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Full text of "Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins"

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Zeitschrift 

für  die 

Geschichte  des  Oberrheins. 

Neue  Folge.     Band  XIV. 


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Zeitschrift 


für  die 


Geschichte  des  Oberrheins 


herausgegeben 


von  der 


Badisehen  Historisohen  Kommission. 


Neue  Folge.    Band  XIV. 

[Der  gaiuen  Reihe  53.  Band.] 


Karlsruhe. 

J.   Bielefeld's  Verlag. 

1899. 

3S8ST  005 


e,  "''"£3''°'x'?^^V>■?.\■5>'ä 


STANFORD  UNIVCRSITY 

IRARIES 

JÜN^SSl 


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Inhalt. 


Seite 


Bericht  über  die  siebenzehnte  Plenarsitzung  der  Badischen  Historischen 

Kommission  vom  21  22.  Okt.  1898,  erstattet  von  dem  Sekretär 

der  Kommission i 

Grandidiers  Urkundenbehandlung,  von  Harry  Brcsslau     ....  9 

Ulrich  von  Richental,  von  Konrad  Bcycrlc 13 

Gräfin  Guta  von  Wertheim,  von  Pctcr  Albert 28 

Der    Strassburger    Stadtwechsel.      Ein    Beitrag    zur    Geschichte    der 

ältesten  Banken   in  Deutschland,   von  Julius  Cahn  ....  44 

Urkundliches  über  Colmarer  Maler  des  15.  Jahrhunderts,  von  Eugen 

Waldner 66 

r>er  Sturz    des  Mainzer  Oberhofmarschalls   Joh.    Christ,    von    Boyne- 

burg  von  Karl  Wild  (Schluss) 78 

Zur    Geschichte   der   badischen    Presse   in   der   Rheinbundszeit,   von 

Karl  Obser 1 1 1 

Die  Schlacht  zwischen  Caesar  und  Ariovist,   von  Jo.  von  Schlum- 

berger 169 

Die    Kostenrechnung   einer  bischöflich>strassburgischen  Gesandtschaft 

an  die  Curie,  von  Hans  Kaiser .         181 

Zur     Biographie    des    Dichters    Valentin    Boltz    von    Ruffach,    von 

Gustav  Bossert 194 

Die    Reichsdörfer   der  Landvogtei    und   Pflege  Hagenau,    von   Josef 

Becker 207 

Zur  Einverleibung  der  Reichenau  in  das  Stift  Konstanz,  von  Eugen 

Schneider 248 

Ein    lateinisches  Gredicht   auf  den  Abt  Laurentius    von  Altdorf   und 

Ettenheimmünster,   von  Albert  Krieger 258 

Die  Überliefcning  des  ersten  Strassburger  Stadtrechtes,  von  Her- 
mann Bloch 271 

Hadische  Gcschichtslitteratur  des  Jahres  1898,    zusammengestellt   von 

Alfred  Winkelmann 299 

Das  Totenbuch  von  Salem,  von  Franz  Ludwig  Baumann  .  .  3Sii  511 
Die   Kaiscrgräbcr  im  Dome  zu  Speyer,  von  Johannes  Praun    .     .  381 

Sleidaniana,  von  Alcuin  Hollaender 428 

Georg  Nessel,  beider  Rechte  Doctor.    Ein  Strassburger  Stadtstipendiat 

im  Zeitalter  der  Reformation,  von  Gustav  Knod      ....  438 

Briefwechsel  Balthasar  Nenmanns  mit  Kardinal  Schönbom  (1728 — 1730) 

nebst  einer  DenkschriA  von  1749.    Mitgeteilt  von  Jakob  Wille  465 

Schloss  Bilstein  im  Ober-Elsass,  von  Heino  Pfannenschmid  .  .  549 
Zur     Geschichte     Sleidans     und     seiner     Kommentare,     von     Otto 

Winckelmann 565 


Zeitschrift 

für  die 

Geschichte  des  Oberrheins. 

Neue  Folge.     Band  XIV. 


X 

Schneider,  Dr.  Eugen,  Archivrat.  Stuttgart. 

ScHORBACH,  Dr.  Karl,  Universitätsbibliothekar.  Strassburg. 
Schulte,  Dr.  Aloys,  Universitätsprofessor        Breslau. 
VON    SiMSON,    Dr.    Bernhard,    Hofrat    und 

Universitätsprofessor.  Freiburg  i.  B. 

Varrentrapp,  Dr.  Konrad,  Universitätsprof.  Strassburg. 
Waldner,  Eugen,  Stadtarchivar.  Kolmar. 

VON  Weech,  Dr.  Frdr.,  Geh.  Rat  u.  Archivdir.  Karlsruhe. 
Werminghoff,  Dr.  Alb.,  Mitarb.  d.  Mon.  Germ.  Berlin. 
Wiegand,  Dr.  Wilh.,  Archivdir.  u.  Univ.-Prof.  Strassburg. 
Wild,  Dr.  Karl,  Professor.  Karlsruhe. 

Wille,  Dr.  Jakob,  Universitätsprofessor  und 

-bibliothekar.  Heidelberg. 

WiNCKELMANN,  Dr.  Otto,  Stadtarchivar  Strassburg. 

Winkelmann,  Dr.  Alfred,  Professor.  Karlsruhe. 

Witte,  Dr.  Heinr.,  Professor.  Hagenau  i.  E. 


Redaktion. 


Archivrat  Dr.  Obser.     Archivdirektor  Prof.  Dr.  Wiegand. 
Fiir  die  y>Mitt€ilungem:   Archivdirektor  Geh.  Rat  Dr.  von  Weech. 


Redaktionsaussclitiss. 

Geh.  Hofrat  Prof.  Dr.  ERDMiVNNSDÖRFFER. 

Arcliivrat  Dr.  Obser.     Professor  Dr.  Schäfer. 

Hofrat  Prof.  Dr.  von  Simson.     Archivdirektor  Ptof.  Dr.  Wiegand. 

Archivdirektor  Geh.  Rat  Dr.  von  Weech. 


Bericht  • 

über  die 

siebenzehnte  Plenarsitzung 

der 

Badischen  Historischen  Kommission. 


Karlsruhe,  im  November  1898.  Die  Plenarsitzung  fand 
am  21.  und  22.  Oktober  statt.  Anwesend  waren  die  ordent- 
lichen Mitglieder  Geh.  Hofräte  und  Professoren  Dr.  Erd- 
mannsdorffer  und  Dr.  Schröder,  Kirchenrat  Professor 
D.  Hausrath,  Professor  Dr.  Schäfer  aus  Heidelberg: 
Hüfrat  Professor  Dr.  von  Simson  und  Professor  Dr.  Dove 
aus  Freiburg  i.  B.;  Archivdirektor  Professor  Dr.  Wiegand 
aus  Strassburg;  Archivdirektor  Geh.  Rat  Dr.  von  Weech, 
Geh.  Rat  Dr.  Wagner  und  die  Archivräte  Dr.  Obser 
und  Dr.  Krieger  aus  Karlsruhe;  femer  die  ausserordent- 
lichen Mitglieder  Professor  Dr.  Roder  aus  Überlingen, 
Professor  Maurer  aus  Mannheim  und  Archivassessor  a.  D. 
I>r.  Cartellieri  aus  Karlsruhe.  Die  ordentlichen  Mitglieder 
TTch.  Hofrat  Professor  Dr.  Kraus  in  Freiburg,  Professor 
Dr.  Weber  und  Universitätsbibliothekar  Professor  Dr. 
Wille  in  Heidelberg,  sowie  das  Ehrenmitglied  Reichs- 
archivrat Dr.  Baumann  in  München  hatten  ihr  Ausbleiben 
entschuldigt. 

Als  Vertreter  der  Grossh.  Regierung  wohnten  der 
Sitzung  bei  Seine  Excellenz  Staatsminister  Dr.  Nokk  und 
Staatsanwalt  Dr.  Böhm,  Hilfsarbeiter  im  Ministerium  der 
Justiz,  des  Kultus  und  Unterrichts. 

I>en  Vorsitz  führte  als  Vorstand  Geh.  Hofrat  Professor 
Dr.  Erdmannsdörffer. 

ZcitMhr.  f.  Gesch.  d.  Obenrfa.  N.  F.  XIV.  i.  I 


2  Bericht 

Die  beiden  ordentlichen  Mitglieder  Geistlicher  Rat 
Professor  Dr.  König  in  Freiburg  und  Professor  Dr.  Heyck 
in  München  stellten  der  Kommission  ihr  Mandat  zur  Ver- 
fügung, jener  mit  Rücksicht  aufsein  hohes  Alter,  dieser  in  An- 
betracht der  Verlegung  seines  Wohnsitzes  ausserhalb  Badens. 

Aus  dem  vom  Sekretär,  Geh.  Rat  Dr.  von  Weech, 
erstatteten  Bericht  über  die  allgemeine  Thätigkeit  der 
Kommission  im  Jahre  1897/98  ist  hier  zunächst  das  Ver- 
zeichnis der  in  dieser  Zeit  im  Buchhandel  erschienenen 
Veröffentlichungen  anzuführen: 

Kindler  von  Knobloch,  J.,  Oberbadisches  Ge- 
schlechterbuch. I.  Band,  7.  (Schluss-)  Lieferung.  Heidel- 
berg, C.  Winter. 

Badische  Neujahrsblätter.  Neue  Folge.  Erstes 
Blatt  1898.  von  Weech,  Fr.,  Römische  Praelaten  am 
deutschen  Rhein   1761  — 1764.     Heidelberg,  C.  Winter. 

Im  mich,  M.,  Zur  Vorgeschichte  des  Orleans' sehen 
Krieges.  Nuntiaturberichte  aus  Paris  und  Wien.  1685 — 88. 
Nebst  ergänzenden  Aktenstücken.     Heidelberg,  C.  Winter. 

Beyerle,  C,  Konstanzer  Ratslisten  des  Mittelalters. 
Heidelberg,  C.  Winter. 

Oberrheinische  Stadtrechte.  Erste  Abteilung. 
Schröder,  R.,  und  Koehne,  K.,  4,  Heft.  Heidelberg*, 
C.  Winter. 

Krieger,  A.,  Topographisches  Wörterbuch  des  Gross- 
herzogtums Baden.  5.  und  6.  (Schluss-)  Abteilung.  Heidel- 
berg, C.  Winter. 

Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins 
Neue  Folge.     XIII.  Band,  nebst  den 

Mitteilungen  der  Badischen  Historischen  Kom-.,^ 
mission  Nr.  20.     Karlsruhe,  J.  Bielefelds  Verlag. 

Der  Sekretär  berichtet  sodann  über  die  Thätigkeit  desssj, 
am  I.  Januar  1898  als  Hilfsarbeiter  für  die  allgemeine^  ^ 
Zwecke  der  Kommission  eingetretenen  Dr.  Hölscher,  d^^^ 
in  erster  Linie  die  Weiterführung  der  Regesten  der  Mar^J^. 
grafen  von  Baden  und  Hachberg  unterstützte  und  c3k^  as 
Register  zum  ersten  Band  vollendete. 

Bei    der    anlässlich    des    Historikertages    in   Nürnbe^ssrr 
stattgehabten  Konferenz  landesgeschichtlicher  Publikatio' 
Institute,  welcher  der  Sekretär  nach  Sitzungsbeschluss  v"« 


über  die  XVI I.  Plenarsitzung. 


»> 


vorigen  Jahr  anwohnte,  wurde  der  Plan  einer  Fortsetzunj^^ 
des  Walther-Konerschen  Repertoriums  wegen  der  sich  er- 
gebenden Schwierigkeiten  einstweilen  vertagt. 

Die  geplante  Gründung  einer  Kaiser- Wilhelm-Bibliothek 
in  Posen  beschliesst  die  Kommission  durch  die  Zuwendung 
ihrer  noch  verfügbaren  bisherigen  sowie  aller  künftigen 
Publikationen  zu  unterstützen. 

Nachfolgende  Übersicht  zeigt  den  Stand  der  einzelnen 
Unternehmungen  der  Kommission,  über  die  in  der  Plenar- 
sitzung Bericht  erstattet,  beraten  und  beschlossen  worden  ist. 

I.  Mittelalterliche  Quellen-  insbesondere  Regestenwerke. 

Für  die  Fortführung  der  Regesten  zur  Geschichte 
der    Bischöfe   von    Konstanz   war    Dr.   Cartellieri   in 
Karlsruhe  weiterhin  thätig.    Er  hat  im  abgelaufenen  Jahre 
die    Verzeichnung   der   Abteilung  Konstanz-Reichenau   im 
(Tcnerallandesarchiv  für  das  14.  Jahrhundert  beendigt   und 
eine  Anzahl  von  auswärts  eingesandter  Archivalien  erledigt. 
Der   wachsende   Stoffandrang  und  die   veränderte    Berufs- 
stellung des  Bearbeiters  machen   die  Unterstützung    durch 
einen  Hilfsarbeiter  notwendig,  dessen  Anstellung  beschlossen 
wird.    Seine  Aufgabe  wird  sein,  den  Abschluss  des  zweiten 
Bandes    zu    fordern    und    das  Register   dazu   anzufertigen. 
Die    im    vorigen    Jahr    von    Kurt    Schmidt    aus    Berlin 
begonnene    Durchforschung     der    vatikanischen    Register- 
bande,   die    ihm    probeweise    für    den    Bereich    von    ganz 
Deutschland  übertragen  war,  hat  sich  auf  das  erste  Ponti- 
fikatsjahr  Gregors  XI.   (5.    i.    1371 — 4.    i.   1372)    erstreckt. 
Von  einer  Fortführung  des  Unternehmens  in  diesem  Umfang 
soll  Abstand    genommen    und    nur    das    für   die  Regesten 
einschlägige  Material  herangezogen  werden. 

Die  Bearbeitung  der  Regesten  der  Markgrafen 
von  Baden  und  Hachbcrg  hat  nach  Professor  Dr. 
Festers  Rücktritt  Professor  Dr.  Witte  in  Ha  gen  au  über- 
nommen und  im  Laufe  des  Jahres,  unterstützt  von  Dr. 
Ilölscher,  wesentlich  gefördert.  Ein  mehrmaliger  Auf- 
enthalt in  Karlsruhe,  sowie  verschiedene  grössere  Reisen 
haben  reiche  Ausbeute  ergeben.  Das  Entgegenkommen, 
das    Professor    Witte   seitens    der   Archivverwaltungen    in 


A  Bericht 

Karlsruhe,  Freiburg-,  Strassburg",  Kolmar,  Obembergheim, 
Basel,  Aarauy  Solothum,  Bern,  Biel,  Innsbruck,  Wien 
(Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv),  München  (Reichsarchiv) 
und  Bamberg  erfahren  hat,  verpflichtet  die  Kommission  zu 
grossem  Danke. 

Nach  Abschluss  des  ersten  Bandes,  dem  später  ein 
besonderer  Ergänzungsband  mit  umfassenden  Stammtafeln, 
Siegelabbildungen  und  einer  historischen  Einleitung  folgten 
soll,  ist  die  Fortführung  der  badischen  und  der  hach- 
bergischen  Regesten  in  getrennten,  neben  einander  her- 
laufenden Bänden  in  Aussicht  genommen. 

Professor  Dr.  Wille  in  Heidelberg  hat  seine  Thätig*- 
keit  an  den  Regesten  der  Pfalzgrafen  am  Rhein 
wieder  aufgenommen  und  ausser  den  gedruckten  Quellen- 
werken eine  Reihe  von  Kopialbüchern  des  Generallandes- 
archivs bearbeitet.  Für  das  nächste  Jahr  ist  die  Durch- 
sicht der  im  Münchener  Reichsarchiv  liegenden  Materialien 
geplant. 

Von  der  fränkischen  Abteilung  der  Oberrheini- 
schen Stadtrechte  ist  das  von  (xeh.  Hofrat  Professor 
Dr.  Schröder  in  Heidelberg  und  Dr.  Koehne  in  Berlin 
bearbeitete  vierte  Heft  erschienen.  Es  umfasst  die  Orte 
Miltenberg,  Obernburg,  Hirschnorn,  Neckarsteinach,  Wein- 
heim, Sinsheim  und  Hilsbach.  Von  der  schwäbischen 
Abteilung  hofft  Dr.  Hoppeler  in  Zürich  die  Bearbeitung- 
der  Stadtrechtsquellen  von  Überlingen,  Dr.  Beyerle  in 
Freiburg  die  von  Konstanz  in  Bälde  abzuschliessen. 

^Vls  eine  Frucht  seiner  weiteren  Vorarbeiten  hat  Dr. 
Koehne  in  der  Zeitschr.  f.  d.  Gesch.  d.  Oberrheins  N.F.  XI H, 
004  ff.  eine  »Übersicht  über  das  gedruckte  und  handschrift- 
liche Material  für  die  Herausgabe  der  badischen  und 
elsässischen  Stadtrechte  (Das  mittlere  und  südliche  Baden)« 
veröffentlicht.  Das  fünfte  Heft  der  fränkischen  Stadtrechte 
wird  die  Rechtsquellen  von  Heidelberg  und  Mosbach  mit 
ihren  Tochterrechten,  sowie  von  Neckargemünd  und  Adels- 
heim enthalten.  Für  ihre  Bearbeitung  hat  Dr.  Koehne 
bereits  die  Archivalien  aus  verschiedenen  badischen  Orten, 
ferner  aus  dem  Germanischen  Museum  in  Nürnberg  und 
dem  Königl.  Geh.  Staatsarchiv  in  Berlin  erledigt.    Für  das 


Aber  die  XVII.  Plenarsitzung.  c 

ihm  bewiesene  Entgegenkommen  sei  auch  an  dieser  Stelle 
noch  besonders  gedankt. 

Professor  Dr.  Schulte   in  Breslau   hat   den  Plan   des 
ihm   übertragenen    Werkes   nochmals    erweitert   und    ihm 
nunmehr   den   Titel    gegeben:    Geschichte   des   mittel- 
alterlichen Handels  und  Verkehrs  zwischen  West- 
deutschland und  Italien  unter  Ausschluss  Venedigs. 
tSe  Publikation   soll  je   einen   Band   Darstellung  und  Ur- 
kunden umfassen.     Einige  Kartenbeilagen  sind  in  Aussicht 
Stemmen.     Das  Quellenmaterial   erfuhr   eine  wesentliche 
öereicherung  durch  die  von  verschiedenen  Seiten  gewährte 
freundliche    Unterstützung.      Herr    Justizrat    Freiherr    von 
Kress  in  Nürnberg,  die  Direktionen  des  Strassburger  Stadt- 
^chivs,    des    Düsseldorfer   Staatsarchivs,    des   Nürnberger 
Kreis-  und  des  Karlsruher  Generallandesarchivs  haben  die 
Arbeit  in  dankenswerter  Weise  gefördert. 


II«  Quellenpublikationen  zur  neueren  Geschichte. 

Für   die  Vollendung    der    Politischen    Korrespon- 
denz Karl  Friedrichs  von  Baden  hat  die  von  Archiv- 
''at    Dr.    Obser   in  Karlsruhe    unternommene    Reise   nach 
"^ris  und  seine  mehrwöchige  Thätigkeit  im  Nationalarchiv 
^nd  im  Archiv  des  Ministeriums  der  auswärtigen  Angelegen- 
heiten reiche  Ausbeute  ergeben,  vermöge  der  opferwilligen 
Unterstützung  der  Beamten  beider  Archive,  vor  allem  der 
Werren  Courteault,  Viard  und  Legrand,    sowie  der  Herren 
Farges  und  Chevrier.   Ihnen,  sowie  Herrn  K.  Couvreu  aus 
^evey,     der     die     Arbeit      durch      wertvolle      Hinweise 
gefördert    hat,     sei     hiemit     nochmals     besonderer    Dank 
ausgesprochen.     Unter  den  aufgefundenen  Materialien  ver- 
fi^nen  die    im   Nationalarchiv   verw^ahrten    Untersuchungs- 
akten gegen  den  Marquis  de  Poterat,  sowie  andere  für  die 
Beurteilung  der  revolutionären  Propaganda  am  Oberrhein 
wichtige  Schriftstücke   Krwähnung.     Im   Archiv    des  Mini- 
steriums    der     auswärtigen    Angelegenheiten    wurde    der 
Fonds    Bade     der    Abteilung    »Correspondance     politique 
f?icht  nur   auf  die   für   die   Politische   Korrespondenz  Karl 
Friedrichs   in    Betracht   kommenden  Stücke   durchgesehen, 
sondern  auch  mit  Beri\cksichtigung   früherer   und   späterer 


\ 


5  Bericht 

Zeit  für  die  badische  Geschichte  ausgebeutet.    Neben  dem 
Fonds  Bade    wurden    die  Fonds  Suisse,   Wurtemberg  und 
Baviere,  sowie  gewisse  Bestände  der  Abteilung  »Memoires 
et  documents«,  Fonds  Allemagne  und  France  für  die  Poli- 
tische  Korrespondenz    durchforscht.     Alles,    was   in   Paris 
für    die   Publikation    zu    gewinnen    war,    dürfte    nunmehr 
erschöpft    sein.    —    Einen    weiteren    ansehnlichen    Beitrag 
lieferten  die  von  dem  Grafen   von  Rechberg-Rothenlöwen 
auf  Donzdorf  durch  gütige  Vermittlung  des  Freiherm  voa 
Stotzingen    freundlichst   mitgeteilten  Korrespondenzen  der 
Brüder  Edelsheim.     Auch  dafür  fühlt  sich  die  Kommissiork 
zu  Dank  verpflichtet. 

Für  die  Sammlung  und  Herausgabe  der  Korrespon— 
denz  des  Fürst- Abtes  Martin  Gerbert  von  St.  Blasiei 
war  Geh.  Rat  Dr.  von  Weech  gemeinsam  mit  Dr.  Brunnei 
in  Karlsruhe  weiterhin  thätig.  Die  Erhebungen  zur  Er- 
gänzung des  vielfach  noch  lückenhaften  Materials  wurdei 
fortgesetzt  und  ergaben  wiederum  einen  namhaften  Zuwachi^^ 
an  Originalbriefen  und  Mitteilungen.  Hier  sei  besonder^^ 
der  freundlichen  Unterstützung  durch  die  Herren  Delisl< 
und  Nerlinger  in  Paris  dankbar  gedacht.  Neben  dei 
weiteren  Bearbeitung  der  von  St.  Paul  zur  Verfügunj 
gestellten  Korrespondenzbände  kommt  die  von  Dr.  Brunnei 
auf  der  Augsburger  Stadtbibliothek  mit  Durchsicht  dei 
umfangreichen  Zapfschen  Briefsammlung  erzielte  Ausbeuu 
in  Betracht.  Herrn  Bürgermeister  von  Fischer  und 
Bibliothekar  Dr.  Ruess  in  Augsburg  ist  die  Kommissioi 
für  ihr  Entgegenkommen  zu  Dank  verbunden. 

III.  Bearbeitungen. 

Aus   dem    von   Professor   Dr.   Gothein   in   Bonn   ein — 
gesandten    Bericht    über    seine    Vorarbeiten    zum    zweitenu 
Band  der  Wirtschaftsgeschichte  des  Schwarz waldes^ 
und    der    angrenzenden    Landschaften    geht    hervor^ 
(iass    das    Unternehmen    durch    die    von    der    Kommission, 
veranlasste    Ordnung     und    Aufzeichnung     der     kleineren 
Archivbestände  von  Gemeinden,  Pfarreien  und  Grundherr- 
schaften  ausserordentlich   gefördert   worden   ist.     Professor 
(jothein  hat   an   der  Hand   der   Pflegerberichte   nicht    nur 


über  die  XVII.  Plenarsitzung.  y 

seine  Stoffsammlung  ungemein  bereichert,  sondern  ausser- 
dem noch  Stücke  von  grosser  Bedeutung  für  die  Rechts- 
und Volkswirtschaftsgeschichte  Badens  aufgefunden.  Weitere 
Ergänzungen  hat  seine  Thätigkeit  in  den  Archiven  zu  Basel, 
Freiburg,  Strassburg  und  Karlsruhe  gebracht,  so  dass  nun- 
mehr alles  einschlägige  Material  vereinigt  sein  dürfte. 

Privatdozent  Dr.  Ludwig  in  Strassburg  wird  sich  der 
ihm  übertragenen  Abfassung  einer  Geschichte  der 
badischen  Verwaltung  in  den  Jahren  1802 —1818 
fernerhin  widmen. 

Für  die  Fortsetzung  des  Oberbadischen  Ge- 
schlecht er  buchs  hat  Oberstlieutnant  a.  D.  und  Kammer- 
herr Kindler  von  Knobloch  in  Berlin  seine  Thätigkeit 
wieder  aufgenommen. 

Die  Sammlungund  Zeichnung  der  Siegel  und  Wappen 
der  badischen  Gemeinden  wurde  fortgesetzt.  Der  Zeich- 
ner Held  war  wie  bisher  dafür  thätig.  Insgesamt  sind 
nun  für  56  Städte  und  145  Landgemeinden  neue  Wappen 
und  Siegel  unter  Leitung  der  Archivdirektion  entworfen 
w"orden.  Die  Siegel  der  Städte  in  den  Kreisen  Mosbach, 
Heidelberg,  Mannheim,  Karlsruhe  werden  im  ersten  Heft 
einer  auf  drei  Hefte  berechneten  Sammlung  veröffentlicht 
Verden. 


IV.  Ordnung  und  Verzeichnung  der  Archive  der 
Gemeinden,  Pfarreien  u.  s.  w. 

Auch  im  Jahre  i8y8  haben  die  Pfleger  der  Kommission 
unter  Leitung  der  Oberpflcgcr  Professor  Dr.  Roder, 
.Vrchivrat  Dr.  Krieger,  Professor  Maurer  und  Professor 
l^r.  Wille  eine  Reihe  von  Archiven  verzeichnet.  Ein- 
drehender Bericht  über  diese  Thätigkeit,  sowie  das  Ver- 
zeichnis der  Pfleger  wird  in  Nr.  21  der  Mitteilungen  der 
l»adischen  Historischen  Kommission*  veröffentlicht. 


V.  Periodische  Publikationen. 

Von  der  Neuen  Folge  der  Zeitschrift  für  die  (tc- 
'^«•'hichte  des  C>berrheins  ist  unter  der  Redaktion  von 
Archivrat    Dr.    Obs  er    und    Archivdirektor    Professor    Dr. 


8  Bericht 

Wiegand  der  XIII.  Band  (der  ganzen  Reihe  52.  Band) 
erschienen.  Als  Beilage  waren  wie  bisher  die  Mitteilungen 
der  Badischen  Historischen  Kommission  (Nr.  20)  bei- 
gegeben, deren  Redaktion  der  Sekretär  der  Kommission 
übernommen  hat.  Ausser  den  Pflegerberichten  brachten 
sie  zum  erstenmal  Publikationen  aus  den  Bestanden  des 
Generallandesarchivs,  sowie  Auszüge  aus  franzosischen 
Quellenverzeichnissen. 

Das  Neujahrsblatt  für  1898  »Römische  Praelaten  am 
deutschen  Rhein  1761  — 1764«  von  Geh.  Rat  Dr.  von  Weech 
ist  im  Januar  erschienen.  Für  1899  bearbeitet  Professor 
Dr.  Gothein  in  Bonn  das  Neujahrsblatt,  das  Johann 
Georg  Schlosser,  den  hervorragenden  Rat  Karl  Friedrichs, 
behandeln  soll. 


VI.  Wahlen. 

Die  Kommission  hat  den  Archivar  der  Stadt  Frei  — 
bürg  i.  B.  Dr.  Peter  Albert  zum  ausserordentlichen  Mit  — 
glied  gewählt.  Die  Wahl  wurde  durch  Erlass  des  Grosslm  • 
Ministeriums  der  Justiz,  des  Kultus  und  Unterrichts  vonn 
28.  Oktober  d.  J.  bestätigt. 


Nach  Erledigung  der  Tagesordnung  schloss  der  Vox"- 
sitzende  die  XVII.  Plenarsitzung,  indem  er  Seiner  König" - 
liehen  Hoheit  dem  Grossherzog,  der  Grossherzogliche-n 
Regierung  und  der  Volksvertretung  für  die  gnädige  ur»d 
wohlwollende  Förderung  der  Arbeiten  der  Kommission, 
sowie  den  Herren  Regierungsvertretern  für  ihre  Anweseii- 
heit  in  der  Sitzung  den  aufrichtigsten  Dank  der  Kommission 
aussprach. 


Grandidiers  Urkundenbehandlung. 

Von 

H.  Bresslau. 


Da  es  im  Elsass  immer  noch  Leute  giebt,  die  auch  nach 
dem  von  H.  Bloch  geführten,  völlig  schlagenden  Beweise  nicht 
glautben  wollen,  dass  Grandidier  Urkunden  gefälscht  habe,  sei 
hiei-   ein  neuer  Beleg»)   für   die   kecke   Willkür  gegeben,   mit 
der      der    Verfasser    so     vieler    verdienstlicher    Werke    über 
elsässische  Geschichte  die  ihm  vorliegenden  Urkunden  miss- 
handelt hat. 

In  der   Hist.   d'Alsace  1,   pi^ces  justificatives   S.  CCXII 

n,  372  hat  Grandidier   das  Diplom  Heinrichs  II.   für  Kloster 

Hohenburg  vom  29.  September  1016,  Stumpf  n.  1676,  drucken 

lassen.  Von  dem  Original  der  Urkunde  ist  nur  ein  Bruchstück 

im  Strassburger  Bezirksarchiv    erhalten;    ausserdem    befindet 

sich  dort  ein  Originaltranssumpt  Rudolfs  von  Habsburg  vom 

Jahre  1284.  Grandidier  hat  jenes  Bruchstück  nicht  gekannt  oder 

nicht  beachtet;  er  druckt  die  Urkunde*)  >ex  autographo,  cui 

inseritur,  Rudolphi  imperatoris  an.   1 284  diplomate,  quod  ser- 

vatur  in  tabulario  episcopali  Argentinensi  Tabernis  Alsaticis«. 

• 

')  Kurz  berührt  habe  ich  diesen  Fall  schon  im  3.  Kande  der  Jahrbücher 
Heinrichs  II.  S.  39  N.  2.  —  -)  Wie  vor  ihm  Albrecht,  Hi8tor>'  von  Hohcn- 
^^Tf  prob.  p.  3.  Von  dem  sagt  Grandidier  nach  seiner  Gepflogenheit,  er 
•••Dc  die  Urkunde  ->mu1tum  \'itiose«  ediert.  In  der  That  hat  Grandidier  eine 
™*kl  Lesefehler  Albrechts  verbessert;  an  einigen  Stellen  aber  hat  Albrecht 
nchtif^r  als  sein  Nachfolger,  und  an  anderen  haben  beide  falsch  gelesen. 
^^  allem  aber:  Albrecht  druckt  ehrlich  ab,  was  er  zu  lesen  gemeint  hat; 
Grandidier  entstellt,  wie  wir  sehen  werden,  den  Text  in  willküi liebster  und 
"Ehrendster  Weifte. 


IQ  Bresslau. 

In  dem  Transsumpt  fehlen  die  Zeile  der  Königsunter- 
schrift und  die  Kanzlerrecognition ;  die  Datierung  lautet: 
>Data  III.  kal.  oct.  indiccione  XV,  anno  dominice  incarnacionis 
millesimo  XVII,  anno  domini  Heinrici  secundo  etc.*  (wo 
»secundo'  für  >sccundi*  verschrieben  ist);  der  Schluss  der 
Datierung  »regnantis  XV,  imperii  autem  III;  actum  Erenstein; 
felicitcr  amen  (wovon  die  Worte  III  —  amen  noch  in  dem 
Originalfragment  erhalten  sind)  fehlt  in  dem  Transsumpt,  und 
ist  erst  von  viel  jüngerer  Hand  aus  dem  früher  noch  voll- 
ständigeren Originaldiplom  am  Rande  nachgetragen. 

Während  nun  Albrecht,  der  die  Urkunde  zuerst  im 
Jahre  1751  aus  dem  Transsumpt  herausgegeben  hatte,  sich 
mit  einem  einfachen  Abdrucke  dessen,  was  er  in  seiner  Vor- 
lage fand,  begnügte,  strebte  Grandidier  auch  hier  danach 
seinen  Vorgänger  zu  übertreffen.  Er  meinte  das  lückenhafte 
Eschatokoll  vervollständigen  zu  müssen,  hielt  sich  aber  nicht 
für  verpflichtet,  seine  Leser  davon  zu  unterrichten,  was  er 
in  der  Überlieferung  gefunden,  und  was  er  selbst  auf  eigene 
Faust  hinzugefügt  hatte.  Mit  vollkommenem  Rechte  griff  er 
bei  seinen  Ergänzungen  auf  das  sog.  grössere  Testament  der 
heiligen  Odilia  zurück,  da  dieses,  wie  er  schon  früher  erkannt  und 
in  der  Hist.  de  Strasbourg  I,  pieces  just.  XLVI  N.  f.  bemerkt 
hatte*),  eine  mit  Hilfe  eben  unserer  Urkunde  für  Hohenburg 
angefertigte  Fälschung  ist.  Er  entlehnte  also  aus  dieser 
Fälschung  Signumzeile  und  Recognition  sowie  den  Ortsnamen, 
dessen  Form  ^Franchonofurt«  2)  er  aber  mit  Benutzung  des 
Diploms  Heinrichs  II.  für  Strassburg  (Stumpf  n.  1685,  Grandi- 
dier, Hist.  d'Alsace  l,  pieces  just.  CCXI  n.  371)  in  »Franchone- 
ford änderte.  Dieses  letzteren  Diploms  endlich  bediente  er 
sich  auch  um  Königs-  und  Kaisersjahr,  die  in  dem  Trans- 
sumpt fehlten,  zu  ergänzen;  so  schrieb  er,  entweder  nach 
dem     Original      oder     nach      dem     Drucke      bei     Schöpflin 

')  An  eben  die-scr  Stelle  hat  er  dann  freilich  seine  Leser  gröblich 
getäusclit,  indem  er  ihnen  die  Behauptung  auftischt,  die  Hohcnburger  Urkunde 
schHesse  ebenso  wie  das  gcfiilschle  Testament  mit  Signumzeile,  Recognition 
und  Actum  Franchoneford--.  Wir  sahen  schon,  dass  in  der  Grandidier 
bekannten  Überlieferung  der  Hohenburger  Urkunde  Signumzeile,  Recognition 
Mtul  Ortsangabe  fehlten,  und  dass  die  letztere  im  Original  der  Urkunde,  das 
«iramlidier  nicht  kannte,  Erenstein  ,  nicht  jFranchoneford.  lautete.  —  ^)  In 
tirandidicrs  Druck  des  Testaments  steht  irrig    Franchenfurt-. 


Grandidiers  Urkundenbehandlung.  1 1 

Alsatia    dipl.    I.     150     n.     189:     >regnantis    XVP),     imperii 
autem  IVc. 

Dass  Grandidicr  bei  diesen  Ergänzungen,  trotz  allen 
Scharfsinns,  nicht  das  richtige  getroffen  und  sowohl  die 
Regierungsjahre  wie  den  Ortsnamen  falsch  angegeben  hat, 
wodurch  die  Forschung  bis  in  die  neueste  Zeit  irre  geführt 
worden  ist,  —  daraus  soll  dem  grossen  Gelehrten  kein 
strenger  Vorwurf  gemacht  werden,  so  wenig  es  auch  unseren 
heutigen  und  wohl  auch  den  damaligen  Anschauungen 
gewissenhafterer  ürkundenherausgebcr  entspricht ,  dass  er 
seine  Conjecturen  dreist  für  mittelalterliche  Überlieferung 
ausgab.  Unentschuldbar  aber  ist,  wie  er  an  einer  Stelle  mit 
dem  Texte  der  Urkunde  umzuspringen  wagte. 

Dieser  zufolge  w^ar  der  Kaiser  dem  Kloster  Hohenburg 
gnädig  vintcrventu  vcncrabilis  nostriquc  dilecti  fidelis  Weren- 
harii  Argentinensis  ccclesie  episcopi  et  Hezclini  ciusdem 
ecclesie  filiic.  So  steht  in  dem  Grandidicr  vorliegenden 
Transsumpt,  und  so  —  nur  mit  dem  Lesefehler  »Hemgelini« 
statt  »Hezelini«  —  hatte  Albrecht  gedruckt;  glücklicherweise 
ist  auch  das  Original  Heinrichs  11.  selbst  an  dieser  Stelle 
unverletzt,  und  auch  in  ihm  steht  »Hezilini  eiusdem 
acclesiae  (!)  filii«.  Den  Strassburgcr  Kleriker  Heinrich,  der 
hier  zusammen  mit  seinem  Bischof  als  Bittsteller  genannt  wird, 
kennen  wir  sonst  nicht  sicher-);  und  Grandidicr  kannte  ihn 
auch  nicht.  Aber  er  kannte  einen  Würzburger  Bischof  dieses 
Namens  (vgl.  Hist.  de  Strasbourg  II,  25),  und  es  mochte  ihm 
angemessener  erscheinen,  dass  der  Würzburger  Prälat  und 
nicht  ein  einfacher  Kleriker  sich  für  die  Hohenburger  Äbtissin 


')  In  Grandidiers  eigenem  Drucke  von  St.  1085  steht  falschlich  ^regnantis 

XV.,   —    Im  Voibeigehcn    sei    hier    bemerkt,    dass    Grandidicr    bei     seinem 

Abdiuck  von  St.   1685  (Hist.  d'Alsace  T,  picces  just.  CCXI  n.  371)  wiedenim 

^hOpflin    den    Vorwurf   macht,    er    habe     vitiose     ediert.     In   AVirklichkeit 

unterscheidet  sich  sein  Druck  von    demjenii;en  Schnpflins    zum    besseren    nur 

*o  Jrei  Stellen  durch  je   einen    Buchstaben   (?cum     statt     tum*,    »Argentinae 

*tatt  lArgentine«   und     Phaffenhoven..   statt  *Pfaffenhoven  r.    dagegen    hat   an 

üiti  anderen    Stellen    Schöpllin    ihm    gegenüber    das    richtige.    —    -)   In   der 

*ahncheinlich    gefTdschten  Urkunde  Hischof  Werners  für   S.  Stephan  (Strass- 

t^urger  U.B.    I.    41   n.  51)    kommt    ein    Hczelo    scolaslicus  vor,    den  man  für 

denselben   halten    könnte,     wenn     man    sich     auf    die    Zeugennamen     dieser 

Urkunde  verlassen  dürfte:  vgl.  AViegand  in  dieser  Zeitschrift  X.  F.  IX,  420. 


12  Bresslau. 

bemüht  habe.  So  druckte  er  denn  kühnlich:  »interventu 
venerabilis  nostrique  dilecti  fidelis  Wernharii  Ar-gentinensis 
ecclesie  episcopi  et  Hezelini  Wurceburgensis^)  ecclesie 
episcopi«.  Jede  Möglichkeit  eines  Lesefehlers  ist  hier  ebenso 
ausgeschlossen,  wie  die  Annahme,  dass  Grandidier  durch 
einen  Anderen  getäuscht  worden  sei.  Was  er  gethan  hat, 
vermögen  wir  auf  gut  deutsch  nicht  anders  auszudrücken  als 
mit  dem  Urteil:  er  hat  den  ihm  vorliegenden  Text  wissent- 
lich und  absichtlich  verfälschtl  Auch  in  französischer 
Sprache  wird  sich  kaum  ein  anderer  Ausdruck  für  sein  Ver- 
fahren finden  lassen. 


^)  Die  Namensform  WurceburgeDsis«:  entlehnte  er  aus  der  Urkunde 
Heinrichs  II.  Stumpf  n.  1590  (vgl.  Hist.  d'Alsace  I,  pi^ces  just.  CCVl 
n.  367),  wo  Bischof  Heinrich  von  Würzburg  wirklich  mit  Werner  zusammen 
genannt  wird. 


Ulrich  von  Richental. 


Von 


Konrad  Beyerle. 


Die    Herkunft    des     berühmten     Konstanzer    Konzil- 
chronisten    konnte     bisher     nicht     genügend     aufgehellt 
werden.      Nachdem    früher    über     denselben     die     wider- 
sprechendsten  Angaben   im    Laufe   waren,    ist   durch   die 
Forschungen  von  Bück'),  Heycks)  und  Ruppert^)  soviel 
sicher  gestellt  worden,  dass  Ulrich  von  Richental  der  Sohn 
des    Konstanzer    Stadtschreibers  Johannes    von   Richental, 
selbst  Konstanzer  Bürger,    Laie,    verheiratet    war,    sowie 
dass  er  im  Jahre  1437  starb.     Eine  Reihe  von  Einzelnach- 
richten über  seine  Vermögensverhältnisse  brachte  Ruppert 
aus   den  Konstanzer  Steuerbüchern  bei,  seine  Verwendung 
^u  politischen  Sendungen  während  der  Konzilszeit  hat  von 
Bück  gebührende  Beachtung  gefunden.    Dagegen  herrscht 
über  die   entferntere   Herkunft   der   Familie  Richental  bis 
heute  völliges  Dunkel,  das  lediglich  der  Vermutung  Raum 
verstattete,  der  Name  möge  von  dem  Dorfe  Richenthal  im 
Kanton  Luzem  herrühren. 

Eine  Urkunde,  auf  die  ich  während  anderweitiger 
Nachforschungen  im  Grossh.  Generallandesarchive  zu  Karls- 
ruhe stiess  und  die  ich  in  Beilage  I  wiedergebe,  scheint 
endlich  die  erwünschte  Klarheit  schaffen  zu  wollen.  Datiert 
vom  19.  April  1361,  ausgestellt  vom  bischöflichen  Oflfiziale 
2U  Konstanz,    enthält  sie  den  Verzicht  zweier  Frauen   von 


')  Einleitung  zu  dessen  Ausgabe  der  Chronik  Richentals  in  der  Bibliothek 
^  Htterariichen  Vereins,  Band  158  S.  9  fF.  —  *)  Forschungen  zur  deutschen 
'»«•dttchtc.  Band  XXV  S.  553—555.  —  ')  Konstanzer  geschichtliche  Beiträge, 
H«ft  I.  S.  151  ff. 


lA  Beyerle. 

Konstanz  auf  alle  Ansprüche,  die  sie  an  das  Mesnereiamt 
der  Domkirche  zu  Konstanz  inbetreff  des  Hauses  zum 
Rappen,  gelegen  an  der  Münstergasse  in  Konstanz,  haben 
mochten.  Die  zwei  Frauen  sind  Katharina,  die  Tochter 
des  verstorbenen  Konstanzer  Geschlechters  Hugo 
Schnewiss,  die  Witwe  des  bischöflichen  Notars 
Johannes  von  Sünchingen,  und  ihre  Tochter  Mar- 
garetha,  die  Witwe  des  Konstanzer  Schmiedes 
Georg  Richental.  Keine  Frage,  in  dem  zuletzt  Genannten 
haben  wir  den  Grossvater  des  Chronisten  vor  uns,  und  so 
ist  durch  diese  Urkunde  der  Zusammenhang  Ulrichs  von 
Richental  und  seines  Vaters,  des  lateinkundigen  Proto- 
notars,  mit  dem  Konstanzer  Patriziate  Dank  der  ausfuhr- 
lichen Personalangaben  der  Offizialatskanzlei  mit  einem 
Male  erschlossen. 

Bisher  war  wohl  bekannt,  dass  um  die  Wende  des 
dreizehnten  und  zu  Beginn  des  vierzehnten  Jahrhunderts 
ein  Konstanzer  Domherr  Ulrich  von  Richental  existierte. 
Man  durfte  daher  annehmen,  dass  die  Familie  schon  seit 
dieser  Zeit  in  Konstanz  ansässig  war.  Allein  für  die  Ab- 
stammung des  Chronisten  war  damit  nichts  anzufangen. 
In  dem  ehrsamen  Schmiedmeister  Georg  Richental  ist  das 
Glied  gefunden,  das  uns  weitere  unerwartete  Einblicke  in 
die  Familiengeschichte  des  Chronisten  gewährt.  Bei  dem 
überaus  seltenen  Vorkommen  des  Namens  Richental  in 
den  Konstanzer  Urkundenbeständen  liegt  die  Annahme 
der  Verwandtschaft  jenes  Domherren  Ulrich  von  Richental 
mit  dem  Schmiede  sehr  nahe.  Wir  werden  in  ihm  nicht 
mit  Unrecht  einen  Vaterbruder  des  Georg  Richental  erblicken 
dürfen. 

Es  verlohnt  sich,  zunächst  für  die  Person  jenes  Dom- 
herrn Ulrich  von  Richental  hier  zusammenzustellen,  was 
die  Konstanzer  Bischofsregesten  zu  seiner  Lebensgeschichte 
berichten.  Bislang  fand  die  auf  Eiselein  zurückgehende 
Ansicht  Vertretung,  es  habe  in  Konstanz  mehrere  Dom- 
herrn aus  der  Familie  von  Richental  gegeben.  Noch 
Ruppert  Hess  dahingestellt  J),  ob  der  zum  Jahre  1282 
erwähnte  Chorherr  von  St.  Stephan  in  Konstanz  eine  andere 

')  A.  a.  O.  S.   14c). 


Ulrich  von  Riehen tal.  I  = 

Person  sei  als  der  Domherr  Ulrich  von  Richental,  der  seit 
dem  letzten  Jahrzehnt  des  13.  Jahrhunderts  mehrfach  genannt 
wird.    Allerdings  verhielt  er  sich  dem  weiter  von  Eis el ein 
für  die  Jahre  1340 — 1344  angeführten  Domherrn  von  Richen- 
tal  gegenüber  zweifelnd.     Mit   vollem   Recht.     Denn    die 
Annahme  einer  solchen  Persönlichkeit  findet  in  den  bereits 
bis  zum  Jahre  1351  reichenden  Konstanzer  Bischofsregesten 
keine  Stütze.     Aber   es   handelt    sich    überhaupt    nur    um 
einen    Domherrn    von    Richental,    denn    der     1282 — 1284 
erwähnte*)  Chorherr  von  St.  Stephan  ist    niemand   anders 
als  der  spätere  Domherr  Ulrich  von  Richental,  welcher  für 
die  Jahre  1289 — 13 14  häufig  belegt  ist^).     Aus  seinem  am 
II.  Mai   13 14  abgefassten  Testamente')  geht  mit  Sicherheit 
hervor,    dass    er    aus    dem    Gebiet    des    heutigen  Kantons 
Luzern  stammt.    Er  besass  ein  eigenes  Haus  in  dem  Städt- 
chen Sursee.    Und  was  anderes  hätte  ihn  veranlassen  sollen, 
an    das  Kirchlein  des   Dorfes    Richenthal   eine  letztwillige 
Vergabung  zu  machen,  wenn  es  sich  nicht  um  die  Kirche 
=^iTier  Heimat  gehandelt  hätte?    Wir  dürfen  als  festgestellt 
betrachten,  dass  die  Familie  Richental  wirklich  aus  jenem 
*nn erschweizerischen  Dorfe  stammt,  und  da  unser  Domherr 
^•flfenbar  noch  persönliche  Beziehungen  zu  der  alten  Heimat 
unterhielt,    wird   die  Vermutung   nicht   unangebracht   sein, 
^ass  die  Familie  nicht  allzu  lange  vorher   in   die  Bischofs- 
stüdt  übergesiedelt  ist.     Mir   scheint   es   am    natürlichsten, 
dass  der  Domherr  ITlrich  von  Richental  selbst  es  gewesen 
•"^in  wird,   der  jenen   Georg,   einen    Schmied,   seinen    ver- 
deutlichen  Neffen,   in    die  Stadt   zum  Zwecke   dos   bessern 
I*  Ortkommens  gezogen  hat. 

Der   Domherr   Ulrich    von   Richental    stand   schon    zu 
Bischof  Rudolf  II.    von  Ilabsburg  in    guten   Beziehungen. 
Er  stiftete    nach    dessen    Hinscheiden    zur  Gedächtnisfeier 
des  Verstorbenen    zwei   Wachskerzen    von    seinem    unweit 
Konstanz   gelegenen   sog.    Huwersgarten*).     Welche   Ver- 
trauensstellung derselbe  bei   dem  Klingenberger   einnahm, 
ergiebt  die  Thatsache,  dass  der  letztere  ihn  mit  zum  Voll- 

*:  Recestcn  zur  Gesch.  d.  Bisch,  von  IvouManz  II,  Nr.  25ÖÖ,  Xr.  2« »07. 
-  ■)  Rcgj».  Nr.  2710,  2786.  2815.  2041b,  2072.  3007.  3 181.  5245.   - 
'  ReR.  Nr.  3f.74.  —  •)  Regg.  Xr.  2844. 


lö  Bcyerle. 

Strecker    seines    Testaments    berief*).      Am    27.    Mai    1300 
entschied    Ulrich    von    Richental     als    Schiedsrichter    mit 
Domscholaster   Mag.  Walther  und   dem    Konstanzer  Vogt 
Albrecht    von    Klingenberg    einen    Streit    zwischen    dem 
Kloster  Petershausen   und  Bischof  Heinrich    von  Konstanz 
über    Mühlen    des    Klosters    im    Rheine    bei    Konstanz'). 
Im  Konstanzer  Münster  verewigte  sich  der  Domherr  durch 
Stiftung  des  Altars  und  der  Kaplaneipfründe  der  hl.  Cäcilia. 
Der  Altar   befand  sich   auf  der   rechten   Seite   des  Chores 
der    Domkirche.      Heinrich    von    KHngenberg    war   dieser 
Stiftung  sehr  gewogen.  Er  übertrug  am  29.  September  1300 
alle    im    Laufe    des   Jahres    für    den    Hochaltar    fallenden 
Spenden  dem  Cäcilienaltar  mit  Ausnahme  derjenigen  Reich- 
nisse, welche  für  die  den  Gottesdienst  am  Hochaltar  jeweils 
abhaltenden  Geistlichen  bestimmt  waren.     Zugleich   stellte 
er    für    die    neugestittete  Kaplaneipfründe    ein   Statut   auf. 
Dotiert  hatte  Ulrich  von  Richental  seine  Pfründe  mit  Ein- 
künften   von   seinem    sog.    Hdwersgarten    bei   TägerweUen 
(Kt.  Thurgau),  mit  einem  der  ürtlichkeit  nach  nicht  näher 
zu  bestimmendem  Weingarten,  mit  einem  Hause  in  Meers- 
burg und  mit  einem  Weingarten  in  Klingnau  (Kt.  Aargau)*). 
Melirerr;   Urkunden   weisen   auf  Beziehungen   unsers  Dom- 
herrn zum  Kloster  Boromünster ^).    Mit  andern  Domherren 
lag    auch    Ulrich    von    Richental    vom    Jahre    1308—1310 
wegen  Widersetzlichkeit    gegen    den   Mainzer  Erzstuhl  itti 
Kirchenbann^).    Deutliclier  aber  als  alles  andere  zeigt  uns 
das  schon  erwähnte  Testament  des  Domherrn  seine  Wohl- 
habenheit,  seine    weitverzweigten   Beziehungen    und   seine 
angeschene  Stellung   in   der  Di(")zese  Konstanz.     Ich  kann 
mir  nicht  versagen,  das  interessante  Aktenstück  als  specimen 
eines    solchen    geistlichen  Testaments   aus   der  KonstanX^^ 
Praxis  des  Mittelalters   in  Beilage  II    wörtlich   mitzuteite^- 
Zum    II.  Juli   1324    ist  Ulrich    von  Richental    ausdrückli^^^ 
als  tot  erwähnt**). 

Kehren  wir  nach  diesen  Bemerkungen  über  den  Dox^' 
lierrn  Ulrich  von  Richental  zu  unserer  Urkunde  zurück  "^ 
Diesell:)e  stützt  die  schon  von  Ruppert  genügend  erwiese^"* 

')  Regtr.    Xr.    31 18.  —  -')  Rcgo.    Nr.   3174.  —  •')  Regg.   Nr.  3197. 
*)  ReKg.    Nr    3294,    3300.  —  ^)  Repg.  Nr.    3490,    3507,    3532.   —  *) 
Xr.  4000. 


Ulrich  von  Richental. 


17 


^hauptung,   dass   die   Familie  Richental  jedenfalls   nicht 
lern  Konstanzer  Patriciate  angehörte,  mit  neuem  Beweise. 
Der  zünftige  Schmied  heisst  darin  schlechthin  Georius  dictus 
E<.ichentaL    »Von«  Richental  schreibt   erst  der  vornehmere 
Sohn,  der  Stadtschreiber  Johannes  Richental  1).  Dass  übrigens 
stuf  diese  Unterscheidung  nicht  allzu   viel  abzuheben   ist, 
hat  schon  Ruppert  hervorgehoben,  zumal,   wie  wir  jetzt 
Rissen,    der   Name   der   Familie   von    ihrem    Heimatsorte 
genommen  ist.    Die  weitere  Frage,  wie  die  Handwerker - 
familie  zu  so  angesehener  Stellung  aufrückte,   wie   es  die 
des  Stadtschreibers  war,  beantwortet  sich  nun  an  der  Hand 
unserer  Urkunde  sehr  einfach.  Schwiegervater  des  Schmiedes 
Georg  Richental  war  ein  gelehrter  Jurist,  der  auch  ander- 
wärts   erwähnte   kaiserliche    und   Notar   des   bischöflichen 
Hofes  Johannes   von    Sünchingen«).    Jeder    Zweifel,    dass 
Johannes  von  Richental  der  Sohn  des  bereits  1361   als  tot 
gemeldeten   Georg  Richental   war,  wird  durch   die  That- 
sache   behoben,    dass  ja   gerade    der   Stadtschreiber   den 
Namen   seines   mütterlichen   Grossvaters,    Johannes,    trug. 
Gewiss  war  es  dieser  Grossvater,  der  Notar  des  Konstanzer 
Hofes,  der  seinen  Enkel  in  die  Lateinschule  brachte  und 
ihm  zu  den  juristischen  und  allgemeinen  Kenntnissen  ver- 
half, welche  wir  an  Johannes  von  Richental  während  seiner 
langjährigen  Amtsführung  stets  bemerken.     Man   braucht 
nur  an  die  schwierige  Vertretung  des  Konstanzor  Rates  im 
Prozesse  gegen  Bischof  Heinrich  von  Brandis^)  oder  daran 
w  erinnern,    dass  Johannes    von    Richental   für   die    ver- 
schiedensten  Zweige  der  Ratsthätigkeit   eigene  Protokoll- 
bücher anlegte  und  musterhaft  führte,  um  hiefür  genügen- 
den Beweis  angetreten  zu  haben. 

Aber  mehr  vielleicht   noch   als   die  Abstammung  von 
<1^  bischöflichen  Notar  Johannes  von  Sünchingen  war  die 

-)  Vgl.  den  eigenhändigen  Eintrag  desselben  zu  Beginn  des  Bürger- 
^hi  von  1378  bei  Ruppert,  Chroniken,  S.  408.  —  ')  Regg.  Nr.  4723, 
47-4«  4835.  5039.  Er  besass  auch  die  Mesnereipfründe  am  Dome  zu  Konstanz. 
*^*ber  mögen  die  Ansprüche  seiner  Witwe  an  dieselbe  rühren.  Vgl.  die 
*ngwlnickle  Urkunde  GI-A  Karlsruhe  5.  Spcc.  Conv.  181  zum  Jahre  1362, 
J^>  12.  Ich  verdanke  die  Kenntnis  dieser  Urkunde  der  gütigen  Mitteilung 
^  Herrn  Dr.  AI.  Cartellieri.  —  »)  Vgl.  Ruppert,  Ein  wichtiges  Akten- 
*^^k,  in  seinen  KonsUnzer  geschichtlichen  Beiträgen,  Heft  1,  S.  133  ff. 
Z«ittchr.  f.  Getch.  d,  Oberrb.  N.  F.  XIV  i.  2 


n«f«rl! 


übe 
Ir 


,f-"  ■"'Jflj,»,   dem    talentvollij 
./.--  ■''*  jcm  hohen  Vertrauens- 
'.'■■■" '  ■'-'"",'  /Constanz    zu    ersghliessen. 
•■i:^''"'"^Jd^<^^^''^^  i356-'38q'),  indeas 


«reclcer   »eines 

entschied    '' 

Domsch' 

Albrer 

Klos'  ^_ 

^^^'^'t'teS^S:''''  ^'^"^   '"    städtischen  Ur- 

*"  "z"^'  '^nS?  der  50«  Jahre  vor.    Den  dritten 

^■•^\t/>o"  **"    go  hat  Johannes  Richental  nicht  lange 

''^ft^'^'i.'^^L.di^'^^'^^^'"'  ^""^'^   ■^'J»    einen 

X^l^'-  Zchr^'t>^  In   ''«'■    P'""5°"    "^^^    ^^^^'^    ^**=*'* 

nr«--"  ^,     jUerJnrflT'J'r  ff®""^  verschwinden  um  dieselbe 

besteli'^  ^^        ^^.ijnewiss  aus  den  Reihen   der  Konstanter 

Zeit  «i"^         obwohl  deren  mehrere  noch   am  Leben  seht 

Qeschi  '    (g„  gje  nicht  zu  der  im  dritten  Zunflaufstand 

'"''''*)     floen  Partei  gehört   haben   und   infolgedessen   von 

''"'^  ver/ogen  sein')?     Denn   dass   Johann   Richental 

iKt   durch   den    dritten    Zunftaufstand    zeitweilig   seines 

Amtes  entsetzt  wurde,   ist  nach  einem  Eintrag  im  ältesten 

Konstanzer  Ratsbuch  nicht  fraglich'). 

Für  die  Familiengeschichte  der  Schnewiss,  die  durch 
ihre  verwandtschaftlichen  Beziehungen  zu  Ulrich  Richental 
auf  einmal  unser  lebhafteres  Interesse  erwecken,  lässt  sich 
kurz  folgendes  ermitteln. 

Die  erste  Nachricht,  die  uns  von  ihrem  Namen  berichtet, 
jteigt  die.'selbe  sofort  in  hervorragender  Stellung.  Hu^ 
Schnewiss  war  es.  der  in  Gemeinschaft  mit  Konrad  Unter- 
schopf im  Jahre  1 255  als  Vertreter  der  aufstrebenden 
Konstanzer  Bürgerschaft  die  Reise  zu  König  Wilhelm 
von  Holland  unternahm  und  am  4.  November  zu  Boppard 
für  dieselbe  das  Privileg  der  freien  Ratshaltung  erwirkte'). 
Dass  dabei  vor  dem  Könige  sehr  bittere  Worte  über  den  städte- 
feindüchen  Bischof  Eberhard  gefallen  sein  müssen,  bestätigt 
uns  der  Sühnebrief  des  Abtes  Berthold  von  S.  Gallen,  der 
unter  seinen  im  übrigen  wesentlich  verfassungsrechtlichen 
Bestimmungen  auch  die  enthält: 

')  Bey«l«,  RaUHttin,  S.  «5.  1,  J.  IJS^,  Fehr.  <;  S.  113,  1.  J.  1389, 
JanI  iS.  —  •)  Rutipert,  ■.  s.  Ü.  S.  i.S).  —  ')  Vgl.  Ober  den  drimn  ZobÄt' 
■iilaUnd  Golbcin,  WlnKhal\semcbicbte  dci  Schmn:«kkls,  Bd.  I, 
—  ')  RM»li«i«ii,  S.  11;,  ~  •)  V.  Weech.  KAlMnekkt.  ZGO.  N,F, 
Dtadc  WiDkelmano,  Acu  impcrii  I.  448  Nt.  SS& 


^;.|| 


Ulrich  von  Richental.  ig 

»Swas  unserme  herren  dem  bischof  von  hem  Hugen 
Schnewissen  und  hem  Cünrat  under  Schophe  geschehen 
ist  mit  ubelrede  vor  dem  Künge  ald  anderswa,  des  sint  die 
burger  niht  wer  und  bütten  des  ir  unschulde;  ouch  bütten 
sü  baide  desselben  ir  unschulde.  Des  erlies  sü  unser  herr 
der  bischof  alle  und  geloubete  in  das«^). 

Mangels    früherer   Quellen    müssen    wir    diesen   Hug 

Schnewiss   als   Stammvater   der  Familie   betrachten.     Als 

dessen   Sohn  hat  der  ein  Menschenalter  später  erwähnte 

Amolt  Snewisser  zu  gelten,   welcher  am   9.  Oktober  1281 

ihm    eigentümlich   zugehöriges  Sumpfgelände    am  See  in 

Konstanz  hinter  dem  Augiistinerkloster  diesem  letztem  zur 

Anlage    eines    Klostergartens     übertrug*).      Wieder    ein 

Menschenalter  später  taucht    der  Name  Hugo  Schnewiss 

aufs  neue  auf,   was  seinen  Träger  als  Enkel  jenes  älteren 

Hugo  Schnewiss   erweist.     Er  ist  zu   verfolgen   von    1315 

bis  1344.     Nahe  Beziehungen  verbanden  ihn  mit  S.  Gallen. 

Er  ist  Träger   des  Spitals  S.  Gallen   über  Lehengüter  des 

Bistums  Konstanz  im  S.  Gallischen  a),   und  besitzt  auch  in 

eigenem  Namen  ein  Konstanzisches  Lehengut  dortselbst«). 

Als  »der  junge  Snewisse«  bezeichnet,  kauft  er  in  Gemcin- 

scliaft  mit  Heinrich    Spiser    von    dem   Konstanzer  Bürger 

^Conrad  Appe  dessen  Güter  bei  Steinach,  ebenfalls  im  Kt. 

S.    Gallen,    um    die    ganz    bedeutende    Kaufsumme    von 

^4-5  Pfund  Pfennig*).    Wir  dürfen  daraus  einen  Schluss  auf 

Wohlhabenheit    der   Familie    ziehen,    wir   dürfen    aber 

tus  weiter  entnehmen,  dass  damals,  es  war  der  1 2.  März 

*  320,  Amolt  Schnewiss,  der  »Alte«,    noch  am  Leben  war. 

n   weiteres    Zeugnis    für    den    Reichtum     dieses    Hugo 

inewiss  ist  die  Thatsache,   dass   er    im  Jahre    1325   für 

tiischof    Rudolf   IIL    von    Konstanz    Bürgschaft    leistet«). 

■  3^8  ist  er  Salmann  des  Augustinerklostcrs  in  Konstanz'). 

fc-s  müssen  also  andauernd   gute  Beziehungen   der  Familie 

^'Ji  diesem  Kloster  bestanden  haben.    Am  2.  Februar  1333 

*)  Hier   mitgeteilt    nach   Wart  mann    S.    Gallcr  Urk.-Buch  III  S.  709, 

^».  iq.    Vgl.  auch  Roth    v.  Schrcckcnstcin,    Bischof   Eberhard  II.    von 

twontunz  im  Kampfe  mit  der  Stadt.     ZGO.    26.    340  f.  —  «)  Rcpp.  2534.    - 

**    ^<«Cg  3704-  —  ')  RcRR-  373»-  —  *)  Wartmann,  S.  Gallcr  Uik,-Buch  III, 

^   4»9ff.,   Nr.  1259  und  1260.  —  *)  Ratslistcn    S.  77,    /.  J.    1325    o.  T.  — 

'">    Ratslisten  S.  78,  2.  J.  1328  Jan.  28. 


20  Beyerle. 

erscheint  Hug  Snewis  in  der  Gerichtsbank  des  Amman- 
gerichts zu  Konstanz  i),  im  gleichen  und  im  darauffolgenden 
Jahre  als  Zeuge  für  Kloster  Salem").  Im  Jahre  1344  als 
>Hug  Snewis  der  alte«  bezeichnet'),  verschwindet  er  seit- 
dem aus  den  Quellen,  in  unserer  Urkunde  vom  ig.  April 
1361   wird  er  ausdrücklich  als  gestorben  angeführt. 

Hug  Schnewiss  besass  nachweisbar  vier  Söhne  und 
eine  Tochter.  Das  Steuerverzeichnis  vom  Jahre  1351 
erwähnt  Ulrich,  Arnolt  und  H.  Snewis*),  die  Ratsliste  von 
1368  als  Brüder:  Ulrich,  Hugo  und  Johannes  Schnewis»). 
Amok  ist  der  Enkel  des  gleichnamigen  Schnewis,  den  wir 
oben  zum  Jahre  1281  kennen  lernten  und  damit  der  Sohn 
des  Hug  Schnewiss,  auch  wenn  er  nicht  ausdrücklich  als 
solcher  bezeugt  ist.  Dagegen  ist  Ulrich  Schnewiss  aus- 
drücklich als  Sohn  des  altern  Hug  Schnewiss  bezeichnet«), 
daher  sind  auch  dessen  Brüder  Hugo  und  Johannes  Söhne 
des  altern  Hug  Schnewiss,  Hugo  umsomehr,  als  sein  Vater 
1344  der  »alte«  Hug  Schnewiss  genannt  wird.  Dass  die 
Frau  des  Notars  Johannes  von  Sünchungen  die  Tochter  des 
Hug  Schnewiss  ist,  ergiebt  unsere  Urkunde. 

Arnold  Schnewiss,  1351  erwähnt,  war  1388  bis  138g 
Mitglied  des  ersten  Rates'').  Hugo  Schnewiss  bekleidete 
von  1361  bis  1371  das  städtische  Amt  eines  Pflegers  der 
Siechen  am  Feld  und  befand  sich  nachweisbar  seit  1368 
im  Rate,  dem  er  bis  1378  angehörte.  Ulrich  Schnewiss, 
schon  1351  unter  den  Steuerpflichtigen,  war  im  Jahre  1368 
ebenfalls  schon  Ratsmitglied,  sa.ss  1376  bis  1377  im  zweiten 
und  1379  bis  1387  im  ersten  Rate.  Endlich  befand  sich 
auch  Johannes  Schnewiss  1368  im  Rate,  zu  welchem  er 
im  Jahre  1376  und  also  vermutlich  auch  während  der 
Zwischenzeit  zählte. 

Ob  wir  in  dem  weiter  vorkommenden  Rudolf  Schne- 
wiss, der  1375  Bürge  des  Rates  und  dabei  wahrscheinlich 
selbst  Ratsmitglied  war,  von  1377  ^^s  1383  im  vierten  Rate 
sass  und  in  der  Ratsliste  des  letztem  Jahres  durchgestrichen, 

')  Ratslistcn    S.  79,    z.  J.    1333  Febr.  2.  —  ')  Ratslisten    S.  80,    z.  J 

1333  Juni  20  und   1334  März  2.  —  *)  Ratslisten  S.  83,  z.  J.   1344  Sept.  25- 
—  *)  Ratslisten  S.  240.  —  *)  Ratslisten  S.  89.  —  •)  Ratslisten  S.  83,    z.  J  ~ 
1344    Sept.    25.  —  ')  Vgl.    für   dieses   und    die  folgenden  Daten  Beycrl«    ^ 
Ratslistcn. 


Ulrich  von  Richental.  2i 

also  vermutlich  im  Verlaufe  desselben  verstorben  ist,  eben- 
falls einen  Sohn  des  Hugo  Schnewiss  zu  erblicken  haben, 
wage  ich  mangels  näherer  Anhaltspunkte  nicht  zu  be- 
haupten. 

Seit  1389  erscheint  kein  Schnewiss  mehr  in  den  Rats- 
listen, ja  verschwindet  die  damals  doch  zahlreiche  Familie 
für  immer  aus  denselben.  Die  Annahme  erscheint  daher 
nur  zu  berechtiget,  dass  die  Familie  in  den  Wirren  des 
dritten  Zunftaufstandes  zu  der  unterliegenden  Partei  gehörte 
und  darum  wohl,  wenn  nicht  geradezu  auswanderte,  so 
doch  sich  am  politischen  Leben  der  Stadt  Konstanz  nicht 
mehr  beteiligte.  Die  Thatsache,  dass  gerade  mit  dem 
Jahre  1389  jede  Nachricht  über  die  Familie  wie  abgeschnitten 
erscheint,  wird  anders  kaum  befriedigend  erklärt  werden 
können. 

Nun  kann  aber   auch   nicht   mehr   auffallen,   dass  der 
Konzilschronist  Ulrich  von  Richental  kein  öffentliches  Amt 
in  seiner  Vaterstadt  bekleidet  hat,    trotzdem   er   der  Sohn 
eines  in  ihrer  äussern  und  innem  Verwaltung  höchst   ein- 
flussreichen  Beamten  und  trotzdem    er   ein   für   seine  Zeit 
gebildeter    und     kenntnisreicher    Mann     war.      Die    Ver- 
abschiedung seines  Vaters  erfolgte  unter  Umständen,  welche 
ihn  zum  herrschenden  Regiment  im  Gegensatz  stehend  er- 
scheinen lassen.    Und  gleichzeitig  mit  seinem  Vater  waren 
auch  die  Angehörigen  derjenigen  Familie  aus  ihrer  öffent- 
lichen Stellung  gewichen,    die  ihn  mit  dem  Patriziate  der 
Stadt   Konstanz   aufs    engste   verband.     Mochte   immerhin 
seine  Herkunft  ihn  zu  den  Missionen  befähigen,  mit  denen 
er  zur  Konzilszeit  betraut  wurde,  mochte  selbst  eine  grosse, 
uneigennützige   Liebe   zur   angestammten  Heimat   ihn   zur 
Verewigimg   ihrer  glänzendsten   Tage   begeistern,   Ulrich 
von  Richental  hatte  am   politischen  Leben   seiner  Vater- 
stadt aus   den    dargelegten  Gründen   keinen   thätigen  An- 
teil mehr. 


22 


Beyerle. 


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Ulrich  von  Richental.  23 


Beilage  I. 

Verzicht  der  Katharina  von  Sünchingen   und  der  Margaretha 
Richental    auf    ihre    Ansprüche    an     die    Dommesner eipf runde    zu 

Konstanz.    1361,  April  ig,  Konstanz. 

Offidalis    cnrie    Constantienns    omnibos    presentes   litteras    intuentibus 

notidam  tabscriptorum  com  salate.     Noverint  presendum  inspectores  universi 

et  siDgnli,  qnot  ||  nosce  fuerit  oportunum,  quod  constitate  coram   nobis  anno 

domini    millesimo   ccc^    bi   primo    feria    secunda    ante   festum   beati   Georii 

martiris  prozima  ||  iudidi  in  figura  Katherina,   filia   quondam  Hugoms   dicti 

Schnewis    dvis    Constantiensis,    relicta    quondam    Johannis    de    Sundiingen 

Dotarii  curie  Constantiensis,  et  Margaretha  fUia  dus,   relicta  quondam  Greorii 

dicti    Richental    fabri    Constantiensis,    fatebantur    in    iure    coram    nobis    et 

publice  confesse  fiienmt,   se  sponte  et  libere,   non  vi  coacte  nee  dolo  circum- 

▼ente,    sed   bona   et   matnra    deliberadone   et    tractatu    soUempni    et    sepius 

premissis,  rennnciasse  et  cessisse  et  presentibus  coram    nobis  renundavenint 

et  ceasenint  pro  se  et  heredibus  suis  nniversis  et  singulis   omni  iuri,  accioni, 

requisidoni  et  impeticioni,  ipsis  communiter  vel  divisim  vel  ipsarum  heredibus 

in   officio  edltuatos  ecdesie    maioris    Constantiensis    ex    causis    et   raüonibus 

quibnscnnqne  usqne  in  hodiemum  diem  competentibus  et  competere  valentibus, 

in  manos  et  potestatem  honorabilis  in  Christo  Joh.  de  Landenberg,  thesaurarii 

ecdesie  Constantiensis   predicte.     Ita  videlicet,  quod  domus  et  area  ipsamm, 

sita  in   vico    dicto    münstergas    dicta    zem    Rappen    dvitatis    Constantiensis, 

ccnsnalis  ad  dictum   offidum    edituatus    sub    onere   census   unius    libre    den. 

Const,  et  edaro  area  contigua  iamdicte  domui  pertinens  ad  dictum  edituatus 

officiom,  predictis  Katherine  et  Margarethe  pro  tempere   vite   prefati   domini 

Johinnis   de    Landenberg    thesaurarii    et    ipsarun    dumtaxat    et   non    amplius 

>bique  omni   censu  libere  et  absolute    cuinsvis  cuntradicdone   non    obstante 

pcrnianere  debeant.     El  prefate  Katherina  et  Margaretha  filia  sua  promiserunt 

P^  fides  ipsamm  nobis  nomine  sacramenti   sollempni   interposita  stipulatione 

^o>ponliter  prestitas  pro  se  et  heredibus  suis,  contra  predictam  renunciadonem 

*^    cessionem  numquam  facere  vel  venire  per  se  vel  interpositam  personam, 

directe  vd   indirecte,   quesito    quovis   ingenio   vel  colore,   sed   ipsam   habere 

'^tein  et  gratam  perpetuo   atque   firmam.     Et   insuper    prefate   Katharina    et 

Margiretha  renundavenint  in  et  super  premissis  omni  iuris  auxiUo  canonid 

^  civilis,  quibüB  mediantibns  iuvari  facere  vel  venire  possent  contra  ea,  que 

^  presentibus  litteris  continentur  in   toto  vel   in  aliqua  sui  parte.     Adhibitis 

^^ni  in  premissis  omnibus  et  singulis  verborum  et  gestuum  soUempnitatibus 

et    rcDondadonibus   debitis    et    consuetis.      Et   in    premissorum    omnium    et 

^"'Kiilorom  testimonium  sigillnm  curie  Constantiensis  ad  peticionem  instantem 

prefatamm  Katherine  et  Margarethe  renunciandum  seu  cedencium  presentibus 

doxiiniii    appendendnm.      Datum    Constantie    anno    et    die     quibus    supra, 

«wl.  Xlllla. 

Perg.  Or.  Siegel  des  OfficiaU  hängt  an.    GLA  Karlsruhe  5  Spec. 
^nt.  181. 


2A  Beyerle. 


Beilage  11. 

Testament    des    Konstanzer   Domherren    Clrich  von    RichentaL    1314, 

Mai  II,  Konstanz. 

Ego  Ulricus  de  Richental,  canonicus  ecclesie  ConsUntieosis,  notum 
facio  universis  tenorem  presentium  inspecturis,  quod  ego  sub  anno  domini 
millesimo  trecentesimo  decimo  quarto,  quinto  idus  maii,  indictione  dnodedma, 
sanus  mente  de  rebus  meis  existentibus  in  denodiis,  in  massis  argenteis,  in 
fructibus  anni  giatie  ecclesie  Constantiensis  videlicet  prebende,  in  libris, 
suppellectilibns  et  in  omnibus  aliis  rebus  mobilibus  et  inmobflibus  michi 
pertinentibus  ordino  et  dispono  et  testamentum  meum   ÜBMao  in  hunc  modnm: 

Et  primo  volo,  quod  debita  mea  solvantur  subcustodi  dne  marce  domino 
de  Stainegge  pro  cappa;  item  eidem  subcustodi  ad  usus  sacristigie  tres  libre 
cum  dimidia  pro  calice  assumpto  ad  altare  sancti  Conradi  de  sacristiga;  item 
octo  libre  minus  quinque  solidis  pro  quondam  pie  memorie  H.  Constantiensi 
episcopo  solvantur  pro  solutione  debitorum  suorum  vel  pro  remedio  anime 
sue,  de  quibus  due  libre  dentur  filie  sue  in  Habstal;  et  alia  debita  mea^  que 
tempore  mortis  mee  ludde  apparerent  et  de  quibus  constare  possent  evidenter. 

Item  pro  anniversario  meo  celebrando  in  maiori  ecclesia  Constantienii 
dentur  quinque  marce  capitulo  Constantiensi.  Item  tres  libre  dentur  altari 
sancte  Cedlie,  de  quibus  ministrabit  capellanas  altaris  eiusdem  duo  luminaria 
utrumque  de  dimidia  libra  cere  in  die  anniversarii  mei  ad  altare  maius  et 
alterum  ad  altare  sancte  Cecilie,  incendenda  post  vesperas  mortuorum  et 
arsura  per  totam  noctem,  quousque  missa  eiusdem  anniversarii  utrobique 
fuerit  celebrata.  Item  eidem  altari  sancte  Cecilie  applicentur  [in]  possessiones 
convertende  viginti  libre  Constantienium ,  ut  capellanus  ibidem  in  die 
anniversarii  mei  perpetuo  ministret  tantum  de  pane»  quantum  de  Ulis  redditibus 
haben  potest  de  pane,  pauperibus,  sibi  tarnen  retineat  duos  solidos  pro 
labore  suo. 

Item    pro     anniversario     meo    celebrando    apud    sanctum    Stephanum, 
sanctum  Johanncm  ecclesiarum  Constantiensium,  necnon  apud  confratemitates 
sacerdotum  ambas  dentur  duodecim   libre  Constantiensium»  ita  quod  singulis- 
ecclesiis   et   confraterniis   cedant    tres   libre,   et    de   hijs   partem   recipiant  in  . 
ecclesia  sancti  Stephani  et  sancti  Johannis  sacerdotes  altarium  et  editui  ibidem  > 
tali  modo  sicut  alias  respectu  canonicorum  redpere  consnevit 

Item  leprosis  iuxta  Constantiam,  hospitali  pontis  sancte  Marie  Magdalene^ 
monasterio  Scotorum  extra  muros  Constantienses,  conventibus  sancti  Petri«. 
in  Zofingen  et  in  Witengassen  dvitatis  Constantiensis  singulis  due  libre  pr^ 
meo  anniversario  tribuantur. 

Item  monasteriis  in  Crutzdingen  et  in  Petridomo  utrique  monasterio 
tres  libre  assignentur  pro  meo  anniversario  celebrando. 

Item  ad  largas,  que  volgariter  dicuntur  »Raitinen«  apud  sanctno^ 
Stephanum  due  marce,  apud  sanctum  Johannem  una  marca,  apud  sanctnK" 
Paulum  una  marca,  apud  monasterium  de  Petridomo  una  marca  et  in  Crutz^s 
lingen  una  marca  convertende  in  possessiones. 

Item  predicatoribus  quatuor  libre  et  una  libra  lectori  ibidem. 


Ulrich  von  Riehen tal. 


25 


Item  Augostinensibus  quatuor  libre  et  una  libra  lectori  ibidem. 
Item    altari    sancte  Cecilie    ementur    redditus    quinque    solidonim    pro 
himme    ibidem    ardente,    ad    qood    iaro    tantum    pertinent   redditus    septem 
koBdonim,  et  sie  habebit  ledditus  duodecim  solidonim  ad  dictum  lumen. 

Item    volo,   quod    vinum    meum    proveniens    de    vinea    mea   in  Halten 

totom  nbicumque  inveniatur  cum  vasis  et  aliis  utensilibus  omnibus  spectantibus 

ad  dictim  vineam  et  torcular  eiusdem  vinee  teeipiat  monasterium  in  Wingarten, 

iire  sit  in  vineis  vel  in  cellariis;   ita  tarnen,  quod  volo,  quod  de  vino  eodem 

10  ceDario  meo  detnr  ad  valorem  deeem  marearum  Ulrico  dicto  Ubilin  famulo 

neo.    Dictum  monasterium  predicta  et   recipiat  sub  talibus    pactis   et  condi- 

tionibas,   quod   ordinent    cum    effectu    annivenarium    meum    eelebrandum    in 

ipsorum  monasterio  et  quod  in  die  obitus  mei  duas  karratas   vini   de   eodem 

viao  sine  dolo  et  frande  assignent  exeeutoribns   meis,    ut   iidem    in   die  exe- 

qniarum  mcarum  stopas  in  eedesiis  eollegiatis  et  aliis  monasteriis,  hospitalibus, 

leprosts  et  aliis  eonventibus  civitatis  Constantiensis  distribuant,  prout  vidcbitur 

ttpedire,  et  alia  expediant  et  exequia  mortaria  [?]  in  quantum  expedire  possunt 

de  dictis  karratis  vini. 

Item  volo,  quod  dentur  omnibus  sacerdotibus  secularibus  infra  muros 
civiuitis  Constantiensis  existentibus  et  missas  celebrantibus  singulis  in  die 
obitus  mei  triginta  denarii  pro  missis  eadem  die  celebrandis  et  memoria  mei 
Ebenda  usque  ad  tricesimum  diem. 

Item  monasterio  in  Wagenhusen  una  libra  Const. 

Item  in  Vischinnn  due  libre  Const« 

Item  eoDventui  in  Merspurg  una  libra  Const. 

Item  in  Veltpach  quatuor  hbre  Const 

Item  in  Diessenhoven  tres  libre  Const. 

Item  monasterio  sancte  Agnetis  in  SehafThusa  due  libre  Const. 

Item  in  Maggenowa  due  libre  Const. 

Item  in  Tennikon  due  libre  Const. 

Item  in  Mflnsterlingen  due  libre  Const. 

Item  in  Tosse  tres  libre  Const. 

Item  in  Otenbach  tres  libre  Const. 

Item  in  Seldenowa  tres  libre  Const. 

Item  in  Hoven  due  libre  Const. 

Item  in  Lowental  tres  libre  Const. 

Item  in  B&nde  due  libre  Const. 

Item  in  Walde  tres  libre  Const. 

Item  in  Crfitxestal  due  libre. 

Item    in    monasterio    Montis    angelorum    quinque    libre    Zovingensium 

BOTOffllBI. 

Iten  monasterio  Interlaeensi  quinque  libre  Prissgaudiensium  veterum. 
Icem  in  Gnadental  prope  Meilingen  tres  libre  Zovingensium. 
fCeni  in  Znrtzach  quinque  libre  Thuricensium. 

Item  monasterio   sancte  Katherine  et    in  Rathusen   utrique   monasterio 
*■•  Iibre  Zoringensinm. 

Icem  monasterio  sancte  Marie  due  libre  et  oeto  solidi  Const. 
item    in  Ebersegge  due  libre  Zovingensium. 
^tewKi    bospitali  Zovingensi  due  libre  Zovingensium. 


26  Bcyerle. 

Item  in  Stain  due  libre  Const. 

Item  in  Rinaugia  tres  libre  Const. 

Item  in  Amptenhusen  due  libre  et  decem  solidi  Const. 

Item  volo,  quod  domus  mea  in  Surse  et  ortus  mens  ibidem  applicentar 
ecclesie  in  Surse  iaxta  conditiones  et  pacta  in  litteris  sigillo  meo  sigillatis 
contentas  super  hoc  ipsi  ecclesie  datis. 

Item  Johanni  consanguineo  dentur  decem  libre  Prissgaudiensinm 
veterum. 

Item  fratri  Walthero  de  Traiecto  due  libre  Zovingensium. 

Item  familie  mee  et  hiis  omnibus,  qui  tempore  mortis  mee  foerint  dfi 
familia  mea  infrascripta  tribuantur:  Ulrico  dicto  Übilin  decem  marce  de  vino 
ut  superius  dictum  est  expediantur;  dicto  Usenberg  una  marca;  C.  de  Haltnn 
una  marca;  Bertschino  una  marca;  dicto  Sch&meller  dimidia  marca;  Masculo 
coquino  dimidia  marca ;  item  coco  precium  suum  de  uno  anno  et  de  secundo 
anno,  in  quantum  servierit  et  addatur  sibi  dimidia  marca. 

Item  H.  de  Arbona  tres  libre  Const. 

Item  Mathie  tres  libre  Const. 

Domino  Lütoldo  una  marca  vel  eins  valor  in  vestibus. 

Item  domino  Wemhero  una  marca  vel  eius  valor  in  vestibus. 

Item  domino  Johanni  caphardus  meus  novus  cum  varia  pelle. 

Friderico  dicto  Strosack  respondeatur  de  laboribus  suis,  prout  ezecato- 
ribus  Visum  fuerit  expedire. 

Item  B.  dicto  Schallcnberg  decem  libre  Const« 

Item  capelle  sancti  Nicolai  in  Urdorff  quindecim  libre  Thuricensium. 

Item  ecclesie  in  Richental  dentur  decem  libre  Zovingensiam  ad 
edificium  campanilis,  ita  quod  magister  Johannes  perficiat  in  reliquo  edifidnoa 
predictum. 

Item  in  Hcrtzogenbuchs  ad  fabricam  et  ad  ornamenta  ecclesie  dentur 
quinque  libre  Prissgaudiensinm  veterum. 

Item  monasterio  sancti  Petri  in  Nigrasilva  quinque  libre  PrisgaudiensinK^ 
novorum. 

Item  ordino  et  volo,    quod  in  ecclesiis  Thuricensi,   Beronensi   et  ZoviKX>' 
gensi  cum  fructibus  mei  anni  gratie  ordinetur  anniversarium  meum  in  singolis 
ecclesiis   cum    fructibus    eiusdem    ecclesie    excepto   in   Beronensi,    ubi   talittf' 
dispono,  quod  fructus  anni  gratie  michi  cedentes,    de  quibus  ordinäre   posseC^ 
iuxta    consuetudinem    eiusdem    ecclesie    eaque    vellera,    etiam    extra   eandec^ 
ecciesiam  tribuantur  pro  redditibus  servientibus  in  anniversario   meo   sacerdo* 
tibus  altadum  et  cnppellarum  ecclesie  Beronensis.     Kt  preter  hec   in   ecclesie 
Beronensi  triginta  octo  libre  usualis  monete  pro  celebrando  festo  beate  Cecili^ 
in  modum  duplicis  festi,  et  quicquid  de  illis  possessionibus  emptis  com  dic^* 
pecunia  habetur,   distrihuatur  illa  die  canonicis  et   sacerdotibus   ecclesie  BerO" 
ncnsis  cqualiter  hiis,   qui  intersunt  divinis.     Et  ad  hoc  explenda  in   predicti* 
tribus  ecclesiis  executores  deputo  in  Thuricensi  magistrum  Ulricum  Wolfleipscb« 
thesaurarium  ecclesie  Thuricensis  et  magistrum  Conradum  de  Ertzingen;  item 
in  Zovingen  eundem  magistmm  U.^)  et   dominum    de  Wartenvelss  inniorein» 
item    in    Beronensi    ecclesia    dominum    N.    prepositum    et   N.    decanum    io 

M  Die  Vorlage  (späte  Abschrift)  hat  R. 


Ulrich  von  Richental. 


27 


Greochen ;  ita,  qnod  quilibet  ipsorum  si  cesserit  vel  decesserit  habeat  mandatum 
alinm  substituendi  ad  exequenda  prenotata. 

Item  ecclesie  Werdensi  ad  omamenta  ecclesie  tres  libre  Zovingensium 
pro  anniversario  meo  celebrando. 

Item  magistro  R.  de  Ahusen  quatuor  marce. 

Item  capelle  sancti  Michaelis  in  ecclesia  Constantiensi  decem  libre  Const« 

Item  capelle  sancti  Laurentii  in  Constantia  decem  solidi  Const. 

Item  domino  Johann!  capellano  meo,  quicqaid  habita  ratione  ostenderit 
et  postmodum  obtinaerit  per  lacramentum,  solvatur. 

Item  Tolo  et  ordino,  quod  quilibet  executorum  meorum  recipiat  quinque 
fibns  in  ntensilibns  et  clenodiis  vel  prompta  pecunia,  ut  testamentum  meum 
eo  dfligentios  exequantur. 

Item  capelle  sancti  Silvestri  solvantur  viginti  quinque  libre  Const. 

Item  decanus  in  Grenchen  et  magister  Johannes  recipient  libros  meos 
pro  decem  marcis  argenti. 

Item  deputo  ezecutores  meos  dominum  preposituro  et  plebanum  sancti 
Siephani,  lectorem  Augostinensiam  et  magistrum  Johannem  de  Basilea,  ita 
<IQod  premissa  fideliter  exequantur  et  de  eis  omnem  potestatem  faciendi  omnia, 
9oe  in  executione  premissorum  requiruntur,  vel  que  &cere  possem  existens  in 
▼ita  mea  ita  videlicet,  quod  de  omnibus  rebus  meis  a  me  derelictis,  que 
nperenmt  ultra  ea  que  disposui  fore  danda,  disponent  et  ordinent,  que  ipsis 
Xiliora  \identur  pro  remedio  anime  mee  ad  usus  pios,  remotis  odio  et  amore, 
>üi  post  datam  huius  testamenti  contraria  voluntas  mea  testibus  vel  instru- 
vends  apparetur  manifeste. 

Et  in  testimonium  premissorum  presens  testamentum  sigillo  proprio 
consignavi  unacum  sigillis  episcopali  et  capituli  ecclesie  Constantiensis. 

Nos  etiam  vicarius  venerabilb  patris  G.  dei  gratia  Constantiensis  epis- 
^|>i  de  mandato  et  consensu  eiusdem  domini  episcopi  in  testimonium  et 
finnitatem  dicti  testamenti  et  omnium  premissorum  episcopale  sigillum  presen- 
(Amis  duximns  appendendum. 

Et  nos  capitulum  ecclesie  Constantiensis  et  in  testimonium  et  firmitatem 
omnlnm  premissorum  similiter  sigillum  nostri  capituli  apponi  fecimus  huic 
caithe. 

Daton  Constantie  anno  domini  millesimo  trecenteaimo  decimo  quarto 
die  et  indictione  prenotatis.  Item  sciatur,  quod  capelle  sancti  Cünradi  restituere 
taieor  ego  Ulricus  predictus  viginti  quinque  libras  Const.  Datum  ut  supra. 

GLA  Karlsruhe,  Copialbuch  307,  [sarc.  XVI\  Nr.  35  nach  einem  gleich- 
zeitigen VuUmus  des  Konstanter  Officiales. 


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Guta  Gräfin  von  Wertheim. 

Von 

Peter  Albert. 


Als  das   älteste   und   mächtigste   Dynastengeschlec 
I.  Franken  badischen  Anteils  nennt  die  Geschichte   die  G 

5  von  Wertheim.  Nahe  an  ein  halbes  Jahrtausend,  fünfzehn  ( 

rationen  hindurch,  haben  sie  geblüht  und  sind  mit  den  c 
P?  Familien  des  hohen  Adels  von  Deutschland  in   den   en 

■ji  verwandtschaftlichen  Beziehungen  gestanden.    Sie  weisei 

M  lange   Reihe   vortrefflicher,   edler  Herren  auf,    die   ihr 

■Jj  und  ihre  Leute  mit  Gerechtigkeit,  Milde  und  Klugheit  r 

iV  und   zur   Förderung  der  Reichsangelegenheiten   nach  t 

n\-  Kräften  mit   einer   von   echter,    aufrichtiger   Vaterland 

V"  getragenen  Gesinnung  mitgewirkt  haben.    An  der  politi 


IJJ'  Heranbildung  des  deutschen  Volkes  haben  sie  ebenso  gr 

^  Anteil,   wie  an  dessen  sozialer   und   kultureller  Entwicl 

Die  Grafen  von  Wertheim  haben  bereits  vor  55  Jahren 
Geschichtschreiber  gefunden»),  der  mit  besonderer  Bet< 
hervorhebt  2),  wie  in  der  ganzen  Folge  des  Geschk 
weder  eine  Missheirat  noch  eine  morganatische  Ehe  zu  i 


s 

tj  sei.     Es  gilt   dies   in   der  That    nicht  nur  von   allen  i 

■J*?  liehen,   sondern  fast  ausnahmslos   auch   von   den    weibl 

Gliedern  des  erlauchten  Hauses  und  ist  vor  allem  den 
Graf  Johann  I.  (1373 — 1407)  im  Jahre  1398  errichteten! 
gesetze  zuzuschreiben,  >wornach  die  Grafschaft  Werthei 
ein  unteilbares  Ganze  für  den  ältesten  Sohn  und  seine  ] 
erklärt  ward,  und  ihm  ausserdem  alle  diejenigen  : 
Erwerbungen  von  ungeteilten  Besitzungen  zugewiesen  wi 


^)  J.  Aschbach,  Geschichte  der  Grafen  von  Wertheim.     2  Tle. 
fürt  a.  M.  1843.  —  ■)  I,  337- 


Guta  Grähn  von  Wertheim.  2Q 

ann  teils  durch  Erbschaft  teils  durch  Kauf  gemacht 
die  übrigen  Besitzungen  aber,  woran  er  nur  einen 
latte,  sollten  einem  Jüngern  Sohn,  den  er  sich  vorbehielt 
ählen,  und  dessen  Erben  zufallen  und  derselbe  das 
rgische  Lehen-Kammeramt,  Schweinburg  etc.  mit  dem 
Bruder  gemeinschaftlich  führen;  alle  übrigen  Söhne 
•Uten  geistlich  werden  und  mit  150  Gulden  jährlichen 
Renten  abgefunden  werden.  Von  den  Töchtern  jeder 
ollte  nur  eine  weltlich  bleiben  und  mit  einer  Heim- 
von  höchstens  3000  Gulden  verheiratet  werden.  Alle 
wurden  zu  Klosterfrauen  bestimmt  mit  einer  jähr- 
Rente  von  30  Gulden,  wobei  ihnen  wie  ihren  geist- 
Brüdern  die  Verpflichtung  auferlegt  war,  Verzicht- 
luf  die  Grafschaft  Wertheim  und  Herrschaft  Breuberg 
eilen«  *). 

ese  an  und  für  sich  unnatürliche,  harte  Erbfolge  und 
lg,  wie  sie  Graf  Johann  zur  besseren  standesgemässen 
ng  seines  Stammes  und  Namens  gegeben  hat,  ist,  da 

Söhnen  und  Töchtern  strenge  befolgt  wurde,  in  ihren 
Igen  sowohl  für  die  fränkische  Geschichte  im  allgemeinen 
1  für  die  wertheimische  insbesondere  nicht  ohne  traurige 

geblieben.  Sie  gab  einerseits  Veranlassung  zu  dem 
igen  Erlöschen  des  Geschlechtes  und  zu  dem  in  seinen 
ligen  Folgen  heute  noch  nicht  völlig  überwundenen, 
örtlich  gewordenen  wertheimischen  Condominium  und 
andererseits  zu  einer  im  höchsten  Grade  missbräuch- 
nanspruchnahmc  des  im  Mittelalter  zu  Recht  bestehen- 
jcnanntcn  Oblateninstitutes  seitens  der  Familie.  Nach 
jralten  Sitte  der  Oblation  gelobten  Eltern  ihre  noch 
ligen  Kinder  Gott  und  bestimmten  sie  für  ein  Kloster 
tes  ausschliesslichem  Dienste.  Nun  war  es  wohl  die 
:  des  Schöpfers  der  Einrichtung  gewesen,  dass  erst 
:schliessung  der  Mündiggewordenen  entscheidend  sein 
allein  diese  kam  zumeist  entweder  nicht  zum  Aus- 
Dder  aber  nicht  zur  Geltung,  denn  nach  dem  Grund- 
»Monachum  aut  paterna  devotio  aut  propria  professio 
i  war  die  Gelobung  eine  gültige,  ohne  dass  der  Wille 
lobten  nachher  in  Betracht  kam.    Nicht  bloss  wenig 

Aschbach   i,   192  f.  —  -)  Decret.  II.  part.  c.  3  C.  XX.  qu.   i. 


30 


Albert 


bemittelte  adelige  Familien,  sondern  auch  reiche  und  hoch- 
angesehene Geschlechter  betrachteten  die  Kloster  auf  diese 
Weise  als  Erziehimgs-  und  Versorgrungsanstalten  für  ihre 
nachgeborenen  Kinder,  die  sie  manchmal  schon  im  zartesten 
Alter  (von   2  bis   3  Jahren),  in  der  Regel   aber  in  jenen 
Jahren  dahin  gaben,  in  denen  man  sie  heutzutage   in  die 
Schule  schickt.    Man  pflegte  sich  durchaus  keinen  Bedenken 
darüber  hinzugeben,  ob  die  solchergestalt  dem  Klosterleben 
Geweihten,  wenn  sie  zum  Gebrauche  der  Vernunft  heran- 
gereift   waren,  sich  auch  in   dem   aufgedrungenen  Berufe 
glücklich  fühlten  oder  nicht.     Der  letztere  Fall  war  nicht 
selten  und  hatte  dann  zur  unausbleiblichen  Folge»  dass  die 
solchem  Los  Verfallenen  nur  Last  und  Qual  empfanden  in 
ihren  Satzungen,  die  sie  zum  grossen  Ärgernis  der  Standes- 
genossen wie  zum  vielfachen  Schaden   für   sich   selbst  auf 
allen   erlaubten    und    unerlaubten  Wegen    zu    lockern,   zu 
umgehen  und  zu  überschreiten  suchten.  So  war  das  Oblaten- 
institut in  Verbindung  mit  dem  Umstände,  dass   es   viele 
Domstifter  und  Klöster   gab,   welche   nur  aus  dem  hohen. 
Adel  ihren  Zuwachs   nahmen,   der  Grund   zu   dem  Nieder- 
gang des   Kirchen  Wesens  überhaupt  wie   der  Stifter  uncfl 
Klöster  insbesondere,  welch'  letztere  dadurch  oftmals  gerad^^ 
wegs  zum  Aussterben  gebracht  wurden.    Diese  Klasse  vc^-äi 
Mönchen  und  Nonnen  war  es  vornehmlich    auch,   die  sicli 
im    i6ten    Jahrhundert    bald     gesetzlich,    bald    gewaltsaxxi 
Befreiung   von   ihren  Fesseln   verschaffte   und   die   Reihen 
der  mit  den  kirchlichen  und  sozialen  Verhältnissen  der  Z^it 
Unzufriedenen  massenhaft  vermehrte. 

Es  gab  aber  allezeit  auch  solche,  welche  unter  V^T- 
meidung  eines  offenen  Bruches  mit  den  Geboten  ur^d 
Gewalten  der  Kirche  den  Eingebungen  ihrer  Natur  ur^d 
ihrer  besseren  Einsicht  Folge  zu  geben  sich  gedrungen 
fühlten.  Ein  sprechendes  Beispiel  dieser  Art  nun  bietet 
die  Gräfin  Guta  von  Wertheim,  aus  unserem  gräflich^sn 
Hause,  das  auf  Grund  seiner  Hausordnung  seit  dem  Anfaafi^^ 
des  1 5ten  Jahrhunderts  die  Domstifter  Würzburg,  Baxnhejrg^ 
Mainz,  Köln,  Strassburg  und  Eichstatt  mit  Domherren  reichli^^^ 
versorgte  1)  und  die  Frauenklöster  Gerlachsheim,  Frauent^l« 

^)  Vgl.  Aschbach  i,   198. 


Ghita  Gi^fin  von  Wertheim. 


31 


Niederzell,  Schxnerlenbach,   Marienbronn  und  viele  andere 
mit  Nonnen   und  Äbtissinnen   füllte.     Guta  ist  die   einzige 
missratene  Tochter  des  Hauses  Wertheim,  die  aber  dessen 
Geftchichtsschreiber   nicht   kennt    und    die   infolge    dessen 
fast  unbekannt  geblieben  ist.    Sie  gehörte  der  älteren  von 
den  beiden  im  1 5ten  Jahrhundert  blühenden  Linien  an  1)  und 
war    wahrscheinlich   die   jüngste    Tochter   Georgs  I.    und 
seiner  Gemahlin  Anna,   einer  Gräfin   von   Öttingen.     Graf 
Georg   war   ein    ganz    besonders    ehrenfester    und    harter 
Mann,    der   mit    zäher    Strenge    an    den    Überlieferungen 
seines  Hauses   hing   und    vor    allem    an    der   von    seinem 
Grossvater,  Johann  I.,  erlassenen  Familienordnung.     Gleich 
im  Anfange  seiner  Regierung  (1444)  bestätigte  er  das  alte 
Erbfolgegesetz   und   setzte  speziell  für  seine  eigene   zahl- 
reiche Nachkommenschaft  fest,  dass  mit  Ausnahme  seines 
Erstgeborenen  Eberhard  als  seines  alleinigen  Nachfolgers, 
sowie  seiner  ältesten  Tochter  Kunigunde,  die  mit  3000  Gul- 
den Mitgift  Gemahlin  des  Grafen  Eberhard  von  Kirchberg 
ward,  seine   sämtlichen   Kinder   in   den    geistlichen  Stand 
treten  sollten*).    Es  waren  dies  ausser   zwei  Söhnen  noch 
fünf  Töchter. 

Doch  Graf  Georg  hatte  wenig  Glück  mit  seinem  Haus- 
gesetze. Sein  erwählter  Erbe  Eberhard  starb  kinderlos 
noch  vor  ihm  selbst,  und  mit  seinem  zweiten  Sohne  Johann, 
der  an  dessen  Stelle  trat,  aber,  weil  bereits  Domherr  zu 
Köln  und  zum  Priester  geweiht,  sich  nicht  verheiraten 
durfte,  erlosch  im  Jahre  1497  der  ältere  Stamm  des  Hauses 
Wertheim.  Von  den  fünf  zur  Weltentsagung  auserlesenen 
Töchtern  schritten  zwei,  die  schon  in  früher  Jugend  dem 
Kloster  zu  den  Elftausend  Jungfrauen  in  Köln  übergeben 
worden  waren,  später  entgegen  der  väterlichen  Verordnung 
wr  Ehe:  die  eine,  Katharina,  mit  Schenk  Friedrich  von 
Umburg,  die  andere,  Anna,  mit  dem  Grafen  Philipp  II., 
dem  Jüngern,  von  Ricneck  (zu  Lohr  am  Main).  Die  drei 
andern,  Margarete,  Mechtilde  und  Guta  (um  1450  geb.), 
wurden  Nonnen*).     Aber  auch   diese    letztere    wusstc   sich 


Vi  V^l.  anch  Th.  von  Liebenau ,  Urkundliche  Geschichte  der  Kitic-r 
von  Baldegg.  Lniern  1866.  S.  71  Anm.  --  '-)  Die  Urk.  bei  Aschbach  2, 
2bgi.  _  t)  Vgl.  Aschbach   i.  245:  248  f. 


32 


Albert. 


wieder  aus  dem  Kloster  zu  befreien,  mit  Hilfe  des 
Junkers  Albrecht  von  Rinach,  mit  dem  sie  danach  auch 
die  Ehe  einging. 

Junker  Albrecht  i),  aus  dem  damals  in  mehreren  Zweigen 
blühenden  schweizerischen  Ministerialengeschlechte  der  Ritter 
von  Rinach  (Reinach),  seines  Namens  der  Dritte,  Herr  zu 
Wildenstein,  war  ein  Sohn  des  trefflichen  Ritters  Hemmann  L 
und  der  Ursula  von  Homberg.  Er  war  eine  abenteuerliche 
Natur,  der  wohl  seines  Vaters  Helm  und  Schild,  nicht  aber 
dessen  thatkräftiges  und  ritterliches  Wesen  geerbt  hatte 
und  es  nicht  einmal  der  Mühe  wert  fand,  sich  die  Ritter- 
würde zu  gewinnen  2).  Der  angestammten  Erb-  und  Eigen- 
güter Auenstein  und  Wildenstein  sowie  andern  Besitztums 
entledigte  er  sich  durch  Verkauf  und  erwarb  sich  dafür  im 
Jahre  1458  das  Bürgerrecht  der  Stadt  Luzem.  Schon  frühe, 
erzählt  der  neueste  Geschichtschreiber  der  Rinacher*), 
hatte  Junker  Albrecht  auf  der  seinem  Stammsitz  benach- 
barten Burg  Baldegg  um  die  Hand  eines  Edelfräuleins 
geworben  und  um  1439  Verensi,  die  Tochter  des  Junkers 
Rudolf  von  Baldegg  aus  dessen  erster  Ehe  mit  Beatrix 
von  Ringgenberg  als  Hausfrau  heimgeführt.  Die  Heirat 
gestaltete  sich  anfangs  nicht  unglücklich;  es  entsprossen 
ihr  zwei  Söhne,  Hans  (VIII.)  und  Hemmann  (11.),  Später 
aber,  seit  1463,  lebte  Albrecht  mit  seiner  Gattin  in  Streit, 
in  welchem  er  Schutz  und  Rückhalt  an  Luzem  fand,  wo- 
gegen sich  Verena  an  das  kaiserliche  Hofgericht  zu  Rott- 
weil wandte  und  gegen  ihre  Widersacher  eine  Achts- 
erklärung erwirkte.  Der  Ausgang  des  Zwistes  ist  nicht 
bekannt;  eine  dauernde  Versöhnung  zwischen  den  beiden 
Ehegatten  kam  nicht  zustande.  Albrecht  entführte,  obwohl 
nicht  mehr  jung,  bald  darauf  die  Gräfin  Guta  aus  dem 
Kloster  Königsfelden  und  lebte  mit  ihr  längere  Zeit  in 
bigamischer  Ehe,  bis  Verena,  aus  Gram  über  die  Untreue 
ihres  Gemahls,  ins  Grab  sank. 

Alles  dies    berichtet    ausführlich    die  Geschichte  »Von 
dem  Leben   der    edlen  Gräfin   Guta  von  Wertheim 


')  Vgl.  W.  Merz,  Die  Ritter  von  RiDach  (Argovia.  Jahresschr.  d.  histor. 
Gesellsch.  d.  Kantons  Aargau.  21.  Jahrg.  Aarau  1860.  S.  86  ff.)  —  *)  Dahin 
ist  auch  die  in  der  Erzählung  selbst  gebrauchte  Benennung  »Ritter«  zu  ver- 
stehen.  —  *)  Merz  a.  a.  O. 


Guta  Gräfin  von  Wertheim. 


33 


und   Albert   von   Rinach,   Ritter,   ihrem   Ehemann«, 
wie    sie   in   zwei   handschriftlichen  Werken    des   schweize- 
rischen Geistlichen  Dominikus  Rotenflue,  in  seiner  :'Chronik 
der    Stadt    Rapperschweil«    und     in    seiner    »Registratur 
Rapperschwylerischer  Cantzley«   enthalten   ist.     Rotenflue 
war  Pfarrer  zu  Busskirch  im  Kanton  St.  Gallen  und  Sekretär 
des   Landkapitels  Zürich-Rapperswil,   in   welcher   Stellung 
er  am   15.  Juli  1699,  50  Jahre  alt,  gestorben  ist.  Von  seiner 
Chronik   der   Stadt   Rapperswil   sagt   G.  E.   von  Haller »): 
»Es  ist  diese  Schrift  eigentlich  keine  Chronik,  sondern  eine 
ohne    Ordnung    verfasste    Sammlung   von    Auszügen    aus 
Urkunden   und   sonst,   die   eben   deswegen    sehr   schätzbar 
sind,  besonders  da  sie  an  vielen  Orten  Nachrichten  liefern, 
^e    man    sonst  nirgends   antreffen    würde.«     Das   Gleiche 
gilt  von   der  »Registratur«,    die    zumeist  Aktenstücke  und 
Begebenheiten  kirchlichen  Belanges  bietet,  indem  der  Ver- 
fosser  alles,  was  irgendwie    mit  geistlichen  Dingen    in  Be- 
ziehung stand,  besonderer  Erwähnung  wert  erachtete.    Auf 
sie  ist  nicht  minder  wie  auf  die  »Chronik«  das  anerkennende 
Wort   Hallers  ^)    zutreffend,    :»dass,    ohngeachtet    der    darin 
herrschenden  Unordnung,  dieses  Werk  sehr   viel  Achtung 
verdienet«. 

Der  Abdruck  des  Folgenden  ist  nach  einer  im  Besitze 
der  gräflichen  Familie  von  Mülinen  in  Bern  befindlichen 
und  von  dem  Grafen  Dr.  W.  F.  von  Mülinen  gütig  zur 
Verfügung  gestellten  Abschrift  der  :>Registratur«  gemacht, 
die  mit  dem  Berichte  der  »Chronik«  Wort  für  Wort  über- 
einstimmt. Um  der  Erzählung  das  charakteristische  Gepräge 
nicht  zu  benehmen,  ist,  abgesehen  von  der  in  Anwendung 
Ifebrachtcn  heutigen  Rechtschreibung,  der  Wortlaut  der 
Handschrift  unverändert  geblieben. 

Von  dem  Leben  der  edlen  Gräfin  Guta  von  Wertheim  und 
Albert  von  Rinach,  Ritter,  ihrem  Ehemann. 

Zu  Wertheim,  einer  Grafschaft  im  Würzburger  Bistum  des 
irankenlands  gelegen,  wäre  von  grätlichen  Eltern  Guta  geboren, 
^^r  derselbigen  schon  in  ihrer  unmündigen  Kindheit  durch  den 

h  Bibliothek  der  Schweizer-Geschichte  4  (Bern  1786),  515  Nr.  585; 
;«^  —  «)  A.  a.  O.  Nr.  585. 

Zcltichr.  f.  Getch.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  i.  3 


34 


Albert. 


frühzeitigen  Tod  beraubt  worden^),  deswegen  ihre  nächsten 
Verwandten  die  Vormundschaft  dieses  gräflichen  Kindes  mit 
Leib,  Hab  und  Gut  an  sich  gezogen  und,  damit  sie  etwan  dieser 
hinterlassenen  Grafschaft  einige  Erben,  Besitzer  vnd  Herrn  könnten 
sein,  haben  sie  das  gräfliche  Kind  g'waltsweis,  etwan  1 1  Jahre 
alt,  in  das  herrliche  königliche  Kloster  Königsfclden  S.  Clarae 
Ordens  unter  Baden  in  der  Schweiz,  der  Berner  Herrschaft,  Ver- 
stössen. Weilen  aber  die  junge  Guta  keine  Anmutung,  Zuneigung 
und  Liebe  zu  dem  Orden  hatte,  hat  die  Freundschaft,  solches 
vcnnerkend,  eilends  verschafft  und  angeordnet,  dass  das  Töcbter- 
lein  ohne  Verzug  in  das  Probierjahr  aufgenommen  und,  ehe  zuvor 
selbiges  das  14.  Jahr,  so  zu  der  Profession  der  klösterlichen 
Gelübden  erfordert  wird,  [zurückgelegt,]  hat  sie  müssen,  aus 
Schrecken  und  Forcht  der  Freundschaft  angetrieben,  wiewohlen 
sie  im  Herzen  keinen  Willen  noch  Liebe,  solches  zu  thun,  nit 
hatte,  das  dreifache  klösterliche  Gelübd  der  'Keuschheit,  Armut 
und  Gehorsame  in  obgenanntem  Kloster  Königsfelden  mit  Eids- 
pflicht schwören  und  verloben.  Mittlerwcilen,  da  sie  im  Kloster 
als  in  einer  Gefangenschaft  mit  grossem  Verdruss  und  Wider- 
willen etwelche  Jahre  erlebte,  endlich  die  völlige  mannbar- 
liche  Jahr  erreicht,  wäre  sie  von  der  Welt  und  Fleisch  sehr 
angefochten,  trachtete  sie  allzeit,  verdrüssig  des  klösterlichen 
Lebens,  wie  sie  aus  dem  Kloster  könnte  entfliehen  und  die  übrige 
Zeit  ihres  Lebens  in  der  Welt  könnte  zubringen,  massen  das 
Klosterleben  nit  ihr  Beruf  wäre.  Zu  solchem  Vorhaben  aber  hat 
sie  etwan  tlurch  heimliche  Personen  Steg  und  Weg  gebabnet 
und.  wie  mutmasslich,  Mittel,  Hilf  und  Rat  gefunden  bei  Albert 
von  Rinach,  einem  edlen  Ritter,  so  derzeiten  im  Bistum  Chur 
wohnetc,  dass  sie  endlich,  nach  empfangenen  weltlichen  Kleidern, 
den  geistlichen  Habit  an  den  Nagel  gehängt,  sich  weltlich  bekleidet 
und  aus  dem  Kloster  geflohen,  alsbald  von  Albert  in  sein  Her* 
berung  auf-  und  angenommen  worden. 

Albert  von  Rinach,  so  verehelichet,    wäre    durch  beständige 
lioiwolinung  Gutae,  der  Gräfin,  also  familiär,  holdselig  und  lieb- 
reich, ja  cntllich  mit  ungebührlicher  Liebe  gegen  ihro  angezündc 
und  gclocket  worden,  dass  er  sich,  bei  Lebenszeit   seiner  erstem 
Ehegemahlin,    Guta    fleischlich  vermischet,    und    [sie]   etwan   ein& 
Zt'it  lang  ehebrecherisch  bei  einander  gelebt,    bis  endlich  durclx^ 
den  zeillichen  Tod  Alberti  Ehegemahlin  von  dieser  Welt  abgelebt:, 
und  abgeschieden. 

Dieser  tödliche  Hintritt  hatte  soviel  verursachet,  dass  di^ 
Lir]>e  mehr  und  mehr  bei  ihnen  gewachsen,  und  [sie]  also  ohn^ 
Sponsalien,  öflentliche  Verkündigung,  solennischcn  Kirchgang^ 
priesterliche  Henecliktion  nach  Erforderung  des  tridentinischen  Con-^ 
cilii  elandestine  in  heimlicher  Ehe  gelebt  und  beisammen  gewohnet 

')  (iraf   ficor«:  I.  btarb,    von    seiner    Gemahlin    überlebt,    1454;    Asch^ 
bnch   I,   24 8. 


Guta  Gräfin  von  Wcrlhcim.  7^ 

Gräfin  Guta  verreist  mit  Alberto  von  Rinach  gen  Rom. 

Nachdem    diese    vermeinte    Eheleut    eine    geraume    Zeit    in 

Sünden  mit  einander  gelebt,  Gottsforcht,  ihr  Gewissen  und  eigen 

Seelenheil  hintangesetzt  und  in  einem  so  lasterhaften  Leben  ganz 

eingeschlafen,  waren  sie  endlich  durch    göttliche  Eingebung   des 

h.  Geists  von  dem  Sündenschlaf  erweckt,  ihre  Augen  aufgangen, 

das     Herz    berührt,    ihr    Gewissen    von    dem    nagenden    Wurm 

gequälet;    haben  sie  angefangen,   ihr  sündliches  Leben    wohl   zu 

erwägen,  die  grosse  Gefahr,  ihr  Seelenheil  reiflich  zu  betrachten, 

ihre  schwere  begangene  Sund  bitterlich  zu  beweinen  und  würdige 

Frucht  der  Buss  zu  thun,  deswegen  mit  einander  persönlich  (wie 

zu  mutmassen,    oder  aber  schriftlich    durch   den    hochw.  Bischof 

zu  Chur)  sich  nacher  Rom  begeben,  dorten  um  gnädige  Audienz 

bei    Ihrer    päpstlichen    Heiligkeit  Paulo  IL    demütigst   angehalten 

und  allergiiädigst  erhalten,    ihr  Begehren    mit   weinenden  Augen 

vorgebracht,    mit   weitläufiger   Erzählung    ihres   Lebens,    wie    dass 

sie  in  ihrer  blühenden  Jugend  den  geistlichen  Stand  anzunehmen 

sei  gedrängt  und  gezwungen  worden  und  vor  dem  14.  Jahr  ihres 

Alters    wider    ihren    Willen   aus  Forcht   ihrer  Freundschaft   habe 

müssen  annehmen,  deswegen  wiederum  sich  in  die  Welt  begeben, 

willens,    die  übrige  Zeit  ihres  Lebens  in    dem  Ehestand    weltlich 

voilsabringen;     begehre     deswegen     um     dies     ihr    Verbrechen 

von    Ihrer    päpstlichen    Heiligkeit    die    völlige    Absolution    und 

Benediktion. 

Auf  dieses  so  demütiges  Begehren  hat  Ihre  päpstliche  Heilig- 
keit Paulus  IL  väterlich  cingewilliget,  die  Absolution  gegeben 
samt  einer  päpstlichen  Bullen  an  den  Bischofen  zu  Konstanz,  dass 
er,  obgenannte  gräfliche  Person  Gutam  ihre  Ehe  zu  beschützen, 
der  obgenannten  klösterlichen  Ausflucht  fleissige  Nachforschung 
solle  halten,  und  wann  die  Sach  also  erfunden  worden,  soll  er 
^emeldte  Person  von  aller  regularischen  Observanz  frei  und 
leiiig  sprechen,  und  [Guta]  keine  Schuldigkeit  mehr  zu  den 
klösterlichen  Gelübden  solle  haben  und  verbunden  sein.  Geben 
zu  Rom  bei  St.  Peter  im  Jahr  der  Menschwerdung  Christi 
unsers  Herrn  1471,  den  i.  Tag  Aprilis,  des  Papsttums  im 
siebenten  Jahr. 

Päpstliche  Bullen  Pauli  II.    der  Bcitciung  Gutae,   der   (Träfin, 

▼  OD  aller  klösterlichen  Observanz. 

Paulub  episcopus  servus  scr^-onim  dei  venerabili  fratri  episcopo  Con- 
ktaatieDsi  salutem  et  apoitolicam  benedictionem  etc.  Dilecta  in  Christo  ülia 
nobilit  mulier  Guta  de  Werthcim,  domicella  tuac  dioecesis,  proposuit  coram 
'^it  qaod  olim  ipsa,  tunc  minor  quatuordecim  annis  cxistens  quorundam 
M*Ofutn  amicorum  vi  et  metu,  qui  cadcrc  poterant  in  constantcm,  nrctata  >ive 
^^^pulsa,  monasterium  s.  Clarae  in  Küni^sfeld  ordinis  ejusdem  sanctnc,  dictac 
^*<*^cesii,  intravit  et  per  eam  regulari  suscepto  habitu  monialium  cjusdcm 
*<Miuterii,   dictis   vi   et    metu    juvantibus«    rej^ularem    per    easdem    monialcs 


l 


36  Albert. 

emitti  solitam  professionein  emisit.  Nullatenus  tarnen  corde  vel  intentione 
}^erens,  quod  alicui  propterea  vellet  aut  deberet  religioni  quomodolibet  obligari 
necnon  cessantibus  vi  metuque  praedictis,  qua  primum  potuit,  praefatum 
inonasterium  exivit  et  ad  saeculum  est  reversa,  in  quo  suos  sub  timore  domini 
dies  tinire  concupiscit.  Quare  nobis  humiliter  supplicavit,  ut  ne  suae  dispen« 
dium  famae  patiatur,  exinde  sibi  super  hoc  opportune  providere  de  benignitate 
sedis  apostolicae  dignaremur.  Quocirco  fratemitati  tuac  per  apostolica  scripta 
mandamus,  quatenus  inquisita  per  te  super  praemissis  diligentius  veritate,  si 
ita  esse  iuveneris,  eandem  Gutam  propterea  ad  regulärem  denunties  obserran- 
tiam  non  teneri.  Datum  Romae  apud  s.  Petrum  anno  incamationis  dominicae 
millesimo  quadringentesimo  septuagesimo  primo  kalendis  Aprilis,  pontificatus 
nostri  anno  septimo.  M.  de  Medran. 


Albrecht  von  Rinach  und  Guta,  Gräfin  von  Wertheim, 
erlangen  von  Papst  Paulo  U.  die  Gnad,  ein  eigenen 

Beichtiger  zu  erwählen. 

Kaum  hatte  Guta,  die  Gräfin,  von  Ihrer  päpstlichen  Heilig- 
keit Paulo  II.  die  Gnad  erhalten,  dass  sie  von  ihrem  getbaneu 
klösterlichen  Habit  und  Gelübd  ist  entbunden  worden  und  befreiet 
von  aller  regularischcn  Observanz  und  nach  gethancr  fleissiger 
Nachforschung  dieser  Dingen  von  dem  Bischofen  zu  Konstanz 
die  völlige  Absolution  sollte  erlangen  und  zu  keiner  klösterlichen 
Zucht  mehr  verbunden  werden,  so  hatte  oft  ernamsete  Gräfin 
mit  Albert  von  Rinach,  dem  edlen  Ritter,  die  päpstliche  Lizenz 
und  Gnad  erhalten,  ein  eigenen  Beichtvater,  Religiös  oder  welt- 
lichen Priester,  nach  Belieben  zu  erwählen,  von  deme  sie  von 
allen  Sünden  und  casibus  reservatis  (ausgenommen  die  Sund 
wider  die  allgemeine  Kirche,  Ihre  päpstliche  Heiligkeit  u.  a.  in 
Bulla  coenae  domini  begriffen)  könnten  absolviert  werden,  jedoch 
mit  auferlegter  heilsamer  Buss,  dass  sie,  obgemeldete  Personen, 
ein  Jahr  lang  alle  Freitag,  so  sie  anders  nit  verhindert  würden, 
sollten  fasten  oder  so  sie  hohe  Fasten  nit  könnten  noch  möchten 
verrichten,  könne  solche  von  ihrem  Beichtvater  in  andere  gute 
Werk  verändert  werden  etc.  Geben  zu  Rom  bei  St.  Peter  im 
Jahr  der  Menschwerdung  Christi  147 1,  den  i.  Tag  April,  des 
Papsttums  Pauli  H.  im  siebenten  Jahr. 

Lateinische  Copia  obgemeldter  Lizenz. 

Paulus  episcopus  servus  scrvorum  dei  dilecto  filio  nobili  viro  Alberto 
de  Reinach,  domicello  Curicnsis  dioecesis,  et  dilcctae  in  Christo  filiae  oobili 
mulieri  Gutae  de  Wertheim,  ejus  uxori,  salutem  et  apostolicam  benedictionem. 
Devotionis  vestrae  sinccritas  promeretur,  ut  votis  vestris  in  iis  praesertim, 
quae  ad  animarum  vestrarum  salutem  cedere  valeant,  quantum  cum  deo 
possumus,  favorabiliter  annuanius.  Hinc  est,  quod  nos  vestris  devotis  suppli- 
cationibus  inclinati,  ut  sacerdotem  idoneum  secularem  vel  regulärem  possitis 
eligere  confessorem,  qui  confessionibus  vestris  diligenter  auditis  pro  commitsis 


Guta  Gräfin  von  Wertheim. 


37 


per  TOS  criminibus,  excessibus  et  peccatis,  etiam  in  singulis  sedi  aposlolicae 
reservatit  casibos,  praeterquam  oflensae  ecclesiasticae  libertatis,  violationis, 
interdicti  ab  eadem  sede  impositi,  criminum  haeresis  cujus  offensac,  inobe- 
dientiae  sen  rebellionis  aut  conspirationis  in  personam  vel  statum  Romani 
pontificis  sen  sedem  apostolicam  invasionis,  depraedationis  vel  occupationis 
ant  derastationis  terrarum  ecclesiae  Romanae  immedlate  vel  mediale  subjecto- 
ram,  parricidii,  oflensae  personalis  in  cpiscopum  vel  alium  praelatum  ac  etiam 
iDvasionis  Romipetarum  seu  quorum  etc.  Bulla,  quae  consueverat  in  die  Coenae 
domini  per  praedecessores  nostros  Romanos  pontiiices  publicari,  sed  duntaxat 
debitam  vobis  absolutionem  in  forma  ecclesiae  consueta  impendere  et  pocni- 
lentiam  salutarem  injungere  valeat  etc. 

Clausula  bullae. 

Null!  ergo  omnino  hominum  liceat  hanc  paginam  nostrae  conccäsioni:», 
cuDStiiutionis  et  voluntatis  infringere  vel  ei  ausu  temcrario  contraire.  Si  quis 
lutem  hoc  attentare  praesumpserit  indignationem  omnipolentis  dei  et  beatorum 
Petii  et  Pauli  apostolorum  ejus  se  noverit  incursurum.  Datum  Romae  apud 
s.  Petnim  anno  incarnationis  dominicae  millesimo  quadringentcsimo  septuagc- 
simo  primo,  kal.  April.,  pontiticatus  nostri  anno  scptimo.  A.  OiiPLi>. 


Die  Gräfin  Guta  erlangt  von  Ihrer  päpstlichen  Heiligkeit 
ein  Weihstein,  in  ihrem  Haus  Mess  lesen  zu  lassen. 

Nach  erlangter  Lizenz,  einen  eigenen  Priester  und  Beicht- 
vater zu  erwühlen,  hatte  die  Gräfin  Guta  das  Beste  zu  sein 
erüinden,  wann  sie  in  ihrer  Behausung  auch  täglicli  das  h.  Mess- 
opfer  könnte  anhören  und  ihrer  vorgenommenen  Andacht  nach 
Hclieben  abwarten:  deswegen  bei  Ihrer  piipstlichfen  Heiligkeit 
nachmalen  anhalten  lassen,  auch  diese  Gnad  noch  zu  erteilen, 
dass  sie  in  ihrem  Haus  ein  eigenen  Altarstein  könne  haben  und 
ni  solchem  von  einem  urdenthchen  Priester  mit  ihren  I  laus- 
genos^en  die  h.  Mess  könne  anhören.  Auf  solches  sonders  An- 
^Iien  hatte  auch  Ihre  päpstliche  Heiligkeit  gnädigst  einge williget 
wd  verwilligct,  dass  sie  ein  geweihten  Altarstein  mit  gebührenden 
'■-hren  könne  haben,  auf  welchem  dann  in  gebührlichem,  ehrlichem 
Orte  durch  ihr  eigen  oder  andern  ordentlichen  Priester  die  h. 
Mess  und  andere  Gottesdienst  könne  gehalten  werden,  jedoch 
ohne  Nachteil  eines  andern  Rechten,  dass  sie  und  ihre  llaus- 
ficnossen  mit  Andacht  der  h.  Mess  könne  beiwohnen.  Geben 
w  Rom  bei  St.  Peter  im  Jahr  der  .Menschwerdung  Cliristi  1471, 
^^  I.  Tag  April,  unsers  Papsttums  im  siebenten  Jahr. 

Lateinische  Copia  der  päpstlichen  Lizenz,  ein  geweihten 

Altarstein  zu  haben. 

Wnlus  episcopus  servus  servorum  dei  dilectae  in  Chri.sto  nobili  iiiulicri 
"oüc  comitiüsae  de  Wcrthein»  C'uriensis  diocccsis  salinem  ei  aj)o*«t«'licain 
WttwJictionem.     Sincerae  devotionis  affectus.  (]uem  ad  no"  et  R<^nian;m.  R<^ri> 


38 


Albert. 


ecclesiam,  non  indigne  meretur,  ut  postulationibus  tuis,  Ulis  praesertim,  quas 
ex  devotionis  fervore  prodire  conspicimus,  quantum  cum  deo  possumus,  favo- 
rabiliter  adnuamus.  Hinc  est,  quod  nos  tuis  devotis  supplicationibus  inclinati, 
ut  liceat  tibi  habere  altare  portatile  cum  debita  reverentia  et  honore,  super 
quo  in  locis  ad  hoc  congruentibus  et  honestis  possis  per  proprium  vel  alinm 
sacerdotem  idoneum  missam  et  alia  divina  offida  sine  juris  alieoi  praqudido 
in  tua  et  familiarium  tuorum  domesticonim  praesentia  facere  celebrari  dero- 
tioni  tuae  tenore  praesentium  iodulgemus.  Nulli  ergo  omnioo  hominum  liceat 
haue  paginam  nostrae  conceisionis  infringere  vel  ei  ausu  temerario  contraire. 
Si  quis  autem  hoc  attemptare  praesumpserit  indignationem  omnipotentis  dd 
et  beatorum  Petri  et  Pauli  apostolorum  ejus  se  noverit  incursnmm.  Datum 
Romae  apud  s.  Petium  anno  incamationis  dominicae  millesimo  quadringen- 
tesimo  septuagesimo  primo,  kal.  April.,  pontificatus  nostri  anno  septimo. 

A.  Trajenate. 
A.  Oriens. 


Albertus  und  Guta  erlangen  Absolution  der  Sund  des 
heimlich  angestellten  Ehestands. 

Nach    verflossenem    ersten    Tag    April    waren    der    Agent 
obgemeldter    Personen     für     den     päpstlichen    Poenitentiarium 
gekehrt,  ihme  demütigst  vorgebracht,    wie  dass  Albert  und  Guta 
bei    Lebenszeit    Alberti    erster    Gemahlin    einander     oftermalen 
fleischlich  erkennt,  hernach   aber,    da   Alberti   Ehegemahlin  mit 
Tod    abgangen,    jedoch    ohne   Beförderung    ihres    Tods,    auch 
einige ns  Versprechens   zu   künftiger   Ehe  mit   einander   heimlich 
durch  Wort  ein  ehelichen  Kontrakt  getroffen,  selbigen  mit  fleisch- 
licher Vermischung  vollbracht  und  ein  Kind  erzeuget,    begehren 
dieselben,   von    solcher  Sund  Absolution   und   ledig   gesprochen 
zu  werden,  hinfüro  aus  päpstlicher  Dispensation  ehelich  mit  ein-  - 
ander  zu    leben    und    ihr    erzeugtes  Kind    zu    legitimieren   und^ 
ehelich    zu    machen.     Solches   Anbegehren   hatte  also  Philippus^ 
Bischof   zu    Albanien,    derzeit  Poenitentiarius,    Ihro    päpstlicheErr 
Heiligkeit  vorgetragen,   der   ihme    vivae   vocis    oraculo    mündliche 
anbefohlen ,    dem    Bischof   zu     Chur    oder    seinem    Vicario,  im^ 
dessen  Bistum  gemeldte  Personen  wohnhaft  waren,  in  Kommissio:^ 
zu  geben,    dass  er   die  verstrickte  Personen  von    der  Sund  d< 
Ehebruchs  absolvieren  solle  und  dass  sie  in  dem  Ehestand  li< 


und  ziemlich  fortfahren  und  das  erzeugte  Kind  zu  legitimier« 
vergünstigen  und  sprechen  solle,  jedoch  mit  einer  auferlegt^^i 
heilsamen  Buss.  Geben  zu  Rom  bei  St.  Peter  unter  dem  Sjfajl. 
des  Poenitentiarii,  den  2.  April,  des  Papsttums  Pauli  IL  "^m 
siebenten  Jahr.     A.  de  Benenatis. 


Guia  Gräfin  von  Wertheim.  3g 

LateiDische  Copia  der  Absolution 
von  des  claodestinischen  Ehestands  Alberti  von'Reinach, 
Ritter,   und   Gutae,   Gräfin    von    Wertheim. 

Venerabili  in  Christo  patri  dei  gratia  episcopo  Curie nsi  vel  ejus  vicario 

in  spiritualibus  Philippus  miseratione  divina   episcopus  Albanensis  salutem  et 

»Jnceram  in  domino    caritatem    etc.     Ex    parte  Alberti    de  Rinach    et  Guotae 

de  Wertheim  mulieris  conjugum  vestrae  dioecesis  nobis  oblata   petitio   conti- 

nebat,  quod  ipsi  olira  vivente  prima  uxore  ipsius  Alberti  sese    pluries    carna- 

liier  coj^overint,  postmodum  vero  dicta    ipsius    Alberti   uxorc,    sicut   domino 

placuit,    de  medio  sublata,    neutro  tamen    ipsomm  in  mortem    ipsius    machi- 

nante  nee  aliqua  intei  eos  data  fide  post  mortem  dictae  uxoris  de  contrahendo 

nutrimoninm  inter  se  per  verba  de  praesenti  clandestine  contraxerunt  illudque 

carnali  copula  consummarunt  et  prolem  procrearunt,    super  quibus   supplicari 

fecerunt  huroiliter   dicti  conjuges,    eis  per    sedcm    apostolicam    de    opportuno 

remedio  misericorditer  providcri.     Nos  igitur   autoritate   domini    papae,    cujus 

poenitentiariae  curam  gerimus  et  de  ejus    speciali    mandato    super    hoc    vivae 

\'(<h  oraculo  nobis    facto  circumspectioni    vestrae    committimus,   quatenus    si 

e»t  ita,  ipsos  conjuges   a  generali  excommunicationis  senlentia,   quam  propter 

cnntractum  dandestinum  matrimonium   hujusmodi   per    constitutiones    provin- 

L-iales  et  sjmodales  incurrerunt  et  hujusmodi  adulterii  reatu  in  forma  ccciesiae 

L-onsneta  absolvatis  et  injuocta  inde  eorum  cuiUbet  pro  remedio  culpae  poeni- 

centia  salutari,  demum  cum  ipsis  conjugibus,   quod    in  matrimonio  hujusmodi 

licite  valeant  remanere  proountietis,  prolem  post  contractum  dicti  matrimonii 

!iu-<cepium,   ii  qua  sit  et  suscipicndam,  exinde  legitimam  dccernentes.    Datum 

Ftomae  apud  s.  Petrum  sub   sigillo    officii  )X)enitenti.iriue,    IV.  nonis  Aprilis, 

pontiticatus  domini  Pauli  II.  anno  septimo. 


Der  päpstliche  Beichtvater  verleiht  Lizenz  Alberto 
und  Gutae,  der  Gräfin,  ein  eigenen  Beichtvater  zu  erwählen. 

Weiss,  nit,  aus  was  Ursachen  den  oftermeldten  hohen  Per- 
sonen die  Lizenz,  ein  Beichtvater  zu  erwählen    von    dem    päpst- 
lichen Poenitentiario  gegeben  ist  worden,  sintemalen  ihnen  solche 
Cnad  schon    von   Ihro   päpstlichen  Heiligkeit   selbsten    verliehen 
wrden»).     Nichtsdestoweniger    hat    obgemeldter    Poenitentarius 
ihiien  die  Gnad  auch    erteilt  mit   einem   besiegleten  Patent   der 
Poeiutentarie,    dass  sie  einen  Beichtvater  können    erwählen,    der 
üt  von  allen  Sünden  könne  absolvieren,  ausgenommen  die  Casus 
and  Sund,    so   dem    päpstlichen  Stuhl    allein   vorbehalten;    wann 

h  Die  Erlaubnis  des  Papstes  zur  Wahl  eines  Beichtvaters  vom  i.  Apiil 
l«io^  sich  nur  auf  den  speziellen  Fall  der  Absolution  von  den  Gelübden 
u&J  der  Sünde  des  Ehebruchs,  die  jetzt  am  9.  April  vom  Pönitcntiar  gej^cbene 
^^iKünsiiguDg  aber  betraf  die  Wahl  eines  eigenen  Beichtvaters  für  die  ganze 
'^'Kc«it,    wie    die    Worte    des     Reskriptes:     ^»quamdiu     vixeritis-     deutlich 


40 


Albert. 


sie  aber  eUvan  ein  Gelübd  einer  Wallfahrt  oder  Abstinenz  ver- 
sprochen, so  sie  füglich  nit  können  verrichten  (als  über  Meer, 
zu  St.  Peter  und  Paul,  St.  Jakob  ausgenommen),  in  andere  gute 
Werk  könne  verändern.  Geben  zu  Rom  bei  St.  Peter  unter  dem 
Sigill  der  h.  Poenitentarie,  den  g.  Tag  April,  des  Papsttums 
Pauli  IL  im  siebenten  Jahr. 

Lateinische  Copia  einen  Beichtvater  zu  erwählen  gegebener 
Lizenz  von  dem  päpstlichen  Poenitentiario. 

Philippus  miseratione  divina  episcopus  Albanensis  dilectis  in  Christo 
Alberto  de  Rinach  laico  et  Guotae  comitissae  de  Wertheim  ejus  uxori 
Curiensis  dioecesis  salutem  in  domino.  Solet  annuere  sedes  apostolica  püs 
votis  et  honestis  petentium  precibus,  maxime  ubi  salus  requirit  animarum 
favorem  benevolum  impertiri.  Cum  igitur  ex  parte  vestra  nobis  fuerit  humi- 
liter  supplicatum,  ut  in  animarum  vestrarum  solatium  eligendi  confessorem 
idoneum  vobis  licentiam  concedere  dignaremur.  Nos  vcstris  supplicationibus 
favorabiliter  annuentes  autoritate  domini  pontificis,  cujus  poenitentiariae  curam 
gerimus  et  de  ejus  speciali  mandato  super  hoc  vivae  voris  oraculo  nobis  facto 
devotionis  veslrae  concedimus,  quatenus  liceat  vobis  idoneum  et  discretum 
prcsbyterum  in  confessorem  eligere,  qui  super  peccatis,  quae  sibi  confitebimini, 
nisi  talia  sint  propter  quae  merito  sit  sedes  consulenda  praedicta,  vobis  eadem 
autoritate  provideat  de  absolutionis  debitae  beneficio  et  poenitentia  salutari, 
quamdiu  vixeritis,  quoties  fuerit  opportunum,  vota  vero  peregrinationis  et 
abstinentiae,  si  qua  emisistis,  quae  commode  servare  non  potestis  ultra  maria, 
beatorum  Petri  et  Pauli  atque  Jacobi  apostolorum  votis  duntaxat  exceptis, 
commulet  vobis  idcm  confessor  in  alia  opera  pictatis.  Datum  Romae  apud 
s.  Petrum  sub  sigillo  officii  poenitentiariae,  V.  idu$  Aprilis,  pontificatus  domini 
Pauli  pa])ac  II.  anno  seplimo.  M.  de  Venariis. 


Die  Gräfin  Guta  wird  von  ihren  gethanen  klösterlichen 
Gelübden  durch  Hermannum,  Bischofen  zu  Konstanz,  absol- 
viert und  von  regularischer  Observanz  freigelassen. 

Nachdem  nun  Gräfin  Guta  die  päpstliche  Bullen  von  Rom 
mit  sonderen  Freuden  empfangen  und  wohl  verstanden,  dass  sie 
wegen  der  klösterlichen  Gelübd  und  Ausweihung  von  dem 
Kloster  Königsfeld  vor  den  Bischof  zu  Konstanz  gestellt,  und  die 
päpstliche  Bullen  Ihro  bischöflichen  Gnaden  Hermanno,  bürtig 
von  der  Breitenlandenberg,  zu  hohen  ehrenden  Händen  über- 
lieferet, hat  hochgedachter  Bischof  selbige  mit  gebührender  Ehr 
und  Reverenz  empfangen  und  die  päpstliche  Kommission  ver- 
standen, deswegen  alsobaid  durch  seinen  öffentlichen  geschwornen 
Notarium  die  Wahrheit  dieser  Dingen  lassen  auf  das  fleissigst 
nachforschen,  viel  und  verschiedene  ehren-  und  glaubenswürdige 
Personen  und  die  Gräfin  Guta  selbs  examinieren,  sodann  bei 
und  mit  ihme  Guta  bei    hoher  Pflicht   und  Eidesstatt   ausgesagt, 


Gnta  Gräfin  von  Wertheim. 


4» 


dass   sie    aus  Forcht    und  Schrecken    von    ihrer  Freundschaft    in 

das    Kloster  Königsfelden    Verstössen    und    gezwungen    und    bei 

währender    Forcht    die    klösterliche    Gelübd   nach   Form    selbiger 

Nannen    St.    Clarae  Ordens    gethan,    jedoch    die    Meinung    und 

^*iUen   ganz  und  gar  niemalen  gehabt,  dass  sie  die  Gelübd  und 

klösterliche  Observanz  wolle  halten  und  zu  denselbigen  verpflicht 

s«i.    Hernach  aber,  als  Forcht  und  Schrecken  aufgehört,  sei  sie 

ans   dem    Kloster    gangen    und    in    die    Welt    gekehrt.      Nach 

angehörter  genügsamer  Kundschaft  hat  also  Ihr  bischöflich  Gnaden 

im  Namen  Christi  die  Sentenz  und  Urtel  gegeben,  dass  obgenannte 

Gräfin    die    klösterliche  Observanz    nit   schuldig    sei    zu    halten, 

jedoch   wann   sie    in   ihrem    Herzen     und    Meinung    noch    etwas 

Heimliches    verborgen    hätte,    so    solle    solches    ihrem  Gewissen 

öberlassen  sein,  Gott  dem  Herrn  hierüber  Rechenschaft  zu  c^eben. 

('eben    zu   Konstanz    in    unserm   Hof   mit  Anhang    bischöflichen 

insiegel   anno    domini   147 1,    den  22,  Tag  ]\Iai,    römischer  Zins- 

zahl   4. 

Lateinische  Copia  der  bischöflichen   Absoluiion  Gutat-, 

der  Graf  in  von  Wcrtheim. 

Hermannub  dei  et  apostolicac   sedis  gratia  episcopiis  C^onstantiensi;«  uni- 

Tcr»i&  et  sin^nilii  praesenlium  inspectoribus  subscriptoruni  notitiam  cum  sahite. 

U  Itcras  jsanctissimi    in    Christo    patris    et    domini    nostri  patiis  Pauli    divina 

^lovidcDtia  Roman.  II.  papac  ejus  vcro  bulla  plumbca   in    Ulis    canapi    niorc 

Rcimanae    curiae    impeudente    bullatas,    sanai»,    intef^ras    et    illacsas    omniquc 

proTsus  vitio   et    suspicionc    carcntcs    nobis    pro    parte    nobili>    et    ;;cnerosae 

dominiie  de  Wertheim  comitissae  in  ipsis  npostolicis  littcris  principaliter  nomi- 

sAtae  praescntatas,    cum  ea  qua  decuit    rcvercnlia    recepimus    hujusmodi    sub 

lenorc:  Paulus  cpiscopus  Nervus  servoruni  dei  etc.  (Bulla  hie  Pauli  II     papae 

iiSKTix)     Post    quarum    quidcm    littcrarum    pracscntalioncm,    rcccptionem    et 

(iiUscntem  inspectioncm  fuimus  pro  parte  dictac  dominae  (luiac  comitissar  in 

^fdem  littcris,  ut  praefertur,    principaliter  noniinatae»  quatcnus  ad  cxccutionein 

firundcm  et  contentoruni  in  eis«  juxta  tradiiam  inibi  nobis  form  am  proccilcre 

^^ucmur.  debita  cum  instantia  requisiti.    Xos  itaquc  superiorum  nostnuum 

**«  prtli&^inie  apostolicis  mandatis  tanquam  obcdientiae  tilius  rcverenter  obediie 

Tolente*^  ut  tenemar,  et  de  veritate  narratorum  in  ipsis  litleris  non  pu«.iti.  de 

c'^Tundeni  narratorum  veritate  j^erquaesivimus  dilijjenter.     Kl    tpiia  huju-^modi 

»5Jeni  inquisiüone  praevia  tum  per    multoium    tcsiiuni    fidc    dijjnoium    >iij)tM 

•i«  ad  juramenta    receptorum    et    per    notarium    nostnim    publicum    juraium 

tximinatorum  dicta  et  depositionem  tum  ctiam    ipsius    dominai'  Gutac    comi- 

h»ae  propriam  confessionem  narratis    ipsis    vcritatem    sutlra^ari    c()mpcrimu>. 

Mcircn   autoritatc  apostolica    nobis  in  hac  parte  commissa  juxta  dictac  nobia 

'*^"üe   commissionis    continentiam    cum    cidcm  domin a  comilissa  ad  dccl.ira- 

tiOQfn  et  denuntiationem    nostram    procedentium  duximus   et  in    dei  nomine 

poctsiimus  in  hunc  qui  sequitur  modum. 

Christi  nomine  invocato.     <Juia  ex  Cfram   nobis    secundum    intenti«monj 
^nmissionis  apostolicae  dcductis  et  prol»atis  tt»niperimu«'  suftiiicnter  d<->miii;ini 


42 


Alben. 


Gutam  de  Wertheim  comitissam  vi  et  meiu,  qui  etiam  in  constantem  cmdere 
potuissent,  arctatam  et  compulsam  monasterium  s.  Clarae  in  Künigsfeld 
intrasse  dictisque  vi  et  metu  durantibas  regulari  soscepto  habitu  monialium 
ejusdem  monasterii  regulärem  per  ejusdem  moniales  emitti  solitam  professionem 
emisiääe,  ipsam  quoque  corde  et  intentione  ntülatenus  gessisse,  quod  propterea 
vellet  et  deberet  religioni  quodlibet  obligari.  Denique  cessantibos  vi  et  meto 
praedictis  quam  primum  potuit  praefatum  monasterium  in  iCünigsfelden 
exivü>se.  Delato  etiam  super  his  omnibus  et  singulis  ipsi  dominae  Gutae 
juramento,  quod  haec  vera  siot  quodque  nee  animo  nee  voluntate  in  habitam 
et  professionem  aut  illorum  observantiam  unquam  consenserit  aut  in  üs  Üben 
voluntate  permancre  elegerit,  dictam  dominam  Gutam  idcirco  ad  regulärem 
obser>'antiam  non  teneri  autoritate  apostolica  nobis  commissa  declarandam 
duximus  et  denuntiandam  ac  praesentibus  declaramus  et  denuntiamus,  ipsam 
suae  conscientiae  in  iis,  quac  corde  et  intentione  sunt  occulta  relinquentes. 
In  quorum  omnium  et  singulonim  fidem  et  testimonium  praemissomm  litteras 
inde  tieri  et  sigiUi  nostri  pontificalis  jussimus  et  fecimus  appensione  communiri. 
Datum  Constantiae  in  aula  nostra  anno  domini  MCCCCLXXI.,  die  vero 
vicctima  »ecunda  mensis  Maii,  indictione  quarta. 

Conradus  Armbroster  scripsit  m.  pr. 


Soweit  Dominikus  Rotenflue^). 

Über  das  fernere  Eheleben  des  Junkers  von  Rinach 
mit  Gräfin  Guta  liegen  keine  Nachrichten  vor.  Albrecht 
schied  schon  drei  Jahre  nach  der  Giltigkeitserklärung  seiner 
Ehe  mit  Guta,  um  1474,  aus  dem  Leben,  diese  aber  lebte 
noch  bis  zum  Jahre  1495  zu  Rapperswil.  »Ihr  schon  betagtes 
Alter  und  nächst  hinfliessendes  Leben  wohl  erwägend  und 
betrachtend*,  bestimmte  sie  auf  Anraten  des  ihr  in  ihren 
Geschäften  zugegebenen  Vogtes  Johann  Widler,  des  innern 
Rats  der  Stadt  Rapperswil,  durch  Urkunde  vom  26.  März 
14^1,  dass  »all  ihr  Gut,  fahrends  und  liegends,  wie  und  wo 
es  wäre,  ohne  einiges  Widersprechen  und  Einreden  ihrer 
Freundschaft«,  wenn  sie  zu  Rapperswil  versterbe,  zu  einem 
Anbau  an  den  Chor  der  dortigen  Pfarrkirche  St.  Johann 
verwendet  würde.  Es  betrug  600  Pfund  Heller  Züricher 
Währung,  wovon  20  Pfund  der  Kirche  zu  U.  L.  Fr.  in  Jona 
zufallen  sollten.  Für  den  Fall,  dass  sie  von  Rapperswil 
wegziehen  müsste  und  ihr  Leben  daselbst  nicht  beschliessen 
würde,  sollte  das  Vermächtnis  null  und  nichtig  sein  2). 


*)  Registratur  Rappcrschwylerischer  Cantzley  fol.  48  ff.;  Chronik  der 
SiaJt  Rapperschweil  S.  333—346.  —  *)  Rotenflues  Registratur  fol.  69«  f.; 
Chronik  S.  480 f.;  Rübenmann  a.  a.  O.  2,   179. 


Guta  Gräfin  von  Wertheim. 


43 


Zum  dankbaren  Andenken  an  diese  Stiftung  wurde 
Guta,  als  sie  nach  Mittefasten  1495  starb,  »mit  grossem 
I-eichengepränge,  vielen  Lichtem  und  h,  Messe  Lesenlassen« 
zur  ewigen  Ruhe  geleitet  und  an  einer  bevorzugten  Stelle 
der  von  ihr  so  reich  bedachten  Kirche,  »bei  der  kleinen 
Kirchenthür,  wo  jetzt  St.  Basilii  Kapelle«,  bestattet.  Ihr 
Grabmal  ward  von  einem  Bürger  der  Stadt,  Ludwig  Moler, 
mit  Gold  und  köstlichen  Farben  geziert,  und  in  einem 
Fenster  des  neuen  Chors,  sowie  in  der  Sakristei  ihr  gräf- 
liches Wappen  eingesetzt  i). 

Trotzdem  und  obwohl  die  von  Rotenflue  aufgezeichnete 

romantische  Erzählung  mit  dem  charakteristischen  Zug  für 

die   gesellschaftlichen   und   religiös-sittlichen  Zustände  des 

ausgehenden  Mittelalters  bereits  seit  dem  Jahre  1820  ihrem 

Hauptinhalte  nach  im  Druck  veröffentlicht  ist  %  konnte  sie 

samt  der  Person  der  Heldin  bis  heute  in  der  fränkischen 

Geschichte  gänzlich  unbekannt  bleiben^);  nicht  einmal  die 

Romanschriftsteller    haben    sich     des    dankbaren    Stoffes 

bemächtigt,  trotz  des  2^ubers  der  Romantik,  von  dem  die 

ganze  Geschichte  umsponnen  ist. 


^)  Rotenllues  Registratur  fol.  50e;  Chronik  S.  352.  —  ^)  Der  schweize- 
rische Geschichtsforscher  3  (Bern  1820),  205—210;  S.  211  f.  die  päpstliche 
Balte  an  den  Bischof  von  Konstanz.  *)  Im  Zusammenhang  erzählen  die 
GtKhichtc  M.  Lutz,  Rauracis.  Ein  Taschenbuch  für  1830.  Basel.  S.  78  ff.  — 
H.  Rickenmann,  Gesch.  der  Stadt  Raperswil.  2.  Aud.  Rapersw.  1878. 
I.  181  ff.  —  W.  Merz  a.  a.  O.  86  fl. 


l 


Der  Strassburger  Stadtwechsel. 

Ein  Beitrag 
zur  Geschichte  der  ältesten  Banken  in  Deutschland. 

Von 

Julius  Cahn. 


Strassburg  hat  das   Glück,   über  seine   wirtschaftliche 
Entwickelung  während  des  Mittelalters  so  gut  unterrichtet 
zu  sein  wie  wohl  kaum  eine   andere  deutsche  Stadt.    Aus 
fast  allen  Zweigen  des  Gewerbelebens  besitzt   das   Strass- 
burger Stadtarchiv  schon  für  das  XIV.  Jahrhundert  reich©  ä 
Material,    welches     teilweise    durch    Schmollers    Arbeite "ä 
weithin  bekannt   geworden   ist.     Auch   über  das  mit  der"« 
aufblühenden   Handel   eng  verknüpfte  Wechsel wesen,   d< 
hier  wie  in  anderen  Städten  von  einer  adligen  Korporatioi 
den  Hausgenossen,  bis  zum  Anfang  des  XV.  Jahrhundt 
verwaltet  wurde,  geben   zahlreiche  Urkunden   und  Akteicm- 
stücke  Aufschluss. 

Hanauer  im  ersten  Band  seiner  verdienstvollen  »Etudi 
economiques«   und   K.   Th.   Eheberg   in   einer   besondere 
umfangreichen  Arbeit  ^)  haben  Einrichtungen  und  Geschieh' 
dieser     Hausgenossenschaft     beschrieben.       Eine     ge^vis^^^e 
Unklarheit  dagegen  herrscht  bezüglich  der  Zeit,  in  welch^^r 
das  Wechselmonopol  der  Hausgenossen   aufhörte   und  d^^c 
Stadt  ihre  «eigenen  Beamten    an   die  Wechselbänke  setztz^  <• 
Weder  dieser  Übergang  noch  die  von  der  Stadt  geschaffen^^n 
Neueinrichtungen,    mit    welchen    sie    den    Anforderung^^fl 
einer  ganz  zur  Geld  Wirtschaft  übergegangenen  Zeit  RecXi- 
nung    tragen    musste,    sind    bisher    genügend    aufgekla'»^ 


*)  'über  das  ältere  deutsche  Münzwesen  und  die  Hausgenossenschaf ic«''* 
In  Schmollers  Staats-  und   sozialwissenschaftlichen  Forschungen  Bd.  II.  fS/'^- 


Strassbuiiger  SUdtwcchsel.  i  c 

s  ich  vor  einigten  Jahren  die  »Münz-  und  Geldgeschichte 
r  Stadt  Strassburg  im  Mittelalter«*)  behandelte,  konnte 
1  auf  diese  Dinge  nur  flüchtig  eingehen,  da  sie  teils  mit 
m  Thema  nicht  in  Zusammenhang  standen,  dann  aber 
ch,  weil  die  hauptsächlichsten  hier  in  Betracht  kommenden 
^kumente,  einst  im  »heimlichen  Buche«  der  Stadt  ent- 
ilten,  durch  den  Bibliotheksbrand  1870  zu  Grunde  ge- 
ingen  sind. 

Um  so  grösser  war  meine  Freude,  als  ich  auf  dem 
aseler  Staatsarchiv  die  Kopie  einer  Strassburger  städtischen 
.'echselordnimg  aus  der  ersten  Hälfte  des  XV.  Jahr- 
anderts  fand.  Dieselbe  war  dem  Rate  von  Basel  auf 
essen  Bitten  übersandt  worden,  als  er  nach  diesem  be- 
ahrten  Vorbilde  den  eigenen  Stadtwechsel  einrichten 
rollte,  und  hat  sich  dort  erhalten.  Zur  Publikation  dieses 
Dokumentes,  welches  auf  die  berührten  Verhältnisse  neues 
icht  wirft  und  für  Deutschland  eines  der  ältesten  Beispiele 
ner  Staatsbank  feststellt,  fühlte  ich  mich  um  so  mehr 
?rpflichtet,  als  es  eine  Ergänzung  meiner  früheren  Arbeit 
etet.  Zur  Erklärung  desselben  aber  muss  auf  bekannte 
inge  zurückgegriffen  werden. 

Im  Älittelalter  bildete  die  Wechselbank  (cambium)  das 
Ibstverständliche  Zubehör  zu  jedem  Markte.  Bei  dem 
einen  Umlaufsgebiet  der  einzelnen  Landesmünzen,  bei 
n  häufigen  Verrufungen  und  dem  eifersüchtig  gewahrten 
echte  der  Münzherren,  nur  das  aus  der  eigenen  Präge- 
ttle  hervorgegangene  Geld  auf  ihren  Märkten  zuzulassen, 
usste  den  Fremden  Gelegenheit  geboten  werden,  die 
itgebrachte  Münze  gegen  ortsübliche  einzuwechseln, 
idem  bildete  diese  Einrichtung  in  Folge  der  dabei  ent- 
Uenden  Abgabe  eine  ergiebige  Einnahmequelle  und  war 
«»heitsrecht  des  Marktherren. 

In  den  oberrheinischen  Bischofstädten  ging  nun  bc- 
iLnntlich  mit  dem  Münzgericht  des  geistlichen  Stadtherren 
3ts  Wechselmonopol  an  die  aus  seinen  Ministerialen 
eslehende  Korporation  der  Hausgenossen  über,  bezüglich 
eren  Bedeutung  auf  die  oben  zitierten  Schriften  verwiesen 
rerdcn  kann.     Als  jedoch  nach  langen  Kämpfen  die  Stadt 


Sirassburg,  Triibner  1895. 


46 


Cahn. 


Strassburg  vom  Bischof  unabhängig  geworden  und  nach 
den  Revolutionen  des  XIV.  Jahrhunderts  von  einem  Rate 
mit  zünftlerischer  Majorität  regiert  wurde,  mussten  Konflikte 
mit  den  Privilegien  der  adligen  Hausgenossenschaft  ent- 
stehen. War  es  doch  für  den  Rat  ein  Gebot  der  Selbst- 
erhaltung, keine  andere  mit  Hoheitsrechten  ausgestattete 
Gewalt  neben  sich  innerhalb  der  Stadtmauern  zu  dulden. 
So  kam  das  Münzrecht  selbst  im  Laufe  des  XIV.  Jahr- 
hunderts in  den  alleinigen  Besitz  der  Stadt,  nachdem  es 
anfänglich  nur  auf  bestimmte  Zeit  vom  Bischof  gepachtet 
worden  war.  Schon  früher  war  ihr  mit  der  selbständigen 
Marktpolizei  das  Recht  zugefallen,  den  Umlauf  fremden 
Geldes  und  den  Handel  mit  Edelmetall  zu  regeln.  Bereits 
vom  15.  Dezember  1292  haben  wir  ein  derartiges  Gesetz, 
w^elches  von  Meister  und  Rat  nach  Übereinkunft  mit  den 
Hausgenossen  erlassen  ist*). 

Da  man  sich  bei  grösseren  Zahlungen  damals  meist 
noch  nicht  des  gemünzten  Geldes  sondern  der  Silberbarren 
im  Gewichte  einer  Mark  bediente,  welche,  mit  einem 
staatlichen  Stempel  versehen,  als  gesetzliches  Zahlungs- 
mittel galten,  erstreckte  sich  diese  Ordnungzunächst  auf  den 
Silberverkehr.  Späterhin  wurde  jede  Ausfuhr  von  Silber 
unter  Strafe  gestellt,  um  der  eigenen  Münze  das  nötige 
Edelmetall  zu  sichern.  Damit  griff  nun  die  Stadt  merklich 
in  die  Handhabung  des  Wechsels  ein,  dessen  Ausübung 
aber  noch  allein  den  Hausgenossen  verblieb.  Diese  ihrer- 
seits fugten  sich  den  Vorschriften,  zu  deren  Abfassung  sie 
anfanglich  herangezogen  wurden,  da  sie  den  Rat  als 
Rechtsnachfolger  des  Bischofs  anerkannt  hatten. 

Gegen  Ende  des  XIV.  Jahrhunderts  jedoch  traten  mit 
dem  stets  Avachsenden  Geldumlauf  und  der  gleichzeitigen 
allgemeinen  Münzverschlechterung  ganz  neue  Anforderungen 
an  den  Wechsel  verkehr  heran;  die  seit  1331  in  Strassburg 
nachweisbaren  Goldgulden  begannen  immer  mehr  den 
Verkehr  zu  beherrschen.  Dazu  kam  gerade  damals  eine 
ausserordentliche  politische  Spannung  zwischen  dem  Rat 
und    den  adligen    Hausgenossen.     Ihren   Ausdruck  fanden 


*)  Str.  U.B.  II.   Nr.   187.     Siehe    auch    »Münz-    und   Geldgesch.   d.   St. 
Strassb.«  p.   18  ff. 


Strassburger  Stadtwechsel.  ^n 

diese  Verhältnisse  in  der  am  2.  Dezember  1391  vom  Rate 
angenommenen  Wechselordnung  *). 

Wie  man  bereits  vor  einem  Jahre  in  fast  allen 
elsassischen  Städten  gethan,  stellte  man,  um  den  Umlauf 
minderwertiger  und  beschnittener  Geldstücke  zu  hindern, 
jetzt  auch  an  den  Wechselbänken  zu  Strassburg  »riterc 
auf,  d.  h.  Siebe  von  bestimmter  Grösse,  durch  welche  die 
guten  Pfennige  nicht  fallen  durften  2). 

Vor  allem  wurde  jetzt  aber  auch  den  Hausgenossen 
ihr  Gewinn  beim  Umwechseln  einer  jeden  Geldsorte  genau 
vorgeschrieben  und  sie  auf  diese  Ordnung  vereidigt. 
Auch  mussten  sie  schwören  »keinen  nuwen  satz  under  ine 
zu  machen  one  urlop  meister  und  rates«. 

IMe  Versorgung  ihrer  Münze  mit  Edelmetall  nahm  die 
Stadt  selbst  in  die  Hand  und  schuf  damit  ein  Finanzamt, 
aus  welchem  später  der  eigene  Stadtwechsel  hervorging. 
Es  wurden  Beamte  eingesetzt,  die  ohne  selbst  dabei 
interessiert  zu  sein,  für  die  Stadt  Silber  einkaufen  sollten. 
Die  Hausgenossen  mussten  alles  eingehende  Geld,  das  in 
Strassburg  nicht  Währung  hatte,  gegen  entsprechende 
Bezahlung  »dem  der  von  der  stette  wegen  an  der  münszen 
sitzet«  abliefern. 

Diesem  ersten  Schritte  folgten  jedoch  bald  ein- 
schneidendere Massregeln  des  Rates,  zu  welchen  die 
Korporation  selbst  die  Veranlassung  gab.  Während  der 
schweren  Kriegsstürme  des  Jahres  1392,  in  denen  sich 
Strassburg  mit  Aufgebot  aller  seiner  Kräfte  gegen  die 
verbündeten  Nachbarfursten  zu  wehren  hatte,  verletzten 
die  Hausgenossen  die  Gesetze  und  suchten  aus  der  allge- 
meinen Unordnung  Nutzen  zu  ziehen.  In  dem  nach 
Beendigung  des  Krieges,  im  Juli  1393,  angestrengten 
Prozesse*)  wurde  ihnen  nachgewiesen,  dass  sie  die  guten 
Strassburger  Pfennige  eingeschmolzen,  das  Silber  den 
^ein  hinab  geführt  und  dort  verkauft  hatten,  wodurch  in 
der  Stadt  Geldnot  entstanden  war.     Femer  hatten  sie  sich 


')  Mflnz-  u.  Creldgesch.  d.  St.  Strassb.  Urk.  Anh.  I.  —  *)  Gerne  stelle 
'^  lüer  den  von  geschätzter  Seite  gerügten  Irrtum  richtig,  dass  ich  durch 
^  vorkinnmende  Schreibart  »rihter«  veranlasst,  dies  Wort  von  richten  ab- 
**^.  »RSter«  heisst  Sieb  und  wird  in  dieser  Bedeutung  noch  heute  in  der 
*^*l»ischen  Mundart  gebraucht  —  *)  a.  a    O.  p.  59. 


^3  Cahn. 

nicht  an  den  Wechseltarif  gehalten  und  die   Bürger  über- 
vorteilt.    Zu  ihrer  Rechtfertigung  konnten  sie  nur  anführen, 
dass    in    anderen    Städten    von    den    Wechslern    ähnlich 
verfahren  werde.     Die  Folge  davon  war,  dass  der  Rat  die 
Urkunden    und    Bücher    über    die    Pri\41egien    der    Haus- 
genossen einzog,   um   sie   einer  Revision    zu    unterwerfen. 
Inzwischen  wurde  der  Wechsel   der   genauesten   KontroUe 
unterstellt,  deren  einzelne  Bestimmungen  die  neue  Ordnung 
von  1393  aufweist  1).     Man  stellte  zu  diesem  Zwecke  eigene 
Beamte  an,  welche  teils  im  Alünzhause  bleiben,  teils  unter 
den   Buden   umhergehen   sollten.    Dennoch   unternahm  es 
der  Rat   noch    nicht,    das   Monopol    der  Hausgenossen  an- 
zugreifen   und    städtische    Wechsler    anzustellen,    obwohl 
Grund  genug  hiefür  vorhanden  gewesen  wäre.    Dies  Recht 
war    nämlich    Reichsregal    und    man   wagte   nicht,   es  zu 
usurpieren,  ohne  wenigstens  den  Schein  einer  Verleihung 
hinter  sich  zu  haben  2). 

In  dieser  Beziehung  kam  dem  Rate  das  Münzgesetz 
König  Ruprechts  vom  23.  Juni  1402  höchst  erwünscht, 
welches  auf  dem  Reichstage  zu  Mainz  unter  Zuziehung 
der  städtischen  Gesandten  zu  Stande  gekommen  war"). 
Durch  dieses  Gesetz  regelte  der  König  Feingehalt  und 
Gewicht  der  rheinischen  Goldgulden  neu  (22^/2  karat  fein, 
6ö  Stück  auf  das  Gewicht  einer  Mark).  Zur  Durchführung 
seiner  Reform  und  Aufrechterhaltung  des  Münzfiisses 
bediente  er  sich  der  städtischen  Behörden.  Hierauf  bezieht 
.sich  folgender  Passus:  »Ouch  wollen  wir  und  setzen  und 
ordnen  in  crafft  disz  brieffs,  daz  in  allen  und  iglichen 
fryen  und  ouch  in  unsern  und  des  heiligen  Richs  stetden 
von  dem  rate  und  der  gemeinde  daselbs  erber  und  redlich 
lutde,  die  sich  des  versteen,  dartzu  und  darüber  geseilt 
werden,  die  auch  zu  den  heiligen  sweren  sollen  zu  besehen, 
daz  unszer,  unszer  korfursten  und  ander  unszer  und  des 
heiligen  Richs  fursten  und   herren   gülden    muntze   furbax 

»)  a.  a.  O.  p.  62.  —  *)  In  Italien  war  das  Recht  des  Geldwechsels  8^1 
Friedrich  II.  Regal.  Gesetz  von   1231:    Non  debet  quis  esse  campsor,  md^ 
voluntaie  curiae  (vergl.  Goldschmidt,   Universalgeschichte   des   Handelsrecht« 
j).   162).     Dem  Frankfurter  Rate    hatte   Ludwig   der   Baier  1346   das   Rechti 
Wechsel  zu  treiben,  als   Reichsregal  verliehen.     (Böhmer,    Reg.   p.  606.)  ^ 
')  R.T.A.  Bd.  V.  Nr.  235. 


Strassburger  Stadtwechsel.  ^g 

Egeben   und  genomen   werde,   igliche  nach  irem  werde, 

-h  dieser  gegenwertigen  unszer  ordenunge  und  offsetzunge 

vorgeschriben   stet  ane   geverde.     Wir  gebieten  allen 

d   iglichen ,   geistlichen   und   werntlichen und 

t  namen  den  ersamen  unsern  lieben  getruwen  Meister 
d  Rat  der  stat  zu  Straszburg  diese  gegenwertige  unser 
lenunge  und  gesetze  getruwlichen  zu  halten  etc.« 

In  diesen  Worten  erblickte  der  Rat  die  Übertragung 
s  Rechtes,  den  Wechsel  aller  Goldmünzen  im  Namen 
d  zum  Vorteil  der  Stadt  vornehmen  zu  lassen.  In  der 
lat  konnte  er  ja  kaum  die  ihm  vom  König  übertragene 
ifgabe  durchfuhren,  wenn  nicht  die  eigenen  Beamten 
5  im  Grosshandel  einströmenden  Goldgulden  selbst  zu 
»icht  bekamen  und  ihre  Umwechslung  in  Landesmünze 
»Uzogen.  Diese  Auffassung  des  Rates  spricht  sich  in  zwei 
ktenstücken  vom  i6.  und  17.  September  1402  aus'). 

Das  erste  ist  der  Schwur  der  »zwei,  die  von  der  stette 
egen  am  Wechsel  sitzen«.  Man  verband  dies  Amt  mit 
em  seit  1393  bestehenden  Institut  der  städtischen  Silber- 
Äufer.  Diese  leisteten  jetzt  den  Eid,  ihre  Funktionen  als 
Vechsler  des  Goldgeldes  getreu  nach  den  Gesetzen  des 
wönigs  und  der  Stadt  zu  erfüllen  und  letzterer  den  dabei 
rrieken  Gewinn  abzuliefern.  Auch  sollen  sie,  wie  früher, 
las  für  die  städtische  Münze  notwendige  Silber  durch  Kauf 
beschaffen  und  dreimal  im  Jahr  vor  der  Kommission  der 
^ei,  >die  über  das  ungelt  gesetzet  sind«,  Rechnung  legen. 
"Vichtig  für  die  Folgezeit  war  die  Bestimmung,  dass  die 
iVechsler  von  dem  in  ihren  Händen  befindlichen  Kapital 
Hchts  verleihen,  zu  Käufen  oder  gewerblichen  Unter- 
nehmungen hergeben  durften  ausser  mit  Erlaubnis  von 
Meister  und  Rat.  Man  war  also  von  Anfang  an  bestrebt, 
wer  für  die  Geldoperationen  der  Stadt  einen  festen  Rück- 
^ll  zu  schaffen,  da  dieselbe  ja  genötigt  war,  zur  Unter- 
haltung der  Wechselbank  grössere  Summen  einzusetzen. 

Durch  Erlass  vom  17.  September  machte  der  Rat  die 
geschehene  Neuerung  den  Bürgern  bekannt.  Hier  wird 
ausdrücklich     betont,     dass     dieselbe     auf    Befehl    König 

':  Samstag  und  Sonntai;   vor  St.  Mathüustag.     Beide    waren    im  »heini- 

^M  Buch    der  Stadt  enthalten.     Es  sind  nur  mehr  die  von  AbbO  Hanauer 

Stuhlen  Auszüge  vorhanden. 

ZeiiHhr.  f.  Ücsch.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  i.  4 


CQ  Cahn. 

Ruprechts  vorgenommen  sei.  Der  König  habe  gesehen, 
dass  es  gegen  die  stetige  Verschlechterung  der  Gulden 
kein  anderes  Mittel  gebe,  als  dass  man  in  den  Städten 
ehrbare  und  sachverständige  Leute  einsetze,  welche  die 
Gulden  nach  ihrem  Werte  nehmen;  er  befehle  der  Stadt 
somit,  Wechsler  einzusetzen.  Infolge  dessen,  und  weil 
Münze  und  Wechsel  auf  Verleihung  von  romisch  könig- 
licher Majestät  beruhen,  verordnet  der  Rat,  dass  künftighin 
alle  Goldgulden  allein  durch  die  von  ihm  dazu  bestimmten 
und  vereidigten  Beamten  gewechselt  werden  dürfen,  bei 
einer  Strafe  von  20  Ib  .dn.  und  Verbannung  von  Jahr  und 
Tag.  Man  sieht,  dass  der  Rat  das  königliche  Gesetz  ganz 
in  seinem  Sinne  auslegte  *j. 

Wenn  aber  auch  von  eigentlichen  Wechslern  in  dem 
Gesetze  nicht  die  Rede  war,  so  hatte  der  Rat  doch  für 
sein  weiteres  Vorgehen  einen  Rechtsgrund,  und  die  Haus- 
genossen hatten  thatsächlich  durch  den  mit  ihren  Privi- 
legien getriebenen  Missbrauch  den  Anspruch  auf  Schonung 
derselben  verwirkt. 

Dennoch     scheinen     sie     der     Neuerung     Widerstand 
entgegengesetzt   und   den  Gewinn   der   Stadt   als   unrecht- 
mässig bezeichnet  zu  haben.    Der  Rat  sah  sich  veranlasst, 
am  24.  Mai  1403  eine  neue  Bekanntmachung  zu  veröffent- 
lichen, in  welcher  er  sein  Anrecht  auf  die  Einnahmen  aus 
dem  Wechsel  ausführlich    begründete    und    die    vorjährige 
Verordnung  nochmals  einschärfte-).  Er  habe  die  städtischen 
Wechsler  eingesetzt,  um  zu  verhindern,  dass  ehrbare  Leute 
betrogen  und  geschädigt  würden,  wie  das  früher  geschehen. 
Der  daraus  entspringende  Gewinn  stehe   der  Stadt   um    so 
mehr  zu,  als  sie  seit  vielen  Jahren  die  mit  dem  Münzrecht 
vom    Bischof  übernommenen   Lehen   bezahlt   und   verzinst 
habe,    eine    schwere  Belastung    ohne   jede    Gegenleistung* 

')  Mit  dieser  Auffassung  stand  der  Strassburger  Rat  übrigens  ni*^*** 
allein.  In  Frai.kfurt  halte  das  Gesetz  König  Ruprechts  ganz  fihnli*^**^ 
Folgen.  Hier  nahm  1402  der  Rat  den  bisher  mit  der  Ausübung  ^^' 
Wechsels  betrauten  Kaufleuten  diese  Funktion  ab  und  gründete  eine  eig*^"* 
Wechselbank  mit  städtischen  Beamten.  (Vergl.  Kriegk,  »Frankfurter  Grd** 
und  Handelsbanken  im  Mittelalter^  und  Speyer,  »Die  ältesten  Kredit-  ***** 
Wechselbanken  in  Krankfurt  a.  M.  —  *)  Auszüge  bei  Hanauer  a,  a.  O.  '•^^* 
Hegel,  Chroniken  Stras^burgs  II  p.  993. 


.  Strassburger  Stadt  Wechsel.  ^  l 

Die  betreffenden  Lehen,  d.  h.  Ansprüche  auf  jährlich  zu 
entrichtende  Summen  aus  dem  Gewinn  der  Münze,  befanden 
sich  in  den  Händen  von  Hausgenossen;  dafür  suchte  der 
Rat  jetzt  Entschädigung  und  verfügte  folgendermassen : 

»Darumbe  so  sind  unsere  herren  meister  und  rat, 
schöffelf  und  amman  mit  rehter  urteil  übereinkommen,  daz 
dehein  münszer  noch  wehseler  noch  nieman  anders  deheinen 
weh  sei  von  goldes  wegen  an  der  münssen  oder  in 
unser  statt  an  keinen  stetten  treiben  sol,  in  deheinen  weg 
wie  man  das  gemeinen  kan,  wände  die,  die  wir  von  unsere 
stette  wegen  an  den  wehsei  und  die  münsze  seczent,  ir 
sient  lützel  •  oder  vil.«  Die  Stadt  erklärte  schliesslich  für 
allen  Schaden,  der  durch  etwaige  Unredlichkeit  ihrer 
Wechsler  entstanden,  aufkommen  zu  wollen. 

Kurz  darauf,  am  5.  Juni  1403  wurde  die  erste  Ordnung 
erlassen,  welche  den  Dienst  der  städtischen  Wechsler  regelte. 
Sie  bezogen  ein  Gehalt  von  10  ß  für  die  Woche,  also  von 
26  Ib.  dn.  jährlich.     Für  den  Fall   der  »Untreue«  mussten 
sie  Kaution   stellen.     Ihren    bisherigen  Wechseltarif  Hess 
die  Stadt  bestehen;  sie  nahm  von  einem  Goldgulden  i  dn., 
von  grrosseren    Goldstücken,    wie   den    englischen    Rosen- 
nobeln  2  dn.     Die  Prüfung  geschah  vermittelst  sorgfältig 
hergestellter   Stalen    (Normalgewichte).      Die    Zahl    dieser 
sudtischen  Beamten  wurde  von  zwei  auf  vier   erhöht,   ein 
Beweis,     dass    der    Verkehr    bedeutend    im    Steigen    be- 
griffen war. 

Diese  Bestimmungen  blieben  freilich  nicht  lange  un- 
v;<?M:hfnälert.  Als  durch  die  Reformation  der  Stadtordnung 
Vom  12.  September  1405 1)  das  grosse  Sparsystem  in  der 
{»Mnzen  Verwaltung  eingeführt  und  alle  Ausgaben  auf  das 
unbedingt  notwendige  zurückgeführt  wurden,  mussten  sich 
^wch  die  Wechsler  eine  Beschränkung  gefallen  lassen. 
Wir  lesen  in  der  Reformation  folgenden  Artikel: 

»Die  drie  an  der  münssen. 
Also    man    viere    an    der    münssen    gehabt    hat,    den 
^ehssel  aldo  von  unser  stette  wegen  zu  tribende,  der  man 
Jeglichem  alle  jor  26  Ib.  dn.  geben  hat,  der  soUent  hinnan 


*)   Gedruckt    bei    Schmoller,      Strassburg    zur    Zeit    der    Zunftkämpfo. 
Anbatjj»  I. 


52 


Cahn. 


fürder  nit  me  sin  danne  drie,  und  sol  man  der  jegelicheni 
geben  zum  jor  i8  Ib.  dn.  und  nützit  anders  in  deheinen 
weg,  weder  rechenschilling  noch  klein  noch  g^oss,  und 
SüUent  alle  jor  vor  dem  rate  sweren,  der  münssen  zfi  war- 
tende, den  wehssel  zu  tribende  und  alle  andere  dinge  zll 
tünde,  also  sie  untze  bar  geton  und  geswom  hant.« 

Um  jedoch  die  drei  noch  bleibenden  Wechsler  in  ihren 
Geschäften  zu  erleichtem,  wurde  ihnen  durch  die  neue 
Münzordnung  vom  13.  Oktober  1406*)  die  Verpflichtung  des 
Silberkaufs  für  die  Münze  abgenommen  und  hiefür  ein 
eigener  Beamter  eingesetzt,  dem  aber  seinerseits  verboten 
war,  Wechsel  zu  treiben.  In  dieser  Ordnung  wird  auch 
zum  ersten  mal  des  Kollegiums  der  i>drei  vom  pfennig- 
türnec  Erwähnung  gethan,  des  städtischen  Hauptkassen- 
amts, welches  die  Aufsicht  über  das  gesamte  Geldwesen 
hatte  und  Unregelmässigkeiten  vor  Meister  und  Rat  zu 
bringen  verpflichtet  war  2). 

Nachdem  nun  so   die  Stadt   ihre   eigene  Wechselbank 
begründet  und  in  das  Gefüge  ihrer  Beamtungen  eingeordnet 
hatte,  musste  dieses  Institut  bald  eine  wichtige  Einnahme- 
quelle  für   sie   werden   und    den  Wunsch   erwecken,  aucli 
den   den  Hausgenossen    noch   belassenen  Silberwechsel  zu 
erwerben.    Ferner  war  es  im  Interesse  des  Handels  geboten, 
hier  ein  einheitliches  System  zu  schaffen.     Die  bestandig:« 
Auflehnung    der  Adelsgeschlechter   gegen   die  Ordnungen 

*)  Str.  St.Arch.  AA.  monnaic  I-ad.  24  Nr.  21.  —  *)  Schmoller  sagt  w 
i  Sirassburg  zur  Zeit  der  Zunftkämpfe«  p.  59,  diese  Behörde  sei  bereiis  i™ 
XIV.  Jahrhundert  entstanden.  Ich  habe  jedoch  eine  frühere  ErwähniAüg 
derselben  nicht  finden  können.  Vielmehr  möchte  ich  behaupten,  dass  SK 
1397  noch  nicht  existierte,  da  sie  in  der  Kommission  zur  Beratung  ^^ 
Münzordnung  dieses  Jahres  nicht  genannt  wird,  während  später  bei  ciö**^ 
solchen  Gelegenheit  immer  in  erster  Linie  die  Drei  vom  Pfcnnigturm  beria«*" 
wurden.  Auch  in  der  Reformation  der  Stadiordnung  von  1405  tritt  dicsef 
Xame  noch  nicht  auf,  sie  scheinen  vielmehr  hier  noch  mit  den  ^Dreien,  »ic 
über  das  Ungclt  gescizct  sind,  identisch  zu  sein,  was  später  nicht  mehr  o**" 
Kall  war.  Die  in  den  Stadti^rdnungcn  Bd  XIV  p.  22  ff.  enthaltene  OrdnO. BS 
Der  dryer  Anipt  uf  dem  pfenig  tümcvi  ist  nach  1405  entstanden,  denn  ^ 
wird  darin  auf  Verordnungen  dieses  Jahres  verwiesen.  Die  Namen  der  d'* 
Beamten  werden  zum  ersten  mal  in  der  Münzordnung  vom  12.  Dezen"* 
1421  genannt.  Es  sind:  Hans  Adolf  Ellehart  der  hüter,  Claus  Barpfcr» 
und  Cleinhansz  der  münssemeister. 


Strassburger  Stadtwechscl.  e  i 

der  Stadt,  welche  14 19  zu  dem  sogenannten  Dachsteiner 
Krieg"  führte,  sowie  der  bekannte  letzte  Versuch  der 
Hausgenossen,  mit  Hilfe  des  Bischofs  gewaltsam  wieder 
in  den  Besitz  ihrer  Privilegien  zu  gelangen ,  wofür  sie 
1437  verurteilt  wurden  *),  gaben  dem  Rat  Gelegenheit  mit 
ihren  alten  Vorrechten  gründlich  aufzuräumen. 

Andererseits   führte   die   weitere   Entwickelung    dahin, 
dass  sich  unter  den  Händen  der  städtischen  Wechsler  immer 
grossere  Kapitalien  ansammelten,  die  zu  finanziellen  Unter- 
nehmungen reizten.     Das  war  die  Veranlassung,    dass  sich 
dieser  Stadtwechsel  nach  und  nach  in  eine  Bank  in  modernem 
Sinne  umwandelte,   welche  nicht    nur   die   finanziellen  Ge- 
schäfte der  Stadt  zu  regeln   hatte,   sondern  auch  Privaten, 
fremden    wie    einheimischen,     Gelegenheit    bot,     grössere 
Summen  zu  deponieren  oder  auszuleihen. 

Diesen  Übergang,  sowie  die  Neueinrichtung  mit  allen 
ihren  Einzelheiten  schildert  uns  das  interessante  Dokument, 
welches  im  Anhang  wiedergegeben  ist.  Dasselbe  ist  nur 
in  einer  für  den  Rat  von  Basel  gefertigten  Abschrift  auf 
dem  dortigen  Staatsarchiv  erhalten  ^)  und  bisher  unbekannt 
i^eblieben.  Obwohl  undatiert  lässt  sich  diese  Ordnung  doch 
mit  ziemlicher  Sicherheit  in  das  Ende  der  dreissiger  Jahre 
des  XV.  Jahrhunderts  setzen,  denn  einerseits  bestand  das 
Kollegium  der  XV««",  dessen  Anregung  sie  ihre  Entstehung 
verdankt,  seit  1433  als  oberste  kontrollierende  Behörde  der 
Vfesamten  städtischen  Verwaltung^),  andererseits  datiert  die 
l^ler  Wechselordnung,  welche  der  unsrigen  nachgebildet 
i^^t,  von  1445.  Das  Strassburger  Vorbild  muss  indess  schon 
einige  Jahre  in  Gebrauch  gewesen  sein  und  sich  bewährt 
Ilaben.  Den  unmittelbaren  Anlass  zu  ihrer  Abfassung 
werden  wohl  die  durch  die  Verurteilung  der  Hausgenossen 
notwendig  gewordenen  Veränderungen  gegeben  haben, 
für  eine  ausgebildete  Staatsbank  in  Deutschland  ist  das 
<^in  recht  früher  Zeitpunkt;  ein  älteres  Beispiel  ist  mir  nur 
von  Frankfurt  bekannt. 

Das    Ungeschick,   ja    geradezu    die    l'nfiihigkcit,    eine 
%<?ordnete  Finanz  Wirtschaft  zu  führen,  war  bei  den  deutschen 


*»  Münz-  und  Geldgesch.  d.  St.  Slrassb.  p.  73  ff   —  '-)  St.  58.  A.  Nr.  2: 
**     ^  SchmoUer  a.  a.  O.  Anhang  II. 


54 


Cahn. 


Fürsten  des  ausgehenden  Mittelalters  ein  allgemein  ver- 
breitetes  UbePj.  Das  Reich  als  solches  hatte  damals  in 
dieser  Beziehung  die  aller  traurigsten  Verhältnisse;  die 
Könige  lebten  bekanntlich  von  der  Verpfandung  nutzbarer 
Kronrechte,  welche  man  auf  lange  Jahre  voraus  aus  der 
Hand  gab.  Aber  auch  die  Regierungen  selbst  bedeuten- 
derer Städte  hatten  meist  die  grösste  Unordnung  in  ihren 
Finanzen  *). 

Eine  um  so  mehr  zu  rühmende  Ausnahme  bildet  daher 
Strassburg,  das  ja  wegen  seiner  ganzen  Verfassung  und 
Verwaltung  noch  ein  Jahrhundert  später  Erasmus  als  ein 
Musterstaat  erschien  und  ihn   zu  begeistertem  Lob  hinriss. 

Schon  durch  die  •  Reformation  von  1405  war  die 
genaueste  Rechnungslegung  und  Buchung  sämtlicher  Ein- 
nahmen und  Ausgaben  für  alle  städtischen  Kassen  vor- 
geschrieben worden.  Zudem  besass  man  seit  1433  in  dem 
Kollegium  der  XVer  eine  Behörde,  die  fortwährend  darüber 
wachte,  dass  alle  Vorschriften  auch  wirklich  ausgeführt 
wurden,  und  jeden  Misstand  sofort  vor  Meister  und  Rat 
brachte.  Ihrer  Initiative  entsprang  auch  die  neue  Ordnung 
der  »münsser«,  wie  man  altem  Gebrauche  folgend  noch 
immer  die  Wechsler  nannte. 

Wie  dieses  Reglement  jetzt  vorliegt,  ist   es   ofFenl>at 
nicht    das    einheitliche  Resultat    eines   einmaligen   Gese**::^" 
gebungsaktes.    Vielmehr  sind  in  dasselbe  ganze  Abschnitte 
aus  früheren  Verordnungen  wörtlich  wieder  aufgenomm^^o» 
eine    Gewohnheit,    die    sich    in    dieser    Zeit    in    fast   alL^n 
Dekreten    des  Rates    nachweisen    lässt.     So    ist  z.  B.   c^^^ 
Passus  über  die  Arbeitszeit  auf  dem  Münzhause  sicher  ^^in 
Überbleibsel  aus  der  vorhergehenden  Zeit,  in  welcher  cSi^ 
Stadt  lediglich  das  Einwechseln  fremder  Münzen  betreil>^^ 
liess;  er  wurde  dennoch  wieder  aufgenommen,   obwohl      ^^ 
eigentlich    in  Widerspruch    stand    mit    den   Bestimmungf«" 
über    den  Dienst  auf  dem  Kaufhause   an  der  111,    wo  ^"^r 
Erleichterung    des    Handels    die    neue    Bank    eingerich.'t^^ 
wurde. 

1)  Vergl.  Lamprecht,  ^Deutsches  Wirtschaftsleben  im  Mittelalterc  Bd  -     ^ 
—  '^)  Vergl.  Kiiipping,  >>Schuldenwesen  der  Stadt  Köln  im  XIV.  und  XV.  J  ^*^\ 
hundert«  i.  d.  Westdeutschen  Zeitschrift  für  Geschichte  und  Kunst,  Jahrg.  V^  ^  *" 
Heft  IV. 


Strassburger  Stadtwechsel.  q^ 

Überhaupt  ist  es  das  hervorragende  Merkmal  unserer 
Ordnung",  dass  sie  den  Stadtwechsel  aus  einer  Stelle  für 
Geldumtausch  in  eine  Bank  für  Depots  und  Anleihen  um- 
wandelt. Geschäfte  dieser  Art  waren  in  den  dreissiger 
Jahren  des  XV.  Jahrhunderts  nichts  neues  in  Strassburg. 
Bekanntlich  war  eines  der  Haupthindernisse,  welche  sich  der 
Entwicklung  des  Geldverkehrs  im  Mittelalter  entgegen 
stellten,  das  kirchliche  Zinsverbot,  das  für  Deutschland  erst 
1654  durch  Reichsgesetz  aufgehoben  wurde.  Indess  liess 
sich  dasselbe  in  einer  Zeit,  die  zur  Geldwirtschaft  über- 
gegangen war,  nicht  mehr  aufrecht  erhalten;  man  umging 
es  überall  durch  »Rentenkauf«,  d.  h.  durch  hypothekarische 
Belastung  von  Häusern  und  Grundstücken  und  durch  die 
jLeibzucht«,  die  mittelalterliche  Art  der  Lebensversicherung. 
Vor  allem  aber  wurden  die  Juden,  als  von  dem  kirchlichen 
Gesetz  eximiert  und  von  anderen  bürgerlichen  Gewerben 
ausgeschlossen,  auf  das  Geldgeschäft  hingewiesen. 

Im  Budget  der  Stadt  Strassburg  spielten  seit  langem 
die  für  entliehene  Kapitalien  zu  zahlenden  Zinsen  eine 
bedeutende  Rolle,  besonders  nach  den  Kriegen  am 
Ende  des  XIV.  Jahrhunderts.  Einen  Einblick  in  die 
damaligen  Geldnöte  der  Stadt  gewährt  der  Bericht  des 
Cuntz  Lentzelin  von  1392'),  der  nach  Frankfurt  geschickt 
worden  war,  um  die  auf  der  Messe  fälligen  Zinsen  zu 
zahlen. 

In  der  Reformation  von  1 405  werden  die  drei  Umgeld- 

herren  angewiesen,  die  »zinse,  precarie  und  ander  sogetane 

gelt  von  der  stette   wegen  joreliche«   auszuzahlen   und  zu 

"buchen.      Diese    Funktion    übten    später     die    »Drei    vom 

Pfennigturm«  aus.    In  ihrer  Instruktion  heisst  es:  »Item  die 

drye  soUent  ouch    ein    buch    haben,    darin    söllent   sü    tun 

sichriben  alles  das,  das  der  stat  jores  usstot  und  ouch  was 

vorhanden  blibt,  es  sie  von  zinsen,  gülten,   schulden,  etc.« 

^Itcm  die  drie  uff  dem  pfennigtürn  sollent  ouch  überslahen 

alle  und  jegliche  zins  und  gült,  so  die  stat  von  ir  git,  und 

die  teilen,  wie  viel  sich  das  in  dem  jor  zinsen  zur  wochen 

treffen  möge,   und   sei  man  dann    die    selbe  summen   von 

den  Zinsen,  so  vil  sich  zur  wochen  treffen  mag,  wöchenlich 

')  Münz-  und  Geldgesch.  d.  St.  Strassb.  p.  141. 


eö  Cahn. 

in  den  costbrief  schriben,  nämlich  die  abelosunge  zin&e  an 
ein  ende  und  das  lipgedinge  ouch  an  ein  ende.  Wer  ouch 
das  utzit  abgelöset  wurde  oder  abe  stürbe,  das  soll  wöchen- 
lich  abe  gerechent  und  an  der  sommen  abe  geslagen 
werden.«  Also  eine  sehr  genaue  Buchführung  über  diese 
Dinge. 

Es  waren  nun  diese  städtischen  Geldgeschäfte   ausser- 
ordentlich umständlich,    da   es  jedesmal   eines   besonderen 
Ratsbeschlusses  bedurfte  und  es  den  Dreien  verboten  war. 
auf  eigene   Verantwortung   etwas   auszuleihen   oder   aufzu- 
nehmen.   Es  stellte  sich  um  so  mehr  das  Bedürfnis  heraus, 
eine  Bank,  welche  selbständig  handeln  konnte,  zu  gründen, 
als  sich  die  Inanspruchnahme  des  städtischen  Kredits  seitens 
der    Bürger    mehrte.      Die    Kirche    hatte    inzwischen    den 
dringendsten  Anforderungen  der  Zeit  Rechnung   getragen 
und   auf  den  Konzilien   zu  Konstanz   und  Basel    die   Zins- 
forderungen   der  Wechsler   und    Banken   dort   für   erlaubt 
erklärt,  wo  sie  auf  obrigkeitlichem  Privileg  beruhten.    So 
waren     damals     alle    Bedingungen     zur    Gründung     eines 
städtischen  Instituts   für  Geldgeschäfte   gegeben.     Bei   der 
Neuheit  der  Sache  darf  es  freilich   nicht  Wunder   nehmen, 
wenn    die    Art    und   Weise,   wie    dieser    erste    Versuch   im^ 
Strassburg  durchgeführt  wurde,    uns  heute   etwas   kindlid»^ 
erscheint. 

In  der  Einleitung  giebt  der  Rat  als  Grund  der  Neu — 
Ordnung  die  Unregelmässigkeiten  an,  welche  seither  i 
Wechselgeschäft  vorgekommen,  und  zwar  sowohl  vor  Zeite 
als  auch  vor  kurzem.  Es  wird  damit  auf  die  Ubergrifr^" 
der  Hausgenossen  hingewiesen,  denen  nun  auch  der  ihne 
noch  gebliebene  Wechsel  des  Silbergeldes  genomme 
worden  war.  Der  Rat  beruft  sich  ausdrücklich  auf  sei 
Recht,  innerhalb  der  Stadt  alles  so  zu  ordnen,  wie  es  di^ 
Wohlfahrt  der  Bürger  erfordere. 

Er  setzt  daher  drei  Männer  ein,  welche  im  Namen  dec^ 
Stadt  den  gesamten  Wechsel  handhaben  sollen.  Sie  müssen, 
bezüglich  ihrer  Ehrenhaftigkeit  und  ihres  Vermögens  die 
genügende  Sicherheit  gewähren  und  ausserdem  lesen  und 
schreiben  können,  was  damals  auch  bei  Kaufleuten  nocl^ 
nicht  selbstverständlich  war.  Die  früheren  Guldenwechsler' 
waren  jährlich  vom  Rat  neu  ernannt  worden;  da  aber  jetzt: 


Strassburger  Stadtwechscl.  cj 

die  Stadtischen  Geschäfte  eine  mehr  gleichmässige  Behand- 
lung erforderten,  wurde  bestimmt,  dass  jedes  Jahr  nur  ein 
Mitglied  aus  dem  Wechselamt  scheiden  solle,  welches 
durch  die  XVer  nach  eingeholter  Genehmigung  des  Rates 
ersetzt  wurde.  Die  Wechsler  hatten  jährlich  vor  offenem 
Rate  den  Eid  der  Treue  zu  erneuern. 

Vor  allem  war  es  jetzt  notwendig,  dass  die  Stadt 
bedeutendere  Summen  in  ihre  Bank  einschoss,  um  deren 
Betrieb  überhaupt  zu  ermöglichen.  Es  wurde  daher  zu- 
nächst >ein  zümlich  houptgftt  in  golde  und  müntzen«  dort 
hinterlegt,  wobei  »müntzen«  so  viel  bedeutet  wie  Silber- 
oder Kleingeld.  Bedeutsamer  jedoch  war  der  Beschluss 
des  Rats,  das  Vermögen  der  vier  grossen  städtischen  Stif- 
tungen, des  Frauenhauses,  des  »grossen  spittals«,  der  »Guten 
lutte«  und  »der  Elenden  herberge«,  soweit  es  nicht  zur 
Bestreitung  der  täglichen  Bedürfnisse  gebraucht  wurde,  auf 
der  neuen  Bank  hinterlegen  zu  lassen.  Auch  alle  anderen  Stift- 
und  Klosterverwaltungen  wurden  angewiesen,  ein  gleiches 
zu  thun.  Bei  dem  bekannten  Reichtum  dieser  Strassburger 
Stiftungen  müssen  gleich  Anfangs  bedeutende  Summen 
zusammen  geflossen  sein,  über  deren  Höhe  sich  leider  keine 
Angabe  findet.  Auch  Private  konnten  von  vornherein, 
gegen  die  übliche  Verschreibung,  Geld  bei  der  städtischen 
Wechselbank  deponieren.  Für  dieselben  war  die  Bestimmung 
von  besonderem  Vorteil,  dass  über  dies  Geld  »dehein  ver- 
^tte  gon  soll,  weder  geistlich  noch  weltlich«,  d.  h.  weder 
von  geistlichem  noch  von  weltlichem  Gericht  konnte  ein 
^ei  der  Stadt  hinterlegtes  Vermögen  mit  Beschlag  belegt 
^•erdcn. 

Es  war  nur  eine  Vorsichtsmassregel,  dass  man  den 
Wechslern  vorschrieb,  in  ihrer  beschlagenen  Truhe  auf 
^em  Kaufhause  nicht  mehr  als  7000  fl.  zu  bewahren,  das 
ändere  Kapital  aber  in  einer  besonderen  Kasse  auf  dem 
sicheren  Pfennig  türm  niederzulegen;  denn  die  dort  amtierende 
Hnanzkommission  konnte  diese  Kasse  nur  im  Beisein  eines 
^tr  Wechsler  offnen. 

Mit  den  so  erhaltenen  Summen  sollten  die  städtischen 
^Vechsler  »den  handel  anfohen,  üben  und  bruchenc 
^Velcher  Art  war  nun  dieser  Handel?  Gewiss  ist,  dass 
n^ch  wie  vor   das  Einwechseln  von   Geld,   besonders    von 


l 


cg  Cahn. 

(julden,  eine  ihrer  hauptsächlichsten  Funktionen  und  Ein- 
nahmequellen bildete.  Sie  werden  in  ihrem  Eid  verpflichtet, 
hierin  alle  Bürger  und  Fremden  gleich  und  gerecht  zu 
behandeln,  sowie  den  Wechseltarif  der  Stadt  und  alle 
Ordnungen,  welche  vordem  für  die  Münzer  und  Haus- 
genossen gegolten,  einzuhalten. 

Daneben  trat  jetzt  aber  als  recht  mühevolle  Aufgabe 
die  Verwaltung  der  ihnen  anvertrauten  Kapitalien.  Diese 
Thätigkeit  war  vor  allem  auch  eine  sehr  verantwortliche. 
Es  war  ihnen  absolutes  Schweigen  darüber  auferlegt,  was, 
wie  viel  und  von  wem  Geld  bei  ihnen  deponiert  worden 
war,  auch  über  alle  andere  »Heimlichkeit«  ihres  Berufes. 
Selbstverständlich  durften  sie  auch  von  den  Mitteln 
der  Bank  nichts  zu  eigenen  Nutzen  verwenden  oder 
ausleihen. 

Welche  Zinsen  in  der  bei  der  Aufnahme  von  Kapitalien 
üblichen  Verschreibung  sowie  bei  Anleihen  ausgemaclit 
zu  werden  pflegten,  ist  in  der  Ordnung  nicht  enthalten ; 
CS  scheint  dies  auch  in  den  einzelnen  Fällen  je  nach  deii 
gebotenen  Sicherheiten  verschieden  gewesen  zu  sein.  It 
der  Regel  dürften  wohl  5  Prozent  gegeben  worden  seixi 
die  sich  in  den  meisten  Zins  vertragen  dieser  Zeit  finden  *) 

Im  übrigen  fasst  die  Ordnung  die  von  den  Wechsleari 
zu  unternehmenden  Geschäfte  dahin  zusammen,  dsiss  sie  in 
Namen  der  Stadt  :>verlyhen,  kouffien  und  verkouffent  soll^r 
ein  sehr  weites  Feld  für  ihre  Thätigkeit« 

Man  lieh  im  Mittelalter  Geld  meist  nur  unter  der  E3e 
dingung  aus,  dass  der  Entleiher  ein  Pfand  hinterlegte  ai 
Schmuck,  Steinen  oder  anderen  Wertgegenständen,  welcln.^- 
der  entliehenen  Summe  an  Wert  ungefähr  entsprach  ix^^ 
im  Falle  säumiger  Rückzahlung  dem  Gläubiger  verfiel  -) 
Unsere  Ordnung  redet  in  diesem  Sinne  von  »gülden  m'nc 
sylbem  pfände«^,  doch  kommt  auch  Ausleihen  »ufif  yr^^ 
schrybung«  vor.  Die  Strassburger  Stadtwechsler  werde 
angewiesen,  kein  Geld  zu  verleihen,  ohne  dass  sie  ^*' 
Gewähr  haben,  daran  »sicher  und  versorget«  zu  s^^^ 
Kleinere  Summen  bis  zu   100  Gulden  dürfen  sie  auf  eig^^ 

^)  Verj»l.  Latnprccht,  Deutsches  Wirtschaftsleben  im  Mittelalter  Bd- 
—  *)  Auf  der    städtischen  Bank   zu    Frankfurt  war   filr  diese    Zwecke      ^ 
besondere  Wage  für  Perlenschnüre  aufgestellt.     Vergl.  Kriegk  a.  a.  O. 


Strassburger  Stadtwechsel.  eg 

Verantwortung   ausleihen;   was   darüber  ist,   darf  nur   mit 
Zustimmung  von  mindestens  zwei  Mitgliedern  des  Wechsel- 
amtes weggegeben    werden    und    bei    grösseren   Beträgen 
von  über  500  fl.   ist   die  Einwilligung    aller    drei  Beamten 
notwendig.    Jedes   abgeschlossene   Geschäft    ist   sofort   mit 
dem  Namen  des  dafür  Haftbaren  in    die  Bücher  der  Bank 
einzuschreiben.     Die   von    den  Wechslern   verlangte  Buch- 
führung  war  überhaupt   eine   so    genaue,    dass   ihnen    die 
Stadt  zu  diesem  Zwecke    einen   besonderen   Schreiber   zur 
Verfügung    stellte,    der   fortwährend    auf   dem    Kaufhause 
anwesend    sein    musste.     Nur    auf  diese  Weise  wurde    die 
jährliche  Rechnungslegung  vor  zwei  Mitgliedern  des  Rates 
und   zwei    Deputierten    der  XVcr   ermöglicht,    welche    die 
Bilanz  der  Bank  einer  scharfen    Kontrolle   zu   unterwerfen 
hatten  und  sich  davon  überzeugen  mussten,  ob  die  Wechsler 
mit    dem    Gelde    der  Stadt    auch    einen    redlichen  Handel 
ij^etrieben.     Noch    mehr    geschärft   wurde    ihr   Bewusstsein 
--ier  Verantwortung    bei    ihren    Unternehmungen    dadurch, 
dass  sie    und    ihre  Erben  der   Stadt    für    den    vierten  Teil 
tlcs   ausgeliehenen    Geldes    hafteten,    falls    etwas   verloren 
^ing.     Diese    Haftung  fiel  natürlich  dann    weg,   wenn   auf 
fciefehl  der  XVer  oder  XXler  Summen  vorgestreckt  worden 
xvaren. 

Sehr    eigentümlich     berührt     die    Bestimmung,     dass 
dhein    gut    rinisch    goldt    noch    Straszburger    müntze    die 
ijenge  und   gebe    ist«    ausgeliehen   werden    dürfe    »ufF  das 
<iliein   unwylle    noch    schaden    darusz    erwachsen    möge«. 
Vielmehr  sollen  zu  diesem  Zwecke  nur  solche  Gulden  aus- 
gegeben werden,  welche  nicht  nach  rheinischem  Fusse  ge- 
prägt sind,  und    solche  Silbermünzen,    die    in    Strassburg 
keine  Währung    haben.     Das   war    eine    ausserordentliche 
Benachteiligung  der  Entleiher  und  stellte  für  die  städtische 
^Vechselbank    von    vorn    herein     einen    bedeutenden    Ge- 
winn dar.      Um    nämlich    mit    dem    so    erhaltenen   Gelde 
^"    Strassburg     oder     seiner     Umgebung     irgend    welche 
Zahlungen   vornehmen    zu    können,    musste    der    Entleiher 
dasselbe  bei  eben  der   Bank,    von    der    er    es    bekommen, 
ffegen   gesetzliche   Währung    umwechseln,    wobei   für   die 
btadt  wieder  die  tarifmässigen  Gebühren  entfielen.     Da  die 
Bank  für   das   Umwechseln    eines   Guldens   einen   Pfennig 


5o  Cahn. 

nahm  und  der  Guldenkurs  damals  lo^/g  ß.  dn.  war,  wurden 
somit  bei  jeder  Kapitalentnahme  sofort  0,8  Prozent  als 
Wechselabgabe  erhoben.  Es  wird  indess  ausdrücklich  ver- 
boten, den  Entleihern  die  fremde  Währung  höher  anzu- 
rechnen, als  sie  in  ihrer  Heimat  gelte.  Man  darf  hierbei 
auch  nicht  vergessen,  dass  die  Anleihen  damals  meist  nur 
auf  sehr  kurze  Zeit  gemacht  wurden,  und  dadurch  der 
Zinsgewinn  ein  geringer  war.  So  steht  z.  B.  in  der 
Ordnung  der  «Drye«,  dass  sie  mit  Erlaubnis  des  Amman, 
meisters  Bürgern  von  einem  Montage  bis  zum  andern 
Vorschüsse  aus  städtischen  Mitteln  gewähren  durften. 

Neben  diesen  Geldgeschäften  sollten  jedoch  die 
Wechsler  offenbar  auch  noch  Handel  mit  Edelmetall  zu 
Gunsten  der  Stadt  betreiben,  wie  das  damals  bei  allen 
Wechselbanken  üblich  gewesen  zu  sein  scheint.  Es  ist 
der  Fall  vorgesehen,  dass  jemand  zu  ihnen  kommt,  um 
»güldin  od^er  silbern  cleinötter  oder  geschirre«  zu  verkaufen; 
die  sollten  sie  nach  dem  Gewicht  annehmen  und  bezahlen. 
Wolle  man  dagegen  einwenden,  dass  die  Arbeit  oder  die 
etwaige  Vergoldung  mehr  wert  sei,  so  solle  dem  Verkäufer 
eine  Frist  bis  zu  drei  Monaten  gewährt  werden,  in  welcher 
er  den  Wertgegenstand  zurückkaufen  könne;  nach  dieser 
Zeit  sei  man  nicht  schuldig,  ihm  über  den  Verbleib  des 
Objekts  Rede  zu  stehen.  Man  sieht  auch  hier  das  Bestreben, 
so  wenig  als  möglich  für  die  Stadt  die  Gefahr  eines  Ver- 
lustes zu  übernehmen. 

Bezüglich  ihrer  Arbeitszeit  wurden  diese  ältesten  Bank- 
beamten der  Stadt  Strassburg  ausserordentlich  günstig 
gestellt.  Im  Sommer  (von  Ostern  bis  Michaelis),  mussten 
sie  von  6  Uhr  bis  q  des  Morgens  und  von  12  bis  4  Uhr 
xnoch  dem  imbs«  ihres  Amtes  walten,  während  im  Winter 
in  den  Morgenstunden  von  7  bis  10  ihre  Anwesenheit  auf 
dem  Kauf  hause  verlangt  wurde. 

Die  Dienstzeit  auf  dem  Münzhause  (unter  den  Gewerbs- 
lauben, gegenüber  dem  Ausgange  der  Spiessgasse),  welche 
ausserdem  noch  die  Ordnung  vorschreibt,  kollidiert  teilweise 
mit  obigen  Stunden  und  ist,  wie  erwähnt,  jedenfalls  aus 
früheren  Bestimmungen  herübergenommen;  nach  Gründung 
der  Bank  auf  dem  Kaufhause  werden  sich  die  Wechsler 
in    diese    beiden    Obliegenheiten    geteilt    haben.     Bei   der 


Strassburger  Stadtwechsel.  5i 

siebenstündigen  Arbeitszeit  durften  sie  freilich  auch  nicht 
mehr  als  lo  Minuten  zu  spät  an  der  Bank  erscheinen, 
wenn  sie  nicht  in  eine  Strafe  von  i  ß.  dn.  verfallen  wollten. 
Mit  behaglicher  Breite  geht  unsere  Ordnung  auf  diese 
Dinge  ein.  Das  Versäumnisgeld  soll  in  ein  »trüselin«  ge- 
stossen  und  nach  einiger  Zeit  von  den  Wechslern  gemeinsam 
verzehrt  werden.  Sogar  ein  Stundenglas  wird  aufgestellt, 
das  sechsmal  in  der  Stunde  ausläuft,  und  einer  nach  dem 
andern  muss  pünktlich  erscheinen,  das  Glas  umdrehen  und 
feststellen,  ob  einer  seiner  Kollegen  zu  spät  kömmt. 

Diese  städtische  Bank  muss  sich  sehr  bewährt  haben. 
Weis  schon  aus  dem  Umstände  hervorgeht,  dass  man  sich 
nach  verhältnismässig  kurzer  Zeit  in  Basel  bemühte,  auf 
Grund  der  Strassburger  Ordnung  zu  ähnlichen  Einrich- 
tungen zu  gelangen.  Abgesehen  von  dem  direkten  Nutzen, 
welchen  der  Gewinn  der  Bank  der  städtischen  Kasse 
brachte,  übte  dieses  Institut  den  aller  wohlthätigsten 
Einfluss  auf  die  Einanzverwaltung  der  Stadt  aus,  indem  es 
die  nutzbringende  Anlage  disponibler  Gelder  ermöglichte 
und  der  Stadt  Gelegenheit  bot,  allezeit  Anleihen  unter 
möglichst  günstigen  Bedingungen  aufzunehmen,  dagegen 
ältere  Schulden  mit  drückenden  Zinsen  abzustossen.  Aber 
auch  der  Handel  und  der  Geldverkehr  zwischen  Privaten 
wurde  durch  die  neue  Einrichtung  bedeutend  erleichtert  und 
Ixilebt.  Offenbar  vollzog  sich  die  Entwicklung  so,  dass 
die  eine  städtische  Bank  in  Strassburg  bald  dem  steigenden 
V^erkehr  nicht  mehr  genügte.  Wir  begegnen  in  der 
/weiten  Hälfte  des  XV.  Jahrhunderts  hier  wie  anderwärts 
Privatbanken  mit  obrigkeitlicher  Konzession.  Die  Haus- 
genossen hatten,  nachdem  sie  ihre  politischen  Vorrechte 
oingebüsst  und  das  Wechselmonopol  verloren  hatten,  sich 
mit  ihrem  bedeutenden  Vermögen  dem  Handel  zugewandt, 
und  als  sich  das  Bedürfnis  danach  geltend  machte,  wurden 
ihnen  vom  Rat,  mit  dem  sie  seit  1442  ausgesöhnt  waren, 
die  Konzessionen  zur  Gründung  von  Privatbanken,  wohl 
als  eine  Art  Entschädigung,  erteilt.  Wir  werden  darüber 
unterrichtet  durch  eine  Verordnung  von  1484'),  welche 
den  Hausgenossen  einige  Vorschriften  in  ihrem    Beruf  als 

*)  Gedruckt  bei  Eheberg  a.  a.  O.     Anhang  Nr.  IX. 


02  Cahn. 

Banquiers  gibt.  Auch  ihnen  wird  strengstes  Schweigen 
über  die  Depositen  der  Strassburger  Bürger  zur  Pflicht 
gemacht.  Dagegen  dürfen  sie,  wenn  ein  Fremder  eine 
Anleihe  machen  will,  diejenigen  Mitbürger,  welche  Kapitalien 
anlegen  wollen,  davon  insgeheim  in  Kenntnis  setzen. 
Auch  das  Institut  der  Makler  sehen  wir  bereits  ausgebildet 
in  den  sog.  »underkoifFem«,  welche  Geldgeschäfte  vermitteln. 
Die  Stadt  hatte  sich  dabei  immer  noch  in  so  fem  das 
Bankmonopol  gewahrt,  als  sie  sich  von  den  privaten 
Banken  wie  den  Unterkäufern  bei  Abschluss  eines  jeden 
Geschäftes  eine  der  Höhe  der  Summe  entsprechende  Steuer 
entrichten  liess.  Auch  war  es  den  Hausgenossen  unter- 
sagt, jemandem  eine  I-osung  zu  thun,  ohne  durch  genügende 
Sicherheiten  gedeckt  zu  sein. 

So  sehen  wir  aus  mittelalterlichen  Institutionen  die 
Anfange  modernen  Verkehrs  und  Geschäftslebens  sich 
entwickeln.  Hoffentlich  werden  die  Archive  noch  durch 
manches  neue  Aktenstück  unsere  Kenntnis  über  die 
Gründung  von  Banken  in  Deutschland  erweitern  und  damit 
die  Bearbeitung  einer  deutschen  Geldgeschichte  in  weiterem 
Umfang  ermöglichen. 


Beilage. 

Strassburger  Stadtwechselordnung. 

Kopie  «luf  Papier  im  Staatsarchiv  zu  Basel  St.  58.  A.  Nr.  22. 

Der  münsser  ordnunge. 

Nochdem  vor  ziten  und  yetz  kürtzlichen  ein  mergklicher  nocUteil. 
breste  und  mangcl  an  dem  wechssei  der  müntzen  befunden  und  empfaögcn 
worden  ist,  unnd  wann  die  stat  Straszburg  hohe  und  loblich  gefryet  ist,  d**** 
sie  inn  irer  stat  ordenen,  setzen  und  entsetzen  mögent  alles  das,  so  *** 
truwent  der  stat  unnd  iren  bürgern  nütze  und  gut  sin,  hanimb  so  haben  iin*^ 
herren  meister  und  rat  und  die  XXI  erkandt,  das  die  stat  Straszburg  ^^^' 
wehsscl  und  die  müntze  nun  fürbasz  hin  für  sich  i>elbs  üben  und  Halw^ 
solle,  inn  mossen  hernach  geschryben  stot. 

Nemlich  so  soll  man  dry  frommer,  statthaftiger  und  habender  mcti^^' 
denen  eren  und  güts  zu  vertrüwen  sy,  die  schryben  und  lesen  könnent  uond 
des  handeis  zürn  besten  bericht  sin  mögent,   dartzu  verordenen,   die  solli^^hc» 


Strassburger  Stadtwechsel.  53 

handel  der  müntze  und  des  wechssels  inn  namen  der  gemeynen  stat  Straszburg 
brachen  und  halten  sellent,  wie  dann  läntlich,  gewönlich  und  harkommen 
ist  getrewHch  und  ungeverlicb,  unnd  alle  tag  dar  und  dannen  gan,  wie  man 
pflegt  das  kouflhusz  ufT  und  zi'izethun,  nemlich  im  summer  von  Ostern  an 
bytz  sant  Michelstag  am  morgen,  so  die  glock  sehs  sieht  unnd  zu  nünen 
>»ider  zuzethün,  unnd  noch  dem  imbs  zfi  zwölffen  uff  und  vor  den  vieren 
nit  dannen  zu  kommen  noch  zuzethün  unpd  winter  zit  von  sant  Michelstag 
bytz  wider  Ostern  am  morgen  zfi  sübenen  ufT  zu  thün  und  vor  den  zehenen 
nit  zuzesliessen,  ouch  zfi  zwÖlfTen  noch  imbsz  wider  ufTzfithün  und  vor  den 
vieren  nit  zfi  besliessen  noch  dannen  zfi  kommen,  alles  ungeverlich. 

Die  drye  und  ir  schryber  soUent  ouch  yeder  zit,  wintter  und  summer, 
ufi'  alle  wercktag  schuldig  und  verbunden  sin,  an  der  müntzen  zfi  blyben 
bytz  das  die  glock  eylfT  siecht,  unnd  wann  es  eins  siecht  noch  dem  imbsz 
wider  do  zu  sin,  unnd  wer  zfi  denselben  obbestimpten  zyten  nit  do  were,  so 
die  glock  slüge,  oder  ein  sehsten  teyl  einer  stunden  damoch,  der  bessert 
I  fi.  dn.,  die  sie  ouch  by  iren  eydcn  eym  yeden  ungehorsamen  abnemen  und 
nit  faren  lossen,  unnd  solch  versumeniszgelt  inn  ir  trüselin  stossen  und  zu 
zitten  inen  geliebt  byeinander  verzeren. 

Unnd  daruff  sollen t  sie  ouch  ein  gläselin  bestellen,  das  inn  eyner 
stunden  sehs  mole  uszloufft,  und  dartzü  schuldig  und  verbunden  sin  ye  einer 
noch  dem  andern  uff  die  stunde  yeder  zit  zu  warten  und  uff  die  bestimpte 
zit  an  der  münssen  zfi  sin,  unnd  wann  die  glock  siecht  das  gläselin  umb 
keren  und  sollichs  glych  under  sich  theylen,  also  das  es  ye  einer  umb  den 
Andern  thun  soll. 

Denselben  dryen  sol  man  anfänglichen  geben  ein  zümlich  houptgfit  inn 
^olde  und  müntzen,  dotzfi  dienende  und  gebruchUchen,  domit  sie  den  handel 
xinfohen,  üben  und  bruchen  inogent.     Aber  wann  inen   in  losungs  wise  oder 
anderer  gestalt  gelt  zu    gelegt  wurdet,  werden   sie   dann   merer  nottürflflig  sin 
zu  irem  täglichen  gebruche  underhanden    zu   haben,    so  mOgent   sie    bitz    ufl' 
«>ehs  oder  syben  tusent  gülden    by    iren    banden    behalten    unnd    das    ubcrig 
alles    uff    den    pfennigthurn    den    dryen    überantworten    unnd    das    inn    ein 
«sondern    beslossenen    behalt    thun,    dartzu    die    dreye    uff   dem    pfennigthurn 
«rinen  slüssel  und  die  selben  dry  münsser  den    andern   slüssel   haben    sollent, 
a1.>o  das  keyn  theyl  on  das  andere  darüber  komen  möge,    unnd  was   also   in 
cien^elben    behalt    gelegt   oder   wider   darusz    genommen  wurdet,    das    sollent 
b€\'de  teyl  zfi  yeder   zit  jeglichs    inn    sunders  hinder  sich    verschryben  unnd 
«iarumb  alle  jor  ein  rechnunge  unnd  vcrglychunge  bescheen,  inn  bysin  zweyer 
von  den  XV  und  zweyer   von    den    reten    und    XXI,    domit   befunden,   das 
uffrcchtlich    gehandelt    und    was    Vorstands    oder    nachzugks    alle    jor    davon 
«nston  oder  erwachssen  möge   ungeverlichen.     Es    sollent   ouch    alle   pflegere, 
so  von  den  reten  und  XXI  gcordenet  und    geben  werden    uff  unser   frowcn 
hu«z,    dem  grossen    spittal,    den    gütten   lüten,    der    Elenden    heibergen    oder 
»ndern     styfften,    clöstein    oder    sammungen     inn    diser    stat   doran    sin    und 
verfugen,    was    uberigs    geltes    dieselben    hinder    inen    habcnt,    es  wcre    inn 
Ablösung  oder  anderer  wise,   desz   sie  zu    irem    tAgclichen    gebruche   nit    noi- 
turftig  syent,  das  sollichs  hinder  die  drye  munsser  im  namen  der  stat  Strasz- 
burg gelegt  werde  uff  ziemlich  bekandtnisz,  wie  gcwenlich  ist. 


64  Cahn. 

Und  was  gelts  der  oder  ander  messen  hinder  die  drye  münsser  inn 
namen  der  Stadt  geleyt  wurdet,  doruber  soll  dehein  verbotte  gon  weder 
geistlich  noch  weltlich,  aller  mosscn  als  bytzhar  uff  dem  pfennigthum  gehalten 
worden  i.st  one  alle  geverde. 

Item  die  selben  drye  münsser  sollent  ouch  von  solchem  gelt,  so  noch 
egcmelter  mossen  hinder  sie  kompt  oder  geleyt  wurt,  inen  selbs,  iren  wybeo, 
kynden  und  fninden,  noch  iren  gemeynern  noch  zuverwantcn  nutzit  lyhen, 
anligen,  bruchen  noch  bewenden  inn  deheyner  weg  dodurch  es  inen  zu  nutze 
oder  fürstandt  erschicssen  möge  alles  ungeverlichen. 

Aber  was  sie  sust  uff  nutzungc  oder  fürstandt  inn  namen  der  stat  rer- 
lyhen,  kouffen  oder  veikouffen  wöllent,  das  sollent  und  mogent  sie  th&n  mit 
sollicher  bewarunge  und  bescheidenheit,  das  sie  vertruwent  daran  sicher  und 
versorget  sin,  doch  das  ir  keyner  allein  one  wissen  und  gehelle  der  andern 
nützit  innemen  oder  empfohen,  hinweg  lyhen  oder  verbergen  sol,  das  sich 
betr^'fft  über  hundert  guldin  oder  me  ungeverlichen,  dann  was  sich  darüber 
trj'ffet,  do  sollent  ir  allwcgen  zfim  mynsten  zwen  byenander  sin,  die  das 
handeln  und  vcrwarcn  unnd  das  alles  zu  jeder  zit  eygentlichen  inn  ir  buchere 
verschryben,  das  des  kein  biuste  oder  mangel  befunden  werde.  Was  aber 
grosz  summen  sindt  uff  fünffhundert  guldin  und  darüber,  so  sollent  sie  alle 
drie  bicnander  sin  und  darinn  handeln  noch  dem  nutzesten  und  besten 
ungeverlichen. 

Was  ouch  an  dem  gelt,  so  under  ir  yedem  uszgeluhen  oder  geborget, 
verloren  oder  nachgetzogen  wurt,  das  sollent  die  genanten  dryer  und  ir 
schryber  oder  ir  erben  für  iren  theyl  des  vierden  pfennigs  schuldig  und  ver- 
bunden sin  wider  zu  erstatten  unnd  dar  zu  legen,  alles  getruwlich  und  unge- 
verliehen.  Doch  so  meister  und  rat  und  die  XXI,  oder  die  XV  inen  bevelhen 
ycmans  gelt  zu  lyhen  oder  uff  borge  zu  geben,  wurde  do  ettwas  verloren  odei 
nachgetzogen,  doran  sollent  sie  oder  ir  erben  nützit  nochgeben  oder  verlieren, 
sunder  allein  der  stat  zugeschryben  werden. 

Unnd  uff  das  die  münsser  an  solchem  irem  uszgelühenen  gelt  desto 
mynder  verlustig  werden  mögen,  so  sollent  fürtter  weder  meister  und  rat 
noch  die  XV  keynem  schuldener,  den  die  dry  umb  bezalung  furgenomen 
hettcn,  dhein  zyle  geben,  sunder  sie  iren  rechten  ungehindert  und  unbekumbert 
nochkomen  lassen.  Unnd  umb  das  der  münszsack  und  die  barschaft  darinn 
desto  gewarsanier  behalten  und  die  drye  uff  dem  pfenniglhurn  desto  mynder 
von  inen  ubcrlouffcn  und  gemügct  werden,  so  sol  man  inen  ein  beslagenen 
trock  an  das  un^^elt  stellen  mit  zwcyen  slossen,  dar  inn  sie  alle  tage  abends 
und  morj^ens  iren  münszsack  und  barschafft,  so  sie  hinder  inen  zu  haben 
nottürftig  sindi,  beslicsscn  sollent,  also  das  allewegen  zwen  münsser  byenander 
sin  sollent,  den  trogk  zu  oder  uff  zu  slicsscn  unnd  keyner  one  den  andern 
darüber  konicn  möge  ungeverlichen. 

Sie  sollent  ouch  alle  jor  vor  offenem  rat  schweren,  der  stat  Straszburg 
und  ircr  niünsscn  heimlichheit  zu  verschwigen  unnd  besunder  ouch  nieman 
zu  sagen  oder  zu  offenen,  was  oder  wie  vil  oder  von  wem  gelt  hinder  sie 
geleyt  werde,  on  sonderlichen  bevelhe  unserer  herren  oder  der  personen,  so 
gelt  hinder  inen  ligen  habent,  sunder  diser  ordnunge  uffrechtlichen  und 
styffe  nachzukomen.  Ouch  solchen  wechssei  und  handel  der  münssen  frommlich 
ullrechtlich,    getruwlich  und  ungeverlichen  zQ  üben  und  zu  bruchen  noch  der 


Strassburger  Stadtwechsel.  5^ 

»tat  Stnszburg    ere    nutze    und    fromen    unnd    darin    der  stat,  iren    bürgern, 
fTömbden  und  heimschen,    geistlichen  und  weltlichen    glich    und    gemeyn    zu 
sin,  noch  irexn  besten  flysz,  können  oder  mögen  zu  sampt  der  alten  ordnunge 
so  bytz    har    alle    münsser    und    huszgenossen     geschworen    und    verbunden 
gewesen  sindt  zu  halten,   so  verrc  sie  die  beruren   aller   dinge  ungeverlichen. 
Item  die  münsser  sollent  ouch  dhein  rinisch  goldt  noch  Straszburgcr   müntze 
die  genge  und  gebe  ist  uff  vor  wechssei  oder  forteyl  z&  borge    uszgeben    oder 
hinweg  lyben,  weder  ufT  verschrybung,  gülden  oder  sylbem  pfände  nyemaodt, 
er  sy  wer  er  wolle,    uff  das  dhein  unwylle  noch  schaden    darusz   erwachssen 
möge.    Käme  aber  yemandt  und  brächte  güldin  oder  silbern    cleinötter   oder 
ijeschirr  und  wolt  die  verkoufTen,  die  mOgent  sie  in  kouffs  wise  wol  annemen 
and  kouffen  noch  dem  gewichte  und  ziemlicher  achtung  und  werde  ungever- 
lichen, unnd  ob  dann  yeman  meynen  oder  die  müntzer  selbs  beduncken  wolt, 
das  es  der  arbeit  oder  vergültter  cleydung  noch  merer  wcrdt  sie,    so    mögent 
lie   eim  sin  widerlosung  daruff  ein    ziemlich    zit    setzen,    doch    nit   über   dry 
nonat  ungeverlichen,  unnd  wer  das  inn  derselben  zit  nit  löset,  dem  sol  man 
ijonoch  nit  schuldig  sin  antwort  darumb    zu    geben    in    dheinen  wegk.     Was 
ne    aber  von  frömbden  guldin,  die  nit  uff  rinsch   werung    gemüntzet  werdent, 
deszglichen  von  silbern  müntzen,  die  nit  hie  genge  und  gebe  sindt,  cmphohent 
oder  inkonffent,  die  mogent  sie  wol  z&  borge  wider  uszgeben  oder   verlychen 
atT  g&t  Sicherheit  oder  verschr^'bung,    doch  nit  höher,    dann  sie  an  den  orten 
an«.l  enden  do  sie  gemüntzet  oder  geflyssen  werden    gern    gelten,    genge    und 
gebe  syent  z&  nemen  ungeverlichen. 

Unser  herren  meister  und  rat  und  die  XXI  habent  noch  anbrungen 
der  herren  der  iunffxehen  erkandt,  das  man  fürtter  das  wehsselampt  mit 
iir\-en  statthaftigen  mannen  versehen  und  verordenen  soll,  wie  man  bytzhar 
<len  stalle  und  den  pfennigthurn  versorgt  hat  und  das  soUichs  den  fünfftzehen 
empfolhen  sin  soll  alle  jore  einen  mit  willen  und  gehelle  der  rete  und  XXI 
dartzü  zQ  verordnen. 


Zeiuchr.  f.  Cetcb.  d.  Obcrrh.  N.  F.  XIV.  i. 


Urkundliches  über  Colmarer  Maler  des 

15.  Jahrhunderts. 

Von 

Eugen  Waldner. 

Obgleich  das  Colmarer  Stadtarchiv  schon  so  oft  ns 
den  Spuren  Schongauers  und  der  zeitgenössischen  Kunst 
durchforscht  worden  ist,  so  habe  ich  doch  noch  einmal  v 
sucht,  ihm  neue  Aufschlüsse  über  die  Malergeschichte  ( 
15.  Jahrhunderts  abzugewinnen.  Meine  Nachlese  war  leid 
wie  zu  erwarten  stand,  wenig  ergiebig.  Da  aber  bei  ( 
Spärlichkeit  der  Nachrichten  über  diesen  Gegenstand  je 
Kleinigkeit  von  Interesse  ist,  so  teile  ich  hier  kurz  n 
worin  meine  Feststellungen  von  den  bisherigen  Angat 
abweichen.  Um  nicht  schon  oft  Gesagtes  zu  wiederhol 
setze  ich  bei  dem  Leser  die  Bekanntschaft  mit  der  e 
schlägigen  Litteratur  voraus. 


Zünftigkeit  der  Maler. 

Eine  Ratsverordnung   vom    Jahre    1432    über   die 
gehörigkeit    der    verschiedenen   Gewerbtreibenden    zu    * 
einzelnen  Zünften  teilt  die  Maler  den  Krämern  zu>): 

>Was  specerye,  wahs,  schürlitztflch,  scherter,  buckscl 
gugerell,  garn.  bendel,  lösche,  alantleder  oder  hangen^ 
kräm  veyl  hat,  dartzü  alle  schriber,  die  nit  gefrijet  s 
die  moler,  würfFeler,  teschenmacher  vnd  seckeler  oder  < 
die  glesere  veyl  haut,  gehörent  vnder  die  kremer.c 

In  derselben  Verordnung  steht  weiter  unten  noch  ' 
mal  eine  ausführlichere  Aufzählung  der  Waren,  welche 


1)  Rotbuch  I  171. 


Colmarer  Maler  des  15.  Jahrhunderts.  5? 

mer  feil   haben    dürfen;    darunter   befinden    sich    auch 
jrleye  varwe«  und  »geslagen  golt  oder  silber,   lengolt.c 


Hans  von  MechcL 

Um  den  niederländischen  Einfluss  auf  die  Colmarer 
1er  auf  einfache  Weise  zu  erklären,  hat  sich  F.  Fries ') 
en  im  Elsass  thätigen  und  zu  Caspar  Isenmann  in  naher 
Ziehung  stehenden  flandrischen  Maler  Hans  von  Mecheln 
nstruiert.  Seine  Hypothese  ist  zwar  auf  den  ersten  Blick 
:ht  ansprechend  und  scheint  auch  durch  die  vorgebrachten 
:hivalischen  Notizen  gestützt  zu  werden,  allein  bei  ge- 
uerer  Untersuchung  erweist  sie  sich  als  völlig  haltlos. 

Ein  Hans  von  Mechel  erwarb  im  Jahre  143 1  das  Bürger- 
cht  zu  Colmar  und  stand  von  1447  t>is  1461  abwechselnd 
i  Zunftmeister  und  als  Ratsherr  an  der  Spitze  der  Krämer- 
nft*).  Er  wird  in  den  Amtsbüchern  oft  genannt,  nirgends 
)er  als  Maler  bezeichnet  Aus  den  Kaufhausbüchern,  in 
men  er  wiederholt  als  städtischer  Lieferant  erscheint, 
giebt  sich  vielmehr  mit  Sicherheit,  dass  er  Krämer  war: 
»  z.  B.  verkaufte  er  der  Stadt  im  Jahre  1436  ein  »vehe 
Jwichtc')  und  im  Jahre  1456  »zwilich  und  scherterc  für 
IS  städtische  Zelt*);  noch  am  12.  Juli  1461  wurde  ihm 
ne  Summe  »vmb  allerlei«  ausbezahlt  *).  Die  Stadt  schuldete 
m  lange  Jahre  hindurch  eine  Leibrente  von  50  Gulden;  da 
'  sie  zum  letztenmal  am  14.  Juni  1461  in  Empfang  nahm^), 
uss  er  vor  Ablauf  des  nächsten  Jahres  gestorben  sein, 
ii  dieser  Leibrente  hing  wahrscheinlich  die  nach  seinem 
oiie  von  Seiten  des  Rats  erfolgte  Geldauszahlung  an 
inen  Zunftbruder  Isenmann  zusammen,  der  wohl  mit  ihm 
?rwandt  war. 

Auch  in  Basel  kommt  um  diese  Zeit  ein  Krämer  »von 
lechelc  vor'). 

Nichts   mit  dem   Colmarer  Krämer  Hans   von  Mechel 
icniein  hat  der  von  Fries  mit  ihm  identifizierte  Hans  Moler, 

^>  btudien    zur  (ieschichtc    der    EUässer  Malerei    im    XV.  Jahrhundcit 

'*  dem    Aufireien    Martin    Schongauers.     Frankfurt    1S96.     S.   49 — 51.  — 

'  ^B  Börgeraufnahrocrodel  und  Katslisten.  —  ')  CC  Kaufhausbuch   Nr.  27. 

•  34-  —  «)  Nr.  43,,  S.  36.  —  '")  Nr.   47.    S.    60.  —  ^)  Ebenda    S.    56.   — 

^HDg,  HaDdel  und  Industrie  d^r  Stadt  Basel.     Hasel  1886.  S.  278. 


68  Waldncr. 

der  in  den  Jahren  146 1  und  1462  der  Stadtbehorde  so  viel 
zu  schaffen  machte.  Über  die  Natur  dieser  Angelegenheit 
erfahren  wir  Näheres  aus  einer  Urkunde  vom  i.  Februar 
1462,  durch  welche  Johann  Damuan,  Statthalter  und  Land- 
schreiber zu  Sanct-Diedolt,  bekennt,  dass  er  die  Stättmeister 
Ludwig  Kesselring  und  Hans  Iluter  als  Vertreter  Colmars 
und  »Hans  Moler  von  Rambeviller«  gütlich  verglichen  hat 
-'Von  geschieht,  vindtschafFt,  gefengknisse  vnd  vnwillens 
wegen,  z wüschen  ine  gewachssen  vnd  gebändelte  1).  Die 
durch  die  Reise  der  beiden  Stättmeister  in  der  betreffenden 
Woche  verursachte  Ausgabe  ist  folgendermassen  im  Kauf- 
hausbuche*) verzeichnet:  >Der  meister  Kesselring  vnd 
meister  Hutter  ryttent  gon  sant  Diedolt  vnd  gon  Wyche 
zu  dem  bischoff  von  Metze  der  von  Ongerßhin  halb,  worent 
8  tag  uß  mit  4  pferden,  cost  6  lib.  9  ß«.  All  diese  An- 
deutungen weisen  darauf  hin,  dass  irgend  ein  Streit  vorlag, 
wobei  die  Kunst  wohl  kaum  beteiligt  war. 

Die  von  Fries  versuchte  Erklärung  der  frühen  Beein- 
flussung des  Elsasses  durch  die  Niederlande  auf  dem  Gebiete 
der  Malerei  muss  demnach  als  verfehlt  betrachtet  werden. 
Mag  diese  Beeinflussung  durch  den  Aufenthalt  nieder- 
ländischer Meister  im  Elsass  oder  elsässischer  Gesellen  in 
den  Niederlanden  zu  Stande  gekommen  sein,  so  war  sie 
jedenfalls  eine  Folge  des  sehr  regen  Handelsverkehrs 
zwischen  beiden  Ländern  im  15.  Jahrhundert.  Die  flan- 
drischen Städte  versahen  damals  die  elsässischen  Märkte 
mit  den  Erzeugnissen  ihrer  blühenden  Tuchindustrie  und 
bildeten  dagegen  ein  Hauptabsatzgebict  für  den  elsässischen 
Weinhandel. 

Caspar  Isenmann. 

Isenmann  wurde  nicht,  wie  Gerard')  angriebt,  im 
Jahre  1436,  sondern  1435  zum  Colmarer  Bürger  auf- 
genommen; er  starb  auch  nicht  im  Jahre  1466,  wo.  er  für 
sich  und  seine  Familie  eine  Seelenmesse  zu  St.  Martin 
stiftete,  sondern  wird  noch  in  einer  Urkunde  vom  Jahre  1472 
erwähnt.     Am    18.  Januar  dieses  Jahres   nämlich  verkaufte 

*)  FF  Streitigkeiten  mit  der  Nachbaiüchaft.  —  ^)  Nr.  48,  S.  33.  — 
')  I.es  Artiätcs  de  TAlsacc  pcndant  Ic  moyen-ägc.  Colmar  u.  Paris  187a — 73. 
II,   197. 


Colmarer  Maler  des  15.  JahrhuDderts.  60 

Balthasar  Hutzschin,  Bürger  zu  Basel,  dem  Colmarer 
Bürger  Jörg  Kruse,  dem  Jungen,  »ein  huß  vnd  gesesse  mit 
dem  hindern  huselin  daran,  das  man  nampt  zum  swan  .  .  . 
gelegen  zu  Colmar  in  der  statt  in  der  Schedelgassen  nebent 
Caspar  Ysenman  dem  moler  einsite,  vnd  ist  andersite  an 
der  gassen  gegen  Caspar  Schongouwer  dem  goltschmydt 
vber  ein  orthuß,  vnd  stosset  das  hinder  huselin  an  herrn 
W'alther  Kännelins  seligen  huß 3^  0-  •  •  • 

Das  von  Jörg  Kruse  erkaufte  Haus  bildete  die  obere 
Ecke  der  Schädelgasse  und  der  jetzigen  Schöngauergasse; 
g-egenüber,  an  der  unteren  Ecke,  wohnte  damals  Martin 
Schongauers  Vater  Caspar,  neben  Kruse  in  der  Schädel- 
g-asse  Caspar  Isenmann:  dieser  und  die  Familie  seines 
berühmten  Schülers  waren  also  Nachbaren. 


Martin  Schongauer. 

I.  Sein  Vater, 
Caspar  Schongauer,   der   Goldschmied,    Martins  Vater, 
*^nipfing  bekanntlich  das  Colmarer  Bürgerrecht  am  29.  Mai 
'4-45.   Merkwürdiger  Weise  steht  aber  schon  auf  der  Liste 
^er  am   i().  Mai   ds.  Js.   gewählten    Ratsherren    der  Name 
traspar  Goltsmyt.      Da   dieser    Name    in    den    städtischen 
R-egistem  stets  von  Schongauer  gebraucht  wird,   auch  ein 
i-ndercr  Goldschmied  mit  dem  Vornamen  Caspar  in  dieser 
^eit  zu  Colmar  nicht  vorkommt,  so  können  wir  zuversicht- 
lich schliessen,  dass  der  Ratsherr  Caspar  Goltsmyt  identisch 
^st  mit   Caspar   Schongauer.     Der   Umstand,    dass    er    erst 
einige   Tage    nach    seiner   Wahl    zum    Ratsherrn    Bürger 
^viirde,    ist    kein    Beweis    gegen,    sondern    für  unsere  Be- 
hauptung.    In  dem   im  Jahre    1593    coditicierton   und   1717 
g'edruckten   alten  Colmarer  »Municipal  Stadt-Recht«;   steht 
nämlich  auf  Seite  96  die  Bestimmung:    wann   ein   Ilinder- 
sai  zu  Rath,    Gerichtsherren  oder  Scheffen    erwöldt,    dass 
er    zuvor    vnnd    ehe    er    denn    darüber    gestehen    Aydt 
sclweredt,    das   Burg-Recht  empfahen   solle,    wie   andere 
liurgerc.    Ziehen  wir   ferner   die    im   Jahre   1386   erlassene 
und  spater  oft  wiederholte  Verordnung  2)  in  Betracht,  dass 


i 


')  Dic^  l*rkunde    diente   bis  jetzt   ah  Umschlag   für    dab    Protooilluin 
-•-tesutionum  1613— 1615.  —  FF.  —   -)  Rotbuch  T   117. 


-O  Waldner. 

niemand  des  Rates  zu  Colmar  werden  kann,  er  sei  denn 
zuvor  fünf  Jahre  in  der  Stadt  sesshaft  gewesen,  so  ergiebt 
sich,  dass  Caspar  Schongauer  sich  spätestens  im  Frühjahr 
1440  kann  zu  Colmar  niedergelassen  haben. 

Er  kam  vermutlich  als  junger  Geselle  auf  seiner  Hand- 
werksreise nach  Colmar  und  gründete  sich  daselbst  einen 
Hausstand  durch  die  Heirat  mit  einer  Colmarerin.  DafQr 
spricht  auch  die  Thatsache,  dass  er  so  früh  als  Mitglied 
des  Rats  erscheint.  Die  Gründe,  welche  für  die  an  sich 
unwahrscheinliche  Annahme,  als  sei  er  mit  Frau  und  Kind 
von  Augsburg  nach  Colmar  gezogen,  bisher  vorgebracht 
worden  sind,  entbehren  jeder  Beweiskraft. 

Der  Goldschmied  Caspar  wird  als  städtischer  Lieferant 
in  den  Kaufhausbüchern  öfters  genannt,  zum  letztenmal 
im  Jahre  1481.  Diese  Einträge  bezeichnen  wohl  sämtlich 
den  Vater  Schongauer,  der  um  die  letztgenannte  Zeit 
gestorben  sein  mag. 

Das  Haus,  auf  dem  Caspar  Schongauer  im  Jahre  1445 
Bürger  wurde,  lag  dem  Bürgeraufnahmerodel  zufolge  in 
der  Schädelgasse  neben  dem  Hause  zum  Fürsten.  Da  sein 
damaliges  Wohnhaus  zugleich  das  mutmassliche  Geburts- 
haus seines  Sohnes  Martin  ist,  so  habe  ich  versucht,  die 
Lage  desselben  zu  bestimmen.  Ich  kann  hier  nicht  auf 
die  Einzelheiten  dieser  topographischen  Untersuchung  ein- 
gehen, sondern  muss  mich  darauf  beschränken,  das  Resultat 
kurz  anzugeben. 

In  dem  unteren  Teile  der  Schädelgasse  wird  die 
Häuserflucht  durch  einen  Einschnitt  unterbrochen,  in  dem 
bis  vor  kurzem  noch  der  Schädelbrunnen  stand.  Das 
vorspringende  Haus,  das  in  Urkunden  auch  ak  Eckhaus 
bezeichnet  wird,  hiess  »zum  Brief«*);  daran  stiess  unten  m 
der  Vertiefung  das  Haus  »zum  Gatter«;  dann  kam  das 
Haus  »zum  Fürsten«;  und  darauf  folgte  die  Schongauersche 
Behausung,  die  damals,  wie  noch  au«  anderen  Erwähnungen 
hervorgeht,  keinen  eigenen  Namen  hatte,  so  dass  ihre  "L^g^ 
durch  Nennung  des  anstossenden  Hauses  beschneidet* 
werden   musste^).    Inwiefern   die  jetzige   Abgrenzung     <1^ 

*)  Jetzige  Nummer  42.  —  *)  Diese  ganze  Seite  der  Sch&delgasse  gcbÖ»t< 
noch  zum  Stadtviertel  »Über  den  Weg*,  nicht,  wie  Mossmum  (Cal  «*»•'*' 
Zeitung  vom  27.  März  1887)  angiebt,  zu  dem  «Zum  Haupt«. 


Colmarer  Maler  des  1 5.  Jahrhunderts.  j  I 

Häuser  in  der  Schädelgasse  mit  derjenigen  des  15.  Jahr- 
hunderts zusammenfällt,  muss  dahingestellt  bleiben.  Früher 
wurde  allerdings  die  Vereinigung  mehrerer  Häuser  zu 
einem  einzigen  wegen  der  darauf  ruhenden  bürgerlichen 
lasten  selten  zugelassen,  doch  scheint  gerade  das  an  der 
Stelle  des  Hauses  zum  Fürsten  stehende  moderne  Gebäude 
den  Platz  von  mehr  als  einer  alten  Wohnstätte  einzunehmen. 

2.  Bürgerrecht. 

Bei    den    Hypothesen    über    den     Geburtsort     Martin 
Schongauers  und  seiner  Brüder  ging   man  immer  von  der 
willkürlichen  Voraussetzung  aus,  die  Bürgersöhne  besässen 
schün  von    Geburt   das   Bürgerrecht   und    brauchten   nicht 
erst  in    die    Bürgerlisten    eingetragen    zu  werden.     Doch 
ein  blosser  Blick  auf  diese  Listen  zeigt  uns,  dass  nicht  nur 
die  Sohne  von  gewohnlichen  Bürgern,  sondern  selbst   von 
Ratsherren    und  Stättmeistem    erst    durch    eine    förmliche 
Aufnahme  Vollbürger  wurden.     Wenn  nun  Martin  Schon- 
gauer  in  den  betreffenden  Verzeichnissen,  welche  bis  zum 
Jahre   1494  keine   Lücke    aufweisen,    nicht    vorkommt,    so 
müssen  wir  eben  den  Schluss  ziehen,   dass  er  das  Bürger- 
recht nie  erworben  hat. 

Neben  den  Bürgern  gab  es  ja  noch  zahlreiche  andere 
Einwohner,  die  sogenannten  Seidner,  welche  am  Ende  des 
Mittelalters  die  meisten  bürgerlichen  Rechte  genossen, 
nur  dass  sie  keine  städtischen  Ehrenämter  bekleiden  durften. 
Sie  waren  Mitglieder  der  Zünfte  und  konnten  Grundbesitzer 
sein;  belbst  Edelleute  wohnten  bisweilen  als  Seidner  zu 
Colmar*). 

Was  Martin  Schongauer  wohl  davon  abgehalten  hat, 
5»ich  unter  die  Vollbürger  aufnehmen  zu  lassen,  wissen  wir 
nicht.  Vielleicht  war  es  seine  häufige  Abwesenheit  zur 
Ausführung  auswärtiger  Bestellungen;  vielleicht  lag  ihm 
überhaupt  wenig  an  den  Ehrungen  von  Seiten  seiner 
Genossen  auf  der  Krämerzunft.  Die  zeitraubende  Thätigkeit 
'ni  Rat  und  Gericht  mochte  manchem  Künstler  und 
belehrten  wenig  zusagen:  Hess  sich  doch  Beatus  Khenanus 
^u  Schlettstadt   durch   Kaiser    Karl  V.    von    allen    Amts- 

h  Rotbach  I,  16. 


72 


Waldner. 


geschäften  entbinden!  In  der  That  gelangte  auchSchongauer 
nie  zur  SchöfFenwürde,  der  untersten  Stufe  der  städtischen 
Ehrenleiter,  während  drei  Maler,  Caspar  Isenmann,  Conrad 
Maler  und  Urban  Maler,  in  den  SchöfFenverzeichnissen  der 
Krämer  aus  den  fahren  1459  — 1490  stehen*). 

Auch   noch   auf  die  in    der   Nachbarstadt    Mülhausea 
geltende    Bestimmung     möchte    ich    hinweisen,    dass    die 
Bürgersöhne  erst  am  Tage  ihrer  Heirat  in  die  Bürgerlisten 
eingetragen    werden    sollten  2).     Wenn    diese    Bestimmung- 
auch    in  Colmar  galt,    was    wir    bei   der    Spärlichkeit   der 
Nachrichten   über  das  alte   Bürgerrecht   daselbst  nur  ver* 
muten   können,   so   Hesse   sich    etwa  daraus    folgern,   dass 
Martin  Schongauer  nie  verheiratet  war.     Dazu  würde  auch 
die    Thatsache    stimmen,    dass    seine    Brüder    bekanntlich 
seine  Erbschaft  antraten. 


3.  Sein  Häuserbesitz. 

In  einem  im  Jahre  1472  begonnenen  Zinsbuch  des 
St.  Martinsbaus  zu  Colmar^)  steht  auf  Seite  10  folgender 
Eintrag,  der  bis  jetzt  nirgends  gedruckt  ist: 

»Meister  Martin  Schongowor  der  moler  gitt  alle  jor 
jcrlichen  acht  gülden  von  sinem  huse  vnd  gesesse,  daz  man 
nennet  zum  schwanen,  mit  dem  kleinen  hüselin  afFter  dar 
an  gelegen  zu  Colmar  ime  Augustinergeßlin  eine  sitte 
nebent  der  altten  watloubcn  vnd  andersitte  nebent  Gerge 
Krusen  dem  jungen,  sint  susten  lidig  eygen.  Dy  selben 
hüser  ouch  vormolß  vmb  dy  bumeister  santt  Martinß  buw 
koufft  hatt  vnd  hatt  dozü  zii  einem  rechten  vrsatz  gesettzett 
sine  dni  huser  vnd  gesesse  aneinander  gelegen  zfi  Colmar 
in  der  Schedelgassen  eine  sitte  nebent  Peters  von  MumppurE 
seligen  wittewe  andersitte  nebent  im  vnd  siner  brüder 
huß  etc.  Stontt  dy  acht  gülden  geltts  houbtgftt  hundert 
vnd  sechtzigk  gülden  noch  besage  deß  koufFbrieffs,  de£ 
datum  wisett  viertzehen  hundert  sübentzig  vnd  süben  jor, 
daß   nyssen   hatt    Hannß    Thanner    sinen    lebtag    vnd  mit 

»)  Rotbuch  I,  182,  206.  —  2)  P.  Stoeber,  De  la  condition  des  manants 
a  Mulhouse:  Bulletin  du  Musec  historique  de  Mulhouse  VIII,  64.  —  ')  ^^ 
St    Martin. 


Colmarer  Maler  des  15.  Jahrhunderts.  n^ 

lenger,    denn     vallet    der    zinß    und    houbtgfitt   an    santt 
Martinß  buw.c 

Von  späterer  Hand  ist  beigefügt:    »Diser   zinß   ist  ab- 
gelöset  von  Peter  von  Stroßburg.« 

Wir  sehen  hieraus,  dass  Martin  Schon  gauer  im  Jahre 
1477  ^^  Haus  zum  Schwan  in  dem  Augustinergässchen, 
der  jetzigen  Schöngauergasse,  von  der  St.  Martinsbau- 
verwaltung gekauft  und  als  Gewähr  für  die  Bezahlung 
des  darauf  lastenden  Zinses  drei  ihm  gehörende  Häuser 
in  der  Schädelgasse  zum  Unterpfand  gesetzt  hatte.  Diese 
letzteren  Häuser  standen  in  derselben  Gegend,  wo  wir 
schon  das  Geburtshaus  des  Meisters  gesucht  haben.  Um 
ihre  Lage  genauer  zu  bestimmen,  gehen  wir  von  dem 
allen  Freunden  der  Colmarer  Topographie  wohl  bekannten 
Gerberhof*)  aus.  Oben  an  dies  Gebäude  stiess  im  Jahre 
M54  das  Haus  des  Tuchscherers  Simon  Stetter,  daneben 
erhob  sich  das  Haus  des  Schuhmachers  Peter  von 
Muntpur,  und  an  dieses  schlössen  sich  die  Schongauer- 
schen  Häuser  an«). 

Bekanntlich  schuldete  Martin  Schongauer  von  seinem 
ßwitz  in  der  Schädelgasse  mit  seinem  Nachbar  Muntpur 
zusammen  eine  Rente  an  das  St.  Martinsstift.  Die  darauf 
bezüglichen  Einträge  in  den  Stiftsurbaren  sind  schon  von 
His-Heusler  im  Jahre  1867  veröffentlicht  worden  8).  Neuer- 
<^ings  hat  M.  Bach*)  sie  noch  einmal  abgedruckt,  aber  die 
Biographie  Schongauers  dadurch  wieder  verwirrt,  dass  er 
behauptet,  dessen  Name  stehe  bereits  in  dem  Originaltexte 
<le5  Urbars  vom  Jahre  1456,  während  doch,  wie  ich  mich 
selbst  auf  dem  Bezirksarchive  zu  Colmar  überzeugt  habe, 
dies  zum  ersten  Male  beim  Urbar  des  Jahres  1490  der 
fäll  ist,  in  allen  früheren  Registern  aber  dio  betreffenden 
•Stellen  nachträglich  eingeschaltet  sind. 

Es  war  wohl  die  wachsende  Bedeutung  seines  Kunst- 
betriebs, welche  Schongauer  im  Jahre  1477  veranlasste, 
das  geräumige  Gebäude   zum    Schwan    zu    erwerben,   das 

*)  Jetzige  Nummer  54.  —  ')  Bürgeraufnahmerodel  1454:  von  Muntpur 
^^^  Stcttcr.  —  »)  Das  Todesjahr  Martin  Schongauers.  (Archiv  für  die  zcicli- 
nenden  Künste  XIII).  —  *;  Schongauerstudien  1895.  (Repertorium  für 
KunsiwiMcnschaft  XVIII). 


74 


Waldner. 


sich  besser  für  eine  Malerwerkstatt  eignete  als  die  kleinen 
Handwerkerhäuser  in  der  Schädelgasse.  Dasselbe  ging 
bekanntlich  später  auf  Ludwig  Schongauer  über,  denjenigen 
Bruder  Martins,  der  seine  Werkstatt  übernahm.  Hier  ist 
wahrscheinlich  auch  Albrecht  Dürer  beherbergt  worden, 
als  er  den  grossen  Colmarer  Meister  aufsuchen  wollte,  ihn 
aber  nicht  mehr  am  Leben  fand. 

Was  die  Lage  dieses  Hauses  zum  Schwan  betrifft,  so 
wissen  wir  jetzt  aus  den  angeführten  Citaten,  dass  es  nicht 
das  von  Kraus  *)  abgebildete  spätgothische  Eckhaus  war, 
welches  ja  damals  dem  Jörg  Kruse  gehörte,  sondern  dass 
es  daneben  im  Augustinergässchen  stand  ^j.  Wir  können 
sogar  die  Geschichte  dieses  Hauses  noch  weiter  zurück- 
verfolgen. Im  Jahre  1463  nämlich  schenkte  der  Domherr 
Walther  Kennelin  dem  St.  Martinsbau  »zwey  hüsere  vnd 
gesesse  hinder  vnd  vor . . .  gelegen  ...  im  gesselin  zwüschent 
den  Augustinern  vnd  der  Schedelgassen,  einsite  nebent  der 
alten  wotlouben  vnd  andersite  nebent  den  h&ttelin  die 
man  nempt  zfim  swan«  mit  dem  Vorbehalt  des  lebensläng- 
lichen Nutzungsrechts  für  sich,  Hans  Tanner  und  dessen 
Ehefrau  Grede  Sererin  ■).  Die  Beschreibung  dieser  Schejikung 
passt  ganz  genau  auf  die  von  Martin  Schongauer  im  Jahre 
1477  erkaufte  Liegenschaft.  Hinsichtlich  der  Benennung 
erfahren  wir  aus  den  erwähnten  Urkunden,  dass  im  Jahre 
1463  das  IJaus  Walther  Kennelins  von  den  Hüttlein  zum 
Schwan  begrenzt  wurde,  dass  im  Jahre  1472  das  eine 
dieser  Hüttlein  zum  Eckhaus  des  Jörg  Kruse  bezogen 
war*),  und  dass  im  Jahre  1477  der  Name  »zum  Schwan« 
definitiv  auf  das  von  Schongauer  erworbene  Besitztum 
übergegangen  war,  welches  vermutlich  inzwischen  die 
anderen  Hüttlein  in  sich  aufgenommen  hatte. 


')  Kunst  und    Alterthum  in    Elsass-Lothringen    II,    315.   —    *)  Jetzige 
Schöngauergasse  Nr.  2.  —  ^)  GG  St.  Martin.  —  <)  Weiter  oben,  Seite  69. 


Colmarer  Maler  des  15.  Jahrhunderts.  yc 

Nachträge  zu  G^rards  Malerverzeichnis. 

I.  Lienhard  Maler. 

Im  Kaufhausbuch  vom  Jahre  1467  steht  folgende 
städtische  Ausgabe:  »Lienhart  Maler  3472  ß  vom  kerker 
thor  ze  molen«i). 

Er  ist  vielleicht  identisch  mit  dem  später  zu  Strassburg 
thätigen  gleichnamigen  Maler  2). 

2.  Conrad  Maler. 

*473-  »Cunrat  Moler  ff.  [actus]  c.  [ivis]  vflf  sinem  huse 
inn  Theinhin  vorstatt  nebent  Michel  von  Rote«*). 

In  dem  im  Jahre  1459  aufgestellten  SchöfFenverzeichnis 
der  Krämerzunft  ist  der  Name  »Caspar  Isenman«  später 
durchstrichen  und  durch  »Cunrat  Moler«  ersetzt  worden*). 
Da  die  Schöffen  auf  Lebenszeit  gewählt  wurden,  kann 
Conrad  Maler  erst  nach  Isenmanns  Tod  an  dessen  Stelle 
getreten  sein.  In  dem  nächstfolgenden  Verzeichnis  vom 
Jahre  1490  fehlt  sein  Name;  er  war  also  damals  bereits 
gestorben  oder  wenigstens  nicht  mehr  zu  Colmar  wohnhaft. 

3.  Wilhelm  Maler. 

Das  Kaufhausbuch  verzeichnet  im  Jahre  1474:  »Meister 
Wilhelm  dem  moler  10  ß.  allerley  ze  molen«*). 

4.  Urban  Hütter. 

1475:  »Vrban  Hütter  moler  ff.  c.  vff  Hanns  Hütters 
sins  vatters  huß  an  der  nußlouben». 

1446:  »Hanns  Hüter  sartor  f.  c.  vff  sinem  huse  nebent 
der  nußloube  vnd  nebend  Cftnrat  Kruse «). 

Dieser  Urban  Hütter,  gewöhnlich  kurzweg  Urban 
Moler  genannt,  dem  Gerard")  den  Vornamen  Adam  giebt 
und  über  dessen  Herkunft  er  unnötige  Vermutungen 
macht,  war  einer  der  angesehensten  Colmarer  Maler  jener 
Zeit.     Er  folgte  dem  Conrad  Maler   in   der   Schöffienwürde 

*)  Nr.  53,  S.  31.  —  »)  G^rard  II,  311— 313.  —  *)  Bürgeraufnahme- 
rodel. —  ♦)  Rotbach  I,  182.  —  *)  Nr.  60,  S.  22.  —  «)  ßürgeraufnahmerodel. 
—  ')  JI.  270. 


y6  Waldner. 

nach  und  war  seit  1495  Zunftmeister  der  Krämerzunft*).  Da 
die  Verzeichnisse  der  Zunftmeister  und  Ratsherren  für  die 
Jahre  1498 — 1500  fehlen  und  sein  Name  sich  auf  den 
folgenden  nicht  mehr  vorfindet,  so  ist  wohl  anzunehmen, 
dass  er  vor  der  am  23.  Mai  1501  vorgenommenen  Rats- 
erneuerung gestorben  ist. 

Über  seine  Thätigkeit  erfahren  wir  aus  dem  Kaufhaus- 
buche des  Jahres  1478 «),  dass  er  damals  den  Wagkeller 
für  4 1/2  Pfund  und  2  Schilling  bemalte,  und,  was  wichtiger 
ist,  aus  einem  Anniversarienbuch  des  Dominikanerklosters 
zu  Colmar,  dass  er  die  Passion  in  dem  Kreuzgang  des 
Klosters  gemalt  hat»),  »Anniversarium  Vrban  moler  vnd 
siner  husfröwen  vnd  ir  vatter  vnd  müter  vnd  ir  kinderc 
heisst  es  daselbst,  und  am  Rande  steht  von  einer  Hand 
aus  dem  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  bemerkt:  »fecit 
picturam  nostram  de  passione  domini  in  ambitu«*).  Er 
scheint  also  der  Urheber  des  noch  erhaltenen  und  von 
Kraus*)  reproduzierten  Wandgemäldes  zu  sein. 

5.  Arbogast  Spies. 

Im  Jahre  1499  wurde  der  Bildhauer  Hans  Moser  von 
Walbach  in  Colmar  zum  Tode  verurteilt  wegen  mehrerer 
Verbrechen,  deren  er  eines  unlängst  begangen  hatte,  als 
er  zu  Colmar  bei  »Meister  Arbogast  Spies  dem  Moler« 
diente«). 

Dieser  Bildhauer  im  Dienste  eines  Malers  kann  nur 
ein  Holzschnitzer  gewesen  sein,  da  die  Steinmetzen  eine 
eigene  Zunft  bildeten.  Durch  die  engere  Verbindung  der 
Schnitzerei  mit  der  Malerei  erklärt  sich  auch  das  Vor- 
kommen eines  »Stephan  Bildhouwer«  im  SchöfFenverzeichnis 
der  Krämer  vom  Jahre  1490. 

Aus  dem  Umstände,  dass  uns  im  letzten  Drittel  des 
15.  Jahrhunderts  mehrere  als  Meister  bezeichnete,  d.  h. 
selbständig     arbeitende     Maler     zufällig     in      Archivalien 

^)  Ratslistcn,  BB.  —  -)  Nr.  63,  S.  62.  —  »)  Ingold,  Notice  sur  T^glise 
et  le  couvent  des  dominicains  a  Colmar.  1894,  p.  62.  —  *)  Bezirksarchiv 
Colmar:  Dominikaner  zu  Colmar,  £  3',  S.  62.  —  ^)  A.  a.  O.  S.  268  — 
«)  FF  Vergihtbuch   1466— 1 518. 


Colmarer  Maler  des  15.  Jahrhunderts.  yy 

^gr^gTien,  ergfiebt  sich,  dass  die  künstlerische  Thätigkeit 
zu  Colmar  neben  Schongauer  doch  bedeutender  war,  als 
man  bis  jetzt  angenommen  hat.  Vielleicht  wird  sich  noch 
manches  Colmarer  Gemälde  dem  einen  oder  anderen  dieser 
Maler  zuweisen  lassen.  Für  eine  Untersuchung  über  Urban 
Hütter  würde  das  Wandgemälde  im  Kreuzgang  des 
Dominikanerklosters  einen  sicheren  Anhalt  bieten. 

Meine  Nachforschungen  haben  sich  wesentlich  auf  das 
Colmarer  Stadtarchiv  beschränkt;  es  wäre  demnach  nicht 
unmöglich,  dass  eine  nochmalige  genauere  Prüfung  der  im 
Bezirksarchiv  des  Ober-Elsass  verwahrten  Klosterarchive 
neue  Aufschlüsse  brächte. 


L 


Der  Sturz  des  Mainzer  Oberhofmarschalls 
Johann  Christian  von  Boynebui^  im  Jahre  i66^ 

Von 

Karl   Wild. 

(Schluss.)  M 


Nachdem  wir  die  ersten  Spuren  eines  Missverhältnisse 
zwischen  Boyneburg-  und  seinem  Herrn  festgestellt  habei 
wenden  wir  uns  zur  Darlegung  der  Gründe,  die  sein 
Stellung  am  Mainzer  Hofe  unhaltbar  machten. 

In  der  Mainzer  Politik  vollzog  sich  nicht  lange  nac 
dem  Abschluss  des  Rheinbundes  eine  merkliche  Änderunj 
Der  Ausbruch  des  zweiten  dänischen  Krieges  versetzt 
Johann  Philipp  in  .grosse  Bestürzung;  denn  er  befürchtete,  d: 
Reich  werde  trotz  der  Allianz  oder  gerade  durch  sie  i 
den  Krieg  verwickelt.  Während  der  Mainzer  Oberho 
nuirschall  Hoyncburg  an  den  pyrenäischen  Friedensverhani 
lunj^en  teilnahm,  schickte  der  Kurfürst  seinen  Rat  Blui 
nach  Köln,  um  anzufragen,  ob  man  nicht  im  Notfall  eine 
Auswoic  aus  der  Allianz  suchen  sollte.  Da  der  Kolm 
lürzbischof  (»in  derartiges  Ansinnen  zurückwies,  so  wun 
liluin  desavouiert,  wie  wenn  er  seine  Instruktion  übe 
schritten  liätte'-).  Bald  darauf  geriet  der  Reichskanzl 
Joliann  Philii)p  in  Zwist  mit  dem  Kaiser  wegen  Verlegur 
der  Reichsd<»putation^);  so  lange  der  Streit  mit  Heftigke 
geführt    wurde,    war   dt.T   Mainzer    Kurfürst    froh,    an    de 

M  V^l.  dk-c  Zcit^chiifi,  N.F.  XIII.  s«);  ft.  —  -.  Vgl.  das  Di.irium  t 
Muiii/.cr  Rates  lieitrain  vom  30.  Jan.  i(>6.j.  T.'bcr  die  Al^lassuii^  und  (ilai 
M'ür(li;;kcit  dieses  Tajiebucli.s  wird  späler  berichtet  werden.  -  -  'y  Vj^l.  Grüssl« 
iJcr  Streit  um  die  rran>lation  <ler  Fianklurtor  Ordiiiari  Reich»deput.iti< 
Slargard   1870. 


Sturz  Boyneburgs.  nq 

Rheinbund  einen  Rückhalt  zu  haben ;  als  aber  die  Spannung 
zwischen  Wien  und  Mainz  nachliess,  begann  sich  Johann 
Philipps  Anschauung  über  den  Rheinbund  zu  ändern.  Die 
Besetzung  Lothringens  durch  Ludwig  XIV.  suchte  sich 
zwar  der  Kurfürst  so  gut  zu  deuten,  als  er  vermochte.  Er 
tröstete  sich  mit  dem  Gedanken,  dass  nun  endlich  das 
Land  in  eine  geordnete  Verwaltung  komme.  Aber  er  liess 
sidi  schon  von  dem  Herzog  von  Lothringen  überreden,  ein 
Vermittleramt  zwischen  ihm  und  dem  König  von  Frank- 
reich anzunehmen,  obwohl  Boyneburg  heftig  davon  abriet. 
Als  endlich  Ludwig  XIV.  gar  die  Stände  des  Elsasses  be- 
drängrte,  wurde  Johann  Philipp  misstrauisch  gegen  Frankreich. 
Er  erkannte,  dass  seit  dem  Tode  Mazarins  die  französische 
Politik  die  traditionellen  Bahnen  verliess,  ja  er  gewann  eine 
Ahnung  von  der  Gefahr,  die  durch  Ludwig  XIV.  dem  Reiche 
drohte.  Es  herrschte  von  da  an  zu  Mainz  eine  un- 
sichere Stimmung  betreffs  der  Erneuerung  der  Allianz 
niit  Frankreich.  Allein  Johann  Philipp  hütete  sich,  bei 
Frankreich  den  Verdacht  zu  erregen,  als  nähme  er  ungerne 
eine  Erneuerung  des  Rheinbundes  vor*);  denn  er  bedurfte 
aer  französischen  Hilfe  zur  Überwältigung  des  wider- 
spenstigen Erfurt,  das  sich  der  Mainzer  Herrschaft  zu  ent- 
ziehen suchte. 

Boyneburg  war  weniger  zurückhaltend  und  vorsichtig; 
erwagte  eine  formliche  Schwenkung  zur  kaiserlichen 
Politik. 

Auf  dem  Regensburger  Reichstage  suchte  er  sich  den 
Kaiserlichen  gefällig  zu  erweisen  und  hoffte,  sie  würden 
ihn  bei  seiner  Bewerbung  um  das  Reichsvizekanzleramt 
unterstützen.  Schon  einmal  war  er  nahe  daran,  das  begehrte 
Amt  zu  erlangen.  Aber  obwohl  der  Mainzer  Erzbischof, 
^em  die  Ernennung  zustand,  mit  Entschiedenheit  für  ihn 
<^inirat,  so  war  doch  die  Abneigung  des  Kaisers  gegen 
Jhn  zu  stark,  als  dass  sich  seine  Bestallung  hätte  durch- 
•^'etzen  lassen.  Man  einigte  sich  schliesslich  auf  Wilderich 
von  Walderdorf.  Der  ehrgeizige  Boyneburg  war  über 
^*esen    Durchfall     sehr     missvergnügt     und     beschuldigte 


')  Über  die  «weite  Prorogation    des  Bundes    vergleiche  MenU,   Johann 
I*hilipp  voo  Schönborn.   Jena   1896.  S.   102. 


>s* 


Wild. 


nO> 


mo  uocnor  am  Mainzer  Hofe,  besonders  den  Geh.  Rat 
IWunu  sio  hätten  während  seiner  Abwesenheit  von  Mainz 
»Ion  Kurtiirston  gegen  ihn  aufgebracht,  so  dass  er  nicht  mehr 
aut  .soinom  X'orschlage  bestanden  habe.  Als  Walderdorf  bald 
.stMn  Amt  niederlegte,  um  das  Bistum  Wien  zu  übernehmen, 
rrhicit  lV")yneburg  von  neuem  viele  Versprechungen,  sowohl 
Vi»n  seinem  Herrn  als  auch  von  den  Kaiserlichen.  Der 
oinflussreiche  Porti a.  der  schon  von  Linz  aus  mit  ihm  in 
Unterhandlung  trat,  stellte  ihm  die  erstrebte  Würde  in 
sichere  Aussicht.  Dadurch  wurde  Boyneburg  bewogen, 
sich  den  Kaiserlichen  zu  nähern.  Als  Portia  nach 
Regensburg  kam,  trat  er  mit  ihm  in  intime  Beziehungen. 
Seine  Gemahlin  verkehrte  mit  der  Portias.  Er  rühmte 
sich,  dass  er  zu  jeder  Zeit  geheime  Botschaft  an  Portia 
gelangen  lassen  könne.  Auch  mit  den  andern  kaiserlichen 
Ministern,  mit  Auersberg,  Lobkowitz,  Hocher  war  er  bald 
wohl  bekannt.  Ja,  während  der  Anwesenheit  des  Kaisers 
wurde  er  sogar  bei  diesem  zur  Audienz  zugelassen^). 

Boyneburg  trat  in  vielen  Stücken  zu  gunsten  der 
Kaiserlichen  auf.  Er  bemühte  sich  die  Glieder  des  Rhein- 
bundes zu  überreden,  dass  sie  dem  Kaiser  eine  ihm  genehme 
Unterstützung  im  Türkenkriege  versprächen*).  Bei  der 
Generalitätswahl,  bei  den  Anträgen,  die  das  Herzogtum 
Mantua  betrafen,  finden  wir  ihn  mit  ziemlichem  Eifer  auf 
Seite  Österreichs.  Als  der  burgundische  Abgesandte  eine 
Sicherstellung  seines  Kreises  gegen  HeeresdurchmlLrsche 
verlangte,  unterstützte  Boyneburg  diese  Forderung.  Der 
französische  Gesandte  beklagte  sich  später  beim  Kurfürsten 
von  Mainz  über  gewisse  Attestate,  die  in  der  burgundischen 
Sache  zu  Ungunsten  Frankreichs  ausgestellt  worden  seien»). 

*)  Am  29.  Januar  1664.  Kaiser  Leopold  kam  am  24.  Dez.  nach 
Regensburg,  kurz  zuvor  war  der  Erzbischof  von  Mainz  eingetroffen.  — 
*)  Vgl.  Urkunden  und  Aktenstücke  XI,  218  ff.  und  Guhrauer,  Leibnin 
deutsche  Schriften  I,  29,  Leibnizs  Epitaph  auf  Boyneburg: 

Barbarus  arma  movet  contra  qua  Ratisbonam  magnos 

Teutoniae  proceres  ad  pia  signa  vocet. 

Noster  adest  et  monstrat  amico  foedere  Rhenum 

Danubio  certam  ferre  salutis  opem. 
^)  >De  attestatis  ab  Archiepiscopo  Salisburgensi  in  causa  Burgundica  contia 
Gallos  datisv,  vgl.  die  Briefe  Linckers  an  Boyneburg,  datiert  28.  nnd  30.  Juni 
1664  und  den  Brief  Reiffenbergs  an  Boyneburg,  datiert  i.  Juli  1664.  Arch.  s.  W. 


Sturz  Boyneburgs.  Sl 

Johann  Philipp  half  sich  mit  der  Ausrede,  dass  ihm  über 
die  ganze  Sache  nichts  bekannt  sei  und  meinte,  es  handle 
sich  wahrscheinlich  um  einen  Auszug  aus  dem  Sitzungs- 
protokoll,   den    sich    Gravel    ebenso    gut    machen    lassen 

könne*). 

Die  Schwenkung,  die  der  Mainzer  Oberhofmarschall 
in  seiner  politischen  Anschauung  ausführte,  lässt  sich  nicht 
deutlich  aus  seiner  Stellungnahme  bei  den  öffentlichen 
Verhandlungen  zu  Regensburg  nachweisen,  da  er  erst  spät 
dorthin  kam*)  und  selten  an  den  Ratsitzungen  teilnahm. 
Dr.  Bertram  hatte  in  ihnen  das  Direktorium  zu  führen. 
Die  langwierigen  Beratungen  betrafen  meist  das  Kriegs- 
wesen: die  Matrikelansätze  zur  Kriegssteuer,  die  Kriegs- 
ratsinstruktion und  die  Verpflegungsordnung.  Nebenbei 
wurde  auch  ein  Anfang  in  der  Sache  der  ständigen  Wahl- 
kapitulation gemacht.  Boyneburgs  veränderte  Anschauung 
erkennt  man  am  besten  aus  seinen  gelegentlichen  Reden 
und  geheimen  Unterhandlungen. 

Über  die  rheinische  Allianz  sagte  er  unter  anderem 
/u  seinen  Freunden,  sie  sei  zur  Garantie  und  Exekution  des 
Friedens  gegründet  worden.  Man  habe  aber  dabei  auch 
den  Gedanken  gehabt,  durch  sie  allmählig  eine  beständige 
Reichsverfassung  anzubahnen.  Diesem  Zweck  entsprechend 
müsse  der  Bund  umgebildet  werden.  Beides  könne  nicht 
zusammen  bestehen:  Conventus  et  consilia  foederatorum  et 
Imperii,  militia  et  generales  foederis  et  Imperii,  cassa,  aera- 
rium  et  collecta  foederatorum  et  Imperii'*).  Frankreich 
hindere  das  Werk  der  Verfassung;  denn  es  drohe,  seine 
Streitkräfte  zu  verstärken,  wenn  ein  ständiges  Reichsheer 
geschaffen  werde.    Da  es  im  Interesse  des  Erzstiftes  Mainz 

')  Johann  Philipp  wusste  aber  doch  um  die  Sache,  denn  Boyne- 
hurt;  schreibt  in  einem  Gutachten ,  das  dem  Kurfürsten  zur  Anleitunj^ 
\j^i  der  Führung  der  Reichstags{*cschä[te  dienen  sollte:  »Interim  praepaiamenta 
riant,  scd  tacitc  et  secreto,  de  obstaculo  Burgundici  circuli  noto  removendo  <: 
luduia  Boencb.  1.  44.  —  *)  Boyneburg  weilte  zu  Regensburg  vom  Nov. 
tf.Ol  bis  Mai  1664.  —  •)  Boyneburg  schreibt  über  die  Reichsverfassung  in 
•icm  oben  erwähnten  Gutachten:  *Consideratio  suscipienda  simul  est,  de 
oickIo  et  ratione  consortes  pacis  exteros  complcctendi  iiac  Imperii  sccurilatis 
militari  constitutione  et  indc  sequente  Generali  Garantia.  Huc  spectat  Pro- 
videntia de  coDservatione,  incremento  vcl  decremcnto  foederis.«  ludiciu 
Boeneburgica  1.  44. 

Zctuchr.  f.  Gnch.  d.  Oberrh.  N.  F.   XlV.  i .  6 


82  Wild. 

liege,  mit  Frankreich  in  guten  Beziehungen  zu  stehen,  so 
müsse  man  zur  Zeit  von  einer  beständigen  Kriegsverfassung 
absehen  und  dem  Kaiser  nur  die  Türkenhilfe   gewähren*). 

Boyneburgs  Abneigung  gegen  die  Allianz  verstärkte 
sich  zusehends.  Er  ist  zuletzt  der  Ansicht,  dass  sie  besser 
nicht  bestände;  denn  sie  trenne  das  Reich  in  zwei  Lager; 
sie  schaffe  »comritia  in  comitiis«.  Wenn  die  Alliierten  ihr 
Kontingent  zum  Türkenkriege  nur  nach  der  Bundesmatrikel 
stellen  wollten,  so  sei  dies  eine  Ungerechtigkeit  gegen  die 
Nichtalliierten  und  Verstösse  gegen  die  Exekutionsordnung. 
Falls  aber  die  Alliierten  ausser  ihrer  Bundespflicht  auch 
noch  nach  der  Reichsmatrikel  ihre  Beisteuer  leisten  wollten, 
so  sei  dies  eine  Ungerechtigkeit  gegen  ihre  Unterthanen, 
die  dadurch  doppelte  Lasten  zu  tragen  hätten.  Die  Allianz 
werde  von  Frankreich  gegen  das  Reich  ausgenützt;  darum 
müsse  sie  aufgelöst  werden.  Er  habe  sie  zwar  schliessen 
helfen,  aber  nicht  voraussehen  können,  welchen  Schaden 
sie  bringe-). 

In  die  Allianzfrage  spielte  auch  der  Streit  hinein,  den 
die  Fürsten  und  Kurfürsten  miteinander  führten,  und  der 
durch  die  Beratung  über  die  Wahlkapitulation  neu 
belebt  wurde.  Boyncburg  meinte  —  zu  einer  Zeit,  da  er 
noch  an  der  Allianz  festhielt  — ,  man  müsse  bestrebt  sein, 
dass  mehr  Kurfürsten  in  den  Rheinbund  Aufnahme  finden 
und  etliche  geringe  Stände  austreten,  damit  nicht  die  kur- 
fürstliche Hoheit  um  ihr  Recht  komme,  wenn  ein  jeder 
Fürst  im  Bundesrate  so  viel, zu  sagen  habe  wie  ein  Kur- 
fürst. Boyncburg  huldigte  überhaupt  einer  oligarchischen 
Anschauung.  Nach  seinem  Urteil  sollten  noch  drei  Kur- 
fürsten geschaffen  werden;  die  grossen  fürstlichen  Häuser 
müssten  sich  zusammenthun  und  sich  auf  drei  Stimmen 
vereinigen;  die  übrigen  kleineren  Fürsten  hätten  sich  zu 
fügen.  Dann  komme  das  Reichsregiment  an  wenige  Stände, 
mit  denen  der  Kaiser  das  Staatswesen  leiten  könne; 
dann  odialte  man  ein  mächtiges  Reich  und  werde  weder 
Frankreich  noch  sonst  eine  Macht  zu  fürchten  haben  *). 

M  Nach  dem  DiaTium  Bertram s  vom  24.  Dez.  1663.  —  •)  Nach  dem 
Diarium  Bcitrams  vom  7.  und  15.  März  1664.  —  »)  Vgl.  Prozesstkten 
Boyneburgs,  Examen  vom   I.  Sept.   1664  (Frage  56)  und  Dianum  Bertiaml. 


^ 


i 


Sturz  Boyneburgs.  S3 

Es  sind  hingeworfene  Aussprüche,  wunderliche  Pläne 
Boyneburgs,  die  wir  im  Voranstehenden  angeführt  haben. 
Man  wird  sie,  ganz  abgesehen  davon,  dass  sie  uns  von 
einem  seiner  Feinde,  von  Dr.  Bertram  überliefert  werden, 
nicht  zu  ernst  zu  nehmen  haben;  aber  sie  beweisen  jeden- 
falls, wie  weit  sich  Boyneburg  von  seiner  früheren  An- 
schauung entfernte. 

Seine  Annäherung  an  die  Kaiserlichen  erhellt  am 
deutlichsten  aus  seinem  Projekt  über  die  spanische  Erb- 
folge und  aus  den  darüber  angestellten  Unterhandlungen. 

In    dem    pyrenäischen  Frieden   wurde   bestimmt,   dass 
L\idwig    XIV.    Maria    Theresia,     die    älteste   Tochter    dos 
spanischen   Königs,   zur   Gemahlin   erhalten   sollte.     Diese 
xnusste  auf  ihre  Erbansprüche  verzichten;  aber  es  geschah, 
iwie  Boyneburg  bemerkte '),  »renunciatione  valde  labili.«  Als 
der  männliche  Stamm   der  spanischen  Habsburger  auszu- 
sterben drohte,    erhielten    die  Diplomaten  Europas  reichen 
Stoff  zu  allerhand  Projekten.  Auch  zu  Regensburg  besprach 
nian    die    spanische    Erbfolge  2):     Boyneburg    schrieb    am 
'-».  Dez.   1663   an   Lincker:    »Sobald    ich  Zeit   habe,    mache 
ich  ein  eventual-instrumentum  pacis    et   unionis   inter  Cae- 
sarem  et  domum  Austriacam,  tum  Regem  Christianissimum 
^t  Galliam,  in  eventum  mortis  Infantis  Hispani  nee  non  et 
alias.c     Er    machte  sich   sofort    ans   Werk,    indem    er    auf 
<?iner    Tabelle    in    drei   Reihen    die    Beweggründe    nieder- 
schrieb,  die    jede  einzelne  Partei  und  beide  zusammen  zur 
Annahme  eines  gütlichen  Vergleichs  veranlassen    konnten. 
L>arnach  arbeitete  er  das  grosse  Teilungsprojekt  aus.    Man 
•erhält  beim  Lesen   desselben   den   Eindruck,    dass    es    dem 
erfasser  darum    zu   thun   ist,   das  Wohlwollen    der  Oster- 
r^'icher  zu  gewinnen  3),    wenn  auch  das  Ganze    unter    dem 
kf  rossen   (xesichtspunkt,    das  Haus  Ilabsburg    und   Bourbon 
auszusöhnen  und  zu  vereinigen,  dargestellt  ist. 

Frankreich  erhält  nach  dem  Projekte  Katalonien, 
^vavarra,  die  noch  übrigen  spanischen  Besitzungen  dies- 
seits der  Pyrenäen,  die  Eranche  Comte,  Artois,   einen  Teil 

*)  Vjjl.  Brief  Boynchurps  an  ^^clchior  friedlich  von  Sclir»n]>orn.  datieit 
iR.  Min  ibjo.  A.  r.  W.  —  -)  Vj;!  Lc grolle,  l;i  diploni.uio  fianvai^e  et 
U koccession  d'Espa$>ne  I,  106.  —  'i  Verschiedene  Male  kehrt  die  Anmerkunj; 
^^^r:  »Omittatur,  si  Austriacis  ita  videbitur.« 

6* 


84  Wild. 

des  Hennegau,  Namur,  Luxemburg  und  unter  gewissen 
Bedingungen  Geldern  und  die  Hälfte  von  Mailand.  Öster- 
reich werden  die  übrigen  Teile  des  spanischen  Erbes 
zugesprochen.  Für  die  Grafschaft  Burgund  soll  dem  Haus 
Österreich  Sitz  und  Stimme  im  Reichstag  verbleiben,  da- 
gegen verspricht  es  dafür  einzutreten,  dass  Frankreich  im 
Fürstenrate  zwei  Sitze  erhält,  einen  auf  der  weltlichen 
Bank  für  das  Elsass  und  einen  auf  der  geistlichen  Bank 
für  die  lothringischen  Bistümer.  Frankreich  verpflichtet 
sich,  für  seine  deutschen  Lande  alle  darauf  ruhenden  I-asten 
zu  tragen  und  ihrethalben  beim  Türkenkrieg  unter  den 
Fahnen  des  Kaisers  mitzuhelfen  0.  Auch  die  Möglichkeit 
eines  Krieges  zwischen  Österreich  und  Frankreich  ist  vor- 
gesehen. In  diesem  Falle  sollen  alle  zum  burgundischen 
Kreise  gehörenden  Gebiete,  ebenso  Elsass  und  Lothringen 
neutral  sein.  Es  ist  der  alte  unrichtige  Gedanke  des 
Mainzer  Systems,  als  könnte  aus  dem  Reich  ein  neutrales 
Gebiet  gemacht  werden,  wenn  auch  an  den  Grenzen  die 
gerüsteten  Heere  der  kriegführenden  Mächte  einander 
gegenüber  stehen. 

Boyneburg  wollte  auch  für  seinen  Herrn  einen  Gewinn 
erzielen.  Zuerst  hoffte  er  sogar,  ihm  den  Breisgau  zu  ver- 
schaffen; in  dem  aufgestellten  Projekte  aber  begnügt  er 
sich  mit  Philippsburg.  Der  König  von  Frankreich  soll 
zum  Beweis  seines  Entgegenkommens  die  Besatzung  der 
Stadt  Philippsburg  abführen  lassen;  hierauf  ist  sie  als 
neutrale  Reichsstadt  der  Verwaltung  des  Mainzer  Erz- 
bischofs zu  übergeben.  Welch*  grossmütige  EntSchliessungen 
erwartete  man  nicht  von  Ludwig  XIV.,  der  doch  seit  dem 
pyrenäischen  Frieden  einen  ganz  anderen  Gang  in  der 
Politik  einschlug,  als  die  Mainzer  Politiker  sich  träumen 
Hessen ! 

Seit  längerer  Zeit  hielt  sich  zu  Mainz  der  Spanier  Don 
Christoval  de  Roxas  (Spinola)  auf-).     Zum  grossen  Arger 

^)  Fol^cudc  Einschrilnkuni^  ist  an^efü^i:  Ita  tarnen  ut  amicitiac  Gallicae 
cum  P<>rta,  (Jhristianis  et  coinmercioruin  secuiitali  in  Oriente  admodum  pro- 
ticuae  inde  nulluni  crectur  praciudiciuni.  ■  -  -)  Er  war  Geistlicher  des  Heil. 
Franziskus  und  Bischof  von  Stcphania  in  Ungarn.  Vgl.  über  ihn  Erd- 
mannsdörlTcr,  Deutsche  Gesch.  1,  481,  Auerbach,  la  diplomatie  franvaisc 
et  la  cour  de  Saxe  S.   13K  und  Mcntz  1.  c.   124. 


Sturz  Boyneburgs.  35 

der  Franzosen  wich  er  nicht  von    dort.     Nach   seiner  Aus- 
lage hatte  er  die  Absicht,  eine  ostindische  Handelskompagnie 
irn  Reich  zu  gründen;  aber  man  wusste,  dass  er  ausserdem 
t-ioch  religiöse  und  politische  Zwecke  verfolgte.    Durch  ihn 
jiess  Johann  Philipp  seine  Gedanken  über  eine  Teilung  des 
«spanischen  Erbes  an  den  Wiener  Hof  gelangen.    Der  Kur- 
fürst wurde  sicherlich  von  Boyneburg  dazu    angeregt,   der 
*«ich  immer  nnventor  et  auctor  totius  negotii<  nennt.  Übrigens 
tauchten  gleichzeitig  auch  an  anderen  Höfen  Teilungspläne 
auf,  weil  sie  eben  durch  die  Sachlage  nahe  gelegt  wurden. 
Jedenfalls  hat  Boyneburg  das  Projekt  zuerst  in  eine  Form 
i^ebracht,  auf  Grund  deren  man  Unterhandlungen   pflegen 
konnte.  Nach  seinem  Vorschlag  sollten  diese  zu  Regensburg 
angetreten  werden.     Er  meinte,   der  Kurfürst  habe  ja   die 
Sache  glücklich  angebracht;    deshalb  könnte  man  bei  An- 
kunft des   Erzherzogs   Sigismund,   wenn   nicht   früher,    die 
Beratung   beginnen.      Unterdessen    hätte    man    durch    den 
französischen  Gesandten  Gravel  die  Absichten  Ludwigs  XI\'. 
näher  erforschen  zu  lassen  ^). 

Bevor  der  Kurfürst  von  Mainz  nach  Rogensburg  kam, 
W^^ann  Boyneburg  durch  den  österreichischen  Kommissär 
Hücher  Unterhandlungen  mit  den  Kaiserlichen  anzu- 
knüpien;  ja,  er  schickte  sogar  eine  Denkschrift  über  die 
•''panische  Erbfrage  nach  Wien.  Bei  Portia  fand  er  aber 
nicht  das  Entgegenkommen,  das  er  erwartet  hatte.  Doch 
^'ies  ihn  dieser  nicht  ohne  weiteres  zurück,  sondern 
suchte  die  Annäherung  Boyneburgs  für  die  sonstigen 
Interessen  Österreichs  auszunützen. 

Erst  nach  der  Ankunft  des  Kaisers  zeigte  Portia 
P'Osseres  Interesse  für  Boyneburgs  Teilungsplan.  Inzwischen 
hatte  der  französische  Minister  Lionne  ein  Schreiben  gesandt, 
in  dem  er  seine  Bereitwilligkeit  kund  gab,  mit  Osterreich 
^^^fin  des  spanischen  Erbes  Abmachungen  zu  treffen -). 
Daduah  wuchs  der  Eifer  der  Interessierten.  Zwischen 
Boyneburg  und  den  kaiserlichen  Ministern  fanden  im  Monat 
Januar  1064  mehrere  geheime  Zusammenkünfte  statt,  die 
^vneburg   veranstaltete   und   leitete.     Seine  Bemühungen 

*i  Vßl.  da^  erwähnte  Gutachten  Royncburjjs  über  die  Reichsia^>- 
8^^chM(e.  —  »)  V|»l.  Diarium  Bertrams  vom  S.  De/.  Kiö^.  -  ■•)  Vj;!.  Diarium 
^"^ms  vom  29.  Jan.   1664. 


86  Wild. 

wurden  auch  anerkannt;  denn  er  erhielt  damals  Geschenke 
vom  Kaiser  und  von  Spinola.  Seinem  Herrn  war  es  unliebsam, 
dass  er  sich  so  sehr  hervordrängte.  Boyneburg  war  auch 
unklug  genug,  des  Kurfürsten  Vorschläge  abfällig  zu 
beurteilen^).  Die  Folge  davon  war,  dass  Boyneburg  aus- 
geschlossen und  der  Bruder  des  Kurfürsten  ins  Vertrauen 
gezogen  wurde.  Johann  Philipp  wünschte,  die  ganze  An- 
gelegenheit selbst  zu  leiten. 

Boyneburg  wollte  sich  nicht  in  diese  Zurücksetzung 
fügen.  Um  wieder  Einfluss  zu  gewinnen,  Hess  er  sich  ver- 
leiten, dem  Fürsten  Auersberg,  der  nicht  in  die  Sache 
eingeweiht  war,  Eröffnungen  zu  machen  und  ihm  seinen 
eigenen  Teilungsplan  zu  unterbreiten  2).  Dieses  eigenmächtige 
Handeln  musste  Boyneburg  bitter  büssen;  denn  Auersberg, 
Lobküwitz,  Portia,  alle  schwatzten  und  meldeten  dem  Kur- 
fürsten, was  Boyneburg  bei  ihnen  vorbrachte.  Sein  Herr 
gestattete  ihm  zwar  immer  eine  grosse  Bewegungsfreiheit 
und  Hess  es  zu,  wenn  er  bei  wichtigen  Dingen  die  Initiative 
ergriff.  Aber  damals,  als  man  ihn  von  der  Verhandlung 
auszuschliessen  trachtete,  wurde  sein  selbstherrisches  Be- 
ginnen übel  aufgenommen  und  als  Treulosigkeit  empfunden. 
Der  Unwille  des  Kurfürsten  brach  gegen  ihn  los.  Boyne- 
burg rechtfertigte  sich,  so  gut  er  konnte;  allein  Johann 
Philipp  Hess  ihn  seine  Ungnade  deutlich  fühlen.  Er  ver- 
traute ihm  gar  keine  Geschäfte  von  einiger  Wichtigkeit  mehr 
an  und  bestimmte,  dass  ein  Teil  \on  der  Boyneburg  ge- 
schenkten Geldsumme  auch  den  übrigen  Ministern  zukommen 
sollte.  Durch  die  geschilderten  Vorgänge  kam  natürlich 
die  ganze  Verhandlung  über  das  Teilungsprojekt  ins  Stocken. 

Bei  dieser  Sachlage  war  die  Bewerbung  Boyneburgs 
um  das  Vizekanzleramt  ziemlich  aussichtslos.  Er  hatte 
erwartet,  dass  der  Keiiser  noch  zu  Regensburg  eine  Ent- 
scheidung treffen  werde.  Allein  dieser  reiste  ab  und  nahm  ihn 
nicht  mit  sich.  Die  Kaiserlichen  behaupteten,  die  Sache  hafte 

')  Vjll.  den  Brief  Boyneburj^s  an  Walderdorf  s.  d.  'Burgundica,  quae 
no>ti,  illa  paradoxa  approbarc  non  potni,  hinc  vapulare  oportet^.  Kopie  von 
Johann  Philipps  Hand.  Arch.  z.  W.  —  2|  Diarium  Bertrams  vom  24.  April 
1Ö64,  Vgl.  da/u  Pribrani,  K.  P.  Freiherr  von  Lisola  (Leipzig  1894)  S.  328. 
Hier  wird  ein  Pari>er  Memorial  vom  Jahre  1665  mitgeteilt,  in  dem  der  Gang 
der  Verhandlungen  geschildert  ist. 


Sturz  Boyneburgs  87 

dem   Kurfürsten   von  Mainz;   dieser   schob   die  Schuld 
d^r  Verzögerung  auf  den  Kaiser. 

Trotz  dieser  Enttäuschung   hielt  der  Oberhofmarschall 
seine  Bewerbung  aufrecht.     Nachdem   er  die   französische 
Partei  verlassen  und   sich   den  Kaiserlichen    angeschlossen 
Hatte,  bestand  für  ihn   die  Gefahr,   dass  er  zwischen   zwei 
Stühlen  zu  sitzen  kam,   wenn  nicht   seine  Anstellung  bald 
erfolgte.    Daher  wandte  er  sich  noch  von  Regensburg  aus 
an  den  einflussreichen   Berater  Johann  Philipps,   den  l)om- 
dechanten  Saal,  mit  der  Bitte,  dem  Kurfürsten  bei  Gelegen- 
heit sein  Gesuch    vorzutragen.     Der  Kurfürst    möchte  ihm 
die  Anwartschaft   auf  das    Vizekanzlariat   zusagen,   sobald 
es  frei  geworden  sei.    Wenn  er  aber  im  Sinne  habe,  einem 
>einer  XefFen  dieses  Amt  zu  verleihen,  so  könnte  man  ihn 
doch  bis   zum    reifen   Alter    der   Neffen    das    Amt    führen 
Ibissen,    Nach  Ablauf  einiger  Jahre  würde  er  sich  gerne  in 
^a:>  Privatleben  zurückziehen,    wenn  er  nur  wenigstens   fiir 
einige  Zeit  das  Amt  verwaltet  hätte,  um  das  er  sich  einst 
^'^^rgeblich  beworben  habe.    Dadurch  hätte  man  seiner  Ehre 
^Tenüge  gethan^).     Nur  in  einer  Hinsicht  müsste   der  Kur- 
ftirst  dem  Verhingen  des  Kaisers  Rechnung  tragen.    Portia 
habe  ihm  (Boyneburg)  alles  auseinander  gesetzt.    Er  wolle 
'^ichi  mehr  sagen ;  aber  es  werde  dem  Kurfürsten  nach  seiner 
'Gerechtigkeit  und  Milde  leicht  fallen,   diese  liedinguiig  zu 
**rt allen.     Er  versichere  den  Kurfürsten    seiner  beständigen 
'  reue  und  sei    auch   bereit,   jede   schriftliche  Verpflichtung 
♦^^nzugehen.     Übrigens  befinde  er  sich   immer    durch   seine 
"*?ziehungen  zu  Mainz,    wo -er  sich    ein  Haus   erbaut   habe 
^nd  wo  sein  Sohn  soeben  Kanonikus  geworden  sei,  in  der 
^-"^ewiilt  des  Kurfürsten. 

lk>yneburgs    Beteuerungen    seiner   Anhänglichkeit    an 

^•^n  Kurfürsten  lassen  erkennen,    dass  er  sich  bereits   sehr 

unsicher    in    der    (xunst   seines    Herrn    fühlte.     Dieser  war 

^venijjr  geneigt,  ihn,  von  dessen  Treue  er  nicht  mehr  über- 

^•'Uirt  war,   aus  dem  Dienst   zu    lassen    und   an   eine  Stelle 

zu  befordern,  wo  er  ihm  unter  Umständen  schaden  konnte. 


L 


•I   Aliquntenus    honori    meo    consulatur    hoc  modo,    diini    officio    non- 
tiiliil  potirer,    qu«>    olini    excidi.     Brief    Boyneburgs    an  Saal,    dat.    16.   Mär/ 


88  Wild. 

Daher  enthielt  sich  Johann  Philipp  jeder  Aussprache  über 
Boyneburgs  Aussichten  zur  Erlangung  des  Vizekanzlariats. 

Die  Mainzer  Gesandtschaft  brach  Anfanges  Mai  von 
Regensburg  auf;  nur  die  Räte  Bertram  und  Hettinger 
blieben  dort  zurück.  Der  Kurfürst  war  schon  früher  nach 
Würzburg  gereist,  um  einige  Zeit  in  seinem  Bistum  zu 
verweilen.  Boyneburg  hielt  sich  einen  Monat  zu  ^lainz 
auf;  weil  er  aber  von  allen  wichtigen  Geschäften  ferr 
gehalten  wurde,  so  besass  er  freie  Zeit  genug,  um  ein« 
Badekur  in  dem  beliebten  Schwalbach  zu  gebrauchen  i]; 
Es  war  jedoch  für  ihn  keine  Zeit  der  Erholung,  sonderr 
des  bangen  Wartens  auf  die  Dinge,  die  da  komme 
sollten. 

Boyneburg  konnte  sich  nicht  recht  denken,  dass  seij 
Verhalten  auf  dem  Reichstage  den  Kurfürsten  so  seh" 
verstimmte,  da  er  ihm  doch  noch  zu  Regensburg  seii~ 
ganze  Handlungsweise  den  Kaiserlichen  gegenüber  au_ 
einander  gesetzt  hatte.  Es  musste  irgend  etwas  vorband^ 
sein,  was  die  Verstimmung  des  Kurfürsten  aufrecht  erhie'j 
Denn  obwohl  es  eine  Zeitlang  den  Anschein  hatte,  £■- 
sollte  das  alte  Vertrauen  wieder  hergestellt  werden,  = 
berichtete  doch  Lincker  vom  Hofe  des  Kurfürsten:  >D^ 
Sturm ,  der  kürzlich  über  uns  hereingebrochen  ist ,  h3 
sich  noch  nicht  gelegt.  Ja,  es  sind  viele  Anzeichen  vor- 
handen, dass  das  Meer  bis  in  seine  Tiefen  aufgewühlt 
wurde;  man  muss  annehmen,  dass  etwas  Grosses  gegen  uns 
vorgegangen  ist«  2), 

Der  Mainzer  Rat  Bertram  überschickte  Ende  Mai 
dem  Bruder  des  Kurfürsten  ein  Tagebuch,  das  er  über  dit 
^Äusserungen  Boyneburgs  geführt  hatte.  Die  Aufzeich- 
nungen wurden  am  29.  November  1663  begonnen  und  bi« 
zum  5.  Mai  1664  fortgesetzt.  Sie  enthielten  eine  Menge 
höchst  beleidigender  Ausdrücke  gegen  den  Kurfürsten. 

Bertram  war  aus  dem  Bistum  Worms  in  die  Dienst« 
von  Kurmainz  gekommen.  Nach  der  Abberufung  dei 
Kanzlers  Meel  führte  er  die  Geschäfte  des  Direktorium! 
bei  den  Reichsberatungen.  Da  ihn  Boyneburg  wie  einer 
untergeordneten  Sekretär  behandelte,   so  fühlte  er   sich    ir 

^)  Er  verweilte  dort  vom  20.  Juni  bis  15  Juli  1664.  —  ')  Brief  Lincker: 
an  Boyneburg,  dat.  28.  Mai   1664.    Arch.  z.  W. 


Sturz  Boyneburgs.  3q 

seiner  Ehre  tief  gekränkt  und  begann   eine  Waffe   gegen 
Boyiieburg  zu  schmieden. 

Man  erhält  beim  Lesen  seines  Tagebuchs  den  Eindruck, 
(lass  es  mit  der  bestimmten  Absicht  geschrieben  wurde, 
zur  Anklage  gegen  Boyneburg  zu  dienen.  Nur  solche 
Gespräche  sind  aufgenommen,  die  Boyneburg  im  schlimmsten 
Lichte  erscheinen  lassen.  Unter  genauer  Angabe  der  Zeit 
und  der  anwesenden  Personen  sind  die  Aufzeichnungen 
niedergeschrieben.  Sollte  etwa  der  Kurfürst  Bertram  auf- 
gefordert haben,  den  Oberhofmarschall  in  seinen  Gesprächen 
zu  belauschen?  Es  ist  dies  kaum  anzunehmen,  vielmehr 
scheint  Bertram  von  sich  aus  das  Amt  eines  Aufmerkers 
übernommen  zu  haben.  Zur  Zeit  als  Bertram  sein  Tagebuch 
begann,  war  das  Misstrauen  Joh.  Philipps  noch  nicht  so 
gross,  dass  er  zu  einem  solchen  Mittel  gegriffen  hätte,  um 
die  Treue  seines  Ministers  zu  prüfen.  Als  der  erste  Unwille 
des  Kurfürsten  gegen  Boyneburg  losbrach,  wusste  man 
nwh  nichts  von  den  Aufzeichnungen,  sonst  hätte  man  sie 
bereits  damals  gegen  ihn  verwertet. 

Nach  Abschluss  seines  Diariums  machte  Bertram  Mit- 
teilung davon  an  den  Kurfürsten  und  dessen  Bruder.  Es 
wurde  ihm  anbefohlen,  das  Tagebuch  an  den  letzteren 
zu  übersenden.  Bertram  that  es  mit  der  Bitte  um  Geheim- 
haltung des  Verfassers  *).  Philipp  Erwein  von  Schönborn 
und  Saal,  dem  gleichfalls  ein  Einblick  in  das  Diarium 
gewährt  wurde,  konnten  sich  nicht  genug  über  die  Un- 
<^=inkbarkeit  und  Treulosigkeit  Boyneburgs  verwundern. 
Es  wurde  ein  Auszug  aus  dem  Tagebuch  hergestellt,  und 
^as  Original  dem  Verfasser  wieder  zurückgegeben. 

Dass  die  Aufzeichnungen  Bertrams  im  allgemeinen 
^^  Wahrheit  entsprechen,  ist  nicht  zu  bezweifeln.  Sie 
wurden  nicht  allein  von  Bertram  beschworen,  sondern  auch 
^on  Boyneburg,  dem  man  sie  später  vorhielt,  zugestanden. 
Gn  Vergleich  zwischen  dem,  was  Bertram  von  Boyneburgs 
'Projekten  berichtet  und  dem,  was  Boyneburg  selbst  in 
"^inem  Teilungsplan  über  die  spanische  Erbschaft  angiebt, 
^^^^  beinahe  vollige  Übereinstimmung,  Die  Sprache 
I%neburgs    ist    bei    allen    Anführungen    erkennbar;    sein 

*)  Schreiben  Bertrams  an  Philipp  Erwein  von  Schönbom,  dat.  19.  Mai  1664. 


QO  Wild. 

freimütiges   und   leidenschaftliches   Wesen    kommt   übei 
zum  Vorschein. 

Bertram,  Lincker,  ReifFenberg,  Hettinger  sind 
Personen,  mit  denen  Boyneburg  gewöhnlich  seine  Gesprä< 
führte.  Man  unterhielt  sich  über  die  verschiedensten  EHn 
Man  sprach  über  die  Bauten  zu  Mainz,  über  das  Postwes 
über  die  Erfurter  Händel,  über  die  rheinische  Allianz,  ül 
den  Gang  der  Reichsgeschäfte,  über  die  einzelnen  Fürs 
und  ihre  Gesandten.  Boyneburg  witzelte  darüber,  d 
seinem  Herrn  von  unbekannter  Seite  ein  leeres  Felleii 
zugesandt  wurde;  er  tadelte  es,  dass  man  im  Raui 
unfähige  Leute  zu  Generalen  mache.  Er  meinte,  ( 
Mainzer  Hof  werde  bald  wieder  abziehen,  der  eine  dah 
der  andere  dorthin,  sobald  die  Fässer  leer  getrunken  sei( 
Wenn  aber  wieder  des  Kurfürsten  Küche  zu  Mainz  damp 
dann  würden  die  Domherrn  sich  freuen;  einige  seien  no 
vom  letzten  Abschiedstrunke  feucht  geblieben.  Des  Ki 
fürsten  Bruder,  der  Oberamtmann  von  Steinheim  w; 
nannte  er  einen  Bauernschultheiss.  der  ihm  (Boynebur 
seine  Aufsätze  korrigieren  wollte,  obwohl  er  noch  r 
einen  Reichstagsabschied  gelesen  habe.  Doch  auch 
bedenklicheren  .Vusscrungen  Hess  sich  Boyneburg  hi 
rcissen.  Er  bezeichnete  es  cils  eine  Schande,  dass  es  a 
dem  Reichstage  so  unordentlich  hergehe.  Dies  komr 
daher,  dass  man  ihn  von  den  Geschäften  fern  zu  halt 
suche.  Man  werde  aber  schon  wieder  zu  ihm  komme 
denn  der  Kurfürst  sei  ein  Ignorant,  und  wisse  es  selb 
und  werde  einer  bleiben,  auch  wenn  er  hundert  Jahre  i 
würde.  Ein  anderes  Mal  beschuldigte  er  Joh.  Philipp,  d< 
er  den  Rat  Blum  nach  Köln  geschickt  habe,  um  die  Ai 
lüsung  der  rheinischen  Allianz  zu  beantragen.  So  müi 
der  Kurfürst  nicht  mit  Königen  umgehen;  er  sei  eb 
ein  rechter  foedifragus. 

Da  Boyneburg  sich  fortwährend  zurückgesetzt  s« 
begann  er  zu  drohen.  Es  werde  sich  schon  zeigen,  \» 
er  zu  tliun  vermöge.  Er  könne  noch  eine  grosse  Stellu 
in  Deutschland  oder  Frankreich  erhalten  und  denen  v 
schaden,  die  ihm  jetzt  zuwider  seien.  Otters  sagte 
zu  Bertram,  von  den  Dingen,  über  die  er  mit  ihm  j 
redet    und   von    den   Briefen,    die    er   ihm    gezeigt    hal 


Sturz  Boyneburgs.  oi 

• 

dürfe  er  niemand  etwas  verraten,  auch  dem  Kurfürsten  nicht. 
Die  Minister  sollten  zusammenhalten;  dann  müssten  ihnen 
ihre  Herren  schon  folgen.  Wenn  der  Kurfürst  in  einer 
Sache  nicht  vorwärts  gehen  wolle,  so  käme  es  darauf  an, 
dass  man  ihm  etwas  vormache  oder  dass  man  andere 
Leute  hinter  ihn  schicke.  So  habe  er  (Boyneburg)  schon 
vieles  durchgesetzt.  Wenn  Bertram  etwas  Wichtiges  in 
Händen  habe,  so  möchte  er  es  ihm  abschreiben  oder 
mündlich  mitteilen;  er  werde  ihn  dafür  belohnen. 

Als  Beispiel,  wie  die  Aulzeichnungen  ungefähr  lauteten, 
möge  Folgendes  dienen: 

»2.  Febr.  Boeneb.,  Lincker  et  Ilettinger.  Ante  coenam. 
Boe:  Ob  es  nicht  schmählich  sei,  wie  es  zu  Mainz  hergehe. 
Xun  sei  wieder  das  Dorf  Werbach,  das  er  habe  gewinnen 
helfen,  an  das  Stift  Würzburg  verhandelt  worden.  Man 
achte  seinen  Rat  nicht  mehr  und  meine,  er  habe  nichts 
mehr  zu  sagen.  Aber  man  werde  noch  sehen,  wer  den 
andern  beim  Schopf  fasse.  Der  Saal,  ja,  das  sei  auch  so 
einer.  Er  halte  es  mit  den  beiden  Grosshans  und  dem 
ReifFenberg.  Seien  alle  fures  et  socii  furum.  Mit  dem 
Kurfürsten  werde  es  alle  Tage  ärger.  Habe  kein  distinctum 
iudicium.  Lincker:  plenus  invidiae,  Böen,  ambitionis,  L. 
avaritiae,  B.  kein  decorum  in  ihm,  L.  perexiguum.« 

So  und  in  ähnlicher  Weise  sind  die  Äusserungen 
Boyneburgs  aufgezeichnet.  Man  sieht  daraus,  dass  Boyne- 
burg, wenn  er  leidenschaftlich  erregt  war,  keine  Mässigung 
•des  Urteils  kannte.  Es  ist  aber  zu  beachten,  dass  diese 
Reden  nur  Bruchstücke  darstellen  und  aus  aneinander 
i^ereihten  Schlagworten  bestehen.  vSie  würden  sich  mildern, 
venn  sie  in  ihrem  vollen  Umfange  berichtet  wären.  Zum 
Teil  wurde  das  Gesprochene  von  Bertram  wörtlich  nach- 
s'eschrieben,  zum  Teil  aber  auch  erst  später  aus  dem 
'iedächtnisse  aufgezeichnet.  Da  ist  es  selbstverständlich, 
'lass  die  grassesten  Ausdrücke,  die  in  lebhafter  Erinnerung 
blieben,  sich  vornehmlich  zur  Niederschrift  aufdrängten. 
Man  wird  Boyneburg  manches  nachsehen  dürfen,  wenn 
man  bedenkt,  dass  der  durch  Intriguen  aus  seiner 
Stellung  gedrängte  Minister  aufs  tiefste  erbittert  war. 
Aber  die  heftigen  Ausfälle  gegen  seinen  Herrn  über- 
^hreiten  doch  das  Mass  der  entschuldbaren  Leidenschaft. 


92 


Wild. 


Was  Wunder,  dass  der  Kurfürst  in  seiner  ohnehin  reiz- 
baren Natur  beim  Lesen  solcher  Bemerkungen  in  Wut 
geriet  und  erklärte,  Boyneburgs  Bosheit  sei  schwärzer  als 
die  Nacht. 

Der  Bruder  des  Kurfürsten,  der  sich  in  dem  Tagebuch 
eine  ganze  Reihe  von  Ehrentitel  zurechnen  musste,  wurde 
nach  Boyneburgs  Urteil  auf  einmal  von  einem  erstaunlichen 
Hasse  gegen  ihn  erfüllt.  Boyneburg  konnte  sich  die 
Ursache  desselben  gar  nicht  erklären;  dass  eine  förmliche 
Aufzeichnung  seiner  Gespräche  stattfand,  hat  er  nie 
erfahren,  aber  er  wurde  bald  inne,  dass  viele  seiner 
Äusserungen,  die  er  früher  oder  jüngsthin  gethan  hatte, 
seinem  Herrn  hinterbracht  worden  waren. 

Johann    Philipp    hätte    sich    wohl    nicht    entschlossen, 

**  m 

Boyneburg  seiner  Amter  zu  entsetzen,  so  lange  er  noch 
das  Vertrauen  der  französischen  Minister  genoss.  Aber 
eben  durch  sein  Verhalten  zu  Regensburg  beraubte  sich 
Boyneburg  seiner  starken  Stütze  in  Frankreich. 

Seine  Annäherung  an  die  Kaiserlichen  konnte  den 
Franzosen  nicht  verborgen  bleiben.  Gravel,  der  fran- 
zösische Gesandte  zu  Regensburg,  war  ein  guter  Beobachter; 
auch  wurden  ihm  von  verschiedener  Seite  Mitteilungen 
über  Boyneburg  zugetragen.  Er  legte  schon  zu  Regens- 
burg seine  Unzufriedenheit  mit  ihm  an  den  Tag;  denn  er 
brach  den  intimen  Verkehr  mit  ihm  ab.  Ja,  er  konnte 
seinen  ITnmut  so  weni^-  bemeistern,  dass  er  Boyneburg 
öfters  durch  hitzige  Reden  beleidigte. 

(Travels  Berichte  an  den  Pariser  Hof  meldeten  den 
Abfall  Boyneburgs  von  der  französischen  Partei.  Die 
\\'irkung  dieser  Berichte  machte  sich  bald  fühlbar^). 
Boyneburg  hatte  bei  dem  Minister  Lionne  angefragt,  ob 
er  zu  Paris  gut  aufgenommen  werde,  wenn  er  im  Auftrage 
seines  Herrn  dorthin  komme.  Auch  hatte  er  Lionn< 
ersucht,  er  möchte  bei  Kurmainz  ihn  als  Gesandten  vor 
schlagen.  Die  Antwort  des  französischen  Ministers  wa 
ziemlich  zweideutig;  nur  soviel  war  daraus  klar  zu  erseher 
dass    Boyneburg   bei    Ludwig  XIV.    angeschwärzt  wordei 

*)  Vgl.  Auerbach,  La  diplomatie  fran^aise  et  la  cour  de  Saze,  S.  i6c 


Sturz  Boyneburgs.  gi 

war')  Zugleich  mit  der  Antwort  Lionnes  erhielt  Boyneburg 
ein  Schreiben  des  kurpfalzischen  Residenten  Pauel,  der 
von  Zeit  zu  Zeit  die  Pariser  Neuigkeiten  nach  Mainz 
g^elangen  Hess*).  Er  berichtete  in  offener  Weise,  was  man 
am  französischen  Hofe  über  Boyneburg  dachte.  Man 
glaubt  hier,  schrieb  er  unter  anderem,  dass  Boyneburg 
sich  mit  allem  Eifer  um  die  Gunst  des  Wiener  Hofes 
bemüht,  und  es  nur  noch  mit  Frankreich  hält,  um  auf  alle 
Fälle  gesichert  zu  sein.  Auch  wird  das  Gerücht  ver- 
breitet, dass  die  Gemahlin  Boyneburgs  zur  Ehrendame  der 
künftigen  Kaiserin  bestimmt  sei.  Es  war  ein  schlimmes 
Zeichen  für  das  Ansehen  Boyneburgs  am  Pariser  Hofe, 
dass  man  anfing  Witze  über  ihn  zu  machen,  wie  wenn 
hinter  seinem  ganzen  Streben  die  ehrgeizigen  Absichten 
einer  Dame  verborgen  lägen. 

Boyneburg  sah  in  seinem  gesunkenen  Ansehen  die 
Folge  von  Verleumdungen,  die  in  Frankreich  über  ihn 
ausgestreut  wurden.  »Tag  und  Nachte,  so  versichert  er 
seinen  Freund  Lincker^;,  »denke  ich  darüber  nach,  worin  ich 
mich  etwa  zu  Regensburg  verfehlt  haben  könnte.  Aber 
ich  konnte  mich  gar  nicht  verfehlen;  denn  es  war  dort 
Jfar  keine  Gelegenheit  dazu  vorhanden«.  Die  französischen 
Schreiben  wurden  von  Boyneburg  dem  Kurfürsten  von 
Mainz  mitgeteilt;  denn  Boyneburg  war  bis  zuletzt  der 
Meinung,  dass  die  gegen  ihn  gerichteten  Verdächtigungen 
auch  seinem  .  Herrn  zum  Schaden  gereichen  sollten. 
Johann  Philipp  war  erstaunt,  als  er  den  Inhalt  der  Briefe 
hernahm;  wenn  er  auch  um  die  ungünstigen  Berichte 
Travels  wusste,  so  hatte  er  sich  doch  nicht  gedacht,  dass 
Öoyneburg  bei  den  Franzosen  in  solchen  Misskredit 
gekommen  war.  Er  bemerkte  zu  Lincker,  der  ihm  die 
iWefe  vorlas,  Boyneburg  hätte  die  Franzosen  dadurch 
erzürnt,  dass  er  sich  mit  den  Österreichern  in  Vertraulich- 
keiten einHess.  Ob  Boyneburg  denn  nicht  mehr  den  Franzosen 
dienen  wollte,  von  denen  er  doch  so  viele  Wohlthaten 
'•mpfangen  habe?    Auch  er  müsse  Boyneburg  tadeln,  dass 

*)  Vgl  Guhrauer,  Kurmainz  in  der  Epoche  von  1672,  I.  68.  — 
"'  Vgl.  über  ihn  Joachim,  Die  Entwickelung  des  Rheinbundes  von  1658, 
\  2l<2.  —  »)  Vgl.  die  Briefe  Boyneburgs  nn  Lincker,  dat.  13.  und  14.  Juli 
1064.    A.  2.  W. 


g6  Wild. 

erkaltete  1).  Darauf  antwortete  Boyneburg",  es  scheine  ihm, 
als  ob  die  Fürstenberg  damit  umgingen,  für  sich  ein 
Monopol  der  französischen  Gunst  zu  gewinnen').  Fort- 
während sucht  Boyneburg  seine  Sache  mit  der  des  Kur- 
fürsten zu  identifizieren,  indem  er  den  Grafen  Wilhelm 
von  Fürstenberg  als  einen  Mann  schildert,  der  mit  seinen 
Verdächtigungen  auch  Johann  Philipp  treffen  wolle:  «Die 
ganze  Kabale,  so  schreibt  er  an  den  Kurfürsten,  kommt 
vom  Fürstenberg  her,  welcher  bei  den  Kaiserlichen 
mich  (und  gar  auch  Eure  Kurfürstlichen  Gnaden  selbst*) 
vor  unveränderlich,  weiss  nit  wie,  französisch,  und  am 
französischen  Hofe  vor  spanisch  und  österreichisch  aus- 
geben. Sind  leichtfertige  Lügen.  —  Wenn  Eure  Kurfürst- 
liche Gnaden  jemand  anders  nach  Frankreich  schicken 
werden  oder  geschickt  haben,  so  ist's  gut.  Vielleicht  ist, 
solange  Fürstenberg  seine  Lügen  dort  feilbietet,  unmöglich, 
dass  ich  da  viel  ausrichte«.*) 

Boyneburg  war  aber  doch  im  Irrtum,  wenn  er  die 
Fürstenberg  als  seine  schlimmsten  Feinde  betrachtete. 
Der  Mainzer  Domherr  Reiffenberg  war  es,  der  ihn  aus 
der  Gunst  der  Franzosen  drängte.  Diesem  wurde  auch 
die  Boyneburg  versprochene  Reise  nach  Frankreich  über- 
tragen. Es  war  der  erste  Erfolg  seiner  hinterlistigen 
Bemühungen. 

