach,
» 12. Gengenbach — Strassburg,
» 13, Strassburg — Zabem.
Auch über die Erlebnisse der Gesandtschaft auf der
Reise lassen sich, wenn wir zwischen den Zeilen zu lesen
suchen, mancherlei Aufschlüsse und genauere Nachrichten
gewinnen. So ersehen wir aus der Rechnung, dass infolge
mangelnder Kenntnis der Wege auf einzelnen Strecken der
Beistand von Führern in Anspruch genommen werden
musste. Dies war beidemale beim Übergang über den
Arlberg der Fall, wobei die drei Häupter der Gesandt-
schaft in Schlitten befördert wurden, während die übrigen
Mitglieder derselben samt den Führern sich zu Fuss durch-
schlagen mussten. Führer wurden weiterhin in Dienst
genommen für die Strecken Trient— Ostiglia, Ostiglia —
Bologna, Mirandola — St. Martin, Bologna-Cesena und Savig-
nano — Rimini *). Die Führung von Trient bis Ostiglia und
weiter über Bologna bis Cesena hatte ein gewisser Henselin
übernommen, in dem wir offenbar den ständigen Boten-
knecht des Bischofs von Strassburg zu erblicken haben =).
Er wird die Aufgabe gehabt haben, die Verbindung zwischen
dem bischöflichen Hofe und der Gesandtschaft nach Kräften
aufrecht zu erhalten. Als letztere in Constanz anlangte, fand
sie Henselin bereits in der Herberge zur Krone ihrer harrend:
augenscheinlich war er auf anderem Wege von Straissburg
in höchster Eile dorthin geritten, von wo er nach kurzem
Aufenthalte wieder heimkehrte. Erst im südlichsten Tirol
taucht er wieder auf, desgleichen wird auf dem Rückwege
zwischen Terni und Fossombrone ein Bote Nikolaus erwähnt,
der auch eine Strecke mit der Gesandtschaft gezogen zu
sein scheint. Welcherlei Nachrichten und Weisungen diese
1) Die Löhne für die Führung siod sehr ungleich und werden mehr
oder minder der Willkür unterlegen haben, eine Lohnstufe nach Massgabe
<ler zurückgelegten Strecke lässt sich in keiner Weise feststellen. — *) Über
die Botenorganisation vgl. F. C. Huber, die geschichtliche Entwicklung des
modernen Verkehrs Cap. IV und Anlage 6.
KosteDrechnuDg einar Strusburger Gesandtschaft. igj
Botenknechte den Reisenden vom bischöflichen Hofe über-
bracht haben, entzieht sich völlig unserer Kenntnis.
Als Abgesandte des Erwählten von Strassburg konnten
die Reisenden allenthalben der besten Aufnahme gewärtig
«ein: wo sie einkehrten, in Klöstern, Burgen, Städten,
bereitete man ihnen einen ehrenvollen Empfang, bot ihnen
Geschenke und suchte ihnen die Weiterreise thunlichst zu
erleichtem'). In allen diesen Fällen nahmen sie Gelegen-
heit, die Menerschaft ihrer Gastfreunde durch kleinere oder
grossere Trinkgelder zu belohnen. Trinkgelder werden
ausserdem noch in Menge für geringere auf der Fahrt
geleistete Dienste gegeben, auch Geschenke da und dort
gemacht, so erhält in Constanz »ein teutscher Poet«
6 Kreuzer, in Cerqua ein >Herr Amandus für sich und sein
Pferd«' nahezu 3 Gulden").
Die beim Antritt der Reise dem Rechnungsführer von
dem bischoflichen Prokurator eingehändigte Summe bestand
aus ungarischen Goldstücken (4 = 50. rhein. W.), Böhmen
und alten Blapparten (20 = 1 fl. rh.) und Etschkreuzem
(61 = 1 fl.). Die Kreuzer haben ein sehr weites Geltungs-
gebiet, in ganz Oberitalien, bis nach Imola, wo zuerst
italienische Geldstücke erwähnt sind, werden sie durchweg
in Zahlung genommen, der rheinische Gulden scheint überall,
auch in Rom gegolten zu haben'). Von italienischem
Gelde sind zu erwähnen die alten Bologner (bolendin,
I = 6 Quattrinen oder i ^j^ kr.) , Florentiner Groschen
(12=1 fl.). Carlinen (8--1 fl.) und Dukaten (gewöhnlich
0 So fanden sie — um einige Beispiele anzuführen — gastliche Auf-
nahme in den Klöstern Gengenbach und St. 'Georgen im Schwarzwalde, die
Burgfrau Ton Hewen, die Reichsstadt Rott^teil und der bischöfliche Kanzler
zu Trient licssen ihnen Wein schenken, in Constanz miirden ihnen die
Reliquien des Stiftes gezeigt, der Söldner der Stadt Rottweil gab ihnen das
Geleit bis Engen, wahrend der Abt von St. Georgen sie durch einen seiner
Knechte über die Höhe des Schwarzwaldes führen Hess. -— *) Von vorn-
herein sei hier bemerkt, dass alle in der Rechnung Torkommenden Werte
der £infackheit kalber nftch rheinischen Gulden oder bei kleineren Posten
nach Kreuzern mitgeteilt sind. Eine ganze Reihe von Geldsorten ist genannt.
— ■) Hanauer (£tudcs dcononiiqucs sur l'Alsacc ancicnne et moderne J.
S. 463) berechnet ftr 1472 den Wert eines rheinischen Guldens auf 6,70 fi.
^- 5,36 M. Ein Kremer würde demnach dem Werte Ton beinahe o Pfg
heutiger Währung entsprechen.
l38 Kaiser.
I == IG Carlin, also 75 kr. angegeben, aber auch 48 alten
Bolognern oder 72 kr. gleichgesetzt). Dem Kreuzer steht
an Wert der römische Bajacco (beoc.) gleich, statt dessen
in der Rechnung mehrfach bei den einzelnen Posten aus
Flüchtigkeit der Bologner eingesetzt ist, während die
Summierung die richtigen Zahlen ergiebt.
Gehen wir nach dieser kurzen Skizze, die sich aus den
Reihen der eingetragenen Posten gewinnen lässt, über zur
Besprechung der Ausgaben selbst, so wird am zweck-
mässigsten mit denen der Hin- und Rückreise zu beginnen
sein. Der erste Teil (exposita zerung =27772 A.) giebt
hier keine sonderliche Ausbeute: sehr natürlich, da man
sich unterwegs nicht mit detaillierten Aufzeichnungen auf-
halten, sich vielmehr mit Eintragung der in den einzelnen
Herbergen aufgestellten Rechnung begnügen konnte ').
Eine Summierung der Posten ergiebt für die Hinreise rund
112, für die Heimkehr 109 Gulden, der Rest bleibt somit
für den Aufenthalt in Rom.
Von den unter dem Titel »ußgeben in manicherley
Sachen uff disser f5rt« notierten Posten, deren Addition
eine Summe von über 328 fl. ergiebt, entfallt der weitaus
grösste Teil auf die in Rom verlebten Wochen (rund 274 fl.,
über deren Verbleib an anderer Stelle noch zu reden ist).
Die bedeutendste Ausgabe auf der Fahrt (36 fl.) verursachte
der Kauf eines Pferdes für Meister Johann Symiler, die
alsdann noch bleibenden 18 fl. verteilen sich ziemlich
gleichmässig auf Hin- und Rückreise. Verausgabt sind
sie meistenteils für Instandhaltung des Zaum- und Sattel-
zeuges sowie Beschlagen der Pferde, die mit grosser Sorg-
falt behandelt zu sein scheinen. Häufig sind zu anderen
Zwecken noch kleinere Summen für sie aufgewandt, bei
Krankheitsfällen Salbe (schmer), Arzneien, einmal auch
Zucker für den Fuss. Für sie wird wohl auch das in
Verona vermerkte Gewürz gekauft worden sein. Die übrigen
Ausgaben — samt und sonders kleine Posten — betreffen
Trinkgelder, Wegelöhne und Flussüberfahrten, Schergeld
und Wäsche.
^) Besondere Hervorhebung verdienen nur die Beträge einzelner Mauth-
zettel (umb die boletc) auf italienischem Boden : in MirandoU und Faenza 2,
Bomporto 7Vof Ostiglia 6, Imola 8, Pesaro 15 kr.
Koitenrechnung einer Strassbarger Gesandtschaft. i8o
Weit genauere und reichhaltigere Angaben als für die
Reisezeit vermag die Rechnung für den Aufenthalt in Rom
zu bieten» wo die Gesandtschaft einen selbständigen Haus-
halt einrichtete und der Kassenführer vom 17. Januar an
jeden Posten, auch den kleinsten, genau vermerkte. Diese
Wirtschaftsführung der Strassburger in Rom verdient ent-
schieden eine etwas eingehendere Betrachtung.
Die materielle Lebensweise des ganzen Mittelalters
unterlag bekanntlich vollkommen den von der Kirche vor-
geschriebenen Ordnungen und Gesetzen. Dies tritt uns
auch für den kurzen Zeitraum, den die Gesandtschaft in
Rom verlebte, aus der Rechnung deutlich entgegen: als
ständige Fasttage erscheinen die beiden letzten Wochentage!
ausserdem enthielten sich alle Mitglieder der Gesandtschaft
an der Vigilie von Maria Reinigung und am 20. Januar
(dies S. Sebastian! et Fabiani) wenigstens die Geistlichen
der Fleischnahrung"). An allen diesen Tagen war man
also auf Fische angewiesen, die stets in grösseren Quan-
titäten eingekauft wurden. Am häufigsten begegnet uns
der allgemein gehaltene Eintrag See- und Bachfische (die
ersteren mit 3 und 3 Va» letztere mit 3 kr. pro Pfund berechnet)
sowie Tiberfische (Pf. = 2^2 kr.). Des Weiteren finden wir
Schleien (thinken, dinken oder aber schlügen; Pf. = 2 und
2 ''2 kr.)» gesalzenen Thunfisch (tarentella; die Portion jedes-
mal zu 7V2 kr.) und als Vorspeise Sardellen und einmal
Tellmuscheln (Schnecken teiini) verwandt. Mehrfach kommt
auch der Eintrag frowelin vor (weibliche Tiere von nicht
näher bezeichneten Fischen), die mit 2 * ., und 3 kr. bezahlt
werden.
Für die Entbehrungen der Fasttage suchte man sich
in der übrigen Zeit durch grösstmöglichen Fleischverbrauch
zu entschädigen: tagtäglich werden da grosse Mengen von
Kalbfleisch (vitulinas, vitulinfleisch, vitellenfleisch; Pf. =
^ 4 kr.) eingekauft, auch Schweinefleisch (porcinas; Pf =
^ 4 kr. ) ist oft verzeichnet, weit seltener 1 lammelfleisch
(castronfleisch; Pf. = i*/^ kr.) und Rindfleisch (vaccinas,
vaccinenfleisch ; Pf. = 3/^ kr.). Auf der Tafel erscheinen
ferner Lämmer (agnello), die natürlich der Grösse wegen
') Unter den Eintni^^cn dieses Tages ist bei sccli^ Pfun«! Kalbilcisch
ausdrücklich vermerkt: für die Knechte.
IQO
Kaiser.
verschiedene Preise aufw^eisen (einmal ein Viertel mit 8,
das andere Mal ein Halbstück mit 7 Vi kr. bezahlt), Ziegen
(caprette; ein Vierteil = 7 V2 kr,), Wurst (salsicium, saltziczen),
Speck (beide 1 1/2 kr. pro Pfund) und Schinken (2 presuten
37 kr.)
Ausserordentlich häufig wird Geflügel eingehandelt,
besonders Kapaunen (cappon, cappen) imd Rebhühner
(pemices, pernicien, pamicen). Die Preise für die ersteren
schwanken und richten sich natürlich nach der Grösse der
Tiere: das Paar wird mit 21 und 22, 3 Stück mit 30 kr.
bezahlt, letztere sind stets mit 7V2 kr. berechnet. Nur
einmal erscheinen Haushühner (das Paar zu i6\'a), zweimal
Tauben (duben; das Paar zu 8, 3 Stück zu iii/s kr.), fast
tagtäglich dagegen kleine Vogel, die für i kr. erstanden
und in gebratenem Zustande verzehrt werden. Das Hundert
Eier (eugere), die natürlich in bedeutender Anzahl zur Wirt-
schaftsführung notwendig waren, kostete 20, einmal auch
19 kr., besonders hervorgehoben werden zweimal romanische
eugere.
Bot somit die Tafel, was die Fisch- und Fleischspeisen
anlangt, mancherlei Abwechslung, so gilt dies weniger von
der Pflanzennahrung. Die am häufigsten wiederkehrenden
Gemüse sind Salat, besonders der heute noch in Italien
wohlbekannte kleine Salat (insalatuzza) und Radieschen. Ein-
mal bilden Rettiche (pro raphano maiori), zweimal Rüben
und Spinat (spinatzo) die Zukost. Erbsen werden zur
Suppe und zum Salat verwandt (zisaren menester, zickaria
insalat). Reis (ryse; 2^/2 kr. pro Pf.) ebenfalls zur Suppe
und zu Mus. Der Preis aller dieser Gemüsesorten ist ver-
hältnismässig niedrig.
Bei der im Mittelalter herrschenden Gewohnheit, riesige
Quantitäten von Fleisch zu consumieren, lässt sich recht
wohl die Vorliebe für eine stark gewürzte Küche begreifen.
Die gewöhnlicheren und billigeren Gewürze sind Salz, Essig
(umb acceto), Senf (umb mostardo, mostardo dulce), Peter-
silie (petrocilium), deren Kraut und Wurzel Verwendung
fand, Knoblauchskraut (ramaraschen), Parmesan (Pf. = 3 kr.),
Honig, Mandeln (amigdalen, mandalen; Pf. = 2»/a kr.), ein-
mal sind auch Meerrettig (merechtig) und Rosmarin (rosa-
marii) vermerkt. Öl pflegt den Fettzusatz für die Speisen
Kostenrechnung einer Straisburger Gesand tschaft. Iqi
ZU bilden. Bedeutend hoher als diese stehen im Preise
Ingwer (yngeber; das Lot = 2 kr., Pf. also = 64 kr.), feiner
Zucker (zuckaro fino; Pf. = 20 kr.) und Nelken (umb
gestossende negelin, umb specie dulce garophile). Wozu
man das einmal verzeichnete Rosenwasser (aqua rosat)
verwandte, kann ich nicht mit Sicherheit entscheiden, sollte
es den Zusatz zu Kuchen oder sonstigem Gebäck gebildet
haben ?
Gebäck (confection) und Torten werden zweimal ver-
zeichnet, das erstemal findet sich sogar die beträchtliche
Ausgabe von i'/'4 fl. für Gebäck und zwei Torten. Zu
Backwerk scheint das öfter vorkommende Roggenmehl
(farro; Pf. --= 2 kr.) verwandt zu sein, das ausserdem auch
laut ausdrücklicher Erwähnung zur Suppenbereitung ge-
nommen ward. Von Mehlspeisen begegnen uns sonst nur
Fadennudeln (vermicelle) und auch diese nur einmal. Der
Bedarf an Brot verschlang im ganzen 67^/2 kr., einmal sind
auch Brotchen erwähnt (3 kr. umb pane paneto).
Auflallenderweise ist Milch kein einziges Mal notiert,
auch Butter (butiro, buturo; Pf. = 6 kr.) nicht grade oft,
fünfzehn Pfund in vier Wochen, sie ward eben meistens
durch das weit billigere Ol ersetzt.
Als Nachtisch erschien zu allen Mahlzeiten Obst auf
der Tafel. Die Auswahl war allerdings nicht besonders
gross, nur die sehr billigen Apfel, Pomeranzen und den
letzteren verwandten Melarosen (melerantzen ; das Hundert
zu Q kr.) kommen vor, auch Rosinen (Pf. 2 kr.) und einmal
Weinbeeren (agresto).
Schier wichtiger noch als die Sorge für die Küche war
im späteren Mittelalter, in dem die altnationale Leidenschaft
des Trunkes ihre üppigsten Blüten trieb, die für den Keller.
Eine der ersten in Rom verzeichneten Ausgaben waren
II fl. 2Vt kr. für 10 Tonnen (barillen) Wein, die wie der
ebenfalls öfter getrunkene Most (28 somen= 22*, o kr.) an
dem Tiberhafen, Ripa Grande oder Ripa Romea genannt
(an der rypen), wo ein Zollhaus besonders für die Einfuhr
von Wein errichtet war »), gekauft und von dort nach llauso
gebracht werden mussten. Bisweilen ward Wein auch in
*) Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter Vif, S. »»QO.
192
Kaiser.
kleinen Quantitäten gekauft und der Krug mit 2 kr. bezahlt.
Selbst die Schenke, aus der er bezogen, ist zweimal an-
gegeben (uß der kühe, uß der glocken). Beide gehörten
sicher zu den deutschen Herbergen, deren es in Rom schon
unter dem Pontifikate Eugens IV. etwa sechzig gab>).
Beim zweiten Male handelte es sich entschieden um eine
bessere Sorte, die grade anwesenden Gästen vorgesetzt
werden sollte (4 Haschen = 30 kr.). Mit Trinkwasser ward
der Haushalt während der vier Wochen von einem Wasser-
führer gegen ein Entgelt von 52 kr. versorgt.
Mit diesen Aufwendungen von Küche und Keller sind
aber begreiflicherweise die Ausgaben für einen Haushalt
nicht erschöpft: noch galt es den Mietpreis fiir das während
des Aufenthaltes bewohnte Haus zu erlegen, der 17^/2 fl.
betrug, für die damalige Zeit eine sehr beträchtliche Summe.
An Löhnen sind i V2 A. für das Küchenpersonal angemerkt,
das obendrein natürlich während der Dienstzeit die Be-
köstigung erhalten haben wird; früher schon — bei
Gelegenheit eines Gastmahls — hatte der Oberkoch für
sich iV^fl. erhalten. Heizung und Beleuchtung erforderten
gradezu 5 fl.
Für die Pferde wurden 33 kr. für 550 Pfund Heu und
5 fl. 2 1 kr. für Spelt verausgabt. Abgesehen von kleineren
Ausgaben wie Salbe und Büffelschmalz präsentierte ferner
der Hufschmied Meister Wolf bei der Abreise eine Rech-
nung von 4 fl. 24 kr., der Sattler eine solche im Betrage
von 3 fl. 38 kr. Der Kaufpreis für einen Maulesel (umb
das muilichen) betrug 13 fl. 22 »'2 kr.
Gleichfalls bei der Abreise der Gesandtschaft wurde
der Schuhmachermeister Augustin für Ausbesserungen und
neugeliefertes Schuhwerk abgefunden, sein Guthaben betrug
3 fl. IQ kr. Weitaus bedeutender aber waren die Aufwen-
dungen für Kleider (gewant zu kleyderen): während sich
die Reisenden beim Antritt ihrer Fahrt nur mit 2 Ellen
Ulmer Barchent und 3 Ellen Zwillich versehen hatten,
deren Kaufpreis nicht einmal einen Gulden ausmachte,
finden wir hier als die erste Ausgabe dieser Art die Summe
von 146 fl. allein für das Tuch zu den Mänteln, Röcken
») ibid. S. 696.
KostenFechnung einer Strassburger Gesandtschaft. ig^
und Kappen der drei Häupter der Gesandtschaft. Für die
Arbeit des Schneiders kamen noch 6 fl. hinzu, für die zur
Fütterung der Kappen verwandte Seide 20 fl., für Zuthaten
zu den Mänteln und Röcken 10 fl. »)
Eine Reihe kleinerer Posten betrifft Lieferung von
Satteldecken und Mantelsäcken, Scher- und Badegeld, Zoll
von dem aus unbekannten Gründen für 10 fl. verkauften
Pferde Meister Symilers (37 V 2 kr.) und mancherlei Trink-
gelder. Öfter sind auch an Mitglieder der Gesandtschaft
ausgezahlte Summen ohne Angabe der Verwendung notiert,
die insgesamt die Kosten des in Rom verbrachten Auf-
enthaltes auf rund 330 fl. anwachsen lassen.
Alles in allem hat diese Gesandtschaftsreise für den
Bischof eine Ausgabe von über 605 fl. bedeutet, aber diese
Summe war nicht die grösste, welche die päpstliche Con-
firmation mit sich brachte: sie erscheint gradezu gering
gegenüber dem Betrage der Expensenrechnung der päpst-
lichen Curie, die den bischöflichen Säckel um 3922 fl.
schmälerte. Im späteren Mittelalter pflegte man ja nicht
eben leicht und billig in den Besitz hoher geistlicher Würden
zu gelangen.
'} Die Verhandlung mit dem Tuchhandler hatte Johann Burckard,
ein Landsmann der Gesandten, geführt. Mitglied der Gestand tschaft wird
dorüclbe nicht gewesen sein , da er sonst doch wohl hauliger erwähnt
wäre, er erscheint aber als Zeuge in der oft genannten Urkunde vom
10. Februar 1479 (G 5222, 3 und 7 und 5217), hier wie schon früher — am
23. Juni 1478 (G 4705, l) als Canonikus von Huslach bezeichnet. In der
\r ' Ige ist er zum Propst desselben Stiftes erwählt worden (cf. die Urkimdc
vom 23. Dezember i486 [G 5222, 8 und 5223, i] und vom 19. Juni 1487
[<f 5217), in der ersteren wird er überdies als päpstlicher Notar, Hof- und
li^hgenoss bezeichnet). — Identisch ist derselbe übrigens, wie Herr Geh.
Rat von Weech in Karlsruhe mir während des Druckes liebenswürdigcrwei>e
mitteilen Hess, mit dem päpstlichen Ceremonienmcister J. B., dessen die
Jahre 1483 — 1506 umfassendes Tagebuch (tliarium sivc rerum urbamumn
commcntariil von L. Thuasne in drei Bänden veröffentlicht ist (Paris iSS^-- 8;».
Cber seinen Lebensgang ünden sich in der Einleitung dos dritten Bandes
sehr ausführliche Nachrichten.
Zur Biographie
des Dichters Valentin Boltz von RufFach.
Von
Gustav Bessert.
Über Valentin Boltz haben W. Scherer in der AUg.
D. Biographie 3, 114, J. Bächtold in der Geschichte der
Deutschen Litteratur in der Schweiz, S. 341 — 347, und
Gessler in seinem Neudruck des »Weltspiegels« in den
»Schweizerischen Schauspielen des 16. Jahrh.« 2, loi fF.
gehandelt. Unser Wissen über seinen Lebensgang ist
noch sehr lückenhaft. Was wir insbesondere bisher über
den Aufenthalt dieses Mannes in Württemberg wissen,
beschränkt sich auf die aus seiner Übersetzung des Terenz
erfliessende dürftige Notiz, dass er 1539 Diakonus in
Tübingen war. Aber wie er nach Württemberg kam, wo
und wie lange er hier im Dienst stand, unter welchen
Umständen er aus Württemberg abzog, war bis jetzt
völlig unbekannt. Auch sein weiterer Lebensgang ist noch
teilweise dunkel. Diesem Mangel helfen zunächst zwei
Schriftstücke im Königl. Finanzarchiv zu Ludwigsburg ab.
Das eine ist von Boltz selbst geschrieben und vom 2. Sep-
tember 1541 datiert, das andere vom 13. d. M. enthält
sein Abschiedszeugnis. Beide Schreiben bieten neben dem
Licht, das sie auf den Lebensgang des Mannes werfen,
zugleich Anhaltspunkte für seine Charakteristik. Anderes
bieten gedruckte Quellen, die aber bisher nicht benutzt
wurden ^).
>) Auf die Jugend- und Bildungszeit von Boltz zurückzugeben, war
nicht möglich. In Tübingen wurde am i. Oktober 1522 ein Valentin Boltz
inskribiert, als dessen Heimat Horb angegeben wird. (Roth, Urk. der Univ.
Tüb. 628.) Er wird mit dem Dichter nicht identisch sein, da dessen Heimat
Kuffach ist.
Valentin Boltc
«95
In dem Schreiben vom 2. September 1541 wendet
sich Boltz an den Leiter des württembergischen Kirchen-
wesens, an Georg von Ow, dem gegenüber er seine bis-
herige Freude am Dienst des Herzogs Ulrich bezeugt, dem er
sieben Jahre gedient habe. Genaueres über seinen Auf-
enthalt in Württemberg giebt der Abschied vom 13. Sep-
tember, der sagt, Boltz habe dem Herzog sieben Jahre,
nämlich zu Alpirsbach, als Diakonus zu Tübingen und
endlich als Prädikant zu Schorndorf gedient. Aus beiden
Schreiben ergiebt sich, dass Boltz schon im Herbst 1534,
also wenige Monate nach Beginn der Reformation in
Württemberg, in das Land kam. Da er seine Laufbahn
in Alpirsbach, also in der südlichen Hälfte des Landes, im
sogenannten »Land ob der Staig« begann, so kann kein
Zweifel sein, dass ihn Ambrosius Blarer, dem jener Landes-
teil als Amtsbezirk zugefallen war, berufen hatte. Wenn
Blarer ihn sofort in das Kloster Alpirsbach schickte, dem
Blarer selbst als Mönch und Prior angehört hatte, so muss
Boltz bei ihm grosses Vertrauen genossen haben. Denn
die Verhältnisse, welche Boltz in dem Kloster antraf, waren
schwierig. Die Stimmung im Kloster war der Refor-
mation keineswegs günstig. Man wird annehmen müssen,
dass Boltz jener erste Prädikant war, den der Abt von
Alpirsbach wieder fortschickte, worauf ein AValch», d. h.
wohl der Lothringer Peter Toussaint hinbeordert wurde,
der aber den Boden so heiss fand, dass er von selbst ab-
zog, ehe er mit dem damals abwesenden Abte zusammen-
geraten war (Rothenhäusler, Die Abteien und Stifte in
Württemberg, S. 151 If., 254). Trifft unsere Annahme zu,
dann behielt Blarer unseren Boltz nach seiner Rückkehr
aus Alpirsbach in seiner l-mgebung als Diakonus in
Tübingen, wo Blarer bis zu seinem Abschied, Juli 153Ö,
seinen Amtssitz hatte. Wie lange Boltz nach Blarers Ab-
schied noch in Tübingen blieb, lässt sich bis jet/t nicht
genau feststellen. Jedenfalls war er im Jahr 1539, als er
seinen deutschen Terenz dem Tübinger Obervogt Fritz
Jakob von Anweil widmete, noch daselbst. Doch dürfte
er nicht mehr lange nachher in der Universitätsstadt
geblieben sein. Denn sein Schreiben vom 2. September
1341 macht nicht den Eindruck, als sei er erst kur^ von
Iq6 Gnst. Bessert.
der Universitäts- und zweiten Hauptstadt des Herzogtums
in die allerdings als neugeschaffene Festung nicht unwich-
tige Amtsstadt Schorndorf übergesiedelt, wo er als Prä-
dikant einen Pfarrer und Diakonus neben sich hatte.
Was zu seinem Dienstwechsel Anlass gab, lässt sich
leicht erraten. Im September 1541 wenigstens treffen wir
Boltz in sehr widrigen Verhältnissen, die ihm das Leben
verbitterten und seine ganze Stellung in Schorndorf un-
erträglich machten. Er lebte mit seiner Gattin in unheil-
barem Zwiespalt. In dem Schreiben an Georg von Ow
nennt er seine Gattin eine harte, unleidliche Bremse.
Diese Tragödie seines Lebens hatte kaum erst in Schorn-
dorf begonnen, sondern ihn wohl schon von Tübingen
weggetrieben. Der Ehestreit war in Schorndorf so weit
gekommen, dass die Frau es bei Boltz nicht mehr aushielt
und ihn verliess. Die Sache war öffentlich geworden.
Das Ehegericht musste sich damit befassen. Es war dies
in der Zeit, als Schnepf beim Regensburger Religions-
gespräch, Mitte Mai bis Ende Juli 1541, abwesend war.
Das Ehegericht konnte sich nicht überzeugen, dass
ein rechtskräftiger Grund für die Ehescheidung, welche
Boltz wünschte, vorliege. Noch weniger konnte es sich
überzeugen, dass die Frau allein die Schuld an dem un-
erquicklichen Verhältnis trage; deshalb machte es Boltz
die Auflage, seiner (xattin ein jährliches Leibgeding von
10 fl. zu reichen, so lange die Gatten getrennt lebten.
Boltz war von dem Spruch des Ehegerichts nichts weniger
als befriedigt, denn er hatte auf völlige Trennung der Ehe
mit der Erlaubnis der Wiederverheiratung gehofft, und
glaubte, das Urteil wäre für ihn günstiger ausgefallen,
wenn Schnepf bei demselben mitgewirkt hätte.
Seine Lage war eine missliche. Wohl erfreute er sich
auch in Schorndorf der Gunst des Obervogts und der
andern Amtleute, die ihm an die Hand gingen, dass er
sich mit seiner Haushaltung über Wasser halten konnte.
Entsprechend den aus der mittelalterlichen Kirche über-
kommenen Besoldungsverhältnissen musste Boltz Vieh
halten. Dazu bedurfte er weibliche Hilfe. Da ihm seine
Frau fehlte, hatte er eine junge kräftige Magd eingestellt,
welche ihm sein Hauswesen und sein Vieh zu seiner
Valentin Boltz. igy
Zufriedenheit besorgte. Allein nun erhöben seine Amts-
brüder, Pfarrer und Diakonus, ernste Bedenken, waren es
doch erst sieben Jahre her, seitdem man mit den Pfaffen-
mäg-den aufgeräumt und die Pfarrer genötigt hatte, ent-
weder ihre Mägde zu ehelichen oder sie zu entlassen. Die
Erinnerung an die Zustände der vorreformatorischen Zeit
war noch zu lebendig im Volk, als dass nicht die Bedenken
der beiden Amtsbrüder bei der Stimmung des Volks einige
Berechtigung gehabt hätten. Die Lage von Boltz war eine
überaus schwierige. Die Bedenken seiner Amtsbrüder
wusste er nicht ruhig und nüchtern zu würdigen, sie
erschienen ihm nur als eine unbequeme Chikane. Seine
ganze Wirtschaft sah er im Geist zugrunde gehen, wenn
er seine Magd entlassen sollte. Darum ging sein Streben
dahin, eine Aufhebung des Spruches des Ehegerichts her-
beizufuhren, er wollte weder seiner Gattin das Leibgeding
von lo fl. reichen, noch sich an der Wieder verehelichung
gehindert sehen. Deshalb wandte er sich an Georg von
Ow und reiste ihm nach, um ihm persönlich sein Anliegen
vorzutragen und ihn zu seinen Gunsten zu stimmen. Er
war ihm nach Kirchheim nachgezogen und, als er ihn hier
nicht mehr traf, nach Stuttgart und endlich wieder nach
Kirchheim gewandert. Hier bestellte ihn von Ow an
seinen gewohnten Sitz zu Cannstatt, aber als Boltz nun
nach Cannstatt kam, traf er von Ow wieder nicht und
musste einige Tage warten. Seine Erregung stieg aufs
höchste. Im Unmut stürmte er auf die Kanzlei in Stutt-
gart, um einen bestimmten Bescheid mit ja oder nein auf
sein Begehren herbeizuführen. Denn er war bereits zu
einem Entschluss gekommen, fall& man ihm nicht will-
fahren würde. Auf der Kanzlei aber war man nicht in
der Lage, einen Spruch des Ehegerichts selbständig abzu-
ändern, man schickte Boltz mit einem Kanzleitrost nach
Hause; er klagte, man habe ihm leeres Stroh gedroschen.
Seine Stimmung war eine tief erregte; er wollte lieber
sein Amt aufgeben und Württemberg verlassen und an
einen Ort ziehen, wo man ihm die Wiedcrverehelicliung
gestatte, als seiner Frau, die er eine Abtrünnige nannte.
ein Leibgeding reichen und unverehelicht bleiben. In ciiescr
Stimmung schrieb er am 2. September 1541 an Georg von
iq8 Gust. Bossen.
Ow, indem er den Gekränkten spielte. Es scheine, schrieb
er, dass man nicht viel nach ihm frage. Bei einer der-
artigen Behandlung der Prediger werde man schwer noch
gelehrte Leute für den württembergischen Kirchendienst
gewinnen. Ja er behauptete, es herrsche bei den ins Land
Berufenen Unwille über ihre geringfschätzige Behandlung.
Man höre sagen: Was man hierzuland verwirft, sind andere
froh aufzulesen. Man sieht, neben der bitteren Stimmung
tritt ein starkes Selbstgefühl bei dem Dichter zu Tage.
Freilich musste Boltz zugestehen, dass ihm während seiner
Dienstzeit in Württemberg nie und von keiner Seite, weder
vom Herzog noch von Ow oder sonst jemand, etwas Un-
billiges widerfahren sei, im Gegenteil hatte er für die
erfahrene Güte zu danken. Aber das stürmische, heisse
Blut verlangte jetzt, dass das württembergische Eherecht
mit Rücksicht auf seine Person nicht in seiner Schärfe zur
Anwendung komme. Er empfand es als Unrecht, dass
man ihn, den jungen »blöden«, d. h. hilfsbedürftigen Mann
in eine Lage bringe und darin festhalte, die er nur dem
Witwerstand vergleichen konnte So verlangte er von
Georg von Ow wenigstens die Erlaubnis zur Verlobung,
mit der Trauung wolle er noch warten. Die ins Auge
gefasste Braut nannte er nicht. Nach dem Zusammenhang
kann es nur die sehr stark gelobte Magd sein. Da Boltz
doch nicht recht auf Gewährung seiner Bitte zu hoffen
wagte, brach er plötzlich in die kindlich-trotzige Klage
aus, er wollte, er hätte nie studiert, als ob dann seine
Lage eine leichtere wäre. Aber sofort erhob er sich wieder
zu stolzem Selbstruhm. Um dem von Ow recht zu Gemüt
zu führen, wie viel man in Schorndorf an ihm verlieren
würde, bemerkte er mit einem Seitenblick auf seine Schorn-
dorfer Amtsbrüder, die Täufer und Schwärmer würden
sich freuen, wenn er von dannen gehe, und vertrösteten sich
jetzt schon auf die, :>welche den Fuchs nicht beissenf. Er
fühlte sich also als eine Säule der württembergischen
Kirche und als unentbehrlichen Verteidiger der lutherischen
Rechtgläubigkeit gegenüber dem Täufertum und dem
Schwenkfeldianismus, die zumeist um Schorndorf im Rems-
thal Wurzel geschlagen hatten, ohne zu bedenken, dass
seine Ehehändel seine Waffen gerade gegenüber den
Valentin BolU.' ign
Täufern und Schwenkfeldianem, die das Prinzip der Heili-
gung vertraten, völlig stumpf und nutzlos machten.
Eines hatte Boltz mit seinem Schreiben, das Georg
von Ow am 5. September erhielt, erreicht. Seine Sache
kam noch einmal zur Verhandlung, wozu auch Schnepf
neben Vannius beigezogen wurde. Boltz wurde schon auf
Montag den 12. September vorgeladen. Wir wissen vom
Gang der Verhandlung nichts, aber ihr Ergebnis liegt in
dem Abschiedszeugnis für Boltz, das am 13. September
ausgefertigt wurde, klar vor. Die Hoffnung, welche Boltz
auf Schnepf gesetzt hatte, erwies sich als trüglich. Der
Bescheid, den Boltz am 12. September erhielt, kann kein
anderer gewesen sein, als dass es bei der bisherigen Ent-
scheidung blieb. Einen andern Ausweg wusste das Ehe-
gericht für Boltz nicht als den der Wiedervereinigung mit
seiner Gattin. So forderte denn Boltz seine Dienst-
entlassung und ein Abschiedszeugnis, das ihm am 1 3. Sep-
tember ausgestellt wurde. Die OberkirchenbehOrde über-
ging in dieser Urkunde den eigentlichen Anlass seiner
Dienstentlassung in schonender Weise. Man sagte nur,
»aus bewegenden Ursachen« wolle er sich jetzt in andere
AVege richten. Dagegen wurde ihm bezeugt, dass er »für
seine Person« sich »geschicklich und wohl gehalten habe«
und in Gnaden entlassen werde, womit doch mittelbar die
Schuld an der Unhaltbarkeit seiner Stellung in Schorn-
dorf und im Land Württemberg seiner Frau zugeschoben
wurde.
Boltz dürfte sich zunächst nach Strassburg an Butzer
oder nach Konstanz an Blarer gewendet haben und von
einem von beiden nach Zürich empfohlen worden sein.
Denn sein nächstes Amt, das wir bis jetzt kennen, dürfte
er durch Vermittlung der Züricher bekommen haben. In
Zürich lebte ja sein Landsmann Pellikan, mit dem wir
Boltz bald in naher Verbindung treffen. Im Jahr 1544
stand Bolt2 als Pfarrer in Schwanden bei Glarus^), wohin
er wohl gleich nach seinem Abgang aus Württemberg
*) Mlikans Havtchronik, deutsch von Vulpinus, S. i 53, was Erichsoi)
(lue pcolesUntisine i KayseTsbcr^; 185 1), der Pellikan s Chronik benutzte. aWi
auch die beiden Schweizer Bächtold und Gcsslcr übersahen.
200 Gust. Bossen.
kam. Denn einige Jahre pflegte Boltz wenigstens auf
seinen Pfarrstellen auszuhalten.
Am 29. Juli 1544 war Boltz in Zürich, um mit Pellikan
und dessen Gattin eine Reise in die Heimat anzutreten,
die Pellikan beschreibt (a. a. O. 150 fF.). Der Zweck der
Reise war für Boltz nicht nur, die alte Heimat wieder zu
sehen. Am 2. August in Ruffach angekommen, eilte Boltz
sofort weiter nach Kaysersberg, um dort, wie Pellikan
berichtet, seine Mutter zu besuchen, aber zugleich um sich
als Prediger für die alte Reichsstadt zu empfehlen. Erst am
5. August kehrte er in Begleitung von Matthias Erb, Pfarrer
in Reichenweier, Dr. Nik. König von Hunanweier und von
Wolf Adler, Schulmeister von Kaysersberg, nach RufFach
zurück, wo sie mit Pellikan eine dreistündige Unterredung
hatten, bei der wohl die Frage der Reformation in Kaysers-
berg eine Rolle spielte. Die Reformation in dem nahen
Reichenweier, das württembergisch war, konnte nicht ohne
Einfluss auf die nur durch einen Bergzug getrennte Stadt
bleiben; der Schulmeister durfte es wagen, in der Schule
Luthers Katechismus zu treiben. Graf Georg von Württem-
berg, Bruder des Herzogs Ulrich, der in Reichenweier resi-
dierte stand mit den Nachbarn auf gutem Fuss; man
konnte hoffen, sein Einfluss würde den Rat in Kaysers-
berg zur Anstellung eines evangelischen Predigers und
damit zur Durchführung der Reformation bewegen helfen.
So traten Pellikan und Boltz wohlgemut die Rückreise an.
Am 8. August trafen sie in Basel, am 11. in Zürich ein.
Kaum war Boltz wieder in Schwanden angelangt, als Erb
am 13. August Pellikan mitteilte, dass Graf Georg seinen
ganzen Einfluss in Kaysersberg zu Gunsten von Boltz
geltend mache. Ein Teil der Bürgerschaft sei ganz für
ihn. Allein der Friede von Crespy, der dem Kaiser wieder
freie Hand gegen den Protestantismus liess, gab der alt-
gläubigen österreichischen Partei die Oberhand in Kaysers-
berg. Am 13. Oktober musste Erb an Pellikan berichten,
man habe in Kaysersberg die Kanzel einem »gottlosenc
Mönch anvertraut. Es sei nicht die geringste Hoffnung
auf eine Berufung von Boltz, dessen Namen er lateinisch
mit Telum (der Bolzen in der Armbrust) wiedergiebt.
Valentin Boltz. 20I
Pellikan möge ihn davon benachrichtigen*). Boltz musste
sich noch einige Zeit gedulden, bis es ihm gelang, seiner
Heimat näher und in eine Stadt zu kommen.
Im Jahr 1 546 findet er sich in Basel, zunächst als Prediger
bei den Barfüssem. Die Quelle dafür ist das Tagebuch des
Diakonus und späteren Pfarrers zu S. Martin Johann Gast, das
wir leider nur in Auszügen des Pfarrers Tryphius besitzen, die
sich auf wenige Jahre beschränken. Auf diese von Buxtorf-
Falkeisen 1856 herausgegebene Quelle, die auch Bächtold
und Gessler benützt haben, sind wir für die Kenntnis von
Boltz' Leben in Basel angewiesen. Gast erwähnt ihn erst
am 6. Juni 1546 als »unter Valentin Bolzius Leitung« von
einigen Bürgern »Pauli Bekehrung« öffentlich mit grossem
Prunk gfegeben wurde« ^). Man wird aber annehmen müssen,
dass Boltz damals schon einige Zeit in Basel war und
seinen Einfluss besonders als Dichter geltend gemacht
hatte. Denn es fällt auf, dass nach einer Unterbrechung
von elf Jahren, nachdem 1535 noch Sixt Birck seine »heid-
nische Abgötterei« aufgeführt hatte, aber 1536 nach
Augsburg gezogen war, 1546 rasch nach einander in Basel
am 24. Februar der »Samariter« an der Universität, aber
nach Gast ohne Ordnung und passendes Personal '), am 6. März
»Abraham« vor einer grossen Volksmenge*), am 23. Mai
von Knaben Birks »Susanna« mit schöner Ausstattung*)
und am 6. Juni das Werk von Boltz :>Pauli Bekehrung«
unter seiner eigenen Leitung mit grossem Prunk gegeben
wurden •). Das weist auf ein neues Element am geistigen
Horizont von Basel, das von starkem Einfluss gewesen
sein muss. Das beweisen schon die starken Opfer, welche
die Stadt für die Aufführung von Boltz' Erstlingsdrama
brachte. Man erbaute auf öffentliche Kosten die Schau-
bühne, die Schauspielergesellschaft erhielt vom Rat ein
Honorar von 20 Kronen, was bisher noch nie geschehen
war. Boltz aber als Leiter noch besonders 5 Kronen* Ausser-
dem übernahm die Stadt die Druckkosten für das Stück").
*) Die wertvollen Nachrichten über die Beziehungen von Boliz zu
Kaysersberg, die Erichson a. a. O. giebt, sind Büchtold und Gcssicr unbekannt
rfWieben. — *) Am a. O. S. 53 — ^.1 Gast, S. 51, Bächtold Anm. S. 5.S
Bad 218. _ 4) Gast. S. 52. — ») A. a. O. S. 53. — «i Ebenda 5^.
^f Ebenda S. 54.
^«Hchr. f. Geich. d. Obcrrh. N. F. XIV. a. I4
202 Gust. Bessert.
Noch Stärker spricht ein anderer Umstand für den starken
Einfluss und die grosse Achtung, welche Boltz schon 1546
als Dichter und Schauspieldirektor in Basel genoss. Es
war ihm nämlich gelungen, keinen Geringeren als den
Bürgermeister von Brunn zur Übernahme der Rolle des
Saulus und den Ratsherrn Balthasar Han für die Rolle
des Christus zu gewinnen^).
Diese ganze Entwicklung der Dinge in Basel setzt
voraus, dass Boltz nicht erst im Jahr 154Ö, sondern schon
1545 nach Basel berufen worden war. Er musste doch
erst den Boden und die Leute kennen, andererseits musste
man Boltz als Dichter, nicht nur als Prediger kennen, ehe
es ihm gelang, auch nur fünf neu kreierte Magister zum
ersten, noch unvollkommenen Versuch einer Aufführung
am 24. Februar zu bewegen, denn man wird den Anstoss
dazu auf Boltz zurückführen dürfen. Man spürt aber den
Baslern auch die Freude an, dass unter Boltz' Leitung die
Aufführung am 6. Juni so wohl gelungen war. Der Gang
der Dinge von der ersten noch sehr bescheidenen Auf-
führung an wird der gewesen sein, dass Boltz* Rat immer
mehr gesucht und befolgt wurde, bis er zuletzt die Leitung
ganz bekam.
Alles, was Gast, der tadelsüchtige Chronist, der beson-
ders auf seine Amtsbrüder mit scheelen Augen sah, über
Boltz in den nächsten Jahren berichtet, beweist, wie dessen
Stern im Steigen war. Im Mai 1548 wurde er ans Münster
berufen und ihm die Abendpredigt übertragen 2). Als er
am Himmelfahrtsfcst, 10. Mai, sich von seiner bisherigen
kleinen Gemeinde verabschiedet hatte, strömte das Volk
in Scharen zur Predigt ins Münster, selbst aus Klein-
BaseP), Seine Reden waren offenbar anschaulich und
volkstümlich und entbehrten des Salzes von freimütigem
Urteil über die öffentlichen Zustände nicht. Der Rat
nahm diese Äusserungen des von der Volksgunst getragenen
Mannes freundlich auf. Den 25. Juni wurde von ihm gar
über die Aufnahme desselben in die convocatio pastorum,
was doch wohl die leitende Kirchenbehorde bedeutet, ver-
handelt. Es war eine glückliche Zeit für den Dichter, die
^) Ebenda 54 und Buxtorfs Aom. S. iio nach dem Tagebuch von
Fei. Platter. — «) Ebenda S. 67. — ») Ebenda S. 71.
Valentin Boltz.
203
Boltz ZU emsigem Schaffen, aber nicht nur als Theologe,
sondern auch als Künstler und Dichter benützte. 1 549 gab
er ein Illuminierbuch heraus, in welchem er die Kunst der
Farbenbereitung lehrte; ausserdem schuf er mehrere neue
geistliche Schauspiele, von denen das umfassendste »Der
Weltspiegel« am 11. und 12. Mai 1550 aufgeführt wurde.
(Vgl. Gessler a. a. O. 104.) Aber es ist stets gefährlich,
auf den Sonnenhöhen zu wandeln. Denn der glückliche
Wanderer ist hier den Blicken und den Urteilen seiner
ganzen Umgebung mehr ausgesetzt, als solange er
bescheiden im Hintergrund lebte. Aufs schärfste urteilte
Gast über Boltz. Er fand seine Begabung nur mittel-
mässig, seine Ausdrucksweise gemein und auf den grossen
urteilslosen Haufen berechnet, von dem Gast sagt, sie
laufen ihm zu wie die Narren^). Mag der Neid Gast zu
dem Urteil veranlassen: »Dieser neue Pfarrer sagt dem
Volkshaufen, was ihm lieb, gefällig und angenehm ist«^),
so wird sich doch nicht bestreiten lassen, dass die Predigten
des gefeierten Volksmannes etwas Aufregendes hatten,
wenn auch Gasts Befürchtung übertrieben sein mochte:
»Er säet Hass und wird Sturm und Aufruhr erregen, wenn
der Herr nicht hilft«*). Aber es lässt sich verstehen, dass
die Stimmung des Rats gegenüber von Boltz allmählig
eine weniger günstigere wurde, während Boltz seinerseits
sich fortreissen liess, auf der Kanzel den Rat in ein sehr
schlechtes Licht zu stellen. Am 5. Juli 1551 berichtet Gast,
>Boltz predige gegen die Regierung, es würden Diebe,
Unzüchter, Ehebrecher in den Rat gewühlt«, so dass Gast
darauf gespannt war, ob der Rat ihn nicht zur Verant-
wortung ziehe»). Wir hören nichts davon, dass der Rat
Siegen Boltz eingeschritten wäre. Es war wohl klug, aus
Boltz keinen Märtyrer zu machen, war doch vorauszusehen,
dass die Zugkraft der Redeweise von Boltz immer mehr
schwinde, jemehr sie den Reiz der Neuheit verlor, und
dann liess sich mit ihm abrechnen. Und diese Zeit war
»555 gekommen.
Am 27. August 1555 berichtet der Basler Simon Sulzer
an Joh. Marbach in Strassburg*), wie der Reichstag zu
h Ebenda S. 67 u. 68. — •) Ebenda S. 71. — '» Ehciula S. «7. -
*) Fechlli Historiae eccletiasticae seculi XVI »uppleinentuni. S. 51.
204
Gust. Bessert.
Augsburg Vielen den Mut gestärkt habe, dass sie jetzt in
ihren Gebieten zu reformieren wagen. Dann fährt er fort :
Sic quidam apud Suevos^) comes et nobilis prope Mem-
mingam fecisse dicitur, quo etiam confrater noster Val.
Boltz, bis diebus vocatus, concedit, ut in pagis aliquot
Christum doceat«).
Das Gebiet, um welches es sich handelt, ergiebt sich
aus einem Schriftstück in der Registratur des Dekanats
Memmingen (Vol. A.)i das die Überschrift trägt: Confessio
fidei vel expositio de eucharistia Valentini Basillensis, quam
inspiciendam dedit examinandamque clarus et pius vir
Johannes Föhlin ab Hungershausen. 7. Sept. i554*). Die
Jahreszahl ist bedenklich. Wäre sie von gleichzeitiger
Hand, so müsste man annehmen, die Berufung von Boltz
habe sich fast ein ganzes Jahr lang hingezogen. Denn das
steht fest, dass Boltz erst nach dem Augsburger Religions-
frieden 1555 nach Schwaben übersiedelte*). Begreiflich
wäre es wohl, dass Joh. Vöhlin lange sich besann, ehe er
Boltz wirklich berief, nachdem ihn die Theologen von
Memmingen über den theologischen Standpunkt seines
neuen Pfarrers aufgeklärt hatten. Auf dem Schriftstück,
das Boltz Abendmahlbekenntnis enthält, steht nämlich
kurz: Gut grob zwinglisch, was der Wirklichkeit ent-
spricht s). Mochte nun früher in Memmingen der Zwingli-
anismus die Oberhand gehabt haben, jetzt war seine Zeit
in Oberschwaben dahin. Nach dem Interim gewann das
strenge Luthertum die Oberhand. Aber es ist durchaus
unwahrscheinlich, dass Vöhlin schon vor dem Religions-
frieden an die Berufung eines Reformators für sein Gebiet
zu denken gewagt und dann einen Mann berufen hätte,
der in Vöhhns Vaterstadt Memmingen, an die er sich doch
anlehnen musste, um sich gedeckt zu wissen, schon seit
einem Jahr als Zwinglianer bekannt war. Die Jahreszahl
1554 dürfte also später hinzugefügt und irrtümlich gesetzt
sein. Der Sachverhalt wird somit der sein, dass Boltz
^) So ist statt Suecüs zu lesen. — -) Ericlison, Bächtold und Gessler
haben diese Nachricht übersehen. In den Beiträgen zur bayr. Kirchen-
geschichtc 1807, ''^- 94« ^^^be ich auf die Stelle hingewiesen. — •) Diese Notiz
verdanke ich Herrn Pfarrer Fr. Braun in München, früher in Memmingen.
— *) *His diebus vocatus<, sagt Sulzer. — *) Wie mir BrmuQ mitteilt.
Valentin Boltz.
205
Ende August dem Ruf Vohlins in sein Gebiet folgte und
dieser das ihm von Boltz bei seinem Amtsantritt über-
gebene Abendmahlsbekenntnis am 7. September zur Begut-
achtung den Memmingem vorlegte.
Wenn Boltz sich entschloss, dem Ruf Vöhlins zu
folgen, so muss seine Stellung in Basel völlig erschüttert
gewesen sein. Welch ein Wechsel für den gefeierten
Volksmann und Günstling des Rats, wenn er in den Dienst
eines kleinen I^ndedelmannes mit bescheidenem Gebiet
trat und aus der geistig angeregten Stadt Basel mit all
ihren reichen Geistesschätzen in ein sehr abgeschiedenes
Landgebiet, das von der immerhin auch bescheidenen
Reichsstadt Memmingen noch einige Stunden entfernt war,
übersiedelte! Denn das Gebiet, das Boltz reformieren
sollte, kann nicht viel mehr als Ungerhausen, den Sitz
Vohlins, umfasst haben, nachdem Erhart Vöhlin 1520 seine
Dörfer Frickenhausen und Ariesried an Memmingen ver-
kauft und die Reichsstadt beide Orte längst reformiert
hatte, wenn Joh. Vöhlin nicht auch lUertissen, das aber
von Ungerhausen ziemlich entfernt lag, reformieren wollte.
Dass Boltz seinen Kollegen in Basel die Stellung, welche
er antreten sollte, als bedeutend vorzustellen suchte und
seinen neuen Herrn nicht als einfachen Memminger Patri-
zier, sondern als Edelmann, ja gar als Grafen schilderte *),
ist menschlich begreiflich. Gast sagt von einem andern
Dichter, Naogeorgus: poetis solenne est poetice agere«). Der
Graf, von dem Sulzer redet, wird auch auf einer poetischen
Licenz von Boltz beruhen.
Immerhin mochte die Aufgabe, als Reformator zu
wirken, für Boltz lockend sein. Aber wir wissen nicht,
wie weit Joh. Vöhlin, auch wenn er in Memmingen Unter-
stützung fand, sich gegen den übermächtigen Einfluss
seiner katholischen Nachbarn, Ferdinands von Osterreich
und des Bischofs Otto von Augsburg, zu erwehren und
seinen Reformator zu schützen vermochte.
Jedenfalls ist Boltz nicht lange im Dienste Vöhlins
geblieben. Aber es gelang ihm jetzt nicht mehr, sich ein
Amt in Basel zu verschaffen; dort war er eine verbrauchte
^) Vgl. die Worte Sulzcrs S. 1 1 oben. — -) Ga^ts Tajjebuch S. 87.
2o6 Gust. Bossert
Grösse. Er musste froh sein, in der neu reformierten
Markgrafschaft Baden die Pfarrei Binzen bei Lörrach zu
erhalten. Die Übersiedelung muss in der zweiten Hälfte
des Jahres 1558 oder spätestens in der ersten Hälfte des
Jahres 1559 stattgefunden habend). Da der Bischof von
Basel das KoUaturrecht zu der Pfarrei hatte*), so wird
man annehmen dürfen, dass es Boltz gelang, mit seiner
dichterischen Gabe die Gunst des damaligen Bischofs von
Basel zu gewinnen. Es war das Melchior von Lichtenfeld
(1554 — 1575), von dem man in Biel wusste, dass er eine
Freude an geistlichen Schauspielen hatte, wie er denn
mehrmals dort der Darstellung von Dramen des dortigen
Prädikanten Jak. Funckelin beiwohnte*). Doch war es
Boltz nicht mehr lange vergönnt, der Nähe von Basel und
seiner alten Freunde sich zu freuen. Denn er starb schon
1560*). Näheres über die letzte Station im Leben des
manchfach begabten, aber temperamentvollen Mannes
ist bis jetzt noch nicht bekannt.
^) In dem Protokoll der Rötteler Kirchen visiUtion vom Jahre 1358»
die am 17. Juni begann, besitzt Binzen noch keinen eigenen Pfarrer und
wird von Basel aus durch M. Ulrich Koch verwaltet; im Protokolle der
Kirchen Visitation des folgenden Jahres aber, die am 13. Juli eröffnet wurde,
erscheint Val. Boltz als Pfarrer mit dem Vermerk: »ist inn Examlne taugen-
lich vnd hellt die Cer. der f[ur8tl.] Ordnung gemess.« Mitteilung des H.
Archivrat Dr. Obser. — ''^) Vierordt, Geschichte der Reformation im Grossh.
Baden, S. 424. — ^) Bächtold, a. a. O., Anm. S. 92 ff. — ♦) Buxtorf in Gasts
Tagebuch, S. 53 Anm. xx.
Die Reichsdörfer
der Landvogtei und Pflege Hagenau.
Von
Josef Becker.
I. Die Reichsdörfer im allgemeinen; die ihnen von Kaisern
und Reichslandvögten verliehenen Privilegien ^).
Nach dem Interregnum gab König Rudolf von Habs-
burg der Reichsland vogtei Hagenau eine völlig neue Orga-
nisation, welche im wesentlichen massgebend blieb für die
ganze Folgezeit. Sein Streben ging dahin, das dem Reiche
in der kaiserlosen Zeit entfremdete Reichsgut wieder zu
gewinnen und den Reichsbesitz dauernd zu wahren. Zu
diesem Zwecke setzte er allenthalben Stellvertreter in der
Reichsgutsverwaltung ein oder rüstete die bereits vor-
handenen mit ausgedehnter Machtfülle aus.
Das Elsass erfreute sich seiner besondern Fürsorge.
Die Grafen von Habsburg waren im Oberelsass schon
frühe im Besitz ansehnlichen Privatgutes sowie der land-
gräflichen Würde. Ihr uralter allodialer Familienbesitz war
aber zu Rudolfs 2^iten bereits verschmolzen mit dem nicht
unbedeutenden Landgrafschaftsgut, sodass die Habsburger,
*) Vgl. fflr die folgenden Ausführungen meine Abhandlungen: i. Jahres-
triebt des bischöflichen Gymnasiums zu Stia&sburg i. £. 1894: »Nachweis
^^f I^ndvogteiinhaber, Landvögte und Unterlandvögte von 1308- -1408«;
-• Zeitschrift für Geschichte des Oberrheiiis, Band X, 1895: »Die "Wirksam-
keit xind das Amt der I^ndvÖgte im 14. Jahrh.v.; 3. dieselbe Zeitschrift,
^*n<l XII, 1897: »Die Verleihung und Verpfandung der Relchslandvogtei
Elsass von 1408 — 1634«; 4. Mitteilungen der Gesellschaft für Krhaliunt» der
eetchichtlkken Denkmäler des Elsass, Band 19, 1898: »Das Hcaniicntuni der
KeichtUnd^ogtei Elsass von 1300 — 1648^.
2o8 Becker.
zumal nach dem Erlöschen des staufischen Geschlechtes,
die mächtigsten Dynasten im Elsass waren.
Mit der Königskrone gewann Rudolf zugleich eine
bedeutende Erbschaft im Unterelsass. Hier nämlich
lagen seit der fränkischen Eroberung grosse königliche
Domänen ; hier waren die staufischen Herzöge reich begütert
gewesen. Durch ihre Erhebung auf den Kaiserthron war
auch hier jenes alte Königsgut mit dem staufischen Haus-
besitz zu unlöslicher Gemeinschaft verwachsen, und diese
grosse Hinterlassenschaft der Staufer fiel jetzt als Reichs-
gut Rudolf von Habsburg und seinen Nachfolgern auf dem
Königsthron anheim.
Hagenau hatte schon zur Stauferzeit den Mittelpunkt
für die Verwaltung jener Besitzungen gebildet. Der Ort
war emporgeblüht zu einem mächtigen Städtewesen und
blieb nach dem Interregnum dauernd der Sitz der kaiser-
lichen Reichslandvogtei , welche ausser dem Stadtgebiet
und dem heiligen Forst vor allem auch eine bedeutende
Anzahl von Dörfern in der Umgebung der Stadt umfasste.
Neben den landvögtischen Beamten übte die Stadt selbst
das Schutz- und Pflegerecht über diese Dörfer. Diese
unterstanden ihrem Gerichtsstabe und mussten von Reichs-
wegen ihr Frondienste leisten. Deshalb werden sie auch
seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts »Reichsdörfer der
Pflege Hagenau« genannt.
Die erste amtliche Kunde von diesem Doppel Verhältnis
jener Dörfer zur Stadt und zur Landvogtei Hagenau erhalten
wir aus dem Jahre 1313. Als nach dem Ableben Hein-
richs VII. Reich und Landvogtei Elsass längere Zeit ver-
waist zu sein drohten, machte die Stadt Hagenau jenes
Pflegerecht geltend, indem sie für sich und das sie um-
gebende Ländchen ein Schutzverhältnis einging mit zwei
stellvertretenden Landvögten. In dem Schutz- und Schwör-
briefe, welchen die Herren von Lichtenberg »als Pfleger«
der Stadt ausstellten, wird namentlich hervorgehoben, dass
sie auch die Dörfer, die Höfe und die Gerichte in dem
Lande, die zu Hagenau gehören, geniessen sollen 1). Als
^) Der Schutzbrief ist abgedruckt bei Batt, Das Eigentum zu
Hagenau I, 231.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 20Q
Pflegerin ferner war Hagenau 1331 bemüht, zwei ver-
pfändete Reichsdörfer, Mommenheim und Sufflenheim, ein-
zulösen und entsprechend einem kaiserlichen Dekret für
das städtische Schultheissenamt auch fernerhin zu erhalten *).
Kaiser Karl IV. sicherte 1347 ^^^ kaiserlichen Landvogt
auf seinen Dienstreisen das Herbergsrecht in dem Lande
um Hagenau zu, verbot aber im übrigen alle Schätzung
daselbst*). Der Bruder Karls IV., Herzog Wenzel von
Luxemburg, garantierte in seiner Eigenschaft als Ober-
landvogt am 12. August 1370 zehn genannten sowie allen
andern Dörfern und Gerichten, welche zu Hagenau gehörten,
-dass sie bei der Pflege und dem Schultheissenamt von
Hagenau bleiben sollten, wie bisher, und dass sie davon
nicht gesondert noch geschieden werden sollten, so lange
er die Landvogtei Elsass inne habe, damit die Stadt Hagenau
und auch das Land desto stärker bleiben und dem Reiche
desto besser dienen möge« 3).
Zwei Jahre später wurden die Bürger der Stadt bei
Kaiser Karl vorstellig in dem Sinne, »dass sie die Reichs-
dörfer der Pflege nicht wohl entbehren könnten, um sich
zu befrieden«. Kraft kaiserlicher Gnade wurde deshalb
entschieden, »dass jene Dörfer mit ihren Leuten, Pferden
und Wagen, dem alten Brauche gemäss, den Stadtbürgern
behülflich sein sollten, falls diese im Dienste des Reiches
oder auch im eigenen Interesse reisen müssten«:. Ausser-
dem wurde noch einmal die Unzertrennbarkeit der Dörfer
von der Stadt und Pflege Hagenau feierlichst erklärt*).
Wenn aber die Stadt an ihrer »Pflege« eine wirksame
Stütze finden sollte, so musste sie dieselbe auch vor allzu
^Tosser Besteuerung und Belastung schützen. Unter dem
»orwande, dass manche der Dörfer »dem Reiche und der
^^dt Hagenau entfremdet würden«, führte die Stadt 1422
"^i Kaiser Sigismund Klage, und dieser verbot ernstlich
•^Hen landvögtischen Beamten, »die Leute in den Dörfern
der Pflege fernerhin zu bedrängen und zu belästigen mit
ung-owohnlichen Steuern und mit Fronfahrten an ungewöhn-
*) Ebenda S. 227. — ^) Ebenda S. 2,^0. -- h Ha«. St. A. AA i.;«»
^T« 3- Diese Dörfer waren: Batzendorf, Ohlungcn, WinJJer^heim, Mommen-
heim, Ettcndorf, Morschweiler, Suftlenheim, Surburjj, Gunslett uiiil Kschbacb.
— •^ Schöpflin, Als. dipl. II, 265.
2IO Becker.
liehe Orte ausser dem Reiche« 0- Kaiser Albrecht IL
schärfte dann noch einmal 1438 nachdrücklich jenes Ver-
bot ein. Dabei hob er hervor, dass er unterrichtet worden
sei, vwie das etliche armen lute in den obegerurten dorfern
noch me getranges vnd vberlastes zugefuget worden sie,
dann mit vorgerurten dingen, nemliche das etliche lant-
vougte vnd ir amptlute inen furgenomen gehabt hant vnd
furnemende sint, anspreche an etliche armen lute zuhaben,
vnd aber darumb nit wellen gericht vnd recht von inen
nemen oder sy an gerichte zu stellen, do sy dann hin-
gehören oder an des richs gerichte zu Hagenowe, das
doch eyme lantvogte von vnser vnd des reichs wegen zu
verantworten stet, vnd aldar dieselben dorfere iren gezog
haben; sy haben ouch wellen, daz sy soliche ansprechen,
so sy inen für nemen, strakes vnd vrbers abetragent, vnd
ouch etliche mit gefengnusse dorzu brocht, das sy solichs
haben müssen tun«. Deshalb befreite die kaiserliche Gnade
jene armen Leute von willkürlicher Einkerkerung. Rechts-
ansprüche an einzelne Reichsunterthanen, sei es, dass sie
von den landvögtischen Beamten oder von sonst jemand
erhoben würden, sollten jedesmal an den zuständigen Dorf-
gerichten, beziehungsweise wo diese Gerichte ihren »Gezog«,
d. h. Appellhof, hätten, erhoben werden. Rechtsansprüche
an ganze Gemeinden aber sollten vor dem Reichsgericht
zu Hagenau, oder wo dies die Sache hinverweise, abgeurteilt
werden 2).
Diese Befreiungsurkunde Albrechts ist geradezu typisch
geworden. Im Jahre 1446 Hessen sich die »erbaren Leute der
Pflege« diesen Freiheitsbrief vom Meister und Rat der
Stadt Hagenau begutachten ; alle folgenden habsburgischen
Kaiser haben sodann die Rechte der Reichsunterthanen
in jener Form bestätigt*).
>) Schöptlin, Als. dipl. II, 336. — ^) Hag. St« A. AA 149 nr. 11,
Ol. Urk. Albrechts II., Prag 1438 am Donnerstag nach St. Veitstag. —
'"} Vgl. die Urkunden im Hag. St. A. AA.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 2 l I
IL Die Präsentation des Landvogts und der Huldigungsakt
in den Reichsdörfem.
Der Empfang eines neuen kaiserlichen Statthalters
nahm in den Dörfern einen ähnlichen Verlauf wie in den
Reichsstädten *). Die Ernennung des Landvogts wurde
auch den Unterthanen auf dem Lande durch ein kaiser-
liches Schreiben kund gegeben; gleichzeitig wurden sie
aufgefordert, dem neuen Statthalter zu huldigen und
gehorsam zu sein. Während, in den ältesten Zeiten wenig-
stens, der Landvogt in jeder einzelnen Stadt zur Entgegen-
nahme der Huldigung sich einfinden musste, scheinen die
Reichsbauem von Anfang an zur Gesamthuldigung nach
dem Kloster Neuburg beschieden worden zu sein. Nur
Küttolsheim und Dangolsheim brauchten - wohl wegen
ihrer weiten Entfernung von tiagenau — nicht zu erscheinen,
sondern huldigten gelegentlich in ihrer Gemeinde.
Der Oberlandvogt und dessen Stellvertreter mussten
in eigener Person die Reichsleute in Pflicht und Eid
nehmen. Im Jahre 1531 führten dieselben beim Rate der
Stadt Hagenau Klage darüber, dass der landvögtische
Schultheiss und Gegenschreiber ihnen den Treueid für den
Oberland vogt Pfalzgrafen Ludwig an einem bestimmten
Tage abnehmen wollten. Ein solches Vorgehen aber sei
gegen ihr Herkommen, denn sie hätten bisher nur dem
Landvogt persönlich geschworen. Eine Abordnung des
Stadtrates erwirkte daraufhin vom Pfalzgrafen den Ent-
scheid, dass der Unterlandvogt selbst die Huldigung
entgegen nehmen müsse. Die Bauern aber versprachen,
inzwischen ebenso gehorsam zu sein, als ob sie geschworen
hatten ^.
Mit grosser (jewissenhaftigkeit suchten die Reichs-
unterthanen ihre Reichsunmitte] barkeit sogar durch die
Eidesformel zu wahren. Allein nur »wegen der kaiser-
lichen Majestät und des Reiches^ schwuren sie dem
') V^. mein« Abhandlung 2 1. c. S. 322. — -) Vj^l. den lieiülit
nber di« Priientaüon i. H«|{. St. A. AA 214.
212 Becker.
Landvogt Treue und Gehorsam'). Als man in oster-
reichischer Zeit sowohl die Reichsstädte als auch die
Dörfer »von wegen des löblichen Hauses Ostreich«
in Pflicht nehmen wollte, verwahrten sich auch die letzteren
nachdrücklich gegen eine solche Zumutung. Wiederum
war es die Stadt, welche für die Interessen der Dörfer
eintrat^).
Die übertriebene Angst der Reichsleute, durch die
Huldigung ihre Reichsfreiheit zu verlieren, gab 1589 zu
sehr unliebsamen Vorkommnissen Anlass. Kaiserliche
Kommissarien waren mit dem neuen Unterlandvogt Georg
Freiherrn zti Königseck vor den im Kloster Neuburg ver-
sammelten Reichsleuten erschienen und forderten diese
auf, »Ihrer Gnaden dem Erzherzoge Ferdinand in allen
ziemlichen Geboten und Verboten, auch mit Richtung und
Bezahlung aller ihrer schuldigen Gefälle gehorsam und
gewärtig zu sein«. Dr. Betz, einer der kaiserlichen Gesandten,
verlas den Gehorsambrief, und der Zinsmeister nahm aus
der Hand der Dorfschultheissen die Gerichtsstäbe, welche
ihnen nach der Eidesleistung wieder eingehändigt werden
sollten. Als ihnen aber dann die Eidesformel, nach der
sie schwören sollten, vorgelesen wurde, da liessen sie durch
einen schon vorher bestellten Redner, einen Notarius aus
Strassburg, erklären: yda ihnen jetzt ein Eid vorgestabt
werde, welcher der alten Form, falls sie vorhanden wäre,
stracks zuwider sei. so gehe ihre Bitte dahin, sie bei der
') Der Eid, welchen 1544 die Dörfer dem Oberlandvogl schwuren,
lautet, wörtlich: :vWir schweren der römischen keyserlichen majestät, als
unserm rechten natürlichen keyscrn und allergnedigsten hern von des heylicheu
reich s weyen, auch dem durchleuchtigsten hochgebornen fursten und herm,
hcrrn Friderichen pfalzgrawe bey Rhein, hertzogen in Beyern, der heylichen
römischen reiche crtztruchseß und churfürsten, unserm gnedigsten herrn als
obcrlandvogt, und an statt ilcrselbigen dem wolgebornen herrn herrn Hein«
riehen von Flcckenstcin, frciherrn zu Dachstul, ircr majestät und churfürät-
liehen ynaden undcrlandvogt, auch unserm gnedigen herrn, von höchstgemelter
koyyjorl. maj. u. des heyl. rcichs wegen, getrcwe, gehorsam und gewerlig zu
sein, nutz und fromen zu werben und schaden zu warnen und wenden, und
gc(;en ircr majestät und chur fürstlichen gnaden und gnaden als landvögten zu
tuon, wie gctrcuw underthancn von des hcyligen reichs wegen und wie von
alter her kommen ist on alle geverde, also warlich uns got helf und die
heyligen.'?. Hag. St. A. AA 149 nr. 27. — ') Hag St. A. AA 150 nr. 2.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 2 1 3
alten Form der Pflichten zu lassen, wie sie auch erbotig
seien, den Eid nach der alten Form zu leisten, c Alle Ver-
sicherungen, dass die vorgelesene Formel die richtige sei,
dass in den Archiven keine andere zu finden sei, ja selbst
die Drohung, dass bei fortgesetzter Weigerung Ihre Gnaden,
der erzherzogliche Oberlandvogt, auf andere Mittel sinnen
werde, sie zur Pflicht zu zwingen, machten nicht den
gewünschten Eindruck. Schliesslich entpuppten sich einige
Bürger aus Sufflenhcim und Ettendorf als die Rädelsführer.
Man holte sie hervor und forderte sie vor allen auf, zu
erklären, was denn eigentlich Fehlerhaftes an der Eides-
formel sei. Als sie beschämt nichts vorzubringen wussten,
Hessen sich die Bauern herbei, den ihnen vorgestabten
Eid mit »erhobenen Fingern und gelehrten Wortenc zu
beschworen.
Nachdem sodann den Unterthanen noch geboten worden
war, »hinfüro ohne Vorwissen und Bewilligung der Herr-
schaft oder der Dorfechultheissen keine heimliche oder
öffentliche Versammlung anzuberaumen und zu halten<,
wurden sie nach Hause entlassen ; die Herren aber nahmen
im Kloster ein Festessen entgegen ').
Von Seiten der Herrschaft wurde anderseits streng
darauf gesehen, dass niemand sich der Eidesleistung ent-
zog. Als man 1566 die Wahrnehmung machte, dass
ausser den alten und schwachen Leuten auch noch
manche andere zu Hause zurückgeblieben waren, wurde
beschlossen, die Huldigung müsse von neuem vorgenommen
werden, und die Schultheissen sollten, wo nötig, die Säumigen
mit Gewalt herbeitreiben*).
nL Die Gerichtsbarkeit und die Schultheissenämter der
Reichsdörfer.
Vereinzelt ist bereits im Voraufgclienden die Rede
gewesen von der Gerichtsbarkeit in den Reichsdörfern.
Wir haben gesehen, wie 1313 >die Gerichte in dem Lande
den interimistischen Landvögten unterstellt wurden *). Dom
h Strassb. Bcz A. C 12 nr. 104. — -') Strasbb. Bez. A. (' : ni. 45«.
- •; Bau I, 231.
214
Hecker.
Burggrafen Friedrich von Nürnberg wurde 1363 die Land-
vogtei übertragen »mit allen ihren Gerichten«'). 1375
erhielt das Reichsdorf Dangolsheim die Bestätigung seines
Gerichtes durch den Unterlandvogt Ulrich von lichteneck «).
Dass Rumersheim am Ende des 14. Jahrhunderts zum
Gerichtsbezirk Wingersheim gehörte, erfahren wir aus
einem Briefe des Landvogts Schwarz Reinhard von
Sickingen"). Nur diesen wenigen Spuren von der
Lokalgerichtsbarkeit der Reichsdörfer begegnen wir im
14. Jahrhundert. Ebenso vereinzelt sind auch für diese
Zeit die Angaben, wodurch dieselben Dörfer als zum
Schultheissenamt der Stadt Hagenau gehörig bezeichnet
werden. Mit Bezug auf Mommenheim und Sufflenheim
geschieht dies in einer Urkunde Kaiser Ludwigs 133 1*).
Von Batzendorf, Eschbach, Ettendorf, Gunstett, Mommen-
heim, Morschweiler, Ohlungen, Sufflenheim, Surburg und
Wingersheim und allen andern Gerichten (der Landvogtei)
erfahren wir dasselbe aus der Urkunde des Landvogts
Wenzel von 1370^). In einem Lehnbriefe des Reichsvikars
Herzog Ludwig von der Pfalz aus dem Jahre 1401 werden
38 eigentliche Reichsdörfer und die 1 1 Dörfer des
Ried als dem Schultheissenamte Hagenau unterständig
bezeichnet <i).
Was wir in dunkeln Umrissen aus dem archivalischen
Material des 14. Jahrhunderts erkennen, wird für die fol-
genden Jahrhunderte mit voller Sicherheit nachweisbar.
Zunächst nämlich hatten die Reichsdörfer ihre Lokal-
gerichtshöfe unter eigenen Schultheissen, doch so, dass
*) Monumenta Zoller. III, 466. — ^) Hag. St. A. AA 147 nr. 4. —
s) Strassb. St. A. AA 136. — *) Batt I, 227. — s) Hag. St. A. AA 146 nr. 3.
— ') Chmel Reg. Ruprechts nr. 1076. Vgl. meine Abh. 2 S. 348. Die elf
Rieddörfer sind: Auenheim, Dalbunden, Dengeisheim (ein Weiler bei Sesenheim),
Forstfcld, Giesenheim (jetzt zu Röschwoog gehörig), Kauffenheim, Roppen-
heim, Röschwoog, Runzenhcim, Sesenheim und Stattmatten. Diese Dörfer waren
ursprünglich ohne Zweifel altes Reichsgut. Von den Landgrafen des Unter-
elsass wurden sie in der Mitte des 14. Jahrh. den Fleckenstcinem zu Lehn
gegeben, und Kaiser Karl IV. bestätigte den Fleckenstcinem den Besitz
gegen die Bemühungen der Landvögte und der Stadt Hagenau, welche in
harinäckigcin Kampfe bis etwa 1420 dem Reiche die »Hochgerichte und die
Herberge^ im Riedgau zu sichern suchten. Vgl. Hatt II, 682. Für die vor-
liegende Untersuchung kommen diese Rieddörfer nicht -weiter in Betracht.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 2 I ^
vielfach mehrere Dörfer zu einem Gerichtsbezirk vereinigt
waren.
So war Batzen dorf der Sitz eines Tribunals für noch
acht andere Ortschaften: Bernolsheim, Berstheim, Hochstett,
Kriegsheim , Rotteisheim, Nieder- SchäfFolsheim , Wahlen-
heim und Wintershausen. Zu Bossendorf gehörte
Scherlenheim ; zu Forstheim gehörten Eschbach und
Hegeney. Dem Gerichte von Kindweiler unterstanden:
Bitschhofen, Uberach und die Walk, dem von Morsch-
weiler Ghrassendorf und Ringeldorf, und dem von
Ohlungen unterstand KefFendorf. Zu Wingersheim
gehörten Bilwisheim, Mittel-SchäfFolsheim und Rumersheim,
zu Wittersheim Gebolsheim. Selbständige Gerichte hatten
femer noch Dangolsheim, Ettendorf, Gunstett, Hüttendorf,
Küttolsheim, Lixhausen, Minwersheim, Mommenheim, Mutzen-
hausen, SufBenheim und Surburg i). Also gab es nachweisbar
19 Lokalgerichtshöfc im Bezirk der Landvogtei mit
40 Dörfern; für die 5 Dörfer, welche halb dem Bistum
Strassburg gehörten und seit 151 2 ihm ganz überlassen
waren, Hess sich bezüglich der Gerichtsbarkeit nichts
ermitteln» d. h. in den Zinsmeisterbüchern von 1448 bis
1500 ist nie die Rede von Schultheissen daselbst-).
I) Diese Zusammenstellung inbcticfl' der SchuUheissenämter geht mit
unbedingter Sücherheit hervor aus den Rechnungsbüchem der Zinsmeister,
welche von 1445 ab vereinzelt erhalten sind. Vgl. Hag. St. A. AA 22S
nr. 4 bis 6; Strassb. Bez. A. C 91 u. 99; ebenda C 16 nr. 61 ; C 51 nr. 29;
C 81 nr. 16. — •) Es sind dies: Dingsheim, Dossenheim, Kleinfrarikcnheim,
Oflfenheim und Waldolwisheim. Diese 5 mit eingerechnet, ergeben sich im
ganzen 45 eigentliche Reichsdörfer; die Liste derselben folgt am
Schlüsse dieser Abhandlungi bei der Übersicht über die Steuern und Abgal>en.
In der ältesten Zeit war der Reichsbe^itz viel beträchtlicher. Iluchfelden
z. B. war als altes Rcichsgut mehrlach verpfändet und veräussert worden.
Durch die pfälzischen Pfandbesit^er der Landvugtei wurde es wieder mit
dieser vereinigt. Als die Landvogtei in den Besitz der Habsburger kam
1504 u. iSS^t haben diese die Vogtei von Hochfeldcn regelmässig besetzt
und ihren Landvögten zu Hagenau unterstellt. 1(132 aber verlehntcn sie
Hochfcklen an Albert von Ichter>heim. Als Reichsdörfer erscheinen im
IS. Jahrhundert und im Anfang des 16. auch die Mundatdörfer Altcnstadi,
Schleilhal u. $«ebach. Während die Pfülzer, welche im Pfandbesitz von Teilen
des Mundatgcbietes waren, die landvogtei inne hatten (1408 —i 504), haben
diwe Dörfer regelmässig dem pOü/ischen Unterland vogt in Hagenau gebuKlij^i
und zur Ernte- und Weihnachts/eii jährlich eine Geldsteucr in die Land-
2i6 Becker.
Bekanntlich bildeten die aus der Mitte der Bürger-
schaft sich ergänzenden sieben Schöffen das eigentliche
Gericht, welches das »Urteil fand«. Vorsteher und Leiter
der Gerichtsverhandlung sowie Vollstrecker der Urteile
waren die jedesmaligen Schultheissen. Diese aber waren
in jenen Reichsdorfem die direkten Unterbeamten des
Inhabers der Reichslandvogtei. Es folgt dies für das
14. Jahrhundert schon daraus, dass die Gerichte auf dem
Lande den Landvogten zugesprochen wurden, und dass die
Landvogte kraft ihres Amtes dieselben bestätigten. Im
15., 16. und 17. Jahrhundert veranlasste die Besetzung der
Schultheissenämter auf dem Lande oft längere Verhand-
lungen zwischen den Beamten zu Hagenau und den pfäl-
zischen und habsburgischen Oberlandvögten zu Heidelberg
bezw. zu Innsbruck. Die Räte zu Hagenau äusserten ihre
Wünsche oder machten Vorschläge, worauf die Oberland-
vögte unter den Kandidaten ihre Wahl trafen *).
Manche Dörfer hatten auch wohl ein Mitwirkungsrecht
bei der Erhebung der Schultheissen. Die Einwohner von
Dangolsheim Hessen sich im Jahre 1433 von Kaiser Sig^s-
mund ein >altes Privileg« bestätigen, welches besagte: »Die
Schöffen zu Dangolsheim sollen auf ihre Eide hin drei ehr-
bare ^länner, fromme, friedliche Leute, die dem Recht am
nützlichsten sich erweisen, aus sich und der Gemeinde
daselbst wählen; dann soll der Landvogt oder sein Ver-
weser aus diesen dreien einen zum Schultheissen setzen.
Dieser soll schwören, des Reiches und seines Dorfes
Nutzen und Frommen zu fordern und jedermann zu seinem
Recht zu verhelfen^N- 2).
Für die Dörfer, welche einem grösseren Bezirk vor-
standen, wie Batzendorf und Wingersheim, oder auch wo
der Schultheiss nebenbei zum Schutze des nahen Forstes
verwendet werden sollte, wie in Surburg und Sufflenheim,
wurden — wenigstens in habsburgischer Zeit — reisige
vo^tcikassc entrichtet. Als Maximilian 1504 die pfalzischen Oberlandvögte
vcrdränjjte, bestätigte er jenen Dörfern als »Reichsdörfernc ihre Piivilegien.
Nicht viel später gehörten sie wieder zur Hälfte der Pfalz, zur Hälfte dem
Abte von Weissen bürg.
») Vgl. unter anderm Strassb. Bez. A. C 50, 51, 52, 53. — «) Hag.
St. A. AA 149 nr. 10.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 217
Schultheissen bestellt. Im allgemeinen war man bestrebt,
eingesessene Bürger, die möglichst wenig Verwandte hatten,
zu Schultheissen zu erheben. Zeitweise aber zeigte es sich,
dass diese :>Bauernschultheissen« allzu wenig das Interesse
der Herrschaft wahrnahmen, indem sie die Frevler selten
zur Rechenschaft zogen und wenig Frevelgelder oder
(ierichtsbesserungen an die Landvogteikasse ablieferten.
Deshalb schickte man auch wohl erprobte landvögtische
Diener, besonders solche, welche in den Kanzleien beschäf-
tigt gewesen waren, als Schultheissen aufs Land^).
Am 8. Mai 1560 wurde Heinrich Schlipfer zum Ein-
spännigen und Schultheissen zu Sufflenheim ernannt. Er
musste auf eigene Kosten ein wohlgerüstetes Pferd
halten und mit Büchse, Harnisch und Knebelspiess sowie
mit allem, was sonst zu guter Rüstung gehörte, stets ver-
sehen sein. Dem Landvogt und Zinsmeister sowie den
andern Räten der Landvogtei sollte er in allen Amts-
geschäften willig dienen und gehorsam sein; ohne ihre
Erlaubnis durfte er sich nicht aus dem Landvogteibezirk
entfernen. Vor allem war ihm eingeschärft, das Schult-
heissenamt getreu und fleissig zu versehen , gleiches
Gericht zu führen den Reichen wie don Armen , die
Gerichtszeit im Interesse der Armen strenge innezuhalten
und deren Rechtshändel nicht nutzlos zu verschieben. Das
Kammergut sollte er getreu verwalten und die Erträge
des Gerichtes gewissenhaft an die Landvogteikasse ab-
liefern. Überhaupt sollte er die Untertluinen auf dem
Lande in ihren Rechten und Freiheiten schützen.
Soviel ihm sein Dienst gestattete, musste er — gleich-
^Txi im Nebenamte — Forstschutzdienste thun, d. h. im
herein mit dem Forstmeister, don Wildpret- und Holz-
ßrstem den heiligen Forst bereiten und die HolztVevh^r
unci Wilddiebe zur Bestrafung bringen. Weil er nicht weit
^'orn Rheine gesessen sei, sollte or jederzeit die unsichern
•Liiufe und Pratikens in Erfahrung bringen und der
Landvogtei darüber berichten.
M V^\. die Verhandlungen inhutrclV ilcs lUi/cnJorfi-r iii.iiiliti.^ vnii
^S^T—iOoo und die inbclrell Win^cr-hoim i. Sira-^r-h. W/. A. C yO -53.
Zeitwhr. f Gesch. d. Ohr rrh. N. V. XIV i. r r
2i8 Becker.
Alle diese Pflichten treu zu erfüllen, musste der neue
Schultheiss durch feierlichen Eid geloben und schriftlich
sich verbürgen.
An Sold bezog er 25 rheinische Gulden ä 63 Kreuzer,
5 Ellen Leinen und 6 Ellen Futtertuch zu einem Winterrock.
Für sein Pferd erhielt er 30 Viertel Hafer und 200 Wellen
Stroh. Von den Strafen der Wilddiebe, welche er half zu
Gefängnis bringen, erhielt er den vierten Teil. Ausserdem
hatte er das Mastrecht im heiligen Forst für 4 Schweine.
Auf seinen Dienstreisen ausserhalb der Landvogftei sollte
er für seine Person und Pferd täglich 30 Kreuzer erhalten.
Etwaiger Schaden an seinem Dienstpferd sollte ihm ver-
gütet werden. Als ausserordentliche Nutzniessung erhielt
der Schultheiss von Sufflenheim 1560 — und zwar auch sein
Nachfolger — die Matten, welche der ehemalige pfälzische
Schultheiss zu Sufflenheim, Wilhelm Morsheimer, von Hanns
Jakob Knobloch von Strassburg um 23271 Gulden eingelöst
und pfandweise besessen hatte, und welche auf etwa
10 Mannsmatten geschätzt wurden, d. h. er musste sie
um jenen Preis von den Erben Morsheimers an sich lösen').
Fast in denselben Worten sind die Pflichten des Ein-
spännigen und Schultheissen zu Surburg, Daniel Bootzheim.
24. Januar 1561 und des V^ogt und Einspännigen von
Surburg, Kaspar Hindenlang, am 2. Juli 1565 geschildert.
Dasselbe gilt von den Pflichten der Schultheissen zu
Batzendorf. Im Jahre 1587 am 24. Dezember erhielt Jost
Scholl, 1601 Jakob Meyer an Geld 46 Gulden bewilligt;
1615 aber wurden für einen dortigen Schultheissen 48 Gulden
3 vSchilling rheinisch ä 60 Kreuzer und 8 Gulden für Hof-
kleidung festgesetzt 2).
*) Vgl. den Bestallungsbrief im Innsbrucker Kopialbuch »Bekennen« zu
1560. Gabriel Müller, Schultheiss zu Sufflenheim^ erhielt 1600 bereits
46 Gulden an Geld bewilligt, alles andere blieb. Ebenda zu 7. Juli 1600.
— - 2) Vgl. das genannte Innsbrucker Kopialbuch zu den betreffenden Jahren.
An Sold erhielt der genannte Daniel Bootzheim abweichend 32 Gulden,
40 Viertel Hafer, lo Fuder Holz. In der Bestallungsurkunde des Batzen-
dorfer Schultheissen heisst es regelmässig: >Er soll Achtung haben, dass
Hasen, Rebhühner und dergleichen Wild von Fremden nicht gefangen werde,
noch den Untcrthancn die Felder und Früchte durch Jagen und Gramstellen
verdorben werden.«
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagcnau. 2 1 0
Durch die ausführliche Neuordnung, welche König
Ferdinand 1527 für die Landvogtei erliess, erfahren wir,
dass jeder neu ernannte Schultheiss »fünf Gulden Ehrung-
geld« bezahlen musste, welche zu Zeiten der Pfalz für den
Empfang verrechnet worden waren. Ferdinand forderte,
dass fortan die Zinsmeister den gleichen Betrag erheben
sollten ^).
Wie die Dorfschultheissen vor der Huldigungsfeier der
Reichsleute ihre Gerichtsstäbe, das Zeichen ihrer Würde,
abliefern mussten, dann aber nach der Eidesleistung die-
selben aus der Hand des neuen Landvogts zurück erhielten,
ist bereits oben berichtet worden. Es sollte damit ver-
sinnbildlicht werden, dass ihre Amtsgewalt nach dem
Abgang des frühem Landvogts erloschen gewesen sei und
nur durch den neuen Oberherrn erneuert werden könne.
Neben und über jenen Lokalgerichten der Reichs-
dörfer stand, wie bereits erwiesen worden ist, das Reichs-
schultheissenamt der Stadt Hagcnau. Seit dem Beginne
des 14. Jahrhunderts war das Hagenauer Gericht in zwei
Gerichtshöfe geschieden: das Hochgericht oder »Gräthen-
jifericht«, von seinem Sitzungsort auf der Gräthe, den
Staffeln vor der Burgkapelle, benannt, wurde durch Burg-
männer gebildet, denen wohl auch bürgerliche Schöffen
beigesellt wurden; dieses Gericht urteilte unter dem Vor-
sitz des Reichsschultheissen über Streitsachen der Hage-
nauer Edelleute. Das eigentliche Stadtgericht, gewöhnlich
I-auben- oder Arkadengericht« genannt, nach seinem
Sitzungsort auf der Laube über der Halle des frühern Rat-
hauses, wurde gebildet durch bürgerliche Schöffen. Es
\irteilte unter der Leitung desselben Reichsschultheissen
über Streitsachen der Stadtbürger, war aber auch zuständig
für die zur Pflege Hagenau gehörigen Reichsdörfer. Mit
Kücksicht darauf wurde es geradezu als »ein gemein Land-
%^ericht< bezeichnet^).
■) Innsbnicker Kopialbuch zu 1527. - -) Vgl. ilie Urkunde Kaiser
Sigismund! 1436: >weil wir und das rieh dann /wcen Berichte in derselben
«tati Hagenau haben nemlich ein Hochj;ericht vnd ein {gemein landgericht .
s. Guerber Hist. d. Haguenaii. Kaiser Friedrich IV. nennt jenes Laubcn-
fSericht 1448: »ein gemein landgericht uf der louben.« s. Schüptlin, Ah.
<Jipl. II. 381.
i;*
220 Becker.
Über die Zuständigkeit und Kompetenzen jenes Hage-
nauer Landgerichts einerseits und der Dorftribunale ander-
seits werden wir eingehend unterrichtet. Im allgemeinen
galt das Hagenauer Laubengericht als Appellhof und Ober-
gericht der Reichsdörfer; wer sich mit dem Urteil seines
Dorfgerichtes nicht begnügte, konnte seinen Rechtsstreit
noch einmal vor dem Reichsschultheissenamt Hagenau
anhängig machen. Um das Jahr 1427 hatte sich zwischen
der Stadt Hagenau und den Schultheissen und Gerichten
der I^ichsdörfer ein Streit erhoben. Die Stadt behauptete,
jede Klage, die bei ihrem Laubengericht anhängig ge-
macht werde, müsse den Klagen vorgehen, welche schon
vorher an einem der Dorfgerichte erhoben worden seien.
Die Dorfschultheissen behaupteten, diiss jede Klage, welche
zuerst vor ihren Gerichten anhängig gemacht worden sei,
auch dort abgeurteilt sein müsse, ehe sie nach Ilagenau
gezogen werden könne *).
Kaiser Sigismund hebt in seiner Urkunde für die
Reichsdörfer 1438 ausdrücklich hervor, dass die Rechts-
ansprüche an die armen Leute zunächst an denjenigen
Gerichten zu erheben seien, wo die Beklagten sesshaft
seien. An zweiter Stelle lässt er erst des »riches gericht
/AI Hagenow* zu, wohin dieselben Dörfer ihren »gezog«,
d. h. ihren Appellhof hätten. Nur diejenigen Streitsachen,
welche eine ganze Dorfgemeinde angingen, sollten gleich
vor dem Obertribunal zu Hagenau anhängig gemacht
werden 2). Immer wieder haben die Reichsunterthanen auf
dem Lande betont, dass sie sich begnügen wollten mit
>gerichte und rechte an den enden, do sy hingehorten,
oder des richs gerichte zu Hagenowe<r^).
Das Reichslaubengericht war weiterhin von alters her
allein zuständig für Alord- und Wundklagen sowie für
Rechtsstreitigkeiten, welche Verschreibungen betrafen, die
vor den Schöffen des Hagenauer Landgerichts vorgenommen
worden waren. Es waren dies :.Kaufverschreibungen,
'I Hag. St. A. AA 149 nr. 8. — ^) Hag. St. A. AA 149 nr. II »vnd
werc euch, das bvc eine ^'cmcinc eins dorfcs anzusprechende hetten, das sy
von den gericht und recht neinen und geben sollen vor unser und des richs
gerichte zu Hagcnow, oder war es dasselbe gericht wiset.c — *) Slrassb.
Bez. A. C 50.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 221
Widum- und Zinsbrief und dergleichen Verschreibungs-
urkunden«, welche versiegelt werden mussten und deshalb
von den Lokalgerichten nicht ausgefertigt werden konnten,
weil diese Gerichte keine Siegel hatten ^).
Gegen Ende des i6, Jahrhunderts war es Brauch
geworden, dass die Reichsleute »aus vorsätzlichem bösen
Mutwillen, um die Gegenpartei in desto schwerere Unkosten
zu stürzen«, die Dorfgerichte umgingen und ihre Klagen
direkt auf dem Reichslaubengericht zu Hagenau anbrachten.
Die Gerichte auf dem Lande wurden dadurch so sehr
-geschmälert und in Abgang gebracht«, dass die l^ndvogtei-
beamten sich genötigt sahen, gegen diesen Unfug ein-
zuschreiten. Es erging ein strenger Befehl des Oberland-
vogts an alle Reichsschultheissen der Dörfer des Inhalts,
sie sollten ihren Unterthanen einschärfen, dass dieselben,
— obige Reservatfälle ausgenommen, — nur an den Dorf-
gerichten, unter deren Stab sie sesshaft seien, einander
verklagen sollten. Wer dagegen handle, solle vom Orts-
>chultheissen auf dem nächsten Freveltag mit 5 ff Pfennigen
bestraft werden. Damit den Rcichsleuten jeder Vorwand
genommen sei, sich direkt nach Ilagenau zu wenden,
sollten die Ortsschultheissen sich befleissigen, jedermann in
seinem Rechtsstreit rasch zu fordern und allen unnötigen
Aufschub zu vermeiden. Sei eine Streitsache bereits an
ein oder dem andern Gerichte anhängig, so dürfe sie nicht
an einem zweiten Gericht aufgenommen werden, ehe das
Urteil an jenem ersten Gericht ergangen sei. Die Appella-
tion von den Dorfgerichten an das Schultheissenamt nach
Hagenau blieb gestattet. Falls nämlich eine der streiten-
den Parteien sich ungerecht benachteiligt glaubte, durfte
sie das Hofgericht zu Plagenau anrufen, wenn das Streit-
objekt den Wert von 8 Gulden übertraf. Doch sollte die
M Sirassb. Bez. A. C 51 nr. 3611. Von dem .Schulthci^^cn zu Batzen-
^oti heisst es da: »wann ein sohultheisR neben sein ambt ein Schreiber, kann
er in vogteien auch inventierung sich fi*r ein Schreiber gebrauchen lassen,
ai^r ander contracten, als kaufverschrcibunj^en. widumi) vnd zinnsbrief und
^'gleichen Urkunden, so versiegelt worden müssen, map man nit frrtijjon;
*«on das i^cht kein sigel, und solche vcrscliroibunjjen s-eint bishcro /i:
"■genaw durch die Schöffenschreiber pcfertigt worden wie noch-. — *1 Slr.issb.
^^ A. C 50 nr. I.
222 Becker.
Berufung spätestens 6 Wochen nach dem Urteil des
Dorftribunals bei der Kanzlei der Landvogtei eingereicht
werden ^).
Durch den Tod eines Kaisers sowie den Abgang
eines Oberlandvogts war die Einstellung der gesamten
Justiz in der Landvogtei bedingt. So hatte nach Kaiser
Rudolfs Tode 1612 die Stadt Hagenau den Gerichtsstab
niedergelegt. Die Hagenauischen Reichsbüttel aber fuhren
fort, auf dem Lande und in den Reichsdörfern den Reichs-
stab »mit Arrest, Geboten und Verboten, Fronungen und
andern derartigen Prozessen zu gebrauchen«. Dadurch
erwuchsen den Unterthanen zu höchster Beschwerde und
Ungelegenheit grosse Unkosten. • Die Landvogteibeamten
geboten deshalb in einem Rundschreiben allen Schul t-
heissen nachdrücklich, solchem Treiben der Hagenauischen
Büttel Einhalt zu thun^).
Während also die Schultheissen als nächste herrschaft-
liche Beamte den Vorsitz und die Leitung der Ortsgerichte
hatten, für die öffentliche Sicherheit Sorge trugen, die
Steuern und Abgaben für die Herrschaft verwalteten, die
Frondienste überwachten^), so bestellten die Gemeinden
anderseits in den »Heimburgem« — so werden die Bürger-
meister allgemein im Landvogteibezirk genannt — Ver-
treter der eigentlichen Gemeindeinteressen. Der Heim-
burger war die wichtigste Person im Haushalt der Gemeinde.
Er wurde von den Bürgern jährlich aus der Mitte der Bürger-
schaft gewählt. Ihm lag vor allem ob, das Vermögen der
Gemeinde zu verwalten, die Geldeinnahmen und Ausgaben
zu verrechnen, die Abgaben an die Herrschaft einzusammeln,
überhaupt die Gemeinde nach aussenhin zu vertreten. Eine
Ordnung des Dorfes Ohlungen vom i. Dezember 1576
lautet: »So ein Heimburger auf St. Martinstag einzieht, so
hält ihm der Schultheiss vor, wie er sich das Jahr über
verhalten soll. Nachdem er vereidigt worden ist auf seine
Pflicht, giebt man ihm 2 Gesellen; diese müssen schwören,
ihm behülflich zu sein, wenn er sie nötig hat, sei es zum
Kaufen oder zum Verkaufen. Für seinen Dienst im Jahr
1) Strassb. Bez. A. C 50 nr. i. — ^) Strassb. Bez. A. C 16 nr. 61.
— ') Vgl. die folgenden Abschnitte.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 223
bezieht er keinen Lohn, nur soll man ihn gelegentlich
geziemend verköstigen. Nach . Verlauf des Jahres beruft
der Schultheiss das Gericht zusammen und prüft die Ge-
meinderechnung. Hat der Heimburger der Gemeinde un-
billige Kosten verursacht, so muss er sie selber tragen« * ).
IV. Die Frondienste der Reichsunterthanen.
Wie die Dörfer der »Pflege« Hagenau bei der Stadt
Hilfe und Schutz fanden, so mussten sie auch der Stadt in
Xot und Gefahr beistehen »mit ihren Leuten, Pferden und
Wagen<2). Auch den Landvogteibeamtcn gegenüber waren
die Dorfbewohner zu mancherlei Dienstleistungen ver-
pflichtet. Wiederholt haben die Kaiser, dem Beispiele
Sigismunds von 1422 folgend, die Reichsbauern in Schutz
genommen gegen die Forderung von Fronfahrten ausser
dem Reiche*). Die Bestallungsbriefe der Beamten und die
<^rdnung Ferdinands von 1527 belehren uns ausführlich,
welcher Art die Frondienste waren, welche die Reichs-
unterthanen zu leisten hatten. Für die höhern Beamten
mussten sie das Dienstholz im heiligen Forst hauen und
beifahren. Dafür kormten sie »geziemendes Essen und
Trinken« beanspruchen und für sich zum eigenen Bedarf
'Gegenhoiz« hauen. Für den I^ndvogt insbesondere mussten
sie das (jras auf den i3 Mannsmatten im Schierried mähen,
trocknen und einliefern. Die »Reichsunterthanen« waren
weiterhin verpflichtet, die Familienangehörigen, das Getreide
und den Wein der Beamten nach Wunsch zu befördern. Den
Fronherren war dabei zur Pflicht gemacht, »dass sie solche
tron an die unterthanen nur nach gelegenheit der notdurft
auch ires Vermögens begeren und darzu die unterthanen
2iemlich verzeren, inen auch die maut und zolle, so sie
von dem hab und gut aufgeben mussten, wiederum erstatten
?^llten*: *).
Wenn die neu in die Residenz der Landvogtei über-
^»icdelnden Beamten allzuweit herkamen, so wurden den
Bauern die Fronfahrten erlassen, sie mussten aber das
') Stnssb. Bez. A. C 53 nr. loi. — «) V^l. oben S. 209. - '■ V«l.
oben S. 209. — ♦) Vgl. Ferdinands Ordnung von 1527 und meine Abhaniiluni:
^ber das Beamtentum der Reichslandvogtei.
224
Becker.
vom Zinsmeisteramt für die fremden Fuhrleute verausgabte
Geld zurückerstatten 1).
Klagen der Reichsleute über die drückendeti Fron-
dienste kehrten beständig wieder, besonders nachdem die
Landvogrteibeamten durch Bestellung gelehrter Räte am
Hofgericht zu Hagenau vermehrt worden waren. So erhob
löoo die Gemeinde Surburg beim Landvogt Beschwerde
darüber, dass Dr. Wolfgang Hunger sie unaufhörlich zu
ungewöhnlichen Fahrten heranziehen wolle. Unter anderm
habe er sie am verflossenen Sonntag aufgefordert, ihm in
zwei Tagen einen »Enger« Wein von Weissenburg nach
Hagenau zu besorgen. Dies sei an sich unmöglich. Im
übrigen aber möge der Landvogt sie gegen dergleichen
Ansprüche der Gerichtsräte schützen, welche sie nicht als
ihre Obrigkeit anerkennen könnten, d. h. denen gegenüber
sie nicht verpflichtet seien zu Frondiensten *).
V. Der »Atz« und die Wirtschaftsordnung in den
Reichsdörfern.
Die Landvogteibeamten, hohe wie niedere, hatten auf
ihren Dienstreisen das Herbergsrecht, »den Atz«, im ganzen
Bezirke der Landvogtei. Von den Reichsstädten wurden
sie bewirtet und aus den Herbergen, Gasthäusern, wo sie
abstiegen, »gelöst«. Auch die Reichsdörfer waren ver-
pflichtet, den »Atz und die IJeferung vergebens zu stellen«»).
Auch diese Atzlieferung rief, ähnlich wie die Frondienste,
unaufhörlich Klagen der Reichsleute hervor. Am 9. Juni
1 60 1 crliessen Statthalter und Räte zu Hagenau eine »Atz-
ordnung« für alle Reichsdörfer, welche den Zweck hatte,
der Belästigung der Gemeinden durch die niedern land-
vögtischen Beamten vorzubeugen^). Darin war ausgeführt :
I. Die Wirte dürfen auf Gemeindekosten den land-
vögtischen Wildhütern, Holzforstern, Einspännigen sowie
den Dienern der höhern Beamten nur eine einmalige Mahl-
zeit verabreichen. An Fleischtagen besteht diese aus dem
*) Strassb. Bez. A. C 12 nr. 129. — -') Strassb. Bez. A. C 53 nr. 76.
— ■) Vgl. Ferdinands Ordnung von 1527. — *) Strassb. Bez. A. C 21
nr. 52.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 225
nötigen Brot, einer Suppe, einem Pfund Fleisch, aus
Gemüse und Käse, sowie einem Mass Wein. An Fasttagen
soll statt des Fleisches ein Hering oder ein paar Eier ver-
abreicht werden. Brot durfte niemand mitnehmen auf die
Heimreise. Das Pferd erhielt ein Viertel Hafer,
2. Jeder Wirt sollte mit einem solchen »Gemeindegast<
vor seiner Abreise im Beisein des Heimburgers (Bürger-
nieisteis des Dorfes) oder dessen Stellvertreters abrechnen
und den Betrag an die Wand ankreiden oder aufschreiben.
3. Was der Schultheiss oder der Heimburger und seine
Gesellen gelegentlich eines solchen Besuches der niederen
Beamten verzehrten, sollten sie aus eigener Tasche bezahlen
und nicht der Gemeindekasse zuschieben. Nur wenn die
hohem Beamten der Landvogtei sowie die Üfficianten, als
Gegenschreiber und Kastenkeller, den Atz gebrauchten,
sollten Schultheiss und Heimburger zu Gast gehalten
werden dürfen. Überhaupt sollte diese Neuordnung nicht
bindend sein für die höhern Beamten.
4. Jene Förster und Diener hatten an ihren Wohnorten
keinen Anspruch auf »Atz«, ausser wenn es ^hochnotwendige
Ursachen« betraf.
5. Ausser obiger Mahlzeit durfte weder vMorgensuppe<
noch > Schlaftrunk« verabreicht werden. Uberliaupt sollten
jene Beamten nur eine »Irten« (Zeche) verbleiben und mög-
lichst bald das betreffende Dorf verlassen.
6. Wirte, welche mehr verabreichtc»n, hatten nicht nur
keinen Anspruch auf Entschädigung durch die Gemeinde-
kasse, sondern verfielen einer Frevelstrafe.
Die Gemeinde Surburg hatte schon elf Jahre vorher
für sich eine ähnliche Atzordnung erwirkt, und weil der
»Gemeindesäckel zu sehr beschwert war«, die Erhebung
eines Umgeldes d. h. einer Geldsteuer auf den Wein-
verkauf seitens der Wirte verlangt. Aus dieser Einnahme
sollte die Zehrung der Landvogteibeamten beglichen werden.
D'e Wirtschaftsordnung, welche Surburg damals
bewillinrt wurde, lautete:
Niemand darf ohne Vorwissen und Bewilligung der
Herrschaft einen Wirtscliaftsbetrieb eröffnen.
M Strassb. Bez. A C 5.? nr. 74 u. 7f;.
226 Becker.
Wer eine Wirtschaft anfängt, muss folgende Bedin-
gung-en beschwören und beobachten bei 5 IE Strafe:
1. Alle Weinfasser müssen zu Hagenau auf offener
»Sinn« (Aichamt) geaicht werden; jede Zuwiderhandlung
trifft eine Strafe von 10 ß.
2. Nur in solchen »gesinnten« Fässern darf Wein herbei-
gefahren und aufbewahrt werden.
3. Ehe die gefüllten Weinfässer in den Keller eingelegt
werden, müssen sie von den geschworenen Weinschätzern
der Gemeinde begutachtet sein.
4. Der Vogt soU gemeinschaftlich mit den Wein-
schätzem bei dem Wirte Zahl und Inhalt der Fässer auf-
schreiben oder auf ein Kerbholz schneiden, die Hälfte des
Kerbholzes dem Wirt überlassen, die andere behalten und
die Fässer verpichen.
5. Der Wirt soll von jedem Ohmen Wein »Hagenauer
Sinn« 4 Mass als Umgeld geben. Wenn die Fässer leer
werden, soll man das Umgeld erheben, und zwar im Ver-
hältnis zu dem Verkaufswerte, wie der Weinpreis von den
geschworenen Weinschätzern bestimmt war.
6. Der Wirt darf kein Fass anzapfen, das nicht vorher
aufgeschrieben und versiegelt war. Zuwiderhandlung bedingt
jedesmal eine Strafe von 5 D.
7. Angezapfte Fässer dürfen nicht nachgefüllt werden.
Wer dagegen verstösst, zahlt 30 ß.
8. Wer heimlich Wein in seinem Keller aufbewahrt,
ohne ihn zu versteuern, verfällt in eine Strafe von einem S.
(.). Jeder Wirt, welcher die Mass Wein teurer verkauft,
als Vogt und Weinschätzer bestimmt hatten, zahlt 5 D.
10. Die Wirte müssen alle ihre Kannen nach der
Hagenauer Sinn mit einem »Zepflin gezeigt« haben. Wer
dagegen fehlt, zahlt jedesmal 10 ß.
1 1 . Vogt und Weinschätzer sollen alljährlich, so oft
ihnen gut dünkt, die Kanne revidieren im Beisein der
Wirte und diese, falls die Kannen und Masse zu klein
befunden werden, auf dem Frevel tag der Herrschaft zur
Bestrafung vorführen.
12. Alle 8 Tage sollen Vogt und Weinschätzer das
Umgeld abnehmen und in die »Büchse« thun.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 2 27
13. Für die Schätzung und Besiegelung des Weines
bezieht der Vogt jährlich 30 ß, jeder der Schätzer je 10 ß.
14. Die Weinordnung gilt in gleicher Weise in allen
Stücken auch für den Ausschank des Bieres.
Gleichzeitig wurde für Surburg auch eine Verordnung
erlassen inbetreiF des Atzrechtes der Gemeindebeamten.
1. Alle Gemeinderechnungen sollen , wie bisher, im
Beisein der Vertreter der Herrschaft vorgenommen werden,
und von dem Überschuss soll die Gemeindeschuld gedeckt
werden.
2. Dem Heimburger und den Gevschworenen ist kein
Atz gestattet; ersterer erhält jährlich i S, letztere je 10 ß.
3. Wenn der Heimburger in Gemeindegeschäften und
in Sachen der landvogtei thätig ist, bezieht er in den
jetzigen teuren Zeiten täglich 2 ß 6 .% ; wenn die Lebens-
mittel im Preise sinken , wird ihm weniger angewiesen
werden. In der jedesmaligen Rechnung muss ausdrücklich
die Ursache und Art seiner Thätigkeit vermerkt werden.
4. Die bisherigen Frondienste der Einwohner für
Heimburger und Geschworene fallen weg; dafür beziehen
diese jedesmal 2 .s als Steuer.
5. Wenn der Heimburger in Gemeindegeschäften nach
Surburg oder sonstwohin eine Stunde Wegs verreisen
muss, erhält er 2 ß; bei noch weitern Reisen werden ihm
seine Unkosten vergütet.
6. Für die Markttage an Ostermittwoch und St. Lux-
tag erhob die Gemeinde als Marktk(^ston 4 Schilling').
Am frühesten scheint in Küttolsheim die Weinsteuer
bestanden zu haben. Vor 1550 wandten sich Schultheiss
und Gericht wiederholt an den Landvogt und die Räte,
damit diese den Unfug, den die Wirte mit dem Atz und
Umgeld trieben, abstellen sollten. So führten sie in einer
Klage über den Wirt Diebold Stempfer aus: Da der
Flecken Küttolsheim an der kaiserlichen l^ndstrasse gelegen
sei und eine (iastherberge besitze, hätten sich bisher viele
Fuhrleute zu ihnen gewandt. Daraus habe der gemeine
Mann viel Nutzen gezogen, indem er seinen Wein habe
verkaufen können. Der jetzige Wirt aber Überteuro dio
') Strassb. Bez. A. C 3,^ nr. 75.
228 Becker.
Fuhrleute, indem er von diesen 14 a oder 2 Batzeh erhebe,
wo ein Bürger nur 10 ,s bezahle. Auch berechne et die
Stallmiete und das Hafergeld zu hoch. Auf diese Weise
würden die Fuhrleute veranlasst, weiter zu fahren, und die
Bürger brächten ihren Wein nicht mehr zum Verkauf.
Auch bei der Zahlung des Umgeldes lasse der Wirt sich
manchen Betrug zu schulden kommen. So habe er 1547
von seinem Rotwein gar keine Steuer entrichtet. Die
Rechnung für den Atz der herrschaftlichen Beamten und
Diener mache er eigenmächtig, ohne, wie es Vorschrift
sei, den Schultheissen und Heimburger hinzu zu ziehen«.
Infolgedessen entschied der Landvogt:
1. Der Wirt solle vor dem Schultheissen und Gericht
schwören, künftighin kein Fass Wein anzuzapfen, es sei
denn durch die Geschworenen besichtigt, und kein zweites
anzuzapfen, ohne dass das erste versteuert sei.
2. Mahlzeiten dürfe der Wirt bei Fremden wie bei
Bürgern nur nach dem Pfennigwert berechnen.
3. Diesmal sehe man ab von einer Bestrafung; künftig-
hin dürfe der Atz nur im Beisein des Schultheissen und
Heimburgers verrechnet werden.
Im Jahre 1548 wurden beide Wirte zu Küttolsheim auf
diesen Erlass vereidigt. Acht Jahre später aber wollte der
Wirt Löwe sich nicht daran binden und veranlasste eine
Beschwerde gegen sich bei der Landvogtei *).
Zu Dangolsheim setzte man alljährlich zwei Weinsticher
ein. Wenn diese aus den einfachen Rebleuten genommen
wurden, gesellte man ihnen noch zwei gewerbsmässige
Küfer zu, welche den Fuhrleuten die Fässer bereiten und
den Wein »so Kaufmannsgut war«, darein abziehen mussten.
Weinschätzer und Küfer wurden gleicherweise auf ihr Amt
vereidigt*).
Der sogenannte »Weinkauf« tnusstc regelmässig in
dem Orte getrunken werden, von wo der Wein bezogen
wurde ^).
Schon im Jahre 1564 hatte Kaiser Ferdinand versucht,
in den Dörfern die Erhebung des Umgeldes allgemein
') Strassb. Bez. A. C 53 nr. 85 11. 90. — -} Ebenda C 52 nr. 48. —
') Ebenda C 53 nr. 93 u. 96.
Die Reichsdörfer der Landvogtci Hagenau.
22Q
einzufuhren. Die kaiserliche Verordnung aber war auf
grossen Widerstand gestossen. Der Vertreter der Stadt
Hagenau erhielt den Auftrag, im Namen der Reichsunter-
thanen Aufschub der Sache zu verlangen, damit die
Gemeinden sich nach reiflicher Überlegung schlüssig
machen könnten. Falls man aber seitens der kaiserlichen
Bevollmächtigten auf sofortige Einführung der Steuer
dränge, sollte er sagen, die Reichsunterthanen könnten
sie nicht bewilligen, da sie gegen ihre Freiheit und das
alte Herkommen sei^).
Nach dem Mansfeldischen Kriege 1624 wurden in der
ganzen Pflege neue Erhebungen veranstaltet über die
Lasten und Beschwerden der Reichsleute, und es kam
thatsächlich, wie es scheint, damals zur allgemeinen Durch-
führung des Umgeldes.
Rechnungsberichte aus dem Jahre 1030 belehren uns,
dass diese Steuer vierteljährig an den Fronfasten erhoben
wurde. Sie betrug für jenes Jahr an Quatember zu Invo-
cavit (20. Februar) 208 ff g ß 8 .s, zu Pfingsten (22, Mai)
241 ff 15 Cs zu Kreuzerhöhung (18. September) 453 ff 15 (i
q' j .s zu Lucientag (18. Dezember) igi ff 6 1» 5 a; und
zwar verteilte sich diese Summe das letzte Mal wie
folgt«):
Dangolsheim gab . .
Küttolsheim ....
Gerichtsbezirk Wingcrsheim
» Batzendort
Mommenheim . .
Mutzenhausen . .
Gericht Bossendorf
Lixhausen . . .
Ettondorf . . .
Gericht Morschweiler
Wittersheim . . .
Ilüttendorf ....
Gericht Ohlungen
> Forstheim (dazu 1 It»vrenev
und Eschbach) .
»o n 10 (5
41
«4
5
4
3
4
t
4
2
iS
«3
»7 ^
I »
10 i>
2 i
10 ir
1 0 -
0
4
0
0
0
o
0
ri
> Hag. St. A. AxV 150 nr. 7. — «) Slrassb. Bez. A. C M nr. 41»- v»-
230 Becker.
Gunstett 6 I? 4 ß —
Surburg 9^i»q
Sufflenheim 29 ?> 1 > —
Gericht Kindweiler 30 » 7 > 7
VI. Sitten und Gebräuche in den Dörfern.
Der »Herrschaft« und ihren Vertretern, den Schult-
heissen, lag die Pilicht ob, im Gebiete ihres Gerichtsstabes
bürgerliche Zucht und Ordnung zu wahren und gute Sitte
zu fördern. Oberlandvogt Erzherzog Maximilian hatte um
das Jahr 16 16 alle seine Schultheissen im Reich aufgefordert,
ihm ausführlichen Bericht zu erstatten über »Missbräuche
und Unordnungen in den Dörfern, die mit Hilfe der Herr-
schaft abgeschafft werden sollten«^. Eine ganze Reihe von
Beschwerden lief daraufhin bei der Landvogtei ein, worin
die Schultheissen oder Pfarrer recht anschauliche Schil-
derungen der Sittenzustände der damaligen Zeit entwerfen ').
Gegenstand allgemeiner Klage sind die üppigen Gelage
bei Hochzeiten und Kindtaufen.
Der Samstag vor der Hochzeit — diese wurde gewöhn-
lich Sonntags gehalten — wurde als regelrechter Polter-
abend im Wirtshause gefeiert. Zahlreich versammelten
sich hier die Dorfbewohner, besonders die Jugend, zum
»Hirschessenc, wie man es nannte. Das Brautpaar ver-
abreichte Essen und Trinken, selbst Fleischspeisen an
Fasttagen, in Fülle. Das Singen, Springen und Tanzen,
auch andere Unzucht und Üppigkeit zog sich hin bis spät
in die Nacht, sodass das ganze Treiben anzusehen war »als
ein liederlicher Anfang einer glücklichen Ehe«. Die jungen
Eheleute riefen so »statt der Benediktion eine Malediktion
auf sich herab«. Denn wenn man Sonntags zur Kirche
kam, um Predigt und Messe zu hören, »war man noch voll
und toll und trieb mehr Unzucht als Gottesfurcht«. »Wie
viel besser wäre es,« heisst es in einer Klageschrift, »die
Filtern würden das Geld, das von solchen Gelagen ver-
schlun^ren wird, den Kindern zur Aussteuer geben, diese
könnten dann ein Vierteljahr davon haushalten.« Petrus
') Hag. St. A. AA 150 nr. 15 19.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 23 1
Molitor, der unwürdige Pfarrer von Minwersheim, wie er
sich demütig nennt, hält es für notwendig, dass das
Brautpaar sich der Beicht und heiligen Kommunion
befleissige, ehe es die Verknüpfung und den Segen der
Kirche empfang^. Er will alle >Fantasien« in der Kirche
mit »Geigen und Getümmel«, auch das »Brotauswerfen« unter
dem Amt der heiligen Messe abgestellt wissen.
Wenn der Hochzeitszug die Kirche verliess, lief das
Jungvolk, vornehmlich die Mädchen eher als die Knaben,
ins Wirtshaus, stürzten an die Tische wie das »ungezogene
Vieh', und alsbald musste Brot und Wein vollauf verabreicht
werden. Ehe ein ehrbarer Bürger sich zu Tisch setzen
konnte, war das Beste schon verzehrt. Nach dem halben
Imbiss stellten sich die Kinder ein ; manche Mütter stopften
ihnen Brot und Fleisch zu. Der Wirt aber machte eine
teure Rechnung, die zu gleichen Teilen von den Gästen
bezahlt werden musste, gleichviel ob einer wenig oder viel
genossen hatte.
Ahnliche Klagen werden erhoben über die Ver-
schwendung bei Kindtaufen. »Viele armen Leute, die von
Gott mit Kindern beschenkt wurden, wandten aus bösem
Brauch so unnütze Kosten auf, dass sie später ein halbes
Jahr mit ihrer Familie darben mussten.« Gewöhnlich
dauerten die »Taufsuppen« oder »Kindschenken« drei volle
Tage. An Wein, Bier, Käse und Brot wurde auf einmal
soviel v/ausgeschüttet«, dass Kind und Kindbettcrin grossen
Mangel leiden mussten und letztere oft während des ganzen
Kindbetts keinen Tropfen Wein mehr zu trinken erhielt.
IWschwerlich empfanden es die (levatterleut, dass sie alle
andern (raste, welche an der Feier teilgenommen hatten,
he'mführen mussten. Mancher arme »Geselle wusste kaum
das Geld aufzubringen, um den Wirt, Metzger oder Bäcker
zu bezahlen. Sollte er aber dann auch noch zur Steuer in
die (lemeindekasse 2 oder 3- Batzen zahlen, so war kein
(Teld von ihm zu bekommen.
»Diesen übertriebenen Aufwand,« glaubt der Schult-
heiss von Gunstett, »könne man wohl abschaffen und etwa
erlauben, dass die Gevatterleute wie auch diejenigen, welche
bei der Kindbetterin seien, etwa ein Tisch voll, miteinander
guter Dinge wären.« Der ehr\vürdige Herr Pfarrer ins-
232
Becker.
besondere wünscht, dass die gnädige Obrigkeit doch den
Armen ihren und ihrer Weiber und Kinder Nutzen und
Auskommen zu bedenken geben möge. Den Reichen und
Wohlhabenden stehe es wohl an, ihre Kindschenken mit
aller Zucht, Stille und Ehrbarkeit zu halten, alles Schreien,
Johlen, Juchzen, Tanzen und Springen, das sich ohnehin in
eine Kindbettbehausung nicht passe, zu vermeiden. Ihm
dünkt es auch rätlich, ehrbare und verständige Leute zu
Gevattern zu nehmen, keine lutherischen und keine ver-
dächtigen, die da kein Bleibens haben oder nicht wissen,
wozu sie durch solchen Beruf verbunden werden.
Ein Pfarrer von Surburg kränkt sich besonders darüber,
dass die Kinder oft acht Tage und länger ungetauft liegen
bleiben und auf >das (refräss* warten müssen. Auch er
will keine Paten aus lutherischen Orten bei der Taufe
sehen.
Die »Kunkelstuben« nennt der Schultheiss von Gunstett
ein »jämmerlich Werk-. Da laufen Töchter und Knaben
manchmal eine ganze halbe Nacht auf der Gasse herum
und treiben eine Schand, dass man vermeinen könnte, es
brenne in dem Dorf, Die einen treiben sich hier, die
andern dort in den Winkeln herum. Die Herrschaft könne
wohl gestatten, dass an Winterabenden drei oder vier
Nachbarn mit ihrem (xesinde zusammengingen. Die ledigen
Burschen aber sollten von der Gasse geschafft werden.
Herr Pfarrer Molitor bezeichnet jene nächtlichen Zusammen-
künfte in der Kunkelstube als eine schändliche Unzucht,
die man schwer bestrafen solle. Von leichtfertigen, bösen
Burschen, von Mägden und Knechten würden dort un-
züchtige Tänze bis tief in die Nacht, ja bis zum Morgen
aufgeführt. Auf dem Heimwege aber verübe man in
Winkeln und Scheunen und Zechinen alle Unkeuschheit.
Gar oft komme es auch vor, dass man während dergleichen
nächtlichen Zusammenkünften guten, biedern Leuten in die
Keller und Häuser einbreche, um Brot und Wein für jene
bösen Gesellschaften zusammenzutragen. Zur Abwehr
dieses Unfugs bestehe zwar in Minwersheim eine Polizei-
verordnung, dass um 9 Uhr abends der Sigrist ein Zeichen
mit der grossen Glocke geben solle, damit alle, welche in
den Kunkelstuben oder auf der Gasse seien, oder auch in
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 233
den Wirtshäusern schwelgten, heim getrieben würden; man
habe aber zu viel Nachsicht walten lassen. Die gnädige
Obrigkeit möge von jetzt ab die Übelthäter strenge zur
Rechenschaft und Strafe ziehen, damit dem Unwesen allen
Ernstes ein Ende gemacht werde.
Allgemeinen Unwillen erregten damals auch das Über-
handnehmen des gotteslästerlichen Fluchens und Schwörens,
das übliche Raufen und die Streithändel in den Wirts-
häusern. Der seeleneifrige Pfarrer fand, dass jene Gottes-
lästerung bei Weibern und Männern, Knechten, Mägden,
ja auch bei Rossbuben und Kindern und ganz besonders
auch bei Zechereien und Gastereien derart im »Schwung
war, dass es zum Erbarmen sei«! Sein Wunsch geht dahin,
dass die Herrschaft jeden, der solche gottschänderischen
Redensarten hört, verpflichten solle, die Frevler auf frischer
That anzuzeigen. Verheimlichung und Verhehlung sollte
durch eine gleiche Busse gesühnt werden, wie die Misse-
that selbst. Die Schultheissen aber empfahlen dem Land-
vogt, vor allem die Wirte auf ihre Eide zu verpflichten,
die gottlosen Gäste, welche schwören, fluchen, raufen und
schlagen und sich hernach wiederum im stillen vergleichen
und die UbeJthat vertuschen wollen, beim Ortsschultheissen
zur Anzeige zu bringen.
Die geistlichen Herren beklagen sich vor der land-
vogtischen Obrigkeit des weitern noch über die Vernach-
lässigung der religiösen Pflichten seitens der Unterthanen.
Viele alten Leute waren aus grosser Lässigkeit oder
Trägheit im Dienste Gottes und durch Verblendung des
bösen Feindes so ungelehrt, grob und rüde, dass sie das
Zeichen des heihgen Kreuzes, welches ein allgemeines
Zeichen der ganzen christlichen Gemeinde ist, nicht wie
es sich einem Christen geziemt, machten, noch auch das
Vaterunser, den englischen Gruss, den christlichen Glauben,
die IG Gebote Gottes u. s. w. recht beten konnten. Die
Pfarrer sollten deshalb angehalten sein, gewisse Tage zu
verordnen, an welchen jung und alt fleissig in den reli-
giösen Wahrheiten unterrichtet würde. Nicht allein die
Kinder, wie bisher geschehen sei, sondern auch die er-
wachsenen Jungfrauen und Junggesellen sollten die »Kinder-
Ichrc« besuchen.
ZiMschr. f. Ucsch. J. Ohcrrh. N. V. XIV. j. It.
^34
Becker.
Weil sich eine grosse Trägheit im Kirchenbesuch
geltend machte, war verordnet worden, dass jeg'licher
Hausvater sein Weib, Kind und Gesinde ernstlich an
heiligen Zeiten und Tagen zur Kirche schicken sollte.
Die Fest- und Feiertage .waren vielfach entheiligt worden
»durch geringe Arbeiten, wie bauchen, backen, waschen,
spinnen«. Jeder Bürger sollte derartige Sonntagsentheiligung
zur Bestrafung ziehen helfen.
Vor allem schien es erwünscht, den »verderblichen
Juden « auf die Seele zu binden, piit ihrem Laufen auf »die
heiligen Sonntag« einzuhalten. »Kein Sonntag verg-eht,« so
klagt Herr Molitor, »ohne dass ein oder zwei Juden die
guten Leute empfangen, wenn sie aus der Kirche treten,
ihnen durch Schuldforderungen, was sie Gutes gehört, pertur»
bieren, und also wie die Vögel der Luft den guten Samen
auffressen.« Als ein anderer schwerer Missbrauch, welcher
durch die Predigt nicht genugsam abgeschafft werden könne,
und welchen die christliche Obrigkeit mit weltlicher Strafe
belegen müsse, erschien den Herren Pfarrern der schänd-
liche Aberglauben der Kranken oder solcher, welche durch
Diebstahl oder verloren Gut zu Schaden gekommen waren.
In solchen Fällen nämlich erholte man sich Rat bei alten
Weibern, Hess die Kranken mit einem Faden messen, warf
einen Pfennig in eine Schüssel voll Wasser, nannte bei
diesem Hokus-pokus die Namen von Heiligen, verordnete
Wallfahrten und Opfer. Ein Zauberer aus Rappoltsweiler
stand um diese Zeit besonders bei dem abergläubischen
Volk in gutem Rufe. Bei ihm, »als dem Teufel, dem
Vater aller Lügen«, pflegte man besonders sich Rat zu
holen, wenn man etwas verloren hatte. Solche Hexen-
meister und Hexen schienen einer strengen Bestrafung
würdig. Den höchsten Unwillen der Geistlichen hatte es
erregt, dass bisweilen nicht nur Fremde, sondern auch
Einheimische Wohlgefallen fanden an lutherischen Psalmen
und »andern unzüchtigen Liedern«, welche in Wirtshäusern
und sonstwo gesungen wurden. Dafür forderten sie strenge
Abwehr und Bestrafung. Nicht minder frevelhaft und
strafwürdig erschienen die lügenhaften Schmähreden gegen
die christliche Religion und Kirche, gegen den heiligen
Vater, den Papst, den christlichen Kaiser, und das hoch-
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 235
löbliche Haus Osterreich, den gnädigsten Herrn Erzherzog
Maximilian und alle andre Obrigkeit, gegen die Prälaten
und Geistlichen, wie denn auch gegen alle der römischen,
katholischen Kirche zugethanen Fürsten und Herrn. Von
grrosstem Seeleneifer aber zeugt es, dass der Herr Pfarrer
vermittels der Obrigkeit seine Gläubigen anzuhalten sucht
zur Verrichtung des täglichen Gebetes (vor und nach dem
Essen, am Morgen und zur Nacht, beim englischen
Gruss u. s. w.), zur Verehrung des heiligen Sakramentes
des Altars; wenn es von dem Priester erhoben, über den
Bann oder durch das Dorf getragen wird zu Kranken,
dann solle jedermann auf die Kniee niederfallen, die
Mütze abziehen, die Hände falten; wenn man zum hoch-
würdigsten Sakramente gehe, so sollen sich die Weiber nicht
allzusehr vermummen, sondern die Schleier und Schürzen
vor dem Mund weg thun. Diejenigen, welche an Werk-
tagen zur Messe und an Sonntagen zur Vesper gingen,
dürfe niemand verachten, als ob nur Hexen solches zu
thun pflegten.
Wie jene ehrwürdigen Geistlichen durch frommen
Seeleneifer sich auszeichneten, so fand sich auch wohl ein
unwürdiger Hirt, gegen den der Schultheiss den gerechten
Zorn der Herrschaft heraufzubeschwören suchte. Christ-
mann Rapp, Schultheiss zu Mommenheim, rügte 1623 vor
Statthalter und Räten zu Hagenau das Benehmen des
Pfarrers daselbst in schwerer Anklage. =;Gem hätte er
Ihre Gnaden mit dieser Supplikation verschont. Aber die
höchste Notdurft zwänge ihn, gehorsamst zu melden, dass
der Pfarrherr bei dieser schweren gefährlichen Zeit all-
bercits in zwei Jahren nicht einen einzigen Menschen Beicht
gehört noch kommuniziert habe. Als Jakob Diebolds, des
jetzigen Heimburgers Hausfrau, von dem lieben Gott mit
einer schweren Krankheit heimgesucht worden, da sei
derselbe zu dem Herrn Pfarrer gegangen und habe ihn
gebeten, seine Frau mit den heiligen Sakramenten zu ver-
sehen, was ihm zugesagt worden sei. Hierauf sei er nach
Hagenau geeilt, um bei dem Herrn Doctori ein Äledi-
kament zu holen, habe aber bei seiner Rückkehr vor-
nehmen müssen, dass der Pfarrer noch nicht dagewesen
sei. Er sei deshalb wieder zu ihm gelaufen. Der Pfarrer
16*
236 Becker.
habe noch einmal ihm versprochen, sogleich zu kommen,
er habe es vorhin vergessen. Dann sei er aber auf seinem
Pferde davon geritten und habe jene Frau wie auch
mehrere andere Personen unversehen, trotz allem Flehen
und Bitten, sterben lassen. Während seines ganzen Auf-
enthaltes zu Mommenheim habe der Pfarrer nicht ein
einzigmal an Fest- und Feiertagen gepredigt, oft nicht
einmal Messe gelesen, sondern sei gleich davon geritten
und habe den Gottesdienst in den Wind geschlagen. Vor
kurzem, am Feste der heiligen Katharina, habe er den
Heim burger zwingen wollen , ihn nach Strassburg zu
fahren. Manchmal habe er Hochzeiten angesetzt, sei dann
aber nicht erschienen und habe die Brautleute so in Un-
kosten und Gelächter gebracht. Junge Fohlen, welche er
gekauft habe, habe er ehedem zur Weide auf den Kirch-
hof treiben lassen. Dieser sei derart verwüstet und
geschändet worden, dass die Bürgerschaft sich darein
gemischt habe. Jetzt lasse er zwei (xeissen darauf laufen,
welche ihn noch mehr verwüsteten, sodass die benach-
barten Nichtkatholiken spöttisch sagten, der Mommen-
heimer Kirchhof sei ein gemeiner Weideplatz, sie würden
ihre Geissen auch daraufjagen. An den letzten Weihnachts-
festen habe er keine Predigt gehalten. Auf Stephani habe
er einen Weihnachtsgesang angefangen, sei aber stecken
geblieben, habe dann überlaut gesagt, er könne diesen
Gesang in seinem Buch nicht finden, man solle deshalb
einen andern anfangen. Dadurch sei ein solches Lachen
verursacht worden, dass man bald nicht mehr gewusst
habe, ob man in der Kirche oder im Wirtshausc sei.
Anstatt dass der Seelsorger die Leute zur Treue und zum
Gehorsam gegen die Obrigkeit anhalte, habe er, wenn
nach altem Brauch ein Befehl der Obrigkeit vor der Kirche
abgelesen worden sei, den Leuten oft bemerkt, sie sollten
sich an solches Gerede nicht kehren, noch solchem Befehl
nachkommen. Er wolle nicht Pfaff im Dorfe sein, oder
ich dürfe nicht länger Schultheiss bleiben! Letzthin nun
sei der Pfarrer in des Schultheissen Behausung zugefahren,
habe den ganzen Tag bis gegen Mitternacht (salvo honore)
mit Fressen und Saufen zugebracht und schliesslich zur
Hausfrau gesagt, sie sei des Teufels; ihr Mann solle sie an
Die ReichsdOrfer der Laadvogtei Hagenau. 2ß^
Wochentagen 7mal, an Sonntagen aber 8mal schlagen, auf
dass sie auch wisse, wann Sonntag sei. Dann habe er gar
den Schultheissen selbst gescholten, er sei ein Schelm, ein
Dieb; dieser habe ihn aber daraufhin mit einem Prügel
davongejagt. Schliesslich geht des Schultheissen Bitte
dahin, die Obrigkeit möge ihm gnädig beholfen sein, dass
der Pfarrer gebührend gestraft werde, solche Sachen in
Zukunft vermeide, die Unterthanen aber in ehrbarem Handel
und Wandel besser als bisher unterweise.«
Ob diese Klagen in solchem Masse berechtigt waren,
und wie der Landvogt Abhilfe schaffte, liess sich nicht
ermitteln.
Wie die Sittenpolizei, so übten Schultheissen und
Gerichte im Verein mit der Herrschaft auf dem Lande auch
die Gesundheitspolizei.
Vor dem Unterlandvogt Johann Wildgrafen zu Daun
gaben 1447 Diemar König, Schultheiss, und die Gerichts*
Schöffen zu SufHenheim an Eidesstatt folgende schriftliche
Erklärung ab:
»Es sei ihnen wohl kund, dass das heilige Reich und
die Stadt Hagenau seit Menschengedenken die Rechts*
gewohnheit hätten, durch den Rat daselbst Scherermeister
zu ernennen, deren Pflicht es sei ȟber die Malatiec, den
Aussatz, zu wachen. Wer im Verdacht stehe, vom Aus-
satz befallen zu sein, werde von jenen Meistern genau
untersucht. Wen diese für aussätzig erklärt hatten, der
werde von Meister und Rat aus dem Stadtgebiet verbannt,
liin ähnlicher Rechtsbrauch bestehe seit uralter Zeit bei
ihnen zu Sufflenheim. Sobald nämlich Schultheiss und
Gericht daselbst argwöhnten, dass ein Dorfbewohner vom
Aussatz befallen sei, pflegten sie durch geheime Rotschaft
den Zinsmeister samt jenen städtischen Meistern nach
Sufflenheim zu bescheiden. Sodann werde die verdächtige
Person früh morgens aus dem Bette geholt und von den
genannten Meistern besehen. Wer von ihnen ftir unrein
befunden werde, werde vom Schultheissen und (rerichte
von der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen, Falls ein solcher
von andern Meistern als rein erklärt werde, so sei dies für
die Gemeinde nicht bindend, denn die Aussagen fremder
Meister hätten sich oft als unwahr erwiesen. In dergleichen
238
Becker.
Fällen görinten sie gerne dem BetreflEenden, dort sich
niederzulassen, wo .er für »schone« erkannt worden sei,
beziehungsweise wo man ihn dulden wolle« ')•
VII. Die Steuern und Abgaben der ReictisdOrfer.
A. Ständige Geldsteuern.
I. Die Weihnachts- und £mte-Bet.
Für die Dörfer der Reichslandvogtei gab es zwei
grosse, standige Geldsteuem, welche nach der Verfallzeit
»Weihnachts- und Emtebet«, genannt wurden* Forstheim
und Hegeney scheinen allein von den beiden Steuern befreit
gewesen zu sein, wenigstens finden sich für das 15., 16.
und 17. Jahrhundert keine Belege dafür.
Diese Weihnachtsbet belief sich alljährlich auf 223 1£
Strassburger Währung für 41 Dörfer, Nach 1512, wo
Ding^heim, Dossenheim, Kleinfrankenheim, Offenheim und
Waldolwisheim ganz an das Bistum Strassburg kamen,
betrug sie noch 216 Ä 10 ß.
Die Emtebet belief sich für 43 Dörfer auf 1 1 1 tt 5 ß
Strassburger Währung, beziehungsweise nach 15 12 noch
auf 100 ff. Gleichzeitig bezog der Zinsmeister, wie es
scheint als Lohn für die Erhebung jener Steuern, von den
meisten dieser Dörfer bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts
entsprechend kleinere Geldbeträge 2), so zur Weihnachts-
zeit von 32 Dörfern 6 Gulden 8 Ä 16 ß 6 »s, zur Erntezeit
10 bis II Ä von etwa 32 Dörfern 3).
1) Hag. St. A. AA 149 nr. 15. — ^) In dem Rechnungsbuch des
Zinsmeisters von 1445 ist eine besondere Abteilung mit der Über-
schrift: »Innome von eins zinzmeisters vellen-. Eine ähnliche Rubrik
i449.fol. 29 besagt: des zinsmeisters rechenbüchel von dem, daz bitz
harc eyme zinsmeister in sunder für seinen dienst gefallen ist, und nu
myme gnedigen herrn zugehöret«. Dieses betrifft folgende Einnahmen:
I. von einungen und besserungen (1445) 7 f? 17 ß ii »S; 2. von laubgeld
= 2 a* 3 ß; 3. zur ernebeth = 10 ff* 6 ^^; 4. zur weinachtsbeth (1449) --=
b gld 8 ^ 16 ß 6 >A. In den folgenden Zinsbüchern bilden diese Ein-
nahmen des Zinsmcisteramtcs immer noch eine geschlossene Rubrik. Noch
zwei Arten von Einnahmen werden dabei genannt: 5. winkouf vom Ecker
(für 1500) 21 ß; 6. des Zinsmeisters Opfergeld von der judcnschaft im reich,
dem abt von Xeuburg und dem abie von St. Walburg Q gld. — ') Die
letzteren kleinen Schwankungen sind veranlasst durch den jedesmaligen Wert
des Hafers oder Korns, wofür einige Dörfer den Geldwert geben mussten.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 230
2.. Kalbgeld.
Eine andere durch alle Jahrhunderte gleiche Steuer
war das Kalbgeld, welches an Ostern von 30 Dörfern ent-
richtet wurde und sich auf 9 S 17 ß 10 «^ belief.
B. Unveränderliche Naturallieferungen.
1. Hafer.
An Weihnachten lieferten 35 Dörfer alljährlich 1390
Viertel Hafer; zur Erntezeit gaben bloss 13 Dorfer
1 1 1 Viertel. ^)
2. Stroh.
Auch die Strohlieferung war eine ständige; aus
13 Dörfern wurden alljährlich 5300 Wellen gesammelt.
3. Korn und Hafer.
Sämtliche Kelleramtsrechnungen von 1531 — 1557 ver-
zeichnen für vier der Reichsdörfer jährlich dieselbe Abgabe
an Korn, nämlich je ^,4 für Bernolsheim, Höchstett und
Niederschäffolsheim ; für Rotteisheim nur 1/4. Es scheint dies
dieselbe Abgabe zu sein, welche im 15. Jahrhundert bei dem
kleinen Erntebetgeld, das, wie bemerkt, bis Mitte des 15, Jahr-
hunderts dem Zinsmeister zustand, regelmässig wiederkehrt.
In gleicher Weise wie diese Komabgabe wird in den
Kellerrechnungen für Bitschhofen, Kindweiler und Überach
alljährlich eine flaferlieferung von je V^ vermerkt; auch
diese wurde früher in Geld dem Zinsmeister zur kleinen
Weihnachtbet verabfolgt 2),
') Forstheim, welches von allen Geldbeten frei war, war, wie schon
bemerkt, an der Haferliefernng regelmässi^r beteiligt. Die Naturallieferungen
von Dingsheim, Dossenheim, Klein frankenheim, OHfenheim, Waldolwisheim,
welche 15 12 ganz an das Bistum Strassburg kamen, Hessen sich nicht
ermitteln, da die vorliegenden Rechnungen des Kcllcramtcs erst mit 1531
beginnen. Vgl. Anhang nr. 3. — ^) Von einem Gültgut zu Kindwciler
wurden jfthrlich ^', Koin entrichtet; von einem Lehnsmann zu SchafThausen
*\: von dem heiligen Acker« zu Gebol>heim gingen jährlich ''*f^ Korn ein;
zu 1622 heisst es: »und dieweilen kein heiliger schafTncr zu Gcbolshcim
gewesen ist, so ist den hie vorigen kellern bevohlen worden, die gült, so
der bawer von des heiligen guei daselbsten gibt, ein/enemen, welche man
bishcro auch empfangen und berucht also, wcyl es ein geistlich guct, uf der
hetrschaft weitem Verordnung; thuct * ^.<-
24Q Becker.
4. Wein..
Zur Weinlieferung war bloss Kindweiler verpflichtet;
alljährlich bezog die Landvogtei von dort 7V2 Ohmen
Weisswein >).
5. Heu.
Eine regelrechte Heuabgabe findet sich nur für Gun-
stett; der Meier daselbst lieferte jedes Jahr »2 Enger« 2).
6. Kappaunen.
Die Zinse an »Kappen« sind in allen Rechnungsbüchern
der Kellerei von 1531 bis 1576 unverändert. Es werden
nämlich für Martini folgende Einnahmen verzeichnet:
a) Lieferungen an Kappen, welche der Landvogtei in
Gemeinschaft mit den Herrn von Lichtenberg zustehen: |
18^/4 Kappen.
b) Der Landvogtei allein standen aus mehreren Dorfern
34 Kappen zu,
c) Die Bewohner von Küttolsheim gaben jährlich
12 Kappen, wovon dem Schultheissen daselbst einer zu-
stand für das Einsammeln^).
C. Veränderliche Steuern und Abgaben.
I. Die Leibbct.
Eine veränderliche Geldsteuer war die sogenannte
»Leibbet«, welche die Schultheissen sowohl in den meisten
Reichsdörfern sammelten, als auch ausserhalb derselben von
denjenigen Bürgern, welche aus der Herrschaft weggezogen
waren. Diese Leibbet rührte wohl her von früherer Leib-
eigenschaft und wurde zur Ernte und an Weihnachten
erhoben wie jene ständige Geldsteuer.
') Von den »Rcbenc zu Marlenheim erhielt sie 9 oder 8 Ohmen. —
«) 1531 ertrugen die »Fronmatten* 18 Enger, 1544 bloss 13 Enger Heu; zu
1544 heisst es: 5-14 Enger Heu sind dies Jahr uf der Matten gewachsen, so
umb den probst zu Surburg entlehent worden«; 1557 betrug es 16 Wagen.
— 8) Gleichzeitig findet sich die Notiz: Zins, so auf St. Martinstag mit den
Kappen gefallen: 17 ß 8 V^ i Heller. 1622 sind die Erträge an Kappen
teilweise anders.
Die Reichsdörfer der .LaDd\-ogtei Hagennu. 24 1
1445 betrug die Weihnachtsleibbet in den Reichs*
dorfem 25 K 18 ß 2 .% Strassburger und 12 £ 8 ^ Heidel*
berger Währung; die der »Aussenleute« betrug i Gld. 12 ß
4 Ä. Die Emteleibbet belief sich auf 21 Ä 3 ß 5 »*. Im
Jahre 1500 gingen an Weihnachtsleibbet im Reiche ein 15 ß
13 ß 6 .%; auswendig der Reichsdörfer aber 8 fC 2 ß 6 .%
Strassburger und 4 ß Heidelberger Währung.
Die Ernteleibbet betrug in den Reichsdörfem 15 tt
14 G 6 «s, auswendig des Reichs 12 i 11 ß 10 .^.
Ausserdem gab es noch eine Leibbet, welche der
Zinsmeister der Landvogtei personlich auf Martini ein-
sammelte, und zwar auch in der Stadt selbst; sie betraf
auch solche, welche sich >'in das rieh besetzt han«^.
1500 gingen im ganzen ein 7 Ä 7 ß 6 js.
2. Frevelgelder,
Schwankend vor allem war auch die Einnahme an
gerichtlichen Strafgeldern, den sogenannten Gerichtsfrevoln.
Das Jahr 1449 ergab als Summe aller Frevelgelder:
652 Gulden 58 Ä 5 ß 7 *s. Für Waldbesserungen gingen
ein 7 Ä I ß 5 Ä. »An Einigungen und Besserungen« bezog
der Zinsmeister 9 Ä 7 ß 8 .s^).
3. Rechthühner.
Für 33 Dorfer der Pflege bestand eine jährliche Abgabe
an Fastnachthühnem ; 32 Dorfer gaben Erntehühner. Diese
Benennungen bezichen sich indessen nicht sowohl auf die
Zeit der Lieferung, als die Grösse der Hühner. Unter Fast-
nachthühnem verstand man alle, unter Erntehühnern junge.
Die Zahl der Hühner ist schwankend, d. h. nahm jährlich zu.
Die Tafel auf Seite 246 247 giebt die Lieferung aus den Jahren
1531 und 1534. Im Jahre 1533 wurden 650 Fastnacht-
*) Die Rechnung von 1500 zähli auf: i. Frevel verlcdingt tlurch Land-
voRi und Zinsmeister in der ersten \>rtcdij;ung auf Donnerstag nach Exaudi.
:. Frevel auf Freitag St. Odilicntag 3. Frevel die in den Gemein-
d«*.rfern vertedingt wurden durch den Zinsmeisler und Vogt von Gugenhcini . .
4 Frevel %-crledingl zu Kütiolsheim durch den Zinsmeister und Schaflner de>
hohen Stifts Strassburg auf Montag nach Thomae. Summa aller Frevel 1300
^iruK 25 gld. 18 9 18 B 0 i"^.
242
Becker.
und 584 Erntehühner geliefert; 1576 waren es 953 Fast-
nachthühner und 833 Emtehühner.
4. Abgabe an Lämmern.
Jedes Reichsdorf, das eine eigene Schatherde hielte
musste an Ostern ein Lamm geben. So wurden 1531 von
7 Dörfern 7 Lämmer verabreicht; 1539 warep es 15, 1576
schon 24. Nach 11 Kellereirechnungen von 1531 — 1576
waren in dieser Zeit folgende Reichsdörfer an der Lieferung
beteiligt:
Batzendorf lomal, Bernolsheim 9mal, Berstheim imal,
Bitschhofen 8mal, Bossendorf 9mal, Eschbach 9mal, Etten-
dorf lomal, Forstheim 6mal, Gebolsheim 3inal, Gunstett
5mal, Hegeney 2raal (1533 u. 1539) Hochstett 2mal, Hütten-
dorf 8mal, Kindweiler 9mal, Kriegsheim 8mal, Lixhausen
2mal, Minwersheim 2mal, Morsch weiler 3mal, Mommen-
heim 9mal, Mutzenhausen imal, Ohlungen 8mal, Ringel-
dorf 2mal, Rotteisheim 2mal, Niederschäffolsheim lomaU
Surburg 3mal, Überach lomal, Waldolwisheim imal, die
Walk imal, Wingersheim 4mal, Wintershausen 6mal,
Wittersheim 7 mal.
5. Forstrecht-Einnahmen.
Verhältnismässig wenige der Reichsdörfer beteiligten
sich an der Nutzniessung des heiligen Forstes, indem sie
teils »Forstzins ' und »Laubgeld«, teils Forstrecht- und
Waldrechthühner oder Forstrechthafer entrichteten.
a) x\n Forstzins verabreichte der Schultheiss zu Batzen-
dorf 1576 3 u 7 ß 8 -»s, der zu Suffienheim 469^; 1622
betrug die Einnahme entsprechend 2 IC 3 ß und 4 ß 8 .s.
b) An Laubgeld zahlten 1576 und 1622 auf Kreuzestag
nach .Ostern Forstheim i S 10 ß und Gunstett 8 ß, Esch-
bach 3 ß 4 .s und Surburg 5 ß. Während in diesen
Dörfern die Einnahme eine beständige gewesen zu sein
scheint, entrichtete Hegeney für jede Kuh i *%. Die Ein-
nahme daselbst war also unbeständig, sie belief sich 1576
auf 2 ß 8 .s, 1622 auf 4 ß^).
>) An »Herdesstattgeld':, das zu Morsbronn und Hegeney von dem Zins-
meistcr gesammelt wurde, gingen 1531 ein i ff' 10 ß, 1576 aber i 9^ 14 ti.
Die Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau. 243
c) Forstrechthühner gaben von den Reichsdörfem
Gunstett und Surburg. Die Zahl der Hühner ist schwan-
kend; sie betrug för Gunstett im Jahre 1531 auf Sonntag
nach St. Franzisci 38, 1557 aber 82*/2. Surburg gab 1531
auf Sonntag- nach Kreuzestag zu Herbst 118, 1557 aber
167 Stück.
d) Waldrechthühner lieferte Hegeney 1531 auf Sonntag
nach Allerheiligen 12, 1557 aber 24 1),
e) An Forstrechthafer gab Gunstett 1531 im ganzen
38 Viertel, 1576 aber 63 Viertel, Surburg lieferte 23* a und
31 Viertel.
6. Wegegeld
wurde, wie es scheint, nur in dem einen Reichsdorf Forst
heim erhoben. 1576 lieferte dessen Schultheiss 10 ß 6 a ab
1622 aber 10 ß*).
7. Von Fisch wassern
zahlten Mommcnheim und Wingersheim jährlich einen Zins.
Der Schultheiss des ersten Dorfes gab 1576 an Wassergeld
8 ß, 1622 aber i fC 5 ß; der des letzteren verabreichte
entsprechend 10 ß und i ff.
8. Allmendplätze.
Nach dem Zinsmeisterbuch von 1622 wurden für All-
mendplätze bezahlt:
a) Von dem Schultheissen zu Bossendorf für 2 Acker
Waldes an Zins auf Martini 4 ß;
b) Von dem zu Eschbach für einen AUmendplatz 2 ß;
c) Von dem von Lixhausen fiel der Zins damals aus,
war aber früher erhoben worden.
Zu 15CX) heisst es vom P'orstrccht Morsbronns: »thut ein Wajjcn id A uml
2 llul.ner, item ein Karrich 16 v% und i Huhn. Wer kein Pferd hat, |;icbi
16 •% aber kein Huhn; wer das Jahr Hcimburgcr ist, ^iebt 1 B; macht I ^ 5 ß.^
Das Forstrechi zu Hegeney war g^nz gleich geordnet und betrug 13 b.
M Mor^bronn gab entsprechend 14 und 13 Hühner. Zu 157O heilst es:
£ln jedes Hausgesüss zu Hegeney und Morsbronn, das einen Wagen hält.
p^icbt 2 Hühner, für einen Karrich wird i Huhn gereicht.« — -) Der Wiii
zu Betschdorf gab entsprechend 1570 =5/7 und 1622 = 5 /7.
244
Becker.
9. Mählenzins.
An Mühlenzins zahlten die 8 Mühlen »auf der Sauer« ^)
jährlich je einen Gulden. Es war dies eine ständige Ab-
gabe, sie wurde 1576 auf 4 tf 4 ß verrechnet.
Ein Jude zu Gunstett entrichtete für seine Pulver-
mühle daselbst auf Martini 2 tf *).
Der Müller zu Sufflenheim gab jährlich «Z* Korn; die
ehemalige Ölmühle, später Mahlmühle, in der Walk
gab »/4. Von einer. »Letschmühle« zu MittelschäflFolsheim
wurden *i^ Korn entrichtet.
10. Die Nonnenmacher
im »Reich«, d. h. die Verschneider von Schweinen, Pferden
und Rindvieh, zahlten jährlich eine Gewerbesteuer, 1576
belief sie sich auf 4 Ä 4 ß 6 a, 1622 auf i Ä 5 ß.
1 1 • Sufflenheim.
a) Weiherzins, vom Schultheissen empfangen (bestän-
dig). 8 ß.
b) Vom Hundehaus daselbst (beständig) 4 ß*),
c) Vom Vechenheimer daselbst (beständig), 5 ß.
d) Von den Hafnern für die Gruben dort (beständig),
2 % 10 ß.
e) Rauchgeld zu S. (unbeständig), betrug von jedem
Haus I A, machte 1476= 11 ß 2 a, 1500= 10 ß 10 *s;
1576 = 12 ß 7 <A.
*) Finkenmühle, Brandmühle, Klupfels-, Bruch-, Stein-, Schwabweiler-,
Sand-, Fronmühle. — -) 1622 im Mansfeldischen Kriege verbrannte sie. —
3) Ausser dieser alten Hundehausstcuer 4 ß auf Martini wurde 1500 noch
bemerkt: »Von dem llundehaus zu Sufflh. 5 ß; es sind aber 5 ß davon
abgegangen, da er ein Jahr gestorben und das Haus deshalb ledig stand.c —
Die Reichsdörfer der Landvogtei HageDan. 243
Anhang.
1. Leibbet
Nach dem Urbar der Reichsdörfer vom Jahre 1531 im
Strassburger Bezirksarchiv, welches mir erst nachträglich bekannt
wurde, wurde eine Leibbet an Weihnachten und zur Enite blos
in folgenden Reichsdörfem gesammelt: Batzendorf, Bernolsheim,
Berstheim, Bitschhofen, Bossendorf, Ettendorf, Gebolsheim, Grassen-
dorf, Hochstett, Hüttendorf, Keffendorf, Kindweiler, Kriegsheim,
Lixhansen, Minwersheim, Morschweiler, Ohlungen, Ringeldorf,
Rotteisheim, Niederschäffolsheim, Sufflenheim, Oberach, Wahlen-
heim, die Walk, Wintershausen, Wittersheim.
Jedes Haus gab je 6 Pfennig = 3 Kreuzer; nur waren
Priester, Schultheiss, Heimburger, Schöffen, Hirt, Wittwen, Sakristan,
Büttel, Backofenbesitzer vielfach davon befreit.
2. Rechthühner.
An Rechthühnern wurde in den betreffenden Dörfern (vgl.
die Tabelle!) von jedem Hause je eines erhoben. Auch von
dieser Abgabe waren Priester, Sakristan, Schultheiss, Heimburger,
Hirt, Bäcker, Kindbetterinnen u. dgl. meistens befreit.
3. Von den fünf 15 12 dem Bistum Strassburg ganz über-
lassenen Dörfern waren vier: Dossenheim, Kleinfrankenheim,
Otfenhcim und Waldolwishcim zur Lieferung von Fastnacht-
und Erntehühnem verpflichtet (je ein Huhn von einem Hause
mit den genannten Ausnahmen.)
4. Die »kleine Weihnachts- und Ernte bet« wird 1531 im
Urbar als »inn des zynnsmeysters büchel- gehörig bezeichnet.
Der Schreiber des Zinsmeisters erhielt bei der Verrechnung der
grossen Weihnachts- und Erntebet von jedem Dorfe jedesmal
4 Pfennig = 2 Kreuzer.
SS
3|
s, ; s' 3 -
• .i| 1 i 11 ■ II 1 1 _ 1 1 J 1 1 1
£■5 S, 1^ "
ii
; ; _;^- _; ^ 1 1 1 1 „ 1 1 J 1 1 „
1 s -■»• « 1 i Ms 1 l| 1 1 '
1I3HS*110.1S
1 llli i i| 111 llllll
-Ul
Is, 2 112« II IM lllll'"
J^ i ^ Ä
1 p ä
|s s s.s,a s- 1 1 1 si sss,s,i 2,
i
1
1
t y,Hi: !, :;; ,,,;,y
' i :>, t :, :4^:k,^
I ' g
II _
'S ' s
' 1
L" 2-1 ä.-2 1 J-| 11 2 1 1 "- 1 !
" ; ::: :|i| 1°; i;:;i:.
1 1 111 rl ll lll Ii
Die Rddisdörrer der Landvogtei Hagenau.
247
o «*» —
- **ac
O r<)ao O^O O sO ^
CO M »*> N w *- f^
I I • •
00
II I I - 1 I I I
ro
00 •- *o
vO
r« 00
00 ■•-• rO
••n I •
mo
O in
G
« Sä
<» A 0 A 0 ^
l «■ O O O u^
00
r^
Id
c
a
1^
•^ r« «
B
N
B
I I
O
M
M
1^0
S i I
tri ' '
81 |8|l Ml|8ll|llll8l
1 88
I I
m
I I 22 II II ■"!
\rt
I I
000
O I O O Q O O
000
O O
O
\n
C I o o
O
O
00
o o
»3
-a - •
2
^ * # c5
vn vn
E
o
>2 3 »n 1
5
B
C cfl
c -:;
ot
O
I I
ea #
fO
ft
r^
^■^
e« M
<
tl ?l
-,«
N M
N
M ^ M M
•M
« N »^
— ^
&
(3 «a «
u>. rO k.
■55-
mo
2
^ M M O l')
I
XTi
9*
I ""'2
m LT»
ri ^«C n fo
M ». «f
m c^
r - u
- o rs
— -• ri
E
B
O
B
n
B
2
sl
6 S
« S!
.5 '5 B ^ «5 "3 rt B e fe 'S
P. .'^ ^ Z: B -^ ei .C ^ £j TT
IT —
E fcS =:
'7\ ^ »2
— •— •— .c
'S E
^ «B ^vr«B
*• « 3 2
•7 t: t/: ü
— « ^O — -«rio r>.X C* C — ri
M f« fl W N ri ri *■! N r^ eo ."O
♦»o -r in
i>0 'O rO
'O »^ 'O rO
E
"b
o
fS
c* o
• E •
•1 E
^ « 4*
^^ £
> C O
•— *^ »-^Ä
• • >
— ri «vr
B
S B
T1
•» m
id
Zur Einverleibung
der Reichenau in das Stift Konstanz.
Von
Eugen Schneider.
Die Geschichte der Einverleibung der Abtei Reichenau
in das Stift Konstanz ist nach ihren Beweggründen und
ihren Einzelheiten noch nicht festgestellt. Ausser den
kurzen Nachrichten in Gall Ohems Chronik haben wir den
zusammenfassenden Bericht eines Zeitgenossen i), auf die
Urkunden zurückgehende Streitschriften der Konstanzer
und der Reichenauer*) und mehrere nicht sehr tief ein-
gehende Darstellungen^),
Ein Bericht, der sich unter Zwiefalter Akten des Stutt-
garter Staatsarchivs gefunden hat, enthält wertvolle Ergän-
zungen. Er ist von einer Hand des 1 6. Jahrhunderts zusammen-
hängend geschrieben und enthält die Bemerkung, dass Abt
Marcus von Reichenau 1534 angefangen habe, die Abtei in
die Hände des Bischofs zu spielen, die Beschwerde der am
24. Juli 1535 im Kloster angelangten Gesandtschaft der
Stadt Konstanz gegen dieses Unterfangen*), dann die von
uns abgedruckten Abschnitte I — V. Die letzteren bieten
') Facti specics etc. in Mone, Quellen Sammlung der badischen Landes-
geschichte I, 198. — 2) Hervorzuheben sind: Archivalurkunden . ., womit
die . . constanzische Druckschrift . . sub rubro Aufgedeckter Frcvelmuth . .
bevestigt wird (ohne Jahr, etwa 1750). — Ohnumstössliche Sätze von dem . .
Hergang der Inkorporation der Reichsabtey Reichenau u. s. w. (1756). —
^) Am ausführlichsten bei Schönhuth, Chronik des ehemaligen Klosters
Reichenau (1836), der die j-Ohnumstösslichen Sätze« auszog, und bei Staigcr,
die Insel Reichenau tiii^JO). — *j Dieselbe bietet ausser dem Hauptpunkt
kein Interesse.
Einverleibuog der Reichenau. 240
keine zusammenhängende Darstellung. Zwar I und II
reihen sich aneinander an; aber III folgt in unserer Vor-
lage erst auf IV, wohin es zeitlich gar nicht passt ^). IV ist
eine besondere Aufzeichnung über eine Einzelheit; V greift
wieder einige Jahre zurück und widerspricht dem vorher-
gehenden mit der Behauptung, der Konvent sei völlig
überrascht worden. Wir haben demgemäss eine ungeschickte
Aneinanderreihung verschiedener Berichte vor uns. Ihrer
I [<iltung nach gehen alle auf Reichenauer Quellen zurück.
Da der Hauptabschnitt (III) ganz oder mindestens in seinem
späteren Teile auf den Mönch Gregor Dietz zurückzuführen
ist"), der zu den Genossen des Zwiefalter und nachher
Reichenauer Abts Georg Fischer gehörte und der auch
nach dem Sieg des Bischofs den Widerstand nicht aufgab,
so ist zu vermuten, dass die ganze Zusammenstellung dazu
diente, Dietz in seiner Bemühung um eine Restitutions-
bulle zu unterstützen, eine Bemühung, die 1555 Erfolj^
hatte •).
Der Zusammenhang, in den die Berichte gehören und
den sie zum Teil selbst erst herstellen, ist folgender: Nach
der Wahl des Marcus von Knöringen zum Abt der Reichenau
(15US) begannen die Versuche des Bischof« wegen Inkor-
poration der xVbtei. Er hatte beim Papste Erfolg; aber
das K loster wehrte sich, unterstützt von der Stadt Konstanz,
den Eidgenossen und Kaiser Maximilian als Besitzer der
»"»sierreichischen Vorlande, die den Machtzuwachs tur den
Bischof nicht gerne sahen. Doch bcwillijrte der Kaiser
zuletzt die Administration durch den Bischof auf zehn Jahre
und behielt sich nur vor, innerhalb der darauffolgenden
sechs die Abtei wieder an das Reich und an ( )sterreich zu
bringen (1510)*). Damit schien die Einverleibung in eine
sicliere Bahn geleitet. Aber Bischof Hugo wartete die
Entwickelung nicht ab, sondern setzte in Rom die Ab-
schaffung des Abts durch. Jetzt trat der Kaiser entschieden
für den Abt ein und zwang den Bischof, sogar auf die
Einräumungen des Vertrags von 1510 zu verzichten; doch
*) Deshalb hat ein Redaktor die Jahreszahlen einfach gestrichen.
'1 Von ihm wird dort in erster Person gesprochen. — *) Mono, a a. O. 20 j.
— *) Ohniimstöstliche Sätze, S. 6.
Z«iischr. f. Getch. d. Oberrh. N.F. XIV. a. 17
25Ö
Schneider.
erhielt derselbe 6000 Gulden Entschädigung für die Kosten
bei der römischen Kurie (15 16 Dezember 24)*)- Dabei
erkannte aber der Kaiser, dass Marcus von Knoringen
nicht der Mann sei, dem Bischof die Wage zu halten und
das in Geldnot geratene Kloster wieder emporzubringen.
Er erinnerte sich des früheren Zwiefalter Abts Georg
Fischer, den er selbst zusammen mit dem Bischof von
Konstanz der Gewaltthätigkeit des Herzogs Ulrich von
Württemberg geopfert und zum Rücktritt gebracht hattet);
ihn stellte er an die Spitze der Reichenau, die zugleich
mit 12 Zwiefalter Mönchen bevölkert wurde. Abt .Georg
Fischer entsprach den Hoffnungen und riss das Kloster
aus seiner Not. Aber sein früher Tod (15 19) weckte die
Unruhen aufs Neue. Die Zwiefalter Mönche wählten einen
der ihren, Gallus Kalb, zum Abt; Marcus widersprach und
setzte es durch, dass er wieder ans Ruder kam (1520
Dez. 8)'), allerdings zunächst nur als Administrator unter
österreichischer Aufsicht*). Doch Bischof Hugo ruhte
nicht, er wandte sich an Kaiser Karl V., verschwieg
diesem seinen Verzicht von 15 16 und wies ihm die päpst-
liche Erlaubnis vor. Da erklärte sich Karl V. einverstanden
^1528 Febr. 3)'). Aber der Widerspruch des Abts und
Österreichs blieb aufrecht; Bischof Hugo erlebte die Ein-
verleibung nicht.
Als Johann von Lupfen den Stuhl zu Konstanz
bestiegen hatte, setzte er sich mit Abt Marcus ins Ein-
vernehmen und gewann ihn 1534 für sich, ohne Zweifel,
weil dieser über die Behandlung grollte, die er von Öster-
reich erfahren hatte. Bischof Johann wusste sich eine neue
Inkorporationsbulle zu verschaffen (1535 März 14)®) und
bestach Marcus durch eine für ihn sehr günstige Abfindung
('53.5 April 11). Da trat noch einmal die Stadt Konst.inz
bei dem Abt ins Mittel, erreichte aber nichts, als die Ver-
feindung zwischen ihm und dem Konvente, über den sich
der Abt völlig weggesetzt hatte und den er auch jetzt
als <'ine mindorwertigo Gesellschaft behandelte'). Der Abt
i| Ebenda S. 7. -- -; Vgl. Holzherr, Geschichte der Abtei Zwiefallen.
S. 77. — **) Mone, a. a. O. 200. — *) Ohnumstössliche SAtze, S. 7. —
^) Ebenda. — '=) Archivalurkundcn Nr. 16. — ') Siehe unten Abichn. I.
Einverleibung der Reichenau. 251
seinerseits machte sich anheischig, Österreichs Einwilligung
zu erlangen; er beauftragte damit den Domherrn Hans
von Fridingen und den bischöflichen Kanzler Jakob Jonas,
die als Konstanzer Gesandte zu König Ferdinand reisten M.
Um ihnen entgegenzutreten, schickten der österreichische
Landvogt der Herrrschaft Neuenbürg, Hans Jakob von
Landau, der ohnedies mit dem Abt über die hohe Obrig-
keit im Streit lag*), und auf seine Veranlassung der Kon-
vent von Reichenau ebenfalls Vorstellungen an den König
(»536 März 27)'). Sie erreichten zunächst ihren Zweck;
aber die Kunde von ihrem Vorgehen brachte den Abt so
in Harnisch, dass er den Konvent scharf verhörte, den
schwachen Prior, Johannes Harth, auf 4 Tage und die
Seele des Widerstandes, Gregor Dietz, 12V2 Wochen in
Ketten legte (April 11)*). Konig Ferdinand wollte übrigens
dem Bischof doch entgegenkommen. Er gab Befehl, die
der Abtei nötigen Einkünfte dieser zu belassen, den Cber-
schuss aber dem Bischof zuzuweisen. Dieser Ausweg gefiel
dem Bischof so wenig wie dem Abt; der letztere musste
ifciregen einen solchen Eingriff in seine Rechte sich ver-
wahren*). Auch Bischof Johann von I-upfen starb, ohne
•meinen Zweck zu erreichen.
Der Nachfolger, Johann von Weza, verfehlte nicht, da
einzusetzen, wo sich das letzte Hindernis zeigte; er wirkte
durch Vermittlung des Kaisers auf Osterreich ein. König
Ferdinand befahl denn auch dem Abte Verzicht zu leisten <*•).
Überraschender Weise machte jetzt dieser keine Anstalt
dazu; offenbar weil der Bischof sich nunmehr zu keiner
Kntschädigung verpflichtet glaubte. Das schien Marcus
jj^^t'gen alle Verabredung, und so machte er schnell den
Versuch, dem Bischof zum Arger die Abtei dem Probst
Sebastian von Alochenthal, dem .späteren Prälaten seines
Mutterklosters Zwiefahen, in die Hände zu .spielen"). Doch
i )sterreich war auf der 1 lut, und der Versuch misslang.
»> Siehe Abschn. II. Die Schreiben des Abts und des Bischofs in
Archivalurkunden Nr. 18 u. 19. — -) Khenda. -- ^) OhnumstAssIiche Sätze
S 8 und nntcn Absch. III. — *) SchOnhuth, a. a. O. 304 und Abschn. III.
— *) OhnumstÖssliche Sätze S. 9. - •) Monc, a. a. O. 201. - ") Siliini-
buib, S. 299.
1-*
252
Schneider.
Zum Schluss bequemte sich auch der neue Bischof mit
Marcus zu verhandeln. Der Konvent der Reichenau horte
davon und erhob noch einmal eindringliche Vorstellungen
(1540 Januar 7)^). Umsonst. Am 6. Februar 1540 über-
raschte der Bischof von Konstanz die Mönche in der
Reichenau und empfing vor ihnen aus den Händen des
Marcus die Abtei*). So war der Schein erweckt, als ob
auch der Konvent die Handlung billige. Der Abt zog
mit reichem Leibgeding von dannen.
I. Nach sollichem haben die gesandten von Costentz begert,
sein f. g. solle inen vergönnen für den convent, welches ihnen
vergönndt und bewilligt worden. Alda haben sie dem convent
aincn zedel, was sie mit irem herrn prelateu geredt, selbs lassen
verlesen.
Demnach hat der convent geantwurt, sie wissen noch nichts
von sollichcr handlung, man habe auch den convent hierumb
noch nit beschickt noch gefragt; desshalb hetten sie auch nichts
darein bewilligt, weren auch nicht gesinnet in die sach zu
bewilligen.
Nach dem hat abt Marx den convent beschickt und gefragt,
was die? von Costentz vor ime gehandlet haben. Hat der con-
vent geantwurt: nichts anders dann wie vor seinen gnaden.
Fragte er weiter, wie inen die sach gefiel, sagt convent, sie
hetten zu denen von Costentz gesagt, das si nit hetten in seiner
gnad fürnemcn bewilgt, werend auch nit gesinnet fürohin darein
zu bewilligen, wiewol man hete auch sie nie darumb gefragt.
Daruf der prelat erzirnt, ine gelluocht und gesprochen: wa.s
dürfen ir solliche antwurt geben? ir wissend doch, das ir one
mich nichts thon solten. Utt' sollichs haben sie gesagt, die weil
sein f. g. denen von Costentz habe erlaubt für den convent und
ir handlung gewisst, so haben sie nichts dann die warheit gegen
inen geredt und bekennt. Darauf der prelat noch mer erzirnt
und gesagt, sie sollen nit reden, das sie es nit gewisst haben;
dann es sei doch offenbar, das er dem bischof das gotzhaus
werde übergeben, dann die kn. mt. wolle sollichs auch selbs
haben, desgleichen bapstlich hailigkait, das er sollichs thon müsse.
Darauf convent geantwurt: bapstlich hailigkait und kn. mt. wer-
dend ew. gn. das gotzhaus nit entsetzen on ew. gn. vorwissen
und willen; wir bitten, ir wollend unser gnediger vatter und herr
beleiben, so wollend wir ew. gn. undertheniger convent sein, den
*) Siehe unten Abschn. IV. — ^) Siehe unten Abschn. V. Die vom
9. Febr. datierte Cbcrgabsurkunde in Archivalurkunden Nr. 26.
Einverleibung der Reichenau. 253
gotzdienst verbringen und in anderwcg halten, das ew. gn. ab
uns khain dag haben sollen. Darauff er abermals geantwurt, er
wrdc nit wider den bapst und wider den künig sein; sie sollen
sehen, warmit sie unibgangen und was sie reden, und er wolle
Sil h nach des bapst und künigs willen halten, das gotzhaus dem
bischof übergeben, und sollt euch das und jenes sehenden, ir
seien doch nichts dann paurnmünch, von pauren herkomen,
haben niemandts, der sich euwer werd annemen. Daraut der
convent geantwurt: das erbarme got im himol, dieweil wir nie-
mandts haben, arm brüeder seien. Ob es darumb recht sei,
das er die alt loblich Stiftung und den orden mit dem gotxhaus
w^ille zu trümel richten, sie haben ir vertrewen zu golt, es sölli^
nit also fürgang haben, sonder es werde noch einer komen, an
welche er nit gedenck, der werde sein handel ze nichton machen
und die Stiftung widerumb ulTbringen.
II. Vber solli(*hs hat abt Marx in der Keichenow ein pott-
schatft zu kn. mt. unserm allergnedij;:stun herrn geschickt, nämlich
h'-rr Hansen von Fridingen, thumher, und doctorn Jacob Jonas,
doinals des bischofs cantzler gt'sein. Dieselbigen, als wir glaub-
haft vernomen haben, sollen mit ir kn. mt. ulV zwen puncten
handien« damit das gotzhaus dem bisihof möchte übergeben
wirrden, erstens anzögen des gotzhus armut, unvennögliihait und
vi-rderben, dergestalt das es bei der stiftunu. auch bei dem
Itcnedictinerorden desshalb nit beleiben noch erhalten niöue
'Arrden, zum andern daraus dann ervolgl sei, das abt und con-
vt-ni mit ainander mit wolbedachtem und lang hie vor berath-
schlautem willen, g*Mnueth und meinung entschlossen und gemelt
{ oischaft abgefertigtrt, ir kn. mt. wolle unedigest hierhin bewilligen,
l'nci nach dem hat die polschaft selbs angehalten, ir kn. mt.
>olle herrn Hanns Jacob von NellenburgM gnediglich abstellen,
das er das u:otzhus mit den hochen i;en«:hl»'n rücwii: lassen und
nil anfechten solle. Utf sollichs ist von kn. mt. geautwurt, ir
mt. wisse nit, wie liiemit die ^ach j^eschallcn, ab**r in kurtze
wi-rde ir mt. gen Insbruck kommen um! alsdan den von Landa*)
\ i-si liicken und alle Sachen bei ime erfahren; sollen tlieweil die
<ai h beruowen lassen, dann nach sollichem wolle ir mt. des
i:iiizlius halb ein usstrag geben.
JH. Als wir vernomen, das wir mit unserm pit nichts m«»,Lren
v«r>ciiar!en, sonder das unser herr untl vatter abt Marx hümler-
rucks unser für uml für on unser wissen und wülen mit dem
bi<chof practiciert. ist uns in dem convent geraten worden, das
wir an kn. mt. gen Insbruck auch selbs schreiben sollen, nemlich
»iie warhait bekennen, das hünderrucks uml on wissen und
v\ilien des convents sollicher hanilel fürgenommen, welches
'< Ilan* J;ikol> \'n\\ T-.iii«l.iu, «".toTrcichiMhor Vo^ji von N'.JKnl'Ui.;.
*■ V'T^zl. An-n. i.
2C1 Schneider.
dann beschehen und mit grund der warhait der kn. mt.
unserm allcrgnedigisten Herrn geschriben. Daruff ir kn. mt
geantwurt.
Als man nun hat vernommen zu Insbruck, das alle Handlung
die incorperation des gotzhus mit dem bistumb durch haimHch
erdicht practick hünderrucks unser und das wir dass weder
wissen noch willen gehabt und aber dannocht der Handel sein
fürgang genommen und in das werck gebracht ist worden, da
soll kn. mt. in beisein Wolf Dieterichs von Knöringen zu doctor
Jonas und dem von Fridingen selbs gesagt haben: was haben
ir bisher vilfeltig uns mit der sach bemueth? da haben ir gehört
das widerspiel; gont hin, sagen dem apt, wolle er nit apt sein,
wir wollen wol ein abt in die ()w überkomen. Darauf die
gesandten Fridinger und Jonas ein copei unsers Schreibens
begert, welche auch inen ist gegeben worden. Als nun gedacht
potschaft widerumb in die Reichenaw komen, — ist beschehen
zeinstag in der karwochen [April ii] 1536 — alsdann hat apt
Marx nach dem hochampt den convent in sain gemach beschickt
und gefragt: haben ir kn. mt. geschriben? Darauf der prior
erschrocken und nichts geantwurt. Aber apt Marx nochmals
gefragt, hat einer under inen, so noch bei leben, Gregorius
Dietz ') genant, gesagt ofl'entlich: sagen ja, wir habens thoii.
Sagt der prior: ja, gnedigcr lierr. Sprach zu inen apt Marcus:
das muess euch gotz n. n. sehenden, sollent ir euwern prelaten
also verrathen und vcrkauffen. Ich will mich vor kn. mt. und
rogiment verantwurten wie ein fromer fürst und siben henker
über euch beschicken und die sach wol änderst uss euch bringen.
Dann ir haben gewisst, das ich das gotzhus graf Hannsen dem
bischof hab wollen übergeben. Sagt der convent: nain, ew. gn.
hat mit uns nie nichts darvon gcredt, auch unsers willen nie
dartzu begerl; und das wir geschriben, ist darum beschehen,
das wir sollichs von wegen des gotzhaus Stiftung und ordens
halb ze thon schuldig seien, und auch darrait wir ew. gn. mögen
zu einem prelaten haben; und ew. gn. were das vil mer schuldig;
dann wir. Sagt daruft apt Marx ofientlich, er wolle unser herr
nit mehr sein; wir betten in verlogen mit unserm schreiben;
und meldet vil mehr darinn dann wir geschrieben betten. Alda
sagten wir: was wir geschriben ist die warhait, wollend auch
sollichs verantwurten und darbei beleiben. Uff welches er aber-
mals uns im convent übel gelluocht und geschendt hat, haben
nichts gutz mehr an im gehabt, und hat doch alle schuld utf
den obgemelten conventualen Gregorium Dietzen, welcher der
elter und uss dem gotzhaus Zwifaltcn postuliert und in die
Reichenaw khomen ist, — sollichen hat er fürgenommen und
ime sonderlich gleicliwol auch den andern mit dem henker
') Vgl. oben Seite 249. Dietz starb 155«.) (Mone, a. a. O. 202); Schön-
huth, a. a. O. 305, nennt irrtümlich 1547.
Einverldbung der Reichenau. 255
gethröwet. Und seien also von dem apt in sein grosse ungnad
und bann also erkennt und abgefertigt, das niemandts mehr zu
inen hat sollen khomen, auch niemandts mit inen reden mer
dürfen. Demnach legt er gedachten Gregorium gefangen und
den prior dergleichen; vermaint also mit gwaldt sie dahin zu
thringen, damit er uss der luge ein warhait machen möchte.
Dann er gesagt, hete ein rechten vogel eingesetzt, muesste nun
hinfürter singen was er wolle, dann er mache den gantzen con-
vent ime widerwertig.
Als nun der from redlich conventual Gregorius dreuzehen-
halb Wochen gefangen und an der khettin gelegen, hiezwischen
ist doctor Johann Roming der vogt in der Reichenaw, Adam
Augerer der Schreiber zu gedachtem herrn in die gefenknus
geschickt und ime das schreiben an kn. mt. uff das höchst ver-
wisen und mit vil tröung fürgehalten. Aber der ermelt conven-
tual ist bei der warhait, wie erstlichs bekhendt und oben gemelt,
also für und für umb ein buochstaben nit gewichen, sonder
verharret und auch daruff ze sterben sich erbotten. Uff welches
die gesandten gesagt, er solle doch nur bekhennen, das sie im
convent die handlung gewisst haben, und weren zu dem schreiben
beredt worden, aber nichts mügen bei ime erheben.
Demnach ist abt Marx zu dem andern mal auch selbs bei
ime gcsein und in mancherlei versucht, auch erstlichs vätterlich
angesprochen, solte doch nur bekhennen, das er unrecht hette,
ilcm sie betten den handel gewisst, item sie hotten uss ander
leutten angeben geschriben, item man werde in mit dem Henker
fra«;;en. Und aber als vil mit ime\) versucht und fürgenomen,
ist zuletzt von abt Marxen gegen seinen rtithsherrn und gegen
ime') selbs bekhandt worden, er habe khain mangel an ime 8)
nie gehabt weder im chor noch usserhalb und habe sich-»)
^'flialten wie ein from munch, und wolle in'*) usslassen ull ein
zimliche verschreibung, welche abt Marx selbs machen lassen on
sein*"') wissen und willen. —
IV. Derweil n ist abermals der convent für den apt khomcn,
ist beschehcn 7. Januarii anno 1540 untl in gebeten wie volgt:
Hochwürdiger fürst und herr! Ich und meine mitbrüeder bitten,
ew. f. gn. wolle unser fürbringen und anhalten gnediglich ver-
h(»ren und ufl'nemen. Wir haben us vilfeltigem reden gehört
und vernommen, das ew. gn. dem bischof das gotzhus über-
geben wolle, welches uns befrembdt, das sollichs ew. gn. uns
nie fürgehalten, sonder hünderrucks unser soll gehandlet werden,
und liaben hierinn vernomen, wie das der jetz new bischof von
Costentz bei bapstlicher hailigkait auch bei kn. mt. ire botschaft
gehabt und das erlangt habe, damit unser gotzhaus dem bis-
') Aus mir abj»cainlcrt. — ■) Dv^^\. — •» Do>i;l. — *J Dc>ijl. aus
miih. — ) D«sgl. — *■') Dc^gl. aus mein.
20 Schneider.
lunib incorpcrirt und zugeaignet solle werden, darauf dann
gedachter bischof mit seinen thumherren solle mit ew. gn.
handien und der järlichen pension halb überkommen. Ist uff
soilichs nochmals unser underthenig und demuettig bitt, ew. gn.
wolle unser gnädiger herr und vatter sein, so lang got der all-
mechtig ew. gn. das leben verleicht, wie dann wir ew. gn. vor-
mals auch gebetten haben. Wir begeren und wollend auch
khain andern haben noch annemmen, dann ew. gn. Dann wir
jetzt in die 1 8 jar under ew. gn. obedientz und gehorsame seien
gewesen, begeren und pitten noch bei ew. gn. darin zu bleiben,
erraanend auch, ew. gn. wöll eingedenk sein, wie wir bis anher
den gotzdienst mit singen und lesen haben versehen tag und
nacht. Unangesehen das unser nun vier conventuales seien und
das ew. gn. khain jungen in den orden angenomen hat und die
andern priester von uns abgestorben seien, seind wir dannocht
bei unser regel bliben und dem allmechtigen got zu lob, ew.
gn. zu gefallen, auch uns und allen gotzhusleuthen zu gutem
uns gehalten, darob khain clag gesein. Bitten desshalb, sie
wolle also unser gnädiger herr und vatter beleiben und gedenken,
wie wir so trewlich an ew. gn. beliben seien in ew. gn. schwerer
krankhait, auch in dem paurenkrieg und in jetziger zwispaltung
der lauttery, das khainer doch under uns nie abgefallen oder
abgewichen ist. Bitten hierauf zum allerhöchsten und under-
thenigst, ew. gn. wolle uns als verlassne schaff le und waisen on
ein hirten nil also verlassen. Dann so wir von ew. gn. wurden
verlassen, mögen wir wohl gedenken, das unser stifl'tung, unser
Orden, das gotzhus und auch wir alles mitainander abgon werde.
So aber ew. gn. unser herr und vatter beleih, so wollen wir
doch gern alles thon tag und nacht nach ew. gn. willen, was
uns zethon müglich ist. —
V. Als nun der bischof resigniert, hat der hochwürdig fürst
Johann bischof von Lunda die sach widerum dermassen haimlich
und ^till anijfefangen erstliclis mit apt Marxen und mit den gotz-
hausleutten, das niemandts hievon in dem convent gewisst noch
erfaren hat mögen ^), bis apt Marx nach dem hochampt in con-
vent beruefft und anzaigt, sie sollen bedacht sein, was sie thon
wolten, das der bischof Johann von Lunda würde khommen und
das gotzhus innemen Als nun der convent ein Verzug bis
nach dem morgenessen genomen und für des abbts gemach
herab khomen, ist der bischof gleich vorhanden gesein, das
khainer des convents entweichen mögen. Dann ir meinung
entlieh abzuweichen, damit sie zu der bewilligung nit gezwungen
würdend. J)er gemelt bischof hat damals inen und auch den
gotzhausleutten fiirgelialten, er habe seine gute brieff und sigel
von bapstlich haih'gkait, von kn. mt. unserm allergnedigislen
•) Dem \vi<.lci spricht die im IV. Abschnitte enthaltene Vorstellung.
Einverleibung der Reichenau. 2^7
herm, das ditz gotzhaus Reichcnaw inie einverleibt und d(*ni
bistamb nun fürohin incorperiert und zugehörig were; wolle
hem, wer hiewider sein werde. Aber niemandls weder domals
oder hienacher hat die beriempten brieff und sigel sehen oder
lesen mögen.
Also ist das gotzhaus Reicheiiaw mit list, trug und falschait
on von^'issen und willen, sonder gäntzlich wider ein convent zu
dem bistumb khomracn; zu besorgen, wie der anfang wurm-
stichig und enJicht, also müge beharrlich die alt loblich stitltung,
das closterlich leben und orden mit dem gotzhus nit bestendig
beleiben.
Ein lateinisches Gedicht auf den Abt Laurentius
von
Altdorf und Ettenheimmünster (t 1592).
Mitgeteilt von
Albert Krieger.
Über die Geschichte unserer heimischen Klöster und
ihre Verhältnisse im 16. Jahrhundert und insbesondere in
der zweiten Hälfte desselben sind wir im grossen und
ganzen wenig unterrichtet. Die Quellen fliessen für diesen
Zeitraum nicht allzureichlich, nicht so reichlich vor allem
wie für das folgende 17. Jahrhundert. Jede Vermehrung
derselben wird man deshalb als willkommen bezeichnen
müssen, und diese Erwägung dürfte auch den Abdruck
des hier mitgeteilten Gedichtes gerechtfertigt erscheinen
lassen.
Dasselbe hat das Leben des Abtes Laurentius III. von
Ettenheimmünster zum Gegenstande, des letzten Abtes vor
den grossen Wirren, in welche das Kloster am Ausgange
des 16. Jahrhunderts durch die Doppel wähl im Bistum
Strassburg gestürzt wurde.
Abt Laurentius, mit seinem anderen Namen Gutjahr
geheissen, wurde im Jahre 1540 in Surburg im Elsass als
Kind armer Leute geboren. Den ersten Unterricht empfing
er in seinem Geburtsort. Später bezog er die Universität
Freiburg, doch zwang ihn bald Mangel am nötigen Unter-
halt das dort begonnene Studium wieder aufzugeben. Er
wandte sich dann nach Strassburg, wo er an dem Dekan
von Alt St. Peter einen hilfreichen Gönner fand. Im
Benediktinerkloster Altdorf bei Molsheim im Elsass bereitete
Abt Laurentius von Ettenheimmflnster.
259
er sich auf den geistlichen Beruf vor. Vom Bischof von
Strassburg zum Priester geweiht, wirkte er nacheinander
in Altdorf, Meistratzheim und Bettenhofen im Elsass.
Aussergewöhnliche Frömmigkeit und bedeutende Erfolge
als Seelsorger verschafften ihm rasch einen grossen Ruf.
Als daher Abt Bernhard Mönchberger von Altdorf (seit
1560), von Krankheit und den Anfechtungen des Alters
heimgesucht, sich entschloss seine Würde niederzulegen,
fiel sein Augenmerk auf unseren Laurentius, den er, ob-
wohl er Weltgeistlicher war und dem Orden nicht angehörte,
zu seinem Nachfolger ausersah. Doch bedurfte es des
Eini»^reifens des Bischofs von Strassburg, um diesen zur
L'bernahme der ihm angesonnenen Würde zu bewegen.
Am 27. Januar 1579 wurde er zum Abt gewählt; gleich-
zeitig damit fand seine Aufnahme in den Benediktiner-
orden statt. Drei Jahre später, am 5. März 1582, nach
dem Tode des Abtes Balthasar Imbser von Ettenheim-
münster erfolgte seine Wahl zum Abte auch dieses Klosters
auf besonderen Wunsch wiederum des Bischofs Johann
von Strassburg, bei dem er überhaupt zeitlebens in hohem
Ansehen stand, wie aus verschiedenen Briefen dos
Bischofs an ihn hervorgeht, die sich im (Tcneral-Landes-
archiv in Karlsruhe befinden (Akten Münsterthal, Stifter
und Klöster). Als Abt entfaltete er eine unermüdliche
rhätigkeit, welche in erster Linie auf die materielle und
geistige llebu.ig der beiden ihm unterstellten alten Abteien
u^erichtet war, die infolge nicht nur der allgemeinen Zeit-
ereignisse, sondern auch jahrzehntelanger Misswirtschaft in
keineswegs glänzender Lage sich befanden. Er vermin-
derte die drückende Schuldenlast, welche seine Vorgänger
angehäuft hatten; die teilweise zerfallenen Klosterbauten
führte er neu auf; Übergriffe feindlicher Nachbarn (für
Ettenheimmünster waren solche die Herren von IJohen-
geroldseck) wies er mit Entschiedenheit zurück. Vor allem
aber vermehrte er die geringe Anzahl der Klosterinsassen
«in Altdorf waren bei dem Rücktritt seines Vorgängers
nur noch drei vorhanden gewc»sen) durch Zuzug neuer
Ordcnsmitglieder, deren Bildung er dadurch zu hoben
suchte, dass er sie die 1580 zu Molsheim gej^ründeto
Jesuitenschule besuchen Hess. Freilich hatten seine ik-
26o Krieger.
mühungen nur einen vorübergehenden Erfolg. Er starb
schon am 2g. Mai 1592 und die alsbald nach seinem Tode
über daji Kloster hereinbrechenden Wirren machten seine
Bestrebungen zu nichte (Vgl. A. Kürzel, Benediktiner-
Abtei Ettenheim-Münster S. 107 fF. 149 u. ö.).
Soviel über Abt Laurentius und sein Leben nach dem
Gedicht und einigen anderen Quellen. Nun noch ein paar
Worte über das letztere selbst. Der Verfasser desselben
ist ein gewisser Laurentius Reiffsteck, ein Schwestersohn
unseres Abtes, dem er in dem Gedichte ein Denkmal
gesetzt hat. Er war Studiosus sacrarum.litterarum in Frei-
burg, als er gleich nach dem Tode seines Oheims die
Verse zum Lobe desselben niederschrieb, hauptsächlich auf
Betreiben des Pfarrers in Bleichheim, der Christophorus X.
genannt wird , und eines Magisters Matthias Rauhenius,
der Ludimoderator (Schullehrer) der Schule zu Ettenheim-
münster war. Als Vorbild haben ihm bei der Abfassung
des (iredichtes die Alten vorgeschwebt, insbesondere Virgil,
an den sich einige wörtliche Anklänge finden. Über eine
rein äusserliche Nachahmung dieses Dichters ist er freilich
nicht hinausgekommen. Allzuhäufige Wiederholungen
gleicher Redewendungen und Bilder legen nicht gerade
Zeugnis von einer besonders grossen Erfindungsgabe und
dichterischer Gewandtheit ab; ausserdem dürfte das allzu-
reichlich angebrachte mythologische Beiwerk, das zu dem
Gegenstand des Gedichtes nicht recht passen will, unserem
(ieschmacke keineswegs zusagen. Ist das Gedicht aber
auch als Kunstwerk nicht über jede Kritik erhaben, so
verdient es andererseits doch volle Beachtung als ein
Zeugnis litterarischer Bestrebungen, wie sie in einem Kloster
oder wenigstens in einem demselben nahestehenden Kreise
am Ausgange des 16. Jahrhunderts geherrscht haben und
über die wir sonst nicht allzuviel wissen.
Das Gedicht liegt nicht in der Urschrift vor. Der
folgende Abdruck ist einer Abschrift im Kopialbuch 352
des (ieneral-Landesarchivs in Karlsruhe entlehnt. Dieselbe
rührt von dem Bruder Amandus Trens in der Abtei Alt-
dorf h(T (dcscriptum 8 Idus Novembris 1727), demselben,
der auch die Geschichte seines Klosters Altdorf geschrieben
hat, welche handschriftlich im Bezirksarchiv des Unter-
Abt Lauren tius von Ettenheimmünstcr. 2ÖI
elsasses in Strassburg aufbewahrt wird *). Amandus Trens
hat seine übrigens nicht immer fehlerfreie Abschrift nach
einem Drucke des Martin Beckler zu Freiburg von 1593
angefertigt. Dieser Druck scheint verloren gegangen zu
sein, wenigstens gelang es mir nicht, ein Exemplar des-
selben aufzutreiben, und auch die älteren gedruckten wie
handschriftlichen Darstellungen aus der Geschichte des
Klosters Ettenheimmünster haben ihn offenbar nicht gekannt.
Er enthielt ausser dem Gedichte noch eine Vorrede des
Verfassers in lateinischer Prosa, eine Epistola llende-
casyllaba des schon genannten Rauhenius an Reiffsteck,
sowie die Grabschrift des Abtes Laurentius von einem
Jesuiten Namens Johannes aus Toul^«). Gewidmet war das
Gedicht im Drucke dem Prior Hag und d(*n Priestern
Johann Haus und Hubert Rupaeus im Kloster Etten-
heimmünster, sowie dem Bruder Gregor I^aupach, Profess
in Altdorf.
Wir lassen nunmehr das Gedicht folgen.
Carmen Heroicum de
Vita Religiosissimi et Prudentissimi Domini Domini
Laurentii Abbatis Ettonensis et Altorffensis.
Non Kgo nunc unam vestrum, vvlut iiiito, reposro
CiislahMos Musae sacriijue Hcliconis aluninae,
Nrr tres iitiploro, vcliit antea >ai*pc solobaiii,
St-'d vos una omnes lUpio nriiiu.' drsit Apollo.
Kriru ago, sis praesti» iluctor doctis>sirao Phoel)e,
Tu quoiiue Calliope Musanim maxiraa Mu>a
Kt Clii» insignis gestaruin i;loria rcrum
Adsis, atque Krato terum vrniatqut: 'I'halia;
Nt'c tu Mclpomeiie emancas, ncc forte moriTis
Terpsithore, quae siis agiles variari* »horeas,
Kuterpequc veiii et Polvliymnia protinus adsis!
Tu siinul Urania hu«: ades et mea dirige «-oepta:
Namquc cgo pr«ieclaram meditor vobiscjue canendam
') Sic reicht bis l6(>7. Kini^c Anijabcn dei selben sin<i ol>cn vcrwcrU'i.
— ^} Die Iclzlcre woi5l einige Abweichungen von den» Drucke bei Kiir/cl
S. 148 auf. Der zweite Vers beginnt mit vivcns (die Chronik von Alt(l(»rf
hat vivus) anstatt cuius, welch letztere Lesart keinen Sinn triebt, und im
dritten Verse wird fratribus anstatt fructibus (gelesen, w.is ont^chioden
vorzuxiehen ist
202 Krieger.
Offero materiam, vestro quac carmine digna est.
Sqribcre constitui vitam praeclaraque facta
Praesulis egregii, duo qui sacra templa regebat
Sancti Cyriaci atque Ettonis nomine nota,
Nomine qui proprio fuerat Laurentius atque
Kelici de anno Gutiar cognomine dictus.
Vos igitur omnes tantis succurrite coeptis! —
Com jam Virginei partus millessimus esset
Atque quater decimus quoque quingentesimus annus,
In quodam pago Suburgum^) nomine dicto
Stella pie fulgens ciaras haec edita in auras
Paupere patre quidem nee multum divite matre;
Ast hie honestus erat, veluti quoque mater honesta.
P'elix luce tua multis gratissima Stella,
Quac roiseris magnum praebebas saepe levamen.
Cur non te dicam Stellam! nam luce decora
Qua tua sub nitidas mater te protulit auras,
Stella die clara visa est consistere Olympo.
Quid sibi vult Stella haec aliud, quid sidus obortum?
Denotat hoc aliud? nisi tu quod fratribus olim,
Quos lienedictinos vulgo appellare solemus,
Stella fores regeresque illos moderamine certo
Insignique sacris monachis cum laude praeesses.
Inde adolescentem in ludum misere parentes,
Discipulus novus doctas ut addisceret artes
Iiiformarcturque simul pietate tenellus.
Haud illos de puero concepta fefellit
Spes: successerunt fidis sensim omnia votis.
nie etenim studuit captarc eleraenta priora
lliaque colligere addidicit collectaque fati,
Nomina declinare siniul quoque verba jugare.
Prima haec in patria sua fundamenta locarat:
Nocte dieque suos coepit rogitare parentes,
Ut sibi praeberent, quo posset pergere coeptis
In studiis, precibus tandem qui deinde coacti
Dimisere, sed haud multis cum sumptibus ipsum.
Est urbs Hrisgoia Friburgum nomine dicta,
Dives opum, munita loco muroque tenaci,
l'ronte etenim adversa rupes magnique minantur
In coelum scopuli, quorum est in vertice summo
Arx constructa, feros posset quae arcere retrorsum
Mostes, si bello cuperent circumdare cives.
Hinc etiam silvis spectatur scena coruscis,
Mine etiam viridanti atrum nemus imminet umbra,
In quo forte cava quercu pendente vetusta
Kst fons irriguus sitienti gratus amoenus,
*) Lies Surburgum.
Abt Laarentio« von Ettenheimmünster. 263
Intas aqnae duices viridique sediiia terra,
Mnsanim domas et sedes psallentibus apta.
Ergo huc dia suis stipata frequenter alumnis
Calliope venit et comitata sororibus octo
Hicqae lyra Phoebus dulcissima carmina cantat,
Filia vaticinae Themitis cum matre venire
Hoc crebra solet et sacrum jus dicere mundo.
Non procul hinc Bacchus sua munera saepe revisit,
Pampineas vites, quarum bicoloribus uvis
Exprimitur praelo mustum nova vina daturum.
Quas infra et circa vites immensa videtur
Planities, hie almus ager fert pinguis opimas
Messes, hie etenim frugum genitrix dea sedes
Construxit, Lephgoi spiranturque tepentibus auris.
Has adiit pingues gaudens Laurentius oras
Discedens patriam linquens dulcesque parentes,
Scilicet in studiis ut posset pergere coeptis.
Ut Friburgiacam celebrem pervenit ad urbem,
Grammaticam accessit didicitque tenaciter illam.
Inde est ingressus Sophiae sacra publica tecta
Absolvitque illic primo praecepta loquendi.
Tum studia incipiens declamatoria in illis
Hxiguo fecit progressus tempore magnos;
Sed cum deficerent sumptus, rel in quere tan dem
Coropulsus studia est patriasque revisere sedes.
Krgo suis sociis cunctis valedixit eosque
Kriburgumque scholamque almam Musasque reliquit.
Kstque moratus ibi meliorem conditionem
Kxpectans et fortunam sortemque secundam,
Qua studia adjutus cito ad intermissa redire
Posset et optatam dextre contingere metam.
Sed sors in patria talis se haud obtulit Uli,
Krgo fuit proficisci aliam compulsus ad urbem.
Kst urbs Alsatiae circumdata moenibus altis
In piano constructa solo ditissima pingui
Campo, dives opum Caereris simul atque Lyaei
Kt dives nummis cumulataque mercibus amplis
Kt celebris studio et doctorum laude virorum,
Ipsa alias inter tantum caput extulit urbes,
Quantum lenta altae superant ribumai) cuprcssi:
Gens Argentinam quondam Romana vocavit.
Illam tarn claram Laurentius ibat ad urbem,
Hie illum hospitio excepit vir dignus honore,
Nomine qui Michael dictus cognominc Rheinlin.
Is sancti Petri senioris templa regebat
') So liest die Haodschrift! Was für eine Pflanze gemeint ist, ist mir
»^Itaont.
264 Krieger.
(Vulgaris tales rectores sermo decanos
Nominat). Est factus Laurentius eius alumnus,
Gratus ei semper fuit ob pietatis amorem
£t mores castos studii infessosque labores.
Interea et proceres alii clementer amore
Ccperunt ipsum et commendavere canendi
Supremi sub presbyteris venerabile teropli
Munus ei, nam tunc cum religione sacrata
Pura illic constabat adhuc pietasque fidesque
In summo et sacro Tibi Virgo Mater Jesu
Inque utroque tuo templo sanctissime Petre.
Nunc aut iam pridem potius male passa repulsam
Vera üdes eadem, ut reliqua antea, templa reliquit
£t nova successit mendacis secta Lutheri,
Quae multas aras cum tota destruit aede.
Kt quas non tollit, spernit et ncgiigit illas
Et Christi proprios cultus verumque timorem
Kx auditorum praeverso pectore delet.
Dum vero durabat ibi sacra gloria Christi
Sacratamque frequentabat Laurentius aedem,
Discebat ritus ibi religionis avitae,
Quos bene servarant longo illic tempore cives
Quosque colit melior populus constanter in orbe.
IIlos ut tcnuit fundamentumque salutis
Aeternaeque viam veniendi ad gaudia vitae,
Iam intendit nervös Laurentius omnes,
Ut posset fieri sacro de more sacerdos.
Propterea Argentinensi discessit ab urbe.
Est situ fertilibus Molsheimia pinguis in arvis.
Parva urbs Alsatiae fama super aethera nota,
Parva sed cxcellens studiis, asperrima belli,
[ustitiae cultrix et sanae religionis,
Quam semper coluit, studio summoque tuetur
Dogmata primaevae fidei Christoque fidelis,
llaud potuit duro compelli Marte retrorsum
De cultu fidei priscae. Fuit haud procul inde
Religiosa domus Veteris de Nomine Pagi')
Dicta ante haud paucos nostris maioribus annos.
Heu fuit illa acdes, quia nuper tristia totum
Bella cxusserunt fiammis hostilibus ipsam.
Illuc deproperabat iter Laurentius olim,
Posset ut inservire Deo tandemque sacerdos
Factus cum monachis illic convivere sancte.
Nee frustra nam mox coepit gratissimus esse
Abbati, ingenti qui ipsum dilexit amore,
Namque pium iuvenem sacrae cognovit amantem
«) AJtdori.
Abt Laarentius von Ettenheimmünster. 265
Justitiae et mente omatum vitaque modesta.
Ergo brevi voluit, novus ante altare sacerdos
Ut superum Regi stans mystica dona sacraret:
Pontifici ergo illum misit, qui rite sacratis
Ordinibus donaret eum faceretque sacratum
Presbyterum, fecitque libenter Episcopus illud.
Presbyter ut factus fuerat, mox auspice Christo
Primitias cantans Ipsi sacra prima dicavit,
Postea perpetuo in vera pietate remansit
Atque pudicitiam coluit votique Monarchae
Oblati summo non immemor extitit unquam.
Solus erat veluti solus sine conjuge turtur,
Aut si aliis aderat sacra extra templa, parumper
Fratribus optatis monachis se iunxit amanter,
Utque suo abbati grates persolvere dignas
Pro meritis posset tantis munusque referre.
Incepit parochi divinum munus obire
£t populum Christi divino pascere verbo,
Illic sedit ubi conventus et inclytus abbas.
£t postquam binos haec munera obisset in annos
Tum Meistrossensis populus pastore carebat;
Cui praesentatus mox est exceptus amanter,
Christicolas illos divino dogmate pavit
Vitamque inter eos semper ducebat honestam;
Krgo suis fuit acceptissimus ilie colonis.
Quos cum Rheinlinus tantos audisset honores
De virtute sui meritisque fidelis alumni,
Obtulit ille suo collegarumque suorum
Nomine ei templnm Bettenhofiense precatus,
Ut veniat celebrans et oves non negh'gat illas.
Maecenati ergo obstrictum sese esse professus
Annuit et precibus meritisque est gratificatus
Sic in eum cupiens gratissimns esse vicissim,
Cnins erat quondam larga pietate potitus,
Postquam Argentinam novus antea venerat hospes,
Krgo suis placido cum Meistrossensibus ore
Discessus causas memorans valediceret: illi
Effusis illum lacrymis retinere studebant;
Sed cum non aliter fieri illo tempore posset
Saepc vocatus oves alias cito pastor adibat
Et bis quinos illis prudenter praefuit annos»
Exemploque pio fulgens et dogmate sacro
Pauperibus tribuit largissima munera saepe,
Qui portum columenque ipsum dicere sacratum
Pracsidium et solatiolum et memorabile asylum.
Deficeret calamus, si commemorare studerem,
Quam gratus fuerit cunctis hinc ilie colonis
Et quam mirifico fuerit decoratus honore.
Zdtachr. f. Getch. d. Oberrh. N. F. XIV. .>. ]8
266 Krieger.
Plebs venerata fuit, coluit speciosa iuventus
Et mores gessit dictis monitisque beati,
Idque nee immerito, quia nocte dieque Tonanti
Vota tulit Summo populo oravitque salutem.
Ergo cum tantos et nocte dieque labores
Perferret, vires animi cessere repente,
Debile fit corpus renuens perferre labores
Et latus et renes morbo tentantur acuto.
Quare consuluit medicos et pharmaca sumpsit,
Ut posset tristes de corpore pellere morbos.
Suaserunt illi placidam traducere vitam
Atque Argentinam sese conferre, valeret
Quo melius saevo corpus relevare dolore.
Ergo iterum tnigrare loco compulsus et illos
Linquere, quos magno complectebatur amore;
Hie quoque tum tristes lachrymas fudere coloni
A se pastorem cernentes cedere fidum.
Argentinam adiit sedemque locavit ibidem
Atque ope paulatim medica relevavit anhelum
Corpus et exurgens morbo revalescit ab illo.
Interea virtus quia commcndaverat illum
In templo Petri Senioris patribus ante,
Adscripsere sibi collegam protinus ipsum.
Qui tamen haud potuit consuetum linguere munus,
Sed coepit rursus divino pascere verbo
Christicolas alios proprio pastore carentes,
Exemplo vitae insonti sanctoque micabat,
Verus pastor erat, cognovit oves, fuit illis
Cognitus et Christi vestigia sancta seq[u]utus.
Uritur interea morbo venerabilis abbas,
Qui quondam ipsius fuerat nutritor et altor,
Donec presbyteri foret insignitus honore,
Namque alios inter coepit pluresque dolores
Debilitare pedes eins nodosa podagra.
Ergo hujus coenobii res tunc curare valebat
Amplius, haud potuit commissum munus obire,
Vidit adesse virum nullum, cui credere posset
Id munus, nam vix monachi tres tempore eodem
Forte aderant, scd non poterant hoc munus obire,
Nam nimium ipsorum fuerat tum debelis aetas:
Ergo rogat, quod idem quoque saepius ante rogarat,
Coenobii rebus properet succurrere fessis
Kt fiat a cunctis exspectatissimus abbas.
lile iterum renuit veluti quoque saepius ante,
Sed postquam Argentinensis pervenit ad aures
Praesulis (heu cujus totum iam flemus in annum
Funus in oblito gemitu luctuque sonante)
Fama volans, qua nil aliud velocius usquam.
Abt Laurentios von Ettenheiromonster. 267
Fama viri memorans virtutexn et spiendida facta,
Quin etiaxn famam chartis mandata querela
Aegroti abbatis cursu properante secuta est,
Cognoscens famam princeps pius atque querelam,
Cum successorem nullum superesse videret,
Consilium abbatis rerum illa in sorte probavit
lussitqae ut commendatus Laurentius ad se
Dirigeret gressus. Qui postquam venit ad ipsum,
Protinus alloquiis est exhortatus amicis,
Munus ut oblatum subeat neque mente recusct
Aversa officium tam nobile tamque sacratum,
Auxiliumque suum promisit defore nunquam
Indixitque diem, quo electio rite daretur.
Tandem ille bis dictis victus monitisque benignis
Cessit et arbitrio subjecit principis atque
Abdicat officiis se aliis optataque multis
Commoda mundanosque simul reliquit bonores,
Coenobium petiit charis comitatus amicis
Fitque novus monachus domino devotus Jesu,
Cui jurans votum vovit, servavit et illud.
Intcrerant quoque pastores, quos praesui ad istud
Legarat munus magna gravitate obeundum,
Scilicet eti) legerent suffragia libera fratrum
Ipsorumque sacer fiat Laurentius abbas.
Successit, nam fiebat Laurentius abbas
Fratribus et reliquis gratantibus omnibus illi.
Si mibi tot linguac, quot fama habuisse renarrat
Argum oculos, qui commutatae numine quondam
lonis-) fuerat (si vera est fabula) custos:
Si mihi nunc foret docti facundia Marci
Venaque Nasonis nitidi gravitasque Maronis,
Kon tamen eloquio possem describerc tanto
Res ab eo gestas praeclare et quaelibct acta
^lirificus fervor, zelus, labor arduus atque
I'ura fides, candor sanctissima religioque
Ac insons pietas, pia mens ac integra vita.
Hac simul et reliquae virtutns semper in ipso
Splendebant veluti stellae fulgentis Olympi.
llis adjumentis vir laudatissimus illc
Commoda multa suae sacratac praestitit aedi,
Certe alter Benedictus erat vestigiaque eius
Consectabatur studio felicitcr omni;
Implevit praecibus castis noctesque dicsque,
Kxemploque bono et vera pietatc praoibat
Fratribus et pura stans et devotus in ara
Auetori Christo sanctissima dona sacravit.
1» Es ist ut zu lesen. — ^} Die Handschrift liest Junonis.
268 Krieger.
Praetereaque novis conventum fratribus auxit,
Atque ut perciperent operosae Palladis artes,
In claram celebremque scholam dimisit eosdem
Ad Molshemenses patres, qui a nomine Sancti
Nomen habent Jesu nullis pietate secundi
Doctrina studiis morum gravitate verendi.
Rebus in externis sapiens prudensquc gerendis
Extitit et multis censum proventibus auxit,
Aera aliena, prior quae olim contraxerat abbas,
Maxima dissolvit censu magnoque levavit
Coenobium pressum nunc hinc nunc inde gravatum.
Diruta quae quondam fuerant hostilibus armis,
Haec eadem erexit rursum magnisque refecit
Sumptibus. Haec eadem nirsus sunt diruta nuper
Militis indomiti caeci Martisque fnrore —
Heu scelus indignum et funesta morte piandum!
Hoc timuit semper summe dum viveret ipse.
Ergo per Alsatiam quoties nova bella furebant,
nie duces belli crebro est compulsus adire
Coenobio exorans pacem lytronque^) rependens.
Praeterea membris crebro de nocte quietem
Subtraxit magnum spatium emensusque viarum
Est pede') ante diem, claro quam duxit Olympo
Atque reduxit equos de gurgite Phoebus Ibero.
Ergo suam propter virtutem et splendida facta
Pontifici Argentinensi gratissimus llle
Acceptusque fuit, persaepe vocatus ad aulam
Principis et magno semper susceptus honore,
Eius consilio princeps est saepius usus
Perque illum fecit tersaepe negotia magna.
Rupere interea fatalia stamina Parcae
Abbati, qui dive tuum Landline rege bat
Kttonisque sacrum templum: quo deinde sepulto
Argentinensi venere a pracsule missi
Legati abbatemque novum jussere viritim
Consueto fieri -coliectis ordine votis,
Ut laudabiliter posset succedere patri,
Qui modo Parcarum spiculis confixus acutis
Mortuus aethereis ccssarat vescier") auris.
Illuc quin etiam princeps se contulit ipse
Et cum tempus erat, quo deberet novus abbas
Constitui, princeps voluit succederet ipse;
Ergo illi et reliqui abbates sua vota dedere
*j lytrum, lytrop, griech. XvtgoVj F-Ösegeld. — ^) Diese Konjektur ver-
danke ich dem Redakteur dieser Zeitschrift, Herrn Archivrat Obser. Die
Handschrift liest emensumqiic und pedes. — *) So die Handschrift! aus
was entstellt?
Abt Laurenlius von EttenheimmÜnster. 260
Consensumque suum tribuit conventus eidem.
nie recusavit nimium hoc grave munus obire
Estque precatus eos summe, sibi parcere vellent,
Conquestus quoque iam sibi plus satis esse laborum
Et se coenobiis non posse praeesse duobus.
Uli nee prccibus moti nee verba reeeptant,
Consensu unanimi mandant id munus eidem.
Krgo quod haud potuit vitare, id munus obibat
(Jfficiumque sibi oblatum suscepit idemque
Ut prius infesso studio, fervore, labore
Sustinuit deeratque suis haud partibus uliis
Nilque suo discessit de fervore priori.
Primus et in tempio fuil ultimus inde reccdcns
In sancta disciplina felicilcr, imo
Mirificc rexit fratres utriusque catervae
Et premere et laxas potuit dare certas habenas.
Aequus erat, rectus, justus, vix justior alter
Extitit inquc omnes est omni tempore visus
Mansuetus, mitis, clcmens miserisque reisque
Gnarus erat sontem insonti sccernere, gnarus
Parcere subjectis et refraenare superbos,
Quaproptcr populo gratissimus extitit ipse,
Qui quoque semper eum summo est veneratus honorc
Opposuit se vicinis, si quando volebant
Coenobii violare vetusta aut rumpere jura,
Coenobio inferri nulla est iiicommoda passus,
Debita dissolvit, censum proventibus auxit.
Diruta quae fuerant iam forte minantiaque ipsum
Omnia mox fundamentis renovavit ab imis;
Sex ego praecipue memini, quas condidit ipse
Extruxilque domos, quos sonsim longa vetu.stas
Triverat et quae nunc sunt grata habitatio doctis
Presbyteris, quos diversis pracfecerat aris
Iure patronatus, (juod ibi tenct inclytus Etto.
Praetereaque novos fratres suscepit et ipsos
lussit adire scholam, quo miserat antea primos.
Sed quid inutilibus verborum ambagibus utor?
Omnia ccmplectar vcrbo: fuit utilis abbas!
Isti coenobio denos bene praefuit annos,
His Septem vero primi moderatus habenas!
Quid dicam multis? Reliquos hie lloruit inter
Abbates ut saphyrus cireumdatus auro
Omnigenas intor gcmmas nitidosque lapillos.
Verum cum tantos noctuque dicque labores
Perferrei ncque morosis bona gaudia curis
Adderet, int'cpit morbos sentire molestos.
Quos equidem nuUus medicus placare volebat,
Cepissetque licet melius quandoque valero,
270 Krieger.
In morbum residit, nollet quod linquere curas.
Sic torquebatur geminatum aegrotus in annum,
Tandem crudeles Parcae nimiumque feroces
Injecere manus, merserunt funere acerbo
Insignem pietate virum patremque fidelem.
O nimium saevae nimium immitesque sorores,
Cur ausae facinus tarn grande et triste faistis!
Nestorea digni vita cur*) stamina seram
Rumpitis ante diem reverendi praesulis hujus:
Mathusalemiis fuerat dignissimus annis
Propter opem magnamque fidem, qua juvit et auxit
Res superum sacras hominumque negotia quaevis.
O vos Sicelides Musae deflete patronum
Atque omnes mecum lugubres sumite vestes,
Mecum immaturam mortemque dolete, rogamus:
Perdidimus ma^um nam munificumque patronum
Et Maecenatcm facilem dominumque benignum.
Cur mea non etiam rupistis stamina Parcae!
Nam mihi tam charo sublato morte patrono
Carpere vitales auras, mihi credite, durum est,
Sed sie est rerum series, sie rector Olympi
Consilio arcano nunc hos nunc avocat illos.
Tendimus hie omnes, finem properamus ad unam,
Unus post alium generamur et exspiramus.
Haec tamen a superis est consolatio nostra,
Quod spes sit certa ad ter laeta palatia coeli
Hinc migrasse suumque illic spectare patronum,
Qui propter Christum est prunis ardentibus ustus,
Quem puro affectu coluit dum vita manebat.
Vivat ibi atque suis temph's, quae rexerat ipsc,
Solliciturque suis monachis simul Alsatiaeque
A patre coelituum pacem requiemque precetur
Atque inconcussum fidei et pietatis honorem.
*) Die Handschrift liest cui.
Die Überlieferung
des ersten Strassburger Stadtrechtes.
Von
Hermann Bloch.
Das älteste, dem 12. Jahrhundert zugewiesene Stadt-
recht von Strassburg') ist uns nicht mehr in handschrift-
licher Überlieferung erhalten; für seine Kenntnis und seine
Beurteilung sind wir auf zwei Drucke angewiesen, die
beide die wichtige Aufzeichnung in lateinischer und in
deutscher Sprache geben. Schilter veröffentlichte sie als
der erste in der 12. Anmerkung zu seiner Ausgabe des
Jacob von Königshofen (Strassburg 1698), S. 700 flF. Er
stellte den deutschen Text (DS) voran, da er ihn für den
ursprünglichen hielt und den lateinischen für eine Über-
setzung daraus ansah. Grandidier, der abweichend von
Schilter die lateinische Fassung als die frühere betrachtete,
widmete dem ersten Stadtrecht die VI. Dissertation in
seiner Histoire de Teglise de Strasbourg II, 34 ff. Die
seither geltende Ansicht über das Verhältnis der Uber-
lieferungsformen zu einander ist in dem Strassburger Ur-
kundenbuch I, 476 dahin zusammengefasst worden, dass
der lateinische Text bei Grandidier (LG) als der ältere
der Ausgabe zu Grunde zu legen sei, dass derjenige bei
Schilter eine offenbar jüngere und zum Teil verderbte
Überlieferung darstelle, und dass endlich die mittelhoch-
deutschen Übersetzungen bei Schilter (DS) und Grandidier
') Ich behalte diese Be/cichnunj; bei, obwohl ich Rietschcis Bedenken
liagcj^en (vgl. Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft N.F. I, 37
N. 1) theile.
272 Bloch.
(ÜG) »im günstigsten Falle erst aus den letzten Jahrzehnten
des 13. Jahrhunderts stammten.« Demgemäss wurde der
deutsche Text des Stadtrechtes nie berücksichtigt und
auch im Strassburger Urkundenbuch nicht wieder ab-
gedruckt.
Diese Anschauung über den Wert unserer Über-
lieferung will G. Caro in einer kurzen soeben erschienenen
Untersuchung »Zur Überlieferung des ersten Strassburger
Stadtrechtes« (Histor. Viertel jahrschrift 11, 72 ff.) über den
Haufen werfen. Indem er zu Schilters Meinung zurück-
kehrt, kommt er zu dem folgenden Schlussergebnis: »Jeden-
falls ist der deutsche Text bei Schilter der älteste für uns
sicher erkennbare Text des sogenannten ersten Strass-
burger Stadtrechts; der lateinische Text bei Schilter ist
eine Übersetzung des deutschen. Der lateinische Text bei
Grandidier ist tendenziöser Entstellung dringend verdächtig,
keinesfalls aber bietet er Gewähr für die zuverlässige
Wiedergabe einer handschriftlichen Vorlage. Als originales
Rechtsdenkmal aus dem 12. Jahrhundert wird das erste
Strassburger Stadtrecht demnach kaum noch angesehen
werden dürfen.«
Klar und bestimmt hat Caro hier die Ansicht aus-
gesprochen, die, wenn sie zuträfe, dem Stadtrechte das
Beste seines Wertes rauben würde; scharf scheidet er in
diesen Worten die beiden Fragen, mit denen sich die
Prüfung der Überlieferung zu beschäftigen hat. Auf der
einen Seite handelt es sich nämlich darum, festzustellen,
ob der deutsche Text aus dem bekannten lateinischen
abgeleitet oder ob etwa die lateinische Fassung eine (als-
dann für uns wertlose) Übersetzung der deutschen sei.
Auf der andern Seite muss das Verhältnis der Drucke
Grandidiers zu den älteren Drucken Schilters sorgfaltig
erwogen werden, damit eine sichere Grundlage für die
Textgestaltung gewonnen werde.
Hätte Caro diese beiden Fragen , die nahezu unab-
hängig von einander zu erörtern sind, im Eingang seiner
Untersuchung mit der gleichen Sicherheit geschieden wie
in den angeführten Schlussätzen und hätte er, statt sie
miteinander zu verwirren, jede gesondert behandelt, so
Strtssburger Stadtrecht. 273
Würde er seinen Angriff auf den lateinischen Text wohl
niemals unternommen haben. Zum mindesten würde er
erkannt haben, dass es für die Wertung unseres Stadt-
rechtes nicht gar zu wesentlich ist, ob Grandidiers Druck
mehr oder weniger willkürlich gestaltet sei, dass dagegen
für die von ihm vorgetragene Beurteilung schlechterdings
alles auf den Nachweis ankommt, dass der deutsche Text
der ursprünglichere, der lateinische nur eine Übersetzung
des deutschen sei.
Den Nachweis hierfür zu liefern, hat Caro kaum ernst-
haft unternommen, und er hat auch nicht die Rätsel gesehen,
geschweige denn erörtert, die seine Hypothese im all-
gemeinen und im einzelnen aufgiebt. Wann und unter
welchen Umständen soll denn wohl ein im Jahr 1270 vor-
liegendes deutsches Stadtrecht aus der Volks- in die latei-
nische Gelehrtensprache zurückübersetzt worden sein?
Welcher Mann, so muss man weiter fragen, mag in den
einschlägigen Quellen bewandert genug gewesen sein, um
in der Übersetzung den Ton, ja zuweilen selbst den Wort-
laut anderer Stadtrechte aufs glücklichste zu treffen ? Wer
mag endlich aus den alten Urkunden die Bezeichnung des
Schultheissen als »causidicus^ ausgegraben haben, die seit
dem Anfang des 1 3. Jahrhundorts in Strassburg nicht mehr
begegnet, um sie neben dem später ausschliesslich üblichen
Titel des ^scultetus« zu verwenden, — wie beide in den
letzten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts nebeneinander in
Gebrauch gewesen waren?
Auf solche allgemeine Betrachtungen, welche gegen
die Auffassung Caro's von der Ursprünglichkeit des deut-
schen Textes Stimmung machen würden, brauche ich
indessen hier nicht einzugehen, weil die Grundlage, auf
der sie beruhen müsste, weil nämlich der eingehende Ver-
gleich der deutschen und der lateinischen Fassung mit
voller Sicherheit zu dem grade entgegengesetzten Er-
gebnis führt, dass der deutsche Wortlaut eine verfehlte
und fehlerhafte Übersetzung der lateinischen Vorlage ist.
Indem ich im folgenden die entscheidenden Stellen heraus-
hebe, stelle ich Schilters lateinischen (LS) und deutschen
^DS) Text einander gegenüber und berücksichtige Ciran-
didiers Lesarten nur im Notfalle.
274
Bloch.
§ 2t.
LS (V, 3J.
Est autem iste modus voca-
cionis: nominabit hominem pul-
santem intimabitque adversario
suo, quod pulsatus sit, vel viva
voce presenti ubicunque ei
occurrerit vel ad domum eius
nunciabit primo, secundo, ter-
cio ad iriducias noctis unius.
DS.
Dise rufunge ist alsus ge-
schafen: er soll nennen >) den
kleger ufl künden sinem wider-
sachen das er biclaget si, oder
von munde ze munde ist er
gegenwertig, oder künde tz
ime zu hus, oder swa er
ime bekumet zum ersten male,
zum andern male, zum dritten
male, nach den vristmal einer
nacht.
Wie im mittelalterlichen Gerichtsverfahren allgemein
die einfache persönliche Ladung »de ore ad os« von der in
bestimmten Fristen zu wiederholenden dreimaligen Ladung
»ad domum« geschieden wird *), so kennt auch unser Abschnitt
in LS beide Formen, sei es die persönliche Ladung, welche
der Fronbote an den Beklagten, wo immer er ihn trifft,
ergehen lassen kann, sei es die dreimalige an dem Hause
des Beklagten. In DS hingegen sind diese beiden einzig
gesetzlichen Fälle durch ein an sich unbedeutendes Miss-
verständnis des lateinischen Textes zu dreien umgebildet ^j,
und überdies ist der Gegensatz der mit einem Male
erledigten persönlichen Ladung zu der gewöhnlichen an
dreifache Wiederholung gebundenen völlig verwischt
worden. Nur LS giebt den rechten Sinn, DS ist eine
ungeschickte Übersetzung.
Nicht anders ist es mit § 35.
LS. (IX, i).
Si quis alium fuerit iniuriatus
verbo vel facto in populo, si
ambo volunt stare ad iudicium
populi, iudex illud determinabit
secundum iudicium et dictum
populi. Sin autem, pulsatus
DS.
Swer aber dem ander geun-
, rechtet mit wortten oder mit
1 werchen vor den lüten, wellen t
I si beide nicht klagen noch
j gerichtes pflegen, so sol sich
sin der richter annemen , und
*) DG; ncmcn DS. — *) Planck, Das Deutsche Gerichtsverfahren im
MA. I, 344 n*. — 3) Der Übersetzer trennte irrtümlich; (i) vel viva voce
presenti, (2) ubicunque ei occurrerit, (3) vel ad domum. Der Sachverhalt
erhellt deutlich aus dem folgenden § 27.
17*
Strassburger Stadtrecht. 275
simplice sua assercione [se]^) ! sol ime die gemeinschaft den
ezpurgabit vel ille convincere \ uf urteil lasen sprechen, uu dar-
eum volaerit') duello. - nach so si gesprechent, so richte
I [der Richtere]^) an ein ende.
ufl der da angesprochen wirt,
' der gat mit sinem eide dervone,
I der kleger wel in denne kemphen.
Schilter hat die in LS getroflFene Anordnung nicht
verstanden; in einer Anmerkung zu »volunt« hebt er hervor,
dass dem deutschen Texte zufolge »nolunt* gelesen werden
müsse« und zu dem mit »sin autemc beginnenden Satzgliede
bemerkt er, dass der lateinische Übersetzer (latinus inter-
pres) das Deutsche nicht richtig wiedergegeben habe. Im
Anschluss an Schilter, ohne auch nur eine weitere Er-
läuterung zu versuchen, hält Caro »die Stelle für beweis-
kräftige und urteilt: »DS ist hier klar, LS sinnlos«.
Und doch ist der in I-S geschilderte Vorgang nicht
eben schwer verständlich. Wenn ein Bürger von einem
seiner Mitbürger öffentlich (in populo) beleidigt wird, kann
mit ihrer beiderseitigen Zustimmung (si ambo volunt) die
Sühne ausserhalb des ordentlichen gerichtlichen Verfahrens,
zwar vor dem Richter, aber durch den Spruch der um-
stehenden Bürger gefunden werden*). Offenbar handelt
es sich hier um eine Art Schieds- oder Friedensgoricht,
das nicht nach dem formalen Rechte, sondern nach Billig-
keit entscheidet*). Wenn indessen einer der beiden an
dem Streite beteiligten Bürger statt bei diesem »Volks-
urteil^ sein Recht nach dem ordentlichen Verfahren heischen
wollte (sin autem), so fiel es dem Beklagten zu, sich durch
den einfachen Eid zu reinigen; dem Kläger aber stand es
frei, ihn durch gerichtlichen Zweikampf zu überführen.
*) pulsatum LS, wo »sc« fehlt. Die Eiiiendation ist selbstvcrslamllioh.
auch wenn LG sie nicht schon böte. — -) »potcrit- LG. — h D(t; tohll
DS. — *) Vgl. Planck, Das Deutsche Gerichtsverfahren I, 47 über die An-
fÜDt^e eines »schieds(;crichtUcheu Sühneveifahrcns-, und 332 fl'. über die »Surro-
gatgerichte« ; vielleicht darf auch der § 34 des Hcrncr Sladlrechics anjjezojien
werden: «si autem a vicinis suis, antci|uani causa ad iudicium vcnerit, fucrint
reconciliati«. — ') Siehe Hoineycr in Abhandlungen d. Berliner Akademie
18O6 S. 20 (T. — In dem oben dargoleKten Sinne scheint auch v. Bclow in
der Histor. Zeitschrift 59, 220 und Ursprung? der Stadt Verfassung S. 50 die
Bestimmungen gcfasst zu haben.
276 Bloch.
Der deutsche Übersetzer hat von diesem Sachverhalt aller-
dings nichts begriffen. Er hat nicht bemerkt, dass in dem
ersten Teile der Schwerpunkt auf der Beteiligung des
»populus <an der Entscheidung ruht, und hat dies deshalb in
keiner Weise zum Ausdruck gebracht. Und von einem
verschiedenen Verhalten der beiden Gegner gegenüber
dem »iudicium populi«, wie es der lateinische Text durch »si
volunt« — »sin autem« hervorhebt, kann im Deutschen
schon deswegen nicht die Rede sein, weil der Übersetzer
infolge eines der gewöhnlichsten Lesefehler n und u mit-
einander verwechselte und daher an der ersten Stelle »nolunt*
statt »uolunt« las ^), so dass er den Zwischensatz völlig unver-
ständlich durch »wellent si beide nicht clagen« wiedergab.
Infolge dieses aus der lateinischen Vorlage ohne Schwierig-
keit zu erklärenden Fehlers musste natürlich der ganze
Abschnitt völlig geändert werden, ohne daiss es indessen
dem Übersetzer gelungen ist, ihm eine befriedigende
Form zu geben. Das Urteil über die lateinische und die
deutsche Fassung dieses Paragraphen muss daher in vollem
Gegensatze zu Caro dahin gefallt werden : LS ist hier klar,
DS sinnlos.
§ 40. 41^).
40. Si compositio facta fuerit advocato, eius est dividere
sibi terciara partera, causidico duas; ipse enim accipiet compo-
sicionem sibi factam. Et quamcunque summam in accipienda
composicione ipse formaverit, sive parvam sive magnam, iliam
causidicus nee minuere nee augere debet, sed ratam habebit.
LS (XIII, 4). I DS.
41. E contrario, si facta fuerit ' Dawider, wirt dem Schult-
composicio ipsi causidico, eius | heisen gewettet, so ist sin recht,
ius erit duas partes accipere et 1 das zweiteii ze nemennc unt das
terciam advocato dare. Etsimili- dritteil dem Vogte ze gebenne.
ter, quemcuiuque composicionis j Ufl och swellcs wette summe
summam ipse formaverit, advo- , der vogt gemachet, die sol er
catus non cassabit. i ganz unt stete han.
') Hier und im Folgenden sei ein für allemal dahingestellt, ob etwa
der Übersetzer die besprochenen Fehler des lateinischen Textes selbst ver-
schuldet oder schon in seiner unmittelbaren Vorlage gefunden bat. Es kommt
gar nichts darauf au. — *) In § 37 ist das conjunctive »veU = >UDdc durch
das disjunctive = -oder^ wiedergegeben, auch dies ein sehr häufiger Über-
setzungsfehler.
StraKsburger Stadtrecht. 27 7
Die beiden offenkundig einander entsprechenden Be-
stimmungen der §§ 40. 41 regeln die Teilung der Wette
zwischen dem Vogte und dem Schultheissen. Wird dem
Vogte gewettet, so hat er 2,3 der Summe an den Schult-
heissen zu überweisen, der ohne Widerrede das ihm Zu-
geteilte in Empfang nehmen soll. Wird aber dem Schult-
heissen gewettet, so bestimmt dieser seinerseits das dem
Vogte zukommende Drittel und — so müsste die mittel-
hochdeutsche Übersetzung schliessen — »swelles wette
summe er (d. h. der Schultheiss) gemachet, die sol der
vogt ganz und stete hanc. Was DS statt dessen bietet,
ist ganz verkehrt, aber wieder nur deswegen, weil der
Übersetzer das Lateinische missverstanden und »advocatus«
zu dem vorangehenden Relativsatze gezogen hat, indem
er irrtümlich las: >et similiter quamcumque composicionis
summam ipse formaverit advocatus, non cassabit<i)*
LS ist hier klar, DS sinnlos.
§ 85.
LS (XXXVIIII). i DS.
Nemo theloneum tribuat de nieman sol dekein zol geben
paitis, anseribus, de ovis, de von matzen'i, von hAnren, von
porris, de caulibus et de aliis gensen, von eiern, von ver-
oleribus, de scutellls, de becha- hern, von kolen noc von an*
riis, nisi vendat Valens V ') solidos. derm krute noch von schuzlen
j noch von bechern, ern vurkofe
I danne gegen vunf Schillingen.
Unter den Produkten der häuslichen Wirtschaft, die,
soweit ihr Wert fünf Schillinge nicht übersteigt, zollfrei
bleiben sollen, werden in LS aufgezählt: Hühner, Gänse,
Eier, Knoblauch, Kohl und anderes Gemüse, Schüssel und
Becher. In DS werden statt des Lauches inmitten der
Eier und des Kohls die Schweine (»verher«) aufgeführt.
Offenbar waren dem Übersetzer die ^porci< geläufiger als
die iporric; so erklärt auch hier wieder ein einfaches Ver-
sehen im lateinischen Text den P'chler im deutschen.
Ich schliesse diese Zusammenstellung mit dem von
Caro wieder als für seine Auffassung besonders beweis-
kräftig erachteten § 105.
*) So hat auch Schiller in seiner Aus;j;ibe intet pungiort. — - Vpl.
hierüber unten S. 293. — ») LG - DS; XV I.S.
278 Bloch.
LS (IL, 3). 1 DS.
Prcterea debent omnia facere | Unt ane dis so sulnt si alles
quenecessariahabueritepiscopus i das machen das der bischof
in palacio suo sive in ianuis sive in
fenestris sive in ianuis urso-
bidarf ane siner pfallence, es si
an tfirn, an venstern an der
rum*) que de materia ferri [fieri beren Stangen das von ysene
conveniat, data eis materia ferri]^) gan sol unt sol in geben die ma-
et ministrata interim vescendi terie des ysens unt dazwischent
expensa. . ir zerunge.
Die Schmiede, deren Leistungen hier behandelt werden,
sollen für den Bischof in seiner Pfalz alle Eisenarbeiten
ausführen, es sei an Thüren, an Fenstern oder »an der beren
Stangen«. Weder dieser deutsche noch der entsprechende
lateinische Ausdruck »in ianuis ursorum« (oder, nach LG,
»vasorum«), hat bisher eine irgend brauchbare Deutung
erfahren. Caro aber weiss sich leicht zu helfen: *IJS — so
sagt er — übersetzt den unverstandenen Ausdruck (der
* offenbar 3j Gitter bedeutet) mit >in ianuis ursorum«.
Grandidier liest »in ianuis vasorum«, was keinen Sinn
giebt. «
Ich möchte vorschlagen, im lateinischen Texte »in
laminis vasorum« zu lesen. Lamina, lamna, lanna — man
mag eine beliebige Form einsetzen, da die Emendation
palaeographisch in allen Fällen höchst einfach ist — bedeutet
Brett, Platte, Barre und ist sogar in der Anwendung für »Fass-
dauben« zu belegen*). Die Arbeit, welche die Schmiede
an den »vasa« vorzunehmen hatten, dürfte leicht in der
L^mlegung der eisernen Reifen, durch welche das Fass
zusammengehalten wird, gesehen werden. In seiner latei-
nischen unmittelbaren Vorlage fand der Übersetzer schon
»in laminis vasorum« zu ^in laminis ursorum« entstellt vor;
in wortlicher Anlehnung setzte er dafür nicht ungeschickt
»Bärenstangen« ein, ohne sich viel um den Sinn der
Bestimmung zu kümmern.
*) vvasonim« LG. — '-') Fehlt LS; LG = D. — ') Von mir gesperrt. Es
iehlt an jedem Beleg für eine solche Deutung! — *) Siehe Georges Latei-
nisches Wörterbuch s. v. ; vgl. Du Gange Glossarium s. v. lamina und lamna.
ich bemerke, dass die Übersetzung »Stange« hieraus, nicht aus »ianuisv
abgeleilet werden kann. — »Vasa« für Fässer begegnet auch sonst im Stadt-
recht. Mein Freund und Kollege Dr. Sackur zieht an dieser Stelle allerdings
die Deutung auf ^Gerätschaften« vor; die Emendation bleibt davon unberührt.
Strassburger Stadtrecht. 270
Wie in allen früheren Fällen ist auch hier wieder IJS
klar, DS sinnlos.
Allen oben besprochenen Stellen ist es gemeinsam,
dass die in DS nachgewiesenen Fehler sich aufs leichteste
aus einer unbedeutenden Verderbnis oder einem Miss-
verständnis des lateinischen Textes erklären lassen. Eine
jede von ihnen genügt, die UnmögHchkeit der Schilter-
Caro'schen Hypothese von der Ursprünglichkeit der deut-
schen Fassung zu erweisen. Denn eine jede lehrt, dass
diese aus der lateinischen entstanden sein muss. Ich kann
darnach darauf verzichten, die anderen Stellen zusammen-
zutragen, an denen DS, ohne ähnliche gröbere Versehen,
doch offenkundig schlechter ist als der lateinische Text*).
Der Vergleich, der oben an den beiden Fassungen einer
Reihe von Bestimmungen vorgenommen ist, stellt hoffent-
lich für immer den lateinischen Text des ältesten Strass-
burger Stadtrechtes gegen den Verdacht sicher, nichts als
eine Übersetzung des deutschen Textes zu sein. Das erste
Strassburger Stadtrecht darf in seiner lateinischen Über-
lieferung mit Fug und Recht den Ehrenplatz unter den
ältesten deutschen Stadtrechten bewahren.
Nach der, wie ich glaube, endgiltigcn Erledigung
dieser wichtigen Frage bleibt uns noch übrig, das Ver-
hältnis der beiden Drucke Schilters und Grandidiers, auf
denen bei dem Verlust aller Handschriften unsere Lber-
lieferung ausschliesslich beruht, zu einander und nach ihrem
Werte für die Textgestaltung zu bestimmen. Dass Caro
in dieser Hinsicht gegenüber der üblichen Bevorzugung
der Grandidier'schen Ausgabe zu Gunsten Schilters auf-
getreten ist, soll gern als sein Verdienst anerkannt werden.
Aber er geht in seiner Skepsis gegen Grandidier und den
Codex, den er :^benutzt haben könnte«', viel zu weit und
«) Vgl. «. B. §§ 12. 34. 82. 116. — Da Caro auch auf die Bedeutung
von vaUum« Gewicht legt, will ich erwähnen, dass die Übersetzung es zwar
mit -Graben« wiedergegeben hat, dass cs aber an allen drei Stellen im Siadt-
recht ij§ 80. 83 und selbst 117, ebenso wie in der bekannten Urkunde über
die städtische Allmende (Slrassb. ÜB. i, 119 n^' 144) den Wall (im Oeucn-
satz zur Mauer, vgl. Gcnglcr, Deutsche Stadlrcchlsallcitümcr 23) bezeichnen
kann Vgl. auch Berner S:ad(rccht ^ 17.
28o
Bloch.
er war schon wegen des Grundfehlers seiner Auffassung-
nicht in der Lage, die Richtlinien einer textkritischen
Behandlung des Stadtrechtes zu ziehen.
Vor allem handelt es sich darum, festzustellen, ob
Grandidier überhaupt eine handschriftliche Überlieferung
zu seiner Verfügung gehabt hat. Allen Zweifeln daran
macht sogleich der mittelhochdeutsche Text ein Ende, der
bei Grandidier (DG) nicht nur einzelne orthographisch und
grammatisch bessere Formen enthält als bei Schilter (DS),
sondern der auch ganze in DS ausgefallene Satzteile bewahrt
hat. Wenigstens soweit DG hier dem Mittelhochdeutschen
entspricht, ist die Vermutung selbständiger Emendation,
die bei dem lateinischen Texte Grandidiers leichter auf-
steigen kann und, wie wir sehen werden, dort bis zu einem
gewissen Grade berechtigt ist^), unzulässig und deshalb
der Rückschluss auf eine handschriftliche Vorlage zwingend.
Man vergleiche
§ 31
DS (VII).
Swer aber sinen burger be-
chlaget uswendig der stat vor
eime andern rihtere unt och
dem den er uzwendig bechlaget
het, .... den sei er ime abtun.
DG.
Swer sinen burger beclaget
usewendic der stat vor eime
anderen rihtere, darumb sol
er wetten der stette rihtere
und ouch dem den er usewen-
dic beclaget hat . . . ., den sol
er im abetun.
XXV, 7. § 68.
Unt sol och nieman wetten ' Und sol ouch nieman an-
wand umbe pfundige pfenninge. , gesprochen werden noch
ensol nieman wetten wände
' umbe phundige phenninge.
§ 79.
Swelh munser wonet usser der
stat, der sol geben der münsen
recht, dem man sprichet slege-
schatz.
Swelich munzer wonet uzer
der stat und cofet silber in
der stat, der sol geben der
münzen reht, dem man sprichet
slegeschatz.
^) Über EingrifTe Grandidiers auch in die deutsche Übersetzung vgl.
unten S. 284.
Strassburger Stadtrecht. 28 1
Überall hat hier DS sich den bekannten Abschreibe-
fehler zu Schulden kommen lassen, von einem Worte zu
einem bald darauffolgenden gleichlautenden überzuspringen;
durch die daraus entstandenen Lücken ist sein Text unver-
ständlich geworden. Bei einer andern Bestimmung ist
allerdings Grandidier dem gleichen Versehen zum Opfer
gefallen:
§ 102.
DS (XL VII). ' DG.
L'uder den kursenern sint ' Under den kurseneren sint
zwelfe, die mit des Bischofs ehest swelve, die mit dez bischoves
suint vel unt beize machen als : kost sulcnt vel und belleze
vil als ir der bischof bidarf, machen, als vil ir der bischof
unt der kursener meister , bedorf. und der gezug der dar
der nimet zu sich usser ' zu höret cofet der kursenereu-
disen zwelfen als vil als er , meister mit dez bischoves silbere.
ir bidarf^), unt den gezug der :
herzu höret chofet er mit des 1
bischofs silbere. !
Die drei ersten Beispiele genügen für die Erkenntnis,
dass Grandidier wirklich eine handschriftliche Überlieferung
vorlag, dass daher eine Ausgabe des deutschen Stadtrechtes
sich keinesfalls nur an Schilter anschlicssen dürfte, sondern
beide Drucke nebeneinander berücksichtigen müsste. Wir
können sogar noch weiter gehen zu der Behauptung, die nun
auch für die lateinische Fassung von wesentlicher Bedeutung
sein wird, dass nämlich die von Grandidier benutzte Hand-
schrift mit keinem der von Schiltcr benutzten Manuskripte
identisch ist.
Schilter macht in seinem Jus statutarium civit. Argento-
ratcnsis*) über die Herkunftseiner Texte des I. Stadtrechtes
die folgende Angabe: die lateinische Fassung habe er gefunden
in Charta vetusta quae tarnen versio videtur. Germanicus
vero et authenticus textus habetur in libello Ms. pergameno
in 12«, quod Rumplerus anno i6r>o rei publicac tradidit.
Inscriptio est: »dis sind der stette rocht von Strassburg. In
uuo vero non tantum ea (|uae libro I posuimus, sed et quae
in libro II.« Darnach folgte in dem Rumplor'schen Codex
'1 Darnach ist Strassburger UT». IV, 2, 14 Z. i.^ zu brriolUij;cn. —
^» Ms. auf dem Stadtarchiv zu Strij-^-luitj^. S. 2;,
Zeitschr. f. üesch. rl, Oberrb. N. \\ XIV, 3. \n
282 Bloch.
auf das I. Stadtrecht sogleich das IV. von 1270, das in
Schilters 2. Buche behandelt ist; es fehlten in ihm, wie in
allen andern uns bekannten Stadtrechtshandschriften, das
IL und das III. Stadtrecht. Daher hat denn auch
Schilter diese beiden als selbständige Denkmäler nicht
gekannt*).
Das IL und III. Stadtrecht — das hat Caro überhaupt
nicht beachtet — sind uns einzig und allein durch Gran-
didiers Abschriften erhalten*), und beide, wie das L Stadt-
recht, in lateinischer und in deutscher P'assung. Damach
muss Grandidier eine völlig selbständige, von allen andern
Handschriften verschiedene Überlieferung der älteren Strass-
burger Stadtrechte haben benutzen können.
Seine Vorlage werden wir indessen nicht in dem
städtischen Archive suchen dürfen, über dessen einstigen
Bestand an Stadtbüchern wir gut unterrichtet sind'). Offen-
bar hat die Stadt an der Überlieferung des II. und IIL Stadt-
rechts kein Interesse gehabt, nachdem die Bürger die
daraus zu dauernder Geltung gelangten Bestimmungen in
dem IV. Stadtrechte wiederholt hatten. Wohl aber mag
die Aufzeichnung und Erhaltung der drei ältesten Stadt-
rechte dem Bischöfe nahe gelegen haben, der bei ihrer
Abfassung, nicht mehr aber bei derjenigen der späteren
Statuten, mitgewirkt hatte. Es hat daher allen Anspruch
auf Glaubwürdigkeit, wenn Grandidier erklärt, im bischof-
lichen Archiv zu Zabern eine die drei ältesten Stadtrechte
enthaltende Handschrift von 26 Blättern, betitelt »iura et
leges civitatis Argentinensis« vorgefunden zu haben.
') Das dritte, temporibus doinini Heinrici de Stahlecke gegebene, war
ihm nur in der Verbindung mit dem IV. bekannt, in das es gekürrt auf-
genommen ist. — Eine der Schilter*schen Handschriften des IV. Stadtrechts
scheint übrigens das gleichfalls, aber nur mit einreinen Bestimmungen darin
wiederholte 2. Statut in einer Gestalt enthalten zu haben, die dem Text
Grandidiers, Oeuvres in^dites II, 187 ff. sehr nahe steht. — «) An ihrer Echtheit
ist, wie ich ausdrücklich bemerken will, ebensowenig zu zweifeln wie daran,
d.iss beide ursprünglich lateinisch abgefasst waren. Der deutsche Text ist nur
eine Ü!)ersctzunji; seine Wiedergabe durch Grandidier ist, soweit sie sich
durcli das IV. Stadtrecht kontrolieren lässt, in allem wesentlichen zuverlSssif
und erweckt das günstigste Vorurteil für das I. Stadtrecht. — ») Vgl. die
Einleitungen Schulte's zu den verschiedenen itadtrechtlichen Aufzeichnungen
im Strassburger Urkundenbuch IV, 2.
Strassburger Stadl recht. 283
Dass gerade eine derartige, im bischöflichen Besitz
befindliche Sammlung nachzuweisen ist, hat schon Gran-
didier selbst bemerkt. König Richard bestätigt am
21. November 12t 2 der Stadt Strassburg die »iura et con-
suetudines, que in quodam libello, cuius copiam et tran-
scriptum dicitur habere episcopus, .... observentur« ^). Und
in beachtenswertem wörtlichem Anklang beruft sich das
III. Stadtrecht auf die alten Statuten, »prout iura et consu-
etudines civitatis in libellis sunt descripte«; auch die
deutsche Übersetzung ist in diesem Zusammenhange nicht
bedeutungslos, da sie von den Rechten und Gewohnheiten
spricht, »als an disem buchelin beschriben ist«.
Ob die Handschrift Grandidiers wirklich, wie er meint,
noch der Mitte des 13. Jahrhunderts angehörte und das
damals im Besitz des Bischofs befindliche Büchlein selbst
war — oder ob sie nur eine Abschrift davon gewesen ist,
vermögen wir natürlich nicht mehr zu prüfen; aber es
kommt auch wenig darauf an. Sicher und allein von
Wichtigkeit ist für uns die P'eststellung, dass Grandidier
eine mit keinem der Schilter'schen Manuskripte identische
Handschrift benutzt hat, welche die drei ältesten Stadt-
rechte enthielt. Unter diesen Umständen wird daher eine
Ausgabe des ersten Stadtrechts sich weder bei dem latei-
nischen noch bei dem deutschen Texte, wie Caro will, aus-
schliesslich an Schilter anschliessen dürfen, sondern sie
wird beide Drucke berücksichtigen und, wo sie auseinander-
gehen, von Fall zu Fall zwischen ihnen wählen müssen^).
Caro ist zu seinen unrichtigen Behauptungen offenbar
durch die Grandidier nachgewiesene Urkundenfabrikation
getrieben worden. Die Aufdeckung dieser Fälschungen,
die sich auf einen bestimmten Kreis beschränken und nach
bestimmten analogen Formen gebildet sind, darf nun wohl
^) Strassb. ÜB. I, 386 no 508. — Im Besitze des Bischofs soll also,
was wq^en der Fehler in LG zu beachten sein wird, nicht das Original dieses
libclluft, sondern nur eine Abschrift davon {gewesen sein. — ^) Eine nicht
unwesentliche Zahl der Abweichun}*cn von LS und LG sind ohne weiteres
als unrichtige Auflösungen von Abkürzunj^cn zu beacitigen. Z. B. fi 57.
LS: -signatas sint esse«= LG: *signatc sint sicut etiam ; Ol. LS: tantum
«nimt = LG: *tunc enim« ; 86. LS: »conimunicat«. = LG : committat ; 49.
LS: »fuerinti =- LG: »fiuntc
0*
284 Bloch.
ZU einer sorgsamen Prüfung, aber schlechterdings nicht zu
einer allgemeinen Verdächtigung der nur durch Grandidier
übermittelten Quellen und Nachrichten fuhren. Mit \'ielem
andern ist die nur ihm zu dankende Erhaltung des II. und
in. Stadtrechtes ein Beleg dafür, dass uns verlorene Quellen
ihm noch zugänglich waren. Überdies sollen seine Drucke
so wenig wie andere ältere Ausgaben mit dem Masstab^
modemer Quellenkritik gemessen werden, geschweige denn
dass aus der Nichtbefolgung zum Teil auch heute noch
strittiger Grundsätze der Vorwurf »tendenziöser Entstellung«
abgeleitet w^erden dürfte.
Grandidier, der allerdings verkehrt das I. Stadtrecht ins
10. Jahrhundert zurückverlegte, wollte die darin enthaltenen
Gesetze abdrucken »telles qu'elles parurent sous l'episcopat
d'Erchambaud« >) ; d. h. er wollte möglichst die originale
älteste Gestalt geben. In der That fehlen seinem latei-
nischen Texte (LG) eine Reihe von Zusätzen, die neuer-
dings auch Hegels) gekennzeichnet hat. Da diese Zusätze
indessen nicht nur in der deutschen Übersetzung, sondern
auch in Schilters lateinischem Texte begegnen, so fragt es
sich, ob sie schon in Grandidiers handschriftlicher Vor-
lage fehlten oder ob er selbst sie mit meistens zutreflFen-
dcm kritischen Urteil ausgeschieden hat. Von der Ent-
scheidung hierüber hängt die Antwort darauf ab, ob uns
das I. Stadtrecht, wie man bisher meist annahm, in zwei
verschiedenen zeitlich auseinander liegenden Redaktionen,
oder ob es uns nur in einer einzigen schon überarbeiteten
Fassung überliefert ist, von der wir erst durch Schlüsse
zu der ursprünglichen Gestalt vordringen müssen.
Auch hier gehen wir wieder von dem deutschen
Texte (D) aus, der bei Schilter (DS) und Grandidier (DG)
im wesentlichen übereinstimmt. Er zeigt die engste Ver-
wandtschaft mit LS, mit dem er alle, in LG fehlenden
Zusätze gemeinsam hat; ja, die nur aus der oben
besprochenen Verderbnis von >vasorum<^ zu »ursorum« er-
klärliche Übersetzung »boren stangen«;^) beweist, ebenso
wie c\\(\ j^-loich zu besprechende Auslassung in S ii3t dass
M a. a. O. S. 38. — -; Strassbur^er ClironikcD II. 922 f. — 3) S.
oben S. 278.
Strassburger Stadtrecht. 285
D und LS aus der gleichen Quelle 0» vielleicht aus der
von Schilter erwähnten »Charta« herrühren. Die erweiterte
Fassung des Stadtrechtes wird durch D und LS, die beide
eng zusammenhängen, dargestellt.
Dennoch steht in einigen Punkten DG dem Wortlaute von
LG näher als DS. Während die mit LS übereinstimmenden Zu-
sätze in DS zu den §§ i und 1 1 durch Anmerkungen Grandi-
diers auch für DG bezeugt sind, ist in s; 55 die gleichartige
Bemerkung einfach fortgelassen worden ''^); die unsinnigen
vberen Stangen« in § 105 sind entsprechend der franzö-
sischen Übersetzung Grandidiers durch »anderen Sachen«
ersetzt worden; in § 85^) sind die >verher« beseitigt und ist
durch Punkte eine Lücke angedeutet worden ; in § 113*)
fehlen bei LS und D die ohne Zweifel dem Stadtrecht zu-
gehorenden Worte aus LG »vel imperator vel imperatrix.
cum presentes fuerint«, in DS sind statt ihrer, wiederum
gegen die Überlieferung, wenigstens Punkte gesetzt. Wenn
endlich in § 36 der in LS und LG nicht erhaltene Satzteil
aus DS: »unt volvüre denne sine chlage ob er welle« in
D(f bei Seite gelassen ist, so wird auch hier Grandidier
die deutsche Übersetzung seinem lateinischen Texte mög-
lichst nahe haben bringen wollen. Denn beide möglichst
ähnlich zu gestalten, war offenbar die Absicht der
besprochenen und anderer kleinen Änderungen; um ihret-
willen hat Grandidier einzelne Eingriffe vorgenommen.
Mit dieser Erkenntnis treten wir nunmehr an die
Prüfung seines lateinischen Textes heran. Auch bei ihm
wird zum Überfluss die von Schilter unabhängige Über-
lieferung durch ein dem letzteren zugestossenes Versehen
v:esi«:hert. In dem oben^) angezogenen g 105 ist nämlich
an der Stelle: »que de materia ferri fieri conveniat, data
eis materia fcrri et ministrata interim vescendi expensa^
LS von dem ersten ;^ferri« sogleich zu dem zweiten über-
gesprungen, so dass es bei ihm unverständlicli heisst: »que
de materia ferri et ministrata interim vescendi expensac
Femer unterliegt es keinem Zweifel, dass die Quelle
von LG vielfach bessere Lesarten bot als die gemeinsame
V Die Belege hierfür lassen sich ohne Mühe häufen. — -; V^l. unten
>. 289. — ') Vgl. oben S. 277. — *; V|:l. unten S. 293. — *; Vjjl. S. 27b.
286 Bloch.
Vorlage von LS und D. Den Einschub von LG in § 113
habe ich schon erwähnt; aber auch den Zusatz »vel iudici«
in § 41) und die durchaus der mittelalterlichen Art ent-
sprechende Aufzählung in § 10 1: »si inter hos boves unus
vel duo vel plures senio .... fiierint inutiles redditic, nehme
ich unbedenklich für das älteste Stadtrecht in Anspruch-).
Hier kann nirgends von einer Emendation Grandidiers die
Rede sein 3).
Vergleichen wir endlich die zahlreichen, sachlich zunächst
wenig erheblichen Varianten, welche die Abweichungen von
LS gegenüber LG darstellen, so vermögen wir allerdings
für eine ganze Reihe kaum eine Entscheidung darüber zu
treffen, ob LS oder LG vorzuziehen sei. In einer sehr
grossen Anzahl von Fällen aber bringt LG offenkundig
das Zutreffendere; man mag dazwischen wählen, ob Gran-
didiers besserer Text auf seine Handschrift zurückzuführen,
oder ihm eine so reiche Fülle ein wandsfreier Emendationen
zuzurechnen sein wird. Wie man aber auch darüber
denken möge, immer wird eine Ausgabe an den meisten
Punkten, wo LG und LS zweien, Grandidier folgen müssen.
Nur selten wird der Wortlaut von LS eingesetzt werden,
um mehr oder weniger wahrscheinliche Irrtümer von LG
zu bessern. Ich würde vorschlagen, z. B. an den folgenden
Stellen*) auf LS zurückzugreifen:
LS. LG.
§ g. precoiies ; personas^)
§ 126). raonetario monete magistro
dominus episcopus episcopus
1) NuUus captivum introducat, nisi praesentet eum causidico vel iudici,
qui ad iusticiam ipsum conservet, — ^) LS hat statt dessen nur: »si inier
hos boves aliquis«. Ebenso DG =: DS: »ist unter disen ohsen dekeine«. —
^) Auch die in LS fehlende Einleitung zu § 8 : j>de sculteto, qui et causidicus
dicitur, primum exequimur-'. ist ursprünglich und kann nicht aus dem Deut-
schen übersetzt sein. Ähnlich steht es noch mit einer Reihe anderer Stellen.
— *) Auch bei ihnen ist nicht überall unbedingte Sicherheit zu erlangen. —
Zu beachten dürfte sein, dass in § 9 LS und DS den Schultheissen nach
dem Burggrafen nennen. Vgl. Rietschel in Zeitschr. f. Deutsche Geschichts-
wissenschaft N.F. I, 30. — •'^) Unrichtige Auflösung der Abkürzung oder
eher Emendation mit Rücksicht auf D: vpersonen*. — •) In § 13 dürfte LS
»vel imperator vel episcopus« in Rücksicht auf den sonstigen Grebrauch im
Stadtrechte vorzuziehen sein.
Strassbnfger Stadtrecht. 287
S 37-
cauaidicus
scultetus
§ 39.
causidico
sculteto
§ 42.
illeque
ille qui
§ 58 '). acceperit
accepit
S 62.
forum prope stationem
camificum
iuxta piscatores^)
§ 07.
sola manu sua
manu sua
§ 76-
nee habere
non habere
§ So.
LX solides
XL solidos^)
§ 81.
stabit
dabit
§ 9'-
civium
civitatis
s 93.
operatoribus vasorum vi-
nariorum^)
cupariis vinariorum vasorum
§ 118.
nisi domini episcopi so-
lummodo
nisi episcopi.
Während an den oben herausgegriffenen Stellen Gran-
didier sichtlich einer Vorlage gefolgt ist, die ihm hier
einen mangelhafteren Text als LS bot, dürfte ihm diese
sonst zumeist die wertvolleren Lesarten an die Hand ge-
geben haben. Seine Vorlage enthielt nun aber nicht nur
einen im allgemeinen besseren, sondern allem Anscheine
nach auch einen älteren Text als LS. Dass ihm in § 79
zu »iusticiam monete« die Erläuterung Ad est slegeschaz<<
gefehlt haben könnte*), will ich nicht dafür anführen ; eher
könnte in § 10 die Bestimmung »causidicus iudicabit
in omnes cives urbis et in omnes ingredientes eam de
episcopatu isto« in ältere Zeit weisen als die allgemeinere,
der Übersetzung entsprechende in I^: »in omnes cives
urbis et in omnes ingredientes in eam«. Allein belang-
reicher erscheint es mir, dass in L(t die ältere Bezeich-
nung des Schultheissen als »causidicus« *') sich an sieben
^) In dem zweiten Absatz des ^ 56 über das Verleihen der Maosse
Sicht LG = DG gegenüber LS = DS mit der Stellung von ^sinc pretio . —
-I Vgl. hierüber unten S. 291. — ^) In LG liegt doch wohl ein einfacher
Abschreibefehler (für den gewöhnlichen 60 Schilling-Hann) vor. — *) Vgl.
|S 44, wo LG das ältere hat gegenüber den ^cuparii« in LS. — ^) Graudidier
p. 74 N.n spricht nur davon, dass die deutsche Übersetzung den Schlagschatz
nenne. — ®) Im Strassb. ÜB. I findet man bis 1 142 nur causidicus, 1143 — 1 161
zweimal scultetus gegenüber elfmal causidicus, 11 70 — 1201 viermal causidicus
gegen funfinal scultetus. — Stumpf Rfg. 3187, worin Ruodolfus scultetus
schon 1123 genannt wird, kann als Kaisemrkunde hier, wo es sich um Fest-
stellung des Strassburger Brauches handelt, nicht berücksichtigt werden.
288
Bloch.
Stellen 1) findet, wo in LS »scultetus« steht, während LS
nur zweimal »causidicus« statt >scultetus« in LG aufweist-).
Das Urteil über Grandidiers lateinischen Text wird in
En\^ägung aller dieser Umstände dahin lauten, dass er
— wenn auch dies und jenes in Rücksicht auf die Über-
setzung oder Schilters Ausgabe darin geändert sein mag —
im wesentlichen auf eine Handschrift zurückgeht, die
nicht nur sachlich vielfach zuverlässiger war, sondern die
sogar die ursprüngliche Gestalt des Stadtrechts reiner wieder-
geben dürfte als die gemeinsame Quelle von LS und D.
Darnach scheint der Annahme nichts im Wege zu
sein, dass die durch LG dargestellte Fassung wirklich der
älteren Redaktion entspricht, die man in dem Grandidier'-
schen Texte Schilter gegenüber gesehen hat. In der That
nichts — ausser den eigenen Zeugnissen Grandidiers.
Ich stelle zunächst die Abschnitte zusammen, aus
denen auf zwei zeitlich auseinanderliegende Redaktionen
des L Stadtrechtes geschlossen worden ist.
§ I.
LG.
Ad formam aliarum civitatum
in eo honore condita est Ar-
gentina, ut omnis homo . . . .
pacem in ea omni tempore et
ab Omnibus habeat.
LS (I, 1).
Ad formam aliarum civitatum
in eo honore condita est haec
civitas et ut llbera sit, ita
quod omnis homo .... pacem
in ea omni tempore habeat.
Hierzu giebt Grandidier die Anmerkung: »le code du
1 2. sieclc, la traduction allemande, ainsi que l'edition latine
de Schilter ajoutent . . . : In eo honore condita est Argen-
tina, ut libera civitas sit, eo quod omnis homo etc.*).«>
§ II.
. . . postquam episcopus ad-
vocatum posuerit, imperator ei
bannum tribuit.
LS (II, 6).
Unde postquam episcopus ad-
vocatum posuerit, imperator ei
bannum dare debet,
quod autem modo non est
consuetum.
*) § 8. 9. 10. 15. 16. 94. 97. — -) § 37. 39. An beiden Stellen uärd
hier LG aus LS zu verbessern sein, vgl. oben S. 287. — •) Man beachte,
dass sich der Text nicht mit LS deckt.
Strassburyer Stadtrecht. 289
In der Anmerkung sagt Grandidier : »le code du 1 2. siecle
ajoute: quod ammodo non est consuetum.
S 55-
LG. i LS (XVllI, 6).
Theloneura de carbonibus et . Theloneum de carbonibus, de
de canapo tlielonearius non acci- I canabo theloncarius non accipit,
pit, quod episcopi hucusque j quod episcopi hucusque sunip-
sunipserunt. ' serunt, de consuetudine cum
. (für vtantum-?) non de iure.
Grandidier, der wie in g 1 1 in der deutschen Übersetzung
den nicht in seinem lateinischen Text gedruckten Ein-
schub bei Seite gelassen hatte, versäumte es bei ^5 55 die
ausführlichere Form, wie er es bei S 1 und 1 1 gethan, in
der Anmerkung zu verzeichnen^).
Man mag Grandidier zunächst darin zustimmen, dass
wir es in allen drei Abschnitten mit Zusätzen zu thun
haben*); wenn er daher die Bestimmungen in ihrer ur-
sprünglichen Gestalt wiederherstellen wollte — und das
war, wie wir gesehen haben, seine Absicht — , so hatte
er vollauf das Recht, das, was ihm als Interpolation
erschien, auszuscheiden und in die Anmerkungen zu ver-
weisen'). Bedenklich wird sein Verhalten nur dadurch,
dass er den Versuch gemacht hat, es zu verschleiern.
In den Anmerkungen zu § i und 1 1 erwähnt (iran-
didier einen Codex des 12. Jahrhunderts, der mit LS die
Zubätze gemeinsam habe. Wäre dieser Codex, wie Caro
annimmt, mit dem in der Einleitung von Grandidier
beschriebenen Libellus des 1 3. Jahrhundert identisch, in dem
er die -iura et consuetudines^ der Stadt fand, so würde seine
Versetzung in das 12. Jahrhundert in den beiden Noten
1; Mit Rücksicht auf die {:i§ i. Ii. 62 würde liier auch dann nur von
einem Versehen Graudidiers gesprochen werden dürfen, wenn die Worte -de
cor.>uetudine — non de iure^ wirklich in seiner Handschrift standen. Aber
hier liegt doch die Möglichkeit vor, dass das aus dem bischüllichen Archiv
stammende Register diese Stelle, von der Gr. nicht spricht, in der That fori-
Cclasscn hatte. — *) In welchem besonderen Sinne, wird noch unten zu
l>csprecheD sein, — •) Ich verstehe nicht, wie Caro aus ilicscni Verfahren
einen Vorwurf herleiten kann.
290
Bloch.
auf einem, für uns gleichgiltigen Versehen beruhen. Es
wäre alsdann sichergestellt, dass Grandidiers Handschrift
die Zusätze enthielt und dass er sie von sich aus fort-
gelassen hat. Von dem Stadtrecht würde uns nicht eine
frühere und eine spätere, sondern nur eine einzige Redak-
tion überliefert sein.
Allein unter dem »code du 12. siecle« kann jene Hand-
schrift, die (xrandidier stets als »registre« bezeichnet, nicht
verstanden werden. Noch einmal erwähnt er denselben code
in der Anmerkung zu §71; dort heisst es zum Glück ganz
ausführlich : »on lit dans le 43. Statut du code municipal de
la ville de Strasbourg du 12c siecle: »viginti solides civitati
dabit«. — Der »codedu i2.siecle<i: — ein Blick auf die Ein-
leitung*) bestätigt es — ist daher nichts anderes als das
von Grandidier in den Beginn des 12. Jahrhunderts
gesetzte II. Strassburger Stadtrecht«)! Wie kommt er
indessen dazu, ihm Lesarten des »premier code« des 10. Jahr-
hunderts, unseres ersten Stadtrechtes, zuzuschieben? Man
könnte etwa vermuthen, dass in dem Register auf den
ersten code, der die ursprüngliche und von Grandidier im
Text gedruckte Redaktion enthalten hätte, die erweiterte
und mit Schilters Ausgabe übereinstimmende jüngere
Fassung gefolgt und so eng mit dem IL Stadtrecht ver-
bunden gewesen wäre, dass Grandidier sie gemeinsam als
»IL code« hätte bezeichnen dürfen. Aber abgesehen davon,
dass solch' eine künstliche Annahme mit seiner eigenen
Einleitung nicht vereinbar wäre und dass auch die Aus-
gabe des II. Stadtrechtes aus seinem Nachlasse nicht den
geringsten Anhaltspunkt dafür gewährt, so müsste doch
auch aus seinen Anmerkungen irgendwie ersichtlich werden,
dass seine Handschrift ihm wirklich zwei Überlieferungen
des ersten Stadtrechtes darbot. Statt dessen — beweisen
grade sie das Gegenteil:
^) Grandidier, a. a. O. 36 — -) ^Ce registre contient un code des lois
et des Statuts de la ville, divis6 en trois partis et dress6 en trois diff^rents temps ,
Lo dernier cudc fut fait . . en 1249 . . . Les lois du second code . . .
doivent nccessaircment dater de deux ou d'un siecle auparavant; ainsi
CCS lois sont ou de la lin de ronzicinc siecle ou au moins du conimen-
cement du 12.
Strasftburger Stadirecht. 20 1
§ 62.
LG. I LS (XXllI, i).
Locus autem percaciende mo- , Locus autem percuciende mo-
neteestiuxta piscatores. (Codex , nete est maximum forum prope
secundus legum legit: est, circa stationem carnificum.
prope forum iuxta stationem
carnificum). j
Grandidiers französische Übersetzung" lautet: »le Heu
pour battre monnaie est pres du marche dit des pecheurs
non loin de la boucherie«. Und hieran wird folgende
Anmerkung geknüpft: le texte latin porte: »iuxta stationem
carnificumc. Les bouchers (folgt ausführlichere Ausein-
andersetzung über die Metzger) .... L'endroit designe
dans les Statuts de la ville de Strasbourg revient assez a
ce qu'on nomme aujourd'hui le marche aux poissons, qui
aboutit ä la grande boucherie. Ce marche etait contigu
au Palais episcopal.«
Der mit zahlreichen anderen Noten gleichlautende Ein-
gang* der Anmerkung und die anschliessenden Ausführungen
über die Metzig lassen keinen Zweifel daran, dass (xran-
didiers Handschrift des ältesten Rechts durchaus nichts
von dem »Fischmarkt« wusste. Sagt er doch ausdrücklich,
dass der in den Statuten bezeichnete Platz ziemlich dem
heutigen Fischmarkt entspreche, und erwähnt er doch
selbst in seiner französischen Übersetzung neben dem Msch-
markt noch die Metzig. »Juxta piscatores« in seinem Texte
kann daher nichts anders als eine willkürliche (möglicher
Weise erst während des Druckes vorgenommene) Änderung
sein >), für die der Wunsch, den Lesern die Lage der Münze
möglichst verständlich und bestimmt anzugeben, vielleicht
eine Erklärung gewähren könnte. Die verworfene Orts-
bezeichnung, die mit LS und D übereinstimmt-), setzt Ciran-
didier in Klammern und behauptet, sie in dem 2. codex
legum vorgefunden zu haben» der als ^code du XIL siecle«
') Die Ortsangabe, »inter piscati>res« ist /war in Strassbiirt; seit ca.
1295 nachzuweisen (v^;!. Sira&ab. ÜB. III, 109); aber sie bezeichnet einen
Canz andern Ort als den Kidchmarkt! — -) Auf die geringen Untcrschicile
im Wortlaut kommt es hier nicht an.
292
Bloch.
schon bei den vorher besprochenen Stellen die gleiche
undankbare Rolle zu spielen hatte.
Man könnte das rätselhafte Verfahren vielleicht dahin
deuten, dass Grandidier in allen jenen Abschnitten seinen
eigenen Änderungen, die man wenigstens in den Fällen
der §S I. II. 55 von seinem Standpunkte aus nicht als
unberechtigte bezeichnen kann, ein erhöhtes Ansehen zu
schaiFen suchte, indem er den Anschein erweckte, dass er
sie der ältesten Überlieferung des Stadtrechtes entnommen
habe; dagegen mochte er den abweichenden Text Schilters
und der deutschen Übersetzung dadurch zu entwerten suchen,
dass er ihn erst in dem wesentlich jüngeren zweiten Codex
vorgefunden zu haben behauptete. Aber daneben wären
noch andere Erklärungen denkbar.
Wie man auch sich Grandidiers Verhalten zurechtlegen
möge, jedenfalls spricht alles dafür, — und das allein ist
wichtig — dass in seinem Register das I. Stadtrecht nur
einmal enthalten war und dass es darin die erweiterte
Crestalt hatte, die auch durch Schilter und die deutsche
Übersetzung bekannt ist. (jrandidiers Ausgabe als die Über-
lieferung einer kürzeren älteren Redaktion zu betrachten,
dazu sind wir nicht mehr berechtigt i).
Es erübrigt, aus unseren P>örterungen die Folgerungen
für den ursprünglichen lateinischen Text des ältesten Stadt-
rechtes zu ziehen. Wir werden festzuhalten haben, dass
er uns nur in einer einzigen Redaktion erhalten ist. Ihren
Wortlaut müssen wir aus den beiden Drucken bei Schilter
und Grandidier herzustellen suchen; denn sie gehen auf
zwei verschiedene Handschriften zurück ^), die beide Berück-
sichtigung heischen. Bei der Benutzung Grandidiers wird
zwar zu beachten sein, dass er an einigen Stellen — meist
um dem Original möglichst nahe zu kommen — einige
Änderungen vorgenommen hat und dass er an anderen
ohne Mühe seine schlechte Vorlage aus Schilter oder der
deutschen Übersetzung gebessert haben kann; indessen darf
*) In diesem Ergebnis bin ich mit Caro einig, so verschieden auch
unsere Voraussetzungen und Folgerungen sind. — *) Ein höchst einfaches
Beispiel liefert § 74:' »ca ralione, si forte« LS; >racione ut, si fortec LG;
daraus richtig: ea racione ut, si fortcv
Strassburger Stadtrecht. 2C)3
darüber nicht vergessen werden, dass seine Handschrift
unzweifelhaft in wesentUchen Stücken der gemeinsamen
Quelle Schilters und der Übersetzung überlegen war. Bei
dieser Sachlage wird es vielfach nicht leicht sein, zu ent-
scheiden, ob Grandidier oder ob Schilter für die Text-
gestaltung den Vorzug verdienen, und jeder Benutzer wird
gut thun, immer beide Fassungen zu beachten.
Die Schwierigkeit wird noch dadurch erhöht, dass
beide Drucke in letzter Linie auf ein und dieselbe Nieder-
schrift des Stadtrechtes zurückgehen, die hie und da schon
einen verderbten Wortlaut enthalten zu haben scheint, so
dass selbst durch die Übereinstimmung von LG und LS
die richtige Fassung noch keineswegs gewährleistet ist*)-
Einige Sätze seien sogleich der Erwägung anheim gegeben:
J§ 5. Omnes magistratus huius civitatis ad episcopi spectant
jiotestalein, ita quod vel ipsemet eos instituet vel''* quos ips«
statuit maicres*" ordinabunt minores, prent sibi subiecti sunt.
*) »illi-^ add. LG. '') »statuit. Maiores civium- LS; vstatuit.
Maiores enim^t LG. D zeijjt die «gleiche Verderbnis.
§ 85^) dürfte vielleicht zu ändern sein: >nemo tribuat thelo-
ijcum de anatibus', de pulIis, de anseribus .
") ^de nattis^ LG; fehlt LS; .von ni.itzen'^ D. In der Hand-
schrift vielleicht auch »anatis-r statt -anatibus«.
§ 93. debent ctiam*'* singuli'* burgcnsos in*" singulis annis
quinquies operari uno dic*^ in doininico opere.
*) autem« LS. **) fehlt in LS. ^) ^opiTari numero (nuo)
dierum: LG; LS. — DS: »Die burger sulnt jillt» jar wirken vunf
stunt vunf tage*; in DG fehlt ivunf stunt . ( Xlenbar hat schon
I> das unrichtige »numero^ vor sich gehabt und die Zahl will-
kürlich ergänzt.
§ 112. becherarii omnes becharios quoscunque neccssarios"
habuerit episcopus vel in curia sua, impenitor*' cum eum adiorit,
vel*^ proficiscens ad curiam imperatoris, de sumptibus et cxpensis
ipius facient.
•"*) ^becharii omnia becharia quecunqur necossaria LS.
'•) -^vel imperator* LS; vel imperatoris- L(i. ') •via«« LS. — D be-
cinni: >Die Becherer alle die bechere, die der bischof bedarf oder
sin liof oder der Keiser?, i;vht also gleichfalN aut den verderbten
') In wie weil — wio etwa in ij 105 l>ci ■iaiuii'« -- (inntlitlicr >uh .ni
Soliiltcr an;*clchnt haben m;iy, »t natürlich nicht zu ««aj^on. nii- II;\upt*.aihr
ist die Krkenntnis, dass auch ;:ci:on \J\ =■ I.S eniomlieii wonlen inuo. —
-I Don Woillaut s. oben S. 277.
294
Bloch,
Text zurück. — Dementsprechend dürfte vielleicht, insbesondere
mit Rücksicht auf die deutsche Übersetzung, im folgenden Para-
graphen dem Sinne nach ungefähr zu lesen sein:
§ 113. cuparii .... facient omnia, quecunque necessaria
habuerit episcopus domi existens, vei' imperator vel imperatrix
cum präsentes *fuerint% ad balnea sua, et preterea^ ad coquinam
et ad^ opus pincemarum, similiter et^ cum vadit ad curiam
eadem omnia^, cum sumptibus^ et^ expensis episcopi.
*) »vel — fuerint« fehlt LS — D. ^) »et preterea« fehlt
LS. "") fehlt LS. ^) >omnia prebebunt« LG. LS^). — Man ver-
gleiche DS: »Die kufere, swen der bischof heim ist, swes er
danne bidarf zu sinem bade, zu der kuchinen, zu der schenken
ding, unt swenne er vert zu hove, so .... suUent sie machen
alles das der bischof bidarf mit siner zerunge«.
Das Ergebnis unserer Untersuchung wird graphisch
in der folgenden Weise dargestellt werden können*):
I. Stadtrecht
X«)
LG Y
\
D LS
DG DS
Erst nachdem wir uns über diesen Stammbaum klar
geworden sind, dürfen wir endlich die von dem Leser
längst erwartete Frage aufwerfen, wie es mit den von
Grandidier scharfsinnig aus dem Texte herausgehobenen,
von Hegel als Zusätzen bezeichneten, Satzteilen zu halten
sein wird, die in unserer Überlieferung mit dem L Stadt-
rechte verbunden sind. Für uns handelt es sich um die
*) Hier niüsste LG »prebebunt« aus LS übernommen haben. Andern taUs
könnte man lesen: »ad curiam; eadem omnia prebebunt«. — *) Die kritisch
gleicbgiltigcn und unkontrollierbaren Zwischenglieder sind selbstverständlich
darin ausser Acht gelassen. — ^) Etwa der Libellus, dessen Kopie im Besitz
des Bischofs gewesen sein soll? Vgl. unten S. 296.
Strassburger Stadtrecht. 295
Prüfung» ob sie schon von dem Redaktor des Stadtrechtes
niedergeschrieben oder ob sie erst bei der Abschrift X hinzu-
gefügt sind, die wir als die gemeinsame Quelle unserer
gesamten Überlieferung anzusetzen haben.
Den Einschub »et ut libera sit« in § i hat Hegel ') schon
um seiner Form willen aus der ursprünglichen Fassung
entfernt. Dazu kommt, dass, selbst wenn die Bezeichnung
einer »civitas« ganz im allgemeinen als »libera« vor der Mitte
des 13. Jahrhunderts möglich sein sollte*), Strassburg doch
keinesfalls und von niemandem in den letzten Jahrzehnten
des 12. Jahrhunderts, in die Arnold und Rietschel das
Stadtrecht hinabgerückt haben , in dieser Weise »freie
genannt worden sein kann. Die bewusste Anwendung
des Ausdrucks und seine Einfügung in den älteren Text
würde am ehesten aus der städtischen Bewegung zu erklären
sein , die schliesslich im Bellum Walterianum zum Siege
der Stadt über den Bischof führte.
In der gleichen Zeit, um die Mitte des 1 3. Jahrhunderts,
könnte auch die Bemerkung am Schlüsse des § 1 1 nicht
auffallen, dass der bischöfliche Vogt damals nicht mehr
die kaiserliche Bannleihe zu erhalten pflegte. Dass die
ersten Staufer dieses wertvolle Recht grade im Elsass fast
zuerst hätten in Verfall geraten lassen, ist nicht anzu-
nehmen. Mit den Zuständen des 12. Jahrhunderts dürfte
daher die Bemerkung »quod autem modo non est con-
suetumc kaum vereinbar sein»).
Sprechen beide Zusätze dafür, dass .sie erst einem um
die Mitte des 13. Jahrhunderts niedergeschriebenen Texte
unseres Stadt rechts eingefügt sind, so liegt die Erinnerung
aA das Büchlein über die »iura et consuetudines civitatis^
nahe, dessen im III. Stadtrechte gedacht wird und von dem
') Stras5burgcr Chroniken II, 922. — *) Sie begegnet in dem in den
Anfang des 13. Jahrhunderts gewiesenen Frciburger Stadtrech tsrodel. Seine
Kntstehungftzeit bedürfte indessen trotz der neueren Arbeiten einer Unter-
suchung, die seine Beziehungen zu dem von de*n Verdacht der Interpolation
nicht zu reinigenden Bemer Siadtrecht von 1218 im einzelnen prüfte. —
^1 Vgl. Scholz, Beitr. z. Gesch. der Hoheitsrechte z. Z. der Staufer (> fT. —
Diejenigen, die das Stadtrecht bis in die Mitte oder gar den Anfang de^
1 2. jahrh. nirflckführen wollen, sind von vornherein gezwungen, die besprochenen
Zu«Utze auszuscheiden und einer späteren Abschrift zu^iweisen.
296
Bloch.
König" Richard eine Abschrift im bischöflichen Besitz ver-
muthen durfte. Gern würde ich in ihm die verlorene,
erschlossene Quelle X erkennen und ihr jene Zusätze
zuweisen. Dafür fallt auch ins Gewicht, dass offenbar bei
den Strieitigkeiten zwischen Rischof Walther von Geroldseck
und der Stadt das älteste Stadtrecht eine Rolle gespielt
hat: der Friedensvertrag vom 21. April 1263') erneuert
und modifiziert einzelne seiner Bestimmungen und enthält
unverkennbare Anklänge an seine deutsche Fassung; er
gewährt somit das erste Zeugnis ihres Daseins. Die vier
ersten Bestimmungen der Übersetzung sind nahezu wörtlich
in das IV. Stadtrecht von 1270 übergegangen*).
Gewiss läge es nahe, die Worte »de consuetudine
(tantum), non de iure« in § 55 auch auf den Schreiber
von X zurückzuführen, zumal sie eine gewisse Verwandt-
schaft mit dem Schlüsse des S ^ i zu haben scheinen.
Aber wenn wir uns einmal ganz von dem Banne der
Ausgabe Grandidiers befreit haben, wird doch noch eine
andere Lösung in Betracht zu ziehen sein. Man lese den § 55 :
»Theloncum de carbonibus et de canabo thelonearius
non accipit, quod episcopi hucusque sumpserunt de con-
suetudine (tan tum), non de iure, sicut et bannum de vino
et panes qui dicuntur bernbrot obtinuerunt.^«
Den Zoll von Kohle und Hanf erhebt der Zöllner nicht;
ihn haben bisher die Bischöfe nach altem Brauche ein-
genommen, nicht etwa von Rechtswegen, grade wie sie
auch den Bannwein und das Bernbrot (nur nach alter
Gewohnheit) erhalten haben.«
Dass der Gegensatz »de consuetudine — de iure* nicht
erst später hineingetragen, sondern von vornherein beab-
sichtigt und grade auch in Rücksicht des Bannweins ver-
wertet worden ist, macht der Vergleich mit der Urkunde
Tleinrichs V. von iiig^) wahrscheinlich, in der die Abgabe
des ßannwcins genannt wird: mus consuetudinarium, non
autem legitim um*) et iugum Argentinensibus civibus impo-
M Sirassb. ÜB. T, 394 no 519. — -*) Schulte in Strassb. ÜB. IV, 2, 5.
~ ■') Siras-b. UT\. I, z^() no 74, — *) Diese Wendung könnte veranlassen,
in J^ 55 : cum non . nicht, wie oben j^eschehen, zu emendiercn, sondern >de
consuetudine, non autem de iure': zu lesen. Die hier vorgetragene Auf-
fassung würde daraus noch eine Stütze ziehen.
Strassburger Stadtrecht. 207
situm«. Fordert nun die negative Fassung »thelonearius
non accipit« sichtlich eine Erläuterung, so dass es nicht
angängig ist, den Schluss — von den sachlichen Bedenken
dagegen ganz abgesehen — als späteren Zusatz zu betrachten,
so fällt doch auf der andern Seite das erzählende Perfektum,
das nur hier allein im ganzen Stadtrecht begegnet, voll-
ständig aus dem Rahmen der übrigen Bestimmungen heraus.
Arfan mag wenigstens vermuten, dass in diesen Worten der
Mann zu uns spricht, dem wir die Sammlung der als
»I. Strassburger Stadtrecht« zusammengefassten Rechts-
ordnungen verdanken.
Hiermit berühre ich indessen schon die Grenzen einer
Untersuchung über die Überlieferung der ältesten Rechts-
aufzeichnung Strassburgs; denn ihre Entstehung zu erörtern,
ist nicht beabsichtigt. Nur das mag gesagt werden^ was
in unmittelbarer Beziehung zu den vorangehenden Dar-
legungen steht.
Von der »Abfassung« des ältesten Stadtrechts wird
kaum die Rede sein können; der Redaktor, der es in die
überlieferte Form gegossen hat*) — niag er einen Auf-
trag gehabt haben oder nicht — ist wenig mehr als ein
Sammler der zu seiner Zeit vorhandenen Bestimmungen.
-Ältere und jüngere Satzungen sind in eins zusammen-
geflossen oder aneinandergefügt««). Gewiss wird er seine
Arbeit in den letzten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts
ausgeführt haben*): schon ist der Gebrauch des Wortes
»scultetus« für Schultheiss gewöhnlicher als der alte Titel
:causidicus«*). Aber das beweist nichts für die Ent-
stehungszeit der einzelnen zusammengetragenen Satzungen.
Wenn der vorgeschlagene Grundsatz für die Textgestal-
1) Von den oben besprochenen Zusätzen ist natürlich abzusehen. —
*i Diese zutreffenden Worte Hegels a. a. O. S. 927 sind bisher nicht hin-
reichend gewürdigt worden. — ^) Sicher weisen, wie Rietschel mit Arnold
annahm, eine Anzahl von Bestimmungen in die zweite Hälfte des Jahr-
hunderts. — Wenn auf den § 92: ^si autem imperator vel rex intraverintc
Gevicht zu le|^n wäre, so würde die Niederschrift des Stadtrechtes auf die
Jahre 1184 — 1190 zu datieren sein; nur damals gab es seit Heinrichs IV.
Tode Kaiser und Künig gleichzeitig. — *) ^De scultcto, qui et causidicus
dicitnre. — Die Bezeichnung vscultetus« begegnet ausserdem nur noch in dem
die %ier verschiedenen Amter zusammenfassenden , daher wohl gleichfalls
vnienn Sammler zuzuschreibenden § 7.
Zcittchr. C Gesch. d. Oberrb. N. F. XIV. a. 20
298 Bloch.
tung gebilligrt wird, nach dem Grandidier und Schilter neben-
einander zu berücksichtigen sind, so darf behauptet werden,
dass in dem ganzen dem »scultetus« gewidmeten Abschnitt
nur von dem »causidicus« gesprochen wird^): ein deutlicher
Beweis, dass die Aufzeichnung des Rechtes später anzu-
setzen ist, als die Entstehung der darin vereinigten
Bestimmungen 2).
So führt uns am letzten Ende die Überlieferung des
ältesten Strassburger Stadtrechtes dahin, die Einheit, die
ihm künstlich gegeben ist, aufzuheben und es in seine ein-
zelnen Bestandteile zu zerlegen*). Für die Geschichte der
Strassburger Verfassung kann und wird es dadurch an
Fruchtbarkeit nur gewinnen.
^) S. oben S. 288. — ') Hegels Bemerkungen über die Verschieden-
artigkeit der Bestimmungen über die Münze werden imter diesem Gesichts-
punkte neue Bedeutung gewinnen. — ^) Es ist darauf hinzuweisen, dass auch
beim IL und III. Stadtrecht ein ähnliches Verhalten angebracht ist. Ins-
besondere führt die für den Forscher durchaus notwendige Berücksichtigung
ihrer deutschen Fassung — die leider im Strassburger Urkundenbuch so
wenig bei ihnen wie bei dem I. Stadtrecht gedruckt wurde — das Ver*
änderliche, immer Fliessende solcher Satzungen deutlich vor Augen.
Badische Geschieh tslitteratur
des Jahres 1898.*)
Zusammengestellt von A. Winkelmann.
Verzeichnis der Abkürzungen, s. diese Zs. NF. X, S. 302.
Inhaltsverzeichnis.
I. Zeilschriften und bibliographische Hilfsmittel. Nr. i — 13.
II. Prähistorische, Römische und Alemannische Zeit. Nr. 14 — 27.
III. Mittelalter und Neuzeit. Nr. 27« — 64.
a) Kurpfalz. Nr. 29 — 43.
b) Markgr. Baden. Nr. 44 — 53.
c) Baden. Nr. 54 — 64.
IV. Ortsgeschichte. Nr. 65 - 114.
V. Kirchengeschichte. Nr. 115 — 142.
VI. Rechts- und Wirtschaftsgeschichte. Nr. 143 — 154.
VII. Kunstgeschichte und Baugeschichte. Nr. 155 — 184a.
VIII. Kulturgeschichte. Nr. 185—196.
IX. Familien-, Wappen- und Münzkunde. Nr. 197 — 215.
X. Biographie. Nr. 216 — 273.
a) Biographie. Nr. 216 — 256.
b) Nekrologe. Nr. 257 — 274.
XI. Bibliotheken. Archive. Sammlungen. Unterrichtswesen. Nr. 275 -302.
XII. Recensionen früher erschienener Schriften. Nr. 303 — 335.
I. Zeitschriften und bibliographische Hilfismittel.
1. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, hrsg.
V. d. bad. bist. Komm. NF. XIII [d. ganzen Reihe
52. Bd.]. Karlsruhe, J. Bielefeld. X, 714 S. Bespr.:
Karlsr. Zg. Nr. 317, 318 (Dr. -nn-).
") Auch in diesem Berichtsjahre unterstützten die Herren Archivrat Dr.
K. Obser in Karlsruhe, Archivar Dr. G. Tumbült in Donaueschingen, Privat-
dozent Dr. K. Beyerle in Freihurg, Dr. K. Bninncr in Karlsruhe, und
besonders Herr Pfarrer Reinfried in Moos meine Arbeit mit dankenswerten
Beiträgen.
20*
300
Winkelmann.
2. Mitteilungen der Badischen historischen Kom-
mission. Nr. 20. Beigegeben dieser Ztschr. NF. XIII.
160 S.
3. Schriften des Vereins für Geschichte des Boden-
sees u. s. Umgebung.
Lindau, Stettner. — Im Berichtsjahr nichts erschienen.
4. Freiburger Diöcesan- Archiv. Organ d. kirchl.-histor.
Vereins f. Gesch., Altertumskunde u. christl. Kunst d.
Erzdiöc. Freiburg m. Berücksichtigung d. angrenzenden
Diöcesen. Bd. XXVI. Freiburg i. Br., Herder. XXIU,
353 S. Bespr.: LRsKath Deutschland 24, 281 — 82.
5. Zeitschrift d. Gesellschaft f. Beförderung d. Ge-
schichts-, Altertums- u. Volkskunde von Frei-
burg, dem Breisgau u. d. angrenzenden Land-
schaften. XIV. Bd. Freiburg i. Br., i. Komm. b. Eugen
Stoll. LXIV, 442 S. m. 2 Karten.
6. Schau-in's-Land. Hrsg. u. i. Verl. v. Breisgau-Verein
Schau-in's-Land. XXV. Jahrlauf. Freib. i. Br., Druck b.
Poppen. 103 S. m. 111. Bespr.: Bad. Ld Zg. (1899)
Nr. 27, 28.
7. Monatsblätter des badischen Schwarzwaldvereins,
hrsg. V. Fridrich Pf äff. Verl. d. Schwarzwaldvereins.
Druck b. vorm. Dölter, Emmendingen. I. Jahrg. 160 Sp.
IG Hefte.
8. Schriften des Vereins für Geschichte und Natur-
geschichte der Baar u. d. angrenzenden Landes-
teile in Donaueschingen. Tübingen, Laupp. — Im
Berichtsjahr nichts erschienen.
9. Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidel-
berg und der rheinischen Pfalz, i. Auftr. d. Stadt-
rats hrsg. V. d. Komm. f. d. Gesch. d. Stadt. Bd. III.
Heft 3 u. 4. Heidelberg, Hörning [nebst Orts-, Sachen-
u. Personenverzeichnis f. Bd. III]. 280 S.
IG. Neue Heidelberger Jahrbücher, hrsg. vom historisch-
philosophischen Verein zu Heidelberg. Jahrg. VIII, Heft 1.
Heidelberg, i. Komm. b. G. Köster. S. i — 124.
11. Alemannia. Zeitschrift für Sprache, Kunst und Altertum,
bes. d. alam. -schwäbischen Gebiets, begr. v. f Anton
BirUnger, fortgef. v. Fridrich PfafT. XXVI. Bd. Bonn,
Hanstein. 288 S.
12. Winkelmann, A. Badische Geschichtslitteratur des Jahres
1897. Diese Zs. NF. XIII, 482 — 505.
13. Derselbe. Bericht über die badische Geschichtslitteratur
des Jahres 1897. Jahresberichte d. Gesch.- Wiss., hrsg.
von Berner. XX. Jahrg. II S. 350 — 359.
Badische GeschichUlitteratnr des Jahres 1898. toi
n. Prihistorische, Römische und Alamannische Zeit
14. Bodmann. Funde bei der Pfahlbaastation b. Bodmann
KBWZ. XVII, 33—34; Bad. Ld.-Zg. Nr. 45. I; Frankf.
Zg. Nr. 286.
15. Schnarrenberger, W. D. vor- und frühgeschichtliche
Besiedlang d. Kraichgaues [nebst Anhang betr. Flurnamen
aas d. A.-B. Bretten, Brachsal, Wiesloch]. Bruchsal,
Progr.beil. d. Gymn. f. d. J. 1897 — 9^* Bruchsal, Weber.
39 S. m. I Tfl. u. I Karte.
16. Limes, Haug, F. Vom römischen Grenzwall. KBGesch.-
Ver. 46, 73 — 76.
17. — Hettner. Bericht über d. Limesforschung d. J. 1897.
Archäolog. Anz. Heft 1.
18. — Jakobi, Heinr. D. obergerm.-rhät. Limes. Ergebnisse
d. Limesforschung bis z. J. 1897. CBlBauverw. XVIII,
183—85; 188-91.
IQ. — Schumacher, K. D. Kastelle b. Neckarburken. [Sep.-
abdr. aus Obergerman.-rhät. Limes. IX. Lief.]. Heidelberg,
Petters. 35 S. m. 111., 8 Tfln. u. i Karte.
20. — Derselbe Auf römischer Strasse vom Oberrhein a. d.
Neckar. Allg. Zg.® Nr. 204.
21. — Derselbe. Zur römischen Keramik u. Geschichte Süd-
westdeutschlands. NHeidelberg Jbb. VII, 94 — 124.
22. Durlach, Wagner, £. Römische Funde b. Durlach [Grab-
platte m. Inschr.]. KBWZ. XVII, 34—35. Vgl. Bad.
Ld.-Zg. Nr. 38. II.
23. Groizingen, Fund einer röm. Grabplatte m. Inschr. Karlsr.
Zg. 1898 Nr 45.
24. Xeuenheim {b. Heidelberg). K. P. Römerfunde in Neuen-
heim. Heidelb. Zg. Nr. 127.
25. Osterburken, Ausgrabungen am Seitenkastell, Funde. Bad.
Presse Nr. 266.
25a. Waldkirch, Wagner, E. Römischer Bronzefund im Altirbach-
thälchen bei Waldkirch. Schau-in's-Land XXV, 1 — 4.
26. Well er, K. D. Besiedlung d. Alamannenlandes. Würtl.
Vjhcfte f. Landeskunde VII, 301 — 350 [auch sep. Stutt-
gart, Kohlhammcr. III, 52 S.], Bespr.: Diese Zs. NF.
XIV. (1899), 154 (A. Werminghoff).
27. Bodmann, Alamannischer Reihenfriedhof, unters, v. E. Wagner.
Karlsr. Zg. Nr. 264. — Vgl. Allg. Zg. ^ Nr. 260.
303
Winkalmann.
in. Mittelalter und Neuzeit.
27^B^unner, K. Quellen z. Geschichte Badens und d. P£^lz
in d. Handschriftenbeständen d. öfTentl. Biblioth« Frank-
reichs nach d. Catalogue g6neral des manuscrits des
biblioth^ques publiques de France (Departements). Diese
Zs. Mitt. 20, 49 — 80 2.
28. Baur, Jos. Ph. Chr. v. Sötern, Kurf. v. Trier [u. Bisch, v.
Speier] u. s. Politik während d. 30jähr. Krieges. Bd. I.
Speier, Jaeger. Bespr.: Diese Zs. NF. XIII, 523 — 24
(K. 0[bser]).
a) Kurpfalz.
29. Hinneschiedt, Domin. König Wenzel, Kurf. Ruprecht I.
u. d. Ständekampf i. Südwestdeutschland. Von 1387
— 1389. £. Beitr. z. Reichsgesch. d. 14. Jahrh. Diese
Zs. NF. XIII, 197—254.
30. Stern, M. K. Ruprecht v. d. Pfalz in seinen Beziehungen
zu den Juden. Ungedr. Königsurk. nebst ergänz. Akten-
stücken. Kiel, Selbstverlag. LVIII, 72 S.
31. Schlecht, . Jos. D. Pfalzgrafen Philipp u. Heinrich als
Bischöfe v. Freising. Freising, Datterer. 46 S. [6 urkdl.
Beil.]
32. Haarless, W. Relation über die Hochzeit d. Pfalzgr.
Johann Kasimir mit Elisabeth, Herzogin zu Sachsen in
Heidelberg 4. Juni 1570. Zs. d. berg. Gesch.-ver. 33,
IUI — 12.
33. Wertner, M. Zur Familiengesch. d. Kurfürsten v. d. Pfalz
[betr. Henriette v. d. Pfalz, Gem. Sigmund Räk6czis].
Viertelj. Schrift f. Wappen-, Siegel- u. P'amilienkunde XXVI,
Heft 3.
34. Roth, F. W. E. Jakob Theodor v. Bergzabern, sowie
Volkslieder auf d. Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm u.
Friedrich V. [Aus Mitt. d. histor. Vereins d. Pfalz. Bd.
XXVI, 47 — 76.] Speier (Säger). 30 S. m. Bildnis.
35. Wo 1 kau, R. Deutsche Lieder auf d. Winterkönig. Bibl.
deutscher Schriftsteller aus Böhmen. Bd. VIII. Prag,
Calve. Bespr.: Frankf. Zg. Nr. 360.
36. Lorentzen, Th. D. Hochzeit d. Kurprinzen Karl v. d.
Pfalz mit d. dän. Prinzessin Wilhelmine Emestine (167 1)
Progr. Heidelberger Oberrealsch. Heidelberg, Druck b.
Geisendörfer. 30 S. Bespr.: Diese Zs. NF. XIII, 703
(K. 0[bser]).
37. Kraus, Joh. Vom kurfürstl. Hofe i. Heidelberg aus d.
Zeit Karl Ludwigs. Palatiua, Beil. z. Pfalzer Zg. Nr. 122
—24; 134, 135. Vgl. Frankf. Zg. Nr. 320.
Baditche Gescbichtditteratur des Jahres 1898. 303
38. Immich, Max. Zur Vorgeschichte des Orl6ans*schen
Krieges. Nuntiaturberichte aus Wien u. Paris 1685 — 88.
Nebst ergänz. Aktenstücken u. Vorw. v. Fr. v. Weech.
Hrsg. V. d. Bad. histor. Komm. Heidelberg, Winter.
XXIV, 388 S. m. 2 Portr. Bespr.: HJb. XIX, 417—18
(K. B[eyerle]); Hist. Vjschrift I, 550 — 51 (G. Mentz);
DLZ. XX (1899), 273—74 (Ottokar Weber); MHL. XXVll
(1899), 'O' — 102 (W. Martens); Karlsr. Zg. Nr. 94
(P. Apbert]), Rev. crit. XLVI, 130—33 (R).
39. Haake, P. Briefe d. Herzogin Elisabeth Charlotte von
Orleans. Histor. Viertelj.schr. I, 418 — 28.
40. Ein französischer Diplomat [Blondel] an deutschen Klein-
höfen [z. B. in Mannheim]. Frankf. Zg. Nr. 232.
41. Obser, K. Zur Sendung d. Grafen Goertz an d. Zwei-
brückener Hof (1778) [betr. Karl Theodor, Kurf. v, d.
Pfalz]. MJÖG. XIX, 343—47.
42. Kleinschmidt, A. Karl Theodor, Friedrich zu Salm u.
F. H. V. Zwackh. NHeidelberg Jbb. VH, 199 — 216.
43* Darstellungen aus d. bair. Kriegs- u. Heeresgeschichte,
hrsg. V. Kgl. bair. Kriegsarchiv. Heft 7. (Darin: H. Fahrm-
bachet. D. Kampf um d. Rheinschanze b. Mannheim a.
25. Jan. 1798, m. Karte). München, J. Lindauer. Bespr.:
Münch. NNachr. Nr. 502.
b) Markgr. Baden.
44. Schulte, A. Zu d. neuaufgefundenen Verzeichnis d. Steuern
d. Reichsgutes v. J. 1 24 1 [auch Baden betr.]. Diese Zs.
NF. XIII, 425 — 440.
45. Mayer, J. Markgraf Hermann I. Freiburg Diöc.-Arch.
XXVI, 240—66.
46. Türler, H. Ein Schreiben Berns an Mkgr. Rudolf v. Hoch-
berg (1485). Anz. f. Schweiz. Gesch. Nr. 3, S. 68.
47. K. v. R. Panegyricus z. 4CK>jähr. Jubelfeier d. Aufnahme
d. sei. Bernhard, Markgr. v. Baden, in d. Himmel. Frei-
burg Diöc.-Arch. XXVI, 267—85.
48. Obser, K. Eine Gedächtnisrede auf d. Mkgr. Georg
Friedrich von Baden-Durlach. Diese Zs. NF. XIII, 124
— 139.
49. Jung, L. [Bernow, L.] D. Buch vom Türkenlouis Mkgr.
Ludwig Wilhelm v. Baden. E. Lebensbild aus d. 17. Jahrh.
Achem, Eitler u. Jundt. 1897. 183 S. m. Portr,
50. Wegele, H. v. Vorträge u. Abhandlungen [darin u. a. »Zur
Kritik d. neuesten Litt, über d. Rastatter Gesandtenmord«].
Leipzig, Duncker u. Humblot. Bespr.: Südw. Schulbll.
XV, 285—86 (Zürn).
51. v. Weech, Fr. Römische Prälaten am deutschen Rhein.
1761 — 64). Neujahrsbll. d. bad. hist. Komm. NF. 1.
304
WinkelmanD.
Heidelberg, Winter. 80 S. Bespr.: LRsKatl: Deutschland
24, 218; HJb. XIX, 413 (K. B[eyerle]); FreibKKb. 42,
286—88; 298—302; 319—21; 328—31; 347— 5" (-a-);
HZ. (81) 45, 564 (Th. Ludwig); Rom. Quartschr. XI,
241 — 42; Heidelb. Zg. Nr. 70; Pfalzer Bote Nr. 72, 74;
Karlsr. Zg. Nr. 53 (P. Al[bert]).
52. Baden u. d. Rheinlande i. d. J. 1761 u. 1762 [nach Pal-
miens Reisebericht]. Frankf. Zg. Nr. 19. I.
53. Unzer, Ad. D. Herzog v. Zweibrücken u. d. Sendung d.
Grafen Goertz. MJÖG. XVIII (1897) 401 ff. [betr. u. a.
Baden unter Karl Friedrich]. Bespr. : Diese Zs. NF. XIII,
180-81 (K. Obser).
c) Baden.
54. Ehrhard, L. Charles Schulmeister, Generalkonmiissär d.
Kais. Heere unter d. ersten Kaiserreich. Strassburg,
Druckerei d. »Elsässer«. 47 S. [betr. vielfach Baden].
Bespr.: Diese Zs. NF. XIV (1899), 158 — 59 (K. Obser).
55. Müller, K. Fr. Zur Geschichte d. badischen Truppen im
russischen Feldzug 1812. Festschr. z. XXV. Stift.- fest-
feier d. Mil.ver Karlsruhe. 1897. 119 S.
56. Fischer, William. D. Hinrichtung Karl Ludwig Sands.
Diese Zs. NF. XIII. 506-11.
57. Eine Landtagserinnerung [betr. Beschluss d. Bahnbaus v.
Mannheim n. Basel 1838]. Breisg. Zg. 73.
58. Hagenmeyer, K. D. Revolutionsjahr 1848 — 49. Schil-
derungen auf Grund eigener Anschauung und persönl.
Erlebnisse. Karlsruhe, J. J. Reiff.
59. Hausrath, A. Baden im alten und neuen Reich. Z. Er-
inner, an Julius Jolly. Deutsche Rs. 24 Heft 9 — 12.
Bespr.: Diese Zs. NF. XIV (1899), 161 (K. 0[bser]K
60. Die Gefechtstage der badischen Truppenteile i. Krieg
1870—71. Bad. Mil ver.bl. XXV. 62; 70; 79; 90; loi.
61. Engelhorn. Gesch. d. 2. Bad. Feldartilleriereg. Nr. 30.
Festschr. Karlsruhe, Knödel u. Fröscher. 1897. 29 S.
(VI. Beil.) [darin kurzer Abriss d. Gesch. d. bad.
Artillerie].
62. Feill. Gesch. d. Inf.reg. Markgraf Ludwig Wilhelm (3. bad.)
Nr. 1 1 1 m. bes. Berücks. s. Thätigk. i. Krieg 1870 — 71.
3 (veränd.J Aufl. Berlin, Mittler. 1897. 390 S. m.
2 Ktn.
63. Pralle u. Gessner. Gesch. d. 4. bad. Inf.reg. Prinz Wil-
helm Nr. 112. Berlin, Mittler. VIII, 272 S. m. 6 Karten.
Bespr.: Diese Zs. NF. XIII, 710 (K. 0[bser]).
64. Rauthe. Gesch. d. bad. Fussartillerieregiments Nr. 14 u.
s. Stammtruppen. Berlin, Mittler. 106 S. m. 5 Karten.
Bespr.: Diese Zs. NF. XIII, 709 — 10 (K. 0[bser]).
BadiKhe GesduchuUttermtnr des Jahres 1898. ^05
IV. Ortsgeschichte.
65. Krieger, A. Topographisches Wörterbuch d. Grossh.
Baden. Hrsg. v. d. Bad. histor. Komm. V u. VI [Schluss]-
Abt S. 641 — 940 (S. Ulrich-Zytern), nebst Nachtrag n.
Vorwort. Heidelberg, Winter. XV, 962 S. Bespr.: Allg.
Zg. »Nr. 246 (Dr. -u-); HJb. XIX, 435 (K. B[eyerle]);
Freib. KKb. 42, 492—93; MbH. Schwarzw. ver. I, 144 (P);
Alemannia XXVI. 278—88 (J. Miedel).
66. Christ, K. Auffallende Pfalzer Orts- und Flurnamen.
Pfalz. Mus. XV, 41 — 42; 102 — 103.
67. Katzenbuckel. Derselbe. Der K. bei Eberbach. Heidelberger
Haus- u. Familienkalender 1898, S. 8 — 9.
68. Albihal, Schwarz, Bened. Führer durch d. untere Alb-
thal [m. geschichtl. Angaben]. Karlsruhe, Schöber i.
Komm. 59 S. m. 111.
Amrigschvfandf s. Nr. 284.
69. Baden-Baden, Entstehung u. Gründung d. weltl. Orts-
stiftungen d. St. B.-Baden. Echo v. B.-Baden, Nr. 141 u.43.
70. — Die ehem. Stifts- u. nunmehrige Pfarrkirche in B.-B.
Eche V. B.-Baden ^ Nr. 5 — 9.
Baiöatk, (Ober- u. Unter-), s. Nr. 292.
71. Beiertheim. GoUesau, Stork, A. Geschichte d. beiden Ge-
meinden. Karlsruhe, Bielefeld. 55 -f- 32 S. m. Abb. u.
8 Tfln.
Bernau^ s. Nr. 284. Biesendorf, s. Nr. 288. St, Blasiert, s. Nr. 116, 284.
Blasiwald, s. Nr. 284. Bodmann, s. Nr. 14, 27.
72. Bräunungen, Bericht über d. fürchterliche Gewitter, so am
4. Juni anno 1795 die Stadt Br. betroffen. Donaubote
Nr. 65.
"ji^, Breisach, Langer, O. D. Magistrat zu Br. Schau-in's-
Land XXV, 92 — 100.
— 8. auch Nr. 167, 173.
73. Bruchsal. Mayer, J. Das Kapuzinerklösterlein zu Br.
Bruchsaler Bote Nr. 13 — ig.
74. — Eine Wirtschaftsconcession vor 100 Jahren [f. d. Gasth.
z. Engel in Br.]. Bruchs. Bote Nr. 131.
— s. auch Nr. 117, 168.
ßüchenau, s. Nr. 285. Bühl, s. Nr. 118. Darstadt, s. Nr. 292. Durlach,
8. Nr. 22. Eberbach, s, Nr. 286. Ebratsweiler, s. Nr. 2Q\. Eppingen^
s. Nr. 169.
75. Ettlingen. Schwarz, Bened. (Geschichtliches über d.
Strassen d. A.-B. Ettlingen. Mittelbad. Courier Nr. 130.
76. — Derselbe. Bürgerannahme in Ettlingen. Mittelbad.
Courier Nr. 153.
77. — Derselbe. Ettlinger Bürgermeister i. 18. Jahrh. Mittelbad.
Courier Nr. 194.
ß06 Winkelmann.
78. Ettlingen. Derselbe. Französische Einquartiening [1806].
Mittelbad. Courier Nr. 223.
79. — Derselbe. D. Ettlinger Pulvermühle. Mittelbad. Courier
Nr. 229.
80. — Derselbe. Eine Gemeinderechnung vor 200 Jahren.
Mittelbad. Courier Nr. 264.
81. — Derselbe. Aus d. Geschichte d. Ettlinger Spitals.
Mittelbad. Courier Nr. 281
— s. auch Nr. 119, 191 — 93.
Forste s. Nr. 285.
82. Frauenalb, Thoma, A. Gesch. d. Kl. Frauenalb. E. Beitr.
z, Kulturgesch. von 7 Jahrh. Freiburg, P. Wätzel. 104 S.
1 Abb. Bespr.: Diese Zs. NF. XIV (1899), 161—62
([Kriege]r); Bad. Ld.-Zg. (1899) Nr. 7 (Fr. Fath); Karlsr.
Zg. Nr. 346. B-
83. Freiburg, B[eyerle]. D. Gründung u. älteste Verfassung
d. St. Freiburg. Freib. Bote Nr. 59, II; 64, IL
84. — Martin Malterer v. Freiburg [Ritter, f 1378 b. Sempach].
Freib. Bote Nr. 36 — 39.
84*. — Maurer, H. D. Ratsbesetzung zu Fr. i. Br. i. 15. Jahrh.
Schau-in's-Land XXV, 50 — 54.
85. — Braun, Ant. D. Verhandlungen zwischen Maximilian I.
u. d. Reichsständen auf d. Reichstag zu Freiburg i. B.
1498. Freib. Diss. Freiburg, C. A.Wagner. 115 S.
86. — Wen gen. Fr. von der. D. Belagerung v. Freiburg i. Br.
17 13. Tagebuch d. österr. Kommandanten Feldmarschall-
Lieutenant Freih. v. Harrsch. SVG Freiburg Breisgau XIV,
I — 434 m. 2 Tfln. [Auch sep. i. Komm. b. Eugen Stoll.
LXIV, 434 S. m. 2 Tfln.]
86*. — Wibel, Fr. Eine hochverräterische Medaille Fr.'s a.
d. J. 1814. Schau-in's-Land XXV, loi — 3.
— s. auch Nr. 153, 170—73.
87. Gengenbach, Simmler. Das »Velletürlin« als Grenzbezeich-
nung der Gengenbacher Klostergrafschaft. Diese Zs.
NF. XIII, 165-67.
Gossmannsdorf, s. Nr. 292. Grötzingen, s. Nr. 23. Haag, s. Nr. 287.
HattenweileTi s. Nr. 291. Häusern, s. Nr. 284.
88. Heidelberg. Sillib, R. Ein englischer Reisebericht über
Heidelberg a. d. J. 161 7. NAG Heidelberg III, 196 — 99.
89. — MannheifH, Ilinneschiedt, D. Montesquieu in Heidelberg
u. Mannheim i. Aug. 1729. Diese Zs. NF. XIII, 441 — 47.
QO. — Brückenkopfschanzc b. Heidelberg. Karlsr. Zg. Nr. 332.
91. — Ausgrabungen auf d. Molkenkur b. Heidelberg. Karlsr. Zg.
Nr. 356.
92. — Seh lueizingen. Jung, H. R. u. Schröder, W. Die Ge seh.
d. Schlossgärten z. Heidelberg u. Schwetzingen (in Samml.
Rheinische Gärten«), Berlin, G. Schmidt. 74 S. Bespr.:
Badische Geschichtslittentur des Jihres 1898. 307
Diese Zs. NF. XIV (1899), 168 ([Kriege»; Pfalz. Mus.
XVI (1899), 31—32 (C. M.); LCB 1898, 2004.
93. Heidelbtrg, Melzer, H. Zur Gesch. des Heidelberger
Schlosses, [i. Anschl. an Jung u. Schröder]. Gegenwart
1898, 266—68.
— s. auch Nr. 36, 194. — Schioss s. Nr. 174 — 76.
Heidflshdim, s. Nr. 285. Htiligenhtrg, s. Nr. 291. HelmÜngtn, s. Nr. 151*
Uilsbach^ 8. Nr. 145. Höchenschwand^ s. Nr. 284. Huttenheim,
s. Nr. 285. Jbach, s. Nr. 284. Immeiutaad, s. Nr. 120. KarUdorf^
s. Nr. 285.
94. Karlsruhe, v. Weech, Fr. Geschichte d. St. Karlsruhe u.
ihrer Ver^-altung. Lief. 12 u. 13 [Schluss d. II. Bd.]
(vgl. 1897 Nr. 108) Karlsruhe, Macklot]. 463 S. m. Karte.
Bespr.: Diese Zs. NF. XIII, 533 — 34; Karlsr. Zg. Nr. 103.
95. — [Krieger]. Chronik d. Haupt- u. Residenzstadt Karls-
ruhe f. d. J. 1897. Karlsruhe, Macklot 129 S. m. 9
Bildern [Pr. Wilhelm v. Baden, M. Bemays u. a.].
96. — Gumprich, £. Ein Stück Alt-Karlsruhe. D. alte Israelit»
Friedhof 1723 — 1826. Karlsruhe, Druck d. Residenz-
anzeigers. 2f S.
97. — Die Freiwillige Feuerwehr in Karlsruhe. Ihre Begründung
u. Entwicklung 1847 — 97. Festschr. Karlsruhe, Thiergarten.
1897. 36 S. m, 2 Portr.
— s. auch Nr. 177.
Kirrlach. s. Nr. 285. Konigihronn KL, s. Nr. 121.
98. Konstanz. Beyerle, K. D. Konstanzer Ratslisten d. Mittel-
alters. Hrsg. V. d. Bad. hist. Komm. Heidelberg. Winter,
VII, 252 S. Bespr.: HZ (81)45, 565-66 (Th. Ludwig);
DLZ XIX, 1273 (L. Rietschel); Zs. Savignystiftung XIX
(1899), 189—90 (A. Werminghoff); Karlsr. Zg. Nr. 100
(P. A[lbert]); Rev. crit. XL VI, 38 (R).
99. — Bündnisse d. Herzöge v. Österreich, Ludwijjs v. Baiern etc.
mit d. Stadt K. (13 13 u. 13 14). NA. XXIII, 293—294;
297; 300—301; 3«3— ■3i8-
100. — Martens, Wilh. Eine neu entdeckte Chronik d. Bist.
Konstanz. Diese Zs. NF. XIII, 23 — 53.
loi. — Egii» P. Ein histor. Volkslied aus d. Zeit d. Konstanzer
Sturms (1548). Anz. f. Schweiz. Gesch. NF. XXIX 61 — 73.
102. — Konstanzer Erinnerungen a. d. Freiheitsjahr 1848. Bad.
Landsmann Nr. 70.
103. — Arx. K. V. D. alle Bischofstadt K. Deutscher Hausschatz
S. 882 f.
— s. auch Nr. 125, 128, 129, 131, 133, 161, 214.
Kronau, s. Nr. 285.
104. Küisheim, Kern, R. Die Külsheimer Fehde. [Heidelberger
Diss.]. Wertheim, Druck b. Buchheim. 1897. 83 S.
Bespr.: Diese Zs. NF. XIII, 703 (K. 0[bser]).
Lahr, s. Nr. 134. Langenbrücken, s. Nr. 285. Lauda^ s. Nr. 202.
Lau/, s. Nr. 135. Leiber fingen^ s. Nr. 289. Lobenfeld, s. Nr. lyo.
3o8 WinkelmaDD.
105. Mägdeher g. Der M. im Hegau, seine Besitzer n. Inhaber.
Freie Stimme Nr. 40 - 42.
106. Mannheim, Walter, Fr. Geschichte d. Theaters u. d.
Musik am Kurpfalz. Hofe. [Forschungen z. Gesch. Mann-
heims u. d. Pfalz Bd. I]. Leipzig, Breitkopf u. Härtel.
IX, 378 S. m. 3 Tfln. Bespr.: Diese Zs. NF XIII,
541—42 (V. Weech); KBWZ. XVII, 149—50; LCB 1898,
1762; KBGesch.-Ver. 47, 16 (E.F).
107. — »Derselbe. Aus Mannheims musikalischer Vergangenheit
[betr. u. a. Hecke), Wagner]. Neue Zeitschr. f. Musik
93, 241—43.
— 8. auch Nr. 39, 42, 57, 89.
Markdorf, s. Nr. 131. Mennenschwand^ s. Nr. 284. Aftsstlhausen,
s. Nr. 292. Messkirch, s. Nr, 289. Michelbach, s. Nr. 287.
Mingolsheim, s. Nr. 285. Muckenschopf, s. Nr. 15 1. Mülben, s.
Nr. 286. Neckarburken, s. Nr. 19. Neckargerach, s. Nr. 286. 287.
Neckarwimmersbach^ s. Nr. 286.
108. Neudingen, D. Gregorifest zu Neudingen. Donaubote Nr. 40.
Neudorf y s. Nr. 285. Neuenheim (b. Heidelberg) s. Nr. 24. Neun-
kircheny s. Nr. 286, 287. Neuthard, s. N{^ 285. Nieder-Eggenen,
s. Nr. 162. Nusplingen, s. Nr. 289. Obergrombach, s. Nr. 285. Ober^
hausen, s. Nr. 285.
109. Oberkirch. Schaz, Fr. Stadt Oberkirch u. d. Burgen d.
vorderen Renchthales. Achern, Eitler und Jundt. 57 S.
m, 111. [S. 13—36 Urkundl. Beil.].
HO. — Neue Amts- u. Gemeindeordnu.ig f. d. Oberamt O. v.
I. Sept. 178g. Offenburger Zg.^ Nr. 7 u. 8.
Oberöwisheim, s. Xr. 285. Odenhtim, s. Nr. 149, 285. Offenburg, s.
Nr. 136. Osterburken, s. Nr 25. Osthausen, s. Nr. 292. Oestringen»
s. Nr. 285. Pforzheim, s. Nr. 178. Pfullendorf s Nr. 121, 291.
Radolf stell, s. Nr. 143. Reichenau, s. Nr. 137, 163. Reilsheim^ s.
Nr. 179. Rheinhausen, s. Nr. 285. Rheinsheim, s. Nr. 285. Salem,
Kl. s. Nr. 131. Schapbach, s. Nr. 180. Schlageten, s. Nr. 284.
Schlaft u. Kr,, s, Nr. 288. Schluchsee, s. Nr. 284 Schollbrunn^ s.
Nr. 286, 287. Schuttern, s. Nr. 138. Schwanheim, s. Nr. 286.
111. Schwarzach, Bresslau, H. Zur Kritik d. Diploms Hein-
richs II. über d. Schenkung d. Abtei Schwarzach an d.
Bist. Strassburg. Diese Zs. NF. XIII, 54 — 66.
Schwetzingen, s. Nr. 92, 189. SegnitZj s. Nr. 292. Simonswald, s.
Nr. 188. Sinsheim, s. Nr. 145. Sinzheimt s. Nr. 139
112. Stadclhofcn (B.-A. Oberkirch). Altes und Neues aus St.
[Auszüge aus d. Gemeindeordnung v. 1683]. Acher- u.
Bühler Bote Nr. 14, 15, 20, 23, 24, 27.
113. Siaufen. Stark, W. D. Besetzung u. Erstürmung Staufens
i. J. 1848. MbllSchwarzw.ver. 1, 97 — 108 (m. III.).
Stettc-n a. k. M., s. Nr. 280. Stettfeld, s. Nr. 285. Strumpfelbrunn,
s. Nr. 286. Sulzbach, s. Nr. 290. Thengen, Dorf, s, Nr. 288.
Tiejenhäust'rn, s. Nr. 284. Todtmoos, s. Xr. 284. Überlingen, s.
Xr. 164, 182. UbstaJi, s. Nr. 285. Unter grombach, s. Nr. 285.
Urberg, s. Nr. 284. Villingni, s. Nr. 140. Weiher, s. Nr. 285.
fVeinheim» s. Nr. 145. IVertheim (Burg), s. Nr. 183, 184. Wiesen'
thal, s. Nr. 285. Wilfingen, s. Nr. 284.
BadiBche Getchichtslitteratur des Jahres 1898. JO9
114. WindecK Burg Ali-, Weide, Ad. D. Ritter v. Windeck
u. ihre Burgen. Mon.bliSchwarzw.ver. I, 26—40 (m. III.)
— Kappel- 8. Nr. 118.
Witttnschwand, s. Nr. 284. Wolpadingen^ s. Nr. 284. Zeuthem, s.
Nr. 285. Zimmern, s. Nr. 288. Zwingenbergt s. Nr. 286.
V. Kirchengeschichte.
115. Sauer, Jos. Z. Geschichte d. Cluniacenser in Baden»
Diese Zs. NF. XIII, 167—68.
1 1 6. St, Blasiert. Schneider, £ug. D. Lostrennung d. Klosters
Ochsenhausen von St. Blasien. Diese NF. XIII, 79 — 83.
117. Bruchsal. Beitrag z. Gesch. d. Landkapitels Bruchsal.
FreibKKbl. 42, 81 — 84; 137 — 38; 169 — 70.
118. Bühl. Kappelivinäeck. D. Pfarreien Bühl u. Kappelwindeck
z. Z. d. 30jähr. Krieges. FreibKKb. 42, 165—69; 181 — 85;
202 — 205.
119. Ettlingen. D. Jesuiten i. £ttl. u. Umgebung. Bad. Lands-
mann. Nr. 1 5 — 20.
120. Immenstaad, O echsler, H. Die Beneficien d. heil. Jodocus,
Michaelis u. Sebastianus i. Immenstaad a. Bodensee.
Freiburg Diöc.-Arch. XXVI, 193 — 220.
121. Königsbronn. P/ullendorf. Löffler, L. Über d. Kl. Königs-
bronn, d. Stadtpfarrei u. d. beiden Fraueuklöster in
Pfullendorf. Freib. Diöc.-Arch. XXII, 303 — 15.
122. Konstanz, Mayer, J. D. heil. Konrad, Bisch, v. Konstanz
(934 — 975). Freiburg, Herder. IX, 87 S. Bespr. : Diese
Zs. NF. XIII, 187-88 (A. Carteliieii); Analecta Bollan-
diania XVII, 375; LRsKalhDeutschland 24, 119 — 20
(P. Albert).
123. — Aldinger, P. Berthold von Falkenstein, Abt v. St. Gallen
(1244 — 1272) als Bewerber um d. Bistümer Basel, Chur
und Konstanz u. d. Neubesetzung derselben. Diese Zs.
NF. XIII, 149—184.
124. — Cartellieri, A. Kegesten z. Gesch. Graf Rudolfs v.
Montfort, spät. Bisch, v. Konstanz. [Erweiterter Abdr.
aus d. Konstanzer Reg.]. Sep.-Abdr. aus d. XXXVI.
Jahresber. d. Vorarlberger Mus.ver. Bregenz, Teutsch.
16 S.
125. — Thommen, R. E. bischöfl. Steuer i. d. Diöc. Konstanz.
Abb. in »Festgaben für Büdinger«. Sep.-.\bdr. Innsbruck,
Druck b. Wagner. 14 S. Bespr.: Diese Zs. NF. XIII,
702 (K. Br[unner].
126. — Blumenthal, H. Zur Vorgesch. d. Konstanzer Konzils
bis zur Berufung. Halle. Diss. 1897. 131 S.
127. — Albert. Wo wurde Papst Johann XXllI. nach s. Ab-
setzung gefangen gehalten? [Burg Eichelheim b. Mann-
heim]. Innsbrucker Zs. f. Theol. 1898, 402 — 4.
3IO
Winkelmann.
128. Konstanz. Brunner, K. Wahlkapitulatiönen d. Bischöfe v.
Konstanz. (1294 — 1496). Diese Zs. Mitt. 20, i — 48.
C29. — Zell, F. Registra subsidii charitativi i. Bist. Konstanz am
Ende d. 15. u. zu Anf. d. 16. Jahrh. Freib. Diöc-Arcb.
XXVI, 1-134.
130. — Ljubsa, M. Doctor Thomas de filia, d. Erzieher K.
Maximilians I., erster Dompropst v. Wien u. Bischof v.
Konstanz. Graz, »Styria«. 1897. XII, 62 S. Bespr.: Diese
Zs. NF. XII (1897), 370 (Cartellieri).
131. — Markdorf, Salem, Ernst, V. D. Biberacher Spital bis z.
Reformation. Württ. Viert.jh.hefte f. Landesgesch. NF.
VI (1897), I — 112) [enth. Urk.reg. betr. gen. Orte].
Bespr.: Diese Zs. NF. XIII, 544. (K. Br.[anner]).
132. — Holl, K. Fürstbischof Jakob Fugger v. Konstanz
(1604 — 26. [Studien aus d. Kollegium Sapientiae zu
Freib. i. Br. Bd. I]. Freiburg, Charitas verein. 295 S.
Bespr.: Diese Zs. NF. XIV (1899), 156 (W. Martens);
Allg. Zg.B Nr. 263; FreibKKb. 42, 806-7.
133. — Holl. D. Konst. Jesuiten i. Pestjahr 161 1. Charitas Heft 5.
«34. Lahr, Bauer, F. Series pastorum Larensium. Badischer
Geschäftskalender 1898. Ausg. f. Geistliche S. 188 — 206.
Lahr, Schauenburg.
135. Lauf. D. Pfarrei L. Dekanats Ottersweier u. deren Pfarrer.
Acher- u. Bühler-Bote ^ Nr. 6.
^36. Offenburg. Dacheux, L. Eine Steuerrolle d. Diöc. Strass-
burg f. d. J. 1464. Strassburg, Strassb. Druckerei u.
Verl.anstalt. 1897. 1^» 9^ 5. [betr. auch rechtsrhein.
Teile bes. Offenburg]. Bespr.: Freib. Diöc.-Arch. XXVI,
329 — 30. (K. R[einfried]).
137. Reichenau. Eubcl, P. Libri obligationum et solutionum.
Studien u. Mitt. aus d. Cist.- u. Benedict. Orden. 16
(1895), 84 — 95 [betr. Reichenau z. J. 1343].
138. Schuttern. May, J. Paul Volz v. OfTenburg u. d. Annalen
V. Schuttern. Leipzig, Fock. 53 S.
139. Sinzheim, D. St. Martinskirche zu Sinzheim, Dekanats
Ottersweier. FreibKKb. 42, 527 — 32; 538 — 42.
140. Villingen, [Roder, Chr.]. D. sei. Äbtissin Ursula Haider
zu St. Clara in Villingen. Z. 400jähr. Gedächtnisfeier
ihres Todes. Villingcn, O. Frick. 16 S. Bespr.: Diese
Zs. NF. XIII, 702.
141. Grützmacher, G. D. evang. Landeskirche i. Grossh.
Baden. Überblick über ihre Geschichte u. ihr Wesen.
Freib. i. Br., Waetzel. 20 S.
142. Sprenger, Herrn. D. Bekenntnisstand d. evang.-prot.
Kirche i. Baden. Konsensusunion oder bibl. Union .^
(Bilder aus d. evang.-prot. Landeskirche i. Grossh.
IBaden IV). Heidelberg, Hörning. 36 S.
Badliche Geschichtslitteratiir des Jahres 1898. ^I I
- 1 ■
VI. Rechts- und Wirtschaftsgeschichte.
143. Hegel, H. D. Radolfzeller Urkunde. NA. XXIII. 743 — 44.
144. Redlich, O. Nochmals das Oberrheinische Formeibuch.
Diese Zs. NF. XIII, 689—94.
145. Schröder, R. Oberrheinische Stadtrechte. I. Abt. Frän-
kische Rechte. 4. Heft: Miltenberg, Obernburg, Hirsch-
horn, Neckarsteinach, Weinheim, Sinsheim u. Hilsbach.
Bearb. v. R. Schröder u. K. K ohne. Heidelberg, Winter.
S. 301 — 466. Bespr.: LCB. 1898, 1231.
145*. Koehne, K. Obersicht über d. gedruckte u. handschr.
Material für d. Herausgabe d. badischen u. elsässischen
Stadtrechte II. D. mittlere u. südliche Baden [excl.
Konstanz u. Überlingen]. Diese Zs. NF, VIII, 664 — 88.
146. \Verminghoff, A. Zur Rechtsgeschichte d. Einlagers in
Südwestdeutschland. Diese Zs. NF. XIII, 67 — 78.
147. Asal, K. D. badische Forstrecht. Tauberbischofsheim,
J. Lang. XII, 723 S.
148. Hausrath, H. Forstgeschichte d. rechtsrheinischen Teile
d. ehem. Bist. Speier. Berlin, Springer. VI, 202 S. m.
Karte. Bespr.: Diese Zs. NF. XIII, 532 — 33. K. 0[bser]);
Allg. Zg.BNr. 270 (-nu-); HZ. (81) 45. 566 (D— r).
149. Derselbe. Aus d. Gesch. d. Waldungen im ehem. Reichs-
ritterstift Odenheim. Allg. Forst- u. Jagdztg. Juli-Heft.
[Sep.abdr. 7 S.]. Frankfurt a. M., Sauerländer.
150. Borgins, W. Die Fruchtmarktgesetzgebung in d. Kurpfalz
Tübingen, Laupp. 64 S.
Helmlingen, Muckenschopf]
i. 18. Jahrh. [Heidelb. Diss.^
151. Braunagel, £. Zwei Dörfer
d. bad. Rheinebene unter bes. Berücksichtigung i)irer
Allmend Verhältnisse. Staats- u. soziahvissensch. Forsch,
hrsg. V. G. Schmoller. Bd. XVI, Heft i. Leipzig, Duncker
u. Humblot. IX, 86 S. Bespr.: Diese Zs. NF. XIII,
711 — 12 (K. Obser). HZ. (82) 46, 379.
152. Christ, K. D. Steuerwesen von Kurpfalz i. Mittelalter.
NAGHeidelberg III, 200—64.
153. Rickert, Fr. D. Schreinergewerbe i. Freiburg i. Br. [Freib.
Diss.] Leipzig, Duncker u. Humblot. i8g6. 53 S.
154. Thorbeck e, A. Eine Verordnung von Karl Philipp gegen
das Bettler-, Zigeuner- u, Räubergesindel. NAGHeidel-
berg III, 190—95.
VII. Kunst- und Baugeschichte.
155. Detzel. D. versteigerte ehem. grfl. Douglas'sche Samm-
lung alter Glasgemälde. Rottenburger Arch. f. christl.
Kunst Nr. 6—8 (m, Lichtdruckb.) — Vgl. 1897 Nr. 193, 196.
312 Winkelmann.
156. Zangemeister, K. u. Thode, H. D* Gemäldesammlong
d. Heidelberger Schlosses [Verzeichnis v. J. 1685]. Mitt.
z. Gesch. d. Heidelb. Schlosses 3 (1896), 192 — 216.
157. Thode, H. Kunstgeschichtl. Anm. zum Inventar v. J. 1685.
Mitt. z. Gesch. d. Heidelb. Schlosses 3 (1896), 217 — 45.
158. Baidung, Hans. Braun, £dm. W. Eine neue Hexen-
darstellung B.'s. Zs. f. bild. Kunst NF. IX, 22 f.
159. — Klaus, B. Hans Baidung gen. Grien oder Grün. Württ.
Vjh. f. Landesgesch. NF. V (1897), 307 — 13; 331 — 32.
160. — Stiassny, R. Baidung Griens Zeichnungen. Zs. f. bild.
Kunst NF. IX, 49—61. Bespr.: Diese Zs. NF. XIV
(1899), 167—68 (— h).
161. Konstanz, Beyerle, Konr. Ober d. Ursprung d. Kon-
stanzer Freskencyclus aus d. 14. Jahrb. Diese Zs. NF.
XIII, 694—95.
161*. — Zeppelin, Graf. Z. Frage d. Ursprungs d. gr. Heidelb.
Liederhs. Deutscher Herold XXIX, 133 fF. Bespr.: Diese
Zs. NF-. XIV (1899), 163-64 (K. 0[bser]).
162. Nieder- Eggenen (B.A. Müllheim). Freskobilder aus d.
15. Jahrh. Allg. Zg. ^ Nr. 256.
163. Reichenau. Schmitt-Schenkh. D. Malerschule der Reiche-
nau i. 9. u. 10. Jahrh. Augsb. Postzg.® Nr. 59 u. 60,
164. Überlingen, Wandgemälde i. d. Stadtkanzlei zu O. Allg.
Zg.BNr, 256.
165. Kunstdenkmäler i. Grossh. Baden und Hessen. Allg.
Zg. ^ Nr. 230.
166. Kunsthistorische Funde i. Baden. Allg. Zg. ^ Nr. 256.
166*. Albert, P. D. Ilinhornjagd i. d. Litt. u. Kunst d. M. a.,
vornehmlich a. Oberrhein. Schau-in's-Land XXV, 68 — 91.
i66^ Hunziker, J. Das Bauernhaus d. Grossh. Badens ver-
glichen mit demjenigen der Schweiz. Archiv, f. schwei-
zerische Volkskunde, II, 88 — 105; '93 — 215.
ibt^. Birndorf, Baer, C. H. Die Kirche zu Bimdorf. Eine
baugeschichtl. Studie. Schau-in's-Land XXV, 5 — 15.
167. Breisach {Ali-). Paulsdorff. Vom Chore d. Münsters i.
Alt-Breisach a. Rh. CBlBauverw. XVIII, 136 (m. Abb.).
168. Bruchsal, Renard, £dm. D. Schlösser zu Würzburg u.
Bruchsal. »Die Baukunst« Heft 7, hrsg. v. R. Bormann
u. R. Graul. Berlin, Spemann. 20 S. m. Abb. u. 8 Tfln.
Eespr.: Allg. Zg. ^ Nr. 226; diese Zs. NF. XIII, 541
(K. 0[bser]).
169. Eppingen, Fachwerkbau v. J. 1582. Grossh. bad. Bau-
gewerkschule Karlsruhe. Aufnahme v. vaterländischen
Baudenkmalcn. Heft VI. W. S. 1896 — 97. Karlsruhe,
lithogr. Anstalt v. Schober.
Baditche Geschichtslitteratur des Jahres 1898. ßi^
170. Freiburg, Freiburg, d. Stadt und ihre Bauten. Freiburg,
Lorenz. XII, 648 S. mit 6 Tfln. Bespr.: Allg. Zg. ^
Nr. 289; CblBauvenv. XVIII, 421—23 (— z).
171. — Korth, L. D. alte Freiburg. Sep.abdr. aus Festschr.
d. Verbands deutscher Architekten etc. Freiburg i. Br.
35 S. m. in. [betr. bes. Profanbauten].
171*. — Baumgarten. D. sieben freien Künste am Portal d.
Münsters zu Fr. i. Br. Schau-in's-Land XXV, 16—49.
172. — F. S. Mz. Vom Freiburger Münster. CblBauverw. XVIII,
388 — 90 (m. Abb.).
173. — Breisach. Wagner, H. D. frühgothischen Teile der
Münster in Strassburg, Freiburg u. Breisach u. ihre Meister.
CblBauverw. XVIII, 413 — 15; 417—19 (m. Abb.).
174. Heidelbergs Schloss. Huffschmid, M. Zur Geschichte d.
Heidelberger Schlosses. NAGHeidelberg III, 174 — 87.
175. — Schaefer, Karl. Neue Funde auf d. Heidelberger
Schloss. I. D. Burg d. Kehlheimers. II. Aussenberaalung.
CBlBauverw. XVIII, 479—81.
176. — Restaurationsarbeiten am Heidelberger Schloss. Allg, Zg. ^
Nr. 251; Heidelb. Zg. Nr. 254.
177. {Karlsruhe.) D. neue Amtsgebfiude zu Karlsruhe [betr. auch
Gesch. d. Marktplatzes]. Bad. Ld.-Zg. Nr. 280 I. 28 1 I.
178. Pforzheim. Schäfer, K. Grabdenkmäler d. Markgrafen
V. Baden in d. Schlosskirche zu Pforzheim. Mitt aus d.
Gcrman. Nat.mus. S. 21 — 28. Bespr.: Diese Zs. NF. XIII,
539—40. (K. 0[bser]).
17g. Reilsheim. Fachwerkbau v. J. 1592. Grossh. bad. Bau-
gewerkschule Karlsruhe. Aufnahmen v. vaterländischen
Baudenkmalen. Heft VI. \V. S. 1896 — 97. Karlsruhe,
lithogr. Anstalt v. Schober.
180. [Schapbach.^ Hoffmann, J. J. SchwarzwäldiT Bauernhäuser
[i. Schapbach]. »Ober Land u. Meer« XVII, 458—64
m. 111.
181. Tauberbischofsheim. D. Kunstdenkmäler d. Grossh.
Baden. Bd. IV. Kreis Mosbach. Abt. II. Die Kunst-
denkmäler d. A.-B. Tauberbischofsheim. Bearb. v.
A. V. Oechclhäuser. Freib. i. Br., Mohr. 251 S.
76 Bilder, 20 Tfln. u. i Karte. Bespr.: Südw. Schulbll.
XV, 264—65; Allg. Zg. B Nr. 230 (Dr. A.— ); diese Zs.
NF. XIII, 538—39 (v. Wecch).
182. Überlingen, Die ehcmali«::e Stadtkanzlei zu Überlingen 1599.
Grossh. bad. Baugewerkschule zu Karlsruhe. Aufnahmen
V. vaterländischen Baudenkmalen. Heft VII. WS. 1897
— 98. Karlsruhe, lithogr. Anstalt v. Schober.
183. \\VertheimI\ Piper, C). D. Behandlung d. Burgen in d.
amtl. Kunst- u. Alt.inventarien [Polemik gegen v. Oechel-
häusers Kunstdenkm. (s. o.)]. Allg. Zg. ^ ( 1 899) Nr. 9.
Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrh. N. F. XIV. a. 2 I
^jA Winkelmann.
184. [Wertheim.] Derselbe. Nochmals der Streit um Burg
Wertheim. KBGesch.-Ver. 45, 99.
184*. Gutmann, K. F. D. Fayencefabrik Durlach. Karlsruhe,
Müller, Chr. Fr. [1897] VI, 21 S.
Musikgeschichte, s. Nr. 106, 107 u. 254.
VIII. Kulturgeschichte.
185. Glock, J. Ph. Lieder u. Sprüche aus dem Elsenzthale.
Aus d. Munde des Volks gesammelt. Alemannia XXV,
193—255.
185*. Hagelstange, A. Süddeutsches Bauernleben {.Mittelalter.
Leipz., Duncker u. Humblot. 268. S. Bespr. : Diese Zs.
NF. XIII, 275—76 (E. H. Meyer).
1 86. H a n s j a k o b , H. Erinnerungen einer alten Schwarzwälderin.
Stuttgart, A. Benz. 292 S. mit 111. Bespr.: MbH.
Schwarzw.ver, I, 159 (P).
187. Heilig, O. Eine Auswahl altdeutscher Segen aus Heidel-
berger Hss. Alemannia XXV, 262—68; XXVI, 70 — 72.
188. Derselbe. Sagen aus d. Simonswälderthal. MbllSchwarzw.-
ver. I, 39 — 44; desgl. Zs. Volkskunde 8, 227 ff.
189. Obser, K. Eine Bärenjagd [K. Philipps v. d. Pfalz] i.
Schwetzinger Walde. NAGHeidelberg HI, 188—89.
190. Pf äff, K. Märchen aus Lobenfeld. Alemannia 26, 79 — 95
[s. 1897 N^- 218].
191. Schwarz, Bened. Frohndpost [Ettlingen]. Mittelbad.
Courier Nr. 183.
192. Derselbe. Der Einsiedler auf d. Kreuzelberge [b. Ettlingen].
Mittelbad. Courier Nr. 188.
193. Derselbe. D. Buch mit d. goldenen Schnitt [Ettlingen].
Mittelbad. Courier Nr. 277. 278.
194. T hör b ecke, A. Mitteilungen aus Heidelberger Kirchen-
büchern [Fortsetzung, vgl. 1896, Nr. 150]. NAGHeidel-
berg III, 151—73.
195. W. u. Fl. Badisches Sagenbuch Bd. I. (Bodensee,
oberes Rheinthal, Waldstädte). Freiburg i. Br., Waibel.
XXI, 336 S. Bespr.: FreibKKb. 42, 718 — 21 ( — a — ).
196. — e. Zur badischen Sagenkunde FreibKKb. 42, 332 — 34.
IX. Familien-, Wappen- und Münzkunde.
IQ7. Kindler v. Knobloch, J. Oberbadisches Geschlechter-
buch. Vn. [Schluss-] Lief. d. I. Bd. A — Ha. 973
Badische Geschichtslitteratur des Jahres 1898. ßie
Wappen. Heidelberg, Winter. VI, 564 S. (m. Wappenabb.)
Bcspr.: LCB. 1898, 928 (R. S.); HJb. XIX, 487 (K.
B[eyerle]).
198. v.Dalberg. Fund zweier Büsten b. Deidesheim, darstellend
Frh. V. Dalberg u. Gemahlin [?]. KBGesch.-Ver. 46, 151.
199. z\ Fürstenberg, Gmelin, Hugo, D. Kriegszug d. Grafen
Franz Egon v. Fürstenberg gegen Württemberg i. J. 1631,
d. sog. Kirschenkrieg. Württ. Vj.hefte f. Landeskunde VII,
104 — 24.
200. — Tumbült, G. Z. Gesch. d. Herren von Morrian [betr.
Graf Vratislaus v. Fürstenberg]. ZGesch. u. Alt, Westfalen
56, 109—12.
201. — [Warukönig]. Beiträge z. Fürstenberg, Landesgeschichte.
»Donaubote« Nov. ff.
202. — V. Seckach, Schön, Theod. Die Familie von Seckach.
Deutscher Herold XXIX, 164.
203. Klemm, Klemms Archiv. Mitt. aus d. Familiengeschichte,
hrsg. V. d. Verband Klemmscher Familien [betr. auch
Baden, z. B. S, 34 — 42]. Nr. i — 3. Pforzheim.
204. Odenwald. Odenwald, K. Aus einer Familienchronik
[betr. d. in Baden weitverbreitete Familie O.]. Karlsruhe,
Aktiendruckerei. 161 S
205. \S^eiL Löwenstein, L. Nathanael Weil, Oberlandrabbiner
i. Karlsruhe u. s. Familie [= Beitr. z, Gesch. d. Juden
i. Deutschland Bd. H.]. Frankfurt, Kauffmann. 87 S,
206. v. Neuenstein, Karl Freih. von. Wappenkunde. Herald.
Mon.schrift z. Veröffentl. von nicht edierten Wappen-
werken. 6. Jahrg. 12 Hefte. Karlsruhe, Nemnich, [Heft
I — 6 Wappenabb. zahlr. bad. Adelsfamilien].
207. Hahn, Geo. Wappen a. d. Cberlingergeschlechterbuch.
Wappenkunde 1 (1896) Heft 10 — 12.
208. Mone. D. Wappenscheiben einiger Siiftsherren zu Oden-
heim i. Kraichgau. Pfalz. Mus. XV, 10 u. 11.
20Q. V. Neuenstein, K. Frh. von. Wappen aus d. Liber Ori-
ginum St. Blasianum. Wappenkunde II (1897), Heft i.
210. Derselbe. Turnierbuch d. freiherrl. Familie v. Gemmingen
[Kopie]. Wappenkunde III, Heft 12.
211. Derselbe. Wappen aus d. Konstanzer Gcschlechterstube
»zur Katze«. Wappenkunde I (1896), Heft 8 u. 9.
212. Derselbe. Wappen v. Patriziern d. Stadt Villingen u. d.
Landadels d. Baar. Wappenkunde I (1896), Heft 12.
213. Heuser, E. D. [Münz-] Fund b. Nussloch. Pfalz. Mus.
XV, 71—78; 173.
214. v. Höfken, K. Zur Brakteatcnkundc SüdileutscliLinds.
XIII. D. Wolfegger Rraklcatenfund [In^tr. d. Münzstätte
z. K., bes. S. 191 — 93]. XIV. D. Slettener Braktcaton-
21*
3i6
Winkelmann.
fand [Konstanz s. S. 229]. XV. Nachtrag z. Fnnde bei
Rom [Konstanz s. S. 238]. Archiv f. Brakt.kunde III»
185—240.
215. Derselbe. Nachtrag z. Funde von Weinheim (s. 1896
Nr. 276; 1897 ^^' 238). Archiv f. Brakteatenkunde III,
239—40.
X. Biographie.
a) Biographie.
2 ib. V, Auffcnherg, Schlang, W. Ein Vergessener [Jos. Freih.
v. Auffenberg, dramat. Dichter]. Breisg. Zg. Nr. 196.
217. Bey schlag, Willibald. Aus meinem Leben. II. Teil.
Halle [darin i. Im Karlsruher Hofpredigeramte S. i — 56;
2. Im badischen Kirchenstreite S. 57 — 118]. [Vgl. dagegen
Hausrath, Ad. Protest. Mon.hefte NF. 2, Heft 11].
Bespr.: Diese Zs. NF. XIV (1899), 165—66 ([Kriege]r).
218. Blum, R, Toepke, Gust. Reinhold Blum. [Reformator
d. Heidelberger Universität] (nebst Nachschrift v. K.
Obser). Diese Zs. NF. XIII, 606—22.
219. Buchner, Albert, P. Konrad Buchner, e. Freiburger
Münsterorganist d. 16. Jahrh. Freib. DiÖc.-Arch. XXVI,
286 — 96.
220. DroUinger. Schwarz, Bened. Karl Friedrich Drollinger
[bad. Hofrat, Archivar u. Dichter 16, 88 — 17 18]. Bad.
Schulzg. Nr. 48, 49.
221. Engelbrccht. Neff, J. Philipp Engelbrecht (Engentinus)
II. Teil [s. 1897 Nr. 240]. Progr. d. Progymn. zu Donau-
eschingen f. d. J. 1897 — 98. 20 S.
222. Frommel, E. Blanckmeister, Frz. Emil Frommel (f 1897).
Sein Leben u. s. Schriften. Dresden, F. Sturm. 16 S.
m. Bilder. (Vgl. 1897 Nr. 275). — Litt. s. Biograph.
Bibliogr. i. Biograph. Jahrb. 11, 13 — 14.
223. Gerber iy Mari, König, J. Martin Gerberts Abstammung.
Freib. Diöc.-Arch. XXVI, 297 — 302.
224. Gündersrode, Card. v. Wyzewa, Fjodor de. Caroline de
Gündersrode et son avenlure d'amour avec Fr^deric
Creutzer. Ecrivains etrangers. II. Serie. Paris, Perrin.
S. 27—46.
225. Hebel, Lassberg, Justinus Kerners Briefwechsel mit seinen
Freunden (hrsg. v. Th. Kern er u. E. Müller) Stuttgart,
Deutscher Verlag. 2 Bde. [i. Bd. I Briefe an Htbtl^
i. Bd. 11 solche an Lassberg\ Bespr.: Diese Zs. NF. XIII,
191 — 92 (K. 0[bser]).
226. Hoffmamiy v. Fallersleben, Schlang, W. H. v. F. u. s.
Aufenthalt in Karlsruhe. Breisg. Zg^ Nr. 14.
Badische Geschiclitslitteratur des Jahres 1898. 31 y
227. Javor, Nik, de. Franz, A. D. Magister Nikolaus Magni
de Javor. E. Beitr. z. Litt.- u. Gelehrtengesch. d. 14.
u. 15. Jahrh. [1402 — 35 in Heidelberg], Freib. i. Br.,
Herder. XH, 269 S. — Bespr.: LCB. 1898, 1745—46.
228. /?//j'. Kaufmann. G. Staatsminister JoHy. HZ. NF. XLIV,
468—74.
229. — Blum, Hans. Vorkämpfer d. deutschen Einheit. Lebens-
u. Charakterbilder. [S. 261 — 84: J. Jollv]. Bespr.: Diese
Zs. XIV (1899), 161 (K. 0[bser]).
— s. auch Nr. 54.
230. Kürenher ger. Brunner, K. Die Kürenbergerforschung,
Alemannia 26, i — 38.
231. Lange. Härder, W. Rudolf Lange [Hofschauspieler i.
Karlsruhe]. Ein Lebensbild. »Die redenden Künste« IV,
41 1 — 13 m. Abb.
232. Manlius. Jakob Meunel (Manlius), Hofliistoriograph K.
Maximilians L, Stadtschreiber v. Freiburg. Freib. Bote
Nr. 28.
233. Mansharier, Theoh, Reinfried. Theobald Mansharter,
Weihbisch, v. Speier [geb. zu Achern]. FreibKKbl. 42,
640 — 41.
234. Math)', Karl. Mathy, Ludw. Aus dem Nachlasse von
Karl Mathv. Briefe a. d. J. 1846 — 48 m. Erläut. Leipzig,
Hirzel. VlI, 523 S. Bespr.: Diese Zs. NF. XIV (1899),
159-60 (v. \V[eech]); DLZ XX (1899), 226—28
(K. Obser); Bad. Ld.-Zg. (1899) Nr. 24. 1.
235. Mdanchihon, Heidenheim er, Heinr. Urkundliches über
Melanchthons Eltern. Diese Zs. NF. XIII, 168 — 69.
236. — Litt. s. Biograph. Litt. i. Biograph. Jahrb. II, 28 — 30.
(Vgl. 1897 Nr. 250 -55).
237. Moscherosch. Obser, K. Z. Lebensgesch. Joh. Mich. M.'s.
Euphorion V, 471 — 75.
238. A'ad/er, Christ, K. Zum 50jähr. Gedenken an Nadler.
Pfalz. Mus. XV, 7 — IG.
239. — Der Hinkeldeys-Zug. Ein ungedrucktes Lied v. Nadler.
Heidelberger Haus- u. Familienkalender 1898, S. 7.
240. Xorber. Meister, Fr. Zur Consecration u. Inthronisation
d. Erzbisch. Thomas Nörber v. Freiburg. Karlsruhe,
Badenia. 4 S. m. .\bb.
241. Xürbtr^ Thomas, Erzbisch, v. Freiburg, Illustr. Zi;. S. 357
(Faber). — Deutscher Ilausschatz S. 9S3. — Sternen u.
Blumen (Beil. z. Bad. Beob.) Nr. 39. — Biogr.
242. Ohtim^ Güiius, Albert, 1*. Zur Lebens- u. Familien-
geschichte d. Gallus Oheim [Reichenauer Gesch. Schreiber
d. 15. Jahrh.]. .\leniannia XXV, J58 — 62.
243. Oppenheimer ^ Joseph Süss, Finanzminister [.irt'b. zu Heidel-
berg 1692]. Augsb. Postzg. Nr. 48 u. 40.
il8 Winkelmann.
244. Piciorius. Kürz, E. G. Georgius Pictorius von Villingen,
ein Arzt d. 16. Jahrh. u. s. Wissensch. Freib. i. Br.,
Mohr. 1895. 97- S.
245. Roihe, Honig, W. Richard Rothe. Berlin, Schwetschke.
227 S. Bespr.: Diese Zs. NF. XIV (1899), 165 (K.
0[bser]).
246. Roitmann. Zottmann, A. Kunst- u. Künstlerjubiläen.
Nr. 9: D. Fürst d. neueren Landschaftsmaler [= Karl
Th. Rottmann, geb. i. Handschuhsheim]. Augsb. Postzg. ^
Nr. 60.
247. Scheffel, Nicht rasten u. nicht rosten. Jb. d. Scheffelbundes
f. 1897. Leipz. G. H. Meyer. 212 S.
247a. — Cantalupi, A. Victor von Scheffel. La domenica italiana
(Roma) 1897, 325—27.
248. — Frey, A. Briefe J. V. v. Scheffels an Schweizer Freunde.
Zürich, Schulthess. 1898. Bespr.: Diese Zs. Xlll, 192
(K. 0[bser]); Südw. Schulbbl. XV, 28 (L. Zürn); Allg.
Zg. ^ Nr. 9. Euphorion V, 226 — 27.
249. — Fuchs, L M. Jos. Victor v. Scheffel [i. Sackingen u.
Olevano]. Heidelb. Zg. ^ Nr. 84, 87, 88.
250. — Scheffels Leben u. Dichten während d. bad. Revolution.
Heidelb. Zg. ^ Nr. 67—71.
Schulmeister, Charles, s. Nr. 54,
251. Sylvantis, /oh, Paulus, N. Johannes Sylvanus u. s.
tragisches Ende. Hist.-pol. Bll. Bd. 121, 250 — 66.
252. Thoma, Hans, Schmidt, H. E. Hans Thoma [Maler, geb.
aus Bernau]. Rundschau (Beil. z. Deutschen Zg.) Nr. 200.
252*. Tossanus, Cuno, Fr. W, Daniel Tossanus d. alt. (1541
— 1610). 2 Bd. x\msterdam, Scheffer. 3414-275 S.
253. Tucher. Reinfried, K. D. bisch, strassb. Generalvikar u.
OfficialDr. W. Tucher [geb. zu Bühl] u. s. Zeit. (1542 — 68).
Freib. Diöc.-Arch. XXVI, 221 — 39, Bespr.: Strassb.
Diöc.-bl. 1898, 177 — 80 (A. Kröner).
254. Wagner, Richard. Chambrun, Co rate de. Wagner h,
Carlsruhe. L'artiste du si^cle. Paris, Calman-Levy.
255. Zasius, Hürbin. Ulrich Zasius als Stadtschreiber zu Baden
i. Aargau. Kath. Schweizerbll. 470 — 82.
256. — Werminghoff, A. Zur Lebensgeschichte des Ulrich
Zasius. Diese Zs. NF. XIII, 695 — 99.
b) Nekrologe*).
257. Bassermann, A. Weech, Fr. v. Anton Bassermann (f 1897).
Deutscher Nekrolog II, 280.
2^'j\ Btrherl, Emil, Geh. Oberregierungsrat u. Landeskommissär
in Karlsruhe. Karlsr. Zg. Nr. 339.
') Todesjahr ist das Berichtsjahr, wenn nicht anders angegeben.
Badische Geschichtslitteratur des Jahres 1898. ßig
258. Bernays, Petzet, £. Michael Bemays. (f 1B97) Deutscher
Nekrolog II, 338—55.
259. Brink. Weech, Fr. v. Karl ten Brink, Grossindustrieller.
(t 1897). Deutscher Nekrolog II, 181.
260. Büjiger. Frühe. Dr. Georg Bünger, Professor a. Gymn.
zu B.-Baden. Südw. Schulbll. XV, 294 — 97. Nekrol.
260a. Zjwr, Herrn, ^ Baudirektor in Karlsruhe. Karlsr. Zg. Nr. 136.
261. Greuie, Jos. Keim. Joseph Greule (Prof. i. Karlsruhe).
Südw. Schulbll. XV, 41. Nekr.
261a. Heer, Adolf, Professor u. Bildhauer in Karlsruhe. Karlsr.
Zg. Nr. 88/89. — Bad. Ld.-Zg. Nr. 75, I. — Bad. Presse
Nr. 77.
262. Hergt, Karl, Geh.rat., weil. Direktor zu Illenau (f 1889)
Acher- u. Bühler Bote Nr. 39 — 47.
263. Holsien, Hausrath, A. Karl Holsten. (f 1897). Deutscher
Nekrolog II, 4 — 10.
264. — Mehlhorn, P. Zum Gedächtnis Karl Holstens (f 1897).
»Der Protestant« I, 215—18; 231—33; 248 — 51. (Vgl.
1897 Nr. 277).
205. Jolly^ Julius, Chefredakteur d. Münch. Allg. Zg. Nachruf.
Allg. Zg. ^ Nr. 41. (Vgl. Karlsr. Zg. Nr. 54); Hamb.
Nachr. Nr. 51.
itt^, Krafft'Grciher, Ernst Friedrich, Geh. Kommerzienrath u.
Fabrikant in St. Blasien. Karlsr. Zg. Nr. 191.
2 66. Komp, Georg Ignaz, Erzbisch, v. Freiburg. Deutscher Haus-
schatz S. 536. — Alte u. neue Welt S. 693. — Akad.
Bonifacius-Correspondenz Nr. 30, (A. Hild). — Nekr.
267. — Zum Andenken an G. Ignaz Komp, Erzbisch, v. Freiburg.
Karlsruhe, Badcnia. 48 S. m. 111.
268. Längin^ George Pfarrer d. Weststadt in Karlsruhe, (f 1897).
Bad. Ld.-Zg. Nr. 214, 218; Breisg. Zg. Nr. 216, 217;
Ev.prot.Kbl. S. 164 — 65 (Kneucker); D.Kirche 20,302;
Prot. Flugbll. 32 Nr. 10 (W. Brückner); Prot. Mon. hefte.
NF, I, 419 — 20 (Websky); D. Protestant Nr. 42, 728—30
(ders.); Deutsches Prot.bl. 30, 314 — 16 (Brückner);
Hebels Rheinl Hausfreund 1899, 70 — 75 (H. Albrechl);
— s. auch Chronik d. Stadt Karlsruhe f. 1897 m. Bild. —
Nekrol. — Vgl. Pfillzcr Presse" (1897), 121 — 24 (Biogr.
V. E. Conrad).
268*. Lindau, Jakob, Kaufmann in Heidelberg, ehemal Landtags-
abgeordnoter. Sterne u. Blumen (Beil. z. Bad. Beobachter)
Nr. 38.
:6o. :■. Regenatur, Weerh, Fr. v. Eugen v. Regenauer, (f 1S97).
Deutscher Nekrolog II, 181 — S3.
J70. Rhoile, E. Scholl, Fr. Erwin Kolide. [Prof, d. Pliilolo.i^ie
in Heidelberg]. Gedächtnisrede. Allg. Zg. ^^ Nr. 24.
^20 Winkelmann.
270». Schmidcry Konrad, Historienmaler in Karlsruhe. FreibKKbl.
Nr. 30.
271. Turban, Staatsminister Dr. Ludwig Turban. Karlsr. Zg.
Beil. zu Nr. 352. [v. Weech].
272. Vischer, Aug. Hofma er Prof. Vischer. Nekr. Bad. Ld.-Zg.
Nr. 14. I.
273. Wallt, Anlon, Geh. Rat in Karlsruhe. Karlsr. Zg. Nr. 13.
274. Wiener, Chr, Wiener, Herm. Christian Wiener, (t 1896).
AIlgDBiogr. 42, 399—400. (Vgl. 1896, 352; 353; 1897
Nr. 286»J.
XI. Bibliotheken. Archive. Sammlungen. Unterrichts wesen.
275. Grossh. Hof- u. Landesbibliothek in Karlsruhe. XXV.
Zugangsverzeichnis (1897). S. 2263 — 2318. Heidelberg,
Th. Groos.
276. [Breunig, H.] Katalog d. Lehrerbibliothek d. Grossh.
Gymn. zu Rastatt. Rastatt, Druck b. Greiser. II, 372 S.
(m. Vorw.),
277. Kunzer, O. Katalog der Leopold-Sophienbibliothek d.
ehem. freien Reichsstadt Überlingen. Überlingen, A. Feyel.
XXXII, 536 S. Bespr.: Diese Zs. NF. XllI, 515
(K. 0[bser]); CblBibl.wes. XV, 375—76 (Asmus); KB WZ.
XVII, 132 — 33 (dcrs.); Alemannia XXVI, 95 — 96 (ders.).
278. D. Leopold-Sophienbibliothek in Überlingen [nach O.
Kunzers Katalog], Strassb. Post Nr. 529.
279. Badische Bibliothek. System. Zusammenstellung selb-
ständiger Druckschriften über die Markgrafschaften, d. Kur-
fürstentum u. Grossh.' Baden. Bd. I. Staats- u. Rechts-
kunde [nebst Kinleitung]. Karlsruhe, A. Bielefeld. 1S97.
XII, 211 S.
280. Proctor, R. An index to the early printed books in the
British Museum. London. Teil I u. II (Germany and
Italy) [betr. u. a. Incunabeldrucke aus Heidelberg u.
Freiburg]. Bespr.: Diese Zs. NF. XIII, 536 — 37 ( — h);
CBl.Bibl.wesen XV, 367 — 77 (Asmusj.
281. Biber feld, Ed. D. hebräischen Druckereien zu Karls-
ruhe u. ihre Drucke. Karlsruhe, A. Bielefeld. 40 S.
Bespr.: Diesä Zs. NF. XIV (1899), ^^7 (^- 0[bser]).
282. Karl Kmich, Graf zu Leiningen- We sterburg. Pfölzer
Bibliothekzeichen. Pfalz. Mus. XV, 145 — 54 m. 9 Abb.
283. Krebs, Rieh. Archivgeschichte d. Hauses Leiningen.
Mitt. d. bist. Ver. d. Pfalz. Bd. XXII, 1—46.
Badische Geschichtslitteratur des Jahres 1898. i2I
284. 5/. Blasten, Birkenmeyer, Ad. Archivalien aus Orten
d. A.-B. St. Blasien. Diese Zs. Mitt. 20, 88 — 102.
285. Bruchsal. Eh rensb erger. ArchivaHen aus Orten d. A.-B.
Bruchsal. Diese Zs. Mitt. 20, 103 — 20.
286. Eberbach. Weiss, G. J. Archivalien aus Orten d. A.-B.
Eberbach. Diese Zs. Mitt. 20, 151 — 54.
287. — Schuck. Archivalien aus dems. A.-B. Diese Zs. Mitt.
20, 154.
288. Engen. Dreher, Augustin. Archivalien aus Orten d.
A.-B. Engen. Diese Zs. Mitt. 20, 155.
289. Messkirch, Schappacher, Leop. Archivalien aus Orten
d. -\.-B. Messkirch. Diese Zs. Mitt. 20, 156 — 58.
2C)0, Mosbach. Weiss, G. J. Archivalien aus Orten d. A.-B.
Mosbach. Diese Zs. Mitt. 20, 158.
291. Pfulkndorf, Martin. Archivalien ans Orten d. A.-B.
Pfullendorf. Diese Zs. Mitt. 20, 159 — 60.
292. V. Zobel. Ehrensberger, Freiherriich von Zobel'sches
Archiv zu Messelhausen (B.-A. Tauberbischofsheim). Diese
Zs. Mitt. 20, 121 — 50.
2,qx. Lachmann, Th. D. städtische Kulturhistor. u. Naturalien-
Kabinett in Überlingen nach 25jähr. Bestand. Über-
lingen, Druck bei Ullersberger. 189D. [11 S.]
293^. Badische Museographie t. d. Z. 1897. ^^'^' X^'^^»
350-58.
294. Cron, L. D. Zugang d. Badener zu d. bad. Universitäten
u. 2. techn. Hochschule Karlsruhe i. d. J. 1869 — 1893
aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet. Heidel-
berger Diss.
295. Loserth, J. D. Beziehungen d. steicrmärkischen Land-
schaft zu d. Univ. Wittenberg, Rostock, Heidelberg u. a.
[Festschr.]. Graz, Leuschner u. Lubensky.
295a. Mayer. Herrn. Aus d. akad. Leben d. 15. u. 16. Jahr-
hundert. Schau-ins-Land XXV, 55-67.
200. Nägele, A. Ulmer auf d. Universitäten Erfurt u Krriburg
(s. S. 359—60). Württ. Vierteljh.hcfte VII, 357—00.
207. Obser, K. Zur Reform d. Heidelberger Universitätsstatuten
unter Karl Ludwig. Diese Zs. NP\ XIII. 357 — 50. S.
auch Nr. 218.
298. Joos, Aug. D. Mittelschulen i. Grossli. l>adcn. Entwick-
lungsgang etc. aus amtl. Quellen dargesiL-llt. 2 neu bearb.
Ausg. Karlsruhe, J. Lang. XI, 535 S.
^22 Winkelffiann.
299. Von d. Jubelfeier d. Heidelberger Gymixasiums am 24. n.
25. Okt. 1896. Heidelberg, J. Groos. 1897. 47 S.
300. D. Lender'sche Lehranstalt in Sasbach v. 1873 — 98.
Jub.schrift. Achern, Druck b. Schindler. 10 S.
301. Seidner, D. Höhere Bürgerschule zu Eberbach a. N. v.
1832 — 98, aus d. Akten zus gestellt. Progr. d. Real-
schule Eberbach f. d. J. 1897 — 9^- Bespr,: Südw.
Schulbli. XV, 244 — 45 (Holtzmann).
302. Geschichte d, Entwicklung d. Volksschulwesens i. Grossh.
Baden, bearb. unter Leitung v. H. Heyd. Lief. 12,
S. 1057 — 1 152 (s. 1896, Nr. 361; 1897 Nr. 301).
XII. Recensionen früher erschienener Schriften.
303. Albert, P. Gesch. d. St. Radoifzell (1897 Nr. 124). Bespr:
LCB. 1898, 453; HJb. XIX, 437—38 (K. B[eyerie);
Histor. Vj.schrift I, 262—64 (Baumann); Freib. Diöc-
Arch. XXVI, 340—42 (L. Korth); HZ. (82) 46, 335—37
(Th. Ludwig); Freie Stimme Nr. 3, 6 u. 10; Rev. histor.
XXIII, 368—70 (H. Pirenne).
304. Baldamus, A. u. Kienitz, O. Schulwandkarte z. Gesch.
d. Grossh. Baden. (1896 Nr. 42). Bespr.: Diese Zs.
NF. XIII, 378—80 ([Kriege]-r).
305. Bally, O. Münzen (1897 Nr. 236). Bespr.: Freib. Diöc-
Arch. XXVI, 333—38 (P. Albert).
306. Bauer, H. Kl. Lichtenthai (1896 Nr. 166). Bespr.:
Freib. Diöc.-Arch. XXVI, 338—40.
307. Batimann-Tumbült. Fürstenb. Urkb. (1896 Nr. 258;
1897 Nr. 303). Bespr.: DLZ. XIX, 1759—60 (A.Krieger);
MJÖG. XIX, 380—81 (H. Kretschmayr).
308. Baumgarten, H. u. Jolly, L. Staatsminister Jolly (1897
Nr. 70). Bespr.: Diese Zs. NF. XIII, 527 — 29 (Du
Moulin-Eckart) ; DLZ. XIX, 20-25 (K. Obser); Rev.
histor. XXIII, 337.
309. Berberich, J. Gesch. d. St. Tauberbischofsheim ((896
Nr. 140). Bespr.: LRsKathDeutschland 24, 314 — 17
P. Albert).
310. Beyerle, K. Zur Konstanzer Verf.gesch. (1897 Nr. 187).
Bespr.: HJb. XIX, 453 (A— t).
311. Brunner, K. Pfalz. Wildfangstreit (1896 Nr. 47). Bespr.:
Forsch, z. bair. Gesch. VI, kleine Mitt. S. 6 — 7 (E. Ul-
mann); Z. Kult.gesch. VI, 138 — 39 (G. Liebe).
312. Detzel. Glasgemäldesammlung (1897 Nr. 195). Bespr.:
HJb, XIX, 619 — 20.
Badische GeschichtsUtteratur des Jahres 1898. ^25
Dieterich. Reichenauer Geschichtsquellen (1897 ^r* HQ)*
Bespr.: HJb. XIX, 631—32 (K. B[eyerle]); MHL. XXVI,
280—86 (Volkmar).
Geyer, M. Studienreise d. Chr. F. Rinck (1897 Nr. 50).
Bespr.: DLZ. XX, 191 6— 18 (F. Muncker).
Glock, J. Ph, Zuzenhausen (1896 Nr. 143; 1897 Nr. 31 2),
Bespr.: Alemannia XXV, 275 — 77 (Fr. Pfaff).
Freiburger Diöcesan-Archiv. Bd. XXy (1896 Nr. 3).
Bespr.: FreibKKb. 41 (1897), 209 — 15 (J. S.).
Hirsch, Fr. Hans Morinck (1897 Nr. 198). Bespr.:
HJb. XIX, 477 (K. Beyerle).
Ingold, A. Nouvelles oeuvres in^dites de Grandidier
(1897 Nr. 242). Bespr.: Diese Zs. NF, XIII, 188—90
(H. Bloch).
Issel, £. Konstanzer Reformation (1897 Nr. 181). Bespr.:
LCB. 1898, 417 (F. H.); HJb. XIX. 410— 1 1 (K. B[eyerle]);
diese Zs. NF. XIII, 371 (W. Martens).
Kayser, C. Emil Frommel (1897 Nr. 275). Bespr.: Allg.
Zg. B Nr. 138.
. Keller, Jos. Balthasar Neumann (1896 Nr. 206). Bespr.:
KBSW. XVII, 211—12.
. Kemmel, A. Ludw. Eichrodt (1895 Nr. 306). Bespr.:
Alemannia XXV, 277 (A. Holder).
. Kühner, K, Ignaz Heinr. v. Wessenberg (1897 Nr. 178).
Bespr.: Evang.-prot. Kirchenbl. VI, 39 (Tw).
Mayer, H. Freiburger Matrikel (1897 Nr. 299). Bespr.:
LRsKathDeutschland 24, 90; HZ. NF. 45, 186.
Meyer, G. D. Reichsgründung u. d. Grossh. Baden (1896
Nr. 85). Bespr.: HZ. (80) 44, 496 (G. Kaufmann).
V. Neuen stein, Frh. Karl von. D. Grafen von Eber-
stein in Schwaben (1897 Nr. 230a). Bespr.: Diese
Zs. NF. XIII, 514 (K. Br[unner]); Deutscher Herold
XXX , 47.
^^eues Archiv f. d. Gesch. d. St. Heidelberg. Bd. III,
2 (1896 Nr. 9). Bespr.: HZ (81) 45, 186—87 (Winkel-
mannj.
V". Oechelhäuser. Kunstdenkmäler d. A.-B. Wertheim
(1806 Nr. 222; 1897 ^^' 3 25)* Bespr.: LRsKathDeutsch-
land 24, 151 (Künstle); Freib. Diöc.-Arch. XXVI, 331
-33 (P. Albert).
^ faff, K. Heidelberg u. Umgebung (1897 ^^' '04).
Bespr.: Allg. Zg. ^ Nr. 85; Pfalz. Mus. XV, 95 (Grünen,
waldj; KBWZ. XVII, 171—72 (K. Widmer); Ml)))-
Schwarzw.ver. I, 127 — 28 (L. N[eumann])
324
Winkelmann.
330. Scherer, J. P. Gesch. d. Heilig-Geistspitals d. ehem.
Reichsstadt Überlingen. 178 S. OB97, Nr. 139). Bespr.:
Diese Zs. NF. XIII, 535—36 (Roder).
331. Walter, Fr. Mannh. Siegelsammlung (1897, Nr. 234 — 35).
Bespr.: Pfalz. Mus. XV, 60 — 62 (Karl Emich, Gr. zu
Leiningen-Westerburg) ; LCBl, 1898, 1589; KBGesch.«
Ver. 46, 56 (E. F.); KBWZ. XVII, 14 (K-n); Hist.
Vj.schrift I, 287 (G. S[eeliger]).
332. Weiss, C. Th. Gesch. d. Juden i. Bist. Strassburg (1896
Nr. 197). Bespr,: Moyen-Age (1898, 83 — 84 (Karppe).
333. Wille, J. Bruchsal (1897 Nr. 92). Bespr.: HZ. (81) 45,
187 (Th. Ludwig).
334. Zeitschrift f. Gesch. d. Oberrheins. NF. X (1895).
Bespr.: MHL. XXVI, 227 — 30 (Martens).
335. Dieselbe. NF. XI (1896). Bespr.: MHL. XXVII (1899),
121 — 27 (Martens).
Mi s Celle.
Eine Denkschrift Boyneburgs über die Errichtung eines
polycechnischen Instituts zu Mainz v. J. 1669. Unter den
im Schönbornischen Schlosse zu Wiesentheid aufbewahrten Akten
des Mainzer Staatsmanns Boyneburg befindet sich auch eine
Denkschrift über die Gründung eines polytechnischen Instituts.
Die optimistischen Vorstellungen, auf denen das Projekt beruht,
sind so eigentümlicher Natur, dass man über die Urheberschaft
Koyneburgs keinen Zweifel hegen kann, wenn auch die Schrift-
züge auf .eine andere Hand als die seihige hinweisen. Das
Projekt stammt allem Anschein nach aus einer Zeit, in der bereits
Leibniz zu Mainz anwesend war, und Boyneburg und Leibniz
dergleichen Pläne miteinander berieten.
Der Verfasser führt aus, er habe schon zuvor bei Mazarin
und bei dem König von England Anregung zur Stiftung einei
polytechnischen Schule gegeben, um aber das Unternehmen
erfolgreich zu gestalten, müsste es unter den glückverheissenden
Auspizien des Mainzer Kurfürsten Joh. Philipp von Schönborn,
begonnen werden. Die Stiftung sollte nur zur Pflege der prak-
tischen Wissenschaften dienen. Zum Sitz der Stiftung wäre eine
Stadt am Rhein oder am Main auszuwählen. Diese müsste mit
zahlreichen Privilegien ausgestattet werden und die europäischen
Staaten hätten ihr :»ewige Neutralität« zu garantieren. Bei rich-
tiger Inscenierung des Werks könnte es nicht fehlen, dass Alt
und Jung unter den Gelehrten sich aufmachten, um zu diesem
Hort der W*issenschaft wie zu einem delphischen Tempel zu
pilgern.
Der Wortlaut des Projekts ist folgender:
Cum Serenissima Sua Celsitudo Electoralis Moguntinensis
dignitate reliquos omnes Impcrii Germanici Klectores ac Principes
antecellat, ut et monumento ac fundatione extraordinaria nominis
eiusdem aeternitas reliquos omnes supcret, par est. £t cum alii
Principes tantum Academias et structuras ordinarias fundent,
nemo adhuc Universitatem praecipuarum mundi scicntiarum et
artium condidit in Gennania; cuius condendac cum Cardinali
Mazarino in Gallia, et Regi Magnae Britanniae in Anglia prinius
indicium fecerim, non sine foelici successu, longe foelicioreni et
maiorem huius Universitatis fundationem stabiliri possc in Ger-
326 Miscellc.
mania auguror, si eadem dictam Suam Ser"**", Cels". Patronum,
Fundatorem et Protectorem inveniret; focusque commodus privi*
legiis Omnibus instructus ad Rhenum vel Moenum concederetur,
cum perpetua neutralitate; ubi snb certis legibus virl maioris
dignitatis et extraordinariarum scientiarum et artium simul degere
possent, et iucundissima ac studiosissima conversatione et praxi,
mathematica, physica, chymica et oeconomica studia, omnisqne
geiieris artificia, ad maiorem quam unquam fuit perfectionem
perducere; ac sapientissimos mundi viros suis laboribus et expe-
rientiis practicis instruere. Media huic fundationi servientia
haec forent.
i^. Si Sua dicta Ser"^. Celsitudo cum aliis Germaniae
Electoribus et Principibus territorium aliquod huic fundationi
aptum coemere vellet hancque fundationem S**. Cesareae
Maiestati nee non praecipuis Europae Regibus, Principibus et Viris
recommendare, ita non dubium esset, quin partim sapientiae et
artium amore, partim aemulatione ducti, omnes vestigia S^'. Cel-
situdinis Ser""^*^. sequantur et intra paucos annos quasi ad
Delphicum tcmplum in hunc locum omnium nationum studia,
beneiicia et donationes velut in Centrum Universale confluerent.
2^. Si praecipui in scientiis viri honorificis stipendiis hie
alerentur, reliqui propriis sumptibus viverent, sine tribulis, sub
propriis directoribus ac cum übertäte et exercitio religionis,
publico pro Catholicis et Evangelicis, private pro reliquis.
3**. Ut neutralitas perpetua huic ioco et omnibus in eo
degentibus impetretur, primo ab Imperatore et Imperii Principibus,
deinde a Regibus et Rebus Publicis vicinis, ut Gallo, Hispano,
Sueco, Dano, Belgio etc.
4°. Ut iidera Protectores sint huius fundationis, Directores
vero sint tres in Ioco residentes, trium in Imperio concessarum
Religionum, quos Elector Moguntinus et duo alii vel plures
Principes, qui benefaclores erunt huius fundationis praecipui, ex
arbitrio nominabunt; ac leges et statuta condent, mutuo consensu
et approbatione.
5°. Ut liberum sit cuivis alibi quamvis degens pecunias vel
bona immobilia huic fundationi donare et quod eadem gaude-
bunt iisdem privilegiis ac neutralitate perpetua, qua fundationis
ipse locus instructus est.
6°. Sio quae fructuosae scientiae et artes hie inveniri queant,
ut privilegia iisdem excrcendis concedantur, in usum et augmen-
tum huius fundationis, tarn in Imperio Germanico, quam vicinis
regnis et provinciis.
Karlsruhe, K, Wi/d.
Zeitschriftenschau und Litteratumotizen.
Mittheilungen zur Geschichte des Heidelberger Schlosses.
Herausgegeben vom Heidelberger Schlossverein. Bd. IV.
Heft I. Mit IG Tafeln. A. Starck: Graf Charles dcGraim-
berg, sein Leben und Wirken in Heidelberg. S. i — 32.
Behandelt die Verdienste, die sich G. durch seine Bemühungen
um die Erhaltung der Ruine, durch künstlerische Reproduktionen,
sowie durch Begründung seiner auf Heidelberg und die Pfalz
bezüglichen Altertumssammlung erworben. — A. Starck: Die
Restauration des Heidelberger Schlosses unter dem
badischen Fürstengeschlechte. S. 33 — 6c). Schilderung der
auf die Erhaltung und Restaurierung des Schlosses und Pflege
seiner landschaftlichen Umgebung abzielenden Bestrebungen, vor
allem unter der Regierung Grossherzog Friedrichs. — J. Durm:
Die Gründungshypothesen des Heidelberger Schlosses.
S. 70 — 83. Stellt nach einem RückbUck auf die bisherigen viel-
fach auseinandergehenden Anschauungen über diese Frage auf
Grund des romanischen Fensterfundes unter dem gläsernen Saal-
bau fest, dass dieser Teil des Schlosses der zweiten Hälfte des
12. oder dem Beginne des 13. Jahrhunderts angehört und dass
also zur Zeit des Pfalzgrafen Kourad von Hohenstaufcn an dieser
Stelle in der That schon eine Burg gestanden. Beschreibung
der Fenster und Säulenkapitäle. — ]. Durm: Der Ant heil des
Bildhauers Seb. Götz aus Chur an der Hoffavade des
Friedrichsbaues. S. 84 — 87. Von Götz stammen alle aus
dem graugelben Keupersandsteine gefertigten Teile, von denen
einzelne die Spuren ursprünglicher Vergoldung tragen. Dass
auch die Fa^adenfläche eines ausgleichenden Anstrichs nicht
entbehrt hat, erscheint bei der Buntscheckigkeit des roten Sand-
steins nicht ausgeschlossen.
Alemannia. XXVI. Jahrgang, 3. Heft. Th. Walther:
Zur Geschichte der Hattstatter Erbfolge in den Stamm-
'anden. S. 229 — 248. Behandelt den Streit, der sich nach
dem Tode des letzten Hattstatters i. J. 1585 zwischen der Ensis-
hcimer Regierung und dem Ih'schofe von Strassbuig um die
Besitzungen des Geschlechts erhob und damit endete, das^
Österreich die schwarzenburgischen Lehen behielt und mit
328 Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen.
denselben i. J. 1613 die Schauenburger belehnte, denen auch
die bischöflichen Lehen übertragen worden. — K. Heilig:
Mittel aus dem 16. Jahrhundert gegen Kröten, Schlangen,
Würmer, Nattern u. s. w. im Leibe. S. 264—267. Mitgeteilt
aus dem Cod. Pal. 264. — P. Beck: Lied eines kaiserl.
Wurmserischen Husaren beim Marsch nach den Nieder-
landen i. J. 1785. S. 268 — 269. Nach einem Flugblatt von
unbekanntem Verfasser. — P. Beck: Der Orden der ver-
rückten Hofräte. Ein Goethe-Curiosum. S. 270 — 273.
Mitteilungen über eine zu Anfang dieses Jahrhunderts zu Frank-
furt gegründete Gesellschaft und deren scherzhafte Ordensver-
leihungen u. a. auch an Goethe. — W. Unseld: Schwäbische
Findlinge. S, 273 — 275. Zusammenstellung von schwäbischen
Sprüchen, Grabinschriften, Redensarten und Gebräuchen, zumeist
aus der Gegend von Ulm. — F. von Weech: Deutsche
Verse . . . aus dem 17. Jahrhundert. S. 276 — 278. Aus
einer Handschrift des Klosters St. Paul in Kärnthen.
Schau-in's-Land. 25. Jahrlauf. 1898. £. Wagner: Römi-
scher Bronzefund im Altersbachthälchen bei Waldkirch,
S. I — 4. Beschreibung eines römischen Bronzefundes aus dem
ersten, spätestens Anfang des zweiten Jahrhunderts, dessen
Deutung durch einen Bronzefund bei Rhcinzabern gesichert ist.
— C. H. Baer: Die Kirche zu Birndorf. S. 5 — 15. Be-
schreibung der dreischiffigen Kirche, die nach Kapitälform und
Schildverzierung zweifellos der Hirsauer Bauschule angehört und
aus dem Ende des 11. Jahrhunderts stammt. — F. Baum-
garten: Die sieben freien Künste in der Vorhalle des
Freiburger Münsters. S. 16 — 49. Behandelt, ausgehend von
der Stellung der sieben freien Künste im Geistesleben des Mittel-
alters, die bis auf Karl d. Gr. zurückreichenden bildlichen Dar-
stellungen derselben in Deutschland, Italien und Frankreich und
bespricht und erklärt, daran anknüpfend, die Freiburger Statuen.
— H, Maurer: Rathsbesetzung zu Freiburg i. Br. im
15. Jahrhundert, S. 50 — 54. Übersicht über die verschiedenen
Entwicklungsstufen der Ratsverfassung und Mitteilung der im
wesentlichen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts fortbestehenden
Ordnung d. J. 1540. — H. Mayer: Aus dem akademischen
Leben des 15. und 16. Jahrhunderts, S. 55 — 67. Finan-
zielle Bedeutung der Promotionen für die Studenten und die
Universitäten, für welch' letztere sie eine wichtige Einnahme-
quelle bilden. Zusammenstellung der üblichen Taxen und der
durch die Promotionsschmausereien verursachten erheblichen
Ehrenausgaben. — P. Albert: Die Einhornjagd in der
Litteratur- und Kunst des ^littelalters, vornehmlich am
Oberrhein. S. 68 — 91. Überlieferung der Sage, Verwertung
derselben in der Litteratur und Entwicklung ihrer Darstellung in
der Kunst, wo sie am Oberrhein zu Konstanz, Meersburg, Colmar,
Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen.
329
Strassbnrg und in ganz eigenartiger Auffassung an dem von
Dr. Joh. Schiller 1539 erbauten Hause »zum Rechen« in Frei-
burg begegnet. — 0. Langer: Der Magistrat zu Breisach
in den vergangenen Jahrhunderten. S. 92 — 100. Übersicht
über die Entwicklungsformen der Ratsverfassung, mit Benützung
der Chronik des Protas Gsell. — F. Wibel: Eine hochver-
rätherische Medaille Freiburgs aus d. J. 1814. S. loi — 103.
Geprägt anlässlich der auf Wiedervereinigung mit Österreich
.gerichteten Bestrebungen der Stadtvertretung. — Vereins-
!)ericht.
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Ge-
schichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem
Breisgau und den angrenzenden Landschaften. IM. XIV.
1 8g8 Fr. von der Wengen: Die Belagerung von Frei-
burg i. Br. 1713. Tagebuch des österreichischen Kom-
mandanten, F. M. Lts. Frh. von Harrsch. Mit 2 Tafeln.
.S. I — 434. Veröffentlichung des in kurzem Auszuge schon 1812
in der »Österreichischen milit. Zeitschrift« mitgeteilten umfang-
reichen Tagebuchs nach dem Originale im Wiener Kriegsarchiv,
mit kritischem Kommentar. Die Einleitung behandelt die strate-
irische Bedeutung der Festung und die fortifikatorischen Anlagen
Vaubans und schildert die Ereignisse auf dem oberrheinischen
Kriegsschauplatze bis zum Beginn der Belagerung, unter Hervor-
hebung der militärischen und politischen Vorteile, welche die
zähe Verteidigung der Stadt im Gefolge hatte. In den Nach-
tragen werden Varianten aus einer erst während des Druckes
entdeckten Überlinger Handschrift des Tagebuchs mitgeteilt: ein
Anhang giebt nach einem französischen Plane ein Bild der Auf-
stellung der Belagerungsarmee.
Revue catholique d*Alsace: Nouvelle stric Band 17.
Jahr 1898. Dezember-Heft. Band 18. Jahr 1899. Januar-Februar-
Heft. Louvot: Perreciot, S. 883 — S92, 10—23, 81—88,
Abschluss des Briefwechsels des Bürgermeisters von Baume,
Perreciot, mit Grandidier, fast durchweg Schreiben des erstem
aus dem Jahre 1786 enthaltend über Fragen der antiken und
frühmittelalterlichen Geographie. -- Schickelc: Le tloyenno
du Sundgau, S. 893 — 903, 24 — 34, 89 - 104, Ende der kirchcn-
?eschichtlichen Notizen über die Gemeinden jenes alten Rural-
kapitels der Basler Diöceso, die ( )rtschaften Riespach, Nieder-
und Ober-Spechbach, Enschingen, Brünighofcn, Steinsulz mit dem
A'eiler Gersbach, Tagolsheim, Tagsdorf, Hciweilor, Schweben,
Thann, Alt-Thann, Waldighofen, Walheim, Weilt-ir. Witteisheim,
Wittersdorf und Eralingen betreffend. — Beuchot: Les pr^tr«'s
sexagcnaires et infirmes du Haut-Rhin pemlant la fl-vo-
lution, S. 904 — 913, 51 — 63, Mitteilungen nach den Akten des
ZcitKhr. f. Gesch. d. Oberrh. N. F. XIV j. 2 2
ß^O 2^tschrHten8cb«u und Litteratumotisen.
Colmarer Bezirksarchivs über die Leiden der von 179^ — 1800 zu
Ensisheim eingesperrten und zum Teil nach Chaumont und
Auxerre deportierten alten und siechen katholischen Priester aus
dem Ober-£lsass. — Gloeckler: A propos de la campagne
de C6sar contre Arioviste, S. 924 — 932 sucht die Winkler'sche
Hypothese von der Lage des Schlachtfeldes bei Stotzheim zu
stützen und noch weiter auszuführen. — Gasser: Sur les
pretendues falsifications de Grandidier, S. i —9, bespricht
in nicht mehr völlig ablehnender Form die Entgegnung Blochs
und die Untersuchung von Dopsch über die Ebersheimer Urkunden-
fälschungen, ersterm setzt er als einzigen Beweis den moralischen
Charakter Grandidiers entgegen, des letztern Resultate acceptiert er
ihrem sachlichen Inhalt nach, während er den Ursprung aller
Fälschungen in eine frühere Zeit und das Kloster selbst verlegen
will. — Ehrhard: Le sculpteur Ohmacht, S. 64 -70, kurzer
Lebensabriss und Verzeichnis der Werke des bekannten Strass-
burger Bildhauers.
Revue d'Alsace: Nouvelle serie. Band 13. Jahr 1899.
Januar-Februar- März-Heft. Liblin: Coup d'oeil analytique
et rudimentaire sur Beifort de 1779 et sa transformation,
S, 5 — 36, Mitteilung einer Bei forter Volkszählung aus dem Jahre
1779 und einer Belforter Beamtenliste von 1783 mit historisch-
politischem Commentar. — Reuss: Correspondance intime
entre Ulrich Obrecht et Jean Baptiste Klinglin, S 37 — 58,
Briefe Obrechts von Paris an Klinglin vorwiegend aus dem
Jahre 1698 mit merkwürdigen Streiflichtern auf die französische
Staatsverwaltung und das Strassburger Stadtregiment jener Zeit —
Gasser: Histoire de la ville et du bailliage de Soultz,
S. 59 — 94, Fortführung einer schon seit 1893 laufenden Darstellung,
diesmal die Stadt- und Flurpolizei, die städtischen Gebäude, die
Schulen, den Wasser- und Wegebau, das Stadteigentum, die
Wald-Rechte und Ordnungen umfassend. — Schoell: A propos
des archives departementales en Alsace, S. 95 — 103
eingehende Inhaltsangabe der Wiegand'schen Schrift: Bezirks-
und Gemeinde- Archive im P-lsass. — Blech: Histoire des
mines de St. Marie cotc Alsace, S. 104— 105, kurze Anzeige
eines Buchs von Muhlenbeck mit gleichem Titel. — Nerlinger:
La vie a Strasbourg au commencement du 17« si^cle,
S. 115 — 138, Weiterführung des Neuabdrucks von D. Martins
»New Parlament«, Kap. 83 — 95. — In der Bibliographie
Anzeigen von der Reuss'schen Ausgabe der Walter'schen Chronik
u. A. durch F. Kurtz.
Annales de TEst : Band 13. Jahr 1899. Heft I. Hoffmann:
Les corporations en Alsace h. la veille de la Revolution,
S. 87 — 108, Ausschnitt aus einem grössern demnächst erscheinen-
Zeitschriftenschau und Litteratumotuen. 33 ,
den Werke: La Haute Alsace k la veille de la Revolution, be-
handelt die Zonftverfassung und Handwerks-Organisation in
Ober-£lsass vorzugsweise vom Standpunkte der französischen
Rechtssprechung jener Zeit. — In der Bibliographie ein-
gehende Inhaltsangabe der Jahrgänge 1897 und 1898 der Revue
d'Alsace und des Band XIX der Mitteilungen der Gesellschaft
für Erhaltung der geschichtlichen Denkmäler im Elsass durch
Schoell und Anzeigen von den Beiträgen zur Anthropologie Elsass-
Lothringens Heft I u. II durch Bleicher, Ingolds Nouvelles Oeuvres
inedites de Grandidier tome II und Reuss' L' Alsace au dix-
septieme siecle I durch Pfister.
Von einer neuen Vierteljahrsschrift, der »Illustrierten
KIsässischen Rundschau«, herausgegeben von Karl Spindler,
Strassburg, Schlesicr und Schweikhardt, 1898, liegen zwei
Lieferungen vor, die sich durch vornehme Ausstattung, künst-
lerischen Bilderschmuck (C. Spindler und Josef Sattler) und
fast durchweg gute litterarische Beiträge auszeichnen. Die Zeit-
schrift soll hauptsächlich der Schilderung elsässischen Kultur-
lebens in Gegenwart und Vergangenheit gewidmet sein. In der
zweiten Lieferung beginnt ein sehr beachtenswerter Aufsatz von
Robert Forrer über die Heidenmauer auf dem Odilienberge.
Auf Grund eingehender Untersuchungen glaubt der Verfasser zu
neuen Resultaten über Technik und Baugeschichte der Mauer,
Ober die älteste Besiedlung des Berges u. s. w. gekommen
zu sein. A Ozurmartn.
Seit Beginn dieses Jahrs erscheint bei Lc Roux in Strass-
burg das :i»Strassburger Diöcesanblattr, kirchliche Rundschau
herausgegeben von Domcapitular Jod er. Es ist das erweiterte
ehemalige, ^Ecclesiasticum Argentinense« dessen in Aussicht
gestellte und schon eingeleitete Mitwirkung bei der Lösung von
Fragen der Elsässischen Geschichte wir nur warm begrüssen
können. Die Zeitschrift, von der bisher drei Monatshefte aus-
gegeben sind, bringt zunächst die Mitteilungen des Strassburger
Ordinariates, sodann die Erlasse und Entscheidungen des
romischen Stuhles im Urtexte, den Hauptanteil aber sollen Ab-
handlungen aus dem Gebiete der Apologetik, des Kirchenrechtes,
der allgemeinen und vaterländisclien Geschichte sowie der Sozio-
lü;;ie bilden. Als für uns bemerkenswert notieren wir aus Meft i
eine kurze Abhandlung von Gass über Döllinger, Liebermann
und den Mainzer Theologenkreis und die Stellung des letztern
zu den Dogmen von der päpstlichen Unfehlbarkeit und der
unbefleckten Empfängnis, aus Heft 2 das V'erzeichnis der
klassierten geschichtlichen Denkmäler im Elsass und die Rcccn-
sioKcn von Gass über Ludwig, Deutsche Reichsstände im EUass
und Kncpper, Nationaler Gedanke und Kaiseridee bei den
elsässischen Humanisten, aus Heft 3 den Beginn eines Aufsatz(*s
22*
332
Zeitschriftenschau und Litteratarnotben.
von Paulus, Ablasspredigten in Strassburg und Elsass beim Aus-
gang des Mittelalters und zwei Miscellen: Zur Geschichte der
Strassburger Weihbischöfe und Die Cisterzienserklöster im Elsass.
Unter dem Titel Dizionario di abbreviature latine ed
italiane hat Adriano Cappelli, Archivar am Staatsarchiv in
Mailand, als Bestandteil der umfangreichen Sammlung der Manuali
Hoepli ein sehr brauchbares Hilfsmittel für Alle, welche sich mit
palaeographischen Studien beschäftigen, veröffentlicht (Mailand*
Ulrico Hoepli 1899. LXII u. 433 S. 8^). Nach einer das
gesamte Kürzungswesen der lateinischen Schrift im Mittelalter
übersichtlich und systematisch behandelnden Einleitung und vier
als Schriftproben mitgeteilten Faksimiles mit gegenübergestelltem
Text folgen ein nicht weniger als 13000 Abkürzungen mit ihren
Auflösungen enthaltendes Lexikon in alphabetischer Ordnung
und mit Bestimmung der Zeit, welcher sie angehören, Verzeich-
nisse medizinischer Abkürzungen und römischer und arabischer
Zahlzeichen, eine Anzahl von Monogrammen und endlich Siglen
und Abkürzungen aus Inschriften. Bei der überaus grossen Zahl
der mitgeteilten Abkürzungen kann es doch kaum fehlen, dass
der Benutzer eine oder die andere, die ihm bei seinen Arbeiten
vorkommt, vermisst, und hinsichtlich der Zeitbestimmungen scheint
Cappelli nicht mit der Sorgfalt, Umsicht und Genauigkeit vor-
gegangen zu sein, die für eine solche Arbeit die erste Bedin-
gung wirklicher Zuverlässigkeit ist. Die Monogramme wären
besser weggeblieben. Bei diesen vermisst man sowohl systema-
tische Feststellung des Aufzunehmenden als auch kritische Prüfung
des Aufgenommenen auf seine Echtheit. Dennoch ist diese Ver-
öffentlichung sehr dankenswert und wird sich den Kreisen, für
die sie berechnet ist, bald unentbehrlich machen. Auch das
sehr handliche Format, die hübsche Ausstattung und der massige
Preis (Geb. L. 7,50) werden zu ihrer Verbreitung wesentlich bei-
tragen. Bei einer zweiten Auflage wird der Verfasser, dem hie-
für gewiss die Mitwirkung vieler Fachgenossen zur Seite stehen
wird, sicher sein verdienstliches Werk noch vervollkommnen.
Vielleicht giebt es auch Anregung zu einem Werk über deutsche
Abkürzungen, das den in Betracht kommenden Kreisen ohne
Zweifel willkommen wäre. v, Weech.
Familienbuch (Urkundenbuch) der Freiherrn v. Müllen-
heim-Rechberg. IL Teil. Erster Abschnitt. Bearbeitet von
Frhr. Hermann v. Müllenhcim-Rechberg. Strassburg 1898.
J. G. Ed. Ileitz. Das vornehm ausgestattete, mit Siegel- und
Wappentafeln und zahlreichen Abbildungen versehene Buch bringt
die Fortsetzung der in Regestentorm gegebenen Geschichte des
bekannten elsässischen Geschlechtes und behandelt Heinrich
Zeitschriftenschau und Litteraturaotizen.
333
V. M. den ZoHer und dessen Erben, sowie die Zweige der
V. M.-Girbaden und v. M.-Brantgasse. Das Hauptinteresse knüpft
sich an Heinrich v. M., den Zoller (f 1336), den eigentlichen
Begründer der Macht und vor allem des Reichtums der Familie,
den Stifter von St. Wilhelm und Allerheiligen zu Strassburg, den
Pfandherrn des Weilerthals, den Gläubiger von Königen und
Fürsten, unzweifelhaft eine über das Durchschnittsmass hinaus-
ragende Persönlichkeit Der Wert des Buches, dessen Benutzung
übrigens durch eine in der Anordnung des Gesamtstoffes hervor-
tretende Unübersichtlichkeit, sowie durch allzu zahlreiche Nach-
träge zunächst erschwert wird, liegt meines Erachtens haupt-
sächlich darin, dass es nach seiner Vollendung uns ermöglicht,
einmal die Geschicke eines in der Geschichte des Elsass und
der Stadt Strassburg hervorragenden Geschlechtes durch die
Jahrhunderte hindurch zu verfolgen. Aufstreben und Niedergang
der intellektuellen und wirtschaftlichen Kräfte zu beobachten,
Art, Erwerbung und Fluktuation des Besitzes festzustellen und
so ein Gesamtbild zu geben, das auf zahlreiche Seiten des
elsässischen Kulturlebens neue und anziehende Streiflichter zu
werfen geeignet sein wird. Zu dieser für den elsässischen Histo-
riker so reizvollen und dankbaren Aufgabe das mit Liebe und
historischem Verständnis gesammelte und gesichtete Material
gegeben zu haben, ist das Verdienst des Verfassers.
Mit dem Werke sind noch zwei Aufsätze verbunden: In
dem einen giebt Verfasser selbst einen kurzen Überblick über
die Entwicklung der Stadt Strassburg, namentlich in ihrer Ver-
fassung, bis zum Jahre 1482. Der andere ist eine durch Klar-
heit und Scharfsinn ausgezeichnete Untersuchung von E. v. Borries
über »das Geschelle der Müllenheim und Zorn zu Strassburg am
20. Mai 1332c. Dieser den Sturz des Patrizierregiments in
Strassburg herbeiführende Kampf ist zuletzt von A. Schulte in
dieser Zeitschrift (VIII, 494 — 516) behandelt worden. Ya ist
V. Borries gelungen, in wichtigen Punkten die Schulte*sche Dar-
stellung zu berichtigen, so z. B. in der Bestimmung der Loka-
lität, wo der Kampf ausbrach, die ganz unzweifelhaft der
Ecke Brant- und Münstergasse gelegene Klosterhof des Dom-
kapitels gewesen ist (vergl. als entscheidenden, dem Verfasser
freilich entgangenen Beweis dafür die Urkunde von 1390 Dez. 9,
S. 133, Reg. 1262), sodann aber auch in der sehr scharf-
sinnigen Annahme, dass die Erhebung Sigelins v. Müllenheim
zum Propste von St. Thomas den unmittelbaren Anlass zum
Ausbruch des Kampfes geboten hat A. (hcrmann.
Das im Juli-August-Heft des Jahrgangs 1897 von /Le
bibliographe moderne* mit Murbach bei^onnene Verzeichnis
der aus Elsässischen Klostcrbibliotheken stammenden und noch
heute erhaltenen Handschriften (vergl. diese Zeitschrift XIII, 514)
hat A. M. P. Ingold inzwischen im November-Dezember-IIeft
'334
-Zeitschriftenschau und LitteraturnoiiseD.
von 1897, im MärE-April-Heft und im Juli-August-Heft von 1898
fortgesetzt und auf die übrigen Elsässischen klösterlichen Nieder-
lassungen der Augustiner, der Dominikaner und Franziskaner,
auf Münster, Lützel, Pairis u. s. w. ausgedehnt.
Eine jede Bibliotheksverwaltung wird es als eine ihrer vor-
nehmsten Pflichten betrachten, ihre Bestände dem Publikum
möglichst zuganglich zu machen. Eine besonders wichtige Auf-
gabe wird es bei diesem Bestreben stets sein, wenn irgend
möglich gedruckte Kataloge herauszugeben. Grosse Bibliotheken
werden hieran durch den Kostenpunkt und den Umstand ver-
hindert, dass infolge des andauernden Zuwachses der Katalog
bei der Ausgabe schon unvollständig, veraltet sein würde. Kleinere
Sammlungen, die ein abgeschlossenes Gebiet umfassen, sind aber
in der Lage, einen gedruckten Katalog zu veröffentlichen. Leider
entsprechen nun die beiden jüngsten oberrheinischen Publika-
tionen nicht unsern Erwartungen und lassen manchen Wunsch
unerfüllt.
L Badische Bibliothek. Systematische Zusammenstellung
selbständiger Druckschriften über die Markgrafschaflen, das Kur-
fürstenthum und Grossherzogthum Baden. I. Staats- und Rechts-
kunde. Erster Band. Einleitung. Erster Zeitraum: Die Mark-
grafschaften und das Kurfürstenthum. Zweiter Zeitraum: Das
Grossherzogthum. Staatsrecht und Verwaltung. Karlsruhe, A. Biele-
feld, 1897. 80. XU, 211 S.
Aus dem Schlüsse des Vorworts (S. VI) kann man, wenn
man will, entnehmen, dass das vorliegende Werk eine Publikation
der Grossh. Hof- und Landesbibliothek Karlsruhe ist; gesagt wird
es nirgends. Ebensowenig erfahrt man etwas Genaueres über
etwaige Fortsetzungen. Nur ein nicht ganz klarer Satz an der-
selben Stelle im Vorwort giebt einige Andeutungen: »Ohne in
Wettbewerb zu treten, soll dieselbe [die »Badische Bibliothek«]
aus einer Reihe von sachlich geordneten Schnftenverzeichnissen
über Badische Staats-, Rechts- und Landeskunde im weitesten
Sinne bestehen«. Nicht im Entferntesten hält das Werk, was der
Titel verspricht. Unter »Badische Bibliothek« kann man nur eine
Badische Bibliographie verstehen, d. h. ein Verzeichnis al!er
Schriften, die Baden betreffen. Aber im Vorwort wird mitgeteilt,
dass es sich nur um den Bestand der Badischen Abteilung der
Karlsruher Jlof- und Landesbibliothek handelt. Da uns nun der
letzte Satz des Vorworts berichtet, dass »das Unternehmen auch
hohe Förderung durch die Grossherzogliche Regierung und die
Landstände gefunden'< hat, so ist nicht verständlich, warum die
Bestände der übrigen Badischen Bibliotheken einfach ignoriert
wurden. So ist es denn gekommen, dass das Werk von A. Bingner,
Literatur über das Grossherzogthum Baden . . , von ca. 1750 bis
1854, vielfach reichhaltiger ist, als die »Badische Bibliothek«.
Zeitschriftensdiau und Litteraturnotizen.
335
Höchst bedauerlich ist eine weitere Beschränkung. Die »Bibliothek«
▼erzeichnet nur die selbständigen Druckschriften und lässt die
gesamte Zeitschriftenlitteratur unberücksichtigt. Es fehlen somit
die wichtigsten Arbeiten, die zufällig in einer Zeitschrift erschienen
sind, während die unwichtigsten Verordnungen u. dergl., weil
selbständig erschienen, Aufnahme gefunden haben (vgl. S. 30 ff.).
— Die grössten Bedenken muss aber die ganze Anlage der
»Bibliothek« hervorrufen. Eine derartige landeskundliche Biblio-
graphie kann, meines Erachtens, nur nach einem System her-
•4:estellt werden: dem amerikanischen. Ein einziges Alphabet
vereint Siichworte und Autorennamen, nur durch verschiedene
Typen gekennzeichnet. Statt dessen haben die Eearbeiter der
^Bibliothek« eine sachliche Einteilung gewählt, in der sich niemand
zurecht finden wird, welche die Benutzung ungemein erschwert.
Nicht einmal die selbstverständliche Forderung eines Registers
wird erfüllt. Ein Verweisen auf die einzelnen Stellen der »Biblio-
thek«, ein Zitieren nach derselben ist unmöglich, da die bei
einer sachlichen Anordnung unbedingt notwendige durchlaufende
Numerierung unterblieben ist. In jeder Gruppe nun werden die
Schriften nicht etwa alphabetisch nach dem Verfassemamen oder
bei anonymen Schriften nach einem Stichworte aufgeführt, sondern
die Bearbeiter haben die chronologische Eolge, nach dem Er-
scheinungsjahr der Schriften, gewählt. Auch dies erleichtert
keinesfalls das Aufsuchen bestimmter Werke. Da der Kaum hier
nicht gestattet, das Werk Seite für Seite durchzugehen, so seien
nur folgende Einzelheiten angeführt. S. i. Die i. Gruppe führt
die Cberschrift «Gesammt-Darstellungen«, aber als Unterabteilung A.
erscheinen nicht etwa Darstellungen, sondern »Hof- und Staats-
handbücher-:-. Diese Werke hätten dorthin gehört, wo die Schriften
über das »Staatsdicnstwesen^ Aufnahme gefunden haben oder hätten
vor die Hauptgruppe »Gesammt-Darstellungen« gesetzt werden sollen.
— S. 3. ''Handbuch für Baden und seine Diener. . . . Heidel-
berg . . . 1846«'. Hier hätte der Zusatz nicht fortgelassen werden
dürfen, der das Wichti2:ste am Titel ist: »oder Verzeichniss aller
bad. Diener vom J. iji^o— 1840*. — S. 3. )*UniversaI-Lexikon . . .«
Der Herausgeber Huhn hätte in eckigen Klammern beigefügt
werden müssen. Die allgemein anerkannte bibliographische Vor-
schrift, Zusätze des Bearbeiters zum Titel in eckigen Klammern
zu bringen und dadurch als nicht zum Titel gehörig zu kenn-
zeichnen, wird von den Karlsruher Bearbeitern nicht beachtet.
Wohingegen die Wiedergabe des Erscheinungsjahres durch latei-
nische Zahlzeichen (z. B. S. 13: CIDIOCMJ (it)oo) 'i»^*^t biblio-
^'raphische Genauigkeit, sondern Spiekrei ist. — S. 13. »Dümge,
Carl George, Regesta B.idenia. . . .'■ muss hcissen: ^^Dümt:d,
Carl George, Regesta Badmsia . . .<\ — S. 16 u. 17. Der
oben schon erwähnte Missj»riil" ilor chronologischen Anorilnun:^
bringt es mit sich, dass zu einander i:ehi»rige Werke grirennt
werden. So finden wir auf S. 10 das genealogische Werk von
^^6 .ZeitschriAenschau und Litteratumotizen.
Gast, durch eine volle Seite getrennt, S. 17, das von v. d. Becke-
Klüchtzner. — S. 20. »Bericht, Grundtlicher . . .« Dieses
Werk ist rein historisch, es bildet seltsamerweise eine Gruppe (B.-
Durlachische Occupation) zwischen zwei juristischen: »A. Das Land-
recht der Markgrafschaft Baden-Baden mit den Herrschaften Lahr
und Malberg (Mahlberg)c — und: »C. Einzel-Gesetze and -Ver-
ordnungen«. Welche Gesichtspunkte eine derartige Einteilung
bestimmt haben, ist mir nicht klar. — S. 20. In demselben
gesperrten Drucke, mit dem Verfasser der aufgeführten Werke
gekennzeichnet werden, lesen wir: »Francisca Sibylla Aug usta.c
Und welches Werk hat sie verfasst? »Formular eines Passes
zur Entrichtung Franzüscher [!] Contributionen (Passierschein)«.
S. 30 dagegen steht ein Ehescheidungsformular, das unter
Magdalena Wilhelmina. angewandt wurde, nicht unter diesem
Namen, sondern unter dem Stichworte »Formular«. — S. 24.
In der Gruppe: »III. Baden-Durlach, Hachberg und die ver-
einigte Markgrafschaft. A. Allgemeines« — finden wir: »Ludwig,
Theodor, Der badische Bauer im 18. Jahrhundert. . . .«^ Ich
möchte dieses Werk nicht in der Gruppe »Allgemeines« suchen,
sondern wohl bei: »C. Einzel-Gesetze und -Verordnungen.
8. Unterthanenschaft und Leibeigenschaft«. (S. 28 ff.). — S 26.
»von Frei Stadt« ist nicht der Verfasser der »Briefe über die
Verfassung in der Markgrafschaft Baden«, sondern nur der
»Berichtigung des 9. Briefs über die Verfassung. . . .« Als
Erscheinungsort der 2. Aullage der »Briefe« hätte Basel angegeben
werden können. — S. 35. Als 16. Gruppe erscheint: »Sitten-
und Luxus-Polizeiv<. Es wird aber nicht ein einziges Werk auf-
geführt, das zur »Sittenpolizei« gehört; derselbe Fehler findet in
der Gruppe :^Sittenpoiizei* auf S. 132 statt, wo zwei Schriften
über die Sonntagsheiligung aufgeführt werden. Das Wort »Sitten-
polizei« ist nach meiner Meinung ein terminus technicus und
bezieht sich auf denjenigen Zweig der Polizei, der sich mit der
Überwachung u. s. w. der Prostitution abgiebt. — Der auf S. 132
befindliche Hinweis »s. II A i«^ ist mir unverständlich, denn der
^Jahresbericht des Grossh. Ministeriums des Innern«-, auf den
hingewiesen wird, steht nicht in der Gruppe II A i auf S. 107 f.
— S. 37. »Mühlhäuser, K., Die Volksschule . . .« Es sieht
etwas seltsam aus, dass hier einmal ein Artikel aus der Zeitschr.
f. d. Gesch. d. Oberrheins aufgeführt wird, weil er in der Karls-
ruher Bibliothek in einem Sonderdruck vorhanden ist. Wir
finden dieses öfters. Eine Inkonsequenz gegenüber dem im Vor-
wort Gesagten, ist es auch, wenn die Bearbeiter an einigen Stellen
Werke aufführen, die in der Karlsruher Bibliothek nicht vor-
handen sind. Z. R.: S. 45 (Stein), S. 58 (Rettung, Beweiss),
S. 59 (Bericht), S. 68 (Ableinung, Widerlegung), S. 73 (Wider-
legung), S. 79 (Memoire), S. 102 (Über die Frage:). — S. 48 ff.
In die Gruppe 38 : *Das Militär- Wesen. Schützengesellschaften«:
hätte die oben erwähnte von Freystädt'sche Berichtigung des
Zeitschrifienschau und Litteraturnotiien.
337
9. »Briefes« gehört, da der 9. Brief ausschliesslich das Militür-
wesen betrifft. — S. 52. »K., D. J. L. Das Occupationsrecht . . .«.
Es dürfte allgemein bekannt sein, dass »Johann Ludwig Klüber«
der Verfasser dieses Werkes ist. Dasselbe bezieht sich keines-
wegs ausschliesslich auf Baden. Hier hätte auch die Klüber'sche
Schrift »Ober Einführung, Rang, Krzämter . . . der neuen Kur-
fürsten. Erlangen 1803« angeführt werden müssen. — S. 59.
»Geschichts-Erzehlnng, . . .«, hat mit Baden nichts zu thun.
— S. 59. Statt 1 Grafenstein«, muss es »Grävenstein« heissen, das
übrigens nicht Amt, sondern Herrschaft war. — S. 71. Statt
^Bösigheim« muss es »Besigheim« und statt »Mundolsheim« muss
es »Mundeisheim« heissen. — S. 71. »Der Streit mit Württem-
berg« hat mit der »Grafschaft Sponheim«, unter welchen Begriff
er hier untergeordnet erscheint, nichts zu thun. Kr hätte eine
Gruppe VIll für sich bilden müssen. — S. 93. »X. Y. Z «,
Der Verfasser der anonymen Schrift ist Prof. Neumann in Frei-
burg. — S. 106. Es ist nicht ersichtlich, mit welchem Rechte
in iler Gruppe »Innerpolitische Verhältnisse« die Biographie des
Staatsministers Jolly aufgeführt wird. Wenn sie aus der Gruppe
der Biographien herausgenommen und hierher gesetzt wurde,
weil JoUy's Leben und Wirken ein Glied der »Innerpolitischen
Verhältnisse« bildet, dann hätten hierher auch die übrigen
Biographien Badischer Staatsmänner gehört, z. H. eines Mathy,
oder die Denkwürdigkeiten Bluntschlis. — S. 165. vTrenkle, J. B.,
Der Korker Waldbrief von 1476. . . .« gehört nicht hierher, da
Kork erst 1803 badisch wurde. —
Wie ich im Eingange meiner Besprechung sagte, hätte der
Titel »Badische Bibliothek« verlangt, dass mindestens auch die
Bestände der übrigen Badischen Bibliotheken berücksichtigt worden
wären. Höchstwahrscheinlich wäre der Zuwachs an Litteratur ein
bedeutender gewesen. Ein flüchtiger Blick in die Bestände einer
Bibliothek, die sich die Sammlung Badischer Litteratur durchaus
nicht zur Aufgabe gemacht hat, der Kaiserl. Universitäts- und
Landesbibliothek Strassburg, ergab folgende Ergänzungen:
Zu S. 27: Articies secrets des trait^s de paix de hi Repu-
blique franvaise avec . . . le Duc de Würtemberg et le Marg-
^rave de Bade. [Auch mit deutschem Titel und Text] Maynz i7üg.
— Zu S. 52: Bluntschli. Das 13. Organisat. Edikt Karl Friedrichs.
^Festrede.) Heidelberg 1877. — Zu S. 79: [Klüber, Joliann
X^udwig]. Der Sponheimische Surrogat- und Successionsstreit
zwischen Baiern und Baden. Giessen 1828. — Beantwortung
^er Denkschrift von Baden gegen Bayern wegi»n der Bestellung
«ines Surrogats für die zwischen beiden Häusern gemeinschaft-
liche Grafschaft Sponheim. München 1827. — Zu S. oq: Über-
sicht. Kurze, über die Beschwerden der Reichs-Ritterschaft . . .
in dem Königreich Würtomberg und Grossh. I^aden. Teutsch-
3 lg Zeitschriftenschau und Litteraturnotisea.
Die wissenschaftliche Grundlage deg i. Bandes der »Badischen
Bibliothek« muss unbedingt anerkannt werden; - Leider ist die
ganze Anlage des Werkes eine derartige, dass sie die Benutzung
desselben durchaus nicht erleichtert.
II. Gänzlich anders sieht sich das zweite Werk an, das zur
Besprechung vorliegt.
Blum stein, Felix. Stud. rer. nat. Excerpta e cata-
logo bibliothecae civitatis Argentinensis. Argentorati, typis
F. X. LeRoux 1897. 80, IV, 164 S. Dieser Katalog ist die Arbeit
eines unreifen Dilettanten, den nicht die geringste Sachkenntnis
zur Abfassung befähigte. Zwei Umstände nötigen mich hier zu
einer Besprechung dieses Werkes. Einmal ist das Buch auf
Kosten der Stadt Strassburg gedruckt, sodann brachte die an-
gesehenste politische Zeitung des Reichslandes eine Anzeige
voller Lobeserhebungen. Der Verfasser will mit seinem Katalogs-
auszuge dem Publikum nützen. Es ist aber unerfindlich, wie
Jemandem damit gedient sein soll, dass ihm, statt der Titel der
vorhandenen Werke, die systematische Gruppeneinteilung der
Strassburger Stadtbibliothek mitgeteilt wird. Der Benutzer erfahrt
z. B. nicht, welche Werke über »Biblische Geschichte« vorhanden
sind, sondern muss sich mit den Worten »Biblische Geschichte-^
begnügen. Dies wiederholt sich fortwährend. Wenn wir wissen
wollen, welche Werke uns in der Stadtbibliothek über Bismarck
zur Verfügung stehen, so erfahren wir S. 63: »Ueber Bismarck«:.
Aber auch diese Gruppeneinteilung ist eine höchst merkwürdige;
in der Gruppe »Naturgeschichte« finden wir auch: »Militärwissen-
schaften, Festungswesen, Dienstvorschriften, Statistische Doku-
mente, Kriegswesen«! In der Abteilung »Medizin« giebt es eine
Gruppe: > Spitalwesen und Militärärzte«! Wird der Verfasser aus-
führlicher, so führt er hintereinander Autornamen an, ohne ihre
Werke zu nennen. Wird aber sogar der Titel eines Werkes uns
mitgeteilt, so hütet der Verfasser sich wohl. Ort und Jahr des
Erscheinens anzugeben. Von dem Umfange eines Werkes, von
seiner Seitenzahl erfahren wir nie etwas. Die Fehler zählen nach
Hunderten. Leider verbietet der mir zur Verfügung stehende
Raum, auch nur eine beschränkte Zahl der schlimmsten Fehler
anzulühren. Nur folgende seien erwähnt: S. 102: Der Verfasser
von ::Pensons-y et parlons-en!« heisst nicht ^»Heinrich«, sondern
:?Heimweh, Jean« oder mit seinem richtigen Namen »Sick«. — Auf
S. 103 erfahren wir, dass es noch 1874 — 79 eine Herrschaft Hanau-
Lichtenberg gab, sowie vFamiiien vom Oberelsass«. — S. luo:
Das rätselhafte Wort »Haus Kastner« soll bedeuten: Fundgegen-
siände aus dem Kastner'schen Hause. — »Hans Witte« heisst
S. 121: Hanswiite \ — Hin wahres Rätsel bieten (S. 122) die
mittelalterlichen Dichter »Müller et Richard«, deren Werk >Henri -
Laufcnberg- heissen soll. Dahinter steckt: »Müller, Richard ¥.d.^
Heinrich Loufenberg . . . [Strassb.] In.-Diss. Berlin 1888.«
Als Dichter des lö. Jahrb. lernen wir S. 122 Schorbach un
Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen.
339
a]s Dialektdichter S. 123 Mündel kennen! — Dass der Verfasser
seinen Heimatsdialekt nicht kennt, zeigt er S. 126 durch den
falschen Titel des Reibey'schen Werkes. — Auf die Druckwerke
fol2«n die Handschriften. Der Verfasser meistert im Vorworte
Kud. Rcuss, der kurz vorher in der »Revue d'Alsacex die
elsässischen Handschriften der Stadtbibliothek verzeichnet hatte.
Hätte er doch nur Reuss wörtlich abgeschrieben, wie viele Fehler
hätte er dann vermieden! E. M,
Kin beachtenswerter Aufsatz von Adolf Schmidt im März-
Hefte der ^Zeitschrift für Bücherfreunde« II, 497 — 506 (-»Die
Hibliothek Moscheroschs<L) enthält eingehende Mitteilungen
über die im Jahre 1669 für die Darmstädter Hof bibliothek erworbene
reichhaltige Bücher- und Handschriftensammlung dos Dichters,
zu welcher derselbe schon als Knabe in der Strassburger Schul-
zeit den Crrundstock gelegt hat. Einträge in den Büchern, sowie
vor allem tagebuchartige Aufzeichnungen in Schreibkaiendcrn
aus dem Jahre 1619—23 und I02c/ — 30, aus denen Schmidt
im Kuphorion, V, 48 — 50 Einiges schon mitgeteilt hat und weitere
Verurtentlichungen in Aussicht stellt, erschliessen für eine Lebens-
beschreibung Moscheroschs neues, wertvolles Material; auch für die
Strassburger Ortsgeschichte ist dasselbe von Belang, ebenso eine
Anzahl aus der Zeit seines Strassburger Fiskalats stammender»
zum Teil von ihm selbst entworfener Verordnungen. K, ().
Das >Rappoltsteinische Urkundenbuch 759 — i5nO'^
1 Herausgegeben von Karl Albrecht) ist soeben mit dem fünften
Bande iColraar, Barth. VIII u. 720 Seiten) zu P'^nde geführt.
Dieser Band umfasst ohne die Nachträge die Zeit von 1473 — 1500
und enthält 1573 Nummern. Man wird nicht läugnen können»
dass viele von ihnen unorhebliih sind, wenn man sich auch im
L'anzen freuen mag, dass dieses erste elsässische Dynasten-
urkundenbuch nicht auf eine Auswahl ausging. Clegenüber
manchen unwichtigen Stücken gewähren eine Krlabung die leitler
auseinander gerissenen Familiennachrichten Ulrichs von Rappolt-
>tein, der von seinen Verwandten ein lebensvolleres Bild (nr. if-oo)
entwirft, als man sich aus den Urkunden gestalten kann. Trotz
der Seibstbekenntnisse in nr. 1300 würde der verbummelte
Bastian von R. st»nst nicht so leihhaft vor Aui^en stehen. Ab-
gesehen von dem spezifisch Kappnltsieinisrhen, iTingl der Ilan«!
auch für andere (iebiete mancherlei, für die Ihir^^underkriene,
für lue Herrschatt CJeroKlseck am Wasiihen l^eit I4>^4 rappolt-
sieini^ch) untl C>ch.senstein •ehen-'U i p; — <*f»-, für die oster-
reichische Landvoiiiei, die Wilhehn von R. zweimal verwaltete.
Viele Stücke beiretien die bekaiintt* Walltahrt^kapelle im Dust-n-
bai.h, einige die rfeiferbruderschatt. In nr. i:?i4 hollt man <lir
Ordnung der Pfeifer zu erhalten, aber der n«*raiHg«'i»iT I i-^s: nji«
knizweg fürt. Bei di-m Man-iel an wirklicl» intere»ani«M: StiKKi-n
340
Zeitschriftenschau und Litteraturnotxsen.
ist ein solches Verfahren unbegreiflich, und dabei hat Herausgeber
bei der Stückbeschreibung jedes Mal auch bei dem von nr. 692
an eingeführten abkürzenden Verfahren Raum genug, um Grösse,
Wasserzeichen der Vorlage, Art der Besiegelung — doch ohne
Beschreibung des Siegels! ! — und, selbst wenn das Original
vorliegt, jüngere Abschriften und Übersetzungen mitzuteilen.
Kine solche Oberschätzung von Äusserlichkeiten unter Verkennung
des Inhalts bringt schliesslich auch d i e Kritik in Harnisch, die
vor allem durch die Freude über jedes ernste wissenschaftliche
Unternehmen geleitet wird und sich an den Sonderbarkeiten der
Edition im allgemeinen nicht stösst. Ich bin nie Prediger für
eine unter allen Umständen innezuhaltende Editionsmethode
gewesen; aber es ist bei jedem Urkundenbuche zu verlangen,
dass der Herausgeber den Band nicht mit gänzlich gleichgültigem
Ballast beschwert. Was soll es heissen, wenn Abschriften eines
im Original vorhandenen Schuldbriefes aufgezählt werden ! Auf
den Mangel jeder Siegelbeschreibung habe ich hier schon Band VI,
331 hingewiesen.
Das Register, das gleichfalls zu viele Kleinigkeiten berück-
sichtigt, ist auch dieses Mal keineswegs frei von Fehlern (ßuchheim,
Flersheim, Glattburg u. s. w.). Beigegeben ist ferner ein Stamm-
baum und eine Fortsetzung desselben bis zum Erlöschen des
Mannesstammes 1673. Aul die Obersicht derjenigen Fürsten,
welche in weiblicher Linie von den letzten Rappoltsteinern ab-
stammen, hätte man wohl Verzicht leisten können.
Aber all' die Mängel dieses Urkundenbuches sollen unsere
Freude und unsern Dank nicht zurückdrängen. Der Heraus-
geber hat 21 Jahre mit unendlichem Fleisse an dem Werke
gesessen, das mit dem fürstenbergischen das einzige am Ober-
rhein veröftentlichte dynastische Urkundenbuch ist, das die
Schwelle der Neuzeit erreicht hat. Und sein Inhalt bietet
namentlich der Geschichte des Oberelsasses reichen Stoff. Dank
gebührt auch dem elsässischen Ministerium. A. Scßiulit.
In dem Aufsatze »Die Predigten des Franziskaners Johannes
Paulis; (Historisches Jahrbuch 10,4) stellt A. Linsenmayer
nochmals die aus den Forschungen Kübels und Boltes bereits
bekannten Daten zur Lebensgeschichte dieses fast nur als Ver-
fasser des Volksbuches ^/Schimpf und Ernste und Herausgeber
der Predigten Johann Geilers beachteten Mönchs zusammen,
der während seiner ganzen Lebenszeit Klöstern der oberrheinischen
Gegend — Villingen, Basel, Strassburg, Schlettstadt, Colmar und
'ihann — in verschiedenen Stellungen angehört hat. Der
A'illinger Zeit entsiammen die in einer Hs. der kgl. Bibl. zu
BtTÜii (.Mscr. germ. 1069) erhaltenen Reste der Vorträge, die
ein Urteil über Paulis Predigtweise ermöglichen: sie sind im
dortigen Clarissinnenkloster, wo sie in den Jahren 1492 — 93
gehalten sind, aufgezeichnet worden. In ihrem Verfasser lernen
Zeitschrifienschau und Litteraturnotizen.
34«
wir einen begabten Kanzelredner kennen, der vornehmlich wegen
seiner tiefen Auffassung von Sündenvergebung und Ablasswesen
und seines srraden, mannhaften Auftretens gegen jedwede Art
von religiöser Heuchelei sympathisch erscheint. Hans Kaiser,
In den »Darstellungen aus der bayerischen Kriegs- und
Heeresgeschichte«, Heft 7, S. 20 — 46. schildert H. Fahrm-
ba eher nach den Akten des Münchner Kriegsarchivs den Kampf
um die Rheinschanze bei Mannheim vom 25. Jan. 1798^
mit der das letzte deutsche Bollwerk auf dem linken Rheinufer
mitten im Waffenstillstand infolge eines feindlichen Überfalles
nach wackerer Verteidigung in die Hände der Franzosen riol;
der mutigen Entschlossenheit des Jägerhauptmanns von Metzin,
sowie des Oberstleutnants von Traitteur war es dabei lediglich
zu verdanken, dass nicht auch die Festung Mannheim durch
feindlichen Handstreich genommen wurde. Von Interesse ist
auch das diplomatische Nachspiel dieses Gewaltaktes: die Ver-
handlungen wegen Zurückziehung der französischen Trupjien
vom rechten Rheinufer und einer Entschädigung der Angreifer
lür ihre namhaften Verluste, doch ist die Darstellung dieser
Verhandinngen nach den Berichten Trailteurs, die mit seinem
schriftlichen Nachlasse kürzlich vom Karlsruher Arcliive erwt>rl)en
worden sind, in manchen Tunkten nicht einwandsfrei und zu
berichtigen. A' O.
In der Revue de Paris \ I. 14211. (Nov. iSgS) verOtTentlicht L.
Pingauil (Un prrfet lie Napoleon l*"") eine interessante Stutlie
über Jean de 15ry, in der er die Verdienste des Mannes, tlen NapoUon
Selbst einmal als den besten seiner Präfektcn bezeirhnet hat, um
die Verwaltung des Doubsdepartements schildert: vor allem srine
Fürsorge für den Unterricht, tler P.esanvon seine Aka«lemic ver-
dankt. Bekanntlich hat auch der iJailener Nebenius, \o\\ Reitzen-
stein empfohlen, sich unter seiner Leitung mit den F.inrichtun;^en
der französischen Verwalluntr vertraut uenKicht. Bemerkenswert
ist de liry's Verhalten gegenüber der Restauration, die seiner
amtlichen Thätigkeit für immer ein Ziel setzt: <\\ii ^chwäclleu
^vincs Charakters treten hier in greller Weise hervor.
A: Ohtf.
Eine volkstümliche Cie>»..hichie der badis«'lien Revolution
^iebt das Ruch K. Hagenmt'vers Die Revolutionsjahre
1 S48 4Q.. (Mit vielen Abbildungen. Karlsruhe, J. |. Reill iSoo.
1 Ol S. 8. I M. 5»» Pf. I Die EreiL;nis>e sind im allgemeinen
richtig erzählt; auch ist das Trteil ein tlurchaus massvolles und
Oürfle in wesentlichen Puiiklen zu Ueansiantlungen keinen AhIji^n
Vi eben. Schilderungen eiirener Krlel»nisse des Vertiissrrs und
si-olcher anderer Zeiii^enossen sind vielfach in die D:irsi<ÜniiLi
^A2 Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen.
ver woben und beleben dieselbe. Zu S. 137 sei bemerkt, dass
Fickler nicht Professor, sondern ursprünglich Kaufmann und
später Redakteur war; es liegt eine Verwechslung mit dem
gleichnamigen durch seine Forschungen auf dem Gebiete der
heimischen Geschichte bekannten Schulmanne vor. -r.
Im Januarheft der »Deutschen Revue« Jahrg. 1899 S. 18 — 34
veröfl'entlicht Luise von Kobell (^Die bayrische Mobili-
sirung und die Anerbietung der deutschen Kaiserkrone^^)
nach Erinnerungen ihres verstorbenen Gatten, Staatsrats v. Eisen-
hart, Mitteilungen über die bayrische Politik im J. 1870, die
mehrfach nur wiederholen, was die Verfasserin schon in ihrem
Buche : Unter den vier ersten Königen Bayerns, München 1 894 II,
S, 130 ff. berichtet hat, aber auch manches Neue von Interesse
enthalten. Auch zur Geschichte der badisch-bayrischen Bezieh-
ungen. Was über die Absichten Bayerns auf eine Gebiets-
erweiterung auf Kosten Badens durch Abtretung eines Teiles
der rechtsrheinischen Pfalz bemerkt wird, bestätigt, was weiteren
Kreisen durch die Biographie des Staatsministers Jolly (S. 188)
bekannt geworden ist; aus den vorliegenden Aufzeichnungen
«rsehen wir, dass die Verstimmung König Ludwigs über die
Vereitelung seines Planes, der an Bismarcks entschiedenem Wider-
spruche von vornherein gescheitert, sich auch in späteren Jahren
nicht völlig verloren hat. Näheres erlahrt man sodann auch
über die Sendung Geizers nach München, welche dieser im
November 1870 aus Auftrag des Grossherzogs von Baden über-
nommen, um den König zu bestimmen, dem Könige von Preussen
die deutsche Kaiserkrone anzutragen, und über seine Unter-
redung mit Eisenhart; was aus der letztern mitgeteilt wird, bildet
den Inhalt einer Denkschrift, die von Geizer späterhin dem
König übersaudt worden ist und sich, was der Verfasserin ent-
gangen, in der Schrift von E. Curtius: Heinrich Geizer, S. 26 ff
jrrösstenteils ofedruckt findet. A". Oher.
Auf die inhaltreiche Selbstbio^rraphie des Nestors der deutschen
Künstlcrkolonie in Rom, Prof. von Kopf (Lebenserinnerungen
eines Bildhauers. Von Prof. Josef v. Kopf. Stuttgart und
Leipzig. Deutsche Vcrlagsanstalt. 1899. 544 *^» ^^* ^) sei mit
Rücksicht auf seine manigfachen Beziehungen zum Badner Lande
auch an dieser Stelle hingewiesen. Voll Pietät gedenkt er der
Zeit, die er im Beginne seiner künstlerischen Laufbahn zu Frei-
burg in der Werkstätte des Meisters Knittel verbracht; die
Brunnenfigur des Berthold Schwarz stammt aus jenen Tagen.
Aus der spätem Zeit sind vor allem von Interesse die Schil-
derungen aus Baden-Baden, wo er in den J, 1874 — 1892 fast
regelmässig allsommcrlich zum Besuche verweilt und in dem ihm
durch die Huld des Grossherzogs überwiesenen Atelier ge-
Zeitschriftenschau und Littenturnotizen.
343
arbeitet hat, die Mitteilungen über seine Beziehungen zu den
ddrt anwesenden Fürstlichkeiten, besonders zu Kaiser Wilhelm
und seiner Gemahlin, sowie die Erinnerungen an den Fürsten
Kar] Egon von Fürstenberg, tür den er eine Reihe von Bild-
werken geschaffen und dem er zur Ausschmückung der Ileiligen-
Derger Schlosskapelle sein einstiges Ismaelmodell, den talentvollen
Maler Ludwig Seitz empfohlen. K, O,
Von dem Biographischen Jahrbuch und Deutschen
Nekrolog, hg. von Antou Bettelhcim (Berlin, Verlag von
G^. Reimer) ist der zweite Band erschienen, der die Toten des
Jühres i8q7, sowie Nachträge und Ergänzungen zum ersten Band
(ibgö) umfasst. Auf Baden entfallen davon die nachstehenden
Nekrologe, deren Verfasser in Klammern beigesetzt sind. Anton
I^a äsermann, Landgerichtspräsident in Mannheim, geb. 1821
'von VVeech). Michael Bernays, Litterarhistoriker, zuletzt in
Karlsruhe, geb. 1834 (K. Petzet). Karl ten Brink, Fabrikant
in Arien bei Singen, geb. 1827 (von Weech). Karl BruUiot,
früherer Hofopernregisseur in Karlsruhe, geb. 1831 (Frhr. von
Merisi). Ludwig Degen, kath. Pfarrer in Konstanz, geb. 1839.
J«>h. Christoph Diez, kath. Pfarrer in Walldürn, geb. 1826.
Nikodemus Diez, kath. Pfarrer in Stockach, geb. 1806.
J^^rthold Gemehl, Generalmajor und Kommandeur des bad.
^'(^iidarmeriekorps in Karlsruhe, geb. 1832. Amand Goegg,
I'olitikcr in Renchen, geb. 1820 (Brummer). Karl Ilolsten,
Lniversitätsprofessor der Neu testamentlichen Exegese in Heidel-
^^rg, geb. 1825 (Hausrath). Heinrich von Marquardsen,
J*roles&or des Staatsrechts an der Universität Erlangen, früher in
Ht^idelberg, geb. 1825 (Rchra). Eugen von Regenauer.
I'räsident der Generalintendanz der Grossh. Bad. Civiiliste in
l^arlgruhe, geb. 1824 (von Weech). Leonhard Solmke, Pro-
fessor der Phvsik an der technischen Hochschule zu ^lüncheii,
'füher zu Karlsruhe, geb. 1842 (von Braunmühlj. Otto Stolze 1,
^'•-neralmajor a. D., früher Kommandeur des bad. Gendannerie-
torps in Karlsruhe, geb. 18 13. Wilhelm Wattenbach, Pro-
fessor der Geschichte an der Universität Jierlin, frülier in
lleidelberg, geb. 18 19 (v. Bayer), l^rinz Ludwig Wilhelm
August von Baden, geb. 182g (l^otun). K. Br.
Den Teilnehmern der XIIL Wanderversammlung der dculsclicii
'^i^enieure und Architekten, die im letztem Herbst zu Freiburg
>^att;:efunden, hat die Ortsgruppe; Freiburg des badischen
Architekten- und Ingenieurvereins mit dankenswerter Unter-
'^^ützunrj seitens der Stadt in dem Prachtwurke: Ereiburür im
»reisgau. Die Stadt und ihre Bautt^n (Druck und Vttrlag von
**• M. Poppen. 648 S. mit 600 Abbildun.i^en und 15 lieilii^miii)
*=ni Festgabe gewidmet, wie sie aus ähnlichem Anlass iu uluicli
344
Zeitschriftenschau und Litteraturnotisen«
vollendeter Ausführung wohl selten geboten worden ist. Das
Werk will unter Berücksichtigung der geschichtlichen Vergangen-
heit der Stadt ihre Bedeutung für die deutsche Kunst vor Augen
führen: was die Stadt an hervorragenden Bau- und Bildwerken
besitzt — und ihre Zahl ist nicht klein — erfährt daher eine
eingehende Besprechung, die durch eine Fülle trefflicher Illustra-
tionen wesentlich gefördert wird. £s soll aber auch gleichzeitig
dem Fachmanne einen Überblick über die Schöpfungen der
Neuzeit auf dem Gebiet des Ingenieurwesens und des Hochbaus
bieten, die uns die Stadt in erfreulich fortschreitender £ut-
wickelung zeigen: industrielle Anlagen, Leistungen des Wasser-
und Strassenbaus, Staats- und Gemeindebauten, bemerkenswerte
Privatgebäude u. a. fallen darum ebenfalls in den Kreis der
Darstellung. Air diesen Aufgaben ist die Publikation in vollem
Umfang gerecht geworden dank dem opferfreudigen Zusammen-
wirken sachkundiger Fachmänner, welche die Bearbeitung der
einzelnen Abschnitte übernommen haben. £s würde zu weit
führen, die Namen sämtlicher Mitarbeiter hier aufzuführen; ich
verweise vor allem auf Fr. Kempf, der mit der Beschreibung
und von feinem kritischen Verständnis zeugenden Würdigung
der Mehrzahl der alten Baudenkmäler, insbesondere auch des
Münsters, die Hauptarbeit auf sich genommen, sowie auf die
architektonischen Aufnahmen und Zeichnungen der Architekten
Fritz und Oskar Geiges, Stamnitz, Lembke, Kempf und Merkel jr.,
die eine Zierde des Buches bilden, das für die in ihm behan-
delten Gebiete der Baukunst und Technik eine Quelle geschicb-
licher Erkenntnis von dauerndem Werte bleiben wird.
K, Ohser,
Le vieux Mulhouse (Mulhouse, Bader, 1897), tome II,
550 S., enthält die »Mülhauser Geschichten« genannte Chronik
des Josua Fürstenberger bis 1720 und deren Fortsetzung bis
1740 durch Joh. Heinr. Reber. Der Abdruck einer weiteren
Fortsetzung bis 17Q7 durch Josua Hofer ist für die nächste Zeit
zugesagt. Die Hislorische Kommission der Industriellen Gesell-
schaft von Mülhausen leistet mit dieser Edition eine höchst
dankenswerte, aber auch höchst nötige und längst schuldige
Arbeit. Denn wenn auch nicht gerade unser Wissen über Mül-
hausens Vergangenheit durch sie erheblich erweitert wird, da
ihr wesentlicher Inhalt aus der Mülhausei Geschichte Grafs längst
bekannt ist, so war es einerseits doch wichtig, die Quellen Grafs
gedruckt vor sich zu haben, und erheischte es andererseits die
Pllicht der Pietät jiegen die um die Geschichtschreibung ihrer
Vaterstadt hochverdienten Männer, ihre Schriften nicht länger
im Archive verstauben zu lassen. — Fürstenberger sowohl, wie
sein Vorgänger Petri und seine Nachfolger Reber und Hofer
waren alle vier Stadtschreiber, mit den Urkunden und Akten
Zeitschriftcnschau und Lilteraturnotizen.
345
ihrer Vaterstadt vertraut, in ihrem diplomatischen Dienste thätig
und eben darum zur Aufzeichnung ihrer Denkwürdigkeiten
besonders geeignet. Bei Josua Fiirstenberger trat noch hinzu
eine gute juristische und, wie es scheint, auch politische und
weltmännische ßildung. 1675 zum Stadtschreiber und 1699 ^^^
Bürgermeister gewählt, nahm er an allen politischen Geschäften
seiner Vaterstadt lebendigsten Anteil, vertrat sie wiederholt als
Gesandter bei den kriegführenden Parteien, den Eidgenossen u. s. w.
So wuchs in ihm der Gedanke, die Schicksale der kleinen
•Republik« aufzuzeichnen. Für die Zeit bis 161 7 fand er die
Chronik J. H. Pelri's vor. Er hat diese mit vielem Ballast über-
ladene und oft höchst konfuse Arbeit in verständiger Weise
gekürzt und bis 1720 weiter geführt. F^ortgosetzt in seinem
Sinne wurde das Werk durch seinen Grossneffen J. H. Reber
bis 1740. Auf den Inhalt näher einzugehen ist keine Ver-
anlassung, da er aus Graf, der vollständig und oft wörtlich auf
diesen Vorarbeiten ruht, längst bekannt ist. Bei dieser Gelegen-
heit möchte ich den Wunsch aussprechen, dass die zeit-
genössischen Aufzeichnun;;en des Pf:irrers David Zwinger, die
Petri als seine Quelle über den Kinnin^;er-Prozess angiobt, von
denen er aber nur einen Auszug bringt, auch bald vorötfentlicht
würden. Kaufmann.
Joseph Levy, Geschichte der Stadt Saarunion seit
ihrer Plntstehung bis zur Gegenwart. Vorbruck-Schirmeck,
bei Hosteiter 1898. 490 S.
Voraus.i^eschickl rauss werden, dass <ior Titel nicht ganz
^tutrifll. Stadt und Name Saarunion entstanden erst 1793 durch
Vereinigung der beiden Städte Bockenheim und Neusaarwerden.
L>as vorliegende Werk behandelt aber nur Hockoiiheini, ohne
I<ücksicht auf die Schweslerstadt. In der Geschichte der Graf-
schaft Saarwerden ist seit 20 Jahren gründlich vorgearbeitet
Verden, nicht am wenigsten durch Levy selber, dem wir eine
Crcschichte von Ilcrbitzlicim und einige kleinere Monographien
verdanken. Mit Recht musste es ihm als eine verlockende Auf-
gabe erscheinen, die bewegte Vergangenheit der Flauptstadt des
Ländchens einem grössern Leserkreis zujjänglich zu maehen.
Indessen hat das umfangreiche Buch nicht ganz i\w. Erwartungen
^•rfüllt, die wir an dasselbe knüpften. Der Gewinn an neuem
historischen Stoff ist, wenigstens für die frühern Jahrhunderte,
ein spärlicher. Sollte die Collection de Lorraine * in der Pariser
Nationalbibliothek wirklich nicht m«*hr bieten? Einige auf Bocken-
heim bezügliche Wiesbadener Stücke, die unter einer andern
Rubrik als der Saarwerdener aufbewahrt werden, scheinen dem
Verfasser entgangen zu sein, und das zu Weilburi: befindlii he
Hausarchiv der IKTzöse von Nassau hat er wolil L;ar nicht
durchsucht.
Zeiischr. t". Gc*ch d. Ohfrrh N. F. XIV. *.
- y
'3^5 Zeitschrinenschau und Lilleratumotizen.
Wir können natürlich hier kein erschöpfendes VerseichniB
aller sachlichen Berichtigungen geben, die wir zu machen haben,
nur Einiges sei hervorgehoben. S. 25 die Schenkung Karls des
Einfaltigen vom Jahr 917 ist offenbar eine Fabel. Das persön-
liche Erscheinen Gustav Adolfs zu Bockenheim 1631, S. 36, ist
ein grober Schnitzer Huhns. S. 39: dem lothr. Obersten von
anno 1664 musste nicht jährlich, sondern täglich ein Duplon
bezahlt werden. S. 38: dass die Pest 1636 u. ff. die Stadt ent-
völkerte, ist ganz vergessen. S. 55: Royer als erster lothr. Civil-
beamter taucht schon 1647 ^tif. Den Ausführungen Levy's auf
S. 146 ff., dass das Volk durch den Grafen Adolf zur Annahme
der reformatorischen Lehre genötigt worden sei, widerspricht der
Umstand, dass dieser schon zwei Jahre nachher starb und die
Bockenheimer unter seinem katholischen Nachfolger an der neuen
Lehre festhielten. Der Aufschwung, den Bockenheim durch Ein-
wanderung der Hugenotten auf kulturellem Gebiete nahm, ist
gänzlich ausser Acht gelassen: die Lateinschule hatte 1603
zwei akademisch gebildete Lehrer, einen Ludimoderator , der
zugleich Diakonus war, und einen Collaborator. Das Stadt-
spital und das Siechenhaus vor dem Thor sind zwei verschiedene
Anstalten, von denen die erste nach 1560 einging und der
Schule Platz machte.
Tadel verdient die nachlässige Mache des Buchs. Wenn
man dem Publikum eine vG/eschichte« der Stadt Saarunion an-
bietet, ist man doch an einige Rücksichten in Bezug auf Form
und Darstellungsweise gebunden. Zwar mögen die vielen Sprach-
fehler und das schlechte Deutsch in der mehr französischen
Bildung des Verfassers eine Entschuldigung finden. Was wir
bekommen ist aber wenig mehr, als eine Anhäufung von rohem
Material, ohne Verarbeitung, ohne zusammenfassenden Überblick,
ja oft ohne die notdürftigste Erklärung. Weiss denn der Laie,
was Bäiikezinse, was Wildfange, Wechselmatten u. a. sind? Jeder
Erörterung wichtiger historischer Fragen, wie z. B. der Entwick-
lung des Dorfes zur Stadt, der Einrichtung ihrer Verwaltung im
Mittelalter, geht der Verfasser sorgfältig aus dem Wege. Ganz
vernachlässigt ist die Kulturgeschichte. Wie viele interessante
Kleinigkeiten waren aus trockenen Akten und Rechnungen zu-
sammenzulesen, wie z.B.: im städtischen Freiheitsbrief von 1328
die sehr frühe fiskalische Ausbeutung der Badstuben, ferner die
Fischereien, wobei an die Konkurrenz zu erinnern war, welche
die ?>Westricher« Fische damals auf dem Strassburger Markt den
Produkten der 111 und des Rheins machten. Solche Belehrungen
wären wohl geeignet gewesen, dem Leser die Langweile zu ver-
scheuchen, die auf dem Buche lagert.
Noch ein Wort schliessh'ch über das 19. Jahrhundert. Hier
fällt der Schwerpunkt in das Gebiet des Handels und der Indu-
strie. Die Entwicklung derselben sowie das Verkehrswesen
musste wenigstens statistisch beleuchtet werden. Der Verfasser
2>itsGhii(ltenschaa und litteraturnotizen.
347
beschrankt sich aber auf einige Notizen über Kirchen und Schulen
und auf Dinge, die äusserst lose mit seinem Gegenstand zu-
sammenhängen. Da er den Faden bis zur aktuellsten Gegen-
wart fortspinnt, so ist uns unbegreiflich^ warum er der Ereignisse
von 1870 nicht mit einer Silbe gedenkt. Dieselben hätten u. £.
besser in den Rahmen seines Buchs gepasst als eine 16 Seiten
lange Biographie einer Oberschwester, die zu Mirecourt lebte,
eine französische Grabrede, die ein lieutenant-colonel vor acht
Jahren zu Pi^ronne hielt, und ein schwülstiger Brief Victor
Hugos. M,
Mehr denn 50 Jahre sind es her, seit Aug. Schnezler, durch
A. Stobers Oberrheinisches Sagenbuch angeregt, sein Badisches
Sagenbuch in zwei Bänden veröffentlicht hat; die Veranstaltung
einer neuen vermehrten und verbesserten Ausgabe dieses für die
weitesten Kreise des Volkes bestimmten Sammelwerkes darf daher
von vornherein von allen Freunden heimischer Geschichte und
Sage als ein verdienstliches Unternehmen begrüsst werden. Von
der neuen, im Verlage von J. Waibel in Freiburg erscheinenden
Sammlung, die auf vier Bände berechnet ist, liegt seit kurzem
der erste vor: Badisches Sagenbuch. I. Die Sagen des
BodenseeSy des obern Rheinthaies und der Waldstädte
(336 S. mit vielen Illustrationen). Die Herausgeber, die sich
nicht nennen, haben ihre Aufgabe in anerkennenswerter Weise
gelöst. Eine Vergleichung mit dem Schnezler'schen Sagenbuche
zeigt, welche Fülle neuen Stoffes in den letzten Jahrzehnten
bekannt geworden und von ihnen verwertet worden ist. Sie
haben nicht nur die gesamte einschlägige ortsgeschichtliche
Litteratur, sowie Zeitschriften, Sammelwerke und Chroniken für
ihre Zwecke durchforscht und ausgebeutet^ sondern auch gelegent-
lich aus ungedruckten Quellen und auf Grund mündlicher Über-
lieferung ihr Material zusammengetragen und bei jedem Beitrage
über seine Herkunft Rechenschaft gegeben. Kurze sachliche
Krläuterungen erleichtern das Verständnis; von einigen irrigen
Angaben abgesehen verraten auch sie das Bestreben, auf Grund des
heutigen Standes der lokalhistorischen Forschung das Wissenswerte
zu bieten. Dass die Herausgeber, wo es sich um moderne
dichterische Bearbeitungen von SagenstofTen handelt, manches
ausgeschieden haben, was sich bei Schnezler fnidet und streng
genommen nicht in ein Sagenbuch gehört, kann ich nur billigen;
ungern habe ich dagegen das alte Konstanzer Lied vom Striegel
vcrmisst. Dem Werke, das der Verleger hübsch ausgestattet hat,
ist ein gedeihliches Fortschreiten und weite Verl^reitung im Volke
zu wünschen; man darf dabei wohl erwarten, dass den folgenden
Banden jeweils ein hier fehlendes Inhaltsverzeichnis beigefügt
wird. A*. O,
ß lg Zeitschriftenschau und Lilteraturnotizen.
Von den mit Unterstützung der Berliner Akademie der
Wissenschaften herausgegebenen »Denkmälern der deutschen
Kulturgeschichte« ist der erste Band der ersten Abteilung, der
die »deutschen Privatbriefe des Mittelalters« enthält, vor
kurzem erschienen. Über den Plan des gross angelegten Unter-
nehmens hat sich der Herausgeber, G. Steinhausen, auf dem
Nürnberger Historikertage eingehend geäussert. In dem vor-
liegenden Bande sind zunächst die Briefe der Fürsten und des
Adels zusammengestellt; die der Geistlichen und Bürger sollen
in dem nächsten folgen. Der älteste Brief in deutscher Sprache,
der bis jetzt bekannt ist und mitgeteilt wird, datiert aus dem
Jahre 1305, die Schlussgrenze der Sammlung bildet das Jahr
1499; aus den beiden Jahrhunderten, welche der Band mithin
umfasst, werden im ganzen 590 Stücke, von denen nur eine
kleine Anzahl bisher gedruckt war, veröffentlicht. £s ist für die
deutsche Kulturgeschichte eine Quelle ersten Ranges, die uns
hier erschlossen wird, von höchster Bedeutung für die Kenntnis
des mittelalterlichen Menschen, seines Anschauens und Empfindens,
wie seiner äussern Lebensführung; die Leistung verdient um so
lebhaftere Anerkennung, als der Herausgeber das verstreute
Material von nah und fern aus den Archiven allein zusammen-
getragen hat. Nord und Süd sind ziemlich gleichmässig berück-
sichtigt; auffallend gering ist nur Österreich vertreten. Auch
aus Baden ist dem Herausgeber ausgiebiges Material zugegangen:
dem Karlsruher Haus-Staatsarchive entstammen die Briefe der
Markgräfinnen Katharina (Nr. 82, 88, 145, 318) und Margarethe
(459), des Markgrafen Wilhelm v. Hochberg (72), der Gräfin
Cimburga von Nassau (225); des M. v. Kastelten (385) und des
Erzherzogs Sigmund von Österreich (*1 1 7) ; dem Freiburger Stadt-
archive die Briefe Martins und Michaels von Blumneck (567 — 69);
dem freih. von Reischach'schen Archive in Freiburg endlich die
lange, inhaltlich höchst charakteristische Serie von Briefen an den
adelsstolzen Bilgrin von Reischach (403, 541, 543 — 46, 548
—56, 558—66, 570, 572, 574, 576-81, 584—88, 590). Viel-
leicht hätte auch der von mir im Neuen Archiv f. Gesch. der
Stadt Heidelberg 3, 1 88 veröffentlichte und in verschiedener Hin-
sicht merkwürdige Jagdbrief des Kurf. Philipp v. d. Pfalz Aufnahme
verdient, vielleicht wäre aus andern badischen Adeisarchiven
noch Stoff zu gewinnen gewesen: ich venveise auf das Brief buch
Friedrichs von Rüdt (Mitteilungen der Bad. Hist. Kommission,
Nr. 18 m34) und die Helmstatt'sche Korrespondenz aus dem
15. Jahrh. (ebenda, Nr. 18 m29). Treffliche Orts- und Per-
sonenregister und vor allem ein sehr zweckmässig angelegtes
Sachregister erleichtern wesentlich die Benutzung der verdienst-
vollen Publikation, der ein gedeihlicher Fortgang zu wünschen ist.
K. Obser.
ZeitKhriftenscliau und Litteraturootizen.
349
Im zweiten Bande des »Schweizerischen Archivs für Volks-
kunde« (1898), S. 88 — 105, 193 — 215, untersucht J. Hunziker
(^Das Bauernhaus des Grossherzogtums Baden verglichen
mit demjenigen der Schweiz«) eingehend die Häusertypen
des Schwarzwalds, von denen das Hotzenhaus in seiner äussern
Erscheinung, seiner Einteilung und seinem Ständerbau dem
dreisässigen und jurassischen Hause der Schweiz nahe verwandt
ist, während das vor allem durch seinen Riegelbau und die Lage
des Kellers über der Erde charakterisirte schwäbische Haus dem
Hause der Ostschweiz nahesteht und nach Ansicht des Verfassers
mit diesem rätoromanischer Provenienz ist. In der gleichen Zeit-
schrift, B. 3, S. I — 21 giebt E. A. Stückelberg («Trans-
lationen in der Schweiz^) einen Oberblick über die Herkunft
der schweizerischen Kulte und knüpft daran eine chronologische
Zusammenstellung der Translationen innerhalb der Schweiz, der
Reliquieneinfühningen und der Reliquienausführungen sowie eine
Schilderung der Translationsfeste. Eine der beigegebenen Karten
veranschaulicht die Ausbreitung des Fridolinskultus von Säckingen ;
als P!!ndziel schwebt dem Verfasser eine auf derartigen Karten
beruhende Topographie der schweizerischen Kulte vor, die ja
für die kirchen- und kulturgeschichtliche Forschung zweifellos
von Wert wäre. Ä'. O,
Den vom Statistischen Bureau des Ministeriums für Elsass-
Lothringen herausgegebenen »Alten Territorien des Elsass: sind
nun »Die Alten Territorien des Bezirks Lothringen nach
dem Stande vom i. Januar 1648, I. Teil« gefolgt (Heft 28 der
statistischen Mitteil, über Elsass-Lothringen, Strassburg, M. Du
Mont-Schauberg). Da hier auch zum ehemaligen oberrheinischen
Kreise gehörige, im heutigen Unterelsass gelegene Gebiete
behandelt werden, so verdient das Werk auch an dieser Stelle
eine kurze Besprechung. Dass es seinen Vorgänger an Aus-
führlichkeit und damit an Umfang bedeutend übertrilTt, könnte
bei einem Handbuch zunächst als ein Nachteil erscheinen. Wenn
man indes die ganz ausserordentlich grosse territoriale Zer-
splitterung dieses Landstrichs betrachtet, welche die des Elsass
weit hinter sich lässt und kartographisch kaum durstellbar erscheint,
so kann man verstehen, weshalb hier eine miiglichst genau ins
Einzelne gehende Darstellung für nötig befunden wurde, zumal
sie auch für die schwierige und bedeutsame Frage der fran-
zösischen Reunionen von besonderem Wert erscheinen mochte.
Die Lösung, welche die Frage: wie ist bei dieser grossen Zer-
3>plitterung der Herrschaftsrechte, die kaum ein Dorf ganz im
Besitze eines Herrn gelassen hat, der Begritf des Territuriums
zu fassen? die Lösung , die diese Frajre hier gefunden hat,
Scheint für den Zweck des Buches die gebotene zu sein, wenn
man auch zugeben muss, dass eine andere sehr wohl mtiglich
350
ZeiUchriftenscbau und Littenttunotixen.
wäre und es sich, um nur ein Beispiel herauszugreifen, darüber
streiten Hesse, ob die Landmeiereien oder Schultheissenämter
der Propstei Diedenhofen als Territorien anzusehen seien. Doch
weder dies Bedenken, noch die hie und da mangelnde Sichtung
des Wesentlichen vom Unwichtigen im StofT beeinträchtigen
erheblich den Wert dessen, was hier geleistet ist. Das Werk
bringt zum ersten Male Klarheit in die Wirrnis der politischen
Zustände unseres deutsch-französischen Grenzlandes, es legt die
erste Grundlage zur Kenntnis der historischen Vergangenheit
eines Gebietes, von dessen territorialen und staatsrechtlichen
Verhältnissen man bisher nur eine vage und unsichere Anschau-
ung hatte. Den Hauptnutzen wird daher die Lokalgeschichte
von dem Werke haben. Für sie wird es durch die reiche Fülle
an neuem historischem Material und durch die hier zum ersten
Mal gebotene Zusammenstellung und Obersicht über dasselbe
zu einem unentbehrlichen Hilfsbuch werden. Auch der elsässische
Historiker wird mannigfache Anregung aus ihm schöpfen können
und die ausführliche Geschichte von Lützelstein. Salm, Saar-
werden, Diemeringen, Falkenstein u. a. mit Dank benutzen.
Alfnd Ov€rmanH.
Von der »Chronik der Stadt Heidelbergc ist der V. Jahr-
gang (1897), bearbeitet von A. Thorbecke, erschienen.
Das Totentmch von Salem.
Von
F. L, Baumann.
In den Necrologia Germaniae 1, 523 konnte ich nur
Au&züg« aus dem Toten buche des Bodenaee-
Uostcfs Salem mitteilen, die teils in den Collectaneen
Gabclkovers, teils im Apiarium Salemitanum ^ch erhalten
Das Toten buch selbst ist seit langer Zeit ver-
schwunden; ich habe in den Necr. Germ. I, 323 die Ver-
nmihun^ ausgesprochen, dass dasselbe im 18. Jahrhundert
der Kloaterbibliothek verbrannt sei, muss jetzt aber
te Vermatang als irrig bezeichnen. Der Verlust dieser
BaadschrÜt bt um zwei Jahrhunderte früher erfolgt. Das
erfiUncD wir vom Salemer Mönche Eberhard Schneider,
' aaf dem vordem Deckblatte der hier zu behandelnden
Handschrift wörtlich mitteilt: 'Notandum, quod anno 1510,
dum reverendos paterjacobus Kramer, monachus et sacerdos,
sre fungeretur, domitn ad portam cum eaque
VMOsciiu necrologium tlammis consumpta sit, praefatus
nn portarius 1517 obierit teste catalog-o reverendorum
norum in domino defunctorum {Archiv. Reg. Sc
39. f. 3), Testatur frater Eberhardus Schneider Salemitanus
7. Junü 1769 manu propna<, Dass der Untergang dieses
Totenbocfaes für die schwäbische und süddeutsche Greschichte
cm schwerer Verlust war, bedarf keines Beweises; es muss
1» dem Alter des Klosters und bei seinen langen und
iui|;cdehnten Verbindungen in Schwaben und Baiem mit
irichtigen Namen des 12., 13. und 14, Jahrhunderts geradezu
rfUlU gewesen sein.