Reiffenberg  war  von  jeher  ein  grosser  Intrigant.  Als  Neffe 
des  Mainzer  Kurfürsten  Anselm  Kasimir  gelangte  er  frühzeitig 
in  den  Besitz  einer  Dompfründe.  Doch  überwarf  er  sich 
bald  mit  seinem  hohen  Verwandten.  Nach  dessen  Tode 
hoffte  er  mit  Unterstützung  der  Franzosen  die  erzbischöf- 
liche Würde  zu  gewinnen.  Seine  Hoffnung  schlug  fehl. 
Nun    wandte    er   sich    nach  Trier,  wo   er   sich   beim  Streit 

')  Brief  Linckcr,  dat.  12.  Juli  1664:  facile  pcllucet  quid  litterae 
Lionnaci  fcrant,  si  ad  artcs  qiiibiis  Ratisbonac  petitus  es,  rcspicere  velis: 
.simuliatcs  niminini,  invidiam,  siibstruciione«,  dein  apcrliores  cum  Fürstenbergiis 
coitiones,  tum  fri^idam  ac  niox  intidam  GravcUi  amicitiam.  —  >)  Brief 
IJoyneburgs,  dat.  14.  Juli  1664.  —  ^j  Die  Füistcnberg  scheinen  auch  wirklich 
^c;;cn  den  Kuriursten  von  Mainz  inln^uiert  zu  haben:  »lilector  Mog.  sc 
quoque  suanupie  Directionom  ab  Klcctorc  Colonicnsi  (vel  Fürstenbci^is 
potius)  apud  Caesarem  incusari  ait.  Brief  Linckers  an  Boyneburg,  dat. 
15.  Juli  1664.  —  *)  Brief  Boyneburgs  an  Johann  Philipp,  dat.  15.  Juli  1664. 
Über  den  Aufenthalt  des  Grafen  Wilhelm  zu  Paris,    vgl.  Auerbach  1.  c   160. 


Sturz  Boyneburgs.  gn 

des  Erzbischofs  mit  sdnem  Kapitel  unbedingt  auf  die 
Seite  des  ersten  stellte,  der  ihn  auch  zuletzt  zu  seinem 
Koadjutor  ernannte.  Die  Wahl  war  jedoch  so  ungesetzlich 
vollzogen  worden,  dass  sie  nicht  aufrecht  erhalten  werden 
konnte. 

Reiffenberg  war  seiner  Gesmnung  nach  entschieden 
französisch ;  ja,  er  überbot  noch  die  Brüder  Fürstenberg  im 
Eifer  für  Frankreich,  von  dem  er  reichliche  Geldspenden 
erhielt  Es  grefiel  ihm,  den  lebenslustigen  und  genuss- 
freudigen  Domherrn  zu  spielen;  daneben  betrieb  er  aber 
seine  ehrgeizigen  Pläne,  wobei  er  sich  verschiedene  über- 
eilte Handlungen  zu  Schulden  kommen  liess.  Nur  in  einem 
Punkte  war  er  treu:  in  seinem  unbedingten  Eintreten  für 
die  franzosischen  Interessen.  Frankreich  hatte  er  es  auch 
zu  danken,  dass  Johann  Philipp  bei  einem  Vergehen,  das 
strenge  Ahndung  forderte^  von  einer  Bestrafung  absah; 
doch  zerfiel  er  über  diesem  Anlasse  mit  dem  Erzbischof 
und  ging  an  den  Hof  des  Kurfürsten  von  der  Pfalz.  Boyne- 
burg  brachte  endlich  eine  Aussöhnung  zwischen  ihm  und 
Johann  Philipp  zu  stände.  Reiflfenberg  strebte  nun  darnach, 
die  Koadjutorschaft  von  Mainz  zu  erlangen.  Zunächst 
suchte  er  sich  unentbehrlich  zu  machen,  daher  setzte  er 
alle  Hebel  in  Bewegung,  um  Boyneburg  bei  Seite  zu 
schieben  und  sich  an  seine  Stelle  zu  drängen. 

Als  er  auf  dem  Reichstage  zu  Regensburg  merkte, 
dass  Boyneburg  den  Österreichern  manches  zu  Gefallen 
that,  machte  er  Grravel  darauf  aufmerksam  und  teilte  ihm 
gelegentliche  Äusserungen  Boyneburgs  mit.  Auch  dem 
Kurfürsten  hinterbrachte  er  die  Reden  Boyneburgs  und 
Linckers. 

Er  nahm,  wie  Bertram  berichtet,  mit  lächelnder 
Miene  an  den  vertraulichen  Gesprächen  Boyneburgs  und 
seiner  Freunde  teil.  Als  diese  sich  eines  Tages  über 
den  Mainzer  Kurfürsten  lustig  machten,  sollen  ihm  sogar 
die  Worte  entfahren  sein:  Ich  werde  es  noch  einmal  an- 
zeigen >). 

In  den  Berichten  Gravels  an  den  französischen  Hof 
sind     die     Einwirkungen     Reiffenbergs     deutlich     erkenn- 

')  Vgl.  Diarium  Bertrams  vom  3.  und  8.  Febr.   1664. 
Zeitschr.  f.  Gesch.  d.  Oberrh.  N.F.  XIV.  i.  7 


98  Wild. 

bar^).  Bald  entstand  eine  grosse  Freundschaft  zwischen 
dem  französischen  Gesandten  und  ReifFenberg.  Man  hörte 
sogar  von  nächtlichen  Zusammenkünften.  Was  Boyneburg 
am  meisten  wunderte,  war,  dass  auch  sein  Herr  mit 
Reiffenberg  intim  verkehrte,  obwohl  der  Kurfürst  selbst 
ihn  erst  kürzlich  vor  Reiffenberg  gewarnt  hatte. 

Gravel  versprach  dem  eifrigen  Domherrn,  er  sollte 
Boyneburgs  Stelle  erhalten,  wenn  dieser  beseitigt  wäre. 
Der  französische  Gesandte  wartete  aber  noch  mit  den  ent- 
sprechenden Anforderungen  an  den  Kurfürsten,  da  man 
nicht  recht  wusste,  wie  Johann  Philipp  selbst  gegen  Frank- 
reich gesinnt  war.  Es  befand  sich  nämlich  der  Spanier 
Christoval  de  Roxas  seit  längerer  Zeit  in  seiner  Umgebung. 
Als  man  endlich  einsah,  dass  Johann  Philipp  sich  nicht  in 
seiner  Gesinnung  wankend  machen  liess,  zögerte  Gravel 
nicht  länger,  dem  Kurfürsten  nahezulegen,  er  solle  sich 
doch  des  unbequemen  Ministers  entledigen.  Diese  Zu- 
mutung erging  an  Johann  Philipp  im  Monat  Juni.  Ihre 
Wirkung  zeigt  sich  in  einem  Gespräche,  das  damals 
I.incker  mit  seinem  Herrn  führte  2).  Es  handelte  sich  um 
die  Frage,  ob  Ludwig  XIV.  wieder  einem  Minister  wie 
Mazarin  die  Hauptgeschäfte  übertragen  werde.  Der  Kur- 
fürst meinte,  es  sei  besser,  w^enn  ein  Fürst  selbst  alle  An- 
gelegenheiten in  der  Hand  behalte  und  keinen  zum  Haupt- 
minister ernenne;  denn  ein  solcher  lasse  sich  leicht  zu 
eigenmächtigem  Handeln  verführen  und  verwirre  die  ein- 
heitliche Leitung  der  Geschäfte.  Ludwig  XIV\  «^i  zu 
klug,  als  dass  er  sich  zu  einer  lästigen  Nebenregierung 
verstände.  Boyneburg  und  Lincker  konnten  aus  diesen 
Äusserungen  die  nötigen  Schlüsse  ziehen. 

Während  sich  Boyneburg  zu  Schwalbach  befand'), 
wurde  Reiffenberg  von  dem  Kurfürsten  zu  allen  wichtigen 
Beratungen  beigezogen.  Man  erzählte  sich,  dass  Johann 
Philipp  das  l^andgut  ReiflFenbergs  besuchen  werde.  Am 
Mainzer  Hofe  bezeichnete  man  den  Domherrn  schon  als 
magnum  aulae  magistrum^.     Der  Kurfürst  entschloss  sich, 

')  Auerbach,  1.  c.  i6o  Anm.  —  ^)  Brief  Linckers  an  Boyneburg,  dmt. 
3.  Juli  i6(>4.  —  •*)  Der  Kurfürst  war  über  Boyneburg  sehr  ungehalten,  weil 
er  nach  Schwalbach  abgereist  war,  ohne  Abschicil  zu  nehmen.  Er  liess  ihm 
nun  auch  gar  keine  Mitteilungen  dort  hin  zukommen. 


Sturz  Boyneburgs.  qq 

ihn  anstatt  Boyneburgs  nach  Frankreich  zu  senden.  Weil 
er  diese  Mission  früher  Boyneburg  versprochen  hatte,  suchte 
er  anfangs  die  Absendung  ReifFenbergs  vor  ihm  geheim 
zu  halten.  Als  sie  sich  aber  nicht  mehr  länger  verbergen 
liess,  gab  er  als  Zweck  derselben  die  Forderung  rück- 
ständiger Subsidiengelder  an  und  vertröstete  Boyneburg 
auf  eine  Reise,  die  er  in  des  Kurfürsten  Auftrag  nach 
Köln  unternehmen  sollte.  Boyneburg  hatte  aber  verlernt, 
solchen  Versprechungen  Glauben  zu  schenken,  er  meinte: 
»Der  April  fallt  zuweilen  mitten  in  den  Sommer*).« 

Der  französische  Minister  Lionne  hatte  in  seinem 
Schreiben  Boyneburg  unverhüllt  angezeigt,  dass  er  bei 
Ludwig  XIV.  in  schwerem  Verdacht  stehe.  Doch  werde  der 
König,  setzte  er  hinzu,  ihm  jederzeit  ein  offenes  Ohr  gegen 
seine  Feinde  bewahren.  Es  war  ein  schlechter  Trost  für 
Boyneburg,  da  ein  anderer  an  seiner  Statt  nach  Paris 
freschickt  wurde.  Er  beabsichtigte  nun  auf  eigene  Kosten 
und  ohne  Auftrag  seines  Herrn  dorthin  zu  reisen,  um  sich 
zu  rechtfertigen  *).  Aber  den  Brief,  worin  er  diese  Absicht 
Lionne  kund  that,  scheint  dieser  gar  nicht  mehr  beant- 
wortet zu  haben. 

Gravel  hüllte  sich  auch  seit  längerer  Zeit  in  tiefes 
Schweigen,  und  als  er  endlich  wenige  Zeilen  schickte,  ent- 
schuldigte er  sich  mit  Mangel  an  Zeit  und  Stoff.  Auf  sechs 
Briefe'),  die  ihm  Boyneburg  anfangs  August  sandte,  gab 
Gravel  nur  zweimal  Antwort.  Er  erwiderte  kurz,  dass  sich 
die  Gesinnung  aufseilen  der  Franzosen  in  nichts  geändert 
habe,  in  kurzer  Zeit  und  bei  einiger  Geduld  werde  sich 
schun  alles  klären«),  und  Boyneburg  einsehen,  dass  er 
keinen  Grund  zur  Klage  habe.  Dem  Ersuchen  Boyne- 
burgs, ihm  diese  rätselhatten  Worte  zu  erklären,  entsprach 
Gravel  nicht. 

Flehentlich  klingen  die  Bitten,  mit  denen  der  Minister 
Gravel  beschwort,  ihn  doch  nicht  im  Stiche  zu  lassen. 
Bisweilen  bricht   aber  auch   sein  Mannesmut   durch,   wenn 

M  Ouhrauer  1.  c.  I,  68.  —  *)  Vgl.  den  Brief  an  Lionne,  dal.  16.  Juli, 
'itthratjcr  JI.  12$.  (Beilage  1,  2).  —  '-*)  Vjjl.  Ouhrauer  II,  127—1.^1,  mo 
•ttof  Biicfc  Hoyneburgs  mitgcteili  weiden.  Die  Kopie  eines  sechsten  liL'tindei 
Mch  unter  den  Akten  z.  W,  —  *|  Avee  peu  de  lenips  ci  paticnce-  iauioUn 
•J»« 'txttchnenden  Worte.     Guhrauer  II.   131. 


lOO  Wild. 

er  Gravel  versichert,  er  besitze  Kraft  und  Würde  genug, 
um  das  Unglück  zu  tragen,  das  ihn  treffen  solle,  nur 
dürfe  er  nicht  den  Trost  seiner  besten  Freunde  entbehren; 
denn  welcher  andere  Entschluss  bleibe  ihm  dann  noch 
übrig,  als  der,  den  die  Verzweiflung  dem  Kämpfer  in  der 
Arena  darbiete  *)! 

Aber  die  Beteuerungen  seiner  Unschuld,  die  Erinnerung 
an  den  früheren  vertrauten  Umgang,  der  Hinweis  auf  seine 
Mitarbeit  am  Rheinbunde,  die  Schilderung  einer  hoffhungs» 
reichen  Zukunft,  —  alle  Mittel  der  Überredung,  die  Boyne- 
bürg  anwandte,  hatten  bei  Gravel  keinen  Erfolg;  er  trat 
aus  seiner  Zurückhaltung  nicht  heraus;  denn  er  wollte  ihn 
fallen  lassen. 

Auch  Johann  Philipp  hatte  seit  der  Absendung  Reiiien- 
bergs  seinen  Entschluss  gefasst,  nämlich  Boyneburg  abzu- 
setzen 2).  Wie  konnte  dieser  erster  Minister  von  Kurmainz 
bleiben,  wenn  er  bei  Frankreich  kein  Vertrauen  mehr  genoss? 
Das  ganze  politische  System  des  Kurfürsten  hätte  sich  ändern 
müssen,  wenn  Boyneburg  im  Amte  hätte  bleiben  sollen. 
Zudem  fühlte  sich  Johann  Philipp  durch  dessen  eigen- 
mächtiges  Handeln  belästigt  und  durch  seine  Äusserungen 
beleidigt*).  Warum  aber  Hess  er  noch  zwei  Monate  ver- 
streichen, ehe  er  die  Boyneburg  zugedachte  Strafe  ein- 
treten Hess? 

Der  Kurfürst  wollte  durch  die  Mission  ReifFenbergs  in 
Erfahrung   bringen,    wie   er    selbst   von   Ludwig  XIV.  an- 
gesehen   wurde.     Er   war   durch    den  Verdacht   der  Treu- 
losigkeit, in   den  Boyneburg    kam,    selbst    in    ein    falsches 
Licht   geraten.     Nun   wünschte   er    erst  sichere   Nachricht 
darüber  zu  empfangen,  ob  der  französische  König  ihm  bei 


')  Guhraucrl,   180.  —  *)  Vgl.  die  Bcglaubigungsschreibeu  für  ReiAe'*' 
berj;  an  Ludwig  XIV.  und  Lionne,   Griihraucr  I,  74.  —  ')  Vgl.  undat.  iCoo- 
zcpt    eines    Briefes  von   Johann  Philipp    an    Gravel:    Cehii    que    vous    s»^^^ 
conlinuc  dans  son  infidclitc  et  briguc  tant  (juMl  peut  d'avoir  entr^e  aux  li^*** 
que  vous  savcz.     Mais  je  tacherai  de  le  mettre  en  6lat  qu'il  sera    entre    troM 
choses.     (J'ai  cu  par  bonheur  des  leltres,    qu'il  vous   a  voulu  mander  sou» 
coperte  de  Jean  Oxse,    que  j'ai  ouvertes,  d'autant  que  la   poste.  —  11    eö*'^*'^ 
qu'on    a    niande  Mons.    Rfi'enb.    celui    (jue    vous    savez.     J'ai    d6cou\*crt     *-** 
malices  si  noires,    (luc  vous  6tonniez.)     Mais  vous  savez  bicntöt  le    rem^^*^' 
Die  einj^eklammerlcn  Sätze  sind  durchstrichen.     Vgl    zu  diesen)  Briefe  G** 
rauer  I,  84. 


Sturz  Boyneburgs.  lOi 

seiner    Unternehmung    gegen    Erfurt    thatkräftige    Unter- 
stützung gewähre. 

Für  den  Aufschub  der  Bestrafung  Boyneburgs  war 
aber  noch  ein  anderer  Grund  massgebend.  Boyneburg 
sollte  in  vollkommenen  Misskredit  gebracht  werden. 
Schon  jetzt  gingen  über  ihn  allerhand  Gerüchte  umher, 
dass  er  irgend  etwas  Schandbares  gethan  haben  müsse. 
Der  Kurfarst  wollte,  dass  diese  Gerüchte  sich  überallhin 
verbreiteten,  damit  er  nicht  irgendwo  eine  Anstellung  fände, 
in  der  er  dem  Erzstift  Schaden  zufügen  könnte.  In  einem 
Instniktionsentwurf  für  ReifFenberg  heisst  es,  man  habe 
Bopeburg  schon  zu  Regensburg  absetzen  wollen;  aber 
man  habe  es  noch  anstehen  lassen,  um  ihn  auf  eine  solche 
Art  zu  entfernen,  dass  ihn  niemand  mehr  annehme  ^).  In 
einem  zweiten  Instruktionsentwurfe  ^)  wird  ReifFenberg  an- 
gewiesen, über  Boyneburgs  Verhalten  zu  Regensburg  aus- 
fiihrlichen  Bericht  zu  erstatten.  Es  wird  dabei  von  einer 
ganzen  Reihe  von  Missethaten  gesprochen,  worin  aber 
diese  bestanden,  wird  nicht  angegeben.  ReifFenberg  hat 
gewiss  nichts  vergessen,  was  zu  Ungunsten  Boyneburgs 
angeführt  werden  konnte.  Einen  schlimmeren  Sachwalter 
hätte  Boyneburg  nicht  finden  können.  Bald  nach  der 
Rückkehr  ReiflFenbergs  •)  verfügte  Johann  Philipp  die  In- 
haftierung Boyneburgs. 


*)  Undat  Konzept  Johann  Philipps.  —  *)  In  diesem  gleichfalls  von 
JohioD  Philipp  verfassten  Konzepte  wird  Reiffenberg  befohlen :  »M.  de  Lionne 
n  ttgen,  dass  ich  im  Nov.  (1663)  dnrch  den  Persot  ihm  geschrieben,  dass 
idi.  weil  ich  den  Bcynebiirg  zu  Regensburg  nicht  missen  könnte,  etwa  jemand 
»ulen  confident  schicken  wolle.  Worauf  er  mir  auf  des  Boyneburgs  prae- 
occopation  wieder  geschrieben,  als  wenn  gleichsam  kein  anderer  angenehm  sein 
»erde.  Was  es  aber  för  eine  Beschaffenheit  mit  dem  Boyneburg  habe,  wird 
Oritel  berichtet  haben.«  Der  Auftrag  Reiffenbergs  umfasst  vier  Punkte: 
M.  ZQ  informiereo,  was  des  Monsig.  und  P.  Rochas  Negotiation  und  meine 
I^oolation  gewesen ;  2.  ausführlich  zu  referieren,  wie  es  mit  den  publicis  zu 
I^posburg  hergangen,  was  mit  Sachsen  negotiiert,  item  die  seriem  d.  Boy. 
BMsotoi;  3.  was  ich  dem  Rochas  für  Kommission  in  Spanien  geben;  4.  mein 
Vorhaben  wegen  der  Erfurter  Sache.«  —  ')  Reiffenberg  war  am  4.  Aug. 
vicder  zu  Mainz.    Guhrauer,  Beilagen  I,  2. 


I02  Wild. 

Der  Prozess. 

Boyneburg  und  Lincker  wurden  am  22.  August  1664 
auf  der  Martinsburg  zu  Mainz  festgenommen  und  in 
Gewahrsam  gebracht.  Der  Prozess,  der  gegen  sie  an- 
gestrengt werden  sollte,  wurde  einem  Tribunal  übertragen, 
das  aus  dem  Kanzler  Meel,  den  Räten  Wingarten,  Dr. 
Konicken  und  Dr.  Paz  bestand.  Meel  war  zu  Mainz  die 
einzig  passende  Persönlichkeit,  die  den  Vorsitz  des  Gerichts- 
hofs führen  konnte;  aber  er  gehörte  zum  Unheil  für  Boynt 
bürg  zu  dessen  ausgesprochenen  Gegnern. 

Am  26.  August  wurde  das  erste  Verhör  gehalten. 
Nach  dem  Tagebuch  des  Rates  Bertram  waren  70  Fragen 
aufgestellt  worden,  welche  Äusserungen  Boyneburgs  über 
seinen  Herrn  und  das  Domkapitel  betrafen.  Bei  Beginn 
des  Verhörs  wurde  Boyneburg  durch  Meel  mitgeteilt,  d^ss 
der  Kurfürst  sich  vorbehalten  habe,  auch  über  die  Hand- 
lungen des  Angeklagten  Fragepunkte  ausarbeiten  zu  lassen. 
Dies  geschah  jedoch  nicht;  denn  die  beim  zweiten  Verhör 
hinzugefügten  zehn  weiteren  Artikel  bezogen  sich  wieder 
nur  auf  die  von  »Boyneburg  gegen  Seine  Kurfürstliche 
Gnaden  und  ein  hochwürdiges  Domkapitel  ausgestossenen 
Kalumnien«.  Vielleicht  befürchtete  Johann  Philipp,  seine 
Person  und  seine  Politik  möchten  durch  eine  spezialisierte 
Untersuchung  der  Handlungsweise  Boyneburgs  zu  sehr  in. 
die  Verhandlung  hineingezogen  werden. 

Beim  ersten  Verhör  suchte  Boyneburg  seine  Ruhe  zu 
bewahren.  Er  erklärte,  auf  alle  Fragen  eine  klare  und 
richtige  Antwort  geben  zu  wollen.  Es  wurde  ihm  von 
Meel  bedeutet,  dass  man  nichts  anderes  von  ihm  erwarte. 
Als  nun  Boyneburg  im  Laufe  des  Verhörs  merkte,  worauf  es 
abgesehen  war,  nämlich  ihm  mit  seinen  eigenen  Worten  einen 
Fallstrick  zu  drehen,  geriet  er  in  grosse  Aufregung,  schlug 
die  Hände  zusammen  und  rief:  »Gott  weiss,  dass  dies  alles 
Unwahrheit  ist.«  Nachdem  er  sich  wieder  gesammelt  hatte, 
machte  er  einige  Zugeständnisse,  manche  seiner  Aussagen, 
vor  allem  die  Drohungen,  suchte  er  so  zu  deuten,  als  hätte 
er  sie  nicht  gegen  den  Erzbischof,  sondern  gegen  seine 
Feinde  gerichtet;  die  meisten  der  ihm  zur  Last  gelegten 
Reden  wagte  er  noch  zu  bestreiten     Um  den  hartnäckigen 


Sturz  Boyneburi^.  103 

Leu^er  mürbe  zu  machen,  setzte  man  ihm  mit  scharfen 
Worten  zu  und  hielt  ihn  in  strenger  Haft.  Beim  zweiten 
und  dritten  Verhör  gestand  Boyneburg  beinahe  alle  vor- 
jjfelegten  Fragen  über  die  Thatsächlichkeit  seiner  Äusser- 
ungen zu.  Er  bekannte,  dass  er  sich  gegen  seinen  Herrn 
gröblich  verfehlt  habe  und  bat  um  dessen  Verzeihung  1). 
Lincker,  der  Genosse  Boyneburgs,  war  ganz  zusammen- 
gebrochen; er  gestand  beim  letzten  Verhör*),  dass  er  ver- 
loren wäre,  wenn  sein  Herr  nach  der  Schärfe  des  Rechts 
mit  ihm  verfahren  wollte. 

Während   zu  Mainz   das  Verhör   stattfand,    wurde   der 
kurfürstliche  Registrator  Erbenius  nach  Regensburg  gesandt, 
um  die   Räte   Bertram   und  Hettinger   über  die  Aussagen 
Boyneburgs  und  Linckers   zu   vernehmen.     Bertram   sollte 
^»esonders    darüber  befragt   werden,    ob    die    nach    seinem 
Tagebuche   verfertigten    Anklageartikel   richtig   seien.     Er 
i:ab  an,  dass  seine  Aufzeichnungen  meistens  den  Wortlaut 
der  Reden    Boyneburgs    bilden.      Denselben    entsprächen 
im  allgemeinen  die  zur  Anklage  aufgestellten  Punkte;  doch 
niüsste  er  einige  beanstanden,   weil  sie  offenbar  auf  einem 
Missverständnis    beruhten.      Nach    Entgegennahme    dieser 
gewundenen  Erklärung  reiste  Erbenius  wieder  nach  Mainz. 
•Man  wollte  einen  direkten  Beweis  der  Untreue  Boyneburgs 
nahen.      Darum    Hess    man    bereits    bei    seiner   Festnahme 
^*^ine   Papiere    in    Beschlag    nehmen.      Alles    was    sich    in 
meinem    Hause    von    Aktenstücken     vorfand,    wurde    fort- 
vreschleppt:  Gutachten,  Memoriale,  Relationen,  Briefe,  Pro- 
jekte und  Wechselzettel.     Da  die  Durchforschung  von  un- 
f*ihij^ren  ].euten  vorgenommen  wurde,  so  kamen  die  Papiere 
»n  die    grösste    Unordnung*).      Das    Resultat    der    Durch- 
seuchung  war   äusserst    gering.     Man    fand   in    dem    Brief- 
^'Vechsel  Boyneburj»s  mit  Seckendorf,  dass  sich  die  Freunde 
*^as    Versprechen     gegeben     hatten,     ihre     beiderseitigen 
abreiben     zu     verbrennen.      Ein     Beweis    oder     nur    ein 
Anhaltspunkt    dafür,    dass    der    Minister    sich    einer   ver- 

'■  \'g}  Guhrauer  I  84.  Er  hielt  das  Zugeständnis  Boyneburgs  für 
^"»ahrschcinlich.  Das  let2te  Verhör  Boyneburgs  fand  am  i.  Sept.  1664  statt. 
^^?  AQs»^)ten  sind  von  ihm  unterschrieben  unil  besiedelt.  -  *j  Ks  tami  am 
^'*  ^ps.  if»fi4  stall.  —  ')  Sie  wurden  später  wiederholt  durcheinander 
S^'»rfen  un-i  befinden  sich  heute  in  einem  chaotischen  Zustand. 


I04 


Wild. 


räterischen  Handlung  schuldig  machte,  konnte  nicht  erbracht 
werden. 

Der  Arrest  Boyneburgs  wurde  nach  Abschluss  des 
Verhörs  noch  verschärft.  Der  französische  Hauptmann 
der  Leibgarde  erhielt  den  Befehl,  niemand,  auch  nicht  die 
Frau  des  Oberhofmarschalls,  einzulassen.  Unte  und  Feder 
wurden  dem  Gefangenen  versagt.  Er  galt  als  trotzig,  weil 
er  es  lange  abgewehrt  hatte,  sich  bedingungslos  der  Gnade 
des  Kurfürsten  zu  unterwerfen.  Es  sollte  ihm  gezeigt 
werden,  dass  er  sich  ganz  in  der  Gewalt  des  Kurfürsten 
befinde  und  dass  seine  Drohungen  nichtig  wären.  23  Wochen 
lang  blieb  Boyneburg  in  Gefangenschaft.  In  dieser  Zeit 
vollzog  Johann  Philipp  die  Unterwerfung  Erfurts.  Der 
glänzende  Erfolg,  die  demütige  Huldigung  der  Städter,  die 
dauernde  Aufrichtung  der  Mainzer  Herrschaft  im  thürin- 
gischen Gebiet  besänftigte  den  Zorn  des  Gebieters.  Zuerst 
erfuhr  Lincker  eine  Erleichterung  der  Haft,  die  Freilassung 
wurde  ihm  in  Aussicht  gestellt  und  ihm  gestattet,  an  den 
Kurfürsten  zu  schreiben.  Gegen  Lincker  war  Johann 
Philipp  weniger  aufgebracht,  denn  er  sah  ihn  als  einen 
Verführten  an.  Lincker  versäumte  nicht,  an  seinen  Herrn 
ein  äusserst  unterwürfiges  Schreiben  zu  richten,  worin  er 
ihn  wegen  seines  Sieges  über  Erfurt  als  Helden  pries,  dem 
auch  er  inmitten  der  Schar  der  treuen  Diener  seinen  Glück- 
wunsch darbringen  wolle. 

Für  Boyneburg  traten  dessen  Verwandte,  das  Dom- 
kapitel, besonders  der  Weihbischof  Walenburg,  ja  sogar 
des  Kurfürsten  Bruder,  der  doch  von  Boyneburg  bitter 
beleidigt  worden  war,  als  Fürsprecher  auf  Zuletzt  gewann 
er  selbst  es  über  sich,  um  seine  Freilassung  zu  bitten. 
.Doch  dauerte  es  noch  bis  zum  Anfang  des  Jahres  1605, 
ehe  sich  Johann  Philipp  erweichen  Hess. 

Die  Verfügung  der  Freilassung  geschah  nicht  ohne 
demütigende  Bedingungen  für  die  Gefangenen.  Boyneburg 
hatte  einen  Revers  zu  unterzeichnen,  in  dem  nicht  allein 
das,  was  er  zugestanden  hatte,  angeführt  wurde,  son- 
dern auch  unerwiesene  Anschuldigungen:  er  habe  die 
ihm  verliehene  Autorität  missbraucht,  seinen  Herrn  hinter- 


Sturz  Boyneburgs.  105 

gangen,  seine  Ratschläge  kund  gegeben  und  verdächtige 
Anzettelungen  versucht'). 

Nachdem     Boyneburg     die     Freiheit     erlangt     hatte, 

setzte   er    ein    grosses    Schreiben    auf,    das    er    betitelte: 

IVükr    den    Reverssteller.     Er    war    der    Meinung,    sein 

Reise-   und    Tischgenosse,    der    schmeichlerische   Bertram 

hätte   den    Revers    verfasst.      Allein    er    befand    sich    mit 

dieser  Vermutung  auf  falscher  Fährte.     Der  Entwurf  dazu 

scamintc    von    dem   Kurfürsten    selbst.     Boyneburg   nennt 

den  Revers    erlogen    und    erzwungen.      Keine    treulosen 

XTiaten  konnten  ihm   nachgewiesen   werden,    sondern   nur 

Schmähungen  und  Drohungen,  deren  er  sich  auch  schuldig 

bekannte;    aber   in    dem    Revers   war    sein    Vergehen    so 

geschildert,  als  ob  er  verräterische  Handlungen  begangen 

hätte.    Dies   versetzte  ihn   in    grimmige  Wut;    er    meinte, 

man  hätte  redlicher  mit  ihm  umgehen  und  den  Revers  so 

einrichten   sollen,   dass   beides,  Wort   und   That,    getrennt 

li^eblieben   wäre.     Hätte    man    ihn   dann   auf  das   Einzelne 

t^efragt,  so  wäre  von  ihm  jene  Bezüchtigung  des  treulosen 

^"landelns    niemals    zugestanden    worden;    lieber    wäre    er 

'^^ieder  in   das   Gefängnis  zurückgegangen.     Das   Zureden 

Ss^iner  Familie  und  der  sehnliche  Wunsch,  endlich  aus  der 

I^aft  zu    kommen,   hätten   ihn    bewogen,  die   Unterschrift 

^vi  leisten. 

Boyneburg  macht  eine  zu  scharfe  Unterscheidung 
-^vrischen  Worten  und  Thaten.  Wenn  schon  im  gewöhn- 
lichen Leben  die  Grenze  zwischen  beiden  fliessend  ist,  wie 
'^'  idmehr  sind  oft  bei  einem  Diplomaten  Worte  und  Thaten 
von  derselben  Bedeutung!  Es  fragt  sich  aber  immerhin, 
iri wiefern  man  ein  Recht  hatte,  Boyneburg  der  Treulosig- 

*)  Der  WorUant  des    Reverses    ist    folgender:     »Dass    ich    nicht    allein 

X-  K.  Gd.  gröblich  verleunndet  — ,  sondern  endlich  mit  {grosser  Vermessenheil, 

*>)ci&e  TOD  I.  K.  Gd.    gehabte   Autorität    derj^talt    missbraucht    habe,    da^^ 

mich  nnterstanden,    I.   K.    Gn.    in    ihren    kurf.    functionibus    et    consiliis    zu 

l^iatergdien,  deren  Ratschlag  zu  pausieren,   und  dieselben  sowohl  dem  Reich 

^^  GemeinweseD,    iosonderheit  aber  I.  K.  Gn.    und    dero    hohen  Erz-    und 

Aftern  zu  Gefahr  und  Nachteil  zu  hindern,  ja  sogar  wider  sie  mich  bedrohlich 

^«rnehaen  zu  lassen  und    zu    dem  Ende  verdächtigte,    gefährliche  Collusioncs 

'^  verflben.«     Unter  dem  letzteren  ist  wohl    das  Zusammengehen  Boyneburgs 

Vit  liacker  gemeiat,  vielleicht  auch  die  Anerbietung  Boyneburgs  an  Bertram, 

Bill  ihm  gemeinsame  Sache  zu  machen. 


io6  Wild. 

keit  zu  beschuldigen.     Der  Umstand,  dass  er  den  Re^ 
unterschrieb,  in  dem   unter  anderem   ausgesagt  war,  c 
er  seinen  Herrn  hintergangen  habe,  spricht  nicht  zu  sei 
Gunsten.    In  seinem  Verhalten  zu  Regensburg  findet  i 
manches,    das    die    grösste    Missbilligung    verdient.     S< 
Annäherung  an   die  Kaiserlichen   ging  so   weit,   dass  i 
Herr   dadurch    bei    den  Franzosen   kompromittiert   wer 
musste.      Bei    den  Verhandlungen    über    die    Teilung 
spanischen  Erbes  drängte  sich   Boyneburg  in  einer   W 
vor,  wie  er  es   als  ein   gehorsamer  Diener  seines   Für 
niemals  hätte  thun  dürfen.     Dass  durch  sein  eigenmächti 
Handeln     die     geheimen    Absichten    Johann    Philipps 
Uneingeweihte    gelangten,     gereicht    ihm    zum    schwc 
Vorwurf.     Aber  er  handelte  bei  allen  seinen  Massnahi 
in  dem  guten  Glauben,   die  Interessen  des  Kurfürsten 
des  Erzstiftes  zu  fördern,  und  wenn  er  dabei  auch  für  j 
einen  Vorteil    zu   gewinnen    hoffte,    so    ist    dies    noch 
einem  Unterhändler  verübelt  worden. 

Der  Kurfürst  schrieb  bei  der  Absetzung  Boyneburg^ 
den  Pfalzgrafen  von  Neuburg,  Boyneburg  habe  den  Resp 
gegen  ihn  verloren  und  sich  »verlaufen«,  an  Berti 
berichtete  er,  Boyneburgs  böses  Gemüt  habe  noch  m 
an  den  Tag  gegeben,  und  er  beharre  in  seiner  üt 
Bezeigung*);  dem  Vizekanzler  Walderdorf  teilte  er  i 
Boyneburg  habe  seine  (des  Kurfürsten)  Person  und 
Domkapitel  verkleinert  und  auch  wohl  höhere  strafb 
Sachen  begangen.  Alle  diese  zweideutigen  Ausdrü 
zeigen  an,  dass  man  keinen  schlagenden  Beweis  für 
Untreue  Boyneburgs  vorbringen  konnte.  Beim  Ver 
sah  man  auch  davon  ab,  seine  Handlungsweise  untersucl 
zu  lassen^).  Geschah  es  aus  dem  Grunde,  weil  Joh; 
Philipp  nicht  in  die  Untersuchung  hineingezogen  wer 
wollte,  so  durfte  er  doch  nichts  Unerwiesenes  in  < 
Revers  aufnehmen.  Die  Papiere  Boyneburgs  wun 
durchstöbert,  ohne  dass  man  eine  spezielle  unlautere  Ha 
lung  entdeckte,    durch    die    er  sich   des   Verrats   schul 


^)  Erst  nachträglich    wurden    von  dem  Kurfürsten    die  Worte    >unc 
seiner  Untreue«  eingefügt*.  —  ^)  Deshalb  konnte  Boyneburg  in  seiner  Scfc 
"Wider  den  Reverssteller«  behaupten,   er  sei  ^inauditus  et  indicta  causa« 
urteilt  worden. 


Sturz  Boyneburgs.  foy. 

gemacht  hätte.  Boyneburg'  war  gewiss  nicht  ohne 
Schuld;  aber  er  verdiente  nicht,  dass  man  ihn  vor  dem 
Prozesse  so  lange  unter  der  Last  eines  erdrückenden 
Verdachtes  hinhielt,  dass  man  ihn  in  dem  Prozesse  wie 
einen  Verbrecher  und  Hochverräter  behandelte  und  ihn 
zur  Unterzeichnung  des  unbilligen  Reverses  zwang. 

Der  Revers  war  in  mehrfacher  Beziehung  hart  für 
Boyneburg;  denn  er  nahm  ihm  jede  Freiheit  der  Be- 
wegxing,  jede  Möglichkeit,  sich  für  das  erlittene  Unrecht 
Genugthuung  zu  verschaffen,  jede  Aussicht  auf  eine 
Wiederherstellung  seiner  Ehre.  Er  musste  sich  verpflichten, 
innerhalb  der  Grenzen  des  Erzstifts  zu  bleiben,  ohne 
Erlaubnis  Johann  Philipps  keine  Dienste  bei  einem  Fürsten 
des  Reichs  oder  des  Auslandes  anzunehmen,  keine  Korre- 
spondenz mit  deutschen  oder  fremden  Diplomaten  zu 
pflegen.  Ausserdem  musste  er  versprechen,  dass  er  die, 
welche  gegen  ihn  Zeugnis  ablegten,  unbehelligt  lassen 
wolle,  widrigenfalls  er  mit  Hab  und  Gut,  Leib  und  Leben 
der  Gewalt  des  Kurfürsten  verfalle,  wogegen  kein  Rechts- 
spruch geistlicher  oder  weltlicher  Gerichtsbarkeit,  keine 
Dispensation  und  kein  Privilegium  Giltigkeit  haben  sollte  *). 

Damit  waren  Boyneburg  Hände  und  Füsse  gefesselt. 
Er  meinte  zwar,  der  Reverssteller  sei  ein  schlechter 
theologus,  sonst  musste  er  wissen,  dass  ein  erzwungener 
Eid  keine  bindende  Kraft  besitze;  doch  wolle  er  als  ein 
Christ  sich  jeder  Rache  enthalten  2).  Weil  er  aber  ohne 
ordnungsgemässe  Untersuchung  verurteilt  worden  sei^), 
und  fühle,  dass  des  Kurfürsten  Gemüt  durch  seiner  Wider- 
sicher Bemühen  gegen  ihn  verbittert  bleibe,  so  rufe  er  zu 
'rott:  »Domine,  libera  animam  meam  a  labris  iniquis  et  a 
Hngua  dolosa.  Adiuva  me,  quoniam  alieni  (G.)  insurrexerunt 
idversum     me     et     fortes     quaesiverunt     animam     meam 

Boyneburg  begab  sich  nach  seiner  Loslassung  zuerst 
nach  Frankfurt,  dann  auf  seine  Güter.     Später  ging  er  auf 


*)  Vgl.  den  Revers  unter  den  Prozessakten  Boyneburgs  im  Archiv  z.  W. 
Vgl.  auch  dazu  Guhraucr  1.  c.  I,  86,  Anm.  —  -)  Vgl.  Gruber  1.  c.  IT, 
1158,  —  >)  ajnauditus  et  indicta  causa«.  —  *)  Damit  schliesst  Bcyncburgs 
Verteidigungsschrift  betitelt  »Wider  den  Reverssteller.«  Arch.  z.  W.  Boine- 
hurgica  IL 


io8  Wild. 

Reisen  und  übernahm  einige  Aufträge  für  Trier  und  Neu- 
burg 0.  Es  dauerte  lange,  bis  Johann  Philipp  einsah,  dass 
er  seinen  Minister  zu  hait  gestraft  hatte,  und  bis  dieser 
seinen  Groll  fahren  Hess.  Das  Verhältnis  zwischen  beiden 
besserte  sich  zusehends,  nachdem  Reiffenberg,  der  schlimmste 
Gegner  Boyneburgs,  wegen  schandbaren  Lebens  und 
Hochverrats  zu  lebenslänglichem  Gefängnis  verurteilt  worden 
war*).  Graf  Wilhelm  von  Fürstenberg  brachte  endlich 
eine  Aussöhnung  zwischen  Johann  Philipp  und  Boyneburg 
zu  Stande'),  Sie  erhielt  dadurch  eine  Besiegelung,  dass 
Melchior  Friedrich  von  Schönborn,  der  Neffe  des  Kurfürsten, 
die  liebenswürdige  Tochter  des  früheren  Ministers,  Sophia 
von  Boyneburg,  zur  Gemahlin  nahm*).  Das  einst  ver- 
traute Verhältnis  des  Kurfürsten  zu  Boyneburg  ist  aber 
niemals  vollkommen  wiederhergestellt  worden.  Die  Vor- 
kommnisse vom  Jahre  1664  stellten  sich  wie  eine  dunkle 
Scheidewand  zwischen  die  beiden. 

Eine  öffentliche  Stellung  hat  Boyneburg  nach  seinem 
Sturze  nicht  mehr  bekleidet.  Er  bewarb  sich  zwar  noch 
einmal  um  das  Reichsvizekanzleramt,  aber  obwohl  seine 
Bewerbung  von  verschiedenen  Seiten,  besonders  von  dem 
Kurfürsten  von  Trier,  eifrig  unterstützt  wurde,  sollte  sie 
auch  diesmal  ohne  Erfolg  bleiben  ß).  Er  widmete  sich 
jetzt  ungehindert  seinen  Studien  und  arbeitete  an  einer 
allgemeinen  Litteraturgeschichte ,  sowie  an  einem  fünf- 
teiligen Werke:  »de  usu  errorum  in  republicac,  worin  er 
seine  politische  Erfahrung  niederlegen  wollte.  Dadurch, 
dass  er  später  wieder  mehr  in  das  politische  Leben  zurück- 

*)  Eine  Zeit  lang  schien  es,  als  ob  Boyneburg  bei  Hannover  Dienste 
annehmen  werde.  G  ruber  II,  1162  u.  1180.  —  ')  Reiffenberg  war  Statt- 
halter von  Erfurt  geworden.  Im  Febr.  1667  wurde  er  von  Johann  Philipp 
aufgefordert,  zur  Beratung  des  Streites  mit  Kurpfalz  nach  Würzburg  zu 
kommen.  Bei  seiner  Ankunft  daselbst  wurde  er  festgenommen  und  unter 
die  Anklage  gestellt,  Erfurt  an  die  Sachsen  ausliefern  zu  wollen.  Ober  die 
Gründe  seiner  Verurteilung  vgl.  Oldenburger,  Thesaums  rer.  publ.  IV,  747. 
—  ^)  Vgl«  Brief  Boyneburgs  an  Melchior  Friedrich  von  Schönbom,  dat. 
II.  März  i6b8.  Boyneburg  schreibt,  er  hätte  sich  nicht  erkühnt,  dem  Kur- 
fürsten eine  Aufwartung  zu  machen,  wenn  er  nicht  durch  den  »Prinzen 
Wilhelm«  dazu  aufgemuntert  worden  wäre.  —  ^)  Die  Verlobung  fand  im 
Mai,  die  Heirat  Ende  Juli  1668  statt.  —  ^)  Vgl.  das  Schreiben  Boynebni^gs 
an  den  Kaiser,  dat.  Okt.   1669.     Arch.  z.  W. 


Sturz  Boyneburgs.  loo 

gezogen    wurde,   blieben    diese  Werke    unvollendet.     Auf 
einer    seinen    Reisen  kam    Boyneburg   im    Frühjahr    1667 
nach  Nürnberg.    Hier  traf  er  einen  jungen  Gelehrten,  der 
sein  volles  Interesse  erweckte,  Leibniz.     Wahrscheinlich 
waren  es  alchemistische  Studien,  durch  die  die  beiden  mit 
einander    bekannt    wurden.      Boyneburg    erkannte    sofort 
die   hohe    Begabung    des    Leibniz  und    riss    ihn    aus   der 
unwürdigen  Stellung,  die  er  inne  hatte,   heraus,  indem  er 
ihn  mit  sich  nach  Frankfurt  nahm  und  ihn  veranlasste,  am 
Mainzer  Hofe  Anstellung  zu    suchen.     Boyneburg   konnte 
frfilich  damals  wenig  für  ihn  thun,   da  er  sich   noch  nicht 
mit  dem  Kurfürsten  ausgesöhnt  hatte*).     So   war   Leibniz 
auf  sich    selbst    angewiesen.      Er    empfahl    sich     Johann 
Philipp   durch    die    Widmung   der    Schrift:    Növa   metho- 
dns    docendi     discendique    juris.       Allein     der     Kurfürst 
i       schenkte    dem     unansehnlichen    jungen    Gelehrten    keine 
weitere   Beachtung.    Daher  begab   sich   dieser   wieder  zu 
Boyneburg  nach   Frankfurt,   ordnete  dessen   umfangreiche 
Bibliothek,   unternahm   Reisen   in   seinem   Auftrag,   jedoch 
ohne  in   ein  Dienstverhältnis   zu   ihm   zu    treten.     Um   die 
Wende  des  Jahres  1667  erhielt  er  Beschäftigung  am   kur- 
Tnainzischen  Revisionsgerichte  bei  dem  mit  seinem  Gönner 
sehr  befreundeten  Rate  Dr.  Lasser*).    Als  endlich  die  Aus- 
söhnung zwischen  Boyneburg  und  Johann  Philipp  erfolgte, 
^rgte  jener  mit  allem  Eifer  dafür,  dass  seinem  Schützling 
**in  bestimmter  Gehalt  ausgesetzt  wurde,  denn  er  befürchtete, 
d^^  ersieh  sonst  nicht  werde  halten  lassen*).    Wie  er  den 

h  VjjL  Gl  über    1.  c.  II,    1172,  Anm.  —  ")  Vj^l.  Guhraucr,  Leibniz 

•  39-  —   •)  Eine   definitive   Anstellung   als    Revisionsrat    erhielt   er   erst   im 

J*Iire  1670.  —  *)  Vgl   Brief  Boyneburgs  an  Melchior  Friedrich  von  SchAnborn, 

*"**.    Köln    20.    Mai     1668:     «Ich    bitte    den    Herin     \otter»    er    lasse    den 

^^''   Leibniz,    ko  bei    Hern  Lasscr   und    ein    trctVlichcr    Mann,    wiewohl   jun};, 

'**^."r  aller  guten  That  wert    ist,    zu    sich    rufen    und  weil    er    in    studiis    viel 

^^rr.ag,    gebe    er   ihm    unbeschwert    Luft,    dass    iler    Herr    Vetter    und  ich, 

*^^  orderst    aber    Ihre    Kurfürstliche    (Inaden ,    unser    gnädigster    Hcir,     ihn, 

"*'^'     unsere    L'ntcrbauun';.    gnädigst    considerioren    und    ihm    holten    würden, 

"•*'."iuf  er  sich  zu  verlassen  h.Httc.     Ich  werde   dem    Herrn  Vetter   hier   schon 

'fck<. bliche  triftige   Ursache   sagen,    warum:    est  in    bona  via  ad    veram  Bdem 

^^    ;lanc  incomparabilis  in  eruditionis  omnis    cultu    ac  usu  .     Auf  der    Brief- 

'-■ccVic  trÄgt  Boyneburg  noch  nach:     Ihre  Kurfürstliche    Cinadon    könren    den 

^*^ •   leibniz  jährlich  mit  gar  wenig  halten.     Vielleicht  wird  er  geistlich,  denn 

*f   K^Qi  spekulativ  und   zum  Professor  und    Büchcrschreibcn  gar  bctiucm  ist« 


HO  Wild. 

Kurfürsten  für  ihn  interessierte,  so  spornte  er  auch  Leibniz 
an,  seine   schriftstellerische   Begabung*  in  den  Dienst  der 
Mainzer  Politik   zu  stellen.     Boyneburgs   Erwartung,   dass 
er  zur  katholischen  Kirche  übertreten  werde,  entsprach 
Leibniz    nicht;    doch    erwies    er    sich    für    die    kirchlichen 
Unionsbestrebungen,  die  Boyneburg  damals  wieder  aufnahm, 
empfänglich.     Der   gealterte  Staatsmann    fand   an   Leibniz 
einen  jugendlichen  Genossen,  der  auf  seine  Ideen   mit  Be- 
geisterung einging  und  sie  mit  seinen  eigenen,  hochsinnigen 
Plänen    zu  verbinden  wusste.     Jetzt  war   für   das   geistige 
Leben  am  Mainzer  Hofe  eine  herrliche  Epoche  angebrochen. 
Die  Veranstaltung  eines  CoUegium  historicum  unter  den  deut- 
schen Gelehrten,  die  Errichtung  eines  polytechnischen  Insti- 
tuts, das  in  einer  Stadt  am  Rheine  auf  neutralen  Boden  und 
unter  dem  Schutz  der  benachbarten  Staaten  gestiftet  werden 
sollte '),    die  Anbahnung    einer   geordneten  Verfassung  für 
Deutschland,  die   Abwendung  der   drohenden    Gefahr  von 
Seiten  Ludwigs  XIV.,  —  das  waren  Pläne,  über  welche  die 
beiden    geistreichen   Männer  ihre   Gedanken   austauschten. 
Wenn    Boyneburg   auch    kein    Amt   mehr   verwaltete,  in 
dem  er  sich  seinem  Herrn  nützlich  machen  konnte,  so  hat 
er   doch    dadurch,    dass    er    Leibniz    an    den  Mainzer  Hof 
brachte,  viel  zum  bleibenden   Ruhme  Johann  Philipps  von 
Schönborn  beigetragen. 


*)  Ein  interessanter  Entwurf  dazu  findet  sich  im  Archiv  z.  W.  & 
trägt  keine  Datiening,  stammt  aber  zweifelsohne  aus  den  Jahren  1660  ff.  un.^ 
hat  Boyneburg  zum  Verfasser. 


Zur  Geschichte  der  badischen  Presse  in  der 

Rheinbundszeit. 

Von 

Karl  Obser. 


An  anderer  Stelle  *)  habe  ich  unlängst  die  Anfänge  des 
Zeitungswesens  im  Bereich  des  heutigen  Grossherzogtums 
behandelt.  Weniger  bekannt,  doch  ungleich  charak- 
teristischer und  lehrreicher  ist  das  Kapitel  seiner  Leidens- 
Ij^eschichte  in  den  Tagen  des  Rheinbunds,  zu  deren  Dar- 
stellung mich  einige  interessante  Schriftstücke  bestimmen, 
auf  die  ich  im  Pariser  Archiv  des  Auswärtigen  Amtes 
Srestossen  bin:  charakteristisch  und  lehrreich  vor  allem. 
Weil  es  uns  zeigt,  in  welchem  Masse  die  Willkür  des  fran- 
zösischen Gewalthabers  hier  im  fremden  nicht  minder 
wie  im  eigenen  Lande  auch  auf  diesem  Gebiete  alles 
geistige  Leben  in  Fesseln  zu  schlagen  bemüht  war. 

Wir  sind  ja  im  allgemeinen  wohl  über  das  Verhältnis 

Napoleons  zur  Presse  überhaupt  und  zur  französischen  ins- 

l>esondere    unterrichtet.      Wir    wissen ,   dass  seine   Sympa- 

tliien   ihr    keineswegs    gehörten,    dass   er    aber    auch    ihre 

ßedeutung   nicht  verkannte   und   sie   darum,   so   lange   sie 

sich  gefügig  erwies,  duldete  als  ein  notwendiges  Übel,  als 

^in  unentbehrliches  Werkzeug,  um  die  öffentliche  Meinung 

'^ach  seinem  Sinne  und  Willen  zu  lenken.    Eine  der  ersten 

^egierungshandlungen  des  jungen  Konsuls  war  es,  dass  er 

^e  Mehrzahl  der  in  Paris  erscheinenden  politischen  Blätter 

bis   auf  dreizehn    unterdrückte    und    die   Gründung    neuer 

Zeitungen  ein-  für  allemal  untersagte  2).    Aus  seiner  Korre- 


*)  Vgl.  K.  Obser,  Die  ältesten  Zeitungen  in  Baden.  Neues  Archiv 
t  Gnch.  der  Stadt  Heidelbercr,  III,  140—46.  --  •')  Vgl.  Hatin.  Histoire  de 
1a  pmse  fran^se,  IV,  402  ff. 


112  Obser. 

spondenz  ersieht  man,    wie    er   von   da   ab   mit   scharfem 
Auge  die  Haltung  der  hauptstädtischen  Presse  überwacht, 
wie  er  von  Jahr  zu  Jahr  ihr  immer  engere  Schranken  zieht 
und  sie   mehr   und    mehr   in    ein    serviles  Abhängigkeits- 
verhältnis   herabdrückt,    in    welchem    sie,    jeder    eigenen 
Meinung    bar,    lediglich    das   Sprachrohr    der   Regierung 
wird.      Und    wehe    dem    Redakteur,    der    unvorsichtiger 
Weise  einen  kleinen  Verstoss  beging  und  einem   fremden 
Blatte  etwa  einen  an  sich  harmlosen  Artikel  entlehnte,  der 
aus  irgend  einem  oft  schwer  zu  erratenden  Grunde  das  Miss- 
fallen des  Gewalthabers  erregte :  er  bekam  die  volle  Schwere 
des  kaiserlichen  Zornes  zu  fühlen,  Suspendierung  der  Zeitung, 
Verhaftung  und  Ausweisung  des  Schuldigen  bildeten  nicht 
selten  die  Strafe,  mit  der  das  Vergehen   gesühnt  wurde*). 
Nur  nach  einer  Seite  hin  gewährte  Napoleon   den  Journa- 
listen eine  gewisse  Bewegungsfreiheit:  England  gegenüber 
brauchten    sie  keinerlei   Rücksichten    zu    beobachten.    Im 
übrigen  aber  waren  sie  gebunden,  von  jedem  seiner  Winke 
abhängig,  blieb  ihnen  jede  Bethätigxing  eigenen  politischen 
Denkens   und    Urteilens    versagt.     »La   politique   demeure 
un   monde   ferme;    il   y   eut  comme  un  blocus   des  idees, 
non  moins  rigoureux  que  le  blocus  Continental«*):  mit  diesen 
Worten  hat  der  Geschichtsschreiber  der  französischen  IH"esse 
die  für  die  T)auer  unhaltbaren  Zustände  unter  dem   ersten 
Kaiserreiche  treffend  gekennzeichnet. 

Nicht  viel  besser  erging  es,  soweit  wir  sehen,  dies- 
seits des  Rheins  der  Rheinbundspresse.  Auch  sie  stand 
völlig  unter  dem  Banne  napoleonischer  Diktatur  und  war 
gezwungen,  das  Beispiel,  das  die  Pariser  Blätter  gaben, 
gefügig  nachzuahmen.  Für  scharfe  Kontrole  war  gesorgt: 
französische  Diplomaten  und  Offiziere  wachten  strenge 
darüber,  dass  keine  Zeile  veröffentlicht  wurde,  die  bei 
ihrem  Gebieter  Ärgernis  erregen  konnte,  und  brachten 
jede  Übertretung  zur  Anzeige  und  Ahndung.  Im  Gross- 
herzogtum Würzburg  durfte  vom  April  1806  ab  keine' 
Zeitung  erscheinen,   deren  »Aufsatz«  nicht   zuvor   von   den«k 


^)  Vgl.  die  kürzlich    erschienene    wertvolle  Publikation    von  Lecestre 
Lettres  inedites   de  Napoleon  I«^    die  eine  Menge    interessanter  Belege   flbes 
Napoleons  Verhältnis  zur  Presse  enthält,  insbesondere  I,   58,   163,  225,  339 
II,   123,  250,  277.  —  ')  Hatin,  a.  a.  O.  VII,  535. 


Bad.  Presse  in  der  Rheinbundszeit. 


H3 


französischen  Kommandanten  geprüft  und  genehmigt  worden 
wäre').     In  Baiem,   wo  während  einiger  Jahre   die  Zensur 
aufgehoben   war,   wurde  dieselbe   zweifellos  unter  franzö- 
sischem  Drucke    wieder    eingeführt;    die    damals   in    Ulm 
erscheinende   Allgemeine  Zeitung,    das   angesehenste   der 
baierischen  Blätter,  musste  sich   zu  einem  Abkommen  mit 
Frankreich   bequemen    und    dem    fremden   Einflüsse    ihre 
Spalten   in   ausgiebigster  Weise    zur   Verfügung   stellen  2). 
Ihrer  umsichtigen  Leitung  hatte    sie    es    zu    danken,    dass 
keinerlei   Gewaltmassregeln    in    dieser   Periode    gegen    sie 
angeordnet  wurden,  während  beispielsweise  die  Bayreuther 
Zeitung  wegen  eines  unliebsamen   englischen  Artikels   auf 
Weisung  Napoleons  rücksichtslos  suspendiert,  ihr  Redakteur 
aber  in  Haft  genommen  wurde*).     Ähnlich  lagen  die  Ver- 
hältnisse in  Württemberg;  auch  im  »Schwäbischen  Merkur*, 
überall  sichtbar  die  Spuren  franzosischer  Einwirkung,    Die- 
selbe Gefügigkeit,   wo  es  sich  um  Aufnahme  französischer 
Communiques,  sei  es  auch  der  breitspurigsten  Beschreibungen 
von  Pariser   Hoffestlichkeiten,    handelte,   und   andererseits 
dieselbe  ängstliche   Scheu   und    Zurückhaltung   vor  jedem 
offenen    Wort,    jeder    unparteiischen,    aber    französischen 
Interessen  zuwiderlaufenden  Berichterstattung*). 

Am  schwersten  aber  unter  den  süddeutschen  Rhein- 
bundstaaten hatte  unzweifelhaft  Baden  zu  leiden,  mit  dessen 
Presszuständen  wir  uns  hier  näher  zu  befassen  haben: 
während  der  Imperator  Baiern  und  Württemberg  gegen- 
über doch  gewisse  Rücksichten  beobachtete,  Hess  er  dem 
Nachbarn  gegenüber  seiner  Willkür  ungehemmt  die  Zügel 
s:hiessen. 

Buntscheckig  wie  die  Zusammensetzung  des  jungen 
R^heinbundstaates  war  auch  das  Bild  seiner  Presse,  ein 
Produkt  der  historischen  V^erhältnisse.  In  den  rcichs- 
*^dischen  Territorien,  die  nach  dem  Willen  Napoleons  in 
^  Jahren  1803—  '806  mit  der  alten  Markgrafschaft  zu 
«nem  neuen  Staatsgebilde  verschmolzen   wurden,   in   der 

*)  Göbl,  Zur  Gesch.  der  Presse  in  Würzburg  bis  zum  Jahre  1815, 
Aldi»  d.  bist.  Vcr.  f.  Unterfranken,  38,  262.  —  ')  Hcyck,  Die  AnKcni. 
^SttBg  1798—1898.  S.  172  ff.  —  »)  Vgl.  Lecestrc,  a.  a.  O..  I,  225.  - 
'*  V|L  Eiben,  Gesch.  des  Schwäbischen  Merkurs,  S.  33,  3S  ff.    (Notiz  über 

Z«<nchr.  L  Gesch.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  1.  8 


114 


Obser. 


Pfalz,  im  Breisgau,  im  nassauischen  Lahr   and   anderwärts 
war  in  der  zweiten  Hälfte    des    i8,  Jahrhunderts   eine  An- 
zahl  politischer  Tages-,   bezw.   Wochenblätter  entstanden, 
welche  das  in  immer  weiteren  Kreisen  erwachende  Interesse 
für  die  Welthändel  zu  befriedigen   und   das  Publikum   mit 
den    neuesten    Nachrichten    zu    versorgen    bemüht    waren. 
Da  sie  ohne  alle  Ausnahme  vonseiten  der  landesherrlichen 
Behörden   durch   Privilegien    geschützt  •waren,   hatte   auch 
die   badische  Regierung    als  Rechtsnachfolgerin    sie   wohl 
oder  übel  bestehen  lassen,  zumal  ihre  Aufhebung  bei  den 
neugewonnenen  Unterthanen   zweifellos  böses  Blut  erregt 
hätte.     So  kam   es,    dass  in   einem  Staate  von   verhältnis- 
mässig bescheidenem  Umfang  eine  für  jene  Zeit  ungewöhn- 
lich grosse  Anzahl  einheimischer  Zeitungen  in  Wettbewerb 
trat:  ausser  der  in  der  Residenz  erscheinenden  Karlsruher 
Zeitung  der  Konstanzer  Volksfreund»  die  Freiburger  Zeitung-« 
das  Lahrer  Wochenblatt,  das  Pforzheimer  Wochenblatt  und 
in  Mannheim  die  deutsche  Mannheimer  Zeitung,  das  JoumaLl 
politique  und  späterhin  die  Rheinische  Bundeszeitung.    Von 
einiger    Bedeutung    waren    freilich    nur    die    Mannheimer 
Blätter,    die    nicht    lediglich    mit    der    Scheere    arbeiteten, 
sondern  auch  Originalkorrespondenzen  ')  brachten,  mit  einem 
gewissen  Geschick  geleitet  waren  und  auch  ausserhalb  der 
badischen  Grenzpfähle  gelesen  wurden. 

Die  Zensurverhältnisse  waren  durch  die  von  Geh.  Rat 
Brauer  redigierte   kurbadische   Bücherzensurordnung   vom 
19.  Dezember  1803^),  die  auch  für  die  Presse   massgebenci 
war,    neu    geregelt    worden.      Man    kann    derselben    da^ 
Zeugnis    nicht    versagen,    dass    ihre    Bestimmungen   unte?T 
den    damaligen  Verhältnissen   im   wesentlichen   gemässigt^ 
waren,    und   die  Erfahrung  lehrte,   dass  sie    auch   im   all' 
gemeinen  mit  Milde  gehandhabt  wurden.    Für  die  Zeitung^ ^ 
kam    vor    allem    Artikel  IV  Ziffer  5  in    Betracht,    welch^^'' 
besagte,  dass  nichts  veröffentlicht  werde,  was  geeignet  s^^*» 
die  Regierung  in  Zwist  mit  dem  Auslande   zu  verwickel- "**» 
bei    benaclibarten    oder  befreundeten  Staaten  Ärgernis    ^^ 
erregen    oder    in   Kriegszeiten   das  Interesse   der  VerbÄ-^' 

*)  Vgl.  z.  B.  die  Notiz  in  Nr.  65  der  »Rheinischen  Correspondeoze  i^-^»'" 
9.  Mai  1809  S.  259.  —  «)  Karlsruhe,  bei  Macklot,  1804.     45  S.  8". 


Bad.  Presse  in  der  Rheinbundszeit. 


115 


deten  zu  schädigen,  »kurz  wovon  leicht  vorgesehen  werden 

könnte,  dass  es  Uns  oder  Unsern  Landen  Nachteil  bringen 

möchte.c 

So  lange  Baden   noch   dem    alten  Reichsverbande  an- 

gehörte,  vernahm  man  selten  von  einer  Übertretung  dieser 
Vorschriften  oder   irgend  welcher  Behelligung   der  Presse. 
Anders    nach    dem    Eintritte    in  den  Rheinbund.     In   dem 
Masse,   wie  sich  die   napoleonische   Regierung   mehr   und 
mehr  in   die   inneren   Verhältnisse    des  Landes    einmischte 
und    nach     eigenem    Gutdünken     schaltete    und    waltete, 
wandte  sie  auch  der  badische  Presse  ihre  Aufmerksamkeit 
zu  und  verfuhr  wider  sie  nach  den  in  Frankreich  erprobten 
Gnindsätzen.    Zusehends  häuften  sich  in  der  Folge  Klagen, 
Beschwerden    und    Massregelungen  wegen    Pressvergehen; 
sie  bilden  eine  stehende  Rubrik  in  den  Berichten  der  beim 
Karlsruher  Hofe  beglaubigten  Diplomaten,  denen  die  Aul- 
gabe der  Überwachung  der  Zeitungen  vorzugsweise  zufiel, 
belbst  ein    Mann  von   so  vernünftiger  Denkweise   und  ge- 
mässijrten  Anschauungen,   wie  Massias  konnte  sich   hierin 
dem  Drucke,  der  von  Paris  ausging,    nicht   entziehen,    um 
M)  weniger  seine  Nachfolger,  die  aus  ganz  anderem  Holze 
geschnitzt  waren. 

Mit  wenigen  Ausnahmen,  die  wir  später  kennen  lernen 
werden,  richteten  sich  die  französischen  Beschwerden  aus- 
M-hliesslich  gegen  die  oben  angeführten  Mannheimer 
Blätter:  eine  Thatsache,  die  in  der  Bedeutungslosigkeit  der 
übrigen  Presse  zur  Genüge  ihre  Erklärung  findet.  Vor 
allem  gab  das  »Journal  politique  de  Mannheim«  häufig 
Anlasb  zu  Reklamationen.  Sein  Verleger,  der  frühere 
BcMtzer  der  »Gazette  des  Deux-i^onts«,  Solome,  hatte  im 
Februar  1801  vom  Kurfürsten  Max  Jose!  auf  25  Jahre  das 
IMvileg  zur  Herausgabe  einer  Zeitung  in  französischer 
Sprache  erhalten;  nach  seinem  Tode  (1802)  hatte  die 
Witwe  das  Unternehmen  weiter  geführt,  unterstützt  durch 
<ien  kurpfälzischen  Rat  Ernst  Andreas  Lamey,  der  in  den 
Jahren  1801  —  i8ob  der  redaktionellen  Leitung  sich  annahm. 
We  Zahl  der  Abonnenten  wird  im  Jahre  1806  auf 
'xjo    angegeben').       Bald      nachdem      Lamey      von     der 

'i  Im  J.   1810    war    &ic    infol};e   der    wiederholten  Mabsregc-lun^^en    de:» 
°uttek  luf  400  zurückgegantren. 


k 


il5  Obser. 

Redaktion  zurückgetreten  war,  liefen  die  ersten  Beschwer- 
den ein. 

In  Nummer  78  vom  19.  März  1807  war  —  vermutlich 
nach    dem    Pariser   »Publicistec  —  ein   Schreiben,   welches 
ein  gewisser  Ascof  aus  Braunsberg  an   den  Sekretär   des 
Zaren,    Cordier   de    Launay,    anlässlich    der    Schlacht   bei 
Eylau    gerichtet    hatte,    zum    Abdruck    gebracht    worden, 
jedoch  nur  auszugsweise  und,  wie  behauptet  wurde,  unter 
geflissentlicher  Auslassung  der  bezeichnendsten  Stelle.    Der 
französische  Geschäftsträger,  Baron  Massias,  führte  darüber 
umgehend     bei     dem     Minister     v.     Edelsheim     Klagest 
so   dass    dieser   sich  veranlasst    sah,     der   Witwe    Solome 
sein     Befremden    über    den    Vorfall     auszusprechen    und 
dem     Redakteur    künftig    mehr    Vorsicht    zu     empfehlen. 
Der   Grossherzog  wünsche   dringend,   dass   kein  Journalist 
der    französischen    Regierung,    der    er    aufrichtig    ergeben 
sei,  Grund   zur   Klage    gebe^).     Dabei    hatte    es    vorläufig 
sein  Bewenden.     Ein    paar   Monate   später   ereignete   sich 
indes    ein     neuer    Zwischenfall.     Das    »Journal    politique» 
hatte  in  Nr.   6   vom   6.  Januar  1808   nach  dem  «Moniteur« 
einen  intercipirten    Bericht    des    schwedischen    Geschäfts- 
trägers  in   Wien,    Grafen    Düben,    vom    12.  Oktober  1806 
mitgeteilt,  in  welchem  u.  a.  den  Baiem  vorgehalten  wurde, 
sie    hätten    auf  Wrede's   Weisung  in  der  Umgegend    von 
Leipzig    geplündert    und    sich    auch    diesmal    durch    ihre 
Raubgier  und   Grausamkeit    ausgezeichnet.     In    einem    an 
die  Mannheimer  Redaktion  gerichteten  offenen  Schreiben*) 
hatte  General  Wrede   dann   unter  Zurückweisung  der  An- 
schuldigungen    Düben     für    einen     infamen     Verleumder 
erklärt,  falls  er  nicht  widerrufe.     Daran   knüpfte    sich    ein 
weiterer  Briefwechsel,  es  kam  zur  Herausforderung,  deren 
Annahme  Wrede  auf  Befehl   seines  Königs   zunächst  ver- 
weigerte*). Auf  Dübens  Verlangen  veröffentlichte  der  Leiter 
des  »Journal  politique«,  da  er  zuvor  Wrede  das  Wort  erteilt, 


^)  Note  vom  22.  März  1807.  Kopie.  Paris.  ArchWes  des  Afiaires 
EtraDgdres.  Die  im  Folgenden  citicrten  Aktenstücke  bernhen,  wo  keine 
andere  Quelle  angegeben  wird,  in  demselben  Archive.  —  ^  Dat.  22.  Miirz 
1807.  —  ')  Vgl.  Nr.  18  vom  18,  Jan.  1807.  —  *)  Vgl.  über  diese  An- 
gelegenheit und  ihren  weiteren  Verlauf  Hexlmano,  FeldmancbaU  Fürst 
Wrede,  109  ff. 


Bad.  Presse  in  der  Rheinbundszeit. 


"7 


die  auf  den  Endverlauf  der  Angelegenheit  bezüglichen 
Schriftstücke  in  den  Nummern  134  und  135  vom  15.  und 
16.  Mai;  dabei  beging  er  aber  die  Unvorsichtigkeit,  auch 
ein  Schreiben  Dübens  abzudrucken,  in  welchem  der  fran- 
zösischen Regierung  die  Bekanntgabe  des  aufgefangenen 
Berichts  als  »infraction  notable  aux  egards  que  jusqu'ä  nos 
jours  les  gouvernements  civilisea  avaient  conserve  pour  les 
relations  diplomatiquesc  vorgeworfen  wurde.  Es  war 
vorauszusehen,  dass  Massias  dagegen  sofort  Vorstellungen 
erhob  und  darauf  hinwies,  dass  das  Blatt,  wenn  sich  der- 
ffleichen  wiederhole,  in  Frankreich  verboten  werde.  Der 
Redakteur  erhielt  den  unvermeidlichen  Verweis,  und  Edels- 
heim  beeilte  sich,  Massias  zu  beruhigen,  indem  er  ver- 
sicherte, der  Redaktion  sei  von  neuem  eingeschärft  worden. 
nichts  zu  veröffentlichen,  was  Frankreich  irgendwie  verletzen 
konnte.  Er  hoffe,  dass  dies  genüge  und  die  Drohung 
wirke  ^).  Massias  gab  sich  damit  zufrieden,  er  war  kein 
Freund  von  Gewaltmassregcln  und  sah  offenbar  auch 
keinen  Anlass  zu "  schärferem  Vorgehen.  So  lange  er  noch 
auf  seinem  Posten  verblieb,  wurden  auch  keine  weiteren 
Klagen  über  die  Haltung  der  badischen  Presse  laut. 

Anders,   als   er   im   März   1808    abberufen  wurde    und 
August  Talleyrand  an  seine  Stelle  trat,   ein   eitler,   ränke- 
^'oUer  Streber,  der  sich  bei  jeder  Gelegenheit  dem  Kaiser 
^urch   seine   Dienstbeflissenheit  zu   empfehlen    suchte   und 
iiit  Eifer  die  Rolle  eines   Aufpassers   und  Angebers  über- 
'i^hm.      Bald    ertappte    er    denn    auch    das    Mannheimer 
Journal    auf   einem    Staatsverbrechen.      In    Nr.    128    vom 
^«  Mai  veröffentlichte  dasselbe  nach  dem  Beispiele  bairischer 
Zeitungen    ein    Rundschreiben    des    Papstes,    in    welchem 
dieser  gegen    die    Ausweisung    der    Kardinäle   aus    Rom 
Verwahrung  einlegte  und  sie  zum  Widerstände  aufforderte. 
Aus   den    daran    geknüpften    Schlussbemerkungen    ergab 
sich  im  übrigen  deutlich,  dass  der  Artikelschreiber  keines- 
wegs für  die  Kurie  Partei  ergriff.     Allein  dies  half  nichts: 
der  Abdruck  des  Rundschreibens,  in  dem,  wie  Talleyrand 
behauptete,     Frankreich     als     Todfeind    der    katholischen 

M  Massias    an    Iidelsheim.       18.    Mai     1807:    Edclshcim    an    Mnssia>, 
»^  Mal  1807. 


Il8  Obser. 

Kirche  behandelt  wurde,  genügte  an  sich  schon  völlig, 
um  die  Redaktion  strafwürdig*  erscheinen  zu  lassen.  War 
doch  bekannt,  dass  den  Kaiser  jede  Erörterung  der  Händel 
mit  der  Kurie,  und  sei  es  auch  nur  eine  Mitteilung  von 
Aktenstücken,  wegen  der  in  Frankreich  herrschenden 
tiefen  Erregung  aufs  empfindlichste  berührte.  Eben  in 
jenen  Tagen  hatte  er,  v,ne  wir  aus  der  verdienstvollen 
Publikation  Lecestre's  ersehen,  an  Pouche  geschrieben: 
-Die  römischen  Angelegenheiten  gehen  keine  Zeitung 
etwas  an.  Wachen  Sie  ganz  besonders  darüber.  Wann 
etwas  zu  sagen  ist,  wird  dies  durch  den  Moniteur  ge- 
schehen»).« Talleyrand  durfte  daher  auf  die  volle  Unter- 
stützung seiner  Regierung  rechnen,  wenn  er  in  gebiete- 
rischem Tone  von  Edelsheim  die  Suspendierung  des  Blattes 
forderte. 

Ein  solches  Ansinnen  war  bisher  niemals  gestellt 
worden,  am  wenigsten  aus  so  geringfügigem  Anla!^^. 
Angesichts  des  ungestümen  Auftretens  Talleyrands  konnte 
sich  indes  PMelsheim  dem  Zwange,  gegen  die  Schuldigen 
einzuschreiten,  nicht  entziehen,  wenn  er  auch  sichtlich 
bemüht  war,  dabei  Milde  walten  zu  lassen.  Er  erwiderte 
dem  französischen  Gesandten*),  das  Journal  politique<  sei 
auf  s  Taj^'o  suspendiert  und  dem  Redakteur,  wie  dem 
Zensor  eröffnet  worden,  der  Grossherzog  habe  mit  äusserstem 
Missfallen  die  Veröffentlichung  des  Rundschreibens  bemerkt: 
wäre  dasselbe  nicht  bairischon  Zeitungen  entlehnt,  so  wäre 
(he  Strafe  härter  ausgofallon.  Aufs  neue  sei  die  Schrift- 
leitung angewiesen  worden,  koinen  Artikel  über  Frankreich 
zu  bringen,  der  niclit  Pariser  Blättern,  vor  allem  dem 
Monitour,  entnommen  sei.  Mit  der  achttägigen  Suspen- 
dierung scheint  es  indes  dem  Minister  nicht  sonderlich 
Ernst  gewesen  zu  sein:  nach  den  mir  vorliegenden 
Nummern  ist  das  Blatt  wenigstr^ns  im  Mai  und  Juni  täglich 
ohne  jede  Unterbrechung  erschienfMi. 

Talleyrand  beruhigte  sich  auch  bei  dem  erhaltenen 
Bescheide  nicht,  um  so  wenig^T,  als  der  französische 
Minister  des  Auswärtigen,   Chanipagny.    ihm    aus    Bayonne 

*)  An  Foiiclu»,  23.  April  180S.  Locestre,  .1.  a.  O.  I,  180.  —  'r  Vgl. 
Talleyrand  an  Champa^jny,  S.  Mai.  —  Eiiolsh»Mm  an  Tallcpand,   17.  Mai  1808. 


Bad.  Presse  in  der  Rheinbundszeit.  I  ig 

mitteilte,  der  Kaiser  sei   damit    einverstanden,  dass  er   die 
Unterdrückung  des  Journals  gefordert,  und  wünsche  sogar, 
dass  künftig     überhaupt    keine    Zeitung    in    französischer 
Sprache    mehr    in     der     Nähe     der    Grenze     erscheine  i}. 
Erneute  mündliche  Vorstellungen  bei  Edelsheim  waren  die 
Folge.    Der    Minister    blieb   jedoch    fest;    er    wies    darauf 
hin,  dass  der   Grossherzog    bei    der   Übernahme    der   Pfalz 
die  Privilegien  des  »Journal  politique«  garantiert  habe,   ein 
Verbot  desselben   ihn   also   verpflichten    würde,   dem  Ver- 
leger den    daraus    erwachsenden   beträchtlichen    Schaden 
-  etwa   60000  fl.  —   zu   ersetzen.     Auch  habe   man   alle 
Ursache   zu    glauben,    dass    das    Blatt    der    französischen 
Regierung  selbst  schon  wiederholt  gute   Dienste  geleistet. 
Es  solle    aber,     versprach    man    wiederholt,    in    Zukunft 
strengste  Zensur  geübt  und  kein  Artikel  zugelassen  werden, 
der  nicht    aus    dem    Moniteur    universel,    der    Gazette    de 
Hollande,    dem   Moniteur    westphalien   und   den   offiziellen 
Zeitungen  von  Mailand  und   Neapel    stamme.     Im  übrigen 
solle  sich    das    »Journale   auf   literarische    Nachrichten   hc- 
schränken;    auf  diese   Weise   werde    künftig   jeder   Anlass 
^u  Klagen  vermieden.     Bestehe  der  Kaiser  indes  trotzdem 
üuf  der  Unterdrückung   des    Blattes,  so  werde   der   Gross- 
her^üg  ihm  als  erneuten   Beweis  seiner  Ergebenheit  auch 
dieses  Opfer  bringen.     Diese   Darlegungen   verfehlten   an- 
scheinend   in    Paris    ihre  Wirkung    nicht;    Talleyrand,    der 
darüber  Bericht  erstattete,  empfing  keinen  weitern  Bescheid : 
man  liess  die  Sache  für  diesmal  auf  sich  beruhen. 

Allein  schon  im  Januar  iSog  wurde  die  Existenz  des 
Journals  von  neuem  ernstlich  gefährdet.  In  verschiedenen 
deutschen  Zeitungen  waren  vor  kurzem  Bemerkungen 
über  die  Schlacht  bei  Eylau  erschienen,  die  den  Zorn 
<ies  Kaisers  aufs  höchste  erregten;  sie  stammten,  wie  man 
in  Paris  annahm,  aus  dem  »Journal  politiquc^.  In  einem 
Erlasse  vom  17.  Januar  beschwerte  sich  daher  Champagny 
bt:i  dem   französischen   Geschäftsträger   Lievre^)   in  Karls- 

'1  »S.  M.  approuve  que  vous  ayc/  doniaiuit:  la  suppr'?>'>ion  de  ce 
}''Jnial:  Kll.^  dC*»iFC  meine  qu'aucune  j;a/etlc  cn  lan^uc  fran<;aise  iic  s'iniprimc 
•^  lavenir  si  prcs  de  la  fronticrc  de  s>es  ctal>  .  Conccpt,  dd.  IJayoiinc', 
•4-  Mai  i^oJ<.  --  '(  An  Tallcvrands  Stelle  iniorimisiisch  nüt  dir  Lcituü;;  der 
'i«-sch;-.ue  bftraut. 


12C)  Obser. 

ruhe  über  den  schlechten  Geist,  in  welchem  das  Blatt 
nach  wie  vor  geleitet  werde,  und  begehrte  im  Auftrage 
Napoleons  unverzügliche  Unterdrückung  der  Zeitung. 
Zugleich  sollte  Lievre  die  badische  Regierung  dringend 
auffordern,  die  Presszensur  künftig  aufs  strengste  zu  hand- 
haben; für  alle  böswilligen,  feindseligen  Artikel,  die 
von  nun  an  in  der  badischen  Presse  Aufnahme  fanden, 
wurde  er  vom  Kaiser  persönlich   verantwortlich   gemacht. 

Mittelst  Note  vom  2^,  Januar  entledigte  sich  Lievre 
des  ihm  erteilten  Auftrages,  ohne  indes  die  Forderung 
näher  zu  motivieren.  Nichts  desto  weniger  glaubte  Edels- 
heim  derselben  doch  ohne  Widerrede  entsprechen  zu 
müssen  und  wies  die  Regierung  des  Niederrheins  an,  das 
Blatt  sofort  zu  unterdrücken,  da  Frankreich  »aus  ver- 
schiedenen, jedoch  nicht  näher  angegebenen  Anlässen,  in 
welchen  sich  der  böse  Wille  des  Herausgebers  .  .  ,  geäussert 
haben  soll«,  darüber  Klage  geführt  habe.  Am  4.  Februar 
setzte  die  Expedition  ihre  Leser  hiervon  in  Kenntnis: 
»Des  circonstances  extraordinaires  ont  arrete  momen- 
tanement  la  publication  du  Journal  polit.  de  Mannheim. 
Nous  prevenons  M.  M.  les  abonnes  que  nous  avons 
l'espoir  bien  fonde  que  son  interruption  sera  de  courte 
duree  et  que  sous  pcu  de  jours  il  reparaitra  comme  ci- 
devant.  On  remplacera  par  des  fcuilles  supplementaires 
Celles  qui  n'ont  pu  paraitre.« 

Wie  hier  schon  angedeutet,  war  inzwischen  eine  Wen- 
dung zu  Gunsten  des  Blattes  eingetreten.  Eine  aus  ähn- 
lichem Anlass  erfolgte  Beschwerde  der  russischen  Regierung 
hatte  zu  der  überraschenden  Entdeckung  geführt,  dass  zweifel- 
los nicht  das  Journal«,  sondern  ein  Rivale  desselben,  die 
Rheinische  Bundeszeitung<  diesmal  der  schuldige  Teil  war. 
biese  Zeitung,  die  seit  Januar  180S  in  Mannheim  erschien*) 
und  zur  Zeit  von  einem  früheren  Redakteur  des  »Journals^-. 
—  demselben,  der  durch  seine  Ungeschicklichkeit  dessen 
Suspendierung  verschuldet,  —  geleitet  wurde,  hatte  näm- 
lich in  Nr.  334  vom  3.  Dez.   1808^),  angeblich  nach  meinem 

')  Sie  wurde  jjlcich  der  deutschen  »Mannheimer  Zeitunj»  in  der  Druckerei 
von  Kaufmann  und  Friedrich  her;»ostelh.  —  ^)  Die  Auftinciunj;  des  betreffen- 
den Jahrganjjs,  der  weder  in  der  KarlMuhcr,  noch  in  der  Heidelberger 
Bibliothek  vorhanden,  verdanke  ich  Herrn  Dr.  Fr.  Waller:  er  ist  im  Besitze 
der  Mannheimer  öffentlichen  Bibliothek. 


Bad;  Presse  in  der  Rheinbundszeit.  I  2  1 

deutschen  Journale,  ohne  nähere  Quellenangabe  ein  paar 
Bemerkungen  über  die  Schlacht  bei  Eylau  gebracht  und 
hervorgehoben,  dass  die  Preussen  und  Russen  die  Vorteile 
ihres  »Sieges«  nicht  ausgenützt  hätten.  Anknüpfend  daran 
—  und  dies  war  eigentlich  der  Kern  des  Artikels  —  war 
dann  berichtet  worden,  der  König  von  Preussen  habe, 
obwohl  Napoleon  ihm  wiederholt  nach  der  Schlacht  unter 
günstigen  Bedingungen  Frieden  angeboten,  stets  dieses 
Ansinnen  zurückgewiesen,  da  er  dem  Zaren  sein  Wort 
verpfändet,  kein  einseitiges  Abkommen  zu  treffen.  Auch 
der  Zar  habe  versprochen,  dass  er  nur  einen  für  Preussen 
ehrenvollen  Frieden  schliessen  werde  und  dieses  kein 
Dorf  verlieren  solle.  Friedrich  Wilhelm  habe  sein  Wort 
gehalten  und  stehe  deshalb  »mit  unsterblichem  Ruhm« 
gekrönt  bei  der  Mit-  und  Nachwelt  da:  habe  er  darüber 
auch  die  Hälfte  seiner  Landö  eingebüsst,  so  sei  es  doch 
besser,  ^unglücklich  als  treulos  zu  scyn«.  Dass  dieser 
Artikel,  der  seine  Spitze  sichtlich  gegen  Russland  kehrte 
U5»d  dieses,  wenn  auch  nur  verblümt,  des  Treubruchs 
beschuldigte,  der  russischen  Diplomatie  nicht  gefiel,  war 
vorauszusehen,  nicht  minder,  dass  auch  Napoleon  die  Krän- 
kung seines  neuen  Verbündeten   übel   empfinden   musste.  *) 

Allein  das  »Journale  hatte  an  ihm  keinen  Anteil; 
K.echt  und  Billigkeit  heischten  daher  angesichts  der  ver- 
ändenen  Sachlage  die  Aufhebung  des  gegen  dieses  Blatt 
erlassenen  Verbotes. 

Die  badische  Regierung,   die   schon    zuvor, .  ehe    diese 

Thatsache  festgestellt  worden  war,  sich  entschlossen  hatte, 

'u  Gunsten  des  Journals  zd  intervenieren,   that   denn  auch 

ihr  MCkglichstes.  •  In    einer    Note    vom    2.    Februar   fasste 

tdelsheim  in  beweglichen  Worten  alle  Momente  zusammen, 

*e  für  seine  Erhaltung  sprachen.     Der   Grosshorzog   fühle 

l<*bhaftes   Mitleid    mit   der   Familie    des  Verlegers,    die   all' 

ihre  Einnahmen  einbüsse,  nicht  minder  mit  den  zahlreichen 

Angestellten,  die  ihr  Brot   verlieren.    Stets  habe  das  Blatt 

offen  seine  Sympathien   für  Frankreich   bezeugt    und    zum 

Entgelt   von     seiten     des    österreichischen    Militärs    früher 

nuncherlei    Anfeindungen     erfahren;     bei     der    Erbgr*:»s>- 

*l  Ver^l.  Kleinschinidt,  Karl  Kiicdrich.  217. 


122  Obser. 

Herzogin  Stephanie  stehe  es  in  besonderer  Gunst.  Seit 
der  letzten  Verwarnung  habe  die  Redaktion  sich  redlich 
bemüht,  jeden  Anstoss  zu  vermeiden,  und  nur  Artikel  aus 
Pariser  Zeitungen  abgedruckt;  durch  deren  Verbreitung 
habe  sie  zugleich  der  französischen  Regierung  einen  Dienst 
erwiesen,  da  die  Pariser  Blätter  samt  und  sonders  zu  teuer 
seien  und  darum  in  Baden  verhältnismässig  wenig  gelesen 
werden.  Allein  ganz  abgesehen  von  all'  diesen  Erwägungen, 
die  an  sich  schon  eine  nachsichtige  Behandlung  empfehlen 
würden:  die  Beschuldigung  beruhe  auf  einem  Missverständ- 
nissc;  es  wäre  also  in  höchstem  Masse  ungerecht,  das 
Journal  für  fremde  Fehler  büssen  zu  lassen.  Der  Gross- 
herzog ersuche  daher  um  Zurücknahme  des  Verbotes. 

Gleichzeitig  wurde  Legationsrat  Collini,  der  badische 
Gesandtschaftssekretär  in  Paris,  beauftragt,  in  ähnlichem 
Sinne  bei  Champagny  vorstellig  zu  werden.  Der  Minister 
schien  auch  zunächst  geneigt,  dem  Gesuche  zu  willfahren, 
und  meinte,  falls  die  badische  Regierung  verspreche, 
die  »Rheinische  Bundeszeitung«  zu  unterdrücken,  könne  er, 
ohne  weiter  den  Kaiser  zu  fragen,  das  Verbot  des  »Journals« 
zurückziehen;  als  diese  Zusage  erfolgte,  erklärte  er  sich 
völlig  befriedigt.  Infolge  dessen  eröffnete  Edelsheim  der 
Besitzerin  des  Journals,  Witwe  Solome,  dass  ihr  Blatt  wieder 
er^cheint^n  dürfe,  doch  möge  dasselbe  über  Frankreich  und 
seine  Politik  keine  andern  Artikel  bringen  als  »solche, 
welche  aus  Pariser  Blättern,  vorzüglich  aus  dem  Monitcur 
genommen  werden-,  und  die  Quellen,  aus  denen  es  schöpfe, 
stets  bezeichnen,  .damit  nicht  wiederholte  Verlegenheit  für 
das  CTOuverncment  und  alsdann  gewiss  ein  unersetzlicher 
Verlust  für  sie  [die  Witwe  Solome]  ent^stche^).«  Der  er- 
teilten Zusage  gemäss  wurde  zugleich  die  ^Rheinische 
Bundeszeitung  unterdrückt,  in  diesem  Punkte  erwies  man 
sich  freilich  in  Karlsruhe  nicht  so  gefügig,  wie  in  Paris 
wohl  erwartet  wurde,  denn  es  bedeutete  doch  nur  eine 
rein  furmelle  Krfüllung  der  französischen  Forderung,  wenn 
man  die  Furtführung  des  Blattes  unter  dem  bisherigen 
Titel  verbot,  bei  Annahme  eines  neuen  aber  gestattete  und 

V»  CoIHni  an  Edclshoiin,  ii.  Fchr.  iSoo.  K:ul>riihcr  Archiv.  Mann- 
heim. Fasz.  334.  —  -;  Da-..  iS.  Februar  1S09.  Ivailsi.  Archiv.  Mannheim, 
Fasz.  334. 


Bad.  Presse  io  der  Rheinbundszeit 


123 


damit  seinen  Verpflichtungen  Genüge  gethan  zu  haben 
\-enneinte. 

Mittlerweile  war  Champagny  indes  wieder  anderer 
Meinung  geworden.  Aus  einer  Unterredung  mit  dem 
Kaüier  hatte  er  entnommen,  dass  dieser  trotz  aller  Für- 
sprache auf  dem  Verbote  des  ^Journals«  beharrte,  da  es  sich 
schon  wiederholt  vergangen  habe.  Das  Blatt  sei  nun  ein- 
mal unterdrückt  und  somit  solle  es  dabei  auch  sein  ße- 
wenden  haben:  .so  lautete  unabänderlich  die  lakonische, 
Recht  und  Billigkeit  verhöhnende  Entscheidung  Napoleons, 
der  gegenüber  Champagny  keinen  Widerspruch  wagte 
und  alle  Vorstellungen  Collinis  erfolglos   bleiben   mussten. 

Die  badische  Regierung  fugte  sich  scheinbar  dem 
Zwange  und  zog  am  6.  März  die  der  Witwe  Solome 
erteilte  Erlaubnis  zurück.  Ihr  Widerwille  gegen  die  fran- 
zösischen Anmassungen,  die  in  jener  Zeit  immer  unerträg- 
licher wurden,  trat  indes  offen  zu  Tage,  als  sie  zwei  Tage 
später  zu  dem  erprobten  Auskunftsmittel  abermals  griff  und 
der  Verlegerin  »zu  einiger  Entschädigung«  gestattete,  ihr 
Blatt  unter  dem  harmloseren  Titel  :>Nouvelles  litteraircs  et 
poliiiques«  fortzufuhren  i).  Schon  am  21.  März  gelangte  die 
erste  Nummer  dieser  Zeitung,  die  fortan  an  der  Spitze  ein 
paar  Littcraturnotizen  brachte,  in  ihrem  politischen  Teile  aber 
unverändert  b^eb,  zur  Ausgabe,  während  die  »Rheinische 
Bundeszeitungc  seit  dem  3.  März  in  eine  »Rheinische  Corrc- 
'^pondenz«  umgetauft  war. 

Dem  französischen  Gesandten  entging  dieses  Manöver, 
H'odurch  die  Weisungen  seiner  Regierung  umgangen 
worden  sollten,  natürlich  nicht,  und  Vx\,  Bignon,  der  seit 
kurzem  auf  den  Karlsruher  Posten  berufen  worden,  war 
keineswegs  gesonnen,  dies  ruhig  mitanzusehen.  Er  benützte 
den  ersten  Anlass,  um  sein  Missfallen  darüber  zu  äussern. 
We  deutsche  »Mannheimer  Zeitung«,  die  älteste  der  dort 
bestehenden,  die  im  Jahre  1767  gegründet  und  ursprünglich 
von  der  kurpfälzischen  Akademie  der  Wissenschaften  heraus- 
gegeben worden  war,  brachte  in  Nr.  80  vom  21.  März 
einen  der  Wiener  Hofzeitung  entnommenen  Artikel  über 
den  spanischen  Feldzug,  um,  wie  einleitend  bemerkt  wurde, 
'u  zeigen,  wie  man  in  Wien  darüber  urteile.    Wenngleich 

*^  Karl«r.  Archiv.     Mannheim,  Fasz.  334. 


124 


Obser. 


derselbe  ziemlich  harmlos  aussah  und  lediglich  konstatierte, 
dass  in  Andalusien  und  Katalonien  den  Franzosen  noch 
Widerstand  geleistet  und  Saragossa  mit  einem  »des  alten 
Sagunt  und  Numantia  würdigen  Mute  verteidigt  werde, 
erblickte  Bignon  darin  eine  höchst  strafwürdige  Anmassung. 
Sofort  wandte  er  sich  beschwerend  an  Edelsheim  und  ver- 
langte strenge  Ahndung. 

Die  Thatsache,  dass  die  Redaktion  gewagt  hatte,  ihre 
Nachrichten  über  die  Vorgänge  in  Spanien  aus  einem 
Wiener  Blatte  zu  schöpfen,  kennzeichnete  nach  seiner  An- 
sicht ausreichend  ihre  Gehässigkeit:  »lorsqu'il  est  notoire 
que  les  gazettes  autrichiennes  ont  en  general  aujourd'hui 
un  ton  presque  hostile  contre  la  France,  c'est  agir  dans 
un  sens  contraire  a  l'esprit  du  gouvemement  de  Bade  que 
de  ce  faire  Techo  des  bruits  qui  partcnt  d'une  pareille 
source.«  In  einer  zweiten  Note  vom  gleichen  Tage  (21.  März) 
fügte  er  hinzu,  dass  auch  die  einleitende  Bemerkung  nicht 
als  Entschuldigung  gelten  dürfe;  man  könnte  sonst  ungestraft 
aus  der  österreichischen  und  englischen  Presse  alle  mög- 
lichen Schmähungen  abdrucken  und  hinterdrein  behaupten, 
man  habe  das  Publikum  nur  darüber  belehren  wollen,  wie 
man  in  den  beiden  Staaten  über  die  Dinge  denke.  Zu- 
gleich warf  er  der  badischen  Regierung  vor,  dass  sie  die 
Fortführung  der  Rheinischen  ßundeszeitung«  unter  ver- 
änderter Firma  dulde  und  dadurch  die  Journalisten  zu 
weiteren  Ausschreitungen  und  Ausfällen  förmlich  ermutige; 
er  fordere  daher,  dass  die  ^»Rheinische  Correspondenz*. 
sofort  unterdrückt  und  vorläufig  durch  kein  anderes  Blatt 
ersetzt  werde. 

Edelsheim  gab  zu,  dass  seitens  der  »Mannheimer  Zeitung« 
ein  Verstoss  vorliege,  verfehlte  dabei  aber  nicht  zu  bemerken, 
dass  dergleichen  auch  französischen  Blättern,  sogar  den 
offiziellen,  schon  wiederholt  begegnet  sei,  und  meinte, 
Redakteur  und  Zensor  seien  in  diesem  Falle  mit  der  ihnen 
erteilten  Rüge  genügend  bestraft.  Dagegen  war  er  nicht 
gesonnen,  der  weiteren  Forderung  Bignons  nachzugeben. 
Zu  seiner  Rechtfertigung  berief  er  sich  darauf,  dass  die 
»Rheinische  Bundeszeitung«,  s.  Zt.  lediglich  auf  Reklamation 
des  russischen  Gesandten  in  Paris,  Grafen  Romanzow, 
unterdrückt    worden    sei,    dieser    selbst    aber    nachträglich 


Bad.  Presse  in  der  Rheinbundszeit. 


»25 


sich  dafür  verwendet  habe,  dass  sie  wieder  erscheinen 
dürfe;  der  Grossherzog  habe  sie  daher  mit  einem  neuen 
Privileg-  und  unter  anderm  Titel  wieder  zugelassen*). 
Dabei  übersah  der  Minister  freilich  geflissentlich,  dass  das 
Verbot  des  Blattes  auch  und  sogar  zuerst  von  fransösischer 
Seite  verlanget  worden  war*). 

Wenn    er   indes    gehofft    hatte,    Bignon    werde    sich 

dabei    beruhigen,    so    täuschte    er    sich.     Auch    in    Paris 

schlug  man  auf  dessen  Berichte  hin  einen  schärferen  Ton 

an.      Ein     Erlass    Champagnys    vom    25.    März    wies   den 

Gesandten  an,    nunmehr  die   Unterdrückung    sämtlicher 

in  Mannheim  erscheinender  Zeitungen  zu  beantragen   und 

dafür  zu  sorgen,  dass  sie  nicht  unter  anderer  Marke  wieder 

auftauchten  (^vous  veillerez  ä  ce  qu'il    ne  reparaisse   point 

sous  un  titre  nouveau«).     Am  4.  April   gab   Bignon,   ohne 

auf  Edelsheims    Note    vom    25.    März    weiter   einzugehen, 

dem  Minister  von  dem  Inhalt   des   Erlasses   Kenntnis  und 

sprach    die    Erwartung    aus,    dass    der    Grossherzog    sich 

beeilen  werde,    der  Forderung  zu  willfahren,   »puisque  des 

eaivains    qui    se    permettent    de    propager    des    articles 

contraires  aux  interets  de   la  France    sont  par   cela   meme 

les  ennemis  de  leur  propre  gouvernement«. 

Allein  Wochen  vergingen,  ohne  dass  darauf  ein  Bescheid 
erfolgte  oder  gar  eine  der  Mannheimer  Zeitungen  suspen- 
diert worden  wäre.  Bignon  sah  sich  daher  genötigt,  seine 
Reklamation  in  gemessener  Weise  zu  wiederholen  und 
kategorisch  darauf  zu  dringen,  dass  die  Regierung  ihrem 
auffallenden  Zögern,  das  in  Frankreich  zum  mindesten 
berechtigtes  Erstaunen  hervorrufen  werde,  ein  Ziel  setze  ^). 


')  Edelsheim  an  Bignon.  25.  März  1809.  —  Beiliegend  ein  darauf 
bexttgliches  Schreiben  des  Grafen  Romanzow  an  den  russischen  Gescliäfts- 
iriger  in  Karlsruhe,  von  Riaibinine.  Dat.  20.  Jan.,  11.  Febr.  —  *)  Vgl. 
oben  S.  120.  Romanzow  begehrte  die  Suspendierung  in  einem  Schreiben 
^om  22.  Jan.  n.  St.,  Champagnys  Ordre,  die  zwar  das  i»Joumal«  nennt,  aber 
<lie  »Rheinische  Bundeszeitung«  meint,  datiert  vom  17.  Jan.  —  *)  vQuoiqu^l  [le 
*oossign6]  ne  doive  pas  k  raison  de  Pintimitc  des  deux  pays  et  de  la  commu- 
uuti  de  leum  int^rßts  avoir  la  moindre  doute  sur  un  objet  qui  ne  scmble 
pis  comporter  de  refus,  11  est  oblig^  d'inviter  S.  Exe,  Mr.  le  Bo".  d'Edcls- 
^n,  k  Tonloir  bien  mettre  fin  ä  une  hisitation  aussi  singuli^rcment  pro- 
^OBgie  et  dout  le  gouvernement  fran9ais  aura  au  moins  lieu  d'dtre  surpris.« 
An  Edelsheini,  dd.  19.  April  1809. 


126  Obser. 

Ein  paar  Tage  später  lief  endlich  Kdelsheims  Antwort  ein, 
allein  den  Erwartungen  Bignons  entsprach  sie  keineswegs  >). 
Mit  einer  unter  den  damaligen  politischen  Verhältnissen 
anerkennenswerten  Festigkeit  beharrte  der  Minister  bei 
der  bisher  von  ihm  vertretenen  Anschauung  und  liess 
zwischen  den  Zeilen  ziemlich  deutlich  die  Überzeugung 
durchblicken,  dass  die  Pariser  Regierung  durch  eine 
gehässige  Darstellung  Bignons  beeinflusst  sei.  Mit  Be- 
fremden —  bemerkt  er  —  habe  der  Grossherzog  ver- 
nommen, dass  man  die  drei  angesehensten,  fast  einzigen 
Zeitungen  des  Landes  auf  unbestimmte  Zeit  unterdrücken 
wolle;  obgleich  er  auf  Ansinnen  des  französischen  Gesandten 
jederzeit  auch  den  geringsten  Verstoss  in  der  Presse 
strenge  geahndet  habe,  werde  er  zu  seinem  Bedauern 
gewahr,  dass  man  seine  Bemühungen  nur  gering  achte, 
mit  immer  kränkenderen  Zumutungen  an  ihn  herantrete 
und  ihn  zu  unbilligen  Schritten  zu  drängen  suche,  die 
seinem  Gerechtigkeitssinne  wie  den  Rücksichten,  die  er 
sich  selbst  schulde,  in  gleicher  Weise  zuwiderliefen.  Er 
sei  überzeugt,  dass  der  Kaiser,  wäre  er  von  dem  Inhalte 
der  früheren  Noten  Edelsheims  unterrichtet  worden,  sein 
Verhalten  gebilligt  hätte.  Auch  jetzt  gebe  er  sich,  da 
Champagny  bei  Abfertigung  seines  Erlasses  vom  25.  März 
Edelsheims  Note  vom  gleichen  Tage  noch  nicht  gekannt 
■habe,  der  Hoffnung  hin,  dass  diese  den  Kaiser  beruhigen 
werde,  wie  er  nicht  minder  von  der  1-oyalität  Bignons 
erwarte,  dass  er  dazu  nach  Kräften  beitrage.  Man  möge 
dabei  —  gab  Edelsheim  zu  bedenken  —  in  Paris  auch  die 
finanziellen  Verpflichtungen  berücksichtigen,  welche  dem 
Grossherzoge  durch  die  ihm  obliegende  Entschädigung  der 
Zeitungsverleger  erwüchsen:  einer  von  ihnen  verlange 
1 2  000  fl.,  die  andern  sicherlich  eine  entsprechende  Summe, 
so  dass  der  Grossherzog  vielleicht  genötigt  würde, 
4000Ü  Francs  zu  opfern,  obgleich  er  mit  aller  zulässigen 
Strenge  gegen  die  Presse  eingeschritten,  und  dies  in  einem 
Augenblicke,  wo  er  angestrengt  bemüht  sei,  den  beträcht- 
lichen Anforderungen  nachzukommen,  welche  der  Krieg 
an  seine  Finanzen  stelle. 

*)  S.  Beilage   i.  .  . 


Büf\,  Presse  in,  der  Rheinbundszeit. 


127 


Es  war  vorauszusehen,  dass  diese  Note  nicht  geeignet 
war,  die  ohnehin  gespannten  Beziehungen  zwischen  Bignon 
und  dem  Minister,  der  seit  geraumer  Zeit  schon  als  eine 
der  Hauptstützen  der  antifranzosischen  Partei  am  Karls- 
ruher Hofe  galt,  freundlicher  zu  gestalten.  Er  beschränkte 
sich  darauf,  sie  seinem  Vorgesetzten  einzusenden;  von 
einer  Befürwortung  ihres  Inhalts  war  selbstverständlich 
nicht  die  Rede.  Gleichwohl  scheint  sie  in  Paris  die  beab- 
sichtigte Wirkung  nicht  verfehlt  zu  haben:  wenigstens  hat 
Champagny  in  der  Folge  seine  Forderung  nicht  erneuert, 
noch  überhaupt  das  Thema  weiter  berührt.  Der  Ausbruch 
des  Krieges  gegen  Österreich  mag  dazu  beigetragen  und 
seine  Aufmerksamkeit  von  der  Angelegenheit  abgelenkt 
haben.  Auch  Bignon  selbst  kam  nicht  mehr  darauf 
zurück;  es  fällt  auf,  dass  der  federgewandte  und  .schlag- 
fertige Diplomat  auf  die  letzte  Note  Edelsheims  kein  Wort 
der  Erwiderung  fand  und  damit  gewissermassen  seine 
Niederlage  stillschweigend  eingestand. 

In  der  Folge  verstummten  die  Klagen  über  die 
badische  Presse,  die  bi.sher  auf  der  Tagesordnung  waren; 
die  Redakteure  bekamen  für  geraume  Zeit  Ruhe.  Sie 
hatten  dies  zweifellos  in  erster  Reihe  der  Abberufung 
Bignons  zu  verdanken,  der  anfangs  Juni  nach  Wien  abging, 
um  auf  Weisung  Napoleons  während  des  Feldzuges  die 
Verwaltung  von  Niederösterreich  zu  übernehmen,  und  die 
badische  Regierung  auf  Monate  von  einer  lästigen  Kontrolle 
befreite.  Des  weitern  sorgte  man  aber  nach  den  letzten 
Erfahrungen  in  Karlsruhe  auch  sicherlich  für  eine  strengere 
Überwachung  der  Presse,  und  die  Verleger,  die  wohl 
wussten,  dass  es  sich  um  ihre  materielle  Existenz  handelte, 
erleichterten  ihrerseits  die  Aufgabe  der  Zensurbehürde. 
Was  irgendwie  die  französische  Eitelkeit  verletzen  konnte, 
wurde  fern  gehalten.  Man  begnügte  sich,  über  die  Schlacht 
bei  Aspem  den  Leser  lediglich  das  bekannte,  den  That- 
bestand  verdunkelnde  lo^c  Bulletin  vorzulegen,  während  ein 
Schreiben  des- Kaisers  Franz,  worin  es  hiess,  dass  ausser 
den  Generalen  Durosnel  und  Fouler  noch  andere  Generale 
und  Stabsoffiziere  in  Gefangenschaft  geraten  seien,  nur 
mit  dem  Bemerken  abgedruckt  wurde,  dass  dies  nach  den 
französischen    Armeebulletins,    »(]ie  allein   als  offiziell    an- 


128  Obser. 

zusehen  sind«',  bekanntlich  nicht  dei*  Fall  sei*).  Dagegen 
versäumte  man  ebenso  wenig,  Schill  als  »Räubere  zu  be- 
zeichnen, der  eine  »klägliche  Rolle«  spiele,  wie  man 
später  von  der  »Charakterlosigkeit«  des  Sandwirts  sprach. 
Die  »weltbeglück endec  Heirat  Marie  Luisens  und  ihr  Einzug  in 
Karlsruhe  vollends  konnte  von  keinem  der  kaiserlichen  Eitel- 
keit schmeichelnden  Pariser  HoQoumalisten  mit  grösserem 
Aufwände  von  Begeisterung  gefeiert  werden,  als  dies  in 
der  »Rheinischen  Correspondenz«  vom  24.  März  1810 
geschah.  Nur  einmal  im  weitern  Verlaufe  des  Jahres  1809 
hören  wir  von  einer  Klage,  als  die  »Nouvelles  litteraires 
et  politiques«,  das  ehemalige  »Journal«,  in  Nr.  143  vom 
2.  August  ein  Verzeichnis  der  von  Napoleon  der  Stadt 
Wien  und  der  Provinz  Niederösterreich  auferlegten  Kontri- 
butionen brachte  und  Bignon  von  Wien  aus  seine 
Unzufriedenheit  darüber  äusserste,  aber  gerade  in  diesem 
Falle  fiel  es  Edelsheim  leicht,  die  Redaktion  zu  recht- 
fertigen, da  der  beanstandete  Artikel  einem  offiziösen 
Pariser  Blatte,  dem  Publiciste,  entlehnt  war. 

Als  der  französische  Gesandte  dann  Ende  November 
wieder  auf  seinen  Karlsruher  Posten  zurückkehrte,  be- 
schäftigten ihn  bald  ganz  andere,  wichtigere  Fragen :  über 
dem  Kampfe  wider  die  Reitzenstcin'sche  Organisation, 
vergass  er  augenscheinlich  mehr  und  mehr  die  badische 
Presse.  Sie  blieb  bis  zum  Herbst  18 10  völlig  unbehelligt. 
Je  schlimmer  der  Sturm  tobte,  der  sich  über  den  Häuptern 
der  Regierung  entlud,  um  so  behaglicher  mochten  sich 
die  Redakteure  im  Gefühle  ihrer  Sicherheit  wiegen. 

Aus  diesen  Träumen  wurden  sie  freilich  eines  Tages 
recht  unsanft  aufgerüttelt.  Ein  Blatt,  über  welches  bisher 
niemals  eine  Klage  eingelaufen  war,  gab  Anlass  zu  einem 
neuen  Konflikte,  der  mit  der  Vernichtung  der  gesamten 
nichtoffiziellen  Presse  Badens  enden  sollte.  In  einem 
Erlasse  an  Bignon  vom  17.  September  1810  bemerkte 
Champagny,  die  letzten  Nummern  der  »Freiburger  Zeitung« 
notigten  ihn,  seine,  des  Gesandten,  Aufmerksamkeit  aber- 
mals auf  die  badischen  Zeitungen  zu  lenken.  Ihre  Zahl  stehe 
ausser  allem  Verhältnis  zu  dem  Umfange  des  Landes;  den 


^)  Rhein.  Correspondenz  Nr.  102  vom  16.  Juni  1809. 


Bad.  Presse  in  der  Rheinbandszeit.  I2q 

Nutzen  hievon  sehe  man  nicht  ein,  wohl  aber  machten 
sich  die  Nachteile  nur  allzu  sehr  fühlbar.  »Une  seule 
gazette,  —  fuhr  er  fort  —  serait  bien  suifisante  pour  le  pays  de 
Bade.  II  deviendrait  alors  facile  de  la  surveiller  et  cet 
avantage  doit  l'emporter  aux  yeux  du  gouvemement 
gTcind-ducal  sur  quelques  interets  particuliers«.  Bignon 
möge  dies  vorstellen  und  sich  über  die  Freiburger  Zeitung 
beschweren. 

Was  eigentlich  der  letztem  zur  Last  gelegt  wurde, 
war  nirgends  g^esagt.  Ein  badischer  Diplomat,  Sohn  des 
damaligen  badischen  Gesandten  in  Paris,  der  Freiherr  Franz 
von  Andlaw,  weiss  in  seinem  »Tagebuche«  ^)  davon  zu  er- 
zählen, Napoleon  habe  eines  Tages  seinen  Vater  in  der 
Audienz  hart  angefahren:  »Was  haben  Sie  denn  in  Freiburg 
für  ein  elendes  Blatt,  dessen  Redakteur  einen  Namen 
trägt,  den  ich  nicht  aussprechen  kann?*)  Es  wird  auf- 
hören zu  erscheinen!«  Als  Ursache  des  kaiserlichen  Zorn- 
ausbruches habe  sein  Vater  später  ermittelt,  dass  der 
Redakteur  ein  angebliches  Schulzeugnis  aus  Brienne  ver- 
öffentlicht, in  welchem  Napoleon  als  mittelmässig  befähigt 
bezeichnet  worden  sei.  Die  Erzählung  ist  dann  auch  in 
andere  Schriften  übergegangen"),  muss  aber  nichtsdesto- 
weniger als  völlig  unzutreffend  zurückgewiesen  werden. 
Zunächst  hat  in  der  Zeit,  um  die  es  sich  hier  handelt  in  den 
Monaten  September  und  Oktober,  eine  ähnliche  Unter- 
redung Andlaws  mit  dem  Kaiser  nicht  stattgefunden,  denn 
seine  Berichte,  in  denen  er  einen  solchen  Vorfall  sicherlich 
nicht  verschwiegen  hätte,  melden  davon  nichts.  Dann 
aber  enthält  die  »Freiburger  Zeitung«,  wie  ich  mich  über- 
zeugt habe,  in  keiner  ihrer  Nummern  jenes  Schulzeugnis, 
das  den  Zorn  des  Kaisers  erregt  haben  soll;  Andlaw  ist 
also  falsch  berichtet  worden. 

Auf  die  richtige  Spur  führt  Champagnys  Bemerkung, 
dass  die  letzten  Nummern  des  Blattes  in  Paris  missfallen 
hatten.    Mochte  schon  der  warme  Nachruf  verstimmt  haben, 


>)  Vgl.  Franx  von  Andlaw.  Mein  Tagebuch,  I,  ii.  —  *)  Redakteur 
und  Verleger  der  "»Freibur^cr  Zeitung^  war  der  damalige  Magistratsrat  und 
spätere  Stadtamtmann  Franz  Xaver  Schnetzlcr.  der  das  Blatt  bis  zu  seinem 
Tode  (2Q.  April  1830)  {geleitet  hat.  Gefl.  Mitteiinng  des  Herrn  Stadtarchivars 
Dr.  Albert.  —  »)  Vgl.  Kleinschmidt,  Karl  Friedrich,  237. 
Zeitschr.  f.  Gesch.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  1.  q 


l  IQ  Obser. 

den  die  TLeitung  der  Königin  Luise  gewidmet,  dem   »Stolz 
der  deutschen  Frauen,  in  welcher   sich  alle  Tugenden  mit 
der  lieblichsten   Weiblichkeit  und   dem   schönsten   Körper 
verbanden«*),    so  war    dies    zweifellos    der    Fall    bei   zwei 
Artikeln  in  Nr.   178   und    180  vom  5.  bezw.  8.  September, 
die  aus  London   Mitteilungen  vom  spanischen  Kriegsschau- 
platze  brachten.    Man  weiss  ja  aus  mancherlei  Äusserungen 
Napoleons,  wie  sehr   gerade  die  ungünstigen  Nachrichten, 
die  aus  Spanien  einliefen  und   durch   die  Presse  verbreitet 
wurden,   die   Empfindlichkeit  des  siegverwohnten   Mannes 
reizten.     Eben  erst  hatte  sich  sogar   die   unter   besonderer 
Aufsicht  der  Regierung   erscheinende  Karlsruher  Zeitung 
von  Seiten  Bignons   eine   Rüge   zugezogen,    lediglich  weil 
sie   über    die   wackere    Haltung    der    Badener   in    einigen 
Gefechten    gegen    die    Spanier    berichtet    und    die    dabei 
erlittenen  Verluste  aufgezählt  oder,  wie  Bignon  sich  aus- 
drückte, die  dortigen  Operationen  »unvorteilhaft«  dargestellt 
hatte:  wie  viel  mehr  musste  es  Ärgernis  erregen,  wenn  in 
den    oben    angeführten    Artikeln    die    Rede  war  von   den 
Erfolgen,  welche  die  englischen  und  portugiesischen  Truppen 
neuerdings  errungen,  von   der  Tapferkeit,    die  sie   an   den 
Tag  gelegt,  von  der  Gefangennahme  französischer  Truppen- 
teile, von   der   Desertion   französischer   Stabsoffiziere   u.  a.! 
Diese  aus  England  stammenden  Mitteilungen  sind  es  denn 
auch  höchst  wahrscheinlich  gewesen,  die  Champagfny  zum 
Einschreiten  veranlasst  haben. 

Wie  wir  sahen,  handelte  es  sich  in  seinem  Erlasse 
vom  17.  September  zunächst  nur  um  eine  Anregung,  die 
der  Karlsruher  Regierung  gegeben  werden  sollte;  das  be- 
stimmte Verlangen,  dass  die  Freiburger  und  die  übrigen 
Zeitungen  des  Landes  mit  einer  Ausnahme  unterdrückt 
werden  sollten,  war  darin  noch  nicht  ausgesprochen. 
Allein  der  Gedanke,  dass  eine  Zeitung  für  die  Bedürfnisse 
Badens  genüge  und  die  Überwachung  erleichtere,  wurde 
von  dem  Kaiser  alsbald  eifrig  aufgenommen  und  zur 
kategorischen  Forderung  erhoben.  Schärfere  Massregeln 
gegen  die  Presse  waren  in  Frankreich  seit  kurzem  ohnedies 
wieder  an  der   Tagesordnung  2).     In  einem   Billet  vom  28. 

*)  Vgl.  Frciburger  Zeitung  vom  31.  Juli  und  2.  August  1810.  —  *)  Vgl. 
Hatin,  a.  a.  O.  VII,  539. 


Bad.  Presse  Id  der  Rheinbundszeit.  I  ^  I 

September,  das  erst  kürzlich  veröffentlicht  worden  ist*), 
schrieb  Napoleon  dem  Minister:  »Melden  Sie  meinem 
Geschäftsträger  in  Karlsruhe,  dass  die  Freiburger  und  die 
übrigen  im  Grossherzogtum  Baden  erscheinenden  Zeitungen 
mit  Ausnahme  einer,  die  in  Karlsruhe  unter  den  Augen 
der  Regierung  redigiert  wird,  unterdrückt  werden  sollen. 
Dann  werden  all'  die  Schmähungen  und  böswilligen  Aus- 
streuungen, denen  die  französische  Regierung  ausgesetzt 
ist,  aufliören.  In  Darmstadt  und  an  der  Grenze  sollte  man 
ebenso  verfahrene. 

Schon  am  folgenden  Tage  ergingen  in  diesem  Sinne 
neue  Weisungen  nach  Karlsruhe.  Bignon  entledigte  sich 
unverzüglich  seines  Auftrags  bei  Edelsheim,  der  äusserst 
betroffen  war  und  im  Ministerrate  darüber  zu  berichten 
versprach.  Der  Erbg^rossherzog,  an  welchen  sich  dtT 
franzosische  Gesandte  gleichfalls  wandte,  schien,  wie  dieser 
wenigstens  behauptet,  völlig  geneigt,  der  Forderung  zu 
entsprechen,  und  gab  offen  zu,  dass  eine  Zeitung  für  das 
Land  ausreiche.  Dagegen  stiess  Bignon  im  Ministerium 
auch  diesmal  auf  Widerstand.  Sein  alter  Gegner,  der 
Kabinetsminister  von  Reitzenstein.  wies  zwar  sofort  die 
Freiburger  Polizei  an,  die  dortigen  Blätter  unter  strengste 
Aufsicht  zu  stellen,  zu  einem  Verbote  der  Freiburger  und 
vollends  der  übrigen  Zeitungen  aber  mochte  er  sich  nicht 
entschliessen.  Wie  früher,  verschanzte  man  sich  auch 
diesmal  hinter  die  Privilegien,  die  der  Grossherzog  bei  der 
Übernahme  des  Breisgaus  garantirt  habe  und,  ohne  die 
Zeitungsverleger  zuvor  zu  entschädigen,  nicht  widerrufen 
könne;  jedenfalls  müsse  man,  versicherte  Edelsheim,  erst 
über  die  Beschaffenheit  derselben  nähere  Erkundigungen 
einziehen. 

Dies  lief,  wie  man  sieht,  wieder  auf  die  alte  Taktik 
der  Verschleppung  hinaus.  Bignon  war  wütend  über  den 
Bescheid,  für  den  er  natürlich  seinen  verhassten  Wider- 
sacher ausschliesslich  verantwortlich  machte,  und  berichtete 
sofort  darüber  nach  Paris.  Umgehend  traf  die  Antwort 
ein,  die  nur  zu  deutlich  verriet,  dass  man  dort  nicht 
gewillt  war,  sich  länger  hinhalten  zu   lassen.     Der  Kaiser, 


')  Lecestre,  Lctlres  inCditcs  de  Napoleon  I«'  II,  73. 


1^2  Obser. 

bemerkte  Champagny,  habe  nicht  erwartet,  dass  er  seine 
Forderung  wiederholen  müsse;  die  badische  Regierung 
möge  daher  derselben  auf  der  Stelle  in  vollem  Umfang 
nachkommen:  dies  sei  der  sehr  bestimmte  Wille  Seiner 
Majestät '). 

Damit  war  der  gesamten  nicht  amtlichen  Presse  in 
Baden  das  Todesurteil  gesprochen.  Die  alte  Widerstands- 
kraft der  Regierung  war  erloschen ;  die  Übeln  Erfahrungen 
des  Frühjahrs,  wo  sie  sich  in  Fragen  der  inneren  Politik 
der  Diktatur  des  Kaisers  bedingungslos  beugen  und  die 
volle  Schale  seines  Zorns  über  sich  hatte  ergiessen  lassen 
müssen,  hatten  sie  zu  sehr  eingeschüchtert,  als  dass  sie 
es  gewagt  hätte,  sich  gegen  diesen  neuen  Gewaltakt  weiter 
zu  wehren.  Triumphirend  meldete  Bignon  den  Erfolg  der 
letzten  Weisungen:  Edelsheim  habe  wohl  erkannt,  dass 
keine  andere  Wahl  bleibe,  das  Ministerium  habe  sich  also 
gefügt  und  eine  entsprechende  Verordnung  erlassen.  Die 
Karlsruher  Zeitung  solle  unter  Aufsicht  der  Regierung  neu 
organisiert  und  ein  verantwortlicher  Redakteur  von  Amts 
wegen  bestellt  werden.  Da  das  Verbot  der  andern  Blätter 
viele  Privatinteressen  verletzte  und  der  Staat  voraussichtlich 
entschädigend  eingreifen  musste,  wäre  es  der  Regierung 
sehr  erwünscht  gewesen,  einigen  Aufschub  zu  erlangen. 
Vergeblich  suchte  Edelsheim  eine  Gnadenfrist  von  ein  paar 
Monaten  zu  erwirken,  damit  die  Verleger  wenigstens  Zeit 
fänden,  ihre  pekuniären  Angelegenheiten  zu  ordnen  und 
sich  mit  ihren  Abonnenten  auseinanderzusetzen;  Bignon 
beharrte,  da  er  von  jedem  längeren  Aufschub  neue  Aus- 
flüchte befürchtete,  unerschütterlich  auf  seinem  Scheine. 
Ein  Aufschub  von  wenigen  Tagen,  bis  Ende  Oktober,  war 
alles,  wozu  er  sich  schliesslich  auf  dringendes  Zureden  ver- 
stand; spätestens  vom  i,  November  ab  sollte  die  Neuord- 
nung des  Presswesens  in  Kraft  treten. 

Noch  ehe  der  Monat  zur  Neige  ging,  wurde  im  Re- 
gierungsblatte vom  27.  Oktober  ein  vom  18.  d.  M.  datiertes 
Dekret  veröffentlicht,  welches  das  Publikum  mit  der  Nach- 
richt überraschte,  dass  der  Grossherzog,  »den  Verhältnissen 
der    Zeitumstände   angemessen    gefunden«   habe,   »die  Ver- 

')  Vj;!.  den  betr.  Erlass  vom   11.  Oktober  18 10  in  der  Beilage  2. 


Bad.  Presse   n  der  Rheinbundszeit. 


133 


breitung  politischer  Neuigkeiten  in  dem  Weg  der  Zeitungen 
durch  Herabsetzung  der  Menge  derselben  auf  eine  einzige 
unter  einer  besonders  angeordneten  Aufsicht  herauszu- 
gebende zu  centralisieren.«  Alle  politischen  Zeitungen  des 
Landes  sollten  daher  vom  31.  Oktober  ab  aufhören  zu  er- 
scheinen; die  ihnen  verliehenen  Privilegien  wurden  mit 
keckem  Federstrich  als  »unverträglich  mit  dem  Staatswohl« 
für  erloschen  erklärt.  Die  Karlsruher  Zeitung  allein  sollte 
bestehen  bleiben  und  bis  zum  Jahresschluss  noch  in  ihrer 
allen  Form  unter  der  bisherigen  Zensur  fortgeführt  werden, 
vom  I.Januar  181 1  ab  jedoch  unter  dem  Titel:  »Gross- 
herzoglich Badische  Staatszeitung«  und  »unter  der  ganz 
besondern  Aufsicht«  des  Ministeriumsdes  Auswärtigen  zur  Aus- 
gabe gelangen.  Den  Bezirks-  und  Wochenblättern,  die  neben 
den  privaten  und  amtlichen  Inseraten  bisher  gelegentlich 
spärliche  politische  Nachrichten  gebracht,  wurde  eingeschärft, 
dass  sie  künftig  »keine  andere  als  das  Inland«  betreffende, 
und  zwar  nur  in  wörtlichen  Auszügen  aus  der  Landes- 
zeitung geschöpfte«  aufnehmen  dürften.  Von  einer  Bar- 
abfindung der  geschädigten  Verleger,  welche  die  Regierung 
selbst  früher  für  billig  erklärt  hatte,  war  nicht  mehr  die 
Rede;  man  scheute  wohl  angesichts  der  herrschenden 
Finanznot  vor  den  Opfern  zurück.  Vielmehr  sollte  der 
Reinertrag  der  neuen  Staatszeitung,  soweit  er  ausreichte, 
zur  Entschädigung  für  die  Schmälerung  privilegierter  Eigen- 
tumsrechte verwendet  werden.  Dass  die  Verleger  dabei 
nicht  zu  ihrem  Gelde  kamen  und  in  jeder  Hinsicht  im 
Nachteil  blieben,  war  vorauszusehen. 

Befriediget  konnte  die  franzosische  Diplomatie  auf  ihr 
Werk  zurückblicken.  Was  sie  in  keinem  andern  süd- 
deutschen Rheinbundstaate  gewagt,  hier  hatte  sie  es  mit 
brutaler  Gewalt  durchgesetzt.  Nach  langer,  zäher  Gegen- 
wehr hatte  sich  die  badischc  Regierung  trotz  aller  Rechts- 
und Gewissensbedenken  in  der  Pressfrage  gefügt:  ein  Bei- 
spiel weiter  für  die  offenkundige  Thatsachc,  dass  sie  auf- 
gehört hatte,  Herr  im  eigenen  Hause  zu  sein.  Die  un- 
bequemen Organe  der  öffentlichen  Meinung  waren,  wie 
man  in  Paris  gewünscht,  zum  Schweigen  gebracht;  es  gab 
fortan  in  Baden,  solange  die  na^oleonische  Herrlichkeit 
dauerte,  nur  noch  die  eine  amtliche  politische  Zeitung,  die 


»34 


Obser. 


selbstverständlich  ganz  in  französischem  Geiste  redigfiert 
wurde  und  es  ängstlich  vermied,  Anlass  zu  neuen  Klagen 
zu  geben.  Nur  was  die  offiziellen  Blätter  des  Kaiserreichs 
über  die  Welthändel  den  Lesern  mitzuteilen  für  zweck- 
mässig erachteten,  fand  künftig  Aufriahme  in  dem  Karls- 
ruher Moniteur. 

Dies  ging  wohl  zur  Not,  solange  Napoleon  auf  der 
Hohe  seiner  Macht  stand  und  die  Thatsachen  sich  nicht 
in  zu  grellem  Widerspruch  mit  der  offiziellen  Darstellung 
befanden.  Aber  was  half  es,  wenn  die  »Staatszeitungc 
während  des  Feldzuges  gegen  Russland  und  der  Erhebung 
Preussens  schönfärberisch  immer  nur  von  den  Erfolgen 
des  Kaisers  zu  berichten  wusste  und  die  Niederlagen 
beharrlich  verschwieg  *)?  Schliesslich  kam  doch  der  Moment, 
wo  die  hohle  Lüge  versagte,  und  unter  der  Wucht  der 
neuen  Ereignisse  brach  siegreich  die  Wahrheit  sich  freie 
Bahn.  In  den  ersten  Tagen  nach  der  Leipziger  Volker- 
schlacht hielt  auch  die  »Staatszeitungc  es  für  geraten,  die 
aufgezwungene  Maske  fallen  zu  lassen:  die  »grosse  Armeec, 
deren  Ruhmesthaten  sie  so  eifrig  verherrlicht,  wurde  erstmals 
als  »Feind«  bezeichnet«).  Die  unterdrückte  oflFentliche 
Meinung  kam  in  Deutschland  wieder  zum  Wort;  die  Zeiten 
der  Verfolgung  und  Knechtung  der  deutschen  Presse  nahmen 
mit  dem  Zusammenbruch  der  napoleonischen  Herrschaft 
vorläufig  wenigstens  ein  Ende.  Wohl  als  eine  der  ersten 
unter  den  politischen  Zeitungen,  die  durch  französisches 
Machtwort  ihrer  Existenz  beraubt  worden  waren,  kündigte 
im  November  d.  J.  die  altangesehene  Gothaer  »National- 
zeitung der  Deutschen«  ihr  Wiedererscheinen  an^). 

In  Baden  freilich  fand  dieses  Beispiel  keine  Nach- 
ahmung. Die  schlimmen  Erfahrungen  des  Jahres  1810 
haben,  wie  es  scheint,  den  journalistischen  Unternehmungs- 
geist auf  geraume  Zeit  gelähmt;  möglich  auch,  dass  die 
Regierung  es  an  Entgegenkommen  fehlen  liess.  Jedenfalls 
steht  fest,  dass  Mannheim  erst  im  Jahre  1822  wieder  eine 
politische   Zeitung   erhielt,   nachdem   die   Witwe   des  ehe- 


1)  Vgl.  die  charakteristischen  Belege  in  von  Weech's  Geschichte  der 
Stadt  Karlsruhe,  I,  301,  305  ff.,  310,  313  fF.  —  *)  von  Weech,  a.  a.  O.  L 
316.  —  ')  Vgl.  Bad.  Staatszeitung  vom  27.  November  1823. 


Bad.  Presse  in  der  Rheinbimdszeit. 


135 


maligen  Verlegers  der  »Mannheimer  Zeitung«,  Ernst  Andr. 
Lamey,  um  Wiederverleihung  des  Privilegs  nachgesucht. 
Kurze  Zeit  zuvor  (1821)  war  im  Oberlande  auch  die  Frei- 
burger Zeitung  durch  ihren  früheren  Redakteur  Schnetzler 
wieder  ins  Leben  gerufen  worden.  Dass  dies  indes  keinen 
Wiederaufschwung  der  Presse  bedeutete,  dafür  haben  die 
Karlsbader  Beschlüsse  gesorgt 


Beilage  i. 

Edelsheim  an  Bignon. 

Karlsruhe,  22.  April   1809. 

Monseigneur  le  Grand-Dac  est  vivement  affect^  [de]  Tana- 
theme  dont  Soii  Excellence  Monsieur  Tenvoy^  extraordinaire  et 
miiiistre  picnipotentiaire  de  France,  frappe  k  la  fois  las  trois 
principales  et  presque  seules  gazettes  qu'on  publie  dans  ce  pays, 
et  dont  Elle  demande  la  suppression  illimit^e.  S.  A.  R.  a  apport6 
taut  d'empressement  ä  rt^primer  tr^s  sev^rement  qu'aux  moindres 
inconsidcrations  des  rcdacteurs  qui  s'ctaient  attirö  TaniDaadversion 
demandee  par  Son  Excellence  et  k  prevenir  pour  Tavenir  toutes 
les  plaintes  de  ce  genre;  mais  Elle  voit  avec  peine  bien  sensible 
que  scs  soins  et  ses  sollicitudes  ä  cet  6gard  paraisscnt  £tre 
enti^rement  depris6es  et  n'avoir  servi  qu'ä  lui  attirer  des 
instances  plus  mortifiantes  et  d'exposer  ä  commettre  des  injustices 
aussi  contraires  ä  ses  principes  d'^quite  qu'anx  ^gards  qu'Elle 
crott  se  devoir  4  Elle-ra£me.  —  Elle  se  persuade,  que  les  con- 
sideratioQS  qui  ont  etc  developpt^es  dans  plusieurs  ofBces  et  en 
dernicr  lien  dans  la  note  du  25  mars,  si  elles  6taient  soumises 
h  Sa  Majeste  TEmpercur,  ne  manqueraient  pas  d'obtenir  le 
suffrage  du  monarque  le  plus  magnanime ,  le  plus  juste  et  le 
plus  gcnereuxl 

Comme  il  n'est  pas  possible  non  plus,  que  Son  Excellence 

Monsieur  le  ministie  des  relations  ext^rieures  alt  pu  £tre  inform^e 

du  coutenn  de  la   note  du  25  mars   lors   de   l'expedition    de    la 

leure  de  m£me  date,  dont  Son  Excellence  Monsieur  Bignon  fait 

mentioa  dans  son  office  du  4  avril,  Monseigneur   le  Grand-Duc 

esp^re,    que    les    explications    postörieures    de  Paris    repondront 

davantage  au  sncc^s  que  S.  A.  R.  se  croit  sufBsamment  fond^  ä 

devoir  en  attendre.     Sa  conBance  dans  la  droiture  et  la  loyaute 

de  Monsieur  Bignon  ne  lui  laisse  aucun  doute,  que  Son  Excellence 

voudra  bien  coopercr  ä    raccomplissement   de    ses   voeux    ä  cet 

^gard  et   faire  entr'  antre    envisager    aussi,    que   donnant    k    la 

suppression  de  ces   gazettes  la  latitude  demandee,  IMonseigneur 


1^6  Obser. 

le  Grand-Duc  se  trouverait  vtfritablement  ^)  porter  seul  et  tr^s 
essentiellement  lespcines  et  dommages  de  cettemesure;  attenduque 
dcjcL  le  proprietaire  du  privil^ge  de  Tune  de  ces  feuilles  reclame  une 
indemmt6  de  douze  mille  florins,  que  les  deux  autres  jouma- 
lisles  ne  manqueraient  pas  sans  doute  de  proportionner  leurs 
pretentions  en  conscquence,  et  que  S.  A.  R.  se  trouverait  ainsi^) 
devoir  payer  pour  cet  objet  une  amende,  et  pass6  deuz  mille 
louis  peut-6tre,  avec  la  conviction  d'avoir  employ6  toute  la  seve- 
ritö  que  peut  se  permettre  un  souverain  6quitable  envers  ses  sujets 
en  pareilles  circonstances;  et  cela  dans  un  moment  oü  il  reunit 
tous  ses  efforts  pour  subvenir  auz  depenses  considerables  qu'exige 
imperieusement  sa  participation  k  la  guerre  actuelle. 

Persuade  que  Son  Excellence  Monsieur  Tenvoy^  extraordi- 
naire  et  ministre  plenipotentiaire  sera  pen6tr6  de  Tevidence  de 
ces  observations,  et  que  conform6ment  d  son  intcgritd  reconnue. 
il  les  appuyera  des  representations  les  plus  convenables  pour 
faire  envisager  cette  affaire  dans  son  vrai  jour,  il  ne  reste  au 
soussigne  qu'k  lui  r6iterer  k  cette  occasion  Tassurance  de  sa 
tr^s  haute  consid^ration. 

Carlsruhe  le  22  avril   1809. 

B^^  d'Edelsheim. 

Copie.  Paris,  Archives  du  ministkre  des  Affaires  Etrangires. 

Beilage  2. 

Champagny  an  Bignon. 

Paris,  II.  Oct.   1810. 

Mr.  le  Baron.  £n  vous  chargeant  de  demander  la  suppression 
de  la  gazette  de  Fribourg,  Sa  Majeste  avait  6te  loin  de  penser 
qu'il  ne  suffirait  pas  de  faire  cette  demande  une  fois  et  qu'il 
faudrait  la  reit^rer.  Cela  ne  tient  sürement  point  4  ce  que 
vous  n'ayez  pas  employ6  les  moyens  de  persuasion  et  Tinsi- 
stance  convenables.  Mais  le  cabinet  de  Carlsruhe  qui  avait  deja 
se  reprocher  de  ne  point  avoir  prevenu  les  justes  sujets  de 
plaintes  donnös  par  les  gazettes  badoises  au  Heu  de  reparer  ses 
torts  par  une  prompte  deference  au  d6sir  de  Sa  Majest6  a  mieux 
aim6  les  aggraver.  Sa  Majest6  vous  charge  donc  de  faire  connattre 
que  la  gazette  de  Fribourg  doit  6tre  supprime  sur  le  champ  de 
möme  que  toutes  autres  gazettes  provinciales,  qu'il  ne  doit  y 
avoir  ddsormais  qu'une  seule  gazette  pour  tout  le  grand-duche, 
qu'elle  doit  6tre  redigee  et  imprimee  ä  Carlsruhe  sous  Taeil  du 
gouvernement  et  que  teile  est  Tintentioii  tr^s  positive  de  Sa 
Majest^. 

Concept,  Paris,  Archives  du  ministre  des  Affaires  Etranghres. 

*)  Sic !    Zu  ergänzen  etwa  »forc^  dcc.  —  2;  Sic !  Zu  ergänzen,  wie  oben. 


M  i  s  c  e  1 1  e  n. 


Annalen  von  St.  Leonhard  in  Basel.    Das  längst  verlorene 
Jahrzeitbuch  der  Augustinerchorherren  von  St  Leonhard  in  Basel 
enthielt  kurze,   von    1099   bis    1277    reichende  Annalen,    welche 
uns  jetzt  nur  noch    in   einer  Abschrift  Wurstisens  erhalten    sind. 
Dieser    Basler    Geschichtschreiber  legte   nämlich   um    1580   eine 
Sammlung    von    allerlei   Abschriften    und    Auszügen    aus    älteren 
Quellen  an,  die  er  selber  als  »Analekten«  bezeichnete  *),  und  dort 
findet   sich    auf  S.   478    unter    der   Überschrift    ^Ex    libro    vitae 
S.  Leonhardi«  der  erste  und  grössere  Teil  dieser  Annalen.    Der- 
selbe bricht  jedoch  ab  mit  1 208,  und  es  folgen  aus  dem  betreffen- 
den Jahrzeitbuchc  zunächst  die  auf  das  ganze  Jahr  verteilten  Feier- 
tage, sodann  die  Urkunden  über  Stiftung  des  Klosters  und  Weihung 
seiner  Altäre,    und    erst  hierauf,    zum  Schluss,    auf  S.  480   noch 
di«  Fortsetzung  der  Annalen,  von   1211  bis  1277.    Schon  in  dem 
verlorenen  Buche  bildeten  also  diese  Annalen  räumlich  kein  Ganzes, 
sondern  waren  vermutlich   auf  eines    der    vordersten   und    eines 
der  letzten  Blätter  verteilt.     Ob  nun  aber  gerade  mit    1 2 1 1    das 
Werk   eines    neuen   Verfassers    beginnt,    das    mag    dahingestellt 
bleiben.     Sicher   ist   nur,    dass   diese    Annalen,    soweit   sie    das 
XII.  Jahrhundert  betreffen,  im  engsten  Zusammenhang    mit    den 
längstbekannten  Annalen  des  Klosters  Marbach  stehen'),  welches 
demselben  Orden  angehörte,  wie  St.  Leonhard      Die  Fortsetzung 
hingegen,  wenigstens  von  1208  an,  kann  wohl  nur  in  Basel  ent- 
standen sein. 

Anno   1099  Jerusalem  a  Gotefrido  duce  capitur. 
1122  Bertholdus  dux  Mollesheim  occiditur. 
M33*)  Lotharius  cepit  regnare. 

1148  4)  facta  est  expeditio  Jerusalem  sub  Chunrado  rege  Roma- 
norum et  Ludovico  rege  Francorum.^) 
tt52«)  Chunradus  rex  obiit,  cui  Fridericus'')  successit. 
1155  Fridericus  Rome  ab  Adriano  consecratur. 
1158  Mediolanum  obseditur. 

.  ^)  JctJt  Cod.  1. 11.  14  der  Offentl.  Bibliothek  zu  Basel.  —  *)  S.  Monumenta, 
Soiptore»  XVII.  158  ff.  —  ')  Hs.  1130.  —  *)  Hs.  1149  —  »)  Hs.  rege 
Fnacooiae.  —  •)  Hs.   1 1 54.  —  ")  Hs.  cui  Henricus  successit 


Iig  Miscellen. 

i6o  Arnoldus   episcopus   Moguntinus   occiditur.     Crema  ez- 

pugnatur. 
162  Mediolanum  capitur.    Burchardas  Argentinensis  episcopus 

obiit  et  Ortliebus   Basiliensis.     Burkardo   Rudolfus»   Ort- 

liebo  Ludovicus  succedit. 
177^)  facta  est  concordia  inter  regnum  et  sacerdotium  Venetiis. 
179  fuit  concilium  sub  Alexandra.     Basiliensis  Ludovicus   et 

Metensis  et  Bremensis  episcopi^)  deponuntnr.  Christi^nus 

episcopus  capiiur. 
181   Alexandro  mortuo  Lucius  successit. 

188  filii  Friderici  Moguntiae  gladios  cingunt. 

189  Fridericus  aggressus  est  militiam  Hierosoljoxütanam,  in 
qua  obiit. 

193  Adelbertus  Leodiensis  episcopus  occiditur. 

194  imperator  Henricus  Apuliam  et  Siciliam  subjugavit,  uxorem 
Tancradi  cum  filio  et  filiabus,  et  Margaritam  piratam  et 
episcopum  Salerniae  cepit  et  in  exilium  misit. 

195  imperator  erat  Geilinhusen.  Ibi  principes  muiti  cmces 
acceperunt. 

196  Herbipoli  plurimi  cruces  acceperunt. 

197  Henricus  imperator  obiit  in  Sicilia.  Regnare  coeperunt 
cum  schismate  Philippus  et  Otto. 

204  capta  est  Constantinopolis  a  Teutonicis. 

205  Philippus  invasit  cum  exercitu  Coloniam. 
208  Basileae  inundatio  fuit  magna  Birsici.  Philippus  occiditur. 
2 1 1   Otto  ab  imperio  deponitur. 
240  Tartari  Litganam  et  Poloniam  destruxerunt.     Papae  Gre- 

gorius  et  Celestinus  obierunt.     £t  eclypsi  obscuratus. 

243  Innocentius  papa  Celestino  substituitur.  Lugduni  con- 
cilium celebratur.^) 

245  lantgravius  Turingiae  in  regem  eligitur.  Conradus  filius 
Friderici  ab  eodem  in  Suevia  superatur. 

246  lantgravius  idem  obiit,  et  Fridericus  dux  Austriae 
occiditur. 

247  Wilhelmus   de  Holandia   in   regem   eligitur  Romanorum. 

248  Ravenenses  contra  Fridericum  depositum  insurgentes 
victoria  potiuntur. 

250  pridie  idus  decembris  Fridericus  quondam  imperator 
obiit. 

251  Wilhelmus  rex  coronatur  a  papa  Innocentio  apud  Lug- 
dunum. 

254  Innocentius  papa  IV  obiit,  qui  Fridericum  imperatorem 
deposuit. 


*)  Hs.  1178.  —  ')  episcopi    fehlt    i.    d.  Hs.  —  »)  Nach    celebimtur  i.  d. 

Hs.    noch  drei  Worte,   von  welchen   ich   jedoch    nur  »Fridericus  Col 

suam«  (?)  zu  lesen  vermag. 


Miscellen. 


U9 


125Ö  Wilhelmus  de  Hollanden  Romanorum   rex   a   Frisonibus 

interficitur. 
1271   electas  est  Rudolfus  de  Hapspurg  in  regem  Romanorum. 
1275  rex  Boemus  a  predicto  rege  Rudolfo  occiditur. 
1251   turbatus  est  clerus  Parisiensis  a  pastoribus  totius  regionis 

potenter. 
1277  dabatur  vierncella  silliginis  pro  3^  2  s^^*»  vierncella  speit 

pro  2  s.y  avena  pro   18  d. 
Basel,  A,  Bernotdli, 


Zum  Geschäftsgang  des  Konstanzer  Hofgerichts.     Die 
nachstehend    abgedruckten    beiden    Aktenstücke    sind    an    eine 
Urkunde    angeheftet,     die    ich    samt    mehreren    anderen    dank 
dem  Entgegenkommen   des   katholischen    Pfarramts   in   Bischofs- 
zell  im  Karlsruher  Gen  oral  landesarchiv   benutzen   konnte.     Unter 
dem  iudex  ecclesie  Const  verstehe  ich  den  später    durchgängig 
und  auch    schon    früher   meist    sogenannten   officialis   curie,    den 
bischötlichen  Hofrichter.  —  Mit  der  Urkunde,  an  der  die  Akten- 
stücke angeheftet  sind  und  deren  Regest  ich  vorausschicke,  ver- 
mag ich  keinen  Zusammenhang  herzustellen. 

1.      1275  Juli  2. 

Ich,  Bischof  Rudolf  von  Konstanz,  bekunde,  dass  Ritter 
\Vezzelo,  genannt  von  Blidegg  [Kt.  Thurgau],  Marschall  unseres 
Hocbstifts,  zu  seinem  und  seines  Bruders  Herdegen  Seelenheil 
die  Einkünfte  der  von  seinem  Vater  ererbten  Vogteien,  Lehen 
des  Hochstifts,  dem  Stift  Bischofszeil  schenken  will  und  mir  die 
Vogteien,  nämlich  in  Altenburg  [bei  Griessenberg,  Kt.  Thurgau], 
wo  2  Konst.  Pfennige  und  2  Quart  Weizen  Konst.  Masses  ein- 
kommen,  und  in  Hohentannen  [Thurgau],  wo  4  Konst.  Pfennige 
einkommen,  aufgesagt  hat.    Die  Güter  selbst  gehören  dem  Stifte. 

Ich  übertrage  die  Einkünfte  dem  Stifte,  dessen  Kellerer  mir 
jährlich  einen  Anerkennungszins  von  4  Hühnern  leisten  wird. 
Acta  sunt  hec  Const  in  curia  Hainrici  de  Clingenberch  S^  Stephani 
Const.  et  Episcopaliscelle  ecclesiarum  tunc  prepositi  a.  d.  1275 
mense  iuiii  ind.  3.  etc.  Tengen:  Propst  Heinrich  (vorgenannt), 
Friedrich  von  Bohlingen  [BA.  Konstanz]  Chorherr  und  Friedrich 
Pieban  von  Bischofszell  und  andere  Genannte.  —  Regg.  Konst.  i 
^'r.  2391. 

II.  [1275]  Febr.  21. 

Iudex  ecclesie  Const.  F[riderico]  plebano  Episcopaliscelle 
salutem  in  domino.  Mandamus  tibi  quatenus  omnes  confratres 
aut  concanonicos  tuos  cites  in  chorum  Const.  proxima  feria  secunda 
[März  1 1  ]  post  dominicam  qua  cantatur  Reminiscere  et  tu  nichi- 
lominus  loco  et  termino  prcnarrato  compareas  cum  eisdem,  queri- 


140 


Miscellen. 


moaie  Adilhaidis  de  Constantia,  relicte  quondam  Cünxadi  dicti 
Tanners,  finaliter  responsuri.  D.  Const.  9.  kal.  mart.,  ind.  3. 
Reddite  litteras.  —  Pergamentzettel.   11  cm  lang,  5  cm  breit. 

111.  [1275]  März   II. 

Iudex  ecciesie  Const.  etc.  Die  assignata  coram  nobis  feria 
secunda  proxima  post  Reminiscere,  preposito  et  capitulo  Episco- 
paliscelle  ad  instanciam  Adelhaidis  de  Constancia,  relicte  quondam 
Cfinradi  dicti  Tanners,  partibus  coram  nobis  constitutis,  dicta 
domina  petivit  quasdam  possessiones  a  dictis  dominis  sitas  in 
Blaikon  qui  excipiendo  proposuerunt:  quod  cum  ipsi  haberent 
super  predictis  possessionibus  cuius  (I)  warandum  ipsorum, 
quem  in  continenti  iudicio  sistebant,  qui  defensionem  predictarum 
possessionum  partibus  presentibus  in  se  recepit,  unde  nos  dictos 
dominos  ab  in  stancia  nostri  iudicii  duximus  absolvendos.  Datum 
Const.  predicto  die  ind.  3.  —  Pergamentzettel;  8  cm  lang,  6  cm 
breit.  Das  »cuius«  nach  )^possessionibus€  ist  entschieden  ein  Ver- 
sehen und  daher  zu  streichen.  Blaikon,  heute  Bleiken,  liegt  bei 
Sulgen  im  Thurgau. 

Heidelberg,  A,   Cartellieri, 


Ein  unbekannter  Brief  Phil.  Melanchthons.  Bei  meinen 
Studien  im  Fürstlich  Löwenstein-Wertheim'schen  Gemeinschafts- 
archive fand  ich  einen  Brief  des  j^praeceptor  Germaniae«:,  der 
meines  Wissens  und  wie  Herr  Prot.  Nlk.  Müller  in  Berlin  mir 
mitzuteilen  die  Güte  hatte,  noch  ungedruckt  ist.  Ich  lasse  das 
Schreiben,  welches  vom  4.  Jan,  1548  datiert  und  an  einen  mit 
Melanchthon  befreundeten  Bürger  zu  Schweinfurt,  Andreas 
Laraperti '),  gerichtet  ist,  hier  folgen : 

Honestissimo  viro  prudentia  et  virtute  praestanti  Dom. 
Andreae  Lamperti  civi  Swinoforti  suo  amico 
colendo. 

S.  D.  Honestissime  vir  et  amice  colende. 

£tsi  nee  decet,  in  aliena  republica  se  ingerere,  minimeque 
impediri  volo  iudiciorum  libertatem  in  electione,  tarnen  et 
honestum  et  utile  est  indicare  homines  idoneos  ad  munera 
publica.  Commendavit  alium  antea  ad  scholarum  gubernationem 
senatui  urbis  vestrae,  civis  Blitt,  cuius  eruditionem  eximiam  alii 
docti  probant  Is  autem  relinquere  petitionem  dicitur;  quod  si 
ita  est  et  senatus  alium  querit,    cui  scholam   commendet,    indico 

^)  Der  Name  wird  bei  Beck,  Chronik  der  Stadt  Schweinfart,  nicht 
genannt;  auch  erfahren  wir  dort  nichts  über  die  Schulverhältnisse  der  Stadt 
in  jener  Zeit. 


Miscellen. 


141 


hunc  Christophorum  Ireneum  Silesium,  qui  praefuit  scholae  Bern- 
burgensi  circiter  triennium.  £t  scribit  solutam  orationem  et 
versus  satis  feliciter.  Non  ambitiöse  contendo,  sed  senatum  suo 
iudicio  et  arbitrio  statuere  decet.  Sed  indicatio  officiosa  est.  — 
Ideo  vos  oro,  ut  hunc  Christophorum  et  meum  de  eo  testimonium 
scnatui  indicare  velitis. 

Bene  valete! 

die  4  Januarij 

1548. 

philippus  Melanthon. 

Xiklashausen  b.    Wertheim,  Rolf  Kern, 


Zeitschriftenschau  und  Litteratumotizen. 

Von    Veröffentlichungen     der     Badischen    Historischen 
Kommission  ist  erschienen: 

Neujahrsblätter  der  Badischen  Historischen  Kommission. 
Neue  Folge.  2.  1899.  Johann  Georg  Schlosser  als 
badischer  Beamter  von  Eberhard  Gothein.  Heidel- 
berg, Winter. 

Neues  Archiv  für  die  Geschichte  der  Stadt  Heidelberg 
und  der  rheinischen  Pfalz.  Band  111,  Heft  3  u.  4  (1898). 
A.  Thorbecke:  Mitteilungen  aus  Heidelberger  Kirchen- 
büchern. S.  151  — 173.  Statistische  Zusammenstellung  über 
Geburten  und  Eheschliessungen  vom  Ende  des  16.  bis  zum  Ende 
des  17.  Jahrhunderts.  —  M.  Huffschmid:  Zur  Geschichte 
des  Heidelberger  Schlosses.  S.  174  — 187.  Nachtrage  und 
Berichtigungen  zu  dem  im  gleichen  Bande  S.  i  ff.  unter  gleichem 
Titel  erschienenen  Aufsatze.  Entgegnung  auf  die  kritischen 
Bemerkungen  von  Koch  und  Seitz.  —  K.  Obser:  Eine  Bären- 
jagd im  Schwetzinger  Walde.  S.  188  —  189.  Jagdbericht 
des  Kurfürsten  Philipp  von  der  Pfalz  an  König  Maximilian  vom 
10.  Sept.  1492.  —  A.  Thorbecke:  Eine  Verordnung  von 
Karl  Philipp  gegen  das  Bettler-,  Zigeuner-  und  Räuber- 
gesindel. S.  190 — 196.  Vom  14.  April  1720.  Nach  Einblatt- 
druck. —  R.  Sillib:  Ein  englischer  Reisebericht  über 
Heidelberg  aus  dem  Jahre  1617.  S.  196  — 199.  Aus  dem 
Reise  werke  des  F.  Moryson  (London,  1617).  —  K.  Christ: 
Das  Stcuerwesen  von  Kurpfalz  im  Mittelalter.  S.  200 
— 264.  Abdruck  der  schon  von  Eulenburg  verwerteten  kurpfalz. 
Steuerrolle  von  1439»  zunächst  soweit  sie  sich  auf  Heidelberg 
bezieht.  Mit  wirtschaftsgeschichtlicher  Einleitung.  —  Orts-  und 
Sachenverzeichnis  zum  3.  Bande.    S.  264  —  280. 

Alemannia:  Jahrgang  26  (1898),  Heft  2.  M.  E.  Mar r läge: 
Poetische  Beziehungen  des  Menschen  zur  Pflanzen-  und 
Tierwelt  im  heutigen  Volkslied  auf  hochdeutschem 
Boden.  S.  97  — 183.  —  O.  Giemen:  Eine  fast  verschollene 
Streitschrift  Thom.  Murners.  S.  183— 188.  Inhaltsangabe  einer 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturaotizen.  I^ß 

gegen  den  Esslinger  Augustiner  Mich.  Styfel  gerichteten  Streit 
Schrift  M/s  aus  dem  Jahre  1522,  von  der  sich  ausser  dem  bisher 
allein  bekannten  Exemplare  des  Britischen  Museums  ein  zweites 
in  der  Zwickauer  Ratsschulbibliothek  gefunden  hat. 


Revue  catholique  d'Alsace:  Nouvelle  scrie.  Band  17. 
Jahr  1898.  September-Oktober-November-Heft.  Schickele:  Le 
doyennu  du  Sundgau,  S.  641 — 663,  721  —  736,  816 — 828, 
Fortsetzung  der  kirchengeschichtlichen  Notizen  über  die  Ge- 
meinden jenes  alten  Ruralkapitels  der  Basler  Diöcese,  die  Ort- 
schaften Heidweiler,  Heimsbrunn,  Hirsingen,  Hirzbach,  Hochstatt, 
Hundsbach,  lUfurt,  Lümschweiler,  Lutterbach,  Niedermorschweiler, 
Obermorschweiler,  Pfastatt  und  Reiningen  betreffend.  —  Lew:  Les 
persccutions  des  catholiques  dans  le  comte  de  Saar- 
werden et  la  seigneurie  de  Diemeringen  (1697 — 1793)» 
S.  685  —  692,  giebt  aus  d^n  Pfarrarchiven  von  Thal  und  Hars- 
kirchen  noch  einige  Nachträge,  betreffend  Belästigungen  der 
Katholiken  der  Grafschaft  Saarwerden  im  18.  Jahrhundert.  — 
Beuchot:  Un  commissaire  de  canton  pendant  la  rdvo- 
lation,  S.  702  —  712,  teilt  aus  dem  Colmarer  ßezirksarchiv  die 
Berichte  des  zu  Wattweiler  stationierten  Kantonalkommissars  von 
Sennheim,  Ddville,  aus  den  Jahren  1796  und  1797  mit^  die  sich 
im  wesentlichen  mit  den  Umtrieben  der  nicht  vereidigten  Priester 
beschäftigen.  —  Louvot:  Perreciot,  S.  801 — 815,  Briefe  des 
Juristen  Perreciot,  Bürgermeister  von  Baume,  an  Grandidier  aus 
den  Jahren  1779 — 1786,  zumeist  über  Fragen  der  antiken 
GeogfTaphic  und  Topographie.  — Beuchot:  Les  prÄtres  sexa- 
g^naires  et  infirmes  du  Haut-Rhin  pendant  la  rdvo- 
lution,  S.  845—850,  Mitteilungen  nach  den  Akten  des  Colmarer 
Rezirksarchivs  über  die  zu  Colmar  seit  dem  Oktober  1792  und 
vom  April  1793  ab  zu  Ensisheim  eingesperrten  alten  und  siechen 
katholischen  Priester.  —  A  travers  les  livres,  S.  869  —  875, 
eine  anonyme  eingehende  Besprechung  von  Th.  Ludwigs  Schrift 
«Die  deutschen  Reichsstande  im  Klsass  etc.« 


Revue  d'Alsace:  Nouvelle  scrie.  Band  12.  Jahr  1898. 
Oktober-November-Dezember-Heft.  Reuss:  Correspondance 
intime  entre  Ulrich  Obrecht  et  Jean  Baptiste  Klinglin, 
^»  434 — 474»  merkwürdige  Briefe  Obrechts  an  den  in  Paris 
weilenden  Strassburger  Syndikus  Klinglin  aus  den  Jahren  1O91 
und  1692,  welche  die  tödliche  Feindschaft  Obrechts  gegen 
Güntzer  enthüllen.  —  Schoell:  Theophile  Conrad  Pfeffel, 
S.  482 — 492,  Fortsetzung  der  litterargeschichtüchen  Studie  über 
Pfeffel.  —  Nerlinger:  La  vie  ä  Strasbourg  au  commen- 
^ement  du  i7e  si^cle,  S,  493—544,  Weiterführung  des  Neu- 
Abdnicks  von  D.  Martins  »New  Parlament«,  Kap.  3g — 82.  — 
I^nrrwell:  Flistoire  d'une  ville  d'Alsace  et    de    ses  envi- 


144 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen. 


rons,  S.  545-549,  Notizen  zur  Geschichte  von  Feldkirch  und 
Pulversheim.  —  Benolt:  Note  sur  un  passage  de  la  brochure 
»Wissembourg«  par  Ducrot,  S.  550 — 553,  stellt  fest,  dass 
General  Ducrot  am  4.  August  1870  nicht  um  Mittag,  wie  er 
angiebt,  sondern  schon  um  8  Uhr  Morgens  in  Lembach  einrückte. 
—  Kurtz:  Bibliographie,  S.  554 — 560,  analysiert  u.  a.  einige 
Alsatica.  —  Balzweiller:  Une  page  de  bibliographie, 
S.  561  —  571,  bespricht  die  Elsässische  Bibliographie  von  Marck- 
wald  in  unserer  Zeitschrift,  die  Arbeiten  Kassels  zur  Geschichte 
von  Ingweiler  und  des  Hanauer  Landes,  sowie  die  Nr.  21 
und  22  der  Beiträge  zur  Landes-  und  Volkeskunde  von  Elsass- 
Lothringen. 


Annales  de  TEst :  Band  12.  Jahr  1898.  Heft  IV.  Nerlinger: 
Seigneur  et  bourgeois  de  Riquewihr  au  XVe  si^cle, 
S.  551 — 576,  behandelt  nach  Urkunden  des  Fonds  Montbüliard 
im  Pariser  Nationalarchiv,  die  im  Anhang  abgedruckt  werden, 
den  Prozess  zwischen  dem  württembergischen  Grafen,  dem  tollen 
Heinrich,  und  dem  Reichenweierer  Bürger  Stephan  Grucker  aus 
den  Jahren  1484 — 1500.  —  In  der  Bibliographie  S.  594 — 612 
kurze  Anzeigen  von  Delabrousse  »Valentine  und  Teutsch  »Strass- 
burger  Bilder  aus  den  vierziger  Jahren«  durch  Th.  Schoell. 


Jahrbuch  für  Geschichte,  Sprache  und  Litteratur  Elsass- 
Lothringens,  14.  Jahrgang.  1898.  Walter:  Zur  Geschichte 
des  Deutschritterordens  im  Oberelsass,  S.  3 — 55,  aus 
archivalischen  Quellen  geschöpfte  Beiträge  zur  Geschichte  der 
vier  oberelsässischen  Kommenden  Rufach-Suntheim,  Kaisersberg, 
Gebweiler  und  Mülhauscn-Rixheim.  —  Hertzog:  Die  Mark- 
genossenschaft des  Ehnthales,  S.  56 — 76,  sucht  die  Existenz 
einer  alten,  fränkischen,  zum  königlichen  Fiskus  gehörenden 
Markgenossenschaft  im  Ehnthale  mit  dem  Gerichts-,  Verwaltungs- 
und kirchlichen  Zentrum  in  Oberehnheim  nachzuweisen.  — 
Scholl:  Pfeffel  und  Luc6,  S.  84 — 105,  behandelt  auf  Grund 
bisher  unveröffentlichter  Briefe  die  freundschaftlichen  Beziehungen 
zwischen  Pfeffel  und  dem  Münsterer  Pfarrer  Lucc.  ~  Martin: 
Herder  und  Goethe  in  Strassburg,  S.  106 — 123,  weist  in 
einem  Vortrag  den  Einfluss  Herders  auf  Goethe  bei  ihrem  Zu- 
sammentreten in  Strassburg  1770  nach;  im  Anhang  Faksimiles 
von  einem  Blatt  der  Strassburger  Handschrift  von  Goethe's  Lieder- 
sammlung und  von  den  Einträgen  der  Eltern  und  der  Töchter 
Brion  im  Sesenheimer  Kirchenbuch.  —  Martin:  Kleine  Bei- 
träge, S.  124 — 130,  teilt  eine  Inschrift  der  Jung  St.  Peterkirche 
in  Strassburg  aus  dem  14.  Jahrhundert  mit  und  giebt  noch  einige 
Litteraturnotizen  über  den  Sprachlehrer  Daniel  Martin.  —  Bolte: 
Historische  Lieder  aus  dem  Elsass,  S.  131  — 137,  druckt 
aus  einer  Sammelhandschrift    der   Berliner  Bibliothek    zwei    dem 


Zeitschrifteiiächau  und  Litteraturuotizen.  i  ic 

10.  Jahrhundert  angehörige  Lieder  ab.  —  VViegand:  Bezirks- 
und Gemeindearchive  im  Elsass,  S.  i6i  — 191,  zeichnet 
die  Entwicklung  des  französischen  Archivwesens  im  Elsass  seit 
der  Revolution  und  schh'esst  Reformvorschläp^e  an  —  Winckel- 
mann:  Zur  Geschichte  des  deutschen  Theaters  in  Strass- 
burg  unter  französischer  Herrschaft,  S.  192--237,  schildert 
aus  den  Akten  des  Strassburger  Stadtarchivs  und  aus  der  Litteratur 
die  Hauptmomente  in  der  Geschichte  der  deutschen  Bühne  in 
Strassourg  vom  Auftreten  der  Neuber'schen  Truppe  1736  bis 
zum  Ausbruch  der  Revolution;  im  Anhang  Faksimiles  von  einigen 
alten  Strassburger  Theaterzetteln  von   177Q,   1781   und   1782. 


Mitteilungen  der  Gesellschaft  für  Erhaltung  der  geschicht- 
lichen Denkmäler  im  Elsass,  U,  Folge,  Band  19,  erste  Hälfte, 
1898.      Becker:    Das    Beamtentum    der   Reichslandvogtci 
H agenau,  S.  i  -  31,  schildert  die  Amtsbefugnisse  und  Einkünfte 
der    Unterlandvögte,   der    Reichsschultheissen    zu    Hagenau,    drs 
Zinsmeibters,    des  Kastenkellers,    des  Gegenschreibers,    der    Räte 
des     Hagenauer     Hofgerichts     und     einiger    Unterbeamten.     — 
Dacheux:   Annales   de  Scbastien  Brant,    S.  33 — 260,    Ab- 
druck einer  aus  dem  Reussner'schen  Nachlass  stammenden,  von 
dem  Strassburger  Stadtbibliothekar  Jung  gefertigten  Abschrift  der 
von  Jakob  Wcncker,  wie  es  scheint,  gemachten  Auszüge  aus  den 
Protokollen  der  Einundzwanziger,    einer   für   die  Geschichte    der 
Reformation    in    Strassburg    von     1517 — 1536    höchst    wichtigen 
Quelle,  die  übrigens  von  Jung  und  Roehrich  schon   ausgebeutet 
worden   ist.  —    Reuss:    Les   Eph^mdrides    de    Jacques    de 
Gottesheim,    S.   2Ö1  —  281,    Abdruck    der    ebenfalls    aus    dem 
Reussner'schen  Nachlass  stammenden,  um    1600  gefertigten  Aus- 
züge aus  dem  Diarium  des  der  katholischen  Religion  im  Innern 
treu  gebliebenen  Strassburger  Advokaten  Jakob  von  Gottesheim, 
üie  Jahre    1524 — 1543    umfassend.    —     Meister:    Akten    zum 
>chisma  im  Strassburger  Domkapitel   1583 — 1592,    S.  282 
.15g,  Abdruck  der  wichtigsten  unbekannten  Akten  zur  Geschichte 
jenes  Schisma  aus  den  Strassburger,  Münchener,  Wiener,  Düssel- 
dorfer und    Innsbrucker   Archiven.   —  Walter:    Les    reges tes 
Je  l'abbaye  de  Neu  willer,  S.  360 — 406,  vollständiger  Abdruck 
von   Aktenstücken   zur    Geschichte    der   Neuweilerer    Abtei    vom 
10.  bis  18.  Jahrhundert  aus  dem  Pfarrarchiv  von  Neuweiler  und 
Jen  Bezirksarchiven  von  Metz  und  Strassburg.  —  In  den  »Fund - 
berichten  und    kleinern  Notizen*,   S.  5* — 12*  Mitteilungen 
nut  Plänen    von  A.   Ingold    über   die  Abtei  Münster   und    über 
eine   Notiz    Schöpflins,    das    Grab    der    Kaiserin    Irmingard    zu 
Krsieln  betreffend. 


Zeuichr.  f.  Gesch.  d.  Oherrh.  N*.  K,  XIV.  i.  lO 


I  i5  2^itschriftenschau  und  Litteratumotizen. 

Württembergisches  Adels-  and  Wappenbuch.  Im 
Auftrage  des  Württ.  Altertumsvereins  verfasst  von  Otto  von 
Alberti,  Archivrat.  Stuttgart,  W.  Kohlhammer  Bd.  i  (8  Hefte) 
1889      1898. 

Vor  kurzem  ist  der  erste  Band  dieses  Werkes,  auf  den  ich 
die  Leser  dieser  Zeitschrift  hiermit  aufmerksam  mache,  vollendet 
worden.  Derselbe  enthält  als  Einleitung  die  Geschichte  des 
württembergischen  Wappens  mit  vielen  Lichtdruckabbildungen 
von  Siegeln,  dann  eine  alphabetische  Liste  des  württembergischen 
Adels,  der  von  württembergischen  Regenten  Geadelten,  des 
landbegüterten  Patriciats  und  der  fremden  Adelsgeschlechter,  die 
in  Württemberg  Besitz  hatten  oder  in  württembergischen  Diensten 
gestanden  sind.  Diese  Liste  des  ersten  Bandes  beginnt  mit 
Aalen  und  endet  mit  Mylius.  Die  einzelnen  Familien  sind,  wie 
es  der  Aufgabe  des  Werkes,  ein  Nachschlagebuch  für  Forscher 
auf  dem  Gebiete  der  Genealogie  zu  sein,  entspricht,  ganz  kurz 
behandelt.  Verfasser  giebt  den  Stammort  des  Geschlechtes,  sein 
erstes  Erscheinen,  bezw.  seine  Erhebung  in  den  Adelstand,  die 
Zeit  seines  Bestandes  und  seinen  Besitz  in  Württemberg,  nicht 
auch  den  ausserhalb  dieses  Landes  an.  Diese  Beschränkung 
möchte  ich  nicht  ganz  billigen;  für  den  Adelsforscher  ist  es 
sehr  wichtig,  wenn  er  erfahrt,  bis  wohin  die  Beziehungen  einer 
Familie  gereicht  haben,  und  wo  sie  begütert  war.  Ich  hätte 
darum  gewünscht,  dass  v.  Alberti  auch  ganz  knapp  auf  den 
fremden  Besitz  der  württembergischen  Familien  hingewiesen 
hätte,  z.  B.  bei  Gundelfingen,  Helfenstein,  Kirchberg.  Auch  ein 
Hinweis  auf  länger  dauernde  Dienste  solcher  Familien  bei  fremden 
Fürsten,  z.  B.  der  Gundelfingen  bei  Bayern,  der  Ellerbach  bei 
Österreich,  wäre  wohl  von  den  Forschern  mit  Freuden  begrüsst 
worden.  V^on  dieser  Ausstellung  abgesehen,  verdient  die  sorg- 
fältige, fleissige  Arbeit  volles  Lob;  sie  wird  den  Genealogen 
dauernd  von  Nutzen  sein.  Besonders  wertvoll  ist  die  sehr  reiche 
Ausstattung  desselben  mit  gut  gezeichneten  Abbildungen  von 
Wappen  nach  Originalsiegeln  und  alten  Wappenbüchern.  Möge 
das  Werk  weite  Verbreitung  finden  und  damit  seinem  Verfasser, 
wie  dem  Auftraggeber,  dem  Württembergischen  Altertumsvereine, 
der  verdiente  Lohn  für  die  mühevolle  Arbeit  und  ihre  grossen 
Kosten  zu  teil   werden!  B, 

Wir  machen  auf  zwei  familiengeschichtliche  Publikationen 
aufmerksam.  Aus  einer  Familienchronik  von  K.  Odenwald, 
Pfarrer  a.  D.  (Karlsruhe,  Druck  der  Aktiendruckerei  Karlsruhe. 
1898.  161  S.),  schon  früher  im  Feuilleton  der  »Bad.  Landpost« 
veröffentlicht,  behandelt  die  Geschicke  einer  Familie,  deren  männ- 
liche Mitglieder  seit  zweihundert  Jahren  fast  alle  lutherische 
Pfarrer  in  der  Kurpfalz  waren,  bezw.  in  neuerer  Zeit  als  evan- 
gelische Pfarrer  im  badischen  Kirchendienst  standen.  Die  Chronik 
ist    recht    eigentlich    ein    Familienbuch;    das    erklärt,    dass    ver- 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen.  iaj 

schiedenes  darin  steht,  was  man  hier  nicht  sucht,  und  anderes, 
für  das  die  dokumentarische  Beglaubigung  schwer  beizubringen 
sein  wird.  Doch  durfte  dies  kein  Hindernis  sein,  dass  das  Buch 
auch  für  solche,  welche  zu  der  Familie  Odenwald  in  keinem 
näheren  Verhältnis  stehen,  eine  ansprechende  Lektüre  bilden  wird. 
-  Strengeren  wissenschaftlichen  Anforderungen  entsprichtKl  emms 
Archiv;  Mitteilungen  aus  der  Familiengeschichte,  herausgegeben 
von  dem  Verband  Klemm'scher  Familien,  von  dem  bis  jetzt  drei 
Nummern  (Pforzheim,  September  1897,  April  und  Oktober  1898) 
ausgegeben  sind,  welche  Urkunden  zur  Veranschaulichung  der 
Entstehung  und  Verbreitung  des  Namens  Klemm,  Lebensbilder, 
kleine  Mitteilungen  u.  s.  w.  enthalten  und  die  verschiedenen 
Familien,  welche  diesen  in  Deutschland  weit  verbreiteten  Namen 
fuhren,  gleichmässig  zu  berücksichtigen  bestrebt  sind.  — r. 


\V.  \V.  wies  kürzlich  in  dieser  Zeitschrift  (N.  F.    12  (1897), 
^«  3^5  ^')  *^ic  von  R.  Reuss  unberechtigt  erhobene  Klage  energisch 
zurück,    dass  es  keine  jährliche    bibliographische  Übersicht    über 
die  historische  Litteratur  des  Elsasses  gäbe.     Das   gleiche  Miss- 
geschick, die  »Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins«  und 
bomit  auf:h  die  in  ihr  von    dem  Unterzeichneten   veröffentlichten 
Litteraturübersichten  nicht  zu  kennen,  teilt  mit  Reuss  auch  Henri 
Stein.      In    seinem    soeben    erschienenen    Manuel    de    Biblio- 
graphie generale  (Paris,  \,  Picard  et  fils   1898.    XX,  S95  S.) 
lacht  man  die  historischen  Bibliographien  der  einzelnen  deutschen 
Lander  vergeblich    in    der    Gruppe  »Sciences   historiques«.     Man 
findet  sie  in  einer  Rubrik,  in  der  man  nur  die  eigentlich  landes- 
kundlichen Übersichten  sucht,  die  »Sciences  g^ographiques«  betitelt 
ist.     Die    Zusammenstellung    der    Werke    für    »Alsace-Lorraine«, 
S.  343  f.  ist  eine   höchst    willkürliche.     Neben    wirklichen  biblio- 
graphischen Arbeilen  finden  wir  dort  z.  B.  auch   das  W<?rk    von 
Reinhart    über    den    Odilienberg    angeführt,    mit    dem    Zusatz: 
>Contient    une    bibliographie    de    la    localit^.c      Wenn    Stein    alle 
historischen  Werke  anführen  wollte,  in  denen  die  Verfasser  eine 
bibliographische  Zusammenstellung  des  behandelten  Gegenstandes 
liefern,  so  hätte  er  Dutzende  anführen  müssen.    Den  Schluss  der 
Aufzahlung  bildet  die  »KIsass-Lothringische  Bibliographie  1  (1887V 
<Strassburg     1889)    des    Unterzeichneten,     mit    der    Bemerkung: 
»Repertoire    mt-thodique    tr^s    important    qui     promettait    d'etrt- 
annaei,  mais  la  suite  bien  qu'annoncee    n'a  jamais    paru.     11    sc 
ftut  contenter  actuellement  de  la    bibliographie    incompl^tc    que 
public  periodiquement  la  ^Westdeutsche  Zeitschrift  für  Geschichte 
ond  Kunst«.     Also    auch    für    Henri   Stein    existiert   unsere    Zeit- 
schrift nicht,  mit  der  »'bibliographie  incompletc^  der  Westdeutschen 
ZeitM:hrift  wird  schwcrlirh  Jemand  etwas  anfangen  können,     -  da 
seit  zehn  Jahren  in  der  Westdeutschen  Zeitschrift  bibliograi)hische 
Cbersichten  nicht  mehr  gegeben  werden. 

lü* 


IJ.8  Zeitschriftenächau  und  Litteraturootizen. 

Für  Baden  führt  Stein  die  Werke  an  von  A.  Bingner  (Lite- 
ratur über  das  Herzogthum  [!]  Baden  in  allen  seinen  staatlichen 
Beziehun<5^en.  Karlsruhe  1854)  und  F.  X.  Lehmann  (Die  Litte- 
ratur  für  vaterländische  Naturkunde  im  Grossherzogthum  Baden. 
Karlsruhe  1885).  Kr  fügt  hinzu:  iVoir,  pour  la  bibliographie 
courante,  les  repertoires  publi6s  ä  intervalles  irrdguliers  dans  la 
»Zeitschrift  für  Geschichte  des  Oberrheins«.«  ---  Zahlreich  sind 
die  Irrtümer  und  Fehler  im  Appendice  111:  »Repertoire  des 
catalogues  imprimt^s  des  principales  biblioth^ques  du  monde 
entier«.  S.  746  wird  u.  a.  bei  Mülhausen  der  Katalog  der  einen 
Teil  der  Stadtbibliothek  bildenden  G^rard'schen  Alsatica-Samm- 
lung  angeführt,  der  Stöber-Wildische  Katalog  der  eigentlichen 
Sladtbibliothek  fehlt.  Ganz  lückenhaft  ist  die  Zusammenstellung 
für  Baden:  es  fehlen,  um  nur  einige  anzuführen,  die  Kataloge 
der  Gymnasien  zu  Bruchsal  und  Rastatt,  des  Mannheimer  Alter- 
tumsvereins, der  Wcssenbergbibliothek  in  Konstanz  und  der 
Leopold-Sofienbibliothek  in  Überlingen. 

Dass  auch  die  bibliographischen  Obersichten  des  Unter- 
zeichneten über  lothringische  Geschichte  im  »Jahrbuch  der 
Gesellschaft  für  lothringische  Geschichte  und  Altertumskundec 
bei  Stein  fehlen,  darf  wohl  zum  Schluss  ebenfalls  noch  bemerkt 
werden.  E.  M. 

In  Bd.  XIV  des  Jahrbuchs  des  histor.  litterar.  Zweigvereins 
des  Vogesenklubs  veröffentlicht  W.  Wiegan d  eine  aus  einem 
früheren  Vortrage  erweiterte  Abhandlung  über  »Bezirks-  und 
Gemeindearchive  im  Elsass«,  die  in  kurzen  klaren  Umrissen 
ein  vortreffliches  Bild  von  der  Entwickelung  des  elsässischen 
Archivwesens  seit  den  Tagen  der  grossen  Revolution  unter  der 
französischen  und  deutschen  Herrschaft  entwirft  und  schon  wegen 
der  praktischen  Winke,  die  sie  enthält,  jedem  Freunde  elsässischer 
Geschichte  willkommen  sein  wird.  Die  volle  Beachtung  der 
massgebenden  reichsländischen  Faktoren  verdienen  die  Bemer- 
kungen über  die  Ziele  der  weitern  Ausgestaltung  des  Archiv- 
wesens, sowie  die  auf  gründlicher  Kenntnis  der  Bedürfnisse 
beruhenden  Vorschläge  zur  Lösung  der  Aufgaben,  die  zur  Zeit 
in  den  Bezirks-  und  Gemeindearchiven  als  die  wichtigsten  an- 
gesehen werden  müssen.  Mit  Recht  erblickt  der  Verfasser  einen 
wesentlichen  Misstand,  unter  dem  die  gegenwärtigen  Verhält- 
nisse leiden,  in  dem  Mangel  an  einem  wissenschaftlichen  ver- 
waltungstechnischen Centrum:  dass  demselben  durch  die  Grün- 
dung eines  Landesarchives  —  sei  es  nun  mit  oder  ohne  Auf- 
hebung der  beiden  Bezirksinstitute  —  abgeholfen  werde,  erscheint 
'\\\  der  That  als  eine  unabweisbare,  mit  den  Jahren  immer  drin- 
gender werdende  Forderung.  Nicht  minder  berechtigt  ist  der 
Wunsch  nach  einer  Erschliessung  der  —  nach  den  gegebenen 
Andeutungen  zu  urteilen  —  überaus  reichhaltigen  Bestände 
der  Gemeindearchive  durch  genaue  V^erzeichnung  derselben  und 


Zeitschriftenschau  und  Litternturnotizen.  I^n 

Kegestierung  der  altem  Urkunden,  in  der  Weise,  wie  das  in 
Baden  zum  Segen  der  landesgeschichtlichen  Forschung  durch  die 
Plleger  der  Historischen  Kommission  geschieht;  auch  aus  diesem 
Grunde  bleibt  es  zu  bedauern,  dass  die  geplante  reichsländische 
Historische  Kommission,  deren  ein  solches  Pflegeriiistitut  not- 
wendig zur  Anlehnung  bedürfte,  vorerst  gescheitert  ist. 

A".   Odser. 


In  den  Sitzungsberichten  der  Bayer.  Akad.  1898,  Heft  3, 
setzt  H.  Simons  fei d  seine  Historisch-diplomatischen  Forschungen 
zur  Geschichte  des  Mittelalters  fort.  Unter  Nr.  IV,  S.  402  ff., 
macht  er  sehr  eingehende  Mitteilungen  über  die  Formelsammlung 
des  Rudolf  von  Tours  und  zeigt  u.  a.,  dass  die  Überarbeitung 
der  französischen  Vorlage,  die  in  der  Münchener  Handschrift 
Clm.  öQii  vorliegt,  um  die  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  in  Süd- 
deutschland, Bayern  oder  Schwaben,  stattfand.  Besonders  zu 
beachten  sind  die  beiden  Schreiben  über  den  Kmpfang  Klisa- 
beths,  der  Gemahlin  König  Konrads  IV,  in  Schwaben  (S.  442). 
Die  an  zweiter  Stelle  behandelte  Pariser  Handschrift  14009 
Bl.  181  —  204  gehört  nach  Mainz  und  Mitteldeutschland.  Ein 
Verzeichnis  der  Brief-  und  Urkundenanfänge  erleichtert  weitere 
Forschungen.     Erwünscht  wäre  ein  Register  der  Eigennamen. 

A.   Cariellierü 

In    den  Mitteilungen    des  Instituts    für  Österreichische    Ge- 
schichtsforschung,   Band     19,    S.    577  —  614.    behandelt  Alfons 
Dopsch    die    Ebersheimer  Urkundenfälschungen.     Indem 
er  samtliche   16  Stücke  von  Theuderich  III.  bis  auf  Heinrich  III. 
dnrchgehty  schliesst  er  sich   den   von  Bloch    gewonnenen  Resul- 
taten ruckhaltslos    an    und  weist   seinerseits    nun    auch    die    von 
Sickel  und  Mühlbacher  noch  in  der  Hauptsache  als  echt  bezeich- 
nete Urkunde  Karlmanns  von  770  als  ein  Machwerk  Grandidiers 
nach.     Er  legt  femer  überzeugend  dar,   dass  mit  Ausnahme  der 
VüD  dem    letztern    gefertigten    vier  Privilegien    die    übrigen  Fäl- 
scboDgen  in  den  mittlem  Jahrzehnten  des   12.  Jahrhunderts  ent- 
standen sein  müssen,  sowohl  um  verlorne  und  strittige  Besitzungen 
XQ  sichern^    wie  um   die  Rechte    und    Pflichten    der  Klosterleute 
und  des  Klostervogts  festzustellen  und  die  kirchen-    und   staats- 
Kchtliche  Stellung  des  Klosters  selbst  zu  begründen.     Aus    den 
beiden    Urkunden    Ludwigs    des    Frommen    von    824    wird    am 
Schloss  gradezu  ein  Ebersheimer  Dienstrecht  in   15  Paragraphen 
lEQnstreich  herausgeschält.     Ausserhalb  der  allgemeinen  Tendenz 
filU  nur   das. Privileg  Arnulfs  von  889,    dessen  Fälschungszweck 
nicht  klar    und    scharf   genug    festgestellt    ist.      Hier    wird    eine 
^eute  Forschung  einzusetzen  haben,  die  auch  die  Untersuchung 
Dich  der    Existenz    und    der    Benutzung    von    echten    Vorlagen 
intensiver  führen,  sowie  die  Entwicklung  des  klösterlichen  Güter- 
besities  im  einzelnen  wird  klarlegen  müssen.  W,   W, 


I^O  ZeitschriftenscbaiL  und  Litteratomotiaen. 

Die  soeben  ausgegebene  zweite  Hälfte  des  vierten  Bandes 
des  Urkundenbuchs  der  Stadt  und  Landschaft  Zürich 
(bearbeitet  von  J.  K  seh  er  und  P.  Schweizer.  Zürich,  Fäsi  & 
Beer,  S.  201—400  u.  i — 4)  enthält  die  Nummern  i486-  1645, 
von  denen  reichlich  die  Hälfte  ungedruckt  war.  Der  Halbband 
umfasst  die  Zeit  vom  März  1272  bis  Ende  1276,  der  ganze  Band 
die  Zeit  von  1 265  an,  also  1 2  Jahre.  Auch  wenn,  was  nicht 
anzunehmen  ist,  keine  Steigerung  der  erhaltenen  Urkunden  bis  1300 
mehr  eintritt,  sind  demnach,  um  diese  Zeitgrenze  zu  erreichen, 
noch  volle  zwei  Bände  erforderlich.  Der  Ertrag  für  die  schweize- 
rische Geschichte  kommt  für  diese  Stelle  weniger  in  Betracht, 
ich  muss  mich  darauf  beschränken,  den  Nutzen  für  das  heutige 
Deutschland  hervorzuheben.  Eine  Reihe  von  Stücken  betrifft 
den  Besitz  der  Klöster  Reichenau  (15 17.  1546.  16 14),  St.  Blasien 
(1559«  ^580.  1599),  Petershausen  (1584)  und  Lindau  (1624), 
des  Konstanzer  Domkapitels  (1524.  1556).  Die  Nachrichten 
über  die  Bischöfe  von  Konstanz  (auch  einige  Nachträge  zu  den 
Regesten),  wie  Konstanzer  u.  £.  Geistliche,  Adlige  und  Bürger 
lassen  sich  in  einer  Notiz  nicht  aufzählen.  Von  Orten  fand  ich 
erwähnt  Messkirch  (1545),  Tiefenhäuser  (1548.  1549),  Hilzingen 
(1642).  Eine  deutsche  Urkunde  der  Elisabeth  von  Staufen 
(1531)  ist  leider  eine  jüngere  Obersetzung  eines  lateinischen 
Originals.  Der  Rechtsgeschichte  wird  reicher  Stoff  geliefert:  so 
handelt  eine  Urkunde  über  die  Verheiratung  der  Töchter  eines 
freien  Bauern,  wobei  der  Vizelandgraf  im  Aargau,  ein  Freiherr 
von  Bonstetten,  als  der  von  dem  Vater  auf  dem  Todesbette 
bestellte  Vogt  handelt  (1528),  für  die  Praxis  der  Landgerichte 
kommen  1595  und  1596  in  Betracht.  In  151 1  wird  erzählt,  wie 
ein  Ministeriale  bittet,  sein  Herr  möge  ihn  einem  Cisterzien- 
serinnenkloster  zum  eigenen  Seelenheile  und  dem  seiner  Vor- 
fahren schenken,  was  der  Herr  auch  that.  Sonderbar  ist  der 
Vorgang  besonders  auch  deshalb,  weil  die  Cisterzienserklöster  sich 
grundsätzlich  das  Institut  der  Dienstmannen  fem  hielten.  Zum 
ersten  Male  tauchen  in  diesem  Halbbande  auch  Ablassbriefe  auf, 
zwei  solche,  die  der  Mainzer  Erzbischof  Wernher  ausstellt,  machen 
den  Anfang  (154  i.  1542).  Zur  Schulgeschichte  von  Zürich  und 
Luzern  finden  sich  Beiträge,  ebenso  für  das  Leben  von  Gelehrten 
und  Dichtern  (Konrad  von  Mure,  Steinmar,  Teschler).  Interessant 
ist  auch  der  Name  Gawein  bei  den  von  Trostberg  (1563).  Das 
letzte  Stück  ist  ein  Brief  des  Kaplans  Königs  Rudolf  »magister 
Alvinus  doctor  decretorum^  •  der  seine  im  Chorherrenstift  Zürich 
deponierten  juristischen  Bücher  zurückverlangt. 

Über  die  Karte,  zu  der  jetzt  ein  kurzer  Text,  der  die 
Ergebnisse  zusammenfasst,  gegeben  wird,  habe  ich  mich  schon 
Bd.  12,  1/9  geäussert.  Für  dieselbe  muss  man  erneut  danken. 
Das  Register  von  Zeller-Werdmüller  zeichnet  sich  durch  die  sorg- 
faltige Bestimmung  der  Ortschaften  und  auch  der  Rechtsstellung 
der    adligen    Familien   aus,    Z.-W.    giebt   bei   den  Ministerialen- 


Zeitschriftenschau  und  Litteratarnotizen. 


151 


familien  auch  die  Herren  an.  Irrtümlich  macht  er  die  v.  Rütteln 
za  Dienstmannen,  wie  die  Hegauer  Stoffeln  zu  Freiherren. 
Unerklärt  blieb  der  Name  Oeristetten  =  Ehrenstetten  bei  Freiburg. 

Da  das  Urkundenbuch  Stadt  und  Landschaft  umfasst,  hat 
es  noch  nicht  die  gleiche  Zeitgrenze  wie  das  Basler  erreichen 
können,  dem  es  durchaus  als  Schwester  au  die  Seite  zu  stellen 
ist  Man  darf  die  Schweiz  beglückwünschen,  dass  sie  zwei  so 
vortreffliche  Werke  zu  gleicher  Zeit  erhält.  ^U.  Sc/i. 


Mit  dem  neuen  Halbband  des  Strassburger  Urkundenbuches 
ist  die  seit  längerer  Zeit  bestehende  Lücke  ausgefüllt  (Urkunden- 
buch der  Stadt  Strassburg.  Vierter  Band  erste  Hälfte: 
Nachträge  und  Berichtigungen  zu  Band  I — III,  gesammelt 
von  Wilhelm  Wiegand.  Register  zu  Band  II,  III  und  IV,  i, 
bearbeitet  von  Aloys  Schulte  und  Wilhelm  Wiegand.  Strass- 
burg, Trübner.  360  Seiten)  Das  Register  hat  lange  auf  sich 
warten  lassen.  £s  sollte  die  beiden  nach  sachlichen  Gründen 
getrennten,  jedoch  die  gleiche  Zeit  umfassenden  Bände  II  u.  III 
umschliessen.  Da  nun  jeder  Bearbeiter  eines  Bandes  angewiesen 
wurde,  selbst  die  Register  zu  bearbeiten,  ergab  sich  die  Schwierig- 
keit, die  bei  einer  solchen  Anordnung  stets  entstehen  wird.  Kin 
komplizirtes  Register  kann  nur  von  einer  einzigen  Person 
hergestellt  werden,  die  für  alle  Teile  der  Arbeit  gleich  verant- 
wortlich ist.  Und  so  kann  ich,  der  ich  mein  Material  1887 
ablieferte  und  seither  am  Register  nicht  mehr  mitarbeitete,  sehr 
wohl  die  Seufzer  der  Einleitung  verstehen,  die  das  verspätete 
Erscheinen  rechtfertigen.  Das  Register  hat  noch  eine  andere 
Schwierigkeit  zu  überwinden  gehabt.  Band  IV,  2  enthält  bereits 
Listen  über  die  städtischen  und  kirchlichen  Ämter  und  damit 
ein  Parallelregister.  Nachträglich  kann  man  sehr  wohl  urteilen, 
dass  es  besser  gewesen  wäre,  diese  Amtslisten  mit  dem  Register 
zusammen  zu  veröffentlichen.  In  letzter  Linie  beruhen  alle  diese 
Schwierigkeiten  auf  dem  Versuche,  das  massenhafte  Material 
durch  Scheidung  in  sachliche  Gruppen  übersichtlicher  zu  machen 
nnd  man  wird  zugeben  müssen,  dass  die  Teilung  in  i.  Politische, 
2.  Privatrechtliche  Urkunden,  3.  Stadtrechte,  sich  bewährt  hat. 
Mir  scheint,  das  Beste  wäre  es  gewesen,  wenn  daneben  als 
4.  Band  Amtslisten  und  Register  für  das  ganze  gegeben  worden 
wären,  doch  das  Strassburger  Urkundenbuch  musste  zuerst  sich 
die  Disposition  eines  grossangclegten  städtischen  Urkundenbuches, 
das  nicht  an  dem  ausschliesslich  chrononologischen  Faden  fest- 
halten will,  aufsuchen. 

Das  Register  ist  durchweg  selbst  bei  dem  schwierigen  Artikel 
Strassburg  übersichtlich  gestaltet.  Versehen  in  Ortsbestimmungen 
sind  selten,  irrtümlich  ist  mons  Jovis  auf  den  Gotthard  statt  auf 
den  grossen  St.  Bernhard  gedeutet.  Die  Freiherren  von  Zimmern 
stammen  von  Herrenzimmern  (Württemberg).    Bei  Laufen  ist  auch 


152 


Zeitschriflenschau  und  Litteraturnoüzen. 


an  das  Geschlecht,  das  sich  nach  Laufen  am  Rheinfälle  nannte, 
zu  denken. 

Der  grössle  Teil  des  Bandes  enthält  die  Nachträge,  ist 
jedoch  schon  seit  fünf  Jahren  im  Drucke  abgeschlossen.  Sie 
betreffen  vor  allem  den  ersten  Band  und  stammen,  von  einzelnen 
Funden  und  Mitteilungen  aus  der  Litteratur  abgesehen,  vor  allem 
aus  folgenden  Quellen:  Die  reichste  Beisteuer  lieferte  das  vati- 
kanische Archiv  mit  seinen  Registerbänden,  namentlich  waren 
die  Innocenz'  IV.,  welche  überhaupt  ja  den  höchsten  Prozentsatz 
deutscher  Stücke  enthalten,  auch  für  Strassburg  reichhaltig,  unter 
den  päpstlichen  Urkunden  fallt  besonders  auf  ein  Stück  über 
die  Reform  des  St.  Stephanskloster  in  Strassburg  (51),  dann  das 
wichtige  Privileg  über  die  Bischofswahl  (195).  Kommt  dieses 
Material  vor  allem  für  die  Geschichte  der  Pfründen  und  Kloster 
in  Betracht,  so  ist  die  Geschichte  des  Domkapitels  besonders 
bereichert  durch  die  Stücke,  welche  den  Melker  und  Donau- 
eschinger  Handschriften  entnommen  sind,  auch  ein  Kopialbuch 
des  Domkapitels,  wie  das  heutige  Domkapitelsarchiv  gaben  einige 
Beiträge.  Gerade  nach  dieser  kirchlichen  Seite  hin  sind  die 
Ergänzungen  sehr  wesentlich.  Für  die  Geschichte  der  städtischen 
Politik  sind  nur  wenige  weitere  Urkunden  aufgefunden,  für  die 
Verfassungsgeschichte  kommen  ein  paar  Urkunden  der  Gerber 
bez.  Schuhmacherzunft  in  Betracht  (264  u.  320),  für  die  Geschichte 
des  Handels  der  Brief  der  Stadt  Regensburg  (159)  ausserdem 
ist  ein  unscheinbarer  Nachtrag  für  die  Verfassungsgeschichte  von 
Bedeutung,  es  ist  das  ein  Verzeichnis  der  duodecim  inter  pelli- 
fices  von  1240.  Pis  sind  darunter  Mitglieder  der  Familien 
Virnekorn,  Rebestock  und  Marsilius,  auch  der  Grossvater  des 
Geschichtschreibers  Elnhard.  Da  es  nicht  denkbar  ist,  dass 
dem  Kürschnerhandwerk  seine  Amtleute,  die  für  den  Bischof  die 
Felle  bereiten  und  sie  in  Mainz  oder  Köln  kaufen  mussten,  aus 
einem  andern  Stande  gegeben  wurden,  kennen  wir  nunmehr 
de.i  wirtschaftlichen  Ursprung  wenigstens  einiger  der  »Geschlechter* 
der  Stadt,  aus  den  Kaufleuten  und  den  vornehmeren  der  Hand- 
werke ergänzten  sie  sich  auch  in  Strassburg  mehr,  als  aus  den 
Kreisen  der  Ministerialen,  wie  das  auch  Baltzer  schon  nach- 
gewiesen hat. 

Die  Geschichte  der  Bettelorden  beleuchten  Briefe  aus  der 
von  Finke  in  dieser  Zeitschrift  und  in  einem  besonderen  Buche 
behandelten  Berliner  Handschrift.  Relativ  am  Geringsten  sind 
die  Nachträge  zu  den  privatrechtlichen  Urkunden,  wo-  eine  syste- 
matische Nachlese  in  den  Archiven  wohl  eine  grössere  Ausbeute 
gegeben  hätte.  Diese  einzelnen  Stücke  würden  das  Bild  der 
Zustände  aber  nicht  besonders  umgestalten,  während  die  ein- 
zelne politische  Urkunde  viel  wirkungsvoller  ist.  Aus  badischen 
und  strassburger  Archiven  habe  ich  selbst  einige  Nachträge  und 
Berichtigungen  beisteuern  können. 


Zeitschriftenschau  und  Utteratarnotizen. 


153 


Auch  dieser  Band  lehrt  uns  wieder,  wie  ungemein  reich 
die  Strassburger  Quellen  sind,  keine  deutsche  Stadt  mit  Aus- 
nahme von  Köln  kann  sich  für  die  Zeit  vor  1332  eines  gleich 
umfangreichen  Urkundenmaterials  rühmen.  Die  Zahl  derselben 
beläuft  sich,  abgesehen  von  den  in  Anmerkungen  untergebrachten 
auf  nicht  weniger  als  2818  (1:  619.  II:  530.  III:  1328.  IV,  i:  341) 
Nummern,  dazu  kommen  noch  die  in  Band  IV  zweite  Hälfte 
veröffentlichten  Rechtsquellen.  Aloys  Schulte. 

Im  Schweizer  ^Geschichtsfreund«,  53,  loi  iT.  setzt  P.  A.  Vogel 
seine  Publikation  der  »Urkunden  des  Stiftes  Engelbergc 
für  die  J.  1328  1372  fort.  h\  Betracht  kommen  für  uns  die 
Nummern  288  (Aufkirch),  zqz  (Petershausen),  298,  323,  351 
(Si  Blasien),  299,  306,  307,  312,  315,  317,  318,  322,323,325, 
320,  328  31,  334,  33Ö— 40  und  343  (Konstanz).  »Offmennigen: 
tS.  191)  wäre  als  Offnadingen,  Bez.  A.  Staufen,  zu  erklären 
gewesen.  K,   O, 

Von  einem  Handbuch  der  Schweizer  Geschichte,  das 
Dr.  Jos.  Hürbin  herausgiebt  (Stans,  Hans  v.  iMatt  Verlagsbuch- 
handlung) liegt    uns  Lieferung    i   und   2    (127  Seiten)    vor.     Sie 
bi'handeln  die  Urzeit  des  Landes,  die  Helvetisch-Römische  Periode, 
die  Germanische    Einwanderung,    Helvelien    unter    der    Franken- 
h^rrschaft    und    von    dem    der  Deutschen  Kaiserzeit    gewidmeten 
Abschnitt  i\\ft  Jahre  888 — 1218.     Jedem  Abschnitt,    bezw.   jeder 
Unterabteilung  der  grösseren  Abschnitte    gehen  Obersichten    der 
ijuellen  und  einschlägigen  Litteratur  voraus.    Die  Darstellung  ist 
kurz  und    knapp    gehalten    und    wird    wie    den    politischen   Vor- 
}$ängen,   so  —   und  zwar  dieses    in    grösserem  Umfang   —  auch 
der  Litteratur  und  Kultur  gerecht.    Es  fehlen  auch  nicht  kritische 
Bemerkungen.     Die  vorliegenden  Lieferungen  lassen  hoffen,  dass 
das   Handbuch    den     gewollten    Zweck    in    sehr    befriedigender 
Weise  erfüllen  wird.  v,    \\\ 

F.  L.  Baumann  hat  unter  dem  Titel  »Forschungen  zur 
schwäbischen  Geschichte«  (Kempten,  J.  Kösel  1898,  VIL  u. 
625  S.)  einen  grossen  Teil  seiner  während  20  Jahren  in  ver- 
»<:hiedenen  Zeit-  und  Vereinsschriften  veröffentlichten  Aufsätze 
über  die  Geschichte  des  Allgäues,  Oberschwabens,  des  badischen 
Schwabens  und  auch  solche,  die  das  gesamte  Schwaben  betreffen, 
gesammelt  herausgegeben.  Diese  Arbeiten  tragen  die  Kenn- 
zeichen an  sich,  die  für  alle  wissenschaftlichen  Veröffentlichungen 
Baumanns  charakteristisch  sind,  gründliche  Sachkenntnis,  um- 
bssende  Beherrschung  des  Materials,  methodische  Kritik  und  eine 
j^en  Leser  erfreuende  Frische  und  Klarheit  der  Darstellung, 
t^  war  gewiss  ein  guter  Gedanke,  sie  in  dieser  Form  Leser- 
kreisen, denen  manche  der  Zeitschriften,  in  welchen  sie  zuerst 
erschienen,  kaum  in  die  Hände  kommen,  zugänglich  zu  machen. 


I  ^^.  Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen. 

um  so  mehr,  als  der  Verfasser  durch  den  Eintritt  in  den  bayrischen 
Staatsarchivdienst  sich  nunmehr  anderen  Arbeitsgebieten  zuzu- 
wenden veranlasst  sein  wird.  v,    W, 

Fast  gleichzeitig  mit  dem  Wiederabdruck  des  bekannten 
Aufsatzes  von  Fr.  L.  Baumann  über  »Schwaben  und  Alamannen 
ihre  Herkunft  und  Identität«  (in  Baumanns  »Schwäbischen  For- 
schungen«, Kempten  1899,  S.  500 — 585),  ist  in  den  Württem- 
bergischen Vierteljahrsheften  für  Landesgeschichte  NF.  VII  (1898), 
S.  301  —  350  eine  Abhandlung  von  K.  Weller  über  »Die 
Besiedlung  des  Alamannenlandes«^  (auch  als  Sonder- 
abdruck, Stuttgart  1898,  II  u.  52  S.)  erschienen.  Lichtvolle 
Darlegungen,  deren  Quellen-  und  Litteraturbelege  mit  ansehn- 
licliem  Fleisse  zusammengetragen  sind,  schildern  die  Eiuwanderung 
des  schwäbischen  Stammes  in  das  rechtsrheinische  Land  und 
seine  weiteren  Schicksale  bis  zur  Eingliederung  in  das  Franken- 
reich (um  536);  sie  werden  ergänzt  durch  eindringende  Unter- 
suchungen zur  Verfassungs-  und  Wirtschaftsgeschichte  der  Ala- 
mannen während  jenes  Zeitraums.  Grade  in  diesen  letzteren 
dürfte  der  Hauptwert  der  Studie  zu  erblicken  sein.  W.  beherrscht 
die  neuere  Litteratur,  der  gegenüber  er  seine  Selbständigkeit  zu 
wahren  weiss,  vergl.  z.  B.  S.  12  (des  Sonderabdrucks)  über  die 
Hundertschaft  bei  den  Alamannen;  die  Annahme  freilich,  sie 
habe  schon  in  der  Urzeit  den  Charakter  eines  territorialen 
Sprengeis  angenommen,  sei  aber  auf  der  Wanderung  wieder  zum 
persönlichen  Verbände  geworden,  erscheint  etwas  künstlich.  Besser 
begründet  jedenfalls  sind  die  Ausführungen  über  die  Bedeutungs- 
losigkeit der  alten  Gaugebiete  —  dem  Verfasser  sind  Gau  und 
Hundertschaft  in  der  Urzeit  nicht  identisch,  vergl.  S.  7  Anm.  4  — 
für  die  auf  fränkischen  Einiluss  zurückgehende  Grafschaftsein- 
teilung des  Landes,  vergl.  S.  10  und  bes.  45  ff.  Beachtenswert 
endlich  ist  die  Kritik  der  Ergebnisse  der  Ortsnamenforschung 
(S.  26  ff.):  sie  bedeutet  eine  Absage  an  W.  Arnolds  »Ansiedlungen 
und  Wanderungen  deutscher  Stämme«:  (1875J,  dessen  Resultate 
neuerdings  nach  dem  Vorgange  von  Schiber  und  Witte  auch  von 
W.  Schnitze ,  Deutsche  Geschichte  von  der  Urzeit  bis  zu  den 
Karolingern  II,  S.  63,  66.  291  ff.  nicht  völlig  mehr  aufrecht 
erhalten  worden  sind  und  dessen  Zuweisung  der  einzelnen  Orte  mit 
bestimmten  Namensendungen  an  bestimmte  Stämme  E.  Heyck 
sogar  als  »zertrümmert«  bezeichnet  hat,  vergl.  Beilage  Nr.  205 
zur  Münchener  Allgemeinen  Zeitung  1898,  dazu  Nr.  231. 

A.    Wtrminghoff. 

Im  Anzeiger  für  Schweizerische  Geschichte  1898  Nr.  3, 
S.  57—61,  teilt  A.  Büchi  zwei  an  den  Herzog  von  Mailand 
gerichtete  Schreiben  Konrad  Schochs  aus  Luzern  mit,  die  über 
den  Feldzug  der  Eidgenossen  im  Sundgau  im  Juli  1468  einige 
bisher  unbekannte  Daten  enthalten. 


Zeitschridenschau  und  Litteratamotizen. 


»55 


In  den  ^Württemberg.  Vierteljahrsheften  für  Landesgeschichte« 
N.  F.  Vll,  Heft  3/4,  269  ff.  veröffentlicht  und  erläutert  G.  Mehring 
(Zur  Geschichte  von  Herrenalb  und  }3ebenhausen  im 
15.  Jahrhundert)  zwei  Schreiben  der  Äbte  von  Herrenalb  und 
Bebenhausen  aus  den  Jahren  1429  und  1499,  >vonn  dieselben 
ihr  Ausbleiben  bei  dem  Generalkapitel  in  Citeaux  entschuldigen; 
vonseiten  des  Herrenalber  Abtes  geschieht  dies  1429  unter 
Berufung  auf  zwei  bevorstehende  Rechtstermine  wegen  seiner 
Händel  mit  Frauerialb  und  den  Herren  von  Riepur.        K,   0, 

Rabbi  Josel  von  Rosheim,  ein  Beitrag  zur  Geschichte 
der  Juden  in  Deutschland  im  Reformationszeitalter,  von  Dr.  Ludwig 
Feilchenfeld  ^Strassburg,  J.  H.  Ed.  Heitz,  1898).  Rabbi  Josel 
ist  wohl  die  interessanteste  Persönlichkeit  der  deutschen  Juden- 
schaft in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts.  In  seiner 
amtlichen  Stellung  zwar  nur  »Befehlshaber^  der  Juden  in  der 
Landvogtei  Hagenau  —  nicht,  wie  Verfasser  irrtümlich  annimmt, 
des  ganzen  Unterelsass  —  aber  durch  das  Vertrauen  seiner 
Glaubensgenossen  zum  Vertreter  der  gesamten  deutschen  Juden- 
schaft erkoren,  hat  er  sowohl  im  Elsass  als  im  Reich  eine 
unermüdliche  und  meist  erfolgreiche  Thätigkeit  zu  Gunsten  der 
Juden  entfaltet.  Uns  interessiert  natürlich  in  erster  Linie  Joseis 
Thätigkeit  im  Elsass,  deren  Schilderung  auch  der  grösste  Teil 
des  Buches  gewidmet  ist,  und  hier  erhalten  wir  eine  Reihe  von 
neuen  und  wertvollen  Aufschlüssen  über  die  Stellung  der  Juden 
in  den  elsässischen  Reichsstädten  und  Reichsdörfern,  über 
jüdischen  Wucher,  der  allenthalben  zur  Klage  Anlass  giebt,  und 
über  das  Verhältnis  der  Magistrate  sowohl,  wie  der  Bürger  zu 
den  jüdischen  Einwohnern.  Die  nie  ruhenden  Streitigkeiten 
Joseis,  der  auf  seinem  Schein,  den  kaiserlichen  Privilegien,  bestand, 
mit  den  elsässischen  Reichsstädten,  bei  denen  Kaiser  und  Reich 
stets  auf  jüdischer  Seite  standen,  geben  in  der  ausführlichen 
Schilderung  des  Verfassers  einen  neuen  willkommenen  Beitrag 
zur  elsässischen  Städte-  und  Kulturgeschichte. 

Dass  auch  für  die  Reichs-  und  Reformationsgeschichte 
interessantes  Material  in  dem  Buche  steckt  —  ich  mache  beson- 
ders auf  das  Verhältnis  Joseis  zu  Karl  V.  und  zu  den  Refor- 
matoren aufmerksam  —  sei  nur  kurz  erwähnt. 

Das  Werk  beruht  fast  durchweg  auf  archivalischer  Grund- 
lage und  ist  mit  verständiger  Kritik  geschrieben.  Leider  hat  es 
F.  nicht  verstanden,  uns  auch  den  Menschen  Josel,  die  Persön- 
lichkeit selbst  zu  schildern;  wir  erfahren  nur,  was  er  gethan  hat. 
Die  staatsrechtlichen  Zustände  im  Elsass  sind  zum  teil,  besonders 
in  der  Einleitung,  nicht  richtig  geschildert.  Auch  am  Stil  des 
Buches  ist  manches  auszusetzen.  Im  ganzen  jedoch  erscheint 
das  Werk  des  noch  vor  Beendigung  der  Drucklegung  leider  ver- 
storbenen Verfassers  durch  die  Sammlung  und  Sichtung  eines 
grossen,     bisher    unbekannten    archivalisch^n    Materials    als    ein 


iz()  Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen. 

wertvoller  und  interessanter  Beitrag  zur  Geschichte  der  Juden  im 
Elsass  und  in  Deutschland.  Alfred  Overmann, 

Das  Buch  von  Dr.  Konstantin  Ho  11  über  den  :?Fürst- 
bischof  Jakob  Fugger  von  Konstanz  (1604 — 1626)  und  die 
katholische  Reform  der  Diözese  im  ersten  Viertel  des  17.  Jahr- 
hunderts« bildet  den  ersten  Band  der  »Studien  aus  dem  Kolle- 
gium Sapientiae  zu  Freiburg  i.  B.«  und  erschien  gerade  noch 
rechtzeitig,  um  dem  neuen  Erzbischof  von  Freiburg,  Dr.  Nörber, 
als  Krstlingsgabe  dargebracht  werden  zu  können.  Ks  ist  ausser- 
ordentlich breit  angelegt  und  verwertet  in  ziemlich  erschöpfender 
Weise  das  vorhandene  gedruckte  und  handschriftliche  Material, 
für  welch  letzteres  das  Fuggerische  Hausarchiv  und  das  Stadt- 
archiv in  Augsburg,  das  crzbi.schöfliche  Archiv  in  Freiburg,  das 
badische  Gencrallandesarchiv,  das  Konstanzer  und  das  Meers- 
burger  Stadtarchiv,  sowie  Reutlingers  Koliektaneen  in  Überlingen 
reiche  Ausbeute  boten.  Das  Gebiet,  das  der  Verfasser  betreten 
hat,  ist,  wie  die  spätere  Geschichte  von  Stadt  und  Bistum 
Konstanz  überhaupt,  ein  fast  ganz  unbeackerter,  also  für  die 
Forschung  verheissungsvoller  Boden.  Die  Ergebnisse  HoUs',  auf 
die  hier  im  einzelnen  nicht  näher  eingegangen  werden  kann, 
kommen  in  erster  Linie  der  Kirchengeschichte  im  engern  Sinn 
des  Wortes  zugut.  Der  Standpunkt  ist  ausgesprochen  klerikal; 
die  Verdienste  der  Jesuiten  um  die  Diözese,  namentlich  um  die 
Zurückdrängung  des  Protestanlibmus,  werden  mit  besonderer 
Wärme  hervorgehoben.  Diese  konfessioneile  Befangenheit  macht 
sich  vor  allem  auch  in  der  Gesamtauffassung  von  Fuggers  Per- 
sönlichkeit geltend.  Während  HoU  fast  nur  Rühmenswertes  von 
ihm  zu  berichten  weiss  und  entgegenstehende  Zeugnisse  der 
Zeitgenossen  als  wertlos  und  tendenziös  darzustellen  sucht,  wird 
eine  streng  sachliche  Betrachtung  zu  einem  minder  günstigen 
Ergebnis  kommen.  Lediglich  aus  dem  Material,  das  Holls  Buch 
selbst  bringt,  habe  ich  das  Urteil  gewonnen,  dass  Jakob  Fugger 
ein  recht  gewaltthätiger,  unduldsamer,  fanatischer  Kirchenfürst 
war,  der  höchstens  noch  der  Ecclesia  militans  der  Verherrlichung: 
würdig  erscheinen  mag.  Als  fleissige,  gewissenhafte  Arbeit  ver- 
dient das  Werk  volle  Anerkennung;  für  wahrhaft  historische  Auf- 
fassung scheinen  mir  jedoch  dem  Verfasser  die  Vorbedingungen 
zu  fehlen.  W,  Martens, 

In  der  vVierteljahrsschrift  für  Wappen-,  Siegel-  und  Familien- 
kunde« XXVI,  Heft  3.  behandelt  M.  Wertner  (»Zur  Familien- 
geschichte der  Kurfürsten  von  der  Pfalz«)  im  Anschluss 
an  den  im  Törtenelmi  Tir,  J.  1887 — gi  veröffentlichten  Brief- 
wechsel Sigmund  R4k6czis  die  verschiedenen  Projekte,  die 
bezüglich  der  Vermählung  des  siebenbürgischen  Prinzen  erörtert 
worden  sind,  insbesondere  seine  von  Erfolg  gekrönte  Bewerbung 
um    die    Hand    der    Prinzessin  Henriette    von    der    Pfalz,    einer 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen. 


'57 


Tochter  des  Winterkönigs.  Die  Trauung  ist  am  26.  Juni  1651 
in  Särospatuk  erfolgt,  aber  schon  nach  vierteljähriger  Ehe  hat 
der  Tod  die  Pfälzerin  ihrem  jungen  Gemahle  entrissen.       K,   O, 

In  d«?r  »Zeitschrift  des  Histor,  Vereins  für  Niedersachsen*, 
J.  i8g8  S.  I  ff.,  teilt  G.  Weber  einen  ^Bericht  des  lüne- 
burgischen Feldpredigers  Georg  Berkkemeyer  über  die 
Feldzüge  von  1674 — 1679«  mit,  der  in  seinem  ersten  Teile 
(S.  7 — 18)  die  Erlebnisse  während  des  Feldzuges  im  Elsass  (1674), 
insbesondere  das  Trefl'en  bei  Ensisheim  schildert.  K,   O. 

Die  Geschichte  einer  weitverzweigten  jildischen  Familie,  die 
im  Jahre  167 1  in  Stühlingen  erscheint,  seit  dem  Jahre  1750  in 
der  Markgrafschaft  Baden-Durlach  ansässig  ist  und  unter  ihren 
>Jitgliedern  verschiedene  angesehene  Rabbiner  zählt ,  hat 
L.  Löwenstein  in  seinen  x^Beiträgen  zur  (xeschichte  der 
Juden  in  Deutschland.  II.  Nathanael  Weil,  Oberland- 
rabbiner in  Karlsruhe  und  seine  Familie >^  (Frankfurt  a.  M.,  KaufT- 
munn,  1898.  87  S.)  auf  Grund  von  Familienpapieren  bearbeitet 
Auffallenderweise  wird  die  in  dieser  Zeitschrift  veröffentlichte  Arbeit 
Zehnters  nirgends  verwertet,  noch  überhaupt  genannt.     K.   O. 


Die  Habilitationsschrift  von  Theodor  Ludwig:   Die  deut- 
schen Reichsstände    im    Fllsass    und    der  Ausbruch    der 
Revolutionskriege    (Strassburg,    Trübner    i8g8)    bietet    mehr, 
als  der  Titel  besagt.     Sie  umschreibt  zunächst    klar    und    sicher, 
wie  es  bisher  nirgends  geschehen,  den  Umfang  der  französischen 
Erwerbungen  im  Elsass    und    ihre    allmälige  Ausdehnung,    wobei 
sie  sich   vorzugsweise    auf  eine    bisher   unbeachtete  Colbert'sche 
Denkschrift  von    1657    stützt,    sie    hebt   die    Bedeutung   und    die 
Tragweite    der   Lettres    patentes    zum    ersten    Male    scharf    und 
richtig  hervor,    skizziert    dann    kurz    den    Charakter    des    franzö- 
sischen Regiments    im  Fllsass,    das   auf  zwei   Hauptfundamenten, 
der  Justizhoheit  und  dem  Steuererhebungsrecht  beruht,  und  stellt 
sodaun  die  wichtigeren  Berechtigungen  der  Elsässischen  Reichs- 
stände   mit    besondrer  Rücksicht    auf   ihre  juristische  Natur   zu- 
sammen,   indem    sie    dieselben    unter    stetem   Hinblick    auf    die 
analogen  Verhältnisse  in  Südwestdeutschland    zum   grössten  Teil 
aus  den  drei  grossen  altertümlichen  Institutionen,    der  Gerichts-, 
Leibes-   und    Grundherrschaft   abzuleiten    sucht.     Mag   immerhin 
bei  diesem  Überblick,  der  nach  der  ausdrücklichen  Versicherung 
ües  Verfassers  und  der  ganzen  Anlage  der  Arbeit  nur  eine  Skizze 
sein  soll  und  kann,  noch  Manches  zu  ergänzen.  Einiges   anders 
<Q  interpretieren  sein  und  Vieles,  namentlich  was  das  Oberelsass 
anbelangt,    eine    ausführlichere,    die    lokalen  Verhältnisse    mehr 
beräcksichtigende    Darstellung   verdienen,    im    ganzen    sind    doch 
öJit  eindringendem  Verständnis  und  treffsichrer  Hand  die  Grund- 
linien für  jenes  sehr  verwickelte  Schema  gezogen    und    von    den 


i:g  Zeitschriften  schau  und  Litteraturnotizen. 

t 
hier  gegebenen  Grundlagen  wird  jede  weitere  Einzeluntersuchung 

zur  neuern  Elsässischen  Verfassungs-  und  Verwaltungsgeschichte, 
die  wissenschaftlich  fruchtbringend  werden  soll,  auszugehen  haben. 
Im  weitern  Verlauf  der  Arbeit  entwickelt  der  Verfasser  den 
Gegensatz  zwischen  den  letzten  Reformen  der  alten  französischen 
Monarchie,  den  Bestrebungen  der  Iiitermediarkommission  und  den 
Privilegien  der  Reichsstände,  der  in  der  beabsichtigten  Einführung 
der  Municipalitäten  und  der  Steuergleichheit  den  springenden 
Ausdruck  ^ndet.  und  schildert  sodann  zum  ersten  Mal  voll  aus 
den  Akten  heraus  unter  besondrer  Verwertung  der  bischöflich 
Speierischen  Korrespondenzen  im  Karlsruher  Archiv  den  Wider- 
stand der  Stande,  an  ihrer  Spitze  des  Grafen  von  Limburg- 
Styrum,  des  Bischofs  von  Speier,  gegen  die  nivellierende  Tendenz 
der  Augustdekrete,  die  sich  daran  anschliessenden  diplomatischen 
Verhandlungen  bei  Kaiser  und  Reich,  sowie  am  Pariser  Hofe, 
und  ihre  Überleitung  in  den  Ausbruch  der  Revolutionskriege. 
Mit  feinem  universalgeschichtlichen  Verständnis  wird  schliesslich 
die  Bedeutung  und  der  Einfluss  der  Elsässersache  auf  den  Ein- 
tritt jener  Katastrophe  abgewogen,  wobei  vielleicht  nur  die  Ent- 
schädigungsfrage  der  Stände  und  die  Möglichkeit  ihrer  Lösung 
ein  wenig  zu  stark  betont  ist.  Aber  grade  durch  richtiges  Mass- 
halten in  Form  und  Ausdruck  zeichnet  sich  im  übrigen  diese 
Schrift  ebenso  aus,  wie  durch  lichtvolle  Klarheit,  durch  scharfe 
Formulierung  der  Probleme  ebensowohl  wie  durch  eindringende 
Untersuchung,  so  dass  ich  nicht  anstehe,  sie  als  eine  der  besten 
Leistungen  auf  dem  Gebiet  der  Elsässischen  Geschichte  über- 
haupt zu  bezeichnen.  IV.    IV, 

Die  kleine  biographische  Skizze  L.  Ehrhards:  »Charles 
Schulmeister,  Generalkommissär  der  Kaiserlichen  Heere  unter 
dem  ersten  Kaiserreich-?  (Strassburg,  Druckerei  des  »Elsässer«, 
1898.  47  S  40.)  beschränkt  sich  im  wesentlichen  auf  eine  ziem- 
lich mangelhafte  und  wertlose  Verarbeitung  des  bekannten 
Materiales:  neu  sind  nur  die  Mitteilungen  aus  unveröffentlichten 
Aufzeichnungen  Schulmeisters,  die  sich  im  Besitze  einer  Enkelin 
befinden  und  die  Kriegsjahre  1805 — 9  betreffen,  denen  gegen- 
über aber  grösste  Vorsicht  angebracht  ist.  Was  z.  B.  S.  25 '26 
über  die  Dienste  gesagt  wird,  die  Seh.  angeblich  im  Jahre  1805 
Baden  erwiesen,  sowie  über  seine  Beziehungen  zu  Grossherzog 
Leopold,  verrät  sichtlich  tendenziöse  Färbung  und  wimmelt  von 
Unrichtigkeiten:  das  Regiment,  das  in  Philippsburg  errichtet 
werden  sollte,  hiess  Latour  d'Auvergne,  nicht  Ncu-Ysenburg;  die 
Beschwerdenote  stammt  nicht  von  Reitzenstein,  sondern  von 
Ochl,  sie  ist  nicht  aufgefangen,  sondern  von  letzterem  dem 
Staatsrat  Petiet  übergeben  worden,  der  sie  auch  beantwortete; 
Grossherzog  Leopold  befand  sich  1807  nicht  vor  Danzig;  nicht 
ihm,  sondern  höchstens  dem  Erbgrossherzoge  Karl  könnte  Seh. 
dort    wichtige    Dienste    geleistet    haben   u.  s.  w.   —    Nachrichten 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturnoüzen.  I  sg 

über  Schulmeisters  Thätigkeit  in  Hannover  i.  J.  1809  fin<^cn  sich 
in  dem  interessanten  Aufsatze  von  F.  Thimme:  Neue  Mit- 
teilungen z.  Gesch.  der  geh.  PoUzei  des  Königreichs  Westfalen 
(Zeitschr.  d.  hist.  Ver.  f.  Niedersachsen.   1898.  S.    106). 

K.   Obser. 


Aus  dem  Nachiass  von  Karl  Mathy.  Briefe  aus  den 
Jahren  1846 — 48  mit  Erläuterungen,  herausgegeben  von  Ludwig 
Slathy.     Leipzig,  S.  Hirzel   1898.     VII  u.  523  S. 

Die  Ankündigung  einer  Veröffentlichung  der  Korrespondenz 
Karl  Mathy's    hat    unter   den    Freunden   der   neueren    badischen 
und  auch  der  neueren  deutschen  Geschichte  grosse  Erwartungen 
erweckt.     Durch  vorliegenden  Hand  werden  diese  allerdings  nur 
zum    kleinsten   Teile    erfüllt.     Die    Zahl   der  wirklich    wertvollen, 
lehrreichen  und    interessanten    Briefe,    die    aus  Mathy's  Nachiass 
vorgelegt  werden,    ist  nicht  allzu  gross:    um  so  grösser  die  Zahl 
jener,  die  ohne  vermisst  zu  werden,  ungedruckt  bleiben  konnten. 
Wenn  z.  B.  Mitlermaier   seinen  Freund  Mathy   einlädt,   mit   ihm 
die  Mittagssuppe  zu  essen,    so  konnte  ein  Brief,    der  nichts   als 
diese  Aufforderung  enthält,  doch  wohl  der  Lesewelt  vorenthalten 
bleiben.     Und    derartige  Briefe   kommen   öfter    vor.     Der  Druck 
anderer,    wenn    auch    etwas    interessanterer  Briefe    konnte    sehr 
wohl  durch  eine  kurze  Inhaltsangabe  ersetzt  werden.     Ein  Blick 
auf  das  »Verzeichnis  der  Briefe«  zeigt  sofort,    dass  die  Zahl  der 
bedeutenden  Männer  unter  den  Korrespondenten  Mathy's  in  den 
Jahren    1846 — 48    nicht   sehr   gross   ist.     Unter   diesen  ^Briefen« 
erscheint   aber  auch    eine  Anzahl    von    längst   bekannten  Akten- 
stücken,   und   ein  Teil    der   in    diesem  Verzeichnis   aufgeführten 
Namen    erweckt     ganz    irrtümlich     die    Vorstellung,     dass    ihre 
Träger    in    der   That    zu    Mathy's  Korrespondenten    zählten,    so 
z.  b.  Cavaignac,  von  dem  eine  Depesche  an  die  Präfekteu  und 
Unterprä fekten  mitgeteilt  wird,    Casati,    dessen  Name    unter   der 
Proklamation    der  provisorischen    Regierung   in   Mailand   an   die 
deutsche  Nation  steht.     Wieder   andere  an   sich    wertlose  Briefe 
könnten  durch  ihre  Beilagen  interessant  sein,  aber  leider  fehlen 
diese  öfter,  so  z.  B.  S.  108  Bleistiftnotizen,  welche  Mitteilungen  über 
Vorgänge  »vor  und  hinter  den  Coulissen«^  enthielten,  aber  in  einer 
Anmerkung  als  »nicht  vorhanden«  bezeichnet  werden.     In  vielen 
Briefen  sind  rein  persönliche  Angelegenheiten  berührt,    die  wohl 
auf  nur    wenige    Leser    eine    Anziehungskraft    ausüben    dürften. 
Aus  dem  Briefwechsel   Mathy's  mit   seiner   trefflichen,  von   allen, 
tiie  sie   kannten,   hochverehrten    Gattin ,    hat   Gustav   Freytag    in 
ä«:iner   Biographie   Karl    Mathy's   allerlei   Anmutendes    mitgeteilt. 
In  der  vorliegenden  Veröffentlichung  hätten,  unserer  Empfindung 
uach,  manche  doch  all  zu  intime  Stellen  wegbleiben  dürfen     Der 
Herausgeber  hat,    wie  er  in  der  Vorrede  sagt,    die    erläuternden 
Anmerkungen   auf    das  Notwendigste    beschränkt.      Wir    würden 
etwas  weniger  Beschränkung  vorgezogen  haben.    Denn  die  vielen 


l6o  Zeitschiiftenschau  und  Litteruturnotizen. 

langatmigen  Artikel  aus  der  Allgemeinen  und  Deutschen  Zeitung, 
meist  ohne  Beziehung  auf  Mathy,  sind  ebensowenig  ein  Ersatz 
für  die  Erläuterungen,  die  man  von  dem  Herausgeber  erwarten 
durfte,  als  die  Auszüge  aus  dem  Tagebuch  des  Dr.  Leopold 
Ladenburg.  Von  diesen  waren  des  Abdrucks  überhaupt  allenfalls 
jene  Stellen  wert,  die  uns  über  Vorkommnisse  in  Mannheim  und 
Umgebung  belehren.  Was  aber  Dr.  Ladenburg  über  den  bayrischen 
Minister  v.  Abel  und  Lola  Montez,  über  Pius  IX.  und  den  Gross- 
herzog von  Toscana,  über  die  Revolutionen  in  Berlin  und 
Wien  u.  s.  f.  in  den  Zeitungen  las  und  daraus  in  sein  Tagebuch 
notierte,  konnte  füglich  ungedruckt  bleiben.  Auch  die  in  dem 
Personen-  und  Sachregister  enthaltenen  biographischen  Notizen 
sind  nicht  genügend.  Der  grössere  Teil  ist  in  jedem  Konver- 
sationslexikon zu  finden,  hier  wäre  allenfalls  noch  ein  Verweis 
auf  biographische  Werke  am  Platze  gewesen.  Ober  die  Namen, 
die  nicht  in  den  Nachschlagebüchem  stehen,  sucht  man  meistens 
auch  in  diesem  Register  vergebens  eine  Auskunft.  Dass  trotz 
diesen  Ausstellungen  das  vorliegende  Buch  manchen  wichtigen 
Beitrag  zur  Gescliichte  der  Jahre  1846 — 48  enthält,  soll  nicht 
in  Abrede  gestellt  werden.  Dringend  zu  wünschen  aber  ist,  dass 
eine  etwa  beabsichtigte  Fortsetzung  der  Veröffentlichung  von 
Mathy's  Briefwechsel  von  anderen  Editionsgrundsätzen  geleitet 
werde  als  die  vorliegende.  v,    W. 


In  seinem  Buche:  Valentin  et  les  derniers  jours  du 
si^ge  de  Strasbourg  (Nancy,  Berger-Levrault  1898)  will  Lucien 
Delabrousse  neben  einem  kurzen  Lebensabriss  seines  Helden 
vor  allem  die  gefahrvolle  Odyssee  desselben  bis  zum  Eindringen 
in  die  Festung  und  seine  Einwirkung  auf  die  Verzögerung  ihrer 
Kapitulation  zum  ersten  Male  authentisch  schildern.  Aber  weder 
vermag  er  das  letztere  schlagend  zu  beweisen,  auch  nicht  durch 
den  Abdruck  von  bisher  schon  bekannten  Aktenstücken,  noch 
ist  er  imstande,  verschiedene  rätselhafte  Punkte  der  erstem  auf- 
zuklären, wie  z.  B.  das  zweimalige  Durchschwimmen  der  Aar  am 
Abend  des  ig.  September,  die  von  dem  auf  einer  beigegebenen 
Karte  besonders  eingezeichneten  Indianerpfade  Valentins  gar 
nicht  gekreuzt  wurde.  Valentins  Tagebuch  ist  verschwunden, 
fast  alle  Mitwissenden  sind  gestorben  und  Delabrousse  verdankt 
seine  Kunde  im  wesentlichen  nur  mündlichen  Mitteilungen  seines 
Helden.  Auch  bei  der  Beurteilung  der  Lage  der  belagerten 
Festung  und  der  Haltung  ihres  Kommandanten  folgt  er  nur  den 
Aussagen  von  unverantwortlichen  Zeugen,  so  dass  sein  Buch 
nicht  ein  kritischer  Beitrag  zur  Kriegsgeschichte,  sondern  ledig- 
lich ein  im  chauvinistischen  Ton  gehaltener  Panegyricus 
geworden  ist.  W.   W. 


Zeitschriftenschau  und  Littcraturnotizen.  l6l 

Das  im  vorigen  Jahre  erschienene  Lebensbild  Jnlius  Jolly's 
hat  Adolf  Hansrath  veranlasst,  dem  durch  die  Bande  der  Ver- 
wandtschaft und  politischer  Gesinnung  ihm  nahestehenden  badi- 
schen Staatsmanne  in  der  »Deutschen  Rundschau«,  J.  XXIV, 
Heft  9 — 12  unter  der  Aufschrift  >»Baden  im  alten  Bund  und 
neuen  Reich«  einige  Blätter  der  Erinnerung  zu  widmen.  Schliesst 
sich  seine  fesselnde,  lebendige  Schilderung  im  wesentlichen  auch 
an  die  Baumgarten-Jolly'sche  Biographie  an,  so  ergänzt  sie  dieselbe 
doch  vielfach  in  willkommener  Weise  auf  Grund  persönlicher 
Erlebnisse  und  Reminiscenzen.  Dies  gilt  vor  allem  von  der 
Darstellung  der  ersten  Hälfte  der  6oer  Jahre:  von  den  Mitteilungen 
über  Jolly's  Stellung  zur  Frage  der  Neuorganisation  der  evang. 
Kirche  (9,  405),  über  die  Knies'schen  Reformen  im  Schulwesen 
und  die  daraus  entspringenden  Zerwürfnisse  mit  Jolly  (10,  Soff.), 
über  die  Krisis  des  Jahres  1866,  Jolly's  Ausscheiden  aus  dem 
Ministerium,  und  die  damaligen  Zustände  in  der  Residenz,  wobei 
auf  die  hübsche  Charakteristik  Mathy's  hingewiesen  sei  (S.  91  ff.), 
u.  a.  m.  Aber  auch  aus  der  späteren  Periode  von  Jolly's  Leben 
teilt  uns  der  Verfasser  aus  eigener  Kenntnis  der  Verhältnisse 
mancherlei  mit,  was  selbständigen  Wert  besitzt:  ich  erinnere  hier 
nur  an  seine  Bemerkungen  über  die  Einführung  des  Kultur- 
examens (11,  229  ff.),  über  die  Bildung  des  Ministeriums  im 
Februar  1868  (11,  234  ff.),  über  die  letzte  Phase  des  Schenkel- 
streits und  den  Fall  Pierson  (11,  238  ff.),  sowie  über  die  Militär- 
konvention  und  ihre  Folgen  für  den  Minister  (12,  388).  —  Bei 
dieser  Gelegenheit  sei  erwähnt,  dass  der  Abschnitt,  den  H.  Blum 
in  seiner  eben  erschienenen  Schrift  (Vorkämpfer  der  deut- 
schen Einheit.  Lebens-  und  Charakterbilder,  S.  2O1 — 84)  dem 
badischen  Minister  Verdientermassen  zuweist,  so  erheblich  an 
Ungenauigkeiten  und  Flüchtigkeiten  leidet,  dass  er  als  eine  nennens- 
werte Bereicherung  der  biographischen  Litteratur  über  J.  nicht 
angesehen  werden  kann  und  kaum  anzunehmen  ist,  dass  dem 
Verfasser,  wie  das  Vorwort  andeutet,  mündliche  oder  schriftliche 
Mitteilungen  der  Familie  zur  Verfügung  gestanden  haben.     K,  O. 


Ober  Frauenalb  hat  A.  Thoma  eine  Studie  veröffentlicht, 
die  erste  zusammenfassende  Arbeit,  welche  dieses  Kloster  zum 
Gegenstand  hat  (Geschichte  des  Klosters  Frauenalb.  Ein 
Beitrag  zur  Kulturgeschichte  von  sieben  Jahrhunderten.  Frei- 
bnrg  i.  Br.  P.  Waetzel  1898,  104  S.).  Das  kleine  Buch  ist 
für  einen  grösseren  Leserkreis  bestimmt,  den  es  wohl  auch 
finden  wird,  beruht  aber  trotzdem  durchaus  auf  eigenen  Quellen- 
studien des  Verfassers,  was  anzuerkennen  ist.  Im  einzelnen 
vird  man  sich  freilich  zu  mancherlei  Ausstellungen  veranlasst 
sehen.  Ungenauigkeiten,  Missverständnisse,  schiefe  Auffassungen 
sind  nicht  selten.  Ich  greife  nur  einige  heraus.  Ein  Kapitel 
beschäftigt  sich  mit  dem  Besitz  und  den  Einkünften  des  Klosters; 

Zeicichr.  f.  Gesch.  d.  Oberrh.  N.F.  XIV.  i.  I  I 


l62  ZeitschrifteDscfaau  und  Littentuniotizen. 

dasselbe  ist  überschrieben  »Widumb  und  Intradenc.  Man  ver- 
misst  eine  Erklärung  vor  allem  des  ersten  Ausdrucks;  ausser- 
dem erweckt  der  Titel  die  ganz  falsche  Vorstellung,  als  sei  in 
den  verschiedenen  Zeiten  es  üblich  gewesen  unter  dieser  Bezeich- 
nung den  gesamten  Besitz  eines  Klosters,  hier  insbesondere  den* 
jenigen  des  Klosters  Frauenalb,  zusammenzufassen.  In  dem 
gleichen  Kapitel  wird  nach  einer  Urkunde  von  1193  der  älteste 
Besitz  des  Klosters  aufgezählt:  Mecelineswenda  (die  Urkunde, 
in  dieser  Zeitschrift  Band  2^  S.  308,  liest  Mezelineswande), 
Maugetsturm,  Buoheln  (die  Urkunde:  Buohele),  Bulande,  Roten- 
fels,  Grunbach  (die  Urkunde:  Grunobach),  Bilfingen  (die  Ur- 
kunde: Bilvigen).  Ob  die  Leser  des  Buches  damit  viel  anfangen 
können?  Ich  bezweifle  es.  Warum  nicht  Metzlinschwand, 
Muggensturm,  Niederbühi,  Bulach  u.  s.  w.,  was  doch  jedenfalls 
deutlicher  gewesen  wäre?  S.  20  ist  von  einer  Klosterfrau  die 
Rede,  welche  weder  lesen  noch  schreiben  konnte;  es  heisst  sie 
sei  »aus  dem  sonst  hochgelehrten  Geschlechte  der  Reuchlin« 
gewesen.  Jedermann  wird  sofort  an  Johann  Reuchlin,  den 
berühmten  Humanisten  denken,  und  der  Verfasser  hat  es  wohl 
auch  gethan;  die  Klosterfrau  war  indes  eine  Reichlin-Meldegg; 
dass  aber  gerade  diese  Familie  vor  den  übrigen  Adelsgeschlechtern, 
denen  sonst  die  Nonnen  zu  Frauenalb  entstammten,  durch  beson- 
dere Gelehrsamkeit  sich  ausgezeichnet  hätte,  wird  nirgends 
berichtet.  Eine  Erbhuldigung  im  Jahre  1532,  von  der  S.  56  die 
Rede  ist,  hat  nicht  stattgefunden,  es  handelt  sich  einfach  um 
die  Aufstellung  eines  neuen  Lagerbuches,  in  das  u.  a.  auch  die 
Rechte  der  Äbtissin  ihren  Unterthanen  gegenüber  eingetragen 
wurden.  An  derselben  Stelle  wird  der  Ausdruck  »Zwang  und 
Bann«  gebraucht,  auch  sonst  ist  wohl  von  »Zwengen  und  Bännenc 
die  Rede;  natürlich  muss  es  »Zwing  und  Bann«  heissen.  Doch 
diese  Beispiele  mögen  genügen.  Nur  noch  einige  Bemerkungen 
zu  dem  Verzeichnis  der  Äbtissinnen  auf  S.  25.  Zu  demselben 
sind  nachzutragen    Bertha    (1197),   Agnes  (1335),    Elisabeth    von 

Eberstein  (134I1  i343.  134^»  1348,  13^3»  U^S)»  Elisabeth 
Truchsess  von  Waldeck  (141 2),  alle  den  auch  von  dem  Ver- 
fasser benützten,  in  den  Bänden  23  bis  27  dieser  Zeitschrift 
veröffentlichten  Urkunden  entnommen.  Der  Name  der  Äbtissin 
Margaretha  Zerrin  (1496,  1506)  beruht  auf  einem  Lesefehler; 
dieselbe  hiess  Zernin  (Zörnin,  Zorn)  und  war,  wie  der  Verfasser 
selbst  richtig  bemerkt,  eine  Angehörige  der  Familie  Zorn.  Ihre 
unmittelbare  Vorgängerin  war  nicht  Katharina  von  Weingarten 
—  eine  Äbtissin  dieses  Namens  hat  es  überhaupt  nicht  gegeben  — 
sondern  die  als  zweitnächste  Vorgängerin  genannte  Margaretha 
von  Weingarten,  die   1493  und   1494  noch  lebte.  — r. 


Eine    schätzbare  Bereicherung    unserer    lokalgeschichtlichen 
Litteratur  bildet  das  Büchlein  von  August  Meyer:  Geschichte 


ZeitichrifteDschau  und  Litteratumotiien.  15^ 

der  Stadt  L au te rb urg  (Weissenbuig,  Ackermann  1898),  haupt- 
sächlich wegen  des  ruhigen  vorurteilslosen  Tons  seiner  Erzählung 
und  wegen  der  Fülle  seiner  Notizen,  die  von  der  Gründung  des 
römischen    Castells    bis    zur   modernen  Anlage    des  Rheinhafens 
alle  Seiten    der  Entwicklung   dieser    kleinen  Grenzstadt   streifen. 
Die  Abschnitte,  welche  die  ältere  Geschichte    bis    ins    14.  Jahr- 
hundert behandeln,    sind  allerdings   mit   grosser  Vorsicht   aufzu- 
nehmen, da  der  Verfasser  hier  ohne  den  Versuch  einer  kritischen 
Würdigung  oder  eigner  Forschung  der  alten  Überlieferung  gefolgt 
ist.    So  weiss  er  uns  zu  berichten,  dass  das  Castell  im  Jahre  14 
n.  Chr.  erbaut    worden,    dass    der  Ort   um    das  Jahr   1000    zum 
ersten  Male  ummauert  und  von  einem  Burggrafen  verwaltet  worden, 
dass  der    letzte  Burggraf  Markedo  (wohl  korrumpierte  Form  aus 
Merbodo?)   1234  gefallen  sei,    und    dergleichen  Fabelelen    mehr, 
die  von  Schöpflin  und  seinem  nirgends  erwähnten  Vorgänger  in 
der  Lauterburger  Lokalhistorie  Bentz  u.  a.  gläubig  übernommen 
sind.     Dagegen  ist  die  entscheidende  Thatsache,  wie  und  wann 
Lauterburg   an   das  Bistum  Speier   gekommen,    nicht    aufgeklärt, 
die  Frage,    ob    das    aus    dem  Mathildinischen   Gut    von    Kaiser 
Heinrich    IV.    1086   dem    Bistum    geschenkte    Lutera   möglicher- 
weise mit  Lauterburg  zu    identifizieren    und   wie    der  Anteil   der 
Grafen  von  Zweibrücken  damit  zu  vereinen  sei,  gar  nicht  gestreift. 
Wertvoll  dagegen  sind  die  Nachrichten  aus  späterer  Zeit,  nament- 
lich aus  dem   16.  bis   18.  Jahrhundert,    die   zum  Teil    aus    alten 
Archivalien    geschöpft    sind,    einem  Stadtlagerbuch,    einem  Seel- 
buch,  einem  Schatzungsbuch,  einem  Pfarrbuch.  Eine  Beschreibung 
und  kurze  Charakteristik  dieser   unbekannten  Quellen    ist    leider 
nirgends    gegeben    und    hätte    einen   besonderen   Platz    verdient. 

W,  W. 


In  der  Monatsschrift  für  Gottesdienst  und  kirch- 
liche Kunst,  Jahrg.  III  (1898)  S.  164  ff.  wird  durch  Professor 
J.  Smend  i^Das  älteste  Strassburgcr  deutsche  Trau- 
formular« mitgeteilt:  Das  Original  findet  sich  in  der  bekannten 
Nigri'schen  Handschrift  des  Thomas-Archivs  zu  Strassburg.  Der 
hierin  erhaltene  Text  des  Trauformulars  ist  im  wesentlichen  eine 
Übersetzung  aus  der  Agenda  Argentinensis  von    1513.       — ä. 

»Zur  Frage  des  Ursprungs  der  grossen  Heidel- 
berger Minnesängerliederhandschrift,  fälschlich  Codex 
Manesse  genannt»  nimmt  Graf  Zeppelin  im  »Deutschen 
Herold«  XXIX  Nr.  10  S.  133  ff.  das  Wort,  um  das  Ergebnis 
einer  im  nächsten  Bande  der  Schriften  des  Bodenseevereins  zum 
Abdruck  gelangenden  Abhandlung  vorläufig  mitzuteilen,  welches 
im  wesentlichen  eine  von  F.  X.  Kraus  schon  im  Jahre  1887 
totgespro ebene  und  näher  begründete  Vermutung  bestätigt. 
Danach   berechtigt   die    auffallende    Übereinstimmung    der  Bilder 


l54  Zeilschriftenschau  und  Littcraturnotizen. 

der  Handschrift  mit  der  seit  der  Kraus'schen  Publikation  neu  ent- 
deckten Wandmalereien  des  1 3.  Jahrhunderts  zu  Konstanz  zu  der 
Annahme,  dass  die  Handschritt  in  der  dortigen  Dominikanermaler- 
schule im  Auftrage  des  kunstsinnigen  Bischofs  Heinrich  v.  Klingen- 
berg hergestellt  worden  ist;  von  dem  Klingenberger  soll  sie  dann, 
wie  Z.  wahrscheinlich  zu  machen  sucht,  dem  Dominikane'rbruder 
und  Dichter  Eberhard  v.  Sax,  der  bekanntlich  in  der  Handschrift 
mit  Bild  und  Wappen  begegnet,  zur  Vollendung  überwiesen 
worden  und  damit  ihr  Obergang  in  den  Besitz  der  Familie 
V.  Sax  erklärt  sein.  AT.   O. 


Im  Euphoriou,  Zeitschrift  für  Litteraturge schichte,  Band  5, 
S.  471  —  4751  veröffentlicht  Karl  Ohser  aus  Akten  des  Karls- 
ruher (lenerallandesarchivs  und  den  Kirchenbüchern  von  Will- 
stätt  einige  Mitteilungen  :>zur  Lebensgeschichte  Joh.  Michael 
Moscheroschs«,  die  namentlich  die  Verhältnisse  und  Lebcns- 
schicksalc  von  Michael  Moscherosch,  des  Dichters  Vater,  auf- 
hellen. 

Ein  Verzeichnis  der  in  den  Jaliren  1460— 1539  in  Frei- 
burg i.  B.  studierenden  Ulmer  giebt  B.  A.  Nacgele  in  den 
»Württemberg.  Vierteljahrsheften  für  Landesgeschichte«  N.  F.  VII, 

359  ff- 


Erläuterungen  und  Ergänzungen  zu  Janssens  Geschichte  des 
deutschen  Volkes.  Herausgegeben  von  Ludwig  Pastor.  1.  Bd., 
2.  und  3.  Heft:  Nationaler  Gedanke  und  Kaiseridee  bei 
den  elsässischcn  Humanisten.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte 
des  Deutschtums  und  der  politischen  Ideen  im  Reichslande. 
Von  Dr.  Joseph  Knepper.  (Freiburg  i.  B.  1898,  Herder. 
XV  u.  207  S.)  Der  Bearbeiter  dieses  von  Grauert  gestellten 
Themas  hat  in  erster  Linie  die  sattsam  bekannten  Gedanken- 
gänge Wimpfelings  und  seiner  Schüler  über  die  deutsche  Ver- 
gangenheit des  Elsasses  mit  ermüdender  Umständlichkeit  und 
recht  mechanischer  Technik  zusammengestellt.  Trotz  der  er- 
drückenden Masse  gelehrt  scheinender  Anmerkungen  kann  von 
einem  wissenschaftlichen  Ertrag  nicht  die  Rede  sein,  da  der 
Verfasser  ohne  kritische  Würdigung  der  nach  einer  dem  Thema 
fernliegenden  Tendenz  ausgewählten  Schriften  wie  ohne  Ver- 
ständnis für  die  Eigentümlichkeiten  humanistischer  Schriftstellerei 
und  Epistolographie  gearbeitet  hat  Die  Tiraden  Wimpfelings, 
wie  die  offenbar  auf  Bestellung  verfertigten  Schildereien  Geb- 
wilers  sind  in  ihrer  politischen  Bedeutung  stark  überschätzt; 
der  Anteil  Spiegels  an  der  Überarbeitung  und  Veröffentlichung 
der  wichtigsten  kirchenpolitischen  Schriften  seines  Oheims  Wimpfe- 
ling  ist  nicht  kritisch  gewürdigt,  sein  politischer  Charakter  über- 
haupt nicht  verstanden  worden.     Femer  ist   diese    so   vorsichtig 


Zeittchriftenschau  und  l^tteraturnotixen.  165 

ausgewählte  —  in  sich  noch  recht  heterogene  Dekade  — 
clsassischer  Schriftsteller  ohne  jede  Rücksicht  auf  iluen  Zu- 
sammenhang mit  dem  humanistische  Geistesleben  mindestens 
der  ot>errheinischen  Hochschulen  betrachtet  worden,  was  sich 
auch  nicht  durch  die  starke  Voranstellung  Wimpfelings  recht- 
fertigen lässt,  dessen  vielgepriesene  Sodalitaten  von  zu  ephemerer 
Dauer  und  fragwürdiger  Bedeutung  waren,  wie  denn  der  Verfasser 
überhaupt  diesem  Oberhaupte  seiner  vom  protestantischen  Geiste 
vermeintlich  noch  nicht  angekränkelten  Gruppe  viel  zu  vertrauens- 
selig gegenübersteht.  Durch  die  Beschränkung  auf  die  Zeit  vor 
der  Kirchenspaltung  wird  eine  Reihe  gerade  der  bedeutendsten 
Schriftsteller  und  Staatsmänner  ausgeschlossen,  die  auf  die  An- 
schauungen ihrer  Mitbürger,  die  praktische  nationale  Politik  ihrer 
Heimat,  besonders  Strassburgs,  viel  tiefer  und  nachhaltiger  ein- 
gewirkt haben,  wie  z.  R.  der  grosse  Schüler  Wimpfelings,  Jakob 
Sturm.  Am  wenigsten  lässt  der  volltönende  Titel  ahnen,  dass 
das  Buch  sich  nur  auf  »die  ältere  Richtung«  oder  deutlicher  auf 
die  Männer  beziehen  durfte,  in  denen  »der  Katholik  so  echt 
und  gut  war,  wie  der  Patriot«  (S.  171):  es  ist  der  bekannte 
»Rahmen-  des  Janssen'schcn  Werkes,  in  den  der  Verfasser  seine 
bestellte  Arbeit  eingezwängt  hat,  an  der  jener  Titel  in  Ver- 
bindung mit  der  eben  angeführten  Stelle  das  eigentlich  Lehr- 
reiche ist.  P,  Kalkoff, 

Zur    Feier    von    Richard    Rothes    hundertstem    Geburtstage 
veröffentlicht  W.  Honig  (Richard  Rothe,  Berlin,  Schwetschke, 
227  S.)  eine  für  weitere  Kreise  bestimmte  Darstellung  des  Lebens 
und    Wirkens    dieses    >^hervorragendsten    theologischen    Denkers 
nach  Schleiermacher«,  in  dessen  Wesen   die  seltsamsten  Gegen- 
sätze   und  Widersprüche    scheinbar    unerklärlich    vereinigt    sind. 
Nach  einer    feinsinnigen   allgemeinen  Würdigung   seiner  Persön- 
lichkeit  giebt   der    Verfasser   ein    Bild   von    Rothes  Entwicklung, 
seinem  Studiengange  zu  Heidelberg  und  Wittenberg,  seiner  Ab- 
kehr  vom    Pietismus   in  Rom,    und   vor    allem    von    seiner    reich 
gesegneten  akademischen  Thätigkeit  in  Heidelberg,  dessen  Hoch- 
schule er    mit  Ausnahme   der   in  Bonn    verbrachten  sechs   Jahre 
von  1837 — '^67  angehört  hat.     Ein  Schlusskapitel  behandelt  die 
iGrandzügc  des  Rothe'schcn  Denkens«.  —  Aus  gleichem  Anlass 
ist   ein    erweiterter    Abdruck    des    Artikels    über    R.    aus    den 
»Badischen  Biographien«   von  H.  Holtzmann  erschienen  (Bilder 
aus  der  evangelischen  Landeskirche  des  Grossherzogtums  Baden. 
V.  -  48  S.).  K.  O. 

Im  Eingang  des  zweiten  Teiles  seiner  Selbstbiographie, 
dessen  erste  Hälfte  soeben  erschienen  ist  (Aus  meinem  Leben. 
^  Teil.  Erinnerungen  und  Erfahrungen  der  reiferen  Jahre. 
Hille    1898).    schildert    Willibald    Beyschlag,    der    Hallenser 


l66  Zeitscbriftenschan  und  Uttenttiniotizen. 

Theologe,  die  Zeit  seines  Aufenthaltes  als  Hofprediger  in  Karls* 
ruhe,  dessen  letzte  zwei  Jahre  ganz  von  dem  badischen  Kirchen- 
streit erfüllt  waren,  an  dem  er  als  Begründer  und  Herausgeber 
des  »Evangelischen  Kirchen-  und  Volkablattes«  selbst  lebhaften 
Anteil  genommen  hat.  Es  sind  die  betreffenden  Abschnitte 
(i.  Im  Karlsruher  Hofpredigeramte  S.  i — 56.  2.  Im  badischen 
Kirchenstreite  S.  57—118)  im  wesentlichen  eine  in  einzelnen 
Partieen  etwas  weiter  ausgeführte  Wiederholung  der  von  ihm  vor 
nunmehr  neun  Jahren  im  14.  Jahrgang  der  Deutsch-evangelischen 
Blätter  unter  dem  Titel  x^Karlsruher  Erinnerungenc  veröffentlichten 
Aufsätze.  —  Gegen  seine  nicht  immer  unparteiische  Darstellung 
der  Ereignisse  jener  Jahre  und  vor  allem  gegen  seine  durchaus 
einseitige  Charakteristik  Ludwig  Häussers  hat  Ad.  Hausrath  in 
den  Protestantischen  Monatsheften  (N.  F.  2.  Jahrgang, 
Heft   1 1 )  entschiedenen  Widerspruch  erhoben.  — r. 


Jugenderinnerungen  eines  alten  Arztes  von  Adolf 
Kussmaul.  Stuttgart,  Ad.  Bonz  u.  Co.  495  S.  (7  M.  20).  — 
Es  ist  die  Entwicklungsgeschichte  eines  gross  und  genial  ver- 
anlagten Menschen  aus  kleinen  Verhältnissen  heraus  und  unter 
teilweise  überaus  schwierigen  äusseren  Umständen,  die  uns  hier 
in  den  Jugenderinnerungen  des  berühmten  Klinikers  geboten 
wird.  Der  Weg,  den  Kussmaul  vom  einfachen  Landarzt  bis  zum 
klinischen  Lehrer  und  vielgesuchten  ärztlichen  Berater  gegangen 
ist,  erregt  das  lebhafteste  Interesse,  namentlich  der  Fachgenossen, 
weil  er  in  dieser  Weise  jedenfalls  nur  selten,  wenn  überhaupt  je 
beschritten  worden  ist  Für  weitere  Kreise  wertvoll  ist  die  Dar- 
stellung des  geschichtlichen  Hintergrundes,  von  dem  die  persön- 
lichen Erlebnisse  sich  abheben.  Es  sind  die  bewegten  Zeiten 
des  dritten  und  vierten  Jahrzehnts,  es  sind  namentlich  die  Zu- 
stände an  der  Heidelberger  Universität  unmittelbar  vor  der  Revo- 
lution, wo  es  in  den  Köpfen  der  deutschen  akademischen  Jugend 
mächtig  gährte,  die  Kussmaul  aus  einem  ungewöhnlich  treuen 
Gedächtnis  anschaulich  zu  schildern  weiss. 

Daneben  finden  auch  die  mächtigen  Fortschrilte,  welche 
die  medizinische  Wissenschaft  in  ebenderselben  Zeit  machte, 
ihre  volle  Würdigung.  Die  Umwälzung,  die  auf  diesem  Gebiet 
namentlich  unter  der  Führerschaft  der  kräftig  aufstrebenden 
pathologischen  Anatomie  sich  vollzog,  lässt  sich  nicht  schärfer 
und  treffender  als  mit  des  Verfassers  eigenen  Worten  charak- 
terisieren: »Die  Medizin  löste  die  unnatürliche  Allianz,  die  sie 
mit  der  Spekulation  geschlossen  hatte,  und  nahm  ihren  richtigen 
Platz  bei  den  Erfahrungswissenschaften.«  Wer  sich  mit  der 
Geschichte  der  Heilkunde  in  unserem  Jahrhundert  beschäftigt, 
wird  hier  manchen  wertvollen  Beitrag  finden. 

Zwei  Kapitel,  welche  die  Überschriften  »Auf  dem  Pegasusc 
und   »Weiland   Gottlieb    Biedermaier^  tragen,   sind   von   litterar- 


ZcitBchrifleiifchaa  und  Littentnraotuen,  167 

historischem  Interesse.  Wir  ersehen  aus  denselben  die  Beziehungen 
Kussmauls  su  der  Eichrodt'schen  Muse  und  seinen  Anteil  an 
der  Schartenmeier-  und  Biedermaier- Poesie.  Dass  die  zwar 
ernst  gemeinten,  aber  in  ihrer  Biederkeit  unsäglich  komischen 
Gedichte  des  treuherzigen  Dorfschuimeisters  Samuel  Friedr. 
Sauter  aus  Flehingen  vor  Vergessenheit  bewahrt  wurden,  ist 
speziell  Kussmauls  Verdienst.  K,  Doli, 


»Die  hebräischen  Druckereien  zu  Karlsruhe  und 
ihre  Drucke«  behandelt  eine  kleine  Schrift  Ed.  Biber felds 
worin  der  Verfasser  die  Entstehung  der  ersten  hebräischen 
Drucke  (i  755)  und  die  langwierigen  Verhandlungen  über  die  Grün- 
dung einer  privilegierten  jüdischen  Druckerei  zu  Karlsruhe  mit 
Hilfe  der  Akten  schildert.  Beigefügt  ist  ein  Verzeichnis  der 
Karlsruher  hebräischen  Drucke,  unter  denen  vor  allem  die  aus 
der  Wormser'schen  Offizin  in  den  Jahren  1777 — 1839  hervor- 
gegangenen geschätzt  werden.  —  Der  badische  »Geheimrat 
Francz«  (S.  21)  beruht  auf  einem  Lesefehler;  der  betr.  Rand- 
vermerk trägt  die  Unterschrift  des  Hofratsassessors  Stoesser.  K,  O, 


In  den  »Mitteilungen  des  Historischen  Vereins  der  Pfalz« 
XXIll,  I  ff.  giebt  J.  Praun  (»Das  grosse  Paradies  der 
Domkirche  zu  Speier«)  auf  Grund  von  Aufzeichnungen  des 
bischöfl.  speierischen  Archivars  Kuhn  eine  Zusammenstellung 
bisher  unbekannter  Nachrichten  über  die  alte  Vorhalle  des  Doms, 
die  schon  um  dessentwillen  von  Wert  ist,  als  die  Quellen,  denen 
Kuhn  seine  Angaben  entnahm,  grösstenteils  verloren  gegangen 
sind.  —  Ebenda  S.  1 1  ff .  teilt  derselbe  Verfasser  (»Enkomion 
Spirae«)  aus  Schriftstellern  des  16.  Jahrhunderts  eine  Anzahl 
von  Lobsprüchen  auf  Speier  mit,  welche  die  dreifache  Bedeutung 
Speiers  als  Reichsstadt,  bischöfl.  Residenz  und  Sitz  des  Kammer- 
gerichts feiern.  K,  O, 


In  der  Biblioth^que  de  T^cole  des  chartes,  Jahrgang  1898, 
p.  304 — 321,  giebt  Charles  Nerlinger  in  einem  Aufsatz: 
Etat  du  chi\teau  de  7'hann  au  XV«  si^cle  nach  Aktenstücken 
aus  dem  Departementalarchiv  in  Dijun  (Berichte  von  Kommissaren 
des  Herzogs  von  Burgund)  und  aus  dem  Stadtarchiv  von  Thann, 
die  im  Anhang  mitgeteilt  werden,  eine  kurze  anschauliche  Be- 
schreibung von  der  Befestigung,  Ausrüstung  und  Ausstattung  der 
Kngelburg  am  Ende  des   15.  Jahrhunderts. 


Der  neue  Jahrgang  der  Zeitschrift  für  bildende  Kunst 
Neue  Folge  IX  (1897/98)  enthält  zwei  Studien  über  den 
elsässischen    Künstler    Hans    Haidung.      Edmund    Wilhelm 


l68  Zeitschriftenschau  und  Litteralurnotizen. 

Braun  bespricht  in  einem  Artikel  (S.  22  f.)  »eine  nene  Hexen- 
darsteliung  Hans  Baidungs«.  Er  fand  sie  in  einem  Holsschnstt, 
welcher  die  Ausgabe  von  Geilers  Emeis  (15  lö)  ziert.  Die  darin 
zu  Tage  tretenden  Rohheiten  fallen  jedenfalls  dem  Formschneider 
der  Grüninger'schen  Offizin  zur  Last.  Der  zweite  Aufsatz,  dem 
sechs  Illustrationen  beigefügt  sind,  bringt  eine  feinsinnige  Charak*^ 
teristik  von  »Baidung  Griens  Zeichnungen«  aus  der  Feder  Robert 
Stiassny's  (S.  49  -61).  Mit  sicheren  Strichen  wird  der  geistige 
Werdegang  des  Meisters  gezeichnet.  Die  grosse  Baidung- 
Publikation  Terey's  wird  einer  scharfen,  aber  fruchtbaren  Kritik 
unterzogen,  wobei  jedoch  in  gerechter  Weise  deren  Wert  als 
»Materialsammlung«  anerkannt  ist.  Zum  Schlüsse  giebt  Stiassnj 
der  Verwunderung  Ausdruck,  dass  das  grosse  Unternehmen  der 
Herausgabe  des  Baidung- Werks  unter  Zuwendung  öffentlicher 
Mittel  dem  Ungarn  Gabor  von  Turey  anvertraut  wurde,  der  noch 
nicht  hinlängh'ch  für  die  Aufgabe  vorbereitet  war,  während  doch 
in  Deutschland  in  der  Person  O.  Eisenmann's  ein  berufener 
und  bewährter  Interpret  des  Meisters  vorhanden  war,  dessen 
Baldung-Biographic  auch  heute  noch  unveraltet  und  unersetzt  ist 

—h. 


Die  Geschichte  der  Schlossgärten  zu  Heidelberg  und 
Schwetzingen  behandelt  eine  kleine  Schrift  von  H.  U.  Jung, 
Stadtobergärtner  zu  Köln  a.  Rh.,  und  W.  Schröder,  Garten- 
direktor der  Stadt  Mainz  (Rheinische  Gärten.  Das  Fleidel- 
berger  Schloss  und  seine  Gärten  in  alter  und  neuer  Zeit  und 
der  Schlossgarten  zu  Schwetzingen.  Berlin,  G.  Schmidt.  74  S, 
gr.  8.  2  M.  50  Pf.)  Dieselbe,  hübsch  ausgestattet  und  reich 
illustriert,  enthält  u.  a.  einen  Neudruck  des  -Hortus  Palatinus  a 
Friderico  rege  Bocmiae  etc.  Heidelbergae  exstructus«  des  Archi- 
tekten Salomon  de  Caus  vom  Jahre    1620.  — r. 


Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


12. 

Hllisabcth.     f  nach  1266. 
B.I-    I-  Mangold  v.  Nellenburg. 
2.  Emecho  v.  Wörlh. 


27. 

N 

111.   X,   Graf 
Worden - 
hcrj». 


19.  ? 

[llartmann.] 


20. 

Adelheid. 

Gem. 
Egeno  III. 
V.  Matsch. 


21.? 

Guta. 
Gem.  Eberhard 

Tnichsess 
V.  Waldburg. 


37. 

Ail«llicid  ?) 
iii.   Heinrich 
riK"n-»cn. 


44-  (3.) 

Anna. 

f  nach   1330. 

Gem.  Friedrich 

V.  Teck. 


49.    II.. 
Iiiii-  IX. 


60.   \  2.) 

Hugo  XI. 

f  nath   1404. 

(1425  ?j 


61.  (I.) 

Anna. 

t  nach   1374. 

Gem.  Heinrich 

V.  Fürstenberg. 


62.  ? 

Kunigunde. 

Gem.  Ulrich 

V.  Matsch. 


63.  (2.) 

Klara. 

Äbtissin  von 

Buchau. 


64.  Hugo  iXllI.K  Heinrich  iVI.),   Ulrich  (V.),    Wilhelm  (VI.),    Klara.») 

j  Kunigunde. 

\.    ürcgcnz.      1 

ir::;iirtha  v.    Pf 

■Tru.TKM.'l    \.    Tof 

iii.i  V.   Ncuhaui 


69. 

Stephi 
t    li 


-s:.;.h.m    III.  ») 


hl    rH-h.iiulelt. 


J 


Die  Schlacht  zwischen  Caesar  und  Ariovist. 

Von 

J?-  von  Schlumberger. 


Nachdem  in  jüngster  Zeit  durch  die  Veröffentlichung- 
von  C.  Winkler  *)  die  seit  langem  und  oft  verhandelte 
Frage  nach  dem  Schlachtfelde,  auf  dem  Caesar  den 
Ariovist  geschlagen,  wieder  von  neuem  aufgerollt  worden 
ist,  erachte  ich  es  nicht  für  unangemessen,  einige  Gesichts- 
punkte, die  zur  Lösung  dieser  Frage  führen  können, 
und  die  bisher  in  der  Diskussion  fast  gar  nicht  beachtet 
worden  sind,  in  den  Vordergrund  zu  stellen  und  schärfer 
zu  beleuchten.  Dieselben  betreffen  durchweg  Verhältnisse 
vor  der  Schlacht,  behandeln  gewissermassen  die  politische 
i  reographie  des  Landes,  um  das  sich  der  Entscheidungskampf 
/wischen  dem  Römer  und  dem  Germanen  erhob.  Auf  die 
Entwicklung  und  den  Verlauf  der  Schlacht  gedenke  ich 
nur  ganz  kurz  einzugehen,  nachdem  ich  darüber  in  meinem 
Buche  «Caesar  und  Ariovist*  vor  Jahrzehnten  ausführlich 
;4^eschrieben  habe  2). 

Altere  Schriftsteller  haben  bekanntlich  den  Ort  der 
berühmten  Schlacht  bei  Ober-Michelbach  (St.  Apollinaris) 
im  Kanton  Hüningen  gesucht;  andere  bei  Dampierre 
/wischen  Montbeliard  und  Delle,  so  de  Golbery  in  seinem 
Werke  Antiquites  d'Alsace,  Der  bekannte  Geschichts- 
schreiber Schöpflin  glaubt  die  Gegend  von  Montbeliard 
aN  das  Schlachtfeld  annehmen  zu  müssen. 

'»  C.  Wiiiklcr,    Der    Cacsar-AriovistVhe    Kampfplatz.     Colmar»  Wald- 

M-.i'vcr,    l8<)8.    —  •)  Im    wesentlichen    habe    ich    diese  Ausführungen  vor    der 

Konferenz  der  elsasb-lothringi&chen  Gymnasiallehrer  in  Gebwciler  am  18.  Mai 

1 898  entwickelt. 

Zcicschr.  f.  Geich.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  j.  12 


I  yo  von  Schlumberger. 

Unter  den  Modernen  kommt  eine  andere  Meinung  zum 
Vorschein,  welche  das  Schlachtfeld  mehr  nach  Norden  ver- 
legt, nämlich  in  die  Nähe  von  Sennheim,  so  bei  Herrn 
General  von  Göler  und  Kaiser  Napoleon  III.,  und  auch 
Herr  Professor  Dr.  Wiegand  neigt  derselben  Ansicht  zu. 
glaubt  aber,  dass  man  Sicheres  darüber  nicht  ermitteln 
könne. 

In  letzter  Zeit  haben  Oberst  StoiFel  und  nach  ihm  der 
schon  genannte  C.  Winkler  von  Colmar  den  Ort  der  Schlacht 
noch  weiter  nach  Norden  versetzt,  der  erste  in  die  Gegend 
zwischen  Bennweier  und  Zellenberg,  der  letztere  sogar 
nach  Epfig. 

In  Anbetracht  dieser  verschiedenen  Meinungen  habe 
ich  es,  um  die  gestellte  Frage  zu  losen,  für  das  Ver- 
nünftigste gehalten,  nur  das  primäre  Quellenmaterial  ganz 
genau  zu  studieren  und  mich  weniger  um  die  verschiedenen 
Autoren,  die  darüber  geschrieben  haben,  zu  kümmern. 

Dieses  Quellenmaterial  aber  besteht  fast  durchweg  in 
Stellen  der  Kommentare  Julius  Caesars  über  den  gallischen 
Krieg  und  in  einigen  Angaben  des  Plutarch,  Dio-Cassius 
und  Orosius,  welch  letztere  vorzugsweise  aus  denselben 
Commentaren  geschöpft  haben,  aber  wahrscheinlich  aus 
genaueren  Abschriften,  als  diejenigen  sind,  die 
uns  heute  zu  Gebote  stehen. 

Durch  dieses  eingehende  Studium  ist  es  mir  schon  im 
Jahre  1864  wahrscheinlich  und  jetzt  fast  zur  Gewissheit 
geworden,  dass  die  Schlacht  auf  jetzigem  französischen 
Boden  in  der  Nähe  von  Lachapelle-sous-Rougemont 
(Kappeln),  und  zwar  von  Petitefontaine  und  Felon  her 
gegen  Lcval,  Rougemont  und  St.  Germain  hin  geschlagen 
worden  ist. 

Dass  Caesar  kein  unparteiischer  Geschichtsschreiber  ist, 
dürfte  bekannt  sein.  Er  ist  ein  Feldherr,  der  Material  für 
spätere  Geschichtsschreiber  seiner  Thaten  liefern  wollte. 
Der  dadurch  zu  erzielende  Ruhm  für  seine  Person  sowohl, 
als  seine  Stellung  dem  römischen  Senate  gegenüber  sind 
nicht  ohne  Kinfluss  auf  seine  Schriften  geblieben.  Angegebene 
Ursachen  seiner  EntSchliessungen  und  Handlungen  sind 
nicht  immer  die  alleinigen  oder  wahren;  seine  Angaben 
sind    oft    übertrieben,    wenn    er    es    für    vorteilhaft    findet; 


Schlacht  zwischen  Caesar  und  Ariovist. 


«71 


andrerseits  schweigt  er  über  Begebenheiten,  die  seinem 
Ruhme  nicht  nützlich  sein  konnten.  Caesar  ist  also  mit 
Vorsicht  zu  gebrauchen. 

Eine  der  wichtigsten  Vorfragen,  die  vor  der  Bestimmung 
des  Schlachtfeldes  zu  lösen  ist,  ist  die  Frage  nach  den 
( rebietsgrenzen  der  verschiedenen  Völkerschaften,  welche 
im  Ariovistkriege  erwähnt  werden. 

Es  herrscht  in  dieser  Hinsicht  auf  den  historischen  Karten 
eine  grosse  Verwirrung,  die  darin  besteht,  dass  auf  einer  und 
derselben  Karte  Angaben  verwertet  werden,  welche  sich 
auf  verschiedene  Zeiten  beziehen.  Es  ist  dies  gerade  so, 
als  wenn  man  heute  die  (xrenzen  Deutschlands  und  Frank- 
reichs auf  einer  undatierten  Karte  zugleich  nach  Angaben, 
die  vor  dem  Jahre  1870  und  solchen,  die  nach  diesem 
Jahre  gegeben  worden  sind,  einzeichnen  wollte.  Ähnliche 
tiefgreifende  Veränderungen  wie  im  Jahre  1870  haben  am 
Rheine  in  den  Jahren  7!  bis  65  vor  Christus  und  später 
im  Jahre  58  und  darnach  stattgefunden. 

Es  kommen  hier  vorzugsweise  die  Belgier,  unter 
ihnen  besonders  die  Mediomatriker,  sodann  die  Sequaner 
und  die  Helvetier  in  Betracht. 

Die  Grenze  des  Landes  der  Belgier  wird  von  Caesar 
nur  sehr  unvollständig  angegeben.  Im  Osten  (Com.  i,  1) 
stiess  dieses  Land  an  den  Rhein;  im  Westen  und  Süden 
ging  die  Grenze  zuerst  der  Seine  nach  und  dann,  von  dem 
Punkte  ihres  Zusammenflusses  mit  der  Marne,  der  nörd- 
licher gelegenen  Marne  nach.  Von  I-angres,  wo  die  Marne 
entspringt,  bis  zum  Rheine  ist  eine  bedeutende  Strecke: 
Caesar  sagt  uns  nicht,  wo  sich  dort  die  südöstliche  Grenze 
der  Belgier,  die  zugleich  die  nördliche  der  Kelten  war, 
hinzog.  Es  wird  heute,  glaube  ich,  allgemein  angenommen, 
dass  diesseits  der  Vogesen  die  (xrenze  dieselbe  war,  wie 
diejenige,  die  heute  L'nter-Elsass  von  Ober-Elsass  trennt. 
Hs  war  dies  auch  die  Grenze,  welche  ehemals  im  Mittelalter 
das  Bistum  Strassburg  vom  Bistum  Basel  schied,  nämlich 
der  sogenannte  Landgraben  oberhalb  Schlettstadt. 

Die  südlichste  belgische  Völkerschaft  am  Rheine  war 
die  der  Mediomatriker,  die  nördlichste  keltische  Völker- 
schaft ebenfalls  am  Rheine,   Nachbarn  der  Mediomatriker, 

bildeten  die  Sequaner  (siehe  Caesars  Com.   1,   i  und  4,   10). 

12^ 


1*2  von  Schlumberger. 

Auf  die  Sequaner  folgten  dem  Rheine  weiter  aufwärts 
die  Rauraker,  die  sicher  um  Basel  bis  an  diesen  Strom 
sassen,  obgleich  sie  Caesar  an  den  genannten  Stellen  nicht 
nennt,  sei  es  weil  er  sie  vergisst  oder  weil  er  sie  als  Klienten 
der  Helvetier  ansieht  und  in  dieser  Eigenschaft  sie  zu 
erwähn(?n  nicht  für  nötig  erachtet. 

An  die  Rauraker  stiessen  schliesslich  die  keltischen 
Helvetier. 

Mit  dem  Einschreiten  Ariovist's  in  die  keltischen 
Wirren  im  Jahre  71  vor  Christus  ändert  sich  diese  Grenz- 
lage nun  vollständig. 

Den  Bürgerkrieg,  der  damals  unter  den  keltischen 
Galliern  ausbrach,  habe  ich  in  meinem  Buche  «Caesar  und 
Ariovist»  Seite  82  bis  91  ausführlich  beschrieben,  so  dass 
ich  hier  nur  darauf  zu  verweisen  brauche.  Er  endigte  im 
Jahre  65  oder  etwas  später  nach  Ciceros  Angaben  und 
hatte  zur  Folge,  dass  sich  die  Geographie  am  Rheine 
völlig  anders  gestaltete. 

Nach  Caesar  (Com.  6,  12)  machten  die  Sequaner  dem 
Ariovist,  um  ihn  zu  gewinnen,  viele  Vorteile  und  Ver- 
sprechungen. Ariovist  (Com,  i,  44)  geht  viel  weiter  als 
Caesar,  indem  er  sagt,  dass  er  nicht  aus  eigenem  Antriebe, 
sondern  gebeten  und  durch  die  Gallier  gedrängt,  nach 
Gallien  gekommen  sei,  dass  er  sonst  nicht  seine  Heimat 
verlassen  hätte,  dass  ihm  grosse  Anerbietungen  und  Ver- 
sprechungen von  den  Galliern  gemacht  worden  seien.  Die 
Sitze,  die  er  in  Gallien  habe,  seien  ihm  von  den  (Talliern 
geschenkt  worden  (sedes  habere  in  Gallia  ab  ipsis 
concessas).  —  Divitiacus  dagegen  (Com.  i,  31)  sagt  blos, 
dass  Ariovist  und  seine  (xermanen  von  den  Arvernem  und 
Sequanern  als  Söldner  engagiert  wurden.  Er  schweigt 
über  die  Versprechungen,  welche  Ariovist  erhielt;  hat  er 
auch  nicht  denselben  Grund  wie  Caesar,  x\riovist's  germa- 
nische Besitzungen  in  (lallien  nicht  anzuerkennen»  so 
schildert  er  sie  doch  eher  als  eine  gewaltsame  Besitz- 
nahme wie  als  eine  für  gegebene  Hilfe  gemachte  Schen- 
kung, —  Divitiacus  hatte  eben  Interesse  so  zu  reden. 

Sei  dem  wie  ihm  wolle,  sicher  ist,  dass  Ariovist  für 
seine  Germanen  feste  Sitze  in  Gallien   erlangt   hatte. 


Schlacht  swischen  Caesar  und  Ariovist. 


»73 


eine  Provinz,  so  gut  als  die  römische  Provinz  in  Südgallien 
eine  für  die  Römer  war  (Com.  i,  44). 

Diese  festen  Sitze  bestanden  aus  einem  Dritteile  des 
Sequanergebietes  (Com.  i,  31),  nicht  etwa  aus  einem 
Dritteile  aller  einzelnen  Güter  oder  (iemarkungen,  sondern 
aus  einem  Dritteile  des  gesamten  Gebietes,  aus  dem  die 
Sequaner  ausziehen  mussten.  Aus  Caesar  Com.  6,  12 
wissen  wir,  dass  diesen  auswandernden  Sequanem  neue 
Sitze  im  Häduer-Grenzlande  angewiesen  wurden. 

Welches  war  nun  das  Dritteil  ihres  Gebietes,  das  die 
Sequaner  an  Ariovist  abgetreten  hatten? 

Caesar  giebt  die  Grenzen  des  Sequanergebietes  (Com.  i, 
i;  1,  2;  I,  6;  I.  8;  i.  11;  i,  12;  i,  33;  4,  10;  7,  66)  ganz 
genau  an.  Aus  seiner  Beschreibung  geht  hervor,  dass  das 
Sequanerland  in  zwei  Stücke  zerfiel,  das  Gebiet  der  äussern 
Sequaner,  die  den  grössten  Teil  des  Oberelsasses  inne 
hatten,  und  das  Gebiet  der  innern  Sequaner,  die  die  ehe- 
malige Franche-Comte  und  die  andern  jetzt  französischen 
Gebiete  zwischen  Jura  und  Saone  bewohnten. 

Caesar  lässt  in  Com.  i,  i,  einer  Stelle,  welche  wahr- 
scheinlich sich  auf  das  Jahr  58  beziehen  soll  (sicher  ist  es 
nicht),  die  äussern  Sequaner  bis  an  den  Rhein  stossen. 
weil  er  eben  es  nie  zugiebt,  dass  die  Sequaner  irgend  ein 
Stück  Land  an  Ariovist  abtreten  konnten.  Es  heisst  bei 
ihm  (Com.  1,  45):  «Der  römische  Senat  habe  beschlossen, 
dass  Gallien  frei  bleiben  soll»;  mithin  konnten  Gallier  an 
die  Germanen  kein  Land  abtreten,  und  in  diesem  Sinn 
macht  Caesar  seine  Geographie. 

Die  von  den  Sequanem  Ariovist  versprochenen  und 
ihm  abgetretenen  Wohnsitze  können  nun  nichts  anderes 
sein,  als  dasjenige  Stück  ihres  Gebietes,  das  am  Rheine 
zwischen  den  belgischen  Mediomatrikern  und  keltischen 
Helvetiern  (eigentlich  Raurakem)  lag  und  das  ich  mit  dem 
Namen  «äussere  Sequaner»  bezeichnet  habe.  Es  ist  das 
heutige  obere  Elsass  bis  gegen  Basel. 

Es  liegt  schon  in  der  Natur  der  Sache,  dass  Ariovist 
seinen  Sitz  eher  am  Rheine,  den  Germanen  gegenüber, 
als  im  innern  Sequaner-  und  Keltenlande  suchen  musste. 
Nur  so  war  er  sicher,  seine  Verstärkungen  von  der  andern 
Seite    des    Rheines    direkt    erhalten    zu    können.      Nur    so 


I^^  von  Schlumberger. 

konnten  sie  zu  ihm  stossen,  ohne  zuerst  sich  durch  bel- 
gisches, raurakisches  oder  helvetisches  Gebiet  schlagen  zu 
müssen. 

Zweitens  geht  aus  der  Beschreibung  des  Zuges  der 
Helvetier  durch  das  südliche  innere  Sequanerland  (Com.  i, 
9;  I,  10;  I,  11;  I,  19)  hervor,  dass  dort  sich  keine  Ger- 
manen befanden. 

Dass  femer  weiter  nördlich  bei  Vesontio  (Resan5on) 
keine  sassen,  ergiebt  sich  aus  Com.  i,  39.  «Nicht  aus 
Angst  vor  den  Germanen,  sagen  die  erschreckten  romischen 
Soldaten,  zaudern  sie,  sondern  aus  Furcht  vor  der  Enge 
der  Wege,  vor  der  Grösse  der  Wälder,  die  sich  zwischen 
ihnen  und  Ariovist  erstrecken  etc.»  und  Caesar  leugnet 
weder  die  Enge  der  Wege  noch  die  Weite  der  Wälder. 

Viertens  beweist  Com.  i,  6,  dass  im  Frühjahr  des 
Tahres  58  das  Oberelsass  für  die  auswandernden  Hel- 
vetier, Rauraker  etc.  gesperrt  war  und  zwar  sicher 
durch  die  Ariovistische  Besitznahme,  wie  ich  es  in 
meinem  Buche  «Caesar  und  Ariovist»  Seite  89  erläutert 
habe. 

Fünftens  passen  die  wenigen  Worte,  die  der  Häduer 
Divitiacus  (Com,  i,  31)  über  das  abgetretene  Gebiet  sagt, 
eher  auf  das  Oberelsass  als  auf  das  übrige  Sequanerland. 
Er  nennt  es  «optimus  ager  totius  Galliae«. 

Sehr  wichtig  für  meine  Annahme  ist  dann  noch  das 
folgende  Argument.  Ks  ergiebt  sich  aus  Com.  2,  14,  dass 
vor  dem  Jahre  57  die  Belgier,  wenigstens  die  meisten 
Belgier,  eher  zu  der  Partei  der  Häduer,  als  zu  der- 
jenigen der  Arverner,  der  Sequaner  und  des  Ariovist 
standen.  Die  belgischen  «Bellovaker,  sagt  Divitiacus  zu 
Caesar,  sind  beständig  in  Bund  und  Freundschaft  mit  dem 
Häduerstaate  gewesen»  und  er  fügt  hinzu,  dass  die  Belgier 
überhaupt  gewohnt  seien,  die  Häduer  durch  Truppen  und 
sonstigen  Beistand  in  ihren  Kriegen  zu  unterstützen. 

Auch  den  Römern  waren  die  Belgier  im  Jahre  58 
noch  nicht  feindlich  gesinnt.  Beständig  in  Kriege  (Com.  1,11 
mit  den  transrhenanischen  Germanen  verwickelt,  hätten  sie 
sich  damals  gerne,  wie  die  Häduer,  auf  die  Römer  gestützt. 
Erst  im  Jahre  57  ändert  sich  die  Sache. 


Schlacht  zwischen  Caesar  und  Ariovist. 


»75 


Vollständig  irrig  ist  also  die  Meinung  der  Schriftsteller, 
welche  den  Ariovist  in  inniger  Freundschaft  mit  den  bel- 
gischen Mediomatrikem  wissen»  ja  -  seine  oberelsässische 
Provinz  mit  den  Mediomatrikem  des  Unterelsasses  und  mit 
den  Tribokkem  am  Rheine  in  Verbindung  bringen  wollen. 
Im  Jahre  58  waren  wahrscheinlich  die  Mediomatriker,  wie 
die  Belgier  überhaupt,  Ariovist  feindlich  gesinnt  und  es  ist 
nirgends  in  den  Commentaren  Caesars  berichtet,  dass 
Ariovist  mit  den  Belgiern  irgend  etwas  zu  thun  gehabt 
habe.  Die  Tribokker  übrigens  standen  im  Jahre  58  wahr- 
scheinlich noch  nicht  auf  der  linken  Seite  des  Rheines. 
Es  geht  aus  allen  diesen  Gründen  nicht  an,  die  Ankunft 
Ariovist's  nach  Gallien,  sowie  seine  Flucht  über  den 
Rhein,  oder  gar  das  Schlachtfeld  in  belgisches  Gebiet  zu 
verlegen,  wie  es  Winkler  versucht  hat. 

Was  nun  die  keltischen  Rauraker  und  Helvetier  an- 
belangt, so  erklären  die  Vertreter  von  ganz  (rallien,  die 
Oberhäupter  der  Staaten,  welche  sich  gleich  nach  dem 
llelvetierkriege  im  Spätsommer  des  Jahres  58  (Com.  i,  30) 
bei  Caesar  einfanden,  dass  die  tlelvetier  —  es  ist  dies 
wohl  auch  auf  die  übrigen  Völker,  die  den  helvetischen 
Zug  mitgemacht  hatten,  zu  beziehen,  also  auch  auf  die 
Rauraker  —  mit  Recht  bestraft  worden  seien,  zuerst  fiir 
ihre  alten  Unbilden  gegen  die  Römer,  dann  weil  sie  unter 
den  glücklichsten  Umständen  (tlorentissimis  rebus)  ihr 
Heim  verlassen  hätten.  So  hätten  sich  die  Abgeord- 
neten (lalliens  nicht  geäussert,  wenn  die  Helvetier,  Rau- 
raker und  ihre  Bundesgenossen  von  i^iovist  aus  ihren 
Sitzen  verdrängt  worden  wären.  Wie  ganz  anders  drückt 
sich  Tags  nachher  der  Häduer  Divitiacus  aus  (Com.  i,  31 
und  I,  32).  wenn  er  Caesar  das  Elend  der  durch  Ariovist 
unterdruckten  Sequaner  schildert! 

Die  Commentare  erwähnen  femer  nirgends,  dass 
Ariovist,  weder  als  er  den  Sequanern  zu  Hilfe  nach 
(rallien  kam,  noch  bei  seiner  Flucht  über  den  Rhein,  mit 
den  Raurakern  oder  Helvetiern  in  Berührung  gekommen 
sei.  Dass  mithin  die  Ankunft  und  die  Flucht  Ariovist's 
über  den  Rhein,  und  besonders  das  Schlachtfeld  auch  in 
diesen  Landen,  ebenso  wie  im  belgischen  (rcbiete,  nicht 
^ucht  werden  darf,  ist  mir  demnach  unzweifelhaft. 


1^5  ^'^^  Schlumberger. 

Es  bleibt  keine  andre  Annahme  übrig:  Ariovist  kam 
von  Germanien  direkt  in  das  Sequanergebiet  über  den 
Rhein,  d.  h.  in  den  Raum  zwischen  den  Grrenzen  der 
Mediomatriker  und  der  Rauraker. 

Auf  dieser  kurzen  Rheinstrecke  kommen  nur  drei 
Punkte  in  Betracht:  nämlich  Altbreisach  (das  ehemalige 
Mons  Brisiacus),  weiter  etwa  Eichwald  und  Kembs  (das 
ehemalige  Cambes). 

Von  diesen  drei  Punkten  bot  Altbreisach  bei  weitem 
die  günstigste  Stütze  für  einen  Rheinübergang.  Es  lag 
damals  auf  der  linken  Seite  des  Rheines,  später  wurde  es 
eine  Insel,  und  erst  im  1 3.  Jahrhundert  hatte  sich  der  Lauf 
des  Rheines  derart  verändert,  dass  Breisach  auf  die  rechte 
Seite  des  Rheines  zu  liegen  kam. 

Ariovist,  als  er  mit  seinen  15000  ersten  Germanen  den 
Sequanern  zu  Hilfe  eilte,  kam  von  Norden  und  es  liegt  in 
der  Natur  der  Sache,  dass  er  den  ersten  giinstigen  Punkt 
suchen  musste,  um  den  Rhein  zu  überschreiten.  Ich  zweifle 
keinen  Augenblick  daran,  dass  dieser  Punkt  eben  Alt- 
breisach war,  dass  Ariovist  dort  seinen  Hauptsitz  hatte  und 
dass  er  an  derselben  Stelle,  nach  seiner  Niederlage,  sich 
über  den  Rhein  flüchtete. 

Ich  berühre  zum  Schluss  ganz  kurz  noch  die  Ereignisse 
des  Feldzugs,  soweit  sie  mit  meiner  bisherigen  Untersuchung 
in  Verbindung  stehen. 

Nachdem  Caesar  die  Helvetier  geschlagen  hatte,  befand 
er  sich  bei  Tonnerre  am  Armen9on,  einem  Nebenflusse 
der  Yonne. 

Ariovist  hatte  seinen  Sitz  in  Mons  Brisiacus.  Seine 
(xermanen  lagen  im  Oberelsasse  zerstreut,  nur  24000  Haruder 
machten  Streifzüge  längs  des  Oignon  bis  zum  Häduer- 
gebiete,  um  dort  ein  zweites  Dritteil  des  Sequanergebietes 
zu  erlangen. 

Caesar  marschiert,  um  Ariovist  zu  bekämpfen,  nicht 
direkt  gegen  ihn  durch  die  sogenannte  «-Troute  de  Beifort», 
sondern  er  begiebt  sich  zunächst  in  südöstlicher  Richtung 
nach  Besan^on,  wahrscheinlich  um  die  24000  Haruder 
des  Oignon  zu  umgehen  und  sie  nicht  im  Rücken  zu 
haben. 


Schlacht  zwischen  Caesar  und  Ariovist.  l-y 

Unterdessen  hatte  Ariovist  seine  Germanen  zusammen- 
vfenifen  und  war  selbst  der  111  entlang  bis  in  die  Gegend 
von  Ensisheim  vorgerückt.  Das  ist  nach  meiner  Meinung 
Ariovist's  erste  Stellung. 

Um  Ariovist  zu  erreichen,  macht  nun  Caesar  von 
Besan9on  ohne  Unterbrechung  einen  beschleunigten  Marsch. 
^Septimo  die»  sagt  Caesar  (Com.  i,  41),  das  ist  am  siebenten 
Marschtage,  oder  nach  mehr  als  sechs  Tagemärschen  von 
27  bis  30  Kilometern  per  Tag,  je  nachdem  man  den 
siebenten  Tag  mehr  oder  weniger  vollständig  rechnet,  also 
nach  einem  Wege  von  etwa  180  bis  igo  Kilometern  macht 
er  Halt. 
!  Diesen    Marsch    machte    er    nicht    auf    dem    direkten 

l  Wege,  der  schlecht  war,  sondern  mit  einem  Umwege  nach 

;  links  von  mehr  als  50000  passus  d.  h.  etwas  mehr  als  74  Kilo- 

metern.    Wahrscheinlich  spielten  hierbei  die  Ilaruder  längs 
des  Oignon,   die   im   Begriffe   waren,   sich   mit  Ariovist   zu 
\        vereinigen,  wieder  eine  Rolle. 

Er  bringt  Caesar  durch  die  Trouee  de  Beifort  in  die 
Gegend  von  Lachapelle-sous-Rougemont  am  Bache  Saint- 
NicolasO  und  in  die  Nähe  eines  Punktes,  an  welchem  die 
Strasse,  welche  längs  der  Vogesen  zog,  sich  mit  der 
Strasse  von  Breisach  nach  dem  inneren  (jallien  vereinigte. 

Auf  dem  direkten  Wege  liegt  Lachapelle  ungefähr 
110  Kilometer  von  Besanyon  entfernt,  hierzu  ein  Um- 
weg von  mehr  als  74  Kilometer  macht  etwas  mehr  als 
184  Kilometer,  was  mit  den  Tagemärschen  C.'aesars  über- 
•?instimmt. 

Hier  bei  Lachapelle  erfährt  nun  Caesar,  dass  Ariovist 
noch  immer  in  Ensisheim,  in  einer  Kntfernung  von  25000 
passus  (etwa  35  Kilometer)  sich  befindet.  Die  Entfernung 
zwischen  Ensisheim  und  Lachapelle  stimmt. 

Caesar  verschanzt  sich  bei  Lachapelle  in  einem  grossen 
I-ager.  Man  kann  aus  den  Commentaren  den  Schluss 
ziehen,  dass  dieses  grosse  römische  Lager  sicher  auf  einem 

')  Wenn   man    von  Besau  von    nach    dem  Klsass    kommt,  ist    der  Bach 

St.  Nicolas  der  letzte,    der    sich    in    das   Saonebassin    ergiesst.  Die  Wasser- 

Kbride  bildet  in  dieser  Ge^^end  nicht  nur   die  Sprachengrenze,  sondern    auch 
^^  potitiKhe  Grenze  /wischen  Frankreich  und  Deutschland. 


iy8  von  Schlumberger. 

Hügel  bei  einem  Bache,  wahrscheinlich  aber  noch  nicht 
in  der  Ariovistischen  Provinz  sich  befand  (vergl.  meine 
Ausführungen  in  meiner  Schrift  «Caesar  und  Ariovist*). 
Vom  tumulus  terrenus  satis  grandis  hingegen  wird  gesagt, 
dass  er  in  der  Ebene  und  in  der  Ariovistischen  Provinz 
schon  stand. 

Es  folgt  die  wichtige  strategische  Bewegung  Ariovist's 
sub  monte.  Er  marschiert  die  Thur  aufwärts,  auf  die 
Vogesenkette  zu  und  von  da  in  das  DoUerbassin  etwa  bei 
Sentheim,  dort  befindet  er  sich  auf  der  Strasse,  wie 
schon  erwähnt,  welche  den  Vogesen  entlang  über  Lacha- 
pelle  nach  der  Trouee  de  Beifort  und  dem  inneren  Gallien 
führte  und  sicher  in  der  Nähe  von  Lachapelle  sich  mit 
der  Strasse,  welche  von  Breisach  nach  denselben  Gebieten 
hinzog,  vereinigte.  Die  Gegend  von  Sentheim  wäre  sonach 
die  zweite  Stellung  Ariovist's. 

An  den  folgenden  Tagen  rückt  Ariovist  weiter  nach 
Süden  vor,  kommt  dicht  am  romischen  Lager  vorbei, 
schlägt  die  Reiterei  Caesars  und  nimmt  seine  dritte 
Stellung  an  den  Bergabhängen  bei  Rougemont  ober- 
halb Lachapelle,  von  welchem  Punkte  aus  er  die  Zufuhren, 
welche  Caesar  vom  innern  Gallien  erhielt,  unmöglich 
machte. 

Caesar  sieht  sich  gezwungen,  ein  kleineres  Lager  noch 
mehr  nach  Süden  hin  zu  errichten,  seinen  Proviant  dort 
zu  nehmen,  um  ihn  nachher  mit  grossen  Schwierigkeiten 
in  das  grosse  Lager  weiter  zu  fuhren.  Seine  Lage  war 
eine  verzweifelte  geworden. 

Nun  folgt  die  Schlacht,  die  für  die  Besiegten  ver- 
nichtend sein  musste,  denn  die  Römer  standen  Front 
gegen  die  Vogesen,  die  Germanen  hingegen  Front  gegen 
den  Rhein. 

Ariovist  wird  geschlagen  und  flüchtet  sich  auf  der 
Strasse  nach  Breisach;  er  entkommt  über  den  Rhein  an 
demselben  Punkte,  an  dem  er  ihn  bei  seinem  Einrücken 
in  Gallien  überschritten  hatte.  Die  Flucht,  sagt  Caesar, 
wurde  nicht  eingestellt,  bis  die  Germanen  an  den  Rhein, 
der  ungefähr  50000  Schritt  entfernt  war  (dies  ist  sicher 
die    richtige    Lesart     der    Commentare,     welche    Plutarch 


Schlacht  Z¥ri8chen  Cmesar  und  AiioTist. 


179 


bestätigt),  kamen.  Es  sind  das  ungefähr  74  Kilometer, 
so  ziemlich  die  Entfernung  der  Strasse  von  Lachapelle- 
sous-Rougemont  über  Horburg  nach  Breisach. 

So  lösen  sich  von  der  Grundannahme  aus,  dass  Ariovist 
das  Oberelsass  okkupiert  hatte,  dass  er  von  Breisach  aus 
sich  gegen  den  von  Süden  her  anrückenden  Caesar  wandte 
und  dass  er  auf  seiner  Flucht  wieder  über  Breisach  in  die 
germanische  Heimat  sich  rettete,  ungesucht  alle  Schwierig- 
keiten dieser  verwickelten  Frage. 


Die  Kostenrechnung  einer  bischöilich- 
strassburgischen  Gesandtschaft  an  die  Curie. 

1478-79. 

Von 

Hans  Kaiser. 

Am  15-  November  1478  gab  die  einhellige  Wahl  des 
Kapitels  dem  durch  das  Hinscheiden  des  Witteisbachers 
Ruprecht  verwaisten  Strassburger  Bischofsstuhle  in  der 
Person  Albrechts  von  Mosbach,  eines  Vetters  des  Ver- 
blichenen, einen  neuen  Inhaber  1).  Die  Bestätigung  der 
Curie  ward,  wie  im  späteren  Mittelalter  allgemein  üblich, 
durch  eine  eigens  nach  Rom  abgeordnete  Gesandtschaft 
eingeholt,  über  deren  Reise  und  die  Erlebnisse  auf  der- 
selben wir  uns  auf  das  Eingehendste  unterrichten  können. 

Faszikel  G  207  des  Strassburger  Bezirksarchivs  enthält 
nämlich  ein  vierzehn  Folien  starkes  gut  geschriebenes 
Papierheft,  das  laut  seinem  Titel  »computatio  receptorum 
et  expositorum  in  causa  legationis  ad  curiam  Romanam 
pro  confirmatione  reverendissimi  in  Christo  patris  et  domini 
Alberti,  ducis  Bavarie  et  confirmati  Argentinensis,  per  me 
Vitum  Studeler  expositorum  anno  domini  (M)CCCCLXXVIII^ 
etc.«  ein  genaues  Verzeichnis  aller  von  der  Gesandtschaft 
unterwegs  und  während  ihres  Verweilens  in  Rom  gemachten 
Ausgaben  bietet.     Dasselbe    zerfällt   in    zwei  Teile,    deren 


^)  Grandidier,  Histoire  de  T^glise  et  des  evöques-princes  de  Stras- 
bourg i.  G^uvres  historiques  in^ditcs  IV,  S.  365.  —  Jacobi  Wimphe- 
lingi  catalogus  cpiscoporum  Argentinensium  ad  sesquiscentem  desideratus  (rcst. 
J.  M.  Moscherosch)  S.  T16:  sedit  Albertus  annis  viginti  septeni,  xnensibus 
novem,  diebus  quinque.'  (t  20.  August  1508.)  Nach  welcher  Quelle  die 
Bischofsverzeichnisse  von  Garns  und  Mooyer  den  12.  November  als  Wahltag 
angeben,  ist  mir  unbekannt. 


Kostenrechnung  einer  Strassburger  GetandUchaft.  i^l 

erster  mit  den  Unterabteilungen  Hinreise,  Aufenthalt  in 
Rom,  Ruckreise,  die  blossen  Verpflegungskosten  ')  enthalten 
5«ollte,  während  der  zweite  zur  Aufnahme  aller  ausserordent- 
lichen während  der  Reise  und  des  römischen  Aufenthaltes 
an  die  Gesandten  herantretenden  Aufwendungen  bestimmt 
war*).  Diese  Scheidung  ist  jedoch  nicht  ganz  streng  durch- 
geführt: auf  der  Hin-  und  Ruckreise  sind  im  ersten  Teile 
dann  und  wann  Posten  notiert,  die  keine  Zehrungsausgaben 
sondern  Extraordinarien  enthalten,  der  umgekehrte  Fall 
findet  sich  im  zweiten  Teile  für  die  Dauer  des  romischen 
Aufenthaltes.  Die  der  Anordnung  zuwider  in  den  ersten 
Teil  eingedrungenen  Summen  sind  aber  so  ausserordentlich 
niedrig,  dass  sie  keiner  besonderen  Hervorhebung  bedürfen. 
Anders  liegt  aber  die  Sache  bei  den  im  zweiten  Teile  mit 
den  römischen  Extraordinarien  vermischten  Zehrungskosten, 
welche  die  übrigen  Angaben  in  erheblicher  Weise  zu 
orj^^änzen  vermögen.  Infolge  dessen  wird  es  sich  für  die 
später  folgende  genauere  Besprechung  der  Kosten 
empfehlen,  diese  Ergänzungen  im  Zusammenhang  mit  den 
Angaben  des  ersten  Teiles  zu  behandeln,  während  für  die 
Reise  die  Scheidung  in  Zehrungs-  und  ausserordentliche 
Ausgaben  festgehalten  werden  mag. 

Im  Hauptteil  steht  über  den  einzelnen  Summen  der 
betreffende  Wochentag,  auch  sind  die  Aufenthaltsorte  der 
(Gesandtschaft  —  stets  die  der  Nächtigung,  bisweilen  aber 
auch  Zwischenstationen  —  angegeben.  Auch  im  zweiten  Teile 
tinden  sich  übrigens  Ortsangaben  öfter  vor,  nie  dagegen 
genauere  Daten  Das  Heft  enthält  noch  mehrere  Einlagen, 
deren  wichtigste  die  an  die  päpstliche  Kanzlei  für  die  Aus- 
fertigung der  Bestätigungsbulle  entrichteten  Gebühren  ver- 
zeichnet 3). 

Geben  uns  somit  diese  Blätter  den  genauesten  Auf- 
^chluss  über  die  Reisegeschwindigkeit  einer  solchen  Gesell- 
schaft, so  wird  man  ihrem  Inhalte  auch    vom    kultur-   und 


')  expüsiu  zerung.  —  ^)  ußgeben  in  manichcrlcy  sachen  utf  disser  fort. 

-    ^\  Dieses  Verzeichnis    hat    sich    ausserdem    noch    zweimal    erhalten,    und 

/war  befindet  sich  unter  diesen  im  gleichen  Fas/ikel  bewahrten  Schrift!>tücken 

tin  von  gleicher  Hand   wie   die  Rechnung   geschriebenem  Concept,    das«   liem- 

:iach  von  dem  KasMnführer  Studeler  selbst  herzurühren  scheint. 


i82  Kaiser. 

wirtschaftsgeschichtlichen  Gesichtspunkte  eine  gewisse 
Bedeutung  nicht  absprechen  können.  Denn  mögen  auch 
manche  der  uns  entgegentretenden  Einzelheiten  auf  den 
ersten  BUck  geringfügig  genug  erscheinen,  so  ist  zu  bedenken, 
dass  auch  sie  immerhin  Bausteine  liefern  zur  Erforschung 
und  Kenntnis  eines  mehr  denn  vier  Jahrhunderte  hinter 
uns  liegenden  Zeitraums,  von  dessen  Zuständen  der  Forscher 
sich  infolge  der  Abfassungsweise  seiner  Quellen,  wie  so 
oft  schon  betont  ist,  ein  getreues  und  anschauliches  Bild 
nur  allzuschwer  zu  entwerfen  vermag.  An  Wert  gewinnt 
dies  Kostenverzeichnis  ganz  besonders  deshalb  noch,  weil 
sonst  überhaupt  jede  Kunde  von  dieser  Romfahrt  fehlt: 
kein  Zeitgenosse  hat  etwas  über  sie  niedergeschrieben,  was 
auf  uns  gekommen  wäre.  Da  vermag  doch  diese  ursprüng- 
lich zu  ganz  anderem  Zwecke  angefertigte  Aufstellung,  in 
der  sich,  wie  wir  sehen  werden,  mehr  oder  minder  das 
gesamte  tägliche  Leben  der  Gesandtschaft  widerspiegelt, 
Ersatz  zu  bieten,  wenn  auch  nur  in  sehr  bescheidenem 
Masse. 

Als  die  Häupter  der  Gesandtschaft  lernen  wir  einen 
Herrn  von  He  wen  *),  den  Propst  von  Surburg«)  und  Meister 
Johann  Symiler^)  kennen. 


')  Ein  Heinricus  baro  in  Hewen  'wird  am  19.  November  1478  unter 
den  Canouikern  und  Capitularen  der  Strassburgcr  Kirche  genannt.  (Strass- 
burger  Bezirksarchiv  G  2721  und  G  3465,  Nr.  242  und  247.)  —  ')  Eine  in 
Rom  am  10.  Februar  1479  ausgestellte  Urkunde  (G  5222,  3  und  7;  G  5217) 
nennt  als  solchen  Jakob  Dcdinger,  wohl  identisch  mit  J.  D.  von  Offenburg, 
der  1466  als  Clerikcr  der  Strassburger  Diöcese  und  öffentlicher  Notar 
erscheint.  (G.  4725.)  —  •)  J.  S.  aus  Gertweiler,  licentiatus  in  decrctis,  ist 
am  II.  November  144 1  Canonikus  und  Cantor  bei  Alt  St.  Peter  in  Strass- 
burg  (G  4220,  4)  und  am  9.  Juni  1466  Pförtner  ebendaselbst  (G.  4725.) 
Des  Weiteren  erscheint  er  am  10.  Februar  1479  als  Canonikus  von  St. 
Thomas  (G  5217)  und  am  6.  November  1481  als  Dekan  dieses  Stifts  und 
advocatus  curiarum  ecclesiasticarum  Argentinensium.  (G  2721  und  3465, 
Nr.  254.)  Nach  einer  Urkunde  von  1496  (G  2715,  15  und  3465,  Nr.  5), 
die  ihn  als  bereits  verstorben  bezeichnet,  muss  er  ausserdem  noch  im  Besitze 
eines  Canonikats  von  Jung  St.  Peter  gewesen  sein  (vgl.  auch  [Horning], 
Urkundliches  über  die  Jung-St.- Peter- Kirche  und  Gemeinde  S.  5,  wo  nach 
einem  Auszuge  aus  Hedios  auserlesener  Chronik  das  Todesjahr  auf  1492 
angesetzt  ist),  was  aber  für  das  Jahr  1468  noch  nicht  zutreffen  wird,  da  sein 
Name  bei  einer  Aufzählung  der  Canoniker  in  einer  Urkunde  vom  4.  Mai 
jenes  Jahres    fehlt.   (G  4717,  3  c.)     Aus    der   bereits    citierten  Urkunde    vom 


KottenrechnuDg  einer  Stratsburger  Gesandtschaft.  183 

Als  Knechte  sind  gelegentlich  ein  Conrad,  Ulrich  und 
Johann  angegeben,  ferner  ist  zu  wiederholten  Malen  von 
einem  Knechte  Johann  Symilers  die  Rede,  der  indessen 
mit  einem  der  drei  namentlich  aufgeführten  identisch  sein 
konnte.  Ob  die  Dienerschaft  noch  grösser  an  Zahl  gewesen 
ist,  steht  dahin,  aus  den  vorliegenden  Blättern  ist  nach 
dieser  Richtung  nichts  zu  ersehen,  jedenfalls  aber  ist  die 
Cresandtschaft  nicht  unter  sieben  Mann  stark  gewesen.  Ihr 
Kassenführer  ist  der  in  der  Aufschrift  sich  selbst  nennende 
Veit  Studeler'j, 

Dritthalb  Wochen  nach  Albrechts  Wahl,  am  9.  Dezember, 
brach  die  Gesandtschaft  von  Strassburg  auf,  um  am  sechs- 
unddreissigsten Tage  (13. Januar  1479)  ihr  Ziel  zu  erreichen*). 
Während  eines  achtundzwanzig  Tage  dauernden  Auf- 
<'nthaltes  in  der  ewigen  Stadt  fand  sie  Gelegenheit,  ihren 
Auftrag  zu  erledigen:  am  11.  Februar  zog  sie  durch  die 
Porta  del  Popolo  wieder  von  dannen  und  traf  am  12.  März, 
also  am  dreissigsten  Tage,  wieder  in  Strassburg  ein,  um 
sich  alsdann  nach  der  bischöflichen  Residenz  Zabern  zu 
begeben.  Auf  die  Hinreise  entfallen  vier,  auf  die  Heim- 
kehr zwei  Rasttage. 

Diese  Zeitdauer  entspricht  durchaus  den  uns  von  anderen 
Gesandtschaften  bekannten  Zahlen,  denn  die  Reisegeschwin- 
digkeit einer  ruhig  ihres  Weges  ziehenden  Gesellschaft  wird 
von  Orten  Mitteldeutschlands  aus  bis  Rom  oder  umgekehrt 


II.  November  1441  geht  noch  hervor,  dass  er  in  Strassburg  ein  Haus  in  vico 
diclo  Ciicgcsgassc  besass  und  die  Jahieseinkünfte  eines  neben  diesem  liegen- 
i!cn  Grundstücks  im  Betrage  von  i  H.  Stras!»buigcr  Dcn.iren  mit  Einwilligung 
seines  Bruders  Walthcr  dem  Stift  Alt  St.  Peter  überwies. 

*)  V.  S.  erscheint  in  der  Urkunde  vom  10.  Februar  1479  als  Custos 
und  Canonikus  bei  St.  Florenz  in  I laslach,  nachdem  er  am  28.  April  1478 
Mf  5217,  8)  nur  als  presbylcr  maioris  Argenlincnsis  bezeichnet  war.  Die 
Verleihung  von  Cnstodic  und  ('anonikat  zu  Ilnslach  füllt  also  wohl  in  die 
Zwi>chenzeit.  Später,  in  den  Jahren  1492  und  1500  (G  34'»5,  Nr.  316  und 
K»Oit,  wird  er  noch  unter  den  Chordcputaten  des  llochstifts  Strassburg  auf- 
;:eführt.  -  ')  Die  vollständigen  Monatsdaten  linden  *>ich  in  dem  Verzeichnis 
nicht,  Anfangs  sind  nur  die  einzelnen  Wochentage  nacheinander  aufgc/ählt. 
Die  erste  Datierung  bildet  die  .'\n«;abe  »in  vigilia  nativitatis  (Christi  am 
dritten  Donnerstage  der  Reise,  woraus  die  früher  angegebenen  Tage  bestimmt 
werden  kOnnen.     In  der  F'olge  wird  genauere  Datierung  häufiger. 


184  Kaiier. 

auch  im  späteren  Mittelalter  auf  immerhin  i — i'/,  Monate 
berechnet*). 

Wir  lassen  nun  das  genaue  Itinerar  der  Gesandtschaft 
folgen: 

Dez.    9.     Strassburg — Oifenburg, 
»     10.     OfFenburg — Gengenbach, 

>  II.     Gengenbach — Hornberg, 

V  12.     Hornberg — Rottweil  über  Burg  He  wen, 
»      13.     Rottweil — Engen, 

»      14.     Engen — Constanz  über  Radolfzell, 

■■>      I  s»  1 

;    I  Rast  in  Constanz, 
i>      16.  j 

i>      17.  Constanz — Rheineck, 

■•>      18.  Rheineck— Bludenz   über  Bauren*)   (zu  dem 

Buren), 

19.  Bludenz — Pettneu  (Budenewe), 

■>     20.  Pettneu — Pfunds  bei  Finstermünz, 

21.  Pfunds — Mals, 

22,  Mals — Meran, 

V  2^.  Meran — Tramin  über  Eppan, 
»      24.  Tramin  —  Trient, 

*      25.  Rast  in  Trient, 

26.  Trient — Borghetto, 

i-      27.  Borghetto — Verona  über  Volargne(Wolernia), 

28.  Rast  in  Verona, 

>  2g.  Verona— Ostiglia(Hostia)  überlsoladellaScala, 
3(x  Ostiglia — St.  Martin  3)  über  Mirandola, 

31.     St.  Martin — S.  Giovanni  in  Persiceto  (zu  sanct 
Johanns  castell)  über  Bomporto, 
Jan.      I .     S.  Giovanni  in  Persiceto  -  Bologna, 

>  2.     Bologna  —  Imola, 

■>        3.     Imola— Forli  (Fürlin)  über  Faenza, 

4.  Forli — Cesena  (zu  Zesinis), 

5.  Cesena — Rimini   (Arymela)    über    Savignano 
(in  castcllo  Zaniniana), 

>  6.     Rimini — Pesaro  über  Cattolica, 

')  Menzel,  deutsches  (jesandtschaftswesen  im  Mittelalter  S.  201.  — 
')  sw.  von  Hohenembs  in  Vorarlberg.  —  ')  Dieser  Ort  ist  mit  Hilfe  des  mir 
IM  Gebote  stehenden  kartographischen  Materials  nicht  zu  ermittelu.  Das  dw. 
von  Reggio  liegende  S.  Martino  in  Rio  kann   natürlich   nicht  gemeint   sein« 


Kostenrechnung  einer  Strassburger  Gesandtschaft.  ige 

Jan.     7.     Pesaro — Cagli  (a  la  Calagnia)   über  Fossom- 
brone, 
0        8.     Cagli— Sigillo  (in  castelloZusillino  oder  Sugillo) 
über  Cantiano, 
9.     Sigillo — a  la  Cerqua')  über  Nocera, 

>  10.     Cerqua — Trevi, 

>  II.    Trevi — Terni  über  Strettura  (in  valli  Structura), 
^      12.     Terni— -Civita   Castellana   über   Otricoli   und 

S.  Spirito, 

>  13.     Givita  Castellana  -Rom  über  Castelnuovo, 

^  ,  I  Aufenthalt  in  Rom. 

Febr.  10.  J 

Rom — Rignano  (castellum  Arianum), 

Rignano — Nami  über  S.  Spirito, 

Narni — Sp<>leto  über  Terni, 

Spoleto  — Gaifana  über  Trevi, 

Gaifana — Cagli  über  Sigillo, 

Cagli — Fano  über  Fossombrone, 

Fano — Rimini  über  Pesaro, 

Rimini — Faenza  über  Savignano, 

Faenza — Bologna  über  Castel  S.  Retro, 

Bologna — S.  Giovanni  in  Persiceto, 

S.    Giovanni    in  Persiceto  —  Mirandola    über 

Bomporto, 

Mirandola — Ostiglia, 

Ostiglia — Verona  über  Isola  della  Scala, 

Verona — Borghetto  über  Volargne, 

Borghetto— Trient  über  Roveredo, 

Trient — Kaltem  über  Salurn, 

Kaltem — Meran, 

Rast  in  Meran, 

Meran — Mals  über  Latsch  (Lestzhc), 

Mals— Prutz  fPrüsczhc), 

Prutz — Pettneu  über  Landeck, 

Pettneu — Bludenz  über  Stuben  und  Klöstcrle, 

Bludenz — Rheineck  über  Bauren. 

Rheineck — Constanz, 

Rast  in  Constanz, 

1)  Nicht  zu  ermitteln. 
Zritschr.  f.  Gesch.  d.  Oberrb.  N.  F.   XIV.  a.  13 


> 

II. 

-> 

12. 

> 

13- 

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14. 

> 

15. 

r> 

16. 

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17- 

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18. 

J 

19. 

» 

20. 

» 

21. 

* 

22. 

> 

23- 

24. 

* 

25- 

» 

26. 

■> 

27- 

> 

28. 

März 

1. 

» 

2. 

> 

3. 

» 

4- 

> 

5- 

» 

6. 

> 

j' 

l86  Kaiser. 

März   8.     Constanz — ^Engen  über  Radolfzell  und  Neu- 
hausen, 

»       9.     Engen— St.  Georgen  über  Villingen, 

>      10.     St.  Georgen— Gengenbach, 

»      II.     Rast  in  Gengenbach, 

»      12.     Gengenbach — Strassburg, 

»  13,  Strassburg — Zabem. 
Auch  über  die  Erlebnisse  der  Gesandtschaft  auf  der 
Reise  lassen  sich,  wenn  wir  zwischen  den  Zeilen  zu  lesen 
suchen,  mancherlei  Aufschlüsse  und  genauere  Nachrichten 
gewinnen.  So  ersehen  wir  aus  der  Rechnung,  dass  infolge 
mangelnder  Kenntnis  der  Wege  auf  einzelnen  Strecken  der 
Beistand  von  Führern  in  Anspruch  genommen  werden 
musste.  Dies  war  beidemale  beim  Übergang  über  den 
Arlberg  der  Fall,  wobei  die  drei  Häupter  der  Gesandt- 
schaft in  Schlitten  befördert  wurden,  während  die  übrigen 
Mitglieder  derselben  samt  den  Führern  sich  zu  Fuss  durch- 
schlagen mussten.  Führer  wurden  weiterhin  in  Dienst 
genommen  für  die  Strecken  Trient— Ostiglia,  Ostiglia  — 
Bologna,  Mirandola — St.  Martin,  Bologna-Cesena  und  Savig- 
nano — Rimini  *).  Die  Führung  von  Trient  bis  Ostiglia  und 
weiter  über  Bologna  bis  Cesena  hatte  ein  gewisser  Henselin 
übernommen,  in  dem  wir  offenbar  den  ständigen  Boten- 
knecht des  Bischofs  von  Strassburg  zu  erblicken  haben  =). 
Er  wird  die  Aufgabe  gehabt  haben,  die  Verbindung  zwischen 
dem  bischöflichen  Hofe  und  der  Gesandtschaft  nach  Kräften 
aufrecht  zu  erhalten.  Als  letztere  in  Constanz  anlangte,  fand 
sie  Henselin  bereits  in  der  Herberge  zur  Krone  ihrer  harrend: 
augenscheinlich  war  er  auf  anderem  Wege  von  Straissburg 
in  höchster  Eile  dorthin  geritten,  von  wo  er  nach  kurzem 
Aufenthalte  wieder  heimkehrte.  Erst  im  südlichsten  Tirol 
taucht  er  wieder  auf,  desgleichen  wird  auf  dem  Rückwege 
zwischen  Terni  und  Fossombrone  ein  Bote  Nikolaus  erwähnt, 
der  auch  eine  Strecke  mit  der  Gesandtschaft  gezogen  zu 
sein  scheint.    Welcherlei  Nachrichten  und  Weisungen  diese 

1)  Die  Löhne  für  die  Führung  siod  sehr  ungleich  und  werden  mehr 
oder  minder  der  Willkür  unterlegen  haben,  eine  Lohnstufe  nach  Massgabe 
<ler  zurückgelegten  Strecke  lässt  sich  in  keiner  Weise  feststellen.  —  *)  Über 
die  Botenorganisation  vgl.  F.  C.  Huber,  die  geschichtliche  Entwicklung  des 
modernen  Verkehrs  Cap.  IV  und  Anlage  6. 


KosteDrechnuDg  einar  Strusburger  Gesandtschaft.  igj 

Botenknechte  den  Reisenden  vom  bischöflichen  Hofe  über- 
bracht haben,  entzieht  sich  völlig  unserer  Kenntnis. 

Als  Abgesandte  des  Erwählten  von  Strassburg  konnten 
die  Reisenden  allenthalben  der  besten  Aufnahme  gewärtig 
«ein:  wo  sie  einkehrten,  in  Klöstern,  Burgen,  Städten, 
bereitete  man  ihnen  einen  ehrenvollen  Empfang,  bot  ihnen 
Geschenke  und  suchte  ihnen  die  Weiterreise  thunlichst  zu 
erleichtem').  In  allen  diesen  Fällen  nahmen  sie  Gelegen- 
heit, die  Menerschaft  ihrer  Gastfreunde  durch  kleinere  oder 
grossere  Trinkgelder  zu  belohnen.  Trinkgelder  werden 
ausserdem  noch  in  Menge  für  geringere  auf  der  Fahrt 
geleistete  Dienste  gegeben,  auch  Geschenke  da  und  dort 
gemacht,  so  erhält  in  Constanz  »ein  teutscher  Poet« 
6  Kreuzer,  in  Cerqua  ein  >Herr  Amandus  für  sich  und  sein 
Pferd«'  nahezu  3  Gulden"). 

Die  beim  Antritt  der  Reise  dem  Rechnungsführer  von 
dem  bischoflichen  Prokurator  eingehändigte  Summe  bestand 
aus  ungarischen  Goldstücken  (4  =  50.  rhein.  W.),  Böhmen 
und  alten  Blapparten  (20  =  1  fl.  rh.)  und  Etschkreuzem 
(61  =  1  fl.).  Die  Kreuzer  haben  ein  sehr  weites  Geltungs- 
gebiet, in  ganz  Oberitalien,  bis  nach  Imola,  wo  zuerst 
italienische  Geldstücke  erwähnt  sind,  werden  sie  durchweg 
in  Zahlung  genommen,  der  rheinische  Gulden  scheint  überall, 
auch  in  Rom  gegolten  zu  haben').  Von  italienischem 
Gelde  sind  zu  erwähnen  die  alten  Bologner  (bolendin, 
I  =  6  Quattrinen  oder  i  ^j^  kr.) ,  Florentiner  Groschen 
(12=1  fl.).  Carlinen  (8--1  fl.)  und  Dukaten    (gewöhnlich 

0  So  fanden  sie  —  um  einige  Beispiele  anzuführen  —  gastliche  Auf- 
nahme in  den  Klöstern  Gengenbach  und  St.  'Georgen  im  Schwarzwalde,  die 
Burgfrau  Ton  Hewen,  die  Reichsstadt  Rott^teil  und  der  bischöfliche  Kanzler 
zu  Trient  licssen  ihnen  Wein  schenken,  in  Constanz  miirden  ihnen  die 
Reliquien  des  Stiftes  gezeigt,  der  Söldner  der  Stadt  Rottweil  gab  ihnen  das 
Geleit  bis  Engen,  wahrend  der  Abt  von  St.  Georgen  sie  durch  einen  seiner 
Knechte  über  die  Höhe  des  Schwarzwaldes  führen  Hess.  -—  *)  Von  vorn- 
herein sei  hier  bemerkt,  dass  alle  in  der  Rechnung  Torkommenden  Werte 
der  £infackheit  kalber  nftch  rheinischen  Gulden  oder  bei  kleineren  Posten 
nach  Kreuzern  mitgeteilt  sind.  Eine  ganze  Reihe  von  Geldsorten  ist  genannt. 
—  ■)  Hanauer  (£tudcs  dcononiiqucs  sur  l'Alsacc  ancicnne  et  moderne  J. 
S.  463)  berechnet  ftr  1472  den  Wert  eines  rheinischen  Guldens  auf  6,70  fi. 
^-  5,36  M.  Ein  Kremer  würde  demnach  dem  Werte  Ton  beinahe  o  Pfg 
heutiger  Währung  entsprechen. 


l38  Kaiser. 

I  ==  IG  Carlin,  also  75  kr.  angegeben,  aber  auch  48  alten 
Bolognern  oder  72  kr.  gleichgesetzt).  Dem  Kreuzer  steht 
an  Wert  der  römische  Bajacco  (beoc.)  gleich,  statt  dessen 
in  der  Rechnung  mehrfach  bei  den  einzelnen  Posten  aus 
Flüchtigkeit  der  Bologner  eingesetzt  ist,  während  die 
Summierung  die  richtigen  Zahlen  ergiebt. 

Gehen  wir  nach  dieser  kurzen  Skizze,  die  sich  aus  den 
Reihen  der  eingetragenen  Posten  gewinnen  lässt,  über  zur 
Besprechung  der  Ausgaben  selbst,  so  wird  am  zweck- 
mässigsten  mit  denen  der  Hin-  und  Rückreise  zu  beginnen 
sein.  Der  erste  Teil  (exposita  zerung  =27772  A.)  giebt 
hier  keine  sonderliche  Ausbeute:  sehr  natürlich,  da  man 
sich  unterwegs  nicht  mit  detaillierten  Aufzeichnungen  auf- 
halten, sich  vielmehr  mit  Eintragung  der  in  den  einzelnen 
Herbergen  aufgestellten  Rechnung  begnügen  konnte '). 
Eine  Summierung  der  Posten  ergiebt  für  die  Hinreise  rund 
112,  für  die  Heimkehr  109  Gulden,  der  Rest  bleibt  somit 
für  den  Aufenthalt  in  Rom. 

Von  den  unter  dem  Titel  »ußgeben  in  manicherley 
Sachen  uff  disser  f5rt«  notierten  Posten,  deren  Addition 
eine  Summe  von  über  328  fl.  ergiebt,  entfallt  der  weitaus 
grösste  Teil  auf  die  in  Rom  verlebten  Wochen  (rund  274  fl., 
über  deren  Verbleib  an  anderer  Stelle  noch  zu  reden  ist). 
Die  bedeutendste  Ausgabe  auf  der  Fahrt  (36  fl.)  verursachte 
der  Kauf  eines  Pferdes  für  Meister  Johann  Symiler,  die 
alsdann  noch  bleibenden  18  fl.  verteilen  sich  ziemlich 
gleichmässig  auf  Hin-  und  Rückreise.  Verausgabt  sind 
sie  meistenteils  für  Instandhaltung  des  Zaum-  und  Sattel- 
zeuges sowie  Beschlagen  der  Pferde,  die  mit  grosser  Sorg- 
falt behandelt  zu  sein  scheinen.  Häufig  sind  zu  anderen 
Zwecken  noch  kleinere  Summen  für  sie  aufgewandt,  bei 
Krankheitsfällen  Salbe  (schmer),  Arzneien,  einmal  auch 
Zucker  für  den  Fuss.  Für  sie  wird  wohl  auch  das  in 
Verona  vermerkte  Gewürz  gekauft  worden  sein.  Die  übrigen 
Ausgaben  —  samt  und  sonders  kleine  Posten  —  betreffen 
Trinkgelder,  Wegelöhne  und  Flussüberfahrten,  Schergeld 
und  Wäsche. 

^)  Besondere  Hervorhebung  verdienen  nur  die  Beträge  einzelner  Mauth- 
zettel  (umb  die  boletc)  auf  italienischem  Boden :  in  MirandoU  und  Faenza  2, 
Bomporto  7Vof  Ostiglia  6,  Imola  8,  Pesaro   15  kr. 


Koitenrechnung  einer  Strassbarger  Gesandtschaft.  i8o 

Weit  genauere  und  reichhaltigere  Angaben  als  für  die 
Reisezeit  vermag  die  Rechnung  für  den  Aufenthalt  in  Rom 
zu  bieten»  wo  die  Gesandtschaft  einen  selbständigen  Haus- 
halt einrichtete  und  der  Kassenführer  vom  17.  Januar  an 
jeden  Posten,  auch  den  kleinsten,  genau  vermerkte.  Diese 
Wirtschaftsführung  der  Strassburger  in  Rom  verdient  ent- 
schieden eine  etwas  eingehendere  Betrachtung. 

Die  materielle  Lebensweise  des  ganzen  Mittelalters 
unterlag  bekanntlich  vollkommen  den  von  der  Kirche  vor- 
geschriebenen Ordnungen  und  Gesetzen.  Dies  tritt  uns 
auch  für  den  kurzen  Zeitraum,  den  die  Gesandtschaft  in 
Rom  verlebte,  aus  der  Rechnung  deutlich  entgegen:  als 
ständige  Fasttage  erscheinen  die  beiden  letzten  Wochentage! 
ausserdem  enthielten  sich  alle  Mitglieder  der  Gesandtschaft 
an  der  Vigilie  von  Maria  Reinigung  und  am  20.  Januar 
(dies  S.  Sebastian!  et  Fabiani)  wenigstens  die  Geistlichen 
der  Fleischnahrung").  An  allen  diesen  Tagen  war  man 
also  auf  Fische  angewiesen,  die  stets  in  grösseren  Quan- 
titäten eingekauft  wurden.  Am  häufigsten  begegnet  uns 
der  allgemein  gehaltene  Eintrag  See-  und  Bachfische  (die 
ersteren  mit  3  und  3  Va»  letztere  mit  3  kr.  pro  Pfund  berechnet) 
sowie  Tiberfische  (Pf.  =  2^2  kr.).  Des  Weiteren  finden  wir 
Schleien  (thinken,  dinken  oder  aber  schlügen;  Pf.  =  2  und 
2 ''2  kr.)»  gesalzenen  Thunfisch  (tarentella;  die  Portion  jedes- 
mal zu  7V2  kr.)  und  als  Vorspeise  Sardellen  und  einmal 
Tellmuscheln  (Schnecken  teiini)  verwandt.  Mehrfach  kommt 
auch  der  Eintrag  frowelin  vor  (weibliche  Tiere  von  nicht 
näher  bezeichneten  Fischen),  die  mit  2  *  .,  und  3  kr.  bezahlt 
werden. 

Für  die  Entbehrungen  der  Fasttage  suchte  man  sich 
in  der  übrigen  Zeit  durch  grösstmöglichen  Fleischverbrauch 
zu  entschädigen:  tagtäglich  werden  da  grosse  Mengen  von 
Kalbfleisch  (vitulinas,  vitulinfleisch,  vitellenfleisch;  Pf.  = 
^  4  kr.)  eingekauft,  auch  Schweinefleisch  (porcinas;  Pf  = 
^  4  kr. )  ist  oft  verzeichnet,  weit  seltener  1  lammelfleisch 
(castronfleisch;  Pf.  =  i*/^  kr.)  und  Rindfleisch  (vaccinas, 
vaccinenfleisch ;  Pf.  =  3/^  kr.).  Auf  der  Tafel  erscheinen 
ferner  Lämmer  (agnello),    die  natürlich   der  Grösse    wegen 

')  Unter   den    Eintni^^cn   dieses  Tages   ist   bei    sccli^  Pfun«!   Kalbilcisch 
ausdrücklich  vermerkt:  für  die  Knechte. 


IQO 


Kaiser. 


verschiedene  Preise  aufw^eisen  (einmal  ein  Viertel  mit  8, 
das  andere  Mal  ein  Halbstück  mit  7  Vi  kr.  bezahlt),  Ziegen 
(caprette;  ein  Vierteil  =  7  V2  kr,),  Wurst  (salsicium,  saltziczen), 
Speck  (beide  1 1/2  kr.  pro  Pfund)  und  Schinken  (2  presuten 
37  kr.) 

Ausserordentlich  häufig  wird  Geflügel  eingehandelt, 
besonders  Kapaunen  (cappon,  cappen)  imd  Rebhühner 
(pemices,  pernicien,  pamicen).  Die  Preise  für  die  ersteren 
schwanken  und  richten  sich  natürlich  nach  der  Grösse  der 
Tiere:  das  Paar  wird  mit  21  und  22,  3  Stück  mit  30  kr. 
bezahlt,  letztere  sind  stets  mit  7V2  kr.  berechnet.  Nur 
einmal  erscheinen  Haushühner  (das  Paar  zu  i6\'a),  zweimal 
Tauben  (duben;  das  Paar  zu  8,  3  Stück  zu  iii/s  kr.),  fast 
tagtäglich  dagegen  kleine  Vogel,  die  für  i  kr.  erstanden 
und  in  gebratenem  Zustande  verzehrt  werden.  Das  Hundert 
Eier  (eugere),  die  natürlich  in  bedeutender  Anzahl  zur  Wirt- 
schaftsführung notwendig  waren,  kostete  20,  einmal  auch 
19  kr.,  besonders  hervorgehoben  werden  zweimal  romanische 
eugere. 

Bot  somit  die  Tafel,  was  die  Fisch-  und  Fleischspeisen 
anlangt,  mancherlei  Abwechslung,  so  gilt  dies  weniger  von 
der  Pflanzennahrung.  Die  am  häufigsten  wiederkehrenden 
Gemüse  sind  Salat,  besonders  der  heute  noch  in  Italien 
wohlbekannte  kleine  Salat  (insalatuzza)  und  Radieschen.  Ein- 
mal bilden  Rettiche  (pro  raphano  maiori),  zweimal  Rüben 
und  Spinat  (spinatzo)  die  Zukost.  Erbsen  werden  zur 
Suppe  und  zum  Salat  verwandt  (zisaren  menester,  zickaria 
insalat).  Reis  (ryse;  2^/2  kr.  pro  Pf.)  ebenfalls  zur  Suppe 
und  zu  Mus.  Der  Preis  aller  dieser  Gemüsesorten  ist  ver- 
hältnismässig niedrig. 

Bei  der  im  Mittelalter  herrschenden  Gewohnheit,  riesige 
Quantitäten  von  Fleisch  zu  consumieren,  lässt  sich  recht 
wohl  die  Vorliebe  für  eine  stark  gewürzte  Küche  begreifen. 
Die  gewöhnlicheren  und  billigeren  Gewürze  sind  Salz,  Essig 
(umb  acceto),  Senf  (umb  mostardo,  mostardo  dulce),  Peter- 
silie (petrocilium),  deren  Kraut  und  Wurzel  Verwendung 
fand,  Knoblauchskraut  (ramaraschen),  Parmesan  (Pf.  =  3  kr.), 
Honig,  Mandeln  (amigdalen,  mandalen;  Pf.  =  2»/a  kr.),  ein- 
mal sind  auch  Meerrettig  (merechtig)  und  Rosmarin  (rosa- 
marii)  vermerkt.     Öl  pflegt  den  Fettzusatz  für  die  Speisen 


Kostenrechnung  einer  Straisburger  Gesand tschaft.  Iqi 

ZU  bilden.  Bedeutend  hoher  als  diese  stehen  im  Preise 
Ingwer  (yngeber;  das  Lot  =  2  kr.,  Pf.  also  =  64  kr.),  feiner 
Zucker  (zuckaro  fino;  Pf.  =  20  kr.)  und  Nelken  (umb 
gestossende  negelin,  umb  specie  dulce  garophile).  Wozu 
man  das  einmal  verzeichnete  Rosenwasser  (aqua  rosat) 
verwandte,  kann  ich  nicht  mit  Sicherheit  entscheiden,  sollte 
es  den  Zusatz  zu  Kuchen  oder  sonstigem  Gebäck  gebildet 
haben  ? 

Gebäck  (confection)  und  Torten  werden  zweimal  ver- 
zeichnet, das  erstemal  findet  sich  sogar  die  beträchtliche 
Ausgabe  von  i'/'4  fl.  für  Gebäck  und  zwei  Torten.  Zu 
Backwerk  scheint  das  öfter  vorkommende  Roggenmehl 
(farro;  Pf.  --=  2  kr.)  verwandt  zu  sein,  das  ausserdem  auch 
laut  ausdrücklicher  Erwähnung  zur  Suppenbereitung  ge- 
nommen ward.  Von  Mehlspeisen  begegnen  uns  sonst  nur 
Fadennudeln  (vermicelle)  und  auch  diese  nur  einmal.  Der 
Bedarf  an  Brot  verschlang  im  ganzen  67^/2  kr.,  einmal  sind 
auch  Brotchen  erwähnt  (3  kr.  umb  pane  paneto). 

Auflallenderweise  ist  Milch  kein  einziges  Mal  notiert, 
auch  Butter  (butiro,  buturo;  Pf.  =  6  kr.)  nicht  grade  oft, 
fünfzehn  Pfund  in  vier  Wochen,  sie  ward  eben  meistens 
durch  das  weit  billigere  Ol  ersetzt. 

Als  Nachtisch  erschien  zu  allen  Mahlzeiten  Obst  auf 
der  Tafel.  Die  Auswahl  war  allerdings  nicht  besonders 
gross,  nur  die  sehr  billigen  Apfel,  Pomeranzen  und  den 
letzteren  verwandten  Melarosen  (melerantzen ;  das  Hundert 
zu  Q  kr.)  kommen  vor,  auch  Rosinen  (Pf.  2  kr.)  und  einmal 
Weinbeeren  (agresto). 

Schier  wichtiger  noch  als  die  Sorge  für  die  Küche  war 
im  späteren  Mittelalter,  in  dem  die  altnationale  Leidenschaft 
des  Trunkes  ihre  üppigsten  Blüten  trieb,  die  für  den  Keller. 
Eine  der  ersten  in  Rom  verzeichneten  Ausgaben  waren 
II  fl.  2Vt  kr.  für  10  Tonnen  (barillen)  Wein,  die  wie  der 
ebenfalls  öfter  getrunkene  Most  (28  somen=  22*, o  kr.)  an 
dem  Tiberhafen,  Ripa  Grande  oder  Ripa  Romea  genannt 
(an  der  rypen),  wo  ein  Zollhaus  besonders  für  die  Einfuhr 
von  Wein  errichtet  war »),  gekauft  und  von  dort  nach  llauso 
gebracht  werden  mussten.     Bisweilen  ward  Wein   auch  in 

*)  Gregorovius,  Geschichte  der  Stadt  Rom    im  Mittelalter  Vif,    S.  »»QO. 


192 


Kaiser. 


kleinen  Quantitäten  gekauft  und  der  Krug  mit  2  kr.  bezahlt. 
Selbst  die  Schenke,  aus  der  er  bezogen,  ist  zweimal  an- 
gegeben (uß  der  kühe,  uß  der  glocken).  Beide  gehörten 
sicher  zu  den  deutschen  Herbergen,  deren  es  in  Rom  schon 
unter  dem  Pontifikate  Eugens  IV.  etwa  sechzig  gab>). 
Beim  zweiten  Male  handelte  es  sich  entschieden  um  eine 
bessere  Sorte,  die  grade  anwesenden  Gästen  vorgesetzt 
werden  sollte  (4  Haschen  =  30  kr.).  Mit  Trinkwasser  ward 
der  Haushalt  während  der  vier  Wochen  von  einem  Wasser- 
führer gegen  ein  Entgelt  von  52  kr.  versorgt. 

Mit  diesen  Aufwendungen  von  Küche  und  Keller  sind 
aber  begreiflicherweise  die  Ausgaben  für  einen  Haushalt 
nicht  erschöpft:  noch  galt  es  den  Mietpreis  fiir  das  während 
des  Aufenthaltes  bewohnte  Haus  zu  erlegen,  der  17^/2  fl. 
betrug,  für  die  damalige  Zeit  eine  sehr  beträchtliche  Summe. 
An  Löhnen  sind  i  V2  A.  für  das  Küchenpersonal  angemerkt, 
das  obendrein  natürlich  während  der  Dienstzeit  die  Be- 
köstigung erhalten  haben  wird;  früher  schon  —  bei 
Gelegenheit  eines  Gastmahls  —  hatte  der  Oberkoch  für 
sich  iV^fl.  erhalten.  Heizung  und  Beleuchtung  erforderten 
gradezu  5  fl. 

Für  die  Pferde  wurden  33  kr.  für  550  Pfund  Heu  und 
5  fl.  2 1  kr.  für  Spelt  verausgabt.  Abgesehen  von  kleineren 
Ausgaben  wie  Salbe  und  Büffelschmalz  präsentierte  ferner 
der  Hufschmied  Meister  Wolf  bei  der  Abreise  eine  Rech- 
nung von  4  fl.  24  kr.,  der  Sattler  eine  solche  im  Betrage 
von  3  fl.  38  kr.  Der  Kaufpreis  für  einen  Maulesel  (umb 
das  muilichen)  betrug   13  fl.  22 »'2  kr. 

Gleichfalls  bei  der  Abreise  der  Gesandtschaft  wurde 
der  Schuhmachermeister  Augustin  für  Ausbesserungen  und 
neugeliefertes  Schuhwerk  abgefunden,  sein  Guthaben  betrug 
3  fl.  IQ  kr.  Weitaus  bedeutender  aber  waren  die  Aufwen- 
dungen für  Kleider  (gewant  zu  kleyderen):  während  sich 
die  Reisenden  beim  Antritt  ihrer  Fahrt  nur  mit  2  Ellen 
Ulmer  Barchent  und  3  Ellen  Zwillich  versehen  hatten, 
deren  Kaufpreis  nicht  einmal  einen  Gulden  ausmachte, 
finden  wir  hier  als  die  erste  Ausgabe  dieser  Art  die  Summe 
von   146  fl.  allein  für    das  Tuch    zu    den  Mänteln,    Röcken 

»)  ibid.  S.  696. 


KostenFechnung  einer  Strassburger  Gesandtschaft.  ig^ 

und  Kappen  der  drei  Häupter  der  Gesandtschaft.  Für  die 
Arbeit  des  Schneiders  kamen  noch  6  fl.  hinzu,  für  die  zur 
Fütterung  der  Kappen  verwandte  Seide  20  fl.,  für  Zuthaten 
zu  den  Mänteln  und  Röcken  10  fl. ») 

Eine  Reihe  kleinerer  Posten  betrifft  Lieferung  von 
Satteldecken  und  Mantelsäcken,  Scher-  und  Badegeld,  Zoll 
von  dem  aus  unbekannten  Gründen  für  10  fl.  verkauften 
Pferde  Meister  Symilers  (37  V 2  kr.)  und  mancherlei  Trink- 
gelder. Öfter  sind  auch  an  Mitglieder  der  Gesandtschaft 
ausgezahlte  Summen  ohne  Angabe  der  Verwendung  notiert, 
die  insgesamt  die  Kosten  des  in  Rom  verbrachten  Auf- 
enthaltes auf  rund  330  fl.  anwachsen  lassen. 

Alles  in  allem  hat  diese  Gesandtschaftsreise  für  den 
Bischof  eine  Ausgabe  von  über  605  fl.  bedeutet,  aber  diese 
Summe  war  nicht  die  grösste,  welche  die  päpstliche  Con- 
firmation  mit  sich  brachte:  sie  erscheint  gradezu  gering 
gegenüber  dem  Betrage  der  Expensenrechnung  der  päpst- 
lichen Curie,  die  den  bischöflichen  Säckel  um  3922  fl. 
schmälerte.  Im  späteren  Mittelalter  pflegte  man  ja  nicht 
eben  leicht  und  billig  in  den  Besitz  hoher  geistlicher  Würden 
zu  gelangen. 

'}  Die  Verhandlung  mit  dem  Tuchhandler  hatte  Johann  Burckard, 
ein  Landsmann  der  Gesandten,  geführt.  Mitglied  der  Gestand  tschaft  wird 
dorüclbe  nicht  gewesen  sein ,  da  er  sonst  doch  wohl  hauliger  erwähnt 
wäre,  er  erscheint  aber  als  Zeuge  in  der  oft  genannten  Urkunde  vom 
10.  Februar  1479  (G  5222,  3  und  7  und  5217),  hier  wie  schon  früher  —  am 
23.  Juni   1478  (G  4705,   l)  als  Canonikus  von  Huslach  bezeichnet.     In  der 

\r '  Ige  ist  er  zum  Propst  desselben  Stiftes  erwählt  worden  (cf.  die  Urkimdc 
vom  23.  Dezember  i486  [G  5222,  8  und  5223,  i]  und  vom  19.  Juni  1487 
[<f  5217),  in  der  ersteren  wird  er  überdies  als  päpstlicher  Notar,  Hof-  und 
li^hgenoss  bezeichnet).  —  Identisch  ist  derselbe  übrigens,  wie  Herr  Geh. 
Rat  von  Weech  in  Karlsruhe  mir  während  des  Druckes  liebenswürdigcrwei>e 
mitteilen  Hess,  mit  dem  päpstlichen  Ceremonienmcister  J.  B.,  dessen  die 
Jahre  1483 — 1506  umfassendes  Tagebuch  (tliarium  sivc  rerum  urbamumn 
commcntariil  von  L.  Thuasne  in  drei  Bänden  veröffentlicht  ist  (Paris  iSS^--  8;». 
Cber  seinen  Lebensgang  ünden  sich  in  der  Einleitung  dos  dritten  Bandes 
sehr  ausführliche  Nachrichten. 


Zur  Biographie 
des  Dichters  Valentin  Boltz  von  RufFach. 


Von 

Gustav   Bessert. 


Über  Valentin  Boltz  haben  W.  Scherer  in  der  AUg. 
D.  Biographie  3,  114,  J.  Bächtold  in  der  Geschichte  der 
Deutschen  Litteratur  in  der  Schweiz,  S.  341 — 347,  und 
Gessler  in  seinem  Neudruck  des  »Weltspiegels«  in  den 
»Schweizerischen  Schauspielen  des  16.  Jahrh.«  2,  loi  fF. 
gehandelt.  Unser  Wissen  über  seinen  Lebensgang  ist 
noch  sehr  lückenhaft.  Was  wir  insbesondere  bisher  über 
den  Aufenthalt  dieses  Mannes  in  Württemberg  wissen, 
beschränkt  sich  auf  die  aus  seiner  Übersetzung  des  Terenz 
erfliessende  dürftige  Notiz,  dass  er  1539  Diakonus  in 
Tübingen  war.  Aber  wie  er  nach  Württemberg  kam,  wo 
und  wie  lange  er  hier  im  Dienst  stand,  unter  welchen 
Umständen  er  aus  Württemberg  abzog,  war  bis  jetzt 
völlig  unbekannt.  Auch  sein  weiterer  Lebensgang  ist  noch 
teilweise  dunkel.  Diesem  Mangel  helfen  zunächst  zwei 
Schriftstücke  im  Königl.  Finanzarchiv  zu  Ludwigsburg  ab. 
Das  eine  ist  von  Boltz  selbst  geschrieben  und  vom  2.  Sep- 
tember 1541  datiert,  das  andere  vom  13.  d.  M.  enthält 
sein  Abschiedszeugnis.  Beide  Schreiben  bieten  neben  dem 
Licht,  das  sie  auf  den  Lebensgang  des  Mannes  werfen, 
zugleich  Anhaltspunkte  für  seine  Charakteristik.  Anderes 
bieten  gedruckte  Quellen,  die  aber  bisher  nicht  benutzt 
wurden  ^). 

>)  Auf  die  Jugend-  und  Bildungszeit  von  Boltz  zurückzugeben,  war 
nicht  möglich.  In  Tübingen  wurde  am  i.  Oktober  1522  ein  Valentin  Boltz 
inskribiert,  als  dessen  Heimat  Horb  angegeben  wird.  (Roth,  Urk.  der  Univ. 
Tüb.  628.)  Er  wird  mit  dem  Dichter  nicht  identisch  sein,  da  dessen  Heimat 
Kuffach  ist. 


Valentin  Boltc 


«95 


In  dem  Schreiben  vom  2.  September  1541  wendet 
sich  Boltz  an  den  Leiter  des  württembergischen  Kirchen- 
wesens, an  Georg  von  Ow,  dem  gegenüber  er  seine  bis- 
herige Freude  am  Dienst  des  Herzogs  Ulrich  bezeugt,  dem  er 
sieben  Jahre  gedient  habe.  Genaueres  über  seinen  Auf- 
enthalt in  Württemberg  giebt  der  Abschied  vom  13.  Sep- 
tember, der  sagt,  Boltz  habe  dem  Herzog  sieben  Jahre, 
nämlich  zu  Alpirsbach,  als  Diakonus  zu  Tübingen  und 
endlich  als  Prädikant  zu  Schorndorf  gedient.  Aus  beiden 
Schreiben  ergiebt  sich,  dass  Boltz  schon  im  Herbst  1534, 
also  wenige  Monate  nach  Beginn  der  Reformation  in 
Württemberg,  in  das  Land  kam.  Da  er  seine  Laufbahn 
in  Alpirsbach,  also  in  der  südlichen  Hälfte  des  Landes,  im 
sogenannten  »Land  ob  der  Staig«  begann,  so  kann  kein 
Zweifel  sein,  dass  ihn  Ambrosius  Blarer,  dem  jener  Landes- 
teil als  Amtsbezirk  zugefallen  war,  berufen  hatte.  Wenn 
Blarer  ihn  sofort  in  das  Kloster  Alpirsbach  schickte,  dem 
Blarer  selbst  als  Mönch  und  Prior  angehört  hatte,  so  muss 
Boltz  bei  ihm  grosses  Vertrauen  genossen  haben.  Denn 
die  Verhältnisse,  welche  Boltz  in  dem  Kloster  antraf,  waren 
schwierig.  Die  Stimmung  im  Kloster  war  der  Refor- 
mation keineswegs  günstig.  Man  wird  annehmen  müssen, 
dass  Boltz  jener  erste  Prädikant  war,  den  der  Abt  von 
Alpirsbach  wieder  fortschickte,  worauf  ein  AValch»,  d.  h. 
wohl  der  Lothringer  Peter  Toussaint  hinbeordert  wurde, 
der  aber  den  Boden  so  heiss  fand,  dass  er  von  selbst  ab- 
zog, ehe  er  mit  dem  damals  abwesenden  Abte  zusammen- 
geraten war  (Rothenhäusler,  Die  Abteien  und  Stifte  in 
Württemberg,  S.  151  If.,  254).  Trifft  unsere  Annahme  zu, 
dann  behielt  Blarer  unseren  Boltz  nach  seiner  Rückkehr 
aus  Alpirsbach  in  seiner  l-mgebung  als  Diakonus  in 
Tübingen,  wo  Blarer  bis  zu  seinem  Abschied,  Juli  153Ö, 
seinen  Amtssitz  hatte.  Wie  lange  Boltz  nach  Blarers  Ab- 
schied noch  in  Tübingen  blieb,  lässt  sich  bis  jet/t  nicht 
genau  feststellen.  Jedenfalls  war  er  im  Jahr  1539,  als  er 
seinen  deutschen  Terenz  dem  Tübinger  Obervogt  Fritz 
Jakob  von  Anweil  widmete,  noch  daselbst.  Doch  dürfte 
er  nicht  mehr  lange  nachher  in  der  Universitätsstadt 
geblieben  sein.  Denn  sein  Schreiben  vom  2.  September 
1341  macht  nicht  den  Eindruck,  als  sei   er  erst  kur^  von 


Iq6  Gnst.  Bessert. 

der  Universitäts-  und  zweiten  Hauptstadt  des  Herzogtums 
in  die  allerdings  als  neugeschaffene  Festung  nicht  unwich- 
tige Amtsstadt  Schorndorf  übergesiedelt,  wo  er  als  Prä- 
dikant  einen  Pfarrer  und  Diakonus  neben  sich  hatte. 

Was  zu  seinem  Dienstwechsel  Anlass  gab,  lässt  sich 
leicht  erraten.  Im  September  1541  wenigstens  treffen  wir 
Boltz  in  sehr  widrigen  Verhältnissen,  die  ihm  das  Leben 
verbitterten  und  seine  ganze  Stellung  in  Schorndorf  un- 
erträglich machten.  Er  lebte  mit  seiner  Gattin  in  unheil- 
barem Zwiespalt.  In  dem  Schreiben  an  Georg  von  Ow 
nennt  er  seine  Gattin  eine  harte,  unleidliche  Bremse. 
Diese  Tragödie  seines  Lebens  hatte  kaum  erst  in  Schorn- 
dorf begonnen,  sondern  ihn  wohl  schon  von  Tübingen 
weggetrieben.  Der  Ehestreit  war  in  Schorndorf  so  weit 
gekommen,  dass  die  Frau  es  bei  Boltz  nicht  mehr  aushielt 
und  ihn  verliess.  Die  Sache  war  öffentlich  geworden. 
Das  Ehegericht  musste  sich  damit  befassen.  Es  war  dies 
in  der  Zeit,  als  Schnepf  beim  Regensburger  Religions- 
gespräch, Mitte  Mai  bis  Ende  Juli  1541,  abwesend  war. 
Das  Ehegericht  konnte  sich  nicht  überzeugen,  dass 
ein  rechtskräftiger  Grund  für  die  Ehescheidung,  welche 
Boltz  wünschte,  vorliege.  Noch  weniger  konnte  es  sich 
überzeugen,  dass  die  Frau  allein  die  Schuld  an  dem  un- 
erquicklichen Verhältnis  trage;  deshalb  machte  es  Boltz 
die  Auflage,  seiner  (xattin  ein  jährliches  Leibgeding  von 
10  fl.  zu  reichen,  so  lange  die  Gatten  getrennt  lebten. 
Boltz  war  von  dem  Spruch  des  Ehegerichts  nichts  weniger 
als  befriedigt,  denn  er  hatte  auf  völlige  Trennung  der  Ehe 
mit  der  Erlaubnis  der  Wiederverheiratung  gehofft,  und 
glaubte,  das  Urteil  wäre  für  ihn  günstiger  ausgefallen, 
wenn  Schnepf  bei  demselben  mitgewirkt  hätte. 

Seine  Lage  war  eine  missliche.  Wohl  erfreute  er  sich 
auch  in  Schorndorf  der  Gunst  des  Obervogts  und  der 
andern  Amtleute,  die  ihm  an  die  Hand  gingen,  dass  er 
sich  mit  seiner  Haushaltung  über  Wasser  halten  konnte. 
Entsprechend  den  aus  der  mittelalterlichen  Kirche  über- 
kommenen Besoldungsverhältnissen  musste  Boltz  Vieh 
halten.  Dazu  bedurfte  er  weibliche  Hilfe.  Da  ihm  seine 
Frau  fehlte,  hatte  er  eine  junge  kräftige  Magd  eingestellt, 
welche    ihm    sein    Hauswesen    und    sein    Vieh    zu    seiner 


Valentin  Boltz.  igy 

Zufriedenheit  besorgte.  Allein  nun  erhöben  seine  Amts- 
brüder, Pfarrer  und  Diakonus,  ernste  Bedenken,  waren  es 
doch  erst  sieben  Jahre  her,  seitdem  man  mit  den  Pfaffen- 
mäg-den  aufgeräumt  und  die  Pfarrer  genötigt  hatte,  ent- 
weder ihre  Mägde  zu  ehelichen  oder  sie  zu  entlassen.  Die 
Erinnerung  an  die  Zustände  der  vorreformatorischen  Zeit 
war  noch  zu  lebendig  im  Volk,  als  dass  nicht  die  Bedenken 
der  beiden  Amtsbrüder  bei  der  Stimmung  des  Volks  einige 
Berechtigung  gehabt  hätten.  Die  Lage  von  Boltz  war  eine 
überaus  schwierige.  Die  Bedenken  seiner  Amtsbrüder 
wusste  er  nicht  ruhig  und  nüchtern  zu  würdigen,  sie 
erschienen  ihm  nur  als  eine  unbequeme  Chikane.  Seine 
ganze  Wirtschaft  sah  er  im  Geist  zugrunde  gehen,  wenn 
er  seine  Magd  entlassen  sollte.  Darum  ging  sein  Streben 
dahin,  eine  Aufhebung  des  Spruches  des  Ehegerichts  her- 
beizufuhren, er  wollte  weder  seiner  Gattin  das  Leibgeding 
von  lo  fl.  reichen,  noch  sich  an  der  Wieder  verehelichung 
gehindert  sehen.  Deshalb  wandte  er  sich  an  Georg  von 
Ow  und  reiste  ihm  nach,  um  ihm  persönlich  sein  Anliegen 
vorzutragen  und  ihn  zu  seinen  Gunsten  zu  stimmen.  Er 
war  ihm  nach  Kirchheim  nachgezogen  und,  als  er  ihn  hier 
nicht  mehr  traf,  nach  Stuttgart  und  endlich  wieder  nach 
Kirchheim  gewandert.  Hier  bestellte  ihn  von  Ow  an 
seinen  gewohnten  Sitz  zu  Cannstatt,  aber  als  Boltz  nun 
nach  Cannstatt  kam,  traf  er  von  Ow  wieder  nicht  und 
musste  einige  Tage  warten.  Seine  Erregung  stieg  aufs 
höchste.  Im  Unmut  stürmte  er  auf  die  Kanzlei  in  Stutt- 
gart, um  einen  bestimmten  Bescheid  mit  ja  oder  nein  auf 
sein  Begehren  herbeizuführen.  Denn  er  war  bereits  zu 
einem  Entschluss  gekommen,  fall&  man  ihm  nicht  will- 
fahren würde.  Auf  der  Kanzlei  aber  war  man  nicht  in 
der  Lage,  einen  Spruch  des  Ehegerichts  selbständig  abzu- 
ändern, man  schickte  Boltz  mit  einem  Kanzleitrost  nach 
Hause;  er  klagte,  man  habe  ihm  leeres  Stroh  gedroschen. 
Seine  Stimmung  war  eine  tief  erregte;  er  wollte  lieber 
sein  Amt  aufgeben  und  Württemberg  verlassen  und  an 
einen  Ort  ziehen,  wo  man  ihm  die  Wiedcrverehelicliung 
gestatte,  als  seiner  Frau,  die  er  eine  Abtrünnige  nannte. 
ein  Leibgeding  reichen  und  unverehelicht  bleiben.  In  ciiescr 
Stimmung  schrieb  er  am  2.  September  1541  an  Georg  von 


iq8  Gust.  Bossen. 

Ow,  indem  er  den  Gekränkten  spielte.  Es  scheine,  schrieb 
er,  dass  man  nicht  viel  nach  ihm  frage.  Bei  einer  der- 
artigen Behandlung  der  Prediger  werde  man  schwer  noch 
gelehrte  Leute  für  den  württembergischen  Kirchendienst 
gewinnen.  Ja  er  behauptete,  es  herrsche  bei  den  ins  Land 
Berufenen  Unwille  über  ihre  geringfschätzige  Behandlung. 
Man  höre  sagen:  Was  man  hierzuland  verwirft,  sind  andere 
froh  aufzulesen.  Man  sieht,  neben  der  bitteren  Stimmung 
tritt  ein  starkes  Selbstgefühl  bei  dem  Dichter  zu  Tage. 
Freilich  musste  Boltz  zugestehen,  dass  ihm  während  seiner 
Dienstzeit  in  Württemberg  nie  und  von  keiner  Seite,  weder 
vom  Herzog  noch  von  Ow  oder  sonst  jemand,  etwas  Un- 
billiges widerfahren  sei,  im  Gegenteil  hatte  er  für  die 
erfahrene  Güte  zu  danken.  Aber  das  stürmische,  heisse 
Blut  verlangte  jetzt,  dass  das  württembergische  Eherecht 
mit  Rücksicht  auf  seine  Person  nicht  in  seiner  Schärfe  zur 
Anwendung  komme.  Er  empfand  es  als  Unrecht,  dass 
man  ihn,  den  jungen  »blöden«,  d.  h.  hilfsbedürftigen  Mann 
in  eine  Lage  bringe  und  darin  festhalte,  die  er  nur  dem 
Witwerstand  vergleichen  konnte  So  verlangte  er  von 
Georg  von  Ow  wenigstens  die  Erlaubnis  zur  Verlobung, 
mit  der  Trauung  wolle  er  noch  warten.  Die  ins  Auge 
gefasste  Braut  nannte  er  nicht.  Nach  dem  Zusammenhang 
kann  es  nur  die  sehr  stark  gelobte  Magd  sein.  Da  Boltz 
doch  nicht  recht  auf  Gewährung  seiner  Bitte  zu  hoffen 
wagte,  brach  er  plötzlich  in  die  kindlich-trotzige  Klage 
aus,  er  wollte,  er  hätte  nie  studiert,  als  ob  dann  seine 
Lage  eine  leichtere  wäre.  Aber  sofort  erhob  er  sich  wieder 
zu  stolzem  Selbstruhm.  Um  dem  von  Ow  recht  zu  Gemüt 
zu  führen,  wie  viel  man  in  Schorndorf  an  ihm  verlieren 
würde,  bemerkte  er  mit  einem  Seitenblick  auf  seine  Schorn- 
dorfer Amtsbrüder,  die  Täufer  und  Schwärmer  würden 
sich  freuen,  wenn  er  von  dannen  gehe,  und  vertrösteten  sich 
jetzt  schon  auf  die,  :>welche  den  Fuchs  nicht  beissenf.  Er 
fühlte  sich  also  als  eine  Säule  der  württembergischen 
Kirche  und  als  unentbehrlichen  Verteidiger  der  lutherischen 
Rechtgläubigkeit  gegenüber  dem  Täufertum  und  dem 
Schwenkfeldianismus,  die  zumeist  um  Schorndorf  im  Rems- 
thal  Wurzel  geschlagen  hatten,  ohne  zu  bedenken,  dass 
seine    Ehehändel    seine    Waffen    gerade    gegenüber     den 


Valentin  BolU.'  ign 

Täufern  und  Schwenkfeldianem,  die  das  Prinzip  der  Heili- 
gung vertraten,  völlig  stumpf  und  nutzlos  machten. 

Eines  hatte  Boltz  mit  seinem  Schreiben,  das  Georg 
von  Ow  am  5.  September  erhielt,  erreicht.  Seine  Sache 
kam  noch  einmal  zur  Verhandlung,  wozu  auch  Schnepf 
neben  Vannius  beigezogen  wurde.  Boltz  wurde  schon  auf 
Montag  den  12.  September  vorgeladen.  Wir  wissen  vom 
Gang  der  Verhandlung  nichts,  aber  ihr  Ergebnis  liegt  in 
dem  Abschiedszeugnis  für  Boltz,  das  am  13.  September 
ausgefertigt  wurde,  klar  vor.  Die  Hoffnung,  welche  Boltz 
auf  Schnepf  gesetzt  hatte,  erwies  sich  als  trüglich.  Der 
Bescheid,  den  Boltz  am  12.  September  erhielt,  kann  kein 
anderer  gewesen  sein,  als  dass  es  bei  der  bisherigen  Ent- 
scheidung blieb.  Einen  andern  Ausweg  wusste  das  Ehe- 
gericht für  Boltz  nicht  als  den  der  Wiedervereinigung  mit 
seiner  Gattin.  So  forderte  denn  Boltz  seine  Dienst- 
entlassung und  ein  Abschiedszeugnis,  das  ihm  am  1 3.  Sep- 
tember ausgestellt  wurde.  Die  OberkirchenbehOrde  über- 
ging in  dieser  Urkunde  den  eigentlichen  Anlass  seiner 
Dienstentlassung  in  schonender  Weise.  Man  sagte  nur, 
»aus  bewegenden  Ursachen«  wolle  er  sich  jetzt  in  andere 
AVege  richten.  Dagegen  wurde  ihm  bezeugt,  dass  er  »für 
seine  Person«  sich  »geschicklich  und  wohl  gehalten  habe« 
und  in  Gnaden  entlassen  werde,  womit  doch  mittelbar  die 
Schuld  an  der  Unhaltbarkeit  seiner  Stellung  in  Schorn- 
dorf und  im  Land  Württemberg  seiner  Frau  zugeschoben 
wurde. 

Boltz  dürfte  sich  zunächst  nach  Strassburg  an  Butzer 
oder  nach  Konstanz  an  Blarer  gewendet  haben  und  von 
einem  von  beiden  nach  Zürich  empfohlen  worden  sein. 
Denn  sein  nächstes  Amt,  das  wir  bis  jetzt  kennen,  dürfte 
er  durch  Vermittlung  der  Züricher  bekommen  haben.  In 
Zürich  lebte  ja  sein  Landsmann  Pellikan,  mit  dem  wir 
Boltz  bald  in  naher  Verbindung  treffen.  Im  Jahr  1544 
stand  Bolt2  als  Pfarrer  in  Schwanden  bei  Glarus^),  wohin 
er   wohl   gleich  nach    seinem    Abgang   aus  Württemberg 

*)  Mlikans  Havtchronik,  deutsch  von  Vulpinus,  S.  i  53,  was  Erichsoi) 
(lue  pcolesUntisine  i  KayseTsbcr^;  185 1),  der  Pellikan s  Chronik  benutzte.  aWi 
auch  die  beiden  Schweizer  Bächtold  und  Gcsslcr  übersahen. 


200  Gust.  Bossen. 

kam.     Denn    einige  Jahre   pflegte    Boltz    wenigstens    auf 
seinen  Pfarrstellen  auszuhalten. 

Am  29.  Juli  1544  war  Boltz  in  Zürich,  um  mit  Pellikan 
und  dessen  Gattin  eine  Reise  in  die  Heimat  anzutreten, 
die  Pellikan  beschreibt  (a.  a.  O.  150  fF.).  Der  Zweck  der 
Reise  war  für  Boltz  nicht  nur,  die  alte  Heimat  wieder  zu 
sehen.  Am  2.  August  in  Ruffach  angekommen,  eilte  Boltz 
sofort  weiter  nach  Kaysersberg,  um  dort,  wie  Pellikan 
berichtet,  seine  Mutter  zu  besuchen,  aber  zugleich  um  sich 
als  Prediger  für  die  alte  Reichsstadt  zu  empfehlen.  Erst  am 
5.  August  kehrte  er  in  Begleitung  von  Matthias  Erb,  Pfarrer 
in  Reichenweier,  Dr.  Nik.  König  von  Hunanweier  und  von 
Wolf  Adler,  Schulmeister  von  Kaysersberg,  nach  RufFach 
zurück,  wo  sie  mit  Pellikan  eine  dreistündige  Unterredung 
hatten,  bei  der  wohl  die  Frage  der  Reformation  in  Kaysers- 
berg eine  Rolle  spielte.  Die  Reformation  in  dem  nahen 
Reichenweier,  das  württembergisch  war,  konnte  nicht  ohne 
Einfluss  auf  die  nur  durch  einen  Bergzug  getrennte  Stadt 
bleiben;  der  Schulmeister  durfte  es  wagen,  in  der  Schule 
Luthers  Katechismus  zu  treiben.  Graf  Georg  von  Württem- 
berg, Bruder  des  Herzogs  Ulrich,  der  in  Reichenweier  resi- 
dierte stand  mit  den  Nachbarn  auf  gutem  Fuss;  man 
konnte  hoffen,  sein  Einfluss  würde  den  Rat  in  Kaysers- 
berg zur  Anstellung  eines  evangelischen  Predigers  und 
damit  zur  Durchführung  der  Reformation  bewegen  helfen. 
So  traten  Pellikan  und  Boltz  wohlgemut  die  Rückreise  an. 
Am  8.  August  trafen  sie  in  Basel,  am  11.  in  Zürich  ein. 
Kaum  war  Boltz  wieder  in  Schwanden  angelangt,  als  Erb 
am  13.  August  Pellikan  mitteilte,  dass  Graf  Georg  seinen 
ganzen  Einfluss  in  Kaysersberg  zu  Gunsten  von  Boltz 
geltend  mache.  Ein  Teil  der  Bürgerschaft  sei  ganz  für 
ihn.  Allein  der  Friede  von  Crespy,  der  dem  Kaiser  wieder 
freie  Hand  gegen  den  Protestantismus  liess,  gab  der  alt- 
gläubigen österreichischen  Partei  die  Oberhand  in  Kaysers- 
berg. Am  13.  Oktober  musste  Erb  an  Pellikan  berichten, 
man  habe  in  Kaysersberg  die  Kanzel  einem  »gottlosenc 
Mönch  anvertraut.  Es  sei  nicht  die  geringste  Hoffnung 
auf  eine  Berufung  von  Boltz,  dessen  Namen  er  lateinisch 
mit    Telum    (der   Bolzen    in    der    Armbrust)    wiedergiebt. 


Valentin  Boltz.  20I 

Pellikan  möge  ihn  davon  benachrichtigen*).  Boltz  musste 
sich  noch  einige  Zeit  gedulden,  bis  es  ihm  gelang,  seiner 
Heimat  näher  und  in  eine  Stadt  zu  kommen. 

Im  Jahr  1 546  findet  er  sich  in  Basel,  zunächst  als  Prediger 
bei  den  Barfüssem.  Die  Quelle  dafür  ist  das  Tagebuch  des 
Diakonus  und  späteren  Pfarrers  zu  S.  Martin  Johann  Gast,  das 
wir  leider  nur  in  Auszügen  des  Pfarrers  Tryphius  besitzen,  die 
sich  auf  wenige  Jahre  beschränken.  Auf  diese  von  Buxtorf- 
Falkeisen  1856  herausgegebene  Quelle,  die  auch  Bächtold 
und  Gessler  benützt  haben,  sind  wir  für  die  Kenntnis  von 
Boltz'  Leben  in  Basel  angewiesen.  Gast  erwähnt  ihn  erst 
am  6.  Juni  1546  als  »unter  Valentin  Bolzius  Leitung«  von 
einigen  Bürgern  »Pauli  Bekehrung«  öffentlich  mit  grossem 
Prunk  gfegeben  wurde«  ^).  Man  wird  aber  annehmen  müssen, 
dass  Boltz  damals  schon  einige  Zeit  in  Basel  war  und 
seinen  Einfluss  besonders  als  Dichter  geltend  gemacht 
hatte.  Denn  es  fällt  auf,  dass  nach  einer  Unterbrechung 
von  elf  Jahren,  nachdem  1535  noch  Sixt  Birck  seine  »heid- 
nische Abgötterei«  aufgeführt  hatte,  aber  1536  nach 
Augsburg  gezogen  war,  1546  rasch  nach  einander  in  Basel 
am  24.  Februar  der  »Samariter«  an  der  Universität,  aber 
nach  Gast  ohne  Ordnung  und  passendes  Personal '),  am  6.  März 
»Abraham«  vor  einer  grossen  Volksmenge*),  am  23.  Mai 
von  Knaben  Birks  »Susanna«  mit  schöner  Ausstattung*) 
und  am  6.  Juni  das  Werk  von  Boltz  :>Pauli  Bekehrung« 
unter  seiner  eigenen  Leitung  mit  grossem  Prunk  gegeben 
wurden  •).  Das  weist  auf  ein  neues  Element  am  geistigen 
Horizont  von  Basel,  das  von  starkem  Einfluss  gewesen 
sein  muss.  Das  beweisen  schon  die  starken  Opfer,  welche 
die  Stadt  für  die  Aufführung  von  Boltz'  Erstlingsdrama 
brachte.  Man  erbaute  auf  öffentliche  Kosten  die  Schau- 
bühne, die  Schauspielergesellschaft  erhielt  vom  Rat  ein 
Honorar  von  20  Kronen,  was  bisher  noch  nie  geschehen 
war.  Boltz  aber  als  Leiter  noch  besonders  5  Kronen*  Ausser- 
dem übernahm  die  Stadt  die  Druckkosten  für  das  Stück"). 

*)  Die   wertvollen   Nachrichten    über    die    Beziehungen    von    Boliz    zu 
Kaysersberg,  die  Erichson  a.  a.  O.  giebt,  sind  Büchtold  und  Gcssicr  unbekannt 
rfWieben.  —  *)  Am    a.  O.    S.  53    —  ^.1  Gast,  S.  51,    Bächtold    Anm.  S.   5.S 
Bad   218.   _   4)  Gast.   S.    52.  —  »)   A.    a.    O.    S.    53.  —  «i   Ebenda    5^. 
^f  Ebenda  S.  54. 

^«Hchr.  f.  Geich.  d.  Obcrrh.  N.  F.  XIV.  a.  I4 


202  Gust.  Bessert. 

Noch  Stärker  spricht  ein  anderer  Umstand  für  den  starken 
Einfluss  und  die  grosse  Achtung,  welche  Boltz  schon  1546 
als  Dichter  und  Schauspieldirektor  in  Basel  genoss.  Es 
war  ihm  nämlich  gelungen,  keinen  Geringeren  als  den 
Bürgermeister  von  Brunn  zur  Übernahme  der  Rolle  des 
Saulus  und  den  Ratsherrn  Balthasar  Han  für  die  Rolle 
des  Christus  zu  gewinnen^). 

Diese  ganze  Entwicklung  der  Dinge  in  Basel  setzt 
voraus,  dass  Boltz  nicht  erst  im  Jahr  154Ö,  sondern  schon 
1545  nach  Basel  berufen  worden  war.  Er  musste  doch 
erst  den  Boden  und  die  Leute  kennen,  andererseits  musste 
man  Boltz  als  Dichter,  nicht  nur  als  Prediger  kennen,  ehe 
es  ihm  gelang,  auch  nur  fünf  neu  kreierte  Magister  zum 
ersten,  noch  unvollkommenen  Versuch  einer  Aufführung 
am  24.  Februar  zu  bewegen,  denn  man  wird  den  Anstoss 
dazu  auf  Boltz  zurückführen  dürfen.  Man  spürt  aber  den 
Baslern  auch  die  Freude  an,  dass  unter  Boltz'  Leitung  die 
Aufführung  am  6.  Juni  so  wohl  gelungen  war.  Der  Gang 
der  Dinge  von  der  ersten  noch  sehr  bescheidenen  Auf- 
führung an  wird  der  gewesen  sein,  dass  Boltz*  Rat  immer 
mehr  gesucht  und  befolgt  wurde,  bis  er  zuletzt  die  Leitung 
ganz  bekam. 

Alles,  was  Gast,  der  tadelsüchtige  Chronist,  der  beson- 
ders auf  seine  Amtsbrüder  mit  scheelen  Augen  sah,  über 
Boltz  in  den  nächsten  Jahren  berichtet,  beweist,  wie  dessen 
Stern  im  Steigen  war.  Im  Mai  1548  wurde  er  ans  Münster 
berufen  und  ihm  die  Abendpredigt  übertragen  2).  Als  er 
am  Himmelfahrtsfcst,  10.  Mai,  sich  von  seiner  bisherigen 
kleinen  Gemeinde  verabschiedet  hatte,  strömte  das  Volk 
in  Scharen  zur  Predigt  ins  Münster,  selbst  aus  Klein- 
BaseP),  Seine  Reden  waren  offenbar  anschaulich  und 
volkstümlich  und  entbehrten  des  Salzes  von  freimütigem 
Urteil  über  die  öffentlichen  Zustände  nicht.  Der  Rat 
nahm  diese  Äusserungen  des  von  der  Volksgunst  getragenen 
Mannes  freundlich  auf.  Den  25.  Juni  wurde  von  ihm  gar 
über  die  Aufnahme  desselben  in  die  convocatio  pastorum, 
was  doch  wohl  die  leitende  Kirchenbehorde  bedeutet,  ver- 
handelt.    Es  war  eine  glückliche  Zeit  für  den  Dichter,  die 

^)  Ebenda  54  und  Buxtorfs  Aom.  S.  iio  nach  dem  Tagebuch  von 
Fei.  Platter.  —  «)  Ebenda  S.  67.  —  »)  Ebenda  S.  71. 


Valentin  Boltz. 


203 


Boltz  ZU  emsigem  Schaffen,  aber  nicht  nur  als  Theologe, 
sondern  auch  als  Künstler  und  Dichter  benützte.  1 549  gab 
er  ein  Illuminierbuch  heraus,  in  welchem  er  die  Kunst  der 
Farbenbereitung  lehrte;  ausserdem  schuf  er  mehrere  neue 
geistliche  Schauspiele,  von  denen  das  umfassendste  »Der 
Weltspiegel«  am  11.  und  12.  Mai  1550  aufgeführt  wurde. 
(Vgl.  Gessler  a.  a.  O.  104.)  Aber  es  ist  stets  gefährlich, 
auf  den  Sonnenhöhen  zu  wandeln.  Denn  der  glückliche 
Wanderer  ist  hier  den  Blicken  und  den  Urteilen  seiner 
ganzen  Umgebung  mehr  ausgesetzt,  als  solange  er 
bescheiden  im  Hintergrund  lebte.  Aufs  schärfste  urteilte 
Gast  über  Boltz.  Er  fand  seine  Begabung  nur  mittel- 
mässig,  seine  Ausdrucksweise  gemein  und  auf  den  grossen 
urteilslosen  Haufen  berechnet,  von  dem  Gast  sagt,  sie 
laufen  ihm  zu  wie  die  Narren^).  Mag  der  Neid  Gast  zu 
dem  Urteil  veranlassen:  »Dieser  neue  Pfarrer  sagt  dem 
Volkshaufen,  was  ihm  lieb,  gefällig  und  angenehm  ist«^), 
so  wird  sich  doch  nicht  bestreiten  lassen,  dass  die  Predigten 
des  gefeierten  Volksmannes  etwas  Aufregendes  hatten, 
wenn  auch  Gasts  Befürchtung  übertrieben  sein  mochte: 
»Er  säet  Hass  und  wird  Sturm  und  Aufruhr  erregen,  wenn 
der  Herr  nicht  hilft«*).  Aber  es  lässt  sich  verstehen,  dass 
die  Stimmung  des  Rats  gegenüber  von  Boltz  allmählig 
eine  weniger  günstigere  wurde,  während  Boltz  seinerseits 
sich  fortreissen  liess,  auf  der  Kanzel  den  Rat  in  ein  sehr 
schlechtes  Licht  zu  stellen.  Am  5.  Juli  1551  berichtet  Gast, 
>Boltz  predige  gegen  die  Regierung,  es  würden  Diebe, 
Unzüchter,  Ehebrecher  in  den  Rat  gewühlt«,  so  dass  Gast 
darauf  gespannt  war,  ob  der  Rat  ihn  nicht  zur  Verant- 
wortung ziehe»).  Wir  hören  nichts  davon,  dass  der  Rat 
Siegen  Boltz  eingeschritten  wäre.  Es  war  wohl  klug,  aus 
Boltz  keinen  Märtyrer  zu  machen,  war  doch  vorauszusehen, 
dass  die  Zugkraft  der  Redeweise  von  Boltz  immer  mehr 
schwinde,  jemehr  sie  den  Reiz  der  Neuheit  verlor,  und 
dann  liess  sich  mit  ihm  abrechnen.  Und  diese  Zeit  war 
»555  gekommen. 

Am  27.  August  1555  berichtet  der  Basler  Simon  Sulzer 
an  Joh.   Marbach   in  Strassburg*),   wie   der   Reichstag   zu 

h  Ebenda   S.  67  u.  68.  —  •)  Ebenda   S.    71.  —    '»  Ehciula   S.    «7.  - 
*)  Fechlli  Historiae  eccletiasticae  seculi  XVI  »uppleinentuni.    S.  51. 


204 


Gust.  Bessert. 


Augsburg  Vielen  den  Mut  gestärkt  habe,  dass  sie  jetzt  in 
ihren  Gebieten  zu  reformieren  wagen.  Dann  fährt  er  fort : 
Sic  quidam  apud  Suevos^)  comes  et  nobilis  prope  Mem- 
mingam  fecisse  dicitur,  quo  etiam  confrater  noster  Val. 
Boltz,  bis  diebus  vocatus,  concedit,  ut  in  pagis  aliquot 
Christum  doceat«). 

Das  Gebiet,  um  welches  es  sich  handelt,  ergiebt  sich 
aus  einem  Schriftstück  in  der  Registratur  des  Dekanats 
Memmingen  (Vol.  A.)i  das  die  Überschrift  trägt:  Confessio 
fidei  vel  expositio  de  eucharistia  Valentini  Basillensis,  quam 
inspiciendam  dedit  examinandamque  clarus  et  pius  vir 
Johannes  Föhlin  ab  Hungershausen.  7.  Sept.  i554*).  Die 
Jahreszahl  ist  bedenklich.  Wäre  sie  von  gleichzeitiger 
Hand,  so  müsste  man  annehmen,  die  Berufung  von  Boltz 
habe  sich  fast  ein  ganzes  Jahr  lang  hingezogen.  Denn  das 
steht  fest,  dass  Boltz  erst  nach  dem  Augsburger  Religions- 
frieden 1555  nach  Schwaben  übersiedelte*).  Begreiflich 
wäre  es  wohl,  dass  Joh.  Vöhlin  lange  sich  besann,  ehe  er 
Boltz  wirklich  berief,  nachdem  ihn  die  Theologen  von 
Memmingen  über  den  theologischen  Standpunkt  seines 
neuen  Pfarrers  aufgeklärt  hatten.  Auf  dem  Schriftstück, 
das  Boltz  Abendmahlbekenntnis  enthält,  steht  nämlich 
kurz:  Gut  grob  zwinglisch,  was  der  Wirklichkeit  ent- 
spricht s).  Mochte  nun  früher  in  Memmingen  der  Zwingli- 
anismus die  Oberhand  gehabt  haben,  jetzt  war  seine  Zeit 
in  Oberschwaben  dahin.  Nach  dem  Interim  gewann  das 
strenge  Luthertum  die  Oberhand.  Aber  es  ist  durchaus 
unwahrscheinlich,  dass  Vöhlin  schon  vor  dem  Religions- 
frieden an  die  Berufung  eines  Reformators  für  sein  Gebiet 
zu  denken  gewagt  und  dann  einen  Mann  berufen  hätte, 
der  in  Vöhhns  Vaterstadt  Memmingen,  an  die  er  sich  doch 
anlehnen  musste,  um  sich  gedeckt  zu  wissen,  schon  seit 
einem  Jahr  als  Zwinglianer  bekannt  war.  Die  Jahreszahl 
1554  dürfte  also  später  hinzugefügt  und  irrtümlich  gesetzt 
sein.     Der  Sachverhalt    wird   somit    der    sein,    dass    Boltz 

^)  So  ist  statt  Suecüs  zu  lesen.  —  -)  Ericlison,  Bächtold  und  Gessler 
haben  diese  Nachricht  übersehen.  In  den  Beiträgen  zur  bayr.  Kirchen- 
geschichtc  1807,  ''^-  94«  ^^^be  ich  auf  die  Stelle  hingewiesen.  —  •)  Diese  Notiz 
verdanke  ich  Herrn  Pfarrer  Fr.  Braun  in  München,  früher  in  Memmingen. 
—  *)  *His  diebus  vocatus<,  sagt  Sulzer.  —  *)  Wie  mir  BrmuQ  mitteilt. 


Valentin  Boltz. 


205 


Ende  August  dem  Ruf  Vohlins  in  sein  Gebiet  folgte  und 
dieser  das  ihm  von  Boltz  bei  seinem  Amtsantritt  über- 
gebene  Abendmahlsbekenntnis  am  7.  September  zur  Begut- 
achtung den  Memmingem  vorlegte. 

Wenn    Boltz   sich   entschloss,    dem   Ruf   Vöhlins   zu 
folgen,   so  muss  seine  Stellung  in  Basel  völlig  erschüttert 
gewesen   sein.      Welch    ein    Wechsel   für    den    gefeierten 
Volksmann  und  Günstling  des  Rats,  wenn  er  in  den  Dienst 
eines   kleinen   I^ndedelmannes    mit   bescheidenem   Gebiet 
trat  und  aus   der   geistig   angeregten   Stadt  Basel   mit   all 
ihren  reichen  Geistesschätzen    in   ein    sehr  abgeschiedenes 
Landgebiet,    das    von    der    immerhin    auch    bescheidenen 
Reichsstadt  Memmingen  noch  einige  Stunden  entfernt  war, 
übersiedelte!      Denn    das    Gebiet,    das    Boltz    reformieren 
sollte,    kann  nicht    viel  mehr    als  Ungerhausen,    den    Sitz 
Vohlins,  umfasst  haben,  nachdem  Erhart  Vöhlin  1520  seine 
Dörfer  Frickenhausen   und  Ariesried   an  Memmingen   ver- 
kauft  und  die   Reichsstadt    beide   Orte    längst    reformiert 
hatte,   wenn  Joh.   Vöhlin    nicht  auch    lUertissen,   das  aber 
von  Ungerhausen  ziemlich  entfernt  lag,  reformieren  wollte. 
Dass  Boltz  seinen  Kollegen  in  Basel  die  Stellung,  welche 
er  antreten  sollte,   als  bedeutend    vorzustellen   suchte   und 
seinen  neuen  Herrn  nicht  als  einfachen  Memminger  Patri- 
zier, sondern  als  Edelmann,  ja  gar  als  Grafen  schilderte  *), 
ist   menschlich   begreiflich.     Gast  sagt  von   einem   andern 
Dichter,  Naogeorgus:  poetis  solenne  est  poetice  agere«).  Der 
Graf,  von  dem  Sulzer  redet,  wird  auch  auf  einer  poetischen 
Licenz  von  Boltz  beruhen. 

Immerhin  mochte  die  Aufgabe,  als  Reformator  zu 
wirken,  für  Boltz  lockend  sein.  Aber  wir  wissen  nicht, 
wie  weit  Joh.  Vöhlin,  auch  wenn  er  in  Memmingen  Unter- 
stützung fand,  sich  gegen  den  übermächtigen  Einfluss 
seiner  katholischen  Nachbarn,  Ferdinands  von  Osterreich 
und  des  Bischofs  Otto  von  Augsburg,  zu  erwehren  und 
seinen  Reformator  zu  schützen  vermochte. 

Jedenfalls  ist  Boltz  nicht  lange  im  Dienste  Vöhlins 
geblieben.  Aber  es  gelang  ihm  jetzt  nicht  mehr,  sich  ein 
Amt  in  Basel  zu  verschaffen;  dort  war  er  eine  verbrauchte 

^)  Vgl.  die  Worte  Sulzcrs  S.   1 1   oben.  —  -)  Ga^ts  Tajjebuch  S.  87. 


2o6  Gust.  Bossert 

Grösse.  Er  musste  froh  sein,  in  der  neu  reformierten 
Markgrafschaft  Baden  die  Pfarrei  Binzen  bei  Lörrach  zu 
erhalten.  Die  Übersiedelung  muss  in  der  zweiten  Hälfte 
des  Jahres  1558  oder  spätestens  in  der  ersten  Hälfte  des 
Jahres  1559  stattgefunden  habend).  Da  der  Bischof  von 
Basel  das  KoUaturrecht  zu  der  Pfarrei  hatte*),  so  wird 
man  annehmen  dürfen,  dass  es  Boltz  gelang,  mit  seiner 
dichterischen  Gabe  die  Gunst  des  damaligen  Bischofs  von 
Basel  zu  gewinnen.  Es  war  das  Melchior  von  Lichtenfeld 
(1554 — 1575),  von  dem  man  in  Biel  wusste,  dass  er  eine 
Freude  an  geistlichen  Schauspielen  hatte,  wie  er  denn 
mehrmals  dort  der  Darstellung  von  Dramen  des  dortigen 
Prädikanten  Jak.  Funckelin  beiwohnte*).  Doch  war  es 
Boltz  nicht  mehr  lange  vergönnt,  der  Nähe  von  Basel  und 
seiner  alten  Freunde  sich  zu  freuen.  Denn  er  starb  schon 
1560*).  Näheres  über  die  letzte  Station  im  Leben  des 
manchfach  begabten,  aber  temperamentvollen  Mannes 
ist  bis  jetzt  noch  nicht  bekannt. 


^)  In  dem  Protokoll  der  Rötteler  Kirchen visiUtion  vom  Jahre  1358» 
die  am  17.  Juni  begann,  besitzt  Binzen  noch  keinen  eigenen  Pfarrer  und 
wird  von  Basel  aus  durch  M.  Ulrich  Koch  verwaltet;  im  Protokolle  der 
Kirchen  Visitation  des  folgenden  Jahres  aber,  die  am  13.  Juli  eröffnet  wurde, 
erscheint  Val.  Boltz  als  Pfarrer  mit  dem  Vermerk:  »ist  inn  Examlne  taugen- 
lich  vnd  hellt  die  Cer.  der  f[ur8tl.]  Ordnung  gemess.«  Mitteilung  des  H. 
Archivrat  Dr.  Obser.  —  ''^)  Vierordt,  Geschichte  der  Reformation  im  Grossh. 
Baden,  S.  424.  —  ^)  Bächtold,  a.  a.  O.,  Anm.  S.  92  ff.  —  ♦)  Buxtorf  in  Gasts 
Tagebuch,  S.  53  Anm.  xx. 


Die  Reichsdörfer 
der  Landvogtei  und  Pflege  Hagenau. 

Von 

Josef  Becker. 


I.  Die  Reichsdörfer  im  allgemeinen;  die  ihnen  von  Kaisern 
und  Reichslandvögten  verliehenen  Privilegien  ^). 

Nach  dem  Interregnum  gab  König  Rudolf  von  Habs- 
burg der  Reichsland vogtei  Hagenau  eine  völlig  neue  Orga- 
nisation, welche  im  wesentlichen  massgebend  blieb  für  die 
ganze  Folgezeit.  Sein  Streben  ging  dahin,  das  dem  Reiche 
in  der  kaiserlosen  Zeit  entfremdete  Reichsgut  wieder  zu 
gewinnen  und  den  Reichsbesitz  dauernd  zu  wahren.  Zu 
diesem  Zwecke  setzte  er  allenthalben  Stellvertreter  in  der 
Reichsgutsverwaltung  ein  oder  rüstete  die  bereits  vor- 
handenen mit  ausgedehnter  Machtfülle  aus. 

Das  Elsass  erfreute  sich  seiner  besondern  Fürsorge. 
Die  Grafen  von  Habsburg  waren  im  Oberelsass  schon 
frühe  im  Besitz  ansehnlichen  Privatgutes  sowie  der  land- 
gräflichen Würde.  Ihr  uralter  allodialer  Familienbesitz  war 
aber  zu  Rudolfs  2^iten  bereits  verschmolzen  mit  dem  nicht 
unbedeutenden  Landgrafschaftsgut,  sodass  die  Habsburger, 

*)  Vgl.  fflr  die  folgenden  Ausführungen  meine  Abhandlungen:  i.  Jahres- 
triebt  des  bischöflichen  Gymnasiums  zu  Stia&sburg  i.  £.  1894:  »Nachweis 
^^f  I^ndvogteiinhaber,  Landvögte  und  Unterlandvögte  von  1308- -1408«; 
-•  Zeitschrift  für  Geschichte  des  Oberrheiiis,  Band  X,  1895:  »Die  "Wirksam- 
keit xind  das  Amt  der  I^ndvÖgte  im  14.  Jahrh.v.;  3.  dieselbe  Zeitschrift, 
^*n<l  XII,  1897:  »Die  Verleihung  und  Verpfandung  der  Relchslandvogtei 
Elsass  von  1408 — 1634«;  4.  Mitteilungen  der  Gesellschaft  für  Krhaliunt»  der 
eetchichtlkken  Denkmäler  des  Elsass,  Band  19,  1898:  »Das  Hcaniicntuni  der 
KeichtUnd^ogtei  Elsass  von   1300 — 1648^. 


2o8  Becker. 

zumal  nach  dem  Erlöschen   des  staufischen  Geschlechtes, 
die  mächtigsten  Dynasten  im  Elsass  waren. 

Mit  der  Königskrone  gewann  Rudolf  zugleich  eine 
bedeutende  Erbschaft  im  Unterelsass.  Hier  nämlich 
lagen  seit  der  fränkischen  Eroberung  grosse  königliche 
Domänen ;  hier  waren  die  staufischen  Herzöge  reich  begütert 
gewesen.  Durch  ihre  Erhebung  auf  den  Kaiserthron  war 
auch  hier  jenes  alte  Königsgut  mit  dem  staufischen  Haus- 
besitz zu  unlöslicher  Gemeinschaft  verwachsen,  und  diese 
grosse  Hinterlassenschaft  der  Staufer  fiel  jetzt  als  Reichs- 
gut Rudolf  von  Habsburg  und  seinen  Nachfolgern  auf  dem 
Königsthron  anheim. 

Hagenau  hatte  schon  zur  Stauferzeit  den  Mittelpunkt 
für  die  Verwaltung  jener  Besitzungen  gebildet.  Der  Ort 
war  emporgeblüht  zu  einem  mächtigen  Städtewesen  und 
blieb  nach  dem  Interregnum  dauernd  der  Sitz  der  kaiser- 
lichen Reichslandvogtei ,  welche  ausser  dem  Stadtgebiet 
und  dem  heiligen  Forst  vor  allem  auch  eine  bedeutende 
Anzahl  von  Dörfern  in  der  Umgebung  der  Stadt  umfasste. 
Neben  den  landvögtischen  Beamten  übte  die  Stadt  selbst 
das  Schutz-  und  Pflegerecht  über  diese  Dörfer.  Diese 
unterstanden  ihrem  Gerichtsstabe  und  mussten  von  Reichs- 
wegen ihr  Frondienste  leisten.  Deshalb  werden  sie  auch 
seit  dem  Beginn  des  14.  Jahrhunderts  »Reichsdörfer  der 
Pflege  Hagenau«  genannt. 

Die  erste  amtliche  Kunde  von  diesem  Doppel  Verhältnis 
jener  Dörfer  zur  Stadt  und  zur  Landvogtei  Hagenau  erhalten 
wir  aus  dem  Jahre  1313.  Als  nach  dem  Ableben  Hein- 
richs VII.  Reich  und  Landvogtei  Elsass  längere  Zeit  ver- 
waist zu  sein  drohten,  machte  die  Stadt  Hagenau  jenes 
Pflegerecht  geltend,  indem  sie  für  sich  und  das  sie  um- 
gebende Ländchen  ein  Schutzverhältnis  einging  mit  zwei 
stellvertretenden  Landvögten.  In  dem  Schutz-  und  Schwör- 
briefe, welchen  die  Herren  von  Lichtenberg  »als  Pfleger« 
der  Stadt  ausstellten,  wird  namentlich  hervorgehoben,  dass 
sie  auch  die  Dörfer,  die  Höfe  und  die  Gerichte  in  dem 
Lande,   die  zu  Hagenau  gehören,    geniessen  sollen  1).     Als 

^)  Der  Schutzbrief  ist  abgedruckt  bei  Batt,  Das  Eigentum  zu 
Hagenau  I,   231. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  20Q 

Pflegerin  ferner  war  Hagenau  1331  bemüht,  zwei  ver- 
pfändete Reichsdörfer,  Mommenheim  und  Sufflenheim,  ein- 
zulösen und  entsprechend  einem  kaiserlichen  Dekret  für 
das  städtische  Schultheissenamt  auch  fernerhin  zu  erhalten  *). 
Kaiser  Karl  IV.  sicherte  1347  ^^^  kaiserlichen  Landvogt 
auf  seinen  Dienstreisen  das  Herbergsrecht  in  dem  Lande 
um  Hagenau  zu,  verbot  aber  im  übrigen  alle  Schätzung 
daselbst*).  Der  Bruder  Karls  IV.,  Herzog  Wenzel  von 
Luxemburg,  garantierte  in  seiner  Eigenschaft  als  Ober- 
landvogt am  12.  August  1370  zehn  genannten  sowie  allen 
andern  Dörfern  und  Gerichten,  welche  zu  Hagenau  gehörten, 
-dass  sie  bei  der  Pflege  und  dem  Schultheissenamt  von 
Hagenau  bleiben  sollten,  wie  bisher,  und  dass  sie  davon 
nicht  gesondert  noch  geschieden  werden  sollten,  so  lange 
er  die  Landvogtei  Elsass  inne  habe,  damit  die  Stadt  Hagenau 
und  auch  das  Land  desto  stärker  bleiben  und  dem  Reiche 
desto  besser  dienen  möge«  3). 

Zwei  Jahre   später  wurden   die  Bürger   der  Stadt   bei 
Kaiser  Karl  vorstellig  in  dem  Sinne,  »dass  sie  die  Reichs- 
dörfer der  Pflege  nicht  wohl  entbehren    könnten,   um   sich 
zu   befrieden«.      Kraft    kaiserlicher    Gnade    wurde   deshalb 
entschieden,   »dass  jene  Dörfer   mit  ihren  Leuten,   Pferden 
und  Wagen,  dem  alten  Brauche  gemäss,  den  Stadtbürgern 
behülflich  sein  sollten,    falls  diese  im  Dienste   des  Reiches 
oder  auch  im  eigenen  Interesse  reisen    müssten«:.     Ausser- 
dem wurde  noch  einmal  die  Unzertrennbarkeit  der  Dörfer 
von  der  Stadt  und  Pflege  Hagenau  feierlichst  erklärt*). 

Wenn  aber  die  Stadt  an  ihrer  »Pflege«  eine  wirksame 

Stütze  finden  sollte,  so  musste  sie  dieselbe  auch  vor  allzu 

^Tosser  Besteuerung  und  Belastung  schützen.     Unter   dem 

»orwande,  dass  manche  der  Dörfer  »dem  Reiche  und   der 

^^dt  Hagenau  entfremdet  würden«,   führte  die  Stadt  1422 

"^i    Kaiser  Sigismund  Klage,    und   dieser    verbot   ernstlich 

•^Hen  landvögtischen   Beamten,   »die  Leute   in    den  Dörfern 

der     Pflege  fernerhin  zu  bedrängen  und  zu    belästigen   mit 

ung-owohnlichen  Steuern  und  mit  Fronfahrten  an  ungewöhn- 

*)  Ebenda  S.  227.  —    ^)  Ebenda   S.  2,^0.   --   h  Ha«.    St.    A.    AA     i.;«» 
^T«   3-     Diese  Dörfer  waren:   Batzendorf,  Ohlungcn,  WinJJer^heim,    Mommen- 
heim,   Ettcndorf,  Morschweiler,   Suftlenheim,  Surburjj,  Gunslett  uiiil  Kschbacb. 
—  •^   Schöpflin,  Als.  dipl.  II,  265. 


2IO  Becker. 

liehe  Orte  ausser  dem  Reiche« 0-  Kaiser  Albrecht  IL 
schärfte  dann  noch  einmal  1438  nachdrücklich  jenes  Ver- 
bot ein.  Dabei  hob  er  hervor,  dass  er  unterrichtet  worden 
sei,  vwie  das  etliche  armen  lute  in  den  obegerurten  dorfern 
noch  me  getranges  vnd  vberlastes  zugefuget  worden  sie, 
dann  mit  vorgerurten  dingen,  nemliche  das  etliche  lant- 
vougte  vnd  ir  amptlute  inen  furgenomen  gehabt  hant  vnd 
furnemende  sint,  anspreche  an  etliche  armen  lute  zuhaben, 
vnd  aber  darumb  nit  wellen  gericht  vnd  recht  von  inen 
nemen  oder  sy  an  gerichte  zu  stellen,  do  sy  dann  hin- 
gehören oder  an  des  richs  gerichte  zu  Hagenowe,  das 
doch  eyme  lantvogte  von  vnser  vnd  des  reichs  wegen  zu 
verantworten  stet,  vnd  aldar  dieselben  dorfere  iren  gezog 
haben;  sy  haben  ouch  wellen,  daz  sy  soliche  ansprechen, 
so  sy  inen  für  nemen,  strakes  vnd  vrbers  abetragent,  vnd 
ouch  etliche  mit  gefengnusse  dorzu  brocht,  das  sy  solichs 
haben  müssen  tun«.  Deshalb  befreite  die  kaiserliche  Gnade 
jene  armen  Leute  von  willkürlicher  Einkerkerung.  Rechts- 
ansprüche an  einzelne  Reichsunterthanen,  sei  es,  dass  sie 
von  den  landvögtischen  Beamten  oder  von  sonst  jemand 
erhoben  würden,  sollten  jedesmal  an  den  zuständigen  Dorf- 
gerichten, beziehungsweise  wo  diese  Gerichte  ihren  »Gezog«, 
d.  h.  Appellhof,  hätten,  erhoben  werden.  Rechtsansprüche 
an  ganze  Gemeinden  aber  sollten  vor  dem  Reichsgericht 
zu  Hagenau,  oder  wo  dies  die  Sache  hinverweise,  abgeurteilt 
werden  2). 

Diese  Befreiungsurkunde  Albrechts  ist  geradezu  typisch 
geworden.  Im  Jahre  1446  Hessen  sich  die  »erbaren  Leute  der 
Pflege«  diesen  Freiheitsbrief  vom  Meister  und  Rat  der 
Stadt  Hagenau  begutachten ;  alle  folgenden  habsburgischen 
Kaiser  haben  sodann  die  Rechte  der  Reichsunterthanen 
in  jener  Form  bestätigt*). 


>)  Schöptlin,  Als.  dipl.  II,  336.  —  ^)  Hag.  St«  A.  AA  149  nr.  11, 
Ol.  Urk.  Albrechts  II.,  Prag  1438  am  Donnerstag  nach  St.  Veitstag.  — 
'"}  Vgl.  die  Urkunden  im  Hag.  St.  A.  AA. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  2  l  I 


IL  Die  Präsentation  des  Landvogts  und  der  Huldigungsakt 

in  den  Reichsdörfem. 

Der  Empfang  eines  neuen  kaiserlichen  Statthalters 
nahm  in  den  Dörfern  einen  ähnlichen  Verlauf  wie  in  den 
Reichsstädten  *).  Die  Ernennung  des  Landvogts  wurde 
auch  den  Unterthanen  auf  dem  Lande  durch  ein  kaiser- 
liches Schreiben  kund  gegeben;  gleichzeitig  wurden  sie 
aufgefordert,  dem  neuen  Statthalter  zu  huldigen  und 
gehorsam  zu  sein.  Während,  in  den  ältesten  Zeiten  wenig- 
stens, der  Landvogt  in  jeder  einzelnen  Stadt  zur  Entgegen- 
nahme der  Huldigung  sich  einfinden  musste,  scheinen  die 
Reichsbauem  von  Anfang  an  zur  Gesamthuldigung  nach 
dem  Kloster  Neuburg  beschieden  worden  zu  sein.  Nur 
Küttolsheim  und  Dangolsheim  brauchten  -  wohl  wegen 
ihrer  weiten  Entfernung  von  tiagenau  —  nicht  zu  erscheinen, 
sondern  huldigten  gelegentlich  in  ihrer  Gemeinde. 

Der  Oberlandvogt  und  dessen  Stellvertreter  mussten 
in  eigener  Person  die  Reichsleute  in  Pflicht  und  Eid 
nehmen.  Im  Jahre  1531  führten  dieselben  beim  Rate  der 
Stadt  Hagenau  Klage  darüber,  dass  der  landvögtische 
Schultheiss  und  Gegenschreiber  ihnen  den  Treueid  für  den 
Oberland vogt  Pfalzgrafen  Ludwig  an  einem  bestimmten 
Tage  abnehmen  wollten.  Ein  solches  Vorgehen  aber  sei 
gegen  ihr  Herkommen,  denn  sie  hätten  bisher  nur  dem 
Landvogt  persönlich  geschworen.  Eine  Abordnung  des 
Stadtrates  erwirkte  daraufhin  vom  Pfalzgrafen  den  Ent- 
scheid, dass  der  Unterlandvogt  selbst  die  Huldigung 
entgegen  nehmen  müsse.  Die  Bauern  aber  versprachen, 
inzwischen  ebenso  gehorsam  zu  sein,  als  ob  sie  geschworen 
hatten  ^. 

Mit  grosser  (jewissenhaftigkeit  suchten  die  Reichs- 
unterthanen  ihre  Reichsunmitte] barkeit  sogar  durch  die 
Eidesformel  zu  wahren.  Allein  nur  »wegen  der  kaiser- 
lichen Majestät    und    des  Reiches^  schwuren  sie  dem 


')  V^.   mein«   Abhandlung    2   1.    c.    S.   322.    —    -)    Vj^l.   den    lieiülit 
nber  di«  Priientaüon  i.  H«|{.  St.  A.  AA  214. 


212  Becker. 

Landvogt  Treue  und  Gehorsam').  Als  man  in  oster- 
reichischer  Zeit  sowohl  die  Reichsstädte  als  auch  die 
Dörfer  »von  wegen  des  löblichen  Hauses  Ostreich« 
in  Pflicht  nehmen  wollte,  verwahrten  sich  auch  die  letzteren 
nachdrücklich  gegen  eine  solche  Zumutung.  Wiederum 
war  es  die  Stadt,  welche  für  die  Interessen  der  Dörfer 
eintrat^). 

Die  übertriebene  Angst  der  Reichsleute,  durch  die 
Huldigung  ihre  Reichsfreiheit  zu  verlieren,  gab  1589  zu 
sehr  unliebsamen  Vorkommnissen  Anlass.  Kaiserliche 
Kommissarien  waren  mit  dem  neuen  Unterlandvogt  Georg 
Freiherrn  zti  Königseck  vor  den  im  Kloster  Neuburg  ver- 
sammelten Reichsleuten  erschienen  und  forderten  diese 
auf,  »Ihrer  Gnaden  dem  Erzherzoge  Ferdinand  in  allen 
ziemlichen  Geboten  und  Verboten,  auch  mit  Richtung  und 
Bezahlung  aller  ihrer  schuldigen  Gefälle  gehorsam  und 
gewärtig  zu  sein«.  Dr.  Betz,  einer  der  kaiserlichen  Gesandten, 
verlas  den  Gehorsambrief,  und  der  Zinsmeister  nahm  aus 
der  Hand  der  Dorfschultheissen  die  Gerichtsstäbe,  welche 
ihnen  nach  der  Eidesleistung  wieder  eingehändigt  werden 
sollten.  Als  ihnen  aber  dann  die  Eidesformel,  nach  der 
sie  schwören  sollten,  vorgelesen  wurde,  da  liessen  sie  durch 
einen  schon  vorher  bestellten  Redner,  einen  Notarius  aus 
Strassburg,  erklären:  yda  ihnen  jetzt  ein  Eid  vorgestabt 
werde,  welcher  der  alten  Form,  falls  sie  vorhanden  wäre, 
stracks  zuwider  sei.    so  gehe  ihre  Bitte  dahin,    sie  bei   der 

')  Der  Eid,  welchen  1544  die  Dörfer  dem  Oberlandvogl  schwuren, 
lautet,  wörtlich:  :vWir  schweren  der  römischen  keyserlichen  majestät,  als 
unserm  rechten  natürlichen  keyscrn  und  allergnedigsten  hern  von  des  heylicheu 
reich s  weyen,  auch  dem  durchleuchtigsten  hochgebornen  fursten  und  herm, 
hcrrn  Friderichen  pfalzgrawe  bey  Rhein,  hertzogen  in  Beyern,  der  heylichen 
römischen  reiche  crtztruchseß  und  churfürsten,  unserm  gnedigsten  herrn  als 
obcrlandvogt,  und  an  statt  ilcrselbigen  dem  wolgebornen  herrn  herrn  Hein« 
riehen  von  Flcckenstcin,  frciherrn  zu  Dachstul,  ircr  majestät  und  churfürät- 
liehen  ynaden  undcrlandvogt,  auch  unserm  gnedigen  herrn,  von  höchstgemelter 
koyyjorl.  maj.  u.  des  heyl.  rcichs  wegen,  getrcwe,  gehorsam  und  gewerlig  zu 
sein,  nutz  und  fromen  zu  werben  und  schaden  zu  warnen  und  wenden,  und 
gc(;en  ircr  majestät  und  chur fürstlichen  gnaden  und  gnaden  als  landvögten  zu 
tuon,  wie  gctrcuw  underthancn  von  des  hcyligen  reichs  wegen  und  wie  von 
alter  her  kommen  ist  on  alle  geverde,  also  warlich  uns  got  helf  und  die 
heyligen.'?.     Hag.  St.  A.  AA   149    nr.  27.  —  ')  Hag    St.  A.  AA  150    nr.  2. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  2  1 3 

alten  Form  der  Pflichten  zu  lassen,  wie  sie  auch  erbotig 
seien,  den  Eid  nach  der  alten  Form  zu  leisten,  c  Alle  Ver- 
sicherungen, dass  die  vorgelesene  Formel  die  richtige  sei, 
dass  in  den  Archiven  keine  andere  zu  finden  sei,  ja  selbst 
die  Drohung,  dass  bei  fortgesetzter  Weigerung  Ihre  Gnaden, 
der  erzherzogliche  Oberlandvogt,  auf  andere  Mittel  sinnen 
werde,  sie  zur  Pflicht  zu  zwingen,  machten  nicht  den 
gewünschten  Eindruck.  Schliesslich  entpuppten  sich  einige 
Bürger  aus  Sufflenhcim  und  Ettendorf  als  die  Rädelsführer. 
Man  holte  sie  hervor  und  forderte  sie  vor  allen  auf,  zu 
erklären,  was  denn  eigentlich  Fehlerhaftes  an  der  Eides- 
formel sei.  Als  sie  beschämt  nichts  vorzubringen  wussten, 
Hessen  sich  die  Bauern  herbei,  den  ihnen  vorgestabten 
Eid  mit  »erhobenen  Fingern  und  gelehrten  Wortenc  zu 
beschworen. 

Nachdem  sodann  den  Unterthanen  noch  geboten  worden 
war,  »hinfüro  ohne  Vorwissen  und  Bewilligung  der  Herr- 
schaft oder  der  Dorfechultheissen  keine  heimliche  oder 
öffentliche  Versammlung  anzuberaumen  und  zu  halten<, 
wurden  sie  nach  Hause  entlassen ;  die  Herren  aber  nahmen 
im  Kloster  ein  Festessen  entgegen '). 

Von  Seiten  der  Herrschaft  wurde  anderseits  streng 
darauf  gesehen,  dass  niemand  sich  der  Eidesleistung  ent- 
zog. Als  man  1566  die  Wahrnehmung  machte,  dass 
ausser  den  alten  und  schwachen  Leuten  auch  noch 
manche  andere  zu  Hause  zurückgeblieben  waren,  wurde 
beschlossen,  die  Huldigung  müsse  von  neuem  vorgenommen 
werden,  und  die  Schultheissen  sollten,  wo  nötig,  die  Säumigen 
mit  Gewalt  herbeitreiben*). 


nL  Die  Gerichtsbarkeit  und  die  Schultheissenämter  der 

Reichsdörfer. 

Vereinzelt   ist    bereits    im    Voraufgclienden    die    Rede 
gewesen    von    der    Gerichtsbarkeit   in    den    Reichsdörfern. 
Wir  haben  gesehen,  wie  1313  >die  Gerichte  in  dem  Lande 
den  interimistischen  Landvögten  unterstellt  wurden  *).    Dom 

h  Strassb.    Bcz    A.  C   12    nr.   104.  —  -')  Strasbb.  Bez.  A.  ('  :    ni.  45«. 
-  •;  Bau  I,  231. 


214 


Hecker. 


Burggrafen  Friedrich  von  Nürnberg  wurde  1363  die  Land- 
vogtei  übertragen  »mit  allen  ihren  Gerichten«').  1375 
erhielt  das  Reichsdorf  Dangolsheim  die  Bestätigung  seines 
Gerichtes  durch  den  Unterlandvogt  Ulrich  von  lichteneck  «). 
Dass  Rumersheim  am  Ende  des  14.  Jahrhunderts  zum 
Gerichtsbezirk  Wingersheim  gehörte,  erfahren  wir  aus 
einem  Briefe  des  Landvogts  Schwarz  Reinhard  von 
Sickingen").  Nur  diesen  wenigen  Spuren  von  der 
Lokalgerichtsbarkeit  der  Reichsdörfer  begegnen  wir  im 
14.  Jahrhundert.  Ebenso  vereinzelt  sind  auch  für  diese 
Zeit  die  Angaben,  wodurch  dieselben  Dörfer  als  zum 
Schultheissenamt  der  Stadt  Hagenau  gehörig  bezeichnet 
werden.  Mit  Bezug  auf  Mommenheim  und  Sufflenheim 
geschieht  dies  in  einer  Urkunde  Kaiser  Ludwigs  133 1*). 
Von  Batzendorf,  Eschbach,  Ettendorf,  Gunstett,  Mommen- 
heim, Morschweiler,  Ohlungen,  Sufflenheim,  Surburg  und 
Wingersheim  und  allen  andern  Gerichten  (der  Landvogtei) 
erfahren  wir  dasselbe  aus  der  Urkunde  des  Landvogts 
Wenzel  von  1370^).  In  einem  Lehnbriefe  des  Reichsvikars 
Herzog  Ludwig  von  der  Pfalz  aus  dem  Jahre  1401  werden 
38  eigentliche  Reichsdörfer  und  die  1 1  Dörfer  des 
Ried  als  dem  Schultheissenamte  Hagenau  unterständig 
bezeichnet  <i). 

Was  wir  in  dunkeln  Umrissen  aus  dem  archivalischen 
Material  des  14.  Jahrhunderts  erkennen,  wird  für  die  fol- 
genden Jahrhunderte  mit  voller  Sicherheit  nachweisbar. 
Zunächst  nämlich  hatten  die  Reichsdörfer  ihre  Lokal- 
gerichtshöfe   unter    eigenen    Schultheissen,    doch   so,    dass 

*)  Monumenta  Zoller.  III,  466.  —  ^)  Hag.  St.  A.  AA  147  nr.  4.  — 
s)  Strassb.  St.  A.  AA  136.  —  *)  Batt  I,  227.  —  s)  Hag.  St.  A.  AA  146  nr.  3. 
—  ')  Chmel  Reg.  Ruprechts  nr.  1076.  Vgl.  meine  Abh.  2  S.  348.  Die  elf 
Rieddörfer  sind:  Auenheim,  Dalbunden,  Dengeisheim  (ein  Weiler  bei  Sesenheim), 
Forstfcld,  Giesenheim  (jetzt  zu  Röschwoog  gehörig),  Kauffenheim,  Roppen- 
heim,  Röschwoog,  Runzenhcim,  Sesenheim  und  Stattmatten.  Diese  Dörfer  waren 
ursprünglich  ohne  Zweifel  altes  Reichsgut.  Von  den  Landgrafen  des  Unter- 
elsass  wurden  sie  in  der  Mitte  des  14.  Jahrh.  den  Fleckenstcinem  zu  Lehn 
gegeben,  und  Kaiser  Karl  IV.  bestätigte  den  Fleckenstcinem  den  Besitz 
gegen  die  Bemühungen  der  Landvögte  und  der  Stadt  Hagenau,  welche  in 
harinäckigcin  Kampfe  bis  etwa  1420  dem  Reiche  die  »Hochgerichte  und  die 
Herberge^  im  Riedgau  zu  sichern  suchten.  Vgl.  Hatt  II,  682.  Für  die  vor- 
liegende Untersuchung  kommen  diese  Rieddörfer  nicht  -weiter  in  Betracht. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  2  I  ^ 

vielfach  mehrere  Dörfer  zu  einem  Gerichtsbezirk  vereinigt 
waren. 

So  war  Batzen dorf  der  Sitz  eines  Tribunals  für  noch 
acht  andere  Ortschaften:  Bernolsheim,  Berstheim,  Hochstett, 
Kriegsheim ,  Rotteisheim,  Nieder- SchäfFolsheim ,  Wahlen- 
heim und  Wintershausen.  Zu  Bossendorf  gehörte 
Scherlenheim ;  zu  Forstheim  gehörten  Eschbach  und 
Hegeney.  Dem  Gerichte  von  Kindweiler  unterstanden: 
Bitschhofen,  Uberach  und  die  Walk,  dem  von  Morsch- 
weiler Ghrassendorf  und  Ringeldorf,  und  dem  von 
Ohlungen  unterstand  KefFendorf.  Zu  Wingersheim 
gehörten  Bilwisheim,  Mittel-SchäfFolsheim  und  Rumersheim, 
zu  Wittersheim  Gebolsheim.  Selbständige  Gerichte  hatten 
femer  noch  Dangolsheim,  Ettendorf,  Gunstett,  Hüttendorf, 
Küttolsheim,  Lixhausen,  Minwersheim,  Mommenheim,  Mutzen- 
hausen, SufBenheim  und  Surburg  i).  Also  gab  es  nachweisbar 
19  Lokalgerichtshöfc  im  Bezirk  der  Landvogtei  mit 
40  Dörfern;  für  die  5  Dörfer,  welche  halb  dem  Bistum 
Strassburg  gehörten  und  seit  151 2  ihm  ganz  überlassen 
waren,  Hess  sich  bezüglich  der  Gerichtsbarkeit  nichts 
ermitteln»  d.  h.  in  den  Zinsmeisterbüchern  von  1448  bis 
1500  ist  nie  die  Rede  von  Schultheissen  daselbst-). 

I)  Diese  Zusammenstellung  inbcticfl'  der  SchuUheissenämter  geht  mit 
unbedingter  Sücherheit  hervor  aus  den  Rechnungsbüchem  der  Zinsmeister, 
welche  von  1445  ab  vereinzelt  erhalten  sind.  Vgl.  Hag.  St.  A.  AA  22S 
nr.  4  bis  6;  Strassb.  Bez.  A.  C  91  u.  99;  ebenda  C  16  nr.  61  ;  C  51  nr.  29; 
C  81  nr.  16.  —  •)  Es  sind  dies:  Dingsheim,  Dossenheim,  Kleinfrarikcnheim, 
Oflfenheim  und  Waldolwisheim.  Diese  5  mit  eingerechnet,  ergeben  sich  im 
ganzen  45  eigentliche  Reichsdörfer;  die  Liste  derselben  folgt  am 
Schlüsse  dieser  Abhandlungi  bei  der  Übersicht  über  die  Steuern  und  Abgal>en. 
In  der  ältesten  Zeit  war  der  Reichsbe^itz  viel  beträchtlicher.  Iluchfelden 
z.  B.  war  als  altes  Rcichsgut  mehrlach  verpfändet  und  veräussert  worden. 
Durch  die  pfälzischen  Pfandbesit^er  der  Landvugtei  wurde  es  wieder  mit 
dieser  vereinigt.  Als  die  Landvogtei  in  den  Besitz  der  Habsburger  kam 
1504  u.  iSS^t  haben  diese  die  Vogtei  von  Hochfeldcn  regelmässig  besetzt 
und  ihren  Landvögten  zu  Hagenau  unterstellt.  1(132  aber  verlehntcn  sie 
Hochfcklen  an  Albert  von  Ichter>heim.  Als  Reichsdörfer  erscheinen  im 
IS.  Jahrhundert  und  im  Anfang  des  16.  auch  die  Mundatdörfer  Altcnstadi, 
Schleilhal  u.  $«ebach.  Während  die  Pfülzer,  welche  im  Pfandbesitz  von  Teilen 
des  Mundatgcbietes  waren,  die  landvogtei  inne  hatten  (1408 —i 504),  haben 
diwe  Dörfer  regelmässig  dem  pOü/ischen  Unterland vogt  in  Hagenau  gebuKlij^i 
und    zur   Ernte-    und  Weihnachts/eii    jährlich    eine  Geldsteucr    in    die  Land- 


2i6  Becker. 

Bekanntlich  bildeten  die  aus  der  Mitte  der  Bürger- 
schaft sich  ergänzenden  sieben  Schöffen  das  eigentliche 
Gericht,  welches  das  »Urteil  fand«.  Vorsteher  und  Leiter 
der  Gerichtsverhandlung  sowie  Vollstrecker  der  Urteile 
waren  die  jedesmaligen  Schultheissen.  Diese  aber  waren 
in  jenen  Reichsdorfem  die  direkten  Unterbeamten  des 
Inhabers  der  Reichslandvogtei.  Es  folgt  dies  für  das 
14.  Jahrhundert  schon  daraus,  dass  die  Gerichte  auf  dem 
Lande  den  Landvogten  zugesprochen  wurden,  und  dass  die 
Landvogte  kraft  ihres  Amtes  dieselben  bestätigten.  Im 
15.,  16.  und  17.  Jahrhundert  veranlasste  die  Besetzung  der 
Schultheissenämter  auf  dem  Lande  oft  längere  Verhand- 
lungen zwischen  den  Beamten  zu  Hagenau  und  den  pfäl- 
zischen und  habsburgischen  Oberlandvögten  zu  Heidelberg 
bezw.  zu  Innsbruck.  Die  Räte  zu  Hagenau  äusserten  ihre 
Wünsche  oder  machten  Vorschläge,  worauf  die  Oberland- 
vögte unter  den  Kandidaten  ihre  Wahl  trafen  *). 

Manche  Dörfer  hatten  auch  wohl  ein  Mitwirkungsrecht 
bei  der  Erhebung  der  Schultheissen.  Die  Einwohner  von 
Dangolsheim  Hessen  sich  im  Jahre  1433  von  Kaiser  Sig^s- 
mund  ein  >altes  Privileg«  bestätigen,  welches  besagte:  »Die 
Schöffen  zu  Dangolsheim  sollen  auf  ihre  Eide  hin  drei  ehr- 
bare ^länner,  fromme,  friedliche  Leute,  die  dem  Recht  am 
nützlichsten  sich  erweisen,  aus  sich  und  der  Gemeinde 
daselbst  wählen;  dann  soll  der  Landvogt  oder  sein  Ver- 
weser aus  diesen  dreien  einen  zum  Schultheissen  setzen. 
Dieser  soll  schwören,  des  Reiches  und  seines  Dorfes 
Nutzen  und  Frommen  zu  fordern  und  jedermann  zu  seinem 
Recht  zu  verhelfen^N- 2). 

Für  die  Dörfer,  welche  einem  grösseren  Bezirk  vor- 
standen, wie  Batzendorf  und  Wingersheim,  oder  auch  wo 
der  Schultheiss  nebenbei  zum  Schutze  des  nahen  Forstes 
verwendet  werden  sollte,  wie  in  Surburg  und  Sufflenheim, 
wurden   —  wenigstens   in   habsburgischer    Zeit    —   reisige 

vo^tcikassc  entrichtet.  Als  Maximilian  1504  die  pfalzischen  Oberlandvögte 
vcrdränjjte,  bestätigte  er  jenen  Dörfern  als  »Reichsdörfernc  ihre  Piivilegien. 
Nicht  viel  später  gehörten  sie  wieder  zur  Hälfte  der  Pfalz,  zur  Hälfte  dem 
Abte  von  Weissen  bürg. 

»)  Vgl.  unter  anderm  Strassb.  Bez.  A.  C  50,  51,  52,  53.  —  «)  Hag. 
St.  A.  AA  149  nr.   10. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  217 

Schultheissen  bestellt.  Im  allgemeinen  war  man  bestrebt, 
eingesessene  Bürger,  die  möglichst  wenig  Verwandte  hatten, 
zu  Schultheissen  zu  erheben.  Zeitweise  aber  zeigte  es  sich, 
dass  diese  :>Bauernschultheissen«  allzu  wenig  das  Interesse 
der  Herrschaft  wahrnahmen,  indem  sie  die  Frevler  selten 
zur  Rechenschaft  zogen  und  wenig  Frevelgelder  oder 
(ierichtsbesserungen  an  die  Landvogteikasse  ablieferten. 
Deshalb  schickte  man  auch  wohl  erprobte  landvögtische 
Diener,  besonders  solche,  welche  in  den  Kanzleien  beschäf- 
tigt gewesen  waren,  als  Schultheissen  aufs  Land^). 

Am   8.  Mai   1560  wurde  Heinrich  Schlipfer   zum   Ein- 
spännigen  und  Schultheissen   zu  Sufflenheim   ernannt.     Er 
musste     auf    eigene     Kosten     ein     wohlgerüstetes     Pferd 
halten  und  mit  Büchse,  Harnisch  und  Knebelspiess  sowie 
mit  allem,  was  sonst  zu  guter  Rüstung  gehörte,  stets  ver- 
sehen   sein.      Dem   Landvogt   und   Zinsmeister  sowie   den 
andern  Räten    der    Landvogtei    sollte    er    in    allen    Amts- 
geschäften  willig   dienen    und    gehorsam    sein;    ohne    ihre 
Erlaubnis  durfte   er   sich   nicht   aus   dem  Landvogteibezirk 
entfernen.     Vor   allem    war   ihm   eingeschärft,    das   Schult- 
heissenamt     getreu     und     fleissig     zu    versehen ,     gleiches 
Gericht    zu    führen    den    Reichen    wie    don    Armen ,    die 
Gerichtszeit  im  Interesse   der  Armen    strenge   innezuhalten 
und  deren  Rechtshändel  nicht  nutzlos  zu  verschieben.    Das 
Kammergut  sollte  er   getreu    verwalten    und    die    Erträge 
des   Gerichtes    gewissenhaft    an    die    Landvogteikasse    ab- 
liefern.     Überhaupt    sollte    er    die    Untertluinen    auf    dem 
Lande  in  ihren  Rechten  und  Freiheiten  schützen. 

Soviel  ihm  sein  Dienst  gestattete,  musste  er  —  gleich- 

^Txi   im    Nebenamte  —  Forstschutzdienste   thun,    d.   h.    im 

herein   mit    dem    Forstmeister,    don    Wildpret-    und    Holz- 

ßrstem   den   heiligen   Forst    bereiten    und    die  HolztVevh^r 

unci  Wilddiebe  zur  Bestrafung  bringen.    Weil  er  nicht  weit 

^'orn  Rheine  gesessen  sei,    sollte  or  jederzeit  die  unsichern 

•Liiufe    und    Pratikens    in     Erfahrung    bringen    und    der 

Landvogtei  darüber  berichten. 


M  V^\.    die   Verhandlungen    inhutrclV    ilcs    lUi/cnJorfi-r    iii.iiiliti.^    vnii 
^S^T—iOoo  und  die  inbclrell   Win^cr-hoim  i.  Sira-^r-h.   W/.  A.  C  yO    -53. 
Zeitwhr.  f   Gesch.  d.  Ohr rrh.  N.  V.  XIV   i.  r  r 


2i8  Becker. 

Alle  diese  Pflichten  treu  zu  erfüllen,  musste  der  neue 
Schultheiss  durch  feierlichen  Eid  geloben  und  schriftlich 
sich  verbürgen. 

An  Sold  bezog  er  25  rheinische  Gulden  ä  63  Kreuzer, 
5  Ellen  Leinen  und  6  Ellen  Futtertuch  zu  einem  Winterrock. 
Für  sein  Pferd  erhielt  er  30  Viertel  Hafer  und  200  Wellen 
Stroh.  Von  den  Strafen  der  Wilddiebe,  welche  er  half  zu 
Gefängnis  bringen,  erhielt  er  den  vierten  Teil.  Ausserdem 
hatte  er  das  Mastrecht  im  heiligen  Forst  für  4  Schweine. 
Auf  seinen  Dienstreisen  ausserhalb  der  Landvogftei  sollte 
er  für  seine  Person  und  Pferd  täglich  30  Kreuzer  erhalten. 
Etwaiger  Schaden  an  seinem  Dienstpferd  sollte  ihm  ver- 
gütet werden.  Als  ausserordentliche  Nutzniessung  erhielt 
der  Schultheiss  von  Sufflenheim  1560  —  und  zwar  auch  sein 
Nachfolger  —  die  Matten,  welche  der  ehemalige  pfälzische 
Schultheiss  zu  Sufflenheim,  Wilhelm  Morsheimer,  von  Hanns 
Jakob  Knobloch  von  Strassburg  um  23271  Gulden  eingelöst 
und  pfandweise  besessen  hatte,  und  welche  auf  etwa 
10  Mannsmatten  geschätzt  wurden,  d.  h.  er  musste  sie 
um  jenen  Preis  von  den  Erben  Morsheimers  an  sich  lösen'). 
Fast  in  denselben  Worten  sind  die  Pflichten  des  Ein- 
spännigen und  Schultheissen  zu  Surburg,  Daniel  Bootzheim. 
24.  Januar  1561  und  des  V^ogt  und  Einspännigen  von 
Surburg,  Kaspar  Hindenlang,  am  2.  Juli   1565  geschildert. 

Dasselbe  gilt  von  den  Pflichten  der  Schultheissen  zu 
Batzendorf.  Im  Jahre  1587  am  24.  Dezember  erhielt  Jost 
Scholl,  1601  Jakob  Meyer  an  Geld  46  Gulden  bewilligt; 
1615  aber  wurden  für  einen  dortigen  Schultheissen  48  Gulden 
3  vSchilling  rheinisch  ä  60  Kreuzer  und  8  Gulden  für  Hof- 
kleidung festgesetzt  2). 


*)  Vgl.  den  Bestallungsbrief  im  Innsbrucker  Kopialbuch  »Bekennen«  zu 
1560.  Gabriel  Müller,  Schultheiss  zu  Sufflenheim^  erhielt  1600  bereits 
46  Gulden  an  Geld  bewilligt,  alles  andere  blieb.  Ebenda  zu  7.  Juli  1600. 
—  -  2)  Vgl.  das  genannte  Innsbrucker  Kopialbuch  zu  den  betreffenden  Jahren. 
An  Sold  erhielt  der  genannte  Daniel  Bootzheim  abweichend  32  Gulden, 
40  Viertel  Hafer,  lo  Fuder  Holz.  In  der  Bestallungsurkunde  des  Batzen- 
dorfer  Schultheissen  heisst  es  regelmässig:  >Er  soll  Achtung  haben,  dass 
Hasen,  Rebhühner  und  dergleichen  Wild  von  Fremden  nicht  gefangen  werde, 
noch  den  Untcrthancn  die  Felder  und  Früchte  durch  Jagen  und  Gramstellen 
verdorben  werden.« 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagcnau.  2  1 0 

Durch  die  ausführliche  Neuordnung,  welche  König 
Ferdinand  1527  für  die  Landvogtei  erliess,  erfahren  wir, 
dass  jeder  neu  ernannte  Schultheiss  »fünf  Gulden  Ehrung- 
geld« bezahlen  musste,  welche  zu  Zeiten  der  Pfalz  für  den 
Empfang  verrechnet  worden  waren.  Ferdinand  forderte, 
dass  fortan  die  Zinsmeister  den  gleichen  Betrag  erheben 
sollten  ^). 

Wie  die  Dorfschultheissen   vor  der  Huldigungsfeier  der 
Reichsleute   ihre  Gerichtsstäbe,   das    Zeichen   ihrer  Würde, 
abliefern  mussten,   dann   aber  nach    der  Eidesleistung  die- 
selben aus  der  Hand  des  neuen  Landvogts  zurück  erhielten, 
ist   bereits   oben   berichtet   worden.      Es   sollte   damit   ver- 
sinnbildlicht   werden,    dass    ihre    Amtsgewalt    nach    dem 
Abgang  des  frühem  Landvogts  erloschen  gewesen  sei  und 
nur  durch   den   neuen  Oberherrn    erneuert  werden   könne. 
Neben    und    über   jenen    Lokalgerichten    der    Reichs- 
dörfer stand,  wie  bereits  erwiesen  worden  ist,  das  Reichs- 
schultheissenamt   der   Stadt   Hagcnau.     Seit   dem   Beginne 
des  14.  Jahrhunderts  war   das  Hagenauer  Gericht   in   zwei 
Gerichtshöfe  geschieden:   das   Hochgericht   oder  »Gräthen- 
jifericht«,    von    seinem    Sitzungsort    auf   der    Gräthe,    den 
Staffeln  vor  der  Burgkapelle,  benannt,  wurde  durch  Burg- 
männer  gebildet,    denen    wohl   auch   bürgerliche   Schöffen 
beigesellt  wurden;  dieses  Gericht  urteilte  unter   dem  Vor- 
sitz  des   Reichsschultheissen   über   Streitsachen   der  Hage- 
nauer Edelleute.    Das  eigentliche  Stadtgericht,  gewöhnlich 
I-auben-     oder    Arkadengericht«    genannt,     nach     seinem 
Sitzungsort  auf  der  Laube  über  der  Halle  des  frühern  Rat- 
hauses,   wurde    gebildet    durch    bürgerliche    Schöffen.     Es 
\irteilte    unter   der    Leitung    desselben    Reichsschultheissen 
über  Streitsachen  der  Stadtbürger,  war  aber  auch  zuständig 
für  die    zur  Pflege  Hagenau   gehörigen  Reichsdörfer.     Mit 
Kücksicht  darauf  wurde  es  geradezu  als  »ein  gemein  Land- 
%^ericht<  bezeichnet^). 


■)  Innsbnicker    Kopialbuch    zu    1527.    -    -)  Vgl.    ilie    Urkunde   Kaiser 

Sigismund!   1436:    >weil  wir  und  das  rieh  dann  /wcen  Berichte   in    derselben 

«tati  Hagenau  haben  nemlich   ein  Hochj;ericht  vnd    ein    {gemein    landgericht  . 

s.  Guerber   Hist.    d.  Haguenaii.     Kaiser  Friedrich  IV.    nennt   jenes  Laubcn- 

fSericht    1448:    »ein    gemein    landgericht    uf   der    louben.«    s.    Schüptlin,   Ah. 

<Jipl.  II.  381. 


i;* 


220  Becker. 

Über  die  Zuständigkeit  und  Kompetenzen  jenes  Hage- 
nauer  Landgerichts  einerseits  und  der  Dorftribunale  ander- 
seits werden  wir  eingehend  unterrichtet.  Im  allgemeinen 
galt  das  Hagenauer  Laubengericht  als  Appellhof  und  Ober- 
gericht der  Reichsdörfer;  wer  sich  mit  dem  Urteil  seines 
Dorfgerichtes  nicht  begnügte,  konnte  seinen  Rechtsstreit 
noch  einmal  vor  dem  Reichsschultheissenamt  Hagenau 
anhängig  machen.  Um  das  Jahr  1427  hatte  sich  zwischen 
der  Stadt  Hagenau  und  den  Schultheissen  und  Gerichten 
der  I^ichsdörfer  ein  Streit  erhoben.  Die  Stadt  behauptete, 
jede  Klage,  die  bei  ihrem  Laubengericht  anhängig  ge- 
macht werde,  müsse  den  Klagen  vorgehen,  welche  schon 
vorher  an  einem  der  Dorfgerichte  erhoben  worden  seien. 
Die  Dorfschultheissen  behaupteten,  diiss  jede  Klage,  welche 
zuerst  vor  ihren  Gerichten  anhängig  gemacht  worden  sei, 
auch  dort  abgeurteilt  sein  müsse,  ehe  sie  nach  Ilagenau 
gezogen  werden  könne  *). 

Kaiser  Sigismund  hebt  in  seiner  Urkunde  für  die 
Reichsdörfer  1438  ausdrücklich  hervor,  dass  die  Rechts- 
ansprüche an  die  armen  Leute  zunächst  an  denjenigen 
Gerichten  zu  erheben  seien,  wo  die  Beklagten  sesshaft 
seien.  An  zweiter  Stelle  lässt  er  erst  des  »riches  gericht 
/AI  Hagenow*  zu,  wohin  dieselben  Dörfer  ihren  »gezog«, 
d.  h.  ihren  Appellhof  hätten.  Nur  diejenigen  Streitsachen, 
welche  eine  ganze  Dorfgemeinde  angingen,  sollten  gleich 
vor  dem  Obertribunal  zu  Hagenau  anhängig  gemacht 
werden  2).  Immer  wieder  haben  die  Reichsunterthanen  auf 
dem  Lande  betont,  dass  sie  sich  begnügen  wollten  mit 
>gerichte  und  rechte  an  den  enden,  do  sy  hingehorten, 
oder  des  richs  gerichte  zu  Hagenowe<r^). 

Das  Reichslaubengericht  war  weiterhin  von  alters  her 
allein  zuständig  für  Alord-  und  Wundklagen  sowie  für 
Rechtsstreitigkeiten,  welche  Verschreibungen  betrafen,  die 
vor  den  Schöffen  des  Hagenauer  Landgerichts  vorgenommen 
worden     waren.       Es     waren     dies    :.Kaufverschreibungen, 

'I  Hag.  St.  A.  AA  149  nr.  8.  —  ^)  Hag.  St.  A.  AA  149  nr.  II  »vnd 
werc  euch,  das  bvc  eine  ^'cmcinc  eins  dorfcs  anzusprechende  hetten,  das  sy 
von  den  gericht  und  recht  neinen  und  geben  sollen  vor  unser  und  des  richs 
gerichte  zu  Hagcnow,  oder  war  es  dasselbe  gericht  wiset.c  —  *)  Slrassb. 
Bez.  A.  C  50. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  221 

Widum-  und  Zinsbrief  und  dergleichen  Verschreibungs- 
urkunden«,  welche  versiegelt  werden  mussten  und  deshalb 
von  den  Lokalgerichten  nicht  ausgefertigt  werden  konnten, 
weil  diese  Gerichte  keine  Siegel  hatten  ^). 

Gegen    Ende    des    i6,    Jahrhunderts    war    es    Brauch 
geworden,   dass  die  Reichsleute  »aus  vorsätzlichem   bösen 
Mutwillen,  um  die  Gegenpartei  in  desto  schwerere  Unkosten 
zu   stürzen«,   die  Dorfgerichte    umgingen   und   ihre  Klagen 
direkt  auf  dem  Reichslaubengericht  zu  Hagenau  anbrachten. 
Die    Gerichte    auf   dem    Lande    wurden    dadurch    so    sehr 
-geschmälert  und  in  Abgang  gebracht«,  dass  die  l^ndvogtei- 
beamten   sich   genötigt   sahen,    gegen    diesen    Unfug    ein- 
zuschreiten.    Es  erging  ein  strenger  Befehl  des  Oberland- 
vogts an  alle  Reichsschultheissen    der  Dörfer   des  Inhalts, 
sie  sollten  ihren   Unterthanen   einschärfen,   dass   dieselben, 
—  obige  Reservatfälle  ausgenommen,  —  nur  an  den  Dorf- 
gerichten, unter   deren   Stab   sie    sesshaft    seien,    einander 
verklagen  sollten.     Wer  dagegen  handle,   solle  vom  Orts- 
>chultheissen  auf  dem  nächsten  Freveltag  mit  5  ff  Pfennigen 
bestraft  werden.     Damit  den  Rcichsleuten  jeder  Vorwand 
genommen    sei,    sich    direkt    nach    Ilagenau    zu    wenden, 
sollten  die  Ortsschultheissen  sich  befleissigen,  jedermann  in 
seinem  Rechtsstreit  rasch  zu  fordern   und   allen   unnötigen 
Aufschub   zu   vermeiden.     Sei   eine  Streitsache   bereits   an 
ein  oder  dem  andern  Gerichte  anhängig,  so  dürfe  sie  nicht 
an  einem  zweiten  Gericht  aufgenommen   werden,    ehe  das 
Urteil  an  jenem  ersten  Gericht  ergangen  sei.    Die  Appella- 
tion von  den  Dorfgerichten  an  das  Schultheissenamt  nach 
Hagenau  blieb  gestattet.     Falls  nämlich  eine  der  streiten- 
den Parteien  sich   ungerecht  benachteiligt  glaubte,  durfte 
sie  das  Hofgericht  zu  Plagenau  anrufen,   wenn    das  Streit- 
objekt den  Wert  von  8  Gulden  übertraf.     Doch   sollte  die 


M  Sirassb.  Bez.  A.  C  51  nr.  3611.  Von  dem  .Schulthci^^cn  zu  Batzen- 
^oti  heisst  es  da:  »wann  ein  sohultheisR  neben  sein  ambt  ein  Schreiber,  kann 
er  in  vogteien  auch  inventierung  sich  fi*r  ein  Schreiber  gebrauchen  lassen, 
ai^r  ander  contracten,  als  kaufverschrcibunj^en.  widumi)  vnd  zinnsbrief  und 
^'gleichen  Urkunden,  so  versiegelt  worden  müssen,  map  man  nit  frrtijjon; 
*«on  das  i^cht  kein  sigel,  und  solche  vcrscliroibunjjen  s-eint  bishcro  /i: 
"■genaw  durch  die  Schöffenschreiber  pcfertigt  worden  wie  noch-.  —  *1  Slr.issb. 
^^  A.  C  50  nr.  I. 


222  Becker. 

Berufung  spätestens  6  Wochen  nach  dem  Urteil  des 
Dorftribunals  bei  der  Kanzlei  der  Landvogtei  eingereicht 
werden  ^). 

Durch  den  Tod  eines  Kaisers  sowie  den  Abgang 
eines  Oberlandvogts  war  die  Einstellung  der  gesamten 
Justiz  in  der  Landvogtei  bedingt.  So  hatte  nach  Kaiser 
Rudolfs  Tode  1612  die  Stadt  Hagenau  den  Gerichtsstab 
niedergelegt.  Die  Hagenauischen  Reichsbüttel  aber  fuhren 
fort,  auf  dem  Lande  und  in  den  Reichsdörfern  den  Reichs- 
stab »mit  Arrest,  Geboten  und  Verboten,  Fronungen  und 
andern  derartigen  Prozessen  zu  gebrauchen«.  Dadurch 
erwuchsen  den  Unterthanen  zu  höchster  Beschwerde  und 
Ungelegenheit  grosse  Unkosten.  •  Die  Landvogteibeamten 
geboten  deshalb  in  einem  Rundschreiben  allen  Schul t- 
heissen  nachdrücklich,  solchem  Treiben  der  Hagenauischen 
Büttel  Einhalt  zu  thun^). 

Während  also  die  Schultheissen  als  nächste  herrschaft- 
liche Beamte  den  Vorsitz  und  die  Leitung  der  Ortsgerichte 
hatten,  für  die  öffentliche  Sicherheit  Sorge  trugen,  die 
Steuern  und  Abgaben  für  die  Herrschaft  verwalteten,  die 
Frondienste  überwachten^),  so  bestellten  die  Gemeinden 
anderseits  in  den  »Heimburgem«  —  so  werden  die  Bürger- 
meister allgemein  im  Landvogteibezirk  genannt  —  Ver- 
treter der  eigentlichen  Gemeindeinteressen.  Der  Heim- 
burger war  die  wichtigste  Person  im  Haushalt  der  Gemeinde. 
Er  wurde  von  den  Bürgern  jährlich  aus  der  Mitte  der  Bürger- 
schaft gewählt.  Ihm  lag  vor  allem  ob,  das  Vermögen  der 
Gemeinde  zu  verwalten,  die  Geldeinnahmen  und  Ausgaben 
zu  verrechnen,  die  Abgaben  an  die  Herrschaft  einzusammeln, 
überhaupt  die  Gemeinde  nach  aussenhin  zu  vertreten.  Eine 
Ordnung  des  Dorfes  Ohlungen  vom  i.  Dezember  1576 
lautet:  »So  ein  Heimburger  auf  St.  Martinstag  einzieht,  so 
hält  ihm  der  Schultheiss  vor,  wie  er  sich  das  Jahr  über 
verhalten  soll.  Nachdem  er  vereidigt  worden  ist  auf  seine 
Pflicht,  giebt  man  ihm  2  Gesellen;  diese  müssen  schwören, 
ihm  behülflich  zu  sein,  wenn  er  sie  nötig  hat,  sei  es  zum 
Kaufen  oder   zum  Verkaufen.     Für   seinen  Dienst   im  Jahr 

1)  Strassb.  Bez.  A.  C  50  nr.  i.  —  ^)  Strassb.  Bez.  A.  C  16  nr.  61. 
—  ')  Vgl.  die  folgenden  Abschnitte. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  223 

bezieht  er  keinen  Lohn,  nur  soll  man  ihn  gelegentlich 
geziemend  verköstigen.  Nach .  Verlauf  des  Jahres  beruft 
der  Schultheiss  das  Gericht  zusammen  und  prüft  die  Ge- 
meinderechnung. Hat  der  Heimburger  der  Gemeinde  un- 
billige Kosten  verursacht,  so  muss  er  sie  selber  tragen«  * ). 


IV.  Die  Frondienste  der  Reichsunterthanen. 

Wie  die  Dörfer  der  »Pflege«  Hagenau  bei  der  Stadt 
Hilfe  und  Schutz  fanden,  so  mussten  sie  auch  der  Stadt  in 
Xot  und  Gefahr  beistehen  »mit  ihren  Leuten,  Pferden  und 
Wagen<2).  Auch  den  Landvogteibeamtcn  gegenüber  waren 
die  Dorfbewohner  zu  mancherlei  Dienstleistungen  ver- 
pflichtet. Wiederholt  haben  die  Kaiser,  dem  Beispiele 
Sigismunds  von  1422  folgend,  die  Reichsbauern  in  Schutz 
genommen  gegen  die  Forderung  von  Fronfahrten  ausser 
dem  Reiche*).  Die  Bestallungsbriefe  der  Beamten  und  die 
<^rdnung  Ferdinands  von  1527  belehren  uns  ausführlich, 
welcher  Art  die  Frondienste  waren,  welche  die  Reichs- 
unterthanen zu  leisten  hatten.  Für  die  höhern  Beamten 
mussten  sie  das  Dienstholz  im  heiligen  Forst  hauen  und 
beifahren.  Dafür  kormten  sie  »geziemendes  Essen  und 
Trinken«  beanspruchen  und  für  sich  zum  eigenen  Bedarf 
'Gegenhoiz«  hauen.  Für  den  I^ndvogt  insbesondere  mussten 
sie  das  (jras  auf  den  i3  Mannsmatten  im  Schierried  mähen, 
trocknen  und  einliefern.  Die  »Reichsunterthanen«  waren 
weiterhin  verpflichtet,  die  Familienangehörigen,  das  Getreide 
und  den  Wein  der  Beamten  nach  Wunsch  zu  befördern.  Den 
Fronherren  war  dabei  zur  Pflicht  gemacht,  »dass  sie  solche 
tron  an  die  unterthanen  nur  nach  gelegenheit  der  notdurft 
auch  ires  Vermögens  begeren  und  darzu  die  unterthanen 
2iemlich  verzeren,  inen  auch  die  maut  und  zolle,  so  sie 
von  dem  hab  und  gut  aufgeben  mussten,  wiederum  erstatten 
?^llten*:  *). 

Wenn  die  neu  in  die  Residenz  der  Landvogtei  über- 
^»icdelnden  Beamten  allzuweit  herkamen,  so  wurden  den 
Bauern    die    Fronfahrten    erlassen,    sie    mussten    aber    das 

')  Stnssb.  Bez.  A.  C  53  nr.  loi.  —  «)  V^l.  oben  S.  209.  -  '■  V«l. 
oben  S.  209.  —  ♦)  Vgl.  Ferdinands  Ordnung  von  1527  und  meine  Abhaniiluni: 
^ber  das  Beamtentum  der  Reichslandvogtei. 


224 


Becker. 


vom  Zinsmeisteramt  für  die  fremden  Fuhrleute  verausgabte 
Geld  zurückerstatten  1). 

Klagen  der  Reichsleute  über  die  drückendeti  Fron- 
dienste kehrten  beständig  wieder,  besonders  nachdem  die 
Landvogrteibeamten  durch  Bestellung  gelehrter  Räte  am 
Hofgericht  zu  Hagenau  vermehrt  worden  waren.  So  erhob 
löoo  die  Gemeinde  Surburg  beim  Landvogt  Beschwerde 
darüber,  dass  Dr.  Wolfgang  Hunger  sie  unaufhörlich  zu 
ungewöhnlichen  Fahrten  heranziehen  wolle.  Unter  anderm 
habe  er  sie  am  verflossenen  Sonntag  aufgefordert,  ihm  in 
zwei  Tagen  einen  »Enger«  Wein  von  Weissenburg  nach 
Hagenau  zu  besorgen.  Dies  sei  an  sich  unmöglich.  Im 
übrigen  aber  möge  der  Landvogt  sie  gegen  dergleichen 
Ansprüche  der  Gerichtsräte  schützen,  welche  sie  nicht  als 
ihre  Obrigkeit  anerkennen  könnten,  d.  h.  denen  gegenüber 
sie  nicht  verpflichtet  seien  zu  Frondiensten  *). 


V.  Der  »Atz«  und  die  Wirtschaftsordnung  in  den 

Reichsdörfern. 

Die  Landvogteibeamten,  hohe  wie  niedere,  hatten  auf 
ihren  Dienstreisen  das  Herbergsrecht,  »den  Atz«,  im  ganzen 
Bezirke  der  Landvogtei.  Von  den  Reichsstädten  wurden 
sie  bewirtet  und  aus  den  Herbergen,  Gasthäusern,  wo  sie 
abstiegen,  »gelöst«.  Auch  die  Reichsdörfer  waren  ver- 
pflichtet, den  »Atz  und  die  IJeferung  vergebens  zu  stellen«»). 
Auch  diese  Atzlieferung  rief,  ähnlich  wie  die  Frondienste, 
unaufhörlich  Klagen  der  Reichsleute  hervor.  Am  9.  Juni 
1 60 1  crliessen  Statthalter  und  Räte  zu  Hagenau  eine  »Atz- 
ordnung« für  alle  Reichsdörfer,  welche  den  Zweck  hatte, 
der  Belästigung  der  Gemeinden  durch  die  niedern  land- 
vögtischen  Beamten  vorzubeugen^).    Darin  war  ausgeführt : 

I.  Die  Wirte  dürfen  auf  Gemeindekosten  den  land- 
vögtischen  Wildhütern,  Holzforstern,  Einspännigen  sowie 
den  Dienern  der  höhern  Beamten  nur  eine  einmalige  Mahl- 
zeit  verabreichen.     An  Fleischtagen  besteht  diese  aus  dem 

*)  Strassb.  Bez.  A.  C  12  nr.  129.  —  -')  Strassb.  Bez.  A.  C  53  nr.  76. 
—  ■)  Vgl.    Ferdinands    Ordnung    von     1527.  —  *)    Strassb.    Bez.    A.  C  21 

nr.  52. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  225 

nötigen  Brot,  einer  Suppe,  einem  Pfund  Fleisch,  aus 
Gemüse  und  Käse,  sowie  einem  Mass  Wein.  An  Fasttagen 
soll  statt  des  Fleisches  ein  Hering  oder  ein  paar  Eier  ver- 
abreicht werden.  Brot  durfte  niemand  mitnehmen  auf  die 
Heimreise.     Das  Pferd  erhielt  ein  Viertel  Hafer, 

2.  Jeder  Wirt  sollte  mit  einem  solchen  »Gemeindegast< 
vor  seiner  Abreise  im  Beisein  des  Heimburgers  (Bürger- 
nieisteis  des  Dorfes)  oder  dessen  Stellvertreters  abrechnen 
und  den  Betrag  an  die  Wand  ankreiden  oder  aufschreiben. 

3.  Was  der  Schultheiss  oder  der  Heimburger  und  seine 
Gesellen  gelegentlich  eines  solchen  Besuches  der  niederen 
Beamten  verzehrten,  sollten  sie  aus  eigener  Tasche  bezahlen 
und  nicht  der  Gemeindekasse  zuschieben.  Nur  wenn  die 
hohem  Beamten  der  Landvogtei  sowie  die  Üfficianten,  als 
Gegenschreiber  und  Kastenkeller,  den  Atz  gebrauchten, 
sollten  Schultheiss  und  Heimburger  zu  Gast  gehalten 
werden  dürfen.  Überhaupt  sollte  diese  Neuordnung  nicht 
bindend  sein  für  die  höhern  Beamten. 

4.  Jene  Förster  und  Diener  hatten  an  ihren  Wohnorten 
keinen  Anspruch  auf  »Atz«,  ausser  wenn  es  ^hochnotwendige 
Ursachen«  betraf. 

5.  Ausser  obiger  Mahlzeit  durfte  weder  vMorgensuppe< 
noch  >  Schlaftrunk«  verabreicht  werden.  Uberliaupt  sollten 
jene  Beamten  nur  eine  »Irten«  (Zeche)  verbleiben  und  mög- 
lichst bald  das  betreffende  Dorf  verlassen. 

6.  Wirte,  welche  mehr  verabreichtc»n,  hatten  nicht  nur 
keinen  Anspruch  auf  Entschädigung  durch  die  Gemeinde- 
kasse, sondern  verfielen  einer  Frevelstrafe. 

Die  Gemeinde  Surburg  hatte  schon  elf  Jahre  vorher 
für  sich  eine  ähnliche  Atzordnung  erwirkt,  und  weil  der 
»Gemeindesäckel  zu  sehr  beschwert  war«,  die  Erhebung 
eines  Umgeldes  d.  h.  einer  Geldsteuer  auf  den  Wein- 
verkauf seitens  der  Wirte  verlangt.  Aus  dieser  Einnahme 
sollte  die  Zehrung  der  Landvogteibeamten  beglichen  werden. 

D'e  Wirtschaftsordnung,  welche  Surburg  damals 
bewillinrt  wurde,  lautete: 

Niemand  darf  ohne  Vorwissen  und  Bewilligung  der 
Herrschaft  einen  Wirtscliaftsbetrieb  eröffnen. 


M  Strassb.  Bez.  A    C    5.?  nr.  74  u.  7f;. 


226  Becker. 

Wer  eine  Wirtschaft  anfängt,  muss  folgende  Bedin- 
gung-en  beschwören  und  beobachten  bei  5  IE  Strafe: 

1.  Alle  Weinfasser  müssen  zu  Hagenau  auf  offener 
»Sinn«  (Aichamt)  geaicht  werden;  jede  Zuwiderhandlung 
trifft  eine  Strafe  von   10  ß. 

2.  Nur  in  solchen  »gesinnten«  Fässern  darf  Wein  herbei- 
gefahren und  aufbewahrt  werden. 

3.  Ehe  die  gefüllten  Weinfässer  in  den  Keller  eingelegt 
werden,  müssen  sie  von  den  geschworenen  Weinschätzern 
der  Gemeinde  begutachtet  sein. 

4.  Der  Vogt  soU  gemeinschaftlich  mit  den  Wein- 
schätzem  bei  dem  Wirte  Zahl  und  Inhalt  der  Fässer  auf- 
schreiben oder  auf  ein  Kerbholz  schneiden,  die  Hälfte  des 
Kerbholzes  dem  Wirt  überlassen,  die  andere  behalten  und 
die  Fässer  verpichen. 

5.  Der  Wirt  soll  von  jedem  Ohmen  Wein  »Hagenauer 
Sinn«  4  Mass  als  Umgeld  geben.  Wenn  die  Fässer  leer 
werden,  soll  man  das  Umgeld  erheben,  und  zwar  im  Ver- 
hältnis zu  dem  Verkaufswerte,  wie  der  Weinpreis  von  den 
geschworenen  Weinschätzern  bestimmt  war. 

6.  Der  Wirt  darf  kein  Fass  anzapfen,  das  nicht  vorher 
aufgeschrieben  und  versiegelt  war.  Zuwiderhandlung  bedingt 
jedesmal  eine  Strafe  von  5  D. 

7.  Angezapfte  Fässer  dürfen  nicht  nachgefüllt  werden. 
Wer  dagegen  verstösst,  zahlt  30  ß. 

8.  Wer  heimlich  Wein  in  seinem  Keller  aufbewahrt, 
ohne  ihn  zu  versteuern,  verfällt  in  eine  Strafe  von  einem  S. 

(.).  Jeder  Wirt,  welcher  die  Mass  Wein  teurer  verkauft, 
als  Vogt  und  Weinschätzer  bestimmt  hatten,  zahlt  5  D. 

10.  Die  Wirte  müssen  alle  ihre  Kannen  nach  der 
Hagenauer  Sinn  mit  einem  »Zepflin  gezeigt«  haben.  Wer 
dagegen  fehlt,  zahlt  jedesmal   10  ß. 

1 1 .  Vogt  und  Weinschätzer  sollen  alljährlich,  so  oft 
ihnen  gut  dünkt,  die  Kanne  revidieren  im  Beisein  der 
Wirte  und  diese,  falls  die  Kannen  und  Masse  zu  klein 
befunden  werden,  auf  dem  Frevel  tag  der  Herrschaft  zur 
Bestrafung  vorführen. 

12.  Alle  8  Tage  sollen  Vogt  und  Weinschätzer  das 
Umgeld  abnehmen  und  in  die  »Büchse«  thun. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  2  27 

13.  Für  die  Schätzung  und  Besiegelung  des  Weines 
bezieht  der  Vogt  jährlich  30  ß,  jeder  der  Schätzer  je  10  ß. 

14.  Die  Weinordnung  gilt  in  gleicher  Weise  in  allen 
Stücken  auch  für  den  Ausschank  des  Bieres. 

Gleichzeitig  wurde  für  Surburg  auch  eine  Verordnung 
erlassen  inbetreiF  des  Atzrechtes  der  Gemeindebeamten. 

1.  Alle  Gemeinderechnungen  sollen ,  wie  bisher,  im 
Beisein  der  Vertreter  der  Herrschaft  vorgenommen  werden, 
und  von  dem  Überschuss  soll  die  Gemeindeschuld  gedeckt 
werden. 

2.  Dem  Heimburger  und  den  Gevschworenen  ist  kein 
Atz  gestattet;  ersterer  erhält  jährlich   i   S,  letztere  je   10  ß. 

3.  Wenn  der  Heimburger  in  Gemeindegeschäften  und 
in  Sachen  der  landvogtei  thätig  ist,  bezieht  er  in  den 
jetzigen  teuren  Zeiten  täglich  2  ß  6  .% ;  wenn  die  Lebens- 
mittel im  Preise  sinken ,  wird  ihm  weniger  angewiesen 
werden.  In  der  jedesmaligen  Rechnung  muss  ausdrücklich 
die  Ursache   und  Art  seiner  Thätigkeit  vermerkt   werden. 

4.  Die  bisherigen  Frondienste  der  Einwohner  für 
Heimburger  und  Geschworene  fallen  weg;  dafür  beziehen 
diese  jedesmal  2   .s  als  Steuer. 

5.  Wenn  der  Heimburger  in  Gemeindegeschäften  nach 
Surburg  oder  sonstwohin  eine  Stunde  Wegs  verreisen 
muss,  erhält  er  2  ß;  bei  noch  weitern  Reisen  werden  ihm 
seine  Unkosten  vergütet. 

6.  Für  die  Markttage  an  Ostermittwoch  und  St.  Lux- 
tag  erhob  die  Gemeinde  als  Marktk(^ston  4  Schilling'). 

Am  frühesten  scheint  in  Küttolsheim  die  Weinsteuer 
bestanden  zu  haben.  Vor  1550  wandten  sich  Schultheiss 
und  Gericht  wiederholt  an  den  Landvogt  und  die  Räte, 
damit  diese  den  Unfug,  den  die  Wirte  mit  dem  Atz  und 
Umgeld  trieben,  abstellen  sollten.  So  führten  sie  in  einer 
Klage  über  den  Wirt  Diebold  Stempfer  aus:  Da  der 
Flecken  Küttolsheim  an  der  kaiserlichen  l^ndstrasse  gelegen 
sei  und  eine  (iastherberge  besitze,  hätten  sich  bisher  viele 
Fuhrleute  zu  ihnen  gewandt.  Daraus  habe  der  gemeine 
Mann  viel  Nutzen  gezogen,  indem  er  seinen  Wein  habe 
verkaufen  können.     Der  jetzige  Wirt   aber   Überteuro   dio 


')  Strassb.  Bez.  A.  C  3,^  nr.  75. 


228  Becker. 

Fuhrleute,  indem  er  von  diesen  14  a  oder  2  Batzeh  erhebe, 
wo  ein  Bürger  nur  10  ,s  bezahle.  Auch  berechne  et  die 
Stallmiete  und  das  Hafergeld  zu  hoch.  Auf  diese  Weise 
würden  die  Fuhrleute  veranlasst,  weiter  zu  fahren,  und  die 
Bürger  brächten  ihren  Wein  nicht  mehr  zum  Verkauf. 
Auch  bei  der  Zahlung  des  Umgeldes  lasse  der  Wirt  sich 
manchen  Betrug  zu  schulden  kommen.  So  habe  er  1547 
von  seinem  Rotwein  gar  keine  Steuer  entrichtet.  Die 
Rechnung  für  den  Atz  der  herrschaftlichen  Beamten  und 
Diener  mache  er  eigenmächtig,  ohne,  wie  es  Vorschrift 
sei,  den  Schultheissen  und  Heimburger  hinzu  zu  ziehen«. 
Infolgedessen  entschied  der  Landvogt: 

1.  Der  Wirt  solle  vor  dem  Schultheissen  und  Gericht 
schwören,  künftighin  kein  Fass  Wein  anzuzapfen,  es  sei 
denn  durch  die  Geschworenen  besichtigt,  und  kein  zweites 
anzuzapfen,  ohne  dass  das  erste  versteuert  sei. 

2.  Mahlzeiten  dürfe  der  Wirt  bei  Fremden  wie  bei 
Bürgern  nur  nach  dem  Pfennigwert  berechnen. 

3.  Diesmal  sehe  man  ab  von  einer  Bestrafung;  künftig- 
hin dürfe  der  Atz  nur  im  Beisein  des  Schultheissen  und 
Heimburgers  verrechnet  werden. 

Im  Jahre  1548  wurden  beide  Wirte  zu  Küttolsheim  auf 
diesen  Erlass  vereidigt.  Acht  Jahre  später  aber  wollte  der 
Wirt  Löwe  sich  nicht  daran  binden  und  veranlasste  eine 
Beschwerde  gegen  sich  bei  der  Landvogtei  *). 

Zu  Dangolsheim  setzte  man  alljährlich  zwei  Weinsticher 
ein.  Wenn  diese  aus  den  einfachen  Rebleuten  genommen 
wurden,  gesellte  man  ihnen  noch  zwei  gewerbsmässige 
Küfer  zu,  welche  den  Fuhrleuten  die  Fässer  bereiten  und 
den  Wein  »so  Kaufmannsgut  war«,  darein  abziehen  mussten. 
Weinschätzer  und  Küfer  wurden  gleicherweise  auf  ihr  Amt 
vereidigt*). 

Der  sogenannte  »Weinkauf«  tnusstc  regelmässig  in 
dem  Orte  getrunken  werden,  von  wo  der  Wein  bezogen 
wurde  ^). 

Schon  im  Jahre  1564  hatte  Kaiser  Ferdinand  versucht, 
in    den   Dörfern    die    Erhebung    des    Umgeldes    allgemein 

')  Strassb.  Bez.  A.  C  53  nr.  85  11.  90.  —  -}  Ebenda  C  52  nr.  48.  — 
')  Ebenda  C  53  nr.  93   u.  96. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtci  Hagenau. 


22Q 


einzufuhren.  Die  kaiserliche  Verordnung  aber  war  auf 
grossen  Widerstand  gestossen.  Der  Vertreter  der  Stadt 
Hagenau  erhielt  den  Auftrag,  im  Namen  der  Reichsunter- 
thanen  Aufschub  der  Sache  zu  verlangen,  damit  die 
Gemeinden  sich  nach  reiflicher  Überlegung  schlüssig 
machen  könnten.  Falls  man  aber  seitens  der  kaiserlichen 
Bevollmächtigten  auf  sofortige  Einführung  der  Steuer 
dränge,  sollte  er  sagen,  die  Reichsunterthanen  könnten 
sie  nicht  bewilligen,  da  sie  gegen  ihre  Freiheit  und  das 
alte  Herkommen  sei^). 

Nach  dem  Mansfeldischen  Kriege  1624  wurden  in  der 
ganzen  Pflege  neue  Erhebungen  veranstaltet  über  die 
Lasten  und  Beschwerden  der  Reichsleute,  und  es  kam 
thatsächlich,  wie  es  scheint,  damals  zur  allgemeinen  Durch- 
führung des  Umgeldes. 

Rechnungsberichte  aus  dem  Jahre  1030  belehren  uns, 
dass  diese  Steuer  vierteljährig  an  den  Fronfasten  erhoben 
wurde.  Sie  betrug  für  jenes  Jahr  an  Quatember  zu  Invo- 
cavit  (20.  Februar)  208  ff  g  ß  8  .s,  zu  Pfingsten  (22,  Mai) 
241  ff  15  Cs  zu  Kreuzerhöhung  (18.  September)  453  ff  15  (i 
q' j  .s  zu  Lucientag  (18.  Dezember)  igi  ff  6  1»  5  a;  und 
zwar  verteilte  sich  diese  Summe  das  letzte  Mal  wie 
folgt«): 

Dangolsheim  gab     .     . 

Küttolsheim      .... 

Gerichtsbezirk  Wingcrsheim 


»  Batzendort 

Mommenheim  .     . 
Mutzenhausen  .     . 
Gericht  Bossendorf 
Lixhausen    .     .     . 
Ettondorf     .     .     . 
Gericht  Morschweiler 
Wittersheim      .     .     . 
Ilüttendorf  .... 
Gericht  Ohlungen 

>      Forstheim  (dazu  1  It»vrenev 
und  Eschbach) . 


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>  Hag.  St.  A.  AxV   150  nr.  7.  —  «)  Slrassb.  Bez.   A.  C  M    nr.  41»-  v»- 


230  Becker. 

Gunstett        6  I?     4  ß     — 

Surburg 9^i»q 

Sufflenheim 29   ?>      1    >     — 

Gericht  Kindweiler 30   »      7    >      7 


VI.  Sitten  und  Gebräuche  in  den  Dörfern. 

Der  »Herrschaft«  und  ihren  Vertretern,  den  Schult- 
heissen,  lag  die  Pilicht  ob,  im  Gebiete  ihres  Gerichtsstabes 
bürgerliche  Zucht  und  Ordnung  zu  wahren  und  gute  Sitte 
zu  fördern.  Oberlandvogt  Erzherzog  Maximilian  hatte  um 
das  Jahr  16 16  alle  seine  Schultheissen  im  Reich  aufgefordert, 
ihm  ausführlichen  Bericht  zu  erstatten  über  »Missbräuche 
und  Unordnungen  in  den  Dörfern,  die  mit  Hilfe  der  Herr- 
schaft abgeschafft  werden  sollten«^.  Eine  ganze  Reihe  von 
Beschwerden  lief  daraufhin  bei  der  Landvogtei  ein,  worin 
die  Schultheissen  oder  Pfarrer  recht  anschauliche  Schil- 
derungen der  Sittenzustände  der  damaligen  Zeit  entwerfen '). 

Gegenstand  allgemeiner  Klage  sind  die  üppigen  Gelage 
bei  Hochzeiten  und  Kindtaufen. 

Der  Samstag  vor  der  Hochzeit  —  diese  wurde  gewöhn- 
lich Sonntags  gehalten  —  wurde  als  regelrechter  Polter- 
abend im  Wirtshause  gefeiert.  Zahlreich  versammelten 
sich  hier  die  Dorfbewohner,  besonders  die  Jugend,  zum 
»Hirschessenc,  wie  man  es  nannte.  Das  Brautpaar  ver- 
abreichte Essen  und  Trinken,  selbst  Fleischspeisen  an 
Fasttagen,  in  Fülle.  Das  Singen,  Springen  und  Tanzen, 
auch  andere  Unzucht  und  Üppigkeit  zog  sich  hin  bis  spät 
in  die  Nacht,  sodass  das  ganze  Treiben  anzusehen  war  »als 
ein  liederlicher  Anfang  einer  glücklichen  Ehe«.  Die  jungen 
Eheleute  riefen  so  »statt  der  Benediktion  eine  Malediktion 
auf  sich  herab«.  Denn  wenn  man  Sonntags  zur  Kirche 
kam,  um  Predigt  und  Messe  zu  hören,  »war  man  noch  voll 
und  toll  und  trieb  mehr  Unzucht  als  Gottesfurcht«.  »Wie 
viel  besser  wäre  es,«  heisst  es  in  einer  Klageschrift,  »die 
Filtern  würden  das  Geld,  das  von  solchen  Gelagen  ver- 
schlun^ren  wird,  den  Kindern  zur  Aussteuer  geben,  diese 
könnten    dann    ein   Vierteljahr    davon   haushalten.«     Petrus 

')  Hag.  St.  A.  AA  150  nr.   15     19. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  23 1 

Molitor,  der  unwürdige  Pfarrer  von  Minwersheim,  wie  er 
sich  demütig  nennt,  hält  es  für  notwendig,  dass  das 
Brautpaar  sich  der  Beicht  und  heiligen  Kommunion 
befleissige,  ehe  es  die  Verknüpfung  und  den  Segen  der 
Kirche  empfang^.  Er  will  alle  >Fantasien«  in  der  Kirche 
mit  »Geigen  und  Getümmel«,  auch  das  »Brotauswerfen«  unter 
dem  Amt  der  heiligen  Messe  abgestellt  wissen. 

Wenn  der  Hochzeitszug  die  Kirche  verliess,  lief  das 
Jungvolk,  vornehmlich  die  Mädchen  eher  als  die  Knaben, 
ins  Wirtshaus,  stürzten  an  die  Tische  wie  das  »ungezogene 
Vieh',  und  alsbald  musste  Brot  und  Wein  vollauf  verabreicht 
werden.  Ehe  ein  ehrbarer  Bürger  sich  zu  Tisch  setzen 
konnte,  war  das  Beste  schon  verzehrt.  Nach  dem  halben 
Imbiss  stellten  sich  die  Kinder  ein ;  manche  Mütter  stopften 
ihnen  Brot  und  Fleisch  zu.  Der  Wirt  aber  machte  eine 
teure  Rechnung,  die  zu  gleichen  Teilen  von  den  Gästen 
bezahlt  werden  musste,  gleichviel  ob  einer  wenig  oder  viel 
genossen  hatte. 

Ahnliche  Klagen  werden  erhoben  über  die  Ver- 
schwendung bei  Kindtaufen.  »Viele  armen  Leute,  die  von 
Gott  mit  Kindern  beschenkt  wurden,  wandten  aus  bösem 
Brauch  so  unnütze  Kosten  auf,  dass  sie  später  ein  halbes 
Jahr  mit  ihrer  Familie  darben  mussten.«  Gewöhnlich 
dauerten  die  »Taufsuppen«  oder  »Kindschenken«  drei  volle 
Tage.  An  Wein,  Bier,  Käse  und  Brot  wurde  auf  einmal 
soviel  v/ausgeschüttet«,  dass  Kind  und  Kindbettcrin  grossen 
Mangel  leiden  mussten  und  letztere  oft  während  des  ganzen 
Kindbetts  keinen  Tropfen  Wein  mehr  zu  trinken  erhielt. 
IWschwerlich  empfanden  es  die  (levatterleut,  dass  sie  alle 
andern  (raste,  welche  an  der  Feier  teilgenommen  hatten, 
he'mführen  mussten.  Mancher  arme  »Geselle  wusste  kaum 
das  Geld  aufzubringen,  um  den  Wirt,  Metzger  oder  Bäcker 
zu  bezahlen.  Sollte  er  aber  dann  auch  noch  zur  Steuer  in 
die  (lemeindekasse  2  oder  3- Batzen  zahlen,  so  war  kein 
(Teld  von  ihm  zu  bekommen. 

»Diesen  übertriebenen  Aufwand,«  glaubt  der  Schult- 
heiss  von  Gunstett,  »könne  man  wohl  abschaffen  und  etwa 
erlauben,  dass  die  Gevatterleute  wie  auch  diejenigen,  welche 
bei  der  Kindbetterin  seien,  etwa  ein  Tisch  voll,  miteinander 
guter   Dinge   wären.«     Der   ehr\vürdige    Herr   Pfarrer  ins- 


232 


Becker. 


besondere  wünscht,  dass  die  gnädige  Obrigkeit  doch  den 
Armen  ihren  und  ihrer  Weiber  und  Kinder  Nutzen  und 
Auskommen  zu  bedenken  geben  möge.  Den  Reichen  und 
Wohlhabenden  stehe  es  wohl  an,  ihre  Kindschenken  mit 
aller  Zucht,  Stille  und  Ehrbarkeit  zu  halten,  alles  Schreien, 
Johlen,  Juchzen,  Tanzen  und  Springen,  das  sich  ohnehin  in 
eine  Kindbettbehausung  nicht  passe,  zu  vermeiden.  Ihm 
dünkt  es  auch  rätlich,  ehrbare  und  verständige  Leute  zu 
Gevattern  zu  nehmen,  keine  lutherischen  und  keine  ver- 
dächtigen, die  da  kein  Bleibens  haben  oder  nicht  wissen, 
wozu  sie  durch  solchen  Beruf  verbunden  werden. 

Ein  Pfarrer  von  Surburg  kränkt  sich  besonders  darüber, 
dass  die  Kinder  oft  acht  Tage  und  länger  ungetauft  liegen 
bleiben  und  auf  >das  (refräss*  warten  müssen.  Auch  er 
will  keine  Paten  aus  lutherischen  Orten  bei  der  Taufe 
sehen. 

Die  »Kunkelstuben«  nennt  der  Schultheiss  von  Gunstett 
ein  »jämmerlich  Werk-.  Da  laufen  Töchter  und  Knaben 
manchmal  eine  ganze  halbe  Nacht  auf  der  Gasse  herum 
und  treiben  eine  Schand,  dass  man  vermeinen  könnte,  es 
brenne  in  dem  Dorf,  Die  einen  treiben  sich  hier,  die 
andern  dort  in  den  Winkeln  herum.  Die  Herrschaft  könne 
wohl  gestatten,  dass  an  Winterabenden  drei  oder  vier 
Nachbarn  mit  ihrem  (xesinde  zusammengingen.  Die  ledigen 
Burschen  aber  sollten  von  der  Gasse  geschafft  werden. 
Herr  Pfarrer  Molitor  bezeichnet  jene  nächtlichen  Zusammen- 
künfte in  der  Kunkelstube  als  eine  schändliche  Unzucht, 
die  man  schwer  bestrafen  solle.  Von  leichtfertigen,  bösen 
Burschen,  von  Mägden  und  Knechten  würden  dort  un- 
züchtige Tänze  bis  tief  in  die  Nacht,  ja  bis  zum  Morgen 
aufgeführt.  Auf  dem  Heimwege  aber  verübe  man  in 
Winkeln  und  Scheunen  und  Zechinen  alle  Unkeuschheit. 
Gar  oft  komme  es  auch  vor,  dass  man  während  dergleichen 
nächtlichen  Zusammenkünften  guten,  biedern  Leuten  in  die 
Keller  und  Häuser  einbreche,  um  Brot  und  Wein  für  jene 
bösen  Gesellschaften  zusammenzutragen.  Zur  Abwehr 
dieses  Unfugs  bestehe  zwar  in  Minwersheim  eine  Polizei- 
verordnung, dass  um  9  Uhr  abends  der  Sigrist  ein  Zeichen 
mit  der  grossen  Glocke  geben  solle,  damit  alle,  welche  in 
den  Kunkelstuben  oder  auf  der  Gasse  seien,  oder  auch  in 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  233 

den  Wirtshäusern  schwelgten,  heim  getrieben  würden;  man 
habe  aber  zu  viel  Nachsicht  walten  lassen.  Die  gnädige 
Obrigkeit  möge  von  jetzt  ab  die  Übelthäter  strenge  zur 
Rechenschaft  und  Strafe  ziehen,  damit  dem  Unwesen  allen 
Ernstes  ein  Ende  gemacht  werde. 

Allgemeinen  Unwillen  erregten  damals  auch  das  Über- 
handnehmen des  gotteslästerlichen  Fluchens  und  Schwörens, 
das  übliche  Raufen  und  die  Streithändel  in  den  Wirts- 
häusern. Der  seeleneifrige  Pfarrer  fand,  dass  jene  Gottes- 
lästerung bei  Weibern  und  Männern,  Knechten,  Mägden, 
ja  auch  bei  Rossbuben  und  Kindern  und  ganz  besonders 
auch  bei  Zechereien  und  Gastereien  derart  im  »Schwung 
war,  dass  es  zum  Erbarmen  sei«!  Sein  Wunsch  geht  dahin, 
dass  die  Herrschaft  jeden,  der  solche  gottschänderischen 
Redensarten  hört,  verpflichten  solle,  die  Frevler  auf  frischer 
That  anzuzeigen.  Verheimlichung  und  Verhehlung  sollte 
durch  eine  gleiche  Busse  gesühnt  werden,  wie  die  Misse- 
that  selbst.  Die  Schultheissen  aber  empfahlen  dem  Land- 
vogt, vor  allem  die  Wirte  auf  ihre  Eide  zu  verpflichten, 
die  gottlosen  Gäste,  welche  schwören,  fluchen,  raufen  und 
schlagen  und  sich  hernach  wiederum  im  stillen  vergleichen 
und  die  UbeJthat  vertuschen  wollen,  beim  Ortsschultheissen 
zur  Anzeige  zu  bringen. 

Die  geistlichen    Herren  beklagen   sich   vor  der  land- 
vogtischen  Obrigkeit  des  weitern  noch  über   die  Vernach- 
lässigung der  religiösen  Pflichten  seitens  der  Unterthanen. 
Viele    alten    Leute    waren    aus    grosser    Lässigkeit    oder 
Trägheit   im  Dienste   Gottes   und   durch  Verblendung   des 
bösen  Feindes  so  ungelehrt,  grob  und   rüde,   dass   sie   das 
Zeichen    des    heihgen    Kreuzes,    welches    ein    allgemeines 
Zeichen   der   ganzen   christlichen  Gemeinde   ist,    nicht  wie 
es  sich  einem  Christen  geziemt,   machten,    noch    auch   das 
Vaterunser,  den  englischen  Gruss,  den  christlichen  Glauben, 
die    IG  Gebote  Gottes  u.  s.  w.  recht   beten    konnten.     Die 
Pfarrer  sollten  deshalb  angehalten   sein,   gewisse  Tage   zu 
verordnen,  an  welchen  jung    und    alt   fleissig  in   den   reli- 
giösen   Wahrheiten   unterrichtet   würde.      Nicht    allein    die 
Kinder,    wie   bisher  geschehen   sei,    sondern    auch    die    er- 
wachsenen Jungfrauen  und  Junggesellen  sollten  die  »Kinder- 
Ichrc«  besuchen. 

ZiMschr.  f.  Ucsch.  J.  Ohcrrh.  N.  V.  XIV.  j.  It. 


^34 


Becker. 


Weil  sich  eine  grosse  Trägheit  im  Kirchenbesuch 
geltend  machte,  war  verordnet  worden,  dass  jeg'licher 
Hausvater  sein  Weib,  Kind  und  Gesinde  ernstlich  an 
heiligen  Zeiten  und  Tagen  zur  Kirche  schicken  sollte. 
Die  Fest-  und  Feiertage  .waren  vielfach  entheiligt  worden 
»durch  geringe  Arbeiten,  wie  bauchen,  backen,  waschen, 
spinnen«.  Jeder  Bürger  sollte  derartige  Sonntagsentheiligung 
zur  Bestrafung  ziehen  helfen. 

Vor  allem  schien  es  erwünscht,  den  »verderblichen 
Juden «  auf  die  Seele  zu  binden,  piit  ihrem  Laufen  auf  »die 
heiligen  Sonntag«  einzuhalten.  »Kein  Sonntag  verg-eht,«  so 
klagt  Herr  Molitor,  »ohne  dass  ein  oder  zwei  Juden  die 
guten  Leute  empfangen,  wenn  sie  aus  der  Kirche  treten, 
ihnen  durch  Schuldforderungen,  was  sie  Gutes  gehört,  pertur» 
bieren,  und  also  wie  die  Vögel  der  Luft  den  guten  Samen 
auffressen.«  Als  ein  anderer  schwerer  Missbrauch,  welcher 
durch  die  Predigt  nicht  genugsam  abgeschafft  werden  könne, 
und  welchen  die  christliche  Obrigkeit  mit  weltlicher  Strafe 
belegen  müsse,  erschien  den  Herren  Pfarrern  der  schänd- 
liche Aberglauben  der  Kranken  oder  solcher,  welche  durch 
Diebstahl  oder  verloren  Gut  zu  Schaden  gekommen  waren. 
In  solchen  Fällen  nämlich  erholte  man  sich  Rat  bei  alten 
Weibern,  Hess  die  Kranken  mit  einem  Faden  messen,  warf 
einen  Pfennig  in  eine  Schüssel  voll  Wasser,  nannte  bei 
diesem  Hokus-pokus  die  Namen  von  Heiligen,  verordnete 
Wallfahrten  und  Opfer.  Ein  Zauberer  aus  Rappoltsweiler 
stand  um  diese  Zeit  besonders  bei  dem  abergläubischen 
Volk  in  gutem  Rufe.  Bei  ihm,  »als  dem  Teufel,  dem 
Vater  aller  Lügen«,  pflegte  man  besonders  sich  Rat  zu 
holen,  wenn  man  etwas  verloren  hatte.  Solche  Hexen- 
meister und  Hexen  schienen  einer  strengen  Bestrafung 
würdig.  Den  höchsten  Unwillen  der  Geistlichen  hatte  es 
erregt,  dass  bisweilen  nicht  nur  Fremde,  sondern  auch 
Einheimische  Wohlgefallen  fanden  an  lutherischen  Psalmen 
und  »andern  unzüchtigen  Liedern«,  welche  in  Wirtshäusern 
und  sonstwo  gesungen  wurden.  Dafür  forderten  sie  strenge 
Abwehr  und  Bestrafung.  Nicht  minder  frevelhaft  und 
strafwürdig  erschienen  die  lügenhaften  Schmähreden  gegen 
die  christliche  Religion  und  Kirche,  gegen  den  heiligen 
Vater,   den  Papst,   den  christlichen  Kaiser,  und   das   hoch- 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  235 

löbliche  Haus  Osterreich,  den  gnädigsten  Herrn  Erzherzog 
Maximilian  und  alle  andre  Obrigkeit,  gegen  die  Prälaten 
und  Geistlichen,  wie  denn  auch  gegen  alle  der  römischen, 
katholischen  Kirche  zugethanen  Fürsten  und  Herrn.  Von 
grrosstem  Seeleneifer  aber  zeugt  es,  dass  der  Herr  Pfarrer 
vermittels  der  Obrigkeit  seine  Gläubigen  anzuhalten  sucht 
zur  Verrichtung  des  täglichen  Gebetes  (vor  und  nach  dem 
Essen,  am  Morgen  und  zur  Nacht,  beim  englischen 
Gruss  u.  s.  w.),  zur  Verehrung  des  heiligen  Sakramentes 
des  Altars;  wenn  es  von  dem  Priester  erhoben,  über  den 
Bann  oder  durch  das  Dorf  getragen  wird  zu  Kranken, 
dann  solle  jedermann  auf  die  Kniee  niederfallen,  die 
Mütze  abziehen,  die  Hände  falten;  wenn  man  zum  hoch- 
würdigsten Sakramente  gehe,  so  sollen  sich  die  Weiber  nicht 
allzusehr  vermummen,  sondern  die  Schleier  und  Schürzen 
vor  dem  Mund  weg  thun.  Diejenigen,  welche  an  Werk- 
tagen zur  Messe  und  an  Sonntagen  zur  Vesper  gingen, 
dürfe  niemand  verachten,  als  ob  nur  Hexen  solches  zu 
thun  pflegten. 

Wie  jene  ehrwürdigen  Geistlichen  durch  frommen 
Seeleneifer  sich  auszeichneten,  so  fand  sich  auch  wohl  ein 
unwürdiger  Hirt,  gegen  den  der  Schultheiss  den  gerechten 
Zorn  der  Herrschaft  heraufzubeschwören  suchte.  Christ- 
mann Rapp,  Schultheiss  zu  Mommenheim,  rügte  1623  vor 
Statthalter  und  Räten  zu  Hagenau  das  Benehmen  des 
Pfarrers  daselbst  in  schwerer  Anklage.  =;Gem  hätte  er 
Ihre  Gnaden  mit  dieser  Supplikation  verschont.  Aber  die 
höchste  Notdurft  zwänge  ihn,  gehorsamst  zu  melden,  dass 
der  Pfarrherr  bei  dieser  schweren  gefährlichen  Zeit  all- 
bercits  in  zwei  Jahren  nicht  einen  einzigen  Menschen  Beicht 
gehört  noch  kommuniziert  habe.  Als  Jakob  Diebolds,  des 
jetzigen  Heimburgers  Hausfrau,  von  dem  lieben  Gott  mit 
einer  schweren  Krankheit  heimgesucht  worden,  da  sei 
derselbe  zu  dem  Herrn  Pfarrer  gegangen  und  habe  ihn 
gebeten,  seine  Frau  mit  den  heiligen  Sakramenten  zu  ver- 
sehen, was  ihm  zugesagt  worden  sei.  Hierauf  sei  er  nach 
Hagenau  geeilt,  um  bei  dem  Herrn  Doctori  ein  Äledi- 
kament  zu  holen,  habe  aber  bei  seiner  Rückkehr  vor- 
nehmen  müssen,   dass   der  Pfarrer   noch   nicht   dagewesen 

sei.     Er  sei  deshalb  wieder  zu  ihm  gelaufen.     Der  Pfarrer 

16* 


236  Becker. 

habe  noch  einmal  ihm  versprochen,  sogleich  zu  kommen, 
er  habe  es  vorhin  vergessen.  Dann  sei  er  aber  auf  seinem 
Pferde  davon  geritten  und  habe  jene  Frau  wie  auch 
mehrere  andere  Personen  unversehen,  trotz  allem  Flehen 
und  Bitten,  sterben  lassen.  Während  seines  ganzen  Auf- 
enthaltes zu  Mommenheim  habe  der  Pfarrer  nicht  ein 
einzigmal  an  Fest-  und  Feiertagen  gepredigt,  oft  nicht 
einmal  Messe  gelesen,  sondern  sei  gleich  davon  geritten 
und  habe  den  Gottesdienst  in  den  Wind  geschlagen.  Vor 
kurzem,  am  Feste  der  heiligen  Katharina,  habe  er  den 
Heim  burger  zwingen  wollen ,  ihn  nach  Strassburg  zu 
fahren.  Manchmal  habe  er  Hochzeiten  angesetzt,  sei  dann 
aber  nicht  erschienen  und  habe  die  Brautleute  so  in  Un- 
kosten und  Gelächter  gebracht.  Junge  Fohlen,  welche  er 
gekauft  habe,  habe  er  ehedem  zur  Weide  auf  den  Kirch- 
hof treiben  lassen.  Dieser  sei  derart  verwüstet  und 
geschändet  worden,  dass  die  Bürgerschaft  sich  darein 
gemischt  habe.  Jetzt  lasse  er  zwei  (xeissen  darauf  laufen, 
welche  ihn  noch  mehr  verwüsteten,  sodass  die  benach- 
barten Nichtkatholiken  spöttisch  sagten,  der  Mommen- 
heimer  Kirchhof  sei  ein  gemeiner  Weideplatz,  sie  würden 
ihre  Geissen  auch  daraufjagen.  An  den  letzten  Weihnachts- 
festen habe  er  keine  Predigt  gehalten.  Auf  Stephani  habe 
er  einen  Weihnachtsgesang  angefangen,  sei  aber  stecken 
geblieben,  habe  dann  überlaut  gesagt,  er  könne  diesen 
Gesang  in  seinem  Buch  nicht  finden,  man  solle  deshalb 
einen  andern  anfangen.  Dadurch  sei  ein  solches  Lachen 
verursacht  worden,  dass  man  bald  nicht  mehr  gewusst 
habe,  ob  man  in  der  Kirche  oder  im  Wirtshausc  sei. 
Anstatt  dass  der  Seelsorger  die  Leute  zur  Treue  und  zum 
Gehorsam  gegen  die  Obrigkeit  anhalte,  habe  er,  wenn 
nach  altem  Brauch  ein  Befehl  der  Obrigkeit  vor  der  Kirche 
abgelesen  worden  sei,  den  Leuten  oft  bemerkt,  sie  sollten 
sich  an  solches  Gerede  nicht  kehren,  noch  solchem  Befehl 
nachkommen.  Er  wolle  nicht  Pfaff  im  Dorfe  sein,  oder 
ich  dürfe  nicht  länger  Schultheiss  bleiben!  Letzthin  nun 
sei  der  Pfarrer  in  des  Schultheissen  Behausung  zugefahren, 
habe  den  ganzen  Tag  bis  gegen  Mitternacht  (salvo  honore) 
mit  Fressen  und  Saufen  zugebracht  und  schliesslich  zur 
Hausfrau  gesagt,  sie  sei  des  Teufels;  ihr  Mann  solle  sie  an 


Die  ReichsdOrfer  der  Laadvogtei  Hagenau.  2ß^ 

Wochentagen  7mal,  an  Sonntagen  aber  8mal  schlagen,  auf 
dass  sie  auch  wisse,  wann  Sonntag  sei.  Dann  habe  er  gar 
den  Schultheissen  selbst  gescholten,  er  sei  ein  Schelm,  ein 
Dieb;  dieser  habe  ihn  aber  daraufhin  mit  einem  Prügel 
davongejagt.  Schliesslich  geht  des  Schultheissen  Bitte 
dahin,  die  Obrigkeit  möge  ihm  gnädig  beholfen  sein,  dass 
der  Pfarrer  gebührend  gestraft  werde,  solche  Sachen  in 
Zukunft  vermeide,  die  Unterthanen  aber  in  ehrbarem  Handel 
und  Wandel  besser  als  bisher  unterweise.« 

Ob  diese  Klagen  in  solchem  Masse  berechtigt  waren, 
und  wie  der  Landvogt  Abhilfe  schaffte,  liess  sich  nicht 
ermitteln. 

Wie  die  Sittenpolizei,  so  übten  Schultheissen  und 
Gerichte  im  Verein  mit  der  Herrschaft  auf  dem  Lande  auch 
die  Gesundheitspolizei. 

Vor  dem  Unterlandvogt  Johann  Wildgrafen  zu  Daun 
gaben  1447  Diemar  König,  Schultheiss,  und  die  Gerichts* 
Schöffen  zu  SufHenheim  an  Eidesstatt  folgende  schriftliche 
Erklärung  ab: 

»Es  sei  ihnen  wohl  kund,  dass  das  heilige  Reich  und 
die  Stadt  Hagenau  seit  Menschengedenken  die  Rechts* 
gewohnheit  hätten,  durch  den  Rat  daselbst  Scherermeister 
zu  ernennen,  deren  Pflicht  es  sei  ȟber  die  Malatiec,  den 
Aussatz,  zu  wachen.  Wer  im  Verdacht  stehe,  vom  Aus- 
satz befallen  zu  sein,  werde  von  jenen  Meistern  genau 
untersucht.  Wen  diese  für  aussätzig  erklärt  hatten,  der 
werde  von  Meister  und  Rat  aus  dem  Stadtgebiet  verbannt, 
liin  ähnlicher  Rechtsbrauch  bestehe  seit  uralter  Zeit  bei 
ihnen  zu  Sufflenheim.  Sobald  nämlich  Schultheiss  und 
Gericht  daselbst  argwöhnten,  dass  ein  Dorfbewohner  vom 
Aussatz  befallen  sei,  pflegten  sie  durch  geheime  Rotschaft 
den  Zinsmeister  samt  jenen  städtischen  Meistern  nach 
Sufflenheim  zu  bescheiden.  Sodann  werde  die  verdächtige 
Person  früh  morgens  aus  dem  Bette  geholt  und  von  den 
genannten  Meistern  besehen.  Wer  von  ihnen  ftir  unrein 
befunden  werde,  werde  vom  Schultheissen  und  (rerichte 
von  der  Dorfgemeinschaft  ausgeschlossen,  Falls  ein  solcher 
von  andern  Meistern  als  rein  erklärt  werde,  so  sei  dies  für 
die  Gemeinde  nicht  bindend,  denn  die  Aussagen  fremder 
Meister  hätten  sich  oft  als  unwahr  erwiesen.    In  dergleichen 


238 


Becker. 


Fällen  görinten  sie  gerne  dem  BetreflEenden,  dort  sich 
niederzulassen,  wo  .er  für  »schone«  erkannt  worden  sei, 
beziehungsweise  wo  man  ihn  dulden  wolle«  ')• 

VII.  Die  Steuern  und  Abgaben  der  ReictisdOrfer. 

A.  Ständige  Geldsteuern. 

I.    Die    Weihnachts-    und    £mte-Bet. 

Für  die  Dörfer  der  Reichslandvogtei  gab  es  zwei 
grosse,  standige  Geldsteuem,  welche  nach  der  Verfallzeit 
»Weihnachts-  und  Emtebet«,  genannt  wurden*  Forstheim 
und  Hegeney  scheinen  allein  von  den  beiden  Steuern  befreit 
gewesen  zu  sein,  wenigstens  finden  sich  für  das  15.,  16. 
und  17.  Jahrhundert  keine  Belege  dafür. 

Diese  Weihnachtsbet  belief  sich  alljährlich  auf  223  1£ 
Strassburger  Währung  für  41  Dörfer,  Nach  1512,  wo 
Ding^heim,  Dossenheim,  Kleinfrankenheim,  Offenheim  und 
Waldolwisheim  ganz  an  das  Bistum  Strassburg  kamen, 
betrug  sie  noch  216  Ä  10  ß. 

Die  Emtebet  belief  sich  für  43  Dörfer  auf  1 1 1  tt  5  ß 
Strassburger  Währung,  beziehungsweise  nach  15 12  noch 
auf  100  ff.  Gleichzeitig  bezog  der  Zinsmeister,  wie  es 
scheint  als  Lohn  für  die  Erhebung  jener  Steuern,  von  den 
meisten  dieser  Dörfer  bis  zur  Mitte  des  15.  Jahrhunderts 
entsprechend  kleinere  Geldbeträge 2),  so  zur  Weihnachts- 
zeit von  32  Dörfern  6  Gulden  8  Ä  16  ß  6  »s,  zur  Erntezeit 
10  bis  II  Ä  von  etwa  32  Dörfern 3). 

1)  Hag.  St.  A.  AA  149  nr.  15.  —  ^)  In  dem  Rechnungsbuch  des 
Zinsmeisters  von  1445  ist  eine  besondere  Abteilung  mit  der  Über- 
schrift: »Innome  von  eins  zinzmeisters  vellen-.  Eine  ähnliche  Rubrik 
i449.fol.  29  besagt:  des  zinsmeisters  rechenbüchel  von  dem,  daz  bitz 
harc  eyme  zinsmeister  in  sunder  für  seinen  dienst  gefallen  ist,  und  nu 
myme  gnedigen  herrn  zugehöret«.  Dieses  betrifft  folgende  Einnahmen: 
I.  von  einungen  und  besserungen  (1445)  7  f?  17  ß  ii  »S;  2.  von  laubgeld 
=  2  a*  3  ß;  3.  zur  ernebeth  =  10  ff*  6  ^^;  4.  zur  weinachtsbeth  (1449)  --= 
b  gld  8  ^  16  ß  6  >A.  In  den  folgenden  Zinsbüchern  bilden  diese  Ein- 
nahmen des  Zinsmcisteramtcs  immer  noch  eine  geschlossene  Rubrik.  Noch 
zwei  Arten  von  Einnahmen  werden  dabei  genannt:  5.  winkouf  vom  Ecker 
(für  1500)  21  ß;  6.  des  Zinsmeisters  Opfergeld  von  der  judcnschaft  im  reich, 
dem  abt  von  Xeuburg  und  dem  abie  von  St.  Walburg  Q  gld.  —  ')  Die 
letzteren  kleinen  Schwankungen  sind  veranlasst  durch  den  jedesmaligen  Wert 
des  Hafers  oder  Korns,  wofür  einige  Dörfer  den  Geldwert  geben  mussten. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  230 

2..  Kalbgeld. 

Eine  andere  durch  alle  Jahrhunderte  gleiche  Steuer 
war  das  Kalbgeld,  welches  an  Ostern  von  30  Dörfern  ent- 
richtet wurde  und  sich  auf  9  S  17  ß  10  «^  belief. 

B.  Unveränderliche  Naturallieferungen. 

1.  Hafer. 

An  Weihnachten  lieferten  35  Dörfer  alljährlich  1390 
Viertel  Hafer;  zur  Erntezeit  gaben  bloss  13  Dorfer 
1 1 1  Viertel.  ^) 

2.  Stroh. 

Auch  die  Strohlieferung  war  eine  ständige;  aus 
13  Dörfern  wurden  alljährlich  5300  Wellen  gesammelt. 

3.  Korn  und  Hafer. 

Sämtliche  Kelleramtsrechnungen  von  1531 — 1557  ver- 
zeichnen für  vier  der  Reichsdörfer  jährlich  dieselbe  Abgabe 
an  Korn,  nämlich  je  ^,4  für  Bernolsheim,  Höchstett  und 
Niederschäffolsheim ;  für  Rotteisheim  nur  1/4.  Es  scheint  dies 
dieselbe  Abgabe  zu  sein,  welche  im  15.  Jahrhundert  bei  dem 
kleinen  Erntebetgeld,  das,  wie  bemerkt,  bis  Mitte  des  15,  Jahr- 
hunderts dem  Zinsmeister  zustand,  regelmässig  wiederkehrt. 

In  gleicher  Weise  wie  diese  Komabgabe  wird  in  den 
Kellerrechnungen  für  Bitschhofen,  Kindweiler  und  Überach 
alljährlich  eine  flaferlieferung  von  je  V^  vermerkt;  auch 
diese  wurde  früher  in  Geld  dem  Zinsmeister  zur  kleinen 
Weihnachtbet  verabfolgt  2), 


')  Forstheim,  welches  von  allen  Geldbeten  frei  war,  war,  wie  schon 
bemerkt,  an  der  Haferliefernng  regelmässi^r  beteiligt.  Die  Naturallieferungen 
von  Dingsheim,  Dossenheim,  Klein frankenheim,  OHfenheim,  Waldolwisheim, 
welche  15 12  ganz  an  das  Bistum  Strassburg  kamen,  Hessen  sich  nicht 
ermitteln,  da  die  vorliegenden  Rechnungen  des  Kcllcramtcs  erst  mit  1531 
beginnen.  Vgl.  Anhang  nr.  3.  —  ^)  Von  einem  Gültgut  zu  Kindwciler 
wurden  jfthrlich  ^',  Koin  entrichtet;  von  einem  Lehnsmann  zu  SchafThausen 
*\:  von  dem  heiligen  Acker«  zu  Gebol>heim  gingen  jährlich  ''*f^  Korn  ein; 
zu  1622  heisst  es:  »und  dieweilen  kein  heiliger  schafTncr  zu  Gcbolshcim 
gewesen  ist,  so  ist  den  hie  vorigen  kellern  bevohlen  worden,  die  gült,  so 
der  bawer  von  des  heiligen  guei  daselbsten  gibt,  ein/enemen,  welche  man 
bishcro  auch  empfangen  und  berucht  also,  wcyl  es  ein  geistlich  guct,  uf  der 
hetrschaft  weitem  Verordnung;  thuct  *  ^.<- 


24Q  Becker. 

4.  Wein.. 

Zur  Weinlieferung  war  bloss  Kindweiler  verpflichtet; 
alljährlich  bezog  die  Landvogtei  von  dort  7V2  Ohmen 
Weisswein  >). 

5.  Heu. 

Eine  regelrechte  Heuabgabe  findet  sich  nur  für  Gun- 
stett;  der  Meier  daselbst  lieferte  jedes  Jahr  »2  Enger«  2). 

6.  Kappaunen. 

Die  Zinse  an  »Kappen«  sind  in  allen  Rechnungsbüchern 
der  Kellerei  von  1531  bis  1576  unverändert.  Es  werden 
nämlich  für  Martini  folgende  Einnahmen  verzeichnet: 

a)  Lieferungen  an  Kappen,  welche  der  Landvogtei  in 
Gemeinschaft    mit    den  Herrn    von   Lichtenberg    zustehen:    | 
18^/4  Kappen. 

b)  Der  Landvogtei  allein  standen  aus  mehreren  Dorfern 
34  Kappen  zu, 

c)  Die  Bewohner  von  Küttolsheim  gaben  jährlich 
12  Kappen,  wovon  dem  Schultheissen  daselbst  einer  zu- 
stand für  das  Einsammeln^). 

C.  Veränderliche  Steuern  und  Abgaben. 

I.  Die  Leibbct. 

Eine  veränderliche  Geldsteuer  war  die  sogenannte 
»Leibbet«,  welche  die  Schultheissen  sowohl  in  den  meisten 
Reichsdörfern  sammelten,  als  auch  ausserhalb  derselben  von 
denjenigen  Bürgern,  welche  aus  der  Herrschaft  weggezogen 
waren.  Diese  Leibbet  rührte  wohl  her  von  früherer  Leib- 
eigenschaft und  wurde  zur  Ernte  und  an  Weihnachten 
erhoben  wie  jene  ständige  Geldsteuer. 


')  Von  den  »Rcbenc  zu  Marlenheim  erhielt  sie  9  oder  8  Ohmen.  — 
«)  1531  ertrugen  die  »Fronmatten*  18  Enger,  1544  bloss  13  Enger  Heu;  zu 
1544  heisst  es:  5-14  Enger  Heu  sind  dies  Jahr  uf  der  Matten  gewachsen,  so 
umb  den  probst  zu  Surburg  entlehent  worden«;  1557  betrug  es  16  Wagen. 
—  8)  Gleichzeitig  findet  sich  die  Notiz:  Zins,  so  auf  St.  Martinstag  mit  den 
Kappen  gefallen:  17  ß  8  V^  i  Heller.  1622  sind  die  Erträge  an  Kappen 
teilweise  anders. 


Die  Reichsdörfer  der  .LaDd\-ogtei  Hagennu.  24 1 

1445  betrug  die  Weihnachtsleibbet  in  den  Reichs* 
dorfem  25  K  18  ß  2  .%  Strassburger  und  12  £  8  ^  Heidel* 
berger  Währung;  die  der  »Aussenleute«  betrug  i  Gld.  12  ß 
4  Ä.  Die  Emteleibbet  belief  sich  auf  21  Ä  3  ß  5  »*.  Im 
Jahre  1500  gingen  an  Weihnachtsleibbet  im  Reiche  ein  15  ß 

13  ß  6  .%;   auswendig  der   Reichsdörfer  aber    8  fC  2  ß  6  .% 
Strassburger  und  4  ß  Heidelberger  Währung. 

Die   Ernteleibbet   betrug   in   den    Reichsdörfem  15  tt 

14  G  6  «s,  auswendig  des  Reichs  12  i  11  ß  10  .^. 

Ausserdem  gab  es  noch  eine  Leibbet,  welche  der 
Zinsmeister  der  Landvogtei  personlich  auf  Martini  ein- 
sammelte, und  zwar  auch  in  der  Stadt  selbst;  sie  betraf 
auch  solche,  welche  sich  >'in  das  rieh  besetzt  han«^. 
1500  gingen  im  ganzen  ein  7  Ä  7  ß  6  js. 

2.  Frevelgelder, 

Schwankend  vor  allem  war  auch  die  Einnahme  an 
gerichtlichen  Strafgeldern,  den  sogenannten  Gerichtsfrevoln. 
Das  Jahr  1449  ergab  als  Summe  aller  Frevelgelder: 
652  Gulden  58  Ä  5  ß  7  *s.  Für  Waldbesserungen  gingen 
ein  7  Ä  I  ß  5  Ä.  »An  Einigungen  und  Besserungen«  bezog 
der  Zinsmeister  9  Ä  7  ß  8  .s^). 

3.  Rechthühner. 

Für  33  Dorfer  der  Pflege  bestand  eine  jährliche  Abgabe 
an  Fastnachthühnem ;  32  Dorfer  gaben  Erntehühner.  Diese 
Benennungen  bezichen  sich  indessen  nicht  sowohl  auf  die 
Zeit  der  Lieferung,  als  die  Grösse  der  Hühner.  Unter  Fast- 
nachthühnem verstand  man  alle,  unter  Erntehühnern  junge. 
Die  Zahl  der  Hühner  ist  schwankend,  d.  h.  nahm  jährlich  zu. 
Die  Tafel  auf  Seite  246  247  giebt  die  Lieferung  aus  den  Jahren 
1531    und    1534.     Im  Jahre    1533    wurden    650    Fastnacht- 

*)  Die  Rechnung  von   1500  zähli  auf:   i.  Frevel  verlcdingt  tlurch  Land- 
voRi  und  Zinsmeister  in  der  ersten  \>rtcdij;ung  auf  Donnerstag  nach  Exaudi. 

:.  Frevel auf  Freitag  St.  Odilicntag      3.    Frevel  die  in  den  Gemein- 

d«*.rfern  vertedingt  wurden  durch  den  Zinsmeisler  und  Vogt  von  Gugenhcini  .  . 
4  Frevel  %-crledingl  zu  Kütiolsheim  durch  den  Zinsmeister  und  Schaflner  de> 
hohen  Stifts  Strassburg  auf  Montag  nach  Thomae.  Summa  aller  Frevel  1300 
^iruK  25  gld.  18  9   18  B  0   i"^. 


242 


Becker. 


und  584  Erntehühner  geliefert;    1576  waren   es   953  Fast- 
nachthühner  und  833  Emtehühner. 

4.  Abgabe  an  Lämmern. 

Jedes  Reichsdorf,  das  eine  eigene  Schatherde  hielte 
musste  an  Ostern  ein  Lamm  geben.  So  wurden  1531  von 
7  Dörfern  7  Lämmer  verabreicht;  1539  warep  es  15,  1576 
schon  24.  Nach  11  Kellereirechnungen  von  1531 — 1576 
waren  in  dieser  Zeit  folgende  Reichsdörfer  an  der  Lieferung 
beteiligt: 

Batzendorf  lomal,  Bernolsheim  9mal,  Berstheim  imal, 
Bitschhofen  8mal,  Bossendorf  9mal,  Eschbach  9mal,  Etten- 
dorf  lomal,  Forstheim  6mal,  Gebolsheim  3inal,  Gunstett 
5mal,  Hegeney  2raal  (1533  u.  1539)  Hochstett  2mal,  Hütten- 
dorf 8mal,  Kindweiler  9mal,  Kriegsheim  8mal,  Lixhausen 
2mal,  Minwersheim  2mal,  Morsch weiler  3mal,  Mommen- 
heim  9mal,  Mutzenhausen  imal,  Ohlungen  8mal,  Ringel- 
dorf 2mal,  Rotteisheim  2mal,  Niederschäffolsheim  lomaU 
Surburg  3mal,  Überach  lomal,  Waldolwisheim  imal,  die 
Walk  imal,  Wingersheim  4mal,  Wintershausen  6mal, 
Wittersheim  7  mal. 

5.  Forstrecht-Einnahmen. 

Verhältnismässig  wenige  der  Reichsdörfer  beteiligten 
sich  an  der  Nutzniessung  des  heiligen  Forstes,  indem  sie 
teils  »Forstzins '  und  »Laubgeld«,  teils  Forstrecht-  und 
Waldrechthühner  oder  Forstrechthafer  entrichteten. 

a)  x\n  Forstzins  verabreichte  der  Schultheiss  zu  Batzen- 
dorf 1576  3  u  7  ß  8  -»s,  der  zu  Suffienheim  469^;  1622 
betrug   die  Einnahme   entsprechend  2  IC  3  ß  und  4  ß  8  .s. 

b)  An  Laubgeld  zahlten  1576  und  1622  auf  Kreuzestag 
nach  .Ostern  Forstheim  i  S  10  ß  und  Gunstett  8  ß,  Esch- 
bach 3  ß  4  .s  und  Surburg  5  ß.  Während  in  diesen 
Dörfern  die  Einnahme  eine  beständige  gewesen  zu  sein 
scheint,  entrichtete  Hegeney  für  jede  Kuh  i  *%.  Die  Ein- 
nahme daselbst  war  also  unbeständig,  sie  belief  sich  1576 
auf  2  ß  8  .s,   1622  auf  4  ß^). 


>)  An  »Herdesstattgeld':,  das  zu  Morsbronn  und  Hegeney  von  dem  Zins- 
meistcr  gesammelt  wurde,  gingen   1531   ein   i   ff'  10  ß,    1576  aber  i   9^  14  ti. 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau.  243 

c)  Forstrechthühner  gaben  von  den  Reichsdörfem 
Gunstett  und  Surburg.  Die  Zahl  der  Hühner  ist  schwan- 
kend; sie  betrug  för  Gunstett  im  Jahre  1531  auf  Sonntag 
nach  St.  Franzisci  38,  1557  aber  82*/2.  Surburg  gab  1531 
auf  Sonntag-  nach  Kreuzestag  zu  Herbst  118,  1557  aber 
167  Stück. 

d)  Waldrechthühner  lieferte  Hegeney  1531  auf  Sonntag 
nach  Allerheiligen  12,  1557  aber  24 1), 

e)  An  Forstrechthafer  gab  Gunstett  1531  im  ganzen 
38  Viertel,  1576  aber  63  Viertel,  Surburg  lieferte  23*  a  und 
31  Viertel. 

6.  Wegegeld 

wurde,  wie  es  scheint,  nur  in  dem  einen  Reichsdorf  Forst 
heim  erhoben.  1576  lieferte  dessen  Schultheiss  10  ß  6  a  ab 
1622  aber  10  ß*). 

7.  Von  Fisch  wassern 

zahlten  Mommcnheim  und  Wingersheim  jährlich  einen  Zins. 
Der  Schultheiss  des  ersten  Dorfes  gab  1576  an  Wassergeld 
8  ß,  1622  aber  i  fC  5  ß;  der  des  letzteren  verabreichte 
entsprechend  10  ß  und  i  ff. 

8.  Allmendplätze. 

Nach  dem  Zinsmeisterbuch  von  1622  wurden  für  All- 
mendplätze bezahlt: 

a)  Von  dem  Schultheissen  zu  Bossendorf  für  2  Acker 
Waldes  an  Zins  auf  Martini  4  ß; 

b)  Von  dem  zu  Eschbach  für  einen  AUmendplatz  2  ß; 

c)  Von  dem  von  Lixhausen  fiel  der  Zins  damals  aus, 
war  aber  früher  erhoben  worden. 


Zu  15CX)  heisst  es  vom  P'orstrccht  Morsbronns:  »thut  ein  Wajjcn  id  A  uml 
2  llul.ner,  item  ein  Karrich  16  v%  und  i  Huhn.  Wer  kein  Pferd  hat,  |;icbi 
16  •%  aber  kein  Huhn;  wer  das  Jahr  Hcimburgcr  ist,  ^iebt  1  B;  macht  I  ^  5  ß.^ 
Das  Forstrechi  zu  Hegeney  war  g^nz  gleich  geordnet  und  betrug   13   b. 

M  Mor^bronn  gab  entsprechend   14  und  13   Hühner.    Zu  157O  heilst  es: 
£ln  jedes  Hausgesüss  zu  Hegeney  und    Morsbronn,    das  einen  Wagen    hält. 
p^icbt  2  Hühner,  für  einen  Karrich    wird    i   Huhn    gereicht.«  —  -)  Der  Wiii 
zu  Betschdorf  gab  entsprechend   1570  =5/7  und   1622  =  5  /7. 


244 


Becker. 


9.  Mählenzins. 

An  Mühlenzins  zahlten  die  8  Mühlen  »auf  der  Sauer«  ^) 
jährlich  je  einen  Gulden.  Es  war  dies  eine  ständige  Ab- 
gabe, sie  wurde  1576  auf  4  tf  4  ß  verrechnet. 

Ein  Jude  zu  Gunstett  entrichtete  für  seine  Pulver- 
mühle daselbst  auf  Martini  2  tf  *). 

Der  Müller  zu  Sufflenheim  gab  jährlich  «Z*  Korn;  die 
ehemalige  Ölmühle,  später  Mahlmühle,  in  der  Walk 
gab  »/4.  Von  einer.  »Letschmühle«  zu  MittelschäflFolsheim 
wurden  *i^  Korn  entrichtet. 

10.  Die  Nonnenmacher 

im  »Reich«,  d.  h.  die  Verschneider  von  Schweinen,  Pferden 
und  Rindvieh,  zahlten  jährlich  eine  Gewerbesteuer,  1576 
belief  sie  sich  auf  4  Ä  4  ß  6  a,   1622  auf  i  Ä  5  ß. 

1 1  •  Sufflenheim. 

a)  Weiherzins,  vom  Schultheissen  empfangen  (bestän- 
dig). 8  ß. 

b)  Vom  Hundehaus  daselbst  (beständig)  4  ß*), 

c)  Vom  Vechenheimer  daselbst  (beständig),  5  ß. 

d)  Von  den  Hafnern  für  die  Gruben  dort  (beständig), 
2  %  10  ß. 

e)  Rauchgeld  zu  S.  (unbeständig),  betrug  von  jedem 
Haus  I  A,  machte  1476=  11  ß  2  a,  1500=  10  ß  10  *s; 
1576  =  12  ß  7  <A. 


*)  Finkenmühle,  Brandmühle,  Klupfels-,  Bruch-,  Stein-,  Schwabweiler-, 
Sand-,  Fronmühle.  —  -)  1622  im  Mansfeldischen  Kriege  verbrannte  sie.  — 
3)  Ausser  dieser  alten  Hundehausstcuer  4  ß  auf  Martini  wurde  1500  noch 
bemerkt:  »Von  dem  llundehaus  zu  Sufflh.  5  ß;  es  sind  aber  5  ß  davon 
abgegangen,  da  er  ein  Jahr  gestorben  und  das  Haus  deshalb  ledig  stand.c  — 


Die  Reichsdörfer  der  Landvogtei  HageDan.  243 


Anhang. 


1.  Leibbet 

Nach  dem  Urbar  der  Reichsdörfer  vom  Jahre  1531  im 
Strassburger  Bezirksarchiv,  welches  mir  erst  nachträglich  bekannt 
wurde,  wurde  eine  Leibbet  an  Weihnachten  und  zur  Enite  blos 
in  folgenden  Reichsdörfem  gesammelt:  Batzendorf,  Bernolsheim, 
Berstheim,  Bitschhofen,  Bossendorf,  Ettendorf,  Gebolsheim,  Grassen- 
dorf, Hochstett,  Hüttendorf,  Keffendorf,  Kindweiler,  Kriegsheim, 
Lixhansen,  Minwersheim,  Morschweiler,  Ohlungen,  Ringeldorf, 
Rotteisheim,  Niederschäffolsheim,  Sufflenheim,  Oberach,  Wahlen- 
heim, die  Walk,  Wintershausen,  Wittersheim. 

Jedes  Haus  gab  je  6  Pfennig  =  3  Kreuzer;  nur  waren 
Priester,  Schultheiss,  Heimburger,  Schöffen,  Hirt,  Wittwen,  Sakristan, 
Büttel,  Backofenbesitzer  vielfach  davon  befreit. 

2.  Rechthühner. 

An  Rechthühnern  wurde  in  den  betreffenden  Dörfern  (vgl. 
die  Tabelle!)  von  jedem  Hause  je  eines  erhoben.  Auch  von 
dieser  Abgabe  waren  Priester,  Sakristan,  Schultheiss,  Heimburger, 
Hirt,  Bäcker,  Kindbetterinnen  u.  dgl.  meistens  befreit. 

3.  Von  den  fünf  15 12  dem  Bistum  Strassburg  ganz  über- 
lassenen  Dörfern  waren  vier:  Dossenheim,  Kleinfrankenheim, 
Otfenhcim  und  Waldolwishcim  zur  Lieferung  von  Fastnacht- 
und  Erntehühnem  verpflichtet  (je  ein  Huhn  von  einem  Hause 
mit  den  genannten  Ausnahmen.) 

4.  Die  »kleine  Weihnachts-  und  Ernte bet«  wird  1531  im 
Urbar  als  »inn  des  zynnsmeysters  büchel-  gehörig  bezeichnet. 
Der  Schreiber  des  Zinsmeisters  erhielt  bei  der  Verrechnung  der 
grossen  Weihnachts-  und  Erntebet  von  jedem  Dorfe  jedesmal 
4  Pfennig  =  2  Kreuzer. 


SS 

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247 


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Zur  Einverleibung 
der  Reichenau  in  das  Stift  Konstanz. 

Von 

Eugen  Schneider. 


Die  Geschichte  der  Einverleibung  der  Abtei  Reichenau 
in  das  Stift  Konstanz  ist  nach  ihren  Beweggründen  und 
ihren  Einzelheiten  noch  nicht  festgestellt.  Ausser  den 
kurzen  Nachrichten  in  Gall  Ohems  Chronik  haben  wir  den 
zusammenfassenden  Bericht  eines  Zeitgenossen  i),  auf  die 
Urkunden  zurückgehende  Streitschriften  der  Konstanzer 
und  der  Reichenauer*)  und  mehrere  nicht  sehr  tief  ein- 
gehende Darstellungen^), 

Ein  Bericht,  der  sich  unter  Zwiefalter  Akten  des  Stutt- 
garter Staatsarchivs  gefunden  hat,  enthält  wertvolle  Ergän- 
zungen. Er  ist  von  einer  Hand  des  1 6.  Jahrhunderts  zusammen- 
hängend geschrieben  und  enthält  die  Bemerkung,  dass  Abt 
Marcus  von  Reichenau  1534  angefangen  habe,  die  Abtei  in 
die  Hände  des  Bischofs  zu  spielen,  die  Beschwerde  der  am 
24.  Juli  1535  im  Kloster  angelangten  Gesandtschaft  der 
Stadt  Konstanz  gegen  dieses  Unterfangen*),  dann  die  von 
uns   abgedruckten  Abschnitte  I — V.     Die   letzteren   bieten 


')  Facti  specics  etc.  in  Mone,  Quellen  Sammlung  der  badischen  Landes- 
geschichte I,  198.  —  2)  Hervorzuheben  sind:  Archivalurkunden  .  .,  womit 
die  .  .  constanzische  Druckschrift  .  .  sub  rubro  Aufgedeckter  Frcvelmuth  . . 
bevestigt  wird  (ohne  Jahr,  etwa  1750).  —  Ohnumstössliche  Sätze  von  dem  .  . 
Hergang  der  Inkorporation  der  Reichsabtey  Reichenau  u.  s.  w.  (1756).  — 
^)  Am  ausführlichsten  bei  Schönhuth,  Chronik  des  ehemaligen  Klosters 
Reichenau  (1836),  der  die  j-Ohnumstösslichen  Sätze«  auszog,  und  bei  Staigcr, 
die  Insel  Reichenau  tiii^JO).  —  *j  Dieselbe  bietet  ausser  dem  Hauptpunkt 
kein  Interesse. 


Einverleibuog  der  Reichenau.  240 

keine  zusammenhängende  Darstellung.  Zwar  I  und  II 
reihen  sich  aneinander  an;  aber  III  folgt  in  unserer  Vor- 
lage erst  auf  IV,  wohin  es  zeitlich  gar  nicht  passt  ^).  IV  ist 
eine  besondere  Aufzeichnung  über  eine  Einzelheit;  V  greift 
wieder  einige  Jahre  zurück  und  widerspricht  dem  vorher- 
gehenden mit  der  Behauptung,  der  Konvent  sei  völlig 
überrascht  worden.  Wir  haben  demgemäss  eine  ungeschickte 
Aneinanderreihung  verschiedener  Berichte  vor  uns.  Ihrer 
I  [<iltung  nach  gehen  alle  auf  Reichenauer  Quellen  zurück. 
Da  der  Hauptabschnitt  (III)  ganz  oder  mindestens  in  seinem 
späteren  Teile  auf  den  Mönch  Gregor  Dietz  zurückzuführen 
ist"),  der  zu  den  Genossen  des  Zwiefalter  und  nachher 
Reichenauer  Abts  Georg  Fischer  gehörte  und  der  auch 
nach  dem  Sieg  des  Bischofs  den  Widerstand  nicht  aufgab, 
so  ist  zu  vermuten,  dass  die  ganze  Zusammenstellung  dazu 
diente,  Dietz  in  seiner  Bemühung  um  eine  Restitutions- 
bulle zu  unterstützen,  eine  Bemühung,  die  1555  Erfolj^ 
hatte  •). 

Der  Zusammenhang,  in  den  die  Berichte  gehören  und 
den  sie  zum  Teil  selbst  erst  herstellen,  ist  folgender:  Nach 
der  Wahl  des  Marcus  von  Knöringen  zum  Abt  der  Reichenau 
(15US)  begannen  die  Versuche  des  Bischof«  wegen  Inkor- 
poration der  xVbtei.  Er  hatte  beim  Papste  Erfolg;  aber 
das  K  loster  wehrte  sich,  unterstützt  von  der  Stadt  Konstanz, 
den  Eidgenossen  und  Kaiser  Maximilian  als  Besitzer  der 
»"»sierreichischen  Vorlande,  die  den  Machtzuwachs  tur  den 
Bischof  nicht  gerne  sahen.  Doch  bcwillijrte  der  Kaiser 
zuletzt  die  Administration  durch  den  Bischof  auf  zehn  Jahre 
und  behielt  sich  nur  vor,  innerhalb  der  darauffolgenden 
sechs  die  Abtei  wieder  an  das  Reich  und  an  ( )sterreich  zu 
bringen  (1510)*).  Damit  schien  die  Einverleibung  in  eine 
sicliere  Bahn  geleitet.  Aber  Bischof  Hugo  wartete  die 
Entwickelung  nicht  ab,  sondern  setzte  in  Rom  die  Ab- 
schaffung des  Abts  durch.  Jetzt  trat  der  Kaiser  entschieden 
für  den  Abt  ein  und  zwang  den  Bischof,  sogar  auf  die 
Einräumungen  des  Vertrags  von   1510  zu  verzichten;  doch 


*)  Deshalb    hat   ein    Redaktor    die  Jahreszahlen    einfach    gestrichen. 

'1  Von  ihm  wird  dort  in  erster  Person  gesprochen.  —  *)  Mono,  a  a.  O.  20 j. 

—  *)  Ohniimstöstliche  Sätze,  S.  6. 

Z«iischr.  f.  Getch.  d.  Oberrh.  N.F.  XIV.  a.  17 


25Ö 


Schneider. 


erhielt  derselbe  6000  Gulden  Entschädigung  für  die  Kosten 
bei  der  römischen  Kurie  (15 16  Dezember  24)*)-  Dabei 
erkannte  aber  der  Kaiser,  dass  Marcus  von  Knoringen 
nicht  der  Mann  sei,  dem  Bischof  die  Wage  zu  halten  und 
das  in  Geldnot  geratene  Kloster  wieder  emporzubringen. 
Er  erinnerte  sich  des  früheren  Zwiefalter  Abts  Georg 
Fischer,  den  er  selbst  zusammen  mit  dem  Bischof  von 
Konstanz  der  Gewaltthätigkeit  des  Herzogs  Ulrich  von 
Württemberg  geopfert  und  zum  Rücktritt  gebracht  hattet); 
ihn  stellte  er  an  die  Spitze  der  Reichenau,  die  zugleich 
mit  12  Zwiefalter  Mönchen  bevölkert  wurde.  Abt  .Georg 
Fischer  entsprach  den  Hoffnungen  und  riss  das  Kloster 
aus  seiner  Not.  Aber  sein  früher  Tod  (15 19)  weckte  die 
Unruhen  aufs  Neue.  Die  Zwiefalter  Mönche  wählten  einen 
der  ihren,  Gallus  Kalb,  zum  Abt;  Marcus  widersprach  und 
setzte  es  durch,  dass  er  wieder  ans  Ruder  kam  (1520 
Dez.  8)'),  allerdings  zunächst  nur  als  Administrator  unter 
österreichischer  Aufsicht*).  Doch  Bischof  Hugo  ruhte 
nicht,  er  wandte  sich  an  Kaiser  Karl  V.,  verschwieg 
diesem  seinen  Verzicht  von  15 16  und  wies  ihm  die  päpst- 
liche Erlaubnis  vor.  Da  erklärte  sich  Karl  V.  einverstanden 
^1528  Febr.  3)').  Aber  der  Widerspruch  des  Abts  und 
Österreichs  blieb  aufrecht;  Bischof  Hugo  erlebte  die  Ein- 
verleibung nicht. 

Als  Johann  von  Lupfen  den  Stuhl  zu  Konstanz 
bestiegen  hatte,  setzte  er  sich  mit  Abt  Marcus  ins  Ein- 
vernehmen und  gewann  ihn  1534  für  sich,  ohne  Zweifel, 
weil  dieser  über  die  Behandlung  grollte,  die  er  von  Öster- 
reich erfahren  hatte.  Bischof  Johann  wusste  sich  eine  neue 
Inkorporationsbulle  zu  verschaffen  (1535  März  14)®)  und 
bestach  Marcus  durch  eine  für  ihn  sehr  günstige  Abfindung 
('53.5  April  11).  Da  trat  noch  einmal  die  Stadt  Konst.inz 
bei  dem  Abt  ins  Mittel,  erreichte  aber  nichts,  als  die  Ver- 
feindung  zwischen  ihm  und  dem  Konvente,  über  den  sich 
der  Abt  völlig  weggesetzt  hatte  und  den  er  auch  jetzt 
als  <'ine  mindorwertigo  Gesellschaft  behandelte').    Der  Abt 

i|  Ebenda  S.  7.  --  -;  Vgl.  Holzherr,  Geschichte  der  Abtei  Zwiefallen. 
S.  77.  —  **)  Mone,  a.  a.  O.  200.  —  *)  Ohnumstössliche  SAtze,  S.  7.  — 
^)  Ebenda.  —  '=)  Archivalurkundcn  Nr.   16.  —  ')  Siehe  unten  Abichn.  I. 


Einverleibung  der  Reichenau.  251 

seinerseits  machte  sich  anheischig,  Österreichs  Einwilligung 
zu  erlangen;  er  beauftragte  damit  den  Domherrn  Hans 
von  Fridingen  und  den  bischöflichen  Kanzler  Jakob  Jonas, 
die  als  Konstanzer  Gesandte  zu  König  Ferdinand  reisten  M. 
Um  ihnen  entgegenzutreten,  schickten  der  österreichische 
Landvogt  der  Herrrschaft  Neuenbürg,  Hans  Jakob  von 
Landau,  der  ohnedies  mit  dem  Abt  über  die  hohe  Obrig- 
keit im  Streit  lag*),  und  auf  seine  Veranlassung  der  Kon- 
vent von  Reichenau  ebenfalls  Vorstellungen  an  den  König 
(»536  März  27)').  Sie  erreichten  zunächst  ihren  Zweck; 
aber  die  Kunde  von  ihrem  Vorgehen  brachte  den  Abt  so 
in  Harnisch,  dass  er  den  Konvent  scharf  verhörte,  den 
schwachen  Prior,  Johannes  Harth,  auf  4  Tage  und  die 
Seele  des  Widerstandes,  Gregor  Dietz,  12V2  Wochen  in 
Ketten  legte  (April  11)*).  Konig  Ferdinand  wollte  übrigens 
dem  Bischof  doch  entgegenkommen.  Er  gab  Befehl,  die 
der  Abtei  nötigen  Einkünfte  dieser  zu  belassen,  den  Cber- 
schuss  aber  dem  Bischof  zuzuweisen.  Dieser  Ausweg  gefiel 
dem  Bischof  so  wenig  wie  dem  Abt;  der  letztere  musste 
ifciregen  einen  solchen  Eingriff  in  seine  Rechte  sich  ver- 
wahren*). Auch  Bischof  Johann  von  I-upfen  starb,  ohne 
•meinen  Zweck  zu  erreichen. 

Der  Nachfolger,  Johann  von  Weza,  verfehlte  nicht,  da 
einzusetzen,  wo  sich  das  letzte  Hindernis  zeigte;  er  wirkte 
durch  Vermittlung  des  Kaisers  auf  Osterreich  ein.  König 
Ferdinand  befahl  denn  auch  dem  Abte  Verzicht  zu  leisten  <*•). 
Überraschender  Weise  machte  jetzt  dieser  keine  Anstalt 
dazu;  offenbar  weil  der  Bischof  sich  nunmehr  zu  keiner 
Kntschädigung  verpflichtet  glaubte.  Das  schien  Marcus 
jj^^t'gen  alle  Verabredung,  und  so  machte  er  schnell  den 
Versuch,  dem  Bischof  zum  Arger  die  Abtei  dem  Probst 
Sebastian  von  Alochenthal,  dem  .späteren  Prälaten  seines 
Mutterklosters  Zwiefahen,  in  die  Hände  zu  .spielen").  Doch 
i  )sterreich   war   auf  der   1  lut,   und    der  Versuch   misslang. 

»>  Siehe  Abschn.  II.  Die  Schreiben  des  Abts  und  des  Bischofs  in 
Archivalurkunden  Nr.  18  u.  19.  —  -)  Khenda.  --  ^)  OhnumstAssIiche  Sätze 
S  8  und  nntcn  Absch.  III.  —  *)  SchOnhuth,  a.  a.  O.  304  und  Abschn.  III. 
—  *)  OhnumstÖssliche  Sätze  S.  9.  -  •)  Monc,  a.  a.  O.  201.  -  ")  Siliini- 
buib,  S.  299. 


1-* 


252 


Schneider. 


Zum  Schluss  bequemte  sich  auch  der  neue  Bischof  mit 
Marcus  zu  verhandeln.  Der  Konvent  der  Reichenau  horte 
davon  und  erhob  noch  einmal  eindringliche  Vorstellungen 
(1540  Januar  7)^).  Umsonst.  Am  6.  Februar  1540  über- 
raschte der  Bischof  von  Konstanz  die  Mönche  in  der 
Reichenau  und  empfing  vor  ihnen  aus  den  Händen  des 
Marcus  die  Abtei*).  So  war  der  Schein  erweckt,  als  ob 
auch  der  Konvent  die  Handlung  billige.  Der  Abt  zog 
mit  reichem  Leibgeding  von  dannen. 


I.  Nach  sollichem  haben  die  gesandten  von  Costentz  begert, 
sein  f.  g.  solle  inen  vergönnen  für  den  convent,  welches  ihnen 
vergönndt  und  bewilligt  worden.  Alda  haben  sie  dem  convent 
aincn  zedel,  was  sie  mit  irem  herrn  prelateu  geredt,  selbs  lassen 
verlesen. 

Demnach  hat  der  convent  geantwurt,  sie  wissen  noch  nichts 
von  sollichcr  handlung,  man  habe  auch  den  convent  hierumb 
noch  nit  beschickt  noch  gefragt;  desshalb  hetten  sie  auch  nichts 
darein  bewilligt,  weren  auch  nicht  gesinnet  in  die  sach  zu 
bewilligen. 

Nach  dem  hat  abt  Marx  den  convent  beschickt  und  gefragt, 
was  die?  von  Costentz  vor  ime  gehandlet  haben.  Hat  der  con- 
vent geantwurt:  nichts  anders  dann  wie  vor  seinen  gnaden. 
Fragte  er  weiter,  wie  inen  die  sach  gefiel,  sagt  convent,  sie 
hetten  zu  denen  von  Costentz  gesagt,  das  si  nit  hetten  in  seiner 
gnad  fürnemcn  bewilgt,  werend  auch  nit  gesinnet  fürohin  darein 
zu  bewilligen,  wiewol  man  hete  auch  sie  nie  darumb  gefragt. 
Daruf  der  prelat  erzirnt,  ine  gelluocht  und  gesprochen:  wa.s 
dürfen  ir  solliche  antwurt  geben?  ir  wissend  doch,  das  ir  one 
mich  nichts  thon  solten.  Utt'  sollichs  haben  sie  gesagt,  die  weil 
sein  f.  g.  denen  von  Costentz  habe  erlaubt  für  den  convent  und 
ir  handlung  gewisst,  so  haben  sie  nichts  dann  die  warheit  gegen 
inen  geredt  und  bekennt.  Darauf  der  prelat  noch  mer  erzirnt 
und  gesagt,  sie  sollen  nit  reden,  das  sie  es  nit  gewisst  haben; 
dann  es  sei  doch  offenbar,  das  er  dem  bischof  das  gotzhaus 
werde  übergeben,  dann  die  kn.  mt.  wolle  sollichs  auch  selbs 
haben,  desgleichen  bapstlich  hailigkait,  das  er  sollichs  thon  müsse. 
Darauf  convent  geantwurt:  bapstlich  hailigkait  und  kn.  mt.  wer- 
dend ew.  gn.  das  gotzhaus  nit  entsetzen  on  ew.  gn.  vorwissen 
und  willen;  wir  bitten,  ir  wollend  unser  gnediger  vatter  und  herr 
beleiben,  so  wollend  wir  ew.  gn.  undertheniger  convent  sein,  den 

*)  Siehe  unten  Abschn.  IV.  —  ^)  Siehe  unten  Abschn.  V.  Die  vom 
9.  Febr.  datierte  Cbcrgabsurkunde  in  Archivalurkunden  Nr.  26. 


Einverleibung  der  Reichenau.  253 

gotzdienst  verbringen  und  in  anderwcg  halten,  das  ew.  gn.  ab 
uns  khain  dag  haben  sollen.  Darauff  er  abermals  geantwurt,  er 
wrdc  nit  wider  den  bapst  und  wider  den  künig  sein;  sie  sollen 
sehen,  warmit  sie  unibgangen  und  was  sie  reden,  und  er  wolle 
Sil  h  nach  des  bapst  und  künigs  willen  halten,  das  gotzhaus  dem 
bischof  übergeben,  und  sollt  euch  das  und  jenes  sehenden,  ir 
seien  doch  nichts  dann  paurnmünch,  von  pauren  herkomen, 
haben  niemandts,  der  sich  euwer  werd  annemen.  Daraut  der 
convent  geantwurt:  das  erbarme  got  im  himol,  dieweil  wir  nie- 
mandts haben,  arm  brüeder  seien.  Ob  es  darumb  recht  sei, 
das  er  die  alt  loblich  Stiftung  und  den  orden  mit  dem  gotxhaus 
w^ille  zu  trümel  richten,  sie  haben  ir  vertrewen  zu  golt,  es  sölli^ 
nit  also  fürgang  haben,  sonder  es  werde  noch  einer  komen,  an 
welche  er  nit  gedenck,  der  werde  sein  handel  ze  nichton  machen 
und  die  Stiftung  widerumb  ulTbringen. 

II.  Vber  solli(*hs  hat  abt  Marx  in  der  Keichenow  ein  pott- 
schatft  zu  kn.  mt.  unserm  allergnedij;:stun  herrn  geschickt,  nämlich 
h'-rr  Hansen  von  Fridingen,  thumher,  und  doctorn  Jacob  Jonas, 
doinals  des  bischofs  cantzler  gt'sein.  Dieselbigen,  als  wir  glaub- 
haft vernomen  haben,  sollen  mit  ir  kn.  mt.  ulV  zwen  puncten 
handien«  damit  das  gotzhaus  dem  bisihof  möchte  übergeben 
wirrden,  erstens  anzögen  des  gotzhus  armut,  unvennögliihait  und 
vi-rderben,  dergestalt  das  es  bei  der  stiftunu.  auch  bei  dem 
Itcnedictinerorden  desshalb  nit  beleiben  noch  erhalten  niöue 
'Arrden,  zum  andern  daraus  dann  ervolgl  sei,  das  abt  und  con- 
vt-ni  mit  ainander  mit  wolbedachtem  und  lang  hie  vor  berath- 
schlautem  willen,  g*Mnueth  und  meinung  entschlossen  und  gemelt 
{  oischaft  abgefertigtrt,  ir  kn.  mt.  wolle  unedigest  hierhin  bewilligen, 
l'nci  nach  dem  hat  die  polschaft  selbs  angehalten,  ir  kn.  mt. 
>olle  herrn  Hanns  Jacob  von  NellenburgM  gnediglich  abstellen, 
das  er  das  u:otzhus  mit  den  hochen  i;en«:hl»'n  rücwii:  lassen  und 
nil  anfechten  solle.  Utf  sollichs  ist  von  kn.  mt.  geautwurt,  ir 
mt.  wisse  nit,  wie  liiemit  die  ^ach  j^eschallcn,  ab**r  in  kurtze 
wi-rde  ir  mt.  gen  Insbruck  kommen  um!  alsdan  den  von  Landa*) 
\  i-si  liicken  und  alle  Sachen  bei  ime  erfahren;  sollen  tlieweil  die 
<ai  h  beruowen  lassen,  dann  nach  sollichem  wolle  ir  mt.  des 
i:iiizlius  halb  ein  usstrag  geben. 

JH.  Als  wir  vernomen,  das  wir  mit  unserm  pit  nichts  m«»,Lren 
v«r>ciiar!en,  sonder  das  unser  herr  untl  vatter  abt  Marx  hümler- 
rucks  unser  für  uml  für  on  unser  wissen  und  wülen  mit  dem 
bi<chof  practiciert.  ist  uns  in  dem  convent  geraten  worden,  das 
wir  an  kn.  mt.  gen  Insbruck  auch  selbs  schreiben  sollen,  nemlich 
»iie  warhait  bekennen,  das  hünderrucks  uml  on  wissen  und 
v\ilien     des     convents     sollicher     hanilel     fürgenommen,     welches 

'<   Ilan*  J;ikol>  \'n\\  T-.iii«l.iu,    «".toTrcichiMhor   Vo^ji    von   N'.JKnl'Ui.;. 
*■  V'T^zl.  An-n.   i. 


2C1  Schneider. 

dann  beschehen  und  mit  grund  der  warhait  der  kn.  mt. 
unserm  allcrgnedigisten  Herrn  geschriben.  Daruff  ir  kn.  mt 
geantwurt. 

Als  man  nun  hat  vernommen  zu  Insbruck,  das  alle  Handlung 
die  incorperation  des  gotzhus  mit  dem  bistumb  durch  haimHch 
erdicht  practick  hünderrucks  unser  und  das  wir  dass  weder 
wissen  noch  willen  gehabt  und  aber  dannocht  der  Handel  sein 
fürgang  genommen  und  in  das  werck  gebracht  ist  worden,  da 
soll  kn.  mt.  in  beisein  Wolf  Dieterichs  von  Knöringen  zu  doctor 
Jonas  und  dem  von  Fridingen  selbs  gesagt  haben:  was  haben 
ir  bisher  vilfeltig  uns  mit  der  sach  bemueth?  da  haben  ir  gehört 
das  widerspiel;  gont  hin,  sagen  dem  apt,  wolle  er  nit  apt  sein, 
wir  wollen  wol  ein  abt  in  die  ()w  überkomen.  Darauf  die 
gesandten  Fridinger  und  Jonas  ein  copei  unsers  Schreibens 
begert,  welche  auch  inen  ist  gegeben  worden.  Als  nun  gedacht 
potschaft  widerumb  in  die  Reichenaw  komen,  —  ist  beschehen 
zeinstag  in  der  karwochen  [April  ii]  1536  —  alsdann  hat  apt 
Marx  nach  dem  hochampt  den  convent  in  sain  gemach  beschickt 
und  gefragt:  haben  ir  kn.  mt.  geschriben?  Darauf  der  prior 
erschrocken  und  nichts  geantwurt.  Aber  apt  Marx  nochmals 
gefragt,  hat  einer  under  inen,  so  noch  bei  leben,  Gregorius 
Dietz ')  genant,  gesagt  ofl'entlich:  sagen  ja,  wir  habens  thoii. 
Sagt  der  prior:  ja,  gnedigcr  lierr.  Sprach  zu  inen  apt  Marcus: 
das  muess  euch  gotz  n.  n.  sehenden,  sollent  ir  euwern  prelaten 
also  verrathen  und  vcrkauffen.  Ich  will  mich  vor  kn.  mt.  und 
rogiment  verantwurten  wie  ein  fromer  fürst  und  siben  henker 
über  euch  beschicken  und  die  sach  wol  änderst  uss  euch  bringen. 
Dann  ir  haben  gewisst,  das  ich  das  gotzhus  graf  Hannsen  dem 
bischof  hab  wollen  übergeben.  Sagt  der  convent:  nain,  ew.  gn. 
hat  mit  uns  nie  nichts  darvon  gcredt,  auch  unsers  willen  nie 
dartzu  begerl;  und  das  wir  geschriben,  ist  darum  beschehen, 
das  wir  sollichs  von  wegen  des  gotzhaus  Stiftung  und  ordens 
halb  ze  thon  schuldig  seien,  und  auch  darrait  wir  ew.  gn.  mögen 
zu  einem  prelaten  haben;  und  ew.  gn.  were  das  vil  mer  schuldig; 
dann  wir.  Sagt  daruft  apt  Marx  ofientlich,  er  wolle  unser  herr 
nit  mehr  sein;  wir  betten  in  verlogen  mit  unserm  schreiben; 
und  meldet  vil  mehr  darinn  dann  wir  geschrieben  betten.  Alda 
sagten  wir:  was  wir  geschriben  ist  die  warhait,  wollend  auch 
sollichs  verantwurten  und  darbei  beleiben.  Uff  welches  er  aber- 
mals uns  im  convent  übel  gelluocht  und  geschendt  hat,  haben 
nichts  gutz  mehr  an  im  gehabt,  und  hat  doch  alle  schuld  utf 
den  obgemelten  conventualen  Gregorium  Dietzen,  welcher  der 
elter  und  uss  dem  gotzhaus  Zwifaltcn  postuliert  und  in  die 
Reichenaw  khomen  ist,  —  sollichen  hat  er  fürgenommen  und 
ime    sonderlich    gleicliwol    auch    den    andern    mit    dem    henker 

')  Vgl.  oben  Seite  249.  Dietz  starb  155«.)  (Mone,  a.  a.  O.  202);  Schön- 
huth,  a.  a.  O.  305,  nennt  irrtümlich   1547. 


Einverldbung  der  Reichenau.  255 

gethröwet.  Und  seien  also  von  dem  apt  in  sein  grosse  ungnad 
und  bann  also  erkennt  und  abgefertigt,  das  niemandts  mehr  zu 
inen  hat  sollen  khomen,  auch  niemandts  mit  inen  reden  mer 
dürfen.  Demnach  legt  er  gedachten  Gregorium  gefangen  und 
den  prior  dergleichen;  vermaint  also  mit  gwaldt  sie  dahin  zu 
thringen,  damit  er  uss  der  luge  ein  warhait  machen  möchte. 
Dann  er  gesagt,  hete  ein  rechten  vogel  eingesetzt,  muesste  nun 
hinfürter  singen  was  er  wolle,  dann  er  mache  den  gantzen  con- 
vent  ime  widerwertig. 

Als  nun  der  from  redlich  conventual  Gregorius  dreuzehen- 
halb  Wochen  gefangen  und  an  der  khettin  gelegen,  hiezwischen 
ist  doctor  Johann  Roming  der  vogt  in  der  Reichenaw,  Adam 
Augerer  der  Schreiber  zu  gedachtem  herrn  in  die  gefenknus 
geschickt  und  ime  das  schreiben  an  kn.  mt.  uff  das  höchst  ver- 
wisen  und  mit  vil  tröung  fürgehalten.  Aber  der  ermelt  conven- 
tual ist  bei  der  warhait,  wie  erstlichs  bekhendt  und  oben  gemelt, 
also  für  und  für  umb  ein  buochstaben  nit  gewichen,  sonder 
verharret  und  auch  daruff  ze  sterben  sich  erbotten.  Uff  welches 
die  gesandten  gesagt,  er  solle  doch  nur  bekhennen,  das  sie  im 
convent  die  handlung  gewisst  haben,  und  weren  zu  dem  schreiben 
beredt  worden,  aber  nichts  mügen  bei  ime  erheben. 

Demnach  ist  abt  Marx  zu  dem  andern  mal  auch  selbs  bei 
ime  gcsein  und  in  mancherlei  versucht,  auch  erstlichs  vätterlich 
angesprochen,  solte  doch  nur  bekhennen,  das  er  unrecht  hette, 
ilcm  sie  betten  den  handel  gewisst,  item  sie  hotten  uss  ander 
leutten  angeben  geschriben,  item  man  werde  in  mit  dem  Henker 
fra«;;en.  Und  aber  als  vil  mit  ime\)  versucht  und  fürgenomen, 
ist  zuletzt  von  abt  Marxen  gegen  seinen  rtithsherrn  und  gegen 
ime')  selbs  bekhandt  worden,  er  habe  khain  mangel  an  ime 8) 
nie  gehabt  weder  im  chor  noch  usserhalb  und  habe  sich-») 
^'flialten  wie  ein  from  munch,  und  wolle  in'*)  usslassen  ull  ein 
zimliche  verschreibung,  welche  abt  Marx  selbs  machen  lassen  on 
sein*"')  wissen  und  willen.  — 

IV.  Derweil n  ist  abermals  der  convent  für  den  apt  khomcn, 
ist  beschehcn  7.  Januarii  anno  1540  untl  in  gebeten  wie  volgt: 
Hochwürdiger  fürst  und  herr!  Ich  und  meine  mitbrüeder  bitten, 
ew.  f.  gn.  wolle  unser  fürbringen  und  anhalten  gnediglich  ver- 
h(»ren  und  ufl'nemen.  Wir  haben  us  vilfeltigem  reden  gehört 
und  vernommen,  das  ew.  gn.  dem  bischof  das  gotzhus  über- 
geben wolle,  welches  uns  befrembdt,  das  sollichs  ew.  gn.  uns 
nie  fürgehalten,  sonder  hünderrucks  unser  soll  gehandlet  werden, 
und  liaben  hierinn  vernomen,  wie  das  der  jetz  new  bischof  von 
Costentz  bei  bapstlicher  hailigkait  auch  bei  kn.  mt.  ire  botschaft 
gehabt  und  das    erlangt    habe,    damit    unser   gotzhaus    dem    bis- 

')  Aus  mir  abj»cainlcrt.  —  ■)  Dv^^\.  —  •»  Do>i;l.  —  *J  Dc>ijl.  aus 
miih.  —    )  D«sgl.  —  *■')  Dc^gl.  aus  mein. 


20  Schneider. 

lunib  incorpcrirt  und  zugeaignet  solle  werden,  darauf  dann 
gedachter  bischof  mit  seinen  thumherren  solle  mit  ew.  gn. 
handien  und  der  järlichen  pension  halb  überkommen.  Ist  uff 
soilichs  nochmals  unser  underthenig  und  demuettig  bitt,  ew.  gn. 
wolle  unser  gnädiger  herr  und  vatter  sein,  so  lang  got  der  all- 
mechtig  ew.  gn.  das  leben  verleicht,  wie  dann  wir  ew.  gn.  vor- 
mals auch  gebetten  haben.  Wir  begeren  und  wollend  auch 
khain  andern  haben  noch  annemmen,  dann  ew.  gn.  Dann  wir 
jetzt  in  die  1 8  jar  under  ew.  gn.  obedientz  und  gehorsame  seien 
gewesen,  begeren  und  pitten  noch  bei  ew.  gn.  darin  zu  bleiben, 
erraanend  auch,  ew.  gn.  wöll  eingedenk  sein,  wie  wir  bis  anher 
den  gotzdienst  mit  singen  und  lesen  haben  versehen  tag  und 
nacht.  Unangesehen  das  unser  nun  vier  conventuales  seien  und 
das  ew.  gn.  khain  jungen  in  den  orden  angenomen  hat  und  die 
andern  priester  von  uns  abgestorben  seien,  seind  wir  dannocht 
bei  unser  regel  bliben  und  dem  allmechtigen  got  zu  lob,  ew. 
gn.  zu  gefallen,  auch  uns  und  allen  gotzhusleuthen  zu  gutem 
uns  gehalten,  darob  khain  clag  gesein.  Bitten  desshalb,  sie 
wolle  also  unser  gnädiger  herr  und  vatter  beleiben  und  gedenken, 
wie  wir  so  trewlich  an  ew.  gn.  beliben  seien  in  ew.  gn.  schwerer 
krankhait,  auch  in  dem  paurenkrieg  und  in  jetziger  zwispaltung 
der  lauttery,  das  khainer  doch  under  uns  nie  abgefallen  oder 
abgewichen  ist.  Bitten  hierauf  zum  allerhöchsten  und  under- 
thenigst,  ew.  gn.  wolle  uns  als  verlassne  schaff le  und  waisen  on 
ein  hirten  nil  also  verlassen.  Dann  so  wir  von  ew.  gn.  wurden 
verlassen,  mögen  wir  wohl  gedenken,  das  unser  stifl'tung,  unser 
Orden,  das  gotzhus  und  auch  wir  alles  mitainander  abgon  werde. 
So  aber  ew.  gn.  unser  herr  und  vatter  beleih,  so  wollen  wir 
doch  gern  alles  thon  tag  und  nacht  nach  ew.  gn.  willen,  was 
uns  zethon  müglich  ist.  — 

V.  Als  nun  der  bischof  resigniert,  hat  der  hochwürdig  fürst 
Johann  bischof  von  Lunda  die  sach  widerum  dermassen  haimlich 
und  ^till  anijfefangen  erstliclis  mit  apt  Marxen  und  mit  den  gotz- 
hausleutten,  das  niemandts  hievon  in  dem  convent  gewisst  noch 
erfaren  hat  mögen  ^),  bis  apt  Marx  nach  dem  hochampt  in  con- 
vent beruefft  und  anzaigt,  sie  sollen  bedacht  sein,  was  sie  thon 
wolten,  das  der  bischof  Johann  von  Lunda  würde  khommen  und 
das  gotzhus  innemen  Als  nun  der  convent  ein  Verzug  bis 
nach  dem  morgenessen  genomen  und  für  des  abbts  gemach 
herab  khomen,  ist  der  bischof  gleich  vorhanden  gesein,  das 
khainer  des  convents  entweichen  mögen.  Dann  ir  meinung 
entlieh  abzuweichen,  damit  sie  zu  der  bewilligung  nit  gezwungen 
würdend.  J)er  gemelt  bischof  hat  damals  inen  und  auch  den 
gotzhausleutten  fiirgelialten,  er  habe  seine  gute  brieff  und  sigel 
von    bapstlich    haih'gkait,    von    kn.    mt.    unserm    allergnedigislen 

•)  Dem   \vi<.lci spricht  die  im  IV.  Abschnitte  enthaltene  Vorstellung. 


Einverleibung  der  Reichenau.  2^7 

herm,  das  ditz  gotzhaus  Reichcnaw  inie  einverleibt  und  d(*ni 
bistamb  nun  fürohin  incorperiert  und  zugehörig  were;  wolle 
hem,  wer  hiewider  sein  werde.  Aber  niemandls  weder  domals 
oder  hienacher  hat  die  beriempten  brieff  und  sigel  sehen  oder 
lesen  mögen. 

Also  ist  das  gotzhaus  Reicheiiaw  mit  list,  trug  und  falschait 
on  von^'issen  und  willen,  sonder  gäntzlich  wider  ein  convent  zu 
dem  bistumb  khomracn;  zu  besorgen,  wie  der  anfang  wurm- 
stichig und  enJicht,  also  müge  beharrlich  die  alt  loblich  stitltung, 
das  closterlich  leben  und  orden  mit  dem  gotzhus  nit  bestendig 
beleiben. 


Ein  lateinisches  Gedicht  auf  den  Abt  Laurentius 

von 

Altdorf  und  Ettenheimmünster  (t  1592). 

Mitgeteilt  von 

Albert  Krieger. 


Über  die  Geschichte  unserer  heimischen  Klöster  und 
ihre  Verhältnisse  im  16.  Jahrhundert  und  insbesondere  in 
der  zweiten  Hälfte  desselben  sind  wir  im  grossen  und 
ganzen  wenig  unterrichtet.  Die  Quellen  fliessen  für  diesen 
Zeitraum  nicht  allzureichlich,  nicht  so  reichlich  vor  allem 
wie  für  das  folgende  17.  Jahrhundert.  Jede  Vermehrung 
derselben  wird  man  deshalb  als  willkommen  bezeichnen 
müssen,  und  diese  Erwägung  dürfte  auch  den  Abdruck 
des  hier  mitgeteilten  Gedichtes  gerechtfertigt  erscheinen 
lassen. 

Dasselbe  hat  das  Leben  des  Abtes  Laurentius  III.  von 
Ettenheimmünster  zum  Gegenstande,  des  letzten  Abtes  vor 
den  grossen  Wirren,  in  welche  das  Kloster  am  Ausgange 
des  16.  Jahrhunderts  durch  die  Doppel  wähl  im  Bistum 
Strassburg  gestürzt  wurde. 

Abt  Laurentius,  mit  seinem  anderen  Namen  Gutjahr 
geheissen,  wurde  im  Jahre  1540  in  Surburg  im  Elsass  als 
Kind  armer  Leute  geboren.  Den  ersten  Unterricht  empfing 
er  in  seinem  Geburtsort.  Später  bezog  er  die  Universität 
Freiburg,  doch  zwang  ihn  bald  Mangel  am  nötigen  Unter- 
halt das  dort  begonnene  Studium  wieder  aufzugeben.  Er 
wandte  sich  dann  nach  Strassburg,  wo  er  an  dem  Dekan 
von  Alt  St.  Peter  einen  hilfreichen  Gönner  fand.  Im 
Benediktinerkloster  Altdorf  bei  Molsheim  im  Elsass  bereitete 


Abt  Laurentius  von  Ettenheimmflnster. 


259 


er  sich  auf  den  geistlichen  Beruf  vor.  Vom  Bischof  von 
Strassburg  zum  Priester  geweiht,  wirkte  er  nacheinander 
in  Altdorf,  Meistratzheim  und  Bettenhofen  im  Elsass. 
Aussergewöhnliche  Frömmigkeit  und  bedeutende  Erfolge 
als  Seelsorger  verschafften  ihm  rasch  einen  grossen  Ruf. 
Als  daher  Abt  Bernhard  Mönchberger  von  Altdorf  (seit 
1560),  von  Krankheit  und  den  Anfechtungen  des  Alters 
heimgesucht,  sich  entschloss  seine  Würde  niederzulegen, 
fiel  sein  Augenmerk  auf  unseren  Laurentius,  den  er,  ob- 
wohl er  Weltgeistlicher  war  und  dem  Orden  nicht  angehörte, 
zu  seinem  Nachfolger  ausersah.  Doch  bedurfte  es  des 
Eini»^reifens  des  Bischofs  von  Strassburg,  um  diesen  zur 
L'bernahme  der  ihm  angesonnenen  Würde  zu  bewegen. 
Am  27.  Januar  1579  wurde  er  zum  Abt  gewählt;  gleich- 
zeitig damit  fand  seine  Aufnahme  in  den  Benediktiner- 
orden statt.  Drei  Jahre  später,  am  5.  März  1582,  nach 
dem  Tode  des  Abtes  Balthasar  Imbser  von  Ettenheim- 
münster  erfolgte  seine  Wahl  zum  Abte  auch  dieses  Klosters 
auf  besonderen  Wunsch  wiederum  des  Bischofs  Johann 
von  Strassburg,  bei  dem  er  überhaupt  zeitlebens  in  hohem 
Ansehen  stand,  wie  aus  verschiedenen  Briefen  dos 
Bischofs  an  ihn  hervorgeht,  die  sich  im  (Tcneral-Landes- 
archiv  in  Karlsruhe  befinden  (Akten  Münsterthal,  Stifter 
und  Klöster).  Als  Abt  entfaltete  er  eine  unermüdliche 
rhätigkeit,  welche  in  erster  Linie  auf  die  materielle  und 
geistige  llebu.ig  der  beiden  ihm  unterstellten  alten  Abteien 
u^erichtet  war,  die  infolge  nicht  nur  der  allgemeinen  Zeit- 
ereignisse, sondern  auch  jahrzehntelanger  Misswirtschaft  in 
keineswegs  glänzender  Lage  sich  befanden.  Er  vermin- 
derte die  drückende  Schuldenlast,  welche  seine  Vorgänger 
angehäuft  hatten;  die  teilweise  zerfallenen  Klosterbauten 
führte  er  neu  auf;  Übergriffe  feindlicher  Nachbarn  (für 
Ettenheimmünster  waren  solche  die  Herren  von  IJohen- 
geroldseck)  wies  er  mit  Entschiedenheit  zurück.  Vor  allem 
aber  vermehrte  er  die  geringe  Anzahl  der  Klosterinsassen 
«in  Altdorf  waren  bei  dem  Rücktritt  seines  Vorgängers 
nur  noch  drei  vorhanden  gewc»sen)  durch  Zuzug  neuer 
Ordcnsmitglieder,  deren  Bildung  er  dadurch  zu  hoben 
suchte,  dass  er  sie  die  1580  zu  Molsheim  gej^ründeto 
Jesuitenschule    besuchen    Hess.      Freilich    hatten    seine    ik- 


26o  Krieger. 

mühungen  nur  einen  vorübergehenden  Erfolg.  Er  starb 
schon  am  2g.  Mai  1592  und  die  alsbald  nach  seinem  Tode 
über  daji  Kloster  hereinbrechenden  Wirren  machten  seine 
Bestrebungen  zu  nichte  (Vgl.  A.  Kürzel,  Benediktiner- 
Abtei  Ettenheim-Münster  S.   107  fF.   149  u.  ö.). 

Soviel  über  Abt  Laurentius  und  sein  Leben  nach  dem 
Gedicht  und  einigen  anderen  Quellen.  Nun  noch  ein  paar 
Worte  über  das  letztere  selbst.  Der  Verfasser  desselben 
ist  ein  gewisser  Laurentius  Reiffsteck,  ein  Schwestersohn 
unseres  Abtes,  dem  er  in  dem  Gedichte  ein  Denkmal 
gesetzt  hat.  Er  war  Studiosus  sacrarum.litterarum  in  Frei- 
burg, als  er  gleich  nach  dem  Tode  seines  Oheims  die 
Verse  zum  Lobe  desselben  niederschrieb,  hauptsächlich  auf 
Betreiben  des  Pfarrers  in  Bleichheim,  der  Christophorus  X. 
genannt  wird ,  und  eines  Magisters  Matthias  Rauhenius, 
der  Ludimoderator  (Schullehrer)  der  Schule  zu  Ettenheim- 
münster  war.  Als  Vorbild  haben  ihm  bei  der  Abfassung 
des  (iredichtes  die  Alten  vorgeschwebt,  insbesondere  Virgil, 
an  den  sich  einige  wörtliche  Anklänge  finden.  Über  eine 
rein  äusserliche  Nachahmung  dieses  Dichters  ist  er  freilich 
nicht  hinausgekommen.  Allzuhäufige  Wiederholungen 
gleicher  Redewendungen  und  Bilder  legen  nicht  gerade 
Zeugnis  von  einer  besonders  grossen  Erfindungsgabe  und 
dichterischer  Gewandtheit  ab;  ausserdem  dürfte  das  allzu- 
reichlich angebrachte  mythologische  Beiwerk,  das  zu  dem 
Gegenstand  des  Gedichtes  nicht  recht  passen  will,  unserem 
(ieschmacke  keineswegs  zusagen.  Ist  das  Gedicht  aber 
auch  als  Kunstwerk  nicht  über  jede  Kritik  erhaben,  so 
verdient  es  andererseits  doch  volle  Beachtung  als  ein 
Zeugnis  litterarischer  Bestrebungen,  wie  sie  in  einem  Kloster 
oder  wenigstens  in  einem  demselben  nahestehenden  Kreise 
am  Ausgange  des  16.  Jahrhunderts  geherrscht  haben  und 
über  die  wir  sonst  nicht  allzuviel  wissen. 

Das  Gedicht  liegt  nicht  in  der  Urschrift  vor.  Der 
folgende  Abdruck  ist  einer  Abschrift  im  Kopialbuch  352 
des  (ieneral-Landesarchivs  in  Karlsruhe  entlehnt.  Dieselbe 
rührt  von  dem  Bruder  Amandus  Trens  in  der  Abtei  Alt- 
dorf h(T  (dcscriptum  8  Idus  Novembris  1727),  demselben, 
der  auch  die  Geschichte  seines  Klosters  Altdorf  geschrieben 
hat,    welche    handschriftlich    im    Bezirksarchiv    des   Unter- 


Abt  Lauren tius  von  Ettenheimmünstcr.  2ÖI 

elsasses  in  Strassburg  aufbewahrt  wird  *).  Amandus  Trens 
hat  seine  übrigens  nicht  immer  fehlerfreie  Abschrift  nach 
einem  Drucke  des  Martin  Beckler  zu  Freiburg  von  1593 
angefertigt.  Dieser  Druck  scheint  verloren  gegangen  zu 
sein,  wenigstens  gelang  es  mir  nicht,  ein  Exemplar  des- 
selben aufzutreiben,  und  auch  die  älteren  gedruckten  wie 
handschriftlichen  Darstellungen  aus  der  Geschichte  des 
Klosters Ettenheimmünster  haben  ihn  offenbar  nicht  gekannt. 
Er  enthielt  ausser  dem  Gedichte  noch  eine  Vorrede  des 
Verfassers  in  lateinischer  Prosa,  eine  Epistola  llende- 
casyllaba  des  schon  genannten  Rauhenius  an  Reiffsteck, 
sowie  die  Grabschrift  des  Abtes  Laurentius  von  einem 
Jesuiten  Namens  Johannes  aus  Toul^«).  Gewidmet  war  das 
Gedicht  im  Drucke  dem  Prior  Hag  und  d(*n  Priestern 
Johann  Haus  und  Hubert  Rupaeus  im  Kloster  Etten- 
heimmünster, sowie  dem  Bruder  Gregor  I^aupach,  Profess 
in  Altdorf. 

Wir  lassen  nunmehr  das  Gedicht  folgen. 


Carmen  Heroicum  de 

Vita  Religiosissimi  et  Prudentissimi  Domini  Domini 

Laurentii  Abbatis  Ettonensis  et  Altorffensis. 

Non   Kgo  nunc  unam  vestrum,  vvlut  iiiito,  reposro 
CiislahMos  Musae  sacriijue   Hcliconis  aluninae, 
Nrr  tres  iitiploro,  vcliit  antea  >ai*pc   solobaiii, 
St-'d  vos  una  omnes  lUpio  nriiiu.'  drsit  Apollo. 
Kriru  ago,  sis  praesti»  iluctor  doctis>sirao   Phoel)e, 
Tu   quoiiue  Calliope  Musanim  maxiraa   Mu>a 
Kt  Clii»  insignis  gestaruin  i;loria  rcrum 
Adsis,  atque  Krato  terum  vrniatqut:  'I'halia; 
Nt'c  tu  Mclpomeiie  emancas,  ncc  forte  moriTis 
Terpsithore,  quae  siis  agiles  variari*  »horeas, 
Kuterpequc  veiii  et  Polvliymnia  protinus  adsis! 
Tu  siinul  Urania  hu«:  ades  et  mea  dirige  «-oepta: 
Namquc  cgo  pr«ieclaram  meditor  vobiscjue   canendam 


')  Sic  reicht  bis  l6(>7.  Kini^c  Anijabcn  dei selben  sin<i  ol>cn  vcrwcrU'i. 
—  ^}  Die  Iclzlcre  woi5l  einige  Abweichungen  von  den»  Drucke  bei  Kiir/cl 
S.  148  auf.  Der  zweite  Vers  beginnt  mit  vivcns  (die  Chronik  von  Alt(l(»rf 
hat  vivus)  anstatt  cuius,  welch  letztere  Lesart  keinen  Sinn  triebt,  und  im 
dritten  Verse  wird  fratribus  anstatt  fructibus  (gelesen,  w.is  ont^chioden 
vorzuxiehen  ist 


202  Krieger. 

Offero  materiam,  vestro  quac  carmine  digna  est. 

Sqribcre  constitui  vitam  praeclaraque  facta 

Praesulis  egregii,  duo  qui  sacra  templa  regebat 

Sancti  Cyriaci  atque  Ettonis  nomine  nota, 

Nomine  qui  proprio  fuerat  Laurentius  atque 

Kelici  de  anno  Gutiar  cognomine  dictus. 

Vos  igitur  omnes  tantis  succurrite  coeptis!  — 

Com  jam  Virginei  partus  millessimus  esset 

Atque  quater  decimus  quoque  quingentesimus  annus, 

In  quodam  pago  Suburgum^)  nomine  dicto 

Stella  pie  fulgens  ciaras  haec  edita  in  auras 

Paupere  patre  quidem  nee  multum  divite  matre; 

Ast  hie  honestus  erat,  veluti  quoque  mater  honesta. 

P'elix  luce  tua  multis  gratissima  Stella, 

Quac  roiseris  magnum  praebebas  saepe  levamen. 

Cur  non  te  dicam  Stellam!  nam  luce  decora 

Qua  tua  sub  nitidas  mater  te  protulit  auras, 

Stella  die  clara  visa  est  consistere  Olympo. 

Quid  sibi  vult  Stella  haec  aliud,  quid  sidus  obortum? 

Denotat  hoc  aliud?  nisi  tu  quod  fratribus  olim, 

Quos  lienedictinos  vulgo  appellare  solemus, 

Stella   fores  regeresque  illos  moderamine  certo 

Insignique  sacris  monachis  cum  laude  praeesses. 

Inde  adolescentem  in  ludum  misere  parentes, 

Discipulus  novus  doctas  ut  addisceret  artes 

Iiiformarcturque  simul  pietate  tenellus. 

Haud  illos  de  puero  concepta  fefellit 

Spes:  successerunt  fidis  sensim  omnia  votis. 

nie  etenim  studuit  captarc  eleraenta  priora 

lliaque   colligere  addidicit  collectaque   fati, 

Nomina   declinare  siniul  quoque  verba  jugare. 

Prima  haec  in  patria  sua  fundamenta  locarat: 

Nocte  dieque  suos  coepit  rogitare  parentes, 

Ut  sibi  praeberent,  quo  posset  pergere  coeptis 

In    studiis,  precibus  tandem  qui  deinde  coacti 

Dimisere,  sed  haud  multis  cum  sumptibus  ipsum. 

Est  urbs  Hrisgoia  Friburgum  nomine  dicta, 

Dives  opum,  munita  loco  muroque  tenaci, 

l'ronte  etenim  adversa  rupes  magnique  minantur 

In  coelum  scopuli,  quorum  est  in  vertice  summo 

Arx  constructa,  feros  posset  quae  arcere  retrorsum 

Mostes,   si  bello  cuperent  circumdare  cives. 

Hinc  etiam  silvis  spectatur  scena  coruscis, 

Mine  etiam  viridanti  atrum  nemus  imminet  umbra, 

In  quo  forte  cava  quercu  pendente  vetusta 

Kst  fons  irriguus  sitienti  gratus  amoenus, 

*)  Lies  Surburgum. 


Abt  Laarentio«  von  Ettenheimmünster.  263 

Intas  aqnae  duices  viridique  sediiia  terra, 
Mnsanim  domas  et  sedes  psallentibus  apta. 
Ergo  huc  dia  suis  stipata  frequenter  alumnis 
Calliope  venit  et  comitata  sororibus  octo 
Hicqae  lyra  Phoebus  dulcissima  carmina  cantat, 
Filia  vaticinae  Themitis  cum  matre  venire 
Hoc  crebra  solet  et  sacrum  jus  dicere  mundo. 
Non  procul  hinc  Bacchus  sua  munera  saepe  revisit, 
Pampineas  vites,  quarum  bicoloribus  uvis 
Exprimitur  praelo  mustum  nova  vina  daturum. 
Quas  infra  et  circa  vites  immensa  videtur 
Planities,  hie  almus  ager  fert  pinguis  opimas 
Messes,  hie  etenim  frugum  genitrix  dea  sedes 
Construxit,  Lephgoi  spiranturque  tepentibus  auris. 
Has  adiit  pingues  gaudens  Laurentius  oras 
Discedens  patriam  linquens  dulcesque  parentes, 
Scilicet  in  studiis  ut  posset  pergere  coeptis. 
Ut  Friburgiacam  celebrem  pervenit  ad  urbem, 
Grammaticam  accessit  didicitque  tenaciter  illam. 
Inde  est  ingressus  Sophiae  sacra  publica  tecta 
Absolvitque  illic  primo  praecepta  loquendi. 
Tum  studia  incipiens  declamatoria  in  illis 
Hxiguo  fecit  progressus  tempore  magnos; 
Sed  cum  deficerent  sumptus,  rel  in  quere  tan  dem 
Coropulsus  studia  est  patriasque  revisere  sedes. 
Krgo  suis  sociis  cunctis  valedixit  eosque 
Kriburgumque  scholamque  almam  Musasque  reliquit. 
Kstque  moratus  ibi  meliorem  conditionem 
Kxpectans  et  fortunam  sortemque  secundam, 
Qua  studia  adjutus  cito  ad  intermissa  redire 
Posset  et  optatam  dextre  contingere  metam. 
Sed  sors  in  patria  talis  se  haud  obtulit  Uli, 
Krgo  fuit  proficisci  aliam  compulsus  ad  urbem. 
Kst  urbs  Alsatiae  circumdata  moenibus  altis 
In  piano  constructa  solo  ditissima  pingui 
Campo,  dives  opum  Caereris  simul  atque  Lyaei 
Kt  dives  nummis  cumulataque  mercibus  amplis 
Kt  celebris  studio  et  doctorum  laude  virorum, 
Ipsa  alias  inter  tantum  caput  extulit  urbes, 
Quantum  lenta  altae  superant  ribumai)  cuprcssi: 
Gens  Argentinam  quondam  Romana  vocavit. 
Illam  tarn  claram  Laurentius  ibat  ad  urbem, 
Hie  illum  hospitio  excepit  vir  dignus  honore, 
Nomine  qui  Michael  dictus  cognominc  Rheinlin. 
Is  sancti  Petri  senioris  templa  regebat 

')  So  liest  die  Haodschrift!     Was  für  eine  Pflanze  gemeint  ist,  ist  mir 
»^Itaont. 


264  Krieger. 

(Vulgaris  tales  rectores  sermo  decanos 
Nominat).     Est  factus  Laurentius  eius  alumnus, 
Gratus  ei  semper  fuit  ob  pietatis  amorem 
£t  mores  castos  studii  infessosque  labores. 
Interea  et  proceres  alii  clementer  amore 
Ccperunt  ipsum  et  commendavere  canendi 
Supremi  sub  presbyteris  venerabile  teropli 
Munus  ei,  nam  tunc  cum  religione  sacrata 
Pura  illic  constabat  adhuc  pietasque  fidesque 
In  summo  et  sacro  Tibi  Virgo  Mater  Jesu 
Inque  utroque  tuo  templo  sanctissime  Petre. 
Nunc  aut  iam  pridem  potius  male  passa  repulsam 
Vera  üdes  eadem,  ut  reliqua  antea,  templa  reliquit 
£t  nova  successit  mendacis  secta  Lutheri, 
Quae  multas  aras  cum  tota  destruit  aede. 
Kt  quas  non  tollit,  spernit  et  ncgiigit  illas 
Et  Christi  proprios  cultus  verumque  timorem 
Kx  auditorum  praeverso  pectore  delet. 
Dum  vero  durabat  ibi  sacra  gloria  Christi 
Sacratamque  frequentabat  Laurentius  aedem, 
Discebat  ritus  ibi  religionis  avitae, 
Quos  bene  servarant  longo  illic  tempore  cives 
Quosque  colit  melior  populus  constanter  in  orbe. 
IIlos  ut  tcnuit  fundamentumque  salutis 
Aeternaeque  viam  veniendi  ad  gaudia  vitae, 
Iam  intendit  nervös  Laurentius  omnes, 
Ut  posset  fieri  sacro  de  more  sacerdos. 
Propterea  Argentinensi  discessit  ab  urbe. 
Est  situ  fertilibus  Molsheimia  pinguis  in  arvis. 
Parva  urbs  Alsatiae  fama  super  aethera  nota, 
Parva  sed  cxcellens  studiis,  asperrima  belli, 
[ustitiae  cultrix  et  sanae  religionis, 
Quam  semper  coluit,  studio  summoque  tuetur 
Dogmata  primaevae  fidei  Christoque  fidelis, 
llaud  potuit  duro  compelli  Marte  retrorsum 
De  cultu  fidei  priscae.     Fuit  haud  procul  inde 
Religiosa  domus  Veteris  de  Nomine  Pagi') 
Dicta  ante  haud  paucos  nostris  maioribus  annos. 
Heu  fuit  illa  acdes,  quia  nuper  tristia  totum 
Bella  cxusserunt  fiammis  hostilibus  ipsam. 
Illuc  deproperabat  iter  Laurentius  olim, 
Posset  ut  inservire  Deo  tandemque  sacerdos 
Factus  cum  monachis  illic  convivere  sancte. 
Nee  frustra  nam  mox  coepit  gratissimus  esse 
Abbati,  ingenti  qui  ipsum  dilexit  amore, 
Namque  pium  iuvenem  sacrae  cognovit  amantem 

«)  AJtdori. 


Abt  Laarentius  von  Ettenheimmünster.  265 

Justitiae  et  mente  omatum  vitaque  modesta. 
Ergo  brevi  voluit,  novus  ante  altare  sacerdos 
Ut  superum  Regi  stans  mystica  dona  sacraret: 
Pontifici  ergo  illum  misit,  qui  rite  sacratis 
Ordinibus  donaret  eum  faceretque  sacratum 
Presbyterum,  fecitque  libenter  Episcopus  illud. 
Presbyter  ut  factus  fuerat,  mox  auspice  Christo 
Primitias  cantans  Ipsi  sacra  prima  dicavit, 
Postea  perpetuo  in  vera  pietate  remansit 
Atque  pudicitiam  coluit  votique  Monarchae 
Oblati  summo  non  immemor  extitit  unquam. 
Solus  erat  veluti  solus  sine  conjuge  turtur, 
Aut  si  aliis  aderat  sacra  extra  templa,  parumper 
Fratribus  optatis  monachis  se  iunxit  amanter, 
Utque  suo  abbati  grates  persolvere  dignas 
Pro  meritis  posset  tantis  munusque  referre. 
Incepit  parochi  divinum  munus  obire 
£t  populum  Christi  divino  pascere  verbo, 
Illic  sedit  ubi  conventus  et  inclytus  abbas. 
£t  postquam  binos  haec  munera  obisset  in  annos 
Tum  Meistrossensis  populus  pastore  carebat; 
Cui  praesentatus  mox  est  exceptus  amanter, 
Christicolas  illos  divino  dogmate  pavit 
Vitamque  inter  eos  semper  ducebat  honestam; 
Krgo  suis  fuit  acceptissimus  ilie  colonis. 
Quos  cum  Rheinlinus  tantos  audisset  honores 
De  virtute  sui  meritisque  fidelis  alumni, 
Obtulit  ille  suo  collegarumque  suorum 
Nomine  ei  templnm  Bettenhofiense  precatus, 
Ut  veniat  celebrans  et  oves  non  negh'gat  illas. 
Maecenati  ergo  obstrictum  sese  esse  professus 
Annuit  et  precibus  meritisque  est  gratificatus 
Sic  in  eum  cupiens  gratissimns  esse  vicissim, 
Cnins  erat  quondam  larga  pietate  potitus, 
Postquam  Argentinam  novus  antea  venerat  hospes, 
Krgo  suis  placido  cum  Meistrossensibus  ore 
Discessus  causas  memorans  valediceret:  illi 
Effusis  illum  lacrymis  retinere  studebant; 
Sed  cum  non  aliter  fieri  illo  tempore  posset 
Saepc  vocatus  oves  alias  cito  pastor  adibat 
Et  bis  quinos  illis  prudenter  praefuit  annos» 
Exemploque  pio  fulgens  et  dogmate  sacro 
Pauperibus  tribuit  largissima  munera  saepe, 
Qui  portum  columenque  ipsum  dicere  sacratum 
Pracsidium  et  solatiolum  et  memorabile  asylum. 
Deficeret  calamus,  si  commemorare  studerem, 
Quam  gratus  fuerit  cunctis  hinc  ilie  colonis 
Et  quam  mirifico  fuerit  decoratus  honore. 

Zdtachr.  f.  Getch.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  .>.  ]8 


266  Krieger. 

Plebs  venerata  fuit,  coluit  speciosa  iuventus 

Et  mores  gessit  dictis  monitisque  beati, 

Idque  nee  immerito,  quia  nocte  dieque  Tonanti 

Vota  tulit  Summo  populo  oravitque  salutem. 

Ergo  cum  tantos  et  nocte  dieque  labores 

Perferret,  vires  animi  cessere  repente, 

Debile  fit  corpus  renuens  perferre  labores 

Et  latus  et  renes  morbo  tentantur  acuto. 

Quare  consuluit  medicos  et  pharmaca  sumpsit, 

Ut  posset  tristes  de  corpore  pellere  morbos. 

Suaserunt  illi  placidam  traducere  vitam 

Atque  Argentinam  sese  conferre,  valeret 

Quo  melius  saevo  corpus  relevare  dolore. 

Ergo  iterum  tnigrare  loco  compulsus  et  illos 

Linquere,   quos  magno  complectebatur  amore; 

Hie  quoque  tum  tristes  lachrymas  fudere  coloni 

A  se  pastorem  cernentes  cedere  fidum. 

Argentinam  adiit  sedemque  locavit  ibidem 

Atque  ope  paulatim  medica  relevavit  anhelum 

Corpus  et  exurgens  morbo  revalescit  ab  illo. 

Interea  virtus  quia  commcndaverat  illum 

In  templo  Petri  Senioris  patribus  ante, 

Adscripsere  sibi  collegam  protinus  ipsum. 

Qui  tamen  haud  potuit  consuetum  linguere  munus, 

Sed  coepit  rursus  divino  pascere  verbo 

Christicolas  alios  proprio  pastore  carentes, 

Exemplo  vitae  insonti  sanctoque  micabat, 

Verus  pastor  erat,  cognovit  oves,  fuit  illis 

Cognitus  et  Christi  vestigia  sancta  seq[u]utus. 

Uritur  interea  morbo  venerabilis  abbas, 

Qui  quondam  ipsius  fuerat  nutritor  et  altor, 

Donec  presbyteri  foret  insignitus  honore, 

Namque  alios  inter  coepit  pluresque  dolores 

Debilitare  pedes  eins  nodosa  podagra. 

Ergo  hujus  coenobii  res  tunc  curare  valebat 

Amplius,  haud  potuit  commissum  munus  obire, 

Vidit  adesse  virum  nullum,  cui  credere  posset 

Id  munus,  nam  vix  monachi  tres  tempore  eodem 

Forte  aderant,  scd  non  poterant  hoc  munus  obire, 

Nam  nimium  ipsorum  fuerat  tum  debelis  aetas: 

Ergo  rogat,  quod  idem  quoque  saepius  ante  rogarat, 

Coenobii  rebus  properet  succurrere  fessis 

Kt  fiat  a  cunctis  exspectatissimus  abbas. 

lile  iterum  renuit  veluti  quoque  saepius  ante, 

Sed  postquam  Argentinensis  pervenit  ad  aures 

Praesulis  (heu  cujus  totum  iam  flemus  in  annum 

Funus  in  oblito  gemitu  luctuque  sonante) 

Fama  volans,  qua  nil  aliud  velocius  usquam. 


Abt  Laurentios  von  Ettenheiromonster.  267 

Fama  viri  memorans  virtutexn  et  spiendida  facta, 
Quin  etiaxn  famam  chartis  mandata  querela 
Aegroti  abbatis  cursu  properante  secuta  est, 
Cognoscens  famam  princeps  pius  atque  querelam, 
Cum  successorem  nullum  superesse  videret, 
Consilium  abbatis  rerum  illa  in  sorte  probavit 
lussitqae  ut  commendatus  Laurentius  ad  se 
Dirigeret  gressus.     Qui  postquam  venit  ad  ipsum, 
Protinus  alloquiis  est  exhortatus  amicis, 
Munus  ut  oblatum  subeat  neque  mente  recusct 
Aversa  officium  tam  nobile  tamque  sacratum, 
Auxiliumque  suum  promisit  defore  nunquam 
Indixitque  diem,  quo  electio  rite  daretur. 
Tandem  ille  bis  dictis  victus  monitisque  benignis 
Cessit  et  arbitrio  subjecit  principis  atque 
Abdicat  officiis  se  aliis  optataque  multis 
Commoda  mundanosque  simul  reliquit  bonores, 
Coenobium  petiit  charis  comitatus  amicis 
Fitque  novus  monachus  domino  devotus  Jesu, 
Cui  jurans  votum  vovit,  servavit  et  illud. 
Intcrerant  quoque  pastores,  quos  praesui  ad  istud 
Legarat  munus  magna  gravitate  obeundum, 
Scilicet  eti)  legerent  suffragia  libera  fratrum 
Ipsorumque  sacer  fiat  Laurentius  abbas. 
Successit,   nam  fiebat  Laurentius  abbas 
Fratribus  et  reliquis  gratantibus  omnibus  illi. 
Si  mibi  tot  linguac,  quot  fama  habuisse  renarrat 
Argum  oculos,  qui  commutatae  numine  quondam 
lonis-)  fuerat  (si  vera  est  fabula)  custos: 
Si  mihi  nunc  foret  docti  facundia  Marci 
Venaque  Nasonis  nitidi  gravitasque  Maronis, 
Kon  tamen  eloquio  possem  describerc  tanto 
Res  ab  eo  gestas  praeclare  et  quaelibct  acta 
^lirificus  fervor,  zelus,  labor  arduus  atque 
I'ura  fides,  candor  sanctissima  religioque 
Ac  insons  pietas,  pia  mens  ac  integra  vita. 
Hac  simul  et  reliquae  virtutns  semper  in  ipso 
Splendebant  veluti  stellae  fulgentis  Olympi. 
llis  adjumentis  vir  laudatissimus  illc 
Commoda  multa  suae  sacratac  praestitit  aedi, 
Certe  alter  Benedictus  erat  vestigiaque  eius 
Consectabatur  studio  felicitcr  omni; 
Implevit  praecibus  castis  noctesque  dicsque, 
Kxemploque  bono  et  vera  pietatc  praoibat 
Fratribus  et  pura  stans  et  devotus  in  ara 
Auetori  Christo  sanctissima  dona  sacravit. 

1»  Es  ist  ut  zu  lesen.  —  ^}  Die  Handschrift  liest  Junonis. 


268  Krieger. 

Praetereaque  novis  conventum  fratribus  auxit, 
Atque  ut  perciperent  operosae  Palladis  artes, 
In  claram  celebremque  scholam  dimisit  eosdem 
Ad  Molshemenses  patres,  qui  a  nomine  Sancti 
Nomen  habent  Jesu  nullis  pietate  secundi 
Doctrina  studiis  morum  gravitate  verendi. 
Rebus  in  externis  sapiens  prudensquc  gerendis 
Extitit  et  multis  censum  proventibus  auxit, 
Aera  aliena,  prior  quae  olim  contraxerat  abbas, 
Maxima  dissolvit  censu  magnoque  levavit 
Coenobium  pressum  nunc  hinc  nunc  inde  gravatum. 
Diruta  quae  quondam  fuerant  hostilibus  armis, 
Haec  eadem  erexit  rursum  magnisque  refecit 
Sumptibus.     Haec  eadem  nirsus  sunt  diruta  nuper 
Militis  indomiti  caeci  Martisque  fnrore  — 
Heu  scelus  indignum  et  funesta  morte  piandum! 
Hoc  timuit  semper  summe  dum  viveret  ipse. 
Ergo  per  Alsatiam  quoties  nova  bella  furebant, 
nie  duces  belli  crebro  est  compulsus  adire 
Coenobio  exorans  pacem  lytronque^)  rependens. 
Praeterea  membris  crebro  de  nocte  quietem 
Subtraxit  magnum  spatium  emensusque  viarum 
Est  pede')  ante  diem,  claro  quam  duxit  Olympo 
Atque  reduxit  equos  de  gurgite  Phoebus  Ibero. 
Ergo  suam  propter  virtutem  et  splendida  facta 
Pontifici  Argentinensi  gratissimus  llle 
Acceptusque  fuit,  persaepe  vocatus  ad  aulam 
Principis  et  magno  semper  susceptus  honore, 
Eius  consilio  princeps  est  saepius  usus 
Perque  illum  fecit  tersaepe  negotia  magna. 
Rupere  interea  fatalia  stamina  Parcae 
Abbati,  qui  dive  tuum  Landline  rege  bat 
Kttonisque  sacrum  templum:  quo  deinde  sepulto 
Argentinensi  venere  a  pracsule  missi 
Legati  abbatemque  novum  jussere  viritim 
Consueto  fieri  -coliectis  ordine  votis, 
Ut  laudabiliter  posset  succedere  patri, 
Qui  modo  Parcarum  spiculis  confixus  acutis 
Mortuus  aethereis  ccssarat  vescier")  auris. 
Illuc  quin  etiam  princeps  se  contulit  ipse 
Et  cum  tempus  erat,  quo  deberet  novus  abbas 
Constitui,  princeps  voluit  succederet  ipse; 
Ergo   illi  et  reliqui  abbates  sua  vota  dedere 

*j  lytrum,  lytrop,  griech.  XvtgoVj  F-Ösegeld.  —  ^)  Diese  Konjektur  ver- 
danke ich  dem  Redakteur  dieser  Zeitschrift,  Herrn  Archivrat  Obser.  Die 
Handschrift  liest  emensumqiic  und  pedes.  —  *)  So  die  Handschrift!  aus 
was  entstellt? 


Abt  Laurenlius  von  EttenheimmÜnster.  260 

Consensumque  suum  tribuit  conventus  eidem. 

nie  recusavit  nimium  hoc  grave  munus  obire 

Estque  precatus  eos  summe,  sibi  parcere  vellent, 

Conquestus  quoque  iam  sibi  plus  satis  esse  laborum 

Et  se  coenobiis  non  posse  praeesse  duobus. 

Uli  nee  prccibus  moti  nee  verba  reeeptant, 

Consensu  unanimi  mandant  id  munus  eidem. 

Krgo  quod  haud  potuit  vitare,  id  munus  obibat 

(Jfficiumque  sibi  oblatum  suscepit  idemque 

Ut  prius  infesso  studio,  fervore,  labore 

Sustinuit  deeratque  suis  haud  partibus  uliis 

Nilque  suo  discessit  de  fervore  priori. 

Primus  et  in  tempio  fuil  ultimus  inde  reccdcns 

In  sancta  disciplina  felicilcr,  imo 

Mirificc  rexit  fratres  utriusque  catervae 

Et  premere  et  laxas  potuit  dare  certas  habenas. 

Aequus  erat,  rectus,  justus,  vix  justior  alter 

Extitit  inquc  omnes  est  omni  tempore  visus 

Mansuetus,  mitis,  clcmens  miserisque  reisque 

Gnarus  erat  sontem  insonti  sccernere,  gnarus 

Parcere  subjectis  et  refraenare  superbos, 

Quaproptcr  populo  gratissimus  extitit  ipse, 

Qui  quoque  semper  eum  summo  est  veneratus  honorc 

Opposuit  se  vicinis,  si  quando  volebant 

Coenobii  violare  vetusta  aut  rumpere  jura, 

Coenobio  inferri  nulla  est  iiicommoda  passus, 

Debita  dissolvit,  censum  proventibus  auxit. 

Diruta  quae  fuerant  iam  forte  minantiaque  ipsum 

Omnia  mox  fundamentis  renovavit  ab  imis; 

Sex  ego  praecipue  memini,  quas  condidit  ipse 

Extruxilque  domos,  quos  sonsim  longa  vetu.stas 

Triverat  et  quae  nunc  sunt  grata  habitatio  doctis 

Presbyteris,  quos  diversis  pracfecerat  aris 

Iure  patronatus,  (juod  ibi  tenct  inclytus  Etto. 

Praetereaque  novos  fratres  suscepit  et  ipsos 

lussit  adire  scholam,  quo  miserat  antea  primos. 

Sed  quid  inutilibus  verborum  ambagibus  utor? 

Omnia  ccmplectar  vcrbo:  fuit  utilis  abbas! 

Isti  coenobio  denos  bene  praefuit  annos, 

His  Septem  vero  primi  moderatus  habenas! 

Quid  dicam  multis?  Reliquos  hie  lloruit  inter 

Abbates  ut  saphyrus  cireumdatus  auro 

Omnigenas  intor  gcmmas  nitidosque  lapillos. 

Verum  cum  tantos  noctuque   dicque  labores 

Perferrei  ncque  morosis  bona  gaudia  curis 

Adderet,  int'cpit  morbos  sentire  molestos. 

Quos  equidem  nuUus  medicus  placare  volebat, 

Cepissetque  licet  melius  quandoque  valero, 


270  Krieger. 

In  morbum  residit,  nollet  quod  linquere  curas. 
Sic  torquebatur  geminatum  aegrotus  in  annum, 
Tandem  crudeles  Parcae  nimiumque  feroces 
Injecere  manus,  merserunt  funere  acerbo 
Insignem  pietate  virum  patremque  fidelem. 
O  nimium  saevae  nimium  immitesque  sorores, 
Cur  ausae  facinus  tarn  grande  et  triste  faistis! 
Nestorea  digni  vita  cur*)  stamina  seram 
Rumpitis  ante  diem  reverendi  praesulis  hujus: 
Mathusalemiis  fuerat  dignissimus  annis 
Propter  opem  magnamque  fidem,  qua  juvit  et  auxit 
Res  superum  sacras  hominumque  negotia  quaevis. 
O  vos  Sicelides  Musae  deflete  patronum 
Atque  omnes  mecum  lugubres  sumite  vestes, 
Mecum  immaturam  mortemque  dolete,  rogamus: 
Perdidimus  ma^um  nam  munificumque  patronum 
Et  Maecenatcm  facilem  dominumque  benignum. 
Cur  mea  non  etiam  rupistis  stamina  Parcae! 
Nam  mihi  tam  charo  sublato  morte  patrono 
Carpere  vitales  auras,  mihi  credite,  durum  est, 
Sed  sie  est  rerum  series,  sie  rector  Olympi 
Consilio  arcano  nunc  hos  nunc  avocat  illos. 
Tendimus  hie  omnes,  finem  properamus  ad  unam, 
Unus  post  alium  generamur  et  exspiramus. 
Haec  tamen  a  superis  est  consolatio  nostra, 
Quod  spes  sit  certa  ad  ter  laeta  palatia  coeli 
Hinc  migrasse  suumque  illic  spectare  patronum, 
Qui  propter  Christum  est  prunis  ardentibus  ustus, 
Quem  puro  affectu  coluit  dum  vita  manebat. 
Vivat  ibi  atque  suis  temph's,  quae  rexerat  ipsc, 
Solliciturque  suis  monachis  simul  Alsatiaeque 
A  patre  coelituum  pacem  requiemque  precetur 
Atque  inconcussum  fidei  et  pietatis  honorem. 


*)  Die  Handschrift  liest  cui. 


Die  Überlieferung 
des  ersten  Strassburger  Stadtrechtes. 

Von 

Hermann  Bloch. 


Das  älteste,  dem  12.  Jahrhundert  zugewiesene  Stadt- 
recht von  Strassburg')  ist  uns  nicht  mehr  in  handschrift- 
licher Überlieferung  erhalten;  für  seine  Kenntnis  und  seine 
Beurteilung  sind  wir  auf  zwei  Drucke  angewiesen,  die 
beide  die  wichtige  Aufzeichnung  in  lateinischer  und  in 
deutscher  Sprache  geben.  Schilter  veröffentlichte  sie  als 
der  erste  in  der  12.  Anmerkung  zu  seiner  Ausgabe  des 
Jacob  von  Königshofen  (Strassburg  1698),  S.  700  flF.  Er 
stellte  den  deutschen  Text  (DS)  voran,  da  er  ihn  für  den 
ursprünglichen  hielt  und  den  lateinischen  für  eine  Über- 
setzung daraus  ansah.  Grandidier,  der  abweichend  von 
Schilter  die  lateinische  Fassung  als  die  frühere  betrachtete, 
widmete  dem  ersten  Stadtrecht  die  VI.  Dissertation  in 
seiner  Histoire  de  Teglise  de  Strasbourg  II,  34  ff.  Die 
seither  geltende  Ansicht  über  das  Verhältnis  der  Uber- 
lieferungsformen  zu  einander  ist  in  dem  Strassburger  Ur- 
kundenbuch  I,  476  dahin  zusammengefasst  worden,  dass 
der  lateinische  Text  bei  Grandidier  (LG)  als  der  ältere 
der  Ausgabe  zu  Grunde  zu  legen  sei,  dass  derjenige  bei 
Schilter  eine  offenbar  jüngere  und  zum  Teil  verderbte 
Überlieferung  darstelle,  und  dass  endlich  die  mittelhoch- 
deutschen Übersetzungen  bei  Schilter  (DS)  und  Grandidier 


')  Ich  behalte  diese  Be/cichnunj;  bei,  obwohl  ich  Rietschcis  Bedenken 
liagcj^en  (vgl.  Deutsche  Zeitschrift  für  Geschichtswissenschaft  N.F.  I,  37 
N.  1)  theile. 


272  Bloch. 

(ÜG)  »im  günstigsten  Falle  erst  aus  den  letzten  Jahrzehnten 
des  13.  Jahrhunderts  stammten.«  Demgemäss  wurde  der 
deutsche  Text  des  Stadtrechtes  nie  berücksichtigt  und 
auch  im  Strassburger  Urkundenbuch  nicht  wieder  ab- 
gedruckt. 

Diese  Anschauung  über  den  Wert  unserer  Über- 
lieferung will  G.  Caro  in  einer  kurzen  soeben  erschienenen 
Untersuchung  »Zur  Überlieferung  des  ersten  Strassburger 
Stadtrechtes«  (Histor.  Viertel jahrschrift  11,  72  ff.)  über  den 
Haufen  werfen.  Indem  er  zu  Schilters  Meinung  zurück- 
kehrt, kommt  er  zu  dem  folgenden  Schlussergebnis:  »Jeden- 
falls ist  der  deutsche  Text  bei  Schilter  der  älteste  für  uns 
sicher  erkennbare  Text  des  sogenannten  ersten  Strass- 
burger Stadtrechts;  der  lateinische  Text  bei  Schilter  ist 
eine  Übersetzung  des  deutschen.  Der  lateinische  Text  bei 
Grandidier  ist  tendenziöser  Entstellung  dringend  verdächtig, 
keinesfalls  aber  bietet  er  Gewähr  für  die  zuverlässige 
Wiedergabe  einer  handschriftlichen  Vorlage.  Als  originales 
Rechtsdenkmal  aus  dem  12.  Jahrhundert  wird  das  erste 
Strassburger  Stadtrecht  demnach  kaum  noch  angesehen 
werden  dürfen.« 

Klar  und  bestimmt  hat  Caro  hier  die  Ansicht  aus- 
gesprochen, die,  wenn  sie  zuträfe,  dem  Stadtrechte  das 
Beste  seines  Wertes  rauben  würde;  scharf  scheidet  er  in 
diesen  Worten  die  beiden  Fragen,  mit  denen  sich  die 
Prüfung  der  Überlieferung  zu  beschäftigen  hat.  Auf  der 
einen  Seite  handelt  es  sich  nämlich  darum,  festzustellen, 
ob  der  deutsche  Text  aus  dem  bekannten  lateinischen 
abgeleitet  oder  ob  etwa  die  lateinische  Fassung  eine  (als- 
dann für  uns  wertlose)  Übersetzung  der  deutschen  sei. 
Auf  der  andern  Seite  muss  das  Verhältnis  der  Drucke 
Grandidiers  zu  den  älteren  Drucken  Schilters  sorgfaltig 
erwogen  werden,  damit  eine  sichere  Grundlage  für  die 
Textgestaltung  gewonnen  werde. 

Hätte  Caro  diese  beiden  Fragen ,  die  nahezu  unab- 
hängig von  einander  zu  erörtern  sind,  im  Eingang  seiner 
Untersuchung  mit  der  gleichen  Sicherheit  geschieden  wie 
in  den  angeführten  Schlussätzen  und  hätte  er,  statt  sie 
miteinander    zu   verwirren,   jede    gesondert    behandelt,    so 


Strtssburger  Stadtrecht.  273 

Würde  er  seinen  Angriff  auf  den  lateinischen  Text  wohl 
niemals  unternommen  haben.  Zum  mindesten  würde  er 
erkannt  haben,  dass  es  für  die  Wertung  unseres  Stadt- 
rechtes nicht  gar  zu  wesentlich  ist,  ob  Grandidiers  Druck 
mehr  oder  weniger  willkürlich  gestaltet  sei,  dass  dagegen 
für  die  von  ihm  vorgetragene  Beurteilung  schlechterdings 
alles  auf  den  Nachweis  ankommt,  dass  der  deutsche  Text 
der  ursprünglichere,  der  lateinische  nur  eine  Übersetzung 
des  deutschen  sei. 

Den  Nachweis  hierfür  zu  liefern,  hat  Caro  kaum  ernst- 
haft unternommen,  und  er  hat  auch  nicht  die  Rätsel  gesehen, 
geschweige  denn  erörtert,  die  seine  Hypothese  im  all- 
gemeinen und  im  einzelnen  aufgiebt.  Wann  und  unter 
welchen  Umständen  soll  denn  wohl  ein  im  Jahr  1270  vor- 
liegendes deutsches  Stadtrecht  aus  der  Volks-  in  die  latei- 
nische Gelehrtensprache  zurückübersetzt  worden  sein? 
Welcher  Mann,  so  muss  man  weiter  fragen,  mag  in  den 
einschlägigen  Quellen  bewandert  genug  gewesen  sein,  um 
in  der  Übersetzung  den  Ton,  ja  zuweilen  selbst  den  Wort- 
laut anderer  Stadtrechte  aufs  glücklichste  zu  treffen  ?  Wer 
mag  endlich  aus  den  alten  Urkunden  die  Bezeichnung  des 
Schultheissen  als  »causidicus^  ausgegraben  haben,  die  seit 
dem  Anfang  des  1 3.  Jahrhundorts  in  Strassburg  nicht  mehr 
begegnet,  um  sie  neben  dem  später  ausschliesslich  üblichen 
Titel  des  ^scultetus«  zu  verwenden,  —  wie  beide  in  den 
letzten  Jahrzehnten  des  12.  Jahrhunderts  nebeneinander  in 
Gebrauch  gewesen  waren? 

Auf  solche  allgemeine  Betrachtungen,  welche  gegen 
die  Auffassung  Caro's  von  der  Ursprünglichkeit  des  deut- 
schen Textes  Stimmung  machen  würden,  brauche  ich 
indessen  hier  nicht  einzugehen,  weil  die  Grundlage,  auf 
der  sie  beruhen  müsste,  weil  nämlich  der  eingehende  Ver- 
gleich der  deutschen  und  der  lateinischen  Fassung  mit 
voller  Sicherheit  zu  dem  grade  entgegengesetzten  Er- 
gebnis führt,  dass  der  deutsche  Wortlaut  eine  verfehlte 
und  fehlerhafte  Übersetzung  der  lateinischen  Vorlage  ist. 
Indem  ich  im  folgenden  die  entscheidenden  Stellen  heraus- 
hebe, stelle  ich  Schilters  lateinischen  (LS)  und  deutschen 
^DS)  Text  einander  gegenüber  und  berücksichtige  Ciran- 
didiers  Lesarten  nur  im  Notfalle. 


274 


Bloch. 


§    2t. 


LS  (V,  3J. 

Est  autem  iste  modus  voca- 
cionis:  nominabit  hominem  pul- 
santem  intimabitque  adversario 
suo,  quod  pulsatus  sit,  vel  viva 
voce  presenti  ubicunque  ei 
occurrerit  vel  ad  domum  eius 
nunciabit  primo,  secundo,  ter- 
cio  ad  iriducias  noctis  unius. 


DS. 

Dise  rufunge  ist  alsus  ge- 
schafen:  er  soll  nennen  >)  den 
kleger  ufl  künden  sinem  wider- 
sachen  das  er  biclaget  si,  oder 
von  munde  ze  munde  ist  er 
gegenwertig,  oder  künde  tz 
ime  zu  hus,  oder  swa  er 
ime  bekumet  zum  ersten  male, 
zum  andern  male,  zum  dritten 
male,  nach  den  vristmal  einer 
nacht. 


Wie  im  mittelalterlichen  Gerichtsverfahren  allgemein 
die  einfache  persönliche  Ladung  »de  ore  ad  os«  von  der  in 
bestimmten  Fristen  zu  wiederholenden  dreimaligen  Ladung 
»ad  domum«  geschieden  wird  *),  so  kennt  auch  unser  Abschnitt 
in  LS  beide  Formen,  sei  es  die  persönliche  Ladung,  welche 
der  Fronbote  an  den  Beklagten,  wo  immer  er  ihn  trifft, 
ergehen  lassen  kann,  sei  es  die  dreimalige  an  dem  Hause 
des  Beklagten.  In  DS  hingegen  sind  diese  beiden  einzig 
gesetzlichen  Fälle  durch  ein  an  sich  unbedeutendes  Miss- 
verständnis des  lateinischen  Textes  zu  dreien  umgebildet  ^j, 
und  überdies  ist  der  Gegensatz  der  mit  einem  Male 
erledigten  persönlichen  Ladung  zu  der  gewöhnlichen  an 
dreifache  Wiederholung  gebundenen  völlig  verwischt 
worden.  Nur  LS  giebt  den  rechten  Sinn,  DS  ist  eine 
ungeschickte  Übersetzung. 


Nicht  anders  ist  es  mit  §  35. 


LS.  (IX,    i). 

Si  quis  alium  fuerit  iniuriatus 
verbo  vel  facto  in  populo,  si 
ambo  volunt  stare  ad  iudicium 
populi,  iudex  illud  determinabit 
secundum  iudicium  et  dictum 
populi.     Sin    autem,    pulsatus 


DS. 


Swer  aber  dem  ander  geun- 
,  rechtet  mit  wortten  oder  mit 
1  werchen  vor  den  lüten,  wellen t 
I  si  beide  nicht  klagen  noch 
j  gerichtes  pflegen,  so  sol  sich 
sin  der    richter   annemen ,   und 


*)  DG;  ncmcn  DS.  —  *)  Planck,  Das  Deutsche  Gerichtsverfahren  im 
MA.  I,  344  n*.  —  3)  Der  Übersetzer  trennte  irrtümlich;  (i)  vel  viva  voce 
presenti,  (2)  ubicunque  ei  occurrerit,  (3)  vel  ad  domum.  Der  Sachverhalt 
erhellt  deutlich  aus  dem  folgenden  §  27. 

17* 


Strassburger  Stadtrecht.  275 

simplice  sua  assercione  [se]^)  !  sol  ime  die  gemeinschaft  den 
ezpurgabit  vel  ille  convincere  \  uf  urteil  lasen  sprechen,  uu  dar- 
eum  volaerit')  duello.  -  nach  so  si  gesprechent,  so  richte 

I  [der    Richtere]^)  an   ein    ende. 


ufl  der  da  angesprochen  wirt, 
'  der  gat  mit  sinem  eide  dervone, 
I  der  kleger  wel  in  denne  kemphen. 

Schilter  hat  die  in  LS  getroflFene  Anordnung  nicht 
verstanden;  in  einer  Anmerkung  zu  »volunt«  hebt  er  hervor, 
dass  dem  deutschen  Texte  zufolge  »nolunt*  gelesen  werden 
müsse«  und  zu  dem  mit  »sin  autemc  beginnenden  Satzgliede 
bemerkt  er,  dass  der  lateinische  Übersetzer  (latinus  inter- 
pres)  das  Deutsche  nicht  richtig  wiedergegeben  habe.  Im 
Anschluss  an  Schilter,  ohne  auch  nur  eine  weitere  Er- 
läuterung zu  versuchen,  hält  Caro  »die  Stelle  für  beweis- 
kräftige und  urteilt:  »DS  ist  hier  klar,  LS  sinnlos«. 

Und  doch  ist  der  in  I-S  geschilderte  Vorgang  nicht 
eben  schwer  verständlich.  Wenn  ein  Bürger  von  einem 
seiner  Mitbürger  öffentlich  (in  populo)  beleidigt  wird,  kann 
mit  ihrer  beiderseitigen  Zustimmung  (si  ambo  volunt)  die 
Sühne  ausserhalb  des  ordentlichen  gerichtlichen  Verfahrens, 
zwar  vor  dem  Richter,  aber  durch  den  Spruch  der  um- 
stehenden Bürger  gefunden  werden*).  Offenbar  handelt 
es  sich  hier  um  eine  Art  Schieds-  oder  Friedensgoricht, 
das  nicht  nach  dem  formalen  Rechte,  sondern  nach  Billig- 
keit entscheidet*).  Wenn  indessen  einer  der  beiden  an 
dem  Streite  beteiligten  Bürger  statt  bei  diesem  »Volks- 
urteil^  sein  Recht  nach  dem  ordentlichen  Verfahren  heischen 
wollte  (sin  autem),  so  fiel  es  dem  Beklagten  zu,  sich  durch 
den  einfachen  Eid  zu  reinigen;  dem  Kläger  aber  stand  es 
frei,    ihn    durch    gerichtlichen    Zweikampf   zu    überführen. 

*)  pulsatum  LS,  wo  »sc«  fehlt.  Die  Eiiiendation  ist  selbstvcrslamllioh. 
auch  wenn  LG  sie  nicht  schon  böte.  —  -)  »potcrit-  LG.  —  h  D(t;  tohll 
DS.  —  *)  Vgl.  Planck,  Das  Deutsche  Gerichtsverfahren  I,  47  über  die  An- 
fÜDt^e  eines  »schieds(;crichtUcheu  Sühneveifahrcns-,  und  332  fl'.  über  die  »Surro- 
gatgerichte« ;  vielleicht  darf  auch  der  §  34  des  Hcrncr  Sladlrechics  anjjezojien 
werden:  «si  autem  a  vicinis  suis,  antci|uani  causa  ad  iudicium  vcnerit,  fucrint 
reconciliati«.  —  ')  Siehe  Hoineycr  in  Abhandlungen  d.  Berliner  Akademie 
18O6  S.  20  (T.  —  In  dem  oben  dargoleKten  Sinne  scheint  auch  v.  Bclow  in 
der  Histor.  Zeitschrift  59,  220  und  Ursprung?  der  Stadt  Verfassung  S.  50  die 
Bestimmungen  gcfasst  zu  haben. 


276  Bloch. 

Der  deutsche  Übersetzer  hat  von  diesem  Sachverhalt  aller- 
dings nichts  begriffen.  Er  hat  nicht  bemerkt,  dass  in  dem 
ersten  Teile  der  Schwerpunkt  auf  der  Beteiligung  des 
»populus  <an  der  Entscheidung  ruht,  und  hat  dies  deshalb  in 
keiner  Weise  zum  Ausdruck  gebracht.  Und  von  einem 
verschiedenen  Verhalten  der  beiden  Gegner  gegenüber 
dem  »iudicium  populi«,  wie  es  der  lateinische  Text  durch  »si 
volunt«  —  »sin  autem«  hervorhebt,  kann  im  Deutschen 
schon  deswegen  nicht  die  Rede  sein,  weil  der  Übersetzer 
infolge  eines  der  gewöhnlichsten  Lesefehler  n  und  u  mit- 
einander verwechselte  und  daher  an  der  ersten  Stelle  »nolunt* 
statt  »uolunt«  las  ^),  so  dass  er  den  Zwischensatz  völlig  unver- 
ständlich durch  »wellent  si  beide  nicht  clagen«  wiedergab. 
Infolge  dieses  aus  der  lateinischen  Vorlage  ohne  Schwierig- 
keit zu  erklärenden  Fehlers  musste  natürlich  der  ganze 
Abschnitt  völlig  geändert  werden,  ohne  daiss  es  indessen 
dem  Übersetzer  gelungen  ist,  ihm  eine  befriedigende 
Form  zu  geben.  Das  Urteil  über  die  lateinische  und  die 
deutsche  Fassung  dieses  Paragraphen  muss  daher  in  vollem 
Gegensatze  zu  Caro  dahin  gefallt  werden :  LS  ist  hier  klar, 
DS  sinnlos. 

§  40.     41^). 

40.  Si  compositio  facta  fuerit  advocato,  eius  est  dividere 
sibi  terciara  partera,  causidico  duas;  ipse  enim  accipiet  compo- 
sicionem  sibi  factam.  Et  quamcunque  summam  in  accipienda 
composicione  ipse  formaverit,  sive  parvam  sive  magnam,  iliam 
causidicus  nee  minuere  nee  augere  debet,  sed  ratam  habebit. 

LS  (XIII,  4).  I  DS. 

41.  E  contrario,  si  facta  fuerit  '  Dawider,  wirt  dem  Schult- 
composicio  ipsi  causidico,  eius  |  heisen  gewettet,  so  ist  sin  recht, 
ius  erit  duas  partes  accipere  et  1  das  zweiteii  ze  nemennc  unt  das 
terciam  advocato  dare.  Etsimili-  dritteil  dem  Vogte  ze  gebenne. 
ter,  quemcuiuque  composicionis  j  Ufl  och  swellcs  wette  summe 
summam  ipse  formaverit,  advo-  ,  der  vogt  gemachet,  die  sol  er 
catus  non  cassabit.  i  ganz  unt  stete  han. 

')  Hier  und  im  Folgenden  sei  ein  für  allemal  dahingestellt,  ob  etwa 
der  Übersetzer  die  besprochenen  Fehler  des  lateinischen  Textes  selbst  ver- 
schuldet oder  schon  in  seiner  unmittelbaren  Vorlage  gefunden  bat.  Es  kommt 
gar  nichts  darauf  au.  —  *)  In  §  37  ist  das  conjunctive  »veU  =  >UDdc  durch 
das  disjunctive  =  -oder^  wiedergegeben,  auch  dies  ein  sehr  häufiger  Über- 
setzungsfehler. 


StraKsburger  Stadtrecht.  27  7 

Die  beiden  offenkundig  einander  entsprechenden  Be- 
stimmungen der  §§  40.  41  regeln  die  Teilung  der  Wette 
zwischen  dem  Vogte  und  dem  Schultheissen.  Wird  dem 
Vogte  gewettet,  so  hat  er  2,3  der  Summe  an  den  Schult- 
heissen zu  überweisen,  der  ohne  Widerrede  das  ihm  Zu- 
geteilte in  Empfang  nehmen  soll.  Wird  aber  dem  Schult- 
heissen gewettet,  so  bestimmt  dieser  seinerseits  das  dem 
Vogte  zukommende  Drittel  und  —  so  müsste  die  mittel- 
hochdeutsche Übersetzung  schliessen  —  »swelles  wette 
summe  er  (d.  h.  der  Schultheiss)  gemachet,  die  sol  der 
vogt  ganz  und  stete  hanc.  Was  DS  statt  dessen  bietet, 
ist  ganz  verkehrt,  aber  wieder  nur  deswegen,  weil  der 
Übersetzer  das  Lateinische  missverstanden  und  »advocatus« 
zu  dem  vorangehenden  Relativsatze  gezogen  hat,  indem 
er  irrtümlich  las:  >et  similiter  quamcumque  composicionis 
summam  ipse  formaverit  advocatus,  non  cassabit<i)* 

LS  ist  hier  klar,  DS  sinnlos. 

§  85. 
LS  (XXXVIIII).  i  DS. 

Nemo  theloneum  tribuat  de  nieman  sol  dekein  zol  geben 
paitis,  anseribus,  de  ovis,  de  von  matzen'i,  von  hAnren,  von 
porris,  de  caulibus  et  de  aliis  gensen,  von  eiern,  von  ver- 
oleribus,  de  scutellls,  de  becha-  hern,  von  kolen  noc  von  an* 
riis,  nisi  vendat  Valens  V ')  solidos.     derm  krute  noch  von   schuzlen 

j  noch  von  bechern,  ern  vurkofe 
I  danne  gegen  vunf  Schillingen. 

Unter  den  Produkten  der  häuslichen  Wirtschaft,  die, 
soweit  ihr  Wert  fünf  Schillinge  nicht  übersteigt,  zollfrei 
bleiben  sollen,  werden  in  LS  aufgezählt:  Hühner,  Gänse, 
Eier,  Knoblauch,  Kohl  und  anderes  Gemüse,  Schüssel  und 
Becher.  In  DS  werden  statt  des  Lauches  inmitten  der 
Eier  und  des  Kohls  die  Schweine  (»verher«)  aufgeführt. 
Offenbar  waren  dem  Übersetzer  die  ^porci<  geläufiger  als 
die  iporric;  so  erklärt  auch  hier  wieder  ein  einfaches  Ver- 
sehen im  lateinischen  Text  den  P'chler  im  deutschen. 

Ich  schliesse  diese  Zusammenstellung  mit  dem  von 
Caro  wieder  als  für  seine  Auffassung  besonders  beweis- 
kräftig erachteten  §  105. 

*)  So  hat  auch  Schiller  in  seiner  Aus;j;ibe  intet pungiort.  —  -  Vpl. 
hierüber  unten  S.  293.  —  »)  LG    -  DS;  XV  I.S. 


278  Bloch. 

LS  (IL,  3).  1  DS. 

Prcterea  debent  omnia  facere  |       Unt  ane  dis  so  sulnt  si  alles 
quenecessariahabueritepiscopus  i  das    machen    das    der    bischof 


in  palacio  suo  sive  in  ianuis  sive  in 
fenestris  sive  in    ianuis  urso- 


bidarf  ane  siner  pfallence,  es  si 
an  tfirn,    an   venstern    an   der 


rum*)  que  de  materia  ferri  [fieri  beren  Stangen  das  von  ysene 

conveniat,  data  eis  materia  ferri]^)  gan  sol  unt  sol  in  geben  die  ma- 

et    ministrata    interim   vescendi  terie  des  ysens  unt  dazwischent 

expensa.  .  ir  zerunge. 

Die  Schmiede,  deren  Leistungen  hier  behandelt  werden, 
sollen  für  den  Bischof  in  seiner  Pfalz  alle  Eisenarbeiten 
ausführen,  es  sei  an  Thüren,  an  Fenstern  oder  »an  der  beren 
Stangen«.  Weder  dieser  deutsche  noch  der  entsprechende 
lateinische  Ausdruck  »in  ianuis  ursorum«  (oder,  nach  LG, 
»vasorum«),  hat  bisher  eine  irgend  brauchbare  Deutung 
erfahren.  Caro  aber  weiss  sich  leicht  zu  helfen:  *IJS  —  so 
sagt  er  —  übersetzt  den  unverstandenen  Ausdruck  (der 
*  offenbar 3j  Gitter  bedeutet)  mit  >in  ianuis  ursorum«. 
Grandidier  liest  »in  ianuis  vasorum«,  was  keinen  Sinn 
giebt. « 

Ich  möchte  vorschlagen,  im  lateinischen  Texte  »in 
laminis  vasorum«  zu  lesen.  Lamina,  lamna,  lanna  —  man 
mag  eine  beliebige  Form  einsetzen,  da  die  Emendation 
palaeographisch  in  allen  Fällen  höchst  einfach  ist  —  bedeutet 
Brett,  Platte,  Barre  und  ist  sogar  in  der  Anwendung  für  »Fass- 
dauben« zu  belegen*).  Die  Arbeit,  welche  die  Schmiede 
an  den  »vasa«  vorzunehmen  hatten,  dürfte  leicht  in  der 
L^mlegung  der  eisernen  Reifen,  durch  welche  das  Fass 
zusammengehalten  wird,  gesehen  werden.  In  seiner  latei- 
nischen  unmittelbaren  Vorlage  fand  der  Übersetzer  schon 
»in  laminis  vasorum«  zu  ^in  laminis  ursorum«  entstellt  vor; 
in  wortlicher  Anlehnung  setzte  er  dafür  nicht  ungeschickt 
»Bärenstangen«  ein,  ohne  sich  viel  um  den  Sinn  der 
Bestimmung  zu  kümmern. 


*)  vvasonim«  LG.  —  '-')  Fehlt  LS;  LG  =  D.  —  ')  Von  mir  gesperrt.  Es 
iehlt  an  jedem  Beleg  für  eine  solche  Deutung!  —  *)  Siehe  Georges  Latei- 
nisches Wörterbuch  s.  v. ;  vgl.  Du  Gange  Glossarium  s.  v.  lamina  und  lamna. 
ich  bemerke,  dass  die  Übersetzung  »Stange«  hieraus,  nicht  aus  »ianuisv 
abgeleilet  werden  kann.  —  »Vasa«  für  Fässer  begegnet  auch  sonst  im  Stadt- 
recht. Mein  Freund  und  Kollege  Dr.  Sackur  zieht  an  dieser  Stelle  allerdings 
die  Deutung  auf  ^Gerätschaften«  vor;  die  Emendation  bleibt  davon  unberührt. 


Strassburger  Stadtrecht.  270 

Wie  in  allen  früheren  Fällen  ist  auch  hier  wieder  IJS 
klar,  DS  sinnlos. 

Allen  oben  besprochenen  Stellen  ist  es  gemeinsam, 
dass  die  in  DS  nachgewiesenen  Fehler  sich  aufs  leichteste 
aus  einer  unbedeutenden  Verderbnis  oder  einem  Miss- 
verständnis des  lateinischen  Textes  erklären  lassen.  Eine 
jede  von  ihnen  genügt,  die  UnmögHchkeit  der  Schilter- 
Caro'schen  Hypothese  von  der  Ursprünglichkeit  der  deut- 
schen Fassung  zu  erweisen.  Denn  eine  jede  lehrt,  dass 
diese  aus  der  lateinischen  entstanden  sein  muss.  Ich  kann 
darnach  darauf  verzichten,  die  anderen  Stellen  zusammen- 
zutragen, an  denen  DS,  ohne  ähnliche  gröbere  Versehen, 
doch  offenkundig  schlechter  ist  als  der  lateinische  Text*). 
Der  Vergleich,  der  oben  an  den  beiden  Fassungen  einer 
Reihe  von  Bestimmungen  vorgenommen  ist,  stellt  hoffent- 
lich für  immer  den  lateinischen  Text  des  ältesten  Strass- 
burger Stadtrechtes  gegen  den  Verdacht  sicher,  nichts  als 
eine  Übersetzung  des  deutschen  Textes  zu  sein.  Das  erste 
Strassburger  Stadtrecht  darf  in  seiner  lateinischen  Über- 
lieferung mit  Fug  und  Recht  den  Ehrenplatz  unter  den 
ältesten  deutschen  Stadtrechten  bewahren. 

Nach  der,  wie  ich  glaube,  endgiltigcn  Erledigung 
dieser  wichtigen  Frage  bleibt  uns  noch  übrig,  das  Ver- 
hältnis der  beiden  Drucke  Schilters  und  Grandidiers,  auf 
denen  bei  dem  Verlust  aller  Handschriften  unsere  Lber- 
lieferung  ausschliesslich  beruht,  zu  einander  und  nach  ihrem 
Werte  für  die  Textgestaltung  zu  bestimmen.  Dass  Caro 
in  dieser  Hinsicht  gegenüber  der  üblichen  Bevorzugung 
der  Grandidier'schen  Ausgabe  zu  Gunsten  Schilters  auf- 
getreten ist,  soll  gern  als  sein  Verdienst  anerkannt  werden. 
Aber  er  geht  in  seiner  Skepsis  gegen  Grandidier  und  den 
Codex,   den  er  :^benutzt  haben   könnte«',   viel   zu    weit   und 


«)  Vgl.  «.  B.  §§  12.  34.  82.  116.  —  Da  Caro  auch  auf  die  Bedeutung 
von  vaUum«  Gewicht  legt,  will  ich  erwähnen,  dass  die  Übersetzung  es  zwar 
mit  -Graben«  wiedergegeben  hat,  dass  cs  aber  an  allen  drei  Stellen  im  Siadt- 
recht  ij§  80.  83  und  selbst  117,  ebenso  wie  in  der  bekannten  Urkunde  über 
die  städtische  Allmende  (Slrassb.  ÜB.  i,  119  n^'  144)  den  Wall  (im  Oeucn- 
satz  zur  Mauer,  vgl.  Gcnglcr,  Deutsche  Stadlrcchlsallcitümcr  23)  bezeichnen 
kann      Vgl.  auch  Berner  S:ad(rccht  ^   17. 


28o 


Bloch. 


er  war  schon  wegen  des  Grundfehlers  seiner  Auffassung- 
nicht  in  der  Lage,  die  Richtlinien  einer  textkritischen 
Behandlung  des  Stadtrechtes  zu  ziehen. 

Vor  allem  handelt  es  sich  darum,  festzustellen,  ob 
Grandidier  überhaupt  eine  handschriftliche  Überlieferung 
zu  seiner  Verfügung  gehabt  hat.  Allen  Zweifeln  daran 
macht  sogleich  der  mittelhochdeutsche  Text  ein  Ende,  der 
bei  Grandidier  (DG)  nicht  nur  einzelne  orthographisch  und 
grammatisch  bessere  Formen  enthält  als  bei  Schilter  (DS), 
sondern  der  auch  ganze  in  DS  ausgefallene  Satzteile  bewahrt 
hat.  Wenigstens  soweit  DG  hier  dem  Mittelhochdeutschen 
entspricht,  ist  die  Vermutung  selbständiger  Emendation, 
die  bei  dem  lateinischen  Texte  Grandidiers  leichter  auf- 
steigen kann  und,  wie  wir  sehen  werden,  dort  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  berechtigt  ist^),  unzulässig  und  deshalb 
der  Rückschluss  auf  eine  handschriftliche  Vorlage  zwingend. 
Man  vergleiche 


§  31 


DS  (VII). 

Swer  aber  sinen  burger  be- 
chlaget  uswendig  der  stat  vor 
eime  andern  rihtere  unt  och 
dem  den  er  uzwendig  bechlaget 
het,  ....  den  sei  er  ime  abtun. 


DG. 

Swer  sinen  burger  beclaget 
usewendic  der  stat  vor  eime 
anderen  rihtere,  darumb  sol 
er  wetten  der  stette  rihtere 
und  ouch  dem  den  er  usewen- 
dic beclaget  hat  .  .  .  .,  den  sol 
er  im  abetun. 


XXV,  7.  §  68. 

Unt   sol   och   nieman   wetten  '       Und   sol    ouch    nieman    an- 
wand  umbe  pfundige  pfenninge.  ,  gesprochen     werden     noch 

ensol    nieman    wetten   wände 
'  umbe  phundige  phenninge. 


§  79. 


Swelh  munser  wonet  usser  der 
stat,  der  sol  geben  der  münsen 
recht,  dem  man  sprichet  slege- 
schatz. 


Swelich  munzer  wonet  uzer 
der  stat  und  cofet  silber  in 
der  stat,  der  sol  geben  der 
münzen  reht,  dem  man  sprichet 
slegeschatz. 


^)  Über  EingrifTe  Grandidiers  auch    in    die    deutsche  Übersetzung    vgl. 
unten  S.   284. 


Strassburger  Stadtrecht.  28 1 

Überall  hat  hier  DS  sich  den  bekannten  Abschreibe- 
fehler zu  Schulden  kommen  lassen,  von  einem  Worte  zu 
einem  bald  darauffolgenden  gleichlautenden  überzuspringen; 
durch  die  daraus  entstandenen  Lücken  ist  sein  Text  unver- 
ständlich geworden.  Bei  einer  andern  Bestimmung  ist 
allerdings  Grandidier  dem  gleichen  Versehen  zum  Opfer 
gefallen: 

§  102. 
DS  (XL VII).  '  DG. 

L'uder  den  kursenern  sint  '  Under  den  kurseneren  sint 
zwelfe,  die  mit  des  Bischofs  ehest  swelve,  die  mit  dez  bischoves 
suint  vel  unt  beize  machen  als  :  kost  sulcnt  vel  und  belleze 
vil  als  ir  der  bischof  bidarf,  machen,  als  vil  ir  der  bischof 
unt  der  kursener  meister  ,  bedorf.  und  der  gezug  der  dar 
der  nimet  zu  sich  usser  '  zu  höret  cofet  der  kursenereu- 
disen  zwelfen  als  vil  als  er  ,  meister  mit  dez  bischoves  silbere. 
ir  bidarf^),  unt  den  gezug  der  : 
herzu  höret  chofet  er  mit  des  1 
bischofs  silbere.  ! 

Die  drei  ersten  Beispiele  genügen  für  die  Erkenntnis, 
dass  Grandidier  wirklich  eine  handschriftliche  Überlieferung 
vorlag,  dass  daher  eine  Ausgabe  des  deutschen  Stadtrechtes 
sich  keinesfalls  nur  an  Schilter  anschlicssen  dürfte,  sondern 
beide  Drucke  nebeneinander  berücksichtigen  müsste.  Wir 
können  sogar  noch  weiter  gehen  zu  der  Behauptung,  die  nun 
auch  für  die  lateinische  Fassung  von  wesentlicher  Bedeutung 
sein  wird,  dass  nämlich  die  von  Grandidier  benutzte  Hand- 
schrift mit  keinem  der  von  Schiltcr  benutzten  Manuskripte 
identisch  ist. 

Schilter  macht  in  seinem  Jus  statutarium  civit.  Argento- 
ratcnsis*)  über  die  Herkunftseiner  Texte  des  I.  Stadtrechtes 
die  folgende  Angabe:  die  lateinische  Fassung  habe  er  gefunden 
in  Charta  vetusta  quae  tarnen  versio  videtur.  Germanicus 
vero  et  authenticus  textus  habetur  in  libello  Ms.  pergameno 
in  12«,  quod  Rumplerus  anno  i6r>o  rei  publicac  tradidit. 
Inscriptio  est:  »dis  sind  der  stette  rocht  von  Strassburg.  In 
uuo  vero  non  tantum  ea  (|uae  libro  I  posuimus,  sed  et  quae 
in  libro  II.«     Darnach  folgte  in  dem  Rumplor'schen  Codex 


'1  Darnach    ist  Strassburger  UT».    IV,    2,   14    Z.   i.^    zu    brriolUij;cn.  — 
^»  Ms.  auf  dem  Stadtarchiv   zu  Strij-^-luitj^.     S.  2;, 

Zeitschr.  f.  üesch.  rl,  Oberrb.  N.  \\  XIV,  3.  \n 


282  Bloch. 

auf  das  I.  Stadtrecht  sogleich  das  IV.  von  1270,  das  in 
Schilters  2.  Buche  behandelt  ist;  es  fehlten  in  ihm,  wie  in 
allen  andern  uns  bekannten  Stadtrechtshandschriften,  das 
IL  und  das  III.  Stadtrecht.  Daher  hat  denn  auch 
Schilter  diese  beiden  als  selbständige  Denkmäler  nicht 
gekannt*). 

Das  IL  und  III.  Stadtrecht  —  das  hat  Caro  überhaupt 
nicht  beachtet  —  sind  uns  einzig  und  allein  durch  Gran- 
didiers  Abschriften  erhalten*),  und  beide,  wie  das  L  Stadt- 
recht, in  lateinischer  und  in  deutscher  P'assung.  Damach 
muss  Grandidier  eine  völlig  selbständige,  von  allen  andern 
Handschriften  verschiedene  Überlieferung  der  älteren  Strass- 
burger  Stadtrechte  haben  benutzen  können. 

Seine  Vorlage  werden  wir  indessen  nicht  in  dem 
städtischen  Archive  suchen  dürfen,  über  dessen  einstigen 
Bestand  an  Stadtbüchern  wir  gut  unterrichtet  sind').  Offen- 
bar hat  die  Stadt  an  der  Überlieferung  des  II.  und  IIL  Stadt- 
rechts kein  Interesse  gehabt,  nachdem  die  Bürger  die 
daraus  zu  dauernder  Geltung  gelangten  Bestimmungen  in 
dem  IV.  Stadtrechte  wiederholt  hatten.  Wohl  aber  mag 
die  Aufzeichnung  und  Erhaltung  der  drei  ältesten  Stadt- 
rechte dem  Bischöfe  nahe  gelegen  haben,  der  bei  ihrer 
Abfassung,  nicht  mehr  aber  bei  derjenigen  der  späteren 
Statuten,  mitgewirkt  hatte.  Es  hat  daher  allen  Anspruch 
auf  Glaubwürdigkeit,  wenn  Grandidier  erklärt,  im  bischof- 
lichen Archiv  zu  Zabern  eine  die  drei  ältesten  Stadtrechte 
enthaltende  Handschrift  von  26  Blättern,  betitelt  »iura  et 
leges  civitatis  Argentinensis«  vorgefunden  zu  haben. 


')  Das  dritte,  temporibus  doinini  Heinrici  de  Stahlecke  gegebene,  war 
ihm  nur  in  der  Verbindung  mit  dem  IV.  bekannt,  in  das  es  gekürrt  auf- 
genommen ist.  —  Eine  der  Schilter*schen  Handschriften  des  IV.  Stadtrechts 
scheint  übrigens  das  gleichfalls,  aber  nur  mit  einreinen  Bestimmungen  darin 
wiederholte  2.  Statut  in  einer  Gestalt  enthalten  zu  haben,  die  dem  Text 
Grandidiers,  Oeuvres  in^dites  II,  187  ff.  sehr  nahe  steht.  —  «)  An  ihrer  Echtheit 
ist,  wie  ich  ausdrücklich  bemerken  will,  ebensowenig  zu  zweifeln  wie  daran, 
d.iss  beide  ursprünglich  lateinisch  abgefasst  waren.  Der  deutsche  Text  ist  nur 
eine  Ü!)ersctzunji;  seine  Wiedergabe  durch  Grandidier  ist,  soweit  sie  sich 
durcli  das  IV.  Stadtrecht  kontrolieren  lässt,  in  allem  wesentlichen  zuverlSssif 
und  erweckt  das  günstigste  Vorurteil  für  das  I.  Stadtrecht.  —  »)  Vgl.  die 
Einleitungen  Schulte's  zu  den  verschiedenen  itadtrechtlichen  Aufzeichnungen 
im  Strassburger  Urkundenbuch  IV,  2. 


Strassburger  Stadl recht.  283 

Dass  gerade  eine  derartige,  im  bischöflichen  Besitz 
befindliche  Sammlung  nachzuweisen  ist,  hat  schon  Gran- 
didier  selbst  bemerkt.  König  Richard  bestätigt  am 
21.  November  12t 2  der  Stadt  Strassburg  die  »iura  et  con- 
suetudines,  que  in  quodam  libello,  cuius  copiam  et  tran- 
scriptum  dicitur  habere  episcopus,  ....  observentur«  ^).  Und 
in  beachtenswertem  wörtlichem  Anklang  beruft  sich  das 
III.  Stadtrecht  auf  die  alten  Statuten,  »prout  iura  et  consu- 
etudines  civitatis  in  libellis  sunt  descripte«;  auch  die 
deutsche  Übersetzung  ist  in  diesem  Zusammenhange  nicht 
bedeutungslos,  da  sie  von  den  Rechten  und  Gewohnheiten 
spricht,  »als  an  disem  buchelin  beschriben  ist«. 

Ob  die  Handschrift  Grandidiers  wirklich,  wie  er  meint, 
noch  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  angehörte  und  das 
damals  im  Besitz  des  Bischofs  befindliche  Büchlein  selbst 
war  —  oder  ob  sie  nur  eine  Abschrift  davon  gewesen  ist, 
vermögen  wir  natürlich  nicht  mehr  zu  prüfen;  aber  es 
kommt  auch  wenig  darauf  an.  Sicher  und  allein  von 
Wichtigkeit  ist  für  uns  die  P'eststellung,  dass  Grandidier 
eine  mit  keinem  der  Schilter'schen  Manuskripte  identische 
Handschrift  benutzt  hat,  welche  die  drei  ältesten  Stadt- 
rechte enthielt.  Unter  diesen  Umständen  wird  daher  eine 
Ausgabe  des  ersten  Stadtrechts  sich  weder  bei  dem  latei- 
nischen noch  bei  dem  deutschen  Texte,  wie  Caro  will,  aus- 
schliesslich an  Schilter  anschliessen  dürfen,  sondern  sie 
wird  beide  Drucke  berücksichtigen  und,  wo  sie  auseinander- 
gehen,  von  Fall  zu  Fall  zwischen  ihnen  wählen   müssen^). 