Ot^hr. L Goch. d. Obcnh. V. F. XIV. 3. 34
1
352
Baumann.
Um so erfreulicher ist es, dass aus demselben wenig-
stens ein Auszug sich erhalten hat, der seit dem Untergange
des alten Totenbuches 15 lo bis zum Ende des Klosters als
das offizielle Nekrologium Salems diente und sich deshalb
nach und nach mit Einträgen füllte. Es ist das der von
Schneider 1759 citierte Catalogus defunctorum Salemita-
norum, aus dem auch Gabelkover und das Apiarium Sale-
mitanum, wie die Vergleichung ihrer nekrologischen Notizen
aus Salem mit den entsprechen Angaben des Catalogus zeigt,
geschöpft haben.
Seit dem zweiten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts war
auch dieses Totenbuch*) verschollen. . Es war nämlich aus
seiner Heimat in eine Gegend verschleppt worden, in der
es niemand gesucht hätte.
Wer hätte denn auch ein Nekrolog von Salem in dem
fernen Tiroler Kloster Stams im obem Innthale vermutet?
Zwar gehört Stams wie Salem dem Cistertiensearorden an,
sonst aber ist es weder durch Filiation, noch durch ander-
weitige Beziehungen je mit Salem in engerer Verbindung
gewesen. Wie das Salemer Totenbuch dorthin gekommen
ist, kann nicht mehr mit Sicherheit gesagt werden. Nach
gefälliger brieflicher Mitteilung des hochwürdigsten Abtes
Stephanus Mariacher von Stams ist dasselbe wahr-
scheinlich durch P. Maximilian Gimmi, den Sekretär des
letzten Salemer Abts, nach Stams verbracht worden.
Wenigstens hat derselbe dorthin 1805 auch die Handschrift
Summa Salemitana I. geschenkt. Als ich im Juni 1898 in
Stams nach Nekrologien der Diöcese Brixen forschte,
machte mich der hochwürdigste . Abt Stephanus Mariacher,
der meinen Studien überhaupt mit grösstem Wohlwollen
entgegenkam, auf eine Handschrift aufmerksam, die er mir
sofort als das Totenbuch von Salem bezeichnete und die
er mir zur Benützung ohne Bedenken alsbald auch an das
königl. baier. A^llg. Reichsarchiv nach München übersandte.
Beim ersten Anblicke musste ich dem Abte beipflichten:
im Grundstocke dieser nekrx)logischen Handschrift wieder-
holten sich ja die mir aus v. Weechs Cod. Diplom. Salem.
^) Unabhängig von ihm ist die Salemer Totenfürbitte (herausgegeben
von V. Wcech, Zeitschrift für Gefech! des* Grtjerrheins 49, 279 — 286); dieselbe
stammt vermutlich direkt aus dem 1510 verbrannten Totenbuch.
Toleniracli isn Suem- tql |
SO vertrauten Namen der Salemer Mönche des 14, und
15. Jahrhunderts.
■ Dieses jetzt in der Bibliothek des Klosters Stams auf-
bewahrte Totenhuch von Salem ist auf vorzüg-lichem Per-
gament in Kleinfolio geschrieben. Seinen Grundstock hat ein
Salemer Mönch, Namens Matemus Guidemann, geschaffen,
denn er nennt sich am Schlüsse seines in sehr zierlicher
Schrift geschriebenen Werkes selbst, denn er sagt da:
Vos rogo fratres, in Christo merito patres
Ad Christum preces devotas fundere vestras.
Ob meara scripturam vobis transmitto figuram.
Vos, qui transitis, Materni Guldeman memores
Rogo sitis, ut michi succurrat oratio vestra queque pia,
Cur sedule dicam Pater noster. Ave Maria,
Celo nos siste propler tua viilnera Christel
Die jüngsten ursprünglichen Einträge Guidemanns sind
von 1449 und 1450 (s. 31. Januar und 2. April), während
die des Jahres 1451 schon nicht mehr zum Grundstocke
seines Werkes gehören (s. jo. März, 31. August, 5. Oktober
niid 15. November). Besonders lehrreich ist ein Eintrag
des 1$. April; hier gehört der Name des an diesem Tage
veistorbenen Grafen Eberhard von Werdenberg zu Gulde-
manns Grundstock, dagegen ist die weitere Angabe, dass
derselbe 1450 gestorben sei, schon nachgetragen. Wir
dürt«n deshalb mit Sicherheit behaupten, dass Guidemann
aefai Werk 1430 angelegt hat.
Guldomann hat in dasselbe ans dem alten Totenbuche
sones Kk'.sters willkürlich, ohne zielbewusste Auswahl
Namen heriibergenommen, jedoch bei weitem nicht so viele
und ntoientltch nicht so viele bedeutendere, da-ss wir damit
vollkommen zufrieden sein könnten. Sogar die Namen
der alten .Salemer Abte hat er nicht in seinem Werke
wiederholt. Offenbar betrachtete er sein Werk nur als
FortM^Uung des alten Totenbuchs, das neben dem seinigen
im Gebrauche bleiben sollte, 50 dass etwa im Chore zuerst
die Einträge des alten und unmittelbar nach ihnen die des
naum Totenbuchs Tag für Tag zur Verlesung kamen.
Die von .Guidemann aufgenommenen alten Namen sollten
deshalb nur das Bindeglied zwischen dem .alten .tind ti
N«kro1og:ium s
354
Bftttm-a»]!.
In letzl^em ist mit Rüokaickt daMwaä, daa» •» is deoi
reichen Elloster Salem Jahr für Jahr nickt
Einträge geben werda^ mh dem Kamtäe bei 4bta
Tagen aiielito wenige« at» geädert} GuUmkom haM
beabMcbtigt^ ^m Tote»btteh s» ddiafiefv daift fitar Jehviivadevte
genäge, «ad hat aeiaae Abaiekt ki der Tkat a«tk eiiekkt,
de»» bi» 1802 bediM?fte Salem keiner weiterei ffertiet i—g
seines Nekrologiiftnis.
Die Anlage des Ch^ldemam/sehen Teteribnehe weicht
von allen mk bekanat gewosdeneü Nekrologim Sebwakens
gänzlich ab. Es z^rfiük näadieh ia etnea vopdem und
hintern Teil» von denen |eder dea voUsttadigeti Kakeader
enthäk, von denen also jeder sozusagen eia selbalMMSges
Totenbuch vorstellt. Besl^mt ist der vordere Theit für
die eigentlichen Mönc^ zu Salem, der zweke fXSm die
fremde BLeligiosen und' die Laiea. Diese Einteiluag kaben
auek Gkuldemanns Fortsetzer^ freilich ohne sich gerade
ängsdick aa sie anzukkunmern, ka ganzea bia 1802 befolgli
Nach dem Untergange des alten Toteakacks *5f9
wurden im neuenv jetzt allein nodk Vorhaadeaea die Natans
der Salemer Abte naehgetrageü^ Auch iaib id; Jalarhaadart
siiid eine Reihe von älteren Namen huizngefittg^ worden
(z. B. >i. Februar, 2. Dezember; IL Tbeä, 17. Januar,
28. Februar)*
Eine vollständige Wiedergabe des Totenbuches kiek
ich für unnötig; für wen sollte denn auch die Aufkalaae
d^ überaus vielen Hekirici moaachi, ConEradi co«versi
irgend einen Nutzen haben? Ich gebe deshiäb hier mir
einen Auszug, hoffe aber, keinen, irgendwie beachtens-
werten Eintarag weggelassen zu haben^ Insbesondere glaubte
ich die Af^aben über die Salemer Moacfac^ die erst flach
der Aufhebung ihres Klosters gestorben sind, wortlich
mkteilen zu sollen, weil sie die entsprechenden Daten im
Freiburger Diöcesanarchive XIII, 258 --264 ergänzen«
Mit Erklärungen war ich sparsam; ich beschränkte
mich auch da auf das nötigste. Dazu hielt ich mich fir
umsomehr verpflichtet, als die meisten Namen des Salemer
Totenbuchs vermittelst der trefflichen Register zu v. Weecks
Cod. Dipl. Salem, leicht zu bestimmen sind. Gegen meinen
Willen musste ich eine Reihe von franzosischen Kirohen>
Totenbock von Salem.
M5
kl 4nn jwigea Einträgen des Totenbuehs unerklärt lassen,
da ftre genaue destittmiting tinveiitaltmsinässige Zeit in
Anspruch genommen hätte.
In meiner Ausgabe kommen folgende Abkürzungen vor:
abb. = abbas; a. und adm. = admodum; B. V. =^ beata
viiqgso; caa. sk caiKmicus; cap. ^as oipeUanus; com. com^ =
oottes, eomkaeBa; cv. es eonversus; dec. sss decanus; diac.
(d3rac) = dfaconus; D., dnus i(dna) = dominus (domina);
ellmtis, (excel.) = excellentissimus;emmus=: eminentissimus;
eps. 5= episcopus; fl. = florenus; fr. = frater; illmus = iUu-
strissimus; % ^, tf h. = libra denariorum, Hallensium;
m. ^ monac^us; naon. (mon^) = monastenum ^monast^i);
o. = obiit; p. t=z p«dter$ pi. = plurimum ; ppos. = praepo-
akmm; reg. c= regaüs; r. 2x reverend^is; rmu« = reverendissi-
mus; rr. = reverendi; sac. = sacerdos; s. = sanctus; ss. —
sacrosanctus, sancti; ß = soKdus; ven. = venerabilis.
Die zum Grundstöcke des Salemer Totenbuchs gehörigen
Einträge sind im folgenden in Borgis zwischen eckigen
yiimmenau 4ie Forteetzuagen des 15. und 1 6. Jahrhunderts
kunhr, die 4ms 17^» 18. und 19. Jahtinifiderts in Borgis
ohne Klammem gedrückt.
I. Teil.
Januarius.
IV non. 2 1809 o. Constantiae cv. Leonardns Galler de
Salem oriundns, serarius peritus et reverendissi-
monim^) Roberti atque Casparis servitor fide-
Usaimus.
VIU id. 6 [O. pi« neuMftrie dns. llamigus, quondatt abb.
in lüithaalach*).]
VII id. 7 1757 o. r. fr. Cruido Starck m. et acoljFthas,
organista insignis, Kisleggensis*). 1797 o. r. p.
Fianas Blefbiahaus Monheimensis^» profeator
aiiperionifli et ioferiorttEi, poeai et rhetoriea
*) Gemeint aind die beiden letiten ji.bte von Salem. — *) Gest. 1329.
IT ■itenJMMlirh^ eiae Tochter von Salem, liegt am Inn, baier. BA. Borkhausen.
— ^ JKiil^ffi wflrtt OA. Wangen — ^) Monheim, baier. Schwaben bei
Dooaswteth.
356
B&amänn.
insignis. 1812 o. r. p. Paulus Sazger deÜrsee^),
parochus in Bermatingen^) ibique sepnltus, antea
capitularis Salemii et peirochus.
IV id. 10 . [0. fr. C. de Rüdlingen«). subprior. O. fr. Wal-
therus de Stain sac.*^']
II id. 12 [O. magister C. de Brügge») sac.]
id. 13 {O. fr. Johannes de S. Stephane*) sac] Domi-
nüa proxima post octavam Epiphdnie cantar pro^
videai, nt post prtmum officium nussa de dedicacione
capdle virgtms Mariae canietur solemnüer cum
ämbabus vesperts'^),
XVII kal. i6 [O. fr. Johannes Livi sac] O. pie memorü domnus
■ Jodocus Senner, 14, abb, in Salem ^),
XIV kal. 19 O. pie memorie domnus Jodocus Necker de Über-
lingen, 20, abb, in Salem, anno dni is^s*
XIII kal. 20 [O. Cunradus Gremiich sac.*]. Nola, cantor
committat missam in capella beaiae virginis Mariae
de s, Sebastiano dicendam.
XI kal. 22 [O. Cunradus Wirt de Rotwila sac, de quo
dantur 4 ft h in festo s. Martini J 0, fr. Ülricus
Heghain m, ei sac», qui fere 40 annis fuii prior,
suprior ei canior, 1468, O. pie memorie domnus
, Eberhardus de Wolmättüngen, .7. abb, in.Salem^^),
NB. anno dni 1619 r^ius D. D. Nicolaus Bou-
cherat, ordinis Cisterciensis caput ac superior
generalis, excessivum lampadum numerum sustulit
et ad quinarium in ordine receptum reduxit,
quarum loco hebdomadariam missam instituit, ut
videre est in indulto super hac re eodem anno
dato.
Villi id. 24 O, fr. facobus de Vorsi m. ei sac^^J
VIII id. 25 [O. fr. H. Schmid sac, quondam prior.]
VII id. 26 O. r. p. Adalbertus de Donnersperg^'^), con-
fessarius in Horto Florido '*), ibidem sepultus 1 74 1 .
*) Irsee, baier. BA. Kaufbeuren. — *) BA. Überlingen. — ') Es ist
zweifelhaft, ob damit Riedlingen a. Donau oder -Reutlingen gemeint ist. —
*) Ob ein Sprosse des bekannten Geschlechtes vom Stein oder ein Priester
aus Stein a. Rhein? — *) Wohl Brugg im Aargau. -r- •) St.. Stephan in
Konstanz. — '') Dieser ganze Eintrag ist mit Bleistift überfahren (zum
Zeichen der Ungiltigkeit?). Dasselbe widerfuhr auch den meisten der folgen-
den Einträge dieser Art in diesem Nekrologium. — ®) Grest. 1429. — •) Ein
Sprosse der Familie Gremiich von Jungingen. Dasselbe gilt von den übrigen
hier eingetragenen d. N. — lO) Gest. 1284. - ") Von Forst deutet hiei nur
die Heimat, nicht den Adel dieses Mönchs an. — ^•) Baierische Familie. —
^) Dies ist der^ lateinische Mönchsname für das Cisterdenserionenkloster
Baind bei Ravensburg.
Totenbuch von Satem.
357
V kal. 28 O, felicis recordacionis Johannes Meto de Nüffron^),
prior in Salem, anno dni isig.
II kal. 31 [O. fr. Hainricus Siler cv. 1449.]
Februarius.
kal. I [O. fr. Hainricus Roggwiler sac.*)]
IV non. 2. 1750 o. r. p. Amadaeus Zoller Marispurgensis^),
optime meritus orgänista in Salem.
III non. 3 1780 o. r. p. Meinradus Rosenzweig, bibliothe-
carius.
II non. 4 1783 o. r. p. ac clarissimus D., p. Ignatius
Weittenauer, quondam societatis Jesu sac. ac
in universitate Oenipontana linguarom. orientalium
Professor, qui suppressa societate ad nos avolans
post emissa in manus abbatis vota nobiscum per
10 fere anuos tamquam oblatus ac capellanus
ordinis conversatus, superis insigni pietate, homi-
nibus maxima comitate atque afifabilitate gratus,
orbi vero literario ob praeclara, quae edidit,
opera, ob amabilem suam memoriam, ob copio-
sissimam denique in philologicis praesertim disci-
plinis eruditionem notissimus.
VIII id. 6 O. fr. Judocus Kugler ev. 1468.
VI id. 8 "1757 o. r. p, Constantinus Schmid de Schmid-
felden^), praefectus Schemmerbergae , ibidem
sepultus. 1814 o. r. p. Anseimus Zepf, Marisbur-
gensis, parochus atque culinarius Salemii, apud
moniales in Valle S. Crucis*) vicarius et con-
fessarius, post secularisationem parochus Binigae^),
ibidem sepultus.
V id. g [O. fr. H. Tumlo sac] Ä^ofa, cantor committat
missam in capdla B, V, Mariae dicendam de s,
Appollonia virgine ei martyre,
IV id. 10 O, pie memoriae dns Ülricus de Salgans'^)^ unde-
cimus abbas in Salem^),
III id. 1 1 [O. fr. Eberhardus de Esselinga ®) sac] Anno
dni 1238 o. pie memorie Gottfridus sac. et
eps. Assiliensis et m. in Salem '«).
*) WohLNeufrach unweit Salem. — •) Aus einem Konstanzer Geschlcchte.
-- *) Meenburg a. Bodensee. - *) Noch in Württemberg und Baden blühende
Adelsfamilie. — ^) Heiligkreuzthal, w. OA. Riedlingen. — *) Binningen,
BA. Engen? — "^ Sargans, ICantou St. Gallen. — ") Gest. 1358. — •) Ess-
lingen a.. Neckar. — '®) Im 18. Jahrhundert nachgetragen. — Bischof Gott-
fried Ton Oesel (Livland) regierte nach Gams, Series episcoporum und Eubel,
Hieimrchia Catholica medii aevi S. 397 nur von 1227 — ^9' ^^^ <^^o 1238^
wirkUch sein Todesjahr, so hat er neun Jahre vorher seine Bischofswü rd
35«
Baficnann.
II id. 12 O. fr. Nioolaat Scbwaber in Gaflia tac. 1640.
O. n p. Benedict»! Stavb, secretarius congre-
gationis Soperiom Gecmaniae, anno 4656.
XVI kal« 14 O. fr, Hainrtcus Zwick m, et sac, \t4\55.
XIII kal. 17 O. fr. Cunradus Schwartz prior 1468.
XI kal. 19 1809 o. Ulberlingae cv. Antonius Hamma ex
Weildorf^)« cumma £iber.
X kal. 20 O. magüür Jokatmes jRäß, qui UgavH conveniui
100 ß, ad piianciamt),
IX kal. 21 [O. dn«. Marqnardug, secundus abb. In Fönte
Regis, quondam professu« in Salem >)]. O pie
numoriae domuus Cteariut Mihuh^ texim decimus
abb, in Salem, t4$g,
VIII kal. 22 O piae nueinoriae domnnt Constantinus Müller,
36. abb. in Salem^ I745-
VI kal. 24 O, fr, facobus de üngaria, m, ei sac, ordinis s.
Benedicti, fui omnia bona sua contulit nostro
monasterio, O, fr, fohannes Mülhuser de Fyllin-
gen^\ m, et sac, procurator in Egge^), 1497,
O pie memoriae dns. Georgias Kaysersperger de
Wemde^), 2$, abb, in Salem, anno 1575. Nota,
cantor committat missam in capella B, V, M,
dicendam de s, Maihia apostolo.
IV kal. 26 O, Georius Brock m, et sac, procurator in Bi-
braco'^), 1496,
III kal. 27 O, fr, C, cv, et procurator in Bachopten^) \,H^9''
II kal. 28 [O. fr. Burckardas dictus Bletz sac.')] Anno
18 14 o. in arce Salemitana prope Marisburgum
iubilaeus sac, ven. p. Stephanus Klaus Maris-
burgensis, granarü, confessani conventus et
monialium in Curia Manana ^o), tandem cellerarii
muuere üinctus et Imenstadii '^) tumulatus. Eodem
anno o. r. p. Jo. Nepomucenus Ott Mosbu-
ranus^'), parochus Salemli et tandem Bermatingae,
ibique sepultus.
Biedergelegt Dafür spricht in der Xhat der Ausdruck unseres Nekrologiums,
denn derselbe will doch wohl besagen, dass Gottfried erst nach der Nieder-
legung des bischöflichen Amts zu Salem Mönch geworden ist.
A) Bei Salem. — ') Ein Verwandter des Jacob JLaaa, dm Schöpfers
des Rathhaufisaales in Überlingen? — ') Todesjahr unbekannt, Betthold der
nächst bekannte Abt iron Königsbronn lebte 1328. — *) ViSmffBSk am
Schwarzwald. — ^) Egg unter Heiligenbeig. — *) Wemding, baiex: Sdiwaben.
— 7) Biberach, Württemberg. — ^) Badihanpten, hohenaoU. OA. SigBa^
ringen. — *) Ans dem Rotweiler AdeUgeschlechie Bletz «an Hotenttein. —
^9) Mariahof in Neidingen. — ^i) Immenstaad a. Bodenaee. — ^ MooabeonD,
wOrtt. OA. Riedlingen.
Martius.
^1. I Saeadtim, ^uod perpetuis temp»ribui gumta feria
proxinia post tlieni CtHerum cdebrandum est anni-
Vtrtarium cum iolemiii officio ti </ualuor catidelü
iUtisiristimi Alberb' archiducis Amtrie '), sui eoti'
ihoroHt ntc mm onmium predecessoritm alque
auetstOTttm prtfatt damus Auslrü tnditmimt,
qiiicquid Albtrfhui ob aninu tme et omnt'um iam
äüiorum taiukpt donanil monasUrio Salem unam
pariem parrocAidlin ecdesie im Griesingen*) (um
angttlu euudern eeelaü frtieiihta, reddilibut, etmibtu
atfue aiiii atlimntiü de.
2 £0. fr. Bertholdoa Greter») 8»c.]
3 O. fr. AdelboMm cv. O. fr. ÜWcus de SöM) cv.
Anno i8o2 o. piae roemariae domnus Robertns
Schlecht, 39- abb, in Salem, lam de monasterio
qnam s. ordine opttrn« meritus atque perpetaae
posteroruiu memoriae dignissimus.
, 4 fO. Werendrat cv.J Anno i8i8 o. r, p, Htero-
nymus Mouchet BuchbomcDsis*), in liogmi Graeca
siüdiosorura insiructor, chori cantor, subbibliothe-
carius ei post sectilarisBlionera monasteni parochus
in Weildorf ibique sepuUus.
5 [0. Albertus de KsselingL-ii sac, 0. fr. Johannes
de Ümow"! sac, O. fr. Berthotdua de RAd-
tingen sac. O. fr. Geiwicus de Salina') sac]
O. piae memoriae dos. Anselmus Muotelsee.
33. abb. in Salem, anno ibSo.
8 1813 o. in KJrcUberg piope Marisburgum et Imen-
atadii est sepultus r. p. Ebethardus Eisek Kauf-
buranu^*), in mathesi et geometria eniditissimus.
9. [0, fr. Eberbardus de Salina cv.] O. admodum
;. p. Fniudscus Waibcll, titteris ac pietate nee
non studio di&ciptinae legularis exiroias, 15 annis
prioria peifunctus muuere, gtavissimos corporis
dolotes patieiiter ac diu toleratos placida morte
fmivh anno domini 16(15.
II (O. Marquardus de Siai» sac. O. fr. C. de
Riscliach'j sacj
^ SiHtn Att Hocl» hule FMibor;. — 'j Wüm. ÜA. Ebiogen. —
t Geschlecht, — "i Kein Adeligei, .ondsin ein aus Sohl, BA.
■BMOcl« MOnoh. — ') Jetil FriedriduliBfeii. — *) Hnnt, BA.
— I) HaU in TtH>l; Ulli beihst noch öden in dicMin ToMd-
L — >) Kaul beulen, buci. Sdivobcn. — *) Die noch blühende
e d. N. iLunnit am Keitchacb, hnhcnioll. OA. SigmsriDgen.
i5o Baumann.
IV. id. 12 O. 1733 ven, p, Candidas Ströhle, bina vice
prior, senior, iubilaeus, praefectus Uberlingae,
ibidem mortuus, sed Salemium' translatus et
sepultus. Anno 1 8 1 8. o. r. p. Melchior Falger Neo-
burgensis^), vicarius in Horte Florido (Baindt),
parochus in Salem, chori cantor, poeseos atque
rhetorices professor, Neobümovii^) cap. et con-
fessarius moniaüam in Lacida Valle^), ibidem
sepultus.
III id. 13 O piae memoriae r. ac ven. p. Simon Weg,
multis officiis tam spirituäle quam temporale
emolumentum concementibus ac tandem bursa-
riato laudabiliter et indefesse perfunctus, cuius
pjomotione, cura et sollicitudine praesentis novi
aedificii commoditate fruimur, anno dni 1624
sub rmo dno, dn». p. Thoma, abbate in Salem.
II id. 14 O. fr. Halwig sac. O. r»nus dns, dns Wolf-
gangus Ruopp, ex monacho Salemitano abb.
Fontis Regii, 1658.
XVII kal. 16 [O. fr. Rädolffus de Furstenfelt *) sac]
XVI kal. 17 O. 1734 r. fr. Meinradus com. de Hohenzollem,
m. et acolytus.
XV kal. 18 O, fr. Henna nnus de Tierberg») cv. O. 1769
pl. r. ac ven. p. Gunthramus, über baro de
Donnersberg, prior, novitiorum magister, bursa-
riiis, grannarius, culinarius, omnium monialium
et conventus confessarius, senior, iubilaeus.
XIV kal, 19 [O. fr. Eberhardus, sac. de Bödmen«).] Anno
dni Christi 1675 die mensis Februarii 16. rm«s
dns, dns Anseimus abb. et conventus Salemi-
tanus ad bellorum turbines et tempomm, ut tunc
. maximae erant, acerbitates mitigandas aliasque
mnltas et magnas tam communes quam particu-
lares, quae monasterio cfrcumquaque incumbe-
bant, adversitates avertendas unanimi consensu
divinae matris, specialissimae s. ordinis Cister-
ciensis patronae, castissimum sponsum, sanctum
Josephum in patronum dicti monasterii specialem
et perpetuum cooptarunt, ita quidem, ut solen-
nitas eius anniversaria tanquam festum pro more
dioecesis et sccundum breviarium Cisterciense
duarum raissarum maius celebretur atque deinceps
singulis per annum hebdomadis feria quarta, illa
^) Von welchem Neuburg ?-•—-) Neubirnau bei Überlingen. — •) Lichten-
thal bei Baden-Baden. — *) D. i. Mönch des oberbaier. Klosters Färstenfeld.
— *) Württ. OA. Balingen. — «) Ob der 1169 genannte Konstanzer Dom»
herr? ...
Totenbuch von Salem. 46 1
vero inpedita, alia commodiori (quatenus rubricae
Romanae id permittunt) intra eandem bebdo-
madem missa de eodem sancto votiva pro necessi-
tatibus monasterii perpetuis posthaec temporibus
peragatur. Qaa[e] tarnen ordinatio non intendlt
ulläm vel praesentibus vel futuris inducere obli-
gationem aut cuiusvis peccati reatum, sed pro
occürrente rerum necessitate et exigentia tem-
porum eandem vel abrogare, si ita e re fore
videbitur, vel quocunque modo immutare dni
abbatis et conventus qaovis tempore extituri
discretioni et liberae dispositioni relinquitur.
Videns') postea rmus dns £mmanuel boc quidem
cultu nihil addi in honorem s. Josephi, cum
breviarium illud ipsum praescribat, anno 1683
in capitulo generali, cui inter definitores inter-
fait, quanqaam aegre, obtinait, ut hie Salemii
peculians patronus imposterum officio chori,
Sermone missa coli possit, ut visum proinde est,
ut, quo id rite institueretur, in primis vesperis
responsorium »sint lumbi« et loco capituli consueti
de communi officio secundum ritum festi s. Bene-
dicti »dilectus deo« assumeretur.
XIII kal. 20 O. fr. Fridericus Kayser de Hylaria^ m, et sac,
i4$i, O, fr, Caspar Renner^) de Ehingen m. et
sac, sacrarum eciam literarum baccalarius formatus
ahne universitatis Faristensis, huins guogue domus
hursariuSy 1487 . Anno 1816 o. ven, p. Malachias
Seeleitner Salisburgensis, sac. iubilaeus, orga-
nista, philosopliiae, theologiae ac iuris canonici
per plurimos annos professor meritissimus, nota-
rius apostolicus, confessarius monialium in Hegg-
bach^), ibidem sepultus.
XII kal. 21 [De domino Wilhelmo abbatet) dantur pisces]
O. r. et clarissimus p. Wilhelmus Hillenson, ss.
theologiae doctor, qui multis pro ordinis ac
monasterii nostri emolumento laboribus defunctus,
cum ex Franconia, quo a rino dno abbate missus
erat, domum rediret, Hailbronnae naturae debitum
solvit, in domo Theutonica ibidem tumulatus,
anno dni 1641. 1822 o. Altdorfii apud Vineas*)
<) Von da an andere Hand. — ') Säckingen — ^) Ob ein Ahne der
ritterbürtigeii Familie Renner von Almendingen (bei Ehingen a. d. Donau).
«) Württ. OA. Biberach. -> *>) Gest. 1395. — *) Altdorf und Weingarten
bilden zusammen seit 1865 die Stadt Weingarten, wttrtt. OA. Ravensborg.
^^^ Baum a im.
cv. Fraff^ci8cu9 Margretter fic^enkenzellensU *),
semrius et Sttbbwrsaciuft.
XI kaJL 2Z [O. jftagisier Ülricus «ac«» 4e iquo dantur 4 ff h.
X kal. ;?S ^» f^» Cunradus Germng de Conttanda m. et
SüC^ J466,
IX kal 24 {O. BipbsyrdMs cv.]
VII kaJ. ^6 O. 1777 r. p. Gero BoeManger, ss. theologiae
magiateir. O. 1 796 ven. p. Marcus Voelger sac.
iubilae««» <)tti aabprioris^ navitioram magistri, con-
veatoa et oomeuubi paene siOBialium confessarii
Ac |>riori8 pittecipue per vjgioti Septem annos
H «sque ad ^itae ^nev ofliciis summa cum
laude ÜHictus, ardenti dei aviona, tenero Beatissi-
oiae Virgims et Tutelaris Asigdi cultu, discreto
observaijktiae mooa&Ucae selo, aincera erga omnes
caritate, chori ad octogesimiim aetatis annum
lucantlatis laboribus mkabUi inter vehementes
morbi dolores patientia et fCOntiDua divinae
gratiae et misericordiae commendatione caete-
risque vktutibus enituit atqvie ipso meridie
Sabbathi Sancti «d aetemum Alleluja vocatus,
sui mamoriam in benedictioiie reliquit.
VI kal, 27 [O. fr. Bertoldus sac, dictus Studegast^]. Fr.
Robertus Kraff Weingartensis, qui multis annis
cantorem et musicae praefectnm agens feria 6.
Parasceves pie obiit, m. et sac, 1682.
V kal. 28 O. dominus Egtdius Weytold^ can. ecclesie Chie-
mensis^), O. 1745 a. r. p, Franciscus Leinberer
Markdorffensis ^), quoDdam prior Raittenhaslaci
et Salemii, postea totius Superioris Germaniae
congregationis secretarius, protonotarius aposto-
licus, senior.
IV kal. 29 [O. fr. Petrus de Hüningen*), subdiac] O. 1814
' iubitaeus sac, ven. p. Anadaeus Frey Kfaleggen-
sis, parochus, aubprior, in Monte B. V. M. prope
Bodman*) praefectus, citpellaaus Neobümovü,
confessarius conventus et monialium in diversis
monasteriis.
II. kal. 31 [O. fr. Bertholdns de Hornstain'^) cv.] O. a. r.
p. Ferdinandus Holt, quondam prior et secre-
tarius Superioris Germaniae, anno 1703. 1800
*) Schenkenzell, BA. Wolfach. — <) Die Dienstmannen d. N. sassen
zu Steisslingen im Hegau und eu Aulfingen in der bad. 8*r. — *) Herren-
chiemsee, Oberbaiern — ^) Markdorf bei Salem. — ^) tm ObeMlM«. —
*) Frauenberg bei Bodman, heute noch Wallfahrtsort. — '^ Die f'amilie d. K.
stammt von Homstein bei Sigmaringen
Toleabudt van Sälen
o. f. f. Aloysius Keller Hechinganas '), d© c
tadefcno labore globi pro ramaeo mathematico
COaf»cti testantDi.
Aprilis.
kal, i O. fr. Conradus £rfranc/t i
raier in Etslingtn,
iV non. t [O. fr. C. cv. de Essendorf»)].
IH non, 3 1782 o. ven. p, Michael Pfiffer iubilaeus, per
plnilmos annos cellerarius maior, verus fratnim
pater ac amator. Anno 1 808 o, r, p. Alexander
Penhatnmer Waltershoftinsis»), ioferiorum el supe-
riornin professor, novitiorum magister, secretariua
abbatialis, tandem monialium in Valle s. Crucis
confessanus, ibiqae sepultus.
n non, 4 [O. Nftbro sac]
non. 5 O. Johannes Waltheri, prior in RatUnhaslach.
VI id. 8 1764 o. r. p. Thomas Cantuaiiensig BreaLiaaello,
qui Francofordi, quo a sacrosantlo domino n
papa CleiQBnte XIII. auditor generalis commis-
sionis apostolicae ad electionem Komanorum
tegis Josephi U, missus fuerat, iiaturae debitum
solvil et in ecciesia Caimelilanim in latere
dionali ad altare s. Batbarat: est (umu latus.
R. 1. P.
V. id. 9 [O. fr. H. de Owe*) sac]
IV Id. te 180} o, vsn. p. senior Theobaldns Vogler de
Salem SBC. iubilaeus.
lU UL 1 1 [O. Johannes de HornsUin cv.
U id. 12 ü. Uietherus sac. O. Burkardos de Stain sac]
O. I 7Ö7 pl. r. ac von. p. Gervasius Feuchlmayer,
de oidio« beae merilus et [i"' ac excellentissimi
D. D. abbatis aecretarius,
id. 13 [O. H, da Miakikh") sac]
mi kal. 14 O, in monailtrio Sfum*) dnt Johanntt aöi.''] et
/r, Johanntt Ttngl&r unior. 1740 o. a, r, p.
Marianus Graff Altorffensia"), praefectus
Bachhaupten et cellerarius maior, verus (
amator.
*) HcdliagCD, Hoheniollern, — ») Wohl ein Sjiiojse der RitlerftoiiUe
Eu. (warn. OA. W»ldsce). — ') Willenholen, wQiH. OA. Ijutkinh.
^ Ob dn Sproi« des EdeTeMchlwbts von Ow oder ein GHed der Baeem-
1 Ilee«]? — >| Kein Adelign, soodetD ein in Metshirch
— •) Seeon, Oberbaiern. — ') Gest. I476. — *\ Von All-
l7eiBpileii.
3^4
Naumann.
XVII kal. 1 5 O. piae memoriae dn3 StephaAus Jung, sub coius
regimine novum aedificium huius monasterii est
constnictum, ,35. abb. in Sajem, anno 1725.
Notandumi), quod rmus dns Stephanus, aetema
posteriorum memoria dignissimas, post resusd-
tatum de cineribns' aedificium monasterii Sale-
.n^itanif post superatos beUorum turbipes aliaque
ezantlata temporam infandonim. incommoda pro
congrua gratiarum actione in honoreni B. V.
Mariae et divae matris Annae aedificavit saceÜom
extra monasterii muros iiizta sylvulam Htardi dictam,
in loco, ubi antea erat aedicula ss. Septem Fratrmn
Dormientium, queis etiam in hoc novo sacello
altare dedicavit.. Haec autem* omnia facta snnt
nullatenus cum intentione transferendi in posteros
aliquam obligatio nem, sive quoad reparationem
fabricae, sive quoad celebratipnem inibi divini
. . cultus, sive quoad aliud onus cuiüslibet hominis
aut titüli.
O. Beringerus m. et'sac]
O. Otto Rot CV.2)]
O. Johannes de Bregancia, quondam niger
abbas*).] 1808 o. r. p. PhiKppus Fridl Biber-
bacensis^), phiiosophiae , matheseos, physices,
astronomiae, theologiae, historiae eccl. et iuris
canonici professor doctissimns, tandem monialium
in Horto Florido, vulgo Baindt, confessarius,
ibidem sepultus.
XII kal. 20 O, ans Johannes Püttenhammer, cau. eccUste Chie^
mensis, O. fr. Joannes Wild m. et sac. ex
Piullendorff, hie fuit multo tempore oeconomus
fidelis, 1636. 1792 r. p. Simon Thum. bursarius
et praefectus in Schemmerberg *), qui summa
cum industria maximoqne emolümento monasterii
hanc praefecturam administravit.
O. fr. Constantinus Pfister m. et sac, fidelis
oeconomus ag bursarius in Salem, anno . 16.62,
verus fratrum amator, Juliomagi«) sepultus.
1775 o. fr. Wilhelraus jMayer cv., lapicida.
XVI kal.
XIV kal.
XIII kal.
16
18
19
XI kal. 21
*) Von da an eingeklammert zum Zeichen, dass diese Stelle nicht im
Chore verlesen weiden darf. — *) Aus dem Ulmer Geschlechte d. N.? —
*) Diese Angabe spriclit dafür, dass Johannes Abt eines Benediktinerklosteis
gewesen ist. Welches Klosiei* er aber regiert hat, ist unbekannt. . Seiner
gedenkt auch das Totenbuch von Ottenbeuren (Necrologia Germani^c I, 106)
ebenfalls am 19. April; nach demselben lebte er nach 1228. — .*). Biberbach,
baier. BA. Weriingen, hayer. Schwaben. *) Württ. OA. Biberach. —
^) So nannte man PfuUcndorf.
Totenbuch Yon Salem. 365
VUI kal. 24 O. fr^ Jacobm^ prior in JRaüienhaslach,
VII kal. 25 [O. fr. Georias de Tierberg, sac] O. fr. Ludo-
vicus Negelin cv. anBO j 634 Uherlingae in exilio.
VI kal. 26 0. fr, Fridricus Tegen^ prior in Raittenhaslach,
IV kaL 28 Conradus - Schwarz m. et sac, prius oeconomiae
Salemitanae multis annis laudabilissime admini-
ttrata» procurator domu8 nostrae in Überlingen,
o. anno 1662.
III kal. 29 [O. Tmtwinus sac]
n kal. 30 [O. fr. Jobannes Rbggwiler sac]
•
Maius.
•
kal. I [O. magister H. d. S. Gallo novicius.] O. fr.
Gundisahus de Hispania, m, et sac, i$o6, O.
1778 ven. p. Eberhardus Schneider, de ordine
bene meritus. prior et novitiorum magister ac
snperior in Bümaui).
V non. 3 ö. pie memorie dns Georius Schnappinger, 32. ahb,
moni in Raiiienhaslach^ ^4(^4^ O, fr, Symon Buggen^
how di Buchcw\ fidelis procurator in Esslingen^
i$4o, O. r. p. Chrysostomus Haggiar Aegyptius
Cairensis, ciistos. Hic^) in metropoli Cairo natus
a catholicis parentibus, in monte Libano litteris
imbutus, Alexandriae sacro ritu Graeco ordinatus,
Romae ad ritum Latinum translatus, postmodum
Viennae in Austria in ecclesia Graecorum iterum
cum dispensatione pontificia sub ritu Graeco
altari serviens, sed denuo ad ritum Latinum
pergens, pene totam Germaniam peragrans venit
Salemium ibique transacto per integrum annum
novitiatu emisit sacram professionem ac tandem
hac die vita functus est anno aetatis* 48., pro-
fessionis 10, Christi 1790.
IV non. 4 O. anno 1792, 4. May eminentissimub ac rmus
D. D. Josephus ex comitibus de Garampis, s.
Romanae ecclesiae cardinalis et archiepiscopus
Montis Falisci et Cometi^). Hic, dum adhuc
esset can. basilicae principis apostolorum in
Urbe et Clementis XIII. tunc feliciter regnantis
ac apostolicae sedis archiviorum secretiorum
praefectus, ab eodem pontifice tamquam com-
*) Biman bei Überlingen. — *) Buchau, wtirtt. OA. Riedlingen. —
') Bei folgendem Satze ist am Rande von anderer Hand bemerkt: »Haec a
cantore non legantur, quia tantum notitiae posterorum causa scriptae sunt«
— *) Über ihn i, ?. Weech, Rom. FraeUten am deutschen Rhein (Neujahrs-
blltter der btd. hlst. Kommission NF. 1).
ji6 BftnmsKiL
■issana» ac ¥isitaftor i^stoKcai ad nosSalnnnim
Biss«9, attoo 176^ concordian paccif e pristi-
naia ex ink^o lestüni dbcipNaramqae regulärem
finussime sCkbüMC; Petiit cigo a aobis ante
disecssni sodib coniortcniilateis n<i1iiMM, ut
tusquam venui conlraMr et unus ex gremio
■ostvo jCTipgr kabeaCar emniHaqQe fiat bonorum
spiritualium particeps. Ad «alaa dein Vienensem
legatus ibiqoe diu resktens Fiam YI^ pcndicem
per CniHiiiiiriaiii iter agentsm CDrakatam eit, ubi
reverendlssimum praesulem nostrum Robertum
ad Fauces Julias i) avocavit ibique eundem ac
reliquos viae comites tamquam veros confratres
SUO6 Christi vicaria pmesentandt ae omuibus
Salcmii Mna mentibii» leljgioM binum per sin-
gnEas iMMomadas aitaris Privilegium impetravit.
Deorom Romae casdinaMa cveatus ac praefectus
congregationis ^ Propagaoidai, dum ob GaUicas
tBfba» toü ordini nosfeEo exidunt iamiaoa mminere
pro^iceret, lUwtriBsiBio patre generali e Cistercio
üigato ooMiibusqiie GaBia« nnnasteriis extinctis
ipse efedt, ut supremnm. oidinis nostri per
Soperiorei» Germasiam v^isan, patria potestas
sspremaqae iaradictio alCe&ta praesuli nostro
per breve apostolicmn »5. Jvlfi 1791 exaratum
firmaretnr. Tandem vHimo' raorbo decumbens
ac In Corona confcatram pro ae comprecantium
Sa^emitanorum* mori iogiter smhelans, 4. Mail
1792 Romae vivere desüt, aetema Salemitanorum
memoria dignissimas *).
Vni idl 8 [O. fr. Johannes RockwiTer m. et sac]
Vn id. 9. O piae memoriae dns Enmianuel Sulger, 34. abb.
in Salem, anno 1698.
VI id. 10 [O. fr. Wernherus Selhofer prior.] O. piae me-
moriae dns Thomas Wuun, 31. abb. in Salem,
anno 1647.
IV id. 12^ O. piae memoriae domnus Christianus Fürst,
29. abb. in Salem, anno dni 1605.
III id. ]»3 [O. Gerungos cv.] Anno 1689 apoplexia o. r. p.,
Rogeritts Vogler Engenais ^), confessarius Rubri
Monasterii^), pcaefectu» Juliomagi, cellerarius
maior, commissarius t^^, prior et supprior^ pluri-
bus annis senior conventusi de monasterio nostro
optime meritus. 1809 <>• r* P- Gerardus Hang
^) Fttsien a. Lech. — *) Dieser ganze Antrag steht auf «iiigtlifebtem
Papiere. — ') Engen im Hegau. — ^ Rottenmfltister bei Rottweü. —
Totenbuch von Salem. ^^7
Solerwaldensis '), et Kirchhemii^ sepultus, qui
in mono munere studiosorum moderatoris, novi-
tiorom magistrl et confessarii conventus funge-
batur.
XVII kal. i6 [O. fr. C. de Schanbach, sac. et prior.] Anno
1820 o. cv. Felix Rott scrinarius, in Grosköz")
natus et sepultus.
XIV kal. 19 O pit memorie domnus Petrus Oxer^ 75. ahh. in
Salem, qui complevit novam structuram nostre
eccUsii, cuius inchoator fuit dominus Ulricus de
Selvingen; Ate eciam dominus Petrus de novo con^
siruxit cafihdum novum cum dormitorio et ambitu
incomplete 1441,
XIII kal. 20 1796 o. r. p. Joachimus Sommer Ottoburanus ^),
succentor, insignis organista ac musices com-
positor.
XII kal. 31 O pie memorie dns Wiihelmus Schraiick\er'\p 13.
ex 23. abbati Raittenhaslacensi^) abb, in Sa/em^),
O fr, Georius Rüthart organista, m. et sac. 1496.
X kaL 23 1 778 o. piae memoriae domnus Anseimus Schwab,
38. abb. in Salem, utriusque sacrae caesareo-
regiae ac regiae apostolicae maiestatis consiliarius
intimus necnon collegii abbatialis per circulum
Soevicum director etc. etc.
IX . kal« 24 O piae. memoriae domnus Matheus Rott de Nüfra^
26, abb, in Salem f anno 1583. O, piae memoriae
domnus Joannes Buecheler de Neufra^ 28, abb. in
Salem, anno 1388.
VIII kal. 25 [O. fr. Petrus de Bern') sac] O. maus dns, dns
Joachimus Müller, ex priore Salemitano abb.
Bebenhusanus s), anno 1663. 1814 o. r. p. Seba-
stianus Schauber Uiberlinganus, in musica studio-
sorum instructor, organista et musices compositor,
cantor chori et conventus confessarius, Kirch-
bergae prope Hagnovium mortuus ac Imenstadii
sepultus.
VII kal. 26 O. 1739 r. p. Antonius Luz Monacensis*), chori
regens, subprior, conventus et monialium con-
fessarius in Heggbach, Walle s. Crucis et Rubro
Monasterio, ultimo sepultus.
>) Wild, Hobenzollem? — *) Kirchen bei Ehingen a. d. Donau? —
*) Bttier. BA« Giäiubarg. — *) Ottobeuren, baier. BA^ Memmingen. —
*) Diese Angabe ist am Rande im 18. Jahrh. nachgetragen. -- ^ Grest. 1395*
— "*) Ans der Edelfamilie von Bern, deren Stammsitz bei Rottweil liegt. —
•) Bebenhansen bd Tübingen. — «) München.
Zeitedtf. {. GMCb. d. Oberrh. N. F. XIV. 3. 25
Baumann.
I kal. 28 Anno 1746 o. piae memoriae domnus Stephanos
Enroth, 37. abb. in Salem. Anno 1807 o. cv.
Zacharias Haenfling de Kemnath^), lanificus, qui
post moni saecularisationem mente captus e
patria Pforzhemium transportatus, ibidem mortuus
et sepultus est.
I kal. 30 Anno 1153 o. beatus Gero Auuer, ex monacho
Salemitano primus abbas filiae nostrae in Raitten-
haßlach*). 18 14 o. r. p. Xaverius Mayer Rot-
wilanus, post saecularisationem parochus in Linz
prope Juliomagum, ibidem sepultus.
LI id. 31 O» pie memorie domnus Christianus^ 4, abb, in
Salem 8).
Junius.
non. 2 [O. fr. C. In der Bünd^) sac]
non. 4 [O. fr. Cunradus de Justingen sac]
non. 5 O. 1751 r. p. Ambrosius Rothmund, chori regens,
cantor et organista insignis.
II id. 6 O. rmus p. Alexander Metzger, abb. Neocastren-
sis5), professus in Salem, 1622.
II id. 7 [O. fr. H. de Dietherkouen «) sac]
V id. 10 O, hac die beatus'^) Eberhardus de Rordorff, 5.
abb. in Salem^), 18 10 o. Husae prope Julio-
magum») cv. Alanus Bernard Lausheimensis »<>).
11 id. 12 1732 o. piae memoriae adm. r. p. Nivardus de
Lemppenbach**), qui in ipsa ss. Corporis Christi
solenni processione, quam comitabatur, e vivis
decessit.
id. 13 O, fr, Rudolffus Koler de Ehingen^^) m, et dyac.
^453-
[ kal. 14 [O. fr. Rulandus cv.] Anno 1816 o. r. p. Matthae
Ebisch Sigmaringanus, studiosorum professor et
moderator, culinarius, praefectus in Monte B.
V. M. prope Bodraann, confessarius monialium
in Inzighofen a principe Sigmaringano denomi-
natus ibique sepultus. Anno 1820 o. r. p. Con-
radus Kohl Kemnatensisis).
Kemnath in der Oberpfalz. — ^) Im 18. Jahrh. nachgetragen. —
1190. — *) Konstanzer Familie. — *) Neuburg bei Hagenau, Unter-
— ®) Dietelhofen , wurtt. OA Riedlingen? — ^ Dieses Wort
Rasur im 16. Jahrh. geschrieben. — *) Gest. 1241. — *) Hausen a.
>ach bei Pfullendorf. — ^^) Lausheim, hohenzoll. OA Sigmaringen.
stenberg, Beamtenfamilie. — ^^) Welches? — ^*) Kemnath in der
ilz.
Totenbuch von Salem. ^60
XVI kal. 16 Anno 18 14 o. r. p. Basilius Miller Schemmer-
bergensis, chori cantor, poeseos atque rhetorices
Professor Salemii atque post saecularisationem
Uiberlingae, demum parochus in Hilzingen'),
ibidem sepuUus.
XV kal. 17 Hie erii commemoratio henefactorum nostrorum et
omntum illorum, qui sert'ptis nobiseum eontraxerunt
fraternitatem perpetuam, de ceriis monasieriis et
ordintbus, Inclina, sae, tres mtssas, minister
psalterium,
XIII kal. 19 [O. fr. Johannes de Lechstetten 2), dyac,] Hie
celebratur anniversarium dni Johannis dicti Bock
militis de Rotwila et Ursule uxoris eins,
XII kal. 2 1 0 pie memorie dns Ülricus^ nonus abb. in Salem de
Selvingen^), inchoator structurae nove moni predicti^)^
sub quo domus ista in temporalibus et in spiritu-
alibus est multipiiciter subiimata, de quo debet dari
pitancia Johannis Etvangeliste,
XI kal. 21 1820 hora media prima nocturna 21. Jun. in
arce Salemitana Kirchberg prope Marisburgum
nefando Ratisbonensi saecularisationis decreto e
domo sua expulsus p. r^us D. D. Caspar Oexle,
40 et ultimus regii. consistorialis ac exempti
monasterii Salemitani abb. Corpus eius ex speciali
gratia Bad. magni ducis Ludovici Salemium
solemniter translatum ante summum ecclesiae
maioris altare in latere epistolae et sub gradibus
presbyterii iuxta praedecessoris Roberti sepul-
turam appositum fuit.
VIII kal. 24 O, fr, Leonhardus Wingeber m, et sac, 1459, O.
dominus Hiltebrandns , quondam abb, in Fönte
Regis^),
VII kal. 25 [O. C. de Bemhusen«) sac] O, pie memorie
domnus Amandus Schäffer de Argentina, 21, abb,
in SaJem^ 1534,
IV kal. 28 O, fr. Diethricus de Hidorff"*) cv. Anno 18 14
o. r. p. Placidus Seybold Suevo-Gamundianus»),
in Curia Mariana vicarius, cantor chori et post
saecularisationem monasterii parochus in Thengen
ibique sepultus.
*) BA. Engen. — *) Leusteiten, BA. Überlingen. — •*) Gest. 13 il. —
*) Im 18. Jahrh. verändert in: novae ecclesiae nostrae. — *) Wird 1434 ur-
kundlich genannt. — ^) Bernhausen bei Stuttgart. — ^) Dieses weitverzweigte
Rittergeschlecht nannte sich nach Heudorf, BA. Stockach. — ^) Gmünd in
"Württemberg.
25*
xnQ Baumaim.
Julius.
VI non, 2 O. dns. C, rector in Magenhuh^) ac novidus in
Salem, qui ligavit 20 ff 9^, 10 ad sartariam et 10 ad
piianciam pro pUcibus^ s^d nichil daiur,
IV non, 4 [O, fr. Otto dysi^. dictus Grpter, prpfessns in
Foute ^egis.]
III non. 5 1773,0. fr^ M^\u:us Untersee cv., sendtor r»»» et
excellnai D. D. abb. Ansetmi I|. fidelissimus et
faber automatarius peritissimu^,^ Anno 1820 o.
r. p. Martinus Braunwart Weildorfensis, gr^ioma-
tices Professor et sublato mpnasteno parochus in
Herdwan^en ^), ibidem sepultus. Anno 1824 o.
in patria sua Hedingen >) cv. Jacobus Rilli> doli-
arius Salemii, subcellerarins et infirmomm servitor.
VII id. 9. Anno 1817 o. r. D. Bruno Hart Buxheimensis^),
Salemii annö 1 800 vota religiosa emisit, monasterio
autem occupato 1 802 a principibus Bad. ad sacer-
dotium et paulo post ad capellaniam in Herd-
wangen promotus, Uiberlingae sanitatem recupe-
raturus morti occubuit.
III id. 13. Anno 1814 o. r. p. Thomas Schilple Uiberlin-
ganus, cap. Neobümovii, parochus Salemii et
confessarius njionialium in Baindt ibique sepultus.
id. 15 O. fr. Andreas Dettikefer de Constantia m. ei
sac. 1548.
XVII kal. 16 O. fr, Conradus Trosthamer de Marckdorf m, et
sac, procurator in PfuJlendorff, eandemque \domum]
construxit ac bursarius fidelis nee non paier et amator
omnium monachorum eic, iandem camis dehitum solvit
anno [is\^o,
Xy kal. 18 A(ino 1073 o, fr» Geprgius Bück, cv. et pictor
in Salem.
XIV kal. 19 O. fr. Peti^y^ Sgh&ler, sac. 0.j 1770 r. cv.
Bamabas Haas, senior et iubilaeus vere vene-
rabilis.
XII kal. 2 1 O. fr. Cunradus Rot sac, \i4\7H>
XI kal. 22 Anno 1821 o. r. p. Jacobus Scheirmajr Bitten-
brunensis^), parochus Salemitanus, novitiorum
magister, conventus confessarius et praefectus
in Monte B. V. M. prope Bodmann, ubi etiam
sepultus.
IX kal. 24 R. p. Christophorus a Rehlingen*), supprior et
confessarius in Wald et Valle s. Cnicfs 1703.
») Hohenzoll. OA. Sigmaringen. — *) BA. PfuUendorf. — ») BA. Über-
lingen. — *) Buxheim, baier. BA. Memmingen. — •) Bittelbninn, BA. Engen.
•) Augsburger Geschlecht.
Totenbuch von Salem.
371
VI kal. 27 O. fr, C, Fladenschrot, cantor^ 7-^77.
IV kal. 29 [O. Diethericus Münser sac. i)]
III kal. 30 [O. Hermannus Kraflfto«) sac. O. fr. Laurentius
de Bohemia sac]
11 kal. 31 O. piae memoriae domnus Udalricus Gräter
Biberaco oriundus, 8. abb. in Salem, pridie cal.
August! anno 1285.
Augustus.
III non.
Vm id.
VII id.
VI id.
3 1713 r. p. Bemardinus Schuemächer Lucernensis,
ad S. Urbanura3) professus et prior, postea in
Salem susceptus, professor theologiae.
6 [O. dns. H. abb. in Fönte Regis, dictus Krämer^).
O. fr. Luttramus, sac] 18 10 o. in arce Salemitana
Kirchberg et Imenstadii est sepultus r. p. Leo-
poldus Deschler, iuris can. professor, bursarius,
granarius et ultimus praefectus Neobarnovii.
7 O. H. Princeps*) sac.
8 O. pie memorie domnus Berchtoldus de Urach,
6, abb, in Salem <^), et domnus Ludowtcus Oschivald,
77. abb, in Salem, anno 14p, 181 2 o. r. p. Igna-
tius Vogel de Hechingen, primissarius Schemer-
bergae et ibidem sepultus, antea Salemii capi-
tuiaris, studiosae iuventutis moderator, in poesi
et rhetorica professor insignis.
Q [Ü. dns. H., primus abb. in Fönte Regis]'').
O, pie memorie domnus Johannes Appenzeller,
2j, abb, in Salem, anno salutis 1553, 177 1 fr.
Hermannus Hermann cv., sacristiae diligentissimus
servitor.
IV id. 10 1806 o. Bimovii ven. p, Thaddaeus Weitmann
Suevo-Gamundianus, sac iubilaeus et per plu-
rimos annos in musica studiosae iuventutis in-
structor chorique regens post saecularisationem,
sepultus in Seefelden.
id. 13 [O. fr. H. de Überlingen, sac, scriba. O. fr.
Burkardus Besserer <)) sac. Anno dni 1362. ante
festum Assumptionis Virginis gloriose fr. Johannes
V id.
>) Wohl ein Münser von Sünchingcn. — «1 Ulmer Geschlecht. — ») St.
Urban, Kanton Luiem. — *) Genannt 1366. — *) Ob ein Glied der Edel-
freien ^Ftt^st von Konzenberg«? - «) Gest. 1241. — ') Königsbronn wurde
1302 Ton König Albrecht gestiftet; über Abt Heinrich ist nichts nfiheres
bekuint« als dass er aus Salem mit den ersten Mönchen gekommen ist. —
*) Aus der Ulmer oder Überlinger Familie d. N.
372
Baumann.
Kupari) et fr. Bertholdus cvi fuerunt occisi prope
monasterium zen Feiten ^) per comitem GotfHdum
de Wartenstain ^) et suos complices pro bonis
moDi commendabiliter suam vitam tradentes, cum
predictus comes iniustissimam accionem adversum
monasterium tunc temporis moveret et eciam
in Schemerberg ac Lushain*) bene in looo f£ h.
dampnificasset per incendium ignis.]
XVIII kal. 15 [O. Decimus Gremiich sac] Hac die erii verum
patrocinium capelle beatae V, M.^ idcirco canior
provtdeai, ut posi sermonem missa de ipso festo
Assumptionis heate Marie in eadem capella solemp^
niter cantetur in ambabus vesperis. O. r. p. Berthol-
dus VVartha archivarius, m. et sac, anno 1802.
XVII kal. 16 O, fr. Felix Huber sac, guondam bursarius ac
professus in Bebenhausen, qui conhdit conventui
20 ß. ob remedium anime sue, anno 155^,
XV kal. 18 O. fr, fohannes de monasierio Ryffensiain^^ qui
inier iii in vivario Haslach^ m, et sac,
XIV kal. 19 Anno 1649 o- P- Sebastianus Bürster sac. Con-
stantiae«).
XIII kal. 20
XII kal. 21
X kal. 23
Hie danlur pisces de dno Wilhelmo '').]
O. fr. Petrus Krafft, acolitus.]
O. Bertoldus Magenbüch sac]
VIII kal. 25 [Hac die celebrari debet dies anniversarius
sollempniter per missam in conventu illustrium
dominorum ducum Inferioris Bavarie, et per
bursarium conventui pitantia piscium ministratur.]
IV kal. 29 O. 1800 r. cv. Arnulphus Tribelhorn Schwenin-
gensis*), iubilaeus, reticulator tibialium, vir pius
omnibusque carus.
II kal. 3 1 O. Karolus Rot sac. O, pie niemorie fr. Martinus
Bosch m, ei sac, anno [/^]5/.
September.
kal. I [O. pie memorie fr. Cänradus Röchli, prior.
O. fr. H. de Nürtingen») sac. O. Rüdiger cv.]
Nota, antiqua traditione notum Salemitanis est,
in illo loco seu angulo ecciesiae, quo ad latus
meridionale altaris s. Bernardi aliud in honorem
*) Korrigiert aus Kupfar. — *) Wohl Flurname. — •) Wart stein,
w. OA. Münsingen. — ^\ Lausheim, hohenzoll. OA. Sigmaringen. — •) Reifen -
stein bei Worbis, Eichsfeld. — •) Der bekannte Chronist Salems im Schweden-
krieg. — ') Gest. 1395. — ®) Schwenningen, BA. Messkirch. — •) Württ*
Stadt, a. Neckar.
Totenbuch von Salem.
373
s. Verenae virginis et ex legione Thebaea mar-
tyris positum est, primam sacram aedem con-
structam fuisse atque adeo pro ecciesiae nostrae
et totius monasterii iacunabulis haberi. Indignum
igitur censuit r^us D. Stephanushanc memoriam
in sola notitia haerere, forte etiam cum tempore
penitus oblitterandam, nisi annuo cuitu renova-
retur et sanctae martyri honor haberetur, obtinuit
ergo anno 1700 ab illmo patre generali Nicoiao
Larcher, ut dictae virginis ad Cal. Septembris
incidens festum officio 12 lect imposterum
peragi possit.
IV non. 2 [Anno dni 1380 o. pie memorie fr. Eberhardus
de Gummeringi), qui ligavit conventui annuatim
16 fl., quas dabit procurator in Ulma, item
2 K h. de uno prato.] 1806 o. in arce Sale-
mitana Kirchberg r. p. Augustinus Karg Wolfers-
hofensis^), propter saecularisationem primus mo-
nachorum Salemitanonim in Imenstad tumulatus.
1812 o.r. p. Guido Mayr Campodunensis^j^Iinguae
Hebraicae instructor, professor canonici iuris,
praefectus in Monte B. V. M. prope Bodmann
et Neobürnovii, confessarius monialium in Valle
s. Crucis,* Horto Florido, vulgo Baindt, demum
in Rubro Monasterio ibique sepuitus.
111 non. 3 1804 o. r. p. Marianus Sillmann Neoburgensis*),
qui iussu marchionum Badensium Friderici et
Ludovici, quibus ipsorum pater post saeculari-
sationem ditiones Salemitanas et Petrihusanas ^)
unacum monasteriis cessit, primus in coemeterio
communi, Stephansfeld dicto, debuit tumulari.
11 non. 4 [O fr. C. de Stain sac ] 1809 o VVettenhusae «)
ibique est tumulatus ven. p. Andreas Heichlinger
Grosközensis, Salemii ofHciis studiosae iuventutis
moderatoris, conventus confessarii ac prioris per
plures annos functus; insignis fuit organista ac
musices compositor ac de Salemio optime meritus.
non. 5 O. fr. Hugo Stimmer abb., m. et sac. in Nova
Cella'), anno 1635.
Vlll id. 6 Anno dni 1496 fr. Petrus Wagner cv. interiit gladio
circa coquinam rusiicorum,
VII id. 7 [O. Johannes Greter sac]
*) Gomaringen, wärtt. OA. Reutlingen. — *) Wolfertshofen bei Heimen-
kirch, baier. BA. Lindau. — ») Kempten i. AUgäu. — *) Welches Neuburg?
— *) Petershaosen in Konstanz. — ^) Wettenhausen, baier. BA. Günzburg.
— '') NeuzeUe in der Lausitz?
374
Baumann.
V id. 9 O. fr. Waltherus de Hoenstat«) sac] O. fr,
Martinus Schembucher, bursarius fidelis et fautor
bonus huius monasierii, m, et sac, anno i$6o,
O. etiam r. et clarissiraus p. Joannes Muotelsee,
SS. theologiae doctor, qui malus pro ordinis ac
monasterii nostri emolumento et disciplinae refor-
matione laboribus defunctus, tandem anno 1626
cum rn^o D. abbate Salemitano Caesaream*) ad
capitulum provinciale profectus ibi naturae debi-
tum solvit et in claustro ad laevam portae templi
fuit sepultus. Anno 1664 o. piae memoriae dns
Thomas Schwab, 32. abb. in Salem. 1804 cv.
Balthasar Schiller de Neuburg, hortulanus, in
coemeterio religiosorum ecclesiae maiori versus
orientem septembrionemque adiacente ultimus
sepultus.
IV id. IG [O. fr. Rudigerus de Callenberg*) subdiac.]
XVJll kal. 14 Uiricus Elegast, qui ligavit vineam suam conventui^
de quo dantur duo frusta piscium, anno dm 1482,
XVII kal. 15 Anno 18 14 o. Salemii ibique in Campo Stephani
sepultus est r. p. Joannes Evang. Mayr. Augu-
stanus, organista, chori cantor, studiosonim in
calligraphia instructor, professor et moderator.
XV kal. 17 [O. fr. Johannes Mfttteli*), sac. et m.]
XI kal. 21 0. pl. r. p. Raphael Köndig, iubilaeus, senior
conventus, confessarius conventus et monialium,
professor ss. theologiae et iuris canonici domi
forique per plures annos, in omni scibili cla-
rissimus, 1758.
X kal. 22 Nota, cum anniversaria dedicationis ecclesiae
Salemitanae die dominica festum s. M. Magda-
lenae proxime procedente hucusque celebranda
veniret, evenit, ut festum s. patris nostri Stephani,
3. abbatis Cistercii, ex decreto capituli generalis,
accedente approbatione sedis apostolicae, die
lO. Julii cum octava solenni peragendum ob
concurrentiam octavae dedicationis interdum
paucos, saepe paucissimos, quandoque diem
unicum, quin etiam penitus nullum intra totam
octavam nancisceretur, videlicet cum incidente
dominica in 16. Julii ipsum quoque festum
transferri necesse erat, quo quidem casu etiam
primis vesperis et cultu diei sueto carebat, atque
hoc pacto isthaec toti ordini communis solen-
nitas apud solos Salemitanos diminuta erat.
*) Honstetten, BA Engen? — ») Kaisheim bei Donauwörth. - •) Kallen-
berg, Ruine, BA. Messkirch. — *) Konstanzer Familie.
Totenbuch von Salem. 37^
Haec perpendens rmus D. Stephanus rogavit illmum
patrem generalem Nicolaum Larcher, ut festum
dedicationts in alterum diem transferre liceret,
quod benigne concessit et pro annua dedicationis
ecciesiae Salemitanae memoria in diem domini-
cam festum s. Michaelis archangeli proxime
sequentem transtulit 1700.
Vll kal. 25 [O. fr. Gotfridus cv. et com. de Warten stain i).
VI kal. 26 O. Appolonia Mercklini, que fuii fidelis monasterio,
IV kal. 28 [Nota, hac die datur pitantia conventui de dno
Petro Oxar, abbate in Salem*). O. fr. Jacobus,
lapicida et cv.]
m kal. 29 [O. fr. C. zum Tor^), sac] Nota, s. Michael
archangelus post B. V. iam antiquitus pro prae-
cipuo Salemii patronus habitus, officio tamen chori
non aiio, quam quod breviarium omnibus Cister-
ciensibus praescibit, hucusque cultus fuit. Rmo
vero D. Stephano dignum visum est, ut hie
cultus augeretur, rogato igitur illmo patri gene-
rali Nicoiao Larcher, anno 1700 obtinuit, ut
patroni nostri s. Michaelis archangeli annua
memoria sub ritu festi sermonis min. et cum
octava minus solenni ad modum festi s. Johannis
Baptistae inposterum celebrari possit.
II kal. 30 O, pü memorie domnus Goitfridus, 2, ahh, in
SaUm^). O. rmus D. D. Nicolaus Brenneisen,
abb. Albae Dominorum*), 1653, in capella B^ae
V. sepultus, post inde translatus 1697 una cum
ossibus rr. abbatum Joannis Scharpfer<^) et Wolf-
gango Ruop abbate Regiofontano "7), in coemite-
rium simul tumuiatis inter 2 maiores ecciesiae
columnas ad altare ss. Trinitatis. In eundem
locum 1701 translata quoque sunt ossa quo-
rundam religiosorum antehac tum in coemiterio
religiosorum tum saecuiarium tumulatorum.
October.
kal. I O. discreius vir, fr, Jacobus Buman, prior huius
cenohiiy i$o2.
IV non. 4 O. r»wj dominus Fridericus com. de Schonburg,
archieps, sacre ecclesie Salizburgensis et s, apostolice
*) Ist dieser Mönch etwa der am 13. August erwähnte gleichnamige
Feind Salems? Wenn ja, so hätte er für seine Thaten dem Kloster Sühne
geleistet. ~ ■) Gest. 1441. — ») Schweiz. Rittergeschlecht. — ♦) Gest. 1168.
— *) Herrenalb, württ. OA. Neuenbürg. — 0 Von Salem, gest. 15 10. —
^) Gest. am 14. März 1658
378
Baumann.
gen*) et confessarius in Inzigkofen'S) ibiqne
sepultus.
XI kal. 21 [O. fr. Hugo] dyac. de Werenwag^),
VIII kal. 24 O, fr, Johannes Suhenwirt^ prior in RaiUen'
haslach, O. r. p. Benedictus Hueber, facultate
utraque vir plane clarissimus, confessarius in
Neudingen^), ibidem sepultus anno 1727.
VII kal. 25 Anno 18 13 o. r. cv. Maurüs Fischer, dulci-
arius et pharmacopola, natus Billenhusae ^) et
sepultus.
VI kal. 26 [O. Alwigus abb. in Fönte Regis«).]
O. fr. Motzo'), sac]
O. fr. Philippus de Runa») sac]
V kal. 27
IV kal. 2%
Dezember.
IV. non. 2 [O. fr. Albertus de Hödorff sac] O. dns Con-
radus de Endingen ^ eps, Gurcensis in Carinthia,
quondam 10, abb, in Salem^). O. hac die beatus
Eberhardus a Truchsen, 2. huius nominis archieps.
Salisburgensis, 2. fundator in Salem, anno dni
1296. Anniversarium celebratur pro eiusdem
agnatisio).
non. 5 [O. fr. Rüdolfus Studengast sac]
VII id. 7 [O. Marquardus de Büron i^) sac] NB. Anno
christiano 161 1 r^us D. Petrus, abb. Salemitanus,
pro grassantis tunc pestis periculis a cervicibus
nostris avertendis et omnes tunc praesentes con-
ventuales ieiunium pervigilii bmae V. Mariae
conceptae una cum insequentis diei feriis solen-
niter celebrandis necnon postridie Conceptionis
supplicationem ad sacellum beatae Virginis cum
solenni missae officio ibidem decantando insti-
tuendam voverunt, haec sub obligatione voti
personalis. Praeterea eodem tempore per eundem
pie statutum fuit, ut reliqui omnes dies Virginis,
ut et SS. patrum nostrorum Benedicti et Ber-
nardi festi dies hactenus festive non acti in
*) BA. Konstanz. — ^) Inzigkofen bei Sigmaringen. — ') BA. Mess-
kirch. — *) Kloster Mariahof in Neidingen. — *) Billenhausen, baier. BA.
Krumbach. — ♦"') Lebte noch 1388 und vor 1401. — ^) Aus einem Keniptner
und Memmingcr Geschlechte d. N. — ®) Reun in Steiermark. — •) Gest.
1344. — 10) Diese Bestimmung erklärt sich daraus, dass Erzbischof El>er-
hard im Banne starb, für ihn also eine Messe nicht gelesen werden durfte. —
") Beuren, BA. Überlingen.
Totenbuch von Salem. xng
posterum festive cum ieianio pridiano dierum
praetdictonun agitentur. famulique ab operibus
servilibus ferientur. Haec absolute ordinata sunt
citra intentionexn inducendae obligationis alicuius
peccati.
V id. 9 1822 o. r. p. Carolus Wächter Sigmaringanus,
Salemü Professor inferiorum et superiorum, Con-
stanti^e hlstoria.^ universalis^ i^ u^iversitate
Ellwacensi }) theologiae et iuris . cap^Qnicj» ta^dem
parochuf in Sulmingen^), i\>idein sepultus.
III id. II Anno 1 70& o. adm. r. p. Eugenius Speth Rosa-
censis^), ss. theol. doctor et protonotarius apo-
stolicus, senior et procurator in Bimavo, ibidem
sepultus.
IL id. 12 O. felicü recordationis domnus Johannes Siantenaii,
18, abb, in Salem^ '494'
XVIII kal. 14 Adm. r. p. Leonardus a Rhelingen Augustanus,
iubilaeus sac, confessarius in Baind, Bona
Cella*) et Sylva Benedicta*), anno 1725.
XVII kal. 16 Anno 1820 o. Herzogenburgi in monasterio
canonicorum regularium in Austria ven. p. Con-
standnus Steiner Viennensis, studiosorum professor
et moderator, computationum revisor, culinarius,
granarius, Schemmerbergae et Neobumovii prae-
fectus, conventus confessarius et iubilaeus sac.
Salemitanus.
XIII kal. 20 [O. fr. Burckardus zum Thor, sac]
XI kal. 22 [O. fr. Ulricus dictus Federli, sac. et quondam
prior in Campo Principis«).]
X kal. 24 Noiandum, quod in ecclesia Saiizburgensi ceUbraniur
sollenniier singuiis annis cum vigiliis et officio
sive missis nioriuorum peractiones ducu pro ahbü"
tibus et conventualibus monasterii in Salem, tamen
in communi pro omnibus eccUsiasticis et religiosis,
domibus ei personis huic ecclesie Saltzburgemi muiua
fraternitate coniunctis, Una autem ex istis perac"
tionibus fit in septimana proxima ante festum
Nativitatis Christi, alia autem in ebthomana post
dominicam ludica. Et quandocumque ex ScUem
aut aliis canobiis specialiter intimatur huc decessus
') Diese von König Friedrich I. von Württemberg ins Leben gerufene
Hochschule wurde schon nach wenigen Jahren mit der Tübinger vereinigt.
— •) Württ. OA. Laupheim. — ») Rorschach, Kant. St. Gallen? — ♦) Guten-
zell, württ OA. Biberach. — ») Wald in Hohenzollern. — ») Fürstenfeld in
Oberbaieni.
^8o Baumann.
alicuius prelati vel aliorum fratrum^ quorum mmo*
ria nominaüm ei specialtUr fieri desideratur, tunc
pro eorundem animabus fluni speciales peracHonti
ei preces soliie. Freier hoc afmd ecclesiam ei nuir<h
polim Salizburgensem modernis iemporibus aliud in
usu non repertiur,
VI kal. 27 O. hac die heaius Frawinus, /. abb, in Salem^ 116$.
V kal. 28 [O. fr. Ülr. Roggwiler, sac]
IV kal. 29 Nbia, canior commiiiai missam in inflrmaria dic'
endam. O. piae memoriae domnus Petrus Miller,
30. abb. in Salem, 1614.
{Schluss folgt)
ie Kaisergräber im Dome zu Speyer,
Von
J. Praun.
Seit einem vollen Menschenalter hat die wegen der
ärlichen und einander widersprechenden Nachrichten so
hwierige Frage der Kaisergräber im Dome zu Speyer
dne zusammenhängende Darstellung mehr erfahren. Es
ar der Ministerialdirektor Dr. Fr. Fröhlich in Karlsruhe,
;r in seiner Monographie »Die Kaisergräber im Dome zu
)eyer« (Karlsruhe 1856 u 1859) zuletzt in scharfsinniger
''eise die Oberlieferung prüfte und interessante Akten-
ucke beifügte.
Freilich durfte er sich trefflicher Vorarbeiten erfreuen.
:hon 1751 hatte Litzel (»Die kaiserl. Begräbnis«. Speyer
51, neu herausgegeben von König 1826) vieles zusammen-
jtragen, was sich auf die Frage bezog. Geissei (»Kaiser-
>m« III, S. 1 24 S.) widmete ihr ein eigenes Kapitel. Auch
jmling kam in seiner »Geschichte der Bischöfe zu Speyer«
id in seiner Baugeschichte des Doms ausfuhrlich auf das
lema zu sprechen, hielt sich aber leider, um zu glatten
•gebnissen zu gelangen, nicht von willkürlichen Hypothesen
n; so ist z. B. sein Situationsplan, was die zweite Gräber-
ihe betrifft, einfach ein Phantasiegemälde. August Then,
if dessen kurzen, aber inhaltreichen Artikel im Beiblatt
jr Augsburger Postzeitung 1876 mich Herr Geistl. Rat
dam in Speyer gütigst aufmerksam machte, beschäftigte
ch ebenfalls mit der Frage, liess sich aber, als ihn die
ortsetzung seiner Studien auf immer neue Widersprüche
den Quellen führte, von dem Versuche einer zusammen-
ingenden Darstellung abschrecken. Wiederholt streift
382
Praun.
unser Thema auch Fred. Mones Artikelserie »Der Dom zu
Speyer« in der Palatina 1895 u. 1896. Alle diese Autoren
zeigen unter sich beträchtliche Abweichungen.
Wenn nunmehr der Versuch einer neuen Darstellung
gemacht wird, so geschieht dies im Vertrauen auf zwei
Umstände, die sich meinem Vorhaben günstig erweisen.
Vor allem wurde mir durch das liebenswürdige Entgegen-
kommen dar Herren . Beamt^i des Grrossh' Generallandes-
archivs in Karlsruhe eine Anzahl von Archivalien zur
Benützung überlassen, welche bisher noch keinem Forscher
zugänglich waren, so die einzige zusammenhängende Be-
schreibung, welche sämtliche Grabstätten umfasst und
über die Zahl der Gräber, sowie über die bisher ganz und
gar unklare gegenseitige Lage der Grräber Adolfs und
Albrechts zum ersten Male zweifellose Aufklärung bringt.
Sodann gelang es, auf einem Streifzuge durch die ob^^
rheinischen Bibliotheken und in der Königl. Hof- und
Staatsbibliothek München eine überraschend grosse Anzahl
un verwerteten litterarischen Materials, namentlich Itinerarien,
zu ermitteln; besonderes Interesse bot die Auffindung eines
noch nicht gewürdigten Berichtes über die Eröffnung von
1739 von Seiten eines weiteren Augenzeugenr welche die
bisher bekannten in wesentlichen Punkten ergänzt und
berichtigt.
Für den historischen Teil der Arbeit? wurden die Jahr-
bücher der einzelnen Herrscher, soweit sie erschienen sind,
zu . Rate gezogen und die SpezialUtteratur< sowie die ein-
schlägigen Bände der Monumenta eingesehen; dazu trat
die Durchsicht der Speyerer Geschichtsschreiber des 15.
bis 17. Jahrhunderts, die teilweise nur handschriftlich . vor-
liegen, so Wolfgang Baur im cod.. lati 13 16 der Münchener
Bibliothek, sowie des älteren Nekrologmms und des regi-
strunx camerariorum des Speyerer Doms usnd derSpeyerer
Urkundenbücher von Remling und HUgard. Im topo-
graphischen Teile wurden ausser den musterhaften Dom-
beschreibungen von Meyer-Sch wartau (»Der Dom zu Speyerc
JÖ93) lAnd Zimmern (in den >Baudenkmalen . der; Pfali«
1894 ff.) etwa sechzig Itinerarien und geografdiisch» Werke
des 16. und 17. Jahrhunderts verwertet, von denen freilich
nur einzelne ergiebige Ausbeute lieferten. Im Interesse
^ Kaiäergräber b
Äer Karze sollen die Citate, besonders aus den Monumenta,
nach Möglichkeit beschränkt werden.
Freilich wird sich auch unsere Darstellung in so
manchem Punkte mit einem ehrlichen non Hquet begnügen
müssen, wenn wir nicht ebenfalls in den Fehler verfallen
wollen, im Interesse einer glatten und eleganten Lösung
Hypothesen als erwiesen hinzustellen, da bei der Mangel-
haftigkeit der Überlieferung nur der Augenschein über
blanche streitige Frage Klarheit bringen kann.
Die Schuld an dieser Unsicherheit irägi die Unzuläng-
lichkeit der Speyerer Geschichtsforschung speziell in der
AÜschen Zeil, Wenn wir uns auch nicht völlig das schroffe
Urteil Harry Bresslaus, des besten Kenners der Zeit Kon-
fads IL. (in den Jahrbüchern des deutschen Reichs unter
Konrad IL, i, 465} aneignen wollen, dass kaum eine
zweite Dischofsstadt in der ersten Hälfte des Mittelalters
flo unfruchtbar auf dem Felde der Geschichtsforschung
gewesen sei, so müssen wir doch mit ihm unserem leb-
haften Befremden darüber Ausdruck geben, dass trotz des
Glanzes, den das Haus der salischen Kaiser über seine
Lieblingsstadt Speyer ausgoss, die es nach dem Wortlaut
der Urkunden «prae ceteris' zu erhöhen gedachte, mit
A.aAnahme der unbedeutenden annales Spirenses nicht ein
einziges wenigstens einigerraassen befriedigendes (Jreschichts-
werk daselbst entstand; gerade die grosse Zeit mit ihren Auf-
gaben lind ihren Anregungen gebiert doch sonst den grossen
Geschichtsschreiber. Was damals versäumt wurde, war
fiiemab später gutzumachen; denn als am Ausgange des
Mittelalters und an der Schwelle einer neuen Zeit, geschützt
und gehegt von der Gunst wohlwollender und hochgebil-
deter KirchenfUrsten. wie des hochbedeutenden Bischofs
3Uthias von Rammung (14O4— 1478) und seiner unmittel-
baren Xachl'olgor, in Speyer das Interesse für geschicht-
Udic Studien erwachte, war man, nachdem sich längst
Grab über den Ictitten hier bestatteten Herrschern
geschlossen hatte, in Ertnangetun^ sachlich genauer An-
gaben aus früherer Zeit und einer Graberoffnung in der
Hauptsache auf Kombinationen angewiesen. Leider be-
gnOgte Mch die lokale Geschichtsschreibung jener Zeit,
1 die Schilderung der ehrwürdigen Grabstätte und der
■liMhr. I. Cwh. <l. Ohtirh. N. T. XIV. (. 3(.
I
384 Praun.
damals noch vorhandenen Monumente betrifft, mit einzelnen
Notizen und der dürftigsten Beschreibung der örtlichkeil,
die uns jetzt manches Rätsel aufgiebt, nachdem die Zer-
störung von 1689 und bauliche Veränderungen den Königs-
chor») völlig umgestaltet haben.
Wenn wir nun schon in den Speyerer Autoren jener
Zeit so viele Varianten finden, welche Irrtümer müssen
dann bei den Geschichtsschreibern der übrigen deutschen
Gaue, denen doch die Ortlichkeit des Königschors ganz
fremd war, verbreitet gewesen sein, und welche Unklarheit
herrscht darüber noch heutzutage allenthalben!
Unsere Aufgabe nun ist es, zunächst die ehrwürdigen
Gestalten der hier bestatteten deutschen Herrscher in
kurzer Betrachtung an uns vorüberziehen zu lassen , um
sodann von der Beschaffenheit und von den Schicksalen
der Grabstätten zu sprechen; denn auch Gräber haben ihre
Geschichte.
Nur eine Gründungssage ist es, dass Konrad II., der
Stifter des neuen Mariendoms an der Stelle des alten, bau-
fälligen Stephansdoms, am 12. Juli 1030 zuerst den Grund
zur neuen Kirche in Limburg legte und hierauf nüchtern
nach Speyer ritt, um zuerst im Münster, dann in der Kirche
des heiligen Johannes des Täufers, der späteren Guidokirche,
die gleiche Feierlichkeit zu vollziehen. Abgesehen davon,
dass die einzelnen Ausschmückungen der Erzählung erst
viel späterer Zeit angehören, hat die Geschichtsforschung
schon lange nachgewiesen (zuerst geschah dies vonA. Nusch
im Programm der Studienanstalt Speyer 1875), dass Konrad.
der den Urkunden zufolge noch kurz zuvor im fernen
Ungarn wieilte, unmöglich an diesem Tage schon wieder
in Speyer sein konnte 2).
Ganz ähnlich hat die moderne Geschichtsschreibung
mit der bekannten Vorstellung gebrochen, als habe Konrad II.
die Verfugung getroffen, dass in Zukunft die römischen
Kaiser und deutschen Könige, welche diesseits der Alpen
*) Der Königschor, welcher die Gräber enthält, bildet die erste Erhebung
des Domes vor dem jetzigen Hochaltare; er ist jetzt 17 m lang und innerhalb
der Pfeiler an 14 m breit. — *) Bresslau, Jahrbücher Konrads II.
ttürben. im Dom 7.u Speyer beigesetzt werden sollten.
Abgesehen davon, dass Wipo, des Kaisers getreuer Kapellan,
nichts darüber berichtet, geschieht in keiner Urkunde des
Kaisers oder seiner Nachfolger einer solchen Verfügung
Erwähnung; erst viel später kommt diese Auffassung zur
Geltung. Ich habe mich bemüht, Spuren der Opposition
g^^n diese Anschauung in der älteren Liltcratur nach-
sugfehen. Schon der Herausgeber des Johannes von Mutter-
Etadt, Heinrich Christian Frhr. v. Senckenberg. äusserte 1741
hiergegen Bedenken, und zehn Jahre später veröffentlichten
die Brüder Ludwig und Karl von Beulwitz eine eigene
Abhandlung'), die sich fast wie eine staatsrechtliche Disser-
tation liest, in der sie die Tradition zu erschüttern ver-
suchten, ausgehend von dem uns ganz modern anmutenden
Fandamentalsatze, dass der Gesetzgeber der Gegenwart
den Gesetzgeber der Zukunft nicht binden könne.
Offenbar handelte es sich um ein Familienbegräbnis;
tilone spricht sehr gut von einem Grabe der Patronats-
herreii. So können wir, ein Gesichtspunkt, der bisher noch
nkhl hervorgehoben wurde, in den Beisetzungen im Königs-
chore drei Perioden ganz deutlich unterscheiden:
Im ersten Zeitraum ist der chorus regum das Grab
der salischen Kaiser und ihrer Gemahlinnen; das salische
Haus nimmt die erste Gräberreihe zu Füssen des alten
Kreuzaltars (also zunächst dem jetzigen Hochaltar) ein.
ÜAch dem Aussterben der salischen Herrscher wandelt sich
der Königschor zum Hohenstaufengrab um. Die Hohen-
Staufcn betonten aus erbrechtlichen Gründen wie dem Legi-
tim itäts principe zu liebe stets ihre Verwandtschaft mit den
Saliern und damit indirekt ihre Abstammung von Karl
dem Grossen und hatten so Anrecht auf die Benützung der
Faniiliengrabstätte. Erst in der dritten und letzten Periode.
mit der Beisetzung Rudolfs, Adolfs und Albrechts, fällt
der verwandtschaftliche Zusammenhang mit den früheren
Herrschern weg. und der Königschor erscheint nunmehr
mXs königliche Begräbnisstätte schlechthin. Es ist anziehend,
in den Urkunden, besonders den Privilegien für Speyer, zu
verfolgen, wie der verwandtschaftliche Zusammenhang all-
386 Prann.
mählich zurücktritt und dafür der rein dynastische Gesichts-
punkt vorherrschend wird, bis dieser in der lang^ ver-
schwundenen Gedenktafel des Bischöfe Mathias 0 seine
Sanktion erhält. Diese im KOnigschor aufgehängte Tafel
proklamierte den E>om in feierlicher Weise als >principalior
sepultura nationis Almaniae imperatorum et regum Roma-
norum, coniugum et filiarumc und damit Speyer als die
»Totenstadt des heiligen römischen Reiches deutscher Nation«.
So wurde das durch die Verhältnisse herbeigeführte Ergeb-
nis einer langen Entwicklungsreihe zuletzt kurzer Hand dem
Willen des Gründers imputiert.
Die naive Sage vom Grafen zu Calw (erzählt z. B.
bei Geissei III, S. 215) bleibe im Interesse der Kurze
unbesprochen.
Die 1034 verstorbene jüngere Tochter Konrads II., die
anmutige Prinzessin Mathilde, wurde noch im Petersdome
zu Worms, der alten Begräbnisstätte der Salier, beigesetzt,
ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, dass damals an eine
Beerdigung im neuen Dom zu Speyer, selbst in der Kr)rpta,
nicht zu denken war. Ja selbst die am 18. Juli 1038 in
Italien verstorbene Schwiegertochter des Königs fand noch
ihre Ruhestätte auf der Limburg, ebenfalls wohl deshalb,
weil weder der Königschor noch auch die Krypta weit
genug fortgeschritten waren.
Schon im nächsten Jahre erlag Kaiser Konrad selbst,
da er in Utrecht feierlich das Pfingstfest beging, am 4. Juni
einem tückischen Anfalle schwerer Gicht. Die Eingeweide
verblieben in der St. Martinskirche daselbst, ganz so, wie
es später beim letzten Sprossen seines Hauses, Heinrichs V.,
gehalten wurde, den gleichfalls um Pfingsten in der gleichen
Stadt der Tod ereilte. Konrads Leichnam wurde einbalsa-
miert und in feierlichem Zuge rheinaufwärts gen Speyer
gebracht. Unterwegs w^ard er an allen grosseren Orten
ausgestellt, wobei sein Sohn selbst beim Einzüge in die
Kirchen die Bahre tragen half.
Nun ist die Frage: Wurde der Leichnam noch in der
Krypta beigesetzt, wie Giesebrecht und Bresslau ohne jeg-
1) Enthalten im Cod. lat. 88 der Münchner Bibliothek, abgedruckt in
Lehmanns Chronik von Speyer und bei Litzel.
KaisergrSbei in Speyer. 3^
I Arthaltspunkt in den Quellen, jedenfalls aus tech-
Bnischen Gründen, annehmen, oder schon im Königschor,
! die Speyerer tTeschichlssch reiber einhellig' berichten?
i den» Schweigen aller gleichieiligen Zeugnisse wird sich
'dieser Streitpunkt niemals ohne Augenschein lösen lassen.
Um eine vorläufige Entscheidung zu erzielen, müsste man
querst genau feststellen können, ob der Königschor damals
weit genug fertiggestellt war, um die Beisetzung des kaiser-
ficben Leichnams, wenn auch in der einfachsten und schlich-
testen Weise, zu gestatten. Die Sachverständigen, die ich
liierüber um Auskunft bat, so vor allem Herr Stadtbaurat
Ueyer in Stettin, der Verfasser der Baubeschreibung des
iSpeyerer Doms, erklärten übereinstimmend, die Mangel-
haftigkeit der Überlieferung gestatte nicht, hierüber ein
abschliessendes Urteil zu fällen. Immerhin be;eichnet es
Merr Meyer als technisch denkbar, dass schon 1034 die
ijelinitive Beisetzung im Königschore selbst erfolgt sei.
Aber selbst wenn der Leichnam ursprünglich in der
Krypta beigesetzt wurde, besteht doch die grössere Wahr-
.•cheinlichkeit, dass er nach Vollendung des Königschors
dorthin übertragen wurde. Alle Speyerer Geschichtsschreiber
lassen ihn d.i bestattet sein. Wäre anderseits der Leichnam
dauernd in der Krypta beigesetzt geblieben, so würden
doch Wühl die Urkunden hierüber eben so gut eine Mit-
teilung enthalten, als sie z. B, von der Bestattung der
Prinzessin Adelheid in der Krypta melden, während gerade
ho Gegenteil Konrad II. und sein Sohn Heinrich III. in
Urkunden Heinrichs IV. consepulti heissen, was besser
pas$4. wenn beide nebeneinander im Königschore ruhen.
Ohne Zweifel erhielt Konrad nicht, wie Litzel und Geissei
Bonehmen, das erste Grab der Epistelseite (Südseite), son-
dern, wie schon Remling nach analogen Fällen mit Recht
behauptet, als Stifter ein Grab in der Mitte unmittelbar
^ dem Kreuzaltar. ZweifelIot< ist, dass sein Grabdenkmal.
das naiÖHich der l^ge des wirklichen Grabes nicht völlig
tu entsprochen braucht, das dritte von Süden war.
Schon nach j* , Jahren, am 14. oder, wie das ältere
Nskrologium des Speyerer Doms angiebt, am ij. Februar
1043 folgt» dto staatskluge Kaiserin Gisela dem Gatten.
Sie verschied in Goslar an einer Krankheit, welche Her-
388
Praun.
mann von Reichenau als Dysenterie bezeichnet; die ehr-
geizige Frau war die eigentliche Lenkerin des Reiches
gewesen. Immer und immer wieder betonen die Speyerer
Geschichtsschreiber, dass in ihren Adern das Blut Karls
des Grossen floss: De Carolo magno processit Gisela
prudens.
1056 fand sich der beiden Sohn, Heinrich III., zur
letzten Rast im Königschore ein. Auf der Pfalz zu Bod-
feld im Harz erkrankte er Ende September nach dem
Zeugnisse Lamberts von Hersfeld so schwer, dass die Arzte
bei dem täglich zunehmenden Kräfte verfall keinen Rat
mehr wussten. In Anwesenheit des Papstes Viktor IL
ordnete er noch die Nachfolge seines Sohnes Heinrichs IV.
in förmlicher Weise und erlag am 5. Oktober dem An-
sturm der Krankheit. Sein Herz hatte stets an Goslar
gehangen, und darum "sollte es in Goslar im neugegrün-
deten Stifte der Apostel Simon und Judas seine Ruhestätte
finden ; was sonst sterblich an ihm war, würde seiner Ver-
fiigui^g" gemäss nach Speyer übertragen, wo er an seinem
Geburtstage, dem 28. Oktober, im Königschore eing'esenkt
wurde.
Agnes, des dritten Heinrich zweite Gemahlin, ruht
nicht, wie nach dem Vorgang Burgmanns (1420) einzelne
Speyerer Quellen wohl in Verwechslung mit der Prinzessin
Agnes berichten und selbst die Tafel des Bischofs Mathias
irrig angiebt, in Speyer, sondern in der Kapelle der hl.
Petronella in der Peterskirche zu Rom, wo die Kaiserin,
den Werken der Frömmigkeit und der Nächstenliebe
ergeben, hochverehrt von den Armen und Unglücklichen,
ihr Leben abschloss.
Allgemein bekannt ist das Schicksal des durch seine
Begabung zu den höchsten Aufgaben befähigten, nicht
ohne eigenes schweres Verschulden tief unglücklichen
Heinrich IV., der nach wiederholter Bestattung im Dome
zu Lüttich und in einer noch ungeweihten Kapelle auf
einer Maasirisel in der Afrakapelle zu Speyer an der Nord-
seite des Doms in einem steinernen Sarkophag über der
Erde beigesetzt war, bis er am fünften Jahrestage seines
Todes, dem 7. August im, von seinem Sohne feierlich in
KaisergTäber in Speyer. -jgg
den Königschor an die Seite seiner Ahnen übertragen
wurde. Zur Erinnerung daran begabte Heinrich V. die
Bürgerschaft von Speyer, die stets seinem Vater ireu
ergeben gewesen war, mit reichen Privilegien, deren
Wortlaut im grossen Paradies der Domkirche eingegraben
wurde >), wofür Heinrich V. den Bürgern die Verpflichtung
auferlegte, den Jahrestag seines Vatörs besonders feierlich
zu begehen; nähere Angaben enthält das Nekrolog des
E>omstiftes und das registrum camerariorum im General-
landc^sarchive Karlsruhe.
Schon 1087 hatte Bertha von Susa, Heinrichs IV. erste
Gemahlin, die Dulderin auf dem Throne, kurz nach dem
Weihnachtsfeste das treue Auge geschlossen. Hier im
Königschore wurde sie beigesetzt, und zwar, wenn man
den Angaben späterer Geschichtsschreiber Glauben schenken
darf, im Grab der Stammutter Gisela; ausser den bei
Fröhlich S. 4 citierten Autoren, welche dies darthun sollen,
seien noch erwähnt Bruschius«) und Kuhn 3). Immerhin
kann auch hier in Ermangelung gleichzeitiger Angaben
und bei dem Schwanken der späteren Berichte von Gewissheit
keine Rede sein. Freilich wäre schwer einzusehen, wie
die Geschichtsschreiber zu einer solchen Behauptung hätten
kommen sollen, wenn sie nicht in ihren Quellen ganz
bestimmte Anhaltspunkte hatten, zumal für Gisela und
Bertha getrennte Monumente vorhanden waren. Zwar
waren zur Zeit der Beisetzung Berthas noch Gräber gegen
Norden frei, doch herrschte offenbar das Prinzip, mit dem
sehr beschränkten Raum zu sparen und insbesondere die
mittleren Grabstätten vor dem Kreuzaltar nach Möglichkeit
für die Person der Herrscher selbst frei zu halten. Wieder-
holt wird gemeldet*), Bertha sei zuerst in Mainz beigesetzt
gewesen und erst später auf den Wunsch ihres Gemahls
nach Speyer übertragen worden; überhaupt haben fast
ausnahmslos die Leichname der hier bestatteten hohen
Personen manchfache Wanderungen durchzumachen gehabt.
*) Vgl. die Abhandlung des Verfassers in den Mitteil, des histor. Ver-
eins der Pfalz für 1899. — *) »De omnibus Germaniae episcopatibus epi-
tome» I. Nürnberg 1549. — •) Notae historiae archivarii Kuhn. Bruchsal
Gen. fasc. 102 im badischen Generallandesarchiv. — <) Vgl. Fröhlich,
a. a. O. 4.
390
Praun.
Unbestreitbar ist die Thatsache, dass die Krypta des
Speyerer Doms das Grab Adelheids, einer Tochter Hein-
richs IV., barg. Dies bestätigt uns ausdrücklich eine Ur-
kunde des Kaisers vom lo. April iioi (in Remlings
Urkundenbuch), worin er eine fromme Stiftung macht
»pro anima filie nostre Adelheid in Spirensi crypta sepultet.
Da sie schon in einef Urkunde vom Jahce 1086 (ebenfalls
bei Remling) als verstorben bezeichnet wird, stammte sie
nicht etwa aus der unglücklichen späteren Ehe Heinrichs
mit Adelheid, der Tochter des russischen Grossfürsten
Wsewolod, worauf uns vielleicht der Name zunächst fuhren
möchte, sondern war ein Kind der Hertha; den Namen
trug sie offenbar nach ihrer Grossmutter, der mächtigen
Markgräfin Adelheid von Susa.
So sicher die Thatsache selbst ist, so herrscht doch
volle Ungewissheit über ihre Lebensverhältnisse. Die meisten
Angaben in den verschiedenen Verzeichnissen der im Dome
Bestatteten, welche sich im badischen Generallandesarchiv
befinden, lassen sie vermählt sein, geben aber die Person
des Gatten ganz verschieden an. Da dieselben aus sehr
später Zeit stammen, können wir von ihnen absehen. Merk-
würdig ist, dass bei den Restaurationsarbeiten anfange der
zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts in der Krypta ein
Grab aufgedeckt wurde; leider versäumte man, wie es
scheint, Aufzeichnungen zu machen, so dass nirgends
nähere Angaben zu finden sind^).
Der letzte der salischen Kaiser, Heinrich V., schied 1 125
aus dem Leben, und zwar, wie wir schon horten, unter ganz
ähnlichen Umständen wie sein Ahne Konrad II., da er eben-
falls von Nymwegen kommend zu Utrecht das Pfingstfest
feierte, dahingerafft von einem krebsartigen Leiden (»dra-
cunculus«). Die Eingeweide verblieben in Utrecht, der
Leichnam wurde im Königschor im letzten Grab der ersten
Reihe gegen Norden beigesetzt. Erst später wird gemeldet,
sein zerbrochenes Schwert und sein Siegelring seien ihm
als dem letzten seines Geschlechts ins Grab mitgegeben
worden.
*) Von Bestattungen in der Krypta spricht das neu benutzte Karlsruher
Archivale, Hdschr. Nr. 822.
Kaisergräber in Speyer. ^qi
So vereinte nun die vordere Gräberreihe im Königs-
chor das gesamte Geschlecht der fränkischen Kaiser. Die
ruhelosen Salier, deren stürmisches Wesen uns oft an die
Titanen gemahnt» hier hatten sie inmitten des ihnen stamm-
verwandten Volkes das müde Haupt zum Schlummer
gebettet.
Es folgt nunmehr die zweite Epoche der Beisetzungen,
in welcher der Königschor sich zum Hohenstaufengrab
umwandelte, indem hier des Rotbarts Gemahlin Beatrix,
sein Töchterlein Agnes und sein Sohn Philipp Ruhe
fanden.
Im Reiche folgte zwar zunächst ein Herrscher sächsi-
schen Stammes, Lothar von Süplingenburg, dessen Grab-
mal sich in der Pfeilerbasilika zu Königslutter unweit seiner
Stammburg und der Stadt Braunschweig befindet. Bei der
Eröffnung im Jahre 1620 fand man ausser geringfügigen
Überresten eines der drei Bleitäfelchen, welche ihm nach
dem Zeugnisse Ottos von Freising zur Authentizität mit-
gegeben wurden. Dieser Umstand erregt unser Interesse,
weil auch in Speyer solche Bleiplättchen in den Gräbern
der Beatrix und ihrer Tochter sich fanden.
Auch Konrad III., der erste regierende Hohenstaufe,
ist trotz seiner innigen Beziehungen zu Speyer (das Nekro-
log des Domstiftes nennt ihn frater noster) weder daselbst
beigesetzt, wie eine grosse Anzahl von Quellen meldet,
noch im staufischen Familiengrabe Lorch, sondern nach
dem ausdrücklichen Zeugnisse seines Verwandten, de»
grossen Geschichtsschreibers Otto von Freising, und der
Urkunde Kaiser Friedrichs I. vom 12. März 1152 im Dome
zu Bamberg. Zwar wünschten seine Verwandten seine
Beisetzung in Lorch, wo sein Vater ruhte, und beriefen
sich angeblich auf einen Wunsch des Verblichenen, aber
der Bamberger Klerus erbat sich die Gunst, den Leichnam
des in Bamberg Verstorbenen dort behalten zu dürfen.
Im November 1 184 starb des g^rossen Kaisers Friedrichs I.
zweite Gemahlin Beatrix von Burgund, die Wohlthäterin
des Speyerer Doms,
»quae Venerem forma superabat, mente Minervam,
Junonemque opibus . . .«,
392
PrauD.
wie es in den neugefundenen Versen einer vatikanischen
Handschrift (ed. Monaci) heisst^).
Es war dies ein unersetzlicher Verlust für den Kaiser,
der seiner Gemahlin in inniger Liebe anhing; regelmässig
begleitete sie ihn ins Feld und musste dann stets in der
Nähe seines Lagers weilen. Radulf de Diceto sagt in
seinen Imagin. historiarum von Friedrich: »Licet . . con-
stantissimus fuerit, vir tarnen uxorius reputatur a multis,
quaerens in omnibus, quomodo placeat uxori.»
Fast gleichzeitig verlor Friedrich eine Tochter, welche
nach der Angabe der Marbacher Annalen kurz vor ihrer
Mutter starb (»nee diu postea obiit Beatrixc). Die That-
sache melden auch die Chronik von St. Peter, ferner Ex
gestis Henrici II. et Ricardi L und Roger von Hoveden.
Nach den Marbacher Jahrbüchern und dem Chron. Sanpetrin.
war diese Tochter mit dem Sohne des Königs Bela von
Ungarn verlobt; ihnen folgt Giesebrecht. Dagegen war
sie nach den Gesta Henrici und Roger von Hoveden dem
Grafen Richard von Poitou, dem Sohne des mächtigen
englischen Königs zugedacht; die Vermittlung hatte der
mächtige Erzbischof Philipp von Köln auf seiner Reise
nach England übernommen 2).
Nun sind wir über die Familie des grossen Kaisers
verhältnismässig wenig unterrichtet; wir wissen nicht einmal
die Zahl, geschweige denn die Namen seiner Töchter.
Die gründliche Dissertation von Hug (»Die Kinder Friedrich
Barbarossas«, Heidelberg 1890) nimmt drei Töchter an; die
Chronica Albrici interpolata (M. G. 23, 863) wissen nur
von einer Tochter »quae puella decessit«. Niemals wird in
den monumenta eine Tochter mit Namen Agnes angegeben,
weshalb man denn auch die hier Begrabene früher bib-
^) Über die richtige Datierung siehe Giesebrecht VI., S. 625, Töchc
^Heinrich VI.«, S. 34, Scheffer-Boichorst »Friedrichs letzter Streit mit der
Kurie«, S. 65, Hug 1. 1. Die Speyerer Autoren haben meist unrichtig 1190.
Johannes von Mutterstadt II 83; das richtige Jahr bietet die Münchener
Handschrift Wolfgang Baurs. Als Todestag giebt das Necrol. Spirense den
1 5 November an ; ihr Gedächtnis wurde nach der gleichen Quelle am
28. August begangen. — 2) Vgl. Prutz »Kaiser Friedrich I.c, 3. Bd., und
Hecker »Die territoriale Politik Philipps I. von Köln«.
Kaisergräber in Speyer. in 2
^veilen als Tochter Friedrichs II. bezeichnete, deren aber
ebenfalls keine mit dem Namen Agnes nachweisbar ist.
Nun erscheint es gewiss auffallend, dass ein Kind hier
im räumlich so beschränkten, bisher nur den Herrschern
selbst und ihren Gemahlinnen vorbehaltenen Grabraume
Aufnahme fand, statt etwa in der Krypta, wie seiner Zeit
die doch erwachsene Prinzessin Adelheid, Heinrichs IV.
Tochter. Wir dürfen nun annehmen, dass die hier bestattete
Kaisertochter Agnes identisch ist mit der Tochter des
Rotbarts, von der die Chronisten ohne Angabe ihres Vor-
namens berichten, dass sie unter so tragischen Umständen,
während der Vater in der Ferne weilte, fast gleichzeitig
mit der Mutter ins Grab sank. Nach den mittelalterlichen
Gepflogenheiten könnte das jugendliche Alter nicht als
Hindernis der Verlobung in Betracht kommen; die Aus-
drücke puellula, corpusculum u. s. w. in den späteren
Speyerer Berichten deuten eben nur an, dass das holde
Kaiserkind noch nicht zur Jungfrau erblüht war^). Bei
dieser Annahme würde sich leicht erklären, dass die fast
gleichzeitig mit der Mutter verstorbene Prinzessin, die Ver-
lobte des mächtigen Königssohnes, ganz gegen die Ge-
wohnheit im spärlichen Räume des Königschores Aufnahme
fand; man wollte eben die im Tode nicht trennen, die fast
gemeinschaftlich aus dem Leben geschieden waren. Möglich
auch, dass sie als das jüngste Kind und als (vielleicht ein-
ziges noch lebendes) Töchterlein neben so vielen Brüdern
der Liebling der kaiserlichen Eltern war.
1190 fand der grosse Kaiser Friedrich Barbarossa
selbst im heiligen I^nde in den Wellen des Saleph seinen
Tod; manchfache Beziehungen verknüpften ihn mit der
^) Eines der Verzeichnisse »der im Dome bestatteten hohen Personen«
aus späterer Zeit im Generallandesarchive Karlsruhe giebt ihr Alter auf elf
Jahre an, ein anderes auf sechs Jahre. — Hug nimmt a. a. O. in Überein-
stimmung mit einer Vermutung Töches an, die Gemahlin des Markgrafen
Wilhelm Ton Montferrat, die ebenfalls als Tochter Friedrichs bezeichnet wird,
habe nicht, wie die Überlieferung will, Sophie geheissen, sondern Agnes, da
1203 Markgraf Wilhelm und «domna Agnesi Urkunden. Allein nach dem
Grmbbefonde von 1309 muss daran festgehalten werden, dass die Kaiser-
tochter Agnes im kindlichen Alter starb, weshalb diese Markgräfin Agnes
von Montferrat unmöglich mit ihr identisch sein kann; diese >domna Agne<«*
war wohl Wilhelms zweite Gremahlin nach dem Tode der Sophia.
394
Praun.
Stadt Speyer (auch er heisst im Nekrolog frater), deren
Privilegien er feierlich bestätigt hatte. Nicht in Tyrus, wo
Professor Sepp im Auftrage des ersten deutschen Reichs-
kanzlers den Leichnam suchte, wurde der Rotbart zuerst
beigesetzt, sondern das Fleisch wurde more teutonico«)
von den Gebeinen gelost und in der Peterskirche zu Antiochia
in einem Marmorsarkophage bestattet, den Wilbrand von
Oldenburg 121 1 noch sah, während man die Gebeine ent-
weder im geheiligten Boden von Jerusalem beizusetzen
oder nach der Heimat zu bringen gedachte. Sicher ist,
dass keines von beiden wirklich geschah. Es ist begreiflich,
dass in der Sandwüste von Accon jede Grabesspur verloschen
musste; nach dem Tode seines Sohnes, des Herzogs Friedrich
von Schwaben, war offenbar unter dem Häuflein der deut-
schen Ritter niemand, der die Verantwortung für die Heim-
schaffung der Gebeine übernehmen wollte, so dass man
sie nach i*/ jähriger Irrfahrt der Grabesruhe überant-
wortete.
Vereinzelt steht die Angabe der allerdings vielfach gut
unterrichteten Chronik Montis Sereni, die Eingeweide be-
fänden sich in Seleukia, das Fleisch in Antiochia, die
Gebeine aber in Speyer (»Ossa vero Spiram transacta et
tumulata sunt«). So wahrscheinlich es ist, dass der Kaiser,
der »vir uxorius«, in Speyer an der Seite der zärtlich
geliebten Gemahlin oder in ihrem Grabe selbst beigesetzt
worden wäre, wenn die Gebeine glücklich nach Deutsch-
land gekommen wären, so wenig dürfen wir dies nach dem
Stande der Überlieferung annehmen; auch das Totenbuch
des Doms würde wohl eine Angabe enthalten. Übrigens
wurden ja 1309 die beiden Gräber seiner Gemahlin und
seiner Tochter eröffnet und über den Befund genau berichtet.
Die Speyerer Geschichtsschreiber selbst lassen den Kaiser
meist in Tyrus beigesetzt sein.
Auch von Friedrichs Sohn und Nachfolger Hein-
rich VI. meldet eine Quelle, die Annalen von Reinhards-
brunn, er sei in Speyer beigesetzt. Diese irrtümliche Angabe
') Zu Grunde gelegt sind die Untersuchungen von Pnit2 »Kaiser
Friedrichs I. Grabstätte« und Riezler »Der Kreuzzug Friediichs I.« in »For-
schungen« X. Ausführliche Litteraturangabe findet sich bei Giesebrecht VI,
S. 723 ff.
reist uns, wie sehr die Zeitgenossen schon dahin neigten,
Dome zu Speyer das Kaisergrab kot i^o^^v zu erblicken.
Friedrich Barbarossas jüngster Sohn, König Phibpp,
war 1208 zu Bamberg ermordet worden in Anwesenheil
des Kschofs von Speyer Konrad von Scharfeneck, seines
ICanzlera, der sich erschrocken vor dem rasenden Mörder
zurückzog. Zuerst im Bamberger Dome beigesetzt, wurde
der Leichnam des Ermordeten auf ausdrücklichen Wunsch
Friedrichs II. 1216 nach Speyer verbracht. Seine jargezite
wurde nach der Angabe des Nekrologs {unterm 2 1 . Juli} und
des registrum camerariorum besonders feierlich begangen;
es fanden die gleichen Ceremonien statt wie beim Ge-
dächtnisgottesdienst Heinrichs IV., misi quod sanctuarium
non exponitur hie, sicut ibi.<
Von der zweiten Grabreihe waren bei Philipps Bei-
Sct;cung schon die beiden Gräber auf der Nordseite durch
seine Mutter und sein Schwesterlein belegt. Man gab ihm
aber nun nicht, woran zunächst zu denken wäre, dos an-
stossende Grab, sondern das Randgrab an der Südseite.
Eine bestimmte Erklärung hierfür lässt sich in Ermangelung
einer Notiz nicht geben. Sollte das Grab etwa für den
Fall fi-eigehalten worden sein, dass es noch gelingen sollte,
des grossen Barbarossa Überreste nach Deutschland zu
bringen, so dass er dann neben seiner Gemalilin, zwischen
Tochter und Sohn, seine Ruhestatt gefunden hätte? Wir
iea ja, dass die inneren Plätze vor dem Altar nach
Möglichkeit reservirt wurden. Diese Vermutung hat viel
Bestrickendes.
Oder sollte Friedrich Tl. diesen letzten freien Platz ur-
SprOnglich filr sich selbst bestimmt haben? Es ist die
nämliche Grabstelle, welche sich später Rudolf zu seiner
künftigen Ruhestätte erkor, Remling, der um jeden Preis
die Symmetrie in den zwei Gräberreihen herstellen will
and deshalb 12 Grabstätten annimmt, hat an dieser Stelle
thatsSchtich als ■Lückenbüsscr« Bischof Konrad von Schar-
ieneck eingeschoben; wir haben hiervon noch im folgenden
tu sprechen.
Mit Philipps Beisetzung war das Uohenstaufengrab
geschloKMin. Nachdem das kraftvolle Geschlecht der
:hw3blschen Herrscher in dem hoffnungsvollen Konradin
396 Praun.
untergegangen war, durfte Rudolf von Habsburg ohne
Verletzung der Pietät die Anordnung treffen » dass
man ihn dereinst hier im letzten freien Grabe inmitten
der Mitglieder des Hohenstaufenhauses zur Ruhe bette,
zweifellos von dem Wunsche geleitet, auch auf diese Weise
seine Gleichberechtigung mit den Herrschern der früheren
Häuser darzuthun. Längst war ja jetzt nach hundert
Jahren jegliche Hoffnung aufgegeben, dass etwa Friedrichs I.
Überreste noch jemals nach Deutschland gelangen konnten.
Sage und Dichtung haben sich der letzten Lebenstage
des volksfreundlichen Königs Rudolf bemächtigt, wie er,
auf seiner Burg zu Germersheim schwer erkrankt, als ein
Sterbender in Speyer einritt, wo er am 15. Juli 1291 ent-
schlief und drei Tage später beigesetzt wurde.
Das unglückliche Lebensende seines Nachfolgers, des
ritterlichen Adolf von Nassau, ist allgemein bekannt. Am
2, Juli waren 600 Jahre verflossen, seitdem der nur allzu
gutmütige Herrscher in der Schlacht am Hasenbühl bei
GöUheim wacker streitend seinen Tod fand, wie die
geschäftige Sage weiss, von der Hand seines Gegners und
Nachfolgers Albrecht selbst; ein gotisches Monument,
beschattet von einer ehrwürdigen Rüster, kennzeichnet die
denkwürdige Stelle. Sein Leichnam ruhte zuerst im nahen
Kloster Rosenthal, um dessen Trümmer sich jetzt malerisch
der Epheu rankt*).
Noch entsetzlicher war Albrechts Ende, der am i. Mai
oder, wie das Speyerer Nekrologium angiebt, am 30. April
1308 im Angesichte seiner Stammburg den Streichen der
Morder erlag. Seine Beisetzung erfolgte zuerst im Kloster
Wettingen '^).
Als nun der Lützelburger Heinrich VIT. 1309 in Speyer
Hof hielt, stellten die jungen Herzoge von Osterreich,
Albrechts Söhne, die Bitte, den Leichnam ihres Vaters im
Königschore bestatten zu dürfen, und die gleiche Gunst
erbaten Adolfs Verwandte für diesen. Am gleichen Tage,
nach anderer Überlieferung wenige Tage nacheinander
*) Vgl. die Monographie von Geissei »Die Schlacht bei GöUheinn«
1835. — *) Völlig wertlos ist die kurze Abhandlung im cod. lat 13 16 der
Münchencr Bibliothek fol. 27 a.
Kaisergräber in Speyer. ^gy
fand die feierliche Beisetzung statt, wobei Heinrich selbst
mit die Bahre trug. Die beiden Gegner wurden in die
Gräber der Kaiserin Beatrix und der kleinen Agnes ein-
gesenkt, ein deutlicher Beweis dafür, dass keine Grabstätten
mehr frei waren und somit nicht etwa mit Remling zwölf
Gräber anzunehmen sind. So tiefe Trauer, wie sich damals
erhob, hatte die alte Nemeterstadt noch niemals gesehen.
Da waren drei Könige, der eine im Glänze der Majestät,
die anderen ausgestreckt auf der Totenbahre, und vier
Königinnen, nämlich ausser Heinrichs Gemahlin die schmerz-
erfüllten Witwen Frau Imagina und Elisabeth, sowie ebenfalls
im Witwenschleier Albrechts Tochter, die Königin Agnes
von Ungarn. Ausser dieser Thatsache vergessen die
Geschichtsschreiber selten das pathetische Moment zu
erwähnen, dass die beiden Gegner im Tode enge neben
einander ruhen, nur durch eine handbreite Steinplatte
getrennt. Später genügt nicht einmal dies dem Sensa-
tionsbedurfnis, und es kommt daneben die Tradition auf,
ein Grab habe beide aufgenommen, wie z. B. Johannes
Trithemius berichtet.
Hier ist der Platz, ein schwieriges Problem zu besprechen.
Um im Konigschore selbst Raum für die Leichname der
beiden Könige zu gewinnen, zeigte man sich durchaus
nicht sonderlich besorgt um die Grabesruhe der hier
Schlafenden, sondern man bestimmte kurzer Hand für sie
die Grabstätten der Kaiserin Beatrix und der kleinen
Agnes. Bei der EröflPhung des Grabes der Kaiserin fand
sich, wie eine Aufzeichnung auf f. 94 des registrum came-
rariorum angriebt , der Leichnam , bekleidet mit einem pur-
purnen Gewände, dazu eine kupferne vergoldete Krone
und ein Bleitäfelchen mit der Inschrift: Anno Jhesu 1184
17. Cal. Decembr. obiit Beatrix imperatrix. Tafel und
Krone wurden wieder ins Grab gelegt. Geschah mit dem
Leichnam das Gleiche oder wurde er in die Krypta trans-
feriert? Für erstere Annahme spricht die Thatsache, dass
man 1739 in diesem Grabe ausser Albrechts Leichnam
Gebeine von geringerer Grösse und dunklerer Farbe vor-
fand, sowie der Umstand, dass man auch Prinzessin Agnes
wieder in ihr altes Grab bettete, und dass es sinnlos
gewesen wäre, die Authentika allein einzulegen, während
398 Prann,
man den Leichnam versetzte; auch schcjnt die Karlsruher
Handschrift S22 dafür zu sprechen, und ganz deutlich sagt
einer der Anhänge des cod. lat. Monac. 1316, die aber
oftmals irrige Angaben enthalten: iReponuntur duo Cor-
pora uno contenta mausoleo«.
Hingegen mochte man auf eine Versetzung der Gebeine
aus der Angabe des Xekrolog^iums schliessen: V. kaL Aug.
Hie agitur memoria Beatricls imperatricis, que centum et
vigfinti octo annis requievit in sepulchro Alberti regis mit
dem späteren Beisatz usque ad sepultiu^m ipsius Alberti;
ebenso sagt die erwähnte Tafel des Bischofs Mathias, dass
Gisela, Bertha und Agnes im Königschore» Beatrix in der
Krypta bestattet sei. Wolfgang Baur (cod. lat. Monac.
131^) giebt noch genauer an: >Penes quae altaria (des hl.
Agidius und der Apostelfursten in der Krypta) impera-
tricis Beatricis ac Adelheidis reginae corpora in pace
quiescunt«.
Es war Zeuss, der nach Einsicht des Nekrologiums
zuerst auf den Widerspruch der Angaben aufmerksam
machte 0> während die anderen Autoren achtlos daran
vorbeigingen. Offenbar bestand in Speyer hierüber eine
doppelte Tradition. Vielleicht hat man nur den prächtigen
Sarkophag 2; in die Krypta transferiert, ihren Leichnam hin-
gegen einfach tiefer gelegt.
So verfuhr man auch mit den geringen Überresten
der kleinen Agnes, soweit sie nicht bei der Berührung
zerfielen; auch in ihrem Sarge fand sich dn Bleitafelchen
mit der Inschrift: Octavo Idus Octobris Ag^es filia Fride-
rici Imperatoris obiit, ohne Angabe der Jahreszahl; vielleicht
darf auch dies als Anzeichen dafür betrachtet werden, dass
sie im gleichen Jahre wie ihre Mutter starb.
Die Nachricht über diesen Grabbefund von 1309 findet
sich im registnim camerariorum f. 84, in der Karlsruher
V» In seiner wertvollen Monographie: »Die freie Reichsstadt Speyer voi
ihrer Zerstöning.. Speyer 1843. — *) Beatrix war begraben »sab marmore
aerei et veneti marmoris^ nach Bnischins und Archivar Kuhn, unter einem
'Wolckenfarbenen MarrnuK nach mehreren Itineraiien, nach der Kailsr. Hand-
schrift 822 »sub marmore blanco«.
Kaisergräber in Speyer. ^qq
Handschrift 822 und bei sämtlichen Speyerer Geschichts-
schreibern.
Hiermit schliessen wir das Verzeichnis der im Königs-
chore bestatteten fürstlichen Persönlichkeiten ab. Alle
Quellen geben an, dass Bischof Konrad III. von
Scharfeneck (11 99 — 1224), der einflussreiche Diener dreier
deutscher Herrscher, Philipps, Ottos IV. und Friedrichs II.,
ebenfalls im chorus regum bestattet wurde. Wahrscheinlich
ward auch Bischof Sigibotho oder Sibotho II. von Lichten-
berg (1302 — 13 14), Heinrichs VII. treuer Geheimschreiber,
der gleichen Ehre gewürdigt. Doch schwankt bezüglich
seiner Person die Überlieferung. So sagt Wolfgang Baur:
»Sepelitur in choro regum ad laevam, quamquam alii ipsum
ad praedicatores (in der unter seiner Regierung in Gegen-
wart des Königs Albrecht eingeweihten Dominikaner-, der
jetzigen Konvikts- und Studienkirche) tumulatum asseve-
rant«. Das Verzeichnis der Bischöfe bei Mone, Quellen-
kunde zur badischen Geschichte I., lässt ihn apud praedi-
catores begraben sein.
Nim lässt Remling, der sonst so sorgfältige Geschichts-
Schreiber, ohne jeden Anhaltspunkt in der Überlieferung
die beiden Bischöfe innerhalb der kaiserlichen und könig-
lichen Begräbnisstätte selbst bestattet sein und hat zu
diesem Behufe und um Symmetrie zu erzielen zwölf Gräber
angenommen; ganz willkürlich weist er Konrad das Grab
nördlich von Philipp, Sibotho das äusserste Grab gen Norden
an. Aber abgesehen davon, dass diese Hypothesen durch
keine Oberlieferung gestützt und bei der Beschränktheit
der kaiserlichen und königlichen Grabstätte und dem Cha-
rakter einer Familiengruft ganz unglaubwürdig sind,
bestehen auch positive Anzeichen dafür, dass die Bischofs-
gräber ausserhalb der kaiserlichen Totenstätte liegen:
I . Die bisherigen Darstellungen haben nicht beachtet,
dass Bischof Konrad nach der glaubwürdigen Darstellung
des Simonis thinter der römischen Kaiser und Könige
Begräbnisc ruht, also jedenfalls nicht innerhalb derselben;
von Bischof Sibotho giebt Simonis an, er habe sein Grab
gefunden «uff die linckehend unter den vordersten nideren
Stein«, was sich wohl ebenfalls ungezwungen so deuten
ZeitMhr. t Getch. d. Oberrh. N.F. XIV. 3. 27
400 Praun.
lässt, dass sein Grab ausserhalb der königlichen Totenstätte
lag. Der Königschor (jetzt 1 7 m lang, innerhalb der Pfeiler
fast 14 m breit) war auch vor seiner vermutlichen Ver-
längerung gross genug» um noch ausserhalb der kaiser-
lichen und königlichen Begräbnis Monumente zuzulassen;
auch Herr Meyer-Schwartau hatte die Güte, auf meine
Anfrage hin sich in diesem Sinne zu äussern. Zudem
hatte Sibotho nahezu zweifellos nur eine Grabplatte» nicht
einen Sarkophag. Das registrum camer. hat nämlich die
Vorschrift, dass an den Gedächtnisgottesdiensten der betr.
Sarkophag mit einem schwarzen Tuche gedeckt werde.
Bei Bischof Sibotho heisst es nun, alles solle gehalten
werden, wie bei der Gedächtnisfeier Bischof Gebhards,
»ane dass man hie kein Duch auf kein Grab leget.«
2. Noch deutlicher erweisen die neu benutzten Karls-
ruher Archivalien Remlings Irrtum, indem sie klar angeben,
dass die zweite Grabreihe nur vier Gräber zählt, so dass
die Bischofsgräber offenbar ausserhalb sich l^efinden müssen.
Seit Adolf, Albrecht und Sibotho erfolgten im Königs-
chore keine Bestattungen mehr. Wie haben wir uns nun
die Grabstätten vorzustellen, und welche Schicksale erlitten
sie im Laufe der Jahrhunderte?
Vor allem muss der gewöhnlichen Anschauung ent-
gegengetreten werden, als handle es sich um ein Grab-
gewölbe, welches die Särge in sich aufnahm, etwa von
der Krypta her zugänglich, eine Auffassung, welche im
17. und 18. Jahrhundert hauptsächlich infolge der falschen
Darstellung in Fuggers weitverbreitetem »Ehrenspiegel des
Hauses Österreich« auch in Speyer herrschend war. Viel-
mehr besteht die kaiserliche Grabstätte aus einer Anzahl
von schlichten Einzelgräbem, gerade breit genug, um einen
Sarg zu fassen, dagegen so tief, dass man im Notfälle zwei
Särge auf einander stellen konnte; auch die Bischöfe
Raban und Ludwig von Heimstatt (t 1439 u. 1504) waren
im Speyerer Dome über einander begraben. So gleichen
die Königsgräber etwa den Gräbern der Bischöfe in ihren
Kaisergräber in Speyer. ^OI
Kathedralen. Überhaupt ist das System der Einzelgräber
die ältere Bestattungsweise der Fürsten^)
Die zwei Gräberreihen waren später durch ein eigenes
»Geschränkec, also eine Einfassung, zu je einem Grab-
monument vereinigt, was natürlich den Charakter des
Familiengrabes noch mehr hervorhob.
1739 fand man die Gräber 8' unter dem Boden. Doch
ist sicher, dass der chorus regum ursprünglich viel niedriger
war; nach Meyer-Schwartau erhob er sich nicht bedeutend
über das Pflaster der Domkirche. Vor alters empfing
nämlich die grosse Krypta durch zwei Fenster, deren
Spuren noch heute sichtbar sind, vom Königschore her
Westlicht, bis diese Fenster in unbekannter Zeit vermauert
wurden.
Vor den Gräbern befand sich etwas unterhalb des
> Fronaltars« der Kreuzaltar, der Pfarraltar des Doms, nach
welchem der Königschor gewöhnlich der Kreuzchor hiess. Zu
Füssen des König^chors erhob sich seit 1 303 der St. Annen-
altar, eine Stiftung Alberts I„ der auf diesem Altare auch
zwei Pfründen begründete, deren Inhaber die regales Wessen.
weil die Besetzung der Benefizien dem Könige vorbehalten
war. Domvikar Helwich von Mainz sah 161 1 hier eine
Tafel aufgehängt, welche an die Weihe des Altars durch
den Bischof von Basel erinnerte.
Die Stufen einerseits vom Schiffe zum Königschor,
anderseits von diesem zum hohen Chore nahmen nicht, wie
jetzt, die ganze Breite des Mittelschiffes ein, sondern führten
rechts und links hinauf. Der Eintritt erfolgte durch zwei
Thüren, die für gewöhnlich abgeschlossen waren.
Zu beiden Seiten war der Königschor von hohen
Mauern eingeschlossen, welche erst zwischen 1737 ^^^
1740 beseitigt wurden; er war also viel düsterer als jetzt.
Die Glasgemälde in der Kirche und der Dämmerschein
von 14 Grrabampeln *) erzeugte magisches Halbdunkel; die
Zahl 14 mochte wohl daraus zu erklären sein, dass die
>) Vfl. hieftber Slevogt, »de sepalturii prindpumc Jena 1722 und
das Doch zn beiprechende Werk «Taphographia principam Austiiae, poat
mortem Marqnard. Herrgott ed. Martin. Gerbert.« Typis Sanblasianis 1772. —
*) VgL die Urkunde Alberts vom 4. Februar 1303 in Remlings Urkunden-
bQch I, S. 443.
27*
402
Praun.
ältere Speyerer Tradition auch die Kaiserin Agnes hier
ruhen lässt. An den Wänden, sei es des Königschores,
sei es der ganzen Kirche, waren, wie die Karlsruher Hand-
schrift 822 angiebt, die Wappen der Herrscher aufgehängt,
ähnlich wie im Chor der Westminsterabtei.
Ausser der mehrerwähnten Tafel des Bischofs Mathias
befand sich irgendwo im Chore eine Tafel mit den oftmals
abgedruckten lateinischen Hexametern »Famosi reg-es . . .«
und nach M. Zeillers Itinerarium noch eine solche, welche
ein Gebet in Knüttelversen enthielt : »Incly ta virgo Maria . . .«
(abgedruckt bei Geissei III, 272), worin den mit Namen
aufgezahlten Herrschern glückliche Urständ gewünscht
wurde.
Die Hut der Gräber und das Gebet an denselben
(täglich 200 Paternoster) oblag den Stuhlbrüdem (in den
Dombüchern »fratres sedium, Stulgebrüdere«). Ang'aben
über ihre Verpflichtungen bringt u. a. Simonis; einen g'enauen
Auszug aus ihren vielfach abgeänderten Satzungen giebt
Geissei IIL 216 flF.
Sehr bedauerlich ist, dass wir keine einwandfreie Zeich-
nung des Königschores vor 1689 besitzen. Nur mit grösster
Vorsicht lässt sich die Abbildung bei Fugger 1. c. benützen,
die, wie der Text, Wahrheit und Dichtung vereinigt. Die
ausserdem existierenden wenigen Zeichnungen (z. B. in den
reichen Schätzen des Speyerer Museums) gehen auf das
vorige Jahrhundert zurück, wo, wie wir später hören
werden, jede Tradition der Zeit vor 1689 geschwunden
war; sicher ist, dass Litzel, Syndikus Baur und die übrigen
gleichzeitigen Kenner der heimatlichen Geschichte keine
Abbildung des Königschores vor 1689 kannten.
Der bei Fröhlich abgebildete Grundriss des alten Amt-
manns Schunk, der aber nicht nach dem Originale, sondern
nach der verbesserten Zeichnung irgend eines bischöflichen
Architekten, wohl des Kollektors Geiger, angefertig-t ist,
verdient in der architektonischen Anlage Glauben, ins-
besondere was die Lage der Altäre und die Anordnung
der Treppen anlangt, während die Hauptsache, die kaiser-
liche Begräbnisstätte selbst, unbedingt unrichtig gezeichnet
ist; es finden sich nämlich acht Gräber in einer Reihe,
was den Angaben aller Berichte widerstreitet, die von zwei
Kaisergräber in Speyer. ^^03
Reihen wissen. Ein solcher Irrtum ist erklärlich, da der
Plan von dem alten Herrn 50 Jahre nach der Zerstörung
der Gräber aus der Erinnerung gezeichnet wurde.
Nach der Gepflogenheit des Mittelalters ruhten die
Kaiser und Könige als Laien wohl so, dass sie gleichsam
zum Kreuzaltar aufblickten, also mit den Füssen nach
diesem, mit dem Haupte gegen das Schiff der Kirche.
Soweit der Rayon der Eröffnung von 1739 reichte,
stiessen die Gräber so nahe aneinander, dass sie nur eine
handbreite Platte trennte, welche so die gemeinsame
Seitenwand von je zwei Nachbargräbem bildete.
Die Frage, ob die Gräber auf einmal oder nach Bedarf
angelegt wurden, lässt sich nicht entscheiden. Herr Meyer-
Schwartau hält nach gütiger Mitteilung das letztere für
wahrscheinlicher. Indessen möchte doch die Beschaffenheit
der Gräber, indem immer eine Grabplatte zu zwei Gräbern
gehört — soweit es gestattet ist, aus der unvollständigen
Ausgrabung von 1739 auch auf die technische Anlage der
älteren Gräber zu schliessen — nähelegen, an die gleich-
zeitige Anlage etwa je einer Reihe zu denken ; auch scheint
die Bestimmung des Kreuzchors als Begräbnisstätte nach
Analogrie anderer Kirchen schon organisch in den Bauplan
aufgenommen gewesen zu sein.
Prinzipiell ist daran festzuhalten, dass die Lage der
Monumente über dem Boden nicht auch unbedingt imd
ohne weiteres die Lage des wirklichen Grabes unter den
Boden bestimmt, obgleich man sicherlich nach Möglichkeit
bei der Anlage der Monumente sich nach der Lage des
wirklichen Grabes richtete; gewiss erhielt sich die Erinnerung
je bis zur Anlage des Monumentes.
Nachdem wir diese allgemeinen Erörterungen voraus-
geschickt haben, gehen wir nunmehr zu den ältesten Schil-
derungen der Grabstätten über.
Der älteste Bericht über die vordere (kaiserliche) Reihe
entstammt der Urspergischen Chronik aus dem 13. Jahr-
hundert im 23. Bande der Monumenta S. 338; er findet
sich mit geringen Änderungen der Münchener Handschrift
Wolfgang Baurs beigeschrieben. Die Fehler in der Da-
tierung erklären sich vielleicht daraus, dass aus dem Gedächt-
nisse citiert wird; ich füge deshalb in Klammern das Datum
404
Praun.
bei, wie es sich bei Johannes von Mutterstadt und späteren
Reiseschriftstellern findet, die versichern, an Ort und SteDe
Abschrift genommen zu haben.
Quatuor imperatores, Cunradüs 11., Henricüs HI., Hen-
ricus IV. et Henricüs V. in ecclesia Spiren. usque in prae-
sens evidentem habent sepulturam et tumulos de mar-
more fabricatos et politos. In quibus continetur sermo
metrice factus ad mensuram unius versus hexametri, hoc
modo incipiens a septentrionali plaga. Super primum
sepulchrum continentur duo verba exarata in marmore,
haec scilicet: Filius hie. In marmore secundi sepulchri
exarata sunt haec verba: Pater hie. Super marmore quo-
que tertii sepulchri scriptum est: Avus hie. Et in quarto
exsculptum est: Proavus iacet istic. Sicque perficitur unus
versus hexameter.
Adiunguntur autem his duo mausolea eiusdem operis
marmorei et eiusdem structurae et elevationis, in quibus
descriptus est unus versus hexameter a septentrione in
austrum, qui in priori tumulo continet haec verba exsculpta:
Hie proavi coniunx, in secundo: Hie Henrici senioris.
Dies quoque et anni quibus obierunt ibi annotati con-
tinentur in hunc modum:
In primo itaque versus austrum sie scriptum reperitur:
Conradus II. imperator Romanorum. Anno Dominicae In-
camationis MXXXIX Non. Jun. obiit. (Johannes von Mutter-
stadt: pridie Non. Jun.).
In secundo versus septentrionem sie descriptum erat:
Huius filius Henricüs III. qui dictus est Niger Romanorum
imperator. Anno dominicae incarnationis ML VI. Non Octob.
obiit. (Joh. V. M.: tertio nonas).
In tertio versus septentrionem rursum scriptum est:
Huius filius Henricüs IV. dictus Senior Romanorum impe-
rator. Anno dominicae incarnationis MCVI. VII, Idus Jun.
obiit. (Joh. V. M.: VII. Idus August.).
In quarto sie scriptum est: Filius eiusdem Henricüs V.
dictus lunior Romanorum imperator. Anno dominicae in-
carnationis MCXXV. decimo Calen. August, obiit. (Joh.
V. M. : X. Kalend. Maji, Eysengrein XII. Kalend. Jun.).
Kaisergräber in Speyer. aq^
Hier fuge ich sogleich Giselas Grabinschrift an; die
Kaiserin nihte nach der Angabe mehrerer Itinerarien unter
einem roten Marmorsteine :
XV. Kai. Martii Gisela imperatrix obiit.
Auf dem (nach Eysengrein weissen) Marmor Berthas
war eingeschrieben: Sexto Kai. Januarii Bertha imperatrix
obiit.
Nirgends findet sich an früherer Steile in den Monu-
menta Germaniae eine zusammenhängende Beschreibung
der Kaisergräber; wir begegnen nur wiederholt dem Aus-
druck »mausolea imperatorum«.
Wichtig ist, dass die Urspergische Chronik ausdrück-
lich ang^ebt, dass a septentrione gezählt wird, so dass wir
damit die Kaiserreihe rekonstruieren können.
Die Zweitälteste Angabe über die Kaisergräber ver-
danken wir dem Domdechanten Burgmann (t 1443), der
1420 auf ausdrücklichen Befehl des Kaisers Sigismund »hoc
scire volentisc eine historische Abhandlung über die im
Dome bestatteten Fürsten schrieb >), die jedoch sehr viele
Irrtümer enthält.
Kurze Zeit später fällt die Wirksamkeit des tüchtigsten
der Speyerer Geschichtsschreiber, Johannes Seffrid aus
Mutterstadt (t 1472), der gewohnlich nach seiner Heimat
genannt wurde. Da Johannes 50 Jahre lang als Vikar
dem Klerus der Domkirche angehörte, so verdient das,
was er selbst sah, unbedingt Glauben*). Leider giebt
Johannes keine zusammenhängende Beschreibung der
Gräber, aber er zählt wenigstens deutlich die sechs Gräber
der ersten Reihe auf, so dass wir jetzt das »adiungunturc
der Urspergischen Chronik erklärt sehen, indem sich an
das Grabdenkmal Konrads in der gleichen Reihe nach
Süden noch die Monumente für Gisela und Bertha an-
reihten. Auch er erwähnt, wie alle Speyerer Geschichts-
schreiber, die beiden Verse, welche bruchstückweise zu
Häupten, wie er angiebt, der Monumente standen:
Filius hie, pater hie, avus hie, proavus iacet istic.
Hie proavi coniunx, hie Henrici senioris.
1) Henaigegcbcn im i. Band der Rtrum Boicarum scriptores von
Freib. ¥. öf(^ 176^* — *) Seine Chronik ist u. a. abgedruckt in Böhmer
fontes IV.
4o6 Praun.
Da diese Verse auch Heinrichs V. Erwähnung thun,
können sie erst nach dessen Beisetzung auf den Grräbeni
angebracht worden sein.
Was die zweite (Königs-) Reihe anlangt, so überliefert
Johann v. Mutterstadt die Inschriften Rudolfs, Adolfs und
Albrechts und schildert den schon besprochenen Grabfund
von 1309.
Die Grabschriften lauteten:
Rudolphus de Habisburg Romanorum Rex. Anno
regni sui XVIII. obiit anno domini MCCXCl mense lulio
in die division. apostolorum.
Anno domini MCCXCVIII obiit Adolphus de Nas-
sawe rex Romanorum VI. Non. Julii occisus anno regni
sui VIII.
Anno domini MCCCVIII Kai. Maji Albertus Roma-
norum rex quondam Rudolphi Romanorum regis filius
occisus. Anno sequenti IV, Kai. Septemb. hie est sepultus.
Wir vermissen die Grabinschrift Konig Philipps, femer
genaue Angaben über die Zahl und die Reihenfolge der
Gräber der zweiten Reihe.
Hier setzt die wichtige, bisher unbenutzte Handschr. 822
des Generallandesarchivs Karlsruhe ein. Ihr Prototyp geht
auf den Ausgang des 15. Jahrhunderts zurück, da der un-
genannte Verfasser beteuert, bei der Neupflasterung der
Kirche von 1480 einige Leichname (wohl von Bischöfen)
neben der neuerbauten Marienkapelle in den eröffneten
Gräbern gesehen zu haben. Auch hier wird zuerst die
Reihenfolge der sechs Monumente der Kaiserreihe genau
in der Reihenfolge des Johann von Mutterstadt angegeben.
Philipps Grabschrift lautet:
Anno domini MCCVIII. Philippus rex Babenbergae
occisus XL Kai. Julii obiit 1).
Zum ersten Male erfahren wir ausdrücklich, dass die
zweite (Königs-) Reihe nur vier Monumente umfasste, und
zwar folgen von Süden nach Norden die Ruhestatten
^) Nach den sehr unzuverlässigen Anhängen des cod. lat. Monac. 131^
halte sie nur gelautet: Philippus Bambergensis, was schon wegen der man-
gelnden Symmetrie mit den übrigen Inschriften unglaubwürdig ist.
Kaisergräber in Speyer. aq-j
lilipps, dann Rudolfs, sodann die Albrechts und erst zu-
;zt die Adolfs, während fast alle Autoren zuerst Adolf
d dann Albrecht nennen. Ein Schreibversehen des un-
kannten Verfassers ist ganz ausgeschlossen; denn nach-
m er angegeben hat, dass Philipp unter dem ersten,
idolf unter dem zweiten Marmor »inferiorum monumen-
rumc beigesetzt sei, berichtet er weiter, dass Adolf unter
m vierten Marmor ruhe; erst zuletzt giebt er an, Albrecht
lilummere unter dem dritten. Nach dieser ganz bestimmten
ngabe sind die entgegengesetzten Annahmen, welche
:h ohnehin auf kein bestimmtes Zeugnis stützen, zu korri-
eren. Es ist auch ganz begreiflich, dass man bei der
^ppelbeerdigung Adolfs und Albrechts, da man die freie
ahl hatte, Albrecht die Grabstätte neben seinem Vater
udolf einräumte.
Da nun aber der bestimmten Überlieferung nach
[brecht ins Grab der Beatrix, Adolf in das der kleinen
gTies gesenkt wurde, so ergiebt sich, dass vorher Agnes
I Randgrab nach Süden, rechts von ihr ihre Mutter ihre
uhestätte gefunden hatte. Überall sehen wir das Prinzip
irchgefiQhrt, die inneren Gräber nach Möglichkeit der
»mehmeren Person anzuweisen.
Über Albrechts Grabstein erhalten wir auch die aus-
ückliche Angabe, die Inschrift sei literis argenteis opere
Rorio insertis ausgedrückt gewesen.
Wir stellen zusammenfassend nochmals fest, dass die
>rdere (kaiserliche) Reihe die Monumente der Salier um-
sste, und zwar von Norden nach Süden (»incipiens a
ptentrionali plaga«):
Heinrich V. Heinrich IV. Heinrich III. Konrad II.
isela. Bertha.
In der zweiten (königlichen) Reihe, also näher dem
:hifFe der Kirche, ruhten ebenfalls von Nord nach Süd:
Adolf (im Grab der Agnes), Albrecht (im Grabe der
eatrix), Rudolf, Philipp.
Es war mir Beruhigung und Genug thuung zugleich,
ese Ordnung durch eine andere nicht anzuzweifelnde
uelle bestätiget zu sehen. Das ehrwürdige registrum came-
triorum enthält zweimal Angaben über die Lage einzelner
4o8 Praun.
Herrschergräber, und diese Stichproben stimmen mit unseren
Aufstellungen überein. Beim Jahresgedächtnis Heinrichs IV.
(»Henricus tertius imperator«) soU das zweite Grab mit dem
»Heiligtum« geschmückt werden. Femer soll am Jahrestage
des Mainzer Erzbischofs Adolf von Nassau das Grab seines
Verwandten, des Königs Adolf, geschmückt werden, und
dieses wird ausdrücklich als Randgrab bezeichnet.
Die letzten Jahrzehnte des 15. und der Begfinn des
16. Jahrhunderts sehen den Dom zu Speyer und seine
Umgebung in völliger Umgestaltung. Erwähnt sei der
Bau der Marienkapelle, der Guss einer neuen grossen
Glocke, 1490 die Erneuerung des Domnapfes'), am Aus-
gange des Jahrhunderts die Anlage des zierlichen Lettners,
1509 die Vollendung des kunstvollen Ölbergs, der bald
mit merkwürdiger Überschätzung von begeisterten Touristen
den sieben Wunderbauten des Altertums gleichgestellt und
wiederholt, u. a. bei Eysengrein »Das grösste Kunst-
werk Deutschlands« (»labor exquisitissimus G^rmaniae«) ge-
nannt wird.
Auch der ehrwürdige Königschor wurde von dieser
Baulust berührt. Nachdem schon 1503 »ein neu Gestül«
aufgestellt war, wünschte man die Kaisergräber, die offen-
bar sehr einfach, vielleicht auch verfallen waren, etwas
»zierlicher« zu machen und setzte sich wegen einer Bei-
steuer mit dem Wiener Hofe in Verbindung. Einen Teil
der Korrespondenz hat Fröhlich aus einem Auszuge der
Protokolle aus dem vorigen Jahrhundert veröffentlicht.
Die Originalien enthalten die Bände 6938 und 6940 der
Kapitelprotokolle im Generallandesarchiv Karlsruhe. Es
genüge, den Verlauf der Sache kurz zu verfolgen. Kaiser
Max machte sich anheischig, »die kaiserliche Begräbnis mit
einem Marmorstein zu erheben und mit zwölf Bildern uff
das zierlichst Inhalt einer Visierung (nach einem Entwurf)
herstellen zu lassen«. Hierfür wollte der Kaiser 1000 fl.
spenden und den iMarmor zu Salzburg bestellen lassen.
Doch das Werk machte keine Fortschritte; da wurde
endlich befunden, dass »der Mangel an Kay^. Majestät sei,
*) Schon im älteren Nekrologium erwähnt; im Volksmande »Napps
später auch »Schwabenschüssel«.
KaisergTäber in Speyer. ^.OO
dass also langsam gearbeit wird, von nit Bezahlung wcgen^.
Gesandtschaften an den Reichstag zu Augsburg und nach
den Niederlanden scheinen weder bei Max noch bei
Karl V. Erfolg gehabt zu haben. Wir hören noch von
einem in Soest gefassten Beschlüsse, der nicht zur Aus-
führung gelangte, ohne dass hierüber Näheres bekannt
wäre. Damit schliessen die Akten in dieser Angelegenheit
ab. Was nun in Wahrheit geschah, darüber findet sich
nirgends eine Angabe, doch ist es sehr wahrscheinlich, dass
die vollständige Restauration der Kirche im Königschore
nicht Halt machte. Vermutlich wurde damals das ^Ge-
schränket um die kaiserliche Begräbnis aufgeführt und die-
selbe nicht nur durch ein zierliches Gitter, dessen öfters
gedacht wird, umschlossen, sondern auch jede Reihe eigens
etngefasst, so dass jede ein »commune sepulcrum« bildete ').
Dass der kaiserliche Hof sich nur wenig oder gar nicht
beteiligte, ist bestimmt anzunehmen, da sonst gewiss Fugger
im schon erwähnten Ehrenspiegel nicht unterlassen hätte,
dies hervorzuheben.
Jener Erneuerungsperiode entstammen wohl die zwei
Kaiserreliefs mit je vier Figuren, welche, früher an den
hohen Seitenwänden des Königschors angebracht, sich jetzt
an den Pfeilern zwischen dem Königs- und dem mittleren
Chore finden. Sicherlich sind diese Figuren nicht früher
zu setzen; man muss nur die gezierte Haltung der ein-
zelnen Figuren und die Behandlung der Gewandung ins
Auge fassen, um augenblicklich zu diesem Schlüsse zu
gelangen. Die genaue Abbildung der Figuren finden wir
in der 2. Aufl. des Rhein. Antiquarius von 1744, den Text
auch bei Litzel und Geissei.
1549 erschien in Nürnberg der erste Band des Werkes
von Kaspar Brusch über die deutschen Bistümer mit sehr
ausführlichen Angaben über Speyer. Es ist angenehm für
uns, festzustellen, dass Brusch, der offenbar sehr gut orien-
tiert ist, alle unsere Angaben bestätigt. Sämmtliche In-
schriften werden mit geringen Abweichungen vom Texte
des Johannes von Mutterstadt, welche wir hier und im
<) Vgl. Prann, Encomion Spirac, in den Mitt. des histor. Vereins der
PfaU J. 1899.
4IO
Praun.
folgenden nicht mitteilen, aufgezählt; neu ist die Angabe,
Adolf ruhe sub marmore insigni.
, Einen Teil der Grabinschriften giebt das 1608 in Köln
erschienene Buchlein des Franciscus Sweert (»Delidae
generis humani«), das Inschriften aus aller Welt aufzählt.
I ö 1 1 besuchte der Domvikar Helwich aus Mainz den
Dom. Den auf Speyer bezüglichen Teil der im Priester-
seminar Mainz befindlichen Handschrift gab F. W. E. Roth
im Freiburger Diöcesanarchiv für 1885 heraus. Helwich,
der nach seiner eigenen Angabe wenig Zeit hatte, schrieb
in der vorderen Gräberreihe sämtliche Grabinschriften ab,
verliess aber sodann den Königschor, um die Krypta zu
besuchen und eine Reihe von Inschriften im Schiffe der
Kathedrale und im Kreuzgang aufzuzeichnen. Die In-
schriften der königlichen Grabreihe hingegen teilt er nicht
mit, ja erwähnt diese Königsgräber mit keinem Worte.
Es ist dies ein starkes, schier unerklärliches Beispiel von
Touristenflüchtigkeit, doch erweisen seine Aufzeichnungen
allenthalben seine Hast und Oberflächlichkeit. Aus seinem
Schweigen zu folgern, dass die königlichen Gräber keine
Inschrift hatten, wie es schon geschah, ist gegenüber den
ausdrücklichen Zeugnissen der früheren Zeit, vor allem des
völlig glaubwürdigen Johannes von Mutterstadt, sowie der
fast gleichzeitigen Angaben in Itinerarien vollständig un-
zulässig.
Schon neun Jahre später, im Jahre 1620 (und nochmals
1628) besuchte der Bädeker des 17. Jahrhunderts, Matthäus
Zeiller, Speyer auf einer »Spazierreysc von Strassburg aus;
er kehrte im > Einhorn« ein, »daselbst wir trefflich wohl
und um ein leidenliches traktieret wordene Auch er
besuchte den Königschor und notierte sich die Inschriften auf
den sechs Monumenten der ersten Reihe, sodann auf den
Gräbern Philipps, Rudolfs, Adolfs und Albrechts. Ein
Grabstein der Beatrix wird nicht erwähnt, was unsere An-
nahme zu bestätigen scheint, dass er 1309 in die Krypta
versetzt worden war. Zeiller giebt die Inschriften so, wie
wir sie oben nach der Lesart des Johannes von Mutter-
stadt erwähnten; für Philipp hat er das Datum X. Kai.
Junii.
Kaisergräber in Speyer. ^ 1 1
Sämtliche Inschriften giebt auch P. Bertius in seinen
»rerum German. libri III«, Amsterdam 1626.
Die um jene Zeit oftmals aufgelegte Reisebeschreibung
Hentzners, der Speyer schon etwas ft^üher (1596) besucht
hatte, enthält ebenfalls die genauen Grabinschriften der
drei Heinriche. Auffallend ist, dass in sämtlichen Aus-
gaben Hentzners, die in ganz verschiedenen Jahren und in
verschiedenen Orten erschienen, in der Grabschrift Hein-
richs IV. und V. das »Pater hie« und das »Filius hie«, nicht
aber das »Avus hie« bei Heinrich III. auf den Kopf gestellt
erscheinen, was also kein Versehen sein kann, sondern
dem Original entsprechen muss.
Ich unterlcLSse es, aus der sehr grossen Anzahl von
Reisebeschreibungen aus jener Zeit Citate zu bringen, weil
die Autoren sich entweder — und das ist meist der Fall —
mit ganz kurzen Bemerkungen begnügen oder doch nicht
an Ort und Stelle Einsicht genommen haben.
Über die Beschaffenheit der Grabstätten giebt »des
Herrn Johann Ernsten des Jüngeren, Herzog zu Sachsen,
Jülich, Cleve und Berg Reise (16 13) in Frankreich etc.«,
beschr. von Wilhelm Neumayr (Leipzig 1620) Aufschluss.
Die Domkirche wird »zwar gross, aber gar fi"ister« genannt;
»im Chor liegen etlich Keyser in viereckichten schlechten
monumentis.«
EHe wichtigste Nachricht über das Aussehen dieser
Monumente erhalten wir erst kurz vor deren völliger Zer-
störung. Im Jahre 1686 kam der berühmte schottische
Theolog Grilbert Burnett, der 17 15 als Bischof von Salis-
bury starb, nach Speyer und berichtet in der hochmütig
absprechenden Weise, die allenthalben in seinem dreibän-
digen Werke zu Tage tritt, folgendermassen :
There is little remarkable in the Cathedral, which is
a huge building in the Gothik manner of the worst sort.
The tombs of many emperors, that ly buried here, are
remarkable for their meanness, they being only great
Flag-stones on some small Stone-ballisters of a
foot and a half high.
Die schon 1687 erschienene deutsche Übersetzung giebt
dies in folgenden Worten: »In der Haupt-Kirche ist nichts,
^12 Piaun.
das sonderlich sehenswürdig wäre. Es ist ein grosses
unförmliches Gebäude auf Gothische Art. Die Grräber
etlicher Kayser seynd ihres schlechten Ansehens wegen
remarquable. Denn es seynd nichts als grosse ;^uf{
etlichen Säulen von ohngefehr 1^/2 Schuh hoch
liegende Steine.
Die holländische Bearbeitung, welche 1 699 in Amster-
dam erschien und ebenfalls in der Münchener Staats-
bibliothek vorhanden ist, weicht hiervon ab: eenige grote
steenen mit wapenen, die boven andere steinen anderhalve
voet hoog leggen.
Auch Oberamtmann Schunck (s. Fröhlich, S. 36 u. 37)
nennt die Begräbnisse »ohngefehr 1 '/i Ehlen hoch erhöhet,
gantz einfaltig und schlecht« ; zwei Engel an Draht hingen
von der Decke herab mit einer alten Schrift, worauf
13 Namen geschrieben standen.
Ehe wir zur Schilderung der Greuel von 1689 über-
gehen, ist eine andere schwer zu entscheidende Frage zu
besprechen: Wie verhält es sich mit dem sogenannten
alten Grabsteine Rudolfs, der 181 1 auf der Brandstätte des
Johanniterhofs unter Schutt und Asche gefunden wurde?
Dem Herzog? von Dalberg nach seiner Besitzung in
Herrnsheim als Geschenk gesandt, wurde er 181 5 wegen
des in Aussicht stehenden Besuches des Kaisers von Oster-
reich zurückerbeten und auf Rudolfs Grab gelegt; später
kam er durch Regierungspräsident von Stichaner in die
Antiquitätenhalle und befindet sich nun in der Krypta.
Über ihn erschien eine kurze Abhandlung von Ed. Frhr.
V. Sacken in der »Festschrift zur Feier der 600jährigen
Vereinigung von Niederösterreich mit dem Hause Habs-
burg« (Wien 1882), welche aber nicht frei von Irrtümern ist.
Nach dem ausdrücklichen Zeugnisse Bodes, des hervor-
ragenden Kenners der Skulptur, entstand das Kunstwerk
bald nach des Königs Tode, ja wenn es identisch ist mit
dem in der Reimchronik des Ottokar von Horneck besun-
genen (die Verse sind u. a. in Geisseis Kaiserdom III, 247
abgedruckt), noch zu seinen Lebzeiten. Auch der Wort-
laut der Umschrift entspricht genau der Überlieferung des
Johannes von Mutterstadt. Und doch dürfen wir nicht
Kaisergräber in Speyer. ^Ii
ohne weiteres annehmen, dass der Stein auch wirklich auf
Rudolfs Grabe lag. Es war Geissei, der zuerst wegen der
Fundstätte und wegen des Materials Bedenken erhob. Die
Skulptur ist in Sandstein eingemeisselt, während die älteren
Quellen Rudolf »sub marmore« ruhen lassen, wie auch Otto-
kar von Homeck von einem »Merbelsteine« spricht. Noch
einen weiteren Einwand möchte ich geltend machen.
Niemals wird, wie wir gesehen haben, eine bildliche Dar-
stellung auf einem der Kaiser- oder König^gräber erwähnt >);
so oft wir eine Schilderung der Gräber finden, beginnend
von der Ursperger Chronik bis zur Reise Gilbert Bumetts
im Jahre 1686, hören wir nur von Inschriften, und die
Reiseschilderungen Neumayrs und Bumetts lassen auf
ganz schmucklose Ausstattung schliessen. Eine so pracht-
volle Skulptur hätte doch, sollte man denken, bei der
grossen Anzahl von Reisebeschreibungen wenigstens ein-
mal Erwähnung finden müssen. Um ein Beispiel heraus-
zugreifen, hätte ein so erfahrener Reiseschrift&teller von
Beruf, wie es M. Zeiller war, sich gewiss nicht begnügt zu
sagen: »Rudolfs Grabstein mit dieser Inskription ....«,
wie er es thut, sondern doch auch kurz auf die Skulptur
hingewiesen. Anderseits ist freilich kaum erklärlich, welche
Bedeutung ein zweiter Grabstein für Rudolf in der gleichen
Stadt haben sollte. War die Skulptur ursprünglich für
Rudolfs Grab bestimmt und dann aus irgend welchem
Grrunde nicht dazu verwendet worden, oder war sie um-
gekehrt zuerst wirklich auf dem Grabe gelegen (Ottokar
von Homeck: »Der Stein ward nu sein Dach«) und dann
bei der Restauration am Beginn des 16. Jahrhunderts, als
man die Kaisergräber »zierlicher« machen wollte, als stil-
widrig in eine andere Kirche versetzt worden? Letzteres
erscheint nicht unwahrscheinlich. Denken wir nur daran,
wie viele Grabsteine bei den Domrestaurationen unseres
Jahrhunderts in Speyer und anderen Städten ihren Platz
vertauschen musstenl
Es kam nun das unglückselige Jahr der greuelvoUen
21er8torung Speyers, in welchem auch die ehrwürdig^en
1) DtL» Bild bei Fugger verdieDt nicht mehr GUuben als der Text, der
von Fehlern wimmelt.
414
Praun.
Gräber der deutschen Herrscher von verruchten Händen
entweiht wurden. Die Volkssage wusste von Schätzen zu
erzählen, die man den Fürsten ins Grab mitgegeben habe,
und dies reizte die Gier der Beutelustigen ; aber zum Glück
konnten sie nicht allenthalben den tiefliegenden Särgen
beikommen, obgleich während der achtjährigen völligen
Verlassenheit Speyers von 1689 bis nach dem Friedens-
schlüsse zu Ryswick Zeit und Gelegenheit genug gegeben
war, solche Plünderungen zu wiederholen.
Leider enthalten die Kriegsakten von 1689 in Karls-
ruhe nichts hierüber. Die meiste Autorität darf natürlich
der amtliche Bericht des bischoflichen Statthalters Hartard
von Rollingen beanspruchen; er sagt, »die mehreren«
(also = die meisten) Gräber seien eröffnet, »die epitaphia,
inscriptiones und was nur Metall gleichgesehen«, geraubt
worden.
Neben diesem amtlichen Berichte, der öflFentlichen
Glauben beanspruchen darf, sei noch die Angabe eines
Augenzeugen, des Oberamtmanns Schunck, in den Karls-
ruher Akten (Gen. 265) erwähnt (auch abgedruckt bei
Fröhlich, S. 34 und 37). Dieser erklärte 1739, um seine
Erinnerungen befragt: »Die Franzosen haben nach der
Brunst die Gräber in Hoffnung, grosse Schätze zu finden,
ruiniert, aber soviel ich zugesehen, nichts denn alte
Gebein und Köpfe gefunden.«
Bei der teil weisen Eröffnung von 1739 zeigte sich,
dass 1689 das Grab, welches die Gebeine der Beatrix und
Albrechts enthält, sicher durchwühlt worden war, und dass
das Haupt der Beatrix fehlte; die anstossenden Gräber zur
rechten und zur linken zeigten ebenfalls, wie wir hören
werden, Spuren der Verwüstung. Hingegen war Philipps
Grab von den Plünderern unbeschädigt geblieben. Ob die
Franzosen auch die Saliergräber durchwühlt hatten, Hess
sich 1739 leider nicht feststellen, da sich der Rayon der
Eröffnung nicht so weit erstreckte. Immerhin ist davon
auszugehen, dass nach dem amtlichen Berichte und nach
den Angaben des Augenzeugen Schunck die meisten
Gräber profaniert wurden; mit Bestimmtheit lässt sich eben
nur erweisen, dass Philipps Grabstätte verschont blieb.
Kaisergräber in Speyer. ^ I c
Der himmelschreiende Frevel ruchloser Leichenschän-
dung ist also evident. Doch was man dem geschändeten
Grabe der Ärmsten zu teil werden Hesse, nämlich vor
allem Wiederordnung der verstörten Überreste, ist merk-
würdiger Weise durch die Ungunst der Verhältnisse der
geheiligten Person der deutschen Herrscher bis zum heutigen
Tage versagt geblieben.
Ich spreche kein Wort von dem eminenten histo-
rischen Interesse, kein Wort von den vielen Präcedenz-
fällen^) in Deutschland und Italien, kein Wort davon, dass
man seiner Zeit gar nicht sonderlich rücksichtsvoll mit den
Leichnamen der Herrscher verfuhr, als man z. B. Adolf
und Albrecht in die Gräber der Agnes und Beatrix senkte,
und davon, dass fast alle hier Bestatteten (von Hein-
rich IV. sei ganz abgesehen) noch nach ihrem Tode
mancherlei Wanderungen durchzumachen hatten, ehe sie
im Königschore Ruhe fanden, nur das Eine muss hier
gesagt werden: wenn von Seite der zuständigen hohen
Autoritäten mit all der Rücksicht, welche die Würde des
Gotteshauses und die ehrwürdige Person der deutschen
Herrscher beanspruchen darf, eine genaue Untersuchung
der Gräber vorgenommen würde, so hiesse das nicht die
') Unter den zahlreichen Nachgrabungen allein auf deutschem Boden
seien hier nur erwähnt die allgemein bekannten, in verschiedenen Jahr-
hunderten verglommenen Nachforschungen im Münster zu Aachen nach den
irdischen Überresten Karls des Grossen und Ottos III. und die bayerischen Aus-
grabungen: die Nachforschungen in der Liebfrauen- und der ehemaligen Augu-
stinerkirche zu München nach den Gebeinen Ludwigs des Bayern, die Eröffnung
des Grabes Arnulfs in Regensburg durch Abt Cölestin 1671, femer die Eröflf-
nungen im Bamberger Dome. Nachdem man schon 173 1, ohne dass von einer
baulichen Umgestaltung in diesem Jahre etwas bekannt ist, der Sarkophag
Klemens II.. des einzigen in Deutschland bestatteten Papstes, geöffnet und
der Leichnam wohlerhalten gefunden hatte, deckte man 1845 das Grab des
Königs Konrad III. auf. Dass die Häupter Heinrichs des Heiligen und
seiner Gemahlin Kunegundis, kostbar gefasst, ausserhalb des Grabes sich
befinden, ist bekannt. Diese Beispiele könnte Verfasser, der die Gräber der
deutschen Herrscher mit geringen Ausnahmen aus eigener Anschauung kennt,
bedeutend vermehren. Die Eröffnungen fanden nur zum Teil im Anschlüsse
an bauliche Verändenmgen sUtt und wurden häufig um ihrer selbst willen
unternommen. Sehr oft fanden sich die Leichname fast völlig erhalten (z. B.
Heinrichs VI.), während in anderen Fällen nur spärliche Überreste sich
erhalten hatten (z. B. von Lothar von Sachsen).
Zeitschr. C Getch. d. Oberrh. N. F. XIV. 3. 28
4l6 Praun.
Ruhe der Toten stören, sondern umgekehrt den i68g von
den Leichenschändern begangenen Frevel sühnen. Ja die
Eröffnung, die fast Forderung der Pietät und Grewissens-
pflicht scheint, vermöchte sogar zu einer neuen Ehrung
der grossen hier bestatteten Herrscher beizutragen. Es
hat für unser Gefühl immer etwas Verletzendes, irgend ein
Grab, und sei es das des Armseligsten, ganz unbeachtet
und unkenntlich zu sehen. Doppelt wehmütig muss es uns
bei den hier ruhenden deutschen Kaisem und Konigen
berühren, dass trotz aller Pracht des herrlich wieder-
erstandenen Domes ihre Gräber völlig unbezeichnet und
unkenntlich sind. Wie einfach wäre es, wenn einmal eine
Eröffnung die genaue Lage der einzelnen Grräber unter
dem Boden nachgewiesen hat (die Reihenfolge der Gräber
ist ja auf Grund der Karlsruher Handschrift 822 nunmehr
festgestellt), in Platten aus Stein oder Erz die Namen an-
bringen zu lassen I Eine Wiederherstellung der Monumente
wäre ganz unnötig und würde nicht nur den freien Durch-
gang stören, sondern auch die herrliche Perspektive und
den bewunderungswürdigen Aufbau des Domes beein-
trächtigen.
Dazu kommt noch, dass in diesem Falle die technischen
Verhältnisse sehr günstig liegen, wie am Ende der Arbeit
ausführlich gezeigt werden soll.
Dass die geschäftige Fama die Greuelthat von 1689,
deren sich die Franzosen alsbald schämten, noch durch
Übertreibung ins Ungemessene steigern werde, war zu
erwarten.
Das seltene Büchlein: »Wahrhafftige und umständliche
Geschichtserzählung« etc., herausgegeben »den 16. Heu
mondes 1689« wahrscheinlich in Speyer, sagt: »Die ver-
fluchten Mordbrenner haben nicht allein die kayserliche
und königliche Gräber geschändet und geraubt, darinnen
sie zween Silbersärke und in dem einen ein güldenes
Kästlein gefunden, sondern auch viele andere Gräber
eröffnet.«
Der »Französische Attila« von 1690 weiss schon anzu-
geben, die Franzosen seien im Besitze eines Zauberspiegels
gewesen, der ihnen alle Schätze gezeigt habe.
Kaisergräber in Speyer. ajj
Der Pseudonyme Verfasser des Büchleins »Die bedrückte,
erquickte und beglückte Rheinpfalz« von 1691 versichert
in der Einleitung: »Lieber mochte ich aus Wehmut nach
dem Schnupftuch greiffen, die schmerzliche Trauerthräne
abzutrückeln, als nach der ohn glückseligen Schreibfeder«
und berichtet, die Leichenräuber hätten die Särge eröffnet
und die Leichname geschändet und unbestattet liegen
lassen, um dann seiner Entrüstung in Versen Ausdruck
zu geben:
»Gott, wann wird ein Ende werden
Solcher Schand- und Lasterthaten,
Lass die MaulwurflF nicht zur Erden,
Die verdammten Höllenbraten!« u. s. w.
Schon neun Jahre später hat sich die Tradition gebildet,
der das Theatrum Europaeum Ausdruck giebt, die Leich-
name »verschiedener vornehmer Leute« seien »wie ver-
recktes Vieh ausgegraben und den Hunden zum Fressen
vorgeworfen wordene. Spätere Berichte lassen die Plün-
derer die Überreste der Herrscher in die Wogen des
Rheinstroms streuen oder gar mit den Häuptern Kegel
spielen.
Lange wagte man keine Wiederherstellung des Domes,
da man die Rückkehr der Feinde befürchten musste. Not-
dürftig wurden die Chöre für den Gottesdienst eingerichtet
und durch eine Quermauer abgeschlossen. Mitten im
Dome erhob sich an der Stätte des Brandes eine förmliche
Wildnis 1). Was die Kaisergräber betrifft, so begnügte
man sich leider damit, die Stätte des ungeheuerlichen
Frevels, die nach Sühne formlich schrie, fein säuberlich
mit Platten zu decken. Damals wurde ein Teil der Bischofs-
gräber eröffnet, und in der Stadt scheint, wie nachmals bei
den Bauten in den siebziger Jahren des vorigen Jahr-
hunderts, das Gerücht verbreitet gewesen zu sein, man
decke auch die Kaisergräber auf.
Wirklich kam es 1739 zu einer Eröffnung, die aber
bedauerlicher Weise ohne Befragen des in Bruchsal weilen-
den Bischöfe, des Kardinals Hugo Damian von Schönbom,
vom Domkapitel gestattet wurde und deshalb gänzlich unvor-
') Bmchsftl Gen. 265. Karlsruhe.
28'
4l8 Praun.
bereitet und fast verstohlen vorgenommen wurde. Da nur
ein Grab völlig eröffnet wurde, während z. B. die Salier-
reihe gänzlich unberührt blieb, ist die Eröffnung als un-
genügend zu bezeichnen; immerhin hatte sie interessante
Ergebnisse.
Den bisher benützten Berichten des Augenzeugen Litzel
in seinem wiederholt erwähnten Büchlein und des bischof-
lichen Baumeisters Geiger, der im Auftrage des Kapitels
die Ausgrabung leitete '), vermag ich einen ganz unbekannt
gebliebenen ausführlichen Bericht eines dritten Augenzeugen
beizufügen, des gleich Litzel um die Speyerer Geschichts-
forschung hochverdienten Syndikus Baur, den ich in der
Hofbibliothek Darmstadt im 4. Hefte der »Marburger Bei-
träge zur Gelehrsamkeit« von 1750 fand; das Buch ist sehr
selten. Bisher kannte man nur seinen kurzen Bericht an
den Stadtrat, der sich noch im Speyerer Stadtarchiv
befindet*). Desgleichen fanden sich unter den bisher nie
benützten Notae historicae des bischoflichen Archivars
Johann Marsilius Kuhn*) genaue Aufzeichnungen über diese
Eröffnung, die, offenbar bald nach dem Vorgange ent-
standen, schon durch ihre Genauigkeit den Eindruck voller
Glaubwürdigkeit hervorrufen. Zwar war Kuhn, wie es
scheint, nicht Augenzeuge der Eröffnung, doch bemühte er
sich offenbar, über den Vorgang, dessen Bedeutung er
erkannte, volle Aufklärung zu erlangen; manche Einzel-
heiten sind nur durch ihn überliefert, so dass auch seine
Angaben als dankenswerter Beitrag zu Kenntnis jener
denkwürdigen Episode zu bezeichnen sind.
Die Veranlassung der Eröffnung war folgende: Kaiser
Karl VI., der letzte seines Stammes, empfand begreiflicher
Weise lebhaftes Interesse für den ersten seines Geschlechtes,
seinen erlauchten Stammvater Rudolf, ebenso der Reichs-
hofratspräsident Graf Wurmbrand. HofkammerrÄ Spengler
von Löwenfeld, der ohnehin eine diplomatische Mission an
den Rhein hatte, besuchte in dieser Angelegenheit Speyer,
übertrug aber wegen anderer Geschäfte seine Vollmacht
^) Mit einer Anzahl anderer wichtiger Aktenstücke aus Gen. 265 im
badischen Generallandesarchive abgedruckt bei Fröhlich, S. 29 ff. —
'-) Citiert bei Remling, Geschichte der Bischöfe von Speyer II, S. 659. -
3) Vgl. Praun in d. Mitt. d. hist. Vereins der Pfalz 1899.
KtiMtgiSber in Speyvr.
4IQ
kaiserlichen Notarius Pelikan daselbst. Dies war auch.
I es scheint, der Vertrauensmann, der dem österreichi-
ten Hofhistoriographen Marquard Herrgott für sein im
Berlicben Auftrage herausgegebenes Prachtwerk Tapho-
fihia prlncipiira ') Auskunft liefern sollte , nachdem die
Zuverlässigkeit des Fugger'schen Ehrenspiegels deutlich
innt war.
Der Bitte des Hofkammerrats Spengler vom 2. Juli
•fif entsprach das Domkapitel am 20. Juli und befahl
Collector Geiger, ihm oder seinem Bevollmächtigten
jer »verlangten eröffnung und einGicht* an die Hand zu
len.
Aber niemand in Speyer wusste mehr, wo die Grab-
tte eigentUch zu suchen sei; so sehr war seit i68g jede
tdition untergegangen. Eine greise Französin, Madame
Veau, glaubte sich entsinnen zu können, der Eingang
Grabgewölbe (ein solches nahm man nach Fugger
mein an) sei von der grossen Krypta aus. Dienstag
iS. Juli versuchte man hier durchzubrechen und traf
zehn Fiiss langes, ganz leeres Gewölbe an; nochmals
Ich man gegen den Kreuzchor durch eine dicke Mauer,
»auf man endgiltig den Versuch aufgab, von der Krypta
KU den Gräbern zu gelangen. Deshalb begab man
auf den Königschor und öffnete die Platten unmittel-
neben dem Kreuzaltar, in der Hoffnung, hier einen
ufteingang zu finden. Da traf die Auskunft des hoch-
agten Amimanns Schunck von Oberöwisheim ein, dass
sich nicht um eine Gruft, sondern um Einzelgräber
idle.
Am 2tf. Juli wurden durch Vermittlung des Dom-
pitel'schen Bevollmächtigten, des verstandigen Dom-
Btos von Zurhein, auch der Ratskonsulent und Syndikus
hard Christoph Baur und Konrektor Litzel bcige^ogen.
Seses schätze ich,* sagt letzterer, 'Rir ein grosses Stück
iner zeitlichen Glückseligkeit, dass meine Augen den
neren Verlauff der Sachen haben beschauen, und meine
■] Auf nicht wenif^r all 1 1 J T&fela tind hier die GtkbaUltun der Habs.
|n XtÜ» «rüffnet KiU uneiAITnet abgebililel, nur Speyer, lUs doch die
der beiden enten regietenden HsUsburg':! enthUl, fehlt.
420
Praun.
Hände die geheiligten Gebeine so grosser Personen mit
tieffster Ehrerbietigkeit haben anrühren können.^ Man
fand nun einen schwarzen Deckstein ohne Inschrift (die
Inschrift hatte sich ja aussen auf den 1689 zerstörten
Sarkophagen befunden) zerschlagen und überzwerch liegend,
verfaultes Tannenholz von einem Sarge, eine eiserne Kette
von 1^/2 Fuss Lange, einen abgebrochenen Degen, dessen
Griff offenbar 1689 geraubt war, imd in einer Tiefe von
8 Fuss verstörte Gebeine, welche zu zwei Körpern gehörten.
Da förderte die Schaufel eines Arbeiters einen Schädel zu
Tage; Litzel ergriff ihn mit den Worten: »Diesen Kopf
kenne ich, er gehört dem Kaiser Albrecht, und diesen Hieb
hat ihm der von Palm gegeben!« Der Hieb oberhalb des
rechten Auges, der die Hirnschale völlig durchschnitten
hatte und aussen 21/,, innen fast i Zoll lang war, war
nach Geigers und Kuhns Berichten »schermesserscharf«.
Der zweite Leichnam, dessen Haupt fehlte, ist höchst
wahrscheinlich der der Beatrix ; die Gebeine hatten geringere
Stärke und Grösse und unterschieden sich durch ihre
dunkelbraune Farbe scharf von den gelben Gebeinen
Albrechts. Sollte freilich der Leichnam der Beatrix 1309
in die Krypta transferiert worden sein, so müsste man an-
nehmen, die Plünderer hätten aus irgend einem anderen
Grabe einen Leichnam herausgerissen und geplündert und
ihn sodann ohne Haupt wieder hineingeworfen. Eine Ent-
scheidung könnte natürlich erst die Besichtigung der übrigen
Gräber ergeben.
Noch ehe man den schwarzen Marmorstein Albrechts
zu Tage gefordert hatte, hatte man auch auf der rechten
Seite, also gegen Süden, eine zweite Öffnung gemachikt
und daselbst in gleicher Tiefe ein völlig unbeschädigt^ss
Grab aus Steinplatten, 6 Fuss i Zoll lang und i Fa^ss
10 Zoll breit, gefunden, das mit einem grossen Sandstek. "H
ebenfalls ohne Überschrift, zugedeckt war. Nach dess^^^
Abwälzung fand sich ein altertümlicher Bleisarg (»wie nc li
Händen geformt« berichtet Baur dem Stadtrat), der r^ ^
Grab gerade ausfüllte. Da dieses 1689 offenbar unverle ti
geblieben war, gestattete von Zurhein ohne vorherige Y i^
mächtigung die Eröffnung nicht, sondern liess den Gr^^b
stein wieder auflegen und das Grab vermauern. Offentzruai
Kaisergräber in Speyer. a21
handelt es sich um König Philipps Grabstätte. Nach Kuhns
Aufzeichnungen »fung dieser Bleisarg an gleich zu schwitzen,
dass die hellen Wassertropfen darauf standen.«
Bedauerlicher Weise konnte man den Zwischenraum
rwischen den Grrabstätten Albrechts und Philipps nicht
freilegen, da hier ein hoher Schutthaufen lag. Weder
Litzel noch Geiger geben die räumliche Entfernung zwischen
den zwei eröffneten Gräbern an, was doch trotz der Schutt-
masse leicht geschehen konnte; es ist dies deshalb von
grosster Wichtigkeit, weil wir aus der Grösse des Ab-
standes leicht einen Schluss auf die Zahl der dazwischen
liegenden Gräber ziehen können. Zum Glück hat S)mdikus
Baur daran gedacht.
Schon sein kurzer Bericht an den Stadtrat vom
I. August 1739. den Remling im Speyerer Stadtarchive
vorfand, enthält die deutliche Angabe, dass zwischen den
eröffneten Grabstätten Albrechts und Philipps sich nur
ein Grab befand, also das Rudolfs, und ebenso seien links
(nordlich) von Albrechts Grab »anderweitige rudera ver-
merket worden, wo Adolf liegen muss.« Es ist sehr
erfreulich zu sehen, wie auch dieser Bericht bis ins Ein-
zelne die in unseren Ausführungen angenommene Reihen-
folge bestätigt. Noch genauere Angaben bringt Baurs
Abhandlung im 4. Hefte der Marburger Beiträge für 1750,
aus der uns zwei neue Angaben interessieren, nämlich:
1. Dass zwischen den beiden eröffneten Gräbern nicht
etwa ein weiter Zwischenraum war, sondern »ein starker
schritt«; daraus geht mit zwingender Notwendigkeit hervor,
dass sich hier nur ein Grab befunden haben kann, natürlich
das Rudolfs, während z. B. nach Remlings Theorie sich
zwischen den Gräbern Albrechts und Philipps nicht weniger
^Is drei Grabstätten befinden, nämlich Adolfs, Rudolfs und
des Bischofs Konrad.
2. Dass auch dieses eine Zwischengrab, offenbar des
erlauchten Rudolf Grab, »allem Anscheine nach 1689 durch-
"^rühlt worden sei.«
So liegen also, wenn nicht die Anzeichen trügen, bis
^um heutigen Tage die Gebeine Rudolfs, des all verehrten,
volkstümlichen Herrschers, des erlauchten Begründers des
422
Praan.
Habsburgischen Kaiserhauses, verstört und geschändet
unter dem Estrich des Königschores.
Wenn wir den Umfang der Eröffnung von 1739 über-
blicken, so ergfiebt sich sofort, dass sie uns über die Salier-
gräber der ersten Reihe keine Aufklärung bringt, deren
eines oder anderes leicht ebenfalls in der langen Zeit von
1689 bis 1698 profaniert worden sein kann, zumal wenn
wir an den Bericht Hartards denken. Wir müssen unbedingt
dem zurückhaltenden Urteile Baurs beistimmen, wenn er
sagt: Ob ausser Philipps Grab noch einige unversehrt
geblieben seien, »ist weder zu bejahen noch zu verneinen,
ehe der ganze Bezirk nach seiner Weite und Tiefe um-
graben ist.« Er reiht hieran die Bitte an den damaligen
Bischof von Speyer, Franz Christoph von Hütten zu Stolzen-
berg, eine Eröffnung zu gestatten, mit der Versicherung,
»dero höchster Name werde bei der Nachwelt, insonderheit
den Gelehrten, verherrlicht werden, wenn Höchstdieselben
gnädigst geruhen wollten, die Überbleibsel der königlichen
Gräber zu Speyer aufsuchen und nach beschehener Eröff-
nung beschreiben zu lassen.«
Bei der Wiederherstellung des Domes in den siebziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts sollte auch die kaiserliche
Grabstätte eine würdige Erneuerung erfahren, und man
wünschte durch Vermittlung des nach Wien entsendeten
Kapitulars Grafen von Walderndorff von Maria Theresia
und Joseph 11. eine Beisteuer zu erhalten.
Die Unterhandlungen, welche vielfach an die^ Be-
mühungen von 15 12 erinnern, blieben ohne Erfolg. Das
Wiener Ministerium erhob nach dem Studium der Akten
hohe Gegenforderungen; besonders beklagte man sich über
die Einziehung der königlichen Pfründen auf dem St.
Annenaltare, weshalb Walderndorff, dem es höchst un-
behaglich zu Mute war, flehentlich um seine Abberufung bat.
Diese merkwürdige Korrespondenz 1), welche zum
geringeren Teile auch Fröhlich benützte, zeigt in über-
raschender Weise , dass ein Zeitraum von nicht ganz
40 Jahren genügt hatte, um die Anschauung in den mass-
gebenden Kreisen völlig zu ändern. In dem »promemoria«,
*) Ebenfalls Bruchsal Gen. Fasz. 265. Karlsruher Archiv.
Kütergriber io Speyer.
4^3
das Waldomdorff überreichen sollte, werden die Kaiser-
gräber das herrlichste Praerogativ des Domes genannt und
•wird förmlich bedauert, dass die Eröffnung von 1731) un-
vollständig geblieben sei; denn es heisst wörtlich: >Im
}ahre 1739 hat man auf Veranlassung weiland Caroli Sexti
die Gräber eröffnet und untersuchet, es ist aber aus Mangel
genügsamen Unterrichtes nur obenhin geschehen«: man
habe nun, heisst es weiter, die erwünschte Gelegenheil,
•sothane kaiserliche Denkmale genauer zu prüfen und die
Gräber, wne sie vor dem Brande gewesen sind, wieder
herstellen zu lassen.« Da nun aber über dem Boden nicht
die geringste Spur mehr vorhanden war. so ist in diesem
verschämten Anerbieten »neuerlicher Prüfling« das Aner-
hieten der GraberöfFnung eingeschlossen. Bezeichnend ist
auch der nächste Satz, der sich im Zusammenhang zunächst
auf die Ausschmückung, nicht auf die Eröffnung der Gräber
beziehen soll: »Bei der Nachkommenschaft würde es ohn-
verantwdrtlich sein, wenn man länger an sich halten und
diesen verehrungswürdigsten Gegenstand der ganzen Ver-
gessenheit aussetzen wollte; es ist auch wichtig für das
Erzhaus Österreich und wird seinen Ruhm erhöhen.«
In dem beiliegenden Entwürfe eines Schreibens — es
fct wohl das Gutachten Waldemdorffs oder eines bischöf-
lichen Archivars — findet sich auch die charakteristische
Stelle: »Sollte die Angelegenheit (gemeint ist die Unter-
suchung und der Schmuck der Gräber) wieder mit der
nämlichen Gleichgiltigkeit tractirt werden, so...
ist es bei der posteriorität ohnverantwortlich.«
Wir haben diesem Urteile von so kompetenter Seite kein
Wort beizufügen.
Nach FrÖhlichs Angabe wurde damals am öster-
reichischen Hofe auch der Plan erwogen, die Überreste
Rudolfs und Albrechls nach Wien schaffen zu lassen.
Das Jahr 1794 sah die Franzosen wieder in den Kaiser-
dotn eindringen. Was mit Aufwand ungeheurer Summen
soeben neu erstanden war, verfiel der wahnwitzigen Ver-
blendung der Freiheitsverkünder am Seinestrande und
ihrer fanatischen Helfershelfer. Wenigstens blieben dies-
mal die Kaisergräber verschont, wie ausdrücklich ver-
sichert wird. Da jedoch ein so unantastbarer Zeuge Mrie
424
PrauD.
Geissei angiebt, er selber habe im Königschore die OflF-
nungen über den Gräbern Rudolfs, Albrechts und Adolfs
gesehen, so haben wir anzunehmen, dass wenigstens der
Versuch einer Plünderung unternommen wurde.
Ich übergehe die Zeit neuen Schreckens, in der nach
dem ruchlosen Plane des Architekten Henrion in Mainz
der Dom auf Abbruch veräussert und die Vorhalle in
einen Triumphbogen der g^ande nation umge^vandelt
werden sollte. Was sich an Resten der deutschen Herr-
scher finde, »solle auf dem allgemeinen Leichenacker unter
anderen ehrlichen Leuten zur Ruhe gebracht werden; ihre
Thaten sollen ihr Totendenkmal sein.U Zum Glück durch-
kreuzte Napoleon selbst, dessen Statue auf der Rotunde
prangen sollte, den abscheulichen Plan, der auch die
Grabesruhe der Kaiser bedrohte. Josephine sowohl wie
Marie Luise hatten in dieser Angelegenheit ihre Vermitt-
lung zugesagt; der wirksamste Vertreter der deutschen
Interessen war jedoch der Verwalter der Diocese, der
durch seinen apostolischen Freimut ausgezeichnete Bischof
Colmar von Mainz.
Vom August 1813 bis November 181 4 war bekanntlich
der Dom, die Ruhestatt acht deutscher Herrscher, für
120 fl. als Heumagazin verpachtet; nach der Leipziger
Schlacht als Hospital verwendet, vernahm der Konigschor
und die weiten Hallen das Ächzen der Verwundeten, das
Röcheln der in Menge Dahinsterbenden.
Das Morgenrot einer besseren Zeit schien heraufzu-
ziehen, als am 27. Juni 1815 ^^^ hohen Verbündeten, Kaiser
Franz I., König Friedrich Wilhelm III. und der russische
Kaiser Alexander den Dom und die Ruhestätten der Kaiser
besuchten. Damals übergab Alois Schreiber dem Kaiser
Franz ein Schriftchen über die Kaisergräber, dessen Schluss-
satz in grossen Buchstaben lautete: »Rudolf von Habs-
burg und Albrecht von Österreich flehen um ein ehren-
volles Grab!«
Acht Tage zuvor hatte Erzherzog Johann den Dom
besucht. Nach Geisseis Angabe fragte er den ihn geleiten-
den Provikar Günther nach der Stelle von Rudolfe Grab,
und dieser konnte antworten: »Eben in diesem Augenblicke
Kaisergräber in Speyer. 4.25
Stehen Eure Kaiserliche Hoheit auf dem Grabe des er-
lauchten Ahnherrn.«
Der Fabrikrat der Domkirche äusserte damals gegen
den Erzherzog den Wunsch, »dass die Gräber möchten
untersucht werden, um sich teils von den noch vorhandenen
Särgen zu überzeugen, teils eine nähere Kenntnis über die
Beschaffenheit der kaiserlichen Gräber einzuholen.« Der
Erzherzog sprach seine Zustimmung aus, aber unbegreif-
licher Weise geschah wieder nichts. Die längst inaugurierte
Politik der versäumten Gelegenheiten wurde auch in den
nächsten Jahren fortgesetzt, obgleich man sämtliche Chöre
neu pflasterte!
1816 besuchte König Maximilian Joseph die Pfälzer
Heimat und stattete dabei auch den Kaisergräbern seinen
Besuch ab, wobei er die Wiederherstellung des Domes in
hochherziger Weise zusagte. Die äusserst grosse Anzahl
hoher Besuche in den folgenden vierzig Jahren verzeichnen
die schätzbaren Werke Remlings »Neuere Geschichte der
Bischöfe von Speyer« und »Bischof von Weis«. 1824 wurde
das Monument Adolfs, 1843 das Rudolfs errichtet, 1858
die Kaiserstatuen in der Vorhalle aufgestellt, eine gross-
artige Schenkung Franz Josephs.
Hier soll konstatiert werden, dass für den hochherzigen
Entschluss des königlichen Mäcenas, gerade den Speyerer
Dom mit Fresken schmücken zu lassen, keineswegs bloss
technische Rücksichten massgebend waren, sondern auch
des Königs Vorliebe für den »Kaiserdom«. Dieses Aus-
druckes bedient sich Ludwig I. häufig in seinen Briefen
an Bischof von Weis.
In jenen Jahren bedauerte ein trotz vieler Irrtümer im
einzelnen gediegenes Referat der Deutschen Vierteljahrs-
schrift (1856, I. Heft), dass noch immer keine Eröffnung
stattgefunden habe, für die es noch keineswegs zu spät sei.
Und es fehlte nicht viel, so wäre in den fünfziger
Jahren eine solche zustande gekommen. Nachdem 1854
eine Untersuchung der bischöflichen Gräber vor der Treppe
zum Königschor stattgefunden hatte, wobei man den
massiven Sarg Bischof Gerhards fand, empfand man es
ganz mit Recht als wünschenswert, auch die Gräber der
deutschen Herrscher im einzelnen bezeichnet zu sehen. König
426 Praun.
Ludwig versprach seine wirksame Vermittlung, um Kaiser
Franz Joseph zu einer Beisteuer für die Ghräber seiner
Ahnen zu gewinnen. Der Dombaumeister Hübsch bean-
tragte würdige Grabsteine, und zwar flache Platten aus
Erz oder Stein, welche die Aussicht nicht beschränkten.
Herr von Philippsberg, der österreichische Gesandte in
Karlsruhe, dem das Wiener Ministerium die Instruktion
der Angelegenheit übertragen hatte, stellte den Antrag,
vorerst eine neue Untersuchung der Kaisergräber vorzu-
nehmen, schon damit man sich überzeugen könne, an welcher
Stelle die Toten ruhen, und ob überhaupt noch etwas von
ihnen vorhanden sei. Minister Graf Buol unterstützte die
Vorschläge beider warm bei Kaiser Franz Joseph und
beantragte auch Wiederherstellung des Annenaltars und
der königlichen Pfründen. Doch auch damals scheiterte
der Plan der Grabeseröffnung*), und die einzelnen Gräber
^) König Ludwig, der sich sehr für die Ausgrabungen in der Münchener
Frauenkirche und im Bamberger Dome interessiert hatte, brachte auch diesem
Plane, wie es scheint, lebhafte Teilnahme entgegen. Leider kam damals der wich-
tige Gesichtspunkt, aus Gründen der Pietät den Frevel von 1689 zu untersuchen
und zu sühnen, gar nicht zur Geltung. Offenbar überschätzte man auch die
Schwere des Unternehmens, welches, umsichtig vorbereitet, keine ausser-
ordentliche Schwierigkeit bereiten würde. Der Platz ist ja räumlich in Speyer
ziemlich bestimmt, während man anderswo oftmals um eines recht problema-
tischen Ergebnisses halber ganze Kirchen und Unterkirchen durchwühlte.
Auch die bedeutende Tiefe könnte doch nicht als Hindernis bezeichnet werden.
Wie es sich 1739 deutlich ergab (und eigentlich selbstverständlich ist), besteht
die Füllung meist aus Schutt, bis man zuletzt auf die Steinplatten stßsst,
welche in ihrer Umhüllung das eigentliche Grab bilden; um z. B. Phihpps
Grab völlig freizulegen, brauchte man 1739, nachdem einmal festgestellt war,
dass es sich um Einzelgräber, nicht um eine Gruft handle, trotz der un-
geschulten Arbeiter und der mangelnden Vorbereitung kaum fünf Stunden.
Deshalb dürfte die Arbeit event. mit Benutzung der Nacht in sehr kurzer
Zeit vorgenommen werden können, wodurch der Gottesdienst nicht allzu
grosse Störung erleiden würde. Ausserdem fürchtete man 1854 offenbar für
die beiden Monumente. Abgesehen davon, dass unsere Technik sicher auch
hier Rat weiss, sind ja nach den Quellen in der zweiten Reihe nur vier eng
aneinander stossende Gräber anzunehmen, so dass bei der bedeutenden Breite
des Chors (an 14 m innerhalb der Pfeiler) jedenfalls noch ein Stück neben
den Monumenten unberührt bleiben könnte. Ein Blick in die Pläne Mcyer-
Schwartaus zeigt dies. — Der oft geltend gemachte Einwand, die plündernden
Franzosen hätten die Leichname ja doch au.« den Gräbern gerissen, so dass
es unnütz sei, nachzugraben, wird durch den Befund von 1739 deutlich
widerlegt.
Kaisergräber in Speyer. 427
der grossen deutschen Herrscher sind bis zum heutigen
Tage in dem so herrlich wiedererstandenen Kaiserdom
gänzlich unkenntlich geblieben.
Hiermit schliessen wir die Geschichte der kaiserlichen
Grabstätten ab. Möge in 10 oder 20 Jahren, vielleicht noch
eher, der vielfach verwickelten Frage ein neues, ergebnis-
reiches Schlusskapitel anzufügen sein, welches die Aufschrift
führt: »Augenschein und Befund«, zur endlichen Sühne des
Frevels von 1689, zur Ehrung der gewaltigen Herrscher
der deutschen Vorzeit!
Sleidaniana.
Von
Alcuin Hollaender.
Bereits früher hatte ich aus den Strassburger Rats-
protokollen ergänzende Mitteilungen zu einzelnen in den
beiden Büchern meines verehrten Lehrers, des verewigten
Professors Hermann Baumgarten Ȇber Sleidans Leben
und Briefe« und »Sleidans Briefwechsel« enthaltenen An-
gaben gegeben i), welcher bekanntlich als Abschluss seiner
Studien über den berühmten Historiker der Reformations-
zeit seinen Aufsatz in der Allgemeinen Deutschen Biographie
hinterlassen hat 2).
Nunmehr habe ich zufälligerweise in den »Annales Sue-
vici« des Martin Crusius^) verschiedene höchst bemerkens-
werte Einträge über das Leben und die Persönlichkeit
Sleidans gefunden, welche Baumgarten seinerzeit entgangen
zu sein scheinen.
Martin Crusius wurde am 19. September 1526 zu
Grebern bei Bamberg geboren *). Er machte seine Studien
*) Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift f. Geschichte und
Kunst VII, 7 und Zeitschrift f. Geschichte des Oberrheins N.F. IV, 337 ff-
— ^) Baumgartens Auffassung von der Persönlichkeit und der Thätigkeit des
grossen Historikers der Reformationszeit sowie von dem Werte seiner
Commentare dürfte auch in Zukunft die massgebende bleiben trotz der gegen*
teiligen Ausführungen von Janssen-Pastor (Geschichte des deutschen Volkes 7,
287 ff.), welche hauptsächlich durch Wiedergabe einzelner aus dem Zusammen-
hang gerissener Sätze der Schriften von Kampschulte und Paur die Gliub-
Würdigkeit Sleidans, »jenes Meisters in der Kunst des Verschweigens«, wie
sie ihn nennen, zu erschüttern suchen. — •) Dieselben sind 1596 in Frank-
furt im Druck erschienen. — *) Das Leben von Crusius wird behandelt in
der Einleitung, welche Joh. Jacob Moser seiner Übersetzung der »annales
suevici« (Frankfurt 1733) vorausgeschickt hat und von Klüpfel (ADB 4, 634).
Sleidaniana. ^20
im Gymnasium zu Ulm und seit 1545 im Predigerkloster
in Strassburg, wo er zwei Jahr studierte i). Am 16. April
1547 hielt er vor grosserem Zuhörerkreise eine Rede über
den damals geführten deutschen Krieg in griechischer
Sprache. Am 6. Mai verabschiedete er sich von seinen
bisherigen Lehrern und Studiengenossen und übernahm
eine Hofmeisterstelle bei zwei thüringischen Edelleuten,
Philipp und Anton von Werthern, im Auftrage ihres älteren
Bruders Wolfgang, welcher nach einer längeren Studien-
reise, die er nach Italien unternommen hatte, in den
Jahren 1545 — 47 in Strassburg den Unterricht Johann
Sturms genoss«), Antonius war etwas jünger, Philipp ein
Jahr älter als Crusius. Der letztere hielt sich in Strass-
burg bis April 1554 auf, zu welchem Zeitpunkt er nach
Memmingen übersiedelte, um das Rektorat der dortigen
Lateinschule zu übernehmen').
Von 1559 bis 1607, seinem Todesjahr, wirkte er als
Professor der gfriechischen und lateinischen Sprache an der
Universität Tübingen. Seine »Annales suevici«, eine Haupt-
quelle für die schwäbische Geschichte im 16. Jahrhundert,
^thalten für die Jahre 1545 — 1553, in welchen er fast
ununterbrochen in Strassburg lebte*), über Strassburger
Verhältnisse und Persönlichkeiten eine grosse Anzahl höchst
hemerkenswerter Angaben, welche, obwohl sie auf die
Sfrosste Zuverlässigkeit Anspruch machen können, bisher
von der elsässischen Geschichtschreibung, mit Ausnahme von
Rohrichs elsässischer Reformationsgeschichte, völlig über-
sehen worden sind*).
*) »Joh. Sturms Wunsch entsprechend waren die bisher getrennten
^dnicfaulen Strassburgs von Ostern 1539 an für immer in dem dazu ein-
t*"chteten Predigerkloster vereinigt; aus ihnen wurde eine wohlgegliederte
Scfanlaostalt gebildet, wekhe in ihren Klassen 1544—46 regelmässig die Zahl
'«» 600 Schülern erreichtcc. Veil, Zum Gedächtnis Johannes Sturms, S. 70 flf. —
*) ^ die Brflder von Werthern vgl. Lippert ADB 42, 1 19 flf. — ») Annales
•"«▼idni, II, 664 u. 691. Ungenau ist daher die Angabe von Moser, dass
^"^ns erst 1551 die Hofmeisterstelle angenommen habe. — *) Sein Auf-
*°^t bierselbst Iftsit sich ausdrücklich nachweisen März 1549, Oktober
*5S0, lowie wahrend der Jahre 1552 und 1553 (vgl. Annal. III, 11, 672 ff.).
■* *) So führt beispielsweise Rud. Reuss »Zur Geschichte des Grossen Strass-
^''S^ Freischietseos«, S. 76 die »annales Suevici« des Martin Crucius (siel)
""1 <len Worten an : »Ich kenne diesen Bericht nur durch den Hinweis, den
^ Reiiehandbndi von Zefller enthält«.
430
Hollaender.
Indem ich mich diesmal darauf beschränke, dasjenige
zusammenzustellen, was wir über Sleidan vorfinden, behalte
ich mir für einen späteren Aufsatz vor, die für die Ge-
schichte Strassburgs in jenen Jahren in Betracht kommen-
den Einträge aus Crusius Werke herauszuziehen und näher
zu beleuchten.
In seinem Buche Ȇber Sleidans Briefwechselc, S. 46
sagt Baumgarten: »Ob das Jahr seiner Geburt richtiger
von Beuther auf 1508 oder von allen späteren Biographen
auf 1506 verlegt werde, vermag ich nicht zu sagen« und
demgemäss schreibt er an anderer Stelle i): »Sleidan wurde
1506 oder 1508 geboren«. Ich glaube, dass wir unbedenk-
lich 1506 als Geburtsjahr annehmen können. Abgesehen
davon, dass die chronologischen Angaben Beuthers durch-
aus unzuverlässig sind*), berichtet ebenso wie Pantaleon^)
und Reusner*) auch Crusius bei Erwähnung von Sleidans
Tode im Jahre 1556, dass er damals 50 Jahre alt ge-
wesen sei»).
Bei Darlegung des Studienganges von Sleidan bemerkt
Baumgarten: »Wann er sich von Köln nach Löwen begab,
wissen wir nicht. Im Frühling 1530 finden wir ihn wieder in
Lüttich«. Vielleicht könnte zu näherer chronologischer Be-
stimmung des Aufenthalts Sleidans in Löwen folgende An-
gabe des Crusius dienen «) : » Den Anfang seiner Studien machte
Joh. Sturm in seinem Vaterland, nachher begab er sich nach
Leyden und 1524 nach Löwen, wo er noch drei Jahre
studierte und zwei lehrte. Seine Studiengenossen waren
der Historiker Johann Sleidan, Günther von Andernach,
Bartholomäus Latomus'), Andreas Vesalius und Jacobus
Omphalius. 1529 ging er nach Paris«.
') ADB 34, 454 ff. — ') So lässt er beispielsweise die Ehe Sleidans
falschlich neun Jahre dauern, während derselbe in der That nur sieben Jahre
(von 1546 — 1553) verheiratet gewesen ist. — ^) Prosopographia, S. 392. —
*) Icones, S. 206. — *) III, 12, 698: »Obiit (seil. 1556) anno aetatis 50*.
Übrigens setzt auch Schadäus, der sonst fast ganz von Beuther abhängig ist,
seine Geburt in das Jahr 1506 mit dem ausdrücklichen Zusätze »im nächsten
Jahre vor Johanne Sturmio« und bemerkt zu seinem Tode: »er starb, als er
das 50. Jahr seines Alters erreicht«. Dass der ursprüngliche Name Sleidaus
»Johannes Philippi*: gewesen ist, hat J. O. Müller »Aus den Eifelbergens
Langenberg 1887, S. 59 nachgewiesen. — *') III, 9, 532. — ^ Über diesen
geschätzten und einflussreichen Philologen vgl. Varrentrapp, Hermann von
Sleidaniana.
431
Eine höchst anschauliche Schilderung von der Persön-
lichkeit und dem Verkehre Sleidans entwirft uns Crusius
ni seinem Berichte von einem Gastmahle, an dem der
Strassburger Historiker teilgenommen hat*):
»Am 10. Oktober 1550 speisten in Strassburg mit
meinen Herrn von Werthern 2) folgende hervorragende
Männer: Dr. Caspar Hedio^), M. Ludovicus Rabus*) und
der Geschichtschreiber Joh. Sleidan. Eingeladen war auch
der aus Pforzheim stammende Dr. Nicolaus Gerbelius ß), der
aber wegen heftiger Podagraschmerzen am Erscheinen
verhindert war. Dabei drehte sich denn die Unterhaltung
um die verschiedensten Vorkommnisse jener Tage. Be-
sonders äusserte Sleidan, dass die Magdeburger in der
ihnen vom Herzoge von Meklenburg am 22. September
gelieferten Schlacht ungefähr 2000 Mann eingebüsst hätten«),
sodann dass Melanchthon sich gar zu furchtsam benehme, in-
dem er in der Lehre von den »Adiaphorist den Päpstlichen
allzuviel nachgäbe. Daher schiene es, als ob Sleidan mehr
als zu Melanchthon zu dessen damals in Magdeburg sich
aufhaltendem Gegner, M. Flacius Illyricus hinneige''). Er
Wied, S. 200, und über sein Verhältnis zu Sleidan: Baumgarten (81. Brief-
wechsel, S. XVII).
') III, II, 676, — *) Über diese siehe oben S. 429. — •) Sleidan nennt
diesen hervorragenden Theologen, den Mitbegründer der Reformation in
Strassburg, bei der Nachricht von seinem Tode (17. Okt. 1552) «praecipuus
tunc Argentinensis ecclesiae minister« (Briefwechsel, S. 157). — *) Der in
Memmingen gebürtige lutherische Theologe Lud. Rabus (1524— 1592) wurde
1548 an Stelle von Zell Münsterprediger. Auch er war ein ausgesprochener
Gegner des Interims, welches er heftig bekämpfte (Crusius III, 11, 666). —
') Der 1560 in Strassburg gestorbene Jurist und Historiker war ebenfalls ein
eifriger Lutheraner. Sleidan lobt ihn in einem Schreiben aus dem Jahre 1555
als >iDsigniter doctus« und teilt einen poetischen Ausspruch Gerbeis über sein
Geschichtswerk mit (Briefwechsel, S. 281). — *) Eine ausführliche Schil-
derung dieses Kampfes giebt Sleidan, comment. 22, 213, wobei er aber
bemerkt, dass nach dem Ausschreiben der Magdeburger vom 1. Oktober die
Zahl ihrer Toten nicht mehr als 200 betragen habe. — ') Sleidans Dar-
stellung des Streites zwischen den beiden Theologen (comm. 21, 165) ist
durchaus objektiv gehalten. Im übrigen zeigt sich Sleidan in seinen Schriften
als entschiedener Verehrer und Anhanger Luthers (Paur, Joh. Sleidans
Commentare, S. 51). Wie Baumgarten (Sleidans Briefwechsel XXV) bemerkt,
äusserte sich Melanchthon 1555 ziemlich ungünstig über Sleidans Geschichts-
werk und schrieb a. a. darüber: »Multa narrat quae malim obruta esse
Zeiuchr. f. Gesch. d. Oberrh. N. F. XIV. 3. 29
A^2 Hollaender.
bemerkte ferner, dass Nicolaus Gallus*) eindrucksvoll und
zugleich schon schreibe. Überhaupt lebten wir in einem
sehr gelehrten Zeitalter*). Sleidan war ein hoch-
gewachsener und dabei wohlbeleibter Mann, eine
männliche Erscheinung mit gesunder Gesichts-
farbe, aber auf dem einen, und zwar dem linken
Auge blind; Indem er Würde, Herzlichkeit und
Freundlichkeit vereinigte, war er eine in jeder
Beziehung verehrungswürdige Erscheinung«*).
An dieser Stelle möchte ich noch auf eine Bemerkung
von Johann Sturm aus dem Jahre 1571 hinweisen, der die
musikalische Begabung Sleidans nicht genug zu rühmen
weiss*).
Was Crusius über die Ankunft Sleidans in Trient
berichtet J^), stimmt wörtlich mit den Commentaren (23, 287)
überein mit Ausnahme der sonst nirgends erwähnten That-
aeterno silentio^. Auch sonst wird die Abneigung Melanchthons gegen
Sleidan hervorgehoben (Moller, disputatio circularis etc. 1697. S. 10). Über
den unerschrockenen und überzeugungstreueu Theologen Fladus vgl. meinen
Aufsatz in der Zeitschrift f. Geschichtswissenschaft (1897 S. 204).
*) Derselbe gab 1548 infolge des Interims sein Pfarramt in Regensburg
auf und wirkte in dem belagerten Magdeburg neben Flacius. — *) Einen
ähnlichen Ausspruch Sleidans erwähnt Baumgarten (Sleidans Leben, S. 54K
— 3) »Erat Sleidanus salis procerus et corpulentus vir, facie virili et boni
coloris, sed trtpoqpt^aXfto^, luscus: dextro tantum oculo cernens. Graviuis
in eo, humanitate et affabilitate mixta. Omnino venerabili aspectu«. Von
den vielen auf der Strassburger Landes- und Universitätsbibliothek vorhandenen
Bildern Sleidans zeigt ihn die bei weitem grösste Anzahl auf dem rechten
Auge blind; daneben kommen freilich auch einige vor, welche ihn auf dem
rechten Auge, einige auch, die ihn auf beiden Augen sehend erscheinen
lassen. Moller, übrigens der einzige mir bekannte Autor, der über die
Körpergestalt Sleidans etwas berichtet, erwähnt (a. a. O. S. 4) die Blindheit
des rechten Auges, jedenfalls nach den ihm vorliegenden Bildern. — *} "In
musicis exercitationibus, velim nos posse ex sepulchro evocare Melchiorem
Volmarum et Joannem Sleidanum, quorum uterque suavissime cecinit; »ed
adhuc senem habemus septuagenarium, medicum Joannem Andernacum: opinor
enim cygneam illius vocem nondum senectam debilitasse (Foumier et Engel,
Gymnase, Academie et Univcrsit6 de Strasbourg a. a O. S. 17 1). Eine
andere Erwähnung Sleidans finden wir ebenfalls bei Fournier a. a. O. S. 44
in einem Briefe Johann Sturms an Camerarius vom 9. Oktober 1542. —
••) III, II, 680.
Sleidauiana.
433
Sache, dass er von dem in Ulm gebürtigen Matthäus Nege-
linus begleitet gewesen sei').
Über den Tod von Sleidans Frau berichtet Baumgarten
kurz, dass dieselbe im Sommer 1553 ihm entrissen worden
sei, und zwar folgert er dieses Datum im Gegensatze zu
Beuther und Schadäus, die das Jahr 1555 angeben, aus
einer Stelle im Diarium des Dr. Marbach*). Genaueres
über den schweren Schicksalsschlag, der Sleidan betroffen
und den er nie hat verwinden können 3), erfahren wir aus
Crusius schlichten Worten*):
»Den 15. Mai 1553 wurde Sleidan ein Töchterlein,
Namens Jola, getauft. Am 21. Mai, dem Pfingstfeiertage,
begleiteten wir die im Kindbett gestorbene, sehr schöne
(formosissimam) Mutter dieses Kindleins, die denselben
Namen führte, zum Begräbnis auf den Kirchhof St. Gallen.
Sie stammte aus Metz und war die Tochter eines gewissen
Doctors Johannes«»).
Am 9. Juli 1553 kam es zwischen dem Markgrafen
Albrecht Alcibiades und dem Kurfürsten Moritz von
Sachsen zu jener Schlacht, in welcher der letztere tödlich
verwundet wurde. Schon am 15. Juli wurde, nach Crusius«),
die Nachricht von dieser Begebenheit durch einen eigens
nach Frankreich abgesendeten Kurier nach Strassburg
gebracht. Am 16. August schrieb der Rektor Georg
Fabricius') aus Meissen an seinen damals in Strassburg
studierenden Bruder Jakob: »Weil ich die Böhmischen
^) Derselbe war 1549 mit Bucer und Fagius nach England gegangen,
von wo er nach des letzteren Tode nach Strassburg zurückkehrte, um hier
viele Jahre hindurch als Prediger an der Wilhelmer Kirche zu wirken (Crusius
III, II, 673). — *) Baumgarten, Sleidans Leben, S. 92. — *j »Uxoris
memoria sie me afficit, quum ülias aspicio, ut vita mihi sit minime iucunda«
(Baumgarten, 8leid. Briefwechsel, S. 288). — *) III, 11, 688. — ») Johann
von Nidbruck, gewöhnlich Hans von Metz genannt, auch Dr. Bruno. —
*"') III, II, 688. — ^) Dieser ausgezeichnete in Chemnitz geborene Schul-
mann, »der das sächsische Schulwesen im 16. Jahrhundert zu mustergiltiger
Bedeutung erhoben hatc, hatte 1539 den jungen Wolfgang von Werthem
nach Italien begleitet und war 1544 mit dessen beiden jüngeren Brüdern
nach Strassburg gegangen, von wo er 1546 nach Meissen berufen Mrurde.
Georgs jüngerer Bruder Blasius in Pforta, Strassburg und Meissen gebildet,
dann neben Joh. Sturm als Lehrer thätig, wurde Rektor in Buchs weiter, ein
anderer Bruder, Jakob, nahm zuletzt dieselbe Stellung in Halle ein (ADB 6,
510 ff.).
29*
434
Uollaender.
Sachen unserm Sleidan zuschicke, welche ihm Rihelius*)
einhändigen wird, habe ich auch von der im Hildesheimischen
gelieferten Schlacht eine aus dem Lager geschriebene und
an dem Hofe verbesserte Erzählung beifugen wollen*).«
In seinem Briefe fahrt er u. a. eine Reihe von Wunder-
zeichen an, die sich vor dem Kampfe ereignet hätten. Es
zeigt sich hier eine grosse Übereinstimmung mit dem
Berichte Sleidans in seinen Commentaren^), der aber hier
als Quelle, wie er ausdrücklich erwähnt, die in Leipzig
gehaltene Leichenrede des Joachim Camerarius benutzt hat
Auch ein zweiter Brief desselben Gelehrten an seinen
Bruder Blasius, in welchem jener zu dem Datum »17. Augusti«
hinzufügt: »zwischen sieben und achten auf den abendi,
um welche zeit ein gross erdbidem, dass mir die bücher
und Schreibzeug auf dem tisch umbgefallen gewest«<),
scheint Sleidan vorgelegen zu haben, denn er berichtet:
»Am 17. August fand in Meissen ein starkes Erdbeben
statt« 5).
Schon Baumgarten hat mit Recht dasjenige, was
Beuther und nach ihm Schadäus über Krankheit und Tod
Sleidans berichten, in das Reich der Fabel verwiesen und
schreibt über die letzten Tage des Geschichtschreibers
lediglich: »Bereits im August 1556 erkrankte er am Fieber;
am 31. Oktober wurde er von einem Leben befreit, dessen
letzte Jahre ihm fast nichts gebracht hatten als Kummer
und Sorgens.
Nun lässt Crusius«), und zwar in Übereinstimmung mit
Reusner und Pantaleon') den Tod Sleidans »morbo epidemio:,
also an einer pestartigen Krankheit erfolgt sein.
In den Strassburger Ratsprotokollen vom 28 September
1556 finde ich folgenden Eintrag: »Amptmann und rat zu
Baden schreiben, dass sye aus Ursachen ires ankommenden
^) Der Verleger der Commentare Sleidans. — *) Hiermit wire also
neben den von Paur (a. a. O. S. 23) aufgeführten Männern, die Sleidan bei
Abfassung seines Geschichtswerks durch briefliche Mitteilungen unterstützten,
auch Georg Fabricius zu nennen gewesen. — ') Comment. 25, 427. Wie
übrigens Paur (a. a. O. S. 50) die Ansicht aussprechen konnte, dass Sleidan
die Wahrheit dieser Wunderzeichen bezeuge, ist mir unerfindlich. —
*) Ciusius IIJ, II, 688. — *) Comment. 25, 429. — ^) III, 12, 698. —
■') Pantaleon a. a. O. S. 392 schreibt: »morbo epidemico passim oborto«.
Sleidaniana.
435
irsten und der sterbenden leuf halben den iarmarkt ab-
estelt. Dieweil dann pestis hier auch regier, so bitten
y, man woU die burger verwarnen, das sye hier pleiben«.
>er Rat erkennt hierauf: »Die burger verwarnen, damit
ye nit vergeblich zu costen gefuert, aber denen von Baden
»chreiben, dass es Sterbens halben nit dermassen geschaffen,
me sye berichtet«. Am 5. Oktober kommt die Antwort
lus Baden: »Sover pestis alhie nicht regier, so mögen
Heiner hn. burger ihren markt besuchen«. Es heisst hierzu
n den Protokollen: »Den burgern wider anzeigen«.
In dem Briefwechsel Sleidans findet sich das Schreiben
iincs gewissen Praillon, datiert Hagenau, 8. Mai 1552, in
»reichem derselbe wegen des von Strassburg dem franzo-
>ichen Heere zu liefernden Proviants unterhandelt *). Offen-
aar ist es dieselbe Persönlichkeit, von welcher Languet
im 12. Dezember 1569 schreibt*): »Baptista Praillon
Metensis, qui diu fuit interpres regius et jam est abbas«.
Ebenso wird in einem Briefe des Pfalzgrafen Georg Hans
aus dem Jahre 1587 ein Praillon als »interpreteur des
langrues germaniques und der Könige von Frankreich«
bezeichnet •).
Herr Dr. Bemays hierselbst hat mich in liebens-
lÄürdiger Weise auf zwei bisher unbekannte aus dem
hiesigen Thomasarchive stammende Briefe*) aufmerksam
gemacht f welche für Sleidan bemerkenswerte Angaben
enthalten.
Den ersteren, vom 20. Oktober 1554, richtet der
bekannte Pfarrer Martin Frecht (1494 — 1556), der infolge
seines Auftretens gegenüber dem Interim 1548 seine Stellung
in Ulm hatte aufgeben müssen und seitdem in Tübingen
lebte, von letzterem Orte an den Strassburger Pfarrer
Negelinus*). In diesem Schreiben nun heisst es u. a.
»Audio illum (Vergerium) cum clarissimo domino Sleidano
») Sleidans Briefwechsel, S. 250. — «) Arcana saeculi XVI. — «) Strass-
burger Bectrkiiarchiv £ 341. — *) Tiroir 22, Liasse 2. — ^) Ober diesen
▼gl. oben S. 433.
436 Hollacnder.
victitare. Per occasionem et Sleidano et Vergerio roeam
salutem et obsequium defer«.
Peter Paul Vergerius (1498 — 1565) Advokat, päpstlicher
Nuntius und Bischof, später Protestant und herzoglich
württembergischer Rat, ging im Oktober 1554 nach Strass-
bürg, um, da es ihm nicht gelungen war, Sleidan, wie
Herzog Christoph es wünschte, zu bestimmen, den Druck
seines Geschichtswerkes hinauszuschieben, durch gemein-
same Arbeit mit dem Verfasser hief und da mildernde
Änderungen vorzunehmen 1). Auch noch im folgenden
Jahre stand Sleidan mit Vergerius in regem brieflichen
Verkehr 2).
•
Der zweite Brief vom 2. Juli 1556 trägt die spätere
Überschrift »Lenglin an M. Frecht (P)«^). Ich teile im fol-
genden nur die für uns hier in Betracht kommenden Stellen
mit, welche namentlich für den religiösen Standpunkt Sleidans
von Interesse sind*).
*) über den Aufenthalt von Vergerius in Strassburg berichtet ein-
gehend Hubert, Vergerius publizistische Thätigkeit, S. 152 ff. Das u. a. von
Vergerius handelnde, von Baumgarten (Sls. Briefwechsel, S. 240) in den
Herbst 1551 gesetzte Brief bruchstück gehört, wie Hubert nachweist, in die
Zeit bald nach Januar 1546. — Ein interessantes Urteil des kursächsischen
Rates Franz Kram vom 13. April 1555 über das wenige Tage vorher zur
Ausgabe gelangte Werk Sleidans finden wir bei Brandi, Beiträge zur Reichs-
geschichte IV, 655. — 2) gQ schreibt Sleidan am 30. Juli 1555: »A. Vergerio
crebras accipio literas et puto brevi huc venturum« (Briefwechsel, S. 294).
') Johann Lenglin aus Ravensburg war Pfarrer zu St. Wilhelm in Strass-
burg. Dagegen, dass an Martin Frecht der Brief gerichtet ist, spricht die
Anrede -excellentia tua«, die im 16. Jahrh. fast ausschliesslich fürstlichen Persön-
lichkeiten beigelegt wird (vgl. über die »Excellenztitulatur« Friedr. Karl Moser,
Kleine Schriften I, loo). Andererseits hat gerade Frecht an der in dem
Schreiben erwähnten, auf dem Theologenkonvent zu Schmalkalden 1540 erfolgten
Verdammung von Schwenckfeld und Franck den Hauptanteil gehabt und auch
die ebenfalls angeführte »restitutio« könnte auf Frecht bezogen werden. —
*) Herr Professor Varrentrapp, der so freundlich war, die von ihm gesammelten,
auf Sleidan bezugnehmenden Notizen mir zur Verfugung zu stellen, hat mich
u. a. auch auf folgende interessante Auslassung von M. Erb in einem am
10. April 1556 an BuUinger gerichteten Briefe (Züricher Archiv E II, 361
nr. 190) aufmerksam gemacht: »Er wundere sich über Sleidans Darstellung
des Abendmahlstreits im 5. Buch seiner Commentarc; er hätte gewünscht,
dass sich Sleidan »apertius« geäussert hätte. »At forte non conveniebat
historico theologizari^.
Sleidaniana.
437
»Accepi epistolam excellentiae tuae satis copiosam etc.
»Petit antem excellentia tua consilium et a me et a praeceptoribus
scholae nostrae de ablegandis hinc et alio mittendis nepotibus
tuis ex sorore . . . .« »Porro cum Schleidano contuli quoque de
Omnibus iis rebus, de quibus ad me scripsisti. £t primum de
haeresi Schwenckfeldiana ^) dicebat is, se non legisse libros
Schwenckfeldii, neque se ipsius dogma exacte cognitum habere.
Neque enim se unquam illud dignum iudicasse, quod legeretur
et cognosceretur. — Hanc quoque fuisse causam, cur eius nullam
mentionem fecerit in suo opere. Deinde de propositionibus
Lutheri Heydelbergae disputatis affirmabat illas extare in primo
tomo operum Lutheri, seque existimare quod in reliquis thematis
essent comprehensae*). Petit autem sibi mitti formam decreti
facti de vestra restitutione. Oportet enim extare certum aliquod
decretum, si debeat publicis actis inseri. Insuper quoque petit
sibi mitti damnationem Schwenckfeldii et Sebastiani Franci.
Postremo et hoc amanter abs te petit, ut si aliquando vel nunc,
•'el in posterum aliquid dignum memoria hominum ad manus tuas
/enerit, quod sit autenticum, ut hoc sibi communicare velis. £a
i^nim in re te gratissimum officium sibi praesüturum esse.« »Porro
;)ecuniam, quam misit excellentia tua pro chronicis Sleidanicis,
iccepi«.
') Kaspar von Schwenkfeld (1489 — 1561) war der Stifter einer eigenen,
nn stilles zurückgezogenes Leben führenden Sekte, die sich von der öffent-
ichen Kirchengemeinschaft durch Enthaltung vom Gebrauche der Sakramente
'ernhielt. Vgl. über ihn und Sebastian Franck: C. Gerben, Geschichte der
:>trassburger Sektenbewegung, über Franck ausserdem noch: Bulletin de la
»ci6t6 pour la conservation des monuments historiques d'Alsace XIX, 203.
') Über die Ende April 15 18 zu Heidelberg abgehaltene Disputation vgl.
Luthers Werke I, 350 f. (Weimarer Ausgabe), sowie den Brief des jungen
3utzer ao Beatus Rhenaous (ebenda IX, 160). Den ersten Band von Luthers
^'erken hatte sich Sleidan sogleich nach seinem Erscheinen angeschafil. Er
chreibt darüber am 24. Juni 1 545 : »Intra biduum absolvero, quicquid est
eliquum in primo Lutheri operum tomo, quem nuper emi. Continet ille
[lulta memorabiha«. (Briefwechsel, S. 72).
Georg Nessel, beider Rechte Doctor.
Ein Strassburger Stadtstipendiat im Zeitalter der Reformation.
Von
Gustav Knod.
Nachdem der Mag^trat der freien Reichsstadt Strass-
burg nach langem Zögern endlich im Jahre 1529 durch
Abschaffung der Messe die dem Volkswillen entsprungene
reformatorische Neuordnung der Dinge sanktioniert hatte,
zeigte er seither mehr und mehr eine kraftvolle und ziel-
bewusste Initiative. Wie die äussere Politik von jetzt ab
seine Aufmerksamkeit in höherm Masse in Anspruch nahm,
so galt es im Innern mit den rückständigen Resten der
mittelalterlichen Priesterherrschaft aufzuräumen, mit dem
Bischof, den Stiftern und Klöstern sich endgiltig aus-
einanderzusetzen und die Grundlage zu einer sichern
Weiterentwicklung des städtischen Gemeinwesens in refor-
matorischem Geiste zu schaffen. — Vor allem wurde, auf
Drängen der Prediger, das städtische Schulwesen auf ein
neues Fundament gestellt. Was die Väter begründet, sollte
die Jugend als heiliges Erbe »erwerben und besitzen«. Es
war am 24. Februar 1538, als die Scholarchen, auf Johannes
Sturms Gutachten hin, den überaus folgenschweren Ent-
schluss fassten, durch Zusammenlegung der vorhandenen
Lateinschulen ein Gymnasium zu begründen, auf dass »die
Jugent neben den guten Khünnsten in aller Zucht, Erbar-
keit und Gottesforcht ufferzogen und khünftiger Zeit die
Kirchenn, Schulen und andern gemeiner Statt Ampter
und Dienst desto baß in überflüssiger gutter waal und ohn
allen mangel versehen werden«. War hierbei auch in
erster Linie an künftige Geistliche und Lehrer gedacht, so
lag dem Magistrate doch nicht minder am Herzen, für den
immer umfangreicher und komplizierter werdenden städti-
schen Verwaltungsdienst allzeit einen in reformatorisch-
humanistischem Geiste erzogenen, fachmännisch gründlich
gebildeten Nachwuchs zur Verfugung zu haben. Aus dem
eingezogenen Klostergut und freiwilligen Beiträgen der
Stifter wurden die Mittel zur Dotation des liymnasiums
gewonnen, Seminare und Stipendien K-urden gegründet.
zunächst zu Nutz und Frommen der Schule, dann aber
auch zur Ausbildung künftiger Juristen und Mediziner,
um es auch den befähigten Söhnen unbemittelter Eltern
zu ermöglichen, eine ihnen zusagende gelehrte Laufbahn
einzuschlagen und ihre Intelligenz im Dienste der Vater-
stadt zu verwerten.
Können wir auch im allgemeinen übersehen , welch
reicher Segen aus diesen Bestrebungen einer glaubens-
freudigen Zeit in den folgenden Jahrhunderten dem städti-
schen Gemeinwesen in Kirche und Schule, in Gerichts-
höfen. Kanzleien und Spitälern erwachsen, so lassen uns
doch die Quellen fast vollkommen im Stich, wenn wir
fragen, was diese Wohlthätigkeitseinrichtungen der heran-
wachsenden Jugend selbst, speziell dem Einzelnen gewesen
sind. Es dürfte daher die nachfolgende aus den Akten
des Thomasarchivs geschöpfte kurze Lebensskizze eines
Sirassburger Stadlatipendiatcn einige Aufmerksamkeit ver-
dienen. Die beigefügten eigenhändigen Berichte des Stipen-
diaten ober seine juristische Doktorreise nach Orleans und
Beinen praktischen Kurs am Reichskammergericht in Speyer,
wie sie den Werdegang eines jungen Juristen zur Zeit der
Rezeption des römischen Rechts illustrieren, gewähren
zugleich ein hervorragendes kulturgeschichtliches Interesse.
Im Januar 1544. am Montag nach dem Schwörtag,
wurde das Strassburger Wilhelmerstift, Hcdio's Werk, feier-
lich eröffiiet. In der kleinen Schaar >Burgerkinder<, die da-
mals in die neuhergerichteten Räume des allen Wilhelmer-
Klosters ihren Einzug hielt, befand sich auch der elfjährige
Georg Nessel') damals Schüler der Vli. Klast.e. eines armen
•I Holfo'* Bericht -Wie .las Cotlegium det nimeii K.!iiib«n im Wil-
Iwli1)«r Kloslet tu Stnusbur^ wanlt ■ngcfingcu Im Jnr M.D.Xt-ITII. M«nie
Jannari»' bei Erichson. Du ibcol. Stuilicnslift Colleg. Wilhelm i tan am Str. 18114,
'S. ij, wo «iiMr SdpciKlint irrig Gsoik Hetst\ g«niinnt wir.!
440 Knod.
kindergesegneten Tuchmachers ältester Sohn i). Ausgestattet
mit trefflichen Anlagen und überaus fleissig brachte es
der kleine Nessel fertig, dass er schon nach zwei Jahren
— bis dahin ein unicum im Strassburger Gymnasium —
in die III. Klasse aufgenommen wurde. Doch des Schülers
schwächlicher Körper war diesen Anstrengungen nicht
gewachsen: ein Fieber warf den Übereifrigen auf ein hartes
Krankenlager, das er erst nach Monaten verliess. In
Anerkennung seines löblichen Strebens und seiner aus-
gezeichneten Leistungen wurde er, um die Osterzeit 154^1
in das bei den Dominikanern vor elf Jahren errichtete
Studienstift, das als das vornehmere galt und seinen Zög-
lingen grössere Bewegungsfreiheit gewährte*), »veluti in
tutissimum aliquem portum«, aufgenommen»). Hier fand
er, wie bei den Wilhelmern, freie Wohnung und Beköstigung,
doch musste er für Kleider und Bücher aus eigener Tasche
autkommen*). Die Briefe des armen Stipendiaten lassen
*) Supplik Nessels vom 27. Juli 1547. — *) Hierüber giebt ein, wie
ich sehe, noch nicht verwerteter Bericht eines Anonymus (Lenglin? an Frechl)
vom 2. Juli 1556 (Thom. Arch. L. XII fasc. 2) lehrreichen Aufschluss:
"»In Collegium Wilhelmitanum pauperes tantum ut scis recipiuntur et hi gratis
ibi aluntur ex Eleemosyna civium et corum quidem, qui sua sponte studia
pietatis et litterarum promota cupiunt (z. B. der reiche Büffler in Isny).
Recipiuntur autem tam peregrini quam domestici idque certis condicionibus,
quarum praecipue sunt tres: prima est: ut sacre theologie operam dare et
sese ad ministerium ecclesie preparare velint, secunda: ut absque conscnsu
dominorum nostrorum scholarcharum hinc non discedant, tertia: cum iam
aliquot annis isto beneficio iisi fuerint at eo etatis ac eruditionis pervenerint,
ut illorum usus aliquis esse possit vel in schola vel in ecclesia, ut operam
suam dominis nostris negarc non velint. — Non autem perpetuo detinentur
in isto coUegio. Si qui eorum sunt, qui spem alicuius frugis de se praebent,
hi ex isto coUegio ad altenim prcdicatorum, ubi liberalius tractantur, trans-
feruntur et ibidem stipendiis dominorum nostrorum fruuntur« u. s. w. —
*) »Quoniam Georgius Nessel Argentinensis id fecit, quod nemo unquam in
hac schola, seil, quod singulis dimidiatis annis ex nona usque ad tertiam
classem progressus est, promittunt scholarchae, quod velint eins studia iuvarc
et quoniam valetudinarius est ipsum data occasione in Collegium pracdica-
torum recipere. Haec rogatu D. doctoris Hedionis et D. Seveni promiserunt
scholarchae^ (Protokoll der Scholarchen v. 5. Jan. 1546). Am 25. März ist
er noch im Colleg. Wilhelmitanum, und zwar noch immer leidend. Sein
Lehrer Theob. Dietrich lobt sein Ingenium, seinen Fleiss und seine Sittsam-
keit ; er werde ihn demnächst prüfen und in die 2. Klasse promovieren (Prot.).
— *) »Nessel si nihil habet ex amicis soll man ihm necessaria kouffen . . .
Georg Nessel. aa i
rkennen, wie jämmerlich es ihm manchmal ergfing, da
er Vater, g-änzlich vermögenslos und bei den hohen WoU-
►reisen häufig ohne Arbeit, sich nur kümmerlich mit seiner
Jossen Familie durchzuschlagen vermochte und seinem
Ütesten keinen Pfennig zuschiessen konnte*). Auch von-
eiten der Scholarchen flössen die Unterstützungen nur
pärlich zu, da die Einnahmequellen überaus schwach, die
lahl der Stipendiaten im Verhältnis zu den zur Verfügung
tehenden Mitteln zu gross war. Trotz dieser äussern Nöte
lachte der Stipendiat Nessel zu hoher Befriedigung seiner
^hrer, die des Rühmenswerten nicht genug von ihm zu
berichten wissen, die trefflichsten Fortschritte und wurde
lach absolvierter Prima im Frühjahr 1 549 zu den mit dem
rymnasium verbundenen »Lectiones publicae« ehrenvoll zu-
elassen. Hier war den jungen Studenten Gelegenheit zu
öhern philosophischen, philologischen, historischen und
lathematischen Studien, aber auch zu einem grundlegen-
en Kurs in der juristischen und medizinischen Wissen-
chaft geboten. Der junge Stipendiat wollte zunächst seine
philologisch-mathematische Ausbildung vollenden, um dann
u dem theologischen Fachstudium überzugehen. Seine
»teile im Predigerstift wurde ihm weitergewährt, zugleich
iTurde ihm vom Thomaskapitel zur Bestreitung seiner
lebenausgaben das Heirsche Stipendium, im Betrage von
o fl. jährlich, auf drei Jahre bewilligt*), nebenbei empfing
r auch von den Schulherren eine gelegentliche kleine
Jnterstützung. So schlug er sich schlecht und recht weiter
Js Stadtstipendiat durch, wenn auch nicht immer die kleinen
jaben bei den gesteigerten Kosten der Lebensführung
ind der Studienausstattung zulangen wollten. Wieder-
lolt muss er um ausserordentlichen Zuschuss für Kleider-
ind Bücheranschaffung petitionieren. Seine Suppliken lassen
ein Mühen und Sorgen ums tägliche Dasein erkennen.
lAbantur vestimenta necessaria« (Protok. der Schulherren v. Juni 1547); am
7. Juli bittet er die Scholarchen, da sie für Wohnung und Nahrung gesorgt,
lun auch für das Übrige einzustehen.