Caro  ist  zu  seinen  unrichtigen  Behauptungen  offenbar 
durch  die  Grandidier  nachgewiesene  Urkundenfabrikation 
getrieben  worden.  Die  Aufdeckung  dieser  Fälschungen, 
die  sich  auf  einen  bestimmten  Kreis  beschränken  und  nach 
bestimmten  analogen  Formen  gebildet  sind,  darf  nun  wohl 


^)  Strassb.  ÜB.  I,  386  no  508.  —  Im  Besitze  des  Bischofs  soll  also, 
was  wq^en  der  Fehler  in  LG  zu  beachten  sein  wird,  nicht  das  Original  dieses 
libclluft,  sondern  nur  eine  Abschrift  davon  {gewesen  sein.  —  ^)  Eine  nicht 
unwesentliche  Zahl  der  Abweichun}*cn  von  LS  und  LG  sind  ohne  weiteres 
als  unrichtige  Auflösungen  von  Abkürzunj^cn  zu  beacitigen.  Z.  B.  fi  57. 
LS:  -signatas  sint  esse«=  LG:  *signatc  sint  sicut  etiam  ;  Ol.  LS:  tantum 
«nimt  =  LG:  *tunc  enim« ;  86.  LS:  »conimunicat«.  =  LG :  committat  ;  49. 
LS:  »fuerinti  =-  LG:  »fiuntc 


0* 


284  Bloch. 

ZU  einer  sorgsamen  Prüfung,  aber  schlechterdings  nicht  zu 
einer  allgemeinen  Verdächtigung  der  nur  durch  Grandidier 
übermittelten  Quellen  und  Nachrichten  fuhren.  Mit  \'ielem 
andern  ist  die  nur  ihm  zu  dankende  Erhaltung  des  II.  und 
in.  Stadtrechtes  ein  Beleg  dafür,  dass  uns  verlorene  Quellen 
ihm  noch  zugänglich  waren.  Überdies  sollen  seine  Drucke 
so  wenig  wie  andere  ältere  Ausgaben  mit  dem  Masstab^ 
modemer  Quellenkritik  gemessen  werden,  geschweige  denn 
dass  aus  der  Nichtbefolgung  zum  Teil  auch  heute  noch 
strittiger  Grundsätze  der  Vorwurf  »tendenziöser  Entstellung« 
abgeleitet  w^erden  dürfte. 

Grandidier,  der  allerdings  verkehrt  das  I.  Stadtrecht  ins 
10.  Jahrhundert  zurückverlegte,  wollte  die  darin  enthaltenen 
Gesetze  abdrucken  »telles  qu'elles  parurent  sous  l'episcopat 
d'Erchambaud«  >) ;  d.  h.  er  wollte  möglichst  die  originale 
älteste  Gestalt  geben.  In  der  That  fehlen  seinem  latei- 
nischen Texte  (LG)  eine  Reihe  von  Zusätzen,  die  neuer- 
dings auch  Hegels)  gekennzeichnet  hat.  Da  diese  Zusätze 
indessen  nicht  nur  in  der  deutschen  Übersetzung,  sondern 
auch  in  Schilters  lateinischem  Texte  begegnen,  so  fragt  es 
sich,  ob  sie  schon  in  Grandidiers  handschriftlicher  Vor- 
lage fehlten  oder  ob  er  selbst  sie  mit  meistens  zutreflFen- 
dcm  kritischen  Urteil  ausgeschieden  hat.  Von  der  Ent- 
scheidung hierüber  hängt  die  Antwort  darauf  ab,  ob  uns 
das  I.  Stadtrecht,  wie  man  bisher  meist  annahm,  in  zwei 
verschiedenen  zeitlich  auseinander  liegenden  Redaktionen, 
oder  ob  es  uns  nur  in  einer  einzigen  schon  überarbeiteten 
Fassung  überliefert  ist,  von  der  wir  erst  durch  Schlüsse 
zu  der  ursprünglichen  Gestalt  vordringen  müssen. 

Auch  hier  gehen  wir  wieder  von  dem  deutschen 
Texte  (D)  aus,  der  bei  Schilter  (DS)  und  Grandidier  (DG) 
im  wesentlichen  übereinstimmt.  Er  zeigt  die  engste  Ver- 
wandtschaft mit  LS,  mit  dem  er  alle,  in  LG  fehlenden 
Zusätze  gemeinsam  hat;  ja,  die  nur  aus  der  oben 
besprochenen  Verderbnis  von  >vasorum<^  zu  »ursorum«  er- 
klärliche Übersetzung  »boren  stangen«;^)  beweist,  ebenso 
wie  c\\(\  j^-loich  zu  besprechende  Auslassung  in  S   ii3t   dass 

M  a.  a.  O.  S.  38.  —  -;  Strassbur^er  ClironikcD  II.  922  f.  —  3)  S. 
oben  S.  278. 


Strassburger  Stadtrecht.  285 

D  und  LS  aus  der  gleichen  Quelle  0»  vielleicht  aus  der 
von  Schilter  erwähnten  »Charta«  herrühren.  Die  erweiterte 
Fassung  des  Stadtrechtes  wird  durch  D  und  LS,  die  beide 
eng  zusammenhängen,  dargestellt. 

Dennoch  steht  in  einigen  Punkten  DG  dem  Wortlaute  von 
LG  näher  als  DS.  Während  die  mit  LS  übereinstimmenden  Zu- 
sätze in  DS  zu  den  §§  i  und  1 1  durch  Anmerkungen  Grandi- 
diers  auch  für  DG  bezeugt  sind,  ist  in  s;  55  die  gleichartige 
Bemerkung  einfach  fortgelassen  worden ''^);  die  unsinnigen 
vberen  Stangen«  in  §  105  sind  entsprechend  der  franzö- 
sischen Übersetzung  Grandidiers  durch  »anderen  Sachen« 
ersetzt  worden;  in  §  85^)  sind  die  >verher«  beseitigt  und  ist 
durch  Punkte  eine  Lücke  angedeutet  worden ;  in  §  113*) 
fehlen  bei  LS  und  D  die  ohne  Zweifel  dem  Stadtrecht  zu- 
gehorenden  Worte  aus  LG  »vel  imperator  vel  imperatrix. 
cum  presentes  fuerint«,  in  DS  sind  statt  ihrer,  wiederum 
gegen  die  Überlieferung,  wenigstens  Punkte  gesetzt.  Wenn 
endlich  in  §  36  der  in  LS  und  LG  nicht  erhaltene  Satzteil 
aus  DS:  »unt  volvüre  denne  sine  chlage  ob  er  welle«  in 
D(f  bei  Seite  gelassen  ist,  so  wird  auch  hier  Grandidier 
die  deutsche  Übersetzung  seinem  lateinischen  Texte  mög- 
lichst nahe  haben  bringen  wollen.  Denn  beide  möglichst 
ähnlich  zu  gestalten,  war  offenbar  die  Absicht  der 
besprochenen  und  anderer  kleinen  Änderungen;  um  ihret- 
willen hat  Grandidier  einzelne  Eingriffe  vorgenommen. 

Mit  dieser  Erkenntnis  treten  wir  nunmehr  an  die 
Prüfung  seines  lateinischen  Textes  heran.  Auch  bei  ihm 
wird  zum  Überfluss  die  von  Schilter  unabhängige  Über- 
lieferung durch  ein  dem  letzteren  zugestossenes  Versehen 
v:esi«:hert.  In  dem  oben^)  angezogenen  g  105  ist  nämlich 
an  der  Stelle:  »que  de  materia  ferri  fieri  conveniat,  data 
eis  materia  fcrri  et  ministrata  interim  vescendi  expensa^ 
LS  von  dem  ersten  ;^ferri«  sogleich  zu  dem  zweiten  über- 
gesprungen, so  dass  es  bei  ihm  unverständlicli  heisst:  »que 
de  materia  ferri  et  ministrata  interim  vescendi  expensac 

Femer  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  dass  die  Quelle 
von  LG  vielfach  bessere  Lesarten  bot  als  die  gemeinsame 


V  Die  Belege  hierfür  lassen  sich  ohne  Mühe   häufen.  —  -;  V^l.    unten 
>.  289.  —  ')  Vgl.  oben  S.  277.  —  *;  V|:l.  unten  S.  293.  —  *;  Vjjl.  S.  27b. 


286  Bloch. 

Vorlage  von  LS  und  D.  Den  Einschub  von  LG  in  §  113 
habe  ich  schon  erwähnt;  aber  auch  den  Zusatz  »vel  iudici« 
in  §  41)  und  die  durchaus  der  mittelalterlichen  Art  ent- 
sprechende Aufzählung  in  §  10 1:  »si  inter  hos  boves  unus 
vel  duo  vel  plures  senio  ....  fiierint  inutiles  redditic,  nehme 
ich  unbedenklich  für  das  älteste  Stadtrecht  in  Anspruch-). 
Hier  kann  nirgends  von  einer  Emendation  Grandidiers  die 
Rede  sein  3). 

Vergleichen  wir  endlich  die  zahlreichen,  sachlich  zunächst 
wenig  erheblichen  Varianten,  welche  die  Abweichungen  von 
LS  gegenüber  LG  darstellen,  so  vermögen  wir  allerdings 
für  eine  ganze  Reihe  kaum  eine  Entscheidung  darüber  zu 
treffen,  ob  LS  oder  LG  vorzuziehen  sei.  In  einer  sehr 
grossen  Anzahl  von  Fällen  aber  bringt  LG  offenkundig 
das  Zutreffendere;  man  mag  dazwischen  wählen,  ob  Gran- 
didiers besserer  Text  auf  seine  Handschrift  zurückzuführen, 
oder  ihm  eine  so  reiche  Fülle  ein  wandsfreier  Emendationen 
zuzurechnen  sein  wird.  Wie  man  aber  auch  darüber 
denken  möge,  immer  wird  eine  Ausgabe  an  den  meisten 
Punkten,  wo  LG  und  LS  zweien,  Grandidier  folgen  müssen. 
Nur  selten  wird  der  Wortlaut  von  LS  eingesetzt  werden, 
um  mehr  oder  weniger  wahrscheinliche  Irrtümer  von  LG 
zu  bessern.  Ich  würde  vorschlagen,  z.  B.  an  den  folgenden 
Stellen*)  auf  LS  zurückzugreifen: 

LS.  LG. 

§     g.     precoiies  ;  personas^) 

§   126).  raonetario  monete  magistro 

dominus  episcopus  episcopus 


1)  NuUus  captivum  introducat,  nisi  praesentet  eum  causidico  vel  iudici, 
qui  ad  iusticiam  ipsum  conservet,  —  ^)  LS  hat  statt  dessen  nur:  »si  inier 
hos  boves  aliquis«.  Ebenso  DG  =:  DS:  »ist  unter  disen  ohsen  dekeine«.  — 
^)  Auch  die  in  LS  fehlende  Einleitung  zu  §  8 :  j>de  sculteto,  qui  et  causidicus 
dicitur,  primum  exequimur-'.  ist  ursprünglich  und  kann  nicht  aus  dem  Deut- 
schen übersetzt  sein.  Ähnlich  steht  es  noch  mit  einer  Reihe  anderer  Stellen. 
—  *)  Auch  bei  ihnen  ist  nicht  überall  unbedingte  Sicherheit  zu  erlangen.  — 
Zu  beachten  dürfte  sein,  dass  in  §  9  LS  und  DS  den  Schultheissen  nach 
dem  Burggrafen  nennen.  Vgl.  Rietschel  in  Zeitschr.  f.  Deutsche  Geschichts- 
wissenschaft N.F.  I,  30.  —  •'^)  Unrichtige  Auflösung  der  Abkürzung  oder 
eher  Emendation  mit  Rücksicht  auf  D:  vpersonen*.  —  •)  In  §  13  dürfte  LS 
»vel  imperator  vel  episcopus«  in  Rücksicht  auf  den  sonstigen  Grebrauch  im 
Stadtrechte  vorzuziehen  sein. 


Strassbnfger  Stadtrecht.  287 


S  37- 

cauaidicus 

scultetus 

§  39. 

causidico 

sculteto 

§  42. 

illeque 

ille  qui 

§  58 ').  acceperit 

accepit 

S  62. 

forum   prope    stationem 
camificum 

iuxta  piscatores^) 

§  07. 

sola  manu  sua 

manu  sua 

§  76- 

nee  habere 

non  habere 

§  So. 

LX  solides 

XL  solidos^) 

§  81. 

stabit 

dabit 

§  9'- 

civium 

civitatis 

s  93. 

operatoribus  vasorum  vi- 
nariorum^) 

cupariis  vinariorum  vasorum 

§   118. 

nisi  domini  episcopi  so- 
lummodo 

nisi  episcopi. 

Während  an  den  oben  herausgegriffenen  Stellen  Gran- 
didier  sichtlich  einer  Vorlage  gefolgt  ist,  die  ihm  hier 
einen  mangelhafteren  Text  als  LS  bot,  dürfte  ihm  diese 
sonst  zumeist  die  wertvolleren  Lesarten  an  die  Hand  ge- 
geben haben.  Seine  Vorlage  enthielt  nun  aber  nicht  nur 
einen  im  allgemeinen  besseren,  sondern  allem  Anscheine 
nach  auch  einen  älteren  Text  als  LS.  Dass  ihm  in  §  79 
zu  »iusticiam  monete«  die  Erläuterung  Ad  est  slegeschaz<< 
gefehlt  haben  könnte*),  will  ich  nicht  dafür  anführen ;  eher 

könnte  in  §  10  die  Bestimmung  »causidicus  iudicabit 

in  omnes  cives  urbis  et  in  omnes  ingredientes  eam  de 
episcopatu  isto«  in  ältere  Zeit  weisen  als  die  allgemeinere, 
der  Übersetzung  entsprechende  in  I^:  »in  omnes  cives 
urbis  et  in  omnes  ingredientes  in  eam«.  Allein  belang- 
reicher erscheint  es  mir,  dass  in  L(t  die  ältere  Bezeich- 
nung  des   Schultheissen    als   »causidicus«  *')  sich    an   sieben 

^)  In  dem  zweiten  Absatz  des  ^  56  über  das  Verleihen  der  Maosse 
Sicht  LG  =  DG  gegenüber  LS  =  DS  mit  der  Stellung  von  ^sinc  pretio  .  — 
-I  Vgl.  hierüber  unten  S.  291.  —  ^)  In  LG  liegt  doch  wohl  ein  einfacher 
Abschreibefehler  (für  den  gewöhnlichen  60  Schilling-Hann)  vor.  —  *)  Vgl. 
|S  44,  wo  LG  das  ältere  hat  gegenüber  den  ^cuparii«  in  LS.  —  ^)  Graudidier 
p.  74  N.n  spricht  nur  davon,  dass  die  deutsche  Übersetzung  den  Schlagschatz 
nenne.  —  ®)  Im  Strassb.  ÜB.  I  findet  man  bis  1 142  nur  causidicus,  1143 — 1 161 
zweimal  scultetus  gegenüber  elfmal  causidicus,  11 70 — 1201  viermal  causidicus 
gegen  funfinal  scultetus.  —  Stumpf  Rfg.  3187,  worin  Ruodolfus  scultetus 
schon  1123  genannt  wird,  kann  als  Kaisemrkunde  hier,  wo  es  sich  um  Fest- 
stellung des  Strassburger  Brauches  handelt,  nicht  berücksichtigt  werden. 


288 


Bloch. 


Stellen  1)  findet,   wo   in  LS  »scultetus«   steht,   während  LS 
nur  zweimal  »causidicus«  statt  >scultetus«  in  LG  aufweist-). 

Das  Urteil  über  Grandidiers  lateinischen  Text  wird  in 
En\^ägung  aller  dieser  Umstände  dahin  lauten,  dass  er 
—  wenn  auch  dies  und  jenes  in  Rücksicht  auf  die  Über- 
setzung oder  Schilters  Ausgabe  darin  geändert  sein  mag  — 
im  wesentlichen  auf  eine  Handschrift  zurückgeht,  die 
nicht  nur  sachlich  vielfach  zuverlässiger  war,  sondern  die 
sogar  die  ursprüngliche  Gestalt  des  Stadtrechts  reiner  wieder- 
geben   dürfte  als  die  gemeinsame  Quelle   von   LS   und  D. 

Darnach  scheint  der  Annahme  nichts  im  Wege  zu 
sein,  dass  die  durch  LG  dargestellte  Fassung  wirklich  der 
älteren  Redaktion  entspricht,  die  man  in  dem  Grandidier'- 
schen  Texte  Schilter  gegenüber  gesehen  hat.  In  der  That 
nichts  —  ausser  den  eigenen  Zeugnissen  Grandidiers. 

Ich  stelle  zunächst  die  Abschnitte  zusammen,  aus 
denen  auf  zwei  zeitlich  auseinanderliegende  Redaktionen 
des  L  Stadtrechtes  geschlossen  worden  ist. 


§  I. 


LG. 

Ad  formam  aliarum  civitatum 
in  eo  honore  condita  est  Ar- 
gentina, ut  omnis  homo  .  .  .  . 
pacem  in  ea  omni  tempore  et 
ab  Omnibus  habeat. 


LS  (I,   1). 

Ad  formam  aliarum  civitatum 
in  eo  honore  condita  est  haec 
civitas  et  ut  llbera  sit,  ita 
quod  omnis  homo  ....  pacem 
in  ea  omni  tempore  habeat. 


Hierzu  giebt  Grandidier  die  Anmerkung:  »le  code  du 
1 2.  sieclc,  la  traduction  allemande,  ainsi  que  l'edition  latine 
de  Schilter  ajoutent  .  .  .  :  In  eo  honore  condita  est  Argen- 
tina, ut  libera  civitas  sit,  eo  quod  omnis  homo  etc.*).«> 


§   II. 


.  .  .  postquam  episcopus  ad- 
vocatum  posuerit,  imperator  ei 
bannum tribuit. 


LS  (II,  6). 

Unde  postquam  episcopus  ad- 
vocatum   posuerit,    imperator  ei 

bannum    dare     debet, 

quod  autem  modo    non    est 
consuetum. 


*)  §  8.  9.  10.  15.  16.  94.  97.  —  -)  §  37.  39.  An  beiden  Stellen  uärd 
hier  LG  aus  LS  zu  verbessern  sein,  vgl.  oben  S.  287.  —  •)  Man  beachte, 
dass  sich  der  Text  nicht  mit  LS  deckt. 


Strassburyer  Stadtrecht.  289 

In  der  Anmerkung  sagt  Grandidier :  »le  code  du  1 2.  siecle 
ajoute:  quod  ammodo  non  est  consuetum. 

S  55- 

LG.  i  LS  (XVllI,  6). 

Theloneura  de  carbonibus  et  .  Theloneum  de  carbonibus,  de 
de  canapo  tlielonearius  non  acci-  I  canabo  theloncarius  non  accipit, 
pit,  quod  episcopi  hucusque  j  quod  episcopi  hucusque  sunip- 
sunipserunt.  '  serunt,  de  consuetudine  cum 

.  (für  vtantum-?)  non  de  iure. 

Grandidier,  der  wie  in  g  1 1  in  der  deutschen  Übersetzung 
den  nicht  in  seinem  lateinischen  Text  gedruckten  Ein- 
schub  bei  Seite  gelassen  hatte,  versäumte  es  bei  ^5  55  die 
ausführlichere  Form,  wie  er  es  bei  S  1  und  1 1  gethan,  in 
der  Anmerkung  zu  verzeichnen^). 

Man  mag  Grandidier  zunächst  darin  zustimmen,  dass 
wir  es  in  allen  drei  Abschnitten  mit  Zusätzen  zu  thun 
haben*);  wenn  er  daher  die  Bestimmungen  in  ihrer  ur- 
sprünglichen Gestalt  wiederherstellen  wollte  —  und  das 
war,  wie  wir  gesehen  haben,  seine  Absicht  — ,  so  hatte 
er  vollauf  das  Recht,  das,  was  ihm  als  Interpolation 
erschien,  auszuscheiden  und  in  die  Anmerkungen  zu  ver- 
weisen'). Bedenklich  wird  sein  Verhalten  nur  dadurch, 
dass  er  den  Versuch  gemacht  hat,  es  zu  verschleiern. 

In  den  Anmerkungen  zu  §  i  und  1 1  erwähnt  (iran- 
didier  einen  Codex  des  12.  Jahrhunderts,  der  mit  LS  die 
Zubätze  gemeinsam  habe.  Wäre  dieser  Codex,  wie  Caro 
annimmt,  mit  dem  in  der  Einleitung  von  Grandidier 
beschriebenen  Libellus  des  1 3.  Jahrhundert  identisch,  in  dem 
er  die  -iura  et  consuetudines^  der  Stadt  fand,  so  würde  seine 
Versetzung   in    das    12.  Jahrhundert    in   den    beiden  Noten 

1;  Mit  Rücksicht  auf  die  {:i§  i.  Ii.  62  würde  liier  auch  dann  nur  von 
einem  Versehen  Graudidiers  gesprochen  werden  dürfen,  wenn  die  Worte  -de 
cor.>uetudine  —  non  de  iure^  wirklich  in  seiner  Handschrift  standen.  Aber 
hier  liegt  doch  die  Möglichkeit  vor,  dass  das  aus  dem  bischüllichen  Archiv 
stammende  Register  diese  Stelle,  von  der  Gr.  nicht  spricht,  in  der  That  fori- 
Cclasscn  hatte.  —  *)  In  welchem  besonderen  Sinne,  wird  noch  unten  zu 
l>csprecheD  sein,  —  •)  Ich  verstehe  nicht,  wie  Caro  aus  ilicscni  Verfahren 
einen  Vorwurf  herleiten  kann. 


290 


Bloch. 


auf  einem,  für  uns  gleichgiltigen  Versehen  beruhen.  Es 
wäre  alsdann  sichergestellt,  dass  Grandidiers  Handschrift 
die  Zusätze  enthielt  und  dass  er  sie  von  sich  aus  fort- 
gelassen hat.  Von  dem  Stadtrecht  würde  uns  nicht  eine 
frühere  und  eine  spätere,  sondern  nur  eine  einzige  Redak- 
tion überliefert  sein. 

Allein  unter  dem  »code  du  12.  siecle«  kann  jene  Hand- 
schrift, die  (xrandidier  stets  als  »registre«  bezeichnet,  nicht 
verstanden  werden.  Noch  einmal  erwähnt  er  denselben  code 
in  der  Anmerkung  zu  §71;  dort  heisst  es  zum  Glück  ganz 
ausführlich :  »on  lit  dans  le  43.  Statut  du  code  municipal  de 
la  ville  de  Strasbourg  du  12c  siecle:  »viginti  solides  civitati 
dabit«.  —  Der  »codedu  i2.siecle<i:  —  ein  Blick  auf  die  Ein- 
leitung*) bestätigt  es  —  ist  daher  nichts  anderes  als  das 
von  Grandidier  in  den  Beginn  des  12.  Jahrhunderts 
gesetzte  II.  Strassburger  Stadtrecht«)!  Wie  kommt  er 
indessen  dazu,  ihm  Lesarten  des  »premier  code«  des  10.  Jahr- 
hunderts, unseres  ersten  Stadtrechtes,  zuzuschieben?  Man 
könnte  etwa  vermuthen,  dass  in  dem  Register  auf  den 
ersten  code,  der  die  ursprüngliche  und  von  Grandidier  im 
Text  gedruckte  Redaktion  enthalten  hätte,  die  erweiterte 
und  mit  Schilters  Ausgabe  übereinstimmende  jüngere 
Fassung  gefolgt  und  so  eng  mit  dem  IL  Stadtrecht  ver- 
bunden gewesen  wäre,  dass  Grandidier  sie  gemeinsam  als 
»IL  code«  hätte  bezeichnen  dürfen.  Aber  abgesehen  davon, 
dass  solch'  eine  künstliche  Annahme  mit  seiner  eigenen 
Einleitung  nicht  vereinbar  wäre  und  dass  auch  die  Aus- 
gabe des  II.  Stadtrechtes  aus  seinem  Nachlasse  nicht  den 
geringsten  Anhaltspunkt  dafür  gewährt,  so  müsste  doch 
auch  aus  seinen  Anmerkungen  irgendwie  ersichtlich  werden, 
dass  seine  Handschrift  ihm  wirklich  zwei  Überlieferungen 
des  ersten  Stadtrechtes  darbot.  Statt  dessen  —  beweisen 
grade  sie  das  Gegenteil: 


^)  Grandidier,  a.  a.  O.  36  —  -)  ^Ce  registre  contient  un  code  des  lois 
et  des  Statuts  de  la  ville,  divis6  en  trois  partis  et  dress6  en  trois  diff^rents  temps , 
Lo  dernier  cudc  fut  fait  .  .  en  1249  .  .  .  Les  lois  du  second  code  .  .  . 
doivent  nccessaircment  dater  de  deux  ou  d'un  siecle  auparavant;  ainsi 
CCS  lois  sont  ou  de  la  lin  de  ronzicinc  siecle  ou  au  moins  du  conimen- 
cement  du   12. 


Strasftburger  Stadirecht.  20 1 

§  62. 

LG.  I  LS  (XXllI,  i). 

Locus  autem  percaciende  mo-  ,       Locus  autem  percuciende  mo- 
neteestiuxta  piscatores.  (Codex  ,  nete  est  maximum  forum  prope 
secundus   legum    legit:    est,  circa  stationem  carnificum. 
prope     forum    iuxta     stationem 
carnificum).  j 

Grandidiers  französische  Übersetzung"  lautet:  »le  Heu 
pour  battre  monnaie  est  pres  du  marche  dit  des  pecheurs 
non  loin  de  la  boucherie«.  Und  hieran  wird  folgende 
Anmerkung  geknüpft:  le  texte  latin  porte:  »iuxta  stationem 
carnificumc.  Les  bouchers  (folgt  ausführlichere  Ausein- 
andersetzung über  die  Metzger)  ....  L'endroit  designe 
dans  les  Statuts  de  la  ville  de  Strasbourg  revient  assez  a 
ce  qu'on  nomme  aujourd'hui  le  marche  aux  poissons,  qui 
aboutit  ä  la  grande  boucherie.  Ce  marche  etait  contigu 
au  Palais  episcopal.« 

Der  mit  zahlreichen  anderen  Noten  gleichlautende  Ein- 
gang* der  Anmerkung  und  die  anschliessenden  Ausführungen 
über  die  Metzig  lassen  keinen  Zweifel  daran,  dass  (xran- 
didiers  Handschrift  des  ältesten  Rechts  durchaus  nichts 
von  dem  »Fischmarkt«  wusste.  Sagt  er  doch  ausdrücklich, 
dass  der  in  den  Statuten  bezeichnete  Platz  ziemlich  dem 
heutigen  Fischmarkt  entspreche,  und  erwähnt  er  doch 
selbst  in  seiner  französischen  Übersetzung  neben  dem  Msch- 
markt  noch  die  Metzig.  »Juxta  piscatores«  in  seinem  Texte 
kann  daher  nichts  anders  als  eine  willkürliche  (möglicher 
Weise  erst  während  des  Druckes  vorgenommene)  Änderung 
sein  >),  für  die  der  Wunsch,  den  Lesern  die  Lage  der  Münze 
möglichst  verständlich  und  bestimmt  anzugeben,  vielleicht 
eine  Erklärung  gewähren  könnte.  Die  verworfene  Orts- 
bezeichnung, die  mit  LS  und  D  übereinstimmt-),  setzt  Ciran- 
didier  in  Klammern  und  behauptet,  sie  in  dem  2.  codex 
legum  vorgefunden  zu  haben»  der  als  ^code  du  XIL  siecle« 


')  Die  Ortsangabe,  »inter  piscati>res«  ist  /war  in  Strassbiirt;  seit  ca. 
1295  nachzuweisen  (v^;!.  Sira&ab.  ÜB.  III,  109);  aber  sie  bezeichnet  einen 
Canz  andern  Ort  als  den  Kidchmarkt!  —  -)  Auf  die  geringen  Untcrschicile 
im  Wortlaut  kommt  es  hier  nicht  an. 


292 


Bloch. 


schon   bei    den    vorher    besprochenen  Stellen    die    gleiche 
undankbare  Rolle  zu  spielen  hatte. 

Man  könnte  das  rätselhafte  Verfahren  vielleicht  dahin 
deuten,  dass  Grandidier  in  allen  jenen  Abschnitten  seinen 
eigenen  Änderungen,  die  man  wenigstens  in  den  Fällen 
der  §S  I.  II.  55  von  seinem  Standpunkte  aus  nicht  als 
unberechtigte  bezeichnen  kann,  ein  erhöhtes  Ansehen  zu 
schaiFen  suchte,  indem  er  den  Anschein  erweckte,  dass  er 
sie  der  ältesten  Überlieferung  des  Stadtrechtes  entnommen 
habe;  dagegen  mochte  er  den  abweichenden  Text  Schilters 
und  der  deutschen  Übersetzung  dadurch  zu  entwerten  suchen, 
dass  er  ihn  erst  in  dem  wesentlich  jüngeren  zweiten  Codex 
vorgefunden  zu  haben  behauptete.  Aber  daneben  wären 
noch  andere  Erklärungen  denkbar. 

Wie  man  auch  sich  Grandidiers  Verhalten  zurechtlegen 
möge,  jedenfalls  spricht  alles  dafür,  —  und  das  allein  ist 
wichtig  —  dass  in  seinem  Register  das  I.  Stadtrecht  nur 
einmal  enthalten  war  und  dass  es  darin  die  erweiterte 
Crestalt  hatte,  die  auch  durch  Schilter  und  die  deutsche 
Übersetzung  bekannt  ist.  (jrandidiers  Ausgabe  als  die  Über- 
lieferung einer  kürzeren  älteren  Redaktion  zu  betrachten, 
dazu  sind  wir  nicht  mehr  berechtigt  i). 

Es  erübrigt,  aus  unseren  P>örterungen  die  Folgerungen 
für  den  ursprünglichen  lateinischen  Text  des  ältesten  Stadt- 
rechtes zu  ziehen.  Wir  werden  festzuhalten  haben,  dass 
er  uns  nur  in  einer  einzigen  Redaktion  erhalten  ist.  Ihren 
Wortlaut  müssen  wir  aus  den  beiden  Drucken  bei  Schilter 
und  Grandidier  herzustellen  suchen;  denn  sie  gehen  auf 
zwei  verschiedene  Handschriften  zurück  ^),  die  beide  Berück- 
sichtigung heischen.  Bei  der  Benutzung  Grandidiers  wird 
zwar  zu  beachten  sein,  dass  er  an  einigen  Stellen  —  meist 
um  dem  Original  möglichst  nahe  zu  kommen  —  einige 
Änderungen  vorgenommen  hat  und  dass  er  an  anderen 
ohne  Mühe  seine  schlechte  Vorlage  aus  Schilter  oder  der 
deutschen  Übersetzung  gebessert  haben  kann;  indessen  darf 

*)  In  diesem  Ergebnis  bin  ich  mit  Caro  einig,  so  verschieden  auch 
unsere  Voraussetzungen  und  Folgerungen  sind.  —  *)  Ein  höchst  einfaches 
Beispiel  liefert  §  74:'  »ca  ralione,  si  forte«  LS;  >racione  ut,  si  fortec  LG; 
daraus  richtig:     ea  racione  ut,  si  fortcv 


Strassburger  Stadtrecht.  2C)3 

darüber  nicht  vergessen  werden,  dass  seine  Handschrift 
unzweifelhaft  in  wesentUchen  Stücken  der  gemeinsamen 
Quelle  Schilters  und  der  Übersetzung  überlegen  war.  Bei 
dieser  Sachlage  wird  es  vielfach  nicht  leicht  sein,  zu  ent- 
scheiden, ob  Grandidier  oder  ob  Schilter  für  die  Text- 
gestaltung den  Vorzug  verdienen,  und  jeder  Benutzer  wird 
gut  thun,  immer  beide  Fassungen  zu  beachten. 

Die  Schwierigkeit  wird  noch  dadurch  erhöht,  dass 
beide  Drucke  in  letzter  Linie  auf  ein  und  dieselbe  Nieder- 
schrift des  Stadtrechtes  zurückgehen,  die  hie  und  da  schon 
einen  verderbten  Wortlaut  enthalten  zu  haben  scheint,  so 
dass  selbst  durch  die  Übereinstimmung  von  LG  und  LS 
die  richtige  Fassung  noch  keineswegs  gewährleistet  ist*)- 
Einige  Sätze  seien  sogleich  der  Erwägung  anheim  gegeben: 

J§  5.  Omnes  magistratus  huius  civitatis  ad  episcopi  spectant 
jiotestalein,  ita  quod  vel  ipsemet  eos  instituet  vel''*  quos  ips« 
statuit  maicres*"  ordinabunt  minores,  prent  sibi  subiecti  sunt. 

*)  »illi-^  add.  LG.  '')  »statuit.  Maiores  civium-  LS;  vstatuit. 
Maiores  enim^t  LG.     D  zeijjt  die  «gleiche   Verderbnis. 

§  85^)  dürfte  vielleicht  zu  ändern  sein:  >nemo  tribuat  thelo- 
ijcum  de  anatibus',  de  pulIis,  de  anseribus  . 

")  ^de  nattis^  LG;  fehlt  LS;  .von  ni.itzen'^  D.  In  der  Hand- 
schrift vielleicht  auch  »anatis-r  statt  -anatibus«. 

§  93.  debent  ctiam*'*  singuli'*  burgcnsos  in*"  singulis  annis 
quinquies  operari  uno  dic*^  in  doininico  opere. 

*)  autem«  LS.  **)  fehlt  in  LS.  ^)  ^opiTari  numero  (nuo) 
dierum:  LG;  LS.  —  DS:  »Die  burger  sulnt  jillt»  jar  wirken  vunf 
stunt  vunf  tage*;  in  DG  fehlt  ivunf  stunt  .  ( Xlenbar  hat  schon 
I>  das  unrichtige  »numero^  vor  sich  gehabt  und  die  Zahl  will- 
kürlich ergänzt. 

§  112.  becherarii  omnes  becharios  quoscunque  neccssarios" 
habuerit  episcopus  vel  in  curia  sua,  impenitor*'  cum  eum  adiorit, 
vel*^  proficiscens  ad  curiam  imperatoris,  de  sumptibus  et  cxpensis 
ipius  facient. 

•"*)  ^becharii  omnia  becharia  quecunqur  necossaria  LS. 
'•)  -^vel  imperator*  LS;  vel  imperatoris-  L(i.  ')  •via««  LS.  —  D  be- 
cinni:  >Die  Becherer  alle  die  bechere,  die  der  bischof  bedarf  oder 
sin   liof  oder  der  Keiser?,  i;vht  also  gleichfalN  aut  den  verderbten 

')  In  wie  weil  —  wio  etwa  in  ij  105  l>ci  ■iaiuii'«  --  (inntlitlicr  >uh  .ni 
Soliiltcr  an;*clchnt  haben  m;iy,  »t  natürlich  nicht  zu  ««aj^on.  nii-  II;\upt*.aihr 
ist  die  Krkenntnis,  dass  auch  ;:ci:on  \J\  =■  I.S  eniomlieii  wonlen  inuo.  — 
-I   Don  Woillaut  s.  oben  S.  277. 


294 


Bloch, 


Text  zurück.  —  Dementsprechend  dürfte  vielleicht,  insbesondere 
mit  Rücksicht  auf  die  deutsche  Übersetzung,  im  folgenden  Para- 
graphen dem  Sinne  nach  ungefähr  zu  lesen  sein: 

§  113.  cuparii  ....  facient  omnia,  quecunque  necessaria 
habuerit  episcopus  domi  existens,  vei'  imperator  vel  imperatrix 
cum  präsentes *fuerint%  ad  balnea  sua,  et  preterea^  ad  coquinam 
et  ad^  opus  pincemarum,  similiter  et^  cum  vadit  ad  curiam 
eadem  omnia^,  cum  sumptibus^  et^  expensis  episcopi. 

*)  »vel  —  fuerint«  fehlt  LS  —  D.  ^)  »et  preterea«  fehlt 
LS.  "")  fehlt  LS.  ^)  >omnia  prebebunt«  LG.  LS^).  —  Man  ver- 
gleiche DS:  »Die  kufere,  swen  der  bischof  heim  ist,  swes  er 
danne  bidarf  zu  sinem  bade,  zu  der  kuchinen,  zu  der  schenken 
ding,  unt  swenne  er  vert  zu  hove,  so  ....  suUent  sie  machen 
alles  das  der  bischof  bidarf  mit  siner  zerunge«. 

Das  Ergebnis  unserer  Untersuchung  wird  graphisch 
in  der  folgenden  Weise  dargestellt  werden  können*): 

I.  Stadtrecht 


X«) 


LG  Y 


\ 


D  LS 


DG  DS 

Erst  nachdem  wir  uns  über  diesen  Stammbaum  klar 
geworden  sind,  dürfen  wir  endlich  die  von  dem  Leser 
längst  erwartete  Frage  aufwerfen,  wie  es  mit  den  von 
Grandidier  scharfsinnig  aus  dem  Texte  herausgehobenen, 
von  Hegel  als  Zusätzen  bezeichneten,  Satzteilen  zu  halten 
sein  wird,  die  in  unserer  Überlieferung  mit  dem  L  Stadt- 
rechte verbunden  sind.     Für   uns   handelt   es   sich   um    die 

*)  Hier  niüsste  LG  »prebebunt«  aus  LS  übernommen  haben.  Andern taUs 
könnte  man  lesen:  »ad  curiam;  eadem  omnia  prebebunt«.  —  *)  Die  kritisch 
gleicbgiltigcn  und  unkontrollierbaren  Zwischenglieder  sind  selbstverständlich 
darin  ausser  Acht  gelassen.  —  ^)  Etwa  der  Libellus,  dessen  Kopie  im  Besitz 
des  Bischofs  gewesen  sein  soll?     Vgl.  unten  S.  296. 


Strassburger  Stadtrecht.  295 

Prüfung»  ob  sie  schon  von  dem  Redaktor  des  Stadtrechtes 
niedergeschrieben  oder  ob  sie  erst  bei  der  Abschrift  X  hinzu- 
gefügt sind,  die  wir  als  die  gemeinsame  Quelle  unserer 
gesamten  Überlieferung  anzusetzen  haben. 

Den  Einschub  »et  ut  libera  sit«  in  §  i  hat  Hegel ')  schon 
um  seiner  Form  willen  aus  der  ursprünglichen  Fassung 
entfernt.  Dazu  kommt,  dass,  selbst  wenn  die  Bezeichnung 
einer  »civitas«  ganz  im  allgemeinen  als  »libera«  vor  der  Mitte 
des  13.  Jahrhunderts  möglich  sein  sollte*),  Strassburg  doch 
keinesfalls  und  von  niemandem  in  den  letzten  Jahrzehnten 
des  12.  Jahrhunderts,  in  die  Arnold  und  Rietschel  das 
Stadtrecht  hinabgerückt  haben ,  in  dieser  Weise  »freie 
genannt  worden  sein  kann.  Die  bewusste  Anwendung 
des  Ausdrucks  und  seine  Einfügung  in  den  älteren  Text 
würde  am  ehesten  aus  der  städtischen  Bewegung  zu  erklären 
sein ,  die  schliesslich  im  Bellum  Walterianum  zum  Siege 
der  Stadt  über  den  Bischof  führte. 

In  der  gleichen  Zeit,  um  die  Mitte  des  1 3.  Jahrhunderts, 
könnte  auch  die  Bemerkung  am  Schlüsse  des  §  1 1  nicht 
auffallen,  dass  der  bischöfliche  Vogt  damals  nicht  mehr 
die  kaiserliche  Bannleihe  zu  erhalten  pflegte.  Dass  die 
ersten  Staufer  dieses  wertvolle  Recht  grade  im  Elsass  fast 
zuerst  hätten  in  Verfall  geraten  lassen,  ist  nicht  anzu- 
nehmen. Mit  den  Zuständen  des  12.  Jahrhunderts  dürfte 
daher  die  Bemerkung  »quod  autem  modo  non  est  con- 
suetumc  kaum  vereinbar  sein»). 

Sprechen  beide  Zusätze  dafür,  dass  .sie  erst  einem  um 
die  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  niedergeschriebenen  Texte 
unseres  Stadt  rechts  eingefügt  sind,  so  liegt  die  Erinnerung 
aA  das  Büchlein  über  die  »iura  et  consuetudines  civitatis^ 
nahe,  dessen  im  III.  Stadtrechte  gedacht  wird  und  von  dem 

')  Stras5burgcr  Chroniken  II,  922.  —  *)  Sie  begegnet  in  dem  in  den 
Anfang  des  13.  Jahrhunderts  gewiesenen  Frciburger  Stadtrech tsrodel.  Seine 
Kntstehungftzeit  bedürfte  indessen  trotz  der  neueren  Arbeiten  einer  Unter- 
suchung, die  seine  Beziehungen  zu  dem  von  de*n  Verdacht  der  Interpolation 
nicht  zu  reinigenden  Bemer  Siadtrecht  von  1218  im  einzelnen  prüfte.  — 
^1  Vgl.  Scholz,  Beitr.  z.  Gesch.  der  Hoheitsrechte  z.  Z.  der  Staufer  (>  fT.  — 
Diejenigen,  die  das  Stadtrecht  bis  in  die  Mitte  oder  gar  den  Anfang  de^ 
1 2.  jahrh.  nirflckführen  wollen,  sind  von  vornherein  gezwungen,  die  besprochenen 
Zu«Utze  auszuscheiden  und  einer  späteren  Abschrift  zu^iweisen. 


296 


Bloch. 


König"  Richard  eine  Abschrift  im  bischöflichen  Besitz  ver- 
muthen  durfte.  Gern  würde  ich  in  ihm  die  verlorene, 
erschlossene  Quelle  X  erkennen  und  ihr  jene  Zusätze 
zuweisen.  Dafür  fallt  auch  ins  Gewicht,  dass  offenbar  bei 
den  Strieitigkeiten  zwischen  Rischof  Walther  von  Geroldseck 
und  der  Stadt  das  älteste  Stadtrecht  eine  Rolle  gespielt 
hat:  der  Friedensvertrag  vom  21.  April  1263')  erneuert 
und  modifiziert  einzelne  seiner  Bestimmungen  und  enthält 
unverkennbare  Anklänge  an  seine  deutsche  Fassung;  er 
gewährt  somit  das  erste  Zeugnis  ihres  Daseins.  Die  vier 
ersten  Bestimmungen  der  Übersetzung  sind  nahezu  wörtlich 
in  das  IV.  Stadtrecht  von  1270  übergegangen*). 

Gewiss  läge  es  nahe,  die  Worte  »de  consuetudine 
(tantum),  non  de  iure«  in  §  55  auch  auf  den  Schreiber 
von  X  zurückzuführen,  zumal  sie  eine  gewisse  Verwandt- 
schaft mit  dem  Schlüsse  des  S  ^  i  zu  haben  scheinen. 
Aber  wenn  wir  uns  einmal  ganz  von  dem  Banne  der 
Ausgabe  Grandidiers  befreit  haben,  wird  doch  noch  eine 
andere  Lösung  in  Betracht  zu  ziehen  sein.  Man  lese  den  §  55 : 

»Theloncum  de  carbonibus  et  de  canabo  thelonearius 
non  accipit,  quod  episcopi  hucusque  sumpserunt  de  con- 
suetudine (tan tum),  non  de  iure,  sicut  et  bannum  de  vino 
et  panes  qui  dicuntur  bernbrot  obtinuerunt.^« 

Den  Zoll  von  Kohle  und  Hanf  erhebt  der  Zöllner  nicht; 
ihn  haben  bisher  die  Bischöfe  nach  altem  Brauche  ein- 
genommen, nicht  etwa  von  Rechtswegen,  grade  wie  sie 
auch  den  Bannwein  und  das  Bernbrot  (nur  nach  alter 
Gewohnheit)  erhalten  haben.« 

Dass  der  Gegensatz  »de  consuetudine  —  de  iure*  nicht 
erst  später  hineingetragen,  sondern  von  vornherein  beab- 
sichtigt und  grade  auch  in  Rücksicht  des  Bannweins  ver- 
wertet worden  ist,  macht  der  Vergleich  mit  der  Urkunde 
Tleinrichs  V.  von  iiig^)  wahrscheinlich,  in  der  die  Abgabe 
des  ßannwcins genannt  wird:  mus  consuetudinarium,  non 
autem  legitim  um*)  et  iugum  Argentinensibus  civibus  impo- 

M  Sirassb.  ÜB.  T,  394  no  519.  —  -*)  Schulte  in  Strassb.  ÜB.  IV,  2,  5. 
~  ■')  Siras-b.  UT\.  I,  z^()  no  74,  —  *)  Diese  Wendung  könnte  veranlassen, 
in  J^  55  :  cum  non  .  nicht,  wie  oben  j^eschehen,  zu  emendiercn,  sondern  >de 
consuetudine,  non  autem  de  iure':  zu  lesen.  Die  hier  vorgetragene  Auf- 
fassung würde  daraus  noch  eine  Stütze  ziehen. 


Strassburger  Stadtrecht.  207 

situm«.  Fordert  nun  die  negative  Fassung  »thelonearius 
non  accipit«  sichtlich  eine  Erläuterung,  so  dass  es  nicht 
angängig  ist,  den  Schluss  —  von  den  sachlichen  Bedenken 
dagegen  ganz  abgesehen  —  als  späteren  Zusatz  zu  betrachten, 
so  fällt  doch  auf  der  andern  Seite  das  erzählende  Perfektum, 
das  nur  hier  allein  im  ganzen  Stadtrecht  begegnet,  voll- 
ständig aus  dem  Rahmen  der  übrigen  Bestimmungen  heraus. 
Arfan  mag  wenigstens  vermuten,  dass  in  diesen  Worten  der 
Mann  zu  uns  spricht,  dem  wir  die  Sammlung  der  als 
»I.  Strassburger  Stadtrecht«  zusammengefassten  Rechts- 
ordnungen verdanken. 

Hiermit  berühre  ich  indessen  schon  die  Grenzen  einer 
Untersuchung  über  die  Überlieferung  der  ältesten  Rechts- 
aufzeichnung Strassburgs;  denn  ihre  Entstehung  zu  erörtern, 
ist  nicht  beabsichtigt.  Nur  das  mag  gesagt  werden^  was 
in  unmittelbarer  Beziehung  zu  den  vorangehenden  Dar- 
legungen steht. 

Von  der  »Abfassung«  des  ältesten  Stadtrechts  wird 
kaum  die  Rede  sein  können;  der  Redaktor,  der  es  in  die 
überlieferte  Form  gegossen  hat*)  —  niag  er  einen  Auf- 
trag gehabt  haben  oder  nicht  —  ist  wenig  mehr  als  ein 
Sammler  der  zu  seiner  Zeit  vorhandenen  Bestimmungen. 
-Ältere  und  jüngere  Satzungen  sind  in  eins  zusammen- 
geflossen oder  aneinandergefügt««).  Gewiss  wird  er  seine 
Arbeit  in  den  letzten  Jahrzehnten  des  12.  Jahrhunderts 
ausgeführt  haben*):  schon  ist  der  Gebrauch  des  Wortes 
»scultetus«  für  Schultheiss  gewöhnlicher  als  der  alte  Titel 
:causidicus«*).  Aber  das  beweist  nichts  für  die  Ent- 
stehungszeit  der  einzelnen  zusammengetragenen  Satzungen. 
Wenn   der   vorgeschlagene  Grundsatz   für   die  Textgestal- 


1)  Von  den   oben    besprochenen    Zusätzen    ist   natürlich    abzusehen.    — 
*i  Diese  zutreffenden  Worte  Hegels   a.  a.  O.    S.  927  sind    bisher   nicht    hin- 
reichend gewürdigt  worden.  —  ^)  Sicher   weisen,    wie    Rietschel    mit  Arnold 
annahm,    eine    Anzahl    von    Bestimmungen    in    die    zweite    Hälfte    des  Jahr- 
hunderts. —  Wenn  auf  den  §  92:   ^si   autem  imperator  vel  rex   intraverintc 
Gevicht  zu  le|^n  wäre,  so  würde  die  Niederschrift    des  Stadtrechtes    auf   die 
Jahre  1184 — 1190  zu  datieren  sein;    nur   damals    gab    es    seit  Heinrichs  IV. 
Tode  Kaiser  und  Künig    gleichzeitig.  —  *)  ^De    scultcto,    qui    et    causidicus 
dicitnre.  —  Die  Bezeichnung  vscultetus«  begegnet  ausserdem  nur  noch  in  dem 
die  %ier  verschiedenen    Amter    zusammenfassenden ,    daher    wohl    gleichfalls 
vnienn  Sammler  zuzuschreibenden  §  7. 

Zcittchr.  C  Gesch.  d.  Oberrb.  N.  F.   XIV.  a.  20 


298  Bloch. 

tung  gebilligrt  wird,  nach  dem  Grandidier  und  Schilter  neben- 
einander zu  berücksichtigen  sind,  so  darf  behauptet  werden, 
dass  in  dem  ganzen  dem  »scultetus«  gewidmeten  Abschnitt 
nur  von  dem  »causidicus«  gesprochen  wird^):  ein  deutlicher 
Beweis,  dass  die  Aufzeichnung  des  Rechtes  später  anzu- 
setzen ist,  als  die  Entstehung  der  darin  vereinigten 
Bestimmungen  2). 

So  führt  uns  am  letzten  Ende  die  Überlieferung  des 
ältesten  Strassburger  Stadtrechtes  dahin,  die  Einheit,  die 
ihm  künstlich  gegeben  ist,  aufzuheben  und  es  in  seine  ein- 
zelnen  Bestandteile  zu  zerlegen*).  Für  die  Geschichte  der 
Strassburger  Verfassung  kann  und  wird  es  dadurch  an 
Fruchtbarkeit  nur  gewinnen. 


^)  S.  oben  S.  288.  —  ')  Hegels  Bemerkungen  über  die  Verschieden- 
artigkeit der  Bestimmungen  über  die  Münze  werden  imter  diesem  Gesichts- 
punkte neue  Bedeutung  gewinnen.  —  ^)  Es  ist  darauf  hinzuweisen,  dass  auch 
beim  IL  und  III.  Stadtrecht  ein  ähnliches  Verhalten  angebracht  ist.  Ins- 
besondere  führt  die  für  den  Forscher  durchaus  notwendige  Berücksichtigung 
ihrer  deutschen  Fassung  —  die  leider  im  Strassburger  Urkundenbuch  so 
wenig  bei  ihnen  wie  bei  dem  I.  Stadtrecht  gedruckt  wurde  —  das  Ver* 
änderliche,  immer  Fliessende  solcher  Satzungen  deutlich  vor  Augen. 


Badische   Geschieh tslitteratur 

des  Jahres  1898.*) 

Zusammengestellt  von  A.  Winkelmann. 

Verzeichnis  der  Abkürzungen,  s.  diese  Zs.  NF.  X,  S.  302. 


Inhaltsverzeichnis. 

I.  Zeilschriften  und  bibliographische  Hilfsmittel.     Nr.  i — 13. 
II.  Prähistorische,  Römische  und  Alemannische  Zeit.     Nr.  14 — 27. 

III.  Mittelalter  und  Neuzeit.     Nr.  27« — 64. 

a)  Kurpfalz.     Nr.  29 — 43. 

b)  Markgr.  Baden.     Nr.  44 — 53. 

c)  Baden.     Nr.  54 — 64. 

IV.  Ortsgeschichte.     Nr.  65  -  114. 

V.  Kirchengeschichte.     Nr.  115 — 142. 
VI.  Rechts-  und  Wirtschaftsgeschichte.     Nr.   143 — 154. 
VII.  Kunstgeschichte  und  Baugeschichte.     Nr.  155 — 184a. 
VIII.  Kulturgeschichte.     Nr.  185—196. 
IX.  Familien-,  Wappen-  und  Münzkunde.     Nr.  197 — 215. 
X.  Biographie.     Nr.  216 — 273. 

a)  Biographie.     Nr.  216 — 256. 

b)  Nekrologe.     Nr.  257 — 274. 

XI.  Bibliotheken.  Archive.  Sammlungen.  Unterrichtswesen.  Nr.  275  -302. 
XII.  Recensionen  früher  erschienener  Schriften.     Nr.  303 — 335. 


I.  Zeitschriften  und  bibliographische  Hilfismittel. 

1.  Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins,  hrsg. 
V.  d.  bad.  bist.  Komm.  NF.  XIII  [d.  ganzen  Reihe 
52.  Bd.].  Karlsruhe,  J.  Bielefeld.  X,  714  S.  Bespr.: 
Karlsr.  Zg.  Nr.  317,  318  (Dr.  -nn-). 


")  Auch  in  diesem  Berichtsjahre  unterstützten  die  Herren  Archivrat  Dr. 
K.  Obser  in  Karlsruhe,  Archivar  Dr.  G.  Tumbült  in  Donaueschingen,  Privat- 
dozent Dr.  K.  Beyerle  in  Freihurg,  Dr.  K.  Bninncr  in  Karlsruhe,  und 
besonders  Herr  Pfarrer  Reinfried  in  Moos  meine  Arbeit  mit  dankenswerten 
Beiträgen. 

20* 


300 


Winkelmann. 


2.  Mitteilungen     der    Badischen     historischen    Kom- 

mission.   Nr.  20.    Beigegeben  dieser  Ztschr.  NF.  XIII. 

160  S. 

3.  Schriften  des  Vereins   für  Geschichte   des  Boden- 

sees u.  s.  Umgebung. 
Lindau,   Stettner.  —  Im  Berichtsjahr  nichts  erschienen. 

4.  Freiburger  Diöcesan- Archiv.     Organ  d.  kirchl.-histor. 

Vereins  f.  Gesch.,  Altertumskunde  u.  christl.  Kunst  d. 
Erzdiöc.  Freiburg  m.  Berücksichtigung  d.  angrenzenden 
Diöcesen.  Bd.  XXVI.  Freiburg  i.  Br.,  Herder.  XXIU, 
353  S.     Bespr.:  LRsKath  Deutschland  24,  281 — 82. 

5.  Zeitschrift    d.    Gesellschaft   f.    Beförderung    d.  Ge- 

schichts-,  Altertums-  u.  Volkskunde  von  Frei- 
burg, dem  Breisgau  u.  d.  angrenzenden  Land- 
schaften. XIV.  Bd.  Freiburg  i.  Br.,  i.  Komm.  b.  Eugen 
Stoll.  LXIV,  442  S.  m.  2  Karten. 

6.  Schau-in's-Land.     Hrsg.    u.   i.  Verl.   v.  Breisgau-Verein 

Schau-in's-Land.  XXV.  Jahrlauf.  Freib.  i.  Br.,  Druck  b. 
Poppen.     103  S.  m.  111.     Bespr.:    Bad.    Ld    Zg.    (1899) 

Nr.  27,  28. 

7.  Monatsblätter  des   badischen  Schwarzwaldvereins, 

hrsg.  V.  Fridrich  Pf  äff.  Verl.  d.  Schwarzwaldvereins. 
Druck  b.  vorm.  Dölter,  Emmendingen.  I.  Jahrg.  160  Sp. 
IG  Hefte. 

8.  Schriften   des  Vereins   für  Geschichte    und   Natur- 

geschichte der  Baar  u.  d.  angrenzenden  Landes- 
teile in  Donaueschingen.  Tübingen,  Laupp.  —  Im 
Berichtsjahr  nichts  erschienen. 

9.  Neues  Archiv  für  die  Geschichte  der  Stadt  Heidel- 

berg und  der  rheinischen  Pfalz,  i.  Auftr.  d.  Stadt- 
rats hrsg.  V.  d.  Komm.  f.  d.  Gesch.  d.  Stadt.  Bd.  III. 
Heft  3  u.  4.  Heidelberg,  Hörning  [nebst  Orts-,  Sachen- 
u.  Personenverzeichnis  f.  Bd.  III].     280  S. 

IG.  Neue  Heidelberger  Jahrbücher,  hrsg.  vom  historisch- 
philosophischen Verein  zu  Heidelberg.  Jahrg.  VIII,  Heft  1. 
Heidelberg,  i.  Komm.  b.  G.  Köster.     S.   i — 124. 

11.  Alemannia.     Zeitschrift  für  Sprache,  Kunst  und  Altertum, 

bes.  d.  alam. -schwäbischen  Gebiets,  begr.  v.  f  Anton 
BirUnger,  fortgef.  v.  Fridrich  PfafT.  XXVI.  Bd.  Bonn, 
Hanstein.     288  S. 

12.  Winkelmann,  A.    Badische  Geschichtslitteratur  des  Jahres 

1897.     Diese  Zs.  NF.  XIII,  482 — 505. 

13.  Derselbe.     Bericht  über   die    badische  Geschichtslitteratur 

des  Jahres  1897.  Jahresberichte  d.  Gesch.- Wiss.,  hrsg. 
von  Berner.     XX.  Jahrg.  II  S.  350 — 359. 


Badische  GeschichUlitteratnr  des  Jahres  1898.  toi 


n.  Prihistorische,  Römische  und  Alamannische  Zeit 

14.  Bodmann.     Funde    bei    der    Pfahlbaastation    b.    Bodmann 

KBWZ.  XVII,  33—34;  Bad.  Ld.-Zg.  Nr.  45.  I;  Frankf. 
Zg.  Nr.  286. 

15.  Schnarrenberger,   W.      D.   vor-    und    frühgeschichtliche 

Besiedlang  d.  Kraichgaues  [nebst  Anhang  betr.  Flurnamen 
aas  d.  A.-B.  Bretten,  Brachsal,  Wiesloch].  Bruchsal, 
Progr.beil.  d.  Gymn.  f.  d.  J.  1897 — 9^*  Bruchsal,  Weber. 
39  S.  m.   I  Tfl.  u.   I  Karte. 


16.  Limes,    Haug,  F.     Vom  römischen  Grenzwall.    KBGesch.- 

Ver.  46,  73 — 76. 

17.  —  Hettner.     Bericht  über   d.  Limesforschung   d.  J.   1897. 

Archäolog.  Anz.  Heft  1. 

18. — Jakobi,  Heinr.  D.  obergerm.-rhät.  Limes.  Ergebnisse 
d.  Limesforschung  bis  z.  J.  1897.  CBlBauverw.  XVIII, 
183—85;   188-91. 

IQ. — Schumacher,  K.  D.  Kastelle  b.  Neckarburken.  [Sep.- 
abdr.  aus  Obergerman.-rhät.  Limes.  IX.  Lief.].  Heidelberg, 
Petters.     35  S.  m.  111.,  8  Tfln.  u.    i  Karte. 

20.  —  Derselbe      Auf  römischer  Strasse  vom  Oberrhein  a.  d. 

Neckar.     Allg.  Zg.®  Nr.  204. 

21.  —  Derselbe.     Zur  römischen  Keramik  u.  Geschichte  Süd- 

westdeutschlands.    NHeidelberg  Jbb.  VII,  94  —  124. 

22.  Durlach,    Wagner,  £.    Römische  Funde  b.  Durlach  [Grab- 

platte   m.   Inschr.].     KBWZ.   XVII,    34—35.     Vgl.   Bad. 
Ld.-Zg.  Nr.  38.  II. 

23.  Groizingen,    Fund  einer  röm.  Grabplatte  m.  Inschr.  Karlsr. 

Zg.   1898  Nr    45. 

24.  Xeuenheim   {b.   Heidelberg).     K.  P.    Römerfunde    in  Neuen- 

heim.    Heidelb.  Zg.  Nr.   127. 

25.  Osterburken,     Ausgrabungen  am  Seitenkastell,  Funde.    Bad. 

Presse  Nr.  266. 

25a.  Waldkirch,  Wagner,  E.  Römischer  Bronzefund  im  Altirbach- 
thälchen  bei  Waldkirch.     Schau-in's-Land  XXV,   1  —  4. 


26.  Well  er,   K.     D.    Besiedlung   d.  Alamannenlandes.     Würtl. 

Vjhcfte  f.  Landeskunde  VII,  301 — 350  [auch  sep.  Stutt- 
gart, Kohlhammcr.  III,  52  S.],  Bespr.:  Diese  Zs.  NF. 
XIV.  (1899),   154  (A.  Werminghoff). 

27.  Bodmann,  Alamannischer  Reihenfriedhof,  unters,  v.  E.  Wagner. 

Karlsr.  Zg.  Nr.  264.  —  Vgl.  Allg.  Zg.  ^  Nr.  260. 


303 


Winkalmann. 


in.  Mittelalter  und  Neuzeit. 


27^B^unner,  K.  Quellen  z.  Geschichte  Badens  und  d.  P£^lz 
in  d.  Handschriftenbeständen  d.  öfTentl.  Biblioth«  Frank- 
reichs nach  d.  Catalogue  g6neral  des  manuscrits  des 
biblioth^ques  publiques  de  France  (Departements).  Diese 
Zs.  Mitt.  20,  49 — 80  2. 

28.  Baur,  Jos.    Ph.  Chr.  v.  Sötern,  Kurf.  v.  Trier  [u.  Bisch,  v. 

Speier]  u.  s.  Politik  während  d.  30jähr.  Krieges.  Bd.  I. 
Speier,  Jaeger.  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII,  523 — 24 
(K.  0[bser]). 

a)  Kurpfalz. 

29.  Hinneschiedt,  Domin.    König  Wenzel,  Kurf.  Ruprecht  I. 

u.  d.  Ständekampf  i.  Südwestdeutschland.  Von  1387 
—  1389.  £.  Beitr.  z.  Reichsgesch.  d.  14.  Jahrh.  Diese 
Zs.  NF.  XIII,   197—254. 

30.  Stern,  M.    K.  Ruprecht  v.  d.  Pfalz  in  seinen  Beziehungen 

zu  den  Juden.  Ungedr.  Königsurk.  nebst  ergänz.  Akten- 
stücken.    Kiel,  Selbstverlag.     LVIII,  72  S. 

31.  Schlecht,  .  Jos.     D.    Pfalzgrafen   Philipp    u.    Heinrich    als 

Bischöfe  v.  Freising.  Freising,  Datterer.  46  S.  [6  urkdl. 
Beil.] 

32.  Haarless,    W.      Relation    über    die    Hochzeit    d.    Pfalzgr. 

Johann  Kasimir  mit  Elisabeth,  Herzogin  zu  Sachsen  in 
Heidelberg  4.  Juni  1570.  Zs.  d.  berg.  Gesch.-ver.  33, 
IUI  — 12. 

33.  Wertner,  M.    Zur  Familiengesch.  d.  Kurfürsten  v.  d.  Pfalz 

[betr.  Henriette  v.  d.  Pfalz,  Gem.  Sigmund  Räk6czis]. 
Viertelj. Schrift  f.  Wappen-,  Siegel-  u.  P'amilienkunde  XXVI, 
Heft  3. 

34.  Roth,    F.  W.    E.     Jakob    Theodor    v.    Bergzabern,    sowie 

Volkslieder  auf  d.  Pfalzgrafen  Wolfgang  Wilhelm  u. 
Friedrich  V.  [Aus  Mitt.  d.  histor.  Vereins  d.  Pfalz.  Bd. 
XXVI,  47 — 76.]     Speier  (Säger).     30  S.  m.  Bildnis. 

35.  Wo  1  kau,  R.     Deutsche  Lieder  auf  d.  Winterkönig.     Bibl. 

deutscher  Schriftsteller  aus  Böhmen.  Bd.  VIII.  Prag, 
Calve.     Bespr.:  Frankf.  Zg.  Nr.  360. 

36.  Lorentzen,    Th.     D.  Hochzeit    d.  Kurprinzen  Karl    v.    d. 

Pfalz  mit  d.  dän.  Prinzessin  Wilhelmine  Emestine  (167 1) 
Progr.  Heidelberger  Oberrealsch.  Heidelberg,  Druck  b. 
Geisendörfer.     30   S.     Bespr.:    Diese  Zs.  NF.  XIII,    703 

(K.  0[bser]). 

37.  Kraus,    Joh.     Vom    kurfürstl.   Hofe   i.  Heidelberg   aus    d. 

Zeit  Karl  Ludwigs.  Palatiua,  Beil.  z.  Pfalzer  Zg.  Nr.  122 
—24;   134,   135.     Vgl.  Frankf.  Zg.  Nr.  320. 


Baditche  Gescbichtditteratur  des  Jahres  1898.  303 

38.  Immich,    Max.      Zur    Vorgeschichte     des    Orl6ans*schen 

Krieges.  Nuntiaturberichte  aus  Wien  u.  Paris  1685 — 88. 
Nebst  ergänz.  Aktenstücken  u.  Vorw.  v.  Fr.  v.  Weech. 
Hrsg.  V.  d.  Bad.  histor.  Komm.  Heidelberg,  Winter. 
XXIV,  388  S.  m.  2  Portr.  Bespr.:  HJb.  XIX,  417—18 
(K.  B[eyerle]);  Hist.  Vjschrift  I,  550 — 51  (G.  Mentz); 
DLZ.  XX  (1899),  273—74  (Ottokar  Weber);  MHL.  XXVll 
(1899),  'O' — 102  (W.  Martens);  Karlsr.  Zg.  Nr.  94 
(P.  Apbert]),  Rev.  crit.  XLVI,   130—33  (R). 

39.  Haake,    P.     Briefe    d.   Herzogin   Elisabeth   Charlotte    von 

Orleans.     Histor.  Viertelj.schr.  I,  418 — 28. 

40.  Ein  französischer  Diplomat  [Blondel]    an   deutschen  Klein- 

höfen [z.  B.  in  Mannheim].     Frankf.  Zg.  Nr.  232. 

41.  Obser,    K.     Zur  Sendung  d.    Grafen  Goertz   an    d.  Zwei- 

brückener  Hof  (1778)  [betr.  Karl  Theodor,  Kurf.  v,  d. 
Pfalz].     MJÖG.  XIX,  343—47. 

42.  Kleinschmidt,   A.     Karl  Theodor,   Friedrich   zu  Salm  u. 

F.  H.  V.  Zwackh.  NHeidelberg  Jbb.  VH,  199 — 216. 
43*  Darstellungen  aus  d.  bair.  Kriegs-  u.  Heeresgeschichte, 
hrsg.  V.  Kgl.  bair.  Kriegsarchiv.  Heft  7.  (Darin:  H.  Fahrm- 
bachet.  D.  Kampf  um  d.  Rheinschanze  b.  Mannheim  a. 
25.  Jan.  1798,  m.  Karte).  München,  J.  Lindauer.  Bespr.: 
Münch.  NNachr.  Nr.  502. 

b)  Markgr.  Baden. 

44.  Schulte,  A.   Zu  d.  neuaufgefundenen  Verzeichnis  d.  Steuern 

d.  Reichsgutes  v.  J.  1 24 1  [auch  Baden  betr.].  Diese  Zs. 
NF.  XIII,  425 — 440. 

45.  Mayer,    J.     Markgraf  Hermann    I.      Freiburg   Diöc.-Arch. 

XXVI,  240—66. 

46.  Türler,  H.    Ein  Schreiben  Berns  an  Mkgr.  Rudolf  v.  Hoch- 

berg (1485).     Anz.  f.  Schweiz.  Gesch.  Nr.  3,  S.  68. 

47.  K.  v.  R.     Panegyricus   z.   4CK>jähr.  Jubelfeier   d.  Aufnahme 

d.  sei.  Bernhard,  Markgr.  v.  Baden,  in  d.  Himmel.  Frei- 
burg Diöc.-Arch.  XXVI,  267—85. 

48.  Obser,    K.      Eine    Gedächtnisrede    auf   d.    Mkgr.    Georg 

Friedrich  von  Baden-Durlach.     Diese  Zs.  NF.  XIII,   124 

—  139. 

49.  Jung,  L.    [Bernow,   L.]     D.  Buch  vom  Türkenlouis  Mkgr. 

Ludwig  Wilhelm  v.  Baden.  E.  Lebensbild  aus  d.  17.  Jahrh. 
Achem,  Eitler  u.  Jundt.     1897.     183  S.  m.  Portr, 

50.  Wegele,  H.  v.    Vorträge  u.  Abhandlungen  [darin  u.  a.  »Zur 

Kritik  d.  neuesten  Litt,  über  d.  Rastatter  Gesandtenmord«]. 
Leipzig,  Duncker  u.  Humblot.  Bespr.:  Südw.  Schulbll. 
XV,  285—86  (Zürn). 

51.  v.  Weech,    Fr.     Römische    Prälaten   am   deutschen  Rhein. 

1761 — 64).      Neujahrsbll.    d.    bad.    hist.    Komm.    NF.   1. 


304 


WinkelmanD. 


Heidelberg,  Winter.  80  S.  Bespr.:  LRsKatl:  Deutschland 
24,  218;  HJb.  XIX,  413  (K.  B[eyerle]);  FreibKKb.  42, 
286—88;  298—302;  319—21;  328—31;  347— 5"  (-a-); 
HZ.  (81)  45,  564  (Th.  Ludwig);  Rom.  Quartschr.  XI, 
241 — 42;  Heidelb.  Zg.  Nr.  70;  Pfalzer  Bote  Nr.  72,  74; 
Karlsr.  Zg.  Nr.  53  (P.  Al[bert]). 

52.  Baden  u.  d.  Rheinlande  i.  d.  J.   1761   u.   1762    [nach  Pal- 

miens  Reisebericht].     Frankf.  Zg.  Nr.   19.  I. 

53.  Unzer,  Ad.    D.  Herzog  v.  Zweibrücken  u.  d.  Sendung  d. 

Grafen  Goertz.  MJÖG.  XVIII  (1897)  401  ff.  [betr.  u.  a. 
Baden  unter  Karl  Friedrich].  Bespr. :  Diese  Zs.  NF.  XIII, 
180-81   (K.  Obser). 

c)  Baden. 

54.  Ehrhard,   L.     Charles   Schulmeister,    Generalkonmiissär  d. 

Kais.  Heere  unter  d.  ersten  Kaiserreich.  Strassburg, 
Druckerei  d.  »Elsässer«.  47  S.  [betr.  vielfach  Baden]. 
Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIV  (1899),   158  — 59  (K.  Obser). 

55.  Müller,  K.  Fr.    Zur  Geschichte  d.  badischen  Truppen  im 

russischen  Feldzug  1812.  Festschr.  z.  XXV.  Stift.- fest- 
feier  d.  Mil.ver    Karlsruhe.     1897.     119  S. 

56.  Fischer,   William.     D.   Hinrichtung  Karl   Ludwig  Sands. 

Diese  Zs.  NF.  XIII.  506-11. 

57.  Eine  Landtagserinnerung    [betr.  Beschluss   d.   Bahnbaus    v. 

Mannheim  n.  Basel   1838].     Breisg.  Zg.  73. 

58.  Hagenmeyer,    K.     D.  Revolutionsjahr    1848 — 49.     Schil- 

derungen auf  Grund  eigener  Anschauung  und  persönl. 
Erlebnisse.     Karlsruhe,  J.  J.  Reiff. 

59.  Hausrath,  A.     Baden  im  alten  und   neuen  Reich.  Z.   Er- 

inner, an  Julius  Jolly.  Deutsche  Rs.  24  Heft  9 — 12. 
Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIV  (1899),    161   (K.  0[bser]K 

60.  Die    Gefechtstage    der    badischen    Truppenteile    i.    Krieg 

1870—71.     Bad.  Mil  ver.bl.  XXV.  62;  70;  79;  90;    loi. 

61.  Engelhorn.     Gesch.    d.   2.  Bad.  Feldartilleriereg.  Nr.   30. 

Festschr.  Karlsruhe,  Knödel  u.  Fröscher.  1897.  29  S. 
(VI.  Beil.)  [darin  kurzer  Abriss  d.  Gesch.  d.  bad. 
Artillerie]. 

62.  Feill.   Gesch.  d.  Inf.reg.  Markgraf  Ludwig  Wilhelm  (3.  bad.) 

Nr.  1 1 1  m.  bes.  Berücks.  s.  Thätigk.  i.  Krieg  1870 — 71. 
3  (veränd.J  Aufl.  Berlin,  Mittler.  1897.  390  S.  m. 
2  Ktn. 

63.  Pralle  u.  Gessner.     Gesch.  d.  4.  bad.  Inf.reg.  Prinz  Wil- 

helm Nr.  112.  Berlin,  Mittler.  VIII,  272  S.  m.  6  Karten. 
Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII,  710  (K.  0[bser]). 

64.  Rauthe.     Gesch.  d.  bad.  Fussartillerieregiments  Nr.    14   u. 

s.  Stammtruppen.  Berlin,  Mittler.  106  S.  m.  5  Karten. 
Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII,  709 — 10  (K.  0[bser]). 


BadiKhe  GesduchuUttermtnr  des  Jahres  1898.  ^05 

IV.  Ortsgeschichte. 

65.  Krieger,    A.     Topographisches    Wörterbuch    d.    Grossh. 

Baden.  Hrsg.  v.  d.  Bad.  histor.  Komm.  V  u.  VI  [Schluss]- 
Abt  S.  641 — 940  (S.  Ulrich-Zytern),  nebst  Nachtrag  n. 
Vorwort.  Heidelberg,  Winter.  XV,  962  S.  Bespr.:  Allg. 
Zg.  »Nr.  246  (Dr.  -u-);  HJb.  XIX,  435  (K.  B[eyerle]); 
Freib.  KKb. 42,  492—93;  MbH.  Schwarzw.  ver.  I,  144  (P); 
Alemannia  XXVI.  278—88  (J.  Miedel). 

66.  Christ,    K.      Auffallende    Pfalzer    Orts-    und    Flurnamen. 

Pfalz.  Mus.  XV,  41 — 42;   102  —  103. 

67.  Katzenbuckel.   Derselbe.    Der  K.  bei  Eberbach.  Heidelberger 

Haus-  u.  Familienkalender  1898,  S.  8 — 9. 


68.  Albihal,     Schwarz,  Bened.     Führer  durch   d.  untere  Alb- 

thal   [m.    geschichtl.    Angaben].      Karlsruhe,    Schöber   i. 
Komm.  59  S.  m.  111. 

Amrigschvfandf  s.  Nr.  284. 

69.  Baden-Baden,      Entstehung    u.    Gründung    d.    weltl.    Orts- 

stiftungen d.  St.  B.-Baden.  Echo  v.  B.-Baden,  Nr.  141  u.43. 

70.  —  Die    ehem.    Stifts-   u.    nunmehrige    Pfarrkirche    in    B.-B. 

Eche  V.  B.-Baden  ^  Nr.  5 — 9. 

Baiöatk,  (Ober-  u.  Unter-),  s.  Nr.  292. 

71.  Beiertheim.    GoUesau,    Stork,  A.    Geschichte  d.    beiden  Ge- 

meinden.    Karlsruhe,   Bielefeld.    55  -f-  32  S.    m.  Abb.  u. 
8  Tfln. 

Bernau^  s.  Nr.  284.  Biesendorf,  s.  Nr.  288.  St,  Blasiert,  s.  Nr.  116,  284. 
Blasiwald,  s.  Nr.  284.  Bodmann,  s.  Nr.   14,  27. 

72.  Bräunungen,    Bericht  über  d.  fürchterliche  Gewitter,  so  am 

4.  Juni  anno   1795    die   Stadt  Br.   betroffen.     Donaubote 
Nr.  65. 
"ji^,  Breisach,     Langer,   O.     D.  Magistrat   zu    Br.     Schau-in's- 
Land  XXV,  92 — 100. 

—  8.  auch  Nr.   167,  173. 

73.  Bruchsal.     Mayer,   J.     Das    Kapuzinerklösterlein    zu    Br. 

Bruchsaler  Bote  Nr.    13 — ig. 

74.  —  Eine  Wirtschaftsconcession  vor    100  Jahren  [f.  d.  Gasth. 

z.  Engel  in  Br.].    Bruchs.  Bote  Nr.   131. 

—  s.  auch  Nr.   117,   168. 

ßüchenau,  s.  Nr.  285.  Bühl,  s.  Nr.  118.  Darstadt,  s.  Nr.  292.  Durlach, 
8.  Nr.  22.  Eberbach,  s,  Nr.  286.  Ebratsweiler,  s.  Nr.  2Q\.  Eppingen^ 
s.  Nr.   169. 

75.  Ettlingen.      Schwarz,     Bened.      (Geschichtliches     über    d. 

Strassen  d.  A.-B.  Ettlingen.    Mittelbad.  Courier  Nr.    130. 

76.  —  Derselbe.      Bürgerannahme     in     Ettlingen.      Mittelbad. 

Courier  Nr.   153. 

77.  —  Derselbe.   Ettlinger  Bürgermeister  i.  18.  Jahrh.  Mittelbad. 

Courier  Nr.   194. 


ß06  Winkelmann. 

78.  Ettlingen.    Derselbe.    Französische  Einquartiening  [1806]. 

Mittelbad.  Courier  Nr.  223. 

79.  —  Derselbe.     D.  Ettlinger  Pulvermühle.   Mittelbad.  Courier 

Nr.  229. 

80.  —  Derselbe.     Eine    Gemeinderechnung    vor    200   Jahren. 

Mittelbad.  Courier  Nr.  264. 

81.  —  Derselbe.     Aus    d.    Geschichte     d.    Ettlinger     Spitals. 

Mittelbad.  Courier  Nr.  281 

—  s.  auch  Nr.   119,  191 — 93. 
Forste  s.  Nr.  285. 

82.  Frauenalb,     Thoma,  A.    Gesch.  d.  Kl.  Frauenalb.  E.  Beitr. 

z,  Kulturgesch.  von  7  Jahrh.  Freiburg,  P.  Wätzel.  104  S. 
1  Abb.  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIV  (1899),  161—62 
([Kriege]r);  Bad.  Ld.-Zg.  (1899)  Nr.  7  (Fr.  Fath);  Karlsr. 
Zg.  Nr.  346.  B- 

83.  Freiburg,    B[eyerle].    D.  Gründung  u.  älteste  Verfassung 

d.  St.  Freiburg.    Freib.  Bote  Nr.  59,  II;  64,  IL 
84. — Martin  Malterer  v.  Freiburg  [Ritter,  f  1378  b.  Sempach]. 
Freib.  Bote  Nr.  36 — 39. 

84*.  —  Maurer,  H.    D.  Ratsbesetzung  zu  Fr.  i.  Br.  i.  15.  Jahrh. 
Schau-in's-Land  XXV,  50 — 54. 

85.  —  Braun,  Ant.    D.  Verhandlungen   zwischen  Maximilian  I. 

u.  d.  Reichsständen  auf  d.  Reichstag  zu  Freiburg  i.  B. 
1498.    Freib.  Diss.  Freiburg,  C.  A.Wagner.    115  S. 

86.  —  Wen  gen.  Fr.  von  der.    D.  Belagerung  v.  Freiburg  i.  Br. 

17 13.  Tagebuch  d.  österr.  Kommandanten  Feldmarschall- 
Lieutenant  Freih.  v.  Harrsch.  SVG  Freiburg  Breisgau  XIV, 
I — 434  m.  2  Tfln.  [Auch  sep.  i.  Komm.  b.  Eugen  Stoll. 
LXIV,  434  S.  m.  2  Tfln.] 

86*.  —  Wibel,   Fr.     Eine   hochverräterische    Medaille   Fr.'s    a. 
d.  J.   1814.     Schau-in's-Land  XXV,   loi — 3. 

—  s.  auch  Nr.   153,   170—73. 

87.  Gengenbach,    Simmler.    Das  »Velletürlin«  als  Grenzbezeich- 

nung   der    Gengenbacher    Klostergrafschaft.     Diese    Zs. 
NF.  XIII,   165-67. 
Gossmannsdorf,  s.  Nr.  292.  Grötzingen,  s.  Nr.  23.  Haag,  s.  Nr.  287. 
HattenweileTi  s.  Nr.  291.  Häusern,  s.  Nr.  284. 

88.  Heidelberg.    Sillib,    R.    Ein    englischer    Reisebericht    über 

Heidelberg  a.  d.  J.    161 7.  NAG  Heidelberg  III,   196 — 99. 

89.  —  MannheifH,  Ilinneschiedt,  D.  Montesquieu  in  Heidelberg 

u.  Mannheim  i.  Aug.  1729.    Diese  Zs.  NF.  XIII,  441 — 47. 
QO.  —  Brückenkopfschanzc  b.  Heidelberg.    Karlsr.  Zg.  Nr.   332. 

91.  —  Ausgrabungen  auf  d.  Molkenkur  b.  Heidelberg.   Karlsr.  Zg. 

Nr.  356. 

92.  —  Seh lueizingen.   Jung,  H.  R.  u.  Schröder,  W.    Die  Ge seh. 

d.  Schlossgärten  z.  Heidelberg  u.  Schwetzingen  (in  Samml. 
Rheinische  Gärten«),   Berlin,  G.    Schmidt.  74  S.  Bespr.: 


Badische  Geschichtslittentur  des  Jihres  1898.  307 

Diese  Zs.  NF.  XIV  (1899),  168  ([Kriege»;  Pfalz.  Mus. 
XVI  (1899),  31—32  (C.  M.);  LCB  1898,  2004. 

93.  Heidelbtrg,      Melzer,    H.     Zur    Gesch.    des    Heidelberger 

Schlosses,  [i.  Anschl.  an  Jung  u.  Schröder].  Gegenwart 
1898,  266—68. 

—  s.  auch  Nr.  36,   194.  —  Schioss  s.  Nr.   174 — 76. 
Heidflshdim,  s.  Nr.  285.  Htiligenhtrg,  s.  Nr.  291.  HelmÜngtn,  s.  Nr.  151* 

Uilsbach^  8.  Nr.  145.  Höchenschwand^  s.  Nr.  284.  Huttenheim, 
s.  Nr.  285.  Jbach,  s.  Nr.  284.  Immeiutaad,  s.  Nr.  120.  KarUdorf^ 
s.  Nr.  285. 

94.  Karlsruhe,    v.  Weech,  Fr.  Geschichte   d.  St.  Karlsruhe  u. 

ihrer  Ver^-altung.  Lief.  12  u.  13  [Schluss  d.  II.  Bd.] 
(vgl.  1897  Nr.  108)  Karlsruhe,  Macklot].  463  S.  m.  Karte. 
Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII,  533 — 34;  Karlsr.  Zg.  Nr.  103. 

95.  —  [Krieger].    Chronik  d.   Haupt-   u.   Residenzstadt  Karls- 

ruhe f.  d.  J.  1897.  Karlsruhe,  Macklot  129  S.  m.  9 
Bildern  [Pr.  Wilhelm  v.  Baden,  M.  Bemays  u.  a.]. 

96.  —  Gumprich,  £.    Ein  Stück  Alt-Karlsruhe.    D.  alte  Israelit» 

Friedhof  1723 — 1826.  Karlsruhe,  Druck  d.  Residenz- 
anzeigers.   2f  S. 

97.  —  Die  Freiwillige  Feuerwehr  in  Karlsruhe.   Ihre  Begründung 

u.  Entwicklung  1847 — 97.  Festschr.  Karlsruhe,  Thiergarten. 
1897.  36  S.  m,  2  Portr. 

—  s.  auch  Nr.   177. 

Kirrlach.  s.  Nr.  285.  Konigihronn  KL,  s.  Nr.   121. 

98.  Konstanz.    Beyerle,  K.    D.  Konstanzer  Ratslisten  d.  Mittel- 

alters. Hrsg.  V.  d.  Bad.  hist.  Komm.  Heidelberg.  Winter, 
VII,  252  S.  Bespr.:  HZ  (81)45,  565-66  (Th.  Ludwig); 
DLZ  XIX,  1273  (L.  Rietschel);  Zs.  Savignystiftung  XIX 
(1899),  189—90  (A.  Werminghoff);  Karlsr.  Zg.  Nr.  100 
(P.  A[lbert]);  Rev.  crit.  XL  VI,  38  (R). 

99.  —  Bündnisse  d.  Herzöge  v.  Österreich,  Ludwijjs  v.  Baiern  etc. 

mit  d.  Stadt  K.  (13 13  u.  13 14).    NA.  XXIII,  293—294; 

297;  300—301;  3«3— ■3i8- 
100.  —  Martens,  Wilh.    Eine  neu   entdeckte   Chronik  d.  Bist. 

Konstanz.    Diese  Zs.  NF.  XIII,  23 — 53. 
loi.  —  Egii»  P.    Ein  histor.  Volkslied  aus  d.  Zeit  d.  Konstanzer 

Sturms  (1548).  Anz.  f.  Schweiz.  Gesch.  NF.  XXIX  61  —  73. 
102. — Konstanzer  Erinnerungen  a.  d.  Freiheitsjahr   1848.    Bad. 

Landsmann  Nr.  70. 

103.  —  Arx.  K.  V.    D.  alle  Bischofstadt  K.   Deutscher  Hausschatz 

S.  882  f. 

—  s.  auch  Nr.    125,   128,   129,   131,   133,   161,  214. 

Kronau,  s.  Nr.  285. 

104.  Küisheim,    Kern,  R.    Die  Külsheimer  Fehde.    [Heidelberger 

Diss.].  Wertheim,  Druck  b.  Buchheim.  1897.  83  S. 
Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII,  703  (K.  0[bser]). 

Lahr,  s.   Nr.    134.    Langenbrücken,  s.   Nr.   285.    Lauda^   s.    Nr.   202. 
Lau/,  s.  Nr.   135.  Leiber  fingen^  s.  Nr.    289.  Lobenfeld,   s.  Nr.   lyo. 


3o8  WinkelmaDD. 

105.  Mägdeher g.    Der  M.   im  Hegau,    seine  Besitzer  n.  Inhaber. 

Freie  Stimme  Nr.  40  -  42. 

106.  Mannheim,    Walter,    Fr.    Geschichte    d.    Theaters    u.    d. 

Musik  am  Kurpfalz.  Hofe.  [Forschungen  z.  Gesch.  Mann- 
heims u.  d.  Pfalz  Bd.  I].  Leipzig,  Breitkopf  u.  Härtel. 
IX,  378  S.  m.  3  Tfln.  Bespr.:  Diese  Zs.  NF  XIII, 
541—42  (V.  Weech);  KBWZ.  XVII,  149—50;  LCB  1898, 
1762;  KBGesch.-Ver.  47,   16  (E.F). 

107.  — »Derselbe.    Aus  Mannheims  musikalischer  Vergangenheit 

[betr.   u.  a.    Hecke),  Wagner].     Neue  Zeitschr.    f.  Musik 
93,  241—43. 
—  8.  auch  Nr.  39,  42,  57,  89. 

Markdorf,  s.  Nr.  131.  Mennenschwand^  s.  Nr.  284.  Aftsstlhausen, 
s.  Nr.  292.  Messkirch,  s.  Nr,  289.  Michelbach,  s.  Nr.  287. 
Mingolsheim,  s.  Nr.  285.  Muckenschopf,  s.  Nr.  15 1.  Mülben,  s. 
Nr.  286.  Neckarburken,  s.  Nr.  19.  Neckargerach,  s.  Nr.  286.  287. 
Neckarwimmersbach^  s.  Nr.  286. 

108.  Neudingen,    D.  Gregorifest  zu  Neudingen.   Donaubote  Nr.  40. 
Neudorf y   s.  Nr.   285.    Neuenheim    (b.   Heidelberg)   s.   Nr.   24.    Neun- 

kircheny  s.  Nr.  286,  287.  Neuthard,  s.  N{^  285.  Nieder-Eggenen, 
s.  Nr.  162.  Nusplingen,  s.  Nr.  289.  Obergrombach,  s.  Nr.  285.  Ober^ 
hausen,  s.  Nr.  285. 

109.  Oberkirch.     Schaz,    Fr.     Stadt  Oberkirch  u.    d.    Burgen  d. 

vorderen  Renchthales.    Achern,  Eitler  und  Jundt.    57  S. 
m,  111.  [S.   13—36  Urkundl.  Beil.]. 
HO.  —  Neue    Amts-    u.   Gemeindeordnu.ig   f.   d.  Oberamt  O.  v. 
I.  Sept.    178g.    Offenburger  Zg.^  Nr.  7  u.  8. 

Oberöwisheim,  s.  Xr.  285.  Odenhtim,  s.  Nr.  149,  285.  Offenburg,  s. 
Nr.  136.  Osterburken,  s.  Nr  25.  Osthausen,  s.  Nr.  292.  Oestringen» 
s.  Nr.  285.  Pforzheim,  s.  Nr.  178.  Pfullendorf  s  Nr.  121,  291. 
Radolf stell,  s.  Nr.  143.  Reichenau,  s.  Nr.  137,  163.  Reilsheim^  s. 
Nr.  179.  Rheinhausen,  s.  Nr.  285.  Rheinsheim,  s.  Nr.  285.  Salem, 
Kl.  s.  Nr.  131.  Schapbach,  s.  Nr.  180.  Schlageten,  s.  Nr.  284. 
Schlaft  u.  Kr,,  s,  Nr.  288.  Schluchsee,  s.  Nr.  284  Schollbrunn^  s. 
Nr.    286,    287.     Schuttern,   s.    Nr.    138.     Schwanheim,  s.    Nr.    286. 

111.  Schwarzach,    Bresslau,  H.    Zur   Kritik   d.    Diploms   Hein- 

richs II.  über  d.  Schenkung  d.  Abtei  Schwarzach  an  d. 
Bist.  Strassburg.    Diese  Zs.  NF.  XIII,  54 — 66. 

Schwetzingen,  s.  Nr.  92,  189.  SegnitZj  s.  Nr.  292.  Simonswald,  s. 
Nr.    188.  Sinsheim,  s.  Nr.   145.  Sinzheimt  s.  Nr.   139 

112.  Stadclhofcn    (B.-A.    Oberkirch).    Altes    und    Neues    aus    St. 

[Auszüge  aus  d.  Gemeindeordnung  v.  1683].  Acher-  u. 
Bühler  Bote  Nr.    14,    15,  20,  23,   24,  27. 

113.  Siaufen.    Stark,  W.    D.  Besetzung  u.  Erstürmung  Staufens 

i.  J.  1848.  MbllSchwarzw.ver.  1,  97 — 108  (m.  III.). 
Stettc-n  a.  k.  M.,  s.  Nr.  280.  Stettfeld,  s.  Nr.  285.  Strumpfelbrunn, 
s.  Nr.  286.  Sulzbach,  s.  Nr.  290.  Thengen,  Dorf,  s,  Nr.  288. 
Tiejenhäust'rn,  s.  Nr.  284.  Todtmoos,  s.  Xr.  284.  Überlingen,  s. 
Xr.  164,  182.  UbstaJi,  s.  Nr.  285.  Unter grombach,  s.  Nr.  285. 
Urberg,  s.  Nr.  284.  Villingni,  s.  Nr.  140.  Weiher,  s.  Nr.  285. 
fVeinheim»  s.  Nr.  145.  IVertheim  (Burg),  s.  Nr.  183,  184.  Wiesen' 
thal,  s.  Nr.  285.    Wilfingen,  s.  Nr.  284. 


BadiBche  Getchichtslitteratur  des  Jahres  1898.  JO9 

114.  WindecK  Burg  Ali-,   Weide,   Ad.     D.    Ritter  v.   Windeck 

u.  ihre  Burgen.  Mon.bliSchwarzw.ver.  I,  26—40  (m.  III.) 
—  Kappel-  8.  Nr.  118. 

Witttnschwand,  s.  Nr.  284.      Wolpadingen^   s.  Nr.  284.     Zeuthem,  s. 
Nr.  285.  Zimmern,  s.  Nr.  288.  Zwingenbergt  s.  Nr.  286. 

V.  Kirchengeschichte. 

115.  Sauer,   Jos.     Z.   Geschichte    d.    Cluniacenser    in    Baden» 

Diese  Zs.  NF.  XIII,   167—68. 

1 1 6.  St,  Blasiert.    Schneider,  £ug.    D.  Lostrennung  d.  Klosters 

Ochsenhausen  von  St.  Blasien.    Diese  NF.  XIII,  79 — 83. 

117.  Bruchsal.     Beitrag    z.    Gesch.    d.    Landkapitels    Bruchsal. 

FreibKKbl.  42,  81 — 84;   137  —  38;    169 — 70. 

118.  Bühl.    Kappelivinäeck.    D.  Pfarreien   Bühl  u.  Kappelwindeck 

z.  Z.  d.  30jähr.  Krieges.  FreibKKb.  42,  165—69;  181 — 85; 
202 — 205. 

119.  Ettlingen.    D.  Jesuiten   i.  £ttl.   u.  Umgebung.    Bad.  Lands- 

mann.  Nr.   1 5 — 20. 

120.  Immenstaad,   O echsler,  H.   Die  Beneficien  d.  heil.  Jodocus, 

Michaelis  u.  Sebastianus  i.  Immenstaad  a.  Bodensee. 
Freiburg  Diöc.-Arch.  XXVI,   193 — 220. 

121.  Königsbronn.   P/ullendorf.   Löffler,  L.    Über  d.  Kl.  Königs- 

bronn, d.  Stadtpfarrei  u.  d.  beiden  Fraueuklöster  in 
Pfullendorf.   Freib.  Diöc.-Arch.  XXII,  303 — 15. 

122.  Konstanz,    Mayer,  J.    D.  heil.  Konrad,  Bisch,  v.  Konstanz 

(934 — 975).  Freiburg,  Herder.  IX,  87  S.  Bespr. :  Diese 
Zs.  NF.  XIII,  187-88  (A.  Carteliieii);  Analecta  Bollan- 
diania  XVII,  375;  LRsKalhDeutschland  24,  119 — 20 
(P.  Albert). 

123.  — Aldinger,  P.   Berthold  von  Falkenstein,  Abt  v.  St.  Gallen 

(1244 — 1272)  als  Bewerber  um  d.  Bistümer  Basel,  Chur 
und  Konstanz  u.  d.  Neubesetzung  derselben.  Diese  Zs. 
NF.  XIII,  149—184. 

124.  —  Cartellieri,   A.    Kegesten    z.    Gesch.     Graf  Rudolfs   v. 

Montfort,  spät.  Bisch,  v.  Konstanz.  [Erweiterter  Abdr. 
aus  d.  Konstanzer  Reg.].  Sep.-Abdr.  aus  d.  XXXVI. 
Jahresber.  d.  Vorarlberger  Mus.ver.  Bregenz,  Teutsch. 
16  S. 

125.  —  Thommen,  R.    E.  bischöfl.  Steuer  i.  d.  Diöc.  Konstanz. 

Abb.  in  »Festgaben  für  Büdinger«.  Sep.-.\bdr.  Innsbruck, 
Druck  b.  Wagner.  14  S.  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII, 
702  (K.  Br[unner]. 

126.  —  Blumenthal,  H.    Zur  Vorgesch.  d.   Konstanzer   Konzils 

bis  zur  Berufung.    Halle.    Diss.   1897.   131  S. 

127.  —  Albert.   Wo  wurde    Papst  Johann  XXllI.   nach    s.    Ab- 

setzung gefangen  gehalten?  [Burg  Eichelheim  b.  Mann- 
heim].   Innsbrucker  Zs.  f.  Theol.   1898,  402 — 4. 


3IO 


Winkelmann. 


128.  Konstanz.     Brunner,  K.  Wahlkapitulatiönen  d.  Bischöfe  v. 

Konstanz.  (1294  — 1496).    Diese  Zs.  Mitt.  20,   i — 48. 
C29.  —  Zell,  F.   Registra  subsidii  charitativi  i.  Bist.  Konstanz  am 

Ende  d.    15.  u.  zu  Anf.  d.   16.  Jahrh.   Freib.  Diöc-Arcb. 

XXVI,  1-134. 

130.  —  Ljubsa,  M.    Doctor   Thomas   de  filia,   d.   Erzieher   K. 

Maximilians  I.,   erster  Dompropst  v.  Wien  u.   Bischof  v. 

Konstanz.   Graz,  »Styria«.   1897.  XII,  62  S.  Bespr.:  Diese 

Zs.  NF.  XII  (1897),  370  (Cartellieri). 
131. — Markdorf,  Salem,    Ernst,  V.   D.  Biberacher  Spital  bis  z. 

Reformation.    Württ.  Viert.jh.hefte    f.    Landesgesch.    NF. 

VI  (1897),    I  — 112)    [enth.    Urk.reg.    betr.    gen.    Orte]. 

Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII,  544.  (K.  Br.[anner]). 

132.  —  Holl,     K.      Fürstbischof    Jakob     Fugger     v.     Konstanz 

(1604 — 26.  [Studien  aus  d.  Kollegium  Sapientiae  zu 
Freib.  i.  Br.  Bd.  I].  Freiburg,  Charitas verein.  295  S. 
Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIV  (1899),  156  (W.  Martens); 
Allg.  Zg.B  Nr.  263;  FreibKKb.  42,  806-7. 

133.  —  Holl.  D.  Konst.  Jesuiten  i.  Pestjahr  161 1.  Charitas  Heft  5. 
«34.  Lahr,    Bauer,  F.      Series   pastorum  Larensium.    Badischer 

Geschäftskalender   1898.  Ausg.  f.  Geistliche  S.  188 — 206. 

Lahr,  Schauenburg. 
135.  Lauf.    D.  Pfarrei  L.  Dekanats  Ottersweier  u.  deren  Pfarrer. 

Acher-  u.  Bühler-Bote ^  Nr.  6. 
^36.   Offenburg.    Dacheux,  L.    Eine  Steuerrolle  d.  Diöc.   Strass- 

burg   f.    d.   J.   1464.     Strassburg,    Strassb.    Druckerei    u. 

Verl.anstalt.     1897.    1^»    9^  5.    [betr.    auch    rechtsrhein. 

Teile  bes.  Offenburg].    Bespr.:  Freib.  Diöc.-Arch.  XXVI, 

329  —  30.   (K.  R[einfried]). 

137.  Reichenau.    Eubcl,  P.    Libri    obligationum    et    solutionum. 

Studien  u.  Mitt.  aus  d.  Cist.-  u.  Benedict.  Orden.  16 
(1895),  84 — 95  [betr.  Reichenau  z.  J.    1343]. 

138.  Schuttern.    May,  J.    Paul  Volz  v.  OfTenburg   u.  d.  Annalen 

V.  Schuttern.    Leipzig,  Fock.  53  S. 

139.  Sinzheim,     D.    St.    Martinskirche     zu     Sinzheim,    Dekanats 

Ottersweier.    FreibKKb.  42,  527 — 32;  538 — 42. 

140.  Villingen,    [Roder,  Chr.].    D.    sei.  Äbtissin    Ursula  Haider 

zu  St.  Clara  in  Villingen.  Z.  400jähr.  Gedächtnisfeier 
ihres  Todes.  Villingcn,  O.  Frick.  16  S.  Bespr.:  Diese 
Zs.  NF.  XIII,   702. 

141.  Grützmacher,    G.     D.    evang.    Landeskirche    i.     Grossh. 

Baden.  Überblick  über  ihre  Geschichte  u.  ihr  Wesen. 
Freib.  i.  Br.,  Waetzel.    20  S. 

142.  Sprenger,    Herrn.     D.     Bekenntnisstand     d.     evang.-prot. 

Kirche  i.  Baden.  Konsensusunion  oder  bibl.  Union  .^ 
(Bilder  aus  d.  evang.-prot.  Landeskirche  i.  Grossh. 
IBaden  IV).    Heidelberg,  Hörning.    36  S. 


Badliche  Geschichtslitteratiir  des  Jahres  1898.  ^I I 

-  1  ■ 

VI.  Rechts-  und  Wirtschaftsgeschichte. 

143.  Hegel,  H.  D.   Radolfzeller  Urkunde.   NA.  XXIII.  743 — 44. 

144.  Redlich,    O.     Nochmals   das  Oberrheinische    Formeibuch. 

Diese  Zs.  NF.  XIII,  689—94. 

145.  Schröder,  R.    Oberrheinische  Stadtrechte.    I.  Abt.    Frän- 

kische Rechte.  4.  Heft:  Miltenberg,  Obernburg,  Hirsch- 
horn, Neckarsteinach,  Weinheim,  Sinsheim  u.  Hilsbach. 
Bearb.  v.  R.  Schröder  u.  K.  K ohne.  Heidelberg,  Winter. 
S.  301 — 466.  Bespr.:  LCB.  1898,  1231. 
145*.  Koehne,  K.  Obersicht  über  d.  gedruckte  u.  handschr. 
Material  für  d.  Herausgabe  d.  badischen  u.  elsässischen 
Stadtrechte  II.  D.  mittlere  u.  südliche  Baden  [excl. 
Konstanz  u.  Überlingen].    Diese  Zs.  NF,  VIII,  664 — 88. 

146.  \Verminghoff,   A.     Zur  Rechtsgeschichte   d.  Einlagers  in 

Südwestdeutschland.     Diese  Zs.  NF.  XIII,  67 — 78. 


147.  Asal,    K.     D.    badische    Forstrecht.     Tauberbischofsheim, 

J.  Lang.     XII,  723  S. 

148.  Hausrath,   H.     Forstgeschichte  d.  rechtsrheinischen  Teile 

d.  ehem.  Bist.  Speier.  Berlin,  Springer.  VI,  202  S.  m. 
Karte.  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII,  532 — 33.  K.  0[bser]); 
Allg.  Zg.BNr.  270  (-nu-);  HZ.  (81)  45.  566  (D— r). 

149.  Derselbe.    Aus  d.  Gesch.  d.  Waldungen  im  ehem.  Reichs- 

ritterstift Odenheim.  Allg.  Forst-  u.  Jagdztg.  Juli-Heft. 
[Sep.abdr.   7  S.].     Frankfurt  a.  M.,  Sauerländer. 

150.  Borgins,  W.    Die  Fruchtmarktgesetzgebung  in  d.  Kurpfalz 


Tübingen,  Laupp.    64  S. 
Helmlingen,  Muckenschopf] 


i.   18.  Jahrh.  [Heidelb.  Diss.^ 

151.  Braunagel,  £.     Zwei  Dörfer 

d.  bad.  Rheinebene  unter  bes.  Berücksichtigung  i)irer 
Allmend Verhältnisse.  Staats-  u.  soziahvissensch.  Forsch, 
hrsg.  V.  G.  Schmoller.  Bd.  XVI,  Heft  i.  Leipzig,  Duncker 
u.  Humblot.  IX,  86  S.  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII, 
711  — 12  (K.  Obser).     HZ.  (82)  46,  379. 

152.  Christ,    K.     D.  Steuerwesen    von    Kurpfalz    i.    Mittelalter. 

NAGHeidelberg  III,  200—64. 

153.  Rickert,  Fr.    D.  Schreinergewerbe  i.  Freiburg  i.  Br.  [Freib. 

Diss.]     Leipzig,  Duncker  u.  Humblot.      i8g6.     53  S. 

154.  Thorbeck e,  A.    Eine  Verordnung  von  Karl  Philipp  gegen 

das  Bettler-,  Zigeuner-  u,  Räubergesindel.  NAGHeidel- 
berg III,   190—95. 


VII.  Kunst-  und  Baugeschichte. 

155.  Detzel.  D.  versteigerte  ehem.  grfl.  Douglas'sche  Samm- 
lung alter  Glasgemälde.  Rottenburger  Arch.  f.  christl. 
Kunst  Nr.  6—8  (m,  Lichtdruckb.)  —  Vgl.  1897  Nr.  193,  196. 


312  Winkelmann. 

156.  Zangemeister,  K.  u.  Thode,  H.    D*  Gemäldesammlong 

d.  Heidelberger  Schlosses  [Verzeichnis  v.  J.  1685].    Mitt. 
z.  Gesch.  d.  Heidelb.  Schlosses  3  (1896),  192 — 216. 

157.  Thode,  H.    Kunstgeschichtl.  Anm.  zum  Inventar  v.  J.  1685. 

Mitt.  z.  Gesch.  d.  Heidelb.  Schlosses  3  (1896),  217 — 45. 

158.  Baidung,    Hans.     Braun,    £dm.   W.     Eine   neue    Hexen- 

darstellung B.'s.     Zs.  f.  bild.  Kunst  NF.  IX,  22  f. 

159.  —  Klaus,  B.    Hans  Baidung  gen.  Grien  oder  Grün.    Württ. 

Vjh.  f.  Landesgesch.  NF.  V  (1897),  307  —  13;  331 — 32. 

160.  —  Stiassny,  R.     Baidung  Griens  Zeichnungen.     Zs.  f.  bild. 

Kunst  NF.    IX,   49—61.     Bespr.:    Diese  Zs.   NF.    XIV 
(1899),  167—68  (— h). 

161.  Konstanz,     Beyerle,   Konr.     Ober  d.   Ursprung  d.    Kon- 

stanzer Freskencyclus  aus   d.   14.  Jahrb.    Diese  Zs.    NF. 
XIII,  694—95. 
161*.  —  Zeppelin,  Graf.    Z.  Frage  d.  Ursprungs  d.  gr.  Heidelb. 
Liederhs.    Deutscher  Herold  XXIX,  133  fF.    Bespr.:  Diese 
Zs.  NF-.  XIV  (1899),  163-64  (K.  0[bser]). 

162.  Nieder- Eggenen    (B.A.    Müllheim).       Freskobilder     aus    d. 

15.  Jahrh.     Allg.  Zg.  ^  Nr.  256. 

163.  Reichenau.  Schmitt-Schenkh.  D.  Malerschule  der  Reiche- 

nau  i.    9.  u.  10.  Jahrh.     Augsb.  Postzg.®  Nr.  59  u.  60, 

164.  Überlingen,     Wandgemälde  i.    d.  Stadtkanzlei   zu  O.     Allg. 

Zg.BNr,  256. 


165.  Kunstdenkmäler    i.    Grossh.    Baden    und  Hessen.     Allg. 

Zg.  ^  Nr.  230. 

166.  Kunsthistorische  Funde  i.  Baden.    Allg.  Zg. ^  Nr.  256. 

166*.  Albert,  P.  D.  Ilinhornjagd  i.  d.  Litt.  u.  Kunst  d.  M.  a., 
vornehmlich  a.  Oberrhein.    Schau-in's-Land  XXV,  68 — 91. 

i66^  Hunziker,  J.  Das  Bauernhaus  d.  Grossh.  Badens  ver- 
glichen mit  demjenigen  der  Schweiz.  Archiv,  f.  schwei- 
zerische Volkskunde,  II,  88  —  105;   '93 — 215. 

ibt^.  Birndorf,  Baer,  C.  H.  Die  Kirche  zu  Bimdorf.  Eine 
baugeschichtl.  Studie.     Schau-in's-Land  XXV,  5 — 15. 

167.  Breisach  {Ali-).     Paulsdorff.     Vom  Chore   d.   Münsters  i. 

Alt-Breisach  a.  Rh.     CBlBauverw.  XVIII,   136  (m.  Abb.). 

168.  Bruchsal,     Renard,    £dm.     D.  Schlösser   zu  Würzburg  u. 

Bruchsal.  »Die  Baukunst«  Heft  7,  hrsg.  v.  R.  Bormann 
u.  R.  Graul.  Berlin,  Spemann.  20  S.  m.  Abb.  u.  8  Tfln. 
Eespr.:    Allg.    Zg.  ^  Nr.    226;    diese  Zs.   NF.   XIII,    541 

(K.  0[bser]). 

169.  Eppingen,     Fachwerkbau   v.    J.    1582.      Grossh.    bad.    Bau- 

gewerkschule Karlsruhe.  Aufnahme  v.  vaterländischen 
Baudenkmalcn.  Heft  VI.  W.  S.  1896 — 97.  Karlsruhe, 
lithogr.  Anstalt  v.  Schober. 


Baditche  Geschichtslitteratur  des  Jahres  1898.  ßi^ 

170.  Freiburg,     Freiburg,  d.  Stadt   und   ihre  Bauten.     Freiburg, 

Lorenz.  XII,  648  S.  mit  6  Tfln.  Bespr.:  Allg.  Zg.  ^ 
Nr.  289;  CblBauvenv.  XVIII,  421—23  (— z). 

171.  —  Korth,    L.     D.    alte   Freiburg.     Sep.abdr.    aus  Festschr. 

d.  Verbands   deutscher  Architekten  etc.     Freiburg    i.  Br. 
35  S.  m.  in.  [betr.  bes.  Profanbauten]. 
171*.  —  Baumgarten.     D.    sieben    freien  Künste   am    Portal    d. 
Münsters  zu  Fr.  i.  Br.  Schau-in's-Land  XXV,    16—49. 

172.  —  F.  S.  Mz.    Vom  Freiburger  Münster.    CblBauverw.  XVIII, 

388 — 90  (m.  Abb.). 

173.  —  Breisach.     Wagner,    H.     D.    frühgothischen    Teile    der 

Münster  in  Strassburg,  Freiburg  u.  Breisach  u.  ihre  Meister. 
CblBauverw.  XVIII,  413 — 15;  417—19  (m.  Abb.). 

174.  Heidelbergs  Schloss.     Huffschmid,    M.     Zur  Geschichte  d. 

Heidelberger  Schlosses.    NAGHeidelberg  III,   174 — 87. 

175.  —  Schaefer,    Karl.      Neue    Funde    auf    d.    Heidelberger 

Schloss.  I.  D.  Burg  d.  Kehlheimers.  II.  Aussenberaalung. 
CBlBauverw.  XVIII,  479—81. 

176.  —  Restaurationsarbeiten  am  Heidelberger  Schloss.  Allg,  Zg.  ^ 

Nr.  251;  Heidelb.  Zg.  Nr.  254. 

177.  {Karlsruhe.)    D.  neue  Amtsgebfiude  zu  Karlsruhe  [betr.  auch 

Gesch.  d.  Marktplatzes].    Bad.  Ld.-Zg.  Nr.   280  I.   28 1  I. 

178.  Pforzheim.     Schäfer,    K.      Grabdenkmäler   d.    Markgrafen 

V.  Baden  in  d.  Schlosskirche  zu  Pforzheim.  Mitt  aus  d. 
Gcrman.  Nat.mus.  S.  21  —  28.  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII, 
539—40.     (K.  0[bser]). 

17g.  Reilsheim.  Fachwerkbau  v.  J.  1592.  Grossh.  bad.  Bau- 
gewerkschule Karlsruhe.  Aufnahmen  v.  vaterländischen 
Baudenkmalen.  Heft  VI.  \V.  S.  1896 — 97.  Karlsruhe, 
lithogr.  Anstalt  v.  Schober. 

180.  [Schapbach.^  Hoffmann,  J.  J.    SchwarzwäldiT  Bauernhäuser 

[i.  Schapbach].  »Ober  Land  u.  Meer«  XVII,  458—64 
m.  111. 

181.  Tauberbischofsheim.      D.    Kunstdenkmäler     d.     Grossh. 

Baden.  Bd.  IV.  Kreis  Mosbach.  Abt.  II.  Die  Kunst- 
denkmäler d.  A.-B.  Tauberbischofsheim.  Bearb.  v. 
A.  V.  Oechclhäuser.  Freib.  i.  Br.,  Mohr.  251  S. 
76  Bilder,  20  Tfln.  u.  i  Karte.  Bespr.:  Südw.  Schulbll. 
XV,  264—65;  Allg.  Zg.  B  Nr.  230  (Dr.  A.— );  diese  Zs. 
NF.  XIII,  538—39  (v.  Wecch). 

182.  Überlingen,    Die  ehcmali«::e  Stadtkanzlei  zu  Überlingen  1599. 

Grossh.  bad.  Baugewerkschule  zu  Karlsruhe.  Aufnahmen 
V.  vaterländischen  Baudenkmalen.  Heft  VII.  WS.  1897 
— 98.     Karlsruhe,  lithogr.  Anstalt  v.  Schober. 

183.  \\VertheimI\     Piper,    C).     D.  Behandlung   d.  Burgen   in    d. 

amtl.  Kunst-  u.  Alt.inventarien  [Polemik  gegen  v.  Oechel- 
häusers  Kunstdenkm.  (s.  o.)].     Allg.  Zg.  ^  ( 1 899)   Nr.  9. 

Zeitschr.  f.  Gesch.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  a.  2  I 


^jA  Winkelmann. 

184.  [Wertheim.]     Derselbe.      Nochmals   der    Streit    um    Burg 
Wertheim.     KBGesch.-Ver.  45,  99. 


184*.  Gutmann,    K.  F.     D.  Fayencefabrik  Durlach.     Karlsruhe, 
Müller,  Chr.  Fr.  [1897]  VI,  21  S. 


Musikgeschichte,  s.  Nr.  106,  107  u.  254. 


VIII.  Kulturgeschichte. 

185.  Glock,  J.  Ph.     Lieder    u.   Sprüche   aus    dem   Elsenzthale. 

Aus  d.  Munde    des  Volks    gesammelt.     Alemannia  XXV, 
193—255. 
185*.  Hagelstange,  A.   Süddeutsches  Bauernleben  {.Mittelalter. 
Leipz.,  Duncker  u.  Humblot.  268.  S.     Bespr. :  Diese  Zs. 
NF.  XIII,  275—76  (E.  H.  Meyer). 

1 86.  H  a  n  s j  a  k  o  b ,  H.    Erinnerungen  einer  alten  Schwarzwälderin. 

Stuttgart,    A.    Benz.       292    S.    mit    111.      Bespr.:     MbH. 
Schwarzw.ver,  I,   159  (P). 

187.  Heilig,  O.     Eine  Auswahl  altdeutscher  Segen  aus  Heidel- 

berger Hss.     Alemannia  XXV,  262—68;   XXVI,   70 — 72. 

188.  Derselbe.    Sagen  aus  d.  Simonswälderthal.    MbllSchwarzw.- 

ver.  I,  39 — 44;  desgl.  Zs.  Volkskunde  8,  227  ff. 

189.  Obser,    K.     Eine    Bärenjagd    [K.  Philipps    v.    d.  Pfalz]  i. 

Schwetzinger  Walde.     NAGHeidelberg  HI,   188—89. 

190.  Pf  äff,  K.    Märchen  aus  Lobenfeld.    Alemannia  26,  79 — 95 

[s.   1897  N^-  218]. 

191.  Schwarz,     Bened.       Frohndpost    [Ettlingen].      Mittelbad. 

Courier  Nr.   183. 

192.  Derselbe.  Der  Einsiedler  auf  d.  Kreuzelberge  [b.  Ettlingen]. 

Mittelbad.  Courier  Nr.    188. 

193.  Derselbe.     D.  Buch    mit   d.  goldenen  Schnitt  [Ettlingen]. 

Mittelbad.  Courier  Nr.  277.   278. 

194.  T hör b ecke,  A.     Mitteilungen   aus  Heidelberger  Kirchen- 

büchern [Fortsetzung,  vgl.   1896,  Nr.   150].    NAGHeidel- 
berg III,  151—73. 

195.  W.   u.    Fl.     Badisches    Sagenbuch    Bd.    I.    (Bodensee, 

oberes  Rheinthal,    Waldstädte).     Freiburg  i.  Br.,    Waibel. 
XXI,  336  S.     Bespr.:    FreibKKb.  42,    718 — 21   ( — a — ). 

196.  — e.     Zur  badischen  Sagenkunde  FreibKKb.  42,  332 — 34. 


IX.  Familien-,  Wappen-  und  Münzkunde. 

IQ7.  Kindler   v.   Knobloch,  J.     Oberbadisches    Geschlechter- 
buch.     Vn.     [Schluss-]    Lief.    d.    I.  Bd.   A  — Ha.      973 


Badische  Geschichtslitteratur  des  Jahres  1898.  ßie 

Wappen.  Heidelberg,  Winter.  VI,  564  S.  (m.  Wappenabb.) 
Bcspr.:  LCB.  1898,  928  (R.  S.);  HJb.  XIX,  487  (K. 
B[eyerle]). 

198.  v.Dalberg.    Fund   zweier  Büsten  b.  Deidesheim,  darstellend 

Frh.  V.  Dalberg  u.  Gemahlin  [?].    KBGesch.-Ver.  46,  151. 

199.  z\  Fürstenberg,     Gmelin,  Hugo,     D.  Kriegszug  d.  Grafen 

Franz  Egon  v.  Fürstenberg  gegen  Württemberg  i.  J.  1631, 
d.  sog.  Kirschenkrieg.  Württ.  Vj.hefte  f.  Landeskunde  VII, 
104  —  24. 

200.  —  Tumbült,   G.     Z.  Gesch.  d.  Herren  von  Morrian  [betr. 

Graf  Vratislaus  v.  Fürstenberg].  ZGesch.  u.  Alt, Westfalen 
56,  109—12. 

201.  —  [Warukönig].  Beiträge  z.  Fürstenberg,  Landesgeschichte. 

»Donaubote«  Nov.  ff. 
202. — V.  Seckach,     Schön,   Theod.     Die  Familie  von  Seckach. 
Deutscher  Herold  XXIX,  164. 

203.  Klemm,    Klemms  Archiv.    Mitt.  aus  d.  Familiengeschichte, 

hrsg.  V.  d.  Verband  Klemmscher  Familien  [betr.  auch 
Baden,  z.  B.  S,  34 — 42].     Nr.    i — 3.     Pforzheim. 

204.  Odenwald.      Odenwald,    K.      Aus    einer    Familienchronik 

[betr.  d.  in  Baden  weitverbreitete  Familie  O.].    Karlsruhe, 
Aktiendruckerei.      161   S 

205.  \S^eiL    Löwenstein,  L.    Nathanael  Weil,  Oberlandrabbiner 

i.  Karlsruhe  u.  s.  Familie  [=  Beitr.  z,  Gesch.  d.  Juden 
i.  Deutschland  Bd.  H.].    Frankfurt,  Kauffmann.    87  S, 

206.  v.  Neuenstein,  Karl  Freih.  von.  Wappenkunde.  Herald. 

Mon.schrift  z.  Veröffentl.  von  nicht  edierten  Wappen- 
werken. 6.  Jahrg.  12  Hefte.  Karlsruhe,  Nemnich,  [Heft 
I — 6  Wappenabb.  zahlr.  bad.  Adelsfamilien]. 

207.  Hahn,    Geo.     Wappen   a.   d.   Cberlingergeschlechterbuch. 

Wappenkunde  1  (1896)  Heft   10 — 12. 

208.  Mone.     D.  Wappenscheiben    einiger    Siiftsherren  zu  Oden- 

heim  i.  Kraichgau.     Pfalz.  Mus.  XV,   10  u.   11. 
20Q.  V.  Neuenstein,  K.  Frh.   von.     Wappen  aus  d.  Liber  Ori- 
ginum  St.  Blasianum.     Wappenkunde  II  (1897),   Heft   i. 

210.  Derselbe.    Turnierbuch  d.  freiherrl.  Familie  v.  Gemmingen 

[Kopie].     Wappenkunde  III,  Heft   12. 

211.  Derselbe.     Wappen  aus   d.  Konstanzer  Gcschlechterstube 

»zur  Katze«.     Wappenkunde  I  (1896),  Heft  8  u.  9. 

212.  Derselbe.     Wappen  v.  Patriziern  d.  Stadt  Villingen    u.  d. 

Landadels  d.  Baar.    Wappenkunde  I  (1896),  Heft   12. 

213.  Heuser,    E.     D.  [Münz-]  Fund    b.  Nussloch.     Pfalz.  Mus. 

XV,  71—78;   173. 

214.  v.    Höfken,    K.      Zur    Brakteatcnkundc    SüdileutscliLinds. 

XIII.  D.  Wolfegger  Rraklcatenfund  [In^tr.  d.  Münzstätte 
z.  K.,  bes.  S.   191 — 93].     XIV.    D.  Slettener  Braktcaton- 

21* 


3i6 


Winkelmann. 


fand  [Konstanz  s.  S.  229].  XV.  Nachtrag  z.  Fnnde  bei 
Rom  [Konstanz  s.  S.  238].  Archiv  f.  Brakt.kunde  III» 
185—240. 
215.  Derselbe.  Nachtrag  z.  Funde  von  Weinheim  (s.  1896 
Nr.  276;  1897  ^^'  238).  Archiv  f.  Brakteatenkunde  III, 
239—40. 


X.  Biographie. 

a)    Biographie. 

2 ib.  V,  Auffcnherg,    Schlang,  W.    Ein  Vergessener  [Jos.  Freih. 
v.  Auffenberg,  dramat.  Dichter].    Breisg.  Zg.  Nr.    196. 

217.  Bey schlag,    Willibald.     Aus    meinem    Leben.     II.    Teil. 

Halle  [darin  i.  Im  Karlsruher  Hofpredigeramte  S.  i — 56; 
2.  Im  badischen  Kirchenstreite  S.  57 —  118].  [Vgl.  dagegen 
Hausrath,  Ad.  Protest.  Mon.hefte  NF.  2,  Heft  11]. 
Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIV  (1899),   165—66  ([Kriege]r). 

218.  Blum,  R,    Toepke,    Gust.     Reinhold    Blum.    [Reformator 

d.  Heidelberger  Universität]  (nebst  Nachschrift  v.  K. 
Obser).     Diese  Zs.  NF.  XIII,  606—22. 

219.  Buchner,     Albert,    P.      Konrad     Buchner,    e.    Freiburger 

Münsterorganist  d.  16.  Jahrh.  Freib.  DiÖc.-Arch.  XXVI, 
286 — 96. 

220.  DroUinger.    Schwarz,    Bened.    Karl    Friedrich    Drollinger 

[bad.  Hofrat,  Archivar  u.  Dichter  16,  88 — 17 18].  Bad. 
Schulzg.  Nr.  48,  49. 

221.  Engelbrccht.     Neff,    J.     Philipp    Engelbrecht    (Engentinus) 

II.  Teil  [s.  1897  Nr.  240].  Progr.  d.  Progymn.  zu  Donau- 
eschingen f.  d.  J.   1897 — 98.    20  S. 

222.  Frommel,  E.  Blanckmeister,  Frz.  Emil  Frommel  (f  1897). 

Sein  Leben  u.  s.  Schriften.  Dresden,  F.  Sturm.  16  S. 
m.  Bilder.  (Vgl.  1897  Nr.  275).  —  Litt.  s.  Biograph. 
Bibliogr.  i.  Biograph.  Jahrb.  11,   13 — 14. 

223.  Gerber iy  Mari,    König,    J.    Martin    Gerberts    Abstammung. 

Freib.  Diöc.-Arch.  XXVI,  297 — 302. 

224.  Gündersrode,  Card.  v.  Wyzewa,  Fjodor  de.    Caroline  de 

Gündersrode  et  son  avenlure  d'amour  avec  Fr^deric 
Creutzer.  Ecrivains  etrangers.  II.  Serie.  Paris,  Perrin. 
S.   27—46. 

225.  Hebel,  Lassberg,    Justinus   Kerners  Briefwechsel   mit   seinen 

Freunden  (hrsg.  v.  Th.  Kern  er  u.  E.  Müller)  Stuttgart, 
Deutscher  Verlag.  2  Bde.  [i.  Bd.  I  Briefe  an  Htbtl^ 
i.  Bd.  11  solche  an  Lassberg\  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII, 
191 — 92  (K.  0[bser]). 

226.  Hoffmamiy   v.  Fallersleben,     Schlang,    W.     H.    v.    F.    u.    s. 

Aufenthalt  in  Karlsruhe.    Breisg.  Zg^  Nr.   14. 


Badische  Geschiclitslitteratur  des  Jahres  1898.  31  y 

227.  Javor,  Nik,  de.    Franz,  A.     D.    Magister   Nikolaus    Magni 

de  Javor.  E.  Beitr.  z.  Litt.-  u.  Gelehrtengesch.  d.  14. 
u.  15.  Jahrh.  [1402 — 35  in  Heidelberg],  Freib.  i.  Br., 
Herder.   XH,  269  S.  —  Bespr.:   LCB.    1898,   1745—46. 

228.  /?//j'.    Kaufmann.  G.    Staatsminister  JoHy.  HZ.  NF.  XLIV, 

468—74. 

229.  — Blum,  Hans.   Vorkämpfer  d.  deutschen  Einheit.  Lebens- 

u.  Charakterbilder.    [S.  261  —  84:  J.   Jollv].  Bespr.:  Diese 
Zs.  XIV  (1899),   161  (K.  0[bser]). 
—  s.  auch  Nr.  54. 

230.  Kürenher ger.     Brunner,    K.      Die     Kürenbergerforschung, 

Alemannia  26,    i — 38. 

231.  Lange.     Härder,    W.     Rudolf    Lange    [Hofschauspieler  i. 

Karlsruhe].  Ein  Lebensbild.  »Die  redenden  Künste«  IV, 
41 1  — 13  m.  Abb. 

232.  Manlius.     Jakob    Meunel    (Manlius),    Hofliistoriograph    K. 

Maximilians  L,  Stadtschreiber  v.  Freiburg.  Freib.  Bote 
Nr.  28. 

233.  Mansharier,     Theoh,      Reinfried.      Theobald     Mansharter, 

Weihbisch,  v.  Speier  [geb.  zu  Achern].  FreibKKbl.  42, 
640 — 41. 

234.  Math)',  Karl.     Mathy,   Ludw.     Aus    dem    Nachlasse    von 

Karl  Mathv.  Briefe  a.  d.  J.  1846  —  48  m.  Erläut.  Leipzig, 
Hirzel.  VlI,  523  S.  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIV  (1899), 
159-60  (v.  \V[eech]);  DLZ  XX  (1899),  226—28 
(K.  Obser);  Bad.  Ld.-Zg.  (1899)  Nr.   24.  1. 

235.  Mdanchihon,    Heidenheim  er,  Heinr.     Urkundliches  über 

Melanchthons  Eltern.    Diese  Zs.  NF.  XIII,    168  —  69. 

236.  —  Litt.    s.    Biograph.    Litt.   i.    Biograph.    Jahrb.    II,   28 — 30. 

(Vgl.   1897  Nr.  250  -55). 

237.  Moscherosch.    Obser,  K.    Z.  Lebensgesch.  Joh.  Mich.   M.'s. 

Euphorion  V,  471  —  75. 

238.  A'ad/er,    Christ,  K.     Zum    50jähr.    Gedenken    an    Nadler. 

Pfalz.  Mus.  XV,   7 — IG. 

239.  —  Der  Hinkeldeys-Zug.     Ein    ungedrucktes    Lied  v.  Nadler. 

Heidelberger  Haus-  u.  Familienkalender   1898,  S.   7. 

240.  Xorber.    Meister,  Fr.    Zur   Consecration   u.  Inthronisation 

d.  Erzbisch.  Thomas  Nörber  v.  Freiburg.  Karlsruhe, 
Badenia.    4  S.  m.  .\bb. 

241.  Xürbtr^  Thomas,  Erzbisch,  v.    Freiburg,    Illustr.  Zi;.    S.  357 

(Faber).  —  Deutscher  Ilausschatz  S.  9S3.  —  Sternen  u. 
Blumen  (Beil.  z.  Bad.  Beob.)  Nr.   39.  —  Biogr. 

242.  Ohtim^  Güiius,    Albert,    1*.     Zur     Lebens-     u.     Familien- 

geschichte d.  Gallus  Oheim  [Reichenauer  Gesch. Schreiber 
d.   15.  Jahrh.].    .\leniannia  XXV,   J58  — 62. 

243.  Oppenheimer ^  Joseph  Süss,    Finanzminister   [.irt'b.    zu  Heidel- 

berg  1692].    Augsb.  Postzg.  Nr.  48  u.  40. 


il8  Winkelmann. 

244.  Piciorius.    Kürz,  E.  G.    Georgius  Pictorius  von  Villingen, 

ein  Arzt  d.  16.  Jahrh.  u.  s.  Wissensch.  Freib.  i.  Br., 
Mohr.    1895.   97-  S. 

245.  Roihe,    Honig,  W.     Richard  Rothe.    Berlin,    Schwetschke. 

227  S.  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIV  (1899),  165  (K. 
0[bser]). 

246.  Roitmann.     Zottmann,    A.      Kunst-    u.    Künstlerjubiläen. 

Nr.  9:  D.  Fürst  d.  neueren  Landschaftsmaler  [=  Karl 
Th.  Rottmann,  geb.  i.  Handschuhsheim].  Augsb.  Postzg.  ^ 
Nr.  60. 

247.  Scheffel,    Nicht  rasten  u.  nicht  rosten.    Jb.  d.  Scheffelbundes 

f.    1897.     Leipz.  G.  H.  Meyer.    212  S. 
247a.  —  Cantalupi,  A.  Victor  von  Scheffel.  La  domenica  italiana 
(Roma)   1897,  325—27. 

248.  —  Frey,  A.  Briefe  J.  V.  v.  Scheffels  an  Schweizer  Freunde. 

Zürich,  Schulthess.  1898.  Bespr.:  Diese  Zs.  Xlll,  192 
(K.  0[bser]);  Südw.  Schulbbl.  XV,  28  (L.  Zürn);  Allg. 
Zg.  ^  Nr.  9.     Euphorion  V,  226 — 27. 

249.  —  Fuchs,  L    M.   Jos.  Victor   v.   Scheffel    [i.  Sackingen  u. 

Olevano].    Heidelb.  Zg.  ^  Nr.  84,  87,  88. 

250.  —  Scheffels  Leben  u.  Dichten  während  d.  bad.  Revolution. 

Heidelb.  Zg.  ^  Nr.  67—71. 
Schulmeister,   Charles,  s.  Nr.  54, 

251.  Sylvantis,    /oh,      Paulus,    N.     Johannes     Sylvanus    u.    s. 

tragisches  Ende.  Hist.-pol.  Bll.  Bd.   121,  250 — 66. 

252.  Thoma,  Hans,    Schmidt,  H.  E.    Hans  Thoma  [Maler,  geb. 

aus  Bernau].    Rundschau  (Beil.  z.  Deutschen  Zg.)  Nr.  200. 
252*.  Tossanus,     Cuno,  Fr.    W,     Daniel   Tossanus  d.  alt.   (1541 
— 1610).    2  Bd.     x\msterdam,  Scheffer.  3414-275   S. 

253.  Tucher.    Reinfried,  K.    D.  bisch,  strassb.  Generalvikar  u. 

OfficialDr.  W.  Tucher  [geb.  zu  Bühl]  u.  s.  Zeit.  (1542  —  68). 
Freib.  Diöc.-Arch.  XXVI,  221 — 39,  Bespr.:  Strassb. 
Diöc.-bl.   1898,   177 — 80  (A.  Kröner). 

254.  Wagner,    Richard.      Chambrun,    Co  rate    de.     Wagner    h, 

Carlsruhe.    L'artiste  du  si^cle.    Paris,  Calman-Levy. 

255.  Zasius,    Hürbin.    Ulrich  Zasius  als  Stadtschreiber  zu  Baden 

i.  Aargau.    Kath.  Schweizerbll.  470 — 82. 

256.  —  Werminghoff,   A.     Zur    Lebensgeschichte    des    Ulrich 

Zasius.    Diese  Zs.  NF.  XIII,  695 — 99. 

b)  Nekrologe*). 

257.  Bassermann,  A.  Weech,  Fr.  v.  Anton  Bassermann  (f  1897). 

Deutscher  Nekrolog  II,   280. 
2^'j\  Btrherl,  Emil,  Geh.  Oberregierungsrat  u.  Landeskommissär 
in  Karlsruhe.     Karlsr.  Zg.  Nr.  339. 


')  Todesjahr  ist  das  Berichtsjahr,  wenn  nicht  anders  angegeben. 


Badische  Geschichtslitteratur  des  Jahres  1898.  ßig 

258.  Bernays,    Petzet,  £.  Michael  Bemays.  (f  1B97)  Deutscher 

Nekrolog  II,  338—55. 

259.  Brink.    Weech,  Fr.  v.    Karl   ten    Brink,  Grossindustrieller. 

(t   1897).  Deutscher  Nekrolog  II,   181. 

260.  Büjiger.    Frühe.    Dr.  Georg   Bünger,    Professor   a.    Gymn. 

zu  B.-Baden.     Südw.  Schulbll.  XV,  294 — 97.    Nekrol. 

260a.  Zjwr,  Herrn, ^  Baudirektor  in  Karlsruhe.  Karlsr.  Zg.  Nr.  136. 

261.  Greuie,  Jos.    Keim.    Joseph    Greule    (Prof.    i.    Karlsruhe). 

Südw.  Schulbll.  XV,  41.  Nekr. 

261a.  Heer,  Adolf,  Professor  u.  Bildhauer  in  Karlsruhe.  Karlsr. 
Zg.  Nr.  88/89.  —  Bad.  Ld.-Zg.  Nr.  75,  I.  —  Bad.  Presse 
Nr.  77. 

262.  Hergt,  Karl,   Geh.rat.,    weil.   Direktor   zu    Illenau  (f   1889) 

Acher-  u.  Bühler  Bote  Nr.  39 — 47. 

263.  Holsien,    Hausrath,  A.    Karl  Holsten.  (f  1897).  Deutscher 

Nekrolog  II,  4 — 10. 

264.  —  Mehlhorn,  P.    Zum  Gedächtnis  Karl  Holstens  (f  1897). 

»Der  Protestant«  I,  215—18;  231—33;  248 — 51.  (Vgl. 
1897  Nr.  277). 

205.  Jolly^  Julius,  Chefredakteur  d.  Münch.  Allg.  Zg.  Nachruf. 
Allg.  Zg.  ^  Nr.  41.  (Vgl.  Karlsr.  Zg.  Nr.  54);  Hamb. 
Nachr.  Nr.  51. 

itt^,  Krafft'Grciher,  Ernst  Friedrich,  Geh.  Kommerzienrath  u. 
Fabrikant  in  St.  Blasien.     Karlsr.  Zg.  Nr.   191. 

2 66.  Komp,  Georg  Ignaz,  Erzbisch,  v.  Freiburg.    Deutscher  Haus- 

schatz S.  536.  —  Alte  u.  neue  Welt  S.  693.  —  Akad. 
Bonifacius-Correspondenz  Nr.  30,  (A.  Hild).  —  Nekr. 

267.  —  Zum  Andenken  an  G.  Ignaz  Komp,  Erzbisch,  v.  Freiburg. 

Karlsruhe,  Badcnia.  48  S.  m.  111. 

268.  Längin^  George  Pfarrer  d.  Weststadt  in  Karlsruhe,  (f  1897). 

Bad.  Ld.-Zg.  Nr.  214,  218;  Breisg.  Zg.  Nr.  216,  217; 
Ev.prot.Kbl.  S.  164 — 65  (Kneucker);  D.Kirche  20,302; 
Prot.  Flugbll.  32  Nr.  10  (W.  Brückner);  Prot. Mon. hefte. 
NF,  I,  419  —  20  (Websky);  D.  Protestant  Nr.  42,  728—30 
(ders.);  Deutsches  Prot.bl.  30,  314  — 16  (Brückner); 
Hebels  Rheinl  Hausfreund  1899,  70 — 75  (H.  Albrechl); 
—  s.  auch  Chronik  d.  Stadt  Karlsruhe  f.  1897  m.  Bild.  — 
Nekrol.  —  Vgl.  Pfillzcr  Presse"  (1897),  121 — 24  (Biogr. 
V.  E.  Conrad). 

268*.  Lindau,  Jakob,  Kaufmann  in  Heidelberg,  ehemal  Landtags- 
abgeordnoter.  Sterne  u.  Blumen  (Beil.  z.  Bad.  Beobachter) 
Nr.  38. 

:6o.  :■.  Regenatur,  Weerh,  Fr.  v.  Eugen  v.  Regenauer,  (f  1S97). 

Deutscher  Nekrolog  II,    181 — S3. 
J70.  Rhoile,  E.    Scholl,  Fr.    Erwin  Kolide.    [Prof,  d.  Pliilolo.i^ie 

in  Heidelberg].    Gedächtnisrede.    Allg.  Zg.  ^^  Nr.   24. 


^20  Winkelmann. 

270».  Schmidcry  Konrad,  Historienmaler  in  Karlsruhe.    FreibKKbl. 

Nr.  30. 

271.  Turban,     Staatsminister  Dr.  Ludwig  Turban.      Karlsr.    Zg. 

Beil.  zu  Nr.  352.   [v.  Weech]. 

272.  Vischer,  Aug.    Hofma  er  Prof.  Vischer.    Nekr.  Bad.  Ld.-Zg. 

Nr.   14.  I. 

273.  Wallt,  Anlon,   Geh.  Rat  in  Karlsruhe.     Karlsr.  Zg.  Nr.   13. 

274.  Wiener,  Chr,   Wiener,  Herm.    Christian  Wiener,  (t  1896). 

AIlgDBiogr.  42,  399—400.    (Vgl.    1896,  352;  353;    1897 
Nr.  286»J. 


XI.  Bibliotheken.  Archive.  Sammlungen.  Unterrichts wesen. 

275.  Grossh.  Hof-  u.  Landesbibliothek  in  Karlsruhe.  XXV. 

Zugangsverzeichnis  (1897).  S.  2263 — 2318.  Heidelberg, 
Th.  Groos. 

276.  [Breunig,    H.]      Katalog    d.    Lehrerbibliothek    d.    Grossh. 

Gymn.  zu  Rastatt.  Rastatt,  Druck  b.  Greiser.  II,  372  S. 
(m.  Vorw.), 

277.  Kunzer,    O.      Katalog    der    Leopold-Sophienbibliothek    d. 

ehem.  freien  Reichsstadt  Überlingen.  Überlingen,  A.  Feyel. 
XXXII,  536  S.  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XllI,  515 
(K.  0[bser]);  CblBibl.wes.  XV,  375—76  (Asmus);  KB  WZ. 
XVII,   132 — 33  (dcrs.);  Alemannia  XXVI,  95  — 96  (ders.). 

278.  D.  Leopold-Sophienbibliothek  in  Überlingen  [nach  O. 

Kunzers  Katalog],     Strassb.  Post  Nr.  529. 

279.  Badische    Bibliothek.     System.    Zusammenstellung    selb- 

ständiger Druckschriften  über  die  Markgrafschaften,  d.  Kur- 
fürstentum u.  Grossh.'  Baden.  Bd.  I.  Staats-  u.  Rechts- 
kunde [nebst  Kinleitung].  Karlsruhe,  A.  Bielefeld.  1S97. 
XII,  211   S. 

280.  Proctor,  R.     An  index  to  the  early   printed  books  in  the 

British  Museum.  London.  Teil  I  u.  II  (Germany  and 
Italy)  [betr.  u.  a.  Incunabeldrucke  aus  Heidelberg  u. 
Freiburg].  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII,  536 — 37  ( — h); 
CBl.Bibl.wesen  XV,  367 — 77  (Asmusj. 

281.  Biber feld,    Ed.      D.    hebräischen    Druckereien   zu    Karls- 

ruhe u.  ihre  Drucke.  Karlsruhe,  A.  Bielefeld.  40  S. 
Bespr.:  Diesä  Zs.  NF.  XIV  (1899),    ^^7  (^-  0[bser]). 

282.  Karl  Kmich,  Graf  zu  Leiningen- We  sterburg.    Pfölzer 

Bibliothekzeichen.    Pfalz.  Mus.  XV,   145  —  54  m.  9  Abb. 


283.  Krebs,    Rieh.      Archivgeschichte    d.    Hauses    Leiningen. 
Mitt.  d.  bist.  Ver.  d.  Pfalz.  Bd.  XXII,   1—46. 


Badische  Geschichtslitteratur  des  Jahres  1898.  i2I 

284.  5/.  Blasten,     Birkenmeyer,    Ad.     Archivalien   aus    Orten 

d.  A.-B.  St.  Blasien.     Diese  Zs.  Mitt.  20,  88 — 102. 

285.  Bruchsal.    Eh rensb erger.    ArchivaHen  aus  Orten  d.  A.-B. 

Bruchsal.     Diese  Zs.  Mitt.  20,   103  —  20. 

286.  Eberbach.     Weiss,    G.  J.     Archivalien   aus   Orten    d.  A.-B. 

Eberbach.     Diese  Zs.  Mitt.  20,   151 — 54. 
287. — Schuck.     Archivalien    aus   dems.  A.-B.     Diese  Zs.  Mitt. 
20,   154. 

288.  Engen.      Dreher,    Augustin.      Archivalien    aus    Orten    d. 

A.-B.  Engen.     Diese  Zs.  Mitt.  20,   155. 

289.  Messkirch,     Schappacher,   Leop.     Archivalien  aus  Orten 

d.  -\.-B.  Messkirch.     Diese  Zs.  Mitt.  20,   156 — 58. 

2C)0,  Mosbach.  Weiss,  G.  J.  Archivalien  aus  Orten  d.  A.-B. 
Mosbach.     Diese  Zs.  Mitt.  20,   158. 

291.  Pfulkndorf,      Martin.      Archivalien    ans    Orten    d.    A.-B. 

Pfullendorf.     Diese  Zs.  Mitt.  20,   159 — 60. 

292.  V.  Zobel.     Ehrensberger,      Freiherriich    von    Zobel'sches 

Archiv  zu  Messelhausen  (B.-A.  Tauberbischofsheim).  Diese 
Zs.  Mitt.  20,   121  —  50. 

2,qx.  Lachmann,  Th.  D.  städtische  Kulturhistor.  u.  Naturalien- 
Kabinett  in  Überlingen  nach  25jähr.  Bestand.  Über- 
lingen, Druck  bei  Ullersberger.     189D.     [11   S.] 

293^.  Badische  Museographie  t.  d.  Z.  1897.  ^^'^'  X^'^^» 
350-58. 

294.  Cron,  L.    D.  Zugang  d.  Badener  zu  d.  bad.  Universitäten 

u.  2.  techn.  Hochschule  Karlsruhe  i.  d.  J.  1869 — 1893 
aus  wirtschaftlichen  Gesichtspunkten  betrachtet.  Heidel- 
berger Diss. 

295.  Loserth,    J.     D.   Beziehungen    d.    steicrmärkischen    Land- 

schaft zu  d.  Univ.  Wittenberg,  Rostock,  Heidelberg  u.  a. 
[Festschr.].     Graz,  Leuschner  u.  Lubensky. 

295a.  Mayer.  Herrn.  Aus  d.  akad.  Leben  d.  15.  u.  16.  Jahr- 
hundert.    Schau-ins-Land  XXV,  55-67. 

200.  Nägele,  A.  Ulmer  auf  d.  Universitäten  Erfurt  u  Krriburg 
(s.  S.  359—60).      Württ.  Vierteljh.hcfte  VII,  357—00. 

207.  Obser,  K.  Zur  Reform  d.  Heidelberger  Universitätsstatuten 
unter  Karl  Ludwig.  Diese  Zs.  NP\  XIII.  357  —  50.  S. 
auch  Nr.  218. 

298.  Joos,  Aug.  D.  Mittelschulen  i.  Grossli.  l>adcn.  Entwick- 
lungsgang etc.  aus  amtl.  Quellen  dargesiL-llt.  2  neu  bearb. 
Ausg.     Karlsruhe,  J.  Lang.     XI,  535  S. 


^22  Winkelffiann. 

299.  Von  d.  Jubelfeier  d.  Heidelberger  Gymixasiums  am   24.  n. 

25.  Okt.   1896.     Heidelberg,  J.  Groos.     1897.    47  S. 

300.  D.  Lender'sche  Lehranstalt   in   Sasbach  v.    1873 — 98. 

Jub.schrift.     Achern,  Druck  b.  Schindler.    10  S. 

301.  Seidner,     D.  Höhere  Bürgerschule   zu  Eberbach  a.  N.  v. 

1832  —  98,  aus  d.  Akten  zus  gestellt.  Progr.  d.  Real- 
schule Eberbach  f.  d.  J.  1897 — 9^-  Bespr,:  Südw. 
Schulbli.  XV,  244  —  45  (Holtzmann). 

302.  Geschichte  d,  Entwicklung  d.  Volksschulwesens  i.  Grossh. 

Baden,  bearb.  unter  Leitung  v.  H.  Heyd.  Lief.  12, 
S.   1057  — 1 152  (s.   1896,  Nr.  361;  1897  Nr.  301). 


XII.  Recensionen  früher  erschienener  Schriften. 

303.  Albert,  P.  Gesch.  d.  St.  Radoifzell  (1897  Nr.  124).  Bespr: 

LCB.  1898,  453;  HJb.  XIX,  437—38  (K.  B[eyerie); 
Histor.  Vj.schrift  I,  262—64  (Baumann);  Freib.  Diöc- 
Arch.  XXVI,  340—42  (L.  Korth);  HZ.  (82)  46,  335—37 
(Th.  Ludwig);  Freie  Stimme  Nr.  3,  6  u.  10;  Rev.  histor. 
XXIII,  368—70  (H.  Pirenne). 

304.  Baldamus,  A.  u.  Kienitz,  O.    Schulwandkarte  z.  Gesch. 

d.  Grossh.  Baden.  (1896  Nr.  42).  Bespr.:  Diese  Zs. 
NF.  XIII,  378—80  ([Kriege]-r). 

305.  Bally,  O.    Münzen  (1897  Nr.  236).    Bespr.:  Freib.  Diöc- 

Arch.  XXVI,  333—38  (P.  Albert). 

306.  Bauer,    H.      Kl.    Lichtenthai    (1896    Nr.     166).      Bespr.: 

Freib.  Diöc.-Arch.  XXVI,  338—40. 

307.  Batimann-Tumbült.      Fürstenb.    Urkb.    (1896    Nr.    258; 

1897  Nr.  303).  Bespr.:  DLZ.  XIX,  1759—60  (A.Krieger); 
MJÖG.  XIX,  380—81   (H.  Kretschmayr). 

308.  Baumgarten,   H.  u.  Jolly,  L.     Staatsminister  Jolly  (1897 

Nr.  70).  Bespr.:  Diese  Zs.  NF.  XIII,  527 — 29  (Du 
Moulin-Eckart) ;  DLZ.  XIX,  20-25  (K.  Obser);  Rev. 
histor.  XXIII,  337. 

309.  Berberich,   J.     Gesch.    d.    St.    Tauberbischofsheim  ((896 

Nr.  140).  Bespr.:  LRsKathDeutschland  24,  314 — 17 
P.  Albert). 

310.  Beyerle,  K.     Zur  Konstanzer  Verf.gesch.  (1897  Nr.   187). 

Bespr.:  HJb.  XIX,  453  (A— t). 

311.  Brunner,  K.     Pfalz.  Wildfangstreit  (1896  Nr.  47).    Bespr.: 

Forsch,  z.  bair.  Gesch.  VI,  kleine  Mitt.  S.  6 — 7  (E.  Ul- 
mann); Z.  Kult.gesch.  VI,    138 — 39  (G.  Liebe). 

312.  Detzel.     Glasgemäldesammlung   (1897    Nr.   195).     Bespr.: 

HJb,  XIX,  619 — 20. 


Badische  GeschichtsUtteratur  des  Jahres  1898.  ^25 

Dieterich.  Reichenauer  Geschichtsquellen  (1897  ^r*  HQ)* 
Bespr.:  HJb.  XIX,  631—32  (K.  B[eyerle]);  MHL.  XXVI, 
280—86  (Volkmar). 

Geyer,  M.  Studienreise  d.  Chr.  F.  Rinck  (1897  Nr.  50). 
Bespr.:  DLZ.  XX,  191 6— 18  (F.  Muncker). 

Glock,  J.  Ph,  Zuzenhausen  (1896  Nr.  143;  1897  Nr.  31 2), 
Bespr.:  Alemannia  XXV,  275 — 77  (Fr.  Pfaff). 

Freiburger  Diöcesan-Archiv.  Bd.  XXy  (1896  Nr.  3). 
Bespr.:  FreibKKb.  41  (1897),  209 — 15  (J.  S.). 

Hirsch,  Fr.  Hans  Morinck  (1897  Nr.  198).  Bespr.: 
HJb.  XIX,  477  (K.  Beyerle). 

Ingold,  A.  Nouvelles  oeuvres  in^dites  de  Grandidier 
(1897  Nr.  242).  Bespr.:  Diese  Zs.  NF,  XIII,  188—90 
(H.  Bloch). 

Issel,  £.  Konstanzer  Reformation  (1897  Nr.  181).  Bespr.: 
LCB.  1898,  417  (F.  H.);  HJb.  XIX.  410—  1 1  (K.  B[eyerle]); 
diese  Zs.  NF.  XIII,  371  (W.  Martens). 

Kayser,  C.  Emil  Frommel  (1897  Nr.  275).  Bespr.:  Allg. 
Zg.  B  Nr.   138. 

.  Keller,  Jos.  Balthasar  Neumann  (1896  Nr.  206).  Bespr.: 
KBSW.  XVII,  211—12. 

.  Kemmel,  A.  Ludw.  Eichrodt  (1895  Nr.  306).  Bespr.: 
Alemannia  XXV,  277  (A.  Holder). 

.  Kühner,  K,  Ignaz  Heinr.  v.  Wessenberg  (1897  Nr.  178). 
Bespr.:  Evang.-prot.  Kirchenbl.  VI,  39  (Tw). 

Mayer,  H.  Freiburger  Matrikel  (1897  Nr.  299).  Bespr.: 
LRsKathDeutschland   24,  90;  HZ.  NF.  45,   186. 

Meyer,  G.  D.  Reichsgründung  u.  d.  Grossh.  Baden  (1896 
Nr.  85).     Bespr.:  HZ.  (80)  44,  496  (G.  Kaufmann). 

V.  Neuen  stein,  Frh.  Karl  von.  D.  Grafen  von  Eber- 
stein in  Schwaben  (1897  Nr.  230a).  Bespr.:  Diese 
Zs.  NF.  XIII,  514  (K.  Br[unner]);  Deutscher  Herold 
XXX  ,  47. 

^^eues  Archiv  f.  d.  Gesch.  d.  St.  Heidelberg.  Bd.  III, 
2  (1896  Nr.  9).  Bespr.:  HZ  (81)  45,  186—87  (Winkel- 
mannj. 

V".  Oechelhäuser.  Kunstdenkmäler  d.  A.-B.  Wertheim 
(1806  Nr.  222;  1897  ^^'  3 25)*  Bespr.:  LRsKathDeutsch- 
land 24,  151  (Künstle);  Freib.  Diöc.-Arch.  XXVI,  331 
-33  (P.  Albert). 

^  faff,  K.  Heidelberg  u.  Umgebung  (1897  ^^'  '04). 
Bespr.:  Allg.  Zg.  ^  Nr.  85;  Pfalz.  Mus.  XV,  95  (Grünen, 
waldj;  KBWZ.  XVII,  171—72  (K.  Widmer);  Ml)))- 
Schwarzw.ver.  I,   127 — 28  (L.  N[eumann]) 


324 


Winkelmann. 


330.  Scherer,    J.   P.     Gesch.    d.    Heilig-Geistspitals    d.    ehem. 

Reichsstadt  Überlingen.  178  S.  OB97,  Nr.  139).  Bespr.: 
Diese  Zs.  NF.  XIII,  535—36  (Roder). 

331.  Walter,  Fr.    Mannh.  Siegelsammlung  (1897,  Nr.  234 — 35). 

Bespr.:  Pfalz.  Mus.  XV,  60 — 62  (Karl  Emich,  Gr.  zu 
Leiningen-Westerburg) ;  LCBl,  1898,  1589;  KBGesch.« 
Ver.  46,  56  (E.  F.);  KBWZ.  XVII,  14  (K-n);  Hist. 
Vj.schrift  I,  287  (G.  S[eeliger]). 

332.  Weiss,  C.  Th.     Gesch.  d.  Juden  i.  Bist.  Strassburg  (1896 

Nr.   197).     Bespr,:   Moyen-Age  (1898,  83 — 84  (Karppe). 

333.  Wille,  J.     Bruchsal  (1897  Nr.  92).     Bespr.:   HZ.  (81)  45, 

187  (Th.  Ludwig). 

334.  Zeitschrift    f.   Gesch.    d.  Oberrheins.     NF.  X  (1895). 

Bespr.:  MHL.  XXVI,  227  —  30  (Martens). 

335.  Dieselbe.     NF.  XI  (1896).    Bespr.:  MHL.  XXVII  (1899), 

121 — 27  (Martens). 


Mi  s  Celle. 


Eine  Denkschrift  Boyneburgs  über  die  Errichtung  eines 
polycechnischen  Instituts  zu  Mainz  v.  J.  1669.  Unter  den 
im  Schönbornischen  Schlosse  zu  Wiesentheid  aufbewahrten  Akten 
des  Mainzer  Staatsmanns  Boyneburg  befindet  sich  auch  eine 
Denkschrift  über  die  Gründung  eines  polytechnischen  Instituts. 
Die  optimistischen  Vorstellungen,  auf  denen  das  Projekt  beruht, 
sind  so  eigentümlicher  Natur,  dass  man  über  die  Urheberschaft 
Koyneburgs  keinen  Zweifel  hegen  kann,  wenn  auch  die  Schrift- 
züge auf  .eine  andere  Hand  als  die  seihige  hinweisen.  Das 
Projekt  stammt  allem  Anschein  nach  aus  einer  Zeit,  in  der  bereits 
Leibniz  zu  Mainz  anwesend  war,  und  Boyneburg  und  Leibniz 
dergleichen  Pläne  miteinander  berieten. 

Der  Verfasser  führt  aus,  er  habe  schon  zuvor  bei  Mazarin 
und  bei  dem  König  von  England  Anregung  zur  Stiftung  einei 
polytechnischen  Schule  gegeben,  um  aber  das  Unternehmen 
erfolgreich  zu  gestalten,  müsste  es  unter  den  glückverheissenden 
Auspizien  des  Mainzer  Kurfürsten  Joh.  Philipp  von  Schönborn, 
begonnen  werden.  Die  Stiftung  sollte  nur  zur  Pflege  der  prak- 
tischen Wissenschaften  dienen.  Zum  Sitz  der  Stiftung  wäre  eine 
Stadt  am  Rhein  oder  am  Main  auszuwählen.  Diese  müsste  mit 
zahlreichen  Privilegien  ausgestattet  werden  und  die  europäischen 
Staaten  hätten  ihr  :»ewige  Neutralität«  zu  garantieren.  Bei  rich- 
tiger Inscenierung  des  Werks  könnte  es  nicht  fehlen,  dass  Alt 
und  Jung  unter  den  Gelehrten  sich  aufmachten,  um  zu  diesem 
Hort  der  W*issenschaft  wie  zu  einem  delphischen  Tempel  zu 
pilgern. 

Der  Wortlaut  des  Projekts  ist  folgender: 

Cum  Serenissima  Sua  Celsitudo  Electoralis  Moguntinensis 
dignitate  reliquos  omnes  Impcrii  Germanici  Klectores  ac  Principes 
antecellat,  ut  et  monumento  ac  fundatione  extraordinaria  nominis 
eiusdem  aeternitas  reliquos  omnes  supcret,  par  est.  £t  cum  alii 
Principes  tantum  Academias  et  structuras  ordinarias  fundent, 
nemo  adhuc  Universitatem  praecipuarum  mundi  scicntiarum  et 
artium  condidit  in  Gennania;  cuius  condendac  cum  Cardinali 
Mazarino  in  Gallia,  et  Regi  Magnae  Britanniae  in  Anglia  prinius 
indicium  fecerim,  non  sine  foelici  successu,  longe  foelicioreni  et 
maiorem  huius  Universitatis   fundationem   stabiliri  possc    in  Ger- 


326  Miscellc. 

mania  auguror,  si  eadem  dictam  Suam  Ser"**",  Cels".  Patronum, 
Fundatorem  et  Protectorem  inveniret;  focusque  commodus  privi* 
legiis  Omnibus  instructus  ad  Rhenum  vel  Moenum  concederetur, 
cum  perpetua  neutralitate;  ubi  snb  certis  legibus  virl  maioris 
dignitatis  et  extraordinariarum  scientiarum  et  artium  simul  degere 
possent,  et  iucundissima  ac  studiosissima  conversatione  et  praxi, 
mathematica,  physica,  chymica  et  oeconomica  studia,  omnisqne 
geiieris  artificia,  ad  maiorem  quam  unquam  fuit  perfectionem 
perducere;  ac  sapientissimos  mundi  viros  suis  laboribus  et  expe- 
rientiis  practicis  instruere.  Media  huic  fundationi  servientia 
haec  forent. 

i^.  Si  Sua  dicta  Ser"^.  Celsitudo  cum  aliis  Germaniae 
Electoribus  et  Principibus  territorium  aliquod  huic  fundationi 
aptum  coemere  vellet  hancque  fundationem  S**.  Cesareae 
Maiestati  nee  non  praecipuis  Europae  Regibus,  Principibus  et  Viris 
recommendare,  ita  non  dubium  esset,  quin  partim  sapientiae  et 
artium  amore,  partim  aemulatione  ducti,  omnes  vestigia  S^'.  Cel- 
situdinis  Ser""^*^.  sequantur  et  intra  paucos  annos  quasi  ad 
Delphicum  tcmplum  in  hunc  locum  omnium  nationum  studia, 
beneiicia  et  donationes  velut  in  Centrum  Universale  confluerent. 

2^.  Si  praecipui  in  scientiis  viri  honorificis  stipendiis  hie 
alerentur,  reliqui  propriis  sumptibus  viverent,  sine  tribulis,  sub 
propriis  directoribus  ac  cum  übertäte  et  exercitio  religionis, 
publico  pro  Catholicis  et  Evangelicis,  private  pro  reliquis. 

3**.  Ut  neutralitas  perpetua  huic  ioco  et  omnibus  in  eo 
degentibus  impetretur,  primo  ab  Imperatore  et  Imperii  Principibus, 
deinde  a  Regibus  et  Rebus  Publicis  vicinis,  ut  Gallo,  Hispano, 
Sueco,  Dano,  Belgio  etc. 

4°.  Ut  iidera  Protectores  sint  huius  fundationis,  Directores 
vero  sint  tres  in  Ioco  residentes,  trium  in  Imperio  concessarum 
Religionum,  quos  Elector  Moguntinus  et  duo  alii  vel  plures 
Principes,  qui  benefaclores  erunt  huius  fundationis  praecipui,  ex 
arbitrio  nominabunt;  ac  leges  et  statuta  condent,  mutuo  consensu 
et  approbatione. 

5°.  Ut  liberum  sit  cuivis  alibi  quamvis  degens  pecunias  vel 
bona  immobilia  huic  fundationi  donare  et  quod  eadem  gaude- 
bunt  iisdem  privilegiis  ac  neutralitate  perpetua,  qua  fundationis 
ipse  locus  instructus  est. 

6°.  Sio  quae  fructuosae  scientiae  et  artes  hie  inveniri  queant, 
ut  privilegia  iisdem  excrcendis  concedantur,  in  usum  et  augmen- 
tum  huius  fundationis,  tarn  in  Imperio  Germanico,  quam  vicinis 
regnis  et  provinciis. 

Karlsruhe,  K,    Wi/d. 


Zeitschriftenschau  und  Litteratumotizen. 


Mittheilungen  zur  Geschichte  des  Heidelberger  Schlosses. 
Herausgegeben  vom  Heidelberger  Schlossverein.  Bd.  IV. 
Heft  I.  Mit  IG  Tafeln.  A.  Starck:  Graf  Charles  dcGraim- 
berg,  sein  Leben  und  Wirken  in  Heidelberg.  S.  i — 32. 
Behandelt  die  Verdienste,  die  sich  G.  durch  seine  Bemühungen 
um  die  Erhaltung  der  Ruine,  durch  künstlerische  Reproduktionen, 
sowie  durch  Begründung  seiner  auf  Heidelberg  und  die  Pfalz 
bezüglichen  Altertumssammlung  erworben.  —  A.  Starck:  Die 
Restauration  des  Heidelberger  Schlosses  unter  dem 
badischen  Fürstengeschlechte.  S.  33  —  6c).  Schilderung  der 
auf  die  Erhaltung  und  Restaurierung  des  Schlosses  und  Pflege 
seiner  landschaftlichen  Umgebung  abzielenden  Bestrebungen,  vor 
allem  unter  der  Regierung  Grossherzog  Friedrichs.  —  J.  Durm: 
Die  Gründungshypothesen  des  Heidelberger  Schlosses. 
S.  70 — 83.  Stellt  nach  einem  RückbUck  auf  die  bisherigen  viel- 
fach auseinandergehenden  Anschauungen  über  diese  Frage  auf 
Grund  des  romanischen  Fensterfundes  unter  dem  gläsernen  Saal- 
bau fest,  dass  dieser  Teil  des  Schlosses  der  zweiten  Hälfte  des 
12.  oder  dem  Beginne  des  13.  Jahrhunderts  angehört  und  dass 
also  zur  Zeit  des  Pfalzgrafen  Kourad  von  Hohenstaufcn  an  dieser 
Stelle  in  der  That  schon  eine  Burg  gestanden.  Beschreibung 
der  Fenster  und  Säulenkapitäle.  —  ].  Durm:  Der  Ant heil  des 
Bildhauers  Seb.  Götz  aus  Chur  an  der  Hoffavade  des 
Friedrichsbaues.  S.  84 — 87.  Von  Götz  stammen  alle  aus 
dem  graugelben  Keupersandsteine  gefertigten  Teile,  von  denen 
einzelne  die  Spuren  ursprünglicher  Vergoldung  tragen.  Dass 
auch  die  Fa^adenfläche  eines  ausgleichenden  Anstrichs  nicht 
entbehrt  hat,  erscheint  bei  der  Buntscheckigkeit  des  roten  Sand- 
steins nicht  ausgeschlossen. 


Alemannia.  XXVI.  Jahrgang,  3.  Heft.  Th.  Walther: 
Zur  Geschichte  der  Hattstatter  Erbfolge  in  den  Stamm- 
'anden.  S.  229 — 248.  Behandelt  den  Streit,  der  sich  nach 
dem  Tode  des  letzten  Hattstatters  i.  J.  1585  zwischen  der  Ensis- 
hcimer  Regierung  und  dem  Ih'schofe  von  Strassbuig  um  die 
Besitzungen  des  Geschlechts  erhob  und  damit  endete,  das^ 
Österreich    die    schwarzenburgischen     Lehen     behielt    und    mit 


328  Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen. 

denselben  i.  J.  1613  die  Schauenburger  belehnte,  denen  auch 
die  bischöflichen  Lehen  übertragen  worden.  —  K.  Heilig: 
Mittel  aus  dem  16.  Jahrhundert  gegen  Kröten,  Schlangen, 
Würmer,  Nattern  u.  s.  w.  im  Leibe.  S.  264—267.  Mitgeteilt 
aus  dem  Cod.  Pal.  264.  —  P.  Beck:  Lied  eines  kaiserl. 
Wurmserischen  Husaren  beim  Marsch  nach  den  Nieder- 
landen i.  J.  1785.  S.  268 — 269.  Nach  einem  Flugblatt  von 
unbekanntem  Verfasser.  —  P.  Beck:  Der  Orden  der  ver- 
rückten Hofräte.  Ein  Goethe-Curiosum.  S.  270 — 273. 
Mitteilungen  über  eine  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  zu  Frank- 
furt gegründete  Gesellschaft  und  deren  scherzhafte  Ordensver- 
leihungen u.  a.  auch  an  Goethe.  —  W.  Unseld:  Schwäbische 
Findlinge.  S,  273 — 275.  Zusammenstellung  von  schwäbischen 
Sprüchen,  Grabinschriften,  Redensarten  und  Gebräuchen,  zumeist 
aus  der  Gegend  von  Ulm.  —  F.  von  Weech:  Deutsche 
Verse  .  .  .  aus  dem  17.  Jahrhundert.  S.  276 — 278.  Aus 
einer  Handschrift  des  Klosters  St.  Paul  in  Kärnthen. 


Schau-in's-Land.  25.  Jahrlauf.  1898.  £.  Wagner:  Römi- 
scher Bronzefund  im  Altersbachthälchen  bei  Waldkirch, 
S.  I — 4.  Beschreibung  eines  römischen  Bronzefundes  aus  dem 
ersten,  spätestens  Anfang  des  zweiten  Jahrhunderts,  dessen 
Deutung  durch  einen  Bronzefund  bei  Rhcinzabern  gesichert   ist. 

—  C.  H.  Baer:  Die  Kirche  zu  Birndorf.  S.  5 — 15.  Be- 
schreibung der  dreischiffigen  Kirche,  die  nach  Kapitälform  und 
Schildverzierung  zweifellos  der  Hirsauer  Bauschule  angehört  und 
aus  dem  Ende  des  11.  Jahrhunderts  stammt.  —  F.  Baum- 
garten: Die  sieben  freien  Künste  in  der  Vorhalle  des 
Freiburger  Münsters.  S.  16 — 49.  Behandelt,  ausgehend  von 
der  Stellung  der  sieben  freien  Künste  im  Geistesleben  des  Mittel- 
alters, die  bis  auf  Karl  d.  Gr.  zurückreichenden  bildlichen  Dar- 
stellungen derselben  in  Deutschland,  Italien  und  Frankreich  und 
bespricht  und  erklärt,  daran  anknüpfend,  die  Freiburger  Statuen. 

—  H,  Maurer:  Rathsbesetzung  zu  Freiburg  i.  Br.  im 
15.  Jahrhundert,  S.  50 — 54.  Übersicht  über  die  verschiedenen 
Entwicklungsstufen  der  Ratsverfassung  und  Mitteilung  der  im 
wesentlichen  bis  zum  Ende  des  18.  Jahrhunderts  fortbestehenden 
Ordnung  d.  J.  1540.  —  H.  Mayer:  Aus  dem  akademischen 
Leben  des  15.  und  16.  Jahrhunderts,  S.  55 — 67.  Finan- 
zielle Bedeutung  der  Promotionen  für  die  Studenten  und  die 
Universitäten,  für  welch'  letztere  sie  eine  wichtige  Einnahme- 
quelle bilden.  Zusammenstellung  der  üblichen  Taxen  und  der 
durch  die  Promotionsschmausereien  verursachten  erheblichen 
Ehrenausgaben.  —  P.  Albert:  Die  Einhornjagd  in  der 
Litteratur-  und  Kunst  des  ^littelalters,  vornehmlich  am 
Oberrhein.  S.  68 — 91.  Überlieferung  der  Sage,  Verwertung 
derselben  in  der  Litteratur  und  Entwicklung  ihrer  Darstellung  in 
der  Kunst,  wo  sie  am  Oberrhein  zu  Konstanz,  Meersburg,  Colmar, 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen. 


329 


Strassbnrg  und  in  ganz  eigenartiger  Auffassung  an  dem  von 
Dr.  Joh.  Schiller  1539  erbauten  Hause  »zum  Rechen«  in  Frei- 
burg begegnet.  —  0.  Langer:  Der  Magistrat  zu  Breisach 
in  den  vergangenen  Jahrhunderten.  S.  92 — 100.  Übersicht 
über  die  Entwicklungsformen  der  Ratsverfassung,  mit  Benützung 
der  Chronik  des  Protas  Gsell.  —  F.  Wibel:  Eine  hochver- 
rätherische  Medaille  Freiburgs  aus  d.  J.  1814.  S.  loi  — 103. 
Geprägt  anlässlich  der  auf  Wiedervereinigung  mit  Österreich 
.gerichteten  Bestrebungen  der  Stadtvertretung.  —  Vereins- 
!)ericht. 


Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Beförderung  der  Ge- 
schichts-,  Altertums-  und  Volkskunde  von  Freiburg,  dem 
Breisgau  und  den  angrenzenden  Landschaften.  IM.  XIV. 
1 8g8  Fr.  von  der  Wengen:  Die  Belagerung  von  Frei- 
burg i.  Br.  1713.  Tagebuch  des  österreichischen  Kom- 
mandanten, F.  M.  Lts.  Frh.  von  Harrsch.  Mit  2  Tafeln. 
.S.  I — 434.  Veröffentlichung  des  in  kurzem  Auszuge  schon  1812 
in  der  »Österreichischen  milit.  Zeitschrift«  mitgeteilten  umfang- 
reichen Tagebuchs  nach  dem  Originale  im  Wiener  Kriegsarchiv, 
mit  kritischem  Kommentar.  Die  Einleitung  behandelt  die  strate- 
irische  Bedeutung  der  Festung  und  die  fortifikatorischen  Anlagen 
Vaubans  und  schildert  die  Ereignisse  auf  dem  oberrheinischen 
Kriegsschauplatze  bis  zum  Beginn  der  Belagerung,  unter  Hervor- 
hebung der  militärischen  und  politischen  Vorteile,  welche  die 
zähe  Verteidigung  der  Stadt  im  Gefolge  hatte.  In  den  Nach- 
tragen werden  Varianten  aus  einer  erst  während  des  Druckes 
entdeckten  Überlinger  Handschrift  des  Tagebuchs  mitgeteilt:  ein 
Anhang  giebt  nach  einem  französischen  Plane  ein  Bild  der  Auf- 
stellung der  Belagerungsarmee. 

Revue  catholique  d*Alsace:  Nouvelle  stric  Band  17. 
Jahr  1898.  Dezember-Heft.  Band  18.  Jahr  1899.  Januar-Februar- 
Heft.  Louvot:  Perreciot,  S.  883 — S92,  10—23,  81—88, 
Abschluss  des  Briefwechsels  des  Bürgermeisters  von  Baume, 
Perreciot,  mit  Grandidier,  fast  durchweg  Schreiben  des  erstem 
aus  dem  Jahre  1786  enthaltend  über  Fragen  der  antiken  und 
frühmittelalterlichen  Geographie.  --  Schickelc:  Le  tloyenno 
du  Sundgau,  S.  893 — 903,  24 — 34,  89  -  104,  Ende  der  kirchcn- 
?eschichtlichen  Notizen  über  die  Gemeinden  jenes  alten  Rural- 
kapitels  der  Basler  Diöceso,  die  ( )rtschaften  Riespach,  Nieder- 
und  Ober-Spechbach,  Enschingen,  Brünighofcn,  Steinsulz  mit  dem 
A'eiler  Gersbach,  Tagolsheim,  Tagsdorf,  Hciweilor,  Schweben, 
Thann,  Alt-Thann,  Waldighofen,  Walheim,  Weilt-ir.  Witteisheim, 
Wittersdorf  und  Eralingen  betreffend.  —  Beuchot:  Les  pr^tr«'s 
sexagcnaires  et  infirmes  du  Haut-Rhin  pemlant  la  fl-vo- 
lution,  S.  904 — 913,  51  —  63,  Mitteilungen  nach  den  Akten  des 

ZcitKhr.  f.  Gesch.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV  j.  2  2 


ß^O  2^tschrHten8cb«u  und  Litteratumotisen. 

Colmarer  Bezirksarchivs  über  die  Leiden  der  von  179^ — 1800  zu 
Ensisheim  eingesperrten  und  zum  Teil  nach  Chaumont  und 
Auxerre  deportierten  alten  und  siechen  katholischen  Priester  aus 
dem  Ober-£lsass.  —  Gloeckler:  A  propos  de  la  campagne 
de  C6sar  contre  Arioviste,  S.  924 — 932  sucht  die  Winkler'sche 
Hypothese  von  der  Lage  des  Schlachtfeldes  bei  Stotzheim  zu 
stützen  und  noch  weiter  auszuführen.  —  Gasser:  Sur  les 
pretendues  falsifications  de  Grandidier,  S.  i —9,  bespricht 
in  nicht  mehr  völlig  ablehnender  Form  die  Entgegnung  Blochs 
und  die  Untersuchung  von  Dopsch  über  die  Ebersheimer  Urkunden- 
fälschungen, ersterm  setzt  er  als  einzigen  Beweis  den  moralischen 
Charakter  Grandidiers  entgegen,  des  letztern  Resultate  acceptiert  er 
ihrem  sachlichen  Inhalt  nach,  während  er  den  Ursprung  aller 
Fälschungen  in  eine  frühere  Zeit  und  das  Kloster  selbst  verlegen 
will.  —  Ehrhard:  Le  sculpteur  Ohmacht,  S.  64  -70,  kurzer 
Lebensabriss  und  Verzeichnis  der  Werke  des  bekannten  Strass- 
burger  Bildhauers. 


Revue  d'Alsace:  Nouvelle  serie.  Band  13.  Jahr  1899. 
Januar-Februar- März-Heft.  Liblin:  Coup  d'oeil  analytique 
et  rudimentaire  sur  Beifort  de  1779  et  sa  transformation, 
S,  5 — 36,  Mitteilung  einer  Bei  forter  Volkszählung  aus  dem  Jahre 
1779  und  einer  Belforter  Beamtenliste  von  1783  mit  historisch- 
politischem  Commentar.  —  Reuss:  Correspondance  intime 
entre  Ulrich  Obrecht  et  Jean  Baptiste  Klinglin,  S  37 — 58, 
Briefe  Obrechts  von  Paris  an  Klinglin  vorwiegend  aus  dem 
Jahre  1698  mit  merkwürdigen  Streiflichtern  auf  die  französische 
Staatsverwaltung  und  das  Strassburger  Stadtregiment  jener  Zeit  — 
Gasser:  Histoire  de  la  ville  et  du  bailliage  de  Soultz, 
S.  59 — 94,  Fortführung  einer  schon  seit  1893  laufenden  Darstellung, 
diesmal  die  Stadt-  und  Flurpolizei,  die  städtischen  Gebäude,  die 
Schulen,  den  Wasser-  und  Wegebau,  das  Stadteigentum,  die 
Wald-Rechte  und  Ordnungen  umfassend.  —  Schoell:  A  propos 
des  archives  departementales  en  Alsace,  S.  95 — 103 
eingehende  Inhaltsangabe  der  Wiegand'schen  Schrift:  Bezirks- 
und Gemeinde- Archive  im  P-lsass.  —  Blech:  Histoire  des 
mines  de  St.  Marie  cotc  Alsace,  S.  104—  105,  kurze  Anzeige 
eines  Buchs  von  Muhlenbeck  mit  gleichem  Titel.  —  Nerlinger: 
La  vie  a  Strasbourg  au  commencement  du  17«  si^cle, 
S.  115  — 138,  Weiterführung  des  Neuabdrucks  von  D.  Martins 
»New  Parlament«,  Kap.  83 — 95.  —  In  der  Bibliographie 
Anzeigen  von  der  Reuss'schen  Ausgabe  der  Walter'schen  Chronik 
u.  A.   durch  F.  Kurtz. 


Annales  de  TEst :  Band  13.  Jahr  1899.  Heft  I.  Hoffmann: 
Les  corporations  en  Alsace  h.  la  veille  de  la  Revolution, 
S.  87 — 108,  Ausschnitt  aus  einem  grössern  demnächst  erscheinen- 


Zeitschriftenschau  und  Litteratumotuen.  33 , 

den  Werke:  La  Haute  Alsace  k  la  veille  de  la  Revolution,  be- 
handelt die  Zonftverfassung  und  Handwerks-Organisation  in 
Ober-£lsass  vorzugsweise  vom  Standpunkte  der  französischen 
Rechtssprechung  jener  Zeit.  —  In  der  Bibliographie  ein- 
gehende Inhaltsangabe  der  Jahrgänge  1897  und  1898  der  Revue 
d'Alsace  und  des  Band  XIX  der  Mitteilungen  der  Gesellschaft 
für  Erhaltung  der  geschichtlichen  Denkmäler  im  Elsass  durch 
Schoell  und  Anzeigen  von  den  Beiträgen  zur  Anthropologie  Elsass- 
Lothringens  Heft  I  u.  II  durch  Bleicher,  Ingolds  Nouvelles  Oeuvres 
inedites  de  Grandidier  tome  II  und  Reuss'  L' Alsace  au  dix- 
septieme  siecle  I  durch  Pfister. 


Von  einer  neuen  Vierteljahrsschrift,  der  »Illustrierten 
KIsässischen  Rundschau«,  herausgegeben  von  Karl  Spindler, 
Strassburg,  Schlesicr  und  Schweikhardt,  1898,  liegen  zwei 
Lieferungen  vor,  die  sich  durch  vornehme  Ausstattung,  künst- 
lerischen Bilderschmuck  (C.  Spindler  und  Josef  Sattler)  und 
fast  durchweg  gute  litterarische  Beiträge  auszeichnen.  Die  Zeit- 
schrift soll  hauptsächlich  der  Schilderung  elsässischen  Kultur- 
lebens in  Gegenwart  und  Vergangenheit  gewidmet  sein.  In  der 
zweiten  Lieferung  beginnt  ein  sehr  beachtenswerter  Aufsatz  von 
Robert  Forrer  über  die  Heidenmauer  auf  dem  Odilienberge. 
Auf  Grund  eingehender  Untersuchungen  glaubt  der  Verfasser  zu 
neuen  Resultaten  über  Technik  und  Baugeschichte  der  Mauer, 
Ober  die  älteste  Besiedlung  des  Berges  u.  s.  w.  gekommen 
zu  sein.  A    Ozurmartn. 

Seit  Beginn  dieses  Jahrs  erscheint  bei  Lc  Roux  in  Strass- 
burg das  :i»Strassburger  Diöcesanblattr,  kirchliche  Rundschau 
herausgegeben  von  Domcapitular  Jod  er.  Es  ist  das  erweiterte 
ehemalige,  ^Ecclesiasticum  Argentinense«  dessen  in  Aussicht 
gestellte  und  schon  eingeleitete  Mitwirkung  bei  der  Lösung  von 
Fragen  der  Elsässischen  Geschichte  wir  nur  warm  begrüssen 
können.  Die  Zeitschrift,  von  der  bisher  drei  Monatshefte  aus- 
gegeben sind,  bringt  zunächst  die  Mitteilungen  des  Strassburger 
Ordinariates,  sodann  die  Erlasse  und  Entscheidungen  des 
romischen  Stuhles  im  Urtexte,  den  Hauptanteil  aber  sollen  Ab- 
handlungen aus  dem  Gebiete  der  Apologetik,  des  Kirchenrechtes, 
der  allgemeinen  und  vaterländisclien  Geschichte  sowie  der  Sozio- 
lü;;ie  bilden.  Als  für  uns  bemerkenswert  notieren  wir  aus  Meft  i 
eine  kurze  Abhandlung  von  Gass  über  Döllinger,  Liebermann 
und  den  Mainzer  Theologenkreis  und  die  Stellung  des  letztern 
zu  den  Dogmen  von  der  päpstlichen  Unfehlbarkeit  und  der 
unbefleckten  Empfängnis,  aus  Heft  2  das  V'erzeichnis  der 
klassierten  geschichtlichen  Denkmäler  im  Elsass  und  die  Rcccn- 
sioKcn  von  Gass  über  Ludwig,  Deutsche  Reichsstände  im  EUass 
und  Kncpper,  Nationaler  Gedanke  und  Kaiseridee  bei  den 
elsässischen  Humanisten,  aus  Heft  3  den  Beginn  eines  Aufsatz(*s 

22* 


332 


Zeitschriftenschau  und  Litteratarnotben. 


von  Paulus,  Ablasspredigten  in  Strassburg  und  Elsass  beim  Aus- 
gang des  Mittelalters  und  zwei  Miscellen:  Zur  Geschichte  der 
Strassburger  Weihbischöfe  und  Die  Cisterzienserklöster  im  Elsass. 


Unter  dem  Titel  Dizionario  di  abbreviature  latine  ed 
italiane  hat  Adriano  Cappelli,  Archivar  am  Staatsarchiv  in 
Mailand,  als  Bestandteil  der  umfangreichen  Sammlung  der  Manuali 
Hoepli  ein  sehr  brauchbares  Hilfsmittel  für  Alle,  welche  sich  mit 
palaeographischen  Studien  beschäftigen,  veröffentlicht  (Mailand* 
Ulrico  Hoepli  1899.  LXII  u.  433  S.  8^).  Nach  einer  das 
gesamte  Kürzungswesen  der  lateinischen  Schrift  im  Mittelalter 
übersichtlich  und  systematisch  behandelnden  Einleitung  und  vier 
als  Schriftproben  mitgeteilten  Faksimiles  mit  gegenübergestelltem 
Text  folgen  ein  nicht  weniger  als  13000  Abkürzungen  mit  ihren 
Auflösungen  enthaltendes  Lexikon  in  alphabetischer  Ordnung 
und  mit  Bestimmung  der  Zeit,  welcher  sie  angehören,  Verzeich- 
nisse medizinischer  Abkürzungen  und  römischer  und  arabischer 
Zahlzeichen,  eine  Anzahl  von  Monogrammen  und  endlich  Siglen 
und  Abkürzungen  aus  Inschriften.  Bei  der  überaus  grossen  Zahl 
der  mitgeteilten  Abkürzungen  kann  es  doch  kaum  fehlen,  dass 
der  Benutzer  eine  oder  die  andere,  die  ihm  bei  seinen  Arbeiten 
vorkommt,  vermisst,  und  hinsichtlich  der  Zeitbestimmungen  scheint 
Cappelli  nicht  mit  der  Sorgfalt,  Umsicht  und  Genauigkeit  vor- 
gegangen zu  sein,  die  für  eine  solche  Arbeit  die  erste  Bedin- 
gung wirklicher  Zuverlässigkeit  ist.  Die  Monogramme  wären 
besser  weggeblieben.  Bei  diesen  vermisst  man  sowohl  systema- 
tische Feststellung  des  Aufzunehmenden  als  auch  kritische  Prüfung 
des  Aufgenommenen  auf  seine  Echtheit.  Dennoch  ist  diese  Ver- 
öffentlichung sehr  dankenswert  und  wird  sich  den  Kreisen,  für 
die  sie  berechnet  ist,  bald  unentbehrlich  machen.  Auch  das 
sehr  handliche  Format,  die  hübsche  Ausstattung  und  der  massige 
Preis  (Geb.  L.  7,50)  werden  zu  ihrer  Verbreitung  wesentlich  bei- 
tragen. Bei  einer  zweiten  Auflage  wird  der  Verfasser,  dem  hie- 
für gewiss  die  Mitwirkung  vieler  Fachgenossen  zur  Seite  stehen 
wird,  sicher  sein  verdienstliches  Werk  noch  vervollkommnen. 
Vielleicht  giebt  es  auch  Anregung  zu  einem  Werk  über  deutsche 
Abkürzungen,  das  den  in  Betracht  kommenden  Kreisen  ohne 
Zweifel  willkommen  wäre.  v,    Weech. 


Familienbuch  (Urkundenbuch)  der  Freiherrn  v.  Müllen- 
heim-Rechberg.  IL  Teil.  Erster  Abschnitt.  Bearbeitet  von 
Frhr.  Hermann  v.  Müllenhcim-Rechberg.  Strassburg  1898. 
J.  G.  Ed.  Ileitz.  Das  vornehm  ausgestattete,  mit  Siegel-  und 
Wappentafeln  und  zahlreichen  Abbildungen  versehene  Buch  bringt 
die  Fortsetzung  der  in  Regestentorm  gegebenen  Geschichte  des 
bekannten    elsässischen    Geschlechtes    und    behandelt    Heinrich 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturaotizen. 


333 


V.  M.  den  ZoHer  und  dessen  Erben,  sowie  die  Zweige  der 
V.  M.-Girbaden  und  v.  M.-Brantgasse.  Das  Hauptinteresse  knüpft 
sich  an  Heinrich  v.  M.,  den  Zoller  (f  1336),  den  eigentlichen 
Begründer  der  Macht  und  vor  allem  des  Reichtums  der  Familie, 
den  Stifter  von  St.  Wilhelm  und  Allerheiligen  zu  Strassburg,  den 
Pfandherrn  des  Weilerthals,  den  Gläubiger  von  Königen  und 
Fürsten,  unzweifelhaft  eine  über  das  Durchschnittsmass  hinaus- 
ragende Persönlichkeit  Der  Wert  des  Buches,  dessen  Benutzung 
übrigens  durch  eine  in  der  Anordnung  des  Gesamtstoffes  hervor- 
tretende Unübersichtlichkeit,  sowie  durch  allzu  zahlreiche  Nach- 
träge zunächst  erschwert  wird,  liegt  meines  Erachtens  haupt- 
sächlich darin,  dass  es  nach  seiner  Vollendung  uns  ermöglicht, 
einmal  die  Geschicke  eines  in  der  Geschichte  des  Elsass  und 
der  Stadt  Strassburg  hervorragenden  Geschlechtes  durch  die 
Jahrhunderte  hindurch  zu  verfolgen.  Aufstreben  und  Niedergang 
der  intellektuellen  und  wirtschaftlichen  Kräfte  zu  beobachten, 
Art,  Erwerbung  und  Fluktuation  des  Besitzes  festzustellen  und 
so  ein  Gesamtbild  zu  geben,  das  auf  zahlreiche  Seiten  des 
elsässischen  Kulturlebens  neue  und  anziehende  Streiflichter  zu 
werfen  geeignet  sein  wird.  Zu  dieser  für  den  elsässischen  Histo- 
riker so  reizvollen  und  dankbaren  Aufgabe  das  mit  Liebe  und 
historischem  Verständnis  gesammelte  und  gesichtete  Material 
gegeben  zu  haben,  ist  das  Verdienst  des  Verfassers. 

Mit  dem  Werke  sind  noch  zwei  Aufsätze  verbunden:  In 
dem  einen  giebt  Verfasser  selbst  einen  kurzen  Überblick  über 
die  Entwicklung  der  Stadt  Strassburg,  namentlich  in  ihrer  Ver- 
fassung, bis  zum  Jahre  1482.  Der  andere  ist  eine  durch  Klar- 
heit und  Scharfsinn  ausgezeichnete  Untersuchung  von  E.  v.  Borries 
über  »das  Geschelle  der  Müllenheim  und  Zorn  zu  Strassburg  am 
20.  Mai  1332c.  Dieser  den  Sturz  des  Patrizierregiments  in 
Strassburg  herbeiführende  Kampf  ist  zuletzt  von  A.  Schulte  in 
dieser  Zeitschrift  (VIII,  494 — 516)  behandelt  worden.  Ya  ist 
V.  Borries  gelungen,  in  wichtigen  Punkten  die  Schulte*sche  Dar- 
stellung zu  berichtigen,  so  z.  B.  in  der  Bestimmung  der  Loka- 
lität, wo  der  Kampf  ausbrach,  die  ganz  unzweifelhaft  der 
Ecke  Brant-  und  Münstergasse  gelegene  Klosterhof  des  Dom- 
kapitels gewesen  ist  (vergl.  als  entscheidenden,  dem  Verfasser 
freilich  entgangenen  Beweis  dafür  die  Urkunde  von  1390  Dez.  9, 
S.  133,  Reg.  1262),  sodann  aber  auch  in  der  sehr  scharf- 
sinnigen Annahme,  dass  die  Erhebung  Sigelins  v.  Müllenheim 
zum  Propste  von  St.  Thomas  den  unmittelbaren  Anlass  zum 
Ausbruch  des  Kampfes  geboten  hat  A.   (hcrmann. 


Das  im  Juli-August-Heft  des  Jahrgangs  1897  von  /Le 
bibliographe  moderne*  mit  Murbach  bei^onnene  Verzeichnis 
der  aus  Elsässischen  Klostcrbibliotheken  stammenden  und  noch 
heute  erhaltenen  Handschriften  (vergl.  diese  Zeitschrift  XIII,  514) 
hat   A.  M.  P.  Ingold    inzwischen   im    November-Dezember-IIeft 


'334 


-Zeitschriftenschau  und  LitteraturnoiiseD. 


von  1897,  im  MärE-April-Heft  und  im  Juli-August-Heft  von  1898 
fortgesetzt  und  auf  die  übrigen  Elsässischen  klösterlichen  Nieder- 
lassungen der  Augustiner,  der  Dominikaner  und  Franziskaner, 
auf  Münster,  Lützel,  Pairis  u.  s.  w.  ausgedehnt. 


Eine  jede  Bibliotheksverwaltung  wird  es  als  eine  ihrer  vor- 
nehmsten Pflichten  betrachten,  ihre  Bestände  dem  Publikum 
möglichst  zuganglich  zu  machen.  Eine  besonders  wichtige  Auf- 
gabe wird  es  bei  diesem  Bestreben  stets  sein,  wenn  irgend 
möglich  gedruckte  Kataloge  herauszugeben.  Grosse  Bibliotheken 
werden  hieran  durch  den  Kostenpunkt  und  den  Umstand  ver- 
hindert, dass  infolge  des  andauernden  Zuwachses  der  Katalog 
bei  der  Ausgabe  schon  unvollständig,  veraltet  sein  würde.  Kleinere 
Sammlungen,  die  ein  abgeschlossenes  Gebiet  umfassen,  sind  aber 
in  der  Lage,  einen  gedruckten  Katalog  zu  veröffentlichen.  Leider 
entsprechen  nun  die  beiden  jüngsten  oberrheinischen  Publika- 
tionen nicht  unsern  Erwartungen  und  lassen  manchen  Wunsch 
unerfüllt. 

L  Badische  Bibliothek.  Systematische  Zusammenstellung 
selbständiger  Druckschriften  über  die  Markgrafschaflen,  das  Kur- 
fürstenthum  und  Grossherzogthum  Baden.  I.  Staats-  und  Rechts- 
kunde. Erster  Band.  Einleitung.  Erster  Zeitraum:  Die  Mark- 
grafschaften und  das  Kurfürstenthum.  Zweiter  Zeitraum:  Das 
Grossherzogthum.  Staatsrecht  und  Verwaltung.  Karlsruhe,  A.  Biele- 
feld,  1897.    80.    XU,  211   S. 

Aus  dem  Schlüsse  des  Vorworts  (S.  VI)  kann  man,  wenn 
man  will,  entnehmen,  dass  das  vorliegende  Werk  eine  Publikation 
der  Grossh.  Hof-  und  Landesbibliothek  Karlsruhe  ist;  gesagt  wird 
es  nirgends.  Ebensowenig  erfahrt  man  etwas  Genaueres  über 
etwaige  Fortsetzungen.  Nur  ein  nicht  ganz  klarer  Satz  an  der- 
selben Stelle  im  Vorwort  giebt  einige  Andeutungen:  »Ohne  in 
Wettbewerb  zu  treten,  soll  dieselbe  [die  »Badische  Bibliothek«] 
aus  einer  Reihe  von  sachlich  geordneten  Schnftenverzeichnissen 
über  Badische  Staats-,  Rechts-  und  Landeskunde  im  weitesten 
Sinne  bestehen«.  Nicht  im  Entferntesten  hält  das  Werk,  was  der 
Titel  verspricht.  Unter  »Badische  Bibliothek«  kann  man  nur  eine 
Badische  Bibliographie  verstehen,  d.  h.  ein  Verzeichnis  al!er 
Schriften,  die  Baden  betreffen.  Aber  im  Vorwort  wird  mitgeteilt, 
dass  es  sich  nur  um  den  Bestand  der  Badischen  Abteilung  der 
Karlsruher  Jlof-  und  Landesbibliothek  handelt.  Da  uns  nun  der 
letzte  Satz  des  Vorworts  berichtet,  dass  »das  Unternehmen  auch 
hohe  Förderung  durch  die  Grossherzogliche  Regierung  und  die 
Landstände  gefunden'<  hat,  so  ist  nicht  verständlich,  warum  die 
Bestände  der  übrigen  Badischen  Bibliotheken  einfach  ignoriert 
wurden.  So  ist  es  denn  gekommen,  dass  das  Werk  von  A.  Bingner, 
Literatur  über  das  Grossherzogthum  Baden  .  .  ,  von  ca.  1750  bis 
1854,    vielfach    reichhaltiger    ist,    als    die    »Badische  Bibliothek«. 


Zeitschriftensdiau  und  Litteraturnotizen. 


335 


Höchst  bedauerlich  ist  eine  weitere  Beschränkung.  Die  »Bibliothek« 
▼erzeichnet  nur  die  selbständigen  Druckschriften  und  lässt  die 
gesamte  Zeitschriftenlitteratur  unberücksichtigt.  Es  fehlen  somit 
die  wichtigsten  Arbeiten,  die  zufällig  in  einer  Zeitschrift  erschienen 
sind,  während  die  unwichtigsten  Verordnungen  u.  dergl.,  weil 
selbständig  erschienen,  Aufnahme  gefunden  haben  (vgl.  S.  30  ff.). 

—  Die  grössten  Bedenken  muss  aber  die  ganze  Anlage  der 
»Bibliothek«  hervorrufen.  Eine  derartige  landeskundliche  Biblio- 
graphie kann,  meines  Erachtens,  nur  nach  einem  System  her- 
•4:estellt  werden:  dem  amerikanischen.  Ein  einziges  Alphabet 
vereint  Siichworte  und  Autorennamen,  nur  durch  verschiedene 
Typen  gekennzeichnet.  Statt  dessen  haben  die  Eearbeiter  der 
^Bibliothek«  eine  sachliche  Einteilung  gewählt,  in  der  sich  niemand 
zurecht  finden  wird,  welche  die  Benutzung  ungemein  erschwert. 
Nicht  einmal  die  selbstverständliche  Forderung  eines  Registers 
wird  erfüllt.  Ein  Verweisen  auf  die  einzelnen  Stellen  der  »Biblio- 
thek«, ein  Zitieren  nach  derselben  ist  unmöglich,  da  die  bei 
einer  sachlichen  Anordnung  unbedingt  notwendige  durchlaufende 
Numerierung  unterblieben  ist.  In  jeder  Gruppe  nun  werden  die 
Schriften  nicht  etwa  alphabetisch  nach  dem  Verfassemamen  oder 
bei  anonymen  Schriften  nach  einem  Stichworte  aufgeführt,  sondern 
die  Bearbeiter  haben  die  chronologische  Eolge,  nach  dem  Er- 
scheinungsjahr der  Schriften,  gewählt.  Auch  dies  erleichtert 
keinesfalls  das  Aufsuchen  bestimmter  Werke.  Da  der  Kaum  hier 
nicht  gestattet,  das  Werk  Seite  für  Seite  durchzugehen,  so  seien 
nur  folgende  Einzelheiten  angeführt.  S.  i.  Die  i.  Gruppe  führt 
die  Cberschrift  «Gesammt-Darstellungen«,  aber  als  Unterabteilung  A. 
erscheinen  nicht  etwa  Darstellungen,  sondern  »Hof-  und  Staats- 
handbücher-:-.  Diese  Werke  hätten  dorthin  gehört,  wo  die  Schriften 
über  das  »Staatsdicnstwesen^  Aufnahme  gefunden  haben  oder  hätten 
vor  die  Hauptgruppe  »Gesammt-Darstellungen«  gesetzt  werden  sollen. 

—  S.  3.  ''Handbuch  für  Baden  und  seine  Diener.  .  .  .  Heidel- 
berg .  .  .  1846«'.  Hier  hätte  der  Zusatz  nicht  fortgelassen  werden 
dürfen,  der  das  Wichti2:ste  am  Titel  ist:  »oder  Verzeichniss  aller 
bad.  Diener  vom  J.  iji^o—  1840*.  —  S.  3.  )*UniversaI-Lexikon  .  .  .« 
Der  Herausgeber  Huhn  hätte  in  eckigen  Klammern  beigefügt 
werden  müssen.  Die  allgemein  anerkannte  bibliographische  Vor- 
schrift, Zusätze  des  Bearbeiters  zum  Titel  in  eckigen  Klammern 
zu  bringen  und  dadurch  als  nicht  zum  Titel  gehörig  zu  kenn- 
zeichnen, wird  von  den  Karlsruher  Bearbeitern  nicht  beachtet. 
Wohingegen  die  Wiedergabe  des  Erscheinungsjahres  durch  latei- 
nische Zahlzeichen  (z.  B.  S.  13:  CIDIOCMJ  (it)oo)  'i»^*^t  biblio- 
^'raphische  Genauigkeit,  sondern  Spiekrei  ist.  —  S.  13.  »Dümge, 
Carl  George,  Regesta  B.idenia.  .  .  .'■  muss  hcissen:  ^^Dümt:d, 
Carl  George,  Regesta  Badmsia  .  .  .<\  —  S.  16  u.  17.  Der 
oben  schon  erwähnte  Missj»riil"  ilor  chronologischen  Anorilnun:^ 
bringt  es  mit  sich,  dass  zu  einander  i:ehi»rige  Werke  grirennt 
werden.     So  finden  wir  auf  S.    10    das  genealogische  Werk    von 


^^6  .ZeitschriAenschau  und  Litteratumotizen. 

Gast,  durch  eine  volle  Seite  getrennt,  S.  17,  das  von  v.  d.  Becke- 
Klüchtzner.  —  S.  20.  »Bericht,  Grundtlicher  .  .  .«  Dieses 
Werk  ist  rein  historisch,  es  bildet  seltsamerweise  eine  Gruppe  (B.- 
Durlachische  Occupation)  zwischen  zwei  juristischen:  »A.  Das  Land- 
recht der  Markgrafschaft  Baden-Baden  mit  den  Herrschaften  Lahr 
und  Malberg  (Mahlberg)c  —  und:  »C.  Einzel-Gesetze  and  -Ver- 
ordnungen«. Welche  Gesichtspunkte  eine  derartige  Einteilung 
bestimmt  haben,  ist  mir  nicht  klar.  —  S.  20.  In  demselben 
gesperrten  Drucke,  mit  dem  Verfasser  der  aufgeführten  Werke 
gekennzeichnet  werden,  lesen  wir:  »Francisca  Sibylla  Aug  usta.c 
Und  welches  Werk  hat  sie  verfasst?  »Formular  eines  Passes 
zur  Entrichtung  Franzüscher  [!]  Contributionen  (Passierschein)«. 
S.  30  dagegen  steht  ein  Ehescheidungsformular,  das  unter 
Magdalena  Wilhelmina.  angewandt  wurde,  nicht  unter  diesem 
Namen,  sondern  unter  dem  Stichworte  »Formular«.  —  S.  24. 
In  der  Gruppe:  »III.  Baden-Durlach,  Hachberg  und  die  ver- 
einigte Markgrafschaft.  A.  Allgemeines«  —  finden  wir:  »Ludwig, 
Theodor,  Der  badische  Bauer  im  18.  Jahrhundert.  .  .  .«^  Ich 
möchte  dieses  Werk  nicht  in  der  Gruppe  »Allgemeines«  suchen, 
sondern  wohl  bei:  »C.  Einzel-Gesetze  und  -Verordnungen. 
8.  Unterthanenschaft  und  Leibeigenschaft«.  (S.  28  ff.).  —  S  26. 
»von  Frei  Stadt«  ist  nicht  der  Verfasser  der  »Briefe  über  die 
Verfassung  in  der  Markgrafschaft  Baden«,  sondern  nur  der 
»Berichtigung  des  9.  Briefs  über  die  Verfassung.  .  .  .«  Als 
Erscheinungsort  der  2.  Aullage  der  »Briefe«  hätte  Basel  angegeben 
werden  können.  —  S.  35.  Als  16.  Gruppe  erscheint:  »Sitten- 
und  Luxus-Polizeiv<.  Es  wird  aber  nicht  ein  einziges  Werk  auf- 
geführt, das  zur  »Sittenpolizei«  gehört;  derselbe  Fehler  findet  in 
der  Gruppe  :^Sittenpoiizei*  auf  S.  132  statt,  wo  zwei  Schriften 
über  die  Sonntagsheiligung  aufgeführt  werden.  Das  Wort  »Sitten- 
polizei« ist  nach  meiner  Meinung  ein  terminus  technicus  und 
bezieht  sich  auf  denjenigen  Zweig  der  Polizei,  der  sich  mit  der 
Überwachung  u.  s.  w.  der  Prostitution  abgiebt.  —  Der  auf  S.  132 
befindliche  Hinweis  »s.  II  A  i«^  ist  mir  unverständlich,  denn  der 
^Jahresbericht  des  Grossh.  Ministeriums  des  Innern«-,  auf  den 
hingewiesen  wird,  steht  nicht  in  der  Gruppe  II  A  i  auf  S.  107  f. 
—  S.  37.  »Mühlhäuser,  K.,  Die  Volksschule  .  .  .«  Es  sieht 
etwas  seltsam  aus,  dass  hier  einmal  ein  Artikel  aus  der  Zeitschr. 
f.  d.  Gesch.  d.  Oberrheins  aufgeführt  wird,  weil  er  in  der  Karls- 
ruher Bibliothek  in  einem  Sonderdruck  vorhanden  ist.  Wir 
finden  dieses  öfters.  Eine  Inkonsequenz  gegenüber  dem  im  Vor- 
wort Gesagten,  ist  es  auch,  wenn  die  Bearbeiter  an  einigen  Stellen 
Werke  aufführen,  die  in  der  Karlsruher  Bibliothek  nicht  vor- 
handen sind.  Z.  R.:  S.  45  (Stein),  S.  58  (Rettung,  Beweiss), 
S.  59  (Bericht),  S.  68  (Ableinung,  Widerlegung),  S.  73  (Wider- 
legung), S.  79  (Memoire),  S.  102  (Über  die  Frage:).  —  S.  48  ff. 
In  die  Gruppe  38 :  *Das  Militär- Wesen.  Schützengesellschaften«: 
hätte    die    oben    erwähnte    von    Freystädt'sche   Berichtigung    des 


Zeitschrifienschau  und  Litteraturnotiien. 


337 


9.  »Briefes«  gehört,  da  der  9.  Brief  ausschliesslich  das  Militür- 
wesen  betrifft.  —  S.  52.  »K.,  D.  J.  L.  Das  Occupationsrecht .  . .«. 
Es  dürfte  allgemein  bekannt  sein,  dass  »Johann  Ludwig  Klüber« 
der  Verfasser  dieses  Werkes  ist.  Dasselbe  bezieht  sich  keines- 
wegs ausschliesslich  auf  Baden.  Hier  hätte  auch  die  Klüber'sche 
Schrift  »Ober  Einführung,  Rang,  Krzämter  .  .  .  der  neuen  Kur- 
fürsten. Erlangen  1803«  angeführt  werden  müssen.  —  S.  59. 
»Geschichts-Erzehlnng,  .  .  .«,  hat  mit  Baden  nichts  zu  thun. 
—  S.  59.  Statt  1  Grafenstein«,  muss  es  »Grävenstein«  heissen,  das 
übrigens  nicht  Amt,  sondern  Herrschaft  war.  —  S.  71.  Statt 
^Bösigheim«  muss  es  »Besigheim«  und  statt  »Mundolsheim«  muss 
es  »Mundeisheim«  heissen.  —  S.  71.  »Der  Streit  mit  Württem- 
berg« hat  mit  der  »Grafschaft  Sponheim«,  unter  welchen  Begriff 
er  hier  untergeordnet  erscheint,    nichts  zu  thun.     Kr   hätte    eine 

Gruppe  VIll  für  sich  bilden  müssen.  —  S.  93.    »X.  Y.  Z «, 

Der  Verfasser  der  anonymen  Schrift  ist  Prof.  Neumann  in  Frei- 
burg. —  S.  106.  Es  ist  nicht  ersichtlich,  mit  welchem  Rechte 
in  iler  Gruppe  »Innerpolitische  Verhältnisse«  die  Biographie  des 
Staatsministers  Jolly  aufgeführt  wird.  Wenn  sie  aus  der  Gruppe 
der  Biographien  herausgenommen  und  hierher  gesetzt  wurde, 
weil  JoUy's  Leben  und  Wirken  ein  Glied  der  »Innerpolitischen 
Verhältnisse«  bildet,  dann  hätten  hierher  auch  die  übrigen 
Biographien  Badischer  Staatsmänner  gehört,  z.  H.  eines  Mathy, 
oder  die  Denkwürdigkeiten  Bluntschlis.  —  S.  165.  vTrenkle,  J.  B., 
Der  Korker  Waldbrief  von  1476.  .  .  .«  gehört  nicht  hierher,  da 
Kork  erst   1803  badisch  wurde.   — 

Wie  ich  im  Eingange  meiner  Besprechung  sagte,  hätte  der 
Titel  »Badische  Bibliothek«  verlangt,  dass  mindestens  auch  die 
Bestände  der  übrigen  Badischen  Bibliotheken  berücksichtigt  worden 
wären.  Höchstwahrscheinlich  wäre  der  Zuwachs  an  Litteratur  ein 
bedeutender  gewesen.  Ein  flüchtiger  Blick  in  die  Bestände  einer 
Bibliothek,  die  sich  die  Sammlung  Badischer  Litteratur  durchaus 
nicht  zur  Aufgabe  gemacht  hat,  der  Kaiserl.  Universitäts-  und 
Landesbibliothek  Strassburg,  ergab  folgende  Ergänzungen: 

Zu  S.  27:  Articies  secrets  des  trait^s  de  paix  de  hi  Repu- 
blique    franvaise    avec  .  .  .  le    Duc   de  Würtemberg    et   le  Marg- 
^rave  de  Bade.   [Auch  mit  deutschem  Titel  und  Text]  Maynz  i7üg. 
—  Zu  S.  52:  Bluntschli.  Das  13.  Organisat.  Edikt  Karl  Friedrichs. 
^Festrede.)    Heidelberg   1877.  —  Zu  S.  79:    [Klüber,   Joliann 
X^udwig].     Der    Sponheimische    Surrogat-    und    Successionsstreit 
zwischen  Baiern  und  Baden.    Giessen   1828.  —  Beantwortung 
^er   Denkschrift  von  Baden  gegen  Bayern    wegi»n  der  Bestellung 
«ines  Surrogats  für  die    zwischen    beiden  Häusern    gemeinschaft- 
liche Grafschaft  Sponheim.    München  1827.  —  Zu  S.  oq:  Über- 
sicht. Kurze,  über  die  Beschwerden  der  Reichs-Ritterschaft  .  .  . 
in  dem  Königreich  Würtomberg   und  Grossh.    I^aden.      Teutsch- 


3 lg  Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotisea. 

Die  wissenschaftliche  Grundlage  deg  i.  Bandes  der  »Badischen 
Bibliothek«  muss  unbedingt  anerkannt  werden;  -  Leider  ist  die 
ganze  Anlage  des  Werkes  eine  derartige,  dass  sie  die  Benutzung 
desselben  durchaus  nicht  erleichtert. 

II.  Gänzlich  anders  sieht  sich  das  zweite  Werk  an,  das  zur 
Besprechung  vorliegt. 

Blum  stein,  Felix.  Stud.  rer.  nat.  Excerpta  e  cata- 
logo  bibliothecae  civitatis  Argentinensis.  Argentorati,  typis 
F.  X.  LeRoux  1897.  80,  IV,  164  S.  Dieser  Katalog  ist  die  Arbeit 
eines  unreifen  Dilettanten,  den  nicht  die  geringste  Sachkenntnis 
zur  Abfassung  befähigte.  Zwei  Umstände  nötigen  mich  hier  zu 
einer  Besprechung  dieses  Werkes.  Einmal  ist  das  Buch  auf 
Kosten  der  Stadt  Strassburg  gedruckt,  sodann  brachte  die  an- 
gesehenste politische  Zeitung  des  Reichslandes  eine  Anzeige 
voller  Lobeserhebungen.  Der  Verfasser  will  mit  seinem  Katalogs- 
auszuge dem  Publikum  nützen.  Es  ist  aber  unerfindlich,  wie 
Jemandem  damit  gedient  sein  soll,  dass  ihm,  statt  der  Titel  der 
vorhandenen  Werke,  die  systematische  Gruppeneinteilung  der 
Strassburger  Stadtbibliothek  mitgeteilt  wird.  Der  Benutzer  erfahrt 
z.  B.  nicht,  welche  Werke  über  »Biblische  Geschichte«  vorhanden 
sind,  sondern  muss  sich  mit  den  Worten  »Biblische  Geschichte-^ 
begnügen.  Dies  wiederholt  sich  fortwährend.  Wenn  wir  wissen 
wollen,  welche  Werke  uns  in  der  Stadtbibliothek  über  Bismarck 
zur  Verfügung  stehen,  so  erfahren  wir  S.  63:  »Ueber  Bismarck«:. 
Aber  auch  diese  Gruppeneinteilung  ist  eine  höchst  merkwürdige; 
in  der  Gruppe  »Naturgeschichte«  finden  wir  auch:  »Militärwissen- 
schaften, Festungswesen,  Dienstvorschriften,  Statistische  Doku- 
mente, Kriegswesen«!  In  der  Abteilung  »Medizin«  giebt  es  eine 
Gruppe:  > Spitalwesen  und  Militärärzte«!  Wird  der  Verfasser  aus- 
führlicher, so  führt  er  hintereinander  Autornamen  an,  ohne  ihre 
Werke  zu  nennen.  Wird  aber  sogar  der  Titel  eines  Werkes  uns 
mitgeteilt,  so  hütet  der  Verfasser  sich  wohl.  Ort  und  Jahr  des 
Erscheinens  anzugeben.  Von  dem  Umfange  eines  Werkes,  von 
seiner  Seitenzahl  erfahren  wir  nie  etwas.  Die  Fehler  zählen  nach 
Hunderten.  Leider  verbietet  der  mir  zur  Verfügung  stehende 
Raum,  auch  nur  eine  beschränkte  Zahl  der  schlimmsten  Fehler 
anzulühren.  Nur  folgende  seien  erwähnt:  S.  102:  Der  Verfasser 
von  ::Pensons-y  et  parlons-en!«  heisst  nicht  ^»Heinrich«,  sondern 
:?Heimweh,  Jean«  oder  mit  seinem  richtigen  Namen  »Sick«.  —  Auf 
S.  103  erfahren  wir,  dass  es  noch  1874 — 79  eine  Herrschaft  Hanau- 
Lichtenberg  gab,  sowie  vFamiiien  vom  Oberelsass«.  —  S.  luo: 
Das  rätselhafte  Wort  »Haus  Kastner«  soll  bedeuten:  Fundgegen- 
siände  aus  dem  Kastner'schen  Hause.  —  »Hans  Witte«  heisst 
S.  121:  Hanswiite \  —  Hin  wahres  Rätsel  bieten  (S.  122)  die 
mittelalterlichen  Dichter  »Müller  et  Richard«,  deren  Werk  >Henri  - 
Laufcnberg-  heissen  soll.     Dahinter  steckt:  »Müller,  Richard  ¥.d.^ 

Heinrich  Loufenberg  .   .   .     [Strassb.]  In.-Diss.     Berlin   1888.«  

Als  Dichter    des    lö.  Jahrb.    lernen    wir   S.    122    Schorbach    un 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen. 


339 


a]s  Dialektdichter  S.  123  Mündel  kennen!  —  Dass  der  Verfasser 
seinen  Heimatsdialekt  nicht  kennt,  zeigt  er  S.  126  durch  den 
falschen  Titel  des  Reibey'schen  Werkes.  —  Auf  die  Druckwerke 
fol2«n  die  Handschriften.  Der  Verfasser  meistert  im  Vorworte 
Kud.  Rcuss,  der  kurz  vorher  in  der  »Revue  d'Alsacex  die 
elsässischen  Handschriften  der  Stadtbibliothek  verzeichnet  hatte. 
Hätte  er  doch  nur  Reuss  wörtlich  abgeschrieben,  wie  viele  Fehler 
hätte  er  dann  vermieden!  E.  M, 

Kin  beachtenswerter  Aufsatz  von  Adolf  Schmidt  im  März- 
Hefte  der  ^Zeitschrift  für  Bücherfreunde«  II,  497 — 506  (-»Die 
Hibliothek  Moscheroschs<L)  enthält  eingehende  Mitteilungen 
über  die  im  Jahre  1669  für  die  Darmstädter  Hof  bibliothek  erworbene 
reichhaltige  Bücher-  und  Handschriftensammlung  dos  Dichters, 
zu  welcher  derselbe  schon  als  Knabe  in  der  Strassburger  Schul- 
zeit den  Crrundstock  gelegt  hat.  Einträge  in  den  Büchern,  sowie 
vor  allem  tagebuchartige  Aufzeichnungen  in  Schreibkaiendcrn 
aus  dem  Jahre  1619—23  und  I02c/ — 30,  aus  denen  Schmidt 
im  Kuphorion,  V,  48  —  50  Einiges  schon  mitgeteilt  hat  und  weitere 
Verurtentlichungen  in  Aussicht  stellt,  erschliessen  für  eine  Lebens- 
beschreibung Moscheroschs  neues,  wertvolles  Material;  auch  für  die 
Strassburger  Ortsgeschichte  ist  dasselbe  von  Belang,  ebenso  eine 
Anzahl  aus  der  Zeit  seines  Strassburger  Fiskalats  stammender» 
zum  Teil  von  ihm  selbst  entworfener  Verordnungen.        K,   (). 

Das     >Rappoltsteinische    Urkundenbuch    759 — i5nO'^ 
1  Herausgegeben  von  Karl  Albrecht)  ist  soeben  mit  dem  fünften 
Bande    iColraar,    Barth.    VIII    u.    720  Seiten)    zu  P'^nde    geführt. 
Dieser  Band  umfasst  ohne  die  Nachträge  die  Zeit  von  1473 — 1500 
und  enthält   1573  Nummern.     Man  wird   nicht    läugnen    können» 
dass  viele  von  ihnen  unorhebliih  sind,  wenn  man   sich    auch    im 
L'anzen     freuen    mag,     dass    dieses    erste    elsässische    Dynasten- 
urkundenbuch     nicht    auf    eine     Auswahl     ausging.      Clegenüber 
manchen  unwichtigen  Stücken  gewähren  eine  Krlabung  die  leitler 
auseinander  gerissenen  Familiennachrichten  Ulrichs  von  Rappolt- 
>tein,  der  von  seinen  Verwandten  ein  lebensvolleres  Bild  (nr.  if-oo) 
entwirft,  als  man  sich  aus  den  Urkunden  gestalten  kann.     Trotz 
der    Seibstbekenntnisse     in     nr.     1300     würde    der    verbummelte 
Bastian   von  R.   st»nst  nicht    so   leihhaft    vor   Aui^en    stehen.      Ab- 
gesehen von  dem   spezifisch   Kappnltsieinisrhen,   iTingl  der   Ilan«! 
auch    für    andere   (iebiete    mancherlei,    für    die    Ihir^^underkriene, 
für  lue    Herrschatt  CJeroKlseck   am   Wasiihen   l^eit    I4>^4    rappolt- 
sieini^ch)    untl    C>ch.senstein    •ehen-'U     i  p;  —  <*f»-,    für    die    oster- 
reichische  Landvoiiiei,    die   Wilhehn    von   R.    zweimal    verwaltete. 
Viele   Stücke   beiretien   die   bekaiintt*  Walltahrt^kapelle   im   Dust-n- 
bai.h,  einige  die   rfeiferbruderschatt.     In   nr.    i:?i4    hollt  man  <lir 
Ordnung  der  Pfeifer  zu   erhalten,  aber  der  n«*raiHg«'i»iT  I  i-^s:   nji« 
knizweg  fürt.     Bei  di-m  Man-iel  an  wirklicl»   intere»ani«M:  StiKKi-n 


340 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotxsen. 


ist  ein  solches  Verfahren  unbegreiflich,  und  dabei  hat  Herausgeber 
bei  der  Stückbeschreibung  jedes  Mal  auch  bei  dem  von  nr.  692 
an  eingeführten  abkürzenden  Verfahren  Raum  genug,  um  Grösse, 
Wasserzeichen  der  Vorlage,  Art  der  Besiegelung  —  doch  ohne 
Beschreibung  des  Siegels!  !  —  und,  selbst  wenn  das  Original 
vorliegt,  jüngere  Abschriften  und  Übersetzungen  mitzuteilen. 
Kine  solche  Oberschätzung  von  Äusserlichkeiten  unter  Verkennung 
des  Inhalts  bringt  schliesslich  auch  d  i  e  Kritik  in  Harnisch,  die 
vor  allem  durch  die  Freude  über  jedes  ernste  wissenschaftliche 
Unternehmen  geleitet  wird  und  sich  an  den  Sonderbarkeiten  der 
Edition  im  allgemeinen  nicht  stösst.  Ich  bin  nie  Prediger  für 
eine  unter  allen  Umständen  innezuhaltende  Editionsmethode 
gewesen;  aber  es  ist  bei  jedem  Urkundenbuche  zu  verlangen, 
dass  der  Herausgeber  den  Band  nicht  mit  gänzlich  gleichgültigem 
Ballast  beschwert.  Was  soll  es  heissen,  wenn  Abschriften  eines 
im  Original  vorhandenen  Schuldbriefes  aufgezählt  werden !  Auf 
den  Mangel  jeder  Siegelbeschreibung  habe  ich  hier  schon  Band  VI, 
331    hingewiesen. 

Das  Register,  das  gleichfalls  zu  viele  Kleinigkeiten  berück- 
sichtigt, ist  auch  dieses  Mal  keineswegs  frei  von  Fehlern  (ßuchheim, 
Flersheim,  Glattburg  u.  s.  w.).  Beigegeben  ist  ferner  ein  Stamm- 
baum und  eine  Fortsetzung  desselben  bis  zum  Erlöschen  des 
Mannesstammes  1673.  Aul  die  Obersicht  derjenigen  Fürsten, 
welche  in  weiblicher  Linie  von  den  letzten  Rappoltsteinern  ab- 
stammen, hätte  man  wohl  Verzicht  leisten  können. 

Aber  all'  die  Mängel  dieses  Urkundenbuches  sollen  unsere 
Freude  und  unsern  Dank  nicht  zurückdrängen.  Der  Heraus- 
geber hat  21  Jahre  mit  unendlichem  Fleisse  an  dem  Werke 
gesessen,  das  mit  dem  fürstenbergischen  das  einzige  am  Ober- 
rhein veröftentlichte  dynastische  Urkundenbuch  ist,  das  die 
Schwelle  der  Neuzeit  erreicht  hat.  Und  sein  Inhalt  bietet 
namentlich  der  Geschichte  des  Oberelsasses  reichen  Stoff.  Dank 
gebührt  auch  dem  elsässischen   Ministerium.  A.  Scßiulit. 

In  dem  Aufsatze  »Die  Predigten  des  Franziskaners  Johannes 
Paulis;  (Historisches  Jahrbuch  10,4)  stellt  A.  Linsenmayer 
nochmals  die  aus  den  Forschungen  Kübels  und  Boltes  bereits 
bekannten  Daten  zur  Lebensgeschichte  dieses  fast  nur  als  Ver- 
fasser des  Volksbuches  ^/Schimpf  und  Ernste  und  Herausgeber 
der  Predigten  Johann  Geilers  beachteten  Mönchs  zusammen, 
der  während  seiner  ganzen  Lebenszeit  Klöstern  der  oberrheinischen 
Gegend  —  Villingen,  Basel,  Strassburg,  Schlettstadt,  Colmar  und 
'ihann  —  in  verschiedenen  Stellungen  angehört  hat.  Der 
A'illinger  Zeit  entsiammen  die  in  einer  Hs.  der  kgl.  Bibl.  zu 
BtTÜii  (.Mscr.  germ.  1069)  erhaltenen  Reste  der  Vorträge,  die 
ein  Urteil  über  Paulis  Predigtweise  ermöglichen:  sie  sind  im 
dortigen  Clarissinnenkloster,  wo  sie  in  den  Jahren  1492  —  93 
gehalten  sind,  aufgezeichnet  worden.     In  ihrem  Verfasser  lernen 


Zeitschrifienschau  und  Litteraturnotizen. 


34« 


wir  einen  begabten  Kanzelredner  kennen,  der  vornehmlich  wegen 
seiner  tiefen  Auffassung  von  Sündenvergebung  und  Ablasswesen 
und  seines  srraden,  mannhaften  Auftretens  gegen  jedwede  Art 
von  religiöser  Heuchelei  sympathisch  erscheint.     Hans  Kaiser, 

In  den  »Darstellungen  aus  der  bayerischen  Kriegs-  und 
Heeresgeschichte«,  Heft  7,  S.  20 — 46.  schildert  H.  Fahrm- 
ba  eher  nach  den  Akten  des  Münchner  Kriegsarchivs  den  Kampf 
um  die  Rheinschanze  bei  Mannheim  vom  25.  Jan.  1798^ 
mit  der  das  letzte  deutsche  Bollwerk  auf  dem  linken  Rheinufer 
mitten  im  Waffenstillstand  infolge  eines  feindlichen  Überfalles 
nach  wackerer  Verteidigung  in  die  Hände  der  Franzosen  riol; 
der  mutigen  Entschlossenheit  des  Jägerhauptmanns  von  Metzin, 
sowie  des  Oberstleutnants  von  Traitteur  war  es  dabei  lediglich 
zu  verdanken,  dass  nicht  auch  die  Festung  Mannheim  durch 
feindlichen  Handstreich  genommen  wurde.  Von  Interesse  ist 
auch  das  diplomatische  Nachspiel  dieses  Gewaltaktes:  die  Ver- 
handlungen wegen  Zurückziehung  der  französischen  Trupjien 
vom  rechten  Rheinufer  und  einer  Entschädigung  der  Angreifer 
lür  ihre  namhaften  Verluste,  doch  ist  die  Darstellung  dieser 
Verhandinngen  nach  den  Berichten  Trailteurs,  die  mit  seinem 
schriftlichen  Nachlasse  kürzlich  vom  Karlsruher  Arcliive  erwt>rl)en 
worden  sind,  in  manchen  Tunkten  nicht  einwandsfrei  und  zu 
berichtigen.  A'    O. 

In  der  Revue  de  Paris  \  I.  14211.  (Nov.  iSgS)  verOtTentlicht  L. 
Pingauil  (Un  prrfet  lie  Napoleon  l*"")  eine  interessante  Stutlie 
über  Jean  de  15ry,  in  der  er  die  Verdienste  des  Mannes,  tlen  NapoUon 
Selbst  einmal  als  den  besten  seiner  Präfektcn  bezeirhnet  hat,  um 
die  Verwaltung  des  Doubsdepartements  schildert:  vor  allem  srine 
Fürsorge   für  den   Unterricht,  tler  P.esanvon  seine  Aka«lemic  ver- 
dankt.    Bekanntlich  hat  auch  der  iJailener  Nebenius,  \o\\  Reitzen- 
stein   empfohlen,  sich  unter  seiner  Leitung  mit  den  F.inrichtun;^en 
der   französischen    Verwalluntr    vertraut   uenKicht.     Bemerkenswert 
ist    de    liry's  Verhalten    gegenüber    der  Restauration,    die    seiner 
amtlichen    Thätigkeit    für    immer    ein    Ziel    setzt:   <\\ii   ^chwäclleu 
^vincs    Charakters  treten  hier  in  greller  Weise  hervor. 

A:   Ohtf. 

Eine  volkstümliche  Cie>»..hichie  der  badis«'lien  Revolution 
^iebt  das  Ruch  K.  Hagenmt'vers  Die  Revolutionsjahre 
1  S48  4Q..  (Mit  vielen  Abbildungen.  Karlsruhe,  J.  |.  Reill  iSoo. 
1  Ol  S.  8.  I  M.  5»»  Pf.  I  Die  EreiL;nis>e  sind  im  allgemeinen 
richtig  erzählt;  auch  ist  das  Trteil  ein  tlurchaus  massvolles  und 
Oürfle  in  wesentlichen  Puiiklen  zu  Ueansiantlungen  keinen  AhIji^n 
Vi  eben.  Schilderungen  eiirener  Krlel»nisse  des  Vertiissrrs  und 
si-olcher    anderer   Zeiii^enossen    sind    vielfach    in    die    D:irsi<ÜniiLi 


^A2  Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen. 

ver woben  und  beleben  dieselbe.  Zu  S.  137  sei  bemerkt,  dass 
Fickler  nicht  Professor,  sondern  ursprünglich  Kaufmann  und 
später  Redakteur  war;  es  liegt  eine  Verwechslung  mit  dem 
gleichnamigen  durch  seine  Forschungen  auf  dem  Gebiete  der 
heimischen  Geschichte  bekannten  Schulmanne  vor.  -r. 


Im  Januarheft  der  »Deutschen  Revue«  Jahrg.  1899  S.  18 — 34 
veröfl'entlicht  Luise  von  Kobell  (^Die  bayrische  Mobili- 
sirung  und  die  Anerbietung  der  deutschen  Kaiserkrone^^) 
nach  Erinnerungen  ihres  verstorbenen  Gatten,  Staatsrats  v.  Eisen- 
hart, Mitteilungen  über  die  bayrische  Politik  im  J.  1870,  die 
mehrfach  nur  wiederholen,  was  die  Verfasserin  schon  in  ihrem 
Buche :  Unter  den  vier  ersten  Königen  Bayerns,  München  1 894  II, 
S,  130  ff.  berichtet  hat,  aber  auch  manches  Neue  von  Interesse 
enthalten.  Auch  zur  Geschichte  der  badisch-bayrischen  Bezieh- 
ungen. Was  über  die  Absichten  Bayerns  auf  eine  Gebiets- 
erweiterung auf  Kosten  Badens  durch  Abtretung  eines  Teiles 
der  rechtsrheinischen  Pfalz  bemerkt  wird,  bestätigt,  was  weiteren 
Kreisen  durch  die  Biographie  des  Staatsministers  Jolly  (S.  188) 
bekannt  geworden  ist;  aus  den  vorliegenden  Aufzeichnungen 
«rsehen  wir,  dass  die  Verstimmung  König  Ludwigs  über  die 
Vereitelung  seines  Planes,  der  an  Bismarcks  entschiedenem  Wider- 
spruche von  vornherein  gescheitert,  sich  auch  in  späteren  Jahren 
nicht  völlig  verloren  hat.  Näheres  erlahrt  man  sodann  auch 
über  die  Sendung  Geizers  nach  München,  welche  dieser  im 
November  1870  aus  Auftrag  des  Grossherzogs  von  Baden  über- 
nommen, um  den  König  zu  bestimmen,  dem  Könige  von  Preussen 
die  deutsche  Kaiserkrone  anzutragen,  und  über  seine  Unter- 
redung mit  Eisenhart;  was  aus  der  letztern  mitgeteilt  wird,  bildet 
den  Inhalt  einer  Denkschrift,  die  von  Geizer  späterhin  dem 
König  übersaudt  worden  ist  und  sich,  was  der  Verfasserin  ent- 
gangen, in  der  Schrift  von  E.  Curtius:  Heinrich  Geizer,  S.  26  ff 
jrrösstenteils  ofedruckt  findet.  A".   Oher. 

Auf  die  inhaltreiche  Selbstbio^rraphie  des  Nestors  der  deutschen 
Künstlcrkolonie  in  Rom,  Prof.  von  Kopf  (Lebenserinnerungen 
eines  Bildhauers.  Von  Prof.  Josef  v.  Kopf.  Stuttgart  und 
Leipzig.  Deutsche  Vcrlagsanstalt.  1899.  544  *^»  ^^*  ^)  sei  mit 
Rücksicht  auf  seine  manigfachen  Beziehungen  zum  Badner  Lande 
auch  an  dieser  Stelle  hingewiesen.  Voll  Pietät  gedenkt  er  der 
Zeit,  die  er  im  Beginne  seiner  künstlerischen  Laufbahn  zu  Frei- 
burg in  der  Werkstätte  des  Meisters  Knittel  verbracht;  die 
Brunnenfigur  des  Berthold  Schwarz  stammt  aus  jenen  Tagen. 
Aus  der  spätem  Zeit  sind  vor  allem  von  Interesse  die  Schil- 
derungen aus  Baden-Baden,  wo  er  in  den  J,  1874  — 1892  fast 
regelmässig  allsommcrlich  zum  Besuche  verweilt  und  in  dem  ihm 
durch    die    Huld    des    Grossherzogs    überwiesenen    Atelier    ge- 


Zeitschriftenschau  und  Littenturnotizen. 


343 


arbeitet  hat,  die  Mitteilungen  über  seine  Beziehungen  zu  den 
ddrt  anwesenden  Fürstlichkeiten,  besonders  zu  Kaiser  Wilhelm 
und  seiner  Gemahlin,  sowie  die  Erinnerungen  an  den  Fürsten 
Kar]  Egon  von  Fürstenberg,  tür  den  er  eine  Reihe  von  Bild- 
werken geschaffen  und  dem  er  zur  Ausschmückung  der  Ileiligen- 
Derger  Schlosskapelle  sein  einstiges  Ismaelmodell,  den  talentvollen 
Maler  Ludwig  Seitz  empfohlen.  K,   O, 


Von  dem  Biographischen  Jahrbuch  und  Deutschen 
Nekrolog,  hg.  von  Antou  Bettelhcim  (Berlin,  Verlag  von 
G^.  Reimer)  ist  der  zweite  Band  erschienen,  der  die  Toten  des 
Jühres  i8q7,  sowie  Nachträge  und  Ergänzungen  zum  ersten  Band 
(ibgö)  umfasst.  Auf  Baden  entfallen  davon  die  nachstehenden 
Nekrologe,  deren  Verfasser  in  Klammern  beigesetzt  sind.  Anton 
I^a äsermann,  Landgerichtspräsident  in  Mannheim,  geb.  1821 
'von  VVeech).  Michael  Bernays,  Litterarhistoriker,  zuletzt  in 
Karlsruhe,  geb.  1834  (K.  Petzet).  Karl  ten  Brink,  Fabrikant 
in  Arien  bei  Singen,  geb.  1827  (von  Weech).  Karl  BruUiot, 
früherer  Hofopernregisseur  in  Karlsruhe,  geb.  1831  (Frhr.  von 
Merisi).  Ludwig  Degen,  kath.  Pfarrer  in  Konstanz,  geb.  1839. 
J«>h.  Christoph  Diez,  kath.  Pfarrer  in  Walldürn,  geb.  1826. 
Nikodemus  Diez,  kath.  Pfarrer  in  Stockach,  geb.  1806. 
J^^rthold  Gemehl,  Generalmajor  und  Kommandeur  des  bad. 
^'(^iidarmeriekorps  in  Karlsruhe,  geb.  1832.  Amand  Goegg, 
I'olitikcr  in  Renchen,  geb.  1820  (Brummer).  Karl  Ilolsten, 
Lniversitätsprofessor  der  Neu  testamentlichen  Exegese  in  Heidel- 
^^rg,  geb.  1825  (Hausrath).  Heinrich  von  Marquardsen, 
J*roles&or  des  Staatsrechts  an  der  Universität  Erlangen,  früher  in 
Ht^idelberg,  geb.  1825  (Rchra).  Eugen  von  Regenauer. 
I'räsident  der  Generalintendanz  der  Grossh.  Bad.  Civiiliste  in 
l^arlgruhe,  geb.  1824  (von  Weech).  Leonhard  Solmke,  Pro- 
fessor der  Phvsik  an  der  technischen  Hochschule  zu  ^lüncheii, 
'füher  zu  Karlsruhe,  geb.  1842  (von  Braunmühlj.  Otto  Stolze  1, 
^'•-neralmajor  a.  D.,  früher  Kommandeur  des  bad.  Gendannerie- 
torps  in  Karlsruhe,  geb.  18 13.  Wilhelm  Wattenbach,  Pro- 
fessor der  Geschichte  an  der  Universität  Jierlin,  frülier  in 
lleidelberg,  geb.  18 19  (v.  Bayer),  l^rinz  Ludwig  Wilhelm 
August  von  Baden,  geb.   182g  (l^otun).  K.  Br. 

Den  Teilnehmern  der  XIIL  Wanderversammlung  der  dculsclicii 
'^i^enieure  und  Architekten,  die  im  letztem  Herbst  zu  Freiburg 
>^att;:efunden,  hat  die  Ortsgruppe;  Freiburg  des  badischen 
Architekten-  und  Ingenieurvereins  mit  dankenswerter  Unter- 
'^^ützunrj  seitens  der  Stadt  in  dem  Prachtwurke:  Ereiburür  im 
»reisgau.  Die  Stadt  und  ihre  Bautt^n  (Druck  und  Vttrlag  von 
**•  M.  Poppen.  648  S.  mit  600  Abbildun.i^en  und  15  lieilii^miii) 
*=ni  Festgabe  gewidmet,  wie  sie  aus    ähnlichem  Anlass  iu  uluicli 


344 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotisen« 


vollendeter  Ausführung  wohl  selten  geboten  worden  ist.  Das 
Werk  will  unter  Berücksichtigung  der  geschichtlichen  Vergangen- 
heit der  Stadt  ihre  Bedeutung  für  die  deutsche  Kunst  vor  Augen 
führen:  was  die  Stadt  an  hervorragenden  Bau-  und  Bildwerken 
besitzt  —  und  ihre  Zahl  ist  nicht  klein  —  erfährt  daher  eine 
eingehende  Besprechung,  die  durch  eine  Fülle  trefflicher  Illustra- 
tionen wesentlich  gefördert  wird.  £s  soll  aber  auch  gleichzeitig 
dem  Fachmanne  einen  Überblick  über  die  Schöpfungen  der 
Neuzeit  auf  dem  Gebiet  des  Ingenieurwesens  und  des  Hochbaus 
bieten,  die  uns  die  Stadt  in  erfreulich  fortschreitender  £ut- 
wickelung  zeigen:  industrielle  Anlagen,  Leistungen  des  Wasser- 
und  Strassenbaus,  Staats-  und  Gemeindebauten,  bemerkenswerte 
Privatgebäude  u.  a.  fallen  darum  ebenfalls  in  den  Kreis  der 
Darstellung.  Air  diesen  Aufgaben  ist  die  Publikation  in  vollem 
Umfang  gerecht  geworden  dank  dem  opferfreudigen  Zusammen- 
wirken sachkundiger  Fachmänner,  welche  die  Bearbeitung  der 
einzelnen  Abschnitte  übernommen  haben.  £s  würde  zu  weit 
führen,  die  Namen  sämtlicher  Mitarbeiter  hier  aufzuführen;  ich 
verweise  vor  allem  auf  Fr.  Kempf,  der  mit  der  Beschreibung 
und  von  feinem  kritischen  Verständnis  zeugenden  Würdigung 
der  Mehrzahl  der  alten  Baudenkmäler,  insbesondere  auch  des 
Münsters,  die  Hauptarbeit  auf  sich  genommen,  sowie  auf  die 
architektonischen  Aufnahmen  und  Zeichnungen  der  Architekten 
Fritz  und  Oskar  Geiges,  Stamnitz,  Lembke,  Kempf  und  Merkel  jr., 
die  eine  Zierde  des  Buches  bilden,  das  für  die  in  ihm  behan- 
delten Gebiete  der  Baukunst  und  Technik  eine  Quelle  geschicb- 
licher  Erkenntnis  von  dauerndem  Werte  bleiben  wird. 

K,    Ohser, 


Le  vieux  Mulhouse  (Mulhouse,  Bader,  1897),  tome  II, 
550  S.,  enthält  die  »Mülhauser  Geschichten«  genannte  Chronik 
des  Josua  Fürstenberger  bis  1720  und  deren  Fortsetzung  bis 
1740  durch  Joh.  Heinr.  Reber.  Der  Abdruck  einer  weiteren 
Fortsetzung  bis  17Q7  durch  Josua  Hofer  ist  für  die  nächste  Zeit 
zugesagt.  Die  Hislorische  Kommission  der  Industriellen  Gesell- 
schaft von  Mülhausen  leistet  mit  dieser  Edition  eine  höchst 
dankenswerte,  aber  auch  höchst  nötige  und  längst  schuldige 
Arbeit.  Denn  wenn  auch  nicht  gerade  unser  Wissen  über  Mül- 
hausens  Vergangenheit  durch  sie  erheblich  erweitert  wird,  da 
ihr  wesentlicher  Inhalt  aus  der  Mülhausei  Geschichte  Grafs  längst 
bekannt  ist,  so  war  es  einerseits  doch  wichtig,  die  Quellen  Grafs 
gedruckt  vor  sich  zu  haben,  und  erheischte  es  andererseits  die 
Pllicht  der  Pietät  jiegen  die  um  die  Geschichtschreibung  ihrer 
Vaterstadt  hochverdienten  Männer,  ihre  Schriften  nicht  länger 
im  Archive  verstauben  zu  lassen.  —  Fürstenberger  sowohl,  wie 
sein  Vorgänger  Petri  und  seine  Nachfolger  Reber  und  Hofer 
waren    alle    vier   Stadtschreiber,   mit   den    Urkunden    und    Akten 


Zeitschriftcnschau  und  Lilteraturnotizen. 


345 


ihrer  Vaterstadt  vertraut,  in  ihrem  diplomatischen  Dienste  thätig 
und  eben  darum  zur  Aufzeichnung  ihrer  Denkwürdigkeiten 
besonders  geeignet.  Bei  Josua  Fiirstenberger  trat  noch  hinzu 
eine  gute  juristische  und,  wie  es  scheint,  auch  politische  und 
weltmännische  ßildung.  1675  zum  Stadtschreiber  und  1699  ^^^ 
Bürgermeister  gewählt,  nahm  er  an  allen  politischen  Geschäften 
seiner  Vaterstadt  lebendigsten  Anteil,  vertrat  sie  wiederholt  als 
Gesandter  bei  den  kriegführenden  Parteien,  den  Eidgenossen  u.  s.  w. 
So  wuchs  in  ihm  der  Gedanke,  die  Schicksale  der  kleinen 
•Republik«  aufzuzeichnen.  Für  die  Zeit  bis  161 7  fand  er  die 
Chronik  J.  H.  Pelri's  vor.  Er  hat  diese  mit  vielem  Ballast  über- 
ladene und  oft  höchst  konfuse  Arbeit  in  verständiger  Weise 
gekürzt  und  bis  1720  weiter  geführt.  F^ortgosetzt  in  seinem 
Sinne  wurde  das  Werk  durch  seinen  Grossneffen  J.  H.  Reber 
bis  1740.  Auf  den  Inhalt  näher  einzugehen  ist  keine  Ver- 
anlassung, da  er  aus  Graf,  der  vollständig  und  oft  wörtlich  auf 
diesen  Vorarbeiten  ruht,  längst  bekannt  ist.  Bei  dieser  Gelegen- 
heit möchte  ich  den  Wunsch  aussprechen,  dass  die  zeit- 
genössischen Aufzeichnun;;en  des  Pf:irrers  David  Zwinger,  die 
Petri  als  seine  Quelle  über  den  Kinnin^;er-Prozess  angiobt,  von 
denen  er  aber  nur  einen  Auszug  bringt,  auch  bald  vorötfentlicht 
würden.  Kaufmann. 

Joseph  Levy,  Geschichte  der  Stadt  Saarunion  seit 
ihrer  Plntstehung  bis  zur  Gegenwart.  Vorbruck-Schirmeck, 
bei   Hosteiter   1898.    490  S. 

Voraus.i^eschickl   rauss    werden,    dass   <ior   Titel    nicht    ganz 
^tutrifll.     Stadt  und  Name  Saarunion  entstanden  erst   1793  durch 
Vereinigung  der  beiden  Städte  Bockenheim  und  Neusaarwerden. 
L>as    vorliegende  Werk    behandelt    aber    nur  Hockoiiheini,    ohne 
I<ücksicht  auf  die  Schweslerstadt.     In    der  Geschichte  der  Graf- 
schaft   Saarwerden    ist    seit    20    Jahren    gründlich    vorgearbeitet 
Verden,    nicht   am  wenigsten    durch  Levy  selber,    dem    wir    eine 
Crcschichte  von  Ilcrbitzlicim    und    einige    kleinere  Monographien 
verdanken.     Mit  Recht  musste  es  ihm  als  eine  verlockende  Auf- 
gabe erscheinen,  die  bewegte  Vergangenheit  der  Flauptstadt  des 
Ländchens    einem    grössern    Leserkreis    zujjänglich    zu    maehen. 
Indessen  hat  das  umfangreiche  Buch  nicht  ganz  i\w.  Erwartungen 
^•rfüllt,    die  wir   an   dasselbe    knüpften.     Der  Gewinn    an    neuem 
historischen  Stoff   ist,    wenigstens    für   die    frühern    Jahrhunderte, 
ein  spärlicher.    Sollte  die    Collection  de  Lorraine  *  in  der  Pariser 
Nationalbibliothek  wirklich  nicht  m«*hr  bieten?    Einige  auf  Bocken- 
heim   bezügliche    Wiesbadener    Stücke,    die    unter    einer   andern 
Rubrik  als  der  Saarwerdener  aufbewahrt   werden,    scheinen  dem 
Verfasser  entgangen  zu    sein,    und    das    zu  Weilburi:    befindlii  he 
Hausarchiv    der    IKTzöse    von    Nassau    hat    er    wolil    L;ar    nicht 
durchsucht. 

Zeiischr.  t".  Gc*ch    d.  Ohfrrh    N.  F.  XIV.  *. 


-  y 


'3^5  Zeitschrinenschau  und  Lilleratumotizen. 

Wir  können  natürlich  hier  kein  erschöpfendes  VerseichniB 
aller  sachlichen  Berichtigungen  geben,  die  wir  zu  machen  haben, 
nur  Einiges  sei  hervorgehoben.  S.  25  die  Schenkung  Karls  des 
Einfaltigen  vom  Jahr  917  ist  offenbar  eine  Fabel.  Das  persön- 
liche Erscheinen  Gustav  Adolfs  zu  Bockenheim  1631,  S.  36,  ist 
ein  grober  Schnitzer  Huhns.  S.  39:  dem  lothr.  Obersten  von 
anno  1664  musste  nicht  jährlich,  sondern  täglich  ein  Duplon 
bezahlt  werden.  S.  38:  dass  die  Pest  1636  u.  ff.  die  Stadt  ent- 
völkerte, ist  ganz  vergessen.  S.  55:  Royer  als  erster  lothr.  Civil- 
beamter  taucht  schon  1647  ^tif.  Den  Ausführungen  Levy's  auf 
S.  146  ff.,  dass  das  Volk  durch  den  Grafen  Adolf  zur  Annahme 
der  reformatorischen  Lehre  genötigt  worden  sei,  widerspricht  der 
Umstand,  dass  dieser  schon  zwei  Jahre  nachher  starb  und  die 
Bockenheimer  unter  seinem  katholischen  Nachfolger  an  der  neuen 
Lehre  festhielten.  Der  Aufschwung,  den  Bockenheim  durch  Ein- 
wanderung der  Hugenotten  auf  kulturellem  Gebiete  nahm,  ist 
gänzlich  ausser  Acht  gelassen:  die  Lateinschule  hatte  1603 
zwei  akademisch  gebildete  Lehrer,  einen  Ludimoderator ,  der 
zugleich  Diakonus  war,  und  einen  Collaborator.  Das  Stadt- 
spital und  das  Siechenhaus  vor  dem  Thor  sind  zwei  verschiedene 
Anstalten,  von  denen  die  erste  nach  1560  einging  und  der 
Schule  Platz  machte. 

Tadel  verdient  die  nachlässige  Mache  des  Buchs.  Wenn 
man  dem  Publikum  eine  vG/eschichte«  der  Stadt  Saarunion  an- 
bietet, ist  man  doch  an  einige  Rücksichten  in  Bezug  auf  Form 
und  Darstellungsweise  gebunden.  Zwar  mögen  die  vielen  Sprach- 
fehler und  das  schlechte  Deutsch  in  der  mehr  französischen 
Bildung  des  Verfassers  eine  Entschuldigung  finden.  Was  wir 
bekommen  ist  aber  wenig  mehr,  als  eine  Anhäufung  von  rohem 
Material,  ohne  Verarbeitung,  ohne  zusammenfassenden  Überblick, 
ja  oft  ohne  die  notdürftigste  Erklärung.  Weiss  denn  der  Laie, 
was  Bäiikezinse,  was  Wildfange,  Wechselmatten  u.  a.  sind?  Jeder 
Erörterung  wichtiger  historischer  Fragen,  wie  z.  B.  der  Entwick- 
lung des  Dorfes  zur  Stadt,  der  Einrichtung  ihrer  Verwaltung  im 
Mittelalter,  geht  der  Verfasser  sorgfältig  aus  dem  Wege.  Ganz 
vernachlässigt  ist  die  Kulturgeschichte.  Wie  viele  interessante 
Kleinigkeiten  waren  aus  trockenen  Akten  und  Rechnungen  zu- 
sammenzulesen, wie  z.B.:  im  städtischen  Freiheitsbrief  von  1328 
die  sehr  frühe  fiskalische  Ausbeutung  der  Badstuben,  ferner  die 
Fischereien,  wobei  an  die  Konkurrenz  zu  erinnern  war,  welche 
die  ?>Westricher«  Fische  damals  auf  dem  Strassburger  Markt  den 
Produkten  der  111  und  des  Rheins  machten.  Solche  Belehrungen 
wären  wohl  geeignet  gewesen,  dem  Leser  die  Langweile  zu  ver- 
scheuchen, die  auf  dem  Buche  lagert. 

Noch  ein  Wort  schliessh'ch  über  das  19.  Jahrhundert.  Hier 
fällt  der  Schwerpunkt  in  das  Gebiet  des  Handels  und  der  Indu- 
strie. Die  Entwicklung  derselben  sowie  das  Verkehrswesen 
musste  wenigstens  statistisch    beleuchtet   werden.     Der  Verfasser 


2>itsGhii(ltenschaa  und  litteraturnotizen. 


347 


beschrankt  sich  aber  auf  einige  Notizen  über  Kirchen  und  Schulen 
und  auf  Dinge,  die  äusserst  lose  mit  seinem  Gegenstand  zu- 
sammenhängen. Da  er  den  Faden  bis  zur  aktuellsten  Gegen- 
wart fortspinnt,  so  ist  uns  unbegreiflich^  warum  er  der  Ereignisse 
von  1870  nicht  mit  einer  Silbe  gedenkt.  Dieselben  hätten  u.  £. 
besser  in  den  Rahmen  seines  Buchs  gepasst  als  eine  16  Seiten 
lange  Biographie  einer  Oberschwester,  die  zu  Mirecourt  lebte, 
eine  französische  Grabrede,  die  ein  lieutenant-colonel  vor  acht 
Jahren  zu  Pi^ronne  hielt,  und  ein  schwülstiger  Brief  Victor 
Hugos.  M, 


Mehr  denn  50  Jahre  sind  es  her,  seit  Aug.  Schnezler,  durch 
A.  Stobers  Oberrheinisches  Sagenbuch  angeregt,  sein  Badisches 
Sagenbuch  in  zwei  Bänden  veröffentlicht  hat;  die  Veranstaltung 
einer  neuen  vermehrten  und  verbesserten  Ausgabe  dieses  für  die 
weitesten  Kreise  des  Volkes  bestimmten  Sammelwerkes  darf  daher 
von  vornherein  von  allen  Freunden  heimischer  Geschichte  und 
Sage  als  ein  verdienstliches  Unternehmen  begrüsst  werden.  Von 
der  neuen,  im  Verlage  von  J.  Waibel  in  Freiburg  erscheinenden 
Sammlung,  die  auf  vier  Bände  berechnet  ist,  liegt  seit  kurzem 
der  erste  vor:  Badisches  Sagenbuch.  I.  Die  Sagen  des 
BodenseeSy  des  obern  Rheinthaies  und  der  Waldstädte 
(336  S.  mit  vielen  Illustrationen).  Die  Herausgeber,  die  sich 
nicht  nennen,  haben  ihre  Aufgabe  in  anerkennenswerter  Weise 
gelöst.  Eine  Vergleichung  mit  dem  Schnezler'schen  Sagenbuche 
zeigt,  welche  Fülle  neuen  Stoffes  in  den  letzten  Jahrzehnten 
bekannt  geworden  und  von  ihnen  verwertet  worden  ist.  Sie 
haben  nicht  nur  die  gesamte  einschlägige  ortsgeschichtliche 
Litteratur,  sowie  Zeitschriften,  Sammelwerke  und  Chroniken  für 
ihre  Zwecke  durchforscht  und  ausgebeutet^  sondern  auch  gelegent- 
lich aus  ungedruckten  Quellen  und  auf  Grund  mündlicher  Über- 
lieferung ihr  Material  zusammengetragen  und  bei  jedem  Beitrage 
über  seine  Herkunft  Rechenschaft  gegeben.  Kurze  sachliche 
Krläuterungen  erleichtern  das  Verständnis;  von  einigen  irrigen 
Angaben  abgesehen  verraten  auch  sie  das  Bestreben,  auf  Grund  des 
heutigen  Standes  der  lokalhistorischen  Forschung  das  Wissenswerte 
zu  bieten.  Dass  die  Herausgeber,  wo  es  sich  um  moderne 
dichterische  Bearbeitungen  von  SagenstofTen  handelt,  manches 
ausgeschieden  haben,  was  sich  bei  Schnezler  fnidet  und  streng 
genommen  nicht  in  ein  Sagenbuch  gehört,  kann  ich  nur  billigen; 
ungern  habe  ich  dagegen  das  alte  Konstanzer  Lied  vom  Striegel 
vcrmisst.  Dem  Werke,  das  der  Verleger  hübsch  ausgestattet  hat, 
ist  ein  gedeihliches  Fortschreiten  und  weite  Verl^reitung  im  Volke 
zu  wünschen;  man  darf  dabei  wohl  erwarten,  dass  den  folgenden 
Banden  jeweils  ein  hier  fehlendes  Inhaltsverzeichnis  beigefügt 
wird.  A*.   O, 


ß  lg  Zeitschriftenschau  und  Lilteraturnotizen. 

Von  den  mit  Unterstützung  der  Berliner  Akademie  der 
Wissenschaften  herausgegebenen  »Denkmälern  der  deutschen 
Kulturgeschichte«  ist  der  erste  Band  der  ersten  Abteilung,  der 
die  »deutschen  Privatbriefe  des  Mittelalters«  enthält,  vor 
kurzem  erschienen.  Über  den  Plan  des  gross  angelegten  Unter- 
nehmens hat  sich  der  Herausgeber,  G.  Steinhausen,  auf  dem 
Nürnberger  Historikertage  eingehend  geäussert.  In  dem  vor- 
liegenden Bande  sind  zunächst  die  Briefe  der  Fürsten  und  des 
Adels  zusammengestellt;  die  der  Geistlichen  und  Bürger  sollen 
in  dem  nächsten  folgen.  Der  älteste  Brief  in  deutscher  Sprache, 
der  bis  jetzt  bekannt  ist  und  mitgeteilt  wird,  datiert  aus  dem 
Jahre  1305,  die  Schlussgrenze  der  Sammlung  bildet  das  Jahr 
1499;  aus  den  beiden  Jahrhunderten,  welche  der  Band  mithin 
umfasst,  werden  im  ganzen  590  Stücke,  von  denen  nur  eine 
kleine  Anzahl  bisher  gedruckt  war,  veröffentlicht.  £s  ist  für  die 
deutsche  Kulturgeschichte  eine  Quelle  ersten  Ranges,  die  uns 
hier  erschlossen  wird,  von  höchster  Bedeutung  für  die  Kenntnis 
des  mittelalterlichen  Menschen,  seines  Anschauens  und  Empfindens, 
wie  seiner  äussern  Lebensführung;  die  Leistung  verdient  um  so 
lebhaftere  Anerkennung,  als  der  Herausgeber  das  verstreute 
Material  von  nah  und  fern  aus  den  Archiven  allein  zusammen- 
getragen hat.  Nord  und  Süd  sind  ziemlich  gleichmässig  berück- 
sichtigt; auffallend  gering  ist  nur  Österreich  vertreten.  Auch 
aus  Baden  ist  dem  Herausgeber  ausgiebiges  Material  zugegangen: 
dem  Karlsruher  Haus-Staatsarchive  entstammen  die  Briefe  der 
Markgräfinnen  Katharina  (Nr.  82,  88,  145,  318)  und  Margarethe 
(459),  des  Markgrafen  Wilhelm  v.  Hochberg  (72),  der  Gräfin 
Cimburga  von  Nassau  (225);  des  M.  v.  Kastelten  (385)  und  des 
Erzherzogs  Sigmund  von  Österreich  (*1 1 7) ;  dem  Freiburger  Stadt- 
archive die  Briefe  Martins  und  Michaels  von  Blumneck  (567 — 69); 
dem  freih.  von  Reischach'schen  Archive  in  Freiburg  endlich  die 
lange,  inhaltlich  höchst  charakteristische  Serie  von  Briefen  an  den 
adelsstolzen  Bilgrin  von  Reischach  (403,  541,  543 — 46,  548 
—56,  558—66,  570,  572,  574,  576-81,  584—88,  590).  Viel- 
leicht hätte  auch  der  von  mir  im  Neuen  Archiv  f.  Gesch.  der 
Stadt  Heidelberg  3,  1 88  veröffentlichte  und  in  verschiedener  Hin- 
sicht merkwürdige  Jagdbrief  des  Kurf.  Philipp  v.  d.  Pfalz  Aufnahme 
verdient,  vielleicht  wäre  aus  andern  badischen  Adeisarchiven 
noch  Stoff  zu  gewinnen  gewesen:  ich  venveise  auf  das  Brief  buch 
Friedrichs  von  Rüdt  (Mitteilungen  der  Bad.  Hist.  Kommission, 
Nr.  18  m34)  und  die  Helmstatt'sche  Korrespondenz  aus  dem 
15.  Jahrh.  (ebenda,  Nr.  18  m29).  Treffliche  Orts-  und  Per- 
sonenregister und  vor  allem  ein  sehr  zweckmässig  angelegtes 
Sachregister  erleichtern  wesentlich  die  Benutzung  der  verdienst- 
vollen Publikation,  der  ein  gedeihlicher  Fortgang  zu  wünschen  ist. 

K.  Obser. 


ZeitKhriftenscliau  und  Litteraturootizen. 


349 


Im  zweiten  Bande  des  »Schweizerischen  Archivs  für  Volks- 
kunde« (1898),  S.  88 — 105,  193 — 215,  untersucht  J.  Hunziker 
(^Das  Bauernhaus  des  Grossherzogtums  Baden  verglichen 
mit  demjenigen  der  Schweiz«)  eingehend  die  Häusertypen 
des  Schwarzwalds,  von  denen  das  Hotzenhaus  in  seiner  äussern 
Erscheinung,  seiner  Einteilung  und  seinem  Ständerbau  dem 
dreisässigen  und  jurassischen  Hause  der  Schweiz  nahe  verwandt 
ist,  während  das  vor  allem  durch  seinen  Riegelbau  und  die  Lage 
des  Kellers  über  der  Erde  charakterisirte  schwäbische  Haus  dem 
Hause  der  Ostschweiz  nahesteht  und  nach  Ansicht  des  Verfassers 
mit  diesem  rätoromanischer  Provenienz  ist.  In  der  gleichen  Zeit- 
schrift, B.  3,  S.  I — 21  giebt  E.  A.  Stückelberg  («Trans- 
lationen in  der  Schweiz^)  einen  Oberblick  über  die  Herkunft 
der  schweizerischen  Kulte  und  knüpft  daran  eine  chronologische 
Zusammenstellung  der  Translationen  innerhalb  der  Schweiz,  der 
Reliquieneinfühningen  und  der  Reliquienausführungen  sowie  eine 
Schilderung  der  Translationsfeste.  Eine  der  beigegebenen  Karten 
veranschaulicht  die  Ausbreitung  des  Fridolinskultus  von  Säckingen ; 
als  P!!ndziel  schwebt  dem  Verfasser  eine  auf  derartigen  Karten 
beruhende  Topographie  der  schweizerischen  Kulte  vor,  die  ja 
für  die  kirchen-  und  kulturgeschichtliche  Forschung  zweifellos 
von  Wert  wäre.  Ä'.   O, 


Den  vom  Statistischen  Bureau  des  Ministeriums  für  Elsass- 
Lothringen  herausgegebenen  »Alten  Territorien  des  Elsass:  sind 
nun  »Die  Alten  Territorien  des  Bezirks  Lothringen  nach 
dem  Stande  vom  i.  Januar  1648,  I.  Teil«  gefolgt  (Heft  28  der 
statistischen  Mitteil,  über  Elsass-Lothringen,  Strassburg,  M.  Du 
Mont-Schauberg).  Da  hier  auch  zum  ehemaligen  oberrheinischen 
Kreise  gehörige,  im  heutigen  Unterelsass  gelegene  Gebiete 
behandelt  werden,  so  verdient  das  Werk  auch  an  dieser  Stelle 
eine  kurze  Besprechung.  Dass  es  seinen  Vorgänger  an  Aus- 
führlichkeit und  damit  an  Umfang  bedeutend  übertrilTt,  könnte 
bei  einem  Handbuch  zunächst  als  ein  Nachteil  erscheinen.  Wenn 
man  indes  die  ganz  ausserordentlich  grosse  territoriale  Zer- 
splitterung dieses  Landstrichs  betrachtet,  welche  die  des  Elsass 
weit  hinter  sich  lässt  und  kartographisch  kaum  durstellbar  erscheint, 
so  kann  man  verstehen,  weshalb  hier  eine  miiglichst  genau  ins 
Einzelne  gehende  Darstellung  für  nötig  befunden  wurde,  zumal 
sie  auch  für  die  schwierige  und  bedeutsame  Frage  der  fran- 
zösischen Reunionen  von  besonderem  Wert  erscheinen  mochte. 
Die  Lösung,  welche  die  Frage:  wie  ist  bei  dieser  grossen  Zer- 
3>plitterung  der  Herrschaftsrechte,  die  kaum  ein  Dorf  ganz  im 
Besitze  eines  Herrn  gelassen  hat,  der  Begritf  des  Territuriums 
zu  fassen?  die  Lösung ,  die  diese  Frajre  hier  gefunden  hat, 
Scheint  für  den  Zweck  des  Buches  die  gebotene  zu  sein,  wenn 
man  auch  zugeben  muss,    dass  eine    andere    sehr   wohl    mtiglich 


350 


ZeiUchriftenscbau  und  Littenttunotixen. 


wäre  und  es  sich,  um  nur  ein  Beispiel  herauszugreifen,  darüber 
streiten  Hesse,  ob  die  Landmeiereien  oder  Schultheissenämter 
der  Propstei  Diedenhofen  als  Territorien  anzusehen  seien.  Doch 
weder  dies  Bedenken,  noch  die  hie  und  da  mangelnde  Sichtung 
des  Wesentlichen  vom  Unwichtigen  im  StofT  beeinträchtigen 
erheblich  den  Wert  dessen,  was  hier  geleistet  ist.  Das  Werk 
bringt  zum  ersten  Male  Klarheit  in  die  Wirrnis  der  politischen 
Zustände  unseres  deutsch-französischen  Grenzlandes,  es  legt  die 
erste  Grundlage  zur  Kenntnis  der  historischen  Vergangenheit 
eines  Gebietes,  von  dessen  territorialen  und  staatsrechtlichen 
Verhältnissen  man  bisher  nur  eine  vage  und  unsichere  Anschau- 
ung hatte.  Den  Hauptnutzen  wird  daher  die  Lokalgeschichte 
von  dem  Werke  haben.  Für  sie  wird  es  durch  die  reiche  Fülle 
an  neuem  historischem  Material  und  durch  die  hier  zum  ersten 
Mal  gebotene  Zusammenstellung  und  Obersicht  über  dasselbe 
zu  einem  unentbehrlichen  Hilfsbuch  werden.  Auch  der  elsässische 
Historiker  wird  mannigfache  Anregung  aus  ihm  schöpfen  können 
und  die  ausführliche  Geschichte  von  Lützelstein.  Salm,  Saar- 
werden, Diemeringen,  Falkenstein  u.  a.  mit  Dank  benutzen. 

Alfnd  Ov€rmanH. 


Von  der  »Chronik  der  Stadt  Heidelbergc  ist  der  V.  Jahr- 
gang (1897),  bearbeitet  von  A.  Thorbecke,  erschienen. 


Das  Totentmch  von  Salem. 

Von 
F.  L,  Baumann. 


In  den  Necrologia  Germaniae  1,  523  konnte  ich  nur 
Au&züg«  aus  dem  Toten  buche  des  Bodenaee- 
Uostcfs  Salem  mitteilen,  die  teils  in  den  Collectaneen 
Gabclkovers,  teils  im  Apiarium  Salemitanum  ^ch  erhalten 
Das  Toten  buch  selbst  ist  seit  langer  Zeit  ver- 
schwunden; ich  habe  in  den  Necr.  Germ.  I,  323  die  Ver- 
nmihun^  ausgesprochen,  dass  dasselbe  im  18.  Jahrhundert 
der  Kloaterbibliothek  verbrannt  sei,  muss  jetzt  aber 
te  Vermatang  als  irrig  bezeichnen.  Der  Verlust  dieser 
BaadschrÜt  bt  um  zwei  Jahrhunderte  früher  erfolgt.  Das 
erfiUncD  wir  vom  Salemer  Mönche  Eberhard  Schneider, 
'  aaf  dem  vordem  Deckblatte  der  hier  zu  behandelnden 
Handschrift  wörtlich  mitteilt:  'Notandum,  quod  anno  1510, 
dum  reverendos  paterjacobus  Kramer,  monachus  et  sacerdos, 
sre  fungeretur,  domitn  ad  portam  cum  eaque 
VMOsciiu  necrologium  tlammis  consumpta  sit,  praefatus 
nn  portarius  1517  obierit  teste  catalog-o  reverendorum 
norum  in  domino  defunctorum  {Archiv.  Reg.  Sc 
39.  f.  3),  Testatur  frater  Eberhardus  Schneider  Salemitanus 
7.  Junü  1769  manu  propna<,  Dass  der  Untergang  dieses 
Totenbocfaes  für  die  schwäbische  und  süddeutsche  Greschichte 
cm  schwerer  Verlust  war,  bedarf  keines  Beweises;  es  muss 
1»  dem  Alter  des  Klosters  und  bei  seinen  langen  und 
iui|;cdehnten  Verbindungen  in  Schwaben  und  Baiem  mit 
irichtigen  Namen  des  12.,  13.  und  14,  Jahrhunderts  geradezu 
rfUlU  gewesen  sein. 

Ot^hr.  L  Goch.  d.  Obcnh.  V.  F.  XIV.  3.  34 


1 


352 


Baumann. 


Um  so  erfreulicher  ist  es,  dass  aus  demselben  wenig- 
stens ein  Auszug  sich  erhalten  hat,  der  seit  dem  Untergange 
des  alten  Totenbuches  15 lo  bis  zum  Ende  des  Klosters  als 
das  offizielle  Nekrologium  Salems  diente  und  sich  deshalb 
nach  und  nach  mit  Einträgen  füllte.  Es  ist  das  der  von 
Schneider  1759  citierte  Catalogus  defunctorum  Salemita- 
norum,  aus  dem  auch  Gabelkover  und  das  Apiarium  Sale- 
mitanum,  wie  die  Vergleichung  ihrer  nekrologischen  Notizen 
aus  Salem  mit  den  entsprechen  Angaben  des  Catalogus  zeigt, 
geschöpft  haben. 

Seit  dem  zweiten  Jahrzehnte  unseres  Jahrhunderts  war 
auch  dieses  Totenbuch*)  verschollen.  .  Es  war  nämlich  aus 
seiner  Heimat  in  eine  Gegend  verschleppt  worden,  in  der 
es  niemand  gesucht  hätte. 

Wer  hätte  denn  auch  ein  Nekrolog  von  Salem  in  dem 
fernen  Tiroler  Kloster  Stams  im  obem  Innthale  vermutet? 
Zwar  gehört  Stams  wie  Salem  dem  Cistertiensearorden  an, 
sonst  aber  ist  es  weder  durch  Filiation,  noch  durch  ander- 
weitige Beziehungen  je  mit  Salem  in  engerer  Verbindung 
gewesen.  Wie  das  Salemer  Totenbuch  dorthin  gekommen 
ist,  kann  nicht  mehr  mit  Sicherheit  gesagt  werden.  Nach 
gefälliger  brieflicher  Mitteilung  des  hochwürdigsten  Abtes 
Stephanus  Mariacher  von  Stams  ist  dasselbe  wahr- 
scheinlich durch  P.  Maximilian  Gimmi,  den  Sekretär  des 
letzten  Salemer  Abts,  nach  Stams  verbracht  worden. 
Wenigstens  hat  derselbe  dorthin  1805  auch  die  Handschrift 
Summa  Salemitana  I.  geschenkt.  Als  ich  im  Juni  1898  in 
Stams  nach  Nekrologien  der  Diöcese  Brixen  forschte, 
machte  mich  der  hochwürdigste .  Abt  Stephanus  Mariacher, 
der  meinen  Studien  überhaupt  mit  grösstem  Wohlwollen 
entgegenkam,  auf  eine  Handschrift  aufmerksam,  die  er  mir 
sofort  als  das  Totenbuch  von  Salem  bezeichnete  und  die 
er  mir  zur  Benützung  ohne  Bedenken  alsbald  auch  an  das 
königl.  baier.  A^llg.  Reichsarchiv  nach  München  übersandte. 
Beim  ersten  Anblicke  musste  ich  dem  Abte  beipflichten: 
im  Grundstocke  dieser  nekrx)logischen  Handschrift  wieder- 
holten sich  ja  die  mir  aus  v.  Weechs  Cod.  Diplom.  Salem. 

^)  Unabhängig  von  ihm  ist  die  Salemer  Totenfürbitte  (herausgegeben 
von  V.  Wcech,  Zeitschrift  für  Gefech!  des*  Grtjerrheins  49,  279 — 286);  dieselbe 
stammt  vermutlich  direkt  aus  dem   1510  verbrannten  Totenbuch. 


Toleniracli  isn  Suem-  tql    | 

SO   vertrauten  Namen    der  Salemer    Mönche    des    14,    und 
15.  Jahrhunderts. 

■  Dieses  jetzt  in  der  Bibliothek  des  Klosters  Stams  auf- 
bewahrte Totenhuch  von  Salem  ist    auf  vorzüg-lichem  Per- 
gament in  Kleinfolio  geschrieben.  Seinen  Grundstock  hat  ein 
Salemer  Mönch,  Namens  Matemus  Guidemann,  geschaffen, 
denn  er  nennt  sich    am  Schlüsse   seines  in   sehr    zierlicher 
Schrift  geschriebenen  Werkes  selbst,  denn  er  sagt  da: 
Vos  rogo  fratres,  in  Christo  merito  patres 
Ad  Christum  preces  devotas  fundere  vestras. 
Ob  meara  scripturam  vobis  transmitto  figuram. 
Vos,  qui  transitis,  Materni  Guldeman  memores 
Rogo  sitis,  ut  michi  succurrat  oratio  vestra  queque  pia, 
Cur  sedule  dicam  Pater  noster.  Ave  Maria, 
Celo  nos  siste  propler  tua  viilnera  Christel 
Die  jüngsten  ursprünglichen  Einträge  Guidemanns  sind 
von  1449  und  1450   (s.  31.  Januar   und    2.  April),  während 
die   des  Jahres    1451    schon   nicht   mehr   zum  Grundstocke 
seines  Werkes  gehören  (s.  jo.  März,  31.  August,  5.  Oktober 
niid   15.  November).     Besonders   lehrreich   ist    ein    Eintrag 
des  1$.  April;  hier  gehört  der  Name  des  an    diesem  Tage 
veistorbenen  Grafen  Eberhard  von  Werdenberg  zu  Gulde- 
manns  Grundstock,   dagegen  ist  die  weitere  Angabe,   dass 
derselbe    1450    gestorben    sei,    schon    nachgetragen.     Wir 
dürt«n  deshalb  mit  Sicherheit  behaupten,    dass  Guidemann 
aefai  Werk    1430  angelegt  hat. 

Guldomann  hat  in  dasselbe  ans  dem  alten  Totenbuche 
sones  Kk'.sters  willkürlich,  ohne  zielbewusste  Auswahl 
Namen  heriibergenommen,  jedoch  bei  weitem  nicht  so  viele 
und  ntoientltch  nicht  so  viele  bedeutendere,  da-ss  wir  damit 
vollkommen  zufrieden  sein  könnten.  Sogar  die  Namen 
der  alten  .Salemer  Abte  hat  er  nicht  in  seinem  Werke 
wiederholt.  Offenbar  betrachtete  er  sein  Werk  nur  als 
FortM^Uung  des  alten  Totenbuchs,  das  neben  dem  seinigen 
im  Gebrauche  bleiben  sollte,  50  dass  etwa  im  Chore  zuerst 
die  Einträge  des  alten  und  unmittelbar  nach  ihnen  die  des 
naum  Totenbuchs  Tag  für  Tag  zur  Verlesung  kamen. 
Die  von  .Guidemann  aufgenommenen  alten  Namen  sollten 
deshalb  nur  das  Bindeglied  zwischen  dem  .alten  .tind  ti 
N«kro1og:ium  s 


354 


Bftttm-a»]!. 


In  letzl^em  ist  mit  Rüokaickt  daMwaä,  daa»  •»  is  deoi 
reichen  Elloster  Salem  Jahr  für  Jahr  nickt 
Einträge  geben  werda^  mh  dem  Kamtäe  bei  4bta 
Tagen  aiielito  wenige«  at»  geädert}  GuUmkom  haM 
beabMcbtigt^  ^m  Tote»btteh  s»  ddiafiefv  daift  fitar  Jehviivadevte 
genäge,  «ad  hat  aeiaae  Abaiekt  ki  der  Tkat  a«tk  eiiekkt, 
de»»  bi»  1802  bediM?fte  Salem  keiner  weiterei  ffertiet  i—g 
seines  Nekrologiiftnis. 

Die  Anlage  des  Ch^ldemam/sehen  Teteribnehe  weicht 
von  allen  mk  bekanat  gewosdeneü  Nekrologim  Sebwakens 
gänzlich  ab.  Es  z^rfiük  näadieh  ia  etnea  vopdem  und 
hintern  Teil»  von  denen  |eder  dea  voUsttadigeti  Kakeader 
enthäk,  von  denen  also  jeder  sozusagen  eia  selbalMMSges 
Totenbuch  vorstellt.  Besl^mt  ist  der  vordere  Theit  für 
die  eigentlichen  Mönc^  zu  Salem,  der  zweke  fXSm  die 
fremde  BLeligiosen  und'  die  Laiea.  Diese  Einteiluag  kaben 
auek  Gkuldemanns  Fortsetzer^  freilich  ohne  sich  gerade 
ängsdick  aa  sie  anzukkunmern,  ka  ganzea  bia  1802  befolgli 

Nach  dem  Untergange  des  alten  Toteakacks  *5f9 
wurden  im  neuenv  jetzt  allein  nodk  Vorhaadeaea  die  Natans 
der  Salemer  Abte  naehgetrageü^  Auch  iaib  id;  Jalarhaadart 
siiid  eine  Reihe  von  älteren  Namen  huizngefittg^  worden 
(z.  B.  >i.  Februar,  2.  Dezember;  IL  Tbeä,  17.  Januar, 
28.  Februar)* 

Eine  vollständige  Wiedergabe  des  Totenbuches  kiek 
ich  für  unnötig;  für  wen  sollte  denn  auch  die  Aufkalaae 
d^  überaus  vielen  Hekirici  moaachi,  ConEradi  co«versi 
irgend  einen  Nutzen  haben?  Ich  gebe  deshiäb  hier  mir 
einen  Auszug,  hoffe  aber,  keinen,  irgendwie  beachtens- 
werten Eintarag  weggelassen  zu  haben^  Insbesondere  glaubte 
ich  die  Af^aben  über  die  Salemer  Moacfac^  die  erst  flach 
der  Aufhebung  ihres  Klosters  gestorben  sind,  wortlich 
mkteilen  zu  sollen,  weil  sie  die  entsprechenden  Daten  im 
Freiburger  Diöcesanarchive  XIII,  258 --264  ergänzen« 

Mit  Erklärungen  war  ich  sparsam;  ich  beschränkte 
mich  auch  da  auf  das  nötigste.  Dazu  hielt  ich  mich  fir 
umsomehr  verpflichtet,  als  die  meisten  Namen  des  Salemer 
Totenbuchs  vermittelst  der  trefflichen  Register  zu  v.  Weecks 
Cod.  Dipl.  Salem,  leicht  zu  bestimmen  sind.  Gegen  meinen 
Willen  musste   ich   eine  Reihe  von  franzosischen  Kirohen> 


Totenbock  von  Salem. 


M5 


kl  4nn  jwigea  Einträgen  des  Totenbuehs  unerklärt  lassen, 
da  ftre  genaue  destittmiting  tinveiitaltmsinässige  Zeit  in 
Anspruch  genommen  hätte. 

In  meiner  Ausgabe  kommen  folgende  Abkürzungen  vor: 
abb.  =  abbas;  a.  und  adm.  =  admodum;  B.  V.  =^  beata 
viiqgso;  caa.  sk  caiKmicus;  cap.  ^as  oipeUanus;  com.  com^  = 
oottes,  eomkaeBa;  cv.  es  eonversus;  dec.  sss  decanus;  diac. 
(d3rac)  =  dfaconus;  D.,  dnus  i(dna)  =  dominus  (domina); 
ellmtis,  (excel.)  =  excellentissimus;emmus=:  eminentissimus; 
eps.  5=  episcopus;  fl.  =  florenus;  fr.  =  frater;  illmus  =  iUu- 
strissimus;  %  ^,  tf  h.  =  libra  denariorum,  Hallensium; 
m.  ^  monac^us;  naon.  (mon^)  =  monastenum  ^monast^i); 
o.  =  obiit;  p.  t=z  p«dter$  pi.  =  plurimum ;  ppos.  =  praepo- 
akmm;  reg.  c=  regaüs;  r.  2x  reverend^is;  rmu«  =  reverendissi- 
mus;  rr.  =  reverendi;  sac.  =  sacerdos;  s.  =  sanctus;  ss.  — 
sacrosanctus,  sancti;  ß  =  soKdus;  ven.  =  venerabilis. 

Die  zum  Grundstöcke  des  Salemer  Totenbuchs  gehörigen 
Einträge  sind  im  folgenden  in  Borgis  zwischen  eckigen 
yiimmenau  4ie  Forteetzuagen  des  15.  und  1 6.  Jahrhunderts 
kunhr,  die  4ms  17^»  18.  und  19.  Jahtinifiderts  in  Borgis 
ohne  Klammem  gedrückt. 


I.  Teil. 

Januarius. 

IV  non.     2    1809   o.  Constantiae  cv.    Leonardns  Galler  de 

Salem  oriundns,   serarius  peritus  et  reverendissi- 
monim^)   Roberti   atque    Casparis   servitor   fide- 
Usaimus. 
VIU  id.  6    [O.  pi«  neuMftrie  dns.  llamigus,   quondatt  abb. 
in  lüithaalach*).] 

VII  id.     7     1757    o.  r.   fr.    Cruido   Starck  m.    et  acoljFthas, 

organista  insignis,  Kisleggensis*).  1797  o.  r.  p. 
Fianas  Blefbiahaus  Monheimensis^»  profeator 
aiiperionifli    et    ioferiorttEi,    poeai    et    rhetoriea 


*)  Gemeint  aind  die  beiden  letiten  ji.bte  von  Salem.  —  *)  Gest.  1329. 
IT  ■itenJMMlirh^  eiae  Tochter  von  Salem,  liegt  am  Inn,  baier.  BA.  Borkhausen. 
—  ^  JKiil^ffi  wflrtt  OA.  Wangen  —  ^)  Monheim,  baier.  Schwaben  bei 
Dooaswteth. 


356 


B&amänn. 


insignis.    1812  o.  r.  p.  Paulus  Sazger  deÜrsee^), 
parochus  in  Bermatingen^)  ibique  sepnltus,  antea 
capitularis  Salemii  et  peirochus. 
IV  id.   10 .  [0.  fr.  C.  de  Rüdlingen«).  subprior.    O.  fr.  Wal- 

therus  de  Stain  sac.*^'] 
II  id.   12    [O.  magister  C.  de  Brügge»)  sac.] 

id.  13  {O.  fr.  Johannes  de  S.  Stephane*)  sac]  Domi- 
nüa  proxima  post  octavam  Epiphdnie  cantar  pro^ 
videai,  nt  post  prtmum  officium  nussa  de  dedicacione 
capdle  virgtms  Mariae  canietur  solemnüer  cum 
ämbabus  vesperts'^), 

XVII  kal.   i6    [O.  fr.  Johannes  Livi  sac]    O.  pie  memorü  domnus 

■  Jodocus  Senner,  14,  abb,  in  Salem  ^), 

XIV  kal.  19  O.  pie  memorie  domnus  Jodocus  Necker  de  Über- 
lingen, 20,  abb,  in  Salem,  anno  dni  is^s* 

XIII  kal.  20    [O.    Cunradus    Gremiich    sac.*].      Nola,     cantor 

committat  missam  in  capella  beaiae  virginis  Mariae 
de  s,  Sebastiano  dicendam. 

XI  kal.   22    [O.    Cunradus  Wirt    de    Rotwila    sac,    de    quo 

dantur  4  ft  h  in  festo  s.  Martini J     0,  fr.  Ülricus 

Heghain  m,    ei  sac»,  qui  fere  40  annis  fuii  prior, 

suprior  ei  canior,  1468,      O.   pie  memorie    domnus 

,    Eberhardus  de  Wolmättüngen,  .7.  abb,  in.Salem^^), 

NB.  anno  dni    1619    r^ius  D.  D.  Nicolaus  Bou- 

cherat,    ordinis  Cisterciensis   caput    ac    superior 

generalis,  excessivum  lampadum  numerum  sustulit 

et  ad    quinarium    in    ordine    receptum    reduxit, 

quarum  loco  hebdomadariam  missam  instituit,  ut 

videre  est  in  indulto  super  hac  re  eodem  anno 

dato. 

Villi  id.   24     O,  fr.  facobus  de    Vorsi  m.  ei  sac^^J 

VIII  id.   25    [O.  fr.  H.  Schmid  sac,  quondam  prior.] 

VII  id.  26    O.    r.    p.    Adalbertus   de    Donnersperg^'^),    con- 

fessarius  in  Horto  Florido  '*),  ibidem  sepultus  1 74 1 . 


*)  Irsee,  baier.  BA.  Kaufbeuren.  —  *)  BA.  Überlingen.  —  ')  Es  ist 
zweifelhaft,  ob  damit  Riedlingen  a.  Donau  oder  -Reutlingen  gemeint  ist.  — 
*)  Ob  ein  Sprosse  des  bekannten  Geschlechtes  vom  Stein  oder  ein  Priester 
aus  Stein  a.  Rhein?  —  *)  Wohl  Brugg  im  Aargau.  -r-  •)  St..  Stephan  in 
Konstanz.  —  '')  Dieser  ganze  Eintrag  ist  mit  Bleistift  überfahren  (zum 
Zeichen  der  Ungiltigkeit?).  Dasselbe  widerfuhr  auch  den  meisten  der  folgen- 
den Einträge  dieser  Art  in  diesem  Nekrologium.  —  ®)  Grest.  1429.  —  •)  Ein 
Sprosse  der  Familie  Gremiich  von  Jungingen.  Dasselbe  gilt  von  den  übrigen 
hier  eingetragenen  d.  N.  —  lO)  Gest.  1284.  -  ")  Von  Forst  deutet  hiei  nur 
die  Heimat,  nicht  den  Adel  dieses  Mönchs  an.  —  ^•)  Baierische  Familie.  — 
^)  Dies  ist  der^  lateinische  Mönchsname  für  das  Cisterdenserionenkloster 
Baind  bei  Ravensburg. 


Totenbuch  von  Satem. 


357 


V  kal.  28    O,  felicis  recordacionis  Johannes  Meto  de  Nüffron^), 

prior  in  Salem,  anno  dni  isig. 
II  kal.  31     [O.  fr.  Hainricus  Siler  cv.   1449.] 

Februarius. 

kal.     I    [O.  fr.  Hainricus  Roggwiler  sac.*)] 
IV  non.     2.    1750  o.  r.  p.  Amadaeus  Zoller  Marispurgensis^), 

optime  meritus  orgänista  in  Salem. 
III  non.     3    1780  o.  r.  p.  Meinradus  Rosenzweig,  bibliothe- 

carius. 
II  non.  4  1783  o.  r.  p.  ac  clarissimus  D.,  p.  Ignatius 
Weittenauer,  quondam  societatis  Jesu  sac.  ac 
in  universitate  Oenipontana  linguarom.  orientalium 
Professor,  qui  suppressa  societate  ad  nos  avolans 
post  emissa  in  manus  abbatis  vota  nobiscum  per 
10  fere  anuos  tamquam  oblatus  ac  capellanus 
ordinis  conversatus,  superis  insigni  pietate,  homi- 
nibus  maxima  comitate  atque  afifabilitate  gratus, 
orbi  vero  literario  ob  praeclara,  quae  edidit, 
opera,  ob  amabilem  suam  memoriam,  ob  copio- 
sissimam  denique  in  philologicis  praesertim  disci- 
plinis  eruditionem  notissimus. 
VIII  id.     6    O.  fr.  Judocus  Kugler  ev.  1468. 

VI  id.     8    "1757  o.  r.  p,  Constantinus  Schmid    de  Schmid- 

felden^),  praefectus  Schemmerbergae ,  ibidem 
sepultus.  1814  o.  r.  p.  Anseimus  Zepf,  Marisbur- 
gensis,  parochus  atque  culinarius  Salemii,  apud 
moniales  in  Valle  S.  Crucis*)  vicarius  et  con- 
fessarius,  post  secularisationem  parochus  Binigae^), 
ibidem  sepultus. 

V  id.  g  [O.  fr.  H.  Tumlo  sac]  Ä^ofa,  cantor  committat 
missam  in  capdla  B,  V,  Mariae  dicendam  de  s, 
Appollonia  virgine  ei  martyre, 

IV  id.  10  O,  pie  memoriae  dns  Ülricus  de  Salgans'^)^  unde- 
cimus  abbas  in  Salem^), 

III  id.  1 1  [O.  fr.  Eberhardus  de  Esselinga  ®)  sac]  Anno 
dni  1238  o.  pie  memorie  Gottfridus  sac.  et 
eps.  Assiliensis  et  m.  in  Salem '«). 


*)  WohLNeufrach  unweit  Salem.  —  •)  Aus  einem  Konstanzer  Geschlcchte. 
--  *)  Meenburg  a.  Bodensee.  -  *)  Noch  in  Württemberg  und  Baden  blühende 
Adelsfamilie.  —  ^)  Heiligkreuzthal,  w.  OA.  Riedlingen.  —  *)  Binningen, 
BA.  Engen?  —  "^  Sargans,  ICantou  St.  Gallen.  —  ")  Gest.  1358.  —  •)  Ess- 
lingen a..  Neckar.  —  '®)  Im  18.  Jahrhundert  nachgetragen.  —  Bischof  Gott- 
fried Ton  Oesel  (Livland)  regierte  nach  Gams,  Series  episcoporum  und  Eubel, 
Hieimrchia  Catholica  medii  aevi  S.  397  nur  von  1227 — ^9'  ^^^  <^^o  1238^ 
wirkUch  sein  Todesjahr,    so   hat    er    neun  Jahre    vorher   seine  Bischofswü  rd 


35« 


Baficnann. 


II  id.  12    O.  fr.  Nioolaat  Scbwaber  in  Gaflia  tac.    1640. 
O.  n  p.  Benedict»!  Stavb,   secretarius   congre- 
gationis  Soperiom  Gecmaniae,  anno  4656. 
XVI  kal«  14    O.  fr,  Hainrtcus  Zwick  m,  et  sac,  \t4\55. 
XIII  kal.   17     O.  fr.  Cunradus  Schwartz  prior  1468. 
XI  kal.   19    1809    o.    Ulberlingae  cv.    Antonius  Hamma    ex 

Weildorf^)«  cumma  £iber. 
X  kal.  20    O.  magüür  Jokatmes  jRäß,    qui  UgavH  conveniui 

100  ß,  ad  piianciamt), 
IX  kal.  21    [O.   dn«.  Marqnardug,   secundus   abb.   In  Fönte 
Regis,    quondam  professu«   in  Salem  >)].     O  pie 
numoriae  domuus  Cteariut  Mihuh^  texim   decimus 
abb,  in  Salem,  t4$g, 
VIII  kal.  22    O   piae  nueinoriae  domnnt  Constantinus  Müller, 

36.  abb.  in  Salem^  I745- 

VI  kal.  24  O,  fr,  facobus  de  üngaria,  m,  ei  sac,  ordinis  s. 
Benedicti,  fui  omnia  bona  sua  contulit  nostro 
monasterio,  O,  fr,  fohannes  Mülhuser  de  Fyllin- 
gen^\  m,  et  sac,  procurator  in  Egge^),  1497, 
O  pie  memoriae  dns.  Georgias  Kaysersperger  de 
Wemde^),  2$,  abb,  in  Salem,  anno  1575.  Nota, 
cantor  committat  missam  in  capella  B,  V,  M, 
dicendam  de  s,  Maihia  apostolo. 

IV  kal.  26  O,  Georius  Brock  m,  et  sac,  procurator  in  Bi- 
braco'^),  1496, 

III  kal.  27    O,  fr,   C,  cv,  et  procurator  in  Bachopten^)  \,H^9'' 

II  kal.  28  [O.  fr.  Burckardas  dictus  Bletz  sac.')]  Anno 
18 14  o.  in  arce  Salemitana  prope  Marisburgum 
iubilaeus  sac,  ven.  p.  Stephanus  Klaus  Maris- 
burgensis,  granarü,  confessani  conventus  et 
monialium  in  Curia  Manana  ^o),  tandem  cellerarii 
muuere  üinctus  et  Imenstadii  '^)  tumulatus.  Eodem 
anno  o.  r.  p.  Jo.  Nepomucenus  Ott  Mosbu- 
ranus^'),  parochus  Salemli  et  tandem  Bermatingae, 
ibique  sepultus. 


Biedergelegt  Dafür  spricht  in  der  Xhat  der  Ausdruck  unseres  Nekrologiums, 
denn  derselbe  will  doch  wohl  besagen,  dass  Gottfried  erst  nach  der  Nieder- 
legung des  bischöflichen  Amts  zu  Salem  Mönch  geworden  ist. 

A)  Bei  Salem.  —  ')  Ein  Verwandter  des  Jacob  JLaaa,  dm  Schöpfers 
des  Rathhaufisaales  in  Überlingen?  —  ')  Todesjahr  unbekannt,  Betthold  der 
nächst  bekannte  Abt  iron  Königsbronn  lebte  1328.  —  *)  ViSmffBSk  am 
Schwarzwald.  —  ^)  Egg  unter  Heiligenbeig.  —  *)  Wemding,  baiex:  Sdiwaben. 
—  7)  Biberach,  Württemberg.  —  ^)  Badihanpten,  hohenaoU.  OA.  SigBa^ 
ringen.  —  *)  Ans  dem  Rotweiler  AdeUgeschlechie  Bletz  «an  Hotenttein.  — 
^9)  Mariahof  in  Neidingen.  —  ^i)  Immenstaad  a.  Bodenaee.  —  ^  MooabeonD, 
wOrtt.  OA.  Riedlingen. 


Martius. 

^1.  I  Saeadtim,  ^uod  perpetuis  temp»ribui  gumta  feria 
proxinia  post  tlieni  CtHerum  cdebrandum  est  anni- 
Vtrtarium  cum  iolemiii  officio  ti  </ualuor  catidelü 
iUtisiristimi  Alberb'  archiducis  Amtrie '),  sui  eoti' 
ihoroHt  ntc  mm  onmium  predecessoritm  alque 
auetstOTttm  prtfatt  damus  Auslrü  tnditmimt, 
qiiicquid  Albtrfhui  ob  aninu  tme  et  omnt'um  iam 
äüiorum  taiukpt  donanil  monasUrio  Salem  unam 
pariem  parrocAidlin  ecdesie  im  Griesingen*)  (um 
angttlu  euudern  eeelaü  frtieiihta,  reddilibut,  etmibtu 
atfue  aiiii  atlimntiü  de. 

2  £0.  fr.  Bertholdoa  Greter»)  8»c.] 

3  O.  fr.  AdelboMm  cv.  O.  fr.  ÜWcus  de  SöM)  cv. 
Anno  i8o2  o.  piae  roemariae  domnus  Robertns 
Schlecht,  39-  abb,  in  Salem,  lam  de  monasterio 
qnam  s.  ordine  opttrn«  meritus  atque  perpetaae 
posteroruiu  memoriae  dignissimus. 

,  4  fO.  Werendrat  cv.J  Anno  i8i8  o.  r,  p,  Htero- 
nymus  Mouchet  BuchbomcDsis*),  in  liogmi  Graeca 
siüdiosorura  insiructor,  chori  cantor,  subbibliothe- 
carius  ei  post  sectilarisBlionera  monasteni  parochus 
in  Weildorf  ibique  sepuUus. 

5  [0.  Albertus  de  KsselingL-ii  sac,  0.  fr.  Johannes 
de  Ümow"!  sac,  O.  fr.  Berthotdua  de  RAd- 
tingen  sac.  O.  fr.  Geiwicus  de  Salina')  sac] 
O.  piae  memoriae  dos.  Anselmus  Muotelsee. 
33.  abb.   in  Salem,  anno    ibSo. 

8  1813  o.  in  KJrcUberg  piope  Marisburgum  et  Imen- 
atadii  est  sepultus  r.  p.  Ebethardus  Eisek  Kauf- 
buranu^*),  in  mathesi  et  geometria  eniditissimus. 

9.  [0,  fr.  Eberbardus  de  Salina  cv.]  O.  admodum 
;.  p.  Fniudscus  Waibcll,  titteris  ac  pietate  nee 
non  studio  di&ciptinae  legularis  exiroias,  15  annis 
prioria  peifunctus  muuere,  gtavissimos  corporis 
dolotes  patieiiter  ac  diu  toleratos  placida  morte 
fmivh  anno  domini  16(15. 
II  (O.  Marquardus  de  Siai»  sac.  O.  fr.  C.  de 
Riscliach'j  sacj 


^  SiHtn  Att  Hocl»  hule  FMibor;.  —  'j  Wüm.  ÜA.  Ebiogen.  — 
t  Geschlecht,  —  "i  Kein  Adeligei,  .ondsin  ein  aus  Sohl,  BA. 
■BMOcl«  MOnoh.  —  ')  Jetil  FriedriduliBfeii.  —  *)  Hnnt,  BA. 
—  I)  HaU  in  TtH>l;  Ulli  beihst  noch  öden  in  dicMin  ToMd- 
L  —  >)  Kaul  beulen,  buci.  Sdivobcn.  —  *)  Die   noch    blühende 

e  d.  N.  iLunnit  am  Keitchacb,  hnhcnioll.  OA.  SigmsriDgen. 


i5o  Baumann. 

IV.  id.  12  O.  1733  ven,  p,  Candidas  Ströhle,  bina  vice 
prior,  senior,  iubilaeus,  praefectus  Uberlingae, 
ibidem  mortuus,  sed  Salemium'  translatus  et 
sepultus.  Anno  1 8 1 8.  o.  r.  p.  Melchior  Falger  Neo- 
burgensis^),  vicarius  in  Horte  Florido  (Baindt), 
parochus  in  Salem,  chori  cantor,  poeseos  atque 
rhetorices  professor,  Neobümovii^)  cap.  et  con- 
fessarius  moniaüam  in  Lacida  Valle^),  ibidem 
sepultus. 
III  id.  13  O  piae  memoriae  r.  ac  ven.  p.  Simon  Weg, 
multis  officiis  tam  spirituäle  quam  temporale 
emolumentum  concementibus  ac  tandem  bursa- 
riato  laudabiliter  et  indefesse  perfunctus,  cuius 
pjomotione,  cura  et  sollicitudine  praesentis  novi 
aedificii  commoditate  fruimur,  anno  dni  1624 
sub  rmo  dno,  dn».  p.  Thoma,  abbate  in  Salem. 
II  id.  14  O.  fr.  Halwig  sac.  O.  r»nus  dns,  dns  Wolf- 
gangus Ruopp,  ex  monacho  Salemitano  abb. 
Fontis  Regii,  1658. 
XVII  kal.   16    [O.  fr.  Rädolffus  de  Furstenfelt  *)  sac] 

XVI  kal.   17    O.    1734  r.  fr.  Meinradus  com.  de  Hohenzollem, 

m.  et  acolytus. 
XV  kal.   18    O,    fr.    Henna nnus   de   Tierberg»)  cv.    O.    1769 

pl.  r.  ac  ven.  p.  Gunthramus,  über  baro  de 
Donnersberg,  prior,  novitiorum  magister,  bursa- 
riiis,  grannarius,  culinarius,  omnium  monialium 
et  conventus  confessarius,  senior,  iubilaeus. 

XIV  kal,   19    [O.  fr.  Eberhardus,    sac.    de  Bödmen«).]     Anno 

dni  Christi  1675  die  mensis  Februarii  16.  rm«s 
dns,  dns  Anseimus  abb.  et  conventus  Salemi- 
tanus  ad  bellorum  turbines  et  tempomm,  ut  tunc 
.  maximae  erant,  acerbitates  mitigandas  aliasque 
mnltas  et  magnas  tam  communes  quam  particu- 
lares,  quae  monasterio  cfrcumquaque  incumbe- 
bant,  adversitates  avertendas  unanimi  consensu 
divinae  matris,  specialissimae  s.  ordinis  Cister- 
ciensis  patronae,  castissimum  sponsum,  sanctum 
Josephum  in  patronum  dicti  monasterii  specialem 
et  perpetuum  cooptarunt,  ita  quidem,  ut  solen- 
nitas  eius  anniversaria  tanquam  festum  pro  more 
dioecesis  et  sccundum  breviarium  Cisterciense 
duarum  raissarum  maius  celebretur  atque  deinceps 
singulis  per  annum  hebdomadis  feria  quarta,  illa 


^)  Von  welchem  Neuburg  ?-•—-)  Neubirnau  bei  Überlingen.  —  •)  Lichten- 
thal  bei  Baden-Baden.  —  *)  D.  i.  Mönch  des  oberbaier.  Klosters  Färstenfeld. 
—  *)  Württ.  OA.  Balingen.  —  «)  Ob  der  1169  genannte  Konstanzer  Dom» 
herr?  ... 


Totenbuch  von  Salem.  46 1 

vero  inpedita,  alia  commodiori  (quatenus  rubricae 
Romanae  id  permittunt)  intra  eandem  bebdo- 
madem  missa  de  eodem  sancto  votiva  pro  necessi- 
tatibus  monasterii  perpetuis  posthaec  temporibus 
peragatur.  Qaa[e]  tarnen  ordinatio  non  intendlt 
ulläm  vel  praesentibus  vel  futuris  inducere  obli- 
gationem  aut  cuiusvis  peccati  reatum,  sed  pro 
occürrente  rerum  necessitate  et  exigentia  tem- 
porum  eandem  vel  abrogare,  si  ita  e  re  fore 
videbitur,  vel  quocunque  modo  immutare  dni 
abbatis  et  conventus  qaovis  tempore  extituri 
discretioni  et  liberae  dispositioni  relinquitur. 
Videns')  postea  rmus  dns  £mmanuel  boc  quidem 
cultu  nihil  addi  in  honorem  s.  Josephi,  cum 
breviarium  illud  ipsum  praescribat,  anno  1683 
in  capitulo  generali,  cui  inter  definitores  inter- 
fait,  quanqaam  aegre,  obtinait,  ut  hie  Salemii 
peculians  patronus  imposterum  officio  chori, 
Sermone  missa  coli  possit,  ut  visum  proinde  est, 
ut,  quo  id  rite  institueretur,  in  primis  vesperis 
responsorium  »sint  lumbi«  et  loco  capituli  consueti 
de  communi  officio  secundum  ritum  festi  s.  Bene- 
dicti  »dilectus  deo«  assumeretur. 

XIII  kal.  20    O.  fr.  Fridericus  Kayser  de  Hylaria^  m,  et  sac, 

i4$i,  O,  fr,  Caspar  Renner^)  de  Ehingen  m.  et 
sac,  sacrarum  eciam  literarum  baccalarius  formatus 
ahne  universitatis  Faristensis,  huins  guogue  domus 
hursariuSy  1487 .  Anno  1816  o.  ven,  p.  Malachias 
Seeleitner  Salisburgensis,  sac.  iubilaeus,  orga- 
nista,  philosopliiae,  theologiae  ac  iuris  canonici 
per  plurimos  annos  professor  meritissimus,  nota- 
rius  apostolicus,  confessarius  monialium  in  Hegg- 
bach^),  ibidem  sepultus. 

XII  kal.  21    [De    domino  Wilhelmo   abbatet)  dantur   pisces] 

O.  r.  et  clarissimus  p.  Wilhelmus  Hillenson,  ss. 
theologiae  doctor,  qui  multis  pro  ordinis  ac 
monasterii  nostri  emolumento  laboribus  defunctus, 
cum  ex  Franconia,  quo  a  rino  dno  abbate  missus 
erat,  domum  rediret,  Hailbronnae  naturae  debitum 
solvit,  in  domo  Theutonica  ibidem  tumulatus, 
anno  dni   1641.    1822  o.  Altdorfii  apud  Vineas*) 


<)  Von  da  an  andere  Hand.  —  ')  Säckingen  —  ^)  Ob  ein  Ahne  der 
ritterbürtigeii  Familie  Renner  von  Almendingen  (bei  Ehingen  a.  d.  Donau). 
«)  Württ.  OA.  Biberach.  ->  *>)  Gest.  1395.  —  *)  Altdorf  und  Weingarten 
bilden  zusammen    seit  1865    die  Stadt  Weingarten,    wttrtt.  OA.  Ravensborg. 


^^^  Baum  a  im. 

cv.    Fraff^ci8cu9    Margretter   fic^enkenzellensU  *), 
semrius  et  Sttbbwrsaciuft. 
XI  kaJL  2Z    [O.  jftagisier  Ülricus  «ac«»  4e  iquo  dantur  4  ff  h. 

X  kal.  ;?S    ^»  f^»    Cunradus   Germng   de  Conttanda    m.    et 

SüC^    J466, 

IX  kal  24   {O.  BipbsyrdMs  cv.] 

VII  kaJ.  ^6    O.  1777   r.   p.  Gero   BoeManger,   ss.   theologiae 

magiateir.  O.  1 796  ven.  p.  Marcus  Voelger  sac. 
iubilae««»  <)tti  aabprioris^  navitioram  magistri,  con- 
veatoa  et  oomeuubi  paene  siOBialium  confessarii 
Ac  |>riori8  pittecipue  per  vjgioti  Septem  annos 
H  «sque  ad  ^itae  ^nev  ofliciis  summa  cum 
laude  ÜHictus,  ardenti  dei  aviona,  tenero  Beatissi- 
oiae  Virgims  et  Tutelaris  Asigdi  cultu,  discreto 
observaijktiae  mooa&Ucae  selo,  aincera  erga  omnes 
caritate,  chori  ad  octogesimiim  aetatis  annum 
lucantlatis  laboribus  mkabUi  inter  vehementes 
morbi  dolores  patientia  et  fCOntiDua  divinae 
gratiae  et  misericordiae  commendatione  caete- 
risque  vktutibus  enituit  atqvie  ipso  meridie 
Sabbathi  Sancti  «d  aetemum  Alleluja  vocatus, 
sui  mamoriam  in  benedictioiie  reliquit. 

VI  kal,  27  [O.  fr.  Bertoldus  sac,  dictus  Studegast^].  Fr. 
Robertus  Kraff  Weingartensis,  qui  multis  annis 
cantorem  et  musicae  praefectnm  agens  feria  6. 
Parasceves  pie  obiit,  m.  et  sac,   1682. 

V  kal.  28  O.  dominus  Egtdius  Weytold^  can.  ecclesie  Chie- 
mensis^),  O.  1745  a.  r.  p,  Franciscus  Leinberer 
Markdorffensis  ^),  quoDdam  prior  Raittenhaslaci 
et  Salemii,  postea  totius  Superioris  Germaniae 
congregationis  secretarius,  protonotarius  aposto- 
licus,  senior. 

IV  kal.  29  [O.  fr.  Petrus  de  Hüningen*),  subdiac]  O.  1814 
'  iubitaeus  sac,  ven.  p.  Anadaeus  Frey  Kfaleggen- 
sis,  parochus,  aubprior,  in  Monte  B.  V.  M.  prope 
Bodman*)  praefectus,  citpellaaus  Neobümovü, 
confessarius  conventus  et  monialium  in  diversis 
monasteriis. 

II.  kal.  31  [O.  fr.  Bertholdns  de  Hornstain'^)  cv.]  O.  a.  r. 
p.  Ferdinandus  Holt,  quondam  prior  et  secre- 
tarius  Superioris  Germaniae,   anno   1703.     1800 


*)  Schenkenzell,  BA.  Wolfach.  —  <)  Die  Dienstmannen  d.  N.  sassen 
zu  Steisslingen  im  Hegau  und  eu  Aulfingen  in  der  bad.  8*r.  —  *)  Herren- 
chiemsee,  Oberbaiern  —  ^)  Markdorf  bei  Salem.  —  ^)  tm  ObeMlM«.  — 
*)  Frauenberg  bei  Bodman,  heute  noch  Wallfahrtsort.  —  '^  Die  f'amilie  d.  K. 
stammt  von  Homstein  bei  Sigmaringen 


Toleabudt  van  Sälen 

o.  f.  f.  Aloysius  Keller  Hechinganas  '),  d©  c 
tadefcno  labore  globi  pro  ramaeo  mathematico 
COaf»cti  testantDi. 


Aprilis. 

kal,      i     O.  fr.   Conradus  £rfranc/t  i 
raier  in  Etslingtn, 
iV  non.      t    [O.  fr.   C.  cv.  de  Essendorf»)]. 
IH  non,     3     1782    o.    ven.    p,  Michael    Pfiffer  iubilaeus,    per 
plnilmos  annos   cellerarius   maior,   verus   fratnim 
pater  ac  amator.    Anno    1 808  o,  r,  p.  Alexander 
Penhatnmer  Waltershoftinsis»),  ioferiorum  el  supe- 
riornin  professor,  novitiorum  magister,  secretariua 
abbatialis,  tandem  monialium  in  Valle  s.  Crucis 
confessanus,  ibiqae  sepultus. 
n  non,     4    [O.  Nftbro  sac] 

non.     5    O.  Johannes    Waltheri,  prior  in  RatUnhaslach. 
VI  id.     8     1764  o.  r.  p.  Thomas  Cantuaiiensig  BreaLiaaello, 
qui  Francofordi,  quo  a  sacrosantlo  domino  n 
papa  CleiQBnte  XIII.  auditor    generalis    commis- 
sionis    apostolicae    ad    electionem    Komanorum 
tegis  Josephi  U,  missus  fuerat,  iiaturae  debitum 
solvil  et  in  ecciesia  Caimelilanim  in  latere 
dionali    ad    altare    s.     Batbarat:    est    (umu latus. 
R.  1.  P. 
V.  id.     9    [O.  fr.  H.  de  Owe*)  sac] 
IV  Id.   te    180}  o,   vsn.    p.    senior  Theobaldns  Vogler    de 

Salem  SBC.  iubilaeus. 
lU  UL   1 1     [O.  Johannes  de  HornsUin  cv. 
U  id.    12    ü.  Uietherus  sac.     O.  Burkardos  de  Stain  sac] 
O.    I  7Ö7  pl.  r.  ac  von.  p.  Gervasius  Feuchlmayer, 
de  oidio«  beae  merilus  et  [i"'  ac  excellentissimi 
D.  D.  abbatis  aecretarius, 
id.    13    [O.  H,  da  Miakikh")  sac] 
mi  kal.   14     O,   in  monailtrio   Sfum*)   dnt  Johanntt  aöi.'']    et 
/r,  Johanntt  Ttngl&r  unior.      1740    o.    a,    r,    p. 
Marianus     Graff     Altorffensia"),      praefectus 
Bachhaupten  et  cellerarius  maior,    verus  ( 
amator. 


*)  HcdliagCD,  Hoheniollern,  —  »)  Wohl  ein  Sjiiojse  der  RitlerftoiiUe 
Eu.  (warn.  OA.  W»ldsce).  —  ')  Willenholen,  wQiH.  OA.  Ijutkinh. 
^  Ob  dn  Sproi«  des  EdeTeMchlwbts  von  Ow  oder  ein  GHed  der  Baeem- 
1  Ilee«]?  —  >|  Kein  Adelign,  soodetD  ein  in  Metshirch 
—  •)  Seeon,  Oberbaiern.  —  ')  Gest.  I476.  —  *\  Von  All- 
l7eiBpileii. 


3^4 


Naumann. 


XVII  kal.   1 5    O.  piae  memoriae  dn3  StephaAus  Jung,  sub  coius 

regimine  novum  aedificium  huius  monasterii  est 
constnictum,  ,35.  abb.  in  Sajem,  anno  1725. 
Notandumi),  quod  rmus  dns  Stephanus,  aetema 
posteriorum  memoria  dignissimas,  post  resusd- 
tatum  de  cineribns'  aedificium  monasterii  Sale- 
.n^itanif  post  superatos  beUorum  turbipes  aliaque 
ezantlata  temporam  infandonim.  incommoda  pro 
congrua  gratiarum  actione  in  honoreni  B.  V. 
Mariae  et  divae  matris  Annae  aedificavit  saceÜom 
extra  monasterii  muros  iiizta  sylvulam  Htardi  dictam, 
in  loco,  ubi  antea  erat  aedicula  ss.  Septem  Fratrmn 
Dormientium,  queis  etiam  in  hoc  novo  sacello 
altare  dedicavit..  Haec  autem*  omnia  facta  snnt 
nullatenus  cum  intentione  transferendi  in  posteros 
aliquam  obligatio nem,  sive  quoad  reparationem 
fabricae,  sive  quoad  celebratipnem  inibi  divini 
.     .  cultus,  sive  quoad  aliud  onus  cuiüslibet  hominis 

aut  titüli. 

O.  Beringerus  m.  et'sac] 

O.  Otto  Rot  CV.2)] 

O.  Johannes  de  Bregancia,  quondam  niger 
abbas*).]  1808  o.  r.  p.  PhiKppus  Fridl  Biber- 
bacensis^),  phiiosophiae ,  matheseos,  physices, 
astronomiae,  theologiae,  historiae  eccl.  et  iuris 
canonici  professor  doctissimns,  tandem  monialium 
in  Horto  Florido,  vulgo  Baindt,  confessarius, 
ibidem  sepultus. 
XII  kal.  20    O,  ans  Johannes  Püttenhammer,  cau.  eccUste  Chie^ 

mensis,  O.  fr.  Joannes  Wild  m.  et  sac.  ex 
Piullendorff,  hie  fuit  multo  tempore  oeconomus 
fidelis,  1636.  1792  r.  p.  Simon  Thum.  bursarius 
et  praefectus  in  Schemmerberg  *),  qui  summa 
cum  industria  maximoqne  emolümento  monasterii 
hanc  praefecturam  administravit. 
O.  fr.  Constantinus  Pfister  m.  et  sac,  fidelis 
oeconomus  ag  bursarius  in  Salem,  anno  .  16.62, 
verus     fratrum     amator,      Juliomagi«)     sepultus. 

1775  o.  fr.  Wilhelraus  jMayer  cv.,  lapicida. 


XVI  kal. 
XIV  kal. 
XIII  kal. 


16 
18 

19 


XI  kal.   21 


*)  Von  da  an  eingeklammert  zum  Zeichen,  dass  diese  Stelle  nicht  im 
Chore  verlesen  weiden  darf.  —  *)  Aus  dem  Ulmer  Geschlechte  d.  N.?  — 
*)  Diese  Angabe  spriclit  dafür,  dass  Johannes  Abt  eines  Benediktinerklosteis 
gewesen  ist.  Welches  Klosiei*  er  aber  regiert  hat,  ist  unbekannt. .  Seiner 
gedenkt  auch  das  Totenbuch  von  Ottenbeuren  (Necrologia  Germani^c  I,  106) 
ebenfalls  am  19.  April;  nach  demselben  lebte  er  nach  1228.  —  .*).  Biberbach, 
baier.    BA.   Weriingen,    hayer.   Schwaben.  *)    Württ.    OA.    Biberach.  — 

^)  So  nannte  man  PfuUcndorf. 


Totenbuch  Yon  Salem.  365 

VUI  kal.  24    O.  fr^  Jacobm^  prior  in  JRaüienhaslach, 
VII  kal.  25    [O.  fr.  Georias  de  Tierberg,  sac]     O.  fr.  Ludo- 

vicus  Negelin  cv.  anBO  j  634  Uherlingae  in  exilio. 
VI  kal.  26    0.  fr,    Fridricus  Tegen^  prior  in   Raittenhaslach, 

IV  kaL  28    Conradus  -  Schwarz  m.  et  sac,  prius  oeconomiae 

Salemitanae  multis   annis  laudabilissime  admini- 
ttrata»  procurator  domu8  nostrae  in  Überlingen, 
o.  anno  1662. 
III  kal.  29    [O.  Tmtwinus  sac] 
n  kal.  30    [O.  fr.  Jobannes  Rbggwiler  sac] 

• 

Maius. 

• 

kal.  I  [O.  magister  H.  d.  S.  Gallo  novicius.]  O.  fr. 
Gundisahus  de  Hispania,  m,  et  sac,  i$o6,  O. 
1778  ven.  p.  Eberhardus  Schneider,  de  ordine 
bene  meritus.  prior  et  novitiorum  magister  ac 
snperior  in  Bümaui). 

V  non.     3    ö.  pie  memorie  dns  Georius  Schnappinger,  32.  ahb, 

moni  in  Raiiienhaslach^  ^4(^4^  O,  fr,  Symon  Buggen^ 
how  di  Buchcw\  fidelis  procurator  in  Esslingen^ 
i$4o,  O.  r.  p.  Chrysostomus  Haggiar  Aegyptius 
Cairensis,  ciistos.  Hic^)  in  metropoli  Cairo  natus 
a  catholicis  parentibus,  in  monte  Libano  litteris 
imbutus,  Alexandriae  sacro  ritu  Graeco  ordinatus, 
Romae  ad  ritum  Latinum  translatus,  postmodum 
Viennae  in  Austria  in  ecclesia  Graecorum  iterum 
cum  dispensatione  pontificia  sub  ritu  Graeco 
altari  serviens,  sed  denuo  ad  ritum  Latinum 
pergens,  pene  totam  Germaniam  peragrans  venit 
Salemium  ibique  transacto  per  integrum  annum 
novitiatu  emisit  sacram  professionem  ac  tandem 
hac  die  vita  functus  est  anno  aetatis*  48.,  pro- 
fessionis  10,  Christi  1790. 
IV  non.     4    O.  anno   1792,  4.  May  eminentissimub   ac    rmus 

D.  D.  Josephus  ex  comitibus  de  Garampis,  s. 
Romanae  ecclesiae  cardinalis  et  archiepiscopus 
Montis  Falisci  et  Cometi^).  Hic,  dum  adhuc 
esset  can.  basilicae  principis  apostolorum  in 
Urbe  et  Clementis  XIII.  tunc  feliciter  regnantis 
ac  apostolicae  sedis  archiviorum  secretiorum 
praefectus,  ab  eodem    pontifice    tamquam    com- 


*)  Biman  bei  Überlingen.  —  *)  Buchau,  wtirtt.  OA.  Riedlingen.  — 
')  Bei  folgendem  Satze  ist  am  Rande  von  anderer  Hand  bemerkt:  »Haec  a 
cantore  non  legantur,  quia  tantum  notitiae  posterorum  causa  scriptae  sunt« 
—  *)  Über  ihn  i,  ?.  Weech,  Rom.  FraeUten  am  deutschen  Rhein  (Neujahrs- 
blltter  der  btd.  hlst.  Kommission  NF.  1). 


ji6  BftnmsKiL 

■issana»  ac  ¥isitaftor  i^stoKcai  ad  nosSalnnnim 
Biss«9,  attoo  176^  concordian  paccif  e  pristi- 
naia  ex  ink^o  lestüni  dbcipNaramqae  regulärem 
finussime  sCkbüMC;  Petiit  cigo  a  aobis  ante 
disecssni  sodib  coniortcniilateis  n<i1iiMM,  ut 
tusquam  venui  conlraMr  et  unus  ex  gremio 
■ostvo  jCTipgr  kabeaCar  emniHaqQe  fiat  bonorum 
spiritualium  particeps.  Ad  «alaa  dein  Vienensem 
legatus  ibiqoe  diu  resktens  Fiam  YI^  pcndicem 
per  CniHiiiiiriaiii  iter  agentsm  CDrakatam  eit,  ubi 
reverendlssimum  praesulem  nostrum  Robertum 
ad  Fauces  Julias  i)  avocavit  ibique  eundem  ac 
reliquos  viae  comites  tamquam  veros  confratres 
SUO6  Christi  vicaria  pmesentandt  ae  omuibus 
Salcmii  Mna  mentibii»  leljgioM  binum  per  sin- 
gnEas  iMMomadas  aitaris  Privilegium  impetravit. 
Deorom  Romae  casdinaMa  cveatus  ac  praefectus 
congregationis  ^  Propagaoidai,  dum  ob  GaUicas 
tBfba»  toü  ordini  nosfeEo  exidunt  iamiaoa  mminere 
pro^iceret,  lUwtriBsiBio  patre  generali  e  Cistercio 
üigato  ooMiibusqiie  GaBia«  nnnasteriis  extinctis 
ipse  efedt,  ut  supremnm.  oidinis  nostri  per 
Soperiorei»  Germasiam  v^isan,  patria  potestas 
sspremaqae  iaradictio  alCe&ta  praesuli  nostro 
per  breve  apostolicmn  »5.  Jvlfi  1791  exaratum 
firmaretnr.  Tandem  vHimo'  raorbo  decumbens 
ac  In  Corona  confcatram  pro  ae  comprecantium 
Sa^emitanorum*  mori  iogiter  smhelans,  4.  Mail 
1792  Romae  vivere  desüt,  aetema  Salemitanorum 
memoria  dignissimas  *). 

Vni  idl     8    [O.  fr.  Johannes  RockwiTer  m.  et  sac] 

Vn  id.     9.    O  piae  memoriae  dns  Enmianuel  Sulger,  34.  abb. 

in  Salem,  anno   1698. 

VI  id.  10  [O.  fr.  Wernherus  Selhofer  prior.]  O.  piae  me- 
moriae dns  Thomas  Wuun,  31.  abb.  in  Salem, 
anno   1647. 

IV  id.  12^  O.  piae  memoriae  domnus  Christianus  Fürst, 
29.  abb.  in  Salem,  anno  dni  1605. 

III  id.  ]»3  [O.  Gerungos  cv.]  Anno  1689  apoplexia  o.  r.  p., 
Rogeritts  Vogler  Engenais  ^),  confessarius  Rubri 
Monasterii^),  pcaefectu»  Juliomagi,  cellerarius 
maior,  commissarius  t^^,  prior  et  supprior^  pluri- 
bus  annis  senior  conventusi  de  monasterio  nostro 
optime   meritus.     1809  <>•  r*  P-   Gerardus  Hang 


^)  Fttsien  a.  Lech.  —  *)  Dieser  ganze  Antrag  steht  auf  «iiigtlifebtem 
Papiere.  —  ')  Engen    im    Hegau.    —    ^    Rottenmfltister   bei    Rottweü.   — 


Totenbuch  von  Salem.  ^^7 

Solerwaldensis '),  et  Kirchhemii^  sepultus,  qui 
in  mono  munere  studiosorum  moderatoris,  novi- 
tiorom  magistrl  et  confessarii  conventus  funge- 
batur. 

XVII  kal.   i6    [O.  fr.  C.  de  Schanbach,  sac.  et  prior.]     Anno 

1820  o.  cv.  Felix  Rott  scrinarius,  in  Grosköz") 
natus  et  sepultus. 

XIV  kal.   19    O  pit   memorie  domnus  Petrus  Oxer^  75.  ahh.   in 

Salem,  qui  complevit  novam  structuram  nostre 
eccUsii,  cuius  inchoator  fuit  dominus  Ulricus  de 
Selvingen;  Ate  eciam  dominus  Petrus  de  novo  con^ 
siruxit  cafihdum  novum  cum  dormitorio  et  ambitu 
incomplete  1441, 

XIII  kal.  20    1796  o.  r.  p.  Joachimus  Sommer  Ottoburanus  ^), 

succentor,  insignis  organista  ac  musices  com- 
positor. 

XII  kal.  31    O  pie  memorie   dns    Wiihelmus  Schraiick\er'\p    13. 

ex  23.  abbati  Raittenhaslacensi^)  abb,  in  Sa/em^), 
O  fr,  Georius  Rüthart  organista,  m.  et  sac.  1496. 

X  kaL  23  1 778  o.  piae  memoriae  domnus  Anseimus  Schwab, 
38.  abb.  in  Salem,  utriusque  sacrae  caesareo- 
regiae  ac  regiae  apostolicae  maiestatis  consiliarius 
intimus  necnon  collegii  abbatialis  per  circulum 
Soevicum  director  etc.  etc. 

IX .  kal«  24    O  piae.  memoriae  domnus  Matheus  Rott  de  Nüfra^ 

26,  abb,  in  Salem f  anno  1583.  O,  piae  memoriae 
domnus  Joannes  Buecheler  de  Neufra^  28,  abb.  in 
Salem,  anno  1388. 

VIII  kal.  25    [O.  fr.  Petrus  de  Bern')  sac]    O.  maus  dns,  dns 

Joachimus  Müller,  ex  priore  Salemitano  abb. 
Bebenhusanus  s),  anno  1663.  1814  o.  r.  p.  Seba- 
stianus  Schauber  Uiberlinganus,  in  musica  studio- 
sorum instructor,  organista  et  musices  compositor, 
cantor  chori  et  conventus  confessarius,  Kirch- 
bergae  prope  Hagnovium  mortuus  ac  Imenstadii 
sepultus. 

VII  kal.  26    O.   1739  r.  p.  Antonius  Luz  Monacensis*),  chori 

regens,  subprior,  conventus  et  monialium  con- 
fessarius in  Heggbach,  Walle  s.  Crucis  et  Rubro 
Monasterio,  ultimo  sepultus. 


>)  Wild,  Hobenzollem?  —  *)  Kirchen    bei  Ehingen    a.    d.    Donau?  — 

*)    Bttier.    BA«   Giäiubarg.    —    *)   Ottobeuren,   baier.    BA^    Memmingen.    — 

*)  Diese  Angabe  ist  am  Rande  im  18.  Jahrh.  nachgetragen.  --  ^  Grest.  1395* 

—  "*)  Ans  der  Edelfamilie  von  Bern,  deren  Stammsitz  bei  Rottweil  liegt.  — 

•)  Bebenhansen  bd  Tübingen.  —  «)  München. 

Zeitedtf.  {.  GMCb.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  3.  25 


Baumann. 

I  kal.  28  Anno  1746  o.  piae  memoriae  domnus  Stephanos 
Enroth,  37.  abb.  in  Salem.  Anno  1807  o.  cv. 
Zacharias  Haenfling  de  Kemnath^),  lanificus,  qui 
post  moni  saecularisationem  mente  captus  e 
patria  Pforzhemium  transportatus,  ibidem  mortuus 
et  sepultus  est. 

I  kal.  30    Anno   1153  o.  beatus  Gero  Auuer,  ex  monacho 

Salemitano  primus  abbas  filiae  nostrae  in  Raitten- 
haßlach*).  18 14  o.  r.  p.  Xaverius  Mayer  Rot- 
wilanus,  post  saecularisationem  parochus  in  Linz 
prope  Juliomagum,  ibidem  sepultus. 
LI  id.  31  O»  pie  memorie  domnus  Christianus^  4,  abb,  in 
Salem  8). 

Junius. 

non.     2    [O.  fr.  C.  In  der  Bünd^)  sac] 
non.     4    [O.  fr.  Cunradus  de  Justingen  sac] 
non.     5    O.  1751  r.  p.  Ambrosius  Rothmund,  chori  regens, 
cantor  et  organista  insignis. 

II  id.     6    O.  rmus  p.  Alexander  Metzger,  abb.  Neocastren- 

sis5),  professus  in  Salem,   1622. 
II  id.      7    [O.  fr.  H.  de  Dietherkouen «)  sac] 

V  id.  10  O,  hac  die  beatus'^)  Eberhardus  de  Rordorff,  5. 
abb.  in  Salem^),  18 10  o.  Husae  prope  Julio- 
magum»)   cv.    Alanus    Bernard  Lausheimensis  »<>). 

11  id.  12  1732  o.  piae  memoriae  adm.  r.  p.  Nivardus  de 
Lemppenbach**),  qui  in  ipsa  ss.  Corporis  Christi 
solenni  processione,  quam  comitabatur,  e  vivis 
decessit. 

id.    13     O,  fr,  Rudolffus  Koler  de  Ehingen^^)  m,  et  dyac. 

^453- 
[  kal.  14  [O.  fr.  Rulandus  cv.]  Anno  1816  o.  r.  p.  Matthae 
Ebisch  Sigmaringanus,  studiosorum  professor  et 
moderator,  culinarius,  praefectus  in  Monte  B. 
V.  M.  prope  Bodraann,  confessarius  monialium 
in  Inzighofen  a  principe  Sigmaringano  denomi- 
natus  ibique  sepultus.  Anno  1820  o.  r.  p.  Con- 
radus  Kohl  Kemnatensisis). 

Kemnath    in    der    Oberpfalz.  —  ^)  Im    18.    Jahrh.    nachgetragen.  — 
1190.  —  *)  Konstanzer  Familie.  —  *)  Neuburg  bei  Hagenau,  Unter- 

—     ®)    Dietelhofen ,     wurtt.    OA     Riedlingen?    —    ^    Dieses    Wort 

Rasur   im   16.  Jahrh.  geschrieben.  —  *)  Gest.     1241.    —  *)  Hausen  a. 

>ach    bei    Pfullendorf.  —  ^^)  Lausheim,    hohenzoll.    OA    Sigmaringen. 

stenberg,    Beamtenfamilie.    —    ^^)    Welches?  —    ^*)  Kemnath    in    der 

ilz. 


Totenbuch  von  Salem.  ^60 

XVI  kal.   16    Anno    18 14    o.  r.  p.  Basilius  Miller  Schemmer- 

bergensis,  chori  cantor,  poeseos  atque  rhetorices 
Professor  Salemii  atque  post  saecularisationem 
Uiberlingae,  demum  parochus  in  Hilzingen'), 
ibidem  sepuUus. 

XV  kal.   17    Hie  erii  commemoratio   henefactorum    nostrorum   et 

omntum  illorum,  qui  sert'ptis  nobiseum  eontraxerunt 
fraternitatem  perpetuam,  de  ceriis  monasieriis  et 
ordintbus,  Inclina,  sae,  tres  mtssas,  minister 
psalterium, 

XIII  kal.   19    [O.  fr.  Johannes   de  Lechstetten  2),    dyac,]     Hie 

celebratur  anniversarium  dni  Johannis  dicti  Bock 
militis  de  Rotwila  et  Ursule  uxoris  eins, 

XII  kal.  2 1 0  pie  memorie  dns  Ülricus^  nonus  abb.  in  Salem  de 
Selvingen^),  inchoator  structurae  nove  moni predicti^)^ 
sub  quo  domus  ista  in  temporalibus  et  in  spiritu- 
alibus  est  multipiiciter  subiimata,  de  quo  debet  dari 
pitancia  Johannis  Etvangeliste, 

XI  kal.  21     1820    hora   media   prima   nocturna    21.  Jun.   in 

arce  Salemitana  Kirchberg  prope  Marisburgum 
nefando  Ratisbonensi  saecularisationis  decreto  e 
domo  sua  expulsus  p.  r^us  D.  D.  Caspar  Oexle, 
40  et  ultimus  regii.  consistorialis  ac  exempti 
monasterii  Salemitani  abb.  Corpus  eius  ex  speciali 
gratia  Bad.  magni  ducis  Ludovici  Salemium 
solemniter  translatum  ante  summum  ecclesiae 
maioris  altare  in  latere  epistolae  et  sub  gradibus 
presbyterii  iuxta  praedecessoris  Roberti  sepul- 
turam  appositum  fuit. 

VIII  kal.   24     O,  fr,  Leonhardus    Wingeber  m,  et  sac,  1459,      O. 

dominus  Hiltebrandns ,  quondam  abb,  in  Fönte 
Regis^), 

VII  kal.  25    [O.    C.    de    Bemhusen«)    sac]     O,  pie    memorie 

domnus  Amandus  Schäffer  de  Argentina,  21,  abb, 
in  SaJem^  1534, 

IV  kal.  28  O,  fr.  Diethricus  de  Hidorff"*)  cv.  Anno  18 14 
o.  r.  p.  Placidus  Seybold  Suevo-Gamundianus»), 
in  Curia  Mariana  vicarius,  cantor  chori  et  post 
saecularisationem  monasterii  parochus  in  Thengen 
ibique  sepultus. 


*)  BA.  Engen.  —  *)  Leusteiten,  BA.  Überlingen.  —  •*)  Gest.  13 il.  — 
*)  Im  18.  Jahrh.  verändert  in:  novae  ecclesiae  nostrae.  —  *)  Wird  1434  ur- 
kundlich genannt.  —  ^)  Bernhausen  bei  Stuttgart.  —  ^)  Dieses  weitverzweigte 
Rittergeschlecht  nannte  sich  nach  Heudorf,  BA.  Stockach.  —  ^)  Gmünd  in 
"Württemberg. 

25* 


xnQ  Baumaim. 

Julius. 

VI  non,     2    O.  dns.  C,  rector  in  Magenhuh^)  ac  novidus  in 

Salem,  qui  ligavit  20  ff  9^,  10  ad  sartariam  et  10  ad 
piianciam  pro  pUcibus^  s^d  nichil  daiur, 

IV  non,     4    [O,   fr.    Otto   dysi^.  dictus  Grpter,  prpfessns   in 

Foute  ^egis.] 

III  non.     5    1773,0.  fr^  M^\u:us  Untersee  cv.,  sendtor  r»»»  et 

excellnai  D.  D.  abb.  Ansetmi  I|.  fidelissimus  et 
faber  automatarius  peritissimu^,^  Anno  1820  o. 
r.  p.  Martinus  Braunwart  Weildorfensis,  gr^ioma- 
tices  Professor  et  sublato  mpnasteno  parochus  in 
Herdwan^en  ^),  ibidem  sepultus.  Anno  1824  o. 
in  patria  sua  Hedingen  >)  cv.  Jacobus  Rilli>  doli- 
arius  Salemii,  subcellerarins  et  infirmomm  servitor. 

VII  id.     9.    Anno   1817  o.  r.  D.  Bruno  Hart  Buxheimensis^), 

Salemii  annö  1 800  vota  religiosa  emisit,  monasterio 
autem  occupato  1 802  a  principibus  Bad.  ad  sacer- 
dotium  et  paulo   post   ad  capellaniam   in  Herd- 
wangen promotus,  Uiberlingae  sanitatem  recupe- 
raturus  morti  occubuit. 
III  id.   13.    Anno   1814   o.   r.   p.  Thomas  Schilple  Uiberlin- 
ganus,    cap.    Neobümovii,    parochus   Salemii    et 
confessarius  njionialium  in  Baindt  ibique  sepultus. 
id.    15     O.  fr.    Andreas   Dettikefer    de    Constantia   m.    ei 
sac.  1548. 
XVII  kal.   16    O.  fr,   Conradus  Trosthamer  de  Marckdorf  m,  et 

sac,  procurator  in  PfuJlendorff,  eandemque  \domum] 
construxit  ac  bursarius  fidelis  nee  non  paier  et  amator 
omnium  monachorum  eic,  iandem  camis  dehitum  solvit 
anno  [is\^o, 
Xy  kal.   18    A(ino   1073  o,  fr»  Geprgius  Bück,  cv.  et    pictor 

in  Salem. 
XIV  kal.   19    O.    fr.    Peti^y^    Sgh&ler,    sac.      0.j    1770    r.  cv. 

Bamabas   Haas,   senior  et  iubilaeus   vere  vene- 
rabilis. 
XII  kal.  2 1     O.  fr.  Cunradus  Rot  sac,  \i4\7H> 
XI  kal.  22    Anno   1821   o.  r.  p.   Jacobus  Scheirmajr  Bitten- 
brunensis^),    parochus    Salemitanus,    novitiorum 
magister,    conventus    confessarius    et    praefectus 
in  Monte  B.  V.  M.  prope  Bodmann,   ubi  etiam 
sepultus. 
IX  kal.  24    R.  p.  Christophorus    a  Rehlingen*),    supprior   et 

confessarius   in  Wald    et  Valle    s.    Cnicfs    1703. 


»)  Hohenzoll.  OA.  Sigmaringen.  —  *)  BA.  PfuUendorf.  —  »)  BA.  Über- 
lingen. —  *)  Buxheim,  baier.  BA.  Memmingen.  —  •)  Bittelbninn,  BA.  Engen. 
•)  Augsburger  Geschlecht. 


Totenbuch  von  Salem. 


371 


VI  kal.   27     O.  fr,   C,  Fladenschrot,  cantor^  7-^77. 
IV  kal.  29    [O.  Diethericus  Münser  sac.  i)] 
III  kal.  30   [O.  Hermannus  Kraflfto«)  sac.     O.  fr.  Laurentius 

de  Bohemia  sac] 

11  kal.  31  O.  piae  memoriae  domnus  Udalricus  Gräter 
Biberaco  oriundus,  8.  abb.  in  Salem,  pridie  cal. 
August!  anno   1285. 


Augustus. 


III  non. 


Vm  id. 


VII  id. 
VI  id. 


3  1713  r.  p.  Bemardinus  Schuemächer  Lucernensis, 
ad  S.  Urbanura3)  professus  et  prior,  postea  in 
Salem  susceptus,  professor  theologiae. 

6  [O.  dns.  H.  abb.  in  Fönte  Regis,  dictus  Krämer^). 
O.  fr.  Luttramus,  sac]  18 10  o.  in  arce  Salemitana 
Kirchberg  et  Imenstadii  est  sepultus  r.  p.  Leo- 
poldus  Deschler,  iuris  can.  professor,  bursarius, 
granarius  et  ultimus  praefectus  Neobarnovii. 

7  O.  H.  Princeps*)  sac. 

8  O.  pie  memorie  domnus  Berchtoldus  de  Urach, 
6,  abb,  in  Salem  <^),  et  domnus  Ludowtcus  Oschivald, 
77.  abb,  in  Salem,  anno  14p,  181 2  o.  r.  p.  Igna- 
tius  Vogel  de  Hechingen,  primissarius  Schemer- 
bergae  et  ibidem  sepultus,  antea  Salemii  capi- 
tuiaris,  studiosae  iuventutis  moderator,  in  poesi 
et  rhetorica  professor  insignis. 

Q  [Ü.  dns.  H.,  primus  abb.  in  Fönte  Regis]''). 
O,  pie  memorie  domnus  Johannes  Appenzeller, 
2j,  abb,  in  Salem,  anno  salutis  1553,  177 1  fr. 
Hermannus  Hermann  cv.,  sacristiae  diligentissimus 
servitor. 

IV  id.  10  1806  o.  Bimovii  ven.  p,  Thaddaeus  Weitmann 
Suevo-Gamundianus,  sac  iubilaeus  et  per  plu- 
rimos  annos  in  musica  studiosae  iuventutis  in- 
structor  chorique  regens  post  saecularisationem, 
sepultus  in  Seefelden. 

id.  13  [O.  fr.  H.  de  Überlingen,  sac,  scriba.  O.  fr. 
Burkardus  Besserer <))  sac.  Anno  dni  1362.  ante 
festum  Assumptionis  Virginis  gloriose  fr.  Johannes 


V  id. 


>)  Wohl  ein  Münser  von  Sünchingcn.  —  «1  Ulmer  Geschlecht.  —  »)  St. 
Urban,  Kanton  Luiem.  —  *)  Genannt  1366.  —  *)  Ob  ein  Glied  der  Edel- 
freien  ^Ftt^st  von  Konzenberg«?  -  «)  Gest.  1241.  —  ')  Königsbronn  wurde 
1302  Ton  König  Albrecht  gestiftet;  über  Abt  Heinrich  ist  nichts  nfiheres 
bekuint«  als  dass  er  aus  Salem  mit  den  ersten  Mönchen  gekommen  ist.  — 
*)  Aus  der  Ulmer  oder  Überlinger  Familie  d.  N. 


372 


Baumann. 


Kupari)  et  fr.  Bertholdus  cvi  fuerunt  occisi  prope 
monasterium  zen  Feiten  ^)  per  comitem  GotfHdum 
de  Wartenstain  ^)  et  suos  complices  pro  bonis 
moDi  commendabiliter  suam  vitam  tradentes,  cum 
predictus  comes  iniustissimam  accionem  adversum 
monasterium  tunc  temporis  moveret  et  eciam 
in  Schemerberg  ac  Lushain*)  bene  in  looo  f£  h. 
dampnificasset  per  incendium  ignis.] 

XVIII  kal.    15    [O.  Decimus  Gremiich  sac]    Hac  die  erii  verum 

patrocinium  capelle  beatae  V,  M.^  idcirco  canior 
provtdeai,  ut  posi  sermonem  missa  de  ipso  festo 
Assumptionis  heate  Marie  in  eadem  capella  solemp^ 
niter  cantetur  in  ambabus  vesperis.  O.  r.  p.  Berthol- 
dus VVartha  archivarius,  m.  et  sac,  anno   1802. 

XVII  kal.   16    O,  fr.    Felix  Huber  sac,    guondam    bursarius   ac 

professus  in  Bebenhausen,  qui  conhdit  conventui 
20  ß.  ob  remedium  anime  sue,  anno  155^, 

XV  kal.    18     O.  fr,  fohannes  de   monasierio  Ryffensiain^^    qui 

inier iii  in  vivario  Haslach^  m,  et  sac, 
XIV  kal.   19    Anno   1649  o-  P-  Sebastianus  Bürster  sac.   Con- 

stantiae«). 


XIII  kal.  20 

XII  kal.  21 

X  kal.  23 


Hie  danlur  pisces  de  dno  Wilhelmo '').] 
O.  fr.  Petrus  Krafft,  acolitus.] 
O.  Bertoldus  Magenbüch  sac] 

VIII  kal.   25    [Hac    die    celebrari     debet     dies    anniversarius 

sollempniter  per  missam  in  conventu  illustrium 
dominorum  ducum  Inferioris  Bavarie,  et  per 
bursarium  conventui  pitantia  piscium  ministratur.] 

IV  kal.  29    O.   1800  r.  cv.   Arnulphus  Tribelhorn  Schwenin- 
gensis*),  iubilaeus,  reticulator  tibialium,  vir  pius 
omnibusque  carus. 
II  kal.   3 1     O.  Karolus  Rot  sac.     O,  pie  niemorie  fr.  Martinus 
Bosch  m,  ei  sac,  anno  [/^]5/. 

September. 

kal.  I  [O.  pie  memorie  fr.  Cänradus  Röchli,  prior. 
O.  fr.  H.  de  Nürtingen»)  sac.  O.  Rüdiger  cv.] 
Nota,  antiqua  traditione  notum  Salemitanis  est, 
in  illo  loco  seu  angulo  ecciesiae,  quo  ad  latus 
meridionale  altaris  s.  Bernardi  aliud  in  honorem 

*)  Korrigiert  aus  Kupfar.  —  *)  Wohl  Flurname.  —  •)  Wart  stein, 
w.  OA.  Münsingen.  —  ^\  Lausheim,  hohenzoll.  OA.  Sigmaringen.  —  •)  Reifen - 
stein  bei  Worbis,  Eichsfeld.  —  •)  Der  bekannte  Chronist  Salems  im  Schweden- 
krieg. —  ')  Gest.  1395.  —  ®)  Schwenningen,  BA.  Messkirch.  —  •)  Württ* 
Stadt,  a.  Neckar. 


Totenbuch  von  Salem. 


373 


s.  Verenae  virginis  et  ex  legione  Thebaea  mar- 
tyris  positum  est,  primam  sacram  aedem  con- 
structam  fuisse  atque  adeo  pro  ecciesiae  nostrae 
et  totius  monasterii  iacunabulis  haberi.  Indignum 
igitur  censuit  r^us  D.  Stephanushanc  memoriam 
in  sola  notitia  haerere,  forte  etiam  cum  tempore 
penitus  oblitterandam,  nisi  annuo  cuitu  renova- 
retur  et  sanctae  martyri  honor  haberetur,  obtinuit 
ergo  anno  1700  ab  illmo  patre  generali  Nicoiao 
Larcher,  ut  dictae  virginis  ad  Cal.  Septembris 
incidens  festum  officio  12  lect  imposterum 
peragi  possit. 

IV   non.     2    [Anno  dni   1380  o.  pie  memorie  fr.  Eberhardus 

de  Gummeringi),  qui  ligavit  conventui  annuatim 
16  fl.,  quas  dabit  procurator  in  Ulma,  item 
2  K  h.  de  uno  prato.]  1806  o.  in  arce  Sale- 
mitana  Kirchberg  r.  p.  Augustinus  Karg  Wolfers- 
hofensis^),  propter  saecularisationem  primus  mo- 
nachorum  Salemitanonim  in  Imenstad  tumulatus. 
1812  o.r.  p.  Guido  Mayr  Campodunensis^j^Iinguae 
Hebraicae  instructor,  professor  canonici  iuris, 
praefectus  in  Monte  B.  V.  M.  prope  Bodmann 
et  Neobürnovii,  confessarius  monialium  in  Valle 
s.  Crucis,*  Horto  Florido,  vulgo  Baindt,  demum 
in  Rubro  Monasterio  ibique  sepuitus. 

111  non.     3     1804  o.  r.  p.  Marianus  Sillmann  Neoburgensis*), 

qui  iussu  marchionum  Badensium  Friderici  et 
Ludovici,  quibus  ipsorum  pater  post  saeculari- 
sationem ditiones  Salemitanas  et  Petrihusanas  ^) 
unacum  monasteriis  cessit,  primus  in  coemeterio 
communi,  Stephansfeld  dicto,  debuit  tumulari. 

11  non.  4  [O  fr.  C.  de  Stain  sac  ]  1809  o  VVettenhusae «) 
ibique  est  tumulatus  ven.  p.  Andreas  Heichlinger 
Grosközensis,  Salemii  ofHciis  studiosae  iuventutis 
moderatoris,  conventus  confessarii  ac  prioris  per 
plures  annos  functus;  insignis  fuit  organista  ac 
musices  compositor  ac  de  Salemio  optime  meritus. 

non.     5    O.  fr.  Hugo  Stimmer  abb.,  m.  et    sac.  in    Nova 
Cella'),  anno    1635. 

Vlll  id.  6    Anno  dni  1496  fr.  Petrus  Wagner  cv.  interiit  gladio 

circa  coquinam  rusiicorum, 
VII  id.     7    [O.  Johannes  Greter  sac] 


*)  Gomaringen,  wärtt.  OA.  Reutlingen.  —  *)  Wolfertshofen  bei  Heimen- 
kirch, baier.  BA.  Lindau.  —  »)  Kempten  i.  AUgäu.  —  *)  Welches  Neuburg? 

—  *)  Petershaosen  in  Konstanz.  —   ^)  Wettenhausen,   baier.    BA.  Günzburg. 

—  '')  NeuzeUe  in  der  Lausitz? 


374 


Baumann. 


V  id.  9  O.  fr.  Waltherus  de  Hoenstat«)  sac]  O.  fr, 
Martinus  Schembucher,  bursarius  fidelis  et  fautor 
bonus  huius  monasierii,  m,  et  sac,  anno  i$6o, 
O.  etiam  r.  et  clarissiraus  p.  Joannes  Muotelsee, 
SS.  theologiae  doctor,  qui  malus  pro  ordinis  ac 
monasterii  nostri  emolumento  et  disciplinae  refor- 
matione  laboribus  defunctus,  tandem  anno  1626 
cum  rn^o  D.  abbate  Salemitano  Caesaream*)  ad 
capitulum  provinciale  profectus  ibi  naturae  debi- 
tum  solvit  et  in  claustro  ad  laevam  portae  templi 
fuit  sepultus.  Anno  1664  o.  piae  memoriae  dns 
Thomas  Schwab,  32.  abb.  in  Salem.  1804  cv. 
Balthasar  Schiller  de  Neuburg,  hortulanus,  in 
coemeterio  religiosorum  ecclesiae  maiori  versus 
orientem  septembrionemque  adiacente  ultimus 
sepultus. 
IV  id.  IG  [O.  fr.  Rudigerus  de  Callenberg*)  subdiac.] 
XVJll  kal.    14     Uiricus  Elegast,  qui  ligavit  vineam  suam  conventui^ 

de  quo  dantur  duo  frusta  piscium,    anno  dm  1482, 
XVII  kal.   15    Anno  18 14  o.  Salemii  ibique  in  Campo  Stephani 

sepultus  est    r.  p.  Joannes  Evang.  Mayr.  Augu- 
stanus,   organista,    chori    cantor,    studiosonim  in 
calligraphia    instructor,    professor    et   moderator. 
XV  kal.   17    [O.  fr.  Johannes  Mfttteli*),  sac.  et  m.] 
XI  kal.  21    0.  pl.    r.  p.    Raphael  Köndig,    iubilaeus,    senior 

conventus,  confessarius  conventus  et  monialium, 
professor  ss.  theologiae  et  iuris  canonici  domi 
forique  per  plures  annos,  in  omni  scibili  cla- 
rissimus,  1758. 
X  kal.  22  Nota,  cum  anniversaria  dedicationis  ecclesiae 
Salemitanae  die  dominica  festum  s.  M.  Magda- 
lenae  proxime  procedente  hucusque  celebranda 
veniret,  evenit,  ut  festum  s.  patris  nostri  Stephani, 
3.  abbatis  Cistercii,  ex  decreto  capituli  generalis, 
accedente  approbatione  sedis  apostolicae,  die 
lO.  Julii  cum  octava  solenni  peragendum  ob 
concurrentiam  octavae  dedicationis  interdum 
paucos,  saepe  paucissimos,  quandoque  diem 
unicum,  quin  etiam  penitus  nullum  intra  totam 
octavam  nancisceretur,  videlicet  cum  incidente 
dominica  in  16.  Julii  ipsum  quoque  festum 
transferri  necesse  erat,  quo  quidem  casu  etiam 
primis  vesperis  et  cultu  diei  sueto  carebat,  atque 
hoc  pacto  isthaec  toti  ordini  communis  solen- 
nitas    apud    solos     Salemitanos     diminuta    erat. 

*)  Honstetten,  BA  Engen?  —  »)  Kaisheim  bei  Donauwörth.  -  •)  Kallen- 
berg,  Ruine,  BA.  Messkirch.  —  *)  Konstanzer  Familie. 


Totenbuch  von  Salem.  37^ 

Haec  perpendens  rmus  D.  Stephanus  rogavit  illmum 

patrem  generalem  Nicolaum  Larcher,    ut  festum 

dedicationts  in    alterum   diem   transferre    liceret, 

quod  benigne  concessit  et  pro  annua  dedicationis 

ecciesiae  Salemitanae  memoria  in  diem  domini- 

cam    festum     s.    Michaelis    archangeli    proxime 

sequentem  transtulit  1700. 

Vll  kal.  25    [O.  fr.  Gotfridus  cv.  et  com.    de   Warten stain  i). 

VI  kal.   26    O.  Appolonia  Mercklini,  que  fuii  fidelis  monasterio, 

IV  kal.   28    [Nota,   hac  die  datur  pitantia  conventui  de  dno 

Petro  Oxar,  abbate  in  Salem*).     O.  fr.  Jacobus, 
lapicida  et  cv.] 
m  kal.  29    [O.  fr.  C.   zum   Tor^),    sac]     Nota,   s.   Michael 

archangelus  post  B.  V.  iam  antiquitus  pro  prae- 
cipuo  Salemii  patronus  habitus,  officio  tamen  chori 
non  aiio,  quam  quod  breviarium  omnibus  Cister- 
ciensibus  praescibit,  hucusque  cultus  fuit.  Rmo 
vero  D.  Stephano  dignum  visum  est,  ut  hie 
cultus  augeretur,  rogato  igitur  illmo  patri  gene- 
rali Nicoiao  Larcher,  anno  1700  obtinuit,  ut 
patroni  nostri  s.  Michaelis  archangeli  annua 
memoria  sub  ritu  festi  sermonis  min.  et  cum 
octava  minus  solenni  ad  modum  festi  s.  Johannis 
Baptistae  inposterum  celebrari  possit. 
II  kal.  30  O,  pü  memorie  domnus  Goitfridus,  2,  ahh,  in 
SaUm^).  O.  rmus  D.  D.  Nicolaus  Brenneisen, 
abb.  Albae  Dominorum*),  1653,  in  capella  B^ae 
V.  sepultus,  post  inde  translatus  1697  una  cum 
ossibus  rr.  abbatum  Joannis  Scharpfer<^)  et  Wolf- 
gango  Ruop  abbate  Regiofontano  "7),  in  coemite- 
rium  simul  tumuiatis  inter  2  maiores  ecciesiae 
columnas  ad  altare  ss.  Trinitatis.  In  eundem 
locum  1701  translata  quoque  sunt  ossa  quo- 
rundam  religiosorum  antehac  tum  in  coemiterio 
religiosorum  tum  saecuiarium  tumulatorum. 

October. 

kal.      I     O.  discreius  vir,  fr,  Jacobus  Buman,  prior  huius 
cenohiiy  i$o2. 
IV  non.     4     O.    r»wj    dominus  Fridericus   com.    de  Schonburg, 

archieps,  sacre  ecclesie  Salizburgensis  et  s,  apostolice 


*)  Ist  dieser  Mönch  etwa  der  am  13.  August  erwähnte  gleichnamige 
Feind  Salems?  Wenn  ja,  so  hätte  er  für  seine  Thaten  dem  Kloster  Sühne 
geleistet.  ~  ■)  Gest.  1441.  —  »)  Schweiz.  Rittergeschlecht.  —  ♦)  Gest.  1168. 
—  *)  Herrenalb,  württ.  OA.  Neuenbürg.  —  0  Von  Salem,  gest.  15 10.  — 
^)  Gest.  am  14.  März  1658 


378 


Baumann. 


gen*)  et  confessarius  in  Inzigkofen'S)  ibiqne 
sepultus. 

XI  kal.  21     [O.  fr.  Hugo]  dyac.  de  Werenwag^), 

VIII  kal.  24    O,   fr,    Johannes    Suhenwirt^    prior    in    RaiUen' 

haslach,  O.  r.  p.  Benedictus  Hueber,  facultate 
utraque  vir  plane  clarissimus,  confessarius  in 
Neudingen^),  ibidem  sepultus  anno   1727. 

VII  kal.   25    Anno    18 13    o.    r.  cv.     Maurüs    Fischer,     dulci- 

arius  et  pharmacopola,  natus  Billenhusae  ^)  et 
sepultus. 

VI  kal.  26    [O.  Alwigus  abb.  in  Fönte  Regis«).] 

O.  fr.  Motzo'),  sac] 
O.  fr.  Philippus  de  Runa»)  sac] 


V  kal.   27 
IV  kal.   2% 


Dezember. 

IV.  non.     2    [O.  fr.  Albertus  de  Hödorff  sac]     O.   dns   Con- 

radus  de  Endingen  ^  eps,  Gurcensis  in  Carinthia, 
quondam  10,  abb,  in  Salem^).  O.  hac  die  beatus 
Eberhardus  a  Truchsen,  2.  huius  nominis  archieps. 
Salisburgensis,  2.  fundator  in  Salem,  anno  dni 
1296.  Anniversarium  celebratur  pro  eiusdem 
agnatisio). 

non.     5     [O.  fr.  Rüdolfus  Studengast  sac] 

VII  id.     7    [O.  Marquardus   de  Büron  i^)  sac]      NB.    Anno 

christiano  161 1  r^us  D.  Petrus,  abb.  Salemitanus, 
pro  grassantis  tunc  pestis  periculis  a  cervicibus 
nostris  avertendis  et  omnes  tunc  praesentes  con- 
ventuales  ieiunium  pervigilii  bmae  V.  Mariae 
conceptae  una  cum  insequentis  diei  feriis  solen- 
niter  celebrandis  necnon  postridie  Conceptionis 
supplicationem  ad  sacellum  beatae  Virginis  cum 
solenni  missae  officio  ibidem  decantando  insti- 
tuendam  voverunt,  haec  sub  obligatione  voti 
personalis.  Praeterea  eodem  tempore  per  eundem 
pie  statutum  fuit,  ut  reliqui  omnes  dies  Virginis, 
ut  et  SS.  patrum  nostrorum  Benedicti  et  Ber- 
nardi    festi   dies    hactenus    festive    non     acti    in 


*)  BA.  Konstanz.  —  ^)  Inzigkofen  bei  Sigmaringen.  —  ')  BA.  Mess- 
kirch. —  *)  Kloster  Mariahof  in  Neidingen.  —  *)  Billenhausen,  baier.  BA. 
Krumbach.  —  ♦"')  Lebte  noch  1388  und  vor  1401.  —  ^)  Aus  einem  Keniptner 
und  Memmingcr  Geschlechte  d.  N.  —  ®)  Reun  in  Steiermark.  —  •)  Gest. 
1344.  —  10)  Diese  Bestimmung  erklärt  sich  daraus,  dass  Erzbischof  El>er- 
hard  im  Banne  starb,  für  ihn  also  eine  Messe  nicht  gelesen  werden  durfte.  — 
")  Beuren,  BA.  Überlingen. 


Totenbuch  von  Salem.  xng 

posterum  festive  cum  ieianio  pridiano  dierum 
praetdictonun  agitentur.  famulique  ab  operibus 
servilibus  ferientur.  Haec  absolute  ordinata  sunt 
citra  intentionexn  inducendae  obligationis  alicuius 
peccati. 

V  id.  9  1822  o.  r.  p.  Carolus  Wächter  Sigmaringanus, 
Salemü  Professor  inferiorum  et  superiorum,  Con- 
stanti^e  hlstoria.^  universalis^  i^  u^iversitate 
Ellwacensi })  theologiae  et  iuris .  cap^Qnicj»  ta^dem 
parochuf  in  Sulmingen^),  i\>idein  sepultus. 

III  id.  II  Anno  1 70&  o.  adm.  r.  p.  Eugenius  Speth  Rosa- 
censis^),  ss.  theol.  doctor  et  protonotarius  apo- 
stolicus,  senior  et  procurator  in  Bimavo,  ibidem 
sepultus. 

IL  id.  12  O.  felicü  recordationis  domnus  Johannes  Siantenaii, 
18,  abb,  in  Salem^  '494' 

XVIII  kal.   14    Adm.  r.  p.  Leonardus   a  Rhelingen  Augustanus, 

iubilaeus  sac,  confessarius  in  Baind,  Bona 
Cella*)  et  Sylva  Benedicta*),  anno   1725. 

XVII  kal.   16    Anno     1820    o.    Herzogenburgi    in    monasterio 

canonicorum  regularium  in  Austria  ven.  p.  Con- 
standnus  Steiner  Viennensis,  studiosorum  professor 
et  moderator,  computationum  revisor,  culinarius, 
granarius,  Schemmerbergae  et  Neobumovii  prae- 
fectus,  conventus  confessarius  et  iubilaeus  sac. 
Salemitanus. 

XIII  kal.  20    [O.  fr.  Burckardus  zum  Thor,  sac] 

XI  kal.  22    [O.  fr.  Ulricus  dictus  Federli,  sac.   et  quondam 

prior  in  Campo  Principis«).] 

X  kal.  24  Noiandum,  quod  in  ecclesia  Saiizburgensi  ceUbraniur 
sollenniier  singuiis  annis  cum  vigiliis  et  officio 
sive  missis  nioriuorum  peractiones  ducu  pro  ahbü" 
tibus  et  conventualibus  monasterii  in  Salem,  tamen 
in  communi  pro  omnibus  eccUsiasticis  et  religiosis, 
domibus  ei  personis  huic  ecclesie  Saltzburgemi  muiua 
fraternitate  coniunctis,  Una  autem  ex  istis  perac" 
tionibus  fit  in  septimana  proxima  ante  festum 
Nativitatis  Christi,  alia  autem  in  ebthomana  post 
dominicam  ludica.  Et  quandocumque  ex  ScUem 
aut  aliis  canobiis  specialiter  intimatur    huc  decessus 


')  Diese  von  König  Friedrich  I.  von  Württemberg  ins  Leben  gerufene 
Hochschule  wurde  schon  nach  wenigen  Jahren  mit  der  Tübinger  vereinigt. 
—  •)  Württ.  OA.  Laupheim.  —  »)  Rorschach,  Kant.  St.  Gallen?  —  ♦)  Guten- 
zell,  württ  OA.  Biberach.  —  »)  Wald  in  Hohenzollern.  —  »)  Fürstenfeld  in 
Oberbaieni. 


^8o  Baumann. 

alicuius  prelati  vel  aliorum  fratrum^  quorum  mmo* 
ria  nominaüm  ei  specialtUr  fieri  desideratur,  tunc 
pro  eorundem  animabus  fluni  speciales  peracHonti 
ei  preces  soliie.  Freier  hoc  afmd  ecclesiam  ei  nuir<h 
polim  Salizburgensem  modernis  iemporibus  aliud  in 
usu  non  repertiur, 

VI  kal.  27     O.  hac  die  heaius  Frawinus,  /.  abb,  in  Salem^  116$. 

V  kal.  28    [O.  fr.  Ülr.  Roggwiler,  sac] 

IV  kal.  29  Nbia,  canior  commiiiai  missam  in  inflrmaria  dic' 
endam.  O.  piae  memoriae  domnus  Petrus  Miller, 
30.  abb.  in  Salem,   1614. 

{Schluss  folgt) 


ie  Kaisergräber  im  Dome  zu  Speyer, 

Von 

J.  Praun. 


Seit  einem  vollen  Menschenalter  hat  die  wegen  der 
ärlichen  und  einander  widersprechenden  Nachrichten  so 
hwierige  Frage  der  Kaisergräber  im  Dome  zu  Speyer 
dne  zusammenhängende  Darstellung  mehr  erfahren.  Es 
ar  der  Ministerialdirektor  Dr.  Fr.  Fröhlich  in  Karlsruhe, 
;r  in  seiner  Monographie  »Die  Kaisergräber  im  Dome  zu 
)eyer«  (Karlsruhe  1856  u  1859)  zuletzt  in  scharfsinniger 
''eise  die  Oberlieferung  prüfte  und  interessante  Akten- 
ucke beifügte. 

Freilich  durfte  er  sich  trefflicher  Vorarbeiten  erfreuen. 
:hon  1751  hatte  Litzel  (»Die  kaiserl.  Begräbnis«.  Speyer 
51,  neu  herausgegeben  von  König  1826)  vieles  zusammen- 
jtragen,  was  sich  auf  die  Frage  bezog.  Geissei  (»Kaiser- 
>m«  III,  S.  1 24  S.)  widmete  ihr  ein  eigenes  Kapitel.  Auch 
jmling  kam  in  seiner  »Geschichte  der  Bischöfe  zu  Speyer« 
id  in  seiner  Baugeschichte  des  Doms  ausfuhrlich  auf  das 
lema  zu  sprechen,  hielt  sich  aber  leider,  um  zu  glatten 
•gebnissen  zu  gelangen,  nicht  von  willkürlichen  Hypothesen 
n;  so  ist  z.  B.  sein  Situationsplan,  was  die  zweite  Gräber- 
ihe  betrifft,  einfach  ein  Phantasiegemälde.  August  Then, 
if  dessen  kurzen,  aber  inhaltreichen  Artikel  im  Beiblatt 
jr  Augsburger  Postzeitung  1876  mich  Herr  Geistl.  Rat 
dam  in  Speyer  gütigst  aufmerksam  machte,  beschäftigte 
ch  ebenfalls  mit  der  Frage,  liess  sich  aber,  als  ihn  die 
ortsetzung  seiner  Studien  auf  immer  neue  Widersprüche 
den  Quellen  führte,  von  dem  Versuche  einer  zusammen- 
ingenden    Darstellung    abschrecken.     Wiederholt    streift 


382 


Praun. 


unser  Thema  auch  Fred.  Mones  Artikelserie  »Der  Dom  zu 
Speyer«  in  der  Palatina  1895  u.  1896.  Alle  diese  Autoren 
zeigen  unter  sich  beträchtliche  Abweichungen. 

Wenn  nunmehr  der  Versuch  einer  neuen  Darstellung 
gemacht  wird,  so  geschieht  dies  im  Vertrauen  auf  zwei 
Umstände,  die  sich  meinem  Vorhaben  günstig  erweisen. 
Vor  allem  wurde  mir  durch  das  liebenswürdige  Entgegen- 
kommen dar  Herren .  Beamt^i  des  Grrossh'  Generallandes- 
archivs  in  Karlsruhe  eine  Anzahl  von  Archivalien  zur 
Benützung  überlassen,  welche  bisher  noch  keinem  Forscher 
zugänglich  waren,  so  die  einzige  zusammenhängende  Be- 
schreibung, welche  sämtliche  Grabstätten  umfasst  und 
über  die  Zahl  der  Gräber,  sowie  über  die  bisher  ganz  und 
gar  unklare  gegenseitige  Lage  der  Grräber  Adolfs  und 
Albrechts  zum  ersten  Male  zweifellose  Aufklärung  bringt. 
Sodann  gelang  es,  auf  einem  Streifzuge  durch  die  ob^^ 
rheinischen  Bibliotheken  und  in  der  Königl.  Hof-  und 
Staatsbibliothek  München  eine  überraschend  grosse  Anzahl 
un verwerteten  litterarischen  Materials,  namentlich  Itinerarien, 
zu  ermitteln;  besonderes  Interesse  bot  die  Auffindung  eines 
noch  nicht  gewürdigten  Berichtes  über  die  Eröffnung  von 
1739  von  Seiten  eines  weiteren  Augenzeugenr  welche  die 
bisher  bekannten  in  wesentlichen  Punkten  ergänzt  und 
berichtigt. 

Für  den  historischen  Teil  der  Arbeit?  wurden  die  Jahr- 
bücher der  einzelnen  Herrscher,  soweit  sie  erschienen  sind, 
zu .  Rate  gezogen  und  die  SpezialUtteratur<  sowie  die  ein- 
schlägigen Bände  der  Monumenta  eingesehen;  dazu  trat 
die  Durchsicht  der  Speyerer  Geschichtsschreiber  des  15. 
bis  17.  Jahrhunderts,  die  teilweise  nur  handschriftlich .  vor- 
liegen, so  Wolfgang  Baur  im  cod..  lati  13 16  der  Münchener 
Bibliothek,  sowie  des  älteren  Nekrologmms  und  des  regi- 
strunx  camerariorum  des  Speyerer  Doms  usnd  derSpeyerer 
Urkundenbücher  von  Remling  und  HUgard.  Im  topo- 
graphischen Teile  wurden  ausser  den  musterhaften  Dom- 
beschreibungen von  Meyer-Sch wartau  (»Der  Dom  zu  Speyerc 
JÖ93)  lAnd  Zimmern  (in  den  >Baudenkmalen .  der;  Pfali« 
1894  ff.)  etwa  sechzig  Itinerarien  und  geografdiisch»  Werke 
des  16.  und  17.  Jahrhunderts  verwertet,  von  denen  freilich 
nur    einzelne    ergiebige   Ausbeute   lieferten.     Im   Interesse 


^  Kaiäergräber  b 

Äer  Karze  sollen  die  Citate,  besonders  aus  den  Monumenta, 
nach  Möglichkeit  beschränkt  werden. 

Freilich  wird  sich  auch  unsere  Darstellung  in  so 
manchem  Punkte  mit  einem  ehrlichen  non  Hquet  begnügen 
müssen,  wenn  wir  nicht  ebenfalls  in  den  Fehler  verfallen 
wollen,  im  Interesse  einer  glatten  und  eleganten  Lösung 
Hypothesen  als  erwiesen  hinzustellen,  da  bei  der  Mangel- 
haftigkeit der  Überlieferung  nur  der  Augenschein  über 
blanche  streitige  Frage  Klarheit  bringen  kann. 

Die  Schuld  an  dieser  Unsicherheit  irägi  die  Unzuläng- 
lichkeit der  Speyerer  Geschichtsforschung  speziell  in  der 
AÜschen  Zeil,  Wenn  wir  uns  auch  nicht  völlig  das  schroffe 
Urteil  Harry  Bresslaus,  des  besten  Kenners  der  Zeit  Kon- 
fads  IL.  (in  den  Jahrbüchern  des  deutschen  Reichs  unter 
Konrad  IL,  i,  465}  aneignen  wollen,  dass  kaum  eine 
zweite  Dischofsstadt  in  der  ersten  Hälfte  des  Mittelalters 
flo  unfruchtbar  auf  dem  Felde  der  Geschichtsforschung 
gewesen  sei,  so  müssen  wir  doch  mit  ihm  unserem  leb- 
haften Befremden  darüber  Ausdruck  geben,  dass  trotz  des 
Glanzes,  den  das  Haus  der  salischen  Kaiser  über  seine 
Lieblingsstadt  Speyer  ausgoss,  die  es  nach  dem  Wortlaut 
der  Urkunden  «prae  ceteris'  zu  erhöhen  gedachte,  mit 
A.aAnahme  der  unbedeutenden  annales  Spirenses  nicht  ein 
einziges  wenigstens  einigerraassen  befriedigendes  (Jreschichts- 
werk  daselbst  entstand;  gerade  die  grosse  Zeit  mit  ihren  Auf- 
gaben lind  ihren  Anregungen  gebiert  doch  sonst  den  grossen 
Geschichtsschreiber.  Was  damals  versäumt  wurde,  war 
fiiemab  später  gutzumachen;  denn  als  am  Ausgange  des 
Mittelalters  und  an  der  Schwelle  einer  neuen  Zeit,  geschützt 
und  gehegt  von  der  Gunst  wohlwollender  und  hochgebil- 
deter KirchenfUrsten.  wie  des  hochbedeutenden  Bischofs 
3Uthias  von  Rammung  (14O4— 1478)  und  seiner  unmittel- 
baren Xachl'olgor,  in  Speyer  das  Interesse  für  geschicht- 
Udic  Studien  erwachte,  war  man,  nachdem  sich  längst 
Grab  über  den  Ictitten  hier  bestatteten  Herrschern 
geschlossen  hatte,  in  Ertnangetun^  sachlich  genauer  An- 
gaben aus  früherer  Zeit  und  einer  Graberoffnung  in  der 
Hauptsache  auf  Kombinationen  angewiesen.  Leider  be- 
gnOgte  Mch  die  lokale  Geschichtsschreibung  jener  Zeit, 
1  die  Schilderung  der  ehrwürdigen  Grabstätte   und   der 

■liMhr.  I.  Cwh.  <l.  Ohtirh.  N.  T.  XIV.  (.  3(. 


I 


384  Praun. 

damals  noch  vorhandenen  Monumente  betrifft,  mit  einzelnen 
Notizen  und  der  dürftigsten  Beschreibung  der  örtlichkeil, 
die  uns  jetzt  manches  Rätsel  aufgiebt,  nachdem  die  Zer- 
störung von  1689  und  bauliche  Veränderungen  den  Königs- 
chor») völlig  umgestaltet  haben. 

Wenn  wir  nun  schon  in  den  Speyerer  Autoren  jener 
Zeit  so  viele  Varianten  finden,  welche  Irrtümer  müssen 
dann  bei  den  Geschichtsschreibern  der  übrigen  deutschen 
Gaue,  denen  doch  die  Ortlichkeit  des  Königschors  ganz 
fremd  war,  verbreitet  gewesen  sein,  und  welche  Unklarheit 
herrscht  darüber  noch  heutzutage  allenthalben! 

Unsere  Aufgabe  nun  ist  es,  zunächst  die  ehrwürdigen 
Gestalten  der  hier  bestatteten  deutschen  Herrscher  in 
kurzer  Betrachtung  an  uns  vorüberziehen  zu  lassen ,  um 
sodann  von  der  Beschaffenheit  und  von  den  Schicksalen 
der  Grabstätten  zu  sprechen;  denn  auch  Gräber  haben  ihre 
Geschichte. 

Nur  eine  Gründungssage  ist  es,  dass  Konrad  II.,  der 
Stifter  des  neuen  Mariendoms  an  der  Stelle  des  alten,  bau- 
fälligen Stephansdoms,  am  12.  Juli  1030  zuerst  den  Grund 
zur  neuen  Kirche  in  Limburg  legte  und  hierauf  nüchtern 
nach  Speyer  ritt,  um  zuerst  im  Münster,  dann  in  der  Kirche 
des  heiligen  Johannes  des  Täufers,  der  späteren  Guidokirche, 
die  gleiche  Feierlichkeit  zu  vollziehen.  Abgesehen  davon, 
dass  die  einzelnen  Ausschmückungen  der  Erzählung  erst 
viel  späterer  Zeit  angehören,  hat  die  Geschichtsforschung 
schon  lange  nachgewiesen  (zuerst  geschah  dies  vonA.  Nusch 
im  Programm  der  Studienanstalt  Speyer  1875),  dass  Konrad. 
der  den  Urkunden  zufolge  noch  kurz  zuvor  im  fernen 
Ungarn  wieilte,  unmöglich  an  diesem  Tage  schon  wieder 
in  Speyer  sein  konnte  2). 

Ganz  ähnlich  hat  die  moderne  Geschichtsschreibung 
mit  der  bekannten  Vorstellung  gebrochen,  als  habe  Konrad  II. 
die  Verfugung  getroffen,  dass  in  Zukunft  die  römischen 
Kaiser  und  deutschen  Könige,    welche  diesseits  der  Alpen 


*)  Der  Königschor,  welcher  die  Gräber  enthält,  bildet  die  erste  Erhebung 
des  Domes  vor  dem  jetzigen  Hochaltare;  er  ist  jetzt  17  m  lang  und  innerhalb 
der  Pfeiler  an   14  m  breit.  —  *)  Bresslau,  Jahrbücher  Konrads  II. 


ttürben.  im  Dom  7.u  Speyer  beigesetzt  werden  sollten. 
Abgesehen  davon,  dass  Wipo,  des  Kaisers  getreuer  Kapellan, 
nichts  darüber  berichtet,  geschieht  in  keiner  Urkunde  des 
Kaisers  oder  seiner  Nachfolger  einer  solchen  Verfügung 
Erwähnung;  erst  viel  später  kommt  diese  Auffassung  zur 
Geltung.  Ich  habe  mich  bemüht,  Spuren  der  Opposition 
g^^n  diese  Anschauung  in  der  älteren  Liltcratur  nach- 
sugfehen.  Schon  der  Herausgeber  des  Johannes  von  Mutter- 
Etadt,  Heinrich  Christian  Frhr.  v.  Senckenberg.  äusserte  1741 
hiergegen  Bedenken,  und  zehn  Jahre  später  veröffentlichten 
die  Brüder  Ludwig  und  Karl  von  Beulwitz  eine  eigene 
Abhandlung'),  die  sich  fast  wie  eine  staatsrechtliche  Disser- 
tation  liest,  in  der  sie  die  Tradition  zu  erschüttern  ver- 
suchten, ausgehend  von  dem  uns  ganz  modern  anmutenden 
Fandamentalsatze,  dass  der  Gesetzgeber  der  Gegenwart 
den  Gesetzgeber  der  Zukunft  nicht  binden  könne. 

Offenbar  handelte  es  sich  um  ein  Familienbegräbnis; 
tilone  spricht  sehr  gut  von  einem  Grabe  der  Patronats- 
herreii.  So  können  wir,  ein  Gesichtspunkt,  der  bisher  noch 
nkhl  hervorgehoben  wurde,  in  den  Beisetzungen  im  Königs- 
chore  drei  Perioden  ganz  deutlich  unterscheiden: 

Im  ersten  Zeitraum  ist  der  chorus  regum  das  Grab 
der  salischen  Kaiser  und  ihrer  Gemahlinnen;  das  salische 
Haus  nimmt  die  erste  Gräberreihe  zu  Füssen  des  alten 
Kreuzaltars  (also  zunächst  dem  jetzigen  Hochaltar)  ein. 
ÜAch  dem  Aussterben  der  salischen  Herrscher  wandelt  sich 
der  Königschor  zum  Hohenstaufengrab  um.  Die  Hohen- 
Staufcn  betonten  aus  erbrechtlichen  Gründen  wie  dem  Legi- 
tim itäts  principe  zu  liebe  stets  ihre  Verwandtschaft  mit  den 
Saliern  und  damit  indirekt  ihre  Abstammung  von  Karl 
dem  Grossen  und  hatten  so  Anrecht  auf  die  Benützung  der 
Faniiliengrabstätte.  Erst  in  der  dritten  und  letzten  Periode. 
mit  der  Beisetzung  Rudolfs,  Adolfs  und  Albrechts,  fällt 
der  verwandtschaftliche  Zusammenhang  mit  den  früheren 
Herrschern  weg.  und  der  Königschor  erscheint  nunmehr 
mXs  königliche  Begräbnisstätte  schlechthin.  Es  ist  anziehend, 
in  den  Urkunden,  besonders  den  Privilegien  für  Speyer,  zu 
verfolgen,  wie  der  verwandtschaftliche  Zusammenhang  all- 


386  Prann. 

mählich  zurücktritt  und  dafür  der  rein  dynastische  Gesichts- 
punkt vorherrschend  wird,  bis  dieser  in  der  lang^  ver- 
schwundenen Gedenktafel  des  Bischöfe  Mathias  0  seine 
Sanktion  erhält.  Diese  im  KOnigschor  aufgehängte  Tafel 
proklamierte  den  E>om  in  feierlicher  Weise  als  >principalior 
sepultura  nationis  Almaniae  imperatorum  et  regum  Roma- 
norum, coniugum  et  filiarumc  und  damit  Speyer  als  die 
»Totenstadt  des  heiligen  römischen  Reiches  deutscher  Nation«. 
So  wurde  das  durch  die  Verhältnisse  herbeigeführte  Ergeb- 
nis einer  langen  Entwicklungsreihe  zuletzt  kurzer  Hand  dem 
Willen  des  Gründers  imputiert. 

Die  naive  Sage  vom  Grafen  zu  Calw  (erzählt  z.  B. 
bei  Geissei  III,  S.  215)  bleibe  im  Interesse  der  Kurze 
unbesprochen. 

Die  1034  verstorbene  jüngere  Tochter  Konrads  II.,  die 
anmutige  Prinzessin  Mathilde,  wurde  noch  im  Petersdome 
zu  Worms,  der  alten  Begräbnisstätte  der  Salier,  beigesetzt, 
ein  ziemlich  sicheres  Zeichen  dafür,  dass  damals  an  eine 
Beerdigung  im  neuen  Dom  zu  Speyer,  selbst  in  der  Kr)rpta, 
nicht  zu  denken  war.  Ja  selbst  die  am  18.  Juli  1038  in 
Italien  verstorbene  Schwiegertochter  des  Königs  fand  noch 
ihre  Ruhestätte  auf  der  Limburg,  ebenfalls  wohl  deshalb, 
weil  weder  der  Königschor  noch  auch  die  Krypta  weit 
genug  fortgeschritten  waren. 

Schon  im  nächsten  Jahre  erlag  Kaiser  Konrad  selbst, 
da  er  in  Utrecht  feierlich  das  Pfingstfest  beging,  am  4.  Juni 
einem  tückischen  Anfalle  schwerer  Gicht.  Die  Eingeweide 
verblieben  in  der  St.  Martinskirche  daselbst,  ganz  so,  wie 
es  später  beim  letzten  Sprossen  seines  Hauses,  Heinrichs  V., 
gehalten  wurde,  den  gleichfalls  um  Pfingsten  in  der  gleichen 
Stadt  der  Tod  ereilte.  Konrads  Leichnam  wurde  einbalsa- 
miert und  in  feierlichem  Zuge  rheinaufwärts  gen  Speyer 
gebracht.  Unterwegs  w^ard  er  an  allen  grosseren  Orten 
ausgestellt,  wobei  sein  Sohn  selbst  beim  Einzüge  in  die 
Kirchen  die  Bahre  tragen  half. 

Nun  ist  die  Frage:  Wurde  der  Leichnam  noch  in  der 
Krypta  beigesetzt,  wie  Giesebrecht  und  Bresslau  ohne  jeg- 

1)  Enthalten  im  Cod.  lat.  88  der  Münchner  Bibliothek,  abgedruckt  in 
Lehmanns  Chronik  von  Speyer  und  bei  Litzel. 


KaisergrSbei  in  Speyer.  3^ 

I   Arthaltspunkt   in    den  Quellen,  jedenfalls   aus   tech- 
Bnischen   Gründen,   annehmen,    oder   schon   im  Königschor, 

!   die  Speyerer  tTeschichlssch reiber   einhellig'  berichten? 

i  den»  Schweigen  aller  gleichieiligen  Zeugnisse  wird  sich 
'dieser  Streitpunkt  niemals  ohne  Augenschein  lösen  lassen. 
Um  eine  vorläufige  Entscheidung  zu  erzielen,  müsste  man 
querst  genau  feststellen  können,  ob  der  Königschor  damals 
weit  genug  fertiggestellt  war,  um  die  Beisetzung  des  kaiser- 
ficben  Leichnams,  wenn  auch  in  der  einfachsten  und  schlich- 
testen Weise,  zu  gestatten.  Die  Sachverständigen,  die  ich 
liierüber  um  Auskunft  bat,  so  vor  allem  Herr  Stadtbaurat 
Ueyer  in  Stettin,  der  Verfasser  der  Baubeschreibung  des 
iSpeyerer  Doms,  erklärten  übereinstimmend,  die  Mangel- 
haftigkeit der  Überlieferung  gestatte  nicht,  hierüber  ein 
abschliessendes  Urteil  zu  fällen.  Immerhin  be;eichnet  es 
Merr  Meyer  als  technisch  denkbar,  dass  schon  1034  die 
ijelinitive  Beisetzung  im  Königschore  selbst  erfolgt  sei. 

Aber  selbst  wenn  der  Leichnam  ursprünglich  in  der 
Krypta  beigesetzt  wurde,  besteht  doch  die  grössere  Wahr- 
.•cheinlichkeit,  dass  er  nach  Vollendung  des  Königschors 
dorthin  übertragen  wurde.  Alle  Speyerer  Geschichtsschreiber 
lassen  ihn  d.i  bestattet  sein.  Wäre  anderseits  der  Leichnam 
dauernd  in  der  Krypta  beigesetzt  geblieben,  so  würden 
doch  Wühl  die  Urkunden  hierüber  eben  so  gut  eine  Mit- 
teilung enthalten,  als  sie  z.  B,  von  der  Bestattung  der 
Prinzessin  Adelheid  in  der  Krypta  melden,  während  gerade 
ho  Gegenteil  Konrad  II.  und  sein  Sohn  Heinrich  III.  in 
Urkunden  Heinrichs  IV.  consepulti  heissen,  was  besser 
pas$4.  wenn  beide  nebeneinander  im  Königschore  ruhen. 
Ohne  Zweifel  erhielt  Konrad  nicht,  wie  Litzel  und  Geissei 
Bonehmen,  das  erste  Grab  der  Epistelseite  (Südseite),  son- 
dern, wie  schon  Remling  nach  analogen  Fällen  mit  Recht 
behauptet,   als   Stifter   ein   Grab    in   der  Mitte   unmittelbar 

^  dem  Kreuzaltar.  ZweifelIot<  ist,  dass  sein  Grabdenkmal. 
das  naiÖHich  der  l^ge  des  wirklichen  Grabes  nicht  völlig 
tu  entsprochen  braucht,  das  dritte  von  Süden  war. 

Schon  nach  j* ,  Jahren,  am  14.  oder,  wie  das  ältere 
Nskrologium  des  Speyerer  Doms  angiebt,  am  ij.  Februar 
1043  folgt»  dto  staatskluge  Kaiserin  Gisela  dem  Gatten. 
Sie  verschied   in  Goslar   an   einer  Krankheit,    welche  Her- 


388 


Praun. 


mann  von  Reichenau  als  Dysenterie  bezeichnet;  die  ehr- 
geizige Frau  war  die  eigentliche  Lenkerin  des  Reiches 
gewesen.  Immer  und  immer  wieder  betonen  die  Speyerer 
Geschichtsschreiber,  dass  in  ihren  Adern  das  Blut  Karls 
des  Grossen  floss:  De  Carolo  magno  processit  Gisela 
prudens. 

1056  fand    sich    der    beiden    Sohn,    Heinrich    III.,   zur 
letzten  Rast  im  Königschore  ein.     Auf  der  Pfalz   zu  Bod- 
feld    im   Harz    erkrankte    er    Ende   September    nach   dem 
Zeugnisse  Lamberts  von  Hersfeld  so  schwer,  dass  die  Arzte 
bei    dem    täglich    zunehmenden    Kräfte  verfall    keinen  Rat 
mehr   wussten.      In    Anwesenheit    des    Papstes    Viktor  IL 
ordnete  er  noch  die  Nachfolge  seines  Sohnes  Heinrichs  IV. 
in   förmlicher  Weise   und    erlag    am   5.  Oktober   dem  An- 
sturm   der  Krankheit.     Sein    Herz    hatte    stets    an    Goslar 
gehangen,   und  darum  "sollte   es   in  Goslar   im  neugegrün- 
deten  Stifte  der  Apostel  Simon  und  Judas  seine  Ruhestätte 
finden ;  was  sonst  sterblich  an  ihm  war,  würde  seiner  Ver- 
fiigui^g"  gemäss  nach  Speyer  übertragen,  wo  er  an  seinem 
Geburtstage,  dem  28.  Oktober,  im  Königschore  eing'esenkt 
wurde. 

Agnes,  des  dritten  Heinrich  zweite  Gemahlin,  ruht 
nicht,  wie  nach  dem  Vorgang  Burgmanns  (1420)  einzelne 
Speyerer  Quellen  wohl  in  Verwechslung  mit  der  Prinzessin 
Agnes  berichten  und  selbst  die  Tafel  des  Bischofs  Mathias 
irrig  angiebt,  in  Speyer,  sondern  in  der  Kapelle  der  hl. 
Petronella  in  der  Peterskirche  zu  Rom,  wo  die  Kaiserin, 
den  Werken  der  Frömmigkeit  und  der  Nächstenliebe 
ergeben,  hochverehrt  von  den  Armen  und  Unglücklichen, 
ihr  Leben  abschloss. 

Allgemein  bekannt  ist  das  Schicksal  des  durch  seine 
Begabung  zu  den  höchsten  Aufgaben  befähigten,  nicht 
ohne  eigenes  schweres  Verschulden  tief  unglücklichen 
Heinrich  IV.,  der  nach  wiederholter  Bestattung  im  Dome 
zu  Lüttich  und  in  einer  noch  ungeweihten  Kapelle  auf 
einer  Maasirisel  in  der  Afrakapelle  zu  Speyer  an  der  Nord- 
seite des  Doms  in  einem  steinernen  Sarkophag  über  der 
Erde  beigesetzt  war,  bis  er  am  fünften  Jahrestage  seines 
Todes,  dem  7.  August  im,  von  seinem  Sohne  feierlich  in 


KaisergTäber  in  Speyer.  -jgg 

den  Königschor  an  die  Seite  seiner  Ahnen  übertragen 
wurde.  Zur  Erinnerung  daran  begabte  Heinrich  V.  die 
Bürgerschaft  von  Speyer,  die  stets  seinem  Vater  ireu 
ergeben  gewesen  war,  mit  reichen  Privilegien,  deren 
Wortlaut  im  grossen  Paradies  der  Domkirche  eingegraben 
wurde  >),  wofür  Heinrich  V.  den  Bürgern  die  Verpflichtung 
auferlegte,  den  Jahrestag  seines  Vatörs  besonders  feierlich 
zu  begehen;  nähere  Angaben  enthält  das  Nekrolog  des 
E>omstiftes  und  das  registrum  camerariorum  im  General- 
landc^sarchive  Karlsruhe. 

Schon  1087  hatte  Bertha  von  Susa,  Heinrichs  IV.  erste 
Gemahlin,  die  Dulderin  auf  dem  Throne,  kurz  nach  dem 
Weihnachtsfeste  das  treue  Auge  geschlossen.  Hier  im 
Königschore  wurde  sie  beigesetzt,  und  zwar,  wenn  man 
den  Angaben  späterer  Geschichtsschreiber  Glauben  schenken 
darf,  im  Grab  der  Stammutter  Gisela;  ausser  den  bei 
Fröhlich  S.  4  citierten  Autoren,  welche  dies  darthun  sollen, 
seien  noch  erwähnt  Bruschius«)  und  Kuhn  3).  Immerhin 
kann  auch  hier  in  Ermangelung  gleichzeitiger  Angaben 
und  bei  dem  Schwanken  der  späteren  Berichte  von  Gewissheit 
keine  Rede  sein.  Freilich  wäre  schwer  einzusehen,  wie 
die  Geschichtsschreiber  zu  einer  solchen  Behauptung  hätten 
kommen  sollen,  wenn  sie  nicht  in  ihren  Quellen  ganz 
bestimmte  Anhaltspunkte  hatten,  zumal  für  Gisela  und 
Bertha  getrennte  Monumente  vorhanden  waren.  Zwar 
waren  zur  Zeit  der  Beisetzung  Berthas  noch  Gräber  gegen 
Norden  frei,  doch  herrschte  offenbar  das  Prinzip,  mit  dem 
sehr  beschränkten  Raum  zu  sparen  und  insbesondere  die 
mittleren  Grabstätten  vor  dem  Kreuzaltar  nach  Möglichkeit 
für  die  Person  der  Herrscher  selbst  frei  zu  halten.  Wieder- 
holt wird  gemeldet*),  Bertha  sei  zuerst  in  Mainz  beigesetzt 
gewesen  und  erst  später  auf  den  Wunsch  ihres  Gemahls 
nach  Speyer  übertragen  worden;  überhaupt  haben  fast 
ausnahmslos  die  Leichname  der  hier  bestatteten  hohen 
Personen  manchfache  Wanderungen  durchzumachen  gehabt. 

*)  Vgl.  die  Abhandlung  des  Verfassers  in  den  Mitteil,  des  histor.  Ver- 
eins der  Pfalz  für  1899.  —  *)  »De  omnibus  Germaniae  episcopatibus  epi- 
tome»  I.  Nürnberg  1549.  —  •)  Notae  historiae  archivarii  Kuhn.  Bruchsal 
Gen.  fasc.  102  im  badischen  Generallandesarchiv.  —  <)  Vgl.  Fröhlich, 
a.  a.  O.  4. 


390 


Praun. 


Unbestreitbar  ist  die  Thatsache,  dass  die  Krypta  des 
Speyerer  Doms  das  Grab  Adelheids,  einer  Tochter  Hein- 
richs IV.,  barg.  Dies  bestätigt  uns  ausdrücklich  eine  Ur- 
kunde des  Kaisers  vom  lo.  April  iioi  (in  Remlings 
Urkundenbuch),  worin  er  eine  fromme  Stiftung  macht 
»pro  anima  filie  nostre  Adelheid  in  Spirensi  crypta  sepultet. 
Da  sie  schon  in  einef  Urkunde  vom  Jahce  1086  (ebenfalls 
bei  Remling)  als  verstorben  bezeichnet  wird,  stammte  sie 
nicht  etwa  aus  der  unglücklichen  späteren  Ehe  Heinrichs 
mit  Adelheid,  der  Tochter  des  russischen  Grossfürsten 
Wsewolod,  worauf  uns  vielleicht  der  Name  zunächst  fuhren 
möchte,  sondern  war  ein  Kind  der  Hertha;  den  Namen 
trug  sie  offenbar  nach  ihrer  Grossmutter,  der  mächtigen 
Markgräfin  Adelheid  von  Susa. 

So  sicher  die  Thatsache  selbst  ist,  so  herrscht  doch 
volle  Ungewissheit  über  ihre  Lebensverhältnisse.  Die  meisten 
Angaben  in  den  verschiedenen  Verzeichnissen  der  im  Dome 
Bestatteten,  welche  sich  im  badischen  Generallandesarchiv 
befinden,  lassen  sie  vermählt  sein,  geben  aber  die  Person 
des  Gatten  ganz  verschieden  an.  Da  dieselben  aus  sehr 
später  Zeit  stammen,  können  wir  von  ihnen  absehen.  Merk- 
würdig ist,  dass  bei  den  Restaurationsarbeiten  anfange  der 
zwanziger  Jahre  unseres  Jahrhunderts  in  der  Krypta  ein 
Grab  aufgedeckt  wurde;  leider  versäumte  man,  wie  es 
scheint,  Aufzeichnungen  zu  machen,  so  dass  nirgends 
nähere  Angaben  zu  finden  sind^). 

Der  letzte  der  salischen  Kaiser,  Heinrich  V.,  schied  1 125 
aus  dem  Leben,  und  zwar,  wie  wir  schon  horten,  unter  ganz 
ähnlichen  Umständen  wie  sein  Ahne  Konrad  II.,  da  er  eben- 
falls von  Nymwegen  kommend  zu  Utrecht  das  Pfingstfest 
feierte,  dahingerafft  von  einem  krebsartigen  Leiden  (»dra- 
cunculus«).  Die  Eingeweide  verblieben  in  Utrecht,  der 
Leichnam  wurde  im  Königschor  im  letzten  Grab  der  ersten 
Reihe  gegen  Norden  beigesetzt.  Erst  später  wird  gemeldet, 
sein  zerbrochenes  Schwert  und  sein  Siegelring  seien  ihm 
als  dem  letzten  seines  Geschlechts  ins  Grab  mitgegeben 
worden. 


*)  Von  Bestattungen  in  der  Krypta  spricht  das  neu  benutzte  Karlsruher 
Archivale,  Hdschr.  Nr.  822. 


Kaisergräber  in  Speyer.  ^qi 

So  vereinte  nun  die  vordere  Gräberreihe  im  Königs- 
chor das  gesamte  Geschlecht  der  fränkischen  Kaiser.  Die 
ruhelosen  Salier,  deren  stürmisches  Wesen  uns  oft  an  die 
Titanen  gemahnt»  hier  hatten  sie  inmitten  des  ihnen  stamm- 
verwandten Volkes  das  müde  Haupt  zum  Schlummer 
gebettet. 

Es  folgt  nunmehr  die  zweite  Epoche  der  Beisetzungen, 
in  welcher  der  Königschor  sich  zum  Hohenstaufengrab 
umwandelte,  indem  hier  des  Rotbarts  Gemahlin  Beatrix, 
sein  Töchterlein  Agnes  und  sein  Sohn  Philipp  Ruhe 
fanden. 

Im  Reiche  folgte  zwar  zunächst  ein  Herrscher  sächsi- 
schen Stammes,  Lothar  von  Süplingenburg,  dessen  Grab- 
mal sich  in  der  Pfeilerbasilika  zu  Königslutter  unweit  seiner 
Stammburg  und  der  Stadt  Braunschweig  befindet.  Bei  der 
Eröffnung  im  Jahre  1620  fand  man  ausser  geringfügigen 
Überresten  eines  der  drei  Bleitäfelchen,  welche  ihm  nach 
dem  Zeugnisse  Ottos  von  Freising  zur  Authentizität  mit- 
gegeben wurden.  Dieser  Umstand  erregt  unser  Interesse, 
weil  auch  in  Speyer  solche  Bleiplättchen  in  den  Gräbern 
der  Beatrix  und  ihrer  Tochter  sich  fanden. 

Auch  Konrad  III.,  der  erste  regierende  Hohenstaufe, 
ist  trotz  seiner  innigen  Beziehungen  zu  Speyer  (das  Nekro- 
log des  Domstiftes  nennt  ihn  frater  noster)  weder  daselbst 
beigesetzt,  wie  eine  grosse  Anzahl  von  Quellen  meldet, 
noch  im  staufischen  Familiengrabe  Lorch,  sondern  nach 
dem  ausdrücklichen  Zeugnisse  seines  Verwandten,  de» 
grossen  Geschichtsschreibers  Otto  von  Freising,  und  der 
Urkunde  Kaiser  Friedrichs  I.  vom  12.  März  1152  im  Dome 
zu  Bamberg.  Zwar  wünschten  seine  Verwandten  seine 
Beisetzung  in  Lorch,  wo  sein  Vater  ruhte,  und  beriefen 
sich  angeblich  auf  einen  Wunsch  des  Verblichenen,  aber 
der  Bamberger  Klerus  erbat  sich  die  Gunst,  den  Leichnam 
des  in  Bamberg  Verstorbenen  dort  behalten  zu  dürfen. 

Im  November  1 184  starb  des  g^rossen  Kaisers  Friedrichs  I. 
zweite  Gemahlin  Beatrix  von  Burgund,  die  Wohlthäterin 
des  Speyerer  Doms, 

»quae  Venerem  forma  superabat,  mente  Minervam, 
Junonemque  opibus  .  .  .«, 


392 


PrauD. 


wie  es  in  den   neugefundenen  Versen   einer   vatikanischen 
Handschrift  (ed.  Monaci)  heisst^). 

Es  war  dies  ein  unersetzlicher  Verlust  für  den  Kaiser, 
der  seiner  Gemahlin  in  inniger  Liebe  anhing;  regelmässig 
begleitete  sie  ihn  ins  Feld  und  musste  dann  stets  in  der 
Nähe  seines  Lagers  weilen.  Radulf  de  Diceto  sagt  in 
seinen  Imagin.  historiarum  von  Friedrich:  »Licet . .  con- 
stantissimus  fuerit,  vir  tarnen  uxorius  reputatur  a  multis, 
quaerens  in  omnibus,  quomodo  placeat  uxori.» 

Fast  gleichzeitig  verlor  Friedrich  eine  Tochter,  welche 
nach  der  Angabe  der  Marbacher  Annalen  kurz   vor   ihrer 
Mutter  starb    (»nee  diu  postea   obiit  Beatrixc).     Die   That- 
sache  melden   auch   die  Chronik   von  St.  Peter,   ferner  Ex 
gestis   Henrici  II.   et  Ricardi  L    und  Roger   von  Hoveden. 
Nach  den  Marbacher  Jahrbüchern  und  dem  Chron.  Sanpetrin. 
war  diese  Tochter   mit   dem  Sohne   des  Königs  Bela  von 
Ungarn   verlobt;    ihnen   folgt   Giesebrecht.     Dagegen   war 
sie  nach  den  Gesta  Henrici  und  Roger  von  Hoveden  dem 
Grafen    Richard    von    Poitou,    dem   Sohne    des    mächtigen 
englischen   Königs   zugedacht;   die   Vermittlung  hatte  der 
mächtige  Erzbischof  Philipp    von    Köln    auf  seiner    Reise 
nach  England  übernommen  2). 

Nun  sind  wir  über  die  Familie  des  grossen  Kaisers 
verhältnismässig  wenig  unterrichtet;  wir  wissen  nicht  einmal 
die  Zahl,  geschweige  denn  die  Namen  seiner  Töchter. 
Die  gründliche  Dissertation  von  Hug  (»Die  Kinder  Friedrich 
Barbarossas«,  Heidelberg  1890)  nimmt  drei  Töchter  an;  die 
Chronica  Albrici  interpolata  (M.  G.  23,  863)  wissen  nur 
von  einer  Tochter  »quae  puella  decessit«.  Niemals  wird  in 
den  monumenta  eine  Tochter  mit  Namen  Agnes  angegeben, 
weshalb    man    denn   auch    die   hier   Begrabene   früher    bib- 


^)  Über  die  richtige  Datierung  siehe  Giesebrecht  VI.,  S.  625,  Töchc 
^Heinrich  VI.«,  S.  34,  Scheffer-Boichorst  »Friedrichs  letzter  Streit  mit  der 
Kurie«,  S.  65,  Hug  1.  1.  Die  Speyerer  Autoren  haben  meist  unrichtig  1190. 
Johannes  von  Mutterstadt  II 83;  das  richtige  Jahr  bietet  die  Münchener 
Handschrift  Wolfgang  Baurs.  Als  Todestag  giebt  das  Necrol.  Spirense  den 
1 5  November  an ;  ihr  Gedächtnis  wurde  nach  der  gleichen  Quelle  am 
28.  August  begangen.  —  2)  Vgl.  Prutz  »Kaiser  Friedrich  I.c,  3.  Bd.,  und 
Hecker  »Die  territoriale  Politik  Philipps  I.  von  Köln«. 


Kaisergräber  in  Speyer.  in 2 

^veilen   als  Tochter  Friedrichs  II.  bezeichnete,   deren   aber 
ebenfalls  keine  mit  dem  Namen  Agnes  nachweisbar  ist. 

Nun  erscheint  es  gewiss  auffallend,  dass  ein  Kind  hier 
im  räumlich  so  beschränkten,  bisher  nur  den  Herrschern 
selbst  und  ihren  Gemahlinnen  vorbehaltenen  Grabraume 
Aufnahme  fand,  statt  etwa  in  der  Krypta,  wie  seiner  Zeit 
die  doch  erwachsene  Prinzessin  Adelheid,  Heinrichs  IV. 
Tochter.  Wir  dürfen  nun  annehmen,  dass  die  hier  bestattete 
Kaisertochter  Agnes  identisch  ist  mit  der  Tochter  des 
Rotbarts,  von  der  die  Chronisten  ohne  Angabe  ihres  Vor- 
namens berichten,  dass  sie  unter  so  tragischen  Umständen, 
während  der  Vater  in  der  Ferne  weilte,  fast  gleichzeitig 
mit  der  Mutter  ins  Grab  sank.  Nach  den  mittelalterlichen 
Gepflogenheiten  könnte  das  jugendliche  Alter  nicht  als 
Hindernis  der  Verlobung  in  Betracht  kommen;  die  Aus- 
drücke puellula,  corpusculum  u.  s.  w.  in  den  späteren 
Speyerer  Berichten  deuten  eben  nur  an,  dass  das  holde 
Kaiserkind  noch  nicht  zur  Jungfrau  erblüht  war^).  Bei 
dieser  Annahme  würde  sich  leicht  erklären,  dass  die  fast 
gleichzeitig  mit  der  Mutter  verstorbene  Prinzessin,  die  Ver- 
lobte des  mächtigen  Königssohnes,  ganz  gegen  die  Ge- 
wohnheit im  spärlichen  Räume  des  Königschores  Aufnahme 
fand;  man  wollte  eben  die  im  Tode  nicht  trennen,  die  fast 
gemeinschaftlich  aus  dem  Leben  geschieden  waren.  Möglich 
auch,  dass  sie  als  das  jüngste  Kind  und  als  (vielleicht  ein- 
ziges noch  lebendes)  Töchterlein  neben  so  vielen  Brüdern 
der  Liebling  der  kaiserlichen  Eltern  war. 

1190  fand  der  grosse  Kaiser  Friedrich  Barbarossa 
selbst  im  heiligen  I^nde  in  den  Wellen  des  Saleph  seinen 
Tod;    manchfache  Beziehungen    verknüpften    ihn    mit    der 


^)  Eines  der  Verzeichnisse  »der  im  Dome  bestatteten  hohen  Personen« 
aus  späterer  Zeit  im  Generallandesarchive  Karlsruhe  giebt  ihr  Alter  auf  elf 
Jahre  an,  ein  anderes  auf  sechs  Jahre.  —  Hug  nimmt  a.  a.  O.  in  Überein- 
stimmung mit  einer  Vermutung  Töches  an,  die  Gemahlin  des  Markgrafen 
Wilhelm  Ton  Montferrat,  die  ebenfalls  als  Tochter  Friedrichs  bezeichnet  wird, 
habe  nicht,  wie  die  Überlieferung  will,  Sophie  geheissen,  sondern  Agnes,  da 
1203  Markgraf  Wilhelm  und  «domna  Agnesi  Urkunden.  Allein  nach  dem 
Grmbbefonde  von  1309  muss  daran  festgehalten  werden,  dass  die  Kaiser- 
tochter Agnes  im  kindlichen  Alter  starb,  weshalb  diese  Markgräfin  Agnes 
von  Montferrat  unmöglich  mit  ihr  identisch  sein  kann;  diese  >domna  Agne<«* 
war  wohl  Wilhelms  zweite  Gremahlin  nach  dem  Tode  der  Sophia. 


394 


Praun. 


Stadt  Speyer  (auch  er  heisst  im  Nekrolog  frater),  deren 
Privilegien  er  feierlich  bestätigt  hatte.  Nicht  in  Tyrus,  wo 
Professor  Sepp  im  Auftrage  des  ersten  deutschen  Reichs- 
kanzlers den  Leichnam  suchte,  wurde  der  Rotbart  zuerst 
beigesetzt,  sondern  das  Fleisch  wurde  more  teutonico«) 
von  den  Gebeinen  gelost  und  in  der  Peterskirche  zu  Antiochia 
in  einem  Marmorsarkophage  bestattet,  den  Wilbrand  von 
Oldenburg  121 1  noch  sah,  während  man  die  Gebeine  ent- 
weder im  geheiligten  Boden  von  Jerusalem  beizusetzen 
oder  nach  der  Heimat  zu  bringen  gedachte.  Sicher  ist, 
dass  keines  von  beiden  wirklich  geschah.  Es  ist  begreiflich, 
dass  in  der  Sandwüste  von  Accon  jede  Grabesspur  verloschen 
musste;  nach  dem  Tode  seines  Sohnes,  des  Herzogs  Friedrich 
von  Schwaben,  war  offenbar  unter  dem  Häuflein  der  deut- 
schen Ritter  niemand,  der  die  Verantwortung  für  die  Heim- 
schaffung der  Gebeine  übernehmen  wollte,  so  dass  man 
sie  nach  i*/ jähriger  Irrfahrt  der  Grabesruhe  überant- 
wortete. 

Vereinzelt  steht  die  Angabe  der  allerdings  vielfach  gut 
unterrichteten  Chronik  Montis  Sereni,  die  Eingeweide  be- 
fänden sich  in  Seleukia,  das  Fleisch  in  Antiochia,  die 
Gebeine  aber  in  Speyer  (»Ossa  vero  Spiram  transacta  et 
tumulata  sunt«).  So  wahrscheinlich  es  ist,  dass  der  Kaiser, 
der  »vir  uxorius«,  in  Speyer  an  der  Seite  der  zärtlich 
geliebten  Gemahlin  oder  in  ihrem  Grabe  selbst  beigesetzt 
worden  wäre,  wenn  die  Gebeine  glücklich  nach  Deutsch- 
land gekommen  wären,  so  wenig  dürfen  wir  dies  nach  dem 
Stande  der  Überlieferung  annehmen;  auch  das  Totenbuch 
des  Doms  würde  wohl  eine  Angabe  enthalten.  Übrigens 
wurden  ja  1309  die  beiden  Gräber  seiner  Gemahlin  und 
seiner  Tochter  eröffnet  und  über  den  Befund  genau  berichtet. 
Die  Speyerer  Geschichtsschreiber  selbst  lassen  den  Kaiser 
meist  in  Tyrus  beigesetzt  sein. 

Auch  von  Friedrichs  Sohn  und  Nachfolger  Hein- 
rich VI.  meldet  eine  Quelle,  die  Annalen  von  Reinhards- 
brunn, er  sei  in  Speyer  beigesetzt.  Diese  irrtümliche  Angabe 

')  Zu  Grunde  gelegt  sind  die  Untersuchungen  von  Pnit2  »Kaiser 
Friedrichs  I.  Grabstätte«  und  Riezler  »Der  Kreuzzug  Friediichs  I.«  in  »For- 
schungen« X.     Ausführliche  Litteraturangabe  findet  sich    bei  Giesebrecht  VI, 

S.  723  ff. 


reist  uns,  wie  sehr  die  Zeitgenossen  schon  dahin  neigten, 
Dome  zu  Speyer  das  Kaisergrab  kot  i^o^^v  zu  erblicken. 

Friedrich  Barbarossas  jüngster  Sohn,  König  Phibpp, 
war  1208  zu  Bamberg  ermordet  worden  in  Anwesenheil 
des  Kschofs  von  Speyer  Konrad  von  Scharfeneck,  seines 
ICanzlera,  der  sich  erschrocken  vor  dem  rasenden  Mörder 
zurückzog.  Zuerst  im  Bamberger  Dome  beigesetzt,  wurde 
der  Leichnam  des  Ermordeten  auf  ausdrücklichen  Wunsch 
Friedrichs  II.  1216  nach  Speyer  verbracht.  Seine  jargezite 
wurde  nach  der  Angabe  des  Nekrologs  {unterm  2 1 .  Juli}  und 
des  registrum  camerariorum  besonders  feierlich  begangen; 
es  fanden  die  gleichen  Ceremonien  statt  wie  beim  Ge- 
dächtnisgottesdienst Heinrichs  IV.,  misi  quod  sanctuarium 
non  exponitur  hie,  sicut  ibi.< 

Von  der  zweiten  Grabreihe  waren  bei  Philipps  Bei- 
Sct;cung  schon  die  beiden  Gräber  auf  der  Nordseite  durch 
seine  Mutter  und  sein  Schwesterlein  belegt.  Man  gab  ihm 
aber  nun  nicht,  woran  zunächst  zu  denken  wäre,  dos  an- 
stossende  Grab,  sondern  das  Randgrab  an  der  Südseite. 
Eine  bestimmte  Erklärung  hierfür  lässt  sich  in  Ermangelung 
einer  Notiz  nicht  geben.  Sollte  das  Grab  etwa  für  den 
Fall  fi-eigehalten  worden  sein,  dass  es  noch  gelingen  sollte, 
des  grossen  Barbarossa  Überreste  nach  Deutschland  zu 
bringen,  so  dass  er  dann  neben  seiner  Gemalilin,  zwischen 
Tochter  und  Sohn,  seine  Ruhestatt  gefunden  hätte?  Wir 
iea  ja,  dass  die  inneren  Plätze  vor  dem  Altar  nach 
Möglichkeit  reservirt  wurden.  Diese  Vermutung  hat  viel 
Bestrickendes. 

Oder  sollte  Friedrich  Tl.  diesen  letzten  freien  Platz  ur- 
SprOnglich  filr  sich  selbst  bestimmt  haben?  Es  ist  die 
nämliche  Grabstelle,  welche  sich  später  Rudolf  zu  seiner 
künftigen  Ruhestätte  erkor,  Remling,  der  um  jeden  Preis 
die  Symmetrie  in  den  zwei  Gräberreihen  herstellen  will 
and  deshalb  12  Grabstätten  annimmt,  hat  an  dieser  Stelle 
thatsSchtich  als  ■Lückenbüsscr«  Bischof  Konrad  von  Schar- 
ieneck  eingeschoben;  wir  haben  hiervon  noch  im  folgenden 
tu  sprechen. 

Mit  Philipps  Beisetzung  war  das  Uohenstaufengrab 
geschloKMin.  Nachdem  das  kraftvolle  Geschlecht  der 
:hw3blschen  Herrscher  in  dem    hoffnungsvollen  Konradin 


396  Praun. 

untergegangen  war,  durfte  Rudolf  von  Habsburg  ohne 
Verletzung  der  Pietät  die  Anordnung  treffen »  dass 
man  ihn  dereinst  hier  im  letzten  freien  Grabe  inmitten 
der  Mitglieder  des  Hohenstaufenhauses  zur  Ruhe  bette, 
zweifellos  von  dem  Wunsche  geleitet,  auch  auf  diese  Weise 
seine  Gleichberechtigung  mit  den  Herrschern  der  früheren 
Häuser  darzuthun.  Längst  war  ja  jetzt  nach  hundert 
Jahren  jegliche  Hoffnung  aufgegeben,  dass  etwa  Friedrichs  I. 
Überreste  noch  jemals  nach  Deutschland  gelangen  konnten. 

Sage  und  Dichtung  haben  sich  der  letzten  Lebenstage 
des  volksfreundlichen  Königs  Rudolf  bemächtigt,  wie  er, 
auf  seiner  Burg  zu  Germersheim  schwer  erkrankt,  als  ein 
Sterbender  in  Speyer  einritt,  wo  er  am  15.  Juli  1291  ent- 
schlief und  drei  Tage  später  beigesetzt  wurde. 

Das  unglückliche  Lebensende  seines  Nachfolgers,  des 
ritterlichen  Adolf  von  Nassau,  ist  allgemein  bekannt.  Am 
2,  Juli  waren  600  Jahre  verflossen,  seitdem  der  nur  allzu 
gutmütige  Herrscher  in  der  Schlacht  am  Hasenbühl  bei 
GöUheim  wacker  streitend  seinen  Tod  fand,  wie  die 
geschäftige  Sage  weiss,  von  der  Hand  seines  Gegners  und 
Nachfolgers  Albrecht  selbst;  ein  gotisches  Monument, 
beschattet  von  einer  ehrwürdigen  Rüster,  kennzeichnet  die 
denkwürdige  Stelle.  Sein  Leichnam  ruhte  zuerst  im  nahen 
Kloster  Rosenthal,  um  dessen  Trümmer  sich  jetzt  malerisch 
der  Epheu  rankt*). 

Noch  entsetzlicher  war  Albrechts  Ende,  der  am  i.  Mai 
oder,  wie  das  Speyerer  Nekrologium  angiebt,  am  30.  April 
1308  im  Angesichte  seiner  Stammburg  den  Streichen  der 
Morder  erlag.  Seine  Beisetzung  erfolgte  zuerst  im  Kloster 
Wettingen  '^). 

Als  nun  der  Lützelburger  Heinrich  VIT.  1309  in  Speyer 
Hof  hielt,  stellten  die  jungen  Herzoge  von  Osterreich, 
Albrechts  Söhne,  die  Bitte,  den  Leichnam  ihres  Vaters  im 
Königschore  bestatten  zu  dürfen,  und  die  gleiche  Gunst 
erbaten  Adolfs  Verwandte  für  diesen.  Am  gleichen  Tage, 
nach    anderer    Überlieferung    wenige    Tage    nacheinander 


*)  Vgl.  die  Monographie  von  Geissei  »Die  Schlacht  bei  GöUheinn« 
1835.  —  *)  Völlig  wertlos  ist  die  kurze  Abhandlung  im  cod.  lat  13 16  der 
Münchencr  Bibliothek  fol.  27  a. 


Kaisergräber  in  Speyer.  ^gy 

fand  die  feierliche  Beisetzung  statt,  wobei  Heinrich  selbst 
mit  die  Bahre  trug.  Die  beiden  Gegner  wurden  in  die 
Gräber  der  Kaiserin  Beatrix  und  der  kleinen  Agnes  ein- 
gesenkt, ein  deutlicher  Beweis  dafür,  dass  keine  Grabstätten 
mehr  frei  waren  und  somit  nicht  etwa  mit  Remling  zwölf 
Gräber  anzunehmen  sind.  So  tiefe  Trauer,  wie  sich  damals 
erhob,  hatte  die  alte  Nemeterstadt  noch  niemals  gesehen. 
Da  waren  drei  Könige,  der  eine  im  Glänze  der  Majestät, 
die  anderen  ausgestreckt  auf  der  Totenbahre,  und  vier 
Königinnen,  nämlich  ausser  Heinrichs  Gemahlin  die  schmerz- 
erfüllten Witwen  Frau  Imagina  und  Elisabeth,  sowie  ebenfalls 
im  Witwenschleier  Albrechts  Tochter,  die  Königin  Agnes 
von  Ungarn.  Ausser  dieser  Thatsache  vergessen  die 
Geschichtsschreiber  selten  das  pathetische  Moment  zu 
erwähnen,  dass  die  beiden  Gegner  im  Tode  enge  neben 
einander  ruhen,  nur  durch  eine  handbreite  Steinplatte 
getrennt.  Später  genügt  nicht  einmal  dies  dem  Sensa- 
tionsbedurfnis,  und  es  kommt  daneben  die  Tradition  auf, 
ein  Grab  habe  beide  aufgenommen,  wie  z.  B.  Johannes 
Trithemius  berichtet. 

Hier  ist  der  Platz,  ein  schwieriges  Problem  zu  besprechen. 
Um  im  Konigschore  selbst  Raum  für  die  Leichname  der 
beiden  Könige  zu  gewinnen,  zeigte  man  sich  durchaus 
nicht  sonderlich  besorgt  um  die  Grabesruhe  der  hier 
Schlafenden,  sondern  man  bestimmte  kurzer  Hand  für  sie 
die  Grabstätten  der  Kaiserin  Beatrix  und  der  kleinen 
Agnes.  Bei  der  EröflPhung  des  Grabes  der  Kaiserin  fand 
sich,  wie  eine  Aufzeichnung  auf  f.  94  des  registrum  came- 
rariorum  angriebt ,  der  Leichnam ,  bekleidet  mit  einem  pur- 
purnen Gewände,  dazu  eine  kupferne  vergoldete  Krone 
und  ein  Bleitäfelchen  mit  der  Inschrift:  Anno  Jhesu  1184 
17.  Cal.  Decembr.  obiit  Beatrix  imperatrix.  Tafel  und 
Krone  wurden  wieder  ins  Grab  gelegt.  Geschah  mit  dem 
Leichnam  das  Gleiche  oder  wurde  er  in  die  Krypta  trans- 
feriert? Für  erstere  Annahme  spricht  die  Thatsache,  dass 
man  1739  in  diesem  Grabe  ausser  Albrechts  Leichnam 
Gebeine  von  geringerer  Grösse  und  dunklerer  Farbe  vor- 
fand, sowie  der  Umstand,  dass  man  auch  Prinzessin  Agnes 
wieder  in  ihr  altes  Grab  bettete,  und  dass  es  sinnlos 
gewesen  wäre,  die  Authentika  allein  einzulegen,   während 


398  Prann, 

man  den  Leichnam  versetzte;  auch  schcjnt  die  Karlsruher 
Handschrift  S22  dafür  zu  sprechen,  und  ganz  deutlich  sagt 
einer  der  Anhänge  des  cod.  lat.  Monac.  1316,  die  aber 
oftmals  irrige  Angaben  enthalten:  iReponuntur  duo  Cor- 
pora uno  contenta  mausoleo«. 

Hingegen  mochte  man  auf  eine  Versetzung  der  Gebeine 
aus  der  Angabe  des  Xekrolog^iums  schliessen:  V.  kaL  Aug. 
Hie  agitur  memoria  Beatricls  imperatricis,  que  centum  et 
vigfinti  octo  annis  requievit  in  sepulchro  Alberti  regis  mit 
dem  späteren  Beisatz  usque  ad  sepultiu^m  ipsius  Alberti; 
ebenso  sagt  die  erwähnte  Tafel  des  Bischofs  Mathias,  dass 
Gisela,  Bertha  und  Agnes  im  Königschore»  Beatrix  in  der 
Krypta  bestattet  sei.  Wolfgang  Baur  (cod.  lat.  Monac. 
131^)  giebt  noch  genauer  an:  >Penes  quae  altaria  (des  hl. 
Agidius  und  der  Apostelfursten  in  der  Krypta)  impera- 
tricis  Beatricis  ac  Adelheidis  reginae  corpora  in  pace 
quiescunt«. 

Es  war  Zeuss,  der  nach  Einsicht  des  Nekrologiums 
zuerst  auf  den  Widerspruch  der  Angaben  aufmerksam 
machte  0>  während  die  anderen  Autoren  achtlos  daran 
vorbeigingen.  Offenbar  bestand  in  Speyer  hierüber  eine 
doppelte  Tradition.  Vielleicht  hat  man  nur  den  prächtigen 
Sarkophag  2;  in  die  Krypta  transferiert,  ihren  Leichnam  hin- 
gegen einfach  tiefer  gelegt. 

So  verfuhr  man  auch  mit  den  geringen  Überresten 
der  kleinen  Agnes,  soweit  sie  nicht  bei  der  Berührung 
zerfielen;  auch  in  ihrem  Sarge  fand  sich  dn  Bleitafelchen 
mit  der  Inschrift:  Octavo  Idus  Octobris  Ag^es  filia  Fride- 
rici  Imperatoris  obiit,  ohne  Angabe  der  Jahreszahl;  vielleicht 
darf  auch  dies  als  Anzeichen  dafür  betrachtet  werden,  dass 
sie  im  gleichen  Jahre  wie  ihre  Mutter  starb. 

Die  Nachricht  über  diesen  Grabbefund  von  1309  findet 
sich   im   registnim   camerariorum   f.  84,   in   der  Karlsruher 


V»  In  seiner  wertvollen  Monographie:  »Die  freie  Reichsstadt  Speyer  voi 
ihrer  Zerstöning..  Speyer  1843.  —  *)  Beatrix  war  begraben  »sab  marmore 
aerei  et  veneti  marmoris^  nach  Bnischins  und  Archivar  Kuhn,  unter  einem 
'Wolckenfarbenen  MarrnuK  nach  mehreren  Itineraiien,  nach  der  Kailsr.  Hand- 
schrift 822  »sub  marmore  blanco«. 


Kaisergräber  in  Speyer.  ^qq 

Handschrift  822    und   bei  sämtlichen  Speyerer  Geschichts- 
schreibern. 

Hiermit  schliessen  wir  das  Verzeichnis  der  im  Königs- 
chore bestatteten  fürstlichen  Persönlichkeiten  ab.  Alle 
Quellen  geben  an,  dass  Bischof  Konrad  III.  von 
Scharfeneck  (11 99 — 1224),  der  einflussreiche  Diener  dreier 
deutscher  Herrscher,  Philipps,  Ottos  IV.  und  Friedrichs  II., 
ebenfalls  im  chorus  regum  bestattet  wurde.  Wahrscheinlich 
ward  auch  Bischof  Sigibotho  oder  Sibotho  II.  von  Lichten- 
berg (1302 — 13 14),  Heinrichs  VII.  treuer  Geheimschreiber, 
der  gleichen  Ehre  gewürdigt.  Doch  schwankt  bezüglich 
seiner  Person  die  Überlieferung.  So  sagt  Wolfgang  Baur: 
»Sepelitur  in  choro  regum  ad  laevam,  quamquam  alii  ipsum 
ad  praedicatores  (in  der  unter  seiner  Regierung  in  Gegen- 
wart des  Königs  Albrecht  eingeweihten  Dominikaner-,  der 
jetzigen  Konvikts-  und  Studienkirche)  tumulatum  asseve- 
rant«.  Das  Verzeichnis  der  Bischöfe  bei  Mone,  Quellen- 
kunde zur  badischen  Geschichte  I.,  lässt  ihn  apud  praedi- 
catores begraben  sein. 

Nim  lässt  Remling,  der  sonst  so  sorgfältige  Geschichts- 
Schreiber,  ohne  jeden  Anhaltspunkt  in  der  Überlieferung 
die  beiden  Bischöfe  innerhalb  der  kaiserlichen  und  könig- 
lichen Begräbnisstätte  selbst  bestattet  sein  und  hat  zu 
diesem  Behufe  und  um  Symmetrie  zu  erzielen  zwölf  Gräber 
angenommen;  ganz  willkürlich  weist  er  Konrad  das  Grab 
nördlich  von  Philipp,  Sibotho  das  äusserste  Grab  gen  Norden 
an.  Aber  abgesehen  davon,  dass  diese  Hypothesen  durch 
keine  Oberlieferung  gestützt  und  bei  der  Beschränktheit 
der  kaiserlichen  und  königlichen  Grabstätte  und  dem  Cha- 
rakter einer  Familiengruft  ganz  unglaubwürdig  sind, 
bestehen  auch  positive  Anzeichen  dafür,  dass  die  Bischofs- 
gräber ausserhalb  der  kaiserlichen  Totenstätte  liegen: 

I .  Die  bisherigen  Darstellungen  haben  nicht  beachtet, 
dass  Bischof  Konrad  nach  der  glaubwürdigen  Darstellung 
des  Simonis  thinter  der  römischen  Kaiser  und  Könige 
Begräbnisc  ruht,  also  jedenfalls  nicht  innerhalb  derselben; 
von  Bischof  Sibotho  giebt  Simonis  an,  er  habe  sein  Grab 
gefunden  «uff  die  linckehend  unter  den  vordersten  nideren 
Stein«,  was  sich   wohl   ebenfalls   ungezwungen   so    deuten 

ZeitMhr.  t  Getch.  d.  Oberrh.  N.F.  XIV.  3.  27 


400  Praun. 

lässt,  dass  sein  Grab  ausserhalb  der  königlichen  Totenstätte 
lag.  Der  Königschor  (jetzt  1 7  m  lang,  innerhalb  der  Pfeiler 
fast  14  m  breit)  war  auch  vor  seiner  vermutlichen  Ver- 
längerung gross  genug»  um  noch  ausserhalb  der  kaiser- 
lichen und  königlichen  Begräbnis  Monumente  zuzulassen; 
auch  Herr  Meyer-Schwartau  hatte  die  Güte,  auf  meine 
Anfrage  hin  sich  in  diesem  Sinne  zu  äussern.  Zudem 
hatte  Sibotho  nahezu  zweifellos  nur  eine  Grabplatte»  nicht 
einen  Sarkophag.  Das  registrum  camer.  hat  nämlich  die 
Vorschrift,  dass  an  den  Gedächtnisgottesdiensten  der  betr. 
Sarkophag  mit  einem  schwarzen  Tuche  gedeckt  werde. 
Bei  Bischof  Sibotho  heisst  es  nun,  alles  solle  gehalten 
werden,  wie  bei  der  Gedächtnisfeier  Bischof  Gebhards, 
»ane  dass  man  hie  kein  Duch  auf  kein  Grab  leget.« 

2.  Noch  deutlicher  erweisen  die  neu  benutzten  Karls- 
ruher Archivalien  Remlings  Irrtum,  indem  sie  klar  angeben, 
dass  die  zweite  Grabreihe  nur  vier  Gräber  zählt,  so  dass 
die  Bischofsgräber  offenbar  ausserhalb  sich  l^efinden  müssen. 


Seit  Adolf,  Albrecht  und  Sibotho  erfolgten  im  Königs- 
chore keine  Bestattungen  mehr.  Wie  haben  wir  uns  nun 
die  Grabstätten  vorzustellen,  und  welche  Schicksale  erlitten 
sie  im  Laufe  der  Jahrhunderte? 

Vor  allem  muss  der  gewöhnlichen  Anschauung  ent- 
gegengetreten werden,  als  handle  es  sich  um  ein  Grab- 
gewölbe, welches  die  Särge  in  sich  aufnahm,  etwa  von 
der  Krypta  her  zugänglich,  eine  Auffassung,  welche  im 
17.  und  18.  Jahrhundert  hauptsächlich  infolge  der  falschen 
Darstellung  in  Fuggers  weitverbreitetem  »Ehrenspiegel  des 
Hauses  Österreich«  auch  in  Speyer  herrschend  war.  Viel- 
mehr besteht  die  kaiserliche  Grabstätte  aus  einer  Anzahl 
von  schlichten  Einzelgräbem,  gerade  breit  genug,  um  einen 
Sarg  zu  fassen,  dagegen  so  tief,  dass  man  im  Notfälle  zwei 
Särge  auf  einander  stellen  konnte;  auch  die  Bischöfe 
Raban  und  Ludwig  von  Heimstatt  (t  1439  u.  1504)  waren 
im  Speyerer  Dome  über  einander  begraben.  So  gleichen 
die  Königsgräber  etwa  den  Gräbern  der  Bischöfe  in  ihren 


Kaisergräber  in  Speyer.  ^OI 

Kathedralen.     Überhaupt  ist  das  System   der  Einzelgräber 
die  ältere  Bestattungsweise  der  Fürsten^) 

Die  zwei  Gräberreihen  waren  später  durch  ein  eigenes 
»Geschränkec,  also  eine  Einfassung,  zu  je  einem  Grab- 
monument vereinigt,  was  natürlich  den  Charakter  des 
Familiengrabes  noch  mehr  hervorhob. 

1739  fand  man  die  Gräber  8'  unter  dem  Boden.  Doch 
ist  sicher,  dass  der  chorus  regum  ursprünglich  viel  niedriger 
war;  nach  Meyer-Schwartau  erhob  er  sich  nicht  bedeutend 
über  das  Pflaster  der  Domkirche.  Vor  alters  empfing 
nämlich  die  grosse  Krypta  durch  zwei  Fenster,  deren 
Spuren  noch  heute  sichtbar  sind,  vom  Königschore  her 
Westlicht,  bis  diese  Fenster  in  unbekannter  Zeit  vermauert 
wurden. 

Vor  den  Gräbern  befand  sich  etwas  unterhalb  des 
> Fronaltars«  der  Kreuzaltar,  der  Pfarraltar  des  Doms,  nach 
welchem  der  Königschor  gewöhnlich  der  Kreuzchor  hiess.  Zu 
Füssen  des  König^chors  erhob  sich  seit  1 303  der  St.  Annen- 
altar, eine  Stiftung  Alberts  I„  der  auf  diesem  Altare  auch 
zwei  Pfründen  begründete,  deren  Inhaber  die  regales  Wessen. 
weil  die  Besetzung  der  Benefizien  dem  Könige  vorbehalten 
war.  Domvikar  Helwich  von  Mainz  sah  161 1  hier  eine 
Tafel  aufgehängt,  welche  an  die  Weihe  des  Altars  durch 
den  Bischof  von  Basel  erinnerte. 

Die  Stufen  einerseits  vom  Schiffe  zum  Königschor, 
anderseits  von  diesem  zum  hohen  Chore  nahmen  nicht,  wie 
jetzt,  die  ganze  Breite  des  Mittelschiffes  ein,  sondern  führten 
rechts  und  links  hinauf.  Der  Eintritt  erfolgte  durch  zwei 
Thüren,  die  für  gewöhnlich  abgeschlossen  waren. 

Zu  beiden  Seiten  war  der  Königschor  von  hohen 
Mauern  eingeschlossen,  welche  erst  zwischen  1737  ^^^ 
1740  beseitigt  wurden;  er  war  also  viel  düsterer  als  jetzt. 
Die  Glasgemälde  in  der  Kirche  und  der  Dämmerschein 
von  14  Grrabampeln *)  erzeugte  magisches  Halbdunkel;  die 
Zahl  14  mochte   wohl   daraus  zu   erklären    sein,    dass   die 

>)  Vfl.  hieftber  Slevogt,  »de  sepalturii  prindpumc  Jena  1722  und 
das  Doch  zn  beiprechende  Werk  «Taphographia  principam  Austiiae,  poat 
mortem  Marqnard.  Herrgott  ed.  Martin.  Gerbert.«  Typis  Sanblasianis  1772.  — 
*)  VgL  die  Urkunde  Alberts  vom  4.  Februar  1303  in  Remlings  Urkunden- 
bQch  I,  S.  443. 

27* 


402 


Praun. 


ältere  Speyerer  Tradition  auch  die  Kaiserin  Agnes  hier 
ruhen  lässt.  An  den  Wänden,  sei  es  des  Königschores, 
sei  es  der  ganzen  Kirche,  waren,  wie  die  Karlsruher  Hand- 
schrift 822  angiebt,  die  Wappen  der  Herrscher  aufgehängt, 
ähnlich  wie  im  Chor  der  Westminsterabtei. 

Ausser  der  mehrerwähnten  Tafel  des  Bischofs  Mathias 
befand  sich  irgendwo  im  Chore  eine  Tafel  mit  den  oftmals 
abgedruckten  lateinischen  Hexametern  »Famosi  reg-es  . . .« 
und  nach  M.  Zeillers  Itinerarium  noch  eine  solche,  welche 
ein  Gebet  in  Knüttelversen  enthielt :  »Incly ta  virgo  Maria  . . .« 
(abgedruckt  bei  Geissei  III,  272),  worin  den  mit  Namen 
aufgezahlten  Herrschern  glückliche  Urständ  gewünscht 
wurde. 

Die  Hut  der  Gräber  und  das  Gebet  an  denselben 
(täglich  200  Paternoster)  oblag  den  Stuhlbrüdem  (in  den 
Dombüchern  »fratres  sedium,  Stulgebrüdere«).  Ang'aben 
über  ihre  Verpflichtungen  bringt  u.  a.  Simonis;  einen  g'enauen 
Auszug  aus  ihren  vielfach  abgeänderten  Satzungen  giebt 
Geissei  IIL  216  flF. 

Sehr  bedauerlich  ist,  dass  wir  keine  einwandfreie  Zeich- 
nung des  Königschores  vor  1689  besitzen.  Nur  mit  grösster 
Vorsicht  lässt  sich  die  Abbildung  bei  Fugger  1.  c.  benützen, 
die,  wie  der  Text,  Wahrheit  und  Dichtung  vereinigt.  Die 
ausserdem  existierenden  wenigen  Zeichnungen  (z.  B.  in  den 
reichen  Schätzen  des  Speyerer  Museums)  gehen  auf  das 
vorige  Jahrhundert  zurück,  wo,  wie  wir  später  hören 
werden,  jede  Tradition  der  Zeit  vor  1689  geschwunden 
war;  sicher  ist,  dass  Litzel,  Syndikus  Baur  und  die  übrigen 
gleichzeitigen  Kenner  der  heimatlichen  Geschichte  keine 
Abbildung  des  Königschores  vor  1689  kannten. 

Der  bei  Fröhlich  abgebildete  Grundriss  des  alten  Amt- 
manns Schunk,  der  aber  nicht  nach  dem  Originale,  sondern 
nach  der  verbesserten  Zeichnung  irgend  eines  bischöflichen 
Architekten,  wohl  des  Kollektors  Geiger,  angefertig-t  ist, 
verdient  in  der  architektonischen  Anlage  Glauben,  ins- 
besondere was  die  Lage  der  Altäre  und  die  Anordnung 
der  Treppen  anlangt,  während  die  Hauptsache,  die  kaiser- 
liche Begräbnisstätte  selbst,  unbedingt  unrichtig  gezeichnet 
ist;  es  finden  sich  nämlich  acht  Gräber  in  einer  Reihe, 
was  den  Angaben  aller  Berichte  widerstreitet,  die  von  zwei 


Kaisergräber  in  Speyer.  ^^03 

Reihen  wissen.  Ein  solcher  Irrtum  ist  erklärlich,  da  der 
Plan  von  dem  alten  Herrn  50  Jahre  nach  der  Zerstörung 
der  Gräber  aus  der  Erinnerung  gezeichnet  wurde. 

Nach  der  Gepflogenheit  des  Mittelalters  ruhten  die 
Kaiser  und  Könige  als  Laien  wohl  so,  dass  sie  gleichsam 
zum  Kreuzaltar  aufblickten,  also  mit  den  Füssen  nach 
diesem,  mit  dem  Haupte  gegen  das  Schiff  der  Kirche. 

Soweit  der  Rayon  der  Eröffnung  von  1739  reichte, 
stiessen  die  Gräber  so  nahe  aneinander,  dass  sie  nur  eine 
handbreite  Platte  trennte,  welche  so  die  gemeinsame 
Seitenwand  von  je  zwei  Nachbargräbem  bildete. 

Die  Frage,  ob  die  Gräber  auf  einmal  oder  nach  Bedarf 
angelegt  wurden,  lässt  sich  nicht  entscheiden.  Herr  Meyer- 
Schwartau  hält  nach  gütiger  Mitteilung  das  letztere  für 
wahrscheinlicher.  Indessen  möchte  doch  die  Beschaffenheit 
der  Gräber,  indem  immer  eine  Grabplatte  zu  zwei  Gräbern 
gehört  —  soweit  es  gestattet  ist,  aus  der  unvollständigen 
Ausgrabung  von  1739  auch  auf  die  technische  Anlage  der 
älteren  Gräber  zu  schliessen  —  nähelegen,  an  die  gleich- 
zeitige Anlage  etwa  je  einer  Reihe  zu  denken ;  auch  scheint 
die  Bestimmung  des  Kreuzchors  als  Begräbnisstätte  nach 
Analogrie  anderer  Kirchen  schon  organisch  in  den  Bauplan 
aufgenommen  gewesen  zu  sein. 

Prinzipiell  ist  daran  festzuhalten,  dass  die  Lage  der 
Monumente  über  dem  Boden  nicht  auch  unbedingt  imd 
ohne  weiteres  die  Lage  des  wirklichen  Grabes  unter  den 
Boden  bestimmt,  obgleich  man  sicherlich  nach  Möglichkeit 
bei  der  Anlage  der  Monumente  sich  nach  der  Lage  des 
wirklichen  Grabes  richtete;  gewiss  erhielt  sich  die  Erinnerung 
je  bis  zur  Anlage  des  Monumentes. 

Nachdem  wir  diese  allgemeinen  Erörterungen  voraus- 
geschickt haben,  gehen  wir  nunmehr  zu  den  ältesten  Schil- 
derungen der  Grabstätten  über. 

Der  älteste  Bericht  über  die  vordere  (kaiserliche)  Reihe 
entstammt  der  Urspergischen  Chronik  aus  dem  13.  Jahr- 
hundert im  23.  Bande  der  Monumenta  S.  338;  er  findet 
sich  mit  geringen  Änderungen  der  Münchener  Handschrift 
Wolfgang  Baurs  beigeschrieben.  Die  Fehler  in  der  Da- 
tierung erklären  sich  vielleicht  daraus,  dass  aus  dem  Gedächt- 
nisse citiert  wird;  ich  füge  deshalb  in  Klammern  das  Datum 


404 


Praun. 


bei,  wie  es  sich  bei  Johannes  von  Mutterstadt  und  späteren 
Reiseschriftstellern  findet,  die  versichern,  an  Ort  und  SteDe 
Abschrift  genommen  zu  haben. 

Quatuor  imperatores,  Cunradüs  11.,  Henricüs  HI.,  Hen- 
ricus  IV.  et  Henricüs  V.  in  ecclesia  Spiren.  usque  in  prae- 
sens evidentem  habent  sepulturam  et  tumulos  de  mar- 
more  fabricatos  et  politos.  In  quibus  continetur  sermo 
metrice  factus  ad  mensuram  unius  versus  hexametri,  hoc 
modo  incipiens  a  septentrionali  plaga.  Super  primum 
sepulchrum  continentur  duo  verba  exarata  in  marmore, 
haec  scilicet:  Filius  hie.  In  marmore  secundi  sepulchri 
exarata  sunt  haec  verba:  Pater  hie.  Super  marmore  quo- 
que  tertii  sepulchri  scriptum  est:  Avus  hie.  Et  in  quarto 
exsculptum  est:  Proavus  iacet  istic.  Sicque  perficitur  unus 
versus  hexameter. 

Adiunguntur  autem  his  duo  mausolea  eiusdem  operis 
marmorei  et  eiusdem  structurae  et  elevationis,  in  quibus 
descriptus  est  unus  versus  hexameter  a  septentrione  in 
austrum,  qui  in  priori  tumulo  continet  haec  verba  exsculpta: 
Hie  proavi  coniunx,  in  secundo:  Hie  Henrici  senioris. 

Dies  quoque  et  anni  quibus  obierunt  ibi  annotati  con- 
tinentur in  hunc  modum: 

In  primo  itaque  versus  austrum  sie  scriptum  reperitur: 
Conradus  II.  imperator  Romanorum.  Anno  Dominicae  In- 
camationis  MXXXIX  Non.  Jun.  obiit.  (Johannes  von  Mutter- 
stadt: pridie  Non.  Jun.). 

In  secundo  versus  septentrionem  sie  descriptum  erat: 
Huius  filius  Henricüs  III.  qui  dictus  est  Niger  Romanorum 
imperator.  Anno  dominicae  incarnationis  ML  VI.  Non  Octob. 
obiit.     (Joh.  V.  M.:  tertio  nonas). 

In  tertio  versus  septentrionem  rursum  scriptum  est: 
Huius  filius  Henricüs  IV.  dictus  Senior  Romanorum  impe- 
rator. Anno  dominicae  incarnationis  MCVI.  VII,  Idus  Jun. 
obiit.     (Joh.  V.  M.:  VII.  Idus  August.). 

In  quarto  sie  scriptum  est:  Filius  eiusdem  Henricüs  V. 
dictus  lunior  Romanorum  imperator.  Anno  dominicae  in- 
carnationis MCXXV.  decimo  Calen.  August,  obiit.  (Joh. 
V.  M. :  X.  Kalend.  Maji,  Eysengrein  XII.  Kalend.  Jun.). 


Kaisergräber  in  Speyer.  aq^ 

Hier  fuge  ich  sogleich  Giselas  Grabinschrift  an;  die 
Kaiserin  nihte  nach  der  Angabe  mehrerer  Itinerarien  unter 
einem  roten  Marmorsteine  : 

XV.  Kai.  Martii  Gisela  imperatrix  obiit. 

Auf  dem  (nach  Eysengrein  weissen)  Marmor  Berthas 
war  eingeschrieben:  Sexto  Kai.  Januarii  Bertha  imperatrix 
obiit. 

Nirgends  findet  sich  an  früherer  Steile  in  den  Monu- 
menta  Germaniae  eine  zusammenhängende  Beschreibung 
der  Kaisergräber;  wir  begegnen  nur  wiederholt  dem  Aus- 
druck »mausolea  imperatorum«. 

Wichtig  ist,  dass  die  Urspergische  Chronik  ausdrück- 
lich ang^ebt,  dass  a  septentrione  gezählt  wird,  so  dass  wir 
damit  die  Kaiserreihe  rekonstruieren  können. 

Die  Zweitälteste  Angabe  über  die  Kaisergräber  ver- 
danken wir  dem  Domdechanten  Burgmann  (t  1443),  der 
1420  auf  ausdrücklichen  Befehl  des  Kaisers  Sigismund  »hoc 
scire  volentisc  eine  historische  Abhandlung  über  die  im 
Dome  bestatteten  Fürsten  schrieb  >),  die  jedoch  sehr  viele 
Irrtümer  enthält. 

Kurze  Zeit  später  fällt  die  Wirksamkeit  des  tüchtigsten 
der  Speyerer  Geschichtsschreiber,  Johannes  Seffrid  aus 
Mutterstadt  (t  1472),  der  gewohnlich  nach  seiner  Heimat 
genannt  wurde.  Da  Johannes  50  Jahre  lang  als  Vikar 
dem  Klerus  der  Domkirche  angehörte,  so  verdient  das, 
was  er  selbst  sah,  unbedingt  Glauben*).  Leider  giebt 
Johannes  keine  zusammenhängende  Beschreibung  der 
Gräber,  aber  er  zählt  wenigstens  deutlich  die  sechs  Gräber 
der  ersten  Reihe  auf,  so  dass  wir  jetzt  das  »adiungunturc 
der  Urspergischen  Chronik  erklärt  sehen,  indem  sich  an 
das  Grabdenkmal  Konrads  in  der  gleichen  Reihe  nach 
Süden  noch  die  Monumente  für  Gisela  und  Bertha  an- 
reihten. Auch  er  erwähnt,  wie  alle  Speyerer  Geschichts- 
schreiber, die  beiden  Verse,  welche  bruchstückweise  zu 
Häupten,  wie  er  angiebt,  der  Monumente  standen: 
Filius  hie,  pater  hie,  avus  hie,  proavus  iacet  istic. 
Hie  proavi  coniunx,  hie  Henrici  senioris. 

1)  Henaigegcbcn  im  i.  Band  der  Rtrum  Boicarum  scriptores  von 
Freib.  ¥.  öf(^  176^*  —  *)  Seine  Chronik  ist  u.  a.  abgedruckt  in  Böhmer 
fontes  IV. 


4o6  Praun. 

Da  diese  Verse  auch  Heinrichs  V.  Erwähnung  thun, 
können  sie  erst  nach  dessen  Beisetzung  auf  den  Grräbeni 
angebracht  worden  sein. 

Was  die  zweite  (Königs-)  Reihe  anlangt,  so  überliefert 
Johann  v.  Mutterstadt  die  Inschriften  Rudolfs,  Adolfs  und 
Albrechts  und  schildert  den  schon  besprochenen  Grabfund 
von  1309. 

Die  Grabschriften  lauteten: 

Rudolphus  de  Habisburg  Romanorum  Rex.  Anno 
regni  sui  XVIII.  obiit  anno  domini  MCCXCl  mense  lulio 
in  die  division.  apostolorum. 

Anno  domini  MCCXCVIII  obiit  Adolphus  de  Nas- 
sawe  rex  Romanorum  VI.  Non.  Julii  occisus  anno  regni 
sui  VIII. 

Anno  domini  MCCCVIII  Kai.  Maji  Albertus  Roma- 
norum rex  quondam  Rudolphi  Romanorum  regis  filius 
occisus.     Anno  sequenti  IV,  Kai.  Septemb.  hie  est  sepultus. 

Wir  vermissen  die  Grabinschrift  Konig  Philipps,  femer 
genaue  Angaben  über  die  Zahl  und  die  Reihenfolge  der 
Gräber  der  zweiten  Reihe. 

Hier  setzt  die  wichtige,  bisher  unbenutzte  Handschr.  822 
des  Generallandesarchivs  Karlsruhe  ein.  Ihr  Prototyp  geht 
auf  den  Ausgang  des  15.  Jahrhunderts  zurück,  da  der  un- 
genannte Verfasser  beteuert,  bei  der  Neupflasterung  der 
Kirche  von  1480  einige  Leichname  (wohl  von  Bischöfen) 
neben  der  neuerbauten  Marienkapelle  in  den  eröffneten 
Gräbern  gesehen  zu  haben.  Auch  hier  wird  zuerst  die 
Reihenfolge  der  sechs  Monumente  der  Kaiserreihe  genau 
in  der  Reihenfolge  des  Johann  von  Mutterstadt  angegeben. 
Philipps  Grabschrift  lautet: 

Anno  domini  MCCVIII.  Philippus  rex  Babenbergae 
occisus  XL  Kai.  Julii  obiit  1). 

Zum  ersten  Male  erfahren  wir  ausdrücklich,  dass  die 
zweite  (Königs-)  Reihe  nur  vier  Monumente  umfasste,  und 
zwar    folgen    von    Süden    nach    Norden    die    Ruhestatten 


^)  Nach  den  sehr  unzuverlässigen  Anhängen  des  cod.  lat.  Monac.  131^ 
halte  sie  nur  gelautet:  Philippus  Bambergensis,  was  schon  wegen  der  man- 
gelnden Symmetrie  mit  den  übrigen  Inschriften  unglaubwürdig  ist. 


Kaisergräber  in  Speyer.  aq-j 

lilipps,  dann  Rudolfs,  sodann  die  Albrechts  und  erst  zu- 
;zt  die  Adolfs,  während  fast  alle  Autoren  zuerst  Adolf 
d  dann  Albrecht  nennen.  Ein  Schreibversehen  des  un- 
kannten  Verfassers  ist  ganz  ausgeschlossen;  denn  nach- 
m  er  angegeben  hat,  dass  Philipp  unter  dem  ersten, 
idolf  unter  dem  zweiten  Marmor  »inferiorum  monumen- 
rumc  beigesetzt  sei,  berichtet  er  weiter,  dass  Adolf  unter 
m  vierten  Marmor  ruhe;  erst  zuletzt  giebt  er  an,  Albrecht 
lilummere  unter  dem  dritten.  Nach  dieser  ganz  bestimmten 
ngabe  sind  die  entgegengesetzten  Annahmen,  welche 
:h  ohnehin  auf  kein  bestimmtes  Zeugnis  stützen,  zu  korri- 
eren.  Es  ist  auch  ganz  begreiflich,  dass  man  bei  der 
^ppelbeerdigung  Adolfs  und  Albrechts,  da  man  die  freie 
ahl  hatte,  Albrecht  die  Grabstätte  neben  seinem  Vater 
udolf  einräumte. 

Da  nun  aber  der  bestimmten  Überlieferung  nach 
[brecht  ins  Grab  der  Beatrix,  Adolf  in  das  der  kleinen 
gTies  gesenkt  wurde,  so  ergiebt  sich,  dass  vorher  Agnes 
I  Randgrab  nach  Süden,  rechts  von  ihr  ihre  Mutter  ihre 
uhestätte  gefunden  hatte.  Überall  sehen  wir  das  Prinzip 
irchgefiQhrt,  die  inneren  Gräber  nach  Möglichkeit  der 
»mehmeren  Person  anzuweisen. 

Über  Albrechts  Grabstein  erhalten  wir  auch  die  aus- 
ückliche  Angabe,  die  Inschrift  sei  literis  argenteis  opere 
Rorio  insertis  ausgedrückt  gewesen. 

Wir  stellen  zusammenfassend  nochmals  fest,  dass  die 
>rdere  (kaiserliche)  Reihe  die  Monumente  der  Salier  um- 
sste,  und  zwar  von  Norden  nach  Süden  (»incipiens  a 
ptentrionali  plaga«): 

Heinrich  V.  Heinrich  IV.  Heinrich  III.  Konrad  II. 
isela.     Bertha. 

In  der  zweiten  (königlichen)  Reihe,  also  näher  dem 
:hifFe  der  Kirche,  ruhten   ebenfalls  von  Nord    nach  Süd: 

Adolf  (im  Grab  der  Agnes),  Albrecht  (im  Grabe  der 
eatrix),  Rudolf,  Philipp. 

Es  war  mir  Beruhigung  und  Genug  thuung  zugleich, 
ese  Ordnung  durch  eine  andere  nicht  anzuzweifelnde 
uelle  bestätiget  zu  sehen.  Das  ehrwürdige  registrum  came- 
triorum  enthält  zweimal  Angaben  über  die  Lage  einzelner 


4o8  Praun. 

Herrschergräber,  und  diese  Stichproben  stimmen  mit  unseren 
Aufstellungen  überein.  Beim  Jahresgedächtnis  Heinrichs  IV. 
(»Henricus  tertius  imperator«)  soU  das  zweite  Grab  mit  dem 
»Heiligtum«  geschmückt  werden.  Femer  soll  am  Jahrestage 
des  Mainzer  Erzbischofs  Adolf  von  Nassau  das  Grab  seines 
Verwandten,  des  Königs  Adolf,  geschmückt  werden,  und 
dieses  wird  ausdrücklich  als  Randgrab  bezeichnet. 

Die  letzten  Jahrzehnte  des  15.  und  der  Begfinn  des 
16.  Jahrhunderts  sehen  den  Dom  zu  Speyer  und  seine 
Umgebung  in  völliger  Umgestaltung.  Erwähnt  sei  der 
Bau  der  Marienkapelle,  der  Guss  einer  neuen  grossen 
Glocke,  1490  die  Erneuerung  des  Domnapfes'),  am  Aus- 
gange des  Jahrhunderts  die  Anlage  des  zierlichen  Lettners, 
1509  die  Vollendung  des  kunstvollen  Ölbergs,  der  bald 
mit  merkwürdiger  Überschätzung  von  begeisterten  Touristen 
den  sieben  Wunderbauten  des  Altertums  gleichgestellt  und 
wiederholt,  u.  a.  bei  Eysengrein  »Das  grösste  Kunst- 
werk Deutschlands«  (»labor  exquisitissimus  G^rmaniae«)  ge- 
nannt wird. 

Auch  der  ehrwürdige  Königschor  wurde  von  dieser 
Baulust  berührt.  Nachdem  schon  1503  »ein  neu  Gestül« 
aufgestellt  war,  wünschte  man  die  Kaisergräber,  die  offen- 
bar sehr  einfach,  vielleicht  auch  verfallen  waren,  etwas 
»zierlicher«  zu  machen  und  setzte  sich  wegen  einer  Bei- 
steuer mit  dem  Wiener  Hofe  in  Verbindung.  Einen  Teil 
der  Korrespondenz  hat  Fröhlich  aus  einem  Auszuge  der 
Protokolle  aus  dem  vorigen  Jahrhundert  veröffentlicht. 
Die  Originalien  enthalten  die  Bände  6938  und  6940  der 
Kapitelprotokolle  im  Generallandesarchiv  Karlsruhe.  Es 
genüge,  den  Verlauf  der  Sache  kurz  zu  verfolgen.  Kaiser 
Max  machte  sich  anheischig,  »die  kaiserliche  Begräbnis  mit 
einem  Marmorstein  zu  erheben  und  mit  zwölf  Bildern  uff 
das  zierlichst  Inhalt  einer  Visierung  (nach  einem  Entwurf) 
herstellen  zu  lassen«.  Hierfür  wollte  der  Kaiser  1000  fl. 
spenden  und  den  iMarmor  zu  Salzburg  bestellen  lassen. 
Doch  das  Werk  machte  keine  Fortschritte;  da  wurde 
endlich  befunden,  dass  »der  Mangel  an  Kay^.  Majestät  sei, 

*)  Schon  im  älteren  Nekrologium  erwähnt;  im  Volksmande  »Napps 
später  auch  »Schwabenschüssel«. 


KaisergTäber  in  Speyer.  ^.OO 

dass  also  langsam  gearbeit  wird,  von  nit  Bezahlung  wcgen^. 
Gesandtschaften  an  den  Reichstag  zu  Augsburg  und  nach 
den  Niederlanden  scheinen  weder  bei  Max  noch  bei 
Karl  V.  Erfolg  gehabt  zu  haben.  Wir  hören  noch  von 
einem  in  Soest  gefassten  Beschlüsse,  der  nicht  zur  Aus- 
führung gelangte,  ohne  dass  hierüber  Näheres  bekannt 
wäre.  Damit  schliessen  die  Akten  in  dieser  Angelegenheit 
ab.  Was  nun  in  Wahrheit  geschah,  darüber  findet  sich 
nirgends  eine  Angabe,  doch  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dass 
die  vollständige  Restauration  der  Kirche  im  Königschore 
nicht  Halt  machte.  Vermutlich  wurde  damals  das  ^Ge- 
schränket  um  die  kaiserliche  Begräbnis  aufgeführt  und  die- 
selbe nicht  nur  durch  ein  zierliches  Gitter,  dessen  öfters 
gedacht  wird,  umschlossen,  sondern  auch  jede  Reihe  eigens 
etngefasst,  so  dass  jede  ein  »commune  sepulcrum«  bildete '). 
Dass  der  kaiserliche  Hof  sich  nur  wenig  oder  gar  nicht 
beteiligte,  ist  bestimmt  anzunehmen,  da  sonst  gewiss  Fugger 
im  schon  erwähnten  Ehrenspiegel  nicht  unterlassen  hätte, 
dies  hervorzuheben. 

Jener  Erneuerungsperiode  entstammen  wohl  die  zwei 
Kaiserreliefs  mit  je  vier  Figuren,  welche,  früher  an  den 
hohen  Seitenwänden  des  Königschors  angebracht,  sich  jetzt 
an  den  Pfeilern  zwischen  dem  Königs-  und  dem  mittleren 
Chore  finden.  Sicherlich  sind  diese  Figuren  nicht  früher 
zu  setzen;  man  muss  nur  die  gezierte  Haltung  der  ein- 
zelnen Figuren  und  die  Behandlung  der  Gewandung  ins 
Auge  fassen,  um  augenblicklich  zu  diesem  Schlüsse  zu 
gelangen.  Die  genaue  Abbildung  der  Figuren  finden  wir 
in  der  2.  Aufl.  des  Rhein.  Antiquarius  von  1744,  den  Text 
auch  bei  Litzel  und  Geissei. 

1549  erschien  in  Nürnberg  der  erste  Band  des  Werkes 
von  Kaspar  Brusch  über  die  deutschen  Bistümer  mit  sehr 
ausführlichen  Angaben  über  Speyer.  Es  ist  angenehm  für 
uns,  festzustellen,  dass  Brusch,  der  offenbar  sehr  gut  orien- 
tiert ist,  alle  unsere  Angaben  bestätigt.  Sämmtliche  In- 
schriften werden  mit  geringen  Abweichungen  vom  Texte 
des  Johannes  von  Mutterstadt,    welche   wir   hier   und    im 


<)  Vgl.  Prann,  Encomion  Spirac,  in  den  Mitt.   des   histor.  Vereins    der 
PfaU  J.   1899. 


4IO 


Praun. 


folgenden   nicht  mitteilen,  aufgezählt;  neu  ist  die  Angabe, 
Adolf  ruhe  sub  marmore  insigni. 

,  Einen  Teil  der  Grabinschriften  giebt  das  1608  in  Köln 
erschienene  Buchlein  des  Franciscus  Sweert  (»Delidae 
generis  humani«),    das  Inschriften   aus   aller  Welt  aufzählt. 

I  ö  1 1  besuchte    der  Domvikar  Helwich  aus  Mainz  den 
Dom.     Den  auf  Speyer  bezüglichen  Teil    der   im  Priester- 
seminar Mainz  befindlichen  Handschrift  gab  F.  W.  E.  Roth 
im  Freiburger  Diöcesanarchiv   für    1885   heraus.     Helwich, 
der  nach  seiner  eigenen  Angabe  wenig  Zeit  hatte,  schrieb 
in  der  vorderen  Gräberreihe  sämtliche  Grabinschriften  ab, 
verliess  aber  sodann   den  Königschor,   um   die  Krypta  zu 
besuchen   und   eine   Reihe   von   Inschriften   im  Schiffe  der 
Kathedrale    und    im   Kreuzgang    aufzuzeichnen.      Die   In- 
schriften der  königlichen  Grabreihe  hingegen  teilt  er  nicht 
mit,   ja   erwähnt   diese   Königsgräber   mit   keinem    Worte. 
Es  ist  dies  ein  starkes,   schier   unerklärliches  Beispiel  von 
Touristenflüchtigkeit,    doch  erweisen   seine  Aufzeichnungen 
allenthalben  seine  Hast  und  Oberflächlichkeit.    Aus  seinem 
Schweigen  zu  folgern,   dass  die  königlichen  Gräber  keine 
Inschrift  hatten,  wie  es  schon  geschah,   ist  gegenüber  den 
ausdrücklichen  Zeugnissen  der  früheren  Zeit,  vor  allem  des 
völlig  glaubwürdigen  Johannes  von  Mutterstadt,  sowie  der 
fast  gleichzeitigen  Angaben  in    Itinerarien    vollständig   un- 
zulässig. 

Schon  neun  Jahre  später,  im  Jahre  1620  (und  nochmals 
1628)  besuchte  der  Bädeker  des  17.  Jahrhunderts,  Matthäus 
Zeiller,  Speyer  auf  einer  »Spazierreysc  von  Strassburg  aus; 
er  kehrte  im  > Einhorn«  ein,  »daselbst  wir  trefflich  wohl 
und  um  ein  leidenliches  traktieret  wordene  Auch  er 
besuchte  den  Königschor  und  notierte  sich  die  Inschriften  auf 
den  sechs  Monumenten  der  ersten  Reihe,  sodann  auf  den 
Gräbern  Philipps,  Rudolfs,  Adolfs  und  Albrechts.  Ein 
Grabstein  der  Beatrix  wird  nicht  erwähnt,  was  unsere  An- 
nahme zu  bestätigen  scheint,  dass  er  1309  in  die  Krypta 
versetzt  worden  war.  Zeiller  giebt  die  Inschriften  so,  wie 
wir  sie  oben  nach  der  Lesart  des  Johannes  von  Mutter- 
stadt erwähnten;  für  Philipp  hat  er  das  Datum  X.  Kai. 
Junii. 


Kaisergräber  in  Speyer.  ^  1 1 

Sämtliche  Inschriften  giebt  auch  P.  Bertius  in  seinen 
»rerum  German.  libri  III«,  Amsterdam  1626. 

Die  um  jene  Zeit  oftmals  aufgelegte  Reisebeschreibung 
Hentzners,  der  Speyer  schon  etwas  ft^üher  (1596)  besucht 
hatte,  enthält  ebenfalls  die  genauen  Grabinschriften  der 
drei  Heinriche.  Auffallend  ist,  dass  in  sämtlichen  Aus- 
gaben  Hentzners,  die  in  ganz  verschiedenen  Jahren  und  in 
verschiedenen  Orten  erschienen,  in  der  Grabschrift  Hein- 
richs IV.  und  V.  das  »Pater  hie«  und  das  »Filius  hie«,  nicht 
aber  das  »Avus  hie«  bei  Heinrich  III.  auf  den  Kopf  gestellt 
erscheinen,  was  also  kein  Versehen  sein  kann,  sondern 
dem  Original  entsprechen  muss. 

Ich  unterlcLSse  es,  aus  der  sehr  grossen  Anzahl  von 
Reisebeschreibungen  aus  jener  Zeit  Citate  zu  bringen,  weil 
die  Autoren  sich  entweder  —  und  das  ist  meist  der  Fall  — 
mit  ganz  kurzen  Bemerkungen  begnügen  oder  doch  nicht 
an  Ort  und  Stelle  Einsicht  genommen  haben. 

Über  die  Beschaffenheit  der  Grabstätten  giebt  »des 
Herrn  Johann  Ernsten  des  Jüngeren,  Herzog  zu  Sachsen, 
Jülich,  Cleve  und  Berg  Reise  (16 13)  in  Frankreich  etc.«, 
beschr.  von  Wilhelm  Neumayr  (Leipzig  1620)  Aufschluss. 
Die  Domkirche  wird  »zwar  gross,  aber  gar  fi"ister«  genannt; 
»im  Chor  liegen  etlich  Keyser  in  viereckichten  schlechten 
monumentis.« 

EHe  wichtigste  Nachricht  über  das  Aussehen  dieser 
Monumente  erhalten  wir  erst  kurz  vor  deren  völliger  Zer- 
störung. Im  Jahre  1686  kam  der  berühmte  schottische 
Theolog  Grilbert  Burnett,  der  17 15  als  Bischof  von  Salis- 
bury  starb,  nach  Speyer  und  berichtet  in  der  hochmütig 
absprechenden  Weise,  die  allenthalben  in  seinem  dreibän- 
digen Werke  zu  Tage  tritt,  folgendermassen : 

There  is  little  remarkable  in  the  Cathedral,  which  is 
a  huge  building  in  the  Gothik  manner  of  the  worst  sort. 
The  tombs  of  many  emperors,  that  ly  buried  here,  are 
remarkable  for  their  meanness,  they  being  only  great 
Flag-stones  on  some  small  Stone-ballisters  of  a 
foot  and  a  half  high. 

Die  schon  1687  erschienene  deutsche  Übersetzung  giebt 
dies  in  folgenden  Worten:  »In  der  Haupt-Kirche  ist  nichts, 


^12  Piaun. 

das  sonderlich  sehenswürdig  wäre.  Es  ist  ein  grosses 
unförmliches  Gebäude  auf  Gothische  Art.  Die  Grräber 
etlicher  Kayser  seynd  ihres  schlechten  Ansehens  wegen 
remarquable.  Denn  es  seynd  nichts  als  grosse  ;^uf{ 
etlichen  Säulen  von  ohngefehr  1^/2  Schuh  hoch 
liegende  Steine. 

Die  holländische  Bearbeitung,  welche  1 699  in  Amster- 
dam erschien  und  ebenfalls  in  der  Münchener  Staats- 
bibliothek vorhanden  ist,  weicht  hiervon  ab:  eenige  grote 
steenen  mit  wapenen,  die  boven  andere  steinen  anderhalve 
voet  hoog  leggen. 

Auch  Oberamtmann  Schunck  (s.  Fröhlich,  S.  36  u.  37) 
nennt  die  Begräbnisse  »ohngefehr  1  '/i  Ehlen  hoch  erhöhet, 
gantz  einfaltig  und  schlecht« ;  zwei  Engel  an  Draht  hingen 
von  der  Decke  herab  mit  einer  alten  Schrift,  worauf 
13  Namen  geschrieben  standen. 

Ehe  wir  zur  Schilderung  der  Greuel  von  1689  über- 
gehen, ist  eine  andere  schwer  zu  entscheidende  Frage  zu 
besprechen:  Wie  verhält  es  sich  mit  dem  sogenannten 
alten  Grabsteine  Rudolfs,  der  181 1  auf  der  Brandstätte  des 
Johanniterhofs  unter  Schutt  und  Asche  gefunden  wurde? 
Dem  Herzog?  von  Dalberg  nach  seiner  Besitzung  in 
Herrnsheim  als  Geschenk  gesandt,  wurde  er  181 5  wegen 
des  in  Aussicht  stehenden  Besuches  des  Kaisers  von  Oster- 
reich zurückerbeten  und  auf  Rudolfs  Grab  gelegt;  später 
kam  er  durch  Regierungspräsident  von  Stichaner  in  die 
Antiquitätenhalle  und  befindet  sich  nun  in  der  Krypta. 
Über  ihn  erschien  eine  kurze  Abhandlung  von  Ed.  Frhr. 
V.  Sacken  in  der  »Festschrift  zur  Feier  der  600jährigen 
Vereinigung  von  Niederösterreich  mit  dem  Hause  Habs- 
burg« (Wien  1882),  welche  aber  nicht  frei  von  Irrtümern  ist. 

Nach  dem  ausdrücklichen  Zeugnisse  Bodes,  des  hervor- 
ragenden Kenners  der  Skulptur,  entstand  das  Kunstwerk 
bald  nach  des  Königs  Tode,  ja  wenn  es  identisch  ist  mit 
dem  in  der  Reimchronik  des  Ottokar  von  Horneck  besun- 
genen (die  Verse  sind  u.  a.  in  Geisseis  Kaiserdom  III,  247 
abgedruckt),  noch  zu  seinen  Lebzeiten.  Auch  der  Wort- 
laut der  Umschrift  entspricht  genau  der  Überlieferung  des 
Johannes    von    Mutterstadt.     Und    doch    dürfen    wir    nicht 


Kaisergräber  in  Speyer.  ^Ii 

ohne  weiteres  annehmen,  dass  der  Stein  auch  wirklich  auf 
Rudolfs  Grabe  lag.  Es  war  Geissei,  der  zuerst  wegen  der 
Fundstätte  und  wegen  des  Materials  Bedenken  erhob.  Die 
Skulptur  ist  in  Sandstein  eingemeisselt,  während  die  älteren 
Quellen  Rudolf  »sub  marmore«  ruhen  lassen,  wie  auch  Otto- 
kar von  Homeck  von  einem  »Merbelsteine«  spricht.  Noch 
einen  weiteren  Einwand  möchte  ich  geltend  machen. 
Niemals  wird,  wie  wir  gesehen  haben,  eine  bildliche  Dar- 
stellung auf  einem  der  Kaiser-  oder  König^gräber  erwähnt  >); 
so  oft  wir  eine  Schilderung  der  Gräber  finden,  beginnend 
von  der  Ursperger  Chronik  bis  zur  Reise  Gilbert  Bumetts 
im  Jahre  1686,  hören  wir  nur  von  Inschriften,  und  die 
Reiseschilderungen  Neumayrs  und  Bumetts  lassen  auf 
ganz  schmucklose  Ausstattung  schliessen.  Eine  so  pracht- 
volle Skulptur  hätte  doch,  sollte  man  denken,  bei  der 
grossen  Anzahl  von  Reisebeschreibungen  wenigstens  ein- 
mal Erwähnung  finden  müssen.  Um  ein  Beispiel  heraus- 
zugreifen, hätte  ein  so  erfahrener  Reiseschrift&teller  von 
Beruf,  wie  es  M.  Zeiller  war,  sich  gewiss  nicht  begnügt  zu 
sagen:  »Rudolfs  Grabstein  mit  dieser  Inskription  ....«, 
wie  er  es  thut,  sondern  doch  auch  kurz  auf  die  Skulptur 
hingewiesen.  Anderseits  ist  freilich  kaum  erklärlich,  welche 
Bedeutung  ein  zweiter  Grabstein  für  Rudolf  in  der  gleichen 
Stadt  haben  sollte.  War  die  Skulptur  ursprünglich  für 
Rudolfs  Grab  bestimmt  und  dann  aus  irgend  welchem 
Grrunde  nicht  dazu  verwendet  worden,  oder  war  sie  um- 
gekehrt zuerst  wirklich  auf  dem  Grabe  gelegen  (Ottokar 
von  Homeck:  »Der  Stein  ward  nu  sein  Dach«)  und  dann 
bei  der  Restauration  am  Beginn  des  16.  Jahrhunderts,  als 
man  die  Kaisergräber  »zierlicher«  machen  wollte,  als  stil- 
widrig in  eine  andere  Kirche  versetzt  worden?  Letzteres 
erscheint  nicht  unwahrscheinlich.  Denken  wir  nur  daran, 
wie  viele  Grabsteine  bei  den  Domrestaurationen  unseres 
Jahrhunderts  in  Speyer  und  anderen  Städten  ihren  Platz 
vertauschen  musstenl 

Es  kam  nun  das  unglückselige  Jahr   der   greuelvoUen 
21er8torung   Speyers,   in    welchem    auch    die   ehrwürdig^en 


1)  DtL»  Bild  bei  Fugger  verdieDt  nicht  mehr  GUuben  als  der  Text,  der 
von  Fehlern  wimmelt. 


414 


Praun. 


Gräber  der  deutschen  Herrscher  von  verruchten  Händen 
entweiht  wurden.  Die  Volkssage  wusste  von  Schätzen  zu 
erzählen,  die  man  den  Fürsten  ins  Grab  mitgegeben  habe, 
und  dies  reizte  die  Gier  der  Beutelustigen ;  aber  zum  Glück 
konnten  sie  nicht  allenthalben  den  tiefliegenden  Särgen 
beikommen,  obgleich  während  der  achtjährigen  völligen 
Verlassenheit  Speyers  von  1689  bis  nach  dem  Friedens- 
schlüsse zu  Ryswick  Zeit  und  Gelegenheit  genug  gegeben 
war,  solche  Plünderungen  zu  wiederholen. 

Leider  enthalten  die  Kriegsakten  von  1689  in  Karls- 
ruhe nichts  hierüber.  Die  meiste  Autorität  darf  natürlich 
der  amtliche  Bericht  des  bischoflichen  Statthalters  Hartard 
von  Rollingen  beanspruchen;  er  sagt,  »die  mehreren« 
(also  =  die  meisten)  Gräber  seien  eröffnet,  »die  epitaphia, 
inscriptiones  und  was  nur  Metall  gleichgesehen«,  geraubt 
worden. 

Neben  diesem  amtlichen  Berichte,  der  öflFentlichen 
Glauben  beanspruchen  darf,  sei  noch  die  Angabe  eines 
Augenzeugen,  des  Oberamtmanns  Schunck,  in  den  Karls- 
ruher Akten  (Gen.  265)  erwähnt  (auch  abgedruckt  bei 
Fröhlich,  S.  34  und  37).  Dieser  erklärte  1739,  um  seine 
Erinnerungen  befragt:  »Die  Franzosen  haben  nach  der 
Brunst  die  Gräber  in  Hoffnung,  grosse  Schätze  zu  finden, 
ruiniert,  aber  soviel  ich  zugesehen,  nichts  denn  alte 
Gebein  und  Köpfe  gefunden.« 

Bei  der  teil  weisen  Eröffnung  von  1739  zeigte  sich, 
dass  1689  das  Grab,  welches  die  Gebeine  der  Beatrix  und 
Albrechts  enthält,  sicher  durchwühlt  worden  war,  und  dass 
das  Haupt  der  Beatrix  fehlte;  die  anstossenden  Gräber  zur 
rechten  und  zur  linken  zeigten  ebenfalls,  wie  wir  hören 
werden,  Spuren  der  Verwüstung.  Hingegen  war  Philipps 
Grab  von  den  Plünderern  unbeschädigt  geblieben.  Ob  die 
Franzosen  auch  die  Saliergräber  durchwühlt  hatten,  Hess 
sich  1739  leider  nicht  feststellen,  da  sich  der  Rayon  der 
Eröffnung  nicht  so  weit  erstreckte.  Immerhin  ist  davon 
auszugehen,  dass  nach  dem  amtlichen  Berichte  und  nach 
den  Angaben  des  Augenzeugen  Schunck  die  meisten 
Gräber  profaniert  wurden;  mit  Bestimmtheit  lässt  sich  eben 
nur  erweisen,  dass  Philipps  Grabstätte  verschont  blieb. 


Kaisergräber  in  Speyer.  ^  I  c 

Der  himmelschreiende  Frevel  ruchloser  Leichenschän- 
dung ist  also  evident.  Doch  was  man  dem  geschändeten 
Grabe  der  Ärmsten  zu  teil  werden  Hesse,  nämlich  vor 
allem  Wiederordnung  der  verstörten  Überreste,  ist  merk- 
würdiger Weise  durch  die  Ungunst  der  Verhältnisse  der 
geheiligten  Person  der  deutschen  Herrscher  bis  zum  heutigen 
Tage  versagt  geblieben. 

Ich  spreche  kein  Wort  von  dem  eminenten  histo- 
rischen Interesse,  kein  Wort  von  den  vielen  Präcedenz- 
fällen^)  in  Deutschland  und  Italien,  kein  Wort  davon,  dass 
man  seiner  Zeit  gar  nicht  sonderlich  rücksichtsvoll  mit  den 
Leichnamen  der  Herrscher  verfuhr,  als  man  z.  B.  Adolf 
und  Albrecht  in  die  Gräber  der  Agnes  und  Beatrix  senkte, 
und  davon,  dass  fast  alle  hier  Bestatteten  (von  Hein- 
rich IV.  sei  ganz  abgesehen)  noch  nach  ihrem  Tode 
mancherlei  Wanderungen  durchzumachen  hatten,  ehe  sie 
im  Königschore  Ruhe  fanden,  nur  das  Eine  muss  hier 
gesagt  werden:  wenn  von  Seite  der  zuständigen  hohen 
Autoritäten  mit  all  der  Rücksicht,  welche  die  Würde  des 
Gotteshauses  und  die  ehrwürdige  Person  der  deutschen 
Herrscher  beanspruchen  darf,  eine  genaue  Untersuchung 
der  Gräber  vorgenommen  würde,    so  hiesse  das   nicht   die 


')  Unter   den    zahlreichen  Nachgrabungen   allein   auf   deutschem  Boden 
seien    hier    nur   erwähnt    die    allgemein    bekannten,    in    verschiedenen    Jahr- 
hunderten verglommenen  Nachforschungen  im  Münster  zu  Aachen  nach  den 
irdischen  Überresten  Karls  des  Grossen  und  Ottos  III.  und  die  bayerischen  Aus- 
grabungen: die  Nachforschungen  in  der  Liebfrauen-  und  der  ehemaligen  Augu- 
stinerkirche zu  München  nach  den  Gebeinen  Ludwigs  des  Bayern,  die  Eröffnung 
des  Grabes  Arnulfs  in  Regensburg  durch  Abt  Cölestin  1671,  femer  die  Eröflf- 
nungen  im  Bamberger  Dome.    Nachdem  man  schon  173 1,  ohne  dass  von  einer 
baulichen  Umgestaltung  in  diesem  Jahre   etwas    bekannt    ist,    der    Sarkophag 
Klemens  II..    des  einzigen  in  Deutschland    bestatteten  Papstes,    geöffnet  und 
der  Leichnam  wohlerhalten  gefunden  hatte,    deckte    man   1845    das  Grab  des 
Königs    Konrad  III.    auf.     Dass    die    Häupter  Heinrichs    des    Heiligen    und 
seiner    Gemahlin    Kunegundis,    kostbar   gefasst,    ausserhalb    des    Grabes    sich 
befinden,  ist  bekannt.     Diese  Beispiele  könnte  Verfasser,   der  die  Gräber  der 
deutschen  Herrscher  mit  geringen  Ausnahmen  aus  eigener  Anschauung  kennt, 
bedeutend  vermehren.     Die  Eröffnungen  fanden  nur  zum  Teil  im  Anschlüsse 
an  bauliche  Verändenmgen  sUtt  und  wurden  häufig   um    ihrer    selbst    willen 
unternommen.     Sehr  oft  fanden  sich  die  Leichname  fast  völlig  erhalten  (z.  B. 
Heinrichs  VI.),    während    in    anderen    Fällen    nur    spärliche    Überreste    sich 
erhalten  hatten  (z.  B.  von  Lothar  von  Sachsen). 

Zeitschr.  C  Getch.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  3.  28 


4l6  Praun. 

Ruhe  der  Toten  stören,  sondern  umgekehrt  den  i68g  von 
den  Leichenschändern  begangenen  Frevel  sühnen.    Ja  die 
Eröffnung,  die   fast  Forderung  der  Pietät  und  Grewissens- 
pflicht  scheint,   vermöchte  sogar  zu   einer  neuen   Ehrung 
der  grossen  hier  bestatteten    Herrscher    beizutragen.    Es 
hat  für  unser  Gefühl  immer  etwas  Verletzendes,  irgend  ein 
Grab,  und  sei  es   das   des  Armseligsten,   ganz   unbeachtet 
und  unkenntlich  zu  sehen.    Doppelt  wehmütig  muss  es  uns 
bei    den    hier   ruhenden    deutschen  Kaisem    und    Konigen 
berühren,     dass    trotz    aller    Pracht    des    herrlich    wieder- 
erstandenen  Domes  ihre    Gräber   völlig  unbezeichnet  und 
unkenntlich  sind.    Wie  einfach  wäre  es,  wenn  einmal  eine 
Eröffnung  die    genaue   Lage    der    einzelnen   Grräber  unter 
dem  Boden  nachgewiesen  hat  (die  Reihenfolge  der  Gräber 
ist  ja  auf  Grund  der  Karlsruher  Handschrift  822    nunmehr 
festgestellt),  in  Platten  aus  Stein  oder  Erz  die  Namen  an- 
bringen zu  lassen  I    Eine  Wiederherstellung  der  Monumente 
wäre  ganz  unnötig  und  würde  nicht  nur  den  freien  Durch- 
gang stören,  sondern   auch   die   herrliche  Perspektive  und 
den    bewunderungswürdigen    Aufbau    des    Domes    beein- 
trächtigen. 

Dazu  kommt  noch,  dass  in  diesem  Falle  die  technischen 
Verhältnisse  sehr  günstig  liegen,  wie  am  Ende  der  Arbeit 
ausführlich  gezeigt  werden  soll. 

Dass  die  geschäftige  Fama  die  Greuelthat  von  1689, 
deren  sich  die  Franzosen  alsbald  schämten,  noch  durch 
Übertreibung  ins  Ungemessene  steigern  werde,  war  zu 
erwarten. 

Das  seltene  Büchlein:  »Wahrhafftige  und  umständliche 
Geschichtserzählung«  etc.,  herausgegeben  »den  16.  Heu 
mondes  1689«  wahrscheinlich  in  Speyer,  sagt:  »Die  ver- 
fluchten Mordbrenner  haben  nicht  allein  die  kayserliche 
und  königliche  Gräber  geschändet  und  geraubt,  darinnen 
sie  zween  Silbersärke  und  in  dem  einen  ein  güldenes 
Kästlein  gefunden,  sondern  auch  viele  andere  Gräber 
eröffnet.« 

Der  »Französische  Attila«  von  1690  weiss  schon  anzu- 
geben, die  Franzosen  seien  im  Besitze  eines  Zauberspiegels 
gewesen,  der  ihnen  alle  Schätze  gezeigt  habe. 


Kaisergräber  in  Speyer.  ajj 

Der  Pseudonyme  Verfasser  des  Büchleins  »Die  bedrückte, 
erquickte  und  beglückte  Rheinpfalz«  von  1691  versichert 
in  der  Einleitung:  »Lieber  mochte  ich  aus  Wehmut  nach 
dem  Schnupftuch  greiffen,  die  schmerzliche  Trauerthräne 
abzutrückeln,  als  nach  der  ohn  glückseligen  Schreibfeder« 
und  berichtet,  die  Leichenräuber  hätten  die  Särge  eröffnet 
und  die  Leichname  geschändet  und  unbestattet  liegen 
lassen,  um  dann  seiner  Entrüstung  in  Versen  Ausdruck 
zu  geben: 

»Gott,  wann  wird  ein  Ende  werden 
Solcher  Schand-  und  Lasterthaten, 
Lass  die  MaulwurflF  nicht  zur  Erden, 
Die  verdammten  Höllenbraten!«  u.  s.  w. 

Schon  neun  Jahre  später  hat  sich  die  Tradition  gebildet, 
der  das  Theatrum  Europaeum  Ausdruck  giebt,  die  Leich- 
name »verschiedener  vornehmer  Leute«  seien  »wie  ver- 
recktes Vieh  ausgegraben  und  den  Hunden  zum  Fressen 
vorgeworfen  wordene.  Spätere  Berichte  lassen  die  Plün- 
derer  die  Überreste  der  Herrscher  in  die  Wogen  des 
Rheinstroms  streuen  oder  gar  mit  den  Häuptern  Kegel 
spielen. 

Lange  wagte  man  keine  Wiederherstellung  des  Domes, 
da  man  die  Rückkehr  der  Feinde  befürchten  musste.  Not- 
dürftig wurden  die  Chöre  für  den  Gottesdienst  eingerichtet 
und  durch  eine  Quermauer  abgeschlossen.  Mitten  im 
Dome  erhob  sich  an  der  Stätte  des  Brandes  eine  förmliche 
Wildnis  1).  Was  die  Kaisergräber  betrifft,  so  begnügte 
man  sich  leider  damit,  die  Stätte  des  ungeheuerlichen 
Frevels,  die  nach  Sühne  formlich  schrie,  fein  säuberlich 
mit  Platten  zu  decken.  Damals  wurde  ein  Teil  der  Bischofs- 
gräber eröffnet,  und  in  der  Stadt  scheint,  wie  nachmals  bei 
den  Bauten  in  den  siebziger  Jahren  des  vorigen  Jahr- 
hunderts, das  Gerücht  verbreitet  gewesen  zu  sein,  man 
decke  auch  die  Kaisergräber  auf. 

Wirklich  kam  es  1739  zu  einer  Eröffnung,  die  aber 
bedauerlicher  Weise  ohne  Befragen  des  in  Bruchsal  weilen- 
den Bischöfe,  des  Kardinals  Hugo  Damian  von  Schönbom, 
vom  Domkapitel  gestattet  wurde  und  deshalb  gänzlich  unvor- 


')  Bmchsftl  Gen.  265.     Karlsruhe. 

28' 


4l8  Praun. 

bereitet  und  fast  verstohlen  vorgenommen  wurde.  Da  nur 
ein  Grab  völlig  eröffnet  wurde,  während  z.  B.  die  Salier- 
reihe gänzlich  unberührt  blieb,  ist  die  Eröffnung  als  un- 
genügend zu  bezeichnen;  immerhin  hatte  sie  interessante 
Ergebnisse. 

Den  bisher  benützten  Berichten  des  Augenzeugen  Litzel 
in  seinem  wiederholt  erwähnten  Büchlein  und  des  bischof- 
lichen Baumeisters  Geiger,  der  im  Auftrage  des  Kapitels 
die  Ausgrabung  leitete '),  vermag  ich  einen  ganz  unbekannt 
gebliebenen  ausführlichen  Bericht  eines  dritten  Augenzeugen 
beizufügen,  des  gleich  Litzel  um  die  Speyerer  Geschichts- 
forschung hochverdienten  Syndikus  Baur,  den  ich  in  der 
Hofbibliothek  Darmstadt  im  4.  Hefte  der  »Marburger  Bei- 
träge zur  Gelehrsamkeit«  von  1750  fand;  das  Buch  ist  sehr 
selten.  Bisher  kannte  man  nur  seinen  kurzen  Bericht  an 
den  Stadtrat,  der  sich  noch  im  Speyerer  Stadtarchiv 
befindet*).  Desgleichen  fanden  sich  unter  den  bisher  nie 
benützten  Notae  historicae  des  bischoflichen  Archivars 
Johann  Marsilius  Kuhn*)  genaue  Aufzeichnungen  über  diese 
Eröffnung,  die,  offenbar  bald  nach  dem  Vorgange  ent- 
standen, schon  durch  ihre  Genauigkeit  den  Eindruck  voller 
Glaubwürdigkeit  hervorrufen.  Zwar  war  Kuhn,  wie  es 
scheint,  nicht  Augenzeuge  der  Eröffnung,  doch  bemühte  er 
sich  offenbar,  über  den  Vorgang,  dessen  Bedeutung  er 
erkannte,  volle  Aufklärung  zu  erlangen;  manche  Einzel- 
heiten sind  nur  durch  ihn  überliefert,  so  dass  auch  seine 
Angaben  als  dankenswerter  Beitrag  zu  Kenntnis  jener 
denkwürdigen  Episode  zu  bezeichnen  sind. 

Die  Veranlassung  der  Eröffnung  war  folgende:  Kaiser 
Karl  VI.,  der  letzte  seines  Stammes,  empfand  begreiflicher 
Weise  lebhaftes  Interesse  für  den  ersten  seines  Geschlechtes, 
seinen  erlauchten  Stammvater  Rudolf,  ebenso  der  Reichs- 
hofratspräsident  Graf  Wurmbrand.  HofkammerrÄ  Spengler 
von  Löwenfeld,  der  ohnehin  eine  diplomatische  Mission  an 
den  Rhein  hatte,  besuchte  in  dieser  Angelegenheit  Speyer, 
übertrug   aber   wegen   anderer   Geschäfte   seine  Vollmacht 

^)  Mit  einer  Anzahl  anderer  wichtiger  Aktenstücke  aus  Gen.  265  im 
badischen  Generallandesarchive  abgedruckt  bei  Fröhlich,  S.  29  ff.  — 
'-)  Citiert  bei  Remling,  Geschichte  der  Bischöfe  von  Speyer  II,  S.  659.  - 
3)  Vgl.  Praun  in  d.  Mitt.  d.  hist.  Vereins  der  Pfalz  1899. 


KtiMtgiSber  in  Speyvr. 


4IQ 


kaiserlichen  Notarius  Pelikan  daselbst.  Dies  war  auch. 
I  es  scheint,  der  Vertrauensmann,  der  dem  österreichi- 
ten  Hofhistoriographen  Marquard  Herrgott  für  sein  im 
Berlicben  Auftrage  herausgegebenes  Prachtwerk  Tapho- 
fihia  prlncipiira ')  Auskunft  liefern  sollte ,  nachdem  die 
Zuverlässigkeit  des  Fugger'schen  Ehrenspiegels  deutlich 
innt  war. 

Der   Bitte  des    Hofkammerrats   Spengler   vom    2.  Juli 

•fif    entsprach    das  Domkapitel    am    20.  Juli    und    befahl 

Collector  Geiger,   ihm   oder  seinem  Bevollmächtigten 

jer  »verlangten  eröffnung  und  einGicht*  an  die  Hand  zu 

len. 

Aber  niemand  in  Speyer  wusste  mehr,   wo   die  Grab- 

tte  eigentUch  zu  suchen  sei;  so  sehr  war  seit   i68g  jede 

tdition  untergegangen.     Eine  greise  Französin,  Madame 

Veau,   glaubte   sich  entsinnen   zu   können,  der  Eingang 

Grabgewölbe   (ein   solches   nahm   man   nach   Fugger 

mein  an)  sei  von  der  grossen  Krypta    aus.     Dienstag 

iS.  Juli  versuchte  man  hier   durchzubrechen    und   traf 

zehn  Fiiss  langes,  ganz   leeres  Gewölbe   an;   nochmals 

Ich  man  gegen  den  Kreuzchor  durch  eine  dicke  Mauer, 

»auf  man  endgiltig  den  Versuch  aufgab,  von  der  Krypta 

KU    den  Gräbern    zu    gelangen.     Deshalb    begab    man 

auf  den  Königschor  und  öffnete  die  Platten  unmittel- 

neben   dem    Kreuzaltar,   in   der  Hoffnung,   hier   einen 

ufteingang  zu  finden.     Da  traf  die  Auskunft  des   hoch- 

agten  Amimanns  Schunck  von  Oberöwisheim  ein,   dass 

sich    nicht    um    eine    Gruft,  sondern    um    Einzelgräber 

idle. 

Am  2tf.  Juli  wurden  durch  Vermittlung  des  Dom- 
pitel'schen  Bevollmächtigten,  des  verstandigen  Dom- 
Btos  von  Zurhein,  auch  der  Ratskonsulent  und  Syndikus 
hard  Christoph  Baur  und  Konrektor  Litzel  bcige^ogen. 
Seses  schätze  ich,*  sagt  letzterer,  'Rir  ein  grosses  Stück 
iner  zeitlichen  Glückseligkeit,  dass  meine  Augen  den 
neren  Verlauff  der  Sachen  haben  beschauen,  und  meine 

■]  Auf  nicht  wenif^r  all  1 1 J  T&fela  tind  hier  die  GtkbaUltun  der  Habs. 
|n  XtÜ»   «rüffnet    KiU   uneiAITnet    abgebililel,    nur  Speyer,    lUs    doch    die 
der  beiden  enten  regietenden  HsUsburg':!  enthUl,  fehlt. 


420 


Praun. 


Hände  die  geheiligten  Gebeine  so  grosser  Personen  mit 
tieffster  Ehrerbietigkeit  haben  anrühren  können.^  Man 
fand  nun  einen  schwarzen  Deckstein  ohne  Inschrift  (die 
Inschrift  hatte  sich  ja  aussen  auf  den  1689  zerstörten 
Sarkophagen  befunden)  zerschlagen  und  überzwerch  liegend, 
verfaultes  Tannenholz  von  einem  Sarge,  eine  eiserne  Kette 
von  1^/2  Fuss  Lange,  einen  abgebrochenen  Degen,  dessen 
Griff  offenbar  1689  geraubt  war,  imd  in  einer  Tiefe  von 
8  Fuss  verstörte  Gebeine,  welche  zu  zwei  Körpern  gehörten. 
Da  förderte  die  Schaufel  eines  Arbeiters  einen  Schädel  zu 
Tage;  Litzel  ergriff  ihn  mit  den  Worten:  »Diesen  Kopf 
kenne  ich,  er  gehört  dem  Kaiser  Albrecht,  und  diesen  Hieb 
hat  ihm  der  von  Palm  gegeben!«  Der  Hieb  oberhalb  des 
rechten  Auges,  der  die  Hirnschale  völlig  durchschnitten 
hatte  und  aussen  21/,,  innen  fast  i  Zoll  lang  war,  war 
nach  Geigers  und  Kuhns  Berichten  »schermesserscharf«. 

Der  zweite  Leichnam,  dessen  Haupt  fehlte,  ist  höchst 
wahrscheinlich  der  der  Beatrix ;  die  Gebeine  hatten  geringere 
Stärke  und  Grösse  und  unterschieden  sich  durch  ihre 
dunkelbraune  Farbe  scharf  von  den  gelben  Gebeinen 
Albrechts.  Sollte  freilich  der  Leichnam  der  Beatrix  1309 
in  die  Krypta  transferiert  worden  sein,  so  müsste  man  an- 
nehmen, die  Plünderer  hätten  aus  irgend  einem  anderen 
Grabe  einen  Leichnam  herausgerissen  und  geplündert  und 
ihn  sodann  ohne  Haupt  wieder  hineingeworfen.  Eine  Ent- 
scheidung könnte  natürlich  erst  die  Besichtigung  der  übrigen 
Gräber  ergeben. 

Noch  ehe  man  den    schwarzen  Marmorstein  Albrechts 
zu  Tage  gefordert  hatte,    hatte  man  auch  auf  der  rechten 
Seite,    also    gegen  Süden,    eine    zweite    Öffnung    gemachikt 
und  daselbst   in    gleicher  Tiefe   ein   völlig   unbeschädigt^ss 
Grab    aus  Steinplatten,    6  Fuss    i    Zoll   lang    und    i    Fa^ss 
10  Zoll  breit,  gefunden,   das  mit  einem  grossen  Sandstek.  "H 
ebenfalls  ohne  Überschrift,    zugedeckt   war.     Nach   dess^^^ 

Abwälzung  fand  sich  ein  altertümlicher  Bleisarg  (»wie  nc li 

Händen  geformt«  berichtet  Baur  dem  Stadtrat),  der  r^  ^ 
Grab  gerade  ausfüllte.  Da  dieses  1689  offenbar  unverle  ti 
geblieben  war,  gestattete  von  Zurhein  ohne  vorherige  Y  i^ 
mächtigung  die  Eröffnung  nicht,  sondern  liess  den  Gr^^b 
stein  wieder  auflegen  und  das  Grab  vermauern.    Offentzruai 


Kaisergräber  in  Speyer.  a21 

handelt  es  sich  um  König  Philipps  Grabstätte.  Nach  Kuhns 
Aufzeichnungen  »fung  dieser  Bleisarg  an  gleich  zu  schwitzen, 
dass  die  hellen  Wassertropfen  darauf  standen.« 

Bedauerlicher  Weise  konnte  man  den  Zwischenraum 
rwischen  den  Grrabstätten  Albrechts  und  Philipps  nicht 
freilegen,  da  hier  ein  hoher  Schutthaufen  lag.  Weder 
Litzel  noch  Geiger  geben  die  räumliche  Entfernung  zwischen 
den  zwei  eröffneten  Gräbern  an,  was  doch  trotz  der  Schutt- 
masse leicht  geschehen  konnte;  es  ist  dies  deshalb  von 
grosster  Wichtigkeit,  weil  wir  aus  der  Grösse  des  Ab- 
standes  leicht  einen  Schluss  auf  die  Zahl  der  dazwischen 
liegenden  Gräber  ziehen  können.  Zum  Glück  hat  S)mdikus 
Baur  daran  gedacht. 

Schon  sein  kurzer  Bericht  an  den  Stadtrat  vom 
I.  August  1739.  den  Remling  im  Speyerer  Stadtarchive 
vorfand,  enthält  die  deutliche  Angabe,  dass  zwischen  den 
eröffneten  Grabstätten  Albrechts  und  Philipps  sich  nur 
ein  Grab  befand,  also  das  Rudolfs,  und  ebenso  seien  links 
(nordlich)  von  Albrechts  Grab  »anderweitige  rudera  ver- 
merket worden,  wo  Adolf  liegen  muss.«  Es  ist  sehr 
erfreulich  zu  sehen,  wie  auch  dieser  Bericht  bis  ins  Ein- 
zelne die  in  unseren  Ausführungen  angenommene  Reihen- 
folge bestätigt.  Noch  genauere  Angaben  bringt  Baurs 
Abhandlung  im  4.  Hefte  der  Marburger  Beiträge  für  1750, 
aus  der  uns  zwei  neue  Angaben  interessieren,  nämlich: 

1.  Dass  zwischen  den  beiden  eröffneten  Gräbern  nicht 
etwa  ein  weiter  Zwischenraum  war,  sondern  »ein  starker 
schritt«;  daraus  geht  mit  zwingender  Notwendigkeit  hervor, 
dass  sich  hier  nur  ein  Grab  befunden  haben  kann,  natürlich 
das  Rudolfs,  während  z.  B.  nach  Remlings  Theorie  sich 
zwischen  den  Gräbern  Albrechts  und  Philipps  nicht  weniger 
^Is  drei  Grabstätten  befinden,  nämlich  Adolfs,  Rudolfs  und 
des  Bischofs  Konrad. 

2.  Dass  auch  dieses  eine  Zwischengrab,  offenbar  des 
erlauchten  Rudolf  Grab,  »allem  Anscheine  nach  1689  durch- 
"^rühlt  worden  sei.« 

So  liegen  also,  wenn  nicht  die  Anzeichen  trügen,  bis 
^um  heutigen  Tage  die  Gebeine  Rudolfs,  des  all  verehrten, 
volkstümlichen  Herrschers,  des  erlauchten  Begründers  des 


422 


Praan. 


Habsburgischen  Kaiserhauses,  verstört  und  geschändet 
unter  dem  Estrich  des  Königschores. 

Wenn  wir  den  Umfang  der  Eröffnung  von  1739  über- 
blicken, so  ergfiebt  sich  sofort,  dass  sie  uns  über  die  Salier- 
gräber  der  ersten  Reihe  keine  Aufklärung  bringt,  deren 
eines  oder  anderes  leicht  ebenfalls  in  der  langen  Zeit  von 
1689  bis  1698  profaniert  worden  sein  kann,  zumal  wenn 
wir  an  den  Bericht  Hartards  denken.  Wir  müssen  unbedingt 
dem  zurückhaltenden  Urteile  Baurs  beistimmen,  wenn  er 
sagt:  Ob  ausser  Philipps  Grab  noch  einige  unversehrt 
geblieben  seien,  »ist  weder  zu  bejahen  noch  zu  verneinen, 
ehe  der  ganze  Bezirk  nach  seiner  Weite  und  Tiefe  um- 
graben ist.«  Er  reiht  hieran  die  Bitte  an  den  damaligen 
Bischof  von  Speyer,  Franz  Christoph  von  Hütten  zu  Stolzen- 
berg,  eine  Eröffnung  zu  gestatten,  mit  der  Versicherung, 
»dero  höchster  Name  werde  bei  der  Nachwelt,  insonderheit 
den  Gelehrten,  verherrlicht  werden,  wenn  Höchstdieselben 
gnädigst  geruhen  wollten,  die  Überbleibsel  der  königlichen 
Gräber  zu  Speyer  aufsuchen  und  nach  beschehener  Eröff- 
nung beschreiben  zu  lassen.« 

Bei  der  Wiederherstellung  des  Domes  in  den  siebziger 
Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  sollte  auch  die  kaiserliche 
Grabstätte  eine  würdige  Erneuerung  erfahren,  und  man 
wünschte  durch  Vermittlung  des  nach  Wien  entsendeten 
Kapitulars  Grafen  von  Walderndorff  von  Maria  Theresia 
und  Joseph  11.  eine  Beisteuer  zu  erhalten. 

Die  Unterhandlungen,  welche  vielfach  an  die^  Be- 
mühungen von  15 12  erinnern,  blieben  ohne  Erfolg.  Das 
Wiener  Ministerium  erhob  nach  dem  Studium  der  Akten 
hohe  Gegenforderungen;  besonders  beklagte  man  sich  über 
die  Einziehung  der  königlichen  Pfründen  auf  dem  St. 
Annenaltare,  weshalb  Walderndorff,  dem  es  höchst  un- 
behaglich zu  Mute  war,  flehentlich  um  seine  Abberufung  bat. 

Diese  merkwürdige  Korrespondenz  1),  welche  zum 
geringeren  Teile  auch  Fröhlich  benützte,  zeigt  in  über- 
raschender Weise ,  dass  ein  Zeitraum  von  nicht  ganz 
40  Jahren  genügt  hatte,  um  die  Anschauung  in  den  mass- 
gebenden Kreisen  völlig  zu  ändern.    In  dem  »promemoria«, 


*)  Ebenfalls   Bruchsal  Gen.  Fasz.   265.     Karlsruher  Archiv. 


Kütergriber  io  Speyer. 


4^3 


das  Waldomdorff  überreichen  sollte,  werden  die  Kaiser- 
gräber  das  herrlichste  Praerogativ  des  Domes  genannt  und 
•wird  förmlich  bedauert,  dass  die  Eröffnung  von  1731)  un- 
vollständig geblieben  sei;  denn  es  heisst  wörtlich:  >Im 
}ahre  1739  hat  man  auf  Veranlassung  weiland  Caroli  Sexti 
die  Gräber  eröffnet  und  untersuchet,  es  ist  aber  aus  Mangel 
genügsamen  Unterrichtes  nur  obenhin  geschehen«:  man 
habe  nun,  heisst  es  weiter,  die  erwünschte  Gelegenheil, 
•sothane  kaiserliche  Denkmale  genauer  zu  prüfen  und  die 
Gräber,  wne  sie  vor  dem  Brande  gewesen  sind,  wieder 
herstellen  zu  lassen.«  Da  nun  aber  über  dem  Boden  nicht 
die  geringste  Spur  mehr  vorhanden  war.  so  ist  in  diesem 
verschämten  Anerbieten  »neuerlicher  Prüfling«  das  Aner- 
hieten  der  GraberöfFnung  eingeschlossen.  Bezeichnend  ist 
auch  der  nächste  Satz,  der  sich  im  Zusammenhang  zunächst 
auf  die  Ausschmückung,  nicht  auf  die  Eröffnung  der  Gräber 
beziehen  soll:  »Bei  der  Nachkommenschaft  würde  es  ohn- 
verantwdrtlich  sein,  wenn  man  länger  an  sich  halten  und 
diesen  verehrungswürdigsten  Gegenstand  der  ganzen  Ver- 
gessenheit aussetzen  wollte;  es  ist  auch  wichtig  für  das 
Erzhaus  Österreich  und  wird  seinen  Ruhm  erhöhen.« 

In  dem  beiliegenden  Entwürfe  eines  Schreibens  —  es 
fct  wohl  das  Gutachten  Waldemdorffs  oder  eines  bischöf- 
lichen Archivars  —  findet  sich  auch  die  charakteristische 
Stelle:  »Sollte  die  Angelegenheit  (gemeint  ist  die  Unter- 
suchung und  der  Schmuck  der  Gräber)  wieder  mit  der 
nämlichen  Gleichgiltigkeit  tractirt  werden,  so... 
ist  es  bei  der  posteriorität  ohnverantwortlich.« 
Wir  haben  diesem  Urteile  von  so  kompetenter  Seite  kein 
Wort  beizufügen. 

Nach  FrÖhlichs  Angabe  wurde  damals  am  öster- 
reichischen Hofe  auch  der  Plan  erwogen,  die  Überreste 
Rudolfs  und  Albrechls  nach  Wien  schaffen  zu  lassen. 

Das  Jahr  1794  sah  die  Franzosen  wieder  in  den  Kaiser- 
dotn  eindringen.  Was  mit  Aufwand  ungeheurer  Summen 
soeben  neu  erstanden  war,  verfiel  der  wahnwitzigen  Ver- 
blendung der  Freiheitsverkünder  am  Seinestrande  und 
ihrer  fanatischen  Helfershelfer.  Wenigstens  blieben  dies- 
mal die  Kaisergräber  verschont,  wie  ausdrücklich  ver- 
sichert wird.     Da  jedoch  ein  so  unantastbarer    Zeuge    Mrie 


424 


PrauD. 


Geissei  angiebt,  er  selber  habe  im  Königschore  die  OflF- 
nungen  über  den  Gräbern  Rudolfs,  Albrechts  und  Adolfs 
gesehen,  so  haben  wir  anzunehmen,  dass  wenigstens  der 
Versuch  einer  Plünderung  unternommen  wurde. 

Ich  übergehe  die  Zeit  neuen  Schreckens,  in  der  nach 
dem  ruchlosen  Plane  des  Architekten  Henrion  in  Mainz 
der  Dom  auf  Abbruch  veräussert  und  die  Vorhalle  in 
einen  Triumphbogen  der  g^ande  nation  umge^vandelt 
werden  sollte.  Was  sich  an  Resten  der  deutschen  Herr- 
scher finde,  »solle  auf  dem  allgemeinen  Leichenacker  unter 
anderen  ehrlichen  Leuten  zur  Ruhe  gebracht  werden;  ihre 
Thaten  sollen  ihr  Totendenkmal  sein.U  Zum  Glück  durch- 
kreuzte Napoleon  selbst,  dessen  Statue  auf  der  Rotunde 
prangen  sollte,  den  abscheulichen  Plan,  der  auch  die 
Grabesruhe  der  Kaiser  bedrohte.  Josephine  sowohl  wie 
Marie  Luise  hatten  in  dieser  Angelegenheit  ihre  Vermitt- 
lung  zugesagt;  der  wirksamste  Vertreter  der  deutschen 
Interessen  war  jedoch  der  Verwalter  der  Diocese,  der 
durch  seinen  apostolischen  Freimut  ausgezeichnete  Bischof 
Colmar  von  Mainz. 

Vom  August  1813  bis  November  181 4  war  bekanntlich 
der  Dom,  die  Ruhestatt  acht  deutscher  Herrscher,  für 
120  fl.  als  Heumagazin  verpachtet;  nach  der  Leipziger 
Schlacht  als  Hospital  verwendet,  vernahm  der  Konigschor 
und  die  weiten  Hallen  das  Ächzen  der  Verwundeten,  das 
Röcheln  der  in  Menge  Dahinsterbenden. 

Das  Morgenrot  einer  besseren  Zeit  schien  heraufzu- 
ziehen, als  am  27.  Juni  1815  ^^^  hohen  Verbündeten,  Kaiser 
Franz  I.,  König  Friedrich  Wilhelm  III.  und  der  russische 
Kaiser  Alexander  den  Dom  und  die  Ruhestätten  der  Kaiser 
besuchten.  Damals  übergab  Alois  Schreiber  dem  Kaiser 
Franz  ein  Schriftchen  über  die  Kaisergräber,  dessen  Schluss- 
satz in  grossen  Buchstaben  lautete:  »Rudolf  von  Habs- 
burg und  Albrecht  von  Österreich  flehen  um  ein  ehren- 
volles Grab!« 

Acht  Tage  zuvor  hatte  Erzherzog  Johann  den  Dom 
besucht.  Nach  Geisseis  Angabe  fragte  er  den  ihn  geleiten- 
den Provikar  Günther  nach  der  Stelle  von  Rudolfe  Grab, 
und  dieser  konnte  antworten:  »Eben  in  diesem  Augenblicke 


Kaisergräber  in  Speyer.  4.25 

Stehen  Eure  Kaiserliche  Hoheit  auf  dem  Grabe  des  er- 
lauchten Ahnherrn.« 

Der  Fabrikrat  der  Domkirche  äusserte  damals  gegen 
den  Erzherzog  den  Wunsch,  »dass  die  Gräber  möchten 
untersucht  werden,  um  sich  teils  von  den  noch  vorhandenen 
Särgen  zu  überzeugen,  teils  eine  nähere  Kenntnis  über  die 
Beschaffenheit  der  kaiserlichen  Gräber  einzuholen.«  Der 
Erzherzog  sprach  seine  Zustimmung  aus,  aber  unbegreif- 
licher Weise  geschah  wieder  nichts.  Die  längst  inaugurierte 
Politik  der  versäumten  Gelegenheiten  wurde  auch  in  den 
nächsten  Jahren  fortgesetzt,  obgleich  man  sämtliche  Chöre 
neu  pflasterte! 

1816  besuchte  König  Maximilian  Joseph  die  Pfälzer 
Heimat  und  stattete  dabei  auch  den  Kaisergräbern  seinen 
Besuch  ab,  wobei  er  die  Wiederherstellung  des  Domes  in 
hochherziger  Weise  zusagte.  Die  äusserst  grosse  Anzahl 
hoher  Besuche  in  den  folgenden  vierzig  Jahren  verzeichnen 
die  schätzbaren  Werke  Remlings  »Neuere  Geschichte  der 
Bischöfe  von  Speyer«  und  »Bischof  von  Weis«.  1824  wurde 
das  Monument  Adolfs,  1843  das  Rudolfs  errichtet,  1858 
die  Kaiserstatuen  in  der  Vorhalle  aufgestellt,  eine  gross- 
artige Schenkung  Franz  Josephs. 

Hier  soll  konstatiert  werden,  dass  für  den  hochherzigen 
Entschluss  des  königlichen  Mäcenas,  gerade  den  Speyerer 
Dom  mit  Fresken  schmücken  zu  lassen,  keineswegs  bloss 
technische  Rücksichten  massgebend  waren,  sondern  auch 
des  Königs  Vorliebe  für  den  »Kaiserdom«.  Dieses  Aus- 
druckes bedient  sich  Ludwig  I.  häufig  in  seinen  Briefen 
an  Bischof  von  Weis. 

In  jenen  Jahren  bedauerte  ein  trotz  vieler  Irrtümer  im 
einzelnen  gediegenes  Referat  der  Deutschen  Vierteljahrs- 
schrift (1856,  I.  Heft),  dass  noch  immer  keine  Eröffnung 
stattgefunden  habe,  für  die  es  noch  keineswegs  zu  spät  sei. 

Und  es  fehlte  nicht  viel,  so  wäre  in  den  fünfziger 
Jahren  eine  solche  zustande  gekommen.  Nachdem  1854 
eine  Untersuchung  der  bischöflichen  Gräber  vor  der  Treppe 
zum  Königschor  stattgefunden  hatte,  wobei  man  den 
massiven  Sarg  Bischof  Gerhards  fand,  empfand  man  es 
ganz  mit  Recht  als  wünschenswert,  auch  die  Gräber  der 
deutschen  Herrscher  im  einzelnen  bezeichnet  zu  sehen.  König 


426  Praun. 

Ludwig  versprach  seine  wirksame  Vermittlung,  um  Kaiser 
Franz  Joseph  zu  einer  Beisteuer  für  die  Ghräber  seiner 
Ahnen  zu  gewinnen.  Der  Dombaumeister  Hübsch  bean- 
tragte würdige  Grabsteine,  und  zwar  flache  Platten  aus 
Erz  oder  Stein,  welche  die  Aussicht  nicht  beschränkten. 
Herr  von  Philippsberg,  der  österreichische  Gesandte  in 
Karlsruhe,  dem  das  Wiener  Ministerium  die  Instruktion 
der  Angelegenheit  übertragen  hatte,  stellte  den  Antrag, 
vorerst  eine  neue  Untersuchung  der  Kaisergräber  vorzu- 
nehmen, schon  damit  man  sich  überzeugen  könne,  an  welcher 
Stelle  die  Toten  ruhen,  und  ob  überhaupt  noch  etwas  von 
ihnen  vorhanden  sei.  Minister  Graf  Buol  unterstützte  die 
Vorschläge  beider  warm  bei  Kaiser  Franz  Joseph  und 
beantragte  auch  Wiederherstellung  des  Annenaltars  und 
der  königlichen  Pfründen.  Doch  auch  damals  scheiterte 
der  Plan  der  Grabeseröffnung*),  und  die  einzelnen  Gräber 

^)  König  Ludwig,  der  sich  sehr  für  die  Ausgrabungen  in  der  Münchener 
Frauenkirche  und  im  Bamberger  Dome  interessiert  hatte,  brachte  auch  diesem 
Plane,  wie  es  scheint,  lebhafte  Teilnahme  entgegen.  Leider  kam  damals  der  wich- 
tige Gesichtspunkt,  aus  Gründen  der  Pietät  den  Frevel  von  1689  zu  untersuchen 
und  zu  sühnen,  gar  nicht  zur  Geltung.     Offenbar  überschätzte  man  auch   die 
Schwere    des    Unternehmens,    welches,    umsichtig   vorbereitet,    keine    ausser- 
ordentliche Schwierigkeit  bereiten  würde.    Der  Platz  ist  ja  räumlich  in  Speyer 
ziemlich  bestimmt,  während  man  anderswo  oftmals  um  eines  recht  problema- 
tischen   Ergebnisses    halber    ganze   Kirchen    und    Unterkirchen    durchwühlte. 
Auch  die  bedeutende  Tiefe  könnte  doch  nicht  als  Hindernis  bezeichnet  werden. 
Wie  es  sich  1739  deutlich  ergab  (und  eigentlich  selbstverständlich  ist),  besteht 
die  Füllung  meist  aus   Schutt,    bis    man   zuletzt    auf   die  Steinplatten    stßsst, 
welche  in  ihrer  Umhüllung  das   eigentliche  Grab   bilden;    um    z.  B.  Phihpps 
Grab  völlig  freizulegen,  brauchte  man   1739,  nachdem  einmal  festgestellt  war, 
dass  es  sich    um  Einzelgräber,    nicht    um    eine  Gruft   handle,    trotz    der    un- 
geschulten Arbeiter  und    der    mangelnden  Vorbereitung   kaum    fünf  Stunden. 
Deshalb  dürfte  die  Arbeit  event.    mit  Benutzung    der  Nacht    in    sehr    kurzer 
Zeit   vorgenommen    werden    können,    wodurch    der  Gottesdienst    nicht    allzu 
grosse  Störung  erleiden  würde.     Ausserdem  fürchtete  man   1854   offenbar  für 
die  beiden  Monumente.     Abgesehen  davon,    dass  unsere  Technik  sicher  auch 
hier  Rat  weiss,  sind  ja  nach  den  Quellen  in  der  zweiten  Reihe  nur  vier  eng 
aneinander  stossende  Gräber  anzunehmen,  so  dass  bei  der  bedeutenden  Breite 
des  Chors  (an   14  m  innerhalb  der  Pfeiler)  jedenfalls   noch    ein  Stück   neben 
den  Monumenten  unberührt  bleiben  könnte.     Ein  Blick  in   die  Pläne  Mcyer- 
Schwartaus  zeigt  dies.   —    Der  oft  geltend  gemachte  Einwand,  die  plündernden 
Franzosen  hätten  die  Leichname  ja  doch  au.«  den  Gräbern  gerissen,    so    dass 
es   unnütz    sei,    nachzugraben,    wird    durch    den    Befund   von    1739   deutlich 
widerlegt. 


Kaisergräber  in  Speyer.  427 

der  grossen  deutschen  Herrscher  sind  bis  zum  heutigen 
Tage  in  dem  so  herrlich  wiedererstandenen  Kaiserdom 
gänzlich  unkenntlich  geblieben. 

Hiermit  schliessen  wir  die  Geschichte  der  kaiserlichen 
Grabstätten  ab.  Möge  in  10  oder  20  Jahren,  vielleicht  noch 
eher,  der  vielfach  verwickelten  Frage  ein  neues,  ergebnis- 
reiches Schlusskapitel  anzufügen  sein,  welches  die  Aufschrift 
führt:  »Augenschein  und  Befund«,  zur  endlichen  Sühne  des 
Frevels  von  1689,  zur  Ehrung  der  gewaltigen  Herrscher 
der  deutschen  Vorzeit! 


Sleidaniana. 

Von 

Alcuin  Hollaender. 


Bereits  früher  hatte  ich  aus  den  Strassburger  Rats- 
protokollen ergänzende  Mitteilungen  zu  einzelnen  in  den 
beiden  Büchern  meines  verehrten  Lehrers,  des  verewigten 
Professors  Hermann  Baumgarten  Ȇber  Sleidans  Leben 
und  Briefe«  und  »Sleidans  Briefwechsel«  enthaltenen  An- 
gaben gegeben  i),  welcher  bekanntlich  als  Abschluss  seiner 
Studien  über  den  berühmten  Historiker  der  Reformations- 
zeit seinen  Aufsatz  in  der  Allgemeinen  Deutschen  Biographie 
hinterlassen  hat  2). 

Nunmehr  habe  ich  zufälligerweise  in  den  »Annales  Sue- 
vici«  des  Martin  Crusius^)  verschiedene  höchst  bemerkens- 
werte Einträge  über  das  Leben  und  die  Persönlichkeit 
Sleidans  gefunden,  welche  Baumgarten  seinerzeit  entgangen 
zu  sein  scheinen. 

Martin  Crusius  wurde  am  19.  September  1526  zu 
Grebern  bei  Bamberg  geboren  *).    Er  machte  seine  Studien 


*)  Korrespondenzblatt  der  Westdeutschen  Zeitschrift  f.  Geschichte  und 
Kunst  VII,  7  und  Zeitschrift  f.  Geschichte  des  Oberrheins  N.F.  IV,  337  ff- 
—  ^)  Baumgartens  Auffassung  von  der  Persönlichkeit  und  der  Thätigkeit  des 
grossen  Historikers  der  Reformationszeit  sowie  von  dem  Werte  seiner 
Commentare  dürfte  auch  in  Zukunft  die  massgebende  bleiben  trotz  der  gegen* 
teiligen  Ausführungen  von  Janssen-Pastor  (Geschichte  des  deutschen  Volkes  7, 
287  ff.),  welche  hauptsächlich  durch  Wiedergabe  einzelner  aus  dem  Zusammen- 
hang gerissener  Sätze  der  Schriften  von  Kampschulte  und  Paur  die  Gliub- 
Würdigkeit  Sleidans,  »jenes  Meisters  in  der  Kunst  des  Verschweigens«,  wie 
sie  ihn  nennen,  zu  erschüttern  suchen.  —  •)  Dieselben  sind  1596  in  Frank- 
furt im  Druck  erschienen.  —  *)  Das  Leben  von  Crusius  wird  behandelt  in 
der  Einleitung,  welche  Joh.  Jacob  Moser  seiner  Übersetzung  der  »annales 
suevici«  (Frankfurt  1733)  vorausgeschickt  hat  und  von  Klüpfel  (ADB  4,  634). 


Sleidaniana.  ^20 

im  Gymnasium  zu  Ulm  und  seit  1545  im  Predigerkloster 
in  Strassburg,  wo  er  zwei  Jahr  studierte  i).  Am  16.  April 
1547  hielt  er  vor  grosserem  Zuhörerkreise  eine  Rede  über 
den  damals  geführten  deutschen  Krieg  in  griechischer 
Sprache.  Am  6.  Mai  verabschiedete  er  sich  von  seinen 
bisherigen  Lehrern  und  Studiengenossen  und  übernahm 
eine  Hofmeisterstelle  bei  zwei  thüringischen  Edelleuten, 
Philipp  und  Anton  von  Werthern,  im  Auftrage  ihres  älteren 
Bruders  Wolfgang,  welcher  nach  einer  längeren  Studien- 
reise, die  er  nach  Italien  unternommen  hatte,  in  den 
Jahren  1545 — 47  in  Strassburg  den  Unterricht  Johann 
Sturms  genoss«),  Antonius  war  etwas  jünger,  Philipp  ein 
Jahr  älter  als  Crusius.  Der  letztere  hielt  sich  in  Strass- 
burg bis  April  1554  auf,  zu  welchem  Zeitpunkt  er  nach 
Memmingen  übersiedelte,  um  das  Rektorat  der  dortigen 
Lateinschule  zu  übernehmen'). 

Von  1559  bis  1607,  seinem  Todesjahr,  wirkte  er  als 
Professor  der  gfriechischen  und  lateinischen  Sprache  an  der 
Universität  Tübingen.  Seine  »Annales  suevici«,  eine  Haupt- 
quelle für  die  schwäbische  Geschichte  im  16.  Jahrhundert, 
^thalten  für  die  Jahre  1545 — 1553,  in  welchen  er  fast 
ununterbrochen  in  Strassburg  lebte*),  über  Strassburger 
Verhältnisse  und  Persönlichkeiten  eine  grosse  Anzahl  höchst 
hemerkenswerter  Angaben,  welche,  obwohl  sie  auf  die 
Sfrosste  Zuverlässigkeit  Anspruch  machen  können,  bisher 
von  der  elsässischen  Geschichtschreibung,  mit  Ausnahme  von 
Rohrichs  elsässischer  Reformationsgeschichte,  völlig  über- 
sehen worden  sind*). 

*)  »Joh.  Sturms  Wunsch  entsprechend  waren  die  bisher  getrennten 
^dnicfaulen  Strassburgs  von  Ostern  1539  an  für  immer  in  dem  dazu  ein- 
t*"chteten  Predigerkloster  vereinigt;  aus  ihnen  wurde  eine  wohlgegliederte 
Scfanlaostalt  gebildet,  wekhe  in  ihren  Klassen  1544—46  regelmässig  die  Zahl 
'«»  600 Schülern  erreichtcc.  Veil,  Zum  Gedächtnis  Johannes  Sturms,  S.  70  flf.  — 
*)  ^  die  Brflder  von  Werthern  vgl.  Lippert  ADB  42,  1 19  flf.  —  »)  Annales 
•"«▼idni,  II,  664  u.  691.  Ungenau  ist  daher  die  Angabe  von  Moser,  dass 
^"^ns  erst  1551  die  Hofmeisterstelle  angenommen  habe.  —  *)  Sein  Auf- 
*°^t  bierselbst  Iftsit  sich  ausdrücklich  nachweisen  März  1549,  Oktober 
*5S0,  lowie  wahrend  der  Jahre  1552  und  1553  (vgl.  Annal.  III,  11,  672  ff.). 
■*  *)  So  führt  beispielsweise  Rud.  Reuss  »Zur  Geschichte  des  Grossen  Strass- 
^''S^  Freischietseos«,  S.  76  die  »annales  Suevici«  des  Martin  Crucius  (siel) 
""1  <len  Worten  an :  »Ich  kenne  diesen  Bericht  nur  durch  den  Hinweis,  den 
^  Reiiehandbndi  von  Zefller  enthält«. 


430 


Hollaender. 


Indem  ich  mich  diesmal  darauf  beschränke,  dasjenige 
zusammenzustellen,  was  wir  über  Sleidan  vorfinden,  behalte 
ich  mir  für  einen  späteren  Aufsatz  vor,  die  für  die  Ge- 
schichte Strassburgs  in  jenen  Jahren  in  Betracht  kommen- 
den Einträge  aus  Crusius  Werke  herauszuziehen  und  näher 
zu  beleuchten. 

In  seinem  Buche  Ȇber  Sleidans  Briefwechselc,  S.  46 
sagt  Baumgarten:  »Ob  das  Jahr  seiner  Geburt  richtiger 
von  Beuther  auf  1508  oder  von  allen  späteren  Biographen 
auf  1506  verlegt  werde,  vermag  ich  nicht  zu  sagen«  und 
demgemäss  schreibt  er  an  anderer  Stelle  i):  »Sleidan  wurde 
1506  oder  1508  geboren«.  Ich  glaube,  dass  wir  unbedenk- 
lich 1506  als  Geburtsjahr  annehmen  können.  Abgesehen 
davon,  dass  die  chronologischen  Angaben  Beuthers  durch- 
aus unzuverlässig  sind*),  berichtet  ebenso  wie  Pantaleon^) 
und  Reusner*)  auch  Crusius  bei  Erwähnung  von  Sleidans 
Tode  im  Jahre  1556,  dass  er  damals  50  Jahre  alt  ge- 
wesen sei»). 

Bei  Darlegung  des  Studienganges  von  Sleidan  bemerkt 
Baumgarten:  »Wann  er  sich  von  Köln  nach  Löwen  begab, 
wissen  wir  nicht.  Im  Frühling  1530  finden  wir  ihn  wieder  in 
Lüttich«.  Vielleicht  könnte  zu  näherer  chronologischer  Be- 
stimmung des  Aufenthalts  Sleidans  in  Löwen  folgende  An- 
gabe des  Crusius  dienen «) :  » Den  Anfang  seiner  Studien  machte 
Joh.  Sturm  in  seinem  Vaterland,  nachher  begab  er  sich  nach 
Leyden  und  1524  nach  Löwen,  wo  er  noch  drei  Jahre 
studierte  und  zwei  lehrte.  Seine  Studiengenossen  waren 
der  Historiker  Johann  Sleidan,  Günther  von  Andernach, 
Bartholomäus  Latomus'),  Andreas  Vesalius  und  Jacobus 
Omphalius.     1529  ging  er  nach  Paris«. 

')  ADB  34,  454  ff.  —  ')  So  lässt  er  beispielsweise  die  Ehe  Sleidans 
falschlich  neun  Jahre  dauern,  während  derselbe  in  der  That  nur  sieben  Jahre 
(von  1546 — 1553)  verheiratet  gewesen  ist.  —  ^)  Prosopographia,  S.  392.  — 
*)  Icones,  S.  206.  —  *)  III,  12,  698:  »Obiit  (seil.  1556)  anno  aetatis  50*. 
Übrigens  setzt  auch  Schadäus,  der  sonst  fast  ganz  von  Beuther  abhängig  ist, 
seine  Geburt  in  das  Jahr  1506  mit  dem  ausdrücklichen  Zusätze  »im  nächsten 
Jahre  vor  Johanne  Sturmio«  und  bemerkt  zu  seinem  Tode:  »er  starb,  als  er 
das  50.  Jahr  seines  Alters  erreicht«.  Dass  der  ursprüngliche  Name  Sleidaus 
»Johannes  Philippi*:  gewesen  ist,  hat  J.  O.  Müller  »Aus  den  Eifelbergens 
Langenberg  1887,  S.  59  nachgewiesen.  —  *')  III,  9,  532.  —  ^  Über  diesen 
geschätzten    und    einflussreichen  Philologen    vgl.  Varrentrapp,    Hermann    von 


Sleidaniana. 


431 


Eine  höchst  anschauliche  Schilderung  von  der  Persön- 
lichkeit und  dem  Verkehre  Sleidans  entwirft  uns  Crusius 
ni  seinem  Berichte  von  einem  Gastmahle,  an  dem  der 
Strassburger  Historiker  teilgenommen  hat*): 

»Am  10.  Oktober  1550  speisten  in  Strassburg  mit 
meinen  Herrn  von  Werthern  2)  folgende  hervorragende 
Männer:  Dr.  Caspar  Hedio^),  M.  Ludovicus  Rabus*)  und 
der  Geschichtschreiber  Joh.  Sleidan.  Eingeladen  war  auch 
der  aus  Pforzheim  stammende  Dr.  Nicolaus  Gerbelius  ß),  der 
aber  wegen  heftiger  Podagraschmerzen  am  Erscheinen 
verhindert  war.  Dabei  drehte  sich  denn  die  Unterhaltung 
um  die  verschiedensten  Vorkommnisse  jener  Tage.  Be- 
sonders äusserte  Sleidan,  dass  die  Magdeburger  in  der 
ihnen  vom  Herzoge  von  Meklenburg  am  22.  September 
gelieferten  Schlacht  ungefähr  2000  Mann  eingebüsst  hätten«), 
sodann  dass  Melanchthon  sich  gar  zu  furchtsam  benehme,  in- 
dem er  in  der  Lehre  von  den  »Adiaphorist  den  Päpstlichen 
allzuviel  nachgäbe.  Daher  schiene  es,  als  ob  Sleidan  mehr 
als  zu  Melanchthon  zu  dessen  damals  in  Magdeburg  sich 
aufhaltendem  Gegner,   M.  Flacius  Illyricus  hinneige'').     Er 


Wied,  S.  200,   und  über  sein  Verhältnis  zu  Sleidan:    Baumgarten  (81.  Brief- 
wechsel, S.  XVII). 

')  III,  II,  676,  —  *)  Über  diese  siehe  oben  S.  429.  —  •)  Sleidan  nennt 
diesen  hervorragenden  Theologen,  den  Mitbegründer  der  Reformation  in 
Strassburg,  bei  der  Nachricht  von  seinem  Tode  (17.  Okt.  1552)  «praecipuus 
tunc  Argentinensis  ecclesiae  minister«  (Briefwechsel,  S.  157).  —  *)  Der  in 
Memmingen  gebürtige  lutherische  Theologe  Lud.  Rabus  (1524— 1592)  wurde 
1548  an  Stelle  von  Zell  Münsterprediger.  Auch  er  war  ein  ausgesprochener 
Gegner  des  Interims,  welches  er  heftig  bekämpfte  (Crusius  III,  11,  666).  — 
')  Der  1560  in  Strassburg  gestorbene  Jurist  und  Historiker  war  ebenfalls  ein 
eifriger  Lutheraner.  Sleidan  lobt  ihn  in  einem  Schreiben  aus  dem  Jahre  1555 
als  >iDsigniter  doctus«  und  teilt  einen  poetischen  Ausspruch  Gerbeis  über  sein 
Geschichtswerk  mit  (Briefwechsel,  S.  281).  —  *)  Eine  ausführliche  Schil- 
derung dieses  Kampfes  giebt  Sleidan,  comment.  22,  213,  wobei  er  aber 
bemerkt,  dass  nach  dem  Ausschreiben  der  Magdeburger  vom  1.  Oktober  die 
Zahl  ihrer  Toten  nicht  mehr  als  200  betragen  habe.  —  ')  Sleidans  Dar- 
stellung des  Streites  zwischen  den  beiden  Theologen  (comm.  21,  165)  ist 
durchaus  objektiv  gehalten.  Im  übrigen  zeigt  sich  Sleidan  in  seinen  Schriften 
als  entschiedener  Verehrer  und  Anhanger  Luthers  (Paur,  Joh.  Sleidans 
Commentare,  S.  51).  Wie  Baumgarten  (Sleidans  Briefwechsel  XXV)  bemerkt, 
äusserte  sich  Melanchthon  1555  ziemlich  ungünstig  über  Sleidans  Geschichts- 
werk  und  schrieb  a.  a.  darüber:  »Multa  narrat  quae  malim  obruta  esse 
Zeiuchr.  f.  Gesch.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  3.  29 


A^2  Hollaender. 

bemerkte  ferner,  dass  Nicolaus  Gallus*)  eindrucksvoll  und 
zugleich  schon  schreibe.  Überhaupt  lebten  wir  in  einem 
sehr  gelehrten  Zeitalter*).  Sleidan  war  ein  hoch- 
gewachsener und  dabei  wohlbeleibter  Mann,  eine 
männliche  Erscheinung  mit  gesunder  Gesichts- 
farbe, aber  auf  dem  einen,  und  zwar  dem  linken 
Auge  blind;  Indem  er  Würde,  Herzlichkeit  und 
Freundlichkeit  vereinigte,  war  er  eine  in  jeder 
Beziehung  verehrungswürdige  Erscheinung«*). 

An  dieser  Stelle  möchte  ich  noch  auf  eine  Bemerkung 
von  Johann  Sturm  aus  dem  Jahre  1571  hinweisen,  der  die 
musikalische   Begabung  Sleidans  nicht   genug   zu  rühmen 

weiss*). 

Was  Crusius  über  die  Ankunft  Sleidans  in  Trient 
berichtet  J^),  stimmt  wörtlich  mit  den  Commentaren  (23,  287) 
überein  mit  Ausnahme  der  sonst  nirgends  erwähnten  That- 


aeterno  silentio^.  Auch  sonst  wird  die  Abneigung  Melanchthons  gegen 
Sleidan  hervorgehoben  (Moller,  disputatio  circularis  etc.  1697.  S.  10).  Über 
den  unerschrockenen  und  überzeugungstreueu  Theologen  Fladus  vgl.  meinen 
Aufsatz  in  der  Zeitschrift  f.  Geschichtswissenschaft  (1897  S.  204). 

*)  Derselbe  gab   1548  infolge  des  Interims  sein  Pfarramt  in  Regensburg 
auf   und    wirkte    in    dem    belagerten  Magdeburg    neben  Flacius.  —  *)  Einen 
ähnlichen  Ausspruch    Sleidans    erwähnt  Baumgarten  (Sleidans  Leben,    S.  54K 
—  3)  »Erat  Sleidanus  salis  procerus  et    corpulentus    vir,    facie    virili    et   boni 
coloris,    sed  trtpoqpt^aXfto^,    luscus:    dextro  tantum    oculo    cernens.     Graviuis 
in  eo,    humanitate  et    affabilitate    mixta.     Omnino    venerabili    aspectu«.     Von 
den  vielen  auf  der  Strassburger  Landes-  und  Universitätsbibliothek  vorhandenen 
Bildern  Sleidans  zeigt  ihn  die  bei    weitem    grösste  Anzahl    auf   dem    rechten 
Auge  blind;    daneben  kommen  freilich    auch  einige  vor,    welche  ihn  auf  dem 
rechten  Auge,    einige    auch,    die    ihn    auf    beiden    Augen    sehend    erscheinen 
lassen.     Moller,     übrigens    der    einzige    mir    bekannte    Autor,    der    über   die 
Körpergestalt  Sleidans  etwas  berichtet,    erwähnt  (a.  a.  O.  S.  4)   die  Blindheit 
des  rechten  Auges,    jedenfalls  nach  den   ihm  vorliegenden  Bildern.  —  *}  "In 
musicis  exercitationibus,    velim  nos  posse    ex    sepulchro    evocare    Melchiorem 
Volmarum  et  Joannem  Sleidanum,    quorum    uterque    suavissime    cecinit;    »ed 
adhuc  senem  habemus  septuagenarium,  medicum  Joannem  Andernacum:  opinor 
enim  cygneam  illius  vocem   nondum  senectam  debilitasse  (Foumier    et  Engel, 
Gymnase,    Academie    et   Univcrsit6    de    Strasbourg    a.    a    O.    S.     17 1).     Eine 
andere  Erwähnung  Sleidans  finden  wir  ebenfalls  bei  Fournier  a.  a.  O.  S.  44 
in    einem    Briefe  Johann  Sturms    an   Camerarius    vom    9.  Oktober    1542.  — 
••)  III,   II,  680. 


Sleidauiana. 


433 


Sache,  dass  er  von  dem  in  Ulm  gebürtigen  Matthäus  Nege- 
linus  begleitet  gewesen  sei'). 

Über  den  Tod  von  Sleidans  Frau  berichtet  Baumgarten 
kurz,  dass  dieselbe  im  Sommer  1553  ihm  entrissen  worden 
sei,  und  zwar  folgert  er  dieses  Datum  im  Gegensatze  zu 
Beuther  und  Schadäus,  die  das  Jahr  1555  angeben,  aus 
einer  Stelle  im  Diarium  des  Dr.  Marbach*).  Genaueres 
über  den  schweren  Schicksalsschlag,  der  Sleidan  betroffen 
und  den  er  nie  hat  verwinden  können 3),  erfahren  wir  aus 
Crusius  schlichten  Worten*): 

»Den  15.  Mai  1553  wurde  Sleidan  ein  Töchterlein, 
Namens  Jola,  getauft.  Am  21.  Mai,  dem  Pfingstfeiertage, 
begleiteten  wir  die  im  Kindbett  gestorbene,  sehr  schöne 
(formosissimam)  Mutter  dieses  Kindleins,  die  denselben 
Namen  führte,  zum  Begräbnis  auf  den  Kirchhof  St.  Gallen. 
Sie  stammte  aus  Metz  und  war  die  Tochter  eines  gewissen 
Doctors  Johannes«»). 

Am  9.  Juli  1553  kam  es  zwischen  dem  Markgrafen 
Albrecht  Alcibiades  und  dem  Kurfürsten  Moritz  von 
Sachsen  zu  jener  Schlacht,  in  welcher  der  letztere  tödlich 
verwundet  wurde.  Schon  am  15.  Juli  wurde,  nach  Crusius«), 
die  Nachricht  von  dieser  Begebenheit  durch  einen  eigens 
nach  Frankreich  abgesendeten  Kurier  nach  Strassburg 
gebracht.  Am  16.  August  schrieb  der  Rektor  Georg 
Fabricius')  aus  Meissen  an  seinen  damals  in  Strassburg 
studierenden    Bruder   Jakob:    »Weil    ich    die    Böhmischen 


^)  Derselbe  war  1549  mit  Bucer  und  Fagius  nach  England  gegangen, 
von  wo  er  nach  des  letzteren  Tode  nach  Strassburg  zurückkehrte,  um  hier 
viele  Jahre  hindurch  als  Prediger  an  der  Wilhelmer  Kirche  zu  wirken  (Crusius 
III,  II,  673).  —  *)  Baumgarten,  Sleidans  Leben,  S.  92.  —  *j  »Uxoris 
memoria  sie  me  afficit,  quum  ülias  aspicio,  ut  vita  mihi  sit  minime  iucunda« 
(Baumgarten,  8leid.  Briefwechsel,  S.  288).  —  *)  III,  11,  688.  —  »)  Johann 
von  Nidbruck,  gewöhnlich  Hans  von  Metz  genannt,  auch  Dr.  Bruno.  — 
*"')  III,  II,  688.  —  ^)  Dieser  ausgezeichnete  in  Chemnitz  geborene  Schul- 
mann, »der  das  sächsische  Schulwesen  im  16.  Jahrhundert  zu  mustergiltiger 
Bedeutung  erhoben  hatc,  hatte  1539  den  jungen  Wolfgang  von  Werthem 
nach  Italien  begleitet  und  war  1544  mit  dessen  beiden  jüngeren  Brüdern 
nach  Strassburg  gegangen,  von  wo  er  1546  nach  Meissen  berufen  Mrurde. 
Georgs  jüngerer  Bruder  Blasius  in  Pforta,  Strassburg  und  Meissen  gebildet, 
dann  neben  Joh.  Sturm  als  Lehrer  thätig,  wurde  Rektor  in  Buchs  weiter,  ein 
anderer  Bruder,  Jakob,  nahm  zuletzt  dieselbe  Stellung  in  Halle  ein  (ADB  6, 
510  ff.). 

29* 


434 


Uollaender. 


Sachen  unserm  Sleidan  zuschicke,  welche  ihm  Rihelius*) 
einhändigen  wird,  habe  ich  auch  von  der  im  Hildesheimischen 
gelieferten  Schlacht  eine  aus  dem  Lager  geschriebene  und 
an  dem  Hofe  verbesserte  Erzählung  beifugen  wollen*).« 
In  seinem  Briefe  fahrt  er  u.  a.  eine  Reihe  von  Wunder- 
zeichen an,  die  sich  vor  dem  Kampfe  ereignet  hätten.  Es 
zeigt  sich  hier  eine  grosse  Übereinstimmung  mit  dem 
Berichte  Sleidans  in  seinen  Commentaren^),  der  aber  hier 
als  Quelle,  wie  er  ausdrücklich  erwähnt,  die  in  Leipzig 
gehaltene  Leichenrede  des  Joachim  Camerarius  benutzt  hat 

Auch  ein  zweiter  Brief  desselben  Gelehrten  an  seinen 
Bruder  Blasius,  in  welchem  jener  zu  dem  Datum  »17.  Augusti« 
hinzufügt:  »zwischen  sieben  und  achten  auf  den  abendi, 
um  welche  zeit  ein  gross  erdbidem,  dass  mir  die  bücher 
und  Schreibzeug  auf  dem  tisch  umbgefallen  gewest«<), 
scheint  Sleidan  vorgelegen  zu  haben,  denn  er  berichtet: 
»Am  17.  August  fand  in  Meissen  ein  starkes  Erdbeben 
statt«  5). 

Schon  Baumgarten  hat  mit  Recht  dasjenige,  was 
Beuther  und  nach  ihm  Schadäus  über  Krankheit  und  Tod 
Sleidans  berichten,  in  das  Reich  der  Fabel  verwiesen  und 
schreibt  über  die  letzten  Tage  des  Geschichtschreibers 
lediglich:  »Bereits  im  August  1556  erkrankte  er  am  Fieber; 
am  31.  Oktober  wurde  er  von  einem  Leben  befreit,  dessen 
letzte  Jahre  ihm  fast  nichts  gebracht  hatten  als  Kummer 
und  Sorgens. 

Nun  lässt  Crusius«),  und  zwar  in  Übereinstimmung  mit 
Reusner  und  Pantaleon')  den  Tod  Sleidans  »morbo  epidemio:, 
also  an  einer  pestartigen  Krankheit  erfolgt  sein. 

In  den  Strassburger  Ratsprotokollen  vom  28  September 
1556  finde  ich  folgenden  Eintrag:  »Amptmann  und  rat  zu 
Baden  schreiben,  dass  sye  aus  Ursachen  ires  ankommenden 


^)  Der  Verleger  der  Commentare  Sleidans.  —  *)  Hiermit  wire  also 
neben  den  von  Paur  (a.  a.  O.  S.  23)  aufgeführten  Männern,  die  Sleidan  bei 
Abfassung  seines  Geschichtswerks  durch  briefliche  Mitteilungen  unterstützten, 
auch  Georg  Fabricius  zu  nennen  gewesen.  —  ')  Comment.  25,  427.  Wie 
übrigens  Paur  (a.  a.  O.  S.  50)  die  Ansicht  aussprechen  konnte,  dass  Sleidan 
die  Wahrheit  dieser  Wunderzeichen  bezeuge,  ist  mir  unerfindlich.  — 
*)  Ciusius  IIJ,  II,  688.  —  *)  Comment.  25,  429.  —  ^)  III,  12,  698.  — 
■')  Pantaleon  a.  a.  O.  S.  392  schreibt:  »morbo  epidemico  passim  oborto«. 


Sleidaniana. 


435 


irsten  und  der  sterbenden  leuf  halben  den  iarmarkt  ab- 
estelt.  Dieweil  dann  pestis  hier  auch  regier,  so  bitten 
y,  man  woU  die  burger  verwarnen,  das  sye  hier  pleiben«. 
>er  Rat  erkennt  hierauf:  »Die  burger  verwarnen,  damit 
ye  nit  vergeblich  zu  costen  gefuert,  aber  denen  von  Baden 
»chreiben,  dass  es  Sterbens  halben  nit  dermassen  geschaffen, 
me  sye  berichtet«.  Am  5.  Oktober  kommt  die  Antwort 
lus  Baden:  »Sover  pestis  alhie  nicht  regier,  so  mögen 
Heiner  hn.  burger  ihren  markt  besuchen«.  Es  heisst  hierzu 
n  den  Protokollen:  »Den  burgern  wider  anzeigen«. 


In  dem  Briefwechsel  Sleidans  findet  sich  das  Schreiben 
iincs  gewissen  Praillon,  datiert  Hagenau,  8.  Mai  1552,  in 
»reichem  derselbe  wegen  des  von  Strassburg  dem  franzo- 
>ichen  Heere  zu  liefernden  Proviants  unterhandelt  *).  Offen- 
aar ist  es  dieselbe  Persönlichkeit,  von  welcher  Languet 
im  12.  Dezember  1569  schreibt*):  »Baptista  Praillon 
Metensis,  qui  diu  fuit  interpres  regius  et  jam  est  abbas«. 
Ebenso  wird  in  einem  Briefe  des  Pfalzgrafen  Georg  Hans 
aus  dem  Jahre  1587  ein  Praillon  als  »interpreteur  des 
langrues  germaniques  und  der  Könige  von  Frankreich« 
bezeichnet  •). 


Herr  Dr.  Bemays  hierselbst  hat  mich  in  liebens- 
lÄürdiger  Weise  auf  zwei  bisher  unbekannte  aus  dem 
hiesigen  Thomasarchive  stammende  Briefe*)  aufmerksam 
gemacht  f  welche  für  Sleidan  bemerkenswerte  Angaben 
enthalten. 

Den  ersteren,  vom  20.  Oktober  1554,  richtet  der 
bekannte  Pfarrer  Martin  Frecht  (1494 — 1556),  der  infolge 
seines  Auftretens  gegenüber  dem  Interim  1548  seine  Stellung 
in  Ulm  hatte  aufgeben  müssen  und  seitdem  in  Tübingen 
lebte,  von  letzterem  Orte  an  den  Strassburger  Pfarrer 
Negelinus*).  In  diesem  Schreiben  nun  heisst  es  u.  a. 
»Audio  illum  (Vergerium)  cum  clarissimo  domino  Sleidano 


»)  Sleidans  Briefwechsel,  S.  250.  —  «)  Arcana  saeculi  XVI.  —  «)  Strass- 
burger Bectrkiiarchiv  £  341.  —  *)  Tiroir  22,  Liasse  2.  —  ^)  Ober  diesen 
▼gl.  oben  S.  433. 


436  Hollacnder. 

victitare.     Per  occasionem    et  Sleidano   et  Vergerio  roeam 
salutem  et  obsequium  defer«. 

Peter  Paul  Vergerius  (1498 — 1565)  Advokat,  päpstlicher 
Nuntius  und  Bischof,  später  Protestant  und  herzoglich 
württembergischer  Rat,  ging  im  Oktober  1554  nach  Strass- 
bürg,  um,  da  es  ihm  nicht  gelungen  war,  Sleidan,  wie 
Herzog  Christoph  es  wünschte,  zu  bestimmen,  den  Druck 
seines  Geschichtswerkes  hinauszuschieben,  durch  gemein- 
same Arbeit  mit  dem  Verfasser  hief  und  da  mildernde 
Änderungen  vorzunehmen  1).  Auch  noch  im  folgenden 
Jahre  stand   Sleidan   mit   Vergerius   in    regem    brieflichen 

Verkehr  2). 

• 

Der  zweite  Brief  vom  2.  Juli  1556  trägt  die  spätere 
Überschrift  »Lenglin  an  M.  Frecht  (P)«^).  Ich  teile  im  fol- 
genden nur  die  für  uns  hier  in  Betracht  kommenden  Stellen 
mit,  welche  namentlich  für  den  religiösen  Standpunkt  Sleidans 
von  Interesse  sind*). 


*)  über    den    Aufenthalt    von    Vergerius    in    Strassburg    berichtet   ein- 
gehend Hubert,  Vergerius  publizistische  Thätigkeit,  S.   152  ff.     Das  u.  a.  von 
Vergerius    handelnde,   von    Baumgarten  (Sls.    Briefwechsel,    S.    240)    in   den 
Herbst  1551  gesetzte  Brief bruchstück    gehört,    wie  Hubert  nachweist,    in    die 
Zeit  bald  nach  Januar  1546.  —  Ein    interessantes  Urteil    des    kursächsischen 
Rates  Franz  Kram  vom   13.  April  1555    über    das    wenige  Tage    vorher   zur 
Ausgabe  gelangte  Werk  Sleidans  finden  wir  bei  Brandi,  Beiträge  zur  Reichs- 
geschichte IV,  655.  —  2)  gQ  schreibt  Sleidan  am  30.  Juli  1555:  »A.  Vergerio 
crebras  accipio   literas    et    puto    brevi    huc  venturum«   (Briefwechsel,    S.  294). 
')  Johann  Lenglin    aus  Ravensburg    war  Pfarrer    zu   St.  Wilhelm    in    Strass- 
burg.    Dagegen,    dass  an  Martin  Frecht  der  Brief   gerichtet    ist,    spricht   die 
Anrede  -excellentia  tua«,  die  im  16.  Jahrh.  fast  ausschliesslich  fürstlichen  Persön- 
lichkeiten beigelegt  wird  (vgl.  über  die  »Excellenztitulatur«  Friedr.  Karl  Moser, 
Kleine  Schriften  I,    loo).     Andererseits    hat    gerade  Frecht    an    der    in    dem 
Schreiben  erwähnten,  auf  dem  Theologenkonvent  zu  Schmalkalden  1540  erfolgten 
Verdammung  von  Schwenckfeld  und  Franck  den  Hauptanteil  gehabt  und  auch 
die  ebenfalls  angeführte    »restitutio«    könnte    auf  Frecht   bezogen    werden.  — 
*)  Herr  Professor  Varrentrapp,  der  so  freundlich  war,  die  von  ihm  gesammelten, 
auf  Sleidan  bezugnehmenden  Notizen  mir  zur  Verfugung  zu  stellen,  hat  mich 
u.  a.  auch  auf  folgende    interessante  Auslassung    von  M.  Erb    in    einem    am 
10.  April   1556    an    BuUinger    gerichteten  Briefe  (Züricher  Archiv  E  II,    361 
nr.   190)  aufmerksam  gemacht:    »Er   wundere    sich    über  Sleidans  Darstellung 
des  Abendmahlstreits  im  5.  Buch    seiner  Commentarc;    er    hätte    gewünscht, 
dass    sich    Sleidan    »apertius«    geäussert    hätte.      »At    forte    non    conveniebat 
historico  theologizari^. 


Sleidaniana. 


437 


»Accepi  epistolam  excellentiae  tuae  satis  copiosam  etc. 
»Petit  antem  excellentia  tua  consilium  et  a  me  et  a  praeceptoribus 
scholae  nostrae  de  ablegandis  hinc  et  alio  mittendis  nepotibus 
tuis  ex  sorore  .  .  .  .«  »Porro  cum  Schleidano  contuli  quoque  de 
Omnibus  iis  rebus,  de  quibus  ad  me  scripsisti.  £t  primum  de 
haeresi  Schwenckfeldiana  ^)  dicebat  is,  se  non  legisse  libros 
Schwenckfeldii,  neque  se  ipsius  dogma  exacte  cognitum  habere. 
Neque  enim  se  unquam  illud  dignum  iudicasse,  quod  legeretur 
et  cognosceretur.  —  Hanc  quoque  fuisse  causam,  cur  eius  nullam 
mentionem  fecerit  in  suo  opere.  Deinde  de  propositionibus 
Lutheri  Heydelbergae  disputatis  affirmabat  illas  extare  in  primo 
tomo  operum  Lutheri,  seque  existimare  quod  in  reliquis  thematis 
essent  comprehensae*).  Petit  autem  sibi  mitti  formam  decreti 
facti  de  vestra  restitutione.  Oportet  enim  extare  certum  aliquod 
decretum,  si  debeat  publicis  actis  inseri.  Insuper  quoque  petit 
sibi  mitti  damnationem  Schwenckfeldii  et  Sebastiani  Franci. 
Postremo  et  hoc  amanter  abs  te  petit,  ut  si  aliquando  vel  nunc, 
•'el  in  posterum  aliquid  dignum  memoria  hominum  ad  manus  tuas 
/enerit,  quod  sit  autenticum,  ut  hoc  sibi  communicare  velis.  £a 
i^nim  in  re  te  gratissimum  officium  sibi  praesüturum  esse.«  »Porro 
;)ecuniam,  quam  misit  excellentia  tua  pro  chronicis  Sleidanicis, 
iccepi«. 


')  Kaspar  von  Schwenkfeld  (1489 — 1561)  war  der  Stifter  einer  eigenen, 
nn  stilles  zurückgezogenes  Leben  führenden  Sekte,  die  sich  von  der  öffent- 
ichen  Kirchengemeinschaft  durch  Enthaltung  vom  Gebrauche  der  Sakramente 
'ernhielt.  Vgl.  über  ihn  und  Sebastian  Franck:  C.  Gerben,  Geschichte  der 
:>trassburger  Sektenbewegung,  über  Franck  ausserdem  noch:  Bulletin  de  la 
»ci6t6  pour  la  conservation  des  monuments  historiques  d'Alsace  XIX,  203. 
')  Über  die  Ende  April  15 18  zu  Heidelberg  abgehaltene  Disputation  vgl. 
Luthers  Werke  I,  350  f.  (Weimarer  Ausgabe),  sowie  den  Brief  des  jungen 
3utzer  ao  Beatus  Rhenaous  (ebenda  IX,  160).  Den  ersten  Band  von  Luthers 
^'erken  hatte  sich  Sleidan  sogleich  nach  seinem  Erscheinen  angeschafil.  Er 
chreibt  darüber  am  24.  Juni  1 545 :  »Intra  biduum  absolvero,  quicquid  est 
eliquum  in  primo  Lutheri  operum  tomo,  quem  nuper  emi.  Continet  ille 
[lulta  memorabiha«.     (Briefwechsel,  S.  72). 


Georg  Nessel,  beider  Rechte  Doctor. 

Ein  Strassburger  Stadtstipendiat  im  Zeitalter  der  Reformation. 

Von 

Gustav  Knod. 


Nachdem  der  Mag^trat  der  freien  Reichsstadt  Strass- 
burg  nach   langem   Zögern  endlich  im  Jahre   1529  durch 
Abschaffung  der  Messe  die  dem  Volkswillen  entsprungene 
reformatorische  Neuordnung  der  Dinge  sanktioniert  hatte, 
zeigte  er  seither  mehr  und  mehr  eine  kraftvolle   und  ziel- 
bewusste  Initiative.     Wie  die  äussere  Politik  von  jetzt  ab 
seine  Aufmerksamkeit  in  höherm  Masse  in  Anspruch  nahm, 
so  galt  es  im  Innern   mit  den   rückständigen  Resten   der 
mittelalterlichen   Priesterherrschaft  aufzuräumen,   mit  dem 
Bischof,    den    Stiftern    und    Klöstern    sich    endgiltig    aus- 
einanderzusetzen    und     die    Grundlage    zu    einer     sichern 
Weiterentwicklung  des  städtischen  Gemeinwesens  in  refor- 
matorischem Geiste  zu  schaffen.  —  Vor   allem  wurde,  auf 
Drängen  der  Prediger,    das  städtische  Schulwesen   auf  ein 
neues  Fundament  gestellt.    Was  die  Väter  begründet,  sollte 
die  Jugend  als  heiliges  Erbe  »erwerben  und  besitzen«.     Es 
war  am  24.  Februar  1538,  als  die  Scholarchen,  auf  Johannes 
Sturms   Gutachten   hin,    den   überaus   folgenschweren  Ent- 
schluss   fassten,   durch   Zusammenlegung   der   vorhandenen 
Lateinschulen  ein  Gymnasium  zu  begründen,  auf  dass  »die 
Jugent  neben  den  guten  Khünnsten  in  aller  Zucht,  Erbar- 
keit   und  Gottesforcht   ufferzogen   und   khünftiger  Zeit   die 
Kirchenn,    Schulen    und    andern    gemeiner    Statt    Ampter 
und  Dienst  desto  baß  in  überflüssiger  gutter  waal  und  ohn 
allen    mangel    versehen    werden«.      War    hierbei    auch    in 
erster  Linie  an  künftige  Geistliche  und  Lehrer  gedacht,  so 
lag  dem  Magistrate  doch  nicht  minder  am  Herzen,  für  den 


immer  umfangreicher  und  komplizierter  werdenden  städti- 
schen Verwaltungsdienst  allzeit  einen  in  reformatorisch- 
humanistischem  Geiste  erzogenen,  fachmännisch  gründlich 
gebildeten  Nachwuchs  zur  Verfugung  zu  haben.  Aus  dem 
eingezogenen  Klostergut  und  freiwilligen  Beiträgen  der 
Stifter  wurden  die  Mittel  zur  Dotation  des  liymnasiums 
gewonnen,  Seminare  und  Stipendien  K-urden  gegründet. 
zunächst  zu  Nutz  und  Frommen  der  Schule,  dann  aber 
auch  zur  Ausbildung  künftiger  Juristen  und  Mediziner, 
um  es  auch  den  befähigten  Söhnen  unbemittelter  Eltern 
zu  ermöglichen,  eine  ihnen  zusagende  gelehrte  Laufbahn 
einzuschlagen  und  ihre  Intelligenz  im  Dienste  der  Vater- 
stadt zu  verwerten. 

Können  wir  auch  im  allgemeinen  übersehen ,  welch 
reicher  Segen  aus  diesen  Bestrebungen  einer  glaubens- 
freudigen Zeit  in  den  folgenden  Jahrhunderten  dem  städti- 
schen Gemeinwesen  in  Kirche  und  Schule,  in  Gerichts- 
höfen. Kanzleien  und  Spitälern  erwachsen,  so  lassen  uns 
doch  die  Quellen  fast  vollkommen  im  Stich,  wenn  wir 
fragen,  was  diese  Wohlthätigkeitseinrichtungen  der  heran- 
wachsenden Jugend  selbst,  speziell  dem  Einzelnen  gewesen 
sind.  Es  dürfte  daher  die  nachfolgende  aus  den  Akten 
des  Thomasarchivs  geschöpfte  kurze  Lebensskizze  eines 
Sirassburger  Stadlatipendiatcn  einige  Aufmerksamkeit  ver- 
dienen. Die  beigefügten  eigenhändigen  Berichte  des  Stipen- 
diaten ober  seine  juristische  Doktorreise  nach  Orleans  und 
Beinen  praktischen  Kurs  am  Reichskammergericht  in  Speyer, 
wie  sie  den  Werdegang  eines  jungen  Juristen  zur  Zeit  der 
Rezeption  des  römischen  Rechts  illustrieren,  gewähren 
zugleich  ein  hervorragendes  kulturgeschichtliches  Interesse. 

Im  Januar  1544.  am  Montag  nach  dem  Schwörtag, 
wurde  das  Strassburger  Wilhelmerstift,  Hcdio's  Werk,  feier- 
lich eröffiiet.  In  der  kleinen  Schaar  >Burgerkinder<,  die  da- 
mals in  die  neuhergerichteten  Räume  des  allen  Wilhelmer- 
Klosters  ihren  Einzug  hielt,  befand  sich  auch  der  elfjährige 
Georg  Nessel')  damals  Schüler  der  Vli.  Klast.e.  eines  armen 

•I  Holfo'*  Bericht  -Wie  .las  Cotlegium  det  nimeii  K.!iiib«n  im  Wil- 
Iwli1)«r  Kloslet  tu  Stnusbur^  wanlt  ■ngcfingcu  Im  Jnr  M.D.Xt-ITII.  M«nie 
Jannari»' bei  Erichson.  Du  ibcol.  Stuilicnslift  Colleg.  Wilhelm  i  tan  am  Str.  18114, 
'S.  ij,  wo  «iiMr  SdpciKlint  irrig  Gsoik  Hetst\  g«niinnt  wir.! 


440  Knod. 

kindergesegneten  Tuchmachers  ältester  Sohn  i).  Ausgestattet 
mit  trefflichen  Anlagen  und  überaus  fleissig  brachte  es 
der  kleine  Nessel  fertig,  dass  er  schon  nach  zwei  Jahren 
—  bis  dahin  ein  unicum  im  Strassburger  Gymnasium  — 
in  die  III.  Klasse  aufgenommen  wurde.  Doch  des  Schülers 
schwächlicher  Körper  war  diesen  Anstrengungen  nicht 
gewachsen:  ein  Fieber  warf  den  Übereifrigen  auf  ein  hartes 
Krankenlager,  das  er  erst  nach  Monaten  verliess.  In 
Anerkennung  seines  löblichen  Strebens  und  seiner  aus- 
gezeichneten Leistungen  wurde  er,  um  die  Osterzeit  154^1 
in  das  bei  den  Dominikanern  vor  elf  Jahren  errichtete 
Studienstift,  das  als  das  vornehmere  galt  und  seinen  Zög- 
lingen grössere  Bewegungsfreiheit  gewährte*),  »veluti  in 
tutissimum  aliquem  portum«,  aufgenommen»).  Hier  fand 
er,  wie  bei  den  Wilhelmern,  freie  Wohnung  und  Beköstigung, 
doch  musste  er  für  Kleider  und  Bücher  aus  eigener  Tasche 
autkommen*).     Die   Briefe   des   armen   Stipendiaten  lassen 


*)  Supplik  Nessels  vom  27.  Juli  1547.  —  *)  Hierüber  giebt  ein,  wie 
ich  sehe,  noch  nicht  verwerteter  Bericht  eines  Anonymus  (Lenglin?  an  Frechl) 
vom  2.  Juli  1556  (Thom.  Arch.  L.  XII  fasc.  2)  lehrreichen  Aufschluss: 
"»In  Collegium  Wilhelmitanum  pauperes  tantum  ut  scis  recipiuntur  et  hi  gratis 
ibi  aluntur  ex  Eleemosyna  civium  et  corum  quidem,  qui  sua  sponte  studia 
pietatis  et  litterarum  promota  cupiunt  (z.  B.  der  reiche  Büffler  in  Isny). 
Recipiuntur  autem  tam  peregrini  quam  domestici  idque  certis  condicionibus, 
quarum  praecipue  sunt  tres:  prima  est:  ut  sacre  theologie  operam  dare  et 
sese  ad  ministerium  ecclesie  preparare  velint,  secunda:  ut  absque  conscnsu 
dominorum  nostrorum  scholarcharum  hinc  non  discedant,  tertia:  cum  iam 
aliquot  annis  isto  beneficio  iisi  fuerint  at  eo  etatis  ac  eruditionis  pervenerint, 
ut  illorum  usus  aliquis  esse  possit  vel  in  schola  vel  in  ecclesia,  ut  operam 
suam  dominis  nostris  negarc  non  velint.  —  Non  autem  perpetuo  detinentur 
in  isto  coUegio.  Si  qui  eorum  sunt,  qui  spem  alicuius  frugis  de  se  praebent, 
hi  ex  isto  coUegio  ad  altenim  prcdicatorum,  ubi  liberalius  tractantur,  trans- 
feruntur  et  ibidem  stipendiis  dominorum  nostrorum  fruuntur«  u.  s.  w.  — 
*)  »Quoniam  Georgius  Nessel  Argentinensis  id  fecit,  quod  nemo  unquam  in 
hac  schola,  seil,  quod  singulis  dimidiatis  annis  ex  nona  usque  ad  tertiam 
classem  progressus  est,  promittunt  scholarchae,  quod  velint  eins  studia  iuvarc 
et  quoniam  valetudinarius  est  ipsum  data  occasione  in  Collegium  pracdica- 
torum  recipere.  Haec  rogatu  D.  doctoris  Hedionis  et  D.  Seveni  promiserunt 
scholarchae^  (Protokoll  der  Scholarchen  v.  5.  Jan.  1546).  Am  25.  März  ist 
er  noch  im  Colleg.  Wilhelmitanum,  und  zwar  noch  immer  leidend.  Sein 
Lehrer  Theob.  Dietrich  lobt  sein  Ingenium,  seinen  Fleiss  und  seine  Sittsam- 
keit ;  er  werde  ihn  demnächst  prüfen  und  in  die  2.  Klasse  promovieren  (Prot.). 
—  *)  »Nessel  si    nihil  habet  ex  amicis  soll  man  ihm  necessaria    kouffen  .  .  . 


Georg  Nessel.  aa  i 

rkennen,  wie  jämmerlich  es  ihm  manchmal  ergfing,  da 
er  Vater,  g-änzlich  vermögenslos  und  bei  den  hohen  WoU- 
►reisen  häufig  ohne  Arbeit,  sich  nur  kümmerlich  mit  seiner 
Jossen  Familie  durchzuschlagen  vermochte  und  seinem 
Ütesten  keinen  Pfennig  zuschiessen  konnte*).  Auch  von- 
eiten  der  Scholarchen  flössen  die  Unterstützungen  nur 
pärlich  zu,  da  die  Einnahmequellen  überaus  schwach,  die 
lahl  der  Stipendiaten  im  Verhältnis  zu  den  zur  Verfügung 
tehenden  Mitteln  zu  gross  war.  Trotz  dieser  äussern  Nöte 
lachte  der  Stipendiat  Nessel  zu  hoher  Befriedigung  seiner 
^hrer,  die  des  Rühmenswerten  nicht  genug  von  ihm  zu 
berichten  wissen,  die  trefflichsten  Fortschritte  und  wurde 
lach  absolvierter  Prima  im  Frühjahr  1 549  zu  den  mit  dem 
rymnasium  verbundenen  »Lectiones  publicae«  ehrenvoll  zu- 
elassen.  Hier  war  den  jungen  Studenten  Gelegenheit  zu 
öhern  philosophischen,  philologischen,  historischen  und 
lathematischen  Studien,  aber  auch  zu  einem  grundlegen- 
en  Kurs  in  der  juristischen  und  medizinischen  Wissen- 
chaft  geboten.  Der  junge  Stipendiat  wollte  zunächst  seine 
philologisch-mathematische  Ausbildung  vollenden,  um  dann 
u  dem  theologischen  Fachstudium  überzugehen.  Seine 
»teile  im  Predigerstift  wurde  ihm  weitergewährt,  zugleich 
iTurde  ihm  vom  Thomaskapitel  zur  Bestreitung  seiner 
lebenausgaben  das  Heirsche  Stipendium,  im  Betrage  von 
o  fl.  jährlich,  auf  drei  Jahre  bewilligt*),  nebenbei  empfing 
r  auch  von  den  Schulherren  eine  gelegentliche  kleine 
Jnterstützung.  So  schlug  er  sich  schlecht  und  recht  weiter 
Js  Stadtstipendiat  durch,  wenn  auch  nicht  immer  die  kleinen 
jaben  bei  den  gesteigerten  Kosten  der  Lebensführung 
ind  der  Studienausstattung  zulangen  wollten.  Wieder- 
lolt  muss  er  um  ausserordentlichen  Zuschuss  für  Kleider- 
ind Bücheranschaffung  petitionieren.  Seine  Suppliken  lassen 
ein   Mühen  und    Sorgen   ums    tägliche   Dasein    erkennen. 


lAbantur  vestimenta  necessaria«  (Protok.  der  Schulherren  v.  Juni  1547);  am 
7.  Juli  bittet  er  die  Scholarchen,  da  sie  für  Wohnung  und  Nahrung  gesorgt, 
lun  auch  für  das  Übrige  einzustehen. 

*)  »Accedit  ad  omnem  incommoditatem  etiam  illud,  quod  in  ea  arte 
•piiices  sunt,  io  qua  nemo  suis  hoc  tempore  bene  potest  consulere.  Quis 
nim  in  tanta  lanae  caritate  laniticio  suos  non  dicu  oinare  sed  educarc  possit«! 
Supplik  Nessels).  —  ')  Protokoll  des  Thomaskapitels. 


442 


Knod. 


gewähren  uns  aber  zugleich  auch  einen  interessanten  Ein- 
blick in  seinen  Studiengang  während  der  Zeit,  da  er  seine 
philologisch-mathematische  Ausbildung  in  den  Lectiones 
publicae  vollendete'). 

So  war  für  unsern  Stipendiaten  allmählich  die  Zeit 
herangekommen,  wo  er  sich  definitiv  über  seinen  zukünftigen 
Beruf  entscheiden  musste.  War  er  bis  dahin  ganz  in  dem 
Gedanken  aufgegangen,  dereinst  der  geliebten  Vaterstadt 
seinen  Dank  fiir  die  empfangenen  Wohlthaten  im  Kirchen- 
oder Schuldienst  abtragen  zu  können«),  so  wagt  er  sich 
jetzt,  in  der  Ausgaben  Verrechnung  vom  20.  Juni  1551,  zu 
unserer  Überraschung  mit  dem  schüchternen  Wunsche 
hervor,  sich  dem  rechtswissenschaftlichen  Studium  zuwenden 
zu  dürfen :  »quando  quidem  enim  tanta  Rei  publicae  vestrae 
erga  me  exstant  beneficia,  ut  ei  non  solum  omnem  meam 
eruditionem,  quam  valde  exiguam  esse  sentio,  verum  etiam 
totum  corpus  atque  adeo  animam  ipsam  debere  fatear: 
ei  me  decet  velle  operam  dare  scientiae,  quae  plurimum 
prosit  Rei  publicae,  quae  patriam  iuvet,  quae  consulat 
civibus,  quae  ornet  universam  civitatemc  Nicht  auf  ein 
freieres  Leben  in  der  Fremde  stehe  sein  Sinn;  er  wolle 
gerne  die  in  vStrassburg  selbst  gebotene  Gelegenheit,  sich 
in  Besitz  der  juristischen  Anfangsgründe  zu  setzen,  nach 
Kräften  ausnutzen;  er  verspreche  Kilian  Voglers')  juri- 
stische Vorlesungen  fleissig  zu  besuchen  und  nicht  eher 
von  seiner  Seite  zu  weichen,  als  bis  er  die  vier  Bücher  der 
Institutionen  sich  gründlich  angeeignet  habe*);  er  stelle 
übrigens  die  Entscheidung  über  seinen  femern  Lebensgang 


')  Vgl.  die  der  Supplik  vom  20.  Juni  155 1  beigelegte  Reclinung  (ab- 
gedruckt bei  Engel,  Gymnasc,  acad6mie  et  imiversit6  de  Strassbourg  p.  63 
Anm.)  —  2)  Supplik  v.  27.  Juli  1547  und  Juni  1550.  —  *)  Hatte  1540  als 
Nachfolger  Bcbio's  die  Lectura  Institutionum  übernommen.  Geht  Michaelis 
1553  nach  Tübingen  zurück  (Knod,  Stiftsl.erren  v.  S.  Thomas  S.  n).  — 
*)  Dass  das  in  Strassburg  keine  blosse  Redensart  war,  beweist  ein  Brief  des 
spätem  Nachfolgers  Nessels  in  der  Lectura  Institutionum  Laur.  Tuppius  an 
Blotius  (Wien.  Hofbibl.  ms.  9737  z.  16),  worin  er  seinen  Sohn  mit  den 
Worten  empfiehlt:  »nee  enim  rudis  est  Juris,  sed  tenet  Institutiones  Juris 
civilis  et  intelligit  res  forenses:  recitare  etiam  tibi  poterit  ad  verbum 
integros  libros  quattuor  Institutionum«.  Das  war  es,  was  der  angehende 
Jurist  in  Strassburg  zu  Nessels  Zeit  lernen  konnte;  erst  1573  wurde  eine 
zweite  juristische  Professur  (für  Pandekten)  errichtet. 


ganz  dem  Ermessen  der  Schulherren  anheim.  —  Die  Schul- 
hwrren  gaben,  was  Sevenus  ihnen  später  zum  Vorwurfe 
macht,  dem  Petenten  keine  runde  Antwort.  Offenbar  kam 
ihnen  Nessels  Bitte  sehr  ungelegen,  doch  wollten  sie  andrer- 
seits keinen  Zwang  ausüben.  Sie  schlugen  daher  einen 
Mittelweg  ein:  -Erkanth  mit  Wolff  von  Brumpt  zu  reden; 
so  er  (Nessel)  sich  in  der  Cantzley  brauchen  wolt  lassen 
zu  einem  Substituten,  well  man  mit  den  Cantzleyherren 
handien,  alsdann  Herr  Peter  Stürmen  antzeigen.  doch  das 
er  noch  etlich  monat  im  Collegio  plibe,  sich  in  der  teutsch 
Schrift  übet  und  Institutiones  höre,  mochte  man  Ime  so  er 
schon  in  die  Cantzley  käme,  alitag  die  lectionen  Institu- 
tionum  zu  hören  erlauben»  (Protokoll  vom  17.  August  1554). 
Nessel  war  mit  diasem  Bescheid  nicht  zufrieden.  Am 
11.  November  wandte  er  sich  abermals  mit  einer  Bngabe 
an  die  Scholarchen,  seinem  Entschluss  zuzustimmen  und 
ihm  die  Mittel  zum  Studium  zu  bewilligen,  empfing  aber 
zur  Antwort:  »wo  er  in  die  Cantzley  wie  Ime  hievor 
angttbotten,  well  man  ihn  furdern,  wo  nitt  und  sin  freunt- 
schafft  In  ad  iura  ziehen  wolle,  well  man  es  Ime  gunnen, 
das  er  das  Stipendium  Thome  by  dem  Stifft  erlange,  so 
wollen  wir  Ime  10  gülden  dorus  geben,  das  hos  und  wamms 
soll  man  Ime  geben«.  Die  Schulherren  scheinen  indessen 
bald  darauf,  namentlich  auf  Sevenus'  und  Hedio's  Für- 
sprache hin,  ihm  die  Bedingung,  gleichzeitig  neben  dem 
Studium  auf  der  Kanzlei  zu  arbeiten,  erlassen  zu  haben. 
Sevenus  tröstete  sie  mit  dem  Hinweis,  dass  sein  Schützling 
es  keineswegs  auf  hohe  juristische  Ehren  und  Titel 
abgesehen  habe,  er  denke  lediglich  darauf,  sich  nach 
absolviertem  Studium  durch  seine  Juristische  Schulung  und 
seine  im  Ausland  erworbenen  Sprachkenntnisse  in  der 
städtischen  Kanzlei  dereinst  nüIzHch  zu  machen.  So  zogen 
die  Scholarchen,  wenngleich  durch  das  selbständige  Vor- 
gehen ihres  Stipendiaten  einigcrmassen  verstimmt,  doch 
ihre  Hand  nicht  ab  von  dem  begabten  jungen  Manne, 
sondern  gewahrten  ihm  nach  wie  vor  zu  dem  noch  laufen- 
den Hell'schen  Stipendium  eine  bescheidene  Unterstützung. 
Endlich  war  die  Bahn  frei.  Als  Rechtsstudent  besuchte 
jetzt  der  junge  Stipendiat  Voglers  Institutionen  Vorlesungen, 
bis  eine  im  November  eintretende    längere  Krankheit   des 


444  Knod. 

Professors    das   kaum    begonnene    juristische    Studium  in 
höchst    unliebsamer    Weise     unterbrach.      Schon    in   der 
bereits  erwähnten  Supplik  vom  1 1 .  November  klagt  Nessel 
über   diese  Unterbrechung:   Vogler  werde  voraussichtlich 
vor   dem    Sommer    seine    Vorlesungen    nicht   wieder  auf- 
nehmen  können,    man   möge  ihn  (Nessel)    daher  auf  eine 
fremde  Hochschule  beurlauben;   am  liebsten  gehe   er,  des 
Französischen    wegen,    nach   Frankreich.     Wie   lange  die 
juristischen    Vorlesungen    eingestellt    blieben,    wissen  ynx 
nicht,  doch  wurde  Nessels  Wunsch,  auf  einer  französischen 
Hochschule  seine  juristischen  Studien  fortsetzen  zu  dürfen, 
wider  Erwarten  schnell,   wenn   auch    aus  anderm  Grrunde, 
erfüllt,    da  ihm  am    7.  Juni  1552    »propter   pestem    in  sua 
familia  grassantem«  (Protokoll  des  Thomaskapitels}  ein  ein- 
jähriger Studienurlaub  zum  Besuche  einer  französischen  Uni- 
versität bewilligt  wurde.  Vier  Wochen  später  befindet  er  sich 
bereits  auf  französischem  Boden.    Noch  aber  war  die  Geld- 
frage nicht  erledigt.     Am  6.  Juli    petitioniert  Sevenus   bei 
den    Scholarchen,    zu    dem   seinem   Schützling   bewilligten 
Thomasstipendium  von  20  fl.  eine  gleiche  Summe  aus  dem 
Schulsäckel  hinzuzufügen,  für  den  Rest  wolle  er  (Sevenus) 
selber   aufkommen.     »Haben   wir   uff  vilfeltig   supplicieren 
Georgii  Nessel  und  uff  Ansuchen  Gerardi  Seveni  bewilligt, 
das  der  gen.  Nessel  mag  In  Franckreich  geschickt  werden 
durch   In    Sevenum,    und   das  Im   das  Stipendium,   so  die 
zu  St,  Thoman  ihm  geben,  zwey  Jor  lang  gefolge.     Des- 
gleichen das  wir  Ime  die  zwey  Jor  ein  jedes  Jor  10  gülden 
von  den  schulgefellen  dozu  geben   und    10  gülden   leyhen 
wollen  also  und  dergestalt  das  er  die  gelauhenen  20  gülden, 
so  er  ad  pinguiorem  fortunam  khommen,    der  schul  wider 
bezalen  soll.     Dafür  ist  gut  worden  der  gen.  Sevenus  und 
das  er  obligiert  sein   soll,   der  Statt  Strassburg   als   sinem 
vatterland  und  von   deren    er   von  Jugent   ufferzogen   und 
In  Ir   schul  kosten    2  Jor   zu   den  Wilhelmern    und   6  Jor 
und    etlich    monat    in    dem   Collegio     zu     den     predigern 
erhoben  worden,   vor   allen    andern    zu   dienen,    so   fer  sy 
sin   dinst   begeren  würden,   schuldig  sein   soll«  (Prot,   vom 
6.  Juli   1552). 

Nessel  hatte  sich  nach  Orleans  gewandt,  das  damals 
neben  Bologna  und  Padua  als  Lucerna  iuris  einen  Weltruf 


Georg  Nessel.  aac 

genoss.  Seit  Jahrhunderten  war  Orleans,  wo  ausschliesslich 
das  romische  Recht  gelehrt  wurde  (im  Gegensatz  zu  Paris, 
dem  Sitze  des  canonischen  Rechts)  von  der  rechtsbeflissenen 
deutschen  Jugend  mit  Vorliebe  aufgesucht  worden;  seit 
dem  14.  Jahrhundert,  vielleicht  schon  seit  dem  13.,  besass 
Orleans  seine  deutsche  Scholaren  verbindung,  seine  »Deutsche 
Nation«.  Seit  dem  Ausgang  des  15.  Jahrhunderts  war 
Orleans'  Einfluss  in  stetiger  Zunahme  begriffen,  je  mehr 
sich  die  französische  Lehrmethode  dem  »Mos  Italicus«  über- 
legen erwies ').  Leider  lassen  unsere  Quellen  nicht  erkennen, 
welchen  Lehrern  der  Strassburger  Stipendiat  seine  juri- 
stische Fachbildung  zu  verdanken  hatte.  Auch  über  die 
Zeit,  wann  er  sein  Studium  abgeschlossen,  sind  wir  nicht 
genau  unterrichtet.  Am  16.  Juni  1554  fordert  das  Thomas- 
kapitel seinen  Stipendiaten  auf,  so  bald  wie  möglich  heim- 
zukehren und  sich,  den  Stipendienstatuten  gemäss,  über 
seine  wissenschaftlichen  Fortschritte  und  sittliche  Führung 
auszuweisen.  Es  scheint,  dass  ihm  darauf  ein  weiterer 
Urlaub  bewilligt  wurde.  Am  18.  Mai  1555  erhält  er  aber- 
mals die  Aufforderung,  sich  dem  Kapitel  binnen  Jahres- 
frist zu  stellen  und  über  seine  wissenschaftliche  und  sittliche 
Würdigkeit  Rechenschaft  zu  geben.  In  der  Kapitelsitzung 
vom  22,  Juli  desselben  Jahres  erklärt  der  Dekan  des  Thomas- 
stifts, Petrus  Dasypodius,  dem  die  Kollation  des  Hell'schen 
Stipendiums  von  Amtswegen  zustand,  dass  er  gesonnen 
sei,  das  bisher  von  Nessel  volle  sieben  Jahre  genossene 
Stipendium  von  20  fl.  dem  Joh.  Petr.  Bittelbronn  zu  über- 
tragen. Ob  er  seinen  Entschluss  ausgeführt,  und  ob  Nessel 
damals  dauernd  in  die  Heimath  zurückgekehrt  ist,  lässt 
sich  nicht  mehr  ermitteln.  Es  ist  wohl  anzunehmen,  dass 
er  noch  ein  weiteres  Jahr  in  Orleans  geblieben  ist,  da  ein 
kaum  dreijähriges  rechtswissenschaftliches  Studium  später 
schwerlich  für  die  Doktorpromotion  als  ausreichend  erachtet 
worden  wäre.  Erst  im  November  1558  tritt  uns  Nessel  im 
Protokoll  der  Schulherren  wieder  entgegen.  Er  ist  vor  einiger 
Zeit,  dem  Rufe  der  Scholarchen  folgend,  nach  Strassburg 
heimgekehrt,    um    die    Lectura    ethiccs    oder    physices   zu 


*)  Fournier,  Iji  nation  allemande  h  l'universit^  d'Orl6ans  au  XIV  si^le 
(Nou\'elle  Revue  historique  de  droit  fran^ais  et  ^tranger  1888.  p.  386  ff.). 


44Ö 


Knod. 


Übernehmen  und  hat  bereits  »ein  zeit  lang  hie  publice  in 
Ethica  gelesen«.  Von  den  Herren  Visitatores  scholae  ist 
ihm  ein  jährliches  Gehalt  von  90  fl.  bewilligt  worden,  das  in 
vierteljährlichen  Raten  ausbezahlt  wird,  und  zwar  »von  des 
Schaffners  zu  St.  Thoman  besoldigung,  so  man  eym  schafiher 
vormals  geben  50  fl.  und  dan  die  40  fl.  so  der  stifft  vor- 
mals von  wegen  eynes  schulmeyster  zu  sant  Thoman  zu 
geben  bewyligt  und  D.  Anthonius  reuchlyn  von  wegen 
der  hebrayschen  lection  ettlich  Jor  empfangene. 

Nessel  war  indessen  nicht  gesonnen,  sich  durch  die 
Bedürfnisse  des  Augenblicks  von  seiner  geliebten  juri- 
stischen Laufbahn  auf  die  Dauer  abdrängen  zu  lassen. 
Schon  wenige  Wochen  später  wandte  er  sich  an  die  Schul- 
herren mit  der  Klage,  dass  er  durch  seine  Professur  »syn 
Studium  juris  underlassen  musst,  welches  er  viel  lieber  zu 
continuiren  gedacht,  und  dan  man  untz  hieher  Ime  zu 
Synen  studiis  beholflfen  gewesen  were,  so  begert  er  Ime 
beholflfen  zu  sein,  dass  er  Doctor  Juris  in  Orleans  werden 
möchte,  wie  er  denn  verhoflEt,  den  Gradum  in  kurtzem  zu 
erlangenc.  Seine  Bitte  fand  bald  geneigtes  Gehör.  Eine 
glänzende  Karriere  im  höhern  städtischen  Verwaltungs- 
dienst oder  an  der  heimischen  Hochschule  als  Vertreter 
des  juristischen  Faches  schien  dem  strebsamen  Stadtstipen- 
diaten jetzt  gesichert  zu  sein.  Wenn  auch  der  juristische 
Doktortitel  damals  nicht  mehr  so  hoch  als  in  früheren 
Jahrhunderten  geschätzt  war,  so  wurde  er  doch  immer 
noch  als  ein  Testimonium  singularis  doctrinae  et  virtutis< 
betrachtet  und  galt  als  unumgängliche  Voraussetzung  für 
die  höhere  juristische  Laufbahn  in  fürstlichen  und  städtischen 
Diensten  i). 

Über  Verlauf  und  Erfolg  seiner  im  Januar  1559  aus- 
geführten Promotionsreise  nach  Orleans  giebt  uns  der  im 
Anhang  abgedruckte  ausführliche  Bericht  an  die  Schul- 
herren erwünschten  Aufschluss.  Er  mag  daher  selber 
reden.     Als  J.    U.   D.  Aurelianensis    kehrte    Georg   Nessel 


')  Cisneri  Oratiuncula  de  gradibus  ICtor.  in  Opusc.  ed.  Reuthcr  p.  665. 
Zwar  klagt  dort  Cisncr  einige  zwanzig  Jahre  später,  dass  sich  mehr  und  mehr 
ein  schlimmer  Missbrauch  breit  mache:  neque  enim  solum  in  confercndi?  his 
honoribus  exiguum  discrimen  inter  eruditos  et  ineruditos  habetur:  venim 
etiam  pecunia  doctrinae  anteponitur. 


I  wenigen  Wochen  in  die  Heimat  zurück.  Jetzt  blieb 
nur  noch  übrig,  um  als  vollkommener  Jurist  im  Sinne 
,Zeit  zu  gelten,  die  Praxis  des  kaiserlichen  Reichs- 
(nergerichts  aus  eigener  Erfahrung  kennen  zu  lernen  i), 
^  dieser  Wunsch  wurde  dem  jungen  Gelehrten  vom 
^trate  der  Stadt  Strassburg,  der  jetzt  stolz  auf  seinen 
(mdiaten  war,  bereit^vilUgst  erfüllt.  Nachdem  ihm  ein 
jähriger  Urlaub  bewilligt,  verliess  Nessel  mit  reichlichen 
sin  versehen,  um  die  Osterzeit  desselbigen  Jahres,  auf 
tD  städtischen  -Klepper,  abermals  seine  Vaterstadt, 
isich  im  Auftrage  des  heimischen  Magistrats  an  das 
ihskammergericht  zu  begeben,  »desselbigen  Ordnung 
1' Gebrauch  zu  erlernen«. 

[Sein  Aufenthalt  am  Reichskammergericht  in  Speyer 
irte  volle  zwei  Jahre.  Auch  hierüber  sind  wir  durch 
lels  Berichte  an  die  Schulherren  trefflich  unterrichtet, 
t  halten  ihm  schon  am  28.  November  des  folgenden 
jes  (1,160)  die  Schulherren  die  AutTorderung  zugehen 
In.  sich  schleunigst  ^ur  Heimreise  zu  rüsten,  um  die 
!h  Abgang  des  berühmten  Franciscus  Hottomannus 
^gte  Lectio  ordinaria  iuris  civilis  vertretungsweise  zu 
(nehmen.  Da  Nessel  aber,  bei  aller  Bereitwilligkeit 
I  Ruf  der  heimatlichen  Behörde  Folge  zu  leisten,  kräftig 
pid  machte,  dass  durch  diese  von  den  Scholarchen 
^bte  Verkürzung  des  ihm  bewilligten  zweijährigen  Auf- 
bits am  Reichskammergericht  seine  praktische  juri- 
»e  Ausbildung  «nil  ohne  mercklichen  Nachlheü  erkürtzet 
ät  und  auch  sonst  benebcn  dem  die  angetragene  zu- 
^ltete  professio  iuris  civilis  an  ir  selbs  derart  geschaffen 
|tlas  er  als  ein  onbetagter  und  gringverstendiger  ob 
br  90  wuchtiger  bestellung  noch  zur  zeitt  nit  ongepür- 
k  schew  und  beschwerde«  zu  tragen  habe,  so  wurde 
lam  lt.  Dezember  ein  weiterer  Ausstand  in  Gnaden 
lUig^     So   kann   er  am   9.   Mai   des   folgenden   Jahres 

[•j  Wie  hoch  iIct  ■Doclor-  über  dem  -Ucenlislen«  siehe,  teu.i  Dr.  Lud*. 
Ucimcr  Minrin  llerrD,  dtm  Hi.  Altirrcht  vuii  Bayern,  tu  ductn  Schreiben 
1578  Jani  S  auMinanüet,  aucb  ici  c>  >aD  lia  K.  Mkjeit.  >ucl)  E.  f.  G. 
IndcraT  cui  an^l  funidi  liovcii  gcbreuchig,  dai  die  10  von  dem  kai. 
t  kommeu  Über  alle  andere  dwtore&  gesellt  werden*  (roitget.  von 
n  Jttub.  f.  UUnch.  Cicich.  III  4Si>. 
kr.  C  G«<h.  d.  Obiirb.  N.  V.  XIV.  f  jO 


448  Knod. 

(1561)  mit  Befriedigung  seinem  Auftraggeber,  dem  Magi- 
strat, melden,  dass  er  nunmehr  nach  rweijähriger  guter 
Arbeit  seinen  praktischen  Kurs  zum  Abschluss  gebracht 
habe  und  sich  seiner  geliebten  Vaterstadt  zu  Diensten 
halte;  er  bittet  um  Tilgung  der  noch  ausstehenden 
Rechnungen  und  stellt  seine  baldige  Heimkehr  in  Aus- 
sieht  1). 

Leider  war  es  dem  jungen  Rechtsgelehrten  nicht  be- 
schieden, eine  längere  erspriessliche  Thätigkeit  im  Dienste 
seiner  Vaterstadt  zu  entwickeln.  Zunächst  wurde  ihm,  da  für 
Hottomannus  immer  noch  kein  Ersatz  gefunden  war,  die 
Lectura  Institutionum  an  der  heimischen  Hochschule  über- 
tragen. Schon  am  i.  November  desselben  Jahres  wurde 
Dr.  Georg  Nessel  »insignis  Jurisperitus«  durch  die  Scholarchen 
zu  dem  durch  den  Tod  des  Joh.  Sapidus  erledigten  Kano- 
nikat  an  S.  Thomae  präsentiert;  am  20.  desselben  Monats 
wurde  er  statutengemäss  examiniert  und  zwei  Tage  später 
zum  Possess  zugelassen:  »quod  ut  illi  faustum  et  foelix  sit 
omnes  Juris  Civilis  scientiae  Studiosi  merito  a  Deo  precari 
debent«  (Kapitelprotokoll).  Der  fromme  Wunsch  des  Protokoll- 
führers ging  nicht  in  Erfüllung.  Am  15.  August  des  folgen- 
den Jahres  (1562)  hören  wir  zum   letztenmale  von   unserm 

*)  Am   5.  Januar  hatte  er    in  Beantwortung    der  Briefe    vom     11.  Nov. 
u.  8.  Dez.   1560  seinen  Dank  ausgesprochen  dafür,    dass  man    ihn    in  Speyer 
belasse  »zu  entlicher  volnfiihrung  seines  gemeinnützigen  Vorhabens«.    »Sittenmal 
ich  mich  gepürlich  zu  bescheiden  hab,  dass  vermög  meines  von  ehegedachten 
e.  e.  v.  und  f.  g.  abschiedes  und  dan  als  vertröster  khünfitiger  befürderung  zu 
unsers  gemeinen  gelübten  Vatterlandts  dinsten    nun  wol    ettwas    weitter    den 
Generalia  an  diesem  höchsten  Gericht  zu  erlernen  vonnötten.     Und   aber    nit 
ohne  das  mir  an  gepürlichcr  volnstreckung  meines  alhie  vorhabenden  Werkes 
noch   ein    gutt    und    ansehnlich  Theil    übrig,    welches    Ich    doch     vermittels 
Göttlicher  Verleyung    Innerthalb    erlaubter    und    nochmals    ergfintzter    Zcytt 
zimlicher  Massen   gelrawe    zu    erlangen    und    volgendts  Euch  Meinen  Gross- 
günstigen gepiettenden  Oberherren  und  Verlegern  zu  allen  und  Jeden  Standt- 
mässigen  und  müglichcn  Dinsten  mich  willig  und  gehorsam  zu  stellen.«    (Hat 
im  Namen  der  Schulherren  von  Andr.  Plötzger,  Bürger  in  Speyer,    60  fl.  zu 
15  Batzen  —  im    ganzen    90  fl.    auf   2    Jahre  —  empfangen).   —  Nessel    ist 
also  nicht,  wie  Engel    (1.  c.  pag.  76  a.   i)  irrtümlich    angiebt,    im  Nov.    1560, 
sondern  erst  Anfangs    Sommer    1561    heimgekehrt.     Berger-Levrault,    der   für 
das    16.    Jahrhundert    der    höchst    unzuverlässigen    Professorenliste    (ms. 
XVIII.  Jahrh.    auf  der    Strassb.   Univ.-Bibl.;    auch  im  Thomasarch.  und  auf 
der  Schletlsladter  Stadtbibliothek)  als   einziger  Quelle    folgt,    lässt   ihn    schon 
'555  die  juristische  Professur   übernehmen  (Annales  des  professeurs  p.   172). 


Georg  Nessel.  ^^g 

Stipendiaten:  an  diesem  Tage  wurde  Dr.  Georg  Nessel  in. 
der  Kapitelsitzung  zum  Stellvertreter  des  abwesenden 
Dekans  gewählt.  Bald  darauf  scheint  er  wegen  Krankheit 
sein  Lehramt  niedergelegt  zu  haben  ^).  Am  23.  Mai  1563 
morgens  zwischen  9  und  10  Uhr  erlag  er  seinem  lang- 
jährigen Leiden,  der  Schwindsucht*). 


Beilagen. 


I. 

Georg  Nessels  Reise  nach  Orleans  zur  Promotion 

(Januar  1559). 

Rechnung  dessen  so  Ich  von  M(einen)  G(nedigen)  Herren 
entp fangen  vnd  nachmals  außgelegt. 

Kn^fangen  allhie  von  Jungherr  Peter  Sturm  und  H.  Friderich 
von   Gotteßheim,  zu  der  Reiß.     20.  Cron. 

Mehr  In  namen  Jetzementer  M.  G.  harren  der  Scholarchen 
zu    Pariß  entpfangen  von  Hans  Gaby.     40.  Gron. 

Volget  die  außgabe. 

Erstlich  kaufft  alhie  ein  Feürbüchse  zu  sicherer  Reise  mitt 
Palverflaschen  köcher  vnd  anders  darzu  gehörig    .     .     3.   Gron. 

Außgezogen  von  Straßburg.     30.  Januarij  (7559). 

Januarij     Nachtmal  zu  Romer ßwiler 6       batz. 

30.  Daselbst  dem  pferdt  lassen  die  Eisen  scher- 

pffen  vnd  wider  erheben i  Vs 

31.  Zinstag  den  Mittag  zu  S.  Quirin      ...      37s 
Einen  Bawersman  so  vns  vber  das  Gebürg, 

den  Hasensprung  genant,  den  rechten 
vnd  sichern  Wege  durch  das  Holtz  vntz 
göhn  Blanckenberg  gefüret,  für  sein 
futer  vnd  mal  trafie  mein  Antheil     .     .      3 


'2 


')  Das   gdit  AUS   einer  Supplik    des  Joh.    WUwisheim    um    Verlegung 

seiner  Lehrstande  vom  15.  Januar  1563  hervor,  wo  es  heisst:  »Als  D.  Georg 

Neitd  aU  Ordinarins  Institutionum   angestellt  wurde,    gefiel   es  Rektor   und 

Visitatoren   ihm   horam    secundam   anzuweisen«   u.  s.  w.    —   *)    Kanoniker- 

▼erzeichnii  im  Thomaaarchiv:    obiit  pthysi  XXJII  Maü  LXIII  inter   nonam 

et  dedmam  ante  meridianam. 

30* 


450 


Knod. 


Februarij     Nachtmal  zu  Blanckenberg 7 

1.  Mittwoch  zu  Mittag  Newstatt       ....      3V2 

Nachtmal  zu  S.  Nicolas 7^/2 

2.  Donstag  zu  Imbis  Gonderville     ....      3^/2 
Vber   den   Fluß  Mosellam   bey   der    Statt 

Toull  uberzufaren 4  ^ 

Nachtmal  zu  Fou 7*/2 

3.  Freittag  Imbis  S.  Aubin 3Va 

Nacht  Imbis  Bar  le  Duc 7\^2 

Daselbst  dem  Pferdt  4  newer   eisen  auff- 

schlagen  lassen 4 

4.  Sambstag  Imbis  aux  rouges  maisons     .     .      3^2 
Zu  nacht  Chalon 7*/, 

5.  Sontag  zu  Imbis  Espernay 4 

Zu  nacht  zu  Dormant 7 

6.  Montag  zu  Imbis  Chasteau  Tierry  ...      3 1/2 
Zu  nacht  ä  la  Fert6  soubz  Jouerre      .     .      7 
Von  Chalon  ahn   biß   ä    la   Fert6    viermal 

über  Matronam  üuvium  zufaren  .     .     .       i 

7.  Zinstag  Imbis  zu  Meaulx 4 

Zu  nacht  ä  la  Claye 7 

8.  Mittwoch  zu  Imbis  zu  Paris 4 

Zu  nacht 7 

9.  Donstag  alda    stillgelegen   dem  pferdt   zu 

ruwe,  Imbis  vnd  Nachtmal  .  .  .  .10 
Dem  pferdt  die  eisen  zu  scherpffen  .  .  i 
Das  vellis  küßlin  weil  es  das  pferdt  drucket, 

mitt  hirtzfar  zu  füllen iß 

10.  Freittag    von    Paris    gezogen   aufF   Orleans 

Mittag  zu  Longimeau 3V2 

Zu  nacht  Chartres 7 

11.  Samstag  Imbis  k  Estempes 3^2 

Zu  Nacht  Engeruille 7 

12.  Sontag  Imbis  Artenay 3 1/2 

Zu  nacht  Orleans 7 

Zu  Orleans  der  Promotion  halben  stilgelegen 

1 5  Tage,  vnd  der  wegen  auß  offner  Her- 
berg aufgezogen,  vnd  mich  in  eines  Ehr- 
lichen Burgers  hauß,  In  der  vniuersitet  ge- 
legen, gethan,  meinen  geschafften  fürder- 
licher  nachzukhomen ,  auch  vberlauffen 
von  Teütschen  so  In  offner  Herberg  zu 
besorgen,  vnd  also  daher  vnruwe,  hin- 
derung  größere  vnkosten  zu  uermeiden. 
Trifft  mein  Pension  die  Zeitt  ....  3.  C 
Vnd  dem  Pferdt  den  tage  3.  batz.  macht 
die  15.  tag  lang  sampt  des  stalljungen 
trinckgelt 2. 


Georg  Nessel.  ^^I 

Pro  Gradu. 

Nach  manigfaltigem  protestira  von  meinem 
geringen  vermögen  vnd  schlecht  auß- 
khomen  sampt  ander  dergleichen  mehr 
Behülff,  hab  Ich  durch  fürdemng  vnd 
Commendation  des  fümembsten  Doctoris 
et  profeßoris  Aurelij  mitt  dem  Collegio 
entlich  vberkhomen,  den  Doctoribus  pro 
Gradu  zugeben 32souCron, 

Vnd  aber  die  Jura  so  neben  zu  den  Offi- 
ciarijs  Vniuersitatis  gewonlich  gepürendt, 
besonders  abgericht,  als  nämlich  Can- 
cellario  Vniuersitatis  pro  sigillo  quo  muni- 
tae  sunt  Literae  Doctoratus      ....      4  franck. 

thut 40      batz. 

Secretario  eiusdem  Vniuersitatis  siue  Scribae 
actuario  pro  conficiendo  instrumento  seu 
literis  Doctoratus i     Cron. 

Bidello  Generali  Vniuersitatis      ....       ^U     * 

Bidello  nationis  Germanicae V*     * 

Nationi  nostrae  pro  Jure  solito  ac  debito 

ab  eo  qui  Doctoratus  insignia  consequitur     i  » 

Den  letzten  tag  februarij  Bin  Ich  von  Orleans 
nach    Mittags   verritten.     Gelegen    vber 

nacht  zu  Artenay 7       batz. 

tij   I.  Imbis  zu  Engeruille 3*- 2     * 

Nachtmal  zu  Estempes 7  V2     * 

2.  Imbis  zu  Monttheri SVs     * 

Zu  Nacht  Paris 7^2     » 

Zu  Paris  gelegen  14  Tage,  vnd  geselschafft 
erwartet,  mittler  Zeitt  aber  mich  auß  offner 
Herberg  zu  einem  Ehrlichen  bekanten 
Burger  gethan  miudrer  Vnkosten  halben 
Trifft  mein  Pension 3  Cron. 

Vndt  für  das  Pferdt  allen  tag  3  batz.  macht 

die  gantze  Zeitt  mitt  trinckgeltt  ...  46       batz. 

Das  pferdt  von  newem  beschlagen  lassen 

ehe  den  Ich  von  Paris  verritten  ...     4         » 

Den   15.  Martij  von  Paris  verritten 

5-         Zu  Imbis  k  la  Claye 3^2     * 

Zu  nacht  k  Meaulx 7^/2     ^ 

6.  Imbis  k  la  Fert6  soubs  Jouerre        ...     4  » 

Zu  nacht  k  Chasteau  Tierry    ....  7  » 

Vber  Matronam  fluvium  viermal  zwischen 

La  Ferte  vnd  Chalon  zu  faren     .     .     .  i  » 

7.  Imbis  Dormant 3Vt  * 

Zu  nacht  Espemey 7V2  » 


452 


Knod. 


i8.         Imbis  zu  Chalon 3I/2  batz. 

Zu  nacht  k  Poua 7 

Martij  19.  Zu  Imbis  k  Sommeil     .......  3*/» 

Zu  nacht  Bar  le  Duc 7 

Daselbst  dem  pferdt  zwey  eiCen  lassen  aoff- 

schlagen 2 

Den  Sattel  füllen  lassen iVs 

20.  Imbis  zu  S.  Aubin SY^ 

Zu  nacht  k  Fou 7 

21.  Imbis  ä  Nancy 4 

Zu  nacht  S.  Nicolas  8 

22.  Imbis  zu  Newstatt     . 3»/8 

Nachts  zu  Blanckenberg     ......  7^/2 

Von  Blanckenberg   ein  Man   mittgenomen 

Der  vns   durch    das  Holtz   auif  Sarborg 
den   rechten  Wege  füre,  zum  Imbis    für 
sein  futer  Mal  vnd  Verehrung  traffe  mein 
Antheil    .     .     .     .     .     .     ...     .     .     3 

Imbis  zu  Sarburg      ....     .     .     .     •     3 

23.  Von  Sarburg  aber  einen  mittgenomen  der 

vns  von  dannen  göhü  Zabem  durch  das 
Holtz    den    rechten  Sichern  Weg    leite,- 
für  sein  futer  mal  vnd  Verehrung  traffe 

mein  Antheil 3 

Nachtmal  zu  Zabem 7^/2 

Den  24.  bin  Ich  mitt  der  Hilffe  des  Almech- 

tigen    alhie   wider   ankhomen,   hatt   der 

Klepper  zwen  tag  zum  Neßelbach  verzert     5 

Dem  Stallknecht  Jetzgedacht  Klepper  auff 

M.  Herren  Stall  zu  reitten  zu  Verehrung 


Catalogus 

Librorum,  quos  Luteciae  emi  quia  diffi- 
cilius  in  Germania  reperiuntur  vel  saltem  non 
facile  uno  in  loco:  Addo  quod  charius  in  hisce  locis 
venduntur,  quia  in  Gallijs  impreßi  ad  nos  advehuntur. 

Bartolus  in  Libros  50  Digestorum  et  in  Codicem, 
Item  Consilia  eiusdem,  Operaque  omnia  in  5  Volu- 
minibus constat 12  fl. 

Zasij  opera  omnia  in  3  voluminibus  constat      .       9   » 
Abbas  Panormitanüs  in  5  Libros  Decretalium, 
optimam    totius    Juris    Canonici    partem   in    5    Volu- 
minib.  constat 9   » 

Speculator,  unicus  practicae  Jurisprudentiae 
magister.     const 3   > 


Georg  Nessel.  4^3 

lis  Summa 2  ü, 

anius    Garzia    Hispanus    Interpres    subti- 
i  materiam  pactorum  tam  ff.  quam  Cod.  et 
in  L.  Gallus  ff.  d.  posthum i   cron. 


celebriores  ex  Veteribus  Bai-  \  in  usus 

cob.  Alvarotus  /  feudorum       ^ 


} 


Ex  Neotericis 
in  usus  feudorum 2  fl. 


ica  celebris  Jo.  Pet.  de  Ferrarijs  .     ...  12  batz. 

ica  Baldi 3  » 

ica  Hippolyti  de  Marsilijs 5  » 

.  crim.  Damhouderii 8  » 

.  criminalis  Jo.  Milaei  Boii 6  » 

issus  Juris  Panormitani 4  * 

!ssus  Juris  Henningi  Goeden 3  * 

ssus  Juris  AIciati 6  » 

lim.  Hopperus  de  Juris  arte 12  » 

in  Pandectas 3  » 

ani    de    Federicis    Commentariorum    Libri 

de  Interpretatione  Juris 4  * 

titiones  Vetustissimorum  Doctorum  Raphaelis 
mannj,    Phil.  Decij,    Castrensis,  Dini    et   in 

Leges  ff.  et  Cod 4  » 

idem  repetitiones  in  10  capita  Juris  canonici  4  » 

laria  Ludovici  Romani 4 

elmi  ßudoei  forensia 5 

orrasii  Tholosatis,  JCti  clarissimi  nostri  tem- 

•is,  Miscellaneorum  libri  sex  et  de  Servitutib.  ff,  9  » 

IS  in  regulas  Juris  Civilis 4  * 

;  in  regulas  Juris  Canonici,  Socinus  de  fallen- 

regularum  ulriusque  Juris 4  » 

)ralia  Cateiliani  Cottas Q  ^ 

lij  Augustini  Emendationum  Juris  libri  4  .  6  » 

atus  et  Cauteice  Cepoll« 12  :> 

legales  Everhardj 5  » 

atus  Corvesij    \ 

atus  Tancreti  j 

iridion  Appellationum  et  Torturae     ...  8  » 

idorpij  ClaCes  actiouum       ......  8  » 

lern  Lexicon 5  * 

em  collatio  Juris  Ciuil.  et  Can 4  » 

:isci  Duareni  opera i  fl. 

[antua  de  solvendis  argumentis  in  Jure       .  3  batz 


454 


Knod 


IL 

Georg  Nessel  an  die  Scholarchen  Petr.  Sturm,  Jac.  Me; 

und  Friedr.  von  Gotteßheim. 

Speyer,  1560  April  i< 

Großgünstig   gebiettende   Henren,   welcher    Gestalt    E.  e. 
vnd  g.  mir  vor  diser  zeitt  auff  zwey  Jahr  alhie  am  Kay.  Camn 

gericht  zuwohnen,  verleyung  bewilligt   haben Wan  d< 

das  Erste  Jar  ermelter  Verleyung  nunmehr  herumb  vnd  verfloss 
also  vberschicke  ich  hiemitt  desselbigen  ordenliche  Rechne 
Dann  obwol  gedachte  E.  e.  v.  g.  mich  von  Item  zu  Item  vn( 
schidlicher  Verzeichnung  der  außgaben  erlassen  vnd  al 
Summarische  Rechnung  jedes  Jar  zu  thun  aufferleget,  jed 
weill  die  außlage  dises  Ersten  Jars  ettwas  höher  lauffen  will, 
Ich  gleich wol  mir  gar  kheiner  onnötigen  noch  onzimlichen  a 
gäbe  be  wüßt,  Sondern  allein  ettliche  Ehrliche  Standmässige  Claid 
sampt  allerhant  anderm  alhie  gepreuchlichen  einrüsten,  so 
diß  volgende  Jar  wider  dienen  vnd  zu  stewer  khomen  1 
bemelt  Erstes  Jahr,  hab  ich  dessen  zu  glaubwürdigerem 
augensichtlichen  Bericht  alle  vnd  jede  Expreß  In  hiebey  verwa 
Schrifft  von  Stück  zu  stück  vnderschidlichen  verzeichnet  E 
V.  g.  zusenden  wollen  Mitt  angehenckter  dinstlicher  vleyss 
Bitt,  solche  von  mir  günstiglich  anzunemen,  Vnd  Im  fahll,  de\ 
Ich  mich  doch  nach  gestalt  aller  Sachen  nit  versehe,  die  Co 
berürts  Ersten  Jars  ettwas  groß  geacht  werden  sollen,  kl 
vngünstig  Mißfallen  oder  beschwerde  darob  zu  tragen  beson 
liehen  In  erwegung  daß  alhie  in  gemein  vbertewer  zu  lel 
dessen  an  alle  die  sogleichergestalt  sich  hie  enthalten  hai 
oder  noch  enthalten,  die  mir  hierin  gewißlich  beyfall  thun  wen 
gezogen.  —  So  den  etwan  einer  In  khuntschafft  der  Herrn  ac 
caten  vnd  Procuratoren  zukhomen  begert,  auch  darein  i 
genomen  würdt,  haben  E.  e.  v.  vnd  g.  güttlich  zu  erachten, 
sich  zimlich  standmässige  Verhaltung  In  alleweg  Ehrenhalb  gepi 
will.  Wie  ich  dan  Gott  lob  den  Berumptesteu  vnd  furnemb 
Herren  des  Gerichts  recht  bekhant  vnd  anhängig,  auch  jetzi 
meinen  Costgang,  welcher  sonst  nicht  gebreuchlich  vnd  w^en 
gedeyen  mag,  bey  einem  Cammergericht  Aduocaten 
procurator  erhalten,  der  mich  trewlich  anführet  vnd  in  cc 
piendo  vbett,  auch  bey  andern  in  khuntschafft  mir  zu  me 
lichem  Nutz  bringt.  .  .  .  Das  dan  dieselbe  über  souilfeltig  vc 
Befürderung  meines  Vorhabens  mich  auch  meiner  Bitt  der  Bü 
halben  also  günstiglichen  gewehret  haben,  Ist  mir  mitt  ge 
lieber  vnd  genügsamer  Dancksagung  zu  rühmen  onmügelich 
(  .  .  ,  Äa/  bereits  wo  Thaler  auf  das  erste  Jahr  empfangen; 
aber    noch    vom    ersten  Jahr    zu  bezahlen    44  Ä  9^2  balzen,     B 


Georg  Nessel.  455 

ihfn     dieses   Geld  zu  schicken  und  dazu    den    Vorschuss  für   das   neu 
afiST^^^de  Jahry\ 

III. 

C>corg  Nessels  erster  Aufenthalt  am  k.  Reichskammer- 
gericht zu  Speyer. 

(1559  Ostern  bis   1560  Ostern.) 

Einname. 

Empfangen  zu  Straßburg  von  Herrn  Friderich  von 
15.  April  Gotteßheym. 

ao.  59.     In  namen  M.  G.  Herrn  Scholarchen    .     .     50  Thaler 

22   .  Sept.  Widerumb  zu  Speyr  durch  Hans  Eicken       50       » 

Jeden  Taler  Außgabe.     In  Costgelt. 

gere<&netf    ^^    Straßburg    von    dem    24.   Martij    auff 

welchen  Ich  auß  Franckreich  wider  an- 
heimisch khomen  vnd  biß  auff  den  1 7 .  Apri- 
11s  exclusive,  a!da  bliben,  für  Cost.  2       » 

Zu  Speyr  von  dem  1 8.  Aprills  biß  auf  deo 
23ten  eiusdem  In  der  offen  Gastherberg, 
so  lange  biß  Ich  ein  gelegnen  Costgang 
vnd  Behausung  erfragen  vnd  bestanden, 
verzert 2       » 

Auflf  erstgemelten  23.  Aprilis  Im  ordent- 
lichen Costgang  angetretten,  Ist  die  pen- 
sion  Jede  woch  ein  Goltgulden,  drifft 
durch  das  Jar  auß     ....       56  Taler  9  batz. 

In  Behausung  Stub  vnd  Cammer. 
Durch  das  Jahr  1 2  Goltgulden  thutt    1 3  Taler  3  Creütz. 

In  Holtz  für  den  gantzen  winter,  300  wellen 
gestöhn  mitt  dem  aufftrager  Lohn. 

3  fi.  thutt  2  Taler  10^2  batz. 

In  Liechtern  durchs  Jar  auß  ein  fi. 
In  Claidung. 
Ein  Schwartzen  Rock  mit  Sammatt  beleget, 

gestöht  in  Zeug  vnd  Macherlohn       .     .      15  Taler 
Ein  Schamlott  in  Gestalt  Röcklin  mitt  Ermein 

vnd  Seidenschleiflf  vnd  knöpfflin     5  Taler  13V2  batz. 

Summa  97  Taler  14^,4  batz. 


')  Wie  Engel  (p.  73)  diesen  Brief  in  sein  Urkundenbuch  aufnehmen 
konnte,  da  er  mit  seinen  Zwecken  nichts  gemein  hat,  ist  nicht  zu  verstehen. 
^Tir  können  ihn  aus  leicht  begreiflichen  Gründen  hier  nicht  entbehren. 


45^ 


Knod. 

Ein  leddern  Koller 2  Taler 

Ein  schwartz  par  Hosen  mit  Taffat  durch- 
zogen vnd  ein  Burseten  Wammeß   8  Taler  1 2    batz. 

Ein  schwartz  wüllin  ponnet 12      > 

Dem  Schneider  durchs  Jahr  für  Besserung 

der  Cleider  auff  mehr  mallen       ...      12    batz. 

Ein  Wameß  von  Gredsch  Barchet  In  Zeug 

vnd  Machlohn        i     Taler 

Ein   gestrickt  Baumwüllin  Hembd  für   den 

winter 16    batz. 

Ein  par  Liddem  Händtschu  mitt  gestücktem 

vnderzug 4      * 

Für  ettlich  Dutzendt  Seidner  Knöpfflin  In 
statt  der  abgöhnden  am  Röcklin  vnd 
wames  durchs  Jar 10     » 

In  Hemdern. 
für    18  eeln  Linwath   zu    3.  Hemdem,   Je 

6  eeln  für    .     .     .     .    i.  fl.    thutt  2  Tal.  io*/2  » 

Macherlohn 12      > 

für  reine  Linwatt  zu  den  Creßlin     ...  4      > 

Söcklin  vnder  die  Hosen.     6  par.     .  6      > 

Hembder.  Söcklin.  Naßtüchlin  vnd  der- 
gleichen durchs  Jar  zu  waschen      i   Taler  3      » 

Dem  Schumacher 
für  Einfach  vnd  Doppelschu,    deßgleichen 
pantoffel     auch    flückwerck    durch    das 
gantz  Jahr 3.  tal.    11J/4  » 

Bücher  So  Ich  allhie    zu  vnderschidlichen 
Zeitten  nach  notturfft  gekaufft. 

Für  die  Kay.  Cammergerichts  Ordnung 
sampt  der  peinlichen  Halßgerichts  Ord- 
nung   24      " 

Practica  forensis  Guil.  Hannetonij    ...        5      * 

De    arte    Testandi    et    cautelis    ultimarum 

voluntatum 6      - 

M.  Mantuse  tractatus  tres  i.  de  maiore.  14. 
an.  efficaciter  obliq.  2.  d.  Jure  protomy- 
xeos.  3.  de  Legitima  filiorum  ....        5      ^ 

Andr.    Tiraquelli    liber   de   Jure    constituti 

poßessorij 6      > 

Eiusdem  de  Jure  retractus  Liber     ...       12      » 
Die  vier  Jüngsten  Reichsabschiedt  .     .     .        ein  fl. 

Franckfurter  Papir.     28  Bücher  ....  zwen  » 
für  Federn,  Dinten,  Siegelwachß  Faden    .        5     baU. 


Georg  Nessel.  ^cn 

EXTRAORDINARIA. 
In  Reysenn. 

Erstlich  von  Straßburg  göhn  Speyr  sampt 
dem  Fußbotten  von  dannen  mittgenomen, 
M.  G.  Herren  Klepper  wider  Hinauf  zu 
führen,  verzert i   Taler 

Ermeltem  Fußbotten  für  sein  arbeitt  herab 
zu  lauffen  vnd  den  Klepper  wider 
hinauffzuführen 12  batzen 

femer  Zergelt  für  Ihn  vnd  das  pferdt  auff 

zwen  tag  biß  göhn  Straßburg       ...      16       » 

für   ein   Reijßküste   darin    meine  Gereide, 

herunder  zu  führen  dem  Schiffman  geben     1 2       » 

Weitter  dem  Fuhrman,  der  mir  ein  fartt 
Bücher  auff  22^  libr.  schwer  so  Ich  in 
Franckreich  gekaufft,  von  Straßburg 
herunder  gefürt 15       » 

Item  in  ferijs  ludicij  Camerae  mitt  meinen 
Tischgesellen  vnd  Landsleutten  auff  zwen 
tag  göhn  Heidelberg  gefarn,  Drifft  mein 
Antheil  In  Zerung,  furlohn  vnd  Trinckgelt 
dem,  so  vns  das  Churfürstlich  Schloß  den 
Gartten  vnd  Churfürst  Otts  Henrichen 
Hochlobl.  Gedechtnuß  fürtreffenliche  Be- 
grebnuß  gewisen 2  fl. 

Summa  9  Taler  1 5  batzen. 

In  Gastung. 

Je  zu  Zeitten  meine  Günstigen  Herrn  von 
Cammergerichts  personen  von  denen 
etwas  zu  lernen,  die  mir  auch  Ehr  vnd 
freuntschafft  erzeigt,  Und  dan  zu  mehre- 
malen  meine  Landßleutt  so  allhie  wonen 
oder  durchziehen,  Im  ordentlichen  Cost- 
gang  zu  gast  gebetten,  Sie  mich  auch 
vndtwilen  selbs  in  meiner  behausung 
besucht,  Mag  alles  in  zimlichen  Malzeitten 
vnd  vndertrüncken  das  gantz  Jahr  durch 
Lauffen  ongefärlich  auff 4  Taler 

Item  hab  Ich  vnßer  Tischgewonheitt  nach 
als  Ich  angestanden  meinen  Commensa- 
libus  zum  Eingang  vnd  Verschenkung 
Meines  Tauffnamens  auff  S.  Georgtag 
zum  besten  geben i   Taler 


458  Knod. 

Verehrung  Schencken  Kirchmeß. 

Als  meine  Costgesellen  der  Costfrawen  vnd 
dem  gesinde  auff  den  Montag  Speyrisch 
Jarmarck  Kirchmeß  verehret,  gepürte  mir 
für  mein  Antheil 7  ba 

Eben  zu  der  Zeitt  dem  gesindt  vnd  Khinden 
In  meiner  Bewonung  zu  Kirchmeß  ge« 
schenckt 5       »► 

Vnd  zum  Newen  Jahr  beyden  gesinden  Im 
Costgang  vnd  behausung  nach  Speyrisch 
brauch  verehrt 24  baC^. 

Als  mein  Costherr  seiner  Baßen  eine  zu 
der  Ehe  außgestattet,  hatt  er  alle  Tisch- 
herren zum  Hochzeittlich  fest  gebetten, 

allda  gabte  der  Man i   Tai^lc 

Eleemosynae.  Was  Ich  dan  Nachmain 
auß  Liebe  des  Nechsten  vermüge  göttlich 
gebott  zu  zimlich  stewern  der  armen  so 
schulern  so  andern  durchs  Jar  verwendet, 
welches  aber  Christenliche  bescheidenheit 
von  Item  zu  Item  Vnderschidlich  zu 
rechnen  nicht  zugibt,  mach  ongefarlich 
erreichen i        :*• 

Medicin». 

Potus  Caßiae  pro  evacuatlone  humorum    .  8  ba.'^-s 

Aderlässe 3      ^^ 

Medice  pro  consilio i  TslI 

In  Wasserbädem  vnd   dem  Barbier  durch 

das  Jahr 7 

Bottenlohn. 
Dem  Hanß  Eicken  so  mir  von  M.  G.  Herren 

Scholarchen  den  22.  September  ao.  59. 

Schreiben  sampt  fünfftzig  Talern  bracht 

verehrt 4 

Des  Straßburgischen   postmeisters  Son   für 

ettliche  vnderschidliche  Mall    ....       3 
Vnd  andern  deßgleichen 3 

Suppellex  varia. 
Ein  Lucem  für  den  winder  auß  dem  Cost- 
gang göhn  Hauß  bey  nächtlich  weil  vber 

die  gassen  zu  göhn 3 

Ein  Eißen  Lichtbutzer i 

Ein  Messer i 

Summa  2  Taler  "j^js  b 

Summa  Summar.    144  Taler  9^/2  b 

Georg  Nessel  D(octor)  scrips. 


Georg  Nessel.  ^^g 

IV. 
Georg  Nessel  an  die  Scholarchen. 

Speyer,  1559  October. 

/  a.  22,  Sept.  d,    erbetenen   50  Thlr,   empfg.      Wird  genau 
n). 

aber  E.  E.  V.  u.  G.  der  Bücher  halben  schreiben, 
ich  abermals  mitt  sonderm  danckbarm  gemutt  dero 
igt  bedencken  derselbigen  also  zu  nottwendiger  bestellang 
en  also  gunsttiglich  erpietten.  Bin  für  mich  nie  willens 
dern  ettwas  ansehnlichs  alhie  einzukauffen,  aul?geschlossen 
.  Cammergerichts  Ordnung  sampt  ettlichen  Reichsab- 
,  Vnd  wenig  Tractatus,  so  nicht  all  weg  leichtlich  zu 
n  vnd  doch  von  hohen  nötten  Mitt  den  fürtrefflichenn 
ils  Baldo,  Jasone  vnd  dergleichen,  deren  ein  Aduocat 
is  gerichtliche  Schrifften  als  Replicas,  Duplicas,  Triplicas, 
ones  etc.  stellen  soll,  nit  kan  enthtratten,  biß  an  her 
ehapt  vnd  verzogen,  Weil  aber  nun  hinfürtan  die  Zeitt 
1  will,  das  Ich  selbs  auch  handt  anlege  und  mich  in 
ido  et  aduocando  übe,  darzu  dan  solche  Lehrer  auß 
ichen  nottwendig,  das  mehrmals  die  lext  der  geschrib- 
oischen  Rechten  so  ettwan  an  Inen  richtig  und  lautter, 
^enanwäldten  anderm  Schein  einer  opinion  Baldi  oder 
Ihrer  Sach  zu  glimpff  vnd  vorstandt  wunderbarlich  vnd 
mselbigen  Doctori,  den  sie  darüber  anziehen,  gantz  zu- 
irwürrett  vnd  gradbrecht  werden,  das  man  alßdan  die 
surhandt  habe,  angezogner  Meinung,  ob  sichs  also  halte, 
:hzuschlagen.  Als  auch  ungezweiffelt  E.  E.  V.  u.  G. 
tiverstendigem  Bedencken  disser  meiner  gelegenheitt  eben 
ch  halben  sich  selbs  hierzu  günstiglichen  erbotten,  so 
vegcn  sovil  desto  getröster  mein  vleissig  dinstlich  Bitt, 
e  wollen  mir  zu  Ihrem  besten  beduncken  vnd  gefallen, 
pera,  dern  Catalogus  hiebey  gelegt  In  Leon,  da  sie  am 
zu  bekhomen  umb  das  sie  alda  getruckt,  günstiglichen 
llen. 

Catalogus  librorum  emendorum  Lugduni. 

)pera  Baldi  &  Jasonis     ....   propter  praxim 

Guidonis  Papae 
Rotae 

Mathaei  de  Afilictis 
siones        Thomae  Grammatici 
Antonij  Capycij 
Nicolai  Boerij 
Steph.   Auffrerij 


ad  confirmandum 
iudicium 
in  decidendo 


460  KLnod. 

Bartholomaei  Chaßenei  comment.  in  Consuetud.  Bargiii 

Practica  Judicialis  Langfranci 

Practica  Criminalis  Petri  Follerij 

Angeli  Liber  de  Maleficijs 

Joan.  Faber  in  Instituta  Jur.  Ciuil. 

Sebast.  Vantij  Ariminensis  Libell.  de  Nullität,  proces 
et  sentent. 

Memoriale:  Hi  libri  comparandi  Lugduni  in  albis  ut 
non    ligati,    ne    inter    vehendum    corrumpantur,    deinde 
editionis,    bene  et   accurate   coUationentur,  ne    qua   mend 
neve  desit  quicquam. 

V. 

Georg  Nessels  zweiter  Aufenthalt  am  K.  Reichskan 

gericht  zu  Speyer. 

(1560  Ostern  bis   1560  Mai.) 

Inname  auff  das  ander  Jahr,  so  meine  Groß- 
günstige Gepiettende  Herren  Scholarchen 
mich  zu  Speyr  erhalten. 
Anno  60.  Erstlich    den     14.    Julij  ao    Chr.    60     Von 

VVolffgang    Haller   Kay.    Pfennigmeister, 
Empfangen    Sechtzig  Philippsch  Thaler, 

Thundt 80 

Ao.  61.  Mehr  den  6.  Januarij  Von  Herrn  Andres 
Plötzger  Bürger  zu  Speyr  empfangen,  in 
Müntz 60 

Letzlich  den  16.  Maij  von  M.  G.  Herrn 
Scholarchen  Procurator  empfangen  .     .     66 

Von  obbestimpter  Summa 
Hab  ich  zuuorderst  fünffzig  Gulden,  die 
Ich  noch  vom  ersten  Jahr  vermög  vnd 
nach  außweijsung  dero  deßhalben  ge- 
thaner  Rechnung  schuldig  blibenn,  ent- 
richt  vnd  bezallt;  Vnd  dann  die  vbrigen 
156  fl.  durch  diß  ander  Jahr  verwandt 
vnd  aufgelegt  In  Massen  vnderschidlich 
hernach  volgt. 

Außgabe  diß  andern  Jahrs. 

Erstlich  im  ordenlichen  Costgang  durch  das 
gantz  ander  Jahr  von  dem  23.  April, 
ao.  60.  biß  auff  den  14.  Maij  des  Jetzt 
lauifenden  61.  Jahrs,  Jede  woch  ein 
Goltgulden,  Thutt  dise  Zeijtt  vber, 
55  Goltgulden Macht     68» 


Georg  Nessel.  46 1 

In  Stub  vnd  Cammer  die  bestimpte  Zeijtt 

durchaaß,  thutt  128/4  goltguld. 

Macht   16  fl.  weniger   i   batz. 
In  Holtz  durch  den  gantzen  winter  funffhalb- 

handert  wellen  Sampt  dem  Vfilrager  Lohn       6  fl. 
In  Liechtem  durch  das  gantz  Jahr    15  lib.        i    » 

Cleidung  durch  diß  ander  Jahr. 

Für  ein  wüllin  Ponnet  vmb  Ostern       .     .     12  batz. 
Zu  einem  wammeß  3 1/2  eeln  schwartz  ge- 

schornen   Bombaßin    die    eel    4 1/2    batz 

Macht  I  fl.  3  creütz. 
Item  4  eeln  futer  Barchet  darunder  .  .  8  batz. 
Item   I  ^ji  Dutzend  Seidne  Knöpfflin  an  das 

Wammeß 3         » 

Zu   einem  Par  Hoßen  2^/4  eeln    schwartz 

Thuch,  die  eel  i  Thaler,  Thutt  .  2  fl.  9V4  » 
Item  3  eeln  futer  barchet  vnder  die  Hoß  6  » 
Item  6  eeln  einfachen  Taflet  zum  vnderzug, 

Je  3  eeln  für  ein  Thaler,     Macht      2  fl.  4^/2    » 
Item  ein  lott  StöGseiden     ......     3        » 

Item  zweij  schwartze  vflgeribene  Bocksfell 

zu  einem  Collett .     2  fl. 

Ein  Dutzend  Knöpfflin  daran      ....     3         » 
Zwölff  eeln  Seidene  Passamentschnür  aufl" 

das  Collet 10 

Macherlohn  für  diß  Alles,  Hoßen  Wammeß 

vnd  Collett  zusammen    ....       i   fl.  9 

Der  Geaellen  Trinckgeld 2 

Sechs  Par  linen  Söcklin  vnder  die  Hoßen     6 
Vmb  Michaelis  Zu  einem  Par  Ermel  1 1/2  eeln 

Doppeltaflet 2  fl. 

Zwo  eeln  futer  Barchet 4         > 

Macherlohn  sampt  einem  halben  Dutzend 

Seidin  knöpfflin  vnd  Steppseiden  .  .  6^/2  » 
Dem  Schneider  durch  das  Jahr  auß  Röcklin, 

Wammeß,  Hoßin  zu  bessern      ....      i   fl. 
Für  Seidene  Schleiff"  vnd  khurtze  Knöpfflin 

In    statt    der    abgöhnden    an    Cleidem 
Röcklin,    Wammeß,   Collett,    Ermell   auff" 

mehrmal 12         » 

Vmb  Wihenachten  ein  wüllin  Ponnet   .     .   12         >f 
Vmb  Mittfasten    ao.    61.    für    ein   Schwartz 

Par    Hoßen    sampt    einem    Bombasinen 

Wammß,  gestöht  In  allem,  Zeug,  Macher* 

lohn,  Trinckgelt 8  fl.   12 

Für  ein  Par  gantzer  Schechtern  Reitthoßen   1 2         » 

Summa  lateris   19  fl.   13^/2  batz. 


» 


462  Knod. 

Hemeder  hab  Ich  zur  Noturfft  zweij  lassen 

machen  darzu   12  eeln  linwatt  für     .     .     2  fl. 
Ein  halb  eel  Rein  linnwatt  zu  den  Cröslin     2      ba^^.j 

Macherlohn  von  beiden 8        > 

Für  Hembder,  Naßtüchlin,  Söcklin  vnd  der- 
gleichen durch  das  Jahr  zu  säubern  .22  ^ 
Schuster  für  einfach  vnd  Doppelschu  auch 
zu  Zeijtten  dieselbigen  zu  bessern  sampt 
der  Gesellen  trinckgelt,  Trifft  diß  ander 
Jahr 4  fl. 

Bücher 

Praxis    de    puteo    &     alij     de    Sindicatu 

gebunden i  fl.  5  =■*- 

Repertorium  Nicolai  de  Milis  gebunden  .   10  :^ 

Jacobinus  s(uper)  Feudis  gebunden      .     ,     8  ^^ 

Vanderani  tractatus  de  priuilegijs  creditorum     5  -^ 
Für  Papir  durch  diß  ander  Jahr      .     .     .     2  fl. 

EXTRAORDINARIA. 

Die  Bücher  mitt  welchen  Meine  Groß- 
günstige Herren  Scholar  che  n  mich  ver- 
ehrt, eingebunden  wügendt  vierthalb 
centner,  auff  dem  Rhein  herunder  zu 
führen,  Sampt  der  Schiff*leütt  Trinckgelt  i  fl. 
Dieselbige  darob  einzupacken     ....     3  =* 

In  das  Schiff  zu  führen i  » 

Hieunden  auß  dem  Schiflf  In  meine  Be- 
hausung zu  führen 21/2     *^ 

Die  Kist  darin  sie  verwarett  drob  gestanden     8  ^ 

Summa  lateris   15  fl,  weniger  ^(2  batz^ 

Gastung  durch  diß  ander  Jahr  als  Ich  je 
zu  zeijtten  meine  günstige  Herrn  Junge 
Cammergerichts  Personen  so  mir  auch 
eher  vnd  freuntschafft  erzeigt,  vnd  andere 
so  mich  ettwan  besucht  im  ordentlichen 
Costgang  zu  gast  gebetten,  sie  mich  auch 
vnderweills  selbs  in  meiner  Behausung 
visitiert,  Mag  alles  in  Mallzeijtt  vnd  vnder- 
trincken  lauffen  auff 3  fl. 

Verehrung.     Schencken. 

Hey  meiner  Costgesellen  eines  Jetzundt 
Nassawischen  Düllenburgischen  Rhatts 
Hochzeijtt,  gleich  andern  darzu  erbettenen 
Jungen  Cammergericht  Personen  verehrt     i   TYm.^-^' 


Georg  Nessel.  ^.53 

Auff  S.  Georgtag  beide  im  Costgang  so 
dann  auch  In  meiner  Behausung,,  wie 
gebreüchlich,  meinen  Taufifnamen  ver- 
schenckt 2  Ü, 

Auff  dem  Speyrischen  Jahrmarckt  beide 
meines  Costherrn  vnd  Haußmeisters  Kin- 
dern zu  Kirchmeß  verehrt 6  batz. 

Auff  den  Newen  Jahrstag  beiden  Gesinden 
vnd  kindern  Im  Costgang  vnd  Behausung 
zum  newen  Jahr  geschenckt    ....       2  Ü, 

ELEEMOSYNiE. 

Daß  Ich  auß  Christlicher  liebe  der  dürflfb'g 
Schülern  vnd  andern  auch  durch  brandt 
des  vergangenen  Jahrs  verderbten  Leöthen 
zu  steur  mittgetbeillt,  vnd  aber  von  Item 
zu  Item  vermög  Christenlicher  Bescheiden- 
vnd  gelaßenheit  nicht  soll  aufgerechnet 
werden,  Mag  durch  das  Jahr  auff  ein 
gülden  darob  oder  darunder  lauffen     .      i    » 

S*.  Lateris     .     .     ,     8  fl.  '/^  batz. 

M  E  D  I  C  I  N  A  E. 

Ao.  Chr.  60.  für  zwey  Vorträncklin  vnd  ein 
Purgatz  sampt  einem  Elec.  tuaris  pro 
confortatione  Ventriculj 20  batz. 

Dem  Arzt  pro  consilio 2  fl. 

Eodem  anno  60.     Aderlässe 2  batz. 

für   ein  Gurgulwasser  wider  Halßgeschwer     4       •> 

Mehr  ao.  61   Mense  Maio. 

für  ein  Lenitivum  vnd  dann  ein  Decoction 
vnd  morcelles  ad  confortandum  ventri- 
culum I   fl.  3       * 

Dem  Artzt  pro  consilio 2  fl. 

Eodem  anno  61.     Aderlässe       ....     2  batz. 

In   Wasserbädern    vnd    den  Barbieren  diß 

Jahr  lauflft  vff* 10       » 

Bottenlohn  durch  diß  Jahr  auff"  ....     8       » 

Zwen  Schlüssel  zu  machen  einen  zu  meiner 
Studirstuben,  den  andern  zu  der  Reyss- 
kisten 4       ^ 

für  ein  Kisten  zu  meinen  Büchern        .     .    12       ' 

.\Ile  drey  Kisten  darin  meine  Bücher  vnd 
Cleider  verwarett,  einzupacken,  göhn 
schift"  an  Rhein  zu  führen,  vff,  ab,  vnd 
einzuladen  Thutt  zusammen     ....     9       * 

f    Gesch.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV  3.  31 


^.04  Knod. 

Dieselbige  haruff  zu  führen  (sämptlich 
wügendt  Neunthalb  Centner)  Jeden 
Centner  verdingt  vmb  5  batz.  Thutt 
sampt  dem  Trinckgelt 3  fl. 

Zum  Abzug  von  Speyr  allenthalben  Im 
Costgang  vnd  Behausung  den  klndem 
vnd  dem  Gesinde  verehrt  auflf     .     .     .     2  fl. 

Vff  der  Reiße  von  Speyr  alher  verzert 
sampt  dem  Roß i    » 

Das  Roß  allhie  zum  Geyst  zwo  nacht  vnd 
ein  tag  verzert */2    * 

Meiner  Herren  geschwomen  hotten  einem 
den  Clepper  widerumb  hinab  göhn  Speyr 
zu  führen  für  sein  vnd  des  Roß  zerung 
hinab  vnd  wider  hinauff  deßgleichen  seine 
Belohnung,  durch  4  tag  gegeben      .     .     2    » 

Summa  Lateris     5^2  ^* 
Summa  Summarum     158  fl.  2  batz. 


Georg  Nessel  Doct.  scrips. 


Briefwechsel 
Balthasar  Neumanns  mit  Kardinal  Schönbom 

(1728  —  1730) 
nebst  einer  Denkschrift  von  1746. 

Mitgeteilt  von 

J.  Wille. 


Klein  ist  die  Zahl  der  Briefe,  die  wir  bis  jetzt  von  dem 
berühmtesten  Vertreter  der  deutschen  Barockarchitektur  be- 
sitzen, weit  grösser  die  Zahl  der  Bauwerke,  die  seinen  Namen 
für  alle  Zeiten  verkünden.  Was  auch  die  Forschung,  die  sich 
heute  eifrig,  wie  nie  zuvor  bemüht,  den  äusseren  Lebens- 
umständen des  Künstlers,  dem  Werden  seines  Kunstwerkes 
nachzugehen,  noch  auffinden  mag  —  einen  umfangreichen 
Briefwechsel  dürfen  wir  schwerlich  erwarten.  Der  Verkehr 
zwischen  Bauherrn  und  Architekten  ist  ein  anderer  als  unter 
Literaten  und  Schriftgelehrten.  Viel  reden  und  viel  schreiben 
lag  ohnedies  nicht  im  Wesen  des  so  bedeutenden  erst  in 
jüngster  Zeit  durch  eine  sehr  verdienstvolle  Darstellung  i) 
gewürdigten  Mannes.  Wenn  der  in  seinen  Briefen  so 
nüchterne,  in  seinen  Werken  so  geistvoll  beredte  Bau- 
meister einmal  am  Hofe  des  Kurfürsten  von  Köln,  im 
Schlosse  zu  Brühl,  bei  einer  lebhaften  und  widerspruchs- 
vollen Unterhaltung  über  Fragen  der  Baukunst  erklärte, 
allen  Verbalien  gegenüber  mit  dem  Modell  seine  Meinung 
vorstellen  zu  wollen«),  so  hat  er  sich  damit  selbst  am 
besten  charakterisiert.  Praxis  geht  ihm  über  Theorie»  That 
über  Worte.  In  der  Erkenntnis  des  geistigen  Lebens  eines 
grossen  Künstlers  imd  Architekten,  wird  stets  das  Kunst- 
werk selbst  eine  beredtere  Sprache  fuhren,  als  sein  eigenes 


>)  Ph.    Joseph    Keller,    Balthasar    Neumann.      Würzburg    1896.    — 
^  KeUer  S.  I3. 

31* 


466  Wille. 

lebendiges  Wort,  selbst  wenn  ihm  zugleich  der  Ruhm 
eines  grossen  Schriftstellers  gebührte.  Balthasar  Neumann 
aber  war  kein  Schriftgelehrter  und  auch  kein  Schriftsteller. 
Aus  seinen  Briefen  spricht  der  Mann  der  reichen  Erfahrung 
und  der  That  mit  nüchterner  Klarheit  und  starkem  Willen, 
kein  theoretisch  gebildeter  Ästhetiker.  Ein  Handwerks- 
mann unserer  Tage  —  und  ein  jeder  hält  sich  doch  für 
einen  Künstler  —  versteht  besser  und  gewandter  die  Feder 
zu  fuhren,  als  der  würzburgische  Artillerie-  und  Ingenieur- 
oberst und  Baudirektor,  der  auch  gelernter  Stück-  und 
Glockengiesser,  doch  überall  ein  echter  Künstler  war. 
Immerhin  haben  auch  seine  Briefe  2)  ihren  Wert,  insofern  sie 
uns  neben  manchen  Beiträgen  zur  äussern  Lebensgeschichte 
des  Meisters  auch  über  die  zeitliche  Entstehung  und 
Entwicklung  seiner  Werke  Nachricht  geben.  Für  die 
Beziehungen  Balthasar  Neumanns  zu  dem  kunstsinnigen 
Fürstbischof  von  Speier,  Damian  Hugo,  Grrafen  von  Schon- 
born und  zur  Baugeschichte  des  Bruchsaler  Schlosses  bieten 
uns  diese  vorliegenden  Briefe  fast  die  einzigen  wertvollen 
Nachweise,  zumal  Bauakten  und  Pläne  bis  auf  wenige 
Reste  nicht  mehr  vorhanden  sind. 

Ich  habe  im  Badischen  Neujahrsblatt')  des  vorletzten 
Jahres  das  Bruchsaler  Schloss  in  den  Rahmen  von  Kultur- 
bildem  hineinzustellen  versucht  und  dort  nur  mitgeteilt, 
was  ich  mit  dem  Auge  und  dem  Verständnis  des  Historikers 
aus  Briefen  und  Akten  herauslesen  konnte.  Was  dem 
Architekten  daraus  für  ein  Nutzen  erwachsen  ist,  darüber 
mag  er  selber  entscheiden.  Auf  historischem  Boden  werden 
ja  beide  immer  zusammengehen  müssen.  Da  aber  nach 
Balthasar  Neumann  das  Modell  deutlicher  spricht,  als  alle 
»Verbalien«,  so  wird  auch  der  Architekt  aus  Verhallen  und 
Modell  mehr  herauslesen,  lernen  und  lehren  können,  als 
der  Historiker  vermag.  So  werden  also  diese  Veröffent- 
lichungen auch  weiterhin  ihren  guten  Zweck  erfüllen. 