*) »Accedit ad omnem incommoditatem etiam illud, quod in ea arte
•piiices sunt, io qua nemo suis hoc tempore bene potest consulere. Quis
nim in tanta lanae caritate laniticio suos non dicu oinare sed educarc possit«!
Supplik Nessels). — ') Protokoll des Thomaskapitels.
442
Knod.
gewähren uns aber zugleich auch einen interessanten Ein-
blick in seinen Studiengang während der Zeit, da er seine
philologisch-mathematische Ausbildung in den Lectiones
publicae vollendete').
So war für unsern Stipendiaten allmählich die Zeit
herangekommen, wo er sich definitiv über seinen zukünftigen
Beruf entscheiden musste. War er bis dahin ganz in dem
Gedanken aufgegangen, dereinst der geliebten Vaterstadt
seinen Dank fiir die empfangenen Wohlthaten im Kirchen-
oder Schuldienst abtragen zu können«), so wagt er sich
jetzt, in der Ausgaben Verrechnung vom 20. Juni 1551, zu
unserer Überraschung mit dem schüchternen Wunsche
hervor, sich dem rechtswissenschaftlichen Studium zuwenden
zu dürfen : »quando quidem enim tanta Rei publicae vestrae
erga me exstant beneficia, ut ei non solum omnem meam
eruditionem, quam valde exiguam esse sentio, verum etiam
totum corpus atque adeo animam ipsam debere fatear:
ei me decet velle operam dare scientiae, quae plurimum
prosit Rei publicae, quae patriam iuvet, quae consulat
civibus, quae ornet universam civitatemc Nicht auf ein
freieres Leben in der Fremde stehe sein Sinn; er wolle
gerne die in vStrassburg selbst gebotene Gelegenheit, sich
in Besitz der juristischen Anfangsgründe zu setzen, nach
Kräften ausnutzen; er verspreche Kilian Voglers') juri-
stische Vorlesungen fleissig zu besuchen und nicht eher
von seiner Seite zu weichen, als bis er die vier Bücher der
Institutionen sich gründlich angeeignet habe*); er stelle
übrigens die Entscheidung über seinen femern Lebensgang
') Vgl. die der Supplik vom 20. Juni 155 1 beigelegte Reclinung (ab-
gedruckt bei Engel, Gymnasc, acad6mie et imiversit6 de Strassbourg p. 63
Anm.) — 2) Supplik v. 27. Juli 1547 und Juni 1550. — *) Hatte 1540 als
Nachfolger Bcbio's die Lectura Institutionum übernommen. Geht Michaelis
1553 nach Tübingen zurück (Knod, Stiftsl.erren v. S. Thomas S. n). —
*) Dass das in Strassburg keine blosse Redensart war, beweist ein Brief des
spätem Nachfolgers Nessels in der Lectura Institutionum Laur. Tuppius an
Blotius (Wien. Hofbibl. ms. 9737 z. 16), worin er seinen Sohn mit den
Worten empfiehlt: »nee enim rudis est Juris, sed tenet Institutiones Juris
civilis et intelligit res forenses: recitare etiam tibi poterit ad verbum
integros libros quattuor Institutionum«. Das war es, was der angehende
Jurist in Strassburg zu Nessels Zeit lernen konnte; erst 1573 wurde eine
zweite juristische Professur (für Pandekten) errichtet.
ganz dem Ermessen der Schulherren anheim. — Die Schul-
hwrren gaben, was Sevenus ihnen später zum Vorwurfe
macht, dem Petenten keine runde Antwort. Offenbar kam
ihnen Nessels Bitte sehr ungelegen, doch wollten sie andrer-
seits keinen Zwang ausüben. Sie schlugen daher einen
Mittelweg ein: -Erkanth mit Wolff von Brumpt zu reden;
so er (Nessel) sich in der Cantzley brauchen wolt lassen
zu einem Substituten, well man mit den Cantzleyherren
handien, alsdann Herr Peter Stürmen antzeigen. doch das
er noch etlich monat im Collegio plibe, sich in der teutsch
Schrift übet und Institutiones höre, mochte man Ime so er
schon in die Cantzley käme, alitag die lectionen Institu-
tionum zu hören erlauben» (Protokoll vom 17. August 1554).
Nessel war mit diasem Bescheid nicht zufrieden. Am
11. November wandte er sich abermals mit einer Bngabe
an die Scholarchen, seinem Entschluss zuzustimmen und
ihm die Mittel zum Studium zu bewilligen, empfing aber
zur Antwort: »wo er in die Cantzley wie Ime hievor
angttbotten, well man ihn furdern, wo nitt und sin freunt-
schafft In ad iura ziehen wolle, well man es Ime gunnen,
das er das Stipendium Thome by dem Stifft erlange, so
wollen wir Ime 10 gülden dorus geben, das hos und wamms
soll man Ime geben«. Die Schulherren scheinen indessen
bald darauf, namentlich auf Sevenus' und Hedio's Für-
sprache hin, ihm die Bedingung, gleichzeitig neben dem
Studium auf der Kanzlei zu arbeiten, erlassen zu haben.
Sevenus tröstete sie mit dem Hinweis, dass sein Schützling
es keineswegs auf hohe juristische Ehren und Titel
abgesehen habe, er denke lediglich darauf, sich nach
absolviertem Studium durch seine Juristische Schulung und
seine im Ausland erworbenen Sprachkenntnisse in der
städtischen Kanzlei dereinst nüIzHch zu machen. So zogen
die Scholarchen, wenngleich durch das selbständige Vor-
gehen ihres Stipendiaten einigcrmassen verstimmt, doch
ihre Hand nicht ab von dem begabten jungen Manne,
sondern gewahrten ihm nach wie vor zu dem noch laufen-
den Hell'schen Stipendium eine bescheidene Unterstützung.
Endlich war die Bahn frei. Als Rechtsstudent besuchte
jetzt der junge Stipendiat Voglers Institutionen Vorlesungen,
bis eine im November eintretende längere Krankheit des
444 Knod.
Professors das kaum begonnene juristische Studium in
höchst unliebsamer Weise unterbrach. Schon in der
bereits erwähnten Supplik vom 1 1 . November klagt Nessel
über diese Unterbrechung: Vogler werde voraussichtlich
vor dem Sommer seine Vorlesungen nicht wieder auf-
nehmen können, man möge ihn (Nessel) daher auf eine
fremde Hochschule beurlauben; am liebsten gehe er, des
Französischen wegen, nach Frankreich. Wie lange die
juristischen Vorlesungen eingestellt blieben, wissen ynx
nicht, doch wurde Nessels Wunsch, auf einer französischen
Hochschule seine juristischen Studien fortsetzen zu dürfen,
wider Erwarten schnell, wenn auch aus anderm Grrunde,
erfüllt, da ihm am 7. Juni 1552 »propter pestem in sua
familia grassantem« (Protokoll des Thomaskapitels} ein ein-
jähriger Studienurlaub zum Besuche einer französischen Uni-
versität bewilligt wurde. Vier Wochen später befindet er sich
bereits auf französischem Boden. Noch aber war die Geld-
frage nicht erledigt. Am 6. Juli petitioniert Sevenus bei
den Scholarchen, zu dem seinem Schützling bewilligten
Thomasstipendium von 20 fl. eine gleiche Summe aus dem
Schulsäckel hinzuzufügen, für den Rest wolle er (Sevenus)
selber aufkommen. »Haben wir uff vilfeltig supplicieren
Georgii Nessel und uff Ansuchen Gerardi Seveni bewilligt,
das der gen. Nessel mag In Franckreich geschickt werden
durch In Sevenum, und das Im das Stipendium, so die
zu St, Thoman ihm geben, zwey Jor lang gefolge. Des-
gleichen das wir Ime die zwey Jor ein jedes Jor 10 gülden
von den schulgefellen dozu geben und 10 gülden leyhen
wollen also und dergestalt das er die gelauhenen 20 gülden,
so er ad pinguiorem fortunam khommen, der schul wider
bezalen soll. Dafür ist gut worden der gen. Sevenus und
das er obligiert sein soll, der Statt Strassburg als sinem
vatterland und von deren er von Jugent ufferzogen und
In Ir schul kosten 2 Jor zu den Wilhelmern und 6 Jor
und etlich monat in dem Collegio zu den predigern
erhoben worden, vor allen andern zu dienen, so fer sy
sin dinst begeren würden, schuldig sein soll« (Prot, vom
6. Juli 1552).
Nessel hatte sich nach Orleans gewandt, das damals
neben Bologna und Padua als Lucerna iuris einen Weltruf
Georg Nessel. aac
genoss. Seit Jahrhunderten war Orleans, wo ausschliesslich
das romische Recht gelehrt wurde (im Gegensatz zu Paris,
dem Sitze des canonischen Rechts) von der rechtsbeflissenen
deutschen Jugend mit Vorliebe aufgesucht worden; seit
dem 14. Jahrhundert, vielleicht schon seit dem 13., besass
Orleans seine deutsche Scholaren verbindung, seine »Deutsche
Nation«. Seit dem Ausgang des 15. Jahrhunderts war
Orleans' Einfluss in stetiger Zunahme begriffen, je mehr
sich die französische Lehrmethode dem »Mos Italicus« über-
legen erwies '). Leider lassen unsere Quellen nicht erkennen,
welchen Lehrern der Strassburger Stipendiat seine juri-
stische Fachbildung zu verdanken hatte. Auch über die
Zeit, wann er sein Studium abgeschlossen, sind wir nicht
genau unterrichtet. Am 16. Juni 1554 fordert das Thomas-
kapitel seinen Stipendiaten auf, so bald wie möglich heim-
zukehren und sich, den Stipendienstatuten gemäss, über
seine wissenschaftlichen Fortschritte und sittliche Führung
auszuweisen. Es scheint, dass ihm darauf ein weiterer
Urlaub bewilligt wurde. Am 18. Mai 1555 erhält er aber-
mals die Aufforderung, sich dem Kapitel binnen Jahres-
frist zu stellen und über seine wissenschaftliche und sittliche
Würdigkeit Rechenschaft zu geben. In der Kapitelsitzung
vom 22, Juli desselben Jahres erklärt der Dekan des Thomas-
stifts, Petrus Dasypodius, dem die Kollation des Hell'schen
Stipendiums von Amtswegen zustand, dass er gesonnen
sei, das bisher von Nessel volle sieben Jahre genossene
Stipendium von 20 fl. dem Joh. Petr. Bittelbronn zu über-
tragen. Ob er seinen Entschluss ausgeführt, und ob Nessel
damals dauernd in die Heimath zurückgekehrt ist, lässt
sich nicht mehr ermitteln. Es ist wohl anzunehmen, dass
er noch ein weiteres Jahr in Orleans geblieben ist, da ein
kaum dreijähriges rechtswissenschaftliches Studium später
schwerlich für die Doktorpromotion als ausreichend erachtet
worden wäre. Erst im November 1558 tritt uns Nessel im
Protokoll der Schulherren wieder entgegen. Er ist vor einiger
Zeit, dem Rufe der Scholarchen folgend, nach Strassburg
heimgekehrt, um die Lectura ethiccs oder physices zu
*) Fournier, Iji nation allemande h l'universit^ d'Orl6ans au XIV si^le
(Nou\'elle Revue historique de droit fran^ais et ^tranger 1888. p. 386 ff.).
44Ö
Knod.
Übernehmen und hat bereits »ein zeit lang hie publice in
Ethica gelesen«. Von den Herren Visitatores scholae ist
ihm ein jährliches Gehalt von 90 fl. bewilligt worden, das in
vierteljährlichen Raten ausbezahlt wird, und zwar »von des
Schaffners zu St. Thoman besoldigung, so man eym schafiher
vormals geben 50 fl. und dan die 40 fl. so der stifft vor-
mals von wegen eynes schulmeyster zu sant Thoman zu
geben bewyligt und D. Anthonius reuchlyn von wegen
der hebrayschen lection ettlich Jor empfangene.
Nessel war indessen nicht gesonnen, sich durch die
Bedürfnisse des Augenblicks von seiner geliebten juri-
stischen Laufbahn auf die Dauer abdrängen zu lassen.
Schon wenige Wochen später wandte er sich an die Schul-
herren mit der Klage, dass er durch seine Professur »syn
Studium juris underlassen musst, welches er viel lieber zu
continuiren gedacht, und dan man untz hieher Ime zu
Synen studiis beholflfen gewesen were, so begert er Ime
beholflfen zu sein, dass er Doctor Juris in Orleans werden
möchte, wie er denn verhoflEt, den Gradum in kurtzem zu
erlangenc. Seine Bitte fand bald geneigtes Gehör. Eine
glänzende Karriere im höhern städtischen Verwaltungs-
dienst oder an der heimischen Hochschule als Vertreter
des juristischen Faches schien dem strebsamen Stadtstipen-
diaten jetzt gesichert zu sein. Wenn auch der juristische
Doktortitel damals nicht mehr so hoch als in früheren
Jahrhunderten geschätzt war, so wurde er doch immer
noch als ein Testimonium singularis doctrinae et virtutis<
betrachtet und galt als unumgängliche Voraussetzung für
die höhere juristische Laufbahn in fürstlichen und städtischen
Diensten i).
Über Verlauf und Erfolg seiner im Januar 1559 aus-
geführten Promotionsreise nach Orleans giebt uns der im
Anhang abgedruckte ausführliche Bericht an die Schul-
herren erwünschten Aufschluss. Er mag daher selber
reden. Als J. U. D. Aurelianensis kehrte Georg Nessel
') Cisneri Oratiuncula de gradibus ICtor. in Opusc. ed. Reuthcr p. 665.
Zwar klagt dort Cisncr einige zwanzig Jahre später, dass sich mehr und mehr
ein schlimmer Missbrauch breit mache: neque enim solum in confercndi? his
honoribus exiguum discrimen inter eruditos et ineruditos habetur: venim
etiam pecunia doctrinae anteponitur.
I wenigen Wochen in die Heimat zurück. Jetzt blieb
nur noch übrig, um als vollkommener Jurist im Sinne
,Zeit zu gelten, die Praxis des kaiserlichen Reichs-
(nergerichts aus eigener Erfahrung kennen zu lernen i),
^ dieser Wunsch wurde dem jungen Gelehrten vom
^trate der Stadt Strassburg, der jetzt stolz auf seinen
(mdiaten war, bereit^vilUgst erfüllt. Nachdem ihm ein
jähriger Urlaub bewilligt, verliess Nessel mit reichlichen
sin versehen, um die Osterzeit desselbigen Jahres, auf
tD städtischen -Klepper, abermals seine Vaterstadt,
isich im Auftrage des heimischen Magistrats an das
ihskammergericht zu begeben, »desselbigen Ordnung
1' Gebrauch zu erlernen«.
[Sein Aufenthalt am Reichskammergericht in Speyer
irte volle zwei Jahre. Auch hierüber sind wir durch
lels Berichte an die Schulherren trefflich unterrichtet,
t halten ihm schon am 28. November des folgenden
jes (1,160) die Schulherren die AutTorderung zugehen
In. sich schleunigst ^ur Heimreise zu rüsten, um die
!h Abgang des berühmten Franciscus Hottomannus
^gte Lectio ordinaria iuris civilis vertretungsweise zu
(nehmen. Da Nessel aber, bei aller Bereitwilligkeit
I Ruf der heimatlichen Behörde Folge zu leisten, kräftig
pid machte, dass durch diese von den Scholarchen
^bte Verkürzung des ihm bewilligten zweijährigen Auf-
bits am Reichskammergericht seine praktische juri-
»e Ausbildung «nil ohne mercklichen Nachlheü erkürtzet
ät und auch sonst benebcn dem die angetragene zu-
^ltete professio iuris civilis an ir selbs derart geschaffen
|tlas er als ein onbetagter und gringverstendiger ob
br 90 wuchtiger bestellung noch zur zeitt nit ongepür-
k schew und beschwerde« zu tragen habe, so wurde
lam lt. Dezember ein weiterer Ausstand in Gnaden
lUig^ So kann er am 9. Mai des folgenden Jahres
[•j Wie hoch iIct ■Doclor- über dem -Ucenlislen« siehe, teu.i Dr. Lud*.
Ucimcr Minrin llerrD, dtm Hi. Altirrcht vuii Bayern, tu ductn Schreiben
1578 Jani S auMinanüet, aucb ici c> >aD lia K. Mkjeit. >ucl) E. f. G.
IndcraT cui an^l funidi liovcii gcbreuchig, dai die 10 von dem kai.
t kommeu Über alle andere dwtore& gesellt werden* (roitget. von
n Jttub. f. UUnch. Cicich. III 4Si>.
kr. C G«<h. d. Obiirb. N. V. XIV. f jO
448 Knod.
(1561) mit Befriedigung seinem Auftraggeber, dem Magi-
strat, melden, dass er nunmehr nach rweijähriger guter
Arbeit seinen praktischen Kurs zum Abschluss gebracht
habe und sich seiner geliebten Vaterstadt zu Diensten
halte; er bittet um Tilgung der noch ausstehenden
Rechnungen und stellt seine baldige Heimkehr in Aus-
sieht 1).
Leider war es dem jungen Rechtsgelehrten nicht be-
schieden, eine längere erspriessliche Thätigkeit im Dienste
seiner Vaterstadt zu entwickeln. Zunächst wurde ihm, da für
Hottomannus immer noch kein Ersatz gefunden war, die
Lectura Institutionum an der heimischen Hochschule über-
tragen. Schon am i. November desselben Jahres wurde
Dr. Georg Nessel »insignis Jurisperitus« durch die Scholarchen
zu dem durch den Tod des Joh. Sapidus erledigten Kano-
nikat an S. Thomae präsentiert; am 20. desselben Monats
wurde er statutengemäss examiniert und zwei Tage später
zum Possess zugelassen: »quod ut illi faustum et foelix sit
omnes Juris Civilis scientiae Studiosi merito a Deo precari
debent« (Kapitelprotokoll). Der fromme Wunsch des Protokoll-
führers ging nicht in Erfüllung. Am 15. August des folgen-
den Jahres (1562) hören wir zum letztenmale von unserm
*) Am 5. Januar hatte er in Beantwortung der Briefe vom 11. Nov.
u. 8. Dez. 1560 seinen Dank ausgesprochen dafür, dass man ihn in Speyer
belasse »zu entlicher volnfiihrung seines gemeinnützigen Vorhabens«. »Sittenmal
ich mich gepürlich zu bescheiden hab, dass vermög meines von ehegedachten
e. e. v. und f. g. abschiedes und dan als vertröster khünfitiger befürderung zu
unsers gemeinen gelübten Vatterlandts dinsten nun wol ettwas weitter den
Generalia an diesem höchsten Gericht zu erlernen vonnötten. Und aber nit
ohne das mir an gepürlichcr volnstreckung meines alhie vorhabenden Werkes
noch ein gutt und ansehnlich Theil übrig, welches Ich doch vermittels
Göttlicher Verleyung Innerthalb erlaubter und nochmals ergfintzter Zcytt
zimlicher Massen gelrawe zu erlangen und volgendts Euch Meinen Gross-
günstigen gepiettenden Oberherren und Verlegern zu allen und Jeden Standt-
mässigen und müglichcn Dinsten mich willig und gehorsam zu stellen.« (Hat
im Namen der Schulherren von Andr. Plötzger, Bürger in Speyer, 60 fl. zu
15 Batzen — im ganzen 90 fl. auf 2 Jahre — empfangen). — Nessel ist
also nicht, wie Engel (1. c. pag. 76 a. i) irrtümlich angiebt, im Nov. 1560,
sondern erst Anfangs Sommer 1561 heimgekehrt. Berger-Levrault, der für
das 16. Jahrhundert der höchst unzuverlässigen Professorenliste (ms.
XVIII. Jahrh. auf der Strassb. Univ.-Bibl.; auch im Thomasarch. und auf
der Schletlsladter Stadtbibliothek) als einziger Quelle folgt, lässt ihn schon
'555 die juristische Professur übernehmen (Annales des professeurs p. 172).
Georg Nessel. ^^g
Stipendiaten: an diesem Tage wurde Dr. Georg Nessel in.
der Kapitelsitzung zum Stellvertreter des abwesenden
Dekans gewählt. Bald darauf scheint er wegen Krankheit
sein Lehramt niedergelegt zu haben ^). Am 23. Mai 1563
morgens zwischen 9 und 10 Uhr erlag er seinem lang-
jährigen Leiden, der Schwindsucht*).
Beilagen.
I.
Georg Nessels Reise nach Orleans zur Promotion
(Januar 1559).
Rechnung dessen so Ich von M(einen) G(nedigen) Herren
entp fangen vnd nachmals außgelegt.
Kn^fangen allhie von Jungherr Peter Sturm und H. Friderich
von Gotteßheim, zu der Reiß. 20. Cron.
Mehr In namen Jetzementer M. G. harren der Scholarchen
zu Pariß entpfangen von Hans Gaby. 40. Gron.
Volget die außgabe.
Erstlich kaufft alhie ein Feürbüchse zu sicherer Reise mitt
Palverflaschen köcher vnd anders darzu gehörig . . 3. Gron.
Außgezogen von Straßburg. 30. Januarij (7559).
Januarij Nachtmal zu Romer ßwiler 6 batz.
30. Daselbst dem pferdt lassen die Eisen scher-
pffen vnd wider erheben i Vs
31. Zinstag den Mittag zu S. Quirin ... 37s
Einen Bawersman so vns vber das Gebürg,
den Hasensprung genant, den rechten
vnd sichern Wege durch das Holtz vntz
göhn Blanckenberg gefüret, für sein
futer vnd mal trafie mein Antheil . . 3
'2
') Das gdit AUS einer Supplik des Joh. WUwisheim um Verlegung
seiner Lehrstande vom 15. Januar 1563 hervor, wo es heisst: »Als D. Georg
Neitd aU Ordinarins Institutionum angestellt wurde, gefiel es Rektor und
Visitatoren ihm horam secundam anzuweisen« u. s. w. — *) Kanoniker-
▼erzeichnii im Thomaaarchiv: obiit pthysi XXJII Maü LXIII inter nonam
et dedmam ante meridianam.
30*
450
Knod.
Februarij Nachtmal zu Blanckenberg 7
1. Mittwoch zu Mittag Newstatt .... 3V2
Nachtmal zu S. Nicolas 7^/2
2. Donstag zu Imbis Gonderville .... 3^/2
Vber den Fluß Mosellam bey der Statt
Toull uberzufaren 4 ^
Nachtmal zu Fou 7*/2
3. Freittag Imbis S. Aubin 3Va
Nacht Imbis Bar le Duc 7\^2
Daselbst dem Pferdt 4 newer eisen auff-
schlagen lassen 4
4. Sambstag Imbis aux rouges maisons . . 3^2
Zu nacht Chalon 7*/,
5. Sontag zu Imbis Espernay 4
Zu nacht zu Dormant 7
6. Montag zu Imbis Chasteau Tierry ... 3 1/2
Zu nacht ä la Fert6 soubz Jouerre . . 7
Von Chalon ahn biß ä la Fert6 viermal
über Matronam üuvium zufaren . . . i
7. Zinstag Imbis zu Meaulx 4
Zu nacht ä la Claye 7
8. Mittwoch zu Imbis zu Paris 4
Zu nacht 7
9. Donstag alda stillgelegen dem pferdt zu
ruwe, Imbis vnd Nachtmal . . . .10
Dem pferdt die eisen zu scherpffen . . i
Das vellis küßlin weil es das pferdt drucket,
mitt hirtzfar zu füllen iß
10. Freittag von Paris gezogen aufF Orleans
Mittag zu Longimeau 3V2
Zu nacht Chartres 7
11. Samstag Imbis k Estempes 3^2
Zu Nacht Engeruille 7
12. Sontag Imbis Artenay 3 1/2
Zu nacht Orleans 7
Zu Orleans der Promotion halben stilgelegen
1 5 Tage, vnd der wegen auß offner Her-
berg aufgezogen, vnd mich in eines Ehr-
lichen Burgers hauß, In der vniuersitet ge-
legen, gethan, meinen geschafften fürder-
licher nachzukhomen , auch vberlauffen
von Teütschen so In offner Herberg zu
besorgen, vnd also daher vnruwe, hin-
derung größere vnkosten zu uermeiden.
Trifft mein Pension die Zeitt .... 3. C
Vnd dem Pferdt den tage 3. batz. macht
die 15. tag lang sampt des stalljungen
trinckgelt 2.
Georg Nessel. ^^I
Pro Gradu.
Nach manigfaltigem protestira von meinem
geringen vermögen vnd schlecht auß-
khomen sampt ander dergleichen mehr
Behülff, hab Ich durch fürdemng vnd
Commendation des fümembsten Doctoris
et profeßoris Aurelij mitt dem Collegio
entlich vberkhomen, den Doctoribus pro
Gradu zugeben 32souCron,
Vnd aber die Jura so neben zu den Offi-
ciarijs Vniuersitatis gewonlich gepürendt,
besonders abgericht, als nämlich Can-
cellario Vniuersitatis pro sigillo quo muni-
tae sunt Literae Doctoratus .... 4 franck.
thut 40 batz.
Secretario eiusdem Vniuersitatis siue Scribae
actuario pro conficiendo instrumento seu
literis Doctoratus i Cron.
Bidello Generali Vniuersitatis .... ^U *
Bidello nationis Germanicae V* *
Nationi nostrae pro Jure solito ac debito
ab eo qui Doctoratus insignia consequitur i »
Den letzten tag februarij Bin Ich von Orleans
nach Mittags verritten. Gelegen vber
nacht zu Artenay 7 batz.
tij I. Imbis zu Engeruille 3*- 2 *
Nachtmal zu Estempes 7 V2 *
2. Imbis zu Monttheri SVs *
Zu Nacht Paris 7^2 »
Zu Paris gelegen 14 Tage, vnd geselschafft
erwartet, mittler Zeitt aber mich auß offner
Herberg zu einem Ehrlichen bekanten
Burger gethan miudrer Vnkosten halben
Trifft mein Pension 3 Cron.
Vndt für das Pferdt allen tag 3 batz. macht
die gantze Zeitt mitt trinckgeltt ... 46 batz.
Das pferdt von newem beschlagen lassen
ehe den Ich von Paris verritten ... 4 »
Den 15. Martij von Paris verritten
5- Zu Imbis k la Claye 3^2 *
Zu nacht k Meaulx 7^/2 ^
6. Imbis k la Fert6 soubs Jouerre ... 4 »
Zu nacht k Chasteau Tierry .... 7 »
Vber Matronam fluvium viermal zwischen
La Ferte vnd Chalon zu faren . . . i »
7. Imbis Dormant 3Vt *
Zu nacht Espemey 7V2 »
452
Knod.
i8. Imbis zu Chalon 3I/2 batz.
Zu nacht k Poua 7
Martij 19. Zu Imbis k Sommeil ....... 3*/»
Zu nacht Bar le Duc 7
Daselbst dem pferdt zwey eiCen lassen aoff-
schlagen 2
Den Sattel füllen lassen iVs
20. Imbis zu S. Aubin SY^
Zu nacht k Fou 7
21. Imbis ä Nancy 4
Zu nacht S. Nicolas 8
22. Imbis zu Newstatt . 3»/8
Nachts zu Blanckenberg ...... 7^/2
Von Blanckenberg ein Man mittgenomen
Der vns durch das Holtz auif Sarborg
den rechten Wege füre, zum Imbis für
sein futer Mal vnd Verehrung traffe mein
Antheil . . . . . . ... . . 3
Imbis zu Sarburg .... . . . • 3
23. Von Sarburg aber einen mittgenomen der
vns von dannen göhü Zabem durch das
Holtz den rechten Sichern Weg leite,-
für sein futer mal vnd Verehrung traffe
mein Antheil 3
Nachtmal zu Zabem 7^/2
Den 24. bin Ich mitt der Hilffe des Almech-
tigen alhie wider ankhomen, hatt der
Klepper zwen tag zum Neßelbach verzert 5
Dem Stallknecht Jetzgedacht Klepper auff
M. Herren Stall zu reitten zu Verehrung
Catalogus
Librorum, quos Luteciae emi quia diffi-
cilius in Germania reperiuntur vel saltem non
facile uno in loco: Addo quod charius in hisce locis
venduntur, quia in Gallijs impreßi ad nos advehuntur.
Bartolus in Libros 50 Digestorum et in Codicem,
Item Consilia eiusdem, Operaque omnia in 5 Volu-
minibus constat 12 fl.
Zasij opera omnia in 3 voluminibus constat . 9 »
Abbas Panormitanüs in 5 Libros Decretalium,
optimam totius Juris Canonici partem in 5 Volu-
minib. constat 9 »
Speculator, unicus practicae Jurisprudentiae
magister. const 3 >
Georg Nessel. 4^3
lis Summa 2 ü,
anius Garzia Hispanus Interpres subti-
i materiam pactorum tam ff. quam Cod. et
in L. Gallus ff. d. posthum i cron.
celebriores ex Veteribus Bai- \ in usus
cob. Alvarotus / feudorum ^
}
Ex Neotericis
in usus feudorum 2 fl.
ica celebris Jo. Pet. de Ferrarijs . ... 12 batz.
ica Baldi 3 »
ica Hippolyti de Marsilijs 5 »
. crim. Damhouderii 8 »
. criminalis Jo. Milaei Boii 6 »
issus Juris Panormitani 4 *
!ssus Juris Henningi Goeden 3 *
ssus Juris AIciati 6 »
lim. Hopperus de Juris arte 12 »
in Pandectas 3 »
ani de Federicis Commentariorum Libri
de Interpretatione Juris 4 *
titiones Vetustissimorum Doctorum Raphaelis
mannj, Phil. Decij, Castrensis, Dini et in
Leges ff. et Cod 4 »
idem repetitiones in 10 capita Juris canonici 4 »
laria Ludovici Romani 4
elmi ßudoei forensia 5
orrasii Tholosatis, JCti clarissimi nostri tem-
•is, Miscellaneorum libri sex et de Servitutib. ff, 9 »
IS in regulas Juris Civilis 4 *
; in regulas Juris Canonici, Socinus de fallen-
regularum ulriusque Juris 4 »
)ralia Cateiliani Cottas Q ^
lij Augustini Emendationum Juris libri 4 . 6 »
atus et Cauteice Cepoll« 12 :>
legales Everhardj 5 »
atus Corvesij \
atus Tancreti j
iridion Appellationum et Torturae ... 8 »
idorpij ClaCes actiouum ...... 8 »
lern Lexicon 5 *
em collatio Juris Ciuil. et Can 4 »
:isci Duareni opera i fl.
[antua de solvendis argumentis in Jure . 3 batz
454
Knod
IL
Georg Nessel an die Scholarchen Petr. Sturm, Jac. Me;
und Friedr. von Gotteßheim.
Speyer, 1560 April i<
Großgünstig gebiettende Henren, welcher Gestalt E. e.
vnd g. mir vor diser zeitt auff zwey Jahr alhie am Kay. Camn
gericht zuwohnen, verleyung bewilligt haben Wan d<
das Erste Jar ermelter Verleyung nunmehr herumb vnd verfloss
also vberschicke ich hiemitt desselbigen ordenliche Rechne
Dann obwol gedachte E. e. v. g. mich von Item zu Item vn(
schidlicher Verzeichnung der außgaben erlassen vnd al
Summarische Rechnung jedes Jar zu thun aufferleget, jed
weill die außlage dises Ersten Jars ettwas höher lauffen will,
Ich gleich wol mir gar kheiner onnötigen noch onzimlichen a
gäbe be wüßt, Sondern allein ettliche Ehrliche Standmässige Claid
sampt allerhant anderm alhie gepreuchlichen einrüsten, so
diß volgende Jar wider dienen vnd zu stewer khomen 1
bemelt Erstes Jahr, hab ich dessen zu glaubwürdigerem
augensichtlichen Bericht alle vnd jede Expreß In hiebey verwa
Schrifft von Stück zu stück vnderschidlichen verzeichnet E
V. g. zusenden wollen Mitt angehenckter dinstlicher vleyss
Bitt, solche von mir günstiglich anzunemen, Vnd Im fahll, de\
Ich mich doch nach gestalt aller Sachen nit versehe, die Co
berürts Ersten Jars ettwas groß geacht werden sollen, kl
vngünstig Mißfallen oder beschwerde darob zu tragen beson
liehen In erwegung daß alhie in gemein vbertewer zu lel
dessen an alle die sogleichergestalt sich hie enthalten hai
oder noch enthalten, die mir hierin gewißlich beyfall thun wen
gezogen. — So den etwan einer In khuntschafft der Herrn ac
caten vnd Procuratoren zukhomen begert, auch darein i
genomen würdt, haben E. e. v. vnd g. güttlich zu erachten,
sich zimlich standmässige Verhaltung In alleweg Ehrenhalb gepi
will. Wie ich dan Gott lob den Berumptesteu vnd furnemb
Herren des Gerichts recht bekhant vnd anhängig, auch jetzi
meinen Costgang, welcher sonst nicht gebreuchlich vnd w^en
gedeyen mag, bey einem Cammergericht Aduocaten
procurator erhalten, der mich trewlich anführet vnd in cc
piendo vbett, auch bey andern in khuntschafft mir zu me
lichem Nutz bringt. . . . Das dan dieselbe über souilfeltig vc
Befürderung meines Vorhabens mich auch meiner Bitt der Bü
halben also günstiglichen gewehret haben, Ist mir mitt ge
lieber vnd genügsamer Dancksagung zu rühmen onmügelich
( . . , Äa/ bereits wo Thaler auf das erste Jahr empfangen;
aber noch vom ersten Jahr zu bezahlen 44 Ä 9^2 balzen, B
Georg Nessel. 455
ihfn dieses Geld zu schicken und dazu den Vorschuss für das neu
afiST^^^de Jahry\
III.
C>corg Nessels erster Aufenthalt am k. Reichskammer-
gericht zu Speyer.
(1559 Ostern bis 1560 Ostern.)
Einname.
Empfangen zu Straßburg von Herrn Friderich von
15. April Gotteßheym.
ao. 59. In namen M. G. Herrn Scholarchen . . 50 Thaler
22 . Sept. Widerumb zu Speyr durch Hans Eicken 50 »
Jeden Taler Außgabe. In Costgelt.
gere<&netf ^^ Straßburg von dem 24. Martij auff
welchen Ich auß Franckreich wider an-
heimisch khomen vnd biß auff den 1 7 . Apri-
11s exclusive, a!da bliben, für Cost. 2 »
Zu Speyr von dem 1 8. Aprills biß auf deo
23ten eiusdem In der offen Gastherberg,
so lange biß Ich ein gelegnen Costgang
vnd Behausung erfragen vnd bestanden,
verzert 2 »
Auflf erstgemelten 23. Aprilis Im ordent-
lichen Costgang angetretten, Ist die pen-
sion Jede woch ein Goltgulden, drifft
durch das Jar auß .... 56 Taler 9 batz.
In Behausung Stub vnd Cammer.
Durch das Jahr 1 2 Goltgulden thutt 1 3 Taler 3 Creütz.
In Holtz für den gantzen winter, 300 wellen
gestöhn mitt dem aufftrager Lohn.
3 fi. thutt 2 Taler 10^2 batz.
In Liechtern durchs Jar auß ein fi.
In Claidung.
Ein Schwartzen Rock mit Sammatt beleget,
gestöht in Zeug vnd Macherlohn . . 15 Taler
Ein Schamlott in Gestalt Röcklin mitt Ermein
vnd Seidenschleiflf vnd knöpfflin 5 Taler 13V2 batz.
Summa 97 Taler 14^,4 batz.
') Wie Engel (p. 73) diesen Brief in sein Urkundenbuch aufnehmen
konnte, da er mit seinen Zwecken nichts gemein hat, ist nicht zu verstehen.
^Tir können ihn aus leicht begreiflichen Gründen hier nicht entbehren.
45^
Knod.
Ein leddern Koller 2 Taler
Ein schwartz par Hosen mit Taffat durch-
zogen vnd ein Burseten Wammeß 8 Taler 1 2 batz.
Ein schwartz wüllin ponnet 12 >
Dem Schneider durchs Jahr für Besserung
der Cleider auff mehr mallen ... 12 batz.
Ein Wameß von Gredsch Barchet In Zeug
vnd Machlohn i Taler
Ein gestrickt Baumwüllin Hembd für den
winter 16 batz.
Ein par Liddem Händtschu mitt gestücktem
vnderzug 4 *
Für ettlich Dutzendt Seidner Knöpfflin In
statt der abgöhnden am Röcklin vnd
wames durchs Jar 10 »
In Hemdern.
für 18 eeln Linwath zu 3. Hemdem, Je
6 eeln für . . . . i. fl. thutt 2 Tal. io*/2 »
Macherlohn 12 >
für reine Linwatt zu den Creßlin ... 4 >
Söcklin vnder die Hosen. 6 par. . 6 >
Hembder. Söcklin. Naßtüchlin vnd der-
gleichen durchs Jar zu waschen i Taler 3 »
Dem Schumacher
für Einfach vnd Doppelschu, deßgleichen
pantoffel auch flückwerck durch das
gantz Jahr 3. tal. 11J/4 »
Bücher So Ich allhie zu vnderschidlichen
Zeitten nach notturfft gekaufft.
Für die Kay. Cammergerichts Ordnung
sampt der peinlichen Halßgerichts Ord-
nung 24 "
Practica forensis Guil. Hannetonij ... 5 *
De arte Testandi et cautelis ultimarum
voluntatum 6 -
M. Mantuse tractatus tres i. de maiore. 14.
an. efficaciter obliq. 2. d. Jure protomy-
xeos. 3. de Legitima filiorum .... 5 ^
Andr. Tiraquelli liber de Jure constituti
poßessorij 6 >
Eiusdem de Jure retractus Liber ... 12 »
Die vier Jüngsten Reichsabschiedt . . . ein fl.
Franckfurter Papir. 28 Bücher .... zwen »
für Federn, Dinten, Siegelwachß Faden . 5 baU.
Georg Nessel. ^cn
EXTRAORDINARIA.
In Reysenn.
Erstlich von Straßburg göhn Speyr sampt
dem Fußbotten von dannen mittgenomen,
M. G. Herren Klepper wider Hinauf zu
führen, verzert i Taler
Ermeltem Fußbotten für sein arbeitt herab
zu lauffen vnd den Klepper wider
hinauffzuführen 12 batzen
femer Zergelt für Ihn vnd das pferdt auff
zwen tag biß göhn Straßburg ... 16 »
für ein Reijßküste darin meine Gereide,
herunder zu führen dem Schiffman geben 1 2 »
Weitter dem Fuhrman, der mir ein fartt
Bücher auff 22^ libr. schwer so Ich in
Franckreich gekaufft, von Straßburg
herunder gefürt 15 »
Item in ferijs ludicij Camerae mitt meinen
Tischgesellen vnd Landsleutten auff zwen
tag göhn Heidelberg gefarn, Drifft mein
Antheil In Zerung, furlohn vnd Trinckgelt
dem, so vns das Churfürstlich Schloß den
Gartten vnd Churfürst Otts Henrichen
Hochlobl. Gedechtnuß fürtreffenliche Be-
grebnuß gewisen 2 fl.
Summa 9 Taler 1 5 batzen.
In Gastung.
Je zu Zeitten meine Günstigen Herrn von
Cammergerichts personen von denen
etwas zu lernen, die mir auch Ehr vnd
freuntschafft erzeigt, Und dan zu mehre-
malen meine Landßleutt so allhie wonen
oder durchziehen, Im ordentlichen Cost-
gang zu gast gebetten, Sie mich auch
vndtwilen selbs in meiner behausung
besucht, Mag alles in zimlichen Malzeitten
vnd vndertrüncken das gantz Jahr durch
Lauffen ongefärlich auff 4 Taler
Item hab Ich vnßer Tischgewonheitt nach
als Ich angestanden meinen Commensa-
libus zum Eingang vnd Verschenkung
Meines Tauffnamens auff S. Georgtag
zum besten geben i Taler
458 Knod.
Verehrung Schencken Kirchmeß.
Als meine Costgesellen der Costfrawen vnd
dem gesinde auff den Montag Speyrisch
Jarmarck Kirchmeß verehret, gepürte mir
für mein Antheil 7 ba
Eben zu der Zeitt dem gesindt vnd Khinden
In meiner Bewonung zu Kirchmeß ge«
schenckt 5 »►
Vnd zum Newen Jahr beyden gesinden Im
Costgang vnd behausung nach Speyrisch
brauch verehrt 24 baC^.
Als mein Costherr seiner Baßen eine zu
der Ehe außgestattet, hatt er alle Tisch-
herren zum Hochzeittlich fest gebetten,
allda gabte der Man i Tai^lc
Eleemosynae. Was Ich dan Nachmain
auß Liebe des Nechsten vermüge göttlich
gebott zu zimlich stewern der armen so
schulern so andern durchs Jar verwendet,
welches aber Christenliche bescheidenheit
von Item zu Item Vnderschidlich zu
rechnen nicht zugibt, mach ongefarlich
erreichen i :*•
Medicin».
Potus Caßiae pro evacuatlone humorum . 8 ba.'^-s
Aderlässe 3 ^^
Medice pro consilio i TslI
In Wasserbädem vnd dem Barbier durch
das Jahr 7
Bottenlohn.
Dem Hanß Eicken so mir von M. G. Herren
Scholarchen den 22. September ao. 59.
Schreiben sampt fünfftzig Talern bracht
verehrt 4
Des Straßburgischen postmeisters Son für
ettliche vnderschidliche Mall .... 3
Vnd andern deßgleichen 3
Suppellex varia.
Ein Lucem für den winder auß dem Cost-
gang göhn Hauß bey nächtlich weil vber
die gassen zu göhn 3
Ein Eißen Lichtbutzer i
Ein Messer i
Summa 2 Taler "j^js b
Summa Summar. 144 Taler 9^/2 b
Georg Nessel D(octor) scrips.
Georg Nessel. ^^g
IV.
Georg Nessel an die Scholarchen.
Speyer, 1559 October.
/ a. 22, Sept. d, erbetenen 50 Thlr, empfg. Wird genau
n).
aber E. E. V. u. G. der Bücher halben schreiben,
ich abermals mitt sonderm danckbarm gemutt dero
igt bedencken derselbigen also zu nottwendiger bestellang
en also gunsttiglich erpietten. Bin für mich nie willens
dern ettwas ansehnlichs alhie einzukauffen, aul?geschlossen
. Cammergerichts Ordnung sampt ettlichen Reichsab-
, Vnd wenig Tractatus, so nicht all weg leichtlich zu
n vnd doch von hohen nötten Mitt den fürtrefflichenn
ils Baldo, Jasone vnd dergleichen, deren ein Aduocat
is gerichtliche Schrifften als Replicas, Duplicas, Triplicas,
ones etc. stellen soll, nit kan enthtratten, biß an her
ehapt vnd verzogen, Weil aber nun hinfürtan die Zeitt
1 will, das Ich selbs auch handt anlege und mich in
ido et aduocando übe, darzu dan solche Lehrer auß
ichen nottwendig, das mehrmals die lext der geschrib-
oischen Rechten so ettwan an Inen richtig und lautter,
^enanwäldten anderm Schein einer opinion Baldi oder
Ihrer Sach zu glimpff vnd vorstandt wunderbarlich vnd
mselbigen Doctori, den sie darüber anziehen, gantz zu-
irwürrett vnd gradbrecht werden, das man alßdan die
surhandt habe, angezogner Meinung, ob sichs also halte,
:hzuschlagen. Als auch ungezweiffelt E. E. V. u. G.
tiverstendigem Bedencken disser meiner gelegenheitt eben
ch halben sich selbs hierzu günstiglichen erbotten, so
vegcn sovil desto getröster mein vleissig dinstlich Bitt,
e wollen mir zu Ihrem besten beduncken vnd gefallen,
pera, dern Catalogus hiebey gelegt In Leon, da sie am
zu bekhomen umb das sie alda getruckt, günstiglichen
llen.
Catalogus librorum emendorum Lugduni.
)pera Baldi & Jasonis .... propter praxim
Guidonis Papae
Rotae
Mathaei de Afilictis
siones Thomae Grammatici
Antonij Capycij
Nicolai Boerij
Steph. Auffrerij
ad confirmandum
iudicium
in decidendo
460 KLnod.
Bartholomaei Chaßenei comment. in Consuetud. Bargiii
Practica Judicialis Langfranci
Practica Criminalis Petri Follerij
Angeli Liber de Maleficijs
Joan. Faber in Instituta Jur. Ciuil.
Sebast. Vantij Ariminensis Libell. de Nullität, proces
et sentent.
Memoriale: Hi libri comparandi Lugduni in albis ut
non ligati, ne inter vehendum corrumpantur, deinde
editionis, bene et accurate coUationentur, ne qua mend
neve desit quicquam.
V.
Georg Nessels zweiter Aufenthalt am K. Reichskan
gericht zu Speyer.
(1560 Ostern bis 1560 Mai.)
Inname auff das ander Jahr, so meine Groß-
günstige Gepiettende Herren Scholarchen
mich zu Speyr erhalten.
Anno 60. Erstlich den 14. Julij ao Chr. 60 Von
VVolffgang Haller Kay. Pfennigmeister,
Empfangen Sechtzig Philippsch Thaler,
Thundt 80
Ao. 61. Mehr den 6. Januarij Von Herrn Andres
Plötzger Bürger zu Speyr empfangen, in
Müntz 60
Letzlich den 16. Maij von M. G. Herrn
Scholarchen Procurator empfangen . . 66
Von obbestimpter Summa
Hab ich zuuorderst fünffzig Gulden, die
Ich noch vom ersten Jahr vermög vnd
nach außweijsung dero deßhalben ge-
thaner Rechnung schuldig blibenn, ent-
richt vnd bezallt; Vnd dann die vbrigen
156 fl. durch diß ander Jahr verwandt
vnd aufgelegt In Massen vnderschidlich
hernach volgt.
Außgabe diß andern Jahrs.
Erstlich im ordenlichen Costgang durch das
gantz ander Jahr von dem 23. April,
ao. 60. biß auff den 14. Maij des Jetzt
lauifenden 61. Jahrs, Jede woch ein
Goltgulden, Thutt dise Zeijtt vber,
55 Goltgulden Macht 68»
Georg Nessel. 46 1
In Stub vnd Cammer die bestimpte Zeijtt
durchaaß, thutt 128/4 goltguld.
Macht 16 fl. weniger i batz.
In Holtz durch den gantzen winter funffhalb-
handert wellen Sampt dem Vfilrager Lohn 6 fl.
In Liechtem durch das gantz Jahr 15 lib. i »
Cleidung durch diß ander Jahr.
Für ein wüllin Ponnet vmb Ostern . . 12 batz.
Zu einem wammeß 3 1/2 eeln schwartz ge-
schornen Bombaßin die eel 4 1/2 batz
Macht I fl. 3 creütz.
Item 4 eeln futer Barchet darunder . . 8 batz.
Item I ^ji Dutzend Seidne Knöpfflin an das
Wammeß 3 »
Zu einem Par Hoßen 2^/4 eeln schwartz
Thuch, die eel i Thaler, Thutt . 2 fl. 9V4 »
Item 3 eeln futer barchet vnder die Hoß 6 »
Item 6 eeln einfachen Taflet zum vnderzug,
Je 3 eeln für ein Thaler, Macht 2 fl. 4^/2 »
Item ein lott StöGseiden ...... 3 »
Item zweij schwartze vflgeribene Bocksfell
zu einem Collett . 2 fl.
Ein Dutzend Knöpfflin daran .... 3 »
Zwölff eeln Seidene Passamentschnür aufl"
das Collet 10
Macherlohn für diß Alles, Hoßen Wammeß
vnd Collett zusammen .... i fl. 9
Der Geaellen Trinckgeld 2
Sechs Par linen Söcklin vnder die Hoßen 6
Vmb Michaelis Zu einem Par Ermel 1 1/2 eeln
Doppeltaflet 2 fl.
Zwo eeln futer Barchet 4 >
Macherlohn sampt einem halben Dutzend
Seidin knöpfflin vnd Steppseiden . . 6^/2 »
Dem Schneider durch das Jahr auß Röcklin,
Wammeß, Hoßin zu bessern .... i fl.
Für Seidene Schleiff" vnd khurtze Knöpfflin
In statt der abgöhnden an Cleidem
Röcklin, Wammeß, Collett, Ermell auff"
mehrmal 12 »
Vmb Wihenachten ein wüllin Ponnet . . 12 >f
Vmb Mittfasten ao. 61. für ein Schwartz
Par Hoßen sampt einem Bombasinen
Wammß, gestöht In allem, Zeug, Macher*
lohn, Trinckgelt 8 fl. 12
Für ein Par gantzer Schechtern Reitthoßen 1 2 »
Summa lateris 19 fl. 13^/2 batz.
»
462 Knod.
Hemeder hab Ich zur Noturfft zweij lassen
machen darzu 12 eeln linwatt für . . 2 fl.
Ein halb eel Rein linnwatt zu den Cröslin 2 ba^^.j
Macherlohn von beiden 8 >
Für Hembder, Naßtüchlin, Söcklin vnd der-
gleichen durch das Jahr zu säubern .22 ^
Schuster für einfach vnd Doppelschu auch
zu Zeijtten dieselbigen zu bessern sampt
der Gesellen trinckgelt, Trifft diß ander
Jahr 4 fl.
Bücher
Praxis de puteo & alij de Sindicatu
gebunden i fl. 5 =■*-
Repertorium Nicolai de Milis gebunden . 10 :^
Jacobinus s(uper) Feudis gebunden . , 8 ^^
Vanderani tractatus de priuilegijs creditorum 5 -^
Für Papir durch diß ander Jahr . . . 2 fl.
EXTRAORDINARIA.
Die Bücher mitt welchen Meine Groß-
günstige Herren Scholar che n mich ver-
ehrt, eingebunden wügendt vierthalb
centner, auff dem Rhein herunder zu
führen, Sampt der Schiff*leütt Trinckgelt i fl.
Dieselbige darob einzupacken .... 3 =*
In das Schiff zu führen i »
Hieunden auß dem Schiflf In meine Be-
hausung zu führen 21/2 *^
Die Kist darin sie verwarett drob gestanden 8 ^
Summa lateris 15 fl, weniger ^(2 batz^
Gastung durch diß ander Jahr als Ich je
zu zeijtten meine günstige Herrn Junge
Cammergerichts Personen so mir auch
eher vnd freuntschafft erzeigt, vnd andere
so mich ettwan besucht im ordentlichen
Costgang zu gast gebetten, sie mich auch
vnderweills selbs in meiner Behausung
visitiert, Mag alles in Mallzeijtt vnd vnder-
trincken lauffen auff 3 fl.
Verehrung. Schencken.
Hey meiner Costgesellen eines Jetzundt
Nassawischen Düllenburgischen Rhatts
Hochzeijtt, gleich andern darzu erbettenen
Jungen Cammergericht Personen verehrt i TYm.^-^'
Georg Nessel. ^.53
Auff S. Georgtag beide im Costgang so
dann auch In meiner Behausung,, wie
gebreüchlich, meinen Taufifnamen ver-
schenckt 2 Ü,
Auff dem Speyrischen Jahrmarckt beide
meines Costherrn vnd Haußmeisters Kin-
dern zu Kirchmeß verehrt 6 batz.
Auff den Newen Jahrstag beiden Gesinden
vnd kindern Im Costgang vnd Behausung
zum newen Jahr geschenckt .... 2 Ü,
ELEEMOSYNiE.
Daß Ich auß Christlicher liebe der dürflfb'g
Schülern vnd andern auch durch brandt
des vergangenen Jahrs verderbten Leöthen
zu steur mittgetbeillt, vnd aber von Item
zu Item vermög Christenlicher Bescheiden-
vnd gelaßenheit nicht soll aufgerechnet
werden, Mag durch das Jahr auff ein
gülden darob oder darunder lauffen . i »
S*. Lateris . . , 8 fl. '/^ batz.
M E D I C I N A E.
Ao. Chr. 60. für zwey Vorträncklin vnd ein
Purgatz sampt einem Elec. tuaris pro
confortatione Ventriculj 20 batz.
Dem Arzt pro consilio 2 fl.
Eodem anno 60. Aderlässe 2 batz.
für ein Gurgulwasser wider Halßgeschwer 4 •>
Mehr ao. 61 Mense Maio.
für ein Lenitivum vnd dann ein Decoction
vnd morcelles ad confortandum ventri-
culum I fl. 3 *
Dem Artzt pro consilio 2 fl.
Eodem anno 61. Aderlässe .... 2 batz.
In Wasserbädern vnd den Barbieren diß
Jahr lauflft vff* 10 »
Bottenlohn durch diß Jahr auff" .... 8 »
Zwen Schlüssel zu machen einen zu meiner
Studirstuben, den andern zu der Reyss-
kisten 4 ^
für ein Kisten zu meinen Büchern . . 12 '
.\Ile drey Kisten darin meine Bücher vnd
Cleider verwarett, einzupacken, göhn
schift" an Rhein zu führen, vff, ab, vnd
einzuladen Thutt zusammen .... 9 *
f Gesch. d. Oberrh. N. F. XIV 3. 31
^.04 Knod.
Dieselbige haruff zu führen (sämptlich
wügendt Neunthalb Centner) Jeden
Centner verdingt vmb 5 batz. Thutt
sampt dem Trinckgelt 3 fl.
Zum Abzug von Speyr allenthalben Im
Costgang vnd Behausung den klndem
vnd dem Gesinde verehrt auflf . . . 2 fl.
Vff der Reiße von Speyr alher verzert
sampt dem Roß i »
Das Roß allhie zum Geyst zwo nacht vnd
ein tag verzert */2 *
Meiner Herren geschwomen hotten einem
den Clepper widerumb hinab göhn Speyr
zu führen für sein vnd des Roß zerung
hinab vnd wider hinauff deßgleichen seine
Belohnung, durch 4 tag gegeben . . 2 »
Summa Lateris 5^2 ^*
Summa Summarum 158 fl. 2 batz.
Georg Nessel Doct. scrips.
Briefwechsel
Balthasar Neumanns mit Kardinal Schönbom
(1728 — 1730)
nebst einer Denkschrift von 1746.
Mitgeteilt von
J. Wille.
Klein ist die Zahl der Briefe, die wir bis jetzt von dem
berühmtesten Vertreter der deutschen Barockarchitektur be-
sitzen, weit grösser die Zahl der Bauwerke, die seinen Namen
für alle Zeiten verkünden. Was auch die Forschung, die sich
heute eifrig, wie nie zuvor bemüht, den äusseren Lebens-
umständen des Künstlers, dem Werden seines Kunstwerkes
nachzugehen, noch auffinden mag — einen umfangreichen
Briefwechsel dürfen wir schwerlich erwarten. Der Verkehr
zwischen Bauherrn und Architekten ist ein anderer als unter
Literaten und Schriftgelehrten. Viel reden und viel schreiben
lag ohnedies nicht im Wesen des so bedeutenden erst in
jüngster Zeit durch eine sehr verdienstvolle Darstellung i)
gewürdigten Mannes. Wenn der in seinen Briefen so
nüchterne, in seinen Werken so geistvoll beredte Bau-
meister einmal am Hofe des Kurfürsten von Köln, im
Schlosse zu Brühl, bei einer lebhaften und widerspruchs-
vollen Unterhaltung über Fragen der Baukunst erklärte,
allen Verbalien gegenüber mit dem Modell seine Meinung
vorstellen zu wollen«), so hat er sich damit selbst am
besten charakterisiert. Praxis geht ihm über Theorie» That
über Worte. In der Erkenntnis des geistigen Lebens eines
grossen Künstlers imd Architekten, wird stets das Kunst-
werk selbst eine beredtere Sprache fuhren, als sein eigenes
>) Ph. Joseph Keller, Balthasar Neumann. Würzburg 1896. —
^ KeUer S. I3.
31*
466 Wille.
lebendiges Wort, selbst wenn ihm zugleich der Ruhm
eines grossen Schriftstellers gebührte. Balthasar Neumann
aber war kein Schriftgelehrter und auch kein Schriftsteller.
Aus seinen Briefen spricht der Mann der reichen Erfahrung
und der That mit nüchterner Klarheit und starkem Willen,
kein theoretisch gebildeter Ästhetiker. Ein Handwerks-
mann unserer Tage — und ein jeder hält sich doch für
einen Künstler — versteht besser und gewandter die Feder
zu fuhren, als der würzburgische Artillerie- und Ingenieur-
oberst und Baudirektor, der auch gelernter Stück- und
Glockengiesser, doch überall ein echter Künstler war.
Immerhin haben auch seine Briefe 2) ihren Wert, insofern sie
uns neben manchen Beiträgen zur äussern Lebensgeschichte
des Meisters auch über die zeitliche Entstehung und
Entwicklung seiner Werke Nachricht geben. Für die
Beziehungen Balthasar Neumanns zu dem kunstsinnigen
Fürstbischof von Speier, Damian Hugo, Grrafen von Schon-
born und zur Baugeschichte des Bruchsaler Schlosses bieten
uns diese vorliegenden Briefe fast die einzigen wertvollen
Nachweise, zumal Bauakten und Pläne bis auf wenige
Reste nicht mehr vorhanden sind.
Ich habe im Badischen Neujahrsblatt') des vorletzten
Jahres das Bruchsaler Schloss in den Rahmen von Kultur-
bildem hineinzustellen versucht und dort nur mitgeteilt,
was ich mit dem Auge und dem Verständnis des Historikers
aus Briefen und Akten herauslesen konnte. Was dem
Architekten daraus für ein Nutzen erwachsen ist, darüber
mag er selber entscheiden. Auf historischem Boden werden
ja beide immer zusammengehen müssen. Da aber nach
Balthasar Neumann das Modell deutlicher spricht, als alle
»Verbalien«, so wird auch der Architekt aus Verhallen und
Modell mehr herauslesen, lernen und lehren können, als
der Historiker vermag. So werden also diese Veröffent-
lichungen auch weiterhin ihren guten Zweck erfüllen.
Erst seit dem Jahre 1728 beginnt ein Briefwechsel
zwischen Neumann und seinem hohen Bauherrn aus dem
Schönborn'schen Hause, dessen glänzende Namen auf immer
*) J. Wille: Bruchsal, Bilder aus einem geistlichen Staat im i8. Jahr-
hundert. Karlsruhe 1897. — ^) Dieselben werden \n unveränderter Form
abgedruckt, nur zum Verständnis nötige Trennungszeichen sind gesetzt
nsnns ntit Kardinal Schönbom. 467
mit den Kunstbestrebungen des achtzehnten Jahrhunderts
Verbunden sind. Wie weit vor diesem Jahre der Würz-
burger Architekt zum Bruchsaler Hofe in Beziehung stand,
in wie weit mit ihm oder ohne ihn die Baumeister Welsch
«nd Rohrer beim Bruchsaler Bauwesen thätig waren, muss
Twrerst unentschieden bleiben, gleichwie die Bedeutung des
$chIossmode11s an der Decke des Kammerflügels'). Dass
»ber Balthasar Neumann vom Jahre 172S an der geistige
Leiter des Bauwerks und vielgesuchte Ratgeber des ßau-
berm, dass er auch hier wiederum im Treppenhause der
Weister war, dafür geben uns die vorliegenden Briefe den
tinbestreitbaren Beweis,
Auch unter Schönborns Nachfolger blieb Neumann der
leitende Architekt. Fürstbischof Franz Christoph von Hütten
{1745 — '77*^) *'*'" ^i" baulustiger, kunstsinniger Herr, er
baute weil mehr und glänzender als sein Vorgänger, Ihm
Verdankt das Bruchsaler Schloss seine heutige Anlage in
der äussern Form wie in der glänzenden inneren dekorativen
Ausstattung Als Hütten zur Regierung kam, stand Neu-
mann auf der Höhe seines Ruhmes, er hatte selbst einen
Cuvillies aus dem Felde geschlagen und im Schlosse zu
Brühl die Umbauten begonnen, wo unter seinem Einflüsse
das gewaltige Treppenhaus entstand^). Auch für das Bruch-
saler Schloss muss er den Plan einer neuen Treppen anläge
im Auge gehabt haben, wie aus dem Schiussartikel »einer
im Jahre 1746 dem Fürstbischof eingereichten Denkschrift
hervorgeht. Ich lasse dieses Aktenstück den Briefen des
Meisters folgen, weil es diese ergänzt und sonst \'iel Inter-
essantes zur Bruchsaler Baugeschichte enthält. Vieles, wie
die Anlage der Pavillons ist zur Ausführung gekommen,
Anderes, wie das Treppenhaus nur ein Projekt geblieben,
ftlanches mag bei dem Mangel an Plänen selbst für den
Architekten nicht ganz verständlich bleiben, aber melir als
der Historiker wird er daraus lernen können. Wie die
Briefe, so dürfte ihm auch die Denkschrift des Jahres 1746
. in ausführlicher Mitteilung willkommen sein. Andere Akten-
stücke zur Bruchsaler Bau- und Kunstgeschichte sollen
»päter folgen.
't Wiltr S 6;. — h KunsldenkirKlei
Rheinprc
t IV,
468 Wille.
I.
Neumann an Schönbom.
Hochwürdigster Cardinal undt Bischoff.
Gnädigster Herr Herr.
Euer Hochfürstl. Eminentz, übersende hiemit den Originals
Überschlag undt berechnu[n]g der ney gegossenen glocken nacher
Wisenthayd, welche nicht nur wohl geraden undt schon geliffert
ist bey welchem guß ich daß Mettall dirigirt undt ist die Com-
position wohl getroffen, undt hat einen trefiflichen resonanz, anG
welchem Überschlag, man einen andern machen kann, wan
gnädigst resolvirt sein wirdt wie schwer die größte glock oder
daß gantz geleyth sein solle. Ich zweiffle gar nicht, daß in dessen
Ewer hochfürstl. Eminentz ahn den Einen schon stehenden theil
des Corps de logi viel werdten haben arbeiten lassen, wann es
nur mit denen gemauerten undt rigelwanden wohl verwahret ist,
undt zu den andern theil nebst haubtstigen undt sahl Einer oder
2 guthe Männer Endt Weder Mauerer oder steinhauer Meister
seindt, wo ein juditium seiner arbeith ist, so wirdt alles wohl gehen,
ich werde eben offt Mahls gehindert, daß nicht über denen rissen
bleiben kann sonster wehren selbe schon fertig, undt hette es
nnterthänigst überschickt, ich bin aber daran, undt werde es
nach deme ich biG 14 tag zu Königshoffen undt der orthen zo
thuen habe, gleich darnach ausfertigen.
Seiner Excellenz herr graff von Wißenthayth seindt noch etwas
mit den fiber incomodirt aldoh ich vor etlichen tagen geweCen.
Von Ettlingen habe dato auch nichts weitters gehört, wie es mit
dem collegio stehet, undt waß etwan darahn gebauhet wirdt, undt
obwohlen mir dahier ahn der Residentz undt Fortification nicht
viel oder fast gar nichts neyes machen, so habe doch als zu
thuen, wohmit mich zu hohen gnaden undt hulden unterthänigst
Empfehlend verharre
Ewer hochfürstl. Eminentz
Unterthänigster Diener
Balthasar Neumanu
Würzburg 15. ybr 1728. Major.
Karlsruhe, Gen. Landesarchiv. Bruchsal Gen, Fase, 138.
2.
Neumann an Schönbom.
Hochwürdigster Cardinal undt des Hayl. Römischen
Reichs Fürst.
Gnädigster Herr Herr.
Ewer Hochfürstl. Eminentz, remittire unterthänigst die etliche
risse, nebst denen 4 grundtrissen in grössern Maß. Es ist mir
Briefwechsel Baltbasar Neumanns mit Kardinal Schönbom. ^5o
l^d, daß nicht alles selbst machen undt hier undt dar waß daran
»rrigim müssen, verhoffe aber, daß der grosse risse auf denen
itter, wirdt wohl aufbehalten sein, auf weihen undt mit dießen
ann sich wirdt helfen können. Die Beschreibung des gantzen
luhwesens haben Ewer hochfürstl. Eminentz noch zuruckh, undt
h davon kein Concept. Wann also Ewer hochfürstl. Eminentz
lädigst beliebten mir dieselbe zu schicken, so würdte alß stuckh
tiQ oder nach denen puncten unterthänigst berichten können.
wer hochfürstl. Eminentz werdten sondern zweiffels wohl übers
hr oder den frühling ahn den andern theil des Corps de logi
ifangen folgd in die höhe zu fahren, welches ohne deme schon
iß den fundament undt angelegt ist, ob nun zeit hero etwaß
in den Modell weiters möge gemacht wordten sein, ist mir
cht bekandt, ich wolte zeit hero es dahier wohl fertig gemacht
iben, dan die stigen undt äussere 2 faciaten seindt wohl nöthig
1 machen in deme sonsten der werckhmeister wirdt zu thuen
iben, es ist freylich wohl den Winter wegen der kurtzen tagen
in solcher arbeit kein sonderlicher fortgang, es ist allzeit besser
it der gleichen in frühjahr, worinnen ich nun weithers dienen
in, belieben Ewer hochfürstl. Eminentz gnädigst zu befehlen,
h bin mit meiner Schwartzacher 1) Kirchen auch biß ahn das
^simbs von innen undt aussen in den Chor undt Ein trittel
m Creitz kommen, undt daß jenige wils Gott über Jahr unter
ach, wohbey ich vieles aufsehen thun muß. Dahier haben mir
»nsten ahn der Residentz nichts neyerliches weiters angefangen,
•ndem mit Etlichen leiten daß innere auß gemacht wirdt, undt
in der fortification auch nicht viel, ich habe aber dannoch mit
elen andern Sachen zu thun undt nicht viel Zeit verliehre.
ohmit ich mich zu höhn hulden undt gnaden unterthänigst
mpfohlend verharre
Ewer Hochfürstl. Eminentz
unterthänigster diener
Balthasar Neumann
Würtzburg d. 2. 8br. 1728. Major
Gestern alß den i . Sb«"- überschickhe mit den Postwagen das
;melt pacet riss nacher franckforth ahn herrn ambtmann Thelein (?)
eselb weiteres zu besorgen 2).
Bruchsal Gen. Fase. 144.
*j Die in den Jahren 182 1 — 1827 auf vandalische Weise zerstörte herr-
he Abteikirche von Münsterschwarzach, vergl. Keller, Balthasar Neumann
157. — *) Randbemerkung Schönborns: ist beantwordt den 25. Jenner 1729.
470 Wille.
Schönborn an Neumann.
Ahn Obrist Wachdtmeister Neümann de dato B. d.
25. Jener 1729.
Das ich dem h. Obristwachdtmeister bishero auff sein letzteres
schreiben nicht geandtwordt, ist die ursach, weillen den harthen
kalten Winter über, so sich gestern Abendts gebrochen, mein
bauwesen völlig stil gelegen ist. Ich habe dieses verfloCene
Jahr das ahngefangene theil des Corps de logis, so unter dach
gestanten, forth gemagdt, undt hoffe künftigen herbst dafaiin
wenigstens tagszeiten sein zu können. Sonsten so habe ich die
gantze Mauer umb den Fasanen Garthen förtig gemagdt so sehr
gros ist, .kh habe fernen vorm Corps de logis gegen dem Garthen
zu das große bassein al von Mauerwerck undt das eine runde
groser gemagdt, den gantzen gahrten auch den vorblatz planiret,
das Jagdt und Garthen haus foUig unter dach gebragdt, auch
den forderen theil des landt hospitals undt habe den nevren
gestuth hoff zu Altenburg 1) fast gantz im standt, nur daC das
Sockige hauß vor mich noch halb stehet, so habe ich auch hinten
gegen den bauhoff zu den platz mit einer guthen Mauer versehen,
wohrauff nuhn dieses Jahr Backhaus, Waschhaus, Metzel Bandt-
hauß undt alle hoffnothwendigkeitten setzen werde. Dieses Jahr
dencke ich i, den ahnhang auff der Kirchseithen zu verfertigen 2,
den volligen bau des corp de logis gegen den hoff zu, damitt
ich alsdan ein gang machen lasen kan, wohe das Vestibül hin-
kombdt undt wan das Überdach fertig, so wil forthfahren ahn
dem fiugel so gegen dem bauhoiT zuziehet, kan ich diese 2 Sachen
unter dach bringen, so habe wir dieses Jahr genug beim Corps
de logis undt kombdt alsdan auff die 4 sähl^) undt stuck allein
ahn, wan diese alsdan in 2 Jahr förtig habe, so bin zu frieden.
In zwischen fange auch den Cantzleybau dies Jahr ahn, undt hoffe
auch ahn diesem ein guthes stück aus der Erden zu bekommen,
auff dem landt aber wil ich ein theil vom Kislauer schlos')
») Seit 18 13 Karlsdorf. — ^) Wenn hier von vier Sälen die Redeist, so
wird, von den zwei Sälen im obern Stock und dem Gartensaal (Sala terrcni^
abgesehen, auch das Vestibül als Saal bezeichnet sein. So heisst es bei den
Malereien auf dem Hofe zu Altenburg (jetzt Karlsdorf) »der Steckel (Siöcklein)
ist mit dem Malen im untersten Sahl oder Vestibül heut die helft fertig
worden« (vgl. Wille, Bruchsal S. 65). — Unklar bleibt mir in dieser Hinsicht
eine Stelle in den Akten über die Beisetzung des Fürstbischofs Hütten I77°
(Gen. 8) Darnach war der Sarg des Kardinals >^im obern saal des kammerflugels«
aufgestellt und wird >geradenwegs von dem kammerflügeU über den hof m
die hofkirche getragen. ^ Einen saalartigen Charakter trägt hier im »Kammer-
flügel« (also nicht Corps de logis) das Vestibül keineswegs! Sollte der über
dem heutigen Militärlazareth gelegene Raum gemeint sein? — ') Wille S- 73-
Briefwechsel Balthasar Neumanns mit Kardinal Schönbom. ^^i
len also, daß in 4 Jahr herumb komme umb den thurm, so
ich auch ein flügel noch ahn die Kellerey zu Rotenberg *)
en, umb dahe mehr Keller undt fruchdtbooden auch noch
ige logirzimmer von bisweillen hinkommen, vor mich zu übei^
mmen: den gestüth hoff zu Altenburg baue folgenter auß,
che noch 2 pavillion zu Newendorff*^) zu viehestall fortig, undt
ze noch ein schewer nach Waaghäuse!^), also wan dieses ge-
liehet undt daß andere jagdhauß noch unten am gahrten alhier
dt den stal in standt bringe, so bin ich vor das 1729 Jahr zu
sden. Das stiegen Model ist freylig nötig, allein es wirdt sich
:ht machen lasen, bis einsmahl mit h. Obrist Wachdtmeister
bst noch einmahl daraus rehten kan, vieleigdt gibdt es gelegen-
Idt Jhn ohngefahr dahroben zu sehen, gehet unser Chfst^)
ider einsmahl nach Geibach oder Pommersfelden so komme
ihm oder vcrleigdt thuet inzwischen der h, Obrist Wachdt-
ister wieder ein stutz zu mihr. Dass die Schwart«acher Kirch
wohl reusiret freyet mich, die ris quaestionis habe bekommen,
finde sie aber gar nicht just und habe wohl gesehen, das
; rechte handt nicht darahn gewesen der ich etc.
Eigenh, Concept, Bruchsal Gen. Fase. 144.
4.
Neuxnann an Schönborn.
Hochwürdiigster Cardinal undt des hayl. Römischen
Reichs Fürst.
Gnädigster Herr Herr.
Ewer hochfürstl. Eminentz gnädigstes schreiben habe mit
iger post erhalten, undt habe ersehen daß Ewer hochfürstl.
linentz das verflossene jähr recht viel haben arbeiten lassen,
dt diesen nechsten sommer hindurch vieles bauhweßen, ab-
iderlich auch ahn den Corp de logis der gnädigsten intention
nd zu unternehmen, worüber, da ichs casualiier seiner hoch-
stl, gnaden*) erzehlete, sich sehr darüber verwunderten; bey
5sen nun vorseinend bauhweßen wirdt ohne Zweiffei die faciata
gen den hoff sambt den Balcon mit müssen angelegt werdten,
er aber vieleicht haben Ewer hochfürstl. Eminentz die gnädigste
entiou auf der Kirchen Seiten so viel als auf der schon stehender
len undt fligel zu bauhen, da als dan Überich bleibte die
>) Wille S. 73. — *) Neudorf bei Bruchsal. — ^\ Über die Bauten zu
igfaSusel vgl. Wille S. 73 ff. — *) Hier ist jedenfalls Franz Georg v. Schön-
rn, Kurfürst v. Trier gemeint. — ^) Friedrich Karl v. Schönborn, Füist-
chof von Würiburg und Bamberg.
472
Wille.
beyde faciaten sowohl gegen den hoff als garten, sambt der
stigen, welches wohl auch angünge, da ich dann bey solchen
umbstenden, wohl dieses jähr gar nicht nöthig wehre undt die
Unkosten unterbleiben wirdten, zu welchen Bigel undt gantzen
theil ja alle schiedwandt in den grundt undt ahn denen Mauern
angezeignet, nebst dem auf der taffei gemachten grossen grundt riss
undt auftrag, nebst dem so viel möglich meister Stahl informirt,
weilen keinen steinhauer Meister ahn handten gehabt, das also
diejenige seit undt fligel wohl kan ohne fehles aufge bauet werden,
nur hat sich meister Stahl mit den mauer meister wohl zu ver-
stehen, dass die lange starcke schiedwandt worinnen bereiths alle
schläth durchgehen, diese wohl gebundten undt verwahret werdten,
undt der meister Stahl mit seinem Dach stuh[l] sich darauf ruhent
undt befestigen kan, damit daß umb die Mezanen er niderichte
doch in denen kleinen höfflein nicht also schiebet Die £in-
theilung weißet sich genug auf den großen grundt riss auf der tafifel,
undt wan schon die letztere grundt riss so ich wegen abgang der
Zeit habe freylich nicht mit Eigener handt gemacht, sondern nor
daran corrigirt, aber daß unwichtige nicht Endern kundte, so
thuet es nichts zu dieser sach, Ewer hochfürstl. Eminentz werdtens
deßwegen nicht ungnädigst nehmen; da ich vor denen Weinacht
feyertäg bey 19 tag in Bamberg geweßen, so habe auch bey
Ihro hochgräfl. Excellenz herm Dombrobst^) meine aufwardtung
gemacht, da ich von den bauhweß undt Residentz von Brugsahl
viel erzehlen müssen, undt ein undt andere mir pro memoria
copirte risse überschickhen müssen, welche auch sehr sich
darüber verwundert, daß Ewer hochfürstl. Eminentz so vieles
gethan.
Der betauerns werdte dothsfall seiner Churfürstl. gnaden-)
als wo dahier seiner hochfürstlichen gnaden die exequien gehalten
undt halten lassen 3 tag mit allen stifften undt dicasterien recht
extra, auch das hochwürdtig Domb Cappitel 3 tag, möchte wohl
die herauf reiß Ewer hochfürstl. Eminentz in etwas Weiters
hinauß schieben, daß also nicht dahier herumben die gelegenheit
geben wirdt meine unterthänigste aufwarthung zu machen. Würdte
es aber Ewer hochfürstl. Eminentz ohne unterthänigste Maß-
gebung vor nöthig sehen wegen der stigen anlag undt des Models
undt die handwercks leyde mit ihren gehauen stein in wircklicher
arbeith sein, so wirdte schon vor eine stutzreiß, unt etwan auf
14 tag zeit auß finden, dahin unterthänigst auf zu warthen, undt
ob mir dahier schon nicht viel ahn der Residentz undt fortification
arbeithen, so habe ich doch als zu thuen, daß etwaß extra ver-
dienen kan. Seiner hochfürstl. gnaden finden sich gott lob gantz
') Marquard Wilhelm Graf v. Schönborn, Domprobst von Bamberg. —
2) Lothar Franz, Graf v. Schönborn 1693 Fürstbischof von Bamberg, 1695
Kurfürst von Mainz, f 1729.
Briefwechsel Balthasar Neumanns mit Kardinal Schönbom.
473
wohl nndt seindt nach den exequien auf die jagt gangen auf
etwa lo tag.
Zu hohen hulden undt gnaden mich unterthänigst Empfehle
Ewer hochfürstl. Eminentz
unterthänigst devotester diener
Balthasar Neumann
Würtzburg 12. februari 1729. Major.
Bruchsal Gen. Fase, 144.
5.
Neumann [an Obrist von Vogelsang !)]•
HochEdler
sonder HochgeEhrdester Herr.
Mich hat recht erfreyet, daß ich auß dero schreiben daß
guthe wohl sein habe abnehmen können, undt bin sehr obligiret
vor die erinnerung meiner des so wohl meinenden neyen jahrs
Wunsch undt wünsche gleichfals alles ersprissliche, mit vieljärigen
Continuation ; belangend daß rothe sauer Krauth , vor seiner
hochfürstl. Eminentz, als 2 fasslein mit Ersterer gelegenheit zu
dberschicken : wie mir nun der Postag undt Postwag[en], so als
freytag mittag abgehet alle wochen die Zeit zu kurtz wordten,
so werdte nicht ermanglen den freytag als den 25. diesen von
hier mit den postwagen nacher Franckfurth abschicken, in deme
keine andere gelegenheit nicht habe, undt der Mein fluß widerumb
beginnet zu zu gefriehren. Ich habe vor 2 postägen Ihro hochfürstl.
Eminentz, wie schon bekandt sein wirdt, unterthänigst geschriben,
habe dabei ebenfalls wegen der hinaufreiß ^) meiner mit gedacht
undt glaubte, da höchstgedacht seiner hochfürstl. Eminentz vor
dieses jähr die faciaten undt stigen nicht mit bauhen, so würdten
dieselbe mich wohl dieses jähr nicht brauchen. Doch auf eine
kurtze Zeit wan mann völlig in der arbeit mit denen handwercks
leuthen begrififen, kundte schon auf eine kurtze Zeit oder auf
2 Woch[en] oder auch 3 nach gnädigsten belieben undt befehl
geschehen, woh bey mir Eine besondere Ehre sein wirdt mein
hochgeEhrdesten herm zu sehen undt auf zu wardten, wohmit
mich Empfehlend verharr.
Meines hochgeEhrdesten herm
Ergebener Diener
Balthasar Neumann
Würtzburg d. 19. Februari 1729. Major.
Bruchsal Gen, Fase. 144.
*) VogeUang hatte die Oberleitung über die Bruchsaler Bauten. —
) »Beruhet auf tichc bemerkt eigenhändig der Kardinal an dieser Stelle.
474
Wille.
6.
SchOnbom an Neumann.
An h. Xeumann dach Wärtzbarg de dato 8. Maztii 1729.
Der h« Obristwachdtmeister hatt rechdt, ich dencke ahn den
Corps de logis dies Jahr so viel za machen, als ahn fondamenten
gegen der Kirchen seith zu lieget, wohrmitt dan scbondt za rechdt
kommen kan, weillen dieselben riß habe. Über Jahr aber nehme
das mildere gebey das seindt die grose stiech mitt den 4 säbl
ondt den 2 facciaten vor.
Mitthien ^*ahre mihr wohl lieb, wan des h. bischoffen Ibden
mihr alsdan aoff ein nionatt 3 bis 4 mihr den h. Obristwachdt*.
meister zukommen lasen wollte. Wann des h. bischoffen von Bam-
ber Ibden herauskommen, so gedenke ich zn ihm nach Pommen-
felden undt Geybach zu gehen, wehe ich dan schondt Alles wohl
mitt demselben überlegen könte. Die 2 faßel roth Graath seind
hier wohl ahngelanget undt wil hoffen mein hoff Zahlmeister werde
gleich die Zahlung dahe vor geschicket haben, ich dancke vor die
sorg undt mühe. Übrigens so hatte ich wohl hier ein gutben
trewen fleisigen tünger Meister nötig, ich weiß es gibdt in Francken
deren geschickte levdt. Wan der h. Obristwachdtmeister ein
braffen man, kein suner undt der raisonabel währe wüste, so
ersuche ihn mihr den Vorschlag zu thuen, dan die Zeidt komlKit
baldt herbey das man diese arbeydt ahnfangen kan, es ist viel
arbeyd: dabe hier, zu WaagheuseP;, auff dem Newen Gcstuhdi
hoif eU\
lit^^-:':. cVt.v/;. S-^^^k^aS Gen. Fase. 144.
Schönbom an Neumann.
Da:. B[nichsja] d. 16. Decembris 1730.
Monsieur.
\z\\ verhorne, derselbe werde wieder gesimd zu Würtzborg
al.:.ceko:i::iie:: se:r. ur.d sich bis hinhero wohl befunden, so nm
jeder zei:h '.feb zu hören ist; übrigens da nunmehro das Jahr
al!i:emaoh zum Eiid: ^e':.e:, <o wäre mir besonders lieb und ahn-
u'eiiehiu, wii-ii iiersell e -le^e:. den nächst innstehenden Monalh
lanuarv. wo beka:::::I:cheii die tä;^ nicht allein wieder wachsen,
sondern aujh die wee^ zum m;irchiren besser werden, auflfclwa
i.; lä.: ahniiero zu mir kommen ihälte. umb mit ihme ratione
meines iUuweescns ein so anderes verabreden und concertiren m
k^r.nen, zu man'.en vier andere tlneil meines Corps de logis bereits
^» Vgl. Wille S. -5 •*■
Brirrwcchiel Batihaiat Neumnnns mit Ksritiiuü SchnnboTTt,
ich in der höbe und nur alloins das loch in der mitten anDocIi
Ten ist, wo die stiegen hinkomiuen solle. Ich habe von des
biscIiotTen und füisten zu Bamberg und Würzbu^ Ibden die
laubnuC deljhalben schon bekommen; derselbe wolle mir also
It »ächäiem berichten, wann Er vermeine von doiten abzugehen
d wohin er seinen weeg nehmen wolle umb ihme einen Zueg
r» bis gegen Mosbach entgegen schicken tu können und
Dn Kr allenialls daroben einen geschickten schreiner der nicht
viel kosten thätte und taisonabel ist, mit hiehero bringen
ante, um das Model! von der stieg ') allhier verfertigen xn
moD, so wäre es mir lieb, wo nicht, so miiste hier sehen, wo
,en bekäme, das solches zu machen verstände, womit wir allieith
:bleibcn des Herrn Obrist Lieutenants
gantz wohl affectionitter
alle Zeith.
Cefie. Brtichial Gen. Fatc. 13S.
Promemoria NeumsnnB.
UnterthSnigsle Relation über die von seiner Hochrürstl.
Uulen gnädigst mir übergebene puncten undt pro Memoria
tß bsuweßen lui hochfürstl. Kesideotz in Bruchsaal undt detley
Igehendea xu untorsncben undt in Kid zu setzen von iö. hiß
I 24. Novemhris 1746.
ino Die Kxaminirung des haubiriss. Dieses bestehet in deme,
1 weilen die beyde Apartement in den haubt (sicl)'-) tu wenig
imer tmben nndt die schmahle Comunication kein quartier setndl,
Ist ohne unterlhänigste maCgebung diel^cs in Einen grundt riss
getheilet, wie die 3 stock wt^rcker auf ein ander folgen undt
die Coumunicalion verbreithert undt mit 14 schu iihn den
iDtner füge! bau, atß Kirchen fligel zu gesetst undt amb beyden
scn Knden mit Einen Pavillion in der höhe alß der Corps
k>gi Selbsten, damit es der ganteten Residenli so wohl von
:eD de> gariens slß gegen den tlof ein bcssers ansehe» machet,
gcsetM wordlen, alÜ haupt sechlich da durch die viele treppen
dariwischeu waten hinweg undt zu ebenen Boden durch alle
bckwirckcr, die Zimmer gleich werdlen, undt die gemalte Apar-
■tentei veimehTet undt bequemer uerdten, wie licsagler Grund
H sub litiera A anzeiget, undt in üttera B den auftrug so wohl
geo den gardten als grossen hoä.
2<''' Eine neye kucben sambt dartu gehörigen gewühlmetu
dt conuoodi täten.
Dic*e neye Kuchen zeiget sich auf den grundrtss luit littera
nndl iwat den Pavillion so niderich alU nur ein stockh hoch
■ 't Vgl. Neoniaons Biiif \om 17. Kcbiu» 1731 im Kitiuichtv Wuiibui^.
Ik & 94 Aom. 37. — 'I r-, Corp. d« logij.
476 Wille.
undt etwaß gelb gemacht, dieser wirdt gegen den Cammerfiigel
verlengerdt, auch über die Mauer hinauß wie sie jetzt stehet, düin
mit 3 fenstern verlengert, mit hin auch die schlassmaaer umb
50 schue verlengert in welchen blatz der holtz hoff undt die
S. V. Schwein stall hinder die Erste oder alte Mauer» so mit der
Innere blatz geraumet zur Reithschul, die kuchen aber noch
obigen grundriss in C ihre Commoditet bekommet nebst ihren
speiß undt gemüß keller undt gewöhlmer undt ist meister Stahl
expliciret woh auf die Pastöten offen Eine oder 2 rauch Cammer
füglich undt feyer frey von mauerwerck kann gemacht werdten,
so fort von der kuchen die Communication in den Corps de legi
in truckenen bekommet.
ßtio Ein neye Casserm
Diese neye Casserm für 280 Mann ney zu erbauen zeiget
der grundtriss mit littera D, in den hirschgarten, undt deOen
profiller undt auftrag mitt littera E, wohmit den statt thor die
statt mauer ahn daß Eck des alten Schlossgartens ahn schlisset,
undt da dieße Casserm gebauet wirdt, so wirdt sich der theils
stein berg heraußbrechen undt damit geraumet werden, undt wie
siehe ergeben wirdt, so kann die stattmauer von oben herunter
ahn besagtes statt thor angeschlossen werdten undt mit hin die
Strassen, gegen den neyen Casserm über bürger hayßer erbauet
werdten undt pro nota die äusserliche haubtstrass ausser den
thor, die neyerlich durch den Hirschgarten undt neber des Stahls
seinem hauß auf daß Einhorn Wirtzha^s auf daßigen blatz zo
gehet, können auf den überichen hirschgarten blatz, alß vorstatt
viele bürger Häuser gebauet werdten, worzu die stein von stein-
berg alß mehrer herauß gebrochen undt mit den abraumb die
strass undt blatz erhöhet undt der blatz undt Strassen von den
hirsch thor sich meherer sencket undt bequemer wirdt, daß
weither wirdt sich ahn ihm Selbsten ergeben.
4^0 Daß Wasserwerck zeiget EE auftrag. Nach Examinirung
des Wasser wercks, hat sich die beschaffenheit des Wercks also
befunden. Dieses ietzige Wasser werck, ist ein Werck, welches
hat sollen auf ein ersparung hinaußziehlen, wann man aber die
beständige arbaith undt reparation, so dann wann mann daß
geringste darahn machen muß, so wirdt daßallzeit daß wasser
auß der Brunnen Stuben oder recipienten, worinnen die 6 stiffel
stehen abgelassen werdten, mit hin alle sprung wasser in garten
still stehen, undt aller morast in die stiffel undt ventil versetzen,
dann mann ohne ablassen des wassers nicht zum Werck sehen
kann undt die stiffel, worinnen die geliderte züg gehen, welche
unten her zu sein, niemahlen gleich weith gebohrt, sondern oben
weith undt unten eng, so fort daß wasser so in den stiffel ein-
fallet undt hinauf in den wasser kästen solle gedruckt werdten
nicht die helfte hinaufkommet, so mit kurtz da von zu reden nur
geleyert ist. Dießen Werck aber seine bestandigkeit zu geben
undt daß werck ausser den wasser zu heben also daß die stiffel
BticfmcliiFl Balihasai Ncumnnns mit Kardinal Schönbom. 4
mit ihren ahn geschraulTton Kröpfen undt ventilen frey ober dem
wa&ser scindt, undt wann ahn einen Zug oder ventil waG Tehlel
undt zD machen ist, daG andere werck doch seinen Tortgang hat,
90 wehren deren b stitTeln mit ihren Kropf ventiln xu machen,
undt mit 2 Kurben, voh mit allzeit einer umb den andern truckel,
undt das wasser von denen röhren so viel gleicher undt ordenlh'cher
auCgus&et, so würdle man wenigstens wo nicht die helfte, doch einen
irittel mehrer in den garten springend haben, mir scheinet zwar daÜ
«s der hieCige gloclien güsser zwar machen kundte, seine werck-
stalt aber undt wcrckzeig, nebst den verlag des Metalls nicht
hin reichet undt mann nicht sicher damit ist, welche arbeit ihme
ferne tu gönnen wehre, wann es solte gnädigst befohlen werdten,
u-olte ichs wohl bestellen, undt fertig machen lassen, sambt denen
cysernen geschmilten Korben undt hier unter schicken, das mann
duB werck nur einsetzen dart)', hernach die alte stiffel als alt
Metall wider verkaufen oder ahnstatt Zahlung zurück schicken.
5t<) Die änderung in garten zeiget zwar etwaß der riss von
den hoffganner in welchen die zwey grosse parterrs geendert
nndt aus einem zwey gemacht, dießes ist nach Untersuchung
tmr »chon recht daß ein garten ganj; von der Orangerie so wohl
«U durch alle andere abgesetzte iheil durch lauffei, umb so mehr
ist CS nölhig, da dieCer gang als eine alltfe oben auf die mitte
den Cammer undt Kirchen lligcis gehet, undt besonders wann
aliit dlelien ßigels die neye Pavillion in den haubtstock undt
oberen ^lelzanen wann') in dieser allde die springende wässer
in das gesiebt fallen, folgsamb in bemalte parterre oberhalb in
jeden Eine fontain mit seinen springenden wasser muss ein
gericbl werdten; ein mehrers von den garten »irdt sich in nach-
fulgenden punctis finden.
ö'o Canzicy Bau.
Die Endeiung in den Cantzley Bau kan geschehen also,
daß die Archiven undt regislraturen in den untern gewühlmten
Stock kommen undt die zwischen wandt alle biß ahn die wider
lager durchgebrochen undt daß vordere Zimmer mit den offen
Ifli den Archifario oder Registraiore bey behalten undt durch
alle registralurcn undt Archiven die Commuoicniion habe, sowohl
«Iß auf der andern seilen für die hochfürstliche Cammer Kegi-
stWuf, den mittlem oder hohen Stock, so ebenfals gewöhlmet,
die Regierungs Sessiones undt die Cammer können ohne ahnstandl
cfngericht werdten, undt durch den ganlien bau ahn statt der
'gallerio oder umb laufenden gang ein gautzcr Boden gelegt
werden, damit die Ralhs und arbeit Zimmer bequem geheilzet,
nndt darauf die reposituren sein können, deren Eingang schon
»hne hin gemacht undt die schöth^) in denen Zimmern schon
doTcligeben welches sich zeiget auf den grundttiss Litte ra F
>> •WiDD* in d«T Abschrift gcttrieben. — *| >»pBlh- in der AbscfaiiK.
4
I
478 Wille.
undt in den profi]! littera G undt der meister Stahl in allen
informirt ist.
70. Ein kleines Zeüchhauß.
Das kleine Zeüchhauß worein mann Regiment Stack» undt
kleinere stuck undt toppelhacken verwahren kann wehren in den
vorbiatz neben des Cantzeley Baus linckerhandt auf die arth zu
machen, wie es rechter handt bereiths gemacht ist» tindt lor
ebener Erden ein gebracht kan werden» was aber für das kleine
gewehr die autbehaltnus angehet, kann solches auf einen tbeil
auf die neye Casserm gebracht werdten gegen die gassen wo
die herrn offiziers zu wohnen kommen» wo eine gtithe stigen
hinauf kommet, oder gegen daß Neye thor dann weniger als die
helfte wirdt genug sein für das kleine gewehr.
Wegen des neyen thors ist es zwar in den grundriss der
Casserm nur mit einer linien angeteytet, ist die tirsach weilen
mann ahn erst muß abwardten, biß sich der stein beig räumet
undt blatz machet, undt je mehrer blatz durch die Casserm
bauung undt auL> schitten, stein brechen undt dergleichen sich
öfinet, je weithers hinauß kan die schlussmauer der statt ahn
daß thor geschlossen werdt[en»] mit hin mehrer blatz undt häuser
hin zu bauen sich ergeben wirdt undt die neye gassen vermehret,
welches nach deme folgen wirdt.
8vo frucht Speicher.
Erstens in den alten schloss auf undt in daß alte gemeyer
sub littera H können die frucht Speicher 3 biß 4mahl über ein-
ander also gemacht werden, da(> in den riss mit bley die unterste
pfeiler ahn statt holtz mit steinen gemacht werdten, damit die
andern höltzenic pfosten tauer hafter undt sicherer darauf ruhen,
mit hin in daß tach werckh also eingericht, wie das profill
littera J zeiget undt angemercket ist, undt nach deme die gefang-
nüß werdten wohnbar sein, die gantze wohnung für einen
beambten gebraucht undt eingericht werdten,
Waß den Wasser graben angehet, weilen die frichten bey
den tämpfigten gewesser sich nicht so guth erhalten, so kann
der graben zwar bleiben aber etwan 2 schu oder mehrer über
daß wasser auß gefüllet, so dann einen Canal unten durch
geführet in eysserlichen statt graben folgsamb ahn die beyder
seits graben mauern zwerg bäumen undt in die mitte hoch-
stammende bäumen gesetzt werdten, so bleibt der schidboden
undt die wohnungen gesundt wie es ahn den Gaybacher schloss-
graben ebenfals gemacht habe etc. So dann auf den einen
theil der Casserm seindt noch 2 boden hoch Überich zum
frucht schitten welches tachwerck auf die Wernecker arth mit 3
schue mauer in die höhe in den profill ein gerichter gezeichnet ist.
90 Damians Thor zeiget der grosse haubt Plan littra JJ.
Wegen abweißung des grossen gewässers wann es wildt ahn
schissen will, dieL'en zu hellTen muß erstens der starcke schütz
TlJ.
turdmal bcWWbom. 479
in den borg woh da(j geweaser durch den hol weg dar gegen
lEin schisset, mit einer mäuer undt hindcr der mauer mit einen
Damm der da fest auF ein ander gcstossen oder geramelt muß
werdten von ungefehr 1 2 sehne oben breith , so weiL-et es das
wilde gewesser ab undt den andern ordinari weg lauifend machet
ttndt schonet das gewesser so sich vor den Damians Thor sammlet;
bey diesen tbor voraus muß ein vor blatz oder places d'armes
sein, wie er vor diesen mit höltzern pfosten undt stagelen besetz
gewesen solcher gestallen, daß ein graben von 12 schue weith
»on oben der wider Kehrung biß hinder der oeyen auGgeseluten
Uauer fort geführet werden biß dieser graben nach den abhängen-
den feltboden Selbsten auslaulTet.
Bey den tbor eine gemauerte brück sam fahren undt neben
ftaß gehen, dieß blatz ku scbtiessen, können zwey pFeiler von
klein in die höhe gemacht werdten nebst einen kleinren umb
diesen blatz nut Einen halb oben mit hollzem durch sichtigen
graden schenckeln und unten die 2 fligel mit emer kleineren
geschlossen werdten, dann vorauQ einen schlagbaum damit
tnann nicht gleich ahn das haubt thor so leichter dings kommen
kann, so wjrdl daß thor verwahrt, undt brauchet keine Aufzug
brocken.
lomo Der spitall bau.
Dieser Hospital bau ist in den grundrissen roth gemacht
Ultera K bcy welchen, wo sich der blats nicht größer ergiebet,
nichts lu erinnern ist, es seye dann daß seiner hochTürstl. gnaden
ein mehrers blati ahn der scheyer undt stallung gnädigst befehlen
«n nehmen.
I jmo.
In der St. Peters kirchen können die zwey selten Altar
■chon ahn die 2 Eck pfeiler hin kommen, diese müssen sich
aber auf eine arth umb den preiler etuaß mit deren veriiehrungen
»enden, wo von einen Riss sambt den grundt unlerthänigst über-
•chicken wcrdte, undt waß ahn denen gesimbsern der hohen altars
•Dgehct wirdt in den Modell angezeigct werdten, damit es bessere
Vollkommenheit bekommet, undt auf den gmndt riss des Allars
Itttera L mit rödel gezeiget, nembl.. Daß wo die postamenter
von marmor schon in natura stehen undl die 2 figuren alß Petrus
Paulus den schluss machen sollen dorthin gehören noch
i saolen, undt ahn die kirchen wandt noch 2 pilaster undt das
^simbs hinüber lautTend, so bekommet der altar seine breithung,
lann auch einen ausgeschweifften Zocel unter die saulen
damit mann der Architektur heißet, undt außladung deren schafft
gesimbGcni anbringen kann, dann die postamenter ahn sonsien
hmahl fallen wie sie dermahlen stehen undt damit hebet
■ich auch der gantze altar umb diesen Zocel, undt bekommet
jede saulen 10 loll in ihr diamelcr undl twar hioCigen ilblichen
""imbetger Zoll undt die höhe nach ihrer proportion.
CilMchr. 1. a«eh. d Obcnh. M. F. XIV. ). jj
48o Wille.
12.
Der Cammer fligeU) wie dieser ein zu theilen, zeigen die
zwey grundt riss in kleinen Maß, welche ich hier lasse nndt mit
gebracht in littera M et N., alß in M der untere gmndt riss, in
welchen auch die von mir Ehe vormahls die conceptirte haubt-
stigen ihren graden aufgang, undt sich lincks nndt rechts wendet
in den haubtstock N, undt seinen außgang zeiget wo der mahlen
die 2 grosse fenster gegen den vordem sahl, so mit auch gegen
den grössern sahl den garten zu, dießer vordere sahl, wirdte
dann abgesondert mit einen gang, in eben den grundriss littera
N undt einen neyen boden, der obem Metzanen gantz gleich
undt bekommet die höhe wie alle Zimmer im haubtstock somit
die Communication von denen obem Metzanen gantz hemmb.
Orig, u. Copie. Bruchsal Gen, Fase* 146,
^) Unter Kammerflügel, womit sonst immer der rechte Schlossflügel
gemeint ist, kann an dieser Stelle nur der Corps de logis (Mittelbau)
gemeint sein.
M i s c e 1 1 e n.
Kleine Beiträge zur Geschichte Graf Albrechts von
Hohenberg und Matthias von Neuenburg. Den Lesern dieser
Zeitschrift ist der Stand der Fragen, die sich an die Chronik
des Matthias von Neuenburg knüpfen, wohlbekannt*). Von ver-
schiedenen Seiten werden einzelne dieser Fragen in nächster
Zeit eingehender behandelt werden^). Auch kleinere Beiträge
dürften daher willkommen sein, wenn sie dazu dienen, über die
Umgebung des hochgeborenen Grafen und die Familie des
Strassburger Anwalts Licht zu verbreiten.
Ich gebe im Folgenden Auszüge aus den in Rom genommenen
Abschriften, die künftig der Handschriftensammlung des General-
landesarchivs zu Karlsruhe einverleibt werden.
I.
1351 Okt 15. — (Clemens papa VI.) dilecto filio Mathie,
nato dilecti filii Mathie de Nuiwenburg, canonico ecclesie Hasala-
censis') Argentinensis diocesis salutem. Laudabile testimonium,
quod tibi de honestate morum et vite aliisque probitatis et vir-
tutum meritis, super quibus apud nos fidedignis perhibetur testi-
moniis, . . . nos inducit, ut tibi reddamur ad gratiam liberales.
Volentes itaque tibi premissorum meritorum tuorum intuitu
gratiam facere specialem, canonicatum ecclesie Hasalacensis
Argentinensis diocesis cum plenitudine iuris canonici apostolica
tibi auctoritate conferimus et de illo eciam providemus, preben-
dam vero, si qua in dicta ecclesia vacat ad presens vel, cum
vacaverit, conferendam tibi cum omnibus iuribus et pertinentiis
suis donacioni apostolice reservamus, districtius inhibentes epis-
copo Argentinensi et capitulo ipsius ecclesie, ne de dicta prebenda
disponere presumant. Datum apud Villamnovam Avinionensis
diocesis idibus octobris anno decimo.
') Die neueste Zusammenfassung bei Rod. Reuss, De scriptoribus rerum
Alsaticarum 1898, habe ich in der Hist. Vierteljahrschria i (1898), 525
besprochen. Inzwischen hat Edw. Schröder in den Gott. Nachr. 1899,
49 — 71 ücer die Bemer Handschrift des Matthias gehandelt. Vgl. dazu den-
selben in der Z. f. Deutsches Altertum 43 (1899), 154—192 Ober das Lied
des Möringen. — *) Haslach, westlich von Molsheim, im Unterelsass.
32*
^.82 Miscellen.
In eodem modo abbat! monasterii Novillariensis i) Aigen-
tinensis diocesis et sacriste Avinionensis ac thesaurario Basiliensis
ecciesiarum salutem. Laudabile etc. Mandamus, qnatenus eundem
Mathiam vel procuratorem suum in dicta ecclesia recipi facialis
in canonicum et in fratrem, prebendam vero per nos reservatam
eidem Mathie conferre curetis, inducentes eum in corporalem
possessionem prebende. Datum ut supra.
Vatikanisches Archiv, Rom^ Reg, Vaiic, 310, 31K
In der zugehörigen Bittschrift des Mathias heisst es: (digne-
mini providere) Mathie nato Mathie de Nuwenburg, clerico Argen-
tinensi, de canonicatu sub expectatione prebende ecclesie Hase-
lacen. dicte dioc. (id. oct, anno 10). Reg. Sttppltc. vcil. 21, II, 4».
2,
(1351 Juni 19.) — Significat Sanctitati Vestre devota creatura
Albertus electus Frisingensis
Item supplicat, quatinus simili modo conferre et conferendam
dignemini reservare parochialem ecclesiam in Obemehenheim^)
Argentinensis diocesis, quam ipse electus obtinet, dilecto capellano
et secretario suo Johanni de Basilea, cum eam premisso modo
vacare contigerit, eciam si foret specialiter vel generaliter reser-
vata, non obstante quod perpetuam vicariam parochialis ecclesie
in Überlingen Constanciensis diocesis obtinet, cum clausulis et
executoriis ut supra. — fiat R.
Item supplicat quatinus simili modo conferre et conferendam
dignemini reservare parochialem ecclesiam Sancti Comelii prope
Mengen 3) Const. dioc, quam idem electus una cum priore ex
dispensatione apostolica obtinet, dilecto notario suo Conrado
Strigil, cum eam premisso modo vacare contigerit, etiam si foret
specialiter vel generaliter reservata, non obstante quod paro-
chialem ecclesiam in Anhingen et canonicatum et prebendam
ecclesie Mosburgensis Frisingensis dioc. obtinet, cum aliis clau-
sulis ut supra. — fiat R. Datum Avinione 13. kal. iul., anno 10.
Va/ik, Archiv, Rom. Reg, Suppiic, vol, 21, I, 4^,
Ein Regest der Konrad Strigil betreffenden Provisionsbulle
findet sich in den Württ. Geschichtsquellen 2, 433 Nr. 146.
3-
1351 Juni 19. — (Clemens papa VI.) dilecto fiho Johanni
de Basilea, perpetuo vicario parochialis ecclesie in Überlingen
Const. dioc. salutem. Vite ac morum honestas . . . Cum paro-
chialis ecclesia in Obemehenheim Argentinensis dioc, quam
») Neuweiler, nördlich von Zabem. — *) Oberehnheim im Unterelsass.
— ') Pfarrkirche des hl. Cornelius zu Ennetach im württ Oberamt Saulgau.
Der Ort hiess früher Mengen innet Ach.
i Albertns electus Fiiaingemis tempore promocionis par noa facte
[ ad Frisingensem ecclesiam tunc vacantem obtinebat, per monus
consecnktionis ab eodem electo suscipiendum de proximo vacare
' speretur, nos predictam pavochialem ecclesiam conferendam tibi
cum Omnibus inribus et pertiaenciis suis donacioni aposlotice
lefiervamus, non obstantc quod perpetuam vicariam patochialis
ecclesie io Uberlingheo Dosceris obtinere. Votumus antem, quod,
quam pHmum vigore presend'um dictam ecclesiam io Obernehenheim
pacitice fueris assecutus, predictam vicariam, quam extunc vacare
decrevimus, omnino dimittere tenearis. Datum Avinione 13. kal.
ialll, anno decimo.
In eodem modo veaerabilibns fratribua Constantiensi et
Basiliensi episcopis ac dilecto Glio sacrisle ecciesie Avinionensis
saiDtem. Vite ac moruro . . . Mandamus, quatenus ecclesiam
in Obernehenheim per nos, ut premittitur, reservatam, Johanni
«.'onienu curetis. Datum UE supra.
Fa/iJt. Archiv, Rom. Rig. Vaiie. 20S, /j*.
(1361 Febr. i.) — In einer an Papst Innocenz VI. gerichteten
Bittschrift heisst es: Dudum parrochiali ecciesia in Ehemheim
Superiori Argentinensis diocesia per obitum quondam Johannis
de Basitea ipsius ecciesie rectoris vacante, abbatissa et conventus
monasteiii Inreriotis Hohenburg'J dicte diocesis Johannem de
Linigen et abbatissa et conventus monasterii Sancle Odilie in
Hohenbnrg Superiorl dicte diocesis Johannem de Oszenstein ad
ipsatn ecclesiam loci ordinario presentaiunt. Datum Avinione
kal. febr., anno 9.
Vatik. Arch., Rom. Reg. Supplic. ji, «5*.
Htidtlhtrg. A. CarUlliiri.
Zar Sage vom Enderle von Ketsch. In meinem AuTsatie
•Der Enderle von Ketsch« (diesf; Zeitschr. N. F. 5, 2or f.) glaube
ich, wahrscheinlich gemacht zu haben, dass es in erster Reihe
der Heidelberger Uriversitätsprofessor Christof Jungnitz*) war,
■) Niedertnanster am Odilient>CTge, — ■} Meine Traber« Angst)« |S, loj),
d«M Jincnit« Kcdmckle Scbrificn nichl hinterlassen habe, erweist tich Dbrigms
klt ifiif. N«h Friedrich Pwer Wnndt schrieb er eine Abhandlung: De
statu impent Germitiici monurchico. Hcidclb. 1611. 4 und verfasste einen
KomtocBin Über die OfTenbarung Johannis. Leipiign Allgem. Ütlerarischer
Anwisei Ton 1798 S. IjM und Handachrift D. 6O4 BlatI 331 der Grolsh-
Ilo(< und Landeibibliolhck in Katlsruhe (handschr. Sammlungen Ton F. P.
Wiinilli. JuDgniu, gegen den tine gerichtliche Uniersofhung eingeleitet wurde.
«rcil er nach der »eiten Eroberung Heidelbergs darch die Schweden die der
Univenililt noch übriggebUebene Pri«iibibliothek an einen dortigen Bueh-
^84 Miscelleo.
der uns das Andenken an den gottlosen Ketscher Schaltheissen
bewahrt hat. Dass nicht bloss im Bistume Speyer zu Ende des
17. Jahrhunderts, sondern auch noch in der Mitte des 19. und
zwar im entlegenen Oberhessen die Sage fortlebte» dafür habe
ich in einem weiteren Aufsatze »Otto Heinrich und der Kanzler
Mückenhäuser« (diese Zeitschr. N. F. 10, 456 f.) die betreffenden
Quellen mitgeteilt^)« Obwohl ich der Meinung war, dass damit
alle erreichbaren Belege erschöpft seien, fand ich doch beim
Studium der >Familienchronik der Freiherren von Gemmingen«
von Stocker (Heilbronn 1895), ^^^ ^^ Zeitgenosse von Jungnitz,
nämlich der kurfürstliche Rat Reinhard der ältere von Gemmingen-
Michelfeld gleichfalls die Sage kannte. Geboren am 7« Oktober
1576 als Sohn des Junkers Reinhard von Gemmingen zu Tresch-
klingen und seiner Gemahlin Helene von Massenbach, arbeitete
er seit 1606 an einem in neun Büchern geschriebenen Stamm-
baum seiner Familie, den er 1631 vollendete. Auf seiner 161 2
erworbenen Burg Hornberg erlag er der Pest am 7. Oktober 1635
und wurde in der Kirche zu Neckarzimmern beigesetzt. In diesem
in mehreren Exemplaren erhaltenen Werke werden zwei Aben-
teuer pfalzischer Edelleute berichtet, die er aus dem Munde
seines 1609 verstorbenen Vetters Bemolf von Gemmingen zu
Bürg erfahren hatte:
Am 26. April 1578 hatte sich in Heidelberg Herzog Karl
von Södermanland, Nerike und Wermland, der spätere König
Karl IX. von Schweden, mit Anna Maria, der ältesten Tochter
des Kurfürsten Ludwig VI. und seiner Gemahlin Elisabeth von
Hessen verlobt. Zur Schliessung eines Ehevertrages wurde im
gleichen Jahre eine Gesandtschaft nach Schweden geschickt,
welche aus Johann Philipp von Helmstadt zu Bischofsheim, Amt-
mann in Boxberg, Johann Philipp Landschad zu Steinach, Johann
Meinhard von Schönberg und Bernolf von Gemmingen zu Bürg
bestand. Nachdem der Auftrag vollzogen war, verabschiedeten
sie sich in Stockholm und bestiegen am 8. August 1578 in
Nyköping das Schiff, welches sie an die deutsche Küste ver-
bringen sollte. Am 9. gerieth, als sie sich nach dem Abend-
gebete zur Ruhe begeben hatten, durch die Fahrlässigkeit eines
jungen, etwas bezechten Weinschenken, der in dem Keller bei
einem brennenden Lichte schlief, das Schiff in Brand, der so
schnell um sich griff, dass sie im Hemde in ein Boot steigen
und in der Nähe des Landes wieder ins Wasser springen mussten,
damit so rasch als möglich auch die anderen gerettet werden
händler verkauft habe (Wundt), starb am 18. Oktober (n. St.) 1635 in Heidel-
berg. Narratio historica de curriculo vitae . . . Davidis Parei vor seinen Opera
theologica I. der Frankfurter Ausgabe von 1647.
^) Nach »in aere voces«: (S. 459 Z. 12 v. u.) stehen in dem lateinbchen
Berichte die deutschen Worte »hie bringen wir Änderle von Ketschc. Aug.
Ferd. Maier im Scheifeljahrbuch von 1895 S. 69.
MiB
konnten. In ihrer Not liesa ihnen Herzog Karl Kleider von rotem
Sammt fertigen und verabreichte als Reisegeld noch looo Reichs-
Ibalet. Diesen Vorfall, welctiec Stocker S. i8i f. nach dem
Bericbt« Reinhards von Geramlngen mitteilt, erzählt uns ausfuhr-
licher Heberer in seiner in Heidelberg 1610 erschienenen Aegyp-
timca servttas S. 628 f.
Unmittelbar darauf folgt bei Gemmingen das andere Aben-
teuer (Slocker, S. 182), welches ich nach der auf der Heidel-
bciger Universitätsbibliothek befindlichen Abschrift des Stamm-
battnies, Teil 2. Seite 413 f., hier wörtlich wiedergebe : »Auf dieser
Reisse begegnete ihnen noch ein wunderhcher Abentheuer. Es
war ein Wirth zu Ketsch am Rhein, nicht weit von Speyer
gelegen, den nennet man. weil er sehr feist war, den dicken
Enderlin, den kannten sie alle wohl, hatten offl bey ihtn in der
Herlierge gelegen. Alss sie nun mit sehr gutem nachgehenden
Wind und vollem Seegel daher seegelten, begegnete ihnen wider
alle Natur ein ander Schiff, das seegette auch mit vollen Seegel
wie der Wind ihnen entgegen und neben ihnen für. Indem sie
»ich nun sehr verwunderten und fragten: wo hinaus, was sie
FöhrteD?, hörten sie eine solche Stimme: wir bringen ihn, wir
bringen ihn, den dicken Enderlin von Ketsch Heckelfeldt zu.
Sie schrieben die Stund und den Tag auf, fragten za ihrer
HeimkuiilTt nach und befanden, dass in eben selbiger Stund, als
ihnen das Schiff begegnet, der Wirth gestorben. Es ist aber
Ilecla ein Schwefelberg in Issland, welcher stets brennet, wie der
Berg Aetna in Sicilien. Daran man besehen mag, was Arngring
Jonas') in seiner Descriptione Islandiae schreibet: Die Inwohner
vermcynen, die Hölle stehe daselbst, dann sich viele bekannt-
abgestorbene Menschen, als ob sie lebten, daselbsten sehen lassen.
Diese beede Historien habe ich offtmahls von ehrengedacht
meinem Vettern seelig hören erzehlen: Wie ich auch von
andern gehört, haben es seine übrigen Gefährten gteichergestalten
tiesUttiget.«
Darin stimmt diese Überlieferung mit der von JungniU
überein, dass, nachdem die Pilgerfahrten in das beilige Land aus
der Mode gekommen waren, nach der Anschauung des r6. Jahr-
hunderts der Verdamm ungsort in den Norden verlegt wird.
&laugt:lt es auch bis jetzt an dem Berichte eines Zeitgenossen,
dass der dicke Wirt und Schultheiss Enderlein von Ketsch bereits
1511 oder, wie Jungnitz annahm, um 1530 in den Köpfen der
PCilier spukte, so wird es durch die Erzählung Reinhards von
Gemmingen völlig klar, dass die Sage wenigstens im letzten
Viertel d« 16. Jahrhunderts schon als im Volke lebend betrachtet
««iden kann.
Gtmtbaek. Maxt'miUan Hitfftchmidt,
OcmciDl Ul dar gcUiirtc L£l9a<Ji«che Piarrer Arogrimui J6na
(&T dcultchts AlItTlum 33. 34t.
VerKl.
A^t Miscellen.
Neues zur Lebensgeschichte Joh. Christophs von
Grimmelshausen. Die folgenden, dem Bezirksarchiv zu Strass-
burg entnommenen und, soviel ich sehe, bisher unbekannten
Notizen geben einen neuen Beitrag zur Lebensgeschichte Grimmeis-
hausens, der um so willkommener sein dürfte, als man bekannt-
lich gerade bei dem Verfasser des Simplicissimus den Mangel
an sicheren Nachrichten über sein Leben ganz besonders be-
klagt hat.
In dem Protokollbuch der zu Zabem residierenden obersten
Regierungsbehörde des Bistums Strassburg, des bischöflichen
hohen Rats, vom Jahre 1667 findet sich unter dem Datum des
20. April folgende Eintragung^):
»J. Christoph von Grümelshaussen, der New angenommene
Schuldtheiss zu Renchen berichtet supplicando, obgleich von
hierauss ahne den Obervogten zu Oberkhirch>), dass er Ihme
den Schuldtheissendienst zu Renchen ohne Bürgschaft anver-
trawen solle [Befehl ergangen ist], dass er ermelter Obervogt
jedoch solches die Zeithero nicht gethan habe undt weilen £r
Supplicant im Geissbach bei Oberkhirch umb vier oder fünff-
hundert gülden liegendts gueths gesessen, Alss wolle er solche
Mittel für seine thuendte Caution vorgeschlagen haben, mit disem
fernem vorgeben undt anerbietten, dass, wan solche mittel etvran
für nicht sufficient angenommen werden selten, solches wass noch
hierzu erfordert werden möchte. Sein Schwehrvatter Johann
Henninger, Bürger undt dess Raths allhier, auss dem seim'gen
ersetzen wolle« 3),
Der bischöfliche Rat beschliesst auf diese Supplication :
»Weilen des Supplicanten Schwehrvatter Johann Henninger,
Bürger und dess [Raths] allhier Sich dess Supplicanten vorgeben
nach zu leistender Caution anerbiethig machen thuet, Alss solle
bey all hiesiger Hochfürstlicher Cantzley ermelter Henninger auff
nechst khünfftigen Freytag alss den 22. dises lauffenden Monats
Aprilis in der persohn erscheinen undt die erforderendte würkh-
liche Caution leisten.«
In das Protokoll der Ratssitzung vom 22, April ist dann
folgendes eingetragen:
»Erscheint Johann Henninger, Bürger alhier, undt thut mit
gegebener Handt angeloben, dass Er auff den fall etwass an
seines Tochtermans, dess New auffgenombenen Schultheissens zu
Renchen, Joh. Christophen von Grümelsshausen, mittein zu der
von Selbigem erforderten Caution ermangeln solte, Er solches
ersetzen undt dafür cavirt haben wolle«.
*) Bez. Arch. G, 6358. — ^) Hermann Dietrich von Neuenstein. —
^) Der Originalbrief Grimmeishausens konnte leider im Archiv nicht auf-
gefunden werden.
Daxaul beschliesst der Rat:
»Dem Obervoglen zu Oberkirch zu schreiben, dass Er bey
dieser beschaffenheit dem New angenombenen Schullheissen zu
Renchen nunmehro nicht weiters hin de H ich sein solle.«
Zum 6. Juni 1667 findet sich endlich noch eine Grimmels-
hKttBcn mitbetreffende Notiz:
Eliass Goll, der dimittirtc Schnitheiss zu Renchen bittet,
Ihme zu Einbringung einiger anoch aussstündiger heirschärtlicher
GeUItcr vor Installirung dess new auffgenombenen Schultheissens
noch einen Monath lang den Staab führen und alssdann bey
•einer völligen dimission von dem Obervogten zu Oberkirch Ihne
s«iii«3 bisherigen ehrlichen Verhalts eine Zeugnns ertheilen zu
lassen.-
Worauf der Rat beschliesst:
>Dem Obervogten urab guttachten in schreiben, der ihme
Collen bey seiner Eilassung die gebetlene KundtacbaM mitzu-
iheilen« ■).
Ans allen diesen Notizen können wir folgende Vorgänge
mit Sic her Keil erkennen: In den ersten Monaten des Jahres 1667
bat die bischöflich strassbuigische Regierang dem Schullheissen
(U Kenchen, Elias Goll, den Dienst gekündigt und den J. Christoph
von Grimmeishausen zu seinem Nachfolger bestimmt, und zwar
mit Verzicht auf die sonst übliche Kautionsstellung. Der Über-
wogt des Amtes Oberkirch jedoch trug Bedenken, dem neu
ernannten Schultheissen das Amt ohne Kaution anzuvertrauen.
Infolgedessen wandte sich Grimmeishausen an die bischöfliche
R^cmng mit dem Anerbieten, die Kaution zu hinterlegen, nnd
Kellte d«iu seinen in Geisbach bei Oberkirch gelegenen, auf
C». 400 — 500 Gulden geschätzten Grundbesiti zur Verfügung.
Sollte dieser jedoch nicht als ausreichend befunden werden, so
" sein Schwiegervater, der Bürger und Ratsherr Johann Henninger
SU Zabem, erbötig, für das Fehlende Bürgschaft zu leisten. Die
Regierung, die am 10. April das Schreiben Grimmeishausens
«rhiclt, war einverstanden und forderte den Bürget
fotches Versprechen abzugeben, was dieser auch am
lieh that. Erst im Juli hat Grimmeishausen sein 1
angetreten^).
£s ist verhrtllnismässig viel Neues, das diese kurzen Berichte
fSr nns enthalten.
Erstens erfahren wir Genaues über den Zeitpunkt, in welchem
GrimTDclUisnsen in den Dienst des Bischofs von Strassbnrg
getreten ist. Während man bisher das Jahr 1667 nur vermutungs-
weise anniihra, wissen wir jetzt mit Sicherheit, dass Grimmels-
■I S«bt «chlccht und unlneilich geschrieben. — ') Es ist wohl mit
Stehcaheii uitunehtnen , da») seinem VoreSoger die Aafing Juni «us-
(«qirochen« Bllle um Slabfiihmne Doch auf einen weiteren Monsl gewahrt
auf, ein
?2. münd-
eues Amt
^.88 Miscellen.
hausen im April dieses Jahres bereits emaont war, sein Amt
aber nicht vor Juli angetreten hat*
Sodann wird uns ein Einblick in den damaligen Vennögens-
stand unseres Schriftstellers gewährt Wir hören zunächst, dass
er in Geisbach bei Oberkirch Grundbesitz im Werte von 4 — 500
Gulden hatte. Vielleicht darf man daraus schliessen, dass er
schon längere Zeit in Renchen oder irgendwo anders in der
Gegend von Oberkirch ansässig gewesen ist. Sodann aber scheint
mir auch die Annahme gerechtfertigt, dass dieser Grundbesitz im
wesentlichen sein Vermögen ausmachte. Denn wenn er noch
über andere Mittel verfugt hätte, würde er wohl kaam für den
Rest der zu stellenden Kaution die Hilfe seines Schwiegervaters
in Anspruch genommen haben.
Endlich aber — und das ist wohl das interessanteste —
erhalten wir neuen Aufschluss über die Familie Grimmeishausens.
Bisher wusste man von seiner Frau nur, dass sie Katharina
Henninger hiess*). Jetzt erfahren wir, dass sie aus dem Elsass
stammte und Tochter des Ratsherrn und Stiftschaffners >) Johann
Henninger aus Zabern war. Von mir angestellte Nachforschungen
im Archiv der Stadt Zabern haben ergeben, dass ihr Geschlecht
eins der angesehensten der Stadt, schon Mitte des 16. Jahr-
hunderts dort ansässig war, und dass sie selbst am 10. November
1628 getauft worden ist^). Sie wäre demnach nur ca. 3 Jahre
jünger gewesen, als ihr Mann, wenn anders die Annahme richtig
ist, dass Grimmelshausen um 1625 geboren wurde. Vielleicht
Hessen sich hieraus wieder Schlüsse ziehen auf den Zeitpunkt
ihrer Heirat, der danach etwa an das Ende der Vierziger oder
in den Anfang der Fünfziger Jahre zu setzen wäre, immer freilich
unter der Voraussetzung, dass Katharina nicht erst als Dreissig-
jährige geheiratet hat, was jedoch für die damalige Zeit recht
ungewöhnlich gewesen sein dürfte. Denn leider geben die
Zaberner Kirchenbücher, die für diese Zeit vollständig und
lückenlos erhalten sind, keinen Aufschluss über die Heirat
der Katharina Henninger, woraus man wohl den sicheren
Schluss ziehen darf, dass diese nicht in Zabern selbst statt-
gefunden hat.
So sehen wir jetzt, dass die Beziehungen Grimmeishausens
zum Elsass inniger gewesen sind, als man bisher annahm, und
auch der Eintritt in bischöflich strassburgische Dienste erklärt
sich bei dem Schwiegersohne des Zaberner Ratsherrn und Stift-
schaffners ohne besondere Schwierigkeit. Noch wichtiger indes
als diese neuen Aufschlüsse scheint mir zu sein, dass durch
*) Aus den Rcnchener Kirchenbüchern. — *) So wird Joh. Henninger
in anderem Zusammenhang gleichfalls in den Protokollen des bischöflichen
Rates a. a. O. genannt. Er lebte übrigens noch 1672. Vergl. Strassb. Be2.
Arch. G, 6360, Protok. v. 16. Nov. 1672. — ') Eintragung im Kirchenbuch
von Zabern. Ihre Mutter hiess Ursula.
Miscellen. ^.So
unsere Berichte die noch immer nicht ganz ruhende Streitfrage i),
ob Grimmeishausen zur katholischen Kirche übergetreten ist, ihre
endgiltige Erledigung findet. Eigentlich hätte man sich ja schon
sagen müssen, dass ein bischöflich strassburgischer Schultheiss
damals wohl unmöglich Protestant sein konnte. Völlig aus-
geschlossen aber ist, dass in der Mitte des 17. Jahrhunderts die
Tochter eines Ratsherrn und Stiftschaffners der bischöflichen
Residenzstadt Zabem einen Protestanten geheiratet hätte, ohne
selbst überzutreten und dadurch mit ihrer Familie gänzlich zu
brechen. Für einen protestantischen Eidam aber würde Johann
Henninger sicher nicht Kaution geleistet haben. Es steht dem-
nach unzweifelhaft fest, dass Grimmeishausen Convertit gewesen
ist, und dass sein Übertritt jedenfalls vor seiner Heirat statt-
gefunden hat, ja vielleicht sogar durch diese veranlasst worden ist^).
Zum Schluss seien der Vollständigkeit halber noch zwei
weitere Notizen aus den Protokollbüchern des bischöflich strass-
burgischen Rates (Strassb. Bez. Archiv G, 6361) mitgeteilt, die
sich indes lediglich auf die amtliche Thätigkeit Grimmeishausens
beziehen:
1. 1673 Juli 31: Bischof Franz Egon von Strassburg teilt
seinem hohen Rat unter dem 18. Juli mit, dass der Schultheiss
von Renchen ihm die dringende Notwendigkeit einer Grenz-
erneuerung des »Meywaldes« überzeugend dargelegt habe und
befiehlt, danach zu verfahren. {Regest,)
2. 1673 August 9: »Schultheiss, Gericht und Gemeinde zu
Renchen beschwähren sich wider die Gerichter Oberkirch,
Oppenaw, Cappel und Ulm wegen verweigernden beytrags Ihres
acceptirten contingents an denen erlittenen Schneyderischen
Uncösten, bitten dahero umb obrigkeitliche Half«. {Ongtnalnotiz,)
Berlin, Alfred Overmann,
') Vgl. den Artikel Grimmelshausen in der Allgem. deutsch. Biographie
und Kögel in seiner Ausgabe des Simplicissimus in den Neudrucken von
Braune. — *) Dass der Obertritt nicht in Zabem selbst stattgefunden hat, ist
sicher, da sich in den Convertitenlisten der Zabemer Kirchenbücher, die für
jene Zeit vollständig erhalten sind, nichts darüber ündet.
Zeitschriftenschau und Litteratumotizen.
Von Veröffentlichungen der Badischen Historischen
Kommission ist erschienen:
Siegel der badischen Städte in chronologischer
Reihenfolge. Der erläuternde Text von Friedrich von
Weech. Die Zeichnungen von Fritz Held.
Erstes Heft. Die Siegel der Städte in den Kreisen
Mosbach, Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe. Heidel-
berg, Winter.
Neue Heidelberger JahrbQcher. Jahrg. VIIL 1898. H. 2.
K. Schumacher: Zur ältesten Besiede lungsgeschichte Badeos.
S. 256 — 68. Vorläufige Zusammenfassung der Fundergebnisse
der letzten 20 Jahre hinsichtlich der Frage nach der Grösse und
Continuität der Besiedelungen. Nachweis eines Znsammenhanges
der Besiedelungen aus vorrömischer und römischer Zeit, der aber
für die Fortentwickelung derselben nur da von Bedeutung wird,
wo sie an wichtigen Verkehrspunkten angelegt sind.
Revue catholique d'Alsace: Nouvelle s^rie. Band 18.
Jahr 1899. März-April- Mai-Heft. Ingold: M6re Pacifique,
abbesse d'Alspach, S. 164 — 178, 241 — 255, 336 — 348, giebt
einen kurzen Lebensabriss jener von 1692 — 1726 amtirenden
Äbtissin des Alspacher Clarissinnenklosters und teilt eine Anzahl
ihrer Briefe aus dem Besitz des Colmarer Stadtbibliothekars Walz
mit, von denen die meisten in den Jahren 1722 — 1728 an den
Colmarer Spitaleinnehmer Berthier gerichtet sind. — Beuchet:
Bernard Antoine Fels, une victime du Directoire en
Alsace, S. 286 — 293, behandelt das Schicksal des 1799 fest-
genommenen und nach Ile de Rh6 deportierten ehemaligen
Marbacher Mönchs und Pfarrverwesers von Obermorschweier nach
Akten des Colmarer Bezirksarchivs. — Blumstein: Rosheim
et son histoire, S. 377 — 385, behandelt, auf Hanauers Arbeiten
sich stützend, die geschichtlichen Anfänge der Stadt Rosheim.
Revue d'Alsace: Nouvelle s^rie. Band 13. Jahr 1899.
April-Mai- Juni-Heft. Hausmann: Une famille Alsacienne,
Zdbdutftenscliau und LittHfttumODt
49'
, 145 — 150, kurze genealogische bis 1850 etwa reichende
lotaca über die bekannte Colmar-Logelbacher Fabri kante nfamilie
iausiKann. — Durrwell: Histoire d'une ville d'Alsace et de
invirons, S. 131 — 163, Notizen zur Geschichte von Rufach
cd Sulzmatt. — Nerlinger: La vie ä Strasbourg au coro-
encemenl du 17« si^cle, S. 164 — igo. Beendigung des
euabdrucks von D. Martins sNew Par!ament<, Kap. 9b — 100.
■ Benoit: Lcllres des ministres, S. 191 — 205, Sammlung
n bedeutungslosen ofhciellen Schreiben französischer Minister
1 einzelne Präfekten aus den Jahren 1834 — 1839, unter denen
; 5 und 6 identisch sind; im Anhang die interessante Adresse
bi Offiziere der Strassburger Garnison an König und National-
mmlung aus dem Jahr 1789 mit merkn-ürdigen Vergleichen
er französischen und preussischen Armee. — Billing: Petite
onique de Colmar, S. 204 — 220, Aufzeichnungen Sigis-
tnnd Billings über die Colmarer Ereignisse vom zo. März 1789
22. November 1790. — Nerlinger: Notes sur Daniel
iftin, S. 221 — 22b, Inhaltsangabe der Martin'achen Unter-
■chungen im Jahrbuch des Vogesenklub über den Verfasser des
lew Parlament. — Mossmann: Derniers dCtaila concer-
•m les n^gociations du traile de 1648. S, 227 — 243,
I dein Nachlass von Mossmann Darstellung der letzten Phase
r Friedensverhandlungen nach den Berichten des Colmarer
Ureters Schneider an seinen Magistrat. — Divers, S. 244 —
darunter Ortsverzeichnisse einiger Ober-Elsässischer Terri-
nen aus dem Jahre 1789. — Reuss: Documents iuedits,
. 259 — 277. Briefe des französischen Lilteralen Rochon de
Inbannes an den Prätor in Strassburg M. de Gerard aus dem
lir 1781, betreffend die ihm übertragene Festdichtung bei der
ihrhuadertfeier der Einverleibung Strassburgs.
Annales de l'Elst: Band 13. Jahr iSgg. Heft 11. In der
bliographie S. 290—300 ausführliche Anzeigen von l'arisoi:
prima domo quae superioris Lotharingiae ducatum quasi haer-
ittrio jure icnuit und von R. Reuss: de scriptoribus rerum
aticonim hisloricis, sowie l'Alsace au dix-septiime sij:cle
I. II durch Ch. Pflster, ferner im .\bschnitt iRecueils ptri-
iqnes et Soci^t^s savantesi eine eingehende liihalls-
[Bb« des Jahrgangs 1898 der Zeitschrift für die Geschichte
1 Oberrheins durch Th. Schoell,
Bulletin du Mus^e Historique de Hulhouse. XXll
ia 189S. E. M[eininger]: La rcunion de Mulhouse i
Ftancc, S. 5 — 67. teilt die Korrespondenz mit. welche
eben Johann Ulrich Metzger, Mitglied der Central Verwaltung
überrbcinischen Departements und dafür ernannten Spezial-
mit der französischen Regierung und mit der Stadt-
raltung von Mölhausen im Jahre 1798 übet die Einverleibung
^g2 Zeitschriftenschaü und Litteratumotiten.
dieser Stadt geführt worden ist, zum grössten Teil nach Ab-
schriften des verstorbenen H. Koechlin, nachdem die Originale
bei der Versteigerung des Metzger'schen Nachlasses am 22. April
1897 zu Colmar von der Stadt Mülhausen nicht erworben werden
konnten. Beigegeben ist die Reproduktion eines Lebert'schen
Stiches von Metzgers Portrait und eine Abbildung der Ehren-
geschenke, welche die Stadt Mülhausen Metzger widmete. —
Relation d6taill6e donnde i M. J. M. Hoffer de la f^te
de notre r^union k la France, S. 68 — 88, ein der Chronik
von Josua Hofer entnommener, bisher nicht veröffentlichter
Bericht, welcher an Johann Michael Hofer damals in Paris von
einem Festteilnehmer gerichtet ist, wahrscheinlich aus der Feder
von Pierre Thierry, dem ältesten Sohne des gleichnamigen ersten
französischen Bürgermeisters von Mülhausen stanmiend. — Jour-
nal de Jean-Jacques Schlumberger, chapelier et fos-
soyeur k Mulhouse, S. 89 — iio, schlichte Aufzeichnungen
in deutscher Sprache über Familien- und Tagesereignisse, die
Jahre 1733 — 1808 umspannend, für die Jahre 1789 — 1798 etwas
reichhaltiger.
Vom »Strassburger Diöcesanblatt«, das ich im vorigen
Heft zum ersten Mal anzeigte, sind inzwischen drei weitere Hefte,
4 — 6 ausgegeben worden. Auch sie bringen wieder allerlei
beachtenswerte Beiträge zur Elsässischen Geschichte, speziell zur
Kirchengeschichte. So enthält Heft 4 einen kurzen Abriss der
Entwickelung des Strassburger Rituale von Ott und den Schloss
des Aufsatzes von Paulus über Ablasspredigten in Strassburg und
Elsass beim Ausgang des Mittelalters, Heft 5 einen kurzen
populär gehaltenen Aufsatz von Truttmann über den sogenannten
Konziliumssaal zu Konstanz und eine Miscelle von Fuchs:
Zur Gründungsgeschichte des Kapuzinerklosters in Weissenburg;
in Heft 6 behandelt Gass den neuen kirchenmusikalischen Fund
des Pfarrers Vogeleis, die Entdeckung eines musikalischen Trak-
tats von Jakob Twinger von Königshofen, Landmann teilt nach
dem ersten Bande der Monumenta ordinis fratrum predicatorum
Einiges aus dem Leben der Strassburger Dominikaner mit und Gass
bringt noch zwei Miscellen: >St Leonhard und Börsch im Bauern-
kriege« und »Obliegenheiten eines Strassburger Weihbischofs im
1 7. Jahrhundert«, in beiden sich auf Aktenstücke des Strassburger
Bezirksarchivs stützend.
Entgangen ist mir leider in Heft i S. 6 Anm. 2 ein Angriff
der Redaktion auf die Unparteilichkeit unsers langjährigen ver-
dienten bibliographischen Mitarbeiters, der in seinen unbegrün-
deten Vorwürfen entschiedene Zurückweisung verdient. Das
Diöcesanblatt, früher Ecclesiasticum Argentinense ist in der
Elsässischen Bibliographie unter der Rubrik der Zeitschriften
nicht blos 1883, wie dort behauptet wird, sondern bei uns von
1890 — 1893 regelmässig aufgeführt, seitdem »die Archivalische
B und I>ittenitnmotiiefi.
493
Bdlage*; anch die »Theologischen Studien: sind, soweit sie
geschichtliche Themata behandeln, also in unsere Gesichtskreis
fallen, wie Sdraleks Diöce sau Synoden notirt. Den >Ordo< aufzu-
nehmen lag ebensowenig Veranlassung vor wie den •evangelischen
Kirclienkalenden, der nicht nur nicht >regeliiiässigi , sondern
niemals in der Zeitschrift verzeichnet iau fV, W.
In einer sehr sorgfaltigen, dem kleinsten palaeographi sehen
Detail nachspürenden Untersuchung: >Otfrid und die übrigen
Weissenburger Schreiber des g. Jahrhunderts. (Frank-
furt, Enneccerus, iSgg) bemüht sich Paul Piper an der Hand
von 30 Lichtdruck-Faksimile tafeln nachzuweisen, dass die von
O, Erdmann in seiner grossen Otfridausgabe angenommenen
zahlreichen Schreiber des Codex traditionum Wizenburgensium
und der drei aus Weissenburg stammenden Olfridhandschriflen
■ich auf acht Schreiber und Rubrikatoren reduzieren lassen.
Namentlich wird für Otfrid selbst ein hervorragender Anteil au
der Herstellung des Traditionskodex und der Heidelberger wie
Wiener Otfridhandschrift in Anspruch genommen. W. W,
In den Nachrichten der Königl. Gesellschaft der Wissen-
schaften 2U Göttingen, philologisch-historische Klasse, 1899,
Heft I, S. 49 — 71, kommt Edward Schröder in einer sehr
•charfsionigen Untersuchung über >d i e D e r n e r H a n d s c hri f t
des Matthias von Neuenbürg« zu neuen wertvollen F.rgeb-
ttisaen. Er stellt zunächst in einer sehr ansprechenden Argu-
mentation, bei der allerdings den Angaben eines Strass burger
Kalendars lu grosse Redentung beigelegt ist, fest, dass jener
Samtnelkodox zu .Sirassburg, höchst wahrscheinlich in den Jahren
1350 — 31, unter den Augen des Matthias von Neuenburg ent-
standen sein muss, gewissermassen aus dem ßrouillon des Autors
geschöpft ist. Ich behalte mir vor, durch geiauere paläographische
Vergleiclinng der Berner Handschrift mit Strassburger Urkunden
i«tM)T Jahre diese zeitliche Festsetzung noch näher zu prüfen.
Auch fflr den bekannten Autorenstreit um die Chronik bringt
SchrAder neue aufl^lärende Momente bei. Er stellt die Hypo-
these auf. dass für die deutschen Stücke des Kodeji, überhaupt
fflr leine erste grössere Hälfte, die in einer Art Manuale das
AiuJebendsie und Wissenswerteste aus der Moralphilosophie,
Naturkunde, Geographie u. 5. w. vereinigte, zu einem hetrücht-
Itchen Teile die Bücherei des Grafen Albrcchl von Holienberg
die Vorlagen geliefert habe und dass der eigentliche Anreger
oder Itetteller der Handschrift der etsassische I.andvogt Graf
Hugo von Hohenberg, der itruder Albrechts, gewesen sei. Dessen
lillerarische Interessen hofft Schröder demnächst an anderer
Stelle nachzQwciBon, während er von einer weitern Untersuchung
des Hohenbcrgi sehen Einflusses auf die Chronik des Matthias
Abstand nimmt. "'.
ichung J
althias ^^J
494
Zeitschriftenschau und Litteratumotiseo.
Von der vom Statistischen Bureau des Ministeriums heraus-
gegebenen Landes- und Ortsbeschreibung »Das Reichsland
£lsass-Loth ringen« ist die erste Lieferung erschienen (Sirass-
bürg, Heitz u. Mündel), die zunächst eine allgemeine Landes-
beschreibung in einzelnen Aufsätzen nach dem Vorbild des 1885
publizierten Werkes: »Das Grossherzogtum Baden« bringt. Die-
selbe ist fast durchweg den kompetentesten Federn anvertraut
worden, Lehrern der Strassburger Hochschule: so sind die all-
gemeine geographische Schilderung von Gerland, die Geologie
von Bücking, dJe Meteorologie von Hergesell, die Flora vom
Grafen zu Solms-Laubach, die Tierwelt von Döderlein, die phy-
sische Anthropologie von Schwalbe, die deutschen Sprachverhalt-
nisse und Mundarten von Martin bearbeitet. Eine eingehendere
Besprechung des Werkes wird hier erst am Platze sein, wenn
nach der Statistik des Landes, die zunächst folgen soll, das
statistisch-geschichtliche Ortsverzeichnis vorliegen und den Ver-
gleich mit der vei sandten Arbeit von Clauss nahelegen wird,
Dass das ganze Unternehmen, nachdem Baquol-Ristelhuber
längst veraltet und vergriffen ist, einem zeitgemässen Bedürfiiis
entspricht, wird nicht geleugnet werden können. Ob es nicht
angemessener gewesen wäre, nach wärttembergischem und
bairischem Vorbilde die einzelnen Teile des Landes, zum min-
desten Elsass und Lothringen, gesondert zu behandeln, die Frage
dürfte jedenfalls aufzuwerfen sein. £s spricht im besondem
Falle dafür die Grundverschiedenheit der historischen Entwick-
lung und der Mangel innem Zusammenhangs, sodann im all-
gemeinen die unbestreitbare Thatsache, dass für Belebung und
Vertiefung des geschichtlichen Sinns kleinere und leicht zugäng-
liche Sammelwerke, die auch dem historischen Detail liebevolle
Aufmerksamkeit widmen können, am intensivsten wirken. Ich ver-
weise nur auf die württembergischen Oberamtsbeschreibungen,
die ich nach dieser Richtung hin in vielen Stücken für muster-
haft halte. Für den andern hier gewählten Weg wird man
Gründe wesentlich politischer und rein äusserlicher, praktischer
Art ins Feld führen können; ein Haupterfordernis aber wird
dabei sein, dass die leitende, straff zusammenhaltende Hand,
welche die Gleichartigkeit der Behandlung sichert, nicht vermisst
wird. Dies zu untersuchen, bietet der Inhalt der vorliegenden
ersten Lieferung noch keine Gelegenheit bezw. entzieht er sich
meiner Beurteilung.
Einen wesentlichen Faktor bei der Schätzung und dem
Gelingen eines solchen Werkes bildet die äussere Ausstattung.
Ist dieselbe auch im allgemeinen als angemessen und ansprechend
zu bezeichnen, so darf doch die Wahl der Drucktypen nicht als
eine glückliche erachtet werden. Sie mögen im einzelnen scharf
und zierlich erscheinen, im ganzen wirken sie leider wie beissen-
des Augenpulver und erschweren die zusammenhängende Lektüre
ausserordentlich. W. W.
495
Moritz Stern, König Ruprecht von der Plalz in
nen BeEiehungeo au den Juden. Ungedruckte Königs-
ttiknndeD nebst ergänienden Aktenstücken. Kiel. i8g8. LVIU
latid 7i Seiten. 8", — Völlige V'erkennung der thatsächlichen
Verbältaisse hat bisbei Kötiig Rupreuht als Freund der Juden
«ncheinen lassen. Stern sucht nun an der Hand eines reichen
Qucllenn)a.terials, das er mit vieler Sorgfalt in einer Reihe von
.Archiven, vornehnillcti in Katlstuhe und Frankfurt (Stadtarchiv),
dgeaanunolt hat, den Nachweis lu erbringen, dasa die Stellung
des Fürsten, der die berüchtigte Juüenvertreibung aus der Pfalz
ins Werk gesetzt hat, nichts weniger als wohlwollend gewesen
ist, aIs er auf dem deutschen Königsthron auch über die Juden
isa Reiche lu gebieten hatte. Angeregt durch Julius Weizsäcker,
bei den Vorarbeiten zum 4. Band der Deutschen Rcichs-
tigsakten im Karlsruher Generallandesarchiv interessanten Mate-
tialicn in Kopialbüchem zur Geschichte der Juden begegnet war,
leitt St. nicht weniger als 76 Urkunden zu seinem Thema mit,
cUrnnicr 55 Königsurkunden, von denen 34 bisher noch völlig
anbekanni waren, .ausserdem ist in einer frisch und anregend
j^schrlebenen Einleitung eine Fülle von Stoff, teils aus Quellen.
eils aus gedruckter Lilteratur, zu einer übersichtlichen Dar-
■ilUDg des Verhältnisses König Ruprechts zu den Juden, zu-
nächst in der Pfalz, dann auch im übrigen Reiche, verarbeitet.
:Obrra[l uilt das rein fiskalische Interesse des Königs bei seinen
^Ziehungen zu den Juden hervor, das auch da im Vordergrund
> es sich scheinbar um wohlwollende, schützende Mass-
^fasndelt Ruprecht hat mehr als einmal den Versuch
, die Juden in unerhörter Weise auszubeuten: das Misa-
Fniner Absichten entsprang allein seiner kläglichen poli*
1 Ohnmacht. Dass er dennoch aus den gegebenen Ver-
(ültnisscn genügenden Vorteil zu ziehen wusste, hat St. dargetban,
indem er auf die Verleihung von Privilegien und Schutzbtiefeni
die bei dem geringen Ansehen des Königs so gut wie wertlos
waren, aber teuer erkauft wurden, auf die geschickte Ausnutzung
det UndlÜuägcn Judensieuem, auf die Auferlegung erheblicher
£t]sageldcr hinweist und die klug berechnete Ürganisation des
Königa xm Sicherstelluiig dieser Einnahmen scliildert. Die tüch-
tige .\tbäit bietet, obschou zunächst in ihrem Gegunsland enger
bflgreDXt, einen dankenswerten Beitrag zur Sozial- und Wirlichafls-
[«»cbicbte dc$ beginnenden ij. Jahrhunderts, A'. Biunntr.
In d«n Sitzungsberichten der (ihilosophisch- philo logischen
dei historischen Klasse der Münchner Akademie der Wissen-
iclufte», tSgg, Heft 1, S. 37 — 74. schildert F. L. Baumano
[Die Eidgenossen und der deutsche Bauernkrieg seit
iBm März ffiZ^) im Anschluss an einen frühern Vortrag da^
kTatbalten der Eidgenosse nschafl gegenüber der grossen deutschen
KevoIntiDn. Er slsllt lest, dass die Eidgenossenschaft als solche
I. Ob«ii
n
i
496 Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen.
auch nach dem März 1525, da die Gefahr einer Verbrüderung
der eigenen mit den deutschen Bauern nicht zu befürchten war,
an ihrer Neutralitätspolitik und der Erbeinung mit Österreich
festhielt, und die Bestrebungen, zwischen den streitenden Par-
teien zu vermitteln, nur von einzelnen Orten ausgingen, deren
eigene Interessen durch die Fortdauer des Krieges bedroht
erschienen , und er verfolgt dann diese vermittelnde Thätigkeit
weiter, zunächst im Gebiet des Hegaus, der Bar und des Riet-
gaus, wo Zürich vor allem, freilich erfolglos, um Intervention
bemüht war, dann im Breisgau, Sundgau und der Ortenau, wo
Basel mit mehr Energie und besserem Erfolg die Führung über-
nahm, ohne allerdings auch hier die Gesamtheit der eidgen.
Orte zu gemeinsamem Vorgehen zu gewinnen. Die Stellung der
Kidgenossen gegenüber den flüchtigen Aufrührern, die auf ihrem
Boden Asyl suchten , behandelt das Schlusskapitel ; es zeigt,
welche Differenzen in der Behandlung dieser Frage zwischen der
sich für Ausweisung entscheidenden Eidgenossenschaft und ein*
zelnen Orten, wie Zürich, Basel und Appenzell bestanden. K, 0,
Rod. Reuss: L'Alsace au dix-septi^me si^cle. Band II,
(Paris, Emil Bouillon, 1898). 638 S.
Der vorliegende Band, mit dem das Werk seinen Abschlass
erhält, bringt den kulturgeschichtlichen Teil* und behandelt im
ersten Buch das soziale, im zweiten das geistige und im dritten
das religiöse Leben des Elsass im 17. Jahrhundert. Wir freoen
uns, gleich zu Anfang aussprechen zu können, dass dieser zweite
Band ein so scharfes Urteil, wie wir es seiner Zeit über den
ersten fallen mussten, nicht verdient. Er zeigt nicht nur die
anerkannten Vorzüge der Reuss'schen Geschichtsdarstellung, Klar-
heit der Anordnung, Flüssigkeit und Eleganz des Stils und eine
seltene Beherrschung der einschlägigen Litteratur, sondern man
hat auch den Eindruck, dass der Verf in den meisten Partien
des Werkes in die Tiefe geht und eine den Gegenstand nach
allen Seiten erschöpfende Darstellung giebt, wenn sich auch nicht
verkennen lässt, dass manche Kapitel, z. B. die über die Bauern
und die Elementarschulen, durch umfangreichere Heranziehung
archivalischen Materials an Reichtum und Wert gewonnen haben
würden.
Es ist bei der Fülle des Gebotenen unmöglich, hier ins
Einzelne zu gehen. Erwähnt sei nur, dass uns der Abschnitt
über die elsässische Litteratur etwas seltsam berührt hat, da
nämlich der grösste Teil desselben Schriftstellern gewidmet ist,
die gar keine Elsässer waren. Besonders gelungen erscheinen
uns dagegen die Kapitel über die Universität Strassburg und die
Molsheimer Akademie, über die Gymnasien und über die Sprache
im Elsass. Vor allem aber verdient das ganze letzte Buch, das
die religiösen Verhältnisse behandelt, uneingeschränktes Lob.
Es ist eine ausserordentlich gediegene, fast durchweg aus den
Z«fUchrin«o«chau und Unmiurooliie
497
■nten Quellen geschöpfte Arbeit, die trotz des wannen prote-
stantischen Gefühls, mit der sie geschrieben ist, aufs peiolichste,
j> nach unserer Ansicht manchmal fast za pedantisch, die Unpartei-
lichkeit zu wahren gesucht hat. Wir begrüssen es mit Freude,
dass hier oiumal eine völlig erschöpfende, auf unanfechtbarer
Cmudlago ruhende Darstellung der Gewaltthaten Ludwigs XIV.
gegen die elsässischen Protestanten gegeben und die auf reli-
giösem Gebiet mit den verwerflichsten Mitteln arbeilende tran-
süsische Politili aufs schärfste verurteilt wird. Hier hat in Reuss
der Protestant über den Franzosen gesiegt.
Aber auch nur hier. Denn auch diesem Bande müssen wir
'den Vorwurf machen, dass er sich zu seinem Schaden von
nationaler Voreingenommenheit nicht immer frei hält. Eine
Hnaplquelle von Fehlem und Widersprüchen steckt schon gleich
darin, dass. wie auch im ersten Bande, die Gesamtdarstellung
«nf der unhaltbaren und aus gleichzeitigen französischen Quellen
ADcb als unhaltbar erwiesenen Voraussetzung beruht, dass schon
((■48 das ganze Elsass zu Recht unter französische Herrschaft
gekommen sei, oder dass doch wenigstens Frankreich sich sofort
aU den Herrn des ganzen Landes betrachtet und Hoheitsrechte
I ausgeübt habe. So kommt Reuss — um nur ein Beispiel
anzuführen — dajtu, die Bauern des reichsritierschafliichen Dorfes
jPlobsheim allen Ernstes zu tadeln, weil sio sich noch 1667 in
irgend einer Beschwerdesache an den Kaiser nach Wien und
nicht an Ludwig XIV, gewandt liatten (S, 74 f.)l Und was soll
i ferner dazu sagen, wenn Reuss, unter versteckten und doch
leicht kenntlichen Angtilfen auf die deutsche Verwultung des
Ebasa nach 1870, es den edelmütigen Fran^tosen — freilich mit
leisen Bedauern über diesen Edelmut — zum Ruhme
mcn will, dass sie es nach 1648 und später unterlassen
litten, das Elsass durch die Schule gewaltsam zu französieren
'". 200, 394 — 95 und besonders 596 — 97)! Ein so elementarer
, wie dies Hineintragen einer moderneu, erst in unserm
lert des Nationalitätenprinzips entstandenen Anschauung
H'Urteil über die Vergangenheit ist doch nur erklärlich,
1 annimmt, dass hier der französische Patriot Reuss den
iJMoriker Reuss mit Blindheit geschlagen hat. Aus der näm-
flehen Quelle entspringt die Rüge, die dem vortre IT liehen Inlen-
i Lagrange erteilt wird, weil er in seinem grossen amtlichen
Ucmoire vom Elsass als von Allemagne im Gegensatz zu Frank-
sprichl (S. 433 Anm. 2). Sollte Reuss wirklich nicht
Ivrissen, dass am Ende des 17. Jahrhunderts kein Franzose dem
£ba43 den K.imen Frankreich, den Elsiisscrn den Namen Ftau-
1 gegeben lidlte? Auch die Behauptung, das Sprachedikt
(der (raDzäsischen Regierung vom ^O. Januar t6S5 habe nur auf
I Papier gestanden und sei nicht zur Ausführung gelangt
[S. 300 Anm. 3), l&ist sich fAi einzelne Landesteile an der Hand
I NetATiatB' und Gerichtsakten leicht widerlegen.
3J'
498 Zeitschriftenschau und LitteraturaotizeD.
Wir bedauern es umsomehr, alle diese Aasstellnngen machen
zu müssen, als es sich gerade bei diesem zweiten Band um ein
Werk handelt, für das wir wegen der Fülle des Interessanten
und Belehrenden, die es bietet, dem Verf. zu grösstem Danke
verpflichtet sind« Den ersten Band könnte der elsässische
Historiker zur Not entbehren, den zweiten nicht; denn es giebt
niemand ausser Reuss, der ihn schreiben könnte. £r ist trotz
seiner Fehler das beste, was Reuss seiner Heimat geschenkt hat
Alfred Overmann,
Im Rückblick auf die Ereignisse um die Wende des
18. Jahrhunderts erscheint in dem Verlag von F. Schulthess,
Zürich, unter dem Titel: »Vor hundert Jahren« eine Samm-
lung von Monographien zur Schweizer Geschichte, die Wilh.
Oechsli mit seiner Schrift: Die Schweiz in den Jahren
1798 und 1799 (188. S. Mit i Karte) aufs glücklichste ein-
geleitet hat. Dank der Vorzüge, welche dieselbe in sich vereint,
der sicheren Beherrschung des Stoffes, der knappen Zusammen-
fassung aller wesentlichen Momente und Faktoren der Entwick-
lung« der gerecht abwägenden Beurteilung der Personen und
Verhältnisse und der klaren, lebendigen Schilderung — wird
man sie als die beste Gesamtdarstellung jenes Zeitabschnittes
bezeichnen dürfen, die wir zur Stunde besitzen. Von der Ent-
stehung des helvetischen Einheitsstaates ab bis zum Ausbruch
des zweiten Coalitionskrieges bietet sie einen vortrefflichen Ober*
blick über die Schicksale des Landes und die schwere, poli-
tische Krisis , welche die alte Eidgenossenschaft damals durch-
zukämpfen hatte. Auf den Inhalt der Schrift und ihre Ergebnisse
hier näher einzugehen, muss ich mir versagen; man wird aber
dem Verfasser durchaus beistimmen, wenn er zusammenfassend
hervorhebt, dass trotz aller Schmach und Not der Fremdhen-
Schaft, trotz aller Fehler und Schwächen der Verfassung die
Helvetik mit ihren Idealen für die Schweiz doch eine Befreiung
aus veralteten, unhaltbar gewordenen Zuständen, ein Erwachen
aus politischer Erstarrung, kurz den Anfang einer nationalen
Wiedergeburt bezeichnet. K, Ohser,
Die ^Geschichte der Stadt Mannheim zur Zeit ihres
Oberganges an Baden« von Dr. Carl Hauck. (Leipzig,
Breitkopf und Härtel 1899. 144 Seiten. Pr. 2,50) bildet das
zweite Stück der von dem Mannheimer Altertumsverein in vor-
trefflicher Ausstattung herausgegebenen »Forschungen zur Ge-
schichte Mannheims und der Pfalz«. Es reiht sich dem ersten
würdig an. Der Stoff ist glücklich gewählt und auch recht
tüchtig behandelt. So fasst die Arbeit die äussere Geschichte
Mannheims während der Revolutionskriege übersichtlich zusammen
und wird dann besonders den inneren Verhältnissen der Finanz-
verwaltung und der Verfassung gerecht; auch fallen interessante
^^^B Z4>tscluiflen!>chiu und Lillera.luiTiul]
llroiflkhter auf die kulturellen Beziehungen der schwer hejm-
je suchten Stadt. Es ist freilich in keiner Beziehung ein
effreullcbes Bild, das der Verfasser auf Grund reichhaltigen
ftlateriala darbietet: Mannheim schien der Vernichtung preis-
gegeben und das Schosskind der pfälzischen Kurfürsten ein
'ilierkiiid des Schicksals geworden. Aber um so erfreulicher Ist
ler Vergleich von Einst und jetzt. Es würde sich der Mühe
'teilohnftn, die femeTe Entwicklung der unter Badens Herrschern
ID hober Blüte gelangten Stadt noch weiter zu verfolgen.
Du Moulin Eelcarl,
Von dem gross angelegten, aber nicht sehr tief gehenden
Werke von Ch Rohault de Fleury: >Les salnts de la
Messe« sind vor kurzem die Bände V und VI (1898 — 99)
kuagegeben worden. Unter den Cultstätlen der verschiedenen
Heiligen finden sich auch diejenigen in Baden und im Elsass
knfgeführt. So sind z. B. im b. Bande unter S. Peter die
Kirchen und Klöster zu Strassburg, Colroar, Murbach, Neuweiler,
RosheJm und Weissenbarg etc. verzeichnet. Dass diese Orte
' : noch unter «France' m suchen sind, wird die Benutzer nicht
Bemerkenswerte Beiträge zur katechetischen Geschichte des
. bietet eine kleine Abhandlung von Malier: Der Ein-
Hnss Strassburgs auf die Ulmer Katechismuslitteratnr
(Zeilschrifi für prakl. Theologie XXI. S. 122 u, f.). Der Verf.
erbringt den Beweis, dass der 1528 erschienene Ulmer Kalechis-
Baus des Pfarrers Sam inhaltlich in hohem Grade von dem ein
[ahr zuvor in Strassburg gedrückten Kinderbericht Capilos ab-
Nicht minder ist im siebenten Jahrzehnt der zu
Btrassburg in der Bearbeitung Marbachs eingeführte Lutherkate-
tusmus als Vorbild für den des Ulmer Superintendenten Rabus
1 Anspruch zu nehmen. In einer Schlussbemerkung wird auf
Dnind einer Notiz, die einem Marbach'schen Katechismus ent-
1 ist, als möglich bezeichnet, dass auch Rabus' Vaterstadt
MvtDmingeii Strassburgs Eintluss in katecheu'scher Hinsicht er-
hhren habe. Vielleicht wird diese Spur einmal weiter verfolgt.
Hant Kaistr.
Zur Feier des zoojährigen Bestehens der Waldensergemeinden
Württemberg hat Pfarrer Ad. Markt in Pinache unter dem
Tüel: Die würtembergischen Waldensergemeinden.
699 — 1699 (Selbstverlag, 79 Seiten) eine kleine, anziehend
(eicbiiebcne Festschrift veröffentlicht, in der er unter »org-
Utigcr Ilcnützung der Litteralur und der Akten die Gründung,
Lotwicklung und heutige Verfassung der betreffenden Gemeinden
ichfld«n Die Schrift lüsst es aufs neue bedauern, dass wir in
tad«n bU zur Stunde noch keine zusammenfassende Darstellung
500
Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen.
der Schicksale der im heutigen Grossherzogtom gelegenen Refo-
gianten- and Waldenserkolonien besitzen. K, 0.
In den »Mitteilungen des Instituts für Österreich.
Geschichtsforschung«, XX, 284 ff. bespricht AI. Schulte
den von O. Redlich in einem früheren Jahrgange derselben Zeit-
schrift veröffentlichten Poststundenpass von 1500 und weist u. a.
nach, dass unter dem »Hausen« des Passes nicht, wie Redlich
annimmt, der kleine gleichnamige Ort bei Pforzheim, sondern
Rheinhausen im Bistum Speyer zu verstehen ist, dass also
diesem Dorfe schon damals im niederländisch-deutschen Post-
verkehre die wichtige Rolle zugefallen war, die es später bis
zum Ende des vorigen Jahrhunderts gespielt K, O,
Als ein erfreulicher Entschluss, der auch in weiteren Kreisen
des Volkes lebhaften Beifalls sicher sein dürfte, ist es zu begrüssen,
dass die Württembergische Kommission für Landesgeschichte die
Sammlung und Herausgabe der »Geschichtlichen Lieder
und Sprüche Württembergs« in ihr Arbeitsprogramm auf-
genommen und mit dieser Aufgabe den Stuttgarter Bibliothekar
K. Steiff betraut hat. Von dem auf fünf Lieferungen berech-
neten Sammelwerke liegt die erste seit kurzem vor (Stuttgart.
W. Kohlhammer. 160 S. 1 M.). Sie enthält aus den Jahren
14 16 — 15 IQ die verhältnismässig recht stattliche Zahl von 42
Liedern und Sprüchen, darunter viele, — soweit ich sehe, vier-
zehn -— die zum erstenmale veröffentlicht werden. Ein getreues
Spiegelbild der Zeit und Zustände, denen sie entstammen, erinnern
sie an die Händel der Raubritter, die zahlreichen Fehden der
vvürttemberger Grafen und Herzöge mit ihren Nachbarn, sowie
die Ereignisse unter Herzog Ulrichs wechselvoller Regierung
und berühren, soweit sie sich auf die beiden Pfälzer Fehden
von 1463 und 1504 und den Schwabenkrieg beziehen, auch
Gebiete, die heute unserem Grossherzogtum angehören. Die
Ausgabe verdient um ihrer musterhaften Sorgfalt willen unein-
geschränkte Anerkennung: dem Texte sind zum Verständnis für
weitere Kreise zweckentsprechende Worterklärungen beigegeben,
kurze Schilderungen, die über die zu Grunde liegenden geschicht-
lichen Vorgänge orientieren, folgen, den Schluss bilden Verzeich-
nisse der Quellen, Drucke und etwaigen Varianten. — Der
S. 48 — 50 erwähnte Peter von Zittenen (Zittern) dürfte vielleicht
mit dem in dieser Zeit urkundlich wiederholt genannten Peter
von Zeutern , aus dem kraichgauischen Geschlechte, identisch
sein, wobei freilich dessen Beziehungen zu Ulm noch der Auf-
klärung bedürften. K, Obser.
Deutsche Lieder auf den Winterkönig. Herausg. von
Rudolf Wolkan. (Bibliothek deutscher Schriftsteller aus Böhmen
Bd. VII J.) — Keine Periode politischer Ereignisse hat eine solche
Zeitschriftenschau und Litteratumotizen, ^OI
Fülle von Volksliedern und Dichtungen in Allegorie und Satyre
in zahlreichen Flugblättern hervorgebracht als der Beginn des
30jährigen Krieges und jene Prager Katastrophe, die Friedrich V ,
dem Winterkönig und seiner kurzen Herrschaft ein Ende gemacht
hat. Diese litterarischen Erscheinungen zu sammeln und biblio-
graphisch, so weit dies möglich ist, annähernd vollständig zu
behandeln, ist der glückliche Versuch vorliegenden Buches, das
zur Geschichte des böhmischen Krieges und seiner ihm folgen-
den Volksdichtung, sowie zur Beurteilung der Parteistimmung
jener für die Pfalz so verhängnisvollen Tage einen sehr dankens-
werten Beitrag giebt. Wie die 200 Nummern umfassende Biblio-
graphie neben den vollständigen Texten ein ausserordentlich
lehrreiches Stimmungsbild eröffnet, so erfreut uns auch die
litterargeschichtliche Einleitung mit manch neuen Resultaten.
Von Interesse ist es, zu erfahren, wie die Verbreitung dieser
Flugblattlitteratur sich nicht auf Österreich, Deutschland und die
Niederlande allein beschränkte, sonderi> auch in Übersetzungen
in Frankreich und Italien zu Tage tritt. Dass viele dieser Blätter
nicht nur im Parteidienste geschrieben, sondern auch durch die
kaiserliche Partei zur wohlberechneten Erzeugung einer poli-
tischen Stimmung so weit in die Welt geschickt worden sind, ist
eine gewiss berechtigte Annahme des Verfassers. /. W.
In der wissenschaftlichen Beilage zum Jahresbericht der Real-
schule zu Gross-Lichterfelde, Ostern 1899, behandelt Günther
Voigt die Dichter der 1633 gegründeten Aufrichtigen
Tannengesellschaft zu Strassburg unter eingehender Dar-
stellung ihrer Lebensverhältnisse und kritischer Würdigung ihrer
Werke. Es sind nur fünf Mitglieder, die mit Sicherheit nach-
weisbar sind: Esaias Rumpier, Matthias Schneuber, Job. Freins-
heim, Thicderich und Andreas Hecht und nur von den drei
ersten sind uns poetische Erzeugnisse überliefert. Aufgefallen
ist mir bei der sorgfaltigen Arbeit, dass die unbewiesene Ver-
muthung, Gottfried von Strassburg sei Stadtschreiber gewesen,
hier wiederholt wird und dass die Ausgabe der alten Strass-
burger Universitätsmatrikel von G. Knod, die manche Ergänzung,
z. B. über Thiederich, geboten hätte, nicht benutzt ist. W, IV.
In den Württ. Vierteljahrsheften N. F. VII. Jahrg.
3. Heft behandelt Eugen Schneider die Geschichte des
Tübinger Collegium illustre. Von Herzog Christoph als
adelige Anstalt für weltliches Studium im Gegensatz zum theolo-
gischen Stift ins Leben gerufen, hat das Collegium unter vielfach
wechselnder Organisation und Verwaltung im Laufe der Jahr-
hunderte eine stattliche Reihe vornehmer Herren, besonders
württembergischer Prinzen in sich beherbergt. Auch den Fürsten
und dem Adel des Auslandes stand das Collegium offen, und
502
Zeitschriftenschau und Litteraturnotizeo.
vereinzelt linden wir auch Namen aus den Gebieten des heutigen
Grossherzogtums Baden unter seinen Insassen vertreten. Jeden-
falls ist das berühmte Institut nicht ohne Einfluss auf die Er-
ziehungsgeschichte der Nachbarlande geblieben. K, Br.
J. Loserth, Die Beziehungen der steiermärkischen
Landschaft zu den Universitäten Wittenberg, Rostockf
Heidelberg, Tübingen, Strassburg u. a. in der zweiten
Hälfte des i6. Jahrhunderts. Graz 1898. Die im Buchhandel
nicht erschienene, aus Anlass der Jahresfeier der Universität
Graz am 15. November 1898 abgefasste Festschrift des hervor-
ragenden Kenners österreichischer Reformationsgeschichte behan-
delt die Beziehungen, der steierischen Landschaft als solcher zu
den Universitäten des deutschen Reiches, in denen die neue
Lehre Eingang gefunden hat. Es handelt sich dabei weniger
um den Zuzug steiermärkischer Studenten zu den protestantischen
Hochschulen als um den Austausch von Geistlichen und Lehrern,
zur Zeit als trotz der Mandate Ferdinands und Herzog Karl II.
der Protestantismus in Steiermark im siegreichen Vordringen war.
Für Heidelberg sind besonders die Beziehungen zu dem Grazer
Schulrektor Philipp Marbach von Bedeutung, der später einen
Ruf an die Theologische Fakultät erhielt, wie denn auch sein
Vater Johann Marbach als eifriger Verfechter des pfalzischen
Luthertums bekannt ist. Mit dem nach des Kurfürsten Ludwig VI.
Tode in die Pfalz eingedrungenen Calvinismus hören die Be-
ziehungen zur steierischen Landschaft auf, um desto dauernder
mit Tübingen ins Leben zu treten. Noch mehr wie der dar-
stellende Teil dieser Festschrift (S. i — 30) ist der Anhang von
Briefen und Aktenstücken (S. 31 — 124), die alle dem steier-
märkischen Landesarchive entnommen sind, auch für die Kirchen-
und Gelehrtengeschichte Oberdeutschlands von Wert. J, \W
Im Neuen Berner Taschenbuch für 1898 setzt Ad. Fluri
seine Studien über die Buchdruckerfamilie Apiarius fort. Dies-
mal sind es die Söhne des früheren Strassburger Typographen
Mathias Biener, die gewürdigt werden, Samuel und Sigfrid
Apiarius, die anfanglich nur in Bern thätig waren. Samuel A.
musste ca. 15Ö0 seine Vaterstadt verlassen, führte ein Wander-
leben und errichtete nach einander Buchdruckereien in Solothurn
und Basel. Eine Zeitlang trieb er sich auch im Elsass herum.
In Mülhausen druckte er in der Offizin des Peter Schmit, der
gerade abwesend war, ein leichtfertiges Lied und Hess es heim-
tückischer Weise unter Schmits Firma ausgeben, worauf er das
»Schmachlied« in Gebweiler auf dem Markte feilbot. Durch
einen Brief Mülhausens an Bern vom 9. Februar 1564, worin
hierüber Beschwerde geführt wird, sind wir über dies interessante
Intermezzo in der Buchdruckergeschichte Mülhausens unterrichtet.
—h.
Unsere Kenntnis von den Lebens um ständen des Ulrich
lloB ist in jQngsiet Zeil durch eine Reihe kleiner Beiträß:e
eilen nnd vertieft worden. Als der wertvollste wird eine
erdings von Th. v. Liebenau veröffentlichle Abhandlung
Lchtet werden müssen (Katholische Schweizer-Blätter XIV,
70 — Si), die einen bisher völlig unbekannten Abschnitt im
:a des Humanisten, nämlich die Jahre 1489 — 94, in helles
l setiL Aus einem der Neige des 15, Jahrhunderts
^hörenden Lnzerner Formularbuch stellt der Verfasser fest,
i Zasius in den genannten Jahren das Stadtschreiberamt zu
len im Aargau bekleidete und während dieser Zeit auch einen
I der lateinischen Korrespondenz für die eidgenössische Tag-
ung besorgte, mit der er noch später in der Freiburger Zeit
Verbindung stand. Zur Annahme dieses Postens haben den
banisten nach seinem eignen Zeugnis in erster Linie pekuniäre
Üisichlen bestimmt, seinen Ansprüchen und Neigungen ent-
ich derselbe in keiner Weise. Diesem Gefühl der Unbefriedigt-
enlsprang natürlich der Wunsch, die Stellung mit einer
leren ihm mehr zusagenden zu vertauschen: er bemühte sich
die Landschreiberei Baden, um das Stadtschreibeiami zu
Gallen und Konstanz und knöpfte Verbindungen mit Ludo-
I Moto, dem Herzog von Mailand, behufs Übertritt in dessen
neie an. Aber alle diese Versuche schlugen felil, sodass
I seiner oft tiefste Niedergeschlagenheit bemächtigte und seine
Dnde, vor allem der gelehrte Berner Stadtschrei ber Fricker.
£U trösten hatten. Erst 141J4 ward er diesen engen Ver-
nissen durch die Berufung nach Freiburg entrückt, die für
wissenschaftliche Weiterbildung bekanntlich von hetvor-
endsler Bedeutung geworden ist. Nani Kaitir.
Im dritten Heft des 82. Bandes der Historischen Zeitschrift
Wt Hermann Onckon eine treffende Würdigung vonSeba-
in Franck als Historiker*. Angeregt durch das lehrreiche
ih von Heglet über Geist und Schrift bei Sebastian Franck
Prickelt O., wie Francks Spiritualismus einen bedeutsamen
druck auch in seinen historischen Werken gefunden hat, die
deshalb, besonders aber wegen des grossen schritt-
ferischeu Talents ihres Verf. viel gelesen und noch heute
enswert sind. Eingehend behandelt O. namenillch die
rchronik«, den mit Recht beiiihmtesten Teil von Fiaiicks
cliichtsbibcl ; er weist nach, dass auch diese Arbeit, die bisher
die selbständigste historische Leistung ihres Verf. galt, zu
im gtottsen Teil einem andern Werk entlehnt ist. nämlich
I Cstalt^gua baeieticorum, den der Dominikanerprior Bernhard
Luxemburg zuerst 1522 veröffentlicht halte: Franck hat aus
r Schrift auch die in ihr genannten Belege getreulich über-
imen, ohne Luxemburgs Arbeit als generelle Quelle aufiu-
dicse dann aber doch so radikal urai:estallci. dass uns
504
Zeitschriftenscbau und Litteratumotizen.
daraus seine eigenen »innersten Gedanken über das Verhältnis
zwischen Religiosität und Kirchentomc entgegentreten. Bekannt-
lich hat Franck dieses Werk in Strassburg vollendet and drucken
lassen; gerade dadurch aber geriet er in einen so ernsten Konflikt
mit den Leitern der Stadt, dass er sie verlassen musste. Was
O. hierüber nach den Mitteilungen von Röhrich, Weinkauff und
Winckelmann berichtet, bestätigen und ergänzen die Aaszöge
aus den Protokollen des Strassburger Rats, die erst nach Abfassung
seines Aufsatzes aus Jungs Nachlass im 19. Band der Mitteilungen
der Gesellschaft für Erhaltung der geschichtlichen Denkmäler im
Elsass veröffentlicht wurden ; auch hier lesen wir, dass eine Klage
von Erasmus den Rat zum Einschreiten veranlasste. Mit beredtem
Schweigen übergeht O. mit Recht die Vermuthang Weinkauffs,
nach der Erasmus »durch Bucer verhetzt« sein sollte; es bedurfte
wahrlich keiner Aufreizung durch andere, um Erasmns gegen
dies Buch einzunehmen, in dem als Ketzer gerühmt zu sein ihm
besonders empfindlich sein musste. Sehr begreiflich aber erscheint,
dass seine Klage von den Leitern Strassburgs berücksichtigt
wurde, dass auch ihnen und namentlich auch Bucer diese Schrift
seines alten Heidelberger Studiengenossen schweren Anstoss
erweckte; wer ihr Vorgehen gegen Franck recht würdigen will,
wird nicht ausser Acht lassen dürfen, mit welchem Eifer sie sich
bemühten andere historische Werke zu fördern. Dass ihr Streit
mit Franck nicht die Unterdrückung der wissenschaftlichen und
insbesondere der historischen Arbeit bedeutete, das bewiesen sie,
wie schon Lenz hervorhob, noch in demselben Jahr, als sie
Aventin nach Strassburg einluden, um hier seine deutsche Ge-
schichte zu vollenden. Wie auf die Ausführungen von Lenz im
9. Band dieser Zeitschrift und im 49. Heft der Schriften des
Vereins für Reformationsgeschichte hätte O. vielleicht auch auf
die im 11. Bd. dieser Blätter S. 306 mitgeteilten Worte von
Melanchthon und auf den Aufsatz von Schultheiss in der Beilage
zur Allgemeinen Zeitung vom 28. und 29. Mai 1897 hinweisen
können, in dem noch schärfer als in der von ihm citierten Schrilt
Genglers die Abhängigkeit Francks von Boem beleuchtet ist.
Varrenirapp,
Hantzsch, Victor: Sebastian Münster; Leben, Werke,
wissenschaftliche Bedeutung. Abh. d. phil. bist. Klasse d. K.
Sachs. Ges. d. Wiss. Bd. XVIII, Heft 3. 187 Seiten. Leipzig.
Teubner 1898. M. 6. —
Wenn die Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins ihre
Spalten für eine Anzeige der vorgenannten Veröffentlichung zur
Verfügung stellt, so glaubt sie damit ihrem Leserkreise einen
wirklichen Dienst zu erweisen. Handelt es sich doch damiu,
die eingehendere Bekanntschaft mit einem Manne zu vermitteln,
dessen Leben sich auschliesslich in unsern Gauen abspielte, und
dessen Wirken trotz seiner universellen Richtung doch zunächst
Zeitschriftenscbau und Litteraturnotizen. ^05
und in erster Reihe der Kultur des Oberrheingebietes zu gut
kam, wie es auch nur auf dieser Grundlage sich entwickeln
konnte, auf ihr verständlich ist.
Hantzsch giebt uns zum ersten Male eine ausführliche und
quellenmässige Untersuchung über das Leben und die Arbeiten
Seb. Münsters, jenes vielseitigen Gelehrten und überaus frucht-
baren Schriftstellers aus der Humanistenzeit, der wohl nicht als
ein Genie, aber sicherlich als ein ganz merkwürdiges Talent
erscheint und der, wenn er auch kein originaler Denker ersten
Ranges war, es doch durch seinen Ungeheuern, geradezu bewun-
derungswürdigen Sammelfleiss erreichte, dass er auf vielen seiner
Thatigkeitsgebiete für Jahrzehnte, als Kosmograph aber für ein
volles Jahrhundert unerreichter Führer war. Wo die Haupt-
bedeutung Münsters zu suchen ist, und wohin sie auch von
Hantzsch mit vollem Recht verlegt wird, ergiebt sich schon aus
der Disposition unserer Vorlage, von welcher dem Leben Münsters
28 Seiten, seiner Stellung als Kosmograph und Kartograph deren
92, seiner mathematischen und astronomischen Thätigkeit 10,
seinen Verdiensten um das Studium der hebräischen Sprache 8
gewidmet sind ; die Anmerkungen mit ihrem reichen litterarischen
und bibliographischen Apparat sowie das sehr vollständige und
brauchbare Register füllen weitere 47 Seiten. Es mag hier gleich
bemerkt werden, dass sich der Verfasser eine Würdigung Münsters
im Rahmen seiner Zeit, die Untersuchung seiner Abhängigkeit
von den altern Kosmographen und seines Einflusses auf gleich-
zeitige und spätere Fachgenossen für ein grösseres Werk »Die
geographische Litteratur Deutschlands im Reformationszeitalter«
vorbehält.
Aus dem enger umgrenzten Rahmen der vorliegenden Arbeit
tritt uns das Bild Münsters vor Augen als das eines umfassend,
besonders aber auch geschichtlich gebildeten Patrioten, dem der
Wunsch, seiner Heimat, seinem Vaterland zu dienen, Herzens-
sache ist; wir lernen ihn kennen als einen Kartographen, dessen
Leibtungen alle andern seiner Zeit überragen, als einen Mathe-
matiker und Astronomen, der zwar nicht schöpferisch thätig ist,
aber das Wissen und Können seiner Zeit völlig beherrscht und
didaktisch Wertvolles leistet, als einen Philologen, der besonders
hinsichtlich der hebräischen Sprache und ihrer Grammatik als
bahnbrechend gelten darf, als einen Gottesgelehrten voll Duldung
an<.l versöhnlichen Geistes, wodurch er sich vom kampferfüllten
Hintergrunde seiner Zeit überaus wohlthuend abhebt. Als Kos-
mograph endlich verbindet er die Kenntnisse geographischer und
naturwissenschafllicher Forschungen des Altertums und des Mittel-
alters mit denen des Entdeckungszeitalters und ist so im Stande,
ein Werk zu schaffen, das durch 100 Jahre als die Summe
alles weltlichen Wissens gilt und neben der Bibel am meisten
{gelesen wird.
eo6 Zeitschriftenschau und Litteratomotizen.
Sebastian Münster wurde 1489 zu Niederingelheim bei Mainz
geboren, kam schon 1503 nach Heidelberg, dessen Hochschale
damals in nichts weniger als glänzender Verfassung war, trat
daselbst 1505 in den Minoritenorden ein und siedelte 1509 nach
Rufach im Oberelsass über, wo sein Ordensbruder Konrad PelliLan
hervorragende Einwirkung auf seine Ausbildung gewann und ihn
besonders zum Studium des Hebräischen führte. 1 5 1 1 zog er
nach Pforzheim, 15 14 nach Tübingen. Hier war er Schüler
Melanchthons und Reuchlins; entscheidend aber für seine Zukunft
wurde abgesehen von dem Einfluss der Margarita philosophica
des Kartäusers Gregor Reisch in Freiburg der Tübinger Unter-
richt Johann StöfHers in Astronomie, Kosmographie, Kartographie,
Landesvermessung, Ortsbestimmung, Anfertigung von Sonnenuhren,
Globen und Astrolabien. 1 5 1 6 veröffentlichte er sein erstes Werk,
eine hebräische Ausgabe der Psalter, dem von nun ab rasch
nacheinander vieles Andere folgte. Nach einem nicht ganz sicher
nachweisbaren, aber höchst wahrscheinlichen Aufenthalt in Wien
wurde Münster 1524 churpfalzischer Hofprediger und Professor
des Hebräischen in Heidelberg mit 25 fl. Jahresgehalt. Da ihn
die Verhältnisse nicht befriedigen konnten, zog er 1527 nach
Worms und nahm kurz danach, 1528, die Professur für Hebräisch
in Basel an. Hier gingen gerade um diese Zeit die Wogen der
religiösen Kämpfe sehr hoch, Münsters Wunsch zu vermitteln
fand keinen Anklang, er kehrte zu ruhiger, wissenschaftlicher
Arbeit nach Worms zurück, ging hier zum Protestantismus über,
um dann 1529 sein Basler Lehramt endgiltig anzutreten. Seine
1530 erfolgte Verheiratung mit Anna Silber, einer reichen Witwe
aus angesehener Juristenfamilie, gewährte ihm endlich die Mög-
lichkeit, ohne Sorge um die äussere Existenz ganz der wissen-
schaftlichen Arbeit zu leben und in den Ferien Reisen zu wissen-
schaftlichen Zwecken zu machen, insbesondere im Dienste der
Landesvermessung und Kartenaufnahme. So lernte er allmählich
Oberdeutschland vollständig, die Schweiz bis ins Wallis und
manche Teile Frankreichs recht gut kennen. Seine schrift-
stellerische Thätigkeit war eine fast ungeheuere. Genannt soll aus
der Überfülle seiner Werke zunächst werden die 1530 erschienene
Germaniae descriptio, die zwar unsern heutigen Anforderungen
an eine wissenschaftliche Landeskunde nicht genügt, für die da-
malige Zeit aber eine bedeutsame Leistung war. 1534 und 35
erschienen die zwei starken Bände der hebräischen Bibelausgabe
mit lateinischer Obersetzung. Das Jahr 1540 brachte Münsters
lateinische Ptolemäus-Ausgabe mit 48 vom Herausgeber selbst
entworfenen Karten und einem Anhang: Appendix geographica,
der als kurzes Lehrbuch der Geographie gedacht und aufzufassen
war. Der »Ptolemäus« erlebte bis zu Münsters Tod (1552) fünf
Auflagen, obschon an andern Ausgaben kein Mangel bestand;
waren doch seit der ersten italienischen (Bologna 1472) und der
ersten deutschen (Ulm 1482) Ausgabe deren eine grosse Reihe
lind Lille ruiurnOlU«n.
etschieaen. von denen nur iin die Strassliurger von 1513 erinnert
:in möge, die wir dem Freiburger Waltzenraüller, dem Schöpfer
lies Namens Amerika, und seinen Freunden verdanken.
ler wissenschaftlichen
;r Vollendung seiner
Fracht 1 8jährigen
1 20 freiwilligen iMit-
geschmückten »Be-
eine r Summe
Den Höhepunkt seines Lebens und seil
ThätJgkeit erklomm Münster 1544 mit di
deuischgeschnebenen Kosmographie, der
•msigen Fleisses und des Sammeleifers von
vbcitern, einer durch 4.7 1 Illustrationen
Bchreibang der Welt mit allem, was darinnt
des erdkundlichen Wissens jener Zeit, die hoch über dem gefeierten
»Wellbuche« des Seb, Franck {1534) steht. Die Kosmograpiiie
cnchien neben der deutschen gtetchzeitig auch in einer von
HQitSteT selbst bearbeiteten lateinischen und 155; in einer eben-
hlls von ihm selbst herrührenden französischen Ausgabe. Bis
'<I650 erlebte sie im ganzen 46 Ausgaben in b Sprachen.
Am 26. Mai 1552 starb Sebastian Münster an der Pest.
Sein Denkmal steht noch heute im MUnster zu Basel.
Cber alle Einzelheiten im Leben des bedeutenden Mannes
md über ihre gegenseitige Bedingtheit berichtet Hantzscb mit
frosser Gewissenhaftigkeit und kritischer Sorgfalt, so dass wir
Von dem Manne, seiner Arbeit und ihren Erfolgen ein klares,
ibgerundetes Bild erhallen, in welchem insbesondere der Wert-
ichäizung aller Hauptwerke grosser Raum gewährt wird, Beson-
• Ptolemäus* und »Kosmographie« werden nach ihren Vor-
Rögen und Mängeln eingehend geschildert; für jeden Freund
Karte nge schichte ist das Verzeichnis der 142 von Seb.
Uäuster verntfenttichlen Karten zur Erd- und Länderkunde
lebst den beigcgebenen bibliographischen Notizen (S. 72— 123)
K>D hohem Wert-
Auf Einzelheiten weiter einzugehen verbietet die Rücksicbt-
uhtDo auf den zugewiesenen Kaum. Jedenfalls haben wir alle
Ursache, Hanlzcch für seine mühevolle Arbeit aulricblig dankbar
n sein. Sie leistet reichlich, was sie verspricht, und wird jedem
inentbehrltch sein, der sich mit der Geschichte des Humanismus
m Oberrhein im allgemeinen oder mit der Geschichte der
tVlttensc haften, inabesondere der geographischen, im besondem
I b«ecbäfügeD gedenkt, L. Ntumunn.
Im >Repenoriam für Kunstwissenschaft' XXI (iSqSJ findet
Seite 467 ein kleiner Artikel: >Zu Baidungs Zeich-
inngen* von W, v. Seidliiz. Derselbe ist ein Nachlrmg zu
ler (nbahreichen Besprechung der Terey'schen Publikation der
»HaodKelchnungen des Hans Baldungt. die H. A. Schmid im
letcben Band des Reperlorium S. 304 — 313 gebracht hat. In
Rezension werden Baidung abgesprochen, ausser den
Schulwcrken oder Kopien in Band III, sicher 54 Blätter und
cqS Zeitschriftenschau und Litteratuniotuen.
mit grosser Wahrscheinlichkeit noch lo andere! Alle, die sich
für den elsässischen Meister interessieren, mögen diese lesens-
werte Recension nicht übersehen, da sie äusserst lehrreich ist
:__ —h.
H. Schweitzer, die Mittelalterlichen Grabdenkmäler
mit figürlichen Darstellungen in der Neckargegend von
Heidelberg bis Heilbronn mit 21 Textabbildungen and
6 Lichtdrucktafeln. Studien zur deutschen Kunstgeschichte.
14. Heft. Strassburg, Heitz, 1899. Preis 4M. — Beim Durch-
arbeiten von Budes Geschichte der deutschen Plastik giebt sich
so oft die Gelegenheit, den Mangel an genügenden Vorarbeiten
zu bedauern, dass man jeden neuen Beitrag mit Freuden begrüssen
darf, sei es, dass er sich mit einfacher Veröffentlichung neuen
Stoffes, sei es, dass er sich mit kritischer Sichtung des schon
Bekannten befasst. Gerade im westlichen Franken und am mitt-
leren und oberen Rheingebiete harren noch köstliche Schätze
deutscher Bildhauerkunst und tüchtige Meister genug ihrer litte-
rarischen Entdeckung; und eine auf sorgfaltigen photographischen
Aufnahmen beruhende Veröffentlichung der oft in entlegenen
Dorfkirchen vergessen liegenden Grabdenkmäler würde da noch
leicht eine erhebliche Vermehrung des Studienmaterials bringen
können. Schon in dem kleinen, übrigens nur aus äusseren zu-
fälligen Gründen auf das untere Neckarthal begrenzten Gebiet
hat der Verfasser eine ganze Reihe bisher übersehener wichtiger
Denkmäler gefunden; am meisten interessieren darunter die
frühesten, wie das einer besseren Konservierung würdige Not-
burga-Grabmal zu Hochhausen, dessen Entstehung übrigens kaum
vor 1200 angesetzt werden darf, und dann die vom Verfasser
offenbar mit gutem Rechte als Werk eines hochbegabten Meisters
in Anspruch genommenen Denkmäler in der Jakobskirche zu
Adelsheim aus den letzten 30 Jahren des 15. Jahrhunderts.
Vollkommene künstlerische Freiheit in der Anordnung, individuelle
Lebendigkeit in den höchst charakteristisch erfassten Köpfen
lässt diese Bildwerke in der That als vortreffliche Leistungen
aus der zweiten Blütezeit deutscher Skulptur erscheinen. Der
Name ihres Meisters war bisher nicht festzustellen. — Für die
Entwickelung des deutschen Grabmaltypus mit Porträtdarstellung,
für die Geschichte des Porträts, für Kostüm- und Waflfenkunde,
für epigraphische Beobachtungen giebt das Thema naturgemäss
ebensoviel Anregung wie für die stilgeschichtlichen Fragen. Die
nicht zu sparsam angeordneten Abbildungen nach eigenen Auf-
nahmen des Verfassers sind meist gelungen. K, Schäfer.
Anlässlich einer von dem rührigen Mannheimer Altertums-
verein veranstalteten Ausstellung von Erzeugnissen der ehemaUgen
Frankenthaler Porzellanmanufaktur veröffentlicht im Auftrage der
Idtlchririenscbau und Litteialumolura
509
ereinsleitung £, Heuser (Frankenihaler Ponellan. Kata-
g der vom Mannheimer Alterlumsverein veranstalte len AuBstellung.
[annheim, 1899) eine sorgfältige Üeschreibung der ausgestellten,
, T- scb( wertvollen Gegenstände, der auf drei Tafeln Nach-
iflduQgea der vorkommenden Fabrikmarken, Malennarken und
lästigen Ueizeichen beigegeben sind. Die Einleitung von F r.
aller giebt in Kürze einen trefliichen Überblick über die
escliichte der Fabrik, die im Jahre 1755 von P. Hannonf,'
Bipündet und 1 762 von Kurfürst KaH Theodor übernommen
mrde. mit der Ungunst der Zeilen kämpfend aber trotz hervor-
Mgonder künsllerischer Leistungen unter wachsendem Defijii
' ete, bis sie im Jahre 1800 aufgelöst wurde und die Nymphen-
ntrgei Manufaktur ihr Erbe antrat. A' O.
Seitdem im Jahrgang 1897 dieser Zeitschritt (S. 563 4) die
BW Lteferung des Wörterbuchs der elsässischen Mund-
Ion, bearbeitet von E. Martin und H. Lienhart (Strassburg,
ntbncr) angezeigt worden ist, sind vier weitere Lieferungen des
'erkes erschienen, so dass nunmehr ausser den Vokalen die
htchsuben F (V). G, H, J, K (Ch). L, M, N. im ganzen 50 Bogen
[itMS l,,«xikanoktav vorliegen, die als erster Band zusammen-
«fassi sind. Dass das Buch nicht, wie bei Beginn der Ver-
ffentlichung angenommen, bis Anfang 1899 vollendet worden
X, erklärt sich nur lum Teil aus dem Umstände, dass der eine
!r beiden Herausgeber, Direktor Dr. Lienhart, anderweitig mehr
I bisher In AniipTUch genommen wird; der Stolf ist unter den
Indon der Bearbeiter derart angeschwollen, dass anstatt sechs
«ra zehn bis zwölf Lieferungen zu zehn Bogen in .\ussiclit
mommen sind, die bis 1901 fertig vorliegen sollen.
In Deiug auf den Inhalt kann nur wiederholt werden, was
der ersten Besprechung gesagt worden ist, dass das Werk
De uneTst:höpflichc Fundgrube für das Studium der Sitten und
cbfAucbe, der Anschauungsweise, des Gefühlslebens und des
Inmora der breiten Volksschichten ist. Witzige Seh lag fertig keit
od packende Bildlichkeit zeichnen noch heute die Rede des
immrg aus,
sind
in treibend,
dem Geiler und Brant, Murner und Fischari ent-
Aber der Leser wird schon bei flüchtiger Durch-
n andern Eindruck gewinnen, nämlich den, dass
D Viilkclien zu thun hat, das, grösstenteils Acker-
n behaglicher Selbstgenügsamkeit auf der frucht-
fcn Scholle sich eines patriarchali sehen Daseins erfreut oder
iher wenigstens erfreut hat Ob ein mundartliches Wörterbuch
m Jahre 2000, wenn eine langsame, aber unaufhaltbare Ent-
:kJuDg den grössten Teil der Revcilkerung in die Städte, in
Q Dienst der Industrie gefuhrt haben wird, niclit einen wesent'
h andern Charakter tragen wird, ist eine Frage, die uobi ein-
J anfgcworfen werden darf.
5IO
Zeitschxiftenschau und Litteraturnotixeo.
Erfreulicher Weise scheint die ältere elsässische Litteratur
noch mehr als bisher herangezogen za sein; zu wünschen wäre
vielleicht, dass die Herausgeber aus ihrer absichtlich beobachteten
Zurückhaltung in Angabe der Etymologien etwas mehr heraus-
treten möchten. v. Borries.
In der »Festschrift zur Feier der Eröffnung des Real- und
Volksschulgebäudes in Kenzingen« hat O. Heilig eine dankens-
werte Studie über »die Ortsnamen des Kaiserstuhls« ver-
öffentlicht (auch im Sonderabdruck erschienen, Kenzingen,
R. Bühler, 1899. ^3 ^O* ^^^ ^^^ etymologischen Erklärungen
hat der Verfasser nicht nur die historischen Schreibungen jeweils
zu Grunde gelegt, sondern auch, was lobend hervorzuheben ist,
die gegenwärtigen mundartlichen Formen in Betracht gezogen.
Indem er ausserdem die heutigen Spottnamen der Bewohner,
sowie auch Namensagen beigegeben hat, ist die Ortsnamen-
forschung eng mit der Volkskunde verknüpft In den etymolo-
gischen Deutungen weicht der Ver&sser mehrfach von Krieger
(Topogr. Wörterb. des Grossherzogtums Baden) ab oder er macht
auf andere Erklärungen aufmerksam. Das wunderliche Ach-
karren^ alt AhtekarU etc., scheint mir aber, trotz den sehr
beachtenswerten sprachlichen Bemerkungen des Verfassers, immer
noch eine erux interpretum zu bleiben. Sollte es nicht doch,
wie Breisach und Riegel, keltisch-romanischen Ursprungs sein?
In Sasbachy alt Sahspach etc., — das übrigens schon von
Krieger, wie vom Verfasser, als Zusammensetzung mit dem Per-
sonennamen Sahso aufgefasst wird — ist der erste Teil wohl
sahs^ voraussetzbare Nebenform zu althochd. sahar »Riedgras,
Schilf«, also mit dem bekannten grammatischen Wechsel von s
und r in alten os-Stämmen wie got. ahs und althochd. ahir,
oder, noch naheliegender weil in ein und derselben oberd.
Mundart vorkommend, wie Schweiz. Lä/zgen (ahd. U/s) und
Schweiz. Läff^ pl. Läffer (ahd. leffur), Sahsbach, Sasbach ist dann
so viel wie »Bach mit Schilf«, gleichwie Rohrbach.
G, Ehrismann.
Das Totenbuch von Salem.
III non
II noo.
non.
Vlll id.
Von
F. L. Baumann.
(Schluss ').)
n. Teil.
kal. I
Januarius.
[O. Marquardus Scriba. O. magister Bertholdus,
scolasticus Constantiensis ').] Nota, quod in die
Circumcisionis Domini dat procurcUor domus in
Bibrach ') de mollendino diclo Holtzmüli^) piianciam,
VI non. 2 [O. Burkardus et Ita uxor eius, Bertholdas filius
eorum» dicti de Hödorf, de quibus datur i % \
et 30 'A.] 174g o. nobilis domina M. Ursula
Rellerin, nata Lainbererin, praefecti in Rönigs-
egg- Wald*) dni Antonii Keller uxor, quae legavit
B. M. V. ad columnam pro Corona 200 florenos.
Item D. Josephus Antonius Feuchtmayr, insignis
statuarius, cum uxore sua Theresia Hollsteinin,
qui legavit monasterio nostro domum suam cum
pomario in Mimmenhausen.
O. Johannes de Bodman miles«).]
O. Rüdolfus de Hewen.] O. 1755 fr. Joannes
Vahc, cv. Clara vallensis. O. 178g r. fr. M. Ludo-
vicus de Seihelles, diac. et can. s. Victoris Pari-
siensis.
5 [O. Hilteburg de Überlingen, Adelhaidis et Ger-
trudis filie eius.]
6 [O. Hailwig de Constantia.] Anno 1701 o.
Joannes Stengelin ammanus et capitalis iudicii
3
4
») VgL diese Zeitschrift N. F. XIV, 351. — «) Genannt 1256. —
3A. Stadt Biberach; über das Salemcr Haus in B. s. Beschreibung des
.. B. 69. — *) Welche d. N.? — ») Württ. OA. Saulgau. — «) Vgl. die
gesten dieses Geschlechtes in den Schriften des Vereins f. G. des Boden-
s, Heft 23 n. ff.
Zeitftchr. L Getcb. d. Oberrh. N. F. XIV. 4- 34
512
Baumann.
praeses Salemitanus in Owingeni), octuagenario
maior, qui donavit monasterio 60 flor. in remedium
animae suae.
VII id. 7 O. Joannes Uebli, insignis noster faber ferrarius,
qui legavit conventui 24 flor. ob remedium ani-
mae suae, anno 1662.
IV id. 8 [O. Anna uxor dni Johannls de Bodman. Item
o. Irmela Rähsly. O. Rüdolffus Aenlly, civis
Constantiensis, et pueri sui.j
VI id. 9 [O. Syfridus Husman, qui ligavit conventui pro
pitancia unum librum (sie) den. Constant., si non
dabitur in 12 diebus vel post, tunc cedet here-
dibus.]
111 id. 1 1 [O. Gerungi (sie) Stueky. O. Marquardos Bais-
wile^j.]
II id. 12 [O. Frisehhans de Bodman.]
id. 13 [O. Anna de Hädeck^). Item o. Fridericus rex
Romanorum, de quo datur pitancia*).]
XX kal. 14 [O. Agnes dicta de Ulma*), de qua dantur pro
oitaneia 3 Ä H. de decima in Berkach^).]
XVIII kal. 15 [Commemoratio Celestini apostoliee sedis legaii
nee non episeoporum Salezpurgensium.]
XVII kal. 16 [O. dns Bertholdus, eps. Curiensis '). O. C. com.
Sancti Montis«).] O. dns Johannes Warmser,
cappellanus cappelle beate Marie virginis in Esslingen,
fidelis amicus nostri moni, qui oh remedium anime
dedit nobis calicem argenieum intus ei extra deau-
ratwn in valore 2$ florenorum. Anniversariurn'^^)
gener osi Ülrici de Jungingen^^), qui in salutarc
remedium anime sue aliorumque consanguinitate aut
ajfinitate sibi iunctorum ac omnium fidel ium defunc-
torum legavit suum allodium seu ruralem curiam
in Kalchojfen^^) situatam cum omnibus pertineniiis
suis iuxta tenorem litterar um desuper confectarum^
^) BA. Überlingen. — '^) Kaum ein Sprosse der Familie von Baisweil
(buyer. BA. Kau(beuren). — ^) Doch wohl Haidegg. Zu welcher Familie
d. N. gehört aber diese Anna? Am ehesten ist anzunehmen, dass ihre
Familie nicht allzuweit von Salem angesessen war. An das Luzemer
Freihcrrngeschlecht ist kaum zu denken. — *) Friedrich der Schöne» gest.
13. Jan. 1330 Er schenkte Salem die Kirche Pfullingen, daher die Pitanz.
— ^) Vielleicht eine Tochter der noch blühenden Familie von Ulm. —
•^) Württ. OA. Ehingen. — 7) Letzter Graf von Heiligenberg, gest. 1298. —
") Ohne Zweifel der nach 1276 nicht mehr genannte Conrad, Bruder des
Curer Bischofs Berthold. — '') Pline andere Liste der Junginger steht unten
beim 3. Juli. — »") HohenzoU. OA. Hechingen. — *i) Kalkofen, hohenzoll.
OA. Sigmaringen.
Totenbuch von Salem*
513
quatenus dies anniversarius cum mtssa funerali
summo in altari cantanda ac quatuor candelis itixta
solitum accensis oh anime sue ac infrascriptoruni
saluUm devotius annuatim celebreiur, videlicet
Burckardi de Jungingen, Margrethe de Schönow^)
parentum suorum, Susanne de Richenstain^) dicii
üldalrici uxoris, pariier Hainrici de Richenstain
ei uxoris eius, parentum Susanne prenominate, nee-
non Beatricis predicti Üldalrici uxoris secunde^
similiter dni Jacohi Bayer^) militis sueque uxoris
Beatricis de Baldeck ^) oriunde, parentum prefate
Beatricis^ similiter Brigide de Bodma oriunde,
atque filie eius Anne de Rothoff en^ sororis sepedicti
Üldalrici huiusque legationis ultime executricis,
Bernardi quoqne de Rothoffen^) ac Johannis de
Richenstayn, prefate Anne legittimorum maritorum,
et aliorum omnium ex hiis progenibus decedentium;
ut autem fraires ad huiusce anniversarium pera-
gendum reddantur ferventioreSy voluit et ordinavit
prefatus legator, quatenus eo die, quo celehratur^
singulis fratribus duo frusta piscium distribuantur
ad re/ectionem^),
O. Cunradus] Wild, et [Judenta] uxor, [Otto] et
Ludwicus] filiorum, O, Stephanus Danner de
Nufron, carpentarius in Salem, qui ob amicitiam
et fidelitatem ordinavit conventui 6 florenos^ anno
i$2g obdormivit in domino, Schneckle, (sie)"*), et
Verena uxor eius i^js- O. Fridericus dux de
Teck, qui mono nostro donavit proprietatem
possessionum prope Meskirch dictarum des Isen-
harts guet in remedium animae suae et omnium
antecessorum suorum.
XV kal. 18 [O. Rudolfus Medicus et uxor eius, de quibus
dantur bibres per hyemem.]
XIV kal. 19 [O. Cunradus de Diengen 8) decanus; hie dantur
conventui 2 fif ►*► a pistore. O. Trütlich de
Stetten»). de qua dantur conventui 4 S H.] O.
rdmus D. Abundus Tschan, abb. Raitenhaslacen-
sis 1759.
XIII kal. 20 [O. Rüdolffus de Güttingen lO). Otto ppos.
ecciesie Saltzburgensis^^).]
XVIII kal. 17
») Bekanntes Breisgauer Geschlecht. — ') Die von Reichenstein gehören
tur weitverzweigten Sippe der vom Stein. — *) Konstanzer Familie. —
') Württ. OA. Urach. — *) Mir unbekannt. — «) Auf eigenem Papier-
ilAttchen ist eine Abschrift dieser Stelle im 18. Jahrh. beigefügt worden. —
f) Wohl Beinamen Danners. — ^) Hohentengen, württ. OA. Saulgau. —
*) Welches? — «<>) Im Thurgau. — ") War 1253 Wohlthäter Salems.
34*
514
Baumanp.
XI ka). 2 2
IX kal. 24
XII kal. 2 1 [O. dns. Ülricu« de Bodznan et magister Ülricas
de Überlingen.]
O. Wolffhardus eps. Augustanos ^}.]
O. Mangoldus com. de Neuenbürg.] O. 1776
ven. p. Philippus de Bouviliiers» can. et subprior
regalis abbatiae s. Victoris Parisiensis.
VIII kal. 25 [Nota, dedicacio maioris altaris debet celebrare
(six) proxima dominica post Conversionem s.
Pauli.]
VII kal. 26 [O. Hainricus In der Bünde, qui ligavit conventui
30 /3 a bursario pro ovis de censibus in NasdorfF^J
annuatim ministrandis (sie), alioquin de domino
visitatore debent accipi dicti census illo anno.]
'O. Hainricus vom Kloster], civis in Überlingen,
O. Hermannus de Hornstain], de quo daiur
pitancia,
O, nobilis armiger Itelhans de Bödmen, fidelissimus
huius moni amicus, 149(0)^),
[Commemoratio fratrum de Templo Dominik) et
fratrum Cartusiensium necnon fratrum de S.
Blasio.]
V kal. 28
IV kal. 29
II kal. 31
VI non.
II non.
non.
4
Februarius.
O, nobilis Agnes Schmellerin, benefadrix huius
moni specialis, 1494, O, nobilis dna, Genofefa,
uxor dni Johannis Jacob miliiis de Bodman, de
Windegg ^) oriunda, 1504, O. praenobilis domina
Joanna de Gemmingen«). D. Jo. Franciscus
Mönlein, foresti praefectus, qui B. V. Mariae ad
columnam 150 florenos legavit ob remedium
animae suae 17 18.
O, dns Johannes Hänis, pleb, in Wildorff"^).
[O. nobilis vir Anshelmus de Justingen ») et uxor
sua Hailwigis.] Anno 1680 o. nobilis dns Joannes
Haffner de Bietelschies»), electoris Bavariae dux
legionis peditum, qui in remedium animae suae
et uxoris suae Elisabet donavit monasterio trcs
mansus pratorum ad fluvium Andelspach *®) situ-
atorum.
^) Gest. 13. Jan. 1302. — ^) Nussdorf, BA. Überlingen. — *) Es steht.
1 49 in arabischen Ziffern ; diese Ziffer ist am Rande irrig von junger Hand als
1449 erklärt. — *) d. i. Tempelherrn. — *) Kant. St. Gallen bei Schännis.
— ß) Tochter eines noch blühenden Geschlechtes. — "') Weildorf, BA
Überlingen. — =*) Württ. OA. Münsingen. — ^) Hohenzoll. OA. Sigmnringen.
— '^') Hohenzoll. Flüsschen.
Totenbuch Ton Salem.
515
VIII id. 6 [Commemoratio fratrnm necnon ministerialium
Saltzpurgensium necnon Augiensium '),deRaithas-
lach et de Tennebach 2) et de . . .«)] de S. Gallo*),
sacerdotes (res missas, minisiri psalierium dicant.
De Siun^) ordinis s, Benedicti, de Chiemsee cano"
nicorum regularium; illa duo monasteria novis
iemporibus contraxerunt nohiscum fraternüaUm tem"
pore domini Georii abhältst), ei sunt siia in Inferiori
Bavaria'^) prope Wasserburck^),
VII id. 7 O. pie memorie Hermannus Maisterly, confrater
iotius conventus, O, C, miles et tixor alterius C,
de Hirmsdorff^).
VI id. 8 [O. C. dictus Princeps 1°).]
V id. 9 [O. dns. Waltherus de Stadigen*') miles.] O,
Diepoldus Hüter prehendarius, qui dedit mono vine-
am et cetera bona sua in Radrach^'^),
IV id. lü [O. Adelhaidis com» de S. Monte. O. Albertus
de Haidelberg "), de quo debet dare**) pitan-
ciam bonam de curia Appenmiili] superiori,
III id. 1 1 [O. Margaretha de Homberg i»), uxor Alberti
militis de Klingenberg *«). O. Luggardis Gamers-
wangerin J*!^), que ordinavit conventui vinum ad
biberes in estate.j
II id. \2 [O. dns Albertus, com. de Werdenberg.] O,
Magister Fridericus Stach de Spuira^^), orga^
nista, 14';$,
id. 13 Anno 1655 o. Georgius Bart ex Gossau in Tur-
govia oriundus, qui per 18 annos magister vieto-
rum huic monasterio fidelissimam navavit operam
ac ob animae suae suorumque consanguineorum
dalutem 900 fl. in parata moneta pro legendis
totidem missis necnon Beatae Virgini in Bimau
400 fl. ad construendum novum altare et con-
fratemitati s. Sebastiani unum craterem argenteum
in valore circiter 60 fl. ad conficiendum calicem
*) Au am Inn, Oberbayem. — •) Tennenbach, BA. Emmendingen. —
») Hier ist ein Name radiert. — *) St. Gallen, Schweiz. — *) Am Rande
erkUrt mit »vel Sainc Gemeint ist Seeon nördlich vom Chiemsee. — •) 1441
— '459» — ^ Im alten Sinne des Wortes, nach dem Niederbayem bis an den
Chiemiee ging, ganx richtig. — •) Wasserburg am Inn. — •) Helrtsdorf bei
Immenitaad, BA. Überlingen. — *<>) Wohl der letzte der Fürsten vom
Koosanbg. Conrad, Landrichter der Grafschaft Heiligenberg, noch 1343
• genannt. — »») Stadion, württ. OA. Ehingen. — ") BA. Überlingen. —
»») Kant. Thurgtu. — »«) Wer hat ni geben .=> — »») BA. Triberg. —
>•) Kant Thoigan. — »^ Aus einem Überlinger Geschlechte. — »») Speyer.
5i6
Baumann.
sacrum legavit, cuius anima in pace reqaiescat,
amen.
XVI kal. 14 [O. Methildis uxor dicti Waise >), de qua datur
pitancia'). Item o. Mäthildis de Rosenow. 0.
dns Gotfridus Basiliensis, eps. ordinis nostri^).]
XIV kal. 16 [O. Mäthildis, mater magistri Ülrici de Über-
lingen et Salburge de Pullendorff*).] Anno 1753
o. Joannes Michael LöfFler, monasterii Salemi-
tani fidelissimus per annos 50 oeconomus in
grangia Kirchbergensi, qui praeter callcem argen-
teum, deauratum, . 100 circiter fl. valentem
legavit etiam monasterio vineas suas in Imenstad,
et 600 ad minus fl. aestimatas, ea expressa cod-
ditione, ut vineae istae non in pecuniis seu
valore earum, sed in natura transeant ad mona-
sterium nostrum, ita ut ex eis 100 fi. Rhenani
deputentur B. V. M. ad columnam ecciesiae
monasterii, 100 alii dentur pro inscriptione sui
in necrologium, reliqua autem pertineant ad prae-
dictae grangiae nostrae Kirchbergensis sacellum,
in cuius etiam medio tumulatus est, voluitque,
ut ibidem pro anima sua quotannis in festo s.
Michaelis dicatur una missa et sacerdoti eam
dicenti medium floreni Rhenani, i. e. 30 cruci-
geri pro stipendio tribuantur.
XIll kal. 17 [O. Anna Roggwilerin, hie debet dare 3 ff^ *^ de
C. dicto Nängger de Überlingen.]
XII kal. 18 [O. Adelhaidis de Richenstain, de qua dantur
2 iE H.] pro pitancia. O. magister Engelhardus
Hofmann, pictor et praehendarius in Salem ißßo,
XI kal. 19 [O. dns Eberhardus de Walpurg, eps. Constan-
tiensis, quimulta bona domui in Salem impendit^).
O. Hainricus de Kempten «) et Gertrudis uxor
eius.]
XI kal. 2 1 [O. dns Johannes Cünrat, miles de Bödmen.]
O. Magdalena Winterin de Neufra, quae ob
remedium animae suae legavit monasterio suam
vineam 1671.
*) Wohl ein Edler von Waldsec. — ^) Am Rande von anderer Hand
beigesetzt : circa . . quod si non da . . . hospital . . Überlingen. (Durch Buch-
schnitt verstümmelt.) — ^) Einen Bischof von Basel d. N. kenne ich nicht.
Die Stelle wird besagen, dass ein Salemer Mönch Gottfried von Basel Bischof
gewesen sei. Ist dieser etwa mit dem Oeseler Bischöfe Gotfried (s. oben
S. 357) identisch.^ — *) L. Pfullendorf. «— ») Gest. 1274. — ') Ein
geborener Kern ptner, kein Adeliger.
Totenbuch von Salem. ciy
VIII kal. 22 [O. Rüdolfus Saltzman et Elizabeth uxor eius,
qni dederunt conventui 60 8" -v^, O. Albertus et
Irmigardis uxor eius de Haidelberg.]
VII kal. 23 [O. C. Pincerna *),] O. magister Hermannus rasor
et fidelis minister huius domus, cognomento Krantz,
de Nüfren. O, Johannes Nithart de Frickingen^)^
qui ligavit monasierio Salem 100 U ^ pro recorda^
tione anime sue et parentum suorum, anno dni 14^2.
VI kal. 24 Anniversariumreverendipatris, dni Üdalrici Knüwsl,
cancellarii illustris dni Sigismundi, archiducis
Austrit etc, et prepositi ecclesie Tridentine, Nicolai
patris et Ursule matris eius, Conradi, Johannis,
Caspari et Georii fratrum eius, Helene et Ursule
sororum eius^ quorum^) anime requiescant in pace,
V kal. 25 [Anniversarium her Bilgerins von Hödorff und
Bilgerin von Hödorff, sin sün, und Anna truch-
säsen von Diessenhofen^), sin elich husfrow, und
Herman, Bilgerin, Caspar, Balthasar, Albrecht
und Ortolff, allü sechs gebrüder, ir baider elichü
sün, allü von Waltsperg*), und hant dar umb
geben ir aygen lüt«).] O. Amelia de Hödorff,
O. 1761 Udalricus Schimpf ex Magenbuch, baiulus
Bachhauptensis, qui legavit conventui 11 fi. ob
remedium animae suae.
IV kal. 26 [O. C. Siberer de Salina''), de quo datur i II -a.
0. Ulricus de Hohenberg«) de quo dantur 30 ß\
pro pitancia et j maltra speltarum pro ovis post
festum Penthecostes a pistore, O. Anastasia de
Rüschach ^). O. hac die nobilis dominus Jacobus
Gremiich de Jungingen, qui ob remedium animae
suae et maiorum suorum huic monasterio Salem
gratis legavit 1000 fl., proinde r^us abb. et
venerabilis conventus ultro se obligarunt ad
missam annuatim hac ipsa die in altari s. Mar-
garetae, iuxta quod is cum parente suo sepultus
est, pro eo et maioribus ipsiüs dicendam.
III kal. 27 O. Burkardus eques de Triberg. O. 1756 r^us
D. D. Robertus Pendtner, abb. in Raitten-
haslach »«).
II kal. 28 O. Serenissimus archidux Austriae Sigismundus,
qui monasterio nostro donavit proprietatem in
») Von Winterstetten? — ») BA Überlingen. — ») Von damit Bleistift
erfahren. — *) Kant. Thurgau. — *) Ein Bargstall im BA. Messkirch. —
Dieser Satx ist im 16. Jahrhundert durchstrichen und durch eine lateinische
jersetiung ersetzt. — •) Hall in Tirol. — ») Wohl Homberg, BA. Über-
gen. — ») Reischach. — ^^) Gest. 175b.
5'8
Baumann.
Raulzhofen^) ea conditione, ot in aliqua die
quatuor temporum Quadragesimae cum aliqna
missa necnon et alias tarn ipsius quam omniom
antecessorum et posterorum pia memoria habe-
retur.
V
non.
3
IV
non.
4
III
non.
5
II
non.
6
Martins.
kal. I [O. Hiltrudis com^ de Sultz.] 1774 o. rm«s D.
p. Franciscus Gaspardus Contet, doctor theologus,
regalis abbatiae S. Victoris Parisiensis magnus
prior et can. S. Marcelli.
VI non. 2 [O. Hainrlch Am Ort de Überlingen et uxor eins
et pueri eins, de quibus dantur 30 ß **. O. dns
Johannes de Bodman, miles.] O, M, Viius
Schmaltzhafen de Neufron, qui in redemptionim
antme sue legavit conventui nosiro 60 ß», de quorum
annuo censu dantur fratrihus in refectorio duo frtata
piscium sahhato ante Quasimodo, 1548, et Appolonia
Störchin, uxor eius, 7557,
"0. magister Burckardus de Angnsta.]
O. Hädwick de Habspurg et Petrus filius eius^j.
item Eberhardus de Rosnow*).]
[O. Hainricus Brün*), qui ligavit conventui annu-
atim 3 fl.] pro pitancia.
O, Conradus Amma Uldingensis^), prebendarius in
Salem, qui legavit conventui 6 fl, 12 que ursos^), 1554-
O. 1790 r. p. Valerius Deleury, sac. can. pro-
fessor, can. S. Victoris Parisiensis et prior S.
Pauli,
non. 7 [O. Ortolffus der. de Laiterberg ^.] O. dns Joannes
Bieciieler, sincerus fratrum monasterii nostri ama-
tor, qui non paucis annis summa cum laude ac
pietate fratrumque emolumento praefuit organo,
anno dni 1617.]
VII id. 9 [O. Mäthildis de Werbenwag, de qua datur
pitancia.]
VI id. 10 O. Gotzwinus de Hohenfels^).]
IV id. 1 2 O, dominus Frischhanns, miles de Bodman, gesessen
zw Kargegkh^,) anno 1520, O. 1743 plurimum r.,
excell. dns Joannes Petrus Pagen, germanus r.
1) Ratshof bei Salem. — *) Wohl Glieder der schwäb. Familie von
Habsberg. — *) Rosna, hohenzoll. OA. Sigmaiingen. — *) Ob aas der
Zürcher Familie d. N.? — *) Ober-Unteruhldingen, BA. Überlingen. —
*') d. i. Batzen. — 7) Hohenzoll. OA. Sigmaringen. — *) Ruine bei Sipp-
lingen, BA. Überlingen. — ^) BA. Konstanz.
Totenbucb von Salem.
519
p. Josephi, SS. theol. et iur. atr. doctor, proto-
notarius apostolicus, illustrissimi principis Campi-
donensis consiliarius ecclesiasticus, secretarius
intimus nee non primarius aulae sacellanus, qui
contulit monasterio nostro varios libros in valore
circiter 200 fi.
III id. 1 3 [O. Rüdolffus sac. in Lütkilch. O. H. heremita ').]
XVI kal. 17 [O. dns Hermannus de S. Gallo sac, de quo
datur pitancia.]
XV kal. 18 O, Jäck Hesß de Nüfren prehendarius, qui bona
sua coniuHi nobis, Eodem die 0, Margaretha
SpSnheim, coniunx pretacti Jacobi Hesß, prebeu'
daria monasterii Salem, que omnia bona sua adhuc
vivens resignavii ad manus dni abbatis 1503, O.
ven, dns, Alexander Fabri, can, Conslanliensis ad
S, Slephanum et prebendarius noster, qui ultra
prebendam soluiam legavit monasterio 300 fl, ob
sui memoriam i$>ji, O. Udalricus Gremiich a
Jungingen miles, qui pro remedio animae suae
legavit monasterio 500 fl., cui vicissim abb. et
conventus promiserunt, se quotannis hac die in
altari s. Margaretae unam missam pro ipsius
anima perpetuo legendam curaturos, quam missam
cantor alicui commendabit, 1601.
XIV kal. 19 [O. Hermannus de Rauenspurg et Betha uxor
eins nee non Hainricus ppos. Spirensis^). O.
Irmigardis de Haidelberg.] O. 1774 r. p. Nico-
laus Rivet, can. reg. S. Victoris Paris.
XII kal. 21 [O. Albertus de Klingenberg miles, qui ligavit
curiam suam in Appenmüli^), que annuatim solvit
2 maltra spelte, 3 siliginis et 4 avene.] Anno
1775 o. D. p. Antonius Maria Rigait, can. regal.
S. Victoris Parisiensis.
XI kal. 21 [O. Burkardus de Ehingen^) et Hedwick uxor eius.]
X kal. 23 [O. dns Fridericus, archieps. Salczburgensis, de
quo datur 1 fif ^ Constant.*)] Anno 1623
23. Martii o. experientissimus chyrurgus, magister
Joannes Georgius Klausman, qui ultra 40 annos
üdelissima sua opera et indefesso in morbis
curandis labore optime de monasterio nostro
Salemitano meritus est.
^) Wohl Heinrich Fink, der Gründer der Einsiedelei Egg unter Heiligen-
rg. — *) Nach dieser Stelle scheiot dieser Propst zu der welfisch-staufischen
^enstmannttiisippe von Ravensburg zu gehören. — *) BA. Überlingen. —
Die Familie d. N. stammt aus der gleichnamigen Vorstadt von Rotten bürg
I Neckar. — ») Gest. 1338.
520
Baumann.
IX kal. 24 [O. Marquardus de Lindow, rector ecclesie in
Wildorf.]
VIII kal. 25 [Hie dantur 3 8^ -a pro pitancia de dno Alberto
Artzat de Mengen').] Anno 1782 o. r. p.
Petrus Lauras, can. regal. S. Victoris Parisiis.
VII kal. 26 [O. Rüdolfus dictus Smerli, de quo datur pitancia.]
O. Johannes Riegg et uxor sua de Owingen, qui
dederuni nobis vineam sitam in Nussdorff ob rem-
dium animarum suarum,
VI kal. 27 [O. dns Kraifto, ppos. Augustanus >), de quo
datur i U ^ pro pitancia.] O. rmus D. D. Can-
didus Wenzel» abb. de Raittenhaslach 17 17.
V kal. 28 [O. Addelhaidis dicta Labwinin, de qua datur
2 flf A% de quodam prato et vinea in Überlingen,]
IV kal. 29 [O. Hartmannus com. de Wirtenberg »), de quo
datur vinum Neccaricum. O. Cunradus de Rams-
wag^). Item o. H. Studegast miles, de quo
danlur 30 ß ^ de uno prato.]
III kal. 30 O, Grett von Forst, que contulit conventui agrum.
II kal. 3 1 O, nobilis dna Anna, uxor dni Joannis de Bodman,
oriunda de Klossen^ 1518.
Aprilis.
kal. I [O. H. Manbürrer et Addelhaidis uxor eius et
Margreta filia eorum, de quo datur i ü ^s.] 0.
r. p. Joannes Tranger, ss. theol. doctor et prior
de Orviaco, can. de S. Victore.
IV non. 2 [O. H. de Schwartzach 6), de quo datur pitancia.
O. Swänger de Liechtenstain ''j miles, de quo
dantur 5 ig" a et 9 ß .^ pro pitancia et 4 modii
spelte et 2 avene magne mensure de vivario ia
Ilmense»), item dantur semper in vigilia Nativi-
tatis Dni, in vigilia Pasce, in vigilia Penthecostes.
(). Elizabeth soror eius. O. magister Cünradu:^
Wittewiler, appotekarius in Costancia, frater dn:Ä
Georii abbatis, 1450.]
111 non. 3 [O. Rüdolfus Guttinger»)], de quo datur pitanck —
in die Pasche, [O. Gotfridus et Eberharduss
comites de Habspurg 10).]
5) Vgl. 20. Juli. — -) Von Neidlingen, gest. 1333. — ») Wohl Gn
Hartmann von Grüningen, gest. 1280. — *) Kant. St. Gallen. — *) Aus de
altbayr. Familie von Closen. — ®) Konstanzer Familie. — "^ Ob. württ. Oi*
Reutlingen oder hohenzoll. OA. Hechingen? — ^) OA. Pfullcndorf. -
■*) Der 1378 genannte R. Guttinger von Konstanz. — ^^) Von diesen Brüden
ist Gotfrid (f 127 1) Stifter der Habsburger Linie Laufenburg, Ebcrha-
(f 1284) der der Linie Kiburg.
Totenbuch von Salem.
521
II non. 4 [O. dns C, miles de Ramswag, de quo datur
pitancia. O. Mäthildis dicta Studegastin, de qua
datur pitancia. O. Cunradus dec. in Sefelt^) et
Mäthildis mater eius] et Burcardus pater ipsius
O, nobilis dns. Johannes Jacob de Bodman
iunior i$iS,
non. 5 [O. dicta Mölterin de Lindow, de qua dantur
tunice estivales.] 1765 o. pl. r. et ven. D. p.
Ludovicus Gentil, professus Claravallensis, prior
de Longo Vado^j. 1765 o. dna Maria Anna
Barbara Voglerin, nata Durachin, uxor relicta D.
Joannis Martini Vogler, rationum revisoris, quae
praeter alia contulit ecclesiae ad s. Leonardum
50 fi. et s. Crucis particulam thecae argenteae
inclusam in valore circiter 30 fl. ob remedium
animae suae. 1785 o. r. p. Joannes Kolin, can.
S. Victoris Parisiensis, prior S. Girinaili et can.
S. Exuperii, Corbolii*) et quondam cellerarius
ac magister iuvenum.
VIII id. 6 O, Cnnradus Rutharide Frickingen^ de quo da\n\tur
\pro^ pitancia tria frusta piscium Jeria 2, in diehus
Rogacionum, pro quibus idem contulit monasterio
ßo fl, Renenses,
VII kal. 7 [O. C. Degen, de quo datur pitancia. O. dns
Fridericus, Saltzpurgensis eps. *) et dns. Waltherus,
abb. in Raithaslach ^).]
V id. 9 O, ven, p, et D, D, Conradus Renner, utr, iur,
doctor, ppos, quondam ecclesiae Lovaniensis^) et
can, Constantiensis , qui legavit conventui nostro
jo fl, in praesenti pecunia et duo argentea vasa ad
manuum ablutionem in valore too fl„ anno 1550,
IV id. 10 [O. dns. Rüdolfus de Habspurg, Constantiensis
eps. '').]
II. id. 12 [O. Diethalmus eps. Constantiensis et abb. Augen-
sis^).] 1762 o. r. p. Nicolaus Vauthier Clara-
vallensis. 1790 o. r. p. Ludovicus Jacobus
Luirain, can. reg. S. Victoris Paris.
'III kal. 14 [O. Eberhardus miles de Rosnow, de quo datur
vinum Clavenne») conventufi] in vigilia Pasche.]
VII kal. 1 5 O. Mäthildis et Adelhaidis sorores de Mülhain 10),
I tf '^s O, Adelhaidis Ysemenni de Miskilch, de
qua datur pitancia.]
') Seefeld, BA. Überlingen. — '^) Longuay, Dcp. Haute-Mame. —
tzt Les Champs-Bons, Dep, Ardt^che. — *) Gest. 1284. — *) Gest. 1259.
^) Löwen in Belgien. — ^) Gest. 1293, aber 'am 3. April. — *•) Gest.
. — ») Veltliner Wein. — »«) Mühlheim, württ. OA. Tuttlingen.
522
Baumann.
XV kal.
XIII kal.
XVI kal. i6 [O. dns. Bertholdus dictus de Harthain ^)y sac,
de quo datur pitancia.] O. dnt. Wendelinus Faber,
docior iheologie inclyius, qui multa bona contulit
nosiro monasierio, de quo däntur duo frusia piscium
pro pitancia ob remedium anime sue, 1544.
17 [O. Abelinus de Tiengen^) et uxor eius Addel-
leidis, de quibus datur pitancia.]
19 [O. Lüdwicus dictus Züttelman, de quo conventus
debet habere pitanciam piscium in quatuor festi-
vitatibus beate Marie virginis.] O. 17 19 Joannes
Benz praebendarius, qui cum uxore sua Agatha
Claeusin omnia bona sua in Hangnaw'j contulit
monasterio nostro.
XII kal. 20 [O. H. dictus Lütolt et Adelhaidis uxor eius et
Lutoldus filius eorum, de quibus datur pitancia
de curia in Speck ^), et si non datur infra octo
dies, tunc illi fructus cedunt hoc anno conventui
•in Lutzelach*).] O. 1766 pl. r. ac ven. D. p.
Franciscus Martinet, prior abbatiae B. Mariae de
Buzaio in Britannia^), Claravallensis.
XI kal. 2 1 O, pie memorie junckherr Burekart von Jungingen^
geborn von Höchenvelß, de quo dantur duo frusia
piscium,
IX kal. 23 Anno 50 [o. dns. Eberhardus, com. de Werden-
berg.] O, Cünrat Landolt, qui contulit conventui
5 U ^ pro tunicis nocturnalibus,
VII kal. 25 O, ven. dns. Casparus Schaideckh^ parochus in
Urnaw, fidelis amicus et fatäor huius monasterii^
qui contulit conventui ob remedium animae sua(
100 fl„ anno a Christo nato 1599,
V kal. 27 [O. dns Hainricus, com. de S. Monte, et Wol-
dezlaus eps. Saltzburgensis ') nee non Hugo In
der Bund. O. dns. Johannes, com de VVerden-
berg.]
IV kal. 28 [O. Mäcthildis de Kilchains), M&thildis et filie
eius Agnetis, de quibus dantur nobis 6 S H. de
vinea in Neckerhalden ») et de retitibus (sie)
1 2 Ä in villam Brige *®), dat magister in Esslingen.
O. Marquardus de Stain.]
111 kal. 29 [O. Ülricus miles de Güttingen.]
II kal. 30 [O. Adelhaidis uxor C. dicti Nanggär.]
') Hartheim, BA. Messkirch. — ^) Hoben thengen, württ OA. Saalgau.
— 8) Hagnau, BA. Überlingen. — *) Spöck, hohensoU. OA. Sigmaringen.
— *) Kloster Lützel, Kanton Solothum. — ") Buzay, Dep. Loire Inferieure.
— ") Ladislaus von Schlesien, gest. 1270. — ®) Ob Kirchheim u. Teck? —
^) Bei Esslingen? — *^) So hiess die Vorstadt von Cannstadt 1. des Neckars.
Totenbuch von Salem.
523
kal.
VI non.
V non.
IV non.
[II non.
II non. 6
non.
VIII id.
VI id.
V id.
II
IV id.
12
III id.
13
CIV kal.
IQ
KUI kai.
20
XII kal.
21
Maius.
[O, pie memorie Albertus quondam rex Roma-
noram *).]
[O. Bertholdus com. de S. Monte •;.]
[O. Jacobus Schmid de Bibraco, de quo dantur
5 U H., et mementote puerorum suorum et uxoris
eins, pro pitancia.]