Erst  seit  dem  Jahre  1728  beginnt  ein  Briefwechsel 
zwischen  Neumann  und  seinem  hohen  Bauherrn  aus  dem 
Schönborn'schen  Hause,  dessen  glänzende  Namen  auf  immer 

*)  J.  Wille:  Bruchsal,  Bilder  aus  einem  geistlichen  Staat  im  i8.  Jahr- 
hundert. Karlsruhe  1897.  —  ^)  Dieselben  werden  \n  unveränderter  Form 
abgedruckt,  nur  zum  Verständnis  nötige  Trennungszeichen  sind  gesetzt 


nsnns   ntit  Kardinal  Schönbom.  467 

mit  den  Kunstbestrebungen  des  achtzehnten  Jahrhunderts 
Verbunden  sind.  Wie  weit  vor  diesem  Jahre  der  Würz- 
burger Architekt  zum  Bruchsaler  Hofe  in  Beziehung  stand, 
in  wie  weit  mit  ihm  oder  ohne  ihn  die  Baumeister  Welsch 
«nd  Rohrer  beim  Bruchsaler  Bauwesen  thätig  waren,  muss 
Twrerst  unentschieden  bleiben,  gleichwie  die  Bedeutung  des 
$chIossmode11s  an  der  Decke  des  Kammerflügels').  Dass 
»ber  Balthasar  Neumann  vom  Jahre  172S  an  der  geistige 
Leiter  des  Bauwerks  und  vielgesuchte  Ratgeber  des  ßau- 
berm,  dass  er  auch  hier  wiederum  im  Treppenhause  der 
Weister  war,  dafür  geben  uns  die  vorliegenden  Briefe  den 
tinbestreitbaren  Beweis, 

Auch  unter  Schönborns  Nachfolger  blieb  Neumann  der 
leitende  Architekt.  Fürstbischof  Franz  Christoph  von  Hütten 
{1745 — '77*^)  *'*'"  ^i"  baulustiger,  kunstsinniger  Herr,  er 
baute  weil  mehr  und  glänzender  als  sein  Vorgänger,  Ihm 
Verdankt  das  Bruchsaler  Schloss  seine  heutige  Anlage  in 
der  äussern  Form  wie  in  der  glänzenden  inneren  dekorativen 
Ausstattung  Als  Hütten  zur  Regierung  kam,  stand  Neu- 
mann  auf  der  Höhe  seines  Ruhmes,  er  hatte  selbst  einen 
Cuvillies  aus  dem  Felde  geschlagen  und  im  Schlosse  zu 
Brühl  die  Umbauten  begonnen,  wo  unter  seinem  Einflüsse 
das  gewaltige  Treppenhaus  entstand^).  Auch  für  das  Bruch- 
saler Schloss  muss  er  den  Plan  einer  neuen  Treppen  anläge 
im  Auge  gehabt  haben,  wie  aus  dem  Schiussartikel  »einer 
im  Jahre  1746  dem  Fürstbischof  eingereichten  Denkschrift 
hervorgeht.  Ich  lasse  dieses  Aktenstück  den  Briefen  des 
Meisters  folgen,  weil  es  diese  ergänzt  und  sonst  \'iel  Inter- 
essantes zur  Bruchsaler  Baugeschichte  enthält.  Vieles,  wie 
die  Anlage  der  Pavillons  ist  zur  Ausführung  gekommen, 
Anderes,  wie  das  Treppenhaus  nur  ein  Projekt  geblieben, 
ftlanches  mag  bei  dem  Mangel  an  Plänen  selbst  für  den 
Architekten  nicht  ganz  verständlich  bleiben,  aber  melir  als 
der  Historiker  wird  er  daraus  lernen  können.  Wie  die 
Briefe,  so  dürfte  ihm  auch  die  Denkschrift  des  Jahres  1746 
.  in  ausführlicher  Mitteilung  willkommen  sein.  Andere  Akten- 
stücke zur  Bruchsaler  Bau-  und  Kunstgeschichte  sollen 
»päter  folgen. 


't  Wiltr    S    6;.  —  h  KunsldenkirKlei 


Rheinprc 


t  IV, 


468  Wille. 

I. 
Neumann  an  Schönbom. 

Hochwürdigster  Cardinal  undt  Bischoff. 
Gnädigster  Herr  Herr. 

Euer  Hochfürstl.  Eminentz,  übersende  hiemit  den  Originals 
Überschlag  undt  berechnu[n]g  der  ney  gegossenen  glocken  nacher 
Wisenthayd,  welche  nicht  nur  wohl  geraden  undt  schon  geliffert 
ist  bey  welchem  guß  ich  daß  Mettall  dirigirt  undt  ist  die  Com- 
position  wohl  getroffen,  undt  hat  einen  trefiflichen  resonanz,  anG 
welchem  Überschlag,  man  einen  andern  machen  kann,  wan 
gnädigst  resolvirt  sein  wirdt  wie  schwer  die  größte  glock  oder 
daß  gantz  geleyth  sein  solle.  Ich  zweiffle  gar  nicht,  daß  in  dessen 
Ewer  hochfürstl.  Eminentz  ahn  den  Einen  schon  stehenden  theil 
des  Corps  de  logi  viel  werdten  haben  arbeiten  lassen,  wann  es 
nur  mit  denen  gemauerten  undt  rigelwanden  wohl  verwahret  ist, 
undt  zu  den  andern  theil  nebst  haubtstigen  undt  sahl  Einer  oder 
2  guthe  Männer  Endt  Weder  Mauerer  oder  steinhauer  Meister 
seindt,  wo  ein  juditium  seiner  arbeith  ist,  so  wirdt  alles  wohl  gehen, 
ich  werde  eben  offt  Mahls  gehindert,  daß  nicht  über  denen  rissen 
bleiben  kann  sonster  wehren  selbe  schon  fertig,  undt  hette  es 
nnterthänigst  überschickt,  ich  bin  aber  daran,  undt  werde  es 
nach  deme  ich  biG  14  tag  zu  Königshoffen  undt  der  orthen  zo 
thuen  habe,  gleich  darnach  ausfertigen. 

Seiner  Excellenz  herr  graff  von  Wißenthayth  seindt  noch  etwas 
mit  den  fiber  incomodirt  aldoh  ich  vor  etlichen  tagen  geweCen. 
Von  Ettlingen  habe  dato  auch  nichts  weitters  gehört,  wie  es  mit 
dem  collegio  stehet,  undt  waß  etwan  darahn  gebauhet  wirdt,  undt 
obwohlen  mir  dahier  ahn  der  Residentz  undt  Fortification  nicht 
viel  oder  fast  gar  nichts  neyes  machen,  so  habe  doch  als  zu 
thuen,  wohmit  mich  zu  hohen  gnaden  undt  hulden  unterthänigst 
Empfehlend  verharre 

Ewer  hochfürstl.  Eminentz 

Unterthänigster  Diener 

Balthasar  Neumanu 

Würzburg   15.   ybr  1728.  Major. 

Karlsruhe,  Gen.  Landesarchiv.     Bruchsal  Gen,  Fase,  138. 

2. 

Neumann  an  Schönbom. 

Hochwürdigster  Cardinal  undt  des  Hayl.  Römischen 

Reichs  Fürst. 

Gnädigster  Herr  Herr. 

Ewer  Hochfürstl.  Eminentz,  remittire  unterthänigst  die  etliche 
risse,    nebst  denen  4  grundtrissen  in  grössern  Maß.     Es  ist  mir 


Briefwechsel  Baltbasar  Neumanns  mit  Kardinal  Schönbom.         ^5o 

l^d,  daß  nicht  alles  selbst  machen  undt  hier  undt  dar  waß  daran 
»rrigim  müssen,  verhoffe  aber,  daß  der  grosse  risse  auf  denen 
itter,  wirdt  wohl  aufbehalten  sein,  auf  weihen  undt  mit  dießen 
ann  sich  wirdt  helfen  können.  Die  Beschreibung  des  gantzen 
luhwesens  haben  Ewer  hochfürstl.  Eminentz  noch  zuruckh,  undt 
h  davon  kein  Concept.  Wann  also  Ewer  hochfürstl.  Eminentz 
lädigst  beliebten  mir  dieselbe  zu  schicken,  so  würdte  alß  stuckh 
tiQ  oder  nach  denen  puncten  unterthänigst  berichten  können. 
wer  hochfürstl.  Eminentz  werdten  sondern  zweiffels  wohl  übers 
hr  oder  den  frühling  ahn  den  andern  theil  des  Corps  de  logi 
ifangen  folgd  in  die  höhe  zu  fahren,  welches  ohne  deme  schon 
iß  den  fundament  undt  angelegt  ist,  ob  nun  zeit  hero  etwaß 
in  den  Modell  weiters  möge  gemacht  wordten  sein,  ist  mir 
cht  bekandt,  ich  wolte  zeit  hero  es  dahier  wohl  fertig  gemacht 
iben,  dan  die  stigen  undt  äussere  2  faciaten  seindt  wohl  nöthig 
1  machen  in  deme  sonsten  der  werckhmeister  wirdt  zu  thuen 
iben,  es  ist  freylich  wohl  den  Winter  wegen  der  kurtzen  tagen 
in  solcher  arbeit  kein  sonderlicher  fortgang,  es  ist  allzeit  besser 
it  der  gleichen  in  frühjahr,  worinnen  ich  nun  weithers  dienen 
in,  belieben  Ewer  hochfürstl.  Eminentz  gnädigst  zu  befehlen, 
h  bin  mit  meiner  Schwartzacher  1)  Kirchen  auch  biß  ahn  das 
^simbs  von  innen  undt  aussen  in  den  Chor  undt  Ein  trittel 
m  Creitz  kommen,  undt  daß  jenige  wils  Gott  über  Jahr  unter 
ach,  wohbey  ich  vieles  aufsehen  thun  muß.  Dahier  haben  mir 
»nsten  ahn  der  Residentz  nichts  neyerliches  weiters  angefangen, 
•ndem  mit  Etlichen  leiten  daß  innere  auß  gemacht  wirdt,  undt 
in  der  fortification  auch  nicht  viel,  ich  habe  aber  dannoch  mit 
elen  andern  Sachen  zu  thun  undt  nicht  viel  Zeit  verliehre. 
ohmit  ich  mich  zu  höhn  hulden  undt  gnaden  unterthänigst 
mpfohlend  verharre 

Ewer  Hochfürstl.  Eminentz 

unterthänigster  diener 

Balthasar  Neumann 
Würtzburg  d.   2.  8br.   1728.  Major 

Gestern  alß  den  i .  Sb«"-  überschickhe  mit  den  Postwagen  das 
;melt  pacet  riss  nacher  franckforth  ahn  herrn  ambtmann  Thelein  (?) 
eselb  weiteres  zu  besorgen  2). 

Bruchsal  Gen.  Fase.  144. 


*j  Die  in  den  Jahren  182 1 — 1827  auf  vandalische  Weise   zerstörte   herr- 

he  Abteikirche  von  Münsterschwarzach,    vergl.  Keller,   Balthasar  Neumann 

157.  —  *)  Randbemerkung  Schönborns:  ist  beantwordt  den  25.  Jenner  1729. 


470  Wille. 

Schönborn  an  Neumann. 

Ahn  Obrist  Wachdtmeister  Neümann  de  dato  B.  d. 

25.  Jener   1729. 

Das  ich  dem  h.  Obristwachdtmeister  bishero  auff  sein  letzteres 
schreiben  nicht  geandtwordt,  ist  die  ursach,  weillen  den  harthen 
kalten   Winter    über,    so    sich    gestern  Abendts  gebrochen,   mein 
bauwesen   völlig    stil   gelegen   ist.      Ich    habe    dieses    verfloCene 
Jahr  das  ahngefangene  theil  des  Corps  de  logis,   so  unter  dach 
gestanten,    forth   gemagdt,   undt    hoffe    künftigen    herbst   dafaiin 
wenigstens  tagszeiten  sein  zu  können.     Sonsten  so  habe  ich  die 
gantze  Mauer  umb  den  Fasanen  Garthen  förtig  gemagdt  so  sehr 
gros  ist,  .kh  habe  fernen  vorm  Corps  de  logis  gegen  dem  Garthen 
zu  das  große  bassein  al  von  Mauerwerck  undt    das    eine   runde 
groser  gemagdt,  den  gantzen  gahrten  auch  den  vorblatz  planiret, 
das  Jagdt   und  Garthen  haus    foUig    unter  dach    gebragdt,  auch 
den   forderen    theil   des    landt   hospitals    undt    habe    den  nevren 
gestuth  hoff  zu  Altenburg  1)  fast  gantz  im  standt,    nur    daC    das 
Sockige  hauß  vor  mich  noch  halb  stehet,  so  habe  ich  auch  hinten 
gegen  den  bauhoff  zu  den  platz  mit  einer  guthen  Mauer  versehen, 
wohrauff  nuhn  dieses  Jahr  Backhaus,  Waschhaus,    Metzel  Bandt- 
hauß  undt  alle  hoffnothwendigkeitten  setzen  werde.    Dieses  Jahr 
dencke  ich   i,  den  ahnhang  auff  der  Kirchseithen  zu  verfertigen  2, 
den   volligen    bau  des    corp  de  logis  gegen  den  hoff  zu,  damitt 
ich  alsdan  ein  gang  machen  lasen  kan,    wohe   das  Vestibül  hin- 
kombdt  undt  wan   das  Überdach    fertig,    so    wil    forthfahren   ahn 
dem  fiugel  so  gegen  dem  bauhoiT  zuziehet,  kan  ich  diese  2  Sachen 
unter  dach  bringen,    so  habe  wir  dieses  Jahr  genug  beim  Corps 
de  logis  undt  kombdt  alsdan  auff  die  4  sähl^)  undt  stuck  allein 
ahn,  wan  diese  alsdan  in  2  Jahr  förtig  habe,   so  bin  zu  frieden. 
In  zwischen  fange  auch  den  Cantzleybau  dies  Jahr  ahn,  undt  hoffe 
auch  ahn  diesem  ein  guthes  stück  aus  der  Erden  zu  bekommen, 
auff  dem    landt    aber    wil    ich    ein    theil    vom   Kislauer    schlos') 


»)  Seit  18 13  Karlsdorf.  —  ^)  Wenn  hier  von  vier  Sälen  die  Redeist,  so 
wird,  von  den  zwei  Sälen  im  obern  Stock  und  dem  Gartensaal  (Sala  terrcni^ 
abgesehen,  auch  das  Vestibül  als  Saal  bezeichnet  sein.  So  heisst  es  bei  den 
Malereien  auf  dem  Hofe  zu  Altenburg  (jetzt  Karlsdorf)  »der  Steckel  (Siöcklein) 
ist  mit  dem  Malen  im  untersten  Sahl  oder  Vestibül  heut  die  helft  fertig 
worden«  (vgl.  Wille,  Bruchsal  S.  65).  —  Unklar  bleibt  mir  in  dieser  Hinsicht 
eine  Stelle  in  den  Akten  über  die  Beisetzung  des  Fürstbischofs  Hütten  I77° 
(Gen.  8)  Darnach  war  der  Sarg  des  Kardinals  >^im  obern  saal  des  kammerflugels« 
aufgestellt  und  wird  >geradenwegs  von  dem  kammerflügeU  über  den  hof m 
die  hofkirche  getragen. ^  Einen  saalartigen  Charakter  trägt  hier  im  »Kammer- 
flügel«  (also  nicht  Corps  de  logis)  das  Vestibül  keineswegs!  Sollte  der  über 
dem  heutigen  Militärlazareth  gelegene  Raum  gemeint  sein?  —  ')  Wille  S- 73- 


Briefwechsel  Balthasar  Neumanns  mit  Kardinal  Schönbom.         ^^i 

len  also,    daß  in  4  Jahr  herumb  komme  umb  den   thurm,   so 

ich  auch  ein    flügel    noch  ahn    die  Kellerey    zu  Rotenberg  *) 

en,    umb    dahe   mehr   Keller  undt    fruchdtbooden   auch   noch 

ige  logirzimmer  von  bisweillen  hinkommen,  vor  mich  zu  übei^ 

mmen:    den    gestüth    hoff   zu  Altenburg    baue    folgenter    auß, 

che  noch  2  pavillion  zu  Newendorff*^)  zu  viehestall  fortig,  undt 

ze  noch  ein  schewer  nach  Waaghäuse!^),  also  wan  dieses  ge- 

liehet  undt  daß  andere  jagdhauß  noch  unten  am  gahrten  alhier 

dt  den  stal  in  standt  bringe,  so  bin  ich  vor  das  1729  Jahr  zu 

sden.    Das  stiegen  Model  ist  freylig  nötig,  allein  es  wirdt  sich 

:ht   machen   lasen,    bis  einsmahl    mit  h.  Obrist  Wachdtmeister 

bst  noch  einmahl  daraus  rehten  kan,  vieleigdt  gibdt  es  gelegen- 

Idt  Jhn    ohngefahr   dahroben   zu    sehen,    gehet    unser   Chfst^) 

ider  einsmahl    nach  Geibach   oder  Pommersfelden   so    komme 

ihm    oder   vcrleigdt   thuet   inzwischen    der  h,  Obrist  Wachdt- 

ister  wieder  ein  stutz  zu  mihr.    Dass  die  Schwart«acher  Kirch 

wohl  reusiret  freyet  mich,  die  ris  quaestionis  habe  bekommen, 

finde  sie  aber  gar  nicht  just   und   habe    wohl  gesehen,    das 

;  rechte  handt  nicht  darahn  gewesen  der  ich  etc. 

Eigenh,  Concept,     Bruchsal  Gen.  Fase.  144. 


4. 

Neuxnann  an  Schönborn. 

Hochwürdiigster  Cardinal  undt  des  hayl.  Römischen 

Reichs  Fürst. 

Gnädigster  Herr  Herr. 

Ewer  hochfürstl.  Eminentz  gnädigstes  schreiben  habe  mit 
iger  post  erhalten,  undt  habe  ersehen  daß  Ewer  hochfürstl. 
linentz  das  verflossene  jähr  recht  viel  haben  arbeiten  lassen, 
dt  diesen  nechsten  sommer  hindurch  vieles  bauhweßen,  ab- 
iderlich  auch  ahn  den  Corp  de  logis  der  gnädigsten  intention 
nd  zu  unternehmen,  worüber,  da  ichs  casualiier  seiner  hoch- 
stl,  gnaden*)  erzehlete,  sich  sehr  darüber  verwunderten;  bey 
5sen  nun  vorseinend  bauhweßen  wirdt  ohne  Zweiffei  die  faciata 
gen  den  hoff  sambt  den  Balcon  mit  müssen  angelegt  werdten, 
er  aber  vieleicht  haben  Ewer  hochfürstl.  Eminentz  die  gnädigste 
entiou  auf  der  Kirchen  Seiten  so  viel  als  auf  der  schon  stehender 
len    undt    fligel   zu    bauhen,   da   als    dan    Überich    bleibte    die 

>)  Wille  S.  73.  —  *)  Neudorf  bei  Bruchsal.  —  ^\  Über  die  Bauten  zu 
igfaSusel  vgl.  Wille  S.  73  ff.  —  *)  Hier  ist  jedenfalls  Franz  Georg  v.  Schön- 
rn,  Kurfürst  v.  Trier  gemeint.  —  ^)  Friedrich  Karl  v.  Schönborn,  Füist- 
chof  von  Würiburg  und  Bamberg. 


472 


Wille. 


beyde  faciaten  sowohl  gegen  den  hoff  als  garten,  sambt  der 
stigen,  welches  wohl  auch  angünge,  da  ich  dann  bey  solchen 
umbstenden,  wohl  dieses  jähr  gar  nicht  nöthig  wehre  undt  die 
Unkosten  unterbleiben  wirdten,  zu  welchen  Bigel  undt  gantzen 
theil  ja  alle  schiedwandt  in  den  grundt  undt  ahn  denen  Mauern 
angezeignet,  nebst  dem  auf  der  taffei  gemachten  grossen  grundt  riss 
undt  auftrag,  nebst  dem  so  viel  möglich  meister  Stahl  informirt, 
weilen  keinen  steinhauer  Meister  ahn  handten  gehabt,  das  also 
diejenige  seit  undt  fligel  wohl  kan  ohne  fehles  aufge bauet  werden, 
nur  hat  sich  meister  Stahl  mit  den  mauer  meister  wohl  zu  ver- 
stehen, dass  die  lange  starcke  schiedwandt  worinnen  bereiths  alle 
schläth  durchgehen,  diese  wohl  gebundten  undt  verwahret  werdten, 
undt  der  meister  Stahl  mit  seinem  Dach  stuh[l]  sich  darauf  ruhent 
undt  befestigen  kan,  damit  daß  umb  die  Mezanen  er  niderichte 
doch  in  denen  kleinen  höfflein  nicht  also  schiebet  Die  £in- 
theilung  weißet  sich  genug  auf  den  großen  grundt  riss  auf  der  tafifel, 
undt  wan  schon  die  letztere  grundt  riss  so  ich  wegen  abgang  der 
Zeit  habe  freylich  nicht  mit  Eigener  handt  gemacht,  sondern  nor 
daran  corrigirt,  aber  daß  unwichtige  nicht  Endern  kundte,  so 
thuet  es  nichts  zu  dieser  sach,  Ewer  hochfürstl.  Eminentz  werdtens 
deßwegen  nicht  ungnädigst  nehmen;  da  ich  vor  denen  Weinacht 
feyertäg  bey  19  tag  in  Bamberg  geweßen,  so  habe  auch  bey 
Ihro  hochgräfl.  Excellenz  herm  Dombrobst^)  meine  aufwardtung 
gemacht,  da  ich  von  den  bauhweß  undt  Residentz  von  Brugsahl 
viel  erzehlen  müssen,  undt  ein  undt  andere  mir  pro  memoria 
copirte  risse  überschickhen  müssen,  welche  auch  sehr  sich 
darüber  verwundert,  daß  Ewer  hochfürstl.  Eminentz  so  vieles 
gethan. 

Der  betauerns  werdte  dothsfall  seiner  Churfürstl.  gnaden-) 
als  wo  dahier  seiner  hochfürstlichen  gnaden  die  exequien  gehalten 
undt  halten  lassen  3  tag  mit  allen  stifften  undt  dicasterien  recht 
extra,  auch  das  hochwürdtig  Domb  Cappitel  3  tag,  möchte  wohl 
die  herauf  reiß  Ewer  hochfürstl.  Eminentz  in  etwas  Weiters 
hinauß  schieben,  daß  also  nicht  dahier  herumben  die  gelegenheit 
geben  wirdt  meine  unterthänigste  aufwarthung  zu  machen.  Würdte 
es  aber  Ewer  hochfürstl.  Eminentz  ohne  unterthänigste  Maß- 
gebung  vor  nöthig  sehen  wegen  der  stigen  anlag  undt  des  Models 
undt  die  handwercks  leyde  mit  ihren  gehauen  stein  in  wircklicher 
arbeith  sein,  so  wirdte  schon  vor  eine  stutzreiß,  unt  etwan  auf 
14  tag  zeit  auß  finden,  dahin  unterthänigst  auf  zu  warthen,  undt 
ob  mir  dahier  schon  nicht  viel  ahn  der  Residentz  undt  fortification 
arbeithen,  so  habe  ich  doch  als  zu  thuen,  daß  etwaß  extra  ver- 
dienen kan.    Seiner  hochfürstl.  gnaden  finden  sich  gott  lob  gantz 


')  Marquard  Wilhelm  Graf  v.  Schönborn,  Domprobst  von  Bamberg.  — 
2)  Lothar  Franz,  Graf  v.  Schönborn  1693  Fürstbischof  von  Bamberg,  1695 
Kurfürst  von  Mainz,  f   1729. 


Briefwechsel  Balthasar  Neumanns  mit  Kardinal  Schönbom. 


473 


wohl  nndt  seindt  nach   den   exequien  auf  die  jagt  gangen   auf 
etwa  lo  tag. 

Zu  hohen  hulden  undt  gnaden  mich  unterthänigst  Empfehle 

Ewer  hochfürstl.  Eminentz 

unterthänigst  devotester  diener 

Balthasar  Neumann 
Würtzburg  12.  februari  1729.  Major. 

Bruchsal  Gen.  Fase,  144. 


5. 

Neumann  [an  Obrist  von  Vogelsang  !)]• 

HochEdler 

sonder  HochgeEhrdester  Herr. 

Mich  hat  recht  erfreyet,  daß  ich  auß  dero  schreiben  daß 
guthe  wohl  sein  habe  abnehmen  können,  undt  bin  sehr  obligiret 
vor  die  erinnerung  meiner  des  so  wohl  meinenden  neyen  jahrs 
Wunsch  undt  wünsche  gleichfals  alles  ersprissliche,  mit  vieljärigen 
Continuation ;  belangend  daß  rothe  sauer  Krauth ,  vor  seiner 
hochfürstl.  Eminentz,  als  2  fasslein  mit  Ersterer  gelegenheit  zu 
dberschicken :  wie  mir  nun  der  Postag  undt  Postwag[en],  so  als 
freytag  mittag  abgehet  alle  wochen  die  Zeit  zu  kurtz  wordten, 
so  werdte  nicht  ermanglen  den  freytag  als  den  25.  diesen  von 
hier  mit  den  postwagen  nacher  Franckfurth  abschicken,  in  deme 
keine  andere  gelegenheit  nicht  habe,  undt  der  Mein  fluß  widerumb 
beginnet  zu  zu  gefriehren.  Ich  habe  vor  2  postägen  Ihro  hochfürstl. 
Eminentz,  wie  schon  bekandt  sein  wirdt,  unterthänigst  geschriben, 
habe  dabei  ebenfalls  wegen  der  hinaufreiß  ^)  meiner  mit  gedacht 
undt  glaubte,  da  höchstgedacht  seiner  hochfürstl.  Eminentz  vor 
dieses  jähr  die  faciaten  undt  stigen  nicht  mit  bauhen,  so  würdten 
dieselbe  mich  wohl  dieses  jähr  nicht  brauchen.  Doch  auf  eine 
kurtze  Zeit  wan  mann  völlig  in  der  arbeit  mit  denen  handwercks 
leuthen  begrififen,  kundte  schon  auf  eine  kurtze  Zeit  oder  auf 
2  Woch[en]  oder  auch  3  nach  gnädigsten  belieben  undt  befehl 
geschehen,  woh  bey  mir  Eine  besondere  Ehre  sein  wirdt  mein 
hochgeEhrdesten  herm  zu  sehen  undt  auf  zu  wardten,  wohmit 
mich  Empfehlend  verharr. 

Meines  hochgeEhrdesten  herm 

Ergebener  Diener 

Balthasar  Neumann 
Würtzburg  d.   19.  Februari  1729.  Major. 

Bruchsal  Gen,  Fase.  144. 


*)  VogeUang   hatte   die    Oberleitung   über    die    Bruchsaler    Bauten.   — 
)  »Beruhet  auf  tichc  bemerkt  eigenhändig  der  Kardinal  an  dieser  Stelle. 


474 


Wille. 


6. 
SchOnbom  an  Neumann. 

An  h.  Xeumann  dach  Wärtzbarg  de  dato  8.  Maztii  1729. 

Der  h«  Obristwachdtmeister  hatt  rechdt,  ich  dencke  ahn  den 
Corps  de  logis  dies  Jahr  so  viel  za  machen,  als  ahn  fondamenten 
gegen  der  Kirchen  seith  zu  lieget,  wohrmitt  dan  scbondt  za  rechdt 
kommen  kan,  weillen  dieselben  riß  habe.  Über  Jahr  aber  nehme 
das  mildere  gebey  das  seindt  die  grose  stiech  mitt  den  4  säbl 
ondt  den  2  facciaten  vor. 

Mitthien  ^*ahre  mihr  wohl  lieb,  wan  des  h.  bischoffen  Ibden 
mihr  alsdan  aoff  ein  nionatt  3  bis  4  mihr  den  h.  Obristwachdt*. 
meister  zukommen  lasen  wollte.  Wann  des  h.  bischoffen  von  Bam- 
ber  Ibden  herauskommen,  so  gedenke  ich  zn  ihm  nach  Pommen- 
felden  undt  Geybach  zu  gehen,  wehe  ich  dan  schondt  Alles  wohl 
mitt  demselben  überlegen  könte.  Die  2  faßel  roth  Graath  seind 
hier  wohl  ahngelanget  undt  wil  hoffen  mein  hoff  Zahlmeister  werde 
gleich  die  Zahlung  dahe  vor  geschicket  haben,  ich  dancke  vor  die 
sorg  undt  mühe.  Übrigens  so  hatte  ich  wohl  hier  ein  gutben 
trewen  fleisigen  tünger  Meister  nötig,  ich  weiß  es  gibdt  in  Francken 
deren  geschickte  levdt.  Wan  der  h.  Obristwachdtmeister  ein 
braffen  man,  kein  suner  undt  der  raisonabel  währe  wüste,  so 
ersuche  ihn  mihr  den  Vorschlag  zu  thuen,  dan  die  Zeidt  komlKit 
baldt  herbey  das  man  diese  arbeydt  ahnfangen  kan,  es  ist  viel 
arbeyd:  dabe  hier,  zu  WaagheuseP;,  auff  dem  Newen  Gcstuhdi 
hoif  eU\ 

lit^^-:':.   cVt.v/;.  S-^^^k^aS  Gen.  Fase.  144. 


Schönbom  an  Neumann. 

Da:.  B[nichsja]  d.  16.  Decembris  1730. 

Monsieur. 

\z\\  verhorne,  derselbe  werde  wieder  gesimd  zu  Würtzborg 
al.:.ceko:i::iie::  se:r.  ur.d  sich  bis  hinhero  wohl  befunden,  so  nm 
jeder  zei:h  '.feb  zu  hören  ist;  übrigens  da  nunmehro  das  Jahr 
al!i:emaoh  zum  Eiid:  ^e':.e:,  <o  wäre  mir  besonders  lieb  und  ahn- 
u'eiiehiu,  wii-ii  iiersell  e  -le^e:.  den  nächst  innstehenden  Monalh 
lanuarv.  wo  beka:::::I:cheii  die  tä;^  nicht  allein  wieder  wachsen, 
sondern  aujh  die  wee^  zum  m;irchiren  besser  werden,  auflfclwa 
i.;  lä.:  ahniiero  zu  mir  kommen  ihälte.  umb  mit  ihme  ratione 
meines  iUuweescns  ein  so  anderes  verabreden  und  concertiren  m 
k^r.nen,  zu  man'.en  vier  andere  tlneil  meines  Corps  de  logis  bereits 

^»  Vgl.   Wille  S.  -5  •*■ 


Brirrwcchiel  Batihaiat  Neumnnns  mit  Ksritiiuü  SchnnboTTt, 

ich  in  der  höbe  und  nur  alloins  das  loch  in  der  mitten  anDocIi 
Ten  ist,  wo  die  stiegen  hinkomiuen  solle.  Ich  habe  von  des 
biscIiotTen  und  füisten  zu  Bamberg  und  Würzbu^  Ibden  die 
laubnuC  deljhalben  schon  bekommen;  derselbe  wolle  mir  also 
It  »ächäiem  berichten,  wann  Er  vermeine  von  doiten  abzugehen 
d  wohin  er  seinen  weeg  nehmen  wolle  umb  ihme  einen  Zueg 
r»  bis  gegen  Mosbach  entgegen  schicken  tu  können  und 
Dn  Kr  allenialls  daroben  einen  geschickten  schreiner  der  nicht 
viel  kosten  thätte  und  taisonabel  ist,  mit  hiehero  bringen 
ante,  um  das  Model!  von  der  stieg ')  allhier  verfertigen  xn 
moD,  so  wäre  es  mir  lieb,  wo  nicht,  so  miiste  hier  sehen,  wo 
,en  bekäme,  das  solches  zu  machen  verstände,  womit  wir  allieith 
:bleibcn  des  Herrn  Obrist  Lieutenants 

gantz  wohl  affectionitter 
alle  Zeith. 
Cefie.  Brtichial  Gen.  Fatc.  13S. 


Promemoria  NeumsnnB. 

UnterthSnigsle  Relation  über  die  von  seiner  Hochrürstl. 
Uulen  gnädigst  mir  übergebene  puncten  undt  pro  Memoria 
tß  bsuweßen  lui  hochfürstl.  Kesideotz  in  Bruchsaal  undt  detley 
Igehendea  xu  untorsncben  undt  in  Kid  zu  setzen  von  iö.  hiß 
I   24.  Novemhris    1746. 

ino  Die  Kxaminirung  des  haubiriss.  Dieses  bestehet  in  deme, 
1  weilen  die  beyde  Apartement  in  den  haubt  (sicl)'-)  tu  wenig 
imer  tmben  nndt  die  schmahle  Comunication  kein  quartier  setndl, 
Ist  ohne  unterlhänigste  maCgebung  diel^cs  in  Einen  grundt  riss 
getheilet,  wie  die  3  stock  wt^rcker  auf  ein  ander  folgen  undt 
die  Coumunicalion  verbreithert  undt  mit  14  schu  iihn  den 
iDtner  füge!  bau,  atß  Kirchen  fligel  zu  gesetst  undt  amb  beyden 
scn  Knden  mit  Einen  Pavillion  in  der  höhe  alß  der  Corps 
k>gi  Selbsten,  damit  es  der  ganteten  Residenli  so  wohl  von 
:eD  de>  gariens  slß  gegen  den  tlof  ein  bcssers  ansehe»  machet, 
gcsetM  wordlen,  alÜ  haupt  sechlich  da  durch  die  viele  treppen 
dariwischeu  waten  hinweg  undt  zu  ebenen  Boden  durch  alle 
bckwirckcr,  die  Zimmer  gleich  werdlen,  undt  die  gemalte  Apar- 
■tentei  veimehTet  undt  bequemer  uerdten,  wie  licsagler  Grund 
H  sub  litiera  A  anzeiget,  undt  in  üttera  B  den  auftrug  so  wohl 
geo  den  gardten  als  grossen  hoä. 

2<'''  Eine  neye  kucben  sambt  dartu  gehörigen  gewühlmetu 
dt  conuoodi  täten. 

Dic*e  neye  Kuchen  zeiget  sich  auf  den  grundrtss  luit  littera 
nndl  iwat  den  Pavillion  so  niderich  alU  nur  ein    stockh  hoch 

■    't  Vgl.  Neoniaons  Biiif  \om   17.  Kcbiu»  1731  im  Kitiuichtv  Wuiibui^. 
Ik  &   94  Aom.    37.  —   'I    r-,   Corp.   d«  logij. 


476  Wille. 

undt  etwaß  gelb  gemacht,  dieser  wirdt  gegen  den  Cammerfiigel 
verlengerdt,  auch  über  die  Mauer  hinauß  wie  sie  jetzt  stehet,  düin 
mit  3  fenstern  verlengert,  mit  hin  auch  die  schlassmaaer  umb 
50  schue  verlengert  in  welchen  blatz  der  holtz  hoff  undt  die 
S.  V.  Schwein  stall  hinder  die  Erste  oder  alte  Mauer»  so  mit  der 
Innere  blatz  geraumet  zur  Reithschul,  die  kuchen  aber  noch 
obigen  grundriss  in  C  ihre  Commoditet  bekommet  nebst  ihren 
speiß  undt  gemüß  keller  undt  gewöhlmer  undt  ist  meister  Stahl 
expliciret  woh  auf  die  Pastöten  offen  Eine  oder  2  rauch  Cammer 
füglich  undt  feyer  frey  von  mauerwerck  kann  gemacht  werdten, 
so  fort  von  der  kuchen  die  Communication  in  den  Corps  de  legi 
in  truckenen  bekommet. 

ßtio  Ein  neye  Casserm 

Diese  neye  Casserm  für  280  Mann  ney  zu  erbauen  zeiget 
der  grundtriss  mit  littera  D,  in  den  hirschgarten,  undt  deOen 
profiller  undt  auftrag  mitt  littera  E,  wohmit  den  statt  thor  die 
statt  mauer  ahn  daß  Eck  des  alten  Schlossgartens  ahn  schlisset, 
undt  da  dieße  Casserm  gebauet  wirdt,  so  wirdt  sich  der  theils 
stein  berg  heraußbrechen  undt  damit  geraumet  werden,  undt  wie 
siehe  ergeben  wirdt,  so  kann  die  stattmauer  von  oben  herunter 
ahn  besagtes  statt  thor  angeschlossen  werdten  undt  mit  hin  die 
Strassen,  gegen  den  neyen  Casserm  über  bürger  hayßer  erbauet 
werdten  undt  pro  nota  die  äusserliche  haubtstrass  ausser  den 
thor,  die  neyerlich  durch  den  Hirschgarten  undt  neber  des  Stahls 
seinem  hauß  auf  daß  Einhorn  Wirtzha^s  auf  daßigen  blatz  zo 
gehet,  können  auf  den  überichen  hirschgarten  blatz,  alß  vorstatt 
viele  bürger  Häuser  gebauet  werdten,  worzu  die  stein  von  stein- 
berg  alß  mehrer  herauß  gebrochen  undt  mit  den  abraumb  die 
strass  undt  blatz  erhöhet  undt  der  blatz  undt  Strassen  von  den 
hirsch  thor  sich  meherer  sencket  undt  bequemer  wirdt,  daß 
weither  wirdt  sich  ahn  ihm  Selbsten  ergeben. 

4^0  Daß  Wasserwerck  zeiget  EE  auftrag.  Nach  Examinirung 
des  Wasser  wercks,  hat  sich  die  beschaffenheit  des  Wercks  also 
befunden.  Dieses  ietzige  Wasser  werck,  ist  ein  Werck,  welches 
hat  sollen  auf  ein  ersparung  hinaußziehlen,  wann  man  aber  die 
beständige  arbaith  undt  reparation,  so  dann  wann  mann  daß 
geringste  darahn  machen  muß,  so  wirdt  daßallzeit  daß  wasser 
auß  der  Brunnen  Stuben  oder  recipienten,  worinnen  die  6  stiffel 
stehen  abgelassen  werdten,  mit  hin  alle  sprung  wasser  in  garten 
still  stehen,  undt  aller  morast  in  die  stiffel  undt  ventil  versetzen, 
dann  mann  ohne  ablassen  des  wassers  nicht  zum  Werck  sehen 
kann  undt  die  stiffel,  worinnen  die  geliderte  züg  gehen,  welche 
unten  her  zu  sein,  niemahlen  gleich  weith  gebohrt,  sondern  oben 
weith  undt  unten  eng,  so  fort  daß  wasser  so  in  den  stiffel  ein- 
fallet undt  hinauf  in  den  wasser  kästen  solle  gedruckt  werdten 
nicht  die  helfte  hinaufkommet,  so  mit  kurtz  da  von  zu  reden  nur 
geleyert  ist.  Dießen  Werck  aber  seine  bestandigkeit  zu  geben 
undt  daß  werck  ausser  den  wasser  zu  heben  also  daß  die  stiffel 


BticfmcliiFl  Balihasai  Ncumnnns  mit  Kardinal  Schönbom.         4 

mit  ihren  ahn  geschraulTton  Kröpfen  undt  ventilen  frey  ober  dem 
wa&ser  scindt,  undt  wann  ahn  einen  Zug  oder  ventil  waG  Tehlel 
undt  zD  machen  ist,  daG  andere  werck  doch  seinen  Tortgang  hat, 
90  wehren  deren  b  stitTeln  mit  ihren  Kropf  ventiln  xu  machen, 
undt  mit  2  Kurben,  voh  mit  allzeit  einer  umb  den  andern  truckel, 
undt  das  wasser  von  denen  röhren  so  viel  gleicher  undt  ordenlh'cher 
auCgus&et,  so  würdle  man  wenigstens  wo  nicht  die  helfte,  doch  einen 
irittel  mehrer  in  den  garten  springend  haben,  mir  scheinet  zwar  daÜ 
«s  der  hieCige  gloclien  güsser  zwar  machen  kundte,  seine  werck- 
stalt  aber  undt  wcrckzeig,  nebst  den  verlag  des  Metalls  nicht 
hin  reichet  undt  mann  nicht  sicher  damit  ist,  welche  arbeit  ihme 
ferne  tu  gönnen  wehre,  wann  es  solte  gnädigst  befohlen  werdten, 
u-olte  ichs  wohl  bestellen,  undt  fertig  machen  lassen,  sambt  denen 
cysernen  geschmilten  Korben  undt  hier  unter  schicken,  das  mann 
duB  werck  nur  einsetzen  dart)',  hernach  die  alte  stiffel  als  alt 
Metall  wider  verkaufen  oder  ahnstatt  Zahlung  zurück  schicken. 
5t<)  Die  änderung  in  garten  zeiget  zwar  etwaß  der  riss  von 
den  hoffganner  in  welchen  die  zwey  grosse  parterrs  geendert 
nndt  aus  einem  zwey  gemacht,  dießes  ist  nach  Untersuchung 
tmr  »chon  recht  daß  ein  garten  ganj;  von  der  Orangerie  so  wohl 
«U  durch  alle  andere  abgesetzte  iheil  durch  lauffei,  umb  so  mehr 
ist  CS  nölhig,  da  dieCer  gang  als  eine  alltfe  oben  auf  die  mitte 
den  Cammer  undt  Kirchen  lligcis  gehet,  undt  besonders  wann 
aliit  dlelien  ßigels  die  neye  Pavillion  in  den  haubtstock  undt 
oberen  ^lelzanen  wann')  in  dieser  allde  die  springende  wässer 
in  das  gesiebt  fallen,  folgsamb  in  bemalte  parterre  oberhalb  in 
jeden  Eine  fontain  mit  seinen  springenden  wasser  muss  ein 
gericbl  werdten;  ein  mehrers  von  den  garten  »irdt  sich  in  nach- 
fulgenden  punctis  finden. 

ö'o  Canzicy  Bau. 
Die  Endeiung  in  den  Cantzley  Bau  kan  geschehen  also, 
daß  die  Archiven  undt  regislraturen  in  den  untern  gewühlmten 
Stock  kommen  undt  die  zwischen  wandt  alle  biß  ahn  die  wider 
lager  durchgebrochen  undt  daß  vordere  Zimmer  mit  den  offen 
Ifli  den  Archifario  oder  Registraiore  bey  behalten  undt  durch 
alle  registralurcn  undt  Archiven  die  Commuoicniion  habe,  sowohl 
«Iß  auf  der  andern  seilen  für  die  hochfürstliche  Cammer  Kegi- 
stWuf,  den  mittlem  oder  hohen  Stock,  so  ebenfals  gewöhlmet, 
die  Regierungs  Sessiones  undt  die  Cammer  können  ohne  ahnstandl 
cfngericht  werdten,  undt  durch  den  ganlien  bau  ahn  statt  der 
'gallerio  oder  umb  laufenden  gang  ein  gautzcr  Boden  gelegt 
werden,  damit  die  Ralhs  und  arbeit  Zimmer  bequem  geheilzet, 
nndt  darauf  die  reposituren  sein  können,  deren  Eingang  schon 
»hne  hin  gemacht  undt  die  schöth^)  in  denen  Zimmern  schon 
doTcligeben    welches   sich   zeiget   auf   den   grundttiss   Litte ra   F 

>>  •WiDD*  in   d«T  Abschrift   gcttrieben.  —  *|  >»pBlh-   in   der  AbscfaiiK. 


4 
I 


478  Wille. 

undt   in   den   profi]!   littera  G   undt    der   meister  Stahl    in   allen 
informirt  ist. 

70.    Ein  kleines  Zeüchhauß. 

Das  kleine  Zeüchhauß  worein  mann  Regiment  Stack»  undt 
kleinere  stuck  undt  toppelhacken  verwahren  kann  wehren  in  den 
vorbiatz  neben  des  Cantzeley  Baus  linckerhandt  auf  die  arth  zu 
machen,  wie  es  rechter  handt  bereiths  gemacht  ist»  tindt  lor 
ebener  Erden  ein  gebracht  kan  werden»  was  aber  für  das  kleine 
gewehr  die  autbehaltnus  angehet,  kann  solches  auf  einen  tbeil 
auf  die  neye  Casserm  gebracht  werdten  gegen  die  gassen  wo 
die  herrn  offiziers  zu  wohnen  kommen»  wo  eine  gtithe  stigen 
hinauf  kommet,  oder  gegen  daß  Neye  thor  dann  weniger  als  die 
helfte  wirdt  genug  sein  für  das  kleine  gewehr. 

Wegen  des  neyen  thors  ist  es  zwar  in  den  grundriss  der 
Casserm  nur  mit  einer  linien  angeteytet,  ist  die  tirsach  weilen 
mann  ahn  erst  muß  abwardten,  biß  sich  der  stein  beig  räumet 
undt  blatz  machet,  undt  je  mehrer  blatz  durch  die  Casserm 
bauung  undt  auL>  schitten,  stein  brechen  undt  dergleichen  sich 
öfinet,  je  weithers  hinauß  kan  die  schlussmauer  der  statt  ahn 
daß  thor  geschlossen  werdt[en»]  mit  hin  mehrer  blatz  undt  häuser 
hin  zu  bauen  sich  ergeben  wirdt  undt  die  neye  gassen  vermehret, 
welches  nach  deme  folgen  wirdt. 

8vo    frucht  Speicher. 

Erstens  in  den  alten  schloss  auf  undt  in  daß  alte  gemeyer 
sub  littera  H  können  die  frucht  Speicher  3  biß  4mahl  über  ein- 
ander also  gemacht  werden,  da(>  in  den  riss  mit  bley  die  unterste 
pfeiler  ahn  statt  holtz  mit  steinen  gemacht  werdten,  damit  die 
andern  höltzenic  pfosten  tauer  hafter  undt  sicherer  darauf  ruhen, 
mit  hin  in  daß  tach  werckh  also  eingericht,  wie  das  profill 
littera  J  zeiget  undt  angemercket  ist,  undt  nach  deme  die  gefang- 
nüß  werdten  wohnbar  sein,  die  gantze  wohnung  für  einen 
beambten  gebraucht  undt  eingericht  werdten, 

Waß  den  Wasser  graben  angehet,  weilen  die  frichten  bey 
den  tämpfigten  gewesser  sich  nicht  so  guth  erhalten,  so  kann 
der  graben  zwar  bleiben  aber  etwan  2  schu  oder  mehrer  über 
daß  wasser  auß  gefüllet,  so  dann  einen  Canal  unten  durch 
geführet  in  eysserlichen  statt  graben  folgsamb  ahn  die  beyder 
seits  graben  mauern  zwerg  bäumen  undt  in  die  mitte  hoch- 
stammende bäumen  gesetzt  werdten,  so  bleibt  der  schidboden 
undt  die  wohnungen  gesundt  wie  es  ahn  den  Gaybacher  schloss- 
graben  ebenfals  gemacht  habe  etc.  So  dann  auf  den  einen 
theil  der  Casserm  seindt  noch  2  boden  hoch  Überich  zum 
frucht  schitten  welches  tachwerck  auf  die  Wernecker  arth  mit  3 
schue  mauer  in  die  höhe  in  den  profill  ein  gerichter  gezeichnet  ist. 

90    Damians  Thor  zeiget  der  grosse  haubt  Plan  littra  JJ. 

Wegen  abweißung  des  grossen  gewässers  wann  es  wildt  ahn 
schissen  will,  dieL'en  zu  hellTen  muß  erstens    der    starcke   schütz 


TlJ. 


turdmal  bcWWbom.         479 

in  den  borg  woh  da(j  geweaser  durch  den  hol  weg  dar  gegen 
lEin  schisset,  mit  einer  mäuer  undt  hindcr  der  mauer  mit  einen 
Damm  der  da  fest  auF  ein  ander  gcstossen  oder  geramelt  muß 
werdten  von  ungefehr  1 2  sehne  oben  breith ,  so  weiL-et  es  das 
wilde  gewesser  ab  undt  den  andern  ordinari  weg  lauifend  machet 
ttndt  schonet  das  gewesser  so  sich  vor  den  Damians  Thor  sammlet; 
bey  diesen  tbor  voraus  muß  ein  vor  blatz  oder  places  d'armes 
sein,  wie  er  vor  diesen  mit  höltzern  pfosten  undt  stagelen  besetz 
gewesen  solcher  gestallen,  daß  ein  graben  von  12  schue  weith 
»on  oben  der  wider  Kehrung  biß  hinder  der  oeyen  auGgeseluten 
Uauer  fort  geführet  werden  biß  dieser  graben  nach  den  abhängen- 
den feltboden  Selbsten  auslaulTet. 

Bey  den  tbor  eine  gemauerte  brück  sam  fahren  undt  neben 
ftaß  gehen,  dieß  blatz  ku  scbtiessen,  können  zwey  pFeiler  von 
klein  in  die  höhe  gemacht  werdten  nebst  einen  kleinren  umb 
diesen  blatz  nut  Einen  halb  oben  mit  hollzem  durch  sichtigen 
graden  schenckeln    und  unten    die    2    fligel    mit    emer    kleineren 

geschlossen  werdten,  dann  vorauQ  einen  schlagbaum  damit 
tnann  nicht  gleich  ahn  das  haubt  thor  so  leichter  dings  kommen 
kann,  so  wjrdl  daß  thor  verwahrt,  undt  brauchet  keine  Aufzug 
brocken. 

lomo  Der  spitall  bau. 

Dieser  Hospital  bau  ist  in  den  grundrissen  roth  gemacht 
Ultera  K  bcy  welchen,  wo  sich  der  blats  nicht  größer  ergiebet, 
nichts  lu  erinnern  ist,  es  seye  dann  daß  seiner  hochTürstl.  gnaden 
ein  mehrers  blati  ahn  der  scheyer  undt  stallung  gnädigst  befehlen 
«n  nehmen. 

I  jmo. 

In  der  St.  Peters  kirchen  können  die  zwey  selten  Altar 
■chon  ahn  die  2  Eck  pfeiler  hin  kommen,  diese  müssen  sich 
aber  auf  eine  arth  umb  den  preiler  etuaß  mit  deren  veriiehrungen 
»enden,  wo  von  einen  Riss  sambt  den  grundt  unlerthänigst  über- 
•chicken  wcrdte,  undt  waß  ahn  denen  gesimbsern  der  hohen  altars 
•Dgehct  wirdt  in  den  Modell  angezeigct  werdten,  damit  es  bessere 
Vollkommenheit  bekommet,  undt  auf  den  gmndt  riss  des  Allars 
Itttera  L  mit  rödel  gezeiget,  nembl..  Daß  wo  die  postamenter 
von  marmor  schon  in  natura  stehen  undl  die  2  figuren  alß  Petrus 
Paulus  den  schluss  machen  sollen  dorthin  gehören  noch 
i  saolen,  undt  ahn  die  kirchen  wandt  noch  2  pilaster  undt  das 
^simbs  hinüber  lautTend,  so  bekommet  der  altar  seine  breithung, 

lann  auch  einen  ausgeschweifften  Zocel  unter  die  saulen 
damit  mann  der  Architektur  heißet,  undt  außladung  deren  schafft 
gesimbGcni  anbringen  kann,  dann  die  postamenter  ahn  sonsien 
hmahl  fallen  wie  sie  dermahlen  stehen  undt  damit  hebet 
■ich  auch  der  gantze  altar  umb  diesen  Zocel,  undt  bekommet 
jede  saulen  10  loll  in  ihr  diamelcr  undl  twar  hioCigen  ilblichen 
""imbetger  Zoll  undt  die  höhe  nach  ihrer  proportion. 

CilMchr.  1.  a«eh.  d  Obcnh.  M.  F.  XIV.  ).  jj 


48o  Wille. 

12. 

Der  Cammer  fligeU)  wie  dieser  ein  zu  theilen,  zeigen  die 
zwey  grundt  riss  in  kleinen  Maß,  welche  ich  hier  lasse  nndt  mit 
gebracht  in  littera  M  et  N.,  alß  in  M  der  untere  gmndt  riss,  in 
welchen  auch  die  von  mir  Ehe  vormahls  die  conceptirte  haubt- 
stigen  ihren  graden  aufgang,  undt  sich  lincks  nndt  rechts  wendet 
in  den  haubtstock  N,  undt  seinen  außgang  zeiget  wo  der  mahlen 
die  2  grosse  fenster  gegen  den  vordem  sahl,  so  mit  auch  gegen 
den  grössern  sahl  den  garten  zu,  dießer  vordere  sahl,  wirdte 
dann  abgesondert  mit  einen  gang,  in  eben  den  grundriss  littera 
N  undt  einen  neyen  boden,  der  obem  Metzanen  gantz  gleich 
undt  bekommet  die  höhe  wie  alle  Zimmer  im  haubtstock  somit 
die  Communication  von  denen  obem  Metzanen  gantz  hemmb. 

Orig,  u.  Copie.  Bruchsal  Gen,  Fase*  146, 


^)  Unter  Kammerflügel,  womit  sonst  immer  der  rechte  Schlossflügel 
gemeint  ist,  kann  an  dieser  Stelle  nur  der  Corps  de  logis  (Mittelbau) 
gemeint  sein. 


M  i  s  c  e  1 1  e  n. 


Kleine  Beiträge  zur  Geschichte  Graf  Albrechts  von 
Hohenberg  und  Matthias  von  Neuenburg.  Den  Lesern  dieser 
Zeitschrift  ist  der  Stand  der  Fragen,  die  sich  an  die  Chronik 
des  Matthias  von  Neuenburg  knüpfen,  wohlbekannt*).  Von  ver- 
schiedenen Seiten  werden  einzelne  dieser  Fragen  in  nächster 
Zeit  eingehender  behandelt  werden^).  Auch  kleinere  Beiträge 
dürften  daher  willkommen  sein,  wenn  sie  dazu  dienen,  über  die 
Umgebung  des  hochgeborenen  Grafen  und  die  Familie  des 
Strassburger  Anwalts  Licht  zu  verbreiten. 

Ich  gebe  im  Folgenden  Auszüge  aus  den  in  Rom  genommenen 
Abschriften,  die  künftig  der  Handschriftensammlung  des  General- 
landesarchivs zu  Karlsruhe  einverleibt  werden. 

I. 

1351  Okt  15.  —  (Clemens  papa  VI.)  dilecto  filio  Mathie, 
nato  dilecti  filii  Mathie  de  Nuiwenburg,  canonico  ecclesie  Hasala- 
censis')  Argentinensis  diocesis  salutem.  Laudabile  testimonium, 
quod  tibi  de  honestate  morum  et  vite  aliisque  probitatis  et  vir- 
tutum  meritis,  super  quibus  apud  nos  fidedignis  perhibetur  testi- 
moniis,  .  .  .  nos  inducit,  ut  tibi  reddamur  ad  gratiam  liberales. 
Volentes  itaque  tibi  premissorum  meritorum  tuorum  intuitu 
gratiam  facere  specialem,  canonicatum  ecclesie  Hasalacensis 
Argentinensis  diocesis  cum  plenitudine  iuris  canonici  apostolica 
tibi  auctoritate  conferimus  et  de  illo  eciam  providemus,  preben- 
dam  vero,  si  qua  in  dicta  ecclesia  vacat  ad  presens  vel,  cum 
vacaverit,  conferendam  tibi  cum  omnibus  iuribus  et  pertinentiis 
suis  donacioni  apostolice  reservamus,  districtius  inhibentes  epis- 
copo  Argentinensi  et  capitulo  ipsius  ecclesie,  ne  de  dicta  prebenda 
disponere  presumant.  Datum  apud  Villamnovam  Avinionensis 
diocesis  idibus  octobris  anno  decimo. 


')  Die  neueste  Zusammenfassung  bei  Rod.  Reuss,  De  scriptoribus  rerum 
Alsaticarum  1898,  habe  ich  in  der  Hist.  Vierteljahrschria  i  (1898),  525 
besprochen.  Inzwischen  hat  Edw.  Schröder  in  den  Gott.  Nachr.  1899, 
49 — 71  ücer  die  Bemer  Handschrift  des  Matthias  gehandelt.  Vgl.  dazu  den- 
selben in  der  Z.  f.  Deutsches  Altertum  43  (1899),  154—192  Ober  das  Lied 
des  Möringen.  —  *)  Haslach,  westlich  von  Molsheim,  im  Unterelsass. 

32* 


^.82  Miscellen. 

In  eodem  modo  abbat!  monasterii  Novillariensis  i)  Aigen- 
tinensis  diocesis  et  sacriste  Avinionensis  ac  thesaurario  Basiliensis 
ecciesiarum  salutem.  Laudabile  etc.  Mandamus,  qnatenus  eundem 
Mathiam  vel  procuratorem  suum  in  dicta  ecclesia  recipi  facialis 
in  canonicum  et  in  fratrem,  prebendam  vero  per  nos  reservatam 
eidem  Mathie  conferre  curetis,  inducentes  eum  in  corporalem 
possessionem  prebende.     Datum  ut  supra. 

Vatikanisches  Archiv,  Rom^  Reg,    Vaiic,  310,  31K 

In  der  zugehörigen  Bittschrift  des  Mathias  heisst  es:  (digne- 
mini  providere)  Mathie  nato  Mathie  de  Nuwenburg,  clerico  Argen- 
tinensi,  de  canonicatu  sub  expectatione  prebende  ecclesie  Hase- 
lacen.  dicte  dioc.  (id.  oct,  anno  10).    Reg.  Sttppltc.  vcil.  21,  II,  4». 

2, 

(1351  Juni  19.)  —  Significat  Sanctitati  Vestre  devota  creatura 
Albertus  electus  Frisingensis 

Item  supplicat,  quatinus  simili  modo  conferre  et  conferendam 
dignemini  reservare  parochialem  ecclesiam  in  Obemehenheim^) 
Argentinensis  diocesis,  quam  ipse  electus  obtinet,  dilecto  capellano 
et  secretario  suo  Johanni  de  Basilea,  cum  eam  premisso  modo 
vacare  contigerit,  eciam  si  foret  specialiter  vel  generaliter  reser- 
vata,  non  obstante  quod  perpetuam  vicariam  parochialis  ecclesie 
in  Überlingen  Constanciensis  diocesis  obtinet,  cum  clausulis  et 
executoriis  ut  supra.  —  fiat  R. 

Item  supplicat  quatinus  simili  modo  conferre  et  conferendam 
dignemini  reservare  parochialem  ecclesiam  Sancti  Comelii  prope 
Mengen  3)  Const.  dioc,  quam  idem  electus  una  cum  priore  ex 
dispensatione  apostolica  obtinet,  dilecto  notario  suo  Conrado 
Strigil,  cum  eam  premisso  modo  vacare  contigerit,  etiam  si  foret 
specialiter  vel  generaliter  reservata,  non  obstante  quod  paro- 
chialem ecclesiam  in  Anhingen  et  canonicatum  et  prebendam 
ecclesie  Mosburgensis  Frisingensis  dioc.  obtinet,  cum  aliis  clau- 
sulis ut  supra.  —  fiat  R.    Datum  Avinione  13.  kal.  iul.,  anno  10. 

Va/ik,  Archiv,  Rom.  Reg,  Suppiic,  vol,  21,  I,  4^, 

Ein  Regest  der  Konrad  Strigil  betreffenden  Provisionsbulle 
findet  sich  in  den  Württ.  Geschichtsquellen  2,  433  Nr.   146. 

3- 

1351  Juni  19.  —  (Clemens  papa  VI.)  dilecto  fiho  Johanni 
de  Basilea,  perpetuo  vicario  parochialis  ecclesie  in  Überlingen 
Const.  dioc.  salutem.  Vite  ac  morum  honestas  .  .  .  Cum  paro- 
chialis   ecclesia    in    Obemehenheim    Argentinensis    dioc,    quam 


»)  Neuweiler,  nördlich  von  Zabem.  —  *)  Oberehnheim  im  Unterelsass. 
—  ')  Pfarrkirche  des  hl.  Cornelius  zu  Ennetach  im  württ  Oberamt  Saulgau. 
Der  Ort  hiess  früher  Mengen  innet  Ach. 


i  Albertns  electus  Fiiaingemis  tempore  promocionis  par  noa  facte 
[  ad  Frisingensem  ecclesiam  tunc  vacantem  obtinebat,  per  monus 
consecnktionis  ab  eodem  electo  suscipiendum  de  proximo  vacare 
'  speretur,  nos  predictam  pavochialem  ecclesiam  conferendam  tibi 
cum  Omnibus  inribus  et  pertiaenciis  suis  donacioni  aposlotice 
lefiervamus,  non  obstantc  quod  perpetuam  vicariam  patochialis 
ecclesie  io  Uberlingheo  Dosceris  obtinere.  Votumus  antem,  quod, 
quam  pHmum  vigore  presend'um  dictam  ecclesiam  io  Obernehenheim 
pacitice  fueris  assecutus,  predictam  vicariam,  quam  extunc  vacare 
decrevimus,  omnino  dimittere  tenearis.  Datum  Avinione  13.  kal. 
ialll,  anno  decimo. 

In  eodem  modo  veaerabilibns  fratribua  Constantiensi  et 
Basiliensi  episcopis  ac  dilecto  Glio  sacrisle  ecciesie  Avinionensis 
saiDtem.  Vite  ac  moruro  .  .  .  Mandamus,  quatenus  ecclesiam 
in  Obernehenheim  per  nos,  ut  premittitur,  reservatam,  Johanni 
«.'onienu  curetis.     Datum  UE  supra. 

Fa/iJt.  Archiv,  Rom.  Rig.    Vaiie.  20S,  /j*. 


(1361  Febr.  i.)  —  In  einer  an  Papst  Innocenz  VI.  gerichteten 
Bittschrift  heisst  es:  Dudum  parrochiali  ecciesia  in  Ehemheim 
Superiori  Argentinensis  diocesia  per  obitum  quondam  Johannis 
de  Basitea  ipsius  ecciesie  rectoris  vacante,  abbatissa  et  conventus 
monasteiii  Inreriotis  Hohenburg'J  dicte  diocesis  Johannem  de 
Linigen  et  abbatissa  et  conventus  monasterii  Sancle  Odilie  in 
Hohenbnrg  Superiorl  dicte  diocesis  Johannem  de  Oszenstein  ad 
ipsatn  ecclesiam  loci  ordinario  presentaiunt.  Datum  Avinione 
kal.  febr.,  anno  9. 

Vatik.  Arch.,  Rom.  Reg.  Supplic.  ji,  «5*. 
Htidtlhtrg.  A.    CarUlliiri. 


Zar  Sage  vom  Enderle  von  Ketsch.  In  meinem  AuTsatie 
•Der  Enderle  von  Ketsch«  (diesf;  Zeitschr.  N.  F.  5,  2or  f.)  glaube 
ich,  wahrscheinlich  gemacht  zu  haben,  dass  es  in  erster  Reihe 
der    Heidelberger    Uriversitätsprofessor    Christof  Jungnitz*)    war, 

■)  Niedertnanster  am  Odilient>CTge,  —  ■}  Meine  Traber«  Angst)«  |S,  loj), 
d«M  Jincnit«  Kcdmckle  Scbrificn  nichl  hinterlassen  habe,  erweist  tich  Dbrigms 
klt  ifiif.  N«h  Friedrich  Pwer  Wnndt  schrieb  er  eine  Abhandlung:  De 
statu  impent  Germitiici  monurchico.  Hcidclb.  1611.  4  und  verfasste  einen 
KomtocBin  Über  die  OfTenbarung  Johannis.  Leipiign  Allgem.  Ütlerarischer 
Anwisei  Ton  1798  S.  IjM  und  Handachrift  D.  6O4  BlatI  331  der  Grolsh- 
Ilo(<  und  Landeibibliolhck  in  Katlsruhe  (handschr.  Sammlungen  Ton  F.  P. 
Wiinilli.  JuDgniu,  gegen  den  tine  gerichtliche  Uniersofhung  eingeleitet  wurde. 
«rcil  er  nach  der  »eiten  Eroberung  Heidelbergs  darch  die  Schweden  die  der 
Univenililt   noch    übriggebUebene  Pri«iibibliothek    an    einen    dortigen   Bueh- 


^84  Miscelleo. 

der  uns  das  Andenken  an  den  gottlosen  Ketscher  Schaltheissen 
bewahrt  hat.  Dass  nicht  bloss  im  Bistume  Speyer  zu  Ende  des 
17.  Jahrhunderts,  sondern  auch  noch  in  der  Mitte  des  19.  und 
zwar  im  entlegenen  Oberhessen  die  Sage  fortlebte»  dafür  habe 
ich  in  einem  weiteren  Aufsatze  »Otto  Heinrich  und  der  Kanzler 
Mückenhäuser«  (diese  Zeitschr.  N.  F.  10,  456  f.)  die  betreffenden 
Quellen  mitgeteilt^)«  Obwohl  ich  der  Meinung  war,  dass  damit 
alle  erreichbaren  Belege  erschöpft  seien,  fand  ich  doch  beim 
Studium  der  >Familienchronik  der  Freiherren  von  Gemmingen« 
von  Stocker  (Heilbronn  1895),  ^^^  ^^  Zeitgenosse  von  Jungnitz, 
nämlich  der  kurfürstliche  Rat  Reinhard  der  ältere  von  Gemmingen- 
Michelfeld  gleichfalls  die  Sage  kannte.  Geboren  am  7«  Oktober 
1576  als  Sohn  des  Junkers  Reinhard  von  Gemmingen  zu  Tresch- 
klingen  und  seiner  Gemahlin  Helene  von  Massenbach,  arbeitete 
er  seit  1606  an  einem  in  neun  Büchern  geschriebenen  Stamm- 
baum seiner  Familie,  den  er  1631  vollendete.  Auf  seiner  161 2 
erworbenen  Burg  Hornberg  erlag  er  der  Pest  am  7.  Oktober  1635 
und  wurde  in  der  Kirche  zu  Neckarzimmern  beigesetzt.  In  diesem 
in  mehreren  Exemplaren  erhaltenen  Werke  werden  zwei  Aben- 
teuer pfalzischer  Edelleute  berichtet,  die  er  aus  dem  Munde 
seines  1609  verstorbenen  Vetters  Bemolf  von  Gemmingen  zu 
Bürg  erfahren  hatte: 

Am  26.  April  1578  hatte  sich  in  Heidelberg  Herzog  Karl 
von  Södermanland,  Nerike  und  Wermland,  der  spätere  König 
Karl  IX.  von  Schweden,  mit  Anna  Maria,  der  ältesten  Tochter 
des  Kurfürsten  Ludwig  VI.  und  seiner  Gemahlin  Elisabeth  von 
Hessen  verlobt.  Zur  Schliessung  eines  Ehevertrages  wurde  im 
gleichen  Jahre  eine  Gesandtschaft  nach  Schweden  geschickt, 
welche  aus  Johann  Philipp  von  Helmstadt  zu  Bischofsheim,  Amt- 
mann in  Boxberg,  Johann  Philipp  Landschad  zu  Steinach,  Johann 
Meinhard  von  Schönberg  und  Bernolf  von  Gemmingen  zu  Bürg 
bestand.  Nachdem  der  Auftrag  vollzogen  war,  verabschiedeten 
sie  sich  in  Stockholm  und  bestiegen  am  8.  August  1578  in 
Nyköping  das  Schiff,  welches  sie  an  die  deutsche  Küste  ver- 
bringen sollte.  Am  9.  gerieth,  als  sie  sich  nach  dem  Abend- 
gebete zur  Ruhe  begeben  hatten,  durch  die  Fahrlässigkeit  eines 
jungen,  etwas  bezechten  Weinschenken,  der  in  dem  Keller  bei 
einem  brennenden  Lichte  schlief,  das  Schiff  in  Brand,  der  so 
schnell  um  sich  griff,  dass  sie  im  Hemde  in  ein  Boot  steigen 
und  in  der  Nähe  des  Landes  wieder  ins  Wasser  springen  mussten, 
damit  so  rasch   als    möglich    auch    die    anderen   gerettet   werden 


händler  verkauft  habe  (Wundt),  starb  am  18.  Oktober  (n.  St.)  1635  in  Heidel- 
berg. Narratio  historica  de  curriculo  vitae  .  .  .  Davidis  Parei  vor  seinen  Opera 
theologica  I.  der  Frankfurter  Ausgabe  von  1647. 

^)  Nach  »in  aere  voces«:  (S.  459  Z.  12  v.  u.)  stehen  in  dem  lateinbchen 
Berichte  die  deutschen  Worte  »hie  bringen  wir  Änderle  von  Ketschc.  Aug. 
Ferd.  Maier  im  Scheifeljahrbuch  von   1895  S.  69. 


MiB 


konnten.  In  ihrer  Not  liesa  ihnen  Herzog  Karl  Kleider  von  rotem 
Sammt  fertigen  und  verabreichte  als  Reisegeld  noch  looo  Reichs- 
Ibalet.  Diesen  Vorfall,  welctiec  Stocker  S.  i8i  f.  nach  dem 
Bericbt«  Reinhards  von  Geramlngen  mitteilt,  erzählt  uns  ausfuhr- 
licher Heberer  in  seiner  in  Heidelberg  1610  erschienenen  Aegyp- 
timca  servttas  S.  628  f. 

Unmittelbar  darauf  folgt  bei  Gemmingen  das  andere  Aben- 
teuer (Slocker,  S.  182),  welches  ich  nach  der  auf  der  Heidel- 
bciger  Universitätsbibliothek  befindlichen  Abschrift  des  Stamm- 
battnies,  Teil  2.  Seite  413  f.,  hier  wörtlich  wiedergebe :  »Auf  dieser 
Reisse  begegnete  ihnen  noch  ein  wunderhcher  Abentheuer.  Es 
war  ein  Wirth  zu  Ketsch  am  Rhein,  nicht  weit  von  Speyer 
gelegen,  den  nennet  man.  weil  er  sehr  feist  war,  den  dicken 
Enderlin,  den  kannten  sie  alle  wohl,  hatten  offl  bey  ihtn  in  der 
Herlierge  gelegen.  Alss  sie  nun  mit  sehr  gutem  nachgehenden 
Wind  und  vollem  Seegel  daher  seegelten,  begegnete  ihnen  wider 
alle  Natur  ein  ander  Schiff,  das  seegette  auch  mit  vollen  Seegel 
wie  der  Wind  ihnen  entgegen  und  neben  ihnen  für.  Indem  sie 
»ich  nun  sehr  verwunderten  und  fragten:  wo  hinaus,  was  sie 
FöhrteD?,  hörten  sie  eine  solche  Stimme:  wir  bringen  ihn,  wir 
bringen  ihn,  den  dicken  Enderlin  von  Ketsch  Heckelfeldt  zu. 
Sie  schrieben  die  Stund  und  den  Tag  auf,  fragten  za  ihrer 
HeimkuiilTt  nach  und  befanden,  dass  in  eben  selbiger  Stund,  als 
ihnen  das  Schiff  begegnet,  der  Wirth  gestorben.  Es  ist  aber 
Ilecla  ein  Schwefelberg  in  Issland,  welcher  stets  brennet,  wie  der 
Berg  Aetna  in  Sicilien.  Daran  man  besehen  mag,  was  Arngring 
Jonas')  in  seiner  Descriptione  Islandiae  schreibet:  Die  Inwohner 
vermcynen,  die  Hölle  stehe  daselbst,  dann  sich  viele  bekannt- 
abgestorbene  Menschen,  als  ob  sie  lebten,  daselbsten  sehen  lassen. 

Diese  beede  Historien  habe  ich  offtmahls  von  ehrengedacht 
meinem  Vettern  seelig  hören  erzehlen:  Wie  ich  auch  von 
andern  gehört,  haben  es  seine  übrigen  Gefährten  gteichergestalten 
tiesUttiget.« 

Darin  stimmt  diese  Überlieferung  mit  der  von  JungniU 
überein,  dass,  nachdem  die  Pilgerfahrten  in  das  beilige  Land  aus 
der  Mode  gekommen  waren,  nach  der  Anschauung  des  r6.  Jahr- 
hunderts der  Verdamm ungsort  in  den  Norden  verlegt  wird. 
&laugt:lt  es  auch  bis  jetzt  an  dem  Berichte  eines  Zeitgenossen, 
dass  der  dicke  Wirt  und  Schultheiss  Enderlein  von  Ketsch  bereits 
1511  oder,  wie  Jungnitz  annahm,  um  1530  in  den  Köpfen  der 
PCilier  spukte,  so  wird  es  durch  die  Erzählung  Reinhards  von 
Gemmingen  völlig  klar,  dass  die  Sage  wenigstens  im  letzten 
Viertel  d«  16.  Jahrhunderts  schon  als  im  Volke  lebend  betrachtet 
««iden  kann. 

Gtmtbaek.  Maxt'miUan  Hitfftchmidt, 


OcmciDl  Ul  dar  gcUiirtc  L£l9a<Ji«che  Piarrer  Arogrimui  J6na 
(&T  dcultchts  AlItTlum  33.  34t. 


VerKl. 


A^t  Miscellen. 

Neues  zur  Lebensgeschichte  Joh.  Christophs  von 
Grimmelshausen.  Die  folgenden,  dem  Bezirksarchiv  zu  Strass- 
burg  entnommenen  und,  soviel  ich  sehe,  bisher  unbekannten 
Notizen  geben  einen  neuen  Beitrag  zur  Lebensgeschichte  Grimmeis- 
hausens, der  um  so  willkommener  sein  dürfte,  als  man  bekannt- 
lich gerade  bei  dem  Verfasser  des  Simplicissimus  den  Mangel 
an  sicheren  Nachrichten  über  sein  Leben  ganz  besonders  be- 
klagt hat. 

In  dem  Protokollbuch  der  zu  Zabem  residierenden  obersten 
Regierungsbehörde  des  Bistums  Strassburg,  des  bischöflichen 
hohen  Rats,  vom  Jahre  1667  findet  sich  unter  dem  Datum  des 
20.  April  folgende  Eintragung^): 

»J.  Christoph  von  Grümelshaussen,  der  New  angenommene 
Schuldtheiss  zu  Renchen  berichtet  supplicando,  obgleich  von 
hierauss  ahne  den  Obervogten  zu  Oberkhirch>),  dass  er  Ihme 
den  Schuldtheissendienst  zu  Renchen  ohne  Bürgschaft  anver- 
trawen  solle  [Befehl  ergangen  ist],  dass  er  ermelter  Obervogt 
jedoch  solches  die  Zeithero  nicht  gethan  habe  undt  weilen  £r 
Supplicant  im  Geissbach  bei  Oberkhirch  umb  vier  oder  fünff- 
hundert  gülden  liegendts  gueths  gesessen,  Alss  wolle  er  solche 
Mittel  für  seine  thuendte  Caution  vorgeschlagen  haben,  mit  disem 
fernem  vorgeben  undt  anerbietten,  dass,  wan  solche  mittel  etvran 
für  nicht  sufficient  angenommen  werden  selten,  solches  wass  noch 
hierzu  erfordert  werden  möchte.  Sein  Schwehrvatter  Johann 
Henninger,  Bürger  undt  dess  Raths  allhier,  auss  dem  seim'gen 
ersetzen  wolle«  3), 

Der  bischöfliche  Rat  beschliesst  auf  diese  Supplication : 

»Weilen  des  Supplicanten  Schwehrvatter  Johann  Henninger, 
Bürger  und  dess  [Raths]  allhier  Sich  dess  Supplicanten  vorgeben 
nach  zu  leistender  Caution  anerbiethig  machen  thuet,  Alss  solle 
bey  all  hiesiger  Hochfürstlicher  Cantzley  ermelter  Henninger  auff 
nechst  khünfftigen  Freytag  alss  den  22.  dises  lauffenden  Monats 
Aprilis  in  der  persohn  erscheinen  undt  die  erforderendte  würkh- 
liche  Caution  leisten.« 

In  das  Protokoll  der  Ratssitzung  vom  22,  April  ist  dann 
folgendes  eingetragen: 

»Erscheint  Johann  Henninger,  Bürger  alhier,  undt  thut  mit 
gegebener  Handt  angeloben,  dass  Er  auff  den  fall  etwass  an 
seines  Tochtermans,  dess  New  auffgenombenen  Schultheissens  zu 
Renchen,  Joh.  Christophen  von  Grümelsshausen,  mittein  zu  der 
von  Selbigem  erforderten  Caution  ermangeln  solte,  Er  solches 
ersetzen  undt  dafür  cavirt  haben  wolle«. 


*)  Bez.  Arch.  G,  6358.  —  ^)  Hermann  Dietrich  von  Neuenstein.  — 
^)  Der  Originalbrief  Grimmeishausens  konnte  leider  im  Archiv  nicht  auf- 
gefunden werden. 


Daxaul  beschliesst  der  Rat: 

»Dem  Obervoglen  zu  Oberkirch  zu  schreiben,  dass  Er  bey 
dieser  beschaffenheit  dem  New  angenombenen  Schullheissen  zu 
Renchen  nunmehro  nicht  weiters  hin  de  H  ich  sein  solle.« 

Zum  6.  Juni  1667  findet  sich  endlich  noch  eine  Grimmels- 
hKttBcn  mitbetreffende  Notiz: 

Eliass  Goll,  der  dimittirtc  Schnitheiss  zu  Renchen  bittet, 
Ihme  zu  Einbringung  einiger  anoch  aussstündiger  heirschärtlicher 
GeUItcr  vor  Installirung  dess  new  auffgenombenen  Schultheissens 
noch  einen  Monath  lang  den  Staab  führen  und  alssdann  bey 
•einer  völligen  dimission  von  dem  Obervogten  zu  Oberkirch  Ihne 
s«iii«3  bisherigen  ehrlichen  Verhalts  eine  Zeugnns  ertheilen  zu 
lassen.- 

Worauf  der  Rat  beschliesst: 

>Dem  Obervogten  urab  guttachten  in  schreiben,  der  ihme 
Collen  bey  seiner  Eilassung  die  gebetlene  KundtacbaM  mitzu- 
iheilen«  ■). 

Ans  allen  diesen  Notizen  können  wir  folgende  Vorgänge 
mit  Sic  her  Keil  erkennen:  In  den  ersten  Monaten  des  Jahres  1667 
bat  die  bischöflich  strassbuigische  Regierang  dem  Schullheissen 
(U  Kenchen,  Elias  Goll,  den  Dienst  gekündigt  und  den  J.  Christoph 
von  Grimmeishausen  zu  seinem  Nachfolger  bestimmt,  und  zwar 
mit  Verzicht  auf  die  sonst  übliche  Kautionsstellung.  Der  Über- 
wogt des  Amtes  Oberkirch  jedoch  trug  Bedenken,  dem  neu 
ernannten  Schultheissen  das  Amt  ohne  Kaution  anzuvertrauen. 
Infolgedessen  wandte  sich  Grimmeishausen  an  die  bischöfliche 
R^cmng  mit  dem  Anerbieten,  die  Kaution  zu  hinterlegen,  nnd 
Kellte  d«iu  seinen  in  Geisbach  bei  Oberkirch  gelegenen,  auf 
C».  400 — 500  Gulden  geschätzten  Grundbesiti  zur  Verfügung. 
Sollte  dieser  jedoch  nicht  als  ausreichend  befunden  werden,  so 
"  sein  Schwiegervater,  der  Bürger  und  Ratsherr  Johann  Henninger 
SU  Zabem,  erbötig,  für  das  Fehlende  Bürgschaft  zu  leisten.  Die 
Regierung,  die  am  10.  April  das  Schreiben  Grimmeishausens 
«rhiclt,  war  einverstanden  und  forderte  den  Bürget 
fotches  Versprechen  abzugeben,  was  dieser  auch  am 
lieh  that.  Erst  im  Juli  hat  Grimmeishausen  sein  1 
angetreten^). 

£s  ist  verhrtllnismässig  viel  Neues,  das  diese  kurzen  Berichte 
fSr  nns  enthalten. 

Erstens  erfahren  wir  Genaues  über  den  Zeitpunkt,  in  welchem 
GrimTDclUisnsen  in  den  Dienst  des  Bischofs  von  Strassbnrg 
getreten  ist.  Während  man  bisher  das  Jahr  1667  nur  vermutungs- 
weise anniihra,    wissen   wir    jetzt    mit  Sicherheit,    dass  Grimmels- 

■I  S«bt  «chlccht  und  unlneilich  geschrieben.  —  ')  Es  ist  wohl  mit 
Stehcaheii  uitunehtnen ,  da»)  seinem  VoreSoger  die  Aafing  Juni  «us- 
(«qirochen«  Bllle  um  Slabfiihmne  Doch   auf   einen    weiteren  Monsl    gewahrt 


auf,  ein 
?2.  münd- 
eues    Amt 


^.88  Miscellen. 

hausen    im  April    dieses  Jahres    bereits    emaont   war,    sein  Amt 
aber  nicht  vor  Juli  angetreten  hat* 

Sodann  wird  uns  ein  Einblick  in  den  damaligen  Vennögens- 
stand  unseres  Schriftstellers  gewährt  Wir  hören  zunächst,  dass 
er  in  Geisbach  bei  Oberkirch  Grundbesitz  im  Werte  von  4 — 500 
Gulden  hatte.  Vielleicht  darf  man  daraus  schliessen,  dass  er 
schon  längere  Zeit  in  Renchen  oder  irgendwo  anders  in  der 
Gegend  von  Oberkirch  ansässig  gewesen  ist.  Sodann  aber  scheint 
mir  auch  die  Annahme  gerechtfertigt,  dass  dieser  Grundbesitz  im 
wesentlichen  sein  Vermögen  ausmachte.  Denn  wenn  er  noch 
über  andere  Mittel  verfugt  hätte,  würde  er  wohl  kaam  für  den 
Rest  der  zu  stellenden  Kaution  die  Hilfe  seines  Schwiegervaters 
in  Anspruch  genommen  haben. 

Endlich  aber  —  und  das  ist  wohl  das  interessanteste  — 
erhalten  wir  neuen  Aufschluss  über  die  Familie  Grimmeishausens. 
Bisher  wusste  man  von  seiner  Frau  nur,  dass  sie  Katharina 
Henninger  hiess*).  Jetzt  erfahren  wir,  dass  sie  aus  dem  Elsass 
stammte  und  Tochter  des  Ratsherrn  und  Stiftschaffners  >)  Johann 
Henninger  aus  Zabern  war.  Von  mir  angestellte  Nachforschungen 
im  Archiv  der  Stadt  Zabern  haben  ergeben,  dass  ihr  Geschlecht 
eins  der  angesehensten  der  Stadt,  schon  Mitte  des  16.  Jahr- 
hunderts dort  ansässig  war,  und  dass  sie  selbst  am  10.  November 
1628  getauft  worden  ist^).  Sie  wäre  demnach  nur  ca.  3  Jahre 
jünger  gewesen,  als  ihr  Mann,  wenn  anders  die  Annahme  richtig 
ist,  dass  Grimmelshausen  um  1625  geboren  wurde.  Vielleicht 
Hessen  sich  hieraus  wieder  Schlüsse  ziehen  auf  den  Zeitpunkt 
ihrer  Heirat,  der  danach  etwa  an  das  Ende  der  Vierziger  oder 
in  den  Anfang  der  Fünfziger  Jahre  zu  setzen  wäre,  immer  freilich 
unter  der  Voraussetzung,  dass  Katharina  nicht  erst  als  Dreissig- 
jährige  geheiratet  hat,  was  jedoch  für  die  damalige  Zeit  recht 
ungewöhnlich  gewesen  sein  dürfte.  Denn  leider  geben  die 
Zaberner  Kirchenbücher,  die  für  diese  Zeit  vollständig  und 
lückenlos  erhalten  sind,  keinen  Aufschluss  über  die  Heirat 
der  Katharina  Henninger,  woraus  man  wohl  den  sicheren 
Schluss  ziehen  darf,  dass  diese  nicht  in  Zabern  selbst  statt- 
gefunden hat. 

So  sehen  wir  jetzt,  dass  die  Beziehungen  Grimmeishausens 
zum  Elsass  inniger  gewesen  sind,  als  man  bisher  annahm,  und 
auch  der  Eintritt  in  bischöflich  strassburgische  Dienste  erklärt 
sich  bei  dem  Schwiegersohne  des  Zaberner  Ratsherrn  und  Stift- 
schaffners ohne  besondere  Schwierigkeit.  Noch  wichtiger  indes 
als  diese   neuen  Aufschlüsse    scheint    mir    zu    sein,    dass    durch 


*)  Aus  den  Rcnchener  Kirchenbüchern.  —  *)  So  wird  Joh.  Henninger 
in  anderem  Zusammenhang  gleichfalls  in  den  Protokollen  des  bischöflichen 
Rates  a.  a.  O.  genannt.  Er  lebte  übrigens  noch  1672.  Vergl.  Strassb.  Be2. 
Arch.  G,  6360,  Protok.  v.  16.  Nov.  1672.  —  ')  Eintragung  im  Kirchenbuch 
von  Zabern.     Ihre  Mutter  hiess  Ursula. 


Miscellen.  ^.So 

unsere  Berichte  die  noch  immer  nicht  ganz  ruhende  Streitfrage  i), 
ob  Grimmeishausen  zur  katholischen  Kirche  übergetreten  ist,  ihre 
endgiltige  Erledigung  findet.  Eigentlich  hätte  man  sich  ja  schon 
sagen  müssen,  dass  ein  bischöflich  strassburgischer  Schultheiss 
damals  wohl  unmöglich  Protestant  sein  konnte.  Völlig  aus- 
geschlossen aber  ist,  dass  in  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  die 
Tochter  eines  Ratsherrn  und  Stiftschaffners  der  bischöflichen 
Residenzstadt  Zabem  einen  Protestanten  geheiratet  hätte,  ohne 
selbst  überzutreten  und  dadurch  mit  ihrer  Familie  gänzlich  zu 
brechen.  Für  einen  protestantischen  Eidam  aber  würde  Johann 
Henninger  sicher  nicht  Kaution  geleistet  haben.  Es  steht  dem- 
nach unzweifelhaft  fest,  dass  Grimmeishausen  Convertit  gewesen 
ist,  und  dass  sein  Übertritt  jedenfalls  vor  seiner  Heirat  statt- 
gefunden hat,  ja  vielleicht  sogar  durch  diese  veranlasst  worden  ist^). 

Zum  Schluss  seien  der  Vollständigkeit  halber  noch  zwei 
weitere  Notizen  aus  den  Protokollbüchern  des  bischöflich  strass- 
burgischen  Rates  (Strassb.  Bez.  Archiv  G,  6361)  mitgeteilt,  die 
sich  indes  lediglich  auf  die  amtliche  Thätigkeit  Grimmeishausens 
beziehen: 

1.  1673  Juli  31:  Bischof  Franz  Egon  von  Strassburg  teilt 
seinem  hohen  Rat  unter  dem  18.  Juli  mit,  dass  der  Schultheiss 
von  Renchen  ihm  die  dringende  Notwendigkeit  einer  Grenz- 
erneuerung des  »Meywaldes«  überzeugend  dargelegt  habe  und 
befiehlt,  danach  zu  verfahren.     {Regest,) 

2.  1673  August  9:  »Schultheiss,  Gericht  und  Gemeinde  zu 
Renchen  beschwähren  sich  wider  die  Gerichter  Oberkirch, 
Oppenaw,  Cappel  und  Ulm  wegen  verweigernden  beytrags  Ihres 
acceptirten  contingents  an  denen  erlittenen  Schneyderischen 
Uncösten,  bitten  dahero  umb  obrigkeitliche  Half«.   {Ongtnalnotiz,) 

Berlin,  Alfred  Overmann, 


')  Vgl.  den  Artikel  Grimmelshausen  in  der  Allgem.  deutsch.  Biographie 
und  Kögel  in  seiner  Ausgabe  des  Simplicissimus  in  den  Neudrucken  von 
Braune.  —  *)  Dass  der  Obertritt  nicht  in  Zabem  selbst  stattgefunden  hat,  ist 
sicher,  da  sich  in  den  Convertitenlisten  der  Zabemer  Kirchenbücher,  die  für 
jene  Zeit  vollständig  erhalten  sind,  nichts  darüber  ündet. 


Zeitschriftenschau  und  Litteratumotizen. 


Von  Veröffentlichungen  der  Badischen  Historischen 
Kommission  ist  erschienen: 

Siegel  der  badischen  Städte  in  chronologischer 
Reihenfolge.  Der  erläuternde  Text  von  Friedrich  von 
Weech.    Die  Zeichnungen  von  Fritz  Held. 

Erstes  Heft.  Die  Siegel  der  Städte  in  den  Kreisen 
Mosbach,  Heidelberg,  Mannheim  und  Karlsruhe.  Heidel- 
berg, Winter. 

Neue  Heidelberger  JahrbQcher.  Jahrg.  VIIL  1898.  H.  2. 
K.  Schumacher:  Zur  ältesten  Besiede lungsgeschichte  Badeos. 
S.  256 — 68.  Vorläufige  Zusammenfassung  der  Fundergebnisse 
der  letzten  20  Jahre  hinsichtlich  der  Frage  nach  der  Grösse  und 
Continuität  der  Besiedelungen.  Nachweis  eines  Znsammenhanges 
der  Besiedelungen  aus  vorrömischer  und  römischer  Zeit,  der  aber 
für  die  Fortentwickelung  derselben  nur  da  von  Bedeutung  wird, 
wo  sie  an  wichtigen  Verkehrspunkten  angelegt  sind. 


Revue  catholique  d'Alsace:  Nouvelle  s^rie.  Band  18. 
Jahr  1899.  März-April- Mai-Heft.  Ingold:  M6re  Pacifique, 
abbesse  d'Alspach,  S.  164 — 178,  241 — 255,  336 — 348,  giebt 
einen  kurzen  Lebensabriss  jener  von  1692 — 1726  amtirenden 
Äbtissin  des  Alspacher  Clarissinnenklosters  und  teilt  eine  Anzahl 
ihrer  Briefe  aus  dem  Besitz  des  Colmarer  Stadtbibliothekars  Walz 
mit,  von  denen  die  meisten  in  den  Jahren  1722 — 1728  an  den 
Colmarer  Spitaleinnehmer  Berthier  gerichtet  sind.  —  Beuchet: 
Bernard  Antoine  Fels,  une  victime  du  Directoire  en 
Alsace,  S.  286  —  293,  behandelt  das  Schicksal  des  1799  fest- 
genommenen und  nach  Ile  de  Rh6  deportierten  ehemaligen 
Marbacher  Mönchs  und  Pfarrverwesers  von  Obermorschweier  nach 
Akten  des  Colmarer  Bezirksarchivs.  —  Blumstein:  Rosheim 
et  son  histoire,  S.  377 — 385,  behandelt,  auf  Hanauers  Arbeiten 
sich  stützend,  die  geschichtlichen  Anfänge  der  Stadt  Rosheim. 


Revue  d'Alsace:     Nouvelle   s^rie.     Band    13.    Jahr    1899. 
April-Mai- Juni-Heft.     Hausmann:    Une   famille  Alsacienne, 


Zdbdutftenscliau  und  LittHfttumODt 


49' 


,  145 — 150,  kurze  genealogische  bis  1850  etwa  reichende 
lotaca  über  die  bekannte  Colmar-Logelbacher  Fabri  kante  nfamilie 
iausiKann.  —  Durrwell:  Histoire  d'une  ville  d'Alsace  et  de 
invirons,  S.  131  — 163,  Notizen  zur  Geschichte  von  Rufach 
cd  Sulzmatt.  —  Nerlinger:  La  vie  ä  Strasbourg  au  coro- 
encemenl  du  17«  si^cle,  S.  164  —  igo.  Beendigung  des 
euabdrucks  von  D.  Martins  sNew  Par!ament<,  Kap.  9b — 100. 
■  Benoit:  Lcllres  des  ministres,  S.  191 — 205,  Sammlung 
n  bedeutungslosen  ofhciellen  Schreiben  französischer  Minister 
1  einzelne  Präfekten  aus  den  Jahren  1834 — 1839,  unter  denen 
;  5  und  6  identisch  sind;  im  Anhang  die  interessante  Adresse 
bi  Offiziere  der  Strassburger  Garnison  an  König  und  National- 
mmlung  aus  dem  Jahr  1789  mit  merkn-ürdigen  Vergleichen 
er  französischen  und  preussischen  Armee.  —  Billing:  Petite 
onique  de  Colmar,  S.  204 — 220,  Aufzeichnungen  Sigis- 
tnnd  Billings  über  die  Colmarer  Ereignisse  vom  zo.  März  1789 
22.  November  1790.  —  Nerlinger:  Notes  sur  Daniel 
iftin,  S.  221 — 22b,  Inhaltsangabe  der  Martin'achen  Unter- 
■chungen  im  Jahrbuch  des  Vogesenklub  über  den  Verfasser  des 
lew  Parlament.  —  Mossmann:  Derniers  dCtaila  concer- 
•m  les  n^gociations  du  traile  de  1648.  S,  227 — 243, 
I  dein  Nachlass  von  Mossmann  Darstellung  der  letzten  Phase 
r  Friedensverhandlungen  nach  den  Berichten  des  Colmarer 
Ureters  Schneider  an  seinen  Magistrat.  —  Divers,  S.  244 — 
darunter  Ortsverzeichnisse  einiger  Ober-Elsässischer  Terri- 
nen aus  dem  Jahre  1789.  —  Reuss:  Documents  iuedits, 
.  259 — 277.  Briefe  des  französischen  Lilteralen  Rochon  de 
Inbannes  an  den  Prätor  in  Strassburg  M.  de  Gerard  aus  dem 
lir  1781,  betreffend  die  ihm  übertragene  Festdichtung  bei  der 
ihrhuadertfeier  der  Einverleibung  Strassburgs. 

Annales  de  l'Elst:  Band  13.  Jahr  iSgg.  Heft  11.  In  der 
bliographie  S.  290—300  ausführliche  Anzeigen  von  l'arisoi: 
prima  domo  quae  superioris  Lotharingiae  ducatum  quasi  haer- 
ittrio  jure  icnuit  und  von  R.  Reuss:  de  scriptoribus  rerum 
aticonim  hisloricis,  sowie  l'Alsace  au  dix-septiime  sij:cle 
I.  II  durch  Ch.  Pflster,  ferner  im  .\bschnitt  iRecueils  ptri- 
iqnes  et  Soci^t^s  savantesi  eine  eingehende  liihalls- 
[Bb«  des  Jahrgangs  1898  der  Zeitschrift  für  die  Geschichte 
1  Oberrheins  durch  Th.  Schoell, 


Bulletin  du  Mus^e  Historique  de  Hulhouse.  XXll 
ia  189S.  E.  M[eininger]:  La  rcunion  de  Mulhouse  i 
Ftancc,  S.  5 — 67.  teilt  die  Korrespondenz  mit.  welche 
eben  Johann  Ulrich  Metzger,  Mitglied  der  Central  Verwaltung 

überrbcinischen  Departements  und  dafür  ernannten  Spezial- 
mit  der  französischen  Regierung  und  mit  der  Stadt- 
raltung  von  Mölhausen  im  Jahre  1798  übet  die  Einverleibung 


^g2  Zeitschriftenschaü  und  Litteratumotiten. 

dieser  Stadt  geführt  worden  ist,  zum  grössten  Teil  nach  Ab- 
schriften des  verstorbenen  H.  Koechlin,  nachdem  die  Originale 
bei  der  Versteigerung  des  Metzger'schen  Nachlasses  am  22.  April 
1897  zu  Colmar  von  der  Stadt  Mülhausen  nicht  erworben  werden 
konnten.  Beigegeben  ist  die  Reproduktion  eines  Lebert'schen 
Stiches  von  Metzgers  Portrait  und  eine  Abbildung  der  Ehren- 
geschenke, welche  die  Stadt  Mülhausen  Metzger  widmete.  — 
Relation  d6taill6e  donnde  i  M.  J.  M.  Hoffer  de  la  f^te 
de  notre  r^union  k  la  France,  S.  68  —  88,  ein  der  Chronik 
von  Josua  Hofer  entnommener,  bisher  nicht  veröffentlichter 
Bericht,  welcher  an  Johann  Michael  Hofer  damals  in  Paris  von 
einem  Festteilnehmer  gerichtet  ist,  wahrscheinlich  aus  der  Feder 
von  Pierre  Thierry,  dem  ältesten  Sohne  des  gleichnamigen  ersten 
französischen  Bürgermeisters  von  Mülhausen  stanmiend.  —  Jour- 
nal de  Jean-Jacques  Schlumberger,  chapelier  et  fos- 
soyeur  k  Mulhouse,  S.  89 — iio,  schlichte  Aufzeichnungen 
in  deutscher  Sprache  über  Familien-  und  Tagesereignisse,  die 
Jahre  1733 — 1808  umspannend,  für  die  Jahre  1789 — 1798  etwas 
reichhaltiger. 

Vom  »Strassburger  Diöcesanblatt«,  das  ich  im  vorigen 
Heft  zum  ersten  Mal  anzeigte,  sind  inzwischen  drei  weitere  Hefte, 
4 — 6  ausgegeben  worden.  Auch  sie  bringen  wieder  allerlei 
beachtenswerte  Beiträge  zur  Elsässischen  Geschichte,  speziell  zur 
Kirchengeschichte.  So  enthält  Heft  4  einen  kurzen  Abriss  der 
Entwickelung  des  Strassburger  Rituale  von  Ott  und  den  Schloss 
des  Aufsatzes  von  Paulus  über  Ablasspredigten  in  Strassburg  und 
Elsass  beim  Ausgang  des  Mittelalters,  Heft  5  einen  kurzen 
populär  gehaltenen  Aufsatz  von  Truttmann  über  den  sogenannten 
Konziliumssaal  zu  Konstanz  und  eine  Miscelle  von  Fuchs: 
Zur  Gründungsgeschichte  des  Kapuzinerklosters  in  Weissenburg; 
in  Heft  6  behandelt  Gass  den  neuen  kirchenmusikalischen  Fund 
des  Pfarrers  Vogeleis,  die  Entdeckung  eines  musikalischen  Trak- 
tats von  Jakob  Twinger  von  Königshofen,  Landmann  teilt  nach 
dem  ersten  Bande  der  Monumenta  ordinis  fratrum  predicatorum 
Einiges  aus  dem  Leben  der  Strassburger  Dominikaner  mit  und  Gass 
bringt  noch  zwei  Miscellen:  >St  Leonhard  und  Börsch  im  Bauern- 
kriege« und  »Obliegenheiten  eines  Strassburger  Weihbischofs  im 
1 7.  Jahrhundert«,  in  beiden  sich  auf  Aktenstücke  des  Strassburger 
Bezirksarchivs  stützend. 

Entgangen  ist  mir  leider  in  Heft  i  S.  6  Anm.  2  ein  Angriff 
der  Redaktion  auf  die  Unparteilichkeit  unsers  langjährigen  ver- 
dienten bibliographischen  Mitarbeiters,  der  in  seinen  unbegrün- 
deten Vorwürfen  entschiedene  Zurückweisung  verdient.  Das 
Diöcesanblatt,  früher  Ecclesiasticum  Argentinense  ist  in  der 
Elsässischen  Bibliographie  unter  der  Rubrik  der  Zeitschriften 
nicht  blos  1883,  wie  dort  behauptet  wird,  sondern  bei  uns  von 
1890 — 1893    regelmässig   aufgeführt,    seitdem    »die  Archivalische 


B  und  I>ittenitnmotiiefi. 


493 


Bdlage*;  anch  die  »Theologischen  Studien:  sind,  soweit  sie 
geschichtliche  Themata  behandeln,  also  in  unsere  Gesichtskreis 
fallen,  wie  Sdraleks  Diöce  sau  Synoden  notirt.  Den  >Ordo<  aufzu- 
nehmen lag  ebensowenig  Veranlassung  vor  wie  den  •evangelischen 
Kirclienkalenden,  der  nicht  nur  nicht  >regeliiiässigi ,  sondern 
niemals  in  der  Zeitschrift  verzeichnet  iau  fV,   W. 


In  einer  sehr  sorgfaltigen,  dem  kleinsten  palaeographi sehen 
Detail  nachspürenden  Untersuchung:  >Otfrid  und  die  übrigen 
Weissenburger  Schreiber  des  g.  Jahrhunderts.  (Frank- 
furt, Enneccerus,  iSgg)  bemüht  sich  Paul  Piper  an  der  Hand 
von  30  Lichtdruck-Faksimile  tafeln  nachzuweisen,  dass  die  von 
O,  Erdmann  in  seiner  grossen  Otfridausgabe  angenommenen 
zahlreichen  Schreiber  des  Codex  traditionum  Wizenburgensium 
und  der  drei  aus  Weissenburg  stammenden  Olfridhandschriflen 
■ich  auf  acht  Schreiber  und  Rubrikatoren  reduzieren  lassen. 
Namentlich  wird  für  Otfrid  selbst  ein  hervorragender  Anteil  au 
der  Herstellung  des  Traditionskodex  und  der  Heidelberger  wie 
Wiener  Otfridhandschrift  in  Anspruch  genommen.  W.    W, 

In  den  Nachrichten  der  Königl.  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften 2U  Göttingen,  philologisch-historische  Klasse,  1899, 
Heft  I,  S.  49  —  71,  kommt  Edward  Schröder  in  einer  sehr 
•charfsionigen  Untersuchung  über  >d i e  D e  r n e r  H a n d s c hri f t 
des  Matthias  von  Neuenbürg«  zu  neuen  wertvollen  F.rgeb- 
ttisaen.  Er  stellt  zunächst  in  einer  sehr  ansprechenden  Argu- 
mentation, bei  der  allerdings  den  Angaben  eines  Strass burger 
Kalendars  lu  grosse  Redentung  beigelegt  ist,  fest,  dass  jener 
Samtnelkodox  zu  .Sirassburg,  höchst  wahrscheinlich  in  den  Jahren 
1350 — 31,  unter  den  Augen  des  Matthias  von  Neuenburg  ent- 
standen sein  muss,  gewissermassen  aus  dem  ßrouillon  des  Autors 
geschöpft  ist.  Ich  behalte  mir  vor,  durch  geiauere  paläographische 
Vergleiclinng  der  Berner  Handschrift  mit  Strassburger  Urkunden 
i«tM)T  Jahre  diese  zeitliche  Festsetzung  noch  näher  zu  prüfen. 
Auch  fflr  den  bekannten  Autorenstreit  um  die  Chronik  bringt 
SchrAder  neue  aufl^lärende  Momente  bei.  Er  stellt  die  Hypo- 
these auf.  dass  für  die  deutschen  Stücke  des  Kodeji,  überhaupt 
fflr  leine  erste  grössere  Hälfte,  die  in  einer  Art  Manuale  das 
AiuJebendsie  und  Wissenswerteste  aus  der  Moralphilosophie, 
Naturkunde,  Geographie  u.  5.  w.  vereinigte,  zu  einem  hetrücht- 
Itchen  Teile  die  Bücherei  des  Grafen  Albrcchl  von  Holienberg 
die  Vorlagen  geliefert  habe  und  dass  der  eigentliche  Anreger 
oder  Itetteller  der  Handschrift  der  etsassische  I.andvogt  Graf 
Hugo  von  Hohenberg,  der  itruder  Albrechts,  gewesen  sei.  Dessen 
lillerarische  Interessen  hofft  Schröder  demnächst  an  anderer 
Stelle  nachzQwciBon,  während  er  von  einer  weitern  Untersuchung 
des  Hohenbcrgi sehen  Einflusses  auf  die  Chronik  des  Matthias 
Abstand  nimmt.  "'. 


ichung  J 

althias  ^^J 


494 


Zeitschriftenschau  und  Litteratumotiseo. 


Von  der  vom  Statistischen  Bureau  des  Ministeriums  heraus- 
gegebenen Landes-  und  Ortsbeschreibung  »Das  Reichsland 
£lsass-Loth ringen«  ist  die  erste  Lieferung  erschienen  (Sirass- 
bürg,  Heitz  u.  Mündel),  die  zunächst  eine  allgemeine  Landes- 
beschreibung in  einzelnen  Aufsätzen  nach  dem  Vorbild  des  1885 
publizierten  Werkes:  »Das  Grossherzogtum  Baden«  bringt.  Die- 
selbe ist  fast  durchweg  den  kompetentesten  Federn  anvertraut 
worden,  Lehrern  der  Strassburger  Hochschule:  so  sind  die  all- 
gemeine geographische  Schilderung  von  Gerland,  die  Geologie 
von  Bücking,  dJe  Meteorologie  von  Hergesell,  die  Flora  vom 
Grafen  zu  Solms-Laubach,  die  Tierwelt  von  Döderlein,  die  phy- 
sische Anthropologie  von  Schwalbe,  die  deutschen  Sprachverhalt- 
nisse und  Mundarten  von  Martin  bearbeitet.  Eine  eingehendere 
Besprechung  des  Werkes  wird  hier  erst  am  Platze  sein,  wenn 
nach  der  Statistik  des  Landes,  die  zunächst  folgen  soll,  das 
statistisch-geschichtliche  Ortsverzeichnis  vorliegen  und  den  Ver- 
gleich mit  der  vei  sandten  Arbeit  von  Clauss  nahelegen  wird, 

Dass  das  ganze  Unternehmen,  nachdem  Baquol-Ristelhuber 
längst  veraltet  und  vergriffen  ist,  einem  zeitgemässen  Bedürfiiis 
entspricht,  wird  nicht  geleugnet  werden  können.  Ob  es  nicht 
angemessener  gewesen  wäre,  nach  wärttembergischem  und 
bairischem  Vorbilde  die  einzelnen  Teile  des  Landes,  zum  min- 
desten Elsass  und  Lothringen,  gesondert  zu  behandeln,  die  Frage 
dürfte  jedenfalls  aufzuwerfen  sein.  £s  spricht  im  besondem 
Falle  dafür  die  Grundverschiedenheit  der  historischen  Entwick- 
lung und  der  Mangel  innem  Zusammenhangs,  sodann  im  all- 
gemeinen die  unbestreitbare  Thatsache,  dass  für  Belebung  und 
Vertiefung  des  geschichtlichen  Sinns  kleinere  und  leicht  zugäng- 
liche Sammelwerke,  die  auch  dem  historischen  Detail  liebevolle 
Aufmerksamkeit  widmen  können,  am  intensivsten  wirken.  Ich  ver- 
weise nur  auf  die  württembergischen  Oberamtsbeschreibungen, 
die  ich  nach  dieser  Richtung  hin  in  vielen  Stücken  für  muster- 
haft halte.  Für  den  andern  hier  gewählten  Weg  wird  man 
Gründe  wesentlich  politischer  und  rein  äusserlicher,  praktischer 
Art  ins  Feld  führen  können;  ein  Haupterfordernis  aber  wird 
dabei  sein,  dass  die  leitende,  straff  zusammenhaltende  Hand, 
welche  die  Gleichartigkeit  der  Behandlung  sichert,  nicht  vermisst 
wird.  Dies  zu  untersuchen,  bietet  der  Inhalt  der  vorliegenden 
ersten  Lieferung  noch  keine  Gelegenheit  bezw.  entzieht  er  sich 
meiner  Beurteilung. 

Einen  wesentlichen  Faktor  bei  der  Schätzung  und  dem 
Gelingen  eines  solchen  Werkes  bildet  die  äussere  Ausstattung. 
Ist  dieselbe  auch  im  allgemeinen  als  angemessen  und  ansprechend 
zu  bezeichnen,  so  darf  doch  die  Wahl  der  Drucktypen  nicht  als 
eine  glückliche  erachtet  werden.  Sie  mögen  im  einzelnen  scharf 
und  zierlich  erscheinen,  im  ganzen  wirken  sie  leider  wie  beissen- 
des  Augenpulver  und  erschweren  die  zusammenhängende  Lektüre 
ausserordentlich.  W.  W. 


495 

Moritz  Stern,  König  Ruprecht  von  der  Plalz  in 
nen  BeEiehungeo  au  den  Juden.  Ungedruckte  Königs- 
ttiknndeD  nebst  ergänienden  Aktenstücken.  Kiel.  i8g8.  LVIU 
latid  7i  Seiten.  8",  —  Völlige  V'erkennung  der  thatsächlichen 
Verbältaisse  hat  bisbei  Kötiig  Rupreuht  als  Freund  der  Juden 
«ncheinen  lassen.  Stern  sucht  nun  an  der  Hand  eines  reichen 
Qucllenn)a.terials,  das  er  mit  vieler  Sorgfalt  in  einer  Reihe  von 
.Archiven,  vornehnillcti  in  Katlstuhe  und  Frankfurt  (Stadtarchiv), 
dgeaanunolt  hat,  den  Nachweis  lu  erbringen,  dasa  die  Stellung 
des  Fürsten,  der  die  berüchtigte  Juüenvertreibung  aus  der  Pfalz 
ins  Werk  gesetzt  hat,  nichts  weniger  als  wohlwollend  gewesen 
ist,  aIs  er  auf  dem  deutschen  Königsthron  auch  über  die  Juden 
isa  Reiche  lu  gebieten  hatte.  Angeregt  durch  Julius  Weizsäcker, 
bei  den  Vorarbeiten  zum  4.  Band  der  Deutschen  Rcichs- 
tigsakten  im  Karlsruher  Generallandesarchiv  interessanten  Mate- 
tialicn  in  Kopialbüchem  zur  Geschichte  der  Juden  begegnet  war, 
leitt  St.  nicht  weniger  als  76  Urkunden  zu  seinem  Thema  mit, 
cUrnnicr  55  Königsurkunden,  von  denen  34  bisher  noch  völlig 
anbekanni  waren,  .ausserdem  ist  in  einer  frisch  und  anregend 
j^schrlebenen  Einleitung  eine  Fülle  von  Stoff,  teils  aus  Quellen. 
eils  aus  gedruckter  Lilteratur,  zu  einer  übersichtlichen  Dar- 
■ilUDg  des  Verhältnisses  König  Ruprechts  zu  den  Juden,  zu- 
nächst in  der  Pfalz,  dann  auch  im  übrigen  Reiche,  verarbeitet. 
:Obrra[l  uilt  das  rein  fiskalische  Interesse  des  Königs  bei  seinen 
^Ziehungen  zu  den  Juden  hervor,  das  auch  da  im  Vordergrund 
>  es  sich  scheinbar  um  wohlwollende,  schützende  Mass- 
^fasndelt  Ruprecht  hat  mehr  als  einmal  den  Versuch 
,  die  Juden  in  unerhörter  Weise  auszubeuten:  das  Misa- 
Fniner  Absichten  entsprang  allein  seiner  kläglichen  poli* 
1  Ohnmacht.  Dass  er  dennoch  aus  den  gegebenen  Ver- 
(ültnisscn  genügenden  Vorteil  zu  ziehen  wusste,  hat  St.  dargetban, 
indem  er  auf  die  Verleihung  von  Privilegien  und  Schutzbtiefeni 
die  bei  dem  geringen  Ansehen  des  Königs  so  gut  wie  wertlos 
waren,  aber  teuer  erkauft  wurden,  auf  die  geschickte  Ausnutzung 
det  UndlÜuägcn  Judensieuem,  auf  die  Auferlegung  erheblicher 
£t]sageldcr  hinweist  und  die  klug  berechnete  Ürganisation  des 
Königa  xm  Sicherstelluiig  dieser  Einnahmen  scliildert.  Die  tüch- 
tige .\tbäit  bietet,  obschou  zunächst  in  ihrem  Gegunsland  enger 
bflgreDXt,  einen  dankenswerten  Beitrag  zur  Sozial-  und  Wirlichafls- 
[«»cbicbte  dc$  beginnenden    ij.  Jahrhunderts,        A'.   Biunntr. 

In  d«n  Sitzungsberichten  der  (ihilosophisch- philo  logischen 
dei  historischen  Klasse  der  Münchner  Akademie  der  Wissen- 
iclufte»,  tSgg,  Heft  1,  S.  37 — 74.  schildert  F.  L.  Baumano 
[Die  Eidgenossen  und  der  deutsche  Bauernkrieg  seit 
iBm  März  ffiZ^)  im  Anschluss  an  einen  frühern  Vortrag  da^ 
kTatbalten  der  Eidgenosse nschafl  gegenüber  der  grossen  deutschen 
KevoIntiDn.     Er  slsllt  lest,  dass  die  Eidgenossenschaft  als  solche 


I.  Ob«ii 


n 


i 


496  Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen. 

auch  nach  dem  März  1525,  da  die  Gefahr  einer  Verbrüderung 
der  eigenen  mit  den  deutschen  Bauern  nicht  zu  befürchten  war, 
an  ihrer  Neutralitätspolitik  und  der  Erbeinung  mit  Österreich 
festhielt,  und  die  Bestrebungen,  zwischen  den  streitenden  Par- 
teien zu  vermitteln,  nur  von  einzelnen  Orten  ausgingen,  deren 
eigene  Interessen  durch  die  Fortdauer  des  Krieges  bedroht 
erschienen ,  und  er  verfolgt  dann  diese  vermittelnde  Thätigkeit 
weiter,  zunächst  im  Gebiet  des  Hegaus,  der  Bar  und  des  Riet- 
gaus, wo  Zürich  vor  allem,  freilich  erfolglos,  um  Intervention 
bemüht  war,  dann  im  Breisgau,  Sundgau  und  der  Ortenau,  wo 
Basel  mit  mehr  Energie  und  besserem  Erfolg  die  Führung  über- 
nahm, ohne  allerdings  auch  hier  die  Gesamtheit  der  eidgen. 
Orte  zu  gemeinsamem  Vorgehen  zu  gewinnen.  Die  Stellung  der 
Kidgenossen  gegenüber  den  flüchtigen  Aufrührern,  die  auf  ihrem 
Boden  Asyl  suchten ,  behandelt  das  Schlusskapitel ;  es  zeigt, 
welche  Differenzen  in  der  Behandlung  dieser  Frage  zwischen  der 
sich  für  Ausweisung  entscheidenden  Eidgenossenschaft  und  ein* 
zelnen  Orten,  wie  Zürich,  Basel  und  Appenzell  bestanden.     K,  0, 

Rod.  Reuss:  L'Alsace  au  dix-septi^me  si^cle.  Band  II, 
(Paris,  Emil  Bouillon,   1898).     638  S. 

Der  vorliegende  Band,  mit  dem  das  Werk  seinen  Abschlass 
erhält,  bringt  den  kulturgeschichtlichen  Teil*  und  behandelt  im 
ersten  Buch  das  soziale,  im  zweiten  das  geistige  und  im  dritten 
das  religiöse  Leben  des  Elsass  im  17.  Jahrhundert.  Wir  freoen 
uns,  gleich  zu  Anfang  aussprechen  zu  können,  dass  dieser  zweite 
Band  ein  so  scharfes  Urteil,  wie  wir  es  seiner  Zeit  über  den 
ersten  fallen  mussten,  nicht  verdient.  Er  zeigt  nicht  nur  die 
anerkannten  Vorzüge  der  Reuss'schen  Geschichtsdarstellung,  Klar- 
heit der  Anordnung,  Flüssigkeit  und  Eleganz  des  Stils  und  eine 
seltene  Beherrschung  der  einschlägigen  Litteratur,  sondern  man 
hat  auch  den  Eindruck,  dass  der  Verf  in  den  meisten  Partien 
des  Werkes  in  die  Tiefe  geht  und  eine  den  Gegenstand  nach 
allen  Seiten  erschöpfende  Darstellung  giebt,  wenn  sich  auch  nicht 
verkennen  lässt,  dass  manche  Kapitel,  z.  B.  die  über  die  Bauern 
und  die  Elementarschulen,  durch  umfangreichere  Heranziehung 
archivalischen  Materials  an  Reichtum  und  Wert  gewonnen  haben 
würden. 

Es  ist  bei  der  Fülle  des  Gebotenen  unmöglich,  hier  ins 
Einzelne  zu  gehen.  Erwähnt  sei  nur,  dass  uns  der  Abschnitt 
über  die  elsässische  Litteratur  etwas  seltsam  berührt  hat,  da 
nämlich  der  grösste  Teil  desselben  Schriftstellern  gewidmet  ist, 
die  gar  keine  Elsässer  waren.  Besonders  gelungen  erscheinen 
uns  dagegen  die  Kapitel  über  die  Universität  Strassburg  und  die 
Molsheimer  Akademie,  über  die  Gymnasien  und  über  die  Sprache 
im  Elsass.  Vor  allem  aber  verdient  das  ganze  letzte  Buch,  das 
die  religiösen  Verhältnisse  behandelt,  uneingeschränktes  Lob. 
Es  ist  eine  ausserordentlich   gediegene,    fast   durchweg   aus    den 


Z«fUchrin«o«chau  und  Unmiurooliie 


497 


■nten  Quellen  geschöpfte  Arbeit,  die  trotz  des  wannen  prote- 
stantischen Gefühls,  mit  der  sie  geschrieben  ist,  aufs  peiolichste, 
j>  nach  unserer  Ansicht  manchmal  fast  za  pedantisch,  die  Unpartei- 
lichkeit zu  wahren  gesucht  hat.  Wir  begrüssen  es  mit  Freude, 
dass  hier  oiumal  eine  völlig  erschöpfende,  auf  unanfechtbarer 
Cmudlago  ruhende  Darstellung  der  Gewaltthaten  Ludwigs  XIV. 
gegen  die  elsässischen  Protestanten  gegeben  und  die  auf  reli- 
giösem Gebiet  mit  den  verwerflichsten  Mitteln  arbeilende  tran- 
süsische  Politili  aufs  schärfste  verurteilt  wird.  Hier  hat  in  Reuss 
der  Protestant  über  den  Franzosen  gesiegt. 

Aber  auch  nur  hier.  Denn  auch  diesem  Bande  müssen  wir 
'den  Vorwurf  machen,  dass  er  sich  zu  seinem  Schaden  von 
nationaler  Voreingenommenheit  nicht  immer  frei  hält.  Eine 
Hnaplquelle  von  Fehlem  und  Widersprüchen  steckt  schon  gleich 
darin,  dass.  wie  auch  im  ersten  Bande,  die  Gesamtdarstellung 
«nf  der  unhaltbaren  und  aus  gleichzeitigen  französischen  Quellen 
ADcb  als  unhaltbar  erwiesenen  Voraussetzung  beruht,  dass  schon 
((■48  das  ganze  Elsass  zu  Recht  unter  französische  Herrschaft 
gekommen  sei,  oder  dass  doch  wenigstens  Frankreich  sich  sofort 
aU  den  Herrn  des  ganzen  Landes  betrachtet  und  Hoheitsrechte 
I  ausgeübt  habe.  So  kommt  Reuss  —  um  nur  ein  Beispiel 
anzuführen  —  dajtu,  die  Bauern  des  reichsritierschafliichen  Dorfes 
jPlobsheim  allen  Ernstes  zu  tadeln,  weil  sio  sich  noch  1667  in 
irgend  einer  Beschwerdesache  an  den  Kaiser  nach  Wien  und 
nicht  an  Ludwig  XIV,  gewandt  liatten  (S,  74  f.)l  Und  was  soll 
i  ferner  dazu  sagen,  wenn  Reuss,  unter  versteckten  und  doch 
leicht  kenntlichen  Angtilfen  auf  die  deutsche  Verwultung  des 
Ebasa  nach  1870,  es  den  edelmütigen  Fran^tosen  —  freilich  mit 
leisen  Bedauern  über  diesen  Edelmut  —  zum  Ruhme 
mcn  will,  dass  sie  es  nach  1648  und  später  unterlassen 
litten,  das  Elsass  durch  die  Schule  gewaltsam  zu  französieren 
'".  200,  394 — 95  und  besonders  596 — 97)!  Ein  so  elementarer 
,  wie  dies  Hineintragen  einer  moderneu,  erst  in  unserm 
lert  des  Nationalitätenprinzips  entstandenen  Anschauung 
H'Urteil  über  die  Vergangenheit  ist  doch  nur  erklärlich, 
1  annimmt,  dass  hier  der  französische  Patriot  Reuss  den 
iJMoriker  Reuss  mit  Blindheit  geschlagen  hat.  Aus  der  näm- 
flehen  Quelle  entspringt  die  Rüge,  die  dem  vortre  IT  liehen  Inlen- 
i  Lagrange  erteilt  wird,  weil  er  in  seinem  grossen  amtlichen 
Ucmoire  vom  Elsass  als  von  Allemagne  im  Gegensatz  zu  Frank- 
sprichl  (S.  433  Anm.  2).  Sollte  Reuss  wirklich  nicht 
Ivrissen,  dass  am  Ende  des  17.  Jahrhunderts  kein  Franzose  dem 
£ba43  den  K.imen  Frankreich,  den  Elsiisscrn  den  Namen  Ftau- 
1  gegeben  lidlte?  Auch  die  Behauptung,  das  Sprachedikt 
(der  (raDzäsischen  Regierung  vom  ^O.  Januar  t6S5  habe  nur  auf 
I  Papier  gestanden  und  sei  nicht  zur  Ausführung  gelangt 
[S.  300  Anm.  3),  l&ist  sich  fAi  einzelne  Landesteile  an  der  Hand 
I  NetATiatB'  und  Gerichtsakten  leicht  widerlegen. 
3J' 


498  Zeitschriftenschau  und  LitteraturaotizeD. 

Wir  bedauern  es  umsomehr,  alle  diese  Aasstellnngen  machen 
zu  müssen,  als  es  sich  gerade  bei  diesem  zweiten  Band  um  ein 
Werk  handelt,  für  das  wir  wegen  der  Fülle  des  Interessanten 
und  Belehrenden,  die  es  bietet,  dem  Verf.  zu  grösstem  Danke 
verpflichtet  sind«  Den  ersten  Band  könnte  der  elsässische 
Historiker  zur  Not  entbehren,  den  zweiten  nicht;  denn  es  giebt 
niemand  ausser  Reuss,  der  ihn  schreiben  könnte.  £r  ist  trotz 
seiner  Fehler  das  beste,  was  Reuss  seiner  Heimat  geschenkt  hat 

Alfred  Overmann, 

Im  Rückblick  auf  die  Ereignisse  um  die  Wende  des 
18.  Jahrhunderts  erscheint  in  dem  Verlag  von  F.  Schulthess, 
Zürich,  unter  dem  Titel:  »Vor  hundert  Jahren«  eine  Samm- 
lung von  Monographien  zur  Schweizer  Geschichte,  die  Wilh. 
Oechsli  mit  seiner  Schrift:  Die  Schweiz  in  den  Jahren 
1798  und  1799  (188.  S.  Mit  i  Karte)  aufs  glücklichste  ein- 
geleitet hat.  Dank  der  Vorzüge,  welche  dieselbe  in  sich  vereint, 
der  sicheren  Beherrschung  des  Stoffes,  der  knappen  Zusammen- 
fassung aller  wesentlichen  Momente  und  Faktoren  der  Entwick- 
lung«  der  gerecht  abwägenden  Beurteilung  der  Personen  und 
Verhältnisse  und  der  klaren,  lebendigen  Schilderung  —  wird 
man  sie  als  die  beste  Gesamtdarstellung  jenes  Zeitabschnittes 
bezeichnen  dürfen,  die  wir  zur  Stunde  besitzen.  Von  der  Ent- 
stehung des  helvetischen  Einheitsstaates  ab  bis  zum  Ausbruch 
des  zweiten  Coalitionskrieges  bietet  sie  einen  vortrefflichen  Ober* 
blick  über  die  Schicksale  des  Landes  und  die  schwere,  poli- 
tische Krisis ,  welche  die  alte  Eidgenossenschaft  damals  durch- 
zukämpfen hatte.  Auf  den  Inhalt  der  Schrift  und  ihre  Ergebnisse 
hier  näher  einzugehen,  muss  ich  mir  versagen;  man  wird  aber 
dem  Verfasser  durchaus  beistimmen,  wenn  er  zusammenfassend 
hervorhebt,  dass  trotz  aller  Schmach  und  Not  der  Fremdhen- 
Schaft,  trotz  aller  Fehler  und  Schwächen  der  Verfassung  die 
Helvetik  mit  ihren  Idealen  für  die  Schweiz  doch  eine  Befreiung 
aus  veralteten,  unhaltbar  gewordenen  Zuständen,  ein  Erwachen 
aus  politischer  Erstarrung,  kurz  den  Anfang  einer  nationalen 
Wiedergeburt  bezeichnet.  K,   Ohser, 

Die  ^Geschichte  der  Stadt  Mannheim  zur  Zeit  ihres 
Oberganges  an  Baden«  von  Dr.  Carl  Hauck.  (Leipzig, 
Breitkopf  und  Härtel  1899.  144  Seiten.  Pr.  2,50)  bildet  das 
zweite  Stück  der  von  dem  Mannheimer  Altertumsverein  in  vor- 
trefflicher Ausstattung  herausgegebenen  »Forschungen  zur  Ge- 
schichte Mannheims  und  der  Pfalz«.  Es  reiht  sich  dem  ersten 
würdig  an.  Der  Stoff  ist  glücklich  gewählt  und  auch  recht 
tüchtig  behandelt.  So  fasst  die  Arbeit  die  äussere  Geschichte 
Mannheims  während  der  Revolutionskriege  übersichtlich  zusammen 
und  wird  dann  besonders  den  inneren  Verhältnissen  der  Finanz- 
verwaltung und  der  Verfassung  gerecht;  auch  fallen  interessante 


^^^B  Z4>tscluiflen!>chiu  und  Lillera.luiTiul] 

llroiflkhter  auf  die  kulturellen  Beziehungen  der  schwer  hejm- 
je suchten  Stadt.  Es  ist  freilich  in  keiner  Beziehung  ein 
effreullcbes  Bild,  das  der  Verfasser  auf  Grund  reichhaltigen 
ftlateriala  darbietet:  Mannheim  schien  der  Vernichtung  preis- 
gegeben und  das  Schosskind  der  pfälzischen  Kurfürsten  ein 
'ilierkiiid  des  Schicksals  geworden.      Aber  um  so  erfreulicher  Ist 

ler  Vergleich  von  Einst  und  jetzt.  Es  würde  sich  der  Mühe 
'teilohnftn,  die  femeTe  Entwicklung  der  unter  Badens  Herrschern 
ID  hober  Blüte  gelangten  Stadt  noch  weiter  zu  verfolgen. 

Du  Moulin  Eelcarl, 

Von  dem  gross  angelegten,  aber  nicht  sehr  tief  gehenden 
Werke  von  Ch  Rohault  de  Fleury:  >Les  salnts  de  la 
Messe«  sind  vor  kurzem  die  Bände  V  und  VI  (1898 — 99) 
kuagegeben  worden.  Unter  den  Cultstätlen  der  verschiedenen 
Heiligen  finden  sich  auch  diejenigen  in  Baden  und  im  Elsass 
knfgeführt.  So  sind  z.  B.  im  b.  Bande  unter  S.  Peter  die 
Kirchen  und  Klöster  zu  Strassburg,  Colroar,  Murbach,  Neuweiler, 
RosheJm  und  Weissenbarg  etc.  verzeichnet.  Dass  diese  Orte 
'  :  noch  unter  «France'  m  suchen  sind,  wird  die  Benutzer  nicht 


Bemerkenswerte  Beiträge  zur  katechetischen  Geschichte  des 
.  bietet  eine  kleine  Abhandlung  von  Malier:  Der  Ein- 
Hnss  Strassburgs  auf  die  Ulmer  Katechismuslitteratnr 
(Zeilschrifi  für  prakl.  Theologie  XXI.  S.  122  u,  f.).  Der  Verf. 
erbringt  den  Beweis,  dass  der  1528  erschienene  Ulmer  Kalechis- 
Baus  des  Pfarrers  Sam  inhaltlich  in  hohem  Grade  von  dem  ein 
[ahr  zuvor  in  Strassburg  gedrückten  Kinderbericht  Capilos  ab- 
Nicht  minder  ist  im  siebenten  Jahrzehnt  der  zu 
Btrassburg  in  der  Bearbeitung  Marbachs  eingeführte  Lutherkate- 
tusmus  als  Vorbild  für  den  des  Ulmer  Superintendenten  Rabus 
1  Anspruch  zu  nehmen.  In  einer  Schlussbemerkung  wird  auf 
Dnind  einer  Notiz,  die  einem  Marbach'schen  Katechismus  ent- 
1  ist,  als  möglich  bezeichnet,  dass  auch  Rabus'  Vaterstadt 
MvtDmingeii  Strassburgs  Eintluss  in  katecheu'scher  Hinsicht  er- 
hhren  habe.     Vielleicht  wird  diese  Spur    einmal    weiter  verfolgt. 

Hant  Kaistr. 

Zur  Feier  des  zoojährigen  Bestehens  der  Waldensergemeinden 
Württemberg  hat  Pfarrer  Ad.  Markt  in  Pinache  unter  dem 
Tüel:  Die  würtembergischen  Waldensergemeinden. 
699  —  1699  (Selbstverlag,  79  Seiten)  eine  kleine,  anziehend 
(eicbiiebcne  Festschrift  veröffentlicht,  in  der  er  unter  »org- 
Utigcr  Ilcnützung  der  Litteralur  und  der  Akten  die  Gründung, 
Lotwicklung  und  heutige  Verfassung  der  betreffenden  Gemeinden 
ichfld«n  Die  Schrift  lüsst  es  aufs  neue  bedauern,  dass  wir  in 
tad«n  bU  zur  Stunde  noch  keine  zusammenfassende  Darstellung 


500 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen. 


der  Schicksale  der  im  heutigen  Grossherzogtom  gelegenen  Refo- 
gianten-  and  Waldenserkolonien  besitzen.  K,  0. 

In  den  »Mitteilungen  des  Instituts  für  Österreich. 
Geschichtsforschung«,  XX,  284  ff.  bespricht  AI.  Schulte 
den  von  O.  Redlich  in  einem  früheren  Jahrgange  derselben  Zeit- 
schrift veröffentlichten  Poststundenpass  von  1500  und  weist  u.  a. 
nach,  dass  unter  dem  »Hausen«  des  Passes  nicht,  wie  Redlich 
annimmt,  der  kleine  gleichnamige  Ort  bei  Pforzheim,  sondern 
Rheinhausen  im  Bistum  Speyer  zu  verstehen  ist,  dass  also 
diesem  Dorfe  schon  damals  im  niederländisch-deutschen  Post- 
verkehre die  wichtige  Rolle  zugefallen  war,  die  es  später  bis 
zum  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  gespielt  K,  O, 

Als  ein  erfreulicher  Entschluss,  der  auch  in  weiteren  Kreisen 
des  Volkes  lebhaften  Beifalls  sicher  sein  dürfte,  ist  es  zu  begrüssen, 
dass  die  Württembergische  Kommission  für  Landesgeschichte  die 
Sammlung  und  Herausgabe  der  »Geschichtlichen  Lieder 
und  Sprüche  Württembergs«  in  ihr  Arbeitsprogramm  auf- 
genommen und  mit  dieser  Aufgabe  den  Stuttgarter  Bibliothekar 
K.  Steiff  betraut  hat.  Von  dem  auf  fünf  Lieferungen  berech- 
neten Sammelwerke  liegt  die  erste  seit  kurzem  vor  (Stuttgart. 
W.  Kohlhammer.  160  S.  1  M.).  Sie  enthält  aus  den  Jahren 
14 16 — 15 IQ  die  verhältnismässig  recht  stattliche  Zahl  von  42 
Liedern  und  Sprüchen,  darunter  viele,  —  soweit  ich  sehe,  vier- 
zehn -—  die  zum  erstenmale  veröffentlicht  werden.  Ein  getreues 
Spiegelbild  der  Zeit  und  Zustände,  denen  sie  entstammen,  erinnern 
sie  an  die  Händel  der  Raubritter,  die  zahlreichen  Fehden  der 
vvürttemberger  Grafen  und  Herzöge  mit  ihren  Nachbarn,  sowie 
die  Ereignisse  unter  Herzog  Ulrichs  wechselvoller  Regierung 
und  berühren,  soweit  sie  sich  auf  die  beiden  Pfälzer  Fehden 
von  1463  und  1504  und  den  Schwabenkrieg  beziehen,  auch 
Gebiete,  die  heute  unserem  Grossherzogtum  angehören.  Die 
Ausgabe  verdient  um  ihrer  musterhaften  Sorgfalt  willen  unein- 
geschränkte Anerkennung:  dem  Texte  sind  zum  Verständnis  für 
weitere  Kreise  zweckentsprechende  Worterklärungen  beigegeben, 
kurze  Schilderungen,  die  über  die  zu  Grunde  liegenden  geschicht- 
lichen Vorgänge  orientieren,  folgen,  den  Schluss  bilden  Verzeich- 
nisse der  Quellen,  Drucke  und  etwaigen  Varianten.  —  Der 
S.  48 — 50  erwähnte  Peter  von  Zittenen  (Zittern)  dürfte  vielleicht 
mit  dem  in  dieser  Zeit  urkundlich  wiederholt  genannten  Peter 
von  Zeutern ,  aus  dem  kraichgauischen  Geschlechte,  identisch 
sein,  wobei  freilich  dessen  Beziehungen  zu  Ulm  noch  der  Auf- 
klärung bedürften.  K,    Obser. 


Deutsche  Lieder  auf  den  Winterkönig.  Herausg.  von 
Rudolf  Wolkan.  (Bibliothek  deutscher  Schriftsteller  aus  Böhmen 
Bd.  VII J.)  —  Keine  Periode  politischer  Ereignisse  hat  eine  solche 


Zeitschriftenschau  und  Litteratumotizen,  ^OI 

Fülle  von  Volksliedern  und  Dichtungen  in  Allegorie  und  Satyre 
in  zahlreichen  Flugblättern  hervorgebracht  als  der  Beginn  des 
30jährigen  Krieges  und  jene  Prager  Katastrophe,  die  Friedrich  V  , 
dem  Winterkönig  und  seiner  kurzen  Herrschaft  ein  Ende  gemacht 
hat.  Diese  litterarischen  Erscheinungen  zu  sammeln  und  biblio- 
graphisch, so  weit  dies  möglich  ist,  annähernd  vollständig  zu 
behandeln,  ist  der  glückliche  Versuch  vorliegenden  Buches,  das 
zur  Geschichte  des  böhmischen  Krieges  und  seiner  ihm  folgen- 
den Volksdichtung,  sowie  zur  Beurteilung  der  Parteistimmung 
jener  für  die  Pfalz  so  verhängnisvollen  Tage  einen  sehr  dankens- 
werten Beitrag  giebt.  Wie  die  200  Nummern  umfassende  Biblio- 
graphie neben  den  vollständigen  Texten  ein  ausserordentlich 
lehrreiches  Stimmungsbild  eröffnet,  so  erfreut  uns  auch  die 
litterargeschichtliche  Einleitung  mit  manch  neuen  Resultaten. 
Von  Interesse  ist  es,  zu  erfahren,  wie  die  Verbreitung  dieser 
Flugblattlitteratur  sich  nicht  auf  Österreich,  Deutschland  und  die 
Niederlande  allein  beschränkte,  sonderi>  auch  in  Übersetzungen 
in  Frankreich  und  Italien  zu  Tage  tritt.  Dass  viele  dieser  Blätter 
nicht  nur  im  Parteidienste  geschrieben,  sondern  auch  durch  die 
kaiserliche  Partei  zur  wohlberechneten  Erzeugung  einer  poli- 
tischen Stimmung  so  weit  in  die  Welt  geschickt  worden  sind,  ist 
eine   gewiss  berechtigte  Annahme  des  Verfassers.  /.   W. 


In  der  wissenschaftlichen  Beilage  zum  Jahresbericht  der  Real- 
schule zu  Gross-Lichterfelde,  Ostern  1899,  behandelt  Günther 
Voigt  die  Dichter  der  1633  gegründeten  Aufrichtigen 
Tannengesellschaft  zu  Strassburg  unter  eingehender  Dar- 
stellung ihrer  Lebensverhältnisse  und  kritischer  Würdigung  ihrer 
Werke.  Es  sind  nur  fünf  Mitglieder,  die  mit  Sicherheit  nach- 
weisbar sind:  Esaias  Rumpier,  Matthias  Schneuber,  Job.  Freins- 
heim,  Thicderich  und  Andreas  Hecht  und  nur  von  den  drei 
ersten  sind  uns  poetische  Erzeugnisse  überliefert.  Aufgefallen 
ist  mir  bei  der  sorgfaltigen  Arbeit,  dass  die  unbewiesene  Ver- 
muthung,  Gottfried  von  Strassburg  sei  Stadtschreiber  gewesen, 
hier  wiederholt  wird  und  dass  die  Ausgabe  der  alten  Strass- 
burger  Universitätsmatrikel  von  G.  Knod,  die  manche  Ergänzung, 
z.  B.  über  Thiederich,  geboten  hätte,  nicht  benutzt  ist.        W,  IV. 


In  den  Württ.  Vierteljahrsheften  N.  F.  VII.  Jahrg. 
3.  Heft  behandelt  Eugen  Schneider  die  Geschichte  des 
Tübinger  Collegium  illustre.  Von  Herzog  Christoph  als 
adelige  Anstalt  für  weltliches  Studium  im  Gegensatz  zum  theolo- 
gischen Stift  ins  Leben  gerufen,  hat  das  Collegium  unter  vielfach 
wechselnder  Organisation  und  Verwaltung  im  Laufe  der  Jahr- 
hunderte eine  stattliche  Reihe  vornehmer  Herren,  besonders 
württembergischer  Prinzen  in  sich  beherbergt.  Auch  den  Fürsten 
und  dem  Adel  des  Auslandes    stand    das  Collegium    offen,    und 


502 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizeo. 


vereinzelt  linden  wir  auch  Namen  aus  den  Gebieten  des  heutigen 
Grossherzogtums  Baden  unter  seinen  Insassen  vertreten.  Jeden- 
falls ist  das  berühmte  Institut  nicht  ohne  Einfluss  auf  die  Er- 
ziehungsgeschichte der  Nachbarlande  geblieben.  K,  Br. 


J.  Loserth,  Die  Beziehungen  der  steiermärkischen 
Landschaft  zu  den  Universitäten  Wittenberg,  Rostockf 
Heidelberg,  Tübingen,  Strassburg  u.  a.  in  der  zweiten 
Hälfte  des  i6.  Jahrhunderts.  Graz  1898.  Die  im  Buchhandel 
nicht  erschienene,  aus  Anlass  der  Jahresfeier  der  Universität 
Graz  am  15.  November  1898  abgefasste  Festschrift  des  hervor- 
ragenden Kenners  österreichischer  Reformationsgeschichte  behan- 
delt die  Beziehungen,  der  steierischen  Landschaft  als  solcher  zu 
den  Universitäten  des  deutschen  Reiches,  in  denen  die  neue 
Lehre  Eingang  gefunden  hat.  Es  handelt  sich  dabei  weniger 
um  den  Zuzug  steiermärkischer  Studenten  zu  den  protestantischen 
Hochschulen  als  um  den  Austausch  von  Geistlichen  und  Lehrern, 
zur  Zeit  als  trotz  der  Mandate  Ferdinands  und  Herzog  Karl  II. 
der  Protestantismus  in  Steiermark  im  siegreichen  Vordringen  war. 
Für  Heidelberg  sind  besonders  die  Beziehungen  zu  dem  Grazer 
Schulrektor  Philipp  Marbach  von  Bedeutung,  der  später  einen 
Ruf  an  die  Theologische  Fakultät  erhielt,  wie  denn  auch  sein 
Vater  Johann  Marbach  als  eifriger  Verfechter  des  pfalzischen 
Luthertums  bekannt  ist.  Mit  dem  nach  des  Kurfürsten  Ludwig  VI. 
Tode  in  die  Pfalz  eingedrungenen  Calvinismus  hören  die  Be- 
ziehungen zur  steierischen  Landschaft  auf,  um  desto  dauernder 
mit  Tübingen  ins  Leben  zu  treten.  Noch  mehr  wie  der  dar- 
stellende Teil  dieser  Festschrift  (S.  i — 30)  ist  der  Anhang  von 
Briefen  und  Aktenstücken  (S.  31  — 124),  die  alle  dem  steier- 
märkischen Landesarchive  entnommen  sind,  auch  für  die  Kirchen- 
und  Gelehrtengeschichte  Oberdeutschlands  von  Wert.       J,   \W 

Im  Neuen  Berner  Taschenbuch  für  1898  setzt  Ad.  Fluri 
seine  Studien  über  die  Buchdruckerfamilie  Apiarius  fort.  Dies- 
mal sind  es  die  Söhne  des  früheren  Strassburger  Typographen 
Mathias  Biener,  die  gewürdigt  werden,  Samuel  und  Sigfrid 
Apiarius,  die  anfanglich  nur  in  Bern  thätig  waren.  Samuel  A. 
musste  ca.  15Ö0  seine  Vaterstadt  verlassen,  führte  ein  Wander- 
leben und  errichtete  nach  einander  Buchdruckereien  in  Solothurn 
und  Basel.  Eine  Zeitlang  trieb  er  sich  auch  im  Elsass  herum. 
In  Mülhausen  druckte  er  in  der  Offizin  des  Peter  Schmit,  der 
gerade  abwesend  war,  ein  leichtfertiges  Lied  und  Hess  es  heim- 
tückischer Weise  unter  Schmits  Firma  ausgeben,  worauf  er  das 
»Schmachlied«  in  Gebweiler  auf  dem  Markte  feilbot.  Durch 
einen  Brief  Mülhausens  an  Bern  vom  9.  Februar  1564,  worin 
hierüber  Beschwerde  geführt  wird,  sind  wir  über  dies  interessante 
Intermezzo  in  der  Buchdruckergeschichte  Mülhausens  unterrichtet. 

—h. 


Unsere  Kenntnis  von  den  Lebens  um  ständen  des  Ulrich 
lloB  ist  in  jQngsiet  Zeil  durch  eine  Reihe  kleiner  Beiträß:e 
eilen  nnd  vertieft  worden.  Als  der  wertvollste  wird  eine 
erdings  von  Th.  v.  Liebenau  veröffentlichle  Abhandlung 
Lchtet  werden  müssen  (Katholische  Schweizer-Blätter  XIV, 
70 — Si),  die  einen  bisher  völlig  unbekannten  Abschnitt  im 
:a  des  Humanisten,  nämlich  die  Jahre  1489 — 94,  in  helles 
l  setiL  Aus  einem  der  Neige  des  15,  Jahrhunderts 
^hörenden  Lnzerner  Formularbuch  stellt  der  Verfasser  fest, 
i  Zasius  in  den  genannten  Jahren  das  Stadtschreiberamt  zu 
len  im  Aargau  bekleidete  und  während  dieser  Zeit  auch  einen 
I  der  lateinischen  Korrespondenz  für  die  eidgenössische  Tag- 
ung besorgte,  mit  der  er  noch  später  in  der  Freiburger  Zeit 
Verbindung  stand.  Zur  Annahme  dieses  Postens  haben  den 
banisten  nach  seinem  eignen  Zeugnis  in  erster  Linie  pekuniäre 
Üisichlen  bestimmt,  seinen  Ansprüchen  und  Neigungen  ent- 
ich  derselbe  in  keiner  Weise.  Diesem  Gefühl  der  Unbefriedigt- 
enlsprang  natürlich  der  Wunsch,  die  Stellung  mit  einer 
leren  ihm  mehr  zusagenden  zu  vertauschen:  er  bemühte  sich 
die  Landschreiberei  Baden,  um  das  Stadtschreibeiami  zu 
Gallen  und  Konstanz  und  knöpfte  Verbindungen  mit  Ludo- 
I  Moto,  dem  Herzog  von  Mailand,  behufs  Übertritt  in  dessen 
neie  an.  Aber  alle  diese  Versuche  schlugen  felil,  sodass 
I  seiner  oft  tiefste  Niedergeschlagenheit  bemächtigte  und  seine 
Dnde,  vor  allem  der  gelehrte  Berner  Stadtschrei ber  Fricker. 
£U  trösten  hatten.  Erst  141J4  ward  er  diesen  engen  Ver- 
nissen  durch  die  Berufung  nach  Freiburg  entrückt,  die  für 
wissenschaftliche  Weiterbildung  bekanntlich  von  hetvor- 
endsler  Bedeutung  geworden  ist.  Nani  Kaitir. 

Im  dritten  Heft  des  82.  Bandes  der  Historischen  Zeitschrift 
Wt  Hermann  Onckon  eine  treffende  Würdigung  vonSeba- 
in  Franck  als  Historiker*.  Angeregt  durch  das  lehrreiche 
ih  von  Heglet  über  Geist  und  Schrift  bei  Sebastian  Franck 
Prickelt  O.,  wie  Francks  Spiritualismus  einen  bedeutsamen 
druck  auch  in  seinen  historischen  Werken  gefunden  hat,  die 
deshalb,  besonders  aber  wegen  des  grossen  schritt- 
ferischeu  Talents  ihres  Verf.  viel  gelesen  und  noch  heute 
enswert  sind.  Eingehend  behandelt  O.  namenillch  die 
rchronik«,  den  mit  Recht  beiiihmtesten  Teil  von  Fiaiicks 
cliichtsbibcl ;  er  weist  nach,  dass  auch  diese  Arbeit,  die  bisher 
die  selbständigste  historische  Leistung  ihres  Verf.  galt,  zu 
im  gtottsen  Teil  einem  andern  Werk  entlehnt  ist.  nämlich 
I  Cstalt^gua  baeieticorum,  den  der  Dominikanerprior  Bernhard 
Luxemburg  zuerst  1522  veröffentlicht  halte:  Franck  hat  aus 
r  Schrift  auch  die  in  ihr  genannten  Belege  getreulich  über- 
imen,  ohne  Luxemburgs  Arbeit  als  generelle  Quelle  aufiu- 
dicse  dann  aber  doch  so    radikal    urai:estallci.    dass    uns 


504 


Zeitschriftenscbau  und  Litteratumotizen. 


daraus  seine  eigenen  »innersten  Gedanken  über  das  Verhältnis 
zwischen  Religiosität  und  Kirchentomc  entgegentreten.  Bekannt- 
lich hat  Franck  dieses  Werk  in  Strassburg  vollendet  and  drucken 
lassen;  gerade  dadurch  aber  geriet  er  in  einen  so  ernsten  Konflikt 
mit  den  Leitern  der  Stadt,  dass  er  sie  verlassen  musste.  Was 
O.  hierüber  nach  den  Mitteilungen  von  Röhrich,  Weinkauff  und 
Winckelmann  berichtet,  bestätigen  und  ergänzen  die  Aaszöge 
aus  den  Protokollen  des  Strassburger  Rats,  die  erst  nach  Abfassung 
seines  Aufsatzes  aus  Jungs  Nachlass  im  19.  Band  der  Mitteilungen 
der  Gesellschaft  für  Erhaltung  der  geschichtlichen  Denkmäler  im 
Elsass  veröffentlicht  wurden ;  auch  hier  lesen  wir,  dass  eine  Klage 
von  Erasmus  den  Rat  zum  Einschreiten  veranlasste.  Mit  beredtem 
Schweigen  übergeht  O.  mit  Recht  die  Vermuthang  Weinkauffs, 
nach  der  Erasmus  »durch  Bucer  verhetzt«  sein  sollte;  es  bedurfte 
wahrlich  keiner  Aufreizung  durch  andere,  um  Erasmns  gegen 
dies  Buch  einzunehmen,  in  dem  als  Ketzer  gerühmt  zu  sein  ihm 
besonders  empfindlich  sein  musste.  Sehr  begreiflich  aber  erscheint, 
dass  seine  Klage  von  den  Leitern  Strassburgs  berücksichtigt 
wurde,  dass  auch  ihnen  und  namentlich  auch  Bucer  diese  Schrift 
seines  alten  Heidelberger  Studiengenossen  schweren  Anstoss 
erweckte;  wer  ihr  Vorgehen  gegen  Franck  recht  würdigen  will, 
wird  nicht  ausser  Acht  lassen  dürfen,  mit  welchem  Eifer  sie  sich 
bemühten  andere  historische  Werke  zu  fördern.  Dass  ihr  Streit 
mit  Franck  nicht  die  Unterdrückung  der  wissenschaftlichen  und 
insbesondere  der  historischen  Arbeit  bedeutete,  das  bewiesen  sie, 
wie  schon  Lenz  hervorhob,  noch  in  demselben  Jahr,  als  sie 
Aventin  nach  Strassburg  einluden,  um  hier  seine  deutsche  Ge- 
schichte zu  vollenden.  Wie  auf  die  Ausführungen  von  Lenz  im 
9.  Band  dieser  Zeitschrift  und  im  49.  Heft  der  Schriften  des 
Vereins  für  Reformationsgeschichte  hätte  O.  vielleicht  auch  auf 
die  im  11.  Bd.  dieser  Blätter  S.  306  mitgeteilten  Worte  von 
Melanchthon  und  auf  den  Aufsatz  von  Schultheiss  in  der  Beilage 
zur  Allgemeinen  Zeitung  vom  28.  und  29.  Mai  1897  hinweisen 
können,  in  dem  noch  schärfer  als  in  der  von  ihm  citierten  Schrilt 
Genglers  die  Abhängigkeit  Francks  von  Boem  beleuchtet  ist. 

Varrenirapp, 

Hantzsch,  Victor:  Sebastian  Münster;  Leben,  Werke, 
wissenschaftliche  Bedeutung.  Abh.  d.  phil.  bist.  Klasse  d.  K. 
Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  Bd.  XVIII,  Heft  3.  187  Seiten.  Leipzig. 
Teubner    1898.     M.  6. — 

Wenn  die  Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins  ihre 
Spalten  für  eine  Anzeige  der  vorgenannten  Veröffentlichung  zur 
Verfügung  stellt,  so  glaubt  sie  damit  ihrem  Leserkreise  einen 
wirklichen  Dienst  zu  erweisen.  Handelt  es  sich  doch  damiu, 
die  eingehendere  Bekanntschaft  mit  einem  Manne  zu  vermitteln, 
dessen  Leben  sich  auschliesslich  in  unsern  Gauen  abspielte,  und 
dessen  Wirken  trotz  seiner   universellen  Richtung  doch  zunächst 


Zeitschriftenscbau  und  Litteraturnotizen.  ^05 

und  in  erster  Reihe  der  Kultur  des  Oberrheingebietes  zu  gut 
kam,  wie  es  auch  nur  auf  dieser  Grundlage  sich  entwickeln 
konnte,  auf  ihr  verständlich  ist. 

Hantzsch  giebt  uns  zum  ersten  Male  eine  ausführliche  und 
quellenmässige  Untersuchung  über  das  Leben  und  die  Arbeiten 
Seb.  Münsters,  jenes  vielseitigen  Gelehrten  und  überaus  frucht- 
baren Schriftstellers  aus  der  Humanistenzeit,  der  wohl  nicht  als 
ein  Genie,  aber  sicherlich  als  ein  ganz  merkwürdiges  Talent 
erscheint  und  der,  wenn  er  auch  kein  originaler  Denker  ersten 
Ranges  war,  es  doch  durch  seinen  Ungeheuern,  geradezu  bewun- 
derungswürdigen Sammelfleiss  erreichte,  dass  er  auf  vielen  seiner 
Thatigkeitsgebiete  für  Jahrzehnte,  als  Kosmograph  aber  für  ein 
volles  Jahrhundert  unerreichter  Führer  war.  Wo  die  Haupt- 
bedeutung Münsters  zu  suchen  ist,  und  wohin  sie  auch  von 
Hantzsch  mit  vollem  Recht  verlegt  wird,  ergiebt  sich  schon  aus 
der  Disposition  unserer  Vorlage,  von  welcher  dem  Leben  Münsters 
28  Seiten,  seiner  Stellung  als  Kosmograph  und  Kartograph  deren 
92,  seiner  mathematischen  und  astronomischen  Thätigkeit  10, 
seinen  Verdiensten  um  das  Studium  der  hebräischen  Sprache  8 
gewidmet  sind ;  die  Anmerkungen  mit  ihrem  reichen  litterarischen 
und  bibliographischen  Apparat  sowie  das  sehr  vollständige  und 
brauchbare  Register  füllen  weitere  47  Seiten.  Es  mag  hier  gleich 
bemerkt  werden,  dass  sich  der  Verfasser  eine  Würdigung  Münsters 
im  Rahmen  seiner  Zeit,  die  Untersuchung  seiner  Abhängigkeit 
von  den  altern  Kosmographen  und  seines  Einflusses  auf  gleich- 
zeitige und  spätere  Fachgenossen  für  ein  grösseres  Werk  »Die 
geographische  Litteratur  Deutschlands  im  Reformationszeitalter« 
vorbehält. 

Aus  dem  enger  umgrenzten  Rahmen  der  vorliegenden  Arbeit 
tritt  uns  das  Bild  Münsters  vor  Augen  als  das  eines  umfassend, 
besonders  aber  auch  geschichtlich  gebildeten  Patrioten,  dem  der 
Wunsch,  seiner  Heimat,  seinem  Vaterland  zu  dienen,  Herzens- 
sache ist;  wir  lernen  ihn  kennen  als  einen  Kartographen,  dessen 
Leibtungen  alle  andern  seiner  Zeit  überragen,  als  einen  Mathe- 
matiker und  Astronomen,  der  zwar  nicht  schöpferisch  thätig  ist, 
aber  das  Wissen  und  Können  seiner  Zeit  völlig  beherrscht  und 
didaktisch  Wertvolles  leistet,  als  einen  Philologen,  der  besonders 
hinsichtlich  der  hebräischen  Sprache  und  ihrer  Grammatik  als 
bahnbrechend  gelten  darf,  als  einen  Gottesgelehrten  voll  Duldung 
an<.l  versöhnlichen  Geistes,  wodurch  er  sich  vom  kampferfüllten 
Hintergrunde  seiner  Zeit  überaus  wohlthuend  abhebt.  Als  Kos- 
mograph endlich  verbindet  er  die  Kenntnisse  geographischer  und 
naturwissenschafllicher  Forschungen  des  Altertums  und  des  Mittel- 
alters mit  denen  des  Entdeckungszeitalters  und  ist  so  im  Stande, 
ein  Werk  zu  schaffen,  das  durch  100  Jahre  als  die  Summe 
alles  weltlichen  Wissens  gilt  und  neben  der  Bibel  am  meisten 
{gelesen  wird. 


eo6  Zeitschriftenschau  und  Litteratomotizen. 

Sebastian  Münster  wurde  1489  zu  Niederingelheim  bei  Mainz 
geboren,  kam  schon   1503   nach  Heidelberg,    dessen  Hochschale 
damals  in   nichts    weniger    als    glänzender  Verfassung    war,   trat 
daselbst  1505  in  den  Minoritenorden  ein  und  siedelte  1509  nach 
Rufach  im  Oberelsass  über,  wo  sein  Ordensbruder  Konrad  PelliLan 
hervorragende  Einwirkung  auf  seine  Ausbildung  gewann  und  ihn 
besonders  zum  Studium   des  Hebräischen    führte.      1 5 1 1    zog  er 
nach    Pforzheim,     15 14    nach    Tübingen.     Hier    war    er    Schüler 
Melanchthons  und  Reuchlins;  entscheidend  aber  für  seine  Zukunft 
wurde  abgesehen  von    dem  Einfluss    der   Margarita    philosophica 
des  Kartäusers  Gregor  Reisch   in  Freiburg   der  Tübinger  Unter- 
richt Johann  StöfHers  in  Astronomie,  Kosmographie,  Kartographie, 
Landesvermessung,  Ortsbestimmung,  Anfertigung  von  Sonnenuhren, 
Globen  und  Astrolabien.     1 5 1 6  veröffentlichte  er  sein  erstes  Werk, 
eine  hebräische  Ausgabe  der  Psalter,    dem    von    nun    ab    rasch 
nacheinander  vieles  Andere  folgte.    Nach  einem  nicht  ganz  sicher 
nachweisbaren,  aber  höchst  wahrscheinlichen  Aufenthalt   in  Wien 
wurde  Münster    1524   churpfalzischer  Hofprediger    und   Professor 
des  Hebräischen  in  Heidelberg  mit  25  fl.  Jahresgehalt.     Da  ihn 
die  Verhältnisse  nicht    befriedigen    konnten,    zog    er    1527    nach 
Worms  und  nahm  kurz  danach,   1528,  die  Professur  für  Hebräisch 
in  Basel  an.    Hier  gingen  gerade  um  diese  Zeit  die  Wogen  der 
religiösen    Kämpfe   sehr    hoch,    Münsters  Wunsch    zu    vermitteln 
fand   keinen  Anklang,    er    kehrte    zu    ruhiger,    wissenschaftlicher 
Arbeit  nach  Worms  zurück,  ging  hier  zum  Protestantismus  über, 
um  dann   1529  sein  Basler  Lehramt  endgiltig  anzutreten.     Seine 
1530  erfolgte  Verheiratung  mit  Anna  Silber,  einer  reichen  Witwe 
aus  angesehener  Juristenfamilie,    gewährte  ihm  endlich  die  Mög- 
lichkeit, ohne  Sorge  um  die    äussere  Existenz  ganz    der    wissen- 
schaftlichen Arbeit  zu  leben  und  in  den  Ferien  Reisen  zu  wissen- 
schaftlichen Zwecken    zu   machen,    insbesondere    im    Dienste  der 
Landesvermessung  und  Kartenaufnahme.    So  lernte  er  allmählich 
Oberdeutschland    vollständig,    die    Schweiz    bis    ins    Wallis    und 
manche    Teile    Frankreichs    recht    gut    kennen.       Seine     schrift- 
stellerische Thätigkeit  war  eine  fast  ungeheuere.  Genannt  soll  aus 
der  Überfülle  seiner  Werke  zunächst  werden  die  1530  erschienene 
Germaniae  descriptio,    die  zwar    unsern    heutigen  Anforderungen 
an  eine  wissenschaftliche  Landeskunde  nicht  genügt,  für  die  da- 
malige Zeit  aber  eine  bedeutsame  Leistung    war.      1534   und  35 
erschienen  die  zwei  starken  Bände  der  hebräischen  Bibelausgabe 
mit  lateinischer  Obersetzung.     Das  Jahr    1540    brachte  Münsters 
lateinische  Ptolemäus-Ausgabe    mit    48    vom   Herausgeber    selbst 
entworfenen  Karten  und  einem  Anhang:    Appendix   geographica, 
der  als  kurzes  Lehrbuch  der  Geographie  gedacht  und  aufzufassen 
war.     Der  »Ptolemäus«  erlebte  bis  zu  Münsters  Tod  (1552)  fünf 
Auflagen,    obschon   an    andern    Ausgaben   kein   Mangel    bestand; 
waren  doch  seit  der  ersten  italienischen  (Bologna  1472)   und  der 
ersten  deutschen  (Ulm    1482)  Ausgabe  deren   eine   grosse  Reihe 


lind   Lille ruiurnOlU«n. 

etschieaen.  von  denen  nur  iin  die  Strassliurger  von  1513  erinnert 
:in  möge,  die  wir  dem  Freiburger  Waltzenraüller,  dem  Schöpfer 
lies  Namens  Amerika,  und  seinen  Freunden   verdanken. 


ler  wissenschaftlichen 
;r  Vollendung    seiner 
Fracht      1 8jährigen 
1 20  freiwilligen  iMit- 
geschmückten    »Be- 
eine r  Summe 


Den  Höhepunkt  seines  Lebens  und  seil 
ThätJgkeit  erklomm  Münster  1544  mit  di 
deuischgeschnebenen  Kosmographie,  der 
•msigen  Fleisses  und  des  Sammeleifers  von 
vbcitern,  einer  durch  4.7 1  Illustrationen 
Bchreibang  der  Welt  mit  allem,  was  darinnt 
des  erdkundlichen  Wissens  jener  Zeit,  die  hoch  über  dem  gefeierten 
»Wellbuche«  des  Seb,  Franck  {1534)  steht.  Die  Kosmograpiiie 
cnchien  neben  der  deutschen  gtetchzeitig  auch  in  einer  von 
HQitSteT  selbst  bearbeiteten  lateinischen  und  155;  in  einer  eben- 
hlls  von  ihm  selbst  herrührenden  französischen  Ausgabe.  Bis 
'<I650  erlebte  sie  im  ganzen  46  Ausgaben  in  b  Sprachen. 

Am    26.    Mai    1552    starb    Sebastian    Münster   an    der  Pest. 
Sein  Denkmal  steht  noch  heute  im   MUnster  zu   Basel. 

Cber  alle  Einzelheiten  im  Leben  des  bedeutenden  Mannes 
md  über  ihre  gegenseitige  Bedingtheit  berichtet  Hantzscb  mit 
frosser  Gewissenhaftigkeit  und  kritischer  Sorgfalt,  so  dass  wir 
Von  dem  Manne,  seiner  Arbeit  und  ihren  Erfolgen  ein  klares, 
ibgerundetes  Bild  erhallen,  in  welchem  insbesondere  der  Wert- 
ichäizung  aller  Hauptwerke  grosser  Raum  gewährt  wird,  Beson- 
•  Ptolemäus*  und  »Kosmographie«  werden  nach  ihren  Vor- 
Rögen  und  Mängeln  eingehend  geschildert;  für  jeden  Freund 
Karte nge schichte  ist  das  Verzeichnis  der  142  von  Seb. 
Uäuster  verntfenttichlen  Karten  zur  Erd-  und  Länderkunde 
lebst  den  beigcgebenen  bibliographischen  Notizen  (S.  72—  123) 
K>D  hohem  Wert- 
Auf  Einzelheiten  weiter  einzugehen  verbietet  die  Rücksicbt- 
uhtDo  auf  den  zugewiesenen  Kaum.  Jedenfalls  haben  wir  alle 
Ursache,  Hanlzcch  für  seine  mühevolle  Arbeit  aulricblig  dankbar 
n  sein.  Sie  leistet  reichlich,  was  sie  verspricht,  und  wird  jedem 
inentbehrltch  sein,  der  sich  mit  der  Geschichte  des  Humanismus 
m  Oberrhein  im  allgemeinen  oder  mit  der  Geschichte  der 
tVlttensc haften,  inabesondere  der  geographischen,  im  besondem 
I  b«ecbäfügeD  gedenkt,  L.  Ntumunn. 


Im  >Repenoriam  für  Kunstwissenschaft'  XXI  (iSqSJ  findet 
Seite  467  ein  kleiner  Artikel:  >Zu  Baidungs  Zeich- 
inngen*  von  W,  v.  Seidliiz.  Derselbe  ist  ein  Nachlrmg  zu 
ler  (nbahreichen  Besprechung  der  Terey'schen  Publikation  der 
»HaodKelchnungen  des  Hans  Baldungt.  die  H.  A.  Schmid  im 
letcben  Band  des  Reperlorium  S.  304 — 313  gebracht  hat.  In 
Rezension  werden  Baidung  abgesprochen,  ausser  den 
Schulwcrken  oder  Kopien  in   Band  III,  sicher  54  Blätter  und 


cqS  Zeitschriftenschau  und  Litteratuniotuen. 

mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  noch  lo  andere!  Alle,  die  sich 
für  den  elsässischen  Meister  interessieren,  mögen  diese  lesens- 
werte Recension  nicht   übersehen,   da   sie   äusserst   lehrreich  ist 

:__  —h. 

H.  Schweitzer,  die  Mittelalterlichen  Grabdenkmäler 
mit  figürlichen  Darstellungen  in  der  Neckargegend  von 
Heidelberg  bis  Heilbronn  mit  21  Textabbildungen  and 
6  Lichtdrucktafeln.  Studien  zur  deutschen  Kunstgeschichte. 
14.  Heft.  Strassburg,  Heitz,  1899.  Preis  4M.  —  Beim  Durch- 
arbeiten von  Budes  Geschichte  der  deutschen  Plastik  giebt  sich 
so  oft  die  Gelegenheit,  den  Mangel  an  genügenden  Vorarbeiten 
zu  bedauern,  dass  man  jeden  neuen  Beitrag  mit  Freuden  begrüssen 
darf,  sei  es,  dass  er  sich  mit  einfacher  Veröffentlichung  neuen 
Stoffes,  sei  es,  dass  er  sich  mit  kritischer  Sichtung  des  schon 
Bekannten  befasst.  Gerade  im  westlichen  Franken  und  am  mitt- 
leren und  oberen  Rheingebiete  harren  noch  köstliche  Schätze 
deutscher  Bildhauerkunst  und  tüchtige  Meister  genug  ihrer  litte- 
rarischen Entdeckung;  und  eine  auf  sorgfaltigen  photographischen 
Aufnahmen  beruhende  Veröffentlichung  der  oft  in  entlegenen 
Dorfkirchen  vergessen  liegenden  Grabdenkmäler  würde  da  noch 
leicht  eine  erhebliche  Vermehrung  des  Studienmaterials  bringen 
können.  Schon  in  dem  kleinen,  übrigens  nur  aus  äusseren  zu- 
fälligen Gründen  auf  das  untere  Neckarthal  begrenzten  Gebiet 
hat  der  Verfasser  eine  ganze  Reihe  bisher  übersehener  wichtiger 
Denkmäler  gefunden;  am  meisten  interessieren  darunter  die 
frühesten,  wie  das  einer  besseren  Konservierung  würdige  Not- 
burga-Grabmal  zu  Hochhausen,  dessen  Entstehung  übrigens  kaum 
vor  1200  angesetzt  werden  darf,  und  dann  die  vom  Verfasser 
offenbar  mit  gutem  Rechte  als  Werk  eines  hochbegabten  Meisters 
in  Anspruch  genommenen  Denkmäler  in  der  Jakobskirche  zu 
Adelsheim  aus  den  letzten  30  Jahren  des  15.  Jahrhunderts. 
Vollkommene  künstlerische  Freiheit  in  der  Anordnung,  individuelle 
Lebendigkeit  in  den  höchst  charakteristisch  erfassten  Köpfen 
lässt  diese  Bildwerke  in  der  That  als  vortreffliche  Leistungen 
aus  der  zweiten  Blütezeit  deutscher  Skulptur  erscheinen.  Der 
Name  ihres  Meisters  war  bisher  nicht  festzustellen.  —  Für  die 
Entwickelung  des  deutschen  Grabmaltypus  mit  Porträtdarstellung, 
für  die  Geschichte  des  Porträts,  für  Kostüm-  und  Waflfenkunde, 
für  epigraphische  Beobachtungen  giebt  das  Thema  naturgemäss 
ebensoviel  Anregung  wie  für  die  stilgeschichtlichen  Fragen.  Die 
nicht  zu  sparsam  angeordneten  Abbildungen  nach  eigenen  Auf- 
nahmen des  Verfassers  sind  meist  gelungen.  K,  Schäfer. 


Anlässlich  einer  von  dem  rührigen  Mannheimer  Altertums- 
verein veranstalteten  Ausstellung  von  Erzeugnissen  der  ehemaUgen 
Frankenthaler  Porzellanmanufaktur  veröffentlicht   im  Auftrage  der 


Idtlchririenscbau  und  Litteialumolura 


509 


ereinsleitung  £,  Heuser  (Frankenihaler  Ponellan.  Kata- 
g  der  vom  Mannheimer  Alterlumsverein  veranstalte  len  AuBstellung. 
[annheim,  1899)  eine  sorgfältige  Üeschreibung  der  ausgestellten, 
,  T-  scb(  wertvollen  Gegenstände,  der  auf  drei  Tafeln  Nach- 
iflduQgea  der  vorkommenden  Fabrikmarken,  Malennarken  und 
lästigen  Ueizeichen  beigegeben  sind.  Die  Einleitung  von  F  r. 
aller  giebt  in  Kürze  einen  trefliichen  Überblick  über  die 
escliichte  der  Fabrik,  die  im  Jahre  1755  von  P.  Hannonf,' 
Bipündet  und  1 762  von  Kurfürst  KaH  Theodor  übernommen 
mrde.  mit  der  Ungunst  der  Zeilen  kämpfend  aber  trotz  hervor- 
Mgonder  künsllerischer  Leistungen  unter  wachsendem  Defijii 
'  ete,  bis  sie  im  Jahre  1800  aufgelöst  wurde  und  die  Nymphen- 
ntrgei  Manufaktur  ihr  Erbe  antrat.  A'   O. 


Seitdem  im  Jahrgang  1897  dieser  Zeitschritt  (S.  563  4)  die 
BW  Lteferung  des  Wörterbuchs  der  elsässischen  Mund- 
Ion,  bearbeitet  von  E.  Martin  und  H.  Lienhart  (Strassburg, 
ntbncr)  angezeigt  worden  ist,  sind  vier  weitere  Lieferungen  des 
'erkes  erschienen,  so  dass  nunmehr  ausser  den  Vokalen  die 
htchsuben  F  (V).  G,  H,  J,  K  (Ch).  L,  M,  N.  im  ganzen  50  Bogen 
[itMS  l,,«xikanoktav  vorliegen,  die  als  erster  Band  zusammen- 
«fassi  sind.  Dass  das  Buch  nicht,  wie  bei  Beginn  der  Ver- 
ffentlichung  angenommen,  bis  Anfang  1899  vollendet  worden 
X,  erklärt  sich  nur  lum  Teil  aus  dem  Umstände,  dass  der  eine 
!r  beiden  Herausgeber,  Direktor  Dr.  Lienhart,  anderweitig  mehr 
I  bisher  In  AniipTUch  genommen  wird;  der  Stolf  ist  unter  den 
Indon  der  Bearbeiter  derart  angeschwollen,  dass  anstatt  sechs 
«ra  zehn  bis  zwölf  Lieferungen  zu  zehn  Bogen  in  .\ussiclit 
mommen  sind,  die  bis    1901    fertig  vorliegen  sollen. 

In  Deiug  auf  den  Inhalt  kann  nur  wiederholt  werden,  was 
der  ersten  Besprechung  gesagt  worden  ist,  dass  das  Werk 
De  uneTst:höpflichc  Fundgrube  für  das  Studium  der  Sitten  und 
cbfAucbe,  der  Anschauungsweise,  des  Gefühlslebens  und  des 
Inmora  der  breiten  Volksschichten  ist.  Witzige  Seh  lag  fertig  keit 
od  packende    Bildlichkeit    zeichnen    noch    heute    die  Rede    des 


immrg  aus, 
sind 


in  treibend, 


dem  Geiler  und  Brant,  Murner  und  Fischari  ent- 
Aber  der  Leser  wird  schon  bei  flüchtiger  Durch- 
n  andern  Eindruck  gewinnen,  nämlich  den,  dass 
D  Viilkclien  zu  thun  hat,  das,  grösstenteils  Acker- 
n  behaglicher  Selbstgenügsamkeit  auf  der  frucht- 
fcn  Scholle  sich  eines  patriarchali sehen  Daseins  erfreut  oder 
iher  wenigstens  erfreut  hat  Ob  ein  mundartliches  Wörterbuch 
m  Jahre  2000,  wenn  eine  langsame,  aber  unaufhaltbare  Ent- 
:kJuDg  den  grössten  Teil  der  Revcilkerung  in  die  Städte,  in 
Q  Dienst  der  Industrie  gefuhrt  haben  wird,  niclit  einen  wesent' 
h  andern  Charakter  tragen  wird,  ist  eine  Frage,  die  uobi  ein- 
J  anfgcworfen  werden  darf. 


5IO 


Zeitschxiftenschau  und  Litteraturnotixeo. 


Erfreulicher  Weise  scheint  die  ältere  elsässische  Litteratur 
noch  mehr  als  bisher  herangezogen  za  sein;  zu  wünschen  wäre 
vielleicht,  dass  die  Herausgeber  aus  ihrer  absichtlich  beobachteten 
Zurückhaltung  in  Angabe  der  Etymologien  etwas  mehr  heraus- 
treten möchten.  v.  Borries. 


In  der  »Festschrift  zur  Feier  der  Eröffnung   des  Real-   und 
Volksschulgebäudes  in  Kenzingen«  hat  O.  Heilig  eine  dankens- 
werte Studie  über   »die    Ortsnamen  des   Kaiserstuhls«   ver- 
öffentlicht    (auch     im    Sonderabdruck     erschienen,     Kenzingen, 
R.  Bühler,   1899.     ^3  ^O*     ^^^  ^^^  etymologischen  Erklärungen 
hat  der  Verfasser  nicht  nur  die  historischen  Schreibungen  jeweils 
zu  Grunde  gelegt,  sondern  auch,    was  lobend  hervorzuheben  ist, 
die  gegenwärtigen  mundartlichen    Formen   in    Betracht    gezogen. 
Indem    er    ausserdem    die    heutigen  Spottnamen    der    Bewohner, 
sowie    auch    Namensagen    beigegeben    hat,    ist    die    Ortsnamen- 
forschung eng  mit  der  Volkskunde  verknüpft     In  den    etymolo- 
gischen Deutungen   weicht   der  Ver&sser  mehrfach    von  Krieger 
(Topogr.  Wörterb.  des  Grossherzogtums  Baden)  ab  oder  er  macht 
auf    andere    Erklärungen    aufmerksam.     Das    wunderliche    Ach- 
karren^    alt    AhtekarU    etc.,    scheint    mir    aber,    trotz    den    sehr 
beachtenswerten  sprachlichen  Bemerkungen  des  Verfassers,  immer 
noch  eine  erux   interpretum   zu    bleiben.     Sollte   es   nicht   doch, 
wie  Breisach   und   Riegel,   keltisch-romanischen   Ursprungs   sein? 
In    Sasbachy    alt    Sahspach    etc.,    —    das    übrigens    schon    von 
Krieger,  wie  vom  Verfasser,  als  Zusammensetzung  mit  dem  Per- 
sonennamen  Sahso   aufgefasst    wird  —    ist   der   erste   Teil    wohl 
sahs^    voraussetzbare    Nebenform   zu    althochd.    sahar    »Riedgras, 
Schilf«,  also  mit  dem   bekannten   grammatischen  Wechsel    von  s 
und  r   in   alten   os-Stämmen    wie    got.   ahs   und    althochd.   ahir, 
oder,    noch    naheliegender    weil    in    ein    und    derselben    oberd. 
Mundart    vorkommend,    wie    Schweiz.    Lä/zgen    (ahd.    U/s)   und 
Schweiz.  Läff^  pl.  Läffer  (ahd.  leffur),    Sahsbach,  Sasbach  ist  dann 
so  viel  wie  »Bach  mit  Schilf«,  gleichwie  Rohrbach. 

G,  Ehrismann. 


Das  Totenbuch  von  Salem. 


III  non 
II  noo. 


non. 
Vlll  id. 


Von 

F.  L.  Baumann. 

(Schluss ').) 


n.  Teil. 


kal.     I 


Januarius. 

[O.  Marquardus  Scriba.  O.  magister  Bertholdus, 
scolasticus  Constantiensis ').]  Nota,  quod  in  die 
Circumcisionis  Domini  dat  procurcUor  domus  in 
Bibrach  ')  de  mollendino  diclo  Holtzmüli^)  piianciam, 
VI  non.     2    [O.  Burkardus  et  Ita  uxor  eius,  Bertholdas  filius 

eorum»  dicti  de  Hödorf,  de  quibus  datur  i  %  \ 
et  30  'A.]  174g  o.  nobilis  domina  M.  Ursula 
Rellerin,  nata  Lainbererin,  praefecti  in  Rönigs- 
egg- Wald*)  dni  Antonii  Keller  uxor,  quae  legavit 
B.  M.  V.  ad  columnam  pro  Corona  200  florenos. 
Item  D.  Josephus  Antonius  Feuchtmayr,  insignis 
statuarius,  cum  uxore  sua  Theresia  Hollsteinin, 
qui  legavit  monasterio  nostro  domum  suam  cum 
pomario  in  Mimmenhausen. 
O.  Johannes  de  Bodman  miles«).] 
O.  Rüdolfus  de  Hewen.]  O.  1755  fr.  Joannes 
Vahc,  cv.  Clara vallensis.  O.  178g  r.  fr.  M.  Ludo- 
vicus  de  Seihelles,  diac.  et  can.  s.  Victoris  Pari- 
siensis. 

5  [O.  Hilteburg  de  Überlingen,    Adelhaidis  et  Ger- 
trudis filie  eius.] 

6  [O.    Hailwig    de    Constantia.]      Anno     1701     o. 
Joannes  Stengelin    ammanus    et   capitalis    iudicii 


3 
4 


»)  VgL  diese  Zeitschrift  N.  F.  XIV,  351.  —  «)  Genannt  1256.  — 
3A.  Stadt  Biberach;  über  das  Salemcr  Haus  in  B.  s.  Beschreibung  des 
..  B.  69.  —  *)  Welche  d.  N.?  —  »)  Württ.  OA.  Saulgau.  —  «)  Vgl.  die 
gesten  dieses  Geschlechtes  in  den  Schriften  des  Vereins  f.  G.  des  Boden- 
s,  Heft  23  n.  ff. 
Zeitftchr.  L  Getcb.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  4-  34 


512 


Baumann. 


praeses  Salemitanus  in  Owingeni),  octuagenario 
maior,  qui  donavit  monasterio  60  flor.  in  remedium 
animae  suae. 
VII  id.  7  O.  Joannes  Uebli,  insignis  noster  faber  ferrarius, 
qui  legavit  conventui  24  flor.  ob  remedium  ani- 
mae suae,  anno   1662. 

IV  id.  8  [O.  Anna  uxor  dni  Johannls  de  Bodman.  Item 
o.  Irmela  Rähsly.  O.  Rüdolffus  Aenlly,  civis 
Constantiensis,  et  pueri  sui.j 

VI  id.  9  [O.  Syfridus  Husman,  qui  ligavit  conventui  pro 
pitancia  unum  librum  (sie)  den.  Constant.,  si  non 
dabitur  in  12  diebus  vel  post,  tunc  cedet  here- 
dibus.] 

111  id.  1 1  [O.  Gerungi  (sie)  Stueky.  O.  Marquardos  Bais- 
wile^j.] 

II  id.   12    [O.  Frisehhans  de  Bodman.] 

id.    13    [O.  Anna  de  Hädeck^).    Item  o.  Fridericus  rex 
Romanorum,  de  quo  datur  pitancia*).] 

XX  kal.    14    [O.  Agnes  dicta  de  Ulma*),   de  qua  dantur  pro 

oitaneia  3  Ä  H.  de  decima  in  Berkach^).] 
XVIII  kal.    15    [Commemoratio  Celestini   apostoliee    sedis  legaii 

nee  non  episeoporum  Salezpurgensium.] 

XVII  kal.    16    [O.  dns  Bertholdus,  eps.  Curiensis ').    O.  C.  com. 

Sancti  Montis«).]  O.  dns  Johannes  Warmser, 
cappellanus  cappelle  beate  Marie  virginis  in  Esslingen, 
fidelis  amicus  nostri  moni,  qui  oh  remedium  anime 
dedit  nobis  calicem  argenieum  intus  ei  extra  deau- 
ratwn  in  valore  2$  florenorum.  Anniversariurn'^^) 
gener osi  Ülrici  de  Jungingen^^),  qui  in  salutarc 
remedium  anime  sue  aliorumque  consanguinitate  aut 
ajfinitate  sibi  iunctorum  ac  omnium  fidel ium  defunc- 
torum  legavit  suum  allodium  seu  ruralem  curiam 
in  Kalchojfen^^)  situatam  cum  omnibus  pertineniiis 
suis  iuxta  tenorem  litterar  um   desuper  confectarum^ 


^)  BA.  Überlingen.  —  '^)  Kaum  ein  Sprosse  der  Familie  von  Baisweil 
(buyer.  BA.  Kau(beuren).  —  ^)  Doch  wohl  Haidegg.  Zu  welcher  Familie 
d.  N.  gehört  aber  diese  Anna?  Am  ehesten  ist  anzunehmen,  dass  ihre 
Familie  nicht  allzuweit  von  Salem  angesessen  war.  An  das  Luzemer 
Freihcrrngeschlecht  ist  kaum  zu  denken.  —  *)  Friedrich  der  Schöne»  gest. 
13.  Jan.  1330  Er  schenkte  Salem  die  Kirche  Pfullingen,  daher  die  Pitanz. 
—  ^)  Vielleicht  eine  Tochter  der  noch  blühenden  Familie  von  Ulm.  — 
•^)  Württ.  OA.  Ehingen.  —  7)  Letzter  Graf  von  Heiligenberg,  gest.  1298.  — 
")  Ohne  Zweifel  der  nach  1276  nicht  mehr  genannte  Conrad,  Bruder  des 
Curer  Bischofs  Berthold.  —  '')  Pline  andere  Liste  der  Junginger  steht  unten 
beim  3.  Juli.  —  »")  HohenzoU.  OA.  Hechingen.  —  *i)  Kalkofen,  hohenzoll. 
OA.  Sigmaringen. 


Totenbuch  von  Salem* 


513 


quatenus  dies  anniversarius  cum  mtssa  funerali 
summo  in  altari  cantanda  ac  quatuor  candelis  itixta 
solitum  accensis  oh  anime  sue  ac  infrascriptoruni 
saluUm  devotius  annuatim  celebreiur,  videlicet 
Burckardi  de  Jungingen,  Margrethe  de  Schönow^) 
parentum  suorum,  Susanne  de  Richenstain^)  dicii 
üldalrici  uxoris,  pariier  Hainrici  de  Richenstain 
ei  uxoris  eius,  parentum  Susanne  prenominate,  nee- 
non  Beatricis  predicti  Üldalrici  uxoris  secunde^ 
similiter  dni  Jacohi  Bayer^)  militis  sueque  uxoris 
Beatricis  de  Baldeck  ^)  oriunde,  parentum  prefate 
Beatricis^  similiter  Brigide  de  Bodma  oriunde, 
atque  filie  eius  Anne  de  Rothoff en^  sororis  sepedicti 
Üldalrici  huiusque  legationis  ultime  executricis, 
Bernardi  quoqne  de  Rothoffen^)  ac  Johannis  de 
Richenstayn,  prefate  Anne  legittimorum  maritorum, 
et  aliorum  omnium  ex  hiis  progenibus  decedentium; 
ut  autem  fraires  ad  huiusce  anniversarium  pera- 
gendum  reddantur  ferventioreSy  voluit  et  ordinavit 
prefatus  legator,  quatenus  eo  die,  quo  celehratur^ 
singulis  fratribus  duo  frusta  piscium  distribuantur 
ad  re/ectionem^), 

O.  Cunradus]  Wild,  et  [Judenta]  uxor,  [Otto]  et 
Ludwicus]  filiorum,  O,  Stephanus  Danner  de 
Nufron,  carpentarius  in  Salem,  qui  ob  amicitiam 
et  fidelitatem  ordinavit  conventui  6  florenos^  anno 
i$2g  obdormivit  in  domino,  Schneckle,  (sie)"*),  et 
Verena  uxor  eius  i^js-  O.  Fridericus  dux  de 
Teck,  qui  mono  nostro  donavit  proprietatem 
possessionum  prope  Meskirch  dictarum  des  Isen- 
harts  guet  in  remedium  animae  suae  et  omnium 
antecessorum  suorum. 

XV  kal.    18    [O.  Rudolfus  Medicus  et  uxor   eius,    de    quibus 

dantur  bibres  per  hyemem.] 

XIV  kal.    19    [O.  Cunradus  de  Diengen  8)  decanus;  hie  dantur 

conventui  2  fif  ►*►  a  pistore.  O.  Trütlich  de 
Stetten»).  de  qua  dantur  conventui  4  S  H.]  O. 
rdmus  D.  Abundus  Tschan,  abb.  Raitenhaslacen- 
sis   1759. 

XIII  kal.  20    [O.    Rüdolffus    de     Güttingen  lO).       Otto    ppos. 

ecciesie  Saltzburgensis^^).] 


XVIII  kal.    17 


»)  Bekanntes  Breisgauer  Geschlecht.  —  ')  Die  von  Reichenstein  gehören 
tur  weitverzweigten  Sippe  der  vom  Stein.  —  *)  Konstanzer  Familie.  — 
')  Württ.  OA.  Urach.  —  *)  Mir  unbekannt.  —  «)  Auf  eigenem  Papier- 
ilAttchen  ist  eine  Abschrift  dieser  Stelle  im  18.  Jahrh.  beigefügt  worden.  — 
f)  Wohl  Beinamen  Danners.  —  ^)  Hohentengen,  württ.  OA.  Saulgau.  — 
*)  Welches?  —  «<>)  Im  Thurgau.  —  ")  War  1253  Wohlthäter  Salems. 

34* 


514 


Baumanp. 


XI  ka).    2  2 
IX  kal.   24 


XII  kal.  2 1    [O.  dns.  Ülricu«  de  Bodznan  et  magister  Ülricas 

de  Überlingen.] 

O.  Wolffhardus  eps.  Augustanos  ^}.] 
O.  Mangoldus  com.   de  Neuenbürg.]     O.  1776 
ven.  p.  Philippus  de  Bouviliiers»  can.  et  subprior 
regalis  abbatiae  s.  Victoris  Parisiensis. 

VIII  kal.  25    [Nota,   dedicacio  maioris  altaris  debet  celebrare 

(six)  proxima  dominica  post  Conversionem  s. 
Pauli.] 

VII  kal.  26    [O.  Hainricus  In  der  Bünde,  qui  ligavit  conventui 

30  /3  a  bursario  pro  ovis  de  censibus  in  NasdorfF^J 
annuatim  ministrandis  (sie),  alioquin  de  domino 
visitatore  debent  accipi  dicti  census   illo  anno.] 

'O.  Hainricus    vom  Kloster],    civis  in  Überlingen, 
O.    Hermannus    de    Hornstain],     de    quo    daiur 
pitancia, 

O,  nobilis  armiger  Itelhans  de  Bödmen,  fidelissimus 
huius  moni  amicus,  149(0)^), 

[Commemoratio  fratrum  de  Templo  Dominik)  et 
fratrum  Cartusiensium  necnon  fratrum  de  S. 
Blasio.] 


V  kal.  28 

IV  kal.   29 
II  kal.  31 


VI   non. 


II  non. 
non. 


4 


Februarius. 

O,  nobilis  Agnes  Schmellerin,  benefadrix  huius 
moni  specialis,  1494,  O,  nobilis  dna,  Genofefa, 
uxor  dni  Johannis  Jacob  miliiis  de  Bodman,  de 
Windegg  ^)  oriunda,  1504,  O.  praenobilis  domina 
Joanna  de  Gemmingen«).  D.  Jo.  Franciscus 
Mönlein,  foresti  praefectus,  qui  B.  V.  Mariae  ad 
columnam  150  florenos  legavit  ob  remedium 
animae  suae  17 18. 
O,  dns  Johannes  Hänis,  pleb,  in    Wildorff"^). 

[O.  nobilis  vir  Anshelmus  de  Justingen »)  et  uxor 
sua  Hailwigis.]  Anno  1680  o.  nobilis  dns  Joannes 
Haffner  de  Bietelschies»),  electoris  Bavariae  dux 
legionis  peditum,  qui  in  remedium  animae  suae 
et  uxoris  suae  Elisabet  donavit  monasterio  trcs 
mansus  pratorum  ad  fluvium  Andelspach  *®)  situ- 
atorum. 


^)  Gest.  13.  Jan.  1302.  —  ^)  Nussdorf,  BA.  Überlingen.  —  *)  Es  steht. 
1 49  in  arabischen  Ziffern ;  diese  Ziffer  ist  am  Rande  irrig  von  junger  Hand  als 
1449  erklärt.  —  *)  d.  i.    Tempelherrn.  —  *)  Kant.    St.    Gallen    bei    Schännis. 

—  ß)    Tochter    eines    noch    blühenden    Geschlechtes.    —    "')   Weildorf,    BA 
Überlingen.  —  =*)  Württ.  OA.  Münsingen.  —  ^)  Hohenzoll.  OA.  Sigmnringen. 

—  '^')  Hohenzoll.  Flüsschen. 


Totenbuch  Ton  Salem. 


515 


VIII  id.     6    [Commemoratio    fratrnm    necnon    ministerialium 

Saltzpurgensium  necnon  Augiensium  '),deRaithas- 
lach  et  de  Tennebach  2)  et  de  . . .«)]  de  S.  Gallo*), 
sacerdotes  (res  missas,  minisiri  psalierium  dicant. 
De  Siun^)  ordinis  s,  Benedicti,  de  Chiemsee  cano" 
nicorum  regularium;  illa  duo  monasteria  novis 
iemporibus  contraxerunt  nohiscum  fraternüaUm  tem" 
pore  domini  Georii  abhältst),  ei  sunt  siia  in  Inferiori 
Bavaria'^)  prope    Wasserburck^), 

VII  id.     7     O.  pie   memorie    Hermannus  Maisterly,    confrater 

iotius  conventus,  O,  C,  miles  et  tixor  alterius  C, 
de  Hirmsdorff^). 

VI  id.     8    [O.  C.  dictus  Princeps  1°).] 

V  id.  9  [O.  dns.  Waltherus  de  Stadigen*')  miles.]  O, 
Diepoldus  Hüter  prehendarius,  qui  dedit  mono  vine- 
am  et  cetera  bona  sua  in  Radrach^'^), 

IV  id.  lü  [O.  Adelhaidis  com»  de  S.  Monte.  O.  Albertus 
de  Haidelberg "),  de  quo  debet  dare**)  pitan- 
ciam  bonam  de  curia  Appenmiili]  superiori, 

III  id.  1 1  [O.  Margaretha  de  Homberg  i»),  uxor  Alberti 
militis  de  Klingenberg  *«).  O.  Luggardis  Gamers- 
wangerin  J*!^),  que  ordinavit  conventui  vinum  ad 
biberes  in  estate.j 

II  id.  \2  [O.  dns  Albertus,  com.  de  Werdenberg.]  O, 
Magister  Fridericus  Stach  de  Spuira^^),  orga^ 
nista,  14';$, 

id.  13  Anno  1655  o.  Georgius  Bart  ex  Gossau  in  Tur- 
govia  oriundus,  qui  per  18  annos  magister  vieto- 
rum  huic  monasterio  fidelissimam  navavit  operam 
ac  ob  animae  suae  suorumque  consanguineorum 
dalutem  900  fl.  in  parata  moneta  pro  legendis 
totidem  missis  necnon  Beatae  Virgini  in  Bimau 
400  fl.  ad  construendum  novum  altare  et  con- 
fratemitati  s.  Sebastiani  unum  craterem  argenteum 
in  valore  circiter  60  fl.  ad  conficiendum  calicem 


*)  Au  am  Inn,  Oberbayem.  —  •)  Tennenbach,  BA.  Emmendingen.  — 
»)  Hier  ist  ein  Name  radiert.  —  *)  St.  Gallen,  Schweiz.  —  *)  Am  Rande 
erkUrt  mit  »vel  Sainc  Gemeint  ist  Seeon  nördlich  vom  Chiemsee.  —  •)  1441 
—  '459»  —  ^  Im  alten  Sinne  des  Wortes,  nach  dem  Niederbayem  bis  an  den 
Chiemiee  ging,  ganx  richtig.  —  •)  Wasserburg  am  Inn.  —  •)  Helrtsdorf  bei 
Immenitaad,  BA.  Überlingen.  —  *<>)  Wohl  der  letzte  der  Fürsten  vom 
Koosanbg.  Conrad,  Landrichter  der  Grafschaft  Heiligenberg,  noch  1343 
•  genannt.  —  »»)  Stadion,  württ.  OA.  Ehingen.  —  ")  BA.  Überlingen.  — 
»»)  Kant.  Thurgtu.  —  »«)  Wer  hat  ni  geben  .=>  —  »»)  BA.  Triberg.  — 
>•)  Kant   Thoigan.  —  »^  Aus  einem  Überlinger  Geschlechte.  —  »»)  Speyer. 


5i6 


Baumann. 


sacrum  legavit,    cuius  anima  in  pace  reqaiescat, 
amen. 

XVI  kal.   14    [O.  Methildis  uxor  dicti  Waise  >),   de    qua  datur 

pitancia').     Item  o.  Mäthildis  de  Rosenow.    0. 
dns  Gotfridus  Basiliensis,    eps.  ordinis   nostri^).] 

XIV  kal.  16  [O.  Mäthildis,  mater  magistri  Ülrici  de  Über- 
lingen et  Salburge  de  Pullendorff*).]  Anno  1753 
o.  Joannes  Michael  LöfFler,  monasterii  Salemi- 
tani  fidelissimus  per  annos  50  oeconomus  in 
grangia  Kirchbergensi,  qui  praeter  callcem  argen- 
teum,  deauratum, .  100  circiter  fl.  valentem 
legavit  etiam  monasterio  vineas  suas  in  Imenstad, 
et  600  ad  minus  fl.  aestimatas,  ea  expressa  cod- 
ditione,  ut  vineae  istae  non  in  pecuniis  seu 
valore  earum,  sed  in  natura  transeant  ad  mona- 
sterium  nostrum,  ita  ut  ex  eis  100  fi.  Rhenani 
deputentur  B.  V.  M.  ad  columnam  ecciesiae 
monasterii,  100  alii  dentur  pro  inscriptione  sui 
in  necrologium,  reliqua  autem  pertineant  ad  prae- 
dictae  grangiae  nostrae  Kirchbergensis  sacellum, 
in  cuius  etiam  medio  tumulatus  est,  voluitque, 
ut  ibidem  pro  anima  sua  quotannis  in  festo  s. 
Michaelis  dicatur  una  missa  et  sacerdoti  eam 
dicenti  medium  floreni  Rhenani,  i.  e.  30  cruci- 
geri  pro  stipendio  tribuantur. 

XIll  kal.    17    [O.  Anna  Roggwilerin,  hie    debet  dare   3  ff^  *^  de 

C.  dicto  Nängger  de  Überlingen.] 

XII  kal.    18    [O.    Adelhaidis    de   Richenstain,    de    qua  dantur 

2  iE  H.]   pro  pitancia.     O.  magister  Engelhardus 
Hofmann,  pictor   et  praehendarius    in  Salem  ißßo, 

XI  kal.  19  [O.  dns  Eberhardus  de  Walpurg,  eps.  Constan- 
tiensis,  quimulta  bona  domui  in  Salem  impendit^). 
O.  Hainricus  de  Kempten «)  et  Gertrudis  uxor 
eius.] 

XI  kal.  2 1  [O.  dns  Johannes  Cünrat,  miles  de  Bödmen.] 
O.  Magdalena  Winterin  de  Neufra,  quae  ob 
remedium  animae  suae  legavit  monasterio  suam 
vineam   1671. 


*)  Wohl  ein  Edler  von  Waldsec.  —  ^)  Am  Rande  von  anderer  Hand 
beigesetzt :  circa  .  .  quod  si  non  da  .  .  .  hospital .  .  Überlingen.  (Durch  Buch- 
schnitt verstümmelt.)  —  ^)  Einen  Bischof  von  Basel  d.  N.  kenne  ich  nicht. 
Die  Stelle  wird  besagen,  dass  ein  Salemer  Mönch  Gottfried  von  Basel  Bischof 
gewesen  sei.  Ist  dieser  etwa  mit  dem  Oeseler  Bischöfe  Gotfried  (s.  oben 
S.  357)  identisch.^  —  *)  L.  Pfullendorf.  «—  »)  Gest.  1274.  —  ')  Ein 
geborener  Kern  ptner,  kein  Adeliger. 


Totenbuch  von  Salem.  ciy 

VIII  kal.  22    [O.  Rüdolfus    Saltzman    et  Elizabeth   uxor   eius, 

qni  dederunt  conventui  60  8"  -v^,  O.  Albertus  et 
Irmigardis  uxor  eius  de  Haidelberg.] 

VII  kal.   23    [O.  C.  Pincerna  *),]    O.  magister  Hermannus  rasor 

et  fidelis  minister  huius  domus,  cognomento  Krantz, 
de  Nüfren.  O,  Johannes  Nithart  de  Frickingen^)^ 
qui  ligavit  monasierio  Salem  100  U  ^  pro  recorda^ 
tione  anime  sue  et  parentum  suorum,  anno  dni  14^2. 

VI  kal.  24  Anniversariumreverendipatris,  dni  Üdalrici  Knüwsl, 
cancellarii  illustris  dni  Sigismundi,  archiducis 
Austrit  etc,  et  prepositi  ecclesie  Tridentine,  Nicolai 
patris  et  Ursule  matris  eius,  Conradi,  Johannis, 
Caspari  et  Georii  fratrum  eius,  Helene  et  Ursule 
sororum  eius^   quorum^)  anime  requiescant  in  pace, 

V  kal.  25  [Anniversarium  her  Bilgerins  von  Hödorff  und 
Bilgerin  von  Hödorff,  sin  sün,  und  Anna  truch- 
säsen  von  Diessenhofen^),  sin  elich  husfrow,  und 
Herman,  Bilgerin,  Caspar,  Balthasar,  Albrecht 
und  Ortolff,  allü  sechs  gebrüder,  ir  baider  elichü 
sün,  allü  von  Waltsperg*),  und  hant  dar  umb 
geben  ir  aygen  lüt«).]  O.  Amelia  de  Hödorff, 
O.  1761  Udalricus  Schimpf  ex  Magenbuch,  baiulus 
Bachhauptensis,  qui  legavit  conventui  11  fi.  ob 
remedium  animae  suae. 

IV  kal.  26  [O.  C.  Siberer  de  Salina''),  de  quo  datur  i  II -a. 
0.  Ulricus  de  Hohenberg«)  de  quo  dantur  30  ß\ 
pro  pitancia  et  j  maltra  speltarum  pro  ovis  post 
festum  Penthecostes  a  pistore,  O.  Anastasia  de 
Rüschach  ^).  O.  hac  die  nobilis  dominus  Jacobus 
Gremiich  de  Jungingen,  qui  ob  remedium  animae 
suae  et  maiorum  suorum  huic  monasterio  Salem 
gratis  legavit  1000  fl.,  proinde  r^us  abb.  et 
venerabilis  conventus  ultro  se  obligarunt  ad 
missam  annuatim  hac  ipsa  die  in  altari  s.  Mar- 
garetae,  iuxta  quod  is  cum  parente  suo  sepultus 
est,  pro  eo  et  maioribus  ipsiüs  dicendam. 

III  kal.  27    O.  Burkardus  eques  de  Triberg.     O.    1756  r^us 

D.    D.    Robertus    Pendtner,    abb.    in    Raitten- 
haslach »«). 
II  kal.  28    O.    Serenissimus   archidux   Austriae  Sigismundus, 
qui   monasterio    nostro    donavit    proprietatem    in 


»)  Von  Winterstetten?  —  »)  BA  Überlingen.  —  »)  Von  damit  Bleistift 
erfahren.  —  *)  Kant.  Thurgau.  —  *)  Ein  Bargstall  im  BA.  Messkirch.  — 
Dieser  Satx  ist  im  16.  Jahrhundert  durchstrichen  und  durch  eine  lateinische 
jersetiung  ersetzt.  —  •)  Hall  in  Tirol.  —  »)  Wohl  Homberg,  BA.  Über- 
gen. —  »)  Reischach.  —  ^^)  Gest.   175b. 


5'8 


Baumann. 


Raulzhofen^)  ea  conditione,  ot  in  aliqua  die 
quatuor  temporum  Quadragesimae  cum  aliqna 
missa  necnon  et  alias  tarn  ipsius  quam  omniom 
antecessorum  et  posterorum  pia  memoria  habe- 
retur. 


V 

non. 

3 

IV 

non. 

4 

III 

non. 

5 

II 

non. 

6 

Martins. 

kal.  I  [O.  Hiltrudis  com^  de  Sultz.]  1774  o.  rm«s  D. 
p.  Franciscus  Gaspardus  Contet,  doctor  theologus, 
regalis  abbatiae  S.  Victoris  Parisiensis  magnus 
prior  et  can.  S.  Marcelli. 

VI  non.     2    [O.  Hainrlch  Am  Ort  de  Überlingen  et  uxor  eins 

et  pueri  eins,  de  quibus  dantur  30  ß  **.  O.  dns 
Johannes  de  Bodman,  miles.]  O,  M,  Viius 
Schmaltzhafen  de  Neufron,  qui  in  redemptionim 
antme  sue  legavit  conventui  nosiro  60  ß»,  de  quorum 
annuo  censu  dantur  fratrihus  in  refectorio  duo  frtata 
piscium  sahhato  ante  Quasimodo,  1548,  et  Appolonia 
Störchin,  uxor  eius,  7557, 

"0.  magister  Burckardus  de  Angnsta.] 
O.  Hädwick  de  Habspurg  et  Petrus  filius  eius^j. 
item  Eberhardus  de  Rosnow*).] 

[O.  Hainricus  Brün*),  qui  ligavit  conventui  annu- 
atim  3  fl.]  pro  pitancia. 

O,  Conradus  Amma  Uldingensis^),  prebendarius  in 
Salem,  qui  legavit  conventui  6  fl,  12  que  ursos^),  1554- 
O.  1790  r.  p.  Valerius  Deleury,  sac.  can.  pro- 
fessor,  can.  S.  Victoris  Parisiensis  et  prior  S. 
Pauli, 
non.  7  [O.  Ortolffus  der.  de  Laiterberg  ^.]  O.  dns  Joannes 
Bieciieler,  sincerus  fratrum  monasterii  nostri  ama- 
tor,  qui  non  paucis  annis  summa  cum  laude  ac 
pietate  fratrumque  emolumento  praefuit  organo, 
anno  dni   1617.] 

VII  id.     9    [O.    Mäthildis    de    Werbenwag,    de    qua    datur 

pitancia.] 
VI  id.    10    O.  Gotzwinus  de  Hohenfels^).] 

IV  id.  1 2  O,  dominus  Frischhanns,  miles  de  Bodman,  gesessen 
zw  Kargegkh^,)  anno  1520,  O.  1743  plurimum  r., 
excell.    dns  Joannes  Petrus  Pagen,   germanus    r. 


1)  Ratshof  bei  Salem.  —  *)  Wohl  Glieder  der  schwäb.  Familie  von 
Habsberg.  —  *)  Rosna,  hohenzoll.  OA.  Sigmaiingen.  —  *)  Ob  aas  der 
Zürcher  Familie  d.  N.?  —  *)  Ober-Unteruhldingen,  BA.  Überlingen.  — 
*')  d.  i.  Batzen.  —  7)  Hohenzoll.  OA.  Sigmaringen.  —  *)  Ruine  bei  Sipp- 
lingen,  BA.  Überlingen.  —  ^)  BA.  Konstanz. 


Totenbucb  von  Salem. 


519 


p.  Josephi,  SS.  theol.  et  iur.  atr.  doctor,  proto- 
notarius  apostolicus,  illustrissimi  principis  Campi- 
donensis  consiliarius  ecclesiasticus,  secretarius 
intimus  nee  non  primarius  aulae  sacellanus,  qui 
contulit  monasterio  nostro  varios  libros  in  valore 
circiter  200  fi. 
III  id.  1 3  [O.  Rüdolffus  sac.  in  Lütkilch.  O.  H.  heremita ').] 
XVI  kal.   17    [O.   dns  Hermannus   de  S.  Gallo  sac,    de   quo 

datur  pitancia.] 

XV  kal.    18    O,  Jäck  Hesß  de  Nüfren  prehendarius,   qui  bona 

sua  coniuHi  nobis,  Eodem  die  0,  Margaretha 
SpSnheim,  coniunx  pretacti  Jacobi  Hesß,  prebeu' 
daria  monasterii  Salem,  que  omnia  bona  sua  adhuc 
vivens  resignavii  ad  manus  dni  abbatis  1503,  O. 
ven,  dns,  Alexander  Fabri,  can,  Conslanliensis  ad 
S,  Slephanum  et  prebendarius  noster,  qui  ultra 
prebendam  soluiam  legavit  monasterio  300  fl,  ob 
sui  memoriam  i$>ji,  O.  Udalricus  Gremiich  a 
Jungingen  miles,  qui  pro  remedio  animae  suae 
legavit  monasterio  500  fl.,  cui  vicissim  abb.  et 
conventus  promiserunt,  se  quotannis  hac  die  in 
altari  s.  Margaretae  unam  missam  pro  ipsius 
anima  perpetuo  legendam  curaturos,  quam  missam 
cantor  alicui  commendabit,   1601. 

XIV  kal.   19    [O.  Hermannus   de    Rauenspurg   et  Betha   uxor 

eins  nee  non  Hainricus  ppos.  Spirensis^).  O. 
Irmigardis  de  Haidelberg.]  O.  1774  r.  p.  Nico- 
laus Rivet,  can.  reg.  S.  Victoris  Paris. 

XII  kal.  21    [O.   Albertus   de  Klingenberg   miles,    qui   ligavit 

curiam  suam  in  Appenmüli^),  que  annuatim  solvit 
2  maltra  spelte,  3  siliginis  et  4  avene.]  Anno 
1775  o.  D.  p.  Antonius  Maria  Rigait,  can.  regal. 
S.  Victoris  Parisiensis. 

XI  kal.  21  [O.  Burkardus  de  Ehingen^)  et  Hedwick  uxor  eius.] 
X  kal.  23  [O.  dns  Fridericus,  archieps.  Salczburgensis,  de 
quo  datur  1  fif  ^  Constant.*)]  Anno  1623 
23.  Martii  o.  experientissimus  chyrurgus,  magister 
Joannes  Georgius  Klausman,  qui  ultra  40  annos 
üdelissima  sua  opera  et  indefesso  in  morbis 
curandis  labore  optime  de  monasterio  nostro 
Salemitano  meritus  est. 


^)  Wohl  Heinrich  Fink,  der  Gründer  der  Einsiedelei  Egg  unter  Heiligen- 
rg.  —  *)  Nach  dieser  Stelle  scheiot  dieser  Propst  zu  der  welfisch-staufischen 
^enstmannttiisippe  von  Ravensburg  zu  gehören.  —  *)  BA.  Überlingen.  — 
Die  Familie  d.  N.  stammt  aus  der  gleichnamigen  Vorstadt  von  Rotten  bürg 
I  Neckar.  —  »)  Gest.  1338. 


520 


Baumann. 


IX  kal.  24    [O.  Marquardus   de  Lindow,   rector  ecclesie  in 

Wildorf.] 
VIII  kal.   25    [Hie  dantur  3  8^ -a   pro  pitancia  de   dno  Alberto 

Artzat    de    Mengen').]      Anno     1782    o.   r.  p. 

Petrus  Lauras,  can.  regal.  S.   Victoris  Parisiis. 
VII  kal.   26    [O.  Rüdolfus  dictus  Smerli,  de  quo  datur  pitancia.] 

O.  Johannes  Riegg  et  uxor  sua  de  Owingen,  qui 

dederuni  nobis  vineam  sitam  in  Nussdorff  ob  rem- 

dium  animarum  suarum, 
VI  kal.  27    [O.    dns    Kraifto,   ppos.    Augustanus  >),   de  quo 

datur  i  U  ^  pro  pitancia.]     O.  rmus  D.  D.  Can- 

didus  Wenzel»  abb.  de  Raittenhaslach   17 17. 
V  kal.   28    [O.  Addelhaidis  dicta   Labwinin,    de    qua   datur 

2  flf  A%  de  quodam  prato  et  vinea  in  Überlingen,] 
IV  kal.  29    [O.  Hartmannus  com.  de  Wirtenberg »),    de  quo 

datur  vinum  Neccaricum.  O.  Cunradus  de  Rams- 

wag^).     Item    o.    H.    Studegast    miles,    de  quo 

danlur  30  ß  ^  de  uno  prato.] 
III  kal.   30    O,   Grett  von  Forst,  que  contulit  conventui  agrum. 
II  kal.   3 1     O,  nobilis  dna  Anna,  uxor  dni  Joannis  de  Bodman, 

oriunda  de  Klossen^  1518. 

Aprilis. 

kal.  I  [O.  H.  Manbürrer  et  Addelhaidis  uxor  eius  et 
Margreta  filia  eorum,  de  quo  datur  i  ü  ^s.]  0. 
r.  p.  Joannes  Tranger,  ss.  theol.  doctor  et  prior 
de  Orviaco,  can.  de  S.  Victore. 

IV  non.      2    [O.  H.  de  Schwartzach  6),  de  quo  datur  pitancia. 

O.  Swänger    de  Liechtenstain ''j    miles,    de    quo 
dantur  5  ig"  a  et  9  ß  .^  pro  pitancia  et  4  modii 
spelte  et  2  avene  magne  mensure    de  vivario  ia 
Ilmense»),    item  dantur  semper  in  vigilia  Nativi- 
tatis  Dni,  in  vigilia  Pasce,  in  vigilia  Penthecostes. 
().  Elizabeth  soror  eius.     O.  magister  Cünradu:^ 
Wittewiler,  appotekarius  in  Costancia,  frater  dn:Ä 
Georii  abbatis,   1450.] 

111   non.      3    [O.  Rüdolfus  Guttinger»)],    de  quo  datur  pitanck — 

in    die    Pasche,      [O.    Gotfridus    et    Eberharduss 
comites  de  Habspurg  10).] 


5)  Vgl.  20.  Juli.  —  -)  Von  Neidlingen,  gest.  1333.  —  »)  Wohl  Gn 
Hartmann  von  Grüningen,  gest.  1280.  —  *)  Kant.  St.  Gallen.  —  *)  Aus  de 
altbayr.  Familie  von  Closen.  —  ®)  Konstanzer  Familie.  —  "^  Ob.  württ.  Oi* 
Reutlingen  oder  hohenzoll.  OA.  Hechingen?  —  ^)  OA.  Pfullcndorf.  - 
■*)  Der  1378  genannte  R.  Guttinger  von  Konstanz.  —  ^^)  Von  diesen  Brüden 
ist  Gotfrid  (f  127 1)  Stifter  der  Habsburger  Linie  Laufenburg,  Ebcrha- 
(f   1284)  der  der  Linie  Kiburg. 


Totenbuch  von  Salem. 


521 


II  non.     4    [O.  dns  C,   miles   de  Ramswag,    de   quo    datur 

pitancia.  O.  Mäthildis  dicta  Studegastin,  de  qua 
datur  pitancia.  O.  Cunradus  dec.  in  Sefelt^)  et 
Mäthildis  mater  eius]  et  Burcardus  pater  ipsius 
O,  nobilis  dns.  Johannes  Jacob  de  Bodman 
iunior  i$iS, 

non.  5  [O.  dicta  Mölterin  de  Lindow,  de  qua  dantur 
tunice  estivales.]  1765  o.  pl.  r.  et  ven.  D.  p. 
Ludovicus  Gentil,  professus  Claravallensis,  prior 
de  Longo  Vado^j.  1765  o.  dna  Maria  Anna 
Barbara  Voglerin,  nata  Durachin,  uxor  relicta  D. 
Joannis  Martini  Vogler,  rationum  revisoris,  quae 
praeter  alia  contulit  ecclesiae  ad  s.  Leonardum 
50  fi.  et  s.  Crucis  particulam  thecae  argenteae 
inclusam  in  valore  circiter  30  fl.  ob  remedium 
animae  suae.  1785  o.  r.  p.  Joannes  Kolin,  can. 
S.  Victoris  Parisiensis,  prior  S.  Girinaili  et  can. 
S.  Exuperii,  Corbolii*)  et  quondam  cellerarius 
ac  magister  iuvenum. 

VIII  id.  6  O,  Cnnradus  Rutharide  Frickingen^  de  quo  da\n\tur 
\pro^  pitancia  tria  frusta  piscium  Jeria  2,  in  diehus 
Rogacionum,  pro  quibus  idem  contulit  monasterio 
ßo  fl,  Renenses, 

VII  kal.     7    [O.    C.  Degen,   de  quo  datur  pitancia.     O.  dns 

Fridericus,  Saltzpurgensis  eps.  *)  et  dns.  Waltherus, 
abb.  in  Raithaslach  ^).] 

V  id.  9  O,  ven,  p,  et  D,  D,  Conradus  Renner,  utr,  iur, 
doctor,  ppos,  quondam  ecclesiae  Lovaniensis^)  et 
can,  Constantiensis ,  qui  legavit  conventui  nostro 
jo  fl,  in  praesenti  pecunia  et  duo  argentea  vasa  ad 
manuum  ablutionem  in  valore  too  fl„  anno  1550, 

IV  id.   10    [O.  dns.  Rüdolfus   de  Habspurg,    Constantiensis 

eps. '').] 
II.  id.   12    [O.  Diethalmus  eps.  Constantiensis  et  abb.  Augen- 

sis^).]      1762    o.    r.    p.  Nicolaus  Vauthier  Clara- 

vallensis.       1790    o.    r.    p.    Ludovicus    Jacobus 

Luirain,  can.  reg.  S.  Victoris  Paris. 
'III  kal.   14    [O.  Eberhardus  miles  de  Rosnow,  de  quo  datur 

vinum  Clavenne»)  conventufi]  in  vigilia  Pasche.] 
VII  kal.   1 5    O.  Mäthildis  et  Adelhaidis  sorores  de  Mülhain  10), 

I  tf  '^s    O,  Adelhaidis  Ysemenni  de  Miskilch,  de 

qua  datur  pitancia.] 

')  Seefeld,  BA.  Überlingen.  —  '^)  Longuay,  Dcp.  Haute-Mame.  — 
tzt  Les  Champs-Bons,  Dep,  Ardt^che.  —  *)  Gest.  1284.  —  *)  Gest.  1259. 
^)  Löwen  in  Belgien.  —  ^)  Gest.  1293,  aber  'am  3.  April.  —  *•)  Gest. 
.  —  »)  Veltliner  Wein.  —   »«)  Mühlheim,  württ.  OA.  Tuttlingen. 


522 


Baumann. 


XV  kal. 
XIII  kal. 


XVI  kal.   i6    [O.   dns.  Bertholdus  dictus  de  Harthain  ^)y  sac, 

de  quo  datur  pitancia.]  O.  dnt.  Wendelinus  Faber, 
docior  iheologie  inclyius,  qui  multa  bona  contulit 
nosiro  monasierio,  de  quo  däntur  duo  frusia  piscium 
pro  pitancia  ob  remedium  anime  sue,  1544. 

17    [O.  Abelinus  de  Tiengen^)  et  uxor  eius  Addel- 
leidis,  de  quibus  datur  pitancia.] 

19  [O.  Lüdwicus  dictus  Züttelman,  de  quo  conventus 
debet  habere  pitanciam  piscium  in  quatuor  festi- 
vitatibus  beate  Marie  virginis.]  O.  17 19  Joannes 
Benz  praebendarius,  qui  cum  uxore  sua  Agatha 
Claeusin  omnia  bona  sua  in  Hangnaw'j  contulit 
monasterio  nostro. 
XII  kal.  20    [O.  H.  dictus  Lütolt  et  Adelhaidis   uxor  eius  et 

Lutoldus  filius  eorum,  de  quibus  datur  pitancia 
de  curia  in  Speck  ^),  et  si  non  datur  infra  octo 
dies,  tunc  illi  fructus  cedunt  hoc  anno  conventui 
•in  Lutzelach*).]  O.  1766  pl.  r.  ac  ven.  D.  p. 
Franciscus  Martinet,  prior  abbatiae  B.  Mariae  de 
Buzaio  in  Britannia^),  Claravallensis. 

XI  kal.  2 1  O,  pie  memorie  junckherr  Burekart  von  Jungingen^ 
geborn  von  Höchenvelß,  de  quo  dantur  duo  frusia 
piscium, 

IX  kal.  23  Anno  50  [o.  dns.  Eberhardus,  com.  de  Werden- 
berg.] O,  Cünrat  Landolt,  qui  contulit  conventui 
5  U  ^  pro  tunicis  nocturnalibus, 

VII  kal.   25     O,    ven.    dns.   Casparus    Schaideckh^    parochus    in 

Urnaw,  fidelis  amicus  et  fatäor  huius  monasterii^ 
qui  contulit  conventui  ob  remedium  animae  sua( 
100  fl„  anno  a  Christo  nato  1599, 

V  kal.   27    [O.  dns  Hainricus,  com.   de  S.  Monte,    et  Wol- 
dezlaus   eps.  Saltzburgensis ')    nee  non  Hugo  In 
der  Bund.    O.  dns.  Johannes,  com  de  VVerden- 
berg.] 
IV  kal.   28    [O.  Mäcthildis  de  Kilchains),    M&thildis    et    filie 
eius  Agnetis,  de  quibus  dantur  nobis  6  S  H.  de 
vinea    in    Neckerhalden »)    et    de    retitibus  (sie) 
1 2  Ä  in  villam  Brige  *®),  dat  magister  in  Esslingen. 
O.  Marquardus  de  Stain.] 
111  kal.  29    [O.  Ülricus  miles  de  Güttingen.] 
II  kal.  30    [O.   Adelhaidis  uxor  C.  dicti  Nanggär.] 


')  Hartheim,  BA.  Messkirch.  —  ^)  Hoben thengen,  württ  OA.  Saalgau. 

—  8)  Hagnau,    BA.    Überlingen.  —  *)  Spöck,    hohensoU.   OA.    Sigmaringen. 

—  *)  Kloster  Lützel,  Kanton  Solothum.  —  ")  Buzay,  Dep.  Loire  Inferieure. 

—  ")  Ladislaus  von  Schlesien,  gest.   1270.  —  ®)  Ob  Kirchheim  u.  Teck?  — 
^)  Bei  Esslingen?  —  *^)  So  hiess  die  Vorstadt  von  Cannstadt  1.  des  Neckars. 


Totenbuch  von  Salem. 


523 


kal. 

VI  non. 
V  non. 


IV  non. 
[II  non. 


II  non.     6 


non. 
VIII  id. 


VI  id. 


V  id. 

II 

IV  id. 

12 

III  id. 

13 

CIV  kal. 

IQ 

KUI  kai. 

20 

XII  kal. 

21 

Maius. 

[O,  pie  memorie  Albertus   quondam  rex  Roma- 
noram *).] 
[O.  Bertholdus  com.  de  S.  Monte  •;.] 

[O.  Jacobus  Schmid  de  Bibraco,  de  quo  dantur 
5  U  H.,  et  mementote  puerorum  suorum  et  uxoris 
eins,  pro  pitancia.] 

O,  dns,  Jacobus  de  Sulmingtn  dec,  de  quo  daiur 
pitancia^ 

[Anniversarium  dni  Marquardi  de  Küngseckg^), 
commendatoris  Swevie,  Elsacie,  Minoris  Bur- 
gundie^)  suorumque  progenitorum,  qui  ligavit 
conventui  2  U  ^  pro  pitancia  pro  piscibus,  qui 
debe[n]t  dari  feria  quarta  in  diebus  Rogationum.l 

[O.  Ludwicus  Ower  et  Cünradus  ülius  eins,  qui 
legaverunt  i  U  H.  pro  pitancia  de  vineis  dictis 
Aggerlin  in  Mettingen  apud  Esslingen,  et  Eliza- 
beth uxor  eins  et  Johannes  Ower  filius  eins. 
O.  magister  Diethericus  Brün  de  Mümenhausen.J 
O.  1788  illustrissimus  ac  rmus  D.  D.  Antonius  de 
Malvis,  archieps.  Lugdunensis  et  abb.  commen- 
datarius  S.  Victoris  Parisiis. 

[Commemoratio  fratrum  Molisinensium^).  O.  dns. 
Burchardus  de  Hoenfels,  miles.] 

[O.  Judenta  Gamerswangerin.]  O.  Bernhardus 
Renner  de  Überlingen^  nosier  fautor  exsisiii,  de 
quo  daiur  pitancia,  1528, 

10    [O.  dns.  Jacobus  de  Hermstorff,  miles,  hie  datur 
pitancia.] 

O.  Adelh.y  [Bertoltus],  Ä,  [Hailwig  de  Kiseleck«).] 

(O.  Betha  de  Leweneck '').  O.  dns.  Ülricus  Studen- 
gast,  miles,  de  quo  datur  pitancia.] 
[O.  Burkardus  de  Herenstorff"*).] 

[O.  dns  Fridericus  de  Pfullendorff,  sac]  O, 
Johannes  Clem  pleb,  in  Bermantingen,  qui  con- 
tulit  omnia  bona  sua  monasterio  nosiro»    anno  1500, 

O.  Addelhait  de  Stain.] 

'Hie  dantur  3  f?  ,s  de  Cünrado  dicto  Nängger  de 

Überlingen.] 


8 


»)  Gest.   1308.  —  *)  Gest.   1262.  —  *)  Aus   der   jetzt    sUndesheirlichen 
cnfamilie  von  Königsegg.  —  *}  Gest.    vor    1441   (Furstenberg.  Urkunden- 
i  VI,    260).  —  »)  Molesme,   Dep.    Cöte    d*or.  —  •)  OA.    Wangen,   diese 
ilic  starb  zu  Ende  des  13.  Jahrh.  aus.  —  ')  Lconegg,  BA.  Pfullendorf.   - 
.  Hermstorff  (Helmsdorf,  BA.  Überlingen). 


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524 


Baumann. 


V  kal.   28 


XI  kal.   22    Anno  dni  1655,  22,  Mali,  o.  Elisabetha  Bühellin, 

quae    legavit    conventui    in    litteris    censualibus. 

argento  et  numer^ta  pecunia'  1155  fl. 
IX  kal.   24    [O.  Addelhaidis  de  Stockach  ^).] 
VIII  kal.  25    [O.    dns.    C.    de    Nüffran,   miles,   de    quo  datur 

>itancia.] 

O.  Rainhardus  Heffelinus  et  Lutoldus  de  Schilt- 

)erg2).] 
IV  kal.   29    [O.  Johannes   Rüfli   de    PfuHendorff,    qui    ligavii 

conventui  bona  sua  in  Mettenbüch  •).] 
III  kal.  30    [O.  C.  Wildo,   de  quo  dantur  3  fif  -a.   O.  Ulricus 

Hortzgen  taler  de  S.  Gallo,    qui   dedit   conventui 

24  U  H.] 

II  kal.  31  [O.  Albertus  de  Bibraco  sac.  O.  Agnes  Trag- 
botli,  que  ligavit  conventui  dlmidiam  vineam  in 
Überlingen.]  O.  31.  Maii  Emerentiana  Binderin, 
uxor  Joannis  Adarai  Freystetter  hospitis  in  Salem, 
quae  cum  monasterio  multis  annis  fidelem  navasset 
operam,  praeter  argenteam  lampadem,  quam  ipsa 
et  dictus  maritus  eius  Bae  V.  Mariae  ad  colum- 
nam  iuxta  sacristiam  in  ecclesia  nostra  expositae 
obtulerant,  insuper  conventui  legavit  3  fl.,  cuius 
anima  requiescat  in  pace.  Superaddidit  idem 
Freystetter  cum  altera  uxore  sua  Joanna  Brünnerii. 
anno  1697  5^  ^*  24  crucigeros  ob  remediuiu 
animarum  suarum. 


Junius. 

kal.      I     1667   o.  Joannes  Kesler   prebendarius   noster  et 

ammanus  in  Nusdorf,    qui   ob  remedium  animae 

suae  et  uxoris  Annae  Billerin  contulit  monasterio 

aliquot  vineas  et  agros  etc.  in  Nusdorff. 

III  non.     3    [O.  H.  de  Burckberg*)   et  Johannes    pater    eiu^ 

et  Adelhaidis    mater   ipsius.     O.    dns.  Hainricu< 
Studengast,  miles,  de  quo  dantur  conventui  pro 
pitancia,  et  Bertoldus  filius  eius.]     1742   o.  prae- 
nobilis    dns  Franciscus  Michael  Eusebius  Zoller. 
qui    dum    5Ö    annos    in     coelibatu     transegisseu 
piissimo    legato    monasterio    nostro    pro    animac- 
suae  Salute  scriptotenus  designavit  333  II.    Annc^ 
dni    1753,   3.  Junii  inita  fuit  specialis  confoede-^ 
ratio  inter    monasterium  Claraevallense    in  Cam — 
pania     et    Salemitanum     in     Suevia,     vi     cuiui==== 


')  Im    Hegau.  —  '-')  Hohenzoll.    OA.   Sigmaringen.  —   •)  BA.    PfuUc! 
«lorf.  —  -»)  Burgberg,  BA.  Überlingen. 


Totenbuch  von  Salem. 


525 


i*')  utriusque  monasterii  membra  se  invicem 
syncere  semper  diligant,  in  necessitatibus  iuvent 
et  deum  pro  invicem  iugiter  orent,  2°)  cuius- 
libet  obitus  sine  mora  significetur  et  3^)  anima  in 
capitulo  absolvatur  et  consueta  pro  aliis  suflVagia 
percipiat,  4*^)  nomen  vero  non  tantum  in  loco 
solito  ecciesiae  aftigatur,  sed  etiam  in  necrologio 
ad  diem  obitus  adnotetur  ac  denique  5°)  haec 
ipsa  confoederatio  ad  praedictam  diem  3.  Junii 
in  eodem  necrologio  utriusque  monasterii  descri- 
batur,  ut  latius  habet  instrumentum  desuper  con- 
fectum  anno  et  die  praedictis. 

II  non.     4    [O.    H.  Winzürn    de    Merspurg,    de    quo    datur 

I  U  -A,  dat  refectorarius.] 

non.     5     1*0.  H.  de  Wildenfels  J).    O.  C.  Cappeller,  de  quo 
datur  pitancia.] 

VII  id.     7    [O.  dns.  Ber.  Schamel    de  Vielingen*).     O.  dns. 

H.,  rector  in  Brüchwiller»),    sac,    de   quo  datur 
pitancia.] 

VI  id.  8  [O.  C.  de  Ehingen  in  Esslinga,  de  quo  datur 
pitancia.]  Hac  die  o.  M.  Christophorus  Werner, 
coccus  fidelis  conventus  in  Salem,  qui  dedit  con- 
ventui  coronatum  pro  animae  suae  salute,   1604. 

V   id.     Q     O,  sirenuus  miles  dictus  Peregrinus  de  Hödorff, 

iV  id.  10  [O.  pie  memorie  Agneta  regina  Ungarie*),  de 
qua  dantur  caiciamenta  estivalia.]  1739  o.  a.  r. 
D.  Andreas  Widter,  parochus  in  Griesingeu  *), 
qui  B.  V.  Mariae  ad  columnam  donavit  100  fl. 
ob  remedium  animae  suae. 

lli  id.  II  [Anniversarium  Hainrici  dicti  Blaurer^)  de  Con- 
stantia,  dictus  quondam  Zum  Plug,  qui  dedit 
nobis  partem  brachii  de  decem  milium  martyrum 
ob  remedium  animc  sue.]  Anniversarium  dni 
Si.xlif  ran'  ecdesie  Chiemensis, 

id.  13  [O.  H.  dictus  Göler  et  uxor  eius,  de  quibus  dat 
cellerarius  i  maltrum  spelte  mensure  in  Über- 
lingen.] 

'II   kal.    15    Hie   dantur   6  B    H  de    dno    Aibrechto    Arizai   dt 
Bibrach ")  in  festo    Corporis   Christi, 

VI  kal.    16    O.  nobilis  dns.  Udalricus  de  Ramschwag.     1781 
o.  r.  p.  Joannes  Ludovicus  Poirier,  can.  S.  Vic- 


»)  Die  Burg  d.  N.  ist  bei  Wildenstein,  BA.  Meskirch,  zu  suchen.  — 
kan  in  Villingen,  gest.  vor  1308.  —  ')  Burgweiler,  BA.  Überlingen. 
Gest.  1364.  —  *)  Württ.  OA.  Ehingen.  —  **)  Aus  der  bekannten 
ierfamilie  Blarer.  —  •)  Vgl.  31.  Mai. 


526 


Baumann. 


toris  Parisiensis,    prior  in  collegio  b.  Mariae  de 
Ampouvilla. 

XIV  kal.   17    [O.    C.    Kolb    de    Mersparg,    de    quo    dantar 

10  /?  ^.]  O.  1755  emmus  ac  r«os  D.  D.  Joachimus 
Besutius,  ex  abbate  ad  S.  Crucem  s.  ordinis  Cist. 
eiusdem  S.  Crucis  in  Jenisalem  cardinalis  pres- 
byter  ac  apostolicae  sedis  summus  poenitentiarios, 
qui  uberrima  fluenta  gratiae  propinavit,  in  omnes 
beneficus,    praecipue  tarnen   in    Salemium  totus 
effusus;     quippe    non    tantum    Neobümovianam 
peregrinationem  eidem  monasterio  incorporatam 
dexterrime    in    favorem   nostram    promovit,  sed 
etiam  praeter  maxima  et  plurima  in  dies  collata 
beneficia  et  munera    gratiarum    ipso    praesertim 
anno,   quo  viam  universae   camis    ingressus  est, 
difficiles  causas  Salemio  vindicavit,  rnu  D.  abbatis 
et  monasterii  nostri  amicus  et  patronus  maximus, 
pauloque  ante  obitum  suum  casulam,    qua  ipse 
in  solemnioribus  festis  utebatur,  huc  transmitten- 
dam  testamento   reliquit.     Dignissimum   proinde 
censuit  altefatus    elln^us  D.  D.    abbas    cum   sais, 
ut  in    testimonium    qualecunque    submississimae 
gratitudinis  quotannis  solemne  missae  sacrificium 
pro  omnigena  eiusdem  clementissimi  patroni  sui, 
quamdiu  in  vivis  existeret,  celebretur,  post  trän- 
situm  vero  solemne  rursus  ofücium  de  Requiem 
(semel  tantum),  sed  et  omnia  suffragia,  sacrificia, 
preces    et    psalteria,    quae    pro    abbate    proprio 
defuncto    fieri    debent,    pro    eodem    dicerentur. 
£t  quia  in  tanta  plenitudine  benedictionis  memo- 
riam    sui    reliquit    praesentibus    et    futuris,    pro 
futuro  quoque  tunc  sancitum  est,  ut  emmus  fautor 
necrologio  domus  nostrae  iusertus    singuHs   post 
obitum  annis  bac  ipsa  die  publice  absolvatur  et 
bonorum  operum  peculiari  modo  particeps  redda- 
tur.     R.  i.  p. 

XII  kal.   20    Rmus  et  amplissimus  D.  D.  Emmanuel,    abb.  in 

Raittenhaslaco,   1780. 

XI  kal.   21     [O.    dns.    C.    de    Tierberg,    miles,    qui    ligavit 

I  a-  H.] 

X  kal.  22  [O.  Ulricus  Am  Ort  et  Anna  uxor  eins  et  filia 
eorum,  de  quibus  datur  pitancia.]  O,  Cünradus 
abb,  Augensts'^),  O,  nobtlts  dns,  Joannes  Wolf- 
gangus  de  Bodman  iunior,  qui  magno  in  amon 
habuit  fratres  vionasterii  Salem,  i$6i, 

')   Schwerlich  Abt  Conrad  in  Au  a.  Inn,  gest.   1259. 


Totenbuch  von  Salem.  C2  7 

VII  kal.   25    [O.  dns  Waltherus  de  Hohenfels,  miles.]  O.  Ella 

Schülerin  de  Underüldingen,  que  ligavit  annuaiim 
7  ß  HeUencium  ab  uno  praio,  iacet  ym  Ramspach, 
quod  dicitur  Mülwis, 

VI  kal.   26    [O.    C.    Mämminger,    de    quo    datur    pitancia.] 

O,  Ursula  Winery,  uxor  Cünradt  Räthart  de 
Frickingen,  de  qua  datur  pitancia, 

111  kal.  29    [O.  H.  Snetterli,  qui  ligavit   i  U  a.] 

II  kal.  30  O,  Andreas  Klotz,  qui  dum  adviveret,  unacum  uxore 
sua  Anna  Lörerin  vineam  suam  iuxta  Lütkirch^) 
sitam,  dictam  im  Sandtpühel,  legavit  monasterio 
oh  suarum,  etiam  predicti  Andree  prioris  uxoris, 
videlicet  Dorothee  Täderlerin,  atque  utrorumque 
successorum  suorum  animarum  salutem  et  remedium, 
1792  o.  rmus  D.  D.  Theobaldus  Weissenbach, 
abb.  Raittenhaslacensis. 


Julius. 

kal.      I     [O.  H.  Schoffel  de  Miskilch»  qui  emit  curiam  in 
Heggelbach  >),]  hie  datur  pitancia. 

V  non.  3  Nota^\  in  octava  apostolorum  Petri  et  Pauli  debet 
celebrari  anniversarius  dies,  scilicet  junckher  Bür^ 
karten  von  Jungingen,  her  Wolffen  von  Jungingen, 
frö  Margreten  von  Jungingen,  geborn  von  Schdn&w, 
siner  lieben  elichen  gemaheln,  jungher  Ulrichs  von 
Jungingen,  ir  baider  elichen  suns\  fr&w  Briden 
von  Jungingen,  geborn  von  Bödmen,  ietzo  siner 
elichen  husfr&wen,  und  ir  baider  eliche  kinde,  ob 
und  wie  vil  sy  by  ain  ander  elichen  überkamen, 
darnach  hern  Burcliarts  von  Jungingen,  ritters, 
sins  urdnis,  und  siner  elichen  gemahel,  geborn  von 
Klingenberg,  her  Wolfgangs  von  Jungingen,  ritters, 

sins    dnis    und  fröw *)    von    Höhenfels, 

siner  husfr&iven,  her  Cünratz  und  her  Ulrichs  von 
Jungingen,  gebrüder,  höchmaister  zu  Prüssen  Tut- 
sches  Ordens,  her  Burckartz  von  Jungingen,  ritters, 
den  man  nlmpt  den  Harscher,  jungher  Friderichs, 
Wölfflis  und  Hansen  von  Jungingen,  alle  des 
benempten  her  Wolffgangen  süne,  her  Lienharts  von 
Jungingen^  ires  brüders,  ritters,  und  fröiv  AdelhaiUn 
von  Jungingen,  geborn  von  Höhenfels,  siner  elichen 


*)  Leutktrcfa,    BA.  Überlingen.  —    •)  Hohenzollern.    —   »)  Verschieden 
dieser  Liste  der  Junginger  und  ebenso  von  der  am  8.  Januar   ist  die  in 
Milemer  Fflrbitten,  ed.  v.  Weech  in  dieser  Zeitschrift  49,  284.  —  *)  Raum 
len  Namen  gelassen, 
eitschr.  f.  Gesch.  A  Obcrrh.  N.  F.  XIV.  4.  35 


5  2« 


Baumann. 


geftiaheln,   des  obgenanUn  jungher  Burkarts  iühen 
und  giiruwen  vatUr  und  muier,  fröw  ElsbeUn  ton 
Künsegg,    geborn    von  Jungingen,    des    selben  her 
Wolf  gangen  töchier,  her  Cilnratz,  jungker  Ülrichi, 
jungker  Hansen  sälgen,  jungker    Wolf  gangen  von 
fungingen,  fröw  Katkerinen  vom  Slam,  fröw  EU- 
beten   von    der  Hoken  Landenberg  ^),    witwen,  haid 
geborn  von  Jungingen,    alle  des   eberürten  junghtr 
Burkarts   von    Jungingen  gesckwisierdig,    Cunratz 
von    Jungingen,    frö    Julianen    von    Landenberg, 
geborn  von  Jungingen,  und  andrer  irer  gesckwiiUr- 
dig,    des  selben  jungker    Wolfgangen  elicker  Kind, 
item   her  Bürckariz    von  Hökenfels,    ritiers,  fröw 
Katkerinen,    siner   elicken    kusfrözven,   geborn  von 
Elrback  '^),  fr  ovo  Eisbeten  von  Künsegg,  geborn  ton 
Hokenfels\ 
VI   non.      4     O.    dns,    Michael    Öttinger    de    opido    Eckingen  % 

succentor  et  cap.  ecclesie  catkedralis  in  Constantia, 
qui  zelo  caritatis  et  ajfectu  singtäari,  quem  habuü 
ad  fratres  et  personas  monasterii  Salem,  contulit 
eidem  trtonasterio  omnem  suam  substanciam  mobilem 
citra  valorem  loo  ß,  Renensium,  de  quo  dantur 
ipsa  die  Anne  geniiricis  Marie  virginis  gloriose  duo 
frustapiscium  conventui  pro  pitancia,  1504.  O.  1766 
pl.  r.  D.  p.  Antonius  Maignant,  in  pluribus  Cla- 
raevallensis  lineae  monasteriis  prior  et  in  Clara- 
valle  expresse  professus. 
II  non.      6     0,  Bartholomeus  Humel  praefectus  in  Bermaiingen, 

qui  in  remediuin  animae  sue  legavit  conventui  nosiro 
60  ß,,  anno  dni  i^ßo,  et  Ursule  N,  uxoris  eins  ißxi- 
().  diem  filius  eius  Bartkolomeus  Humel,  praefatm 
ift  eodem  pago,  qui  ob  remedium  animae  suae  donaiil 
conventui  nostro  craterem  argenteum  cum  opcrculo, 
anno  dni  1364, 
non  7  O.  nobilis  dns  Wilhelmus  Ebinger  a  Burg^), 
praebendarius  in  Salem,  qui  multa  bona  con- 
tulit monasterio  nostro,  anno    1648. 


^)  Hohenlandenberg,  Kant.  Zürich.  —  '^)  Der  namengebende  Sitz  der 
von  EUerbach  ist  Erbach,  württ.  OA.  Ehingen.  —  »)  Von  sehr  schöner  Hand 
auf  eigenem  eingehefteten  Pergaraentblatt  geschrieben.  Auf  der  Rückseite  des 
Blattes  schrieb  eine  Hand  von  ca.  1500  eine  lateinische  Übersetzung  dieses 
Eintrages  bei  und  sagte  dann  noch :  Fuit  itaque  intentio  sepe  dicti  dni  Wolf- 
gangi,  ut  singulorum  nomina  annuatim  in  capitulo  pronuntientur,  quam  oh 
rem  unicuique  fratruni  in  refectorio  duo  distribuantur  frusta  piscium.  Requies- 
cant  in  pace.  Beigeheftet  ist  eine  im  18.  Jahrhundert  geschriebene  Kopie 
dieser  Übersetzung  auf  Papier.  —  *)  Ehingen  a.  d.  Donau.  —  *)  Eine 
Fürstenberg.  Beamten familie. 


Toten  buch  von  Salem. 


529 


KV  kal.    18 
Ml  kal.  20 


VIII  id.     8    [O.  dns.  H.  de  Lütkilch,  sac.  1)    O.  dns.  C.  Sätzli, 

qui  ligavit  2  £r  ad  tunicas  estivales. 
VII  id.     9    Hie  committat  missam  de  s.  Cirillo  martire  dicen- 
•dam  cantor,    officium    ipsius,    sicut  Thome  mar- 
tyris  et  pontificis.] 

VI  id.    10    O.  nobilis  dns,  Johannes  Jacob  de  Bodman  senior, 

strenuus  miles  in  armis,  j^oj,     1765  o.  pl.  r.  D.  p. 

Carolus  Thielin,  professus  et  senior  in  Claravalle, 

anno  aetatis  80,  professionis  68. 
IV  id.   12    [O.  Walchün  dec.  Constantiensis  ecclesie^.] 
II  id.    14    [O.  Hylla  dicta  de  Mos,    de    qua    dantur  2  fif  ^% 

Constant.,    que    construxit   infirmitorium  novum.] 

III  kal.    16    [O.  H.  dictus  Scholl  de  Marchdorff,  ligavit  i  U  ^s.] 

O.  dns  Petrus  Reiz,  chyrurgus  peritissimus  in 
Salem,  qui  legavit  B.  V.  Mariae  ad  columnam 
70  fl.,  anno   1726. 

VI  kal.    17    [O.    dns    Johannes,    miles    de  Bodman,    amicus 

noster  fidelissimus.   O.  magister  Ber.  de  Scafusa.] 

fO.  Rüdolfus  de  Bermatingen  •).] 
O.  dns.  Albertus  dictus  Artzat*).] 

XI  kal.  22    [O.  H.  famulus    noster   in  PfuUendorff,    de    quo 

datur  pitancia  de  possessione  sua  in  Lalwang^). 
O.  pie  memorie  Otto  Schüler  ß).]  Nac  die  et 
quaria  Jeria  Cinerum  dantur  nobis  duo  frusta 
piscium  de  Johanne  Haberkalt  et  Elysabeth  uxore 
sua  de  vineis  situatis  in  Überlingen,  quas  dederunt 
nobis  in  remedium  animarum  suarum  nee  omnium 
parentum  eorum,  quas  vineas  emit  a  nobis  400  U 
H.  1426, 

IX  kal.   24    [O.  dns  Hainricus  de  Lefliswiler'),  de  quo  datur 

pitancia.  O.  H.  villicus  de  Büffnang»),  datur 
pitancia]  jo  ß  ^,  [O.  Johannes  von  Stadigan 
miles,  Elisabeth  de  Aemerkingen»).  O.  H. 
VValther  et  Job  de  Stadigen  et  Adelhaidis  Füchsen 
uxoris  sue. 

III  kal.   25    O.  H.  Renplt  de  Überlingen,  qui  ligavit  molen- 

dinum  in  Urnowe  et  omnia,  que  pertinent  ad 
illum,  post  obitum  fratris  C.  Am  Ort.]  O,  Johannes 
dictus  Kocus  de  Bibraco,  qui  multa  bona  contulit 
monasterio,  et  Lügardis  uxoris  sue. 


»)  Wohl  der  Leutpriester  Heinrich  von  Leutkirch  von  1327/28.  — 
St.   1281.  —  ^)  Nicht  etwa  ein  Edler,  sondern  ein  Bauer,  genannt  1301. 

Vgl.  25.  März.  —  '•')  Lellwangen,  BA.  Überlingen.  —  •)  Ein  zimme- 
•r  Dienstmann,  genannt  1367  (Fürslenberg.  Urkundenbuch  VI,  Nr.  43,  2, 
uch  sein  Siegel  abgebildet  ist).  —  ")  Genannt  1335.  ""  ®)  Baufnang,  BA. 
lingen«  —  *)  Emerkingen,  württ.  OA.  Ehingen. 

35* 


530 


Baumann. 

VII  kal.  26    [O.    dns.  C,    miles    de    Nüflfron,    et   uxor  eius 

Salome.  Hac  die  magister  hospitum  inferior 
debet  conventui  proventus  possessionnm  in  Men- 
wang*)  dare  pro  piscibus,  prout  fr.  Dietericus 
lilius  subscripti  dni.  C.  de  Nüffron ,  m.  istins 
domus,  ordinavit,  quando  easdem  possessiones 
comparavit  de  consilio  abbatis.] 

VI  kal.  27  Anno  dni  14'j'j,  egregius  vir,  dns,  Andreas  Richlin^\, 
arciwn  et  medecine  hac  nostra  in  pravincia  doctor 
expertissimus  habiius,  qui  a  40  annis  et  ultra 
monasterio  nostro  in  medendo  et  aliis  quam  pluribui 
gratuitis  uiiliter  proficiens^  extremum  vite  sue  claudem 
diem,  in  choro  conversorum  honorifice  tumuiatus 
requiescat  in  pace,  amen,  Huins^)  filius  Matthias 
Reichlin  donavit  monasterio  nostro  quartam  dimi- 
diam  deciraarum  in  Tifingen^),  pro  qua  dona- 
tione abbas  et  conventus  anno  1491  sese  ultro 
obligarunt  dicendi  missam  de  Requiem  quotidic 
perpetuis  futuris  temporibus  in  altari  s.  Crucis 
et  singulis  sextis  feriis  quatuor  temporum  apud 
sepnlchrum  praefati  dni  Andreae  Reichlin  cum 
duabus  ardentibus  cereis  et  aspersione  aquae 
benedictae  per  6  ad  minimum  conventuales  per- 
solvendi  vesperas  defunctorum.  1 763  o.  fr.  Joannes 
Barbier,  cv.  Claravallensis. 


Augustus. 

III  non.     3    [O.  dns  Johannes  Hippar   de  Bibraco    sac,  qui 

omnia  sua  dedit  monasterio.]  O.  1785  r.  p. 
Petrus  Ludovicus  Begaule,  can.  regal.  S.  Victoria 
iubilaei  (sie),  can.  S.  Martini  de  Campeliis  et 
prior  S.  Domnini. 

VI II  id.     6    [O.  Johannes  Stüber  dictus  de  Stockach.] 

VI  id.  7  O.  Johannes  Tusentschin  de  Wildorf,  prehendarm 
et  fidelis  aviicus  n oster, 

V  id.     9    [O.  Gotzwinus  de  Hohenfels.] 

IV  id.  10  [O.  Johannes  miles  dictus  Itelhans  de  Bodman, 
de  quo  dantur  3  U  .s  pro  pitancia.  O.  Mar- 
quardus  magister  civium  in  Esslingen^)  et  uxor 
eius  Adela,  qui  ligaverunt  pro  pitancia  3  fi^  H. 
annuatim.     O.  Albertus  dec.  in  Esslingen.] 

^)  Mennwangen,  BA.  Überlingen.  —  *)  Ahnherr  der  Familie  Reichlm 
von  Meldegg.  —  *)  Das  Folgende  ist  im  18.  Jahrh.  beigefügt.  —  *)  Tüfingen, 
BA.  Überlingen.  —  *)  Genannt  1273  als  scultetus,  1294  als  capitaneus  civitatis. 


Totenbuch  von  Salem.  ^3  1 

111  id.    1 1     O.  junckher    Wolf  gang,  geh,   von  Hochenfelß^   von 
Jungingen, 

11  id.   12     1762    o.    in   Claravalle   fr.    Bernardus    Sauvage, 
oblatus. 

id.  13  O.  pie  memorte  Ülricus  Elegast  prebendarius,  de 
quo  dahir  pictancia  in  die  Exaliationis  s,  Crucis 
de  vinsa  sua  in  RaUhaUden, 

IX  kal.   14    [O.  dns  Albertus  de  Werdenberg,  com.    O.  dns 

Waltherus  de  Hoenfels,  miles.     O.  H.    abb.    de 
Schaffhusen.] 

III  kal.   15    Hie  dantur  de    dno.  Alberto  Artzat   de  Mengen 

3  flf  ^  pro  pitancia.]     Praenobilis  D.    Bernardus 
Seegmüüer   et   Rosa    Herzin    ex    Hohenfels,    qui 
pro  animarum    suarum   salute   ad    construendum 
Bürnovianum  templum   100  fi.  obtulere. 
J\\  kal.   16    [O.  Burkardus  Mainwardus*)  de  Friburg.] 

CV  kal.   18     1781   o.  p.  r.  p.  Jacobus  Dufresne,  prior  B.  V. 

M.  de  Monte  Beonis,  can.  regal.  S.  Victoris  ac 
cellerarius. 

IV  kal.   19    1801    riDus  D.  D.   Emmanuel,    abb.  Raitenhasla- 

censis. 

III  kal.  20  [O.  C.  dictus  Nängger  de  Überlingen«),  de  quo 
debent  dari  1 2  fif  >a  Constant,  semper  in  ieiunio 
quatuor  temporum  3  0»^.]  1755  o.  fr.  Josephus 
Frischknecht,  eremita  ad  s.  Crucem  prope  Wald^) 
(vulgo  zum  Geschossenen  Bild),  qui  ex  sua  pau- 
pertate  monasterio  nostro  obtulit  10  fi.  ob  reme- 
dium  animae  suae. 

IX  kal.   24 


lU  kal.  25 


O.  Ulricus  de  Stetten^),  de  quo  dantur  2  U  H.] 
O,   Hiltpoldus   et    uxor   et   filii    eins    de  Steck- 

joren*). 
/II  kal.  26    [O.  dns  Mangoldus,  com.  de  Rordorff*).] 

VI  kal.  27    O.  dns  H.  sac,  rector  ecclesie   in  Umow.]     O. 

>773  !*•  P-  Natalis  Legras,  can.  S.  Victoris  Pari- 

siensis. 

VI  kal.  29    O.  1755  a.  r.  D.  p.  Petrus  Nacquart  Claravallensis. 

O«  *7^5  P^«  r.  ac  ven.  D.  p.  Carolus  Boulanger 
Claravallensis,  prior  de  Longo  Villari^).  1779 
o.  illustris  et  excellens  D.  Jo.  Evang.  Christianus 
Mayer  de  Rosenau,  iur.  utr.  D^,  cancellarius  de 


1)  Ein  Nebenzweig  der  bekannten  Sippe  Schnewltn.  —  ')  Genannt  13 17. 

Hohenzoll.  OA.  Sigmaringen.  —  *)  Von  welchem?  —  *)  Steckbom, 
.  Thurgau.  —  *)  Gest.  um  1210.  —  Hinter  dem  Namen  Mangolds  steht 
Kürzung:  »pra.  dne«,  die  ich  s.  m.  mit  »propitiare  domine!«  auflösen 
te.  —  "O  Longvilliers,  Dep.  Pas  de  Calais. 


532 


Baumazin. 

Salemio  et  [de]  r^o  collegio  abbadali  (cuius 
syndicum  et  ad  Visitationen!  cameralis  iadicii 
subdelegatum  per  plures  annos  agebat),  optime 
meritus,  qui  post  insignia,  quae  monasterio  nostro 
per  fere  30  annos  praestitit,  officia  et  servitia 
pretiosam  insuper  bibliothecam  suam  legavit. 

III  kal.   30     O,   Caspar  Müller  de  NUfron,    qui   interfecint  est 

in  servicio  nostri  monasterii,  O,  Lents  Oswalt 
civis  in  Überlingen,  f rater  dni  Ludowid  abbatis 
huius  monasterii,  i§o§. 


September. 

IV  non.     2    [O.dns.  Johannes  de  Marchdorff,  miles,    de  quo 

datur  T  ^  de  vineis  sitis  in  Rickenbach  in  March- 
dorff.] O.  1753  ven.  p.  Edmund  US  Denise, 
prior  titularis  de  Bella  Aqua*),  professus  Clara- 
vallensis. 

III  non.     3    [O.  dictus  Vinck  civis  in  Überlingen,  qui  ligavit 

I  8f  vS  pro  pitancia.  O.  magister  Johannes  Egner, 
can.  Constantiensis  et  ppos.  S.  Stephani.] 

VII  id.  7  [O.  Lüggardis  de  Guttingen.]  Item  Petrus  Weber 
et  Elizabeth  uxor  sua  de  Mymenhusen  dederunt 
in  promta  pecunia  60  U  <a  monete  Constant.  ad 
officium  refecterarii  ea  condicione,  ut  quilibet 
refecterarius,  qui  est  aut  qui  pro  tempore  erit. 
singulis  annis  super  festum  Dedicacionis  nostre 
ecclesie  conventui  aministret  pitanciam  bonara 
de  piscibus  de  bonis  in  Hagnow  situatis,  que 
possidet  idem  refecterarius,  que  quondam  fuit 
Hainrici  dicti  Bomar,  sue  vinee  (sie)  et  torcular 
cum  suis  attinentiis. 

VI  id.     8    Hie    dantur  3  ?7  ^^   de    dno    Alberto    Artzat  de 
Mengen  pro   pitancia.] 

V  id.  9  ().  rmus  D.  D.  Petrus  Mayeur,  abb.  Claraevallis, 
1761.  1779  P^'  ^'  '^^  clarissimus  D.  Nicolaus 
Haillar,  can.  S.  Victoris  Paris,  ac  doctor  theologus. 

id.  13  [O.  Serenissimus  dns.  dux  Otto  de  Bavaria  et 
dna  Riehardis  uxor  sua^),  quorum  anniversarium 
eelebrandum  est  in  altari  s.  Crucis,  qui  dedit 
nobis  libertatem  ducendi  sal  nostrum  per  omnia 
sua  loea  sine  teloneo.] 


')  Bellaigue,  Dop.  Pay  de  Dome.  —  ^)  Otto  IV.  von  Niederbayern, 
gest.  am  19.  Dezember  1334,  ""^  Seine  Gemahlin  Riehardis,  gest.  am 
7.  März   1360. 


Totenbuch  von  Salem. 


533 


VIII  kal.    14     O.  magyster    Martinus,  organisia    et  prehentarius, 

XLVI  kal.   16    [Anniversarium    dni    Marquardi    de    Küngsegg, 

ligavit  2  U  ^  pro  pitancia,  que  debet  dari  feria 
quarta  post  festum  Exaltacionis  s.  Crucis.] 

XV  kal.    17    [O.  Johannes    de    Schellenberg  i),   Heinricns    de 

Blümeneck^),  Gotfridus  de  Kreigen»)  nee  non 
Anna,  Addelheidis  et  Katherina  uxores  eonim, 
fih'e  Johannis  militis  de  Bödmen]  <?/<)  Cunradus 
de  Bödmen  tum'or^)^  qui^)  omnes  anno  1307  in 
Castro  Bodmann  fulmine  interierunt.  Ipsum 
castnim  postea  per  manus  Joannis  senioris  de 
Bodmann  dono  ad  nos  transiit  et  mutato  nomine 
dictum  est  Mons  B.  V.  Mariae. 

XIII  kal.   19    Anno    1620    o.    nobilis    et    strenuus    miles,    D. 

Joannes  Wolffgangus  a  Bödmen,  Espsingen  et 
Walwys*). 

XII  kal.   20    A.  r.  praenobilis  et  excellens  dns  Joannes  Wer- 

nerus  Zoller,  medecinae  et  philosophiae  [doctor], 
physicus  Marispurgi,  Salemii  Ordinarius,  conventui 
legavit  6  fl.  ob  remedium  animae  suae.  O.  1754 
o.  r.  ac  ven.  D.  p.  Martinus  Vincentius  de  Sain- 
tignon  Clara vallensis,  prior  de  Fonteneto'').  1762 
o.  in  Claravalle  fr.  Jacobus  Capitain  cv. 

XI  kal.  21     [Hie    dantur  3  f?   H.    de    C.  Nängger  de   Über- 
lingen.] 

X  kal.   22     1761   o.  in  Claravalle  fr.  Guidon  cv. 
IX  kal.  23     1762  o.  r.  p.    Gabriel    Georgeon    Claravallensis, 
V  kal.   25    [0.  Willa  de  Passungen,  de  qua  datur  conventui 
vinum  Neccaricum  tempore  minutionis  generalis.] 

IV  kal.   26    O.    1754  pl.  r.    ac    ven.  D.    p.  Antonius    Fauvre 

Claravallensis,  dr.  theol.,  Parisiensis,  olim  prior 
de  Nigro  Lacu«), 

II  kal.  30    [O.  dns.  Fridericus  Schwiger,  sac.  in  Esslingen, 
de  quo  datur  i  ff  H,  de  vinea  in  Roreck  ibidem.] 


October. 

kal.  I  [O.  dna.  Rila  de  Bermatingen,  que  contulit  nobis 
decimam  vini  in  Wangen.  O.  dns  Burkardus, 
miles  de  Hohenburg^).] 


M  Ruine  im  Fürstenthum  Lichtenstein.  —  *)  Blumegg,  BA.  Bonndorf. 
')  Hohenkrähen,  BA.  Engen.  —  *)  »Et  —  iuniorc  ZusaU  des  16.  Jahrh. 
Rasur.  —  *)  Das  Folgende  ist  Zusatz  des  18.  Jahrh.  —  '^\  Espasingen, 
ilwies,  BA.  Stockach.  —  *^)  Fontenay,  Dep.  Cöte  d'Or.  —  »)  Ncrlac, 
.  eher.  —  •)  Homburg,  BA.  Stockach. 


534 


Baumann. 


VI  non. 
V  non. 


2 

3 


II  non. 


[O.  Ulricus  Schopf.  O.  C.  com.  de  S.  Monte.] 
O.  1734  rmuft  D.  D.  Kilianas,  abb.  Raitenhaslaci. 
[O.  Johannes  sac.  de  Augusta.]  Anniversarium 
strenui  miliiis  Peregrini  de  Hddorff,  quod  deUi 
celebrari  cum  missa  in  noia,  ui  moriz  est,  cum 
quatuor  candelis,  de  quo  danlur  duo  frusta  piscium. 
O,  Johannes  Wirdig  currifex  de  Lückirch,  qui 
coniulii  monasterio  annuaiim  5  %  H.,  1498,  O.  1 765 
r.  D.  p.  Maria  Jacobus  Morgan  regalis  monasterii 
S.  Victoris  Parisiensis,  prior  de  Nemore  s.  Petri. 

III  non.     5    [O.  H.  rasor,  qui  multa  bona   contulit    nobis  et 

specialiter  ad  cucullas  dedit  200  flC  H.,  de  quo 
etiam  debet  dar!  pitancia  a  magistro  cucullarum 
in  die  Omnium  SanctorunLJ 

6  [O.  dna  Agnes,  com»  de  Werdenberg,]  burggravia 
de  Nürenherg^),  O,  M,  Mathias  Schiner  de  Cofi' 
siantia,  symphonista  in  Salem,  1548,  O,  M.  Bene- 
dictus  Schiner,  organista  in  Salem  XV  kal,  Julii 
anno  i$66,  O,  M,  Mathias  Schiner,  organista  in 
Salem,  filius  eius,  XV  kal,  Julii  anno  1572, 

O.  dns.  Eberhardus,  rector  ecclesie  in  Wart- 
lusen^),  qui  multa  contulit  nobis  et  specialiter 
dimidiam  partem  in  predo  cucullarum,  que  dantur 
tempore  paschali,  ideo  sacerdotes  debent  dicere 
pro  anima  ipsius  collationem,  ministri  Septem 
psalteria^).] 

1709  o.  D.  Joannes  Antonius  com.  de  Spaur*), 
Caesareae  Maiestatis  consiliarius,  fautor  et  patro- 
nus  huius  monasterii,  qui  contulit  calicem  in 
valore  300  fl. 

IV  id.  12  [O.  Gotfridus  com.  de  Rordorff.]  Salisburgi  1733 
in  Dno  o.  illma  Dna  Maria  Anna  com»  de  Mont- 
fort,  nata  com»  de  Thun,  dna  de  Brigantia,  Tett- 
Tiang  et  Argen,  quae  thaumaturgae  nostrae  ad 
columnam  dolorosae  obtulit  duos  angelos  ex  tolo 
argenteos  in  valore  304  fl.  48  xr. 

o 

II  id.  14  [O.  Ulricus  Multer  de  Lindow,  de  quo  dantur 
tunice  estivales.  O.  Addelheidis  dicta  In  der 
Bund,  de  qua  dantur  30  /?,  debent  dari  conventui 
a  bursario  de  censibus  in  Nusdorff  pro  ovis, 
alioquin  dicti  census  a  dno  visitatore  debent 
accipi  illo  anno  in  suo  conventu.] 


non.     7 


VII  id.     9 


^)  Ihr  Todesjahr  ist  unbekannt;  sie  lebte  noch  in  der  zweiten  Hälft« 
des  14.  Jahrh.  —  «)  Warthausen,  württ.  OA.  Biberach.  —  »)  Oder  psahnos? 
Geschrieben  ist  nur  »ps«.  —  ■•)  Noch  blühendes  Tiroler  Geschlecht. 


Totenbuch  von  Salem. 


535 


id.   15    Hie  darUur    3   frusta  pisdum   de    Walthero    dicio 
Münch  et  Anne  uxoris  eins  de  Constancia, 

ka).  16  [O.  Anna  dicta  Greterin,  relicta  Rüdolfi  dicti 
Aükg^lli,  de  quo  datur  bona  pitancia  de  posses- 
sionibus  in  Utkoven  ^) ;  quod  si  neglectum  fuerit, 
cedet  heredibus  illo  anno.  O.  Gertnidis  relicta 
dni  Jacobi,  militis,  de  Hermstorff  et  Elizabeth 
filia  eins,  de  quo  datur  pitancia.  O.  pie  memorie 
Waltherus  dictus  Münch  et  Anna  uxor  eius  de 
Constancia.]  O.  1 765  r.  p.  Gabriel  Corentinus 
Du  Poyel,  can.  professus  S.  Victoris  Parisiensis, 
8.  factiltatis  baccalaureus. 

kal.   17    [O.  H.  de  Güttingen.] 

kal.  18  O.  1703  d.  Paris  com.  de  Ladron*),  Caesareae 
Maiestatis  consiliarius,  qui  vestem  auro  contextam 
in  valore  aliquot  1000  fl.  donavit  nobis.  O.  1753 
rel.    fr.   Joannes  Claudius  Ecureil  Claravallensis. 

kal.   19    [O.  C.  Bomar»).] 

kal.  20  [O.  Johannes  Ailkgelli  civis  in  Constantia,  de  quo 
datur  bona  pitancia  de  possessionibus  in  Utkoven.] 

kal.  21  O,  pie  memorie  Johannes  Gengebach  ei  uxor  eius 
Anna  de  Constantia,  dequibus  dantur  3  frusta  piscium 
pro  pitancia, 

kal.  22  [O.  Nicolaus  Zedier,  scriptor  civitatis  in  Über- 
lingen, fidelis  amicus  noster.]  O.  Petrus  Eggen- 
hofer  de  Monaco*'^  prebendarius  in  Salem,  qui 
contulit  conveniui  20  fl,  ob  remedium  anime  sue^ 
1^6$,  O.  1773  r.  p.  Stephanus  Mellonus  Aubery, 
can.  S.  Victoris  Parisiensis  nee  non  can.  S.  Mar- 
tini de  Campellis  et  prior  S.  Domnini. 

kal.  26  [O.  Adelhaidis  dicta  vom  Riett,  de  qua  datur 
pitancia.] 

kal.  27  O.  dns  Bertoldus,  rector  in  Beringen^),  qui  con- 
tulit nobis  2  U  H.,  magister  in  Esslingen  dat.] 
1779  r.  p.  Joannes  Bapt.  Budec,  can.  regal.  S. 
Victoris  Paris.,  Dr.  theol.  et  prior  de  Buciaco«). 

kal.  28  [O.  dna  Elisabeth,  quondam  Romanorum  regina?).] 
O.  pie  memorie  Johannes  Bodmer,  noster  preben- 
darius et  socius  nostrorum  omnium  1524, 

kal.  31  [O.  dns  Rüdolfus,  miles  dictus  Studegast,  datur 
pitancia.  O.  dns.  Lantzendorffer,  professus  in 
Crutzlingen»),    O.  dns.  Jodocus  de  Birnow,  qui 


fetkofen,  württ.  OA.  Saulgau.  —  *)  Lodron,  Tiroler  Geschlecht.  — 
einem  Gcschlechte  der  Reichsstadt  Wangen.  —  *)  München.  — 
es  der  vielen  d.  N.?  —  •)  Buzay,  s.  oben  S.  522.  —  ')  Gest.  13 13. 
euzhngen,  Kant.  Tburgau. 


C75  Baumann. 


multa  contulit  monasterio,  qui  ordinavit,  qnod 
omni  septimana  debent  due  misse  celebrari  ad 
altare  s.  Anthonii,  quod  si  neglexerit,  dimitdttir, 
omnia,  que  donavit  monasterio,  debent  cedere 
ad  ofBcium  pitanciariatus.] 


November. 

kal.      I     [Hie    datur    pitancia    de    H.     rasore    nostro   a 
magistro  cucullarum  ] 

IV  non.     2    [Hie  datur  pitancia  de  dominis  de  Bodmeiii  qui 

ordinavertint  3  flf  Ji  in  festo  s.  Martini  pro 
pitaneia.] 

o 

III  non.     3    [O.  Ulrieus  de  Guttingen.] 

II  non.     4    [O.    Anna    de  Lewenegge.     O.  Otto    Domer  et 

mater  eins.] 

VIII  id.     6    Anno  1749  Mestre  civitatis  in  ßnibus  Venetiarum 

sitae  pie  o.  nobilis  ae  perdoetus  dns.  Franciscus 
Salesius  Bürling,  iur.  utr.  eandidatus,  qui  in 
honorem  Bmae  Virginis  monasterio  Salem  omnia 
bona  sua  in  valore  700  vel  ultra  fl.  contulit. 
1784  o.  r.  p.  Nieolaus  Franciscus  Hult,  can.  S. 
Victoris,  supprior  Parisiis,  prior  S.  Dionysii  in 
Athis^),  dec.  etc. 

O.  Nicolaus  de  Daberswiler^)  sac, 

O.  dns  Aielchior  N„  suffraganeus  Consianticnsis, 
qui  dotavii  conventum  cratere  argenteo  intus  et  forn 
deaurato  in  valore  60  ß.  ob  sui  memoriam^  1^48. 

[O.  Ulricus  com.  de  Schelcklingen.]  0,  pi( 
memorie  domnus  Gunthramus  miles,  primus  fun- 
dator  in  Salem ^  anno  dni  1138;  prima  missa  in 
die  Martini  celehratur  pro  eo  cum  una  collecta  d 
in  analogio  pronunciari  debet^),  O.  Hainrim 
Brun  et  Adelhaidis  üxor  eins  nee  non  Johanna 
Lyvo,  cives  de  Schaffhusen,  qui  dederunt  conv(ntui 
annuatim  6  ß.  pro  remedio  animarum  suarum,  anw 
144s ^)*  ^77^  r.  p.  Joannes  Michael  Turgis,  can. 
regal  S.  Victoris  Parisiensis,  olim  prior  ecclesiae 
parochialis  s.  Martini  de  Duciaco^), 
II  id.  12  [Hac  die  dantur  pro  pitancia  4  ^  H.  de  C.  ^^irt 
de  Rotwila,   quas  expedit  magister   in  Esslingen 

')  Undeutlich  geschrieben,  es  könnte  auch  Cithis  heissen.  —  ')  ^^ 
nicht  verschrieben  für  ^Dankeltswiler«?  —  =*)  Geschrieben  um  1500.  —  *)  Ge- 
schrieben im    16.  Jahrh.  —   ••)  Douzy  bei  Sedan? 


VII  id. 
V  id. 

7 
9 

III  id. 

1 1 

Totenbuch  von  Salem. 


537 


de  5  iugeribus  pratorum  in  Tegerloch  *)  [et?]  de 
possessionibus  Mächthildis  dicti  Gerlachin  in 
Stainbach  de  censibus  i  U  H.]  O.  Juncker  deU 
Bentzele,  servus  servorum,  1537^), 

III  kal.    14     O.Juncker  Hans  de  Bödmen,    bonus  amicus    hutus 

monasterii  etc. 

^'11  kal.   15    [O.  Mäthildis,  filia  GuntramiS)  militis.] 

^VI  kal.   16    [O.  Burkardus  de  Rosenow.    O.  dns.  Burkardus 

de  Hohenfels,  militis.] 

XV  kal.   17    Domina  Ottilia    de    Pflaumem*)    anno    i6  .  .*) 

donavit  monasterio  bibliothecam  doctoris  Betten- 
beck, defuncti  mariti  sui;  post  obitum  viduae 
committat  cantor  50  missas  in  remedium  animae 
eins,  item  3  missas,  unam  pro  die  depositionis 
alteram  pro  septimo,  tertiam  pro  tricesimo.  O. 
1766  fr.  Henricus  Mangin  Claravallensis  cv, 

o 

XI  kal.  21     [O.  Ulricus  Hödorff  senior   et   uxor   eins  Anna, 

qui  legaverunt  conventui  2  flf  *%  Constant.,  et 
dantur  in  Siplingen^)  et  sunt  empti  a  Ruperto 
in  Überlingen.]  O.  ven.  p,  Claudius  Robertus 
Bellanger,  can.  reg.  S.  Victoris  Parisiensis, 
decani,  iubilaei  ac  thesaurarii,  anno  etatis  81, 
Christi   1790. 

IX  kal.  22t    [O*  H-  notarius  de   Cruczlino  7).] 
VII  kal.   25     O,  ettam  Bernhardus  Schreck  pleh,  in  Burckwiler, 

qui  contulit  conventui  30  fl„  i$4i, 

\\  kal.  26  [O.  magister  Hermannus  de  Utwile»),  datur 
pitancia.] 

V  kal.   27    [O.  dns.  Hartmanus,  com.  de  Kiburg.] 

III  kal.  29  [O.  Hedwig  de  Bartelstain^),  uxorHartwini  militis, 
de  quo  dantur  10  >(?  -a  de  prato  in  Sulgen^^). 
Item  ob.  Rüdigerus  Im  Hoff  in  Überlingen  et 
uxor  eins  et  pueri  eorum,  de  quibus  dantur 
\o  ß  'S  Constant.  Item  o.  dns.  Rudolfus,  miles 
dictus  Studengast.] 

II  kal.  30    [O,  C.  Linggo  et  Methildis  uxor  eins,  qui  lega- 
verunt 5  modios  tritici.] 


»)  Degerloch,  württ.  OA.  Stuttgart.  —  «)  Offenbar  ein  Scherz  an  un- 
endem  Orte.  —  »)  Des  Stifters  von  Salem  —  *)  Ein  aus  Pflummern, 
t.  OA.  Riedlingen  stammende  Biberacher  Geschlecht.  —  *)  Abgegriften, 
?icht  1669  zu  lesen.  —  «)  BA.  Überlingen.  —  ')  Kreuzungen,  Kant, 
rgau.  —  »)  Uttwil,  Kant.  Thurgau.  —  ")  Ruine  bei  Scheer,  württ.  OA. 
gau.  —   ^^)  Saulgau. 


Personen-  und  Ortsverzeichnis. 


Abmesser,  Eijid  538. 

Adetbold,  Mönch  359. 

Aegyplen  365. 

Alexandria  365. 

Altdorf  bei  Weingarlen  361, 
363- 

AltmanDshauseD,  von  377. 

Am  Ort,  Überlinger  Ge- 
schlecht 5li<,  526,   S29- 

Amma,  Conrad  518. 

AmpouviUa,  KJoster  516. 

AndeUbach,  Flass  514. 

AeoUy,    KoDStanzer   Bürger, 

Appenmühle  515,  519. 
Appenzeller,  Johannes,   Abi 

von  Salem   371. 
Argentina  a.  Sitassburg. 
Arzt,    Arzat    (Medicus)    von 

Biberach  ond  Mengen  513, 

520,515,  529, 53 1,53!,  539. 
Athis,  Kloster  536. 
Au  amlnn,  Kloster  515,  526. 
Aubery,     Stephan     Meli  onus 

535- 
Auer.  Gero.  Abt  von  Raiten- 

hastach  36H. 
Augelli,   Konslotizer   Bärger. 

535- 
Aiigsburg,374,379,  518,  534, 

Sil- 
--   Bischof  Wolfhard  514- 
—  Dumpropsl  Krafflo  520. 


i    1..U 


r  J62. 


Bachhauptcn ,      HohenzoUern 

358.  363,  S>7- 
Baden,    Grosehcrioyi;,    Mark. 

grafcn  369,  370,  373. 
Baind  (Hottus   Floridus).   w. 

OA.  Ravensburg  356,  360, 

364,  170,   373,  379. 
Baisweil,  von   512. 
B.IJtck.  ,0,  S13, 
Barbier,  Johannen   530. 
Hart,  Geore  515, 
Harlclslein,  von   537. 


Basel,  Gotftied  von,    Bischof 

516. 
Baufnang  bei  Salem  529. 
Bayer,  Jacob,  Rittet  513. 
Bayern,  Kutriirst  514. 
Beben hüusen  37 J- 
—  Abt  Joachim  367. 
Begaule,    Peter  Ludwig  530. 
Bellaigue  532. 
Bellinger,    Claudius     Robert 

S37- 
Bentzele,  de  le,  Juncker  537. 
Benz,  Johannes  512. 
Beringen,  wclcheif  535. 
Beringer,  MOnch  364. 
Berkach,  vi.  OA.  Ehingen  512. 
Bermalingen,  BA.  Oberlingen 

356.  358.  513.  5»8. 
5^9.   533- 


Bern 


fl3&7 


Hcmard,  Co 

Hernhausen,  von  369. 

Besserer,  Ulmer  und  Über- 
linger Geschlecht  371,  376. 

Be  Eutins,  Kardinal  526. 

Betlenbeck,  Dr.  537. 

Beuren,  BA,  tyberlingen.  von 
378. 

Biberach,  bayr.  BA.  Wertin- 
gen 364. 

Biberach,  Stadt  358,  511, 
in.   5^4.  525-  519.  530. 

Bicheler,  Johannes  518. 

Bild,  zum  geschossenen,  Eiu- 
siedele]   53 1 . 

Bildhauer  und  Steinmetzen 
358.  364.  375.  5I'.  539- 

Billenhauien,  bayt.  Schwaben 
37S. 

Billerin,  Anna  524 

Binderia,  Enierentiana  524. 

Binningen,   BA.   Engen   357. 

Birkhofer,   Mönch  376. 

Biniau  bei  Überlingen  3O5, 
37',37').  5iSÖ3>.535.538. 

Bittclbriinn,  BA.  Engen  370. 


Blarer ,    ICoDstanier   Fi^ 

525- 
Blech hcQtschuch,  Manch  in. 
BleibinhausvoD)Ioabeiffl};S 
Blet2  von  RotenneiD  j;( 
Blumenegg,  i-on  533. 
Bock,  Roltveilcr  Addi&d 

369. 
Bodman,  Borg  532. 
—  von   360,   511—14.  sii, 

518,   520,    Sil,   526.  Stt 

5*9.  53«.  53*.  536-3« 
Bodraer,  Johannei  JJJ. 
Boeltinger,  M.  theo!.  Ji: 
B(^hmen,  von  371, 
Bonar,     Wangener   Fmflt 

53*.  535- 
Bona  Cella  e.  GulenntL 
Bosch,  Mönch  372. 
Boucherat,   Ciilercieiuapit' 

ral  356. 
Boulanger,  Carl  531. 
Bouvilliers,  de  514, 
Braunwart,  Mönch  J70. 
Bray  sur  Saioe  539- 
Bregenz,  von  364. 
BresciancUo,  päpstt.  GöJt*« 

36J. 
Brig,  Vorstadt  von  Cizniu!' 

5"- 
I  Brock,  Möoch  358. 
1  Brugg  im   Argau  35* 
Brun     von     MimmmluiwL 

SchafThausen ,  Züncb  >i). 

5*3.  536. 
Brunnerin,  Johanna  iH- 
Buchau,    ■»■.  OA.  Riedli<?= 

365- 
Buchhora  359. 
Bück,  Maler  370. 
Budec,  Joh.  Bapt.  j3)- 
Buechelcr,  Joannes,  Abt  «" 

Salem  367. 
Buggenhow,  Möncb  J^j 


ToWDbuch  V 


r    bei     PfuUcDdotf 

7- 

•'raoz  Sales  536. 

crling«'  Geschlecht 

Chronist  371. 
Bayern  370, 
eUgne  532.  535. 

Kloster  530,  535- 
utUlis  53^' 
facobni  533. 


Oberdeutsche 


SU.  SJi,  52i.  SJ4, 
l-JJ.  53S.5i7.538. 
'elnu  Mayeur  532. 
Agttha  szt. 

vinum  511. 
uioes  513. 
m  5JO. 
w  377- 
Leg«  S>»- 
J5S.  361.370,  37*- 
".    511.    5»o,  511, 
i. 53'.  533. 534.  539- 
f  Dieibelm  jii. 
erhard  516. 
dolf  Sil. 

Walchnn  529- 
ilicui  Berthold  S"- 
:>chof  Melchior  536. 
)h»n  356,  519.  531, 
r.  Iheol.  siH. 

SM-  I 

.h.  B»pi.  539.  [ 

lof  Bcnhold  Sil-      I 
iaaa  i.  Neidingen.  I 


I  Deterloch  bei  Stuttgart   537. 
I  Deleuiy.  Valerius  ^iZ.  \ 

I  Deuise,  Edmund  S33'  , 

I   Deschler,  Mflncb  371.  ' 

I  DesoDche.  Carl  538.  | 

'  Dettihorer,  Konstamer  Fami-  ; 
j       lie  370.  I 

Deutschland ,      Kaiser      und   , 

KOnige : 

,   —  Albrecht  1.  371,  523.  1 

j   —  Friedlich  der  SchCnie  511,   1 

Gemahlin  Elisabeth  5 1 :. 

—  Joseph  11,  363. 

Deutschorden .  Hochmeiilcr 
^  Ulrich  von  Jungingen  537. 
I   —     Landcorothur     Marquard   | 

DiesseDhofeD.Truchsessen  von 

;     5"7- 

Dietelhofen,  von  368. 
.  Dielher,  MOnch  363. 
Doonetsbeii;,   von    356,  36O- 
Etotner.  Otto  536,   S39*  | 

Douzy  536.  I 

Duciacum  S36,  { 

Dufresne,  Jacob  331. 
Dunckl.  Georg,  Prior  538.       ! 
Du  Poytl,    Gabriel    Coientin 


535' 
Dursch.  Barbara  Sil- 
Ebinger  von  der  Burg  528, 
Ebisch,  MSDch  36S. 
Ecureil,  Job,  Claudius  535- 
Egg  unter  Heiligenberg  358, 

5"9- 
Eggenhofer,  Petrus  535. 
Egncr,  Johannes,  Domherr  u. 

Propst    zu  Sl.  Stephan   in 


Kons 


!   53!. 


54» 

EUwangeo,  Universität  379. 
Emeikiagen,  von   SIQ. 
Eogeti,  Stadt  366. 
Eurolh,    Stephan,     Abt    von 

Salem  368. 
Enslingeu,  von  378. 
Erbacb,  w.  OA.  Ebingeu  518. 
Erfranck,  Mönch  363. 
Espaiingen  bei  Bodman  S33- 
Essendorf,  von  363. 
EssliDgen,  Stadt  3S7, 359,  363, 

3bS,  Sil.    532.    515,    S33. 

535.  S3Ö,  539- 
Faber.  Dr.  iheol.  S"- 
Fabri,  Alexander  S19. 
Falger,  Möocb  360. 
Fauvre,  Anton  533. 
Federli,  Prior  379. 
Fellen,  zen  371, 
Fcucbimayr,    Bildhauer    51 1, 

539- 

—  Mönch  363. 
litik,  Mfumdi  519- 

—  Überlinger  Geschlecht  531. 
Fischer.  Münch  37S. 
Fladcnschiol,  MSncb  37:. 
Fontenay,  533. 

Forst,     welches?     von    356, 

377.  S'o- 
Franken  361. 
Frankfurt  363. 
Frankreich  366. 
Frauenberg  bei  Bodman  361, 

368.  370,  373.  S3!. 
Fieiburg  i.  Br.  359,  531. 
Frey,  Subprior  362. 
Freysielter.  Job.  Adam    s^4- 
Frickingen    bei    Salem    517, 

517- 


ten).  365.  SS'- 


Ehingen.  Sudt  361,  36S,  518.  ; 
-   von  519.   525.  ; 

Ehinger.      gen.     Oilerrichet,  ■ 
Ulmer  Bürger  S38.  ' 

EichiCeld  371. 

Eisele.  Mönch  359.  | 

ElegasI,  Ulrich  374,  531. 
EUctbach,  von  518 


Frischkoecht,  Joseph  531. 
Fuchs,  Edelgescblecht  si9' 


Salem  3(16. 
Fürst  von  Konienberg    371, 


542 
FQnt«nf«1d,  Oberbayern  360. 

376. 
FUsBCD  366. 
Galler,   Kongtanier  Schlosser 

3S5- 
GammenwRng ,       Überlinger 

Geschlechi  Sij,  $33- 
Garainpi,   Kardinal  36s  -  66. 
Gemmiiigen,  von  5(4. 
Gengebach,  Johannes  535. 
G«ntil,  Ludwig  531. 
GcorgeoQ,  Gabriel  $33. 
Gcrlacher,  MBchtbiM  537. 
Gerung,  Konstanzer  Familie 

361.  366. 
GmOnd,  Stadt  369,  371. 
Göler,  H.  525. 
Gomaringen,  von  373. 
Gossau,  Thurgau   51$. 
Gottrried,  Bischof  von  Oesel 

357- 
—  von  Basel,  Bischof  516. 
Gtaff,  Mönch  363, 
Gralat,  Mönch  376. 
(Vräter     (Gretet),     Biberachei 

Geschlechi  35g,  370,    371, 

373.  37^.   S3S- 
Gremlieh  v.  Junginj^n,  Ritter- 

iamilie  356,  37s,  5 [7.  519. 

538- 
Griesingen,  Ober-,  Unter-,  w. 

OA.  Ehingen  359,  525, 
Grossk3i,   bayt.   BA.   Günz- 

bu'g  367.  373- 
Grüningen ,    Graf    Hartmann 

Gaidon,  Münch  von  Clairvaux 

533- 
GundelftngeD  a.  d.  Donau  377. 
Gundellingen,    w.  OA.  Mfln- 

sincco  377. 
Gundisaivus,  Spanier  3bJ. 
Gurk,    Bischof   Conrad    von 

Enslinf^n  37R. 
Guleniell,    «■,  OA.    Biberach 


379- 


■-  531. 


Guttioger,  Konttanier  BSrger 

sao. 
Haag,  MOnch  370. 
Haberkalt,  Johanne«  539. 
Habsbei^,  von  518. 
Hnbsburg-Kiburg,  Grafea  510. 
Habsburg-LaHfcnl)urg,Gt»fen 

sw.  511- 

Haffner.  Oberst   314. 
Haggiar,  Ägypter  365. 
Hagnava.  &od«nsee  511,  532. 
Haillar,  Nicolans  ;3i. 
Hall  in  Tirol  (Saline)  359.S'7- 
Halwig,  MflDch  360. 
Hemma,  Wagner  358. 
Hänis.  Pfarrer  514. 
Hänfling.  Mönch  368,  376. 
Hard,  Wald  bei  Salem    364. 
Hart,  Manch  370. 
Harlheim  BA.  Mesikirch  Sil. 
Haslach,  Weiher  37! 
Haug,  Mrtjich  366—67. 
Hausen  am  Andeltbacb  368. 
Hechingen  363,  371. 
Hedingen,  Hohenzolkm  370. 
Helfelin,  Reinhard  ;i4. 
Heggbach,   w.  OA.  Biberach 

3&'.  367- 
Heggelbach ,       HobenEOUern 

527- 
Heghain,  Salemer  Prior  356. 
Heichbnger,  Möncli  373. 
Hciileck,  vm  ;ii. 
Hddelbeig,  von  515,517,519. 
Heilbtonn  361. 
Heiligenberg ,     Grafen     511, 

5'5.   52'.   523.  534. 
—  Landrichter  515. 
Heiligkreuz  in  Salem  511. 
Heiligkreuilhal,  vp.  OA.  Ried- 
lingen 357.  363,  367.  370. 

373- 
Hellinck,  Theodor,    Abt  von 

Königsbronn  377. 
Helmsdorf,  von  515,  523,  535. 
Herbst,  Sekretir  376, 
Herdwangen,  BA.  PfuUendorf 

370- 


I  Hennaon,  CMivttae  371. 

H«rT«tialb,      Abt     Niol 
I      BreQDeiMn  375. 
.  HcTrendiiemtee36l,364,j 

SaS.  538- 
I  Henin,  Rom  531. 

Henogenburg,  öftcnckk] 
I  Heia,  Jacob  519. 
I  Hendorf,  von  369,  37I,  j 
S'7.  S'5.  534.  537 

Heweo,  too  511. 

Hilatia  s.  Slckingen, 
I  Hilleown,  Mflnch  36t, 

HiUingeD,  BA.  E^en  ji 
I  Hippar,  Johannes  SJCl 

HOcbsiatI  a.  d.  Donaa  ]; 

HochMetten,  von  37^. 

Hoenitat,  von  374. 
I  Hofmann,  Haler  516. 

Hohenfels,  Hoheniolknj 
;  Hoheofeli,  «OD  518,  jii,^ 
i        ■!?.  5^8—3".  537.  S3» 

'   Hohcnkrühen,  von  J}}. 

Hohenlaudenberg,  von  Jll 
,  Hohentengen,    w.  OA.  Si 

gau  513,  SSI. 
-  HohenioUem,  Graf  Mcuf 
I       Mönch  von  Salem  360. 
'  Hohenzollem  •  Sagmariafia 
j       Für^t  368. 
j  Hall,  Sekretir  361. 

HolUteinin,  Therena  ;ii. 
I   Hokmähle  (wo?i  jir. 

Homberg,  von  517. 
'  Homburg,  von  533. 
I   HoDBlelten,  von  374. 

Hornbei^,  von  515. 
I  Hornitein,  von  36J,  36J.: 

HoTlus  Floriaus  s.  Bund 

HoitigcDtaler,  Ulrich  511 
I   Huber,  MOnch  371. 
i   Hueber,  MSnch  378. 

Hug,  Maler  4.  Xlasiker 
I  Hult,  Nie.  Frani  536. 

Hnmd,  Bartholomäus  ;; 

Humpiss.RiClergwchierhl 

HODingen,  Elaaat  361. 
'  Husman,  Syfrid  511. 


Totenbuch  von  Salem. 


543 


r»  Diepold  515. 

ten  357. 

>fen,  w.  OA.  Saulgau  535. 

nsee,   bad.  BA.  Pfullen- 

>rf  520. 

of,  Überlioger  Geschlecht 

\1' 

lenstaad  a.  Bodensee  358, 

)9.  367.  17  ^>  373.  516. 

der    Bund,     Konstanzer 

amiUe    368,     377,     514, 

".  534. 

(bmck,  Universität  357. 

ghofen,  Hohenzollern  368, 

r8. 

nnes   v.   Bregenz,   Bene- 
ktxnerabt  364. 

bei  Kaafbeuren  356. 
nann ,    Messkircher    Ge- 
ilecht  521. 

magns  s.  Pfollendorf. 
,  Stephan,  Abt  v.  Salem 

5- 

iogen,  von  512— 13,  522, 

7.  S28,  53'. 
ngen,  von  368,  514. 
beim,  Bayern  374. 
Lofen,  Hohenzollern  512. 
snberg,  von  374. 
;,  Mönch  373. 
:egg  bei  Bodman  S18. 
häoser  514. 
Fbeuren  359. 
«r,  Mönch  361. 
lersberger ,    Georg ,    Abt 
Salem  358. 

er,  Anton  511. 

lönch  363. 

nin,  Ursula  511. 

nath,  Oberpfalz  368,  376. 

ptcn  373.  516. 

Orstabt  519. 

ET,  Johannes  324. 

rg,  Grafen  537,  538. 

le,  Mönch  377. 

lain,  von  522. 

Z«ttaclir.  t  G«tch.  d. 


Kirchberg  bei  Mersburg  (arx 
Salemitana)  358,  359,  367, 

369.  37^  373.  516. 
Kirchen,  w.  OA.  Ehingen  367. 
Kirchheim  u.  Teck  522. 
Kislegg  3S5.  362. 
—  von  523. 
Klaus ,    Mersburger    Familie 

358- 
Klausman,  Chirurg  519. 

Klingenberg,    von    515,    519, 

527- 
Klock,  Mattheus  539. 

Kloster,  vom  514. 

Klotz,  Andreas  527. 

Knüwsl,  Tiroler  Kanzler  und 
Familie  517. 

Koch,  Johann  529. 

Kohl,  Mönch  368. 

Kolb,  C.  526. 

Koler,  Mönch  368. 

Kolin,  Jobannes  521. 

Köndig,  Mönch  374. 

Königsbronn  370. 

Äbte:  Alwig  378.  —  Ber- 
thold 358,  376.  —  Hein- 
rich 371.  —  Hiltebrand 
369.  —  Marquard  358.  — 
Peter  377.  —  Theodor  377. 
—  Wolfgang  360,  375. 

Königsegg,  von  523,  528,  533. 

Königseggwald,  w.  OA.  Saul- 
gau  511. 

Konzenberg,  von,  s.  Fürst. 

Kraff,  Musiker  362. 

KrafR,  Ulm  er  Geschlecht  371, 

372. 
Kram  er,  H.,  Abt  in  Königs - 

bronn  371. 
Kranz,  Hermann  517. 
Kreuzungen,    Thurgau    535, 

537. 
Kugler,  Salem  er  Mönch  357. 

Küngemin,  C.   539. 

Kupar,  Mönch  372. 

Labwin,  Adelhaid   520. 

Lainberer,  Prior  362. 

Lainbererin,  Ursula  511. 
Obcrrh.  N.  F.  XIV.  4. 


Laiterberg,  von  518. 
Laiz,  Hohenzollern  377. 
Landenberg,  von  528. 
Landolt,  Conrad  522. 
Lantzendorfer,      Profess     in 

Kreuzlingen  535. 
Larcher,     Nicolaus,    Cister- 

ciensergeneral  373,  375. 
Laures,  Petrus  520. 
Lausheim,  Hohenzollern  368, 

372. 
Leflisweiler    s.  Levertsweiler. 
Legoix,  Petrus  538. 
Legras,  Natalis  531. 
Lell Wangen  bei  Salem  529. 
Lemppenbach,  von  368. 
Leonegg,  von  523,  536,  539. 
Les  Champs  Bons  521. 
Leustetten  bei  Salem  538. 
—  von  369. 
Leutkirch     bei     Salem     376, 

519.  527.  529.  534. 
Levertsweiler      (Leflisweiler), 

Hohenzollern,  von  529. 

Libanon  365. 

Lichtenstein,  von  520. 

Lichtenthai  b.  Bad. -Bad.  36a 

LigS^nngen ,    BA.    Konstanz 

377. 
Lindau  520,   521,  534. 

Lindold,  Converse  376. 

Linggo,  C.  537. 

Linz,  BA.  Pfullendorf  368. 

Li  vi,  Priester  356. 

Lodron,  Graf  535. 

Löffler,  Joh.  Michael  516. 

Longuay,  Kloster  521. 

Longvilliers  531. 

Lörerin,  Anna  527. 

Löwen  521. 

Luirain,  Ludwig  521. 

Lütolt,  H.  522. 

Luttram,  Mönch  371. 

Lützel,  Kloster  522. 

Luz,  Mönch  367. 

Luzem  371. 

Lyon,    Erzbischof  Anton    de 

Malvis  523. 

36 


Baamai 


Masenbuch ,       Hotieozolleni 
370- 

—  von  373,  S"7.  538,  539- 
Maiguaiit,  Anton  528, 
Msinward ,     Freiburger     Fb- 

miüe  Sil. 
Maisteily,  Hermann  515. 
Maler  370,  377,  516. 
M&lvi9,  de  5Z3. 
Mämminger,  C.  527. 
Manbüirer,  Pfullendorfer  Ge- 

«chtecht  520. 
M angin,  Heinrich  537. 
Morgretter,  Mönch  361. 
Mariahof  5.  Neidingen. 
Markdorf,    BA.    Überlingen 

362,  370.  529. 

—  von  531,  538. 
MaTschük,  Ritterfsmilie  376. 
Martin,  Antonius  538, 
Martinet,  Franz  522. 
Jiartinus,  M..   Organist    533. 
Majrer,   Job.    ChristiaD,   Dr. 

iur.  53 '-3*- 

—  Mflnch  368. 

—  Steinmeli  364, 

May  cur      Petrus      Abt    von 

Clairvau)i     32. 
Mayr,  Münch  373,  374,  377. 
Medicus  s.  Arzt. 
Mengen   a.   d.   Donau,    520, 

531. 
Mennwuigen  bei  Salem  530. 
Mercklin,  Appolonia  375. 
Mersburg   a.    Bodensee   3^7, 

5^5.  S!6,  S33. 
Metskircti    363.     s>3i     S^ii 

517.   539. 
Mestre,  Venetico  53a. 
Mettenbuch    bei    PfuUendorf 

5H- 
Mettingen  bei  Esslingen  523. 
Metz,  Salemer  Prior  357, 
Metzger,  Alexander,  Abt  von 

Neuburg  368, 
Michel,  Job.,  Abt  von  Salem 

376- 
Miller,  Mönch  369. 


Miller,  Petrus,  Abt  von  Skkin 

38a 
MimmeahauEenbeiS(Jem376, 

5".  5*3.  53>>  538. 
Molesme  513. 

Monheim  b.  Donauwörth  355. 
Mönleio,  Forstmeister  514. 
MoUE  Beonls  J31. 
Montfort,  Grlfin  Maria  Anna 

534- 
Moosbeuren,    w.  OA.   Ried- 
lingen 358. 
Morgan,  Maria  Jacob  534. 
Mos,  vom  529. 
Möltelin,  Konitanzer  Familie 

374- 
Mouchet,  MQnch  3J9. 
Moz,  ICemptner  u.  Hemmin- 

ger  Geschlecht  378 
M üiilliau SB r  von  Villingen  358. 
Mühlheim  a.  d.  Donau    521. 
Müller,  Caspar  53». 

Con^tnntin,  Abt  von  Salem 

358. 
—  Joachim,  Abt  von  Beben- 

hausen  367. 
Multer,    Lindauer  Geschlecht 


S21 


S34- 


MUoch,  Abt  von  Salem  358. 

KoQStänzer  Bürger  535. 
München  367,  535. 
Mflnser  von  Silnchingen  371. 
Muotelsee,  Anselm,  Abt  von 

Salem  359. 
—  Dr.  theol.  374. 
Musiker  355.  357,  361,  362, 

367.    368,    371,    373,    374, 

377.  S'S.  533.  534.  539- 
Nacquart,  Petrus  531. 
Nängger,    Überhnger   Bürger 

516,522,523,531,533,539. 
Neckarhalden    bei    Esslingen 

522- 
Neckarwein  520,  533, 
Necker,   Jodocus  und   Vitua, 

Abte  von  Salem  377. 
Negelin,  Münch  365. 


Nridingen,  BA.  DonaacMÜ 

gen,  Kloster  Mtriihof  }j 

369.  377.  378. 
Neidlingen,  von  51a 
Nellenborg,  Grafen  514. 
Nemo*  a.  Fetri  534. 
NerUc  533. 
Nentümau     bei    Cbobg 

360,   362,   370,  371,  j; 

379.  5>6- 
Neubnrg,  Elta»,  Abt  Alm 

der  36B. 
-»-  wo?  373,  374. 
Neufrach   bei   Salem  {Nd 

Nufron),    357,    367,   Ji 

516,  517—19,  530,511 

—  von  524. 
Ncuzclle,  Lauiiu  37J. 
Niederbayern,  515, 

—  Herzoge  372, 

—  Herzog  Otto  o.  GrauU 
Richard  532. 

Nilhnrt,  Johannes  517. 
Nova  CelU,   Abt  Hugo  l 
Nubro,  Priester  363. 
Nnfron  s.  Neufrach. 
Nürnberg,    Burggrifin  &f 

534- 
Nürtingen,  von  372. 
Nussdorf  bei  Dberlingen  j 

SW,  S14.  534- 
Oetel  SI6. 

—  Bischof  Gottfrid  357. 
Geile,  Caspar,  Abt  von  Sil 

369- 
Orviaco,  Kloster  510, 

Oschwald,  Ludwig,  Abt 

Salem  J71. 
Österreich,  Erzherzog  AH 

359- 

—  —  Sigmund  517—18. 
Oswalt,     Überlinger   Bii 

532 
Ott,  Mönch  358. 
Ütiinger   Michael  528. 
Ollobeuren,  Bayern  j5;. 
Ow,  von  363, 
Ower,  Ludwig  n.  Coond  y 


Totenbuch  von  Salem. 


545 


.  520. 

Ramer,  Johannes  538. 

itnxs  von  Salem 

Ramsbach,  Gewann  bei  Unter- 

uhldingen  527. 

7- 

Ramswag,  von  520,  521,  525. 

leoL  et  iur.  utr. 

Randeck  (Hegau),  von  539. 

Ratshof  bei  Salem  518. 

lens  XUl,  363, 

Ratzhalden,  Weinberg  531. 

Ravensburg,  von  519. 

366. 

Regensburg  369. 

15. 

Rehlingen,  von  370,  379. 

w  377. 

Reichenau  521. 

/^ictor  511,  514, 

Reichenstein,    von  513,  516. 

521,    523,    525, 

Reichlin  von  Meldegg  530. 

531.    532,    534. 

Reichskammergericht  532. 

;37. 538, 539. 

Reifenstein,  Eichsfeld  372. 

t  361. 

Reischach,  von  359,  517! 

bayeni  377. 

Reiz,  Petrus  529. 

Mönch  363. 

Renner  von  Almendingen  und 

>bert,   Abt   von 

Überlingen  361,  521,  523. 

ch  517. 

Renolt ,    Überlinger    Bürger 

bei    Konstanz 

529. 

Reun,  Steiermark  378. 

keller  363. 

Reuüingen  356,  559. 

h  364. 

Rickenbach ,     Weinberg     in 

OD  537. 

Markdorf  532. 

8. 

Riedheim  im  Hegau  377. 

oliomagus)  364. 

Riedlingen  a.  d.  Donan  356, 

5  »6,    S23,    524, 

359. 

Riegg,  Johannes  520. 

2. 

Riett,  vom  535. 

[oh.    Abt    von 

Rigait,  Anton  Maria  519. 

Rille,  Converse  370. 

Ludwig  525. 

Ritus,  griechischer  365. 

cb  377. 

—  lateinischer  365. 

iimeister  Ulrich 

Rivet,  Nicolaus  519. 

n  527. 

Röchli,  Prior  372. 

r,  Chorherr  364. 

Roggwiler  (Rochwiler)  Kon- 

A 512. 

stanzer     Geschlecht     357, 

a.    Inn     362, 

365,  366,  380,  516. 

78.  515.  538. 

Rohreck  bei  Esslingen  533. 

•undios  513.  — 

Rohrdorf,    Grafen   368,  531, 

20.  —  Emanuel 

534. 

539.  —  Georg 

Rom  365,  366. 

0  368.  —  Bsung 

Rorschach  a.  Bodensee   379. 

ülian    534.    — 

Rosenzweig,  Salemer  Biblio- 

7.   —    Walther 

thekar  357. 

ilhelm    367.  — 

Rosna,    von    516,    518,  521, 

27- 

537.  539. 

Rot,  Ulmer  Geschlecht  364, 

370. 

—  Mönch  372. 
Rothmund,  Organist  368. 
Rothofen,  von  513. 
Rott,  Converse  367, 

—  Matheus,  Abt  von  Salem 

367. 
Rottenmünster  bei   Rotweil, 
Rubrum  Monasterium  366, 

367,  373. 

Rotweil,    württ.    Stadt    356, 

368,  369. 

Rubrum     Monasterium     s. 

Rottenmünster. 
Rüdiger,  Converse  372. 
Rüfli«    PfuUendorfer    Bürger 

524. 
Ruland,  Converse  368. 
Ruopp,   Wolfgang,    Abt  von 

Königsbronn  360,  375. 
Russ,  M.  Johannes  358. 

—  Jacob  358. 

Ruthart,  Conrad  521,  527. 

—  Organist  367. 
S&ckingen  a.  Rhein  (Hilaria) 

361. 

Saintignon,  de  533. 

Salem ,     Äbte :     Amandus 
Schftffer   369.    —    Änselm 
Muotelsee    359,     360.    — 
Anselm  Schwab   367,  370, 

376.  —     Berthold    Thütz 

377.  —  Berthold  von  Urach 
371.  —  Caspar  Oexlc  355, 

369,  —  Christian   I.   368. 

—  Christian  Fürst  366.  — 
Conrad  von  Enslingen  378. 

—  Constantiu  Müller  358, 

—  Eberhard  von  Rohrdorf 
368.  —  Eberhard  von  WoU- 
matingen  356.  —  Emma- 
nuel Sulgcr  361,  366.  — 
Erimbert  376.  —  Frowin 
380.  —  Georg  Münch  358. 
377»  515»  520.  —  Gottfrid 
375.  —  Jodocus  Senner 
356.  —    Johannes   Appen- 

36* 


546 

zeller  371.  —  Johannes 
Buecheler  367.  —  Johannes 
Michel  376.  —  Johannes 
Piscatoris  377.  —  Johannes 
Scharpfer  375,  376.  — 
Johannes  Stantenalt  379. 
-^  Ludwig  Oschwald  371, 
532.  —  Matheus  Rott  367. 
Petrus  Miller  378,  380.  — 
Petrus  Oxer  367,  375.  — 
Robert  Schlecht- 355.  359, 
366,  369.  —  Stephan  En- 
roth  368.  —  Stephan  Jung 

364,  373.  375.  538-  — 
Thomas    Schwab    374.   — 

Thomas  Wuun    360,    366. 

Ulrich  Gräter   371.  —  Ul. 

rieh    von  Sargans    357.  — 

Ulrich  von  Seelfingen  367, 

369,  539.  —  Vitus  Necker 

377.  —  Wilhelm  Schrailker 

361,  367,  372. 

—  Museum     mathematicum 

363. 

—  Stifter  Guntram  536,  537. 

Salina  s.  Hall. 
Salzburg  361,   534. 

—  Domherrn,  Domkirche  379 
—80,  515. 

-^    Erzbischöfe    512;    Eber- 
hard   II.     378;     Friedrich 

375—76,  519»  521;  Ladis- 
laus  522. 

—  Ministerialen  515. 
— -  Propst  Otto  513. 
Salzmann,  Rudolf  517. 

St.  Blasien,  Schwarzwald  514. 
St.  Crucis  monasterium  526. 
St.     Domnini      monasterium 

530.  535. 
St.  Dyonisii  monasterium    in 

Athis  536. 
St.  Exuperii  monasterium  521. 
St.     Gallen     365,     515,     519, 

524»   539. 
St  Girinaili  monasterium  521. 

St.  Leonhard    in    Salem  521. 

St    Marcelli  canonia  518. 


Baumann. 

St.     Pauli     monasterium     in 

Francia  518. 
St.  Urban,  Kant.  Luzern  371. 
Sandbühl,  Weinberg  bei  Leut- 

kirch  527. 
Sarburg,  Mönch  376. 
Sargans,  Schweiz,  von  357. 
Sätzli,  C.  529. 
Saulgau,  Stadt  537. 
Sauvage,  Bernard  531. 
Sazger,  Salemer  Mönch  356. 
Schäffer,  Amandus,  Abt  von 

Salem  369. 
Schaffhausen  529,  536. 

—  Abt  H.  531. 
Schaideck,  Pfarrer  522. 
Schamel,  Ber.  525. 
Schanbach,  von  367. 
Schärer,  Albert  539. 
Scharpfer,  Joannes,   Abt  von 

Salem  375,  376. 

Schauber,  Organist  367. 

Scheirmayr,  Mönch  370. 

Schelklingen,  Graf  Ulrich  536. 

Schellenberg,  von  533. 

Schembacher,  Mönch  373. 

Schemmerberg,  w.  OA.  Bibe- 
rach 357,    364,    369,    371. 

372,  377»  379. 
Schenk  v.  Winterstetten  517. 
Schenkenzeil,    BA.    Wolfach 

362. 
Schiller,  Mönch  374. 
Schilple,  Mönch  370. 
Schiltberg,  von  524. 
Schimpf,  Ulrich  517. 
Schiner ,      Organistenfamilie 

534»  539. 
Schlecht,     Robert,     Salemer 

Abt  359. 
Schmaltzhafen,  Vitus  518. 
Schmeller ,      Edelgeschlecht 

514. 
Schmid,  Jacob  523. 

—  Prior  356. 
Schmider,  Margaretha  538. 
Schmied  von  Schmiedsfelden 

357- 


Schnappinger,  GeoifEt  A 

Raitenhaslach  365. 
Schneider,  Mönch  365. 
Schoflfel,  H.  527. 
Scholl,  H.  529. 
Schomburg,  Graf  von  37 
Schönau,  von  513,  52; 
Schopf,  Ulrich  534. 
Schrailcker,    Wilhelm 

in      Salem     and    I 

haslach  367. 
Schranzenried,  Weiher 
Schreck,  Bernhard  537 
Schuemacher,    Prior  t 

Urban  371. 
Schuler,  Dienstmann  s 

—  Mönch  370. 
Schülerin,  Ella  527. 
Schwab,    Anselm,  Ab 

Salem  367. 

—  Thomas,    Abt  von 

374- 
Schwaben,  Prälatenkd 

567.   532. 
Schwaber,  franz.  Mönc 
Schwartz,  Salemer  Pri( 
Schwarz,  Mönch  365. 
Schwarzacfa,  von  520. 
Schwiger,  Friedrich  53 
Scriba,  Marquard  511. 
Seefelden ,     BA.    Übci 

371.  521. 
Seegmüller,  Bemard  5 
Seeleitnec,  Mönch  361 
Seelfingen,  von  367,  3t) 
Seeon,  Oberbayem  36- 

—  Abt  Johannes  363. 
Seihelles,  de  511. 
Selhofer,  Prior  366. 
Senner,  Abt  von  Salci 
Seybold,  Mönch  369. 
Siberer,  C,  Tiroler  51 
Sigmaringen  368,  379. 
Siler,  Mönch  357. 
Sillmann,  Mönch  373. 
Silva  Benedicta  s.  Wa 
Sipplingen  bei  Überling« 
Smerli,  Rudolf  520. 


Toteobucb  ' 


it  Salem. 


ockach  JS9- 

7- 

mUt  J67. 

[ob.  AntOD  534, 

anrieh  51g. 
1  379- 
nher  53S. 
nzollem  523. 
largarctlta  519. 
539- 

5>5.  5*9- 
|oh.,     Abt    von 


356,  359.  363. 
517.  523,  518. 
OA-  Esslingen? 

:t  379. 

m   Hegau  362, 

nmann  in  Owin- 


ag  Sil. 

Ritteigeschlecbl 
520,    521,    51J, 


Sulger,  Emraaime),   Abt  tod 

Salem  366. 
Sulmineea,  w,  OA.  Lanpheiin 

379,  513- 
Sulz,  GraÜD  Hiltrud  51S. 
TädctlcriQ,   Dötotliea  527. 
Teck,  Herzog  Friedrich  513. 
Tegen,  Prior  365. 
Tcmpelhetreo  S'4- 
Tenglär,   Mönch   363- 
leBneobacli,  Kloster  515. 
Thengen,  tA.  Engetf  369- 
Thielin,  Carl  529. 
Thierberg.  von  360,  365,  376, 

520. 
Thor,    zum,    SchweUer    Ge- 
schlecht 375,  379, 
Tham,  Mönch  364. 
Thun,    GrSfin    Maria    Anna 

534- 
Thülz,    Berchiold,    Abt    fon 

Salem  377. 
Tragbötli  524,  538. 
[  Tranger,  Johannei,  Dr.  theol, 
I      S^o- 

i  Tribelhorn,  Mönch  372. 
■    Tribcrg,   von    5    7 
I   Trienl,   Dompropst  517- 
j   Trosthamcr,   Mönch  370. 
I  Tnicbsen,  von  378. 
I  Trulwin,  Mflnch  365. 
\  Tschan,   Abunilus,   Abi   von 
:        Ri.ii.-nh.-islaL:h   513. 
'   Tutingen  bei  Salem  Jjo. 
,  Tumlo,  Mönch  357. 
I  Turgis,  Joh,  Michael  536. 
I  Tusenlschin,  Johannes  530. 
Cberlingen  a.  Bodeniee  356, 
3,8,   360,    365,   367,   36(), 
370.  371.    51',    S14.    5"i. 
Si8,  520,    523,    524.    525. 
5!9.  331.    532,    533,    535, 
537.  539- 
ÜbcUin,  Adelheid  539. 
Cbli,  Schmid  512. 
'  Uhldingen,  Ober-,  Unter- ;i8, 
517- 


Ulm  371,  371.  539, 

—  von  SU. 

Ulridi,  M ,  Priester  361. 
Ungarn,   Jacob   von,    MSoch 
358- 

—  Königin  Agoei  52;- 
Untersee,  Mönch  370. 
Urach,  Grafen  37 1 , 
Urnan,  BA.  Oberlingea  339, 

5»*.  5*9.  53«- 
UttwU,  von  S37- 
Vnh*  V.  CUirvaux  S". 
Vauthier,  Nicolaai  321. 
Vellliner  Wein  531. 
VilliDgcn,  Stadt  33S,  328,  538. 
Viueae  3.  Weingarten. 
Vogel,  Mönch  371. 
Vogler,  MöQch  363,  366. 

—  Revisor  S»i- 

Völger,   Subprior  von  Salem 


361- 


Volmar,  Johannes  539. 
I   Wächter,  Mönch  379. 
'  Wagner,  Münch  373. 
I  Wahlwies,  BA.  Slockacb  533. 
I  Waibel,  Mönch  359. 
'  Wald,      Hohentollem     367, 

370.  379.  53'- 
I  Wttldburg,  von  5  16. 
I  Waldbberg ,      Burgstatl      bei 
I       Messbircb  317. 
j  Waldsee,  von  516. 
I  WaltershofeD,   w.  OA.  Leut- 

kirch  363. 
I  Waltheri,  Prior  363. 
I  Wangen  bei  Markdorf  333. 
;  Warlha.   Archivar   in   Salem 


37J- 
Warlhausen 


Uibetach 


SJ4- 


Wartslein.    Grafen  372.  375. 
Wasserburg  a,  Ion  515, 
Weber,  Petrus  532. 
Weg,  Mönch  360. 
Weildürf  bei  Salem  358,  339, 
370.  5M.   jW.   530. 


548 

Weingarten  (Vineae)  361, 362. 
Weinzürn,  H.  525. 
Weisscnbach,  Theobald,  Abt 
von  Raitenhaslach  527. 

Weitmann,  Mönch  371. 
Weittenauer ,    Ignaz ,    Jesuit 

357» 
Wemding,  Bayern  358. 

Wenzel,   Candidus,   Abt  von 
Raitenhaslach  520. 

Werdenberg,  Grafen  515,  522, 

S3h  534.  538- 
Werendrat,  Mönch  359. 
Werenwag,  von  378,  518. 
Werner,  Christoph,  Koch  525. 
Wettenhausen,  Bayern  373. 


Baumann. 

Weytold,  Chorherr  362. 
Widter,  Andreas  525. 
Wien,  365,  366,  379. 
WUd.  WUdo  364,  513,  524, 

539. 
Wildenfels,  von  525. 

Wildenstein  a.  d.  Donau  525. 

Windegg,  von  514. 

Winery,  Ursula  527. 

Wingeber,  Mönch  369. 

Winterin,  Magdalena  516. 

Winterstetten ,     Schenk    von 

517. 
Wirdig,  Johannes  534. 

Wirt  von  Rotweil  356,  536. 

Wirtenberg,  Grafen  520. 

Wittewiler,  Apotheker  520. 


Wolfertsbofen,     bayr. 

Lindau  373. 
Wollmatingen,  BA.  Kons 

von  356. 
Wurmser,  Kaplan  512. 
Wnun,    Thomas,    Abt 

Salem  366. 
Zedier,      Überlinger    S 

Schreiber  535. 
Zeller,  Organist  357. 
Zepf,  Salemer  Mönch  35 
ZoUer,   Franz  Michael  £ 

bius  524. 
—  Joh.  Werner  533. 
Züttelman,  Ludwig  522. 
Zwick,  Mönch  358. 
Zwig,  Johannes  539. 


Schloss  Bilstein  im  Ober-Elsass. 

Von 
Heino  Pfannenschmid. 


Die  Burgruine  Bilstein,  abgebildet  bei  Rothmüller, 
;ee  pittoresque  1863  zu  S.  47,  liegt  im  Rappoltsweiler- 
e,  eine  Stunde  von  Rappoltsweiler  und  ebensoweit  von 
Aenweier  entfernt. 

Dieses  Bilstein  ist  zu  unterscheiden  von  Burg  Bilstein 
Weiler-  (oder  Albrechts-)  Thal,  im  Unter-Elsass.  Es 
>t  auch  noch  andere  Orte  dieses  Namens  (auch  als  Bili- 
1,  Bildstein),  so  z.  B.  das  Dorf  Bildstein  in  der  Graf- 
ift  Forbach  (s.  Schoepflin,  Als.  ill.  II,  240  und  439). 
Über  den  Erbauer  der  Burg  Bilstein  im  Banne  von 
chenweier  ist  keine  Nachricht  überliefert;  unbekannt 
»benso,  wann  sie  erbaut  wurde.  Auch  danach ,  ob  das 
inde,  worauf  sie  stand,  Reichsgut  oder  AUod  war,  oder 
ndwie  in  Lehensabhängigkeit  stand,  wird  vergeblich 
agt.  Da  aber  in  der  Nähe  der  Burg  Bilstein  Besitzungen 
alten  Dynasten  von  Horburg  lagen,  (wie  Altweier, 
laweier  u.  a.),  so  ist  es  möglich,  dass  die  Herren  von 
bürg,  welche  Bilstein  besassen,  wenn  nicht  früher,  so 
1  schon  im  13.  Jahrhundert  ein  Interesse  haben 
hten,  ihre  Besitzungen  durch  einen  festen  Punkt  zu 
itzen. 

Die  älteste  Erwähnung  Bilsteins  würde  in  das  Ende 
12.  Jahrhunderts  fallen,  wenn  sie  sicher  wäre  (cfr. 
ndidier,  Oeuvres  in6dites  II,  87  und  Rapp.  Urkb.  I,  8), 
hier  nur  kurz  erwähnt  werden  mag. 
Die  älteste  glaubwürdige  Meldung  findet  sich  in  Richeri 
ta  Senoniensis  ecclesiae  (ed.  Waitz  Mon.  Germ.  SS.  XXV, 


550 


Pfannensclimid. 


p.  286  ff.).  Die  Chronik  Richers  geht  von  720  bis  Ende 
1264  und  ist  bezüglich  der  hier  zu  gebenden  Nax:hricht 
gleichzeitig,  wenn  auch  nicht  in  allen  Punkten  zuverlässig. 

Es  ist,  wie  sich  alsbald  herausstellen  wird,  angezeigt, 
einen  genauen  Auszug  aus  der  hier  uns  angehenden  Schil- 
derung Richers  über  den  Herzog  Matthaeus  (Mahenis)  von 
Lothringen  zu  geben,  der  1197  Bischof  von  Toni,  aber 
seines  leichtfertigen  Wandels  1 206  abgesetzt  und  im  Jahre 
12 17  von  seinem  Neffen,  dem  damals  (12 13 — 1220  Febr.  17) 
regierenden  Herzog  von  Lothringen,  Theobald  (Thiebaut)  I.. 
in  der  Nähe  von  St.  Diedel  (St.  Die)  ermordet  wurde. 

Richer  erzählt,  dass  sich  Matthaeus,  der  abgesetzte 
Bischof,  dem  übrigens  seine  Pfründe  als  Probst  der  CoUe- 
giatkirche  zu  St.  Die  belassen  war,  an  diesen  Ort  begeben 
habe.  Hierher  Hess  er  seine  Tochter  Adledis,  die  er  mit 
einer  Nonne  zu  Epinal  erzeugt  hatte,  kommen.  Das  an- 
stössige  Zusammenleben  mit  der  schönen  Tochter  veran- 
lasste den  Bruder  des  Herzogs  Matthaeus,  den  damals 
regierenden  Herzog  Friedrich  (Ferry)  II*  von  Lothringen 
(1205  bis  10.  Oktober  12 13),  die  Adledis  gefesselt  in  das 
elsässische  Castrum  Bernstein  bringen  zu  lassen.  Dieses 
bei  der  Stadt  Dambach  (Kr.  Schlettstadt,  Kanton  Barr) 
gelegene  Castrum,  dessen  Ruinen  noch  existieren,  gehörte 
damals  der  Gertrude,  Erbtochter  des  Grafen  von  Egisheim- 
Dagsburg-Metz,  die  in  erster,  aber  kinderloser  Ehe  seit 
1206  mit  dem  vorhin  genannten  (später  regierenden)  Herzog 
Theobald  I.  verheiratet  wari),  dem  Sohne  des  um  diese 
Zeit  noch  regierenden  Herzogs  Friedrich  II.  Es  muss  also 
die  Verbannung  der  Adledis  nach  Castrum  Bernstein  vor 
den  Tod  des  Herzogs  Friedrich  II.  (t  10.  Oktober  1213) 
fallen. 

Matthaeus  hielt  sich  seitdem  in  Clermont  und  Umgebung 
auf,  lebte  hier  wieder  mit  seiner  Tochter,  die  auf  irgend 
eine  Weise  aus  ihrem  Gewahrsam  entkommen  oder  befreit 
war,  zusammen  und  trieb  ein  tolles  Leben.  Das  ging  so 
fort    bis   zum  Jahre    12 17.     Da   erfuhr   er,   dass   sein  Nach- 

^)  In  zweiter  ebenfalls  kinderloser  Ehe  war  Gertrud  verheiratet  mit 
Theobald  IV.,  Grafen  von  Champagne  (1220 — 1222),  und  seit  1223  bis  zu 
ihrem  Tode  (f  1225),  ebenfalls  in  kinderloser  Ehe,  mit  dem  Grafen  Simon 
von   Leinjngen  (f  1234). 


Schloss  Bilstein. 


551 


folger  auf  dem  Bischofstuhle  zu  Toul,  Renaud  de  Senlis, 
um  Ostern  des  genannten  Jahres  eine  Inspektionsreise  in 
dortiger  Gegend  vornehmen  werde.  Matthaeus  Hess  ihm 
in  unbegreiflicher  Verblendung  —  denn  er  kannte  ihn 
nicht  einmal,  und  jener  war  an  seiner  Entsetzung  voll- 
ständig unschuldig  gewesen  —  zwischen  Etival  und  der 
Abtei  Autrey  einen  Hinterhalt  bereiten,  wobei  der  Bischof 
getodtet  wurde. 

Das  nötigte  den  Herzog  Matthaeus,  oder  wie  ihn 
Richer  nennt,  den  Probst  Maherus,  an  einen  sicheren  Ort 
zu  eilen.  Darüber  mag  nun  Richer  (Mon.  Germ.  SS.  XXV, 
287)  selbst  zu  Worte  kommen: 

Dictus  quidem  praepositus  Maherus  perpetrato  taH  sicut 
dictum  est  scelere,  non  se  loco  credens,  habiit  (für  abiit) 
ad  castrum  quod  Bilestein  in  Alburiis*)  appellatur; 
quod  est  Domini  de  Horborch.  Ibi  enim  habebat 
milites,  qui  ei  familiäres  erant,  cum  quibus  ad  tempus 
habitavit. 

Hier  steht  also  mit  dürren  Worten,  dass  die  Burg 
Bilestein  dem  Herrn  von  Horburg  gehörte,  d.  h.  sein 
Eigentum,  sein  AUod  war.  Wäre  sie  damals  ein  von 
Lothringen  abhängiges  Lehen  gewesen,  dann  würde  sich 
Herzog  Matthaeus  wohl  gehütet  haben,  diese  Burg  als  Zu- 
flucht aufzusuchen;  auch  würde  Richer  sich  doch  anders 
ausgedrückt  und  von  dem  Castrum  nicht  einfach  gesagt 
haben:  quod  est  domini  de  Horborch. 

Die  hierauf  folgenden,  die  Flucht  nach  Bilstein  moti- 
vierenden Worte:  Ibi  enim— habitavit  sind  aus  dem  anerkannt 
schlechten  Latein  Richers  dahin  zu  übersetzen:  denn 
hier  in  Bilstein  hatte  er  ihm  bekannte  Ritter  (milites),  mit 
denen  er  eine  Zeitlang  zusammenlebte.  Die  Worte:  Ibi 
enim  habebat  sind  allem  Ansehen  nach  nicht  auf  den 
Dominus  de  Horborch,  sondern  auf  das  Subjekt  des  Haupt- 
satzes   »Dictus  quidem   praepositus  Maherus«    zu   beziehen. 


')  Aus  »Albiiriis«  sollte  richtig  gebildet  werden  Aux  burcs  (gewöhnlich 
nur  Aubure  s.  Stoffel  Wb.  Ii)  d.  i.  zu  den  Hütten,  zu  den  Häusern  (s.  meine 
Fassnachtgebräuche  in  Revue  nouvelle  d'Alsace-Lorraine  1884,  S.  S^^)- 
Dieser  jetzt  Altweier  genannte  Ort  gehörte  zur  Horburgischen  Herrschalt 
Keichcnweier.  In  den  Bann  von  Altweier  verlegt  Richer  also  das  Castrum 
Bilstein,  das  allerdings  nahe  bei  Altweier  liegt. 


552 


Pfannenschmid. 


Es  folgt  dann  unmittelbar  auf  »cum  quibus  ad  tempus 
habitavit«  der  Satz:  DetuHt  enim  quicquid  episcopo  abstu- 
lerat  (nämlich  dem  getödteten  Bischof  von  Toul)  saumarios, 
scrinia,  in  quibus  episcopalia,  oleum  sacrum  etc.  ferebantur, 
et  in  eodem  Castro  reposuit,  quae  ego  (Richerus)  propriis 
oculis  ibidem  vidi.« 

Daraus  dürfte  zu  folgern  sein,  dass  Herzog  Matthaeos 
nach  vorgängigem  Einverständnis  mit  den  ihm  bekannten^ 
Rittern  auf  der  Burg  Bildstein  handelte;  imd  femer,  dass 
diese  keine  im  Dienst  des  regierenden  Herzogs  von 
Lothringen  stehenden  Dienstmannen  waren,  da  diese  sich 
hätten  wohl  hüten  müssen,  den  Flüchtling  aufzunehmen, 
über  dessen  Vorleben  sie  sicher  unterrichtet  waren,  und 
dessen  letzte  Thaten  ihnen  nicht  verborgen  bleiben  konnten. 
Als  Horburgische  Dienstmannen  dagegen  liefen  sie  hiebei 
keine  Gefahr;  höchstens  konnten  sie  von  ihrem  Burgherrn 
die  Weisung  erhalten,  sich  des  Flüchtlings  zu  entledigen. 
Derselbe  verliess  übrigens  die  Burg  Bilstein  sehr  bald, 
jedoch  unter  Zurücklassung  der  dem  Bischof  von  Toul 
abgenommenen  Sachen,  die  Richer  daselbst  noch  später 
sah  2).  Der  Aufenthalt  des  Matthaeus  auf  Schloss  Bilstein 
fällt  zwischen  Ostern  und  Pfingsten  (26.  März  und  14.  Mai) 
12 17;  denn  als  Matthaeus  am  16.  Mai  desselben  Jahres 
versuchte,  von  seinem  Neffen,  dem  Herzog  Theobald,  der 
unfern  von  St.  Die  (bei  dem  Dorfe  Nompatelize)  weilte, 
Begnadigung  zu  erbitten,  wurde  er  von  diesem  mittels 
einer  Lanze  durchbohrt  (Richer  1.  c.  SS.  XXV,  288). 

Die  Tochter  Adledis  verheiratete  sich  mit  einem  »bali- 
starius«  (arbaletrier)  aus  Gerbeviller  (Gilliberti-villa),  mit 
dem  sie  nach  »Alemannien«  zog  und  sich  einige  Zeit  bei 
einem  gewissen  Castrum  des  Kaisers,  Namens  Croneberch^ 
aufhielt.  Nach  ihrem  Tode  wurde  ihr  nur  mit  Mühe 
ein   christliches    Begräbnis    gestattet    (Richer  1.  c.  S.   28S; 


^)  Dass  familiäres  in  dem  Satze:  »milites  qui  ei  familiäres  erantc  hier 
nichts  anders  bedeuten  kann  als  »bekannt«  scheint  unzweifelhaft ;  die  mittellat 
Bedeutung  von  familiaris  als  Angehöriger,  oder  angehörig,  zur  Dienerschatt 
j^chörig,  wäre  hier  unverständlich.  —  ^)  Richer  stirbt  1267;  (Holder-Egger 
und  Zeumer,  Indices  zu  den  M.  G.  H.,  1890  S.  114).  —  •)  Waitz  bemerkt 
a.  O.  S.  288:  »Cronberg  ad  Taunum?«  Es  ist  Elronenburg  bei  Strassburg 
(s.  Oesterley,  Hist.  geograph.  Wb.   1883  s.  v.  Kronenburg  p.  364b). 


Schlosi  Bilitcin. 


553 


vergl.  die  Darstellung  bei  Digot,  Hist.  de  Lorraine,  1880, 
H,  2  t — 21)). 

Die  hier  nach  Rieh  er  gegebene  Schilderung  der 
Lebensumstände  des  Herzogs  Matthaeus  findet  sich  nun 
bezüglich  einiger  uns  hier  interessierender  Punkte  bei 
fohannes  a  Bayono  in    folgender  Weise    verändert   wieder. 

Johannes  a  Bayono  (Jean  de  Bayon)  schrieb  132b 
Jie  Chronik  der  Abtei  Moyenmoutier  (gedruckt  bei  Bel- 
homme  in  dessen  lüstoria  Mediani  MonastcrÜ,  Argento- 
i  '724). 

In  Kapitel    XCVII   p.   290   (bei   Belhomme)   sagt  Jean 

Bayon,  dass  Herzog  Friederich  die  Tochter  seines 
Bruders,  des  Herzogs  Matthaeus,  in  Fesseln  legen  und  nach 
Burg  Bilistein  im  Elsass  bringen  Hess.  Diese  Burg  habe 
Friedrichs  Sohne,  Herzoge  Theobald,  gehört  wegen  seiner 
Heirat  mit  der  einzigen  Tochter  des  Grafen  von  Dagsburg: 
iDux  (Fridericus  U.)  vero  illam  filiam  (des  Matthaeus)  com- 
pedibus  adstrictam  misit  apud  Bilistein  castrum  in  Alsatia. 
quod  juris  sui  fiUi  Theobaldi  ratione  uxoris  filiae  comitis 
de  Dasporch  unicae*  , .  . 

Wir  haben  also  hier  Verwechslung  mit  Castrum  Bern- 
stein, das  allerdings  der  Gräfin  Gertrud  von  Dagsburg 
gehörte,  niemals  aber  Castrum  Bilstein.  Sodann  erzählt 
Jean  de  Bayon  (bei  Belhomme  Cap.  C.  p,  294)  weiter: 

Maheru-'*  tanto  perpetrato  scelere  non  se  loco  credens 
■büt  ad  castrum  quod  Bilistein  dicitur  in  Alburiis. 
guod  juris    est   domini    de    Horborch.     Ibi  enim  cum 

guibusdam    tnilitibus und    dann    weiter    wie    bei 

Ri^er. 

Es  nimmt  also  Jean  de  Bayon  zwei  verschiedene 
Castella  Bilistein  an;  eines  liegt  im  Elsass  und  stammt 
aus  dem  Dagsburger  Erbe  und  gehört  (quod  juris  est)  dem 
Herzog  Theobald,  dem  Gatten  der  Gräfin  Gertrud  von 
Dagsburg;  das  andere  Castrum  Bilistein  gehört  dem  Herrn 
Won  Horburg  (quod  juris  est  domini  de  Horborch)  und 
Hegt  in  Alburiis.  Der  Widerspruch  mit  Richers  besser 
beglaubigter  Nachricht  liegt  hiemit  zu  Tage. 

Das  zweimalige  »quod  juris  est*  konnte  beweisen,  dass 
n    de    Bayon    diesen    Ausdruck    in    demselben    Sinne, 


554 


Pfannenschmid. 


nämlich  dem   des  JEigentums,    verstanden   wissen  mochte. 
Das  eine  Castellum  »Bilistein  in  Alsatia«  wäre  dann  Eigen- 
tum  des  Prinzen  Theobald   von  Lothringen   wegen  seiner 
Gattin,   der  Gertrude   von  Dagsburg;   das  andere  »Bilistein 
in  Alburiis«  stünde  in  dem  Eigentum   des  Herrn  von  Hör- 
bürg.     So  wenig  wie  jenes  ein  Lehen   war,    ebenso  wenig 
wäre    es    dieses    gewesen.     Allein    »quod  juris  est«    kann 
auch  bedeuten:  quod  jurisdictionis  est;  und  das  würde  nicht 
unbedingt   ein  Eigentumsrecht  bedeuten.     Ausserdem  war 
nicht     der    Prinz    Theobald    Eigentümer,     sondern    seiner 
Gemahlin    stand    das    Eigentumsrecht    an    der    genannten 
Burg  zu. 

Darüber  aber  ist  aus  Jean  de  Bayon,  dem  Historio- 
graphen  des  Klosters  Moyenmoutier,  nichts  zu  entnehmen, 
ob  zu  seiner  Zeit  (also  bis  1326)  das  Castell  Bilstein  Eigen- 
tum der  Herren  von  Horburg,  oder  ob  es  Lothringisches 
Lehen  war,  da  er  über  diesen  Punkt  schweigt. 

Gleichwohl  hat  die  angeführte  Stelle  bei  Bayon,  worin 
es  heisst,  dass  der  Herzog  Friedrich  die  Tochter  seines 
Bruders,  des  abgesetzten  Bischofs  Matthaeus  von  Toul, 
nach  Castrum  Bilistein  in  Alsatia  bringen  liess,  das  damals 
seinem  Sohne  Theobald  gehörte  (s.  S.  005)  Veranlassung 
gegeben,  dass  Schoepflin  zu  seiner  Notiz  über  Castell  Bil- 
stein (Alsat.  ill.  II,  78)  einen  Nachtrag  (Alsat.  ill.  II,  202 
Anmerkung  o  =  Ravenez  IV,  190)  hinzugefügt  hat,  worin 
es  heisst:  -^quod  cum  (Castrum  Bilstein  bei  Reichenweier) 
feudum  Lotharingicum  fuerit.  ante  Lotharingos  ad 
Dagisburgenses  Comites  spectaverit.  Bilistein  castrum 
in  Alsatia  Theobaldus,  Friderici  Duci  Loth.  filius,  initio 
saec  XIII.  cum  uxore  sua  Dagisburgica  obtinuit.  Testis 
rei  Joh.  a  Bayono  apud  Belhomme,  Hist.  Mediani  Mona- 
sterii  p.   290.« 

Diese  Notiz  Schoepflins  ist  ihm  nun  bis  heute  ohne 
weitere  Prüfung  nachgeschrieben  worden.  Die  Ansicht 
Schoepflins  ist  also,  dass  Bilstein  gegen  12 17  bereits  ein 
von  Lothringen  abhängiges  Lehen  gewesen  sei.  Seine 
Berufung  auf  Jean  de  Bayon  ist  aber  hinfällig;  denn, 
Bayon  verwechselt,  wie  oben  nachgewiesen  (S.  550),  unser 
Bilistein  mit  Bernstein,  wie  das  Richers  Chronik  angiebt, 
der  als  der  älteren,    den  Ereignissen  aus   dem  Anfang  des 


Jahrhunderts   näherstehenden   Quelle,    der   Vorzug   m 
ben  ist,  namentlich   auch    aus  dem  Grunde,  weil  Burg 
rnstein   in    der   That    zu    dem   Erbe    der    letzten    Dags- 
|]gerin  gehörte,  nicht  aber  Bilstein  im  Ober-Elsass.    Dass 
Richer   nicht   die  Burg   Bilstein   im    unterelsässischen 
BÜerthalc  meint,  sondern  das  oberelsässische  Bilstein  im 
le  von  Reichenweier,  geht  unzweifelhaft  aus  der  näheren 
tebestimmung    »in    Alburiis«    hervor.     Wenn    nun    auch 
iteht.  dass  bis   gegen   1217    das  Castellum    Bilstein   im 
r-Elsass  nicht  von  Lothringen   abhängiges  Lehen    war. 
I  vielleicht  auch  anzunehmen  sein  könnte,  dass  dies  sich 
noch  verhalten  habe  um  1265,  bis  wohin  die  Chronik 
ehers    reicht,    so    folgt    daraus    gleichwohl    nicht,    dass 
i  Castell  Bilstein  nicht  doch  schon  vor  dem  Jahre    1265 
seitens  der  Herren  von  Horburg  dem  Hause  Lothringen 
getragenes   Lehen   wurde.     Diese    Möglichkeit   bewahr- 
tet sich  jedoch  nicht. 
Schoepflin  sagt  (Als,  illust.  II.  78  =  Ravenez  IV,   190): 
tein>)  castrum  teudum  fuit  Lotharingicum  uti  Hunaevilla 
telonium  in  Horburg, 

Bezüglich  Hunaweiers    sagt  Schoepflin  (Als.  iU,  II,  77 

Ravenez  IV,  188):    die  Dynasten  von  Horburg  und  ihr 

chfolger,  Graf  Ulrich  von  Würtemberg,  haben  das  Dort" 

paweier  von    den  Herzogen    von  Lothringen   zu   Lehen 

Iten.  Aber  weder  dort  noch  hier  giebt  er  die  Quelle  an. 

Bezüglich  des  Zolles  in  Horburg  sagt  Schoepflin  (Als. 

D,  74  :^=  Ravenez  IV,  180):  Telonium  in  Horburg  feudum 

Lotharingicum  fuit,  quo  Ulricum  Wirtembcrgiae  Comi- 

post  Horburgenses  remotos,   Rudolphus  Lotharingiae 

circa  an.  i.v?  investivit.    Dazu  sagt  Schoepflin  in  der 

lerkung  e  auf  derselben  Seite  74):  chartam  investiturae 

archivo  Nancejano  suo  loco  dabimus,  und  hierzu  bemerkt 

(renez  (IV,   180,  Anmerkung  6):   La    charle  d'investiture 

trotivG  dans  l'AIsace  diplomatique  (s,  unten  S.  559). 

Aber  Ravenez  hat  gar  nicht  in  der  Als.  diplom.  nach- 

)hen:  denn  die  oder  eine   ähnliche  Belehnungsurkunde 

(HS  des  Herzogs  Rudolf  von  Lothringen  (reg.  1328 — 1346). 


1  Me  inigt  Mdnung  Schntpflin».  Dilsleln  1 
p,  Ut  oben  bcrtiti  widnlcgl.     (S,   jjj.) 


1  dem  Oi^buTfwr 


cc6  Pfannenschmid. 

oder  einer  seiner  Nachfolger  für  die  Grafen  von  Würtem- 
berg  bezüglich  der  vorhingenannten  Lehenstücke  existiert 
nicht  in  der  Als.  diplomatica:  überhaupt  keine»  weder 
eine  für  die  von  Horburg  noch  für  die  Grafen  von 
Würtemberg. 

Hinzugefügt  mag  hier  gleich  noch  werden,  dass  sich 
in  dem  hiesigen  Archiv  der  ehemaligen  Grafschaft  und 
Herrschaft  Horburg-Reichenweier  kein  einziger  Akt  vor- 
findet, der  spezielle  Auskunft  geben  könnte  über  die 
Horburgischen,  beziehungsweise  Würtembergischen  von 
Lothringen  relevierenden  Leben.  Auch  in  dem  Inventaire 
des  Departements-Archivs  der  Meurthe-et-Moselle  (Nancy) 
ist  kein  Aufschluss  zu  finden  *). 

Gleichwohl  steht  es  fest,  dass  die  Horburger  nicht 
nur  selbst  Lehen  besassen,  sondern  speziell  auch  lothrin- 
gfische  Lehen. 

Dass  sie  Lehen  besassen,  erhellt  aus  der  zwar  nicht 
mehr  im  Original  existierenden,  aber  doch  inhaltlich  glaub- 
haften Urkunde  über  den  Verkauf  der  Herrschaft  (nicht 
Grafschaft)  Horburg  und  Reichenweier  vom  7.  Oktober 
1324  (Als.  dipl.  II,  132;  cfr.  Rapp. Urkb.  I,  277,  278),  worin 
es  unter  anderem  heisst,  dass  die  damaligen  Inhaber  der 
genannten  Herrschaften,  Walter  und  Burchard  von  Hor- 
burg, ihrem  Oheim  Grafen  Ulrich  von  Würtemberg  ver- 
kaufen, was  sie  besitzen  an  Erbe,  Eigen  und  Lehen. 
Einzelne  Verkaufsobjekte  werden  genannt,  so  auch  Burg 
Bilstein;  es  ist  aber  nirgends  angegeben,  was  Erbe,  Eigen 
oder  Lehen  war. 

Dass  übrigens  die  Horburger  Lehen  hatten  vom 
Römischen  Reiche,  von  den  Bistümern  Strassburg  und 
Basel,  der  Abtei  Murbach,  von  den  Herzogen  von  Öster- 
reich, von  den  Herzogen  von  Lothringen  und  von  der 
Herrschaft  Pfirt,  das  sagt  Burchard  von  Horburg  in  einer 
hier  im  Archive  beruhenden  Originalurkunde  vom  29.  März 
1329  selbst  (Bez.-Archiv  E  390;  Rapp.  Urkb.  I,  295—297). 
Leider  ist  wieder  nicht   angegeben,    welches   diese  Lehen- 

*)  In  der  Arbeit  von  Pfister:  Le  Comt6  de  Horbourg  et  la  Seigncurie 
de  Riquewihr  sous  la  souverainet6  fran^aise  i68o  — 1792  (Revue  d'Alsacc 
1888,  S.  23  ff.)  ist  gar  keine  Rede  von  Lehen,  mit  denen  die  Würtcmberger 
belehnt  waren. 


557 

itücke  im  Einzelnen  sind.  Durch  diese  merkwürdige  Ur- 
kunde belehnt  Burchard  von  Horburg  seinen  Oheim,  Grafen 
Ulrich  von  Würtemberg  mit  seinen  Herrschaften  auch  mit 
der  Burg  Bilstein  u,  s.  w.;  dass  diese  Burg  lothringisches 
Lehen  sei,  ist  aber  nicht  gesagt. 

Die  Slteste  Nachricht,  dass  die  von  Horburg  lothrin- 
gische Lehen  besassen,  stammt  vom  2.  November  125g. 
Aus  ihr  erhellt,  dass  Friedrich  111.  Herzog  von  Lothringen 
den  Herrn  Conrad  von  Horburg  aller  Lehen,  die  dieser 
i  ihm  gehabt,  entsetzt  habe  (Schoepflin,  Als.  diplom.  I, 
,  Rapp.  Urkb.  I,  94).  Ein  Original  ist  jedoch  nicht 
vorhanden,  nur  eine  Abschrift  aus  dem  Anfang  des 
16.  Jahrhunderts  (Bez.-Arch.  E  571).  Weiteres  über  diese 
Angelegenheit  ist  nicht  bekannt'), 


Die  Nachrichten  über  Burg  Bilstein  fliessen  auch  weiter 
»ehr  spärlich.  Seitens  der  Horburger  Dynasten  und  ihrer 
Nachfolger,  der  Grafen  und  späteren  Herzogen  von  Würtem- 
»erg,  war  Burg  Bilstein  nicht  als  Lehen  vergeben;  die 
Waldungen,  die  zu  der  tHerrlichkeit  Bilstein«  gehörten. 
Standen  in  eigenem  Betrieb  der  Herrschaft. 

Im  Jahre  1473  Juli  12  erklärt  Graf  Eberhard  von 
Würtemberg  den  Einwohnern  von  Reichenweier,  dass  er 
!  Herrschaft  Horburg  mit  Stadt  Reichenweier  und  das 
Schloss  Bilstein  seinem  Vetter  Grafen  Ulrich  von  Würtem- 
lerg  und  dessen  Söhnen  abgetreten  habe  (Bez. -Archiv  E  14). 
IS  ist  dies  der  sogenannte  Uracher  Vertrag  (s,  Stalin, 
IMrtemb.  Geschichte,  1856,111,602);  ausführlich  abgedruckt 
lei  Aug.  Ludw.  Reyscher  (t  1880),  Vollständige  .  .  .  Samm- 
nng  der  Würtembergischen  Gesetze,  1828  ff.  Bd.  I,  476  — 
\&8,  mir  nicht  zugänglich).  Gleiche  Erwähnung  des  Schlosses 
Klstein  findet  sich  im  Vertrage  des  Grafen  Heinrich  von 
Würtemberg,  d.  d,  Reichenweier,  16.  April  1482  (Stalin, 
,  O.  III,  605,  und  22.  Juni  1513  (und  das.  IV,  qo). 

Dass  die  Herren  von  Horburg  auf  Schloss  Bilstein  im 
tj.  Jahrhundert  einen  Burgvogt  hatten,  geht  aus  einem 


■)   Ober    die    in utmass liebe    Ursachs    d«r    Lchensenbetiaag    : 
Itkb.  I,  94,  A.  3. 


R«pp. 


558 


Pfannenschmid. 


diesem  Jahrhundert  angehörigen  Urbar  hervor,  dem  zufolge 
die  Abtei  Paris  dem  Burgvogt  zu  Bilstein  jährlich  i  Sester 
guter  Erwis  (Erbsen)  und  4  »puntschuh«  zu  liefern  hatte 
(Bez.- Archiv  E  86.  Nr.  2). 

Im  Schloss  zu  Bilstein  befand  sich  ein  tiefer  Turm, 
der  als  Gefängnis  für  Übelthäter  diente;  die  Einwohner 
von  Reichenweier  erlangten  1489  vom  Grafen  Heinrich 
von  Würtemberg  und  Mömpelgard  die  Zusicherung,  dass 
in  jenen  Turm  niemand  mehr  aus  Reichenweier  geführt 
und  da  eingesperrt  werden  sollte  (Schoepflin,  Als.  ill.  II,  77 
=  Ravenez  IV,  185  Anmerkung  7  und  S.  186). 

Im  Jahre  1535  findet  ein  Abkommen  statt  zwischen 
der  Herrschaft  Horburg-Reichenweier  und  der  Herrschaft 
Rappoltstein,  worin  die  Waldungen  der  »Herrlichkeit  Bihel- 
stein«  erwähnt  werden  (Bez.-Archiv  E  65). 

Gerade  ein  Jahrhundert  später  (im  Juni  1635)  diente 
die  Burg  versprengten  Horburgischen  Lehensleuten  als 
Zuflucht,  die  der  belagerten  Stadt  Reichenweier  hatten 
Hilfe  bringen  wollen  (Schoepflin,  Als.  ill.  II,  77  =  Ravenez 
IV,  187;  und  Revue  d'Alsace  1879,  p.  254).  In  diesem 
Jahre  1635  soll  Schloss  Bilstein  von  einem  österreichischen 
Korps  unter  dem  Grafen  Schlick  zerstört  worden  sein 
(Aufschlager,  Elsass  1825,  II,  104).  Schoepflin  (Als.  ill.  II, 
78  =  Rav.  IV,  190)  setzt  dieses  Ereignis  ins  Jahr  1636,  mit 
Hinzufügung:  nach  einer  Belagerung  von  einigen  Tagen. 
Eine  Quelle  geben  alle  citierten  Schriften  nicht  an.  Stoffel 
(Wb.  s.  V.  Bilstein)  hat,  wie  es  scheint,  deshalb  auch 
hierüber  nichts  erwähnt.  Das  Jahr  1636  ist  kaum  möglich; 
die  ganze  Sache  aber  zweifelhaft. 

Jedenfalls  ist  es  auffallend,  dass  noch  Anfangs  1649 
als  Burgvogt  zu  Bilstein  Georg  Scheublin  genannt  wird 
(Bez.-Arch.  E  85;  Urb.  fol.  89*').  Nach  dessen  Tode  ernannte 
am  9.  Mai  1649  Leopold  Friedrich  Graf  zu  Mömpelgart*) 
den  Friedrich  Rees  auf  seine  Bittschrift,  d.  d.  Weiher  bei 
Horburg,    20.  März    1649,    zum  Burgvogt    auf  »Bielstein^ 

^)  Durch  fürstbrüderlichen  Vertrag  vom  Jahre  1617  war  die  Graf-  und 
Herrschaft  Horburg  und  Reichenweier  mit  Mömpelgart  verbunden.  Es  währte 
dieser  administrative  Verband  bis  zum  20.  Mai  1802,  wo  die  Abtretung  der 
mömpelgartisch-clsässischen  Besitzungen  an  Frankreich  erfolgte.  (Stalin,  a.  0. 
HI,   178  A.  i.). 


Schloss  Bilstein. 


559 


Seine  Besoldung'  war  aus  den  Reichenweierischen  Intraden 
zu  zahlen;  seine  Obliegenheit  war,  auf  die  »Förster  und 
Holzer  fleissig  zu  achten«  (Bez.-Arch.  E  32). 

Ob  aber  der  Burgvogt  zu  Bilstein  wohnte,  ist  nicht  zu 
ersehen. 

Über  die  Besitzverhältnisse  hinsichtlich  der  Burg  Bil- 
stein füge  ich  nachträglich  noch  folgende  Daten  an. 

Auf  eine  Anfrage  bei  dem  Herrn  E.  Duvemoy,  Archivar 
der  Departements  Meurthe-et-Moselle,  erfuhr  ich,  dass  im 
dortigen  Departementsarchiv  (B  706  Nr.  11)  sich  nur  eine 
einzige  (mir  abschriftlich  mitgeteilte)  Urkunde  befindet, 
welche  auf  das  I^hensverhältnis  der  Burg  Bilstein  Bezug 
hat.  Die  betreffende  Pergamenturkunde  ist  ohne  Datum, 
und  das  Siegel  in  rotem  Wachs  ist  verschwunden.  Da 
aber  in  der  Urkunde  Herzog  Ulrich  von  Würtemberg 
genannt  wird,  der  1324  die  Herrschaft  Horburg-Reichen- 
weier  kaufte,  und  Herzog  Rudolf  von  Lothringen  (reg. 
seit  23.  August  1328—  1346),  so  ist  die  Zeit  der  Ausstellung 
der  Urkunde  damit  ungefähr  angegeben. 

Schoepflin  nahm,  wie  es  scheint,  Bezug  auf  dieselbe, 
ohne  sie  jedoch  mitzuteilen;  nur  meinte  er,  es  sei  ein 
Lehenbrief  des  Herzogs  Rudolf  vom  Jahre  1329  (s.  oben 
S.  007),  während  es  ein  Lehensrevers  ist,  den  Graf  Ulrich 
von  Würtemberg  dem  Herzog  Rudolf  von  Lothringen  aus- 
stellt über  das  Castrum  Bilstein,  die  villa  Hunewilre  und 
den  Zoll  (theloneum)  in  Horburg,  sowie  über  omnia  bona 
quocumque  nomine  censeantur,  que  quondam  nobiles  viri 
doraini  de  Horburg  a  prefato  domino  duce  in  feodum 
tenuerunt  et  possiderunt  jure  feodali.  Der  vorgenannte 
Herzog  ist  aber  »Rudolfus  dux  Lothoringic  et  marchio«. 
Die  beiden  Brüder  Walter  und  Burchard  von  Horburg,  die 
ihre  Herrschaften  an  ihren  Oheim  Ulrich  von  Würtemberg 
verkaufen,  können  von  Herzog  Rudolf  von  Lothringen  die 
genannte  Belehnung  erhalten  haben;  denn  Walter  stirbt 
vor  dem  14.  Oktober  1329  und  Burchart  nach  dem 
13.  Februar  1332  (Rapp.  Urkb.).  Auffallend  ist  nur,  dass 
in  dem  Lehensreverse  nicht  steht,  was  sonst  fast  regel- 
mässig gesagt  wird:  »welche  deren  Vorfahren  (die  der 
Horburger)  von  dem  Herzog  Rudolf  und  dessen  Vorfahren 
zu  Lehen  besessen  habent. 

Zeiuchr.  f.  Getch.  d.  Oberrh.  N.  F.  XIV.  4.  37 


560 


Pfannenschmid. 


Es  bleibt  also  als  Möglichkeit  bestehen,  dass  die 
genannten  Herren  von  Horburg  die  drei  namentlich 
genannten  I-ehen  erst  1328  oder  2q  an  Lothringen  unter 
Rücklöse  verpfändet  oder  verkauft  haben  und  als  Lehen 
zurück  erhielten.  Unterstützt  könnte  diese  Annahme  da- 
durch werden,  dass  die  Horburger  vor  1324  verschiedene 
andere  Güter  und  Lehen  ebenfalls  in  gleicher  Weise  ver- 
äussert haben. 

Dagegen  ist  nun  eine  andere  Nachricht  zu  halten. 

Steinhofer  (Neue  Würtemb.  Chronik  II,  704—708;  bei 
Stalin,  Wirtemb.  Geschichte  III,  417)  berichtet,  dass  auf 
Erfordern  des  Königs  Sigismund  seitens  der  würtem- 
bergischen  Vormundschaft  diesem  am  3.  Mai  1420  ein  Ver- 
zeichnis aller  würtembergischen  Lehen  und  Eigengüter 
vorgelegt  sei.  In  dem  von  Steinhofer  mitgeteilten  Ver- 
zeichnisse findet  sich  unter  der  Rubrik  »der  Herrschaft 
Würtemberg  Eigen:  »Bilstein  bei  Reichenweier«, 
Ramstein  (bei  Schlettstadt)  etc. 

Glaubte  man  das  damals  nur  oder  wusste  man  es 
bestimmt?  In  letzterem  Falle  müsste  man  annehmen,  dass 
Burg  Bilstein  damals  als  Eigengut  wieder  in  die  Hände 
der  Würtemberger  gelangt  sei. 

Unter  allen  Umständen  bleibt  es  auffallend,  dass  weder 
in  dem  Departementsarchiv  zu  Nancy  (mit  obiger  Aus- 
nahme), noch  in  dem  hiesigen  Archive  irgend  welche 
Spuren  von  lothringischen  Belehnungen  oder  Lehens- 
reversen bezüglich  Bilsteins,  Hunaweiers  und  des  Zolles  zu 
Horburg  anzutreffen  sind.  Ob  das  Nationalarchiv  zu  Paris 
(Fonds:  Le  comte  de  Horburg  et  la  Seigneurie  de  Riquewir 
cote  K  2308  —  2365)  über  alle  diese  zweifelhaften  Punkte 
Aufschluss  geben  könnte,  ist  mir  unbekannt. 


Fassen  wir  nun  das  Resultat  unserer  Untersuchung 
zusammen,  so  ergiebt  sich  Folgendes. 

Die  Herren  von  Horburg  besassen  vom  Herzogtum 
Lothringen  abhängige  Lehen.  Welche  diese  waren,  ist 
nicht  mehr  zu  ersehen. 

Die  erste  Erwähnung  solcher  Lehen  fällt  in  das  Jahr 
1259,   wo   Conrad   von   Horburg   (vermutlich   wegen  Todt- 


SchksB  Bilsleio.  c;^] 

Schlags  seines  Onkels  Walter  von  Horburg;)  aller  seiner 
X-othringischen  Lehen  vom  Herzog  Friedrich  III,  von 
Lothringen  entsetzt  wird.  Über  Namen  und  Substanz  der 
Lehen  erfahren  wir  nichts. 

Was  speziell  die  Burg  Bilstein  angeht,  so  wird  sie 
zuerst  von  Richer  1217  erwähnt,  aber  so,  dass  man  sie  als 
in  Eigentum  der  Herren  von  Horburg  stehend  ansehen 
muss;  sie  war  damals  also  höchstwahrscheinlich  noch.nicht 
lothringisches  Lehen.  Auch  Jean  de  Bayon  schweigt  um 
1326  Ober  diesen  Punkt.  Die  erste,  wie  es  scheint,  zuver- 
lässige Kunde,  dass  Bilstein  (und  Hunaweier  und  der  Zoll 
in  Horburg)  vom  Herzog  Rudolf  von  Lothringen  in  der 
Zeit  nach  dem  23.  August  1328  bis  zum  14.  Oktober  1329 
den  beiden  Brüdern  Walter  und  Burchhart  von  Horburg, 
und  danach  dem  Grafen  Ulrich  von  Würtemberg  ihrem 
Rechtsnachfolger,  zu  Lehen  gegeben  worden  ist,  ist  in 
einem  Lehensreverse  des  genannten  Grafen  Ulrich  ent- 
halten. Es  scheint  hier  ein  Kauf  unter  der  Rücklöse- 
klausel  zu  Grunde  gelegen  zu  haben,  da  im  Jahre  1420 
Bilstein  als  Würtem  bergisches  Allod  bezeichnet  wird.  Da 
keine  Belehnungen  oder  Lehensreverse  bezüglich  Bilsteins 
(ausser  dem  einen  vorhin  genannten)  vorliegen,  so  scheint 
die  Annahme,  dass  der  Herzog  von  Würtemberg  Bilstein 
wieder  einlöste,  wahrscheinlich  zu  sein. 


Zum  SchlURS  noch  eine  kurze  Auseinandersetzung  über 
die  Herren  von  Bilstein. 

Herren  von  Bilstein  nannten  sich  die  Nachkommen  der 
Lucic  von  Rappoltstein,  die  mit  Burchard  von  Horburg 
verheiratet  war  {Rapp.  Urkb.  I,  321).  Burchard  von  Hor- 
burg starb  nach  dem  13.  Februar  1332  (Rapp.  Urkb.  I, 
321).  Als  sein  und  der  Lucie  Kind  (Urk.  vom  6.  Juni 
1337 ;  Rapp.  Urkb.  1,  280)  wird  Hänsehn  {Johann  oder 
Hans)  von  Horburg  genannt  (Urk.  von  1334;  Rapp.  Urkb. 
1  333J  dem,  weil  er  nach  dem  Jahre  132.1.  dem  Verkaufs- 
jahre der  Herrschaft  Horburg- Reichen  weier  an  Graf 
Virich  von  Würtemberg,  geboren  war,  der  Beiname  >tardus« 
oder  der  >spete<  gegeben  wurde.  (Rapp,  Urkb.  I,  327). 
Johann  von  Horburg  war  verheiratet  mit  Katbarina  von 
^^^^^^^.^  3,1* 


^62  Pfannenschmid. 

Rathsamhausen  (Bez.-Arch  E  381;  Schopflin-Ravenez  IV, 
182).  Er  nannte  sich  Johannes  von  Horburg,  Herr  zu 
Bilstein  (13B3,  1384;  Rapp.  Urkb.  II,  195;  199). 

Dieser  »Johannes  von  Horburg«  ist  es,  der  vermutlich 
1399  stirbt  (Rapp.  Urkb.  III,  557).  Genannt  wird  nun 
noch  urkundlich  ein  Walter  von  Horburg  zum  15.  Sep- 
tember 1386  (Bez.-Arch.  E  8);  derselbe  Walter  von  Hor- 
burg heisst  urkundlich  am  3.  Juli  1388:  Walter  von  Hor- 
burg, Herr  zu  Bilstein  (Rapp.  Urkb.  II,  259).  Dann  aber 
kommt  noch  vor  ein  Ritter  Johannes,  Herr  zu  Bilenstein 
in  Urkunden  aus  dem  Jahre  1409  (Rapp.  Urkb.  III,  4  u.  5). 
Wahrscheinlich  sind  diese  beiden  letztgenannten  Horburger, 
Walter  und  Johannes,  Söhne  des  um  1399  gestorbenen 
Johann  von  Horburg,  Herrn  zu  Bilstein.  Mit  diesen  beiden 
ist  der  Mannesstamm  der  Horburger  erloschen.  Wohl 
nach  1409, 

Junker  Johann  von  Horburg  (der  ältere)  besass  ver- 
schiedene Güter,  die  ihm  seine  Rappoltsteinischen  nahen 
Anverwandten  gaben  (s.  Rapp.  Urkb.  II,  17),  auch 
Dörfer  aus  dem  horburgischen  Erbe  (Bez.-Arch.  E  381; 
Ravenez  IV,  182),  und  zudem  die  Burg  Bilstein,  selbstver- 
ständlich mit  deren  Einkünften,  als  Lehen  von  dem  Hause 
Würtemberg.  Denn  der  leere  Titel,  Herr  zu  Bilstein, 
würde  dem  seines  väterlichen  Erbes  verlustigen  Johann  und 
dessen  Söhnen  gar  nichts  gefrommt  haben.  Man  darf 
daher  annehmen,  dass  nach  dem  Tode  Walters  und  Johanns, 
etwa  zu  Anfang  des  15.  Jahrhunderts,  Burg  Bilstein  an 
die  verwandten  Grafen  von  Würtemberg  als  Besitzer  der 
Herrschaft  Horburg-Reichenweier  zurückgefallen  sein  muss. 

Dass  Johann  der  ältere  von  Horburg  die  Burg  Bil- 
stein von  Lothringen  zu  Lehen  erhalten ,  oder  ebenso 
Walter  und  Johann  von  Horburg,  die  letzten  ihres  Namens, 
darüber  liegt  nicht  einmal  Anhalt  zu  einer  Vermutung  vor. 

Merkwürdig  ist  es  nun,  dass  es  auch  lothringische 
Herren  von  Bilstein  gab, 

Herzog  Karl  II.  von  Lothringen  {1390  bis  t  25.  Jan. 
1431)  le])te  seit  14 15  mit  einer  Concubine  Alix  oder  Alison 
May  (oder  du  May),  der  Tochter  einer  Gemüsehändlerin 
in  Nancy.  Aus  dieser  Verbindung  gingen  fünf  Kinder 
hervor    (Calmet ,     hist,  1    I,    CLXVI;    Digot,    Histoire    de 


Schloss  Bilstein. 


5^3 


Lorraine  II,  346  fF,).  Das  älteste  Kind  war  ein  Sohn,  Ferri 
(Friedrich)  de  Bilistein.  Der  Herzog  Karl  bestimmte  in 
seinem  zweiten  Testamente  vom  11.  Januar  1424,  dass  er 
gebe  a  nostre  Bastard  Ferry  de  Loherene  nostre  Chastel 
de  Billestein  avec  les  appartenances  et  d^pendances.  Ferri 
und  seine  ehelichen  Nachkommen  sollten  das  Schloss  Bille- 
stein als  Lehen  von  des  Herzogs  Erben  oder  Rechtsnach- 
folgern *)  empfangen,  indem  er  hinzufugte:  »et  sera  ledict 
chastel  rendauble  et  receptauble  ä  noz  hoires,  successeurs 
et  ayant-cause  ä  besoing  et  sans  besoing.«  Dazu  erhielt 
er  noch  eine  Jahresrente  von  200  Gulden  (Calmet  >  Pr. 
187  ff.  =2.  Ausg.  VI,  124;  Digot  a.  O.  IL  349^.  Digot 
vermutet,  dass  die  Bestimmungen,  welche  der  Herzog  in 
diesem  Testamente  getroffen,  buchstäblich  vollzogen  worden 
seien,  indem  er  hinzufügt,  dass  die  Nachkommenschaft  des 
Ferri  in  der  Person  des  Nicolaus  von  Bilstein,  Herrn  von 
Troville,  Domjulien  u.  a.  Orten  im  Jahre  1656  erloschen 
sei  (Digot  II,  349).  Allein  Lepage  (Communes  de  hi  Meurthe 
und  in  seinem  gedruckten  Archivinventar)  führt  seit  1443  bis 
17 12  noch  verschiedene  Herren  und  Frauen  von  Bilstein 
auf,  so  zuletzt  Joseph  de  Bilistein,  ecuyer*). 

Wo  dieses  Schloss  Bilstein,  nach  welchen  sich  die 
lothringischen  Bastarde  nannten,  lag,  weiss  Calmet  nicht, 
da  er  darüber  schweigt;  dasselbe  thun  Lepage  und  Digot. 
Und  auch  der  gegenwärtige  Departementsarchivar  Duvernoy 
teilt  mir  mit,  dass  das  dortige  Departementsarchiv  über  die 
Lage  dieses  Schlosses  Bilstein  keine  Auskunft  gebe.  That- 
sache  ist  nun,  dass  der  lothringische  Bastard  Ferri  de 
Lorraine  die  Burg  Bilstein  bei  Reichenweier  um  1424  nicht 
besessen  haben  kann;  denn  um  1420  war  diese  Burg  Wür- 


')  Also  als  FieMigc,  feudum  ligium.  Was  darunter  zu  verstehen  ist, 
sagen  die  folgenden  Worte:  et  sera  le  dict  chastel  u.  s.  w.  —  *)  Die  bei 
Lepage  vorkommenden  Formen  für  Bilstein  lauten  zum  Jahre  1443:  Anton 
von  Billistein,  14.99:  Anton  von  Billistein,  1566:  Alix  dame  de  Bilistein. 
1592:  Sieur  de  Bildstein,  1625:  Gaspard  de  Bildstein,  1628:  Gaspard  de 
Bilstein,  Sieor  de  Troville,  1664:  Nicolas  de  Bildstein.  1666:  Fran^ois  de 
Bildstein,  Sieur  de  la  Seigneurie  de  Raves  etc.,  1700:  Charlotte  de  Bildstein, 
Chanoinesse  zu  Remiremont,  huldigt  für  das  Lehen  von  Troville,  1707: 
Marie  Franciska  de  Bildstein,  Baronne  de  Magniöres,  veuve  de  Gaspard  de 
Franc,  Comte  d'Angleux,  171 2:  Joseph  de  Bilistein,  17 12:  Marie  Franciska 
de  Bildstein,  veuve  (wie  z.  J.  1707). 


c()A  .Pfannenschmid, 

tembergisches    Eigen,    wenigstens    nach    der    früher    mit- 
geteilten Nachricht  (S.  560). 

Im  15.  Jahrhundert  und  speziell  im  Jahre  1473  ist  sie 
im  Besitz  der  Würtemberger,  und  ist  stets  bis  zur  franzö- 
sischen Revolution  in  deren  Besitz  geblieben. 

Es  ist  auch  keine  Nachricht  überliefert  worden,  dass 
jemals  ein  lothringischer  Bastard  Burg  Bilstein  bei  Reichen- 
weier  innegehabt,  d.  h.  sie  in  faktischem  Besitz  mit  Ein- 
künften besessen  und  genossen  hätte.  Man  könnte  sich 
vielleicht  denken,  dass  Lothringen  damals  zwar  nicht  im 
faktischen  Besitz  von  Bilstein  war,  aber  Eigentumsansprüche 
daran  erhoben  hätte;  allein  dem  widersprechen  die  an- 
geführten Worte  des  Testaments  ausdrücklich:  das  Bilistein, 
das  hier  gemeint  wird,  steht  mit  allen  seinen  Einkünften 
zur  vollsten  freien  Verfügung  des  Herzogs  und  ist  imd 
soll  lothringisches  feudum  ligium  bleiben.  Dass  demnach 
der  Name  Herr  von  Bilstein  für  die  Bastarde  von  Lothringen 
kein  leerer  Titel  sein  sollte,  dürfte  daraus  hervorleuchten. 
Es  bleibt  hier  also  ein  dunkler  Punkt  zurück,  ein  Rätsel 
für  weitere  Forschung. 

Nach  Lage  der  Sache  bleibt  vorläufig  nur  zu  sagen 
übrig,  dass  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  das  elsässische 
Bilstein  bei  Reichenweier  bezüglich  der  lothringischen 
Bastarde  nicht  in  Frage  kommen  kann. 


Zur  Geschichte  Sleidans  und  seiner  Kommentare. 

Von 

Otto  Winckelmann. 


Kürzlich  ist  dem  Archiv  des  St.  Thomasstifts  zu  Strass- 
burg  aus  dem  Nachlass  eines  elsässischen  Gelehrten  ein 
wertvoller  Codex  überwiesen  worden,  der  sich  den  gleich- 
artigen Bänden  des  Stadtarchivs  und  Thomasarchivs  an- 
gliedert, welche  unter  dem  Namen  »CoUectanea  historico- 
politicac  (St.  Arch.)  und  »Varia  historico-ecclesiastica«  (Th. 
Arch.)  bekannt  und  häufig  benutzt  sind.  Er  enthält  aus- 
schliesslich Abschriften  und  Excerpte  von  Urkunden  und 
Akten  aus  der  Feder  des  gelehrten  Archivars  und  Publi- 
zisten Jacob  Wencker  (1668 — 1743),  und  zwar  bunt  durch- 
einander Politisches,  Kirchengeschichtliches  und  Kultur- 
historisches vom  13.  bis  zum  17.  Jahrhundert,  namentlich 
aber  aus  der  Zeit  der  Reformation.  Der  Wert  dieser 
Kopien  ist  um  so  bedeutender,  als  die  Originale  grossen- 
teils  nicht  mehr  vorhanden  sind.  Altere  Forscher,  wie 
Jung,  Röhrich  und  andere,  haben  den  Band  offenbar  noch 
in  Händen  gehabt;  dann  aber  ist  er  verschollen  und  bis 
heute  für  die  Forschung  unzugänglich  gewesen^).  Unter 
anderm  bietet  er  für  den  Briefwechsel  Sleidans  noch  einige 
Ergänzungen,  die  dem  Spüreifer  H.  Baumgartens  entgangen 
sind ,   und   die   ich   im    Machstehenden    veröffentliche.     Ich 


1)  Herrn  D.  Erichson,  dem  Archivar  des  Thomasstifts,  sage  ich  auch 
an  dieser  Stelle  für  den  Hinweis  auf  den  Band  herzlichen  Dank,  desgleichen 
Herrn  Dr.  J.  Bemays  für  den  Nachweis  einiger  Sleidan  betreffender  Akten- 
stücke, die  ihm  bei  der  Vorbereitung  des  vierten  Bandes  der  »Politischen 
Korrespondenz  Strassburgs  im  Zeitalter  der  Reformation«  in  die  Hände 
gefallen  sind. 


c56  Winckelmann. 

möchte  mich  jedoch  nicht  auf  den  blossen  Abdruck 
beschränken,  sondern  darzulegen  versuchen,  inwieweit  die 
neuen  Funde  unser  Wissen  über  Sleidan  und  sein  Lebens- 
werk erweitern.  Dabei  hoffe  ich,  auch  aus  älteren  Quellen 
noch  einige  nicht  unwichtige  Aufschlüsse  zu  gewinnen. 


Im  Februar  1548  beklagte  sich  der  jüngere  GranveHa 
auf  dem  Augsburger  Reichstage  bei  den  Strassburger 
Gesandten  sehr  ernstlich  über  angebliche  Praktiken,  welche 
von  Johannes  Sturm,  Dr.  Hans  von  Niedbruck,  Sleidan  und 
Ulrich  Geiger  im  Bunde  mit  den  Franzosen  gegen  den 
Kaiser  getrieben  würden*).  Jakob  Sturm  als  Wortführer 
der  Gesandten  bemühte  sich  nach  Kräften,  die  Angeklagten 
zu  entlasten;  indessen  merkt  man  seiner  Ausdrucks  weise 
an,  dass  er  von  der  Ungerechtigkeit  des  Verdachts  gegen 
den  Rektor  Sturm,  Niedbruck  und  Geiger  innerlich  selbst 
nicht  unbedingt  überzeugt  war;  nur  von  Sleidan  sagte  er 
mit  vollster  Bestimmtheit,  er  achte  ihn  »ganz  für  unschuldig, 
dann  er  nit  so  wol  in  Frankreich  gemeint.«  Dem  Strass- 
burger Magistrat  schrieben  Sturm  und  seine  Begleiter  am 
14.  Februar,  er  solle  die  Beschuldigten  von  Granvellas 
Beschwerde  in  Kenntnis  setzen  und  nochmals  eindringlich 
vor  jeder  Bethätigung  warnen,  welche  dem  Verdacht 
Nahrung  geben  könnte  2).  Die  Wirkung  dieses  Schreibens 
war  eine  sehr  prompte;  schon  am  20.  Februar  reichten 
Job.  Sturm,  Sleidan  und  Geiger  ihre  Verantwortung  gegen 
die  Anklage  ein  3). 

Der  bisher  unbekannte  Brief  Sleidans  an  Jakob  Sturm 
lautet  nach  Wenckers  Abschrift*)  folgendermassen : 

»Nobili   et   clarissimo  viro,    d.  Jacobo  Sturmio,   domino 
et  patrono  plurimum  colendo. 


^)  Vgl.  Baumgarten,  Jakob  Sturm  33  und  Sleidans  Leben  81,  ferner 
besonders  Ilollaender,  Eine  Strassburger  Legende  12,  wo  die  bezüglichen 
Briefstellen  am  ausführlichsten  wiedergegeben  sind.  —  *)  Stadtarchiv  AA 
567  f.  5b.  —  3)  Xach  einer  Dorsualnotiz  Jakob  Sturms  auf  dem  Ratsschreiben 
vom  20.  Februar,  AA  567  f.  53b.  Johann  v.  Niedbruck  war,  wie  aus 
Sleidans  Schreiben  ersichtlich  ist,  damals  nicht  in  Sirassburg.  Er  verant- 
wortete   sich    erst    im    März.     AA  567  f.    78.    —   •*)  Thomasarch.    Varia    XI 

f-  579 


Sleidan  und  seine  Kommentare.  ^67 

Sal.  Die  duodecima  huius  mensis  ad  te  scripsi*),  patrone 
clariss.»  quas  nunc  opinor  esse  redditas,  erantque  meis  ad- 
junctae  literae  soceri«),  hestemo  die  accersitus  a  senatu 
vestro  cogTiovi  ex  tuis  literis,  delatum  esse  me  inter  alios, 
quasi  gallicis  rebus  faveam.  accidit  ea  res  mihi  admodum 
praeter  expectationem  neque  divinare  possum,  unde  sit 
nata  calumnia,  nisi  quod  suspicor  esse  qui  parum  sibi  con- 
stantes  in  caeteris  rebus  omnibus  amicitiae  quoque  jura 
violarunt  et  ineundae  gratiae  causa  quidvis  effutiunt.  sed 
iia  est  fatum  meum,  ut  et  istic  male  audiam,  qua  nescio  de 
causa,  et  illis  interim  valde  sim  invisus,  quorum  partibus 
favere  me  nonnulli  criminantur*).  scis  ipse  tu,  vir  inte- 
gerrime,  quid  de  illo  genere  hominum  toto  sentiam  et 
quäle  meum  fuerit  Judicium  tunc,  cum  nihil  non  polli- 
cerentur  anno  superiori^).  aestate  praeterita  erat  nonnihil 
privati  negotii,  quod  in  Galliis  agerem  *),  sed  omnis  vitandae 
suspicionis  causa  profectionem  omisi  et  diligentissime  hac- 
tenus  cavi.  ne  quomodo  remp[ublicam]  vestram  gravarem; 
et  scis  quam  mihi  dlspliceant  eorum  rationes,  qui  non  ob- 
temperant  legibus  magistratus.  itaque  maiorem  in  modum 
te  rogo,  ut  si  qua  gravior  apud  cum,  de  quo  scripsisti«), 
residet  de  me  suspitio,  eam  illi  ut  eximas  omnino,  quantum 
poteris.     magna  enim  mihi  fit  iniuria    et    certo    confirmare 


*)  Unbekannter  Brief.  —  *;  Dr.  Johann  Bruno  von  Niedbruck,  gewöhn- 
lich genannt  Dr.  Hans  v.  Metz.  Vgl.  über  ihn  Baumgarten,  Sleidans  Leben 
(1878)  und  Briefwechsel  (1881),  ferner  Polit.  Korresp.  Strassburgs  II  u.  III 
(Register),  Kleinwächter,  Der  Metzer  Reformationsversuch  43  A.  2.  — 
')  Über  den  Grund,  weshalb  Sleidan  damals  in  Frankreich  so  schlecht 
aiigeschriebcn  war,  wissen  wir  nichts  Näheres.  Am  13.  August  1547  hatte 
Kardinal  Du  Bellay  dem  König  Heinrich  II.  dringend  empfohlen,  Sleidan 
mit  der  bisherigen  Pension  von  100  Thalem  als  Agenten  beizubehalten,  und 
zwar  auf  Sleidans  eigene  Bitte  (Baumgarten,  Sleidans  Briefwechsel  143);  doch 
scheint  sich  der  König  nicht  darauf  eingelassen  zu  haben.  Vgl.  unten 
Anm.  5.  —  *)  Bezieht  sich  wohl  auf  die  Bemühungen  Frankreichs  im  Früh- 
jahr 1547,  Strassburg  durch  allerlei  Versprechungen  von  der  Aussöhnung  mit 
Karl  V.  abzubringen.  Vgl.  Hollaender,  Strassburg  im  schmalk.  Kriege  73  ff 
—  *)  Vermutlich  meint  Sleidan  hiermit  die  Erneuerung  des  Pensionsverh&lt- 
niüses  zu  Frankreich  (vgl.  Anm.  3),  welche  vielleicht  gerade  deshalb  nicht 
zustande  kam,  weil  er  sich  nicht  persönlich  bei  Hofe  vorzustellen  wagte,  aus 
Furcht,  bei  den  Kaiserlichen  verdächtigt  zu  werden.  Vgl.  Briefwechsel  144, 
wo  Du  Bellay  dem  König  versichert,  Sleidan  werde  auf  Wunsch  heimlich  zu 
ihm  kommen.  —  *)  Der  jüngere  Granvella. 


c58  Winckelmann. 

possum,  me  nullius  principis  servitio  addictum  esse  vel 
obligatum.  ^)  quod  etiam  amice  pro  me  nuper  apud  domi- 
num illum  responderis,  permagnam  habeo  tibi  gratiain. 
socer  meus  Metim  profectus  est  tertia  die  huius  mensis'). 
Vale.  XX  febr.  1548.  Tuae  dignitatis  observantiss[imus] 
J.  Sleid.c 

Die  übrigen  bisher  unbekannten  Sleidaniana«  welche 
der  neu  entdeckte  Band  enthält,  beziehen  sich  alle  auf  das 
Hauptwerk  Sleidans,  die  Kommentare.  Nur  inbetreff  eines 
undatierten  Zettels  ist  dies  nicht  ganz  sicher.  Derselbe 
lautet  also'): 

»D.  doctori  Marbachio.c 

»Günstiger  herr  Doctor.  ich  muss  euch  noch  einmal 
bemühen,  und  ist  meine  freuntliche  bitt,  ir  wollet  un- 
beschwert sein,  bei  herm  Mathis  Pfarrer  zu  vememen,  wess 
sich  m[eine]  h[erren]*)  des  buchs  und  der  vorrede  halben 
entschlossen,  ich  vermeinet  gestern  etwas  von  euch  zu 
hören,    euch  in  gleichem  und  sunst  widerumb   zu  wilfaren, 

solt  ir  mich  alzeit  bereit  finden.« 

Jo.  Sleidanus. 

Man  könnte  allenfalls  mutmassen,  dass  es  sich  hier  um 
die  Erlaubnis  zur  Ausgabe  des  im  Juni  1556  erschienenen*) 
Buchs  »De  quattuor  summis  imperiis«  handle;  wahrschein- 
licher aber  ist  es,  dass  die  Kommentare  gemeint  sind,  zu 
deren  Veröffentlichung  die  Dreizehn  nach  mehrwocheni- 
lichem  Zögern  Ende  März  1555  ihre  Zustimmung  gaben«). 
Im  Februar  oder  März  wird  demnach  Sleidan  das  Briefchen 


^)  Das  trifft  nach  allem,  M'as  wir  wissen,  für  den  damaligen  iSeitpunkt 
zu.  Über  seine  freundschaftliche  Korrespondenz  mit  dem  Kardinal  Da  BeUay 
konnte  Sleidan,  obwohl  sie  sich  vielfach  um  Politik  drehte,  hier  mit  gutem 
Gewissen  schweigen;  denn  sie  fiel  sicher  nicht  unter  den  Begriff  von  »Piak- 
tikenc  gegen  den  Kaiser.  Ich  stimme  Ulmann  darin  bei  (vgl.  diese  Zeit- 
schrift X  564  n.  i),  dass  Jakob  Sturm  um  diese  Beziehungen  Sleidans  wusste 
und  in  ihnen  nichts  Anstössiges  erblickte.  —  *)  Es  ist  bezeichnend,  d»ss 
Sleidan  sich  hier  nicht  veranlasst  findet,  für  seinen  Schwiegervater  Niedbruck, 
der  doch  gleichfalls  französischer  Umtriebe  beschuldigt  war,  ein  gutes  Wort 
einzulegen.  Offenbar  konnte  er  es  bona  fide  nicht  thun  und  eine  Läge 
widerstrebte  ihm.  —  *)  Varia  XI  f.  573b.  —  *)  Das  Kollegium  der  Dreizehn. 
—  *)  Vgl.  Baumgarten,  Briefwechsel  XXVII.  —  ')  Baumgarten,  SJcidins 
Leben  98.     Hubert,  Vergerios  publizistische  Thätigkeit  (Gott.   1893)  '57- 


Icidna  und  sdnc  Kommen Ure.  ^^n 

I  Marbach  g^eschrieben  haben,  der  seit  dem  Tode  Hedios 
I  Präsident  des  Kirchenkon venls  grossen  Einfluss  auf  die 
ifi  er  enden  Herren  besass. 

Man  weiss,  welch  gewahiges  Aufsehen  Sleidans  Historie 
m    der    ganzen    gebildeten  Welt    erregte,    welche   Anfein- 
dungen  sie   aber   auch    dem    Verfasser   eintrug   trotz   aller 
Ruhe    und    Sachlichkeit    der   Darstellung    und    trotz    aller 
Enthaltsamkeit  im  Urteil  über  religiöse  und  politische  Par- 
teien.   Von  protestantischer  wie  katholischer  Seite  wurden 
dem    Autor    Lügen,    Entstellungen    und    böswillige    Aus- 
lassungen vorgeworfen,  und  selbst  wohlwollende  Beurteiler 
nahmen    keinen    Anstand,    das    Unzeitgemässe   der    Publi- 
kation zu  tadeln.    Die  Mehrzahl  derer,  die  in  den  geschü- 
rten Jahrzehnten  politisch  thätig  gewesen,  war  eben  noch 
Leben,   und    nur   wenige   unter   ihnen   hatten   sich   in 
sen  wechselvollen  Zeitläuften   stets   so   benommen,   dass 
1  das  Licht  in  keiner  Weise  zu  scheuen    brauchten.     Mit 
(em  Missbehagen   sahen   sie   durch   Sleidan   so   manches 
,  die  breite  Öffentlichkeit  gezogen,    was   sie   am   liebsten 
r   immer    mit    dem    Mantel    der    Vergessenheil    bedeckt 
(ten.    Baumgarten  hat  diese  Erregung  und  Verstimmung 
r  politischen  Kreise  mit  wenigen  Sätzen  treffend  geschil- 
:t  und  erklärt').     Wer  sich  im  einzelnen   näher   darüber 
terrichten    will,   der  lese   den   äusserst   lehrreichen,   ver- 
tulichen    Briefwechsel    Sleidans    mit   seinem  Vetter    und 
eunde,  Kaspar  von  Niedbruck^),    der  damals  im  Gefolge 
inig  Ferdinands  und  Maximilians  dem  Augsburger  Reichs- 


i)  BaufliEuteD.  Sleidans  Leben  •)•)  «. ;  Biiefwechael  XXV  und  XXVI. 
*)  Bannigarlen ,  Bnetwechsel  173  fT,  Ein  Vendchais  der  saust  in- 
(Kliditeii  Briefe  Kaspars  und  der  Lilletalur  Dbei  ihn  lul  kanllch  G.  Knod. 
Asclie  Studenten  in  Bologna,  nr.   15S3.  gegeben.    Ebenda  Angabe  dtr  loa 

buncbten  Hochschulen  (Slia&ibuig,  Eifiul.  Witlenberg.  Pidua)  und  ein 
ta  Lcbentiibiii*  von  seiner  eigenen  Hand  fOrig.  in  dci  Wknei  HoDiibl.). 
I  Vaier  war  demzufolge  ein  Johann  von  NieJbnirfc,  der  Kail  V-  in  vei. 
lidenca  FeldaQgeo  dicnle.  also  nicht  mit  Sleidans  gleich namieem  Suhwieger- 
■  vetwechwit  Verden  darf,  welcbet  kein  Ktiegimann  war  und  ol»  Poli- 
[  immer  auf  Seiten  der  Gegner  des  Kal^cri  gestanden  baL  Dieser  wird  im 
wiedctboll  ab  >pa<ruus>  Kaapats  beaeichnel  (vgl.  p  171.  190.  JlSI' 
loD*  Fran  war  alio  nicht  eine  Schwester,  sondern  etne  Kouatne  Kaipara 
,   »vcb    Briefw.    164).     Veimullich   ist   dei    in    Pol.  Korr.  Strassburgt  tt. 

eiwiliDta  Johann  Niedprürker,  der  Jon  als  Diener  KarU  V.  ericheini 
Kaapata  Val«t  IdeniiMh. 


570 


Wiückelmann. 


tage  beiwohnte  und  mit  wachsamem  Auge  den  Eindruck 
des  Buches  auf  die  versammelten  Fürsten  und  Staats- 
männer beobachtete.  Ich  möchte  aus  dieser  bisher  viel  zu 
wenig  beachteten  Quelle  nur  das  hervorheben,  was  unser 
Wissen  über  die  Hauptgegner  des  Geschichtsschreibers 
bereichert. 

Ende  März  1555  mögen  in  Strassburg  die  ersten  Exem- 
plare des  Werks  zur  Ausgabe  gelangt  sein;  der  Vertrieb 
im  grossen  erfolgte  dann  auf  der  Ostermesse  zu  Frankfurt 
Anfangs  April').  Dass  die  Nachfrage  in  Augsburg,  wo 
zur  Zeit  die  hervorragendsten  Politiker  und  Theologen  ver- 
sammelt waren,  eine  besonders  lebhafte  war,  lässt  sich 
denken.  In  kürzester  Frist  war  die  erste  Auflage  ver- 
griffen. Die  meisten  bezogen  das  Buch  wohl  von  Frank- 
furt; einzelne  aber,  wie  der  bischöflich  Strassburgische 
Kanzler,  Christoph  Welsinger,  Hessen  es  sich  direkt  vom 
Verleger  kommen*).  Zwei  Exemplare  schickte  Sleidan 
persönlich  an  seinen  Vetter  Niedbruck  mit  der  Bitte,  das 
eine  dem  jungen  König  Maximilian  zuzustellen,  das  zweite 
einem  andern,  nicht  näher  bezeichneten  vornehmen  Herrn'). 

Die  erste  Mitteilung  über  die  Wirkung  der  Kommen 
tare  auf  die  Augsburger  Versammlung  finden  wir  in  den 
Berichten  der  Strassburger  Gesandten  an  den  Magistrat 
vom  13.  und  26.  Mai*).  Dort  heisst  es,  dass  König  Fer- 
dinand und  viele  »grosse  Herren<'  an  der  Historie- ein  »ganz 
ungnädigs  Missfallen«  hätten,  und  nicht  blos  dem  Verfasser, 
sondern  auch  der  Stadt  Strassburg  wegen  der  Veröflfeni- 
lichung  grollten.  Zwar  sei  die  Sache  amtlich  noch  nicht 
zur  Sprache  gebracht,  unter  der  Hand  aber  höre  man 
täglich  »viel  scharfer  Reden«.  Die  Zeit  für  die  Herausgabe 
des  Werkes  sei  zum  mindesten  sehr  ungeschickt  gewählt*). 
Die  Gesandten  legen  sodann  dem  Rat  nahe,  Entschul- 
digungen beim  Hofe  vorzubringen.  Wie  sticht  doch  diese 
Kleinmütigkeit    und  Verzagtheit   von   der   ruhigen,   selbst- 


')  Vjjl.  Baumgarten,  Briefw.  XXV.  Nach  Sleidans  Angabc  (cbendi 
274)  reiste  Josias  Rihel  am  30.  März  nach  Frankfurt  ab.  —  ')  Brief». 
nr.  148.  Dass  der  dort  erwähnte  »Vicinus-^  kein  andrer  als  Welsinger  wir. 
erj^iebt  sich  aus  dem  Zusammenhang  der  Briefe.  —  ')  A.  a.  O.  nr.  138.  — 
^)  Stadtarchiv  AA  61 1  f.  49  u.  50.  —  *)  Vgl.  auch  die  Äusserung  des 
sächsischen  Gesandten  Kram  bei  K.  Brandi,    Beiträge   zur  Reichsgesch.  655. 


Sleidan  und  seine  Kommentare. 


57« 


bewxissten  Haltung  ab,  welche  die  Stadt  noch  vor  wenigen 
Jahren  unter  der  Führung  Jakob  Sturms  solchen  Anfein- 
dungen gegenüber  eingenommen  hatte!  Die  massgebende 
Rolle  in  der  Strassburger  Politik  spielte  jetzt  der  aus 
Württemberg  gebürtige  Stadtadvokat  Dr.  Ludwig  Gremp, 
ein  gescheidter  und  gewandter  Diplomat,  der  aber  an 
Geradheit  und  Charakterstärke  manches  zu  wünschen  übrig 
Hess.  Er  war  es,  der  den  oben  erwähnten  Brief  der  Ge- 
sandten vom  26.  Mai  persönlich  nach  Strassburg  über- 
brachte, um  die  regierenden  Herren  mündlich  noch  genauer 
über  die  durch  Sleidan  verursachte  Aufregung  zu  unter- 
richten und  geeignete  Massnahmen  zur  Beschwichtigung 
der  erzürnten  Fürsten  und  Herren  zu  empfehlen.  Gewiss 
wird  er  mit  seiner  Ängstlichkeit  viele  angesteckt  haben; 
indessen  überwog  im  Rat  zum  Glück  noch  das  Ansehen 
der  alten^  braven  Mitstreiter  und  Gesinnungsgenossen  Jakob 
Sturms,  wie  Mathis  Pfarrer,  Klaus  Kniebis,  Jakob  Meyer, 
welche  es  mit  der  Ehre  und  Würde  ihrer  Stadt  unverein- 
bar hielten.  Sleidan  zu  verleugnen  und  preiszugeben,  nach- 
iem  sie  die  Ausgabe  seines  Werkes  vor  kurzem  erst  auf 
jrrund  reiflicher  Überlegung  gutgeheissen  und  gestattet 
latten.  Wir  hören  weder  von  einem  Entschuldigungs- 
schreiben des  Rats  an  den  König  noch  von  einer  plötz- 
ichen  Entlassung  Sleidans  aus  dem  städtischen  Dienst^)- 
\uch  wurde  den  schnell  auf  einander    folgenden  Neuauf- 


')  Sleidan  war,  wie  Hollaender  (Westdeutsche  Zeitschrift  VII,  Korre- 
ipondenzblatt  S.  150)  aus  den  Protokollen  mitgeteilt  hat^  von  Johanni  1552 
ib  auf  vier  Jahre  mit  einem  Gehalt  von  150  fl.  in  den  Dienst  der  Stadt 
gestellt  worden,  ohne  ein  bestimmtes  Amt  zu  erhalten.  Hauptsächlich  sollte 
rr  wohl,  soweit  es  seine  Arbeiten  für  die  Kommentare  gestatteten,  im  diplo- 
matischen Dienst  verwendet  werden.  Im  September  1555  wurden  dann  im 
Schosse  des  Magistrats  Erörterungen  über  seine  Bestallung  gepflogen  (A.  a.  O.) 
Welcher  Art  sie  waren,  erfahren  wir  leider  nicht.  Möglich,  dass  einige 
Herren,  durch  die  schlimme  Wirkung  der  Kommcntaic  eischieckt,  Sleidans 
Entlassung  forderten;  doch  ist  die  Mehrheit  oflenbar  nicht  darauf  ein- 
i^egangen,  sondern  hat  sich  begnügt,  den  im  Sommer  1556  ablaufenden 
Dienstvertrag  nicht  zu  erneuern.  Sleidans  Bemühungen,  bei  dem  Herzog  von 
Württemberg  oder  einem  andern  deutschen  Fürsten  Anstellung  zu  tinden, 
scheiterten  bekanntlich,  obwohl  sie  von  Kaspar  von  Niedbruck  kräftig 
mterstützt  wurden.  Bald  nachher  erlöste  ihn  dann  der  Tod  von  der  quiilen- 
Icn   Sorge  um  eine  anderweitige  Versorgung. 


572 


WiDckelmann. 


lagen    der    Historie")    keinerlei    Hindernis    in     den    Weg 
gelegt. 

Trotz  alledem  war  es  für  den  reizbaren,  durch  schwere 
Schicksalsschläge  bereits  niedergebeugten  Gelehrten  eine 
Zeit  banger  Sorge  und  tiefgehender  Verbitterung,  als 
er  sich  und  sein  Werk  in  so  ungerechter  Weise  angegriffen 
und  verdächtigt  sah.  Zwei  Männer  wurden  ihm  von  Nied- 
brück  und  Gremp  übereinstimmend  als  die  ungestümsten 
Ankläger  bezeichnet:  der  königliche  Vicekanzler  Jakob 
Jonas  und  der  Kanzler  des  Strassburger  Bischofs,  Christoph 
Welsinger.  Der  Name  des  Jonas  wird  allerdings  nirgends 
genannt;  doch  kann  nicht  der  geringste  Zweifel  obwalten, 
dass  die  häufig  in  dem  Briefwechsel  wiederkehrende  Be- 
zeichnung »vicecancellariusc  sich  auf  ihn  bezieht.  Manch- 
mal ist  die  Anspielung  auf  seine  Person  eine  noch  ver- 
stecktere, aber  für  den,  welcher  die  Briefe  im  Zusammen- 
hang liest,  doch  immer  durchsichtige*). 

Jonas   hatte    ursprünglich    humanistische    Studien   be- 
trieben und  besonders  im  Hebräischen  bedeutende  Kennt- 


^)  Im  Jahre  1555  erschienen  nicht  weniger  als  vier  Auflagen,  zwei  io 
Folio  und  zwei  in  Oktavformat.  Am  Ende  (Schelhorns  Ergötzlichkeiten  II, 
414  ff.  und  653  fF)  hat  ihre  Reihenfolge  im  wesentlichen  richtig  bestimnat 
Von  den  1000  Exemplaren  der  Editio  princcps,  welche  unter  Wendelin 
Rihels  Namen  erschien,  waren  nach  Sleidans  eigener  Angabe  (Briefw.  288) 
Mitte  Juli  nur  noch  ih  übrig.  Infolge  dessen  waren  die  Erben  Wendelins, 
den  man  am  31.  März  zu  Grabe  trug  (Briefw.  274),  im  Juli  bereits  dann, 
eine  zweite,  handlichere  Ausgabe  in  8**  herzustellen  (ebenda  288),  die  spätestens 
Mitte  September  fertig  war;  denn  schon  am  17.  September  gedenkt  Sleidan 
eines  Exemplars  (ebenda  302).  Die  zweite  Folioausgabe,  welche  Am  Ende 
ungefähr  gleichzeitig  setzt  (Schelhom  II,  674),  wird  demnach  eher  etwas 
später  erschienen  sein,  jedenfalls  aber  ajch  noch  zur  Michaelismesse.  Da  die 
Oktavauflage  sofort  vergriffen  war,  erschien  dann  noch  im  gleichen  Jahr  eine 
zweite  dieses  Formats.  —  ^)  Merkwürdigerweise  hat  Baumgarten  in  seiner 
Ausgabe  des  Briefwechsels  keinen  Versuch  gemacht,  die  Persönlichkeit  des 
»Vicekanzlers«  festzustellen.  Wohl  infolge  dieses  Umstandes  hat  dann 
J.  Frank  in  seinem  Artikel  über  Jonas  (Allg.  deutsche  Biogr.  XIV,  491)  das 
wertvolle  Material,  welches  der  Briefwechsel  für  die  Charakteristik  des 
Kanzlers  enthält,  übersehen.  Dass  in  den  Briefen  nicht  etwa  der  kaiser- 
liche Vicekanzler,  Dr.  Seid,  gemeint  sein  kann,  ergiebt  sich  schon  aus  der 
Thatsache,  dass  dieser  gar  nicht  in  Auj^sburg,  sondern  beim  Kaiser  in  Brüssel 
weilte.  Überdies  wird  Selds  viel  ruhigere  Stellungnahme  zu  Sleidans  Werk 
weiterhin  in  den  Briefen  ausdrücklich   besprochen.     Vgl.    auch    weiter  unten. 


Sleidsn  und  si 


573 


erworben,  war  dann  aber  später  zur  Rechts  wissen - 
Bhaft  übergegangen  und  Beisitzer  des  Kammergerichts 
eworden').  In  dieser  Stellung,  sowie  seit  1541  als  kur- 
inzischer  Kanzler  machte  er  aus  seinem  Mass  gegen  die 
kutestanten  nirgends  ein  Hehl*),  Die  schroffe  und  herrische 
fctt  seines  Auftretens  erinnerte  lebhaft  an  den  berüchtigten 
Oheren  Reichsvizekanzler  Matthias  Held.  Wegen  seiner 
fenkundigen  Parteilichkeit  weigerten  sich  denn  auch  die 
mgelischen  Stände,  ihn  bei  der  Kamm  er ger  ich  ts  Visitation 
Herbst  r543  als  Visitator  anzuerkennen.  Das  hielt  aber 
ftn  König  Ferdinand  nicht  ab,  dem  streitbaren  Manne  im 
ihre  1544  das  wichtige  Amt  des  Hofvicekanzlers  zu  über- 

Egen.  In  der  Folge  zeigte  sich  Jonas  dann  als  einer  der 
rigsten  Förderer  der  Jesuiten,  Ein  so  leidenschaftlicher, 
tten  im  Parteigetriebe  stehender  Politiker  konnte  natür- 
h  dem  Werke  Sleidans  gegenüber  nicht  gleichgiltig 
iiben.  Obwohl  er  persönlich  in  den  Kommentaren  nir- 
nds  angegriffen  war,  erging  er  sich  doch  in  niasslosen 
hmähungen  gegen  den  Verfasser,  Eine  offene  Streii- 
irift  hätte  ihn  vielleicht  weniger  gereizt  als  diese  akten- 
Issige,  nach  Unparteilichkeit  und  Objektivität  ringende 
Itgcschichte,  Im  einzelnen  rügte  er  —  und  zwar  mit 
irecht  —  Sleidans  Bemerkungen  über  den  erfolglosen 
ffkenkrieg  von  1542  und  über  die  böhmischen  Unruhen 
n  1547;  sein  Gesamturteil  ging  dahin,  dass  nicht  die 
Ufte  des  Buchs  auf  Wahrheit  beruhe,  wofür  ihn  Sleidan 
einem  vertraulichen  Schreiben  an  Niedbruck  als  einen 
sr  unverschämtesten  Verleumder«  bezeichnete^),  der 
cht  durch  Lügen,  sondern  durch  Wahrheit  verletzt 
irde*.  Auch  der  vorsichtige  und  nüchterne  Niedbruck 
fach  sich  über  Jonas  in  der  schärfsten  Weise  aus.  An 
ler  Stelle  nennt  er  ihn  einen  »vir  suspicax  et  osor  omnium 
norum  quin  imo  et  amicorum',  an  einer  andern  >Babelium 
dus  tragoediaet.    Auch  steht  er  nicht  an,  ihn  vom  prote- 


')  Frank«    Bebiuptung   a.    k.  O,,    da»  Jonas    sich    anfanifi    der    neuen 

in  ingewendet  hab«  und  erat  als  Jurist  tum  Kalholiiiimui  luiÜck^clTcIen 

Mheial   mir    nicht   gendgcnJ   «rwieien,  —  *)  V|:l.   auuet  Frank  a.  a.  O. 

Pollt.  Kon.  Slraasbuigs  III,  j;o.  ^9.  481.  —  ■)  Brielw.  nr   148. 

p.  iBo  oeoDt  et  ihn  -un  tite  mauvM$  ei  dangcrcui  liommo 


574 


Winck«lmaüD. 


stan tischen  Standpunkt  als  einen  »des  principaux  causateurs 
de  tout  nostre  malheur«  zu  erklären  i). 

Mit  Jonas  wetteiferte,  wie  schon  bemerkt,  Christoph 
Welsinger  in  aufreizenden  Reden  gegen  Sleidan.  Man 
weiss  bis  jetzt  über  diesen  Mann  nicht  viel  mehr,  als  dass 
er  schon  als  Kanzler  Bischof  Wilhelms  von  Strassburg  den 
Evangelischen  nach  Kräften  zu  schaden  suchte,  und  dass 
er  unter  dem  versöhnlich  gesinnten  Nachfolger  -Wilhelms, 
Erasmus,  die  Hauptstütze  der  römischen  Kirche  im  Bistum 
war.  Gewiss  hat  ihm  Sleidan  nicht  Unrecht  gethan,  wenn 
er  ihn  bei  Schilderung  der  in  Strassburg  auf  das  Interim 
folgenden  Streitigkeiten  als  die  Seele  derjenigen  Partei 
kennzeichnet,  welche  den  Bischof  ständig  zu  schärfstem 
Vorgehen  gegen  den  Magistrat  anspornte  2),  Gleichwohl 
scheint  der  Kanzler  diese  Beurteilimg  sehr  übel  genommen 
zu  haben.  Ob  noch  andere,  persönliche  Beweggründe  des 
Hasses  gegen  Sleidan  für  ihn  vorlagen,  wissen  wir  nicht. 
Noch  gegen  Ende  des  Reichstags  schwebte  unser  Ge- 
schichtsschreiber in  grosser  Sorge,  Jonas  und  Welsinger 
könnten  die  Stände,  obwohl  sich  die  Aufregung  inzwischen 
etwas  gelegt  hatte,  doch  noch  zu  feindlichen  Schritten 
gegen  ihn  und  sein  Werk  verleiten  0).  Glücjclicher  Weü^e 
gingen  diese  Befürchtungen  nicht  in  Erfüllung. 

Zu  den  Staatsmännern,  die  mit  den  Kommentaren  sehr 
unzufrieden  waren ,  gehörte  "auch  der  Reichsvicekanzler 
Georg  Seid,  der  damals  in  den  Niederlanden  war.  Sleidan 
erfuhr  davon  zuerst  im  Juni  durch  Gremp;  im  September 
wurde  ihm  dann  die  Nachricht  durch  Kaspar  von  Nied- 
brück  bestätigt*),  der  ihm  dringend  riet,  sich  durch  eine 
Mittelsperson  bei  dem  mächtigen  Kanzler,  der  den  Prote- 
stanton im  allgemeinen  wohlgesinnt  sei,  zu  entschuldigen. 
Inzwischen  hatte  Sleidan  schon  auf  die  ersten  Mitteilungen 
hin  Gremp  gebeten.  Seid  zu  besänftigen  5),  wusste  aber  im 
September  noch  nicht,   ob    es   geschehen  sei.     Wie   wenig 


^)  Ebenda  nr.  142,  147.  —  -)  Komm.  III,  163.  Sleidan  selbst  findet 
in  seiner  Darstellung  keine  Verletzung  Welsingers.  Er  sagt  (Briefw.  278): 
^ego  ceric  nunquam  illum  laesi,  quod  sciam.-^  —  •)  Briefw.  nr.  150,  151.  — 
•)  A.  a.  O.  nr.  145,  146,  155.  —  *)  Nach  Briefw.  nr.  146  wollte  Sleidan 
selbst  an  Seid  schreiben;  doch  ist  dies  nach  nr.  157  offenbar  nicht 
geschehen. 


Sleidon  und  seine  Konmeotare.  j^j 

dem  Stadtadvokaten  in  diesen  Dingen  traute,  zeigt  eine 
nssemng  aus  Anlass  der  Rückkehr  desselben  zum  Reiciis- 
Ende  Juli  1555.  Damals  sprach  er  in  einem  Brief  an 
[edbruck  die  Befürchtung  aus,  der  Lärm  wegen  der 
bmmenlare  werde  jetzt  von  neuem  beginnen,  da  Gremp 
mit  niemand  verderben  wolle  und  schwerlich  gesonnen 
i,  viel  Mühe  auf  die  Beruhigung  der  Gegner  zu  ver- 
pnden'}.  Auf  Niedbrucks  Lobeserhebungen  über  Seid 
widerte  SIeidan  sehr  skeptisch,  er  wolle  die  oft  gerühmte 
Bde  des  Kanzlers  im  allgemeinen  gewiss  nicht  in  Abrede 
khen;  doch  sei  es  Thatsache,  dass  Seid  bei  der  Vertreibung 
r  Prädikanten  aus  Augsburg  im  Jahre  1551  noch  viel 
:ksicht5loser  verfahren  sei,  als  es  die  Kommentare  schü- 
rten*). )Ich  besitze,  schreibt  SIeidan,  den  Brief  Selds 
Gromp,  worin  er  sich  über  mich  beschwert;  obwohl  er 
5h  dort  stellt,  als  ob  er  das  Werk,  das  er  (verächtlich) 
n  ilibellus«  bezeichnet ,  nicht  selbst  gesehen  habe, 
jheint  er  doch  zu  ahnen  und  zu  wittern,  was  ich  an  ihm 
lle,  und  entschuldigt  den  Vorfall  (nämlich  die  Ausstossung 
■  Prädikanten)  sehr  kühl.»  In  der  That  war  Seid  ein 
ister  jener  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  so 
lilreichen  Politiker,  die  den  religiösen  Streitigkeiten  ihrer 
jt  innerlich  fremd  gegenüberstanden  und  es  nach  äusser- 
Jhen  Rücksichten  bald  mit  den  Evangelischen,  bald  mit 
Altgläubigen  hielten*). 

Trotz  seiner  ungünstigen  Meinung  von  Seid  hat 
toigons  SIeidan  es  doch  für  ratsam  gehalten,  in  der 
feiten  und  dritten  Auflage  der  Kommentare  seine  Aus- 
lücke über  des  Kanzlers  Vorhalten  gegen  die  Augsburger 
tdiger  etwas  abzuschwächen.  Während  er  nämlich  in 
ersten  Ausgabe  geschrieben  hatte:  »Seldus  iurecon- 
lltus  eos  fsc.  die  Prediger)  increpabat  acerbe«,  schob  er 
der  folgenden  hinter  «iureconsultu,s<  die  Worte  >tanquam 
ilerpres*  ein  und  unterdrückte  das  •acerbe«*).  Hatte  er 
ler  ursprünglich  über  die  Einleitung  des  Verfahrens 
:en    die  Prädikanten    bemerkt;    »verba    facit    Seldus   et 

»)  EbentU  of.  15».  —  ")  Ebeodi  S.  303.  —  *)  Vgl.  den  Artikel  Seid 
DtnSc'l  in  AUb-  lUnlache  Biogi-  33.  S-  *"3  ff-  —  ')  Comm.  cd.  Am 
■de  UL  )J7.  Edlüo  priocvps  f.  393.  Vgl.  ftroti  Am  Ende  bri  Schelhoni 
m.  O.  II.  69;. 

Sriucbi.  f.  OhcIi.  a.  Obtnh.  N.  F.  XIV.  *.  j8 


cy()  Winckelmann. 

quaestiones  proponit«,  so  fugte  er  nachträglich  hinter 
»quaestiones«  das  Wort  »iussus«  ein^).  Dadurch  erscheint 
natürlich  Selds  Verhalten  in  viel  milderem  Lichte  und  die 
Verantwortung  für  das  ganze  Verfahren  wird  auf  Granvella, 
der  den  Vorsitz  führte,  abgewälzt.  Hinterher  scheint  aber 
Sleidan  die  Änderungen  wieder  bereut  zu  haben;  wenigstens 
stellte  er  in  der  zweiten  Oktavausgabe  den  ursprünglichen 
Text  wieder  her^). 

Die  Absicht  des  Autors,  allen  seinen  Angreifern  einzeln 
zu  antworten  und  namentlich  an  König  Ferdinand  ein  aus- 
fuhrliches Rechtfertigungsschreiben  zu  richten,  bekämpfte 
Kaspar  von  Niedbruck  aufs  Entschiedenste,  indem  er  über- 
zeugend darlegte,  dass  die  Erregung  über  das  Buch  all- 
mählich von  selbst  schwinden  würde,  und  dass  briefliche 
Entschuldigungen  und  Rechtfertigungen  bei  Leuten  von 
dem  Schlage  Jonas'  und  Welsingers  leicht  das  Gegenteil 
von  dem  bewirken  könnten,  was  sie  bezweckten.  Sanft- 
mütiges Auftreten  würde  nur  als  Zeichen  von  Furcht  und 
Schwäche  ausgelegt  werden,  während  heftige  Wider- 
legungen die  Sache  selbstverständlich  noch  verschlimmem 
würden  •).  Sleidan  Hess  sich  überzeugen  und  war  einver- 
standen, dass  Niedbruck  zwei  nach  Augsburg  gerichtete 
Rechtfertigungsschreiben,  von  denen  eins  für  Welsinger 
bestimmt  w^ar,  nicht  an  ihre  Adressen  gelangen  liess.  Ab- 
gesehen von  diesen  beiden  Briefen  hatte  Sleidan,  seiner 
ausdrücklichen  Versicherung  zufolge*),  nur  noch  an  Hiero- 
nymus  Wolff,  den  Vorsteher  der  Fugger'schen  Bibliothek, 
die  briefliche  Bitte  gerichtet,  er  möge  seinen  Herrn,  der 
eine  abfällige  Äusserung  über  die  Kommentare  gethan 
haben  sollte,  vor  übereilter  und  ungerechter  Beurteilung 
warnen 5j,     Hiernach  scheint  es  mir  einigermassen  zweifel- 


*)  Am  Ende  III,  256  hat  vergessen  zu  bemerken,  dass  das  »iussus^  in 
der  ersten  Edition  (392  b)  fehlt.  Auch  in  seinem  Aufsatz  bei  Schelhom 
a.  a.  O.  hat  er  die  Abweichung  übersehen.  —  *)  Schelhorn  a.  a.  O.  696.  — 
•)  Vgl.  die  im  Briefwechsel  S.  289  erwähnte,  wahrscheinlich  von  Welsinger 
herrührende,  sehr  derbe  Äusserung  über  die  Behandlung,  die  er  einem 
etwaigen  Schreiben  Sleidans  angedeihen  lassen  würde.  —  *)  Briefwechsel 
S.  285.  —  '■)  Es  handelt  sich  um  Johann  Jakob  Fugger.  Vgl.  a.  a«  O.  285 
und  289.  Er  liess  durch  WolfF  freundlich  erwidern,  seine  Äusserung  über 
die  Kommentare  sei  in  gehässiger  Weise    entstellt   worden.     Konrad  Hibler 


Sleidan  und  seine  KommeDtare. 


577 


haft,  ob  der  von  Schadaeus  und  danach  von  Baumgarten 
abgedruckte  Rechtfertigungsbrief  Sleidans  an  den  Aug^- 
burger  Magistrat  wirklich  zur  Absendung  gelangt  ist^). 

Die  Herausgabe  einer  allgemeinen  Apologie  des  Werkes 
hat  Niedbruck  dem  Freunde  ebenfalls  als  nutzlos,  ja  sogar 
schädlich  widerraten.  Er  hob  namentlich  hervor,  dass  die 
von  Sleidan  beabsichtigte,  starke  Betonung  der  Akten- 
mässigkeit  der  Kommentare  gar  nicht  vorteilhaft  sei,  weil 
selbst  wohlwollende  Kritiker  meinten ,  dass  viele  der 
benutzten  Akten  zur  Zeit  noch  besser  im  Dunkel  der 
Archive  geblieben  wären.  Inzwischen  war  aber  Sleidan 
schon  an  die  Ausarbeitung  gegangen  und  hatte  dem  Drei- 
zehnerkollegium einen  deutschen  Entwurf  zur  Apologie 
unterbreitet.  Der  Magistrat  war  mit  dem  Inhalt  ganz  einver- 
standen, empfahl  dem  Verfasser  jedoch,  die  Publikation  zu 
unterlassen,  solange  die  Angreifer  ihrerseits  den  Weg  der 
Öffentlichkeit  nicht  betreten  würden  2).  So  blieb  die  Apo- 
logie wenigstens  zu  Sleidans  Lebzeiten  ungedruckt.  Nach 
seinem  Tode  kam  sie  zuerst  nicht  in  lateinischer,  sondern 
in  deutscher  Sprache  ans  Licht,  und  zwar  in  der  von 
Stamler  besorgten  Übersetzung  Sleidans,  welche  im  Sommer 
1557  bei  Rihel  erschien.  In  den  lateinischen  Ausgaben 
der  Kommentare  steht  sie  erst  von   1558  ab^). 

Ein  Vergleich  des  lateinischen  und  des  deutschen 
Textes  ergiebt  nun  die  bemerkenswerte  Thatsache,  dass 
letzterer  nicht  eine  Übersetzung  Stamlers  oder  eines  Dritten 


in  seinem  Aufsatz  über  »Die  Stellung  der  Fugger  zum  Kirchenstreite« 
(Histor.  Vierteljahrschrift  1898  S.  473  ff.)  hat  diese  Beziehung  zu  Sleidan 
leider  übersehen. 

')  Schadaens  giebt  ihn  nach  dem  (jetzt  nicht  mehr  vorhandenen)  Konzept, 
von  welchem  auch  Wencker  (Varia  eccl.  XI)  eine  Abschrift  gegeben  hat  mit 
dem  ausdrücklichen  Bemerken,  dass  die  Vorlage  von  Sleidans  Hand  sei. 
Das  Augsburger  Archiv  besitzt  keine  Ausfertigung  des  Briefs.  —  *)  Brief- 
wechsel S.  286.  —  »)  Nach  Comm.  ed.  Am  Ende  I,  iQAnm.  scheint  es,  als 
ob  die  Apologie  schon  in  der  lat.  Auflage  von  1557,  die  mir  nicht  zugänglich 
war,  gestanden  liabe.  Dem  widerspricht  jedoch  Am  Ende's  ausdrückliche 
Angabe  bei  Schelhom  II,  659,  dass  die  Apologie  in  den  Auflagen  von  1556 
und  1557  fehle.  Paur,  Sleidans  Kommentare  122  n.  5  und  130,  führt 
andrerseits  mit  Unrecht  die  Folioausgabe  Rihels  von  1559  als  die  erste  an, 
welche  die  lateinische  Apologie  enthalte.  Wie  ich  feststellen  konnte,  findet 
sich  die  Schrift  schon  in  der  Oktavausgabe  von  1558. 

38* 


578 


Wiackelman] 


sein  kann,  sondern  von  Sleidan  selbst  herrührt,  mit  andern 
Worten,  dass  wir  darin  höchst  wahrscheinlich  jenen 
deutschen  Entwurf  der  Apolog-ie  vor  uns  haben, 
der  den  Dreizehn  zur  Begutachtung-  übergeben  wurde.  Da 
ich  jedermann  Gelegenheit  bieten  mochte,  sich  von  diesem 
Sachverhalt  selbst  zu  überzeugen,  so  habe  ich  den  deut- 
schen Text  am  Schluss  dieser  Abhandlung  nochmals 
abgedruckt  und  gl^chzeitig  auf  die  wichtigsten  Unter- 
schiede vom  lateinischen  durch  Anmerkungren  und  Kursiv- 
druck  hingewiesen.  £s  wird  das  um  so  willkommener 
sein,  als  die  Ausgaben,  welche  den  deutschen  Entwurf 
Ineten,  nicht  gerade  häufig  sind. 

Schon  ein  flüchtiger  Vergleich  zeigt  so  erhebliche 
Verschiedenheiten  der  deutschen  und  lateinischen  Schrift, 
da«^<;  an  eine  blosse  Übersetzung  der  einen  aus  der  andern 
nicht  zu  denken  ist.  Eine  nähere  Prüfung  fuhrt  dann  zu 
dem  weiteren  Ergebnis,  dass  der  deutsche  Text  das  ur- 
sprüngliche Konzept,  der  lateinische  eine  verbesserte  Über- 
arbeitung ist.  Ich  will  hier  im  einzelnen  nur  auf  die 
Umstellung  der  aus  der  historischen  Litteratur  angeführten 
Bei^iele  aufmerksam  machen.  Es  ist  unverkennbar,  dass 
dadurch  und  durch  die  Einfügung  eines  weiteren  Belspiek 
< Piatina!  der  lateinische  Text  als  eine  Verbesserung  des 
deutschen  erscheint.  Dazu  kommt,  dass  die  Fassung  und 
Ausdrucksweise  der  lateinischen  Vorlage  fast  durchweg 
eine  schärfere  und  gedrungenere  ist,  was  sich  nur  zum 
Teil  aus  der  Eigenheit  der  lateinischen  Sprache  an  sich 
erklären  lisst,  Dass  Sleidan  das  Lateinische  noch  selber 
ven'ai^t  hat,  kann  andrers-eits  nicht  bez\i'eifelt  werden;  denn 
die  Abweichungen  von  dem  deutschen  Entwurf  sind  zum 
Teil  derart,  dass  sie  schwerlich  einem  Dritten  zugeschrieben 
werden  können.  Auch  scheint  es  ausgeschlossen,  dass 
Stamler  uns  etwa  die  I.^r>ersetzung  einer  unbekannten, 
älteren  lateinischen  Fassung  der  Apologie  giebt.  Denn 
ers-tens  ist  nicht  anrunehn-.en.  dass  er  sich  mit  einer  solchen 
Arbeit  eerlact  haben  sollte,  wo  ihm  als  autorisierten 
Bearbeiter  d.x^h  jedenfalls  das  deutsche  Original,  dessen 
Vorhandensein  Slciian  selbst  bezeugt,  zur  Verfugung  stand. 
Zweitens  macht  Stamlei^  Text  mit  seinen  zahlreichen 
Tautologien  und  weitschweifigen  Wendungen,   wie  sie  im 


1  und  seine  Kommentare. 


579 


eutschen  jener  Zeit  gebräuchlich  sind,  durchaus  nicht  den 
Indruck  einer  Übersetzung  aus  dem  Lateinischen '). 

Zwei  andere  Verdeutschung^en  des  Sleidan'schen  Werks, 
eiche  noch  in  demselben  Jahre  1557  erschienen,  nämlich 
B  des  Achacius  in  Pforzheim  und  eine  Neuauflage  des 
kselers  Pantaleon,  druckten  die  Apologie,  wie  sie  Stamler 
»rOffentlicht  hatte,  wörtlich  nach,  desgleichen  auch  Michael 
BUther  in  den  ersten,  zu  Frankfurt  herausgegebenen 
u3agen  seiner  Übersetzung«),  In  der  Ausgabe  von  1561 
hm  Beulher  dann  einige  unbedeutende  Änderungen  rein 
Uistischer  Art  vor  und  zeigte  damit,  dass  er  die  Vorlage 
cht  für  eine  Original  arbeit  Sleidans,  sondern  für  eine 
sserungsbedürttige  Übersetzung  Stamlers  hielt.  Erst  1564 
t  er  die  Abweichungen  des  Staraler'schen  Textes  von 
sm  lateinischen  bemerkt  und  übersetzt  nun  den  letzteren, 
dem  er  die  frühere,  dem  deutschen  Entwurf  entlehnte 
usdrucks weise,  soweit  sie  dem  Lateinischen  nicht  direkt 
idersprach,  meistens  beibehielt.  Seine  folgenden  Aus- 
üben zeigen  den  gleichen  Wortlaut,  bis  plötzlich  1583 
ne  merkwürdige  Rückwandlung  eintritt.  In  diesem  Jahre 
ommc  Beuther  nämlich  für  den  ersten  Teil  der  Apologie 
r  seinen  dem  deutschen  Original  entsprechenden  Text 
n  1 5Ö I  Kurück,  während  er  sich  für  den  zweiten  Teil 
von  der  den  Commines  betreffenden  Stelle  ab  —  an 
I  lateijiische  Vorlage  hält.  Hierbei  bleibt  er  dann  auch  in 
en  späteren  Ausgaben.  Da  er  seit  1565  als  Geschichts- 
rofessor  in  Strassburg  lebte,  so  liegt  der  Gedanke  nahe, 
r  habe  ira  städtischen  Archiv  eine  verbesserte  deutsche 
pologie  von  Sleidans  Hand  entdeckt  und  benutzt, 
sen  ist  diese  Annahme  zu  verwerfen  wegen  der 
-  mit  ganz  geringen  Ausnahmen  —  wörtlichen  Überein- 
immung,  welche  in  der  zweiten  Hälfte  der  Apologie 
«Tischen  lieuthers  Übersetzung  von  1 564  und  dem  Abdruck 

■)  Von  Einxclhciien  will  ich  hier  nur  auf  dis  gegen  Ende  des  SUmlei- 
hco  Abdnicki  »lehcnd«.  tinnloie  >uiid  sollen  gar  nid  aurmerkssni  machen, 
m  üth  noi  durch  einen  Leserehler  des  Kopisien  erklären  lasst.  fluten 
m  f  mit  einer  ObeneUung  aus  dem  Lateinischen  lU  thun,  so  wären  die 
'onc  fuis  «nerkiftilieh.  Vgl.  die  Wiedergabe  der  Apologie  am  Schlius 
MM  AiifMla«>-  —  'j  Mir  lag  nur  die  aweiie  tod  1559  vor.  Die  erste 
■diitn   tjss.     Vgl  Paar  1}].  Allg.  Deutsche  Biogr.  U,   591. 


58o 


Winckelmann. 


von  1583  besteht.  Sie  kann  nicht  zufällig  sein,  sondern 
beweist,  dass  wir  es  auch  1583  mit  einer  Übersetzung 
Beuthers  und  nicht  mit  einem  Original  Sleidans  zu  thun 
haben.  Es  bleibt  mithin  nur  die  Erklärung  übrig,  dass 
Beuther  dem  Stamler'schen  Text  für  die  erste  Hälfte  des 
Stückes  deshalb  wieder  den  Vorzug  gab,  weil  derselbe  hie 
und  da  etwas  ausführlicher  war  als  der  lateinische,  vielleicht 
auch,  weil  er  sich  durch  Auffinden  des  deutschen  Originals 
von  dessen  Übereinstimmung  mit  Stamlers  Text  überzeugte. 
Für  die  zweite  Hälfte  aber  bevorzugte  er  die  lateinische 
Vorlage,  weil  ihm  die  darin  enthaltenen  Änderungen  als 
Verbesserungen  einleuchteten. 

Im  Jahre  162 1  gab  endlich  noch  Oseas  Schadaeus  in 
Strassburg  eine  Übersetzung  und  Fortsetzung  der  Kommen- 
tare heraus,  die  1625  neu  aufgelegt  wurdet).  Er  hält  sich 
in  seiner  Verdeutschung  der  Apologie  viel  strenger  als  alle 
seine  Vorgänger  an  die  lateinische  Urschrift,  schreibt  aber 
doch  an  manchen  Stellen  dem  Beuther  wörtlich  nach*). 
Sleidans  deutsches  Original  hat  er  dagegen  offenbar  nicht 
gesehen  und  benutzt. 

Ganz  unbekannt  ist  bisher  der  Nachtrag  zur  deutschen 
Apologie  gewesen,  welchen  ich  nach  Wenckers  Abschrift 
im  Anhang  veröffentliche.  Dass  dieses  mit  »Additio«^  über- 
schriebene  Schrittstück  ein  Nachtrag  Sleidans  zu  der  den 
Dreizehn  überreichten  deutschen  Apologie  war,  schliesse 
ich  aus  Folgendem:  Wencker  giebt  unmittelbar  davor  eine 
Abschrift  der  beiden  undatierten  kleinen  Briefe  Sleidans 
an  Gremp,  welche  er  auch  in  seinen  *Collecta  archin^ 
abgedruckt  hat  3),  und  welche  dann  von  Baumgarten  noch- 
mals veröffentlicht  und  mit  Recht  in  den  Juni  1555  gesetzt 
worden  sind*).  Am  Schluss  des  zweiten  Schreibens  steht 
nun  in  Wenckers  Kopie  noch  eine  kurze  Nachschrift,  welche 
in  den  Collecta  archivi  und  infolge  dessen  auch  bei  Baum- 
garten fehlt.    Sie  lautet  wörtlich:   »D.  Pfarr[er]  bis  admonui 


^)  Paur  135.  Ich  habe  nur  die  Ausgabe  von  1625  gesehen.  —  *)  Z.  B. 
giebt  er  die  Worte  »quid  illis  fingi  posset  sceleratius«  ebenso  wie  Beuther 
wieder:  »so  müssten  sie  die  heillosesten  Leut  uf  Erden  sein.c  Auch  hat  er 
das  bezeichnende  »und  tügen  gar  nichts«  anstatt  des  unverständlichen  »und 
sollen  gar  nit«  von  Beuther  übernommen.  —  •)  S.  441.  —  *)  Briefwechsel 
nr.   145  u.   146. 


Sleidan  und  seine  Kommentare. 


581 


de  meo  scripto,  sed  non  evocor,  et  sub  finem  adjeci  quiddam, 
quod  heri  ad  illum  misi,  collegis  ut  exhiberet.« 

Mit  dem  »scriptum«  ist  hier  sicherlich  die  deutsche 
Apologie  gemeint  und  das  nachträglich  an  den  Dreizehner 
Pfarrer  übersandte  »quiddam«  ist  eben  die  unten  abgedruckte 
»Additioc,  welche  sich  inhaltlich  dem  Schlussatz  der  Apo- 
logie  ganz  gut  angliedert.  Die  Übersendung  einer  Abschrift 
davon  an  Gremp  ist  leicht  erklärlich,  wenn  man  bedenkt, 
dass  eben  dieser  es  war,  der  durch  seine  Mitteilungen  vom 
Augsburger  Reichstag  Sleidan  zur  Abfassung  der  Apologie 
veranlasst  hatte. 

Die  »Additio«  sollte  dem  in  der  Hauptschrift  zu  wenig 
berücksichtigten  Vorwurf  der  Gegner,  dass  Sleidan  in  den 
Kommentaren  die  bedeutende  Persönlichkeit  und  den  Eifer 
des  Kaisers  in  der  religiösen  Frage  nicht  genügend  wür- 
dige, entgegentreten.  Die  etwas  pathetische  Weise,  in  der 
dies  geschieht,  würde  in  einem  vertraulichen  Schreiben 
gewiss  befremdend  wirken;  in  einer  für  die  Öffentlichkeit 
bestimmten  Verteidigungsschrift  erscheint  sie  dagegen  ganz 
angemessen.  Entkleidet  man  die  Erklärung  des  rhetorischen 
Schmucks,  so  sagt  Sleidan  im  Grunde  nur,  was  er  von 
seinem  Standpunkt  mit  gutem  Gewissen  verantworten 
konnte.  Er  vergiebt  sich  durchaus  nichts,  wenn  er  die 
imponierende  Machtstellung  und  das  Kriegsglück  Karls  V. 
unumwunden  anerkennt,  wie  er  es  schon  in  der  Vorrede 
an  den  Kurfürsten  August  von  Sachsen  gethan  hatte. 
Was  den  Vergleich  mit  Constantin  und  Karl  dem  Grossen 
angeht,  so  denkt  er  dabei  wohl  weniger  an  die  hervor- 
ragenden persönlichen  Eigenschaften  der  Herrscher  als 
vielmehr  an  die  Ähnlichkeit  ihrer  Machtstellung  und  an 
die  Bedeutsamkeit  der  Ereignisse,  die  sich  unter  ihrer 
Regierung  zugetragen  haben  ^).  Wenn  er  ferner  die 
»grosse  Bescheidenheit«  Karls  in  der  Behandlung  der  reli- 
griosen  Frage  rühmend  hervorhebt,  so  verschweigt  er 
allerdings,  dass  diese  Mässigung  —  wenigstens  vor  dem 
Jahre  1547  —  keine  freiwillige,  sondern  durch  die  poli- 
tischen Verhältnisse  erzwungene  war.    Dass  er  letzteres  sehr 


>)  lo    diesem  Sinne   ist   die  Parallele    auch    schon    in    der  Vorrede    an 
Kurfürst  August  gezogen  worden. 


582 


WiDckelmann. 


wohl  wusste,  zeigt  seine  früher  veröffentlichte  Oratio  ad 
Caesarem  J).  Indessen  wird  man  ihm  kaum  einen  Vorwurf 
daraus  machen  können,  dass  er  in  einer  apologetischen 
Schrift  nicht  für  gut  fand,  diese  Erzwungenheit  der  kaiser- 
lichen Milde  besonders  zu  betonen. 

Das  Fehlen  der  »Additioc  in  den  deutschen  Ausgaben 
der  Kommentare  hat  seinen  Grund  wohl  einfach  dann, 
dass  Stamler  das  Schriftstück  übersehen  oder  dessen  Zu- 
gehörigkeit zur  Apologie  nicht  erkannt  hat.  Vielleicht 
aber  hat  er  es  auch  deswegen  fortgelstösen,  weil  es  in 
Sleidans  lateinischer  Bearbeitung  nicht  steht.  Letztere 
Thatsache  erklärt  sich  wohl  aus  der  dem  Verfasser  nach- 
träglich aufgestossenen  Besorgnis,  der  Inhalt  der  additio  könne 
ihm  von  den  Evangelischen  als  unwürdige  Schmeichelei  dem 
Kaiser  gegenüber  ausgelegt  werden. 

Stamlers  Übersetzung  der  Kommentare  verdient,  ab- 
gesehen von  der  durch  sie  vermittelten  Kenntnis  des 
deutschen  Entwurfs  der  Apologie,  auch  deswegen  unsere 
Beachtung,  weil  sie  die  erste  und  einzige  von  Sleidan 
selbst  autorisierte  und  unterstützte  Verdeutschung 
des  Werkes  ist.     Ich  will  dies  des  Näheren  darlegen. 

Bekanntlich  war  es  bei  der  Bestellung  Sleidans  zum 
Geschichtsschreiber  der  Reformation  die  Absicht  der  evan- 
gelischen Stände  gewesen,  ein  Werk  zu  schaffen,  das  in 
lateinischer  und  deutscher  Sprache  den  Gelehrten  sowohl 
wie  der  grossen  Masse  des  Volkes  zugänglich  und  ver- 
ständlich sein  sollte^.  Im  Verlauf  der  Arbeit  aber  und 
besonders,  als  er  an  die  Beschreibung  der  Ereignisse  seit 
1546  kam,  stiegen  dem  Verfasser  wohl  Zweifel  auf,  ob  es 
ratsam  sei,  eine  deutsche  Ausgabe  zu  veranstalten.  Jakob 
Sturm  teilte  diese  Bedenken;  wenigstens  warnte  er  vor 
Übereilung  und  riet  zur  grössten  Vorsicht  bei  Wahl  des 
Übersetzers  •).  Die  über  Erwarten  heftigen  Angriffe,  welche 
Sleidan  dann  infolge  der  lateinischen  Ausgabe  erfuhr, 
machten  ihn  natürlich  einer  deutschen  Bearbeitung  erst 
recht  abgeneigt  und  auch  der  Magistrat  war  durchaus 
gegen    eine    solche.      In    seinem    Briefe    an    Stumpf   vom 


*)  Edition  von  Böhmer  146  fF.  —  *)  Baumgarten,   Sleidans  Leben  71  ff. 
^)  Briefwechsel  309. 


Sleidan  und  sdne  Kommetitire^ 


583 


»vember  1555 ')  erklärte  der  Verfasser  ausdrücklich,  er 
be  in  seiner  Historie  manches  geschrieben,  was  nur  für 
elehrtc  und  Staatsmänner  taug-e.  nicht  aber  für  die  bunte 

Um  so  peinlicher  wurde  er  durch  die  im  Herbst  1555 
diauchende  Nachricht  betroffen,  dass  in  Zürich  Stumpf, 
Basel  Pantaleon  mit  der  Verdeutschung  beschäftigt  seien, 
insichllich  des  ersteren  erwies  sich  das  Gerücht  allerdings 
i  falsch;  Pantaleon  aber  und  sein  Drucker  Brillinger 
sich  wirklich  weder  durch  die  Mahnungen  des  Strass- 
irger  Rats  noch  durch  die  Bitten  Sleidans  davon  abbringen. 
,  Frühling  tjsö  mit  einer  übereilten,  höchst  liederlichen 
bcrsetzung hervorzutreten').  Mit  banger  Sorge  beobachtete 
1  in  Strassburg  die  Folgen  dieses  Wagnisses.  Aber  siehe 
die  Wirkung  der  Publikation  war  bei  weitem  nicht  so 
blimm,  wie  man  befürchtet  halle,  während  der  buch- 
indlerische  Erfolg  trotz  der  grossen  Mängel  des  Werkes 
le  Erwartungen  übertraf.  Infolge  dessen  setzte  nun  Rihel 
le  Hebel  in  Bewegung,  um  auch  seinerseits  die  Erlaubnis 
r  Herausgabe  der  Kommentare  in  deutscher  Sprache  zu 
langen  und  die  Baseler  Ausgabe  zu  übertrumpfen.  Wenn 
■idan  schon  im  November  1555  an  Stumpf  schreibt,  Rihel 
)e  eine  deutsche  Edition  bereit  und  werde  sie  ausgeben, 
pbald  ihra  andere  zuvorzukommen  suchten,  so  ist  das 
ihl  eine  absichtliche  Übertreibung,  um  den  Züricher 
tiehrten  von  seinem  angeblichen  Vorhaben  abzuschrecken, 
ngefangen  aber  wird  die  Übersetzung  thatsächlich  schon 
iwesen  sein;  denn  am  1.  Juni  1556  war  sie  soweit  fertig. 
iBS  Rihel  um  die  Druckerlaubnis  beim  Magistrat  ein- 
immen  konnte.  Dieser  lehnte  jeut  die  Genehmigung  nicht 
lehr  grundsätzlich  ab,  verlangte  aber,  ohne  Gründe  anzu- 
iben,  dass  die  Drucklegung  noch  verschoben  würde»), 
ihel  fügte  sich  für  den  Augenblick,  hörte  jedoch  nicht 
zu  bitten  und  zu  drängen,  bis  er  endlich  im  Juni  1557, 
dreiviertel  Jahre  nach  Sleidans  Tode,  soweit  war.  die 
Übersetzung  auf  den  Markt  bringen  zu  können.  Ihr  Ver- 
leer,  Marcus  Stamler,  sagt  in  der  Vorrede  (an  den  Grafen 

')  Ebenda    jo8,    —   ■)  Bmingarteii,  Sleidsns  L«bea  loi.  Briifw.  309  ß- 
•}  Westdnitube  Zcilschiin  VII,  Kormpondeiublatt  S,   153 


584 


Winckelmann. 


Philipp  von  Hanau)  vom  13.  Juni,  er  habe  die  Arbeit  >auf 
das  fleissig  Anhalten  viler  guter  ehrlicher  Freund  und 
Gönnerc  unternommen.  Ich  bin  dabei  —  beteuert  er  — 
soviel  als  möglich  »bei  dem  einfaltigen  verstand  des  buch- 
stabens  bliben  und  mich  gewonlicher  art  zu  reden  gebraucht, 
auch  in  dem  des  authoris  bericht  in  verdolmetschung  diser 
historien,  so  ich  von  im  selbs  empfangen,  auf  das  fleissigest 
meines  besten  Vermögens  nachkommen,  die  geschichten 
weder  gescherpft  noch  gemiltert.  und  wiewol  ich  trost- 
licher hoffhung  gewesen,  soliche  mein  fürgenommene  arbeit 
lang  vor  diser  zeit  zu  gewünschtem  end  zu  füren  und  in 
den  truck  zu  bringen,  so  ist  doch  solichs  aus  zufelliger 
krankheit  des  authoris,  deren  dann  er  auch  entlich  gestorben, 
bis  anher  anstehn  bliben.  dieweil  aber  etliche  mitler  weil 
gleichwol  dem  authori  zuwider  darein  gefallen  und  diser 
historien  verteutschung,  wie  am  tag  liegt,  in  truck  geben, 
hab  ich  auf  das  fleissig  anhalten  vorgemelter  xäl  ehrlicher 
leut  und  guter  günner  dise  mein  translation  und  ver- 
teutschung, mit  vorwissen  und  verwilligung  des  authoris 
und  dessen  empfangen  bericht  fürgenomen,  nit  lenger 
verhalten  sonder  inen  zu  gefallen  sein  und  an  tag  geben 
wollen.« 

Nach  diesen  Mitteilungen,  die  im  allgemeinen  wohl 
Glauben  verdienen,  hat  also  Sleidan  die  Arbeit  Stamlers 
mit  Rat  und  That  unterstützt,  und  zwar  ist  seine  Beihilfe 
wahrscheinlich  noch  dem  grössten  Teil  der  Übersetzung  zu 
statten  gekommen,  da  Rihel,  wie  wir  sahen,  schon  im  Juni 
1556  den  Druck  beginnen  wollte.  Sleidans  Krankheit  und 
Tod  sind  meines  Erachtens  an  der  Verzögerung  der  Aus- 
gabe weniger  schuld  gewesen  als  die  Bedenken  des 
Magistrats.  Stamler  wollte  dies  nur  nicht  öffentlich  aus- 
sprechen; daher  die  Entschuldigung  mit  der  Krankheit  des 
Autors »). 

Wer  war  nun  dieser  Gelehrte,  dem  man  die  wahrlich 
nicht  leichte  Aufgabe  2)  einer  Übersetzung  der  Histone 
anvertraut  hatte? 

')  Nach  Briefwechsel  XXIX  war  Sleidans  Krankheit  bis  Mitte  Sep- 
tember nur  eine  leichte,  die  ihn  an  seinen  Arbeiten  nicht  hinderte.  Damit 
stimmt  es  auch,  dass  seine  im  26.  Buch  veröffentlichten  Aufzeichnungen  über 
zeitgenössische  Ereignisse  bis  Mitte  September  reichen.  —  *)  Wie    hohe  An- 


Sleidan und  seine  Kommentare.  C85 

Marcus  Stamler  war  nach  seiner  eigenen  Angabe  aus 
Augsburg  gebürtig  >)  und  weilte  zu  Anfang  des  Jahres  1555 
als  Licentiat  der  Rechte  bei  dem  einflussreichen  Stadt- 
advokaten Ludwig  Gremp  in  Strassburg,  ob  blos  als  Gast 
oder  als  Gehilfe  oder  in  beiden  Eigenschaften  zugleich,  ist 
vorläufig  nicht  zu  ermitteln^).  Am  11.  Februar  1555  bewarb 
er  sich  um  das  erledigte  Amt  des  »Redners«,  »Für- 
sprechers« oder  »Procurators«  am  grossen  Rat  und  erreichte 
wirklich,  dass  man  ihn  am  3.  April  probeweise  auf  ein 
Vierteljahr  anstellte,  obwohl  er  den  regierenden  Herren 
bis  dahin  ganz  unbekannt  war.  Den  Ausschlag  für  ihn 
gab  die  Empfehlung  Gremps,  der  ihn  als  einen  »frommen, 
stillen  Gesellen«  bezeichnete,  welcher  »ziemlich  wohl  studiert 
habe«.  Die  Frage,  ob  er  gerade  für  das  Redneramt  geeignet 
sei,  liess  Gremp  allerdings  vorsichtiger  Weise  offen,  und 
in  der  That  scheint  sich  Stamler  nicht  recht  bewährt  zu 
haben;  denn  als  er  kurz  vor  Ablauf  der  Probezeit*)  um 
Entscheidung  über  seine  endgiltige  Anstellung  bat,  weil 
es  ihm  beschwerlich  sei,  »länger  also  ohne  sein  Weib  und 
Haushaltung  hie  zu  wohnen«,  erhielt  er  zunächst  eine  aus- 
weichende Antwort  und  am  13,  Juli  erfolgte  die  Anstellung 
seines  Mitbewerbers  Haberberger,  mit  'der  Begründung, 
derselbe  habe  der  Stadt  schon  längere  Zeit  gedient,  sei 
der  älteste  von  den  Kandidaten  und  in  der  Praxis  besser 
bewandert  als  Stamler,  dessen  Gelehrsamkeit  man  im 
übrigen  bereitwilligst  anerkannte*).  Man  gab  ihm,  da  er 
gern  in  Strassburg  bleiben  wollte,  am  20,  Juli  das  weniger 
bedeutende  Amt  des  Procurators  am  kleinen  Rat.  Um 
dieselbe  Zeit   wird   dann    wohl   von   Rihel    der  Antrag   an 


fordeniDgen  Sleidan  an  einen  Obersetzer  stellte,  zeigt  seine  interessante 
Äusserung  im  Briefwechsel  S.  316.  Vgl.  auch  über  Jakob  Sturms  Ansicht 
ebenda  S.  309. 

*)  Vgl.  die  Angabe  auf  dem  Titelblatt  der  Übersetzung  und  die  Unter- 
schrift der  Vorrede.  Herr  Stadtarchivar  Dr.  BufT  in  Augsburg  teilte  mir  auf 
Anfrage  freundlichst  mit,  dass  zu  jener  Zeit  zwei  verschiedene  Familien 
Stamler  in  Augsburg  vorhanden  waren;  auch  ein  Marcus  findet  sich,  doch 
ist  derselbe  spätestens  1554  gestorben.  Der  unserige  wird  wohl  schon  in 
jungen  Jahren  die  Heimat  verlassen  haben.  —  *)  Die  uns  als  Quelle  dienende 
Stelle  des  Strassb.  Ratsprotokolls  (1555  f.  131,  April  3)  besagt,  man  habe 
sich  bei  Ludwig  Gremp,  »bei  dem  er  ist«,  über  ihn  erkundigt.  —  ')  Am 
24.  Juni.     Ratsprot.  f.  253.  —  *)  Ebenda  f.  266  ff. 


586 


Winckelmann. 


ihn  gelangt  sein,  Sleidan  zu  übersetzen.  Als  »frommer, 
stiller  Geselle«,  der  mehr  für  gelehrte  Thätigkeit  als  für 
die  juristische  Praxis  taugte,  mochte  er  gerade  für  diese 
Arbeit  besonders  brauchbar  erscheinen.  Weiteres  über  ihn 
ist  mir  bisher  nicht  bekannt  geworden. 

Eine  genaue  Prüfung  seiner  Übersetzung  vorzunehmen, 
fehlte  es  mir  an  Zeit;  auch  ist  es  fraglich,  ob  die  mühsame 
Untersuchung  sich  verlohnen  würde.  Durch  zahlreiche 
Stichproben  habe  ich  jedenfalls  den  Eindruck  erhalten,  dass 
Stamler  seine  Aufgabe  im  ganzen  gewissenhaft  und  mit 
Geschick  gelöst  hat.  Hie  und  da  klammert  er  sich  viel- 
leicht etwas  zu  ängstlich  an  seine  lateinische  Vorlage  und 
ist  dann  manchmal  im  Ausdruck  und  Stil  etwas  ungelenk; 
doch  habe  ich  wenig  Stellen  gefunden,  wo  er  aus  Unver- 
stand den  Sinn  von  Sleidans  Worten  wesentlich  verdreht 
hätte.  Absichtliche  Entstellungen,  Auslassungen  und  Zu- 
sätze, wie  Pantaleon  sie  sich  erlaubt  hat,  scheinen  bei 
Stamler  gar  nicht  vorzukommen.  Als  Grundlage  seiner 
Übersetzung  benutzte  er,  wie  sich  z.  B.  aus  seiner  Wieder- 
gabe der  oben  erwähnten  Stelle  über  den  Kanzler  Seid 
ergiebt,  nicht  die  erste  Ausgabe  der  Kommentare,  sondern 
die  verbesserte  zweite. 

Der  Verleger  Rihel  hatte  sich  nicht  darin  verrechnet, 
dass  er  mit  seiner  deutschen  Ausgabe  ein  gutes  Geschäft 
machen  würde.  Die  Nachfrage  nach  der  Stamler'schen 
Übersetzung  war  eine  so  rege,  dass  schon  1558  eine 
zweite,  1559  eine  dritte  Auflage  nötig  wurde  ^).  Und  dies 
trotz  des  Wettbewerbs,  der  dem  Werk  gleich  nach  seinem 
Erscheinen  durch  eine  Neuausgabe  Pantaleons  in  Basel 
und  durch  die  Übersetzung  des  Pfarrers  Israel  Achacius 
aus  Heilbronn  ^)  erwuchs.  Letztere  ist  mit  einer  vom 
24.  August  1557  datierten  Vorrede  dem  Strassburger  Rat 
gewidmet.  Da  sie  nur  zwei  Monate  später  als  Stamler 
erschien,  so  ist  an  ein  Plagiat  natürlich  nicht  zu  denken. 
Vielmehr  steht  Achacius  durchaus  auf  eigenen  Füssen; 
nur   die   Apologie   hat   er   wörtlich   von   Stamler   entlehnt 


*)  Die  Strassb.  Univ.    u.  Landesbibliothek   besitzt   alle  drei  Ausgabeo. 

Paur  133    scheint   den  Druck    von    1559    nicht   zu   kennen.  —   *)  Gedruckt 

1557    zu    Pforzheim    bei    Georg    Rabe  (fol.)    (Strassb.  Univ.  u.  Landesbibl.). 
Vgl.  Paur  133. 


!  KommenUTe. 


5B7 


»lUender  hat  schon  vor  einigen  Jahren  eine  Notiz  ver- 
^tentlicht  1),  wonach  der  Strassburger  Prediger  Melchior 
pecker  dem  Rat  am  18.  September  1557  die  Sleidan- 
Ibersetzung  eines  ungenannten  Pforzheimer  Geistlichen 
Iberreichte.  Dieses  Werk  ist  natürlich  kein  anderes  als 
las  eben  besprochene.  Der  Rat  bewilligte  dem  Verfasser 
hr  die  Widmung  ein  Gnadengeschenk  von  einem  »Schilling- 
lialer*. 

Man  gestatte  mir  hier  noch  einige  Bemerkungen  über 
|as  26.  Buch  der  Kommentare.  Bekanntlich  enthielten  die 
irsten  Ausgaben  nur  2$  Bücher,  in  denen  die  Erzählung 
i  Ende  Februar  1555  reichte.  Das  26.  Buch  findet  sich 
licht,  wie  Paur  angiebt'j,  zuerst  in  der  Folioausgabe  von 
'559*  sondern  bereits  in  der  Oktavausgabe  von  1558»). 
Sur  Erläuterung  heisst  es  auf  dem  Titelblatt:  »Nunc  primum 
pigesimus  sextus  über  accessit,  quem  author  ipse  post  pri- 
I  editionem  conscribere  coepit  et  usque  ad  profectionem 
^esaris  in  Hispaniam*)  perduxit'.  An  der  Autorschaft 
Üeidans  zu  zweifeln,  liegt  meines  Erachten»  kein  Anlass 
nur  ist  es  fraglich,  ob  der  Unbekannte,  welcher  im 
auftrage  des  Verlegers  das  26.  Buch  für  den  Druck  ber- 
ichtete und  am  Schluss  die  Notiz  über  SIeidans  Tod  hinzu- 
g-te*),  das  Manuskript  unverändert  und  unverkürzt  gelassen 
lat.  Merkwürdiger  Weise  hat  sich  Am  Ende  in  seiner  viel 
mrühtnten  Ausgabe  der  Kommentare  über  das  26.  Buch 
t  keiner  Silbe  ausgesprochen;  ja  er  giebt  nicht  einmal 
n,  welche  Edition  er  für  seinen  Abdruck  benutzt  hat. 

Vk^r  kehren  nunmehr  zu  Sleidan  selbst  und  dem  ersten 
^olg  seines  Werkes  zurück.  Wie  schon  sein  Brief- 
pechsel    lehrt,    sind    ihm    neben    zahlreichen  Äusserungen 

'1  Ki»Tetpond«nibl«U  der  Wesld^utschen  ZeitKhrift,  Vit,  1 53,  — 
Sehe  III  n.  J  und  130.  —  ')  Strusb.  Univcn.  u.  Landrabitil.  Bi^uiher 
1  in  der  Widmnng  seiner  Oliersetzuiig  an  den  Grafen  Philipp  von  Rheirieclc 
■  14-  Mira  tJSS,  er  h.ibc  von  dem  16.  Buch  schon  gehört,  «  aber  noch 
bl  enehen.  Deutsch  ist  es  ebenfnlls  luersi  iSjS,  und  x<r>r  in  SUmlen 
Ibenetzung  crichieneD.  Im  fnlgenden  Jahre  druckte  ci  Benthcr  nach,  — 
,  Kula  Abreise  nach  Spsnieo  erfnigte  am  15.  Sept.  1S56.  —  >)  Vittleicht 
it  M  Jcniia  Ribel  sdbst^  Baumearien  irrt  sicli,  wenn  «r  meint  (Lebeo 
ydacit  104.  Briefw.  XXVtlt),  dais  erit  die  Anieabe  von  Th.  Conrlean 
(59  dal  36.  Buch  mit  der  Seh  laubein  eTkung  Ober  Sleidvi»  Tod  gebi 
,  und  deshalb  die  Zuverlüsiekclt  der  letiteren  aniweihlt. 


inchl  ^^ 


c88  Winckelmann. 

des  Missfallens  doch  auch  viele  anerkennende  und  auf- 
munternde Schreiben  zugegangen ').  Und  manche  Freunde 
beschränkten  sich  nicht  auf  allgemeine  Lobeserhebungen, 
sondern  bethätigten  ihr  Interesse  auch  durch  Zusendungen 
von  Berichtigungen  und  Hinweisen  auf  einzelne  Mängel, 
wie  z.  B.  Fugger  und  namentlich  Calvin*).  Zu  ihnen 
gehört  auch  der  Züricher  Prediger,  Heinrich  BuUinger, 
dessen  eigenhändige  Berichtigungen  durch  einen  andern, 
nicht  genannten  Züricher  Gelehrten  an  Sleidan  geschickt 
wurden.  Der  Brief  dieses  Anonymus  ist  undatiert,  muss 
aber,  wie  wir  sehen  werden,  im  Sommer  1556  geschrieben 
sein.     Er  ist  in  Abschrift  VVenckers  erhalten  •)  und  lautet: 

»Clarissime  vir.  meo  suasu  et  rogatu  d.  BuUingerus 
(qui  totam  hanc  historiam  exacte  novit)  illa,  in  quibus  te 
vidit  errasse,  castigavit.  mitto  tibi  ipsius  manum;  quaedara 
hincinde  addidi  (ut  vides),  quo  melius  intelligas.  si  nostrura 
officium  tibi  non  ingratum  esse  intellexero,  dabo  posthac 
plura«. 

Darauf  folgen  dann  von  dem  Anonymus  selbst  her- 
rührende Berichtigungen  einiger  auf  schweizer  Geschichte 
und  Verhältnisse  bezüglicher  Stellen  und  Kommentare. 
Sie  sind  nicht  von  so  allgemeinem  Interesse,  dass  es  sich 
verlohnen  würde,  sie  hier  abzudrucken.  Unter  anderra 
werden  Sleidan s  Angaben  über  die  zur  Eidgenossenschaft 
gehörigen  Kantone,  über  den  zweiten  Kappeier  Krieg  und 
über  Zwingiis  Lebensalter  einer  Prüfung  unterzogen.  So- 
dann weist  der  Verfasser  für  die  Fortsetzung  des  Werks 
auf  einige  Ereignisse  des  letzten  Jahres  hin,  wie  z.  B.  auf 
Martyrs  Berufung  nach  Zürich  an  Pellikans  Stelle,  woraus 
sich  ergiebt,  dass  der  Brief  frühestens  im  Juli  1556 
geschrieben  sein  kann.  Zum  Schluss  führt  der  Anonymus 
noch  einige  schweizerische  Vorkommnisse  der  zwanziger  und 
dreissiger  Jahre  auf,  die  er  in  den  Kommentaren  vermisst 
hat  und  bei  einer  neuen  Auflage  gern  berücksichtigt  sehen 


»)  Vgl.  u.  a.  Briefw.  S.  287,  297,  300.  —  *)  Ebenda  nr.  148,  149» 
159.  —  ^)  Thom.  Arch.  Varia  eccl.  XI,  572  b.  Die  Kopie  steckt  mitten  in 
der  Abschrift  der  gleichzeitig  zur  Verbesserung  der  Kommentare  übersandten 
Notizen,  deren  Reihenfolge  übrigens  auch  verkehrt  ist.  Das  kommt  oflfenbir 
daher,  dass  Wenckers  Vorlage,  wie  er  selbst  mitteilt,  in  einem  Heft  bestand, 
dessen  Blätter  falsch  geheftet  waren. 


Sleidanund  seine  Kornmentare.  cgo 

öchte.  Alle  diese  Bemerkungen  verraten  eine  so  innige 
ertrautheit  mit  der  eidgenossischen  Geschichte,  dass  ich 
ir  als  ihren  Urheber  kaum  einen  Andern  denken  kann 
s  Johann  Stumpf,  den  berühmten  Züricher  Geschichts- 
hreiber,  den  Sleidan,  wie  schon  erwähnt,  im  November 
i55  fälschlich  im  Verdacht  hatte,  eine  Übersetzung  der 
ommentare  vorzubereiten. 

Den  eigenhändigen  Verbesserungsvorschlägen  BuUin- 
jrs,  welche  sich  fast  ausschliesslich  und  sehr  eingehend 
it  Sleidans  Darstellung  des  Kappeier  Kriegs  von  1531 
»schäftigen,  fugte  unser  Anonymus,  in  dem  wir  Stumpf 
jrmuten,  noch  folgende  weitere  Begleitworte  bei*):  »Haec 
t  manus  d,  Bullingeri.  adjeci  ego  quaedam  quae  te 
opter  locorum  inscitiam  remorari  potuissent.  de  veritate 
5  dubites.  nam  si  quisquam  est  apud  nos  qui  hanc  histo- 
im  perspectissimam  habet,  certe  d.  Bulling[erus]  est,  qui 
nnes  literas  habet,  multorum  historias  legit  et  omnium 
»nsiliorum  fuit  conscius.  si  quis  hanc  historiam  pro  digni- 
te  narrare  vellet,  vix  multis  libris  eam  posset  absolvere. 
it  enim  bellum  atrox  et  memorabile.  accusantur  falso  in 
ultis  Tigurini.  reperire  est  non  paucos  inter  nostros,  qui 
usam  quinque  pagorum  defendant.  ex.  his  pauculis  tua 
aendare  poteris.  non  mirum  est  aberrare  omnes  illos  qui 
cum,  in  quo  gestum  est  praelium,  non  viderunt.  cuperem 
Item  hanc  historiam  vere  discere  te.« 

Bullingers  Bemerkungen  stimmen  im  wesentlichen  zu 
T  ausfuhrlichen  Schilderung,  die  er  selbst  in  seiner 
gformationsgeschichte  2)  von  dem  Verlauf  des  Krieges 
tworfen  hat.  Sie  hier  zu  veröffentlichen,  hätte  um  so 
jniger  Zweck,  als  bereits  Paur »)  auf  Sleidans  Ungenauig- 
it  betreffs  dieser  Dinge  und  auf  Bullingers  abweichende 
irstellung  im  einzelnen  hingewiesen  hat. 

Sleidan  wird  die  ebenso  wohlwollenden  als  sachkun- 
jen  Belehrungen  der  Schweizer  gewiss  mit  Freude 
id  Dank  entgegengenommen  haben.  Doch  war  es 
m  nicht  mehr  vergönnt,   sie  zu   verwerten,   da  ihn   bald 


*)  Ebenda  f.  570.  —  «)  Ed.  Hottinger  u.  Vögeli,  Frauenfeld  1838—40. 
*)  Sleidans  Kommentare  p.  105  ff. 


590  Winckelmann. 

nachher    die    tückische    Krankheit    ergriflF,     der    er    am 
31.  Oktober  1556  erlag. 

Nicht  gegen  den  Verfasser  selbst,  wohl  aber  gegen 
seinen  Übersetzer  und  Fortsetzer  Pantaleon  wandte  sich 
eine  Beschwerde,  welche  die  Stadt  Antwerpen  am  8.  Januar 
1558  an  den  Strassburger  Rat  richtete^).  Sie  enthält  bittere 
Klagen  über  die  Unwahrheiten,  die  der  Baseler  in  seinem 
Anhang  zu  den  Kommentaren  über  die  Antwerpener  Vor- 
gänge von  1555  und  1557  verbreitet  habe*).  Es  folgt 
dann  eine  Schilderung  des  wahren  Sachverhalts  und  die 
dringende  Bitte,  bei  einer  neuen,  bis  auf  die  jüngste  Zeit 
fortgesetzten  Ausgabe  der  Kommentare,  welche,  wie  man 
höre,  in  Vorbereitung  sei,  auf  diese  Berichtigungen  Rück- 
sicht zu  nehmen.  Hiernach  hatte  also  Antwerpen  von  der 
beabsichtigten  Veröffentlichung  des  26.  Buchs  Kenntnis 
erhalten.  Ob  infolge  dieses  Schreibens  irgend  welche 
Bemerkungen  Sleidans  über  Antwerpen  vor  der  Druck- 
legung des  Manuskripts  gestrichen  worden  sind,  wissen 
wir  nicht.  Jedenfalls  ist  die  niederländische  Handelsstadt 
im  26.  Buch  nur  ein  einziges  Mal  kurz  erwähnt,  und 
zwar  bei  Gelegenheit  des  Einzugs  Konig  Philipps  am 
18.  Januar  1556*). 

Dass  Sleidans  Werk  auch  in  Frankreich  ungemeines 
Aufsehen  erregte  und  viel  verkauft  wurde,  ist  schon  aus 
verschiedenen  Stellen  des  Briefwechsels  bekannt*).  >Wenn 
10 000  Exemplare  vorhanden  wären,  schrieb  ein  Gönner 
des  Verfassers,  so  würden  sie  in  weniger  als  einer  Stunde 
vergriffen  sein»  *).  Derselbe  Freund  sandte  ihm  Akten  zur 
Fortsetzung  der  Geschichte.  Femer  erhielt  Sleidan  aus 
Paris  folgende,  bisher  unbekannte  Zeilen  eines  ungenannten 
Verehrers«): 


^)  '557  »braban tischen  Stils«.  Eine  deutsche  Übersetzung  dieses  Briefs 
von  der  Hand  des  Stadtschreibers  Empfinger  ist  im  Str.  Stadtarch.  IV,  122. 
Wencker  in  Varia  eccl.  XI,  569b,  (Thom.  Arch.)  giebt  eine  kurze  Inhalts- 
übersicht. —  2)  Vgl.  Pantaleons  deutsche  Ausgabe  von  1557  p.  776  u.  799- 
—  3)  Komm,  III,  532.  —  *)  Vgl.  besonders  S.  303.  —  *)  Briefw.  nr.  167. 
Höchst  wahrscheinlich  ist  der  unbekannte  Schreiber  dieses  aus  Bar  stammen- 
den Briefs  identisch  mit  dem  weiter  unten  erwähnten  Mr.  de  Chambray  iß 
Bar.  —  «)  Thom.  Arch.  Varia  eccl.  XI,  f.  575.  Abschrift  oder  Auszug 
Wenckers. 


Sleidan  and  seine  Kommentare. 


591 


»Vostre  histoire  merite  d'estre  mieulx  imprim^e  qu'elle 
jst,  scavoir  est  en  plus  grand  papier,  plus  beau  et  mieulx 
tt6e  en  la  marge  par  chascun  an;  car  beaucoup  le  desi- 
it  ainsi  etc.  de  Paris  le  premier  de  juin  1556.« 

Doch  überwogen  natürlich  in  den  herrschenden  katho- 
chen  Kreisen  Frankreichs  die  missgünstigen  und  gehässigen 
teile.  Sogar  erbitterte,  persönliche  Feindschaft  hat  sich 
r  Autor  durch  gewisse,  unvorsichtige  Äusserungen  zu- 
zogen.   Deis  zeigt  uns  der  folgende  merkwürdige  Brief); 

»Michel  Savaige  k  Mr.  de  Chambray  k  Bar.  1556 
"ense?]  jun. 

Monsieur,  moy  estant  a  Paris  j'ai  entendu  de  gens 
jnes  de  foy,  que  maistre  Sleidanus  estoit  menace  k  cause 
/il  a  parle  en  son  histoire  de  madame  la  seneschalle   et 

ses  deux  beaux  fils on   dit  qu'on  a  delibere   de 

yr  faire  ung  mauvais  tour,   pourquoi,   si  vous   le  trouvez 
•n,  le  ferez  advertir  qu'il  soit  sur  ses  gardes.« 

Die  Äusserung  Sleidans,  auf  welche  hier  angespielt 
rd«),  ist  in  der  That  derart,  dass  der  Zorn  der  »Madame 
ineschal«  —  womit  die  mächtige  Maitresse  des  Königs, 
lana  von  Poitiers,  gemeint  ist  —  und  ihrer  Schwieger- 
hne,  Claude  d*  Au  male  und  Robert  de  la  Mark,  wohl  be- 
eiflich  erscheint.  Wie  man  weiss,  war  Claude  1552  von 
Ibrecht  von  Brandenburg,  Robert  1553  von  den  Kaiser- 
:hen  gefangen  genommen  worden.  Nun  erzählt  Sleidan, 
gehe  das  Gerücht,  Diana  habe  sich,  um  das  hohe  Löse- 
nd für  ihre  Schwiegersohne  aufzubringen,  im  Jahre  1553 
)m  König  die  konfiscierten  Güter  der  zum  Tode  ver- 
teilten Hugenotten  schenken  lassen,  und  dadurch  erkläre 
:h  die  besonders  grausame  Ketzerverfolgung  jenes  Jahres, 
er  dann  folgende  Zusatz  »equidem  hoc  affirmare  nolim, 
d  usu  venit  nonnunquam  in  Galliis  et  aliis  locis,  ut 
>minum  innocentium  sanguis  non  modo  voluptati  sed 
iam  quaestui  sit  nonnuUis«,  ist  kaum  geeignet,  die  vorauf- 
igangene  schwere  Beschuldigung  abzuschwächen,  welche 
eidan  hier  —  gegen  seine  sonstige  Gepflogenheit  —  auf 
osse  Gerüchte    hin    erhoben   hat.     Der  obige  Schlussatz 


>)  Ebenda  f.  575.  —  •)  Comm.  ed.  Am  Ende  III,  443. 
Z«itschr.  f.  Gesch.  d.  Oberrh.  N.F.  XIV.  4.  39 


CQ2  Winckelmann. 

zeigt  übrigens  unverkennbar,   wie  schlecht  Sleidan  damak 
auf  Frankreich  zu  sprechen  war. 


Eine  in  den  bisherigen  Arbeiten  über  Sleidan  nur 
flüchtig  gestreifte  Seite  seiner  Wirksamkeit,  welche  wir 
noch  näher  betrachten  wollen,  liegt  auf  dem  Gebiete  des 
Strassburger  Schulwesens  i). 

Zur  Oberleitung  und  Beaufsichtigung  desselben  war 
während  der  Reformation  bekanntlich  der  dreigliederige 
Ratsausschuss  der  Scholarchen  gebildet  worden,  in 
welchem  der  grosse  Stettmeister  Jakob  Sturm  bis  an  sein 
Lebensende  eine  so  überaus  segensreiche  Thätigkeit  ent- 
faltete. Nach  dessen  Tode  bestimmte  der  Rat  Jakobs 
Bruder  Peter  Sturm  zum  Nachfolger,  während  die  beiden 
andern  Stellen  wie  bisher  mit  den  Herren  Jakob  Meyer 
und  Friedrich  v.  Gottesheim  besetzt  blieben.  Alle  drei 
waren  ohne  Zweifel  sehr  erfahrene,  einsichtige  Männer,  die 
aber  doch  über  eine  so  gründliche,  gelehrte  Bildung,  wie 
sie  Jakob  Sturm  besessen,  schwerlich  verfügten«).  Über- 
dies war  nach  Ausweis  der  Protokolle  bald  der  eine,  bald 
der  andere  durch  Krankheit  oder  dringende  Geschäfte  an 
der  Ausübung  seiner  Amtspflichten  verhindert.  Daher  kam 
man  auf  den  Gedanken,  in  schwierigeren  Fällen,  auch  ausser- 
halb des  Kollegiums  stehende,  sachverständige  Gelehrte 
zur  Mitarbeit  heranzuziehen,  und  da  schien  niemand  geeig- 
neter als  Sleidan,  dessen  Bestallung  ja  eine  Heranziehung 
zu  diesen  Geschäften  keineswegs  ausschlösse).    Zum  ersten- 

• 

')  Vgl.  Baumgarten,  SIeidans  Leben  93,  Hollaender  in  dieser  Zeitschrift 
N  F.  IV,  342.  —  «)  Über  Peter  Sturms  Thätigkeit  in  der  äusseren  Poliük 
giebt  die  Polit.  Korr.  Strassburgs  III  näheren  Aufschluss.  Er  war  wie  sein 
Bruder  Jakob  ein  Schüler  Wimpfelings  und  hatte  in  Freiburg  und  Heidel- 
berg studiert,  oline  indessen,  wie  es  scheint,  eine  akademische  Würde  zu 
erlangen.  Ich  hoffe  über  ihn  demnächst  in  anderem  Zusammenhange  noch 
weiteres  beizubringen.  Über  Jakob  Meyer  enthält  die  Polit.  Korr.  ebenfalls 
beträchtliches  Material.  Er  bekleidete  viermal  die  Ammei sterwürde  und  starb 
am  I.  April  1567  (Stadt.  Arch.,  Notiz  im  Ratsbuch).  Friedrich  von  Gottes« 
heim  (f  1581)  stammte  aus  Hagenau  und  hatte  sich  erst  1528  in  Strassburg 
niedergelassen;  er  wurde  1547  zum  Einundzwanziger  gewählt,  1548  zum 
Fünfzehner,  15  51  zum  Dreizehner  (Ratsprot.).  Er  gehörte  nicht  zum  Patri- 
ziat, sondern  war  als  Grosskaufmann  Mitglied  der  Spiegelzunft.  —  ')  Vgl. 
oben  571   Anm.   i. 


Sleidan  und  seine  Kommentare.  ^qj 

male  begegnet  er  uns  in  dem  Protokoll  der  Scholarchen 
vom  20.  Dezember  1553  *).  Dort  wird  berichtet,  dass  er 
den  Petrus  Martyr  Vermigli,  der  früher  schon  in  Strass- 
burg  gelehrt  hatte  und  jetzt  von  neuem  für  die  Schule 
gewonnen  werden  sollte,  bei  den  Scholarchen  eingeführt 
habe  2).  Martyrs  Anstellung  wurde  damals  von  allen  freier 
denkenden  Männern  in  Strassburg  sehnlichst  gewünscht; 
nur  der  Kirchenkonvent  unter  dem  Einfluss  des  streng 
lutherischen  Marbach  widerstrebte,  weil  er  der  kon- 
fessionellen Zuverlässigkeit  des  Kandidaten  nicht  traute. 
Doch  gelang  es  diese  Bedenken  glücklich  zu  überwinden, 
wozu  Sleidan  als  alter  Freund  Martyrs  das  Seinige  nach 
Kräften  beitrug').  Eine  andere  Schwierigkeit  mehr  äusser- 
licher  Art  bot  die  Bereitstellung  der  erforderlichen  Mittel 
für  den  Unterhalt  des  neuen  Professors.  Aber  auch  hier 
fand  sich  ein  Ausweg.  Ein  Kanonikus  des  Thomasstifts, 
Namens  Hieronymus  Bopp,  hatte  sich  nämlich  dadurch 
missliebig  gemacht,  dass  er  einen  ihm  erteilten  grösseren 
Urlaub  nach  Frankreich  nicht,  wie  man  erwartet  hatte, 
für  humanistische,  sondern  für  medizinische  Studien  ver- 
wendete und  trotz  wiederholter  Aufforderungen  nicht  heim- 
kehrte*). Daraufhin  konnten  die  Scholarchen,  denen  das 
Präsentationsrecht  bei  diesem  Kanonikat  zustand,  mit  Fug 
und  Recht  verlangen,  das  Kapitel  solle  dem  Bopp  die  Ein- 
künfte seiner  Pfründe  entziehen  und  einem  Andern  zu- 
weisen, den  man  noch  benennen  werde.  Dieser  Antrag 
wurde  den  Stiftsherren  am  13.  Januar  1554  durch  Sleidan 
unterbreitet*),  dessen  eigenhändige,  bisher  unbekannt 
gebliebene  Aufzeichnung  darüber  wörtlich  folgendermassen 
lautet«): 


*)  Thomas- Archiv.  —  *)  Der  Italiener  Petrus  Martyr,  welcher  als 
Theologe  der  Bucer'schen  Richtung  angehörte,  hatte  von  1 542 — 47  in  Strass- 
burg gewirkt  und  war  dann  einem  Rufe  nach  England  gefolgt.  Von  dort 
durch  die  Reaktion  unter  der  Königin  Maria  vertrieben,  war  er  gerade  am 
Todestage  Jakob  Sturms  wieder  in  Strassburg  eingetroffen,  vom  Rektor 
Johannes  Sturm,  Sleidan  und  andern  Freunden  herzlich  willkommen  geheissen. 
Vgl.  Sleidan,  Komm.  III,  438,  Ch.  Schmidt,  Petrus  Martyr  Vermigli  (1858). 
Knod,  Die  Stiftsherren  von  St.  Thomas  (1892)  p.  15,  Baumgarten,  Sleidans 
Briefwechsel  230,  235,  265,  268.  —  »)  Schmidt  a.  a.  O.  140  ff.  Marbachs 
Tagebuch  (Thom.  Arch.)  f.  119  h,  124.  —  *)  Knod  a.  a.  O.  34.  —  ^)  Scho- 
larchen-Protokoll (Thom.  Arch.)  —  ^)  Thom.  Arch.  1.   15.  Orig. 

39* 


CQA  Winckelmann. 

»Quae  in  mandatis   mihi   dederunt   scholarchae  propo- 
nenda  coUegio  S.  Thomae,  sunt  ista: 

Senatus  iampridem  edicto  municipali  i)  cavit,  ut  cum  in 
aliis  tum  in  hoc  praecipue  divi  Thomae   coUegio   nemo  ad 
uUius  praebendae  possessionem  admitteretur,    nisi  canonice 
prius  examinatus,  et  qui  iureiurando  interposito  promitteret, 
se  in  eo  vel  ecclesiae  vel  scholae  offitio  inserviturum  esse, 
quod  sibi  injungeretur;   idque   quantum    ad   hoc   collegium 
attinet,  ad  hunc  usque  diem   inviolate   est   servatum.   cum 
autem    canonicalis    praebenda    in   hoc    coUegio    forte   per 
scholarchas    esset   conferenda,   praeteritis    aliis   Hieronymi 
Boppii  fuit  ab  eis  tunc  habitus  respectus,  non   tarn  quod 
pater  eius  multa  pollicebatur,   quam  quod   adolescens  ipse 
bonam  de  se  spem  praeberet.    atque  ita  conditionibus  iam 
commemoratis  fuit  ei  canonicatus  ille  a  scholarchis  collatus. 
ipse  autem  vicissim  patre  suo  praesente   et  volente  iuravit 
se  conditionibus  illis  esse  staturum  et  ea  ratione  est  etiam 
in  possessionem  admissus.   post  annos  etiam  aliquot  Witte- 
berga  reversus  patre  licet  mortuo  memor  tamen  iurisiurandi 
non    solum   concionandi    munus,    cui   destinatus    erat,  non 
detrectavit  sed  aliquandiu  etiam    diligenter  et   non   infoeli- 
citer  obivit.  postea  vero  propter  causas  scholarchis  ignotas, 
relicta  iam  suscepta  functione  et  mutato    consilio  profectus 
est  in  Gallias  et  ibi  medicinae  coepit  operam  dare,  quam  vis 
non  alio  pacto  fuisset  a  collegio  dimissus,  quam  ut  ea  solum 
studia  persequeretur,  quae  theologo  maxime   essen t   profu- 
tura.  nee  id  solum  nescientibus  scholarchis  et   vobis  invitis 
attentavit  sed  iam  in  quartum  etiam  annum,  licet  non  semel 
publice  revocatus,  istic  haerere  non  veretur.   quoniam  autem 
hoc  contra  leges  et  contra  iusiurandum  facit  et  aliis  exemplo 
suo  fortassis  idem  aliquando  moliendi  praebere  posset  occa- 
sionem,  et  ecclesia  maxime  hoc  tempore  idoneis  habet  opus 
ministris,  decreverunt    [sc.  scholarchae]    illius   canonicatum 
in  alium    transferre,   qui  lubens   et   diligenter    id   ecclesiae 
praestat,  quod  Boppius  facere  detrectat.    itaque  volunt,  ut 
eidem  Boppio  nihil  posthac  de  fructibus  et  emolumentis  sui 
canonicatus    concedatis    et    eum,    quem    vobis    sistent,   ubi 


*)  Über  dieses  Munizipalstatut  vgl.  insbesondere  Knod  a.  a.  O.  6. 


Sleidan  und  seine  Kommentare. 


595 


examinatus   fuerit,    in    locum    illius   substitui    et    ad    illius 
praebendae  possessionem  deduci  permittatis. 

Joannes  Sleidanus. 

Das  Thomaskapitel,  das  mit  Bopp  schon  längst  unzu- 
frieden war,  entsprach  dem  Ansinnen  der  Scholarchen  ohne 
Zaudern.  Eine  Woche  später,  am  22.  Januar,  setzte  es 
dann  den  von  den  Schulherren  präsentierten  Petrus  Martyr 
nach  Erfüllung  der  üblichen  Formalitäten  und  nach  Ab- 
legung des  Examens  in  den  Besitz  der  erledigten  Pfründe  ^). 
Auch  bei  diesem  Akt  war  Sleidan  zugegen. 

Bald  nachher  kam  es  zwischen  Marbach  und  Martyr 
oder  —  richtiger  gesagt  —  zwischen  Marbach  und  der 
Schulleitung«)  zu  peinlichen  Auseinandersetzungen,  weil 
dem  Martyr  Vorlesungen  übertragen  wurden,  die  Marbach 
bisher  besorgt.  Mit  Hilfe  Sleidans  gelang  es  den  Scholarchen, 
die  Einigkeit  notdürftig  wieder  herzustellen');  doch  währte 
der  Friede  nicht  lange,  da  die  lutherischen  Theologen 
immer  neue  Anlässe  suchten  und  fanden,  gegen  Martyr  zu 
hetzen.  Schliesslich  gab  dieser  trotz  aller  Bemühungen 
Sleidans  und  Joh.  Sturms,  ihn  an  Strassburg  zu  fesseln*), 
1556  seine  Stelle  freiwillig  auf  und  folgte  einem  Rufe  nach 
Zürich. 

Auch  sonst  finden  wir  Sleidan  in  den  Jahren  1554  und 
1555  wiederholt  als  Vertrauensmann  und  Beauftragten  der 
Scholarchen,  namentlich  wenn  es  galt,  zwischen  den  Schul- 
visitatoren  und  den  lutherischen  Theologen,  welche  sich 
sehr  schlecht  vertrugen,  vermittelnd  und  versöhnend  ein- 
zugreifen 5).  Dass  er  in  diesen  Streitigkeiten  innerlich 
durchaus  auf  Seiten  der  Visitatoren  stand,  welche  nach 
Bucers  Vorbild  mehr  dem  Zwinglianismus  als  dem  strengen 
Luthertum  zuneigten,  ist  ausser  Zweifel.  Wie  sein  Ein- 
treten für  Martyr,  so  zeigte  es  auch  sein  Eifer  zu  Gunsten 
von  dessen  Schüler  Hieronymus  Zanchi,  der  seit  dem  Früh- 


»)  Prot,  des  Thomaskapitels  p.  132.  Marbachs  Tagebuch  134.  — 
«)  Dieselbe  lag  in  den  Händen  des  Rektors  Joh.  Sturm  und  der  beiden 
»Visitatorenc  Petrus  Dasypodius  und  Christian  Herlin.  —  *)  Marbachs  Tage- 
buch 140  ff.  —  *)  Sleidan,  Komm.  III,  554,  Schmidt  a.  a.  O.  178  ff.,  Baum- 
garten, Briefwechsel  321  ff.  und  Knod  a.  a.  O.  15.  —  *)  Scholarchen-Proto- 
koll  1554  f.  22. 


\^.r  r^:;  ^r.  der  ScnttäbcirgTer  Schule  wirkte^..  Xkbt  am 
v^.:;/*Ci^.  der.  ESemühxiiigcüi  Slesdans  als  Vertreters  der 
S^/r.olarc'r^en  h^t^  es  Zancbi  za  flanken,  daäs  Sun  das 
T?iO:r.^«kapct^I  im  M^rz  1555  nach  langem  Scräaben  ein 
Kanonikat  Lhertru^.  obwohl  er  seh  weigerte,  d»  Augs- 
hx^Ti^i^yihe  Konfeasion  ohne  Vorbehalt  za   unterschreibend 


Zum  Schluss  noch  ein  paar  Worte  über  die  Familie 
unseres  Geschichtsschreibers.  Wir  besitzen  viele  ontrög- 
lichc  Zeug^nif>se  dafür,  dass  Sleidan,  der  erst  im  40.  Lebens- 
jahre ^ifehdratet  hatte,  für  seine  Gattin  und  seine  Kinder 
sV^s  in  h'ebevollster  Weise  besorgt  war*).  Bezeichnend  in 
A\f^:r  Hinsicht  Ist  auch  ein  bisher  unbeachtet  gebliebener 
Bri*?f  Johanns  v.  Xiedbruck  an  den  Strassburger  Rat  vom 
18.  Oktober  1551*;.  Aus  demselben  geht  her\-or,  dass 
Sleidan  den  Auftrag,  als  städtischer  Berichterstatter  zum 
Tridentiner  Konzil  zu  reisen,  nur  unter  der  Bedingung 
annahm,  dass  seine  Schwiegermutter,  die  Gattin  Johanns 
V,  Nicdbruck,  während  seiner  Abwesenheit  nach  Strass- 
Vjur^  kämo,  um  seiner  Frau  Gesellschaft  zu  leisten.  Nur  wider- 
willig" erfüllten  die  Schwiegereltern  diesen  leicht  begreif- 
lichen Wunsch,  wie  sie  denn  überhaupt  für  Sleidan  und 
die  Seinig-on  wenig  verwandtschaftliche  Teilnahme  bekun- 
(Ifjten.  Noch  kühler  wurde  das  Verhältnis,  nachdem  Jola 
V.  Nicdbruck,  die  Gattin  Sleidans,  1553  gestorben  war. 
Anstatt  dem  tief  gebeugten  Witwer  bei  der  Pflege  und 
Kr/ichung  seiner  drei  unmündigen  Töchter  beizustehen, 
Z()g(^n  sich  die  Schwiegereltern  immer  mehr  von  ihm 
zurück  ^),  Auch  nach  seinem  Tode  nahmen  sie  sich  der 
verwaisten  Kinder  in  keiner  Weise  an.  Johann  richtete 
damals,  am  5.  November  1556,  aus  Hornberg  im  Schwarz- 

')  Vt:I.  über  ihn  Ch.  Schmidt  in  Theol.  Studien  und  Kritiken  1859. 
(einer  All^,'.  I).  Hiojjraphic  44,  679.  —  ^)  Marbachs  Tagebuch  164  ff.  und 
J^rot.  (los  Thoni.  Knp.  148.  —  «)  Haumgarten,  Sleidans  Leben  91 — 92.  Vgl. 
ferner  Hriel'w.  nr.  105  und  besonders  die  Korrespondenz  mit  Kaspar  v.  Nied- 
bnu'k.  -  «)  Stndtaichiv.  VDG,  Bd.  91  f.  47.  —  *)  Briefw.  S.  288  u.  303. 
Nicdbiuck  warf  seinem  Schwiegersohn  besonders  vor,  dass  er  sich  nicht 
lifVig  genug  um  eine  feste  Stellung  in  fürstlichem  oder  städtischem  Dienst 
bemühe.     Ebenda  325. 


vald,  wo  er  aus  Gesundheitsrücksichten  seit  einiger  Zeit 
seinen  Oeblingsaufenthak  hatte'),  ein  Schreiben  an  den 
Sirassburger  Rat,  worin  er  das  frühzeitige  Hinscheiden 
seines  »Tochtermanns*  in  konventioneller  Weise  beklagte 
und  »der  günstigen  und  freundlich  beschehenen  fürsehung 
stHner  [d.  h.  Sleidans]  kinder  und  verlassen  seh  afl  halber» 
Dank  sagte').  Die  Fürsorge  des  Magistrats  bestand  ein- 
mal darin*!,  dass  er   die  Papiere   des  Verstorbenen,   unter 

tn  sich  noch  gar  manches  wichtige  Schriftstück  befunden 
haben  mag,  in  Verwahrung  nahm  und  den  Brüdern  trotz 
dringender  Bitten  nicht  herausgab*),  sodann  in  der  Bestellung 
eines  Vormunds  fiir  die  drei  Töchter  Alagdalena,  Maria  und 
Jola,  Dass  die  Stadt  zu  diesem  Amt  den  Drucker  und 
Verleger  der  Kommentare,  Josias  Rihel,  ausersah,  den 
5ohn  und  Haupterben  des  1555  verstorbenen  Wendelin 
Rihel,  ist  vielleicht  noch  auf  einen  eigenen  Wunsch  SIeidans 
EurQckzuftihren ").  Josias  selbst  bezeichnet  allerdings  in 
einer  Eingabe  an  den  Rat    vom    15.  Juli    1564*)   den  Frei- 

n  Franz  von  Mörsberg,  der  eine  Schwester  von  SIeidans 
Gattin  geheiratet  hatte'),  und  den  Bruder  der  letzteren, 
PhUipp  von  Niedbnick«),  als  diejenigen,  auf  deren  Wunsch 
Ihm  die  Vormundschaft  übertragen  worden  sei.  Weiter 
H'ähnt  Rihel  in  der  Schrift,  dass  er  seiner  Pflicht  gemäss 
die  von  SIeidan  und  dessen  Frau  hinterlasscnen  >Hab  und 
Güter  inventiert«,  so  vorteilhaft  wie  möglich  verkauft  und 
BUS  den  Zinsen  die  ihm  anvertrauten  Mündel  unterhalten 
habe*).    Nicht  lange  nachher  seien  dann  auch  deren  Gross- 


<t  Vgl,  ebendn:  •nam  eiu*  loa  •erem  ribi  nagi*  convenire  dlcll.i  — 
AMtns  *iu  d«iii  Briefe,  von  Wesclwr*  HtoA,  im  Thom.  Arch.  Varia 
:cL  XI  f.  567.  —  •)  Vgl.  Itollaender  in  dieser  Zeilschr.  N,  F.  IV.  JJ7  ff  — 
HollacodeTS  b.  a.  O.  darauf  get^ründde  HoHiiun^.  disi  cidm  T>ges  im 
MlUrchiv  Boch  ein  j^Ostercr  Teil  des  Nachlui»  ans  Licht  kommen  weide, 
um  id»  leidet  nichl  Wilen,  nachdem  alle  iigendwie  in  Betracht  k 
PetUndc  durch  mutiert  worden  und.  —  *)  Kupar  v.  Niedbruck,  dei  nteder- 
lU  *eiae  Teilnihme  an  dem  Schicksal  der  Kinder  bekundete  (Briefw.  31s 
id  XXX— XXXF).  war  als  Auswärtiger  oaiürlich  nichl  lum  Vormood 
starb  Übrigens  schon  ani  Ib.  September  1557  in  Drossel  (Knod. 
■nticiw  Studecten  in  Bologna  nr.  155J).  —  ■)  SCadlarcb.  IV  ij.  nt.  17.  — 
VeL  BaniDfrarteD,  Brielw.  nr,  tSi  und  S.  194,  femei  Hollaendeis  Slcidaniana 
dltid  Zcitscbrifi  a.  F.  tV.  jjo.  —  ■)  Erwähnt  bei  Baumgnrien.  Brief* 
So  nd  8g.  —  ■)  Über  eine   dieser  Truisaktloaen  KJbels    vom  Dei.   [;57 


eg8  Winckelmann. 

eitern,  Dr.  Johann  Bruno  von  Metz  und  Frau,  in  Hornberg 
gestorben.  Als  man  zur  Teilung  ihres  Nachlasses  unter 
die  Erben  habe  schreiten  wollen,  hätten  die  Gläubiger  des 
Freiherrn  Franz  v.  Mörsberg  infolge  einer  Bürgschaft,  die 
der  Verstorbene  für  diesen  seinen  Schwiegersohn  über- 
nommen, Einspruch  erhöben  und  das  ganze  Erbe  mit 
Beschlag  belegt^).  Zwar  habe  sich  dann  Mörsberg  auf 
Betreiben  des  Strassburger  Magistrats  verpflichtet,  seine 
Gläubiger  zu  befriedigen  und  so  das  Erbe  zu  »ledigen«; 
doch  sei  dies  bis  jetzt  nicht  geschehen.  Auch  über  die 
Teilung  der  in  Lothringen  und  im  Westrich  belegenen 
Güter  Brunos  sei  eine  Einigung  der  Erben  noch  nicht 
erfolgt,  obwohl  bereits  für  den  i.  Dezember  1561  Termin 
dazu  anberaumt  gewesen  sei.  Rihel  betont  weiter,  er  sei 
namentlich  in  Sorgen,  »dass  einer  aus  den  Miterben  die 
jährliche  fünfzig  Gulden,  so  meine  Vogtkinder  auf  Nassau 
haben  (deren  mir  nun  sieben  ausständig),  einnehme«.  Er 
habe  den  Mutterbruder  der  Kinder,  Philipp  v.  Niedbruck, 
wiederholt  um  Hilfe  gebeten,  damit  die  Sache  endlich 
geregelt  würde,  aber  ausser  freundlichen  Versprechungen 
bisher  nichts  erlangt.  Deshalb  sei  seine  Bitte,  der  Magi- 
strat selber  möge  bei  Philipp,  der  sich  jetzt  gerade  in 
Strassburg  aufhalte,  für  die  Förderung  der  Angelegenheit 
eintreten.  Über  den  Erfolg  dieser  RihePschen  Bittschrift 
und  die  schliessliche  Beilegung  der  Erbstreitigkeiten  ist 
mir  nichts  bekannt  2). 

Inwieweit  Sleidan  und  seine  Erben  an  dem  gewiss 
nicht  unbedeutenden  Gewinn  aus  dem  Absatz  seiner  litte- 
rarischen Werke  beteiligt  waren ,  lässt  sich  leider  nicht 
feststellen.  Meine  Hoffnung,  darüber  in  der  reichen  Samm- 
lung    notarieller    Verschreibungen ,     die    das    Stadtarchiv 

giebt    das  Contr.    Prot.    1555 — 59    f.    64b    (Stadtarchiv)    näheren    Aufschluss 
Es  handelt  sich  dort  um  Anlage  einer  Hypothek  von  80  fl.  zu   5%. 

*)  Sleidan  hatte  sich,  wie  wir  aus  einem  undatierten  Briefe  an  Gremp 
wissen  (Briefw.  nr.  181),  von  Anfang  an  ziemlich  heftig  gegen  die  Heirat 
seiner  Schwägerin  mit  Mörsberg  ausgesprochen,  weil  er  sehr  wohl  merkte, 
dass  es  diesem  adligen  Herren  nur  um  die  Mitgift  zu  thun  war,  und  weil  er 
voraussah,  dass  die  Verbindung  für  die  Familie  Niedbruck  finanziell  von 
üblen  Folgen  sein  würde.  Seine  Befürchtungen  waren,  wie  sich  aus  dem 
Obigen  ergiebt,  nur  allzu  sehr  begründet.  —  ^  Im  Protokoll  des  Strassburger 
Rats  ist  an  dieser  Stelle  eine  Lücke. 


Sddui  nnd  «eise  Kommemlaie- 


5Q9 


lin  der  sogenannten  •  Kontraktstube •  besitzt,  etwas  zu  ent- 
l-decken,  hat  sich  nicht  erfüllt. 

Die  Töchter  fanden  nach  den  Angaben  des  in  dieser 
linsicht  jedenfalls  gut  unterrichteten  Schadaeus ')  späterhin 
lalle  eine  anständige  Versorgung.  Die  Älteste  wurde  in 
Idas  Haus  ihres  Onkels  Sigbert  aufgenommen  und  blieb 
lonvcrehelicht:  die  beiden  andern  heirateten  Männer  in 
I  angesehenen  Stellungen. 


Beilage. 

Sleidans  deutscher  Entwurf  zur  Apologie  seiner 
Kommentare  *). 

Kath  tlcm  Abilruch  io  Slauileib  Cbcraeizung  der  Kammeniaic,  Strassburg  1537. 

Nachdem  ich  bericht  werde,  das  meiner  ausgangeiier 
bfuori  von  etlichen  nit  zum  freundlic listen  gedacht,  und  also 
■keine  gehabte  grosse  langwirige  arbeit  übel  belohnet  und  ver- 
gölten  würl,  hab  ich  weiteren  bericht  und  crklärung  zv  thun  nil 
lollea  nodi  mögen  anderlaasen.  was  mich  bewegt,  dis  werk  auf 
nich  zu  iiemen,  wölcher  gestalt  ich  darin  fortgefaren,  wie  ich 
alle  ding  zum  einfettigsten  beschriben  und  die  verlaufene  hendel 
in  ein  Ordnung  gefassct  hab,  solches  alles  ist  in  der  getruckten 
»otrcd  gemeldet  und  darneben  angezeigt,  das  ich  mich  der  war- 
!faeit  beflissen,  und  wa  ich  wisste,  das  etwas  ungründlichs  oder 
tmorßndlichs  darin  wcre,  das  ich  solchs  dem  leser  selbs  anzeigen 
und  ein»  andern  bericliten  wolte.  dise  meine  vorred  mit  ange- 
'fa«nktem  erbieten  hat  ich  verholet,  würde  nit  auders  dann  freund- 
lich und  in  aller  gute  verslanden  und  aufgenommen  werden, 
noiab,  dieweil  es  sich  im  werk  on  üweifel  also  befindet,  ich  werde 
;Kber  vil  änderst  berichtet,  wöJches  mir  zum  höchsten  beschwerlich, 
taud  muss  demnach  über  die  vorrede  den  handel  etwas  weit- 
rußgcr  rrholcn  und  darthun.  und  zum  ersten  ist  es  von  anfang 
er  weit  bis  auf  den  heuligen  lag  je  und  allwegeq  in  Übung 
Wesen,  das  man  jeder  leit  geschtchte,  und  was  sich  beide  in 
i;irch«n  und  weltlichem  regime nt  zugetragen,  verzeichnet  und 
beBChriben  hat,  wie  dann  solchs  die  bücher  ausweisen,  und  fiir- 
nemlich  ist  diser  brauch  bei   den    herrlichen  freien  Völkern  und 

'I  tn    der    liiograpliiadien    Einlcilung,    welche   er   sein«r   Sleidui-Übei- 

vorBUstc)iidil.  —  i)  Die  Stue  und  Worte,  welch«  im  UleiniseheD 

r««t  der  Apologie   feblcn,    tind   datch    Knrsivilrock    h«ivD^hol>«ii. 

[b   Abi%«n    iil    ati(  etheblichc   Abu' eich ungen    6a   lileiiiiuhcn  Teiles    vom 

daich  Aam«rkangeii  hingewiettn. 


5oo  Winckelmann. 

nationen  gewesen,  als  bei  Griechen  und  Römern,  auch  folgindi 
hei  den  Tetäschen,  sovil  durch  geleginheü  der  ungelehrten  zeit  möglich 
gewesen,  nun  ist  aber  das  fürnemest  stuck  in  solcher  beschreibung, 
das  sie  richtig  und  warhaftig  seie,  wie  dann  Cicero  meldet,  da 
er  die  histori  nennet  einen  zeugen  der  zeit,  ein  Hecht  der  war- 
heit,  ein  leben  der  memori,  ein  meisterin  des  lebens,  und  mit 
andern  dergleichen  mehr  worten,  so  er  hin  und  wider  schreibt, 
damit  er  die  grosse  nutzbarkeit  der  histori  rhümet  und  anzeiget^). 
dann  was  were  doch  unser  leben,  so  wir  von  der  vorder  zeit  hendlen 
und  geschichten  nichts  wissten?  dieweil  sich  nun  zu  disen  unsem 
letsten  zeiten  ein  solche  grosse  verenderung  vorab  mit  der  reli- 
gion  zugetragen  hat,  als  seither  der  apostel  zeit  nie  geschehen, 
und  aber  solche  verenderung  on  bewegung  des  weltlichen  regi- 
ments  nit  beschehen  kan,  wie  dann  in  andern  historien  zu  ersehen 
ist,  so  hab  ich,  wiewol  der  ringfügig,  auf  ansuchen  etlicher  ehr- 
liebender leut  solches  werk  vor  etlichen  jaren  dem  almechtigen  zu 
ehren  angefangen  und  durch  desselben  gnad  bis  auf  die  jetzige 
zeit  getreues  fleiss  ausgefüret,  und  verhoff,  das  alle  fridliebende 
gutherzige  leut  gern  bekennen  und  gestehn  werden,  das  ich 
die  affecten  hindan  gesetzt  und  mit  bescheidenheit  darin  gehandelt 
hab,  sovil  als  freilich  keiner  vor  mir^)  gethon  hat,  dann  wiewol 
ich  mich  in  der  christlichen  lehre  3),  wölche  der  ewig  gott  durch 
seine  barmherzigkeit  uns  geschenket  ^)  hat,  mit  herz  und  mit 
mund  gern  bekenne  J>),  so  würt  es  sich  doch  finden «),  das  ich 
gleichmessig  gefaren  und,  was  sich  beider  theils  zugetragen,  gar 
unpartheiisch  erzölet  und  dargethon  habe;  bezeug  auch,  so  hoch 
mir  immer  möglich,  das  mein  gemüt,  meinung  und  intent  nit 
gewesen  auch  noch  nit  ist,  jemand  in  einigen  weg  zu  ver- 
letzen oder  zu  verkleinern,  vil  weniger  mit  der  unwarheit  zu 
beschweren. 

Und  es  were  ja  ein  grosse  Unvernunft,  so  einer  von  solchen 
dingen,  die  noch  in  gar  frischer  gedechtnuss  seind,  wissentlich 
und  fürsetzlich  etwas  Hesse  ausgehn,  das  der  warheit  nit  gemess 
were.  so  verhoff  ich  auch,  das  diejene,  so  mich  kennen,  solche 
leichtfertigkeit  an  mir  nit  gespüret  noch  befunden  haben,  ^•a 
aber  etwas  were,  zvie  doch  meines  wissens  nichts  ist,  wölches  ich  mit 
gott  dem  allmechtigen  als  erkenner  aller  herzen  wol  bezeugen  und 
mit  unversehrter  conscienz  zum  höchsten  betheuren  mag,  und  mir  solichs 
angezeigt  würde,    wil    ichs   nit    allein    zu    hohem  dank    annemen 


*)  Der  lateinische  Text  sagt  hier  deutlicher  und  besser :  >quibus  quidem 
verbis  et  amplissime  illam  commendat,  et  cuiusmodi  esse  debeat,  ostendit.«  — 
*)  Lat.  =>fortasse  vix  alias.«  —  ')  Lat.  »hanc  evangelii  doctrinam.«  -  *)  Lat 
»restitutam.«  —  *)  Lat.  >libenter  profiteor  et  ad  eum  coetum  aggregatum  esse 
me  vehementer  gaudeo.«  —  *')  Das  Folgende  bis  zum  Schluss  des  Absatzes 
ist  lateinisch  so  ausgedrückt:  »tarnen  ab  omni  acerbitate  verborum  abstineo 
remque  totam,  sie  ut  est  acta,  simpliciter  expono.  deum  quoque  testificor, 
mei  consilii  non  fuisse,  quenquam  falso  laedere.« 


Sleidan  und  seine  Kommentare.  5oi 

onder  auch,  wie  dann  in  der  vorrede  gemeldet,  öffentlich  im 
ruck  corrigieren,  bessern  und  den  leser  berichten,  damit  er  nit 
erfare.  sonst  weiss  ich  wol '),  das  unmöglich  were,  on  rhum  zu 
eden,  grossem  fleiss  fürzuwenden,  die  warheit  in  allem  zu  erkun- 
ligen,  weder  ich  gethon  hab,  wie  dann  meins  verhoffens  das 
»rerk  an  ihm  selber  und  sonst  vü  andere  erbare  gelehrte  leui^) 
>ezeugen  können,  nun  in  beschreibung  des  handeis  der  religion 
laben  die  politische  oder  weltliche  händel  nit  mögen  umbgangen 
werden,  dann  wie  oben  gemeldet,  sie  treffen  immerdar  s)  zusamen 
md  vorab  zu  unserer  zeit  hat  eins  vom  andern  nit  mögen  ab- 
pesundert  werden. 

Das  sie  aber  zusamentreffen  und  concurrieren,  ist  dise  in 
1er  Schrift  gegründte  gewisse  ursach,  neralich:  wa  die  religion 
n  eim  volk  verendert  würt,  da  folgt  gleich  darauf  grosse  zwi- 
palt,  unrhu,  empörung  und  krieg,  wie  dann  Christus  sagt,  das 
ich  der  son  vom  vatter  und  die  tochter  von  der  mutter  der- 
lalben  trennet,  und  das  seine  lehr  nit  friden  sonder  das  Schwert 
nit  sich  bringe  und  ein  feur,  das  ist  un/rtdetty  auch  zwischen  den 
lechsten  blutsverwandten  anzünde,  dis  ist  unverneinlich  war  und 
lie  tägliche  erfarung  ist  vor  äugen,  das  man  es  bekennen  muss. 
lann  sobald  gottes  gnad*)  wider  des  bapsts  ablass  und  menschen- 
atzungen  bei  uns  geprediget,  hat  sich  von  stund  an  die  weit, 
orab  der  geistlich  stand  zum  heftigsten  darwider  gesetzt,  und 
st  demnach  der  handel  auf  die  reichstäg  kommen,  und  nachdem 
ich  auch  fürsten  und  stett  diser  lehre  angenommen,  ist  das  feur 
e  lenger  je  mehr  entzündet,  haben  sich  vilerlei  handlungen 
ugetragen,  bis  zum  letsten  ein  krieg  daraus  entstanden  ist.  und 
Q  diser  beschreibung  findet  man,  wie  fleissig  und  ernstlich  die 
:ey.  may.  zum  oftermal  hat  lassen  handien,  damit  der  Uneinigkeit 
bgeholfen  würde,  dergleichen  findet  man  auch,  was  die  prote- 
tierende  stende  allzeit  für  antwort  geben  und  sich  gegen  kay. 
aay.  erbotten  haben,  nachdem  es  aber  zu  einem  offnen  krieg 
geraten,  hat  sich  allerlei  begeben,  tvölches  auch  ordenlich  beschrtben^ 
md  nemlich,  damit  ich  ein  exempel  setze,  ist  in  kei.  mai.  namen 
n  etlichen  fürsten,  stend  und  stett  des  reichs  und  folgends  ein 
•ffen  gemein  ausschreiben  im  truck  ausgangen,  darin  ursach  irer 
aai.  fürhabens  angezeigt,  dise  schreiben,  darauf  dann  irer  mai. 
tindament  und  grundfeste  beruht,  samt  der  gegenantwort  haben 
ach  Ordnung  und  art  der  histori  nicht  mögen  unangezeigt  bleiben. 
jann  was  were  es  sonst  für  eine  histori,  die  nit  eins  solchen 
rossen  handeis  herkommen^,  grund  und  ursach  oder  nur  eins  theils 
eden  und  hendel  allein  anzeiget?  und  gleichwol,  wie  ich  mich 
n  selben  verhalten,  und  wie  es  zum  allerglimpfligsten  dargethon, 

*)  Lat.  »opinor«.  —  ')  An  Stelle  der  kursivgedruckten  Worte  steht  im 
lt.  Text  blos  »complures«.  —  ")  »Immerdar«  ist  lateinisch  mit  '•fere  semper« 
'iedergcgeben.  —  "*)  Für  »Gottes  gnad«  steht  im  lat.  Text  ausführliclicr: 
iei  beneBcium  in  homines  collatum  et  cvangeliumt. 


5o2  Winckelmann. 

das  würt  man  finden,  wa  man  das  teutsch  gegen  dem  latin  haltet 
und  conferiert,  darauf  ich  mich  auch  will  berufen  und  gezogen 
haben,  auf  dise  klagen,  hendel  und  antwortungen  erfolgt  nun, 
das  ir  may.  das  feld  behalten  und  irem  feind  obgelegen  ist*), 
solche  triumph  und  victori,  so  ire  maiestat  zum  ersten  in  Hoch- 
teutschland und  darnach  in  Sachsen  gehabt,  und  wie  es  irer  may, 
allenthalben  schleunig  und  glückselig  naher  gangen,  ist  alles  zum 
fleissigsten  beschriben  ebensowol  als  das  vorig,  und  dise  Ordnung 
findet  man  durchaus  bis  an  das  ende,  nemlich  das  ich  keinem 
theil  nichts  beneme  oder  zugebe,  sonder  lass  es  bleiben,  wie  es 
an  im  selber  ist.  das  haben  warlich  gar  wenig  gethon,  tme  dann 
die  gelerte  und  belesene  solchs  wol  wissen^),  sonder  sie  haben 
gemeinlich  von  den  personen  auch  den  hendlen,  so  si  beschriben, 
geurtheilt^),  dergleichen  hat  der  hochberümpter  ritter  Comineus*) 
gar  eine  feine  artige  histori  noch  bei  menschengedenken  lassen 
ausgehn.  darin  erzeilet  er  neben  anderem,  das  nach  absterben 
herzog  Carls  von  Burgund,  so  für  Nancey  bliben,  könig  Ludwig 
aus  Frankreich,  des  namens  der  eilfte  s),  die  grafschaft  Artois  und 
bede  Burgund  dem  freulin  von  Burgund  mit  heereskraft  und 
gewalt  genommen  hab.  und  obwol  gemelter  Comineus  der  krön 
Frankreich  mit  eid  verpflichtet  und  königlicher  raht  wäre,  so 
schreibt  er  doch,  das  könig  Ludwig,  sein  herr,  keinen  fug  noch 
billiche  ursach  dazu  gehabt^). 

[Paulus  Jovius^)  hat  neben  anderen  Schriften,  darin  er  etlicher 
fürnemer  leut  leben  und  wandel  beschreibt^),  auch  zwei  grosse 
bücher  unlengist  lassen  ausgehn^)  allerlei  hendel,  so  bei  seiner 
zeit  ergangen,  wie  gar  frei  aber  und  unverholen  er  geschriben, 
wissen  diejene,  so  es  gelesen,  wiewol  er  den  Teutschen  an  vilen 
orten  unrecht  thut  Und  sie  schmähet,  und  seind  doch  seine 
bücher  alle  ^^)  mit  vilerlei  privilegiis  getruckt  worden,  under  anderem 
mag  man  lesen  im  andern  tomo  am  IX,  in  bapsts  Leonis  leben 
am  XClllii)  und  in  herzog  Alfonsus  von  Ferrar  leben  am 
XLII  blat. 


')  Dieser  Satz  lautet  lateinisch  stark  abweichend:  »Deducto  jam  in 
hiemem  usque  bello  superior  extitit  Caesar,  cum  adversarii  domum  sese  reci- 
perent«.  —  ^)  I^ateinisch  blos  »uti  constat«.  —  ^)  Hier  folgt  im  lat.  Text 
ein  Satz,  der  im  deutschen  fehlt:  »et  ut  veteres  omittam,  notum  est,  quo- 
modo  pontiiicum  vitas  Piatina  descripserit«.  —  *)  Der  lat.  Text  fügt  den 
Vornamen  des  Comines,  Philippus,  hinzu.  —  ^)  Der  lat.  Text  hat  —  infolge 
eines  Schreib-  oder  Druckfehlers  —  ^Ludovicus  KII<,  was  dann  auch  Am 
Ende,  ohne  es  zu  verbessern,  in  seine  Ausgabe  aufgenommen  hat.  —  '')  Der 
lat.  Text  drückt  sich  folgendermassen  aus  :  *tamen  non  recte  factum  hoc  ab 
illo  fuisse  dicit«.  —  ")  Das  mit  [  ]  Eingeklammerte  steht  im  lateinischen 
Text  an  anderer  Stelle.  Vgl.  folg.  Seite  A.  7.  —  ^)  Bezieht  sich  auf  Jovius, 
.)Vitae  virorum  illustrium<v,  7  vol.  —  ^)  Historiarum  sui  temporis  libri 
XLV<r,  2  vol.,  Florenz  1551 — 53.  —  *^)  vSeine  bücher  alle«  ist  lat.  mit  »opuj 
illudc  wiedergegeben.   —   ^i)  Der  lat.  Text  hat  XCIII  et  XCIV. 


Sleidan  und  seine  Kommentare.  603 

Summa,  solcher  exempel  seind  alle  rechtschaffene  historien  vol 
und  würt  in  Sonderheit  der  Comineus  hoch  gerumet,  das  er  so 
gleichmessig  geschriben.  nun  hat  er  aber  den  brauch,  wie 
obgemelt,  das  er  nit  allein  die  hendel  referiert  sonder  auch  seine 
meinung  und  urtheil  darüber  gibt,  als  da  er  sagt,  was  disem  oder 
jenen  wol  oder  ubel  anstoht.  und  wiewol  ich  solchs  nit  gethon, 
so  ists  doch  fast  bei  allen  anderen  im  brauch,  das  man  aber 
beder  theils  färbringen  und  geschichten  erzellet,  das  ist  nit  allein 
billich  und  von  anfang  der  weit  also  herkommen,  sonder  auch 
nottürftig],  wie  man  dessen  ein  hüpsches  f  Urbild  hat  an  den  acien 
der  hohemischen  empör ung  im  jar  iS4*j,  welche  darnach  zu  Prag  im 
truck  ausgangen  ^)  und  auf  dem  reichstag  zu  Augspurg  anno  1548 
under  die  stende  ausgetheilet  und  sonst  publiciert  worden. 

Item  Petrus  Bembus  ist  etwa  vor  fünf  und  zwenzig*)  jaren 
von  den  Venedigern  bestellet  worden,  das  er  ire  krieg,  so  sie 
mit  keiser  Maximilian,  mit  könig  Karle  und  Ludwig  in  Frankreich, 
mit  bapst  Julio')  und  anderen  gefüret  haben,  beschreiben  solt, 
wie  er  dann  in  zwölf  bücheren  gethon  hat*),  diser  zeigt  an  under 
anderen,  wie  könig  Ludwig  von  Frankreich,  der  zwölfte  des 
namens,  den  Venedigern  lassen  absagen,  wie  der  herold  für  den 
herzogen  und  ganzen  rhat  getretten  und  dise  folgende  wort 
geredt  hab: 

»»Seintemal  ir  Venediger  dem  bapst  auch  anderen  königen 
und  potentaten  ire  stett  mit  gewalt  und  grosser  unbilligkeit  ein- 
genommen und  fürbehaltet  und  euch  sonst  befleissiget  durch 
allerlei  böse  practicken  und  liste  einem  jeden  das  sein  zu  nemen 
und  an  euch  zu  bringen,  darumb  so  lasst  mein  herr,  könig  Lud- 
wig, euch,  dem  herzogen  und  dem  raht  als  treulosen  leuten 
ansagen,  das  er  euch  mit  aller  macht  überziehen  und  heimsuchen 
will  etc.««*). 

Dise  wort,  möcht  einer  sagen,  dieweil  sie  den  Venedigern 
nachtheilig  seind,  solt  er  ausgelassen  haben,  aber  er  beschreibts 
also,  wie  gesagt,  am  CXVI  blat  aus  iren  eigen  acten,  setzet  auch 
die  antwort,  so  dem  herolden  worden,  welche  dann  schneidet  und 
dem  könig  grosse  untreu  und  unbilligkeit  zumesset^),  und  ist  sein 
buch  zu  Venedig  mit  dem  privilegio  getruckt  worden'),    warumb 

^)  Gedruckt  bei  Hortleder,  Handlungen  und  Ausschreiben  II  lib.  3  c.  83. 
—  «)  Im  lat.  Text:  XXIIII.  Da  Bembus  1529  in  Venedig  als  Geschichts- 
schreiber angestellt  wurde  und  Sleidan  seine  Apologie  im  Jahre  1555  ver- 
fasste,  so  kommt  in  diesem  Falle  die  Angabe  des  deutschen  Textes  der 
Wahrheit  näher  als  die  des  lateinischen.  —  •)  Der  lat.  Text  setzt:  Julio  II. 
^  *)  »Pctri  Bembi  rerum  Venetarum  libri  XII«  erschienen  zuerst  1551.  — 
*)  Obige  Übersetzung  Sleidans  ist  ziemlich  frei.  Der  lateinische  Text  giebt 
das  Citat  genau  nach  dem  Original.  Die  Stelle  steht  in  der  mir  zugänglichen 
Ausgabe  von  17 18  auf  Seite  267.  —  *)  Im  lat.  steht  nur  »responsum  non 
minus  acerbum.«  —  '^)  Hier  folgt  im  lat.  Text  die  oben  eingeklammerte  Stelle. 
Vgl.  vorige  Seite  Anm.  7. 


5o4  Winckelmann. 

aber?  darumb  das  eine  histori  nit  anders  mag  noch  soll 
beschriben  werden,  wa  partheien  seind,  wa  krieg  und  empöning 
ist,  da  finden  sich  anklagungs-  und  verantwortungsschriften  ond 
gegenschriften,  wie  man  weiss,  welcher  nun  dises  also  bloss 
erzellet  und  keinem  theil  zuspricht,  der  thut  niemand  kein 
unrecht  sonder  haltet  sich  nach  Ordnung  der  histori.  dann  die 
Schmach  oder  injuri  ist  am  affeci  gelegen,  wie  die  rechte  austveuen; 
sonst  müssten  alle  historici,  so  von  anfang  der  weit  gewesen  und  du 
namens  würdig  seind,  beschuldigt  und  in  argwöhn  gezogen  werden, 
es  muss  darumb  nit  alles  war  sein,  was  eine  parthei  der  anderen 
fürwirft,  dann  wa  feindschaft  ist,  weiss  man  wol,  das  kein  theil 
dem  anderen  ho/üret^),  und  solt  es  alles  war  sein,  was  die  bapst 
und  andere  dergleichen  wider  der  protestierenden  lehr  und  per- 
sonen  seither  fünfunddreissig  2)  jaren  geredt  und  geschriben,  so 
müssten  es  die  heilloseste  leut  auf  erden  sein,  es  schicket  bapst 
Paulus  3)  anno  1540  seines  sons  son,  den  cardinal  Farnesium  zu 
kei.  may.  in  das  Niderland.  was  diser  dazumal  für  ein  rahtschlag 
geben  hat  wider  die  protestierende,  ist  nit  lang  darnach  im  truck 
ausgangen  und  ich  beschreibs  auch  im  XIII.  buch  meiner  histori. 
nach  vilerlei  schelten  und  schmälichem  anklagen  sagt  er,  sie 
widerfechteten  Christum  nit  weniger,  ja  mehr  weder  die  Türken, 
dann  dise  wüteten  allein  wider  den  leib,  jene  aber  verderbten 
auch  die  seelen  und  füreten  sie  in  ewige  verdamnuss.  lieber,  wie 
möcht  jemand  höcher  oder  greulicher  diffamiert  und  geschmehet 
werden?  wa  es  nun  die  meinung  haben  solte,  das  dise  wort  nit 
zu  schreiben  weren,  so  betten  die  protestierende  billich  zu  klagen, 
ich  hett  sie  injuriirt.  aber  gar  nit!  dann  es  muss  darumb  nit  war 
sein,  obs  jener  gleich  geredt  hat,  und  wa  ichs  ausgelassen,  het 
man  mich  biliich  zu  verdenken,  als  der  einem  theil  mehr  dann 
dem  anderem  willfaret.  und  dieweil  dem  nun  also,  wie  klerlich 
bewisen  und  dargethon,  zweifelt  mir  nit,  alle  fridliebende  gemüter 
werden  nit  anders  urtheilen,  dann  das  ich  nach  vermög  und 
Satzung  der  histori  gethon  hab  und  den  mehreren  theil  alles  aus 
acten,  so  vorhin  im  truck  ausgangen,  wie  ich  dann  dessen  eine  geivissi 
eigentliche  vcrzeichnuss  darthun  und  auflegen  kan,  wa  von  noten^). 
dann  sonst  were  mir  unmöglich  gewesen,  das  werk  auszu/üren,  ivii 
dann  ein  jeder  wol  ermessen  kan.  also  haben  alle  andere  historici, 
Titus  Livius,  Suetonius  etc.  auch  müssen  thun,  und  es  ist  keine 
gewissere  noch  warhaftcre  beschrcibung,  dann  die  aus  bewerten  acUn 
ge?iom7nen  würt,  ivie  dann  vorhin  vom  Bembo  gemeldet  ivorden. 

Geschieht  mir  demnach  gar  ungütlich   von  denen,    so  mich 
also  calumnieren ,    wie  ich  vernerae.     wissen   nun    dieselbe ,   was 


^)  Für  die  kursiv  gedruckten  Worte  steht  lateinisch:  »quomodo  r« 
agatur  utrinquec.  —  -)  Lat.  »triginta  sex«.  —  ^)  Lat.  »Paulus  III.«  —  *i  In 
der  ersten  Auflage  von  Stamler  steht  »unnöten«  statt  »nöten«.  Dieser  Druck- 
fehler ist  schon  in  den  nächsten  Nachdrucken  der  Apologie  bei  Pantaleon 
und  Achacius  bemerkt  und  verbessert  worden. 


Sleidan  und  seine  Kommentare.  5o5 

die  histori  beschreibung  auf  ir  tregt  und  erfordert,  so  thunt  sie 
mir  desto  grösser  unrecht;  wissen  sie  es  aber  nit,  so  woit  ich 
wo],  das  sie  es  aus  dem  jetzigen  bericht  und  anderen  historicis 
lemeten.  will  sie  aber  damit  nit  gewisen  haben  zu  etlichen  diser 
zeit  scribenten,  die  nichts  anders  können,  dann  das  sie  auf 
einem  theil  alles  schelten,  auf  dem  anderen  theil  aber  alles 
rhumen  und  hoch  erheben,  diesen  gebüret  ein  anderer  name  und 
lolUn  gar  nit^).  es  hat  der  Cochleus  vor  sechs  jaren  eben  eine 
solche  histori  lassen  ausgehn^)  wie  ich;  es  ist  aber  alles  mit 
unerhörten  erdichten  scheltworten  überhäufet. 

Der  cardinal  Polus  in  seinem  buch,  so  neulich  ausgangen, 
nennet  die  lere,  so  in  Teutschland  erneuert  ist,  semen  turcicum, 
das  ist  ein  türkischen  samen^),  solcher  wörtlin  seind  ire  bücher 
alle  voll,  wa  findet  man  aber,  das  ich  dergleichen  gethon?  ich 
hab  die  wunderthaten  gottes,  so  er  zu  unserer  zeit  nit  allein  in 
Teutschland,  wiewol  fürnenüich,  sonder  auch  bei  anderen  nationen 
erzeigt,  ordenlich  und,  sovil  mir  bewisst,  warhaftiglich  beschriben. 
hab  zu  disem  werk  seither  vilen  jaren <)  gesamlet,  was  dazu 
dienstlich  gewesen  ist^).  was  mir  aber  für  mühe  und  arbeit  darauf 
gangen,  weiss  ich  nach  gott  am  allerbesten,  dem  hab  ichs  zu 
ehren  gethon,  wie  obgemelt,  hab  Studium  und  tractationem  juris 
darüber  lassen  anstohn  und  dises  allein  ausgewartet,  und  muss 
es  warlich  dafür  halten,  das  mich  gott  schier  mit  den  hären 
dahin  gezogen  und  dazu  hat  wollen  brauchen,  das  mir  nun  meine 
gehabte  saure  arbeit  dermassen  von  etlichen  belohnet  würt,  solches 
muss  ich  dem  allmechtigen  befeien,  dessen  sach  ich  gehandlet, 
und  das  ich  seiner  göttlichen  maiestat  hiemit  ein  angenem  werk 
gethon  und  aufgeopfert  hab,  daran  zweifelt  mir  gar  nit.  tröst 
mich  auch  mit  disem  guten  gewissen,  vorab  so  ich  sehe  und 
höre,  das  es  den  gelerten  gemeinlich  wol  gefallet,  deren  etliche 
mir  auch  derhalben  dank  gesagt  und  bekennen  frei,  das  sie 
merklichen  grossen  bericht  daraus  nemen. 

Bitt  derhalben  alle  liebhaber  der  warheit,  das  sie  denjenen, 
so  villeicht   meine  arbeit   anders    werden    auslegen    und    deuten. 


*)  Diese  Worte  geben  keinen  Sinn.  Lateinisch  lautet  der  Satz  einfach: 
»qui  sunt  eiusmodi  non  sunt  ea  digni  appellatione«.  Ich  vermute,  dass 
Stamler  falsch  gelesen  hat,  und  dass  in  Sleidans  Original  nicht  »sollen«  son- 
dern »solher«  =  »solcher«  gestanden  hat.  Damit  würde  die  Stelle  verständlich 
werden.  Beuther,  dem  auch  Schadaeus  gefolgt  ist,  hat  in  seiner  Ausgabe 
von  1561  die  ihm  unverständlichen  Worte  willkürlich  durch  »und  tügen 
[=  taugen]  gar  nichts«  ersetzt  und  dies  auch  in  allen  späteren  Auflagen  bei- 
behalten. —  •)  Historia  de  actis  et  scriptis  Luthericis.  Mainz  1549.  — 
■)  Im  dritten  Buche  der  Defensio  ecclesiasticae  unitatis  f.  78.  Vgl.  Am  Ende  I, 
20  n.  —  *)  Der  lat.  Text  besagt  »annis  abhinc  XVI«,  übereinstimmend  mit 
der  Zeitangabe  in  Sleidans  Brief  an  die  Augsburger,  Briefw.  276.  —  *)  Der 
lat.  Text  fügt  hier  noch  hinzu :  »neque  vero  scriptionem  praecipitavi  sed  certo 
judicio  processic. 


5o6  WiDckelmanD. 

keinen  beifall  than,  sich  gegen  mir  zu  keinem  Widerwillen  noch 
Ungunst  unverdienter  weis  bewegen  noch  verhetzen  lassen,  sonder 
disem  meinem  summarischen  bericht  und  erklerung  glauben 
zustellen,  mein  werk  in  aller  freuntligkeit  annemen  und  mich 
keinswegs  verdenken  wollen^). 

Zum  beschluss  bezeug  ich  vor  gott  und  der  weit,  das  ich 
die  römische  keiserliche  und  königliche  maiestaten  fiir  die  höchste 
oberkeit  auf  erden  erkenn,  als  die  gott  verordnet  hat,  welchen 
in  allen  dingen,  so  nit  wider  gott  seind,  treulich  zu  gehorsamen 
ist,  auch  umb  des  gewissem  willen^  wie  uns  der  herr  Christas 
selber  und  nach  ihm  die  apostel  geleret  haben. 


»Additio«2). 

»So  hat  auch  der  ewig  gott  ire  bede  mayesteten  neben 
solcher  grosser  macht  und  herligkeit  mit  vielen  trefflichen  tngen- 
den  geziret  und  begäbet,  die  pillich  von  jederman  sollen  hoch 
geachtet  und  gerümet  werden,  in  der  histori  hab  ich  alle  hendel 
referirt  nach  vermög  und  einhält  der  Sachen,  wie  obg[edacht]; 
aber  sunst  und  ausserhalb  des  werks  sag  ich  frei  und  bekenn, 
das  gott  der  almechtig  die  key.  mt.,  unsern  allergnädigsten  herm, 
wunderbarlich  erhalten  und  ge füret,  nemlich,  das  ire  mt.  mit 
solcher  grosser  bescheidenheit  in  der  religionssachen  so  viel  jar 
umbgangen  und  darin  so  oft  und  ernstlich  hat  lassen  handien, 
unangesehen,  das  die  bäpst  irer  mt.  imerdar  in  den  obren  gelegen, 
sie  zum  krieg  ermanet  und  angereizet  haben,  denn  wo  es  nach 
irem  willen  zugangen,  hets  ire  mt.  wol  vor  XXX  jaren  müssen 
anfahen.  was  dan  auch  sunst  ire  mt.  für  grosse  victori  und  glück 
allenthalben  gehabt,  ist  am  tag;  also  das  ich  für  meine  person 
sag,  wie  ich  dan  oftermals  gesagt  hab,  das  ire  mt.  zu  den  uralten 
beiden,  wie  da  sind  Constantinus  und  Carolus  M[agnus]  zu 
rechnen  und  inen  zu  vergleichen  seie.  und  dpeweil]  man  für 
alle  oberkeit,  vorab  die  höchste,  zu  beten  schuldig  ist,  wie  uns 
die  Schrift  anzeigt,  so  bitt  ich  den  almechtigen,  das  er  irer  beder 
mten  herz  und  sinn  richte  zu  lob  Seins  namens,  zu  irer  seelen 
Seligkeit,  zu  trost  heil  und  wolfart  aller  Völker,  die  inen  verwandt 
und  unterthon  sind.« 


*)  Der  Inhalt  dieses  Satzes  ist  lateinisch   viel  kürzer  gefasst.  —  *)  Aus 
Thom.  Arch.  Varia  eccl.  XI  f,  304. 


Ein  Tagebuch 

über 

die  Zusammenkunft  des  Kurfürsten  Karl  Friedrich 
von  Baden  mit  Napoleon  I.  in  Mainz  (Sept.  1804). 

Mitgeteilt  von 

Karl   Obser. 


Die  geräuschvollen,  prunkenden  Festlichkeiten,  mit 
denen  der  erste  Napoleon  in  den  Septembertagen  1804 
seine  denkwürdige  Rheinfahrt  zu  Mainz  beschloss,  haben 
damals  allenthalben  im  Reiche  Aufsehen  erregt  und  die 
Federn  der  Diplomaten  beschäftigt*).  Waren  doch  zu 
diesen  Festen,  was  ihnen  eine  besondere  Bedeutung  verlieh, 
inmitten  der  schaulustigen  Menge,  die  in  der  alten  Kur- 
ftürstenstadt  zusammenströmte^),  auch  zahlreiche  regierende 
Herren  aus  dem  Süden  und  Westen  des  Reiclis,  bis  hinein 
nach   Thüringen,   teils   auf  Einladung,    teils   aus   eigenem 


')  Als  wichtigste  Litteratur  über  die  Mainzer  Kaisertage  kommen  in 
Betracht:  Lucchesini,  Ursachen  und  Wirkungen  des  Rheinbunds,  deutsch 
von  Halein,  I,  222  fr.;  Bignon,  Geschichte  Frankreichs,  IV,  79  ff.;  Thierg, 
Hist.  du  Consalat  et  de  TEmpire,  IV,  170  ff.;  Häusser,  Deutsche  Greschichte, 
II*,  520  ff.;  Schwartz,  Landgraf  Friedrich  V.  von  Hessen -Homburg ,  I, 
73  ff.  Strippelmann,  Beiträge  zur  Geschichte  Hessen-Kassels,  II,  177, 
wo  der  Mainzer  Zusammenkunft  ein  eigener  Abschnitt  gewidmet  wird, 
V.  Beaulieu-Marconnay,  Karl  v.  Dalbcrg,  II,  20  ff.;  Franz,  Das  Projekt 
eines  Reichskonkordats  (Festschrift  der  Kieler  Juristenfakultät,  213),  die 
M^-moires  iitka  des  papiers  d'un  homme  d'6tat,  VIII,  371,  die  Denk- 
würdigkeiten Hardenbergs,  II,  84,  der  Frau  von  Wolzogen,  I,  76, 
die  Memoiren  der  Mme  de  R6musat,  II,  41;  die  Correspondance  de 
Napoleon  I.,  IX,  $3^  ß-  der  Oktavausgabe;  Bailleu,  Preussen  und  Frank- 
reich, II,  299,  316,  319,  328  ff.,  sowie  der  demnächst  erscheinende  fünfte 
Band  der  Politischen  Korrespondenz  Karl  Friedrichs.  —  ")  Nach 
der  gedruckten  amtlichen  Präsenzliste,  deren  gütige  Mitteilung  ich  Herrn 
Oberbibliothekar  Prof.  Dr.  Velke  in  Mainz  verdanke,  sind  in  der  Zeit  vom 
3.  Sept  bis  2.  Okt.  658  distinguierte  Fremde  abgestiegen ;  dabei  ist  das  kaiser- 
liche Gefolge  nicht  mitgerechnet. 

Zeittchr.  f.  G«tch.  d.  Oberrb.  N.  F.  XIV  4.  A<^ 


6o8  Obser. 

Antrieb  und  im  eigenen  Interesse  herbeigeeilt,  um  den 
neuen  Cäsar  zu  begrüssen  und  ihm  ihre  Huldigung  zu 
erweisen.  An  ihrer  Spitze  erschienen  der  Kurerzkanzler  des 
römischen  Reiches,  bei  dem  Eitelkeit  und  Ehrgeiz  über  die 
Scheu,  unter  solchen  Umständen  die  Residenz  seiner  Vor- 
gänger wieder  zu  betreten,  schliesslich  gesiegt  hatten,  und 
der  greise  Kurfürst  Karl  Friedrich  von  Baden;  mit  ihnen 
der  Erbprinz  von  Hessen-Darmstadt,  der  Landgraf  von 
Hessen -Homburg,  die  Fürsten  von  Nassau -Usingen  und 
Weilburg,  von  Schwarzburg -Rudolstadt  und  Salm-Kraut- 
heim, von  Mitgliedern  der  Frankfurter  Union  die  Fürsten 
und  Grafen  von  Isenburg,  Leiningen,  Löwenstein- Wertheim 
und  Solms,  weiterhin  die  Grafen  von  der  Leyen,  von 
Bassenheim,  Reuss-Ebersdorf,  Stolberg,  Ingelheim  und 
Schönborn,  sowie  endlich  auch  der  regierende  Bürger- 
meister der  freien  Reichsstadt  Frankfurt  mit  einer  Abord- 
nung des  Senats.  Andere,  die  sich  nicht  persönlich  ein- 
gefunden, wie  die  Kurfürsten  von  Hessen-Kassel,  Baiern  und 
Württemberg,  sowie  der  Fürst  von  Thurn  und  Taxis  hatten 
wenigstens  Vertreter  entsandt.  Dazu  gesellte  sich,  da 
Napoleon  mit  wenigen  Ausnahmen  alle  seine  Gesandten 
und  Geschäftsträger  im  Reiche  nach  Mainz  entboten  hatte 
und  auch  die  deutschen  Fürsten  zumeist  von  ihren  poli- 
tischen Beratern  begleitet  waren  ^),  eine  stattliche  Schaar 
von  Diplomaten  und  Agenten. 

Die  Vermutung,    dass    in    einer   solchen  Versammlung 
über  dem  rauschenden  Festgepränge  auch  die  Politik  nicht 


^)  Frankreich  war  vertreten  durch  Talleyrand,  Maret,  Malhieu  und 
Durant  (Paris),  Bignon  (Hessen-Kassel),  Laforest  (Berlin),  Otto  (München', 
Massias  (Karlsruhe),  Helflinger  (Darmstadt),  Hirsinger  (Frankfurt),  der  Kur- 
erzkanzler durch  Beust  (Paris),  Baden  durch  Edelsheim  (Karlsruhe)  und 
Dalberg  (Paris);  Hessen-Kassel  durch  Gayling;  Württemberg  durch  Bühl« 
(Karlsruhe)  und  Steube  (Paris);  Baiern  durch  Reibeid  (Karlsruhe),  Hessen- 
Darmstadt  durch  Barkhaus,  Nassau-Usingen  und  Weilburg  durch  Marschall 
und  Gagern,  Thurn  und  Taxis  durch  Vrints-Berberich ;  die  Frankfurter  Union 
durch  die  Herren  v.  Goldner,  v.  Feder  u.  a.  Auch  der  Begründer  einer 
Grossra.icht  des  19.  Jahrhundert,  der  findige  Mayer  Amschel  Rothschild, 
trieb  sich  für  den  Fall,  dass  man  seiner  bedurfte,  in  Mainz  herum.  Nach 
der  gedruckten  Präsenzliste.  —  Das  Gefolge  des  Kaisers  und  der  Kaiserin 
findet  sich  bei  Strippelmann,  Beiträge  zur  Geschichte  Hessen-Kassels  I. 
178  verzeichnet. 


Tagebuch  über  die  Mainzer  ZusammenkunA  1804.  50Q 

vergessen  wurde,  lag  nahe,  und  mit  berechtigtem  Argwohn 
verfolgte  man  in  Wien  und  Berlin  von  ferne  die  Mainzer 
Vorgänge.  Die  Berufung  Mathieus  und  Durants,  der 
beiden  Haupthelfer  Talleyrands  bei  dem  Regensburger 
Quadratmeilenhandel  schmählichen  Angedenkens,  bestärkte 
in  dem  Verdachte,  dass  unter  Ausschliessung  der  beiden 
mächtigsten  Reichsstände  eine  NeuaufroUung  der  deutschen 
Frage  geplant  sei^).  Mehr  oder  minder  abenteuerliche 
Gerüchte  durchschwirrten  die  Luft  und  fanden  Gläubige. 
In  Karlsruhe  ging  die  Sage,  »dass  auf  das  neue  von  Ab- 
tretung einiger  Reichsstädte,  besonders  von  Frankfurt  die 
Rede  sei;  dass  von  Seiten  Frankreichs  man  wünsche, 
Mannheim  gegen  andere  auszumittelnde  Entschädigungen 
cediert  zu  erhalten;  um  Mannheim  sollte  alsdann  der  Rhein 
geführet  und  allda  ein  Palais  Imperial  errichtet  werden««). 
In  Wien  fabelte  man  bald  von  der  Errichtung  eines  links- 
rheinischen Kurstaates  unter  französischer  Oberhoheit  und 
einer  Wiederaufrichtung  des  karolingischen  Kaisertums 
durch  Napoleon  als  Träger  der  Kronen  des  Westens  und 
des  Ostens*),  bald  hiess  es,  Napoleon  habe  es  auf  die  völlige 
Vernichtung  des  Reiches  abgesehen  und  denke  an  eine 
durchgreifende  Neugestaltung  der  deutschen  Verhältnisse, 
wobei  Baiem  die  führende  Rolle  im  Süden  beschieden  sein 
werde,  das  württembergische  Fürstenhaus  nach  Hannover 
verpflanzt  und  Baden  mit  einem  Teil  seiner  Lande  und  der 
Oberherrlichkeit  über  Helvetien  ausgestattet  werden  solle*). 
Das  auch  in  Berlin  verbreitete  Gerücht  von  dem  hannover- 
schen Tauschprojekte  wurde  hier  sogar  ernst  genommen; 
Hardenberg  führte  es  auf  Nachrichten  zurück,  die  der  Braun- 
schweiger Hof  von  der  Markgräfin  von  Baden  empfangen 
habe,  und  empfahl  Lucchesini  strengste  Wachsamkeit  *). 
Von  französischer  Seite  sind  diese  Pläne  aufs  bestimmteste 
in  Abrede  gestellt  worden,  während  der  Kurerzkanzler  dem 

*)  «Mathieu  est  ici;  un  courrier  l'a  appele  de  Strasbourg  et  Mr.  Durant 
accompagne  Talleyrand.  Ceci  annonce  Tintention  de  causer  sur  les  affaires 
d'Allemagne«,  Dalberg  an  Edelsheim,  Mainz,  13.  Sept.  1804.  —  *)  Bericht 
des  österreichischen  Gesandten  von  Schall  an  den  Grafen  Cobenzl  vom 
29.  Sept.  1804.  Wien  St.-Archiv.  —  *\  Polit.  Korrespondenz  V, 
nr.  193.  —  ♦)  Polit.  Korrespondenz  V,  nr.  192  und  203.  --  *)  Baillcu, 
Preussen  und  Frankreich  von  1795 — 1807.  II,  329. 

40* 


6jo  Obßer. 

Grafen  Görtz  später  versichert  hat,  dass  Napoleon  in  Mainz 
allerdings  davon  gesprochen  habe,  durch  ihn  aber  von 
diesen  Ideen  wieder  abgebracht  worden  sei').  Wie  weit 
diese  Aussage  der  Wahrheit  entspricht,  wie  weit  dabei  das 
Bestreben,  sich  vor  dem  Berliner  Hofe  als  Retter  der 
deutschen  Verfassung  aufzuspielen,  mitgewirkt  haben  mag, 
lässt  sich  bei  dem  zweideutigen  Charakter  des  Kurerz- 
kanzlers nicht  entscheiden.  Aus  den  Karlsruher  Akten 
ergeben  sich  jedenfalls  keine  Thatsachen,  die  sie  zu  stützen 
geeignet  wären;  wir  erfahren  durch  sie  lediglich,  dass  der 
Kaiser  dem  Kurfürsten  aus  freien  Stücken  für  den  Fall 
eines  Krieges  mit  Osterreich  den  Breisgau  und  die  Ortenau 
versprochen  hat  Ahnliche  Zusicherungen  mag  er  damals 
auch  Anderen  erteilt  haben;  sie  bilden,  so  will  mir  scheinen 
den  Kern,  auf  den  jene  Gerüchte  zum  Teil  wenigstens, 
zurückzufuhren  sind. 

Zum  Teil  freilich  sind  sie  auch  aus  anderer  Quelle 
abzuleiten. 

Man  hat  bekanntlich  Mainz  in  gewissem  Sinne  als  die 
Geburtsstätte  des  Rheinbundes  von  1806  bezeichnet  und 
behauptet,  dass  dort  von  Frankreich  der  erste  Anstoss  zu 
einem  deutschen  Fürstenbunde  unter  dem  Protektorate 
Napoleons  gegeben  worden  sei;  Lucchesini,  der  diese  An- 
sicht vertritt,  weiss  dabei  ein  Langes  und  Breites  von  den 
Vorstellungen  zu  berichten,  durch  welche  Talleyrand  den 
greisen  Kurfürsten  von  Baden  für  den  Plan  gewonnen 
habe*).  Mit  vollem  Recht  haben  schon  Bignon,  Ilaüsser 
und  Beaulieu  Marconnay   dagegen  Verwahrung   eingelegt 

Zunächst  ist  die  Rheinbundsidee  nicht  erst  damals 
erfunden  worden;  sie  lag  seit  Jahren  schon  in  der  Luft 
und  war  durch  die  Entwicklung  der  politischen  Verhält- 
nisse vorbereitet  und  gefördert  worden:  das  Kaiserreich 
hat  auch  in  dieser  Hinsicht  nur  das  Erbe  der  Republik 
angetreten  8).  Dann  aber  erscheint  der  Verlauf  der  Ver- 
handlungen über  den  Fürstenbund,  von  dem  zu  Mainz  die 
Rede  war,  und  der  Bundesentwurf  selbst  nach  den  zuver- 
lässigsten Nachrichten,   die  wir    darüber   besitzen,    doch  in 

1)  Bai  Heu,  II,  299  ff.,  328.  —  «)  Lucchesini,  I,  223  ff.  —  ^)  Vgl. 
insbesondere  Politische  Korrespondenz  Karl  Friedrichs,  II,  460, 
494.  502;  iri,   15;  IV,   197. 


Tagebuch  über  die  Mainzer  Zusammenkunfl  1804.  611 

nem  wesentlich  andern  Lichte  als  in  Lucchesinis  Dar- 
ellung  und  auch  in  seinen  offiziellen  Depeschen.  Lucchesini 
sst,  wie  man  weiss,  die  Anregung  zu  dem  Plane  von 
rankreich  ausgehen,  das  nach  dem  Abbruch  der  AUianz- 
ärhandlungen  mit  dem  Berliner  Hofe  den  Einfluss  desf 
ilben  im  Reiche  zurückzudrängen  versucht  und  zu  diesem 
wecke  sich  der  Mainzer  Zusammenkunft  bedient  habe;  er 
bricht  femer  nur  von  einer  Anlehnung  des  Bundes  an 
rankreich  *). 

In  beiden  Punkten  irrt  er. 

Wie  wir  seit  kurzem  aus  einem  Berichte  des  badischen 
resandten  von  Dalberg  wissen  2),  hat  Hessen-Kassel  schon 
m  September  1803  durch  seinen  Geschäftsträger  StarklofE 
n  Paris  das  Projekt   eines  Fürstenbundes  vorlegen   lassen, 
ier  unter  französischem  oder  französisch-russischem  Protek- 
torate')   stehend   es  sich  zur  Aufgabe  setzen  sollte,   seine 
Mitglieder  gegen  fremde  Übergriffe  zu  schützen.    Der  Plan 
scheint   bei  Lucchesini   und   Cobenzl   keine   günstige  Auf- 
nahme gefunden  zu  haben,    und  dies   ist   begreiflich,   denn 
gegen  Preussen  und  Österreich,   die  von  dem  Bunde  aus- 
geschlossen   sein    sollten,    waren    seine    Bestrebungen    im 
Grunde  gerichtet.  Um  so  mehr  Anklang  fand  er  anscheinend 
bei  Frankreich,   das  sich  für  den  Fall    eines  neuen  Kon- 
tinentalkrieges Nutzen  von  ihm  versprach.    Wenn  er  trotz- 
dem in  den  folgenden  Monaten  seiner  Verwirklichung  nicht 
näher  rückte,   erklärt  sich  dies  im   wesentlichen    wohl    aus 
der  Richtung  der  Politik,  welche  die  französische  Regierung 
damals  Preussen  gegenüber  verfolgte:    so   lange    man   in 
Paris  an  der  Hoffnung  auf  eine  Allianz  mit  Preussen  fest- 
Weit,  war   die    projektierte    Union    nicht    nur    überflüssig, 
sondern  direkt  schädlich,   da  jede  Förderung   derselben   in 
Berlin  Verstimmung  erzeugen  musste.    Auf  diesem  Stand- 
punkte verharrte  man  dann  auch,  als  zu  Anfang  des  Jahres 
1804  der  Hessen-KasseFsche    Minister  Waitz    von    Eschen 

*)  Ursachen  und  Wirkungen  des  Rheinbunds.  Deutsch  von  Halem  I, 
"3;  Bailleu,  II.  319fr.  —  «)  Polit.  Korrespondenz,  IV,  438  ff.  — 
1  Dalberg  spricht  nur  von  einem  französischen  Protektorate;  nach  Bignon 
^gcgen,  der  offenbar  das  gleiche  Projekt  im  Auge  hat,  sollten  Frankreich 
^^  Roftslaad,  die  beiden  Mediationsmächtc,  als  Garanten  des  Bundes 
»ttftreieii. 


6i2  Obser. 

durch  Bignon  diesen  seinen  Lieblingsplan  von  neuem  in 
Erinnerung  bringen  Hess.  Talleyrand  begnügte  sich,  den 
Kurfürsten  durch  die  Versicherung,  der  Gedanke  werde 
über  kurz  öder  lang  zur  Ausfuhrung  kommen,  bei  guter 
Stimmung  zu  erhalten,  gab  aber  auch  dem  erneuten  An- 
trage keine  weitere  Folge  ^). 

In  diesem  Stadium  scheint,  soweit  wir  bis  jetzt  sehen, 
die  Angelegenheit  bis  zum  Herbst  des  Jahres  1804  ver- 
blieben zu  sein;  erst  als  Napoleons  Besuch  in  Mainz 
in  Aussicht  stand,  entschloss  man  sich  in  Kassel,  wo  man 
nach  wie  vor  an  dem  Projekte  festgehalten,  nochmals  einen 
Versuch  zu  machen.  Kurz  vor  der  Mainzer  Zusammenkunft 
erschien  der  Kurfürst  in  Aschaffenburg  und  weihte  den 
Kurerzkanzler  in  seine  Ideen  ein.  Man  darf  wohl  annehmen, 
dass  sie  im  wesentlichen  identisch  waren  mit  dem  Pro- 
gramm, welches  der  hessische  Gesandte  von  Malsburg  ein 
paar  Wochen  später  im  Auftrage  seiner  Regierung  dem 
Vertreter  Badens  in  Paris  mitteilte.  Danach  verfolgte  die 
Union,  wie  schon  oben  bemerkt,  den  Zweck,  ihre  Mitglieder 
in  ihrer  politischen  Existenz,  ihrem  Besitzstande  und  ihren 
Rechten  gegen  fremde  Eingriffe  zu  schützen.  Sie  sollte 
ausschliesslich  einen  defensiven  Charakter  tragen  und  daher 
alles  vermeiden,  was  geeignet  wäre,  sie  in  einen  Krieg  zu 
verwickeln;  zur  Erreichung  dieses  Zieles  und  Wahrung 
ihres  Ansehens  sollte  eine  aus  den  Kontingenten  der  Mit- 
glieder gebildete  Bundesarmee  aufgestellt  werden.  Dass 
Österreich  und  Preussen  davon  ausgeschlossen  bleiben 
sollten,  wurde  zwar  nicht  ausdrücklich  gesagt,  war  aber, 
wie  die  Dinge  lagen,  stillschweigende  Voraussetzung. 

Dalberg  hielt  diesen,  wie  man  sieht,  erst  in  grossen 
Zügen  skizzierten  Plan,  wenn  auch  mancherlei  daran  aus- 
zusetzen war,  doch  fiir  durchführbar  und  erspriesslich; 
es  wurde  vereinbart,  dass  zunächst  Baden  von  dem  Vor- 
haben unterrichtet  und  zur  Teilnahme  eingeladen  werden 
sollte.  Wie  unklar  indes  die  beiden  Fürsten  die  politische 
Situation  beurteilten,  ergiebt  sich  daraus,  dass  sie  auch 
jetzt  noch  trotz  dem  vor  aller  Welt  offenkundigen  Abbruch 


1)  Weisung  Talleyrands   vom    27.  Februar   1804  bei  Bignon,    a.  a.  O. 
IV,  80  ff. 


Tagebuch  über  die  Mainzer  Zusammenkunft  1804.  613 

der  diplomatischen  Beziehungen  zwischen  Russland  und 
Frankreich  an  der  Übernahme  eines  gemeinsamen  Protek- 
torates durch  die  Mediationsmächte  festhielten  und  daran 
dachten,  durch  Entsendung  des  Prinzen  Ludwig  von  Baden 
nach  Petersburg  bei  dem  dortigen  Hofe  die  Garantierung 
der  geplanten  Kurfürstenunion  zu  erwirken. 

Da  der  Kurfürst  von  Hessen  sich  von  der  Mainzer 
Zusammenkunft,  wie  er  von  vornherein  entschlossen  war, 
fernhielt  und  zur  Entschuldigung  sein  Podagra  vorschützte, 
übernahm  es  der  Kurerzkanzler,  den  Plan  dem  Kaiser 
gegenüber  zur  Sprache  zu  bringen*).  Wie  er  später  dem 
hessischen  Gesandten  von  Gayling  erzählte,  ging  Napoleon 
bereitwillig  darauf  ein  und  billigte  die  in  Aussicht  ge- 
nommene »Conföderation  der  deutschen  Kurfürsten  und 
grösseren  Fürstenc  vollkommen;  er  war  auch  damit  ein- 
verstanden, dass  der  Kurfürst  von  Hessen-Kassel  die  mili- 
tärische Führung  in  dem  Bunde  übernehme  oder,  wie 
Talleyrand  sich  gegen  Bignon  ausdrückte,  der  Wehrmann 
desselben  werde  ^).  »Nur  auf  den  Fall,  dass  eine  solche 
Conföderation  nicht  zweckmässig  zu  Stande  kommen  sollte«, 
schien  er  zu  beabsichtigen,  eine  dritte  Macht,  vermutlich 
Baiem,  zwischen  Preussen  und  Osterreich  einzuschieben  und 
2u  dem  Ende  auf  Kosten  der  übrigen  Reichsstände  ansehn- 
lich zu  vergrössem.  Wie  er  sich  über  die  beabsichtigte 
Anrufung  der  russischen  Garantie  geäussert,  lässt  sich  aus 
dem  kurzen  Berichte  Gaylings  nicht  ersehen ;  es  kann  aber 
keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  er  dem  Kurerzkanzler 
seine  Abneigung  dagegen  deutlich  zu  verstehen  gab:  was 
er  allein  wollte  und  brauchen  konnte,  war  ein  Fürstenbund, 
der  sein  Heil  bei  Frankreich  suchte.  Hierauf  beziehen  sich 
wohl  jene  Bemühungen ,  die  deutschen  Fürsten  von  Russ- 
land abzuziehen,  und  jene  Ausfalle  gegen  den  russischen 
Einfluss  im  Reich,  die  ihm  bei  dieser  Gelegenheit  zu- 
geschrieben werden*). 


*)  Polit  Korrespondenz  V,  nr.  139;  Strippelmann,  Beiträge 
zur  Gesch.  Hessen-Kassels,  I,  184fr.  —  ^  Strippelmann,  I,  181; 
Bignon,  IV,  81.  —  •)  M6moires  tir6s  des  papiers  d'un  homme 
d'^tat,  Vm,  371  und  H ausser,  Deutsche  Geschichte,  II*,  523  (wohl  nach 
Berichten  Lncdiesinis). 


6i4 


Obser. 


Was  Gayling  meldet,  stimmt  im  wesentlichen  mit  dem 
überein,  was  Lucchesini  auf  Grimd  einer  Unterredung  mit 
dem  Kurerzkanzler  im  Dezember  dieses  Jahres  nach  Berlin 
berichtet.  Auch  hiernach  betonte  der  Kaiser  die  Not- 
wendigkeit einer  »dritten  Macht«  im  Reiche,  die  unter 
seinem  Schutze  stehe  und  je  nach  den  Umstanden  gegen 
Österreich  oder  Preussen  ausgespielt  werden  könnte,  indem 
er  die  deutschen  Fürsten  davon  überzeugte,  dass  Frankreich 
ihr  natürlicher  Freund  und  unparteiischer  Beschützer  gegen- 
über der  Begehrlichkeit  der  beiden  Höfe  sei^).  In  einem 
Punkte  aber  bedarf  Dalbergs  Darstellung  dringend  der 
Berichtigung:  aus  leicht  zu  durchschauenden  Gründen  ver- 
schwieg er  dem  preussischen  Gesandten,  der  ihn  wegen 
seines  Verhaltens  in  Mainz  zur  Rede  stellte,  dass  die  Ini- 
tiative zu  dem  Unionsprojekte  von  deutscher  Seite  aus- 
gegangen und  von  dorther  auch  die  Erörterung  der  Frage 
in  Mainz  angeregt  worden  war,  statt  dessen  gab  er  vor, 
Napoleon  sei  der  Vater  des  Gedankens  gewesen  und  nur 
scheinbar,  um  Schlimmeres  zu  verhüten,  sei  er,  der  Kur- 
erzkanzler, durch  die  Drohungen  des  Kaisers  erschreckt, 
auf  die  Vorschläge  desselben  eingegangen  2). 

Über  die  Stellung,  die  Kurfürst  Karl  Friedrich  damads  zu 
dem  Plane  eingenommen,  liegen  leider  keine  Aufzeichnungen 
vor;  da  mit  dem  Kurfürsten  auch  seine  wichtigsten  poli- 
tischen Berater,  Markgraf  Ludwig,  Edelsheim  und  Dalberg 
in  Mainz  anwesend  waren,  wurde  nur  mündlich  darüber 
verhandelt.  Man  gewinnt  indes,  wenn  man  die  Karlsruher 
Korrespondenz  der  folgenden  Monate  zu  Rate  zieht,  den 
Eindruck,  dass  der  Kurfürst  und  seine  Regierung  der 
Unionsidee  durchaus  kühl,  zurückhaltend  und  skeptisch 
gegenüberstanden;  man  fühlte  sich  wohl  zu  schwach,  um 
etwaige  französische  Zumutungen  abzulehnen,  allein  man 
war  auch  entschlossen,  Bestrebungen,  die,  wie  der  badische 
Dalberg  treffend  bemerkte  3),  nur  zu  leicht  eine  der 
beabsichtigten  total  entgegengesetzte  Wirkung  erzielen 
konnten,  in  keinerlei  Weise  zu  fördern,  sondern  alles  weitere 
dem  Kurerzkanzler  und  Hessen-Kassel   zu   überlassen    und 


')  Häusser,     II  <,   523.     —    «)  Häusscr,    a.    a.    O.     II*,    523.    — 
*)  Polit.  Korrespondenz,  V,  nr.    164. 


Tagebuch  über  die  Mainzer  Zusammenkunft  1804.  515 

s  Ergebnis  abzuwarten.  So  erklärt  es  sich  auch,  dass 
^rhandlungen  über  die  Angelegenheit  weder  mit  Frank- 
ich, noch  mit  den  Höfen  von  Kassel  und  Regensburg 
ifuhrt  wurden  und  der  kurfürstliche  Gesandte  in  Paris 
:h  dem  femern  Verlauf  der  Dinge  gegenüber  lediglich 
obachtend  verhielt. 

Bindende  Abmachungen  irgend  welcher  Art  sind,  wie 
in  sieht,  hinsichtlich  der  Union  in  Mainz  nicht  getroffen 
>rden,  das  Projekt  selbst  war  noch  durchaus  unfertig  und 
ch  Ziel  und  Inhalt  gewaltig  verschieden  von  der  Rhein- 
mdsakte  des  Jahres  1 806,  aber  die  Frage  eines  Anschlusses 
s  geplanten  Fürstenbundes  an  Frankreich  war  zwischen 
ligen  dabei  beteiligten  Fürsten  einmal  persönlich  erörtert 
id  als  aussichtsvoll  bezeichnet  worden,  es  hatte  eine  in 
ren  Wirkungen  nicht  zu  unterschätzende  persönliche 
nnäherung  Napoleons  und  der  deutschen  Reichsstände 
ittgefunden,  und  insofern  bildet  die  Mainzer  Zusammen- 
mft  allerdings  einen  bedeutsamen  Schritt  weiter  auf  dem 
'ege  zum  Rheinbunde. 

Von  air  dem  ist  in  den  Tagebuchblättern,  die  ich  im 
Igenden  veröffentliche 0»  eben  so  wenig  die  Rede,  wie 
>n  den  speziell  badische  Interessen  berührenden  Fragen 
jr  Succession,  der  Gebietserweiterung  und  der  Pfälzer 
hulden,  die  in  Mainz  besprochen  wurden:  nur  gelegent- 
h  und  schüchtern  wird  die  Politik  gestreift.  Dagegen 
Kalten  wir  durch  sie  zum  erstenmale  ein  ziemlich  voll- 
Lndiges,  höchst  anschauliches  Bild  von  dem  äussern  Ver- 
ife  der  Mainzer  Festtage*),  von  dem  Auftreten  Napoleons 
der  altehrwürdigen  Bischofsstadt,  von  seinem  und  seiner 
•ossen  Gebahren  gegenüber  den  deutschen  Gästen  und 
n  dem  Werben  und  Treiben  der  letztern  selbst,  —  ein 
Id,  das  im  einzelnen  charakteristischer  Züge  nicht  ent- 
hrt  und,  so  wenig  erfreuliche  Erinnerungen  es  auch 
jcken  mag,  in  seiner  Art  doch  unbedingt  zur  Signatur 
r  Zeit  gehört. 


')  Das  Original  wird  im  Grossh.  Familienarchive  aufbewahrt;  die  Ver- 
cntlichung  erfplgt  mit  Genehmigung  Seiner  Königlichen  Hoheit  des  Gross- 
zogs.  —  *)  In  der  »Mainzer  Zeitung«  vom  Jahre  1804  finden  sich  natürlich 
:h  ausführliche  Schilderungen,  leider  fehlen  aber  in  dem  Exemplar  der 
rtigen  Stadtbibliothek  gerade  aus  diesen  Tagen  ein  paar  Nummern. 


6i6  Obser. 

Der  Verfasser  der  Aufzeichnungen  befand  sich  im 
Gefolge  des  Kurfürsten  Karl  Friedrich;  er  nennt  sich  nir- 
gends, nach  den  Schriftzügen  kann  aber  kein  Zweifel 
darüber  bestehen,  dass  er  mit  dem  Geheimen  Kabinets- 
referendär  F.  A.  Wielandt»),  der  in  der  That  den  Kur- 
fürsten nach  Mainz  begleitet  hat,  identisch  ist.  Wielandt 
erfreute  sich  dank  seiner  seltenen  Gewissenhaftigkeit  und 
hervorragenden  Tüchtigkeit  bei  seinem  kurfürstlichen  Hemi 
besondern  Vertrauens;  ob  er  indes  in  die  geheimen  Ver- 
handlungen mit  Napoleon  und  dem  Kurerzkanzler  ein- 
geweiht war,  erscheint  zweifelhaft.  Jedenfalls  schweigt  er 
darüber  völlig,  umsomehr  berichtet  er  über  die  äussern 
Vorgänge  in  seiner  Umgebung,  und,  da  er  vermöge  seiner 


')  Friedrich  August  Wielandt,  geboren  zu  Karlsruhe  am  5.  Fcbmir 
1765  als  Sohn  des  Geh.  Hofrats  und  Hofkammerrats  Philipp  Heinrid 
Wielandt,  tritt,  nachdem  er  1788  sein  juristisches  Examen  bestanden,  lo- 
nächst  in  Dessau  als  Sekretär,  in  die  Dienste  des  Prinzen  Hans  Jürgen  tod 
Anhalt,  wird  aber  schon  Oktober  1791  als  Geh.  Ratssekretär  mit  dem 
Rang  eines  Hofratsassessors  nach  Karlsruhe  berufen ,  vermählt  sich  1792 
mit  einer  Tochter  des  Kammerrats  Kärner,  erhält  1797  den  Rang  und  Cha- 
rakter eines  Legationsrats  und  rückt  1803  zum  Wirklichen,  1804  ^^^  ^^' 
Referendar  vor ;  als  solcher  wird  er,  da  er  schon  seit  einigen  Jahren  auch  die 
Kabinetsgeschäfte  beim  Kurfürsten  besorgte,  und  über  die  Angelegenheiten, 
die  zu  dessen  Entscheidung  kamen,  Vortrag  zu  erstatten  hatte,  im  Februar 
1804  zugleich  zum  Geh.  Kabinetsreferendär  ernannt.  1807  zum  Geh.  Rat 
befördert,  muss  er  in  dem  neuen  Ministerium  Dalberg  im  Mai  1 808  dem  Ein- 
flüsse der  französischen  Partei  weichen  und  wird  seiner  Vertrauensstellung  ira 
Kabinet  enthoben,  unter  Beschränkung  auf  die  Geschäfte  des  Staatsdepar- 
tements. Infolge  der  Berufung  Reitzensteins  wird  er  1809  unter  Beförderung 
zum  Staats-  und  Geh.  Kabinetsrat  in  seine  vorige  Stellung  wieder  eingeseüi 
und  ihm  nicht  nur  die  Erledigung  aller  Gegenstände,  die  nicht  auf  mini- 
steriellem Wege  an  den  Grossberzog  gelangten,  sonderd  auch  in  Abwesenheit 
des  Kabinetsministers  der  Vortrag  über  alle  aus  der  allgemeinen  Minisierial- 
konferenz  zur  landesherrlichen  Entscheidung  gelangenden  Angelegenheiten 
anvertraut.  181 1  wird  er  zum  Mitglied  des  Staatsrats,  18 17  zum  Staats- 
sekretär und  Kommandeur  des  Ordens  vom  Zähringer  Löwen  und  1819  nim 
ordentlichen  Mitglied  des  Staatsministeriums  ernannt,  dem  er  bis  zu  seinem 
Tode  (30.  Juni  1820)  angehört.  Naeh  den  Dienstakten.  Vergl.  dam 
v.  Weech,  Badische  Biographien  II,  486.  —  Im  Zerbster  Archive  liegen 
mehr  als  150  Briefe  von  seiner  Hand  aus  den  Jahren  1792 — 1817,  die  aa 
den  mit  Karl  Friedrich  eng  befreundeten  Fürsten  Leopold  Friedrich  Franz 
von  Anhalt  gerichtet  sind  und  Mitteilungen  über  den  badischen  Hof  ent- 
halten, in  politischer  Hinsicht  aber  mit  einer  Ausnahme  nur  von  gcringeni 
Interesse  sind. 


Tagebuch  über  die  Mainzer  Zusammenkunft  1804.  517 

Stellung  überall  Zutritt  hatte  und  manches  sah  und  hörte, 
was  Andern  entging,  verdient  sein  Bericht  Beachtung. 
Bei  der  Beurteilung  desselben  hinsichtlich  seiner  Form  und 
seines  Inhalts  darf  man  nicht  vergessen,  dass  es  sich  allem 
Anschein  nach  um  eine  für  den  Kurfürsten  bestimmte 
offizielle  Darstellung  handelt,  in  der  auch  mancherlei  gering- 
fügige Begebenheiten  mit  minutiöser  Sorgfalt  verzeichnet 
werden  mussten.  Aus  dem  gleichen  Grunde  enthält  Wielandt 
sich  wohl  auch  möglichst  jeder  Kritik  der  Vorgänge  und 
aller  politischen  Betrachtungen.  Dass  die  gewaltige  Per- 
sönlichkeit Napoleons  und  seine  trotz  all'  der  festlichen 
Zerstreuungen  ungeschwächte  erstaunliche  Arbeitskraft 
auch  ihm  imponierte,  ist  leicht  zu  ersehen;  wenn  ihm  aber 
gelegentlich  die  Bemerkung  entschlüpft,  die  Kasteier 
hätten  keinen  Anlass,  des  Kaisers  Besuch  mit  Freuden- 
feuem  zu  begrüssen,  so  lässt  dies  darauf  schliessen,  dass 
er  sich  im  Grunde  doch  keineswegs  in  ungetrübter,  rosiger 
Feststimmung  befand  und  nicht  ohne  Sorge  vor  dem 
wachsenden  Einfluss  Frankreichs  in  die  Zukunft  blickte: 
man  darf  dies  um  so  mehr  vermuten,  als  er  in  der  That 
späterhin  in  Karlsruhe  zu  den  Gegnern  der  französischen 
Partei  gezählt  hat  und  als  solcher  auch  vorübergehend  aus 
seiner  Stellung  verdrängt  worden  ist. 

Seine  Aufzeichnungen  beginnen  mit  dem  2.  September 
und  brechen  ab  mit  dem  i.  Oktober,  also  noch  vor  der 
Abreise  des  Kurfürsten,  der  erst  am  3.  Oktober  wieder  in 
Karlsruhe  eintraf;  sie  sind  mithin  Fragment  geblieben. 
Die  ersten  Blätter,  auf  deren  Abdruck  ich  verzichte,  da 
sie  nur  geringes  Interesse  bieten,  schildern  Anlass  und 
Vorbereitungen  zu  der  Mainzer  Reise.  Ich  begnüge  mich, 
den  wesentlichen  Inhalt  in  Kürze  hier  wiederzugeben. 

Am  2.  September  empfängt  der  Kurfürst  auf  Schloss 
Favorite  von  Seiten  Talleyrands  eine  Einladung  zu  einem 
Besuche  in  Mainz;  am  4.  September  wird  infolge  dessen 
von  Karlsruhe  aus  die  Reise  angetreten.  In  der  Begleitung 
des  Kurfürsten  befinden  sich  die  Gräfin  Hochberg,  der 
Kurprinz,  Markgraf  Ludwig,  Oberstkammerherr  von  Geusau, 
Minister  von  Edelsheim,  der  auf  Urlaub  in  Karlsruhe  ver- 
weilende Gesandte  bei  dem  französischen  Hofe,  Baron  von 
Dalberg,   der  Oberststallmeister    von    Geyer,   der   Leibarzt, 


6i8  Obser. 

Geh.  Rat  Schrickel  und  der  »unbekannte  Verfasser«,  Wie- 
landt.  Major  von  Porbeck  eilt  voraus,  um  in  Mainz  Quartier 
zu  machen.  Die  Fahrt  geht  von  Schwetzingen  über  Mann- 
heim und  auf  dem  linken  Rheinufer  über  Worms  nach 
Oppenheim,  wo  von  Seiten  Porbecks  die  Meldung  einläuft, 
dass  der  Termin  der  Ankunft  des  Kaisers  noch  nicht  genau 
bestimmt  werden  könne.  Der  Kurfürst  entschliesst  sich 
daher  sofort  zur  Umkehr  und  trifft  am  5.  September  nachts 
10  Uhr  wieder  in  Schwetzingen  ein,  um  bis  auf  weitere 
Nachricht  von  Dalberg,  der  die  Reise  nach  Mainz  fort- 
gesetzt, dort  zu  verweilen.  Ein  paarmal  wird  dem  Theater 
in  Mannheim  ein  Besuch  abgestattet,  wo  die  Aufführung 
von  Gemmingens  TiHausvater^  Anlass  zu  einer  begeisterten 
Ovation  des  Publikums  für  den  Kurfürsten  bietet*);  am 
14.  September  erscheint  unerwartet  Geh.  Rat  von  Reitzen- 
stein  mit  seiner  Gemahlin  aus  Heidelberg  und  wird  mit 
dem  ihm  »schon  vor  vielen  Monaten  zugedachten«  grossen 
Hausorden  der  Treue  ausgezeichnet.  Am  Abend  desselben 
Tages  endlich  trifft  aus  Aachen  die  Nachricht  ein,  dass  die 
Ankunft  Napoleons  unmittelbar  bevorstehe  2).  Was  darauf 
weiter  geschieht,  mag  man  den  Aufzeichnungen  entnehmen, 
die  ich  im  wesentlichen  unverkürzt  nunmehr  folgen  lasse. 

....  Wie  oben  schon  berührt  worden  — 

Montags,  d.  lyten  Sept.  früh,  wurde  die  Reise  nach  Maynz 
zum  Zweytenmahle  angetreten  und  Nachmittags,  nach  2  Uhr, 
unter  grosser  Hitze  und  Staub  auch  glücklich  vollendet. 

Die  Avantgarde  machte  H.  Major  von  Porbeck  und  der 
Verfasser,    mit   Montanus^)     und     Bachyd.      Das     Merkwürdigste 

')  Edelsheim  schreibt  darüber  an  den  Dichter  und  damaligen  badischec 
Gesandten  in  Wien:  ^Notre  bonne  fortune  nous  a  fait  jouir  pendant  noire 
s6jour  ici  de  quelques  representations  du  c^lfebre  acteur  Iffland  qui  eiait  venu 
faire  une  visite  au  theutre  de  Mannheim.  Entr'autre  nous  y  avons  vu  j'^uer 
Votre  '»Hausvatert  dans  la  plus  grande  perfection.  L'enthousiasme  que  ceit« 
pi^ce  avait  produit  sur  tout  le  public  a  fait  appeler  au  d^faut  de  Tauieur 
Pacteur  qui  avait  si  bicn  cxprim6  ses  sentiments.  Voilä  ce  qu'Ifriand  a  dit 
au  public,  en  se  pr^scntant  modestement:  »Wo  das  Bild  des  guten  Haus« 
Vaters  in  jedem  Herzen  lebt,  da  mag  der  Schein  nur  wenig  gelten.«  Le> 
applaudisscments  ont  alors  couvert  sa  retraite  ä  tout  rompre,  jusque  longtemps 
apres  que  la  teile  fut  relaiss6c^  (dat.  15.  Sept.).  —  Pichler,  Chronik  des 
Hof-  und  Nationaltheaters,  187  ff.  gedenkt  dieser  Aufführung  bei  dem  Gast- 
spiel Ifflands  nicht.  —  *)  Sie  erfolgt  am  20.  September.  —  ')  Feldjäger  d« 
Kurfürsten. 


Tagebach  über  die  Mainzer  Zusammenkunft  1804.  619 

für  diesen  Wagen  war  die  zwar  kürzere,  aber  ziemlich  gefahr- 
liche passage  auf  dem  äusserst  schmalen  und  an  manchen  Orten 
schadhaften  Rheindamm  bey  Nackenheim,  wobey  1/2  Stunde  ge- 
wonnen wird.  Als  diese  Farth  zurückgelegt  war,  Hess  sichs  mit 
vieler  Contenance  anhören,  dass  tags  zuvor  erst  ein  Wagen  über 
den  Damm  hinunter  gestürzt  war.  Zwey  Wagen  waren  mit 
eigenen  Kurf.  Pferden  bespannt,  die  übrigen  mit  Postpferden. 
Zwey  Züge  relais  blieben  auch  von  Maynz  biß  Mannheim  auf 
jeder  Station  liegen.  S^*  Kurfürstl.  Durch! .  fanden  ein  ziemlich 
geräumiges  Quartier  im  gräfl.  Osteinischen  Hause,  am  Thiermarkt, 
welches  der  Miethsmann,  Handelsmann  Lennig,  erst  hatte  tapezieren 
and  einrichten  lassen,  für  die  vorhin  schon  besprochenen  Zimmer, 
ohne  Stallung  i  8  Louisd'or  täglich;  es  mussten  aber  in  der 
obem  ^tage  für  des  Kurprinzen  H.  Durchl.  —  und  für  H.  v. 
Dalberg  noch  einige  Zimmer  weiter  genommen  werden. 

In  Maynz  befand  sich  schon  der  H.  GR.  von  Dalberg  und 
H.  LegR.  Clossmann'),  aus  Alzey.  Läufer  Höllischer  hatte  den 
Weg    von    Schwezingen   seit    gestern  Abend    zu    Fuss    gemacht. 

Das  Essen  war  bei  einem Traiteur,  Namens  Thomann, 

p.  Couvert  für  5  fl.  30  xr  Mittags  und  für  2  fl.  45  xr  Abends 
bedungen  worden,  und  allgemein  vortrefflich  —  wahrhaft  fran- 
zösisch gekocht  erfunden,  obgleich  Thomann  kein  Wort  französisch 
spricht. 

Sonnabends  d.  22.  Sept.   18042;. 

wartete  Sr.  Kfstl.  Durchl.  der  directeur  des  fortifications  Cham- 
barlhjac*)  auf,  welcher  Höchstdenenselben  von  Fort  Vauban 
(Fort  Louis)  her  bekannt  war.  Man  ging  schon  um  halb  i  Uhr 
zur  Mittagstafel,  weil  der  Kurfürst  Nachmittags  um  4  Uhr  dem 
Kaiser  Ihre  visite  machten«  (um  2  Uhr  that  dieses  der  H. 
Kurfürst  ErzKanzler).  Die  französischen  Militärs  glauben,  Maynz 
könne  ohne   Castel  nicht  mehr  als  Vestung  beybehalten    werden, 

zumal  es  wenigstens  —  Mann  Garnison  haben  müsste ;  der  Kaiser 

und  Chambarlhjac  aber  meynen,  es  müsste  als  Vestung  unter- 
halten und  im  Falle  eines  Kriegs  Castel  ß)  sogleich  wieder  besezt 
und  aufs  neue  mit  befestigt  werden. 

Der  Officier  von  der  Kaiserlichen  garde,  welcher  heute  bey 
Sr.    Kfstl.    Durchlaucht  die    Wache    hatte    und    daher    zur    Tafel 


*)  Badischer  Agent  bei  der  Präfektur  des  Donnersbergdepartements.  — 
«)  Über  die  Festlichkeiten  vom  21.  Sept.  s.  Strippelmann,  I,  178  ff.  — 
*)  Chambarlhac,  Jean-Jacques  de,  französischer  General  des  Geniewesens.  — 
*)  Dass  Napoleon  den  beiden  Kurfürsten  den  Besuch  nie  envidert,  ^^^iTd 
späterhin  mehrfach  auffällig  bemerkt  und  dabei  hervorgehoben,  dass  die 
deutschen  Kaiser  bei  der  Krönung  in  Frankfurt  die  Erfüllung  dieser  An- 
Standspflicht  nie  versäumten.  Schall  an  Cobenzl,  4.  Oktober.  Wien.  Archiv. 
—  *)  Oder  Kastei,  gegenüber  von  Mainz. 


620  Obsef. 

gezogen  wurde,    hiess  Dupetit  —  von  den  Grenadiers  k  Cheval, 
gebürtig  aus  Etampes,  ohnweit  Chartres. 

Der  Kurfürst  fuhren  mit  3  Wagen  zum  Kaiser;  im  ersten 
befanden  Sie  Sich  Selbst  mit  den  beyden  Durchl.  Prinzen;  im 
2ten:  der  H.  StMin.  B,  von  Edelsheim  und  der  H.  Gesandte 
von  Dalberg  und  im  ßten  Herr  Obrist-Cammerherr  von  Geusau 
und  H.  von  Porbeck. 

Als  Sie  ins  palais  kamen,  wurden  die  Trommeln  gerührt, 
und  unten  an  der  Treppe  stunden  alle  Oberhof-Chargen,  Generals 
und  Adjutanten  des  Kaisers;  die  Garden  zu  Pferd  machten 
ebensowie  die  kaiserliche  Hofdienerschaft,  die  Treppe  hinauf 
espaliers,  und  von  den  Trompetern  wurde  Marsch  geblasen. 
Minister  Talleyrand  führte  Sc  Kurfstl.  Durchlaucht  zum  Kaiser. 
Es  waren  3  ineinander  gehende  appartemens,  an  jeder  Thüre 
stunden  2  Huissiers  mit  Medaillen  und  Ketten  von  Golde  am 
Halse.  Im  äussersten  appartement  blieben  die  sämmtlichcn 
Herrn  vom  Gefolge  des  Kurfürsten;  ins  2te  traten  die  DurchL 
Prinzen  mit  H.  Talleyrand,  und  die  beyden  äussern  Thüren 
schlössen  sich;  —  und  ins  innerste  Cabinet  begaben  Sich  zuerst 
Se.  Kurfürstl.  Durchl.  allein,  zum  Kaiser;  und  auch  diese  Thüren 
waren  verschlossen.  Nach  einer  starken  Viertelstunde  traten 
auch  die  beyden  Durchl.  Prinzen  ins  Cabinet  des  Kaisers,  und 
die  Herrn  vom  Gefolge  wurden  zugleich  ins  2te  Zimmer  ein- 
wärts geführt.  Bald  darauf  kam  der  Kaiser  und  mit  Ihm  unsere 
Durchl.  Herrschaften  heraus,  und  der  Kurfürst  präsentierten  Ihm 
die  Herren  von  Ihrer  Suite.  Der  Kaiser  spricht  sehr  kurz: 
zum  H.  Obrist-Camraerherrn  z.  B.:  Quelle  place  occupez  Vous? 
Zum  H.  Major  von  Porbeck:  Qui  etes-Vous,  Monsieur?  avez 
Vous  fait  des  carapagnes?  Nach  dieser  Präsentation  begleitete 
der  Kaiser  den  Kurfürsten,  da'  Höchstdieselben  nun  auch  zur 
Kaiserin  gingen ,  bil>  ans  Vorzimmer,  welches  beyde  appane- 
ments  trennt,  und  blieb  an  der  Thüre  stehen,  als  die  Heim 
vom  Gefolge  an  Ihm  vorbeigingen.  Die  Einführung  zur  Kaiserin 
war  die  nehmliche;  nur  traten  die  Prinzen  mit  S«"-  Kfstl.  Durch- 
laucht zugleich  in  das  innerste  Gemach,  —  darauf  folgte  die 
Präsentation  der  übrigen  Herrn  bey  der  Kaiserin,  welche  nicbti 
sprach,  welche  etwas  grösser  als  der  Kaiser  und  von  schöner 
Figur,  aber  etwas  alt  ist,  und  übrigens  still  und  leidend  zu  >ein 
scheint.  Gegen  5  Uhr  kamen  der  Kurfürst  zurück;  und  Abends 
um  6  Uhr  fuhren  Sie  wieder  ebenso,  wie  vorhin,  zur  kaiserlichen 
Mittagstafel,  welche  in  den  appartements  der  Kaiserin  gehalten 
wurde.  Sie  bestund  aus  beyden  kaiserlichen  Majestäten,  des 
Kurfürsten  und  der  beyden  Prinzen  Durchlauchten,  und  aus  dem 
H.  Kurf.  ErzKanzler  dann  aus  dem  Colonel  General  Beauharnais 
dem  Sohn  der  Kaiserin,  welcher  die  Speißen  vorlegte.  An 
einer  zweiten  Tafel  speisten  die  Damen  und  Kammerherm  etc. 
der  Kaiserin  und  unten  beyin  General  Duroc,  Gouverneur  du 
palais,  die  Herren  vom  Kurf.   Gefolge;  die  Marschälle,  Generals, 


TagebDcli  Ober  die  Maioier  Zutammeokunft  1S04.  ^21 

Idjtiianien,  der  pn^fel  u,  der  maire  von  Maynz  (zu  32  Couverls), 
hch  der  Minagsurel  war  bey  der  Kaiserin  Cercle  und  Spiel; 
r  Kaiser  und  Mme.  de  Larochefoucauid ')  die  Kaiserin  u.  der 
rf.  Kra'.KanzIer  spielten  Whist;  und  eine  2'c  Parlhie  machten 
ie  Damen  der  Kaiserin;  —  S^'  Knrf.  Durchlaucht  sprachen 
vi-Hcheik  eine  Zeitlang  mit  den  Generals  und  wurden  dann 
I  Kaiser  veranlasst,  Sich  neben  Ihn  zn  setzen;  nach  Verfluss 
ST  EJoralicben  Zeit  wurden  auch  die  Herrn  vom  Gefolge, 
wiche  unten  gewarlel  hatten,  hinauf  in  die  Spielzimmer  be- 
:biedcii.  Der  Kaiser  sagte  unter  anderm  zu  des  Prinzen  Louis 
lochf.  Durlaucht:  »Vous  ne  jouez  pasi  c'esl  plus  sage!«  Ohn- 
efahr um  g  Ulir  fragte  der  Kaiser  den  General  Caulaincourt ; 
1  werde  8  Uhr  und  Zeit  zur  Komödie  seyn?  —  und  als  Er 
firie,  es  seye  schon  g  Uhr,  warf  er  die  Karten  zusammen 
idasa  nicht  heuahlt  wurde)  und  stand  auf.  Nun  wurde  zur 
lomödie  gefahren:  beyde  Prinzen  fuhren  voraus  mit  den  Generals; 
1  S<  Kurfstl.  Durchl,  mit  dem  Kaiser  im  Wagen,  worin  jedes- 
Hihl  auch  der  Mar^chal  Morlier  ist,  —  Er  lief  so  schnell  aus 
'imraeni.  dass  der  Kurfürst  Ihm  nacheilen  mussten,  —  der 
bUrfurst  ErzKanzIer  mit  der  Kaiserin  und  mit  Mme  de  la  Koche- 
mcauld. 

Dem  Kurfürsten  war    in    der    Komödie    ein    eigenes  Zimmer 
jcräumt  worden,  welches  12  Plätze  enthielt,  und  worin  Höchst- 
kselben  alten  von  Ihrem  Gefolge  den  Eintritt  gestatteten. 

In  diese  Loge  hatte  Sich  der  General  Leval  aus  Strassburg 
egebcn,  und  der  prt-fet  H,  Jeanbone  S'  Andri;-)  hatte  hierher 
in  die  Loge  des  Slaatssecretärs,  H.  Maret,  gehörige  Dame 
«bracht,  da  ihm  jene  Loge  unbekannt  war;  um  bemerklich  zu 
ucheu,  dais  diese  Loge  einzig  für  S*  Kurf.  Durchlaucht  und 
luchstdero  Gelolge  bestimmt  seye,  zeigte  der  Verfasser  dem 
1.  Prijret  das  darüber  Sr  Exe,  dem  H.  OberislIcammeTherrn 
Ivon  von  Geusan  zugekommene  Schreiben  des  kaiserl,  ersten 
(•mmerherro  H.  Rcmusat  mit  der  Anfrage,  ob  dieses  wohl  die 
%entUche  für  Se-  Kurf.  Durchl.  bestimmte  Loge  seye?  Er 
i^atite  es  mit  wenig  Complimenlen  und  tneynte,  es  werde  dem 
CutfBrHten  angenehm  seyn,  neben  der  von  ihm  hergebrachten 
iitac  tu  sitzen,  mit  dem  auf  die  vielen  scheinbaren  Compli- 
lenteo  des  Verfassers  zielenden  Bemerken:  >qu'il  n'aimät  pas 
I  reste  ces  mouvemens  iirL-guliers!< 

Inzwischen  kam  bald  darauf  H.  R^musat  selbst  in  die  Loge, 
id  wusste  dem  H.  Präfecten,  der  sich  gleich  zu  erkennen  gab, 
ledeihotl  so  bedeutend  zu  erwidern:  »Mais  Vous  avcz  Votre 
lg«  U ,  das«  dieser  sich  nicht  nur  scJbst  mit  General  Leval 
mmochie,  sondern  auch  nach  einer  kleinen  Pause  sei: 
Üedtr  abholte. 


*)   Urne,    de    La    Rocbcfouould ,   c 
Prtltlit  da  Dnooenbcreileputements, 


Leval  ^^ 

J 


622  Obser. 

Unten  am  Eingang  ins  Theater,  wo  der  Verfasser  S«  Kurf. 
Durchl.  erwartete,  um  Höchstdenenselben  Ihre  Loge  zu  zeigen, 
war  ein  interessanter  Posten.  Nichts  als  Verlegenheit,  Streit, 
Ungewissheit  und  Aufsuchen  der  für  einen  Jeden  bestimmten 
Logen;  die  vornehmsten  herzhaften  eilten  links  und  rechts,  — 
Trepp  auf  und  nieder,  —  der  H.  Erbprinz  von  Darmstadt,  Prinz 
von  Leiningen,  Graf  Bassenheim.  Minister  Talleyrand  hielt  för 
nöthig  Selbst  mit  dem  Präfecten  dahin  zu  kommen,  und  über 
die  fehlende  Beleuchtung  der  Logen  —  insbesondere  jener 
Sr  Kurf.  Durchl.  zu  schimpfen.  Die  Polizeicommissärs  und 
zuletzt  der  H.  Policey  Commissaire  Parcus  aus  Grünstadt,  welcher 
eine  Dame  brachte,  —  wurde[n]  durch  ihn  in  die  Stadt  geschickt, 
Wachslichter  anzuschaffen;  und  es  half  m'chts,  dass  sie  Ihm 
respektsvoll  erwiderten:  »Mais  je  ne  suis  pas  charg^  de  cettc 
partie!«  —  »Je  vous  en  charge!«  erwiederte  Se  Excellenz,  und 
sie  mussten  fortrennen;  die  Dame  des  H.  Parcus  aber  führte 
H.  Talleyrand  Selbst  in  Ihre  Loge.  Endlich  kamen  viele  Lichter, 
—  nun  fehlte  es  aber  an  plaqures  und  zuletzt  an  Nägeln  und 
Hammer,  diese  zu  befestigen;  auch  dafür  wurde  Rath  geschafil, 
und  am  Ende,  da  sich  Niemand  mehr  um  die  mit  so  viel  Auf- 
opferung he rbey geschafften  Wachskerzen  des  H.  Maire  be- 
kümmerte, blieben  diese  grossen  Theils  unbenutzt  liegen. 

Nach  9  Uhr  erschienen  Ihre  Majestäten;  der  Kaiser  fuhr 
mit  Sr  Kurfürstl.  Durchl.  in  einem  Wagen,  und  der  H.  Kurfürst 
ErzKanzler  mit  der  Kaiserin  im  andern.  Das  Haus  erschallte 
von  Trompeten  und  Pauken  —  »Vivent!«  und  Hände  Klatschen; 
links  vom  Kaiser  sass  unser  lieber  Kurfürst  in  der  Loge,  naher 
bei  der  Kaiserin  der  H.  Kur  ErzKanzler,  rückwärts  unsere  beyden 
Durchl.  Prinzen.  Hinten  in  der  Kaiserl.  Kurfstl.-Loire  stand  der 
(sehr  lange)  Mar6chal  Mortier.  Rechts  neben  der  Loge  des 
Kaisers  befanden  sich  der  Colonal  General  Beauhamais,  Martchal 
Moncey  (General  en  Chef  de  la  Gensdarmerie),  General  Duroc, 
Caulaincourt  etc.  und  die  übrigen  Generals  und  Adjutanten; 
links  von  der  kaiserl.  Loge  waren  die  Damen  der  Kaiserin  und 
die  Kammerherren;  vorn  sass  die  sehr  schöne  Mme  de  Vaud^i). 

Der  Kaiser  sass  sehr  ungeniert  in  einem  fauteuil;  Er  ist 
sehr  breitschultrig  und  hochbrüstig;  die  Haare  abgeschnitten  und 
ungepudert;  ohne  Farbe  und  gelblicht  im  Gesicht.  Er  hat 
Ähnlichkeit   mit  dem  H.    Joseph   Schmittbaur  aus  Gengenbach*); 

ist    vielleicht    etwas    kleiner Jedermann,  wer    den    Kaiser 

ehehin  schon  gesehen  hat,  findet  Ihn  viel  stärker,  als  Er  war. 
Er  trug  die  französische  Infanterie-Uniform,  ohne  die  mindeste 
Auszeichnung  3).  (Auf  der  Jagd  trägt  Er  jene  von  den  Chasseurs 
ä  cheval  seiner  Garde).    Während  der  Vorstellung  (von  Iphigenie 

')  Palastdame  der  Kaiserin.  —  *)  Wohl  der  Abb6  Joseph  Schmittbaur, 
Lehrer  am  Karlsruher  Lyceum.  —  ^)  Auch  in  der  Mainzer  Zeitung  wird  die 
ausj^esucht  einfache  Kleidung  des  Kaisers  hervorgehoben. 


T^ibucb  über  die  Munzei  Zusammen kunft  1S04, 


623 


AuUd«)  sprach  Er  nur  wenig.  Die  Acte  vfaren  nur  durch 
z  kurze  musicalische  Intenuezzi  unterbrochen;  der  Vorhang 
de    Die    niedergelassen.     Die   von    Parts  angekommenen  TraD- 

^'scben  Schauspieler  l)  geben  nur  Trauerspiele,  weiche  der 
sehr  liebt;  sie  agirten  vortrefflich  mit  der  angestrengtesten 
isticnlation  und  Declamation  und  grosser  Heftigkeit  und  halten 

Brtrefflich  meniorirt.      Das  Theater  stellte  das  griechische  Lager 
und    man    sah    in     den    Zelten    die     Ruhbetten,    Tische, 

lampea  etc.    der  Könige;    es    blieb    die    ganze   Vorstellung    hin- 

Itrcb  nnvciänderl.     Das  Co?tume  der  Schauspieler  war  äusserst 

^Stbar  —  Diademe,  Armspangen,  Ketten,  Schwerter,  Helme  von 
<ld  etc.  Da  die  kurfürallicbe  Loge  sehr  nahe  am  Theater 
,  so  sahen  sie  riesenmässig  aus.  Gegen  1 2  Uhr  war  die 
rstellung  geendigt.  Der  Kaiser  Irat  wieder  hervor  und  machte 
e  Vetbeiigung  ins    parterre.     Abermals:    ViventI    Pauken-    und 

^cimpcten-Schall  und  Hände-Klatschen. 

Neben  der  Kurfiirsll.  Loge,  wohin  heute  nur  das  Gefolge 
tn  und  auch  Herr  Graf  Bassenheim  mit  seinem  Sohne  ein- 
:ien,  befand  sich    die  Loge    des  französischen  Corps   diploma- 

qoe,  iunächst  H.  Talleyrand,  Mathieu,  Maret  etc..  via-ä-vis  die 
gc  für  den  H  Kurf.  ErzKanzler  u.  für  den  H.  Erbprinzen  von 
irmstadt.  im  Theater  soll  auch  die  verwillwete  Frau  Kurfürstin 
ti   Bayern  gewesen  sejn.  welche  unter  dem  Namen  einer  Gräfin 

on  Königs*)  hier  war. 

Sonntags  den  23.  September,  Der  französische 
eujahratag:    1.   Vendi'raiaire    13,     War   beym   Kaiser  diplo- 

bitischc  Audienz;  Nachmittags  um  3  Uhr.  Er  soll  eine  Scene 
It  den  Frankfurter  Dcputirten  gehabt  und  ihnen  gedroht  haben, 
>im  Sie  fortführen,  das  Englische  Commerca  ferner  zu 
iffAastigvn ,  so  werde  F.r  Ihre  Stadt  einem  Fürsten  geben'); 
wie  Er  Hamburg  dem  König  von  Preussen  cuiutheilen 
denke, 

...  Nach  der  Tafel    macliie    die    ganze    mit    dem    Kaiser 

Bgekommene     frauzösischc    Generalität    und    Adjutantur    SeJnei 

^Briul.  Durchl.  die  Aufwartung;  der  Marschall  Moncey,  Mnrticr. 
iroc.  CanlaincDurI ,  Beauharnals,  Harville,  Maret  etc.  (nur 
inerat    Rapp    noch  nicht)    und     dann    ebenso    die    hierbetiDd- 

ch«a  französischen  Gesandten  und  Diplomatiker:  Laforesi,  Otio, 
gnon,  Himingcr  etc.  Mathieu,  Mathieu -Faviers  etc.  Dann  kam 
ich  der  H.  Prüfet  Jeanbone  St.  Andr^,  mit  Ponceau — rother 
idaner    Schärpe    um    den    Leib.  —  Er  spricht    sehr    gut    und 

•)  NkpeleuQ  halte  (tm  unler  Picards  l.eiluitg  atehcnJe  zweit«  Th^alre 
lO^i  ei)>ent  tu  ilec  FesttichkeltCD  niich  Münz  beachiedCD.  R^mutal. 
iMoim,  II,  41.  —  ')  I-tkke  im  Original.  —  «l  Verel.  Lange,  Gesch.  der 
ica  Rdchuudi  ^laukruil.  340,  wo  Übrigens  daa  Erscheinen  i3«r  Frmk- 
rtci  Abecordiieten  in  Maiiu  tUscblich  in  den  Sept.  1S05  verlegt  witd. 
E*MKbt.  I.  C>*cb.  d.  Ob(nh.  N.  V.  XtV.  .. 


624 


Obser. 


bedächtig,  auch  verbindlich.  Ehehin  war  er  reformirter  Prediger. 
Er  hatte  die  Noyaden  zu  Nantes  zu  besorgen  utid  war  1794 
auf  der  französischen  Flotte,  welche  Admiral  Howe  am  itenjuni 
schlug  bei  Ouessant.  (Maynz  hat  noch  drei  solcher  Revolotions« 
männer  aus  dem  ehemaligen  Comit6  du  salut  public  unter  seinen^ 
wohnem,  Albitte'),  Thyrion*),  Duhesme^j,  Nach  ihm  folgte  wieder 
ein  Besuch  vom  Erbprinzen  von  Leiningen,  Fürsten  von  Ysen- 
burg-Birslein,  Grafen  von  Reuss-Ebersdorff,  von  Solms-Laubacb, 
Fürsten  von  Salm-Krautheim,  Grafen  von  Ysenburg.  Abends 
erfolgte  wieder  ein  Schreiben  des  Premier  Chambellan  H.  R6masat 
an  den  H.  Obrist  Kammerherrn :  >Que  8.  A.  S.  E,  avec  Sa  famillc 
seroit  admise  tous  les  soirs  i  huit  heures  au  Cercle  de  l'Impe- 
ratrice«.  Höchstdieselben  fuhren  um  8  Uhr  ins  Palais  u.  kamen 
erst  um  Mittemacht  zurück;  Souper  war  nicht  gewesen.  Das 
Spiel  war  wieder  wie  Abends  zuvor;  um  10  Uhr  hörte  es  anf, 
dann  sprach  der  Kaiser  noch  und  gewiss  über  eine  Stunde  heim- 
lich mit  dem  Herrn  Kurerzkanzler,  welcher  den  Hut  vor's  Gesicht 
hielt  und  nach  Paris  zur  Krönung  invitirt  ist  und  die  Einladung 
auch  sogleich  angenommen  hat.  Se  Kurfstl.  Durchl.  sprachen  in 
dieser  Zeit  mit  der  Kaiserin,  welche,  da  Sie  stunden,  wohl 
10  mal  Ihnen  sagte:  tAsseyez  vous  donci«  Was  Sie  aber  nicht 
annahmen 

Moatags  den  24ten  September  wurde  ein  neuer  Accord 
mit  dem  Miethsraann,  Handelsmann  Lennig  gemacht;  der  für 
den  ganzen  Aufenthalt  S»"  Kurfstl.  Durchl.  rückwärts  und  künftig, 
und  für  die  mehr  abgegebenen  Zimmer,  Betten,  Stallungen  etc. 
1 100  fl.  zugesichert  bekam 

Gegen  12  Uhr  fuhren  der  Kurfürst,  Ihro  Exe.  die  Frau 
Gräfin  und  des  Prinzen  Louis  Hochf.  Durchl.  nach  Zalilbach 
und  Kloster  Dal  heim,  den  dortigen  Römischen  Aquäduct  zu 
sehen,  und  von  da  zum  neuen  Thore  wieder  herein,  an  dem 
alten  Monumente  des  Drusus  vorbey,  der  hier  begraben  liegen 
soll.  Der  Lohnbediente  Gross  belehrte  den  Kurfürsten;  es  seye 
das  Monument  des  Schwedischen  Generals  Crusius,  aus  dem 
siebenjährigen  Kriege!  .... 

Der  H.  Erbprinz  von  Darmstadt  hatte  geäussert,  dass  Er 
von  Seinem  Herrn  Vater  die  Instruction  habe,  am  kaiserl.  Hofe 
ganz  das  nehmliche  Cermoniell,  wie  der  H.  Kurfürst  Erzkanzler 
zu  verlangen;  dem  ohngeachtet  konnte  Er  erst  heute  zum  Kaiser 
kommen.  Zuerst  wurde  Er  eingeführt,  der  Kaiser  kam  aus  seinem 
innersten  Kabinet,  worin  der  Kurfürst  bey  Ihm  gewesen  waren, 
heraus  ins  zweyte  Zimmer.  Dann  der  Prinz  von  Hessen- 
Homburg;     dann     die     H.     Fürsten     zu    Nassau    Usingen    und 

^)  Albitte,  Antoine-Louis,  ehemals  Mitglied  des  Konvents,  Sousiospec- 
teur  aux  revues.  —  «)  Thirion,  Didier,  seit  1803  Lehrer  am  Mainzer  Lyceum. 
—  ^)  Duhem,  Pierre-Joseph,   1804  Chefarzt  des  Mainzer  Spitals. 


abei  di«  Mainzer  Zusa 


:nkunn  1S04. 


6"5 


Bilburg,  von  Salm-Krautheina,  Ysenburg-Birstein,  der  Kurfstl. 
Major  PrinE  von  Ysenburg  aus  Mannheim,  der  Herr 
raf  voD  der  Leyen  und  von  Bassenheim  etc.  jeder  einzeln, 
BT  Lctstere  kam  mit  Seinem  H.  Sohn  zu  S'  Kurfstl.  Durchl. 
mittelbar  nach  dir  gehabten  kaiserlichen  Audienz.  Dann 
kchten  noch  die  Herrn  Gesandten  von  Reibeid  und  Massiaa 
1  Kurfürsten  Ihre  Aufwartung.  Abends  gegen  8  Uhr  war 
de  bey  Hof;  wobey  sich  die  Herrn  Kuriürsten  und  unsere 
cLI.  Prinzen  wieder  befanden;  sodann  der  H.  Erbprinz  v, 
tnstadt,  Prinz  von  Hessen-Homburg  und  die  Herrn  Fürsten 
Nassau -Usingen  und  Weilburg,  die  beym  Kaiser  gespeist 
^n.  Nach  g  Uhr  kamen  Ihre  Majestäten  wieder  ins  Schau- 
ielhaus,  wo  das  Trauerspiel  Phedre  von  Racine  gegeben  wurde. 
e  H.  Kurfürsten  und  unsere  Durchl.  Prinzen  befanden  Sich 
y  Ihnen  in  der  Loga.  wie  das  erste  Mahl;  der  H,  Erbprinz 
D  Darmstadt  war  nicht  sichtbar  im  Theater. 

Als  der  Kaiser  beym  Schauspielhause  aus  dem  Wagen  stieg, 
bmen  Ihn  und  unsere  Durchl.  Herrschaften  5  Mann  von  den 
lasscurs  k  cheval  der  Kaiserl.  Garde  ....  fest  aufgeschlossen 
die  Mitte  und  brachten  Ihn  so  in  seine  Loge.  In  der  Kur- 
ISlI,  Loge  befanden  sich  von  Fremden  der  Herr  Graf  von 
ssenheim,  Herr  Massias  und  der  rechtachall'enene,  gegen  Baden 
(  wohl  denkende  Commissaire  ordonnateur  H.  Mathieu  Faviera 
Strastsbourg,  Der  Bruder  des  H.  Mathieu  Favicrs,  der 
iblicbte  des  relations  exti-rieures ,  Herr  Mathieu  hörte  mit  an, 
US  man  seinen  Bruder  lobte,  wegen  dessen,  v,-as  derselbe  im 
dcg«  für  Raden  Gutes  gewirkt  habe');  worauf  derselbe,  dt^r 
,0  sehr  von  allen  Reichsständen  hat  schmieren  lassen  ^), 
Bfiel  und  sagte:  Nous  avons  fait  laut  cela,  monsieur,  de  bon 
leuc  eo  bona  voistnsl 

Dienstag  d.  25.  September  1804.  Diesen  Morgen  ritt 
•  Kaiser  zum  ersten  Mahle  aus,  um  die  Vesiungswerke  zu 
iMbca');  nach  der  Versicherung  der  Kunstverständigen  reitet 
!  gut  mit  geschlossenen  Annen;  und  die  Kaiserin  fuhr  über 
'  i  Rrncke  nach  Kassel  gegen  Biberich  zu.  Sie  stieg  aus  dem 
'«gen  und  machte  eine  Strecke  zu  Fnsse.  Sie  liess  sich  etwas 
tde  geben,  welches  Sie  in  eine  Papierdüte  that,  um  sagen  zu 
innen,  Sie  habe  deutsche  Erde !  Während  Sie  jenseits  war, 
irde  in  Kasse!  aus  Böllern  geschossen.  Nachmittags  wurden 
r  die  Frau  Landgräfin  von  Hessen-Homburg,  die  Fürstin  von 
ISsau-Usingen  präsentiert.  Der  Kaiser  fragte  die  Fürstin ,  ob 
B  Töchter  habe?    Und  versetzte  in  der  Folge:  c'est  dommage 

1  Vagi  Politische  Ko t  retpo ndcni  Karl  Friedrichi. 
[  pauita.  —  ^  B«i  dea  VcrhandluiigeD  der  Reiciudepntaiion  In  Regeas- 
qg  iSoi-lSoj.  —  *)  Ober  da;  Eigebnii  der  Btiichligung  vergl.  Corre- 
lOBdaoce  de  NkpoUon,  IX,   546  IT. 


626  Obser. 

qu'on  a  supprime  touts  les  chapitresl  —  weil  das  ein  Ausweg  zur 
Versorgung  von  Prinzessinnen  wäre.  Abends  war  Gerde,  wohin 
Se  Kurfl.  Durchlaucht  und  die  Durchl.  Prinzen  sich  begaben  (der 
Kurprinz  spielten),  und  darauf  die  Vorstellung  des  Trauerspiels 
Cinna  von  Corneille  .  .  .^  .  der  Kaiser  und  Seine  Gemahlin,  die 
Herren  Kurfürsten  und  die  Durchl.  Prinzen  waren  wieder  im 
Theater  .... 

Mittwoch  d.  26ten  Sept.  Morgends  nach  10  U!ir  reisten 
Ihre  Excellenz  die  Frau  Reichsgräfin  von  Hochberg  mit  dem 
Herrn  Oberstallmeister  Baron  von  Geyer  und  Ihren  Leuten  nach 
Schwetzingen  und  von  da  über  Karlsruhe  in  die  Favorite  zurück. 
Se  Kurfstl.  Durchlaucht  machten  mit  des  Prinzen  Louis  Hoch- 
fürstl.  Durchl.  in  Begleitung  des  Herrn  Obrist  Kammerherm  Exe. 
einen  Besuch  in  Biberich.  Der  Kaiser  ritt  heute  wieder  ans, 
die  hiesigen  Fortificationen  zu  besichtigen,  immer  sehr  schnell; 
ein  Theil  seines  Gefolges  kam  viel  später  nach.  Im  Münsterthor 
wurden  alle  die  Tische  der  Höckerinnen  mit  Pfeffernüssen  durch 
das  Kaiserl.  Gefolge  umgeritten.  In  der  Gegend,  wohin  der 
Kaiser  ritt,  waren  zwischen  den  äussern  Werken  überall  doppelte 
Vedetten  von  der  Gensdamerie  d'Elite  ausgestellt,  als  ob  gegen 
den  Feind  recognoscirt  würde.  Bey  Tafel  erschienen  heute  Hen 
Staatsminister  Baron  von  Edelsheim  und  H.  v.  Dalberg  nicht, 
weil  sie  um  5  Uhr  zum  Diner  bei  General  Lorge»)  gebeten 
waren  ....  nachmittags  warteten  der  franz.  General  Franciscy*) 
auf,  der  in  Aachen  commandirt,  und  der  Kaiserl.  Cammerhen 
Aubusson  la  Feuillade.  Er  übernahm's  S^  Kurfstl.  Durchl.  zn 
entschuldigen,  wenn  Sie  heute  Unpässlichkeitshalber  nicht  in  den 
Cercle  kämen;  abends  späte  kam  die  Nachricht,  dass  man  aber 
doch  die  Durchl.  Prinzen  dort  erwarte.  Sie  verfügten  Sich  also 
noch  hin,  der  Kaiser  und  die  Kaiserin  erkundigten  Sich  mit 
Theilnahme  nach  dem  Befinden  S^r  Kurfstl.  Durchlaucht.  Der 
Kaiser  war  erst  um  2  Uhr  von  Seinem  Ritt  zurückgekommen 
und  dann  bis  abends  mit  Herrn  Talleyrand  in  Geschäften,  weil 
der  nach  Berlin  geschickt  gewesene  junge  d' Arberg ^)  zurück- 
gekommen ist.  Er  erschien  heute  in  grossen  Stiefeln.  Der 
Kaiser  sagte:  L'Electeur  veille*)  trop!  Allgemein  wurde  auch 
davon  gesprochen,  dass  der  Kurfürst  täglich  zu  reiten  gewohnt 
seyen,  welches  Sie  hier  nicht  könnten.  Sie  müssten  reiten!  Die 
Durchlauchtigsten  Prinzen  nahmen  kein  Spiel  an,  sondern  kamen 
bald  nach  g  Uhr  wieder  zurück.  Der  Graf  von  der  Leyen  und 
Bassenheim  und  Sohn  hatten  beym  Kaiser  gespeist  und  waren 
im  Cercle.  Abends  halb  8  Uhr  erhielten  Serenissimus  die  an- 
genehme Nachricht  von  der  glücklichen  Ankunft  der  Frau  Reichs- 
gräfin Excellenz  in  Oppenheim 

^)  Kommandant  der  26.  Division  zu  Koblenz.  —  ■)  Fiorella  Fran« 
ceschi,  Brigadegeneral  bei  der  gleichen  Division.  —  ')  S.  Bai  Heu,  II,  292. 
—  *)  So  im  Original;  möglicherweise  ist  auch  zu  lesen:  vieiUit. 


Ticelw^  über  die  Mnbter  Ziuammenkunfi  1804. 


6J7 


Donnerstags  den  lyien  September.  Erschien  auf  Bcrehl 
i  KaiscTB  der  erste  Kammerherr  Ri^musat,  der  30,000  ff  Gehalt 
iiiehl  und  ein  sehr  unteirichteter  Mann  seyn  soll,  sowie  alle 
erm  vom  Hofe  ongemein  auvorkoramend  und  höflich  sind,  sich 
eil  dem  Uefindcn  S'  Kf.  Durchl.  zu  e^undigen  und  im  Namen 
r  Kfiiscrin  der  Cammerlierr  d'Aubusson  la  Feuillade,  der 
r  600Q  ß  Besoldung  hat;  sein  Bruder  war  im  Jaiire  1791  im 
nker'schei)  Hause  zu  Karlsruhe.  Für  sich  machte  vonuittags 
r  Introducleur  des  Ambassadeurs  Mm  Salmatoris  —  vormaliger 
Ire monienme ister  dos  Königs  von  Sardinien  mit  penique.  ein 
Dsser ,  aller ,  magerer  Mann ,  etwas  pedantisch ,  seine  Auf- 
lung  —  dieser  hat  vom  Kaiser  den  Auftrag  16  Cammerherm 
I  eigenem  Vermögen,  aber  ohne  Besoldung  anzuwerben,  die 
QJcht  BndeD  kann.  Das  französische  Gouvernement  bezahlt 
[ne  Civllemploy^'a  auch  sonst  sehr  schlecht  und  dieser  schlechten 
tahluDg  sind  die  vielen  Bedrückungen  und  Bestechungen 
saschreiben.  Ein  Präfectur-ral  z.  B,  erhält  jäbrlicli  nicht 
r  als  Cioo  0  (24  Louisd'or)  und  doch  ist  seine  Stelle  einem 
pfrat  ftUf  dem  rechten  Rhein-Ufer  zu  vergleichen,  da  ein 
partemenl  ohngelahr  so  viel  Einwohner  als  ganz  Kurbaden  zählt. 
Der  H.  Erbprinz  von  Darmsladt  sind  nach  Darmstadt  zurück- 
reist, werden  aber  wieder  hierherkommen.  Diesen  Morgen 
I  der  Kaiser  über  die  Rheinbrücke  —  wieder  sehr  schnell  — 
ich  Kassel  und  über  Kosthetm  gegen  Hochheim.  Er  wechselte 
ib«y  iwcimahl  die  Pferde.  Die  Escorte  von  Chasseurs  liesB  Er 
f  der  Drucke  zurfick  und  schickte  den  Officier  derselben,  der 
m  sn  weit  nach  Cassel  gefolgt  war,  in  Arrest.  Mit  Ihm  rittet) 
»  einige,  worunter  der  Mamelücke')  [Roustan]  war.  Das 
iBSftU  Usingische  Jage rbatlail Ion  stund  in  Cassel  unterm  Gewehr 
1  feuerte  mit  seineu  bcyden  6  Pfnndern,  und  die  Casseler 
rgerscliaft  aus  Böllern,  solange  der  Kaiser  jenseits  war. 

Er  ritte  zum  Batuilionscommandanten,  Hauptmann  von  Meder, 
I  und  dankte  ihm  für  die  tlonneurs  mit  Bedauern,  dass  sie 
b  incommodiert  hätten!  Abends  sagte  der  Kaiser  im  Gerde: 
I  en  Allemagne,  mais  je  laissais  mes  guidcs  en  arriere. 
I  sous  la  garde  du  Prince  de  Nassau  Usingen!  Da  Frank- 
Ich  beym  Ausbruch  eines  Krieges  in  Deutschland  gewiss  gleich 
isel  besetzen  und  wieder  bevestigcn  lässt,  so  schein!  es  nicht, 
la  man  jenseits  über  die  heutige  Besichtigung  ein  Freuden- 
ler  SU  machen  Ursache  hatte! 

Der  Kaiser  besähe  die  übrigen  FortificaÜonen  und  ritt  sogar 
t  dem  Pferde  oben  auf  die  Brustwehren  der  Werke  mehrmals 
eine  Treppen  von  Holz  hinauf,  üb  man  Ihn  gleich  warnte. 

Er  stürzte  auch  einmal  mit  dctii  Pferde  auf  einer  Fallbrücke 
lammen,  und  gestern  hiitte  General  Rapp  beynabe  ein  vor- 
iffUcbes  arabisches  Pferd  oingebüsst 

»1  Locke  im  Origin.l. 


628  Obser. 

Vor  Tische  machten  der  Kurfürst  einen  Besuch  beym 
H.  Fürsten  zu  Nassau  Weilburg,  worauf  dieser  nachmittags  Hoch- 
denenselben  mit  Seinem  Regierungspräsidenten,  Herrn  von  Gagern, 
zum  zweiten  Mahle  aufwartete.  Zu  gleicher  Zeit  kam  auch  der 
H.  Fürst  von  Löwenst^n  Wertheim  in  Kurbayrischer  Uniform 
und    im  St.  Hubertusorden.     Nach    ihnen   H.  von    Reibeid  und 

H.  Massias Die  heutige    Sondirung    des    H.    Talleyrand 

durch  H.  v.  Dalberg  wegen  Serenissimi  früherer  Abreise  fiel 
nicht  nach  Wunsch  aus;  inzwischen  hatte  der  Kutscher  Tallev- 
rands  geäussert,  dass  sein  Herr  künftigen  Montag  abreise,  und 
der  Kaiser,  hiess  es  allgemein,  gehe  spätestens  Dienstags  oder 
Mittwoch  weiter. 

Abends  gingen  die  Herrschaften  in  den  Cercle,  wohin  auch 
die  Grands  Officiers  des  Kurfürsten  jedesmahl  zu  kommen  gestern 
waren  eingeladen  worden;  nachher  war  Comoedie,  das  Trauer- 
spiel Andromaque.  Alle  bisher  gegebenen  Stücke  rühren  nicht 
leicht  einen  Teutschen;  sie  flössen  ihm  eher  horreurs  ein.  Man 
hat  nicht  ohne  Grund  vermuthet,  es  würden  blos  Tragödien 
gegeben,  weil  dieses  mehr  ein  Etiquette-Spiel  seye,  wobey  es 
nichts  zu  lachen  gäbe,  was  sich  mit  dem  einem  Kaiser  ge- 
bührenden Respect  nicht  vertrage.  Dagegen  wischten  die  Fran- 
zosen, H.  Mathieu  und  andere,  viele  Thränen  ab.  In  der  Kur- 
fürstlichen Loge  sass  heute  unter  Anderm  auch  der  Prefet 
H.  Jeanbon  St.  Andr6,  der  dann  doch  heute  gar  viele  mouvemens 
irrcguliers  empfing  *)  und  gegen  Andere  machte ;  sodann  H. 
Massias,  der  von  den  übrigen  französischen  Gesandten  nicht 
sehr  geachtet  wird.  Man  sagt,  weil  Er  immer  Militairuniform 
(von  der  Artillerie)  trage, 

Freitags  d.  28ten  September  fuhren  Sc  Kurf.  Durchlaucht 
mit   des  Herrn  Marggrafen  Louis  Hochf.  Durchl.  nach  Hochheim 

und  besahen   das  Terrain,    wo    sich    der  Prinz    den^) 

I7Q3  noch  als  kgl.  Preussischer  Generalmajor  den  grossen 
schwarzen  Adler-Orden  eroberten,  welchen  sonst  nur  General- 
Lieutenants  (den  einzigen  Seydlitz  ausgenommen,  der  solchen 
bei  Rossbach  erhielt),  zu  erhalten  pflegen.  Der  Maire  Maquet') 
lud  Se  Kurf.  Durchl.  auf  diesen  Abend  zum  Konzert  und  Ball 
ein,  welcher  Ihren  Majestäten  im  Zeughause  gegeben  wird,  und 
worauf,  ohne  den  Hof,   700  Billets  ausgetheilt  werden. 

Der  Kaiser  fuhr  diesen  Morgen  mit  der  Kaiserin  auf  der 
noch  dahierstehenden  Nassau  Weilburgischen  Yacht  den  Rhein 
abwärts  nach  der  Petersau,  wo  dejeunirt  wurde.  Auf  einem 
vorher  abgefahrenen  Schiffe  befanden  sich  Erfrischungen.  Die 
Kaiserin  war  schon  eingeschifft,  als  Se  Majestät  sehr  schnell 
geritten  kamen  und    durch    einen  Umweg    bey    der    Rheinbrücke 

•)  Anspielung  auf  die  Bennerkung  des  Präfekten  gegen  Wielandt  oben 
S.  621.  —  -)  Lücke  im  Original.  Am  6.  Januar  1793.  Vergl.  Polit. 
Korrespondenz,  I,   170;  II,   18.  —  3)  Sic!  Mack^. 


f  die  Moinier  ZusimmeakucFt  iHo^, 


619 


irbey  biss  an  die  Yacht  hineilteu.  Der  Kaiser  sah  an  einem 
enster  aus  der  Yactit  heraus  und  EOg  dann  innwfirts  die 
tordinen  tu.  Rückwärts  gieng  der  Kaiser  zu  Land,  indem  Er 
Pferde  hatte  ans  Ul'er  kommen  lassen.     Abends  gegen   &  Uhr 

liellea  S"  Kuif,  Durch),  einen  Besuch  vom  H.  Kurf.  Erzkanzler. 
«Ich«n  Höchstdieselben  ersucht  hatten,-  Sich  gelegentlich  nach 
Tag'  der  Abieise  des  Kaisers  zu  erkundigen.  Er  eröffnete, 
Minister  Talleyrand  diese  Abreise  Auf  künftigen  Dienstag 
DgegebcD  habe.  Die  Unterhaltung  dieses  Herrn  ist  sehr  lebhaft 
Dd  angenehm.  Er  rühmte  sehr  den  H.  Präs.  von  Baur  zu 
[e«rsburg ,  welchem  iJer  Moreausche  Chef  des  Generalstabs 
nhorie  auf  seine  Vorstellungen  gegen  allzu  drückende  Contribu- 
Onen  einst  erwHedert  hatte:  »Schwaben  seye  wie  eine  Zwiebel, 
I  mao  ihm  auch  die  eine  Haut  abziehe,  so  seye  immer 
jeder  eine  andere  drunter!«  Der  Kur  Eizkanzler  fugte  bey: 
[.  Malhicu  scheine  ganz  Teutschland  für  eine  Zwiebel  gehalten 
haben.     Graf    Bassenheim,  weicher    zur    Entschädigung   nur 

I    Nonnenkloster')  —  erhalten    habe    uad    dessen    Güter    auf 

m  linken  Rhein-Ufer  alle  noch  unter  Sequester  lagen,  schuiue 
Brch  die  Protection  der  Kaiserin  doch  noch  gehört  zn  werden. 
f  habe  dem  Kaiser  gesagt.  Er  und  Seine  Nonnen  würden  am 
ibde  noch  betteln  müssen  und  habe  die  Hoffnung  gebende 
mcwort  erhalten:  die  Sache  werde  sich  wohl  noch  machen 
iscn,  (Ob  vielleicht  durch  ausnahmsweise  Aufhebung  des 
xjuestcrs,  wje  bei  Aiemberg?)  Der  H.  Graf  reitet  hier  im  rothen 
icide  mit  zwei  Sternen  und  rundem  Huth,  liinter  Ihm  zwei 
akeys,    immer    hemm,  wie    ein  Kunstreiter,    und    giebl  Visiten- 

lUets  ab Er,  der  H.    Kurfürst    habe    dem    H.  Grafen,    da 

leset  so  sehr  klagte,  angeboten,  Wetzlar  Ihm  abzutreten,  welches 
50  000  fl.  Schulden  und  gar  keine  Domainen  habe,  zur  Wache 
It  den  Cammerrichler  und  die  beyden  Präsidenten  iwey  Com- 
Ignien  Besetzung  erfordere .  welche  chehin  Darmstadt  wegen 
es  gehabten  Scliutz-  und  Geleils-Recbts  dort  uiiterhalieii  habe, 
es    immer    ein    ansehnliches    IMÜitaii    halte,    wohingegen    für 

,  den  Herrn  Kuifütsten,  des  Kriegführen  vorbey  seye;  dann 
ID'[eu]  noch  die  Besoldungen  der  Diener,  die  Unterhaltung  der 

Ickcn  und  Chausseen,  sodass  Wetzlar  jährlich  30000(1.  koste 

1  nichts  einbringe.  Der  hiesige  Bischoff,  H.  Colmar,  vorhin 
tofessor  der  schönen  Wissenschaften  in  Strasburg  seye  ein  schi 
[ftvei  Mann,  der  alle  Wochen  mit  Beyfall  im  Dome  Teuisch 
nedigc;  er  habe  in  diesen  Tagen  der  Kaiserin,  die  sehr  wohl- 
ittig  seye,  14  Bitten  auf  einmahl  vorgetragen,  welche  alle 
Iwilligt  worden  seyen.     Vor  einigen  Tagen  sind  etliche  Damen 

r  Kaiserin,  Mme  de  Vaud<5  etc.  mit  dem  Nassau  Weil  burgischen 
bfinarscball    H.  v.    Künsberg,    welcher    auf  der    RheinCarth  von 


')  I.Qcke    ini    riHgii]a1.      Das    CistetdenscnDnenklosl?i    Heg 


bei 


630  Obser. 

Coblenz  biß  Maynz  den  Wirth  gemacht  und  sie  dadurch  genauer 
hatte  kennen  lernen,  von  hier  nach  Frankfurt  gereist  und  sollen 
dort  Perlen  und  allerley  Putzwaaren,  Englische  Battiste  etc. 
erkauft  und  hier  eingeschwärzt  haben. 

Abends  ^j^g  Uhr  fuhren  unsere  Durchlauchtigsten  Herr- 
schaften in  den  Cercle  und  kamen  durch  die  Zimmer  der  Kaiserin 
über  den  ßalcon  mit  Ihren  Majestäten  in  den  zum  heuligen 
Ball  arrangierten  Saal  des  Zeughauses,  wo  auf  der  mit  rothem 
Tuche  belegten  Erhöhung  von  2  Stufen  ebenso  wie  im  Theater 
Platz  genommen  wurde.  Die  Durchl.  Prinzen  aber  nahmen  die 
für  Sie  neben  Serenissimo  Eiectore  und  dem  H.  Kur  Erzkanzler 
gesetzten  Fauteuils  nicht  ein.  Der  H.  Fürst  von  Nassau  Weilburg 
war  heute  auch  in  den  Cercle  gebeten  worden  und  kam  mit 
dem  Hofe  in  den  Saal.  Vor  dem  Eintritt  des  Kaisers  erschien 
wieder  H.  R^musat  und  rief,  wie  im  Theater:  Orchestre! 

Im  Cercle  sprach  der  Kaiser  wieder  zu  verschiedenen 
mahlen  mit  Sr.  Kurf.  Durchl.,  dass  Sie  reiten  sollten  und  dass 
Seine  Pferde  Ihnen  zu  Diensten  stunden:  Ce  sont  de  bons 
chevaux,  Vous  pouvez  Vous  y  fier!  sagte  Er.  Der  Kurfürst 
erwiederten:  Votre  Majestö  permettra  cependant  que  ce  sont 
de  nouvelles  connaissances  I  Da  morgen  ohngefihr  in  der 
Gegend  von  Zahlbach  die  hiesige  Cavalerie  manoeuvriren  lassen 
will,  so  scheint  es.  Er  wünscht  Se.  Kurf.  Durchl.  zu  Pferde 
dabey  haben  zu  wollen,  und  wann  dieses  nicht  zu  decliniren 
seyn  sollte,  so  würden  Höchstdieselben  die  Pferde  erst  probieren 
lassen  und  auch  Selbst  reiten  müssen.  Vor  dem  Kaiserl.  palais 
waren  auf  dem  Rhein  drei  grosse  Schiffe,  an  allen  Masten, 
Tauen  etc.  und  ebenso  die  Brücke  ganz  erleuchtet,  was  einen 
sehr  schönen  Effect  machte  und  im  Wasser  sich  spiegelte,  sowie 
einige  Abend  zuvor  ganz  Cassel  erleuchtet  war.  Der  Kaiser 
ging  zweymahl  aus  dem  Cercle  heraas  auf  den  Ballcon,  setzte 
seinen  Hut  auf  und  besähe  —  zwischen  die  Orangebäume  auf 
der  Ballustrade  Sich  auflehnend  —  die  Beleuchtung,  als  eben 
Schwärmerkästen  abgebrannt  wurden;  Er  bezeugte  darüber  Sein 
grosses  Wohlgefallen  und  trat  das  zweytenmahl  gleich  in  den 
Ballsaal.  Auf  den  Treppen  und  bey  der  Entrce  in  den  Saal, 
die  fürs  Publikum  auf  der  entgegengesetzten  Seite,  bey  der 
Musik  war,  auch  im  Saal  selbst,  war  viel  Ordnung  und  kein 
Gedränge  *).  Die  Frau  Landgräfin  von  Homburg  und  ihr 
H.  Sohn,  Prinz  Louis,  der  Commandeur  des  kgl.  Preussischen 
Infanterieregiments  von  Wedel  (vorhin  Romberg)  ist,  und  dessen 

junge    Gemahlin,    Prinzessin    von    Nassau    Usingen nebst 

Ihrer  Frau  Mutter,  Herr  und  Frau  Gräfin  Bassenheim,  Prinz  von 
Leiningen,  Fürst  von  Ysenburg  Birstein,  Graf  Reuss  Ebersdorff  etc. 
waren  im  Saale.  Die  Damen  sassen  auf  den  Bänken,  jede 
möglichst  nahe  bey  der   Erhöhung,  welche    für    Ihre    Majestäten 

')  Über  den  Ball  vergl.  auch  Strippelmann,  I,   180. 


aber  die  Maia 


i  Zusaaimen'kanlt   1804. 


631 


ditet  wst;  vor  sie  hin  drängten  sich  aber  die  Herrn.  Vor 
Hofe  bauen  sich  ohngefähr  20  we  issgekleidete  junge 
leben  init  duTlanden  in  2  Reihen  gestellt.  Der  Kaiser  und 
Ihm  die  Kaiserin  wurden  mit  Pauken  und  Trompeten 
■U  und  mit  Vive!  empfangen,  und  als  Sie  Sich  nacb  eiaei 
kcD  Stunde  wieder    rotirierten,    ebenso  wieder   begleitet.     Als 

Hof  Platz  genommen  hatte,  fing  die  Walzmusik  an.  Der 
I  ist  zwar  sehr  lang,  aber  der  Raum  Kwiscbcn  den  beiden 
ben  von  Säulen,  welche  mit  Festons  von  Taft  umwunden 
ichmal.  Oben  am  Gesimse  der  Decke  sind  durch- 
euds  Dtapperien  von  grünem  Taft,  besetzt  mit  goldenen 
xen,  welche  man  hatte  von  Frankfurt  müssen  kommun,  aber 
Douanc  wägen  lassen,  damit  das  nehmliche  Gewicht 
h  gemachten  Gebrauch  wiederum  exporlirt  und  dann  fürs 
fiiza  Stadtärarium  auswärts  verkauft  werden  konnte.  Die 
seiin  hatte  ein  mit  Cramoisie  (sie!)  durchgewirktes  Kleid  von 
erslolT  an,  Sie  i&t  eine  feine  Figur  von  ausserordentlicher 
nutti;  freylich  schon  44  Jahre  alt,  der  Kaiser  35,  Er  sprach 
liesen  Tagen  äusserst  gnädig  und  freund schaltlich  mit  General 

1  beyin  Cercle,  der  sein  Jugenfrcund  au  seyn  scheint  und 
Bezug  auf  Ihr  beyderseitiges  Alter  Ihm  sagte:  J'ai  3Ö  ans, 
i  je  suis  votre  airnil  —  Als  Ihre  Majestäten  noch  im  Saal 
nahm  der  Colonel  G^n^ral  Beauharnais  eine  von  den 
nen  seiner  Frau  Mutter,  um  mit  Ihr  zu  tanzen.  Er  trat  mit 
unten  im  Saale  bey  der  Musik  in  eine  Franvaise.  Den  ersten 
jn.  die  in  den  Saal  traten,  hatte  mau  die  Degen  abgenommen; 
der  Folge  aber  kam  Contreordre,  und  wir  behielten  die 
rigen.    Von  den  Darrastüdter  Herrschaften  und  ihrem  Gefolge 

Niemand  auf  dem  Balle;  auch  der  H.  Fürst  von  Löwenstein 
ttbheim  nicht.  Das  andere  Geschlecht  ist  wirklich  schön  in 
fax,  und  die  Franzosen  tragen  nicht  wenig  dazu  bey,  es  zu 
{Durdircn.    Auf  dem  Ball  sah  man  auch  einige  Staatsrathe  in 

i  Costume:  dunkelblau  mit  breiter    hellblauer    Stickerey  und 

»S  Roth  mit  der  gleichen  Stickerey!  S«  Kurf.  Durchl, 
;eQ  eine  Viertelstunde  nach   Ihren  Majestäten  aus  dem  Tanz- 

nach  Mause.  Die  Maynzerinnen  fanden,  dass  der  Dali  nicht 
[  gewesen  seye. 


Sonnabends  den  igten  September.  Vormittage  besehen 
Cutf.  Duichl.  mit  dem  Durchl.  Prinzen  Louis  die  Nassau 
Ibuigische  sehr  schöne  Rheinjachl.  Sie  landen  dort  den 
^'rtenbergischen  Gesandten  H.  von  Bühler  mit  Seiner  jungen 
lahlin,  einer  verw.  GräHn  von  Lerchenfeld,  und  um  '  ^2  Uhr 
«bten  Sie  die  Frau  Landgrfifin  und  die  Frau  Erbprinzessin  von 
FQsUdt  welche  mit  mehreren  Hofdamen  und  8  Camraerfrauen 
Maynz  gekommen  waren;  sodann  den  H.  Kur  KrEkanzler  .... 
Nachmittags  wurden  die  Datmstädter  Herrschaften  der 
srin    präsentirt    und    befanden    sich    auch    im    Cercle,    aber 


632  Obser. 

ohne  Damen.  Ihre  Majestäten  sassen  auf  einem  Cannap6;  die 
Frau  Landgräfin  und  Frau  Erbprinzessin  neben  Ihnen  die  Frau 
Landgräfin  sprachen  viel  mit  dem  Kaiser,  besonders  von  Klop- 
stock  und  dessen  Herrmansschlacht.  Nachher  wurde  das  Trauer- 
spiel  »Die  Horatier«  gegeben,  wobey  der  H.  Erbprinz  von 
Darmstadt  und  Seine  Frau  Mutter  und  Gemahlin  in  der  Kurfstl. 
Loge  waren.  Auf  der  Treppe  im  Theater  fielen  S«  Kurf.  Durchl., 
als  Sie  dem  Kaiser  in  Seine  Loge  nacheilten.  Doch  wurden 
Sie  noch  glücklicher  Weise  von  Mar6chal  Mortier  gehalten,  der 
zunächst  bey  Ihnen  war,  sonst  hätten  Sie  herunterrutschen  können 

Der  Sequester   auf  die  am   linken  Rheinufer  gelegenen 

Güter  von  *)  Familien,  worunter  auch  jene  des  Freyherm  von 
Kerpen  sich  befinden,  ist  vom  französischen  Gouvernement  auf- 
gehoben  worden.  Bey  dieser  Gelegenheit  wurde  der  Geschäfts- 
gang in  den  französischen  Bureaux  wieder  sichtbar,  welche  ohne 
Schmieralien  auch  die  günstigste  Entscheidung  des  Kaisers  weder 
eröffnen  noch  herausgeben;  sowie  dem  Marquis  de  Gallo <)  für 
drei  Friedensschlüsse  die  vom  französischen  Gouvernement  dem- 
selben bewilligte  und  auch  verrechnete  douceurs  —  jedes  von 
120000  ff  —  von  den  bureaux  dreymahl  unterschlagen  worden 
und  auch  unterschlagen  geblieben  sind  ob  sich  gleich  die 
Gemahlin  desselben  bey  Bonaparte  selbst  darüber  beschwebrte, 
der  ihr  erwiederte:  j'y  penserail  Mme  de  Vaud^  bekam  diesen 
Abend  in  Cercle  einen  coup  de  sang,  wie  der  Kanunerherr 
Aubusson  es  nannte. 

Sonntag  den  ßo^cn  September  wurde  sehr  früh  der 
Feldjäger  Montanus  nach  Schwetzingen  geschickt,  um  Se  Kurfl. 
Durchl.  auf  künftigen  Dienstag  die  r^lais  auf  die  Station  von 
Oppenheim  biß  Mannheim  und  die  Postpferde  zu  bestellen. 
Heute  war  das  grosse  Cavalerie  Mannöver  unter  dem  Commando 
des  Kaisers  zwischen  Zahlbach,  Bretzenheim,  Marienborn,  Gunzen- 
heim  und  Mombach.  .  .  .  Die  Kaiserin  und  Ihr  Gefolge  erschien 
in  2  Wagen  zu  acht  und  sechs  Pferden  nach  12  Uhr  auf  dem 
Felde,  wo  die  vier  hier  und  in  der  Nachbarschaft  liegenden 
Cavalerie  Regimenter  mit  der  Fronte  nach  dem  Rheingau  zn 
aulmarschiert  standen.  Der  Kaiser  kam  mit  Seinen  Garden  um 
I  Uhr  ganz  langsam  an.  Letztere  formirten  sich  auf  dem 
rechten  Flügel  und  manövrirten  mit,  das  Ganze  mochte  sechs- 
zehn hundert  Pferde  betragen.  Ausser  dem,  was  in  der  Tiefe 
gegen  Kunzenheim  vorging,  konnte  man  von  der  Clubbisten  — 
Schanze  bey  Zahlbach  —  von  woaus  Se  Kf.  Durchl.  das  Manoe^Tc 
biß  3  Uhr  mit  dem  Perspective  beobachteten  —  nichts  als  einige 
Fronte  —  Veränderungen  und  das  Durchziehen  zweyer  Treffen 
mit  Zügen  en  echiquier  bemerken.  Im  Galopp  schienen  keine 
Manoeuvres    gemacht    zu    werden.      Nach    sechs  Uhr   waren   sie 


^)  Lücke  im  Original.  —  *)  Neapolitanischer  Botschafter  in  Paris. 


Tagebuch  über  die  Mainzer  Zusammenkunft  1804.  633 

zu  Ende.  Nachmittags  wurde  noch  später  Regimenterweise 
manoeuvrirt  und  im  Carri^re  chargirt;  auch  Hess  der  Kaiser  die 
neuen  Cuirasse  des  neunten  Regiments  dadurch  probiren,  dass 
mit  Carabinem  und  Pistolen  darauf  geschossen  wurde.  Die 
Probe  fiel  gut  aus.  Den  Kaiser  sähe  man  deutlich  auf  Seinem 
Anglo-Normannischen  Parade-Schimmel,  der  ein  Geschenk  der 
Kaiserin  ist,  an  der  Spitze  der  Generalität,  auch  seinen  getreuen 
Mameluken. 

Um  >/24  Uhr  war  zu  Mittag  gespeist,  nach  der  Tafel  wartete 
Herr  Präsident  von  Hoevel  auf,  der  von  Aachen  nach  Mannheim 
zurückreist.  Abends  vor  dem  Cercle  machte  der  Herr  Erbprinz 
von  Darmstadt  einen  Besuch.  Die  Kaiserin  hatte  in  der  gestrigen 
Comödie  Seiner  Frau  Mutter  und  Gemahlin  zwei  schon  gebrauchte 
Shawls  beym  Weggehen  geschickt,  wovon  Sie  nicht  wussten, 
ob  solche  ein  Geschenk  oder  geliehen  seyn  sollten.  Nun  hatte 
der  H.  Erbprinz  den  Auftrag,  diese  Shawls  mit  einem  Dank- 
sagungsschreiben an  Ihro  Majestät  zu  beliefern,  und  war  dess- 
wegen  en  Escarpins.  Er  war  darauf  auch  im  Cercle,  aber  in 
der  Komödie  war  er  nicht.  Man  gab  das  orientalische  Trauer- 
spiel Bajazette  von  *)  —  Weil  der  Kaiser  so  späte  vom  Manoeuvre 
zurückgekommen  war,  so  fing  es  spät  an  und  endigte  auch  erst 
nach  Mittemacht.  Unsere  höchsten  Herrschaften  wohnten  aber- 
mals dem  Cercle  und  dem  Trauerspiele  in  der  kaiserl.  Loge  bey. 
In  der  kurf.  Loge  waren  heute  H.  Präsident  von  Hoevel  aus 
Mannheim  und  der  kurhessische  Obristlieutenant  H.  von  Schlot- 
heim, Commandeur  der  Garde  du  Corps,  und  H.  Major  Müller 
vom  Regiment  Garde,  welche  das  heutige  Manoeuvre  zu  sehen 
von  Wilhelmsbad  gekommen  sind,  wo  der  H.  Kurfürst  noch  am 
Podagra  liegen  soll. 

Nach  den  Äusserungen  des  Kaisers  hat  der  Herr  Kurfürst 
von  Bayern  Ihm  geschrieben,  dass  Er  am  g^en  November  zur 
Krönung  nach  Paris  kommen  werde.  Die  Kaiserin  wird  künftigen 
Dienstag  von  hier  abreisen. 

Montags  den  i^^n  October  erfuhr  man,  dass  der  Kaiser 
vielleicht  künftige  Mittwoche  abreise.  Sc  Kurf.  Durchl.  machten 
Morgens  eine  Promenade  zu  Fuss  mit  des  Prinzen  Louis  Hochf. 
Durchl.  Verschiedene  Herren  besahen  die  sogenannte  Vclocif^re 
im  Hofe  der  Cavalerie-Caserne.  Auf  den  ersten  Anblick  denkt 
man  sich  dabey  eine  hohe  Diligence.  Sie  ist  nichts  weniger  als 
leicht,  hat  ein  sehr  weites  Geleise,  einen  hellgelben  Unterwagen 
und  ist  dunkelgrün  angestrichen.  Vorn  und  hinten  sind  2  Bock- 
sitze über  und  hintereinander  und  oben  auf  der  Decke  noch 
2  gegeneinander,  sodass  auf  jedem  Sitz  drei  nebeneinander  — 
äusserlich  achtzehn  Mann  mit  Gewehr  und  Waffen  und  innerlich 
auf  2    Sitzen    noch    7  Mann    Platz  finden,    im    Ganzen    also   25. 


')  Lücke  im  Original.    Racioe. 


534  Obser. 

Auf  jeder  Seite  sind  mit  dem  Kutschenschlag  3  Fenster;  darunter 
steht  mit  weissen  Lettern:  »Service  de  La  Majest6  rEmpereur«, 
Sie  wird  von  sechs  Pferden  gezogen  und  dient,  unmittelbar  mit 
dem  Kaiser  die  bey  Ihm  befindlichen  Garden  fortzutransportiren. 

Nachmittags  machte  der  H.  Erbprinz  von  Leiningen 

und  H.  Fürst  von  Ysenburg  Birstein,  in  gleichen  der  Herr  Gesandte 
von  Beust  des  H.  Kurfürst  Erzkanzlers  Serenissimo  Electori 
Ihren  Abschiedsbesuch  und,  da  Höchstdieselben  Sich  schon 
retiriert  hatten,  wurde  auch  noch  der  Herr  Graf  von  Bassenheim 
gemeldet  1).  Die  Kaiserin  fuhr  nach  Biberich  und  der  Fürst  von 
Nassau  Usingen  sowohl  als  der  Fürst  von  Nassau  Weil  bürg  wurden 
durch  häufige  Zureden  der  Kaiserin  auf  den  gtcn  November 
nach  Paris  zur  Krönung  eingeladen.  Letzterer  machte  nach- 
mittags dem  Kurfürst  seine  Aufwartung,  um  sich  Raths  zu  erholen, 
wie  diese  Reise  zu  unternehmen  seyn  möchte.  Um  den 
ersten  Vend^miaire  erfuhr  man,  dass  der  neue  französische 
Calender  abgeschafft  sey  und  der  Kaiser  pflegte  auch  jedes 
Mahl  künftige  Zeitbestimmungen  nach  dem  alten  Calender  anzu- 
geben   Der  Kaiser  hat  eine  tabati^re  von  Gold,  welche 

aufm  Deckel  rings  herum  mit  altgriechischen  und  egyptischen 
Goldmünzen  von  Jupiter  Ammon  decoriert  ist 

Folgen  noch  ein  paar  unwesentliche  Bemerkungen  über  Besucht 
des  Erbprinzen  von  Darmstadt  und  der  badischen  Herrschaften. 
Dann  bricht  das   Ganze  ab. 


*)  Die  Schlussätze  von  andrer  Hand. 


Zu  dem  Aufenthalt  der  verbündeten  Monarchen 
in  Freiburg  i.  B.  im  Winter  1813/14. 

Von 

Bernhard  von  Simson. 


Den  Aufenthalt  der  verbündeten  Monarchen  in  Frei- 
burg"  im  Breisgau  im  Winter  1813/14,  die  Durchzüge  der 
Heeresmassen  durch  die  Stadt  u.  s.  w.  hat  Heinrich 
Schreiber  noch  als  Augenzeuge  geschildert.  Sein  Auf- 
satz im  Freiburger  Adresskalender  für  1864  »Vor  fünfzig 
Jahren  in  Freiburg«  giebt  uns  ein  Bild  jener  denkwürdigen 
Tage,  welches  durch  ein  auch  nur  gleich  anschauliches 
und  lebendiges  zu  ersetzen  schwer  sein  würde.  Indessen 
lassen  sich,  auch  wenn  man  —  wie  es  meine  Absicht  ist  — 
gleich  Schreiber  hauptsächlich  nur  den  äusseren,  für  die 
Lokalgeschichte  interessanten  Verlauf  der  Dinge  ins  Auge 
fasst,  einige  Züge  des  Bildes  mit  Hilfe  seither  veröffent- 
lichten oder  anderen  ihm  nicht  bekannt  gewordenen  Mate- 
rials ergänzen*). 