O, dns, Jacobus de Sulmingtn dec, de quo daiur
pitancia^
[Anniversarium dni Marquardi de Küngseckg^),
commendatoris Swevie, Elsacie, Minoris Bur-
gundie^) suorumque progenitorum, qui ligavit
conventui 2 U ^ pro pitancia pro piscibus, qui
debe[n]t dari feria quarta in diebus Rogationum.l
[O. Ludwicus Ower et Cünradus ülius eins, qui
legaverunt i U H. pro pitancia de vineis dictis
Aggerlin in Mettingen apud Esslingen, et Eliza-
beth uxor eins et Johannes Ower filius eins.
O. magister Diethericus Brün de Mümenhausen.J
O. 1788 illustrissimus ac rmus D. D. Antonius de
Malvis, archieps. Lugdunensis et abb. commen-
datarius S. Victoris Parisiis.
[Commemoratio fratrum Molisinensium^). O. dns.
Burchardus de Hoenfels, miles.]
[O. Judenta Gamerswangerin.] O. Bernhardus
Renner de Überlingen^ nosier fautor exsisiii, de
quo daiur pitancia, 1528,
10 [O. dns. Jacobus de Hermstorff, miles, hie datur
pitancia.]
O. Adelh.y [Bertoltus], Ä, [Hailwig de Kiseleck«).]
(O. Betha de Leweneck ''). O. dns. Ülricus Studen-
gast, miles, de quo datur pitancia.]
[O. Burkardus de Herenstorff"*).]
[O. dns Fridericus de Pfullendorff, sac] O,
Johannes Clem pleb, in Bermantingen, qui con-
tulit omnia bona sua monasterio nosiro» anno 1500,
O. Addelhait de Stain.]
'Hie dantur 3 f? ,s de Cünrado dicto Nängger de
Überlingen.]
8
») Gest. 1308. — *) Gest. 1262. — *) Aus der jetzt sUndesheirlichen
cnfamilie von Königsegg. — *} Gest. vor 1441 (Furstenberg. Urkunden-
i VI, 260). — ») Molesme, Dep. Cöte d*or. — •) OA. Wangen, diese
ilic starb zu Ende des 13. Jahrh. aus. — ') Lconegg, BA. Pfullendorf. -
. Hermstorff (Helmsdorf, BA. Überlingen).
«etvbo\ö^=. '-i 0. <""• ■,,„ bon« ri
«'<""'' ;>''rrv;;;>- ttt ^-o. ^^*
. ^7 v:.väi9, ^*.3„dicw8?:rui8ci«
lO'.^.^Lbete C:^e ^'^'^„^ u*
^ittttt itv <V
^^^^^^
\tv
Ben* V^^ ^tvVa
Xli
V:a\-
20
1^.
\0 ^ a
Vo\du9 ^
.e\ac^
i^^^^ ^' aarav^^^^
la ^^*^'
g*
piJ
ilC««""'
1°
dtvs«
lan
doli. ^^»
\X
\va\.
23
beig.^ ..^- /unici*^ ^^^'1*^, Sr^airf'
VU
Va\. ^^
Cü^;^'";/ /afrf^
anno
con'V
etiit^^
com
a
QjlflSiO
''Jo .599
de
S.
V Y^'
21
tves»
\V
Via\.
\.0. <i^* eps- S*TT ?o^
/
eV^'^
itv
^e(
^^"^ - -•^ni'de S^'SdünSe?.
'i^y'oio.
^; \3Vn<^*** -Ais «■
c.
30
,.%\!i^
cVv«
.^ s^^^
»^
l^ Half
O^
., ö»»'^*:: '-«•i:;^»*''
9\ Be^
iO>)
SO
524
Baumann.
V kal. 28
XI kal. 22 Anno dni 1655, 22, Mali, o. Elisabetha Bühellin,
quae legavit conventui in litteris censualibus.
argento et numer^ta pecunia' 1155 fl.
IX kal. 24 [O. Addelhaidis de Stockach ^).]
VIII kal. 25 [O. dns. C. de Nüffran, miles, de quo datur
>itancia.]
O. Rainhardus Heffelinus et Lutoldus de Schilt-
)erg2).]
IV kal. 29 [O. Johannes Rüfli de PfuHendorff, qui ligavii
conventui bona sua in Mettenbüch •).]
III kal. 30 [O. C. Wildo, de quo dantur 3 fif -a. O. Ulricus
Hortzgen taler de S. Gallo, qui dedit conventui
24 U H.]
II kal. 31 [O. Albertus de Bibraco sac. O. Agnes Trag-
botli, que ligavit conventui dlmidiam vineam in
Überlingen.] O. 31. Maii Emerentiana Binderin,
uxor Joannis Adarai Freystetter hospitis in Salem,
quae cum monasterio multis annis fidelem navasset
operam, praeter argenteam lampadem, quam ipsa
et dictus maritus eius Bae V. Mariae ad colum-
nam iuxta sacristiam in ecclesia nostra expositae
obtulerant, insuper conventui legavit 3 fl., cuius
anima requiescat in pace. Superaddidit idem
Freystetter cum altera uxore sua Joanna Brünnerii.
anno 1697 5^ ^* 24 crucigeros ob remediuiu
animarum suarum.
Junius.
kal. I 1667 o. Joannes Kesler prebendarius noster et
ammanus in Nusdorf, qui ob remedium animae
suae et uxoris Annae Billerin contulit monasterio
aliquot vineas et agros etc. in Nusdorff.
III non. 3 [O. H. de Burckberg*) et Johannes pater eiu^
et Adelhaidis mater ipsius. O. dns. Hainricu<
Studengast, miles, de quo dantur conventui pro
pitancia, et Bertoldus filius eius.] 1742 o. prae-
nobilis dns Franciscus Michael Eusebius Zoller.
qui dum 5Ö annos in coelibatu transegisseu
piissimo legato monasterio nostro pro animac-
suae Salute scriptotenus designavit 333 II. Annc^
dni 1753, 3. Junii inita fuit specialis confoede-^
ratio inter monasterium Claraevallense in Cam —
pania et Salemitanum in Suevia, vi cuiui====
') Im Hegau. — '-') Hohenzoll. OA. Sigmaringen. — •) BA. PfuUc!
«lorf. — -») Burgberg, BA. Überlingen.
Totenbuch von Salem.
525
i*') utriusque monasterii membra se invicem
syncere semper diligant, in necessitatibus iuvent
et deum pro invicem iugiter orent, 2°) cuius-
libet obitus sine mora significetur et 3^) anima in
capitulo absolvatur et consueta pro aliis suflVagia
percipiat, 4*^) nomen vero non tantum in loco
solito ecciesiae aftigatur, sed etiam in necrologio
ad diem obitus adnotetur ac denique 5°) haec
ipsa confoederatio ad praedictam diem 3. Junii
in eodem necrologio utriusque monasterii descri-
batur, ut latius habet instrumentum desuper con-
fectum anno et die praedictis.
II non. 4 [O. H. Winzürn de Merspurg, de quo datur
I U -A, dat refectorarius.]
non. 5 1*0. H. de Wildenfels J). O. C. Cappeller, de quo
datur pitancia.]
VII id. 7 [O. dns. Ber. Schamel de Vielingen*). O. dns.
H., rector in Brüchwiller»), sac, de quo datur
pitancia.]
VI id. 8 [O. C. de Ehingen in Esslinga, de quo datur
pitancia.] Hac die o. M. Christophorus Werner,
coccus fidelis conventus in Salem, qui dedit con-
ventui coronatum pro animae suae salute, 1604.
V id. Q O, sirenuus miles dictus Peregrinus de Hödorff,
iV id. 10 [O. pie memorie Agneta regina Ungarie*), de
qua dantur caiciamenta estivalia.] 1739 o. a. r.
D. Andreas Widter, parochus in Griesingeu *),
qui B. V. Mariae ad columnam donavit 100 fl.
ob remedium animae suae.
lli id. II [Anniversarium Hainrici dicti Blaurer^) de Con-
stantia, dictus quondam Zum Plug, qui dedit
nobis partem brachii de decem milium martyrum
ob remedium animc sue.] Anniversarium dni
Si.xlif ran' ecdesie Chiemensis,
id. 13 [O. H. dictus Göler et uxor eius, de quibus dat
cellerarius i maltrum spelte mensure in Über-
lingen.]
'II kal. 15 Hie dantur 6 B H de dno Aibrechto Arizai dt
Bibrach ") in festo Corporis Christi,
VI kal. 16 O. nobilis dns. Udalricus de Ramschwag. 1781
o. r. p. Joannes Ludovicus Poirier, can. S. Vic-
») Die Burg d. N. ist bei Wildenstein, BA. Meskirch, zu suchen. —
kan in Villingen, gest. vor 1308. — ') Burgweiler, BA. Überlingen.
Gest. 1364. — *) Württ. OA. Ehingen. — **) Aus der bekannten
ierfamilie Blarer. — •) Vgl. 31. Mai.
526
Baumann.
toris Parisiensis, prior in collegio b. Mariae de
Ampouvilla.
XIV kal. 17 [O. C. Kolb de Mersparg, de quo dantar
10 /? ^.] O. 1755 emmus ac r«os D. D. Joachimus
Besutius, ex abbate ad S. Crucem s. ordinis Cist.
eiusdem S. Crucis in Jenisalem cardinalis pres-
byter ac apostolicae sedis summus poenitentiarios,
qui uberrima fluenta gratiae propinavit, in omnes
beneficus, praecipue tarnen in Salemium totus
effusus; quippe non tantum Neobümovianam
peregrinationem eidem monasterio incorporatam
dexterrime in favorem nostram promovit, sed
etiam praeter maxima et plurima in dies collata
beneficia et munera gratiarum ipso praesertim
anno, quo viam universae camis ingressus est,
difficiles causas Salemio vindicavit, rnu D. abbatis
et monasterii nostri amicus et patronus maximus,
pauloque ante obitum suum casulam, qua ipse
in solemnioribus festis utebatur, huc transmitten-
dam testamento reliquit. Dignissimum proinde
censuit altefatus elln^us D. D. abbas cum sais,
ut in testimonium qualecunque submississimae
gratitudinis quotannis solemne missae sacrificium
pro omnigena eiusdem clementissimi patroni sui,
quamdiu in vivis existeret, celebretur, post trän-
situm vero solemne rursus ofücium de Requiem
(semel tantum), sed et omnia suffragia, sacrificia,
preces et psalteria, quae pro abbate proprio
defuncto fieri debent, pro eodem dicerentur.
£t quia in tanta plenitudine benedictionis memo-
riam sui reliquit praesentibus et futuris, pro
futuro quoque tunc sancitum est, ut emmus fautor
necrologio domus nostrae iusertus singuHs post
obitum annis bac ipsa die publice absolvatur et
bonorum operum peculiari modo particeps redda-
tur. R. i. p.
XII kal. 20 Rmus et amplissimus D. D. Emmanuel, abb. in
Raittenhaslaco, 1780.
XI kal. 21 [O. dns. C. de Tierberg, miles, qui ligavit
I a- H.]
X kal. 22 [O. Ulricus Am Ort et Anna uxor eins et filia
eorum, de quibus datur pitancia.] O, Cünradus
abb, Augensts'^), O, nobtlts dns, Joannes Wolf-
gangus de Bodman iunior, qui magno in amon
habuit fratres vionasterii Salem, i$6i,
') Schwerlich Abt Conrad in Au a. Inn, gest. 1259.
Totenbuch von Salem. C2 7
VII kal. 25 [O. dns Waltherus de Hohenfels, miles.] O. Ella
Schülerin de Underüldingen, que ligavit annuaiim
7 ß HeUencium ab uno praio, iacet ym Ramspach,
quod dicitur Mülwis,
VI kal. 26 [O. C. Mämminger, de quo datur pitancia.]
O, Ursula Winery, uxor Cünradt Räthart de
Frickingen, de qua datur pitancia,
111 kal. 29 [O. H. Snetterli, qui ligavit i U a.]
II kal. 30 O, Andreas Klotz, qui dum adviveret, unacum uxore
sua Anna Lörerin vineam suam iuxta Lütkirch^)
sitam, dictam im Sandtpühel, legavit monasterio
oh suarum, etiam predicti Andree prioris uxoris,
videlicet Dorothee Täderlerin, atque utrorumque
successorum suorum animarum salutem et remedium,
1792 o. rmus D. D. Theobaldus Weissenbach,
abb. Raittenhaslacensis.
Julius.
kal. I [O. H. Schoffel de Miskilch» qui emit curiam in
Heggelbach >),] hie datur pitancia.
V non. 3 Nota^\ in octava apostolorum Petri et Pauli debet
celebrari anniversarius dies, scilicet junckher Bür^
karten von Jungingen, her Wolffen von Jungingen,
frö Margreten von Jungingen, geborn von Schdn&w,
siner lieben elichen gemaheln, jungher Ulrichs von
Jungingen, ir baider elichen suns\ fr&w Briden
von Jungingen, geborn von Bödmen, ietzo siner
elichen husfr&wen, und ir baider eliche kinde, ob
und wie vil sy by ain ander elichen überkamen,
darnach hern Burcliarts von Jungingen, ritters,
sins urdnis, und siner elichen gemahel, geborn von
Klingenberg, her Wolfgangs von Jungingen, ritters,
sins dnis und fröw *) von Höhenfels,
siner husfr&iven, her Cünratz und her Ulrichs von
Jungingen, gebrüder, höchmaister zu Prüssen Tut-
sches Ordens, her Burckartz von Jungingen, ritters,
den man nlmpt den Harscher, jungher Friderichs,
Wölfflis und Hansen von Jungingen, alle des
benempten her Wolffgangen süne, her Lienharts von
Jungingen^ ires brüders, ritters, und fröiv AdelhaiUn
von Jungingen, geborn von Höhenfels, siner elichen
*) Leutktrcfa, BA. Überlingen. — •) Hohenzollern. — ») Verschieden
dieser Liste der Junginger und ebenso von der am 8. Januar ist die in
Milemer Fflrbitten, ed. v. Weech in dieser Zeitschrift 49, 284. — *) Raum
len Namen gelassen,
eitschr. f. Gesch. A Obcrrh. N. F. XIV. 4. 35
5 2«
Baumann.
geftiaheln, des obgenanUn jungher Burkarts iühen
und giiruwen vatUr und muier, fröw ElsbeUn ton
Künsegg, geborn von Jungingen, des selben her
Wolf gangen töchier, her Cilnratz, jungker Ülrichi,
jungker Hansen sälgen, jungker Wolf gangen von
fungingen, fröw Katkerinen vom Slam, fröw EU-
beten von der Hoken Landenberg ^), witwen, haid
geborn von Jungingen, alle des eberürten junghtr
Burkarts von Jungingen gesckwisierdig, Cunratz
von Jungingen, frö Julianen von Landenberg,
geborn von Jungingen, und andrer irer gesckwiiUr-
dig, des selben jungker Wolfgangen elicker Kind,
item her Bürckariz von Hökenfels, ritiers, fröw
Katkerinen, siner elicken kusfrözven, geborn von
Elrback '^), fr ovo Eisbeten von Künsegg, geborn ton
Hokenfels\
VI non. 4 O. dns, Michael Öttinger de opido Eckingen %
succentor et cap. ecclesie catkedralis in Constantia,
qui zelo caritatis et ajfectu singtäari, quem habuü
ad fratres et personas monasterii Salem, contulit
eidem trtonasterio omnem suam substanciam mobilem
citra valorem loo ß, Renensium, de quo dantur
ipsa die Anne geniiricis Marie virginis gloriose duo
frustapiscium conventui pro pitancia, 1504. O. 1766
pl. r. D. p. Antonius Maignant, in pluribus Cla-
raevallensis lineae monasteriis prior et in Clara-
valle expresse professus.
II non. 6 0, Bartholomeus Humel praefectus in Bermaiingen,
qui in remediuin animae sue legavit conventui nosiro
60 ß,, anno dni i^ßo, et Ursule N, uxoris eins ißxi-
(). diem filius eius Bartkolomeus Humel, praefatm
ift eodem pago, qui ob remedium animae suae donaiil
conventui nostro craterem argenteum cum opcrculo,
anno dni 1364,
non 7 O. nobilis dns Wilhelmus Ebinger a Burg^),
praebendarius in Salem, qui multa bona con-
tulit monasterio nostro, anno 1648.
^) Hohenlandenberg, Kant. Zürich. — '^) Der namengebende Sitz der
von EUerbach ist Erbach, württ. OA. Ehingen. — ») Von sehr schöner Hand
auf eigenem eingehefteten Pergaraentblatt geschrieben. Auf der Rückseite des
Blattes schrieb eine Hand von ca. 1500 eine lateinische Übersetzung dieses
Eintrages bei und sagte dann noch : Fuit itaque intentio sepe dicti dni Wolf-
gangi, ut singulorum nomina annuatim in capitulo pronuntientur, quam oh
rem unicuique fratruni in refectorio duo distribuantur frusta piscium. Requies-
cant in pace. Beigeheftet ist eine im 18. Jahrhundert geschriebene Kopie
dieser Übersetzung auf Papier. — *) Ehingen a. d. Donau. — *) Eine
Fürstenberg. Beamten familie.
Toten buch von Salem.
529
KV kal. 18
Ml kal. 20
VIII id. 8 [O. dns. H. de Lütkilch, sac. 1) O. dns. C. Sätzli,
qui ligavit 2 £r ad tunicas estivales.
VII id. 9 Hie committat missam de s. Cirillo martire dicen-
•dam cantor, officium ipsius, sicut Thome mar-
tyris et pontificis.]
VI id. 10 O. nobilis dns, Johannes Jacob de Bodman senior,
strenuus miles in armis, j^oj, 1765 o. pl. r. D. p.
Carolus Thielin, professus et senior in Claravalle,
anno aetatis 80, professionis 68.
IV id. 12 [O. Walchün dec. Constantiensis ecclesie^.]
II id. 14 [O. Hylla dicta de Mos, de qua dantur 2 fif ^%
Constant., que construxit infirmitorium novum.]
III kal. 16 [O. H. dictus Scholl de Marchdorff, ligavit i U ^s.]
O. dns Petrus Reiz, chyrurgus peritissimus in
Salem, qui legavit B. V. Mariae ad columnam
70 fl., anno 1726.
VI kal. 17 [O. dns Johannes, miles de Bodman, amicus
noster fidelissimus. O. magister Ber. de Scafusa.]
fO. Rüdolfus de Bermatingen •).]
O. dns. Albertus dictus Artzat*).]
XI kal. 22 [O. H. famulus noster in PfuUendorff, de quo
datur pitancia de possessione sua in Lalwang^).
O. pie memorie Otto Schüler ß).] Nac die et
quaria Jeria Cinerum dantur nobis duo frusta
piscium de Johanne Haberkalt et Elysabeth uxore
sua de vineis situatis in Überlingen, quas dederunt
nobis in remedium animarum suarum nee omnium
parentum eorum, quas vineas emit a nobis 400 U
H. 1426,
IX kal. 24 [O. dns Hainricus de Lefliswiler'), de quo datur
pitancia. O. H. villicus de Büffnang»), datur
pitancia] jo ß ^, [O. Johannes von Stadigan
miles, Elisabeth de Aemerkingen»). O. H.
VValther et Job de Stadigen et Adelhaidis Füchsen
uxoris sue.
III kal. 25 O. H. Renplt de Überlingen, qui ligavit molen-
dinum in Urnowe et omnia, que pertinent ad
illum, post obitum fratris C. Am Ort.] O, Johannes
dictus Kocus de Bibraco, qui multa bona contulit
monasterio, et Lügardis uxoris sue.
») Wohl der Leutpriester Heinrich von Leutkirch von 1327/28. —
St. 1281. — ^) Nicht etwa ein Edler, sondern ein Bauer, genannt 1301.
Vgl. 25. März. — '•') Lellwangen, BA. Überlingen. — •) Ein zimme-
•r Dienstmann, genannt 1367 (Fürslenberg. Urkundenbuch VI, Nr. 43, 2,
uch sein Siegel abgebildet ist). — ") Genannt 1335. "" ®) Baufnang, BA.
lingen« — *) Emerkingen, württ. OA. Ehingen.
35*
530
Baumann.
VII kal. 26 [O. dns. C, miles de Nüflfron, et uxor eius
Salome. Hac die magister hospitum inferior
debet conventui proventus possessionnm in Men-
wang*) dare pro piscibus, prout fr. Dietericus
lilius subscripti dni. C. de Nüffron , m. istins
domus, ordinavit, quando easdem possessiones
comparavit de consilio abbatis.]
VI kal. 27 Anno dni 14'j'j, egregius vir, dns, Andreas Richlin^\,
arciwn et medecine hac nostra in pravincia doctor
expertissimus habiius, qui a 40 annis et ultra
monasterio nostro in medendo et aliis quam pluribui
gratuitis uiiliter proficiens^ extremum vite sue claudem
diem, in choro conversorum honorifice tumuiatus
requiescat in pace, amen, Huins^) filius Matthias
Reichlin donavit monasterio nostro quartam dimi-
diam deciraarum in Tifingen^), pro qua dona-
tione abbas et conventus anno 1491 sese ultro
obligarunt dicendi missam de Requiem quotidic
perpetuis futuris temporibus in altari s. Crucis
et singulis sextis feriis quatuor temporum apud
sepnlchrum praefati dni Andreae Reichlin cum
duabus ardentibus cereis et aspersione aquae
benedictae per 6 ad minimum conventuales per-
solvendi vesperas defunctorum. 1 763 o. fr. Joannes
Barbier, cv. Claravallensis.
Augustus.
III non. 3 [O. dns Johannes Hippar de Bibraco sac, qui
omnia sua dedit monasterio.] O. 1785 r. p.
Petrus Ludovicus Begaule, can. regal. S. Victoria
iubilaei (sie), can. S. Martini de Campeliis et
prior S. Domnini.
VI II id. 6 [O. Johannes Stüber dictus de Stockach.]
VI id. 7 O. Johannes Tusentschin de Wildorf, prehendarm
et fidelis aviicus n oster,
V id. 9 [O. Gotzwinus de Hohenfels.]
IV id. 10 [O. Johannes miles dictus Itelhans de Bodman,
de quo dantur 3 U .s pro pitancia. O. Mar-
quardus magister civium in Esslingen^) et uxor
eius Adela, qui ligaverunt pro pitancia 3 fi^ H.
annuatim. O. Albertus dec. in Esslingen.]
^) Mennwangen, BA. Überlingen. — *) Ahnherr der Familie Reichlm
von Meldegg. — *) Das Folgende ist im 18. Jahrh. beigefügt. — *) Tüfingen,
BA. Überlingen. — *) Genannt 1273 als scultetus, 1294 als capitaneus civitatis.
Totenbuch von Salem. ^3 1
111 id. 1 1 O. junckher Wolf gang, geh, von Hochenfelß^ von
Jungingen,
11 id. 12 1762 o. in Claravalle fr. Bernardus Sauvage,
oblatus.
id. 13 O. pie memorte Ülricus Elegast prebendarius, de
quo dahir pictancia in die Exaliationis s, Crucis
de vinsa sua in RaUhaUden,
IX kal. 14 [O. dns Albertus de Werdenberg, com. O. dns
Waltherus de Hoenfels, miles. O. H. abb. de
Schaffhusen.]
III kal. 15 Hie dantur de dno. Alberto Artzat de Mengen
3 flf ^ pro pitancia.] Praenobilis D. Bernardus
Seegmüüer et Rosa Herzin ex Hohenfels, qui
pro animarum suarum salute ad construendum
Bürnovianum templum 100 fi. obtulere.
J\\ kal. 16 [O. Burkardus Mainwardus*) de Friburg.]
CV kal. 18 1781 o. p. r. p. Jacobus Dufresne, prior B. V.
M. de Monte Beonis, can. regal. S. Victoris ac
cellerarius.
IV kal. 19 1801 riDus D. D. Emmanuel, abb. Raitenhasla-
censis.
III kal. 20 [O. C. dictus Nängger de Überlingen«), de quo
debent dari 1 2 fif >a Constant, semper in ieiunio
quatuor temporum 3 0»^.] 1755 o. fr. Josephus
Frischknecht, eremita ad s. Crucem prope Wald^)
(vulgo zum Geschossenen Bild), qui ex sua pau-
pertate monasterio nostro obtulit 10 fi. ob reme-
dium animae suae.
IX kal. 24
lU kal. 25
O. Ulricus de Stetten^), de quo dantur 2 U H.]
O, Hiltpoldus et uxor et filii eins de Steck-
joren*).
/II kal. 26 [O. dns Mangoldus, com. de Rordorff*).]
VI kal. 27 O. dns H. sac, rector ecclesie in Umow.] O.
>773 !*• P- Natalis Legras, can. S. Victoris Pari-
siensis.
VI kal. 29 O. 1755 a. r. D. p. Petrus Nacquart Claravallensis.
O« *7^5 P^« r. ac ven. D. p. Carolus Boulanger
Claravallensis, prior de Longo Villari^). 1779
o. illustris et excellens D. Jo. Evang. Christianus
Mayer de Rosenau, iur. utr. D^, cancellarius de
1) Ein Nebenzweig der bekannten Sippe Schnewltn. — ') Genannt 13 17.
Hohenzoll. OA. Sigmaringen. — *) Von welchem? — *) Steckbom,
. Thurgau. — *) Gest. um 1210. — Hinter dem Namen Mangolds steht
Kürzung: »pra. dne«, die ich s. m. mit »propitiare domine!« auflösen
te. — "O Longvilliers, Dep. Pas de Calais.
532
Baumazin.
Salemio et [de] r^o collegio abbadali (cuius
syndicum et ad Visitationen! cameralis iadicii
subdelegatum per plures annos agebat), optime
meritus, qui post insignia, quae monasterio nostro
per fere 30 annos praestitit, officia et servitia
pretiosam insuper bibliothecam suam legavit.
III kal. 30 O, Caspar Müller de NUfron, qui interfecint est
in servicio nostri monasterii, O, Lents Oswalt
civis in Überlingen, f rater dni Ludowid abbatis
huius monasterii, i§o§.
September.
IV non. 2 [O.dns. Johannes de Marchdorff, miles, de quo
datur T ^ de vineis sitis in Rickenbach in March-
dorff.] O. 1753 ven. p. Edmund US Denise,
prior titularis de Bella Aqua*), professus Clara-
vallensis.
III non. 3 [O. dictus Vinck civis in Überlingen, qui ligavit
I 8f vS pro pitancia. O. magister Johannes Egner,
can. Constantiensis et ppos. S. Stephani.]
VII id. 7 [O. Lüggardis de Guttingen.] Item Petrus Weber
et Elizabeth uxor sua de Mymenhusen dederunt
in promta pecunia 60 U <a monete Constant. ad
officium refecterarii ea condicione, ut quilibet
refecterarius, qui est aut qui pro tempore erit.
singulis annis super festum Dedicacionis nostre
ecclesie conventui aministret pitanciam bonara
de piscibus de bonis in Hagnow situatis, que
possidet idem refecterarius, que quondam fuit
Hainrici dicti Bomar, sue vinee (sie) et torcular
cum suis attinentiis.
VI id. 8 Hie dantur 3 ?7 ^^ de dno Alberto Artzat de
Mengen pro pitancia.]
V id. 9 (). rmus D. D. Petrus Mayeur, abb. Claraevallis,
1761. 1779 P^' ^' '^^ clarissimus D. Nicolaus
Haillar, can. S. Victoris Paris, ac doctor theologus.
id. 13 [O. Serenissimus dns. dux Otto de Bavaria et
dna Riehardis uxor sua^), quorum anniversarium
eelebrandum est in altari s. Crucis, qui dedit
nobis libertatem ducendi sal nostrum per omnia
sua loea sine teloneo.]
') Bellaigue, Dop. Pay de Dome. — ^) Otto IV. von Niederbayern,
gest. am 19. Dezember 1334, ""^ Seine Gemahlin Riehardis, gest. am
7. März 1360.
Totenbuch von Salem.
533
VIII kal. 14 O. magyster Martinus, organisia et prehentarius,
XLVI kal. 16 [Anniversarium dni Marquardi de Küngsegg,
ligavit 2 U ^ pro pitancia, que debet dari feria
quarta post festum Exaltacionis s. Crucis.]
XV kal. 17 [O. Johannes de Schellenberg i), Heinricns de
Blümeneck^), Gotfridus de Kreigen») nee non
Anna, Addelheidis et Katherina uxores eonim,
fih'e Johannis militis de Bödmen] <?/<) Cunradus
de Bödmen tum'or^)^ qui^) omnes anno 1307 in
Castro Bodmann fulmine interierunt. Ipsum
castnim postea per manus Joannis senioris de
Bodmann dono ad nos transiit et mutato nomine
dictum est Mons B. V. Mariae.
XIII kal. 19 Anno 1620 o. nobilis et strenuus miles, D.
Joannes Wolffgangus a Bödmen, Espsingen et
Walwys*).
XII kal. 20 A. r. praenobilis et excellens dns Joannes Wer-
nerus Zoller, medecinae et philosophiae [doctor],
physicus Marispurgi, Salemii Ordinarius, conventui
legavit 6 fl. ob remedium animae suae. O. 1754
o. r. ac ven. D. p. Martinus Vincentius de Sain-
tignon Clara vallensis, prior de Fonteneto''). 1762
o. in Claravalle fr. Jacobus Capitain cv.
XI kal. 21 [Hie dantur 3 f? H. de C. Nängger de Über-
lingen.]
X kal. 22 1761 o. in Claravalle fr. Guidon cv.
IX kal. 23 1762 o. r. p. Gabriel Georgeon Claravallensis,
V kal. 25 [0. Willa de Passungen, de qua datur conventui
vinum Neccaricum tempore minutionis generalis.]
IV kal. 26 O. 1754 pl. r. ac ven. D. p. Antonius Fauvre
Claravallensis, dr. theol., Parisiensis, olim prior
de Nigro Lacu«),
II kal. 30 [O. dns. Fridericus Schwiger, sac. in Esslingen,
de quo datur i ff H, de vinea in Roreck ibidem.]
October.
kal. I [O. dna. Rila de Bermatingen, que contulit nobis
decimam vini in Wangen. O. dns Burkardus,
miles de Hohenburg^).]
M Ruine im Fürstenthum Lichtenstein. — *) Blumegg, BA. Bonndorf.
') Hohenkrähen, BA. Engen. — *) »Et — iuniorc ZusaU des 16. Jahrh.
Rasur. — *) Das Folgende ist Zusatz des 18. Jahrh. — '^\ Espasingen,
ilwies, BA. Stockach. — *^) Fontenay, Dep. Cöte d'Or. — ») Ncrlac,
. eher. — •) Homburg, BA. Stockach.
534
Baumann.
VI non.
V non.
2
3
II non.
[O. Ulricus Schopf. O. C. com. de S. Monte.]
O. 1734 rmuft D. D. Kilianas, abb. Raitenhaslaci.
[O. Johannes sac. de Augusta.] Anniversarium
strenui miliiis Peregrini de Hddorff, quod deUi
celebrari cum missa in noia, ui moriz est, cum
quatuor candelis, de quo danlur duo frusta piscium.
O, Johannes Wirdig currifex de Lückirch, qui
coniulii monasterio annuaiim 5 % H., 1498, O. 1 765
r. D. p. Maria Jacobus Morgan regalis monasterii
S. Victoris Parisiensis, prior de Nemore s. Petri.
III non. 5 [O. H. rasor, qui multa bona contulit nobis et
specialiter ad cucullas dedit 200 flC H., de quo
etiam debet dar! pitancia a magistro cucullarum
in die Omnium SanctorunLJ
6 [O. dna Agnes, com» de Werdenberg,] burggravia
de Nürenherg^), O, M, Mathias Schiner de Cofi'
siantia, symphonista in Salem, 1548, O, M. Bene-
dictus Schiner, organista in Salem XV kal, Julii
anno i$66, O, M, Mathias Schiner, organista in
Salem, filius eius, XV kal, Julii anno 1572,
O. dns. Eberhardus, rector ecclesie in Wart-
lusen^), qui multa contulit nobis et specialiter
dimidiam partem in predo cucullarum, que dantur
tempore paschali, ideo sacerdotes debent dicere
pro anima ipsius collationem, ministri Septem
psalteria^).]
1709 o. D. Joannes Antonius com. de Spaur*),
Caesareae Maiestatis consiliarius, fautor et patro-
nus huius monasterii, qui contulit calicem in
valore 300 fl.
IV id. 12 [O. Gotfridus com. de Rordorff.] Salisburgi 1733
in Dno o. illma Dna Maria Anna com» de Mont-
fort, nata com» de Thun, dna de Brigantia, Tett-
Tiang et Argen, quae thaumaturgae nostrae ad
columnam dolorosae obtulit duos angelos ex tolo
argenteos in valore 304 fl. 48 xr.
o
II id. 14 [O. Ulricus Multer de Lindow, de quo dantur
tunice estivales. O. Addelheidis dicta In der
Bund, de qua dantur 30 /?, debent dari conventui
a bursario de censibus in Nusdorff pro ovis,
alioquin dicti census a dno visitatore debent
accipi illo anno in suo conventu.]
non. 7
VII id. 9
^) Ihr Todesjahr ist unbekannt; sie lebte noch in der zweiten Hälft«
des 14. Jahrh. — «) Warthausen, württ. OA. Biberach. — ») Oder psahnos?
Geschrieben ist nur »ps«. — ■•) Noch blühendes Tiroler Geschlecht.
Totenbuch von Salem.
535
id. 15 Hie darUur 3 frusta pisdum de Walthero dicio
Münch et Anne uxoris eins de Constancia,
ka). 16 [O. Anna dicta Greterin, relicta Rüdolfi dicti
Aükg^lli, de quo datur bona pitancia de posses-
sionibus in Utkoven ^) ; quod si neglectum fuerit,
cedet heredibus illo anno. O. Gertnidis relicta
dni Jacobi, militis, de Hermstorff et Elizabeth
filia eins, de quo datur pitancia. O. pie memorie
Waltherus dictus Münch et Anna uxor eius de
Constancia.] O. 1 765 r. p. Gabriel Corentinus
Du Poyel, can. professus S. Victoris Parisiensis,
8. factiltatis baccalaureus.
kal. 17 [O. H. de Güttingen.]
kal. 18 O. 1703 d. Paris com. de Ladron*), Caesareae
Maiestatis consiliarius, qui vestem auro contextam
in valore aliquot 1000 fl. donavit nobis. O. 1753
rel. fr. Joannes Claudius Ecureil Claravallensis.
kal. 19 [O. C. Bomar»).]
kal. 20 [O. Johannes Ailkgelli civis in Constantia, de quo
datur bona pitancia de possessionibus in Utkoven.]
kal. 21 O, pie memorie Johannes Gengebach ei uxor eius
Anna de Constantia, dequibus dantur 3 frusta piscium
pro pitancia,
kal. 22 [O. Nicolaus Zedier, scriptor civitatis in Über-
lingen, fidelis amicus noster.] O. Petrus Eggen-
hofer de Monaco*'^ prebendarius in Salem, qui
contulit conveniui 20 fl, ob remedium anime sue^
1^6$, O. 1773 r. p. Stephanus Mellonus Aubery,
can. S. Victoris Parisiensis nee non can. S. Mar-
tini de Campellis et prior S. Domnini.
kal. 26 [O. Adelhaidis dicta vom Riett, de qua datur
pitancia.]
kal. 27 O. dns Bertoldus, rector in Beringen^), qui con-
tulit nobis 2 U H., magister in Esslingen dat.]
1779 r. p. Joannes Bapt. Budec, can. regal. S.
Victoris Paris., Dr. theol. et prior de Buciaco«).
kal. 28 [O. dna Elisabeth, quondam Romanorum regina?).]
O. pie memorie Johannes Bodmer, noster preben-
darius et socius nostrorum omnium 1524,
kal. 31 [O. dns Rüdolfus, miles dictus Studegast, datur
pitancia. O. dns. Lantzendorffer, professus in
Crutzlingen»), O. dns. Jodocus de Birnow, qui
fetkofen, württ. OA. Saulgau. — *) Lodron, Tiroler Geschlecht. —
einem Gcschlechte der Reichsstadt Wangen. — *) München. —
es der vielen d. N.? — •) Buzay, s. oben S. 522. — ') Gest. 13 13.
euzhngen, Kant. Tburgau.
C75 Baumann.
multa contulit monasterio, qui ordinavit, qnod
omni septimana debent due misse celebrari ad
altare s. Anthonii, quod si neglexerit, dimitdttir,
omnia, que donavit monasterio, debent cedere
ad ofBcium pitanciariatus.]
November.
kal. I [Hie datur pitancia de H. rasore nostro a
magistro cucullarum ]
IV non. 2 [Hie datur pitancia de dominis de Bodmeiii qui
ordinavertint 3 flf Ji in festo s. Martini pro
pitaneia.]
o
III non. 3 [O. Ulrieus de Guttingen.]
II non. 4 [O. Anna de Lewenegge. O. Otto Domer et
mater eins.]
VIII id. 6 Anno 1749 Mestre civitatis in ßnibus Venetiarum
sitae pie o. nobilis ae perdoetus dns. Franciscus
Salesius Bürling, iur. utr. eandidatus, qui in
honorem Bmae Virginis monasterio Salem omnia
bona sua in valore 700 vel ultra fl. contulit.
1784 o. r. p. Nieolaus Franciscus Hult, can. S.
Victoris, supprior Parisiis, prior S. Dionysii in
Athis^), dec. etc.
O. Nicolaus de Daberswiler^) sac,
O. dns Aielchior N„ suffraganeus Consianticnsis,
qui dotavii conventum cratere argenteo intus et forn
deaurato in valore 60 ß. ob sui memoriam^ 1^48.
[O. Ulricus com. de Schelcklingen.] 0, pi(
memorie domnus Gunthramus miles, primus fun-
dator in Salem ^ anno dni 1138; prima missa in
die Martini celehratur pro eo cum una collecta d
in analogio pronunciari debet^), O. Hainrim
Brun et Adelhaidis üxor eins nee non Johanna
Lyvo, cives de Schaffhusen, qui dederunt conv(ntui
annuatim 6 ß. pro remedio animarum suarum, anw
144s ^)* ^77^ r. p. Joannes Michael Turgis, can.
regal S. Victoris Parisiensis, olim prior ecclesiae
parochialis s. Martini de Duciaco^),
II id. 12 [Hac die dantur pro pitancia 4 ^ H. de C. ^^irt
de Rotwila, quas expedit magister in Esslingen
') Undeutlich geschrieben, es könnte auch Cithis heissen. — ') ^^
nicht verschrieben für ^Dankeltswiler«? — =*) Geschrieben um 1500. — *) Ge-
schrieben im 16. Jahrh. — ••) Douzy bei Sedan?
VII id.
V id.
7
9
III id.
1 1
Totenbuch von Salem.
537
de 5 iugeribus pratorum in Tegerloch *) [et?] de
possessionibus Mächthildis dicti Gerlachin in
Stainbach de censibus i U H.] O. Juncker deU
Bentzele, servus servorum, 1537^),
III kal. 14 O.Juncker Hans de Bödmen, bonus amicus hutus
monasterii etc.
^'11 kal. 15 [O. Mäthildis, filia GuntramiS) militis.]
^VI kal. 16 [O. Burkardus de Rosenow. O. dns. Burkardus
de Hohenfels, militis.]
XV kal. 17 Domina Ottilia de Pflaumem*) anno i6 . .*)
donavit monasterio bibliothecam doctoris Betten-
beck, defuncti mariti sui; post obitum viduae
committat cantor 50 missas in remedium animae
eins, item 3 missas, unam pro die depositionis
alteram pro septimo, tertiam pro tricesimo. O.
1766 fr. Henricus Mangin Claravallensis cv,
o
XI kal. 21 [O. Ulricus Hödorff senior et uxor eins Anna,
qui legaverunt conventui 2 flf *% Constant., et
dantur in Siplingen^) et sunt empti a Ruperto
in Überlingen.] O. ven. p, Claudius Robertus
Bellanger, can. reg. S. Victoris Parisiensis,
decani, iubilaei ac thesaurarii, anno etatis 81,
Christi 1790.
IX kal. 22t [O* H- notarius de Cruczlino 7).]
VII kal. 25 O, ettam Bernhardus Schreck pleh, in Burckwiler,
qui contulit conventui 30 fl„ i$4i,
\\ kal. 26 [O. magister Hermannus de Utwile»), datur
pitancia.]
V kal. 27 [O. dns. Hartmanus, com. de Kiburg.]
III kal. 29 [O. Hedwig de Bartelstain^), uxorHartwini militis,
de quo dantur 10 >(? -a de prato in Sulgen^^).
Item ob. Rüdigerus Im Hoff in Überlingen et
uxor eins et pueri eorum, de quibus dantur
\o ß 'S Constant. Item o. dns. Rudolfus, miles
dictus Studengast.]
II kal. 30 [O, C. Linggo et Methildis uxor eins, qui lega-
verunt 5 modios tritici.]
») Degerloch, württ. OA. Stuttgart. — «) Offenbar ein Scherz an un-
endem Orte. — ») Des Stifters von Salem — *) Ein aus Pflummern,
t. OA. Riedlingen stammende Biberacher Geschlecht. — *) Abgegriften,
?icht 1669 zu lesen. — «) BA. Überlingen. — ') Kreuzungen, Kant,
rgau. — ») Uttwil, Kant. Thurgau. — ") Ruine bei Scheer, württ. OA.
gau. — ^^) Saulgau.
Personen- und Ortsverzeichnis.
Abmesser, Eijid 538.
Adetbold, Mönch 359.
Aegyplen 365.
Alexandria 365.
Altdorf bei Weingarlen 361,
363-
AltmanDshauseD, von 377.
Am Ort, Überlinger Ge-
schlecht 5li<, 526, S29-
Amma, Conrad 518.
AmpouviUa, KJoster 516.
AndeUbach, Flass 514.
AeoUy, KoDStanzer Bürger,
Appenmühle 515, 519.
Appenzeller, Johannes, Abi
von Salem 371.
Argentina a. Sitassburg.
Arzt, Arzat (Medicus) von
Biberach ond Mengen 513,
520,515, 529, 53 1,53!, 539.
Athis, Kloster 536.
Au amlnn, Kloster 515, 526.
Aubery, Stephan Meli onus
535-
Auer. Gero. Abt von Raiten-
hastach 36H.
Augelli, Konslotizer Bärger.
535-
Aiigsburg,374,379, 518, 534,
Sil-
-- Bischof Wolfhard 514-
— Dumpropsl Krafflo 520.
i 1..U
r J62.
Bachhauptcn , HohenzoUern
358. 363, S>7-
Baden, Grosehcrioyi;, Mark.
grafcn 369, 370, 373.
Baind (Hottus Floridus). w.
OA. Ravensburg 356, 360,
364, 170, 373, 379.
Baisweil, von 512.
B.IJtck. ,0, S13,
Barbier, Johannen 530.
Hart, Geore 515,
Harlclslein, von 537.
Basel, Gotftied von, Bischof
516.
Baufnang bei Salem 529.
Bayer, Jacob, Rittet 513.
Bayern, Kutriirst 514.
Beben hüusen 37 J-
— Abt Joachim 367.
Begaule, Peter Ludwig 530.
Bellaigue 532.
Bellinger, Claudius Robert
S37-
Bentzele, de le, Juncker 537.
Benz, Johannes 512.
Beringen, wclcheif 535.
Beringer, MOnch 364.
Berkach, vi. OA. Ehingen 512.
Bermalingen, BA. Oberlingen
356. 358. 513. 5»8.
5^9. 533-
Bern
fl3&7
Hcmard, Co
Hernhausen, von 369.
Besserer, Ulmer und Über-
linger Geschlecht 371, 376.
Be Eutins, Kardinal 526.
Betlenbeck, Dr. 537.
Beuren, BA, tyberlingen. von
378.
Biberach, bayr. BA. Wertin-
gen 364.
Biberach, Stadt 358, 511,
in. 5^4. 525- 519. 530.
Bicheler, Johannes 518.
Bild, zum geschossenen, Eiu-
siedele] 53 1 .
Bildhauer und Steinmetzen
358. 364. 375. 5I'. 539-
Billenhauien, bayt. Schwaben
37S.
Billerin, Anna 524
Binderia, Enierentiana 524.
Binningen, BA. Engen 357.
Birkhofer, Mönch 376.
Biniau bei Überlingen 3O5,
37',37'). 5iSÖ3>.535.538.
Bittclbriinn, BA. Engen 370.
Blarer , ICoDstanier Fi^
525-
Blech hcQtschuch, Manch in.
BleibinhausvoD)Ioabeiffl};S
Blet2 von RotenneiD j;(
Blumenegg, i-on 533.
Bock, Roltveilcr Addi&d
369.
Bodman, Borg 532.
— von 360, 511—14. sii,
518, 520, Sil, 526. Stt
5*9. 53«. 53*. 536-3«
Bodraer, Johannei JJJ.
Boeltinger, M. theo!. Ji:
B(^hmen, von 371,
Bonar, Wangener Fmflt
53*. 535-
Bona Cella e. GulenntL
Bosch, Mönch 372.
Boucherat, Ciilercieiuapit'
ral 356.
Boulanger, Carl 531.
Bouvilliers, de 514,
Braunwart, Mönch J70.
Bray sur Saioe 539-
Bregenz, von 364.
BresciancUo, päpstt. GöJt*«
36J.
Brig, Vorstadt von Cizniu!'
5"-
I Brock, Möoch 358.
1 Brugg im Argau 35*
Brun von MimmmluiwL
SchafThausen , Züncb >i).
5*3. 536.
Brunnerin, Johanna iH-
Buchau, ■»■. OA. Riedli<?=
365-
Buchhora 359.
Bück, Maler 370.
Budec, Joh. Bapt. j3)-
Buechelcr, Joannes, Abt «"
Salem 367.
Buggenhow, Möncb J^j
ToWDbuch V
r bei PfuUcDdotf
7-
•'raoz Sales 536.
crling«' Geschlecht
Chronist 371.
Bayern 370,
eUgne 532. 535.
Kloster 530, 535-
utUlis 53^'
facobni 533.
Oberdeutsche
SU. SJi, 52i. SJ4,
l-JJ. 53S.5i7.538.
'elnu Mayeur 532.
Agttha szt.
vinum 511.
uioes 513.
m 5JO.
w 377-
Leg« S>»-
J5S. 361.370, 37*-
". 511. 5»o, 511,
i. 53'. 533. 534. 539-
f Dieibelm jii.
erhard 516.
dolf Sil.
Walchnn 529-
ilicui Berthold S"-
:>chof Melchior 536.
)h»n 356, 519. 531,
r. Iheol. siH.
SM- I
.h. B»pi. 539. [
lof Bcnhold Sil- I
iaaa i. Neidingen. I
I Deterloch bei Stuttgart 537.
I Deleuiy. Valerius ^iZ. \
I Deuise, Edmund S33' ,
I Deschler, Mflncb 371. '
I DesoDche. Carl 538. |
' Dettihorer, Konstamer Fami- ;
j lie 370. I
Deutschland , Kaiser und ,
KOnige :
, — Albrecht 1. 371, 523. 1
j — Friedlich der SchCnie 511, 1
Gemahlin Elisabeth 5 1 :.
— Joseph 11, 363.
Deutschorden . Hochmeiilcr
^ Ulrich von Jungingen 537.
I — Landcorothur Marquard |
DiesseDhofeD.Truchsessen von
; 5"7-
Dietelhofen, von 368.
. Dielher, MOnch 363.
Doonetsbeii;, von 356, 36O-
Etotner. Otto 536, S39* |
Douzy 536. I
Duciacum S36, {
Dufresne, Jacob 331.
Dunckl. Georg, Prior 538. !
Du Poytl, Gabriel Coientin
535'
Dursch. Barbara Sil-
Ebinger von der Burg 528,
Ebisch, MSDch 36S.
Ecureil, Job, Claudius 535-
Egg unter Heiligenberg 358,
5"9-
Eggenhofer, Petrus 535.
Egncr, Johannes, Domherr u.
Propst zu Sl. Stephan in
Kons
! 53!.
54»
EUwangeo, Universität 379.
Emeikiagen, von SIQ.
Eogeti, Stadt 366.
Eurolh, Stephan, Abt von
Salem 368.
Enslingeu, von 378.
Erbacb, w. OA. Ebingeu 518.
Erfranck, Mönch 363.
Espaiingen bei Bodman S33-
Essendorf, von 363.
EssliDgen, Stadt 3S7, 359, 363,
3bS, Sil. 532. 515, S33.
535. S3Ö, 539-
Faber. Dr. iheol. S"-
Fabri, Alexander S19.
Falger, Möocb 360.
Fauvre, Anton 533.
Federli, Prior 379.
Fellen, zen 371,
Fcucbimayr, Bildhauer 51 1,
539-
— Mönch 363.
litik, Mfumdi 519-
— Überlinger Geschlecht 531.
Fischer. Münch 37S.
Fladcnschiol, MSncb 37:.
Fontenay, 533.
Forst, welches? von 356,
377. S'o-
Franken 361.
Frankfurt 363.
Frankreich 366.
Frauenberg bei Bodman 361,
368. 370, 373. S3!.
Fieiburg i. Br. 359, 531.
Frey, Subprior 362.
Freysielter. Job. Adam s^4-
Frickingen bei Salem 517,
517-
ten). 365. SS'-
Ehingen. Sudt 361, 36S, 518. ;
- von 519. 525. ;
Ehinger. gen. Oilerrichet, ■
Ulmer Bürger S38. '
EichiCeld 371.
Eisele. Mönch 359. |
ElegasI, Ulrich 374, 531.
EUctbach, von 518
Frischkoecht, Joseph 531.
Fuchs, Edelgescblecht si9'
Salem 3(16.
Fürst von Konienberg 371,
542
FQnt«nf«1d, Oberbayern 360.
376.
FUsBCD 366.
Galler, Kongtanier Schlosser
3S5-
GammenwRng , Überlinger
Geschlechi Sij, $33-
Garainpi, Kardinal 36s - 66.
Gemmiiigen, von 5(4.
Gengebach, Johannes 535.
G«ntil, Ludwig 531.
GcorgeoQ, Gabriel $33.
Gcrlacher, MBchtbiM 537.
Gerung, Konstanzer Familie
361. 366.
GmOnd, Stadt 369, 371.
Göler, H. 525.
Gomaringen, von 373.
Gossau, Thurgau 51$.
Gottrried, Bischof von Oesel
357-
— von Basel, Bischof 516.
Gtaff, Mönch 363,
Gralat, Mönch 376.
(Vräter (Gretet), Biberachei
Geschlechi 35g, 370, 371,
373. 37^. S3S-
Gremlieh v. Junginj^n, Ritter-
iamilie 356, 37s, 5 [7. 519.
538-
Griesingen, Ober-, Unter-, w.
OA. Ehingen 359, 525,
Grossk3i, bayt. BA. Günz-
bu'g 367. 373-
Grüningen , Graf Hartmann
Gaidon, Münch von Clairvaux
533-
GundelftngeD a. d. Donau 377.
Gundellingen, w. OA. Mfln-
sincco 377.
Gundisaivus, Spanier 3bJ.
Gurk, Bischof Conrad von
Enslinf^n 37R.
Guleniell, «■, OA. Biberach
379-
■- 531.
Guttioger, Konttanier BSrger
sao.
Haag, MOnch 370.
Haberkalt, Johanne« 539.
Habsbei^, von 518.
Hnbsburg-Kiburg, Grafea 510.
Habsburg-LaHfcnl)urg,Gt»fen
sw. 511-
Haffner. Oberst 314.
Haggiar, Ägypter 365.
Hagnava. &od«nsee 511, 532.
Haillar, Nicolans ;3i.
Hall in Tirol (Saline) 359.S'7-
Halwig, MflDch 360.
Hemma, Wagner 358.
Hänis. Pfarrer 514.
Hänfling. Mönch 368, 376.
Hard, Wald bei Salem 364.
Hart, Manch 370.
Harlheim BA. Mesikirch Sil.
Haslach, Weiher 37!
Haug, Mrtjich 366—67.
Hausen am Andeltbacb 368.
Hechingen 363, 371.
Hedingen, Hohenzolkm 370.
Helfelin, Reinhard ;i4.
Heggbach, w. OA. Biberach
3&'. 367-
Heggelbach , HobenEOUern
527-
Heghain, Salemer Prior 356.
Heichbnger, Möncli 373.
Hciileck, vm ;ii.
Hddelbeig, von 515,517,519.
Heilbtonn 361.
Heiligenberg , Grafen 511,
5'5. 52'. 523. 534.
— Landrichter 515.
Heiligkreuz in Salem 511.
Heiligkreuilhal, vp. OA. Ried-
lingen 357. 363, 367. 370.
373-
Hellinck, Theodor, Abt von
Königsbronn 377.
Helmsdorf, von 515, 523, 535.
Herbst, Sekretir 376,
Herdwangen, BA. PfuUendorf
370-
I Hennaon, CMivttae 371.
H«rT«tialb, Abt Niol
I BreQDeiMn 375.
. HcTrendiiemtee36l,364,j
SaS. 538-
I Henin, Rom 531.
Henogenburg, öftcnckk]
I Heia, Jacob 519.
I Hendorf, von 369, 37I, j
S'7. S'5. 534. 537
Heweo, too 511.
Hilatia s. Slckingen,
I Hilleown, Mflnch 36t,
HiUingeD, BA. E^en ji
I Hippar, Johannes SJCl
HOcbsiatI a. d. Donaa ];
HochMetten, von 37^.
Hoenitat, von 374.
I Hofmann, Haler 516.
Hohenfels, Hoheniolknj
; Hoheofeli, «OD 518, jii,^
i ■!?. 5^8—3". 537. S3»
' Hohcnkrühen, von J}}.
Hohenlaudenberg, von Jll
, Hohentengen, w. OA. Si
gau 513, SSI.
- HohenioUem, Graf Mcuf
I Mönch von Salem 360.
' Hohenzollem • Sagmariafia
j Für^t 368.
j Hall, Sekretir 361.
HolUteinin, Therena ;ii.
I Hokmähle (wo?i jir.
Homberg, von 517.
' Homburg, von 533.
I HoDBlelten, von 374.
Hornbei^, von 515.
I Hornitein, von 36J, 36J.:
HoTlus Floriaus s. Bund
HoitigcDtaler, Ulrich 511
I Huber, MOnch 371.
i Hueber, MSnch 378.
Hug, Maler 4. Xlasiker
I Hult, Nie. Frani 536.
Hnmd, Bartholomäus ;;
Humpiss.RiClergwchierhl
HODingen, Elaaat 361.
' Husman, Syfrid 511.
Totenbuch von Salem.
543
r» Diepold 515.
ten 357.
>fen, w. OA. Saulgau 535.
nsee, bad. BA. Pfullen-
>rf 520.
of, Überlioger Geschlecht
\1'
lenstaad a. Bodensee 358,
)9. 367. 17 ^> 373. 516.
der Bund, Konstanzer
amiUe 368, 377, 514,
". 534.
(bmck, Universität 357.
ghofen, Hohenzollern 368,
r8.
nnes v. Bregenz, Bene-
ktxnerabt 364.
bei Kaafbeuren 356.
nann , Messkircher Ge-
ilecht 521.
magns s. Pfollendorf.
, Stephan, Abt v. Salem
5-
iogen, von 512— 13, 522,
7. S28, 53'.
ngen, von 368, 514.
beim, Bayern 374.
Lofen, Hohenzollern 512.
snberg, von 374.
;, Mönch 373.
:egg bei Bodman S18.
häoser 514.
Fbeuren 359.
«r, Mönch 361.
lersberger , Georg , Abt
Salem 358.
er, Anton 511.
lönch 363.
nin, Ursula 511.
nath, Oberpfalz 368, 376.
ptcn 373. 516.
Orstabt 519.
ET, Johannes 324.
rg, Grafen 537, 538.
le, Mönch 377.
lain, von 522.
Z«ttaclir. t G«tch. d.
Kirchberg bei Mersburg (arx
Salemitana) 358, 359, 367,
369. 37^ 373. 516.
Kirchen, w. OA. Ehingen 367.
Kirchheim u. Teck 522.
Kislegg 3S5. 362.
— von 523.
Klaus , Mersburger Familie
358-
Klausman, Chirurg 519.
Klingenberg, von 515, 519,
527-
Klock, Mattheus 539.
Kloster, vom 514.
Klotz, Andreas 527.
Knüwsl, Tiroler Kanzler und
Familie 517.
Koch, Johann 529.
Kohl, Mönch 368.
Kolb, C. 526.
Koler, Mönch 368.
Kolin, Jobannes 521.
Köndig, Mönch 374.
Königsbronn 370.
Äbte: Alwig 378. — Ber-
thold 358, 376. — Hein-
rich 371. — Hiltebrand
369. — Marquard 358. —
Peter 377. — Theodor 377.
— Wolfgang 360, 375.
Königsegg, von 523, 528, 533.
Königseggwald, w. OA. Saul-
gau 511.
Konzenberg, von, s. Fürst.
Kraff, Musiker 362.
KrafR, Ulm er Geschlecht 371,
372.
Kram er, H., Abt in Königs -
bronn 371.
Kranz, Hermann 517.
Kreuzungen, Thurgau 535,
537.
Kugler, Salem er Mönch 357.
Küngemin, C. 539.
Kupar, Mönch 372.
Labwin, Adelhaid 520.
Lainberer, Prior 362.
Lainbererin, Ursula 511.
Obcrrh. N. F. XIV. 4.
Laiterberg, von 518.
Laiz, Hohenzollern 377.
Landenberg, von 528.
Landolt, Conrad 522.
Lantzendorfer, Profess in
Kreuzlingen 535.
Larcher, Nicolaus, Cister-
ciensergeneral 373, 375.
Laures, Petrus 520.
Lausheim, Hohenzollern 368,
372.
Leflisweiler s. Levertsweiler.
Legoix, Petrus 538.
Legras, Natalis 531.
Lell Wangen bei Salem 529.
Lemppenbach, von 368.
Leonegg, von 523, 536, 539.
Les Champs Bons 521.
Leustetten bei Salem 538.
— von 369.
Leutkirch bei Salem 376,
519. 527. 529. 534.
Levertsweiler (Leflisweiler),
Hohenzollern, von 529.
Libanon 365.
Lichtenstein, von 520.
Lichtenthai b. Bad. -Bad. 36a
LigS^nngen , BA. Konstanz
377.
Lindau 520, 521, 534.
Lindold, Converse 376.
Linggo, C. 537.
Linz, BA. Pfullendorf 368.
Li vi, Priester 356.
Lodron, Graf 535.
Löffler, Joh. Michael 516.
Longuay, Kloster 521.
Longvilliers 531.
Lörerin, Anna 527.
Löwen 521.
Luirain, Ludwig 521.
Lütolt, H. 522.
Luttram, Mönch 371.
Lützel, Kloster 522.
Luz, Mönch 367.
Luzem 371.
Lyon, Erzbischof Anton de
Malvis 523.
36
Baamai
Masenbuch , Hotieozolleni
370-
— von 373, S"7. 538, 539-
Maiguaiit, Anton 528,
Msinward , Freiburger Fb-
miüe Sil.
Maisteily, Hermann 515.
Maler 370, 377, 516.
M&lvi9, de 5Z3.
Mämminger, C. 527.
Manbüirer, Pfullendorfer Ge-
«chtecht 520.
M angin, Heinrich 537.
Morgretter, Mönch 361.
Mariahof 5. Neidingen.
Markdorf, BA. Überlingen
362, 370. 529.
— von 531, 538.
MaTschük, Ritterfsmilie 376.
Martin, Antonius 538,
Martinet, Franz 522.
Jiartinus, M.. Organist 533.
Majrer, Job. ChristiaD, Dr.
iur. 53 '-3*-
— Mflnch 368.
— Steinmeli 364,
May cur Petrus Abt von
Clairvau)i 32.
Mayr, Münch 373, 374, 377.
Medicus s. Arzt.
Mengen a. d. Donau, 520,
531.
Mennwuigen bei Salem 530.
Mercklin, Appolonia 375.
Mersburg a. Bodensee 3^7,
5^5. S!6, S33.
Metskircti 363. s>3i S^ii
517. 539.
Mestre, Venetico 53a.
Mettenbuch bei PfuUendorf
5H-
Mettingen bei Esslingen 523.
Metz, Salemer Prior 357,
Metzger, Alexander, Abt von
Neuburg 368,
Michel, Job., Abt von Salem
376-
Miller, Mönch 369.
Miller, Petrus, Abt von Skkin
38a
MimmeahauEenbeiS(Jem376,
5". 5*3. 53>> 538.
Molesme 513.
Monheim b. Donauwörth 355.
Mönleio, Forstmeister 514.
MoUE Beonls J31.
Montfort, Grlfin Maria Anna
534-
Moosbeuren, w. OA. Ried-
lingen 358.
Morgan, Maria Jacob 534.
Mos, vom 529.
Möltelin, Konitanzer Familie
374-
Mouchet, MQnch 3J9.
Moz, ICemptner u. Hemmin-
ger Geschlecht 378
M üiilliau SB r von Villingen 358.
Mühlheim a. d. Donau 521.
Müller, Caspar 53».
Con^tnntin, Abt von Salem
358.
— Joachim, Abt von Beben-
hausen 367.
Multer, Lindauer Geschlecht
S21
S34-
MUoch, Abt von Salem 358.
KoQStänzer Bürger 535.
München 367, 535.
Mflnser von Silnchingen 371.
Muotelsee, Anselm, Abt von
Salem 359.
— Dr. theol. 374.
Musiker 355. 357, 361, 362,
367. 368, 371, 373, 374,
377. S'S. 533. 534. 539-
Nacquart, Petrus 531.
Nängger, Überhnger Bürger
516,522,523,531,533,539.
Neckarhalden bei Esslingen
522-
Neckarwein 520, 533,
Necker, Jodocus und Vitua,
Abte von Salem 377.
Negelin, Münch 365.
Nridingen, BA. DonaacMÜ
gen, Kloster Mtriihof }j
369. 377. 378.
Neidlingen, von 51a
Nellenborg, Grafen 514.
Nemo* a. Fetri 534.
NerUc 533.
Nentümau bei Cbobg
360, 362, 370, 371, j;
379. 5>6-
Neubnrg, Elta», Abt Alm
der 36B.
-»- wo? 373, 374.
Neufrach bei Salem {Nd
Nufron), 357, 367, Ji
516, 517—19, 530,511
— von 524.
Ncuzclle, Lauiiu 37J.
Niederbayern, 515,
— Herzoge 372,
— Herzog Otto o. GrauU
Richard 532.
Nilhnrt, Johannes 517.
Nova CelU, Abt Hugo l
Nubro, Priester 363.
Nnfron s. Neufrach.
Nürnberg, Burggrifin &f
534-
Nürtingen, von 372.
Nussdorf bei Dberlingen j
SW, S14. 534-
Oetel SI6.
— Bischof Gottfrid 357.
Geile, Caspar, Abt von Sil
369-
Orviaco, Kloster 510,
Oschwald, Ludwig, Abt
Salem J71.
Österreich, Erzherzog AH
359-
— — Sigmund 517—18.
Oswalt, Überlinger Bii
532
Ott, Mönch 358.
Ütiinger Michael 528.
Ollobeuren, Bayern j5;.
Ow, von 363,
Ower, Ludwig n. Coond y
Totenbuch von Salem.
545
. 520.
Ramer, Johannes 538.
itnxs von Salem
Ramsbach, Gewann bei Unter-
uhldingen 527.
7-
Ramswag, von 520, 521, 525.
leoL et iur. utr.
Randeck (Hegau), von 539.
Ratshof bei Salem 518.
lens XUl, 363,
Ratzhalden, Weinberg 531.
Ravensburg, von 519.
366.
Regensburg 369.
15.
Rehlingen, von 370, 379.
w 377.
Reichenau 521.
/^ictor 511, 514,
Reichenstein, von 513, 516.
521, 523, 525,
Reichlin von Meldegg 530.
531. 532, 534.
Reichskammergericht 532.
;37. 538, 539.
Reifenstein, Eichsfeld 372.
t 361.
Reischach, von 359, 517!
bayeni 377.
Reiz, Petrus 529.
Mönch 363.
Renner von Almendingen und
>bert, Abt von
Überlingen 361, 521, 523.
ch 517.
Renolt , Überlinger Bürger
bei Konstanz
529.
Reun, Steiermark 378.
keller 363.
Reuüingen 356, 559.
h 364.
Rickenbach , Weinberg in
OD 537.
Markdorf 532.
8.
Riedheim im Hegau 377.
oliomagus) 364.
Riedlingen a. d. Donan 356,
5 »6, S23, 524,
359.
Riegg, Johannes 520.
2.
Riett, vom 535.
[oh. Abt von
Rigait, Anton Maria 519.
Rille, Converse 370.
Ludwig 525.
Ritus, griechischer 365.
cb 377.
— lateinischer 365.
iimeister Ulrich
Rivet, Nicolaus 519.
n 527.
Röchli, Prior 372.
r, Chorherr 364.
Roggwiler (Rochwiler) Kon-
A 512.
stanzer Geschlecht 357,
a. Inn 362,
365, 366, 380, 516.
78. 515. 538.
Rohreck bei Esslingen 533.
•undios 513. —
Rohrdorf, Grafen 368, 531,
20. — Emanuel
534.
539. — Georg
Rom 365, 366.
0 368. — Bsung
Rorschach a. Bodensee 379.
ülian 534. —
Rosenzweig, Salemer Biblio-
7. — Walther
thekar 357.
ilhelm 367. —
Rosna, von 516, 518, 521,
27-
537. 539.
Rot, Ulmer Geschlecht 364,
370.
— Mönch 372.
Rothmund, Organist 368.
Rothofen, von 513.
Rott, Converse 367,
— Matheus, Abt von Salem
367.
Rottenmünster bei Rotweil,
Rubrum Monasterium 366,
367, 373.
Rotweil, württ. Stadt 356,
368, 369.
Rubrum Monasterium s.
Rottenmünster.
Rüdiger, Converse 372.
Rüfli« PfuUendorfer Bürger
524.
Ruland, Converse 368.
Ruopp, Wolfgang, Abt von
Königsbronn 360, 375.
Russ, M. Johannes 358.
— Jacob 358.
Ruthart, Conrad 521, 527.
— Organist 367.
S&ckingen a. Rhein (Hilaria)
361.
Saintignon, de 533.
Salem , Äbte : Amandus
Schftffer 369. — Änselm
Muotelsee 359, 360. —
Anselm Schwab 367, 370,
376. — Berthold Thütz
377. — Berthold von Urach
371. — Caspar Oexlc 355,
369, — Christian I. 368.
— Christian Fürst 366. —
Conrad von Enslingen 378.
— Constantiu Müller 358,
— Eberhard von Rohrdorf
368. — Eberhard von WoU-
matingen 356. — Emma-
nuel Sulgcr 361, 366. —
Erimbert 376. — Frowin
380. — Georg Münch 358.
377» 515» 520. — Gottfrid
375. — Jodocus Senner
356. — Johannes Appen-
36*
546
zeller 371. — Johannes
Buecheler 367. — Johannes
Michel 376. — Johannes
Piscatoris 377. — Johannes
Scharpfer 375, 376. —
Johannes Stantenalt 379.
-^ Ludwig Oschwald 371,
532. — Matheus Rott 367.
Petrus Miller 378, 380. —
Petrus Oxer 367, 375. —
Robert Schlecht- 355. 359,
366, 369. — Stephan En-
roth 368. — Stephan Jung
364, 373. 375. 538- —
Thomas Schwab 374. —
Thomas Wuun 360, 366.
Ulrich Gräter 371. — Ul.
rieh von Sargans 357. —
Ulrich von Seelfingen 367,
369, 539. — Vitus Necker
377. — Wilhelm Schrailker
361, 367, 372.
— Museum mathematicum
363.
— Stifter Guntram 536, 537.
Salina s. Hall.
Salzburg 361, 534.
— Domherrn, Domkirche 379
—80, 515.
-^ Erzbischöfe 512; Eber-
hard II. 378; Friedrich
375—76, 519» 521; Ladis-
laus 522.
— Ministerialen 515.
— - Propst Otto 513.
Salzmann, Rudolf 517.
St. Blasien, Schwarzwald 514.
St. Crucis monasterium 526.
St. Domnini monasterium
530. 535.
St. Dyonisii monasterium in
Athis 536.
St. Exuperii monasterium 521.
St. Gallen 365, 515, 519,
524» 539.
St Girinaili monasterium 521.
St. Leonhard in Salem 521.
St Marcelli canonia 518.
Baumann.
St. Pauli monasterium in
Francia 518.
St. Urban, Kant. Luzern 371.
Sandbühl, Weinberg bei Leut-
kirch 527.
Sarburg, Mönch 376.
Sargans, Schweiz, von 357.
Sätzli, C. 529.
Saulgau, Stadt 537.
Sauvage, Bernard 531.
Sazger, Salemer Mönch 356.
Schäffer, Amandus, Abt von
Salem 369.
Schaffhausen 529, 536.
— Abt H. 531.
Schaideck, Pfarrer 522.
Schamel, Ber. 525.
Schanbach, von 367.
Schärer, Albert 539.
Scharpfer, Joannes, Abt von
Salem 375, 376.
Schauber, Organist 367.
Scheirmayr, Mönch 370.
Schelklingen, Graf Ulrich 536.
Schellenberg, von 533.
Schembacher, Mönch 373.
Schemmerberg, w. OA. Bibe-
rach 357, 364, 369, 371.
372, 377» 379.
Schenk v. Winterstetten 517.
Schenkenzeil, BA. Wolfach
362.
Schiller, Mönch 374.
Schilple, Mönch 370.
Schiltberg, von 524.
Schimpf, Ulrich 517.
Schiner , Organistenfamilie
534» 539.
Schlecht, Robert, Salemer
Abt 359.
Schmaltzhafen, Vitus 518.
Schmeller , Edelgeschlecht
514.
Schmid, Jacob 523.
— Prior 356.
Schmider, Margaretha 538.
Schmied von Schmiedsfelden
357-
Schnappinger, GeoifEt A
Raitenhaslach 365.
Schneider, Mönch 365.
Schoflfel, H. 527.
Scholl, H. 529.
Schomburg, Graf von 37
Schönau, von 513, 52;
Schopf, Ulrich 534.
Schrailcker, Wilhelm
in Salem and I
haslach 367.
Schranzenried, Weiher
Schreck, Bernhard 537
Schuemacher, Prior t
Urban 371.
Schuler, Dienstmann s
— Mönch 370.
Schülerin, Ella 527.
Schwab, Anselm, Ab
Salem 367.
— Thomas, Abt von
374-
Schwaben, Prälatenkd
567. 532.
Schwaber, franz. Mönc
Schwartz, Salemer Pri(
Schwarz, Mönch 365.
Schwarzacfa, von 520.
Schwiger, Friedrich 53
Scriba, Marquard 511.
Seefelden , BA. Übci
371. 521.
Seegmüller, Bemard 5
Seeleitnec, Mönch 361
Seelfingen, von 367, 3t)
Seeon, Oberbayem 36-
— Abt Johannes 363.
Seihelles, de 511.
Selhofer, Prior 366.
Senner, Abt von Salci
Seybold, Mönch 369.
Siberer, C, Tiroler 51
Sigmaringen 368, 379.
Siler, Mönch 357.
Sillmann, Mönch 373.
Silva Benedicta s. Wa
Sipplingen bei Überling«
Smerli, Rudolf 520.
Toteobucb '
it Salem.
ockach JS9-
7-
mUt J67.
[ob. AntOD 534,
anrieh 51g.
1 379-
nher 53S.
nzollem 523.
largarctlta 519.
539-
5>5. 5*9-
|oh., Abt von
356, 359. 363.
517. 523, 518.
OA- Esslingen?
:t 379.
m Hegau 362,
nmann in Owin-
ag Sil.
Ritteigeschlecbl
520, 521, 51J,
Sulger, Emraaime), Abt tod
Salem 366.
Sulmineea, w, OA. Lanpheiin
379, 513-
Sulz, GraÜD Hiltrud 51S.
TädctlcriQ, Dötotliea 527.
Teck, Herzog Friedrich 513.
Tegen, Prior 365.
Tcmpelhetreo S'4-
Tenglär, Mönch 363-
leBneobacli, Kloster 515.
Thengen, tA. Engetf 369-
Thielin, Carl 529.
Thierberg. von 360, 365, 376,
520.
Thor, zum, SchweUer Ge-
schlecht 375, 379,
Tham, Mönch 364.
Thun, GrSfin Maria Anna
534-
Thülz, Berchiold, Abt fon
Salem 377.
Tragbötli 524, 538.
[ Tranger, Johannei, Dr. theol,
I S^o-
i Tribelhorn, Mönch 372.
■ Tribcrg, von 5 7
I Trienl, Dompropst 517-
j Trosthamcr, Mönch 370.
I Tnicbsen, von 378.
I Trulwin, Mflnch 365.
\ Tschan, Abunilus, Abi von
: Ri.ii.-nh.-islaL:h 513.
' Tutingen bei Salem Jjo.
, Tumlo, Mönch 357.
I Turgis, Joh, Michael 536.
I Tusenlschin, Johannes 530.
Cberlingen a. Bodeniee 356,
3,8, 360, 365, 367, 36(),
370. 371. 51', S14. 5"i.
Si8, 520, 523, 524. 525.
5!9. 331. 532, 533, 535,
537. 539-
ÜbcUin, Adelheid 539.
Cbli, Schmid 512.
' Uhldingen, Ober-, Unter- ;i8,
517-
Ulm 371, 371. 539,
— von SU.
Ulridi, M , Priester 361.
Ungarn, Jacob von, MSoch
358-
— Königin Agoei 52;-
Untersee, Mönch 370.
Urach, Grafen 37 1 ,
Urnan, BA. Oberlingea 339,
5»*. 5*9. 53«-
UttwU, von S37-
Vnh* V. CUirvaux S".
Vauthier, Nicolaai 321.
Vellliner Wein 531.
VilliDgcn, Stadt 33S, 328, 538.
Viueae 3. Weingarten.
Vogel, Mönch 371.
Vogler, MöQch 363, 366.
— Revisor S»i-
Völger, Subprior von Salem
361-
Volmar, Johannes 539.
I Wächter, Mönch 379.
' Wagner, Münch 373.
I Wahlwies, BA. Slockacb 533.
I Waibel, Mönch 359.
' Wald, Hohentollem 367,
370. 379. 53'-
I Wttldburg, von 5 16.
I Waldbberg , Burgstatl bei
I Messbircb 317.
j Waldsee, von 516.
I WaltershofeD, w. OA. Leut-
kirch 363.
I Waltheri, Prior 363.
I Wangen bei Markdorf 333.
; Warlha. Archivar in Salem
37J-
Warlhausen
Uibetach
SJ4-
Wartslein. Grafen 372. 375.
Wasserburg a, Ion 515,
Weber, Petrus 532.
Weg, Mönch 360.
Weildürf bei Salem 358, 339,
370. 5M. jW. 530.
548
Weingarten (Vineae) 361, 362.
Weinzürn, H. 525.
Weisscnbach, Theobald, Abt
von Raitenhaslach 527.
Weitmann, Mönch 371.
Weittenauer , Ignaz , Jesuit
357»
Wemding, Bayern 358.
Wenzel, Candidus, Abt von
Raitenhaslach 520.
Werdenberg, Grafen 515, 522,
S3h 534. 538-
Werendrat, Mönch 359.
Werenwag, von 378, 518.
Werner, Christoph, Koch 525.
Wettenhausen, Bayern 373.
Baumann.
Weytold, Chorherr 362.
Widter, Andreas 525.
Wien, 365, 366, 379.
WUd. WUdo 364, 513, 524,
539.
Wildenfels, von 525.
Wildenstein a. d. Donau 525.
Windegg, von 514.
Winery, Ursula 527.
Wingeber, Mönch 369.
Winterin, Magdalena 516.
Winterstetten , Schenk von
517.
Wirdig, Johannes 534.
Wirt von Rotweil 356, 536.
Wirtenberg, Grafen 520.
Wittewiler, Apotheker 520.
Wolfertsbofen, bayr.
Lindau 373.
Wollmatingen, BA. Kons
von 356.
Wurmser, Kaplan 512.
Wnun, Thomas, Abt
Salem 366.
Zedier, Überlinger S
Schreiber 535.
Zeller, Organist 357.
Zepf, Salemer Mönch 35
ZoUer, Franz Michael £
bius 524.
— Joh. Werner 533.
Züttelman, Ludwig 522.
Zwick, Mönch 358.
Zwig, Johannes 539.
Schloss Bilstein im Ober-Elsass.
Von
Heino Pfannenschmid.
Die Burgruine Bilstein, abgebildet bei Rothmüller,
;ee pittoresque 1863 zu S. 47, liegt im Rappoltsweiler-
e, eine Stunde von Rappoltsweiler und ebensoweit von
Aenweier entfernt.
Dieses Bilstein ist zu unterscheiden von Burg Bilstein
Weiler- (oder Albrechts-) Thal, im Unter-Elsass. Es
>t auch noch andere Orte dieses Namens (auch als Bili-
1, Bildstein), so z. B. das Dorf Bildstein in der Graf-
ift Forbach (s. Schoepflin, Als. ill. II, 240 und 439).
Über den Erbauer der Burg Bilstein im Banne von
chenweier ist keine Nachricht überliefert; unbekannt
»benso, wann sie erbaut wurde. Auch danach , ob das
inde, worauf sie stand, Reichsgut oder AUod war, oder
ndwie in Lehensabhängigkeit stand, wird vergeblich
agt. Da aber in der Nähe der Burg Bilstein Besitzungen
alten Dynasten von Horburg lagen, (wie Altweier,
laweier u. a.), so ist es möglich, dass die Herren von
bürg, welche Bilstein besassen, wenn nicht früher, so
1 schon im 13. Jahrhundert ein Interesse haben
hten, ihre Besitzungen durch einen festen Punkt zu
itzen.
Die älteste Erwähnung Bilsteins würde in das Ende
12. Jahrhunderts fallen, wenn sie sicher wäre (cfr.
ndidier, Oeuvres in6dites II, 87 und Rapp. Urkb. I, 8),
hier nur kurz erwähnt werden mag.
Die älteste glaubwürdige Meldung findet sich in Richeri
ta Senoniensis ecclesiae (ed. Waitz Mon. Germ. SS. XXV,
550
Pfannensclimid.
p. 286 ff.). Die Chronik Richers geht von 720 bis Ende
1264 und ist bezüglich der hier zu gebenden Nax:hricht
gleichzeitig, wenn auch nicht in allen Punkten zuverlässig.
Es ist, wie sich alsbald herausstellen wird, angezeigt,
einen genauen Auszug aus der hier uns angehenden Schil-
derung Richers über den Herzog Matthaeus (Mahenis) von
Lothringen zu geben, der 1197 Bischof von Toni, aber
seines leichtfertigen Wandels 1 206 abgesetzt und im Jahre
12 17 von seinem Neffen, dem damals (12 13 — 1220 Febr. 17)
regierenden Herzog von Lothringen, Theobald (Thiebaut) I..
in der Nähe von St. Diedel (St. Die) ermordet wurde.
Richer erzählt, dass sich Matthaeus, der abgesetzte
Bischof, dem übrigens seine Pfründe als Probst der CoUe-
giatkirche zu St. Die belassen war, an diesen Ort begeben
habe. Hierher Hess er seine Tochter Adledis, die er mit
einer Nonne zu Epinal erzeugt hatte, kommen. Das an-
stössige Zusammenleben mit der schönen Tochter veran-
lasste den Bruder des Herzogs Matthaeus, den damals
regierenden Herzog Friedrich (Ferry) II* von Lothringen
(1205 bis 10. Oktober 12 13), die Adledis gefesselt in das
elsässische Castrum Bernstein bringen zu lassen. Dieses
bei der Stadt Dambach (Kr. Schlettstadt, Kanton Barr)
gelegene Castrum, dessen Ruinen noch existieren, gehörte
damals der Gertrude, Erbtochter des Grafen von Egisheim-
Dagsburg-Metz, die in erster, aber kinderloser Ehe seit
1206 mit dem vorhin genannten (später regierenden) Herzog
Theobald I. verheiratet wari), dem Sohne des um diese
Zeit noch regierenden Herzogs Friedrich II. Es muss also
die Verbannung der Adledis nach Castrum Bernstein vor
den Tod des Herzogs Friedrich II. (t 10. Oktober 1213)
fallen.
Matthaeus hielt sich seitdem in Clermont und Umgebung
auf, lebte hier wieder mit seiner Tochter, die auf irgend
eine Weise aus ihrem Gewahrsam entkommen oder befreit
war, zusammen und trieb ein tolles Leben. Das ging so
fort bis zum Jahre 12 17. Da erfuhr er, dass sein Nach-
^) In zweiter ebenfalls kinderloser Ehe war Gertrud verheiratet mit
Theobald IV., Grafen von Champagne (1220 — 1222), und seit 1223 bis zu
ihrem Tode (f 1225), ebenfalls in kinderloser Ehe, mit dem Grafen Simon
von Leinjngen (f 1234).
Schloss Bilstein.
551
folger auf dem Bischofstuhle zu Toul, Renaud de Senlis,
um Ostern des genannten Jahres eine Inspektionsreise in
dortiger Gegend vornehmen werde. Matthaeus Hess ihm
in unbegreiflicher Verblendung — denn er kannte ihn
nicht einmal, und jener war an seiner Entsetzung voll-
ständig unschuldig gewesen — zwischen Etival und der
Abtei Autrey einen Hinterhalt bereiten, wobei der Bischof
getodtet wurde.
Das nötigte den Herzog Matthaeus, oder wie ihn
Richer nennt, den Probst Maherus, an einen sicheren Ort
zu eilen. Darüber mag nun Richer (Mon. Germ. SS. XXV,
287) selbst zu Worte kommen:
Dictus quidem praepositus Maherus perpetrato taH sicut
dictum est scelere, non se loco credens, habiit (für abiit)
ad castrum quod Bilestein in Alburiis*) appellatur;
quod est Domini de Horborch. Ibi enim habebat
milites, qui ei familiäres erant, cum quibus ad tempus
habitavit.
Hier steht also mit dürren Worten, dass die Burg
Bilestein dem Herrn von Horburg gehörte, d. h. sein
Eigentum, sein AUod war. Wäre sie damals ein von
Lothringen abhängiges Lehen gewesen, dann würde sich
Herzog Matthaeus wohl gehütet haben, diese Burg als Zu-
flucht aufzusuchen; auch würde Richer sich doch anders
ausgedrückt und von dem Castrum nicht einfach gesagt
haben: quod est domini de Horborch.
Die hierauf folgenden, die Flucht nach Bilstein moti-
vierenden Worte: Ibi enim— habitavit sind aus dem anerkannt
schlechten Latein Richers dahin zu übersetzen: denn
hier in Bilstein hatte er ihm bekannte Ritter (milites), mit
denen er eine Zeitlang zusammenlebte. Die Worte: Ibi
enim habebat sind allem Ansehen nach nicht auf den
Dominus de Horborch, sondern auf das Subjekt des Haupt-
satzes »Dictus quidem praepositus Maherus« zu beziehen.
') Aus »Albiiriis« sollte richtig gebildet werden Aux burcs (gewöhnlich
nur Aubure s. Stoffel Wb. Ii) d. i. zu den Hütten, zu den Häusern (s. meine
Fassnachtgebräuche in Revue nouvelle d'Alsace-Lorraine 1884, S. S^^)-
Dieser jetzt Altweier genannte Ort gehörte zur Horburgischen Herrschalt
Keichcnweier. In den Bann von Altweier verlegt Richer also das Castrum
Bilstein, das allerdings nahe bei Altweier liegt.
552
Pfannenschmid.
Es folgt dann unmittelbar auf »cum quibus ad tempus
habitavit« der Satz: DetuHt enim quicquid episcopo abstu-
lerat (nämlich dem getödteten Bischof von Toul) saumarios,
scrinia, in quibus episcopalia, oleum sacrum etc. ferebantur,
et in eodem Castro reposuit, quae ego (Richerus) propriis
oculis ibidem vidi.«
Daraus dürfte zu folgern sein, dass Herzog Matthaeos
nach vorgängigem Einverständnis mit den ihm bekannten^
Rittern auf der Burg Bildstein handelte; imd femer, dass
diese keine im Dienst des regierenden Herzogs von
Lothringen stehenden Dienstmannen waren, da diese sich
hätten wohl hüten müssen, den Flüchtling aufzunehmen,
über dessen Vorleben sie sicher unterrichtet waren, und
dessen letzte Thaten ihnen nicht verborgen bleiben konnten.
Als Horburgische Dienstmannen dagegen liefen sie hiebei
keine Gefahr; höchstens konnten sie von ihrem Burgherrn
die Weisung erhalten, sich des Flüchtlings zu entledigen.
Derselbe verliess übrigens die Burg Bilstein sehr bald,
jedoch unter Zurücklassung der dem Bischof von Toul
abgenommenen Sachen, die Richer daselbst noch später
sah 2). Der Aufenthalt des Matthaeus auf Schloss Bilstein
fällt zwischen Ostern und Pfingsten (26. März und 14. Mai)
12 17; denn als Matthaeus am 16. Mai desselben Jahres
versuchte, von seinem Neffen, dem Herzog Theobald, der
unfern von St. Die (bei dem Dorfe Nompatelize) weilte,
Begnadigung zu erbitten, wurde er von diesem mittels
einer Lanze durchbohrt (Richer 1. c. SS. XXV, 288).
Die Tochter Adledis verheiratete sich mit einem »bali-
starius« (arbaletrier) aus Gerbeviller (Gilliberti-villa), mit
dem sie nach »Alemannien« zog und sich einige Zeit bei
einem gewissen Castrum des Kaisers, Namens Croneberch^
aufhielt. Nach ihrem Tode wurde ihr nur mit Mühe
ein christliches Begräbnis gestattet (Richer 1. c. S. 28S;
^) Dass familiäres in dem Satze: »milites qui ei familiäres erantc hier
nichts anders bedeuten kann als »bekannt« scheint unzweifelhaft ; die mittellat
Bedeutung von familiaris als Angehöriger, oder angehörig, zur Dienerschatt
j^chörig, wäre hier unverständlich. — ^) Richer stirbt 1267; (Holder-Egger
und Zeumer, Indices zu den M. G. H., 1890 S. 114). — •) Waitz bemerkt
a. O. S. 288: »Cronberg ad Taunum?« Es ist Elronenburg bei Strassburg
(s. Oesterley, Hist. geograph. Wb. 1883 s. v. Kronenburg p. 364b).
Schlosi Bilitcin.
553
vergl. die Darstellung bei Digot, Hist. de Lorraine, 1880,
H, 2 t — 21)).
Die hier nach Rieh er gegebene Schilderung der
Lebensumstände des Herzogs Matthaeus findet sich nun
bezüglich einiger uns hier interessierender Punkte bei
fohannes a Bayono in folgender Weise verändert wieder.
Johannes a Bayono (Jean de Bayon) schrieb 132b
Jie Chronik der Abtei Moyenmoutier (gedruckt bei Bel-
homme in dessen lüstoria Mediani MonastcrÜ, Argento-
i '724).
In Kapitel XCVII p. 290 (bei Belhomme) sagt Jean
Bayon, dass Herzog Friederich die Tochter seines
Bruders, des Herzogs Matthaeus, in Fesseln legen und nach
Burg Bilistein im Elsass bringen Hess. Diese Burg habe
Friedrichs Sohne, Herzoge Theobald, gehört wegen seiner
Heirat mit der einzigen Tochter des Grafen von Dagsburg:
iDux (Fridericus U.) vero illam filiam (des Matthaeus) com-
pedibus adstrictam misit apud Bilistein castrum in Alsatia.
quod juris sui fiUi Theobaldi ratione uxoris filiae comitis
de Dasporch unicae* , . .
Wir haben also hier Verwechslung mit Castrum Bern-
stein, das allerdings der Gräfin Gertrud von Dagsburg
gehörte, niemals aber Castrum Bilstein. Sodann erzählt
Jean de Bayon (bei Belhomme Cap. C. p, 294) weiter:
Maheru-'* tanto perpetrato scelere non se loco credens
■büt ad castrum quod Bilistein dicitur in Alburiis.
guod juris est domini de Horborch. Ibi enim cum
guibusdam tnilitibus und dann weiter wie bei
Ri^er.
Es nimmt also Jean de Bayon zwei verschiedene
Castella Bilistein an; eines liegt im Elsass und stammt
aus dem Dagsburger Erbe und gehört (quod juris est) dem
Herzog Theobald, dem Gatten der Gräfin Gertrud von
Dagsburg; das andere Castrum Bilistein gehört dem Herrn
Won Horburg (quod juris est domini de Horborch) und
Hegt in Alburiis. Der Widerspruch mit Richers besser
beglaubigter Nachricht liegt hiemit zu Tage.
Das zweimalige »quod juris est* konnte beweisen, dass
n de Bayon diesen Ausdruck in demselben Sinne,
554
Pfannenschmid.
nämlich dem des JEigentums, verstanden wissen mochte.
Das eine Castellum »Bilistein in Alsatia« wäre dann Eigen-
tum des Prinzen Theobald von Lothringen wegen seiner
Gattin, der Gertrude von Dagsburg; das andere »Bilistein
in Alburiis« stünde in dem Eigentum des Herrn von Hör-
bürg. So wenig wie jenes ein Lehen war, ebenso wenig
wäre es dieses gewesen. Allein »quod juris est« kann
auch bedeuten: quod jurisdictionis est; und das würde nicht
unbedingt ein Eigentumsrecht bedeuten. Ausserdem war
nicht der Prinz Theobald Eigentümer, sondern seiner
Gemahlin stand das Eigentumsrecht an der genannten
Burg zu.
Darüber aber ist aus Jean de Bayon, dem Historio-
graphen des Klosters Moyenmoutier, nichts zu entnehmen,
ob zu seiner Zeit (also bis 1326) das Castell Bilstein Eigen-
tum der Herren von Horburg, oder ob es Lothringisches
Lehen war, da er über diesen Punkt schweigt.
Gleichwohl hat die angeführte Stelle bei Bayon, worin
es heisst, dass der Herzog Friedrich die Tochter seines
Bruders, des abgesetzten Bischofs Matthaeus von Toul,
nach Castrum Bilistein in Alsatia bringen liess, das damals
seinem Sohne Theobald gehörte (s. S. 005) Veranlassung
gegeben, dass Schoepflin zu seiner Notiz über Castell Bil-
stein (Alsat. ill. II, 78) einen Nachtrag (Alsat. ill. II, 202
Anmerkung o = Ravenez IV, 190) hinzugefügt hat, worin
es heisst: -^quod cum (Castrum Bilstein bei Reichenweier)
feudum Lotharingicum fuerit. ante Lotharingos ad
Dagisburgenses Comites spectaverit. Bilistein castrum
in Alsatia Theobaldus, Friderici Duci Loth. filius, initio
saec XIII. cum uxore sua Dagisburgica obtinuit. Testis
rei Joh. a Bayono apud Belhomme, Hist. Mediani Mona-
sterii p. 290.«
Diese Notiz Schoepflins ist ihm nun bis heute ohne
weitere Prüfung nachgeschrieben worden. Die Ansicht
Schoepflins ist also, dass Bilstein gegen 12 17 bereits ein
von Lothringen abhängiges Lehen gewesen sei. Seine
Berufung auf Jean de Bayon ist aber hinfällig; denn,
Bayon verwechselt, wie oben nachgewiesen (S. 550), unser
Bilistein mit Bernstein, wie das Richers Chronik angiebt,
der als der älteren, den Ereignissen aus dem Anfang des
Jahrhunderts näherstehenden Quelle, der Vorzug m
ben ist, namentlich auch aus dem Grunde, weil Burg
rnstein in der That zu dem Erbe der letzten Dags-
|]gerin gehörte, nicht aber Bilstein im Ober-Elsass. Dass
Richer nicht die Burg Bilstein im unterelsässischen
BÜerthalc meint, sondern das oberelsässische Bilstein im
le von Reichenweier, geht unzweifelhaft aus der näheren
tebestimmung »in Alburiis« hervor. Wenn nun auch
iteht. dass bis gegen 1217 das Castellum Bilstein im
r-Elsass nicht von Lothringen abhängiges Lehen war.
I vielleicht auch anzunehmen sein könnte, dass dies sich
noch verhalten habe um 1265, bis wohin die Chronik
ehers reicht, so folgt daraus gleichwohl nicht, dass
i Castell Bilstein nicht doch schon vor dem Jahre 1265
seitens der Herren von Horburg dem Hause Lothringen
getragenes Lehen wurde. Diese Möglichkeit bewahr-
tet sich jedoch nicht.
Schoepflin sagt (Als, illust. II. 78 = Ravenez IV, 190):
tein>) castrum teudum fuit Lotharingicum uti Hunaevilla
telonium in Horburg,
Bezüglich Hunaweiers sagt Schoepflin (Als. iU, II, 77
Ravenez IV, 188): die Dynasten von Horburg und ihr
chfolger, Graf Ulrich von Würtemberg, haben das Dort"
paweier von den Herzogen von Lothringen zu Lehen
Iten. Aber weder dort noch hier giebt er die Quelle an.
Bezüglich des Zolles in Horburg sagt Schoepflin (Als.
D, 74 :^= Ravenez IV, 180): Telonium in Horburg feudum
Lotharingicum fuit, quo Ulricum Wirtembcrgiae Comi-
post Horburgenses remotos, Rudolphus Lotharingiae
circa an. i.v? investivit. Dazu sagt Schoepflin in der
lerkung e auf derselben Seite 74): chartam investiturae
archivo Nancejano suo loco dabimus, und hierzu bemerkt
(renez (IV, 180, Anmerkung 6): La charle d'investiture
trotivG dans l'AIsace diplomatique (s, unten S. 559).
Aber Ravenez hat gar nicht in der Als. diplom. nach-
)hen: denn die oder eine ähnliche Belehnungsurkunde
(HS des Herzogs Rudolf von Lothringen (reg. 1328 — 1346).
1 Me inigt Mdnung Schntpflin». Dilsleln 1
p, Ut oben bcrtiti widnlcgl. (S, jjj.)
1 dem Oi^buTfwr
cc6 Pfannenschmid.
oder einer seiner Nachfolger für die Grafen von Würtem-
berg bezüglich der vorhingenannten Lehenstücke existiert
nicht in der Als. diplomatica: überhaupt keine» weder
eine für die von Horburg noch für die Grafen von
Würtemberg.
Hinzugefügt mag hier gleich noch werden, dass sich
in dem hiesigen Archiv der ehemaligen Grafschaft und
Herrschaft Horburg-Reichenweier kein einziger Akt vor-
findet, der spezielle Auskunft geben könnte über die
Horburgischen, beziehungsweise Würtembergischen von
Lothringen relevierenden Leben. Auch in dem Inventaire
des Departements-Archivs der Meurthe-et-Moselle (Nancy)
ist kein Aufschluss zu finden *).
Gleichwohl steht es fest, dass die Horburger nicht
nur selbst Lehen besassen, sondern speziell auch lothrin-
gfische Lehen.
Dass sie Lehen besassen, erhellt aus der zwar nicht
mehr im Original existierenden, aber doch inhaltlich glaub-
haften Urkunde über den Verkauf der Herrschaft (nicht
Grafschaft) Horburg und Reichenweier vom 7. Oktober
1324 (Als. dipl. II, 132; cfr. Rapp. Urkb. I, 277, 278), worin
es unter anderem heisst, dass die damaligen Inhaber der
genannten Herrschaften, Walter und Burchard von Hor-
burg, ihrem Oheim Grafen Ulrich von Würtemberg ver-
kaufen, was sie besitzen an Erbe, Eigen und Lehen.
Einzelne Verkaufsobjekte werden genannt, so auch Burg
Bilstein; es ist aber nirgends angegeben, was Erbe, Eigen
oder Lehen war.
Dass übrigens die Horburger Lehen hatten vom
Römischen Reiche, von den Bistümern Strassburg und
Basel, der Abtei Murbach, von den Herzogen von Öster-
reich, von den Herzogen von Lothringen und von der
Herrschaft Pfirt, das sagt Burchard von Horburg in einer
hier im Archive beruhenden Originalurkunde vom 29. März
1329 selbst (Bez.-Archiv E 390; Rapp. Urkb. I, 295—297).
Leider ist wieder nicht angegeben, welches diese Lehen-
*) In der Arbeit von Pfister: Le Comt6 de Horbourg et la Seigncurie
de Riquewihr sous la souverainet6 fran^aise i68o — 1792 (Revue d'Alsacc
1888, S. 23 ff.) ist gar keine Rede von Lehen, mit denen die Würtcmberger
belehnt waren.
557
itücke im Einzelnen sind. Durch diese merkwürdige Ur-
kunde belehnt Burchard von Horburg seinen Oheim, Grafen
Ulrich von Würtemberg mit seinen Herrschaften auch mit
der Burg Bilstein u, s. w.; dass diese Burg lothringisches
Lehen sei, ist aber nicht gesagt.
Die Slteste Nachricht, dass die von Horburg lothrin-
gische Lehen besassen, stammt vom 2. November 125g.
Aus ihr erhellt, dass Friedrich 111. Herzog von Lothringen
den Herrn Conrad von Horburg aller Lehen, die dieser
i ihm gehabt, entsetzt habe (Schoepflin, Als. diplom. I,
, Rapp. Urkb. I, 94). Ein Original ist jedoch nicht
vorhanden, nur eine Abschrift aus dem Anfang des
16. Jahrhunderts (Bez.-Arch. E 571). Weiteres über diese
Angelegenheit ist nicht bekannt'),
Die Nachrichten über Burg Bilstein fliessen auch weiter
»ehr spärlich. Seitens der Horburger Dynasten und ihrer
Nachfolger, der Grafen und späteren Herzogen von Würtem-
»erg, war Burg Bilstein nicht als Lehen vergeben; die
Waldungen, die zu der tHerrlichkeit Bilstein« gehörten.
Standen in eigenem Betrieb der Herrschaft.
Im Jahre 1473 Juli 12 erklärt Graf Eberhard von
Würtemberg den Einwohnern von Reichenweier, dass er
! Herrschaft Horburg mit Stadt Reichenweier und das
Schloss Bilstein seinem Vetter Grafen Ulrich von Würtem-
lerg und dessen Söhnen abgetreten habe (Bez. -Archiv E 14).
IS ist dies der sogenannte Uracher Vertrag (s, Stalin,
IMrtemb. Geschichte, 1856,111,602); ausführlich abgedruckt
lei Aug. Ludw. Reyscher (t 1880), Vollständige . . . Samm-
nng der Würtembergischen Gesetze, 1828 ff. Bd. I, 476 —
\&8, mir nicht zugänglich). Gleiche Erwähnung des Schlosses
Klstein findet sich im Vertrage des Grafen Heinrich von
Würtemberg, d. d, Reichenweier, 16. April 1482 (Stalin,
, O. III, 605, und 22. Juni 1513 (und das. IV, qo).
Dass die Herren von Horburg auf Schloss Bilstein im
tj. Jahrhundert einen Burgvogt hatten, geht aus einem
■) Ober die in utmass liebe Ursachs d«r Lchensenbetiaag :
Itkb. I, 94, A. 3.
R«pp.
558
Pfannenschmid.
diesem Jahrhundert angehörigen Urbar hervor, dem zufolge
die Abtei Paris dem Burgvogt zu Bilstein jährlich i Sester
guter Erwis (Erbsen) und 4 »puntschuh« zu liefern hatte
(Bez.- Archiv E 86. Nr. 2).
Im Schloss zu Bilstein befand sich ein tiefer Turm,
der als Gefängnis für Übelthäter diente; die Einwohner
von Reichenweier erlangten 1489 vom Grafen Heinrich
von Würtemberg und Mömpelgard die Zusicherung, dass
in jenen Turm niemand mehr aus Reichenweier geführt
und da eingesperrt werden sollte (Schoepflin, Als. ill. II, 77
= Ravenez IV, 185 Anmerkung 7 und S. 186).
Im Jahre 1535 findet ein Abkommen statt zwischen
der Herrschaft Horburg-Reichenweier und der Herrschaft
Rappoltstein, worin die Waldungen der »Herrlichkeit Bihel-
stein« erwähnt werden (Bez.-Archiv E 65).
Gerade ein Jahrhundert später (im Juni 1635) diente
die Burg versprengten Horburgischen Lehensleuten als
Zuflucht, die der belagerten Stadt Reichenweier hatten
Hilfe bringen wollen (Schoepflin, Als. ill. II, 77 = Ravenez
IV, 187; und Revue d'Alsace 1879, p. 254). In diesem
Jahre 1635 soll Schloss Bilstein von einem österreichischen
Korps unter dem Grafen Schlick zerstört worden sein
(Aufschlager, Elsass 1825, II, 104). Schoepflin (Als. ill. II,
78 = Rav. IV, 190) setzt dieses Ereignis ins Jahr 1636, mit
Hinzufügung: nach einer Belagerung von einigen Tagen.
Eine Quelle geben alle citierten Schriften nicht an. Stoffel
(Wb. s. V. Bilstein) hat, wie es scheint, deshalb auch
hierüber nichts erwähnt. Das Jahr 1636 ist kaum möglich;
die ganze Sache aber zweifelhaft.
Jedenfalls ist es auffallend, dass noch Anfangs 1649
als Burgvogt zu Bilstein Georg Scheublin genannt wird
(Bez.-Arch. E 85; Urb. fol. 89*'). Nach dessen Tode ernannte
am 9. Mai 1649 Leopold Friedrich Graf zu Mömpelgart*)
den Friedrich Rees auf seine Bittschrift, d. d. Weiher bei
Horburg, 20. März 1649, zum Burgvogt auf »Bielstein^
^) Durch fürstbrüderlichen Vertrag vom Jahre 1617 war die Graf- und
Herrschaft Horburg und Reichenweier mit Mömpelgart verbunden. Es währte
dieser administrative Verband bis zum 20. Mai 1802, wo die Abtretung der
mömpelgartisch-clsässischen Besitzungen an Frankreich erfolgte. (Stalin, a. 0.
HI, 178 A. i.).
Schloss Bilstein.
559
Seine Besoldung' war aus den Reichenweierischen Intraden
zu zahlen; seine Obliegenheit war, auf die »Förster und
Holzer fleissig zu achten« (Bez.-Arch. E 32).
Ob aber der Burgvogt zu Bilstein wohnte, ist nicht zu
ersehen.
Über die Besitzverhältnisse hinsichtlich der Burg Bil-
stein füge ich nachträglich noch folgende Daten an.
Auf eine Anfrage bei dem Herrn E. Duvemoy, Archivar
der Departements Meurthe-et-Moselle, erfuhr ich, dass im
dortigen Departementsarchiv (B 706 Nr. 11) sich nur eine
einzige (mir abschriftlich mitgeteilte) Urkunde befindet,
welche auf das I^hensverhältnis der Burg Bilstein Bezug
hat. Die betreffende Pergamenturkunde ist ohne Datum,
und das Siegel in rotem Wachs ist verschwunden. Da
aber in der Urkunde Herzog Ulrich von Würtemberg
genannt wird, der 1324 die Herrschaft Horburg-Reichen-
weier kaufte, und Herzog Rudolf von Lothringen (reg.
seit 23. August 1328— 1346), so ist die Zeit der Ausstellung
der Urkunde damit ungefähr angegeben.
Schoepflin nahm, wie es scheint, Bezug auf dieselbe,
ohne sie jedoch mitzuteilen; nur meinte er, es sei ein
Lehenbrief des Herzogs Rudolf vom Jahre 1329 (s. oben
S. 007), während es ein Lehensrevers ist, den Graf Ulrich
von Würtemberg dem Herzog Rudolf von Lothringen aus-
stellt über das Castrum Bilstein, die villa Hunewilre und
den Zoll (theloneum) in Horburg, sowie über omnia bona
quocumque nomine censeantur, que quondam nobiles viri
doraini de Horburg a prefato domino duce in feodum
tenuerunt et possiderunt jure feodali. Der vorgenannte
Herzog ist aber »Rudolfus dux Lothoringic et marchio«.
Die beiden Brüder Walter und Burchard von Horburg, die
ihre Herrschaften an ihren Oheim Ulrich von Würtemberg
verkaufen, können von Herzog Rudolf von Lothringen die
genannte Belehnung erhalten haben; denn Walter stirbt
vor dem 14. Oktober 1329 und Burchart nach dem
13. Februar 1332 (Rapp. Urkb.). Auffallend ist nur, dass
in dem Lehensreverse nicht steht, was sonst fast regel-
mässig gesagt wird: »welche deren Vorfahren (die der
Horburger) von dem Herzog Rudolf und dessen Vorfahren
zu Lehen besessen habent.
Zeiuchr. f. Getch. d. Oberrh. N. F. XIV. 4. 37
560
Pfannenschmid.
Es bleibt also als Möglichkeit bestehen, dass die
genannten Herren von Horburg die drei namentlich
genannten I-ehen erst 1328 oder 2q an Lothringen unter
Rücklöse verpfändet oder verkauft haben und als Lehen
zurück erhielten. Unterstützt könnte diese Annahme da-
durch werden, dass die Horburger vor 1324 verschiedene
andere Güter und Lehen ebenfalls in gleicher Weise ver-
äussert haben.
Dagegen ist nun eine andere Nachricht zu halten.
Steinhofer (Neue Würtemb. Chronik II, 704—708; bei
Stalin, Wirtemb. Geschichte III, 417) berichtet, dass auf
Erfordern des Königs Sigismund seitens der würtem-
bergischen Vormundschaft diesem am 3. Mai 1420 ein Ver-
zeichnis aller würtembergischen Lehen und Eigengüter
vorgelegt sei. In dem von Steinhofer mitgeteilten Ver-
zeichnisse findet sich unter der Rubrik »der Herrschaft
Würtemberg Eigen: »Bilstein bei Reichenweier«,
Ramstein (bei Schlettstadt) etc.
Glaubte man das damals nur oder wusste man es
bestimmt? In letzterem Falle müsste man annehmen, dass
Burg Bilstein damals als Eigengut wieder in die Hände
der Würtemberger gelangt sei.
Unter allen Umständen bleibt es auffallend, dass weder
in dem Departementsarchiv zu Nancy (mit obiger Aus-
nahme), noch in dem hiesigen Archive irgend welche
Spuren von lothringischen Belehnungen oder Lehens-
reversen bezüglich Bilsteins, Hunaweiers und des Zolles zu
Horburg anzutreffen sind. Ob das Nationalarchiv zu Paris
(Fonds: Le comte de Horburg et la Seigneurie de Riquewir
cote K 2308 — 2365) über alle diese zweifelhaften Punkte
Aufschluss geben könnte, ist mir unbekannt.
Fassen wir nun das Resultat unserer Untersuchung
zusammen, so ergiebt sich Folgendes.
Die Herren von Horburg besassen vom Herzogtum
Lothringen abhängige Lehen. Welche diese waren, ist
nicht mehr zu ersehen.
Die erste Erwähnung solcher Lehen fällt in das Jahr
1259, wo Conrad von Horburg (vermutlich wegen Todt-
SchksB Bilsleio. c;^]
Schlags seines Onkels Walter von Horburg;) aller seiner
X-othringischen Lehen vom Herzog Friedrich III, von
Lothringen entsetzt wird. Über Namen und Substanz der
Lehen erfahren wir nichts.
Was speziell die Burg Bilstein angeht, so wird sie
zuerst von Richer 1217 erwähnt, aber so, dass man sie als
in Eigentum der Herren von Horburg stehend ansehen
muss; sie war damals also höchstwahrscheinlich noch.nicht
lothringisches Lehen. Auch Jean de Bayon schweigt um
1326 Ober diesen Punkt. Die erste, wie es scheint, zuver-
lässige Kunde, dass Bilstein (und Hunaweier und der Zoll
in Horburg) vom Herzog Rudolf von Lothringen in der
Zeit nach dem 23. August 1328 bis zum 14. Oktober 1329
den beiden Brüdern Walter und Burchhart von Horburg,
und danach dem Grafen Ulrich von Würtemberg ihrem
Rechtsnachfolger, zu Lehen gegeben worden ist, ist in
einem Lehensreverse des genannten Grafen Ulrich ent-
halten. Es scheint hier ein Kauf unter der Rücklöse-
klausel zu Grunde gelegen zu haben, da im Jahre 1420
Bilstein als Würtem bergisches Allod bezeichnet wird. Da
keine Belehnungen oder Lehensreverse bezüglich Bilsteins
(ausser dem einen vorhin genannten) vorliegen, so scheint
die Annahme, dass der Herzog von Würtemberg Bilstein
wieder einlöste, wahrscheinlich zu sein.
Zum SchlURS noch eine kurze Auseinandersetzung über
die Herren von Bilstein.
Herren von Bilstein nannten sich die Nachkommen der
Lucic von Rappoltstein, die mit Burchard von Horburg
verheiratet war {Rapp. Urkb. I, 321). Burchard von Hor-
burg starb nach dem 13. Februar 1332 (Rapp. Urkb. I,
321). Als sein und der Lucie Kind (Urk. vom 6. Juni
1337 ; Rapp. Urkb. 1, 280) wird Hänsehn {Johann oder
Hans) von Horburg genannt (Urk. von 1334; Rapp. Urkb.
1 333J dem, weil er nach dem Jahre 132.1. dem Verkaufs-
jahre der Herrschaft Horburg- Reichen weier an Graf
Virich von Würtemberg, geboren war, der Beiname >tardus«
oder der >spete< gegeben wurde. (Rapp, Urkb. I, 327).
Johann von Horburg war verheiratet mit Katbarina von
^^^^^^^.^ 3,1*
^62 Pfannenschmid.
Rathsamhausen (Bez.-Arch E 381; Schopflin-Ravenez IV,
182). Er nannte sich Johannes von Horburg, Herr zu
Bilstein (13B3, 1384; Rapp. Urkb. II, 195; 199).
Dieser »Johannes von Horburg« ist es, der vermutlich
1399 stirbt (Rapp. Urkb. III, 557). Genannt wird nun
noch urkundlich ein Walter von Horburg zum 15. Sep-
tember 1386 (Bez.-Arch. E 8); derselbe Walter von Hor-
burg heisst urkundlich am 3. Juli 1388: Walter von Hor-
burg, Herr zu Bilstein (Rapp. Urkb. II, 259). Dann aber
kommt noch vor ein Ritter Johannes, Herr zu Bilenstein
in Urkunden aus dem Jahre 1409 (Rapp. Urkb. III, 4 u. 5).
Wahrscheinlich sind diese beiden letztgenannten Horburger,
Walter und Johannes, Söhne des um 1399 gestorbenen
Johann von Horburg, Herrn zu Bilstein. Mit diesen beiden
ist der Mannesstamm der Horburger erloschen. Wohl
nach 1409,
Junker Johann von Horburg (der ältere) besass ver-
schiedene Güter, die ihm seine Rappoltsteinischen nahen
Anverwandten gaben (s. Rapp. Urkb. II, 17), auch
Dörfer aus dem horburgischen Erbe (Bez.-Arch. E 381;
Ravenez IV, 182), und zudem die Burg Bilstein, selbstver-
ständlich mit deren Einkünften, als Lehen von dem Hause
Würtemberg. Denn der leere Titel, Herr zu Bilstein,
würde dem seines väterlichen Erbes verlustigen Johann und
dessen Söhnen gar nichts gefrommt haben. Man darf
daher annehmen, dass nach dem Tode Walters und Johanns,
etwa zu Anfang des 15. Jahrhunderts, Burg Bilstein an
die verwandten Grafen von Würtemberg als Besitzer der
Herrschaft Horburg-Reichenweier zurückgefallen sein muss.
Dass Johann der ältere von Horburg die Burg Bil-
stein von Lothringen zu Lehen erhalten , oder ebenso
Walter und Johann von Horburg, die letzten ihres Namens,
darüber liegt nicht einmal Anhalt zu einer Vermutung vor.
Merkwürdig ist es nun, dass es auch lothringische
Herren von Bilstein gab,
Herzog Karl II. von Lothringen {1390 bis t 25. Jan.
1431) le])te seit 14 15 mit einer Concubine Alix oder Alison
May (oder du May), der Tochter einer Gemüsehändlerin
in Nancy. Aus dieser Verbindung gingen fünf Kinder
hervor (Calmet , hist, 1 I, CLXVI; Digot, Histoire de
Schloss Bilstein.
5^3
Lorraine II, 346 fF,). Das älteste Kind war ein Sohn, Ferri
(Friedrich) de Bilistein. Der Herzog Karl bestimmte in
seinem zweiten Testamente vom 11. Januar 1424, dass er
gebe a nostre Bastard Ferry de Loherene nostre Chastel
de Billestein avec les appartenances et d^pendances. Ferri
und seine ehelichen Nachkommen sollten das Schloss Bille-
stein als Lehen von des Herzogs Erben oder Rechtsnach-
folgern *) empfangen, indem er hinzufugte: »et sera ledict
chastel rendauble et receptauble ä noz hoires, successeurs
et ayant-cause ä besoing et sans besoing.« Dazu erhielt
er noch eine Jahresrente von 200 Gulden (Calmet > Pr.
187 ff. =2. Ausg. VI, 124; Digot a. O. IL 349^. Digot
vermutet, dass die Bestimmungen, welche der Herzog in
diesem Testamente getroffen, buchstäblich vollzogen worden
seien, indem er hinzufügt, dass die Nachkommenschaft des
Ferri in der Person des Nicolaus von Bilstein, Herrn von
Troville, Domjulien u. a. Orten im Jahre 1656 erloschen
sei (Digot II, 349). Allein Lepage (Communes de hi Meurthe
und in seinem gedruckten Archivinventar) führt seit 1443 bis
17 12 noch verschiedene Herren und Frauen von Bilstein
auf, so zuletzt Joseph de Bilistein, ecuyer*).
Wo dieses Schloss Bilstein, nach welchen sich die
lothringischen Bastarde nannten, lag, weiss Calmet nicht,
da er darüber schweigt; dasselbe thun Lepage und Digot.
Und auch der gegenwärtige Departementsarchivar Duvernoy
teilt mir mit, dass das dortige Departementsarchiv über die
Lage dieses Schlosses Bilstein keine Auskunft gebe. That-
sache ist nun, dass der lothringische Bastard Ferri de
Lorraine die Burg Bilstein bei Reichenweier um 1424 nicht
besessen haben kann; denn um 1420 war diese Burg Wür-
') Also als FieMigc, feudum ligium. Was darunter zu verstehen ist,
sagen die folgenden Worte: et sera le dict chastel u. s. w. — *) Die bei
Lepage vorkommenden Formen für Bilstein lauten zum Jahre 1443: Anton
von Billistein, 14.99: Anton von Billistein, 1566: Alix dame de Bilistein.
1592: Sieur de Bildstein, 1625: Gaspard de Bildstein, 1628: Gaspard de
Bilstein, Sieor de Troville, 1664: Nicolas de Bildstein. 1666: Fran^ois de
Bildstein, Sieur de la Seigneurie de Raves etc., 1700: Charlotte de Bildstein,
Chanoinesse zu Remiremont, huldigt für das Lehen von Troville, 1707:
Marie Franciska de Bildstein, Baronne de Magniöres, veuve de Gaspard de
Franc, Comte d'Angleux, 171 2: Joseph de Bilistein, 17 12: Marie Franciska
de Bildstein, veuve (wie z. J. 1707).
c()A .Pfannenschmid,
tembergisches Eigen, wenigstens nach der früher mit-
geteilten Nachricht (S. 560).
Im 15. Jahrhundert und speziell im Jahre 1473 ist sie
im Besitz der Würtemberger, und ist stets bis zur franzö-
sischen Revolution in deren Besitz geblieben.
Es ist auch keine Nachricht überliefert worden, dass
jemals ein lothringischer Bastard Burg Bilstein bei Reichen-
weier innegehabt, d. h. sie in faktischem Besitz mit Ein-
künften besessen und genossen hätte. Man könnte sich
vielleicht denken, dass Lothringen damals zwar nicht im
faktischen Besitz von Bilstein war, aber Eigentumsansprüche
daran erhoben hätte; allein dem widersprechen die an-
geführten Worte des Testaments ausdrücklich: das Bilistein,
das hier gemeint wird, steht mit allen seinen Einkünften
zur vollsten freien Verfügung des Herzogs und ist imd
soll lothringisches feudum ligium bleiben. Dass demnach
der Name Herr von Bilstein für die Bastarde von Lothringen
kein leerer Titel sein sollte, dürfte daraus hervorleuchten.
Es bleibt hier also ein dunkler Punkt zurück, ein Rätsel
für weitere Forschung.
Nach Lage der Sache bleibt vorläufig nur zu sagen
übrig, dass aller Wahrscheinlichkeit nach das elsässische
Bilstein bei Reichenweier bezüglich der lothringischen
Bastarde nicht in Frage kommen kann.
Zur Geschichte Sleidans und seiner Kommentare.
Von
Otto Winckelmann.
Kürzlich ist dem Archiv des St. Thomasstifts zu Strass-
burg aus dem Nachlass eines elsässischen Gelehrten ein
wertvoller Codex überwiesen worden, der sich den gleich-
artigen Bänden des Stadtarchivs und Thomasarchivs an-
gliedert, welche unter dem Namen »CoUectanea historico-
politicac (St. Arch.) und »Varia historico-ecclesiastica« (Th.
Arch.) bekannt und häufig benutzt sind. Er enthält aus-
schliesslich Abschriften und Excerpte von Urkunden und
Akten aus der Feder des gelehrten Archivars und Publi-
zisten Jacob Wencker (1668 — 1743), und zwar bunt durch-
einander Politisches, Kirchengeschichtliches und Kultur-
historisches vom 13. bis zum 17. Jahrhundert, namentlich
aber aus der Zeit der Reformation. Der Wert dieser
Kopien ist um so bedeutender, als die Originale grossen-
teils nicht mehr vorhanden sind. Altere Forscher, wie
Jung, Röhrich und andere, haben den Band offenbar noch
in Händen gehabt; dann aber ist er verschollen und bis
heute für die Forschung unzugänglich gewesen^). Unter
anderm bietet er für den Briefwechsel Sleidans noch einige
Ergänzungen, die dem Spüreifer H. Baumgartens entgangen
sind , und die ich im Machstehenden veröffentliche. Ich
1) Herrn D. Erichson, dem Archivar des Thomasstifts, sage ich auch
an dieser Stelle für den Hinweis auf den Band herzlichen Dank, desgleichen
Herrn Dr. J. Bemays für den Nachweis einiger Sleidan betreffender Akten-
stücke, die ihm bei der Vorbereitung des vierten Bandes der »Politischen
Korrespondenz Strassburgs im Zeitalter der Reformation« in die Hände
gefallen sind.
c56 Winckelmann.
möchte mich jedoch nicht auf den blossen Abdruck
beschränken, sondern darzulegen versuchen, inwieweit die
neuen Funde unser Wissen über Sleidan und sein Lebens-
werk erweitern. Dabei hoffe ich, auch aus älteren Quellen
noch einige nicht unwichtige Aufschlüsse zu gewinnen.
Im Februar 1548 beklagte sich der jüngere GranveHa
auf dem Augsburger Reichstage bei den Strassburger
Gesandten sehr ernstlich über angebliche Praktiken, welche
von Johannes Sturm, Dr. Hans von Niedbruck, Sleidan und
Ulrich Geiger im Bunde mit den Franzosen gegen den
Kaiser getrieben würden*). Jakob Sturm als Wortführer
der Gesandten bemühte sich nach Kräften, die Angeklagten
zu entlasten; indessen merkt man seiner Ausdrucks weise
an, dass er von der Ungerechtigkeit des Verdachts gegen
den Rektor Sturm, Niedbruck und Geiger innerlich selbst
nicht unbedingt überzeugt war; nur von Sleidan sagte er
mit vollster Bestimmtheit, er achte ihn »ganz für unschuldig,
dann er nit so wol in Frankreich gemeint.« Dem Strass-
burger Magistrat schrieben Sturm und seine Begleiter am
14. Februar, er solle die Beschuldigten von Granvellas
Beschwerde in Kenntnis setzen und nochmals eindringlich
vor jeder Bethätigung warnen, welche dem Verdacht
Nahrung geben könnte 2). Die Wirkung dieses Schreibens
war eine sehr prompte; schon am 20. Februar reichten
Job. Sturm, Sleidan und Geiger ihre Verantwortung gegen
die Anklage ein 3).
Der bisher unbekannte Brief Sleidans an Jakob Sturm
lautet nach Wenckers Abschrift*) folgendermassen :
»Nobili et clarissimo viro, d. Jacobo Sturmio, domino
et patrono plurimum colendo.
^) Vgl. Baumgarten, Jakob Sturm 33 und Sleidans Leben 81, ferner
besonders Ilollaender, Eine Strassburger Legende 12, wo die bezüglichen
Briefstellen am ausführlichsten wiedergegeben sind. — *) Stadtarchiv AA
567 f. 5b. — 3) Xach einer Dorsualnotiz Jakob Sturms auf dem Ratsschreiben
vom 20. Februar, AA 567 f. 53b. Johann v. Niedbruck war, wie aus
Sleidans Schreiben ersichtlich ist, damals nicht in Sirassburg. Er verant-
wortete sich erst im März. AA 567 f. 78. — •*) Thomasarch. Varia XI
f- 579
Sleidan und seine Kommentare. ^67
Sal. Die duodecima huius mensis ad te scripsi*), patrone
clariss.» quas nunc opinor esse redditas, erantque meis ad-
junctae literae soceri«), hestemo die accersitus a senatu
vestro cogTiovi ex tuis literis, delatum esse me inter alios,
quasi gallicis rebus faveam. accidit ea res mihi admodum
praeter expectationem neque divinare possum, unde sit
nata calumnia, nisi quod suspicor esse qui parum sibi con-
stantes in caeteris rebus omnibus amicitiae quoque jura
violarunt et ineundae gratiae causa quidvis effutiunt. sed
iia est fatum meum, ut et istic male audiam, qua nescio de
causa, et illis interim valde sim invisus, quorum partibus
favere me nonnulli criminantur*). scis ipse tu, vir inte-
gerrime, quid de illo genere hominum toto sentiam et
quäle meum fuerit Judicium tunc, cum nihil non polli-
cerentur anno superiori^). aestate praeterita erat nonnihil
privati negotii, quod in Galliis agerem *), sed omnis vitandae
suspicionis causa profectionem omisi et diligentissime hac-
tenus cavi. ne quomodo remp[ublicam] vestram gravarem;
et scis quam mihi dlspliceant eorum rationes, qui non ob-
temperant legibus magistratus. itaque maiorem in modum
te rogo, ut si qua gravior apud cum, de quo scripsisti«),
residet de me suspitio, eam illi ut eximas omnino, quantum
poteris. magna enim mihi fit iniuria et certo confirmare
*) Unbekannter Brief. — *; Dr. Johann Bruno von Niedbruck, gewöhn-
lich genannt Dr. Hans v. Metz. Vgl. über ihn Baumgarten, Sleidans Leben
(1878) und Briefwechsel (1881), ferner Polit. Korresp. Strassburgs II u. III
(Register), Kleinwächter, Der Metzer Reformationsversuch 43 A. 2. —
') Über den Grund, weshalb Sleidan damals in Frankreich so schlecht
aiigeschriebcn war, wissen wir nichts Näheres. Am 13. August 1547 hatte
Kardinal Du Bellay dem König Heinrich II. dringend empfohlen, Sleidan
mit der bisherigen Pension von 100 Thalem als Agenten beizubehalten, und
zwar auf Sleidans eigene Bitte (Baumgarten, Sleidans Briefwechsel 143); doch
scheint sich der König nicht darauf eingelassen zu haben. Vgl. unten
Anm. 5. — *) Bezieht sich wohl auf die Bemühungen Frankreichs im Früh-
jahr 1547, Strassburg durch allerlei Versprechungen von der Aussöhnung mit
Karl V. abzubringen. Vgl. Hollaender, Strassburg im schmalk. Kriege 73 ff
— *) Vermutlich meint Sleidan hiermit die Erneuerung des Pensionsverh<-
niüses zu Frankreich (vgl. Anm. 3), welche vielleicht gerade deshalb nicht
zustande kam, weil er sich nicht persönlich bei Hofe vorzustellen wagte, aus
Furcht, bei den Kaiserlichen verdächtigt zu werden. Vgl. Briefwechsel 144,
wo Du Bellay dem König versichert, Sleidan werde auf Wunsch heimlich zu
ihm kommen. — *) Der jüngere Granvella.
c58 Winckelmann.
possum, me nullius principis servitio addictum esse vel
obligatum. ^) quod etiam amice pro me nuper apud domi-
num illum responderis, permagnam habeo tibi gratiain.
socer meus Metim profectus est tertia die huius mensis').
Vale. XX febr. 1548. Tuae dignitatis observantiss[imus]
J. Sleid.c
Die übrigen bisher unbekannten Sleidaniana« welche
der neu entdeckte Band enthält, beziehen sich alle auf das
Hauptwerk Sleidans, die Kommentare. Nur inbetreff eines
undatierten Zettels ist dies nicht ganz sicher. Derselbe
lautet also'):
»D. doctori Marbachio.c
»Günstiger herr Doctor. ich muss euch noch einmal
bemühen, und ist meine freuntliche bitt, ir wollet un-
beschwert sein, bei herm Mathis Pfarrer zu vememen, wess
sich m[eine] h[erren]*) des buchs und der vorrede halben
entschlossen, ich vermeinet gestern etwas von euch zu
hören, euch in gleichem und sunst widerumb zu wilfaren,
solt ir mich alzeit bereit finden.«
Jo. Sleidanus.
Man könnte allenfalls mutmassen, dass es sich hier um
die Erlaubnis zur Ausgabe des im Juni 1556 erschienenen*)
Buchs »De quattuor summis imperiis« handle; wahrschein-
licher aber ist es, dass die Kommentare gemeint sind, zu
deren Veröffentlichung die Dreizehn nach mehrwocheni-
lichem Zögern Ende März 1555 ihre Zustimmung gaben«).
Im Februar oder März wird demnach Sleidan das Briefchen
^) Das trifft nach allem, M'as wir wissen, für den damaligen iSeitpunkt
zu. Über seine freundschaftliche Korrespondenz mit dem Kardinal Da BeUay
konnte Sleidan, obwohl sie sich vielfach um Politik drehte, hier mit gutem
Gewissen schweigen; denn sie fiel sicher nicht unter den Begriff von »Piak-
tikenc gegen den Kaiser. Ich stimme Ulmann darin bei (vgl. diese Zeit-
schrift X 564 n. i), dass Jakob Sturm um diese Beziehungen Sleidans wusste
und in ihnen nichts Anstössiges erblickte. — *) Es ist bezeichnend, d»ss
Sleidan sich hier nicht veranlasst findet, für seinen Schwiegervater Niedbruck,
der doch gleichfalls französischer Umtriebe beschuldigt war, ein gutes Wort
einzulegen. Offenbar konnte er es bona fide nicht thun und eine Läge
widerstrebte ihm. — *) Varia XI f. 573b. — *) Das Kollegium der Dreizehn.
— *) Vgl. Baumgarten, Briefwechsel XXVII. — ') Baumgarten, SJcidins
Leben 98. Hubert, Vergerios publizistische Thätigkeit (Gott. 1893) '57-
Icidna und sdnc Kommen Ure. ^^n
I Marbach g^eschrieben haben, der seit dem Tode Hedios
I Präsident des Kirchenkon venls grossen Einfluss auf die
ifi er enden Herren besass.
Man weiss, welch gewahiges Aufsehen Sleidans Historie
m der ganzen gebildeten Welt erregte, welche Anfein-
dungen sie aber auch dem Verfasser eintrug trotz aller
Ruhe und Sachlichkeit der Darstellung und trotz aller
Enthaltsamkeit im Urteil über religiöse und politische Par-
teien. Von protestantischer wie katholischer Seite wurden
dem Autor Lügen, Entstellungen und böswillige Aus-
lassungen vorgeworfen, und selbst wohlwollende Beurteiler
nahmen keinen Anstand, das Unzeitgemässe der Publi-
kation zu tadeln. Die Mehrzahl derer, die in den geschü-
rten Jahrzehnten politisch thätig gewesen, war eben noch
Leben, und nur wenige unter ihnen hatten sich in
sen wechselvollen Zeitläuften stets so benommen, dass
1 das Licht in keiner Weise zu scheuen brauchten. Mit
(em Missbehagen sahen sie durch Sleidan so manches
, die breite Öffentlichkeit gezogen, was sie am liebsten
r immer mit dem Mantel der Vergessenheil bedeckt
(ten. Baumgarten hat diese Erregung und Verstimmung
r politischen Kreise mit wenigen Sätzen treffend geschil-
:t und erklärt'). Wer sich im einzelnen näher darüber
terrichten will, der lese den äusserst lehrreichen, ver-
tulichen Briefwechsel Sleidans mit seinem Vetter und
eunde, Kaspar von Niedbruck^), der damals im Gefolge
inig Ferdinands und Maximilians dem Augsburger Reichs-
i) BaufliEuteD. Sleidans Leben •)•) «. ; Biiefwechael XXV und XXVI.
*) Bannigarlen , Bnetwechsel 173 fT, Ein Vendchais der saust in-
(Kliditeii Briefe Kaspars und der Lilletalur Dbei ihn lul kanllch G. Knod.
Asclie Studenten in Bologna, nr. 15S3. gegeben. Ebenda Angabe dtr loa
buncbten Hochschulen (Slia&ibuig, Eifiul. Witlenberg. Pidua) und ein
ta Lcbentiibiii* von seiner eigenen Hand fOrig. in dci Wknei HoDiibl.).
I Vaier war demzufolge ein Johann von NieJbnirfc, der Kail V- in vei.
lidenca FeldaQgeo dicnle. also nicht mit Sleidans gleich namieem Suhwieger-
■ vetwechwit Verden darf, welcbet kein Ktiegimann war und ol» Poli-
[ immer auf Seiten der Gegner des Kal^cri gestanden baL Dieser wird im
wiedctboll ab >pa<ruus> Kaapats beaeichnel (vgl. p 171. 190. JlSI'
loD* Fran war alio nicht eine Schwester, sondern etne Kouatne Kaipara
, »vcb Briefw. 164). Veimullich ist dei in Pol. Korr. Strassburgt tt.
eiwiliDta Johann Niedprürker, der Jon als Diener KarU V. ericheini
Kaapata Val«t IdeniiMh.
570
Wiückelmann.
tage beiwohnte und mit wachsamem Auge den Eindruck
des Buches auf die versammelten Fürsten und Staats-
männer beobachtete. Ich möchte aus dieser bisher viel zu
wenig beachteten Quelle nur das hervorheben, was unser
Wissen über die Hauptgegner des Geschichtsschreibers
bereichert.
Ende März 1555 mögen in Strassburg die ersten Exem-
plare des Werks zur Ausgabe gelangt sein; der Vertrieb
im grossen erfolgte dann auf der Ostermesse zu Frankfurt
Anfangs April'). Dass die Nachfrage in Augsburg, wo
zur Zeit die hervorragendsten Politiker und Theologen ver-
sammelt waren, eine besonders lebhafte war, lässt sich
denken. In kürzester Frist war die erste Auflage ver-
griffen. Die meisten bezogen das Buch wohl von Frank-
furt; einzelne aber, wie der bischöflich Strassburgische
Kanzler, Christoph Welsinger, Hessen es sich direkt vom
Verleger kommen*). Zwei Exemplare schickte Sleidan
persönlich an seinen Vetter Niedbruck mit der Bitte, das
eine dem jungen König Maximilian zuzustellen, das zweite
einem andern, nicht näher bezeichneten vornehmen Herrn').
Die erste Mitteilung über die Wirkung der Kommen
tare auf die Augsburger Versammlung finden wir in den
Berichten der Strassburger Gesandten an den Magistrat
vom 13. und 26. Mai*). Dort heisst es, dass König Fer-
dinand und viele »grosse Herren<' an der Historie- ein »ganz
ungnädigs Missfallen« hätten, und nicht blos dem Verfasser,
sondern auch der Stadt Strassburg wegen der Veröflfeni-
lichung grollten. Zwar sei die Sache amtlich noch nicht
zur Sprache gebracht, unter der Hand aber höre man
täglich »viel scharfer Reden«. Die Zeit für die Herausgabe
des Werkes sei zum mindesten sehr ungeschickt gewählt*).
Die Gesandten legen sodann dem Rat nahe, Entschul-
digungen beim Hofe vorzubringen. Wie sticht doch diese
Kleinmütigkeit und Verzagtheit von der ruhigen, selbst-
') Vjjl. Baumgarten, Briefw. XXV. Nach Sleidans Angabc (cbendi
274) reiste Josias Rihel am 30. März nach Frankfurt ab. — ') Brief».
nr. 148. Dass der dort erwähnte »Vicinus-^ kein andrer als Welsinger wir.
erj^iebt sich aus dem Zusammenhang der Briefe. — ') A. a. O. nr. 138. —
^) Stadtarchiv AA 61 1 f. 49 u. 50. — *) Vgl. auch die Äusserung des
sächsischen Gesandten Kram bei K. Brandi, Beiträge zur Reichsgesch. 655.
Sleidan und seine Kommentare.
57«
bewxissten Haltung ab, welche die Stadt noch vor wenigen
Jahren unter der Führung Jakob Sturms solchen Anfein-
dungen gegenüber eingenommen hatte! Die massgebende
Rolle in der Strassburger Politik spielte jetzt der aus
Württemberg gebürtige Stadtadvokat Dr. Ludwig Gremp,
ein gescheidter und gewandter Diplomat, der aber an
Geradheit und Charakterstärke manches zu wünschen übrig
Hess. Er war es, der den oben erwähnten Brief der Ge-
sandten vom 26. Mai persönlich nach Strassburg über-
brachte, um die regierenden Herren mündlich noch genauer
über die durch Sleidan verursachte Aufregung zu unter-
richten und geeignete Massnahmen zur Beschwichtigung
der erzürnten Fürsten und Herren zu empfehlen. Gewiss
wird er mit seiner Ängstlichkeit viele angesteckt haben;
indessen überwog im Rat zum Glück noch das Ansehen
der alten^ braven Mitstreiter und Gesinnungsgenossen Jakob
Sturms, wie Mathis Pfarrer, Klaus Kniebis, Jakob Meyer,
welche es mit der Ehre und Würde ihrer Stadt unverein-
bar hielten. Sleidan zu verleugnen und preiszugeben, nach-
iem sie die Ausgabe seines Werkes vor kurzem erst auf
jrrund reiflicher Überlegung gutgeheissen und gestattet
latten. Wir hören weder von einem Entschuldigungs-
schreiben des Rats an den König noch von einer plötz-
ichen Entlassung Sleidans aus dem städtischen Dienst^)-
\uch wurde den schnell auf einander folgenden Neuauf-
') Sleidan war, wie Hollaender (Westdeutsche Zeitschrift VII, Korre-
ipondenzblatt S. 150) aus den Protokollen mitgeteilt hat^ von Johanni 1552
ib auf vier Jahre mit einem Gehalt von 150 fl. in den Dienst der Stadt
gestellt worden, ohne ein bestimmtes Amt zu erhalten. Hauptsächlich sollte
rr wohl, soweit es seine Arbeiten für die Kommentare gestatteten, im diplo-
matischen Dienst verwendet werden. Im September 1555 wurden dann im
Schosse des Magistrats Erörterungen über seine Bestallung gepflogen (A. a. O.)
Welcher Art sie waren, erfahren wir leider nicht. Möglich, dass einige
Herren, durch die schlimme Wirkung der Kommcntaic eischieckt, Sleidans
Entlassung forderten; doch ist die Mehrheit oflenbar nicht darauf ein-
i^egangen, sondern hat sich begnügt, den im Sommer 1556 ablaufenden
Dienstvertrag nicht zu erneuern. Sleidans Bemühungen, bei dem Herzog von
Württemberg oder einem andern deutschen Fürsten Anstellung zu tinden,
scheiterten bekanntlich, obwohl sie von Kaspar von Niedbruck kräftig
mterstützt wurden. Bald nachher erlöste ihn dann der Tod von der quiilen-
Icn Sorge um eine anderweitige Versorgung.
572
WiDckelmann.
lagen der Historie") keinerlei Hindernis in den Weg
gelegt.
Trotz alledem war es für den reizbaren, durch schwere
Schicksalsschläge bereits niedergebeugten Gelehrten eine
Zeit banger Sorge und tiefgehender Verbitterung, als
er sich und sein Werk in so ungerechter Weise angegriffen
und verdächtigt sah. Zwei Männer wurden ihm von Nied-
brück und Gremp übereinstimmend als die ungestümsten
Ankläger bezeichnet: der königliche Vicekanzler Jakob
Jonas und der Kanzler des Strassburger Bischofs, Christoph
Welsinger. Der Name des Jonas wird allerdings nirgends
genannt; doch kann nicht der geringste Zweifel obwalten,
dass die häufig in dem Briefwechsel wiederkehrende Be-
zeichnung »vicecancellariusc sich auf ihn bezieht. Manch-
mal ist die Anspielung auf seine Person eine noch ver-
stecktere, aber für den, welcher die Briefe im Zusammen-
hang liest, doch immer durchsichtige*).
Jonas hatte ursprünglich humanistische Studien be-
trieben und besonders im Hebräischen bedeutende Kennt-
^) Im Jahre 1555 erschienen nicht weniger als vier Auflagen, zwei io
Folio und zwei in Oktavformat. Am Ende (Schelhorns Ergötzlichkeiten II,
414 ff. und 653 fF) hat ihre Reihenfolge im wesentlichen richtig bestimnat
Von den 1000 Exemplaren der Editio princcps, welche unter Wendelin
Rihels Namen erschien, waren nach Sleidans eigener Angabe (Briefw. 288)
Mitte Juli nur noch ih übrig. Infolge dessen waren die Erben Wendelins,
den man am 31. März zu Grabe trug (Briefw. 274), im Juli bereits dann,
eine zweite, handlichere Ausgabe in 8** herzustellen (ebenda 288), die spätestens
Mitte September fertig war; denn schon am 17. September gedenkt Sleidan
eines Exemplars (ebenda 302). Die zweite Folioausgabe, welche Am Ende
ungefähr gleichzeitig setzt (Schelhom II, 674), wird demnach eher etwas
später erschienen sein, jedenfalls aber ajch noch zur Michaelismesse. Da die
Oktavauflage sofort vergriffen war, erschien dann noch im gleichen Jahr eine
zweite dieses Formats. — ^) Merkwürdigerweise hat Baumgarten in seiner
Ausgabe des Briefwechsels keinen Versuch gemacht, die Persönlichkeit des
»Vicekanzlers« festzustellen. Wohl infolge dieses Umstandes hat dann
J. Frank in seinem Artikel über Jonas (Allg. deutsche Biogr. XIV, 491) das
wertvolle Material, welches der Briefwechsel für die Charakteristik des
Kanzlers enthält, übersehen. Dass in den Briefen nicht etwa der kaiser-
liche Vicekanzler, Dr. Seid, gemeint sein kann, ergiebt sich schon aus der
Thatsache, dass dieser gar nicht in Auj^sburg, sondern beim Kaiser in Brüssel
weilte. Überdies wird Selds viel ruhigere Stellungnahme zu Sleidans Werk
weiterhin in den Briefen ausdrücklich besprochen. Vgl. auch weiter unten.
Sleidsn und si
573
erworben, war dann aber später zur Rechts wissen -
Bhaft übergegangen und Beisitzer des Kammergerichts
eworden'). In dieser Stellung, sowie seit 1541 als kur-
inzischer Kanzler machte er aus seinem Mass gegen die
kutestanten nirgends ein Hehl*), Die schroffe und herrische
fctt seines Auftretens erinnerte lebhaft an den berüchtigten
Oheren Reichsvizekanzler Matthias Held. Wegen seiner
fenkundigen Parteilichkeit weigerten sich denn auch die
mgelischen Stände, ihn bei der Kamm er ger ich ts Visitation
Herbst r543 als Visitator anzuerkennen. Das hielt aber
ftn König Ferdinand nicht ab, dem streitbaren Manne im
ihre 1544 das wichtige Amt des Hofvicekanzlers zu über-
Egen. In der Folge zeigte sich Jonas dann als einer der
rigsten Förderer der Jesuiten, Ein so leidenschaftlicher,
tten im Parteigetriebe stehender Politiker konnte natür-
h dem Werke Sleidans gegenüber nicht gleichgiltig
iiben. Obwohl er persönlich in den Kommentaren nir-
nds angegriffen war, erging er sich doch in niasslosen
hmähungen gegen den Verfasser, Eine offene Streii-
irift hätte ihn vielleicht weniger gereizt als diese akten-
Issige, nach Unparteilichkeit und Objektivität ringende
Itgcschichte, Im einzelnen rügte er — und zwar mit
irecht — Sleidans Bemerkungen über den erfolglosen
ffkenkrieg von 1542 und über die böhmischen Unruhen
n 1547; sein Gesamturteil ging dahin, dass nicht die
Ufte des Buchs auf Wahrheit beruhe, wofür ihn Sleidan
einem vertraulichen Schreiben an Niedbruck als einen
sr unverschämtesten Verleumder« bezeichnete^), der
cht durch Lügen, sondern durch Wahrheit verletzt
irde*. Auch der vorsichtige und nüchterne Niedbruck
fach sich über Jonas in der schärfsten Weise aus. An
ler Stelle nennt er ihn einen »vir suspicax et osor omnium
norum quin imo et amicorum', an einer andern >Babelium
dus tragoediaet. Auch steht er nicht an, ihn vom prote-
') Frank« Bebiuptung a. k. O,, da» Jonas sich anfanifi der neuen
in ingewendet hab« und erat als Jurist tum Kalholiiiimui luiÜck^clTcIen
Mheial mir nicht gendgcnJ «rwieien, — *) V|:l. auuet Frank a. a. O.
Pollt. Kon. Slraasbuigs III, j;o. ^9. 481. — ■) Brielw. nr 148.
p. iBo oeoDt et ihn -un tite mauvM$ ei dangcrcui liommo
574
Winck«lmaüD.
stan tischen Standpunkt als einen »des principaux causateurs
de tout nostre malheur« zu erklären i).
Mit Jonas wetteiferte, wie schon bemerkt, Christoph
Welsinger in aufreizenden Reden gegen Sleidan. Man
weiss bis jetzt über diesen Mann nicht viel mehr, als dass
er schon als Kanzler Bischof Wilhelms von Strassburg den
Evangelischen nach Kräften zu schaden suchte, und dass
er unter dem versöhnlich gesinnten Nachfolger -Wilhelms,
Erasmus, die Hauptstütze der römischen Kirche im Bistum
war. Gewiss hat ihm Sleidan nicht Unrecht gethan, wenn
er ihn bei Schilderung der in Strassburg auf das Interim
folgenden Streitigkeiten als die Seele derjenigen Partei
kennzeichnet, welche den Bischof ständig zu schärfstem
Vorgehen gegen den Magistrat anspornte 2), Gleichwohl
scheint der Kanzler diese Beurteilimg sehr übel genommen
zu haben. Ob noch andere, persönliche Beweggründe des
Hasses gegen Sleidan für ihn vorlagen, wissen wir nicht.
Noch gegen Ende des Reichstags schwebte unser Ge-
schichtsschreiber in grosser Sorge, Jonas und Welsinger
könnten die Stände, obwohl sich die Aufregung inzwischen
etwas gelegt hatte, doch noch zu feindlichen Schritten
gegen ihn und sein Werk verleiten 0). Glücjclicher Weü^e
gingen diese Befürchtungen nicht in Erfüllung.
Zu den Staatsmännern, die mit den Kommentaren sehr
unzufrieden waren , gehörte "auch der Reichsvicekanzler
Georg Seid, der damals in den Niederlanden war. Sleidan
erfuhr davon zuerst im Juni durch Gremp; im September
wurde ihm dann die Nachricht durch Kaspar von Nied-
brück bestätigt*), der ihm dringend riet, sich durch eine
Mittelsperson bei dem mächtigen Kanzler, der den Prote-
stanton im allgemeinen wohlgesinnt sei, zu entschuldigen.
Inzwischen hatte Sleidan schon auf die ersten Mitteilungen
hin Gremp gebeten. Seid zu besänftigen 5), wusste aber im
September noch nicht, ob es geschehen sei. Wie wenig
^) Ebenda nr. 142, 147. — -) Komm. III, 163. Sleidan selbst findet
in seiner Darstellung keine Verletzung Welsingers. Er sagt (Briefw. 278):
^ego ceric nunquam illum laesi, quod sciam.-^ — •) Briefw. nr. 150, 151. —
•) A. a. O. nr. 145, 146, 155. — *) Nach Briefw. nr. 146 wollte Sleidan
selbst an Seid schreiben; doch ist dies nach nr. 157 offenbar nicht
geschehen.
Sleidon und seine Konmeotare. j^j
dem Stadtadvokaten in diesen Dingen traute, zeigt eine
nssemng aus Anlass der Rückkehr desselben zum Reiciis-
Ende Juli 1555. Damals sprach er in einem Brief an
[edbruck die Befürchtung aus, der Lärm wegen der
bmmenlare werde jetzt von neuem beginnen, da Gremp
mit niemand verderben wolle und schwerlich gesonnen
i, viel Mühe auf die Beruhigung der Gegner zu ver-
pnden'}. Auf Niedbrucks Lobeserhebungen über Seid
widerte SIeidan sehr skeptisch, er wolle die oft gerühmte
Bde des Kanzlers im allgemeinen gewiss nicht in Abrede
khen; doch sei es Thatsache, dass Seid bei der Vertreibung
r Prädikanten aus Augsburg im Jahre 1551 noch viel
:ksicht5loser verfahren sei, als es die Kommentare schü-
rten*). )Ich besitze, schreibt SIeidan, den Brief Selds
Gromp, worin er sich über mich beschwert; obwohl er
5h dort stellt, als ob er das Werk, das er (verächtlich)
n ilibellus« bezeichnet , nicht selbst gesehen habe,
jheint er doch zu ahnen und zu wittern, was ich an ihm
lle, und entschuldigt den Vorfall (nämlich die Ausstossung
■ Prädikanten) sehr kühl.» In der That war Seid ein
ister jener in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts so
lilreichen Politiker, die den religiösen Streitigkeiten ihrer
jt innerlich fremd gegenüberstanden und es nach äusser-
Jhen Rücksichten bald mit den Evangelischen, bald mit
Altgläubigen hielten*).
Trotz seiner ungünstigen Meinung von Seid hat
toigons SIeidan es doch für ratsam gehalten, in der
feiten und dritten Auflage der Kommentare seine Aus-
lücke über des Kanzlers Vorhalten gegen die Augsburger
tdiger etwas abzuschwächen. Während er nämlich in
ersten Ausgabe geschrieben hatte: »Seldus iurecon-
lltus eos fsc. die Prediger) increpabat acerbe«, schob er
der folgenden hinter «iureconsultu,s< die Worte >tanquam
ilerpres* ein und unterdrückte das •acerbe«*). Hatte er
ler ursprünglich über die Einleitung des Verfahrens
:en die Prädikanten bemerkt; »verba facit Seldus et
») EbentU of. 15». — ") Ebeodi S. 303. — *) Vgl. den Artikel Seid
DtnSc'l in AUb- lUnlache Biogi- 33. S- *"3 ff- — ') Comm. cd. Am
■de UL )J7. Edlüo priocvps f. 393. Vgl. ftroti Am Ende bri Schelhoni
m. O. II. 69;.
Sriucbi. f. OhcIi. a. Obtnh. N. F. XIV. *. j8
cy() Winckelmann.
quaestiones proponit«, so fugte er nachträglich hinter
»quaestiones« das Wort »iussus« ein^). Dadurch erscheint
natürlich Selds Verhalten in viel milderem Lichte und die
Verantwortung für das ganze Verfahren wird auf Granvella,
der den Vorsitz führte, abgewälzt. Hinterher scheint aber
Sleidan die Änderungen wieder bereut zu haben; wenigstens
stellte er in der zweiten Oktavausgabe den ursprünglichen
Text wieder her^).
Die Absicht des Autors, allen seinen Angreifern einzeln
zu antworten und namentlich an König Ferdinand ein aus-
fuhrliches Rechtfertigungsschreiben zu richten, bekämpfte
Kaspar von Niedbruck aufs Entschiedenste, indem er über-
zeugend darlegte, dass die Erregung über das Buch all-
mählich von selbst schwinden würde, und dass briefliche
Entschuldigungen und Rechtfertigungen bei Leuten von
dem Schlage Jonas' und Welsingers leicht das Gegenteil
von dem bewirken könnten, was sie bezweckten. Sanft-
mütiges Auftreten würde nur als Zeichen von Furcht und
Schwäche ausgelegt werden, während heftige Wider-
legungen die Sache selbstverständlich noch verschlimmem
würden •). Sleidan Hess sich überzeugen und war einver-
standen, dass Niedbruck zwei nach Augsburg gerichtete
Rechtfertigungsschreiben, von denen eins für Welsinger
bestimmt w^ar, nicht an ihre Adressen gelangen liess. Ab-
gesehen von diesen beiden Briefen hatte Sleidan, seiner
ausdrücklichen Versicherung zufolge*), nur noch an Hiero-
nymus Wolff, den Vorsteher der Fugger'schen Bibliothek,
die briefliche Bitte gerichtet, er möge seinen Herrn, der
eine abfällige Äusserung über die Kommentare gethan
haben sollte, vor übereilter und ungerechter Beurteilung
warnen 5j, Hiernach scheint es mir einigermassen zweifel-
*) Am Ende III, 256 hat vergessen zu bemerken, dass das »iussus^ in
der ersten Edition (392 b) fehlt. Auch in seinem Aufsatz bei Schelhom
a. a. O. hat er die Abweichung übersehen. — *) Schelhorn a. a. O. 696. —
•) Vgl. die im Briefwechsel S. 289 erwähnte, wahrscheinlich von Welsinger
herrührende, sehr derbe Äusserung über die Behandlung, die er einem
etwaigen Schreiben Sleidans angedeihen lassen würde. — *) Briefwechsel
S. 285. — '■) Es handelt sich um Johann Jakob Fugger. Vgl. a. a« O. 285
und 289. Er liess durch WolfF freundlich erwidern, seine Äusserung über
die Kommentare sei in gehässiger Weise entstellt worden. Konrad Hibler
Sleidan und seine KommeDtare.
577
haft, ob der von Schadaeus und danach von Baumgarten
abgedruckte Rechtfertigungsbrief Sleidans an den Aug^-
burger Magistrat wirklich zur Absendung gelangt ist^).
Die Herausgabe einer allgemeinen Apologie des Werkes
hat Niedbruck dem Freunde ebenfalls als nutzlos, ja sogar
schädlich widerraten. Er hob namentlich hervor, dass die
von Sleidan beabsichtigte, starke Betonung der Akten-
mässigkeit der Kommentare gar nicht vorteilhaft sei, weil
selbst wohlwollende Kritiker meinten , dass viele der
benutzten Akten zur Zeit noch besser im Dunkel der
Archive geblieben wären. Inzwischen war aber Sleidan
schon an die Ausarbeitung gegangen und hatte dem Drei-
zehnerkollegium einen deutschen Entwurf zur Apologie
unterbreitet. Der Magistrat war mit dem Inhalt ganz einver-
standen, empfahl dem Verfasser jedoch, die Publikation zu
unterlassen, solange die Angreifer ihrerseits den Weg der
Öffentlichkeit nicht betreten würden 2). So blieb die Apo-
logie wenigstens zu Sleidans Lebzeiten ungedruckt. Nach
seinem Tode kam sie zuerst nicht in lateinischer, sondern
in deutscher Sprache ans Licht, und zwar in der von
Stamler besorgten Übersetzung Sleidans, welche im Sommer
1557 bei Rihel erschien. In den lateinischen Ausgaben
der Kommentare steht sie erst von 1558 ab^).
Ein Vergleich des lateinischen und des deutschen
Textes ergiebt nun die bemerkenswerte Thatsache, dass
letzterer nicht eine Übersetzung Stamlers oder eines Dritten
in seinem Aufsatz über »Die Stellung der Fugger zum Kirchenstreite«
(Histor. Vierteljahrschrift 1898 S. 473 ff.) hat diese Beziehung zu Sleidan
leider übersehen.
') Schadaens giebt ihn nach dem (jetzt nicht mehr vorhandenen) Konzept,
von welchem auch Wencker (Varia eccl. XI) eine Abschrift gegeben hat mit
dem ausdrücklichen Bemerken, dass die Vorlage von Sleidans Hand sei.
Das Augsburger Archiv besitzt keine Ausfertigung des Briefs. — *) Brief-
wechsel S. 286. — ») Nach Comm. ed. Am Ende I, iQAnm. scheint es, als
ob die Apologie schon in der lat. Auflage von 1557, die mir nicht zugänglich
war, gestanden liabe. Dem widerspricht jedoch Am Ende's ausdrückliche
Angabe bei Schelhom II, 659, dass die Apologie in den Auflagen von 1556
und 1557 fehle. Paur, Sleidans Kommentare 122 n. 5 und 130, führt
andrerseits mit Unrecht die Folioausgabe Rihels von 1559 als die erste an,
welche die lateinische Apologie enthalte. Wie ich feststellen konnte, findet
sich die Schrift schon in der Oktavausgabe von 1558.
38*
578
Wiackelman]
sein kann, sondern von Sleidan selbst herrührt, mit andern
Worten, dass wir darin höchst wahrscheinlich jenen
deutschen Entwurf der Apolog-ie vor uns haben,
der den Dreizehn zur Begutachtung- übergeben wurde. Da
ich jedermann Gelegenheit bieten mochte, sich von diesem
Sachverhalt selbst zu überzeugen, so habe ich den deut-
schen Text am Schluss dieser Abhandlung nochmals
abgedruckt und gl^chzeitig auf die wichtigsten Unter-
schiede vom lateinischen durch Anmerkungren und Kursiv-
druck hingewiesen. £s wird das um so willkommener
sein, als die Ausgaben, welche den deutschen Entwurf
Ineten, nicht gerade häufig sind.
Schon ein flüchtiger Vergleich zeigt so erhebliche
Verschiedenheiten der deutschen und lateinischen Schrift,
da«^<; an eine blosse Übersetzung der einen aus der andern
nicht zu denken ist. Eine nähere Prüfung fuhrt dann zu
dem weiteren Ergebnis, dass der deutsche Text das ur-
sprüngliche Konzept, der lateinische eine verbesserte Über-
arbeitung ist. Ich will hier im einzelnen nur auf die
Umstellung der aus der historischen Litteratur angeführten
Bei^iele aufmerksam machen. Es ist unverkennbar, dass
dadurch und durch die Einfügung eines weiteren Belspiek
< Piatina! der lateinische Text als eine Verbesserung des
deutschen erscheint. Dazu kommt, dass die Fassung und
Ausdrucksweise der lateinischen Vorlage fast durchweg
eine schärfere und gedrungenere ist, was sich nur zum
Teil aus der Eigenheit der lateinischen Sprache an sich
erklären lisst, Dass Sleidan das Lateinische noch selber
ven'ai^t hat, kann andrers-eits nicht bez\i'eifelt werden; denn
die Abweichungen von dem deutschen Entwurf sind zum
Teil derart, dass sie schwerlich einem Dritten zugeschrieben
werden können. Auch scheint es ausgeschlossen, dass
Stamler uns etwa die I.^r>ersetzung einer unbekannten,
älteren lateinischen Fassung der Apologie giebt. Denn
ers-tens ist nicht anrunehn-.en. dass er sich mit einer solchen
Arbeit eerlact haben sollte, wo ihm als autorisierten
Bearbeiter d.x^h jedenfalls das deutsche Original, dessen
Vorhandensein Slciian selbst bezeugt, zur Verfugung stand.
Zweitens macht Stamlei^ Text mit seinen zahlreichen
Tautologien und weitschweifigen Wendungen, wie sie im
1 und seine Kommentare.
579
eutschen jener Zeit gebräuchlich sind, durchaus nicht den
Indruck einer Übersetzung aus dem Lateinischen ').
Zwei andere Verdeutschung^en des Sleidan'schen Werks,
eiche noch in demselben Jahre 1557 erschienen, nämlich
B des Achacius in Pforzheim und eine Neuauflage des
kselers Pantaleon, druckten die Apologie, wie sie Stamler
»rOffentlicht hatte, wörtlich nach, desgleichen auch Michael
BUther in den ersten, zu Frankfurt herausgegebenen
u3agen seiner Übersetzung«), In der Ausgabe von 1561
hm Beulher dann einige unbedeutende Änderungen rein
Uistischer Art vor und zeigte damit, dass er die Vorlage
cht für eine Original arbeit Sleidans, sondern für eine
sserungsbedürttige Übersetzung Stamlers hielt. Erst 1564
t er die Abweichungen des Staraler'schen Textes von
sm lateinischen bemerkt und übersetzt nun den letzteren,
dem er die frühere, dem deutschen Entwurf entlehnte
usdrucks weise, soweit sie dem Lateinischen nicht direkt
idersprach, meistens beibehielt. Seine folgenden Aus-
üben zeigen den gleichen Wortlaut, bis plötzlich 1583
ne merkwürdige Rückwandlung eintritt. In diesem Jahre
ommc Beuther nämlich für den ersten Teil der Apologie
r seinen dem deutschen Original entsprechenden Text
n 1 5Ö I Kurück, während er sich für den zweiten Teil
von der den Commines betreffenden Stelle ab — an
I lateijiische Vorlage hält. Hierbei bleibt er dann auch in
en späteren Ausgaben. Da er seit 1565 als Geschichts-
rofessor in Strassburg lebte, so liegt der Gedanke nahe,
r habe ira städtischen Archiv eine verbesserte deutsche
pologie von Sleidans Hand entdeckt und benutzt,
sen ist diese Annahme zu verwerfen wegen der
- mit ganz geringen Ausnahmen — wörtlichen Überein-
immung, welche in der zweiten Hälfte der Apologie
«Tischen lieuthers Übersetzung von 1 564 und dem Abdruck
■) Von Einxclhciien will ich hier nur auf dis gegen Ende des SUmlei-
hco Abdnicki »lehcnd«. tinnloie >uiid sollen gar nid aurmerkssni machen,
m üth noi durch einen Leserehler des Kopisien erklären lasst. fluten
m f mit einer ObeneUung aus dem Lateinischen lU thun, so wären die
'onc fuis «nerkiftilieh. Vgl. die Wiedergabe der Apologie am Schlius
MM AiifMla«>- — 'j Mir lag nur die aweiie tod 1559 vor. Die erste
■diitn tjss. Vgl Paar 1}]. Allg. Deutsche Biogr. U, 591.
58o
Winckelmann.
von 1583 besteht. Sie kann nicht zufällig sein, sondern
beweist, dass wir es auch 1583 mit einer Übersetzung
Beuthers und nicht mit einem Original Sleidans zu thun
haben. Es bleibt mithin nur die Erklärung übrig, dass
Beuther dem Stamler'schen Text für die erste Hälfte des
Stückes deshalb wieder den Vorzug gab, weil derselbe hie
und da etwas ausführlicher war als der lateinische, vielleicht
auch, weil er sich durch Auffinden des deutschen Originals
von dessen Übereinstimmung mit Stamlers Text überzeugte.
Für die zweite Hälfte aber bevorzugte er die lateinische
Vorlage, weil ihm die darin enthaltenen Änderungen als
Verbesserungen einleuchteten.
Im Jahre 162 1 gab endlich noch Oseas Schadaeus in
Strassburg eine Übersetzung und Fortsetzung der Kommen-
tare heraus, die 1625 neu aufgelegt wurdet). Er hält sich
in seiner Verdeutschung der Apologie viel strenger als alle
seine Vorgänger an die lateinische Urschrift, schreibt aber
doch an manchen Stellen dem Beuther wörtlich nach*).
Sleidans deutsches Original hat er dagegen offenbar nicht
gesehen und benutzt.
Ganz unbekannt ist bisher der Nachtrag zur deutschen
Apologie gewesen, welchen ich nach Wenckers Abschrift
im Anhang veröffentliche. Dass dieses mit »Additio«^ über-
schriebene Schrittstück ein Nachtrag Sleidans zu der den
Dreizehn überreichten deutschen Apologie war, schliesse
ich aus Folgendem: Wencker giebt unmittelbar davor eine
Abschrift der beiden undatierten kleinen Briefe Sleidans
an Gremp, welche er auch in seinen *Collecta archin^
abgedruckt hat 3), und welche dann von Baumgarten noch-
mals veröffentlicht und mit Recht in den Juni 1555 gesetzt
worden sind*). Am Schluss des zweiten Schreibens steht
nun in Wenckers Kopie noch eine kurze Nachschrift, welche
in den Collecta archivi und infolge dessen auch bei Baum-
garten fehlt. Sie lautet wörtlich: »D. Pfarr[er] bis admonui
^) Paur 135. Ich habe nur die Ausgabe von 1625 gesehen. — *) Z. B.
giebt er die Worte »quid illis fingi posset sceleratius« ebenso wie Beuther
wieder: »so müssten sie die heillosesten Leut uf Erden sein.c Auch hat er
das bezeichnende »und tügen gar nichts« anstatt des unverständlichen »und
sollen gar nit« von Beuther übernommen. — •) S. 441. — *) Briefwechsel
nr. 145 u. 146.
Sleidan und seine Kommentare.
581
de meo scripto, sed non evocor, et sub finem adjeci quiddam,
quod heri ad illum misi, collegis ut exhiberet.«
Mit dem »scriptum« ist hier sicherlich die deutsche
Apologie gemeint und das nachträglich an den Dreizehner
Pfarrer übersandte »quiddam« ist eben die unten abgedruckte
»Additioc, welche sich inhaltlich dem Schlussatz der Apo-
logie ganz gut angliedert. Die Übersendung einer Abschrift
davon an Gremp ist leicht erklärlich, wenn man bedenkt,
dass eben dieser es war, der durch seine Mitteilungen vom
Augsburger Reichstag Sleidan zur Abfassung der Apologie
veranlasst hatte.
Die »Additio« sollte dem in der Hauptschrift zu wenig
berücksichtigten Vorwurf der Gegner, dass Sleidan in den
Kommentaren die bedeutende Persönlichkeit und den Eifer
des Kaisers in der religiösen Frage nicht genügend wür-
dige, entgegentreten. Die etwas pathetische Weise, in der
dies geschieht, würde in einem vertraulichen Schreiben
gewiss befremdend wirken; in einer für die Öffentlichkeit
bestimmten Verteidigungsschrift erscheint sie dagegen ganz
angemessen. Entkleidet man die Erklärung des rhetorischen
Schmucks, so sagt Sleidan im Grunde nur, was er von
seinem Standpunkt mit gutem Gewissen verantworten
konnte. Er vergiebt sich durchaus nichts, wenn er die
imponierende Machtstellung und das Kriegsglück Karls V.
unumwunden anerkennt, wie er es schon in der Vorrede
an den Kurfürsten August von Sachsen gethan hatte.
Was den Vergleich mit Constantin und Karl dem Grossen
angeht, so denkt er dabei wohl weniger an die hervor-
ragenden persönlichen Eigenschaften der Herrscher als
vielmehr an die Ähnlichkeit ihrer Machtstellung und an
die Bedeutsamkeit der Ereignisse, die sich unter ihrer
Regierung zugetragen haben ^). Wenn er ferner die
»grosse Bescheidenheit« Karls in der Behandlung der reli-
griosen Frage rühmend hervorhebt, so verschweigt er
allerdings, dass diese Mässigung — wenigstens vor dem
Jahre 1547 — keine freiwillige, sondern durch die poli-
tischen Verhältnisse erzwungene war. Dass er letzteres sehr
>) lo diesem Sinne ist die Parallele auch schon in der Vorrede an
Kurfürst August gezogen worden.
582
WiDckelmann.
wohl wusste, zeigt seine früher veröffentlichte Oratio ad
Caesarem J). Indessen wird man ihm kaum einen Vorwurf
daraus machen können, dass er in einer apologetischen
Schrift nicht für gut fand, diese Erzwungenheit der kaiser-
lichen Milde besonders zu betonen.
Das Fehlen der »Additioc in den deutschen Ausgaben
der Kommentare hat seinen Grund wohl einfach dann,
dass Stamler das Schriftstück übersehen oder dessen Zu-
gehörigkeit zur Apologie nicht erkannt hat. Vielleicht
aber hat er es auch deswegen fortgelstösen, weil es in
Sleidans lateinischer Bearbeitung nicht steht. Letztere
Thatsache erklärt sich wohl aus der dem Verfasser nach-
träglich aufgestossenen Besorgnis, der Inhalt der additio könne
ihm von den Evangelischen als unwürdige Schmeichelei dem
Kaiser gegenüber ausgelegt werden.
Stamlers Übersetzung der Kommentare verdient, ab-
gesehen von der durch sie vermittelten Kenntnis des
deutschen Entwurfs der Apologie, auch deswegen unsere
Beachtung, weil sie die erste und einzige von Sleidan
selbst autorisierte und unterstützte Verdeutschung
des Werkes ist. Ich will dies des Näheren darlegen.
Bekanntlich war es bei der Bestellung Sleidans zum
Geschichtsschreiber der Reformation die Absicht der evan-
gelischen Stände gewesen, ein Werk zu schaffen, das in
lateinischer und deutscher Sprache den Gelehrten sowohl
wie der grossen Masse des Volkes zugänglich und ver-
ständlich sein sollte^. Im Verlauf der Arbeit aber und
besonders, als er an die Beschreibung der Ereignisse seit
1546 kam, stiegen dem Verfasser wohl Zweifel auf, ob es
ratsam sei, eine deutsche Ausgabe zu veranstalten. Jakob
Sturm teilte diese Bedenken; wenigstens warnte er vor
Übereilung und riet zur grössten Vorsicht bei Wahl des
Übersetzers •). Die über Erwarten heftigen Angriffe, welche
Sleidan dann infolge der lateinischen Ausgabe erfuhr,
machten ihn natürlich einer deutschen Bearbeitung erst
recht abgeneigt und auch der Magistrat war durchaus
gegen eine solche. In seinem Briefe an Stumpf vom
*) Edition von Böhmer 146 fF. — *) Baumgarten, Sleidans Leben 71 ff.
^) Briefwechsel 309.
Sleidan und sdne Kommetitire^
583
»vember 1555 ') erklärte der Verfasser ausdrücklich, er
be in seiner Historie manches geschrieben, was nur für
elehrtc und Staatsmänner taug-e. nicht aber für die bunte
Um so peinlicher wurde er durch die im Herbst 1555
diauchende Nachricht betroffen, dass in Zürich Stumpf,
Basel Pantaleon mit der Verdeutschung beschäftigt seien,
insichllich des ersteren erwies sich das Gerücht allerdings
i falsch; Pantaleon aber und sein Drucker Brillinger
sich wirklich weder durch die Mahnungen des Strass-
irger Rats noch durch die Bitten Sleidans davon abbringen.
, Frühling tjsö mit einer übereilten, höchst liederlichen
bcrsetzung hervorzutreten'). Mit banger Sorge beobachtete
1 in Strassburg die Folgen dieses Wagnisses. Aber siehe
die Wirkung der Publikation war bei weitem nicht so
blimm, wie man befürchtet halle, während der buch-
indlerische Erfolg trotz der grossen Mängel des Werkes
le Erwartungen übertraf. Infolge dessen setzte nun Rihel
le Hebel in Bewegung, um auch seinerseits die Erlaubnis
r Herausgabe der Kommentare in deutscher Sprache zu
langen und die Baseler Ausgabe zu übertrumpfen. Wenn
■idan schon im November 1555 an Stumpf schreibt, Rihel
)e eine deutsche Edition bereit und werde sie ausgeben,
pbald ihra andere zuvorzukommen suchten, so ist das
ihl eine absichtliche Übertreibung, um den Züricher
tiehrten von seinem angeblichen Vorhaben abzuschrecken,
ngefangen aber wird die Übersetzung thatsächlich schon
iwesen sein; denn am 1. Juni 1556 war sie soweit fertig.
iBS Rihel um die Druckerlaubnis beim Magistrat ein-
immen konnte. Dieser lehnte jeut die Genehmigung nicht
lehr grundsätzlich ab, verlangte aber, ohne Gründe anzu-
iben, dass die Drucklegung noch verschoben würde»),
ihel fügte sich für den Augenblick, hörte jedoch nicht
zu bitten und zu drängen, bis er endlich im Juni 1557,
dreiviertel Jahre nach Sleidans Tode, soweit war. die
Übersetzung auf den Markt bringen zu können. Ihr Ver-
leer, Marcus Stamler, sagt in der Vorrede (an den Grafen
') Ebenda jo8, — ■) Bmingarteii, Sleidsns L«bea loi. Briifw. 309 ß-
•} Westdnitube Zcilschiin VII, Kormpondeiublatt S, 153
584
Winckelmann.
Philipp von Hanau) vom 13. Juni, er habe die Arbeit >auf
das fleissig Anhalten viler guter ehrlicher Freund und
Gönnerc unternommen. Ich bin dabei — beteuert er —
soviel als möglich »bei dem einfaltigen verstand des buch-
stabens bliben und mich gewonlicher art zu reden gebraucht,
auch in dem des authoris bericht in verdolmetschung diser
historien, so ich von im selbs empfangen, auf das fleissigest
meines besten Vermögens nachkommen, die geschichten
weder gescherpft noch gemiltert. und wiewol ich trost-
licher hoffhung gewesen, soliche mein fürgenommene arbeit
lang vor diser zeit zu gewünschtem end zu füren und in
den truck zu bringen, so ist doch solichs aus zufelliger
krankheit des authoris, deren dann er auch entlich gestorben,
bis anher anstehn bliben. dieweil aber etliche mitler weil
gleichwol dem authori zuwider darein gefallen und diser
historien verteutschung, wie am tag liegt, in truck geben,
hab ich auf das fleissig anhalten vorgemelter xäl ehrlicher
leut und guter günner dise mein translation und ver-
teutschung, mit vorwissen und verwilligung des authoris
und dessen empfangen bericht fürgenomen, nit lenger
verhalten sonder inen zu gefallen sein und an tag geben
wollen.«
Nach diesen Mitteilungen, die im allgemeinen wohl
Glauben verdienen, hat also Sleidan die Arbeit Stamlers
mit Rat und That unterstützt, und zwar ist seine Beihilfe
wahrscheinlich noch dem grössten Teil der Übersetzung zu
statten gekommen, da Rihel, wie wir sahen, schon im Juni
1556 den Druck beginnen wollte. Sleidans Krankheit und
Tod sind meines Erachtens an der Verzögerung der Aus-
gabe weniger schuld gewesen als die Bedenken des
Magistrats. Stamler wollte dies nur nicht öffentlich aus-
sprechen; daher die Entschuldigung mit der Krankheit des
Autors »).
Wer war nun dieser Gelehrte, dem man die wahrlich
nicht leichte Aufgabe 2) einer Übersetzung der Histone
anvertraut hatte?
') Nach Briefwechsel XXIX war Sleidans Krankheit bis Mitte Sep-
tember nur eine leichte, die ihn an seinen Arbeiten nicht hinderte. Damit
stimmt es auch, dass seine im 26. Buch veröffentlichten Aufzeichnungen über
zeitgenössische Ereignisse bis Mitte September reichen. — *) Wie hohe An-
Sleidan und seine Kommentare. C85
Marcus Stamler war nach seiner eigenen Angabe aus
Augsburg gebürtig >) und weilte zu Anfang des Jahres 1555
als Licentiat der Rechte bei dem einflussreichen Stadt-
advokaten Ludwig Gremp in Strassburg, ob blos als Gast
oder als Gehilfe oder in beiden Eigenschaften zugleich, ist
vorläufig nicht zu ermitteln^). Am 11. Februar 1555 bewarb
er sich um das erledigte Amt des »Redners«, »Für-
sprechers« oder »Procurators« am grossen Rat und erreichte
wirklich, dass man ihn am 3. April probeweise auf ein
Vierteljahr anstellte, obwohl er den regierenden Herren
bis dahin ganz unbekannt war. Den Ausschlag für ihn
gab die Empfehlung Gremps, der ihn als einen »frommen,
stillen Gesellen« bezeichnete, welcher »ziemlich wohl studiert
habe«. Die Frage, ob er gerade für das Redneramt geeignet
sei, liess Gremp allerdings vorsichtiger Weise offen, und
in der That scheint sich Stamler nicht recht bewährt zu
haben; denn als er kurz vor Ablauf der Probezeit*) um
Entscheidung über seine endgiltige Anstellung bat, weil
es ihm beschwerlich sei, »länger also ohne sein Weib und
Haushaltung hie zu wohnen«, erhielt er zunächst eine aus-
weichende Antwort und am 13, Juli erfolgte die Anstellung
seines Mitbewerbers Haberberger, mit 'der Begründung,
derselbe habe der Stadt schon längere Zeit gedient, sei
der älteste von den Kandidaten und in der Praxis besser
bewandert als Stamler, dessen Gelehrsamkeit man im
übrigen bereitwilligst anerkannte*). Man gab ihm, da er
gern in Strassburg bleiben wollte, am 20, Juli das weniger
bedeutende Amt des Procurators am kleinen Rat. Um
dieselbe Zeit wird dann wohl von Rihel der Antrag an
fordeniDgen Sleidan an einen Obersetzer stellte, zeigt seine interessante
Äusserung im Briefwechsel S. 316. Vgl. auch über Jakob Sturms Ansicht
ebenda S. 309.
*) Vgl. die Angabe auf dem Titelblatt der Übersetzung und die Unter-
schrift der Vorrede. Herr Stadtarchivar Dr. BufT in Augsburg teilte mir auf
Anfrage freundlichst mit, dass zu jener Zeit zwei verschiedene Familien
Stamler in Augsburg vorhanden waren; auch ein Marcus findet sich, doch
ist derselbe spätestens 1554 gestorben. Der unserige wird wohl schon in
jungen Jahren die Heimat verlassen haben. — *) Die uns als Quelle dienende
Stelle des Strassb. Ratsprotokolls (1555 f. 131, April 3) besagt, man habe
sich bei Ludwig Gremp, »bei dem er ist«, über ihn erkundigt. — ') Am
24. Juni. Ratsprot. f. 253. — *) Ebenda f. 266 ff.
586
Winckelmann.
ihn gelangt sein, Sleidan zu übersetzen. Als »frommer,
stiller Geselle«, der mehr für gelehrte Thätigkeit als für
die juristische Praxis taugte, mochte er gerade für diese
Arbeit besonders brauchbar erscheinen. Weiteres über ihn
ist mir bisher nicht bekannt geworden.
Eine genaue Prüfung seiner Übersetzung vorzunehmen,
fehlte es mir an Zeit; auch ist es fraglich, ob die mühsame
Untersuchung sich verlohnen würde. Durch zahlreiche
Stichproben habe ich jedenfalls den Eindruck erhalten, dass
Stamler seine Aufgabe im ganzen gewissenhaft und mit
Geschick gelöst hat. Hie und da klammert er sich viel-
leicht etwas zu ängstlich an seine lateinische Vorlage und
ist dann manchmal im Ausdruck und Stil etwas ungelenk;
doch habe ich wenig Stellen gefunden, wo er aus Unver-
stand den Sinn von Sleidans Worten wesentlich verdreht
hätte. Absichtliche Entstellungen, Auslassungen und Zu-
sätze, wie Pantaleon sie sich erlaubt hat, scheinen bei
Stamler gar nicht vorzukommen. Als Grundlage seiner
Übersetzung benutzte er, wie sich z. B. aus seiner Wieder-
gabe der oben erwähnten Stelle über den Kanzler Seid
ergiebt, nicht die erste Ausgabe der Kommentare, sondern
die verbesserte zweite.
Der Verleger Rihel hatte sich nicht darin verrechnet,
dass er mit seiner deutschen Ausgabe ein gutes Geschäft
machen würde. Die Nachfrage nach der Stamler'schen
Übersetzung war eine so rege, dass schon 1558 eine
zweite, 1559 eine dritte Auflage nötig wurde ^). Und dies
trotz des Wettbewerbs, der dem Werk gleich nach seinem
Erscheinen durch eine Neuausgabe Pantaleons in Basel
und durch die Übersetzung des Pfarrers Israel Achacius
aus Heilbronn ^) erwuchs. Letztere ist mit einer vom
24. August 1557 datierten Vorrede dem Strassburger Rat
gewidmet. Da sie nur zwei Monate später als Stamler
erschien, so ist an ein Plagiat natürlich nicht zu denken.
Vielmehr steht Achacius durchaus auf eigenen Füssen;
nur die Apologie hat er wörtlich von Stamler entlehnt
*) Die Strassb. Univ. u. Landesbibliothek besitzt alle drei Ausgabeo.
Paur 133 scheint den Druck von 1559 nicht zu kennen. — *) Gedruckt
1557 zu Pforzheim bei Georg Rabe (fol.) (Strassb. Univ. u. Landesbibl.).
Vgl. Paur 133.
! KommenUTe.
5B7
»lUender hat schon vor einigen Jahren eine Notiz ver-
^tentlicht 1), wonach der Strassburger Prediger Melchior
pecker dem Rat am 18. September 1557 die Sleidan-
Ibersetzung eines ungenannten Pforzheimer Geistlichen
Iberreichte. Dieses Werk ist natürlich kein anderes als
las eben besprochene. Der Rat bewilligte dem Verfasser
hr die Widmung ein Gnadengeschenk von einem »Schilling-
lialer*.
Man gestatte mir hier noch einige Bemerkungen über
|as 26. Buch der Kommentare. Bekanntlich enthielten die
irsten Ausgaben nur 2$ Bücher, in denen die Erzählung
i Ende Februar 1555 reichte. Das 26. Buch findet sich
licht, wie Paur angiebt'j, zuerst in der Folioausgabe von
'559* sondern bereits in der Oktavausgabe von 1558»).
Sur Erläuterung heisst es auf dem Titelblatt: »Nunc primum
pigesimus sextus über accessit, quem author ipse post pri-
I editionem conscribere coepit et usque ad profectionem
^esaris in Hispaniam*) perduxit'. An der Autorschaft
Üeidans zu zweifeln, liegt meines Erachten» kein Anlass
nur ist es fraglich, ob der Unbekannte, welcher im
auftrage des Verlegers das 26. Buch für den Druck ber-
ichtete und am Schluss die Notiz über SIeidans Tod hinzu-
g-te*), das Manuskript unverändert und unverkürzt gelassen
lat. Merkwürdiger Weise hat sich Am Ende in seiner viel
mrühtnten Ausgabe der Kommentare über das 26. Buch
t keiner Silbe ausgesprochen; ja er giebt nicht einmal
n, welche Edition er für seinen Abdruck benutzt hat.
Vk^r kehren nunmehr zu Sleidan selbst und dem ersten
^olg seines Werkes zurück. Wie schon sein Brief-
pechsel lehrt, sind ihm neben zahlreichen Äusserungen
'1 Ki»Tetpond«nibl«U der Wesld^utschen ZeitKhrift, Vit, 1 53, —
Sehe III n. J und 130. — ') Strusb. Univcn. u. Landrabitil. Bi^uiher
1 in der Widmnng seiner Oliersetzuiig an den Grafen Philipp von Rheirieclc
■ 14- Mira tJSS, er h.ibc von dem 16. Buch schon gehört, « aber noch
bl enehen. Deutsch ist es ebenfnlls luersi iSjS, und x<r>r in SUmlen
Ibenetzung crichieneD. Im fnlgenden Jahre druckte ci Benthcr nach, —
, Kula Abreise nach Spsnieo erfnigte am 15. Sept. 1S56. — >) Vittleicht
it M Jcniia Ribel sdbst^ Baumearien irrt sicli, wenn «r meint (Lebeo
ydacit 104. Briefw. XXVtlt), dais erit die Anieabe von Th. Conrlean
(59 dal 36. Buch mit der Seh laubein eTkung Ober Sleidvi» Tod gebi
, und deshalb die Zuverlüsiekclt der letiteren aniweihlt.
inchl ^^
c88 Winckelmann.
des Missfallens doch auch viele anerkennende und auf-
munternde Schreiben zugegangen '). Und manche Freunde
beschränkten sich nicht auf allgemeine Lobeserhebungen,
sondern bethätigten ihr Interesse auch durch Zusendungen
von Berichtigungen und Hinweisen auf einzelne Mängel,
wie z. B. Fugger und namentlich Calvin*). Zu ihnen
gehört auch der Züricher Prediger, Heinrich BuUinger,
dessen eigenhändige Berichtigungen durch einen andern,
nicht genannten Züricher Gelehrten an Sleidan geschickt
wurden. Der Brief dieses Anonymus ist undatiert, muss
aber, wie wir sehen werden, im Sommer 1556 geschrieben
sein. Er ist in Abschrift VVenckers erhalten •) und lautet:
»Clarissime vir. meo suasu et rogatu d. BuUingerus
(qui totam hanc historiam exacte novit) illa, in quibus te
vidit errasse, castigavit. mitto tibi ipsius manum; quaedara
hincinde addidi (ut vides), quo melius intelligas. si nostrura
officium tibi non ingratum esse intellexero, dabo posthac
plura«.
Darauf folgen dann von dem Anonymus selbst her-
rührende Berichtigungen einiger auf schweizer Geschichte
und Verhältnisse bezüglicher Stellen und Kommentare.
Sie sind nicht von so allgemeinem Interesse, dass es sich
verlohnen würde, sie hier abzudrucken. Unter anderra
werden Sleidan s Angaben über die zur Eidgenossenschaft
gehörigen Kantone, über den zweiten Kappeier Krieg und
über Zwingiis Lebensalter einer Prüfung unterzogen. So-
dann weist der Verfasser für die Fortsetzung des Werks
auf einige Ereignisse des letzten Jahres hin, wie z. B. auf
Martyrs Berufung nach Zürich an Pellikans Stelle, woraus
sich ergiebt, dass der Brief frühestens im Juli 1556
geschrieben sein kann. Zum Schluss führt der Anonymus
noch einige schweizerische Vorkommnisse der zwanziger und
dreissiger Jahre auf, die er in den Kommentaren vermisst
hat und bei einer neuen Auflage gern berücksichtigt sehen
») Vgl. u. a. Briefw. S. 287, 297, 300. — *) Ebenda nr. 148, 149»
159. — ^) Thom. Arch. Varia eccl. XI, 572 b. Die Kopie steckt mitten in
der Abschrift der gleichzeitig zur Verbesserung der Kommentare übersandten
Notizen, deren Reihenfolge übrigens auch verkehrt ist. Das kommt oflfenbir
daher, dass Wenckers Vorlage, wie er selbst mitteilt, in einem Heft bestand,
dessen Blätter falsch geheftet waren.
Sleidanund seine Kornmentare. cgo
öchte. Alle diese Bemerkungen verraten eine so innige
ertrautheit mit der eidgenossischen Geschichte, dass ich
ir als ihren Urheber kaum einen Andern denken kann
s Johann Stumpf, den berühmten Züricher Geschichts-
hreiber, den Sleidan, wie schon erwähnt, im November
i55 fälschlich im Verdacht hatte, eine Übersetzung der
ommentare vorzubereiten.
Den eigenhändigen Verbesserungsvorschlägen BuUin-
jrs, welche sich fast ausschliesslich und sehr eingehend
it Sleidans Darstellung des Kappeier Kriegs von 1531
»schäftigen, fugte unser Anonymus, in dem wir Stumpf
jrmuten, noch folgende weitere Begleitworte bei*): »Haec
t manus d, Bullingeri. adjeci ego quaedam quae te
opter locorum inscitiam remorari potuissent. de veritate
5 dubites. nam si quisquam est apud nos qui hanc histo-
im perspectissimam habet, certe d. Bulling[erus] est, qui
nnes literas habet, multorum historias legit et omnium
»nsiliorum fuit conscius. si quis hanc historiam pro digni-
te narrare vellet, vix multis libris eam posset absolvere.
it enim bellum atrox et memorabile. accusantur falso in
ultis Tigurini. reperire est non paucos inter nostros, qui
usam quinque pagorum defendant. ex. his pauculis tua
aendare poteris. non mirum est aberrare omnes illos qui
cum, in quo gestum est praelium, non viderunt. cuperem
Item hanc historiam vere discere te.«
Bullingers Bemerkungen stimmen im wesentlichen zu
T ausfuhrlichen Schilderung, die er selbst in seiner
gformationsgeschichte 2) von dem Verlauf des Krieges
tworfen hat. Sie hier zu veröffentlichen, hätte um so
jniger Zweck, als bereits Paur ») auf Sleidans Ungenauig-
it betreffs dieser Dinge und auf Bullingers abweichende
irstellung im einzelnen hingewiesen hat.
Sleidan wird die ebenso wohlwollenden als sachkun-
jen Belehrungen der Schweizer gewiss mit Freude
id Dank entgegengenommen haben. Doch war es
m nicht mehr vergönnt, sie zu verwerten, da ihn bald
*) Ebenda f. 570. — «) Ed. Hottinger u. Vögeli, Frauenfeld 1838—40.
*) Sleidans Kommentare p. 105 ff.
590 Winckelmann.
nachher die tückische Krankheit ergriflF, der er am
31. Oktober 1556 erlag.
Nicht gegen den Verfasser selbst, wohl aber gegen
seinen Übersetzer und Fortsetzer Pantaleon wandte sich
eine Beschwerde, welche die Stadt Antwerpen am 8. Januar
1558 an den Strassburger Rat richtete^). Sie enthält bittere
Klagen über die Unwahrheiten, die der Baseler in seinem
Anhang zu den Kommentaren über die Antwerpener Vor-
gänge von 1555 und 1557 verbreitet habe*). Es folgt
dann eine Schilderung des wahren Sachverhalts und die
dringende Bitte, bei einer neuen, bis auf die jüngste Zeit
fortgesetzten Ausgabe der Kommentare, welche, wie man
höre, in Vorbereitung sei, auf diese Berichtigungen Rück-
sicht zu nehmen. Hiernach hatte also Antwerpen von der
beabsichtigten Veröffentlichung des 26. Buchs Kenntnis
erhalten. Ob infolge dieses Schreibens irgend welche
Bemerkungen Sleidans über Antwerpen vor der Druck-
legung des Manuskripts gestrichen worden sind, wissen
wir nicht. Jedenfalls ist die niederländische Handelsstadt
im 26. Buch nur ein einziges Mal kurz erwähnt, und
zwar bei Gelegenheit des Einzugs Konig Philipps am
18. Januar 1556*).
Dass Sleidans Werk auch in Frankreich ungemeines
Aufsehen erregte und viel verkauft wurde, ist schon aus
verschiedenen Stellen des Briefwechsels bekannt*). >Wenn
10 000 Exemplare vorhanden wären, schrieb ein Gönner
des Verfassers, so würden sie in weniger als einer Stunde
vergriffen sein» *). Derselbe Freund sandte ihm Akten zur
Fortsetzung der Geschichte. Femer erhielt Sleidan aus
Paris folgende, bisher unbekannte Zeilen eines ungenannten
Verehrers«):
^) '557 »braban tischen Stils«. Eine deutsche Übersetzung dieses Briefs
von der Hand des Stadtschreibers Empfinger ist im Str. Stadtarch. IV, 122.
Wencker in Varia eccl. XI, 569b, (Thom. Arch.) giebt eine kurze Inhalts-
übersicht. — 2) Vgl. Pantaleons deutsche Ausgabe von 1557 p. 776 u. 799-
— 3) Komm, III, 532. — *) Vgl. besonders S. 303. — *) Briefw. nr. 167.
Höchst wahrscheinlich ist der unbekannte Schreiber dieses aus Bar stammen-
den Briefs identisch mit dem weiter unten erwähnten Mr. de Chambray iß
Bar. — «) Thom. Arch. Varia eccl. XI, f. 575. Abschrift oder Auszug
Wenckers.
Sleidan and seine Kommentare.
591
»Vostre histoire merite d'estre mieulx imprim^e qu'elle
jst, scavoir est en plus grand papier, plus beau et mieulx
tt6e en la marge par chascun an; car beaucoup le desi-
it ainsi etc. de Paris le premier de juin 1556.«
Doch überwogen natürlich in den herrschenden katho-
chen Kreisen Frankreichs die missgünstigen und gehässigen
teile. Sogar erbitterte, persönliche Feindschaft hat sich
r Autor durch gewisse, unvorsichtige Äusserungen zu-
zogen. Deis zeigt uns der folgende merkwürdige Brief);
»Michel Savaige k Mr. de Chambray k Bar. 1556
"ense?] jun.
Monsieur, moy estant a Paris j'ai entendu de gens
jnes de foy, que maistre Sleidanus estoit menace k cause
/il a parle en son histoire de madame la seneschalle et
ses deux beaux fils on dit qu'on a delibere de
yr faire ung mauvais tour, pourquoi, si vous le trouvez
•n, le ferez advertir qu'il soit sur ses gardes.«
Die Äusserung Sleidans, auf welche hier angespielt
rd«), ist in der That derart, dass der Zorn der »Madame
ineschal« — womit die mächtige Maitresse des Königs,
lana von Poitiers, gemeint ist — und ihrer Schwieger-
hne, Claude d* Au male und Robert de la Mark, wohl be-
eiflich erscheint. Wie man weiss, war Claude 1552 von
Ibrecht von Brandenburg, Robert 1553 von den Kaiser-
:hen gefangen genommen worden. Nun erzählt Sleidan,
gehe das Gerücht, Diana habe sich, um das hohe Löse-
nd für ihre Schwiegersohne aufzubringen, im Jahre 1553
)m König die konfiscierten Güter der zum Tode ver-
teilten Hugenotten schenken lassen, und dadurch erkläre
:h die besonders grausame Ketzerverfolgung jenes Jahres,
er dann folgende Zusatz »equidem hoc affirmare nolim,
d usu venit nonnunquam in Galliis et aliis locis, ut
>minum innocentium sanguis non modo voluptati sed
iam quaestui sit nonnuUis«, ist kaum geeignet, die vorauf-
igangene schwere Beschuldigung abzuschwächen, welche
eidan hier — gegen seine sonstige Gepflogenheit — auf
osse Gerüchte hin erhoben hat. Der obige Schlussatz
>) Ebenda f. 575. — •) Comm. ed. Am Ende III, 443.
Z«itschr. f. Gesch. d. Oberrh. N.F. XIV. 4. 39
CQ2 Winckelmann.
zeigt übrigens unverkennbar, wie schlecht Sleidan damak
auf Frankreich zu sprechen war.
Eine in den bisherigen Arbeiten über Sleidan nur
flüchtig gestreifte Seite seiner Wirksamkeit, welche wir
noch näher betrachten wollen, liegt auf dem Gebiete des
Strassburger Schulwesens i).
Zur Oberleitung und Beaufsichtigung desselben war
während der Reformation bekanntlich der dreigliederige
Ratsausschuss der Scholarchen gebildet worden, in
welchem der grosse Stettmeister Jakob Sturm bis an sein
Lebensende eine so überaus segensreiche Thätigkeit ent-
faltete. Nach dessen Tode bestimmte der Rat Jakobs
Bruder Peter Sturm zum Nachfolger, während die beiden
andern Stellen wie bisher mit den Herren Jakob Meyer
und Friedrich v. Gottesheim besetzt blieben. Alle drei
waren ohne Zweifel sehr erfahrene, einsichtige Männer, die
aber doch über eine so gründliche, gelehrte Bildung, wie
sie Jakob Sturm besessen, schwerlich verfügten«). Über-
dies war nach Ausweis der Protokolle bald der eine, bald
der andere durch Krankheit oder dringende Geschäfte an
der Ausübung seiner Amtspflichten verhindert. Daher kam
man auf den Gedanken, in schwierigeren Fällen, auch ausser-
halb des Kollegiums stehende, sachverständige Gelehrte
zur Mitarbeit heranzuziehen, und da schien niemand geeig-
neter als Sleidan, dessen Bestallung ja eine Heranziehung
zu diesen Geschäften keineswegs ausschlösse). Zum ersten-
•
') Vgl. Baumgarten, SIeidans Leben 93, Hollaender in dieser Zeitschrift
N F. IV, 342. — «) Über Peter Sturms Thätigkeit in der äusseren Poliük
giebt die Polit. Korr. Strassburgs III näheren Aufschluss. Er war wie sein
Bruder Jakob ein Schüler Wimpfelings und hatte in Freiburg und Heidel-
berg studiert, oline indessen, wie es scheint, eine akademische Würde zu
erlangen. Ich hoffe über ihn demnächst in anderem Zusammenhange noch
weiteres beizubringen. Über Jakob Meyer enthält die Polit. Korr. ebenfalls
beträchtliches Material. Er bekleidete viermal die Ammei sterwürde und starb
am I. April 1567 (Stadt. Arch., Notiz im Ratsbuch). Friedrich von Gottes«
heim (f 1581) stammte aus Hagenau und hatte sich erst 1528 in Strassburg
niedergelassen; er wurde 1547 zum Einundzwanziger gewählt, 1548 zum
Fünfzehner, 15 51 zum Dreizehner (Ratsprot.). Er gehörte nicht zum Patri-
ziat, sondern war als Grosskaufmann Mitglied der Spiegelzunft. — ') Vgl.
oben 571 Anm. i.
Sleidan und seine Kommentare. ^qj
male begegnet er uns in dem Protokoll der Scholarchen
vom 20. Dezember 1553 *). Dort wird berichtet, dass er
den Petrus Martyr Vermigli, der früher schon in Strass-
burg gelehrt hatte und jetzt von neuem für die Schule
gewonnen werden sollte, bei den Scholarchen eingeführt
habe 2). Martyrs Anstellung wurde damals von allen freier
denkenden Männern in Strassburg sehnlichst gewünscht;
nur der Kirchenkonvent unter dem Einfluss des streng
lutherischen Marbach widerstrebte, weil er der kon-
fessionellen Zuverlässigkeit des Kandidaten nicht traute.
Doch gelang es diese Bedenken glücklich zu überwinden,
wozu Sleidan als alter Freund Martyrs das Seinige nach
Kräften beitrug'). Eine andere Schwierigkeit mehr äusser-
licher Art bot die Bereitstellung der erforderlichen Mittel
für den Unterhalt des neuen Professors. Aber auch hier
fand sich ein Ausweg. Ein Kanonikus des Thomasstifts,
Namens Hieronymus Bopp, hatte sich nämlich dadurch
missliebig gemacht, dass er einen ihm erteilten grösseren
Urlaub nach Frankreich nicht, wie man erwartet hatte,
für humanistische, sondern für medizinische Studien ver-
wendete und trotz wiederholter Aufforderungen nicht heim-
kehrte*). Daraufhin konnten die Scholarchen, denen das
Präsentationsrecht bei diesem Kanonikat zustand, mit Fug
und Recht verlangen, das Kapitel solle dem Bopp die Ein-
künfte seiner Pfründe entziehen und einem Andern zu-
weisen, den man noch benennen werde. Dieser Antrag
wurde den Stiftsherren am 13. Januar 1554 durch Sleidan
unterbreitet*), dessen eigenhändige, bisher unbekannt
gebliebene Aufzeichnung darüber wörtlich folgendermassen
lautet«):
*) Thomas- Archiv. — *) Der Italiener Petrus Martyr, welcher als
Theologe der Bucer'schen Richtung angehörte, hatte von 1 542 — 47 in Strass-
burg gewirkt und war dann einem Rufe nach England gefolgt. Von dort
durch die Reaktion unter der Königin Maria vertrieben, war er gerade am
Todestage Jakob Sturms wieder in Strassburg eingetroffen, vom Rektor
Johannes Sturm, Sleidan und andern Freunden herzlich willkommen geheissen.
Vgl. Sleidan, Komm. III, 438, Ch. Schmidt, Petrus Martyr Vermigli (1858).
Knod, Die Stiftsherren von St. Thomas (1892) p. 15, Baumgarten, Sleidans
Briefwechsel 230, 235, 265, 268. — ») Schmidt a. a. O. 140 ff. Marbachs
Tagebuch (Thom. Arch.) f. 119 h, 124. — *) Knod a. a. O. 34. — ^) Scho-
larchen-Protokoll (Thom. Arch.) — ^) Thom. Arch. 1. 15. Orig.
39*
CQA Winckelmann.
»Quae in mandatis mihi dederunt scholarchae propo-
nenda coUegio S. Thomae, sunt ista:
Senatus iampridem edicto municipali i) cavit, ut cum in
aliis tum in hoc praecipue divi Thomae coUegio nemo ad
uUius praebendae possessionem admitteretur, nisi canonice
prius examinatus, et qui iureiurando interposito promitteret,
se in eo vel ecclesiae vel scholae offitio inserviturum esse,
quod sibi injungeretur; idque quantum ad hoc collegium
attinet, ad hunc usque diem inviolate est servatum. cum
autem canonicalis praebenda in hoc coUegio forte per
scholarchas esset conferenda, praeteritis aliis Hieronymi
Boppii fuit ab eis tunc habitus respectus, non tarn quod
pater eius multa pollicebatur, quam quod adolescens ipse
bonam de se spem praeberet. atque ita conditionibus iam
commemoratis fuit ei canonicatus ille a scholarchis collatus.
ipse autem vicissim patre suo praesente et volente iuravit
se conditionibus illis esse staturum et ea ratione est etiam
in possessionem admissus. post annos etiam aliquot Witte-
berga reversus patre licet mortuo memor tamen iurisiurandi
non solum concionandi munus, cui destinatus erat, non
detrectavit sed aliquandiu etiam diligenter et non infoeli-
citer obivit. postea vero propter causas scholarchis ignotas,
relicta iam suscepta functione et mutato consilio profectus
est in Gallias et ibi medicinae coepit operam dare, quam vis
non alio pacto fuisset a collegio dimissus, quam ut ea solum
studia persequeretur, quae theologo maxime essen t profu-
tura. nee id solum nescientibus scholarchis et vobis invitis
attentavit sed iam in quartum etiam annum, licet non semel
publice revocatus, istic haerere non veretur. quoniam autem
hoc contra leges et contra iusiurandum facit et aliis exemplo
suo fortassis idem aliquando moliendi praebere posset occa-
sionem, et ecclesia maxime hoc tempore idoneis habet opus
ministris, decreverunt [sc. scholarchae] illius canonicatum
in alium transferre, qui lubens et diligenter id ecclesiae
praestat, quod Boppius facere detrectat. itaque volunt, ut
eidem Boppio nihil posthac de fructibus et emolumentis sui
canonicatus concedatis et eum, quem vobis sistent, ubi
*) Über dieses Munizipalstatut vgl. insbesondere Knod a. a. O. 6.
Sleidan und seine Kommentare.
595
examinatus fuerit, in locum illius substitui et ad illius
praebendae possessionem deduci permittatis.
Joannes Sleidanus.
Das Thomaskapitel, das mit Bopp schon längst unzu-
frieden war, entsprach dem Ansinnen der Scholarchen ohne
Zaudern. Eine Woche später, am 22. Januar, setzte es
dann den von den Schulherren präsentierten Petrus Martyr
nach Erfüllung der üblichen Formalitäten und nach Ab-
legung des Examens in den Besitz der erledigten Pfründe ^).
Auch bei diesem Akt war Sleidan zugegen.
Bald nachher kam es zwischen Marbach und Martyr
oder — richtiger gesagt — zwischen Marbach und der
Schulleitung«) zu peinlichen Auseinandersetzungen, weil
dem Martyr Vorlesungen übertragen wurden, die Marbach
bisher besorgt. Mit Hilfe Sleidans gelang es den Scholarchen,
die Einigkeit notdürftig wieder herzustellen'); doch währte
der Friede nicht lange, da die lutherischen Theologen
immer neue Anlässe suchten und fanden, gegen Martyr zu
hetzen. Schliesslich gab dieser trotz aller Bemühungen
Sleidans und Joh. Sturms, ihn an Strassburg zu fesseln*),
1556 seine Stelle freiwillig auf und folgte einem Rufe nach
Zürich.
Auch sonst finden wir Sleidan in den Jahren 1554 und
1555 wiederholt als Vertrauensmann und Beauftragten der
Scholarchen, namentlich wenn es galt, zwischen den Schul-
visitatoren und den lutherischen Theologen, welche sich
sehr schlecht vertrugen, vermittelnd und versöhnend ein-
zugreifen 5). Dass er in diesen Streitigkeiten innerlich
durchaus auf Seiten der Visitatoren stand, welche nach
Bucers Vorbild mehr dem Zwinglianismus als dem strengen
Luthertum zuneigten, ist ausser Zweifel. Wie sein Ein-
treten für Martyr, so zeigte es auch sein Eifer zu Gunsten
von dessen Schüler Hieronymus Zanchi, der seit dem Früh-
») Prot, des Thomaskapitels p. 132. Marbachs Tagebuch 134. —
«) Dieselbe lag in den Händen des Rektors Joh. Sturm und der beiden
»Visitatorenc Petrus Dasypodius und Christian Herlin. — *) Marbachs Tage-
buch 140 ff. — *) Sleidan, Komm. III, 554, Schmidt a. a. O. 178 ff., Baum-
garten, Briefwechsel 321 ff. und Knod a. a. O. 15. — *) Scholarchen-Proto-
koll 1554 f. 22.
\^.r r^:; ^r. der ScnttäbcirgTer Schule wirkte^.. Xkbt am
v^.:;/*Ci^. der. ESemühxiiigcüi Slesdans als Vertreters der
S^/r.olarc'r^en h^t^ es Zancbi za flanken, daäs Sun das
T?iO:r.^«kapct^I im M^rz 1555 nach langem Scräaben ein
Kanonikat Lhertru^. obwohl er seh weigerte, d» Augs-
hx^Ti^i^yihe Konfeasion ohne Vorbehalt za unterschreibend
Zum Schluss noch ein paar Worte über die Familie
unseres Geschichtsschreibers. Wir besitzen viele ontrög-
lichc Zeug^nif>se dafür, dass Sleidan, der erst im 40. Lebens-
jahre ^ifehdratet hatte, für seine Gattin und seine Kinder
sV^s in h'ebevollster Weise besorgt war*). Bezeichnend in
A\f^:r Hinsicht Ist auch ein bisher unbeachtet gebliebener
Bri*?f Johanns v. Xiedbruck an den Strassburger Rat vom
18. Oktober 1551*;. Aus demselben geht her\-or, dass
Sleidan den Auftrag, als städtischer Berichterstatter zum
Tridentiner Konzil zu reisen, nur unter der Bedingung
annahm, dass seine Schwiegermutter, die Gattin Johanns
V, Nicdbruck, während seiner Abwesenheit nach Strass-
Vjur^ kämo, um seiner Frau Gesellschaft zu leisten. Nur wider-
willig" erfüllten die Schwiegereltern diesen leicht begreif-
lichen Wunsch, wie sie denn überhaupt für Sleidan und
die Seinig-on wenig verwandtschaftliche Teilnahme bekun-
(Ifjten. Noch kühler wurde das Verhältnis, nachdem Jola
V. Nicdbruck, die Gattin Sleidans, 1553 gestorben war.
Anstatt dem tief gebeugten Witwer bei der Pflege und
Kr/ichung seiner drei unmündigen Töchter beizustehen,
Z()g(^n sich die Schwiegereltern immer mehr von ihm
zurück ^), Auch nach seinem Tode nahmen sie sich der
verwaisten Kinder in keiner Weise an. Johann richtete
damals, am 5. November 1556, aus Hornberg im Schwarz-
') Vt:I. über ihn Ch. Schmidt in Theol. Studien und Kritiken 1859.
(einer All^,'. I). Hiojjraphic 44, 679. — ^) Marbachs Tagebuch 164 ff. und
J^rot. (los Thoni. Knp. 148. — «) Haumgarten, Sleidans Leben 91 — 92. Vgl.
ferner Hriel'w. nr. 105 und besonders die Korrespondenz mit Kaspar v. Nied-
bnu'k. - «) Stndtaichiv. VDG, Bd. 91 f. 47. — *) Briefw. S. 288 u. 303.
Nicdbiuck warf seinem Schwiegersohn besonders vor, dass er sich nicht
lifVig genug um eine feste Stellung in fürstlichem oder städtischem Dienst
bemühe. Ebenda 325.
vald, wo er aus Gesundheitsrücksichten seit einiger Zeit
seinen Oeblingsaufenthak hatte'), ein Schreiben an den
Sirassburger Rat, worin er das frühzeitige Hinscheiden
seines »Tochtermanns* in konventioneller Weise beklagte
und »der günstigen und freundlich beschehenen fürsehung
stHner [d. h. Sleidans] kinder und verlassen seh afl halber»
Dank sagte'). Die Fürsorge des Magistrats bestand ein-
mal darin*!, dass er die Papiere des Verstorbenen, unter
tn sich noch gar manches wichtige Schriftstück befunden
haben mag, in Verwahrung nahm und den Brüdern trotz
dringender Bitten nicht herausgab*), sodann in der Bestellung
eines Vormunds fiir die drei Töchter Alagdalena, Maria und
Jola, Dass die Stadt zu diesem Amt den Drucker und
Verleger der Kommentare, Josias Rihel, ausersah, den
5ohn und Haupterben des 1555 verstorbenen Wendelin
Rihel, ist vielleicht noch auf einen eigenen Wunsch SIeidans
EurQckzuftihren "). Josias selbst bezeichnet allerdings in
einer Eingabe an den Rat vom 15. Juli 1564*) den Frei-
n Franz von Mörsberg, der eine Schwester von SIeidans
Gattin geheiratet hatte'), und den Bruder der letzteren,
PhUipp von Niedbnick«), als diejenigen, auf deren Wunsch
Ihm die Vormundschaft übertragen worden sei. Weiter
H'ähnt Rihel in der Schrift, dass er seiner Pflicht gemäss
die von SIeidan und dessen Frau hinterlasscnen >Hab und
Güter inventiert«, so vorteilhaft wie möglich verkauft und
BUS den Zinsen die ihm anvertrauten Mündel unterhalten
habe*). Nicht lange nachher seien dann auch deren Gross-
<t Vgl, ebendn: •nam eiu* loa •erem ribi nagi* convenire dlcll.i —
AMtns *iu d«iii Briefe, von Wesclwr* HtoA, im Thom. Arch. Varia
:cL XI f. 567. — •) Vgl. Itollaender in dieser Zeilschr. N, F. IV. JJ7 ff —
HollacodeTS b. a. O. darauf get^ründde HoHiiun^. disi cidm T>ges im
MlUrchiv Boch ein j^Ostercr Teil des Nachlui» ans Licht kommen weide,
um id» leidet nichl Wilen, nachdem alle iigendwie in Betracht k
PetUndc durch mutiert worden und. — *) Kupar v. Niedbruck, dei nteder-
lU *eiae Teilnihme an dem Schicksal der Kinder bekundete (Briefw. 31s
id XXX— XXXF). war als Auswärtiger oaiürlich nichl lum Vormood
starb Übrigens schon ani Ib. September 1557 in Drossel (Knod.
■nticiw Studecten in Bologna nr. 155J). — ■) SCadlarcb. IV ij. nt. 17. —
VeL BaniDfrarteD, Brielw. nr, tSi und S. 194, femei Hollaendeis Slcidaniana
dltid Zcitscbrifi a. F. tV. jjo. — ■) Erwähnt bei Baumgnrien. Brief*
So nd 8g. — ■) Über eine dieser Truisaktloaen KJbels vom Dei. [;57
eg8 Winckelmann.
eitern, Dr. Johann Bruno von Metz und Frau, in Hornberg
gestorben. Als man zur Teilung ihres Nachlasses unter
die Erben habe schreiten wollen, hätten die Gläubiger des
Freiherrn Franz v. Mörsberg infolge einer Bürgschaft, die
der Verstorbene für diesen seinen Schwiegersohn über-
nommen, Einspruch erhöben und das ganze Erbe mit
Beschlag belegt^). Zwar habe sich dann Mörsberg auf
Betreiben des Strassburger Magistrats verpflichtet, seine
Gläubiger zu befriedigen und so das Erbe zu »ledigen«;
doch sei dies bis jetzt nicht geschehen. Auch über die
Teilung der in Lothringen und im Westrich belegenen
Güter Brunos sei eine Einigung der Erben noch nicht
erfolgt, obwohl bereits für den i. Dezember 1561 Termin
dazu anberaumt gewesen sei. Rihel betont weiter, er sei
namentlich in Sorgen, »dass einer aus den Miterben die
jährliche fünfzig Gulden, so meine Vogtkinder auf Nassau
haben (deren mir nun sieben ausständig), einnehme«. Er
habe den Mutterbruder der Kinder, Philipp v. Niedbruck,
wiederholt um Hilfe gebeten, damit die Sache endlich
geregelt würde, aber ausser freundlichen Versprechungen
bisher nichts erlangt. Deshalb sei seine Bitte, der Magi-
strat selber möge bei Philipp, der sich jetzt gerade in
Strassburg aufhalte, für die Förderung der Angelegenheit
eintreten. Über den Erfolg dieser RihePschen Bittschrift
und die schliessliche Beilegung der Erbstreitigkeiten ist
mir nichts bekannt 2).
Inwieweit Sleidan und seine Erben an dem gewiss
nicht unbedeutenden Gewinn aus dem Absatz seiner litte-
rarischen Werke beteiligt waren , lässt sich leider nicht
feststellen. Meine Hoffnung, darüber in der reichen Samm-
lung notarieller Verschreibungen , die das Stadtarchiv
giebt das Contr. Prot. 1555 — 59 f. 64b (Stadtarchiv) näheren Aufschluss
Es handelt sich dort um Anlage einer Hypothek von 80 fl. zu 5%.
*) Sleidan hatte sich, wie wir aus einem undatierten Briefe an Gremp
wissen (Briefw. nr. 181), von Anfang an ziemlich heftig gegen die Heirat
seiner Schwägerin mit Mörsberg ausgesprochen, weil er sehr wohl merkte,
dass es diesem adligen Herren nur um die Mitgift zu thun war, und weil er
voraussah, dass die Verbindung für die Familie Niedbruck finanziell von
üblen Folgen sein würde. Seine Befürchtungen waren, wie sich aus dem
Obigen ergiebt, nur allzu sehr begründet. — ^ Im Protokoll des Strassburger
Rats ist an dieser Stelle eine Lücke.
Sddui nnd «eise Kommemlaie-
5Q9
lin der sogenannten • Kontraktstube • besitzt, etwas zu ent-
l-decken, hat sich nicht erfüllt.
Die Töchter fanden nach den Angaben des in dieser
linsicht jedenfalls gut unterrichteten Schadaeus ') späterhin
lalle eine anständige Versorgung. Die Älteste wurde in
Idas Haus ihres Onkels Sigbert aufgenommen und blieb
lonvcrehelicht: die beiden andern heirateten Männer in
I angesehenen Stellungen.
Beilage.
Sleidans deutscher Entwurf zur Apologie seiner
Kommentare *).
Kath tlcm Abilruch io Slauileib Cbcraeizung der Kammeniaic, Strassburg 1537.
Nachdem ich bericht werde, das meiner ausgangeiier
bfuori von etlichen nit zum freundlic listen gedacht, und also
■keine gehabte grosse langwirige arbeit übel belohnet und ver-
gölten würl, hab ich weiteren bericht und crklärung zv thun nil
lollea nodi mögen anderlaasen. was mich bewegt, dis werk auf
nich zu iiemen, wölcher gestalt ich darin fortgefaren, wie ich
alle ding zum einfettigsten beschriben und die verlaufene hendel
in ein Ordnung gefassct hab, solches alles ist in der getruckten
»otrcd gemeldet und darneben angezeigt, das ich mich der war-
!faeit beflissen, und wa ich wisste, das etwas ungründlichs oder
tmorßndlichs darin wcre, das ich solchs dem leser selbs anzeigen
und ein» andern bericliten wolte. dise meine vorred mit ange-
'fa«nktem erbieten hat ich verholet, würde nit auders dann freund-
lich und in aller gute verslanden und aufgenommen werden,
noiab, dieweil es sich im werk on üweifel also befindet, ich werde
;Kber vil änderst berichtet, wöJches mir zum höchsten beschwerlich,
taud muss demnach über die vorrede den handel etwas weit-
rußgcr rrholcn und darthun. und zum ersten ist es von anfang
er weit bis auf den heuligen lag je und allwegeq in Übung
Wesen, das man jeder leit geschtchte, und was sich beide in
i;irch«n und weltlichem regime nt zugetragen, verzeichnet und
beBChriben hat, wie dann solchs die bücher ausweisen, und fiir-
nemlich ist diser brauch bei den herrlichen freien Völkern und
'I tn der liiograpliiadien Einlcilung, welche er sein«r Sleidui-Übei-
vorBUstc)iidil. — i) Die Stue und Worte, welch« im UleiniseheD
r««t der Apologie feblcn, tind datch Knrsivilrock h«ivD^hol>«ii.
[b Abi%«n iil ati( etheblichc Abu' eich ungen 6a lileiiiiuhcn Teiles vom
daich Aam«rkangeii hingewiettn.
5oo Winckelmann.
nationen gewesen, als bei Griechen und Römern, auch folgindi
hei den Tetäschen, sovil durch geleginheü der ungelehrten zeit möglich
gewesen, nun ist aber das fürnemest stuck in solcher beschreibung,
das sie richtig und warhaftig seie, wie dann Cicero meldet, da
er die histori nennet einen zeugen der zeit, ein Hecht der war-
heit, ein leben der memori, ein meisterin des lebens, und mit
andern dergleichen mehr worten, so er hin und wider schreibt,
damit er die grosse nutzbarkeit der histori rhümet und anzeiget^).
dann was were doch unser leben, so wir von der vorder zeit hendlen
und geschichten nichts wissten? dieweil sich nun zu disen unsem
letsten zeiten ein solche grosse verenderung vorab mit der reli-
gion zugetragen hat, als seither der apostel zeit nie geschehen,
und aber solche verenderung on bewegung des weltlichen regi-
ments nit beschehen kan, wie dann in andern historien zu ersehen
ist, so hab ich, wiewol der ringfügig, auf ansuchen etlicher ehr-
liebender leut solches werk vor etlichen jaren dem almechtigen zu
ehren angefangen und durch desselben gnad bis auf die jetzige
zeit getreues fleiss ausgefüret, und verhoff, das alle fridliebende
gutherzige leut gern bekennen und gestehn werden, das ich
die affecten hindan gesetzt und mit bescheidenheit darin gehandelt
hab, sovil als freilich keiner vor mir^) gethon hat, dann wiewol
ich mich in der christlichen lehre 3), wölche der ewig gott durch
seine barmherzigkeit uns geschenket ^) hat, mit herz und mit
mund gern bekenne J>), so würt es sich doch finden «), das ich
gleichmessig gefaren und, was sich beider theils zugetragen, gar
unpartheiisch erzölet und dargethon habe; bezeug auch, so hoch
mir immer möglich, das mein gemüt, meinung und intent nit
gewesen auch noch nit ist, jemand in einigen weg zu ver-
letzen oder zu verkleinern, vil weniger mit der unwarheit zu
beschweren.
Und es were ja ein grosse Unvernunft, so einer von solchen
dingen, die noch in gar frischer gedechtnuss seind, wissentlich
und fürsetzlich etwas Hesse ausgehn, das der warheit nit gemess
were. so verhoff ich auch, das diejene, so mich kennen, solche
leichtfertigkeit an mir nit gespüret noch befunden haben, ^•a
aber etwas were, zvie doch meines wissens nichts ist, wölches ich mit
gott dem allmechtigen als erkenner aller herzen wol bezeugen und
mit unversehrter conscienz zum höchsten betheuren mag, und mir solichs
angezeigt würde, wil ichs nit allein zu hohem dank annemen
*) Der lateinische Text sagt hier deutlicher und besser : >quibus quidem
verbis et amplissime illam commendat, et cuiusmodi esse debeat, ostendit.« —
*) Lat. =>fortasse vix alias.« — ') Lat. »hanc evangelii doctrinam.« - *) Lat
»restitutam.« — *) Lat. >libenter profiteor et ad eum coetum aggregatum esse
me vehementer gaudeo.« — *') Das Folgende bis zum Schluss des Absatzes
ist lateinisch so ausgedrückt: »tarnen ab omni acerbitate verborum abstineo
remque totam, sie ut est acta, simpliciter expono. deum quoque testificor,
mei consilii non fuisse, quenquam falso laedere.«
Sleidan und seine Kommentare. 5oi
onder auch, wie dann in der vorrede gemeldet, öffentlich im
ruck corrigieren, bessern und den leser berichten, damit er nit
erfare. sonst weiss ich wol '), das unmöglich were, on rhum zu
eden, grossem fleiss fürzuwenden, die warheit in allem zu erkun-
ligen, weder ich gethon hab, wie dann meins verhoffens das
»rerk an ihm selber und sonst vü andere erbare gelehrte leui^)
>ezeugen können, nun in beschreibung des handeis der religion
laben die politische oder weltliche händel nit mögen umbgangen
werden, dann wie oben gemeldet, sie treffen immerdar s) zusamen
md vorab zu unserer zeit hat eins vom andern nit mögen ab-
pesundert werden.
Das sie aber zusamentreffen und concurrieren, ist dise in
1er Schrift gegründte gewisse ursach, neralich: wa die religion
n eim volk verendert würt, da folgt gleich darauf grosse zwi-
palt, unrhu, empörung und krieg, wie dann Christus sagt, das
ich der son vom vatter und die tochter von der mutter der-
lalben trennet, und das seine lehr nit friden sonder das Schwert
nit sich bringe und ein feur, das ist un/rtdetty auch zwischen den
lechsten blutsverwandten anzünde, dis ist unverneinlich war und
lie tägliche erfarung ist vor äugen, das man es bekennen muss.
lann sobald gottes gnad*) wider des bapsts ablass und menschen-
atzungen bei uns geprediget, hat sich von stund an die weit,
orab der geistlich stand zum heftigsten darwider gesetzt, und
st demnach der handel auf die reichstäg kommen, und nachdem
ich auch fürsten und stett diser lehre angenommen, ist das feur
e lenger je mehr entzündet, haben sich vilerlei handlungen
ugetragen, bis zum letsten ein krieg daraus entstanden ist. und
Q diser beschreibung findet man, wie fleissig und ernstlich die
:ey. may. zum oftermal hat lassen handien, damit der Uneinigkeit
bgeholfen würde, dergleichen findet man auch, was die prote-
tierende stende allzeit für antwort geben und sich gegen kay.
aay. erbotten haben, nachdem es aber zu einem offnen krieg
geraten, hat sich allerlei begeben, tvölches auch ordenlich beschrtben^
md nemlich, damit ich ein exempel setze, ist in kei. mai. namen
n etlichen fürsten, stend und stett des reichs und folgends ein
•ffen gemein ausschreiben im truck ausgangen, darin ursach irer
aai. fürhabens angezeigt, dise schreiben, darauf dann irer mai.
tindament und grundfeste beruht, samt der gegenantwort haben
ach Ordnung und art der histori nicht mögen unangezeigt bleiben.
jann was were es sonst für eine histori, die nit eins solchen
rossen handeis herkommen^, grund und ursach oder nur eins theils
eden und hendel allein anzeiget? und gleichwol, wie ich mich
n selben verhalten, und wie es zum allerglimpfligsten dargethon,
*) Lat. »opinor«. — ') An Stelle der kursivgedruckten Worte steht im
lt. Text blos »complures«. — ") »Immerdar« ist lateinisch mit '•fere semper«
'iedergcgeben. — "*) Für »Gottes gnad« steht im lat. Text ausführliclicr:
iei beneBcium in homines collatum et cvangeliumt.
5o2 Winckelmann.
das würt man finden, wa man das teutsch gegen dem latin haltet
und conferiert, darauf ich mich auch will berufen und gezogen
haben, auf dise klagen, hendel und antwortungen erfolgt nun,
das ir may. das feld behalten und irem feind obgelegen ist*),
solche triumph und victori, so ire maiestat zum ersten in Hoch-
teutschland und darnach in Sachsen gehabt, und wie es irer may,
allenthalben schleunig und glückselig naher gangen, ist alles zum
fleissigsten beschriben ebensowol als das vorig, und dise Ordnung
findet man durchaus bis an das ende, nemlich das ich keinem
theil nichts beneme oder zugebe, sonder lass es bleiben, wie es
an im selber ist. das haben warlich gar wenig gethon, tme dann
die gelerte und belesene solchs wol wissen^), sonder sie haben
gemeinlich von den personen auch den hendlen, so si beschriben,
geurtheilt^), dergleichen hat der hochberümpter ritter Comineus*)
gar eine feine artige histori noch bei menschengedenken lassen
ausgehn. darin erzeilet er neben anderem, das nach absterben
herzog Carls von Burgund, so für Nancey bliben, könig Ludwig
aus Frankreich, des namens der eilfte s), die grafschaft Artois und
bede Burgund dem freulin von Burgund mit heereskraft und
gewalt genommen hab. und obwol gemelter Comineus der krön
Frankreich mit eid verpflichtet und königlicher raht wäre, so
schreibt er doch, das könig Ludwig, sein herr, keinen fug noch
billiche ursach dazu gehabt^).
[Paulus Jovius^) hat neben anderen Schriften, darin er etlicher
fürnemer leut leben und wandel beschreibt^), auch zwei grosse
bücher unlengist lassen ausgehn^) allerlei hendel, so bei seiner
zeit ergangen, wie gar frei aber und unverholen er geschriben,
wissen diejene, so es gelesen, wiewol er den Teutschen an vilen
orten unrecht thut Und sie schmähet, und seind doch seine
bücher alle ^^) mit vilerlei privilegiis getruckt worden, under anderem
mag man lesen im andern tomo am IX, in bapsts Leonis leben
am XClllii) und in herzog Alfonsus von Ferrar leben am
XLII blat.
') Dieser Satz lautet lateinisch stark abweichend: »Deducto jam in
hiemem usque bello superior extitit Caesar, cum adversarii domum sese reci-
perent«. — ^) I^ateinisch blos »uti constat«. — ^) Hier folgt im lat. Text
ein Satz, der im deutschen fehlt: »et ut veteres omittam, notum est, quo-
modo pontiiicum vitas Piatina descripserit«. — *) Der lat. Text fügt den
Vornamen des Comines, Philippus, hinzu. — ^) Der lat. Text hat — infolge
eines Schreib- oder Druckfehlers — ^Ludovicus KII<, was dann auch Am
Ende, ohne es zu verbessern, in seine Ausgabe aufgenommen hat. — '') Der
lat. Text drückt sich folgendermassen aus : *tamen non recte factum hoc ab
illo fuisse dicit«. — ") Das mit [ ] Eingeklammerte steht im lateinischen
Text an anderer Stelle. Vgl. folg. Seite A. 7. — ^) Bezieht sich auf Jovius,
.)Vitae virorum illustrium<v, 7 vol. — ^) Historiarum sui temporis libri
XLV<r, 2 vol., Florenz 1551 — 53. — *^) vSeine bücher alle« ist lat. mit »opuj
illudc wiedergegeben. — ^i) Der lat. Text hat XCIII et XCIV.
Sleidan und seine Kommentare. 603
Summa, solcher exempel seind alle rechtschaffene historien vol
und würt in Sonderheit der Comineus hoch gerumet, das er so
gleichmessig geschriben. nun hat er aber den brauch, wie
obgemelt, das er nit allein die hendel referiert sonder auch seine
meinung und urtheil darüber gibt, als da er sagt, was disem oder
jenen wol oder ubel anstoht. und wiewol ich solchs nit gethon,
so ists doch fast bei allen anderen im brauch, das man aber
beder theils färbringen und geschichten erzellet, das ist nit allein
billich und von anfang der weit also herkommen, sonder auch
nottürftig], wie man dessen ein hüpsches f Urbild hat an den acien
der hohemischen empör ung im jar iS4*j, welche darnach zu Prag im
truck ausgangen ^) und auf dem reichstag zu Augspurg anno 1548
under die stende ausgetheilet und sonst publiciert worden.
Item Petrus Bembus ist etwa vor fünf und zwenzig*) jaren
von den Venedigern bestellet worden, das er ire krieg, so sie
mit keiser Maximilian, mit könig Karle und Ludwig in Frankreich,
mit bapst Julio') und anderen gefüret haben, beschreiben solt,
wie er dann in zwölf bücheren gethon hat*), diser zeigt an under
anderen, wie könig Ludwig von Frankreich, der zwölfte des
namens, den Venedigern lassen absagen, wie der herold für den
herzogen und ganzen rhat getretten und dise folgende wort
geredt hab:
»»Seintemal ir Venediger dem bapst auch anderen königen
und potentaten ire stett mit gewalt und grosser unbilligkeit ein-
genommen und fürbehaltet und euch sonst befleissiget durch
allerlei böse practicken und liste einem jeden das sein zu nemen
und an euch zu bringen, darumb so lasst mein herr, könig Lud-
wig, euch, dem herzogen und dem raht als treulosen leuten
ansagen, das er euch mit aller macht überziehen und heimsuchen
will etc.««*).
Dise wort, möcht einer sagen, dieweil sie den Venedigern
nachtheilig seind, solt er ausgelassen haben, aber er beschreibts
also, wie gesagt, am CXVI blat aus iren eigen acten, setzet auch
die antwort, so dem herolden worden, welche dann schneidet und
dem könig grosse untreu und unbilligkeit zumesset^), und ist sein
buch zu Venedig mit dem privilegio getruckt worden'), warumb
^) Gedruckt bei Hortleder, Handlungen und Ausschreiben II lib. 3 c. 83.
— «) Im lat. Text: XXIIII. Da Bembus 1529 in Venedig als Geschichts-
schreiber angestellt wurde und Sleidan seine Apologie im Jahre 1555 ver-
fasste, so kommt in diesem Falle die Angabe des deutschen Textes der
Wahrheit näher als die des lateinischen. — •) Der lat. Text setzt: Julio II.
^ *) »Pctri Bembi rerum Venetarum libri XII« erschienen zuerst 1551. —
*) Obige Übersetzung Sleidans ist ziemlich frei. Der lateinische Text giebt
das Citat genau nach dem Original. Die Stelle steht in der mir zugänglichen
Ausgabe von 17 18 auf Seite 267. — *) Im lat. steht nur »responsum non
minus acerbum.« — '^) Hier folgt im lat. Text die oben eingeklammerte Stelle.
Vgl. vorige Seite Anm. 7.
5o4 Winckelmann.
aber? darumb das eine histori nit anders mag noch soll
beschriben werden, wa partheien seind, wa krieg und empöning
ist, da finden sich anklagungs- und verantwortungsschriften ond
gegenschriften, wie man weiss, welcher nun dises also bloss
erzellet und keinem theil zuspricht, der thut niemand kein
unrecht sonder haltet sich nach Ordnung der histori. dann die
Schmach oder injuri ist am affeci gelegen, wie die rechte austveuen;
sonst müssten alle historici, so von anfang der weit gewesen und du
namens würdig seind, beschuldigt und in argwöhn gezogen werden,
es muss darumb nit alles war sein, was eine parthei der anderen
fürwirft, dann wa feindschaft ist, weiss man wol, das kein theil
dem anderen ho/üret^), und solt es alles war sein, was die bapst
und andere dergleichen wider der protestierenden lehr und per-
sonen seither fünfunddreissig 2) jaren geredt und geschriben, so
müssten es die heilloseste leut auf erden sein, es schicket bapst
Paulus 3) anno 1540 seines sons son, den cardinal Farnesium zu
kei. may. in das Niderland. was diser dazumal für ein rahtschlag
geben hat wider die protestierende, ist nit lang darnach im truck
ausgangen und ich beschreibs auch im XIII. buch meiner histori.
nach vilerlei schelten und schmälichem anklagen sagt er, sie
widerfechteten Christum nit weniger, ja mehr weder die Türken,
dann dise wüteten allein wider den leib, jene aber verderbten
auch die seelen und füreten sie in ewige verdamnuss. lieber, wie
möcht jemand höcher oder greulicher diffamiert und geschmehet
werden? wa es nun die meinung haben solte, das dise wort nit
zu schreiben weren, so betten die protestierende billich zu klagen,
ich hett sie injuriirt. aber gar nit! dann es muss darumb nit war
sein, obs jener gleich geredt hat, und wa ichs ausgelassen, het
man mich biliich zu verdenken, als der einem theil mehr dann
dem anderem willfaret. und dieweil dem nun also, wie klerlich
bewisen und dargethon, zweifelt mir nit, alle fridliebende gemüter
werden nit anders urtheilen, dann das ich nach vermög und
Satzung der histori gethon hab und den mehreren theil alles aus
acten, so vorhin im truck ausgangen, wie ich dann dessen eine geivissi
eigentliche vcrzeichnuss darthun und auflegen kan, wa von noten^).
dann sonst were mir unmöglich gewesen, das werk auszu/üren, ivii
dann ein jeder wol ermessen kan. also haben alle andere historici,
Titus Livius, Suetonius etc. auch müssen thun, und es ist keine
gewissere noch warhaftcre beschrcibung, dann die aus bewerten acUn
ge?iom7nen würt, ivie dann vorhin vom Bembo gemeldet ivorden.
Geschieht mir demnach gar ungütlich von denen, so mich
also calumnieren , wie ich vernerae. wissen nun dieselbe , was
^) Für die kursiv gedruckten Worte steht lateinisch: »quomodo r«
agatur utrinquec. — -) Lat. »triginta sex«. — ^) Lat. »Paulus III.« — *i In
der ersten Auflage von Stamler steht »unnöten« statt »nöten«. Dieser Druck-
fehler ist schon in den nächsten Nachdrucken der Apologie bei Pantaleon
und Achacius bemerkt und verbessert worden.
Sleidan und seine Kommentare. 5o5
die histori beschreibung auf ir tregt und erfordert, so thunt sie
mir desto grösser unrecht; wissen sie es aber nit, so woit ich
wo], das sie es aus dem jetzigen bericht und anderen historicis
lemeten. will sie aber damit nit gewisen haben zu etlichen diser
zeit scribenten, die nichts anders können, dann das sie auf
einem theil alles schelten, auf dem anderen theil aber alles
rhumen und hoch erheben, diesen gebüret ein anderer name und
lolUn gar nit^). es hat der Cochleus vor sechs jaren eben eine
solche histori lassen ausgehn^) wie ich; es ist aber alles mit
unerhörten erdichten scheltworten überhäufet.
Der cardinal Polus in seinem buch, so neulich ausgangen,
nennet die lere, so in Teutschland erneuert ist, semen turcicum,
das ist ein türkischen samen^), solcher wörtlin seind ire bücher
alle voll, wa findet man aber, das ich dergleichen gethon? ich
hab die wunderthaten gottes, so er zu unserer zeit nit allein in
Teutschland, wiewol fürnenüich, sonder auch bei anderen nationen
erzeigt, ordenlich und, sovil mir bewisst, warhaftiglich beschriben.
hab zu disem werk seither vilen jaren <) gesamlet, was dazu
dienstlich gewesen ist^). was mir aber für mühe und arbeit darauf
gangen, weiss ich nach gott am allerbesten, dem hab ichs zu
ehren gethon, wie obgemelt, hab Studium und tractationem juris
darüber lassen anstohn und dises allein ausgewartet, und muss
es warlich dafür halten, das mich gott schier mit den hären
dahin gezogen und dazu hat wollen brauchen, das mir nun meine
gehabte saure arbeit dermassen von etlichen belohnet würt, solches
muss ich dem allmechtigen befeien, dessen sach ich gehandlet,
und das ich seiner göttlichen maiestat hiemit ein angenem werk
gethon und aufgeopfert hab, daran zweifelt mir gar nit. tröst
mich auch mit disem guten gewissen, vorab so ich sehe und
höre, das es den gelerten gemeinlich wol gefallet, deren etliche
mir auch derhalben dank gesagt und bekennen frei, das sie
merklichen grossen bericht daraus nemen.
Bitt derhalben alle liebhaber der warheit, das sie denjenen,
so villeicht meine arbeit anders werden auslegen und deuten.
*) Diese Worte geben keinen Sinn. Lateinisch lautet der Satz einfach:
»qui sunt eiusmodi non sunt ea digni appellatione«. Ich vermute, dass
Stamler falsch gelesen hat, und dass in Sleidans Original nicht »sollen« son-
dern »solher« = »solcher« gestanden hat. Damit würde die Stelle verständlich
werden. Beuther, dem auch Schadaeus gefolgt ist, hat in seiner Ausgabe
von 1561 die ihm unverständlichen Worte willkürlich durch »und tügen
[= taugen] gar nichts« ersetzt und dies auch in allen späteren Auflagen bei-
behalten. — •) Historia de actis et scriptis Luthericis. Mainz 1549. —
■) Im dritten Buche der Defensio ecclesiasticae unitatis f. 78. Vgl. Am Ende I,
20 n. — *) Der lat. Text besagt »annis abhinc XVI«, übereinstimmend mit
der Zeitangabe in Sleidans Brief an die Augsburger, Briefw. 276. — *) Der
lat. Text fügt hier noch hinzu : »neque vero scriptionem praecipitavi sed certo
judicio processic.
5o6 WiDckelmanD.
keinen beifall than, sich gegen mir zu keinem Widerwillen noch
Ungunst unverdienter weis bewegen noch verhetzen lassen, sonder
disem meinem summarischen bericht und erklerung glauben
zustellen, mein werk in aller freuntligkeit annemen und mich
keinswegs verdenken wollen^).
Zum beschluss bezeug ich vor gott und der weit, das ich
die römische keiserliche und königliche maiestaten fiir die höchste
oberkeit auf erden erkenn, als die gott verordnet hat, welchen
in allen dingen, so nit wider gott seind, treulich zu gehorsamen
ist, auch umb des gewissem willen^ wie uns der herr Christas
selber und nach ihm die apostel geleret haben.
»Additio«2).
»So hat auch der ewig gott ire bede mayesteten neben
solcher grosser macht und herligkeit mit vielen trefflichen tngen-
den geziret und begäbet, die pillich von jederman sollen hoch
geachtet und gerümet werden, in der histori hab ich alle hendel
referirt nach vermög und einhält der Sachen, wie obg[edacht];
aber sunst und ausserhalb des werks sag ich frei und bekenn,
das gott der almechtig die key. mt., unsern allergnädigsten herm,
wunderbarlich erhalten und ge füret, nemlich, das ire mt. mit
solcher grosser bescheidenheit in der religionssachen so viel jar
umbgangen und darin so oft und ernstlich hat lassen handien,
unangesehen, das die bäpst irer mt. imerdar in den obren gelegen,
sie zum krieg ermanet und angereizet haben, denn wo es nach
irem willen zugangen, hets ire mt. wol vor XXX jaren müssen
anfahen. was dan auch sunst ire mt. für grosse victori und glück
allenthalben gehabt, ist am tag; also das ich für meine person
sag, wie ich dan oftermals gesagt hab, das ire mt. zu den uralten
beiden, wie da sind Constantinus und Carolus M[agnus] zu
rechnen und inen zu vergleichen seie. und dpeweil] man für
alle oberkeit, vorab die höchste, zu beten schuldig ist, wie uns
die Schrift anzeigt, so bitt ich den almechtigen, das er irer beder
mten herz und sinn richte zu lob Seins namens, zu irer seelen
Seligkeit, zu trost heil und wolfart aller Völker, die inen verwandt
und unterthon sind.«
*) Der Inhalt dieses Satzes ist lateinisch viel kürzer gefasst. — *) Aus
Thom. Arch. Varia eccl. XI f, 304.
Ein Tagebuch
über
die Zusammenkunft des Kurfürsten Karl Friedrich
von Baden mit Napoleon I. in Mainz (Sept. 1804).
Mitgeteilt von
Karl Obser.
Die geräuschvollen, prunkenden Festlichkeiten, mit
denen der erste Napoleon in den Septembertagen 1804
seine denkwürdige Rheinfahrt zu Mainz beschloss, haben
damals allenthalben im Reiche Aufsehen erregt und die
Federn der Diplomaten beschäftigt*). Waren doch zu
diesen Festen, was ihnen eine besondere Bedeutung verlieh,
inmitten der schaulustigen Menge, die in der alten Kur-
ftürstenstadt zusammenströmte^), auch zahlreiche regierende
Herren aus dem Süden und Westen des Reiclis, bis hinein
nach Thüringen, teils auf Einladung, teils aus eigenem
') Als wichtigste Litteratur über die Mainzer Kaisertage kommen in
Betracht: Lucchesini, Ursachen und Wirkungen des Rheinbunds, deutsch
von Halein, I, 222 fr.; Bignon, Geschichte Frankreichs, IV, 79 ff.; Thierg,
Hist. du Consalat et de TEmpire, IV, 170 ff.; Häusser, Deutsche Greschichte,
II*, 520 ff.; Schwartz, Landgraf Friedrich V. von Hessen -Homburg , I,
73 ff. Strippelmann, Beiträge zur Geschichte Hessen-Kassels, II, 177,
wo der Mainzer Zusammenkunft ein eigener Abschnitt gewidmet wird,
V. Beaulieu-Marconnay, Karl v. Dalbcrg, II, 20 ff.; Franz, Das Projekt
eines Reichskonkordats (Festschrift der Kieler Juristenfakultät, 213), die
M^-moires iitka des papiers d'un homme d'6tat, VIII, 371, die Denk-
würdigkeiten Hardenbergs, II, 84, der Frau von Wolzogen, I, 76,
die Memoiren der Mme de R6musat, II, 41; die Correspondance de
Napoleon I., IX, $3^ ß- der Oktavausgabe; Bailleu, Preussen und Frank-
reich, II, 299, 316, 319, 328 ff., sowie der demnächst erscheinende fünfte
Band der Politischen Korrespondenz Karl Friedrichs. — ") Nach
der gedruckten amtlichen Präsenzliste, deren gütige Mitteilung ich Herrn
Oberbibliothekar Prof. Dr. Velke in Mainz verdanke, sind in der Zeit vom
3. Sept bis 2. Okt. 658 distinguierte Fremde abgestiegen ; dabei ist das kaiser-
liche Gefolge nicht mitgerechnet.
Zeittchr. f. G«tch. d. Oberrb. N. F. XIV 4. A<^
6o8 Obser.
Antrieb und im eigenen Interesse herbeigeeilt, um den
neuen Cäsar zu begrüssen und ihm ihre Huldigung zu
erweisen. An ihrer Spitze erschienen der Kurerzkanzler des
römischen Reiches, bei dem Eitelkeit und Ehrgeiz über die
Scheu, unter solchen Umständen die Residenz seiner Vor-
gänger wieder zu betreten, schliesslich gesiegt hatten, und
der greise Kurfürst Karl Friedrich von Baden; mit ihnen
der Erbprinz von Hessen-Darmstadt, der Landgraf von
Hessen -Homburg, die Fürsten von Nassau -Usingen und
Weilburg, von Schwarzburg -Rudolstadt und Salm-Kraut-
heim, von Mitgliedern der Frankfurter Union die Fürsten
und Grafen von Isenburg, Leiningen, Löwenstein- Wertheim
und Solms, weiterhin die Grafen von der Leyen, von
Bassenheim, Reuss-Ebersdorf, Stolberg, Ingelheim und
Schönborn, sowie endlich auch der regierende Bürger-
meister der freien Reichsstadt Frankfurt mit einer Abord-
nung des Senats. Andere, die sich nicht persönlich ein-
gefunden, wie die Kurfürsten von Hessen-Kassel, Baiern und
Württemberg, sowie der Fürst von Thurn und Taxis hatten
wenigstens Vertreter entsandt. Dazu gesellte sich, da
Napoleon mit wenigen Ausnahmen alle seine Gesandten
und Geschäftsträger im Reiche nach Mainz entboten hatte
und auch die deutschen Fürsten zumeist von ihren poli-
tischen Beratern begleitet waren ^), eine stattliche Schaar
von Diplomaten und Agenten.
Die Vermutung, dass in einer solchen Versammlung
über dem rauschenden Festgepränge auch die Politik nicht
^) Frankreich war vertreten durch Talleyrand, Maret, Malhieu und
Durant (Paris), Bignon (Hessen-Kassel), Laforest (Berlin), Otto (München',
Massias (Karlsruhe), Helflinger (Darmstadt), Hirsinger (Frankfurt), der Kur-
erzkanzler durch Beust (Paris), Baden durch Edelsheim (Karlsruhe) und
Dalberg (Paris); Hessen-Kassel durch Gayling; Württemberg durch Bühl«
(Karlsruhe) und Steube (Paris); Baiern durch Reibeid (Karlsruhe), Hessen-
Darmstadt durch Barkhaus, Nassau-Usingen und Weilburg durch Marschall
und Gagern, Thurn und Taxis durch Vrints-Berberich ; die Frankfurter Union
durch die Herren v. Goldner, v. Feder u. a. Auch der Begründer einer
Grossra.icht des 19. Jahrhundert, der findige Mayer Amschel Rothschild,
trieb sich für den Fall, dass man seiner bedurfte, in Mainz herum. Nach
der gedruckten Präsenzliste. — Das Gefolge des Kaisers und der Kaiserin
findet sich bei Strippelmann, Beiträge zur Geschichte Hessen-Kassels I.
178 verzeichnet.
Tagebuch über die Mainzer ZusammenkunA 1804. 50Q
vergessen wurde, lag nahe, und mit berechtigtem Argwohn
verfolgte man in Wien und Berlin von ferne die Mainzer
Vorgänge. Die Berufung Mathieus und Durants, der
beiden Haupthelfer Talleyrands bei dem Regensburger
Quadratmeilenhandel schmählichen Angedenkens, bestärkte
in dem Verdachte, dass unter Ausschliessung der beiden
mächtigsten Reichsstände eine NeuaufroUung der deutschen
Frage geplant sei^). Mehr oder minder abenteuerliche
Gerüchte durchschwirrten die Luft und fanden Gläubige.
In Karlsruhe ging die Sage, »dass auf das neue von Ab-
tretung einiger Reichsstädte, besonders von Frankfurt die
Rede sei; dass von Seiten Frankreichs man wünsche,
Mannheim gegen andere auszumittelnde Entschädigungen
cediert zu erhalten; um Mannheim sollte alsdann der Rhein
geführet und allda ein Palais Imperial errichtet werden««).
In Wien fabelte man bald von der Errichtung eines links-
rheinischen Kurstaates unter französischer Oberhoheit und
einer Wiederaufrichtung des karolingischen Kaisertums
durch Napoleon als Träger der Kronen des Westens und
des Ostens*), bald hiess es, Napoleon habe es auf die völlige
Vernichtung des Reiches abgesehen und denke an eine
durchgreifende Neugestaltung der deutschen Verhältnisse,
wobei Baiem die führende Rolle im Süden beschieden sein
werde, das württembergische Fürstenhaus nach Hannover
verpflanzt und Baden mit einem Teil seiner Lande und der
Oberherrlichkeit über Helvetien ausgestattet werden solle*).
Das auch in Berlin verbreitete Gerücht von dem hannover-
schen Tauschprojekte wurde hier sogar ernst genommen;
Hardenberg führte es auf Nachrichten zurück, die der Braun-
schweiger Hof von der Markgräfin von Baden empfangen
habe, und empfahl Lucchesini strengste Wachsamkeit *).
Von französischer Seite sind diese Pläne aufs bestimmteste
in Abrede gestellt worden, während der Kurerzkanzler dem
*) «Mathieu est ici; un courrier l'a appele de Strasbourg et Mr. Durant
accompagne Talleyrand. Ceci annonce Tintention de causer sur les affaires
d'Allemagne«, Dalberg an Edelsheim, Mainz, 13. Sept. 1804. — *) Bericht
des österreichischen Gesandten von Schall an den Grafen Cobenzl vom
29. Sept. 1804. Wien St.-Archiv. — *\ Polit. Korrespondenz V,
nr. 193. — ♦) Polit. Korrespondenz V, nr. 192 und 203. -- *) Baillcu,
Preussen und Frankreich von 1795 — 1807. II, 329.
40*
6jo Obßer.
Grafen Görtz später versichert hat, dass Napoleon in Mainz
allerdings davon gesprochen habe, durch ihn aber von
diesen Ideen wieder abgebracht worden sei'). Wie weit
diese Aussage der Wahrheit entspricht, wie weit dabei das
Bestreben, sich vor dem Berliner Hofe als Retter der
deutschen Verfassung aufzuspielen, mitgewirkt haben mag,
lässt sich bei dem zweideutigen Charakter des Kurerz-
kanzlers nicht entscheiden. Aus den Karlsruher Akten
ergeben sich jedenfalls keine Thatsachen, die sie zu stützen
geeignet wären; wir erfahren durch sie lediglich, dass der
Kaiser dem Kurfürsten aus freien Stücken für den Fall
eines Krieges mit Osterreich den Breisgau und die Ortenau
versprochen hat Ahnliche Zusicherungen mag er damals
auch Anderen erteilt haben; sie bilden, so will mir scheinen
den Kern, auf den jene Gerüchte zum Teil wenigstens,
zurückzufuhren sind.
Zum Teil freilich sind sie auch aus anderer Quelle
abzuleiten.
Man hat bekanntlich Mainz in gewissem Sinne als die
Geburtsstätte des Rheinbundes von 1806 bezeichnet und
behauptet, dass dort von Frankreich der erste Anstoss zu
einem deutschen Fürstenbunde unter dem Protektorate
Napoleons gegeben worden sei; Lucchesini, der diese An-
sicht vertritt, weiss dabei ein Langes und Breites von den
Vorstellungen zu berichten, durch welche Talleyrand den
greisen Kurfürsten von Baden für den Plan gewonnen
habe*). Mit vollem Recht haben schon Bignon, Ilaüsser
und Beaulieu Marconnay dagegen Verwahrung eingelegt
Zunächst ist die Rheinbundsidee nicht erst damals
erfunden worden; sie lag seit Jahren schon in der Luft
und war durch die Entwicklung der politischen Verhält-
nisse vorbereitet und gefördert worden: das Kaiserreich
hat auch in dieser Hinsicht nur das Erbe der Republik
angetreten 8). Dann aber erscheint der Verlauf der Ver-
handlungen über den Fürstenbund, von dem zu Mainz die
Rede war, und der Bundesentwurf selbst nach den zuver-
lässigsten Nachrichten, die wir darüber besitzen, doch in
1) Bai Heu, II, 299 ff., 328. — «) Lucchesini, I, 223 ff. — ^) Vgl.
insbesondere Politische Korrespondenz Karl Friedrichs, II, 460,
494. 502; iri, 15; IV, 197.
Tagebuch über die Mainzer Zusammenkunfl 1804. 611
nem wesentlich andern Lichte als in Lucchesinis Dar-
ellung und auch in seinen offiziellen Depeschen. Lucchesini
sst, wie man weiss, die Anregung zu dem Plane von
rankreich ausgehen, das nach dem Abbruch der AUianz-
ärhandlungen mit dem Berliner Hofe den Einfluss desf
ilben im Reiche zurückzudrängen versucht und zu diesem
wecke sich der Mainzer Zusammenkunft bedient habe; er
bricht femer nur von einer Anlehnung des Bundes an
rankreich *).
In beiden Punkten irrt er.
Wie wir seit kurzem aus einem Berichte des badischen
resandten von Dalberg wissen 2), hat Hessen-Kassel schon
m September 1803 durch seinen Geschäftsträger StarklofE
n Paris das Projekt eines Fürstenbundes vorlegen lassen,
ier unter französischem oder französisch-russischem Protek-
torate') stehend es sich zur Aufgabe setzen sollte, seine
Mitglieder gegen fremde Übergriffe zu schützen. Der Plan
scheint bei Lucchesini und Cobenzl keine günstige Auf-
nahme gefunden zu haben, und dies ist begreiflich, denn
gegen Preussen und Österreich, die von dem Bunde aus-
geschlossen sein sollten, waren seine Bestrebungen im
Grunde gerichtet. Um so mehr Anklang fand er anscheinend
bei Frankreich, das sich für den Fall eines neuen Kon-
tinentalkrieges Nutzen von ihm versprach. Wenn er trotz-
dem in den folgenden Monaten seiner Verwirklichung nicht
näher rückte, erklärt sich dies im wesentlichen wohl aus
der Richtung der Politik, welche die französische Regierung
damals Preussen gegenüber verfolgte: so lange man in
Paris an der Hoffnung auf eine Allianz mit Preussen fest-
Weit, war die projektierte Union nicht nur überflüssig,
sondern direkt schädlich, da jede Förderung derselben in
Berlin Verstimmung erzeugen musste. Auf diesem Stand-
punkte verharrte man dann auch, als zu Anfang des Jahres
1804 der Hessen-KasseFsche Minister Waitz von Eschen
*) Ursachen und Wirkungen des Rheinbunds. Deutsch von Halem I,
"3; Bailleu, II. 319fr. — «) Polit. Korrespondenz, IV, 438 ff. —
1 Dalberg spricht nur von einem französischen Protektorate; nach Bignon
^gcgen, der offenbar das gleiche Projekt im Auge hat, sollten Frankreich
^^ Roftslaad, die beiden Mediationsmächtc, als Garanten des Bundes
»ttftreieii.
6i2 Obser.
durch Bignon diesen seinen Lieblingsplan von neuem in
Erinnerung bringen Hess. Talleyrand begnügte sich, den
Kurfürsten durch die Versicherung, der Gedanke werde
über kurz öder lang zur Ausfuhrung kommen, bei guter
Stimmung zu erhalten, gab aber auch dem erneuten An-
trage keine weitere Folge ^).
In diesem Stadium scheint, soweit wir bis jetzt sehen,
die Angelegenheit bis zum Herbst des Jahres 1804 ver-
blieben zu sein; erst als Napoleons Besuch in Mainz
in Aussicht stand, entschloss man sich in Kassel, wo man
nach wie vor an dem Projekte festgehalten, nochmals einen
Versuch zu machen. Kurz vor der Mainzer Zusammenkunft
erschien der Kurfürst in Aschaffenburg und weihte den
Kurerzkanzler in seine Ideen ein. Man darf wohl annehmen,
dass sie im wesentlichen identisch waren mit dem Pro-
gramm, welches der hessische Gesandte von Malsburg ein
paar Wochen später im Auftrage seiner Regierung dem
Vertreter Badens in Paris mitteilte. Danach verfolgte die
Union, wie schon oben bemerkt, den Zweck, ihre Mitglieder
in ihrer politischen Existenz, ihrem Besitzstande und ihren
Rechten gegen fremde Eingriffe zu schützen. Sie sollte
ausschliesslich einen defensiven Charakter tragen und daher
alles vermeiden, was geeignet wäre, sie in einen Krieg zu
verwickeln; zur Erreichung dieses Zieles und Wahrung
ihres Ansehens sollte eine aus den Kontingenten der Mit-
glieder gebildete Bundesarmee aufgestellt werden. Dass
Österreich und Preussen davon ausgeschlossen bleiben
sollten, wurde zwar nicht ausdrücklich gesagt, war aber,
wie die Dinge lagen, stillschweigende Voraussetzung.
Dalberg hielt diesen, wie man sieht, erst in grossen
Zügen skizzierten Plan, wenn auch mancherlei daran aus-
zusetzen war, doch fiir durchführbar und erspriesslich;
es wurde vereinbart, dass zunächst Baden von dem Vor-
haben unterrichtet und zur Teilnahme eingeladen werden
sollte. Wie unklar indes die beiden Fürsten die politische
Situation beurteilten, ergiebt sich daraus, dass sie auch
jetzt noch trotz dem vor aller Welt offenkundigen Abbruch
1) Weisung Talleyrands vom 27. Februar 1804 bei Bignon, a. a. O.
IV, 80 ff.
Tagebuch über die Mainzer Zusammenkunft 1804. 613
der diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und
Frankreich an der Übernahme eines gemeinsamen Protek-
torates durch die Mediationsmächte festhielten und daran
dachten, durch Entsendung des Prinzen Ludwig von Baden
nach Petersburg bei dem dortigen Hofe die Garantierung
der geplanten Kurfürstenunion zu erwirken.
Da der Kurfürst von Hessen sich von der Mainzer
Zusammenkunft, wie er von vornherein entschlossen war,
fernhielt und zur Entschuldigung sein Podagra vorschützte,
übernahm es der Kurerzkanzler, den Plan dem Kaiser
gegenüber zur Sprache zu bringen*). Wie er später dem
hessischen Gesandten von Gayling erzählte, ging Napoleon
bereitwillig darauf ein und billigte die in Aussicht ge-
nommene »Conföderation der deutschen Kurfürsten und
grösseren Fürstenc vollkommen; er war auch damit ein-
verstanden, dass der Kurfürst von Hessen-Kassel die mili-
tärische Führung in dem Bunde übernehme oder, wie
Talleyrand sich gegen Bignon ausdrückte, der Wehrmann
desselben werde ^). »Nur auf den Fall, dass eine solche
Conföderation nicht zweckmässig zu Stande kommen sollte«,
schien er zu beabsichtigen, eine dritte Macht, vermutlich
Baiem, zwischen Preussen und Osterreich einzuschieben und
2u dem Ende auf Kosten der übrigen Reichsstände ansehn-
lich zu vergrössem. Wie er sich über die beabsichtigte
Anrufung der russischen Garantie geäussert, lässt sich aus
dem kurzen Berichte Gaylings nicht ersehen ; es kann aber
keinem Zweifel unterliegen, dass er dem Kurerzkanzler
seine Abneigung dagegen deutlich zu verstehen gab: was
er allein wollte und brauchen konnte, war ein Fürstenbund,
der sein Heil bei Frankreich suchte. Hierauf beziehen sich
wohl jene Bemühungen , die deutschen Fürsten von Russ-
land abzuziehen, und jene Ausfalle gegen den russischen
Einfluss im Reich, die ihm bei dieser Gelegenheit zu-
geschrieben werden*).
*) Polit Korrespondenz V, nr. 139; Strippelmann, Beiträge
zur Gesch. Hessen-Kassels, I, 184fr. — ^ Strippelmann, I, 181;
Bignon, IV, 81. — •) M6moires tir6s des papiers d'un homme
d'^tat, Vm, 371 und H ausser, Deutsche Geschichte, II*, 523 (wohl nach
Berichten Lncdiesinis).
6i4
Obser.
Was Gayling meldet, stimmt im wesentlichen mit dem
überein, was Lucchesini auf Grimd einer Unterredung mit
dem Kurerzkanzler im Dezember dieses Jahres nach Berlin
berichtet. Auch hiernach betonte der Kaiser die Not-
wendigkeit einer »dritten Macht« im Reiche, die unter
seinem Schutze stehe und je nach den Umstanden gegen
Österreich oder Preussen ausgespielt werden könnte, indem
er die deutschen Fürsten davon überzeugte, dass Frankreich
ihr natürlicher Freund und unparteiischer Beschützer gegen-
über der Begehrlichkeit der beiden Höfe sei^). In einem
Punkte aber bedarf Dalbergs Darstellung dringend der
Berichtigung: aus leicht zu durchschauenden Gründen ver-
schwieg er dem preussischen Gesandten, der ihn wegen
seines Verhaltens in Mainz zur Rede stellte, dass die Ini-
tiative zu dem Unionsprojekte von deutscher Seite aus-
gegangen und von dorther auch die Erörterung der Frage
in Mainz angeregt worden war, statt dessen gab er vor,
Napoleon sei der Vater des Gedankens gewesen und nur
scheinbar, um Schlimmeres zu verhüten, sei er, der Kur-
erzkanzler, durch die Drohungen des Kaisers erschreckt,
auf die Vorschläge desselben eingegangen 2).
Über die Stellung, die Kurfürst Karl Friedrich damads zu
dem Plane eingenommen, liegen leider keine Aufzeichnungen
vor; da mit dem Kurfürsten auch seine wichtigsten poli-
tischen Berater, Markgraf Ludwig, Edelsheim und Dalberg
in Mainz anwesend waren, wurde nur mündlich darüber
verhandelt. Man gewinnt indes, wenn man die Karlsruher
Korrespondenz der folgenden Monate zu Rate zieht, den
Eindruck, dass der Kurfürst und seine Regierung der
Unionsidee durchaus kühl, zurückhaltend und skeptisch
gegenüberstanden; man fühlte sich wohl zu schwach, um
etwaige französische Zumutungen abzulehnen, allein man
war auch entschlossen, Bestrebungen, die, wie der badische
Dalberg treffend bemerkte 3), nur zu leicht eine der
beabsichtigten total entgegengesetzte Wirkung erzielen
konnten, in keinerlei Weise zu fördern, sondern alles weitere
dem Kurerzkanzler und Hessen-Kassel zu überlassen und
') Häusser, II <, 523. — «) Häusscr, a. a. O. II*, 523. —
*) Polit. Korrespondenz, V, nr. 164.
Tagebuch über die Mainzer Zusammenkunft 1804. 515
s Ergebnis abzuwarten. So erklärt es sich auch, dass
^rhandlungen über die Angelegenheit weder mit Frank-
ich, noch mit den Höfen von Kassel und Regensburg
ifuhrt wurden und der kurfürstliche Gesandte in Paris
:h dem femern Verlauf der Dinge gegenüber lediglich
obachtend verhielt.
Bindende Abmachungen irgend welcher Art sind, wie
in sieht, hinsichtlich der Union in Mainz nicht getroffen
>rden, das Projekt selbst war noch durchaus unfertig und
ch Ziel und Inhalt gewaltig verschieden von der Rhein-
mdsakte des Jahres 1 806, aber die Frage eines Anschlusses
s geplanten Fürstenbundes an Frankreich war zwischen
ligen dabei beteiligten Fürsten einmal persönlich erörtert
id als aussichtsvoll bezeichnet worden, es hatte eine in
ren Wirkungen nicht zu unterschätzende persönliche
nnäherung Napoleons und der deutschen Reichsstände
ittgefunden, und insofern bildet die Mainzer Zusammen-
mft allerdings einen bedeutsamen Schritt weiter auf dem
'ege zum Rheinbunde.
Von air dem ist in den Tagebuchblättern, die ich im
Igenden veröffentliche 0» eben so wenig die Rede, wie
>n den speziell badische Interessen berührenden Fragen
jr Succession, der Gebietserweiterung und der Pfälzer
hulden, die in Mainz besprochen wurden: nur gelegent-
h und schüchtern wird die Politik gestreift. Dagegen
Kalten wir durch sie zum erstenmale ein ziemlich voll-
Lndiges, höchst anschauliches Bild von dem äussern Ver-
ife der Mainzer Festtage*), von dem Auftreten Napoleons
der altehrwürdigen Bischofsstadt, von seinem und seiner
•ossen Gebahren gegenüber den deutschen Gästen und
n dem Werben und Treiben der letztern selbst, — ein
Id, das im einzelnen charakteristischer Züge nicht ent-
hrt und, so wenig erfreuliche Erinnerungen es auch
jcken mag, in seiner Art doch unbedingt zur Signatur
r Zeit gehört.
') Das Original wird im Grossh. Familienarchive aufbewahrt; die Ver-
cntlichung erfplgt mit Genehmigung Seiner Königlichen Hoheit des Gross-
zogs. — *) In der »Mainzer Zeitung« vom Jahre 1804 finden sich natürlich
:h ausführliche Schilderungen, leider fehlen aber in dem Exemplar der
rtigen Stadtbibliothek gerade aus diesen Tagen ein paar Nummern.
6i6 Obser.
Der Verfasser der Aufzeichnungen befand sich im
Gefolge des Kurfürsten Karl Friedrich; er nennt sich nir-
gends, nach den Schriftzügen kann aber kein Zweifel
darüber bestehen, dass er mit dem Geheimen Kabinets-
referendär F. A. Wielandt»), der in der That den Kur-
fürsten nach Mainz begleitet hat, identisch ist. Wielandt
erfreute sich dank seiner seltenen Gewissenhaftigkeit und
hervorragenden Tüchtigkeit bei seinem kurfürstlichen Hemi
besondern Vertrauens; ob er indes in die geheimen Ver-
handlungen mit Napoleon und dem Kurerzkanzler ein-
geweiht war, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls schweigt er
darüber völlig, umsomehr berichtet er über die äussern
Vorgänge in seiner Umgebung, und, da er vermöge seiner
') Friedrich August Wielandt, geboren zu Karlsruhe am 5. Fcbmir
1765 als Sohn des Geh. Hofrats und Hofkammerrats Philipp Heinrid
Wielandt, tritt, nachdem er 1788 sein juristisches Examen bestanden, lo-
nächst in Dessau als Sekretär, in die Dienste des Prinzen Hans Jürgen tod
Anhalt, wird aber schon Oktober 1791 als Geh. Ratssekretär mit dem
Rang eines Hofratsassessors nach Karlsruhe berufen , vermählt sich 1792
mit einer Tochter des Kammerrats Kärner, erhält 1797 den Rang und Cha-
rakter eines Legationsrats und rückt 1803 zum Wirklichen, 1804 ^^^ ^^'
Referendar vor ; als solcher wird er, da er schon seit einigen Jahren auch die
Kabinetsgeschäfte beim Kurfürsten besorgte, und über die Angelegenheiten,
die zu dessen Entscheidung kamen, Vortrag zu erstatten hatte, im Februar
1804 zugleich zum Geh. Kabinetsreferendär ernannt. 1807 zum Geh. Rat
befördert, muss er in dem neuen Ministerium Dalberg im Mai 1 808 dem Ein-
flüsse der französischen Partei weichen und wird seiner Vertrauensstellung ira
Kabinet enthoben, unter Beschränkung auf die Geschäfte des Staatsdepar-
tements. Infolge der Berufung Reitzensteins wird er 1809 unter Beförderung
zum Staats- und Geh. Kabinetsrat in seine vorige Stellung wieder eingeseüi
und ihm nicht nur die Erledigung aller Gegenstände, die nicht auf mini-
steriellem Wege an den Grossberzog gelangten, sonderd auch in Abwesenheit
des Kabinetsministers der Vortrag über alle aus der allgemeinen Minisierial-
konferenz zur landesherrlichen Entscheidung gelangenden Angelegenheiten
anvertraut. 181 1 wird er zum Mitglied des Staatsrats, 18 17 zum Staats-
sekretär und Kommandeur des Ordens vom Zähringer Löwen und 1819 nim
ordentlichen Mitglied des Staatsministeriums ernannt, dem er bis zu seinem
Tode (30. Juni 1820) angehört. Naeh den Dienstakten. Vergl. dam
v. Weech, Badische Biographien II, 486. — Im Zerbster Archive liegen
mehr als 150 Briefe von seiner Hand aus den Jahren 1792 — 1817, die aa
den mit Karl Friedrich eng befreundeten Fürsten Leopold Friedrich Franz
von Anhalt gerichtet sind und Mitteilungen über den badischen Hof ent-
halten, in politischer Hinsicht aber mit einer Ausnahme nur von gcringeni
Interesse sind.
Tagebuch über die Mainzer Zusammenkunft 1804. 517
Stellung überall Zutritt hatte und manches sah und hörte,
was Andern entging, verdient sein Bericht Beachtung.
Bei der Beurteilung desselben hinsichtlich seiner Form und
seines Inhalts darf man nicht vergessen, dass es sich allem
Anschein nach um eine für den Kurfürsten bestimmte
offizielle Darstellung handelt, in der auch mancherlei gering-
fügige Begebenheiten mit minutiöser Sorgfalt verzeichnet
werden mussten. Aus dem gleichen Grunde enthält Wielandt
sich wohl auch möglichst jeder Kritik der Vorgänge und
aller politischen Betrachtungen. Dass die gewaltige Per-
sönlichkeit Napoleons und seine trotz all' der festlichen
Zerstreuungen ungeschwächte erstaunliche Arbeitskraft
auch ihm imponierte, ist leicht zu ersehen; wenn ihm aber
gelegentlich die Bemerkung entschlüpft, die Kasteier
hätten keinen Anlass, des Kaisers Besuch mit Freuden-
feuem zu begrüssen, so lässt dies darauf schliessen, dass
er sich im Grunde doch keineswegs in ungetrübter, rosiger
Feststimmung befand und nicht ohne Sorge vor dem
wachsenden Einfluss Frankreichs in die Zukunft blickte:
man darf dies um so mehr vermuten, als er in der That
späterhin in Karlsruhe zu den Gegnern der französischen
Partei gezählt hat und als solcher auch vorübergehend aus
seiner Stellung verdrängt worden ist.
Seine Aufzeichnungen beginnen mit dem 2. September
und brechen ab mit dem i. Oktober, also noch vor der
Abreise des Kurfürsten, der erst am 3. Oktober wieder in
Karlsruhe eintraf; sie sind mithin Fragment geblieben.
Die ersten Blätter, auf deren Abdruck ich verzichte, da
sie nur geringes Interesse bieten, schildern Anlass und
Vorbereitungen zu der Mainzer Reise. Ich begnüge mich,
den wesentlichen Inhalt in Kürze hier wiederzugeben.
Am 2. September empfängt der Kurfürst auf Schloss
Favorite von Seiten Talleyrands eine Einladung zu einem
Besuche in Mainz; am 4. September wird infolge dessen
von Karlsruhe aus die Reise angetreten. In der Begleitung
des Kurfürsten befinden sich die Gräfin Hochberg, der
Kurprinz, Markgraf Ludwig, Oberstkammerherr von Geusau,
Minister von Edelsheim, der auf Urlaub in Karlsruhe ver-
weilende Gesandte bei dem französischen Hofe, Baron von
Dalberg, der Oberststallmeister von Geyer, der Leibarzt,
6i8 Obser.
Geh. Rat Schrickel und der »unbekannte Verfasser«, Wie-
landt. Major von Porbeck eilt voraus, um in Mainz Quartier
zu machen. Die Fahrt geht von Schwetzingen über Mann-
heim und auf dem linken Rheinufer über Worms nach
Oppenheim, wo von Seiten Porbecks die Meldung einläuft,
dass der Termin der Ankunft des Kaisers noch nicht genau
bestimmt werden könne. Der Kurfürst entschliesst sich
daher sofort zur Umkehr und trifft am 5. September nachts
10 Uhr wieder in Schwetzingen ein, um bis auf weitere
Nachricht von Dalberg, der die Reise nach Mainz fort-
gesetzt, dort zu verweilen. Ein paarmal wird dem Theater
in Mannheim ein Besuch abgestattet, wo die Aufführung
von Gemmingens TiHausvater^ Anlass zu einer begeisterten
Ovation des Publikums für den Kurfürsten bietet*); am
14. September erscheint unerwartet Geh. Rat von Reitzen-
stein mit seiner Gemahlin aus Heidelberg und wird mit
dem ihm »schon vor vielen Monaten zugedachten« grossen
Hausorden der Treue ausgezeichnet. Am Abend desselben
Tages endlich trifft aus Aachen die Nachricht ein, dass die
Ankunft Napoleons unmittelbar bevorstehe 2). Was darauf
weiter geschieht, mag man den Aufzeichnungen entnehmen,
die ich im wesentlichen unverkürzt nunmehr folgen lasse.
.... Wie oben schon berührt worden —
Montags, d. lyten Sept. früh, wurde die Reise nach Maynz
zum Zweytenmahle angetreten und Nachmittags, nach 2 Uhr,
unter grosser Hitze und Staub auch glücklich vollendet.
Die Avantgarde machte H. Major von Porbeck und der
Verfasser, mit Montanus^) und Bachyd. Das Merkwürdigste
') Edelsheim schreibt darüber an den Dichter und damaligen badischec
Gesandten in Wien: ^Notre bonne fortune nous a fait jouir pendant noire
s6jour ici de quelques representations du c^lfebre acteur Iffland qui eiait venu
faire une visite au theutre de Mannheim. Entr'autre nous y avons vu j'^uer
Votre '»Hausvatert dans la plus grande perfection. L'enthousiasme que ceit«
pi^ce avait produit sur tout le public a fait appeler au d^faut de Tauieur
Pacteur qui avait si bicn cxprim6 ses sentiments. Voilä ce qu'Ifriand a dit
au public, en se pr^scntant modestement: »Wo das Bild des guten Haus«
Vaters in jedem Herzen lebt, da mag der Schein nur wenig gelten.« Le>
applaudisscments ont alors couvert sa retraite ä tout rompre, jusque longtemps
apres que la teile fut relaiss6c^ (dat. 15. Sept.). — Pichler, Chronik des
Hof- und Nationaltheaters, 187 ff. gedenkt dieser Aufführung bei dem Gast-
spiel Ifflands nicht. — *) Sie erfolgt am 20. September. — ') Feldjäger d«
Kurfürsten.
Tagebach über die Mainzer Zusammenkunft 1804. 619
für diesen Wagen war die zwar kürzere, aber ziemlich gefahr-
liche passage auf dem äusserst schmalen und an manchen Orten
schadhaften Rheindamm bey Nackenheim, wobey 1/2 Stunde ge-
wonnen wird. Als diese Farth zurückgelegt war, Hess sichs mit
vieler Contenance anhören, dass tags zuvor erst ein Wagen über
den Damm hinunter gestürzt war. Zwey Wagen waren mit
eigenen Kurf. Pferden bespannt, die übrigen mit Postpferden.
Zwey Züge relais blieben auch von Maynz biß Mannheim auf
jeder Station liegen. S^* Kurfürstl. Durch! . fanden ein ziemlich
geräumiges Quartier im gräfl. Osteinischen Hause, am Thiermarkt,
welches der Miethsmann, Handelsmann Lennig, erst hatte tapezieren
and einrichten lassen, für die vorhin schon besprochenen Zimmer,
ohne Stallung i 8 Louisd'or täglich; es mussten aber in der
obem ^tage für des Kurprinzen H. Durchl. — und für H. v.
Dalberg noch einige Zimmer weiter genommen werden.
In Maynz befand sich schon der H. GR. von Dalberg und
H. LegR. Clossmann'), aus Alzey. Läufer Höllischer hatte den
Weg von Schwezingen seit gestern Abend zu Fuss gemacht.
Das Essen war bei einem Traiteur, Namens Thomann,
p. Couvert für 5 fl. 30 xr Mittags und für 2 fl. 45 xr Abends
bedungen worden, und allgemein vortrefflich — wahrhaft fran-
zösisch gekocht erfunden, obgleich Thomann kein Wort französisch
spricht.
Sonnabends d. 22. Sept. 18042;.
wartete Sr. Kfstl. Durchl. der directeur des fortifications Cham-
barlhjac*) auf, welcher Höchstdenenselben von Fort Vauban
(Fort Louis) her bekannt war. Man ging schon um halb i Uhr
zur Mittagstafel, weil der Kurfürst Nachmittags um 4 Uhr dem
Kaiser Ihre visite machten« (um 2 Uhr that dieses der H.
Kurfürst ErzKanzler). Die französischen Militärs glauben, Maynz
könne ohne Castel nicht mehr als Vestung beybehalten werden,
zumal es wenigstens — Mann Garnison haben müsste ; der Kaiser
und Chambarlhjac aber meynen, es müsste als Vestung unter-
halten und im Falle eines Kriegs Castel ß) sogleich wieder besezt
und aufs neue mit befestigt werden.
Der Officier von der Kaiserlichen garde, welcher heute bey
Sr. Kfstl. Durchlaucht die Wache hatte und daher zur Tafel
*) Badischer Agent bei der Präfektur des Donnersbergdepartements. —
«) Über die Festlichkeiten vom 21. Sept. s. Strippelmann, I, 178 ff. —
*) Chambarlhac, Jean-Jacques de, französischer General des Geniewesens. —
*) Dass Napoleon den beiden Kurfürsten den Besuch nie envidert, ^^^iTd
späterhin mehrfach auffällig bemerkt und dabei hervorgehoben, dass die
deutschen Kaiser bei der Krönung in Frankfurt die Erfüllung dieser An-
Standspflicht nie versäumten. Schall an Cobenzl, 4. Oktober. Wien. Archiv.
— *) Oder Kastei, gegenüber von Mainz.
620 Obsef.
gezogen wurde, hiess Dupetit — von den Grenadiers k Cheval,
gebürtig aus Etampes, ohnweit Chartres.
Der Kurfürst fuhren mit 3 Wagen zum Kaiser; im ersten
befanden Sie Sich Selbst mit den beyden Durchl. Prinzen; im
2ten: der H. StMin. B, von Edelsheim und der H. Gesandte
von Dalberg und im ßten Herr Obrist-Cammerherr von Geusau
und H. von Porbeck.
Als Sie ins palais kamen, wurden die Trommeln gerührt,
und unten an der Treppe stunden alle Oberhof-Chargen, Generals
und Adjutanten des Kaisers; die Garden zu Pferd machten
ebensowie die kaiserliche Hofdienerschaft, die Treppe hinauf
espaliers, und von den Trompetern wurde Marsch geblasen.
Minister Talleyrand führte Sc Kurfstl. Durchlaucht zum Kaiser.
Es waren 3 ineinander gehende appartemens, an jeder Thüre
stunden 2 Huissiers mit Medaillen und Ketten von Golde am
Halse. Im äussersten appartement blieben die sämmtlichcn
Herrn vom Gefolge des Kurfürsten; ins 2te traten die DurchL
Prinzen mit H. Talleyrand, und die beyden äussern Thüren
schlössen sich; — und ins innerste Cabinet begaben Sich zuerst
Se. Kurfürstl. Durchl. allein, zum Kaiser; und auch diese Thüren
waren verschlossen. Nach einer starken Viertelstunde traten
auch die beyden Durchl. Prinzen ins Cabinet des Kaisers, und
die Herrn vom Gefolge wurden zugleich ins 2te Zimmer ein-
wärts geführt. Bald darauf kam der Kaiser und mit Ihm unsere
Durchl. Herrschaften heraus, und der Kurfürst präsentierten Ihm
die Herren von Ihrer Suite. Der Kaiser spricht sehr kurz:
zum H. Obrist-Camraerherrn z. B.: Quelle place occupez Vous?
Zum H. Major von Porbeck: Qui etes-Vous, Monsieur? avez
Vous fait des carapagnes? Nach dieser Präsentation begleitete
der Kaiser den Kurfürsten, da' Höchstdieselben nun auch zur
Kaiserin gingen , bil> ans Vorzimmer, welches beyde appane-
ments trennt, und blieb an der Thüre stehen, als die Heim
vom Gefolge an Ihm vorbeigingen. Die Einführung zur Kaiserin
war die nehmliche; nur traten die Prinzen mit S«"- Kfstl. Durch-
laucht zugleich in das innerste Gemach, — darauf folgte die
Präsentation der übrigen Herrn bey der Kaiserin, welche nicbti
sprach, welche etwas grösser als der Kaiser und von schöner
Figur, aber etwas alt ist, und übrigens still und leidend zu >ein
scheint. Gegen 5 Uhr kamen der Kurfürst zurück; und Abends
um 6 Uhr fuhren Sie wieder ebenso, wie vorhin, zur kaiserlichen
Mittagstafel, welche in den appartements der Kaiserin gehalten
wurde. Sie bestund aus beyden kaiserlichen Majestäten, des
Kurfürsten und der beyden Prinzen Durchlauchten, und aus dem
H. Kurf. ErzKanzler dann aus dem Colonel General Beauharnais
dem Sohn der Kaiserin, welcher die Speißen vorlegte. An
einer zweiten Tafel speisten die Damen und Kammerherm etc.
der Kaiserin und unten beyin General Duroc, Gouverneur du
palais, die Herren vom Kurf. Gefolge; die Marschälle, Generals,
TagebDcli Ober die Maioier Zutammeokunft 1S04. ^21
Idjtiianien, der pn^fel u, der maire von Maynz (zu 32 Couverls),
hch der Minagsurel war bey der Kaiserin Cercle und Spiel;
r Kaiser und Mme. de Larochefoucauid ') die Kaiserin u. der
rf. Kra'.KanzIer spielten Whist; und eine 2'c Parlhie machten
ie Damen der Kaiserin; — S^' Knrf. Durchlaucht sprachen
vi-Hcheik eine Zeitlang mit den Generals und wurden dann
I Kaiser veranlasst, Sich neben Ihn zn setzen; nach Verfluss
ST EJoralicben Zeit wurden auch die Herrn vom Gefolge,
wiche unten gewarlel hatten, hinauf in die Spielzimmer be-
:biedcii. Der Kaiser sagte unter anderm zu des Prinzen Louis
lochf. Durlaucht: »Vous ne jouez pasi c'esl plus sage!« Ohn-
efahr um g Ulir fragte der Kaiser den General Caulaincourt ;
1 werde 8 Uhr und Zeit zur Komödie seyn? — und als Er
firie, es seye schon g Uhr, warf er die Karten zusammen
idasa nicht heuahlt wurde) und stand auf. Nun wurde zur
lomödie gefahren: beyde Prinzen fuhren voraus mit den Generals;
1 S< Kurfstl. Durchl, mit dem Kaiser im Wagen, worin jedes-
Hihl auch der Mar^chal Morlier ist, — Er lief so schnell aus
'imraeni. dass der Kurfürst Ihm nacheilen mussten, — der
bUrfurst ErzKanzIer mit der Kaiserin und mit Mme de la Koche-
mcauld.
Dem Kurfürsten war in der Komödie ein eigenes Zimmer
jcräumt worden, welches 12 Plätze enthielt, und worin Höchst-
kselben alten von Ihrem Gefolge den Eintritt gestatteten.
In diese Loge hatte Sich der General Leval aus Strassburg
egebcn, und der prt-fet H, Jeanbone S' Andri;-) hatte hierher
in die Loge des Slaatssecretärs, H. Maret, gehörige Dame
«bracht, da ihm jene Loge unbekannt war; um bemerklich zu
ucheu, dais diese Loge einzig für S* Kurf. Durchlaucht und
luchstdero Gelolge bestimmt seye, zeigte der Verfasser dem
1. Prijret das darüber Sr Exe, dem H. OberislIcammeTherrn
Ivon von Geusan zugekommene Schreiben des kaiserl, ersten
(•mmerherro H. Rcmusat mit der Anfrage, ob dieses wohl die
%entUche für Se- Kurf. Durchl. bestimmte Loge seye? Er
i^atite es mit wenig Complimenlen und tneynte, es werde dem
CutfBrHten angenehm seyn, neben der von ihm hergebrachten
iitac tu sitzen, mit dem auf die vielen scheinbaren Compli-
lenteo des Verfassers zielenden Bemerken: >qu'il n'aimät pas
I reste ces mouvemens iirL-guliers!<
Inzwischen kam bald darauf H. R^musat selbst in die Loge,
id wusste dem H. Präfecten, der sich gleich zu erkennen gab,
ledeihotl so bedeutend zu erwidern: »Mais Vous avcz Votre
lg« U , das« dieser sich nicht nur scJbst mit General Leval
mmochie, sondern auch nach einer kleinen Pause sei:
Üedtr abholte.
*) Urne, de La Rocbcfouould , c
Prtltlit da Dnooenbcreileputements,
Leval ^^
J
622 Obser.
Unten am Eingang ins Theater, wo der Verfasser S« Kurf.
Durchl. erwartete, um Höchstdenenselben Ihre Loge zu zeigen,
war ein interessanter Posten. Nichts als Verlegenheit, Streit,
Ungewissheit und Aufsuchen der für einen Jeden bestimmten
Logen; die vornehmsten herzhaften eilten links und rechts, —
Trepp auf und nieder, — der H. Erbprinz von Darmstadt, Prinz
von Leiningen, Graf Bassenheim. Minister Talleyrand hielt för
nöthig Selbst mit dem Präfecten dahin zu kommen, und über
die fehlende Beleuchtung der Logen — insbesondere jener
Sr Kurf. Durchl. zu schimpfen. Die Polizeicommissärs und
zuletzt der H. Policey Commissaire Parcus aus Grünstadt, welcher
eine Dame brachte, — wurde[n] durch ihn in die Stadt geschickt,
Wachslichter anzuschaffen; und es half m'chts, dass sie Ihm
respektsvoll erwiderten: »Mais je ne suis pas charg^ de cettc
partie!« — »Je vous en charge!« erwiederte Se Excellenz, und
sie mussten fortrennen; die Dame des H. Parcus aber führte
H. Talleyrand Selbst in Ihre Loge. Endlich kamen viele Lichter,
— nun fehlte es aber an plaqures und zuletzt an Nägeln und
Hammer, diese zu befestigen; auch dafür wurde Rath geschafil,
und am Ende, da sich Niemand mehr um die mit so viel Auf-
opferung he rbey geschafften Wachskerzen des H. Maire be-
kümmerte, blieben diese grossen Theils unbenutzt liegen.
Nach 9 Uhr erschienen Ihre Majestäten; der Kaiser fuhr
mit Sr Kurfürstl. Durchl. in einem Wagen, und der H. Kurfürst
ErzKanzler mit der Kaiserin im andern. Das Haus erschallte
von Trompeten und Pauken — »Vivent!« und Hände Klatschen;
links vom Kaiser sass unser lieber Kurfürst in der Loge, naher
bei der Kaiserin der H. Kur ErzKanzler, rückwärts unsere beyden
Durchl. Prinzen. Hinten in der Kaiserl. Kurfstl.-Loire stand der
(sehr lange) Mar6chal Mortier. Rechts neben der Loge des
Kaisers befanden sich der Colonal General Beauhamais, Martchal
Moncey (General en Chef de la Gensdarmerie), General Duroc,
Caulaincourt etc. und die übrigen Generals und Adjutanten;
links von der kaiserl. Loge waren die Damen der Kaiserin und
die Kammerherren; vorn sass die sehr schöne Mme de Vaud^i).
Der Kaiser sass sehr ungeniert in einem fauteuil; Er ist
sehr breitschultrig und hochbrüstig; die Haare abgeschnitten und
ungepudert; ohne Farbe und gelblicht im Gesicht. Er hat
Ähnlichkeit mit dem H. Joseph Schmittbaur aus Gengenbach*);
ist vielleicht etwas kleiner Jedermann, wer den Kaiser
ehehin schon gesehen hat, findet Ihn viel stärker, als Er war.
Er trug die französische Infanterie-Uniform, ohne die mindeste
Auszeichnung 3). (Auf der Jagd trägt Er jene von den Chasseurs
ä cheval seiner Garde). Während der Vorstellung (von Iphigenie
') Palastdame der Kaiserin. — *) Wohl der Abb6 Joseph Schmittbaur,
Lehrer am Karlsruher Lyceum. — ^) Auch in der Mainzer Zeitung wird die
ausj^esucht einfache Kleidung des Kaisers hervorgehoben.
T^ibucb über die Munzei Zusammen kunft 1S04,
623
AuUd«) sprach Er nur wenig. Die Acte vfaren nur durch
z kurze musicalische Intenuezzi unterbrochen; der Vorhang
de Die niedergelassen. Die von Parts angekommenen TraD-
^'scben Schauspieler l) geben nur Trauerspiele, weiche der
sehr liebt; sie agirten vortrefflich mit der angestrengtesten
isticnlation und Declamation und grosser Heftigkeit und halten
Brtrefflich meniorirt. Das Theater stellte das griechische Lager
und man sah in den Zelten die Ruhbetten, Tische,
lampea etc. der Könige; es blieb die ganze Vorstellung hin-
Itrcb nnvciänderl. Das Co?tume der Schauspieler war äusserst
^Stbar — Diademe, Armspangen, Ketten, Schwerter, Helme von
<ld etc. Da die kurfürallicbe Loge sehr nahe am Theater
, so sahen sie riesenmässig aus. Gegen 1 2 Uhr war die
rstellung geendigt. Der Kaiser Irat wieder hervor und machte
e Vetbeiigung ins parterre. Abermals: ViventI Pauken- und
^cimpcten-Schall und Hände-Klatschen.
Neben der Kurfiirsll. Loge, wohin heute nur das Gefolge
tn und auch Herr Graf Bassenheim mit seinem Sohne ein-
:ien, befand sich die Loge des französischen Corps diploma-
qoe, iunächst H. Talleyrand, Mathieu, Maret etc.. via-ä-vis die
gc für den H Kurf. ErzKanzler u. für den H. Erbprinzen von
irmstadt. im Theater soll auch die verwillwete Frau Kurfürstin
ti Bayern gewesen sejn. welche unter dem Namen einer Gräfin
on Königs*) hier war.
Sonntags den 23. September, Der französische
eujahratag: 1. Vendi'raiaire 13, War beym Kaiser diplo-
bitischc Audienz; Nachmittags um 3 Uhr. Er soll eine Scene
It den Frankfurter Dcputirten gehabt und ihnen gedroht haben,
>im Sie fortführen, das Englische Commerca ferner zu
iffAastigvn , so werde F.r Ihre Stadt einem Fürsten geben');
wie Er Hamburg dem König von Preussen cuiutheilen
denke,
... Nach der Tafel macliie die ganze mit dem Kaiser
Bgekommene frauzösischc Generalität und Adjutantur SeJnei
^Briul. Durchl. die Aufwartung; der Marschall Moncey, Mnrticr.
iroc. CanlaincDurI , Beauharnals, Harville, Maret etc. (nur
inerat Rapp noch nicht) und dann ebenso die hierbetiDd-
ch«a französischen Gesandten und Diplomatiker: Laforesi, Otio,
gnon, Himingcr etc. Mathieu, Mathieu -Faviers etc. Dann kam
ich der H. Prüfet Jeanbone St. Andr^, mit Ponceau — rother
idaner Schärpe um den Leib. — Er spricht sehr gut und
•) NkpeleuQ halte (tm unler Picards l.eiluitg atehcnJe zweit« Th^alre
lO^i ei)>ent tu ilec FesttichkeltCD niich Münz beachiedCD. R^mutal.
iMoim, II, 41. — ') I-tkke im Original. — «l Verel. Lange, Gesch. der
ica Rdchuudi ^laukruil. 340, wo Übrigens daa Erscheinen i3«r Frmk-
rtci Abecordiieten in Maiiu tUscblich in den Sept. 1S05 verlegt witd.
E*MKbt. I. C>*cb. d. Ob(nh. N. V. XtV. ..
624
Obser.
bedächtig, auch verbindlich. Ehehin war er reformirter Prediger.
Er hatte die Noyaden zu Nantes zu besorgen utid war 1794
auf der französischen Flotte, welche Admiral Howe am itenjuni
schlug bei Ouessant. (Maynz hat noch drei solcher Revolotions«
männer aus dem ehemaligen Comit6 du salut public unter seinen^
wohnem, Albitte'), Thyrion*), Duhesme^j, Nach ihm folgte wieder
ein Besuch vom Erbprinzen von Leiningen, Fürsten von Ysen-
burg-Birslein, Grafen von Reuss-Ebersdorff, von Solms-Laubacb,
Fürsten von Salm-Krautheim, Grafen von Ysenburg. Abends
erfolgte wieder ein Schreiben des Premier Chambellan H. R6masat
an den H. Obrist Kammerherrn : >Que 8. A. S. E, avec Sa famillc
seroit admise tous les soirs i huit heures au Cercle de l'Impe-
ratrice«. Höchstdieselben fuhren um 8 Uhr ins Palais u. kamen
erst um Mittemacht zurück; Souper war nicht gewesen. Das
Spiel war wieder wie Abends zuvor; um 10 Uhr hörte es anf,
dann sprach der Kaiser noch und gewiss über eine Stunde heim-
lich mit dem Herrn Kurerzkanzler, welcher den Hut vor's Gesicht
hielt und nach Paris zur Krönung invitirt ist und die Einladung
auch sogleich angenommen hat. Se Kurfstl. Durchl. sprachen in
dieser Zeit mit der Kaiserin, welche, da Sie stunden, wohl
10 mal Ihnen sagte: tAsseyez vous donci« Was Sie aber nicht
annahmen
Moatags den 24ten September wurde ein neuer Accord
mit dem Miethsraann, Handelsmann Lennig gemacht; der für
den ganzen Aufenthalt S»" Kurfstl. Durchl. rückwärts und künftig,
und für die mehr abgegebenen Zimmer, Betten, Stallungen etc.
1 100 fl. zugesichert bekam
Gegen 12 Uhr fuhren der Kurfürst, Ihro Exe. die Frau
Gräfin und des Prinzen Louis Hochf. Durchl. nach Zalilbach
und Kloster Dal heim, den dortigen Römischen Aquäduct zu
sehen, und von da zum neuen Thore wieder herein, an dem
alten Monumente des Drusus vorbey, der hier begraben liegen
soll. Der Lohnbediente Gross belehrte den Kurfürsten; es seye
das Monument des Schwedischen Generals Crusius, aus dem
siebenjährigen Kriege! ....
Der H. Erbprinz von Darmstadt hatte geäussert, dass Er
von Seinem Herrn Vater die Instruction habe, am kaiserl. Hofe
ganz das nehmliche Cermoniell, wie der H. Kurfürst Erzkanzler
zu verlangen; dem ohngeachtet konnte Er erst heute zum Kaiser
kommen. Zuerst wurde Er eingeführt, der Kaiser kam aus seinem
innersten Kabinet, worin der Kurfürst bey Ihm gewesen waren,
heraus ins zweyte Zimmer. Dann der Prinz von Hessen-
Homburg; dann die H. Fürsten zu Nassau Usingen und
^) Albitte, Antoine-Louis, ehemals Mitglied des Konvents, Sousiospec-
teur aux revues. — «) Thirion, Didier, seit 1803 Lehrer am Mainzer Lyceum.
— ^) Duhem, Pierre-Joseph, 1804 Chefarzt des Mainzer Spitals.
abei di« Mainzer Zusa
:nkunn 1S04.
6"5
Bilburg, von Salm-Krautheina, Ysenburg-Birstein, der Kurfstl.
Major PrinE von Ysenburg aus Mannheim, der Herr
raf voD der Leyen und von Bassenheim etc. jeder einzeln,
BT Lctstere kam mit Seinem H. Sohn zu S' Kurfstl. Durchl.
mittelbar nach dir gehabten kaiserlichen Audienz. Dann
kchten noch die Herrn Gesandten von Reibeid und Massiaa
1 Kurfürsten Ihre Aufwartung. Abends gegen 8 Uhr war
de bey Hof; wobey sich die Herrn Kuriürsten und unsere
cLI. Prinzen wieder befanden; sodann der H. Erbprinz v,
tnstadt, Prinz von Hessen-Homburg und die Herrn Fürsten
Nassau -Usingen und Weilburg, die beym Kaiser gespeist
^n. Nach g Uhr kamen Ihre Majestäten wieder ins Schau-
ielhaus, wo das Trauerspiel Phedre von Racine gegeben wurde.
e H. Kurfürsten und unsere Durchl. Prinzen befanden Sich
y Ihnen in der Loga. wie das erste Mahl; der H, Erbprinz
D Darmstadt war nicht sichtbar im Theater.
Als der Kaiser beym Schauspielhause aus dem Wagen stieg,
bmen Ihn und unsere Durchl. Herrschaften 5 Mann von den
lasscurs k cheval der Kaiserl. Garde .... fest aufgeschlossen
die Mitte und brachten Ihn so in seine Loge. In der Kur-
ISlI, Loge befanden sich von Fremden der Herr Graf von
ssenheim, Herr Massias und der rechtachall'enene, gegen Baden
( wohl denkende Commissaire ordonnateur H. Mathieu Faviera
Strastsbourg, Der Bruder des H. Mathieu Favicrs, der
iblicbte des relations exti-rieures , Herr Mathieu hörte mit an,
US man seinen Bruder lobte, wegen dessen, v,-as derselbe im
dcg« für Raden Gutes gewirkt habe'); worauf derselbe, dt^r
,0 sehr von allen Reichsständen hat schmieren lassen ^),
Bfiel und sagte: Nous avons fait laut cela, monsieur, de bon
leuc eo bona voistnsl
Dienstag d. 25. September 1804. Diesen Morgen ritt
• Kaiser zum ersten Mahle aus, um die Vesiungswerke zu
iMbca'); nach der Versicherung der Kunstverständigen reitet
! gut mit geschlossenen Annen; und die Kaiserin fuhr über
' i Rrncke nach Kassel gegen Biberich zu. Sie stieg aus dem
'«gen und machte eine Strecke zu Fnsse. Sie liess sich etwas
tde geben, welches Sie in eine Papierdüte that, um sagen zu
innen, Sie habe deutsche Erde ! Während Sie jenseits war,
irde in Kasse! aus Böllern geschossen. Nachmittags wurden
r die Frau Landgräfin von Hessen-Homburg, die Fürstin von
ISsau-Usingen präsentiert. Der Kaiser fragte die Fürstin , ob
B Töchter habe? Und versetzte in der Folge: c'est dommage
1 Vagi Politische Ko t retpo ndcni Karl Friedrichi.
[ pauita. — ^ B«i dea VcrhandluiigeD der Reiciudepntaiion In Regeas-
qg iSoi-lSoj. — *) Ober da; Eigebnii der Btiichligung vergl. Corre-
lOBdaoce de NkpoUon, IX, 546 IT.
626 Obser.
qu'on a supprime touts les chapitresl — weil das ein Ausweg zur
Versorgung von Prinzessinnen wäre. Abends war Gerde, wohin
Se Kurfl. Durchlaucht und die Durchl. Prinzen sich begaben (der
Kurprinz spielten), und darauf die Vorstellung des Trauerspiels
Cinna von Corneille . . .^ . der Kaiser und Seine Gemahlin, die
Herren Kurfürsten und die Durchl. Prinzen waren wieder im
Theater ....
Mittwoch d. 26ten Sept. Morgends nach 10 U!ir reisten
Ihre Excellenz die Frau Reichsgräfin von Hochberg mit dem
Herrn Oberstallmeister Baron von Geyer und Ihren Leuten nach
Schwetzingen und von da über Karlsruhe in die Favorite zurück.
Se Kurfstl. Durchlaucht machten mit des Prinzen Louis Hoch-
fürstl. Durchl. in Begleitung des Herrn Obrist Kammerherm Exe.
einen Besuch in Biberich. Der Kaiser ritt heute wieder ans,
die hiesigen Fortificationen zu besichtigen, immer sehr schnell;
ein Theil seines Gefolges kam viel später nach. Im Münsterthor
wurden alle die Tische der Höckerinnen mit Pfeffernüssen durch
das Kaiserl. Gefolge umgeritten. In der Gegend, wohin der
Kaiser ritt, waren zwischen den äussern Werken überall doppelte
Vedetten von der Gensdamerie d'Elite ausgestellt, als ob gegen
den Feind recognoscirt würde. Bey Tafel erschienen heute Hen
Staatsminister Baron von Edelsheim und H. v. Dalberg nicht,
weil sie um 5 Uhr zum Diner bei General Lorge») gebeten
waren .... nachmittags warteten der franz. General Franciscy*)
auf, der in Aachen commandirt, und der Kaiserl. Cammerhen
Aubusson la Feuillade. Er übernahm's S^ Kurfstl. Durchl. zn
entschuldigen, wenn Sie heute Unpässlichkeitshalber nicht in den
Cercle kämen; abends späte kam die Nachricht, dass man aber
doch die Durchl. Prinzen dort erwarte. Sie verfügten Sich also
noch hin, der Kaiser und die Kaiserin erkundigten Sich mit
Theilnahme nach dem Befinden S^r Kurfstl. Durchlaucht. Der
Kaiser war erst um 2 Uhr von Seinem Ritt zurückgekommen
und dann bis abends mit Herrn Talleyrand in Geschäften, weil
der nach Berlin geschickt gewesene junge d' Arberg ^) zurück-
gekommen ist. Er erschien heute in grossen Stiefeln. Der
Kaiser sagte: L'Electeur veille*) trop! Allgemein wurde auch
davon gesprochen, dass der Kurfürst täglich zu reiten gewohnt
seyen, welches Sie hier nicht könnten. Sie müssten reiten! Die
Durchlauchtigsten Prinzen nahmen kein Spiel an, sondern kamen
bald nach g Uhr wieder zurück. Der Graf von der Leyen und
Bassenheim und Sohn hatten beym Kaiser gespeist und waren
im Cercle. Abends halb 8 Uhr erhielten Serenissimus die an-
genehme Nachricht von der glücklichen Ankunft der Frau Reichs-
gräfin Excellenz in Oppenheim
^) Kommandant der 26. Division zu Koblenz. — ■) Fiorella Fran«
ceschi, Brigadegeneral bei der gleichen Division. — ') S. Bai Heu, II, 292.
— *) So im Original; möglicherweise ist auch zu lesen: vieiUit.
Ticelw^ über die Mnbter Ziuammenkunfi 1804.
6J7
Donnerstags den lyien September. Erschien auf Bcrehl
i KaiscTB der erste Kammerherr Ri^musat, der 30,000 ff Gehalt
iiiehl und ein sehr unteirichteter Mann seyn soll, sowie alle
erm vom Hofe ongemein auvorkoramend und höflich sind, sich
eil dem Uefindcn S' Kf. Durchl. zu e^undigen und im Namen
r Kfiiscrin der Cammerlierr d'Aubusson la Feuillade, der
r 600Q ß Besoldung hat; sein Bruder war im Jaiire 1791 im
nker'schei) Hause zu Karlsruhe. Für sich machte vonuittags
r Introducleur des Ambassadeurs Mm Salmatoris — vormaliger
Ire monienme ister dos Königs von Sardinien mit penique. ein
Dsser , aller , magerer Mann , etwas pedantisch , seine Auf-
lung — dieser hat vom Kaiser den Auftrag 16 Cammerherm
I eigenem Vermögen, aber ohne Besoldung anzuwerben, die
QJcht BndeD kann. Das französische Gouvernement bezahlt
[ne Civllemploy^'a auch sonst sehr schlecht und dieser schlechten
tahluDg sind die vielen Bedrückungen und Bestechungen
saschreiben. Ein Präfectur-ral z. B, erhält jäbrlicli nicht
r als Cioo 0 (24 Louisd'or) und doch ist seine Stelle einem
pfrat ftUf dem rechten Rhein-Ufer zu vergleichen, da ein
partemenl ohngelahr so viel Einwohner als ganz Kurbaden zählt.
Der H. Erbprinz von Darmsladt sind nach Darmstadt zurück-
reist, werden aber wieder hierherkommen. Diesen Morgen
I der Kaiser über die Rheinbrücke — wieder sehr schnell —
ich Kassel und über Kosthetm gegen Hochheim. Er wechselte
ib«y iwcimahl die Pferde. Die Escorte von Chasseurs liesB Er
f der Drucke zurfick und schickte den Officier derselben, der
m sn weit nach Cassel gefolgt war, in Arrest. Mit Ihm rittet)
» einige, worunter der Mamelücke') [Roustan] war. Das
iBSftU Usingische Jage rbatlail Ion stund in Cassel unterm Gewehr
1 feuerte mit seineu bcyden 6 Pfnndern, und die Casseler
rgerscliaft aus Böllern, solange der Kaiser jenseits war.
Er ritte zum Batuilionscommandanten, Hauptmann von Meder,
I und dankte ihm für die tlonneurs mit Bedauern, dass sie
b incommodiert hätten! Abends sagte der Kaiser im Gerde:
I en Allemagne, mais je laissais mes guidcs en arriere.
I sous la garde du Prince de Nassau Usingen! Da Frank-
Ich beym Ausbruch eines Krieges in Deutschland gewiss gleich
isel besetzen und wieder bevestigcn lässt, so schein! es nicht,
la man jenseits über die heutige Besichtigung ein Freuden-
ler SU machen Ursache hatte!
Der Kaiser besähe die übrigen FortificaÜonen und ritt sogar
t dem Pferde oben auf die Brustwehren der Werke mehrmals
eine Treppen von Holz hinauf, üb man Ihn gleich warnte.
Er stürzte auch einmal mit dctii Pferde auf einer Fallbrücke
lammen, und gestern hiitte General Rapp beynabe ein vor-
iffUcbes arabisches Pferd oingebüsst
»1 Locke im Origin.l.
628 Obser.
Vor Tische machten der Kurfürst einen Besuch beym
H. Fürsten zu Nassau Weilburg, worauf dieser nachmittags Hoch-
denenselben mit Seinem Regierungspräsidenten, Herrn von Gagern,
zum zweiten Mahle aufwartete. Zu gleicher Zeit kam auch der
H. Fürst von Löwenst^n Wertheim in Kurbayrischer Uniform
und im St. Hubertusorden. Nach ihnen H. von Reibeid und
H. Massias Die heutige Sondirung des H. Talleyrand
durch H. v. Dalberg wegen Serenissimi früherer Abreise fiel
nicht nach Wunsch aus; inzwischen hatte der Kutscher Tallev-
rands geäussert, dass sein Herr künftigen Montag abreise, und
der Kaiser, hiess es allgemein, gehe spätestens Dienstags oder
Mittwoch weiter.
Abends gingen die Herrschaften in den Cercle, wohin auch
die Grands Officiers des Kurfürsten jedesmahl zu kommen gestern
waren eingeladen worden; nachher war Comoedie, das Trauer-
spiel Andromaque. Alle bisher gegebenen Stücke rühren nicht
leicht einen Teutschen; sie flössen ihm eher horreurs ein. Man
hat nicht ohne Grund vermuthet, es würden blos Tragödien
gegeben, weil dieses mehr ein Etiquette-Spiel seye, wobey es
nichts zu lachen gäbe, was sich mit dem einem Kaiser ge-
bührenden Respect nicht vertrage. Dagegen wischten die Fran-
zosen, H. Mathieu und andere, viele Thränen ab. In der Kur-
fürstlichen Loge sass heute unter Anderm auch der Prefet
H. Jeanbon St. Andr6, der dann doch heute gar viele mouvemens
irrcguliers empfing *) und gegen Andere machte ; sodann H.
Massias, der von den übrigen französischen Gesandten nicht
sehr geachtet wird. Man sagt, weil Er immer Militairuniform
(von der Artillerie) trage,
Freitags d. 28ten September fuhren Sc Kurf. Durchlaucht
mit des Herrn Marggrafen Louis Hochf. Durchl. nach Hochheim
und besahen das Terrain, wo sich der Prinz den^)
I7Q3 noch als kgl. Preussischer Generalmajor den grossen
schwarzen Adler-Orden eroberten, welchen sonst nur General-
Lieutenants (den einzigen Seydlitz ausgenommen, der solchen
bei Rossbach erhielt), zu erhalten pflegen. Der Maire Maquet')
lud Se Kurf. Durchl. auf diesen Abend zum Konzert und Ball
ein, welcher Ihren Majestäten im Zeughause gegeben wird, und
worauf, ohne den Hof, 700 Billets ausgetheilt werden.
Der Kaiser fuhr diesen Morgen mit der Kaiserin auf der
noch dahierstehenden Nassau Weilburgischen Yacht den Rhein
abwärts nach der Petersau, wo dejeunirt wurde. Auf einem
vorher abgefahrenen Schiffe befanden sich Erfrischungen. Die
Kaiserin war schon eingeschifft, als Se Majestät sehr schnell
geritten kamen und durch einen Umweg bey der Rheinbrücke
•) Anspielung auf die Bennerkung des Präfekten gegen Wielandt oben
S. 621. — -) Lücke im Original. Am 6. Januar 1793. Vergl. Polit.
Korrespondenz, I, 170; II, 18. — 3) Sic! Mack^.
f die Moinier ZusimmeakucFt iHo^,
619
irbey biss an die Yacht hineilteu. Der Kaiser sah an einem
enster aus der Yactit heraus und EOg dann innwfirts die
tordinen tu. Rückwärts gieng der Kaiser zu Land, indem Er
Pferde hatte ans Ul'er kommen lassen. Abends gegen & Uhr
liellea S" Kuif, Durch), einen Besuch vom H. Kurf. Erzkanzler.
«Ich«n Höchstdieselben ersucht hatten,- Sich gelegentlich nach
Tag' der Abieise des Kaisers zu erkundigen. Er eröffnete,
Minister Talleyrand diese Abreise Auf künftigen Dienstag
DgegebcD habe. Die Unterhaltung dieses Herrn ist sehr lebhaft
Dd angenehm. Er rühmte sehr den H. Präs. von Baur zu
[e«rsburg , welchem iJer Moreausche Chef des Generalstabs
nhorie auf seine Vorstellungen gegen allzu drückende Contribu-
Onen einst erwHedert hatte: »Schwaben seye wie eine Zwiebel,
I mao ihm auch die eine Haut abziehe, so seye immer
jeder eine andere drunter!« Der Kur Eizkanzler fugte bey:
[. Malhicu scheine ganz Teutschland für eine Zwiebel gehalten
haben. Graf Bassenheim, weicher zur Entschädigung nur
I Nonnenkloster') — erhalten habe uad dessen Güter auf
m linken Rhein-Ufer alle noch unter Sequester lagen, schuiue
Brch die Protection der Kaiserin doch noch gehört zn werden.
f habe dem Kaiser gesagt. Er und Seine Nonnen würden am
ibde noch betteln müssen und habe die Hoffnung gebende
mcwort erhalten: die Sache werde sich wohl noch machen
iscn, (Ob vielleicht durch ausnahmsweise Aufhebung des
xjuestcrs, wje bei Aiemberg?) Der H. Graf reitet hier im rothen
icide mit zwei Sternen und rundem Huth, liinter Ihm zwei
akeys, immer hemm, wie ein Kunstreiter, und giebl Visiten-
lUets ab Er, der H. Kurfürst habe dem H. Grafen, da
leset so sehr klagte, angeboten, Wetzlar Ihm abzutreten, welches
50 000 fl. Schulden und gar keine Domainen habe, zur Wache
It den Cammerrichler und die beyden Präsidenten iwey Com-
Ignien Besetzung erfordere . welche chehin Darmstadt wegen
es gehabten Scliutz- und Geleils-Recbts dort uiiterhalieii habe,
es immer ein ansehnliches IMÜitaii halte, wohingegen für
, den Herrn Kuifütsten, des Kriegführen vorbey seye; dann
ID'[eu] noch die Besoldungen der Diener, die Unterhaltung der
Ickcn und Chausseen, sodass Wetzlar jährlich 30000(1. koste
1 nichts einbringe. Der hiesige Bischoff, H. Colmar, vorhin
tofessor der schönen Wissenschaften in Strasburg seye ein schi
[ftvei Mann, der alle Wochen mit Beyfall im Dome Teuisch
nedigc; er habe in diesen Tagen der Kaiserin, die sehr wohl-
ittig seye, 14 Bitten auf einmahl vorgetragen, welche alle
Iwilligt worden seyen. Vor einigen Tagen sind etliche Damen
r Kaiserin, Mme de Vaud<5 etc. mit dem Nassau Weil burgischen
bfinarscball H. v. Künsberg, welcher auf der RheinCarth von
') I.Qcke ini riHgii]a1. Das CistetdenscnDnenklosl?i Heg
bei
630 Obser.
Coblenz biß Maynz den Wirth gemacht und sie dadurch genauer
hatte kennen lernen, von hier nach Frankfurt gereist und sollen
dort Perlen und allerley Putzwaaren, Englische Battiste etc.
erkauft und hier eingeschwärzt haben.
Abends ^j^g Uhr fuhren unsere Durchlauchtigsten Herr-
schaften in den Cercle und kamen durch die Zimmer der Kaiserin
über den ßalcon mit Ihren Majestäten in den zum heuligen
Ball arrangierten Saal des Zeughauses, wo auf der mit rothem
Tuche belegten Erhöhung von 2 Stufen ebenso wie im Theater
Platz genommen wurde. Die Durchl. Prinzen aber nahmen die
für Sie neben Serenissimo Eiectore und dem H. Kur Erzkanzler
gesetzten Fauteuils nicht ein. Der H. Fürst von Nassau Weilburg
war heute auch in den Cercle gebeten worden und kam mit
dem Hofe in den Saal. Vor dem Eintritt des Kaisers erschien
wieder H. R^musat und rief, wie im Theater: Orchestre!
Im Cercle sprach der Kaiser wieder zu verschiedenen
mahlen mit Sr. Kurf. Durchl., dass Sie reiten sollten und dass
Seine Pferde Ihnen zu Diensten stunden: Ce sont de bons
chevaux, Vous pouvez Vous y fier! sagte Er. Der Kurfürst
erwiederten: Votre Majestö permettra cependant que ce sont
de nouvelles connaissances I Da morgen ohngefihr in der
Gegend von Zahlbach die hiesige Cavalerie manoeuvriren lassen
will, so scheint es. Er wünscht Se. Kurf. Durchl. zu Pferde
dabey haben zu wollen, und wann dieses nicht zu decliniren
seyn sollte, so würden Höchstdieselben die Pferde erst probieren
lassen und auch Selbst reiten müssen. Vor dem Kaiserl. palais
waren auf dem Rhein drei grosse Schiffe, an allen Masten,
Tauen etc. und ebenso die Brücke ganz erleuchtet, was einen
sehr schönen Effect machte und im Wasser sich spiegelte, sowie
einige Abend zuvor ganz Cassel erleuchtet war. Der Kaiser
ging zweymahl aus dem Cercle heraas auf den Ballcon, setzte
seinen Hut auf und besähe — zwischen die Orangebäume auf
der Ballustrade Sich auflehnend — die Beleuchtung, als eben
Schwärmerkästen abgebrannt wurden; Er bezeugte darüber Sein
grosses Wohlgefallen und trat das zweytenmahl gleich in den
Ballsaal. Auf den Treppen und bey der Entrce in den Saal,
die fürs Publikum auf der entgegengesetzten Seite, bey der
Musik war, auch im Saal selbst, war viel Ordnung und kein
Gedränge *). Die Frau Landgräfin von Homburg und ihr
H. Sohn, Prinz Louis, der Commandeur des kgl. Preussischen
Infanterieregiments von Wedel (vorhin Romberg) ist, und dessen
junge Gemahlin, Prinzessin von Nassau Usingen nebst
Ihrer Frau Mutter, Herr und Frau Gräfin Bassenheim, Prinz von
Leiningen, Fürst von Ysenburg Birstein, Graf Reuss Ebersdorff etc.
waren im Saale. Die Damen sassen auf den Bänken, jede
möglichst nahe bey der Erhöhung, welche für Ihre Majestäten
') Über den Ball vergl. auch Strippelmann, I, 180.
aber die Maia
i Zusaaimen'kanlt 1804.
631
ditet wst; vor sie hin drängten sich aber die Herrn. Vor
Hofe bauen sich ohngefähr 20 we issgekleidete junge
leben init duTlanden in 2 Reihen gestellt. Der Kaiser und
Ihm die Kaiserin wurden mit Pauken und Trompeten
■U und mit Vive! empfangen, und als Sie Sich nacb eiaei
kcD Stunde wieder rotirierten, ebenso wieder begleitet. Als
Hof Platz genommen hatte, fing die Walzmusik an. Der
I ist zwar sehr lang, aber der Raum Kwiscbcn den beiden
ben von Säulen, welche mit Festons von Taft umwunden
ichmal. Oben am Gesimse der Decke sind durch-
euds Dtapperien von grünem Taft, besetzt mit goldenen
xen, welche man hatte von Frankfurt müssen kommun, aber
Douanc wägen lassen, damit das nehmliche Gewicht
h gemachten Gebrauch wiederum exporlirt und dann fürs
fiiza Stadtärarium auswärts verkauft werden konnte. Die
seiin hatte ein mit Cramoisie (sie!) durchgewirktes Kleid von
erslolT an, Sie i&t eine feine Figur von ausserordentlicher
nutti; freylich schon 44 Jahre alt, der Kaiser 35, Er sprach
liesen Tagen äusserst gnädig und freund schaltlich mit General
1 beyin Cercle, der sein Jugenfrcund au seyn scheint und
Bezug auf Ihr beyderseitiges Alter Ihm sagte: J'ai 3Ö ans,
i je suis votre airnil — Als Ihre Majestäten noch im Saal
nahm der Colonel G^n^ral Beauharnais eine von den
nen seiner Frau Mutter, um mit Ihr zu tanzen. Er trat mit
unten im Saale bey der Musik in eine Franvaise. Den ersten
jn. die in den Saal traten, hatte mau die Degen abgenommen;
der Folge aber kam Contreordre, und wir behielten die
rigen. Von den Darrastüdter Herrschaften und ihrem Gefolge
Niemand auf dem Balle; auch der H. Fürst von Löwenstein
ttbheim nicht. Das andere Geschlecht ist wirklich schön in
fax, und die Franzosen tragen nicht wenig dazu bey, es zu
{Durdircn. Auf dem Ball sah man auch einige Staatsrathe in
i Costume: dunkelblau mit breiter hellblauer Stickerey und
»S Roth mit der gleichen Stickerey! S« Kurf. Durchl,
;eQ eine Viertelstunde nach Ihren Majestäten aus dem Tanz-
nach Mause. Die Maynzerinnen fanden, dass der Dali nicht
[ gewesen seye.
Sonnabends den igten September. Vormittage besehen
Cutf. Duichl. mit dem Durchl. Prinzen Louis die Nassau
Ibuigische sehr schöne Rheinjachl. Sie landen dort den
^'rtenbergischen Gesandten H. von Bühler mit Seiner jungen
lahlin, einer verw. GräHn von Lerchenfeld, und um ' ^2 Uhr
«bten Sie die Frau Landgrfifin und die Frau Erbprinzessin von
FQsUdt welche mit mehreren Hofdamen und 8 Camraerfrauen
Maynz gekommen waren; sodann den H. Kur KrEkanzler ....
Nachmittags wurden die Datmstädter Herrschaften der
srin präsentirt und befanden sich auch im Cercle, aber
632 Obser.
ohne Damen. Ihre Majestäten sassen auf einem Cannap6; die
Frau Landgräfin und Frau Erbprinzessin neben Ihnen die Frau
Landgräfin sprachen viel mit dem Kaiser, besonders von Klop-
stock und dessen Herrmansschlacht. Nachher wurde das Trauer-
spiel »Die Horatier« gegeben, wobey der H. Erbprinz von
Darmstadt und Seine Frau Mutter und Gemahlin in der Kurfstl.
Loge waren. Auf der Treppe im Theater fielen S« Kurf. Durchl.,
als Sie dem Kaiser in Seine Loge nacheilten. Doch wurden
Sie noch glücklicher Weise von Mar6chal Mortier gehalten, der
zunächst bey Ihnen war, sonst hätten Sie herunterrutschen können
Der Sequester auf die am linken Rheinufer gelegenen
Güter von *) Familien, worunter auch jene des Freyherm von
Kerpen sich befinden, ist vom französischen Gouvernement auf-
gehoben worden. Bey dieser Gelegenheit wurde der Geschäfts-
gang in den französischen Bureaux wieder sichtbar, welche ohne
Schmieralien auch die günstigste Entscheidung des Kaisers weder
eröffnen noch herausgeben; sowie dem Marquis de Gallo <) für
drei Friedensschlüsse die vom französischen Gouvernement dem-
selben bewilligte und auch verrechnete douceurs — jedes von
120000 ff — von den bureaux dreymahl unterschlagen worden
und auch unterschlagen geblieben sind ob sich gleich die
Gemahlin desselben bey Bonaparte selbst darüber beschwebrte,
der ihr erwiederte: j'y penserail Mme de Vaud^ bekam diesen
Abend in Cercle einen coup de sang, wie der Kanunerherr
Aubusson es nannte.
Sonntag den ßo^cn September wurde sehr früh der
Feldjäger Montanus nach Schwetzingen geschickt, um Se Kurfl.
Durchl. auf künftigen Dienstag die r^lais auf die Station von
Oppenheim biß Mannheim und die Postpferde zu bestellen.
Heute war das grosse Cavalerie Mannöver unter dem Commando
des Kaisers zwischen Zahlbach, Bretzenheim, Marienborn, Gunzen-
heim und Mombach. . . . Die Kaiserin und Ihr Gefolge erschien
in 2 Wagen zu acht und sechs Pferden nach 12 Uhr auf dem
Felde, wo die vier hier und in der Nachbarschaft liegenden
Cavalerie Regimenter mit der Fronte nach dem Rheingau zn
aulmarschiert standen. Der Kaiser kam mit Seinen Garden um
I Uhr ganz langsam an. Letztere formirten sich auf dem
rechten Flügel und manövrirten mit, das Ganze mochte sechs-
zehn hundert Pferde betragen. Ausser dem, was in der Tiefe
gegen Kunzenheim vorging, konnte man von der Clubbisten —
Schanze bey Zahlbach — von woaus Se Kf. Durchl. das Manoe^Tc
biß 3 Uhr mit dem Perspective beobachteten — nichts als einige
Fronte — Veränderungen und das Durchziehen zweyer Treffen
mit Zügen en echiquier bemerken. Im Galopp schienen keine
Manoeuvres gemacht zu werden. Nach sechs Uhr waren sie
^) Lücke im Original. — *) Neapolitanischer Botschafter in Paris.
Tagebuch über die Mainzer Zusammenkunft 1804. 633
zu Ende. Nachmittags wurde noch später Regimenterweise
manoeuvrirt und im Carri^re chargirt; auch Hess der Kaiser die
neuen Cuirasse des neunten Regiments dadurch probiren, dass
mit Carabinem und Pistolen darauf geschossen wurde. Die
Probe fiel gut aus. Den Kaiser sähe man deutlich auf Seinem
Anglo-Normannischen Parade-Schimmel, der ein Geschenk der
Kaiserin ist, an der Spitze der Generalität, auch seinen getreuen
Mameluken.
Um >/24 Uhr war zu Mittag gespeist, nach der Tafel wartete
Herr Präsident von Hoevel auf, der von Aachen nach Mannheim
zurückreist. Abends vor dem Cercle machte der Herr Erbprinz
von Darmstadt einen Besuch. Die Kaiserin hatte in der gestrigen
Comödie Seiner Frau Mutter und Gemahlin zwei schon gebrauchte
Shawls beym Weggehen geschickt, wovon Sie nicht wussten,
ob solche ein Geschenk oder geliehen seyn sollten. Nun hatte
der H. Erbprinz den Auftrag, diese Shawls mit einem Dank-
sagungsschreiben an Ihro Majestät zu beliefern, und war dess-
wegen en Escarpins. Er war darauf auch im Cercle, aber in
der Komödie war er nicht. Man gab das orientalische Trauer-
spiel Bajazette von *) — Weil der Kaiser so späte vom Manoeuvre
zurückgekommen war, so fing es spät an und endigte auch erst
nach Mittemacht. Unsere höchsten Herrschaften wohnten aber-
mals dem Cercle und dem Trauerspiele in der kaiserl. Loge bey.
In der kurf. Loge waren heute H. Präsident von Hoevel aus
Mannheim und der kurhessische Obristlieutenant H. von Schlot-
heim, Commandeur der Garde du Corps, und H. Major Müller
vom Regiment Garde, welche das heutige Manoeuvre zu sehen
von Wilhelmsbad gekommen sind, wo der H. Kurfürst noch am
Podagra liegen soll.
Nach den Äusserungen des Kaisers hat der Herr Kurfürst
von Bayern Ihm geschrieben, dass Er am g^en November zur
Krönung nach Paris kommen werde. Die Kaiserin wird künftigen
Dienstag von hier abreisen.
Montags den i^^n October erfuhr man, dass der Kaiser
vielleicht künftige Mittwoche abreise. Sc Kurf. Durchl. machten
Morgens eine Promenade zu Fuss mit des Prinzen Louis Hochf.
Durchl. Verschiedene Herren besahen die sogenannte Vclocif^re
im Hofe der Cavalerie-Caserne. Auf den ersten Anblick denkt
man sich dabey eine hohe Diligence. Sie ist nichts weniger als
leicht, hat ein sehr weites Geleise, einen hellgelben Unterwagen
und ist dunkelgrün angestrichen. Vorn und hinten sind 2 Bock-
sitze über und hintereinander und oben auf der Decke noch
2 gegeneinander, sodass auf jedem Sitz drei nebeneinander —
äusserlich achtzehn Mann mit Gewehr und Waffen und innerlich
auf 2 Sitzen noch 7 Mann Platz finden, im Ganzen also 25.
') Lücke im Original. Racioe.
534 Obser.
Auf jeder Seite sind mit dem Kutschenschlag 3 Fenster; darunter
steht mit weissen Lettern: »Service de La Majest6 rEmpereur«,
Sie wird von sechs Pferden gezogen und dient, unmittelbar mit
dem Kaiser die bey Ihm befindlichen Garden fortzutransportiren.
Nachmittags machte der H. Erbprinz von Leiningen
und H. Fürst von Ysenburg Birstein, in gleichen der Herr Gesandte
von Beust des H. Kurfürst Erzkanzlers Serenissimo Electori
Ihren Abschiedsbesuch und, da Höchstdieselben Sich schon
retiriert hatten, wurde auch noch der Herr Graf von Bassenheim
gemeldet 1). Die Kaiserin fuhr nach Biberich und der Fürst von
Nassau Usingen sowohl als der Fürst von Nassau Weil bürg wurden
durch häufige Zureden der Kaiserin auf den gtcn November
nach Paris zur Krönung eingeladen. Letzterer machte nach-
mittags dem Kurfürst seine Aufwartung, um sich Raths zu erholen,
wie diese Reise zu unternehmen seyn möchte. Um den
ersten Vend^miaire erfuhr man, dass der neue französische
Calender abgeschafft sey und der Kaiser pflegte auch jedes
Mahl künftige Zeitbestimmungen nach dem alten Calender anzu-
geben Der Kaiser hat eine tabati^re von Gold, welche
aufm Deckel rings herum mit altgriechischen und egyptischen
Goldmünzen von Jupiter Ammon decoriert ist
Folgen noch ein paar unwesentliche Bemerkungen über Besucht
des Erbprinzen von Darmstadt und der badischen Herrschaften.
Dann bricht das Ganze ab.
*) Die Schlussätze von andrer Hand.
Zu dem Aufenthalt der verbündeten Monarchen
in Freiburg i. B. im Winter 1813/14.
Von
Bernhard von Simson.
Den Aufenthalt der verbündeten Monarchen in Frei-
burg" im Breisgau im Winter 1813/14, die Durchzüge der
Heeresmassen durch die Stadt u. s. w. hat Heinrich
Schreiber noch als Augenzeuge geschildert. Sein Auf-
satz im Freiburger Adresskalender für 1864 »Vor fünfzig
Jahren in Freiburg« giebt uns ein Bild jener denkwürdigen
Tage, welches durch ein auch nur gleich anschauliches
und lebendiges zu ersetzen schwer sein würde. Indessen
lassen sich, auch wenn man — wie es meine Absicht ist —
gleich Schreiber hauptsächlich nur den äusseren, für die
Lokalgeschichte interessanten Verlauf der Dinge ins Auge
fasst, einige Züge des Bildes mit Hilfe seither veröffent-
lichten oder anderen ihm nicht bekannt gewordenen Mate-
rials ergänzen*).
Dazu gehören: das Tagebuch des Freiherrn Franz
von Andlaw*), in dessen väterlichem Hause Kaiser
Alexander von Russland in Freiburg abgestiegen war;
die Tagebücher von Friedrich von Gentz»); die noch
1) Indem ich dies versuche, erfülle ich die angenehme Pflicht, den
Herren, welche mir dies Material grossenteils nachzuweisen, bezw. zugänglich
sn machen die Grüte hatten: Creh. Oberregierungsrat Dr. Koser und Archiv-
rat Dr. Baileu in Berlin, Archivrat Dr. Obser in Karlsruhe und Stadtarchivar
Dr. Albert in Freiburg meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. —
*) Franz Freiherr von Andlaw, Mein Tagebuch. Auszüge aus Aufschreibungen
der Jahre 1811 bis 1861. Bd. I. Frankfurt a. M. 1862. Der Verfasser
(geb. 1799 f 1876) war bekanntlich Diplomat; die letzte Stellung, welche er
als solcher bekleidete, die eines badischen Gesandten in Wien. — *) Tage-
bflcher von Friedrich von Gentz (aus dem Nachlass Vamhagens von Ense).
Bd. L Leipsig 1873.
636 von Simson.
nicht gedruckten des Staatskanzlers von Hardenberg,
die ich im K. Geheimen Staatsarchive in Berlin benutzen
durfte; die Briefe von Lady Burghersh^), einer Nichte
des Herzogs von Wellington, deren Gemahl als englischer
Militärbevollmächtigter im Hauptquartier der Verbündeten
weilte und später, als Lord Westmorland, Gesandter am
preussischen Hofe gewesen ist, sowie andere Briefe und
Erinnerungen, welche unten anzuführen sind 2).
Ein Zeichen des Wandels der Verhältnisse und der
Auflösung des Rheinbundes war es, dass am 4. Oktober
18 13 der Grossherzog von Frankfurt, Karl Theodor von
Dalberg, durch Freiburg kam»), nachdem er Tags vorher
in Karlsruhe bei dem Grossherzog von Baden diniert hatte.
In Freiburg stieg der frühere Fürst-Primas des Rheinbundes
und einstige K\irerzkanzler des Reiches im Gasthofe zum
Mohren*) ab und besuchte bald darauf das Münster, wo
er den Segen erteilte. Mit Erstaunen erblickte man auf
dem Rücken seines violetten seidenen Gewandes den fran-
zösischen Kaiseradler gross in Gold gestickt. Schon nach
wenigen Stunden setzte Dalberg gegen Mittag seine Reise
nach Konstanz fort. Nominell begab er sich in kirchlichen
Angelegenheiten nach der Konstanzer Diöcese; in Wahr-
^) 18 13 18 14. Briefe aus dem Hauptquartier der verbündeten Armeen
von Lady Burghersh (später Countess of Westmorland) herausg. von ihrer
Tochter Lady Rose Wcigall, übers, von Marie von Kraut. Berlin, 1894. —
Vgl. auch Memoiren über die Operationen der verbündeten Heere unter dem
Fürsten Schwarzenberg und dem Feldmarschall Blücher während des Endes
1813 und 18 14 vom Lord Burghersh, jetzigem Grafen von Westmorland,
übers, von F. W. Schreiber. Berlin 1844. S. 37 ff. — *) Keine sonst
unbekannten Nachrichten enthält die anonym erschienene, von Kasimir
Walchner (vergl. Bad. Biographieen H, 420 — 421) verfasste Kleine Chronik
denkwürdiger Begebenheiten der Stadt Freiburg. Aus handschriftlichen und
anderen Quellen. Freiburg im Breisgau 1826. Gedruckt und verlegt bei
Franz Xaver Wangler. Indessen hat in das Exemplar dieser Chronik,
welches dem Stadtarchive in Freiburg gehört, der verstorbene StadtarchiTar
C. Jäger einige Notizen über jene für Freiburg so denkwürdigen Tage betr.
die Einquartierungslast u. s. w., aus seiner Erinnerung eingetragen. —
^) Frcyburger Wochenblatt vom 6. Oktober: >Karlsrube, den 3ten Okt.
Gestern Vormittags sind Se. Königl. Hoheit der Grosaherzog von Frankfurt,
auf Ihrer Reise nach der Konstanzischen Diöces« in kirchlichen Angelegen-
heiten, dahier angekommen« u. s. w. v. Andlaw, Mein Tagebuch I, 31—32-
— *) Jetzt Kaiserstrassc Nr. 33, an der Ecke der Nussmannstrasse.
Die verbündeten Monarchen in Freiburg 1813/ 14. 537
it war ihm endlich ein Licht über die Wendung der
nge aufgegangen, er fühlte, dass seine Stellung unhalt-
r geworden sei, und verliess das sinkende Schiff. Während
i verbündeten Monarchen sodann in seiner Residenz
ankfurt a. M. verweilten, erklärte er aus dem fernen
Instanz, dass er die Regierung zu Gunsten des Vice-
nigs von Italien, Eugen Beauharnais, den Napoleon zu
inem Nachfolger bestimmt hatte, niederlege. Natürlich
hmen die Verbündeten jedoch hierauf keine Rücksicht;
jlmehr wurde das Grossherzogtum unter einen General-
•uverneur gestellt, dann noch vor Ablauf des Jahres auf-
löst und der Stadt Frankfurt ihre Selbständigkeit zurück-
geben ^).
Der feierliche Einzug, den Kaiser Franz am 15. Dezember
13 in Freiburg hielt, und die Begeisterung, mit welcher
begrüsst wurde, ist in dem Freiburger Wochenblatte
m 18. von Rottecks Hand geschildert. Bestätigt wird
3se Schilderung, an die Schreiber und Andlaw^) sich
schliessen, durch folgendes Schreiben des britischen
ilitärbevoUmächtigten Lord Burghersh an Lord Castle-
agh:
»Freiburg, den 16. Dezember 18 13.
»My Lord,
ich habe die Ehre Euerer Herrlichkeit meine Ankunft
diesem Orte am 14. d. M. anzuzeigen. Fürst Schwarzen-
rg hatte sein Hauptquartier bereits hier aufgeschlagen,
id seine Armee war zwischen Freiburg, Basel und Stockach
rsammelt.
»Der Kaiser von Österreich traf gestern hier ein. Es
t mir zur grössten Genugthuung gereicht, Zeuge des
(geisterten Empfanges zu sein, welchen die Einwohner
sser Stadt ihrem ehemaligen Herrscher bereiteten.«
»Der Breisgau (in welchem diese Stadt liegt) hatte
ele Jahrhunderte hindurch dem Hause Österreich gehört.
ie Bevölkerung hing fest an ihm und hatte niemals auf-
') Näheres bei K. Frhr. v. Beaulieu-Marconnay, Karl von Dalberg und
ne Zeit II, 252 ff. — ') Der letztere sagt ausdrücklich, dass der R . . .
lerzeichnete enthusiastische Artikel im Wochenblatt von Rotteck herrührt
a. O. S. 35, 36).
638 vo^ Simson.
gehört ihre Trennung von einer Regierung zu beklagen,
deren mildes und väterliches Walten sie durch so viele
Menschenalter beschützt und glücklich gemacht hatte. Die
Rückkehr ihres alten Souveräns, im Glänze so vieler
Triumphe über einen Feind, der in diesem Lande verab-
scheut wird, bot eine Gelegenheit, ihm ihre Anhänglichkeit
zu zeigen, die zu verlockend war, um ihr widerstehen zu
können. Das Volk eilte ihm bis weit vor die Stadt ent-
gegen, begleitete ihn mit Zurufen bis in sein Absteige-
quartier, sammelte sich die ganze Nacht hindurch in Haufen
vor seinen Thoren und gab seine Freude über seine Rück-
kehr in seine Mitte und seine Anhänglichkeit an seine
Person kund.«
»Ich war niemals Zeuge grösserer Begeisterung noch
eines entschiedeneren Ausdrucks solcher Gefühle, welche
in gleicher Weise die, welche ihnen folgten, wie den Souve-
rän ehren, dem sie galten*).«
*) Ich führe das Schreiben auch im Originaltext an:
Freibourg, i6th Dec., 181 3.
My Lord«
I have the honour of reporting to your Lordship my arrival at this
place on the I4th instant. Prince Schwarzenberg had already estabbshed
his head quarters herc, and his array was assembled between Fribourg, Basle,
and Stockach.
The Emperor of Austria arrived here yesterday. It has been a cause
of the greatest satisfaction to me to have been a witness of the enthusiastk
manner in which the inhabitants of this town received their ancient masteT.
The country of the Brisgau (of which this town forms a part) had for
many centuries belonged to the house of Austria. The people were firmly
attached to it, and had never ceased to lament their Separation from a
government whose mild and paternal rule had for so many ages protected
them and made them happy. The return of their ancient sovereign, crowücd
with so many triumphs over an enemy detested in this country, afforded an
opportunity of showing their attachment to him too tempting to resist. The
people met him at a distance from the town, accompanied him with accU-
mations to his quarters, and through the wholc night asscmbling in crowds
at his doors, proclaimed their joy at his retum amongst them, and their
attachment to his person.
I never witnessed more enthusiasm or a more. decided expression of
those feelings which alike do honour to those who gave way to them and
to the sovereign who received them. (Supplementary despatches of the Dnke
of Wellington VIII. 452).
Die verbüDdeten Monarchen in Freiburg 1813/14. 639
Auch Lady Burghersh schreibt (am 15. Dez.) an ihre
Schwester: »Kaiser Franz traf heute um 4 Uhr ein. Er
war zu Pferde, von seinem Stabe umgeben, und wurde
mit grossem Enthusiasmus empfangen. Alle Fenster waren
mit Frauen und Kindern besetzt, die Taschentücher
schwenkten, Blumen warfen u. s. w. Heute Abend wird
die Stadt illuminiert i).€
Eigentlich hatte der Kaiser im Wagen einziehen wollen.
Mettemich hatte jedoch diese Anordnung geändert, weil
man, bei dem überströmenden Enthusiasmus der Bevöl-
kerung, fürchtete, sie würde sich nicht davon zurückhalten
lassen die Pferde auszuspannen 2).
Das Andenken an den Hergang bewahrt auch ein in
Wien erschienenes koloriertes Bild 3), von welchem das
Freiburger Stadtarchiv ein Exemplar besitzt. Kaiser Franz,
in weisser Uniform, reitet auf einem Schimmel mit roter,
goldbesetzter Schabracke längs den Bergen der Stadt zu,
deren Münsterturm hervorblickt; vor ihm die Eskorte,
hinter ihm ein glänzender Stab. Das Volk drängt sich
') Briefe aus dem Hauptquartier der verbündeten Armeen S. 63. Auch
Gentz nennt den Einzug des Kaisers einen »sehr feierlichen« (Tagebücher I,
272). Vgl. Th. V. Bemhardi, Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Grafen
V. Toll. 2. Aufl. IV, I, S. 73: »Der Kaiser Franz, der Frankfurt am ii.
▼erlassen hatte, traf am 15. gleichfalls in Freiburg ein, und hielt seinen
Einzug in diese ehemals österreichische Stadt, am 15., zu Pferde, von der
Bürgermiliz des Orts empfangen, mit grosser Feierlichkeit, was eben der
früheren Verhältnisse wegen wohl einigcrroassen auffallen konnte.« — *) S.
die von W. Oncken in der Deutschen Zeitschrift für Geschichts-
wissenschaft X, 267, aus dem Wiener Archive veröffentlichte Mitteilung
Mettemichs an den Kaiser nebst der Verfügung des letzteren:
Euer Majestät!
Das Volk ist so freudig gestimmt, dass es nicht möglich sein dürfte,
ihm zu verwehren, dass es die Pferde von Ew. Majestät losspanne (sie). Ich
habe demnach geglaubt Ew. Majestät Reitpferde auf eine gewisse Distanz
entgegen schicken zu müssen, im Falle Allerhöchstdieselben diesen Ausweg
wählen zu wollen geruhen dürften.
Freibnrg, den 15. Dec. 1813. G. Mettemich m/p.
Ist recht geschehen. Franz m/p.
*) Das Bild ist k Vienne chez Tranquillo MoUo erschienen und trägt
die Unterschrift: Einzug Seiner Majestät des Kaisers von Osterreich in der
Stadt Freiburg im Breisgau, d. i6t«n December 18 13. s L'Entr6e de Sa
Majest^ TEmpereur d'Autriche k Fribourg en Brisgau le i6me Decembre 1813.
Das Datum ist aber ungenau.
Zeitichr. C G«sch. d. Oberrb. N. F. XIV. 4. 42
640 von Simson.
jubelnd heran. Die Bürgergarde präsentiert das Gewehr.
Weissgekleidete kleine Mädchen empfangen den Monarchen
mit Guirlanden. Im Vordergrunde Embleme des Krieges:
ein Verwundeter, ein Gefallener.
Auch aus Wien kam im Januar^) 18 14 eine Depu-
tation nach Freiburg, um dem Kaiser Franz die Glück-
wünsche seiner Hauptstadt zu den bisherigen Erfolgen und
Triumphen darzubringen. Sie bestand aus dem Bürger-
meister von Wohlleben, dem Vicebürgermeister Weiner
und dem Magistratsrat Low nebst zwei Abgeordneten der
Bürgerschaft und begab sich auch in Schwarzenbergs
Hauptquartier nach Lörrach, um dem Fürsten den Ehren-
bürgerbrief zu überreichen 2).
Kaiser Alexander von Russland war schon wenige
Tage nach dem Kaiser von Österreich in Freiburg erwartet
worden. Besonders am 19. Dezember sah man seinem
Eintreffen entgegen^). Indessen vergebens; er kam erst
am 22., acht Tage nach Kaiser Franz. Dieser ritt ihm
mit einem glänzenden Gefolge bis Zähringen entgegen.
Hier stieg nach der Bewillkommnung auch der Czar zu
Pferde, und beide Monarchen ritten dann, unter dem lauten
Hurrah der dichtgedrängten Volksmasse und dem Geläute
der Glocken, in die Stadt ein, durch die Kaiserstrasse bis
zu Alexanders Quartier.
Es bestand eine starke Spannung zwischen dem russi-
schen Kaiser und dem österreichischen Kabinett, welche
hauptsächlich durch die Fragen über die Neutralität der
Schweiz und den Durchmarsch der Hauptarmee der Ver-
bündeten durch dieselbe veranlasst war. Dieser Durch-
^) Spätestens am 8., wahrscheinlich etwas früher. — *) Fre}'burger
Wochenblatt, Mittwoch den 12. Januar 1814. Kleine Chronik denkwürdiger
Begebenheiten der Stadt Freiburg, S. 118. Metternich an Schwarzenberg,
Freiburg, 8. Januar 18 14 (Österreichs Teilnahme an den Befreiungskriegen,
S. 789). — 'j Toll schreibt an Wolkonsky am 19. Dezember: ^Wir erwarteten
heute unsern Kaiser hier; gegen Abend jedoch langte, ich weiss nicht von
woher, die Nachricht hier an, dass der Kaiser nicht eher als in zwei Tagen
hier einzutreffen geniht« (v. Bernhardi, a. a. O. S. 95). — Lady Burghersh
an ihre Schwester, 15. Dezember: »Der Kaiser von Russland hat Frankfurt
verlassen und wird in wenigen Tagen hier sein;« an ihre Mutter, 19. Dez.:
♦Kaiser Alexander wurde heute erwartet, aber vergebens; er wird nun wohl
morgen früh eintreffen.*
: verbOBdeteo MoDAichen in Freiburg 1813,14. 64t
marsch war in Frankfurt a. M. beschlossen worden, aber
dann hatte Alexander, unter dem Enfluss seines geliebten
einstigen Lehrers Laharpe '), eines geborenen Waadtländers,
den Schweizer Abgesandten, die in Frankfurt erschienen,
dennoch zugesagt, dass die Neutralität der Schweiz geachtet
werden würde. Er soll sogar erklärt haben, dass er das
Einrücken in die Schweiz als eine Kriegserklärung gegen
ihn selbst ansehen würde«).
Indessen konnte die Neutralität der Schweiz um so
neniger geachtet werden, als sie sich thatsächlich nur
jfegen die Verbündeten, aber nicht gegen Frankreich, von
dem das Land seit der Mediationsakte von 1803 abhängig
war, richtete,
Österreich, von England entschieden unterstützt, war
entschlossen, den einmal gefassten und ins Werk gesetzten
Kriegsplan durchzuführen,
Fürst Schwarzenberg schrieb alsbald, nachdem er sein
IJauptquartier in Freiburg genommen"), am 12. Dezember:
•Hier wird nun die grosse Frage entschieden werden, ob
wir die Neutralität der Schweiz anerkennen oder nicht.
Meine Ansicht ist bestimmt: kein Heil für die verbündeten
Heere ohne den Besitz der Schweiz <j,t Am 13, verfasste
:*ein Stabschef Radetzky hier eine Denkschrift über die Not-
wendigkeit sich in den Besitz dieses lindes zu setzen, worin er
'1 So Mglc AIcKUider auch im Januar 1B14 in Schnflbaujen dem Pro-
^r Johann Otois MUller (d^m Bruder des Historikers Johanne« v. Maller),
> «r nRchst deo Russen kein Volk so hebe wie die Schweizer; ein
wettet sei sein ctster Lehrer gewesen, dem er unendlich viel tu verdanken
t and dies in seinem Leben nie vergessen werde. J. Mcikle, Briefwechsel
r GrossfQ'slin ICatharina Paulowno, Königin von Wantemberg, mif Johann
B Mfiller in SchüiThauscn (WürUembergische Vierieljahrshefle ftlr Lindes-
u N. F. S. Jahrg. iSqft, S. ij8) - »( Lord .\berdeen an Lord Castle-
I, FnCbarg 19, Oezetnber tSij: The Emperor ol Russii declared ihal
kt ihoald consider the enttance into Switzeiland ai a dectaralion of war
kgabist himseir. — *} Schwarienbcrg war am 10. Deiember Nachmittags in
KMltnih» angekommen, liutle am ic. Morgens die Reise Ober Raslatt (ort-
pnctal ttnil Iraf an demselben Tage um 7 Uhr Abends in Fteiburg dn
[Fteybilt]pT Wochenhlatl. .Mittwoch, den 15. Deiember l9t}). — *} Oncken,
' il« Revolution, des Kaiserreichs 11. s. w. II, 720 — -jit (am v.
. Blioneningen aus dem Kriegerleben eines Sijthrigen Vetetaneo.
l 1863. S. i6S— 169J, Derselbe in Deutsche ZciUchrill fat Geu^hicht?-
, von Qnidd«. Bd. X, S. 144.
hicht!- ^^m
()A2 von Simson.
erklärte, dass der Aufmarsch nach der Schweiz vollendet
sei und es ein Rückwärts nicht mehr gebe').
Während Alexander verlangt hatte, dass mit dem
Beginn der Operationen auf seine Ankunft in Freiburg
gewartet würde, Schwarzenberg darüber in Verzweiflung
geriet«), bei den Russen sich andrerseits der Arg^wohn regte,
dass man den Czaren geflissentlich jenseits Freiburgs auf-
zuhalten suche ^) — vollzog sich die nicht mehr aufzuhal-
tende Thatsache. Am 20. Dezember wurde das Abkommen
unterzeichnet, nach welchem die Schweizer ihren Grenz-
kordon zurückzogen ; in der Nacht darauf gingen die Öster-
reicher bei Basel, Laufenburg und Schaffhausen über den
Rhein.
Der Czar traf demrlach in sehr gereizter Stimmung in
Freiburg ein *). Sofort nach seiner Ankunft fiel Mettemich
^) Oncken, Zeitalter der Revolution u. s. w., S. 721. Deutsche Zdtschr.
f. Geschichtswissenschaft, a. a. O. S. 244 — 245. — *) Der württembergisdie
Militarbevollmächtigte General Neufifer schreibt am 14. Dezember aus Frei«
bürg: »Wegen abermals eingetretener Hindernisse von Seiten Seiner Majestit
des russischen Kaisers, der nicht haben will, dass die Operationen ihren
Anfang nehmen, bevor er hier eingetroffen sein wird, hat sich Fürst
Schwarzenberg in der unangenehmen Notwendigkeit gesehen, denen in
Marsch befindlichen Kolonnen den Befehl zuzuschicken, Halt zu machen,
und sie werden also ungefähr da, wo sie am 17. Dezember anlangen, so
lange verbleiben, bis Seine Majestät hier eintreffen werden oder der Hunger
der Armee gebietet, ihre jetzige Stellung zu verlassen. Über vier Tage kann
sie in solcher nicht mehr verbleiben. Fürst Schwarzenberg ist über alle
diese Hindernisse, die ihm in den Weg gelegt werden, in Verzweiflung und
will das Kommando niederlegen. General Jomini ( — im Hauptquartier
Alexanders — ) wird als die Ursache betrachtet.c
»Wann der russische Kaiser hier eintreffen wird, lässt sich noch nicht
bestimmen, da auf der Route hierher in Karlsruhe sich leicht Gelegenheit n
längerem Aufenthalt darbieten könnte« (Albert Pfister, Aus dem Lager der
Verbündeten 1814 und 18 15, S. 56).
8) V. Bernhardi, Toll IV, i, S. 73 f. 87. — Dass Alexander von
Mettemich mit Worten hingehalten wurde, bis sein Widerspruch durch
vollendete Thatsachen überwunden war, räumt auch Oncken ein (Deutsche
Zeitschr. f. Geschichtswissenschaft X, 245 ; vgl. ebd. die Erzählung Senffts,
S. 247, nach M^moires du Comte de Senfft, p. 247). — *) Bernhardi a. a.
O., S. 95. Alexander hatte seinem Miss vergnügen am 21. Dezember in
Karlsruhe auch dem preussischen Staatskanzler v. Hardenberg gegenüber
Ausdruck gegeben, welcher in seinem Tagebuch vermerkt: 21. Et6 chci
TEmp. de Russie, son mecontentement sur Pentr6e des Autrichiens en Suisse
contre son avis, aujourd'hui commencent les Operations.
Die verbandeten Monarchen in Freiburg 1813/14. 643
die heikle Aufgabe zu, ihn wegen des Geschehenen zu
verständigen. Es erfolgte eine Scene, welche Metternich
selbst mit dramatischer Lebendigkeit erzählt 1):
*Es erübrigte noch die Schwierigkeit, Seiner Majestät
dem Kaiser von Russland den Verlauf eines Ereignisses
vorzutragen, das er sich als ein unmögliches vorgestellt
hatte. Der Kaiser Franz befahl mir, mich dieser Aufgabe
am folgenden Tage, an welchem man die Ankunft seines
Verbündeten erwartete, zu entledigen.
»Am 22. Dezember ging der Kaiser dem russischen
Monarchen eine halbe Stunde weit ausserhalb der Stadt 2)
entgegen. Ich begleitete Seine Majestät. Im Augenblick
der Begegnung der beiden Monarchen wandte sich der
Kaiser Alexander gegen mich mit der Frage, ob etwas
Neues vorgekommen sei. Ich erwiderte, dass ich erst nach
der Ankunft im Hotel*) in der Lage sein werde, auf seine
Frage zu antworten. Kaiser Franz begleitete den Kaiser
von Ru&sland bis in seine Gemächer und hielt sich nicht
weiter auf. Der Letztere Hess mich alsbald in sein Kabinett
eintreten. »Eure Majestät,€ nahm ich das Wort, »haben an
mich eine Frage gerichtet, welche zu beantworten mir in
Gegenwart so vieler Zeugen unmöglich gewesen wäre.
Ich bin noch nicht gewiss, wie Eure Majestät unter vier
Augen aufnehmen werden, was ich Ihnen zu melden habe.
Die österreichische Armee hat in der Nacht von vorgestern
auf gestern den Rhein auf mehreren Punkten von SchafF-
hausen bis Basel überschritten.«
»Der Kaiser war von dieser Nachricht lebhaft ergriffen.
Er sammelte sich und fragte, wie die Armee empfangen
worden sei. »Euer Majestät, unter Hochrufen auf die
AUüerten; die Gesammtheit der Bundestruppen schloss sich
unseren Fahnen an und das Volk strömt von allen Seiten
herbei, um der Armee Lebensmittel zu bringen, welche
wir bar bezahlen.«
»Bei dieser Mitteilung war es mir nicht schwer, in den
Zügen des Kaisers die verschiedenen Empfindungen zu
') Aus Metternichjt nachgelassenen Papieren I, i, S. 183—185. —
') Nach Zfthriogen, vgl. oben. — *) Kaiser Alexander stieg im Hause des
Staatsministers Freiherm v. Andlaw ab; vgl. unten.
544 ^^° Simson.
lesen, die in seinem Innern sich bekämpften. Nach einer
längeren Pause nahm er mich bei der Hand und sagte:
»Der Erfolg krönt die Unternehmungen; an ihm ist es>
das, was Sie gethan, zu rechtfertigen. Als verbündeter
Monarch habe ich Ihnen nichts weiter zu sagen ; als Mensch
jedoch erkläre ich Ihnen, dass Sie mir ein nicht mehr gut
zu machendes Leid zugefügt haben.«
»Ich blieb ruhig, indem ich Seiner Majestät erwiederte:
dass , weil mir sein Ruhm ebenso sehr am Herzen liege
als die grosse Sache, die ja nicht minder seine eigene als
die von Europa sei, mein Gewissen mir keine Vorwürfe
mache.c
»Sie wissen nicht, wie wehe Sie mir gethan,« fuhr da*
Kaiser mit Lebhaftigkeit fort, »Sie kennen nicht die beson-
deren Umstände meiner Lage.«
»Ich kenne sie,« entgegnete ich, »und glaube, dass
nicht ein einziger davon mir verborgen ist. Nicht an
Ihnen, Majestät, ist es, mir Vorwürfe zu machen, das
Bedauern wäre auf meiner Seite viel besser am Platze.
Warum haben Eure Majestät mich nicht in das eingeweiht,
was zu wissen mir not that, wenn auch nur, um es zu
bekämpfen. Eure Majestät hätten sich und dem Kaiser,
Ihrem Freunde, manchen Kummer erspart.«
»Die Sache ist geschehen,« sagte der Kaiser beruhigt,
»sie ist militärisch gut; mögen denn die persönlichen Rück-
sichten dem gemeinsamen Nutzen weichen. Lassen Sie
uns gerade aufs Ziel losgehen und reden wir nicht mehr
davon.«
»In der That, wir sprachen nicht mehr davon und
niemals hat der Kaiser Alexander von der Sache gegen
den Kaiser Franz Erwähnung gethan.«
In dieser Darstellung Metternichs erscheint sein Auf-
treten dem Czaren gegenüber höchst freimütig, vornehm
und siegreich. In Wirklichkeit kann der Verlauf jedoch
nicht so gewesen sein, wie bereits P. Bailleu in seiner
Kritik der Memoiren Metternichs bemerkt hat^). »Mit
») Historische Zeitschrift, Bd. 44 (N. F. 8), S. 257. Wie Bailleu dar-
legt, ist der betreffende Abschnitt in Metternichs Memoiren überhaupt dazu
bestimmt, seine Triumphe über den Kaiser Alexander zu verherrlichen.
Die verbündeten MonHichen in Freiburg 1813/14, 645
rosse m Behagen,- sagt dieser Forscher, »erzählt dabei
detiemich eine jener schönen Unterredungen, die er so
■efflicb und bis in alle Einzelheiten zu schildern weiss
md die immer nur den Einen, freilich recht bedenklichen
fehler haben, dass sie mit den gleichzeitigen Zeugnissen
Widerspruch stehen.« So ergiebt sich, »ie Bailleu
tachweist, in diesem Falle aus gleichzeitigen Zeugnissen,
sss Kaiser Alexander das Einrücken der Österreicher in
ie Schweiz bereits in Karlsruhe erfahren hatte'), also nicht
rst in Freiburg von Metternich mit dieser Nachricht über-
ischt wurde. Überdies ergiebt sich, dass Metternich den
Teldzugsplan Schwarze nbergs sogar in Freiburg selbst nach-
räglich missbilligt hat^).
Was Metternichs Gesinnungsgenosse und Bewunderer
^rd Aberdeen in dieser Beziehung an den britischen
Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten, Lord
istlereagh, aus Freiburg schreibt'), entspricht allerdings
'I Graf Ernst Haidenberg betichtel schon am 11. Deiember am KirU-
be. wo «ich oa diesem Tage auch Alexander noch befind: -d'apr^ lei
uvelles que vieat de recevoic l'Empereur de Russie, l'entiie eo Suisle et
pasuge du Rhio pour entter en France ■ du «voir lien «ujourd'hui.i
IS Gleiche ergiubl der oben S. 641 Anm. 4 aogerahile Vermerk im Tagebuche
■ Sbuuhuulerx v. Hardenberg, sowie ein Schreiben deisell>en an Siewarl.
ntocbe Zeittchr. (. Geachichü wissen schalt X, 147. — ■) Wie Bailteu (a. a. O,.
357 N. I) miilcih, schreibt Wilhelm v. Humboldt ms Freiburg, 11. Dei.:
e piince Melinnicb . . . ne m'B pas dissimnl^ qu'it autait approuvf davan-
[c le plan de Gneisenaii« ; ebenso Graf Emst Hurdenbcrg, Freiburg, tj. De», t
printe Metlemich assore maintenant qu'il aurait prifir* les opirations sur
Bu-Rbia.* — ') Am 11 Dci,i The Swisi afFair is niost happily decided.
IB queition has been 10 mauaged. Ihal the Emperor ot Rusiia hoa been
npelied to approve ot Ihe Operation. Metternich has shuwn iulinite abilitf
ihe whole ai tbis business, and we owe cverything ihat may hippea in
rtlierland lo him alone. He has had difbculties \o conlend wilh Ueyond
Itel. The Etnperor of Rusaia declarcd that he should con^ider Ihe cntrunce
0 äwilierliind as a declarition ol war against himäelC (ygl, o. S, 641); yel
Htcrnjch was always deteimined to do it, but to bring matters gradually
ihal point, when they shoul<,l no longer leave the Option as lo ihe conduct
bc puTsued Gtc. Am 14.; Tbe Empeior of Rustia is comc her«, and
t had many discusuoos with Metternich 00 the lubiect of Swi» neutrality:
hM been compcUed lo admit Ihat it «ras necesMiy lo avail ours«1ve* of
1 disposition of ih« peoplc: but be shill adheru to his former opinioai «s
tbe primriple of the measure. Thi& .MedcTDich hos vcry wtsciy abandoned
hin, Bi they arc i^reed abotit ibeir conduct, and Unit no mort«mbanaU'
646 voll Simson.
in einigen (obschon auch nicht in allen) Beziehungen der
Darstellung des österreichischen Staatskanzlers. Aber dies
beweist vielleicht doch nur, dass Mettemich sie ihm schon
damals so mitteilte.
Möglicherweise bezieht sich auf die Auseinander-
setzungen, welche Alexander und Mettemich über die
Schweizer Frage in Freiburg miteinander hatten, auch ein
Brief Metternichs an Schwarzenberg 1), in dem wir lesen:
»J'ai de furieux deboires avec l'Empereur Alexandre«). D
est plus que jamais contre toute Toperation suissec und in
welchem es weiter heisst, er habe sich mit Alexander
gestern länger als drei Stunden gestritten; schliesslich
aber hätten sie sich umarmt und die Erörterung der Frage
der ehemaligen Schweizer Neutralität vertagt'). Aller-
dings macht die Zeitbestimmung dieses undatierten Schreibens
Schwierigkeiten. Klinkowström setzte es vermutungsweise
in den November 1813, begleitete jedoch diese Annahme
selbst mit einem Fragezeichen. Näher erörtert diese Frage
Oncken in der Deutschen Zeitschrift für Geschichtswissen-
schaft (X, 243—247). Er verlegt den Brief in einen
späteren Zeitpunkt und meint, er sei wahrscheinlich am
ment will arise from this affairc (Correspondence of Viscount Castlcreagh IX,
103, III — 112). Dass die Entscheidung in der Sache am 19. Dez. erfolgt
war, bestätigt auch Lady Burghersh in ihrem Briefe an ihre Mutter von
diesem Tage (a. a. O. S. 66): »Seit meinem letzten Briefe vom Donnerstag
an Emily, haben noch mehrere Konferenzen in Betrefif der Schweiz«
Angelegenheit stattgefunden. Nach all dem Wirrwarr von Befehlen und
Gegenbefehlen, und dem Austausch von allen nur möglichen Ansichten, haben
die Österreicher endlich den Sieg davongetragen. Ich glaube die Truppen
sind schon auf dem Marsche und werden wahrscheinlich morgen, spätestens
aber übermorgen in das Schweizer Gebiet einrücken.«
') Metternich-K.linkowström, Österreichs Teilnahme an den Befreiungs-
kriegen, S. 775 — 776. — ^) Oncken übersetzt (an der oben citierten Stelle):
»Ich habe wütende Zänkereien mit Kaiser Alexander.« Aber deboires heisst
nicht: Zänkereien, sondern: Nachwehen, Ekel. Ausserdem ist es im Plural
Femininum, so dass eigentlich de furieuses deboires stehen müsste. Sollte
etwa de furieux d6bats zu lesen sein? — «) Voici une lettre que je vons
prie d'adresser k Mr. de Talleyrand. Elle est du consentement de rEmperenr
Alexandre avec lequel je me suis dispute hier pendant plus de trois heures.
Nous avons fini par nous embrasser et par renvoyer la discussion sur la
question de la ci-devant neutralit6 suisse et sur les droits suisses h cclle sur
les questions des neutres sur mer etc. etc.
cbündeteu ÄÄomrchen in Freiburg 1813/14. 647
'^ in Frankfurt geschrieben. Allein auch
H z\x früh. Mit Recht bemerkt Oncken,
"r österreichische Staatskanzler zur
\ Briefes an demselben Orte
\ ' daraus folgt nicht, dass beide
V "^ nden; beide können auch
: ^''^^ 'eder zusammen trafen,
^% r^ "l^, er ersehe aus einem
^ A*^,/H 'es schweizerischen
*'^^^ % vtuse zurückgekehrt
> -icht vom 20. auf den
crauf war die Avantgarde
die Schweiz eingerückt. Mit
aete Thatsache sagt Metternich in
-sous y sommes et nous marchons; —
le mieux.«
scheint, ist der Brief also vielleicht erst in
nach dem 22., frühestens am 2^, Dezember —
u. a. Albert Burckhardt-Finsler, Der Durchmarsch der
Basel, im Jahrbuch für Schweizerische Geschichte, Bd. 23
^sonders das Basler Ratsprotokoll vom 21. Dezember 18 13
' scheint es mir, dass Graf Senfft, der am 17. Dez. von
r Schweiz gereist war, sich bereits in der Schweiz befand,
»en Brief schrieb. Hinsichtlich der Weisungen, die er aus
1, sagt Senüt: >Me rendant ensuite k Berne, je devais suivre
istocratique . . .c (M^moires du comte de Senfilt, p. 246, vgl.
de Metternich m*6crivit le i««" janvier que j'avais pech^ dans
ant en avant, lä oü il n'aurait fallu que suivre«). Damit
wenn Metternich a. a. O. an Schwarzenberg schreibt: »La
smier (Senfft) est toute claire. Ü est en Suisse sans caract^re
l rinitiative dans les questions bemoises, — il a tort; s'il
»on.« Es ist m. £. nicht richtig, wenn Oncken dies auf
mkfurt ausgestellte Instruktion für Senfft deutet,
klingt ein Brief Schwarzenbergs an Metternich aus seinem
. Lörrach vom 22. Dez. (Österreichs Teilnahme an den
, S. 780) beinahe wie die Antwort auf jenes Schreiben
ittemich schreibt u. a.: »Latour vous dira le reste« und
prie de ne faire dire ä Watteville (Wattenwyl) que de belies
*nberg: Je veux envoyer Latour chez Watteville etc. (Latour
chen Beiden hin und her.) Indessen dieser Eindruck kann
in dem Datum (der Zahl 22) ein Fehler stecken.
648
von Simson.
Gewiss ist, dass die Frage, wie man sich zu 4er
Gestaltung der inneren Verhältnisse der Schweiz stellen
solle, während des Aufenthalts der verbündeten Monarchen
in Freiburg nicht so leicht erledigt wurde, sondern schwere
Differenzen hervorrief, hinsichtlich deren Mettemich nach-
geben musste. Schon in Frankfurt hatte Mettemich den
früheren sächsischen Minister Graf Senfft-Pilsach mit Ver-
handlungen in Bern beauftragt. Als Senfft nach Freiburg
kam — vierundzwanzig Stunden später als Mettemich^) —
erfuhr er von den Plänen eines Comites Schweizer Aristo-
kraten, welches in Waldshut zusammengetreten und von
dort nach Freiburg herübergekommen war. Dem Eifer
des Grafen Johann von Salis-Soglio, der an der Spitze
desselben stand, gelang es, den österreichischen Staats-
kanzler davon zu überzeugen, dass die Wiederherstellung
der früheren Verfassung der Schweiz für die Sicherung der
bevorstehenden militärischen Operationen, wie für die
künftige Festigkeit des politischen europäischen Systems
gleich notwendig sei. Senffts Abreise wurde also möglichst
beschleunigt. Er sollte sich zunächst nach Aarau, in das
Hauptquartier des Generals Wattenwyl begeben, um diesen
von dem bevorstehenden Einmarsch des österreichischen
Heeres zu verständigen und zur Zurückziehung des
schweizerischen Neutralitätskordons zu veranlassen; sodann
aber nach Bern gehen, um der aristokratischen Bewegung
zu »folgen«. Man glaubte das Gelingen der letzteren zwar
hinreichend vorbereitet durch die Bemühungen von Salis
und die dem Vertreter Österreichs in Bern, Herrn v. Schraut,
erteilten Weisungen. Aber man legte Wert darauf, sie
noch vor dem Einrücken der Hauptarmee der Verbündeten
vollzogen zu sehen, um ihr den Charakter oder Schein
völliger Spontaneität zu wahren.
So reiste Graf Senfft bereits am 17. Dez. von Frei-
burg ab. Mettemich schien es sehr erwünscht, diese An-
gelegenheit noch vor dem Eintreffen Kaiser Alexanders
in Freiburg in Gang setzen zu können, der in Karlsruhe
^) Mettemich kann spätestens am 15. Dez. (zugleich mit dem Kaiser
Franz) in Freiburg eingetroffen sein. Hardenberg notiert in seinem Tage-
buche unter dem 12.: »Et6 ensuite chez Mettemich qui part pour Carlsmh
et Fribourg.«
Ut verb&Bdeten ModskIwii in Fteibnrg 1813/14.
649
Irch Revuen über seine Tnappen zurückgehalten wurde.
ach dem Erfolge,' sagte Metternich, »wird der Czar
^en, ich sei der erste Minister Europas« ~ so dass Senffi,
e er versichert, ebenfalls an der nachträghchen Zustimmung
n&ülands nicht zweifelte'),
Senffts Verhandlung mit Wattenwyl hatte vollkommenen
rfolg. Schon am 18. Dez. konnte er einen Kourier an den
Irsten Schwarzenberg schicken, um ihm zu melden, dass
r Schweizer General dem Durchmarsch der Hauptarmee
r Verbündeten keinen Widerstand entgegensetzen werde,
nch in Bern Hess sich anfangs alles so an, als würde die
mwälzung sofort vollzogen werden können. Dann jedoch
hten die Gegenwirkungen hervor, darunter auch besonders
e durchaus abweichenden Absichten des russischen Kai.sers.
»ch den Plänen der Aristokraten sollten das Waadtland
id der Aargau unter die Herrschaft von Bern zurück-
ehren. Alexander dagegen sprach sich bei seiner Ankunft
; Freiburg sehr entschieden für die Aufrechterhaltung der
nabhängigkeit dieser Kantone aus'). So blieb Meiter-
Ich nichts übrig, als den Grafen Senfft zu dementieren
ad preiszugeben, obschon dieser seine Instruktionen nur
Bezug auf das Tempo überschritten hatte und Metternich
jlbst ihm deutlich zu erkennen gab, dass das österreichische
labinett mit seinem Verfahren einverstanden gewesen sein
Irde, wenn es nicht Rücksicht auf den Willen des Czaren
bmen müsste. »Der Kaiser (Franz) — so schrieb er
') Mtrnoirei du Comte de Sentit aociea mmistre de Soie (Leipiig lS6]|
345—147; ^*el- W. Oncken in Deutsche Zeitschrirt fUr GeichichlswiiseD-
tt, htnv.-ig. TOD Quidde, X, 145 B. SenSls EiiAhlang vrird beilätigt dutcb
SdiretbcQ von Lord Burgberah an Lord Casllereagh vom 17. E>n.
Eineiltuy denpatcbes ol ihe Duke of Wellington VIII, 454—455):
amhted ^etlerday (o tnention (o you the ippointment or Monsieui le
IM d« &tnti PiliBch on an exlrtoidinnry minion from the Couit of
,£eroe, The Comte will leov« thii |>Iai:e to-diy, will pisa by the
of UoDsieor de Wilipville «t Aniu, nnd will endeavoiir lu bring
c the negodations whirh have becn ci>mniciit«d with lh>i
rill afterwards procced lo Beine, from wheoic il is hoped he
vilsliDQ ftom (he uew govemnient o( the onlon for the
of Ihe Ausiriati iTDDpa.i — <i M^inoires du Cotate de Seafft, S. 149:
d« Russie i'ttani fartemeat prononc^, & ton niriviE k Friboatg,
bvniT de Tind^eadaDce ilu pays de Vaud et de TArgOTie, le cibinel
ichltn »'<ilil triili dans M nimch?.
650 von Simson.
ihm — verargt Ihnen Ihr Vorgehen nicht, im Prinzip
stimmt er damit überein; aber wir sind nicht allein, dies
Wort genügt, um Sie über die Sachlage aufzuklären«»).
Der Czar aber erklärte Mettemich nicht, wie dieser erwartet
hatte, für den ersten Staatsmann Europas, sondern fiasste,
zum heftigsten Unwillen gereizt, gerade von nun an das
grösste Misstrauen gegen ihn*). —
König Friedrich Wilhelm III. von Preussen, der während
des Aufenthalts in Frankfurt a. M. an einer leichten Un-
pässlichkeit gelitten hattet), traf erst am 4. Januar 1814
um 2 Uhr nachmittags in Freiburg ein. Dass die beiden
Kaiser dem Könige entgegen geeilt seien, wie Andlaw
schreibt*), wird durch das Freiburger Wochenblatt») nicht
ausdrücklich bestätigt, wie dies Blatt denn den König bei
weitem nicht so feiert wie die Kaiser und besonders den
Kaiser Franz, sondern ihn mehr in den Hintergrund treten
lässt. Am nächsten Tage (5.) um 5 Uhr abends kam auch
der Kronprinz von Preussen (der spätere König Friedrich
Wilhelm IV.) an^). Er war von seinem Lehrer Ancillon
begleitet'); ob auch von seinem Bruder Wilhelm (spater
^) Ebd.: Le prince de Mettemich m'icrivit le ic«" janvier que j'avais
p6ch6 dans le principe en allant en avant \h, oü il n'aurait fallu que suivre.
»L'Empereur ne vous en veut pas, ajoutait-il, car ses sentimenls sont con-
formes ä vos principes suisses; mais nous ne sommes pas seuls; ce mot suffit
pour vous donner de fortes indications.« — Ce mot me fit croire en effet que
le sacrifice momentan^ de ma position Ha'xt n^cessaire au bien g6n6ral, et je
me soumis sans murmure. — -) Pertz, Steins Leben III, 498. —
') W. V. Humboldt an die Prinzessin Luise von Preussen (Gemahlin des
Fürsten Anton Radziwill), Freiburg, 22. Dez. 1813: »Le Roi n'ötoit pas trop
bien portant les derniers jours de mon s6jour ä Francfort, son incommoditi
6toit cependant tr£s-16g6re. Je l'attends k pr6sent d'un moment k Tautre ici (Pertx,
Steins Leben III, 701, vgl. 487). Das Freyburger Wochenblatt vom Sams-
tag, d. I. Januar 18 14 berichtet unter dem 29. Dez.: »Seine Majestät der
König von Preussen, für welchen die Wohnung schon seit einigen Tagen
bereitet worden, wird erst in einigen Tagen erwartet.« — *) Mein Tagebuch
I, 38. — 5) Vgl. Nr. 2 (Mittwoch, den 5. Januar 18 14) und Nr. 3 (Samstag,
den 8. Januar), wo sich die auf des Königs Ankunft bezüglichen Notizen
finden. — ^) Ebd. Nr. 3: Freiburg, den 5. Jan. .. Um 5 Uhr Abends. So
eben trifft Seine Königliche Hoheit der Kronprinz von Preussen dahier ein.
— ^) Gentz, Tagebücher I, 274: »Der Kronprinz von Preussen war mit
meinem Jugendfreunde und nahen Blutsverwandten Ancillon, den ich hier
zum ersten und wahrscheinlich letztenmale wiedersah, im Hoflager.« Die
Mutter von Gentz war eine geborene Ancillon.
Die verbündeten Monarchen in Freibarg 1813/14. 65 1
Kaiser Wilhelm I.), scheint sich nicht bestimmt feststellen
zu lassen'). Welch günstigen Eindruck die preussischen
Prinzen durch ihre ungewöhnlich hübsche Erscheinung,
der Kronprinz auch durch seine Heiterkeit und seinen
sprudelnden Humor machten, kann man aus Briefen der
Lady Burghersh, die teils kurz vorher, teils bald darauf
geschrieben sind, entnehmen '). Auch die Erscheinung und
das Wesen des Königs selbst sprach sie in hohem Grade
an, wenn auch seine ausserordentliche Schüchternheit ihr
auffallend und selbst spasshaft war^).
Ein trauriger Zufall fügte es, dass an demselben Tage,
an welchem der König von Preussen in Freiburg ankam,
der Dichter Johann Georg Jacobi starb. Als der feierliche
Leichenzug am 6. Januar nachmittags an dem Hause
vorbeikam, in welchem Friedrich Wilhelm abgestiegen
war, trat der König heraus, um den Toten achtungsvoll
zu grüssen*). »Hier ruht er nun,« so schliesst der Bericht
über das Leichenbegängnis im Freiburger Wochenblatt 5),
. . . betrauert von ganz Germanien als klassischer Dichter,
als einer der letzten aus der goldenen Epoche.« — »Gersten-
berg allein ist noch übrig,« fügt eine Anmerkung hinzu.
Dass auch Goethe noch übrig war, scheint man nicht in
Anschlag gebracht zu haben.
*) Das Freyburger Wochenblatt schreibt zwar in der mehrerwähnten
Nr. 3 (vom 8. Januar): »Karlsruhe, den 3. Jan. Gestern Mittag sind Se.
Majestät und Hire Königlichen Hoheiten der Kronprinz, und der Prinz
Wilhelm von Preussen mit einem kleinen Gefolge hier angekommen. Die
erhabenen Reisenden speisten bei Hofe, und setzten heute Morgen Ihren
Weg über Rastadt fort.« Dann jedoch wird hier, wie von Gentz a. a. O.,
nur die Anwesenheit des Kronprinzen in Freiburg erwähnt. Nach Oncken, Unser
Heldenkaiser (S. 7) hat sich Prinz Wilhelm allerdings seit Anfang November
18 13, wo er mit dem Könige nach Frankfurt reiste, bis zum Ende des
Krieges nicht von demselben getrennt. Aber das ist jedenfalls nicht so buch-
ftftblich zu nehmen. Ich bin daher im Zweifel, ob Schreiber Recht hat,
wenn er (S. XIX) Friedrich Wilhelm III. mit dem Kronprinzen und dem
Prinzen Wilhelm in Freiburg eintreffen lässt. Vgl. auch den geschichtlichen
Überblick von J. B. Fischer in : Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre
Bauten (Freiburg i. B. 1898) S. 46. — «) a. a. O. S. 54, 61, 105. -
') S. 53 — 54, 60—61, 121. Nicht minder interessante und gewiss getroffene
Porträts zeichnet die Lady von Kaiser Alexander, Hardenberg u. s. w. —
*) Ernst Martin, Ungedruckte Briefe von und an J. G. Jacobi, S. 21. —
*) Nr. 8 (Mittwoch, den 26. Januar 18 14).
652 ^on Simson.
Von berühmten Staatsmännern sah Freiburg damals,
abgesehen von Metternich, der schon erwähnt ist, den
Grafen Philipp Stadion, Gentz^J, Stein«), Hardenberg^),
Wilhelm von Humboldt*), Nesselrode u. a. in seinen
Mauern. England war mehrfach vertreten, durch den
jungen Lord Aberdeen bei dem Kaiser von Osterreich,
Lord Cathcart bei dem Czaren, Sir Charles Stewart bei dem
preussischen Könige. Baiem vertrat der General Baron
^) Vgl. Österreichs Teilnahme an den Befreiungskriegen; Briefe an
Pilat, herausg. von K. Mendelssohn-Bartholdy I, S. 98 ff. ; TagebQcher I,
271 — 274. — *) Vgl. Pertz, Das Leben des Ministers Freiherm vom Stein
Uly 487 — 500. Hardenberg vermerkt in seinem Tagebache anter dem
28. Dez.: din6 chez Stein. Freyburger Wochenblatt, Mittwoch, den 12. Jan.
18 14 (Nr. 4): »Freiburg, den 8. Jan. Abgereiset von hier sind der rassische
Minister Graf Rasumowsky und der Minister Freiherr von Stein.* Am
9, Jan. traf er in Basel ein (Pertz a. a. O., S. 504). Schreiber (S. XDC)
sagt ungenau, dass Stein sich im Gefolge des Königs von Preussen befanden
habe; er folgte vielmehr dem Kaiser Alexander. — ') Hardenberg, der am
18. von Frankfurt, über Darmstadt imd Heidelberg nach Karlsruhe gereist
war, notiert in seinem Tagebuche u. a. :
18. Enfin parti de Francfort a 3 h. . . Et6 k la Cour k Darmstidt.
log6 chez le C. Perglas . . .
19. all6 ä Heidelberg. Vu Reizenstein, rangi mes papiers.
20. arriv^ k Carlsruhe vers le soir — voyag6 avec Knesebeck trouv6 Emcste
Hardenberg et Rühl. Wolkonsky chez moi. l'Empereur appronve
ce que je lui ai 6crit sur la marche du Duc de Weimar et de
Winzingerode.
21. Et6 chez l'Emp. de Russie etc. (vgl. o. S. 642 Anm. 4.). din6 a la
cour. La Grandduchesse embarass6e de sa personne. Le Margr.
Frederic.
22. parti de Carlsruhe a midi, couch6 k Radstadt. arriv6e de Hoffroann.
Knesebeck toujours avec moi dans la voiture.
23. i\ Lahr. Reception de la Bourgeoisie. M. de Liebenstein Ober-
amtmann homme d'esprit (vgl. Allg D. Biographie XVHI, 564).
24. k Fribourg. din6 chez Humbold. Icg^ chez la (le?) Marchand Nino.
H^ invit6 k diner chez l'Emp. Alexandre mais je n'y allai point. il
6toit trop tard.
Vgl. femer H. v. Treitschke, Deutsche Geschichte im neunzehnten
Jahrhundert I, 530 — 532. — *) Brief von Humboldt an die Prinzessin Luise,
Freiburg, 22. Dez. 18 13 (Pertz, Steins Leben HI, 700 — 702). Vgl. Histor.
Zeitschrift XLIV (N. F. VIII) S. 257 N. i (o. S. 645 Anm. 2). Hardenbergs
Tagebuch: 24. din6 chez Humbold. 25. ebenso. 27. Humboldt (vgl. die
vor. Anmerkung).
B-ger, \
Die veibündelen Monarchen in Fieiburg 1613/14.
653
■ger, Württemberg, in viel geschickterer Weise, Graf
Intzingerode ').
Kaiser Franz nahm Wohnung in dem Gebäude des
■eisdirektoriums in der Salzstrasse*); Kaiser Alexander
Hause des Staatstnin isters Freiherrn von Andlaw"), der
mig von Preussen in dem des Geheimen Rats Freiherm
n Rinck-Baldenstein ') in der Kaiserstrasse. Metternich
tlrde mit seiner Kanzlei gleichfalls in der Salzgasse, im
Lagen eck "sehen Hause einquartiert''). Auch die Lords Cath-
und Aberdeen . sowie Lord und Lady Burghersh
in der Nähe des Österreichischen Kaisers unter-
sbracht»). Hardenberg stieg bei dem Kaufmann Nino
■) Aiiwrt Pfiater a. a. O , S 56, 60 — Gl. Ausserdem waren anwesend
Enal Ksrdenberg: Ludwig v. Ompleda. hannoverscher Gesandter am
Hischen Hofe; Baron Läwenhjelm aU Vertreter Schweden* ; der rusiiuhe
anwl Alopeus. Auf die Her;^Iihlung der KricggroSnner und MiUlIrbcToll-
iligten veriichle ith. Teilweiie sind sie oben erwähnt. — ') Frcyburget
'ochenbUtl vom tS. Dei. — ') Freyburgei WochenblaH vom IJ. Dci.
idlaw, Taeebuch I, 39, Vgl. über den Reichsrieihcrm Konrad Karl
AndlaW'Birseck (geb. 176b ■f 1SJ9), Badische Biogiaphiecn I,
Allg. D. Biographie I, 4JI. Er wnr b^ischer Gesandlei am Hofe
gewesen und dann Minister des Innern geworden, vcttauichte
diese Stelle 18:3 wieder mit der Mherca eines Holridilers in Frei-
— *! Frcyburger Wochenblatt vom 5. Jan. 1S14. Andlaw 1. a. O-,
■38— J9, Vgl. Frcyburger Addresskalcnder f. d. J. 1813, S. qo, ijg: hier
Ktti Freiherr v. Rink als Grossherzogl. Hofgerichlsrat beieichnet. —
Andla« a, a. O., S. 35: >Fütil Mellemich bewohnte mit Mioer Kanclei
tllkage Deck' sehe Haus. E» waren dieb dieselben Zimmer, in welchen
1 »eine Multet jceboreii wurde, dasselbe Haus, in dem Marie Anloinelte
d*m anhellvollGD Betreten des franzSsischeB Bodens die letalen frohen
•e in Deatscbland (Mai I770)iabrachtel< Schreiber, S. XIV.: •Dem Kaiser
w&ber bxtte sieb die öiterreichische Staatakanilei; mit ihr der Fütst Metter-
I in dem jcnigen Hieberschen Hause der Sitlitgastie einquartiorLi Ich
u nicht, ob diese Angalien unter einander abereinttimmen. Der Ficy-
fa Addreiskaleoder rur das J;ihr 1813 nennt in der Saligaiie ein Haut
Onfen Heinrich v. Kaeeneck, k. k. KUmmercrs und Grundherrn, und
« des Grafen Friedrich v. Kageneck (S> 93. 116). Jedetifalh hiess die
int niehl mehr ■Dauphinettnist*, wie sie I770 Marie Anlotnette tu Ehren
■nnt worden war — obwohl Treiachke in seiner auch durch Oiinkennt-
belebten Schilderung jener Tige in Freibur^ {Deutsche Geschieh le I,
H) dies aniuBeliineD scheint. — 'l.Cathcart an Castlereagh, Preibiirg. den
'Ju. 1814; >A house Is maiked Tor you in tbis lown . . - Mine here ii
r ihe £m|ieror e>( Austria, and within a few doors of I^rd Abeideen-
L»<]y BurnlieiHb, Freibun;, 15. Der iSlj: ■%
^54
von Simson.
in der Kaiserstrasse ab »). Zum Teil musste man sich wohl
mit ziemlich bescheidenen Quartieren begnügen.
Wie es in der Wohnung des Czaren im Andlaw'schen
Hause herging, schildert einer der Söhne des Freihemi,
Franz, in seinem Tagebuche*). »Fürsten, Gesandte, Gene-
räle, unter den russischen Barclay de ToUy, Platow, Tolstoi
u. a. Hessen die Treppen, die Vorzimmer nie leer werden,
Kaiser Alexander lebte sehr einfach, sah, wenn er nicht
bei Kaiser Franz speiste, nur wenige Personen zu Tische,
und schlief auf einem Feldbette; ein Kosack hatte vor der
Thüre des k. Schlafgemachs sein Lager aufgeschlagen.
An Sonn- und russischen Feiertagen begab sich der Czar
in die griechische Kapelle, welche in dem gegenüber
liegenden Hause des Apothekers Schmidt eingerichtet war»).
Ein herrlicher Männergesang begleitete den Gottesdienst*).
Eines Tages warteten meine Mutter *), meine jüngere
8jährige Schwester, mein Bruder und ich dem Kaiser
Alexander in seinem Kabinette auf Er war sehr freund-
lich, küsste meiner Mutter, sogar meiner kleinen Schwester
die Hand, und uns Knaben auf die Wangen.«
Heidelberg und Karlsruhe, Hessen Stuttgart zu unserer Linken, da uns dina
lag möglichst rasch hier anzulangen, um noch eine gute Wohnung zu finden,
denn Freiburg ist nur eine kleine Stadt, und wer zuletzt kommt, muss nehmen
was übrig bleibt. Obgleich wir das beste Quartier in unmittelbarer Nähe des
Kaisers erhielten, ist es doch nicht mit unserer Frankfurter Wohnung in
vergleichen« (S. 62 — 63).
*) Nach seiner eigenen Notiz im Tagebuche, vgl. o, S. 652, Anm. 3;
dazu Freibiirger Adresskalender für 18 13, S. 90, 102, 136. Fürst Schwärzen-
berg wohnte, nach einer Notiz von Jäger, während seines Aufenthaltes in
Freiburg im Hause des k. k. wirklichen Geheimen Rats Freiherm v. Pfirdt
in der Pfaffengasse (vgl. o. S. 636, Anm. 2 und den mehrerwähnten Adress-
kalender, S. 95, 137). — 2) I, 39. — 8) Apotheker Franz Kasimir Schmid
wohnte nach dem Adresskalender für 18 13 in der Kaiserstrasse (S. 70, 90,
143). — *) Den ergreifenden Gesang der russischen Militärkapelle bei der
Messe rühmt auch Lady Burghersh in einem Briefe aus Frankfurt vom
3. Dez. 18 13: »Heute hatte ich ein herrliches Schauspiel. Eis ist das Jahres-
fest des Garde-Regiments des Kaisers von Russland. Zuerst grosse Parade
und dann Messe . . . Nachdem die Regimenter ' vorbei marschiert waren,
stiegen alle ab, worauf wir in einen grossen Saal gingen, in dem die Messe
celebriert wurde. Es war eine aussergewöhnlich erhebende Feier. Der
Gesang der russischen Soldaten ist ungemein ergreifend; es sind Basstimmen,
die aber so leise singen, dass man glaubt, eine entfernte sanfte Musik zn
hören.« — *) Der Freiherr v. Andlaw selbst war abwesend.
r TerbQDdrten Monarchen In Frelbu^ 1813,14. ^ec
Übrigens ereignete es sich, dass während Kaiser
Alexander das Haus des Freiherrn v. Andlaw bewohnte,
russischen Garden das Schloss und Gut des Freiherrn in
Jugstetlen plünderten und brandschatzten. Es kam darüber
1 einer heftigen Szene zwischen dem Czaren und seinem
ruder, dem Grossfürsten Konstantin, welche, da sie sich
n Fenster zutrug, von dem gegenüber liegenden Hause
■US, das stets mit Neugierigen angefüllt war. beobachtet
Wurde •).
Von grösseren Festlichkeiten fanden nur wenige statt,
liitglieder des Museums veranstalteten am 30. Dezember
i Ehren der beiden Kaiser einen Ball, auf dem diese
oehrere Stunden verweilten und sich mit den Anwesenden
inldvoll unterhielten. So berichtet das Freiburger Wochen-
(laitV mit dem Zusatz: »Merkwürdig würde das Verzeich-
dor übrigen hohen Fremden aus dem Militär- und
Üvilstandc seyn, welche den Glanz dieses festlichen Abends
srhöhteTi.« aber leider ohne dies Verzeichnis zu geben. Am
^eujahrstage 1814 gab Lord Cathcart einen Ball >in dem
feschmackvoU decorirten Casino-Saale*»). Auch ihn be-
ihrten die Kaiser mit ihrer Gegenwart, die Generalität,
[as diplomatische Corps, die angesehensten Familien der
ätadt waren geladen und mehrere Freiburger Damen hatten
lie Ehre, mit dem Kaiser Alexander zu tanzen.
<) Andlaw, Tagebuch I. 37. Hiernach halte der GronfOist Kan&laiitin
b HaapKjaatliet in tJmkirch. Schieiber {S. XIX); >Etwiu ipSter (als der
Oidg roa Freiusen) rolgle der russische GTOssfOrst Korslnnlin, weichet mit
ioem Gefolge i!as Gajtllaui lum Römiichen Kaiser betog und dem sororl
r> mimische KaTBllerie-Garde-Rcgimenier und leichie preussiscbe ReitCRl
D ganten aber sechstausend Manu) nachräcklen.« Nach dem Frejbutger
''odianblall vom 8. Jan. 1S14 reiste der Grn»slijTst am 6. von Freiburg ab,
idf Buighersb schreibt Über ihn, Fraukfuti, j. Dez. 1S13: lEr sieht dem
■tMr TOiD Rnulaiid sehr ähnlich und ist ohne Zweifel das schrcclElichite
marhlicbe ungeheuer, du ilh je gesehen habe;' auch »pilet nennt sie ihn
en iprsligeo Konstantin» |a. o. O,, S, 54, 146). — ') Von Similag. dem
Jan. iSt4 (Nr. i). — Gentz m Caiftdjn, Freiburg, jo. Dea, iSlj; >Die
«ll Freiburg veranatallet heute Abend den beiden Kaisern lu Ehren einen
iB. Alle Hlaier sind beleuchtet« {Österreichs Teilnahme an den Befreiungs-
*•!«■• S. 15s). — ') So das Freybutger Wocheoblatl, Miliwoch . den
Jmn. I8r4. ». Aadlaw. in «einem Tagebuch I, 37: lauf dam Kaufbauio;
it>«rg tn dem seioigen ; «Bat Abends auf dem Sladlhausc quc 1-ord
.thc«i1 doaiia.*
Z«llicb. l Gnch. d. Obcirb. N'. (. XtV. ,. .■
656 ^oi^ Simson.
Nicht uninteressant — wenn man die ausserordentliche
Entwicklung und Bedeutung, welche das Fahrrad gewonnen
hat, bedenkt, ist es auch, dass Drais in jener Zeit (wahr-
scheinlich schon in Karlsruhe) dem Czaren seine Erfindung,
die Laufmaschine oder »Draisine«, die Vorläuferin des Velo-
cipeds, zeigte und dafür Alexanders Anerkennung erntete.
Das Freiburger Wochenblatt von Mittwoch, d. 5. Jan.
1814 bringt hierüber folgenden Artikel:
»Technische Erfindung
und Ehren-Auszeichnung.«
»Der Kammerjunker und Forstmeister Freiherr v. Drais
hat seinen erfundenen Wagen, der ohne Pferde durch den
insitzenden Menschen getrieben, leicht und schnell hin-
läuft — wie schon vorhin unserer Landesherrschaft — so
jetzt Seiner Majestät dem Kaiser von Russland vorgeführt.
Der Monarch hatte daran Wohlgefallen, verlangte ara
folgenden Tage die nochmalige Vorzeigung; äussene:
»c'est bien ingenieux« und sandte dem Erfinder einen
brillantenen Ring »für das Vergnügen , welches Ihrer
Kaiserl. Majestät damit gemacht worden sey.«
Diese Zeitungsnotiz beweist, dass es ungenau ist, wenn
unsere Encyklopädien jene wichtige Erfindung erst in das
Jahr 181 7 verlegen^).
Wie der C/ar, nach den Erinnerungen des jüngeren
Andlaw, in Freiburg ziemlich eingezogen lebte, so schreibt
auch der württembergische Geheime Rat Graf Wintzin-
gerode — allerdings schon am 24. Dezember, also kurze
Zeit nach der Ankunft Alexanders — , die Kaiser hielten
weder Levers noch Cercles, sähen sich wenig und lebten
nur mit ihren Ministern und ihrer Umgebung; selten
erfolgten Einladungen zu Diners*). Ohne Zweifel hing dies
') So Brockhaus' Konversationslexikon, 14. Aufl. V (1898), S. 484;
ferner die Allgemeine Deutsche Biographie V, 373, wo es in dem Artikel
(von Cantor) über Karl Freiherr Drais von Sauerbronn heisst: -»1817 erfand
er das Velocipede, welches er in einer anonymen Abhandlung; »Abbildung
und Beschreibung einer neu erfundenen Laufmaschine« bekannt machie.«
Hinsichtlich der Veröffentlichung mag dies richtig sein; die Erfindung selbst
ist, wie man sieht, älter. — ^) Alb. Pfister, a. a. O., S. 62.
Die verbündeten Monarchen in. Freiburg 181314. 557
: der im Hauptquartier herrschenden Uneinigkeit, Spannung
i Verwirrung zusammen*).
So konnte der Aufenthalt in der kleinen Stadt den
tatsmännern und Diplomaten wohl einigermassen ein-
mig erscheinen und ihnen die Zeit lang werden. Feinere
ister erfreuten sich wenigstens an dem Anblick des
insters und, obschon es Winter war, auch an der schönen
ge Freiburgs. So Stein, welcher hoffte, im nächsten
mmer, wenn die Kriegsunruhen vorüber wären, dies
nd und die Schweiz mit den Seinigen besuchen zu
nnen'); auch der vielgereiste Wilhelm v. Humboldt, der
5 Stadt schon von früher her kannte, aber wieder das
e Gefallen an ihr fand und das Münster selbst dem
rassburger vorzog »).
Am Abend pflegte sich wenigstens ein Teil der Ge-
llschaft bei dem Grafen Stadion zu versammeln, wo
•) Lady Burghersh schreibt aus Freiburg am 15. Dez.: >Trotzdem wir
1 glücklich bis hierher vorgerückt sind, bin ich doch (entre nous) der
isicht, dass wir noch ebenso weit von einem einheitlichen Plane entfernt
d, wie in Frankfurt Kaiser Franz und sein Volk verfolgen einen Plan,
iser Alexander einen entgegengesetzten, und der König von Preussen ver-
'ft alle beide! Alle sind gleich starrköpfig und eigensinnig,- und da nicht
T gehandelt werden kann, bis der eine oder der andere nachgiebt, vergeht
tc — und am 28. aus Lörrach: »Bekanntlich verderben viele Köche den
•i, wie gut müssen die Ingredienzien S'jin, wenn nun gar viele schlechte
khc ihn nicht ganz verderben können!« — •) Pertz III, 488, 500. Am
Dez. in Freiburg angelangt, schrieb er mit Entzücken von der herrlichen
gend und dem Münster, >diesem prächtigen Denkmahl des Kunstsinnes und
•Frömmigkeit der Vorfahren«; ferner am 31. an seine Frau: »Noch immer
lert unser hiesiger Aufenthalt fort, er ist etwas einförmig, in der guten
ireszeit mag er sehr reizend seyn, denn die Gegend ist himmlisch — sie
l immer schöner werden, so wie man sich Basel nähert, ich wünschte wir
jten hin, und Du könntest die Schweiz besuchen.« — *) Humboldt an die
inzessin Luise von Preussen (Fürstin Radziwill), Freiburg, 22. Dez.. 1813:
connoissois dhjk cettc ville d'ancienne date, mais olle ne m'cn plait pas
•ins i präsent. La Cath6drale surtout est bien la plus belle chose qu'on
isse voir cn architecture Gothique, pas aussi immense que celle de Stras-
arg, mais plus reguliere, d'un gout plus simple, et plus fini dans tous les
ails.« (Ebd. S. 7021. Lady Burghersh, Freiburg, den 19. Dez. 1813
67): »Ich bedaure recht, dieses Land nicht im Sommer zu sehen; dann
ISS es ganz entzückend sein. Die Stadt liegt in einem Thale von Bergen
geben, die dicht mit Weingärten bepflanzt sind, mit dem Blick auf den
lein. Von einem der Berge [dem Schlossberg) hat man eine, selbst in
ser Jahreszeit sehr schöne Aussicht.«
43*
5e8 ^on Simson.
dann die grossen politischen Angelegenheiten lebhaft
erörtert wurden').
Als Napoleon seinen Minister der auswärtigen An-
gelegenheiten Caulaincourt, Herzog von Vicenza, zur Ver-
handlung mit den Verbündeten sandte und dieser am
6. Januar 1814 von Lun^ville aus Mettemich um Pässe
bat, während man zugleich der Ankunft des britischen
Staatssekretärs Lord Castlereagh entgegen sah, — schlug
Mettemich unter Hinweis auf die wohlgeeignete Lage
Freiburgs vor, beide hier zu erwarten und die Verhand-
lungen hier zu eröffnen*). Allein Kaiser Alexander war
^) Gentz, Tagebücher I, 272: »Die Abende wurden ein für allemal bd
Graf Stadion zugebracht, wo sich gewöhnlich die ganze hohe Gesellscbift
vereinigte, und oft die lebhaftesten Gespräche über die grossen Angelegen-
heiten des Moments geführt wurden.c Auch in dem Briefe an Caradja rom
6. Jan. 18 14 (Österreichs Teilnahme an den Befreiungskriegen, S. 160) »pridit
er von »einer sehr interessanten Abendgesellschaft, die gestern beim Grafen
Stadion versammelt war.« — Aberdeen an Castlereagh, Freiburg, 9. Jan. 1814:
»You will be glad to hear that Mettemich and Stadion are on the best
possible terms, and live a great deal together. I very frequently make a
fourth with them and Nesselrode, whom I think you will like . . . Farevdl,
for the present. I am German enough to be now going to smoke a pipe
with Stadion« (Correspondence of Castlereagh IX, 159). — Hardenberg ver-
merkt in seinem Tagebuche nur am 25. Dez.: »Le soir chez Stadion«, obschon
er von Gentz in den Tagebüchern als »unser unzertrennlicher Gcföhrtet
bezeichnet wird. — ') Schreiben Metternichs an Alexander, Freiburg, 9. Jan.
18 14 (nach der Abschrift im K. Preuss. Geh. Staatsarchiv):
Sire!
Le Comte de Nesselrode aura l'honneur de soumettre k V. M. I. la
lettre du duc de Vicence, que j'ai re9u (re^ue), ainsi que ma r^ponse qui a
6t6 concert6e entre le S6cr6taire d'Etat de V. M., le Chanceliier de Harden-
berg et Lord Aberdeen.
L'Empereur mon maitre a retard^ son d^part d*ici pour Bäle au 12,
Parriv6e de Ld. Castlereagh paroissant tr^s prochaine d'apr^s mes demiircs
nouvelles de Londres. A cette occasion S. M. I. a de nouveau fait le (U)
remarque, que le point de Fribourg se trouve infiniment plus au centre des
Operations et que vu la facilit6 qui existe maintenant de passer le Rhin sur
tous les points, il se rapproche m§me davantage de la ligne d'op^ration de b
grande arm^e que celui de Bäle. Elle ne m'a pas moins parli de la difli-
cult6 que paroit präsenter le s6jour des trois Cours et des corps diplomatiques
nombreux qui les suivent dans les endroits que parcoure (parcourt) maintenant
Tarm^e et des inconv6niens que pourroit offrir dans un moment aussi impor-
tant la r^paration du Cabinet (Separation des cabinets'?), surtout k l'instant de
Tarriv^e de Ld. Castlereagh.
«crbOndeten Manarcheii in Freibarg
entfernt, darauf einzugehen. Vielmehr wies er den
erschlag- mit einer Schroffheit zurück, die von
msti^en hoflichen Formen sehr abstach. Er könne die
(geblichen Vorteile, welche die Lage von Freiburg biete,
irchaus nicht anerkennen. Es komme vielmehr darauf
dem französischen Unterhändler seinen Weg möglichst
verkürzen; je mehr, desto besser. «Ob wir Frankreich
sseits des Rheins oder jenseits, im Herzen Frankreichs
Übst, zur Unterzeichnung des Friedens bringen, scheint
keineswegs gleichgültig, und ein Umstand van solcher
BSchtchtlichen Bedeutung lohnt wohl der Mühe, sich ein
rnjg von der Stelle zu bewegen ').« In demselben Augen-
V. M. I. plus que pcrsonnc Bsurn concilici ces diffeicuts poials de vue
I l'Emp', dtiire beaucoup qu'Ellc dajgnat lul fiiie conrioicre ies bauten
Aberdcca an Cksüereogh, Fniburg, j. Jan. 1814 (Corretpandcnce of
Utlcreigb IX, 143): •! Uuat joa will be bere soon, Our motions an aoi
l pt«seiit il scetns lo be iho inlenlion (hnl we should go
i Bd>le oa tli« la Ib. The Auslriiins would be well pleasnl to &la^ » Utile
r hcre, lo see bow Ifain^ aie decided; and ynur preaenrc may possibly
Dem. BuC Ihe KmpEcor of Kussia wants lo move, and h U
Bpovnble lo lel bim be long out of sighl, e9[iecialljr in Ibe prescDl »täte of
Lady Burghetsh wbiieb am ij. Dez. mgar: ^So weil kb zu Diteilen
"■& glaube icb. dats wir hier oder doch ia nitchileT Mibe noaer Winter*
rtiar betiebeo weideni (5. 6j — 64).
') Diese Anlwnit Alexanders »□ Metlemicb datirrt aus Schaffhauien,
tonl>ib ^"i '"' }>■"' tSl^ Abends und latilet, nach der vom Craren bd
tlrdenberg übersandten, im Geb. Slantsnrcbiv lu Berlin befindUchea Kopie:
Je vicni de «levoir, mon Prince. votre Leltre du 9. »vec lonte» le«
ttea que Ncsielrode m'a eiivoi*cs. — Je Irouve la reponie au Duc de
Imdc« u*s-bonn«-et la Lettre, de inCme que son envoy k notre Quartier
tntnd d'une importUBee itnmcnBe pour leur» reanitals {?). — Plus je reflecbis
ir cct objel, el plus je trouve qu'il esl avanla^ux pour nous de nous pre-
iloir du disir qD'exprime le Duc de Vicence d'arriver au Quartirt (iJniTal
tnon i Manheini, point doni an tt.iit pour ainsi dite conveau muluellcmect.
p {Joe consequaineDl reslanl lidete a notre princip« de fair« matcher noi
nmtioss miUuirei de fionl avec les nigocialioaa, nooi ne ifAurioni hiler
t le paaslge de* Quartiers Giotraua de l'autre cttt du Rhin. ou il noui
> aera faeile de Itouvei des puints lout auid commodes pour le logemenl
Mal ca qni doli lesler instparablc avec noui, qu'& Frii>i>arg. — Je suii
: les «vantagca que »ous tiouvei i, ce Fribouig, — Flui
* de cbemio an oegociateur Franfais, el plus il mt tümble
> pb(ons biea. — Avoir fall ii){net ta paia i Ia France de cc
56o '^^^ Simson.
blicke korrespondierte der Czar im Sinne intimster Bundes-
genossenschaft mit Preussen mit dem Staatskanzler Harden-
berg, dem er auch seine Antwort an Mettemich abschriftlich
mitteilte.
Hardenberg vermerkt in seinem Tagebuche unter dem
6. — lo. Jan. 1814:
6. Conference le soir avec TEmp. Alex, sur ses vues
politiques et sur Danzic, la Pologne etc.
7. Entree des gardes Russes. Depart de TEmp. Alex,
pour Schaffhausen.
8. Conf, avec Metternich — arrivee d'une lettre du
Duc de Vicence en dato du 6. Mettemich dina
chez moi. II ac^de (accede) au plan touchant la
Saxe*). Conf. avec Mettemich*) le soir avec Nessel-
rode, nouvelle de la capitulation de Danzic.
9. dine chez TEmpr d'Autriche. Lord Castlereagh est
arriv6 le 5 a Helvoet. Ecrit k l'Empr. de Russie
sur les ouvertures de Metternich et la necessite de
rester unis pour les negociations.
cöt6 du Rhin, ou bien de Tautre, au coeur de la France m6me, ne me
paralt nullement indiflerent pour les Souverains alliös, et une circonsunce
historique pareille vaut bieo la peine qu'on se deplace un peu. Du reste
quand (quant) k moi n'ayant pas quitt6 mes trouppes pendant ces deux
campagnes, il m'est impossible de m*eD s6parer justement au moment da
dÖDoument . . .
Die Hauptstelle Je suis loin etc. wird auch bei Bemhardi, Toll IV, i.
S. loi — 102 angeführt, mit ein paar unerheblichen Abweichungen im Wort-
laut. Ungenau wird der Sachverhalt jedoch hier so dargestellt, als ob Alexander
den österreichischen Vorschlag, der sogar erst nach seiner Abreise von Frei-
burg an ihn gesandt wurde, noch in Freiburg in der angegebenen Art zurück-
gewiesen hatte. »In demselben Sinne,« heisst es hier, »Hess sich denn auch
Kaiser Alexander angelegen sein noch an dem nämlichen Tage (7. Jan.) von Frei-
burg im Breisgau abzureisen — wenn auch nur bis Lörrach.c
*) Hienach H. v. Treitschke, Deutsche Geschichte I, 530: »Er (der
Staatskanzler) teilte, während des Aufenthalts der Monarchen in Freibor^
dem österreichischen Minister seine sächsischen Pläne vertrauensvoll mit, nod
nahm, da der verschlagene Österreicher bei einem freundschaftlichen Diner
ihm einige süsse Worte erwiderte, leichten Sinnes als sicher an, dass Metter-
nich den preussischen Absichten zustimme.« — •) Hier ist möglicherweise
ein Komma einzusetzen, wenn die Worte nicht von einer gemeinschaftlichen
Konferenz zwischen Hardenberg, Metternich und Nesselrode am Abend des
8. Jan. zu verstehen sind.
Die verbündeten Monarchen in Freiburg 1813 14. 66 1
10. on a repondu au D. de Vicence que Lord Castle-
reagh va arriver et qu'on se pressera de s'expliquer
d'abord apr^i).
Hardenberg hatte also am 9, an den Czaren über die
Eröffnungen Mettemichs (der ihm scheinbar günstige Zu-
sicherungen in Betreff der preussischen Pläne auf Sachsen
g'egeben hatte) geschrieben und ihm namentlich die Not-
wendigkeit ans Herz gelegt, dass Russland und Preussen
bei den bevorstehenden Verhandlungen einig bleiben und
Hand in Hand gehen müssten. Alexander nahm dies
Schreiben des preussischen Staatskanzlers sehr günstig
auf und erteilte darauf sofort folgende Antwort*):
Je viens de recevoir, Monsieur le Baron, votre lettre
du 9/28, et je m'empresse de vous remercier pour son
contenu qui m'a fait un plaisir extreme»). Je commence
ä esperer que mes soins n'auront pas 6te inutiles a la
cause de Sa Majeste le Roi mon plus intime allie et par
la meme a la cause commune. — Je joins ici une copie
de ma reponse ä la lettre du Pr. Metternich, qui vous
fera conaitre la maniere dont j'envisage ce qui tient au
sejour des Quartiers G6neraux reunis. — Demain je serai
ä Lörach. —
Recevez je vous prie Monsieur le Baron l'assurance de
ma sincere estime.
Schaf house. Lundy soir Alexandre.
le 10 Jan. 18 14
29 Dec. 13
1) Metternich hatte Caulaincourt auf dessen Meldung vom 6. Januar am
3. aus Freiburg erwidert:
La Cour de Londres vient de faire partir pour le Continent Ic Secrö-
taire d'Etat ayant le dipartement des Affaires Etrang^res. S. M. I. de toutes
les Russies se trouvant momenlan6ment 61oign6e d'ici, et le Lord Castlcreagh
^tant attendu d'un moment k l'autre, TEmpereur, mon auguste maltre, et
^ Majesti le Roi de Prusse me chargent de pr^venir V. E. qu'elle recevra
le plutöt possible une röponse ä sa proposition de se rendre au quartier«
^n^ral des Souverains alli6s. (Supplem. despatches of Arthur duke of
Wellington VIII, 529).
') Königl. Preuss. Geh. Staatsarchiv. — ') Diese Worte sind unler-
(trichen.
662 von Simson.
Nach Schaffhausen, von w,o diese Schreiben an Metter-
nich und Hardenberg gerichtet sind, war Kaiser Alexander
bereits am 7. Januar Mittags aus Freiburg aufgebrochen 0.
Er traf dort mit seiner Schwester, der Grossfürstin Katha-
rina, zusammen, welche schon seit einiger Zeit in Schaff-
hausen weilte und dort den Professor Johann Georg Müller,
den Bruder des Historikers Johannes von Müller, kennen
gelernt hatte. Die Grossfürstin stellte Müller auch dem
Kaiser vor, und dieser empfing, als er Alexander das
Schicksal der Schweiz empfahl, von ihm die günstigsten
Zusicherungen *).
Für die Abreise des Kaisers Franz aus Freiburg wurde
erst der 12. Januar in Aussicht genommen, und man
machte auch diesen Termin noch einigermassen ab-
hängig von dem Stande der Verhandlungen und
besonders von der Ankunft des britischen Staatssekre-
tärs Lord Castlereagh 8). In der That verliessen am
12. Januar in der Frühe der Kaiser von Österreich^
sowie der König von Preussen mit seinem Kronprinzen
die Stadt; ebenso Metternich, Stadion, Nesselrode, Harden-
berg, Lord Cathcart, Lord Aberdeen und die übrigen
Diplomaten *j.
Immerhin wurde eine baldige Rückkehr der Souve-
räne nach Freiburg für möglich gehalten, woher alle zu
den Hoflagern gehörigen Quartiere einstweilen reserviert
blieben 5).
Gentz wurde in Freiburg zurückgelassen, um Lord
Castlereagh zu empfangen — , »welcher Auftrag,« so schrieb
*) Freyburger Wochenblatt, Samstag, den 8, Jan (Nr. 3); vgl Harden-
bergs Tagebuch (oben). — ') Merckle, Briefwechsel der Grossfürstin Katha-
rina Paulowna, Königin von Württemberg, mit Johann Georg Müller in
SchafThausen (Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte, N.
F. 5. Jahrg. 1896, S. 128 — 129); hiemach A. Pfister a. a. O., S. 70 — 71 ;
vgl. o. S. 641 Anm. i. — ^) Metternich an Schwarzenberg, 8. Jan. 1814 (Öster-
reichs Teilnahme an den Befreiungskriegen, S. 789). — *) Freyburger Wochen-
blatt, Samstag, den 15. Jan. 1814. Gentz an Caradja am 13. (Österreichs
Teilnahme u. s. w., S. 211 — 212). Hardenbergs Tagebuch unter dem 12.:
parti de Fribourg de grand matin et all6 k Loerrach. — •) Freyburgcr
Wochenblatt vom 15.
Die verbündeten Monarchen in Freiburg 1813/ 14. 553
er in geschmeichelter Eitelkeit, »mir grosses Vergnügen
macht, da Aller Augen auf die Reise dieses Ministers
gerichtet sind, welche mit der Eröffnung der Friedens-
konferenzen in unmittelbarer Verbindung steht ^).€ Noch
lieber war es ihm, dass er dann nach Wien zurückkehren
sollte, also die Beschwerden und Gefahren des Feldzuges
nicht zu teilen brauchte; hatte er doch überdies in Frei-
burg Manches gesehen und gehört, was ihn wegen der
Zukunft beunruhigte*). Da Castlereaghs Ankunft sich
jedoch verzögerte, verlor Gentz bald die Geduld. Er fand,
dass an dem verödeten Orte, der seinen verwöhnten An-
sprüchen wenig genügte, nichts mehr zu suchen sei, und
sah sich überdies, da am 12. Januar abends böses Glatt-
eis eingetreten war, an sein Zimmer gebannt»). Erst in
der Nacht vom 17./ 18. Januar traf Lord Castlereagh mit
grossem Gefolge in Freiburg ein und setzte bereits nach
ein paar Stunden, die durch eine Unterredung mit Gentz
ausgefüllt wurden, um 5 Uhr morgens seine Reise nach
Basel fort*). Er eilte hauptsächlich in dem Wunsche,
dort noch den Kaiser Alexander anzutreffen, was Gentz
ihm als möglich bezeichnet hatte*).
Gleichsam als Vorläufer der Verbündeten und Vor-
bote des Zusammenbruchs der französischen Herrschaft
in Deutschland war, wie wir sahen, der ehemalige Kur-
erzkanzler des alten Reichs und spätere Primas des
Rheinbunds, Dalberg, in Freiburg erschienen. Als Nach-
zügler kam am 6. Februar 1814 der Graf von Artois,
') An Caradja a. a. O. — •) Tagebücher I, 274. - •) Briefe
von Gentz an Pilat I, 98 — lOi. Charakteristisch ist die Bemerkung:
»Diesen Morgen hatte ich den besten Caffee, den ich noch in Frei-
burg erreichen konnte.« Vergl. Hardenbergs Tagebuch, der unter dem
12 , an dem die Souveräne und Diplomaten von Freiburg aufgebrochen
waren, gleichfalls vermerkt: tr^s mauvais temps, verglas. — *) Frey-
burger Wochenblatt, Mittwoch, den 19. Januar 18 14. Briefe von Gentz
an Pilot I, 103. Gentz an Caradja (Österreichs Teilnahme an den
Befreiungskriegen, S. 224). — ^) Castlereagh an Cathcart, Basel, 18. Jan.
1814, 5 Uhr Nm : »Finding at Freiberg (sie) from Mr. Gentz that there
was yet a chance of finding the Emperor at this place, I pushed on,
and arrived in fifty hours from Frankfort.« (Correspondence of Castle-
reagh IX, 178).
664 ^^^ Simson.
der bei den Verbündeten die Rückkehr der Bourbonen
auf den Thron Frankreichs durchzusetzen hoffte, durch
die Stadt 2).
1) Freyburger Wochenblatt, Mittwoch, den 9. Februar 18 14. In
Basel übergab Graf Artois eigenhändig die Proklamation Ludwigs XVIIL
einem Buchhändler, welcher sie drucken liess, jedoch auf die Beschwerde
des österreichischen Platzkommandanten eingesperrt und für zweimal
24 Stunden auf Wasser und Brot gesetzt wurde (Burckhardt-Finsler. Der
Durchmarsch der Alliierten durch Basel, a. a. O., S. 57). Der Freiherr
V. Andlaw, in dessen Hause der Czar in Freiburg gewohnt hatte und der
zum Civilkommissar der verbündeten Mächte für die Departements Haute
Sadne, Jura und Doubs ernannt war, wurde durch die Ankunft des boor*
bonischen Prinzen in Vesoul in unwillkommener Weise überrascht (Fruu
V. Andlaw. Mein Tagebuch I, 40, 42).
Mi sc eilen.
Zur Baugeschichte des Münsters in Überlingen. Zu
den wenigen monumentalen Kirchen unseres Landes, deren
Grundsteinlegungsjahr durch inschriftliches Zeugnis festgestellt
werden kann, gehört auch das Münster in Überlingen, nach
Kugler^) der bedeutendste schwäbische Bau aus der zweiten
Hälfte des 14. Jahrhunderts. An der südlichen Aussenseite des-
selben an dem unausgebauten Osannaturm — so genannt von
der in ihm hängenden 1444 gegossenen grossen Osannaglocke —
findet sich auf einem etwas über Mannshöhe eingesetzten Sand-
stein folgende noch ziemlich gut erhaltene, durch ein etwas
überragendes Gesims geschützte 85 cm. breite nnd 33 cm hohe
Inschrift in gotischen Minuskeln^):
anno • lini • nf- ccc°- Im- ann° • 9° • jcm • tit
menfi^ - maij • f^ma - octaba • pofitb^ •
eft • prim'- lapijS • all • pnc cöorlnn q'v
nomine • fei • nicolai • eft • conftrbrt'
per ' maoiftrbni • eberljartibin
raben • lapkitiam • tie • franften
Die erste Zeile dieser Inschrift hat den Erklärern bis jetzt
Schwierigkeiten verursacht und deshalb verschiedene Deutungen
gefunden.
Haid in seinem Büchlein: Beschreibung der Glocken giebt
in den Kirchen der Pfarrei Überlingen .... Konstanz 1844,
S. 2 jene Zeile so wieder: »Anno Do. M.° CCC.° L.^ in ann.
y XIII die« etc. und übersetzt: »Im Jahr 1350, an Maria Ver-
kündigung (festum hujus anni translatum), am 13. Tage des
Monats Mai .... ist gelegt worden der erste Stein . . . , durch
Meister Eberhard Raben . . .«. Haid liest also: in annuntiatione
Virginis. Aber abgesehen davon, dass die Annahme der Ver-
*) Geschichte der Baukunst III, S. 252. — *) Die Inschrift ist jeden-
falls von der Chormauer an die jetzige Stelle übertragen worden, da nach
Ausweis der Verzahnung der Turm später ist als der Chor.
666 Miscellen.
legung des Festes Maria Verkündigung (25. März) ganz will-
kürlich und unhaltbar ist, spricht schon das dem letzten n in
dem Worte ann. übergeschriebene kleine o dafür, dass anno
gelesen werden muss. Die Erklärung Haids, der Müller und
Staiger*) gefolgt sind, ist also entschieden unrichtig.
Ihr tritt entgegen Fr. X. Ullersberger in seiner verdienst-
vollen fleissigen Schrift: Beiträge zur Geschichte der Pfarrei und
des Münsters in Überlingen, Lindau 1879, S. 25 und 26. Er
liest: Anno Domini millesimo trecentesimo quinquagesimo tertio
anno secundo decimo tertio die mensis etc., erklärt also das
drittletzte Wort der ersten Zeile als II und bezieht diese Zahl,
weil sie weder mit der Römerzinszahl, noch mit dem Regierungs-
jähr König Karls IV. stimme, auf Papst Innocenz VI (1352 — 62)
oder auf den Bischof Johann IV, (III) von Konstanz (1352—56).
Was soll aber »im zweiten Jahre« ohne nähere Angabe, wessen
zweites Jahr gemeint ist, bedeuten? So drückt sich keine Ur-
kunde und keine Inschrift aus. Jener Buchstabe ist aber, wie
eine sorgfältige Reinigung der Schrift ergeben hat, ein deul-
liches y mit übergeschriebenem o. Wenn Ullersberger am Schlüsse
seiner Ausführung bemerkt: »Diesem Irrtum (Haids) muss mit
aller Entschiedenheit entgegengetreten und der 13. Mai 1353,
welcher durch die Inschrift am Hosannaturme und von sämt-
lichen Chronisten [es giebt keine gleichzeitige chronikalische
Nachricht hierüber] als echt beglaubigt ist [?], als Grundstein-
legungstag festgehalten werden,« so erweist sich diese Erklärung
trotz ihrer Zuversichtlichkeit ebenfalls als verfehlt. Angenommen
haben sie L. Allgeyer in seiner Schrift: Die Münsterkirche zu
St. Nikolaus in Überlingen, S. 16, und F. X. Kraus, Kunst-
denkmäler des Grossherzogtums Baden, S. 602. Letzterer hält
indessen auch die Lesung: Anno domini millesimo trecentesimo
quinquagesimo in anno secundo. für. möglich, womit aber der
Sache nicht viel mehr gedient ist.
Um zur richtigen Lösung der Frage zu gelangen, müssen
wir kurz auf die frühere Geschichte der Pfarrei und der Pfarr-
kirche zurückgehen.
Die ursprüngliche Pfarrkirche für Überlingen war die St.
Michaelskirche des zwei Kilometer nördlich von der Stadt
gelegenen und politisch zu ihr gehörenden Weilers Aufkirch
(d. i. wohl Obere Kirche), deren Patron auf eine ehemalige
heidnische Kultstätte hinweisen dürfte (s. Freiburger Kirchen-
lexikon, 2. Aufl., unter St. Michael). Das Patronat über die
Kirche, zu der die Filialkirchen in Überlingen und Hödingen
(2 km. w. von Aufkirch) gehörten, besassen die Herren über die
Stadt und Umgegend, und zwar im 12. und 13. Jahrhundert die
Staufer, nach deren Ausgang (i 268) das Reich. Die Filialkirche
A) Dr. J. N. Müller, Bad Überlingen, S. 88. — X. Staiger, Die
Stadt Üb. a. B. sonst und jetzt, S 19.
MlBctlUi
667
ler Kapelle halle zum Pation den h. Bischof Nikolaus, der
iH^ an Überfahrtsorten der Gewässer verehrt wird. Im Jahr
[90 konsekrieite der Wcihbischof Boniralius von Konstant zwei
ärc darin, von denen einer gegen die < Beinhaus-) Kapelle,
r andere gegen den Berg lag'). Im Mai 1317 wurde der
irrkiiche des b. Michael »außerhalb der Mauern« (ku Auf-
ch), nnd der »Filialkirche des h. Nikolaus innerhalb der
luero' ein Ablass verliehen. Am 15. Mai 131 1 verlieh König
tinrich VII. das Pal rona tsrecht der Pfarrei Aufkirch dem Bene-
ktioerkloster Engeiberg in Unterwatden, was König Friedrich
Schöne 1321 Januar 15 von neuem bestätigte-). Aber schon
^.3 niai 2Q schenkte Engelberg das Pationatsrecht, das ihm
inches Ungemach bereitet hatte, dem Deutschordensliaus Mainau.
44 DeBetnber 4 wurde der Dekan zu Überlingen vom Geoeral-
nittanx beauftragt, den Deutschordensbruder, Priester
chard, genannt Pliader, in die Pfarrei und Seelscrge zu Au(-
I, »der Mütterkirche von Überlingen*, einzuweisen nach
V«rei Chile istung des früheren Kirthherren, Grafen Albrecht
Hohenberg, Domherrn von Koristanz'). Die Bestätigung
Irch den Bischof Ulrich von Konstanz erfolgte am 4. Januar,
rcb König Karl IV. am 15. Januar 1348. Die Bemerkung
IcTSbergera (S, 19), Papst Clemens VI. habe schon 1350
liatret, die Kirche in der Stadt Überlingen zur Pfarrkirche zu
leben, so dass nun die zu AuCkirch deren Filialkirche geworden
'l, lisst sich urkundlich nicht belegen, sie widerspricht vielmehr
B schriftlichen Zeugnissen*).
Dieses Verhältnis hatte nichts Auffallendes; auch bei anderen
idteo war es ähnlich. So galt x. B. zu Vilhngen die 10 Minuten
n der Stadt entfernte sog. Altstadikirche noch bis ins 1 6, Jabr-
nden als die eigentliche Pfarrkirche"). In Überlingen aber
innle mit dem winEcbafilichen und politischen Aufschwünge
Stadt die alte Kitche, die dem Namen nach zwar die Filial-
:he, in der That aber die Hauptkirche war, nicht mehr genügen.
wurde deshalb eine Erweiterung beabsichtigt, die durch die da-
kligen kirchhchen Wirren allerdings noch bin tan gebalten werden
ichte. Jetzt, bei dem Fat rona ts Wechsel machte sich dieses
fftaagen ia der Bürgerschaft besonders nachdrücklich geltend.
[D kamen non noch andere bedeutsame Umstiiudc.
*) FielbuTger DlOceunnrchiv VII, S, 31^. — ") T. NeugBil, Cod dipl.
n, 11, S. 375 tT' uliil 401fr. — ■) Sitbe über diesen Mnno und dtc
kirdihchcn Zustünde Regg. cpiscoponim Conslanl. Nr. 41197. 4711,
) «nil 4B5Z. Albiechl halte 10 Pfarrkirdicii lugUicfa, einige, damnln
aUb die ZQ Anfkirch, auf unksnonische Weise inne, — *\ Siehe die im
•odtn aae^'^hrte Urk. von 1351, auch eine Urkunde von IJ57 Aug. 3J,
l>r B(««nnt U( >«.'cles!a paruclilalis In UlTkilcli cum nua Ulla in Dbei-
ra> bei Neubau cod, dipl. Atem. 11. S. 454— jC. — *) Kanttdenkniiilet
Grouh. Baaen 11, S, loO.
668 Misciellen.
Die Jahre 1348, 1349 und' 1350 gehören zu den beweg-
testen und merkwürdigsten des 14. Jahrhunderts. Es braucht
nur an das grosse unter dem Namen »Schwarzer Tod«
bekannte Sterben und an das jenes begleitende traurige Schau-
spiel des Judenbrandes erinnert zu werden. Dass die Seuche
wie anderwärts so auch in Überlingen ihre Opfer forderte, ist
als sicher anzunehmen; doch fehlt es an zuverlässigen Nach-
richten hierüber*). Die Juden fanden hier am 1 1 • Februar 1 349
ihren Tod in den Flammen 2). Die furchtbare Heimsuchung des
Himmels stimmte die Menschen zur Busse und zur Ausübung
guter Werke. Das schon längst gefühlte Bedürfnis eines der
Bedeutung Überlingens entsprechenden Gotteshauses wies der
Bevölkerung hier die Richtung. Zunächst handelte es sich um
die Erweiterung bzw. um den Ausbau des Chors. Die
Thatsache, dass mit der Ausführung des Baues damals begonnen
wurde, lässt keinen Zweifel hierüber. Die Gaben flössen reichlich,
die »Deckungsfrage« bezüglich der Mittel für das Ganze brauchte
noch nicht abgeschlossen zu sein. Bekanntlich war das Mittelalter
in dieser Beziehung weniger ängstlich, als es die Gegenwart ist.
War ein Teil der Baukosten aufgebracht, so nahm man das
Werk in Angriff, die Weiterführung und Vollendung überlies man
getrost dem lebendigen Opfersinne der Gläubigen.
Über Schenkungen zugunsten des Münsterbaus ist wenig
bekannt. Am 27. August 1353 bestätigte der Generalvikar des
Bischofs Johann (von Windeloch) von Konstanz ein namhaftes
Vermächtnis, das der verstorbene Priester Eberhard von Fricken-
weiler (bei Mahlspüren BA. Stockach) zu seinem und seintr
Eltern Seelenheil für den S. Katharinaaltar auf der linken Seite
der S. Nikolauskirche hinterlassen hatte (que est filialis ecciesie
sancti Michaelis in Vfkilch). Das Vermächtnis Eberhards begriif
in sich dessen Haus mit Torkel zu Überlingen am Fusse des
Blüzenbergs, den Weingarten daneben, einen Hof zu Eggenwciler
(b. Frickenweiier) u. a. Testamentsvollstrecker waren Johann
Besserer und Konrad Strebel, Hürger zu Überh'ngen 3).
Ganz besonders trug zur Förderung des Baues das Jubiläum
von 1350 bei. Nachdem nämlich Papst Bonifaz Vlll. schon für
1300 ein allgemeines Jubeljahr in Rom ausgeschrieben hatte,
verkürzte Clemenci VI. (zu Avignon) auf die Bitten der Römer
^) In Villinj»en wütete die Krankheit am stärksten unfanjjs September
1340. Schriften des Vereins der Baar, 1885, S. 98. — *) S. hierüber Mor.
Stern, Die isr. Bevölkerung der deutschen Städte, S. 1 ff. : Die Juden in
Überlingen. (Die zum Regest, S. 16, ausgesprochene Vermutung ist richtig,
der Text der Urk. von 1349 Juli 13 lautet: »Wan vns vnser gnädiger hen
kling Karl von Rome ergeben hat etc.) Zu den S. 8 angeführten Quellen
kann noch nachgetragen werden: Quellen z. Gesch. der Juden in Deuts<:h-
land. Berlin 1898, III: Das Martyrologium des Nürnberger Memorbuchs,
herausg. von Salfeld, S. 245. — ») Urkunde im Stadtarchiv Abt. LX.
Miscellen. 569
die Zeit von einem Jubeljahr zum andern auf 50 Jahre und
erliess am 27. Januar 1349 eine Bulle hierüber. Die Begehung
eines Jubeljahrs galt immer als ein grosses für die ganze Christen-
heit wichtiges Ereignis. Tausende von Menschen aus allen Ländern,
auch aus Deutschland, strömten damals, trotz des herrschenden
allgemeinen Sterbens, zur Gewinnung des grossen Jubelablasses
nach Rom. Die standige Zahl der dort anwesenden Pilger soll
eine Million betragen haben *). Dass das Bestreben der Gläubigen,
sich des Ablasses teilhaftig zu machen, ihren Opfergeist mächtig
anregte, versteht sich von selbst 2). Was ist nun natürlicher^ als
dass in der Gedenktafel, welche die Grundsteinlegung des neuen
Baues verewigen sollte, auch des für sie bedeutsamen Jubel-
jahrs Erwähnung geschah?
So treffen also alle Momente zusammen, welche
das Jahr 1350 als das Jahr der Grundsteinlegung des
Münsterchors rn Überlingen erscheinen lassen. Jenes
rätselhafte y° ist nichts anderes als die Abkürzung des
Wortes »yubileo«. Die Schreibung desselben mit y statt mit j
oder i wird Kundigen ebensowenig auffallen als die Anwendung
des >in« vor anno, was beides damals ganz gewöhnlich war'j.
Die Inschrift lautet demnach vollständig (bereinigt):
Anno Domini mcccl in anno jubileo XIII die
mensis Maii hora octava positus
est primus lapis ad hunc chorum, qui in
nomine sanCti Nicolai est constructus,
per magistrum Eberhardum
Raben, lapicidam de Franken.
Dass der hier genannte, sonst nicht näher bekannte Stein-
metzmeister aus Franken Eberhard Rab, nicht Raben hiess,
mag nebenbei bemerkt werden.
Überlingen, Roder,
Ein Brief J. G. Schlossers an J. C. Lavater. In dem
von Eb. Gothein verfassten diesjährigen • Neujahrsblatte der Bad.
Historischen Kommission »Johann Georg Schlosser als badischer
Beamter« findet sich inbetreff der Übersiedelung Schlossers nach
Emmendingen S. 7 ^ folgende Bemerkung :
»Die betreffende Verfügung zur interimistischen Vertretung
[des Landschreibers in Emmendingen] ist erst am 6. Juni 1774
erlassen, erst am 21. November findet die feste Anstellung als
') S. den Artikel Jubiläum im Frciburjjer Kirchenlexikon, 2. Aufl.,
nnd Du Gange, glossarium unter annus jubilaeus. — *) Die Wallfahrten
des Jubeljahrs 1450 waren auch dem Baue des ausgebrannten Domes zu
Speier günstig. Mone, Quellensammlung 1, S. 386. — ') z B. Fürstenb.
Urkdb. V, S. 333, (1316) ydoneos, S. igS (1321) 4 ydus Nov , S. 403
('339) ydolatrie, S. 281 (1309), eadcm anno in die s. Thome, S. 362 (1324)
anno 1324 in die b. Süucstri, S. 403, anno dorn. 1337 in Augusto.
670
Miscellen.
Landschreiber statt. Danach würde also das Ehepaar das erste
Halbjahr in Karlsruhe verlebt haben [seit November 1773], wohin
auch ein erhaltenes Schreiben des Fräulein von Klettenberg
gerichtet ist. Auch Schlosser schreibt am 22. Oktober 1774 nur
von einer halbjährigen Administration.«
Es sei mir gestattet, hier einen Brief zum Abdruck zu bringen,
in welchem von Schlosser ganz genau der Zeitpunkt seiner Über-
siedelung nach Emmendingen angegeben wird. Dieser Brief ist
an Lavater gerichtet, der am 12. Juni 1774 seine bekannte
Emser Badereise antrat. Das noch ungedruckte, mir vom Urenkel
Lavaters freundlichst zur Veröffentlichung überlassene Original-
schreiben lautet:
Emmendingen'), den loten Juni 1774.
Nicht in Carlsruhe, mein bester Lavater, in Emmendingen
im badischen Oberamt Hochberg müssen Sie mich nun sprechen,
wenn Sie mich sprechen sollen. Seyt heut bin ich da, und seyt
vorgestern ist der Befel dazu gekommen. Ich werde viele Monate
da bleiben, um das Oberamt zu besorgen, biss es seinen vorigen
Landschreiber wieder bekommt. Hier also! wo nur von weitem
möglich. Kein Mensch soll Sie sehen, denn ich hasse die
gelehrten Eitelkeiten, und liebe in Ihnen nur Sie! — Wenn Sie
nur den Brief noch erhalten! Ich habe Ihren samt der Strass-
burger Adresse, da er mir gerade unter dem Packen zukam,
liegen gelassen. Aber es wird gewis noch Zeit seyn; ich weis
es und hoff es. — Göthe ist mir zu stark. Sie haben recht; er
ist wieblich! Wenn er aber nicht in den nächsten 10 Jahren
ganz zerbricht, so werden wir uns gewis nähern*).
Ich dank für das Bild Ihres verstorbenen Vaters. Der red-
liche Schweitzer sieht ihm aus der ganzen Reise-Gestalt hervor!
Gott seegne seinen Sohn! — Sie haben mich unrecht verstanden.
Ich weis dass Sie beym Schreiben viel thun, — aber ich
gestehs, dem Bücher schreiben bin ich nicht gut. Durch Corre-
spondenz sagten Sie neulich komt man weiter — und gewis das
ist wahr. Aber Ihr Denkmahl Hessens, ist mir immer kost-
bahr lieb. —
Ob ich lang oder kurz hier bleib, weis ich nicht. — Wenn
meine beste Frau hier war, blieb ich sehr gem. Nun ists
einigermassen Verleugnung, die aber durch die herrlichste Ausicht
vergolten wird, dass ich Gelegenheit bekomme noch unmittel-
bahrer zum Besten guter Menschen zu wirken. — Beten Sie aber
für mich, mein lieber Lavater. Mein Posten hier, obgleich nur
interimistisch, ist schwehr und mühsamm und voll Verantwortung!
*) Der erst von Karlsruhe gekommene, noch in den Reisekleidern
schreibende Schlosser wollte zuerst Karlsruhe statt Emmendingen schreiben.
— 2) Die Goethe betreffende Stelle wurde bereits in der Wochenschrift »Im
neuen Reich« 1879 Nr. 8, S. 284 — aber ungenau mitgeteilt
Miscellen. 671
— Ich kan Ihnen heut nicht viel mehr schreiben. Ich bin noch
n den Reise-Kleidern, und müd von der Reise in der Hitze.
Leben Sie wohl, ich umarme Sie von Herzen
Schlosser.
Dieses Schreiben traf seinen Adressaten nicht mehr in Zürich
m. £s wurde von Frau Anna Lavater ihrem Gatten nach Karls?
nhe nachgesandt, wo derselbe vom 19. — 22, Juni die Gast-
Veundschaft der Frau Hofrat Schlosser genoss'). Am 29. Juni
K3I aber Cornelia bereits in Emmendingen, während an dem
i^enannten Tage der Hausrat sich noch auf dem Wege zwischen
iCarlsruhe und ihrer neuen Heimat befand <). Sie war damals
hrem am 10. Juni 1774 nach Emmendingen übergesiedelten
[Ratten nachgefolgt.
Gernsbach. Heinrich Funck,
Zu den oberrheinischen Chronisten des Mittelalters.
\uf den durch Fester zum ersten Male näher bekannt gewordenen
Strassburger Chronisten Reinbold Siecht beziehen sich zwei
licht unwichtige Angaben. Am 30. Mai 1401 richtete König
iluprecht an das Kloster Andlau eine erste Bitte für Reinbold
Siecht, Kantor von Jung St. Peter in Strassburg^). Sein Tod
QQUss vor dem 11. Januar 1432 erfolgt sein; denn damals wurde
ichon um die durch seinen Tod erledigte Pfründe (Kanonikat
and Kantorei) an Jung St. Peter gestritten. Vergl. Repertorium
Germanicum Pontifikat Eugens IV. I ed. Arnold nr. 2403. Es
folgt daraus mit Notwendigkeit, dass ein Teil seiner Chronik
überhaupt nicht von ihm herrühren kann, nämlich die beiden
Schlusskapitel.
Zu Gebhard Dacher. Dieser Konstanzer Geschichtschreiber
wurde am 20. Januar 1461 zu einem Hausherrn im Kauf hause
g^emacht, acht Tage später wurde er Bürger. Vorher — und
das war bisher nicht bekannt — war er Bürger in Überlingen,
(vie aus dem Bürgerbuche im Stadtarchive Überlingen hervorgeht;
sr wurde es unter bestimmten Bedingungen auf zehn Jahre im
Jahre 1458.
Breslau, Aloys Schulte,
>) Vgl. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, N. F. XII, 2.
S. 274, 277, 279. — *) Vgl. Goethe-Jahrbuch IX. 116 und XIV. 280281.
») Chmel nr. 457.
Zeitschr. f. Gesch. d. Obcrrh. N. F. XIV. 4. 44
Zeitschriftenschau und Litteratumotizen.
Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg
und der rheinischen Pfalz. Band 4, Heft i. K. Sillib:
Zur Geschichte des Augustinerklosters in Heidelberg.
S. I — 64. Eine sehr verdienstliche Sammlung von Regesten zur
Geschichte des Klosters aufgrund reichhaltigen, bisher unbenutzten
urkundlichen Materials des Universitätsarchivs. Die Einleitung
giebt eine die Darstellung Wundts vielfach ergänzende und
berichtigende Obersicht über die Geschichte des Klosters, das
urkundlich erstmals im Jahre 1279 erwähnt wird und dessen
Gründung bisheriger Annahme entgegen wohl kaum vor der
zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts anzusetzen ist. Die Regesten
des vorliegenden Heftes reichen bis ins Jahr 1507.
Revue catholique d'Alsace: Nouvelle serie. Band 18.
Jahr 1899. Juni-Juli-August-Heft. Ingold: M6re Pacifique,
abbesse d'Alspach, S. 429 — 445, teilt zum Schluss Briefe
zweier anderer Bewohnerinnen des Alspacher Klosters an Berthier
mit, aus den Jahren 1722 — 31 Schreiben der Nachfolgerin der
M^re Pacifique, der Mutter Vogel, und eines Fräulein von Andlao,
die 1728 einen französischen Offizier, den Chevalier de Preaux
heiratete, sowie noch einige belanglose Briefe andrer Persönlich-
keiten. Blumstein: Rosheim et son histoire, S. 446 — 452,
600 — 609, skizziert kurz, diesmal auf Schöpflin und Mossmann
sich stützend, die politische und Verfassungsgeschichte von Ros-
heim. - Beuchot: Bernard Antoine Fels, une victime
du Directoire en Alsace, S. 453 — 457, beendet seine Dar-
stellung der Verbannung jenes Priesters, der 1831 als Pfarrer
von Obermorschweier starb. — Reuss et son ouvrage sur
PAlsace au XVll« si^cle, S. 610 — 627, Abdruck einer ein-
gehenden, beachtenswerten kritischen Besprechung jenes Werks
aus der Pariser Zeitschrift »Bulletin critique«.
Revue d'Alsace: Nouvelle s6rie. Band 13. Jahr 1899.
Juli-August-Septeraber-Heft. Liblin, directeur de la Revue
d'Alsace. A nos lecteurs. Mitteilung der neuen Redakteure,
Gasser und Ingold, dass sie an Stelle des am 30. März 189Q
verstorbenen langjährigen Herausgebers der Zeitschrift J. Liblin
Zeitschriftenschau und Litleratumotizen. 673
treten. — Bourgeois: Contribution ä Thistoire des mines
de Sainte-Marie-aux-Mines, S. 281 — 2^9, stellt die Nach-
richten über die Mineraliensammlungen des 18. Jahrhunderts im
fürstlichen und privaten Besitze zusammen, in denen Erze und
Steine aus dem Markircher Bergbau vertreten waren. — Gasser:
Histoire de la ville et du bailliage de Soultz, S. 300 — 33g,
Fortführung einer schon seit 1893 laufenden Darstellung, diesmal
das Jagd-, Wasser- und Fischereirecht, sowie die Prozesse, welche
die Stadt Sulz darüber mit den Herren von Jungholz und Schauen-
burg vom 15. bis 18. Jahrhundert geführt hat, umfassend. —
Nerlinger: La vie k Strasbourg au commencement du
17* si^cle, S. 340 — 372, Neuabdruck eines Anhangs II zu
D. Martins »New Parlament*. — Hoffmann: L'administration
provinciale avant la rdvolution, S. 373 — 410, beachtens-
werte Darstellung der französischen Verwaltung des Elsass bis
zur Einrichtung der Assembl6e provinciale im Jahr 1787 mit
besondrer Berücksichtigung des Ober-Elsasses. — Benoit: Une
lettre de M. de Golb6ry ä propos des elections de
Colmar en 1833, S. 411 — 416, ein an den Redakteur des offi-
ciellen Journals vom Ober- und Nieder-Rhein gerichteter, aber
gegen den Präfekten Baron Bret gemünzter Brief des als Alter-
tumsforscher bekannten Colmarer Appellrates de Golbery, der von
der Opposition gegen den Regierungskandidaten Präsidenten
Andre für die Wahl zur Deputiertenkammer aufgestellt war, mit
biographischen Notizen über Golbery und Andre. — Kurtz:
Livres nouveaux, S. 417—420, Bücherschau.
Annales de YEst: Band 13. Jahr 1899. Heft III. In der
Bibliographie S. 449—465 Anzeigen von Parisots Werke: Le
royaume de Lorraine sous les Carolingiens, von Ingolds Nouvelles
Oeuvres inedites de Grandidier tome III durch Ch. Pfister und
von G. Gide*s Essais historiques sur TAlsace-Lorraine, Orga-
nisation militaire de la ville de Mulhouse und seiner Notice
historique sur la coramanderie de l'ordre Teutonique k Rixheim
durch Th. Schoell. Im Abschnitt »Recueils periodiques et
Soci6t6s savantes« S. 483 — 491 Inhaltsangabe der Jahrgänge
1893 — 1896 der Revue calholique d'Alsace durch Th. Schoell.
Im deutschen Herold Nr. 6 druckt Krhr. Schenk zu
Schweinsberg aus den Hanau-Lichtenbergischen Archivbestanden
des Haus- und Staatsarchivs zu Darmstadt als Ahnenproben für
einen Kölner Domherren zwei Urkunden des Erzbischofs Friedrich
von Köln und des Grafen Heinrich zu Sarwerden ab, die in den
Jahren 1381 und 1383 ausgestellt vier und acht Ahnen Johanns
von Lichtenberg bezeugen. IV. IV,
44*
674 Zeitschrifleoschau und LitteratumotizeD.
Agrarien und Ezcabien von £man. Seyler, Haupt-
mann a. D. München, 1899. 22 S.
Der Verfasser der kleinen Schrift glaubt die Begriffe
»agrariae« und »excubiae« richtiger oder wenigstens genauer, ab
das bisher geschehen ist, bestimmen zu können. Gestutzt anf
mehrere Stellen bei Schriftstellern, besonders auch der Epitoma
rei militaris des Vegez kommt er S. 13 zu dem Resultate,
Agrariae seien Plätze gewesen, auf denen das von den römischen
Soldaten geerntete Korn gedroschen, bezw. das Futter zum
Unterhalte des Viehs sortiert worden sei. Sie seien ursprünglich
nicht umhegt, in der späteren Kaiserzeit umwallt worden. Zo
ihrem Schutze seien rings um sie herum kleinere Kastelle angelegt,
Excubien genannt
Der zweite Teil des Aufsatzes stellt sich die Aufgabe, Agra-
rien und Excubien aus der historischen Oberlieferung der Schrift-
steller und aus Resten solcher Anlagen nachzuweisen. Der Ver-
fasser bespricht dabei besonders ausführlich die Befestigungswerke
am Gleisenthale in Oberbayern und am Auerberge im Aligäo.
In ersteren erkennt er Lager des Drusus aus dem Jahre 15 v. Chr.
in Verbindung mit Agrarien und Excubien. Die letzteren sucht
er als römisch zu erweisen, indem er sie zu den ganz anders
gearteten keltischen Befestigungen der dortigen Gegenden in
schroffen Gegensatz stellt. Auch die Heidenmauer auf dem
Odilienberge ist ihm die Umwallung einer Agraria.
Das Schriftchen zeigt, dass der Verfasser sich mit Liebe
und Fleiss in den Stoff einzuarbeiten versucht hat und das muss
anerkannt werden, wenn wir uns auch mit seinen Resultaten
nicht überall einverstanden erklären können. Kr,
Ein anschauliches Bild der regen Thätigkeit auf dem Gebiet
der archäologischen Forschung in Baden gewährt das unlängst
erschienene zweite Heft der Veröffentlichungen der Gr.
Bad. Sammlungen für Altertums- und Völkerkunde in
Karlsruhe und des Karlsruher Altertumsvereins (Karls-
ruhe, Braun, 1899. 4^. 105 S. 14 Tafeln und zahlreiche Text-
illustrationen), das ausser der Chronik des Karlsruher Altertums-
vereins seit 1895 und der übersichtlichen Darstellung der archäo-
logischen Untersuchungen in Baden und der Neuerwerbungen
der Altertümersammlungen im Jahre 1898 eine Reihe wertvoller
vor- und frühgeschichtlicher Abhandlungen enthält. Schumacher
berichtet über die von ihm geleiteten, auch in weiteren wissen-
schaftlichen Kreisen mit lebhaftem Interesse verfolgten Grabungen
zur Untersuchung von Pfahlbauten des Bodensees im
Winter 1897/98. Seine klaren Ausführungen geben einerseits
neue Aufschlüsse zur Topographie der Orte Bodman, Sipplingen,
Maurach und Unter-Uhldingen, andrerseits aber gewähren sie
einen Einblick in die historische Entwicklung der Pfahlbauten,
deren endgiltige chronologische Bestimmung erst noch den Er-
Zeitschrirteoschaa und UtlentniiiatiEcii. t)75
boJsseQ weiterer Nacbforschun(;en vorbehalten bleiben muss.
~e steinzetcliche Ansiedelung auf dem MicIielsbcTge
i Ualergrombach behandelt Bonnel, der sich um die
Torschung dieses prähislorischun Denkmals verdient gemacht
t, in einer bis ins Einzelne gehenden, sorgsamen Darstellung.
B Aalage lässt sich jetzt mit Sicherheit als eine rein neolithische
irbweisen. Die bekannten Grabhügel bei Salem, denen
t geraumer Zeit die Aufmerksamkeit der Altertumsforscher
^wendet war, sind nunmehr vollständig untersucht, so dass
tt eine Übersicht über die ganze Gruppe ermöglicht ist.
■ gner giebl dieselbe in erschöpfender Weise und kommt zu
■n Endergebnis, dass der einheitliche Charakter sämtlicher
indülücke auf die spätere Eisenzeit, das Ende der Haltslatt-
•riode (5. und 6. Jahrb. vor Chr.) hinweist. Die Gallische
Gerichtstetten (Amt Buchen!, ein höchst merk-
Irdiges Erdwerk prähistorischen Ursprungs, bespricht Schu-
kcher, der zu überraschenden Resultaten für die frühe , Sied e-
igsgcschicbte (milü, und spät. La T^ne-Zeit) des badischen
knwalds gelangt. Von besonderer Wichtigkeit ist das auf-
ftindene Steinhaus, anschitinend das erste Gebäude dieser An
SQddeutscbland. Es mag als Herrenhaus anzuseilen sein,
hrend die Hütten ringsum von Hörigen und Knechten bewohnt
len. Alles deutet auf eine friedliche Absicht der Anlage, die
Cb als landwirtschaftliches Gehöft darstellt und erst später
I Schutz mit Wall und Graben umgeben worden ist. Seh.
rt hier zugleich eine Ergänzung seiner in dieser Zeitschrift
F. Bd. V, S. 409 ff.) veröfTentlichlen Untersuchung über ein
|Ui»cbes Grab bei Dühren aus der Mittel-La Töne-Periode. Die
tch die Funde der Gerichtstetter Schanze gewonnenen Auf-
ilüsse machen es sehr wahrscheinlich, dass auch in der Nähe
CS Dührener Grabes eine ühnliche Schanze lag. Wagner
Itcrzieht die beiden fränkisch-alemannischen Friedhöfe
1 Eichtersheim (Amt Sinsheim) und Bodman (Ami Stockach)
er eingehenden Darstellung, aus der hervorgeht, dass die mit
:lien und mannigfachen Beigaben ausgestatteten Grabfunde
.ere kulturgeschichtlichen Kenntoisse dieser Periode nicht un-
«ntlich bereichern. Jf. Brunntr.
Beiden vierten Bande des vorlreiTlichen 'Urkundenbuches
r Stadt ßaselt (Hasel, R. Reich. IV u. 492 S.) wäre ein
(iiet Titel vielleicht nicht überflüssig gewesen, da ja nicht
da eine chronologische Einteilung vorhanden ist, sondern hier
schon Ztschfi N, F. [2, 369 angegebene sachliche Zer-
ing des Stoffes Piati greift. Der Band entliäll nur die poli-
hen Urkunden, »als solche gelten alle, welche das öffentliche
Fesen der Stadt Basel als solcht-r, ihre Politik, Verfassung und
Ituog betreffen«, .\usgeach Jeden und künftiger Publikation
tbebalten werdt-n die Urkunden über kirchliche, gewerbliche
5*7 0 2^itschriftenschau und Litteraturnotizexi.
und privatrechtliche Verhältnissef. Auch sind die eigentlichen
Akten, die ja notwendiger Weise nur in bearbeiteter Form ver-
öffentlicht werden können, nicht diesem »Urkunden*bande ein-
verleibt. So umfasst der Band also gerade die Stücke, welche
die älteren auswählenden Urkundenbücher besonders bevorzugten)
was sich darin äussert, dass in diesem Bande sich mehr bereits
gedruckte Stücke finden, als das in den bisherigen der Fall war.
Noch mehr wäre das eingetreten, wenn auch die Bundesurkunden,
in denen Basel lediglich als Teilhaber erscheint, mitaufgenommen
wären. Auf diesem Gebiete hatte natürlich das Strassborger
Urkundenbuch dem Baseler das Meiste vorweg genommen, neben
diesen schon' bekannten Stücken bietet der Band doch auch
manche neue Urkunden über Bündnisse mit der österreichischen
Herrschaft, Freiburg u. s. w.
In den kirchenpolitischen Urkunden hatte die Sammlung von
Riezler und Grauert begreiflicherweise ebenso vorweg geemtet, doch
bleibt dem Bande auch da eine Nachlese. Ähnlich liegt es auf
dem Gebiete der Verfassung, wo die Kechtsquellen, Heusler und
Gengier einen Teil des Stoffes bereits zugänglich gemacht hatten.
Rudolf Wackernagel, der Herausgeber dieses Bandes, mnsste
also auf die Freude, mit vielen ganz unbekannten Stücken den
Benutzer zu überschütten, verzichten. Doch ist sein Werk darum
nicht minder verdienstlich, jetzt hat man alles für die Zeit von
1301 — 1381 zusammen und auch die bisher unbekannten Stücke
sind nicht verächtlich. Ich hebe hervor nr. 3g (Urkunden über
den Ungeltstreit zwischen Domkapitel und Rat, auch später
wieder tritt er hervor), 64 (Streit zwischen der Stadt und dem
Geschlecht der Vitztum), 122 (Streit zwischen Prior von St. Alban
und dem Brotmeister wegen der Gerichtsbarkeit über die Müller),
128 (Streitigkeiten der Bäcker und Müller), 146 (Kundschaft über
das Gericht auf dem St. Albansberge), 202 (Einungsbrief über
die Pfaffheit, wie auch sonst einige sehr lehrreiche Stücke über
das Verhältnis von Klerus und Stadt sich finden), 260 (Ordnung
der Scherer, Maler, Sattler und Sporer), 268 (Zeugenaussagen
über die Geschichte des Galgens der Stadt Basel), 400 (Sühne-
briefe bez. der bösen Fastnacht), doch damit ist ja nur das
hervorgehoben, was gerade mir besonderes Interesse erweckte.
Der städtische Einungsbrief (140) und mit ihm die Bestellung
der Siebner (141) wird abweichend von den »Rechtsquellen« und
Gengier nicht in die Zeit von 1342 — 65, sondern ins Jahr 1339 ver-
setzt. Das ist ganz einleuchtend. Form und Inhalt zeigt die auf-
fallendste Verwandtschaft mit dem am 7. Januar 1339 erlassenen
Einungbrief über die Pfaffheit und um diese Zeit war Konrad
von Bärenfels, nach dem die alte Datierung sich richtete, eben-
falls Bürgermeister.
Der Band behandelt die Zeit, in der die Stadt durch Privi-
legien der Kaiser, besonders Karls IV., und durch Zurückdrängung
des Bischofs, der infolge der permanenten kirchenpolitischen und
6)?
illliscben Kämpfe, wie der an die Kurie tu zahlenden Abgaben
imer ärmer und niachiloser uurde, an Macht und Kraft erheb-
:b wuchs. Die Stadt war erst seit dieser Zeit Herr im etgentin
luse.
Ah einer Stelle könnte der Band zu falschen Schlüssen
hren. Zu ni. 311 heisst das Regest: »Bischof Johann verkauft
•.I Stadt seinen Zoll daselbst (vor 1367 Januar 23)«, Das
litet irre, ganz abgesehen davon, dass die Urkunde eine Ver-
fändung, nicht einen einfachen Verkauf betrifft. Es handelt
Ich überhaupt nur um einen Entwurf, die thalsächliche Ver-
ifanduDg des bischöflichen Zolles fand erst 1373 statt (nr. 359}-
sich nicht um verschiedene Zölle handelt, steht ausser
!«'cifet. Hätte Wackemagel Recht, so hätte der Bischof noch nach
er Verpfändung erhebliche Renten auf dem Zolle (67y fl.)
. 31b — 3jg u. 343} verpfändet und doch ist da einlach von
sertD zollei die Rede. Die Datierung des Entwurfes stützt
VAckemage) auf den Namen des Thüring von Ramstein, der
I 23, Jan. 1367 starb. Ist diese Angabe richtig, so ist doch
r Schluss nicht zwingend; denn der Name sieht in der Zu-
mmnugsformel des Domkapitels. Die Pfandsumme ist im Ent-
litfe auf 12000 fl., im wirklichen Original auf 12500 f), an-
kgeben, zwischen beiden läge die Verpfandung von (179 II.
rni«, also eine enorme Minderung des Wertes. Und doch kam
T Bischof immer tiefer in Schulden. Es müsste die Stadt also
en Zoll viel teurer gekauft haben, als 1^67 beabsfchtigi war.
1 glaube, dass trotz des Namens des Dompropstes das Stück
IS Jahr 1373 gehört; der knappe Entwurf wurde dann durch
tne weit eingehendere und bessere Ausfertigung erseut.
Audi in nr. 85 hätte das Regest besser von Verpachtung,
nr. 195 besser von Verpfandung als von Verkauf gesprochen.
Sehr itahlreich sind die Quellen zur Geschichte von Kii-in-
cl. Es ist auch zu bemerken, dass der Band die Urkunden
ber den Grundbesitz, dessen Eigentümer die Stadt war, bringt.
Die Urkunden führen ziemlich weit über Basel hinaus, nach
bsero, Mailand, nach Schwaben, dem Rheingebiete. Die
iesiehungen nach der Preigrafschaft sind dahingegen schwach,
I enthält der ganze Band auch nur eine einzige französische
b'knnde (nr. 384). Eigentümlich berühren die Translationen
I Reliquien, Kall IV. stand mit seiner Neigung doch nicht
Hein. In nr. 174 u. 3. Stücken handeil es steh um Reliquien
Dd Vetehrung des hl. Heinrich, in nr. 332 um die aus Gubbio
lrb«tgebotteu Gebeine des hl. Theobald.
Dom Bande ist ein vortreftliches Register beigegeben, wäh-
ind diesmal ein Glossar fehlt. Das Baseler Urkundenbuch ist
in Anfang an mit solcher Energie gefördert, dass seine Bearbeiter
I kurzen Pausen seit i8qo vier Bände vorlegen konnten, die
Sit! Gewühl dafür, dass sie ihr sehr weit gi;jtccktfs Ziel
neicbeii werden. A. Scliulle.
6*78 Zeitschriftenschau und LitteratumotizeiL
C. Gössgen, Die Beziehungen König Rudolfs von
Habsburg zum Elsass. (Beitr. z. Landes- u. Volkskunde v.
EIsass-Lothringen XXIV.) Strassburg, Heitz 1899. 47 S.
Den Beziehungen nachzugehen, in welchen das Elsass vrährend
der ersten beiden Jahrzehnte nach dem Interregnum zum Träger
der deutschen Krone gestanden hat, ist sicherlich keine undank-
bare Aufgabe. Leider erfüllt die vorliegende kleine Schrift die
an sie geknüpften Erwartungen in keiner Weise.
Nach einer einleitenden Übersicht über die territorialen Ver*
hältnisse des elsässischen Landes und seine Beziehungen zu den
Habsburgern vor Rudolfs Wahl soll des Königs Politik als Terri*
torialherr und als Herrscher den ausserhabsburgischen Landes-
teilen gegenüber dargestellt werden ; von den letzteren sind aber
ausser dem Reichsgut nur Reichsstädte und Bistum Strassburg
behandelt. Der Verf. beschränkt sich darauf, die meist schon
sehr lange aus alten Drucken bekannten Thatsachen nochmals
lose aneinanderzureihen, auf annähernde Vollständigkeit können
seine Angaben schon deswegen keinen Anspruch machen, weil
nicht einmal die im Frühjahr 1898 erschienene Neuausgabe der
Regesten Rudolfs benutzt ist, die das frühere Material in vielen
Punkten ergänzt. Abgesehen davon ist auch an leichteren and
gröberen Versehen im einzelnen kein Mangel. S. 35 z. B. finden
sich in dem kleinen Abschnitt »Oberehnheim« drei Unrichtigkeiten:
die betr. Gerichtssitzung fand 1282, nicht 1283 statt; die Ver-
pfandung an die Zorn bereits 1275; als Beleg für die Belehnung
an Albrecht von Kagen hätte Gyss, Urk. Gesch. v. Oberehnheim
S. 39 angeführt werden müssen, Als. dipl. Nr. 747 spricht nnr
von der Belehnung an Beyer. Überhaupt ist die Art und Weise,
wie der Verfasser mit seinen Belegen verfährt, scharf zu rügen.
Selbst bei längeren Partieen (Schlettstadt, S. 36) finden sich unter
Umständen keinerlei Hinweise, und wenn dieselben gegeben werden,
sind sie grösstenteils so unklar und ungenau gehalten, dass sie
dem Leser kaum nützen und ebensowohl hätten wegbleiben
können.
Somit wird man nur bedauern können, dass die Arbeit dem
Druck übergeben ist. Hans Kaiser.
A. Meister, Der Strassburger Kapitelstreit 1583—
1592. Ein Beitrag zur Geschichte der Gegenreformation. Strass-
burg, J. H. Ed. Heitz, 1899. 428 SS.
M. bietet in diesem Buche den Abschluss seiner langjährigen
Studien zur Geschichte des Strassburger Kapitelstreites. Dass
diüser Streit aufs engste mit den Kölnischen Wirren gelegentlich
der Absetzung des Erzbischofs Gebhard Truchsess und der
Exkommunikation der drei Kölner protestantischen Domherrn
Solrns, Winnenberg und Wittgenstein im Jahre 1583 zusammen-
hing, war längst bekannt: Truchsess war ja Strassburger Dom-
dechant, und die drei andern waren auch Strassburger Dom-
Mucbrifleit schau und LUlerkturnotiun. gyg
tilulure, anderseits waren der Strassburger Bischof Johaan von
inderscheid und aghl (bezw, sieben) katholische Strassburger
ipitulare auch Milglieder des Köitier ICapitels und in diesem
Sgner des Truchsessen. Der leider zu früh verstorbene
, Losscn hat im Jahre 1890 eine aul reichem archivalischem
Lterial beruhende sorgfältij^e Studie über den Anrang des Strass-
Uyer Streits uud die An seiner Verknüpfung mit der Kölner
che veröffentliclil, welche die Ereignisse der ersten beiden
bre des Streites beleuchtet. Ritter hat dann in seiner Deutschen
»chichte 11 (i8q5) eine Übersicht über den Streit in grossen
I gegeben. M. hat für sein Buch nicht nur wettere band-
hriflliche Vorarbeiten Lossens benutzen können, sondern das
lamte erreichbare arcbivalische Material, darunter auch das
T. schon von ihm selbst früher edierte) römische, heran-
logcn und ist also wohlgerüstet an die Bearbeitung heran-
igangen. die er augenscheinlich mit grosser Sorgfah durch-
llühn hat.
Der Strassburger Streit ist ein Produkt der unter Papst
fegor XUI. eröffneten Offensivbewegung der katholischen Gegen-
formalion, die, durch die guten und unerwartet schnellen Erfolge
Köln ermutigt, nun auch in Strassburg dem Eindringen des
roicstantismus in das Domkapitel ein Ziel zu setzen suchte.
ier in der protestantischen Stadt, wo das Domkapitel kirchliche
inktionen lanf>st nicht mehr auszuüben hatte, da in der Dom-
rehe aeil 1559 keine Messe und kein sonstiger katholischer
Qtlesdienst mehr gehalten worden, war (wie anderwärts) seit
t JnhicD eine ganze Anzahl von lutherischen und reformierten
pinfaerren anstandslos rezipiert oder geduldet worden. Die
innherren sitze waren den Söhnen des höhern Adels vorbehalten;
gehörten zu dem Bereich dessen, was der evangelische
ifenstand bei der Verteilung der Konfessionen vor allem
ntreble, um die fetten Secundogenituren für seine Familie eu
und allmählich die Protestant isierung der Bischofssitze
isubahnen; die >FreistelIung< der deutschen HochstiTter war
das die protestantische Partei in Strassburg, wie in
ftln praktisch zu verwirklichen suchte. In Strassburg waren
583 im ganzen 7 unter 17 vollberechtigten Kapitularen prote-
iniisch. Wenn nun infolge der Kölner Niederlage der prote-
ibtiflchen Partei hier die Frage aufgeworfen wurde, ob der iiber
: Kölner verhängte Bann auch für ihre Strassburger Stellung
äUnng haben sollte, so lag für Gebhard Truchsess die Sache
pbl klar; er war verheiratet, rousste nach der Strassburger
is also abdanken; während die allein auf Grund des Über-
xum Protestantismus erfolgte Exkommunikation der drei
idern nach dem bisherigen Strassburger Usus nicht die Folge
I haben brauchte, dass sie ihre Pfründe verloren. Nicht das
t dem Beginn der protestantischen Bewegung in Deutschland
gst getrübte formelle kanonische Recht, sondern die Macht
68o Zeitschriftenschau und Litteratumotizen.
hatte zu entscheiden, wenn die zukünftige Regelung der Strass-
burger Domherren frage und ihres Bekenntnisses in katholischem
Sinne bewirkt werden sollte.
M. hat nun vor allem dargethan, dass — was nach der bis-
herigen Kenntnis unklar war — der Anstoss zum Konflikt
gegeben wurde durch den Bischof Johann, dessen religiöse Ent-
wicklung und selbständige Persönlichkeit er näher schildert und
dessen enge Beziehung zum Jesuitenorden seit 1579 er im ein-
zelnen aufhellt. Schon im Juli 1583 betrieb er die Wahl eines
neuen Dechanten an Stelle des Gebhard Truchsess; er eröffnete
damit den Kampf und organisierte ihn, so dass im Dezember
sieben katholische Mitglieder des Kapitels ein förmliches Aus-
schliessungsdekret gegen die Gebannten fassten. Sie traten
dabei falschlich auch im Namen der abwesenden Mitglieder des
Kapitels auf. In solchen Dingen war aber die Gregenreformations-
bewegung überhaupt nicht skrupulös. In Köln erhielt kurz vorher
im März 1583 in tiefem Geheimnis der päpstliche Bevollmächtigte
Minucci aus der päpstlichen Kasse die erforderlichen Gelder
übermittelt ausdrücklich zum Stimmenankauf der dortigen Kapi-
tulare — so wurde hier die vielgerühmte Trienter Reform
praktisch geübt. Nun verweigerte in Strassburg die katholische
Majorität den exkommunizierten Domherren die fernere Zulassung
zum Kapitel und wählte an Stelle Gebhards dessen schärfsten
Kölner Gegner, den Herzog Friedrich von Sachsen, zum Dechant.
Die Exkommunizierten protestierten aber, fanden Rückhalt bei
der protestantischen Stadt und ergriffen die Offensive im August
1584, indem sie den Bruderhof, das Kapitelshaus, besetzten.
Durch den Rückhalt bei der Stadt lagen hier die Dinge
ungleich günstiger für die protestantische Partei, als in Köln,
wo die katholische Haltung der Stadt so wesentlich zum Sieg
der römischen Partei beigetragen hatte. Es begann das beliebte
diplomatische Spiel: Bischof, Stadt, Landstände, Kaiser, Nuntien,
katholische und protestantische Stände im Reich, daneben Eid-
genossenschaft und Lothringer verhandeln, vermitteln, ernennen
Kommissionen, bewirken Tagfahrten, Gesandtschaften — ein
wirres, ermüdendes Spiel der verschiedenen Interessen gegenein-
ander, überall mit dem gleichen Kennzeichen mangelnder Exe-
kutive. Der Kaiser trat hier wie in Köln sofort zu Gunsten
der katholischen Sache auf, die überall ihr Glück versuchende
Hand Johann Kasimirs ebenso für die andere Partei, aber zn
energischem Eingreifen kam es nicht. M. hat die zahllosen
Fäden dieses Treibens, in dessen Monotonie die bei Todesfällen
einzelner Kapitulare entstehende lebhafte Wahlbewegung und
der Plan einer bischöflichen Koadjutorie, um der zukünftigen
Hischofswahl zu Gunsten der katholischen Partei zu präjudizieren,
einiges Leben brachte, ausführlich dargelegt und der minutiösen
Darstellung der Reibungen und des kleinen Kriegs zwischen
den Parteien in Strassburg selbst eine wahrhaft entsagungsvolle
a und Litteratamtiliien,
681
lobe gewidmet. Die allgemeine kirc he 11 politische Frage, um
le CS sich in Sirassburg handelte, war ja die herkömmliche in
Icser Epoche der deutschen Religionskriege: die Auslegung der
wcidculigen Bestimmungen des Rel igi ons frieden s; die ganze
Peinlichkeit und geistige Öde der Zeit führt hier in Strasshurg
»Boaders die Behandlung des Kalenderstreits (S. 135 (F.) typisch
»■ Augen. Die sorgfällige und objektive Feststellung des Details
>r thataäch liehe II Vorgänge ist das Ziel, das der Verfasser
:incm umfangreichen Buch gesteckt und das er auch vollkommen
ncicht hat.
Ende des Kapitelstreits war beim Tod des Bischofs
|,<i92) eine zwiespältige Bischofswahl, das Auslaufen des Kapitel-
^Ites in den Bis cbufs streit, der hier wie am Niederrhein den
«artigen Nachbarn des Reichs in reichem Masse die
unechte Gelegenheit bot, in die deutscheu Geschicke einzu-
reifen und am Rhein Fuss xu fassen. Joseph Hanstn,
Jacob, Karl, Slrassburgische Politik vom Austritt
: derUnion bis zum Bündnis mit Schweden (1621 - 321.
issburg i. E., C. F, Schmidt, 1899. VIII u. 147 S.
Die im Aschaflenburger Vertrag vollzogene Lossagung Slmss-
j;a von der UnioD brachte, obwohl im Einklang mit seiner
defensiven Auffassung jenes Bundes, die sowohl in der
ise der Bevölkerung als den regierenden Räten ganz über-
legend antikaiserliche, protestantische Stadt in eine völlig schiefe
%t: Mangel an Energie und Machtmitteln hielten sie von dem
lU fem. auf welchen sie gehörte, während doch ihre wicb-
iten Interessen umgekehrt wieder den Anschluss an die Gegen-
'tel verboten. Der wesentliche Inhalt der von Jacob Dach den
dtjschen und bischöllichen Akten tn übersichtlicher Gruppierung
IT Bustührlich behandelten Epoche ist daher kein anderer, als
\ allmähliche, mehr durch die Ivreignisse als eigene PIntschlüsse
' le Rückkehr Strassburgs in seine natürliche Position durch
Phasen einer machtlosen Neutralitätspolitik hindurch.
Verfasser schildert zunächst die Zeit der Einbrüche
tnsfelds ins FJsass, die abwechselnd von ihm und seinem
•gner, dem Erzherzog* Bischof Leopold, an die Stadt gerich-
Forderungen nach direkter und indirekter Unterstützung,
die vorsichtige Zurückhaltung des Rates gef^en beide
trtefen. Die wirkliche Gefahr begann für die Stadt n;ich
ft Siegen des Kaisers in Niedersachsen. Dass auch sie seil-
tOi obwohl weniger als andere , unter Einquartierungen und
mtribmionen zu leiden hatte, war das geringere; entscheidend
\x, dass jetzt zwei spciißsch slrassburgische Strcillragcn von
aem zur Diskussion gelangten. Die eine, unwichtigere betraf
t noch immer unvollendete Entscheidung über die pruleatan-
cbeii Dom kapitu Iure ; widerstandslos fügte sich Strassburg .Mai
127 deio kaiserlichen Mandat, welches nach dem Ablauf der
582 Zeitschriftenschau und Litteratumottaen.
letzten Verlängerung des Hagenauer Provisoriums den ganzen
Kapitelbesitz den Katholiken überwies. Um so hartnäckiger
widersetzte sich die Stadt dagegen der bald darauf eröffneten,
auf die Restitution des Münsters und der beiden St. Peters-
kirchen gerichteten Aktion des Bischofs Leopold Wilhelm. Ihre
Rechtslage war ungünstig, da die 1560/61 vorgenommene Ein-
ziehung der drei Kirchen wegen der 1549 in Strassburg voll-
zogenen teilweisen Restauration des Katholizismus allerdings eine
Verletzung der hier freilich nicht angenommenen Städteklaasel
des Religionsfriedens bedeutete; die Verurteilung der Stadt —
etwa Mai — 1630 war darum formell schwer anfechtbar und
entsprach überdies der seither im Restitutionsedikt einseitig auf-
gestellten Norm. Mit wie ungewöhnlicher Milde die kaiserlichen
Offiziere auch die Unterwerfung Strassburgs betrieben, die Stadt
ward dennoch durch diesen Streit schrittweise ins protestantische
Lager geführt. Sie protestierte in Regensburg, nahm am Leip-
ziger Konvent teil, verweigerte die Zahlung der Kontribution und
machte eine Anleihe bei Frankreich, um endlich, als Anfang
1632 die vorläufige Zurückhaltung Richelieus entschieden war,
am 7. Juni 1632 die von den Räten lang vermiedene, unver-
meidliche Allianz mit Gustav Adolf zu unterzeichnen und daniit
von neuem Partei zu ergreifen. Th, Ludwig,
In seiner Quellenstudie: Aus den Kanzleiprotokollen
des Bistums Strassburg um die Zeit des westphälischen
Friedens (Zabern, Gilliot, iSqq) verwertet A. Adam in
geschickter Weise die Einträge eines Protokollbandes der Strass-
burgischen bischöflichen Regierung, der sich vereinzelt im Zaberner
Stadtarchiv erhalten hat. Diese Einträge umfassen die Zeit vom
Dezember 1645 bis zum Dezember 1647 ^'^^ werfen ein helles
Licht auf die Zerfahrenheit und Ohnmacht der bischöflichen
Regierung, die Geldverlegenheiten des Bistums, die Prätensionen
der Franzosen in Zabern und die Mission Johanns von Giffen
als bischöflichen Gesandten beim Friedenskongress in Münster.
Ff. \\\
Im Juli-August-Heft des Jahrgangs 1899 bringt die Revue
Historique endlich nach sechsjähriger Pause den Schluss des
Aufsatzes von X. Mossmann: La France et TAlsace apr^s
la paix de VVestphalie, in dem wesentlich nach den Berichten
der Colmarer Gesandten Birr und Schneider die Bemühungen
der elsässischen Reichsstädte beim Kaiser und beim Reichstag
in Regensburg während der Jahre 1653 und 1654, ihr Verhältnis
zum Reich %^%^Ti die Forderungen der Franzosen aufrecht zu
erhalten, dargestellt werden. W, W,
Im Auftrage der städtischen Archivkommission zu Pforzheim,
unter dessen Bürgerschaft sich in jüngster Zeit der Sinn und das
II nnd LittentaniDtieeii. 683
teresse für die vate isla d tische Geschichte wieder lebhaft regen,
BTöffemlIchtLeonbardK.orth (Urkunden des Stadtarchives
1 Pforzheim. PforzheiiD, Klemm. 128 S.) teils im Wortlaut,
in Regestform 50 Originalurkunden des von ihm neu-
mrdneten Stadtarchives, die den Restbestand seiner ehemaligen
Frkunden schätze bilden und in die Jahre 1480 — 1777 fallen,
- unter ihnen als wichtigste den Verfassungsbrief Markgraf
Sirislophs von 1491 und die Tucherordnung von 1 497. Hei-
elügt sind einige erläuternde Anmerkungen und ein Orls- und
erso nenn amen Verzeichnis; in einem .\nhange wird neben einigen
kercn Pforzheiroer Urkunden des Grossh. General landesarchivs
Bch die bekannte Flössereiordnung für Wurm, Nagold, Enz und
leckar vom Jahre 1342 nach dem neuerdings in Stuttgart wieder
ItTgefundenen Originale abgedruckt und eine Reproduktion des
tziern mittels Lichtdruck gegeben. K, O.
F.vonWeechs Geschichte der Stadt Karlsruhe
Ind im Laufe des Jahres die drei ersten Lieferungen des dritten
id letzten Bandes erschienen, welcher der Regierungsperiode
roBsherxog Friedrichs gewidmet ist. Der erste Abschnitt behandelt
B Sussem Vorgänge bis zum Jahre 187J, das mit der Kin-
bning der Slädleordnung einen Markslein in der Geschichte
1 städtischen Gemeinwesens bildet, und bietet einen vortreff-
Chen Oberblick über diese bewegte, an bedeutsamen Begeben-
I überaus reiche Zeit, den .Aufschwung insbesondere des
(»tilJEchen Lebens, die Stellungnahme der Büi^eischaft zur
Ifisung der deutschen Frage, ihr Verhalten in den beiden
Eriegen von 1866 und 1870, wie nicht minder ihren Anteil an
ncrn Politik des engern Heimatlandes, der sie eine Reihe
. wichtiger, die freiere Entwicklung des Gemeinwesens
irdemder Reformgesetze zu verdanken hatte. Der zweite Ab-
^nitt, der sich den innern Verhültnissen und Zuständen der
lädt zuwendet, schildert, soweit er vurliegt, das Wachstum der
' marknng, die aufsteigende Bewegung der Bevölkerung und
I StsdterweiteniDgs plane bis zur Mitte der 70" Jahre.
Das neue Sammelwerk )Ausgewählte Urkunden zur Üeui-
Steo Verfassungsgeschichte von G, v. Helow und F. Keuigent
I von F. Keutgen mit dem ersten Halbband der Urkunden
ir Städtischen Verfassungsgeschichte (Berlin, V.. Felber
JCVZI w. 224 S. 8". M. 3.60) eröffnet. Die auf drei Bände
«chnete Publikation soll eine Ergänzung der vorhandenen
bellenwerke zur deutschen Verfassungsgeschiohte bilden, sowohl
sichtlich der Vielseitigkeit des Inhalts wie der räumiiclicn
BSdebDUng der in Betracht gezogenen Gebiete. Es sollen alle
IchÜgeD Seiten des öffentlichen Lebens Berücksichtigung finden.
Wmo 'vie die hauptsächlichsten Landschaften Deutschlands
knngecogen werden, freilich nicht mit schematischer Gleich-
684 Zeitschriften schau und Litteraturnotizen.
mässigkeit, wohl aber nach Massgabe ihrer Stellung in der Ent-
wicklungsgeschichte der deutschen Verfassung.
Das Werk ist mit Rücksicht auf seinen speziellen Zweck,
als ein Handbuch für Studierende und zum praktischen Gebraudi
für den zu dienen, der sich in bequemer Obersicht über alles
einschlägige Quellenmaterial rasch orientieren will, vortrefflich
angelegt und nach recht verstandigen, von kleinlicher Pedanterie
freien Editionsgrundsätzen bearbeitet. Die weite Fassung der
Begriffe »Urkunden« als historische Zeugnisse im allgemeinen
(einschliesslich der Akten) wie »Verfassung« mit Beziehung auch
auf das wirtschaftliche Leben hat ihre volle Berechtigung. Die
Sammlung beschränkt sich grundsätzlich auf gedrucktes Material,
das unter Zuziehung der gesamten Litteratur mit umsichtiger
Sorgfalt verwertet wird.
Der erste Abschnitt behandelt den Ursprung der Stadt-
verfassung, wofür auch zahlreiche Beispiele aus oberrheinischen
Landen gewählt sind, so von Speyer, Strassburg, Villingen, Wein-
heim, Allensbach, Radolfzell. Im zweiten Teil werden die
Stadtrechte von einer Reihe deutscher Städte mitgeteilt, u. a.
von Sirassburg, Freiburg, Hagenau, Annweiler, Dürkheim. Der
zweite Halbband wird der Betrachtung »des städtischen Wesens
zur Zeit seiner Blüte« gewidmet sein. K, Brunner,
Georg Levi, Zur Geschichte der Rechtspflege in der Stadt
Strassburg i. Eis. Strassburg, L. ßeust 1898. 103 S.
Die als Festschrift zur Eröffnung des neuen Gerichtsgebäudes
im Auftrag des Ministeriums veröffentlichte Abhandlung lenkt in
dem Moment, in welchem die Gerichte Strassburgs in eine neue
und würdige Stätte einziehen, den Blick zurück in die geschicht-
liche Vergangenheit der Strassburger Gerichte. Die Festschrift
verstärkt dadurch in wirksamer Weise den Eindruck des Ein-
zuges in das neue Gebäude als eines geschichtlich bedeutsamen
Ereignisses; sie giebt aber noch ein Anderes: sie bietet uns
durch eine sorgfältige und feinsinnige Darstellung der Entwicklung
des Strassburger Gerichtswesens einen wertvollen Beitrag zur
deutschen Rechtsgeschichte, insbesondere zur Geschichte der
Gerichtsverfassung.
Der Verfasser zeigt uns die Entwicklung des Gerichtswesens
von den Tagen, in welchen der Schultheiss auf dem Markt bei
St. Martin — dem heutigen Guttenbergplatz — seines Anotes
waltete, bis auf die Zeit, in welcher das Revolutionsgericht vor
seiner ersten Sitzung von der Guillotine begleitet und von tausend
Soldaten umgeben einen feierlichen Umzug durch die Stadt hält;
und er zeigt uns die Entwicklung des Gerichtswesens als in
ständigem causalen Zusammenhang stehend mit der Entwicklung
des ganzen städtischen Verfassungslebens. Und dadurch, dass
der Verfasser es versteht, in seine Darstellung die Schilderang
lokaler Eigentümlichkeiten zu verflechten — wir lernen z. B. die
Zeitschriftensehau und Litteraturnotizen. 53 S
^olle kennen, welche die Geschlechter der Zorn und der Müllen-
leim im Leben der Stadt spielen, wir sehen die Örtlichkeiten,
n welchen, das Urteil gesprochen und vollstreckt wird —
.ewinnen die Bilder, welche uns die Abhandlung giebt, lebhafte
'arben. So betrachten wir die hübschen Photographien der
Itrassburger Gerichtsgebäude, die der Festschrift beigegeben
ind, in dem Gedanken, dass uns interessierende Dinge sich
kier abspielen, dass uns bekannte Personen hier ein und aus-
gehen.
Die vom Verfasser benützten Urkunden — insbesondere die
>tadtrechte — bieten nun über das, was in der vorliegenden
>chrift mitgeteilt werden konnte, hinaus noch viel für die Rechts-
^eschichte Interessantes. Möchte die sehr dankenswerte Abhand-
ung Levis zu weiteren Arbeiten in dieser Richtung Anregung
jeben! C ^.
Kurt Käser, Politische und soziale Bewegungen im
leutschen Bürgertum zu Beginn des i6. Jahrhunderts
nit besonderer Rücksicht auf den Speyerer Aufstand im
ahre 151 2. Stuttgart, W. Kohlhammer, 1899. VIII u. 271 S.
Im Vorwort bezeichnet der Verfasser als Zweck seiner Arbeit,
;u zeigen, in welchen Formen und nach welcher Richtung hin
iie revolutionäre Stimmung, von welcher das deutsche Volk zu
Vnfang des 16. Jahrhunderts ergriffen war, speziell in den Kreisen
les Bürgertums zum Ausdruck kam. An einer zusammenfassenden
Darstellung dieser Art habe es bisher gemangelt, und doch sei
las in Rede stehende Thema heute sozusagen aktuell geworden
lurch die Polemik, welche sich zwischen Lamprecht und Lenz
iber den Charakter der städtischen Revolutionen des 15. und
16. Jahrhunderts entsponnen habe. Damit hat er den weiteren
Ivreck verbunden, über ein bestimmtes Kreignis, den Speyerer
Vufstand von 15 12, auf Grund eingehender archivalischer For-
schungen neues Licht zu verbreiten.
Hiernach behandelt Käser in der Einleitung zuerst die
»ozialen Verhältnisse in den Städten um die Wende des 15. und
16. Jahrhunders (S. i — 17) und schildert sodann den allgemeinen
[Charakter der Bewegungen des 15. Jahrhunderts und das erste
Vuftreten sozialistischer Tendenzen in den Städten (S. 1 7 — 33).
!)ie eigentliche Arbeit zerfällt in zwei Abschnitte, wovon der
sine die städtischen Revolutionen in den Jahren 150g — 15 14,
ind zwar zunächst den Speyerer Aufstand von 1512 (S. 34 — 157)
ind im Anschluss hieran die übrigen Städteaufstände der Jahre
1509 — 15 14 (S. 157 — 185), der andere die städtischen Be-
legungen im Zeitalter der Reformation (S. 180 — 260) zum
Gegenstand hat.
Dass die Einfügung einer besonderen Monographie über dan
>peyerer Aufstand von 15 12 in eine Abhandlung, welche in
illgemeinen Zügen ein möglichst vollständiges Bild von den zu
686 Zeitschiiflenschau und Litteratomotizexi.
Beginn des i6. Jahrhunders im deutschen Bürgertam überhaupt
wirksamen revolutionären Impulsen zu entwerfen bezweckt, der
Komposition der Arbeit in Bezug auf Einheitlichkeit uiui
Geschlossenheit nicht gerade zum Vorteil gereicht, hat der Ver-
fasser sich selbst nicht verhehlt. Im übrigen werden ihm alle
Freunde rheinischer Geschichte dankbar sein für die gründliche
Durcharbeitung und erschöpfende Verwertung des auf diese
Episode bezüglichen weitschichtigen Materials. Die ganze Dar-
stellung gestaltet sich zu einer glänzenden Ehrenrettung des von
seinen eigenen Bürgern eine Zeit lang so hart gescholtenen
Speyerer Stadtrates von 1 5 1 2 und beweist , wie vorsichtig man
sein muss, ehe man den in den Parteikämpfen jener Zeit von
den erhitzten Massen gegen die Regierenden geschleuderten
Anschuldigungen Glauben schenkt. Selbst Käser scheint S. 108
(vgl. auch S. 15) geneigt, aus einer Reihe von Beschwerde-
artikeln, welche die Gemeinde zu Speyer der kaiserlichen Unter-
suchungskommission übergab oder übergeben wollte, zu folgern,
dass damals in den Finanzämtern der Stadt eine tadelnswerte
Leichtfertigkeit und Pflichtvergessenheit geherrscht habe, während
er S. 65, 125, 134, 138, 150, 158, 182 anerkennt, dass der
Rat vollständig gerechtfertigt und mit allen Ehren aus dem
Kampfe mit der argwöhnischen und gereizten Bürgerschaft her-
vorgegangen sei.
In dem Streite zwischen Lamprecht und Lenz über Ursprung
und Ziele der städtischen Bewegung nimmt Käser einen ver-
mittelnden Standpunkt ein, indem er zeigt, dass dieselbe nicht
einseitig proletarisch-sozialistischer Natur war, aber ebensowenig,
ausschliesslich vom Handwerkerstande getragen wurde und nur
dessen Interessen diente, sondern dass in Wahrheit beide
Schichten des Bürgertums, Mittelstand und Proletariat, daran
beteiligt waren. Und er kommt zu dem Schlüsse, dass, so
unfruchtbar, so widerwärtig zum Teil in ihren äusseren Formen
diese soziale Bewegung des Bürgertums sich unserem geistigen
Auge darstelle, wir sie auffassen müssen als eine Erscheinung,
welche mit Notwendigkeit dem durch Generationen bereiteten
Boden entkeimte, als eine Folge der gewaltigen Erschütterung,
in welche die Reformation den ganzen sozialen Organismus ver-
setzte, als die unvermeidlichen Geburtswehen, denen ein neues
Zeitalter sich entrang.
Käser geht, soweit irgend möglich, überall auf die ersten
Quellen zurück und zeigt, indem er die Geschichte aller Städte,
der norddeutschen wie der süddeutschen, welche an jener weit-
reichenden Bewegung Anteil nahmen, in den Kreis seiner Unter-
suchungen zieht, eine erstaunliche Belesenheit in der historischen
Litteratur. Dabei erweist er sich durchaus als Forscher von
selbständigem Urteil, namentlich auch in der Art, wie er
Laraprecht gegenüber den verschiedenen Charakter der städtischen
Revolutionen zu Beginn des 16. Jahrhunderts und derjenigen
^uchiinenschou und XJtteiatoiiiotitM.
687
M 14. und 15. Jahrliunijerts betont; denn wie jene vorwiegend
izialistischer Natur waren, veranlasst durcb den Gegensatz von
nn und Reich, so waren diese in der Hauptsache politischer
,rl und beiweckten, der bis dahin durch das Patriziat in Unter-
irfigVeit erhaltenen zünftigen Bürgerscliafl den gebührenden
inieil am Stadtregimenl zn erobern,
Fürth. Ihr Her.
Ober den Verfasser des im 16. jnhrh. überaus beliebten
LrüüterbucheB Hieronymus Bock (genannt Tragus), der als
Irediger, Atzt und Bolaniker tUätig war (14138— 1554J, giebt es
och keine , auch nur bescheidenen Ansprüchen genügende
iographie. Nachdem unlängst Mayerhofer im Hist. Jb. d.
r6rrcs-Ges, 17, 765—99 einige wertvolle Beitrage zu seiner
ebensgesclnchte gelier*-[t (vgl. ZGORh. XU, 18z). bietet Roth
I den Mitt. des Hist. Ver. der Pfak (Band XXIll. ^5— 75J
Inen guten Abriss des Lebens und Wirkens diesRB vieJEeitigen,
nf die Bildung seiner Zelt ziemlich einllussreichen Mannes. Als
rcburtsoil Bocks dürfte jetzt endgiltig Hcidelsheim bei Breiten
uusehen sein. Sein Aufenthalt war fast ununterbrochen im
lerzogtum Zweibrücken, Dit? Bedeutung seiner Thätigkcit liegt
Uf botanischem Gebiet, wo er sieh durch eigene treffliche Natur-
feobachlung auszeichnet. Roth behandelt namentlich eingehend
botanische System Bocks, Die sorgfältig ausgearbeitete
ibliographie seiner Schiiften verdient besondere Anerkennung.
K. Br.
Ober den lauge Zeit in Strassburg ansässigen und aus seinem
trette mit den dortigen protestantischen Geistlichen bekannten
tigusllnermönch Conrad Treger, 1518— 1542 Provinzial der
lelniscb-schwäbischcn Provinz, handelt Nicolaus Paulus (»Der
itholik« 3. Folge, XVIll. Band S. 439—447 u, 511—534) in
JDgoren Ausführungen, die für die Zeit bis 1530 siemlich viel
laterial beibringen und manche Angabe in älteren Darstellungen
irlchtigen dürften, P. sucht Treger namentlich gegen die zuerst
>n Capito aufgestellte Behauptung in Schutz zu nehmen, dass
■ anfangs der neuen Lehre gewogen — während eines Auf-
Dlltaltcs in Rom seine Meinung aus äusseren Rücksichten
eändert habe. Seltsam, dass wir über die Schicksale dieses
rragcnden Vorkämpfers des alten Glaubens in den letxten
irülf Jahren seines Lebens so gut wie gar keine Kunde haben.
Hani Kai
Die Arbeit von J. May über Paul Volz von Offenburg
ad die Annalcn von Schutlcrn (Leipzig, Fock. I8q8. 8".
3 S.) bietet nur wenig Neues von Wichtigkeit, da sie bei Dar-
»UuDg von Voll' Lebenslauf tichr weBentllch auf den von
Abridt in den >Mittei!ungen aus der Geschichte der evan-
tuhr. f. Geiih. d. Obuih. N. F. XIV. 4. 4;
538 Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen.
gelischen Kirche des Elsasses« (Bd. III, S. 203 ff.) und in seiner
»Geschichte der Reformation im Elsass« gemachten Angaben
beruht, während die Kritik der Annalen von Schuttern bereits
im VIII. Band dieser Zeitschrift (N. F.), S. 256—288 vom Ver-
fasser einmal behandelt worden ist. Zu erwähnen ist die Mit-
teilung von vier ungedruckten Briefen, die auf Volz Bezug haben
und für seine Stellung in der Reformationsbewegung charak-
teristisch sind. K, Br,
Josef Neff behandelt in einem dritten (Schluss-) Teil den
oberrheinischen Humanisten Philipp Engelbrecht Engen-
tinus (Beilage zum Programm des Progymnasiums in Donau-
eschingen für 1898/99. 4O. 24 S.) als Schriftsteller. Engelbrecht
war als solcher sowohl wissenschaftlich auf dem Gebiet der
klassischen Philologie, wie auch dichterisch thätig. Als Nach-
folger Baidungs hatte er seit 1516 den Lehrstuhl für humane
Wissenschaften und Dichtkunst an der Artistenfakultät der Uni-
versität Freiburg inne. Von seinen poetischen Erzeugnissen, die
in die Zeit von 151 1 — 15 19 fallen und ihn weniger als Künstler,
denn als geschickten Gelegenhcitsdichter zeigen , sei das »Lob
der Stadt Freiburg« (15 15) erwähnt, wofür ihm eine besondere
Anerkennung seitens der Universität zu teil geworden ist. Eine
Neuausgabe des Gedichtes hat Neff im 12. Heft der »Latei-
nischen Litteraturdenkmäler des 14. und 15. Jahrh.« (Berlin 1896)
veranstaltet. K, Br.
Das >.'Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels^ XX
(Leipzig 1898) enthält ^\\\ ungemein fieissig ausgearbeitetes
Register über die ersten 20 Bände dieser Publikation des ßörsen-
vereins, bearbeitet von Phil. Vor haue r. Alle, die sich für die
Geschichte des elsässischen Buchgewerbes interessiren, finden da
Nachweise vieler einschlägiger Artikel, darunter allerdings auch
manches Minderwertige und viel Veraltetes. —h.
»Der deutsche Cicerone < von G. Ebe behandelt in seinem
III. Bande (Leipzig 18981 die deutschen Malerschulen. Inner-
halb der verschiedenen Zeitabschnitte werden die Leistungen der
einzelnen Landschaften zusammengestellt. So finden sich auch
viele, zum Teil ausführlichere Notizen über Baden und das
Elsa SS. Das Buch ist eine fleissige Kompilation und macht in
seineil Ausführungen keinen Anspruch auf besondere Tiefe und
Gründlichkeit. Trotz mancher Nachlässigkeiten in den Angaben
kann dieser i^Cicerone« zur schnellen Orientierung doch aU
I^ührer dienen. — h.
In einer kleinen Schrift behandelt Hans Hof f die »Passions-
darstellungcn« Albrecht Dürers (Heidelberg 1898). In dem ersten
Zeitschriftenschau und Litteraturnotizen. 58q
Abschnitte werden die Anlehnungen Dürers an frühere Meister
besprochen. Hierbei wird auf Seite 8 ff. nachgewiesen, wie eine
Anzahl Kupferstiche Martin Schon gauers verschiedene Dürer*-
sche Blätter beeinflusst haben. — h.
Das »Centralblatt der Bauver\valtung« Band XVIII (Berlin
1898) enthält auf S. 413 ff. einen Aufsatz von Hugo Wagner
»Die frühgothischen Teile der Münster in Strassburg,
Freiburg und Breisach und ihr Meister.« Der Verfasser
sucht die Ansicht seines Lehrers, des bekannten Oberbaurats
Schäfer zu erweisen, dass die frühesten gothischen Bauteile der
obengenannten Kirchen von demselben Meister herstammen. Er
zeigt (unter Beifügung von Abbildungen) die Übereinstimmung
der Konstruktionsgedanken und die Verwandtschaft der Kinzel-
fonnen. Die Entstehungszeit der zu einander in Beziehung
stehenden Stücke jener Bauwerke wird mit Benutzung urkund-
licher Nachrichten durch Schlussfolgerungen festzustellen ver-
sucht. Dass der Meister der frühgothischen Bauteile sich in
Frankreich gebildet haben muss, wird mit Dehio angenommen,
der schon früher den P^inlluss von St. Denis auf die Bauweise
am Strassburger Münster klar nachgewiesen hat. — h.
In den »Würltcmbergischen Jahrbüchern für Statistik und
Landeskunde«, }alir 1898. Teil I, 37 ff. bespricht Max Bach
>Alte Ansichten von Kloster Weingarten^; einige der-
selben stammen aus Cod. 4^ der in der Stuttgarter Kgl. Bibliothek
rcrwahrten Bucelin'schen Manuskrij)te , wo sich , wie Verfasser
:>emerkt, noch zahlreiche andere, in den Jahren 1630- 50 ent-
ÄTorfene Prospekte von Klöstern des Konstanzer Sprengeis, u. a.
luch von Si, PeUr, finden. A'. ü.
»Bausteine zu einer Geschichte der Musik im Elsass«
lennen sich einige Serien von Aufsätzen, die Abbu M. Vogel eis
;n Jahrg. XV u. XVI. der ^Cacilia« (Strassburg 1898 99) ver-
jtfentlicht hat und weiterführen wird. Dass sich für das Gebiet
Jer elsassischen Musikgeschichte endlich ein eifriger und ver-
itändnisvoller Bearbeiter gefunden hat, ist mit Freude zu
^egrüssen. P-s muss als auffällig bezeichnet werden, dass in
ilem sangesfrohen Elsass seit Lohsteins Beiträgen zur Geschichte
Jer Musik im Elsass (1840) kein Werk erschienen ist, welches
die musikalischen Leistungen dieser Landschaft übersichtlich vcr-
ceichnet. Das Bedürfnis eines solchen winl all,Lj:emein empfunden,
sodass sich Abbe Vogeleis ein Verdienst erwerben würde, wenn
er seine ^Bausteine*^ allmählich zu einem fertigen Bau zusammen-
fügen wollte. Unter den Artikeln, die er bisher erscheinen liess,
jehandeln zwei die elsässisclien Musiklheoreliker Ottomar Luscinius
1'*
45
6qo Zieitschriftenscluia und litteratiirnoticen.
von Stxassburg (1487 — 1537)1 den bekannten Humanisten, und
Konrad von Zabern (1450—84), der auch als deutscher Dichter
sich versuchte (vgl. Strassb. Studien III, S. 238 f.). Sehr lehr>
reich ist dann das Bild, welches von dem tüchtigen Komponisten
Georg Muffat aus Schlettstadt (ca. 1640— 1704) entworfen wird.
Er studierte sechs Jahre lang in Paris unter Lully den französischen
Instrumentalstyl, wurde dann Organist des Strassburger Hochstifts
in Molsheim und wanderte später nach Österreich aus, wo sein
reiches Talent erst recht zur Entfaltung kam. Der letzte Aufsatz
beschäftigt sich mit der Reorganisation der Kirchenmusik in
Strassburg nach 1681.
Von besonderem Interesse wird für die Leser dieser Zeit-
schrift die Nachricht sein, dass Abb6 Vogeleis vor kurzem in
einer Frager Handschrift einen unbekannten Musiktraktat von
Twinger von Königshoven, einen »Tonarius« entdeckt hat,
mit dessen Herausgabe er soeben beschäftigt ist.
In den »Monatsheften für Musikgeschichte« XXX (1898)
wird S. 112 auf eine am Strassburger Münster (oberhalb der
Plattform) angebrachte Musik-Inschrift aufmerksam gemacht.
Die kurze Notiz giebt auch die eingemeisselte »Melodiet wieder.
Es wird die Vermutung ausgesprochen, dass der Türmer diese
Melodie zu blasen hatte. Möglicherweise ist es aber der Anfang
eines geistlichen Liedes. Vielleicht kann ein musikkundiger
Freund dieser Zeitschrift das Rätsel lösen. — h.
Ein in die königl. Bibliothek zu Parma verschlagenes Strass-
burger Missale aus den Jahren 1472 und 1479, das zwei
Foliobände (Nr. 1254 und 1255) umfasst und mit zahlreichen
Miniaturen geschmückt ist, beschreibt A. Postina in der Rom.
Quartalschrift XII, S. 453 u. f. Beide Bände sind, wie der
Augenschein lehrt, von derselben Person geschrieben, einer An-
gehörigen des in dem zwischen Abfassung des ersten und zweiten
Teiles liegenden Zeitraum ins Innere der Stadt Strassburg ver-
legten Magdalenenklosters. Da nach P. aus dem 15. Jahrhundert
kein gedrucktes Strassburger Vollmissale erlialten ist, wird sein
Wunsch nach einer eingehenden Durchforschung dieser Hand-
schrift wohl auf Berücksichtigung rechnen können.
Hans Kaiser,
.«21. 1890.
MITTEILUNGEN
der
Badisehen Historisehen Kommission.
Bericht
Aber die
Ordnung und Verzeichnung der Archive
und
Registraturen der Gemeinden, Pfarreien, Grundherrschaften,
Korporationen und Privaten des Grossherzogtums Baden
im Jahre 1897/98 durch
die Pfleger der Badischen Historischen Kommission.
I. Bezirk.
Die Amtsbezirke Messkirch» Pfullendorf, Stockach
und Villingen sind durch die Pfleger Pfr. Schappacher
in Menningen, Pfr. Löffler in Zell a. A., Pfr. Seeger in
Mohringen und Prof. Dr. Roder in Überlingen erledigt
worden.
Im Amtsbezirk Überlingen hat Prof. Dr. Roder die
Verzeichnung des PVarrarchivs von Überlingen zu Ende
gefuhrt, ebenso das Freiherrl. von Schreckensteinsche
Archiv in Billafingen erledigt. Es stehen nur noch wenige
Pfarr- und Gremeindearchive aus. Den Rest des ehemaligen
Klosterarchivs von Salem hat Pfr. Buttenmüller in Salem»
der an Stelle des in den Ruhestand getretenen langjährigen
Pflegfers Pfr. Udry die Pflegschaft für Überlingen-Land
übernommen hat, zu verzeichnen begonnen.
Vom Donaueschinger Bezirk bleibt nur noch die
Kapitelsregfistratur zu erledigen, die Pfr. Aichele in
Fürstenberg verzeichnen will.
Die Akten des Freiherrl. von Hornstcinschen
Archivs in Binningen (A. Engen) hat Frhr. Eduard von
Hornstein-Grüningen geordnet und teilweise verzeichnet
Min. d. Bad. Hiit. Kom. Nr. ai. I
mz Bericht
II. Bezirk.
Neue Verzeichnungen fanden im abgelaufenen Jahr in
diesem Bezirk nicht statt. Es bleibt noch zu erledigen
der Rest der Archive in den Amtsbezirken Neustadt,
Schön au und Tribcrg.
III. Bezirk.
UniversitLitsbibliothekar Dr. Pfaff in Freiburg hat von
den (remeindcarchivcn zu Wittenthai und Stegen (A. Frei-
burg) wie von dem Gemeinde- und Pfarrarchiv zu Siegelau
(A. Waldkirch) Verzeichnisse eingesandt, ferner von einer
Anzahl Pergamenturkunden der Freiburger Universitäts-
bibliothek Regesten geliefert.
Die (xemeinde- und Pfarrakten von Lautenbach (A.
Oberkirch i hat Stadtpfarrer Seelinger in Oberkirch
erledigt.
Die Bestände des umfangreichen Pfarrarchivs in
Breisach hat der Minorist Karl Rieder in Freiburg
verzeichnet.
Vom Amtsbezirk Offen bürg wird Prof. Platz in
Offenburg die Verzeichnung des Archivs der F'reiherrl.
Familie Xeveu von Windschläg vornehmen.
Aus dem Amtsbezirk Durlach hat Prof. Rolhmund
in Karlsruhe ein Verzeichnis des Pfarrarchivs zu Jöhlingcn
eingesandt.
Pfr. Ili Ispach in Auenheim hat die sämtlichen Ge-
meinde- und Pfarrarchive des Hanauerlandcs (A. Kelil)
erledigt und ausführlichen Bericht über seine Tliätigkeit
vorgelegt.
Die Pflegschaft des evangelischen Teils vom Amts-
bezirk Lahr hat Pfr. Mayer in Dinglingen neuerdings
übernommen.
IV. Bezirk.
Den Amtsbezirk Eberbach hat Bürgermeister Dr.
Weiss in Fl^erbach mit der Verzeichnung der Pfarrarchive
zu N<.'ckargerach und Strümpfelbrunn, sowie der Nachträge
zu den Archivalicn von Eberbach erledigt.
fiber die Ordnung und Verzeichnung der Archive u. s. w. niß
Im Amte Bretten hat Gemeinderat Wörner in Bretten
die Archive von Grölshausen (Gemeinde und Pfarrei), Rink-
lingen (Gemeinde und Pfarrei mit Filiale Ruith) und Diedels-
heim (Gemeinde) verzeichnet.
Das evangelische Pfarrarchiv zu Edingen (A. Schwetz-
ingen) ist von Prof. Mai er in Schwetzingen verzeichnet
worden.
Lehramtspraktikant Mechling, der sich mit Prof.
Maier in die Pflegschaft von Schwetzingen geteilt hatte,
ist im abgelaufenen Jahr gestorben.
Alit dem i. November 1898 ist eine Neucinteilung des
Grossherzogtums in fünf Pflegerbezirke getroffen worden.
Den neugebildeten Bezirk hat Stadtarchivar Dr. P. Albert
in Freiburg i. B. als Oberpfleger übernommen.
I»
I
Verzeichnis
der Pfleger der Badischon Historischen KommisiiN.
(Stand vom i. November 1898.)
Bonndorf:
Donauesching'en :
Engen:
Konstanz:
Messkirch:
PfiiUendorf:
Säckingen:
Stockach:
Überlingen, Stadt:
> Land:
Villingen:
Waldshut:
I. Bezirk.
Oberpfleger: Prof. EH*. Rodert
Vorstand der Realschule in Überlingen.
Landgerichtsrat Adolf Birken-
mayer in Freiburg L B.
Pfr. R. Aichele in Fürstenbeig.
Dek. Augustin Dreh er in Binningen.
Prof. a. D. Friedrich Eiselein in
Konstanz.
Pfr. Leopold Schappacher in Men-
ningen.
Pfr. Lor. Löffler in Zell a. A
Landgerichtsrat Adolf Birken-
mayer in Freiburg i. B.
Pfr. Seeger in Möhringen.
Prof. Dr. Roder in Überlingen.
Pfr. Otto Buttenmüller in Salem.
Prof. Dr. Roder in Überlingen,
Landgerichtsrat Adolf Birken-
mayer in Freiburg i. B.
n. Bezirk.
Oberpfleger: Stadtarchivar Dr. Albert in Freiburg i. B.
Breisach: Universitätsbibliothekar Dr. Friedr.
Pfaff und Oberstl, a. D, Freih.
V. Althaus in Freiburg L R
Freiburg : Dieselben.
Lörrach: Prof. Gg. Friedr. Emiein in Frei-
burg i. B.
Müllheim: Prof. Alb. Haass, Vorstand der
Höh. Bürgerschule in Müllheim.
Veneiduit der Pfleger der Bad. Hist. KommiisioD.
«»5
Neustadt :
St. Blasien
Schönau:
Schopfheim :
Staufen:
Waldkirch:
Landgerichtsrat Adolf Birken-
mayer in Freiburg i. B.
Derselbe.
Derselbe.
Prof. Gg. Friedr. Em lein in Frei-
burg i. B.
Pfr. Aloys Bauer in St. Trudpert.
Pfr. Job. Ev. Nothelfer in St.
Ulrich.
Kreisschulrat Dr. Bened. Ziegler
in Freiburg i. B.
III. Bezirk.
Oberpfleger: Prof. Maurer in Mannheim.
Achem:
Bühl:
Emmendingen:
Ettenheim :
Kehl:
Lahr, kathol. Teil:
> evangel. Teil
Mannheim:
Oberkirch:
Offenburg:
Schwetzingen:
Direktor Dr. Herrn. Schindler in
Sasbach.
Pfr. C. Reinfried in Moos.
Universitätsbibliothekar Dr. Friedr.
Pf äff und Oberstl. a. D. Freihr.
V. Althaus in Freiburg i. B.
Pfr. Karl Stritmatter in Mahlberg.
Pfr. Hilspach in Auenheim.
Pfr. Karl Stritmatter in Mahlberg.
Pfr. K. Mayer in Dinglingen.
Prof. Dr. Hub. Claasen in Mann-
heim.
Stadtpfr. Seelinger in Oberkirch.
Prof. Fr. Platz in Offenburg.
Prof. Ferd. Maier, Vorstand d. Höh.
Bürgerschule in Schwetzingen.
IV. Bezirk.
Oberpfleger: Archivrat Dr. Krieger in Karlsruhe.
Baden: Prof. a. D. Val. Stösser in Baden.
Bretten : Gemeinderat Gg. Wörner i. Bretten
und Hauptlehrer Leopold Feigen-
butz in Flehingen,
itxt Verzeichnis der Pfleger der Bad. Hist. Kommiuion.
Durlach: Prof. a. D. Ferd. Rothmund in
Karlsruhe.
Eppingen: Stadtpfr. Reimold in Eppingen.
Ettlingen: Hauptl. B. Schwarz in Karlsruhe.
Karlsruhe: Prof. Funk in Gemsbach.
Pforzheim: Prof. Dr. Karl Reuss in Pforzheim.
Rastatt: Prof. H. Breunig in Rastatt.
Triberg : Unbesetzt.
Wolfach: Pfr. E. Damal in Steinach.
V. Bezirk.
Oberpfleger: Prof. Dr. ^Villc in Heidelberg.
Adelsheim: Bürgermeister Dr. G. J. Weiss in
Eberbach.
Bruchsal: Prof. Msgr. Dr. Ehrensberger in
Bruchsal.
Buchen: Bürgermeister Dr. G. J. Weiss in
Eberbach.
Eberbach, Gemeinden: Derselbe.
» Pfarreien: Stadtpfr. Schuck in Eberbach.
Heidelberg: Dr. Sillib in Heidelberg.
Mosbach: Bürgermeister Dr. G. J. Weiss in
Eberbach.
Sinsheim : Unbesetzt.
Tauberbischofsheim: Prof. Msgr. Dr. Ehrensberger in
Bruchsal.
Weinheim Gemeinden u.
evang. Pfarreien: Stadtpfr. Alb. Jul. Sie v er t in Laden-
burg.
Weinheim kath. Pfarr.: Stadtpfr. Dr. Kaiser in Weinheim.
Wertheim, kath. Teil: Gemeinderat Ed. Zehr in Wertheim.
^ evang. Teil: Stadtpfr. Camerer in Wertheim.
Wiesloch: Prof. Dr. Seitz in Wiesloch.
Stammtafel der Grafen von Montfort
bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts.
Von
Otto Roller.
Die vorliegende Arbeit, der erste Versuch des kürzlich dem
Gr. Bad. Generallandcsarchive zugewiesenen Hilfsarbeiters für
systematische genealogische Forschung, ist im Anschlüsse an
die Regesten zur Geschichte der Bischöfe von Konstanz ent-
standen. Von dem ursprünglichen Plane, die Verwandtschafts-
verhältnisse des Bischofs Rudolf III. durch eine Tafel zu erläutern,
wurde allerdings erheblich abgegangen. Es zeigte sich nämlich,
dass die bisherigen genealogischen Tafeln dieses, auch für das
Gebiet des Oberrheins — infolge seiner Konstanzer Bezieh-
ungen — wichtigen Geschlechts teilweise ungenau waren, und
dass allen die nötigen Belegstellen zu jeder einzelnen Angabe
mangelten. Dem Stammbaume wurde nur gedrucktes Material
zu Grunde gelegt, weil er nicht den ausschliesslichen Zweck
einer Neubearbeitung der Genealogie dieses Geschlechtes verfolgt,
sondern zugleich ein Versuch sein soll, eine übersichtliche, zum
Nachschlagen geeignete Darstellung zu geben, welche möglichst
von Hypothesen absieht und alle Angaben^) urkundlich oder
wenigstens durch gleichzeitige Nachrichten sichert.
Die Tabelle bedarf nur weniger Erklärungen. Fortlaufende
Nummern erhielten nur die gebornen Glieder des Grafen liauses.
Die Zählung der Montforter Agnaten gleiches Namens geht
durch die Generationen, die Ordnungszahlen der Cognaten
wurden den Angaben der betr. neuern Autoren entnommen. Ein
Fragezeichen wurde in der Tafel gesetzt, wenn der Anschluss
einer Generation oder Person nicht aus den Quellen hervorgeht.
Auf der Tafel fanden der Übersichtlichkeit halber nur die Namen
der Personen nebst Angabe des Todesjahres Platz. Alles übrige
wurde unter die betr. Nummer verwiesen.
*> Mit einer Einschränkung, s. uiiten.
mS Roller.
Für die jeder Person beigefügten Zitate ihres (urkandlichen)
Vorkommens sind nicht alle benutzten Werke ausgeschöpft
worden; es hätte dies eine im Verhältnis zum Gewinn viel zu
grosse Mühe erfordert. Das gesammelte Material sollte aber
doch nicht unveröffentlicht bleiben. Natürlich beziehen sich
vielfach die aus verschiedenen Werken angeführten Regesten
auf dieselben Urkunden. Bei Zitaten in eckigen mit Frage-
zeichen versehenen Klammem ist die Einreihung unsicher
gewesen. Den Regestennummern wurde regelmässig in runder
Klammer die Jahreszahl beigefügt. Ein Kreuz hierbei weist
auf Erwähnung nach dem Tode. Wenn bei einer Person, welche
in den zugrunde gelegten Arbeiten genannt ist, kein quellen-
gemässer Beleg beizubringen war, wurde der Autor angeführt,
welchem die Nachricht verdankt wird. Derartige urkundlich nicht
gesicherte Montforter zu übergehen, schien nicht rätlich, weil
dre betr. Forscher vielfach bisher noch unveröffentlichtes Material
benutzten. Am Schlüsse wurde noch eine Zusammenstellung
von Nachrichten gegeben, welche bis jetzt keiner bestimmten
Person zugewiesen werden konnten, nebst einer, wenn auch
unvollständigen Sammlung von Namen der Mitglieder der beiden
churrhätischen Dienstmannenfamilien von Montfort,
(welche von der rheinpfälzischen Familie dieses Namens
zu scheiden sind). Diese Sammlung wurde wegen der Vor-
namen angefügt.
Da die Arbeit von dem Feldkircher Zweig ausgegangen
war, schien es genügend dieselbe bis zum Erlöschen desselben
fortzuführen. In dieser Zeit verlor das Grafenhaus seine Vorarl-
bcrgischen Stammlande bis auf wenige Überreste an das Hans
Ostreich, ein Vorgang, der sich auf der Stammtafel durch das
Erlöschen der beiden Vorarlberger Zweige zu Feldkirch und
zu Bregenz und die Auswanderung des noch überlebenden
Unterzweiges der Bregenzer Linie nach Steiermark widerspiegelt.
Mit diesen drei Ereignissen war ein naturgemässer Abschluss
gewonnen.
In der Montforter Grafenfamilie sind hauptsächlich die
Vornamen Hugo, Rudolf und Wilhelm, daneben noch Heinrich,
Friedrich und Ulrich vertreten. Der Name Hugo ist in der
Tübinger Grafenfamilie seit ihrem ersten Auftreten heimiscli
gewesen«), und blieb auch in allen Zweigen der Montforter
Familie in der hier behandelten Zeit gebräuchlich. Die beiden
nächst häufigen Vornamen sind Rudolf und Wilhelm. Der
erstere, fast ausschliesslich im Feldkircher Zweige vorkommend,
dürfte zugleich mit der Bregenzer Erbschaft an das pfalzgräfliche
Haus und seine Zweige gelangt sein. Allerdings scheinen die
Bregenzer ihn auch erst spät (durch Heirat?) erhalten zu haben;
*) Stalin II., S. 426 (Stammtafel der Tübinger Pfalzgr.) und Schmid.
Gesch. der Pfalzgr. v. Tübingen, Tafel I.
Die Stammtafel der Grafen von Montfort.
mg
ihr typischer Name war vielmehr Ulrich '). Auch dieser begegnet
nns bei Montforter Grafen, wenn auch nur seltener als Hugo,
und wieder vorwiegend in der Linie Feldkireh.
Die Tettnanger Linie bediente sich in fast allen Gene-
rationen und Zweigen des Namens Wilhelm, welcher zum
ersten Male, noch in der Gesamtfamilie, von Abt Wilhelm von
St. Gallen geführt wird. In den Häusern Wangen 2) und
Burgau *) ist, so weit ich sehe, dieser Name bisher nicht nach-
gewiesen. Er muss durch eine andere Verschwägerung erworben
sein. Die Namen Friedrich und Heinrich will Krüger (S. 1 16 f.)
mit dem Edelherrengeschlechte von Wangen in Verbindung
bringen. Die hierauf gegründete Annahme Krügers ist wohl
möglich, doch muss immerhin darauf hingewiesen werden, dass
beide Namen, besonders der zweite, Heinrich, auch bei den älteren
Tübingern sich finden ^j.
Verzeichnis der zitierten Litteratur.
Dr. Karl A 1 b r e c h t , Rappoltsteinisches Urkundenbuch
5 Bde. Colmar 1891 — 98.
V. Arx, Geschichten des Kantons St. Gallen. 3 Bde. St.
Gallen 18 10.
Regesten der Markgrafen von Baden und Hachberg, bearb.
von Richard Fester. Innsbruck 1892 ff.
Joseph Bergmann, Zum ( )streichi.schen Codex diplomaticus.
Urkunden der vier vorarlbergischen Herrschaften und der Grafen
von Montfort. In »Der Östreichische Geschichtsforscherc, herausg.
von Joseph Chmel. 2 Bde. Wien 1838 u. 1847. i. Bd. (2. H.J,
S. 169 ff. und IL Bd. S. 30 fl'. Zit. als Chmel-Bergmann.
Joseph Bergmann, Beiträge zu einer kritischen Geschichte
Vorarlbergs und der angrenzenden Gebiete (Sonderabdruck aus
dem lY. Bd. der Denkwürdigkeiten der hist.-phil. Klasse der K.
Akademie der Wissenschaften. Wien 1853.
Alexander Cartellieri, Regesten zur Geschichte Graf Rudolfs
V. Montfort, späteren Bischofs von Konstanz f 1334. Erweiterter
Abdruck aus den Regesten z. Gesch. der B. v. Konstanz, im
36. Jahresbericht des Vorarlberger Must^umsvereins. Bregenz 1SQ7.
Regesta Episcoporum Constantiensium; Regcsteu z. Gesch.
der B. v. Konstanz. Bd. 1 bearb. v. P. Ladewig. Innsbruck
1895, Bd. II. bearb. v. Alexander Cartellieri Innsbruck 1894 tV.
P. Ambrosius Eichhorn, Kpiscopatus Curiensis in Rhaetia.. .
Typis San-Blasianis 1797.
') Vgl. z. B. Planta, Beilage A und Stalin 1., S. 5|;0- — -.► s. Krüger,
S. 116. Für die Annahme Krügers. da!«s Mechthild. die (leniahlin Hugos I.
von Montfort, eine Edle von Wangen war, vgl. n. 20, Anm — -M s. Stalin II ,
S. 353. - - «) 8. Stalin IL, S. 426.
ini2 Roller.
Eintrag im Necrol. v. Mehrerau, Mon, Genn., necr. I., S. 147.
Ihre Verwandtschaftsverhältnisse (Ahnentafel, Ge-
schwister etc.) bei Weizenegger, Planta, (Beilage A) und
Stalin 1., 559, und IL, 433.
f ?. 182 (vergl. Schmid, Tübingen, 10 1 Anm.), am 18. od.
31. Dez., (Necrol. v. Mehrerau, Mon, Genn., necr. L, S. 152
u. Anm.)
Kinder: Rudolf v. Tübingen, Heinrich I. (?), Hugo L
V. Montfort, [N (v. Rondsberg) ?], (s. diese).
Urkundliche Erwähnungen: Mohr, reg« Pfavers, n. 44
(1158). Cod. Salem, [n. 7 (1160) S. 13]?, n. 14 (1169) S. 24,
n. 16 (1174) S. 27, n. 26 (1183)*) S. 43, n. 34 (1185) S. 54.
n** 40 (1189) S, 61, n. 45 (1192) S. 71. Locher, reg. 1164,
1 1 8 1 (palatinus Hugo de Thuwingen et filius eius comes Radolfiis].
Mon. Germ. necr. L, S. 152 und Anm. Schmid, Hohenberg,
n. I (1170). Vanotti, S. 18 (1187) und S. 31 Anm. i. Ausser-
dem s. Krüger, S. 114 ff. und Stalin IL, S. 426 ff.
2. Rudolf, Pfalzgraf von Tubingen.
Vater: Hugo v. Tübingen (Locher, reg. 1181).
Mutter: Elisabeth (Vanotti S. 18).
Brüder: Hugo 1. v. Montf., Stalin IL reg. 120g = Wart-
mann n. 838 = Reg. Konst. n. 1231. Heinrich, s. diesen.
Für Rudolf, seine Gemahlin und Nachkommen vergl. Schmid,
Tübingen und Stalin II.
3. Heinrich I.
Vater: Hugo v. Tübingen.
Mutter: Elisabeth v. Bregenz.
Brüder: Rudolf v. Tübingen und Hugo v. Montfort.
f 1167 in Italien, (s. Vanotti, S. 32 Anm. i, und S. 31
Anm. I, aus dem Necrol. Zwifalt.)
Schmid, Tübingen, erwähnt diesen Heinrich nicht. Urkundlich
nicht nachgewiesen.
4. Hugo I., Graf von Montfort.
Vater: Hugo v. Tübingen. Hugo I. ist Bruder (fratcr
carnalis) Rudolfs v. Tübingen (s. diesen), welcher als
Sohn Hugos V. Tüb. nachgewiesen ist.
Mutier: Elisabeth v. Bregenz. Aus denselben Gründen,
nach welchen Hugo v. Tübingen als Vater Hugos I. v. M.
nachgewiesen ist.
^) In dieser und den folgenden 3 Urkunden wird Hugo, der sicher
schon tot ist, unter den früheren Wohlthätcrn des Klosters anfgezlhlt.
Die Stammtafel der Grafen von Montfort.
ini3
Brüder: Rado]f v. Tubingen, Heinrich, s. diese.
Mflndig: vor 1188. (Stalin II., Reg. 1188).
f zwischen 1219 (Stalin II., reg. 1219) und 1237 (Kruger,
reg. n. 2, 1237), am 12. März (30. Jahrbuch des Vorarlb.
Mns. Vereins S. ^z^ dem Jahrtag, der von der Feldkircher
Johannitercommende begangen wurde).
GtmahUn: Mechthild. (Cod. Salem., n. 276 (1251 f). S. 311 =
Locher, reg. 1251, Dez. 20.), deren Herkunft durchaus
unsicher ist. (Vanotti: von Homberg, Krüger: von Wangen;
jedoch ist Albero von Montfort als Ministeriale nachzuweisen
und kein Sohn der Mechthild, damit fallt eine Stütze der
Hypothese Krügers S. 116).
f vor 1251 (s. oben).
Kinder: (nach Eichhorn, cod. prob. S. 79 — 80, cum uxore et
filüs,i2i9) RudolfI.,HugoII., Heinrich II., Friedrich I.,
Elisabeth und 2 ungenannte Töchter (?) s. diese.
Urkundliche Erwähnungen: Stalin II., reg. (1188), 1208,
1209, 1213, 1214,(1216), 1218, 1219, 1226. Wartmann, n. 838
(1209). Krüger, reg. n. i (1219). Eichhorn, cod. prob., S. 78
(1219), S. 79 — 80 (1219), F. U. B. I., n. 104 (1188), n. 105
(1188), n. 117 (1213). Cod. Salem., n. 84 (1213) S. 122^ n. 85
(1213) S. 123. n. 86 (1213) S. 124, n. 87 (1213) S. 126, n. 89
(12 14) S. 129, n. 90 (1214) S. 130 (mit der Siegellegende f
comes Hugo Brigantinus), n. 93 (1216) (H. com. Brigantinus)
S. 134, n. 94 (1216) S. 136, n. 276 (1251 t) S. 311 (nebst f
Gemahlin Mechthild und Tochter Elisabeth). Locher, reg. 1251,
Dez. 20. (t). Schmid, Hohenberg, n. 8 (1188), n. 21 (1213),
n. 22. (1213). Reg. Konst., n. 1231 (1209). Vgl. Zösmair I., S. I2.
5. ? N, Gemahlin Bertholds (?), Markgrafen von Ronsberg.
Vater: Hugo v. Tubingen. Nach einer Vermutung von
Schmid, Tübingen, S. 102 (und Stammtafel i).
6. Rudolf L, Graf von ^Verdenberg (Montfort.)
VaUr: Hugo I. v. Montfort. Ist urkundlich nicht nach-
zuweisen, doch im höchsten Grade wahrscheinlich. (Vergl.
V. Wyss, Krüger, Zösmair).
Mutter: Mechthild. Ist ebenfalls urkundlich nicht nach-
zuweisen, doch ebenso wahrscheinlich.
Geschwister: Hugo II. v. Montfort. ? Krüger, reg. n. 2 und
4 (1237 ^'^^ 1244)- Heinrich II., B. v. Chur, als Bruder
Hugos II. nachzuweisen, s. diesen. Friedrich I., Can.
V. Chur, als Bruder Heinrichs II. und Hugos II. nachgewiesen,
8. diesen. N, Gemahlin Friedrichs v. Toggenburg,
eine Tochter Hugos I., s. diese. ? N, Gemahlin
nil4 Roller.
Wciltliers IV. V. Vaz s. diese. Elisabeth, Gemahlin
Kniechf;s v. Wörth, eine Tochter Hugos I., s. diese.
1-ür Rudolf 1. vergl. Vanotti II., Krüs^er und ZOsmair.
7. Hugo II., Graf von Montfort.
Vfi/tt : Hugo I. V. Montfort.
Miitti-r: Mcchthild. Vcrgl. für l;eide die an entsprechender
Stelle bei Rudolf I. (v. Werdenber«:) gemachten Beinerkunireii.
Mündig: vor 1237, wahrscheinlich vor 121g. Krüger, reg.
n. 2 und Kichhurn, cod. prob., S. 79 — 80.
Gtsrh7in'ster: S. bei Rudolf I. v. Werdenberg.
(jetnah/in: N, Tochter Heinrichs Hl., Markgrafeii
V. Jiurgau. Stalin JJl., S. 650 und O57, woselbst irr-
tümlicli Rudolf genannt wird, (und Stalin H., S. 353.) Beide
Stellen sind für die Verwandtschaft der GemahUn Hu;:o.s II.
heranzuziehen. Züsmair 111., Stammtafel gicbt (ohne Beleiji
als Gemahlin eine Gräfin v. Lichtenberg an.
-[• nach 1257 (Stalin II., reg. 1257) und vor 1261 (Jan. 21.)
('Stiilin iL, reg. 12O1). Aug. 11. (Mon. Germ, necrol. J.,
S. 150, necrol. v. Mehrerau, Aug. 11.).
Kinder: Rudolf II. v. l'eldkirch, Ulrich I. v. l)rej:eiiz.
Hugo III. V. 'J'ettnang, Friedrich IL, I^. v. Cliur.
Wilhelm L, Abt. v. St. (iallcn, Heinrich 111., Cnn. v.
Chur, (llartmann?), Adelheid (v. Matsch.^ Guta
(v. Wald bürg), s. diese.
Urkundliche Krwähnungen: Stalin IL, reg. 1244, IJ40.
1247, 1251. 1254, 1257. Reg. Konst., n. 1607(1247). Kriiiccr.
reg. n. 2 (1237J, n. 4 (1J44). Mon. Germ., necr. 1., S. i:--
(11, Aug., s. oben, 1252, Aiim. i, Mehrerau). S. 038 i2(». Au.-.
1250 Cur. lib. ann). Cod. Salem , n. 269 (1251) S. 303, n. V-'^
(1253) S. 343 (mit den Sühnen Rudolf und Ulrich). Mon. CiLTin..
necr. L, S. 038. Aug. 2(>. zu 1250-- v. Juvalt, S. 85 besser zu
1255 (h. unter Heinrich L) Vergl. Zösmair, S. 12.
8. Heinrich IL, Bischof v. Chur. (1235 — 72).
\\ü,r: Hu.l;o I. v. Montfort.
MutUr : Mechthild. Vergl. die Bemerkungen bei Ruduli 1.
Mündig: vor ijjS, vielleicht vor 1210. Mohr 1., n. jö-
(1228) und Kichliorn, cod. prob. S. 79 %o (1219).
Geistlirh geworden nach 1228. (Mohr 1. n. 200).?
(ttst/i<ris/(r: s. bei Rudolf I. Hugo IL ist Heinrichs IL i.Jrud.-:
nach Mon. Cicrni., ntu:r. 1., S. 638. (Cur. lib. anniv^ Aug. 2^■.
(iJS*', wohl 1255, s. unter v. Juvalt): vener. Hanricu-,
elecius Cur. et fr. eius Huiro comes de M. Unter H. comir>
d«» .M. kann im Jahr 1250 (bez. 1255) nur Hugo IL ver-
slanden werden, auch wird Friedrich IL, (B. v. Churi Solm
Die Stammtafel der Grafen von Monlfort. m I 5
Hugos II. s. unten), patruelis des B. Heinr. genannt. Cod.
Salem, n. 400. (1264) S. 449.
•f 1272, Nov. 14. (Mon. Germ., necr. 1., S. 644, Cur. lib.
anniv).
Urkundliche Erwähnungen: Eichhorn, cod. prob. S. 88
(1259), S 89 (1265). Mon. Germ., necr. 1., (Cur. lib. anniv).
S. 638 Aug. 26. (1250), S. 644 Nov. 14. (1272 y). Cod. Salem ,
n. 400 (1264) S. 449 (nebst s. Ikucier Friedrich I. und s.
patruelis Friedrich IL, als avunculus der Grafen Conrad, Berthold
und Heinrich v. Heiligenberg). Vanotti, n. 4 (1257), ^^* ^
(1265). Krüger, n. 12 (1257). v. Mohr I., n. 200 (1228).
V. Juvalt, S. 85. Aug. 26. Hanric. elect. Cur. et frater eins Hug.
com. Monlisfortis, 1255, ind. XIII. (Niclit, 1250, wie die Mon.
Germ., necr. I., S. 638 haben, wozu weder die Indiction noch
der Regierungsantritt des B. passt). S. 14, Febr. 8. 125g (Ilainr.
Cur. clect.). S. 56, Juni 4. 1265 (Hainr. d. gr. ep. Cur.J. S. 115,
Nov. 22, 1271 (Henr. d. gr. ep. Cur.). S. 113, Nov. 14. 1272
(f Henr. de iNIonteforti episc. Cur.).
9. Friedrich I., Kanoniker v. Chur.
Vater: Hugo I. v. Montfort.
Mutter: Mechthild. Vergl. die Bemerkungen bei Rudolf I.
Mündig: vielleicht vor 1219. Eichhorn, cod. prob., S. 79 — 80.
Kanoniker v. Chur. Cod. Salem, n. 400 (1264) S. 449.
G CSC hl visier : s. bei Rudolf 1., Heinrich II., B. v, Chur, ist
nach Cod. Salem., n. 400 (1264) ^* 449^^ *^*" Bruder
Friedrichs I.
f März 14. V. Juvalt, S. 25. (März 14.), nach 1283, Mohr II.
n. 19, (1283, Juni lü.).
10. N, (Gräfin v. Toggenburg\
Vater: Hugo I. v. I^Iontfort. Stalin II., reg. um 1226, was
der Zeit nach i desponsaverat) auf Hugo i. bezogen werden
muss, und nicht auf Hugo II.
Mutter: Mechthild, (als Gemahlin des Vaters).
Gemahl: Friedrich, (Graf) v. Toggenburg (vor 12 20).
Stalin IL, reg. um 1226.
II. N (von Vaz.)
Vater: ? Hugo 1. v. Montfort, nach Mohr I., n. 228 (1255) ---
Cod. Salem., n. 308 (1255), S. 343. (Walther v, Vaz. Sohn
und Enkel eines Walther v. V. nennt Hugo II. v. Montfort
avunculus, und hält sich, nach Cod. Salem., n. 348 (1259).
S. 384 = Mohr I., n. 23O, 1250 in Feldkirch aul).
Mutter: ? Mechthild, (als Ciemahlin tles ? Vaters).
Gemahl: Walt her v. Vaz. ^s. oben).
ml4
Wallhoij IV. V. V«i i. dlsie.
EmechOB v. Wörth, eine Toc^
Für Rudolf 1. vergl. Vanatü 1^
MSrtb).
7- Hugo n., ' jchaftsverfafiltaitse gelien ille
K./»-.- Hngo 1. .. M' ■ ''" ("50 S- 3" = L»<te.
SttllebeiRud..' .-»t'o" JH«go U. ke„ nich. ,
Mflodig: TOr .,.J'»'":1' lebte).
n. 2 und ,,,.>''!'„„H„|( 1
— •^*,i,ld, Graf V. Neuenbürg.
.r-^"£l)erhard v. Nellenbnrg, vgi. auch Cod. SileiiL,
\ i4q {1249) S. 282.
c^echo, comes allveatria, Graf v. Wörth. Cod.
•'sileia.t n. 249 (1249). S. 282, Sohn des Giafen
Xonrad v. W, Cod. Salem., n. 276 (1251), S. 311,
Si^elbeschr.
jßidir: (nniveni poeii. Cod. Salem., a. oben).
' I nach 1266, Olct 37., Krügei, S. 123 (nach Scböpflin 1.,
S. 455)-
Krüger, S. 122 ff. nimmt vor Emecho als 2, Gemahl Graf Heinridi
i>, Wörth an, der mit einer Elisabeth vermählt war; die Glekb-
letiung der Gemahlin dieses Heinrich und der des Grafen
Emecho v. Wörth ist zeitlich wohl möglich, Krüger giebt (ebcDck)
noch mehrere urkundliche Belege für Elisabeth.
[? Hedwig (v. Heüigenber^).]
T. Wysa, S. 26 hält sie für eine Tochter Hugos I., Kräg«,
S. 121, Anm. 2. und 141 ff. macht sie als Tochter Rudolfs L
|v. Werdenbei]g) vrahrscheinlich.
13. Rudolf n. V. Feldldreh.
Vater: Hugo II. v. Montfort. Mohr I., n. 228 (1255).
Mutter: N v. Bnrgau, als Gemahlin des Vaters, s. Hugo 11.
Mündig: vor 1255. Mohr I., n. 228 (1255).
Gettkwisler: Ulrich I., Hugo 111.. Friedrich II., Wilhelml.
und Heinrich HI. nach Wartmann, n, 1030(1 282). (?) Hart
mann, (s. diesen). Adelheid (v. Matsch.) (s. diese) und
? Guta (v. Waldburg) (5. diese).
Gemahlin: Agnes, Gräfin v, Giienlngen (Stalin II., r^,
1265), Tochter des Grafen Hartmann v. Grieningen (Vanotli,
reg. n. 7 ( 1 265), Schwester des Grafen Eberhard v. Landau,
der in Reg. Koiist., n. 3703 (1315) als Mutterbruder Ulrichs II,
(s, diesen) bezeichnet wird, -f zwischen 1314, nach Reg.
Die Stammtafel der Grafen von Montfort.
mi7
Konst, n. 3920 (13141 Agnes Witwe) und 1328, nach Reg.
Konst., n. 4165 (1328 f).
Kinder: Hugo IV., Rudolf III., Ulrich IL, Adelheid
(v. Griessenberg), Elisabeth (v. Waldburg) und ? N
(v. Werdenberg), (s. diese).
t 1302, Sept. 19., Vanotti S. 55 (ohne Quellenangabe).
Urkundliche Erwähnungen: Mohr, reg. Pfävers, n. 92
270, cum uxore). Locher, reg. 1265, 1292. Vanotti, reg. n.
(1261), n. 6 (1262), n. 7 (1265), n. 9 (1270), n. 10 (1270).
älin IL, reg. 1261, 1265. Cod. Salem., n. 308 (1255) S. 343
cbst dem Vater, dem Bruder Ulrich und dem Vetter Walther
Vaz). Mohr L, n. 228 (1255). Krüger, reg. n. 18 (1260?),
30(1267), n. 31 (1267?), n. 32 (1267?), n. 41 (1271), n. 92
285), n. 100 (1291). Reg. Konst., n. 21 15 (1265), n. 2218
269), n. 2682 (1288), n. 2800 (1291), n. 2826 (1292), n. 2840
293)1 n- 3920 (1314 t). Wartmann, n. 954 (1261), n. 992
271, mit 8. Bruder Ulrich, als patruelis einiger Grafen von
'erdenberg), n. 1030 (1282, mit 5 Brüdern, s. oben), n. 1074
2gi), n. 1081 (1293, mit s. Bruder Hugo IIL)» n. 1088 (1294,
it s. Brüdern Hugo III. und Heinrich IL), Bd. III. , Anhang
58, S. 742 (nach 1292). S. Vanotti, S. 54 Anm. i. (Sattler,
esch. Württ., 1286) und Zösmair, 34. Jahrb. des Mus. Ver.
orarlb. S. 51 (1296).
14. Ulrich I. V. Bregenz.
Vater: Hugo II. v. Montfort. Mohr L, n. 228 (1255).
Mutter: N v. Burgau als Gemahlin des Vaters, s. diese.
Mündig: vor 1255. Mohr L, n. 228 (1255).
Geschwister: s. bei Rudolf II. Hugo 111. v. Tettnang als
Bruder Ulrichs genannt, Vanotti, Urk. n. 9 S. 540.
Gemahlin: N, Gräfin v. Matsch? Angabe v. Zösmair IIL,
Stammtafel (ohne Beleg).
Kinder: Hugo V. und ? Agnes (s. diese).
7 vor 1290, B.-Redlich, n. 2292 (1290, März 30. f); seinen?
Jahrtag beging das Kl. Mehrerau am 7. April. Mon. Germ.,
necr. I., S. 147, April 7.
Urkundliche Erwähnungen: Krüger, reg. n. 41 (1271),
92 (1285). Locher, reg. 1265. 1284. Stalin IL, reg. 1261,
35. Cod. Salem., n. 308 (1255) S. 343 (nebst dem Vater, dem
ider Rudolf und dem Vetter Walther v. Vaz). Mon. Germ.,
:r. L, [S. 147 April 7.]? Vanotti, reg. n. 5 (1261), n. 3O9
'75> ^'- ^^^ fiT^* ^*om. in Sigmaringen, dns. de Montfort,
■gl. Vanotti, S. 56/57, nebst Beschr. des Reitersiegels). Urk.p
3» S. 536 (1275— Reg. n. 369), n. 9, S. 540 (1309 f» Graf
Bregenz), [n. 10, S. 541 (1309 f)]. Wartmann, n. 954 (1261),
992 (1271), D. 1030 (1282, mit 5 Brüdern, s. Rudolf II.),
Mite. d. Bad. H'wt. Kon. Nr, 21. 2
mi8 Roller.
n. 1050 (1286), n. 1052 {1287). F. U. B. I., n. 591 (1284),
n. 596 (1286). Schmid, Hohenberg, n. 98 (1284).
15. Hugo HL V* Tettnang.
Vaier: Hugo II. v. Montfort. Hugo III. ist ein Bruder der
Grafen Rudolf II. und Ulrich I. (s. diese), welche als Söhne
Hugos IL nachgewiesen sind.
Mutter: N v. Burgau als Gemahlin des Vaters, s. diese.
Mündig: nach 1255? [Mohr L, n. 228 (1255, woselbst
Hugo IIL aber nicht genannt wird)] ? vor 1267. Reg. Konst.,
n. 2165 (1267).
Geschwister: s. bei Rudolf II. und Ulrich I.
Gemahlin: Eleonore. Herrgott, Gen. Habs. cod. prob. S. 40b
(1267). Züsmair und Vanotti nennen auf ihren Stammtafeln
eine Veronica v. Rappoltstein (ohne Belege).
Kinder: Hugo VI. und Wilhelm IL, s. diese.
f 1309, nach Mai 21., vor Dez. 5. Vanotti, reg. n. 37:
(1309 = Urk. n. 9, S. 540) und n. 373 (1509 f = Urk.
n. IG, S. 541).
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. 14 (1290, mit
2 Sühnen), n. 370 (1297), n. 372 (1309), n. 373 (1309 fj.
n. 374 (1313 t)- Urk. n. 7 (1297) S. 539, n. 6 (1304) S. 538,
n. 9 (1309) S. 540, n. 10 (1309 t) S. 541, n. 4 (1313 f)
S. 536. Kruger, reg. n. 92 (1285), n. 100 (1291, Gr. Hug. v. d.
Scher), [n. 131 (1303)] ? Locher, reg 1267 (Hugo comes de
Schera), 1275, 1276, 1282, 1292. Wartmann, n. 1030 (1282,
mit s. Brüdern), n. 1081 (1293), n. 1088 (1294), n. 1096(1:901,
n. II 16 (1300, S. 308, mit s. Sohne Wilhelm). Reg. Konst..
n. 2165 (1267).
16. Friedrich IL, B. v. Chur. (1282) 1288— 1290.
Vater: Hugo II. v. Montfort. Friedrich II. ist ein Bruder
der Gr. Rudolf 11. und Ulrich I. (s. diese), welche als Sohne
Hugos II. nachgewiesen sind.
Mutter: N v. Burgau als Gemahlin Hugos IL, des Vaters,
s. diese.
Gt'schivister: s. bei Rudolf II. Wilhelm I. wird bei Krü^^er.
reg. n. 95 (1288), als 13ruder Friedrichs IL genannt,
f 1290, Juni 3. Mon. Germ., necr. L, S. 631 (Cur. lib. aniiiv.
Juni 3.).
Urkundliche Erwähnungen: Wartmann, n. 1030 (126:.
mit s. 5 Brüdern). Kichhorn, cod. prob. S. 91 (1273). Re^.
Kunst., [n. 2455 (127R). kann vielleicht auch auf Friedrich I.
bezogen werden?], v. Juvalt, S. 2 (1288, Jan. 5.), S. 55 (1:00.
Juni 3. f). Mon. Germ., necr. 1., S. Ö31 (Cur. lib. anniv. 1:90.
Juni 3. •;-). Krüger, reg. [n. 94 (1288)], n. 95 (1288), n. gO
(1289). Vcrgl. Vanotti, S. ^>i i\.
Die Stainmtafcl der Grafen von Montfort.
miQ
27. Wilhelm L, Abt v. St. Gallen 1281 — 1301.
Valer: Hugo IL v. Montfort. Wilhelm ist ein Bruder der
Grafen Rudolf IL und Ulrich ü. (s. diese), welche als Söhne
Hugos IL nachgewiesen sind.
JMuiier: N v. Burgau als Gemahlin des Vaters, s. diese.
Geschwister: s. bei Rudolf IL und Friedrich IL
f 1301, nach Okt. 16. und vor Dez. 7., Wartmann, n. 11 30
(1301, für beide Daten).
Urkundliche Erwähnungen: Wartmann, n. 1030 (1282
mit s. Brüdern) — n. 1130 (1301), Bd. III., Anh. n. 93, S. 837
(W. de Montf. subdiaconus). Reg. Konst., n. 28t)o (1291),
n. 2826 (1292), n. 3239 (1301), n. 3240 '{1301). Krüger, reg.
n. 93 (1287), n. 95 (1288), n. loi (1291).
18. Heinrich III., Dompropst v. Chur.
Vaier: Hugo IL v. Montfort. Heinrich III. ist ein Bruder
Rudolfs IL (Wartmann, n. 1088, 1294), welcher als Sohn
Hugos IL nachgewiesen ist, s. Rudolf IL
Mutter: N v. Burgau als Gemahlin Hugos IL s. diese.
Geschwister: s. bei Rudolf IL Hugo lü. v. Tettnang ist
nach Wartmann, n. 1088 (1294) ein Bruder Heinrichs IIL
t ^3071 Jan. 17. Mon. Genn., necr. 1, (Cur. IIb. anniv.)
S. 620 — 621.
Urkundliche Erwähnungen: Wartmann, n. 1030 (1282,
can. Cur, nebst s. 5 Brüdern), n. 1088 (1294, mit seinen Brüdern
Rudolf II. und Hugo IIL). Reg. Konst., n. 2786 (1291), n. 2826
(1292), n. 3239 (1301), n. 3240 (1301). Krüger, reg. n. 173
(1315). Locher, reg. 1275 (Sept. 12, unter den Laienzeugen:
Hugo et Hainricus de Montfort .... comites), [1292, (Aug. 24.,
Propst V. Chur.)]? Mon. Germ., necr. 1., (Kl. Mehrerau) S. 145.
(Jan. 17, Hainricus com. de M. subdiac), (Cur. lib. anniv.)
S. 620 — 621 (1307, Jan. 17. ob praepositus ecclesie).
V. Juvalt, S. 5 (1307, Jan. 17., ob. com. Heinr. de Monteforti,
prepos. maioris ecclesie Curiensis, requiescit in Veitkirch).
19. ? Hartmann.
Einen Sohn Hugos IL dieses NamiMis mit dem «Zusatz,
xstarb als Kind«, (einen Bruder der ö vorstcliendfii Grafen
V. Montfort) führt Weizenegger IL, S. 27 an, jedoch olino joden
Beleg. Trotz der gerade an dieser Stelle herrschenden Unsicherheit
in den Angaben Weizoneggers durfte diese Kiulnichi wohl nicht
übergangen werden.
f Albero. |
Krüger, S. iiö ff. stellt (\\\i Nacliricliten übi-r einen Albero
von Montfort, can. Cur. /.u>ammen und reilit den^selben unte:
die Grafen von Montfort als Sohn IIu^os 11. ein.
Rolle*
^
An der Kirche von Chur gsib es gegen Ende d« IJ. J»hih.
zv.-ei Albero v. M., einen Subdiacon und Kanonikcf {f tiqo(!),
Juni 5., Mon. Genn., necr. I., S, 631}, welcher (ebeodi)
pattuelis cuatodis eiusdcm nomlnls genannt wird, und d«n
genannten Custos (f 131 1, April 4.. Mon. Genn., nccr. I„ S. 61;.
ob. Alb. de M„ dec. scholaslicus et custos ecci. Cur,). Da
Bruder des Dekans A. war Ludwig v. M. (Mon. Geno , necr. L
S. 636, Aug, 2., ob. Lud., miles de M., fraler Alberonis duoini
eccl. Cur.), der also miles und nJcht comes genannt wird. Damil
ist hinlänglich bewiesen, dass die beide agnaüscb vcnrandlcn
Albero, Angehörige eines der beiden Ministe Haie ngeschkchter
V. Montfort waren. *. Juvalt (S. 172) zjihlt sie anf Grund in
Wappens (3 Sensen) auf dem Grabsteine des Dakans .\. ikn
Marschällen zu. Einen indirecten Beweis für diese Zuweimui;
der beiden A. zu einem der beiden Miniüterialengeschlcclik'i
M. kann man vielleicht im Fehlen des Namens jVlbero in ä
Aufzählung der Brüder des Abtes Wilhelm v. St. Gallen b«
mann, n. 1030 (1282) erblicken.
30. Adelheid (v. Matsch).
'°^
Va/'r: Hugo n. v. Monlfort. Egeno (IV.) v. MÄtsch i*t ein
Schwestersohn des B. Friedrich IL v. Clmr, eines Sohnn
Hugos II. (s. oben), (Ladurner, Heft 16, S, 75). Egenos (IV.)
Eltern waren Egeno (IIL) v. Matsch und Adelheid. Gr-m
V. Montfort. (Ladurner, Heft 16, S. S5), demnach war .Adel-
heid die Schwester des B. Friedrich (U.) und damit eint
Tochter Hugos 11. v. M.
Jt/u/ttr: N V. Burgau als Gemahlin des Vaters, 8. dieieD.
Gtsthu'isler : s. bei Rudolf IT. Adelheid ist oben als SchweHö
Friedrichs II. (B. v, Chur.) nachgewiesen.
Gemahl: Egeno IIL v, Matsch s. oben.
Urkundliche F.rwähnungen: Ladurner, Heft 16, S. Ji
(ohne Namenncnnung) und S. 85 (nebst einer in Cono »eth.
Tochter). Mohr n., n. 17 (1383, Rudolfus, coro, de Motitf..
tulor puerorum sororis sue de Amazia). Nach z. T. anbdegien
.'Angaben Vanottis, Mohrs und Ladurners hatte Adelheid
3 Kinder: Egeno 1V„ eine ungenannte in Como vetbeiratett
Tochter (s. oben, beide urkundlich belegt) und eine Tochlri
Berlha, Gemahlin des Woilhart v. Brandis, und überlebte
1292 gestorbenen Gemahl. VL-rgl. Ladurner, Heft 11
Vanotti S. 38 — 39 und S. 53 (nach Hormayr, Gesch.
und Mohr L, n. 285 Aimi. i (S. 424).
21. ? Guta (v. Waldburg).
Valtr: Hugo IL v. Montfort.
Gtmaht: Eberhard, Tnichsess v, Waldbuig»,
Die Stammtafel der Grafen von Montfort. ni2 1
Zösmair fülirt eine Guta, Tochter Hugos II., Gemahlin des
Truchsessen Eberhard v, \V. auf der Stammtafel der Grafen
V. Montf. u. V. Werdenb. an, jedoch ohne Belege. Die Stamm-
tafel des mediat. Hauses Waldburg kennt diese Ehe nicht. Ein
Schenk Eberhard v. Winterstetten (1187 — 1227, Stammtafel 2)
war mit einer Guta verheiratet; dieselbe war aber eine Tochter
des Truchsess Heinrich v. Waldburg (f 1209, . Stammtafel i).
22. Hugo IV. V. Feldkirch.
ViUer: Rudolf II. v. Feldkirch. Zösmair, 34. Jahrb. des
Vorarlb. Mus. Ver., S. 51 (1296).
Malier: Agnes v. Grien ingen als Gemahlin des Vaters
Hugos IV^, ausserdem ist Hugo IV. ein liruder des K.
Rudolf V. Konstanz (s. unten), welcher als Sohn der Agnes
V. Gr. bezeugt ist.
Mündig: vor 1296. Zösmair, 34. Jahrb. des Voralb. Mus.
Ver. S. 51 (1296).
Gt'sclncisier : Rudolf III., B. v. Konstanz, Ulrich II., Can.
V. Cliur. Reg. Konst. , n. 3929 (1319 t)» Adelheid
(v. Griessenberg), Elisabeth? (v. Waldburg), und.' N
(v. Werde nbergj, s. diese.
Gemahlin: Anna, Gräfin von Vc bringen. ^^'^, Konst.,
^' 3907 ('310) und Locher, reg. 1314. Tochter des (trafen
Heinrich v. (Alt)-Vehringen und der Verena (v. Klingt-n).
Locher, reg. 13 10. Verena war die Tochter des Waltlier
V. Klingen und der Sophia v. Krenkingen und (lemahlin
Heinrichs v. Vehringen. Locher, reg. 1209, (— I^Ione, Zs. I.
452) u. 1269. Eine Schwester der .\iinri v. Vehringen war
Sophia V. Vehringen, (1313) Witwe des Konrad v. Lichten-
berg (Vanotti S. Ö7, Anni. i). Locher, reg. 1313. Heinrich
V. Vehringen war nach Loclier 13 10, seine Gemahlin Verena
^3 '4» Ju^i 24. schon gestorben, letztere lebte noch 1313.
Jan. 5. (vergl. Locher, reg.). Anna v. Vehringen wird
urkundlich genannt bei Vanotti, reg. n. 19 (13 10), n. Jv)
(1310) n. 35 (1320 mit 3 Sühnen Friedrich III., Hugo VII.
und Rudolf IV.) Urk. n, 11 (1310) S. 543, n. \i (1310)
S. 544. Locher, reg. 131«), 13 13, 1311. I^'^^g. Konst.,
n. 3906 (13 10), n. 3907 (13 10). Wartmann, n. I2n2 (i3Jv>;.
f nach 1320. Wartmann, n. liüj (1320J.
Kinder: Berthold I., Friedrich 111.. Hugo VII., Rudolf IV.,
Sophie (Thumb v. Neuburg). N (v. Th engen), Anna
(v. Eürstenberg) s. diese.
f 1310, zwischen Mai i. und Sept. 29. Wartmann, n. iigo
(1310) und \<^'^. Konst., 11. 3gi>0 (1310 y). Zösmair uiebt
auf der Stammtatel d. Gr. v. Monlt. u. Werdenb. an:
II. August 13 10 zu SchalTIiausen erschlagen.
m22 Roller.
Urkundliche Erwähnungen: Reg. Konst., [n. 3906
(1310 t)]. n. 3907 (1310 t), n. 3929 (1319 t), n. 4206 (1330 t).
Vanotti, Urk. n. 10 S. 542 (1309), n. 12 S. 544 (1310 t).
Zösmair, 34. Jahrb. des Vorarlb. Mus. Ver., S. 51 (1296).
Krüger, reg. [n. 131 (1303)]?, n. 138 (1305), n. 153 (1310).
Wartmann, n. 1032 (1282, Hugo, iunior de M.), n. 1190(1310),
n. 1262 (13207). Locher, reg. 1314 (f).
23. Rudolf III , B. V. Konstanz. 1322—1334.
Va/er: Rudolf II. v. Feldkirch. Reg. Konst.,n. 3920(131471.
jMniter: Agnes v. Grieningen, s. diese bei Rudolf II. Reg.
Konst., n. 3920 (13 14).
Mündig: vor 1303 (?) Reg. Konst., n. 3900 (1303), vergl.
auch n. 3901 (undatiert).
Geschnisicr: s. bei Hugo IV. Adelheid (v. Griesscnberg)
ist Rudolfs III. Schwester. Wartmann, n. 13 18 (1327).
t 1334» ^iJirz 27/28. Reg. Konst. n. 4350 u. 4351 (1334).
Urkundliche Erwähnungen: Reg. Konst., n. 38g8
(1303)—». 4355 («334)- Krüger, reg. n. 156 (131 0» n. 18;
(1318), n. 198 (1320), n. 210 (1322), n. 212 (1322), n. 240
(1330). Vanotti, reg. n. 19 (1310), n. 20 (1310), n. 21 (1311),
n. 25 (1315). Urk. n. 11 (1310) S. 543, n. 12 (1310) S. 544»
n. 13 (1322) S. 544. Wartmann, n. 1318 (1327), Bd. III., Anh.
n. 13 S. 849. V. Moor. Urbarien des Domcap. Cur. [S. 32
(n. 21, 1329, Nov. 17.)]? und [S. in (Ende 14. Jahrh. t-)]-
24. Ulrich II., Domherr v. Chur.
l'tikr: Rudolf II. v. Feldkirch. Reg. Konst., n. 3920
(1314 t)-
Mutter: Agnes v, Grieningen. Reg. Konst., n. 3920 (13 14).
Mündig: wahrscheinlich vor 1303 Q), Reg. Konst., n. 3900
(1303).
Gcsihicister : s. bei Hugo IV. und Rudolf III.
Über seinen vermutlichen Übertritt vom geistlichen zum welt-
lichen Stand vergl. Reg. Konst , n. 3899.
V nach 1349, April 26. Mohr II., n. 326. Zösmair giebt
den 17. April 1350 als Todestag an mit Berufung auf
Vanotti, der den 15. April 1350 angiebt (beide ohne urk.
I^elege).
Urkundliche Erwähnungen: Wartmann, n. 1318 (1327).
n. 1439 (1346), Bd. IIL, Anh. n. 13 S. 848. Reg. Konst.,
n. 3900 (1303), n. 3906 (1310), n. 3907 (1310), n. 3920(1314)'
i^. 3703 (1315)1 n. 3926 (1318). n. 3929 (1319). n. 3941
(1322), n. 40S9 (1326) n. 4129 (1327), n. 4143 (1327),
"• 4145 ('3-7), n- 4146 (1327)» n. 416.5 (1328), n. 4170 (1328I.
n. 4178 (1329), n. 4278 (133O» "• 4349 (13-2/34). Vanotti.
reg. n. 19 (1310), n. 20 (1310), n. 30 (1316), n. 55 (1340),
Die Stammtafel der Grafen von Montfort.
in23
58*» (1344)» ^' 60 (i30). Urk. n. 11 (1310) S. 543, 11. 12
310) S. 544, n. 13 (1322) S. 544, n. 18 (1344) S. 551.
rüger, reg. n. 187 (1318), n. 198 (1320), n. 19g (1320), n. 200
320), n. 264 (1334). n. 275 (1338), n. 293 (1343). "• 3' 7
346). Locher, reg. 1314. (Juli 27.). Mohr II., n. 324
348), n. 326 (1349).
[Berthold.]
la/t-r: Rudolf II. v. Feldkirch.
Gemahlin: ? Margarethe v. Freiburg.
t 1314-
Alle Angaben nach Zösmair III., Stammtafel der Gr. v.
ontf. u. V. Werdenb. Berthold (13 14 f) ist ein Sohn Hugos IV.
:ht dessen Bruder und ist von Zösmair falsch eingereiht.
Berthold I.
25. Adelheid (v. Griessenberg).
Vaier: Rudolf II. v. Feldkirch. Adelheid ist als Schwester
B. Rudolfs III., eines Sohnes Rudolfs II. nachgewiesen, s.
Rudolf III.
^lutUr: Agnes v. Grieningen, mit derselben Begründung,
die bei dem Vater Rudolf II. gegeben ist.
Gisckwisier: s. bei Hugo IV. und Rudolf III.
Gemahl: Heinrich v. Griessenberg, -J- vor 1327, wie es
scheint, kinderlos. Wartmann, n. 13 18 (1327 f). Heinrich
wird weiter genannt bei Krüger, reg. n. 95 (1288) [und
n. 173 (1315)]?
t nach 1327. Wartmann, n. 1318 (1327).
Urkundliche Erwähnungen: Wartmann, n. 13 18 (1327)
d Bd. III., Anh. n. 13, S. 848. Reg. Konst , n. 4145 (1327).
•uger, reg. [n. 95 (1288)], [n. 173 (1315)]!^
26. Elisabeth (?) (v. Waldburg).
Vater: Rudolf II. v. Feldkirch. Vanotti, S. 55 (s. unten).
jMuiter: Agnes v. Grieningen als Gemahlin des Vaters,
s. diesen.
Geschwister: Vanotti, S. 55 spricht von T6chtern^< Rudolfs IL,
also hat Elisabeth (?) wenigstens eine Schwester gehabt, s.
auch bei Hugo IV.
Gemahl', Eberhard, Truchsess v. Waldburg. Vanotti,
S. 55. Die Stammtafeln des mediatisiertcn Hauses Wald-
burg (Stammtafel 4) nennt Pllisabeth, Gräfm v. Montfort,
Tochter Rudolfs als Gemahlin Eberhards I. (v. Waldburg),
welcher 1266 genannt wird und 1291, Dez. 30. starb.
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, S. (55 und) 56
im. I (Urk. des Kl. Weingarten), jedoch ohne Angabc des
Vornamens (der Vorname Elisabeth fiadet (ich auf der f:
tafel (4) des med. H. Waldb., s. oben).
27. [N (v. Werdenberg).]
Valer: Rudolf II. v. I-eldkircb. VanoiÜ, S.
(ohne Beleg).
Müller: Agnes v. Grieningen als Gemahlin des Xawis.
s. diesen.
GfSfhwisler : s, bei Hugo IV, V. Feldkirch. Als Schv»Ut
Ulrichs II- bezeichnet v, Vanotti, S. 76 n. 77 (ohne Belejj.
Gtmahl: N. Graf v. Werdenberg. Vanotti, S. 76 11. 7;
(ohne Beleg).
Kinder: die Grafen Albrecht d. A. und Albrechl d. J. VanpUt
S. 76 u, 77 {ohne Beleg).
Die .\ugabeD über diese Tochter Radolfa H. gehon alH
alle auf die eine Stelle bei Vanotti, S, 76 u. 77 üurüclc, wcldw
einer urkundlichen Sicherung entbehrt. Die Nachricht scheint an
einer Verwechslung mit Anna, der Tochter Hugo's VII. v. Tosten,
oder Agnes, der Tochter Rudolfs IV. herzurühren: doch sind
die Anhaltspunkte für die Annahme einer solchen VerwechiknK
nicht genügeud deutlich, sodass ein Übergehen in der ZAklnii;
und auf der Stammtafel nicht ratsam erschien. Zöunalr oent
weder diese noch die Tochter Elisabeth Rudolfs II. aot MIIUI
Stammtafel der Gr, v. Montf. und v. Werdenbei^,
aS. Hugo V. V. Bregenz.
Vater: Ulrich I, v. Bregenz. Vanotti, Urk. n. y (1309) S. 340,
MulUr: N, (Jräßn v. Matsch, wenn die Angabc ZÖbimIt UI„
Stammtafel richtig ist (s. Ulrich I. und s. Gemahlin).
Mündig: nach iJi^o und vor 1305. B.-ReilUch, n. 329]
(ijqo) und Krüger, reg. n. 138 (1305).
Gftchuislrr : II. scheint nach dem Regest bei B.-Rodtich,
n. i2t)2, keine Brüder gehabt zu haben, nach Zöuoair eJae
Schwester: Agnes f (s. diese).
Gemahlin: ? Mechthild v. Kappoltstein, nach der Ktauut-
tafel von Zösmair (ohne Belege): im Rappoitstchier U. B. ifl
nichts darüber zu finden. Über den ? Sohn Benhold rgl.
diesen.
t '338> ^o' ^^ov. 8 (am 29. März, s. unten). Mnn. Gcim..
necr. 1., S. 147, Anm. 3 (t^^Ö) und Vanotti, reg. 11. 37;
(1338, Nov. 8). Seinen Jahrtag beging das Kl. Mehreian
am 2g. März, Mon, Germ., necr. I„ S. 1^7 (34. Män)i
sodass 1338, Märü 39 der Todestag Hugo's V, goweten % '
mag, Zösmair, auf der Stammtafel sotzi ihn
. Juni und 5. Nov. 1338 (ohne N.-icti-*. "
Die Stammtafel der Grafen von Montfort.
m25
Urkundliche Erwähnungen: Krüger, reg, n. 138 (1305,
Gr. V. Bregenz), n. 153 (13 10, Gr. v. Bregenz), n. 156 (131 1),
n. 187 (1318). n. 196 (1320), n. 210 (1322), n. 212 (1322),
n. 248 (1330- Vanotti, reg. n. 372 (1309), n. 373 {1309),
n. 21 (131 1), n. 25 (1315)» [n- 30 (1316)]? n. 36 (1321), n. 42
(1330). n. 43 (1330)» n. 44 (1330)» n. 4^ (^330» "• 47 (^30.
n. 48 (1332), n. 50 (1333)» n. 377 (1338 f, Teilung der Erb-
schaft unter die Vettern), n. 55 (1340 f, Teilung der Erbschaft
unter die Vettern), n. 63 (1347 f)» ^^^- "• 9 ('309) ^^- 540»
n. 10 (1309) S. 541, n. 13 (1322) S. 544. Wartmann, n. 1190
(1310), n. 1234 (1316). Schmid. Hohenberg, n. 309 (1327),
n. 333 (1330- Reg. Konst., n. 3910 (1311), n. 3921 (1315),
n. 3926 (1318), n. 3930 (1319)» n- 394' (1322), n. 3951 (1322),
n. 4022 (1325), n. 4153 (1328), n. 4156 (1328), [n. 4437
(1334)]. Mon. Germ., necr. I., S. 147 (Mehrerau) März 29 und
Anm. 3 (1307, 132 1, 1338). B.-Redlich, n. 2292 (1290, Hugo,
ehelicher Sohn des (rrafen Ulrich v. Montfort, Mündel des Grafen
Rudolf V. Montfort). F. U. B. II., n. 90 (13 18), n. 107 (1320),
n. 124 (132^).
29. [Agnes.]
Vater: Ulrich v. Bregenz (für alle Verwandtschaftsverhält-
nisse s. diesen).
Von Zösmair auf der Stammtafel verzeichnet (ohne Beleg).
30. Hugo VI. V. Tettnang.
WUt-r: Hugo TU. v. 'i'cttnang. Vanotti. reg. n. 14 (1290).
Mutier: ? Eleonore (odrr Veronika v. K appoltstein).
(s. bei Hugo JH.).
Mündig: vor 1290. Vanotti, reu. n 14 (1290).
Bruder: Wilhelm 11. Vanotti, reg. n. 14 (1290).
j vor 1309, Mai 29, sicher ohne Kinder und wahrscheinlich
unvermählt; wird in der Krbschaftsregelung nicht mehr
erwähnt, Vanotti, reg. n. 372. f vielleicht schon vor 1294,
Wartmann, n. 10S8 (1294)?
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. n. 14 (1290'*.
31. Wilhelm II. v. Tettnang.
laier: Hugo III. v. Tettnang. Vanotti, rt\^^ n. 14. (1290}.
Mutter: ? Eleonore (oder Veronika v. Rappol tstein).
(s. diese bei Hugo III.)
Mündig: vor 1290. Vanotti, reg, n. 14 (i2(>ü).
Geschwister: Hugo VI Vanotti, roj;. n. \.\ (1290J.
Gemahlin :
I. (? Elisabeth v. Schlüssel bürg. Vanotti, S. lOii nach
Arzet und .Vndcrn). Tochter dieser 1 Ehe, Mechtliild
mzt Roller.
(v. Werdenberg), s. diese. Albrecht im Rap. U. B. J.,
n. 327 Anm. nimmt an, dass die Tochter Mechthild (Mätze)
der ersten Ehe entstammt.
2. N, Tochter Johanns v. Schwarzenberg. Vanotli, UrL
n. 10 {1309) S. 542.
f vor 1315, s. unten.
3. Kunigunde v. Rappoltstein, Rap. U. B. I., n. 327
(13 15). Wilhelm II. ist der Gemahl der Schwester der Herren
Johann und Heinrich v. Rap., dieselben haben nach Rap.
17. B. 1., n. 303 (1313) ausser 2 (geistlichen) Brüdera,
Hermann und Ulrich 3 Schwestern, Kunigunde,
Susanna und Sophia. Susanna ist (später) die Gemahliu
des Herrn Walther v, Cieroldseck-Lahr und Sophie
Äbtissin von Andlau (vergl. Rap. U. B. I., S. 660 und
661), sodass nur Kunigunde die Gemahlin Wilhelm II.
v. M. gewesen sein kann. Ihre Eltern waren Heinrich
v. Rappoltstein (f vor 1315) und Susanna v. Gerolds-
eck. Rap. U. B. I., n. 303 (13 13). Nach Rappoltsteiner
Überlieferung soll der Name der (Gemahlin Wilhelms II.
Richenza gewesen sein (vergl. Rap. U. B. 1., n. 327
Anm. 2). Aus dieser Ehe will Albrecht (Rap. U. B. 1.,
n. 327, Anm.) die Söhne herleiten, wofür der Name des
einen (Heinrich) auch zu sprechen scheint.
Kimür: Wilhelm III., Hu^o Mll., Heinrich IV., Ulrich UL?
^lechthild (v. Werdenberg?) und Anna (v. Teck), s. diese.
t vor 1353, Nov. 3. Vanotti, reg. n. 380 (1353 1 ^^»e es
scheint bald nach dem Tode Wilhelms II. ausgestellt). Am
8. Okt. beging das Kl. Mehrerau Wilhelms 11. (?) Jahrtag,
so dass Zösmair Annahme des Todestages zw. 1351 u.
'353f ^^kt 8. (Stammtafel) begründet erscheint.
Urkundliche Erwähnungen: Krüger, reg. n. 160 (1312),
n. 187 (1318), n. 210 (1322), n. 240 (1330), n. 241 (i330>
Locher, reg. 1319. F. U. B. IL, n. 90 (1318). Mon. Genn.,
necr. L, S. 151 (Mehrerau) Okt, 8. und 1342. (Anm.). Reg.
Konst., n. 3926 (1318), n. 3930 (»3i9)» ^^ 394' (1322), n. 4:04
(133^0» "• 4437 (1334^- Wartmann, n. 1088 (1294), n. 1095
(1296)'), n. 1096 (1296), n. II 16 (1300, Anm.). Rap. U. B. 1.,
n. 327 (1315 u. Anm.), n. 375 (1324). Vanotti, reg. n. 14
(1290), n. 372 (1309), n. 373 (1309), n. 374 (1313). n. 22 (1314V
"• 23(1315). n- 24(1315), n. 27 (1316), n. 29(1316), n. 31 (1317).
n. 32 (1318), n. 33 (1318), n. 375 (1322, nebst s. Tochter
Mechthild, vergl. Urk. n. 13), n. 41 (1330), n. 45 (1330)' "• 4^
('330. n. 47 ('330. "• 53 (»33^). "• 377 ('33«). "• 37S
(1330— 1340), n. 55 (1340). ». ^i (134^). n. 379 (134^). In. 3^0
') 'clerici- der Zeujieiireihe bezieht sich nicht mehr auf Wilhelm
V. Montfoit, sondern nur auf die beiden folj^cndcn Namen, wie der Vergleich
mit Warlmann, n. 1006 (I2c)6j lehrt.
Die Stammtafel der Grafen von Montfort.
1x127
('353 t)]» n- 381 O354 t;. Urk. n. 9 (1309) S. 540, n. 10
C1309J S. 541, n. 4 (1313) S. 536, n. 13 (1322J S. 544:
W. II. setzt sein damals einziges Kind Metze, welches dem
Sohne des Grafen Albrecht v. Werdenberg verlobt wird und
damals wohl noch unmündig war, zur Erbin ein und trifft Be-
stimmungen für den Fall, dass noch mehr Kinder (Söhne und
Töchter) ihm (Wilhelm II.) geboren werden, n. 16 (1330 — 48)
5. 547» n. 17 (1338) ^'^- 550, n. 19 fi348) S. 552, n. 21 (1354 f)
§• 554.
32. Berthold I. v. Feldkirch.
VaUr: Hugo IV v. Feldkirch. Reg. Konst., n. 3917 (1313)
und Vanotti, Urk. n. 10 (1309) S. 542.
Mutier: Anna v. Ve bringen als (lemahh'n des Vaters von
Berthold I. s. diese.
Mündig: Zwischen 13 10 und 13 13. Reg. Konst. n. 3906
(1310J und n. 3916 (1313.)-
Gfschtvister : s. bei Friedrich III.
Gemahlin: Margare tha, Tochter des (irafen Heinrich v,
Freiburg und der Anna von Wartenberg, in 2. P2he (Jem.
des Grafen Otto v. Strassberg nach Zösmair 111., Stamm-
tafel und Stalin III., S. 659 (ohne Belege).
f zwischen 13 13, Mai 29. und 13 18, Jan. i. Reg. Konst.,
^« 39»7 <I3'3) und n. 3926 (1318); nach Zösmair III.,
Stammtafel, f am 16. März 13 14 (ohne Belege).
Urkundliche Erwähnungen: Reg. Konst., n. 3916 (1313),
Q« 39 '7 ('3'3» Brudersohn des B. Rudolf III.), Vanotti, Urk.
n. 10 (1309) S. 542, f(ir. Berthold, Sohn des Gr. Hugo v.
Montfort).
33. Friedrich III. v. Peldkirch.
Vater: Hugo IV. v. Feldkirch. Reg. Konst., n. 3926 (1318).
Mutier: Anna v. Vehringen. Wartmann, n. 1262 (1320).
Mündig: vor 1314 (Juli 27)? und nach 1313 (Mai 29.).
Locher, reg. 1314 und Reg. Konst., n. 3917 (1313).
Geschwister: Berthold I. (nur als Sohn Hugos IV. nach-
gewiesen, damit natürlich auch als Bruder Friedrich III.,
Hugo VII., Rudolf IV. Reg. Konst., n. 3929 (13 19),
Sophia (Thumb v. Neuburg), N (v. Thengen), s. diese.
Anna (v. Fürstenberg). Climel-Bergmann 1., S. 182 n. i
(1318), s. diese,
t nach 1320. Wartmann, n. 1261 (1320). Nach Zösmair 111.,
Stammtafel am 13. (16.) März 1321 (im Rheine ertrunken).
Urkundliche Erwähnungen: Rrg. Konst., n. 3926 ( 1318),
n. 3929 (1319). Wartniann, n. 1261 (1320). Vanotti, reg. n. 35
(1320). Krüger, reg. n. 187 (1318). Locher, reg. 1314.
mjo Roller.
Müller: Aona v. Vehringen, Sophia it^t du:
Hugos Vli., eines Sobaes der Anna v. V, (».
bei Hugo VI].).
Gttchwiiler : Hugo VII, fs. obenj, die übrigen s. bei FriedriefciB!«!
Gimahl: Friedrich Thumb v. Neuburg, f vor 1316, ManiE),
Mohr IL, n. 150 (1312J und Reg. Koust., n. 3023 fi.iHii.
vermählt vor 1312, wohl schon vor 1301, versl. Mob IL
n. (50 Ania.
Kinder: Nach Wartmaiui. n, 1235 f'Jiö) sind Kindw vw-
handen. Zösmair III., S. g, nennt Swiggei und Haga
(ohue Belege); vielleicht ist der 1329 io Cbur ordini«cU
Domherr Friedrich, Sotm eines Friedrichs dicti TumbtD
(v, Moor, Urbarien des Domcap. au Cor, S. 31 n. Zi: Roil,
comes de Monteforti (introduxit) Fridricum äüum domini
Fridrici dicti TurobenJ ein Sohn dieses Paares, »-oraDf di»
Verbindung mit Rudolf v. Montfort (dem B, v. Coiuuax?!
zu deuten scheint.
Die Thumbe v. Neuburg waren fwenigsiens eiui);e Gliedn
des Geschlechtes) Reichsministerialen, vergl. k. B. Re[,
KonsL, n. 3920, wo Swigger Th. v. N., wohl ein Bruder dn
(altem) Friedrich, als Ministeriale des Königs bezeichnet wird.
f nach 1335. [Reg. Konsl. 3923.]
Urkundliche Erwähnungen: Wartmann, n. r=35
Mohr IL, n. 150 (1312). Reg. Konst., 0.3923 (1316).
reg. n. 30 (1316). Vanotti, S. g8, nennt Sophia
eine Schwester Hugo's V. fv. Bregenx).
37. N (Adelheid ?) (v. Thengenj.
Vaiir: Hugo IV. v. Feldkirch. N (geb. Gräfin v. Mooifbn,
Gemahlin des Edelfruicn Heinrich v. Tliengen, Ritters) bt
eine Schwester der Grafen Hugo VU. und Rudoll IV.
v. Feldkirch, der Söhne Hugos IV. v. Feldltfrch. Reg. KodU.
n- 4313 (1333)-
Mutter; Anna v, VehrJngen als Gemahlin des Vaters HngolV.
(s. diesen).
Geschivisler : Hugo VII. und Rudolf IV. sind lirüder dieiet
N V. Thengen (s. oben), die anderen Geschwbler 3. \m
Friedrich IIL
Gemahl: Ritter Heinrich (Edelfreier) v. Thengen. Reg.
Konst., n. 4323 (1333).
Kinder: Ein Sohn konnte der bei Chmel-Bergm. L, S. IQS-
Urk. 8 (1377) genannte Rudolf v, 'llicngen gewesen «ein.
Ob der Eintrag im Necrol. Wettingense (Mon. Germ . tierr. L
S. 591) März 27. (Joli. de Tengen, dichis de Wji'^ ' ' ,
et uxor eiua Adclheidis de Munifort et Nicolau^
miles [etj pater predicte Adelheidia, item Johannes
Johannis de Tengen) hierher. .^p^bl
ausgeschlossen.
Die Stammtafel der Grafen von Montfort. 11131
38. Anna (v. Fttrstenberg).
Vaier: Hugo IV. v. Feldkirch. Anna ist (s. unten) als
Schwester der Grafen Friedrich, Hugo und Rudolf v. Feld-
kirch nachgewiesen, welche Söhne Hugos IV. und der
Anna v. Vehringen sind, s. diese.
Mutter: Anna v. Vehringen, (s. oben).
Geschiüuier: Friedrich III., Hugo VII. u^fS Rudolf IV.
V. Feldkirch. Chmel- Bergmann I., S. 182 n. i (131Ö,
ohne Nennung des Vornamens Anna« aber als Gemahlin
des Gr. Götz v. FürstenbergJ, die übrigen s. bei Friedrich III.
Gemäht: Götz, Graf v. Fürstenberg. Chmel-Bergmann I.,
S. 182 n 1 (1318;. f 1341 zwischen April 12. und Juni 21.
F. U. B. II., n. 230 (1341).
t '34if J^i^- 13- (nach ihrem Grabstein, auf welchem auch
ihr Vorname Anna genannt ist) F. U. B. II., n, 226 (1341).
Vanotti, S. 79 nennt sie irrtümlich eine Tochter Rudolfs IV.
der aber fs. oben) zur Zeit ihrer Vermählung (13 18) noch
unmündig war.
[Bcrthold.]
Von Zösmair flll., Stammtafel) wohl auf (irund der Urkunde
Vanotti, Urk. n. 10 (1309) S. 542, als Sohn Hugos V. v. Bregenz
angegeben; der in der Zeugenreihe dieser Urkunde genannte
Hugo ist aber Hugo IV. v. Feldkirch; s. Berthold I.
39. W^ilhelm III., v. Bregenz.
Vatir: Wilhelm II. v. Tettnang. Vanotti, reg. n. 381 (1354).
Mutter: Kunigunde (Richenza?) v. Rappoltstein. Vergl.
Rap. U. B. I., n. 327 (13 15 und Anm 2) und bei Wilhelm IL,
sowie die Geburtszeit Wilhelms III.
Cieboren: nach 1322. Vanotti, reg. n. 375 (1322).
Mündig: vor 1348 (?), sicher vor 1354. Vanotti, reg, |n. 37*^
(1348)].^ und Urk. n. 21 (1354) S. 554.
Geschwister: Hugo VIII., Heinrich IV. Vanotti, reg. 380
^'353)» Ulrich III., Mechthild (v. Werdenberg, wahr-
scheinlich eine Stiefschwester) und .\nna iv. Teck), s. dii*se.
Gemahlin-,
1. N N, deren Sohn Wilhelm IV. i^cwosen ist, wolchor
unmöglich aus der 2. Kho stammen kann (s. unten), über
diese 1. Gemahlin Wilhelms III. vermochte ich nirhis
aufzuliiidon.
2. Ursula, Gräfin v. Pfirt, Witwe des Grafru Hiim» v.
Hohenberg. Schmid, Ilohenberg, n. 385 (1307 y). Die eiwiis
verwickelten Verwandtschaftsverhältnisse diest-rl^rsula v. Ttiri
stellt die folgende Tabelle dar, deren Nummern auf <li«-
Urkunden bei .Schmid, llohcnberi; \er\vei?on.
m32
Roller.
3 I
3 . .
•" I ! ^ w ^
tn
^ 15 c g- a gj HH
VI OTQ
3 •
7Q
O
o
9
4
3
N
•V
w
cr
•"^ ff ^ S^
3 •< s
^ ^ C ff-
'^ ^ ^-.
3 3*
00
OC 3 3
X
o
c
3-
crg
3
^^
<•«
^-^
•
3
ffi
(X
o^
tn
— u-
rt
3
r~«
^^
rt
•1
ora
3*
9
N
<
00 \^ ^m^
3 i-u.
Ä* ,1^ -^
S3 (yi
9*
;5 -^
3 <
3 O
j: -^
U» 3
•
3 Ln
X-
c
n
o
<
<
o
o
3
s«
3*
- X
o
S ^
m
O
•1
4*
O
ar
p
3
3
P
.**
3
cfo'
^
3- 2. S >
3* O
U» OTQ
9 W
« • •
^ g 9 « fi-
9* S 3
00 »<
4-
9
•
4^
oe
Die Stimmtafel der Grafen von Montfort.
m33
Ursula V. Pfirt starb vor 1367. Schmid, Hohenberg, n. 585
{ 1367 f ). Ihren Jahrtag beging das Kl. Mehrerau am 5. Mai.
Mon. Germ., necr. I., S. 148 (Ursula, com", de Phirt). Hugo
V. Bregenz, der bei Schmid, Hohenberg, n. 594 genannt wird,
scheint ein Spross dieser (2.) Ehe gewesen zu sein, (s. diesen).
f vor 1369, (Febr. 9.)? Vanotti, [reg. n. 90 (1369)].
Da Wilhelm III. nur sehr kurz selbständiger Graf v. Bregenz war
d sein Bruder Heinrich ihn sehr lange überlebte, verschieben sich
i Generationen in ihrem urkundlich erkennbaren Zusammenwirken,
dass die Söhne Wilhelms III. mit ihrem Oheim Heinrich v. Tett-
ng auf gleicher Linie zu stehen scheinen und ebenso die Söhne
iinrichs v. Tettnang mit den Enkeln seines Bruders Wilhelms III.
Ih'g gleichzeitig Urkunden. Vanotti S. 162 und 163 verschmilzt
: beiden Grafen Wilhelm III. und lY., deren Trennung in zwei
»onderte Personen (Vater und Sohn) aus Vanotti, reg. n. 86
^67) deutlich hervorgeht; der hier genannte Wilhelm d. ä.
nn nicht der schon vor 1359 gestorbene Wilhelm 11. sein.
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. [n. 379 (1348)]?
380 (1353)» n- 381 (1354)» n- 75 ('359)» n. 86 (1367), n. 87
;67), n. 88 (1368), n. 89 (1368). Urk. n. 20 (1333) S. 553,
21 (1354) S. 554. — reg. n. 74 (1359, Ursula v. Pfirt). Schmid,
•henberg, n. 585 (1367), n. 586 (1367), n. 587 (1367), n. 588
^67). n. 590 (1367)» n. 593 (1367)» i^- 594 (1367)1 n. 595
J67).
40. Hugo VIII. V. Tettnang.
la/er: Wilhelm II. v. Tettnang. Vanotti, reg. n. 380 (1353).
Mutter: Kunigunde (Richenza?) v. Rappoltstein. Vergl.
Rap. U. B. I., n. 327 (1315 und Anm. 2) und bei Wilhelm II.,
sowie die Geburtszeit Hugos VIII.
Geboren: nach 1322. Vanotti, reg. n. 375 (1322),
Mündig: vor 1353. Vanotti, reg. n. 380 (i353)-
Geschtüister : s. bei Wilhelm III.
Gemahlin: (? Bcrtha v. Kirchberg, auf der Stammtafel von
Zösmalr III. angegeben, ohne Belege und wohl infolge von
Verwechslung mit der 2. Gem. Hugos VII.).
f zwischen 1353, Nov. 3. und 1354, Mai 26. (ohne Kinder
zu hinterlassen). Vanotti, reg. n. 380 (1353) und n. 381
^354).
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. [n. 65 (1347)]?
380 (1353). Urk. n. 20 (1353) S. 553-
41. Heinrich IV. v. Tettnang.
Vater: Wilhelm II. v, Tettnang. Vanotti, reg. n. 381 (1354).
Mutter: Kunigunde (Richenza?) v, Rappoltstein. Rap.
U. B. I., n. 327 (13 15 und Anm. 2). S. auch bei Wilhelm II.,
und die Geburtszeit Heinrichs IV.
Mitt. d. Bad. Hin. Kom. Nr. ai. ^
»34
Roll
: nach 1322. Vanotti, re
1353. Vanoiti, reg.
, bei WUhalm 111.
n- 375 Oi")-
580 (1353).
Geboren:
Mündig:
Gtschwiskr: •
Gemahlin:
i. Adelheid, Gräfin v. Habsburg-Laufenbnrg. Vinoiti,
S. 1 1 7 ff. giebt diese Nachricht, zwar ohne Belege, dodi
mit Erwälmung der Mitgift. £ine indirekte Bestätigung
giebt die Urli, n. 894 (1395) in Herrgotts Gen. Haliib,
Cod. prob., S. 773, in welcher Rudoll VI.. Solm Heinrich»,
dea Grafen Job. v. Laufenburg s. Oheim neniiL Nach
Vanotti, S. iiq starb Adelheid um 1370. (Belege fehlenV
2. Klara (? Anna) v. Eilerbach. Vanotti, S. 119 bericiiUl
auf Grund einer nicht Daher bezeichneten Urkamle to«
1384 von dieser Heirat; KJara war damals schon Witw»
(eines Herrn v. Ellerb.) und hatte .{ Söhne erater Ehe.
Die 2. Ehe ging sie vor 1374 Aug. 28. ein (lucb Vauom.
S, 1 19 imter Berufung auf ein Manuscr. nach einer altem
Chronik).
Kinder: Heinrich V. (?). Rudolf VI., Wilhelm V., Hugo XI-
Anna, Kunigunde und Klara, fs, diese). Eine Scheidung
dieser Kinder nach den beiden Ehen ist nicht völlig doidi-
zuluhren, und wird erst bei der Besprechung der eimelneii
Kinder versucht.
t vor 18. Okt. 1408 (überlebt und beerbt von s. Sihaen
Rudolf und Wilhelm). Vanotti, reg. n. 389 (1408^
Urkundliche Erwähnungen: Vanotü, reg. n. 380 {1353).
n- 38' ('354). f. 76 (1360I, n. 77 (1360), n, 79 (13Ö1, nÜA
Kriäger 1362) = «, 382(1361, nach Krüger 1362), n. 8/ (l Jti7}i
n. 89 (1368), n. 90 (1369), n. 117 {1384). n. I18 (1386).
n. 121 (1386). n. 129 (1389J. n- 385 O389), n. 14& (1400)1
n. 150 (1402), n. 151 (1402), n. 38S (1404). n. 15« (»W)^
n. 160 {1405), n. 162 (1406), n. 389 [1408 f). Urii.
("353) S. 553. n. 21 (1354) S. 554, n. 2J (1361) S. 535, tt. JJ
(1384) S. 559, n. 27 I1389J S. 563. n. 32 (1403) S. 375, n. ^^
(1408 f) S. 578. Krüger, reg. n. 38b (1362, 3. Vanotti, reg, n. ;q
und n. 382 zu 1361), n. 536 (1393). ". 5^2 (1395), n, 614
(1399), n. 628 (1401), n. 649 (1404). a. 1144 (1404), n. 655
(1405), n. t.75 ([405). Wanmaim, n. 1329 (1357). F. ü. B. H^
n. 444 (1371). 111., n. 120 (1418 t), Schmid, Uöbenbetg, n, SS7
('367)' 1. 590 (131^7)' f- 595 ('367)-
4a. ? Ulrich 111,
Wilhelm II. v, ÜregenK. dessen jüngster Sol
war; nach Zösmair, s. unten.
Mttittr: Kunigunde v. Rappoltatoin; ». bei TNOttimA
iSie Geburtszeil Ulrichs UI. n
Die Stammtafel der Grafen von Montfort.
m35
t *353 {^9^ ^®™ Vater).
Diese Angaben macht Zösmair IL, S. 37 und 38 und III.,
Stammtafel ohne Belege.
43. Mechthild (Mätze, ? v. Werdenberg).
Vater: Wilhelm II. v. Tettnang, dessen ältestes und 1322
einziges Kind M. war. Vanotti, reg. n. 375 (1322).
Mutter: i Elisabeth v. Schlüsselburg, wie Albrecht (Rap.
U. B. I., n. 327 Anm. 2) annimmt, oder N v. Schwarzen-
berg; (die 3. Gemahlin, Kunigunde v. Rappoltstein könnte
die Stiefmutter Mechthilds gewesen, und die 3. Ehe
Wilhelms IL (seit 1315) bis 1322 kinderlos geblieben sein).
Geboren: vor 1322, Vanotti, reg. n. 375 (1322), und, wenn dit*
oben ausgesprochene Vermutung richtig ist, auch vor 131s.
Geschwister (Stiefgeschwister?): s. bei Wilhelm III. (Mechthikl
wird nur dies einemal genannt, und damals hatte sie noch
keine Geschwister).
Verlobt: 1322 dem Sohne (Albrecht) des Grafen Albrech'
V. Werdenberg (Heiligenberg). Vanotti, reg. n. 375 (1322) —
Krüger, reg. n. 218 (1322). Ob die Heirat zustande
kam, ist nicht nachzuweisen. Vergl. Krüger, Tabelle IL,
VI. Generation.
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. n. 375 (1322).
Krüger, reg. n. 210 (1322).
44. Anna (v. Teck).
Vater: Wilhelm IL v. Tettnang. Stalin IIL, S. 697 (698").
Alutter: Kunigunde (Richenza?) v. Rappoltstein. Vergl.
die Angabe über die (leburtszeit (nach 1322) Annas und
der Zeit der Vermählung der Eltern (vor 131s) bei
Wilhelm IL
Geboren: nach 1322, Sept. 16., wohl aber noch im Jahre
1322 selbst, vergl. Schmid, Hohenberg, n. 378 (133Ö,
Juni 18.) Anna scheint demnach das 2. Kind Wilhelms IL
zu sein. Vanotti, n. 375 (1322).
Geschwister', s. bei Wilhelm IIL
Gemahl: Friedrich, Herzog v. Teck, Sohn des (1313 f'
Hermann v. Teck. Schmid, Hohenberg, n. 378 (1330) und
Stalin IIL, S. 6g7 (698™).
•f- nach 1336, Juni 18.
Urkundliche Erwähnungen: Stalin IIL, S. 697 (ögS "').
Schmid, Hohenberg, n. 378 (i33^>).
45. Agnes (Nesa, v. Bregenz).
Vater: Hugo VII. v. Tosters. Krüger, reg. n. 379 11300,
ältere Tochter Hugos).
<««'
i
I
0)36 Rolh-r
Mullt-r: Bettha v. Kirchberg Krüger, reg. n. 37Q (13801,
Zösmair II., S. 40, nennt (uhne Quellenangabe, wohl oui
auf Kombi iiatiouen gestützt) Margarethc v. Pürsienber]; all
Mutter, doch widerspricht dieser Angi>l>e das oben augcfüfaite
Regest Knigeia.
Geboren: zwischen 1341 und 1300, wozu das hier oben
und bei Margaretha v. Fürstenberg: bemerkte va vergMiiui
ist; auch ist zu berücksichtigen, dass Agnex die äliwt
Tochter Hugos war und im Gegensatze zu ihrer Scirmtet
Anna 1360 bereits veriobt (wohl kaum verlieintel, 1,
unten.)
Gesrhwister: Anna fjüngete Schwester). KrQger, reg. n, j;^
(1360) und n. 417 {1375I.
(ifmahl:
[1. ? Heinrich, Graf v. Werdenberg-Shefneck, Sobti
.Albrechts (11. be«. III.) v. Werdenberg-Heiligcnbeiij, od.
? Heinrichs jöngerer Bruder .\lbrecht lIV, od. V. v. W..
Heiligenberg). Nach Kriiger, reg, n. 379 (1360) wit
Agnes (Nesa) etnera Sohne Albrechts d. j. verlobt, *öhl
kaum vermählt, weil sie 1375 bereits mit Konrad v. Bregeu
verheiratet war, während in diesem Jahre dhiM boidn
Söhne Albrechts fll. od. III.) noch lebten. fDie Aogabn
i^Ösmairs III. auf der Stammtafel widersprechen eiinnd«r}>
Dass es sich bei diesem Bräutigam um einen nnbelpuiitt
gebliebenen Sohn Albrechts | II. od. III.) handele, ist kaoo
anzunehmen; auch für Albrechls beide älteren Söbne
Hugo und Albrecht flll. oder IV.) gilt dasselbe wie iBr
ihre beiden jüngeren Brüder].
2. Konrad, Graf v. Monlfort-Üregeu)! fs. diesen, dafflM
auch die Kinder dieser Khe). Krüger, reg. n. 437 ftjys).
f nach 1384, Vanotti, reg. n. 115 (1384). Ihren (?) j»!iili<
Bcheini das Kl. Mehreran am 30. Märe begangen lu haheiL
Mon. Germ., necr. I., S, 147 {März 30,)
ürkundliclie Krwähnangen: Vanotti, reg. n. Ii5(ij84>>
Krüger, reg. [n. 376 (1360)], n. 379 {1360J, n. 4S7 {tSW.
[n. 432 (1377)]. n. 479 (1384)-
Vater: Hug<
46. Anna (v. Werdenberg).
Krüger, reg. n. 379 fljÖO.
^ Tochter Hugo's VII.).
Muiter: ßertlia v. Kirchberg. Krüger, reg. 11. 379 (1360):
vergl. die bei Agnes (v, Bregenz) gemachten Bemerk ungtin.
ieborrn: zwischen 1341 und 1360, vergl. die bei A^iKl
(v. Bregenz) gumachti^n Bemerkungen, welchen hier XUiuÄgeo
ist, dass Anna 1360 noch niclil vcrm^t (be«. verlobt, Kid^er,
reg. n. 379) und wahrscliuinlich
ktoiiUr: .Agnes (v. 1
Die Stammtafel der Grafen von Montfort.
ni37
Gtmahl: (nach 1360, s. oben) Heinrich, Graf v. Werden-
berg-Heiligenberg. Krüger, reg. n. 427 (1375), Heinrich
zu Rheineck, Sohn des Grafen Albrecht III. v. Werdenberg-
Heiligenberg starb vor 1390, vergl. Zösmair III., Stammtafel,
woselbst auch drei Kinder dieser Ehe, Rudolf, Hugo VI. und
Heinrich angeführt sind; doch hat Zösmair an der ent-
sprechenden Stelle in der Stammtafel des Hauses Montfort
die Gemahle der beiden Schwestern verwechselt.
+ nach 1379. Vanotti, reg. n. iio (1379).
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. n. 110 (1379).
Krüger, reg. [n. 376 (1360J], n. 379 (1360), n. 427 (1375),
[ö. 432 (1377)]. n- 451 (1379)-
47. Ulrich IV, V. Feldkirch.
Vaitr: Rudolf IV. v. Feldkirch. Krüger, reg. n. 370 (1359).
Vanotti, S. 85, nennt Ulrich IV. den zweiten Sohn Rudolfs IV.
(ohne Beweis oder Quellenangabe).
Mutter: Anna v. Schelklingcn. Ulrich stammt aus der i. Ehe
seines Vaters mit Anna v. S., nicht aus der 2. Ehe
mit Elisabeth v. Nellenburg, weil diese bei Vanotti, Urk.
n. 24 (1375) S. 557, die Stiefmutter des jungem Bruders,
Rudolfs V. genannt wird, auch ist Ulrich 1357 bereits
mündig, während die 2. Ehe seines Vaters um diese Zeit
wohl noch nicht geschlossen war.
Mündig: vor 1357. Krüger, reg. n. 1133 (i357)-
Geschwister: Rudolf V., Hugo IX., Berthold II. Krüger,
reg. n. 1133 (1357). ? Ursula (v. Altstetten), s. diese.
Agnes (v. Brandis) und Anna (v. Hewen), s. diese und
bei Rudolf V., ? Sophia (Guta?), s. diese.
Gemahlin: 1362. Johanna v. Carrara, Herzogin v. Padua.
Nach Vanotti, S. 85 (unter Berufung auf die Montforter
Hauschronik), wozu auch Chmel-Bergmann I., S. 1 72 u. Anm. 3
zu vergleichen ist.
t (1366 oder) 1367 in Rhodos (?). Nach Vanotti, S. 84
(Quelle: die Montforter Hauschronik.) doch beruht diese
Angabe der Hauschronik möglicherweise auf Verwechslung
Ulrichs IV. mit seinem Bruder Hugo IX. (s. diesen).
Urkundliche Erwähnungen: Krüger, reg. n. 364 (1357),
n- ««33 (1357). "• 370 («359). n. 372 (13^0), n. 37b (1360),
0- 383 («361), [n. 401 (1365)]? Locher, reg. 1362 (.^pr. 8.).
48. Rudolf V. V. Feldkirch.
Vater: Rudolf IV. v. Feldkirch. Krüger, reg. n. 364 ^1357).
Mutter: Anna v. Schelklingen; die 2. (Vemahlin des Vaters,
Elisabeth v. Neuenbürg wird Stiefmutter Rudolfs V. genannt.
Vanotti, Urk. n. 24 (1375) S. 557.
m38 Roller.
Mündig: vor 1357. Kruger, reg. 364 (1357, Domproptt
V. Chur).
GeschwisUr: s. bei Ulrich IV, Agnes (v. Brandis) und
Anna (v. Hewen), Vanotti, reg. n. 99 (1375) und Krüger,
reg. n. 424 (1375, für Agnes) und n. 426 (1375, für Anna).
Für seine geistliche Laufbahn (Dompropst v. Chur) vergl.
Krüger, reg. n. 364 (i357)» "• 37^ (13M und Locher reg.
1362 (April 8.), sowie Zösmair IlL, S. 16 und Anm. 2.
Gemahlin : Agnes, (G r ä f i n) v. Matsch. Krüger, reg. n. 5 1 7
(i 391, als Witwe). Für ihre Eltern (Vogt Ulrich IV. v. M. und
Agnes, Gräfin v. Kirchberg), ihre 2. Ehe mit Hermann, Graf
V. Tierberg und ihr 142 1 zu Meran erfolgten Tod vergL
die Angaben Ladurners (16. Heft) S. 194 ff. und S. 200.
Die Ehe blieb kinderlos. Krüger, reg. n. 50g (1390).
t 1390, Nov. 17., beigesetzt in Feldkirch. Mon. Germ., necr. L,
S. 644 (Cur. lib. anniv.), nach urkundlichen Erwähnungen
starb er zwischen 1390 Okt. 12. und Dez. 17. Locher, reg.
1390 (Okt. 12.) und Krüger, reg. n. 509 (1390, Dez. 17. t)-
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. n. 89 (1368),
n. 98 (1375)» n. 99 (1375), n. 384 (i375)» n. loi (1376), n. 103
(1377), n. 104 (1377)» n. 105 (1378), n. 106 (1378), n. 107
(1379), n. 119 (1386), n. 123 (1387), n. 126 (1388), n. 128
(1389), n. 132 (1390, Dez. 17. t). n. 133 (1391 f)- Urk. n. 24
0375)» S. 557. Krüger, reg. n. 364 (1357). n. 370 (1359),
n. 372 (1360), n. 376 (1360)» n. 413 (1369), n. 424 (1375).
n. 425 (1375). n. 426 (1375)» n. 43^ (i377)» «• 43^ (U77)-
n. 432 (1377). n. 438 (1378), n. 442 (1379), n. 446 (i379)»
n. 451 (1379). 1^- 488 (1387), n. 503 (1389)» n- 5^9 (»39^ t).
n. 511 (1391 t), n. 517 (1391 t), n. 537 (1393 t)» «• 5^1 (i395t)-
Mohr, reg. Pfävers, n. 266 (1377), n. 267 (i377)i "• 283 (1382),
n. 290 (1386, S. 42). Locher, reg. 1362, 1375, 1390. Mon.
Germ., necr, L, (Cur. lib. anniv.), S. 644 (1390, Nov. 17. f).
49. Hugo IX. (v. Feldkirch).
Vater: Rudolf IV. v. Feldkirch. Krüger, reg. n. 1133 (1357).
Mutier: Anna v. Schelkiingen (?). Hugo stammt höchst-
wahrscheinlich aus der i. Ehe seines Vaters, nicht aus der
2. Ehe desselben mit Eh'sabeth v. Neuenbürg, da Hugo IX,
1357 schon mündig ist (s. unten), und die 2. Ehe seines
Vaters erst später geschlossen zu sein scheint, vergl. auch
die Bemerkungen bei Rudolf V.
Mündig: vor 1357. Krüger, reg. n. 364 (i357)-
Geschivisiir : s. bei Ulrich IV. und Rudolf V.
j 1363. Aug. 19. (?). Mon. Germ., necr. L, (Mehrerau). S. 150
(Aug. 19: Hugo com. de Monteforti, qui in partibus trans-
marinis in insula Cypro sepultus est 1363) kann nur aaf
Die Stammtafel der Grafen von Montfort.
m39
diesen Hugo bezogen werden, da alle anderen gleichnamigen
Grafen v. M. in diesem Jahre schon gestorben waren oder
nachweislich noch lebten. Auch scheint diese Nachricht
in Zusammenhang mit der von Vanotti S. 84 von Ulrichs lY.
Tod (t 1366 od. 1367 in Rhodos, — auf Grund der Haus-
chronik, s. Ulrich) gegebenen zu stehen. Zösmair (III.,
Stammtafel, und S. 15) setzt Hugo's IX. Tod auf 1360,
Juli 5., wohl auf Grund des Eintrags im Anniv. der Johanniter
zu Feldkirch, (herausgegeben von Zösmair im 30. Jahrb. des
Vorarlb. Mus. Ver.). Da Hugo allerdings 1360, Juni 26. zum
letzten Male urkundlich erwähnt ist, steht von dieser Seite
der Angabe Zösmairs nichts im Wege. Doch ist die
Bezeichnung »iunior«, die dieser Hugo erhält, sonst nicht
bei Hugo IX., auch bei Lebzeiten seines Oheims, Hugo's VII.
v. Tosters nicht gebräuchlich, — - allerdings wird er immer
mit Vater und Brüdern zusammen genannt — so dass dieser
Zusatz »iunior«, mir im Gegensatze zu Hugo IX. und nicht
zu Hugo VII. zu stehen scheint. Vergl. die Bemerkungen
zu Hugo VII. und Ulrich IV.
Urkundliche Erwähnungen: Krüger, reg. n. 364 (1357),
1*33 (1357)» n. 370 (1359). n. 376 (1360). Mon. Germ.
er. I., (Mehrerau), S. 150, Aug. 19. (1363) (?)
50. Berthold IL v. Feldkirch.
Vater: Rudolf IV. v. Feldkirch. Krüger, reg. n. 1133 (1357).
Mutter: Anna v. Schelklingen (?). Die bei Hugo IX.
gemachten Bemerkungen gelten auch für Berthold II.
Mündig: vor 1357. Krüger, reg. n. 11 33 (1357).
Geschwister : s. bei Ulrich IV. und Rudolf V.
f nach 1360 (?). Vanotti, S. 85 Anm. 2, giebt an, dass
Berth. noch 1360 urkundlich vorkomme. Dagegen giebt
Zösmair III., S. 15 und in der Stammtafel 1358 als Todesjahr
an. Allerdings ist 1357 das letzte Jahr, in welchem Berthold
nach dem mir vorliegenden (gedruckten) Material erwähnt
wird (Krüger, reg. n. 1133 u. 364) und im folgenden Jahre
(Krüger, reg. n. 370) wird er nicht mehr mit seinen Brüdern
zusammen genannt, doch ist auch Hugo IX. einmal (Krüger,
reg. n. 372 v. J. 1360) nicht genannt, wo man es hätte erwarten
können, so dass Vanottis Angabe immer noch anzunehmen
ist, solange die Belege zu der zweiten Angabe Zösmairs
fehlen. Nach der Reihenfolge, welche die Urkunden ein-
halten, ist Berthold der jüngste Sohn Rudolfs IV., Vanotti,
S. 85, nennt ihn jedoch den ältesten Sohn (ohne Belege).
Urkundliche Erwähnungen: Krüger, reg. n. 364 (1357)»
"«33 (»357)- (Vanotti, S. 85 Anm. 2, 1360.)
m40
Roller.
51. ? [Ursula (v. Altstetten).]
la/er: Rudolf IV. v. Feldkirch.
Gemahl: Dietrich, der Maier v. Altstetten. Beides nach
Angaben Weizeneggers (II., S. 36) ohne Belege.
Obschon die JNIaier v. A. wiederholt in den Urkunden der
Familie genannt werden, z. B. Krüger, rtg. n. 332 (1349).
findet sich nirgends eine Spur einer Verwandtschaft oder
Verschwägerung mit den Grafen v. Montfort,
52» Agnes (v. Brandis).
Vaier: Rudolf IV. v. Feldkirch. Vanotti, reg. n. gg (1375.
Agnes, Schwester des Grafen Rudolfs V. v. Feldkirch;
Rudolf V. ist bereits als Sohn Rudolfs IV. nachgewiesen,
s. oben.).
Mutter: ? Anna v. Schelklingen. Für eine Tochter der
Elisabeth v. Neuenbürg (s. Rudolf IV.), scheint Ag. nicht
jung genug, da sie 1371 schon einen mündigen Sohn hatte.
Krüger, reg. n. 1137 (1371).
Geboren: nach 1332 (?) und vor 1362 {}), wenn Agnes aas
der I. Ehe des Vaters stammt, s. bei Rudolf IV.; versl.
auch Krüger, S. 406 ff.
Geschwister: s. l)ei Ulrich IV. und Rudolf \'.
Gemahl:
1. Hartmann, Graf v. Werdenberg-Sargans, f vor
1379. Krüger, reg. n, 442 (i379)-
Kinder aus dieser f-he : i . R u d o 1 f v. V a d u z. f 1 507.
2. Heinrich v. Sargans^). f 1379. 3. Hartinanii
V. Sargans, B. v. Chur. f 1416. vergl. Krüger.
S. 406 — 419.
2, (Thüring?) v. Brandis. Krüger, reg. n. 605 (139S.
ohne den Vornamen, denselben giebt Krüger, S. 318, 3ii>..
Kinder aus dieser Ehe: Wolfhart und Ulrich-Thürin;^.
Krüger, reg. [n. 430 (1377)] und n. 605 (i3qS',
Vanotti , S. 86, hält die Gemahlin des Heinrich
V. Sargans, und die Thürings v. Brandis irrtümlicher-
weise für zwei verschiedene Personen.
Für Beseitigung der Zweifel an dem Vornamen Agnes, die
Krüger (S. 307) ausspricht, ist Vanotti, reg. n. 99 (1375
entscheidend; da Anna, die zweite Schwester sicher eine
Frau V. Hewcn war, kann die Gräfin v. Sargans nur Agnes
gewesen sein, — von der ganz unsicheren Ursula, sowie von
Sophia kann hierbei völlig abgesehen werden.
t vor .379. Krüger, reg. n. 442 (1379 t)
*) ileinrich> Gemahlin war Katharina v. Wcnlenberg, nach Krüger.
reij. n. 561 (1395).
Die Stamm tafelder Grafen von Montfort.
m4i
Urkundliche Erwähnungen^): Vanotti, reg. n, 99 (1375).
<iüger, reg. [n. 424 (1375)]» [n. 43° (i377)]. [»• 430 (»378)],
n. 442 (1379 t)]» [n. 561 0395 t)]. [»- 605 (1398 t)].
53. Anna (v. Hewen).
Va/er: Rudolf IV. v. Feldkirch. Anna ist als Schwester
Rudolfs V., eines Sohnes Rudolfs IV. nachgewiesen, s, unten
und bei Rudolf IV.
Müller: ? Anna v. Schelklingen. Die bei Annas Schwester
Agnes (s. diese) angeführten Gründe gelten z. T, auch hier.
Geboren: s. bei Agnes (v. Brandis).
Gischwisier: s. bei Ulrich IV. und Rudolf V.
Gemahl: Johann v. Hewen. Vanotti, reg. n. 98. Joh. v. H.
lebt noch 1381, ist ein Sohn Peters v. Hewen und der
Katharina, Gräfin v. Fürstenberg. F. U. B. II., n. 494
(1381, S. 321/22J.
f vor 1381. F. U. B. II., n. 494 (1381 f).
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. n. 98 (1375),
n. 99 (1375). Krüger, reg. n. 426 (1375). Chmel-Bcr«rmann IL,
5. 36 n. 20 (1375). F. U. B. IL, n. 494 (1381 f).
54. [? Sophia (Guta ?, v. Ramschwag).]
Vater: Rudolf IV. v. Feldkirch. Zösinair, s. unten.
Gemahl: Burkhard v. Ramsch wag.
Nach Zösmair IIL, S. 16 (ohne Nachweise). Auf der Stamm-
tafel nennt er diese 4. (bei ihm 3.) Tochter Rudolfs Guta
V. Ramschwag, lässt aber ihre Abstammung von Rudolf IV,
unsicher.
55. Wilhelm IV. v. Bregenz.
Vater: Wilhelm III. v. Bregenz. Vanotti, reg. n. 86 (1367),
Mutter: die erste, bisher nicht bekannt gewordene Gemahlin
Wilhelms IIL, s. diesen.
Mündig: vor 1367. Vanotti, reg. n. 86 (1367). Wilht*lni
muss ziemlich frühe geboren sein, weil er bei seinem vor
1379 erfolgten Tode (s. unten) mehrere erwachsene Kinder
hinterlüsst.
Geschwister: Hugo X. (Stiel bruder?) und eine ungenannte
Schwester ? (v. Rotenburg) s. diese.
>) Agnes wird nur einmal mit Namen (Vanotti, re^. n. ()<)^ sonst immer
ohne Namennennung angeführt (also in allen Kcgcstcn bei Krüger..
m42
Roller.
Gemahlin: Ursula, Gräfin v. Hohenberg, Tochter dei
Grafen Hugo v. H. und der Ursula, Gräfin v. Pfirt, der (1367 f)
Stiefmutter des Grafen Wilhelm IV. (vergl. Wilhelm III. and
Stalin III., S. 669). Vanotti, reg. n. 86 (1367) ond
(Schmid, Hohenberg, n. 485, 1350J. Ursula überlebte ihren
I. Gemahl Wilhelm IV. und heiratete in 2. Ehe Eber-
hard IV. V. Lupfen. Kin Sohn dieser Ehe ist Johann L
V. Lupfen-Stühlingen, Kantor zu Strassburg. Z. G. Frei-
burg III. (1874), S. 305 (1380). Damit ist die von Zös-
mair III., Stammtafel, (ohne Belege) gegebene Nachricht von
einer 2. Gemahlin, Margaretha v. Pfannenberg, des Grafen
Wilhelms IV. zu vergleichen.
Kinder: Hugo XII., (Stephan i) und Konrad, s. diese,
f vor 137Q, Juni 8. Vanotti, reg. [n. 108 (1379)]?
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. n. 86 (1367),
n- 93 (1370)» n. 96 (i373)- 2- G. Freib. III. (1874), S. 303
(1380 t). Schmid, Hohenberg, n. 585 (1367), n. 586 (136;'.
n- 5^7 (1367)» ". 588 (1367). n. 590 (1367)1 n. 594 (1367).
fn- 595 (13Ö7)].
56. Hugo X. V. Bregenz.
V^aicr: Wilhelm III. v. Bregenz. Schmid, Hohenberg,
n- 594 (13Ö7).
Mutter: ? Ursula v. Pfirt. Hugo X. ist 1367 noch unmündig,
und demnach wahrscheinlich zu jung, um ein Sohn aus der
I. Ehe Wilhelms III. zu sein (s. diesen).
Geboren: nacli (?) 1354 und vor 1367. 1354 war seine ? Mutter
noch Witwe, 1367 bereits gestorben, Schmid, Hohenberg.
n. 512 (1354) und Vanotti, reg. n. 86 (1367). 1367 war
Hugo X. noch unmündig. Schmid, Hohenberg, n. 594 (1367).
Gtschzvisttr: s. bei Wilhelm IV.
f nach 1367 (scheint nicht mündig geworden zu sein, weil
er nicht selbst urkundet). Schmid, Hohenberg, n. 594 (1367).
Urkundliche Erwähnungen; Schmid, Hohenberg, n. 5S5
(1367), ". 5^^ ('367)» ". 587 (1367)» n. 588 (1367), n. 504
(1367, unmündig).
[N V. Rotenburg.]
Vater: Wilhelm (III.?) v. Montfort.
Gtmahl: N v. Rotenburg, Sohn des Heinrich v. Rotenburg,
(Hofmeisters von Tyrol).
Vorstehende Angaben über eine Tochter eine^ Grafen Wil-
helm v, M., bei welchen es zweifelhaft ist, welcher Wilhelm
(v. IJregenz, v. Tettnang) gemeint ist, finden sich bei Ladurner
(im 16. Heft, S. 157) mit der Datierung *um diese (1350) Zeit«.
Als Quelle ist eine nicht näher bezeichnete Urkunde des »Statt-
haltereiarchivs« angegeben.
Die Stammtafel der Grafen von Montfort. m43
57. Rudolf VI. V. Tettnang zu Rothenfels.
Vater: Heinrich IV. v. Tettnang, Krüger, reg. n. 1144
(1404).
Mutier: Adelheid v. Laufenburg. (?) Rudolf scheint, da
er 1389 schon abgeteilt war (s. unter »Mündig«), für einen
Sohn aus der 2. Ehe Heinrichs IV. zu alt zu sein (s. Hein-
rich IV.). Vergl. Herrgott, Gen. Habsb. cod. prob., S. 773
n. 894 (1395), woselbst Rudolf den Grafen Joh. v. Laufen-
burg seinen Oheim nennt, und Vanotti, S. 119.
Mündig: vor 1389. Vanotti, Urk. n. 27 S. 563 (1389,
Gr. Rudolf, »Herr zu Scherr«).
Geschwister: Wilhelm V., Hugo XI. Krüger, reg. n. 1144
(1404). Heinrich V., Anna, Klara, Kunigunde, s. diese,
■f vor 1440, Febr. 21.; ohne Nachkommen. Vanotti, reg.
n. 223 (1440 t).
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. n. 159 (1405),
n. 160 (1405), n. 172 (1412), n. 175 (1412), n. 178 (1414)»
n. 187 (142 1, V. Rothenfels, im Gegensatz zu seinem Bruder
Wilh. V. Tettnang), n. 196» (1425). Urk. n. 27 (1389) S. 563,
n- 32 (1405) S. 575, n. 34 (1408) S. 577, n. 37 (1412)8. 583,
n. 38 (14 15) S. 585 und ein Regest S. 537, hinter der Urk. n. 4.
Krüger, reg. n. 1144 (1404), n. 675 (1405). F. U. B. III.,
n. 43 (1408), n. 83 (vor 14 13), Anm. 4 S. 68, n. 120 (14 18).
Locher, reg. 1407, 1415, 1425. Herrgott, Gen. Habsb. III,
S. 773 n. 894 (1395).
58. Heinrich V. v. Tettnang.
Vater: Heinrich IV, v. Tettnang, s. unten.
Mutter: Adelheid v. Habsburg-Laufenburg, s. unten.
Gemahlin: Anna, Tochter eines Truchsess v. Waldburg
(»393)» s. unten.
Tochter: i Klara, Äbtissin von Buchau, s. diese und unten.
f nach 1393 (nach Vanotti) und vor 1396. (s. unten).
Diese Nachrichten giebt Vanotti, S. 1 20, unter Berufung auf
Münster, Cosmogr. III. S. 806. Dass Heinrich V. ein Sohn (der
2. Sohn) Heinrichs IV. und der Adelheid v. Laufenburg ist,
berichtet Vanotti S. 119 auf Grund einer nicht näher bezeich-
neten Urkunde von 1384, und einer chronikalen Nachricht von
1374 (nach einem Manuskript). Die Stammtafel 4 des mediati-
sierten Hauses Waldburg giebt an: Johann IL, Truchsess v. Wald-
burg, t 1424» vermählt mit i. Elisabeth, Gräfin v. Habsburg-
Laufenburg, Tochter Johanns IL, Gr. v. H.-L., 2. Katharina,
Gräfin v. Cilli, f 1389, Tochter Friedrichs, Gr. v. Cilli, 3. Eli-
sabeth, Gräfin v, Montfort, f um 1398, 4. Ursula v. Abens-
berg, t 1422. Die Tochter des Joh. IL (und wahrscheinlich
m^.^ Roller.
der Elisabeth v. Habsburg) ist Anna (s. oben), f 1429, i. ver-
mählt 1393 mit Heinrich, Graf v. Montfort (f vor 13^0,
Nov. II.) und 2. vermählt 1397 mit Stephan v. Gundeliingi'i)
(t 1428).
59. Wilhelm V. v. Tettnang.
Vä/er: Heinrich IV. v. Tettnang. Krüger, reg. n. 1144
(1404).
Mutter: Adelheid v. Laufenburg. Vanotti, S. 119 auf
Grund von zwei nicht näher bezeichneten Urkunden von
1374 und 1384.
Mündig: vor 1374 (?). Vanotti, S. 119
Geschwister: s. bei Rudolf VI.
Gemahlin: Kunigunde, Gräfin v. Werdenberg, Tochter
des Grafen Albrecht d. ä. v. Werdenberg-BIudenz. Vanotti,
reg. n. 171 (1412) und n. 199 (1427).
Kinder: Rudolf, Hugo, Heinrich, Ulrich. Vanotti, reg.
n. 223 (1440), Wilhelm d. j., f '435» Klara (Gemahl
1. Albrecht v. Rechberg, 2. Konrad, Schenk v. Limpurj;),
und Kunigunde (Gemahl Eberhard, Truchsess v. Waldburg]
s, bei Vanotti, S. 133.
7 vor 1440, Febr. 21. Vanotti, reg. n. 223 (1440 f).
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. n. 159 (140.VI,
n. 160 (1405), n. 171 (14 12), n. 172 (1412J, n. 180^ (14101,
n. 187 (1421, Willi, v. Tettnang, im Gegensatz zu Rudolf
v. Rothenfels), n. 188 (1422), [n. 196"* (1425)]?, n. 199 (14:7,
nebst Gemahlin Kunigunde), n. 211 (1434), n. 212 (1433? Oii.
1435?), "• 215 (1437, nebst Gem. Kunig.), n. 217 (1437, ^^^^"^
Gem. Kunig.), n. 218 (1439), 219 (1439)» n. 223 (1440 t).
Urk. n. 2>2 (1405) S. 575, n. 34 (1408) S. 578, n. 37 (1412)
S. 583. Krüger, reg. n. 1144 (1404), n. 649 (1404), n. Ö75
(1405), [n. 685 (1406)]? n. 688 (1406), n. 739 (1412, nebst
s. Schwiegervater Albrecht v. Werdenberg), n. 774 (14 16), n. 81D
(1427, nebst Gem. Kunig.), n. 827 (1431}, n. 835 (1433), n. S3Ö
(1433, nebst Gem. Kunig.), n. 837 (1433), n. 838 (i433» ^^^^^
Gem. Kunig.), n. 839 (1433), n. 840 (1433, nebst Gem. Kunig.K
n. 864 (1437, nebst Gem. Kunig.), [n. 874 (1438) Kunigunde
allein]. Locher, reg. 1407, 1415, 1425. F. U. B. 111., n. 113
(14 17), n. 120 (14 18). Ladurner, (Heft 17.), S. 121/ 122: Gr.
Friedr. v. Toggenburg, Gem. der Elisabeth, Tochter Ulrichs IV.
V. Matsch und der Agnes v. Kirchberg nennt Gr. Wjlh- v. Montf.«
Tettnang .->. lieben Bruder (1422; von Ladurner als Schwager
erklärt). Ebenda, S. 159/160, Wilhelm nennt den Vogt Ulrich
V. Matsch seinen Bruder (1429; von Ladurner als Schwager erklärt
und in Anm. i erläutert durch die Heirat Ulrichs v. Matsch mit
Kunigunde, der Schwester Wilhelms — nach Vanotti).
Die Stammtafel der Grafen von Montfort.
60. Hugo XI. V. Tettnang.
m45
Vater: Heinrich IV. v. Tettnang. Kräger, reg. n. 1144
(M04).
Muiter: ? Klara v. Kllerbach. Hugo ist 1404 noch un-
mündig, stammt demnach höchstwahrscheinlich aus der
2. Ehe Heinrichs IV. (s. diesen).
(»eboren: vor 1404. Krüger, reg. n. 1144 ('404)«
Mündig: vor 1425 Falls dieses Regest (Vanotti, reg. n. 196")
hierher gehört — was wegen der Stellung der Namen,
Hugo, Rudolf und Wilhelm, statt Rudolf, Wilhelm und
Hugo mehr als zweifelhaft ist — und sich nicht etwa auf
Hugo XII. (v. Bregenz) bezieht; 1404 war H. noch unmündig.
Krüger, reg. 1 144.
f wahrscheinlich jung, bald nach 1404, bezw. nach 1425
(s. oben).
Urkundliche Erwähnungen: Krüger, reg. n. 1144 (1404).
Vanotti, reg. [n. ig6* (1425)]? Locher, reg. [1425]?
6'. Anna (v. Fürstenberg).
Vater: Heinrich IV. v. Tettnang. Nach den Darstellungen
der Kirchenfenster von Eriskirch (O. A. Tettnang) hat Gral
Heinrich IV. v. Tettnang zwei Töchter: Klara, Äbtissin
V. Buchau (Schriften des Ver, Bodensee V., S. 55 ff.) und
Anna v. Fürstenberg (F. U. B, ll.; n. 456, Anm.).
Mutter: ? Adelheid v, Laufenburg. Vanotti, S. 119 nennt
Adelheid v, Laufenburg die Mutter Annas; und da Anna
1368 schon zwei Kinder hat (s. unten), wäre sie für eine
Tochter der 2. Ehe ihres Vaters wohl zu alt.
Geboren: vor 1308 (s. unten).
Gemahl: Heinrich, Graf v. Fürstenberg, f vor 1368.
F. U. B. IL, n. 431 (1370 t) und n. 414 (1368 f).
Kinder: Heinrich und Anna (Klosterfrau). F. U. B. II.,
n. 414 (1368).
j nach 1374. F. U. B. II., n 456 (1374). Anm. i. (ebenda)
setzt ihren Todestag auf den 27. (3kt. 1494» den Begräbnis-
ort nach Neidingen (auf Grund eines Neidinger .^nniv. und
einer archival. Notiz).
Urkundliche Erwähnungen: F. U. B. II., n. 414 (1368),
»• 43» (1370). n. 456 (1374)- Vergl. n. 494 (138O Anm.
(S. 321).
62. (?) Kunigunde (v. Matsch).
Vater: Heinrich IV. v. Tettnang.
Muiter: Adelheid v. Laufenburg.
Gemahl: Ulrich, (Graf) v. Matsch.
Nach Vanotti, S. i 19 (ohne Quellenangabe). Dasselbe sagt auch
Ladurner, Heft 16 S. 231 f. mit genaueren Zeitangaben (ohne
m46 Roller.
Belege). Ebenso (ohne Belege) werden von Ladurner (i6.
S. 252) die Kinder Ulrichs v. Matsch und seiner GemahÜD Kuni-
gunde genannt '). Kine urkundliche Stütze erhalten diese An-
gaben durch ein Regest Ladurners, Heft 17 S. 51 von einer
Urkunde von 1407, worin Kunigunde, Gräfin von Montfort-
Tettnang und Vögtin v. Matsch genannt wird. Ein anderes
ebenfalls v. Ladurner (17. S. 159 f.) mitgeteiltes Regest
will dieser auf eine 2. Kunigunde von Montfort-Tettnan^
beziehen, deren Bruder Wilhelm gehcissen, und welche mit
einem anderen Vogte Ulrich v. M. (dem Sohne des oben-
genannten) vermählt gewesen sein soll; offenbar bezieht sich
auch dieses Regest auf die schon 1407 genannte Kunigunde.
63. Klara, Äbtissin v. Buchau.
Vakr: Heinrich IV. v. Tettnang. Auf den oben bereits
erwähnten Glasgemälden zu Eriskirch (O. A. Tettnangi
ist Graf Heinrich L v. Montfort nebst 3 Söhnen, 2 Tuchteni,
deren eine Klara heisst, und einer Schwiegertochter Kuni-
gunde 2) V. Werdenberg dargestellt. (Schriften d. Ve:.
Bodensee V., S. 55 ff.)
Mutter: ? Klara v. Eilerbach. Dass Klara eine Tochter
aus dieser Khe ist, scheint ihr Vorname anzudeuten.
Äbtissin zu Buchau wird sie in den Sehr. Ver. Bodensee
(s. oben) genannt. Daten für ihre Person und Lebensgan?
finden sich in den biäher mir bekannten Urkunden nich:.
Vaiiotti, S. 120 nennt eine Äbtissin v. Buchau, Klara, Tochter
Heinrich V. v. M.-Tettnang und der Anna v. Waldhurg is. diese ,
also eine Enkelin Heinrichs IV. Diese Angaben können ganz
oder teilweise auf Verwechslung mit dieser Anna beruhen, wem:
es nicht, was ziemlich unwahrscheinlich ist, 2 Äl)tis>iniien vor
Buchau gegeben hat, deren eigne Namen und ebenso die Namen
ihrer Väter völlig gleich lauteten.
64. Hugo XII. V. Bregenz.
Vater: Wilhelm IV. v. Bregenz. Da Hugo XII. der Breircnz?:
Linie angehört (s. unten), so kann er nur ein So-
Wilhelms IV. und seiner einzigen, ihn überlebenden Gemanlif-
Ursula v. Ilohcnberg sein; denn der einzige nachweisbare
Bruder dieses Wilhelms IV., Hugo X. (s. diesen) ist ?e-
walirscheinlicli unmündig gestorben; somit kann man it'
ziemlicher Gewissheit Hugo XII. und seine Brüder für S-ÖJ
^} Verj^l. ilii.J. Heft 17. S. 42 u\l)ieil. 2^. — -; Ver^:!. Kuaifc'nc--
(v. Maisch), Jnchlcr Ilcintichs v. Tettnang (s. obeni. Sollte unier i'-
angcijcbcncn Kuniguntle nicht vielleicht die Tochter Heinrichs IV. pei^''
werden ?
Die Stammtafel der Grafen von Montfort.
m47
Wilhelms IV. halten, wenn auch der strikte urkundliche
Nachweis bis jetzt nicht zu erbringen ist.
MuUer: Ursula v. Hohenberg als Gem. des ? Vaters, s. oben.
Mündig: vor 1378. Reg. Hachberg, n. 728 (1378).
Geschwister: Konrad v. Bregenz und Stephan I. ? s. diese.
Gemahlin:
1. Margare tha, Gräfin v. Pfannenberg. Vanotti, reg.
n. 125 (1^87). Aus dieser Ehe scheint der 1406 schon
verheiratete Sohn Ulrich zu stammen (s. diesen).
2. ? Clemencia v. Toggenburg (Schwester des 1436 f
Grafen Friedrich) nach Vanotti, S. 182, woselbst er eine
urkundliche Quelle für diese Nachricht noch erkennen
lässt. Dazu ist ferner zu vergl. Vanotti, S. 129, Krüger,
S. 283 und Ladurner, Heft 17, S. 179 Anm.
3. Anna v. Neuhaus, .welche als Witwe mit ihrem Sohn
und (Stief?-) Enkel (Stephan IL und Hermann v. Pfannen-
berg, beide unmündig) genannt wird. Vanotti, reg. n. ig7
(1426).
•j- vor 1426, Juli 14. Vanotti, [reg. n. 197 (1426)].
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. [n. 108(1379,
die Grafen v. M.-Bregenz bei der Erbteilung der väterlichen
Hinterlassenschaft, was, wie oben gezeigt, nur auf Wilhelms IV,
Hinterlassenschaft gehen kann)], n. 109 (1379), n. 120 (1386).
n. 125 (1387), n. 136 (1393), n. 144 (1399)» «• '5^ (1404)1
n. 164 (1406), n. 166 (1408), n. 168 (1409), n. 169 (1409),
n. 170 (1409), [n. 179 (1415)]? [n. 182 (1418)]? [n. 183
(1418)]? n. 189 (1422), n. 190 (1422), n. 194 (1423).
[n. 197 (1426 t)]- Urk. n. 33 (1408) S. 577, [n. 34 (1408)
S. 578]? n. 35 (1409) S. 580. n. 38 (1415) S. 585 (nennt Hans,
Truchsess v. Waldburg s. Schwager). Krüger, reg. n. 450 (1379)1
ö- 53Ö (>393)» n- 682 (1405). Reg. Hachberg, n. 728 (1378)-
65. Konrad v. Bregenz.
Vaier: Wilhelm IV. v. Bregenz. Für Konrad gilt dasselbe,
was auch für die Abstammung Hugos XIL von Wilhelm IV.
angeführt ist (s. Hugo XIL)
Muiter: Ursula v. Hohenberg, s. diese und bei Hugo XIL
Mündig: vor 1372, F. U. B. IL n. 444 (1372).
Geschwister: Hugo XIL Reg. Hachberg, n. 728 (1378)
und Stephan I. ? s. diesen.
Gemahlin: Agnes, Gräfin v. Montfort-Tosters, Tochter
des Grafen Hugo VII. v. Feldkirch-Tosters. Vanotti, reg.
^' ^^5 ('384)» s. auch Agnes v. Testers.
Kinder: ? Wilhelm v. Bregenz, ? Hugo XlII,, ? Magda-
lena (? v. Waid bürg), s diese.
m48 Roller.
t vor 1408. Vanotti, reg. [n. 166 (1408)], Vanotti, S. 105
setzt den Tod vor 1393 (ohne Belege), auf der Stamm-
tafel c (nach Arzet) 1391. Mon. Germ., necr. L, S. 148
(Mehrerau) hat zu 1381, Juni 6. den Eintrag: Cnnndns,
com. de Montf. cum coniuge sua» doch scheint es
sich hierbei nicht um den Todestag, sondern um das Datum
der Seelgerätstiftung zu handeln.
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. [n. 108(1379)!,
". 115 (1384). [n. 136 (1393)]? Krüger: reg. n. 427 (1375),
n. 432 («377)» n. 479 («384). F- U. B. II, n. 444 (1372).
Reg. Hachberg, n. 72S (1378).
66. ? [Stephan I. v, Bregenz].
Vater: Wilhelm IV. v. Bregenz. Von Vanotti auf seiner
Stammtafel angeführt, ohne Belege und ohne Erwähnung
dieses Grafen im Texte.
67. [? Klara, (?) Äbtissin v. Buchau].
Nach Vanotti, S. 120 (unter Berufung auf Münster,
Cosmogr. III.,* S. 806) ist Klara, eine Tochter Heinrichs V. und
seiner Gemahlin Anna v. Waldburg (s. diese) Äbtissin v. Buchau.
Über die Möglichkeit einer Verwechslung vergl. Klara (v. Buchau),
Tochter Heinrichs IV. v. Tettnang.
68. Ulrich V. V. Bregenz-Pfannenberg.
Vater: Hugo XII. v. Bregenz. Vanotti, reg. n. 164 (1406).
Mutter: ? Margare tha v. Pfannenberg, s. diese bei
Hugo XII.
Mündig: vor 1406, (bezw. vor 1404). Vanotti, reg. n. 164
(1406) s. unten und reg. n. 156 (1404).
Geschwister: Stephan II. (Stiefbruder?). Vanotti, reg. n. 194
(1423).
Gemahlin: N^, Tochter des Hans v. Stadeck. Vanotti, reg.
n. 164 (1406); vergl. dazu Vanotti, reg. n. 156 (1404).
Kinder: Hermann v. Pfannenberg (und Stephan Ill.l
Vanotti, reg. n. 194 (1423).
f vor 1423. Vanotti, reg. n. 194 (1423 f).
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. n, 164 (1406).
n. 169 (1409), n. 170 (1409), n. 194 (1423 f). Eine indirekte
Erwähnung Ulrichs giebt n. 156 (1404); danach scheint die Ehe
mit (Guta ?) v. Stadeck schon geschlossen zu sein. — Urk. n, 35
(1409) S. 580.
M Vanotti, S. \Ä^ nenül d\t 0^m2>DX\xi V\\v3tv% ^xsXa. ^\mi« Beleg).
Di« Stammtafel der Grafen von Montfort. 1^49
69. Stephan II. v. Bregenz.
Vaier: Hugo XII. v. Bregenz. Vanotti, reg. n. 194 (1423).
MuiUr: (?) Anna v. Neuhaus. Vanotti, reg. n. 197 (1426) (?).
Geboren: vor 1423. Vanotti, reg. n. 194 (1423).
Mündig: vor 1426 (?), oder erst vor 1429. Vanotti, reg.
n. 197 (1426) und n. 202 (1429).
Geschwister: Ulrich V. v. Pfa nnen her g (Stiefbruder), s. diesen,
f (1437, Aug. 27., wie es scheint unverheiratet). Vanotti, reg.
n. 214 (1437)-
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. n. 194(1423),
n. 197 (1426), n. 202 (1429), n. 214 (1437 f).
70. Wilhelm VI. v. Bregenz.
Vaitr: Konrad v. Bregenz (?). Wilhelm VI. und Hugo XIII.
sind Grafen v. Bregenz und treten um dieselbe Zeit in den
Urkunden auf, in welcher Konrad verschwindet; da sie
nicht Söhne des Grafen Hugo XII. sind, so können sie
nur von Konrad v. Bregenz abstammen; von Stephan 1.,
dessen Existenz noch nicht erwiesen ist, kann hierbei
abgesehen werden — s. unten. — Auch ist Vanotti, reg.
n. 166 (1408) zu beachten.
Mutter: ? Agnes v. T Oslers (als Gemahlin des ? Vaters).
Mündig: vor 1387. Vanotti, reg. n. 122 (1387).
Geschwister: Hugo XIII. Vanotti, reg. n. 166 (1408).
Magdalena (v. Waldburg), s. diese.
Gemahlin: Kunigunde, Gräfin v. Toggenburg, Tochter
des Grafen Donat v. Toggenburg. Vanotti, reg. n. 122
(1387) und Urk. n. 20 (1387) S. 561. Über eine
Schwester der Kunigunde v. T., Clementa, vergl. Krüger,
S. 271 -84.
Kinder: Elisabeth (v. Hachbcrg), s. diese.
f 1422, März 6.; beigesetzt im Kloster Mehrcrau. Mon. Germ.,
necr. I., S. 146, März 6. (Mehrerau).
Urkundliche Erwähnungen: V'iinotti, reg. n. 122 (1387),
n- «45 («399)» n. «54 (»402), n. 157 (i4<\=i)» ". 15« d-jos)»
n. 166 (1408), n. 168 (1409). n. 170 (1413). n. iju (1415),
n, 186 (1418), n. 193 (1424 t)- — ["• '^* ('4*7» Kunigunde
v. Toggenburg)]. Urk. n. 2Ö (1387) S. 5eu, n. :^}, (14^5?) S. 577,
n. 34 (1408, Zeuge) S. 578. n. 38 (1415) S. 5S5. n. 40 (1424 f)
S. 588. Locher, reg. 14 13 (nobst Tochter Elisabeth und deren
Gem. Eberh. v. Nellenburg), 14 15. Mon. (icrra., necr 1., S. 146
(März 6.), Krüger, reg. 513 (i3')0. "• 3*'- (»395). 1». <>3<^ f » K»-).
n, 672 (1405), n. 675 (i4<\S). [". ^"^b ('4<>'>)J? "• 1150(1417)1
n. 786 (1418), n. 1153 (1420).
Mlu. d. Bad. Hiit. Kom. Nr. 21. ^
mso
Roller.
71. Hugo XIII. V. Bregenz.
VaUr: Konrad v. Bregenz.
Mutter: ? Agnes v. Tosters. Für die Ellern Hugos XIII.
vergl. Wilhelm VI. v. Bregenz.
Mündig: vor 1408. Vanotti, reg. n. 166 (1408).
Geschwister: s. Wilhelm v. Bregenz.
Johanniter, Grossprior v. Deutschland 143 1 — 1449 nach
Falkenstein, Gesch. d. Johanniterordens , S. 301 (ohne
Qellenangaben).
f 1449 (?) nach Falkenstein, s. oben.
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. 166 (1408),
n. 168 (1409), [n. 179 (1415)] ? [n. 182 (1418)] ? [n. 183
(1418)]? n. 189 (1422), n. 190 (1422). Urk. n. 33 (1408)
S 577. Weitere Regesten über diesen Johannitermeister stellt
Vanotti, S. 165 f. zusammen. F. U. B. III., n. 273 (1438).
n. 275 (1438)» Anm. i.
72. ? Magdalena (v. Waldburg).
Vater: Konrad v. Bregenz.
Mutter: Agnes v. Tosters.
Brüder: Wilhelm VI. und Hugo XIII.
Gemahl: Hans, Truchsess v. Waldburg. Zösmair III., S. 46
(und Stammtafel) giebt die vorstehenden Angaben unter
Berufung auf Nik. Senn, Toggenburger Archiv n. 3. Hierzu
ist auch Vanotti, Urk. n. 38 (14 15) S. 585 zu vergl.,
worin Wilhelm VI. v. Bregenz den Hans Truchsess v. W
seinen Schwager nennt. Die Stammtafeln des medial.
Hauses Waldburg kennen Magdalena v. Montfort und ihren
Gemahl nicht.
73. Elisabeth (v. Hachberg).
Vater: Wilhelm VI. v. Bregenz. Vanolti, reg. n. 176 (1413).
Mutter: Kunigunde v. Toggen bürg. Vanotti, reg. n. 145
(1399)-
Geboren: vor 1399. Vanotti, reg. n. 145 (1399).
Gemahl:
I. Eberhard, Graf v. Nelljenburg. Vanotti, n. 17Ö
(»4»3)-
Tochter: Kunigunde v. Neil en bürg. Locher, reg. 1435.
Kunigunde war vermählt mit Eberhard v. Lupfen,
Sohn des Grafen Johann v. Lupfen, (Locher, reg.
1424, 1435. 1442). 1448 ist Kunigunde Witwe
(Locher, reg. 1448). In 2. Ehe war Kunigunde ver-
mählt mit Heinrich v. Schwarzenbcrg, seit 1453.
(Locher, 1453, 14O1 f)* '4^4 wird Kunigunde Witwe
genannt (Locher, 14O4), 1461 urkundet sie allein
(Locher, 1461).
IMe Stammtafel der Grafen von Montfort.
m5l
2. Wilhelm, Markgraf v. Hachberg. Locher, reg. 1424,
1425, 1448.
Tochter: Ursula, vermählt mit Jacob, Truchsess v.
Waldburg. Locher, reg 1448.
f nach 1448. Locher, reg. 1448.
Urkundliche Erwähnungen: Vanotti, reg. n. 176 (1413),
n. 195 (1424, als Elis. v. Hachberg), n. 196* (1425), n. 208
(1431). Urk. n. 38 (14151 Neuenbürg) S. 585, «. 40 (1424,
Hachberg) S. 588. Reg. Hachberg, n. h. 1102 (1424), n. h. 1103
(1424), n. h. II 13 (1425). Locher, reg. 1413, 1424, 1425, [1435],
1448. Vergl. Stalin, III., S. 654 (Stammtafel Hachberg.)
In der folgenden Zusammenstellung sind solche Nachrichten
über Glieder des Montforter Grafenhauses gegeben, welche
bisher keiner der oben aufgeführten Personen zugewiesen werden
konnten, bezw. auf oben nicht berührte (entferntere) oder noch
unbekannte Verschwägerungen weisen.
Reg. Konst., n. 3907 (1310): Ulrich v. Klingen wird Oheim
der Grafen Rudolf III. und Ulrich II. genannt
F. U. B. I., n. 104 (1188, u. Anm.): Burkhard v. Hohen-
berg und Egino v. Urach werden als consanguinei der Brüder
Rudolf V. Tübingen und Hugo I. bezeichnet.
Mon. Germ. necr. L:
(Mehrerau) 8. 146. Febr. 11., Ulricus com. de Montcforti.
S. 150. Aug. 30., Wilhelmus com. de Fortimonte.
S. 152. Nov. 16., Rudolfus com. de Monteforti,
dominus in Velkirch (Rudolf II.? od. V.?)
(Weissenau) S. lOi. Juli 26., comitis Hugonis do Pregantia
(Hugo V ?).
(Blaubeuren) S. 1 69. (Ex libro anniversariorum ) Bratrix, com* [de]
Helfenstein *), de Montfort nata; vergl. Anm.
(Isny) S. 177. Jan. 20., Bertha, com* Brigantii, benefactriz.
(Löwenthal) S. 199. Aug. i., ob. sor. Adclhait von Montfort.
S. 200. Okt. 23., ob. sor. Mächildis von Montfort.
S. 200. r)kt. 25., ob. sor. Lügart von Monfort,
(trotz des fehlenden Gräfinncntitels sind
die bei Löweiithal angcgtjbencn Personen
wohl kaum als Mitglicclcr der Ministerialen-
familicn v. M. zu betrachten).
S. 200. Nov. 18., ob. sor. Klysabet grävin von
TetiKing.
«) Wcizcneggcr II., S. 27 j^iobl an, ilass IIuj»o I., Sohn Rudolfs (!) und
der Elisabeth v. Tübin|;en (!) mit einer (irälin v. Hclfcnslcin vcimähh war
und von ihr Vater der 6(7) Brüdci der JIl. (icncralion wurde; ver^l. jedoch
die Anm. in den Mon. Germ.
4'
m52
Roller.
(Zurzach) S. 6oq, April 22., Nobilis vir Eerchtoldus de
Aicheim miles et Elizabeth de Monteforti
uxor eius ob.
(Chur) S. 625. März 16., Ruodolfus com. de Monteforti
constituit ann. . . .
Ladurner I. (Heft 16, S. 33), nach ^»späteren Aufzeichnangen
im Curberger Archiv«: 1201, Adelheid, Gräfin v. Montfort,
Gemahlin Kginos II. v. Matsch. Ladurner hält dies für eine
Verwechslung mit Adelheid v. Wangen, der 12 15 urkundlich
nachgewiesenen Gemahlin Kginos II. v. Matsch.
Stammtafel 4. des mediatisicrten Hauses Waldburg nennt
eine Elisabeth, Gräfin v. Montfort, f um 1398 als 3. Gem. des
Johann II., Truchsessen v. Waldburg, f 1424. (Vergl. n. 58
und 72, woselbst jedoch eine Magdalena v. M.-Bregenz als Gem.
eines Hans, Tr. v. W. genannt wird; letztere Angabe findet sich
nicht auf den Stammtafeln des med. Hauses Waldburg verzeichnet.).
Anniv. der Johanniter zu Feldkirch (ed. Zösmair), 1 360, Juli 5.
ob. Hugo iunior comes de Monteforti. Vergl. n. 34 und 4g.
Andere auf Verwechslung oder ungenügenden Angaben be-
ruhende Nachrichten sind oben (z. B hinter n. 56 und unter
n. 67) bereits angeführt worden.
Eine, wenn auch unvollständige und ungeordnete Aufzahlung
von Ministerialen der Grafen v. Montfort und sonstiger Personen,
welche mit den Grafen gleiche Zunamen (Montfort, Feldkirch,
Tosters) führten, soll in der folgenden Zu.sammenstellung, haupt-
sächlich wegen der Vornamen, gegeben werden. Eine Scheidung
der beiden Ministerialenfamilien v. Montfort versucht v. Juvak
im Necr. Cur. S. 172; auch im Cod. dipl. v. Mohr finden sich
hierher gehörende Namen (im Register zwischen denen der
Grafen).
Reg. Konst.:
n. 391 1, Hermann v. Montfort, Domherr v. Chur. 131 1.
n. 4256. Hugo V. Tosters, Ritter, Voi^t v. Klingnau. 1351.
Eichhorn, Chur. cod. prob.:
S. Qi. C. de Monteforti, can. Cur. 1270.
S. 91. Albero de Monteforti, can. Cur. 1273, neben einem
Grafen v. Montfort aufgeführt, (vergl. Krüger, S 116
und oben hinter n. ig).
V. Mohr, reg. Pfavers:
n. 76. Ruod. de Muntfort. 1241.
( Nj Marscalcus de Muntfort. 1241. ,
n. 94. Egelolfus de Monteforti contulit (monasterio) Rudol-
fum filium Chuononis dicti Thotsteraer, famulum
suum ... in presentia Ruodolfi decani, dicti de
Monteforti ... 1272.
n. 140. Herr Hermann v. Montfort, *Korherre und Senger ze
Cur« und Ritter Ulrich v. M., sein Bruder. 1329.
Die Stammtafel der Grafen von Montfort. 11153
MoD. Germ., necr. L:
(Mehrerau), S. 150, Aug. 11., Pliillippus de Monteforti (nach
»252).
(Chur), S. 627, April 4., Albero de Monteforti dec, schola-
sticus et custos ecclesie Curiensis, 1 3 1 1 .
S. 627, April II. [ßertoldus de Veltkilche pbr. et
et can. ob. 12 13] u. Anm. (frater suus
Conradus).
'^< ^3^t Juni 3 , Albero subdiac. et can. Curiensis,
de Monteforti, patruclis custodis eiusdem
Hominis . . . i 290.
S. Ö36, Aug. 2., Ludovicus miles de Monteforti,
irater Alberonis, decani ecclesie Curiensis.
S. 637, Aug 22., Ann. Cuonrudi dicti de Monte-
forti, decani Curiensis. 1306.
S. 638, Sept. I., Luduwicus de Montfort miles ob.
S. 639, Sept. 8., Chuonradus de Muontfort diac. et
can. Curiensis. 1233.
S. 639, Sept. 20., Gillelmus de Muontfort Curiensis
ppos. ob. anno 1237.
S. 644, Nov. 17., [Cuonradus de Veltkilche can. et
custos huius ecclesie ob.]
V. Moor, Urbarien Domcap. Chur:
S. 31, [Prepositus de Schowenberg ratioue prepo-
siture introduxit Kudolfum ülium Nicolay
Eglülfi de Veltkilch. 1329.]
Hermannus de Monteforti (introduxit) Ul-
ricum, lilium domini Ulrici fratris sui. 1329.
S. 35, Hermannus de Monteforti prepositus. 1351.
[Rudolfus de Veitkirch, decanus. 1351-]
Cod. Salem., n. 83 S. 120: Conradus de Montfort, can.
Curiens. 1213.
Stumpf, Reichskanzler, n. 4975: 11951 Nov. 13. wird ein
Rudpert v. Montfort, Abt v. PHifers, von Kaiser Heinrich VI.
investiert. Nach v. .Mohr, reg. Pfavers n. 64 (1214, Fälschung!)
wird Rudpert v. Piävers (f ) als »consanguineus Kgilolphi, comitis
de Montf.t zu den Grafen v. Montfort gerechnet. Zwar findet
sich der Name Egilolf bei einem der Ministerialen, (vergl. Mohr,
reg. Pfavers, n. 94, s. oben); doch führt v. Arx., Gesch. d.
Cant. St. Gallen I. zu 11 14 einen Grafen Kgiof v. Montf. an.
Wie dem auch sei, jedenfalls gehört dieser Abt Rudpert nicht
dem Tübinger Geschlechte von Montfort an, in dessen Zeit er
gerade noch hineinreicht.
in54 Knllei.
Bamerkungeii Ober dia Wappen dar GraTen von tAoaUon,
Das Wappen der Grafen von Montfon'), eine rote Ktrctton-
fahne in Silber, ist aus dem der Pfalzgraren von Tübiogeo ^rol«
Fahne in Gold) entstanden. Auch die stammverwandten Wcrdeit-
berger waren Wappen genossen der Montforter, und iwar äuderti
der eine Zweig die Farbe des Schildhildcs in Schwan um,
während der andere die Farben vertauschte tind die Ktrdien-
fahne silbern in Rot führte. Sie^P) der Montforter ündou udi
abgebildet im Cod. Salem., Abb. n. 7 (Hu^ 1., 1214: cii
Siegel Rudolfs v. Tübingen, n. 23. lijg), n. 165 (Mugo UU
1291), n. 184 (Ulrich I., vor 1390}. Das letzte der ang«flihtleii
Siegel muss hier besprochen werden, weil das auf ihm dar-
seaiellte Wappen völlig von den oben beschriebenen sbwrldiL
Das Siegel, ein Reitersiegel mit einem Schirrobrc-li auf den
Helme, xeigl im Schilde einen Lüwen, während die Montforltt
Kirchenfahne auf den Pferdedecken wiederkehrt. Eine VereioigUDE
der beiiJen Bilder enthrilt das Siegel Hugos V., de» Soha«
Ulrichs 1.*). Die Herkunft dieses Löwen, den nur die k»n-
blühende ältere Brcgenzer Linie führte, ist bisher noch oiehl
befriedigend ermittelt worden*). Zösmair nennt (ohne Bdege)
als Gemahlin Hugos II. eine Gräfin von Lichtenberg, (t. oten
u. 7) ohne die oben urkundlich als Gemahlin Hugos IL nub-
gewiesene Markgräfin v. Uurgau lu kennen. Falls er mit sdUT
Angabe eine Tochter des elbässtschen Edelherrenhauses d. N.*)
meint, konnte das Wappen Ulrichs von dem dieser FamSie —
schwarzer Löwe in silbernem, rothordiertem Schilde') — herrAhRS'
') V. Albetti, Wilrllembers. Adelt- und Wappenbuth, Bd. 1. StOOpB
18S9— 98, S. 518. DAselbsi findeii sieb awb Variinteii der Helmikr *tf
I^UIdel. — IMc WappeDcollc von Zaricli, hcrsiug. v. >1. Aulii|uiicltchcd Gel.
in Zürich. Züricb 1S60, n. 139 — t}i, wonach der Schild der Fcldldicto
Unie aucb in den Farben dem der Tubinger völlig gleich eebhelien «In. -
*) Werdenberger Siegel Raden sich abgeb. im Cod. Salem.. Abb. n, 1440. ■. I41
(Hugo V. WerdenberB-Heüigenberg, 1190 u. iigS); ein Tabingu Siegel eliemb
n. 23, s. oben. — '} Abbildangen dieser Siegel bei Fürst \; Holmlotli-
VValdenburg, Sphtagi.^tische Aphonsmen, Heilbronn iSSl, Tafel VX. n. K
und X., n. 107 und bei Seyler, Gesch. d. Heraldik. NOrabcrc 188$-««
o. 317. — ') Hobedohe u. Seyler, a. a. O. S. 19 bei. 15S 56 hi!»pl«*M
diese Erklärungsversuche ; Zusammenhang mit Habsbargcrn, Nacbbildooe ilH
Wappens der engl.-franzöa. Mantforti, Beziehung anf den Beul« Ton Sf-
rnnringen oder Bregenc; die Biegenier Erbschitl verleilte «ich Jeiocb ml
sänimliiche Zweige der MontCorier und Werdenberger. ohne dau das da
Bndeien IJnien den Löwen annahm, der Ebcrdi» wohl kanni <raa deo mMm
Qtegeniern gcfQhrt worden ist. s. itudi ZQr. Wappentolle, n. ttj-
») 5ch6|jflin, AUaü» iüusirala. Kolmar 1761, Bd. II $.6135. — •( We
WappearoUe, n. 235 und Scbßpflb, a. a. O. II. ad p^. 609. Dtadto
Wappen, jedoch mit gestUckte m Rande leigl ein Sieg«! Johl
Aug. 30. Rap U. B. I., n. Ic)! V. (Oiig. KMlsiah*. SfL^A.'
Die Stammtafel der Grrafen von Mootfort.
»55
S8te dann die fragliche Lichtenbergerin die erste Gemahlin
y die Mutter mindestens der beiden ältesten Söhne,
f II. und Ulrich I., gewesen sein, da die Markgrafin
gau ausdrücklich die Mutter Wilhelms L, eines jüngeren
rs Ulrichs I., genannt wird. Das Regest Stalins von 1261
21), Bd. II. S. 449, in welchem Rudolf II. und Ulrich I.
carnales genannt werden, kann gegenüber der Urkunde
lann, n. 1030, in welcher alle sechs Brüder ebenso be-
et sind, nicht zum Beweise herangezogen werden. So
auch die hier versuchte Lösung dieser Frage bis zum
ntwerden urkundlicher Belege zu der vermuteten ersten
Ingos II. völlig unsicher; die angeführte Urkunde Wart-
bildet vielleicht eher ein Beweismittel gegen diese Annahme.
)ie Herkunft der beiden Grossmütter Ulrichs I. (bez. Wil-
I.), Mechthild (v. Montfort) und Adelheid (v. Burgau)*) ist noch
srmittelt; vielleicht ist hier die gesuchte Erklärung zu finden.
Verzeichnis der vorkommenden FamiliennGmnen.
(1, s. Eichen.
en, s. Maier v. Altstetten.
. Schelklingen.
E, s. Werdenbcrj;.
^ n. 20, (35). 47. 48. 52, 53.
i (L, Grafen), n. i, (2)» 3, 4
8, m54« Anm.
s (II., Grafen -— Montfort), n. 4.
B (IIa-, älterer Zweig der Monl-
r). 0.7,(13), 14, (15)» («6)» (»7)»
9, 36. S. m8,m3i,m5i (?), m54
nm., m55 u. Anm.
E (Hb., jüngerer Zweig der Mont-
r, s. auch Tettnang), n. 34, 39,
(41), 42. (43), (44), 45, 46, 55.
)0, 64, 65, 66, 68, 69, 70, 71,
^3. S. ID42, 0152.
, n. 7, 13, 14, 15, 16, 17, 18,
S. m9, m54, mSS-
i (Padua), n. 47.
. $8.
(Illereichen, Aicheim), S. m52.
ch, n. 41, 60, 63.
rch (Zweig der Grafen v. Mont-
), n. 7, 13. (14). (15), (16),
(18), (20), 22, 23, 24, 25,
26. 27, (28). 32, 33, 34, 35. 36. 37. 38.
S. m8, m9, 0123, m3i, 0154, Anm.,
m55 u. Anm.
Rudolf IV. u. seine Nachkommen :
n. (22), (27), (33), (34), 35, (37). 38,
47» 48. 49. 50. 5». 52, 53. 54- S. msi.
Feldkirch (Bürger oder Ritterbürtige),
S. m53.
Fortimons, S. msi
Frciburjj, 11. 32. .S. m23.
Fürstenl)crg, n. 22, 33, 34, 38. (41),
45. 53. (57). ^><-
Geroldseck (Elsass), n. 31.
Geroldseck (-Lahr), n. 3 1 .
Grieningen, n 13, 22, 23. 24, 25, 26, 27.
Griessenberg, n. 13, 22, 23, 25.
Gundelfingcn, n. 58.
Habsburg, s Ostreich.
Ilabsburg- Laufenburg, s. T^ufenburg
Hachberg, n 70, 73
Haslach, s. Fürstenl)erg.
Ileiligenbcrg, n. 8. S mi6.
Heiligenberg, s. Worden borg.
Helfcnstciii. S. m5i und Anm.
llewcn (Höwen), n. (35), 47, 4«. 52, 53.
Hohcnbcrg. n. 39, 55, 64, (»5 .S. ni5i.
HtmdKTg, n. 4.
Illereichen, s. Kichen.
) B. Stalin IL, S. 353. - ^) Bei den eingeklammerten Nummern ist
nilienname der der betr. Familie angehörenden Person nicht beigefügt.
1 nur ihr Vorname angegeben. — ') In den Urkunden gewöhnlich als
V. Montfort (im Gegensätze zu den (irafcn v. Bregenz und v. Tettnang)
cht ▼. (M.-)Feldkirch bezeichnet.
m^ö
Roller.
Kirchberg, n. 34, 40. 45, 46, 48, 59.
Kirchber^;, s. Matsch.
Klingen, n. 22. S. ni5i.
Klingnau, S. m52.
Krenkingen, n. 22.
I^ihr, s. Gerold seck-T^hr.
I^ndau, n. 13.
I^ufcnbur);. n. 41, 57, 5K, 59, 61, Gl.
Lichtenberg, n. 7, 22. S. m54 u Anm.,
'"55-
Limpurg (Schenken), n. 59.
Lupfen, n. 55, 73.
MäLsch I Vögle), n. 7, 13, 14, 20, 28,
(40t 48. (57). 59. <J2. r>3, Anm. S.
0146, Anm., 0152.
Maier v. Altstetten, n. (35), 47, 51, (52).
Marschälle v. Montfort, s. Montfort V.
(churrät. Ministerialen).
Mönipelgard, n. 39.
Montfort (I., Grafen) S. m53
Montfort (IL, Grafen: die in vor-
liegender Arbeit behandelte Familie).
Montfort (111., Grafen), s. Werdenberg.
Montfort (IV., Grafen in England und
Frankreich), S. m5i), Anm.
Montfoit (V. u VI., Marschälle und
Ministerialen, clmrriitisch), n. 4, 37(.')
S. m8, mi9, m20 m52, m53.
Montfort (VII., Ministerialen (?), rlioin-
pfiilzisch), S. m8.
Neuenbürg, n. (4), (6), 12, 35, 47, 48,
49, 52, 70, 73.
Ncuburg, s. Thumb v. Neuburg
Nouhaus, n. 64, 69.
Ostreich, n. 39. S. m8, ni54, Anm.
Padua. s. Carrara
Pfal/grafen, s. Tübingen.
Pfaiiiiciibcrg (I.), n. 55, (>4, 68.
Pfannenberg (IL, Zweig von Muntfort-
Bregenz 11^.), n. 64, (>8, Li). S. m8.
Plirl, n. 3«), 55, 50.
Ramschwag, n. (35), (47), (52), 54.
Kappoltstein, n. 15, 28, 30, 31, 3«i,
40, 41, 42, 43, 44.
Kcchbrrg, n. 59.
Khcincck, s. Werdenborg.
Konsberg, n. i, 5.
Koten bürg. n. 55. !^. ni42.
Rolhcnfcls (Zweig der Grafen v. .Monl-
fort-Tcltnang\ n (41), 57, 59, lön;.
.Sargan <, s. Werdenberg.
.Schclklingcn (Berg-Schelkhngcn), n. 35,
47. 4«. 49, 5O' 52. 53-
Schenken v. Limpurj», s. Limpurg.
' Schenken v. Winterstetten, s. Wnter-
stetten.
Scher (Zweig der (trafen v. MoDtfort*
Tetlnang), n. 15, 57.
Schlüsselbarg, n. 31, 43.
Schwarzenberg. n. 31, 43, 73.
Sigmaringen |= Monlfurt-Bregt^n; IIa .
n. i^, S. ni54r Anm.
Silvestris, comes, s. Wörlh.
Stadeck, n. 68.
• Strassberg, n. 32.
Slühlingen, s. Lupfen.
Teck, n. 31, 39, 44.
Tettnang (Zweig der Grafen v. Moni-
fort H), n. 7»(>3). «4. »5. »». 3'-
3». 39i 40, 41, 42. V^alcr: Wilh. II.
V. Tettn.), 43, 44, 67. S. m9, ni4:.
m46, Anm., m54, m55, Anm.
! Heinr. IV. u. seine Nachkommco:
I n. 41, 57, 58, 59, 60, 61. 62, (ry.
S. m42, msi
Thengen (Edel freie), n. 22, 33. 37.
Thengen (Milites.^ dicli WarienfeUi.
n- 37-
Thumb V. Neuburg, n. 22, 33, 30.
Tierberg, n. 48.
Toggenhurt;, n. 6. 10, 59, 64, 70. 73.
Tosiers (Zweig der Grafen v. Mont!'>>rt>
Feldkirch), n. (22:, 27, (33), 34, i3'.s
(37). (3«), 45. 4'», 49. «»5, 70. ;». 7-
Tosters (Milites), S. ni52, m53.
Truchsesse v. WaMburg, s. Wrddburjj.
Tübingen, n. 1,2, 3, 4, 5. S. ni8, m'«,
m5i u. Anm., m53, m54 u. Anm
■ Urach, S. m5i.
V^aduz, s. Werdenberg.
Vaz, n. 6, 11, 13, 14.
Vehringen, n. 22, 32. 33, 34. 35, 3".
37. 38-
Vögte V. Maisch, s. Matsch.
WaMburg (Truchsesse), n. 7, ij, 21.
22. 2ö, 58, 50, 63, 64, 65. 07. 70.
72, 73. S. m52.
Wangen, n. 4. S. mg u. Anm., m^:.
Waitenberg, n. 32.
Warten fei s, n. 37.
Wartcnfels, s. Then;4en fMIlilcs»
Werd. s Wörlh.
Werdenberg (mit Zweigen zu Bbidcn;.
Iliriligenberg, Kheincck. Sar,:.".r.».
Vaduz), n. (), 7, (8), (9\ (i2). 13, ::.
27. 3^ 34, (35». 39. 43, 45- 4"- •^7-
U«), 52, (53). 59. ^>3- S. raif>, m40.
Anm., m54 u. Anm.
Winterstetten (Schenken), n. 21.
Würth (com. Silvestris), n. (4), '>. 1:.
Bin Bericht
über die
änge in Offenburg vom ii. bis 15. März 1804.
Mitgeteilt von
Karl Obser.
Im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchive liegt bei den
Depeschen des in Karlsruhe beglaubigten kaiserl. Gesandten
Frh. von Schall ein ausführlicher Bericht, welchen der öster-
reichische Landvogt in der Ortenau, Kleinbrodt, über die Ereig-
nisse, die sich vom ii. bis 15. März 1804 in Offenburg ab-
gespielt, erstattet hat Derselbe verdient — abgesehen von
bemerkenswerten Einzelheiten, die er enthält — um so mehr
mitgetheilt zu werden, als wir zwar über die gleichzeitigen Vor-
gänge im nahen Ettenheim, denen sich erklärlicher Weise von
jeher das Hauptinteresse zugewandt hat, von den verschiedensten
Seiten sehr eingehend unterrichtet sind, von allem dagegen, was
sich in Offenburg zugetragen, verhältnismässig nur dürftige Kunde
besitzen.
Es sei gestattet, zur Orientierung einige Worte voraus-
zuschicken 1).
Wie anderwärts im Gebiete des Oberrhcius, zu Ettenheim,
Freiburg, Konstanz und Überlingen, hatten sich auch in der
Reichsstadt Offenburg während des letzten Dezenniums ihrer
reichsunmittelbaren Herrlichkeit mehrfach französische Emigranten
za vorübergehendem Aufenthalte niedergelassen und waren vom
Magistrate daselbst geduldet worden. Der Anfall der Stailt an
Kurbaden änderte hieran nichts; die Karlsruher RegiL-rung sah
sich um so weniger veranlasst, ihnen Schwierigkeiten zu bereiten,
*) Ich folge dabei im wesentlichen der vortrefflichen Schrift des C»*
Bonlay de la Meurthc: Les dem leres an neos du Diic d'Kngliicn, der
betten kritischen Darstellung» des Falls Enjjhien, die wir besitzen Als
Mftterialiensammlang ist das Werk von NouparC-de de Kay et: Rccher-
ches historiqnes sar le proc^s et 1a condainnation du Duo d'En|;hien Paiis
1844, 2 B^- <^^<^ heute noch unentbehrlich.
Mitt. d. Bad. Hitt. Korn. Nr. ai. 3
m58 Obser.
als der französische Geschäftsträger in Karlsruhe, Massias, keinerlei
Einsprache gegen ihr ferneres Verbleiben in Offenburg erhob.
Auch nicht, als zu Anfang des J. 1804 die kleine Emigranten-
colonie sich um einige Mitglieder vermehrte, die, wie sich spater
ergab, englische Pensionen bezogen und auf Weisung aus London
sich nach der Rheingrenze begaben '). Im ganzen mögen es
ihrer mit dem neuen Zuwachs kaum mehr als zwei Dutzend
gewesen sein 2): zumeist ehemalige Offiziere, die früher nnter
den Fahnen Condes gegen die Republik gekämpft.
Unter ihnen befanden sich der fast achtzigjährige Oberst-
leutnant C® Baune de La Saulais, der gleichfalls hochbetagte
C® de Mellet, früher Oberst des Reiterregiments AngonlSme,
mit seinem Sohne, der Marquis de Vauborcl, angeblich russischer
Generalmajor, ein alter Frömmler nach dem Urteile von Massias,
der Oberst Marquis de Mauroy, Baron Fumel, eliemals Mar^clial
de Camp bei Conde, Major Roussel und ein Leutnant Bollogne.
Zu ihnen gesellten sich der vormalige Strassburger Generalvikar
Abbü d'Plymar, der nach dem Tode des Kardinals Rohan nach
Oflenburg übergesiedelt war, und der aus Dijon gebürtige
C** Le Seurc de Musset, der einzige, der eine gewisse, freilich
recht bescheidene politische Rolle spielte und als Führer in dem
kleinen Kreise galt. Auch einige Damen des französischen
Adels zählten zu der Gesellschaft: eine Gräfin Moyria (Moriat),
Frau von Gelb, die Witwe eines bei Hagenau gefallenen
Generals vom Corps Condd, sowie die in der Folge vielgenannte
Witwe des bischöfl. Strassburgischen Oberstjägermeisters Freih.
Reich von Platz, die seiner Zeit in die Pichegru-Condc*schen
Umtriebe verwickelt war, später, als ihr Name von der Emi-
grantenliste gestrichen in Strassburg wieder ihren Wohnsitz
genommen hatte und nun von da aus wiederholt zu längerem
Besuche bei iiircr Nichte, Frau von Ried, in Offenburg erschien "^U
Man war unter diesen Royalisten, wie begreiflich, schlecht auf
die französische Republik zu sprechen: von einer wirklichen
Verschwürung wider dieselbe oder wider das Leben des Ersten
Konsuls war aber nirgends die Rede, und mit den Plänen
Georges Cadoudals hatte man ebensowenig zu schaffen, wie der
*) Nougarddel, 205. — ^) Boiilay de la Mcurthe, S. 127 Anm. :
frchätzt ihre Zahl etwas 2u niedrig. Eine Karlsruher Liste, die nach Jen
Vcrhaftunj,'cn vom 15. März am 7. April aufgestellt wurde, verzeichnet als
in Oneiiburg anwesend, im ganzen 18 Emigranten: ausser den Grafen La
Saulais und Mellot zwei ehemalige Beamte, Pierre Aiit Salins und Jean
Morcllet, den Priester l*ierre Thomas, den bischöfl. Hofkaplan Dupont, einen
früheren Gendarmerieolli/icr, Pierre Uuc, und eine Reihe offenbar unter-
geordneter Personen. Sie hatten zum Teil schon seit 10 — 12 Jahren ihi«n
Wohnsitz in der Stadt und waren fast ausnahmslos seit d. J. 1S02.3
amnestirt. — ^) Nougarcde, I, ii; Boulay, 95.
Vorgänge in Oflenburg v. xi. — 15. März 1804. 0^59
Herzog von Enghien. Auch die später über sie verhängte Unter-
suchung hat in dieser Hinsicht kein belastendes Material ergeben.
Erst Ende Februar 1804 wurde die Aufmerksamkeit der
Pariser Regierung auf die kleine Oifenburger Colonie gelenkt.
Derselbe übelberüchtigte Mchce^), der seit dem Herbst 1803 im
Solde des Ersten Consuls England gegenüber die traurige Rolle
eines Agent provocateur spielte, war es, der in seinen Berichten
zuerst auf die angeblich von dieser Seite drohende Gefahr hin-
wies. Schon im Oktober hatte er sich vorübergehend in Offen-
burg aufgehalten und Beziehungen zu dem C^*^ de Musset an-
geknüpft; in den letzten Februartagen 1804 kehrte er zu kurzem
Besuche dahin zurück, und der (iraf war unvorsichtig genüge
dem Späher durch vertrauliche Äusserungen erwünschten Stoff
für seine allarmierendcn Meldungen zu liefern. Alsbald wusste
Mehee über besorgliche Umtriebe des Offenburger Comitcs zu
berichten, die sich auch auf das linke Rheinufer erstreckten und
an denen der Herzog von Enghien beteiligt sei: um die Republik
zu stürzen, habe Musset erklärt, bedürfe es nur Klugheit und
Verschwiegenheit. Vergebens warnte der besonnene Massias in
Strassburg vor einer Überschätzung der thorichten, prahlerischen
Reden einzelner Emigranten. Der Sjmreifer, den Mchee ent-
faltet, Hess auch den Ehrgeiz Anderer nicht ruhcMi; vor allem
war es der General Leval, der den Argwohn des Ersten Konsuls
nährte und in seinen Meldungen aus dem Häullein Offunburger
Emigranten ihrer 6 — 700 werden Hess').
All' diese Nachrichten verfehlten schliesslich im Zusammen-
hang mit den Enthüllungen über die Verschwörung Georges
Cadoudals ihre Wirkung nicht. Am 7. März beantragte der
Oberstrichter unter Hinweis auf die Wühlereien des Offenburgcr
Comitcs, insbesondere des Grafen Musset, der mit Hilfe des
Kehler Postmeisters Tridant allerlei Hetz- und Brandschrifien in
Frankreich einschmuggele, man möge die badische Regierung
zur Auslieferung der kompromittierten Emigranten auffordern.
Eine Ordre vom 8. März wies den Strasshurger Präfekten an,
die Baronin von Reich, die möglicherweise auch in die neuesten
Umtriebe Pichegrus verllochten sei, zu verhaften und ihre Papiere
mit Beschlag zu belegen; da diese sich jedoch, Verdacht schöpfend,
bereits nach Offenburg begeben, sollte man in Karlsruhe auch
zu ihrer Verhaftung und Überführung die Hiiml bieten •}.
Inzwischen aber hatte Bonaparte am 10. März, während sein
Minister sich eben anschickte, dem Antrag des Oberstrii-hters
entsprechend die kurfürstliche Regierung um Auslieferung: der
übrigen Offenburger Emigranten zu ersuchen, in seiner Ungeduld
*) Vergl. über seine Vergangenheit Houlay, «n): Nouy.irt'iie, I, 124 il.
— -) Boulay, 127. — ^) Das Schreiben, da> MasMas aus diesem Anlass am
12. an EdeUheiin richtete, wird in dem l'ünficn Rande der l'olit. Corre-
spondcnz Karl Friedrichs uni(;eicilt werden.
5*
m6o Obs er.
anter Missachtung aller völkerrechtlichen Verpflichtungen jene
verhängnissvolle Ordre erteilt^), infolge deren die Genenle
Ordener und Caulaincourt nach Strassbarg eilten, um mit
militärischer Bedeckung, der eine bei Rheinau, der andere bei
Kehl, den Rhein zu überschreiten und den Herzog von Enghien
und seine Umgebung in Ettenheim sowie die von M^h6e näher
zu bezeichnenden, in Offenburg ansässigen Emigranten fest-
zunehmen und nach Strassburg zu verbringen. Als Talleyrands
Note vom lo. März am Nachmittag des 15. in Karlsruhe einlief,
war der Auftrag schon vollzogen. In welcher Weise dies in
Offenburg geschehen, mag nunmehr unser Bericht schildern
Offenburg, den 15. März 1804.
Sonntags den 1 1 . dieses Monats abends sieben Uhr kam
ein bürgerlich gekleideter OfHcier der französischen National-
Gensdamerie 2) zu dem amtirenden Städtemeister Gottwald in
Offenburg mit einer Requisition des Praefecten von nieder-
rheinischen Departement, womit die hier seit mehreren Jahren
sich aufhaltende Freifrau von Reich arretiret und mit ihren
Schriften nach StraGburg ausgeliefert werden möchte.
Städtmeister Gottwald crwiederte auf dieses Ansinnen, dass
ohne Weisung von der kurfürstlich badenschen Regierung zu
Karlsruh er diesem Ansinnen nicht willfahren könne.
Der französische Officier wiedersetzte: die Einwendung wäre
zwar ganz der Ordnung gemäß, allein für gegenwärtigen Fall
sei das Behörige von französischer Regirung unter einem schon
beobachtet und an den Karlsruher Hof erlassen worden, der
Kurfürst könne und werde nicht entgegen sein, nachdem derselbe
der französischen Regirung auf mehrere Art verbunden sei.
Stadtmeister Gottwald entgegnete, dass er für sich allein in
Sachen nichts verfügen könne und wenigst den übrigen Stadt-
magistrat hierüber vernehmen müsse.
Der Oflicier willigte zwar hiezu ein, erklärte aber zugleich,
dass wiederholter Städtmeistcr mit seiner Person und seinem
ganzen Vermögen dem französischen Gouvernement für die Frau
von Reich haften müsse. Der Officier fasstc sofort den Städt-
meister bei der Hand, ließ ihn nicht aus, bis sie auf das
städtische Rathaus kamen, wohin noch einige Rathsverwandten
^) Ordre an Bcrthicr, Correspondance de Napoleon nr. 7608. —
2) Michel Pctcrmann. Vj;!. Noiipar^dc, a. a. O. I, 216. Die hier gegebene
Darstellung leidet übrigens an manchen Irrthürniern. Dass Frau von Reich
nicht schon am 12. März und mit Zustimmung der badischen Regierung nach
Strassburg verbracht worden, hat bereits Boulay de la Menrthe, 190
stillschweigend berichtigt. Die kurze Schilderung, die Frau von Reich von
ihrer Verhaftung entwirft, bei Boulay de la Menrthe, 163.
Vpr^Dge in Offenburg ▼. ii.«-i5. März 1804. xn6l
geruflfen wurden, von den sich der Rathsconsulent Laaba und
Städtmeister Gottwald wie auch Rath Hog mit dem Otficier in
das Quartier von der Frau von Reich bei dem Stadtprediger
Gustenhofer und zwar erstere gleich in das Zimmer der Frau
von Reich begaben, ihr ankündigten, dass sie Auftrag hätten,
alle ihre Papiere zu versiegeln und ihrer Person sich zu ver-
sichern. Nachdem ersteres geschehen, trat auch der Officier ins
Zimmer, und alle anwesenden machten der Frau von Reich den
weiteren Vortrag, wie sie sich gefallen lassen müßte, sich mit
auf die Stadtkanzlei zu begeben. Die Gesellschaft wurde mit
4 Stadtsoldaten vermehret, und die ganze Versammlung mit der
Frau Reich zog aufs Rathaus, woselbst ein Zimmer für die
Arrestantin geheitzet wurde, auch ein Bett für dieselbe bei*
geschaffet werden wollte, welches sie aber ausschlug, dagegen sich
Schreibmaterialien und die Erlaubniß an des Kurfürsten von
Baden Durchl. eine Vorstellung aufsetzen und abschicken zu
dürfen ausbat, welchem Gesuch willfahrt ward.
Frau von Ried, geborne Serpe de la Faye, eine Ni^ce der
Frau von Reich und hier ansäßige Frau eines ortcnauischen
Ritterschaftsmitgliedes übernahm diese Depesche selbst und
reiste damit in der nämlichen Nacht noch nach Karlsruhe ab,
kam aber Dienstag gegen mittag wieder zurück, doch ohne
Bescheid, und erst an der Mittwoche Nachmittags erhielt der
ofTenburg'sche Magistrat durch das badische Obervogtcyamt zu
Gengenbach die Weisung, die Frau von Reich auf das genaueste
zu verwahren *), das weitere würde folgen. Dieselbe war in-
zwischen noch in der ersten Nacht ihrer Arrestation von der
Stadtkanzeley wieder auf ihr Zimmer in der Praedicatur zurück-
gebracht und auf solchem durch hiesige Bürger und zumtheil
selbst durch städtische Raths- und Kanzleiverwandte bewachet.
• Heuthe in der Früh gegen 3 Uhr ward an der Behausung
des Schultheysen Witsch angeläutet, bey Kröffnung der Haus-
thür trat ein in badischer Officiersuniform gekleideter Mann ein,
welcher bis vor das Bett des Schultheysen schritt, demselben
aufzustehen und ihm ins äußere Zimmer zu folgen befahl^).
Als der Schultheyß in dasselbe heraustrat, fand er bereits
den Divisions-General Leval, einen Officier der Consular-Garde
') Über das Verhalten der Karlsruher Kcj»icrunn in dieser Fra^je vcrj;l.
künftig des Geh. Rathsprotokoll vom 12. März in Band V der Pol it.
Correi pondenz Karl Friedrichs. — '-» Über die £iei);nis>e vom
15. Man vergl. auch den kurzen Bericht der Rathsvoji^tei Otfcnburi; vom
gleichen Tag^, Polit. Correspondcnz, Band V. Auch dort wird des
Offiziers in kurbadischer Uniform gedacht, vim dem in der geil ruckten
Literatur bisher nirgends die Rede ist. Wie man s])ilterhin sich nicht
gescheut hat. ein Dekret des Kurfürsten im Moniteur zu fälschen, um den
Schein xu erwecken, als sei die Gewaltiliat mit seinem Wissen und Willen
geschehen, so hatte offenbar auch dieac Maskerade zunächst keinen andern
m62 • Obser.
Namens Caulencourt, den Commissaire de Police Zeiz von
Straßburg und eine Menge französischer OHiciere auf seinem
Zimmer, sein Haus aber mit Hundert abgesessenen Carabiniers
ä Cheval besetzter (sie !) an. Der in badischer Uniform gekleidete
Officier forderte dem Schultheyßen die Benennung der Hänser
ab, in welchen die Emigrirten Generale Lasolaye, Mclet, Moroj,
Peuverville *), ein Emigranten-Oberster Boulogne, ein gewisser
Mousset, der abbc d'Eymar, die Comtesse de Mauria, Madame
Reich und Madame Gelb, die Witwe eines im EIsaG in der
Campagne vom Jahre 1793 gebliebenen emigrirten Generals
logiren.
Die Domestiquen des Schultheyßen mußten die abgeschickten
Militär-Detachcments an die benannten Häuser führen.
Als der Eigenthümer des Hauses, in welchem General
Lasolaye logiret, Namens Gottfried Gönner die Zimmer des
Generals nicht aufsperren wollte, wurde demselben die Pistole
auf die Brust gesetzet, er blieb aber standhaft und öffnete die
Vorthür zu des Generals Zimmer nicht eher, bis ein städtischer
Rathsdiener ihm den Befehl seiner ordentlichen Obrigkeit hiezu
brachte. Als das Commando in das Schlafzimmer des Generals
eintrat, ihn mit den Worten: Bon jour grand papa begrüßte und
ihm aufzustehen befahl, antwortete er standhaft, er sey kein
Großvater, sondern ein etlich und achtzig jähriger französischer
mit Wunden bedeckter General, welcher in der Nacht nicht
zu jeder Stunde aufzustehn vermöge. Er sey sich keines Ver-
gehens bewußt, sie könnten seinen Sccretaire, in welchem alle
seine Schriften verwahrt seyen, mitnehmen und untersuchen,
wenn sie ihn einer Conspiration schuldig finden, so werde er
sich allzeit stellen und einstweilen gebe er sein Officiers-Paroie.
daß er sich von hier nicht entfernen werde. Diese Standhaftigkeit
und das Zeugniß des Schultheyßen von dem ruhigen Betragen
dieses Generals würkten so viel, daß derselbe in seinem Quartier
belassen, seine Schriften aber mitgenommen wurden.
In dem Quartier des Generalen Mellet wurden Hof- und
Hausthür mit Gewehrkolben eingeschlagen und Vater und Sohn
angehalten, bis für das Bett des todtkranken in dem nämlichen
Haus bequartierton Marquis de Zumelc^) gedrungen und dessen
Zweck, zujjlcich sollte sie wohl ilen französ. Truppen ihre Aufj»abe erleichtern.
Die badische Rcgierunj^ hat in dem für ihre Gesandten in Paris, Wien und
Kej:»tnsburg bestimmten Pn'rcis historiquc vom 16. Mfirz die Unterstellung», als
ob einer ihrer Offiziere die Expedition begleitet habe, sofort cntschicilen
zur (ick j^'O wiesen.
't IVuvcrvillc oder, wie er später genannt wird, Bcauvreille ist zweifellos
idcnliFch mit dem Generale Vauborel. — -) Der Name wird in der gedruckten
Literatur nirgends erwähnt; auch in den Karlsruher Akten findet sich üb«
diese Persönlichkeit nicht-*.
Vorgänge in Offenburg v. ii. — 15. März 1804. 1x163
Lebensend um einige Stunden eher herbexgeföhrt, denn wenige
Stunden nachher starb er. Beyde Mellets aber, nachdem der
Sohn seinen in Paris ausgefertigten Pass, vermög dessen er sich
6 Monate durch in Deutschland aufhalten darf und General
Caulencourt die Unvermögenheit des alten General Mellets selbst
gesehen, [wurden] aus des Schultheyßen Haus wieder in ihr
Quartier entlassen.
Dagegen wurden Madame de Reich, die Comtesse de
Moriat, General- Vicaire abbe d'Eymer, General Beauvreille, Oberst
Boulogne, ein Domestique des Generals Moroy und die Kammer-
mägde der Gräfin Moriat und der Frau von Reich aus den
betreffenden Quartieren durch ausgeschickte französische Militär-
Commandi abgeholet und in des Schultheyßen Haus verwahret,
bis alle zusammengesammlet waren, auch ein hiesiger Bürger,
den die Neugierde zur Unzeit auf die Gasse geführet, wurde
den arretierten Emigranten zugesellet.
In der Zwischenzeit als diese Sammlung bewirket wurde,
äußerte General Leval mit vielem Unwillen und Eifer sein
Befremden, dass der alte Kurfürst von Baden, welcher der
französischen Nation so vieles zu verdanken habe, solche Scelerats
in seinen Landen gedulde, und die Stadt Of!'enburg denselben
Unterschleif gebe.
Nachdem endlich alle vorgemerkt gewesten und von dem
Schultheyßen, von dem in badischen Uniform aufgetretenen
Officier, welchen die Franzosen Monsieur Capitainc betittelten,
benannten und von dem Officier vorgemerkten Quartiere durch-
suchet und die betreuenden Personen ausschlüsslich des alten
Generals Moroy und eines gewissen Mousset, welche Tages
zuvor sich von hier entfernet hatten ^), gesammlet waren, wurden
dieselben in 3 Post-Chaisen gesetzet und unter Bedeckung der
hier eingerückt gewesten französischen Trupp abgeführct und die
bis dahin gesperrt gewesten Stadtthore wieder offen gelassen,
auch der arretirt geweste hiesige l^ürger Louis Maistre konnte
in sein Quartier zurückgehen.
Nach hergestellter Coramunication mit den äußeren Ort-
schaften kamen die Berichte von den dem diesseitigen Oberamt
untergeordneten Vogteyen ein, und zwar von der zu Appenwcvor,
dass in der Früh praecise 2 Uhr 100 Mann französische Infanterie
vom 9. Regiment fn Appenweyer angekommen, sich vor dem
Vogteyhaus gestellet, 3 Officiers in das Haus cin<;etrelen seyn,
und gefragt haben, ob nicht etwa vor einer halben Stun<l 300
Mann Cavalerie durchpassieret seyenf
Auf erfolgte verneinende Antwort erkuniligten sie sith um
den Namen des Ortes, und der Capitaine nahm eine schriftliche
*) Nach Schrambcrg, Xouj^arr-tle, I, 27'). Gloich/.ciiig h:itie sich
auch Frau von Gelb nach Hechiii}^«*n j^t'lliuhlel. Massias an MilcUhf-im.
15. April. PoHl. Corre«iTonclen/ , V.
m64 Ob« er.
Ordre aus der Tasche, zufolge welcher er mit seiner Mannschaft
zwischen Sand und Griesheim Halt machen sollte.
Er entschuldigte sich mit der Unkunde von den Ortschaften,
ungeachtet er einen Wegweiser aus dem benachbarten vonnals
darmstädtischen, itzt badischen Flecken Wildstätten bei sich hatte.
Die Officiere nahmen ein Frühstück mit Brandtwein zu sich und
zogen sich einige Minuten vor 3 Uhr mit ihrer Mannschaft nach
Sand zurück.
Die Vogtey Griesheim berichtete, ungefähr Nachts um 1 Uhr
seyen beiläufig 500 Mann lauter Cavailerie durch Griesheim
gegen Offenburg und etwas vor 7 Uhr wieder mit den hier auf-
gehobenen zurückmarschirt. Hin- und Hermarsch seyen ruhig
vorübergegangen. Mannschaft sey keine im Ort geblieben, wohl
aber mehrere hundert Mann Infanterie in Sand und Wildstatt
gelegen, welche solang keinen Inwohner aus beiden Orten
herausgelassen und die Straßen versperrten, bis die Cavalerie
mit den abgelangten Personen von OÄfenburg zurückgekommen;
auch soll zu Kehl viel Mannschaft mit vier Canonen in Bereit-
schaft gestanden seyen.
Der Griesheimer Gerichtsbott, welcher in der Nacht den
durchmarschirten Truppen in einiger Entfernung folgte, um zu
sehen, wohin der Marsch gehe, meldete gleich nach dem Abzug
der Truppen von hier dem Unterfertigten, dass die seines Er-
messens nach auf 500 Mann betragenden, durch Griesheim
gezogenen Cavaleristen in einem fort geritten bis eine Strecke
von hiesiger Stadt, daselbst sey Halt gemacht worden, ein Theil
der Reuther abgesessen, zu Fuß bis an das Thor und nach
dessen Oeffnung in die Stadt marschiert. Die rückgelassenen
Pferde seyen von wenigen rückgebliebenen Reuthern bewachet
und gefüttert worden. Der Rest unabgesessener habe rechts
und links eine Chaine um die ganze Stadt gezogen.
Von den hiesigen Thorwächtern war zu vernehmen, dass
bei jedem Thor ganz ohne Geräusch, wie sonst von Passagiers
angeklopfet und auf das Anrufen: ;/Wer da.^<: mit: igut freund!?
geantwortet, sofort ohne Arges zu vermuthen, das Thor geölTne:.
die Wacht aber sogleich von fremden Militär übermannet, in die
Wachstube einp^eschlossen, die Thorschlüssel abgenommen und
die Thore selbst wieder geschlossen, auch niemand weder ein
noch ausgelassen, hingegen vor jedem Thor eine Canone aut-
ge führet worden. Von dem einen aber, wo der Weg nach
Straßburg hinausgellt, waren etwas seitwärts noch zwei Canonen
mit I Haubis in Reserve, bey allen stunden Artilleristen mit
brennender Lunte.
Als die Generals und Officiers das Haus des Schultheyten
Witscli verließen, sagte der oben beschriebene Oflicier in badischer
Uniform zu dem Schultheysen, er hätte ihn auch täuschen
l^önnen, wenn er kein badischer Officier, sondern ein
v^ranzos in badischer Uniform wäre,
r
Voigftnge in Offenburg v. ii. — 15. März 1804. 11165
Aach auf der Rheinstraße über Marien und Goldscheur
sind laut Berichtes des Schultheysen Saamenfing an der Mitt-
woche nachts 40 französische Reuther ganz still durchgeritten,
haben in Marien einen Botten genommen, der ihnen den Weg
bis Altenheim weisen müßen, woselbst sie geblieben und heute
um neun Uhr wieder ganz ruhig durch Goldscheur und Marien,
Kehl zu marschiret sind. Die heute abends zurückgekommenen
Postillons, welche die Arrestanten ge führet haben, erzählen, dass
bey dem Straßburger Zoll, über den sogenannten kleinen Rhein,
sämtliche Arrestanten aussteigen müssen, von wo aus sie in die
Citadelle transportiret worden.
Eben diesen Abend kommt auch die Nachricht von Etten-
heim, der ehemaligen Residenz des verstorbenen Cardinalen und
Fürstbischofen von Straßburg, woselbst sich der Prinz d'Engien,
ein Enkel des Prinzen Cond^ und mehre Emigranten aufgehalten
haben, an, dass heute früh ein Detachement französischer Truppen
bei Cappel über den Rhein gesetzet, auf Ettenheim marschiret,
daselbst den genannten Duc aus seinem Bette aufgehoben, in
den Schlafkleidern eine Strecke fortgeschleppet, dessen Kleider
nachkommen lassen, die er auf offener Straße anziehen müsseii,
fort (!) denselben auf einen Karren gesetzet und so bis an Rhein
transportiret haben.
Mit dem Duc d'Enghien wurden von Ettenheim noch ab-
geführet: General Dumeri, Oberst Grundstein, OlQcier Schmidt,
Monsr. Schak, Secretaire des Duc, Tabbe Weinborn, Provicaire,
l'abbe Michel, Secretaire des Provicaire'). Zur Arretirung des
Frince de Rochefort und seiner Priiicessin Tochter, die sich
ebenfalls in Ettenheim befanden, hatte das Detachement keine
Ordre.
Das Gerücht gehet, daß auch in Freiburg und Bruchsal
ähnliche Vorgänge geschehen sein sollen. Die Zeit ist aber
zu kurz, um Nachricht von ein oder anderem Ort zu haben.
Kleinbrodt, m. p.
Landvogt in der Ortonau.
Original im k. u. k, Haus^ Hof' und Stdaisarchive in Wien.
*) Die Namensformen sind auch hier fast durchwog ent>it.>lU. Gemeint
sind der Marquis de Thumery, Eskadronschef Fiön. Auj^ust v<mi «irünstoiii.
Kapitän Heinr. Schmitt, Sekretär Dominique Jactiucs und die Abbt-S Woin-
born und Michel.
Urkundenauszüge
zur Geschichte des Schwabenkriegs.
MhECIciit von
Heinrich Witte (Hagenau).
Wenn in diesem Jahre die Eidgenosse Rscbaft die vieibumlerl-
jährige [nbelfeier des Schwabenkrteges restiicli begebt, so haben
wir Deutsche an und für sich keine Ursache, an der Festesfreude
unserer a Ue man i)i sehen Stammesbrüder teilzunehmen; ist es tiodt
dieser Krieg gewesen, der die Losliennung der EldgenosGcnscfatft
von dem heiligen römischen Reiche herbeifiihrte ond damit den
Gang der Entwicklung absc bloss, den die kurzsichtige Hau»
politik Kaiser Friedrichs III. eingeleitet hatte. Utid das uette
deutsche Reich hat In dieser Hinsicht die Erbschaft der Vorfahiea
antreten müssen. Anf der anderen Seite können wir jetcl mit sb-
geklärter Stimmnng auf diese vergangenen Ereignisse zurilckblicliaa
und brauchen uns über die Festesfreude unserer Nachbarn nicbl n
verärgern, die selbst am besten wissen, dass das dculsc^ir Rri-J',
der G^enwart ein anderes ist als weiland das h'=il:
Reich der Vergangenheit, das sie im Kampfe siegi''.
Allerdings schrumpft auch das heilige Reich.
die Zeche zu zahlen hatte, für diesen Krieg auf den =
Bund zusammen, und insofern kann von einem unglciclieu Vci-
häitnis der Kräfte kaum die Rede sein. Und eine gewaltige
Überlegenheit besassen die Eidgenossen doch dadurch, dus Gt
sie der Krieg ein Volkskrieg war, während er ani der entj^ipo-
ge&etzten Seile in der Hauptsache mit Landsknechten gcAfalt
wurde, die schlecht besahlt wie sie waren bei jeder Gde^oiaft
davon liefen und am allerwenigsten geneigt waren der oneibic)'
liehen Kriegführung der Eidgenossen ihr Leben zn DpfiinL In
dieser Hinsicht muss man sich eigentlich viel mehr datvbei
wundern, dass die Eidgenossen nicht noch weil gtäs-^:r- Votw.'hf
errangen, zumal im Anfange, als bei dem schw.
der übliche deutsche Zustand Oer Unfcriigkeit u;
in der grellsten Weise zu Tage trat und König .\l_.
7hen Hfmdel verwii "
Geschichte des Schwabenkriegs. mö?
dgenossen eigentlich immer >mobil« waren und eine kriegs-
Äbte Mannschaft ins Feld stellten, die in den französischen
legen gelernt hatte ihrem Gegner ins Auge zu sehen.
Unsere Auszuge werden dafür eine Erklärung bieten;
ch bei den Eidgenossen war es schlecht bestellt mit der
nigkeit und in ihren Interessen strebten sie nach den ver-
liedensten Richtungen auseinander; aber schliesslich, wenn die
►t es erheischte, da erinnerten sie sich doch wieder der
vigen Bunde« und des gemeinsamen Kriegsruhmes der Alt-
rdern und fochten alle für einen und einer für alle, während
rade bei einer solchen Gelegenheit sich das ganze trostlose
3nd der politischen Verhältnisse im heiligen Reich am meisten
enbarte. Insofern bietet der Schwabenkrieg kaum ein anderes
d wie der Hussitenkrieg und bringt uns auch in unsern
gen gebieterisch in ernste Erinnerung, dass Einigkeit, Vergessen
r kleinen Zwistigkeiten, gemeinsames Einstehen im Augenblick
r Gefahr die erste Bedingung für die Grösse und Stärke eines
ilkes ist.
Und endlich trotzdem und alledem, wer vermöchte zu sagen,
Ichen Ausgang der Krieg gehabt hätte, wenn Maximilian den
htigen Mann an die entscheidende Stelle gesetzt hätte! Es
ein Missgeschick bei den späteren habsburgischen Kaisern, dass
es lieben, vornehme, aber wenig geeignete, vielfach unfiihige
irren mit den wichtigsten Aufgaben zu betrauen. Man weiss
:ht, was König Maximilian dazu veranlasst hat, seinen Hof-
Tschall Graf Heinrich v. Fürstenberg an die Spitze der
eitkräfte der Niedern Vereinung zu stellen. Das weiss man
er, dass der Sieger von Calliano und Dournon, Friedrich
.ppler, unter diesem Manne dienen musste, der seiner Aufgabe
ch nicht im geringsten gewachsen war. Kapplers Mahnungen
3 diejenigen der übrigen Hauptleute wurden in den Wind
schlagen. So konnten die Eidgenossen das Heer bei Dornach
erraschen und besiegen.
Die nachfolgenden Urkundenauszüge entstammen meinen
ifangreichen Sammlungen, die ich im Laufe der Jahre in der
•sieht, die Beziehungen zwischen dem deutschen Reich und
n Eidgenossen einmal im Zusammenhang darzustellen, zu-
nmengebracht habe. Ein grosser leil rührt aus Missiven-
chern und Aktenbänden, die ich durch dii* Clüto (U*s leider
rewigten Herrn Staatschreibers Amiet zu Solothurn und tles
srrn Staatsarchivars Dr. Wackernagel zu l^asel hier zu Hagi-iiau
nützen durfte; anderes habe ich gesammelt auf archivalisihen
isen, zu denen mir Seine Durchlaucht, der jetzigi^ Herr
lichskanzler und frühere Statthalter von Elsass-Lothringen. Fürst
ilodwig Hohenlohc-Schillingsfürst, die Mittel bot. Zu solcher
ifassenden Arbeit aber fehlt mir vor allem die ruhige Müsse
d ich zweifle, ob ich sie jemals in Angritf nehmen kann.
ishalb will ich aus diesem Material mitteilen, was sich auf den
in6ß Win«.
Krieg auf badJscheiu Dud elsäs&iscltem Bodao tuid in den
angrenzenden Schweizer Landschaften bezieht. Ausscronknilidi
reich ist das Material über Basel; bis igoi wird duxelb« abei
im Baseler Urkundenbucb zur VeröfiTenÜichung ijelangt »in,
und es liätte keinen Zweck, es hier jetzt in seiuei {(anxen Atn-
dehnung mitzuieileii. Ich habe mich daher in der HaBptndu
auf solchen Stoff beschränkt, der &lch auf die Krieg sbeteiliguii(
der Niedern Vereiiiung, der Basel angehörte, beliebt.
Zum Schluss betone idi, dass es sich hier nicht am cIm
fönnliciie Urkundcnpublikalion handelt, an die man betoclilJ|l
ist, ganis andere Ansprüche lu erheben. Deshalb habe Idi ascb
den Namen >Kegesten< vennieden. Es sind Auaiöj^, die ms
Haus aus in anderer Absicht gemacht siud.
König Max an Basel. ^*
Auh;. 14. Freihnrg. Wird gewarnt, dass etliche be>l>>
sichtigen, seine Erblaude über Rhein zu überziehen, and mahnt
sie in Geraassheit des U'armser Abschiedes, in solclicm F»lt*,
sobald er oder des Reiches Hauptmann sie unter St. Jorgn
Fahne ermahnen wird, mit Macht auf das höchst and
aufKuseln und zu Hülfe zu kommen.
Diese iMahnung wird Aug. :o erneuert mit Begelir aa
14, Aug. ihre Botschaft zu Colmar zu haben, sieb dort mit scinn
Killen solches Anzugs zu vertragen und sobald ihre Bouchab
wieder heiiukomrat, gestracks au die Ende zu ziehen, «'»hin die
Botschaft Weisung bringt. Basel. A.
Bern an Kg. Max.
Aug. 2q. Entnehmen aus den von ihm zugesandiea
Schriften seine Absicht, auf den Kg. v. Frankreich nnd dlt
diesem zugezogenen Knechte strälflich zu bandeln. Wenn es
ihnen auch nicht gebürt, des Kgs. Absichten za hindern, w
haben sie seine Strafmandate an die Eidgen. docli enchalien i
Besorgnis, dass daraus merklicher Unwilie erwachsen käniR«.
Bitten, das im besten zu bedenken und, wenn er die Eidgen.
ersuchen will, die strafenden Worte auszutilgen. — Bern, Missiven.
(B. M.)
Bern an Kg, Mai.
Sept. lg. Bitten ihn, den Grafen Jörg v. Sargaus aoi iWi
Acht zu lassen, da sonst bei Switz ond Glarus Uniube entstebu
konnte, zudem Switx in andern Sachen sieb immer
förmig gehalten, auch die Franckerichsche Vercinun^
und dazu die Seinen dem Kg. v. Frkr, nicht hat i:
d»s werde auch die weiteren Gescbäfte. die jv
(Max) Anfalle nnce^oüen M-ien. i..r,iei
Geschichte des Schwabenkriegs. mÖQ
Oswald Graf v. Thierstein an Solothurn.
Okt 17. Teilt den gestern Nachmittag erfolgten Tod
des Gr. Wilhelm v. Thierstein mit. Sobald sein Bruder vom Kg.
gekommen ist, wollen sie sich gen Solothurn fügen, um in die
Fussstapfen ihres Vaters und Vetters zu treten mit Bitte, ihre
Herrschaften in getreuer Hut zu halten. Solothurn A. D.-S.
[S.D.-S.) — Einstweilen wurden die Grafen v. Thierstein (Heinrich
und Oswald) noch in Lothringen festgehalten, und der angezogene
König ist der Titularkönig Ren6 II. v. Sizilien. Am 25. Januar
1499 schrieben sie an Solothurn, dass sie ^»allerlengst« gegen den
17. Februar in Solothurn erscheinen würden, um gemäss dem
Baseler Abschied betreffend die lipfelh des Gr. Wilhelm zu
handeln. 1. c.
Solothurn an Nicolaus Conrat Schultheiss und Haupt-
mann der Ihren in Frankreich.
Okt. 21. Die von Luzern sind mit dem Hz. v. Mailand in
Einung gegangen und die von Unterwaiden ob und nid dem
Wald sind binnen 8 Tagen mit 2 Fähnlein, eins mit St. Andreas
Kreuz und mit 200 Mann durch Neuenburg zum Rom. Kg.
gezogen und man sagt, dass der Hz. v. Mailand denselben den
5old gebe, und es läuft viel Rede in Städten und Ländern und
iusserhalb. Bei ihnen in Sol. ist Friede und Ruhe, und man sähe
sie gern in Gesundheit und P'hren wieder hier. Stellen das jedoch
seinem Ermessen anheim, damit die Kidgen. deshalb nicht
LTnwetter auf die Stadt laden. In Zürich soll allerlei Irrung
lerrschen und ein Teil römisch, ein Teil französisch und der dritte
Teil mailändisch sein, und die Landleute wären dort unruhig.
\uch wird geredet, dass der Krieg sei gerichtet; wünschten, dass
*s wahr wäre. Wenn er dann zum König reitet, mag er trachten,
ier Stadt Nutz und Ehre einzulegen und mag sich um laufende
Vlär und Gerede nicht kümmern. Es steht von Gnaden Gottes
A'ohl und friedlich hier in Stadt und Land. Solothurn Missiven.
S. M.)
Solothurn an Basel.
Nov. 7. Nachdem sie sich wiederholt verwandt haben
ur die von Liestall und andre, so zu den ihrigen und andern
Knechten aus der Eidgenossenschaft zu dein französischen König
j^elaufen sind, dieselben unstrafbar zu Haus und Hof, Weib und
Kind kommen zu lassen, und Basel ihnen ges( hrieben hat, dass
fis seine Knechte Solothurns Bitten soviel geniesscn lassen will,
dass dieselben Leibes und Lebens sicher sein sollen, erwidern
iie von Solothurn, dass sie sich anders Gefallens von Basel
versehen hätten. Wie dem, da die Kugel aller Irrung noch
Dicht verlossen ist und niemand weiss, was daraus erwachsen
kann, so bitten sie Basel dies alles zu Herzen zu nehmen und die
Knechte zu begnaden. (S. M.)
myo
Witte.
Berns Instruktion für seine Boten auf dem Tag za
Zürich (Dez. lo.).
Dez. 7. Graf Jörgen (v. Sargans) halb haben min hem vil
vertaget und sien der sach müd und wo man hat gewellen,
so wer der handel durch uffrichtung der ewigen bericht zu
abstellung kommen, und diewil nu der krieg minen hern schwer,
so der nit allein das hus Ocsterich sünder ganz rieh berüren
wurd, bitten sie den Handel zu bedenken und noch bei dem
Abscheid von Insbruck zu bleiben oder zum mindesten die
Antwort von Worms zu erwarten.
Von des Abtes von St. Gallen wegen ob er den gemeinea
Pfennig geben soll oder nicht, bedünkt ihnen, damit er anders
nit dann zimlich bescheiden werd, das er dann sin friheit den Eid-
genossen zöugen und ob das nit möcht, beit haben, als dann
abschriften derselben der k. m. zu schicken und sich dero zu
behelfen. —
Desgl. die Spann denselben Herrn Abt und die von Costentz
berührend wissen sie anders nicht zu handeln, als dass er dem
Kg. in Gehorsam begegne, er sie nit dawider gefrigt.
Dem Herrn v. Constanz raten sie zu arbeiten still zu sitzen
und sich niemands zu gcverlich anzünämen.
An den Herrn Doktor (Fricker) auf den Tag zu Zürich zu
reiten. Bern. A. Ratsman. (B. Rm.)
1499.
Bern an Zürich.
Jan. 2. Haben Adrian v. Bubenberg befohlen, mit Kg. Mas,
der gegenwärtig in den Niederlanden festgehalten wird, zu reden, dass
die Kidgenosson beabsichtigen, so er gen Worms oder an andere
nahegelegene Ende kommt, ihre Ratsbotschaft zu ihm zu schicken,
:>mit Anrufen ernstlich mit den Kammerrichtern zu verfügen, all
nuwerungen und invaK wider die Eidgenossen und deren Ver-
wandte zu verstellen. Zürich möge dann auch seine BotschaJt
mit Bern an den Bischof v. Konstanz senden. (B. M.)
Bern an Solothurn.
Jan. 29. Drücken ihren Unwillen aus über das ein-
seitige Vorgehen von Uri und Luzern; haben demnach den
Ihren allenthalben geschrieben, gerüstet und still zu sitzen, und da
nun der Eidgen. Boten zu Luzern und Zürich versammelt sitzen.
es für nützlich erachtet, ihrem Boten und besonders dem zu
Luzorii zu schreiben, mit andern Boten uss dem Handel treffen-
lich zu reden, damit angends von allen Orten in der Sache
Elciüs gegen beide Teile angewandt werde, um solchen Krieg
zu stillen. S. D.S. —
Geschichte des Schwabenkriegs. mjl
An Bartholome Mey: daran zu sein, damit von allen ortern
zu der Sach geschickt werde und er das Beste thue und ^vie
die sach stände, ob sie züchen oder nit. B. Rm. — Man sieht
aus dem mitgeteilten Material, wie Bern noch bis zuletzt bemüht
war, die Feindseligkeiten aufzuhalten.
Bern an Solothurn.
Jan. 31. Gedenken das Ergebnis des Tages zu Luzern
abzuwarten, ob der Friede niclit erhalten werden kann. —
Am folgenden Tage jedoch, nachdem es von seinen Anwälten,
so zu Luzern und Zürich gewesen, vernommen hatte, dass
die Orte einig geworden, denen von Uri mit ihren Fähnlein
nachzuziehen, hatte Bern zu Anfang 1000 Knechte laut Mit-
teilung an Solothurn zu einem Fähnlein geordnet, welche auf
nähere Verkündung des Marschzieles warteten, um abzurücken.
— Desgl. Schreiben Freiburgs an Solothurn , dass es gerüstet
sitze und weitem Bescheid erwarte. S. D.-S. Die Korrespondenz
über die in Graubünden ausgebrochenen Feindseligkeiten s.
Schweiz. Geschichtsfreund Bd. 24 und S. INI. und D.-S.
Bern an Kg. Max.
Febr. i. Bitten den König, dieweil sie den Handel
gar gern gut sehen, sich gegen den Grafen Jörg v. Sargans
gnädig zu erweisen und ihnen darum durch Adrian v. Bubenberg
zu antworten. —
Gleichzeitig aber Mitteilung an Solothurn, dass es 1000
Knechte zu einem Fähnlein bestellt hat, auf Erfordern zuzuziehen. —
Am folgenden Tage IMtte an Solothurn, nicht in das Frick-
thal zu rücken und zu brennen, um die Bewohner nicht zu
Gegenmassregeln zu reizen. —
Darüber Febr. 4 Mitteilung an Dr. Thüring Fricker, mit
Meldung, dass ihre Botschaft solches auch auf dem Tag zu Luzern
anbringen (Febr. 5) soll, dieweil es seit alten Zeiten zwischen
Bern und dem Frickthal so gehalten ist, haben auch den Vogt
zu Lenzburg angewiesen, die Fähre zu Wildenstein abzustellen.
Wollen auch bis morgen rätlich bedenken, wie Brugg zu versehen
ist, und schreiben den Frauen zu Küngsfelden, ihre Wache Tag
und Nacht auf Habspurg zu haben, damit die muh alter Ciewohu-
heit auf Brugg, Brünegk und Lenzburg acliti-t, und die-
weil es je die Gestalt hat, dass die Kidgen. hinwegzieheii, auch
Freiburg und Solothurn nicht enthalten wollen, bO wollen sie bi>
Samstag (Febr. 9) mit 1000 Mann ausrücken. —
Entsprechender Auftrag betr. des Frickthals an Venner
Hetzel, denn sonst sind die Unsern ganz und gar an Leil) und
Gut verdorben. Werden ferner von Karrern und Kaufleuten
angelangt ihnen sichern Wandel auf den Strassen zuzulassen.
was sie zwar gern thäten des Nutzens wegen, der daraus erwächst;
m72
Witte.
da jedoch die Eidgen. daran Beschwerd haben und auf die
Kaufmannsgüter greifen möchten, soll er das auf der Tagessatxang
anbringen. — Bitte an Solothum (Febr. 9), Berns Bemühungen
in dieser Hinsicht auf dem Tag zu Zürich (Febr. 13) zu unter-
stützen. B. M.
Ulrich Küffer, Vogt zu Gösskon, an Solothum.
Febr. i. Auf ihr Schreiben hat er sofort heute vor Tag
einen Knecht abgefertigt, als ob er unsere liebe Frau in Pilgerweise
besuchen wolle; der ist diese Nacht zurückgekommen und hat
gemeldet, dass alle Stund ander Geschrei an die Ort kommt,
sonderlich wird durch die Vögte und den Vogt zu Sehen keenberg
gesucht, dass man auf beiden Seiten still sitze und kein Teil
den andern schädige, wenn auch etwas zugs inKurwalchen geschehe.
Es sei auch auf beiden Seiten durch die gen. Vögte verboten,
Auflauf zu machen oder durch irgendwelche Schmach mit Worten
oder Werken jemand zu erbittern. Ebenso haben die von
Herznach gesagt, die gestern zu Gösskon gewesen sind und
Verhaltungsvorschriften und -massregeln begehrt haben. Es ist
noch kein Fremder in den 4 Städten am Rhein. Es ist ein offen
Red im Frickthal, dass Sei. beabsichtige, mit 700 Mann vor Meli zu
ziehen, weshalb sie die vergangene Nacht unruhig gewesen und
Nacht und Tag in den Gebirgen und Dörfern gewacht und bis jetzt
grosse Hut haben. Solche Warnung soll ihnen aus Brugg durch Dr.
Thüring zugekommen sein. Was im Schinznacher Thal ist und
darum, flieht Tag und Nacht gen Aarau und Brugg zu, desgl.
die aus dem Frickthal gen Rheinfelden. Er rät, ob die von
Zürich oder jemand an den Orten angreifen wollten, das zur Zeit
abzustellen, bis man gemeinlich den Tag bestimmt, dann wo der
schimpf an den orten angehept wird , durch wen das auch
geschieht, haben die von S. keine frist mer.
Nachschrift: Mir wird gesagt, dass der gemein Mann za
Hern nicht ein Wort um dies Geschäft weiss; als still halten sie
■^ich. — Der WoUebcn hat ein Fähnlein aufgeworfen und ein
blutharst an sich gezogen und fährt dahin. Rudolf Suter ist auch
weg gezogen und es ziehen ihm viele Knechte nach, die werden
uns viel Nutzen schafl'en. S. D.-S. — Damit eröffne ich die
Reihe der interessanten Berichte dieses Solothunier Hauptmanns,
die ich stückweise mitteile.
Caspar Iletzel, jetzt zu Luzern, an Bern.
Febr. 4, Vernimmt hier, dass es der schwebenden Kriegs-
hiindel halb nicht in so grossen Sorgen steht, als Bern be-
fürchtet. — an der nacht mitgeteilt an Solothum. S. D.-S.
Geschichte des Schwabenkriegs. ni73
Hans Kretz, Vogt im Sanganser Land, an Zürich.
Febr. 4. Die von Chur und etliche vom obern Bund
laben ihm heute geschrieben, wie ihr Krieg gerichtet sei und
edermann zu beiden Seiten abziehe. Doch begegnet ihm durch
etliche Boten, dass etliche Banner vom Obern Bund weiter
lerausziehen und es nicht gerichtet wollen haben, und wissen
^s dem Bischof und denen so die Bericht gemacht haben, nicht zum
Danke. Der Bischof sei daher auch flüchtig vor il>nen geworden.
\uch liegen die von Uri mit ihrem Banner zu Chur, Glarus in
>aTgans, die rücken heute über den Schollenberg. Die von Luzern
lind zu Wesen und Wallenstatt, desgl. der von Switz Fähnlein
luch auf der Strasse. Wie die Sache sich anlassen wird, kann
?r noch nicht wissen, denn der Vogt von Reineck schreibt von
grossen Ansammlungen zu Feldkirch und zwischen Feldkirch
md Bregenz, und es mehre sich der Haufen von Tag zu lag.
\uf dem Schloss Guttenberg führen sie eine wilde Weise etliche
>Jächte durch »mit plären und bocken« wie Kälber. — Am
5. Febr. von Bern an S. übersandt. S. D.-S.
Basel an Strassburg.
Febr. 5. Nachdem der Hz. v. Mailand, auch Fürsten
and Städte der Niedern Vereinung zwischen dem Kg. und den
Bidgen. zu vermitteln suchen, sie auch betrachten, was sie des
Kgs. halb verwant sind und an wen diese Landschaft diesseits
des Hauenstein stossend ist, und noch niemand wissen mag, wen
der Krieg berührt 'und was dem nachfolgen mag, halten sie es
:är notdürftig, sich zusammenzufügen, und dicweil nun dem Land-
trogt vor andern gebührt, darum Tag vorzunehmen und ihm aber
ron des Königs wegen als einer Partei solches nicht wohl ge-
ciemen will, darum nach Rat von Bischof und Ka{)itcl von Basel
beraumen sie auf Februar 10/11 einen TaLj gen Colmar an.
Strassbg. St.-A. — Entsprechendes Sehr, an den Land-
:ogt vom 6. Febr. Basel. A.
Ulrich KülTer, Vogt zu Gösskon, an Solothurn.
Febr. 5. Gestern früh hat er eine Warnung auf die
indere erhalten, dass die 4 Städte am Rhein den Kidgen. ab-
gesagt und dem Vogt von Schenkenberg entboten haben. >ich
danach zu richten, denn sie wollten mit ihm zu Aiiend e.ssen.
Hat aber der Sache nicht glauben und daher Solothurn auch
nicht unruhig machen wollen, damit es nicht als Anlänger iles
Krieges erscheint; hat aber jetzt erkundet, es wären nn 300
Knechte aus Waldshut aufgebrochen und hätten bösen Willen
gehabt, etwas anzuhaben; die erberkeit hätte solches aber
abgestellt. Gegen Abend kam ihm andere M;ir, lu'rn und Solo-
;hurn hätten den 4 Städten abgesagt; «l:is wollte er noch minder
glauben, da sonst Sol. ihm berichtet hätte, zumal die Ihren allent-
Mltc. d. Bad. Hi&t. Koni. Nr, 31. 0
m74
Witte.
halben unruhig sind. War einer auf dem Weg gen Erlispacb
hinab und als er auf den bösen Weg kam, hörte er pfeifen
und trommeln durch die Hölzer her, kehrte sich um und
lief schwitzend aufs Schloss, dass er schier erstickt wäre, und
sagte, er hätte ein solches Trommeln wie von 20 Trommlern
und Pfeifern gehört bis gen Stüsslingen herein und dazu die
Leute Mord schreien in den Himmel, dass er sorgte, alles Land
wäre verloren, denn es wäre eine ganze Macht eingebrochen.
Da Hess er den armen Leuten zunächst das verkünden, lud und
schoss selbst eine Hakenbüchse ab, denn er hatte keinen
Menschen im Schloss, so unkund ihm das Schiessen auch war.
Auf dies Wortzeichen kamen die frommen Leute dies- und
jenseits der Aare aufs Schloss und er schickte hinauf gen Lostorf
und hinüber gen Stüsslingen durch die Hochwälder, um näheres
zu erfahren. Also waren 3ie von Lostorf hinab gen Erlispaoh
vor Stüsslingen hin mit Pfeifen und Trommeln und schössen aus
den Büchsen und darauf die von Erlispach mit . ihnen hinauf
ins Gebirge mit einem grossen Schall, Daraus entsprang die
Unruhe und flüchteten die Ihren in das Schloss. S. D.-S.
Solothurn an Hern.
Febr. 6. Vernehmen glaublich, dass die 4 Städte am
Rhein sollen Absagung gethan haben, weshalb die Ihren von
Gösskon, Seewen und Dornegg in Sorgen sitzen und da*
Ihrige gellüchtet haben, und 2 ihrer Wagenleute haben mi:
Gewalt ihre Wagen über den Hauenstein fertigen müssen.
Deshalb halten sie es für notwendig, auf ihre Herrschaften und
die Ihren getreu Aufsehen zu haben, obwohl sie sich bisher siiÜ
gehalten haben, um nicht als Anfanger des Krieges zu erscheinen.
Bitten Bern, ihrer beiden Städte alt Herkommen zu Herzen zu
nehmen und Solothurn sich mit getreuem Aufsehen einpfohlei:
sein zu lassen. -
An Luzern: Bitten um Mitteilung des Anschlages, damit sie
sich darnach richten können, zumal ihre Feinde und Anstösser >k\:
vast stärken und sich ihren Herrschaften nähern. S. D.-S. u. M.
J^ischof Hugo v. Konstanz an Luzern.
Febr. 6. Konstanz. Auf ihr Schreiben hat er sofort mi:
etlichen des schwäbischen Bundes, so hier zu Constanz sind.
red gehalten und die haben mitgeteilt, dass die uftrur, so siel,
jetzt erhoben haben, aus der Ursache entsprungen sind, das-
der Hischof v. Chur wider den Landfrieden in die Grafschaft Tvro'.
m
eingefallen ist, weshalb sie von Statthalter und Regenten in
Kraft der Linung des schwäbischen Bundes um Hülfe unii
Rettung zum höchsten gemahnt sind, und sie seien ihrer
Schuldigkeit nach zugezogen und auf den Beinen, auch der
angezeigten bericht nicht wissend. Hält es für das Beste, wenn
Geschichte des Schwabenkriegs. 11^75
D beiden Seiten das Zuziehen erwindet wird. Mögen daher,
lern wirklich die bericht geschehen ist, vor Augen nehmen,
e hart fremde Gezungen, so sie sehen, dass Deutsche
der einander die Waffen kehren, erfreuet werden,
d da bis jetzt keinem Teil von dem andern Schaden geschehen
» die Ihren nicht weiter ausziehen lassen, sondern aufhalten,
isgl. Will er auch beim schwäbischen Bund suchen, damit nie-
ind mehr über S>ee gelassen wird.
Am 7. von Zürich mitgeteilt an Solothurn, auf dass es seine
itsbotschaft auf den angesetzten Tag dest stattlicher abfertigt.
D.-S.
Zürich an Bern.
Febr. 6. Ihr laufender Bote, den sie beim Beginn des
rurs zum Bischof v. Chur und den Hauptleuten von Chur-
Jden ins Feldlager gesandt haben, ist heute zurückgekommen.
e Hauptleute in Churwalden haben nichts geschrieben, aber
r Bote hat einen Brief des Landvogtes von Sangans mitgebracht,
enn nun auch hoffentlich der uffrur gestillt ist, so haben sie
nnoch keine kleine Sorge, dass die Eidgen., die sich jetzt
m Rhein nähern, Unruhe und Fehde vornehmen werden,
iben daher sofort ihre Ratsbotschaft denselben nachgefertigt,
^selben soweit als möglich aufzuhalten.
Luzern an Bern.
Febr. 7. Ihre Botschaft gen Chur hat Copie der Bericht
ischen denen von Churwalchen und den Ktschleuten über-
ndt. Demnach sind die von Uri mit ihrem Banner gen
ngans gezogen. Vernehmen nun aber, dass »unser» Zug nicht
ziehen will. Fürchten daher, dass etwas mit der Widerpartei
rgenommen wird, was Luzern nicht zu Gefallen steht. Haben
her den nächsten Eidgen. eilends einen Tag verkündet, den
:rn nicht mehr hätte erlangen können, um zu ratschlage u, die
iisern« aus dem Feld zu bringen. — Desgl. an Solothurn.
Bern an Solothurn. Febr. 7. Nachdem sie durch ihre
iwälte auf dem Tag zu Luzern berichtet sind, dass die Kriegs-
fruhr zu gütiger Flinlegung gekommen, sind sie :»einrattig
worden, die Ihren allenthalben zu weiulen und nirgendhin zu
;hen. S. D.-S.
Hauptmann und Gesellen im SanganserLand an Glarus.
[Febr. 6/7.] Sind von einem grossen Haufen der Feinde
lent dem Schollenberg belagert und bitten, schleunigst zuzu-
shen und die Eidgenossen zu mahnen; denn es ist in grossen
»rgen, dass merklicher Scluulen erlitten wird. — Mitgeteilt
n Bern an Solothurn. S. D.S. Vgl. auch Fürstenberg. Üb.
222 ff.
myö Witte.
Luzern an Bern.
Febr. 8. Ihnen sind eilends von Schwytz Schriften zu-
gekommen, wonach dieselben von Glarus gemahnt sind, ihnen
ins Rheinthal zuzuziehen, und morgen mit ihrem Landesbanner
dorthin abrücken werden ; dieselben haben Luzern gemahnt,
ihnen nachzuziehen. Gedenken demnach Febr. ii. mit ihrem
Banner ins Rheinthal zu ziehen und mahnen Bern um Zuzug. —
Desgl. ünterwalden an Bern: Ihnen ist laut Copie von
Schwytz und Claris geschrieben, wie es sorglich um die Unsern
im Oberland stände und einer erschossen ist. Auf das hat sich
Glarus in der vorigen Nacht mit seinem Banner erhoben, und
will Schwitz morgen aufbrechen. Desgl. wollen sie am ii.Febr.
mit ihrem Banner sich erheben. Mahnung um Zuzug. S. D.-S.
Zürich an Schaß'hausen.
Febr. 8. Nach jenem Schreiben, darin wir uns fridens und
Stillung diser unruw versehen, haben die von Glarus heute
ihre Botschaft hergesandt und entdeckt, dass sie und andre Eid-
genossen, die hinauf in Sanganser Land an den Rhein gezogen
sind, dermasscn von dem Widerteil geursacht werden, dass sie
sich zur Gegenwehr gerüstet haben, und sie zu sofortigem Zuzug
ermahnt. Haben ihnen darauf sofort etliche der Ihren mit einem
Fähnlein zugesandt, auch eins ins Thurgau gegen Constanz
jiusgenomen zu andrer gegenwer\ Achten, dass sich solches
mehr zu Kriegsläufen als zum Frieden zieht. Schaffh. A.
Bern antwortet Zürich Febr. lo, dass es am Dienstag mit
4000 Mann gegen Baden rückt und dort weiterer Nachricht
wartet. B. M.
Solothurn an Luzern.
Febr. 9. Wären vast begirig und vast willig ihnen zu-
zuziehen, aber schon vorher ist ihnen von ihren Vögten ver-
kündet, dass die anstösser unserer Herrschaften, die 4 Städte
am Rhein mit der Grafschaft Pfirt vast hitzig sind, die Ihren zu
beschädigen und zu suchen; wollen dieselben, die auch viele
unchristenliche und schändliche Wort wider die Eidgen. brauchen,
mit verheil knis Gottes strafen und gedenken dadurch der Eid-
genossenschaft viele Feinde abzuladen. Luzern A.
Febr. g. S. an Freiburg: Wiewohl sie sich bisher in Ruhe
und Frieden enthalten und sich luter versehen haben, dass der
Krieg in Cliurwalhen gestillt wäre , ist ihnen vor anderthalb
Stunden so viel angelangt, tlass ihre Notdurft erfordert, ihre
Herrschaften Gösskon, Seewen und Dornegg zu behüten und sich
in (Gegenwehr zu richten. Wollen daher sich am 1 2. Febr. mit
dem Stadtl'anner ihren Herrschaften nach den 4 Städten zu nähern
und bitten um getreues Aufsehen. S, M. —
Geschichte des Schwabenkriegs. ni77
Febr. lo. Schultheiss, Räte u. 200, gen. der grosse Rat
fon Bern mahnen Solothum, das beabsichtigt mit 1000 Mann
ind dem Stadtbanner ins Frickthal zu fallen, von diesem Vor-
laben abzustehen und den Eidgen. zuzuziehen, denen auch Bern
nit 4000 Mann zuziehen wird. B. M.
Luzern an Solothurn.
Febr. 11. Antworten ihnen, dass sie mit ihrem Stadt-
Banner und einem Fähnlein und mit einer merkh'chen Anzahl
Völker verrückt sind, haben aber dennoch auf Solothurns Be-
i;ehren zu der ander unser stattpanner 1000 Mann usgenommen,
sin trostlich uffsehen zu Solothurn zu haben, mit Begehr ihnen
silends den Anschlag mitzuteilen, um ihnen, wenn die Not es
/erlangt, zuzuziehen.
Am folgenden Tag (nachts zu Arow). Hauptleute, Räte und
Venner an Solothurn: Auf ihr Schreiben, dass die Ihren vielleicht
Dicht auf das allerrüstigest gebutzt ausgezogen sind, teilen sie mit,
dasG sie dieselben heute zu Ölten besichtigt und um Ehren und
Kotdurft willen etliche zurückgesandt haben und werden seiner
Zeit die, so Solothurns Gebot, sich mit Harnisch und Wehren
sich zu versehen, ungehorsam waren, ihnen zur Bestrafung melden;
aber trotzdem hat S. ein wohl gebutztes rüstig Volk beim Hanner.
Zn Ölten haben sie einen Wagenmann mit seinem Zug gefunden,
führend etlich Kaufmannsgut ins Schwabenland. Den Wagen
haben sie zu Händen genommen und die Waren als Feindes
Gut abgeladen und zu Ölten gelagert, wiewohl es nicht vast
köstliche Waare ist. Die betreffenden Waaren sind aber aus
Berner Gebiet durch »die Moder usgangen« und erst zu Ölten
in Solothurns hohem und niederm Gerichtzwang angehalten.
3. D.-S.
Hans Karli, Vogt zu Thierstein, an Solothurn.
Febr. 11. Meldet die Besetzung des Schlosses Thierstein.
Dasselbe ist aber ungenügend armirt und kann an 2 Stellen er-
stiegen werden, was allen Bauern bekannt ist, denen merenteils
nicht zu trauen ist. Bittet um 2 Hakenbüchsen , ausreichende
Knechte und Proviant. — Febr. 13. S. an Hans Karaerliii, Thi<T-
stein, Hauptmann zu Pfäffingen: Fordern kraft ihres lUirgiechtos mit
der Herrschaft Thierstein OlVnung in PHiffingen. — Kamcrlin ant-
wortet am gleichen Tage, dazu nicht ermächtigt zu sein. An dem-
selben Tage wendet S. sich an den Thiersteinischen Stiilthaltfr
EU Kheinfelden: es laufe eine Rede hier oben in Land, dass
ein »harsch« mutwilliger Knechte von Rhein fehlen aus nach dorn
Hulfdengraben streife auf die Weinwagen, die herauf in (Aia Eid-
genossenschaft gehen. — Auch sollen gar viele unchristliche und
schändliclie Worte wider die EiilL;en. in RheinleMen geredet
werden, die besser zu Bewahrung guter Nachbarschat't unter-
m78 Witte.
blieben. Bitten um Benachrichtigung, ob die Strasse ins Elsass
auf und ob sicher sei. — Der Statthalter Balthasar Gut beteuerte
um 15. Febr. seine und seiner Herrschaft Thierstein friedliche
Gesinnung. Letztere solle bis zum 17. anheimsch kommen.
Pfäffingen sei in keiner feindlichen Absicht besetzt worden und
die Herrschaft werde allen Verpflichtungen gegen Solothurn nach-
kommen. £r habe auch keinen Auftrag, Solothurns Leute am
Flulftengraben zu behindern, und ebensowenig bestände im Frick-
thal irgendwelche feindselige Absicht. £r würde auch nichts
wider die Stadt gestatten, sie möchte daher leichtsinm'gen Per-
sonen wider seine Herrschaft keinen Glauben schenken. S.
D.-S. und M.
Solothurn an Bern.
Febr. 13. Danken für ihr Erbieten und teilen mit, dass
sie heute im Namen Gottes und ihres Himmelsfürsten St Urss
ein Banner Leute in das Feldlager im Rheinthal gefertigt
haben, wiewohl sie an drei anstössigen Enden sich vor dem
Feind zu verteidigen haben. Bitten die Stadt, ein treu Aufsehen
zu haben und im Notfall ihnen zuzuziehen. Dat. Valent. abend
fünf stund nachmittag.
An Freiburg: Teilen der Stadt die bevorstehende Ankunft
der französischen Botschaft mit und bitten dieselbe, zu enthalten
und ihr Zucht und PIhre zu erbieten und deren Ankunft ihnen
sofort mitzuteilen. Die Ihren sind heute in der loten Stunde
ausgerückt in das Lager von Rhcinthal. dat. nachts.
Basel an Strassburg.
Febr. 13. Nachdem die Botschaften auf dem Tag za
Colmar imgeendet und ungeschafft zerrilten waren, des Wahns,
dass die Aufrühre abgestellt und geschlichtet wären, dieweil nun
aber der Friede zwischen den Parteien zerrüttet und die Eidgen.
mit Hauptbanner ausgezogen sind und zusammenrücken, und sich
auch der Landvogt (Caspar Herr v. Mörsperg und Beifort) mit
der Landschaft Klsass, Suudgau und Breisgau erheben will:
glauben sie, dass die Sache keinen längern Verzug erleidet und
beraumen daher mit Rat von Bischof und Kapitel von Basel auf
den 18. Febr. einen Tag gen Basel für die Niedere Vereinung
an. Strassburg St.-A.
Freiburg an Solothurn.
Febr. 14. Haben ihren Zusatz gen Granson geordnet
und halten sich gerüstet, auf weiter Verkünden dem Feind zu
begegnen. Die königl. Botschaft liegt seit ^lontag zu Freiburg,
und sie sind befremdet, dass S. es nicht weiss, da sie es dem
Schulthciss geschrieben haben. Die Not dieser Läufe erträgt wohl,
dass sie des Könijjs Freundschaft nicht verachten, und »das wir
Geschichte des Schwabenkriegs. 1^79
ungehindert der hulf in sin vereinung gangen, dann durch die-
selben hulf Wirt er uns verbunden sin hilf ouch zu tün,€ der die
Botschaft erbötig ist, sobald die Vereinung beschlossen wird.
Es scheint ihnen daher, je eher das geschieht, desto besser.
Haben daher gen Zürich auf den Tag (13. Febr.) geschrieben,
damit die Gesandten mit ordentlichem Geleit versehen, eilend
verhört und das an die Hand genommen werde, auf dass wir
unsem Feinden, die wir jetzt wissen und vormals als vermeinte
Freunde geschätzt haben, desto tapferer understehen mögen.
Vgl. cidgen. Absch. III nr. 634 h. S. D.-S.
Die Hauptleute der Eidgen. zu Vadutz an die von
Bern im Feld.
Febr. 14. Haben Schloss Fadutz verbrannt. Maienfcld hat
sich ergeben, und sind die Brandischcr Herren gefangen. Morgen
gedenken sie aufzubrechen und das Land nider bis gen Ranckwil
oder in die Gegend um Feldkirch zu ziehen. Die von Bern möchten
nun mit Zürich, Solothum, Freiburg bei SchaHhausen oder Stein
über Rhein gehen, aber nicht brennen, damit sie nach Ver-
einigung mit Berns Auszug dort auch noch bleiben könnten,
dann unsern füsstapfen nachzevolgen ist nit not, da sie an 10 000
wohlgerüsteter, unverletzter Mannen beisammen sind. Ilaben
bis jetzt nur einige Scharmützel gehabt, doch allweg in der
Feinde Schaden. Dat. mit Ulrich Kätzi's Hauptmanns v. Switz
Siegel. Bern, Unnütze Papiere (U. P.)
Basel an den Landvogt.
Febr. 14. Nachdem der Beschluss des Tages zu Colmar,
den Frieden zwischen beiden Teilen zu vermittlen, gegen-
standslos geworden war durch die Kunde, dass eine Rich-
tung geschlossen, und .sie nun aber von ihm und auch sonst
vernehmen, dass die Richtun«: »zerrut« sri, haben sie in Gemein-
schaft mit dem Bischof am 13. Febr. eilends einen Boten auf
dem Rhein an die Fürsten untl Städte abgesandt und den
gegenwärtigen Handel entdeckt mit Vormahnung, am 18. Febr.
spätestens ihre Boten zu Basel zu haben und also abzufertit^en,
dass sie am 19. Februar mit des Bischofs und des Kapitels und
ihrer Botschaft sich in das Lager fügen mö^^^cn, um den frühern
Beschluss zur Ausführung zu bringen. In Anbetracht dieser
Vermittlerrolle können sie ihm auch nicht dm Durcii/.ui; mit
seiner Macht durch ihre Stadt erlauben. Basel A.
Hauptmann und Käte zu Fehlkirch an StitthalttT und
Ke^^enten zu Innsbruck.
Febr. is. Heute haben sich die Ki«l;;en. zu Vaduz er-
hoben und werden sich vermutHcii auf die Naclit bei FeUlkircii
am Eschnerberg lagern. Nun sind dit^ lauicndcMi Knecht, am
m8o . Witte.
ersten vom Bund geschickt, alle verlaufen, so sind ihm (dem Haupt-
mann) auch bis jetzt noch nicht über 800 Mann geschickt vom Band.
Auch kann er nicht verstehen, dass fremdes Volk zu ßregenz oder
am Rhein herauf liege, und hört auch nicht, dass man ihm zu
Hülfe zieht, so oft er auch nach Constanz den Räten um HüHe
geschrieben hat, und wird elei)diglich verlassen. Darum ^ire
Not, dass sie ihm zuziehen, des Kgs. Land und Leute helfen zu
retten; sonst wären Land und Leute verloren. Innsbruck A.
Solothurn an den Vogt zu Gusskon.
Febr. 15. Haben heute von Luzcrn Nachricht erhallen, dass an
der jungen Fassnacht die Kidgen., die in das Rheinthal gezogen,
fröhlich durch den Rhein gedrungen und dem Feind viel Leute
und besonders die rechten Katzbalger umgebracht und ihnen
3 Fähnlein, i Plalbschlange und sonst viele Büchsen abgewonnen.
Soll am Sonntag seine Unterthanen mit Harnisch und Wehre
mustern. S. M,
Blanka Maria Rom. Kgin. an Basel.
Febr. 15. Freiburg. Beglaubigt Dr. Sigmund Kreutzer Dom-
propst zu Constanz und Conrat v. Ampringen kgl. Räte betr. der
Eidgen. Werbung zu thun.
Werbung derselben vom 14. Febr.: Basel soll sich mit der
höchsten Macht Volkes und mit Büchsen und gezug erheben
und <;en Altkirch ins Lager ziehen. Desgl. begehrt der Kg. für
die Seinen freien Durchzug durch die Stadt und alle ihre Amter
zu allen Zeilen, wann sich das begebe. Darüber begehren sie,
dieweil es die Notdurft erheischt, und diese Sachen nicht irmgor
Aufzug erleiden wollen, unverzogen Antwort, damit sie von Stund
an abgefertigt werden und ^gu Freiburg kommen. Basel A.
Bern an Solothurn.
Febr. 16. Antworten auf ihr Schreiben mit angezeigter Ver-
sampnung der Feinde, dass sie nicht glauben, dass zur Zeit
einiger kriegerischer Handel wider Solothurn vorgenommen werden
soll. WoiU-n jedoch allentlialbcn Rästung verordnen und fernere
Verkündung von Solothurn erwarten. S. D.-S.
Hern ins Feld nach Schaft'hausen.
Febr. 16. Wünschen nicht, dass sie mit Freiburg und
Solothurn allein ins Hegau und andre Orte rücken und die
Jü'dgcn sich sondern lassen, da ein solcher AngritT Berns
Stelhing als Flülfsmaclit nicht entspricht. Sollen auch vor allem
(.Uc Absaming antwurten. B. M.
L>esgl. Febr. i.S.: Der gefasste Anschlag will ihnen nioh:
gefallen, besonders dass die drei Städte Zürich, Freiburg und
Solothurn mit Bern von den andern sollen gesondert und an
Geschichte des Schwabenkriegs. m8l
Orte gestellt werden, die wenig Nutzen verschaffen, wohl aber
Schaden verursachen können, zudem ihre Altvordern, wenn die
mit Berns löblichem Zeichen ins Feld rückten, nicht gewohnt
waren, sich Raubes und Brennens zu gebrauchen Da sie nun
von den Eidgen. zu Hülfe gerufen sind und in dieser Form und
Voraussetzung Absagebrief gestellt haben, wäre ihnen unförmlich,
wo solches nicht geschehe, und auf Grund dessen befiehlt ihnen
Bern sich nicht sondern noch teilen zu lassen, sondern den
nechsten zu andern Eidgen. zu ziehen oder aber sie zu sich
kommen zu lassen. Wenn aber die Eidgen. von solcher Teilung
nicht abstehen, so mögen sie ihnen sagen, wo si dann uwer
verrer nutzit bedorfen, dass sie dann den nechsten wieder heim-
ziehen würden. B. M.
Bischof Hugo v. Constanz an Basel.
Febr. 17. Konstanz. Nachdem er vordem mitgeteilt, dass
er in eigner Person sich ins Oberland fügen wolle, während
Basel gen Zürich und Bern schicken sollte, um Frieden zu ver-
mitteln, teilt er mit, dass er gegenwärtig weder in eigner
Person ins Oberland kommen, noch seine Botschaft daiiin
schicken kann. Basel A.
Bern an Solothurn.
Febr. 17. Vernehmen, wie etliche Kaufleute von Solo-
thurns Banner in Ölten niedergeworfen sind. Falls es sich so
verhält, bitten sie, einstweilen das Kaufmannsgut unverändert
beisaramenzuhalten und Bern ihre Absichten bezüglich solcher
Kaufleute mitzuteilen. S. D.-S.
Febr. 18. Sol. an Niclas Conrat, SchuUheiss, Hauptmann
und Venner ins Feld: In Anlass des Züricher Anschlages, dass
sie mit Zürich, Bern, Freiburg, Biel u. a. gen Diessenhofen
und Stein über Rhein ins Hegau ziehen sollen, wünschen sie
ihnen viel Glück dazu. Nun erhalten sie tä;;lich Warnung, dass
im Pfirter Amt ein gross Volk liegt uml beabsichtigt Dornegg,
Tierstein und Seewen zu schleifen, was aber Bern nicht glauben
will. Haben nun Tierstein und Dornegg wohl verwahrt und ver-
schafft, dass die Unsern keinen Anlaiii: ihun und tl*>cii \\o\\\
gerüstet mit Kundschaft sitzen sollen, und «.laraut ein Fäiinlein
Leute ausgezogen mit Hauptmann Daniel Babenberg und warten
jetzt auf weitere Nachricht, um solches den Kitigi-n. zu verküinlen
»uff ir trostlich zusagen helfen und rätten . S. \),'>. Dii* obigen
Alarmnachrichten stammten von Solothiirns Hauptmann zu Dornerk.
Solothurn an Hans Cämerlin, Vogi zu rfcilln^en.
Febr, 18. VrrnehmiMi, dass uar rin inerklicli gn'ss WAk zu
Pfeffingen liegt, und es läult die Rede, da>> dieselben iii^ Land
in82 Witte.
kommen und beabsichtigen, die armen Leute zu Thierstein, Dor-
neck und Seewen zu verbrennen. Halten die Herren von Thierstein
für so fromm und weise, dass sie sich selbst und die armen Leate
besser bedenken und dem Abschied zu Pfäffingen mit Solothnrns
Botschaft beschlossen nachgehen. Um aber die Meinung des
gemeinen Volkes, dass ein Haufen Volk zu dem Zweck in
Pfäffingen liege, zu widerlegen, bitten sie ihn, ihren geschwomen
Boten in das Schloss einzulassen, um die Wahrheit zu besichtigen.
Entsprechend an die Grafen Oswald und Heinrich von Thier-
stein. S. M.
Zürich an Bern.
Febr. 18. Vernehmen nach dem Hinzug »unsere Banner,
wie die von Waldshut heute vor Thiengen gerückt und durch
den Gr. v. Sulz, Zürichs Erbbürger, im Kletgau eingelassen sind,
worüber die im Kletgau grossen Unwillen empfangen haben.
Hoffen, dass solches bald gerächt ist; da aber die von Zurzach
und andere in der Grafschaft v. Baden deshalb in Sorge gefallen
sind, haben sie einen Zusatz von 50 Mann dahin gelegt
Bern. U. P.
Ulrich Küffer, Vogt zu Gösskon, an Solothurn.
Febr. 19. Hat diese Nacht ihr Schreiben mit allerlei on-
notdürftigen Anzeigen ihn betreffend um Mitternacht empfangen
und mag wohl glauben, dass ihm von etlichen noch viel mehr
Unglimpf zugemessen wird; wenn sie kein Vertrauen zu ihm
haben, so möchte er wohl leiden, dass sie einen andern Vogt
in Schloss und Herrschaft Gösskon setzten, denn er kann es
wohl nicht zufrieden sein, wenn er mit Unwahrheit beschuldigt
wird. Wahr ist, dass die von Erlisbach, Stüsslingen, Losstorf, .
Wintznft, Gössgon und andere ihre gute Wache mehr als 14 Tage
auf dem Schloss Warttenfels im Gebirge mit seinem Wissen und
Willen alle Nacht gehabt, ausserdem ihn Nacht und Tag mit
Kundschaft versehen, dazu Willen gehabt haben, die Gebirg wie
in den vergangenen Kriegen allenthalben zu *verfelen« mit Rat
unsrer Hauptleute. — Ward mir Antwort mit denen, so bei mir
waren: ob wir uns fürchteten, es wäre noch nicht Zeit, sie (die
Hauptleute) wollten uns nicht versäumen und seiner Zeit gut
Bescheid darum geben. Dass er aber allenthalben und bei allen
Geschäften sein soll, ist nicht gut möglich; dass er allzeit
engelsch<v könnte leben, weiss er auch nicht zu thun, hat aber
niemand ohne Ursach Beschwerd zugefügt, und ob sich einer
Mutwillens beklagt, will er darum still stehen und ziemlich Ant-
W()rt geben. Möchte aber wahrlich glauben, wenn er heute gen
l>lisf)acli odi'r morgen gen Löslorf ritt oder ging, und da
convivium mit ihnen machte, 5 oder 6 fi verzehrte und an die
Wand schlüge, dazu etlichen Junkern allerlei böser grober
Geschichte des Schwabenkriegs. niSl
schwerer Verhandlungen »geständiger«^ gewesen, er wäre solches
Verklagens vertragen, denn er weiss, doben and herniden, wer
es gethan hat, als wenn er zugegen gewesen. Wenn es aber
ihres Willens ist, also zu schlemmen, will er in einer Woche
wohl als vil vertösen, als er in 2 Jahren ze eren gebracht hat,
and mit besserm Herzen, wo es nicht anders Belohnung haben
soll etc. Wenn er angeschuldigt wird, des Stubenofens bisher
gehütet zu haben, würde ihm bei diesem Wetter nicht übel fugen,
denn er hat in der Herrschaft nie etwas notwendiges under wegen
gelassen, weder Teg noch Nacht, wiewohl er seines Leibes halb
gross Glimpf und Ursach gehabt hätte. Möchte weder seine
Kinder noch sich gern zu Bettlern machen, hat aber darum nie
auswendig ein Geschäft zu Ross oder zu Fuss unterwegen gelassen ;
wo er aber nichts notwendiges zu schalen hat, hat man ihn
sein Lebtag nicht viel »raistz oder metzen gescheftz-^ machen
sehen, so kein Krieg gewesen ist. Des Wortzeichens halb mit
dem Büchsenschuss und Sturm weiss er nicht zu verbessern, denn
man sieht das Feuer tags nicht und ebensowenig bei Regen-
wetter, Schnee, Nebel und grossem Wind und ist zumal ungewiss,
es möchten die euren dadurch übel verkürzt werden. Doch
schlägt er es auch nicht ab. Die Hauptleute hat er vor ihrem
Schreiben schon gesetzt und dieselben, welche S. auch bestimmt
hat. Hat auch all die Ihren hie disent der Aren auf Sonntag
mit ihrem Harnisch versammelt und beabsichtigt, sie allerlei
notdürftiger Ordnung zu berichten, sie aber wieder entlassen, weil
der Seckelmcister den von Lostorf und Tribach zugesagt hat,
Solothurns Ratsbotschaft und allerlei geziigs am gleichen Tag
herabzuschicken, da er in deren Beisein solches handeln wollte.
Da nun niemand gekommen, muss er von Dorf zu Dorf die
Leute versammeln; wäre nun etwas dadurch verwahrloset, wer
hätte Schuld daran, dann ir doben? Kreita«; ist grosser Auflauf
ohne alle Not zu Erlispach gemacht und in der ganzen Herr-
schaft gestürmt und geflüchtet, wennjrleich er solches bei Leib
und Leben verboten, und er ist auf Befehl von Solothurns Haupt-
leuten zu Ölten gewesen. Als die von Freiburg das zu Aarau
gewahr wurden, wollten sie die Frickthaler strafen; da haben
ihnen die von Aarau die Thorc gesperrt und als sie dieselben
aufhauen wollten, kam die Nachricht, dass nichts daran sei.
Neuer Mär halb, die er lani^e nicht ^^e^chril'l^en hat. slfht es so,
dass sie keinen Glauben verdienen, und deshalb nicht not ist,
jemand damit zu bekümmern. Der Frickthaler, unser gelreuen
Nachbarn halb hat es die Gestalt, dass sie gern mit St)loihurii
in Frieden wären und verboten haben irgend etwas widerwäriige*«
in Wort und Werk wider tlie Stadt zu thun, hat aus>eriiem \'er-
ständnis mit den unsern in dem < >rt, sodass er über alle
Änderungen in Kenntnis gesetzt wird. Da sie Soloihiiru nun keines-
wegs widerwärtig sind, i>l nicht not, etwas davon zu sthreil'iii.
Sie regen sich niclit oder er vernininit e>, sie niüs>tt'ii denn
m84 ^^'"^
meineidig werden; bis jeut haben sie nicht gerehlt, nnd dsmu
wird er deshalb unbillig zn argem angcEogen. An dem UbiMn
soll ein gross Sammlung sein. Die von S. sollen bei dem Daiiii«
auf dem RafTzerleld bescIiAvrt und angegrilfeu »ein and ein
Fähnlein erobert babeo; die im Oberland und am Rbein »ölten
eine grosse That geüian, nämlich ein vast surtc scliloss, j l'S^a-
lein erobert und eine grosse Zahl LeuLe erschlagen haben, oÜlcJie
reden gooo, etliche minder. HotTt zu Gott, es B«i niclils duan;
wollte es ihnen nicht verhalten in dem Wen, als et es gekauft
hat, Mögen Veiläumdungeo gegen ihn kein GeliÖr scheoktn
und versichert sein, dass er um Sudt und Ilcrrschait Leib uimI
Leben, Ehre und Gut bis in den Tod setsen will, und wo tr
wübste, dass der Glaube nicht da wäre, wollte er kein |üu
niemenner ihun. Wenn ihm Notwendiges begegnet wäre, hJt:e
er das ohne Zweifel immer mitgeteilt. S- D.-S.
Solothuin an Basel.
Febr. 19. Haben heute früh glaubhaß vernommen, dils
der Landvogt Caspar v. Mörsberg und die beiden Crarcc von
Thierstein zu Basel in heimlichen Anschlägen gewesen und am
1;. Febr. der Landvogi aus Basel mit 30 Pferden das Ijind ati
und die Herren v. Thierslein mit 40 Pferden und 3« Knechten
gen Thierstetn geritteti sind und das Scbloss wohl bcMiUt
und gespeist haben, in Willen in ihre Herrschaften TlJerMdn,
Dorneck und Sewen lu fallen und das alles zu sdilelfen,
Drücken ihr Missfallen aus, dass Basel solche Anschläge tn do
Stadt geschehen lässt; wenn solches an die Eidgen. gelang,
weiss Basel wohl, was das auf sich iiaben wird. S. will nun id
keinen Fall anderwärtige Bnrger oder Gäste zu Pfeffingcn duldciti
nachdem das ihr -ewig offen verscbribeu sloss« ist. Wenn ale
solchen Anschlägen nun auch nicht välllg Glauben scheukeo.
so ist doch ohne Zweifel, dass die Grafen von Th!crsi*iin Ma-
willigen Katen wie den Herten v. Falkenstein ihr Ohr Idbcs.
Bitten Basel um Nachricht, was es davon weiss und wessen lieh
Sololtiuni im Fall eines Angriffes daher zu versehen hat, S. M.
Darauf antwortet Basel am 20. Febr., dass der Landvogt an
15 Febr. um 6 Uhr Nachmittags mit ii Pferden «rscliieotut ml
Samstags Ihih über den Rhein hiuweggeritten ist; in wctclwt
Absicht, weiss Basel nicht. An demselben Samstag Nnrbmitü^
um .) Uhr sind die Herren v. Thierstcin auch i-ii.j
stracks ohne Absitaen mit 22 Pierden und einij'eii
über die Rheinbrücke wahrscheinlich gen Rhein !i..
Üi(?Kelben sind demnach nicht mit dem Landiv^. ...
zusammen gewesen, ein lunderred« zu halten. Über die Ah
der Herren v. Tbjerstein ist Basel nichts b^kannl. Bbs«1 A.
Geschichte des Schwabenkriegs. m85
[Der Vogt zn Gösskon] an Solothurn.
Febr. 20. Während er die Ihren enet der Aren versammelt
und ihnen allerlei, was die Notdurft erfordert, berichtet hat,
ist der Weibel von Erlispach gekommen und hat berichtet,
wie der Schultheiss von Aarau seine Nachbarn gewarnt hat,
geröstet zu sitzen, denn die 4 Städte am Rhein wollten heute
oder morgen ausrücken, sie zu schädigen. Hat darauf sofort
eine Anzahl wolmügender Knechte von der Versammlung hinab-
gefertigt, 4 in das F'rickthal und, ob ihnen näher nichts begegne,
bis gen Laufenburg geschickt auf Kundschaft, 5 mit herüber ins
Schloss genommen, des Spiels zu erwarten, denn die unsern
hie disenthalp der Aaren haben genug mit sich zu thun. Hat
solches auch sofort den Ihren verkündet und den Nachbarn von
Zofingen, Arbiirg, Ölten, Aarau, Kistveld und Kölliken und sie
gebeten, treu Aufsehen zu haben, in guter Zuversicht, sie werden
es nicht abschlagen. Bitte um Büchsen und Armbrüste für die
von Tribach und Erlispach, dazu Pulver und Pfeil, wie das durch
den Säckelmeister zugesagt ist, auch Pulver auf das Schloss, da
er den bisherigen Vorrat ausgeteilt hat. Nachschrift: von den
eroberten Fähnlein soll eins von Ulm, eins von Ravenspurg und
eins vom Gotteshaus zu Salmanswciler sein. S. D.-S.
Heinrich und Oswald, Gr. v. Thierstein an Solothurn.
Febr. 20. Haben erst bei ihrer Ankunft vernommen, wel-
cher Krieg sich im Lande erhoben hat und dabei wie Thier-
stein zu Händen und die Zugehörigen desselben Hauses in
Kidespflicht genommen, dazu Ölfnung zu Pföflingen und Büren
gefordert hat. Bitten ihnen solche Oti'nung zu erlassen und
Thierstein mit Zugehörigen ihnen wieder einzuräumen, ilamit sie
vom Hause Oestreich deshalb nicht geschädigt werden, so wollen
sie diese Häuser so besetzen, dass ihnen kein Schaden daraus
entstehen soll. S. D.-S. — S. bestritt in seiner Antwort vom
22, Februar, dass es die Burgrechtbriefe durch die Besetzung
von Schloss Thierstein verletzt hätte, und begehrte ebenfalls kraft
geschworenen Burgrechts C)fl'nung von Schloss Pfäflingen, widrigen-
falls es die Grafen als verletzer und ^bruchig'?: des geschworenen
Burgrechts erkennen raüsste. Sollten daher böswilligem Rat nicht
statt geben.
Bischof .Mbr. v. Strassburg an Basel.
Febr. 20. Um die Schreiben der Künii^in zu beant-
worten und über andere notdürftii;e Dingo zu unterreden, hat
er mit Rat von Strassburg andere BundesiitMiosson in der Kile
beschrieben und bittet Basel, seine Botschaft auf Febr. 23. zu
Colmar zu haben und am Sonntag mit vollem Ciewalt ohne
Hintersichbringen über eine einträchtige Antwort und was sonst
die Lage erheischt ratzuschlagcn. Basel A.
in86 Witte.
Ulrich Küffer, Vogt zu Gösskon, an Solothurn.
Febr. 22, Viel Leute haben nicht glauben wollen, dass
<5ie Frickthaler uns einigen Schaden zufügten. Nun haben
sie gestern Kienberg überfallen und alles Vieh weggetrieben,
hat auf Anrufen ihres Bürgers von Heidegg aufs freundlichste
■den 3 Vögten von Herznach, Wittnft und Frik geschrieben, in
Hoffnung, der Handel sei von leichten Leuten geschehen, and
Bekehrung begehrt; die Antwort werden sie durch Überbringer
vernehmen. S. D.-S.
Härtung v. Andlo und Niclaus Rusch an Basel.
Febr. 28. Laufenburg. Sind Mittwoch Morgen in Ab-
wesenheit des Landvogts gen Waldshut gekommen, wo man
sie nicht hat einlassen wollen, und, da sie Gleiches in Tiengen
erwarteten, sind sie gen Laufenburg zurück geritten, wo sie i Uhr
nachts eingelassen wurden, denn in den Dörfern trauten sie sich
nicht niederzulassen, zudem sie dort Mangel gelitten hätten.
Haben nun heute dem Landvogt gen Waldshut geschrieben,
derselbe hat geantwortet, dass er ihr Schreiben denen von W.
vorgehalten, die eine ehrbare Kntschuldigung gethan, und sie
dorthin berufen. Wollen sich nun morgen dahin fügen und ihre
Werbung entdecken; können aber gegenwärtig noch nicht wissen,
ob sie sich gen Constnnz oder ins Hegau fügen werden, denn
diese Stunde vernehmen sie, dass die Plidgen. am Dienstag ins
Hegau eingefallen und liegen zu Ililzingen und Rietheim, und
können nicht vernehmen, ob sie gebrannt haben. So sollen die
von Zürich zu Tegervil bei Constanz liegen und die von schwäb.
Bund zu Enuen, also dass sich kein Teil seines Vorteils über-
geben will. Basel A.
Bern an Zürich.
Febr. 22, Vornehmen von dem Auszug im Hegau, da>s
derselbe keinen Widerstand findet und etliche Schlösser wie
Randeck und Roseneck erobert hat.
(jleichzeitig Hauptleute, Venner und Räte von Bern und
Freiburi:. jetzt zu Friedingen an [Zürich]. Haben den Plan, vor
Überlingen zu rücken, an den kleinen und grossen Rat gebracht,
können wegen Manuels an Speise nicht nachfolnen zu solchem
Zug; zudem würde eine Schädigung der Dörfer Überlingen nich:
weiter bekümmern, aber solches würde ein ingang dem rieh mit
kriegsulrür gebären; zudem haben forner die Iveichsstädte in
diesem Kriegte keim^ Absane gethan. Schlagen demnach solchen
Zug ganz und gar ab. Nachdem aber der Hauptmann v. Schafl-
haiisen eine Umkehr auf etliche Grafen, wie die von Sulz, auch
ein nahes Städtlein (Aach) vorgeschlagen, haben sie sulche
streifli an die Hand genommen und wollen morgen die Sachen
angreilien. Müi^-en von ihrem Vorliaben abstehen und ihnen in
Geschichte des Schwabenkriegs. XU 8 7
der Ausführung des Planes beistehen. Bern. U. P. Darüber wendet
sich Zürich Februar 24. um Mitternacht an Bern, dass die Ihren
dem Anschlag der Eidgen. im Oberland ihnen gen Überlingen
und an den Bodensee entgegenzurücken und sich zu vereinen,
Widerstand thun, und sich eher auf die widervart schicken wollen.
Und da Berns Hauptleute anzeigen, dass sie Überlingen und
andere Städte des schwäbischen Bundes nicht für Feinde achten,
bemerkt Zürich, dass dieselben Städte und andere ihre Ver-
wandten den Krieg angefangen. Haben darauf Berns Hauptleute
mit höchster Bitte ankert und bitten Bern, die Hauptleute ent-
sprechend zu bescheiden, sich von Zürich nicht zu trennen, so
hoffen sie, dass Constanz, wo merklich Zwietracht herrscht, zu
den Eidgen. gebracht wird. S. D.-S.
Die Hauptleute der Eidgen. an Zürich, Bern, Freiburg,
Solothurn.
Febr. 22. Sind am Mitwoch aufgebrochen gen Rankwil,
um die Feinde zu suchen, haben sie auch betreten. Dieselben
sind vor ihnen gewichen bis gen Rinegk über zu St. Johannsen
gen Höschs, daselbst sie gegen »uns«( in Ordnung gestanden.
Sie haben dieselben angegriffen, angcntz ohne Verlust den Sieg
gewonnen, sie bis in den ßodensee gejagt und wie sie schätzen an
2000 erschlagen; wie viel ertrunken, können sie nicht sagen,
ein schwäre Summe aber. Sind nun heute gen Feldkirch zu
gerückt. Hatten auch die Absicht, unter Bregenz über den See
zu rücken, besorgen aber einigen Schaden durch Geschütz. Ist
es Not jedoch, bei ihnen zu sein, so wollen sie ihrer Vordem
Fussstapfen erfüllen und Leib und Gut zu ihnen setzen. Werden
nicht lange im Felde bleiben wegen der Strenge des Wetters
und da sie keinen Widerstand finden. Wenn sie aber etwas
bessres wissen, mögen sie es mitteilen. Bern U. S.
Luzern fügt am 23. Febr. hinzu, dass die Knechte 3000
erschlagen, 5 Schilfe voll Leute in den See getrieben, die alle
ertranken, und 7 Schlangenbüchsen erheutet haben. Zuschrift
im Baseler A. : Die von Zürich und Solothurn sind am Mittwoch
in das Dorf Stüsslingen gefallen, das den Kidgen. schändlich
zugeredet hat und sich erboten hat 100 ll. an die Herrschaft
zu geben, dass sie ihnen den Vorzug an ilie Schwitzer Hessen ;
es waren aber alle gellohcn und ein Teil in einen starken Turm,
der zu der Wehr gemacht ist, entronnen, den haben die beiden
Städte 3 Stunden gestürmt und zuletzt gewonnen und alle so sie
darin gefunden über den Turm geworfen, und die beiden Stallte
ziehen einen Tag vor Bern und Freiburg und andern von Biel
mit einem grossen Haufen und es llieht alle Welt vor denselben.
Die beiden nachziehenden Städte verbrennen alle D()rfer, nmKIk-
jene beiden zurücklassen, auf dass sie darin herbergcn nioLien.
mSS Witte.
Bern an Zürich.
Febr. 22. Lehnen es ihrerseits ab einen Zusatz von 50
Mann gen Zurzach zu legen, da Zurzach dem Bischof v. Costenz
verwandt, sie auch der Besetzung andrer Schlösser halb in täg-
licher Arbeit sind und zudem stündlich Mahnung um Hülfe von
Solothurn erwarten. Im Notfall mag Zürich sich in dieser Sache
an Berns Leute im Feld wenden.
An Solothurn Febr. 23.: Auf ihre Meldung über Angriffe
seitens derer von Frickthal antwortet Bern, dass, da der Feind
sich zu merklicher Gestalt zurüstet, und die uwern und unsern
vast verrugkt und hingezogen sind, Solothurn einstweilen still-
sitze und die rugk und passen mit notdürftiger Besetzung der
Schlösser versehe, damit der Feind usscrhalb bleibe und sie
nicht weiter zu schädigen vermag. Später wollen sie dann
gemeinsam Strafe am Frickthal vollziehen. B. M.
Hauptleute, Venner und Rat im Feld im Hegau an
Zürich.
Febr. 2^. Steisslingen. Sind gemäss dem Zürcher Abschied
am Dienstag mit ganzer Macht von Diessenhofen aufgebrochen,
gen Ramsen gekommen und allda übernachtet, und um Mittnacht
kam Botschaft v. Solothurn, dass ihnen in ihr Lager zu Rütlafjfingen
Warnung gekommen sei, dass sie in der Nacht oder gen Tag
angegriffen werden sollen, weshalb sie unserer Hülfe begehrten.
Sofort ordneten wir ihnen 1000 Knechte zu und zogen denselben
auf dem Fuss nach und zum Abschied brannten wir Ramsen.
Zu Rutlafingen fanden wir Mitwoch morgens die von Solothuni
in einer Wagenburg verschanzt, aber es war niemand an sie
•gekommen. Also hielten wir eine Weile, und nicht lange, stiesseii
die Knecht dasselb Dorf an u. gächlingen an, sodass wir an beiden
Stellen mit unserm Zug kümmerlich entrannen; und zogen darauf
gen Stüsslingen und lief unser blutharst, zum Teil eilend Volk
voraus. Die kamen gen Singen, liegt unter Twyel und wollten
das Dorf brennen und plündern. Also Hessen sich etlich Knecht
aus Twyel herab, erstachen die Blutharstcr, als die Red ist,
4 und machten 2 wund und als wir oben hinaus durch Dersshard
zogen, kam ein Lärmen unsrer Feinde und wir zogen in der
Ordnung gen Stüsslingen, in Meinung unsre Feinde anzugreifen,
aber wir sahen niemand, der sich uns widersetzen wollte. Unweit
von Stüsslingen fingen die Unsren Dr. Stürzelss Vetter oder
Bruder, den Domprobst zu Constanz und haben den also noch
fenklich. Zu Stüsslingen fanden wir nur Weiber und am Donners-
tai: liefen etliche unsre Knechte und von Solothurn gen Hom-
burg, verbrannten d«Mi Vorhof des Schlosses, stiegen über das
vallenthor in an daz recht und erschossen einen Mann, darol»
die im Schloss erschraken und das Schloss aufgaben. Das
Schloss wurde verbrannt und viel Gut erbeutet.
tn89
Heute Samstag rücken wir vor das Städtlein Ach. Ob Stuss-
Lgen gebrannt wird, wissen wir nicht, besorgen es aber, möchten
ea gern brandschatzen; es ist aber niemand gekommen, der davon
■BOteircdete, wiewohl sie das anfangs begehrt haben. Wären gern
gen Überlingen hinauf bis gen Lindau gezogen, so will niemand mit
inns. Übersenden Missiv der Hauptleute von Bern und Freiburg
I dem Lager £u Friedingen. Bitten um Anweisung, ob sie mit
en oder allein gen Tiengcn ziehen sollen. Friedingen Schlass
nod Dorf, Randegg Schloss und Dorf, Rosneck ist verbrannt.
Bätten gern längst geschrieben, aber einer allein kann Dicht
liehen. Haben in Stnsslingen einen Zedel gefunden mit Anschlag
der Feinde auf uns. S. D.-S.
Bern an Hauptleute, Venner und Räte im Oberland.
Febr. 24. Haben von den Ihren vernommen, wie sie mit
Freiborg ins Hegau gezogen und etliche Schlösser erstürmt haben.
£9 bedünkt ihnen etwas seltsam, dass die von Zürich und Solo-
tbum nicht bei ihnen gewesen, und besonders dass eine solche
Teilung geschehen soll, dass die Streitmacht der Eidgeu. in
,3 Haufen getrennt ist. Solches ist in alter Obung nicht gewesen,
•ondem immer mit gemeinem und einhellig gehandelt worden.
Da nun "ir* in Oberland geschafft habt, was ihr begehrtet, so
Waögcn sie den nechsten den übrigen Haufen zuziehen und
daselbst ratschlagen, was ferner zu handeln sei; denn wie sie
vernehmen, sind die Feinde in steter und emsiger Zurüstung,
weshalb notwendig ist, dass hin wider mit tapferer Gegenwehr
ihandelt und die Gefahr der Teilung vermieden werde '}.
n Solothum im Feld
Hauptlet
i Stoffeln. Die Anschläge
sen, dass sie bisher Ihnen
Am Dienstag sind sie
Venner und Räte
in Solothurn.
Febr. 24. Riedheim under den c
fler Eidgen. sind so unbestentlich geu
nJcbt viel grunds haben Öffnen können.
AUS Schaffhausen dem Hegau zugerückt und haben die Schlösser
Rosanegg, Randegg, Friedingeo und Homburg, das nach Hohen-
twiel und Krayen für das stärkste Schloss gilt, desgl. Dorf Stuss*
lingen und sonst noch 4 Dörfer verbrannt, und es will ihnen
bedünken, dass kein Zug oder Widerwehr im Lande sei. Jedoch
Tirend die Satelrüter denen nicht, so ohne Ordnung hinter und
vor den Bannern ziehen. Heute haben sie und Zürich Botschaft
den Bannern von Bern und Freiburg gen Hülzingen gesandt,
auf Meldung, dass dieselben beabsichtigten wieder gen Schalf-
Itiansea lu rücken und allda über weiteres Unternehmen zu rat-
tdlta^en, und an denen so viel erlangt, dass sie länger verbancu
'( Im WMtem Vetlnuf dieser Veröffenllichung werde ich die AklcnttOdte,
I Mich bei Tatsrinoff in leiner Scbrirt über die Dornacher Schlacht eiichcincD,
«rcti tie Doch niclii geselil sind, bei Seile Iuscd.
WIR. d. Bad. Hl». Korn. Ni. ». 7
I
nctrtfii
WUtft
woliox und daas doEavtschain dm Sidgeem. ioL dam obmn- Heer
gj^Afifariabeiit wcvd^f, oii> asft' unsww Znzngas bisifiitfliim adsn oicfati
Innwiachan Mwülenri as; mahi moBmtt EngeBonäimaaiiiiiididaa botesL
Qdifenii ttiear im dto-Uingfi^andi undi dimstiBfexu. Vor «MpSüniii
hlkheni diät: vom Ziuichi ihnsn Sibhnaliflm vom ifanmii ÜMipüuaimi
undi^^eainesr inuQterhoid. imtyHatftt wanauhi dles'BidigaBi.mD) ^otm»
oMooham undi im den Bodansoe gB9fKg£: lüttem und: weaun die*
Naobti aies nicditi abgcmfioten). auohi Hmyma getammnen) hättan;
lisibiam tu» jeittt. A^Mm uodi Biott genn^ gafondm!;. wie. ta^ abn
wosden Mriid, wiBMn aw niohti. Mögon diar woaai GkmnAmm mnü
Hoomeggr unteriiohtQn) daaas sJeir ütem Rattam Geiü naBDÜschickn:
— S. D.-S.
Haixptifeute^.VGsmnck m.BätiWim^tadteaiiUnd Ländern
der 7 OrteL zu. Dombim: (Vorarlbaig) im
Feld> dan Hau^tleutan dar. 4; Oita ini.£ttkL
Eeiiit. zx^, AI» sioe daatim ühsir Biboim geoaotgmi«. woaribifi
mßt zaBfiacheai. danu Aribo^^ undi Bic^gpanc da» Ilandi im Suldong:
g^racbt^. etiiohe ^abiBxuitt undi eetüidie. gabandJcfaHUi faidin*
sindi aift: znietet anj die^ Banden jg^okommen^ die: aicfai hifi& dinnt
Bn^ana aus dani RfflirhHtfidtam gaMunmaifa, habem denn, am
3Q0Q} esBohlageni undi dem Bieg; ohna^ dnigam SWadan. anbefaebet.
Dai sicL nun: das ganae: Land: imrbeait undi nicht mahxr Bpcmm^
haben^. bitten: sie: unu sslilaunige Nechzicbt^. ob: siazzn) ihneni adar
anden^ifQUin: zie^esi aoJlen.. Unten LudiWg äeil^fäi Tlmiptlnami
v*. Lujseniilnsigal« S.. D.-S:
Solothurn an Niclaus Conrat Hauptmann und Mit-
verwandtfen, auch' Urss^ Byso, Venner
und Räte im* Feld.
Febn 24. A\if- Montag soll die französische Botschaft zu
Lueem vor den- Eid|;an. erscheinen'; SFi versieht sich aber, dass
es- nicht zu. endlichem Beschlüsse gelangen, sondern anderer Tag
anberaumt vnrd\ Dennoch um nicht als' abfälh'g vom König zu
erscheineui hat^ es den Seckeimeister Daniel Bäbenberg auf
Montag gen Luzern- entsandt! Wenn ein anderer Tag deshalb
anberaumt' wird, so soll der Hauptmann denselben suchen mit
vollkomner Gewalt die Vereinung mit Frankreich zu beschilessen.
Si M. Vgl; eidgen; Absch: nr. 637 und 639.
Daniel Babenberg atn Solöthum.
Febr. 25. Hat ihr Schreiben betreffs derer im Frickthal an
JL,uzern gebracht, das ihm geraten hat bis zur Zusammenkunft
der Eidgen. zu enthalten. Also ist heute von üri und ünter-
walden, noch nicht der von Glarus Botschaft gekommen. An
der Absicht von Bern und Freiburg, sich von den Eidgen. zu
sondern, haben dieselben ein merklich Missfallen» und ist man
Ge*chlchle de* Sclhnbenkricgi. t&U^
» BSn^- geworden) flinhalllg' aii> b«idfe' Städte und ins' Feld zU'
lbreil>en, nwtH' Laui^ d^ Bande' bet den' Eidgeit; zv bleiben^
"i itoObeilaiidi wollBMi jettot herab z« denen hiöiiidbni nkheres
H er aber nicht. Die IVanzöBiach DotsuhafV ist in'LtlEenii und'
V stOnde'alleH'Woltll «am nur dlo öneiitig'keitt nlfcht. Mögen das
r steh' behaltaii, damfl« l«elne> Unruhe iliHer dem Voll« entErtehti
Solotlium an Bern.
Febf. 25. Ihfblge des iSberfklleB von Kibhberg-dÜrcH'die atlS
fftll iW' ihr Volk so gatiK unruhig, dass- Ste' nicht wifesefli
1 stillen und ^-iwendbn sollen, solbhs Schmath' und"
Schaden nuuzumal nicht zu rächen, und es sagt, dbss unser«
Vordem solche Schmach nicht so lange ungerochen gelassen
, besonders in Anlass dw täglichen' Dfohttorte des Feindes.
t über die Sache bedachllich zU' siteen und- ihnen zu- i«ten,
I sie sich ini die Sache schicken sollen, urn die Ihren eu-
illen,, und> wenn sie dieselben- nicht veriiiilten koUneni dass
n dann Hülfe imd Geisttind- erzeige. Bern Kl, Solothura.
Bern an Aarau, Uetiibot^
Febr. ^6. Da sie vernehmen, dass" die itti FrltKtHiil ittid
I' 4" Stadien otd Rhein die Ihren- angrdfen, wollen' sib" nilt'
^eiburg und Solothurn ratschlagen, was' dawidbr xti tHUtt sei.
Aiti sHef itiKWischen aus- dem Haus I3!berstein kein Schaden
,eschieht, befehlen sie, solches mit denen von Lenzborg zll BfJnjs^
landen zu nehmen und mit 10 Knechten zu besetzen; ebenso
laoll auch der LandVogt von Lenzburg thun. Ebenso sind auch
|die Schißt auf der Aar zu eutremen.
GletGhKitig' an Solothurn und Freiburg: Betr. eines Zuges
l>la* Fiickttial hallen sie- für gut nicht- zu eilen, sondern die Sache
«ohl vorher im erwägen^ Mögen daher ilire Boten auf morgen
ijblacht gnn Bern fertigeni B. iM.
Ulman Stflid- undi Ulrich Koffer an Solothurn.
Pfebr. Ifl: Von dtr löten Stunde Vortnittags bis über" dis
licUtmahl' aidd wir beisammen gewese« nt Erlispach und haben
i gehandelt, gehört und vernommen von Raub und Brand.
kedoch keinen Glauben darauf gesetzt, sondern Kundschaft aus-
[efertigt und finden, dass der Feind die Dörfer Viiingen und
^dningen verbrannt und bis gen Brugg hinauf soll geplaudert
Etliche reden auch, er habe das Gotteshaus Lütget«
tBnnii doch haben sie davon keine nähere Kundschaft. Der
halb b«tr. Relnfelden haben sie noch nichts ansführtn
Dcrsclhe [ein Slfick aus dem SchTcibon Ist autgeschnltten]
ich Säffer nn Solothurn: Vernimrat, wie das Frickthal biitnen
|) soll verbrannt werden, vielleicht durch Soloihurn, darob
7*
4
1x192
Witte.
die armen Leute Mord schreien in <lei| üimmel; denn sie mögen
wissen und iqh mit ihnen, wenn das geschieht, däss ihnen das-
selbe auch begegnet und niemand vor sin mag als Gott, und
mag wahrlich schreiben und reden,, wo das geschieht, das Gott
lang wende, dass nicht der zehüte Mann wieder mochte husen,
und würde der eine dahin zi^h^, dar andete dorthin, wohin jeder-
mann möchte, und die schöne Gült, so Solothum an dem Ort
hat, ersitzen und bei der allerjüngstQn Leben, 30 jetzt am Regiment
sitzen, nit wider iren vollen . ingang noch inzug habea noch
gewinnen. Darum mag S. die armen Leute und die Herrschaft
wohl bedenken und nicht jedermann gestatten seineoi Mutwillen
nachzuleben. S. D.-S.
Bern ins Feld itü Hegau.
Febr. 27. Haben von Zürich und der Tagleistung zu Luzera
Schriften erhalten, woraus sie merklich an Unwillen vermerken,
dass die Hauptleute sich widerwärtig erzeigten, etlich Anschlag
der Eidgen. im Oberland zu vervolgen. Um den Dank der
Eidgen. nicht zu vermindern und bei dem gemeinen Mann Un-
willen zu vermeiden, nachdem nun die Sonderungen abgestellt
sind , befehlen .sie ihnen zu den Eidgen. zu ziehen , dort zn
bleiben und ferner mit einhelligem Rat helfen zu handeln, zudem
Freiburg den Seinen dieselbe Weisung erteilt hat.
Entsprechendes Sehr, an die Eidgen., mit Mahnung alle
Sonderungen zu vermeiden. Bern. M.
Heinrich Zolli und Cunrat Bücher Hauptleute zu
Tengen an Conrad Waldburg Altbürger-
meister und Conrat Bartter Hauptmann.
Febr. 27. Liegen zu Tengen im Namen der von Schaff hausen
und wissen nicht, wie es ein gestalt hat in dem leger. Bitten um
Nachricht, wohin sich das Lager und der Zug kehren will. Sie
haben von den Dingen kein Bescheid, und bei ihnen ist nichts
geschehen, als dass Tengen gestern gehüldet und geschworen
hat und sie mit 8 Knechten zur Besetzung hingelegt worden
sind. Guttentag v. oculi. Schaffhaus. A. Vgl. eidgen. Absch.
nr. 639.
Dr. Thüring Frick an Basel.
Febr. 27. Brugg. Gestern früh vor Tag sind durch die
von Waldshut etliche Dörfer in der Herrschaft Schenkenbeig,
als Villingen, Mandach, Hottwil, Rämingen und andere verbrannt
wider die Abrede, deren sich Bern gegen der Landschaft zwischen
Aar und Rhein verfangen hat, daraus, wie er fürchtet. Grösseres
erwachsen wird, zumal Bern mit seinem Stadtbänner zu Baden
liegt. Die andern Eidgen. ziehen auch heim. Gott wolle, dass
bald guter Friede oder ein langer Bestand getroffen werde.
Geschichte des Schwabenkriegs.
Nachschrift Febr. 38.: Ist io ganzen Sorgen, wenn den
armen Leuten in der Herrschaft Schenkenberg nicht ein ziem-
licher Brandschatz wird, es werde dem ganzen Frickthal fast
>fibel ergehen.
Bi. Albr, v, Strassburg an Basel.
Febr. 28. Zabern. Ihm ist ein kgl. Mandat zugegangen
t aller Macht luzaziehen und Basel wird desgl. erhalten haben.
Nachdem nun zu Colmar ein neuer Tag der Niedern Vereinung
' , März anberaumt ist, bittet er in Anlass- des Mandats die
Abgesandten mit vollem Gewalt zu senden, denn die Notdurft
der Dinge erheischt, eine entlich Abrede und Beschluss zu
len. Basel A,
Haupdeute etc. von Solothurn im Feld an Bendicbt
Hugi zu Dornegg und Haus Karlin zu
Tierstein.
Febr. 28, Baden. Als sie jetzt aus dem Hegau wieder in ihre
fird gekommen sind, vernehmen sie, wie die Küngschen in Walds-
hut und da umb liegen. Das lassen sie in dieser Zeit in seinem
Werl uögelütert bleiben. Befehlen beiden und jedem besonders,
alle die zum Schloss Tierstein gehören, in Eid zu nehmen und
dieselben on alle fürwort für unser libeigen lüte und weiter
keinem andern Herrn zu dienen, zu halten und schwören eu
lassen, glauben dazu nach Gestalt der Läufe berechtigt zu sein.
Haben im Hegau 9 Schlösser gute und böse und eine merkliche
Anzahl Jjörfer erobert und verbraaut und von den Feinden
Jieinen Widerstand gefunden und haben sich jetzt auf Meldung,
was Solodium begegnet, sich wieder genähert, um vor allen
fingen die Ihren zu behüten, S. D.-S.
Solothurn ins Feld.
Febr. 28. Bescheinigen Empfang ihres Schreibens in dieser
'K*cht bald nach Mitternacht und wünschen ihnen Glück und
des Himmels Beistand zu ihrem Unternehmen. Nun stehen aber
Domegg, Tierstein und Sewen in grossen Sorgen, und auch die
Ju der Herrschaft Gösskon erleiden grosse Anfechtungen. Haben
'daher Dornegg und Tierstein mit einem Fähnlein von 200 Mann
versehen, und es wäre ihnen fast not, dass sie Solothurn 3 oder
400 Mann zuschickten, denn die Stadt sei ganz bloss an geschickten
Leuten.
Um 10 Uhr zu Nacht: Bezüglich ihres Vorhabens von
Scbaifhausen gen Brugg aufzubrechen und sich dem Frickthal
I nähern und den an dem v. Heideck begangenen Schaden zu
täcben. teilen sie mit, dass sie derzeit mit Bern und Fteiburg
:ticb einhellig vereinbart haben, den Schaden in dieser Zeit nicht
:,z(i rächen, obwohl denen von Bern noch viel grösserer Schaden
AlM
iVatle.
^t 'B/»oA gfi^iobobea ti^ Bttfehkn amen «A^iei:» «10)1 .von Bm
Caspar Freiherr zu Morsperg und Botfott tobowtot
Hauptmann und Landvogt an Basel.
Febr. 28. Wird glaubhaft 4>egichlet, dass Baael im Elsass
9X1^ J^ojinaot ;»iiSkaufen lawt iwid iSun dma tden CidgML über-
Ua£^ juid Jie Aiit Psowant» JSpg lOtc. ^wosaiabt JBKgen 4Nilabo6
:fih0(eUen cipd latob ides^b nicht die -Ungnade .doB Kmigi 4n-
.4ebw. «Basol iL
iLmiugn 4A Solothom.
März I. Vernehmen» wie die Eidgen. von «Städten 'ond
Landern, die im Hegau und im Oberland gewesen, das Feld
gebrochen 4iaben und hemMidhen. Da sie -niHi -dber vermerken,
dass die Anatösser -ihror Lande mit toinem Zusatz versehen sind,
wodurch der Eidgenossenschaft grosse Schmach und Schand von
den Foinden begegnen tmodite, dieweol idanealbcHU oion den
DMtan merkUcb y«€u:d^dbUchkeit inigottgt tiat, deshalb idönkt jhnen
not, «ich angendB .wieder znaamm^AKofugen rnnd «n «ataidilagen
vhex ge^gnete JZiuatz. iBacaumon tdaher axii ^. iMäaz .Wien Tag
nach Luse^, W02U S. seine Botschaft «enden jmöge, um obor
JD^ckung dQT ^^rentien au :becaten. S. Dj^.
März -i. Basel an die 4Cdnigin s. Nachtrag.
Härtung v. Andlau u. Niclaus Husch an Basel.
März 2. Zürich. Dass sie seit ihrem Schreiben aus L^ufenbarg
nichts wieder von sich haben hören lassen, rührt daher, dass sie
in mittler Zeit kein gruntlich Bericht wossten zu schreiben. Sind
am Freitag gen Waldshut und von da, doch nicht ohne kleine
Wagnis und Sorge gen Kaiserstuhl und weiter gen Schaff-
hausen gekommen und haben daselbst niemand von den Haupt-
leute n gefunden, sondern die Banner -sind ins Hegau vorrückt
gewesen. Haben sich darauf gen Constanz gefügt, daselbst des
Königs Marschall und kgl. Räte und die Hauptleute des ^Bundes
gefunden, die ihnen auf ihre Werbung ziemlich Antwort gegeben,
die ihnen zu Anfang wohl benagt hat. Darauf >haben sie sich
gen Stein begeben, wo sie Zürichs Auszug auf der Rückkehr
fanden, und den Hauptleuten ihren Befehl entdeckt und deren
Rat begehrt und auf ihren Rat sich am 2S. Febr. gen Zürich
zu gemeinen Eidgen. begeben und am Freitag der Eidgen. Soten
von allen Orten, wie sie im Feld gewesen, gefunden (Tag zu
Zürich, eidgen. Absch. nr. 63g). Von denen iat ihnen heute
Abend Antwort geworden: dieweil uns von den kgl. Räten und
Hauptleuten zu Constanz nicht endüoh Antwort geworden »und
sie deren Willens kein Wissen haben, so wissen auch sie ir
Gelegenheit nach ujis keine Antwort zu geben, aber wo uns
GMchUhte 4m Scilwabenkriegs.
geUebefi «uollte, Bn die Räte vdii Oods^dk 'sinen Bestand a\i
anchen, oder von einer dutchgand Richtung Rede zu habe«, 'lassen
sie geschehen, und wenn sie deasen [teiicbtflt werden, mögen
wir ihnen gütlichen Tag setzen, auf dem sie gehürlich Antwort
.geben 'woUbd. Sonst iabsr kannten eie uaeore Ws^bun^; an ihre
Obem mit lugen inicht i>iin^ii. -Werden sich demnach morgen
weder gen Constanz wenden vmd allen vermug liebe d Fleiss
.anwenden. Basel A.
[Jakob Is&nlii^, Vogt .au üoitkberg an BascL
März 2. Die zu Obernbaden llJegenden £jc)gen. 'shid zu
Rate geworden, des Wetters halb nicht länger im Feld zu bleiben
und «on tbrem Plan vor die Städte xaa Rhein zu ziehen abza-
Meilen. Von einem glaubhaften jMann hat er Warnung erhalten,
dass Basel bedüile vir sich zu lugen, und ist der Anschlag eu
.ozern also, dass si der von Basel irs zulugen nicht mehr wellen
sin, und sie wollen ein Wissen hBben> gelägen si under,
eren sie gut Osterich. Hasel A.
März 2 — g s. Nachtrag.
Basel i
I Solothurn.
[März g,] Haben ihren Leibeigenen in eigenem Gebiet und
-anderswo sesshaft der Stadt Zeichen gegeben, mit ihrem kleinen
Sige! bewart, an die H;tuser zu schlagen, damit sie desto sicherer
Bind. Nun werden sie berichtet, dass die «nwem- ein Miss-
fanen daran haben und zu Wiaea in der Herrschaft Homburg
■von den Häusern gtirisaen und achnödenglich in den wfist
ge^-oifen und allerleä hochwort getrieben haben. Bitten, solches
Unwesen abiustellen. S. D.-S.
Marx Rieh v. Richenslein an Solothurn.
März 9. Vernimmt, dass er bei ihnen verunglimpft wird
vegen allerlei unziemlicher Worte, weshalb sie den Ihren zu
l^ornegk erlaubt haben, ihn und seine armen Letitc anzugreifen,
beteuert seine Unschuld und möchte nicht einmal von einem
andern, dessen er mächtig wäre, solch uncbristliche Worle leiden,
viel weniger selbst solche gebrauchen. Ist während dieser Läufe
flbethaupl nicht von seinem Sc! iloss gekommen weder gen Reinfeldcn
noch gen Hülftengraben und hat sich so gehallen, dass ihm
niemand etwas Böses wider sie nachweisen kann. Trotzdem er
^s aDch ihrem Amtmann von Domegk versichert, haben fbn
4lfe Ihre» dennoch überzogen und die Seinen in der Nacht
beraubt und gelangen. Bittet -mft ihrem Vogt tu Dornegg zu
dass ilun lun seine Unschuld nickt solcbes wider-
und erbietet «ch zur VerAotwonung vor dem Rot im Soic»-
— Die allerlei tmziamlich Worte betrefl'en den angeb*
I
mgö Witte.
liehen geschlechtlichen Umgang der Schweizer mit ihren Rohen.
— D. S.
März 12 — 15 s. Nachtrag.
Jakob Isenlin (Ysenle), Vogt zo Vamsberg, an Basel.
März 15. Also liegen die Knechte noch zu GeHerkingen
und sammeln sich mehr und mehr und reden unter andenn:
min herren müsstet ihnen also heote Ja oder Nein sagen, ob
ihr mit ihnen sein wolltet oder nicht. Da haben sie draossen
eine Sorge, da sie gar kein Vieh geflüchtet haben. Basel. A.
März 16 — 26 s. Nachtrag.
Bern an Wilhelm v. Vergi, Marschall v. Bnrgond.
März 26. Danken für seine und der übrigen Regierenden
V. Burgnnd freundschaftliche Gesinnung und wenn sie sich in
den Krieg nicht einmischen wollen, so wird Bern sich auch gegen
sie friedlich halten. Bern. Lat. Missiv. E 327. Die Franche-
Comt6 war in Besitz von Maximilians Sohn Philipp.
März 27 — 30 s. Nachtrag.
Solothum an Bern.
März 30. Der Feind liegt fast stark zu Ross und zu Fuss
am Rhein an Bern und Solothum ziehen mögen, weiss B.;
zu Häsingen; desgleichen hat sich eine grosse Sammlung mit
starkem Geschütz in der Herrschaft Röttlen erhebt; so soll auch
das Rom. Kg. heraufziehen. Wie bald die durch die 4 Städte
müssen Tag und Nacht daher schwere Wacht halten, aber es ist
ihnen unmöglich ohne Gottes und der Eidgen. Beistand solcher
grossen Macht Widerstand zu thun. Wollen aber ihr Bestes
thun und bitten um getreu Aufsehen. Bern. A. Kanton Solothum.
Bern an Zürich.
März 30. Vernehmen aus Schriften ihres Zusatzes zu Koblenz,
dass an der geordneten Zahl der Knechte dort ein merklich
gebrest ist und etliche Eidgen. säumig sind, woraus der Besatzung
leicht Schaden erwachsen könnte. Mögen daher bei denen, die
ihre Zahl noch nicht erfüllt haben, verfügen, damit solches
geschehe, da Bern sonst die Seinen abfordern müsse. Sodann
ist eine Botschaft von Salins bei ihnen gewesen und hat erklärt,
wenn die Eidgen, die Grafschaft Burgund in Ruhe Hessen, dass
man ihnen dann feilen Kauf von Salz zugehen lassen wolle. B. M.
Bern an Hans Kuttler.
April I. Es will ihnen nicht gefallen, dass er an einem
sorglichen Platz gelegen ist und dort verharrt, er soll zu den
Eidgen. ins Swaderloch oder sie zu ihm reiten, wie das - anfangs
Geschichte des 5
mgy
pt Anschlag gewesen; denn dass er mil Freiburg allein den
pndcn »u Konstanz, Reichenau und GoUlieben, da eben viel
h sollen, begegnet, ist nicht wohl möglich. Soll sich daher
einen gewarsameo Platz fügen. B. M.
Bern aD Solo [hu m.
April 2. Adrian v. Bubenberg ist aus den Niederlanden
flck bis gen Basel gekommen. Für Basel hat es aber erheb-
k« Schwierigkeiten ihn zu geleiten. Mögen daher den Ihren
Dornach befehlen sich Basel za nähern und den v. Buben-
■g zu geleiten. B. M.
Ulrich Külfer an Solothurn.
April 3. Auf Dienstag früh vor Tag ist in der Nähe vor
Bpach auf Verkünden der von Lostorf gestürmt und die ganze
ichbarschaft unruhig geworden, und es wäre gross Volk zu-
:ngekommen, wenn nicht eilends abgekündigt wäre. Nun
aspar v. Lostorf den Auflauf mit erdichten gescliichten
gerichtet, und es ist eine grosse lanlred von Fremden und
timiacheti, wenn er nicht merklich darum gestraft würde, wollten
keinen Tritt mehr von Solothurn wegen thun. Hat bisher
von Heiligkeit der Zeit verhalten, bittet um Instruktion, denn
sich selbst will er nichts dazu thun, da er doch so bald
echt hat. S. D.-S.
Daniel Babenberg an Solothurn,
April 4. Auf seinen Auftrag hat Zürich geantwortet, sie
nten Solothurn nicht, und es sei nicht die Meinung. Darauf
sn heute die Eidgen. beschlossen, einen gemeinschaftlichen
Tzug ins Hegau zu unternehmen und «u brennen und ein
i zu machen und .-im 1 j. April zu Nacht zu Kaiserstuhl zu
io; Solothurn soll daheim bleiben und wohl hüten. Ist es
tm Sache, dass die Eidgen, sich auf der Wiederkehr gegen
t 4 Städte wenden, so komment ir alweg wol dazu. Gen Bern
idFreibuig ist eilends geschrieben, von Stund an mit Büchsen,
int und Gut zu ziehen. Uri, Schwyti, Glaris, Unterwaiden mit
Jen Bannern, Zürich und Luzern mit einem Fähnlein sind im
terland; Gut es not, so bleiben sie, sonst kommen sie mit
9Bn Bannern herab. Etliche Fähnlein bleiben aber oben zu
ler Hut, wie Solothurn. Basel ist erst in dieser Stunde
kommen; was es bringen wird, weiss er nicht. — Vgl. Abschied
r Tagessatzung zu Zürich 1. — 6. April, nr. 644. S. D.-S.
Lienhart Grieb der jünger und Hans Hiltbrand an
Basel.
• April 4. Sind heute zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags gen
)cli gekommen und sofort auf das Rathans zu den Eidgen. ge-
L
^mgß
WAttt,
«flbickt And -hahoB doit ihre 'Worbimg jeröfost. tfai ibr fiandloDi
4ind -flie 2 ^fider 9mal rausgBftBten lund -endlicdi iiaoh:allem jfaniei
düihcgi fiie keinen .andficn Ahschiad verlangen ikönnen als: tlai «i
schlechtlich wollent, daz flBasal <ilom iKat ma ifioiathuiu *eiidlicfa
Antwort geben solle auf die vorgethone Werbuag durch den
Schalth. ▼. Sok>thiiiii. Haben darauf wsxÜBDEt JiDham» den Knecht
mit dieseoi .Brief abgefertigt» damit BaseJ gewarnt wöade^ denn
sie besorgen, falls «Basel am Dienstag ,(^F^' "9) ^^^ die er-
langte Antwoit geben wird, daas sie dann jnit der Hand Jdiff
die uwern ^ffen« werden, ^eitern Aufschob -haben jsit -nick
erlangen können. Der Eidgen. Boten und sie reitan am 3. ApSi
früh wieder heim. Basel. A.
'Solothom am Bern.
April 7. Nachdem in dem Abschied zu Zürich beachlassen
ist, dass Bern mit seinem ^nner in die Bar und He^gau hinaus-
ziehen und Solothum gegen seine anst5auser ^t Soz^ und Hot
haben soll, bitten sie die von £iel ihres Mitziehens zu entbinden
und dieselben ihnen zuziehen zu lassen.
Wird am folgenden Tage von IBem al^eschlagen.
Am 9. Apolil jun Eieil: in Anlass dar Wamimgen, dass steh
für und für im Sundgan .viel Volk sanomelt, flutten sie Biel, "^a
Zahl, die es den 3 Städten zugeordnet hat, Jtnnsem teil« also sn
ordnen, als sie dessen Trost und ganz Zuversicht haben. Um
Mitternacht haben sie «von Basel Schreiben eobalten mit Ent-
schuldigung, dass sie auf den Zürcher Abschied noch nicht
geantwortet ,haben, aber heute soll ihre Botschaft gen Solotharn
kommen und ihnen anstatt gemeiner Eidgenossen Antwort auf
das Ersuchen geben. S. M.
Am 1 1. April an den Vogt zu Waidenburg: vernehmen, wie die
von Basel alle, so hinter ihnen gesessen, sie seien Basels, Solothnms
oder andrer Leibeigne, angefordert haben, all für ir Hb eigen zn
schwören, so jedoch dass solcher Eid Solothums Leibeigne oder
Bfirger nidht länger binden solle, als sie hinter Basel sitzen, md
das« -die Betreflfenden mit ihnen und dagegen die so Basels
•eigen and hinter uns gesessen mit uns reisen; sollen gemäss
WidmneltigemUbeTelnikommen, das befremdend sei, denn sie haben
■von dos ResBons wegen kein Wissen von irgend einem Verkomnis.
ihn •daher, die Ihren, so hinter Basell gesessen, solches
'''en« .Ea veiU'agen und auch ihre Eigenleute ungestört reisen
u 1. <:•
Feldhauptmann Fridrich Kuppler an Basel.
' 9. Bm ^eetom auf die fassen streuen lassen und
ni^ %dje,^e er berichtet iat, den Eldgen.
Geichichle d«s Schwel
eia und andern Proviant .zuführen; sollten darunter Baseler
\gen sein, so will er sich darin gebürlich halten. Basel. A.
Solothurn an Bern.
April IQ. Tflilen die &nlwaii Basels mit, dass ihre Bot-
idUifi beim König in arnater Wechung sei, >damil sie der ISulfe
ler die jEidgen. .erlassen werden mit der Bitte, dieae Antwort
geiallig und benii^gig zu halten. £>ie Batschaft Basels vtiil
tob gen Zürich und Loaena reilen. — S, M.
LieuhaJCt Grieb der jünger, Hatis Hiltbrant, Walther
Harnesch an Basel.
April lo. Haben heute früh vor dem Rat zu Solotharn ihre
'erbang laut Instruktion gethan und nach viel Handlung -dies
•chliesslich Antwort gehabt: dass uns dies Sachen leid s
ben sie vormals auch verstanden, os sei ihnen selbst auch leid;
i müssten sich aber unziemlichs getrangss wehren etc.; aber
! hätten sidh wohl versehen, wir hätten ihnen ganz zu Gefallen
Igesehen alt Freundschaft, Gelegenheit, auch ihr Erbieten Leib
' 1 Gtit zuzusetzen und uns zu halten wie ein ander Ort. das doch
idre Städte nicht gemacht erlangen, auch vielleicht zu andern
1 gegen uns nicht Füg haben möcht; aber doch wollten sie
(cre Antwort also annehmen, und wenn weiter« Tage deshalb
lallen wurden, sollten wir uns zu ihnen keins ber^men ver-
ICH, doch waz daz mer uuder gemein Eidgenossen wurd, müstond
iielfon erstatten. Sie wüssten auch nicht, ob weitere Abschiede
tfluklb gehatten würden, denn der letzte Abschied von Zürich
plte lauter in, dass wir jetzt ja oder Nein sagen sollten, und
(gleich sie und etliche mehr gern das Beste Ihäteu , so sei
ttli ZQ Zürich das Mehr gewesen, wie oben gesagt. Darauf
^ wir geschieden in Meinung die Antwoit heimzubringen. Darauf
WD sie etliche zu uns zum Essen geordnet und einer von
wn hat zu einem under uns im Geheimen gesagt: es sei uns au
I, dass wir uns ihnen näherten anzuhangen, denn die Länder
I grob, haben auch denen von Städten allerlei bewiesen;
Shalb obgleich die Städte gern das Beste auf ^Mittelweg thun
i doch zu sorgen, die Länder thätcn es nicht,
L.jgMAist der erst zug wider .unss i^chechen. So dann haben
1 £at gesagt, wie des Königs v. Frkr. Zug beikäme,
r V, Werse und die 3 Stände v. Burgund haben ihre Bot-
'1 bei ihnen gehabt und versprochen, ihnen Salz, Wein,
"es zugehen eu lassen und ganz uiigesteigert um den
es jetzt gilt, des S. nicht wenig Trost empfangen,
eine grosse Last Salz wohl für 2 Jahre genug
Auch soll Bern inotgen ausziehen; mogfen
pieT die Amter versehen. Basel. A.
mioo Witte.
Solöthum an. Franz v. Leymen, Vogt zu Waldenbnrg.
April 1 1 . Vernehmen, wie die v. Basel sämtliche in ihrem
Gebiet gesessenen Leibeignen aufgefordert hat zu schwören, so
jedoch dass solcher Eid die, welche Solothums und andrer Leib-
eigne sind, nicht länger binden soll, als sie hinter Basel gesessen
sind und die Betreffenden mit Basel reisen, hingegen Basek
Leibeigne , die hinter Solöthum gesessen, mit Solöthum reisen
sollen, worüber beide Städte mit einander überein gekommen seien.
Das erscheint S. in diesen geschwinden Läufen etwas geverdig
und nicht zum freundlichsten zu sein, und betreffs des Reisens
haben sie von einem Obereinkommen , kein Wissen. Begehren
von ihm, alle so Solöthum verwandt und hinter Basel gesessen
sind, solches Schwörens zu vertragen, desgl. jeden Eigenmann
mit der Stadt, deren eigen er ist, ziehen zu lassen, wie das
bisher immer Brauch gewesen. Basel. A.
Bern an Solöthum.
April II. Es hat Basels Botschaft geantwortet, dass es sich
entlicher und vollkomner Antwort versehen hätte und es bei der
Antwort der eidgenössischen Boten bewenden lasse , wie die
solchen Verzug aii}fassei]L würden. S. D.-S.
Zürich an Luzem.
April II. Solöthum hat ihnen geschrieben, wie nach dem
Zürcher Abschied der Stadt Basel Anwälte »inen« eröffnet haben,
wie leid ihren Herren des Krieges uffrür wäre und dabei etliche
Mandate vom Kg. und vilerlei geschriften von der Königin ge-
zeigt etc., wie sie aber in guter Hoffnung wären, dass ihnen der
Kriegsdienst wider die Eidgen. erlassen werde, und dabei gebeten
haben, die Eidgen. wollten diese Antwort vorab für benügig ansehen.
Da nun den Eidgen. viel daran gelegen und diese Sache nicht
zu verachten ist, so beraumt Z. bei sich einen Tag auf April i8,
mit vollkommner Gewalt zu erscheinen. Luzern. A.
Statthalter, Feldhauptmann und Räte zu Altkirch ver-
sammelt an Basel.
April 1 1 . Aus gutem Vertrauen als Nachbarn und gute
Freunde haben sie den armen Leuten im Lande gestattet, Hab
und Gut, Wein und Korn und Hafer nach Basel zu führen.
Ausserdem aber fahren jetzt die uwern heraus und kaufen solches
im Lande auf. Da sie nun des Königs Zukunft erwarten, der
dann etlich Volk mit sich führen wird, könnte Mangel entstehen.
Mögen daher darob sein, dass keiner mehr herausführt, solches
aufzukaufen. Solches geschieht aus keiner Widerwärtigkeit, son-
dern aus Notdurft des Landes. Basel. A.
Königin Blanita Maria an Basel.
April II, Breisach. Ist von namhaften Personen glaubhaft
Ichtet, dass den Eidgen. etlich Wagen mit Hellebarden, Har-
, Spiesseisen und andern KUgcRihrt werden, in einem Schein,
i sei das andres Kaufmannsgut und gehöre etlichen zu Basel.
Ist demnach verordnet, auf solche Wagen acht zu geben und
renn solche Wagen betreten werden, dieselben in etliche kgl,
Udte zö weisen, damit erkundet werden möge, wem solches
rinstehe. Basel. A.
Solothurn an Königsfelden.
April 12. Unter Berufung auf die Kosten, die ihr Zusatz
EQ Erlispach bisher verursacht hat, bitten sie, da dem Kloster
lort die besten Nutzungen, Zins und Zehnten zustehen, 30 rüstige
Knechte mit Harnisch und Wehren in das Dorf zu legen; sonst
sie ihre Hut aus des Klosters Zins und Zehnten be-
. S. M.
Bern an Hans Rudolf v. Erlach und Hans Rudolf
V. Scharnachlhal, Hauptleute.
April 13. Vernehmen, wie der Feind zu Überlingen sich
. stärkt, und beabsichtigt, wenn sie auf den Schwarzwald und
IQ die engen rigk kommen, also dass die Hintern den Vordem
licht mögen bebolfen sein, sie alsdann mit grosser Macht anzu-
^tfen. Mögen sich also vor solchen engen Strassen und rigken
lüten und wenn sie in solche Gegenden kommen, die Vorhut
tärkeo, und den Marsch also ordnen, dass die Hintern und
fordern einander helfen können,
i Am gleichen Tage 10 Uhr in der Nacht an die Hauptleute
B Feld: Sollen gemäss dem Ansuchen Zürichs ins Swaderlocb
Kken und sich mit den andern Eidgen, vereinigen. Mögen auch
nirken, dass der Zusatz zu Kobclz und Zurzach gestärkt werde.
K Am folgenden Tage fügt Bern noch hinzu, nicht über den
ueiii zn ziehen, sondern ahxuwarten, was die Tagsatznng au
ifirich beschliesst. Ihnen ge&ele es wohl, allenthalben die Zu-
äue tu verstärken und so die Feinde usszAharren oder Gotl-
ieben zu belagern und vor demselben denen, die zu Constanz
nd andern Orten sind und es entsetzen wollten, zu begegnen, B. M.
Solothurn an Luzern.
I April 14. Antworten auf L. Begehren um einen Zusatz von
pMann gen Kobolz, dass sie bereit wären alles Leib und Gut
sie tu setzen, aber vor Empfang des Begehrens haben sie
1 ihrem grossen Rat auf die Warnung, so ihnen für und für
K^et, wie sich zu Mümpelgart, Attkirch und da um ein trelT-
r Zug zu Ross und zu Fuss sammelt und von Tag zu Tag
muie Witt«
stärkt, einhellig beraten,, in dem- Nomen« Goltoft'iiiMl« dies würdigen
Himmelsfursten, ihres Herrschers St. Urs und seinepMitgesellen, am
i^. April' sich mit ihrem Öanar za erheben und^ sibk iüreni Za-
Sätzen zu THierstein, DomacH,. Sewen, Arlispacli tm nähern.
Hoffen, wenn dier Peihd ihren Auszug. Bemerkt», dass er dann
seihe Absichten auf ItbbolB* aufgibtt Sobald' atier der Zusatz n
Sx>l>olz deniaoch bed]-ai%t wird',, wollen sie mitr ihrer ganxea
iCrkcht zuziehen. iLuzem« A. fintsprechende Öitte um gy^treaes
Aufsehen an Bern und' f'reiburg. Si iSi,
Bern an Solothum.'
^rii! ii^. £täti nichtt Ai weit voiMritoktfa; odd diehtili vorzu-
nehmen, wodundi &« sich in Stures setmti: könnui^ sondMi* attf
die: lumdgchafti 2a9Bhen) aui hatbcm- utid sie vor 9l:h&cnil;Hei|i Bftl-
f&Ueni zui betvahreO)' wofiSu Bfem: amr H&lfe bereit ifct B. Bll
Solothurn an Zürich.
April 15. Wollten» bereits, am 16. mit ihrem. Banner aas-
rücken und sich ihren* Zusätzen zu T-hierstein, Domach, Seewen
und Erlispach nähern. Dadurch aber, dass Basel von allen Ein-
geKl^seitMi* sldher Herftrehaftbfl- Eid* vertktl^ und dabi erscheint,
otP jetmrtrd* dberf' herabltomme ütid' ihnen aUerffci slttmute; dte
sie'dirtin dlöselben zn Tode sttchön Wfltdfen; wie Zürich darauf
dWO» näohstfen TaFg* vertiehöiai vWrd; ist Sblothurtxff Geilieitlde* rt
Stttdti utJd' Land nft clöfn etiltiöht. Habe« daher ihr Ausrtcken
bip 2XLtn 20. Aprtl verschoben j in Hbffhuiig, vom Tag Herifchtfet
Z41« werden, >tie' sie sich gegen- Basel' verhalten sollen. S. M!
Bern ins Feld,
A^prll 15. D6r' Vb^5chläg ZuHcHs ins Hegau zu ziehen, will
ihnen nur dann gefallen, wenn die Eidgen. zusammenzögen,
wifewohl es ihnen bessfer erschiene Göttliebeii zu belagern und
vor dem Platz den Feind- zu erwarten Jedoch was* die Eidgen.
vornehmen, das sollen die Hauptleute ausführen und^ darin kein
Sondrung thun; wenn aber die Eidgen. sie und andre teilen
wollten, darein sollen- sie nicht willigen und diesseits des'Rhräs
verbleiben. In diesem Sinn ist auch Berns Botschaft- zu Zürich
beauftragte B. M.
April 15. Instruktion Berns für die Boten auf dem Tag zu
Zürich: anzoägung zö geben gegen Gottlieben; wo aber die
Eidgen. einen andern einhelligen Zug vornähmen, dabi lassen
es min hern beliben, dann die teillung gevellt minen hern nit
Die von Basel freundlich zu bitten bei den Eidgen. so
bleiben und ihnen freundlich Wort zu geben und sie damit i«
enthalten.
Geschichte des äoliwabeiilaiegs.
Q«z ZiUBtto» haJb imi Schwadsdack undi Ennattn^Bii: wollen
meine' Haimn nicht tbua uaaihindrung^andtBirz&iätEan ittiilii^w,
aÜMt vN> aün hami teil habm, daiwdlau Bicnncandara besstziuig'
l&a. Betui ßatsmaii.
Dr. ThüiiDg*. Friclier aiu äolotbnni;.
April lÖ. Hrugg, Gestern sind' zu Baden etliche Schriften
dör Stadt an Kloster Königsftiabn durch Berns Hauptleule und
ihn- geresen. Dieselben Ikufbn den Bßnden zwischen den beiden
StfidlWi zuwider; die klär und lauter ertragen, dass sie und die
Ibren Uei'ailen gntcn Gewohnheiten Bleiben und' aller Neuerungen
ventagen sein sollfen. Da nun solches nie gehört, obwohl Lsndes-
notebeirdick in Hand' und ougen gewesen, bedünkt die Haupttfeute
und' ihn; solcH Gesuch seien ungestaltsam und möchten inbildung
geÖCT). dfesgIfeicHerr auf die Herren der Stift in Solothum, die
auch nicHr wenig" Zins und Zehnten unter seiner Obrigkeit haben,
vorzunehmen, was jedoch ungcmeiht, da es dem alten Braucti
und' HferkoDimen auf Ibbüche Bfinde u. Einungen beider StSdte
jcgrfndbr nichr wenig sondbm fast widerwärtig ist. Angesehen
dfessen und' ^ur Venneiilling von Kost und Arbeit mögen sie
dte" GoitesHaHs bei seinem alten Herkommen belassen, sonst
würde es gar bald' zu weiterm ersftch kommen, was ihm doch
tei* wfSTB. 9. D.s.
Ritter Dietrich v. Rudlisperg, Hauptmann, Rat und
Venner. der Sladt Fieiburg vor Tüngen
an Freiburg.
April lä. Sind am. lö. April Mittags von KaJeerstobl vor
, Tüngen gezogen, daS' der Graftin von Suis geweatmi«; da habon
wir mit nnsern lieben Eidgenossen von Zürich, Luzem und
iSchafThausen unser stark Lxger davor geschlagen und von Stund
angelangen die Stadt mit Geschütz zu schüdigen, darin dann
crtr rjoo Landsknechte mit viel Geschütz gelegen sind Und herr
Dietrich v. Rlnmeneck ihr oberster Hauptmann, die nit firt haben,
hinwiederum widerstand zu leisten und aus ihren neugemachten
Bollwerken ohne Unterlass mit grossem und kleinem Geschütz zu
ecMessen. Nun sollten die von Bern nach unserer Hoffnung auch
XV uns gekommen sein und die Stadt enendhalb gen Waldshui
mit den Ihren belagert iiaben. Wir wurden aber von ihnen
berichtet, dass sie nicht das ertragen möchten; deshalb ward von
UQsem Eidgenossen angesehen, dasselb Ort nach Notdurft lu
voreebeti, denn uns war gesagt, dass ihnen von Waldshut ent-
KbüUang sollte kommen oder dass sie zu der Naeht daselbst
hiiiBiia ziehen wollten, und wurden von den 3 Städten i^ou Mann
I verordnet, die durch die Nacht ihr gut heimlich Wache
willen, und al& die uff den morgen wieder abgezogen
iilder Feind das gewahr wurde, veranchte er absunehen.
I
mi04 Witte.
Die Unsem aber verliefen ihnen den Weg^ dass niemahd hinweg
konnte als der v. Blumeneck selbander, der über das Wasser
reit; doch ward seiner Knechte einer erstochen und als die
Feinde zu der Stadt eilten, wurden ihrer, an 30 ersehlagen.
Desselben Morgens kamen die von Bern, die das gemeldt ort
versehen. Der Feind begehrte darauf zu tädingen, das wir ihm
gelost, da wir ohne merklichen Schaden die Stadt nicht erü-
brigen konnten, und ist die Teidung also beschlossen, dass sie
wehrlos mit weissen St^blein sollten abziehen und uns die Stadt
in unsern Willen übergeben. Auch haben wir uns vorbehalten,
20 der Edehi, und andre die wir inne wurden, zu nehmen, daza
etlich Juden und was Knechte von den Eidgen. darin im Zusatz
gelegen sind, dieselben nach unserm Gefallea zu strafen. Also
sind sie zu dieser Stund abgezogen. Was mit dem Städtchen
gehandelt wird oder wohin sie weiter ziehen, wissen sie noch
nicht. Beabsichtigen aber das Schloss Kussemberg anzugreifen,
das auch des Grafen von Sulz ist und nicht fem von Tüngen
liegt, und da dannen den Schwarzwald zu der Eidgen. Händen
zu bringen, auch das Hegau und andere Städtlein umzukehien.
Ferner, was uns am grösten ber&rt, haben uns die Eidgen. heute
im gesessenen Rat angekehrt, wie es käme, dass dec Kg. nach
seiner Zusage sein Geschütz nicht herfertige, und haben uns mit
lutem Worten zu verstehen gegeben, »wie ir lieben hem inen die
sach gar schon z& verstau haben geben und si' geneigt gemacht
des künigs pündn&ss anzünemen;« sollten sie dann aber verlassen
werden, mag Freiburg bedenken, wohin die Sache langen werde.
Also haben sie uns ernstlich befohlen^ der Stadt das zu berichten,
der sie vollen Gewalt geben, dem Kg. von gemeiner Eidgen.
wegen zu schreiben, dass er unverzüglich sein Geschütz heraas-
fertige den nächsten für Basel. Bern A. U. P.
Conrad Bartter an Schaffhausen.
[April 19.] Blumenfeld im Feld. Gestern hat sich Blumen-
feld, Städtlein und Schloss, den Eidgen. ergeben und hat man
alle, die darin gewesen, abziehen lassen mit ihrem gürtelgewand
Gestern Nacht ist ein Schreiben von Bern gekommen, dass der
Rom. König die von Solothurn und Bern daniden an der Birs
überziehen wolle. Fürchtet, dass sie die von Bern nicht da behalten
können; sofern wir sie aber bei uns behalten, verseh ich mich,
dass wir mit einem starken Zug hinauf an sie ziehen. Schaff-
hausen. A.
Derselbe: Heute sind sie in das Städtlein (Tüngen) ge-
kommen, haben das Gut in 5 Teile geteilt und jedem Banner
seinen Teil verabfolgen lassen. Inzwischen ist das Heer in die
Stadt gefallen und hat sie trotz aller Bemühungen der Haupt-
leute ausgeraubt. Die von Bern haben etlich Gefangne ihnen
zugesandt, nämlich einen v. Roggenbach, Rudolf v. Griessen,
Geschichte des Schwabenkriegs. m 1 05
Polei V. Rischach, den schriber oder vogt, den lantrichter, den
forstmaister haist Lerenti, den scherer, Jacob Eglin und 2 reisige
Knecht; Hans v. Baldeck haben sie erst behalten, aber dann
aoch ausgeliefert und sind die alle vor ein ganz gemeinde gestellt,
ob man sie wollte richten, da ist man rats geworden, sie gen
Baden zu führen, wo sie bleiben und erwarten sollen, was gemein
Eidgen. mit ihnen vornehmen. Die Hauptleute haben erkannt,
dass die von Tüngen die Befestigungswerke der Stadt schleifen
and das Schloss zerstören sollen. Doch sind si vast zerloffen
und ist warlich ein kläglich und erbärmlich ding. Man will,
soweit wie möglich eine gemeine Beute machen; das wird sie
morgen noch aufhalten, worauf sie am 21. April weiter rücken
werden. Haben auch die von Küssenberg aufgefordeit, das
Schloss zu übergeben, welche antworteten, dazu keine Gewalt zu
haben. Schaffhausen. A.
Liestal an Basel.
April 19. Werden berichtet durch Junker Isenlin, dass die
von Solothum mit 2000 Mann herabziehen und gestern zu Nacht
zu Balstall sollten liegen und heute herab gen Liestall rücken
werden, und die von Bern sollen auch mit 4000 dohinden sein,
und sollen die Hauptleute Junker Franz (v. Leymen) entboten
haben, dass er in allen Dörfern backen Hesse, und dürfe niemand
etwas hinwegthun, da sie niemand etwas nehmen wollten und
was sie essen und trinken, wollen sie zahlen. Daneben aber
redet der gemeine Mann, si wellend nit für Liestall (an L.
vorbei), sie hätten es dann erobert, und wenn sie Liestal
haben, so werden die andern Ämter ihnen alle Tage. Wohl
möchte ihnen gut bedünken, wenn Basel etwas Knechte von
emptern herlege. Basel. A.
Statthalter, Feldhauptmann und Räte im Lager zu
Altkirch an Basel.
April IQ. Haben ihr Schreiben am gestrigen Tag betreffs
der Metzger, sowie betreffend Diebold v. Pfirt und andre des
Königs Verwandte vernommen und erklären, dass sie keinerlei
Unziemlichkeit gegen Basel gestatten würden, achten auch nicht,
dass solches die Absicht der Königlichen gewesen, u. würden sonst
dagegen einschreiten, wenn ihnen die Betreffenden namhaft
gemacht werden. Dass aber Diebolt v. Pfirt die Seinen die
Armbrüste habe aufziehen lassen, sei sicherlich aus keinem andern
Grund geschehen, als zum Schutz, weil wiederholt Unterthanen
dieses Landes an Basels Grendeln vergewaltigt, totgeschlagen
und geschädigt seien; würde dergleichen Handel abgestellt, so
bliebe dies auch vermieden. Basel. A.
Mitt. d. Bad. Hist. Kom. Nr. ai. 8
io6m Witte.
Aprit 20. Bern verkündet ins Oberland» dass es auf dem
Belpberg, zu Burgistein, Aeschi, Wimmis und Goldswyl etliche
Wortzeichen aufgerichtet hat. Die Gemeinden im Oberland
sollen darob Achtung haben und wenn dort Feuerzeichen gegeben
werden, sofort mit der auferlegten Mannschaft gen Borgdorf
rücken. B. M.
Liestal an Basel.
April 20. Haben gemäss ihrem Befehl das obere Thor zu-
gethan. Auf das Begehren der Hauptleute, sie schlechtlich mit
ihrem Zeichen durchziehen zu lassen, haben sie ihnen zum besten
als sie konnten abgerett, worauf dieselben tugentlich und freund-
lich neben für gezogen sind. Ihre Absicht ist, diese Nacht zu
Bratteln und auch zu Muttenz zu lagern. Haben ihnen auf
Begehren einen Wagen mit Wein herausgeschickt; den wollten
sie bezahlen und haben gefragt, ob wir ihnen Speise und andres
zuführen wollten. Bitten um Basels Meinung. Es geht die Rede,
dass die von Bern noch mit einer grossen Macht dahinten sind
und vielleicht in 4 oder 5 Tagen nachrücken. Basel. A.
Hauptleute, Venner und Räte von Solothurn an
Solothurn.
April 22. Sind nach ihrem Ausmarsch bis gen Balstali
gerückt und haben dort auf Bescheid ihres Ratsboten von Zürich
gewartet, ob ihr Auszug den Eidgen. gefiele oder nicht. Das
ist nicht geschehen; sind aber berichtet, dass ihnen niemand
nachwollte, was sie sehr befremdet. Sind darauf kurz Tagreisen
gefahren und versahen sich weitern Bescheides. Da aber nichts
gekommen, sind sie Sonntag früh (April 21) von Bratteln auf-
gebrochen und gen Häsingen gezogen, wo 600 Knechte liegen
sollten, die am Samstag Nacht (20. April) gegen unsre Wache
viel ungeschaffne Worte gebraucht haben. Auf dem Marsch
haben die rutter ser umb uns geschwebt und aus dem Schloss
fast ser geschossen und doch hat sie Gott behütet. Denn es
ist ein gut Haus gewesen mit zweifachen Wassergräben. Also haben
wir unsre Büchsen gelegt und hinzuwollen; als sie aber den
Ernst sahen, ergaben sie sich in der Gestalt, dass man ihnen an
ihrem Leib nichts thun und Dorf und Schloss nicht brenne.
Also sind die Leute in das Schloss gebrochen und haben sich
um das Gut erstechen wollen und sich gegen die Hauptleute un-
gehorsam gezeigt, die ein gemein Beut machen wollten. In-
zwischen ist ihnen aus Basel Warnung gekommen, dass 16000
Feinde zu Fuss und Ross sie überfallen wollen, und ebenso hat
der Ritter (Hans Bernhard ze Rin) sie gewarnt, der fürchtete,
dass er alsdann auch nicht davon kommen würde. Darauf haben
sie dann Wein, Büchsen, Bett und andres heimlich hinwegführen
wollen, da haben die unsern entgegen den Zusagen Schloss und
Geschichte des Schwabenkriegs. miO?
Dorf angesteckt und beinahe unsre Wägen und Leute verbrannt
Jedoch hat sie Gott behütet und sie sind gegen Tag gen Dor-
neck gekommen und haben an 12 grosse schöne Büchsen mit-
gebracht und wollen dort i oder 2 Tage liegen, den Feind zu
erwarten; denn deren viel sich sammeln von Strassburg, Mgr.
von Niederbaden und dem ganzen Elsass. Sollen daher ein
uifsechen auf sie haben. Die von Biel» Nuwenstat und Landren
haben sich erlich und wol gehalten. S, D.-S.
Friedrich Hartmann und Tenge Spengler an Basel.
April 22, Die von Solothurn sind heute vorbeigezogen und
sie erwarten täglich deren von Bern. Die von Solothurn haben
sich freundlich gehalten, was ihnen fast lieb ist, denn wenn sie
das nicht gethan hätten, so hörten wir so viel Worte von den
Leuten aus den Ämtern und von denen in der Stadt von des
Beschliessen des Thores halb: wenn die von S. das sähen,
so würden sie ihnen in die Ämter ziehen und das wollten
sie nicht leiden. Haben daher, um mit Hb (Liebe) zu
leben, es wieder öffnen müssen, doch so reden sie: wenn die
von Bern kämen, so möchten wir es wieder beschliessen. »Liebe
Herren, ir band gut Switzer in emptern und hie in der statt und
wo die Switzer wurden sich wider uns setzen, so haben wir sorg,
es hulf gar wenig, daz wir hie sind, denn si bruchen etlich
allerlei worten, die wir zu disen ziten lossen r&wen«, bis sie gen
Basel kommen. Bitten um Instruktion, wie sie sich halten
sollten, wenn die von Bern auf dem Durchzug bestehen, denn
wir sorgen, wir müssen sie durchlassen und möchten mit denen
Leuten uns des nicht erwehren. Der cost, so die Stadt sonst
mit ihnen hat, sorgen wir, sig ganz verloren, denn si henken
sich fast uff ienen siten, denn etlich uss der stat l&ffen mit inen,
etlich machen wise krücz an und gan under si. Das vermögen
sie nicht zu wehren. Darum, gn. H., halten und gebieten dise
ding ze helen, denn wo si me oder minder von uns vernemmen,
so schlügen si uns ze tod. Von dem Jungen im Storchen kann
die Stadt vernehmen, wie es ihnen gegangen sollte sein am
Samstag, als die von Solothurn kamen.
Nachschrift: Am Sonntag begab sich, dass das Vieh an
das verschlossene Thor kam. £r wollte es nicht aufthun und
warf ihnen die Schlüsseln hin. Die nahmen sie und redeten:
Wäre ihnen eine Kuh verwüstet, so wollten sie uns alle erstochen
haben und wären die unter den Thoren die ersten gewesen.
Basel. A.
Paul V. Lichtenstein, Marschalk, an Kg. Max.
April 22, Überlingen. Erneute Bitte an den Kg., nachdem
der Feind jetzt das Walgew innehat und beabsichtigt, das Inn-
thai ZXL überziehen und Gefahr ist, dass der gemein Mann ihnen
8*
mio8 Witte
holdigt und schwört und der Feind dann weiter ins Etschland ein-
bricht, um das zu erobern oder zu schleifen und za verheeren:
eilends herbeizukommen und so viel Volk als der Kg. niden
und hie herwertz aufbringen kann, mitzubringen. Falls die
Schweizer in das Innthal einbrechen, glaubt er, dass sie mit
solchem Volk leichtlich hinderzogen und geschlagen werden
können. An 1200 Knechte, so in der Schlacht an der Letxe
gewesen, sind herab gen Bregenz gekommen; ¥rare not, die-
selben mit liferung und anderm zu unterhalten; bittet darüber
um Instruktion. Innsbruck. A.
Solothum ins Feld.
April 23. Haben ihr Schreiben um 10 Uhr Vormittag
erhalten und haben an dem Ungehorsam gross Miss&llen, aber
nicht minder Freud, dass sie mit Nutz und Ehren wieder auf
Solothums Erdreich gekommen sind. Haben auf ihr Schreiben
sofort Bendict Fryen gen Bern fertigen wollen, ihrem Zusagen
nach zu mahnen, sie mit Aufsehen und Zuzug zu bedenken und
haben desgl. Freiburg schriftlich ersucht. Indem so ist der Alt-
vogt zu Bechpurg, Michel Wyss, gekommen und hat mitgeteilt,
dass »uchc der Abschied von Zürich von unserm Seckelmeister,
der da gewesen, mitgeteilt und dass »ir« darauf rätlich geworden
seid demselben nachzugehen und auf Solothurns ertrich zu bleiben
und euern Vorteil nicht zu verachten. Daran haben sie höchstes
Gefallen, zumal ihnen dann weitere Hülfe nicht notdürftig ist,
und haben daher solche Botschaft und schriftlich Mahnung ver-
halten bis auf weiteren ihren Bericht. Mögen daher zusamnaen
und auf ihrem Vorteil bleiben und keinerlei geführliche Unter-
nehmen wagen und damit gemeiner Eidgenossen Willen beharren.
Heute ist der Stadtschreiber (Hans vom Stall ?) gestorben. S. M.
Solothurn an Freiburg.
April 23. Die Ihren (S.s) haben Schloss und Dorf Häsingen
verbrannt und wahre Kundschaft erhalten, dass unser aller Feind,
an 16000 Mann stark aus der Markgrafschaft von Niedern-
baden, Strassburg und dem ganzen Elsass sich versammelte
unfern der Ihren, die sich auf ihrem Erdreich hiedisshalb der
Birs zu Dornegg enthalten. Da der Feind dieselben zu besuchen
gedenkt, bitten sie um getreu Aufsehen. S. M.
Bern an Solothurn.
April 23. Also vernehmen sie, dass Solothum anstatt seine
Zusätze zu verstärken und zu denen zu ziehen, sich weiter und
vor Basel hinab erhoben hat. Daraus erwächst allerlei Sorge,
zumal ein merklich Volk der Feinde wider die Eidgen. im
Swaderloch und Hegau zieht. Wiederholen die Mahnung, nicht
zu weit auf die Feinde zu ziehen.
Gnebichte d«s Schwab cnkriegS.'
Ä:tt>9
Gl«khEeittg Bern ins Feld. Freuen sich über die EinDahme
von Tiengen. Da sie dabei aber vermerken merUich Ungehor-
sam der Ihren, also dass sie der Hauptleute Gebot und Verbot
und deshalb Eid und Ehre verachtet haben, haben sie deshalb
lunder schritten aufrichten lassen, welche die Hauptleute der
Mannschaft vorhalten mögen. Von ihrer Botschaft zu Zürich
Idben sie vernommen, dass Bern zur Stärkung des Zusatzes im
Swaderloch 2oo Mann auferlegt sind. Wiewohl ihnen nun solches
genug schwer und sie bisher der Meinung gewesen, niemand zu
den Zusätzen, da sie nicht teil oder gemein haben, zu fertigen,
dennoch mi Vermeidung von Unwillen mögen die Hauptleute
von Stadt und Land ins Swaderloch schicken; jedoch soll dieser
Zusatz nicht länger als einen Monat dort verharren. Wenn die
Eidgen. wegen der Zahl Beschwerde erheben, sollen die Haupt-
lente auf Berns sonstige Zusätze zu Brugg, Schenkenberg, Gastet,
Wildenstein, Biberstein und in der Grafschaft Baden
Bern. M.
Hans Vmer v. Gilgenberg, Peter OSeaburg und Michel
Meiger an Basel.
April 23. Sind am Sonntag (April ai) gen Freiburg ge-
kommen und abends ist der König auch eingeritten ; am Montag
mnb die achli haben sie gnädig Verhör erlangt vor dem Kg.
nnd den Räten und unser Entschuldigung vergangner Mandaten
Jialb, aocl» beswerd und obligen eröffnet, auch des verhafflen
Guts halb. Der Kg, hat sich zu bedenken genommen bis nach
der Mahlzeil, und also abends haben sie Antwort erlangt, des
«raten, dass der vergangnen Zeit halb kein Missfallen oder Un-
gnade sein werde in Erwartung, Basel werde sich zukünftig darin
icbicken als eine Stadt des h. Reichs und gehorsame Unter-
tbanen und sich erheben zu Boss und Fuss mit Geschütz und
nnderen so in ein Feldlager gehört; denn sollte Basel in Ruhe
ibleiben, so würden andre sokhes auch begehren. Wiewohl sie
dagegen allerlei Antwort gaben, so konnten sie doch andres
nicht erlangen. Falls sie weiter verhandeln sollen, Bo bitten sie
am Unterweisung gen Neuenburg, wo sie diese Nacht sein wollen.
pes Gutes halb haben sie soviel erlangt, dass solches ohne ent-
gelten ledig gezalt, doch daz si gesworn haben und ir marken
od«r vcrziechung anzeigen und was und wie fil ein jeder hab.
Basel. A.
Bi. Albreclit v. Slrassburg an Base!.
April 23. Zabern. Mahnt die Stadt in Kraft der Vcrcinung
tJch gerüstet zu halten, ihm auf Erfordern zur Verteidigung der
bbermuntal wider die Schweizer zuzuziehen. Basel, A.
i
mxio Witte.
Dr. Thüring Frick an Basel.
April 23. Brugg. Antwortet, dass Gott Basels friedb'che
Begier zu stattlichem erwürken helfen möchte, und nachdem
seine Herrn heimgekehrt sind, sind sie nochmals soviel begütigt,
dass sie und andre Eidgen. auf das Frickthal derzeit nichts
handeln, es werd denn abermals auf die Ihren unterstanden, und
wo das an einem Haus geschieht, so wird femer nicht still
gestanden bis zu ganzer Verheerung des Thals, und daran ist
dann kein Abwenden. Gott möge die von Waldshut strafen, die
in stündlichem unerbem beschrien sind (Blöken wie Kälber, Rnh-
gebrüll) und durch die alle gute Sachen geärgert werden. Gott
wolle alle unruhigen Herzen zu christlichem Frieden entzündeo.
Basel. A.
Landvogt (v. Mörsperg) im Elsass an Kg. Max.
April 23. Mit Bezug nehme auf sein gestriges Schreiben
um 1000 ü. zur Bezahlung der Knechte, nachdem er nun täglich
und stündlich Belagerung von Waldshut erwartet, da die EidgeiL
vor Snellingen liegen und das schwer bedrängen, dringt er noch-
mals auf Bezahlung der Knechte, um sie bei gutem Willen zu
halten; denn nach dem Handel von Tiengen ist ein grosser
Schreck und sorgfeltikeit unter viele Leute gekommen; er ver-
sieht sich aber zu den Knechten guten Willens und kann nicht
anders merken, als dass sie sich ehrlich und wohl halten werden.
Der Kg. möge das Geld auftreiben, wo er es fände, und müsste
er 1 00 000 fl. dafür geben, in Anbetracht was auf dem Spiele
steht. Innsbruck. A. ^ I. A.
Hauptleute, Venner und Rät vonSolothurn an Solothurn.
April 24. Sind heute um 10 Uhr hinüber gerückt gen Aesch
und Schloss Pfeffingen, um nicht weiter auf den eignen armen
Leuten zu liegen, die verdorben sind. Die Knecht haben mit
denen im Schloss scharmülzelt. Dasselbe ist aber stark und wohl
versorgt; ausserdem ist den Leuten geschrieben, dass man sie
in 2 Tagen entsetzen wollte» So ist ihnen auch Warnung
gekommen, dass man sie dort schlagen wollte; müssen wir Gott
walten lassen. Unser Haufe hat sich aber fast gemindert, und
ist man so unwillig, dass sie nicht wenig befremdet sind; auch
die Fremden wollen Kosten halber nicht bleiben. Bitten um
Instruktion. S. D.-S.
Solothurn an Luzern.
April 25. Uff hinecht abends haben uns die Unsern, die
mit unserm Stadtbanner gemäss dem Zürcher Abschied auf unserm
Erdreich zu Dornach liegen, kund gethan, wie sie wahre Kund-
schaft haben, dass vergangenen Sonntag der Rom. König zu
Freiburg mit 2000 zu Ross und 5000 zu Fuss eingezogen und
Geschiebte des Schwabenkriegs. m 1 1 1
heute gen Ensisheim gerückt sei, um mit dem genannten Zug
und mit allem dem, das im Elsass, Sundgau, Breisgau und an
der ord zu kriegen geschickt sei, die Unsem, wo er die bezihen
mag, zu Domach, Sewen oder andern Orten zu besuchen, zu
schädigen und daran alles Vermögen zu kehren. Dieweil nun
ansre Macht nicht gross genug ist, solchen Angriff allein zu
bestehen, bitten sie die Stadt, ihr getreues Aufsehen auf S. zu
haben. Luzern. A. or. Desgl. an Zürich, Bern, Freiburg. S. M.
Hauptleute etc. Solothurns an Solothurn.
April 26. Antworten, dass sie wegen Mangels an Heu und
Stroh das Lager von Dornach gen Esch verlegt haben. Zwar
erhalten sie viele Warnungen von Basel und andern; wenn sie
aber der Warnung nachfragen, finden sie nichts der Sache.
Werden aber ihren Vorteil in keiner Weise übergäben; kommt
aber etwas an sie, so wollen sie thun als Landesleute und ihre
Altfordern. S. D.-S.
•
Bern ins Feld.
April 26. Freuen sich über die Einnehme von Schlössern
und Städten. Hingegen misfällt Bern, dass zwischen den Haupt-
leuten und den andern Eidgen. kein freundlicher Wille besteht
und den Eidgen. der Hauptleute Ratschläge nicht gefallig sind,
sondern sie allzeit widerwärtiger Meinung anhangen, woraus
Beschwerden erwachsen, deren man in dieser Zeit nicht bedarf,
zumal sie von Solothurn vernehmen, dass der Rom. Kg. mit
grosser Macht von Freiburg gen Ensisheim gezogen. Da sie nun
am Montag (April 29) mit einem Fähnlein gen Solothurn zu
ziehen beabsichtigen, um des Kgs., wohin der rücken werde, zu
erwarten, will es Bern gefallen, dass die Hauptleute sich nicht
von den Eidgen. sondern und dehein sunder leger vor Schlössern
und Städten unternehmen, aber auch nicht zu weit mit den
Eidgen. in Feindes Land ziehen, damit sie sich gegen einen
Angriff des Königs alle zusammen vereinigen können. Haben
deshalb auch den Hauptleuten der Eidgen. geschrieben, sich zu
nähern, um im Notfall zu allersit einander Beistand leisten zu
können; denn hinaus gen Überlingen und andre ungelegne Plätze
zu ziehen, ist Bern nicht zu gefallen, weil dadurch die Streit-
kräfte der Eidgen. im Fall eines Angriffes des Königs zu sehr
zersplittert werden. Mögen sich daher von den Eidgen. nicht
sondern und gegenseitigen freundlichen Willen fördern, so zweifelt
die Stadt nicht, wenn die Eidgen. ihr und Solothurns Schreiben
und Vermahnung sehen, dass sie sich nähern und sich Berns
Rat nicht widerwärtig erzeigen werden.
Gleichzeitig an die Hauptleute der Eidgen., das Vorhaben
auf Überlingen aufzugeben und sich zu nähern, um einem Angriff
des Königs zu begegnen. — Schreiben in demselben Sinne auch
mxi2 Witte.
ins Oberland, die rigk und passen dort zu versehen und dann
auch herbeizuziehen, denn wenn es gelange den König als das
Haupt des Krieges zu besiegen, so würde dadurch endlicher
Austrag erlangt. —
An Luzern ins Oberland in diesem Sinne. —
An Solothurn: Ein Teil der Ihren (B.s) wird Montag nachts
(April 29) in Solothurn ankommen; die andern werden sich zu
Burgdorf und Wangen sammeln. Teilen die übrigen Schreiben
ins Feld mit.
Am folgenden Tag (April 27) änderte Bern diese Dispo-
sition in der Art, dass es Solothurn um Nachricht bat, ob es
solches Zuzuges bedürfte.
Ulrich Küffer an Hauptleute und Venner im Feld, jetit
zu Pfafüngen.
April 26. Nacht spät in dem besten Schlaf zwischen 9 und
10 ist reitende Botschaft von Tribach gekommen, wie sich alles,
was 14 Jahre alt und darüber sei, augenblicklich erheben und
dem Banner zuziehen solle, denn sie seien von Feinden belagert
Darüber ist er sehr erschrocken und hat nur wenig die Nacht
geschlafen. Hat das sofort den Leuten allenthalben in der Herr-
schaft diesseits und jenseits der Aar verkündet, die willig zu-
gezogen, aber zu Ölten gewendet sind. Nun haben die Eidgen.
an Solothums Zuge gross Sorge und wenn ihnen etwas zustiesse,
würde man sagen, S. hätte alles, was andre Eidgen. zu Ehren
gebracht, »verschütt« und zu Unehren gebracht. Mögen daher
die Stadt und ihre Personen wohl bedenken und sich nicht zu
weit hinaus lassen, wenn ihnen nicht mehr Hülfe von den andern
geschieht, damit ihnen nichts widerwärtiges widerfahre. Schreibt
das wegen allerlei Reden, so er zu Aarau und anderswo von
Edlen und Unedlen, Geistlichen und Weltlichen vernommen.
S. D.-S.
Zürich an Luzern.
April 26. Gemäss dem letzten Zürcher Abschied hat heute
in unserm Rat der Stadt Basel Botschaft mündlich Antwort geben
lassen der Meinung, dass sie keineswegs wider die Eidgenossen
sein noch thun wolle, und nachdem nun ein Tag angesetzt ist
nach. Zürich auf 3. Mai, hat die Botschaft sich bereit erklärt.
Auch auf diesem Tag zu erscheinen und vor uns mündlich Ant-
Oft IQ geben. Luzern. A.
Hauptleute zu Feldkirch an Kg. Max.
April 27, Feldkirch. Haben jetzt erfahren, wie der grössere
ler Eidgenossen wieder über den Rhein gezogen, während
I Haufen noch vor Gutemberg liegen und es beschiessen.
ma besorgen, Ramswag auf dem Schloss habe Mangel
Geschichte des SohvJ
in lifrung. pulver und pley, schlagen sie in Anbetracht der Wich-
t^keit des Platzes Entsatz vor, sodass der Kg. etwas wider die
£iclgen. UDicmitnmt, weshalb diese dann ihre Macht konzentriien
«nd heroben dieselbe zertrennen müssen. Desgl. möge Herr
h V. Habsperg, Hauptmann in Vintschgau, auch etwas unter-
nehmen, etwa ins Pretigaw; aber es müsste in grosster Eile
igeschehen, wie sie das auch den Regenten zu Innsbruck und
'Herm Ulrich geschrieben haben.
folgenden Tage schreiben sie an Paul v. Lichtenstein
und ZiprJan v. Semtein: Desselben Inhalts. Bitte ihren Vor-
schlag beim Kg. zu unterstützen. 1. A.
Solothurn ^n Zürich und Luzern
April 27. Mit Bezugnahme auf ihre Trühere Mitteilung
neiden sie, dass ihnen heute früh in der 5ten Stunde kund
jjcthan ist, dass der R. Kg. denselben Zug geteilt hat und mit
«inen Teil Volkes in eigner Person dem Schwarzwald gen
VUlingen zu ziehe und der übrige Teil wieder hinter sich gen
Beifort und Mümpelgart rücke, weshalb sie zur Zeit nicht geun-
ruhiget werden. Mögen daher nünmals ruhig sitzen und den
Eidgen. im Feld das verkünden, damit dieselben sich durch
Gotothums frühere Mahnung in ihrem Fümehmen nicht behindern
lassen. S. M.
Entsprechendes Schreiben an Bern.
Lujscrn an Solothurn April 27: Trotzdem sie mit ihrer Macht
Felde stehen u. wenig in Stadt und Land sind, wollen sie
^ennoch, falls sie dessen btrichtet werden, Leib und Gut zu
i. Sodann vernehmen sie, dass die unsem im Heer
TftSt ungehorsam sind und grosse Uneinigkeit im Heere ist, auch
irider gemachte Zusagen die Armenleute verbrannt werden,
kreshalb die Not erfordert, sich zusammenzufügen und zu rat-
ichlagcn, um solches abzustellen. Setzen daher auf kommenden
^^Jitlwoch (Mai 1) Tag gen Zürich an. S. D.-S.
Der Landvogt i
Elsa
I Kg. Mas.
April 27. Wiederholte Bitte um
Ltiechte, deren Monat jetzt abgelaufen
la die Schuld an die Knechte etwas
Infolge Verzögerung der Zahlung
[c fallen, und mancher
leab sichtig!
idschaft Leute for
n Snndguu zu brcni
iab«n. So lörchlen a
lie Eidgen, schon in
Mann über dei
ihr Ländlein ninfaUi
n. zur Bezahlung der
nd um weitere 1000 fl.,
r als 2000 fl. beträgt.
Unlust in die Knechte
bereits deshalb abgezogen und andere
^hen auch alle Tage von der stell und
nachdem die Eidgen. angefangen haben
:n und etliche Schlüsser bei Basel gewonnen
ch des Mg. von Röteln Leute, nachdem
vergangenen Tagen bei Basel mit I oder
Kliein setzen wollten, dass dieselben auch
werden, weshalb sie sich heimbegeben.
mii4 Witte.
um ihr Ländlein zu beschirmen. Das sind eben die iot, do
ich am aller höchsten trost uff gesetz hab. Die übrigen
von Städten und Ländern sind fast arbeiter und bulut,
die sich der fruchten uß dem ertterich mit ihren kin-
dern erziehen und erneren müssen, von denen ein enist-
hafter Widerstand gegen den Feind nicht zu erwarten ist. —
Er hat auch Kussenberg, das ein gut Schloss ist, mit des Kgs.
Landleuten besetzt ; die haben es ohne Schiessen und ohne Not
frei übergeben. Hätte er nur 50 bestallte freie Knechte statt
des Landvolks dort gehabt! Hofft, dass der Kg. sie nicht ver-
lassen und sie mit trostlicherer Besatzung als sie jetzt haben
versehen wird; denn sie sind nicht mehr als 8 vom Adel nnd
darunter etliche, die bei solchem ernstlichen Handel nie gewesen
sind. Darum möge der Kg. Waldshut und die andern 3 Städte
am Rhein mit tapferer Besatzung bedenken und die eilends her-
schicken. Wenn Waldshut gut versehen wird, braucht man
keinerlei Sorge dafür zu haben. L A.
Luzern an Basel.
April 28. Erhalten Briefe, dass der Herr v. Rappclstein
ihren Bürger Peter Russ um 400 fl. geschützt nebst der Atzung
und da sie solches Geld nicht sicher hinauszuschicken wissen,
bitten sie, solches Geld und den Betrag der Atzung darzuleihen
und zu erdenken, dass der Russ gen Luzern komme, so wollen sie
solches Geld angentz hinabschicken oder aber Basels Botschaft
jetzt auf dem Tag zu Zürich überantworten.
April 24. hatten die von Luzern gebeten, bei dem Herrn
V. Rappoltstein zu erfragen, ob derselbe einen ihrer Bürger, der
um Weihnachten seinen Sohn auf die hohe Schule nach Paris
gebracht hat, beim Heimreiten gefangen hat. Basel. A.
Kg. Max an Colmar.
April 28. Überlingen. Die Eidgen. versammeln sich und
wollen eines Streites erwarten, und der Kg. ist bereit, solchen
Streit mit ihnen zu thun, soverr wir anders sollichs im rat er-
finden. Demnach begehrt er an die Stadt, dass sie mit aller
Macht, auf das stärkste und meiste sie mögee, zu Ross und
Fuss, auch mit Wägen, Geschütz und anderm als in veldt gehört,
ihm eilends zuziehe. Hat auch heute das Reichsbanner nach
dem Amt der h. Messe aufgeworfen. Colmar. A.
Bern an Solothurn.
April 29. Senden angends 400 Mann her, und da auch
Freiburg und andere Solothurn zuziehen, zweifeln sie nicht, dass
S. mit solcher Mannschaft seine Schlösser und Landschaft gar
leicht vor feindlichen Einfällen schirmen kann. Berns Botschaft
Geschichte des Schwabenkriegs. m 1 1 5
gen Zürich hat Befehl, mit den Eidgenossen Anschlag zu bereden,
was femer wider die Ansammlungen der Feinde vorzunehmen sei.
Nachschrift: Berns Leute werden erst morgen Nacht zu Solo-
thum herbergen. B. M,
Solothurn an Bern.
April 30. In dieser Stunde haben die Ihren (S.s) mit ihrem
Banner im Feld zu Dornach verkündet, wie der Feind 15000
Mann stark sich gen Rinach und um das Schloss Dorneck gelagert
hat, und sie um schleunigen Entsatz gebeten. Da sie nun solche
Sammlung der Feinde ihnen vormals mit freundlicher Vermahnung
um Zuzug nach Laut der Bünde bei guter Zeit verkündet haben,
befremdet sie Berns Zurückhaltung und sie hätten sich dessen
nicht versehen. Haben solche Not der Ihren nicht länger ver-
halten wollen, in Hoffnung, dass Bern sich gemäss den Bünden
mit Zuzug erweisen wird.
Mai I. Dankt S. Bern für den Zuzug und dieweil nun die
Ihren dem Feind die Brücke zu Domegg wieder abgejagt haben
und sie zusammen stark genug sind, es mit dem Feind aufzu-
nehmen, bitten sie die Stadt, ihren Zuzug mit Geschütz zu
versehen. S. M.
Statthalter und Räte von Freiburg an Kg. Max.
Mai 1. Das Mg. Cristoff v. Baden Anwälte haben sich bei
ihnen beschwert über die beschwärung und costung, so die Ihren
an der letzin zu Lenzkirch nun lange Zeit gehabt haben, und
dieweil die andern abzögen, wäre ihr Herr in Meinung gewesen,
auch die Seinen heimzuführen, zumal derselbe persönlich in
merklicher Anzahl zu Ross und zu Fuss dem Kg. zuziehe. Die
Räte aber meinen, dass der gemeine Mann im Schwarzwald, dem
zu Trost die Mannschaft daselbst hingelegt ist, im Fall ihres Ab-
zuges erschrecken möchte, und haben soviel Fleiss gebraucht bei
den Anwälten, dass der Mgr. eingewilligt hat, die Leute bis Sams-
tag dort zu lassen. Daneben hat er sich erboten, im Notfall
wie jetzt mit seinen armen Leuten aufzusein und zuzuziehen,
dessen sich die Stadt auch erboten und eingewilligt haben, die
Ihren daselbst bis Sonntag zu belassen. — In Anbetracht der
Wichtigkeit der letze bitten sie den Kg., dieselben Leute und
sonst all ander vom adel und stctten mit zimblicher liferung zu
versehen, das si ir leib und gfttter nit sparten; ohne liferung
kann man die Leute nicht enthalten, und daher möge der Kg. ihnen
und in das Sundgau, sowie nach Altkirch und Waldshut Geld
schicken, damit sie an den Enden liferung verordnen können.
Ausserdem bedürfen sie Geld zur Bestallung der Knecht bis Freitag
oder Samstag (Mai 3./4.)» ^^ ^Je Hauptleutc herkommen werden;
wenn der König bis dahin nicht Geld schickt und die Stätte der
mii6 Witte.
Musterung nicht angibt, müssen sie dieselben wieder gehen
lassen. I. A.
Paul V. Lichtenstein an Statthalter und Regenten zu
Innsbruck.
Mai I. Überlingen. Antwortet ihnen, dieweil looo Knechte
bestellt und hinin verordent werden, so mögen sie dann auf
den anzug, so dann bald beschehen soll, lOOO fl. heraws ihm zu
verordnen, I. A.
Hans Jacob v. Bodman der iunger, Feldhauptmann
zu Feldkirch an Statthalter und Regenten zu Innsbruck.
Mai I. Feldkirch. Meldet, dass Schloss Guttenberg heute
mit lifrung, püchsen, Pulver und Blei gespeist ist und die Feinde
das Lager vor Guttenberg geräumt haben; und da morgen Herr
Burckhart v. Knöringen und andere Edelleute von Feldkirch zum
Kg. hinwegreiten, bittet er um Verstärkung der Besatzung. 1. A.
Kg. Max an Statthalter und Regenten zu Innsbruck.
Mai I. Überlingen. Sollen allen saliter (Salpeter) so viel
sie zu Innsbruck und Tyrol überkomen mögen, auch soviel
Schwefel und Kohlen dazu, doch jedes besonders, dermaßen
zurichten, dass sie ihm solches auf Erfordern zuschicken
können. I. A.
Zürich an Luzern.
Mai I. Vernehmen zu ihrem Kummer, dass die Eidgen. von
Bern sich merken lassen, dieweil der röm. Kg. mit einer Macht
hinüber in das Sundgau gezogen und sein Fürnehmen sein soll,
Solothurn zu suchen, hinter sich zu ziehen, weshalb zu ersorgen ist,
dass der glückliche sieghafte Anschlag verhindert und gebrochen
wird, zumal da die Eidgen. von Freiburg auch wohl mit Bern
ziehen werden, sodass die Macht der Eidgen. dann zu klein sein
wird, den Anschlag auszuführen. Mögen daher ihre Botschaft
auf den Tag zu Zürich mit dest dapferer Befehl abfertigen und
daran sein, dieweil das ober läger geschlissen ist, dass dieselben
so im obem läger abgezogen sind , da hinus ziehen. Solches
wird die Eidgen. stark und unsre Feinde ganz krank machen.
Luzern. A.
Bern ins Feld.
Mai I. Hatten ihren Anschlag insofern geändert, als sie
Solothurn nur 300 Mann unter Brandolf v. Stein und Lienhart
Wysshan zugeschickt haben, indem sie vernahmen, dass S. von
den Eidgen. des Zuzuges entbunden worden sei. Erhalten nun
aber von S. Schriften, wonach es Berns Hülfe ganz notdürftig
Geschiebte des Scbwabenkriegs. . m 1 1 7
ZU sein scheint. Haben daher dem ersten Anschlag nach die
Ihren unter Adrian v. Bubenberg und Ludwig v. Diesbach den
nechsten gen Domeck zu bei Tag und Nacht verrücken lassen,
um Solothurn zu entschiessen. Wiewohl sie sich nun versehen,
dass der Ihren an 2500 dort zusammenkommen, dennoch, da
sie wahrlich vernehmen, dass der Feind an 15000 Mann stark
sei, will ihnen bedünken, dass es Not sei, die Ihren zu versehen
und darauf ein getreu Aufsehen zu haben. Begehren demnach,
dass sie sich mit andern Eidgen. nahem und sich an die Orte
fügen, wo der Feind und wie sie vernehmen der König per-
sonlich liegt. B. M.
Luzern an seine Hauptleute vor Blumen feld.
Mai I. Erlernen aus ihrem Schreiben, dass die Eidgen.
von Bern und Freiburg vielleicht auf Erfordern Solothurns das
Feld brechen und abziehen wollen, weshalb die Hauptleute nun
anfragen, ob sie mit denen von Zürich und Zug, wiewohl ihr
Haufe dann klein ist, vor Überlingen hinausrücken sollen. Solche
Zerteilung der Eidgen. will der Stadt nicht gut bedünken, und
so hat L. auf ihr Ansinnen den drei Waldstetten, die mit ir
zeichnen anheimsch sind, auf heute Tag gen Beggenried gesetzt,
uns mit denen zu vereinigen, dass wir zu einander ziehen. Die-
weil sich nun der Feind namentlich durch den Anzug des
Königs, der durch den Schwarzwald bei Villingen heraufzieht,
merklich stärkt, würde der Abzug der Eidgen. grossen Nachteil
herbeiführen. Sollen daher nach dem Abzug derer von Bern
und Freiburg keineswegs in die witi der landen gen Überlingen
ziehen, auch das Feld nicht brechen, sondern in das Swaderloch
ziehen und suchen Schloss Gottlieben zu erobiern. Richard
Hasfurt ist gekommen und hat uns die Pension überantwortet
und uns auf unser Ansinnen zu erkennen gegeben, dass er von
des Königs Büchsen noch Hülfe nichts gehört ob die kommen;
es sei zu besorgen, dass uns vil fürgeben und wenig gehalten
werd. Luzern. A.
Bern an Solothurn.
Mai 2. Antwortet auf die Bitte um Geschütz, dass es rat-
sam sei, vor der Beschlussfassung der Eidgen. nichts zu unter-
nehmen, weder mit Belagerung von Pfäffingen noch mit Angriff
auf das Lager zu Blotzen. — Entsprechender Befehl an Berns
Hauptleute, einstweilen ganz nichts zu unternehmen, sondern
lediglich Solothurns Gebiet zu beschützen.
Hauptleute, Venner und Räte von Solothurn an
SolotÄurn.
Mai 2. Der Feind hat sich in der Stärke von 20000 zu
Ross und zu Fuss eine Viertelmeile von ihnen gelagert und
inii8 / Witte.
scheint ihnen gut, dass sie Tag und Nacht solches den andern
Eidgen. kund thun. Denn wenn wir mit Gottes Hülfe den Feind
überwändeni wäre alß land gewannen, denn des Königs und des
Mgr. von Niederbaden Zug, der welsche Zug und aller Adel
in Städten und Herrschaften mit Geschütz und was sie vermögen,
ist versammelt. Darum mögen sie Tag und Nacht eilen, denn
der Feind stärkt sich täglich, wiewohl sie in Sorgen sind, dass
der Feind nicht stand halten wird. S. D.-S.
Liestal an Basel.
Mai 2. Werden durch Junker Franz v. Leymen berichtet,
wie dass die Obern allenthalben herabziehen und sei kurz ihre
Meinung durch Liestall zu ziehen mit Güte oder Gewalt. Derselbe
hat auch durch glaubhafte Knecht, so jetzt eilends voti St. Gallen
gekommen sind, vernommen, dass des gemeinen Mannes Rede
sei, dass das obere Heer herab über den Schwarzwald harin
ziehe und vor Basel ziehen wolle. Basel. A.
Hofmarschall, Hauptleute und Räte jetzt im Feldlager
zu Derwil an Basel.
Mai 2. Therwil. Auf ihr Schreiben, dass sie mit ihrer
fürung in Sorgen stehen müssen, und ihr Begehren, solches ab-
zuwenden und ihnen auch ferner feilen Kauf zu bewilligen im
Land, da solches allein hinter Basels Bürger abgeladen werden
solle, und nachdem den Ihren heute etliche Schafe genommen
seien, solche That abzustellen, erwidern sie, dass ein solches
Verbot des feilen Kaufes an die Landleute allerdings ergangen,
weil sie gut Wissen gehabt haben, dass ihre Feinde dadurch
gespeist worden seien; falls aber Wein und Korn allein durch
Basels Bürger verbraucht wird, soll solches nicht gesperrt werden;
von den genommenen Schafen haben sie kein Erfahren erlangen
können; falls sich dergleichen Händel widerholen, mag Basel die
Seinen eilends nachschicken, so wollen sie sich gebührend halten.
Basel. A. Der Argwohn der Hauptleute war gerechtfertigt. Die
Eidgen. erhielten von Basel aus Zufuhr.
Solothurn an Luzern.
Mai 3. Vernehmen aus den Schriften der Unsern im Feld
vor Dornach, dass sich des Königs, des Mgr. v. Nieder-Baden
und ein welscher Zug, desgl. aller Adel im Elsass, Sundgau und
alle Städte darumb mit Büchsen und anderm nach ihrem höchsten
Vermögen an 20000 stark versammelt haben und nur eine Viertel-
meile von den Unsern entfernt liegen und luter mit überflüssig vil
uncristenlichen worten der Eidgenossenschaft zu Schmach plären
(blären) und reden, sie wollen sich da lassen finden und unsern
Zug besehen. Deshalb die Unsern die Eidgen. um trostlichen
Geschichte des Schwabenkriegs. m 1 1 0
izug bitten, in Hoffnung, wenn der Feind dann angegriffen
rd, dass dadurch entlichs geschaft werde. Bitten, sich daher
t ihrem Geschütz so stark wie möglich den Unsern zu nähern
d zuzuziehen und eventuell das auch den Eidgen. zu ver-
nden. Luzem. A.
Luzerns Hauptleute zu Baden an Luzem.
Mai 3. Nachdem die von Bern und Freiburg von ihnen
zogen, haben die übrigen, nämlich die von Zürich, Zug und
r in Ansehung, dass die Unsern mit dem röbgut und auch
QSt fast verruckt waren und wenig mehr bei dem Banner
wesen, sich in 2 Teile haben teilen müssen, woraus uns Nachteil
tte erstehen können; daraufhaben sie das Feld gerumpt und sind
} gen Baden mit 3 oder 400 Mann gekommen, um dort
izems Antwort zu erwarten, die sie dann um 1 2 Uhr Nachmittag
[iahen. Da sie nun von Bern und Freiburg ernstlich um Hülfe
sucht waren, haben sie die porten und Thore zu Baden
schliessen lassen, damit die Unsern so noch bei uns waren, an
oder 400, uff Awer paner acht hätten, aber dieselben haben
:h andern Ausweg gesucht. Haben gross Misfallen daran
habt, dass die uwern sich also von ihren Obersten ziehen
d darauf von jedem Amt, so noch bei uns gewesen, Leute in
3 Ämter geschickt, dass sie bei Eid auf Montag zu Nacht
'ai 5./6 ) zu Ölten bei unserm Banner seien, und wollen dann
nen von Solothum zuziehen. Luzern. A.
Hauptleute, Venner und Räte von Solothurn an S.
Mai 3. Haben Zürich auf Anfrage geantwortet, es sei ihnen
:ht im Wissen, ob die v. Bern und Freiburg (von »oben«
rab) gen Domach zuzogen, wenngleich ihnen solches bekannt
, und haben gebeten, ohne Verzug zuzuziehen. Ein Gefangner
t ausgesagt, der Feind wolle Dornach und danach Solothurn
lagern, da Gott vor sei, und der Kg. und die andern Herren
gehrten den Krieg nicht zu richten, sondern wollten uns alle
rtreiben. S. D.-S.
Ulrich Küffer an Solothum.
Mai 3. Ob dem Nachtmahl ist ein reitender Bote von
ten hergekommen und hat gesagt, wie ich aus Befehl des
bultheissen alles, das Stab und Stangen tragen möchte, ohne
ttel sollte zufertigen, denn die ftwern hielten in der Ordnung
gen den Feind und tfig zemäl mer dann not. Zum Wortzeichen
tte der Bote 2 Rosse tot geritten. Hat darauf sofort die Leute
^sseits der Aar aufgeboten und gutwillig befunden, dass nie-
rnd, der sich ützit vermügen hat, anheimsch geblieben ist; von
len ist noch niemand wieder heimgekommen. Und es ist
bei eine grosse Sorge, dass die Knecht, so an etlichen sorg-
mi20 Witte.
liehen Enden wie Erlispach und Lostorf liegen, denen er deshalb
nichts verkündet hat, auch fortziehen, wenn sie davon hören.
Deshalb sind die alten stök, so noch anheimsch sind, zumal
unruhig und bekümmert, ob sich etwas in der Herrschaft Ölten
oder unden begäbe, wüssten sie keinen Widerstand zu than.
Da ihnen (S.) nun von Städten und Ländern trostlicher Zuzug
Tag und Nacht geschieht, mögen sie mit den Hauptleuten ver-
schaffen, einige Knechte heimzufertigen, denn der Feind hält
noch auf Hut zu Obererlispach und hat gestern 4 der besten
Rosse genommen. Vernimmt diese Stunde, wie die von Bern
diese Nacht zu Baden liegen werden und die von Freibarg die
vergangne Nacht dort gelegen sind und beabsichtigen durch das
Frickthal niderzuziehen; ob sie aber den uwem zuziehen oder
sich vor die Städte am Rhein legen wollen, weiss er nicht. S. D.-S.
Vogt zu Honburg an Basel.
Mai 3. Die Eidgen. rüsten sich mit allem ihrem Geschütz
zu und sind im Willen, alle Tage auszuziehen und haben eine
Gemeinde gehabt und beschlossen, was sie mit dem Schwert
gewonnen haben , dasselbe zu behalten und um kein Geld zu
lösen zu geben. Auf dem Tag zu Zürich ist auch geratschlagt,
vor welche Stadt sie zuerst ziehen wollen, und haben von 2 Städten
geredet, zuerst von Laufenburg, liege ihrem Lande allernächsten,
und danach von Reinfelden, sei besser zuerst der Speise halb.
Der Kg. v. Frkr. wolle ihnen 30000 Kronen schicken und 600
reisige Pferde; davon wollen sie 400 gen Pratteln und Muttenz
legen und 500 Fussknechte und damit die Strasse verhüten, und
was ihnen in ihrem Lande von Speise brist, wollen sie zu Base!
kaufen. Reinfelden haben sie durch einen Büchsenmeister, namens
Schwarzhans mit etlichen Knechten besehen lassen, wo es zu
beschiessen sei. Basels ist auch auf dem Tag gedacht, wie inen
die sach zum anfang uibel gefiel, aber sie sähen, dass die Stadt
sich ehrlich halte, und sie vernehmen, dass die Herrschaft allerlei
mit ihnen wolle vornehmen; ehe sie das geschehen Hessen, eher
wollten sie einen Mann in ihrem Land nicht behalten; wenn die
Herrschaft sollte Basel unter sich bringen, so gewännen die
Eidgen. nimmer Frieden. Der Kundschafter sagt auch, dass er
zu Base] gehört hätte, dass der Kg. v. Frkr. zu Mailand liege
und der Hz. aus dem Land gewichen sei und 60 Maulesel mit
Gut beladen hätte, und es sind die vom Grauen Bund aus-
gezogen und wollen ihm den Weg verlegen und ihn berauben,
denn sie reden, er wolle zum röm. Kg. mit dem Gute und sie
damit bekriegen. Er sagt auch, wird es nicht gerichtet, so
wollen die Örter den Kg. v. Frkr. zu Hülfe nehmen und den
röm. Kg. vertreiben, wie der Hz. v. Mailand vertrieben ist
Basel A. Vgl. hierzu den Abschied des Tages zu Zürich vom
2. Mai nr. 646.
Geschichte des Schwabenkriegs. m 1 2 I
Basel an Solothum.
Mai 3. Es ist eine Red an sie gelangt durch den Amman
von Sömßwald, desgl. durch des Wirts Sohn zu Obern Büsch-
wilr und andre in Solothurns Gebiet, dass ihr Ratsfreund Walther
Hamesch der Metzger geredet haben soll: Die Gruben zu St.
Jakob, darin die Eidgen. vergraben gewesen, seien leer und
man müsse sie wieder füllen. Derselbe ist mit allem, was einem
frommen Mann gebürt, bereit, seine Unschuld zu beweisen. Bitten
daher, solchen Reden keinen Glauben zu schenken. S. D.-S.
Bern an Solothum.
Mai 4. Melden, dass Berns Mannschaft im obern Heer auf
Dornach zieht, deren Ankunft Solothum abwarten mag, bevor es
weiteres unternimmt. — Gleichzeitig Schreiben Berns ins P^eld:
Da der Feind an 30000 Mann stark ist, sollen die Hauptleute
dem Berner Auszug, der diese Nacht bis gen Domach kommt,
angends zuziehen. Bitten gleichzeitig Luzern, Schwyz und Unter-
waiden um getreu Aufsehen. B. M.
Luzern an Solothum.
Mai 4. Ziehen ihnen jetzt nebst denen von Bern und Frei-
burg mit ihrer Städte Banner und mit ganzer Macht zu, desgl.
werden die von Zürich und Zug auch angends zuziehen. Er-
warten auch, dass die Eidgen, von den 3 Ländern angends
nachrücken werden. Mögen nun ihrer Ankunft erwarten und
vorher keinerlei Angriff thun, bis dass alle gemeinlich zusammen-
kommen. S. D.-S.
Liestal an Basel.
Mai 4. Haben gemäss Basels Schreiben die Eidgen. mit
guten tugenlichen Worten neben abgewiesen , aber da ihre
schlecht manung gewesen durchzuziehen , angesehen mancherlei
Wägen und Geschirr so sie mit sich führen, haben sie dieselben
eingelassen, und die Eidgen. sind wahrlich züchtiglich und tugend-
lich eingezogen und haben dabei zugesagt, alle die Basel zu
versprechen und in Basels Schutz und Schinn stehen, ungeschädigt
zu lassen ; diese Nacht werden an 3000 ihr Laijer zu Liestal
haben, und die von Luzern sind mit 200 Mann und einem Fähn-
lein nachgekommen. Die 3000 Mann hören alle denen von
Bern, nämlich von Tun, Sibental, Frütingen und anderm ihrem
Anhang an; Hauptleute sind Adrian v. Bubenberg und Ludwig v.
Diesbach. Die andern v. Born und andre Eidgen. liegen mit
Zeichen und Banner mit 8000 Mann diese Nacht zu Sissach
und werden denen zu Liestal nachrücken. Alle, die bei ihnen
liegen, sind Leute von Ehren und nicht Bubenvolk. Bitten um
Instruktion, wie sie sich nach Abzug der Schweizer halten sollen.
Mitt. d. Uad. HUt. Korn. Nr. ai. 9
mi22 Witte.
Vernehmen durch den Hauptmann von Bern, dass sie zu Waiden-
bürg über die wasser zum nechsten in daz her ziehen wollen.
Basel. A.
Hauptleute, Venner und Räte von Solothum an S.
Mai 4. Melden den Abzug des Feindes, dessen Absicht,
wenn sie nicht diesen Zug gethan hätten, gewesen sein soll, sie
mit 2000 Mann zu verbrennen. S. D.-S.
Kg. Max an Wangen.
Mai 4. Überlingen. Sollen in ihrem Gebiet 100 Knechte
ausschiessen und ihm die auf Erfordern in 8 oder 10 Tagen
zuschicken. I. A.
Ldvgt. im Elsass an Niclas H. zu Firmian.
Mai 4. Nachdem er zuletzt geschrieben, wie Herr Paul
v. Liechtenstein ihm 1000 fl. geschickt habe mit dem Bemerken,
hinfür mehr Geld nicht schicken zu können, und aber ihm
befohlen hat, von den 1000 fl. 150 den Edlen auf ir liferung
zu geben und 100 für sich selbst zu behalten; da nun aber
14 Tage des Soldes der Knechte verfallen sind, weshalb sich
gebührt hätte, jedem Knecht 2 fl. zu geben und an 700 oder
750 Knechte zu bezahlen sind, so hat er nicht einmal halbe
Bezahlung thun können, und nach dem Bedeuten des Marschalls
ist es auch nicht in seinem Vermögen gewesen, auf seine Ver-
schreibung soviel auf sich zu laden und zu bezahlen. Dennoch
hat er 500 fl. auf Treu und Glauben aufgebracht und die Knechte
ehrlich bezahlt und geurlaubt, wiewohl es not gewesen wäre, sie
noch einen Monat zu behalten, aber dieweil ihm der Marschall
die Hülfe abgekündigt und er selbst schon an 800 fl. vorgestreckt
hat, hat er die Knechte mit grossen Sorgen entlassen, während
die Eidgen. noch 2 Meilen Wegs von Waidshut stehen. Hat
daher noch 250 Knechte behalten auf seine Verschreibung und
Bezahlung für einen halben Monat; sonst wäre vom Adel noch
sonst niemand in W^aldshut geblieben. Demnach bittet er ihn,
dem Kg. und dem Kanzler zu berichten, dass Waldshut mit der
bezalung nit gnugsam versehen sei; wolt man das in Verachtung
ziehen und sich nit mer dann auf den gemeinen Mann verlassen,
so wäre Gefahr, dass W. das Schicksal von Tiengen teilen würde. I. A.
Niclaus Rusch, Michel Meiger und Heinrich v. Senn-
heim an Basel.
Mai 5. Liestal. Sind unterwegs auf die von Luzern mit
ihrem Fähnlein, an 500 Mann stark, gestossen, und haben mit
den Hauptleuten allerlei geredet, was sie zur Zeit melden w^erden.
In Liestal haben sie gefunden Herrn Adrian v. Bubenberg und
Ludwig V. Diesbach als Hauptleute, Herrn Thüring v. Buttiken
Geschichte des Schwabenkriegs. mi23
Ritter und an 3000 Mann darob und nicht darunter; dieselben
sind noch des Berner Banners und andrer Hauptleute wartend,
50 zu Sissach gelegen sind, deren Zukunft die Abgesandten zum
Beginn der Verhandlungen noch erwarten müssen. Diese sind
in dieser Stunde mit einer grossen Macht mit dem Banner von
Bern und 18 Fähnlein eingezogen, um in das Sundgau zu ziehen.
Warten steter Verhörung. Die Hauptleute dringen aber auf
Proviant, und Basel mag daher sogleich Vorkehrungen treffen,
denn dieselben lassen sich merken, dass sie nicht Steine essen,
noch Wasser trinken mögen. Die innern Orte, die im Hegau
gewesen, liegen diese Nacht zu Sissach, und die Eidgen. sind
so mächtig noch nicht bei einander versammelt gewesen. Basel. A.
Der Ldvgt. im Elsass an Statthalter und Regenten zu
Innsbruck.
Mai 5. Antwortet ihnen, dass die Eidgen. im Hegau ab-
gezogen sind und sich vor Waldshut lagern möchten und ihm
Lichtenstein fernere Hülfe abgekündigt habe: wenn er solche
notwendig hätte , mög er sich an den Kg. wenden. Um die
Knechte auszulohnen, hat er selbst 400 fl. aufgebracht. Nach
solchem Abschied ist gleich ein Geschrei gen Waldshut gekommen,
dass die Knechte in Lenzkirch auch abziehen, worauf die Kote-
Iischen in Waldshut sich erhoben und heute tVüh abgezogen sind,
sodass von Städten im Breisgau und von der Landschaft nur noch
150 Knechte hier liegen; den stett der köpf vast in das Breysgaw.
Inzwischen kommt ihm eine Kundschaft auf die andre, dass auf
Dienstag (Mai 7) die Belagerung zu erwarten sei. Daher hätte
man solches Abkünden diesmal entbehren können und auf sein
vielfaches Schreiben bedenken müssen, wie man Waldshut mit
guter Besatzung versehe von Adel und geschickten Kriegsleuten;
alsdann hätte man der freien Knechte wohl entbehren können;
jetzt aber sind er und seine Freunde ganz bloss und müssen
annehmen, dass man Waldshut für nichts achte. Mit looo 11.
wäre alles gemacht, die sind Kg. Mt. harter angelegen dann
VV^aldshut und wir alle. Dem sei nun wie ihm wolle, so achten,
das zu tag und nacht noch bis zinstag an 600 guter Knechte,
darauf trawen und glauben steet, und dan 200 oder mindestens
anderthalbhundert guter Knechtt^ darunter die Büchsen^chützen
iind, herein geschickt werden mit 10 oder 20 Edlen; wenn das
geschieht, braucht man um Waldshut keine Sorge zu haben.
Mögen dann eilends veranlassen, dass man dem Wald wieder
suzieht; denn sollte der Wald verloren gehen, so möchte man
iceine liferung noch Nahrung nach Waldshut bringen. 1. .\.
Die zu Zürich versammelten Eidgen. an Schalfhausen.
Mai. 5. Sind durch die Hauptleute in Swaderloch berichtet,
wie die Feinde, so zu Constanz liegen, etliche Bollwerke vor der
9'
mi24 Witte.
Stadt gegen unsem landen geschlissen, auch den Graben etlicher
Massen eingezogen und eine Strasse dadurch gemacht haben, in
der Absicht, den Zusatz, der von den Eidgen. dort liegt, zu
besuchen. Beabsichtigen im Namen Gottes einen Heerzug zu
thun auf Engen und in den Hegau und wollen Montag über
8 Tage in Schaff hausen, Diessenhofen und Stein sein, hingegen
denen im Swaderloch sofort zuziehen, und bitten sie, mit ihrem
Banner mitzuziehen. Schaffhausen. A.
Hofmarschall, Feldhauptmann und Räte im Lager zu
Platzheim an Basel.
Mai 5. Werden glaublich berichtet, wie die Eidgen. Liestall
gewaltiglich eingenommen und mit Macht zuziehen und unter-
stehen wollen Basel zu belagern; erbieten sich von wegen des
Königs, auch aus guter Nachbarschaft, zu Ross und zu Fuss auf
eigne Kosten gen Basel zu kommen oder sonst, wie Basel es
begehren wird, mitsampt der Stadt gegen die Eidgen. zu handeb,
denn sie Leib und Gut zu der Stadt setzen wollen, und sie
zweifeln nicht, der Kg. werde die Stadt in keiner Weise ver-
lassen.
Darauf erwidert B. am 6. Mai, dass allerdings die von
Liestall die Eidgen. auf ihr hoch Zusagen sie weder an Leib
noch Gut zu schädigen eingelassen haben, da sie derselben zu
schwach waren und die Eidgen. sich weigerten, an dem Städt-
lein vorbeizuziehen. Von einem Anschlag der Eidgen. auf Basel
haben sie ganz kein Wissen. Danken im übrigen für ihr Er-
bieten. Basel. A.
Gr. Heinrich v. Fürstenberg an Kg. Max.
Mai 6. Lanser. Nachdem er heute dem Kg. geschrieben,
dass er mit dem Heer aufgebrochen, hat er den ganzen Tag
mit Herren, Rittern und Knechten, des Kgs. Hofgesind, auch
mit den aus dem Sundgau und etlichen des Bi. v. Strbg.,
an 40 Pf., ob den veind gehalten. Da sind die Feinde
an 3000 stark in der Ordnung von Turnach auf der Birs
gen Basel zugezogen, daraus dann 12 Pf. aus dem Haufen
in Basel hineingeritten sind, die er angesprengt, als ob sie
Feinde wären; sie gaben sich aber als des Hz. v. Savoyen Bot-
schaft zu erkennen und wollten zum Kg. reiten. Darauf haben
etlich Eidgen. uns ain holen weg, dardurch wir mosten, fürloffen;
sie sind dann an einander geraten, haben etwevil erstochen und
hart gewundet und sie gänzlich in die Flucht geschlagen, vermissen
selbst 4 Personen, darunter Gr. Hans v. Ortenberg und 3 Knechte;
hoflt jedoch , dass sie sich zum Teil nach Basel gerettet
haben. Darauf sind die Feinde wieder heim gen Muttis gezogen;
warum das geschehen, oder was sie vorhaben, weiss er nicht.
Die Garde hat ihm laut beigelegtem Brief geschrieben, und er
Geschichte des Schwabenkriegs. mi25
hofft, dass sie diese Nacht zu Tann Hegt. Demnach ist von-
nöten, dass der Kg. ihnen ein Geld zuordnet oder sonst bestellt,
dass sie mit Speise und in ander weg unterhalten werden. Die
Botschaft von Safoy will zwischen dem Kg. und den Eidgen.
unterhandeln, umb eiiff uren in der Nacht. I. A.
Der Landvogt an Kg. Max.
Mai 6. Auf dessen Ankündigung dass er ihm in kurzem
looo fl. senden und ihn nicht ohne Geld lassen wolle, antwortet
er, wenn er den Brief eher erhalten hätte, würde er die Knechte
nicht beurlaubt haben. Hat aber von den geurlaubten Knechten
wegen der drohenden Nachrichten 250 behalten und an des
Kgs. Statthalter um eine merkliche Summe Knechte, darunter
150 Büchsenschützen geschrieben, und auch an die Rötelischen
um 150 Knechte; wenn diese Mannschaften zur Zeit kommen,
gedenkt er sich bis zum Entsatz zu halten. Soliiche swere leuff
gelt haben müssen; dormit fürkumpt man vil und grossen schaden,
wie der Kg. besser weiss als er. 1. A.
Hauptleute, Venner und Räte zu Dornach an Solo-
thurn.
Mai 6. Heute nähern sich die von Bern von Liestall her
dem Feind. Sind ebenfalls willens, heute Sewen und Dornach
zu besetzen, auf dass die Landschaft sicher sei, bis Gott hilft.
Die Eidgen. und sonders die von Luzern haben ihre Hülfe zur
Eroberung von Pfäffingen zugesagt, sind aber ohne gross Geschütz.
Mögen daher ihr Geschütz bereit halten. Fürchten, dass der Feind
sie nirgends erwartet als in Städten und Schlössern. In diesem
Fall, wenn sie dem Feind nachziehen müssen, wollen sie von
der Mannschaft heimsenden. Der Feind ist noch zu Elatzen,
wo sie ihn aufsuchen wollen. S. D.-S.
Bern an die Hauptleute etc. des ersten und n&ch-
genden zugs zu Tornach.
Mai 6. Haben aus ihrem Schreiben ihrer aller Zusammen-
fügung, auch das Nachrücken von Luzern und Freiburg erkannt,
und da sie nun auch aus Schreiben von Schwitz und Unter-
waiden deren Nachrücken versehen, begehren sie von den Haupt-
leuten, deren Ankunft abzuwarten und sich dieses Vorteils nicht
zu begeben. Haben die, so ohne Urlaub das Banner verlassen,
wieder zurückgeschickt und dabei ihre Namen aufnehmen lassen,
um sie hernach mit der Hauptleute Rat zu strafen. B. ^L
Bern an Solothurn.
Mai 7. Zu Zürich sei beschlossen, dass die 7 Orte wieder
einen Zug ins Hegau machen sollen; und deshalb sollen die auf
dem Zuzug Begriffenen wendig gemacht sein; dieweil es nun
mi26 Witte.
nach solch seltsamen Anschlägen notwendig ist, gemeinsam zu
ratschlaj^en, bitten sie auf morgen zu rechter Ratszeit Botschaft
herzusenden.
Bern an Luzern.
Mai 6. Bedauern, nachdem zu Baden verabredet ist mit
Luzerns Hauptleuten, Venner und Räten, dass sie gen Domach
ziehen sollen, und solches von den Eidgen. auf dem Tag zu
Zürich zugelassen ist, dass die Euern solche Zusagen geändert
haben; hätten sich dessen von Luzern nicht versehen, vielmehr
gehofft, dass denen von Luzern andre Eidgen. nachgezogen
wären. Da sie nun nicht wissen, aus welchen Gründen das
geschehen, bitten sie um Aufklärung. Luzern. A.
Bern an die Hauptleute etc. des ersten nächgenden
zugs zu Tornach.
Mai 7. Schreiben über die veränderte Lage und dass eine
Beratung mit Solothurn und Freiburg beschlossen ist. Überlassen
es ihnen, einen Zug in den Sundgau und das Elsass zu unter-
nehmen, so jedoch dass nicht gebrannt, sondern gebrandschatzt
werde, wie auch die Botschaft von Basel auf dem Tag zu
Zürich erfordert habe, da Basel sonst den Eidgen. keinen
feilen Kauf zugehen lassen könne. — Gleichzeitig schreibt
Bern seinem Zusatz im Swaderloch unter Hans Kuttler, abzuziehen
und zu dem Banner in Tornach zu stossen. Jedoch soll Kuttler
sich nicht merken lassen, dass sein Abmarsch auf Berns Befehl
erfolgt, sondern erklären, dass er Bern nicht verlassen wolle, da
von den Eidgen. niemand Bern zuziehe. B. M.
Ulrich V. Habsperg, Feldhauptmann und Räte za
Glurns versammelt, an Kg. Max.
Mai 7. Die von den Bünden werden am Sonntag zu Chur
über den Auszug ins Etschland beraten und erwarten dazu die
Hülfe der Schweizer; er will am pfinztag nach dem ambt (Mai q)
mit an 6000 auf sein und auf das Oberengadin ziehen, wo an
3000 vom Bund liegen und die am Samstag angreifen; das
scheint ihm besser zu sein, als auf Prätigau etwas zu unter-
nehmen. — Der Kg. möge dann auf Constanz und Stain, auch
auf Schaffhausen zu eine Diversion machen, um die Eidgen.
abzuhalten, den Bünden zu Hülfe zu kommen. L A.
Ulrich V. Piabsperg an Hans Jacob v. Bodman, Haupt-
mann zu Feldkirch.
Mai 7. Glurns. Antwortet auf sein Schreiben, eine Bot-
schaft zu ihm hinauszuschicken, dass er am 9. Mai die Feinde
im Oberengadin angreifen will. Mag daher ain lermen auf der
staig oder in Pretigoi machen in seinem (Bodmans) Vorteil; hat
Geschichte des Schwabenkriegs. m 1 2 7
demselben Sinn an Franz Schenk und gen Landeck geschrieben;
Is er gründlich erfahrt, dass etliche vändle der Eidgen. den
inden zuziehen, mag er es eilends bei der post ihm melden. I. A.
Heinr. Gr. v. Fürstbg. an Statthalter und Räte zu Freiburg.
Mai 7. Lanser. Die Eidgen. sind heute herabgezogen von
isel und werden diesen Abend ihr Lager zu Platzheim haben
id sind 8 oder 9000 Mann stark. Demnach mögen sie von
lind an die im Breisgau, desgl. die Rötelischen aufbieten, damit
eselben mit Macht und ohne Verzug auf das stärkste gen
iuenburg ziehen, und sobald sie dort sind, ihm es eilends
richten; so will er sich mittler Zeit erkunden, wohin die
linde sich kehren, und von Stund an zu den Unsern schicken
id wissen lassen, wohin sie ziehen sollen, damit wir den Feinden
pfern Widerstand thun. — Wo ihnen gut dünkt, etliche Knechte
m Schwarzwald zu schicken, mögen sie es thun sowie den Brief
den Kg. und ihm(v. Fbg.) einen reisigen Zug eilends schicken. L A.
Heinr. Gr. v. Fürstbg. an K. M.
Mai 7, Lanser. Die Eidgen. sind 9 oder loooo Mann
irk unter Basel in das Sundgau eingezogen und haben Lager
Platzheim genommen. Er hat aber nicht über 2000 Mann zu
ISS und mit der Landschaft, dem Bi. v. Strbg. und der Stadt Strbg.
jlleicht 300 Pf. und will mit dem reisigen Zug stetigs an ihnen
ngen und leschen, wohin sie sich kehren; auch die Garde,
auf ein tagrais bei ihm und noch nicht ganz beisammen ist,
11 er zu sich bescheiden und sich von der Landschaft möglichst
rstärken, um sich dem Feind so weit es geht zu nähern. Da
in in diesen Landen der reisig Zug vast nützlich ist, bittet er
n Kg., 3 oder 400 Pferde, falls er sie entbehren kann, zu
n stossen zu lassen, oder für sich selbst etwas anzufangen,
nn si warlich mit macht hie sein und die bürde ganz auf
sem land ligt. — Mit Bezug auf sein letztes Schreiben meldet
dass die 3 Knechte sich gen Basel gerettet und wieder zu
31 gekommen sind, aber der Gr. v. Ortenberg ist umgekommen
d sein Pferd ist auf der walstatt geblieben und ihm selbst
ch eins; sonst sind viele Pferde wund, aber weiter kein Schaden
litten, — Die Büchsen aus Burgund sind gestern in Ensis-
im angekommen; er bittet den Kg. um Nachricht, ob dieselben
diesem Lande bleiben oder hinaufgeführt werden sollen, l. M.
Der Landvogt im Elsass an Kg. Max.
Mai 7. Da die Eidgen. mit merklicher Macht ins Elsass
d Sundgau ziehen, der Kg. aber auch eine merkliche Macht
isammen hat, schlägt er dem Kg. vor, Schaffhausen zu belagern ;
3 Eidgen. würden dann sicherlich aus dem Sundgau und
algau umkehren zum Entsatz von Schaff hausen; der Kg. könne
mi28 Witte.
ja, wenn sie dann heranziehen, ein oder 2 Tage vorher die
Belagerung aufheben. Die Eidgen. würden dann nicht mehr
lange zusammenbleiben, sondern sich zertrennen; und wenn sie
dann aus dem Sund- und Walgau abzögen, könnte die Land-
schaft von der Etsch wieder über den grauen Bund ziehen, desgl.
die aus Elsass und Sundgau vor Dornach und uf ir gemark.
Die Eidgen. müssten dann wieder umkehren, und der Kg. könnte
sich wieder vor Schaffhausen legen. ^Daz wurd si in sollich
müe, arbeit und costen bringen, dass sie dadurch zu grosser
Widerwärtigkeit kommen werden, und hüt man sich darmit. daz«
man on grossen forteil deji strit nit mit innen bedorft annemen.
— Der Ldvogt weiss und ist selbst mit dabei gewesen, wo der
Hz. V. Burgund von Murten abgezogen wäre nicht mehr als 3
oder 4 Meilen Wegs, so wer alle versamlupg und zuziehen
der Eignossen mitsampt inen selber nit witter im nach-
gezogen und in einem tag oder zweien alle gar ab und
uss dem lant gezogen; wenn der Hz. dann wieder vor die
Stadt gerückt wäre, wäre sie erobert und das ganze Land bis
gen Bern. 1. A.
Hofraarschall, Hauptleute und Räte im Feldlager zu
Derwilr an Statthalter und Räte zu Freiburg.
Mai 8. Dieweil jetzt der hewmonat und ernd vorhanden
ist und das gemain landtvolk disen kriegsleuffen, die sich dorch
unser bedunkens in die harr geben wellen, nit auss gewarten
und damit deshalb ein ander Volk zu Unterhaltung des täglichen
Krieges aufgenommen und die Ritterschaft so all weg das pest
getan hat underhalten wurde: ist in rat erfunden, einen gemeinen
Landtag auf kommenden Dienstag (Mai 14) zu Nacht gen
Habsissheira auszuschreiben. Mögen diesen Tag der Ritterschaft
und Landschaft zu Breisgau auch verkünden, damit sie denselben
auch besuchen. L A.
Statthalter und Räte zu Freiburg an Kg. Max.
Mai 8. Schreiben in Anlass des Schreibens von Gr. H.
v. F., das sie um 5 Uhr vormittag erhalten, um einen merklichen
reisigen Zug. Da sie trotz wiederholter Schreiben bezüglich der
800 Knechte vom Kg. weder Geld noch Bescheid erhalten haben,
haben sie dieselben nicht behalten mögen; wollen dem v. Rappol-
stein des Kgs Befehl furderlich zu wissen thun und auch dem
Kg. des harnasch halben, so pald sie den erkunden, berichten.
Des Kgs. Briefe an Gr. H. v. F., den Bisch, zu Mainz, Hz.
Georg V. Baiern, Hans Ymber v. Gilgenberg, Bürgermeister v.
Basel, haben sie zu stund auf der post zugesandt. Da sie auf
Gr. Heinrichs Befehl im Breisgau allenthalben die Sturmglocken
läuten lassen sollen, möge der Kg. den Leuten zimlich liferung
und Speis geben, damit man sie behalten mag, und daher
Geschichte des Schwabenkriegs. m 1 2 9
eilends Geld hersenden; sonst würde merklich Zerrüttung daraus
erwachsen. 1. A.
Hauptleute, Venner und Rät des ersten und nach-
gehenden Zuges von Bern zu Blatzheim
im Feld an Bern.
Mai 8. Haben sich nach ihrem Schreiben von Liestal aus
morgens gen Muttenz gefügt, wo sie vernahmen, dass die Feinde
hinter sich und gen Blotzheim gerückt seien; wir zogen ihnen
nach und als wir dahin kamen, waren sie vor 2 Stunden ab-
gezogen und als man sagt gen Habekessen. Also wollen wir
auch dahin ziehen und ob wir die Feinde noch betreten, mit
ihnen handeln nach Gebühr; ob sie aber weiter gewichen sind,
sind wir in Willen nicht weiter zu rücken, sondern wollen
Solothurn helfen, Pf&ffingen und Landskron zu erobern; wann
die erobert, wäre es Solothurn eine grosse Ruh und uffenthalt
für Dornach und die anstossende Landschaft. Bitten um der
Stadt Willensäusserung.
Nachschrift: Es sind die 3 Städte Bern, Freiburg und Solo-
thurn beisammen und etliche Knechte von Luzern mit einem
Fähnlein und wo wir alle gehorsam und gut Ordnung halten
wollen, das aber nit beschicht, so war unser für ein huffen lüten
genüg. Bern. A. U. P.
Bern ins Feld.
Mai 8. Vernehmen durch einen Ehrenmann, dass sich der
Rom. König wesentlich stärke und zur Zeit an 16000 Pferde
und 30000 Mann zu Fuss bei einander habe und der Anschlag
sei, sie hinaus in die witte zu locken und dann zu kämpfen.
Mögen demnach Sorge haben und nicht weit hinauseilen, son-
dern ob die Feinde zu Blotzen sie nicht würden erwarten, vor
Pfeffingen rücken und dasselbe mit Hülfe des grossen Ge-
schützes, das Bern auf Begehren heraussendet, erobern und
den Feind, der vielleicht das Schloss entsetzen wird, dort mit
Vorteil erwarten; denn da sie den Feind besucht haben und
derselbe sie nicht hat erwarten wollen, so ist damit Ehre genug
erlangt, sie sollen daher jetzt aus heischender Notdurft Pfeffingen
und Landskron zu erobern suchen. B. M.
Mai 10. An Solothurn: Da ihnen von den Ihren aus dem
Feld keine Verkündung geschieht, schlagen sie vor, Posten zu
errichten und haben tleshalb einen gen Frauenbrunnen und einen
gen Witelsbach beschieden, und Solothurn mag desgleichen einen
zu Balstal und einen gen Dornach ordnen. H. M.
Gr. H. V. Fbg. an Kg. M.
Mai 9. Lauterbach. Auf das Sehr, des Kgs. sich in die
4 Waldstädte zu lagern, antwortet er, dass abermals die Eidgen.
mi30 Witte.
mit loooo Mann in dem Sundgau liegen und gestern von Platzen
bis gen Habsheim gezogen sind und 7 oder 8 Dörfer verbrannt
haben. Er hat auch den ganzen Tag ob inen gehalten und
etliche, so aus der Ordnung gelaufen sind, erstechen lassen.
Wenn er jetzt aus dem Land zieht, so ist das on mittel verloren,
weshalb er im Rat erfunden hat, dass für den Kg. der Abzug
nicht gut ist. Wiewohl er des Feindes Absichten nicht kennt
und nur 2000 zu Fuss und 300 zu Pf. hat, so will er doch stets
ob inen halten, um sich ihres Vorhabens zu erkunden. So ist
auch der Sturm allenthalben in diesen Landen ergangen, und
er will sich zu Ensisheim auf das höchst starken und mit Rat
von Herrn Fridrich Cappler und andren Hauptleute sehen, wie
sie dem Feinde Abbruch thun können. Bitte um einen reisigen
Zug von 3 — 400 Pf. — Die Garde ist gestern eines Teils her
disseits Tann und die andren noch dabi komen und er mitsamt
den Räten hat darauf mit ihnen verhandeln lassen; da haben sie
ihnen zu erkennen geben, wie sie weder mit harnasch, geweren,
Geld noch andrer Notdurft versehen und auch mued wären und
dass man sie diesen Tag ruhen lasse, so wollen sie sich dennoch
heute zusammenthun und ihr Lager ^/^ Meile näher und näher,
wie si mögen, bei uns nemen. Da dieselben nun hier nichts
gewinnen oder erobern können, ihnen auch niemand liferung
gibt, so mag der Kg. Geld schicken, um sie zu unterhalten. —
Die Franzosen, vernimmt er, sitzen still und lassen sich nicht
merken, aber ain zeug mögen sie vielleicht durch Profantz auf
Mailand führen. — Er hat sein Lager auf eine Meile neben dem
Volk genommen und will also für und für neben ihnen ziehen
und mit dem reisigen zug ob inen halten, bis das Landvolk
zusammenkommt, das dann, wie er in dieser Stunde bericht ist,
vast zuzieht. Betreffs des Geldes, das er morgen den Knechten
geben sollte, hat er noch keine Antwort vom Kg. erhalten; er
fürchtet, wenn das Geld nicht kommt, dass er sie nicht aufhalten
oder irgend etwas mit ihnen ausrichten kann. L A.
Hauptleute, Venner und Räte von Solothurn im Feld,
jetzt zu Albschwil an Solothurn.
Mai 10. Nachdem die von Bern, Luzern und Freiburg den
Feind zu Blätzem gesucht, der gen Habküssen und weiter
gewichen, haben sie am letztern Ort auf denselben einen Tag
gewartet und sind dann gemeinlich zu Rate geworden, zurück
vor Ptäftingen und Lantlskron zu ziehen. Mögen eilends eine
Kartaune mit Pulver und das Fass mit den Bickeln schicken.
S. D.-S.
Caspar Freiherr zu Mörsperg an Kg. Max.
Mai II. Nachdem die Eidgen. an 4000 Mann in den
Sundgau abgefertigt, ist ihnen dann merkliche Verstärkung
Geschichte des Schwabenkriegs. niI3I
gekommen, worunter an 800 Büchsenschützen, desgl. von Kar-
taunen, Schlangen, Büchsen, um Schloss und Städte damit zu
nöten; sodann wird er berichtet, wie sie mit einer merklichen
Summ Leut und vollmächtigen Räten zu Zürich auf dem Kreuz-
tag im Mai jetzt versammelt waren und grosse Ratschläge mit ein-
ander gehalten haben, und sie sollen in ihrem Abschied beschlossen
haben, dass die 6 Orte am Montag zu Schaff hausen sein und
mit ihrer Macht gen Überlingen ziehen wollen und sollen Bern,
Solothurn und Freiburg in das Sundgau ziehen. Solches ist
seinem Schwager Schenk Cristoffel v. Limpberg durch Lux
V. Ryschach mitgeteilt, solches eilends dem Kg. gen Überlingen
und dessen Hauptleuten zu verkünden. — Wiederholt in Anlass
des Zuges der Eidgen. in den Sundgau den Vorschlag, einen
Streifzug ins Türgow zu machen, das würd ein gross geschreig
in das land bringen. Wiederholt seinen Vorschlag bezüglich
Schaffhausens, dan wo man si mit einem Unwillen und mit einer
widerwertickeit von einander zertrennen und zu einem abzug
bringen m6cht, soll der Kg. gewiss sein, das si ire halbe macht
verloren haben, und wo danach der Kg. wieder vor Schaff hausen
rückt, zweifelt er nicht, der Kg. werde es ohne Not erobern.
— Bitte um Geld zur Bezahlung der Knechte. I. A.
Gr. H. V.- Fbg. an Kg. Max.
Mai 12. Auf das Sehr, des Kgs. vom 8. Mai aus Tettnang,
worin der Kg. mitteilt, dass er an Bischöfe und Städte der
nidern verein geschrieben, dem Grafen mit aller Macht unter des
Reiches Banner, das er demselben zuschicken wolle, zuzuziehen,
hat er dem Kg. 2mal geschrieben, wie die Eidgen. fliichtiklichen
für Basel hinausgewichen und heimgezogen sind. Darum bedünkt
ihn und die andern Räte nicht gut zu sein, des reichs panier
herzuschicken, da aus diesen Landen gegen das gebirgige Gebiet
der Eidgen. nichts fruchtperlichs gehandelt werden mag, so dass
der Kg. dasselbe besser da oben, wo grösseres und tapfereres gegen
den Feind vorgenommen werden kann, bleiben lasse. Die 8cK) ll. zur
Bezahlung der Knechte hat er erhalten; wenn er sie auch damit
nicht zufrieden stellen konnte, so hat er doch sonst so viel auf-
gebracht, dass sie gänzlich bezahlt sind; bittet den Kg., den
Übcrschuss, nämlich 200 11. und 300 fl. so er zu der ersten
Bezahlung der 2 fl. auch entlehnt hat, zu schicken, damit er das
zurückzahlen kann, sowie das Geld, da^ er den Knechten Freitag
über 8 Tage zahlen muss. — Insofern der Kg. schreibt, dass
dem Hofmeister zu Unterhaltung der Königin und ihm, damit
er den Knechten die ander bezalung machen kann und die
Garde unterhalte, vom Schatzmeister Balthasar Wolf 5000 11. und
von Jobst Assaert 3000 11. geschickt worden sollen: von dem
Geld hat er noch nichts erhalten, glaubt auch, dass der Königin
wenigstens 1000 fl. gelassen werden müssen; für die Garde sind
mi34 Witte.
und Verwandten, wo sie die ausserhalb der Stadt beträte, vom
Leben zum Tode bringen wolle, mit Bitte diese Klagen abzu-
stellen: antworten sie, dass sie der Sache kein lauter Wissen
haben, aber in lantmannswise gelangt an sie, wie etwan vil so
in der Stadt gesessen, mit den Eidgen. jetzt ins Land gezogen
sind, denselben brofant und Notdurft zugeführt, den Raub aus
dem Lande zu treiben verholfen haben, worüber die armen,
schwer geschädigten Leuten vielleicht Verdruss haben. Wollen
sich aber danach erkunden. Basel. A. Ober Basels zweideutiges
Spiel vgl. Berns Schreiben vom 7. Mai und passim.
Des Königs Räte zu Überlingen an die kgl. Räte
am Hofe.
Mai 13. Antworten auf das kgl. Schreiben, mit dem zu-
gezogenen Volk von Constanz gegen den Feind zu rücken,
nachdem derselbe von Stockach gezogen ist, dass nachdem
die Schweizer in den Sundgau gezogen sind, Gr. H. v. F.
mit seinem Zug und Herr Matiss v. Castellwartt mit denen aus
dem Breisgau wieder zurück in den Sundgau gezogen sind;
desgl. hat Hz. Ulrich v. Wirtembg. in seine Schloss her zuziehen
lassen zu Ross und zu Fuss an 5000 stark; derselbe will auch
nicht mehr verordnen und anders als in seinen Schlössern nur
mehr 100 Pf. und 500 zu Fuss brauchen lassen. Deshalb
können sie einem solchen Anschlag nicht nachkommen, denn
sie haben nicht mehr Mannschaft, als wie der Kg. durch ihre
Botschaft vernehmen wird. Mögen daher verhelfen, dass der Kg.
sich fürderlich zu den Fürsten verfüge und solche Massregehi treffe,
dass man an einem Tage dem Kriege ein Ende mache;
denn ohne das besorgen sie, dass der Kg. um Land und Leute
kommen muss; denn also zu liegen werden die Fürsten und
andre des sweren langwierigen costen unwillig und mag niemand
erswingcn. — Die Würtembcrger haben sich des begeben und
wollen in derselben Stärke dazu kommen, wenn man mit den
Feinden schlagen will, l, A.')
Sitzung des Rates zu Bern.
Mai 18. Gedenk an den knecht von Zürich von der werten
wägen wider min hern geredt.
Dtisd. was der Schultheis Seiler geredt hat: sie bedörfen
miner hern nit.
Zu Ure ouch angezogen: die beid stett (Bern u. Freiburg) sien
gut ein flucht zu machen und haben min hern ir paner verlorn.
Ouch von dem geenderten abscheid durch die von Zürich
hinderrucks miner herren botten. Darzü die worte und belad-
nüssc: kistenveger, schelme und anders.
Ouch von der teilungen wegen der büchsen und anders.
Bern. Ratsmanual.
>) Über die Zc\t i\\\^c\v^iv ^\^\ \"J> >i:^^ ^'^ '^'^^'^^ ^^^iVvVtUjj^e,
/
Geschichte des Schwabenkriegs. IBI35
Solothurn an Basel.
Mai 20. Wiederholen ihr Begehr, ihre eigen Leut in Basels
"^T'i'schaft gesessen unbeschwert und mit Solothurn reisen zu
iass^n und dieselben so zu halten, wie Solothurn Basels Eigen-
'eiate hält. S. M.
Jakob Ysenle Vogt zu Vamsberg an Basel.
Mai 20. Zweifelt nicht, dass die Stadt weiss, wie viele der
^^^'^cn mit den Eidgen. hinabgezogen sind, und sah etliche sich
"^ Rühmen, dabei gewesen zu sein, als der Herr von Ortenberg
^^^^gekoramen ist. Fürchtet daher, wenn die Städte Laufenburg,
^^^^kingen und die am Wald diese Dinge inne werden, dass die
^ ^schuldigen der Schuldigen entgelten müssen. Desgl. so reden
^^e unseren, ein Teil Räte sei österreichisch und wolle den
^ Eisern, die mit den Eidgen. gelaufen sind, das ir nehmen, »so
^'^tjnd wir inen helfen und welle das nit dünd, die sint nit unser
^iunt.« »So redet die erberkeit, wir send uns iren nuczit an-
lernen, diewil und si uiber alle verbott miner herren sind hin-
^*eg geluifen.« Besorgt, dass allerhand Widerwärtigkeit darüber
Wachsen wird. Bittet daher um Instruktion, wie er handeln soll,
denn ihm widerfahren viel Widerwärtigkeiten von den unsern,
will aber jetzt schweigen, bis die Läufe besser werden, wiewohl
wenn dem also wäre, wo man von ihm sagt, er wenig Ehren
wert wäre. Basel. A.
Heinrich Gr. v. Fürstenberg an K. Max.
Mai 20. Altkirch. Anlässlich des kgl. Befehls sich mit seiner
gesamten Streitmacht gen Hüfingen zu fügen, hat er kürzlich
dem Kg. geschrieben, dass die Eidgen. noch stets an den
Grenzen liegen, weshalb er sich um die 4 Waldstädte oder in
diesen Landen aufhalten muss, da sonst das Land einem Einfall
der Eidgen. offen läge. Bittet den Kg., das nochmals zu
erwägen; er will sich auch morgen früh gen Ensisheim begeben,
woselbst das Landvolk bei einander ist, und wird der laudtag
entlich besliessen, was in diesen Läufen geschehen solle. —
Ludwig, Herr Johansen Beyers Sohn, ist zu ihm gekommen und
wünscht Eintritt in das kgl. Hofgesind und begehrt nicht mehr
als der Kg. anderm Hofgesind gibt; empfu'hlt ihn dem Kge.,
zumal derselbe auf 4 oder 5 Pferde gerüstet ist. — Ferner liegen
etliche Knechte, die Küssenberg schändlich übergeben haben, zu
Waldshut gefangen; also hat er mit dem Landvogt verlassen, dass
er 5 oder 6, so am meisten Schuld daran haben, ihr Recht
widerfahren lässt; was mit den übrigen geschehen soll, darüber
erbittet er Befehl, meint aber, dass auch sie Exempeis halber
zu bestrafen wären. — Da der Kg. jetzt ein Heer auf die vom
Grauen Bund aufgerichtet hat, scheint es ihm geraten, wenn der
Kg. sich gen Constanz oder Umgegend begibt und ein Heer
mißö Witte.
vom Reich und dem Bund und andern im Hegau gegen Schaff-
hausen oder Stein versammle. — Rudolf v. Blumeneck will
seines Amtes halb nicht länger in Waldshut bleiben; der Kg.
möge ihm einen gnädigen Brief schreiben, dass er Geduld
habe. S. A.
Bern an Unterwaiden und Switz.
Mai 20. Wiewohl die Ihren von Stadt und Land vast beladen
und ihnen viel unfreundliche Wort und Meinungen begegnet sind,
sodass sie in Willen gewesen sind anheimsch zu bleiben, da sie
bisher für ihre Hülfe wenig Dank und von etlichen nicht den
minsten erlangt haben, so wollen sie dennoch in Anbetracht der
alten Freundschaft Unterwaiden eine erbar Anzahl der Ihren,
sobald das sein mag, zusenden, wenngleich der beabsichtigte
Zug weder zum Frieden noch sonst fruchtbar sein, hingegen vor
eine Stadt oder ein Schloss am Rhein zu ziehen viel nützlicher
sein würde. B. M.
An Freiburg: Mitteilung hiervon.
Mai 19. Man soll an Stadt und Länder melden, dass Bern
von den 3 Orten gemahnt ist und wegen alter Freundschaft das
nicht abschlagen kann. Ratsman.
H. Gr. V. Fbg. an Kg. Max.
Mai 2 1 . Ensisheim. Des Kgs. Herold Fugidor hat ihm mit-
geteilt, wie er von dem v. Vergi zu König Max geschickt sei
zu sagen, dass der Kg. von Frkr. sein Geschütz von Disinon
und Ason (Auxonne) den Eidgen. zuschicke, dass auch der Kg.
von Frankr. vast krank und der von Waldroxant gestorben, und
der von Cleve zum Gubernator des Hzogt. Burgund gesetzt
sei. I. A.
Gr. Heinrich v. Fbg., Wilhelm H. zu Rappoltstein
und Conrad Stürtzl Kanzler, Statthalter, Hauptleute und
Räte zu Ensisheim an Statthalter und Räte zu Freiburg.
Mai 22, Haben auf vergangnem Montag einen Landtag gea
Ensisheim erfordert und wegen der 2000 Knechte verhandelt und
den Landtag bis heute aufenthalten und so lange und so hoch
ersucht, dass die Landschaft zum 25. Mai 1000 Knechte aus
innen, die besten geschickten gesellen so si under inen in der
landschaft haben, außzichen und in das Feldlager gen Altkirch
»auf daz bas gerüstet so si in vermügen« schicken und dieselben
2 Monate lang im Land auf eigene liferung und Besoldung
halten will, auch zugesagt hat, dass wenn der Glockensturm
angeht, man sich wie im Breisgau verhalten und mit ganzer
Macht zuziehen wolle. Haben auch mit der Ritterschaft beson-
ders verhandelt, dass sie diese Nacht wieder ins Feldlager gen
Geschichte des Schwabenkriegs. mi37
ilädrcb kommen und daselbst das Beste für Laad und Leute
ffirzOnemen helfe, aber uachdem er ihuen auf dem letzten Tag
KUgesagt hat, den Sold zu zahlen, für jedes Pferd 3 ß., und nun
»weder Geld gekommen ist, noch der Kg. mitteilt, wie er die
Kilterschaft fArter unterhalten will, so hat sie darüber Beschwerde
gehabt und nach vieler Ersuchucg zugesagt, bis zum 24, Mai la
dienen; und so sie ihren verlautenen Wochensold erhält und des
k^l. Willens Bericht empfangt, so ist sie zu allen Diensten
bereit. ^ Bitte um Geld gen Ensisheim. — Femer ist not-
wendig, nachdem sie nun die ganze Ritterschaft aufgeboten
Ilaben, doch mit der erbietung, daz wir uns mit inen vertragen
wellen , dass sie wissen, auf was meinung oder wie das be-
schchen: was von Kg. Mt. derhalben zugeschickt, das uns
daz eilends zugeschickt und nit verhalten werde. - Mögen aacb
bei den Breisgauem darob sein, dass sie ihre lausend Knechte
lom 26. Mai zu Rheinfelden bei den Hauptleuten und andern,
K) von ihnen da sein werden, haben und dass das Volk mit
Hauplleuten von Adel und sonst redlichen Personen versehen
werden. — Da sie mancherlei Argwohn von denen v. Basel ankommt,
haben sie dieselben beschrieben, und es sind beide, Bürger-
meister und oberster Zunftmeister, zu ihnen gekommen, von denen
günstigen Bescheid erhalten haben, sodass sie volles Ver-
bauen zu ihnen haben, iwiewol gilt wer, das sich K. Mt. etwaz
xfi pessening schickte.
Vom 24. Mai zedula Fürstenbergs: Die freien Knechte
haben einen Anschlag gehabt auf 3 Thäler so Bern und Solo-
gehören, die zu slilfcn und zu verbrennen, aber unterdessen
ist ihnen wahre Kundschaft gekommen, wie die Eidgen. an 800
stark in einem andern Thal liegen; also sind sie stracks dahin-
gezogen, haben aber niemand gefunden, sondern nur vernommen,
dass die Eidgen. beabsichtigt hätten, dort zu Mittag zu essen,
ilätten aber dann Warnung erhalten. Die Knechte haben dann
4 grosse Dörfer, desgl. viel Koin und alles so da gewesen, in
Grund verbrannt. 1. A.
Statthalter und Räte tu Fteiburg an Herrn Reiuprecht
V. Reyhemburg und Hans Jacob v. Bödmen.
Mai 14. Haben ihr Schreiben an Gr. Heinr, v. Fürstenbg.
demselben auf der Post sofort zugesandt und ebenso an Strass-
boTg nm Büchsen, Pulver und andres, wie ir anzaigt, geschrieben
und die Stadt gebeten, soihs alles am i. Juni zu Tuttlingen zu
baben. I. A.
Ulrich Küffer an Solothum.
Mai 24. Wenn es ihnen nicht zuwider ist und sie etlichen
Knechten «inen viertail von dem Schalk (derselbe war also
gevierteilt) geben wollten, meinten sie es gea Säckingen an
mißS Witte.
das Thorhäusel zu henken mit folgendem Spruch, den er dazu
geschrieben :
Ich bin Hans zu der Tannen,
Zu Solothurn und Gösskon sind mir die nöstel also gespannen,
Dass ich zweifachen Sold bar hab empfangen.
Wollt ich Euch von Säckingen unverkündet nicht lassen,
Ob sich jemand um den Sold auch wollte machen auf die Strassen.
S. D.-S,
Heinrich Gr. v. Fürstenberg und Fridrich Kappler
an Statth. und Räte zu Freiburg.
Mai 25. Altkirch. Haben im R|it erfunden, dass Gr. Hein-
rich mit den freien Knechten, auch der Städte Strassburg, Colmar
und Schlettstadt Leuten zu Ross und zu Fuss, desgl. mit
500 Pferden von der Garde die Schlacht, so die da oben fur-
zünemen undersleen, nachdem vil daran gelegen ist, vollbringen
helfen, und bitten, ihre Meinung bi tag und bi nacht zu ver-
künden, denn sie warten darauf; und falls ihnen solcher Zug
gutdüukt, sollen sie das seinem Bruder (Gr. Wolfgang v. Fbg.) ver-
künden; Gr. Heinrich wird am 30. Mai zu Abend gen Waldshut
kommen, wohin derselbe ihn aller beschaid wissen lassen soll. So will
Fridr. Capeller mit des Bi. v. Strbg. Reisigen, auch der Garde,
die noch an 600 Mann stark ist, mitsamt der Ritterschaft und
den 1000 Knechten, so heute von der Landschaft im Lager sein
werden, hier bleiben, und sie sollen die aus dem Breisgau gen
Reinfelden bestimmten 1000 Knechte hieher verordnen, da
Capeller alsdann hier etwas unternehmen will. Falls ihnen der Zug
aber nicht gutdünkt, sollen sie das dem Gr. Wolfgang mitteilen
und wie früher geschrieben, die 1000 Knechte aus dem Breisgau
in der That gen Reinfelden entsenden. Wenn Gr. Heinrich
heraufziehen soll, wird er 2000 Mann zu Ross und zu Fuss stark
sein und 1 2 Schlangen haben.
Zu Freiburg war man mit dem Zug laut Notiz auf dem
Schreiben einverstanden. L A.
Bern an Freiburg.
Mai 25. Wiewohl sie sich gestern auf Freiburgs Anbringen
mit dem grossen Rat vereinbart hatten, den Kidgen. Zuzug zu
thun, in der Zuversicht, dass nach Abzug der Feinde sie weiterer
Sorge überhoben wären, so haben sie jetzt dennoch auf Meldung
von merklicher Häufung des Feindes beschlossen, am 27. Mai
in das Münsterthal und von da in die Grafschaft Pfirt zu ziehen,
und bitten um ihren Zuzug.
Desgl. an Solothurn.
Desgl. an demselben Tage an den Altvenner Hetzel auf
der Tagsatzung zu Luzern und an die Eidgen. im Feld. Hin-
zugefügt ist noch, dass die Absicht der Feinde wäre, wenn
Geschichte (les Schwabenkriegs. oai39
Berns Mannschaft ausgezogen, dann in die Landschaft gen Btugg
einzufallen. B, M.
Mai 24. Münster an Bern: melden, dass der Feind sie am
Mittwoch angegriffen und 4 Dörfer verbrannt hat. Erhalten
taglich Warnung, dass derselbe beabsichtigt, die Münsterer
Propstei gänzlich mit Brunst zu beschädigen. Bitte um Hülfe,
da sie alles darum leiden müssen, weil sie Berns Bürger sind.
Desgl. Münster an den Vogt zu Nidau, Caspar vom Stein:
Von Delsperg ist Warnung gekommen, wie ein grosser Zug zu
Pfirt und Mörsperg liege, um in das Münstei'thal zu ziehen und
es zu brennen. S. D.-S.
Hauptmann, Bürgermeister und Räte zu Stein an
Schaffhausen.
Mai 27. An 600 Knechte von der blutharsch sind aus dem
Heere gen Stein gekommen und sagen, dass die Eidgen. noch
vor Stockach liegen und grossen Mangel an Speise haben und des-
halb grossen Unwillen, dort länger zu bleiben; es werde von dem
gemeinen Mann geredet, wo man inen nit züfure spiß und trank,
so wellen si lenger nit da bliben. Haben sonst weder von
Zürich noch von andern Hauptleuten Nachricht darüber. Die
Knechte reden auch, um dem Heere Speise zuzuführen, brauche
man 800 bis 1000 Mann; sie selbst seien von den Rittern ernst-
lich angefochten und bis Stein verfolgt. Schaffhausen. A.
Solothurn an Meier und Rat zu Tellsperg.
Mai 27. Da die von Bern heute mit ihrem Fähnlein und
merklicher Zahl Leute ausziehen, in der Absicht ins Munsterthal
und die Grafschaft Pfirt zu ziehen, und sich zu Zeiten die fri
harsch und andre mutwillige Knechte nit aller gehorsamst
erzeigen, so erscheint Solothurn geraten, dass Delsberg seine
vernünftig Ratsbotschaft denen von Bern entgegenschickt, so
zweifelt es nicht, der Stadt werde anders nicht als günstlicher
Wille erstattet, und ob daruf an uch einicherlei, daz uch zu
beschirmlichem ufenthalt on abbruch iemends hcriikeit diente,
gesucht wurde, dazu mag es gcbürlich Red und Antwort
geben. S. M.
Der Ritter v. Mafimünster an Kg. Max.
Mai 27. Ist heute mit einer Credenz von Gr. Ilrinrich v.
Fürstenberg gen Cberlini^en gekommen und ist das die Werbung,
dass die Garde zu nichts zu brauchen i^t, sie wolle zuvor für einen
Monat Bezahlung; ebenso hat der Graf den freien Knechten am
IG*
mi40 Witte.
Freitag ihren Sold nicht zahlen können. Er hat noch viel mehr
zu werben; dieweil aber man hie die veint vor äugen findt mit
der macht und man sich versieht etwas mit inen furzonemen,
wil er am besten darauf verharren. Wünscht möglichst bald
wieder im Sundgau zu sein der geslossen nf dem Blawen halb.
Bittet um 200 fl. uf sein pferd, sonst kann er dort auch nicht
bleiben. I. A.
H. Gr. V. Fbg. an Statthalter und Rate zu Freiburg.
Mai 27. Altkirch. Wird mit seinem Corps diesen Abend
zu Jetinge n, morgen zu Bratein, am 29. Mai zu Sekkingen und
am 30. Mai Abends zu Waldshut sein, und kann vorher nicht
hinauf kommen. Da sich nun Mängel und Nöten dieser Lande
erneut haben, rät er dem Statthalter an den Kg. zu schreiben,
wenn das Schlagen droben vergangen oder die Feinde wieder
abgezogen sind, dass der Kg. ihn dann wieder herabziehen lasse ;
denn wo das nicht geschehen und diese landt mit 1500 oder
2000 Mann überzogen würden, so stünden die, nachdem das
Landvolk sunst erschrocken ist, in grossen Sorgen. — Loys de
Vaudre ist heute bei ihm gewesen, und hoffentlich wird derselbe
jetzt mit seiner Gesellschaft an 400 Pferde stark mit ihm ziehen;
von den andern Hauptleuten kann er nichts andres erlangen, als
dass sie noch 3 Tage verziehen wollen, und wenn ihnen inzwischen
nicht Geld wird, wollen sie wieder hinter sich ziehen. Die von
der Ritterschaft wollen auch nicht länger bleiben, als bis heute
über 8 Tage, es werde ihnen denn Geld; sie sagen mit Recht,
es sei weiter in ihrem vermögen nit. — Statthalter, Hauptleute
und Räte werden auch die 8 Tage hier bleiben, und es sind
also alle Schreiben hierher zu richten. Falls mittler Zeit der
Ritterschaft halb kein Bescheid kommt und der Statthalter sie
weiter im Lager behalten will, so sollen ain oder zwen von euch
ins Lager kommen, mit ihnen zu verhandeln, dass sie noch ein
Zeit Geduld haben. L A.
Fridrich Bock Meister und Rat zu Strbg. an Statt-
halter und Räte zu Freiburg.
Mai 27. Antworten, dass sie dem Kg. bereits über ihr
Vermögen gedient haben; dazu haben sie demselben eine merk-
liche Summe Pulvers mitgeteilt; ihr übriges Pulver und Büchsen
haben sie teils auf ihren Schlössern und Flecken zur Armirung
und was sie sonst noch haben, brauchen sie, um Strbg. selbst
zu behalten. 1. M.
Solothurn an Basel.
Mai 2S. Als die von Bern, Luzern, Freiburg, Biel und sie
mit ihrer aller offen Zeichen jetzt um Basel im Feld gewesen.
Geschichte des Schwiibenkriegs.
■ind etliche Knecht an ihre grendel gekommen und haben Ein-
lass begehrt, um ihren Pfennig zu essen und zu Irinken. Die-
selben sind von denen, die unter den Thoren gehütet haben,
ibgewiesen und besonders durch einen, genannt Brattcnler,
Schulcheiss in der mindern Stadt, öffentlich gemündt und au-
, gezogen, dann sj wollents von uns von Sololurn nit liden. Solche
Schmach, dasa sie oder die Ihren vor andern laut bescbrüwen
igerogen werden, geht ihnen und besonders dem gemeinen
Volk zu Stadt und Land nicht klein zu Herzen, da sie weder
Basel noch dem Brattenler Ursach gegeben haben , sie von
den Eidgen. zu sondern, zu schmutzen und öffentlich zu berufen;
und ob ihnen auch einer der Ihren (von Solothum) cinichorlei
lUniucbt tugefügt hat, so ist Solothurn solches verborgen und
es um Strafe nicht ersucht. Nun haben S.s Hauptleule im Feld
'.■u Platten dem Zunftmeister Peter Offenburg solche berüffung
vorgebracht und der hat solche Klage angenommen. Bitten
den Brattenler zu strafen und ihnen seine Strafe kund zu
tbun. S. M.
Bern an Basel.
Mai 28. Vernehmen, wie der Feind an Basel Werbung
fctban, ihm Liestall, Waidenburg und andere Orte ihrer Land-
schaft wider sie und die Eidgen. zu offnen und dass dem Feind
darauf nachlassung geschehen sein soll. Wenn sie dem auch
zunächst keinen Glauben schenken wollen, so bitten sie Basel
doch, die den Eidgen. gemachten Zusagen zu halten.
An Lieslall und Waidenburg: Haben von ihren Hauptlenten
vil gÖtz willens und fruntlicher bewisung denselben durch sie
geschehen vemomromcn, und da sie von allerlei ungebürlicher
Handlung etlicher untogenlichcr Personen vernommen haben,
bitten sie das solchen zuzumessen; wenn Bern deren Namen
nur erfahren könnte, so würde angemessene Strafe erfolgen.
iMftteilung von jenem Gerücht. Bitten, ihre Orte gemäss dem
Zusagen ihrer Oberkeit dem Feinde nicht zu öffnen.
Gleichzeitig Schreiben an den Hauptmann Niciaus «ur
Kinden: Haben von der Botschaft aus Burgund, von dem
Berm von Varenbon und andern verslanden, dass im Sundgau
an 1500 reisiger Pferde und viel zu Fuss vorhanden und daxu
die Landsassen daselbst und im Elsass all anheimscb und
beschieden sind, denselben platz zä behüten. Bei seiner kleinen
^«hl mag Gl sieb daher nicht zu weit hinausthun. sondern in
dem Gebirg und auf den rick und passen bleiben und die ver-
üben.
Mai ag: an Lieslall und Waldenbnrg: Vernehmen, wie 6000
Feinde gen Muttenz gelagert sind und beabsichtigen bi uch zu
Eilten um nähere Mitteilung; sind bereit, Leib und Gut
10 ihnen zu setzen.
ini42 Witte.
Desgl. an die Hauptleute ins Feld.
Desgl. an Sölothurn, dass die Hauptleute Befehl haben,
getreu Aufsehen auf sie zu halten.
In der Nacht schreiben sie nochmals, dass denen von
Liechstall von denen von Basel begegnet ist, woran sie kein
Gefallen haben. Sölothurn mag gut uffsehen haben und wenn
es notwendig erscheint, beide Plätze mit einem Zusatz
versehen.
An Liehstall und Wallenburg ebenfalls in der Nacht: Nach-
dem Basel ihnen den z&m aufgelegt und alle entschÄttung
abgeschlagen hat, erbietet sich Bern zur Hülfe.
Juni 2. befiehlt Bern den Rückzug, da die Eidgen. ans dem
Feld gezogen und zu versehen ist, dass der Feind sich wider
die Berher wenden wird, die dem Feind an Zahl und Geschütz
nicht gewachsen sind. B, M.
Bern an Luzern.
Mai 29. Die gen Auxonne zur Erkundung des Geschützes
ausgefertigten Boten sind zurückgekommen und haben laut bei-
liegendem Zettel erzählt, was sie an Artillerie gefunden. Bezüg-
lich der Fertigung des Geschützes hat der Prinz darauf hin-
gewiesen, dass es dem Erzherzog (Philipp) ungebürlich sein würde,
solches Geschütz wider seinen Vater durch die Grafschaft
passieren zu lassen. Der Transport ist nach den Boten ausser-
dem mit geringeren Kosten durch das Herzogtum Savoyen zu
bewerkstelligen. B. M,
Liestall an Bern.
Mai 30. Erwidern, dass ganz nichts an dem ist, sondern
dass Basel sie hält als lieb Herren mit allen freundlichen Er-
bieten und tröstlichen Zusätzen, Leib und Gut zu uns zu setzen,
und besonders ist Basels Befehl, Bern als lieben Eidgen. und
Nachbarn Liebe und Freundschaft zu beweisen.
Sölothurn an Bischof v. Basel,
Mai 30. Sind durch die Kriegsverhältnisse dazu gezwungen
worden, das Städtlein Laufen zu ihren Händen zu nehmen, und da
nun leider ietz allenthalb in den gemeinden nit uberige gehorsame
wurt erfunden werden, damit der Bi. dann von den Eidgen. der
Nachrede vertragen bliebe und seine armen Leute desto besser von
Freund und Feind beschirmt werden möchten, so bitten sie,
solches ihr Fürnchmen geschehen zu lassen Und deshalb unklai:-
bar gegen irgend jemand in Frieden zu leben. Wollen dann
nach dem Frieden ihm das Städtlein wieder zu Händen
stellen. S. M.
Geschichte des Schwabenkriegs. 1^143
Der Eidgen. von Städten und Ländern Hauptleute,
jetzt zu Schaffhausen, an Bern.
Mai 30. Bestätigen Empfang der Entschuldigung ihres Aus-
bleibens. Also sind wir jetzt abermals im Hegau gewesen und
baben allda den Feind gesucht und ernstlich auf ihn gestreift
und gebrannt und wiewohl er nach gemeiner Rede stark zu
Ross und Fuss ist, so hat er sich doch nicht blicken lassen.
Darauf sind sie auch aus dem Feld gezogen und Zürich wird
zu weitern Beratung jetzt einen Tag anberaumen. Unter Ludwig
Seilers Insiegel. S. D.-S.
Vogt zu Honburg an Basel.
Mai 30. Also sind die von Bern mit 2500 Mann aus-
gezogen und die von Solothurn mit 600 in den Frygen Berg
und die Eidgen. sind zu Luzern bei einander gewesen. Da hat
eine Botschaft des Hz. v. Mailand Geleit begehrt zum röm. Kg.,
das ihr zugesagt ist. Auch Basels ist gedacht: gehe es ihnen im
Oberland wohl, so müssten die von Basel ihnen helfen, die
Städte am Rhein niederzuschiessen oder sie wollten ihnen das
Land einnehmen. Sie reden auch fürwahr, dass sie das Korn
in dem Frickthal schneiden wollen. Basel. A.
Wolfgang Gr. zu Fürstenberg, Landhofmeister, an des
Bundes Hauptleute und Räte zu Überlingen.
Mai 31. Hüfingen. Als er kürzlich von dem Markgrafen
(Christof) und ihnen geschieden ist, um Hz. Ulrichs gezug,
desgl. seinen Bruder, auch die vom Sundgau, Breisgau und Elsass
zu empfangen, teilt er mit, dass Hz. Ulrichs Volk in der Nacht
und heute zum Teil gekommen ist und noch daher zieht, und
er ist heute gen Hüfingen geritten und hat da derer von Sund-
gau, Breisgau und Elsass Hauptleuten üwer mainung zu erkennen
gegeben, nämlich dass sie einen Monat mit den andern ziehen
sollen. Solches haben die Hauptleute an ihre rotmaister und
waibel gebracht und von diesen die Antwort erhalten: sie sicn
allain ussgeschickt die belegerten zu Stockach helfen zu retten
und weder mit zelten oder ander in veld gehurig fürsehn, ain
iDonat in veld zu bliben, darumb si solicher begere nit stattün
konden. Er will jedoch seinen Bruder, den er stündlich erwartet,
und den von Castelwart zu Hülfe nehmen und hofft, doch die
Leute dazu zu bringen. Mögen ihm von stund an mitteilen, uff
welchen tag er uff sein und an welche malstatt er ziehen soll,
so will er Hz. Ulrichs gezüg, desgl. seinen Mrudcr und die von
Sundgau, Breisgau und Elsass mit sich nehmen. Ihre Antwort
erwartet er hier zu Hüfingen, l, A,
mi44 Witte.
Graf Heinrich v. Fürstenberg an Statthalter und Räte
zu Freiburg.
Mai 31. Waldshut. Heute im Feld, als er für Waldshut
hinaus gen Fuetzen solt, hat er 2 ihrer Briefe mit eingelegter
Kopie des Schwäbischen Bundes an Herrn Cunrat v. Schellen-
berg und der Statthalter und Räte zu Altkirch Schreiben an sie
erhalten. Bezüglich des Abziehens hat er vor Ankunft ihrer
Schrift von niemand Bericht empfangen; darumb er von stund
wider umbgekert hat und mit dem zewg auf ihren Rat her-
gezogen ist. Und so sich nun die Räte zu Altkirch hoch
beklagten und eine Warnung über die andre erhalten, weiss er
nicht, wie er sich furter halten soll, und hat deshalb den Räten
von Überlingen, auch seinem Bruder und Cunrat v. Schellenberg
um Bescheid geschrieben. Bittet sie ebenfalls, auf der Räte zu
Altkirch Begehr ihr Gutdünken on alles verziehen ihm zu
berichten, damit kein Versäumnis daniden geschieht, und wie er
sich halten soll, damit dem Kg. kein unwiderbringlicher Schaden
daraus erwachse. I. A.
Peter Offenburg an Basel.
Mai 31. Als er gen Reinfelden gekommen ist, befand er
allerlei, so durch Liestal gegen Reinfelden gehandelt sein soll,
weshalb zu besorgen, dass seinem Auftrag dadurch etwas Behin-
derung geschieht. Der Zug, so heruff gezogen, hat sich gewent
und zieht wieder herab enet Rheins ob Rheinfelden. Der von
Strassbg. sind etliche zu Rheinfelden und die welsche Garde zu
Swerstat und alle in Willen morgen zu Nacht um Rheinfelden
zu lagern. Basel. A.
Jakob Ysenle, Vogt zu Farnsperg, an Basel.
Juni I. Vernimmt durch den Vogt zu Frick, wie die freien
Knechte noch zu Laufenburg seien, und wehren die von L. so
gut sie können und wollen sie nicht hinüberlassen; aber die
von Strassburg und andere, so auch hinaufgezogen sind, werden
morgen zu Laufenburg durchgelassen werden; dieselben drohen
uns auch vast und werden alle wieder gen uns herabziehen,
denn die Eidgen. sind aus dem Hegau auch wieder heim-
gezogen. Zudem so sind die von Säckingen heute auch heimlich
ausgezogen; können noch nicht erfahren, wohin dieselben gerückt
sind. Basel und ihnen wird so gar merklich gedroht, dass sie
husen ganz nicht zufrieden sind; denn wahrlich sagt er ihnenü
dass ihm eine Warnung über die andere kommt und er ist z,
vil dorecht, wie er sich darin schicken soll, damit er kein uiber-
hesplin macht. Basel A.
(Fortsetzung; folgt im nächsten Bande.»
t
STANFORD UNIVERSITY LIBRARIES
STANFORD. CALIFORNIA
9450';