Dazu  gehören:  das  Tagebuch  des  Freiherrn  Franz 
von  Andlaw*),  in  dessen  väterlichem  Hause  Kaiser 
Alexander  von  Russland  in  Freiburg  abgestiegen  war; 
die  Tagebücher  von   Friedrich  von   Gentz»);  die   noch 


1)  Indem  ich  dies  versuche,  erfülle  ich  die  angenehme  Pflicht,  den 
Herren,  welche  mir  dies  Material  grossenteils  nachzuweisen,  bezw.  zugänglich 
sn  machen  die  Grüte  hatten:  Creh.  Oberregierungsrat  Dr.  Koser  und  Archiv- 
rat Dr.  Baileu  in  Berlin,  Archivrat  Dr.  Obser  in  Karlsruhe  und  Stadtarchivar 
Dr.  Albert  in  Freiburg  meinen  verbindlichsten  Dank  auszusprechen.  — 
*)  Franz  Freiherr  von  Andlaw,  Mein  Tagebuch.  Auszüge  aus  Aufschreibungen 
der  Jahre  1811  bis  1861.  Bd.  I.  Frankfurt  a.  M.  1862.  Der  Verfasser 
(geb.  1799  f  1876)  war  bekanntlich  Diplomat;  die  letzte  Stellung,  welche  er 
als  solcher  bekleidete,  die  eines  badischen  Gesandten  in  Wien.  —  *)  Tage- 
bflcher  von  Friedrich  von  Gentz  (aus  dem  Nachlass  Vamhagens  von  Ense). 
Bd.  L  Leipsig  1873. 


636  von  Simson. 

nicht  gedruckten  des  Staatskanzlers  von  Hardenberg, 
die  ich  im  K.  Geheimen  Staatsarchive  in  Berlin  benutzen 
durfte;  die  Briefe  von  Lady  Burghersh^),  einer  Nichte 
des  Herzogs  von  Wellington,  deren  Gemahl  als  englischer 
Militärbevollmächtigter  im  Hauptquartier  der  Verbündeten 
weilte  und  später,  als  Lord  Westmorland,  Gesandter  am 
preussischen  Hofe  gewesen  ist,  sowie  andere  Briefe  und 
Erinnerungen,  welche  unten  anzuführen  sind  2). 

Ein  Zeichen  des  Wandels  der  Verhältnisse  und  der 
Auflösung  des  Rheinbundes  war  es,  dass  am  4.  Oktober 
18 13  der  Grossherzog  von  Frankfurt,  Karl  Theodor  von 
Dalberg,  durch  Freiburg  kam»),  nachdem  er  Tags  vorher 
in  Karlsruhe  bei  dem  Grossherzog  von  Baden  diniert  hatte. 
In  Freiburg  stieg  der  frühere  Fürst-Primas  des  Rheinbundes 
und  einstige  K\irerzkanzler  des  Reiches  im  Gasthofe  zum 
Mohren*)  ab  und  besuchte  bald  darauf  das  Münster,  wo 
er  den  Segen  erteilte.  Mit  Erstaunen  erblickte  man  auf 
dem  Rücken  seines  violetten  seidenen  Gewandes  den  fran- 
zösischen Kaiseradler  gross  in  Gold  gestickt.  Schon  nach 
wenigen  Stunden  setzte  Dalberg  gegen  Mittag  seine  Reise 
nach  Konstanz  fort.  Nominell  begab  er  sich  in  kirchlichen 
Angelegenheiten  nach   der  Konstanzer  Diöcese;   in  Wahr- 

^)  18 13  18 14.  Briefe  aus  dem  Hauptquartier  der  verbündeten  Armeen 
von  Lady  Burghersh  (später  Countess  of  Westmorland)  herausg.  von  ihrer 
Tochter  Lady  Rose  Wcigall,  übers,  von  Marie  von  Kraut.  Berlin,  1894.  — 
Vgl.  auch  Memoiren  über  die  Operationen  der  verbündeten  Heere  unter  dem 
Fürsten  Schwarzenberg  und  dem  Feldmarschall  Blücher  während  des  Endes 
1813  und  18 14  vom  Lord  Burghersh,  jetzigem  Grafen  von  Westmorland, 
übers,  von  F.  W.  Schreiber.  Berlin  1844.  S.  37  ff.  —  *)  Keine  sonst 
unbekannten  Nachrichten  enthält  die  anonym  erschienene,  von  Kasimir 
Walchner  (vergl.  Bad.  Biographieen  H,  420 — 421)  verfasste  Kleine  Chronik 
denkwürdiger  Begebenheiten  der  Stadt  Freiburg.  Aus  handschriftlichen  und 
anderen  Quellen.  Freiburg  im  Breisgau  1826.  Gedruckt  und  verlegt  bei 
Franz  Xaver  Wangler.  Indessen  hat  in  das  Exemplar  dieser  Chronik, 
welches  dem  Stadtarchive  in  Freiburg  gehört,  der  verstorbene  StadtarchiTar 
C.  Jäger  einige  Notizen  über  jene  für  Freiburg  so  denkwürdigen  Tage  betr. 
die  Einquartierungslast  u.  s.  w.,  aus  seiner  Erinnerung  eingetragen.  — 
^)  Frcyburger  Wochenblatt  vom  6.  Oktober:  >Karlsrube,  den  3ten  Okt. 
Gestern  Vormittags  sind  Se.  Königl.  Hoheit  der  Grosaherzog  von  Frankfurt, 
auf  Ihrer  Reise  nach  der  Konstanzischen  Diöces«  in  kirchlichen  Angelegen- 
heiten, dahier  angekommen«  u.  s.  w.  v.  Andlaw,  Mein  Tagebuch  I,  31—32- 
—  *)  Jetzt  Kaiserstrassc  Nr.  33,  an  der  Ecke  der  Nussmannstrasse. 


Die  verbündeten  Monarchen  in  Freiburg  1813/ 14.  537 

it  war  ihm  endlich  ein  Licht  über  die  Wendung  der 
nge  aufgegangen,  er  fühlte,  dass  seine  Stellung  unhalt- 
r  geworden  sei,  und  verliess  das  sinkende  Schiff.  Während 
i  verbündeten  Monarchen  sodann  in  seiner  Residenz 
ankfurt  a.  M.  verweilten,  erklärte  er  aus  dem  fernen 
Instanz,  dass  er  die  Regierung  zu  Gunsten  des  Vice- 
nigs  von  Italien,  Eugen  Beauharnais,  den  Napoleon  zu 
inem  Nachfolger  bestimmt  hatte,  niederlege.  Natürlich 
hmen  die  Verbündeten  jedoch  hierauf  keine  Rücksicht; 
jlmehr  wurde  das  Grossherzogtum  unter  einen  General- 
•uverneur  gestellt,  dann  noch  vor  Ablauf  des  Jahres  auf- 
löst und  der  Stadt  Frankfurt  ihre  Selbständigkeit  zurück- 
geben ^). 

Der  feierliche  Einzug,  den  Kaiser  Franz  am  15.  Dezember 
13  in  Freiburg  hielt,  und  die  Begeisterung,  mit  welcher 
begrüsst  wurde,  ist  in  dem  Freiburger  Wochenblatte 
m  18.  von  Rottecks  Hand  geschildert.  Bestätigt  wird 
3se  Schilderung,  an  die  Schreiber  und  Andlaw^)  sich 
schliessen,  durch  folgendes  Schreiben  des  britischen 
ilitärbevoUmächtigten  Lord  Burghersh  an  Lord  Castle- 
agh: 

»Freiburg,  den  16.  Dezember  18 13. 

»My  Lord, 

ich  habe  die  Ehre  Euerer  Herrlichkeit  meine  Ankunft 

diesem  Orte  am  14.  d.  M.  anzuzeigen.    Fürst  Schwarzen- 

rg  hatte  sein  Hauptquartier  bereits   hier   aufgeschlagen, 

id  seine  Armee  war  zwischen  Freiburg,  Basel  und  Stockach 

rsammelt. 

»Der  Kaiser  von  Österreich  traf  gestern  hier  ein.  Es 
t  mir  zur  grössten  Genugthuung  gereicht,  Zeuge  des 
(geisterten  Empfanges  zu  sein,  welchen  die  Einwohner 
sser  Stadt  ihrem  ehemaligen  Herrscher  bereiteten.« 

»Der  Breisgau  (in  welchem  diese  Stadt  liegt)  hatte 
ele  Jahrhunderte  hindurch  dem  Hause  Österreich  gehört. 
ie  Bevölkerung  hing  fest  an  ihm  und  hatte  niemals  auf- 


')  Näheres  bei  K.  Frhr.  v.  Beaulieu-Marconnay,  Karl  von  Dalberg  und 
ne  Zeit  II,  252  ff.  —  ')  Der    letztere   sagt   ausdrücklich,    dass    der  R  .  . . 
lerzeichnete  enthusiastische  Artikel  im  Wochenblatt   von  Rotteck   herrührt 
a.  O.  S.  35,  36). 


638  vo^  Simson. 

gehört  ihre  Trennung  von  einer  Regierung  zu  beklagen, 
deren  mildes  und  väterliches  Walten  sie  durch  so  viele 
Menschenalter  beschützt  und  glücklich  gemacht  hatte.  Die 
Rückkehr  ihres  alten  Souveräns,  im  Glänze  so  vieler 
Triumphe  über  einen  Feind,  der  in  diesem  Lande  verab- 
scheut wird,  bot  eine  Gelegenheit,  ihm  ihre  Anhänglichkeit 
zu  zeigen,  die  zu  verlockend  war,  um  ihr  widerstehen  zu 
können.  Das  Volk  eilte  ihm  bis  weit  vor  die  Stadt  ent- 
gegen, begleitete  ihn  mit  Zurufen  bis  in  sein  Absteige- 
quartier, sammelte  sich  die  ganze  Nacht  hindurch  in  Haufen 
vor  seinen  Thoren  und  gab  seine  Freude  über  seine  Rück- 
kehr in  seine  Mitte  und  seine  Anhänglichkeit  an  seine 
Person  kund.« 

»Ich  war  niemals  Zeuge  grösserer  Begeisterung  noch 
eines  entschiedeneren  Ausdrucks  solcher  Gefühle,  welche 
in  gleicher  Weise  die,  welche  ihnen  folgten,  wie  den  Souve- 
rän ehren,  dem  sie  galten*).« 


*)  Ich  führe  das  Schreiben  auch  im  Originaltext  an: 

Freibourg,   i6th  Dec.,   181 3. 
My  Lord« 

I  have  the  honour  of  reporting  to  your  Lordship  my  arrival  at  this 
place  on  the  I4th  instant.  Prince  Schwarzenberg  had  already  estabbshed 
his  head quarters  herc,  and  his  array  was  assembled  between  Fribourg,  Basle, 
and  Stockach. 

The  Emperor  of  Austria  arrived  here  yesterday.  It  has  been  a  cause 
of  the  greatest  satisfaction  to  me  to  have  been  a  witness  of  the  enthusiastk 
manner  in  which  the  inhabitants  of  this  town  received   their  ancient   masteT. 

The  country  of  the  Brisgau  (of  which  this  town  forms  a  part)  had  for 
many  centuries  belonged  to  the  house  of  Austria.  The  people  were  firmly 
attached  to  it,  and  had  never  ceased  to  lament  their  Separation  from  a 
government  whose  mild  and  paternal  rule  had  for  so  many  ages  protected 
them  and  made  them  happy.  The  return  of  their  ancient  sovereign,  crowücd 
with  so  many  triumphs  over  an  enemy  detested  in  this  country,  afforded  an 
opportunity  of  showing  their  attachment  to  him  too  tempting  to  resist.  The 
people  met  him  at  a  distance  from  the  town,  accompanied  him  with  accU- 
mations  to  his  quarters,  and  through  the  wholc  night  asscmbling  in  crowds 
at  his  doors,  proclaimed  their  joy  at  his  retum  amongst  them,  and  their 
attachment  to  his  person. 

I  never  witnessed  more  enthusiasm  or  a  more.  decided  expression  of 
those  feelings  which  alike  do  honour  to  those  who  gave  way  to  them  and 
to  the  sovereign  who  received  them.  (Supplementary  despatches  of  the  Dnke 
of  Wellington  VIII.  452). 


Die  verbüDdeten  Monarchen  in  Freiburg  1813/14.  639 

Auch  Lady  Burghersh  schreibt  (am  15.  Dez.)  an  ihre 
Schwester:  »Kaiser  Franz  traf  heute  um  4  Uhr  ein.  Er 
war  zu  Pferde,  von  seinem  Stabe  umgeben,  und  wurde 
mit  grossem  Enthusiasmus  empfangen.  Alle  Fenster  waren 
mit  Frauen  und  Kindern  besetzt,  die  Taschentücher 
schwenkten,  Blumen  warfen  u.  s.  w.  Heute  Abend  wird 
die  Stadt  illuminiert  i).€ 

Eigentlich  hatte  der  Kaiser  im  Wagen  einziehen  wollen. 
Mettemich  hatte  jedoch  diese  Anordnung  geändert,  weil 
man,  bei  dem  überströmenden  Enthusiasmus  der  Bevöl- 
kerung, fürchtete,  sie  würde  sich  nicht  davon  zurückhalten 
lassen  die  Pferde  auszuspannen  2). 

Das  Andenken  an  den  Hergang  bewahrt  auch  ein  in 
Wien  erschienenes  koloriertes  Bild  3),  von  welchem  das 
Freiburger  Stadtarchiv  ein  Exemplar  besitzt.  Kaiser  Franz, 
in  weisser  Uniform,  reitet  auf  einem  Schimmel  mit  roter, 
goldbesetzter  Schabracke  längs  den  Bergen  der  Stadt  zu, 
deren  Münsterturm  hervorblickt;  vor  ihm  die  Eskorte, 
hinter   ihm  ein   glänzender  Stab.     Das  Volk  drängt  sich 


')  Briefe  aus  dem  Hauptquartier  der  verbündeten  Armeen  S.  63.  Auch 
Gentz  nennt  den  Einzug  des  Kaisers  einen  »sehr  feierlichen«  (Tagebücher  I, 
272).  Vgl.  Th.  V.  Bemhardi,  Denkwürdigkeiten  aus  dem  Leben  des  Grafen 
V.  Toll.  2.  Aufl.  IV,  I,  S.  73:  »Der  Kaiser  Franz,  der  Frankfurt  am  ii. 
▼erlassen  hatte,  traf  am  15.  gleichfalls  in  Freiburg  ein,  und  hielt  seinen 
Einzug  in  diese  ehemals  österreichische  Stadt,  am  15.,  zu  Pferde,  von  der 
Bürgermiliz  des  Orts  empfangen,  mit  grosser  Feierlichkeit,  was  eben  der 
früheren  Verhältnisse  wegen  wohl  einigcrroassen  auffallen  konnte.«  —  *)  S. 
die  von  W.  Oncken  in  der  Deutschen  Zeitschrift  für  Geschichts- 
wissenschaft X,  267,  aus  dem  Wiener  Archive  veröffentlichte  Mitteilung 
Mettemichs  an  den  Kaiser  nebst  der  Verfügung  des  letzteren: 
Euer  Majestät! 

Das  Volk  ist  so  freudig  gestimmt,  dass  es  nicht  möglich  sein  dürfte, 
ihm  zu  verwehren,  dass  es  die  Pferde  von  Ew.  Majestät  losspanne  (sie).  Ich 
habe  demnach  geglaubt  Ew.  Majestät  Reitpferde  auf  eine  gewisse  Distanz 
entgegen  schicken  zu  müssen,  im  Falle  Allerhöchstdieselben  diesen  Ausweg 
wählen  zu  wollen  geruhen  dürften. 

Freibnrg,  den  15.  Dec.   1813.  G.  Mettemich  m/p. 

Ist  recht  geschehen.  Franz  m/p. 

*)  Das  Bild  ist  k  Vienne  chez  Tranquillo  MoUo  erschienen  und  trägt 
die  Unterschrift:  Einzug  Seiner  Majestät  des  Kaisers  von  Osterreich  in  der 
Stadt  Freiburg  im  Breisgau,  d.  i6t«n  December  18 13.  s  L'Entr6e  de  Sa 
Majest^  TEmpereur  d'Autriche  k  Fribourg  en  Brisgau  le  i6me  Decembre  1813. 
Das  Datum  ist  aber  ungenau. 

Zeitichr.  C  G«sch.  d.  Oberrb.  N.  F.  XIV.  4.  42 


640  von  Simson. 

jubelnd  heran.  Die  Bürgergarde  präsentiert  das  Gewehr. 
Weissgekleidete  kleine  Mädchen  empfangen  den  Monarchen 
mit  Guirlanden.  Im  Vordergrunde  Embleme  des  Krieges: 
ein  Verwundeter,  ein  Gefallener. 

Auch  aus  Wien  kam  im  Januar^)  18 14  eine  Depu- 
tation nach  Freiburg,  um  dem  Kaiser  Franz  die  Glück- 
wünsche seiner  Hauptstadt  zu  den  bisherigen  Erfolgen  und 
Triumphen  darzubringen.  Sie  bestand  aus  dem  Bürger- 
meister von  Wohlleben,  dem  Vicebürgermeister  Weiner 
und  dem  Magistratsrat  Low  nebst  zwei  Abgeordneten  der 
Bürgerschaft  und  begab  sich  auch  in  Schwarzenbergs 
Hauptquartier  nach  Lörrach,  um  dem  Fürsten  den  Ehren- 
bürgerbrief zu  überreichen  2). 

Kaiser  Alexander  von  Russland  war  schon  wenige 
Tage  nach  dem  Kaiser  von  Österreich  in  Freiburg  erwartet 
worden.  Besonders  am  19.  Dezember  sah  man  seinem 
Eintreffen  entgegen^).  Indessen  vergebens;  er  kam  erst 
am  22.,  acht  Tage  nach  Kaiser  Franz.  Dieser  ritt  ihm 
mit  einem  glänzenden  Gefolge  bis  Zähringen  entgegen. 
Hier  stieg  nach  der  Bewillkommnung  auch  der  Czar  zu 
Pferde,  und  beide  Monarchen  ritten  dann,  unter  dem  lauten 
Hurrah  der  dichtgedrängten  Volksmasse  und  dem  Geläute 
der  Glocken,  in  die  Stadt  ein,  durch  die  Kaiserstrasse  bis 
zu  Alexanders  Quartier. 

Es  bestand  eine  starke  Spannung  zwischen  dem  russi- 
schen Kaiser  und  dem  österreichischen  Kabinett,  welche 
hauptsächlich  durch  die  Fragen  über  die  Neutralität  der 
Schweiz  und  den  Durchmarsch  der  Hauptarmee  der  Ver- 
bündeten   durch    dieselbe    veranlasst    war.     Dieser    Durch- 


^)  Spätestens  am  8.,  wahrscheinlich  etwas  früher.  —  *)  Fre}'burger 
Wochenblatt,  Mittwoch  den  12.  Januar  1814.  Kleine  Chronik  denkwürdiger 
Begebenheiten  der  Stadt  Freiburg,  S.  118.  Metternich  an  Schwarzenberg, 
Freiburg,  8.  Januar  18 14  (Österreichs  Teilnahme  an  den  Befreiungskriegen, 
S.  789).  —  'j  Toll  schreibt  an  Wolkonsky  am  19.  Dezember:  ^Wir  erwarteten 
heute  unsern  Kaiser  hier;  gegen  Abend  jedoch  langte,  ich  weiss  nicht  von 
woher,  die  Nachricht  hier  an,  dass  der  Kaiser  nicht  eher  als  in  zwei  Tagen 
hier  einzutreffen  geniht«  (v.  Bernhardi,  a.  a.  O.  S.  95).  —  Lady  Burghersh 
an  ihre  Schwester,  15.  Dezember:  »Der  Kaiser  von  Russland  hat  Frankfurt 
verlassen  und  wird  in  wenigen  Tagen  hier  sein;«  an  ihre  Mutter,  19.  Dez.: 
♦Kaiser  Alexander  wurde  heute  erwartet,  aber  vergebens;  er  wird  nun  wohl 
morgen  früh  eintreffen.* 


:  verbOBdeteo  MoDAichen  in  Freiburg  1813,14.  64t 

marsch  war  in  Frankfurt  a.  M.  beschlossen  worden,  aber 
dann  hatte  Alexander,  unter  dem  Enfluss  seines  geliebten 
einstigen  Lehrers  Laharpe '),  eines  geborenen  Waadtländers, 
den  Schweizer  Abgesandten,  die  in  Frankfurt  erschienen, 
dennoch  zugesagt,  dass  die  Neutralität  der  Schweiz  geachtet 
werden  würde.  Er  soll  sogar  erklärt  haben,  dass  er  das 
Einrücken  in  die  Schweiz  als  eine  Kriegserklärung  gegen 
ihn  selbst  ansehen  würde«). 

Indessen  konnte  die  Neutralität  der  Schweiz  um  so 
neniger  geachtet  werden,  als  sie  sich  thatsächlich  nur 
jfegen  die  Verbündeten,  aber  nicht  gegen  Frankreich,  von 
dem  das  Land  seit  der  Mediationsakte  von  1803  abhängig 
war,  richtete, 

Österreich,  von  England  entschieden  unterstützt,  war 
entschlossen,  den  einmal  gefassten  und  ins  Werk  gesetzten 
Kriegsplan  durchzuführen, 

Fürst  Schwarzenberg  schrieb  alsbald,  nachdem  er  sein 
IJauptquartier  in  Freiburg  genommen"),  am  12.  Dezember: 
•Hier  wird  nun  die  grosse  Frage  entschieden  werden,  ob 
wir  die  Neutralität  der  Schweiz  anerkennen  oder  nicht. 
Meine  Ansicht  ist  bestimmt:  kein  Heil  für  die  verbündeten 
Heere  ohne  den  Besitz  der  Schweiz  <j,t  Am  13,  verfasste 
:*ein  Stabschef  Radetzky  hier  eine  Denkschrift  über  die  Not- 
wendigkeit sich  in  den  Besitz  dieses  lindes  zu  setzen,  worin  er 

'1  So  Mglc  AIcKUider  auch  im  Januar    1B14  in  Schnflbaujen    dem  Pro- 
^r  Johann  Otois  MUller  (d^m  Bruder  des  Historikers  Johanne«  v.  Maller), 
>   «r    nRchst    deo    Russen    kein  Volk    so    hebe    wie    die    Schweizer;    ein 
wettet  sei  sein  ctster  Lehrer  gewesen,  dem  er  unendlich  viel  tu  verdanken 
t  and  dies  in  seinem  Leben  nie  vergessen  werde.   J.  Mcikle,  Briefwechsel 
r  GrossfQ'slin  ICatharina  Paulowno,  Königin  von  Wantemberg,  mif  Johann 
B  Mfiller  in  SchüiThauscn  (WürUembergische  Vierieljahrshefle  ftlr  Lindes- 
u  N.  F.  S.  Jahrg.  iSqft,  S.   ij8)     -    »(  Lord  .\berdeen  an  Lord  Castle- 
I,  FnCbarg  19,  Oezetnber  tSij:    The  Emperor  ol  Russii    declared    ihal 
kt  ihoald  consider  the   enttance   into  Switzeiland    ai    a    dectaralion    of   war 
kgabist  himseir.  —  *}  Schwarienbcrg  war   am    10.  Deiember  Nachmittags   in 
KMltnih»  angekommen,   liutle  am   ic.  Morgens  die  Reise  Ober  Raslatt    (ort- 
pnctal   ttnil    Iraf   an    demselben  Tage    um    7  Uhr   Abends   in    Fteiburg    dn 
[Fteybilt]pT  Wochenhlatl.  .Mittwoch,  den   15.  Deiember  l9t}).  —  *}  Oncken, 
'    il«   Revolution,   des    Kaiserreichs    11.    s.    w.    II,    720 — -jit   (am  v. 
.    Blioneningen    aus   dem    Kriegerleben    eines    Sijthrigen    Vetetaneo. 
l  1863.   S.   i6S— 169J,     Derselbe  in  Deutsche  ZciUchrill   fat  Geu^hicht?- 
,  von  Qnidd«.  Bd.  X,  S.  144. 


hicht!-  ^^m 


()A2  von  Simson. 

erklärte,  dass  der  Aufmarsch  nach  der  Schweiz  vollendet 
sei  und  es  ein  Rückwärts  nicht  mehr  gebe'). 

Während  Alexander  verlangt  hatte,  dass  mit  dem 
Beginn  der  Operationen  auf  seine  Ankunft  in  Freiburg 
gewartet  würde,  Schwarzenberg  darüber  in  Verzweiflung 
geriet«),  bei  den  Russen  sich  andrerseits  der  Arg^wohn  regte, 
dass  man  den  Czaren  geflissentlich  jenseits  Freiburgs  auf- 
zuhalten suche  ^)  —  vollzog  sich  die  nicht  mehr  aufzuhal- 
tende Thatsache.  Am  20.  Dezember  wurde  das  Abkommen 
unterzeichnet,  nach  welchem  die  Schweizer  ihren  Grenz- 
kordon zurückzogen ;  in  der  Nacht  darauf  gingen  die  Öster- 
reicher bei  Basel,  Laufenburg  und  Schaffhausen  über  den 
Rhein. 

Der  Czar  traf  demrlach  in  sehr  gereizter  Stimmung  in 
Freiburg  ein  *).    Sofort  nach  seiner  Ankunft  fiel  Mettemich 


^)  Oncken,  Zeitalter  der  Revolution  u.  s.  w.,  S.  721.  Deutsche  Zdtschr. 
f.  Geschichtswissenschaft,  a.  a.  O.  S.  244 — 245.  —  *)  Der  württembergisdie 
Militarbevollmächtigte  General  Neufifer  schreibt  am  14.  Dezember  aus  Frei« 
bürg:  »Wegen  abermals  eingetretener  Hindernisse  von  Seiten  Seiner  Majestit 
des  russischen  Kaisers,  der  nicht  haben  will,  dass  die  Operationen  ihren 
Anfang  nehmen,  bevor  er  hier  eingetroffen  sein  wird,  hat  sich  Fürst 
Schwarzenberg  in  der  unangenehmen  Notwendigkeit  gesehen,  denen  in 
Marsch  befindlichen  Kolonnen  den  Befehl  zuzuschicken,  Halt  zu  machen, 
und  sie  werden  also  ungefähr  da,  wo  sie  am  17.  Dezember  anlangen,  so 
lange  verbleiben,  bis  Seine  Majestät  hier  eintreffen  werden  oder  der  Hunger 
der  Armee  gebietet,  ihre  jetzige  Stellung  zu  verlassen.  Über  vier  Tage  kann 
sie  in  solcher  nicht  mehr  verbleiben.  Fürst  Schwarzenberg  ist  über  alle 
diese  Hindernisse,  die  ihm  in  den  Weg  gelegt  werden,  in  Verzweiflung  und 
will  das  Kommando  niederlegen.  General  Jomini  ( —  im  Hauptquartier 
Alexanders  — )  wird  als  die  Ursache  betrachtet.c 

»Wann  der  russische  Kaiser  hier  eintreffen  wird,  lässt  sich  noch  nicht 
bestimmen,  da  auf  der  Route  hierher  in  Karlsruhe  sich  leicht  Gelegenheit  n 
längerem  Aufenthalt  darbieten  könnte«  (Albert  Pfister,  Aus  dem  Lager  der 
Verbündeten   1814  und   18 15,  S.  56). 

8)  V.  Bernhardi,  Toll  IV,  i,  S.  73  f.  87.  —  Dass  Alexander  von 
Mettemich  mit  Worten  hingehalten  wurde,  bis  sein  Widerspruch  durch 
vollendete  Thatsachen  überwunden  war,  räumt  auch  Oncken  ein  (Deutsche 
Zeitschr.  f.  Geschichtswissenschaft  X,  245 ;  vgl.  ebd.  die  Erzählung  Senffts, 
S.  247,  nach  M^moires  du  Comte  de  Senfft,  p.  247).  —  *)  Bernhardi  a.  a. 
O.,  S.  95.  Alexander  hatte  seinem  Miss  vergnügen  am  21.  Dezember  in 
Karlsruhe  auch  dem  preussischen  Staatskanzler  v.  Hardenberg  gegenüber 
Ausdruck  gegeben,  welcher  in  seinem  Tagebuch  vermerkt:  21.  Et6  chci 
TEmp.  de  Russie,  son  mecontentement  sur  Pentr6e  des  Autrichiens  en  Suisse 
contre  son  avis,  aujourd'hui  commencent  les  Operations. 


Die  verbandeten  Monarchen  in  Freiburg  1813/14.  643 

die  heikle  Aufgabe  zu,  ihn  wegen  des  Geschehenen  zu 
verständigen.  Es  erfolgte  eine  Scene,  welche  Metternich 
selbst  mit  dramatischer  Lebendigkeit  erzählt  1): 

*Es  erübrigte  noch  die  Schwierigkeit,  Seiner  Majestät 
dem  Kaiser  von  Russland  den  Verlauf  eines  Ereignisses 
vorzutragen,  das  er  sich  als  ein  unmögliches  vorgestellt 
hatte.  Der  Kaiser  Franz  befahl  mir,  mich  dieser  Aufgabe 
am  folgenden  Tage,  an  welchem  man  die  Ankunft  seines 
Verbündeten  erwartete,  zu  entledigen. 

»Am  22.  Dezember  ging  der  Kaiser  dem  russischen 
Monarchen  eine  halbe  Stunde  weit  ausserhalb  der  Stadt  2) 
entgegen.  Ich  begleitete  Seine  Majestät.  Im  Augenblick 
der  Begegnung  der  beiden  Monarchen  wandte  sich  der 
Kaiser  Alexander  gegen  mich  mit  der  Frage,  ob  etwas 
Neues  vorgekommen  sei.  Ich  erwiderte,  dass  ich  erst  nach 
der  Ankunft  im  Hotel*)  in  der  Lage  sein  werde,  auf  seine 
Frage  zu  antworten.  Kaiser  Franz  begleitete  den  Kaiser 
von  Ru&sland  bis  in  seine  Gemächer  und  hielt  sich  nicht 
weiter  auf.  Der  Letztere  Hess  mich  alsbald  in  sein  Kabinett 
eintreten.  »Eure  Majestät,€  nahm  ich  das  Wort,  »haben  an 
mich  eine  Frage  gerichtet,  welche  zu  beantworten  mir  in 
Gegenwart  so  vieler  Zeugen  unmöglich  gewesen  wäre. 
Ich  bin  noch  nicht  gewiss,  wie  Eure  Majestät  unter  vier 
Augen  aufnehmen  werden,  was  ich  Ihnen  zu  melden  habe. 
Die  österreichische  Armee  hat  in  der  Nacht  von  vorgestern 
auf  gestern  den  Rhein  auf  mehreren  Punkten  von  SchafF- 
hausen  bis  Basel  überschritten.« 

»Der  Kaiser  war  von  dieser  Nachricht  lebhaft  ergriffen. 
Er  sammelte  sich  und  fragte,  wie  die  Armee  empfangen 
worden  sei.  »Euer  Majestät,  unter  Hochrufen  auf  die 
AUüerten;  die  Gesammtheit  der  Bundestruppen  schloss  sich 
unseren  Fahnen  an  und  das  Volk  strömt  von  allen  Seiten 
herbei,  um  der  Armee  Lebensmittel  zu  bringen,  welche 
wir  bar  bezahlen.« 

»Bei  dieser  Mitteilung  war  es  mir  nicht  schwer,  in  den 
Zügen    des    Kaisers    die    verschiedenen   Empfindungen    zu 


')  Aus  Metternichjt  nachgelassenen  Papieren  I,  i,  S.  183—185.  — 
')  Nach  Zfthriogen,  vgl.  oben.  —  *)  Kaiser  Alexander  stieg  im  Hause  des 
Staatsministers  Freiherm  v.  Andlaw  ab;  vgl.  unten. 


544  ^^°  Simson. 

lesen,  die  in  seinem  Innern  sich  bekämpften.  Nach  einer 
längeren  Pause  nahm  er  mich  bei  der  Hand  und  sagte: 
»Der  Erfolg  krönt  die  Unternehmungen;  an  ihm  ist  es> 
das,  was  Sie  gethan,  zu  rechtfertigen.  Als  verbündeter 
Monarch  habe  ich  Ihnen  nichts  weiter  zu  sagen ;  als  Mensch 
jedoch  erkläre  ich  Ihnen,  dass  Sie  mir  ein  nicht  mehr  gut 
zu  machendes  Leid  zugefügt  haben.« 

»Ich  blieb  ruhig,  indem  ich  Seiner  Majestät  erwiederte: 
dass ,  weil  mir  sein  Ruhm  ebenso  sehr  am  Herzen  liege 
als  die  grosse  Sache,  die  ja  nicht  minder  seine  eigene  als 
die  von  Europa  sei,  mein  Gewissen  mir  keine  Vorwürfe 
mache.c 

»Sie  wissen  nicht,  wie  wehe  Sie  mir  gethan,«  fuhr  da* 
Kaiser  mit  Lebhaftigkeit  fort,  »Sie  kennen  nicht  die  beson- 
deren Umstände  meiner  Lage.« 

»Ich  kenne  sie,«  entgegnete  ich,  »und  glaube,  dass 
nicht  ein  einziger  davon  mir  verborgen  ist.  Nicht  an 
Ihnen,  Majestät,  ist  es,  mir  Vorwürfe  zu  machen,  das 
Bedauern  wäre  auf  meiner  Seite  viel  besser  am  Platze. 
Warum  haben  Eure  Majestät  mich  nicht  in  das  eingeweiht, 
was  zu  wissen  mir  not  that,  wenn  auch  nur,  um  es  zu 
bekämpfen.  Eure  Majestät  hätten  sich  und  dem  Kaiser, 
Ihrem  Freunde,  manchen  Kummer  erspart.« 

»Die  Sache  ist  geschehen,«  sagte  der  Kaiser  beruhigt, 
»sie  ist  militärisch  gut;  mögen  denn  die  persönlichen  Rück- 
sichten dem  gemeinsamen  Nutzen  weichen.  Lassen  Sie 
uns  gerade  aufs  Ziel  losgehen  und  reden  wir  nicht  mehr 
davon.« 

»In  der  That,  wir  sprachen  nicht  mehr  davon  und 
niemals  hat  der  Kaiser  Alexander  von  der  Sache  gegen 
den  Kaiser  Franz  Erwähnung  gethan.« 

In  dieser  Darstellung  Metternichs  erscheint  sein  Auf- 
treten dem  Czaren  gegenüber  höchst  freimütig,  vornehm 
und  siegreich.  In  Wirklichkeit  kann  der  Verlauf  jedoch 
nicht  so  gewesen  sein,  wie  bereits  P.  Bailleu  in  seiner 
Kritik    der    Memoiren    Metternichs    bemerkt    hat^).      »Mit 

»)  Historische  Zeitschrift,  Bd.  44  (N.  F.  8),  S.  257.  Wie  Bailleu  dar- 
legt, ist  der  betreffende  Abschnitt  in  Metternichs  Memoiren  überhaupt  dazu 
bestimmt,  seine  Triumphe  über  den  Kaiser  Alexander  zu  verherrlichen. 


Die  verbündeten  MonHichen  in  Freiburg   1813/14,  645 

rosse m  Behagen,-  sagt  dieser  Forscher,  »erzählt  dabei 
detiemich  eine  jener  schönen  Unterredungen,  die  er  so 
■efflicb  und  bis  in  alle  Einzelheiten  zu  schildern  weiss 
md  die  immer  nur  den  Einen,  freilich  recht  bedenklichen 
fehler  haben,  dass  sie  mit  den  gleichzeitigen  Zeugnissen 
Widerspruch  stehen.«  So  ergiebt  sich,  »ie  Bailleu 
tachweist,  in  diesem  Falle  aus  gleichzeitigen  Zeugnissen, 
sss  Kaiser  Alexander  das  Einrücken  der  Österreicher  in 
ie  Schweiz  bereits  in  Karlsruhe  erfahren  hatte'),  also  nicht 
rst  in  Freiburg  von  Metternich  mit  dieser  Nachricht  über- 
ischt  wurde.  Überdies  ergiebt  sich,  dass  Metternich  den 
Teldzugsplan  Schwarze nbergs  sogar  in  Freiburg  selbst  nach- 
räglich  missbilligt  hat^). 

Was  Metternichs  Gesinnungsgenosse  und  Bewunderer 
^rd  Aberdeen  in  dieser  Beziehung  an  den  britischen 
Staatssekretär  der  auswärtigen  Angelegenheiten,  Lord 
istlereagh,  aus  Freiburg  schreibt'),    entspricht   allerdings 

'I  Graf  Ernst  Haidenberg  betichtel  schon  am  11.  Deiember  am  KirU- 
be.  wo  «ich  oa  diesem  Tage  auch  Alexander  noch  befind:  -d'apr^  lei 
uvelles  que   vieat  de  recevoic  l'Empereur  de  Russie,    l'entiie  eo  Suisle  et 

pasuge  du  Rhio  pour  entter  en  France  ■  du  «voir  lien  «ujourd'hui.i 
IS  Gleiche  ergiubl  der  oben  S.  641  Anm.  4  aogerahile  Vermerk  im  Tagebuche 
■  Sbuuhuulerx  v.  Hardenberg,  sowie  ein  Schreiben  deisell>en  an  Siewarl. 
ntocbe  Zeittchr.  (.  Geachichü  wissen  schalt  X,  147.  —  ■)  Wie  Bailteu  (a.  a.  O,. 

357  N.  I)  miilcih,  schreibt  Wilhelm  v.  Humboldt  ms  Freiburg,  11.  Dei.: 
e  piince  Melinnicb  .  .  .  ne  m'B  pas  dissimnl^  qu'it  autait  approuvf  davan- 
[c  le  plan  de  Gneisenaii« ;  ebenso  Graf  Emst  Hurdenbcrg,  Freiburg,  tj.  De»,  t 
printe  Metlemich  assore  maintenant  qu'il  aurait  prifir*  les  opirations  sur 

Bu-Rbia.*  —  ')  Am  11  Dci,i  The  Swisi  afFair  is  niost  happily  decided. 
IB  queition  has  been  10  mauaged.  Ihal  the  Emperor  ot  Rusiia  hoa  been 
npelied  to  approve  ot  Ihe  Operation.     Metternich  has  shuwn  iulinite  abilitf 

ihe  whole  ai  tbis  business,  and  we  owe  cverything  ihat  may  hippea  in 
rtlierland  lo  him  alone.  He  has  had  difbculties  \o  conlend  wilh  Ueyond 
Itel.    The  Etnperor  of  Rusaia  declarcd  that  he  should  con^ider  Ihe  cntrunce 

0  äwilierliind  as  a  declarition  ol  war  against  himäelC  (ygl,  o.  S,  641);  yel 
Htcrnjch  was  always  deteimined  to  do  it,   but   to    bring   matters   gradually 

ihal  point,  when  they  shoul<,l  no  longer  leave  the  Option  as  lo  ihe  conduct 
bc  puTsued  Gtc.  Am  14.;  Tbe  Empeior  of  Rustia  is  comc  her«,  and 
t  had  many  discusuoos  with  Metternich  00  the  lubiect  of  Swi»  neutrality: 
hM  been  compcUed  lo  admit  Ihat  it  «ras  necesMiy   lo   avail    ours«1ve*   of 

1  disposition  of  ih«  peoplc:  but  be  shill  adheru  to  his  former  opinioai  «s 
tbe  primriple  of  the  measure.  Thi&  .MedcTDich  hos  vcry  wtsciy  abandoned 
hin,  Bi  they  arc  i^reed  abotit  ibeir  conduct,  and  Unit  no  mort«mbanaU' 


646  voll  Simson. 

in  einigen  (obschon  auch  nicht  in  allen)  Beziehungen  der 
Darstellung  des  österreichischen  Staatskanzlers.  Aber  dies 
beweist  vielleicht  doch  nur,  dass  Mettemich  sie  ihm  schon 
damals  so  mitteilte. 

Möglicherweise    bezieht     sich     auf    die    Auseinander- 
setzungen,   welche    Alexander    und   Mettemich   über  die 
Schweizer  Frage  in  Freiburg  miteinander  hatten,  auch  ein 
Brief  Metternichs  an  Schwarzenberg  1),   in  dem   wir  lesen: 
»J'ai  de  furieux  deboires   avec  l'Empereur  Alexandre«).    D 
est  plus  que  jamais  contre  toute  Toperation  suissec  und  in 
welchem    es    weiter    heisst,    er   habe    sich    mit    Alexander 
gestern    länger    als    drei    Stunden    gestritten;    schliesslich 
aber  hätten  sie  sich  umarmt  und  die  Erörterung  der  Frage 
der   ehemaligen   Schweizer  Neutralität  vertagt').     Aller- 
dings macht  die  Zeitbestimmung  dieses  undatierten  Schreibens 
Schwierigkeiten.    Klinkowström  setzte  es  vermutungsweise 
in  den  November  1813,   begleitete  jedoch   diese  Annahme 
selbst  mit  einem  Fragezeichen.    Näher  erörtert  diese  Frage 
Oncken  in  der  Deutschen  Zeitschrift  für  Geschichtswissen- 
schaft   (X,    243—247).      Er    verlegt    den    Brief    in     einen 
späteren   Zeitpunkt   und    meint,    er   sei    wahrscheinlich  am 

ment  will  arise  from  this  affairc  (Correspondence  of  Viscount  Castlcreagh  IX, 
103,  III  — 112).  Dass  die  Entscheidung  in  der  Sache  am  19.  Dez.  erfolgt 
war,  bestätigt  auch  Lady  Burghersh  in  ihrem  Briefe  an  ihre  Mutter  von 
diesem  Tage  (a.  a.  O.  S.  66):  »Seit  meinem  letzten  Briefe  vom  Donnerstag 
an  Emily,  haben  noch  mehrere  Konferenzen  in  Betrefif  der  Schweiz« 
Angelegenheit  stattgefunden.  Nach  all  dem  Wirrwarr  von  Befehlen  und 
Gegenbefehlen,  und  dem  Austausch  von  allen  nur  möglichen  Ansichten,  haben 
die  Österreicher  endlich  den  Sieg  davongetragen.  Ich  glaube  die  Truppen 
sind  schon  auf  dem  Marsche  und  werden  wahrscheinlich  morgen,  spätestens 
aber  übermorgen  in  das  Schweizer  Gebiet  einrücken.« 

')  Metternich-K.linkowström,  Österreichs  Teilnahme  an  den  Befreiungs- 
kriegen, S.  775 — 776.  —  ^)  Oncken  übersetzt  (an  der  oben  citierten  Stelle): 
»Ich  habe  wütende  Zänkereien  mit  Kaiser  Alexander.«  Aber  deboires  heisst 
nicht:  Zänkereien,  sondern:  Nachwehen,  Ekel.  Ausserdem  ist  es  im  Plural 
Femininum,  so  dass  eigentlich  de  furieuses  deboires  stehen  müsste.  Sollte 
etwa  de  furieux  d6bats  zu  lesen  sein?  —  «)  Voici  une  lettre  que  je  vons 
prie  d'adresser  k  Mr.  de  Talleyrand.  Elle  est  du  consentement  de  rEmperenr 
Alexandre  avec  lequel  je  me  suis  dispute  hier  pendant  plus  de  trois  heures. 
Nous  avons  fini  par  nous  embrasser  et  par  renvoyer  la  discussion  sur  la 
question  de  la  ci-devant  neutralit6  suisse  et  sur  les  droits  suisses  h  cclle  sur 
les  questions  des  neutres  sur  mer  etc.  etc. 


cbündeteu    ÄÄomrchen  in  Freiburg  1813/14.  647 

'^  in  Frankfurt  geschrieben.     Allein  auch 

H  z\x  früh.    Mit  Recht  bemerkt  Oncken, 

"r     österreichische  Staatskanzler    zur 

\  Briefes    an    demselben    Orte 

\  '  daraus  folgt  nicht,  dass  beide 

V       "^  nden;    beide    können    auch 

:    ^''^^  'eder    zusammen    trafen, 

^%     r^       "l^,  er  ersehe   aus   einem 

^    A*^,/H  'es   schweizerischen 

*'^^^  %  vtuse  zurückgekehrt 

>  -icht   vom    20.   auf  den 

crauf  war   die  Avantgarde 

die    Schweiz   eingerückt.     Mit 

aete  Thatsache   sagt  Metternich   in 

-sous  y  sommes  et  nous    marchons;  — 

le  mieux.« 

scheint,   ist  der   Brief  also   vielleicht    erst  in 

nach  dem  22.,  frühestens  am  2^,  Dezember  — 


u.  a.  Albert  Burckhardt-Finsler,  Der  Durchmarsch  der 
Basel,  im  Jahrbuch  für  Schweizerische  Geschichte,  Bd.  23 
^sonders   das  Basler  Ratsprotokoll    vom    21.  Dezember  18 13 

'  scheint  es  mir,  dass  Graf  Senfft,  der  am  17.  Dez.  von 
r  Schweiz  gereist  war,  sich  bereits  in  der  Schweiz  befand, 
»en  Brief  schrieb.  Hinsichtlich  der  Weisungen,  die  er  aus 
1,  sagt  Senüt:  >Me  rendant  ensuite  k  Berne,  je  devais  suivre 
istocratique  .  .  .c  (M^moires  du  comte  de  Senfilt,  p.  246,  vgl. 
de  Metternich  m*6crivit  le  i««"  janvier  que  j'avais  pech^  dans 
ant  en  avant,  lä  oü  il  n'aurait  fallu  que  suivre«).  Damit 
wenn  Metternich  a.  a.  O.  an  Schwarzenberg  schreibt:  »La 
smier  (Senfft)  est  toute  claire.  Ü  est  en  Suisse  sans  caract^re 
l  rinitiative  dans  les  questions  bemoises,  —  il  a  tort;  s'il 
»on.«  Es  ist  m.  £.  nicht  richtig,  wenn  Oncken  dies  auf 
mkfurt  ausgestellte  Instruktion  für  Senfft  deutet, 
klingt  ein  Brief  Schwarzenbergs  an  Metternich  aus  seinem 
.  Lörrach  vom  22.  Dez.  (Österreichs  Teilnahme  an  den 
,  S.  780)  beinahe  wie  die  Antwort  auf  jenes  Schreiben 
ittemich  schreibt  u.  a.:  »Latour  vous  dira  le  reste«  und 
prie  de  ne  faire  dire  ä  Watteville  (Wattenwyl)  que  de  belies 
*nberg:  Je  veux  envoyer  Latour  chez  Watteville  etc.  (Latour 
chen  Beiden  hin  und  her.)  Indessen  dieser  Eindruck  kann 
in  dem  Datum  (der  Zahl  22)  ein  Fehler  stecken. 


648 


von  Simson. 


Gewiss    ist,    dass   die    Frage,    wie    man    sich   zu  4er 
Gestaltung  der  inneren  Verhältnisse    der  Schweiz  stellen 
solle,  während  des  Aufenthalts  der  verbündeten  Monarchen 
in  Freiburg  nicht  so  leicht  erledigt  wurde,  sondern  schwere 
Differenzen  hervorrief,  hinsichtlich   deren  Mettemich  nach- 
geben musste.     Schon  in  Frankfurt   hatte  Mettemich  den 
früheren  sächsischen  Minister  Graf  Senfft-Pilsach   mit  Ver- 
handlungen in  Bern  beauftragt.     Als  Senfft  nach  Freiburg 
kam  —  vierundzwanzig  Stunden  später  als  Mettemich^)  — 
erfuhr  er  von  den  Plänen  eines  Comites  Schweizer  Aristo- 
kraten,  welches  in  Waldshut  zusammengetreten  und  von 
dort   nach   Freiburg    herübergekommen    war.      Dem  Eifer 
des    Grafen   Johann    von  Salis-Soglio,    der   an    der   Spitze 
desselben   stand,    gelang  es,  den  österreichischen  Staats- 
kanzler davon  zu  überzeugen,   dass  die  Wiederherstellung 
der  früheren  Verfassung  der  Schweiz  für  die  Sicherung  der 
bevorstehenden    militärischen    Operationen,     wie    für    die 
künftige   Festigkeit   des   politischen   europäischen   Systems 
gleich  notwendig  sei.    Senffts  Abreise  wurde  also  möglichst 
beschleunigt.     Er  sollte  sich  zunächst  nach  Aarau,   in  das 
Hauptquartier  des  Generals  Wattenwyl  begeben,  um  diesen 
von    dem    bevorstehenden  Einmarsch   des    österreichischen 
Heeres     zu     verständigen     und     zur     Zurückziehung    des 
schweizerischen  Neutralitätskordons  zu  veranlassen;  sodann 
aber  nach  Bern  gehen,  um  der  aristokratischen  Bewegung 
zu  »folgen«.     Man  glaubte  das  Gelingen  der  letzteren  zwar 
hinreichend  vorbereitet  durch   die   Bemühungen    von  Salis 
und  die  dem  Vertreter  Österreichs  in  Bern,  Herrn  v.  Schraut, 
erteilten    Weisungen.     Aber    man   legte    Wert    darauf,  sie 
noch  vor  dem  Einrücken  der  Hauptarmee  der  Verbündeten 
vollzogen    zu    sehen,    um    ihr    den  Charakter   oder  Schein 
völliger  Spontaneität  zu  wahren. 

So  reiste  Graf  Senfft  bereits  am  17.  Dez.  von  Frei- 
burg  ab.  Mettemich  schien  es  sehr  erwünscht,  diese  An- 
gelegenheit noch  vor  dem  Eintreffen  Kaiser  Alexanders 
in  Freiburg  in  Gang  setzen   zu    können,   der   in  Karlsruhe 


^)  Mettemich  kann  spätestens  am  15.  Dez.  (zugleich  mit  dem  Kaiser 
Franz)  in  Freiburg  eingetroffen  sein.  Hardenberg  notiert  in  seinem  Tage- 
buche unter  dem  12.:  »Et6  ensuite  chez  Mettemich  qui  part  pour  Carlsmh 
et  Fribourg.« 


Ut  verb&Bdeten  ModskIwii  in  Fteibnrg  1813/14. 


649 


Irch  Revuen  über  seine  Tnappen  zurückgehalten   wurde. 

ach  dem  Erfolge,'  sagte  Metternich,  »wird  der  Czar 
^en,  ich  sei  der  erste  Minister  Europas«  ~  so  dass  Senffi, 

e  er  versichert,  ebenfalls  an  der  nachträghchen  Zustimmung 
n&ülands  nicht  zweifelte'), 

Senffts  Verhandlung  mit  Wattenwyl  hatte  vollkommenen 
rfolg.  Schon  am  18.  Dez.  konnte  er  einen  Kourier  an  den 
Irsten  Schwarzenberg  schicken,  um  ihm  zu  melden,  dass 

r  Schweizer  General  dem  Durchmarsch  der  Hauptarmee 

r  Verbündeten  keinen  Widerstand  entgegensetzen  werde, 
nch  in  Bern  Hess  sich  anfangs  alles  so  an,  als  würde  die 
mwälzung  sofort  vollzogen  werden  können.  Dann  jedoch 
hten  die  Gegenwirkungen  hervor,  darunter  auch  besonders 

e  durchaus  abweichenden  Absichten  des  russischen  Kai.sers. 
»ch  den  Plänen  der  Aristokraten  sollten  das  Waadtland 
id  der  Aargau  unter  die  Herrschaft  von  Bern  zurück- 
ehren.  Alexander  dagegen  sprach  sich  bei  seiner  Ankunft 
;  Freiburg  sehr  entschieden  für  die  Aufrechterhaltung  der 
nabhängigkeit  dieser  Kantone  aus').  So  blieb  Meiter- 
Ich  nichts  übrig,  als  den  Grafen  Senfft  zu  dementieren 
ad  preiszugeben,  obschon    dieser    seine  Instruktionen   nur 

Bezug  auf  das  Tempo  überschritten  hatte  und  Metternich 
jlbst  ihm  deutlich  zu  erkennen  gab,  dass  das  österreichische 
labinett  mit  seinem  Verfahren  einverstanden  gewesen  sein 

Irde,  wenn  es  nicht  Rücksicht  auf  den  Willen  des  Czaren 

bmen    müsste.      »Der    Kaiser  (Franz)    —    so    schrieb    er 


')  Mtrnoirei  du  Comte  de  Sentit  aociea  mmistre  de  Soie  (Leipiig  lS6]| 

345—147;   ^*el-  W.  Oncken  in  Deutsche  Zeitschrirt    fUr  GeichichlswiiseD- 

tt,  htnv.-ig.  TOD  Quidde,  X,  145  B.    SenSls  EiiAhlang  vrird  beilätigt  dutcb 

SdiretbcQ    von    Lord     Burgberah   an    Lord    Casllereagh    vom     17.    E>n. 

Eineiltuy    denpatcbes   ol    ihe    Duke   of   Wellington    VIII,    454—455): 

amhted  ^etlerday  (o   tnention  (o  you  the  ippointment  or  Monsieui   le 

IM   d«   &tnti  PiliBch    on   an    exlrtoidinnry    minion    from    the   Couit   of 

,£eroe,     The  Comte  will  leov«  thii  |>Iai:e  to-diy,    will  pisa  by  the 

of  UoDsieor  de  Wilipville  «t  Aniu,  nnd  will  endeavoiir  lu  bring 

c  the  negodations  whirh  have  becn  ci>mniciit«d  with  lh>i 

rill  afterwards  procced  lo  Beine,    from  wheoic   il   is   hoped   he 

vilsliDQ  ftom  (he  uew  govemnient  o(   the  onlon  for    the 

of  Ihe  Ausiriati  iTDDpa.i  —  <i  M^inoires  du  Cotate  de  Seafft,  S.  149: 

d«  Russie  i'ttani  fartemeat  prononc^,    &   ton  niriviE  k  Friboatg, 

bvniT  de  Tind^eadaDce  ilu  pays    de  Vaud    et    de    TArgOTie,    le    cibinel 

ichltn  »'<ilil  triili  dans  M  nimch?. 


650  von  Simson. 

ihm  —  verargt  Ihnen  Ihr  Vorgehen  nicht,  im  Prinzip 
stimmt  er  damit  überein;  aber  wir  sind  nicht  allein,  dies 
Wort  genügt,  um  Sie  über  die  Sachlage  aufzuklären«»). 
Der  Czar  aber  erklärte  Mettemich  nicht,  wie  dieser  erwartet 
hatte,  für  den  ersten  Staatsmann  Europas,  sondern  fiasste, 
zum  heftigsten  Unwillen  gereizt,  gerade  von  nun  an  das 
grösste  Misstrauen  gegen  ihn*).  — 

König  Friedrich  Wilhelm  III.  von  Preussen,  der  während 
des  Aufenthalts  in  Frankfurt  a.  M.  an  einer  leichten  Un- 
pässlichkeit  gelitten  hattet),  traf  erst  am  4.  Januar  1814 
um  2  Uhr  nachmittags  in  Freiburg  ein.  Dass  die  beiden 
Kaiser  dem  Könige  entgegen  geeilt  seien,  wie  Andlaw 
schreibt*),  wird  durch  das  Freiburger  Wochenblatt»)  nicht 
ausdrücklich  bestätigt,  wie  dies  Blatt  denn  den  König  bei 
weitem  nicht  so  feiert  wie  die  Kaiser  und  besonders  den 
Kaiser  Franz,  sondern  ihn  mehr  in  den  Hintergrund  treten 
lässt.  Am  nächsten  Tage  (5.)  um  5  Uhr  abends  kam  auch 
der  Kronprinz  von  Preussen  (der  spätere  König  Friedrich 
Wilhelm  IV.)  an^).  Er  war  von  seinem  Lehrer  Ancillon 
begleitet');   ob  auch   von    seinem  Bruder  Wilhelm    (spater 


^)  Ebd.:  Le  prince  de  Mettemich  m'icrivit  le  ic«"  janvier  que  j'avais 
p6ch6  dans  le  principe  en  allant  en  avant  \h,  oü  il  n'aurait  fallu  que  suivre. 
»L'Empereur  ne  vous  en  veut  pas,  ajoutait-il,  car  ses  sentimenls  sont  con- 
formes  ä  vos  principes  suisses;  mais  nous  ne  sommes  pas  seuls;  ce  mot  suffit 
pour  vous  donner  de  fortes  indications.«  —  Ce  mot  me  fit  croire  en  effet  que 
le  sacrifice  momentan^  de  ma  position  Ha'xt  n^cessaire  au  bien  g6n6ral,  et  je 
me  soumis  sans  murmure.  —  -)  Pertz,  Steins  Leben  III,  498.  — 
')  W.  V.  Humboldt  an  die  Prinzessin  Luise  von  Preussen  (Gemahlin  des 
Fürsten  Anton  Radziwill),  Freiburg,  22.  Dez.  1813:  »Le  Roi  n'ötoit  pas  trop 
bien  portant  les  derniers  jours  de  mon  s6jour  ä  Francfort,  son  incommoditi 
6toit  cependant  tr£s-16g6re.  Je  l'attends  k  pr6sent  d'un  moment  k  Tautre  ici  (Pertx, 
Steins  Leben  III,  701,  vgl.  487).  Das  Freyburger  Wochenblatt  vom  Sams- 
tag, d.  I.  Januar  18 14  berichtet  unter  dem  29.  Dez.:  »Seine  Majestät  der 
König  von  Preussen,  für  welchen  die  Wohnung  schon  seit  einigen  Tagen 
bereitet  worden,  wird  erst  in  einigen  Tagen  erwartet.«  —  *)  Mein  Tagebuch 
I,  38.  —  5)  Vgl.  Nr.  2  (Mittwoch,  den  5.  Januar  18 14)  und  Nr.  3  (Samstag, 
den  8.  Januar),  wo  sich  die  auf  des  Königs  Ankunft  bezüglichen  Notizen 
finden.  —  ^)  Ebd.  Nr.  3:  Freiburg,  den  5.  Jan.  ..  Um  5  Uhr  Abends.  So 
eben  trifft  Seine  Königliche  Hoheit  der  Kronprinz  von  Preussen  dahier  ein. 
—  ^)  Gentz,  Tagebücher  I,  274:  »Der  Kronprinz  von  Preussen  war  mit 
meinem  Jugendfreunde  und  nahen  Blutsverwandten  Ancillon,  den  ich  hier 
zum  ersten  und  wahrscheinlich  letztenmale  wiedersah,  im  Hoflager.«  Die 
Mutter  von  Gentz  war  eine  geborene  Ancillon. 


Die  verbündeten  Monarchen  in  Freibarg  1813/14.  65 1 

Kaiser  Wilhelm  I.),  scheint  sich  nicht  bestimmt  feststellen 
zu  lassen').  Welch  günstigen  Eindruck  die  preussischen 
Prinzen  durch  ihre  ungewöhnlich  hübsche  Erscheinung, 
der  Kronprinz  auch  durch  seine  Heiterkeit  und  seinen 
sprudelnden  Humor  machten,  kann  man  aus  Briefen  der 
Lady  Burghersh,  die  teils  kurz  vorher,  teils  bald  darauf 
geschrieben  sind,  entnehmen ').  Auch  die  Erscheinung  und 
das  Wesen  des  Königs  selbst  sprach  sie  in  hohem  Grade 
an,  wenn  auch  seine  ausserordentliche  Schüchternheit  ihr 
auffallend  und  selbst  spasshaft  war^). 

Ein  trauriger  Zufall  fügte  es,  dass  an  demselben  Tage, 
an  welchem  der  König  von  Preussen  in  Freiburg  ankam, 
der  Dichter  Johann  Georg  Jacobi  starb.  Als  der  feierliche 
Leichenzug  am  6.  Januar  nachmittags  an  dem  Hause 
vorbeikam,  in  welchem  Friedrich  Wilhelm  abgestiegen 
war,  trat  der  König  heraus,  um  den  Toten  achtungsvoll 
zu  grüssen*).  »Hier  ruht  er  nun,«  so  schliesst  der  Bericht 
über  das  Leichenbegängnis  im  Freiburger  Wochenblatt  5), 
.  .  .  betrauert  von  ganz  Germanien  als  klassischer  Dichter, 
als  einer  der  letzten  aus  der  goldenen  Epoche.«  —  »Gersten- 
berg allein  ist  noch  übrig,«  fügt  eine  Anmerkung  hinzu. 
Dass  auch  Goethe  noch  übrig  war,  scheint  man  nicht  in 
Anschlag  gebracht  zu  haben. 


*)  Das  Freyburger  Wochenblatt  schreibt  zwar  in  der  mehrerwähnten 
Nr.  3  (vom  8.  Januar):  »Karlsruhe,  den  3.  Jan.  Gestern  Mittag  sind  Se. 
Majestät  und  Hire  Königlichen  Hoheiten  der  Kronprinz,  und  der  Prinz 
Wilhelm  von  Preussen  mit  einem  kleinen  Gefolge  hier  angekommen.  Die 
erhabenen  Reisenden  speisten  bei  Hofe,  und  setzten  heute  Morgen  Ihren 
Weg  über  Rastadt  fort.«  Dann  jedoch  wird  hier,  wie  von  Gentz  a.  a.  O., 
nur  die  Anwesenheit  des  Kronprinzen  in  Freiburg  erwähnt.  Nach  Oncken,  Unser 
Heldenkaiser  (S.  7)  hat  sich  Prinz  Wilhelm  allerdings  seit  Anfang  November 
18 13,  wo  er  mit  dem  Könige  nach  Frankfurt  reiste,  bis  zum  Ende  des 
Krieges  nicht  von  demselben  getrennt.  Aber  das  ist  jedenfalls  nicht  so  buch- 
ftftblich  zu  nehmen.  Ich  bin  daher  im  Zweifel,  ob  Schreiber  Recht  hat, 
wenn  er  (S.  XIX)  Friedrich  Wilhelm  III.  mit  dem  Kronprinzen  und  dem 
Prinzen  Wilhelm  in  Freiburg  eintreffen  lässt.  Vgl.  auch  den  geschichtlichen 
Überblick  von  J.  B.  Fischer  in  :  Freiburg  im  Breisgau.  Die  Stadt  und  ihre 
Bauten  (Freiburg  i.  B.  1898)  S.  46.  —  «)  a.  a.  O.  S.  54,  61,  105.  - 
')  S.  53 — 54,  60—61,  121.  Nicht  minder  interessante  und  gewiss  getroffene 
Porträts  zeichnet  die  Lady  von  Kaiser  Alexander,  Hardenberg  u.  s.  w.  — 
*)  Ernst  Martin,  Ungedruckte  Briefe  von  und  an  J.  G.  Jacobi,  S.  21.  — 
*)  Nr.  8  (Mittwoch,  den  26.  Januar  18 14). 


652  ^on  Simson. 

Von  berühmten  Staatsmännern  sah  Freiburg  damals, 
abgesehen  von  Metternich,  der  schon  erwähnt  ist,  den 
Grafen  Philipp  Stadion,  Gentz^J,  Stein«),  Hardenberg^), 
Wilhelm  von  Humboldt*),  Nesselrode  u.  a.  in  seinen 
Mauern.  England  war  mehrfach  vertreten,  durch  den 
jungen  Lord  Aberdeen  bei  dem  Kaiser  von  Osterreich, 
Lord  Cathcart  bei  dem  Czaren,  Sir  Charles  Stewart  bei  dem 
preussischen   Könige.     Baiem  vertrat  der  General  Baron 


^)  Vgl.  Österreichs  Teilnahme  an  den  Befreiungskriegen;  Briefe  an 
Pilat,  herausg.  von  K.  Mendelssohn-Bartholdy  I,  S.  98  ff. ;  TagebQcher  I, 
271 — 274.  —  *)  Vgl.  Pertz,  Das  Leben  des  Ministers  Freiherm  vom  Stein 
Uly  487 — 500.  Hardenberg  vermerkt  in  seinem  Tagebache  anter  dem 
28.  Dez.:  din6  chez  Stein.  Freyburger  Wochenblatt,  Mittwoch,  den  12. Jan. 
18 14  (Nr.  4):  »Freiburg,  den  8.  Jan.  Abgereiset  von  hier  sind  der  rassische 
Minister  Graf  Rasumowsky  und  der  Minister  Freiherr  von  Stein.*  Am 
9,  Jan.  traf  er  in  Basel  ein  (Pertz  a.  a.  O.,  S.  504).  Schreiber  (S.  XDC) 
sagt  ungenau,  dass  Stein  sich  im  Gefolge  des  Königs  von  Preussen  befanden 
habe;  er  folgte  vielmehr  dem  Kaiser  Alexander.  —  ')  Hardenberg,  der  am 
18.  von  Frankfurt,  über  Darmstadt  imd  Heidelberg  nach  Karlsruhe  gereist 
war,  notiert  in  seinem  Tagebuche  u.  a. : 

18.  Enfin  parti  de  Francfort  a  3  h.  .  .  Et6  k  la  Cour  k  Darmstidt. 
log6  chez  le  C.  Perglas  .  .  . 

19.  all6  ä  Heidelberg.     Vu  Reizenstein,  rangi  mes  papiers. 

20.  arriv^  k  Carlsruhe  vers  le  soir  —  voyag6  avec  Knesebeck  trouv6  Emcste 
Hardenberg  et  Rühl.  Wolkonsky  chez  moi.  l'Empereur  appronve 
ce  que  je  lui  ai  6crit  sur  la  marche  du  Duc  de  Weimar  et  de 
Winzingerode. 

21.  Et6  chez  l'Emp.  de  Russie  etc.  (vgl.  o.  S.  642  Anm.  4.).  din6  a  la 
cour.  La  Grandduchesse  embarass6e  de  sa  personne.  Le  Margr. 
Frederic. 

22.  parti  de  Carlsruhe  a  midi,  couch6  k  Radstadt.  arriv6e  de  Hoffroann. 
Knesebeck  toujours  avec  moi  dans  la  voiture. 

23.  i\  Lahr.  Reception  de  la  Bourgeoisie.  M.  de  Liebenstein  Ober- 
amtmann homme  d'esprit  (vgl.  Allg    D.  Biographie  XVHI,   564). 

24.  k  Fribourg.  din6  chez  Humbold.  Icg^  chez  la  (le?)  Marchand  Nino. 
H^  invit6  k  diner  chez  l'Emp.  Alexandre  mais  je  n'y  allai  point.  il 
6toit  trop  tard. 

Vgl.  femer  H.  v.  Treitschke,  Deutsche  Geschichte  im  neunzehnten 
Jahrhundert  I,  530 — 532.  —  *)  Brief  von  Humboldt  an  die  Prinzessin  Luise, 
Freiburg,  22.  Dez.  18 13  (Pertz,  Steins  Leben  HI,  700 — 702).  Vgl.  Histor. 
Zeitschrift  XLIV  (N.  F.  VIII)  S.  257  N.  i  (o.  S.  645  Anm.  2).  Hardenbergs 
Tagebuch:  24.  din6  chez  Humbold.  25.  ebenso.  27.  Humboldt  (vgl.  die 
vor.  Anmerkung). 


B-ger,  \ 


Die  veibündelen  Monarchen  in  Fieiburg  1613/14. 


653 

■ger,   Württemberg,   in    viel  geschickterer  Weise,    Graf 
Intzingerode '). 

Kaiser  Franz  nahm  Wohnung  in  dem  Gebäude  des 
■eisdirektoriums  in  der  Salzstrasse*);  Kaiser  Alexander 
Hause  des  Staatstnin isters  Freiherrn  von  Andlaw"),  der 
mig  von  Preussen  in  dem  des  Geheimen  Rats  Freiherm 
n  Rinck-Baldenstein ')  in  der  Kaiserstrasse.  Metternich 
tlrde  mit  seiner  Kanzlei  gleichfalls  in  der  Salzgasse,  im 
Lagen  eck  "sehen  Hause  einquartiert'').  Auch  die  Lords  Cath- 
und  Aberdeen .  sowie  Lord  und  Lady  Burghersh 
in  der  Nähe  des  Österreichischen  Kaisers  unter- 
sbracht»).     Hardenberg    stieg    bei    dem    Kaufmann    Nino 


■)  Aiiwrt  Pfiater  a.  a.  O ,   S    56,  60 — Gl.     Ausserdem  waren  anwesend 

Enal  Ksrdenberg:    Ludwig  v.  Ompleda.   hannoverscher   Gesandter    am 

Hischen  Hofe;  Baron  Läwenhjelm  aU  Vertreter  Schweden*  ;  der  rusiiuhe 

anwl  Alopeus.     Auf  die  Her;^Iihlung  der  KricggroSnner  und  MiUlIrbcToll- 

iligten  veriichle  ith.     Teilweiie  sind  sie  oben   erwähnt.  —  ')  Frcyburget 

'ochenbUtl   vom   tS.    Dei.    —    ')  Freyburgei    WochenblaH    vom    IJ.    Dci. 

idlaw,     Taeebuch    I,    39,       Vgl.    über    den     Reichsrieihcrm    Konrad    Karl 

AndlaW'Birseck    (geb.   176b    ■f   1SJ9),     Badische  Biogiaphiecn   I, 

Allg.  D.  Biographie  I,    4JI.     Er    wnr    b^ischer  Gesandlei    am  Hofe 

gewesen    und   dann    Minister   des    Innern    geworden,    vcttauichte 

diese  Stelle  18:3  wieder  mit  der   Mherca    eines  Holridilers   in  Frei- 

—  *!  Frcyburger  Wochenblatt  vom    5.   Jan.    1S14.     Andlaw    1.   a.  O-, 

■38— J9,     Vgl.  Frcyburger  Addresskalcnder  f.  d.  J.   1813,  S.  qo,   ijg:  hier 

Ktti  Freiherr    v.  Rink    als    Grossherzogl.  Hofgerichlsrat   beieichnet.   — 

Andla«  a,  a.  O.,  S.  35:    >Fütil  Mellemich    bewohnte    mit   Mioer  Kanclei 

tllkage Deck' sehe  Haus.     E»    waren    dieb    dieselben  Zimmer,    in    welchen 

1  »eine  Multet  jceboreii  wurde,    dasselbe   Haus,    in    dem   Marie  Anloinelte 

d*m  anhellvollGD  Betreten    des    franzSsischeB  Bodens    die   letalen    frohen 

•e  in  Deatscbland  (Mai  I770)iabrachtel<  Schreiber,  S.  XIV.:  •Dem  Kaiser 

w&ber  bxtte  sieb  die  öiterreichische  Staatakanilei;  mit  ihr  der  Fütst  Metter- 

I    in    dem   jcnigen    Hieberschen  Hause    der  Sitlitgastie   einquartiorLi     Ich 

u   nicht,    ob    diese  Angalien  unter   einander   abereinttimmen.     Der  Ficy- 

fa  Addreiskaleoder  rur  das  J;ihr  1813  nennt   in   der  Saligaiie   ein  Haut 

Onfen  Heinrich    v.  Kaeeneck,   k.   k.  KUmmercrs   und  Grundherrn,   und 

«  des  Grafen  Friedrich    v.  Kageneck  (S>  93.    116).    Jedetifalh    hiess    die 

int  niehl  mehr  ■Dauphinettnist*,  wie  sie  I770  Marie  Anlotnette  tu  Ehren 

■nnt  worden  war  —  obwohl  Treiachke  in    seiner   auch   durch  Oiinkennt- 

belebten    Schilderung   jener   Tige   in    Freibur^   {Deutsche    Geschieh le   I, 

H)  dies  aniuBeliineD  scheint.  —  'l.Cathcart  an  Castlereagh,  Preibiirg.  den 

'Ju.   1814;    >A  house  Is  maiked  Tor  you  in    tbis   lown  .  .  -  Mine   here    ii 

r  ihe  £m|ieror  e>(  Austria,    and  within    a    few   doors    of  I^rd  Abeideen- 

L»<]y   BurnlieiHb,     Freibun;,    15.  Der    iSlj:    ■% 


^54 


von  Simson. 


in  der  Kaiserstrasse  ab »).     Zum  Teil  musste  man  sich  wohl 
mit  ziemlich  bescheidenen  Quartieren  begnügen. 

Wie  es  in  der  Wohnung  des  Czaren  im  Andlaw'schen 
Hause  herging,  schildert  einer  der  Söhne  des  Freihemi, 
Franz,  in  seinem  Tagebuche*).  »Fürsten,  Gesandte,  Gene- 
räle, unter  den  russischen  Barclay  de  ToUy,  Platow,  Tolstoi 
u.  a.  Hessen  die  Treppen,  die  Vorzimmer  nie  leer  werden, 
Kaiser  Alexander  lebte  sehr  einfach,  sah,  wenn  er  nicht 
bei  Kaiser  Franz  speiste,  nur  wenige  Personen  zu  Tische, 
und  schlief  auf  einem  Feldbette;  ein  Kosack  hatte  vor  der 
Thüre  des  k.  Schlafgemachs  sein  Lager  aufgeschlagen. 
An  Sonn-  und  russischen  Feiertagen  begab  sich  der  Czar 
in  die  griechische  Kapelle,  welche  in  dem  gegenüber 
liegenden  Hause  des  Apothekers  Schmidt  eingerichtet  war»). 
Ein  herrlicher  Männergesang  begleitete  den  Gottesdienst*). 
Eines  Tages  warteten  meine  Mutter  *),  meine  jüngere 
8jährige  Schwester,  mein  Bruder  und  ich  dem  Kaiser 
Alexander  in  seinem  Kabinette  auf  Er  war  sehr  freund- 
lich, küsste  meiner  Mutter,  sogar  meiner  kleinen  Schwester 
die  Hand,  und  uns  Knaben  auf  die  Wangen.« 


Heidelberg  und  Karlsruhe,  Hessen  Stuttgart  zu  unserer  Linken,  da  uns  dina 
lag  möglichst  rasch  hier  anzulangen,  um  noch  eine  gute  Wohnung  zu  finden, 
denn  Freiburg  ist  nur  eine  kleine  Stadt,  und  wer  zuletzt  kommt,  muss  nehmen 
was  übrig  bleibt.  Obgleich  wir  das  beste  Quartier  in  unmittelbarer  Nähe  des 
Kaisers  erhielten,  ist  es  doch  nicht  mit  unserer  Frankfurter  Wohnung  in 
vergleichen«  (S.  62 — 63). 

*)  Nach  seiner  eigenen  Notiz    im  Tagebuche,    vgl.  o,  S.  652,    Anm.  3; 
dazu  Freibiirger  Adresskalender  für  18 13,  S.  90,   102,  136.    Fürst  Schwärzen- 
berg  wohnte,    nach    einer  Notiz    von  Jäger,    während    seines  Aufenthaltes  in 
Freiburg  im  Hause    des  k.  k.  wirklichen   Geheimen  Rats  Freiherm    v.  Pfirdt 
in  der  Pfaffengasse  (vgl.  o.  S.  636,  Anm.  2  und   den  mehrerwähnten  Adress- 
kalender,  S.  95,    137).   —   2)  I,    39.  —   8)  Apotheker  Franz  Kasimir  Schmid 
wohnte  nach  dem  Adresskalender  für    18 13    in   der  Kaiserstrasse  (S.  70,   90, 
143).  —  *)  Den    ergreifenden   Gesang    der    russischen  Militärkapelle    bei  der 
Messe    rühmt    auch    Lady    Burghersh    in    einem    Briefe    aus  Frankfurt    vom 
3.  Dez.   18 13:  »Heute  hatte  ich  ein  herrliches  Schauspiel.     Eis  ist  das  Jahres- 
fest des  Garde-Regiments   des  Kaisers    von  Russland.     Zuerst   grosse  Parade 
und    dann    Messe  .  .  .    Nachdem    die    Regimenter  '  vorbei    marschiert    waren, 
stiegen  alle  ab,    worauf  wir  in  einen  grossen  Saal  gingen,   in  dem  die  Messe 
celebriert    wurde.      Es    war    eine    aussergewöhnlich    erhebende    Feier.     Der 
Gesang  der  russischen  Soldaten  ist  ungemein  ergreifend;  es    sind  Basstimmen, 
die  aber  so  leise  singen,    dass  man    glaubt,    eine    entfernte    sanfte  Musik   zn 
hören.«   —  *)  Der  Freiherr  v.  Andlaw  selbst  war  abwesend. 


r  TerbQDdrten  Monarchen  In  Frelbu^  1813,14.  ^ec 

Übrigens  ereignete  es  sich,  dass  während  Kaiser 
Alexander  das  Haus  des  Freiherrn  v.  Andlaw  bewohnte, 
russischen  Garden  das  Schloss  und  Gut  des  Freiherrn  in 
Jugstetlen  plünderten  und  brandschatzten.  Es  kam  darüber 
1  einer  heftigen  Szene  zwischen  dem  Czaren  und  seinem 
ruder,  dem  Grossfürsten  Konstantin,  welche,  da  sie  sich 
n  Fenster  zutrug,  von  dem  gegenüber  liegenden  Hause 
■US,  das  stets  mit  Neugierigen  angefüllt  war.  beobachtet 
Wurde  •). 

Von  grösseren  Festlichkeiten  fanden  nur  wenige  statt, 
liitglieder  des  Museums  veranstalteten  am  30.  Dezember 
i  Ehren  der  beiden  Kaiser  einen  Ball,  auf  dem  diese 
oehrere  Stunden  verweilten  und  sich  mit  den  Anwesenden 
inldvoll  unterhielten.  So  berichtet  das  Freiburger  Wochen- 
(laitV  mit  dem  Zusatz:  »Merkwürdig  würde  das  Verzeich- 
dor  übrigen  hohen  Fremden  aus  dem  Militär-  und 
Üvilstandc  seyn,  welche  den  Glanz  dieses  festlichen  Abends 
srhöhteTi.«  aber  leider  ohne  dies  Verzeichnis  zu  geben.  Am 
^eujahrstage  1814  gab  Lord  Cathcart  einen  Ball  >in  dem 
feschmackvoU  decorirten  Casino-Saale*»).  Auch  ihn  be- 
ihrten  die  Kaiser  mit  ihrer  Gegenwart,  die  Generalität, 
[as  diplomatische  Corps,  die  angesehensten  Familien  der 
ätadt  waren  geladen  und  mehrere  Freiburger  Damen  hatten 
lie  Ehre,  mit  dem  Kaiser  Alexander  zu  tanzen. 

<)  Andlaw,  Tagebuch  I.  37.  Hiernach  halte  der  GronfOist  Kan&laiitin 
b  HaapKjaatliet  in  tJmkirch.  Schieiber  {S.  XIX);  >Etwiu  ipSter  (als  der 
Oidg  roa  Freiusen)  rolgle  der  russische  GTOssfOrst  Korslnnlin,  weichet  mit 
ioem  Gefolge  i!as  Gajtllaui  lum  Römiichen  Kaiser  betog  und  dem  sororl 
r>  mimische  KaTBllerie-Garde-Rcgimenier  und  leichie  preussiscbe  ReitCRl 
D  ganten  aber  sechstausend  Manu)  nachräcklen.«  Nach  dem  Frejbutger 
''odianblall  vom  8.  Jan.  1S14  reiste  der  Grn»slijTst  am  6.  von  Freiburg  ab, 
idf  Buighersb  schreibt  Über  ihn,  Fraukfuti,  j.  Dez.  1S13:  lEr  sieht  dem 
■tMr  TOiD  Rnulaiid  sehr  ähnlich  und  ist  ohne  Zweifel  das  schrcclElichite 
marhlicbe  ungeheuer,  du  ilh  je  gesehen  habe;'  auch  »pilet  nennt  sie  ihn 
en  iprsligeo  Konstantin»  |a.   o.  O,,   S,  54,    146).  —  ')  Von  Similag.    dem 

Jan.  iSt4  (Nr.  i).  —  Gentz  m  Caiftdjn,  Freiburg,  jo.  Dea,  iSlj;  >Die 
«ll  Freiburg  veranatallet  heute  Abend  den  beiden  Kaisern  lu  Ehren  einen 
iB.  Alle  Hlaier  sind  beleuchtet«  {Österreichs  Teilnahme  an  den  Befreiungs- 
*•!«■•   S.    15s).    —  ')    So    das    Freybutger    Wocheoblatl,    Miliwoch .    den 

Jmn.  I8r4.     ».  Aadlaw.  in  «einem  Tagebuch  I,  37:   lauf  dam  Kaufbauio; 
it>«rg  tn    dem    seioigen ;    «Bat  Abends    auf    dem  Sladlhausc    quc  1-ord 

.thc«i1  doaiia.* 
Z«llicb.  l  Gnch.  d.  Obcirb.  N'.  (.  XtV.  ,.  .■ 


656  ^oi^  Simson. 

Nicht  uninteressant  —  wenn  man  die  ausserordentliche 
Entwicklung  und  Bedeutung,  welche  das  Fahrrad  gewonnen 
hat,  bedenkt,  ist  es  auch,  dass  Drais  in  jener  Zeit  (wahr- 
scheinlich schon  in  Karlsruhe)  dem  Czaren  seine  Erfindung, 
die  Laufmaschine  oder  »Draisine«,  die  Vorläuferin  des  Velo- 
cipeds,  zeigte  und  dafür  Alexanders  Anerkennung  erntete. 

Das  Freiburger  Wochenblatt  von  Mittwoch,  d.  5.  Jan. 
1814  bringt  hierüber  folgenden  Artikel: 

»Technische  Erfindung 
und  Ehren-Auszeichnung.« 

»Der  Kammerjunker  und  Forstmeister  Freiherr  v.  Drais 
hat  seinen  erfundenen  Wagen,  der  ohne  Pferde  durch  den 
insitzenden  Menschen  getrieben,  leicht  und  schnell  hin- 
läuft —  wie  schon  vorhin  unserer  Landesherrschaft  —  so 
jetzt  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  von  Russland  vorgeführt. 

Der  Monarch  hatte  daran  Wohlgefallen,  verlangte  ara 
folgenden  Tage  die  nochmalige  Vorzeigung;  äussene: 
»c'est  bien  ingenieux«  und  sandte  dem  Erfinder  einen 
brillantenen  Ring  »für  das  Vergnügen ,  welches  Ihrer 
Kaiserl.  Majestät  damit  gemacht  worden  sey.« 

Diese  Zeitungsnotiz  beweist,  dass  es  ungenau  ist,  wenn 
unsere  Encyklopädien  jene  wichtige  Erfindung  erst  in  das 
Jahr   181 7  verlegen^). 

Wie  der  C/ar,  nach  den  Erinnerungen  des  jüngeren 
Andlaw,  in  Freiburg  ziemlich  eingezogen  lebte,  so  schreibt 
auch  der  württembergische  Geheime  Rat  Graf  Wintzin- 
gerode  —  allerdings  schon  am  24.  Dezember,  also  kurze 
Zeit  nach  der  Ankunft  Alexanders  — ,  die  Kaiser  hielten 
weder  Levers  noch  Cercles,  sähen  sich  wenig  und  lebten 
nur  mit  ihren  Ministern  und  ihrer  Umgebung;  selten 
erfolgten  Einladungen  zu  Diners*).     Ohne  Zweifel  hing  dies 

')  So  Brockhaus'  Konversationslexikon,  14.  Aufl.  V  (1898),  S.  484; 
ferner  die  Allgemeine  Deutsche  Biographie  V,  373,  wo  es  in  dem  Artikel 
(von  Cantor)  über  Karl  Freiherr  Drais  von  Sauerbronn  heisst:  -»1817  erfand 
er  das  Velocipede,  welches  er  in  einer  anonymen  Abhandlung;  »Abbildung 
und  Beschreibung  einer  neu  erfundenen  Laufmaschine«  bekannt  machie.« 
Hinsichtlich  der  Veröffentlichung  mag  dies  richtig  sein;  die  Erfindung  selbst 
ist,    wie    man    sieht,    älter.    —    ^)  Alb.  Pfister,  a.  a.  O.,    S.  62. 


Die  verbündeten  Monarchen  in. Freiburg  181314.  557 

:  der  im  Hauptquartier  herrschenden  Uneinigkeit,  Spannung 
i  Verwirrung  zusammen*). 

So  konnte  der  Aufenthalt  in  der  kleinen  Stadt  den 
tatsmännern  und  Diplomaten  wohl  einigermassen  ein- 
mig  erscheinen  und  ihnen  die  Zeit  lang  werden.  Feinere 
ister  erfreuten  sich  wenigstens  an  dem  Anblick  des 
insters  und,  obschon  es  Winter  war,  auch  an  der  schönen 
ge  Freiburgs.  So  Stein,  welcher  hoffte,  im  nächsten 
mmer,  wenn  die  Kriegsunruhen  vorüber  wären,  dies 
nd  und  die  Schweiz  mit  den  Seinigen  besuchen  zu 
nnen');  auch  der  vielgereiste  Wilhelm  v.  Humboldt,  der 
5  Stadt  schon  von  früher  her  kannte,  aber  wieder  das 
e  Gefallen  an  ihr  fand  und  das  Münster  selbst  dem 
rassburger  vorzog »). 

Am  Abend  pflegte  sich  wenigstens  ein  Teil  der  Ge- 
llschaft   bei    dem    Grafen    Stadion    zu    versammeln,    wo 

•)  Lady  Burghersh  schreibt  aus  Freiburg  am  15.  Dez.:  >Trotzdem  wir 
1  glücklich  bis  hierher  vorgerückt  sind,  bin  ich  doch  (entre  nous)  der 
isicht,  dass  wir  noch  ebenso  weit  von  einem  einheitlichen  Plane  entfernt 
d,  wie  in  Frankfurt  Kaiser  Franz  und  sein  Volk  verfolgen  einen  Plan, 
iser  Alexander  einen  entgegengesetzten,  und  der  König  von  Preussen  ver- 
'ft  alle  beide!  Alle  sind  gleich  starrköpfig  und  eigensinnig,-  und  da  nicht 
T  gehandelt  werden  kann,  bis  der  eine  oder  der  andere  nachgiebt,  vergeht 
tc  —  und  am  28.  aus  Lörrach:  »Bekanntlich  verderben  viele  Köche  den 
•i,  wie  gut  müssen  die  Ingredienzien  S'jin,  wenn  nun  gar  viele  schlechte 
khc  ihn  nicht  ganz  verderben  können!«    —    •)    Pertz  III,   488,  500.     Am 

Dez.  in  Freiburg  angelangt,  schrieb  er  mit  Entzücken  von  der  herrlichen 
gend  und  dem  Münster,  >diesem  prächtigen  Denkmahl  des  Kunstsinnes  und 
•Frömmigkeit  der  Vorfahren«;  ferner  am  31.  an  seine  Frau:  »Noch  immer 
lert  unser  hiesiger  Aufenthalt  fort,  er  ist  etwas  einförmig,  in  der  guten 
ireszeit  mag  er  sehr  reizend  seyn,  denn  die  Gegend  ist  himmlisch  —  sie 
l  immer  schöner  werden,  so  wie  man  sich  Basel  nähert,  ich  wünschte  wir 
jten  hin,  und  Du  könntest  die  Schweiz  besuchen.«  —  *)  Humboldt  an  die 
inzessin  Luise  von  Preussen  (Fürstin  Radziwill),  Freiburg,  22.  Dez..   1813: 

connoissois  dhjk  cettc  ville  d'ancienne  date,  mais  olle  ne  m'cn  plait  pas 
•ins  i  präsent.  La  Cath6drale  surtout  est  bien  la  plus  belle  chose  qu'on 
isse  voir  cn  architecture  Gothique,  pas  aussi  immense  que  celle  de  Stras- 
arg,  mais  plus  reguliere,  d'un  gout  plus  simple,  et  plus  fini  dans  tous  les 
ails.«      (Ebd.    S.    7021.     Lady    Burghersh,    Freiburg,    den     19.    Dez.     1813 

67):  »Ich  bedaure  recht,  dieses  Land  nicht  im  Sommer  zu  sehen;  dann 
ISS  es  ganz  entzückend  sein.  Die  Stadt  liegt  in  einem  Thale  von  Bergen 
geben,  die  dicht  mit  Weingärten  bepflanzt  sind,  mit  dem  Blick  auf  den 
lein.  Von  einem  der  Berge  [dem  Schlossberg)  hat  man  eine,  selbst  in 
ser  Jahreszeit  sehr  schöne  Aussicht.« 

43* 


5e8  ^on  Simson. 

dann    die     grossen     politischen    Angelegenheiten    lebhaft 
erörtert  wurden'). 

Als  Napoleon  seinen  Minister  der  auswärtigen  An- 
gelegenheiten Caulaincourt,  Herzog  von  Vicenza,  zur  Ver- 
handlung mit  den  Verbündeten  sandte  und  dieser  am 
6.  Januar  1814  von  Lun^ville  aus  Mettemich  um  Pässe 
bat,  während  man  zugleich  der  Ankunft  des  britischen 
Staatssekretärs  Lord  Castlereagh  entgegen  sah,  —  schlug 
Mettemich  unter  Hinweis  auf  die  wohlgeeignete  Lage 
Freiburgs  vor,  beide  hier  zu  erwarten  und  die  Verhand- 
lungen  hier  zu   eröffnen*).     Allein  Kaiser  Alexander  war 


^)  Gentz,  Tagebücher  I,  272:  »Die  Abende  wurden  ein  für  allemal  bd 
Graf  Stadion  zugebracht,  wo  sich  gewöhnlich  die  ganze  hohe  Gesellscbift 
vereinigte,  und  oft  die  lebhaftesten  Gespräche  über  die  grossen  Angelegen- 
heiten des  Moments  geführt  wurden.c  Auch  in  dem  Briefe  an  Caradja  rom 
6.  Jan.  18 14  (Österreichs  Teilnahme  an  den  Befreiungskriegen,  S.  160)  »pridit 
er  von  »einer  sehr  interessanten  Abendgesellschaft,  die  gestern  beim  Grafen 
Stadion  versammelt  war.«  —  Aberdeen  an  Castlereagh,  Freiburg,  9.  Jan.  1814: 
»You  will  be  glad  to  hear  that  Mettemich  and  Stadion  are  on  the  best 
possible  terms,  and  live  a  great  deal  together.  I  very  frequently  make  a 
fourth  with  them  and  Nesselrode,  whom  I  think  you  will  like  .  .  .  Farevdl, 
for  the  present.  I  am  German  enough  to  be  now  going  to  smoke  a  pipe 
with  Stadion«  (Correspondence  of  Castlereagh  IX,  159).  —  Hardenberg  ver- 
merkt in  seinem  Tagebuche  nur  am  25.  Dez.:  »Le  soir  chez  Stadion«,  obschon 
er  von  Gentz  in  den  Tagebüchern  als  »unser  unzertrennlicher  Gcföhrtet 
bezeichnet  wird.  —  ')  Schreiben  Metternichs  an  Alexander,  Freiburg,  9.  Jan. 
18 14  (nach  der  Abschrift  im  K.  Preuss.  Geh.  Staatsarchiv): 

Sire! 

Le  Comte  de  Nesselrode  aura  l'honneur  de  soumettre  k  V.  M.  I.  la 
lettre  du  duc  de  Vicence,  que  j'ai  re9u  (re^ue),  ainsi  que  ma  r^ponse  qui  a 
6t6  concert6e  entre  le  S6cr6taire  d'Etat  de  V.  M.,  le  Chanceliier  de  Harden- 
berg et  Lord  Aberdeen. 

L'Empereur  mon  maitre  a  retard^  son  d^part  d*ici  pour  Bäle  au  12, 
Parriv6e  de  Ld.  Castlereagh  paroissant  tr^s  prochaine  d'apr^s  mes  demiircs 
nouvelles  de  Londres.  A  cette  occasion  S.  M.  I.  a  de  nouveau  fait  le  (U) 
remarque,  que  le  point  de  Fribourg  se  trouve  infiniment  plus  au  centre  des 
Operations  et  que  vu  la  facilit6  qui  existe  maintenant  de  passer  le  Rhin  sur 
tous  les  points,  il  se  rapproche  m§me  davantage  de  la  ligne  d'op^ration  de  b 
grande  arm^e  que  celui  de  Bäle.  Elle  ne  m'a  pas  moins  parli  de  la  difli- 
cult6  que  paroit  präsenter  le  s6jour  des  trois  Cours  et  des  corps  diplomatiques 
nombreux  qui  les  suivent  dans  les  endroits  que  parcoure  (parcourt)  maintenant 
Tarm^e  et  des  inconv6niens  que  pourroit  offrir  dans  un  moment  aussi  impor- 
tant  la  r^paration  du  Cabinet  (Separation  des  cabinets'?),  surtout  k  l'instant  de 
Tarriv^e  de  Ld.  Castlereagh. 


«crbOndeten  Manarcheii  in  Freibarg 

entfernt,  darauf  einzugehen.  Vielmehr  wies  er  den 
erschlag-  mit  einer  Schroffheit  zurück,  die  von 
msti^en  hoflichen  Formen  sehr  abstach.  Er  könne  die 
(geblichen  Vorteile,  welche  die  Lage  von  Freiburg  biete, 
irchaus  nicht  anerkennen.  Es  komme  vielmehr  darauf 
dem  französischen  Unterhändler  seinen  Weg  möglichst 
verkürzen;  je  mehr,  desto  besser.  «Ob  wir  Frankreich 
sseits  des  Rheins  oder  jenseits,  im  Herzen  Frankreichs 
Übst,  zur  Unterzeichnung  des  Friedens  bringen,  scheint 
keineswegs  gleichgültig,  und  ein  Umstand  van  solcher 
BSchtchtlichen  Bedeutung  lohnt  wohl  der  Mühe,  sich  ein 
rnjg  von  der  Stelle  zu  bewegen  ').«    In  demselben  Augen- 

V.  M.   I.  plus  que  pcrsonnc  Bsurn  concilici  ces  diffeicuts  poials  de   vue 
I  l'Emp',  dtiire    beaucoup    qu'Ellc    dajgnat    lul     fiiie    conrioicre    ies    bauten 

Aberdcca  an  Cksüereogh,  Fniburg,  j.  Jan.  1814  (Corretpandcnce  of 
Utlcreigb  IX,  143):  •!  Uuat  joa  will  be  bere  soon,  Our  motions  an  aoi 
l  pt«seiit  il  scetns  lo  be  iho  inlenlion  (hnl  we  should  go 
i  Bd>le  oa  tli«  la  Ib.  The  Auslriiins  would  be  well  pleasnl  to  &la^ »  Utile 
r  hcre,  lo  see  bow  Ifain^  aie  decided;  and  ynur  preaenrc  may  possibly 
Dem.  BuC  Ihe  KmpEcor  of  Kussia  wants  lo  move,  and  h  U 
Bpovnble  lo  lel  bim  be  long  out  of  sighl,  e9[iecialljr  in  Ibe  prescDl  »täte  of 

Lady  Burghetsh  wbiieb  am  ij.  Dez.  mgar:  ^So  weil  kb  zu  Diteilen 
"■&  glaube  icb.  dats  wir  hier  oder  doch  ia  nitchileT  Mibe  noaer  Winter* 
rtiar  betiebeo  weideni  (5.  6j — 64). 

')  Diese  Anlwnit  Alexanders  »□  Metlemicb  datirrt  aus  Schaffhauien, 
tonl>ib  ^"i  '"'  }>■"'  tSl^  Abends  und  latilet,  nach  der  vom  Craren  bd 
tlrdenberg  übersandten,  im  Geb.  Slantsnrcbiv  lu  Berlin  befindUchea  Kopie: 
Je  vicni  de  «levoir,  mon  Prince.  votre  Leltre  du  9.  »vec  lonte»  le« 
ttea  que  Ncsielrode  m'a  eiivoi*cs.  —  Je  Irouve  la  reponie  au  Duc  de 
Imdc«  u*s-bonn«-et  la  Lettre,  de  inCme  que  son  envoy  k  notre  Quartier 
tntnd  d'une  importUBee  itnmcnBe  pour  leur»  reanitals  {?).  —  Plus  je  reflecbis 
ir  cct  objel,  el  plus  je  trouve  qu'il  esl  avanla^ux  pour  nous  de  nous  pre- 
iloir  du  disir  qD'exprime  le  Duc  de  Vicence  d'arriver  au  Quartirt  (iJniTal 
tnon  i  Manheini,  point  doni  an  tt.iit  pour  ainsi  dite  conveau  muluellcmect. 
p  {Joe  consequaineDl  reslanl  lidete  a  notre  princip«  de  fair«  matcher  noi 
nmtioss  miUuirei  de  fionl  avec  les  nigocialioaa,  nooi  ne  ifAurioni  hiler 
t  le  paaslge  de*  Quartiers  Giotraua  de  l'autre  cttt  du  Rhin.  ou  il  noui 
>  aera  faeile  de  Itouvei  des  puints  lout  auid  commodes  pour  le  logemenl 
Mal  ca  qni  doli  lesler  instparablc  avec  noui,  qu'&  Frii>i>arg.  —  Je  suii 
:  les  «vantagca  que  »ous  tiouvei  i,  ce  Fribouig,  —  Flui 
*  de  cbemio  an  oegociateur  Franfais,  el  plus  il  mt  tümble 
>  pb(ons  biea.  —  Avoir  fall  ii){net  ta  paia  i  Ia  France   de   cc 


56o  '^^^  Simson. 

blicke  korrespondierte  der  Czar  im  Sinne  intimster  Bundes- 
genossenschaft mit  Preussen  mit  dem  Staatskanzler  Harden- 
berg, dem  er  auch  seine  Antwort  an  Mettemich  abschriftlich 
mitteilte. 

Hardenberg  vermerkt  in  seinem  Tagebuche  unter  dem 
6. — lo.  Jan.  1814: 

6.  Conference  le  soir  avec  TEmp.  Alex,  sur  ses  vues 
politiques  et  sur  Danzic,  la  Pologne  etc. 

7.  Entree  des  gardes  Russes.  Depart  de  TEmp.  Alex, 
pour  Schaffhausen. 

8.  Conf,  avec  Metternich  —  arrivee  d'une  lettre  du 
Duc  de  Vicence  en  dato  du  6.  Mettemich  dina 
chez  moi.  II  ac^de  (accede)  au  plan  touchant  la 
Saxe*).  Conf.  avec  Mettemich*)  le  soir  avec  Nessel- 
rode, nouvelle  de  la  capitulation  de  Danzic. 

9.  dine  chez  TEmpr  d'Autriche.  Lord  Castlereagh  est 
arriv6  le  5  a  Helvoet.  Ecrit  k  l'Empr.  de  Russie 
sur  les  ouvertures  de  Metternich  et  la  necessite  de 
rester  unis  pour  les  negociations. 


cöt6  du  Rhin,  ou  bien  de  Tautre,  au  coeur  de  la  France  m6me,  ne  me 
paralt  nullement  indiflerent  pour  les  Souverains  alliös,  et  une  circonsunce 
historique  pareille  vaut  bieo  la  peine  qu'on  se  deplace  un  peu.  Du  reste 
quand  (quant)  k  moi  n'ayant  pas  quitt6  mes  trouppes  pendant  ces  deux 
campagnes,  il  m'est  impossible  de  m*eD  s6parer  justement  au  moment  da 
dÖDoument  .  .  . 

Die  Hauptstelle  Je  suis  loin  etc.  wird  auch  bei  Bemhardi,  Toll  IV,  i. 
S.  loi — 102  angeführt,  mit  ein  paar  unerheblichen  Abweichungen  im  Wort- 
laut. Ungenau  wird  der  Sachverhalt  jedoch  hier  so  dargestellt,  als  ob  Alexander 
den  österreichischen  Vorschlag,  der  sogar  erst  nach  seiner  Abreise  von  Frei- 
burg an  ihn  gesandt  wurde,  noch  in  Freiburg  in  der  angegebenen  Art  zurück- 
gewiesen hatte.  »In  demselben  Sinne,«  heisst  es  hier,  »Hess  sich  denn  auch 
Kaiser  Alexander  angelegen  sein  noch  an  dem  nämlichen  Tage  (7.  Jan.)  von  Frei- 
burg im  Breisgau  abzureisen  —  wenn  auch  nur  bis  Lörrach.c 

*)  Hienach  H.  v.  Treitschke,  Deutsche  Geschichte  I,  530:  »Er  (der 
Staatskanzler)  teilte,  während  des  Aufenthalts  der  Monarchen  in  Freibor^ 
dem  österreichischen  Minister  seine  sächsischen  Pläne  vertrauensvoll  mit,  nod 
nahm,  da  der  verschlagene  Österreicher  bei  einem  freundschaftlichen  Diner 
ihm  einige  süsse  Worte  erwiderte,  leichten  Sinnes  als  sicher  an,  dass  Metter- 
nich den  preussischen  Absichten  zustimme.«  —  •)  Hier  ist  möglicherweise 
ein  Komma  einzusetzen,  wenn  die  Worte  nicht  von  einer  gemeinschaftlichen 
Konferenz  zwischen  Hardenberg,  Metternich  und  Nesselrode  am  Abend  des 
8.  Jan.  zu  verstehen  sind. 


Die  verbündeten  Monarchen  in  Freiburg  1813  14.  66 1 

10.  on  a  repondu  au  D.  de  Vicence  que  Lord  Castle- 
reagh  va  arriver  et  qu'on  se  pressera  de  s'expliquer 
d'abord  apr^i). 

Hardenberg  hatte  also  am  9,  an  den  Czaren  über  die 
Eröffnungen  Mettemichs  (der  ihm  scheinbar  günstige  Zu- 
sicherungen in  Betreff  der  preussischen  Pläne  auf  Sachsen 
g'egeben  hatte)  geschrieben  und  ihm  namentlich  die  Not- 
wendigkeit ans  Herz  gelegt,  dass  Russland  und  Preussen 
bei  den  bevorstehenden  Verhandlungen  einig  bleiben  und 
Hand  in  Hand  gehen  müssten.  Alexander  nahm  dies 
Schreiben  des  preussischen  Staatskanzlers  sehr  günstig 
auf  und  erteilte  darauf  sofort  folgende  Antwort*): 

Je  viens  de  recevoir,  Monsieur  le  Baron,  votre  lettre 
du  9/28,  et  je  m'empresse  de  vous  remercier  pour  son 
contenu  qui  m'a  fait  un  plaisir  extreme»).  Je  commence 
ä  esperer  que  mes  soins  n'auront  pas  6te  inutiles  a  la 
cause  de  Sa  Majeste  le  Roi  mon  plus  intime  allie  et  par 
la  meme  a  la  cause  commune.  —  Je  joins  ici  une  copie 
de  ma  reponse  ä  la  lettre  du  Pr.  Metternich,  qui  vous 
fera  conaitre  la  maniere  dont  j'envisage  ce  qui  tient  au 
sejour  des  Quartiers  G6neraux  reunis.  —  Demain  je  serai 
ä  Lörach.  — 

Recevez  je  vous  prie  Monsieur  le  Baron  l'assurance  de 
ma  sincere  estime. 

Schaf house.     Lundy  soir  Alexandre. 

le  10  Jan.  18 14 
29  Dec.      13 


1)  Metternich  hatte  Caulaincourt  auf  dessen  Meldung  vom  6.  Januar  am 
3.  aus  Freiburg  erwidert: 

La  Cour  de  Londres  vient  de  faire  partir  pour  le  Continent  Ic  Secrö- 
taire  d'Etat  ayant  le  dipartement  des  Affaires  Etrang^res.  S.  M.  I.  de  toutes 
les  Russies  se  trouvant  momenlan6ment  61oign6e  d'ici,  et  le  Lord  Castlcreagh 
^tant  attendu  d'un  moment  k  l'autre,  TEmpereur,  mon  auguste  maltre,  et 
^  Majesti  le  Roi  de  Prusse  me  chargent  de  pr^venir  V.  E.  qu'elle  recevra 
le  plutöt  possible  une  röponse  ä  sa  proposition  de  se  rendre  au  quartier« 
^n^ral  des  Souverains  alli6s.  (Supplem.  despatches  of  Arthur  duke  of 
Wellington  VIII,  529). 

')  Königl.  Preuss.  Geh.  Staatsarchiv.  —  ')  Diese  Worte  sind  unler- 
(trichen. 


662  von  Simson. 

Nach  Schaffhausen,  von  w,o  diese  Schreiben  an  Metter- 
nich  und  Hardenberg  gerichtet  sind,  war  Kaiser  Alexander 
bereits  am  7.  Januar  Mittags  aus  Freiburg  aufgebrochen  0. 
Er  traf  dort  mit  seiner  Schwester,  der  Grossfürstin  Katha- 
rina, zusammen,  welche  schon  seit  einiger  Zeit  in  Schaff- 
hausen weilte  und  dort  den  Professor  Johann  Georg  Müller, 
den  Bruder  des  Historikers  Johannes  von  Müller,  kennen 
gelernt  hatte.  Die  Grossfürstin  stellte  Müller  auch  dem 
Kaiser  vor,  und  dieser  empfing,  als  er  Alexander  das 
Schicksal  der  Schweiz  empfahl,  von  ihm  die  günstigsten 
Zusicherungen  *). 

Für  die  Abreise  des  Kaisers  Franz  aus  Freiburg  wurde 
erst  der  12.  Januar  in  Aussicht  genommen,  und  man 
machte  auch  diesen  Termin  noch  einigermassen  ab- 
hängig von  dem  Stande  der  Verhandlungen  und 
besonders  von  der  Ankunft  des  britischen  Staatssekre- 
tärs Lord  Castlereagh  8).  In  der  That  verliessen  am 
12.  Januar  in  der  Frühe  der  Kaiser  von  Österreich^ 
sowie  der  König  von  Preussen  mit  seinem  Kronprinzen 
die  Stadt;  ebenso  Metternich,  Stadion,  Nesselrode,  Harden- 
berg, Lord  Cathcart,  Lord  Aberdeen  und  die  übrigen 
Diplomaten  *j. 

Immerhin  wurde  eine  baldige  Rückkehr  der  Souve- 
räne nach  Freiburg  für  möglich  gehalten,  woher  alle  zu 
den  Hoflagern  gehörigen  Quartiere  einstweilen  reserviert 
blieben  5). 

Gentz  wurde  in  Freiburg  zurückgelassen,  um  Lord 
Castlereagh  zu  empfangen  — ,  »welcher  Auftrag,«  so  schrieb 


*)  Freyburger  Wochenblatt,  Samstag,  den  8,  Jan  (Nr.  3);  vgl  Harden- 
bergs Tagebuch  (oben).  —  ')  Merckle,  Briefwechsel  der  Grossfürstin  Katha- 
rina Paulowna,  Königin  von  Württemberg,  mit  Johann  Georg  Müller  in 
SchafThausen  (Württembergische  Vierteljahrshefte  für  Landesgeschichte,  N. 
F.  5.  Jahrg.  1896,  S.  128 — 129);  hiemach  A.  Pfister  a.  a.  O.,  S.  70 — 71 ; 
vgl.  o.  S.  641  Anm.  i.  —  ^)  Metternich  an  Schwarzenberg,  8.  Jan.  1814  (Öster- 
reichs Teilnahme  an  den  Befreiungskriegen,  S.  789).  —  *)  Freyburger  Wochen- 
blatt, Samstag,  den  15.  Jan.  1814.  Gentz  an  Caradja  am  13.  (Österreichs 
Teilnahme  u.  s.  w.,  S.  211 — 212).  Hardenbergs  Tagebuch  unter  dem  12.: 
parti  de  Fribourg  de  grand  matin  et  all6  k  Loerrach.  —  •)  Freyburgcr 
Wochenblatt  vom   15. 


Die  verbündeten  Monarchen  in  Freiburg  1813/ 14.  553 

er  in  geschmeichelter  Eitelkeit,  »mir  grosses  Vergnügen 
macht,  da  Aller  Augen  auf  die  Reise  dieses  Ministers 
gerichtet  sind,  welche  mit  der  Eröffnung  der  Friedens- 
konferenzen in  unmittelbarer  Verbindung  steht  ^).€  Noch 
lieber  war  es  ihm,  dass  er  dann  nach  Wien  zurückkehren 
sollte,  also  die  Beschwerden  und  Gefahren  des  Feldzuges 
nicht  zu  teilen  brauchte;  hatte  er  doch  überdies  in  Frei- 
burg Manches  gesehen  und  gehört,  was  ihn  wegen  der 
Zukunft  beunruhigte*).  Da  Castlereaghs  Ankunft  sich 
jedoch  verzögerte,  verlor  Gentz  bald  die  Geduld.  Er  fand, 
dass  an  dem  verödeten  Orte,  der  seinen  verwöhnten  An- 
sprüchen wenig  genügte,  nichts  mehr  zu  suchen  sei,  und 
sah  sich  überdies,  da  am  12.  Januar  abends  böses  Glatt- 
eis eingetreten  war,  an  sein  Zimmer  gebannt»).  Erst  in 
der  Nacht  vom  17./ 18.  Januar  traf  Lord  Castlereagh  mit 
grossem  Gefolge  in  Freiburg  ein  und  setzte  bereits  nach 
ein  paar  Stunden,  die  durch  eine  Unterredung  mit  Gentz 
ausgefüllt  wurden,  um  5  Uhr  morgens  seine  Reise  nach 
Basel  fort*).  Er  eilte  hauptsächlich  in  dem  Wunsche, 
dort  noch  den  Kaiser  Alexander  anzutreffen,  was  Gentz 
ihm  als  möglich  bezeichnet  hatte*). 

Gleichsam  als  Vorläufer  der  Verbündeten  und  Vor- 
bote des  Zusammenbruchs  der  französischen  Herrschaft 
in  Deutschland  war,  wie  wir  sahen,  der  ehemalige  Kur- 
erzkanzler des  alten  Reichs  und  spätere  Primas  des 
Rheinbunds,  Dalberg,  in  Freiburg  erschienen.  Als  Nach- 
zügler   kam    am    6.    Februar    1814    der   Graf  von   Artois, 


')  An  Caradja  a.  a.  O.  —  •)  Tagebücher  I,  274.  -  •)  Briefe 
von  Gentz  an  Pilat  I,  98 — lOi.  Charakteristisch  ist  die  Bemerkung: 
»Diesen  Morgen  hatte  ich  den  besten  Caffee,  den  ich  noch  in  Frei- 
burg erreichen  konnte.«  Vergl.  Hardenbergs  Tagebuch,  der  unter  dem 
12 ,  an  dem  die  Souveräne  und  Diplomaten  von  Freiburg  aufgebrochen 
waren,  gleichfalls  vermerkt:  tr^s  mauvais  temps,  verglas.  —  *)  Frey- 
burger Wochenblatt,  Mittwoch,  den  19.  Januar  18 14.  Briefe  von  Gentz 
an  Pilot  I,  103.  Gentz  an  Caradja  (Österreichs  Teilnahme  an  den 
Befreiungskriegen,  S.  224).  —  ^)  Castlereagh  an  Cathcart,  Basel,  18.  Jan. 
1814,  5  Uhr  Nm  :  »Finding  at  Freiberg  (sie)  from  Mr.  Gentz  that  there 
was  yet  a  chance  of  finding  the  Emperor  at  this  place,  I  pushed  on, 
and  arrived  in  fifty  hours  from  Frankfort.«  (Correspondence  of  Castle- 
reagh IX,  178). 


664  ^^^  Simson. 

der  bei  den  Verbündeten  die  Rückkehr  der  Bourbonen 
auf  den  Thron  Frankreichs  durchzusetzen  hoffte,  durch 
die  Stadt  2). 


1)  Freyburger  Wochenblatt,  Mittwoch,  den  9.  Februar  18 14.  In 
Basel  übergab  Graf  Artois  eigenhändig  die  Proklamation  Ludwigs  XVIIL 
einem  Buchhändler,  welcher  sie  drucken  liess,  jedoch  auf  die  Beschwerde 
des  österreichischen  Platzkommandanten  eingesperrt  und  für  zweimal 
24  Stunden  auf  Wasser  und  Brot  gesetzt  wurde  (Burckhardt-Finsler.  Der 
Durchmarsch  der  Alliierten  durch  Basel,  a.  a.  O.,  S.  57).  Der  Freiherr 
V.  Andlaw,  in  dessen  Hause  der  Czar  in  Freiburg  gewohnt  hatte  und  der 
zum  Civilkommissar  der  verbündeten  Mächte  für  die  Departements  Haute 
Sadne,  Jura  und  Doubs  ernannt  war,  wurde  durch  die  Ankunft  des  boor* 
bonischen  Prinzen  in  Vesoul  in  unwillkommener  Weise  überrascht  (Fruu 
V.  Andlaw.     Mein  Tagebuch  I,  40,  42). 


Mi  sc  eilen. 


Zur  Baugeschichte    des  Münsters   in   Überlingen.     Zu 

den  wenigen  monumentalen  Kirchen  unseres  Landes,  deren 
Grundsteinlegungsjahr  durch  inschriftliches  Zeugnis  festgestellt 
werden  kann,  gehört  auch  das  Münster  in  Überlingen,  nach 
Kugler^)  der  bedeutendste  schwäbische  Bau  aus  der  zweiten 
Hälfte  des  14.  Jahrhunderts.  An  der  südlichen  Aussenseite  des- 
selben an  dem  unausgebauten  Osannaturm  —  so  genannt  von 
der  in  ihm  hängenden  1444  gegossenen  grossen  Osannaglocke  — 
findet  sich  auf  einem  etwas  über  Mannshöhe  eingesetzten  Sand- 
stein folgende  noch  ziemlich  gut  erhaltene,  durch  ein  etwas 
überragendes  Gesims  geschützte  85  cm.  breite  nnd  33  cm  hohe 
Inschrift  in  gotischen  Minuskeln^): 


anno  •  lini  •  nf-  ccc°-  Im-  ann°  •  9°  •  jcm  •  tit 
menfi^  -  maij  •  f^ma  -  octaba  •  pofitb^  • 
eft  •  prim'-  lapijS  •  all  •  pnc   cöorlnn   q'v 
nomine  •  fei  •  nicolai  •  eft  •  conftrbrt' 
per '  maoiftrbni  •  eberljartibin 
raben  •  lapkitiam  •  tie  •  franften 


Die  erste  Zeile  dieser  Inschrift  hat  den  Erklärern  bis  jetzt 
Schwierigkeiten  verursacht  und  deshalb  verschiedene  Deutungen 
gefunden. 

Haid  in  seinem  Büchlein:  Beschreibung  der  Glocken  giebt 
in  den  Kirchen  der  Pfarrei  Überlingen  ....  Konstanz  1844, 
S.  2  jene  Zeile  so  wieder:  »Anno  Do.  M.°  CCC.°  L.^  in  ann. 
y  XIII  die«  etc.  und  übersetzt:  »Im  Jahr  1350,  an  Maria  Ver- 
kündigung (festum  hujus  anni  translatum),  am  13.  Tage  des 
Monats  Mai  ....  ist  gelegt  worden  der  erste  Stein  .  .  .  ,  durch 
Meister  Eberhard  Raben  .  .  .«.  Haid  liest  also:  in  annuntiatione 
Virginis.     Aber   abgesehen   davon,   dass   die  Annahme   der  Ver- 


*)  Geschichte  der  Baukunst  III,  S.  252.  —  *)  Die  Inschrift  ist  jeden- 
falls von  der  Chormauer  an  die  jetzige  Stelle  übertragen  worden,  da  nach 
Ausweis  der  Verzahnung   der  Turm  später  ist  als  der  Chor. 


666  Miscellen. 

legung  des  Festes  Maria  Verkündigung  (25.  März)  ganz  will- 
kürlich und  unhaltbar  ist,  spricht  schon  das  dem  letzten  n  in 
dem  Worte  ann.  übergeschriebene  kleine  o  dafür,  dass  anno 
gelesen  werden  muss.  Die  Erklärung  Haids,  der  Müller  und 
Staiger*)  gefolgt  sind,  ist  also  entschieden  unrichtig. 

Ihr  tritt  entgegen  Fr.  X.  Ullersberger  in  seiner  verdienst- 
vollen fleissigen  Schrift:  Beiträge  zur  Geschichte  der  Pfarrei  und 
des  Münsters    in  Überlingen,    Lindau    1879,    S.  25  und  26.    Er 
liest:  Anno  Domini  millesimo  trecentesimo  quinquagesimo  tertio 
anno  secundo    decimo    tertio    die    mensis  etc.,    erklärt   also  das 
drittletzte  Wort  der  ersten  Zeile  als  II  und    bezieht    diese  Zahl, 
weil  sie  weder  mit  der  Römerzinszahl,  noch  mit  dem  Regierungs- 
jähr  König  Karls  IV.  stimme,  auf  Papst  Innocenz  VI  (1352 — 62) 
oder  auf  den  Bischof  Johann  IV,  (III)  von  Konstanz  (1352—56). 
Was  soll  aber  »im  zweiten  Jahre«   ohne    nähere  Angabe,   wessen 
zweites  Jahr  gemeint  ist,  bedeuten?     So    drückt    sich    keine  Ur- 
kunde und  keine  Inschrift    aus.     Jener  Buchstabe    ist    aber,   wie 
eine    sorgfältige    Reinigung    der   Schrift    ergeben    hat,    ein   deul- 
liches  y  mit  übergeschriebenem  o.    Wenn  Ullersberger  am  Schlüsse 
seiner    Ausführung   bemerkt:    »Diesem    Irrtum  (Haids)    muss  mit 
aller  Entschiedenheit  entgegengetreten  und  der   13.    Mai    1353, 
welcher    durch    die  Inschrift    am  Hosannaturme    und    von   sämt- 
lichen   Chronisten    [es    giebt    keine    gleichzeitige    chronikalische 
Nachricht  hierüber]  als   echt    beglaubigt    ist    [?],    als  Grundstein- 
legungstag festgehalten  werden,«    so  erweist  sich  diese  Erklärung 
trotz  ihrer  Zuversichtlichkeit  ebenfalls  als  verfehlt.    Angenommen 
haben  sie  L.  Allgeyer  in  seiner  Schrift:   Die  Münsterkirche  zu 
St.    Nikolaus    in   Überlingen,    S.    16,    und    F.  X.  Kraus,    Kunst- 
denkmäler   des  Grossherzogtums  Baden,    S.  602.     Letzterer  hält 
indessen  auch  die  Lesung:  Anno  domini  millesimo  trecentesimo 
quinquagesimo  in  anno   secundo.  für.  möglich,    womit    aber   der 
Sache  nicht  viel  mehr  gedient  ist. 

Um  zur  richtigen  Lösung  der  Frage  zu  gelangen,  müssen 
wir  kurz  auf  die  frühere  Geschichte  der  Pfarrei  und  der  Pfarr- 
kirche zurückgehen. 

Die  ursprüngliche  Pfarrkirche  für  Überlingen  war  die  St. 
Michaelskirche  des  zwei  Kilometer  nördlich  von  der  Stadt 
gelegenen  und  politisch  zu  ihr  gehörenden  Weilers  Aufkirch 
(d.  i.  wohl  Obere  Kirche),  deren  Patron  auf  eine  ehemalige 
heidnische  Kultstätte  hinweisen  dürfte  (s.  Freiburger  Kirchen- 
lexikon, 2.  Aufl.,  unter  St.  Michael).  Das  Patronat  über  die 
Kirche,  zu  der  die  Filialkirchen  in  Überlingen  und  Hödingen 
(2  km.  w.  von  Aufkirch)  gehörten,  besassen  die  Herren  über  die 
Stadt  und  Umgegend,  und  zwar  im  12.  und  13.  Jahrhundert  die 
Staufer,  nach  deren  Ausgang  (i  268)  das  Reich.    Die  Filialkirche 

A)  Dr.  J.  N.  Müller,  Bad  Überlingen,  S.  88.  —  X.  Staiger,  Die 
Stadt  Üb.  a.   B.  sonst  und  jetzt,  S   19. 


MlBctlUi 


667 


ler  Kapelle  halle  zum  Pation  den  h.  Bischof  Nikolaus,  der 
iH^  an  Überfahrtsorten  der  Gewässer  verehrt  wird.  Im  Jahr 
[90  konsekrieite  der  Wcihbischof  Boniralius  von  Konstant  zwei 
ärc  darin,  von  denen  einer  gegen  die  <  Beinhaus-)  Kapelle, 
r  andere  gegen  den  Berg  lag').  Im  Mai  1317  wurde  der 
irrkiiche  des  b.  Michael  »außerhalb  der  Mauern«  (ku  Auf- 
ch),  nnd  der  »Filialkirche  des  h.  Nikolaus  innerhalb  der 
luero'  ein  Ablass  verliehen.  Am  15.  Mai  131 1  verlieh  König 
tinrich  VII.  das  Pal rona tsrecht  der  Pfarrei  Aufkirch  dem  Bene- 
ktioerkloster    Engeiberg    in    Unterwatden,    was    König  Friedrich 

Schöne  1321  Januar  15  von  neuem  bestätigte-).  Aber  schon 
^.3  niai  2Q  schenkte  Engelberg  das  Pationatsrecht,  das  ihm 
inches  Ungemach  bereitet  hatte,  dem  Deutschordensliaus  Mainau. 
44  DeBetnber  4  wurde  der  Dekan  zu  Überlingen  vom  Geoeral- 
nittanx  beauftragt,  den  Deutschordensbruder,  Priester 
chard,  genannt  Pliader,  in  die  Pfarrei    und  Seelscrge    zu  Au(- 

I,    »der   Mütterkirche    von  Überlingen*,    einzuweisen    nach 

V«rei  Chile  istung  des  früheren  Kirthherren,  Grafen  Albrecht 
Hohenberg,  Domherrn  von  Koristanz').  Die  Bestätigung 
Irch  den  Bischof  Ulrich  von  Konstanz  erfolgte  am  4.  Januar, 
rcb  König  Karl  IV.  am  15.  Januar  1348.  Die  Bemerkung 
IcTSbergera  (S,  19),  Papst  Clemens  VI.  habe  schon  1350 
liatret,  die  Kirche  in  der  Stadt  Überlingen  zur  Pfarrkirche  zu 
leben,  so  dass  nun  die  zu  AuCkirch  deren  Filialkirche  geworden 
'l,  lisst  sich  urkundlich  nicht  belegen,  sie  widerspricht  vielmehr 
B  schriftlichen  Zeugnissen*). 

Dieses  Verhältnis  hatte  nichts  Auffallendes;  auch  bei  anderen 
idteo  war  es  ähnlich.  So  galt  x.  B.  zu  Vilhngen  die  10  Minuten 
n  der  Stadt  entfernte  sog.  Altstadikirche  noch  bis  ins  1 6,  Jabr- 
nden  als  die  eigentliche  Pfarrkirche").  In  Überlingen  aber 
innle    mit    dem    winEcbafilichen    und    politischen  Aufschwünge 

Stadt  die  alte  Kitche,  die  dem  Namen  nach  zwar  die  Filial- 
:he,  in  der  That  aber  die  Hauptkirche  war,  nicht  mehr  genügen. 
wurde  deshalb  eine  Erweiterung  beabsichtigt,  die  durch  die  da- 
kligen  kirchhchen  Wirren  allerdings  noch  bin  tan  gebalten  werden 
ichte.  Jetzt,  bei  dem  Fat  rona  ts  Wechsel  machte  sich  dieses 
fftaagen  ia  der  Bürgerschaft  besonders  nachdrücklich  geltend. 
[D  kamen  non  noch  andere  bedeutsame  Umstiiudc. 

*)  FielbuTger  DlOceunnrchiv  VII,  S,  31^.  —  ")  T.  NeugBil,  Cod  dipl. 
n,  11,  S.  375  tT'  uliil  401fr.  —  ■)  Sitbe  über  diesen  Mnno  und  dtc 
kirdihchcn  Zustünde  Regg.  cpiscoponim  Conslanl.  Nr.  41197.  4711, 
)  «nil  4B5Z.  Albiechl  halte  10  Pfarrkirdicii  lugUicfa,  einige,  damnln 
aUb  die  ZQ  Anfkirch,  auf  unksnonische  Weise  inne,  —  *\  Siehe  die  im 
•odtn  aae^'^hrte  Urk.  von  1351,  auch  eine  Urkunde  von  IJ57  Aug.  3J, 
l>r  B(««nnt  U(  >«.'cles!a  paruclilalis  In  UlTkilcli  cum  nua  Ulla  in  Dbei- 
ra>  bei  Neubau  cod,  dipl.  Atem.  11.  S.  454— jC.  —  *)  Kanttdenkniiilet 
Grouh.  Baaen  11,  S,  loO. 


668  Misciellen. 

Die  Jahre  1348,  1349  und'  1350  gehören  zu  den  beweg- 
testen und  merkwürdigsten  des  14.  Jahrhunderts.  Es  braucht 
nur  an  das  grosse  unter  dem  Namen  »Schwarzer  Tod« 
bekannte  Sterben  und  an  das  jenes  begleitende  traurige  Schau- 
spiel des  Judenbrandes  erinnert  zu  werden.  Dass  die  Seuche 
wie  anderwärts  so  auch  in  Überlingen  ihre  Opfer  forderte,  ist 
als  sicher  anzunehmen;  doch  fehlt  es  an  zuverlässigen  Nach- 
richten hierüber*).  Die  Juden  fanden  hier  am  1 1 •  Februar  1 349 
ihren  Tod  in  den  Flammen  2).  Die  furchtbare  Heimsuchung  des 
Himmels  stimmte  die  Menschen  zur  Busse  und  zur  Ausübung 
guter  Werke.  Das  schon  längst  gefühlte  Bedürfnis  eines  der 
Bedeutung  Überlingens  entsprechenden  Gotteshauses  wies  der 
Bevölkerung  hier  die  Richtung.  Zunächst  handelte  es  sich  um 
die  Erweiterung  bzw.  um  den  Ausbau  des  Chors.  Die 
Thatsache,  dass  mit  der  Ausführung  des  Baues  damals  begonnen 
wurde,  lässt  keinen  Zweifel  hierüber.  Die  Gaben  flössen  reichlich, 
die  »Deckungsfrage«  bezüglich  der  Mittel  für  das  Ganze  brauchte 
noch  nicht  abgeschlossen  zu  sein.  Bekanntlich  war  das  Mittelalter 
in  dieser  Beziehung  weniger  ängstlich,  als  es  die  Gegenwart  ist. 
War  ein  Teil  der  Baukosten  aufgebracht,  so  nahm  man  das 
Werk  in  Angriff,  die  Weiterführung  und  Vollendung  überlies  man 
getrost  dem  lebendigen  Opfersinne  der  Gläubigen. 

Über  Schenkungen  zugunsten  des  Münsterbaus  ist  wenig 
bekannt.  Am  27.  August  1353  bestätigte  der  Generalvikar  des 
Bischofs  Johann  (von  Windeloch)  von  Konstanz  ein  namhaftes 
Vermächtnis,  das  der  verstorbene  Priester  Eberhard  von  Fricken- 
weiler  (bei  Mahlspüren  BA.  Stockach)  zu  seinem  und  seintr 
Eltern  Seelenheil  für  den  S.  Katharinaaltar  auf  der  linken  Seite 
der  S.  Nikolauskirche  hinterlassen  hatte  (que  est  filialis  ecciesie 
sancti  Michaelis  in  Vfkilch).  Das  Vermächtnis  Eberhards  begriif 
in  sich  dessen  Haus  mit  Torkel  zu  Überlingen  am  Fusse  des 
Blüzenbergs,  den  Weingarten  daneben,  einen  Hof  zu  Eggenwciler 
(b.  Frickenweiier)  u.  a.  Testamentsvollstrecker  waren  Johann 
Besserer  und   Konrad  Strebel,   Hürger  zu  Überh'ngen  3). 

Ganz  besonders  trug  zur  Förderung  des  Baues  das  Jubiläum 
von  1350  bei.  Nachdem  nämlich  Papst  Bonifaz  Vlll.  schon  für 
1300  ein  allgemeines  Jubeljahr  in  Rom  ausgeschrieben  hatte, 
verkürzte   Clemenci  VI.    (zu  Avignon)    auf   die   Bitten    der  Römer 

^)  In  Villinj»en  wütete  die  Krankheit  am  stärksten  unfanjjs  September 
1340.  Schriften  des  Vereins  der  Baar,  1885,  S.  98.  —  *)  S.  hierüber  Mor. 
Stern,  Die  isr.  Bevölkerung  der  deutschen  Städte,  S.  1  ff. :  Die  Juden  in 
Überlingen.  (Die  zum  Regest,  S.  16,  ausgesprochene  Vermutung  ist  richtig, 
der  Text  der  Urk.  von  1349  Juli  13  lautet:  »Wan  vns  vnser  gnädiger  hen 
kling  Karl  von  Rome  ergeben  hat  etc.)  Zu  den  S.  8  angeführten  Quellen 
kann  noch  nachgetragen  werden:  Quellen  z.  Gesch.  der  Juden  in  Deuts<:h- 
land.  Berlin  1898,  III:  Das  Martyrologium  des  Nürnberger  Memorbuchs, 
herausg.  von  Salfeld,  S.   245.  —  »)  Urkunde  im  Stadtarchiv  Abt.  LX. 


Miscellen.  569 

die  Zeit  von  einem  Jubeljahr  zum  andern  auf  50  Jahre  und 
erliess  am  27.  Januar  1349  eine  Bulle  hierüber.  Die  Begehung 
eines  Jubeljahrs  galt  immer  als  ein  grosses  für  die  ganze  Christen- 
heit wichtiges  Ereignis.  Tausende  von  Menschen  aus  allen  Ländern, 
auch  aus  Deutschland,  strömten  damals,  trotz  des  herrschenden 
allgemeinen  Sterbens,  zur  Gewinnung  des  grossen  Jubelablasses 
nach  Rom.  Die  standige  Zahl  der  dort  anwesenden  Pilger  soll 
eine  Million  betragen  haben  *).  Dass  das  Bestreben  der  Gläubigen, 
sich  des  Ablasses  teilhaftig  zu  machen,  ihren  Opfergeist  mächtig 
anregte,  versteht  sich  von  selbst  2).  Was  ist  nun  natürlicher^  als 
dass  in  der  Gedenktafel,  welche  die  Grundsteinlegung  des  neuen 
Baues  verewigen  sollte,  auch  des  für  sie  bedeutsamen  Jubel- 
jahrs Erwähnung  geschah? 

So  treffen  also  alle  Momente  zusammen,  welche 
das  Jahr  1350  als  das  Jahr  der  Grundsteinlegung  des 
Münsterchors  rn  Überlingen  erscheinen  lassen.  Jenes 
rätselhafte  y°  ist  nichts  anderes  als  die  Abkürzung  des 
Wortes  »yubileo«.  Die  Schreibung  desselben  mit  y  statt  mit  j 
oder  i  wird  Kundigen  ebensowenig  auffallen  als  die  Anwendung 
des  >in«  vor  anno,  was  beides  damals  ganz  gewöhnlich  war'j. 
Die   Inschrift  lautet  demnach  vollständig  (bereinigt): 

Anno  Domini  mcccl  in  anno  jubileo  XIII  die 

mensis  Maii  hora  octava  positus 

est  primus  lapis  ad  hunc  chorum,  qui  in 

nomine  sanCti  Nicolai  est  constructus, 

per  magistrum  Eberhardum 

Raben,  lapicidam  de  Franken. 

Dass  der  hier  genannte,  sonst  nicht  näher  bekannte  Stein- 
metzmeister aus  Franken  Eberhard  Rab,  nicht  Raben  hiess, 
mag  nebenbei  bemerkt  werden. 

Überlingen,  Roder, 

Ein  Brief  J.  G.  Schlossers   an   J.  C.  Lavater.     In   dem 

von  Eb.  Gothein  verfassten  diesjährigen  •  Neujahrsblatte  der  Bad. 
Historischen  Kommission  »Johann  Georg  Schlosser  als  badischer 
Beamter«  findet  sich  inbetreff  der  Übersiedelung  Schlossers  nach 
Emmendingen  S.  7  ^  folgende  Bemerkung : 

»Die  betreffende  Verfügung  zur  interimistischen  Vertretung 
[des  Landschreibers  in  Emmendingen]  ist  erst  am  6.  Juni  1774 
erlassen,  erst  am  21.  November    findet    die    feste  Anstellung    als 

')  S.  den  Artikel  Jubiläum  im  Frciburjjer  Kirchenlexikon,  2.  Aufl., 
nnd  Du  Gange,  glossarium  unter  annus  jubilaeus.  —  *)  Die  Wallfahrten 
des  Jubeljahrs  1450  waren  auch  dem  Baue  des  ausgebrannten  Domes  zu 
Speier  günstig.  Mone,  Quellensammlung  1,  S.  386.  —  ')  z  B.  Fürstenb. 
Urkdb.  V,  S.  333,  (1316)  ydoneos,  S.  igS  (1321)  4  ydus  Nov ,  S.  403 
('339)  ydolatrie,  S.  281  (1309),  eadcm  anno  in  die  s.  Thome,  S.  362  (1324) 
anno   1324  in  die  b.  Süucstri,  S.  403,  anno  dorn.   1337  in  Augusto. 


670 


Miscellen. 


Landschreiber  statt.  Danach  würde  also  das  Ehepaar  das  erste 
Halbjahr  in  Karlsruhe  verlebt  haben  [seit  November  1773],  wohin 
auch  ein  erhaltenes  Schreiben  des  Fräulein  von  Klettenberg 
gerichtet  ist.  Auch  Schlosser  schreibt  am  22.  Oktober  1774  nur 
von  einer  halbjährigen  Administration.« 

Es  sei  mir  gestattet,  hier  einen  Brief  zum  Abdruck  zu  bringen, 
in  welchem  von  Schlosser  ganz  genau  der  Zeitpunkt  seiner  Über- 
siedelung nach  Emmendingen  angegeben  wird.  Dieser  Brief  ist 
an  Lavater  gerichtet,  der  am  12.  Juni  1774  seine  bekannte 
Emser  Badereise  antrat.  Das  noch  ungedruckte,  mir  vom  Urenkel 
Lavaters  freundlichst  zur  Veröffentlichung  überlassene  Original- 
schreiben  lautet: 

Emmendingen'),  den  loten  Juni   1774. 

Nicht  in  Carlsruhe,  mein  bester  Lavater,  in  Emmendingen 
im  badischen  Oberamt  Hochberg  müssen  Sie  mich  nun  sprechen, 
wenn  Sie  mich  sprechen  sollen.  Seyt  heut  bin  ich  da,  und  seyt 
vorgestern  ist  der  Befel  dazu  gekommen.  Ich  werde  viele  Monate 
da  bleiben,  um  das  Oberamt  zu  besorgen,  biss  es  seinen  vorigen 
Landschreiber  wieder  bekommt.  Hier  also!  wo  nur  von  weitem 
möglich.  Kein  Mensch  soll  Sie  sehen,  denn  ich  hasse  die 
gelehrten  Eitelkeiten,  und  liebe  in  Ihnen  nur  Sie!  —  Wenn  Sie 
nur  den  Brief  noch  erhalten!  Ich  habe  Ihren  samt  der  Strass- 
burger  Adresse,  da  er  mir  gerade  unter  dem  Packen  zukam, 
liegen  gelassen.  Aber  es  wird  gewis  noch  Zeit  seyn;  ich  weis 
es  und  hoff  es.  —  Göthe  ist  mir  zu  stark.  Sie  haben  recht;  er 
ist  wieblich!  Wenn  er  aber  nicht  in  den  nächsten  10  Jahren 
ganz  zerbricht,  so  werden  wir  uns  gewis  nähern*). 

Ich  dank  für  das  Bild  Ihres  verstorbenen  Vaters.  Der  red- 
liche Schweitzer  sieht  ihm  aus  der  ganzen  Reise-Gestalt  hervor! 
Gott  seegne  seinen  Sohn!  —  Sie  haben  mich  unrecht  verstanden. 
Ich  weis  dass  Sie  beym  Schreiben  viel  thun,  —  aber  ich 
gestehs,  dem  Bücher  schreiben  bin  ich  nicht  gut.  Durch  Corre- 
spondenz  sagten  Sie  neulich  komt  man  weiter  —  und  gewis  das 
ist  wahr.  Aber  Ihr  Denkmahl  Hessens,  ist  mir  immer  kost- 
bahr lieb.  — 

Ob  ich  lang  oder  kurz  hier  bleib,  weis  ich  nicht.  —  Wenn 
meine  beste  Frau  hier  war,  blieb  ich  sehr  gem.  Nun  ists 
einigermassen  Verleugnung,  die  aber  durch  die  herrlichste  Ausicht 
vergolten  wird,  dass  ich  Gelegenheit  bekomme  noch  unmittel- 
bahrer  zum  Besten  guter  Menschen  zu  wirken.  —  Beten  Sie  aber 
für  mich,  mein  lieber  Lavater.  Mein  Posten  hier,  obgleich  nur 
interimistisch,  ist  schwehr  und  mühsamm  und  voll  Verantwortung! 

*)  Der  erst  von  Karlsruhe  gekommene,  noch  in  den  Reisekleidern 
schreibende  Schlosser  wollte  zuerst  Karlsruhe  statt  Emmendingen  schreiben. 
—  2)  Die  Goethe  betreffende  Stelle  wurde  bereits  in  der  Wochenschrift  »Im 
neuen  Reich«   1879  Nr.  8,  S.  284  —  aber  ungenau  mitgeteilt 


Miscellen.  671 

—  Ich  kan  Ihnen  heut  nicht  viel  mehr  schreiben.  Ich  bin  noch 
n  den  Reise-Kleidern,  und  müd  von  der  Reise  in  der  Hitze. 
Leben  Sie  wohl,  ich  umarme  Sie  von  Herzen 

Schlosser. 


Dieses  Schreiben  traf  seinen  Adressaten  nicht  mehr  in  Zürich 
m.  £s  wurde  von  Frau  Anna  Lavater  ihrem  Gatten  nach  Karls? 
nhe  nachgesandt,  wo  derselbe  vom  19. — 22,  Juni  die  Gast- 
Veundschaft  der  Frau  Hofrat  Schlosser  genoss').  Am  29.  Juni 
K3I  aber  Cornelia  bereits  in  Emmendingen,  während  an  dem 
i^enannten  Tage  der  Hausrat  sich  noch  auf  dem  Wege  zwischen 
iCarlsruhe  und  ihrer  neuen  Heimat  befand  <).  Sie  war  damals 
hrem  am  10.  Juni  1774  nach  Emmendingen  übergesiedelten 
[Ratten  nachgefolgt. 

Gernsbach.  Heinrich  Funck, 


Zu    den    oberrheinischen  Chronisten   des   Mittelalters. 

\uf  den  durch  Fester  zum  ersten  Male  näher  bekannt  gewordenen 
Strassburger  Chronisten  Reinbold  Siecht  beziehen  sich  zwei 
licht  unwichtige  Angaben.  Am  30.  Mai  1401  richtete  König 
iluprecht  an  das  Kloster  Andlau  eine  erste  Bitte  für  Reinbold 
Siecht,  Kantor  von  Jung  St.  Peter  in  Strassburg^).  Sein  Tod 
QQUss  vor  dem  11.  Januar  1432  erfolgt  sein;  denn  damals  wurde 
ichon  um  die  durch  seinen  Tod  erledigte  Pfründe  (Kanonikat 
and  Kantorei)  an  Jung  St.  Peter  gestritten.  Vergl.  Repertorium 
Germanicum  Pontifikat  Eugens  IV.  I  ed.  Arnold  nr.  2403.  Es 
folgt  daraus  mit  Notwendigkeit,  dass  ein  Teil  seiner  Chronik 
überhaupt  nicht  von  ihm  herrühren  kann,  nämlich  die  beiden 
Schlusskapitel. 

Zu  Gebhard  Dacher.  Dieser  Konstanzer  Geschichtschreiber 
wurde  am  20.  Januar  1461  zu  einem  Hausherrn  im  Kauf  hause 
g^emacht,  acht  Tage  später  wurde  er  Bürger.  Vorher  —  und 
das  war  bisher  nicht  bekannt  —  war  er  Bürger  in  Überlingen, 
(vie  aus  dem  Bürgerbuche  im  Stadtarchive  Überlingen  hervorgeht; 
sr  wurde  es  unter  bestimmten  Bedingungen  auf  zehn  Jahre  im 
Jahre    1458. 

Breslau,  Aloys  Schulte, 

>)  Vgl.  Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins,  N.  F.  XII,  2. 
S.  274,  277,  279.  —  *)  Vgl.  Goethe-Jahrbuch  IX.  116  und  XIV.  280281. 
»)  Chmel  nr.  457. 


Zeitschr.  f.  Gesch.  d.  Obcrrh.  N.  F.  XIV.  4.  44 


Zeitschriftenschau  und  Litteratumotizen. 


Neues  Archiv  für  die  Geschichte  der  Stadt  Heidelberg 
und  der  rheinischen  Pfalz.  Band  4,  Heft  i.  K.  Sillib: 
Zur  Geschichte  des  Augustinerklosters  in  Heidelberg. 
S.  I  —  64.  Eine  sehr  verdienstliche  Sammlung  von  Regesten  zur 
Geschichte  des  Klosters  aufgrund  reichhaltigen,  bisher  unbenutzten 
urkundlichen  Materials  des  Universitätsarchivs.  Die  Einleitung 
giebt  eine  die  Darstellung  Wundts  vielfach  ergänzende  und 
berichtigende  Obersicht  über  die  Geschichte  des  Klosters,  das 
urkundlich  erstmals  im  Jahre  1279  erwähnt  wird  und  dessen 
Gründung  bisheriger  Annahme  entgegen  wohl  kaum  vor  der 
zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  anzusetzen  ist.  Die  Regesten 
des  vorliegenden  Heftes  reichen  bis  ins  Jahr   1507. 


Revue  catholique  d'Alsace:  Nouvelle  serie.  Band  18. 
Jahr  1899.  Juni-Juli-August-Heft.  Ingold:  M6re  Pacifique, 
abbesse  d'Alspach,  S.  429 — 445,  teilt  zum  Schluss  Briefe 
zweier  anderer  Bewohnerinnen  des  Alspacher  Klosters  an  Berthier 
mit,  aus  den  Jahren  1722 — 31  Schreiben  der  Nachfolgerin  der 
M^re  Pacifique,  der  Mutter  Vogel,  und  eines  Fräulein  von  Andlao, 
die  1728  einen  französischen  Offizier,  den  Chevalier  de  Preaux 
heiratete,  sowie  noch  einige  belanglose  Briefe  andrer  Persönlich- 
keiten. Blumstein:  Rosheim  et  son  histoire,  S.  446 — 452, 
600 — 609,  skizziert  kurz,  diesmal  auf  Schöpflin  und  Mossmann 
sich  stützend,  die  politische  und  Verfassungsgeschichte  von  Ros- 
heim. -  Beuchot:  Bernard  Antoine  Fels,  une  victime 
du  Directoire  en  Alsace,  S.  453 — 457,  beendet  seine  Dar- 
stellung der  Verbannung  jenes  Priesters,  der  1831  als  Pfarrer 
von  Obermorschweier  starb.  —  Reuss  et  son  ouvrage  sur 
PAlsace  au  XVll«  si^cle,  S.  610 — 627,  Abdruck  einer  ein- 
gehenden, beachtenswerten  kritischen  Besprechung  jenes  Werks 
aus  der  Pariser  Zeitschrift  »Bulletin  critique«. 

Revue  d'Alsace:  Nouvelle  s6rie.  Band  13.  Jahr  1899. 
Juli-August-Septeraber-Heft.  Liblin,  directeur  de  la  Revue 
d'Alsace.  A  nos  lecteurs.  Mitteilung  der  neuen  Redakteure, 
Gasser  und  Ingold,  dass  sie  an  Stelle  des  am  30.  März  189Q 
verstorbenen    langjährigen  Herausgebers    der  Zeitschrift  J.  Liblin 


Zeitschriftenschau  und  Litleratumotizen.  673 

treten.  —  Bourgeois:  Contribution  ä  Thistoire  des  mines 
de  Sainte-Marie-aux-Mines,  S.  281 — 2^9,  stellt  die  Nach- 
richten über  die  Mineraliensammlungen  des  18.  Jahrhunderts  im 
fürstlichen  und  privaten  Besitze  zusammen,  in  denen  Erze  und 
Steine  aus  dem  Markircher  Bergbau  vertreten  waren.  —  Gasser: 
Histoire  de  la  ville  et  du  bailliage  de  Soultz,  S.  300 — 33g, 
Fortführung  einer  schon  seit  1893  laufenden  Darstellung,  diesmal 
das  Jagd-,  Wasser-  und  Fischereirecht,  sowie  die  Prozesse,  welche 
die  Stadt  Sulz  darüber  mit  den  Herren  von  Jungholz  und  Schauen- 
burg  vom  15.  bis  18.  Jahrhundert  geführt  hat,  umfassend.  — 
Nerlinger:  La  vie  k  Strasbourg  au  commencement  du 
17*  si^cle,  S.  340 — 372,  Neuabdruck  eines  Anhangs  II  zu 
D.  Martins  »New  Parlament*.  —  Hoffmann:  L'administration 
provinciale  avant  la  rdvolution,  S.  373 — 410,  beachtens- 
werte Darstellung  der  französischen  Verwaltung  des  Elsass  bis 
zur  Einrichtung  der  Assembl6e  provinciale  im  Jahr  1787  mit 
besondrer  Berücksichtigung  des  Ober-Elsasses.  —  Benoit:  Une 
lettre  de  M.  de  Golb6ry  ä  propos  des  elections  de 
Colmar  en  1833,  S.  411 — 416,  ein  an  den  Redakteur  des  offi- 
ciellen  Journals  vom  Ober-  und  Nieder-Rhein  gerichteter,  aber 
gegen  den  Präfekten  Baron  Bret  gemünzter  Brief  des  als  Alter- 
tumsforscher bekannten  Colmarer  Appellrates  de  Golbery,  der  von 
der  Opposition  gegen  den  Regierungskandidaten  Präsidenten 
Andre  für  die  Wahl  zur  Deputiertenkammer  aufgestellt  war,  mit 
biographischen  Notizen  über  Golbery  und  Andre.  —  Kurtz: 
Livres  nouveaux,  S.  417—420,  Bücherschau. 

Annales  de  YEst:  Band  13.  Jahr  1899.  Heft  III.  In  der 
Bibliographie  S.  449—465  Anzeigen  von  Parisots  Werke:  Le 
royaume  de  Lorraine  sous  les  Carolingiens,  von  Ingolds  Nouvelles 
Oeuvres  inedites  de  Grandidier  tome  III  durch  Ch.  Pfister  und 
von  G.  Gide*s  Essais  historiques  sur  TAlsace-Lorraine,  Orga- 
nisation militaire  de  la  ville  de  Mulhouse  und  seiner  Notice 
historique  sur  la  coramanderie  de  l'ordre  Teutonique  k  Rixheim 
durch  Th.  Schoell.  Im  Abschnitt  »Recueils  periodiques  et 
Soci6t6s  savantes«  S.  483 — 491  Inhaltsangabe  der  Jahrgänge 
1893 — 1896  der  Revue  calholique  d'Alsace  durch  Th.  Schoell. 

Im  deutschen  Herold  Nr.  6  druckt  Krhr.  Schenk  zu 
Schweinsberg  aus  den Hanau-Lichtenbergischen  Archivbestanden 
des  Haus-  und  Staatsarchivs  zu  Darmstadt  als  Ahnenproben  für 
einen  Kölner  Domherren  zwei  Urkunden  des  Erzbischofs  Friedrich 
von  Köln  und  des  Grafen  Heinrich  zu  Sarwerden  ab,  die  in  den 
Jahren  1381  und  1383  ausgestellt  vier  und  acht  Ahnen  Johanns 
von  Lichtenberg  bezeugen.  IV.   IV, 


44* 


674  Zeitschrifleoschau  und  LitteratumotizeD. 

Agrarien  und  Ezcabien  von  £man.  Seyler,  Haupt- 
mann a.  D.  München,   1899.  22  S. 

Der  Verfasser  der  kleinen  Schrift  glaubt  die  Begriffe 
»agrariae«  und  »excubiae«  richtiger  oder  wenigstens  genauer,  ab 
das  bisher  geschehen  ist,  bestimmen  zu  können.  Gestutzt  anf 
mehrere  Stellen  bei  Schriftstellern,  besonders  auch  der  Epitoma 
rei  militaris  des  Vegez  kommt  er  S.  13  zu  dem  Resultate, 
Agrariae  seien  Plätze  gewesen,  auf  denen  das  von  den  römischen 
Soldaten  geerntete  Korn  gedroschen,  bezw.  das  Futter  zum 
Unterhalte  des  Viehs  sortiert  worden  sei.  Sie  seien  ursprünglich 
nicht  umhegt,  in  der  späteren  Kaiserzeit  umwallt  worden.  Zo 
ihrem  Schutze  seien  rings  um  sie  herum  kleinere  Kastelle  angelegt, 
Excubien  genannt 

Der  zweite  Teil  des  Aufsatzes  stellt  sich  die  Aufgabe,  Agra- 
rien und  Excubien  aus  der  historischen  Oberlieferung  der  Schrift- 
steller und  aus  Resten  solcher  Anlagen  nachzuweisen.  Der  Ver- 
fasser bespricht  dabei  besonders  ausführlich  die  Befestigungswerke 
am  Gleisenthale  in  Oberbayern  und  am  Auerberge  im  Aligäo. 
In  ersteren  erkennt  er  Lager  des  Drusus  aus  dem  Jahre  15  v.  Chr. 
in  Verbindung  mit  Agrarien  und  Excubien.  Die  letzteren  sucht 
er  als  römisch  zu  erweisen,  indem  er  sie  zu  den  ganz  anders 
gearteten  keltischen  Befestigungen  der  dortigen  Gegenden  in 
schroffen  Gegensatz  stellt.  Auch  die  Heidenmauer  auf  dem 
Odilienberge  ist  ihm  die  Umwallung  einer  Agraria. 

Das  Schriftchen  zeigt,  dass  der  Verfasser  sich  mit  Liebe 
und  Fleiss  in  den  Stoff  einzuarbeiten  versucht  hat  und  das  muss 
anerkannt  werden,  wenn  wir  uns  auch  mit  seinen  Resultaten 
nicht  überall  einverstanden  erklären   können.  Kr, 


Ein  anschauliches  Bild  der  regen  Thätigkeit  auf  dem  Gebiet 
der  archäologischen  Forschung  in  Baden  gewährt  das  unlängst 
erschienene  zweite  Heft  der  Veröffentlichungen  der  Gr. 
Bad.  Sammlungen  für  Altertums-  und  Völkerkunde  in 
Karlsruhe  und  des  Karlsruher  Altertumsvereins  (Karls- 
ruhe, Braun,  1899.  4^.  105  S.  14  Tafeln  und  zahlreiche  Text- 
illustrationen), das  ausser  der  Chronik  des  Karlsruher  Altertums- 
vereins seit  1895  und  der  übersichtlichen  Darstellung  der  archäo- 
logischen Untersuchungen  in  Baden  und  der  Neuerwerbungen 
der  Altertümersammlungen  im  Jahre  1898  eine  Reihe  wertvoller 
vor-  und  frühgeschichtlicher  Abhandlungen  enthält.  Schumacher 
berichtet  über  die  von  ihm  geleiteten,  auch  in  weiteren  wissen- 
schaftlichen Kreisen  mit  lebhaftem  Interesse  verfolgten  Grabungen 
zur  Untersuchung  von  Pfahlbauten  des  Bodensees  im 
Winter  1897/98.  Seine  klaren  Ausführungen  geben  einerseits 
neue  Aufschlüsse  zur  Topographie  der  Orte  Bodman,  Sipplingen, 
Maurach  und  Unter-Uhldingen,  andrerseits  aber  gewähren  sie 
einen  Einblick  in  die  historische  Entwicklung  der  Pfahlbauten, 
deren  endgiltige  chronologische  Bestimmung   erst   noch   den  Er- 


Zeitschrirteoschaa  und  UtlentniiiatiEcii.  t)75 

boJsseQ  weiterer  Nacbforschun(;en  vorbehalten  bleiben  muss. 
~e  steinzetcliche  Ansiedelung  auf  dem  MicIielsbcTge 
i  Ualergrombach  behandelt  Bonnel,  der  sich  um  die 
Torschung  dieses  prähislorischun  Denkmals  verdient  gemacht 
t,  in  einer  bis  ins  Einzelne  gehenden,  sorgsamen  Darstellung. 
B  Aalage  lässt  sich  jetzt  mit  Sicherheit  als  eine  rein  neolithische 
irbweisen.  Die  bekannten  Grabhügel  bei  Salem,  denen 
t  geraumer  Zeit  die  Aufmerksamkeit  der  Altertumsforscher 
^wendet  war,  sind  nunmehr  vollständig  untersucht,  so  dass 
tt  eine  Übersicht  über  die  ganze  Gruppe  ermöglicht  ist. 
■  gner  giebl  dieselbe  in  erschöpfender  Weise  und  kommt  zu 
■n  Endergebnis,  dass  der  einheitliche  Charakter  sämtlicher 
indülücke  auf  die  spätere  Eisenzeit,  das  Ende  der  Haltslatt- 
•riode  (5.  und  6.  Jahrb.  vor  Chr.)  hinweist.  Die  Gallische 
Gerichtstetten  (Amt  Buchen!,  ein  höchst  merk- 
Irdiges  Erdwerk  prähistorischen  Ursprungs,  bespricht  Schu- 
kcher,  der  zu  überraschenden  Resultaten  für  die  frühe  , Sied e- 
igsgcschicbte  (milü,  und  spät.  La  T^ne-Zeit)  des  badischen 
knwalds  gelangt.  Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  das  auf- 
ftindene  Steinhaus,  anschitinend  das  erste  Gebäude  dieser  An 
SQddeutscbland.  Es  mag  als  Herrenhaus  anzuseilen  sein, 
hrend  die  Hütten  ringsum  von  Hörigen  und  Knechten  bewohnt 
len.  Alles  deutet  auf  eine  friedliche  Absicht  der  Anlage,  die 
Cb  als  landwirtschaftliches  Gehöft  darstellt  und  erst  später 
I  Schutz  mit  Wall  und  Graben  umgeben  worden  ist.  Seh. 
rt  hier  zugleich  eine  Ergänzung  seiner  in  dieser  Zeitschrift 
F.  Bd.  V,  S.  409  ff.)  veröfTentlichlen  Untersuchung  über  ein 
|Ui»cbes  Grab  bei  Dühren  aus  der  Mittel-La  Töne-Periode.  Die 
tch  die  Funde  der  Gerichtstetter  Schanze  gewonnenen  Auf- 
ilüsse  machen  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  auch  in  der  Nähe 
CS  Dührener  Grabes  eine  ühnliche  Schanze  lag.  Wagner 
Itcrzieht  die  beiden  fränkisch-alemannischen  Friedhöfe 
1  Eichtersheim  (Amt  Sinsheim)  und  Bodman  (Ami  Stockach) 
er  eingehenden  Darstellung,  aus  der  hervorgeht,  dass  die  mit 
:lien  und  mannigfachen  Beigaben  ausgestatteten  Grabfunde 
.ere  kulturgeschichtlichen  Kenntoisse  dieser  Periode  nicht  un- 
«ntlich  bereichern.  Jf.  Brunntr. 

Beiden  vierten  Bande  des  vorlreiTlichen  'Urkundenbuches 

r   Stadt    ßaselt    (Hasel,    R.  Reich.  IV    u.    492  S.)   wäre    ein 

(iiet    Titel    vielleicht    nicht    überflüssig    gewesen,    da    ja    nicht 

da  eine  chronologische  Einteilung  vorhanden  ist,  sondern  hier 

schon    Ztschfi    N,   F.    [2,    369    angegebene    sachliche    Zer- 

ing  des  Stoffes  Piati  greift.     Der  Band  entliäll  nur    die  poli- 

hen  Urkunden,  »als  solche  gelten  alle,  welche  das  öffentliche 

Fesen  der  Stadt  Basel  als  solcht-r,  ihre  Politik,  Verfassung    und 

Ituog  betreffen«,     .\usgeach Jeden  und    künftiger  Publikation 

tbebalten  werdt-n   die  Urkunden   über   kirchliche,   gewerbliche 


5*7  0  2^itschriftenschau  und  Litteraturnotizexi. 

und  privatrechtliche  Verhältnissef.  Auch  sind  die  eigentlichen 
Akten,  die  ja  notwendiger  Weise  nur  in  bearbeiteter  Form  ver- 
öffentlicht werden  können,  nicht  diesem  »Urkunden*bande  ein- 
verleibt. So  umfasst  der  Band  also  gerade  die  Stücke,  welche 
die  älteren  auswählenden  Urkundenbücher  besonders  bevorzugten) 
was  sich  darin  äussert,  dass  in  diesem  Bande  sich  mehr  bereits 
gedruckte  Stücke  finden,  als  das  in  den  bisherigen  der  Fall  war. 
Noch  mehr  wäre  das  eingetreten,  wenn  auch  die  Bundesurkunden, 
in  denen  Basel  lediglich  als  Teilhaber  erscheint,  mitaufgenommen 
wären.  Auf  diesem  Gebiete  hatte  natürlich  das  Strassborger 
Urkundenbuch  dem  Baseler  das  Meiste  vorweg  genommen,  neben 
diesen  schon'  bekannten  Stücken  bietet  der  Band  doch  auch 
manche  neue  Urkunden  über  Bündnisse  mit  der  österreichischen 
Herrschaft,  Freiburg  u.  s.  w. 

In  den  kirchenpolitischen  Urkunden  hatte  die  Sammlung  von 
Riezler  und  Grauert  begreiflicherweise  ebenso  vorweg  geemtet,  doch 
bleibt  dem  Bande  auch  da  eine  Nachlese.  Ähnlich  liegt  es  auf 
dem  Gebiete  der  Verfassung,  wo  die  Kechtsquellen,  Heusler  und 
Gengier  einen  Teil  des  Stoffes  bereits  zugänglich  gemacht  hatten. 
Rudolf  Wackernagel,  der  Herausgeber  dieses  Bandes,  mnsste 
also  auf  die  Freude,  mit  vielen  ganz  unbekannten  Stücken  den 
Benutzer  zu  überschütten,  verzichten.  Doch  ist  sein  Werk  darum 
nicht  minder  verdienstlich,  jetzt  hat  man  alles  für  die  Zeit  von 
1301 — 1381  zusammen  und  auch  die  bisher  unbekannten  Stücke 
sind  nicht  verächtlich.  Ich  hebe  hervor  nr.  3g  (Urkunden  über 
den  Ungeltstreit  zwischen  Domkapitel  und  Rat,  auch  später 
wieder  tritt  er  hervor),  64  (Streit  zwischen  der  Stadt  und  dem 
Geschlecht  der  Vitztum),  122  (Streit  zwischen  Prior  von  St.  Alban 
und  dem  Brotmeister  wegen  der  Gerichtsbarkeit  über  die  Müller), 
128  (Streitigkeiten  der  Bäcker  und  Müller),  146  (Kundschaft  über 
das  Gericht  auf  dem  St.  Albansberge),  202  (Einungsbrief  über 
die  Pfaffheit,  wie  auch  sonst  einige  sehr  lehrreiche  Stücke  über 
das  Verhältnis  von  Klerus  und  Stadt  sich  finden),  260  (Ordnung 
der  Scherer,  Maler,  Sattler  und  Sporer),  268  (Zeugenaussagen 
über  die  Geschichte  des  Galgens  der  Stadt  Basel),  400  (Sühne- 
briefe bez.  der  bösen  Fastnacht),  doch  damit  ist  ja  nur  das 
hervorgehoben,  was  gerade  mir  besonderes  Interesse  erweckte. 

Der  städtische  Einungsbrief  (140)  und  mit  ihm  die  Bestellung 
der  Siebner  (141)  wird  abweichend  von  den  »Rechtsquellen«  und 
Gengier  nicht  in  die  Zeit  von  1342 — 65,  sondern  ins  Jahr  1339  ver- 
setzt. Das  ist  ganz  einleuchtend.  Form  und  Inhalt  zeigt  die  auf- 
fallendste Verwandtschaft  mit  dem  am  7.  Januar  1339  erlassenen 
Einungbrief  über  die  Pfaffheit  und  um  diese  Zeit  war  Konrad 
von  Bärenfels,  nach  dem  die  alte  Datierung  sich  richtete,  eben- 
falls  Bürgermeister. 

Der  Band  behandelt  die  Zeit,  in  der  die  Stadt  durch  Privi- 
legien der  Kaiser,  besonders  Karls  IV.,  und  durch  Zurückdrängung 
des  Bischofs,  der  infolge  der  permanenten  kirchenpolitischen  und 


6)? 

illliscben  Kämpfe,  wie  der  an  die  Kurie  tu  zahlenden  Abgaben 
imer  ärmer  und  niachiloser  uurde,  an  Macht  und  Kraft  erheb- 
:b  wuchs.  Die  Stadt  war  erst  seit  dieser  Zeit  Herr  im  etgentin 
luse. 

Ah  einer  Stelle  könnte  der  Band  zu  falschen  Schlüssen 
hren.  Zu  ni.  311  heisst  das  Regest:  »Bischof  Johann  verkauft 
•.I  Stadt  seinen  Zoll  daselbst  (vor  1367  Januar  23)«,  Das 
litet  irre,  ganz  abgesehen  davon,  dass  die  Urkunde  eine  Ver- 
fändung,  nicht  einen  einfachen  Verkauf  betrifft.  Es  handelt 
Ich  überhaupt  nur  um  einen  Entwurf,  die  thalsächliche  Ver- 
ifanduDg  des  bischöflichen  Zolles  fand  erst  1373  statt  (nr.  359}- 
sich  nicht  um  verschiedene  Zölle  handelt,  steht  ausser 
!«'cifet.  Hätte  Wackemagel  Recht,  so  hätte  der  Bischof  noch  nach 
er  Verpfändung  erhebliche  Renten  auf  dem  Zolle  (67y  fl.) 
.  31b — 3jg  u.  343}  verpfändet  und  doch  ist  da  einlach  von 
sertD  zollei  die  Rede.  Die  Datierung  des  Entwurfes  stützt 
VAckemage)  auf  den  Namen  des  Thüring  von  Ramstein,  der 
I  23,  Jan.  1367  starb.  Ist  diese  Angabe  richtig,  so  ist  doch 
r  Schluss  nicht  zwingend;  denn  der  Name  sieht  in  der  Zu- 
mmnugsformel  des  Domkapitels.  Die  Pfandsumme  ist  im  Ent- 
litfe  auf  12000  fl.,  im  wirklichen  Original  auf  12500  f),  an- 
kgeben,  zwischen  beiden  läge  die  Verpfandung  von  (179  II. 
rni«,  also  eine  enorme  Minderung  des  Wertes.  Und  doch  kam 
T  Bischof  immer  tiefer  in  Schulden.  Es  müsste  die  Stadt  also 
en  Zoll  viel  teurer  gekauft  haben,  als  1^67  beabsfchtigi  war. 
1  glaube,  dass  trotz  des  Namens  des  Dompropstes  das  Stück 
IS  Jahr  1373  gehört;  der  knappe  Entwurf  wurde  dann  durch 
tne  weit  eingehendere  und  bessere  Ausfertigung  erseut. 

Audi  in  nr.  85  hätte  das  Regest  besser  von  Verpachtung, 
nr.  195  besser  von  Verpfandung  als  von  Verkauf  gesprochen. 
Sehr  itahlreich  sind  die  Quellen  zur  Geschichte  von  Kii-in- 
cl.  Es  ist  auch  zu  bemerken,  dass  der  Band  die  Urkunden 
ber  den  Grundbesitz,  dessen  Eigentümer  die  Stadt  war,  bringt. 
Die  Urkunden  führen  ziemlich  weit  über  Basel  hinaus,  nach 
bsero,  Mailand,  nach  Schwaben,  dem  Rheingebiete.  Die 
iesiehungen  nach  der  Preigrafschaft  sind  dahingegen  schwach, 
I  enthält  der  ganze  Band  auch  nur  eine  einzige  französische 
b'knnde  (nr.  384).  Eigentümlich  berühren  die  Translationen 
I  Reliquien,  Kall  IV.  stand  mit  seiner  Neigung  doch  nicht 
Hein.  In  nr.  174  u.  3.  Stücken  handeil  es  steh  um  Reliquien 
Dd  Vetehrung  des  hl.  Heinrich,  in  nr.  332  um  die  aus  Gubbio 
lrb«tgebotteu  Gebeine  des  hl.  Theobald. 

Dom  Bande  ist  ein  vortreftliches  Register  beigegeben,  wäh- 
ind  diesmal  ein  Glossar  fehlt.  Das  Baseler  Urkundenbuch  ist 
in  Anfang  an  mit  solcher  Energie  gefördert,  dass  seine  Bearbeiter 
I  kurzen  Pausen  seit  i8qo  vier  Bände  vorlegen  konnten,  die 
Sit!  Gewühl  dafür,  dass  sie  ihr  sehr  weit  gi;jtccktfs  Ziel 
neicbeii  werden.  A.  Scliulle. 


6*78  Zeitschriftenschau  und  LitteratumotizeiL 

C.  Gössgen,  Die  Beziehungen  König  Rudolfs  von 
Habsburg  zum  Elsass.  (Beitr.  z.  Landes-  u.  Volkskunde  v. 
EIsass-Lothringen  XXIV.)    Strassburg,    Heitz   1899.    47  S. 

Den  Beziehungen  nachzugehen,  in  welchen  das  Elsass  vrährend 
der  ersten  beiden  Jahrzehnte  nach  dem  Interregnum  zum  Träger 
der  deutschen  Krone  gestanden  hat,  ist  sicherlich  keine  undank- 
bare Aufgabe.  Leider  erfüllt  die  vorliegende  kleine  Schrift  die 
an  sie  geknüpften  Erwartungen  in  keiner  Weise. 

Nach  einer  einleitenden  Übersicht  über  die  territorialen  Ver* 
hältnisse  des  elsässischen  Landes  und  seine  Beziehungen  zu  den 
Habsburgern  vor  Rudolfs  Wahl  soll  des  Königs  Politik  als  Terri* 
torialherr   und   als  Herrscher  den    ausserhabsburgischen  Landes- 
teilen  gegenüber  dargestellt  werden ;  von  den  letzteren  sind  aber 
ausser   dem  Reichsgut  nur   Reichsstädte    und    Bistum    Strassburg 
behandelt.     Der  Verf.  beschränkt  sich    darauf,    die    meist  schon 
sehr   lange   aus    alten  Drucken   bekannten   Thatsachen   nochmals 
lose  aneinanderzureihen,  auf  annähernde  Vollständigkeit  können 
seine  Angaben  schon  deswegen    keinen  Anspruch   machen,   weil 
nicht  einmal  die  im  Frühjahr   1898  erschienene  Neuausgabe  der 
Regesten  Rudolfs  benutzt  ist,  die  das  frühere  Material   in  vielen 
Punkten  ergänzt.     Abgesehen  davon  ist  auch  an  leichteren   and 
gröberen  Versehen  im  einzelnen  kein  Mangel.    S.  35  z.  B.  finden 
sich  in  dem  kleinen  Abschnitt  »Oberehnheim«  drei  Unrichtigkeiten: 
die  betr.  Gerichtssitzung  fand    1282,   nicht    1283  statt;    die  Ver- 
pfandung an  die  Zorn  bereits   1275;  als  Beleg  für  die  Belehnung 
an  Albrecht  von  Kagen  hätte  Gyss,  Urk.  Gesch.  v.  Oberehnheim 
S.  39  angeführt  werden    müssen,    Als.  dipl.  Nr.   747    spricht  nnr 
von  der  Belehnung  an  Beyer.     Überhaupt  ist  die  Art  und  Weise, 
wie  der  Verfasser  mit  seinen  Belegen  verfährt,    scharf  zu   rügen. 
Selbst  bei  längeren  Partieen  (Schlettstadt,  S.  36)  finden  sich  unter 
Umständen  keinerlei  Hinweise,  und  wenn  dieselben  gegeben  werden, 
sind  sie  grösstenteils  so  unklar  und  ungenau   gehalten,    dass   sie 
dem    Leser    kaum    nützen    und    ebensowohl     hätten    wegbleiben 
können. 

Somit  wird  man  nur  bedauern  können,  dass  die  Arbeit  dem 
Druck  übergeben  ist.  Hans  Kaiser. 

A.  Meister,  Der  Strassburger  Kapitelstreit  1583— 
1592.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  Gegenreformation.  Strass- 
burg, J.  H.  Ed.  Heitz,   1899.  428  SS. 

M.  bietet  in  diesem  Buche  den  Abschluss  seiner  langjährigen 
Studien  zur  Geschichte  des  Strassburger  Kapitelstreites.  Dass 
diüser  Streit  aufs  engste  mit  den  Kölnischen  Wirren  gelegentlich 
der  Absetzung  des  Erzbischofs  Gebhard  Truchsess  und  der 
Exkommunikation  der  drei  Kölner  protestantischen  Domherrn 
Solrns,  Winnenberg  und  Wittgenstein  im  Jahre  1583  zusammen- 
hing, war  längst  bekannt:  Truchsess  war  ja  Strassburger  Dom- 
dechant,    und    die    drei   andern   waren    auch   Strassburger   Dom- 


Mucbrifleit schau  und  LUlerkturnotiun.  gyg 

tilulure,  anderseits  waren  der  Strassburger  Bischof  Johaan  von 

inderscheid  und  aghl  (bezw,  sieben)  katholische  Strassburger 
ipitulare  auch  Milglieder  des  Köitier  ICapitels  und  in  diesem 
Sgner  des  Truchsessen.  Der  leider  zu  früh  verstorbene 
,  Losscn  hat  im  Jahre  1890  eine  aul  reichem  archivalischem 
Lterial  beruhende  sorgfältij^e  Studie  über  den  Anrang  des  Strass- 
Uyer  Streits  uud  die  An  seiner  Verknüpfung  mit  der  Kölner 
che  veröffentliclil,  welche  die  Ereignisse  der  ersten  beiden 
bre  des  Streites  beleuchtet.  Ritter  hat  dann  in  seiner  Deutschen 
»chichte  11  (i8q5)  eine  Übersicht  über  den  Streit  in  grossen 
I  gegeben.  M.  hat  für  sein  Buch  nicht  nur  wettere  band- 
hriflliche  Vorarbeiten    Lossens    benutzen    können,    sondern    das 

lamte    erreichbare    arcbivalische    Material,    darunter    auch    das 
T.  schon  von    ihm    selbst    früher    edierte)    römische,    heran- 

logcn  und  ist  also  wohlgerüstet  an  die  Bearbeitung  heran- 
igangen.  die  er  augenscheinlich  mit  grosser  Sorgfah  durch- 
llühn  hat. 

Der  Strassburger  Streit  ist  ein  Produkt  der  unter  Papst 
fegor  XUI.  eröffneten  Offensivbewegung  der  katholischen  Gegen- 
formalion,  die,  durch  die  guten  und  unerwartet  schnellen  Erfolge 

Köln  ermutigt,  nun  auch  in  Strassburg  dem  Eindringen  des 
roicstantismus  in  das  Domkapitel  ein  Ziel  zu  setzen  suchte. 
ier  in  der  protestantischen  Stadt,  wo  das  Domkapitel  kirchliche 
inktionen  lanf>st  nicht  mehr  auszuüben  hatte,  da  in  der  Dom- 
rehe aeil  1559  keine  Messe  und  kein  sonstiger  katholischer 
Qtlesdienst  mehr  gehalten  worden,  war  (wie  anderwärts)  seit 
t  JnhicD  eine  ganze  Anzahl  von  lutherischen  und  reformierten 
pinfaerren  anstandslos  rezipiert  oder  geduldet  worden.  Die 
innherren sitze  waren  den  Söhnen  des  höhern  Adels  vorbehalten; 
gehörten    zu    dem    Bereich    dessen,     was    der    evangelische 

ifenstand  bei  der  Verteilung  der  Konfessionen  vor  allem 
ntreble,  um  die  fetten  Secundogenituren  für  seine  Familie  eu 
und  allmählich  die  Protestant isierung  der  Bischofssitze 
isubahnen;  die  >FreistelIung<  der  deutschen  HochstiTter  war 
das  die  protestantische  Partei  in  Strassburg,  wie  in 
ftln  praktisch  zu  verwirklichen  suchte.  In  Strassburg  waren 
583  im  ganzen  7  unter  17  vollberechtigten  Kapitularen  prote- 
iniisch.  Wenn  nun  infolge  der  Kölner  Niederlage  der  prote- 
ibtiflchen  Partei  hier  die  Frage  aufgeworfen  wurde,  ob  der  iiber 

:  Kölner  verhängte  Bann  auch  für  ihre  Strassburger  Stellung 
äUnng  haben  sollte,  so  lag  für  Gebhard  Truchsess  die  Sache 
pbl  klar;  er  war  verheiratet,  rousste  nach  der  Strassburger 
is  also  abdanken;  während  die  allein  auf  Grund  des  Über- 
xum  Protestantismus  erfolgte  Exkommunikation  der  drei 
idern  nach  dem  bisherigen  Strassburger  Usus  nicht  die  Folge 
I  haben  brauchte,    dass   sie    ihre  Pfründe    verloren.     Nicht    das 

t  dem  Beginn  der    protestantischen  Bewegung    in  Deutschland 

gst    getrübte    formelle    kanonische  Recht,   sondern    die  Macht 


68o  Zeitschriftenschau  und  Litteratumotizen. 

hatte  zu  entscheiden,  wenn  die  zukünftige  Regelung  der  Strass- 
burger  Domherren  frage  und  ihres  Bekenntnisses  in  katholischem 
Sinne  bewirkt  werden  sollte. 

M.  hat  nun  vor  allem  dargethan,  dass    —  was  nach  der  bis- 
herigen   Kenntnis    unklar    war    —    der    Anstoss    zum    Konflikt 
gegeben  wurde  durch  den  Bischof  Johann,  dessen  religiöse  Ent- 
wicklung und  selbständige  Persönlichkeit  er  näher    schildert  und 
dessen  enge  Beziehung  zum  Jesuitenorden  seit  1579  er  im  ein- 
zelnen aufhellt.     Schon  im  Juli   1583  betrieb  er  die  Wahl  eines 
neuen  Dechanten  an  Stelle  des  Gebhard  Truchsess;  er  eröffnete 
damit  den  Kampf  und  organisierte  ihn,    so    dass    im  Dezember 
sieben  katholische   Mitglieder    des  Kapitels    ein    förmliches   Aus- 
schliessungsdekret   gegen    die    Gebannten    fassten.      Sie    traten 
dabei  falschlich  auch  im  Namen  der  abwesenden  Mitglieder  des 
Kapitels  auf.    In  solchen  Dingen  war  aber  die  Gregenreformations- 
bewegung  überhaupt  nicht  skrupulös.     In  Köln  erhielt  kurz  vorher 
im  März  1583  in  tiefem  Geheimnis  der  päpstliche  Bevollmächtigte 
Minucci    aus    der    päpstlichen  Kasse    die    erforderlichen   Gelder 
übermittelt  ausdrücklich  zum  Stimmenankauf  der    dortigen  Kapi- 
tulare    —    so    wurde    hier     die    vielgerühmte    Trienter    Reform 
praktisch  geübt.     Nun  verweigerte  in  Strassburg   die    katholische 
Majorität  den  exkommunizierten  Domherren  die  fernere  Zulassung 
zum  Kapitel    und   wählte   an    Stelle  Gebhards    dessen    schärfsten 
Kölner  Gegner,  den  Herzog  Friedrich  von  Sachsen,  zum  Dechant. 
Die  Exkommunizierten    protestierten   aber,    fanden   Rückhalt   bei 
der  protestantischen  Stadt  und  ergriffen  die  Offensive  im  August 
1584,   indem  sie  den  Bruderhof,  das  Kapitelshaus,   besetzten. 

Durch  den  Rückhalt  bei  der  Stadt  lagen  hier  die  Dinge 
ungleich  günstiger  für  die  protestantische  Partei,  als  in  Köln, 
wo  die  katholische  Haltung  der  Stadt  so  wesentlich  zum  Sieg 
der  römischen  Partei  beigetragen  hatte.  Es  begann  das  beliebte 
diplomatische  Spiel:  Bischof,  Stadt,  Landstände,  Kaiser,  Nuntien, 
katholische  und  protestantische  Stände  im  Reich,  daneben  Eid- 
genossenschaft und  Lothringer  verhandeln,  vermitteln,  ernennen 
Kommissionen,  bewirken  Tagfahrten,  Gesandtschaften  —  ein 
wirres,  ermüdendes  Spiel  der  verschiedenen  Interessen  gegenein- 
ander, überall  mit  dem  gleichen  Kennzeichen  mangelnder  Exe- 
kutive. Der  Kaiser  trat  hier  wie  in  Köln  sofort  zu  Gunsten 
der  katholischen  Sache  auf,  die  überall  ihr  Glück  versuchende 
Hand  Johann  Kasimirs  ebenso  für  die  andere  Partei,  aber  zn 
energischem  Eingreifen  kam  es  nicht.  M.  hat  die  zahllosen 
Fäden  dieses  Treibens,  in  dessen  Monotonie  die  bei  Todesfällen 
einzelner  Kapitulare  entstehende  lebhafte  Wahlbewegung  und 
der  Plan  einer  bischöflichen  Koadjutorie,  um  der  zukünftigen 
Hischofswahl  zu  Gunsten  der  katholischen  Partei  zu  präjudizieren, 
einiges  Leben  brachte,  ausführlich  dargelegt  und  der  minutiösen 
Darstellung  der  Reibungen  und  des  kleinen  Kriegs  zwischen 
den  Parteien  in  Strassburg    selbst    eine    wahrhaft    entsagungsvolle 


a  und  Litteratamtiliien, 


681 


lobe  gewidmet.  Die  allgemeine  kirc he  11  politische  Frage,  um 
le  CS  sich  in  Sirassburg  handelte,  war  ja  die  herkömmliche  in 
Icser  Epoche  der  deutschen  Religionskriege:  die  Auslegung  der 
wcidculigen  Bestimmungen  des  Rel igi ons frieden s;  die  ganze 
Peinlichkeit  und  geistige  Öde  der  Zeit  führt  hier  in  Strasshurg 
»Boaders  die  Behandlung  des  Kalenderstreits  (S.  135  (F.)  typisch 
»■  Augen.  Die  sorgfällige  und  objektive  Feststellung  des  Details 
>r  thataäch liehe II  Vorgänge  ist  das  Ziel,  das  der  Verfasser 
:incm  umfangreichen  Buch  gesteckt  und  das  er  auch  vollkommen 
ncicht  hat. 

Ende  des  Kapitelstreits  war  beim  Tod  des  Bischofs 
|,<i92)  eine  zwiespältige  Bischofswahl,  das  Auslaufen  des  Kapitel- 
^Ites  in  den  Bis cbufs streit,  der  hier  wie  am  Niederrhein  den 
«artigen  Nachbarn  des  Reichs  in  reichem  Masse  die 
unechte  Gelegenheit  bot,  in  die  deutscheu  Geschicke  einzu- 
reifen   und  am  Rhein  Fuss  xu  fassen.  Joseph  Hanstn, 

Jacob,  Karl,  Slrassburgische  Politik  vom  Austritt 
:  derUnion  bis  zum  Bündnis  mit  Schweden  (1621  -  321. 
issburg  i.  E.,  C.  F,  Schmidt,    1899.     VIII  u.   147  S. 

Die  im  Aschaflenburger  Vertrag  vollzogene  Lossagung  Slmss- 
j;a  von  der  UnioD  brachte,  obwohl  im  Einklang  mit  seiner 
defensiven  Auffassung  jenes  Bundes,  die  sowohl  in  der 
ise  der  Bevölkerung  als  den  regierenden  Räten  ganz  über- 
legend antikaiserliche,  protestantische  Stadt  in  eine  völlig  schiefe 
%t:  Mangel  an  Energie  und  Machtmitteln  hielten  sie  von  dem 
lU  fem.  auf  welchen  sie  gehörte,  während  doch  ihre  wicb- 
iten  Interessen  umgekehrt  wieder  den  Anschluss  an  die  Gegen- 
'tel  verboten.  Der  wesentliche  Inhalt  der  von  Jacob  Dach  den 
dtjschen  und  bischöllichen  Akten  tn  übersichtlicher  Gruppierung 
IT  Bustührlich  behandelten  Epoche  ist  daher  kein  anderer,  als 
\  allmähliche,  mehr  durch  die  Ivreignisse  als  eigene  PIntschlüsse 
'  le  Rückkehr  Strassburgs  in  seine  natürliche  Position  durch 
Phasen  einer  machtlosen  Neutralitätspolitik  hindurch. 
Verfasser  schildert  zunächst  die  Zeit  der  Einbrüche 
tnsfelds  ins  FJsass,  die  abwechselnd  von  ihm  und  seinem 
•gner,  dem  Erzherzog*  Bischof  Leopold,  an  die  Stadt  gerich- 
Forderungen  nach  direkter  und  indirekter  Unterstützung, 
die  vorsichtige  Zurückhaltung  des  Rates  gef^en  beide 
trtefen.  Die  wirkliche  Gefahr  begann  für  die  Stadt  n;ich 
ft  Siegen  des  Kaisers  in  Niedersachsen.  Dass  auch  sie  seil- 
tOi  obwohl  weniger  als  andere ,  unter  Einquartierungen  und 
mtribmionen  zu  leiden  hatte,  war  das  geringere;  entscheidend 
\x,  dass  jetzt  zwei  spciißsch  slrassburgische  Strcillragcn  von 
aem  zur  Diskussion  gelangten.  Die  eine,  unwichtigere  betraf 
t  noch  immer  unvollendete  Entscheidung  über  die  pruleatan- 
cbeii  Dom kapitu Iure ;  widerstandslos  fügte  sich  Strassburg  .Mai 
127  deio    kaiserlichen  Mandat,    welches    nach  dem  Ablauf    der 


582  Zeitschriftenschau  und  Litteratumottaen. 

letzten   Verlängerung   des   Hagenauer   Provisoriums    den    ganzen 
Kapitelbesitz    den    Katholiken    überwies.      Um    so    hartnäckiger 
widersetzte  sich  die  Stadt   dagegen   der    bald    darauf  eröffneten, 
auf    die    Restitution    des    Münsters    und    der    beiden  St.  Peters- 
kirchen gerichteten  Aktion  des  Bischofs  Leopold  Wilhelm.    Ihre 
Rechtslage  war  ungünstig,    da   die    1560/61    vorgenommene  Ein- 
ziehung der  drei  Kirchen    wegen    der  1549    in   Strassburg   voll- 
zogenen teilweisen  Restauration  des  Katholizismus  allerdings  eine 
Verletzung   der    hier    freilich    nicht   angenommenen  Städteklaasel 
des  Religionsfriedens    bedeutete;    die  Verurteilung    der  Stadt  — 
etwa  Mai  —   1630   war   darum    formell    schwer    anfechtbar   und 
entsprach  überdies  der  seither  im  Restitutionsedikt  einseitig  auf- 
gestellten Norm.    Mit  wie  ungewöhnlicher  Milde  die  kaiserlichen 
Offiziere  auch  die  Unterwerfung  Strassburgs  betrieben,  die  Stadt 
ward  dennoch  durch  diesen  Streit  schrittweise  ins  protestantische 
Lager  geführt.     Sie  protestierte   in  Regensburg,    nahm   am  Leip- 
ziger Konvent  teil,  verweigerte  die  Zahlung  der  Kontribution  und 
machte    eine  Anleihe    bei  Frankreich,    um    endlich,    als    Anfang 
1632    die    vorläufige  Zurückhaltung  Richelieus    entschieden   war, 
am   7.  Juni    1632    die   von   den  Räten   lang   vermiedene,    unver- 
meidliche Allianz  mit  Gustav  Adolf  zu  unterzeichnen    und  daniit 
von  neuem  Partei  zu  ergreifen.  Th,  Ludwig, 


In  seiner  Quellenstudie:  Aus  den  Kanzleiprotokollen 
des  Bistums  Strassburg  um  die  Zeit  des  westphälischen 
Friedens  (Zabern,  Gilliot,  iSqq)  verwertet  A.  Adam  in 
geschickter  Weise  die  Einträge  eines  Protokollbandes  der  Strass- 
burgischen  bischöflichen  Regierung,  der  sich  vereinzelt  im  Zaberner 
Stadtarchiv  erhalten  hat.  Diese  Einträge  umfassen  die  Zeit  vom 
Dezember  1645  bis  zum  Dezember  1647  ^'^^  werfen  ein  helles 
Licht  auf  die  Zerfahrenheit  und  Ohnmacht  der  bischöflichen 
Regierung,  die  Geldverlegenheiten  des  Bistums,  die  Prätensionen 
der  Franzosen  in  Zabern  und  die  Mission  Johanns  von  Giffen 
als    bischöflichen  Gesandten    beim  Friedenskongress    in  Münster. 

Ff.  \\\ 

Im  Juli-August-Heft  des  Jahrgangs  1899  bringt  die  Revue 
Historique  endlich  nach  sechsjähriger  Pause  den  Schluss  des 
Aufsatzes  von  X.  Mossmann:  La  France  et  TAlsace  apr^s 
la  paix  de  VVestphalie,  in  dem  wesentlich  nach  den  Berichten 
der  Colmarer  Gesandten  Birr  und  Schneider  die  Bemühungen 
der  elsässischen  Reichsstädte  beim  Kaiser  und  beim  Reichstag 
in  Regensburg  während  der  Jahre  1653  und  1654,  ihr  Verhältnis 
zum  Reich  %^%^Ti  die  Forderungen  der  Franzosen  aufrecht  zu 
erhalten,  dargestellt  werden.  W,  W, 

Im  Auftrage  der  städtischen  Archivkommission  zu  Pforzheim, 
unter  dessen  Bürgerschaft  sich  in  jüngster  Zeit  der  Sinn  und  das 


II  nnd   LittentaniDtieeii.  683 

teresse  für  die  vate isla d tische  Geschichte  wieder  lebhaft  regen, 
BTöffemlIchtLeonbardK.orth  (Urkunden  des  Stadtarchives 

1  Pforzheim.  PforzheiiD,  Klemm.  128  S.)  teils  im  Wortlaut, 
in    Regestform     50    Originalurkunden    des    von    ihm    neu- 

mrdneten  Stadtarchives,  die  den  Restbestand  seiner  ehemaligen 
Frkunden schätze  bilden  und  in  die  Jahre  1480 — 1777  fallen, 
-  unter  ihnen  als  wichtigste  den  Verfassungsbrief  Markgraf 
Sirislophs  von  1491  und  die  Tucherordnung  von  1 497.  Hei- 
elügt  sind  einige  erläuternde  Anmerkungen  und  ein  Orls-  und 
erso  nenn  amen  Verzeichnis;  in  einem  .\nhange  wird  neben  einigen 
kercn  Pforzheiroer  Urkunden  des  Grossh.  General  landesarchivs 
Bch  die  bekannte  Flössereiordnung  für  Wurm,  Nagold,  Enz  und 
leckar  vom  Jahre  1342  nach  dem  neuerdings  in  Stuttgart  wieder 
ItTgefundenen  Originale  abgedruckt  und    eine  Reproduktion  des 

tziern  mittels  Lichtdruck  gegeben.  K,  O. 


F.vonWeechs  Geschichte  der  Stadt  Karlsruhe 
Ind  im  Laufe  des  Jahres  die  drei  ersten  Lieferungen  des  dritten 
id  letzten  Bandes  erschienen,  welcher  der  Regierungsperiode 
roBsherxog  Friedrichs  gewidmet  ist.  Der  erste  Abschnitt  behandelt 
B  Sussem  Vorgänge  bis  zum  Jahre  187J,  das  mit  der  Kin- 
bning  der  Slädleordnung  einen  Markslein  in  der  Geschichte 
1  städtischen  Gemeinwesens  bildet,  und  bietet  einen  vortreff- 
Chen  Oberblick  über  diese  bewegte,  an  bedeutsamen  Begeben- 
I  überaus  reiche  Zeit,  den  .Aufschwung  insbesondere  des 
(»tilJEchen  Lebens,  die  Stellungnahme  der  Büi^eischaft  zur 
Ifisung  der  deutschen  Frage,  ihr  Verhalten  in  den  beiden 
Eriegen  von  1866  und  1870,  wie  nicht  minder  ihren  Anteil  an 
ncrn  Politik  des  engern  Heimatlandes,  der  sie  eine  Reihe 
.  wichtiger,  die  freiere  Entwicklung  des  Gemeinwesens 
irdemder  Reformgesetze  zu  verdanken  hatte.  Der  zweite  Ab- 
^nitt,  der  sich  den  innern  Verhültnissen  und  Zuständen  der 
lädt  zuwendet,  schildert,  soweit  er  vurliegt,  das  Wachstum  der 
'  marknng,  die  aufsteigende  Bewegung  der  Bevölkerung  und 
I  StsdterweiteniDgs plane  bis  zur  Mitte  der  70"  Jahre. 

Das  neue  Sammelwerk  )Ausgewählte  Urkunden  zur  Üeui- 
Steo  Verfassungsgeschichte    von  G,  v.  Helow    und  F.  Keuigent 

I  von  F.  Keutgen  mit  dem  ersten  Halbband  der  Urkunden 
ir  Städtischen    Verfassungsgeschichte  (Berlin,    V..  Felber 

JCVZI  w.  224   S.  8".    M.  3.60)    eröffnet.     Die  auf  drei  Bände 

«chnete  Publikation  soll  eine  Ergänzung  der  vorhandenen 
bellenwerke  zur  deutschen  Verfassungsgeschiohte  bilden,  sowohl 

sichtlich  der  Vielseitigkeit  des  Inhalts  wie  der  räumiiclicn 
BSdebDUng  der  in  Betracht  gezogenen  Gebiete.  Es  sollen  alle 
IchÜgeD  Seiten  des  öffentlichen  Lebens  Berücksichtigung  finden. 
Wmo  'vie  die  hauptsächlichsten  Landschaften  Deutschlands 
knngecogen    werden,    freilich    nicht    mit    schematischer    Gleich- 


684  Zeitschriften  schau   und  Litteraturnotizen. 

mässigkeit,  wohl  aber  nach  Massgabe  ihrer  Stellung  in  der  Ent- 
wicklungsgeschichte der  deutschen  Verfassung. 

Das  Werk  ist  mit  Rücksicht  auf  seinen  speziellen  Zweck, 
als  ein  Handbuch  für  Studierende  und  zum  praktischen  Gebraudi 
für  den  zu  dienen,  der  sich  in  bequemer  Obersicht  über  alles 
einschlägige  Quellenmaterial  rasch  orientieren  will,  vortrefflich 
angelegt  und  nach  recht  verstandigen,  von  kleinlicher  Pedanterie 
freien  Editionsgrundsätzen  bearbeitet.  Die  weite  Fassung  der 
Begriffe  »Urkunden«  als  historische  Zeugnisse  im  allgemeinen 
(einschliesslich  der  Akten)  wie  »Verfassung«  mit  Beziehung  auch 
auf  das  wirtschaftliche  Leben  hat  ihre  volle  Berechtigung.  Die 
Sammlung  beschränkt  sich  grundsätzlich  auf  gedrucktes  Material, 
das  unter  Zuziehung  der  gesamten  Litteratur  mit  umsichtiger 
Sorgfalt  verwertet  wird. 

Der  erste  Abschnitt  behandelt  den  Ursprung  der  Stadt- 
verfassung, wofür  auch  zahlreiche  Beispiele  aus  oberrheinischen 
Landen  gewählt  sind,  so  von  Speyer,  Strassburg,  Villingen,  Wein- 
heim,  Allensbach,  Radolfzell.  Im  zweiten  Teil  werden  die 
Stadtrechte  von  einer  Reihe  deutscher  Städte  mitgeteilt,  u.  a. 
von  Sirassburg,  Freiburg,  Hagenau,  Annweiler,  Dürkheim.  Der 
zweite  Halbband  wird  der  Betrachtung  »des  städtischen  Wesens 
zur  Zeit  seiner  Blüte«  gewidmet  sein.  K,  Brunner, 

Georg  Levi,  Zur  Geschichte  der  Rechtspflege  in  der  Stadt 
Strassburg  i.  Eis.     Strassburg,  L.  ßeust   1898.     103   S. 

Die  als  Festschrift  zur  Eröffnung  des  neuen  Gerichtsgebäudes 
im  Auftrag  des  Ministeriums  veröffentlichte  Abhandlung  lenkt  in 
dem  Moment,  in  welchem  die  Gerichte  Strassburgs  in  eine  neue 
und  würdige  Stätte  einziehen,  den  Blick  zurück  in  die  geschicht- 
liche Vergangenheit  der  Strassburger  Gerichte.  Die  Festschrift 
verstärkt  dadurch  in  wirksamer  Weise  den  Eindruck  des  Ein- 
zuges in  das  neue  Gebäude  als  eines  geschichtlich  bedeutsamen 
Ereignisses;  sie  giebt  aber  noch  ein  Anderes:  sie  bietet  uns 
durch  eine  sorgfältige  und  feinsinnige  Darstellung  der  Entwicklung 
des  Strassburger  Gerichtswesens  einen  wertvollen  Beitrag  zur 
deutschen  Rechtsgeschichte,  insbesondere  zur  Geschichte  der 
Gerichtsverfassung. 

Der  Verfasser  zeigt  uns  die  Entwicklung  des  Gerichtswesens 
von  den  Tagen,  in  welchen  der  Schultheiss  auf  dem  Markt  bei 
St.  Martin  —  dem  heutigen  Guttenbergplatz  —  seines  Anotes 
waltete,  bis  auf  die  Zeit,  in  welcher  das  Revolutionsgericht  vor 
seiner  ersten  Sitzung  von  der  Guillotine  begleitet  und  von  tausend 
Soldaten  umgeben  einen  feierlichen  Umzug  durch  die  Stadt  hält; 
und  er  zeigt  uns  die  Entwicklung  des  Gerichtswesens  als  in 
ständigem  causalen  Zusammenhang  stehend  mit  der  Entwicklung 
des  ganzen  städtischen  Verfassungslebens.  Und  dadurch,  dass 
der  Verfasser  es  versteht,  in  seine  Darstellung  die  Schilderang 
lokaler  Eigentümlichkeiten  zu  verflechten  —  wir  lernen  z.  B.  die 


Zeitschriftensehau  und  Litteraturnotizen.  53  S 

^olle  kennen,  welche  die  Geschlechter  der  Zorn  und  der  Müllen- 
leim  im  Leben  der  Stadt  spielen,  wir  sehen  die  Örtlichkeiten, 
n  welchen,  das  Urteil  gesprochen  und  vollstreckt  wird  — 
.ewinnen  die  Bilder,  welche  uns  die  Abhandlung  giebt,  lebhafte 
'arben.  So  betrachten  wir  die  hübschen  Photographien  der 
Itrassburger  Gerichtsgebäude,  die  der  Festschrift  beigegeben 
ind,  in  dem  Gedanken,  dass  uns  interessierende  Dinge  sich 
kier  abspielen,  dass  uns  bekannte  Personen  hier  ein  und  aus- 
gehen. 

Die  vom  Verfasser  benützten  Urkunden  —  insbesondere  die 
>tadtrechte  —  bieten  nun  über  das,  was  in  der  vorliegenden 
>chrift  mitgeteilt  werden  konnte,  hinaus  noch  viel  für  die  Rechts- 
^eschichte  Interessantes.  Möchte  die  sehr  dankenswerte  Abhand- 
ung Levis  zu  weiteren  Arbeiten  in  dieser  Richtung  Anregung 
jeben!  C  ^. 

Kurt  Käser,  Politische  und   soziale  Bewegungen  im 

leutschen    Bürgertum    zu   Beginn   des    i6.   Jahrhunderts 

nit  besonderer  Rücksicht  auf  den  Speyerer  Aufstand  im 

ahre    151 2.     Stuttgart,  W.  Kohlhammer,   1899.     VIII  u.   271   S. 

Im  Vorwort  bezeichnet  der  Verfasser  als  Zweck  seiner  Arbeit, 
;u  zeigen,  in  welchen  Formen  und  nach  welcher  Richtung  hin 
iie  revolutionäre  Stimmung,  von  welcher  das  deutsche  Volk  zu 
Vnfang  des  16.  Jahrhunderts  ergriffen  war,  speziell  in  den  Kreisen 
les  Bürgertums  zum  Ausdruck  kam.  An  einer  zusammenfassenden 
Darstellung  dieser  Art  habe  es  bisher  gemangelt,  und  doch  sei 
las  in  Rede  stehende  Thema  heute  sozusagen  aktuell  geworden 
lurch  die  Polemik,  welche  sich  zwischen  Lamprecht  und  Lenz 
iber  den  Charakter  der  städtischen  Revolutionen  des  15.  und 
16.  Jahrhunderts  entsponnen  habe.  Damit  hat  er  den  weiteren 
Ivreck  verbunden,  über  ein  bestimmtes  Kreignis,  den  Speyerer 
Vufstand  von  15 12,  auf  Grund  eingehender  archivalischer  For- 
schungen neues  Licht  zu  verbreiten. 

Hiernach  behandelt  Käser  in  der  Einleitung  zuerst  die 
»ozialen  Verhältnisse  in  den  Städten  um  die  Wende  des  15.  und 
16.  Jahrhunders  (S.  i  — 17)  und  schildert  sodann  den  allgemeinen 
[Charakter  der  Bewegungen  des  15.  Jahrhunderts  und  das  erste 
Vuftreten  sozialistischer  Tendenzen  in  den  Städten  (S.  1 7 — 33). 
!)ie  eigentliche  Arbeit  zerfällt  in  zwei  Abschnitte,  wovon  der 
sine  die  städtischen  Revolutionen  in  den  Jahren  150g  — 15 14, 
ind  zwar  zunächst  den  Speyerer  Aufstand  von  1512  (S.  34  — 157) 
ind  im  Anschluss  hieran  die  übrigen  Städteaufstände  der  Jahre 
1509 — 15 14  (S.  157 — 185),  der  andere  die  städtischen  Be- 
legungen im  Zeitalter  der  Reformation  (S.  180 — 260)  zum 
Gegenstand  hat. 

Dass  die  Einfügung  einer  besonderen  Monographie  über  dan 
>peyerer  Aufstand  von  15 12  in  eine  Abhandlung,  welche  in 
illgemeinen  Zügen  ein  möglichst  vollständiges  Bild    von    den    zu 


686  Zeitschiiflenschau    und  Litteratomotizexi. 

Beginn  des   i6.  Jahrhunders  im  deutschen  Bürgertam    überhaupt 
wirksamen  revolutionären  Impulsen   zu    entwerfen    bezweckt,  der 
Komposition     der    Arbeit     in    Bezug     auf    Einheitlichkeit    uiui 
Geschlossenheit  nicht  gerade  zum  Vorteil  gereicht,  hat  der  Ver- 
fasser sich  selbst  nicht   verhehlt.     Im   übrigen    werden  ihm  alle 
Freunde  rheinischer  Geschichte  dankbar  sein   für  die  gründliche 
Durcharbeitung    und    erschöpfende    Verwertung    des    auf  diese 
Episode  bezüglichen    weitschichtigen  Materials.     Die   ganze  Dar- 
stellung gestaltet  sich  zu  einer  glänzenden  Ehrenrettung  des  von 
seinen    eigenen    Bürgern    eine   Zeit    lang    so    hart    gescholtenen 
Speyerer  Stadtrates  von   1 5 1 2    und    beweist ,   wie   vorsichtig  man 
sein  muss,    ehe  man   den   in   den  Parteikämpfen  jener  Zeit  von 
den    erhitzten    Massen    gegen    die    Regierenden    geschleuderten 
Anschuldigungen  Glauben  schenkt.     Selbst  Käser  scheint  S.  108 
(vgl.  auch    S.   15)    geneigt,    aus    einer    Reihe    von    Beschwerde- 
artikeln, welche  die  Gemeinde  zu  Speyer  der  kaiserlichen  Unter- 
suchungskommission übergab  oder  übergeben   wollte,    zu  folgern, 
dass   damals    in    den  Finanzämtern    der  Stadt    eine   tadelnswerte 
Leichtfertigkeit  und  Pflichtvergessenheit  geherrscht  habe,  während 
er  S.  65,    125,    134,    138,    150,    158,    182  anerkennt,    dass  der 
Rat    vollständig    gerechtfertigt    und    mit    allen    Ehren    aus    dem 
Kampfe  mit  der  argwöhnischen  und    gereizten  Bürgerschaft   her- 
vorgegangen sei. 

In  dem  Streite  zwischen  Lamprecht  und  Lenz  über  Ursprung 
und  Ziele  der  städtischen  Bewegung  nimmt  Käser  einen  ver- 
mittelnden Standpunkt  ein,  indem  er  zeigt,  dass  dieselbe  nicht 
einseitig  proletarisch-sozialistischer  Natur  war,  aber  ebensowenig, 
ausschliesslich  vom  Handwerkerstande  getragen  wurde  und  nur 
dessen  Interessen  diente,  sondern  dass  in  Wahrheit  beide 
Schichten  des  Bürgertums,  Mittelstand  und  Proletariat,  daran 
beteiligt  waren.  Und  er  kommt  zu  dem  Schlüsse,  dass,  so 
unfruchtbar,  so  widerwärtig  zum  Teil  in  ihren  äusseren  Formen 
diese  soziale  Bewegung  des  Bürgertums  sich  unserem  geistigen 
Auge  darstelle,  wir  sie  auffassen  müssen  als  eine  Erscheinung, 
welche  mit  Notwendigkeit  dem  durch  Generationen  bereiteten 
Boden  entkeimte,  als  eine  Folge  der  gewaltigen  Erschütterung, 
in  welche  die  Reformation  den  ganzen  sozialen  Organismus  ver- 
setzte, als  die  unvermeidlichen  Geburtswehen,  denen  ein  neues 
Zeitalter  sich  entrang. 

Käser  geht,  soweit  irgend  möglich,  überall  auf  die  ersten 
Quellen  zurück  und  zeigt,  indem  er  die  Geschichte  aller  Städte, 
der  norddeutschen  wie  der  süddeutschen,  welche  an  jener  weit- 
reichenden Bewegung  Anteil  nahmen,  in  den  Kreis  seiner  Unter- 
suchungen zieht,  eine  erstaunliche  Belesenheit  in  der  historischen 
Litteratur.  Dabei  erweist  er  sich  durchaus  als  Forscher  von 
selbständigem  Urteil,  namentlich  auch  in  der  Art,  wie  er 
Laraprecht  gegenüber  den  verschiedenen  Charakter  der  städtischen 
Revolutionen    zu    Beginn    des    16.    Jahrhunderts    und    derjenigen 


^uchiinenschou  und  XJtteiatoiiiotitM. 


687 


M  14.  und  15.  Jahrliunijerts  betont;  denn  wie  jene  vorwiegend 
izialistischer  Natur  waren,  veranlasst  durcb  den  Gegensatz  von 
nn  und  Reich,  so  waren  diese  in  der  Hauptsache  politischer 
,rl  und  beiweckten,  der  bis  dahin  durch  das  Patriziat  in  Unter- 
irfigVeit  erhaltenen  zünftigen  Bürgerscliafl  den  gebührenden 
inieil  am  Stadtregimenl  zn  erobern, 

Fürth.  Ihr  Her. 

Ober  den  Verfasser  des  im  16.  jnhrh.  überaus  beliebten 
LrüüterbucheB  Hieronymus  Bock  (genannt  Tragus),  der  als 
Irediger,  Atzt  und  Bolaniker  tUätig  war  (14138— 1554J,  giebt  es 
och  keine ,  auch  nur  bescheidenen  Ansprüchen  genügende 
iographie.  Nachdem  unlängst  Mayerhofer  im  Hist.  Jb.  d. 
r6rrcs-Ges,  17,  765—99  einige  wertvolle  Beitrage  zu  seiner 
ebensgesclnchte  gelier*-[t  (vgl.  ZGORh.  XU,  18z).  bietet  Roth 
I  den  Mitt.  des  Hist.  Ver.  der  Pfak  (Band  XXIll.  ^5— 75J 
Inen  guten  Abriss  des  Lebens  und  Wirkens  diesRB  vieJEeitigen, 
nf  die  Bildung  seiner  Zelt  ziemlich  einllussreichen  Mannes.  Als 
rcburtsoil  Bocks  dürfte  jetzt  endgiltig  Hcidelsheim  bei  Breiten 
uusehen  sein.  Sein  Aufenthalt  war  fast  ununterbrochen  im 
lerzogtum  Zweibrücken,  Dit?  Bedeutung  seiner  Thätigkcit  liegt 
Uf  botanischem  Gebiet,  wo  er  sieh  durch  eigene  treffliche  Natur- 
feobachlung  auszeichnet.  Roth  behandelt  namentlich  eingehend 
botanische  System  Bocks,  Die  sorgfältig  ausgearbeitete 
ibliographie    seiner  Schiiften    verdient    besondere  Anerkennung. 

K.  Br. 

Ober  den  lauge  Zeit  in  Strassburg  ansässigen  und  aus  seinem 
trette  mit  den  dortigen  protestantischen  Geistlichen  bekannten 
tigusllnermönch  Conrad  Treger,  1518— 1542  Provinzial  der 
lelniscb-schwäbischcn  Provinz,  handelt  Nicolaus  Paulus  (»Der 
itholik«  3.  Folge,  XVIll.  Band  S.  439—447  u,  511—534)  in 
JDgoren  Ausführungen,  die  für  die  Zeit  bis  1530  siemlich  viel 
laterial  beibringen  und  manche  Angabe  in  älteren  Darstellungen 
irlchtigen  dürften,  P.  sucht  Treger  namentlich  gegen  die  zuerst 
>n  Capito  aufgestellte   Behauptung  in  Schutz    zu    nehmen,    dass 

■  anfangs  der  neuen  Lehre  gewogen  —  während  eines  Auf- 
Dlltaltcs  in  Rom  seine  Meinung  aus  äusseren  Rücksichten 
eändert    habe.     Seltsam,    dass    wir    über    die    Schicksale    dieses 

rragcnden  Vorkämpfers  des  alten  Glaubens  in  den  letxten 
irülf  Jahren  seines  Lebens  so  gut  wie  gar  keine  Kunde  haben. 
Hani  Kai 

Die  Arbeit  von  J.  May  über  Paul  Volz  von  Offenburg 
ad  die  Annalcn  von  Schutlcrn  (Leipzig,  Fock.  I8q8.  8". 
3  S.)  bietet  nur  wenig  Neues  von  Wichtigkeit,  da  sie  bei  Dar- 
»UuDg  von  Voll'  Lebenslauf  tichr  weBentllch  auf  den  von 
Abridt    in    den    >Mittei!ungen    aus    der   Geschichte    der    evan- 

tuhr.  f.  Geiih.  d.  Obuih.  N.  F.  XIV.  4.  4; 


538  Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen. 

gelischen  Kirche  des  Elsasses«  (Bd.  III,  S.  203  ff.)  und  in  seiner 
»Geschichte  der  Reformation  im  Elsass«  gemachten  Angaben 
beruht,  während  die  Kritik  der  Annalen  von  Schuttern  bereits 
im  VIII.  Band  dieser  Zeitschrift  (N.  F.),  S.  256—288  vom  Ver- 
fasser einmal  behandelt  worden  ist.  Zu  erwähnen  ist  die  Mit- 
teilung von  vier  ungedruckten  Briefen,  die  auf  Volz  Bezug  haben 
und  für  seine  Stellung  in  der  Reformationsbewegung  charak- 
teristisch sind.  K,  Br, 


Josef  Neff  behandelt  in  einem  dritten  (Schluss-)  Teil  den 
oberrheinischen  Humanisten  Philipp  Engelbrecht  Engen- 
tinus  (Beilage  zum  Programm  des  Progymnasiums  in  Donau- 
eschingen für  1898/99.  4O.  24  S.)  als  Schriftsteller.  Engelbrecht 
war  als  solcher  sowohl  wissenschaftlich  auf  dem  Gebiet  der 
klassischen  Philologie,  wie  auch  dichterisch  thätig.  Als  Nach- 
folger Baidungs  hatte  er  seit  1516  den  Lehrstuhl  für  humane 
Wissenschaften  und  Dichtkunst  an  der  Artistenfakultät  der  Uni- 
versität Freiburg  inne.  Von  seinen  poetischen  Erzeugnissen,  die 
in  die  Zeit  von  151 1  — 15 19  fallen  und  ihn  weniger  als  Künstler, 
denn  als  geschickten  Gelegenhcitsdichter  zeigen ,  sei  das  »Lob 
der  Stadt  Freiburg«  (15 15)  erwähnt,  wofür  ihm  eine  besondere 
Anerkennung  seitens  der  Universität  zu  teil  geworden  ist.  Eine 
Neuausgabe  des  Gedichtes  hat  Neff  im  12.  Heft  der  »Latei- 
nischen Litteraturdenkmäler  des  14.  und  15.  Jahrh.«  (Berlin  1896) 
veranstaltet.  K,  Br. 

Das  >.'Archiv  für  Geschichte  des  deutschen  Buchhandels^  XX 
(Leipzig  1898)  enthält  ^\\\  ungemein  fieissig  ausgearbeitetes 
Register  über  die  ersten  20  Bände  dieser  Publikation  des  ßörsen- 
vereins,  bearbeitet  von  Phil.  Vor  haue  r.  Alle,  die  sich  für  die 
Geschichte  des  elsässischen  Buchgewerbes  interessiren,  finden  da 
Nachweise  vieler  einschlägiger  Artikel,  darunter  allerdings  auch 
manches   Minderwertige  und   viel   Veraltetes.  —h. 


»Der  deutsche  Cicerone <  von  G.  Ebe  behandelt  in  seinem 
III.  Bande  (Leipzig  18981  die  deutschen  Malerschulen.  Inner- 
halb der  verschiedenen  Zeitabschnitte  werden  die  Leistungen  der 
einzelnen  Landschaften  zusammengestellt.  So  finden  sich  auch 
viele,  zum  Teil  ausführlichere  Notizen  über  Baden  und  das 
Elsa  SS.  Das  Buch  ist  eine  fleissige  Kompilation  und  macht  in 
seineil  Ausführungen  keinen  Anspruch  auf  besondere  Tiefe  und 
Gründlichkeit.  Trotz  mancher  Nachlässigkeiten  in  den  Angaben 
kann  dieser  i^Cicerone«  zur  schnellen  Orientierung  doch  aU 
I^ührer  dienen.  — h. 


In  einer  kleinen  Schrift  behandelt  Hans  Hof  f  die  »Passions- 
darstellungcn«  Albrecht  Dürers  (Heidelberg  1898).    In  dem  ersten 


Zeitschriftenschau  und  Litteraturnotizen.  58q 

Abschnitte  werden  die  Anlehnungen  Dürers  an  frühere  Meister 
besprochen.  Hierbei  wird  auf  Seite  8  ff.  nachgewiesen,  wie  eine 
Anzahl  Kupferstiche  Martin  Schon  gauers  verschiedene  Dürer*- 
sche  Blätter  beeinflusst  haben.  — h. 


Das  »Centralblatt  der  Bauver\valtung«  Band  XVIII  (Berlin 
1898)  enthält  auf  S.  413  ff.  einen  Aufsatz  von  Hugo  Wagner 
»Die  frühgothischen  Teile  der  Münster  in  Strassburg, 
Freiburg  und  Breisach  und  ihr  Meister.«  Der  Verfasser 
sucht  die  Ansicht  seines  Lehrers,  des  bekannten  Oberbaurats 
Schäfer  zu  erweisen,  dass  die  frühesten  gothischen  Bauteile  der 
obengenannten  Kirchen  von  demselben  Meister  herstammen.  Er 
zeigt  (unter  Beifügung  von  Abbildungen)  die  Übereinstimmung 
der  Konstruktionsgedanken  und  die  Verwandtschaft  der  Kinzel- 
fonnen.  Die  Entstehungszeit  der  zu  einander  in  Beziehung 
stehenden  Stücke  jener  Bauwerke  wird  mit  Benutzung  urkund- 
licher Nachrichten  durch  Schlussfolgerungen  festzustellen  ver- 
sucht. Dass  der  Meister  der  frühgothischen  Bauteile  sich  in 
Frankreich  gebildet  haben  muss,  wird  mit  Dehio  angenommen, 
der  schon  früher  den  P^inlluss  von  St.  Denis  auf  die  Bauweise 
am   Strassburger  Münster  klar  nachgewiesen  hat.  — h. 

In  den  »Würltcmbergischen  Jahrbüchern  für  Statistik  und 
Landeskunde«,  }alir  1898.  Teil  I,  37  ff.  bespricht  Max  Bach 
>Alte  Ansichten  von  Kloster  Weingarten^;  einige  der- 
selben stammen  aus  Cod.  4^  der  in  der  Stuttgarter  Kgl.  Bibliothek 
rcrwahrten  Bucelin'schen  Manuskrij)te ,  wo  sich ,  wie  Verfasser 
:>emerkt,  noch  zahlreiche  andere,  in  den  Jahren  1630-  50  ent- 
ÄTorfene  Prospekte  von  Klöstern  des  Konstanzer  Sprengeis,  u.  a. 
luch  von  Si,  PeUr,  finden.  A'.   ü. 


»Bausteine  zu  einer  Geschichte  der  Musik  im  Elsass« 
lennen  sich  einige  Serien  von  Aufsätzen,  die  Abbu  M.  Vogel  eis 
;n  Jahrg.  XV  u.  XVI.  der  ^Cacilia«  (Strassburg  1898  99)  ver- 
jtfentlicht  hat  und  weiterführen  wird.  Dass  sich  für  das  Gebiet 
Jer  elsassischen  Musikgeschichte  endlich  ein  eifriger  und  ver- 
itändnisvoller  Bearbeiter  gefunden  hat,  ist  mit  Freude  zu 
^egrüssen.  P-s  muss  als  auffällig  bezeichnet  werden,  dass  in 
ilem  sangesfrohen  Elsass  seit  Lohsteins  Beiträgen  zur  Geschichte 
Jer  Musik  im  Elsass  (1840)  kein  Werk  erschienen  ist,  welches 
die  musikalischen  Leistungen  dieser  Landschaft  übersichtlich  vcr- 
ceichnet.  Das  Bedürfnis  eines  solchen  winl  all,Lj:emein  empfunden, 
sodass  sich  Abbe  Vogeleis  ein  Verdienst  erwerben  würde,  wenn 
er  seine  ^Bausteine*^  allmählich  zu  einem  fertigen  Bau  zusammen- 
fügen wollte.  Unter  den  Artikeln,  die  er  bisher  erscheinen  liess, 
jehandeln  zwei  die  elsässisclien  Musiklheoreliker  Ottomar  Luscinius 

1'* 

45 


6qo  Zieitschriftenscluia  und  litteratiirnoticen. 

von  Stxassburg  (1487 — 1537)1    den   bekannten  Humanisten,  und 
Konrad  von  Zabern  (1450—84),  der  auch  als  deutscher  Dichter 
sich   versuchte   (vgl.  Strassb.  Studien  III,    S.  238  f.).     Sehr  lehr> 
reich  ist  dann  das  Bild,  welches  von  dem  tüchtigen  Komponisten 
Georg  Muffat  aus  Schlettstadt  (ca.   1640— 1704)  entworfen  wird. 
Er  studierte  sechs  Jahre  lang  in  Paris  unter  Lully  den  französischen 
Instrumentalstyl,  wurde  dann  Organist  des  Strassburger  Hochstifts 
in  Molsheim  und  wanderte  später  nach  Österreich  aus,   wo  sein 
reiches  Talent  erst  recht  zur  Entfaltung  kam.    Der  letzte  Aufsatz 
beschäftigt    sich    mit    der    Reorganisation    der    Kirchenmusik  in 
Strassburg  nach   1681. 

Von  besonderem  Interesse  wird  für  die  Leser  dieser  Zeit- 
schrift die  Nachricht  sein,  dass  Abb6  Vogeleis  vor  kurzem  in 
einer  Frager  Handschrift  einen  unbekannten  Musiktraktat  von 
Twinger  von  Königshoven,  einen  »Tonarius«  entdeckt  hat, 
mit  dessen  Herausgabe  er  soeben  beschäftigt  ist. 


In  den  »Monatsheften  für  Musikgeschichte«  XXX  (1898) 
wird  S.  112  auf  eine  am  Strassburger  Münster  (oberhalb  der 
Plattform)  angebrachte  Musik-Inschrift  aufmerksam  gemacht. 
Die  kurze  Notiz  giebt  auch  die  eingemeisselte  »Melodiet  wieder. 
Es  wird  die  Vermutung  ausgesprochen,  dass  der  Türmer  diese 
Melodie  zu  blasen  hatte.  Möglicherweise  ist  es  aber  der  Anfang 
eines  geistlichen  Liedes.  Vielleicht  kann  ein  musikkundiger 
Freund  dieser  Zeitschrift  das  Rätsel  lösen.  — h. 


Ein  in  die  königl.  Bibliothek  zu  Parma  verschlagenes  Strass- 
burger Missale  aus  den  Jahren  1472  und  1479,  das  zwei 
Foliobände  (Nr.  1254  und  1255)  umfasst  und  mit  zahlreichen 
Miniaturen  geschmückt  ist,  beschreibt  A.  Postina  in  der  Rom. 
Quartalschrift  XII,  S.  453  u.  f.  Beide  Bände  sind,  wie  der 
Augenschein  lehrt,  von  derselben  Person  geschrieben,  einer  An- 
gehörigen des  in  dem  zwischen  Abfassung  des  ersten  und  zweiten 
Teiles  liegenden  Zeitraum  ins  Innere  der  Stadt  Strassburg  ver- 
legten Magdalenenklosters.  Da  nach  P.  aus  dem  15.  Jahrhundert 
kein  gedrucktes  Strassburger  Vollmissale  erlialten  ist,  wird  sein 
Wunsch  nach  einer  eingehenden  Durchforschung  dieser  Hand- 
schrift wohl  auf  Berücksichtigung  rechnen  können. 

Hans  Kaiser, 


.«21.  1890. 

MITTEILUNGEN 

der 

Badisehen  Historisehen  Kommission. 


Bericht 

Aber  die 

Ordnung  und  Verzeichnung  der  Archive 

und 

Registraturen  der  Gemeinden,  Pfarreien,  Grundherrschaften, 
Korporationen  und  Privaten  des  Grossherzogtums  Baden 

im  Jahre  1897/98  durch 
die  Pfleger  der  Badischen  Historischen  Kommission. 


I.  Bezirk. 

Die  Amtsbezirke  Messkirch»  Pfullendorf,  Stockach 
und  Villingen  sind  durch  die  Pfleger  Pfr.  Schappacher 
in  Menningen,  Pfr.  Löffler  in  Zell  a.  A.,  Pfr.  Seeger  in 
Mohringen  und  Prof.  Dr.  Roder  in  Überlingen  erledigt 
worden. 

Im  Amtsbezirk  Überlingen  hat  Prof.  Dr.  Roder  die 
Verzeichnung  des  PVarrarchivs  von  Überlingen  zu  Ende 
gefuhrt,  ebenso  das  Freiherrl.  von  Schreckensteinsche 
Archiv  in  Billafingen  erledigt.  Es  stehen  nur  noch  wenige 
Pfarr-  und  Gremeindearchive  aus.  Den  Rest  des  ehemaligen 
Klosterarchivs  von  Salem  hat  Pfr.  Buttenmüller  in  Salem» 
der  an  Stelle  des  in  den  Ruhestand  getretenen  langjährigen 
Pflegfers  Pfr.  Udry  die  Pflegschaft  für  Überlingen-Land 
übernommen  hat,  zu  verzeichnen  begonnen. 

Vom  Donaueschinger  Bezirk  bleibt  nur  noch  die 
Kapitelsregfistratur  zu  erledigen,  die  Pfr.  Aichele  in 
Fürstenberg  verzeichnen  will. 

Die  Akten  des  Freiherrl.  von  Hornstcinschen 
Archivs  in  Binningen  (A.  Engen)  hat  Frhr.  Eduard  von 
Hornstein-Grüningen  geordnet  und  teilweise  verzeichnet 

Min.  d.  Bad.  Hiit.  Kom.  Nr.  ai.  I 


mz  Bericht 

II.  Bezirk. 

Neue  Verzeichnungen  fanden  im  abgelaufenen  Jahr  in 
diesem  Bezirk  nicht  statt.  Es  bleibt  noch  zu  erledigen 
der  Rest  der  Archive  in  den  Amtsbezirken  Neustadt, 
Schön  au  und  Tribcrg. 

III.  Bezirk. 

UniversitLitsbibliothekar  Dr.  Pfaff  in  Freiburg  hat  von 
den  (remeindcarchivcn  zu  Wittenthai  und  Stegen  (A.  Frei- 
burg) wie  von  dem  Gemeinde-  und  Pfarrarchiv  zu  Siegelau 
(A.  Waldkirch)  Verzeichnisse  eingesandt,  ferner  von  einer 
Anzahl  Pergamenturkunden  der  Freiburger  Universitäts- 
bibliothek Regesten  geliefert. 

Die  (xemeinde-  und  Pfarrakten  von  Lautenbach  (A. 
Oberkirch  i  hat  Stadtpfarrer  Seelinger  in  Oberkirch 
erledigt. 

Die  Bestände  des  umfangreichen  Pfarrarchivs  in 
Breisach  hat  der  Minorist  Karl  Rieder  in  Freiburg 
verzeichnet. 

Vom  Amtsbezirk  Offen  bürg  wird  Prof.  Platz  in 
Offenburg  die  Verzeichnung  des  Archivs  der  F'reiherrl. 
Familie  Xeveu  von  Windschläg  vornehmen. 

Aus  dem  Amtsbezirk  Durlach  hat  Prof.  Rolhmund 
in  Karlsruhe  ein  Verzeichnis  des  Pfarrarchivs  zu  Jöhlingcn 
eingesandt. 

Pfr.  Ili Ispach  in  Auenheim  hat  die  sämtlichen  Ge- 
meinde- und  Pfarrarchive  des  Hanauerlandcs  (A.  Kelil) 
erledigt  und  ausführlichen  Bericht  über  seine  Tliätigkeit 
vorgelegt. 

Die  Pflegschaft  des  evangelischen  Teils  vom  Amts- 
bezirk Lahr  hat  Pfr.  Mayer  in  Dinglingen  neuerdings 
übernommen. 

IV.  Bezirk. 

Den  Amtsbezirk  Eberbach  hat  Bürgermeister  Dr. 
Weiss  in  Fl^erbach  mit  der  Verzeichnung  der  Pfarrarchive 
zu  N<.'ckargerach  und  Strümpfelbrunn,  sowie  der  Nachträge 
zu  den  Archivalicn  von  Eberbach  erledigt. 


fiber  die  Ordnung  und  Verzeichnung  der  Archive  u.  s.  w.  niß 

Im  Amte  Bretten  hat  Gemeinderat  Wörner  in  Bretten 
die  Archive  von  Grölshausen  (Gemeinde  und  Pfarrei),  Rink- 
lingen  (Gemeinde  und  Pfarrei  mit  Filiale  Ruith)  und  Diedels- 
heim  (Gemeinde)  verzeichnet. 

Das  evangelische  Pfarrarchiv  zu  Edingen  (A.  Schwetz- 
ingen) ist  von  Prof.  Mai  er  in  Schwetzingen  verzeichnet 
worden. 

Lehramtspraktikant  Mechling,  der  sich  mit  Prof. 
Maier  in  die  Pflegschaft  von  Schwetzingen  geteilt  hatte, 
ist  im  abgelaufenen  Jahr  gestorben. 

Alit  dem  i.  November  1898  ist  eine  Neucinteilung  des 
Grossherzogtums  in  fünf  Pflegerbezirke  getroffen  worden. 
Den  neugebildeten  Bezirk  hat  Stadtarchivar  Dr.  P.  Albert 
in  Freiburg  i.  B.  als  Oberpfleger  übernommen. 


I» 


I 


Verzeichnis 
der  Pfleger  der  Badischon  Historischen  KommisiiN. 

(Stand  vom  i.  November  1898.) 


Bonndorf: 

Donauesching'en : 

Engen: 

Konstanz: 

Messkirch: 

PfiiUendorf: 
Säckingen: 

Stockach: 
Überlingen,  Stadt: 
>  Land: 

Villingen: 
Waldshut: 


I.  Bezirk. 

Oberpfleger:  Prof.  EH*.  Rodert 
Vorstand  der  Realschule  in  Überlingen. 

Landgerichtsrat  Adolf  Birken- 
mayer in  Freiburg  L  B. 

Pfr.  R.  Aichele  in  Fürstenbeig. 

Dek.  Augustin  Dreh  er  in  Binningen. 

Prof.  a.  D.  Friedrich  Eiselein  in 
Konstanz. 

Pfr.  Leopold  Schappacher  in  Men- 
ningen. 

Pfr.  Lor.  Löffler  in  Zell  a.  A 

Landgerichtsrat  Adolf  Birken- 
mayer  in  Freiburg  i.  B. 

Pfr.  Seeger  in  Möhringen. 

Prof.  Dr.  Roder  in  Überlingen. 

Pfr.  Otto  Buttenmüller  in  Salem. 

Prof.  Dr.  Roder  in  Überlingen, 

Landgerichtsrat  Adolf  Birken- 
mayer in  Freiburg  i.  B. 


n.  Bezirk. 

Oberpfleger:  Stadtarchivar  Dr.  Albert  in  Freiburg  i.  B. 

Breisach:  Universitätsbibliothekar  Dr.  Friedr. 

Pfaff  und  Oberstl,  a.  D,  Freih. 
V.  Althaus  in  Freiburg  L  R 

Freiburg :  Dieselben. 

Lörrach:  Prof.  Gg.  Friedr.  Emiein  in  Frei- 

burg i.  B. 

Müllheim:  Prof.    Alb.    Haass,    Vorstand  der 

Höh.  Bürgerschule  in  Müllheim. 


Veneiduit  der  Pfleger  der  Bad.  Hist.  KommiisioD. 


«»5 


Neustadt : 

St.  Blasien 
Schönau: 
Schopfheim : 

Staufen: 


Waldkirch: 


Landgerichtsrat  Adolf  Birken- 
mayer  in  Freiburg  i.  B. 

Derselbe. 

Derselbe. 

Prof.  Gg.  Friedr.  Em  lein  in  Frei- 
burg i.  B. 

Pfr.  Aloys  Bauer  in  St.  Trudpert. 

Pfr.  Job.  Ev.  Nothelfer  in  St. 
Ulrich. 

Kreisschulrat  Dr.  Bened.  Ziegler 
in  Freiburg  i.  B. 


III.  Bezirk. 
Oberpfleger:  Prof.  Maurer  in  Mannheim. 


Achem: 


Bühl: 
Emmendingen: 


Ettenheim : 
Kehl: 

Lahr,  kathol.  Teil: 
>      evangel.  Teil 
Mannheim: 

Oberkirch: 
Offenburg: 
Schwetzingen: 


Direktor  Dr.  Herrn.  Schindler  in 
Sasbach. 

Pfr.  C.  Reinfried  in  Moos. 

Universitätsbibliothekar  Dr.  Friedr. 
Pf  äff  und  Oberstl.  a.  D.  Freihr. 
V.  Althaus  in  Freiburg  i.  B. 

Pfr.  Karl  Stritmatter  in  Mahlberg. 

Pfr.  Hilspach  in  Auenheim. 

Pfr.  Karl  Stritmatter  in  Mahlberg. 

Pfr.  K.  Mayer  in  Dinglingen. 

Prof.  Dr.  Hub.  Claasen  in  Mann- 
heim. 

Stadtpfr.  Seelinger  in  Oberkirch. 

Prof.  Fr.  Platz  in  Offenburg. 

Prof.  Ferd.  Maier,  Vorstand  d.  Höh. 
Bürgerschule  in  Schwetzingen. 


IV.  Bezirk. 
Oberpfleger:  Archivrat  Dr.  Krieger  in  Karlsruhe. 

Baden:  Prof.  a.  D.  Val.  Stösser  in  Baden. 

Bretten :  Gemeinderat  Gg.  Wörner  i.  Bretten 

und  Hauptlehrer  Leopold  Feigen- 
butz  in  Flehingen, 


itxt  Verzeichnis  der  Pfleger  der  Bad.  Hist.  Kommiuion. 

Durlach:  Prof.   a.   D.  Ferd.   Rothmund  in 

Karlsruhe. 

Eppingen:  Stadtpfr.  Reimold  in  Eppingen. 

Ettlingen:  Hauptl.  B.  Schwarz  in  Karlsruhe. 

Karlsruhe:  Prof.  Funk  in  Gemsbach. 

Pforzheim:  Prof.  Dr.  Karl  Reuss  in  Pforzheim. 

Rastatt:  Prof.  H.  Breunig  in  Rastatt. 

Triberg :  Unbesetzt. 

Wolfach:  Pfr.  E.  Damal  in  Steinach. 


V.  Bezirk. 

Oberpfleger:  Prof.  Dr.  ^Villc  in  Heidelberg. 

Adelsheim:  Bürgermeister   Dr.  G.  J.  Weiss  in 

Eberbach. 

Bruchsal:  Prof.  Msgr.  Dr.  Ehrensberger  in 

Bruchsal. 

Buchen:  Bürgermeister  Dr.  G.  J.  Weiss  in 

Eberbach. 

Eberbach,  Gemeinden:    Derselbe. 

»  Pfarreien:        Stadtpfr.  Schuck  in  Eberbach. 

Heidelberg:  Dr.  Sillib  in  Heidelberg. 

Mosbach:  Bürgermeister  Dr.   G.  J.  Weiss  in 

Eberbach. 

Sinsheim :  Unbesetzt. 

Tauberbischofsheim:        Prof.  Msgr.  Dr.  Ehrensberger  in 

Bruchsal. 

Weinheim  Gemeinden  u. 

evang.  Pfarreien:  Stadtpfr.  Alb.  Jul.  Sie  v  er  t  in  Laden- 

burg. 

Weinheim  kath.  Pfarr.:  Stadtpfr.  Dr.  Kaiser  in  Weinheim. 

Wertheim,  kath.  Teil:     Gemeinderat  Ed.  Zehr  in  Wertheim. 
^         evang.  Teil:     Stadtpfr.  Camerer  in  Wertheim. 

Wiesloch:  Prof.  Dr.  Seitz  in  Wiesloch. 


Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort 

bis  zum  Anfang  des  15.  Jahrhunderts. 

Von 

Otto  Roller. 


Die  vorliegende  Arbeit,  der  erste  Versuch  des  kürzlich  dem 
Gr.  Bad.  Generallandcsarchive  zugewiesenen  Hilfsarbeiters  für 
systematische  genealogische  Forschung,  ist  im  Anschlüsse  an 
die  Regesten  zur  Geschichte  der  Bischöfe  von  Konstanz  ent- 
standen. Von  dem  ursprünglichen  Plane,  die  Verwandtschafts- 
verhältnisse des  Bischofs  Rudolf  III.  durch  eine  Tafel  zu  erläutern, 
wurde  allerdings  erheblich  abgegangen.  Es  zeigte  sich  nämlich, 
dass  die  bisherigen  genealogischen  Tafeln  dieses,  auch  für  das 
Gebiet  des  Oberrheins  —  infolge  seiner  Konstanzer  Bezieh- 
ungen —  wichtigen  Geschlechts  teilweise  ungenau  waren,  und 
dass  allen  die  nötigen  Belegstellen  zu  jeder  einzelnen  Angabe 
mangelten.  Dem  Stammbaume  wurde  nur  gedrucktes  Material 
zu  Grunde  gelegt,  weil  er  nicht  den  ausschliesslichen  Zweck 
einer  Neubearbeitung  der  Genealogie  dieses  Geschlechtes  verfolgt, 
sondern  zugleich  ein  Versuch  sein  soll,  eine  übersichtliche,  zum 
Nachschlagen  geeignete  Darstellung  zu  geben,  welche  möglichst 
von  Hypothesen  absieht  und  alle  Angaben^)  urkundlich  oder 
wenigstens  durch  gleichzeitige  Nachrichten  sichert. 

Die  Tabelle  bedarf  nur  weniger  Erklärungen.  Fortlaufende 
Nummern  erhielten  nur  die  gebornen  Glieder  des  Grafen liauses. 
Die  Zählung  der  Montforter  Agnaten  gleiches  Namens  geht 
durch  die  Generationen,  die  Ordnungszahlen  der  Cognaten 
wurden  den  Angaben  der  betr.  neuern  Autoren  entnommen.  Ein 
Fragezeichen  wurde  in  der  Tafel  gesetzt,  wenn  der  Anschluss 
einer  Generation  oder  Person  nicht  aus  den  Quellen  hervorgeht. 
Auf  der  Tafel  fanden  der  Übersichtlichkeit  halber  nur  die  Namen 
der  Personen  nebst  Angabe  des  Todesjahres  Platz.  Alles  übrige 
wurde  unter  die  betr.  Nummer  verwiesen. 

*>  Mit  einer  Einschränkung,  s.  uiiten. 


mS  Roller. 

Für  die  jeder  Person  beigefügten  Zitate  ihres  (urkandlichen) 
Vorkommens    sind    nicht    alle    benutzten    Werke    ausgeschöpft 
worden;    es  hätte  dies   eine   im  Verhältnis   zum    Gewinn  viel  zu 
grosse    Mühe    erfordert.     Das    gesammelte    Material    sollte  aber 
doch    nicht    unveröffentlicht    bleiben.     Natürlich    beziehen  sich 
vielfach    die    aus   verschiedenen  Werken    angeführten    Regesten 
auf  dieselben  Urkunden.     Bei  Zitaten  in  eckigen   mit  Frage- 
zeichen   versehenen    Klammem     ist    die     Einreihung    unsicher 
gewesen.     Den  Regestennummern  wurde  regelmässig  in  runder 
Klammer   die    Jahreszahl    beigefügt.     Ein   Kreuz   hierbei  weist 
auf  Erwähnung  nach  dem  Tode.     Wenn  bei  einer  Person,  welche 
in  den   zugrunde   gelegten    Arbeiten   genannt  ist,   kein   quellen- 
gemässer   Beleg   beizubringen  war,    wurde    der   Autor    angeführt, 
welchem  die  Nachricht  verdankt  wird.    Derartige  urkundlich  nicht 
gesicherte    Montforter    zu    übergehen,    schien   nicht    rätlich,  weil 
dre  betr.  Forscher  vielfach  bisher  noch  unveröffentlichtes  Material 
benutzten.     Am    Schlüsse    wurde    noch    eine    Zusammenstellung 
von    Nachrichten   gegeben,  welche    bis    jetzt    keiner    bestimmten 
Person    zugewiesen    werden    konnten,    nebst    einer,   wenn    auch 
unvollständigen  Sammlung  von  Namen  der  Mitglieder  der  beiden 
churrhätischen      Dienstmannenfamilien      von      Montfort, 
(welche   von    der    rheinpfälzischen    Familie    dieses   Namens 
zu    scheiden   sind).     Diese    Sammlung  wurde   wegen    der  Vor- 
namen angefügt. 

Da  die  Arbeit  von  dem  Feldkircher  Zweig  ausgegangen 
war,  schien  es  genügend  dieselbe  bis  zum  Erlöschen  desselben 
fortzuführen.  In  dieser  Zeit  verlor  das  Grafenhaus  seine  Vorarl- 
bcrgischen  Stammlande  bis  auf  wenige  Überreste  an  das  Hans 
Ostreich,  ein  Vorgang,  der  sich  auf  der  Stammtafel  durch  das 
Erlöschen  der  beiden  Vorarlberger  Zweige  zu  Feldkirch  und 
zu  Bregenz  und  die  Auswanderung  des  noch  überlebenden 
Unterzweiges  der  Bregenzer  Linie  nach  Steiermark  widerspiegelt. 
Mit  diesen  drei  Ereignissen  war  ein  naturgemässer  Abschluss 
gewonnen. 

In  der  Montforter  Grafenfamilie  sind  hauptsächlich  die 
Vornamen  Hugo,  Rudolf  und  Wilhelm,  daneben  noch  Heinrich, 
Friedrich  und  Ulrich  vertreten.  Der  Name  Hugo  ist  in  der 
Tübinger  Grafenfamilie  seit  ihrem  ersten  Auftreten  heimiscli 
gewesen«),  und  blieb  auch  in  allen  Zweigen  der  Montforter 
Familie  in  der  hier  behandelten  Zeit  gebräuchlich.  Die  beiden 
nächst  häufigen  Vornamen  sind  Rudolf  und  Wilhelm.  Der 
erstere,  fast  ausschliesslich  im  Feldkircher  Zweige  vorkommend, 
dürfte  zugleich  mit  der  Bregenzer  Erbschaft  an  das  pfalzgräfliche 
Haus  und  seine  Zweige  gelangt  sein.  Allerdings  scheinen  die 
Bregenzer  ihn   auch  erst  spät  (durch  Heirat?)  erhalten  zu  haben; 

*)  Stalin  II.,  S.  426  (Stammtafel  der  Tübinger  Pfalzgr.)  und  Schmid. 
Gesch.  der  Pfalzgr.  v.  Tübingen,  Tafel   I. 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


mg 


ihr  typischer  Name  war  vielmehr  Ulrich  ').  Auch  dieser  begegnet 
nns  bei  Montforter  Grafen,  wenn  auch  nur  seltener  als  Hugo, 
und  wieder  vorwiegend  in  der  Linie  Feldkireh. 

Die  Tettnanger  Linie  bediente  sich  in  fast  allen  Gene- 
rationen und  Zweigen  des  Namens  Wilhelm,  welcher  zum 
ersten  Male,  noch  in  der  Gesamtfamilie,  von  Abt  Wilhelm  von 
St.  Gallen  geführt  wird.  In  den  Häusern  Wangen  2)  und 
Burgau  *)  ist,  so  weit  ich  sehe,  dieser  Name  bisher  nicht  nach- 
gewiesen. Er  muss  durch  eine  andere  Verschwägerung  erworben 
sein.  Die  Namen  Friedrich  und  Heinrich  will  Krüger  (S.  1 16  f.) 
mit  dem  Edelherrengeschlechte  von  Wangen  in  Verbindung 
bringen.  Die  hierauf  gegründete  Annahme  Krügers  ist  wohl 
möglich,  doch  muss  immerhin  darauf  hingewiesen  werden,  dass 
beide  Namen,  besonders  der  zweite,  Heinrich,  auch  bei  den  älteren 
Tübingern  sich  finden  ^j. 


Verzeichnis  der  zitierten  Litteratur. 

Dr.    Karl    A 1  b  r  e  c  h  t ,     Rappoltsteinisches    Urkundenbuch 
5  Bde.     Colmar   1891 — 98. 

V.  Arx,  Geschichten  des  Kantons  St.  Gallen.  3  Bde.  St. 
Gallen    18 10. 

Regesten  der  Markgrafen  von  Baden  und  Hachberg,  bearb. 
von  Richard  Fester.     Innsbruck   1892  ff. 

Joseph  Bergmann,  Zum  ( )streichi.schen  Codex  diplomaticus. 
Urkunden  der  vier  vorarlbergischen  Herrschaften  und  der  Grafen 
von  Montfort.  In  »Der  Östreichische  Geschichtsforscherc,  herausg. 
von  Joseph  Chmel.  2  Bde.  Wien  1838  u.  1847.  i.  Bd.  (2.  H.J, 
S.   169  ff.  und  IL  Bd.  S.  30  fl'.     Zit.  als  Chmel-Bergmann. 

Joseph  Bergmann,  Beiträge  zu  einer  kritischen  Geschichte 
Vorarlbergs  und  der  angrenzenden  Gebiete  (Sonderabdruck  aus 
dem  lY.  Bd.  der  Denkwürdigkeiten  der  hist.-phil.  Klasse  der  K. 
Akademie  der  Wissenschaften.     Wien   1853. 

Alexander  Cartellieri,  Regesten  zur  Geschichte  Graf  Rudolfs 
V.  Montfort,  späteren  Bischofs  von  Konstanz  f  1334.  Erweiterter 
Abdruck  aus  den  Regesten  z.  Gesch.  der  B.  v.  Konstanz,  im 
36.  Jahresbericht  des  Vorarlberger  Must^umsvereins.   Bregenz  1SQ7. 

Regesta  Episcoporum  Constantiensium;  Regcsteu  z.  Gesch. 
der  B.  v.  Konstanz.  Bd.  1  bearb.  v.  P.  Ladewig.  Innsbruck 
1895,  Bd.  II.  bearb.  v.  Alexander  Cartellieri     Innsbruck  1894  tV. 

P.  Ambrosius  Eichhorn,  Kpiscopatus  Curiensis  in  Rhaetia.. . 
Typis  San-Blasianis   1797. 


')  Vgl.  z.  B.  Planta,  Beilage  A  und  Stalin  1.,  S.  5|;0-  —  -.►  s.  Krüger, 
S.  116.  Für  die  Annahme  Krügers.  da!«s  Mechthild.  die  (leniahlin  Hugos  I. 
von  Montfort,  eine  Edle  von  Wangen  war,  vgl.  n.  20,  Anm  —  -M  s.  Stalin  II  , 
S.  353.  -  -  «)  8.  Stalin  IL,  S.  426. 


ini2  Roller. 

Eintrag  im  Necrol.  v.  Mehrerau,  Mon,  Genn.,  necr.  I.,  S.  147. 
Ihre    Verwandtschaftsverhältnisse     (Ahnentafel,    Ge- 
schwister  etc.)    bei   Weizenegger,    Planta,    (Beilage  A)  und 
Stalin  1.,  559,  und  IL,  433. 
f  ?.  182    (vergl.    Schmid,    Tübingen,   10 1  Anm.),    am    18.   od. 
31.  Dez.,  (Necrol.  v.  Mehrerau,  Mon,  Genn.,  necr.  L,  S.  152 
u.  Anm.) 
Kinder:    Rudolf  v.   Tübingen,    Heinrich  I.  (?),   Hugo  L 
V.  Montfort,  [N  (v.  Rondsberg)  ?],  (s.  diese). 
Urkundliche   Erwähnungen:   Mohr,  reg«  Pfavers,  n.  44 
(1158).  Cod.  Salem,  [n.  7  (1160)   S.    13]?,  n.   14  (1169)  S.  24, 
n.   16  (1174)  S.  27,  n.   26  (1183)*)  S.  43,  n.  34  (1185)  S.  54. 
n**  40  (1189)  S,  61,    n.   45    (1192)   S.    71.     Locher,   reg.  1164, 
1 1 8 1  (palatinus  Hugo  de  Thuwingen  et  filius  eius  comes  Radolfiis]. 
Mon.   Germ.  necr.  L,    S.    152    und   Anm.     Schmid,    Hohenberg, 
n.   I   (1170).    Vanotti,  S.  18  (1187)  und  S.  31  Anm.   i.    Ausser- 
dem s.  Krüger,  S.   114  ff.  und  Stalin  IL,  S.  426  ff. 

2.  Rudolf,  Pfalzgraf  von  Tubingen. 

Vater:  Hugo  v.  Tübingen  (Locher,  reg.   1181). 
Mutter:  Elisabeth  (Vanotti  S.   18). 

Brüder:  Hugo  1.    v.   Montf.,    Stalin  IL    reg.    120g   =  Wart- 
mann n.  838  =  Reg.  Konst.  n.   1231.   Heinrich,  s.  diesen. 
Für  Rudolf,  seine  Gemahlin  und  Nachkommen  vergl.  Schmid, 
Tübingen  und  Stalin  II. 

3.  Heinrich  I. 

Vater:  Hugo  v.  Tübingen. 
Mutter:  Elisabeth  v.  Bregenz. 

Brüder:  Rudolf  v.  Tübingen  und  Hugo  v.  Montfort. 
f  1167    in    Italien,    (s.  Vanotti,    S.   32     Anm.   i,    und    S.  31 
Anm.   I,  aus  dem  Necrol.  Zwifalt.) 

Schmid,  Tübingen,  erwähnt  diesen  Heinrich  nicht.  Urkundlich 
nicht  nachgewiesen. 

4.  Hugo  I.,  Graf  von  Montfort. 

Vater:   Hugo    v.    Tübingen.      Hugo   I.     ist    Bruder    (fratcr 

carnalis)     Rudolfs    v.    Tübingen     (s.    diesen),    welcher    als 

Sohn  Hugos  V.  Tüb.  nachgewiesen  ist. 
Mutier:  Elisabeth    v.    Bregenz.     Aus    denselben    Gründen, 

nach  welchen  Hugo  v.  Tübingen  als  Vater    Hugos  I.   v.  M. 

nachgewiesen  ist. 

^)  In   dieser    und    den    folgenden  3  Urkunden  wird    Hugo,    der   sicher 
schon  tot  ist,  unter  den  früheren  Wohlthätcrn  des  Klosters  anfgezlhlt. 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


ini3 


Brüder:  Rado]f  v.  Tubingen,  Heinrich,  s.  diese. 

Mflndig:  vor  1188.     (Stalin  II.,  Reg.   1188). 

f  zwischen    1219   (Stalin  II.,   reg.    1219)   und    1237    (Kruger, 

reg.  n.  2,  1237),  am  12.  März  (30.  Jahrbuch  des  Vorarlb. 

Mns.  Vereins  S.  ^z^   dem  Jahrtag,   der  von  der  Feldkircher 

Johannitercommende  begangen  wurde). 
GtmahUn:  Mechthild.  (Cod.  Salem.,  n.  276  (1251  f).  S.  311  = 

Locher,    reg.    1251,    Dez.    20.),    deren   Herkunft  durchaus 

unsicher  ist.   (Vanotti:  von  Homberg,  Krüger:  von  Wangen; 

jedoch  ist  Albero  von  Montfort  als  Ministeriale  nachzuweisen 

und  kein  Sohn   der  Mechthild,   damit   fallt  eine  Stütze  der 

Hypothese  Krügers  S.   116). 
f  vor  1251  (s.  oben). 
Kinder:  (nach  Eichhorn,  cod.  prob.  S.  79 — 80,  cum  uxore  et 

filüs,i2i9)  RudolfI.,HugoII.,  Heinrich  II.,  Friedrich  I., 

Elisabeth  und  2  ungenannte  Töchter  (?)  s.  diese. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Stalin  II.,  reg.  (1188),  1208, 
1209,  1213,  1214,(1216),  1218,  1219,  1226.  Wartmann,  n.  838 
(1209).  Krüger,  reg.  n.  i  (1219).  Eichhorn,  cod.  prob.,  S.  78 
(1219),  S.  79 — 80  (1219),  F.  U.  B.  I.,  n.  104  (1188),  n.  105 
(1188),  n.   117  (1213).     Cod.  Salem.,  n.  84  (1213)  S.  122^  n.  85 

(1213)  S.   123.  n.  86  (1213)  S.  124,  n.  87  (1213)  S.  126,  n.  89 

(12 14)  S.  129,  n.  90  (1214)  S.  130  (mit  der  Siegellegende  f 
comes  Hugo  Brigantinus),  n.  93  (1216)  (H.  com.  Brigantinus) 
S.  134,  n.  94  (1216)  S.  136,  n.  276  (1251  t)  S.  311  (nebst  f 
Gemahlin  Mechthild  und  Tochter  Elisabeth).  Locher,  reg.  1251, 
Dez.  20.  (t).  Schmid,  Hohenberg,  n.  8  (1188),  n.  21  (1213), 
n.  22.  (1213).    Reg.  Konst.,  n.  1231  (1209).  Vgl.  Zösmair  I.,  S.  I2. 


5.  ?  N,  Gemahlin  Bertholds  (?),  Markgrafen  von  Ronsberg. 

Vater:  Hugo    v.    Tubingen.     Nach    einer   Vermutung    von 
Schmid,  Tübingen,  S.   102  (und  Stammtafel   i). 


6.  Rudolf  L,  Graf  von  ^Verdenberg  (Montfort.) 

VaUr:  Hugo  I.  v.  Montfort.  Ist  urkundlich  nicht  nach- 
zuweisen, doch  im  höchsten  Grade  wahrscheinlich.  (Vergl. 
V.  Wyss,  Krüger,  Zösmair). 

Mutter:  Mechthild.  Ist  ebenfalls  urkundlich  nicht  nach- 
zuweisen, doch  ebenso  wahrscheinlich. 

Geschwister:  Hugo  II.  v.  Montfort.  ?  Krüger,  reg.  n.  2  und 
4  (1237  ^'^^  1244)-  Heinrich  II.,  B.  v.  Chur,  als  Bruder 
Hugos  II.  nachzuweisen,  s.  diesen.  Friedrich  I.,  Can. 
V.  Chur,  als  Bruder  Heinrichs  II.  und  Hugos  II.  nachgewiesen, 
8.  diesen.  N,  Gemahlin  Friedrichs  v.  Toggenburg, 
eine     Tochter     Hugos     I.,     s.    diese.     ?    N,     Gemahlin 


nil4  Roller. 

Wciltliers  IV.    V.   Vaz   s.  diese.     Elisabeth,    Gemahlin 
Kniechf;s  v.  Wörth,  eine  Tochter  Hugos  I.,  s.  diese. 
1-ür  Rudolf  1.  vergl.  Vanotti  II.,  Krüs^er  und  ZOsmair. 

7.  Hugo  II.,  Graf  von  Montfort. 

Vfi/tt :  Hugo  I.  V.  Montfort. 
Miitti-r:  Mcchthild.    Vcrgl.   für  l;eide  die  an  entsprechender 

Stelle  bei  Rudolf  I.  (v.  Werdenber«:)  gemachten  Beinerkunireii. 
Mündig:   vor    1237,    wahrscheinlich   vor     121g.     Krüger,  reg. 

n.  2   und  Kichhurn,   cod.  prob.,  S.   79  —  80. 
Gtsrh7in'ster:  S.  bei  Rudolf  I.  v.  Werdenberg. 
(jetnah/in:    N,    Tochter    Heinrichs    Hl.,     Markgrafeii 

V.    Jiurgau.      Stalin    JJl.,    S.    650    und    O57,    woselbst  irr- 

tümlicli  Rudolf  genannt  wird,  (und  Stalin  H.,  S.  353.)    Beide 

Stellen  sind  für  die   Verwandtschaft  der  GemahUn  Hu;:o.s  II. 

heranzuziehen.    Züsmair  111.,  Stammtafel  gicbt  (ohne  Beleiji 

als  Gemahlin  eine  Gräfin  v.  Lichtenberg  an. 
-[•  nach    1257   (Stalin   II.,  reg.    1257)    und    vor   1261    (Jan.  21.) 

('Stiilin    iL,    reg.    12O1).    Aug.    11.    (Mon.    Germ,    necrol.  J., 

S.    150,  necrol.  v.  Mehrerau,   Aug.    11.). 
Kinder:  Rudolf  II.    v.    l'eldkirch,    Ulrich  I.    v.    l)rej:eiiz. 

Hugo    III.    V.    'J'ettnang,     Friedrich    IL,     I^.     v.     Cliur. 

Wilhelm  L,    Abt.  v.  St.  (iallcn,    Heinrich    111.,    Cnn.  v. 

Chur,     (llartmann?),     Adelheid     (v.     Matsch.^    Guta 

(v.   Wald  bürg),  s.  diese. 

Urkundliche  Krwähnungen:  Stalin  IL,  reg.  1244,  IJ40. 
1247,  1251.  1254,  1257.  Reg.  Konst.,  n.  1607(1247).  Kriiiccr. 
reg.  n.  2  (1237J,  n.  4  (1J44).  Mon.  Germ.,  necr.  1.,  S.  i:-- 
(11,  Aug.,  s.  oben,  1252,  Aiim.  i,  Mehrerau).  S.  038  i2(».  Au.-. 
1250  Cur.  lib.  ann).  Cod.  Salem  ,  n.  269  (1251)  S.  303,  n.  V-'^ 
(1253)  S.  343  (mit  den  Sühnen  Rudolf  und  Ulrich).  Mon.  CiLTin.. 
necr.  L,  S.  038.  Aug.  2(>.  zu  1250--  v.  Juvalt,  S.  85  besser  zu 
1255   (h.  unter  Heinrich   L)    Vergl.  Zösmair,   S.    12. 


8.  Heinrich  IL,  Bischof  v.  Chur.    (1235 — 72). 

\\ü,r:  Hu.l;o  I.  v.   Montfort. 

MutUr :  Mechthild.     Vergl.    die    Bemerkungen    bei    Ruduli  1. 

Mündig:    vor    ijjS,    vielleicht    vor    1210.     Mohr    1.,    n.    jö- 
(1228)  und  Kichliorn,  cod.  prob.  S.   79     %o  (1219). 
Geistlirh  geworden   nach    1228.    (Mohr  1.  n.    200).? 

(ttst/i<ris/(r:  s.  bei  Rudolf  I.  Hugo  IL  ist  Heinrichs  IL  i.Jrud.-: 
nach  Mon.  Cicrni.,  ntu:r.  1.,  S.  638.  (Cur.  lib.  anniv^  Aug.  2^■. 
(iJS*',  wohl  1255,  s.  unter  v.  Juvalt):  vener.  Hanricu-, 
elecius  Cur.  et  fr.  eius  Huiro  comes  de  M.  Unter  H.  comir> 
d«»  .M.  kann  im  Jahr  1250  (bez.  1255)  nur  Hugo  IL  ver- 
slanden werden,   auch  wird  Friedrich  IL,  (B.  v.  Churi  Solm 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Monlfort.  m  I  5 

Hugos  II.  s.  unten),  patruelis  des  B.  Heinr.  genannt.    Cod. 

Salem,  n.  400.  (1264)  S.  449. 
•f   1272,    Nov.   14.    (Mon.    Germ.,    necr.  1.,   S.  644,    Cur.   lib. 

anniv). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Eichhorn,  cod.  prob.  S.  88 
(1259),  S  89  (1265).  Mon.  Germ.,  necr.  1.,  (Cur.  lib.  anniv). 
S.  638  Aug.  26.  (1250),  S.  644  Nov.  14.  (1272  y).  Cod.  Salem  , 
n.  400  (1264)  S.  449  (nebst  s.  Ikucier  Friedrich  I.  und  s. 
patruelis  Friedrich  IL,  als  avunculus  der  Grafen  Conrad,  Berthold 
und  Heinrich  v.  Heiligenberg).  Vanotti,  n.  4  (1257),  ^^*  ^ 
(1265).  Krüger,  n.  12  (1257).  v.  Mohr  I.,  n.  200  (1228). 
V.  Juvalt,  S.  85.  Aug.  26.  Hanric.  elect.  Cur.  et  frater  eins  Hug. 
com.  Monlisfortis,  1255,  ind.  XIII.  (Niclit,  1250,  wie  die  Mon. 
Germ.,  necr.  I.,  S.  638  haben,  wozu  weder  die  Indiction  noch 
der  Regierungsantritt  des  B.  passt).  S.  14,  Febr.  8.  125g  (Ilainr. 
Cur.  clect.).  S.  56,  Juni  4.  1265  (Hainr.  d.  gr.  ep.  Cur.J.  S.  115, 
Nov.  22,  1271  (Henr.  d.  gr.  ep.  Cur.).  S.  113,  Nov.  14.  1272 
(f  Henr.  de  iNIonteforti  episc.  Cur.). 

9.  Friedrich  I.,  Kanoniker  v.  Chur. 

Vater:  Hugo  I.  v.  Montfort. 

Mutter:  Mechthild.    Vergl.    die    Bemerkungen    bei   Rudolf  I. 
Mündig:  vielleicht  vor  1219.  Eichhorn,  cod.  prob.,  S.  79  —  80. 
Kanoniker  v.  Chur.    Cod.  Salem,  n.  400  (1264)  S.  449. 
G CSC  hl  visier :  s.    bei  Rudolf  1.,    Heinrich  II.,    B.  v,   Chur,    ist 

nach    Cod.    Salem.,    n.    400    (1264)    ^*  449^^  *^*"  Bruder 

Friedrichs  I. 
f  März    14.  V.  Juvalt,  S.  25.  (März   14.),  nach   1283,   Mohr  II. 

n.    19,  (1283,  Juni   lü.). 

10.  N,  (Gräfin  v.  Toggenburg\ 

Vater:  Hugo  I.  v.  I^Iontfort.  Stalin  II.,  reg.  um  1226,  was 
der  Zeit  nach  i  desponsaverat)  auf  Hugo  i.  bezogen  werden 
muss,  und  nicht  auf  Hugo  II. 

Mutter:  Mechthild,  (als  Gemahlin  des  Vaters). 

Gemahl:  Friedrich,  (Graf)  v.  Toggenburg  (vor  12  20). 
Stalin  IL,  reg.  um   1226. 

II.  N   (von  Vaz.) 

Vater:  ?  Hugo  1.  v.  Montfort,  nach  Mohr  I.,  n.  228  (1255)  --- 
Cod.  Salem.,  n.  308  (1255),  S.  343.  (Walther  v,  Vaz.  Sohn 
und  Enkel  eines  Walther  v.  V.  nennt  Hugo  II.  v.  Montfort 
avunculus,  und  hält  sich,  nach  Cod.  Salem.,  n.  348  (1259). 
S.  384  =  Mohr  I.,  n.  23O,  1250  in  Feldkirch  aul). 
Mutter:  ?  Mechthild,  (als  Ciemahlin  tles  ?  Vaters). 

Gemahl:  Walt  her  v.  Vaz.     ^s.  oben). 


ml4 

Wallhoij  IV.  V.  V«i  i.  dlsie. 
EmechOB  v.  Wörth,  eine  Toc^ 
Für  Rudolf  1.  vergl.  Vanatü  1^ 

MSrtb). 

7-  Hugo  n.,  '       jchaftsverfafiltaitse   gelien  ille 
K./»-.-  Hngo  1.  ..  M'  ■  ''"  ("50  S-  3"  =  L»<te. 

SttllebeiRud..'       .-»t'o"  JH«go  U.   ke„  nich.  , 
Mflodig:  TOr       .,.J'»'":1'  lebte). 
n.  2  und    ,,,.>''!'„„H„|(  1 

—        •^*,i,ld,  Graf  V.  Neuenbürg. 

.r-^"£l)erhard  v.  Nellenbnrg,  vgi.  auch  Cod.  SileiiL, 
\  i4q  {1249)  S.  282. 

c^echo,    comes    allveatria,    Graf  v.   Wörth.    Cod. 
•'sileia.t    n.    249    (1249).     S.    282,    Sohn    des    Giafen 
Xonrad  v.    W,    Cod.   Salem.,    n.   276   (1251),     S.   311, 
Si^elbeschr. 
jßidir:  (nniveni  poeii.  Cod.  Salem.,  a.  oben). 
'    I  nach    1266,  Olct  37.,    Krügei,  S.  123   (nach    Scböpflin  1., 
S.  455)- 

Krüger,  S.  122  ff.  nimmt  vor  Emecho  als  2,  Gemahl  Graf  Heinridi 
i>,  Wörth  an,  der  mit  einer  Elisabeth  vermählt  war;  die  Glekb- 
letiung  der  Gemahlin  dieses  Heinrich  und  der  des  Grafen 
Emecho  v.  Wörth  ist  zeitlich  wohl  möglich,  Krüger  giebt  (ebcDck) 
noch  mehrere  urkundliche  Belege  für  Elisabeth. 

[?  Hedwig  (v.  Heüigenber^).] 

T.  Wysa,  S.  26  hält  sie  für  eine  Tochter  Hugos  I.,  Kräg«, 
S.  121,  Anm.  2.  und  141  ff.  macht  sie  als  Tochter  Rudolfs  L 
|v.  Werdenbei]g)  vrahrscheinlich. 

13.  Rudolf  n.  V.  Feldldreh. 

Vater:  Hugo  II.  v.  Montfort.     Mohr  I.,  n.  228  (1255). 

Mutter:  N  v.  Bnrgau,  als  Gemahlin  des  Vaters,   s.  Hugo  11. 

Mündig:  vor   1255.  Mohr  I.,  n.  228  (1255). 

Gettkwisler:  Ulrich  I.,  Hugo  111..  Friedrich  II.,  Wilhelml. 
und  Heinrich  HI.  nach  Wartmann,  n,  1030(1  282).  (?)  Hart 
mann,  (s.  diesen).  Adelheid  (v.  Matsch.)  (s.  diese)  und 
?  Guta  (v.  Waldburg)  (5.  diese). 

Gemahlin:  Agnes,  Gräfin  v,  Giienlngen  (Stalin  II.,  r^, 
1265),  Tochter  des  Grafen  Hartmann  v.  Grieningen  (Vanotli, 
reg.  n.  7  ( 1 265),  Schwester  des  Grafen  Eberhard  v.  Landau, 
der  in  Reg.  Koiist.,  n.  3703  (1315)  als  Mutterbruder  Ulrichs II, 
(s,  diesen)   bezeichnet  wird,     -f  zwischen  1314,   nach  Reg. 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


mi7 


Konst,  n.  3920  (13141  Agnes  Witwe)  und  1328,  nach  Reg. 

Konst.,  n.  4165  (1328  f). 
Kinder:    Hugo    IV.,     Rudolf    III.,    Ulrich    IL,    Adelheid 

(v.    Griessenberg),    Elisabeth    (v.  Waldburg)    und  ?  N 

(v.  Werdenberg),  (s.  diese). 
t  1302,  Sept.   19.,  Vanotti  S.  55  (ohne  Quellenangabe). 

Urkundliche  Erwähnungen:    Mohr,   reg.  Pfävers,  n.  92 

270,  cum  uxore).     Locher,  reg.   1265,    1292.    Vanotti,  reg.  n. 
(1261),  n.  6  (1262),  n.  7  (1265),   n.  9  (1270),  n.   10  (1270). 

älin  IL,  reg.  1261,  1265.  Cod.  Salem.,  n.  308  (1255)  S.  343 
cbst  dem  Vater,  dem  Bruder  Ulrich  und  dem  Vetter  Walther 
Vaz).  Mohr  L,  n.  228  (1255).  Krüger,  reg.  n.  18  (1260?), 
30(1267),  n.  31  (1267?),  n.  32  (1267?),  n.  41  (1271),  n.  92 
285),  n.  100  (1291).  Reg.  Konst.,  n.  21 15  (1265),  n.  2218 
269),  n.  2682  (1288),  n.  2800  (1291),  n.  2826  (1292),  n.  2840 
293)1  n-    3920    (1314  t).    Wartmann,   n.    954    (1261),   n.    992 

271,  mit   8.  Bruder   Ulrich,    als    patruelis    einiger  Grafen    von 
'erdenberg),  n.   1030  (1282,   mit  5  Brüdern,  s.  oben),  n.   1074 

2gi),  n.   1081   (1293,  mit  s.  Bruder  Hugo  IIL)»  n.  1088  (1294, 

it  s.   Brüdern  Hugo  III.    und    Heinrich  IL),    Bd.  III. ,  Anhang 

58,  S.  742  (nach  1292).    S.  Vanotti,  S.  54  Anm.   i.    (Sattler, 

esch.  Württ.,    1286)   und   Zösmair,    34.    Jahrb.    des   Mus.  Ver. 

orarlb.  S.  51  (1296). 


14.  Ulrich  I.  V.  Bregenz. 

Vater:  Hugo  II.  v.  Montfort.    Mohr  L,  n.  228  (1255). 
Mutter:  N  v.  Burgau  als  Gemahlin  des  Vaters,  s.  diese. 
Mündig:  vor  1255.    Mohr  L,  n.  228  (1255). 
Geschwister:    s.    bei    Rudolf  II.   Hugo  111.    v.    Tettnang  als 

Bruder  Ulrichs  genannt,  Vanotti,  Urk.  n.  9  S.  540. 
Gemahlin:    N,    Gräfin  v.   Matsch?    Angabe  v.  Zösmair   IIL, 

Stammtafel  (ohne  Beleg). 
Kinder:  Hugo  V.  und  ?  Agnes  (s.  diese). 
7  vor  1290,  B.-Redlich,  n.  2292  (1290,  März  30.  f);  seinen? 

Jahrtag  beging  das  Kl.  Mehrerau  am  7.  April.  Mon.  Germ., 

necr.  I.,  S.   147,  April  7. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Krüger,  reg.  n.  41  (1271), 
92  (1285).  Locher,  reg.  1265.  1284.  Stalin  IL,  reg.  1261, 
35.  Cod.  Salem.,  n.  308  (1255)  S.  343  (nebst  dem  Vater,  dem 
ider  Rudolf  und  dem  Vetter  Walther  v.  Vaz).  Mon.  Germ., 
:r.  L,  [S.  147  April  7.]?  Vanotti,  reg.  n.  5  (1261),  n.  3O9 
'75>  ^'-  ^^^  fiT^*  ^*om.  in  Sigmaringen,  dns.  de  Montfort, 
■gl.  Vanotti,  S.  56/57,  nebst  Beschr.  des  Reitersiegels).  Urk.p 
3»  S.  536  (1275—  Reg.  n.  369),  n.  9,  S.  540  (1309  f»  Graf 
Bregenz),  [n.  10,  S.  541  (1309  f)].  Wartmann,  n.  954  (1261), 
992  (1271),    D.   1030   (1282,    mit   5   Brüdern,   s.  Rudolf  II.), 

Mite.  d.  Bad.  H'wt.  Kon.  Nr,  21.  2 


mi8  Roller. 

n.    1050   (1286),   n.    1052    {1287).    F.  U.  B.   I.,  n.  591  (1284), 
n.  596  (1286).    Schmid,  Hohenberg,  n.  98  (1284). 

15.  Hugo  HL  V*  Tettnang. 

Vaier:  Hugo  II.  v.  Montfort.    Hugo  III.  ist  ein  Bruder  der 
Grafen  Rudolf  II.  und  Ulrich  I.  (s.  diese),  welche  als  Söhne 
Hugos  IL  nachgewiesen  sind. 
Mutter:  N  v.  Burgau  als  Gemahlin  des  Vaters,  s.  diese. 
Mündig:    nach    1255?   [Mohr  L,    n.    228    (1255,    woselbst 
Hugo  IIL  aber  nicht  genannt  wird)]  ?  vor  1267.  Reg.  Konst., 
n.   2165  (1267). 
Geschwister:  s.  bei  Rudolf  II.  und  Ulrich  I. 
Gemahlin:  Eleonore.  Herrgott,  Gen.  Habs.  cod.  prob.  S.  40b 
(1267).  Züsmair  und   Vanotti  nennen  auf  ihren  Stammtafeln 
eine  Veronica  v.  Rappoltstein  (ohne  Belege). 
Kinder:  Hugo  VI.  und  Wilhelm  IL,  s.  diese. 
f   1309,    nach    Mai    21.,    vor    Dez.  5.   Vanotti,    reg.    n.   37: 
(1309  =  Urk.  n.  9,  S.  540)   und   n.   373   (1509  f  =  Urk. 
n.   IG,  S.  541). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  14  (1290,  mit 
2  Sühnen),  n.  370  (1297),  n.  372  (1309),  n.  373  (1309  fj. 
n.  374  (1313  t)-  Urk.  n.  7  (1297)  S.  539,  n.  6  (1304)  S.  538, 
n.  9  (1309)  S.  540,  n.  10  (1309  t)  S.  541,  n.  4  (1313  f) 
S.  536.  Kruger,  reg.  n.  92  (1285),  n.  100  (1291,  Gr.  Hug.  v.  d. 
Scher),  [n.  131  (1303)]  ?  Locher,  reg  1267  (Hugo  comes  de 
Schera),  1275,  1276,  1282,  1292.  Wartmann,  n.  1030  (1282, 
mit  s.  Brüdern),  n.  1081  (1293),  n.  1088  (1294),  n.  1096(1:901, 
n.  II 16  (1300,  S.  308,  mit  s.  Sohne  Wilhelm).  Reg.  Konst.. 
n.  2165  (1267). 

16.  Friedrich  IL,  B.  v.  Chur.  (1282)   1288— 1290. 

Vater:  Hugo   II.  v.   Montfort.     Friedrich  II.   ist   ein   Bruder 
der  Gr.  Rudolf  11.  und  Ulrich  I.  (s.  diese),  welche  als  Sohne 
Hugos  II.  nachgewiesen  sind. 
Mutter:   N    v.    Burgau    als   Gemahlin  Hugos  IL,    des  Vaters, 

s.  diese. 
Gt'schivister:    s.  bei  Rudolf  II.    Wilhelm   I.    wird    bei  Krü^^er. 

reg.  n.  95  (1288),  als  13ruder  Friedrichs  IL  genannt, 
f   1290,  Juni  3.  Mon.  Germ.,  necr.  L,  S.  631   (Cur.  lib.  aniiiv. 
Juni   3.). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Wartmann,  n.  1030  (126:. 
mit  s.  5  Brüdern).  Kichhorn,  cod.  prob.  S.  91  (1273).  Re^. 
Kunst.,  [n.  2455  (127R).  kann  vielleicht  auch  auf  Friedrich  I. 
bezogen  werden?],  v.  Juvalt,  S.  2  (1288,  Jan.  5.),  S.  55  (1:00. 
Juni  3.  f).  Mon.  Germ.,  necr.  1.,  S.  Ö31  (Cur.  lib.  anniv.  1:90. 
Juni  3.  •;-).  Krüger,  reg.  [n.  94  (1288)],  n.  95  (1288),  n.  gO 
(1289).     Vcrgl.   Vanotti,  S.   ^>i  i\. 


Die  Stainmtafcl  der  Grafen  von  Montfort. 


miQ 


27.  Wilhelm  L,  Abt  v.  St.  Gallen  1281  — 1301. 

Valer:  Hugo  IL  v.  Montfort.    Wilhelm   ist   ein   Bruder    der 
Grafen  Rudolf  IL  und  Ulrich  ü.  (s.  diese),  welche  als  Söhne 
Hugos  IL  nachgewiesen  sind. 
JMuiier:  N  v.    Burgau    als  Gemahlin   des    Vaters,   s.    diese. 
Geschwister:  s.  bei   Rudolf  IL  und  Friedrich  IL 
f   1301,  nach  Okt.   16.   und  vor  Dez.   7.,  Wartmann,  n.    11 30 
(1301,  für  beide  Daten). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Wartmann,  n.  1030  (1282 
mit  s.  Brüdern)  —  n.  1130  (1301),  Bd.  III.,  Anh.  n.  93,  S.  837 
(W.  de  Montf.  subdiaconus).  Reg.  Konst.,  n.  28t)o  (1291), 
n.  2826  (1292),  n.  3239  (1301),  n.  3240  '{1301).  Krüger,  reg. 
n.  93  (1287),  n.  95  (1288),  n.   loi   (1291). 

18.  Heinrich  III.,  Dompropst  v.  Chur. 

Vaier:  Hugo  IL  v.   Montfort.    Heinrich  III.  ist   ein    Bruder 
Rudolfs  IL  (Wartmann,    n.   1088,    1294),    welcher   als    Sohn 
Hugos  IL  nachgewiesen  ist,  s.  Rudolf  IL 
Mutter:  N  v.  Burgau  als  Gemahlin  Hugos  IL  s.  diese. 
Geschwister:   s.    bei   Rudolf  IL     Hugo  lü.   v.    Tettnang    ist 
nach  Wartmann,  n.   1088   (1294)   ein   Bruder   Heinrichs  IIL 
t    ^3071   Jan.    17.    Mon.    Genn.,    necr.  1,    (Cur.    IIb.    anniv.) 
S.  620 — 621. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Wartmann,  n.  1030  (1282, 
can.  Cur,  nebst  s.  5  Brüdern),  n.  1088  (1294,  mit  seinen  Brüdern 
Rudolf  II.  und  Hugo  IIL).  Reg.  Konst.,  n.  2786  (1291),  n.  2826 
(1292),  n.  3239  (1301),  n.  3240  (1301).  Krüger,  reg.  n.  173 
(1315).  Locher,  reg.  1275  (Sept.  12,  unter  den  Laienzeugen: 
Hugo  et  Hainricus  de  Montfort  ....  comites),  [1292,  (Aug.  24., 
Propst  V.  Chur.)]?  Mon.  Germ.,  necr.  1.,  (Kl.  Mehrerau)  S.  145. 
(Jan.     17,    Hainricus    com.    de    M.  subdiac),    (Cur.    lib.  anniv.) 

S.    620 — 621    (1307,    Jan.    17.    ob praepositus    ecclesie). 

V.  Juvalt,  S.  5  (1307,   Jan.   17.,    ob.  com.   Heinr.  de  Monteforti, 
prepos.  maioris  ecclesie  Curiensis,  requiescit  in  Veitkirch). 

19.  ?  Hartmann. 

Einen  Sohn  Hugos  IL  dieses  NamiMis  mit  dem  «Zusatz, 
xstarb  als  Kind«,  (einen  Bruder  der  ö  vorstcliendfii  Grafen 
V.  Montfort)  führt  Weizenegger  IL,  S.  27  an,  jedoch  olino  joden 
Beleg.  Trotz  der  gerade  an  dieser  Stelle  herrschenden  Unsicherheit 
in  den  Angaben  Weizoneggers  durfte  diese  Kiulnichi  wohl  nicht 
übergangen  werden. 

f  Albero.  | 

Krüger,  S.  iiö  ff.  stellt  (\\\i  Nacliricliten  übi-r  einen  Albero 
von  Montfort,  can.  Cur.  /.u>ammen  und  reilit  den^selben  unte: 
die  Grafen  von  Montfort  als  Sohn  IIu^os  11.  ein. 


Rolle* 


^ 


An  der  Kirche  von  Chur  gsib  es  gegen  Ende  d«  IJ.  J»hih. 
zv.-ei  Albero  v.  M.,  einen  Subdiacon  und  Kanonikcf  {f  tiqo(!), 
Juni  5.,  Mon.  Genn.,  necr.  I.,  S,  631},  welcher  (ebeodi) 
pattuelis  cuatodis  eiusdcm  nomlnls  genannt  wird,  und  d«n 
genannten  Custos  (f  131 1,  April  4..  Mon.  Genn.,  nccr.  I„  S.  61;. 
ob.  Alb.  de  M„  dec.  scholaslicus  et  custos  ecci.  Cur,).  Da 
Bruder  des  Dekans  A.  war  Ludwig  v.  M.  (Mon.  Geno  ,  necr.  L 
S.  636,  Aug,  2.,  ob.  Lud.,  miles  de  M.,  fraler  Alberonis  duoini 
eccl.  Cur.),  der  also  miles  und  nJcht  comes  genannt  wird.  Damil 
ist  hinlänglich  bewiesen,  dass  die  beide  agnaüscb  vcnrandlcn 
Albero,  Angehörige  eines  der  beiden  Ministe  Haie  ngeschkchter 
V.  Montfort  waren.  *.  Juvalt  (S.  172)  zjihlt  sie  anf  Grund  in 
Wappens  (3  Sensen)  auf  dem  Grabsteine  des  Dakans  .\.  ikn 
Marschällen  zu.  Einen  indirecten  Beweis  für  diese  Zuweimui; 
der  beiden  A.  zu  einem  der  beiden  Miniüterialengeschlcclik'i 
M.  kann  man  vielleicht  im  Fehlen  des  Namens  jVlbero  in  ä 
Aufzählung  der  Brüder  des  Abtes  Wilhelm  v.  St.  Gallen  b« 
mann,  n.    1030  (1282)  erblicken. 


30.  Adelheid  (v.  Matsch). 


'°^ 


Va/'r:  Hugo  n.  v.  Monlfort.  Egeno  (IV.)  v.  MÄtsch  i*t  ein 
Schwestersohn  des  B.  Friedrich  IL  v.  Clmr,  eines  Sohnn 
Hugos  II.  (s.  oben),  (Ladurner,  Heft  16,  S,  75).  Egenos  (IV.) 
Eltern  waren  Egeno  (IIL)  v.  Matsch  und  Adelheid.  Gr-m 
V.  Montfort.  (Ladurner,  Heft  16,  S.  S5),  demnach  war  .Adel- 
heid die  Schwester  des  B.  Friedrich  (U.)  und  damit  eint 
Tochter  Hugos  11.  v.  M. 
Jt/u/ttr:  N  V.  Burgau  als  Gemahlin  des  Vaters,  8.  dieieD. 
Gtsthu'isler :  s.  bei  Rudolf  IT.  Adelheid  ist  oben  als  SchweHö 

Friedrichs  II.  (B.  v,   Chur.)  nachgewiesen. 
Gemahl:  Egeno  IIL  v,  Matsch  s.  oben. 

Urkundliche  F.rwähnungen:  Ladurner,  Heft  16,  S.  Ji 
(ohne  Namenncnnung)  und  S.  85  (nebst  einer  in  Cono  »eth. 
Tochter).  Mohr  n.,  n.  17  (1383,  Rudolfus,  coro,  de  Motitf.. 
tulor  puerorum  sororis  sue  de  Amazia).  Nach  z.  T.  anbdegien 
.'Angaben  Vanottis,  Mohrs  und  Ladurners  hatte  Adelheid 
3  Kinder:  Egeno  1V„  eine  ungenannte  in  Como  vetbeiratett 
Tochter  (s.  oben,  beide  urkundlich  belegt)  und  eine  Tochlri 
Berlha,  Gemahlin  des  Woilhart  v.  Brandis,  und  überlebte 
1292  gestorbenen  Gemahl.  VL-rgl.  Ladurner,  Heft  11 
Vanotti  S.  38 — 39  und  S.  53  (nach  Hormayr,  Gesch. 
und  Mohr  L,  n.  285  Aimi.    i    (S.  424). 

21.  ?  Guta  (v.  Waldburg). 

Valtr:  Hugo  IL  v.  Montfort. 

Gtmaht:  Eberhard,  Tnichsess  v,  Waldbuig», 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort.  ni2 1 

Zösmair  fülirt  eine  Guta,  Tochter  Hugos  II.,  Gemahlin  des 
Truchsessen  Eberhard  v,  \V.  auf  der  Stammtafel  der  Grafen 
V.  Montf.  u.  V.  Werdenb.  an,  jedoch  ohne  Belege.  Die  Stamm- 
tafel des  mediat.  Hauses  Waldburg  kennt  diese  Ehe  nicht.  Ein 
Schenk  Eberhard  v.  Winterstetten  (1187 — 1227,  Stammtafel  2) 
war  mit  einer  Guta  verheiratet;  dieselbe  war  aber  eine  Tochter 
des  Truchsess  Heinrich  v.  Waldburg  (f   1209, .  Stammtafel   i). 


22.  Hugo  IV.  V.  Feldkirch. 

ViUer:  Rudolf  II.  v.   Feldkirch.     Zösmair,    34.   Jahrb.    des 

Vorarlb.  Mus.  Ver.,  S.   51   (1296). 
Malier:    Agnes    v.    Grien ingen    als    Gemahlin    des    Vaters 

Hugos  IV^,    ausserdem    ist    Hugo  IV.    ein    liruder    des    K. 

Rudolf  V.  Konstanz  (s.  unten),  welcher  als  Sohn  der  Agnes 

V.  Gr.  bezeugt  ist. 
Mündig:  vor   1296.    Zösmair,    34.    Jahrb.    des    Voralb.    Mus. 

Ver.  S.  51   (1296). 
Gt'sclncisier :  Rudolf  III.,  B.  v.  Konstanz,  Ulrich  II.,  Can. 

V.    Cliur.    Reg.    Konst. ,     n.     3929    (1319    t)»     Adelheid 

(v.  Griessenberg),  Elisabeth?  (v.  Waldburg),   und.'   N 

(v.  Werde nbergj,  s.  diese. 

Gemahlin:  Anna,  Gräfin  von  Vc bringen.  ^^'^,  Konst., 
^'  3907  ('310)  und  Locher,  reg.  1314.  Tochter  des  (trafen 
Heinrich  v.  (Alt)-Vehringen  und  der  Verena  (v.  Klingt-n). 
Locher,  reg.  13 10.  Verena  war  die  Tochter  des  Waltlier 
V.  Klingen  und  der  Sophia  v.  Krenkingen  und  (lemahlin 
Heinrichs  v.  Vehringen.  Locher,  reg.  1209,  (—  I^Ione,  Zs.  I. 
452)  u.  1269.  Eine  Schwester  der  .\iinri  v.  Vehringen  war 
Sophia  V.  Vehringen,  (1313)  Witwe  des  Konrad  v.  Lichten- 
berg (Vanotti  S.  Ö7,  Anni.  i).  Locher,  reg.  1313.  Heinrich 
V.  Vehringen  war  nach  Loclier  13 10,  seine  Gemahlin  Verena 
^3 '4»  Ju^i  24.  schon  gestorben,  letztere  lebte  noch  1313. 
Jan.  5.  (vergl.  Locher,  reg.).  Anna  v.  Vehringen  wird 
urkundlich  genannt  bei  Vanotti,  reg.  n.  19  (13 10),  n.  Jv) 
(1310)  n.  35  (1320  mit  3  Sühnen  Friedrich  III.,  Hugo  VII. 
und  Rudolf  IV.)  Urk.  n,  11  (1310)  S.  543,  n.  \i  (1310) 
S.  544.  Locher,  reg.  131«),  13 13,  1311.  I^'^^g.  Konst., 
n.  3906  (13 10),  n.  3907  (13  10).  Wartmann,  n.  I2n2  (i3Jv>;. 
f  nach    1320.    Wartmann,  n.    liüj   (1320J. 

Kinder:  Berthold  I.,  Friedrich  111..  Hugo  VII.,  Rudolf  IV., 
Sophie  (Thumb  v.  Neuburg).  N  (v.  Th engen),  Anna 
(v.  Eürstenberg)  s.  diese. 

f  1310,  zwischen  Mai  i.  und  Sept.  29.  Wartmann,  n.  iigo 
(1310)  und  \<^'^.  Konst.,  11.  3gi>0  (1310  y).  Zösmair  uiebt 
auf  der  Stammtatel  d.  Gr.  v.  Monlt.  u.  Werdenb.  an: 
II.  August   13 10  zu  SchalTIiausen  erschlagen. 


m22  Roller. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Reg.  Konst.,  [n.  3906 
(1310  t)].  n.  3907  (1310  t),  n.  3929  (1319  t),  n.  4206  (1330  t). 
Vanotti,  Urk.  n.  10  S.  542  (1309),  n.  12  S.  544  (1310  t). 
Zösmair,  34.  Jahrb.  des  Vorarlb.  Mus.  Ver.,  S.  51  (1296). 
Krüger,  reg.  [n.  131  (1303)]?,  n.  138  (1305),  n.  153  (1310). 
Wartmann,  n.  1032  (1282,  Hugo,  iunior  de  M.),  n.  1190(1310), 
n.   1262  (13207).    Locher,  reg.   1314  (f). 

23.  Rudolf  III ,  B.  V.  Konstanz.    1322—1334. 

Va/er:  Rudolf  II.  v.  Feldkirch.  Reg.  Konst.,n.  3920(131471. 
jMniter:  Agnes  v.  Grieningen,    s.  diese  bei  Rudolf  II.  Reg. 

Konst.,  n.  3920  (13 14). 
Mündig:  vor    1303  (?)    Reg.  Konst.,    n.    3900    (1303),   vergl. 

auch  n.  3901   (undatiert). 
Geschnisicr:  s.  bei  Hugo  IV.    Adelheid    (v.   Griesscnberg) 

ist  Rudolfs  III.  Schwester.    Wartmann,  n.   13 18  (1327). 
t  1334»    ^iJirz  27/28.    Reg.  Konst.  n.  4350   u.   4351    (1334). 

Urkundliche     Erwähnungen:     Reg.    Konst.,    n.    38g8 

(1303)—».  4355  («334)-  Krüger,  reg.  n.  156  (131 0»  n.  18; 
(1318),  n.  198  (1320),  n.  210  (1322),  n.  212  (1322),  n.  240 
(1330).  Vanotti,  reg.  n.  19  (1310),  n.  20  (1310),  n.  21  (1311), 
n.  25  (1315).  Urk.  n.  11  (1310)  S.  543,  n.  12  (1310)  S.  544» 
n.  13  (1322)  S.  544.  Wartmann,  n.  1318  (1327),  Bd.  III.,  Anh. 
n.  13  S.  849.  V.  Moor.  Urbarien  des  Domcap.  Cur.  [S.  32 
(n.  21,   1329,   Nov.   17.)]?   und    [S.   in    (Ende    14.  Jahrh.  t-)]- 

24.  Ulrich  II.,  Domherr  v.  Chur. 

l'tikr:    Rudolf  II.    v.    Feldkirch.     Reg.    Konst.,    n.    3920 

(1314  t)- 
Mutter:  Agnes  v,  Grieningen.   Reg.  Konst.,  n.  3920  (13 14). 

Mündig:  wahrscheinlich  vor    1303  Q),   Reg.    Konst.,   n.  3900 

(1303). 
Gcsihicister :  s.  bei  Hugo  IV.  und  Rudolf  III. 

Über  seinen  vermutlichen  Übertritt  vom  geistlichen  zum  welt- 
lichen Stand  vergl.  Reg.  Konst ,  n.  3899. 
V  nach  1349,  April  26.  Mohr  II.,  n.  326.  Zösmair  giebt 
den  17.  April  1350  als  Todestag  an  mit  Berufung  auf 
Vanotti,  der  den  15.  April  1350  angiebt  (beide  ohne  urk. 
I^elege). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Wartmann,  n.  1318  (1327). 
n.  1439  (1346),  Bd.  IIL,  Anh.  n.  13  S.  848.  Reg.  Konst., 
n.  3900  (1303),  n.  3906  (1310),  n.  3907  (1310),  n.  3920(1314)' 
i^.  3703  (1315)1  n.  3926  (1318).  n.  3929  (1319).  n.  3941 
(1322),  n.  40S9  (1326)  n.  4129  (1327),  n.  4143  (1327), 
"•  4145  ('3-7),  n-  4146  (1327)»  n.  416.5  (1328),  n.  4170  (1328I. 
n.  4178  (1329),  n.  4278  (133O»  "•  4349  (13-2/34).  Vanotti. 
reg.    n.   19  (1310),    n.   20  (1310),    n.   30  (1316),    n.  55  (1340), 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


in23 


58*»  (1344)»  ^'  60  (i30).  Urk.  n.  11  (1310)  S.  543,  11.  12 
310)  S.  544,  n.  13  (1322)  S.  544,  n.  18  (1344)  S.  551. 
rüger,  reg.  n.   187  (1318),  n.  198  (1320),  n.  19g  (1320),  n.  200 

320),  n.  264  (1334).  n.  275  (1338),  n.  293  (1343).  "•  3' 7 
346).  Locher,  reg.  1314.  (Juli  27.).  Mohr  II.,  n.  324 
348),  n.  326  (1349). 

[Berthold.] 

la/t-r:  Rudolf  II.  v.  Feldkirch. 
Gemahlin:  ?  Margarethe  v.  Freiburg. 

t   1314- 

Alle    Angaben    nach    Zösmair  III.,    Stammtafel    der    Gr.   v. 

ontf.  u.  V.  Werdenb.  Berthold  (13 14  f)  ist  ein  Sohn  Hugos  IV. 

:ht    dessen    Bruder    und    ist    von    Zösmair    falsch    eingereiht. 

Berthold  I. 

25.  Adelheid  (v.  Griessenberg). 

Vaier:  Rudolf  II.  v.  Feldkirch.  Adelheid  ist  als  Schwester 
B.  Rudolfs  III.,  eines  Sohnes  Rudolfs  II.  nachgewiesen,  s. 
Rudolf  III. 

^lutUr:  Agnes  v.  Grieningen,  mit  derselben  Begründung, 
die  bei  dem  Vater  Rudolf  II.  gegeben  ist. 

Gisckwisier:  s.  bei  Hugo  IV.  und  Rudolf  III. 

Gemahl:  Heinrich  v.  Griessenberg,  -J-  vor  1327,  wie  es 
scheint,  kinderlos.  Wartmann,  n.  13 18  (1327  f).  Heinrich 
wird    weiter    genannt   bei   Krüger,    reg.    n.    95  (1288)  [und 

n.   173  (1315)]? 
t  nach   1327.     Wartmann,  n.   1318  (1327). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Wartmann,  n.   13 18  (1327) 

d  Bd.  III.,  Anh.  n.   13,  S.  848.    Reg.  Konst ,  n.  4145  (1327). 

•uger,  reg.  [n.  95  (1288)],  [n.   173  (1315)]!^ 

26.  Elisabeth  (?)  (v.  Waldburg). 

Vater:  Rudolf  II.  v.  Feldkirch.     Vanotti,   S.  55  (s.  unten). 

jMuiter:  Agnes  v.  Grieningen  als  Gemahlin  des  Vaters, 
s.  diesen. 

Geschwister:  Vanotti,  S.  55  spricht  von  T6chtern^<  Rudolfs  IL, 
also  hat  Elisabeth  (?)  wenigstens  eine  Schwester  gehabt,  s. 
auch  bei  Hugo  IV. 

Gemahl',  Eberhard,  Truchsess  v.  Waldburg.  Vanotti, 
S.  55.  Die  Stammtafeln  des  mediatisiertcn  Hauses  Wald- 
burg (Stammtafel  4)  nennt  Pllisabeth,  Gräfm  v.  Montfort, 
Tochter  Rudolfs  als  Gemahlin  Eberhards  I.  (v.  Waldburg), 
welcher  1266  genannt  wird  und  1291,  Dez.  30.  starb. 
Urkundliche  Erwähnungen:    Vanotti,   S.  (55  und)  56 

im.    I    (Urk.   des   Kl.  Weingarten),  jedoch   ohne  Angabc    des 


Vornamens  (der  Vorname  Elisabeth  fiadet  (ich  auf  der  f: 
tafel  (4)  des  med.  H.  Waldb.,  s.  oben). 


27.  [N  (v.  Werdenberg).] 

Valer:    Rudolf  II.     v.    I-eldkircb.      VanoiÜ,     S. 

(ohne  Beleg). 
Müller:    Agnes    v.    Grieningen    als    Gemahlin    des  Xawis. 

s.  diesen. 
GfSfhwisler :    s,    bei    Hugo    IV,    V.    Feldkirch.     Als    Schv»Ut 
Ulrichs  II-  bezeichnet  v,  Vanotti,  S.  76  n.  77  (ohne  Belejj. 
Gtmahl:    N.    Graf  v.    Werdenberg.     Vanotti,    S.    76  11.  7; 

(ohne  Beleg). 
Kinder:  die  Grafen  Albrecht  d.  A.  und  Albrechl  d.  J.  VanpUt 
S.  76  u,  77  {ohne  Beleg). 

Die  .\ugabeD  über  diese  Tochter  Radolfa  H.  gehon  alH 
alle  auf  die  eine  Stelle  bei  Vanotti,  S,  76  u.  77  üurüclc,  wcldw 
einer  urkundlichen  Sicherung  entbehrt.  Die  Nachricht  scheint  an 
einer  Verwechslung  mit  Anna,  der  Tochter  Hugo's  VII.  v.  Tosten, 
oder  Agnes,  der  Tochter  Rudolfs  IV.  herzurühren:  doch  sind 
die  Anhaltspunkte  für  die  Annahme  einer  solchen  VerwechiknK 
nicht  genügeud  deutlich,  sodass  ein  Übergehen  in  der  ZAklnii; 
und  auf  der  Stammtafel  nicht  ratsam  erschien.  Zöunalr  oent 
weder  diese  noch  die  Tochter  Elisabeth  Rudolfs  II.  aot  MIIUI 
Stammtafel  der  Gr,  v.  Montf.  und  v.  Werdenbei^, 

aS.  Hugo  V.  V.  Bregenz. 

Vater:  Ulrich  I,  v.  Bregenz.  Vanotti,  Urk.  n.  y  (1309)  S.  340, 

MulUr:  N,  (Jräßn  v.  Matsch,  wenn  die  Angabc  ZÖbimIt  UI„ 
Stammtafel  richtig  ist  (s.  Ulrich  I.  und  s.  Gemahlin). 

Mündig:  nach  iJi^o  und  vor  1305.  B.-ReilUch,  n.  329] 
(ijqo)  und  Krüger,  reg.  n.  138  (1305). 

Gftchuislrr :  II.  scheint  nach  dem  Regest  bei  B.-Rodtich, 
n.  i2t)2,  keine  Brüder  gehabt  zu  haben,  nach  Zöuoair  eJae 
Schwester:  Agnes  f  (s.  diese). 

Gemahlin:  ?  Mechthild  v.  Kappoltstein,  nach  der  Ktauut- 
tafel  von  Zösmair  (ohne  Belege):  im  Rappoitstchier  U.  B.  ifl 
nichts  darüber  zu  finden.  Über  den  ?  Sohn  Benhold  rgl. 
diesen. 

t  '338>  ^o'  ^^ov.  8  (am  29.  März,  s.  unten).  Mnn.  Gcim.. 
necr.  1.,  S.  147,  Anm.  3  (t^^Ö)  und  Vanotti,  reg.  11.  37; 
(1338,  Nov.  8).  Seinen  Jahrtag  beging  das  Kl.  Mehreian 
am  2g.  März,  Mon,  Germ.,  necr.  I„  S.  1^7  (34.  Män)i 
sodass  1338,  Märü  39  der  Todestag  Hugo's  V,  goweten  %  ' 
mag,  Zösmair,  auf  der  Stammtafel  sotzi  ihn 
.  Juni  und  5.  Nov.    1338  (ohne  N.-icti-*.  " 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


m25 


Urkundliche  Erwähnungen:  Krüger,  reg,  n.  138  (1305, 
Gr.  V.  Bregenz),  n.  153  (13 10,  Gr.  v.  Bregenz),  n.  156  (131 1), 
n.  187  (1318).  n.  196  (1320),  n.  210  (1322),  n.  212  (1322), 
n.  248  (1330-  Vanotti,  reg.  n.  372  (1309),  n.  373  {1309), 
n.  21  (131 1),  n.  25  (1315)»  [n- 30  (1316)]?  n.  36  (1321),  n.  42 
(1330).  n.  43  (1330)»  n.  44  (1330)»  n.  4^  (^330»  "•  47  (^30. 
n.  48  (1332),  n.  50  (1333)»  n.  377  (1338  f,  Teilung  der  Erb- 
schaft unter  die  Vettern),  n.   55  (1340  f,  Teilung  der  Erbschaft 

unter  die  Vettern),  n.  63  (1347  f)»  ^^^-  "•  9  ('309)  ^^-  540» 
n.  10  (1309)  S.  541,  n.  13  (1322)  S.  544.  Wartmann,  n.  1190 
(1310),  n.  1234  (1316).  Schmid.  Hohenberg,  n.  309  (1327), 
n.  333  (1330-  Reg.  Konst.,  n.  3910  (1311),  n.  3921  (1315), 
n.  3926  (1318),  n.  3930  (1319)»  n-  394'  (1322),  n.  3951  (1322), 
n.  4022  (1325),  n.  4153  (1328),  n.  4156  (1328),  [n.  4437 
(1334)].  Mon.  Germ.,  necr.  I.,  S.  147  (Mehrerau)  März  29  und 
Anm.  3  (1307,  132 1,  1338).  B.-Redlich,  n.  2292  (1290,  Hugo, 
ehelicher  Sohn  des  (rrafen  Ulrich  v.  Montfort,  Mündel  des  Grafen 
Rudolf  V.  Montfort).  F.  U.  B.  II.,  n.  90  (13 18),  n.  107  (1320), 
n.    124  (132^). 

29.  [Agnes.] 

Vater:    Ulrich    v.   Bregenz    (für    alle   Verwandtschaftsverhält- 
nisse s.  diesen). 
Von  Zösmair  auf  der  Stammtafel  verzeichnet  (ohne   Beleg). 

30.  Hugo  VI.  V.  Tettnang. 

WUt-r:  Hugo  TU.  v.  'i'cttnang.      Vanotti.  reg.  n.    14  (1290). 
Mutier:  ?    Eleonore    (odrr    Veronika    v.    K  appoltstein). 

(s.  bei  Hugo  JH.). 
Mündig:  vor   1290.     Vanotti,  reu.  n     14   (1290). 
Bruder:  Wilhelm  11.  Vanotti,  reg.  n.    14  (1290). 
j  vor   1309,    Mai   29,    sicher  ohne  Kinder  und  wahrscheinlich 

unvermählt;    wird    in    der     Krbschaftsregelung    nicht    mehr 

erwähnt,  Vanotti,  reg.  n.  372.     f  vielleicht  schon  vor   1294, 

Wartmann,  n.   10S8  (1294)? 

Urkundliche  Erwähnungen:   Vanotti,  reg.  n.  14  (1290'*. 

31.  Wilhelm  II.  v.  Tettnang. 

laier:  Hugo  III.  v.    Tettnang.     Vanotti,  rt\^^  n.    14.  (1290}. 
Mutter:  ?   Eleonore    (oder    Veronika    v.    Rappol  tstein). 

(s.  diese  bei  Hugo   III.) 
Mündig:  vor   1290.    Vanotti,  reg,  n.    14  (i2(>ü). 
Geschwister:  Hugo  VI    Vanotti,  roj;.  n.    \.\  (1290J. 
Gemahlin  : 

I.  (?  Elisabeth  v.  Schlüssel  bürg.      Vanotti,  S.    lOii  nach 
Arzet   und    .Vndcrn).     Tochter  dieser  1    Ehe,  Mechtliild 


mzt  Roller. 

(v.  Werdenberg),  s.  diese.  Albrecht  im  Rap.  U.  B.  J., 
n.  327  Anm.  nimmt  an,  dass  die  Tochter  Mechthild  (Mätze) 
der  ersten  Ehe  entstammt. 

2.  N,  Tochter  Johanns  v.   Schwarzenberg.     Vanotli,  UrL 
n.    10  {1309)  S.  542. 

f  vor   1315,  s.  unten. 

3.  Kunigunde    v.   Rappoltstein,    Rap.   U.   B.  I.,   n.  327 
(13 15).  Wilhelm  II.  ist  der  Gemahl  der  Schwester  der  Herren 
Johann  und  Heinrich  v.  Rap.,  dieselben  haben  nach  Rap. 
17.  B.  1.,    n.   303  (1313)    ausser    2  (geistlichen)   Brüdera, 
Hermann    und     Ulrich     3     Schwestern,    Kunigunde, 
Susanna  und  Sophia.     Susanna  ist  (später)  die  Gemahliu 
des  Herrn  Walther  v,    Cieroldseck-Lahr    und  Sophie 
Äbtissin    von    Andlau    (vergl.    Rap.  U.  B.  I.,    S.    660  und 
661),    sodass   nur   Kunigunde    die    Gemahlin  Wilhelm  II. 
v.  M.  gewesen  sein  kann.     Ihre  Eltern    waren  Heinrich 
v.  Rappoltstein  (f  vor  1315)  und  Susanna  v.  Gerolds- 
eck.   Rap.  U.  B.  I.,  n.  303  (13 13).    Nach  Rappoltsteiner 
Überlieferung    soll    der  Name  der  (Gemahlin  Wilhelms  II. 
Richenza   gewesen  sein    (vergl.    Rap.    U.    B.   1.,    n.  327 
Anm.   2).    Aus    dieser  Ehe  will    Albrecht   (Rap.  U.  B.  1., 
n.  327,  Anm.)  die  Söhne  herleiten,  wofür  der  Name  des 
einen  (Heinrich)  auch  zu  sprechen  scheint. 

Kimür:  Wilhelm  III.,  Hu^o  Mll.,  Heinrich  IV.,  Ulrich  UL? 
^lechthild  (v.  Werdenberg?) und  Anna  (v.  Teck),  s. diese. 

t  vor  1353,  Nov.  3.  Vanotti,  reg.  n.  380  (1353 1  ^^»e  es 
scheint  bald  nach  dem  Tode  Wilhelms  II.  ausgestellt).  Am 
8.  Okt.  beging  das  Kl.  Mehrerau  Wilhelms  11.  (?)  Jahrtag, 
so  dass  Zösmair  Annahme  des  Todestages  zw.  1351  u. 
'353f  ^^kt  8.  (Stammtafel)  begründet  erscheint. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Krüger,  reg.  n.  160  (1312), 
n.  187  (1318),  n.  210  (1322),  n.  240  (1330),  n.  241  (i330> 
Locher,  reg.  1319.  F.  U.  B.  IL,  n.  90  (1318).  Mon.  Genn., 
necr.  L,  S.  151  (Mehrerau)  Okt,  8.  und  1342.  (Anm.).  Reg. 
Konst.,  n.  3926  (1318),  n.  3930  (»3i9)»  ^^  394'  (1322),  n.  4:04 
(133^0»  "•  4437  (1334^-  Wartmann,  n.  1088  (1294),  n.  1095 
(1296)'),  n.  1096  (1296),  n.  II 16  (1300,  Anm.).  Rap.  U.  B.  1., 
n.  327  (1315  u.  Anm.),  n.  375  (1324).  Vanotti,  reg.  n.  14 
(1290),  n.  372  (1309),  n.  373  (1309),  n.  374  (1313).  n.  22  (1314V 
"•  23(1315).  n-  24(1315),  n.  27  (1316),  n.  29(1316),  n.  31  (1317). 
n.  32  (1318),  n.  33  (1318),  n.  375  (1322,  nebst  s.  Tochter 
Mechthild,  vergl.  Urk.  n.  13),  n.  41    (1330),  n.  45  (1330)'  "•  4^ 

('330.  n.  47    ('330.    "•  53    (»33^).    "•    377    ('33«).    "•    37S 
(1330— 1340),  n.  55  (1340).  ».  ^i  (134^).  n.  379  (134^).   In.  3^0 

')  'clerici-  der  Zeujieiireihe  bezieht  sich  nicht  mehr  auf  Wilhelm 
V.  Montfoit,  sondern  nur  auf  die  beiden  folj^cndcn  Namen,  wie  der  Vergleich 
mit   Warlmann,  n.   1006  (I2c)6j  lehrt. 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


1x127 


('353  t)]»  n-  381  O354  t;.  Urk.  n.  9  (1309)  S.  540,  n.  10 
C1309J  S.  541,  n.  4  (1313)  S.  536,  n.  13  (1322J  S.  544: 
W.  II.  setzt  sein  damals  einziges  Kind  Metze,  welches  dem 
Sohne  des  Grafen  Albrecht  v.  Werdenberg  verlobt  wird  und 
damals  wohl  noch  unmündig  war,  zur  Erbin  ein  und  trifft  Be- 
stimmungen für  den  Fall,  dass  noch  mehr  Kinder  (Söhne  und 
Töchter)  ihm  (Wilhelm  II.)  geboren  werden,  n.  16  (1330 — 48) 
5.  547»  n.  17  (1338)  ^'^-  550,  n.  19  fi348)  S.  552,  n.  21  (1354  f) 
§•   554. 

32.  Berthold  I.  v.  Feldkirch. 

VaUr:  Hugo  IV  v.  Feldkirch.  Reg.  Konst.,  n.  3917  (1313) 
und  Vanotti,  Urk.  n.   10  (1309)  S.  542. 

Mutier:  Anna  v.  Ve bringen  als  (lemahh'n  des  Vaters  von 
Berthold  I.  s.  diese. 

Mündig:  Zwischen  13 10  und  13 13.  Reg.  Konst.  n.  3906 
(1310J  und  n.  3916  (1313.)- 

Gfschtvister :  s.  bei  Friedrich  III. 

Gemahlin:  Margare tha,  Tochter  des  (irafen  Heinrich  v, 
Freiburg  und  der  Anna  von  Wartenberg,  in  2.  P2he  (Jem. 
des  Grafen  Otto  v.  Strassberg  nach  Zösmair  111.,  Stamm- 
tafel und  Stalin  III.,  S.  659  (ohne  Belege). 

f  zwischen  13 13,  Mai  29.  und  13 18,  Jan.  i.  Reg.  Konst., 
^«  39»7  <I3'3)  und  n.  3926  (1318);  nach  Zösmair  III., 
Stammtafel,  f  am    16.  März    13 14  (ohne  Belege). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Reg.  Konst.,  n.  3916  (1313), 
Q«  39 '7  ('3'3»  Brudersohn  des  B.  Rudolf  III.),  Vanotti,  Urk. 
n.  10  (1309)  S.  542,  f(ir.  Berthold,  Sohn  des  Gr.  Hugo  v. 
Montfort). 

33.  Friedrich  III.  v.  Peldkirch. 

Vater:  Hugo  IV.  v.  Feldkirch.  Reg.  Konst.,  n.  3926  (1318). 
Mutier:  Anna  v.  Vehringen.  Wartmann,  n.  1262  (1320). 
Mündig:    vor    1314    (Juli  27)?  und    nach     1313    (Mai  29.). 

Locher,  reg.    1314  und  Reg.  Konst.,  n.  3917  (1313). 
Geschwister:   Berthold  I.    (nur    als    Sohn    Hugos    IV.    nach- 
gewiesen,   damit    natürlich    auch    als    Bruder    Friedrich  III., 
Hugo    VII.,    Rudolf    IV.     Reg.  Konst.,    n.    3929    (13 19), 
Sophia  (Thumb  v.  Neuburg),  N  (v.  Thengen),  s.  diese. 
Anna  (v.  Fürstenberg).   Climel-Bergmann  1.,   S.    182  n.   i 
(1318),  s.  diese, 
t  nach   1320.   Wartmann,  n.  1261    (1320).    Nach  Zösmair  111., 
Stammtafel  am   13.  (16.)  März  1321    (im  Rheine  ertrunken). 
Urkundliche  Erwähnungen:  Rrg.  Konst.,  n.  3926  ( 1318), 
n.   3929  (1319).    Wartniann,  n.  1261   (1320).    Vanotti,  reg.  n.  35 
(1320).    Krüger,  reg.  n.    187   (1318).     Locher,  reg.    1314. 


mjo  Roller. 

Müller:  Aona  v.  Vehringen,  Sophia  it^t  du: 
Hugos  Vli.,  eines  Sobaes  der  Anna  v.  V,  (». 
bei  Hugo  VI].). 
Gttchwiiler :  Hugo  VII,  fs.  obenj,  die  übrigen  s.  bei  FriedriefciB!«! 
Gimahl:  Friedrich  Thumb  v.  Neuburg,  f  vor  1316,  ManiE), 
Mohr  IL,  n.  150  (1312J  und  Reg.  Koust.,  n.  3023  fi.iHii. 
vermählt  vor  1312,  wohl  schon  vor  1301,  versl.  Mob  IL 
n.  (50  Ania. 
Kinder:  Nach  Wartmaiui.  n,  1235  f'Jiö)  sind  Kindw  vw- 
handen.  Zösmair  III.,  S.  g,  nennt  Swiggei  und  Haga 
(ohue  Belege);  vielleicht  ist  der  1329  io  Cbur  ordini«cU 
Domherr  Friedrich,  Sotm  eines  Friedrichs  dicti  TumbtD 
(v,  Moor,  Urbarien  des  Domcap.  au  Cor,  S.  31  n.  Zi:  Roil, 
comes  de  Monteforti  (introduxit)  Fridricum  äüum  domini 
Fridrici  dicti  TurobenJ  ein  Sohn  dieses  Paares,  »-oraDf  di» 
Verbindung  mit  Rudolf  v.  Montfort  (dem  B,  v.  Coiuuax?! 
zu  deuten  scheint. 

Die  Thumbe  v.  Neuburg  waren  fwenigsiens  eiui);e  Gliedn 

des    Geschlechtes)    Reichsministerialen,    vergl.    k.    B.    Re[, 

KonsL,  n.  3920,  wo  Swigger  Th.  v.  N.,  wohl  ein  Bruder  dn 

(altem)  Friedrich,  als  Ministeriale  des  Königs  bezeichnet  wird. 

f  nach    1335.     [Reg.  Konsl.  3923.] 

Urkundliche  Erwähnungen:  Wartmann,  n.  r=35 
Mohr  IL,  n.    150  (1312).    Reg.  Konst.,  0.3923   (1316). 
reg.  n.  30   (1316).      Vanotti,    S.   g8,    nennt  Sophia 
eine  Schwester  Hugo's  V.  fv.  Bregenx). 


37.  N  (Adelheid  ?)  (v.  Thengenj. 

Vaiir:  Hugo  IV.  v.   Feldkirch.     N  (geb.  Gräfin  v.  Mooifbn, 

Gemahlin  des  Edelfruicn    Heinrich    v.  Tliengen,    Ritters)  bt 

eine    Schwester    der    Grafen    Hugo   VU.    und    Rudoll  IV. 

v.  Feldkirch,  der  Söhne  Hugos  IV.  v.  Feldltfrch.  Reg.  KodU. 

n-  4313  (1333)- 
Mutter;  Anna  v,  VehrJngen  als  Gemahlin  des  Vaters  HngolV. 

(s.  diesen). 
Geschivisler :  Hugo  VII.    und  Rudolf  IV.  sind    lirüder  dieiet 
N  V.  Thengen   (s.    oben),   die   anderen   Geschwbler   3.  \m 
Friedrich  IIL 
Gemahl:    Ritter   Heinrich    (Edelfreier)    v.  Thengen.    Reg. 

Konst.,  n.  4323  (1333). 
Kinder:  Ein  Sohn    konnte    der    bei    Chmel-Bergm.  L,    S.    IQS- 
Urk.  8  (1377)  genannte    Rudolf  v,  'llicngen   gewesen    «ein. 
Ob  der  Eintrag  im  Necrol.  Wettingense  (Mon.  Germ  .  tierr.  L 
S.  591)  März  27.  (Joli.  de  Tengen,  dichis  de  Wji'^     '  '  , 
et    uxor  eiua  Adclheidis  de  Munifort  et  Nicolau^ 
miles  [etj  pater  predicte  Adelheidia,  item  Johannes 
Johannis  de  Tengen)  hierher. .^p^bl 
ausgeschlossen. 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort.  11131 

38.  Anna  (v.  Fttrstenberg). 

Vaier:  Hugo  IV.  v.  Feldkirch.  Anna  ist  (s.  unten)  als 
Schwester  der  Grafen  Friedrich,  Hugo  und  Rudolf  v.  Feld- 
kirch nachgewiesen,  welche  Söhne  Hugos  IV.  und  der 
Anna  v.  Vehringen  sind,  s.  diese. 

Mutter:  Anna  v.  Vehringen,  (s.  oben). 

Geschiüuier:  Friedrich  III.,  Hugo  VII.  u^fS  Rudolf  IV. 
V.  Feldkirch.  Chmel- Bergmann  I.,  S.  182  n.  i  (131Ö, 
ohne  Nennung  des  Vornamens  Anna«  aber  als  Gemahlin 
des  Gr.  Götz  v.  FürstenbergJ,  die  übrigen  s.  bei  Friedrich  III. 

Gemäht:  Götz,  Graf  v.  Fürstenberg.  Chmel-Bergmann  I., 
S.  182  n  1  (1318;.  f  1341  zwischen  April  12.  und  Juni  21. 
F.  U.  B.  II.,  n.  230  (1341). 

t  '34if  J^i^-  13-  (nach  ihrem  Grabstein,  auf  welchem  auch 
ihr  Vorname  Anna  genannt  ist)  F.  U.  B.  II.,  n,  226  (1341). 
Vanotti,  S.  79  nennt  sie  irrtümlich  eine  Tochter  Rudolfs  IV. 
der  aber  fs.  oben)  zur  Zeit  ihrer  Vermählung  (13 18)  noch 
unmündig  war. 

[Bcrthold.] 

Von  Zösmair  flll.,  Stammtafel)  wohl  auf  (irund  der  Urkunde 
Vanotti,  Urk.  n.  10  (1309)  S.  542,  als  Sohn  Hugos  V.  v.  Bregenz 
angegeben;  der  in  der  Zeugenreihe  dieser  Urkunde  genannte 
Hugo  ist  aber  Hugo  IV.  v.  Feldkirch;  s.  Berthold  I. 

39.  W^ilhelm  III.,  v.  Bregenz. 

Vatir:  Wilhelm  II.  v.  Tettnang.  Vanotti,  reg.  n.  381  (1354). 
Mutter:  Kunigunde  (Richenza?)  v.  Rappoltstein.  Vergl. 
Rap.  U.  B.  I.,  n.  327  (13 15  und  Anm  2)  und  bei  Wilhelm  IL, 
sowie  die  Geburtszeit  Wilhelms  III. 

Cieboren:  nach   1322.    Vanotti,  reg.  n.  375  (1322). 

Mündig:  vor  1348  (?),  sicher  vor  1354.  Vanotti,  reg,  |n.  37*^ 
(1348)].^  und  Urk.  n.   21   (1354)  S.  554. 

Geschwister:  Hugo  VIII.,  Heinrich  IV.  Vanotti,  reg.  380 
^'353)»  Ulrich  III.,  Mechthild  (v.  Werdenberg,  wahr- 
scheinlich eine  Stiefschwester)  und  .\nna  iv.  Teck),  s.  dii*se. 

Gemahlin-, 

1.  N  N,  deren  Sohn  Wilhelm  IV.  i^cwosen  ist,  wolchor 
unmöglich  aus  der  2.  Kho  stammen  kann  (s.  unten),  über 
diese  1.  Gemahlin  Wilhelms  III.  vermochte  ich  nirhis 
aufzuliiidon. 

2.  Ursula,  Gräfin  v.  Pfirt,  Witwe  des  Grafru  Hiim»  v. 
Hohenberg.  Schmid,  Ilohenberg,  n.  385  (1307  y).  Die  eiwiis 
verwickelten  Verwandtschaftsverhältnisse  diest-rl^rsula  v.  Ttiri 
stellt  die  folgende  Tabelle  dar,  deren  Nummern  auf  <li«- 
Urkunden  bei  .Schmid,  llohcnberi;  \er\vei?on. 


m32 


Roller. 


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Die  Stimmtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


m33 


Ursula  V.  Pfirt  starb  vor  1367.  Schmid,  Hohenberg,  n.  585 
{ 1367  f ).  Ihren  Jahrtag  beging  das  Kl.  Mehrerau  am  5.  Mai. 
Mon.  Germ.,  necr.  I.,  S.  148  (Ursula,  com",  de  Phirt).  Hugo 
V.  Bregenz,  der  bei  Schmid,  Hohenberg,  n.  594  genannt  wird, 
scheint  ein  Spross  dieser  (2.)  Ehe  gewesen  zu  sein,  (s.  diesen). 
f  vor   1369,  (Febr.  9.)?  Vanotti,   [reg.   n.   90  (1369)]. 

Da  Wilhelm  III.  nur  sehr  kurz  selbständiger  Graf  v.  Bregenz  war 
d  sein  Bruder  Heinrich  ihn  sehr  lange  überlebte,  verschieben  sich 
i  Generationen  in  ihrem  urkundlich  erkennbaren  Zusammenwirken, 
dass  die  Söhne  Wilhelms  III.  mit  ihrem  Oheim  Heinrich  v.  Tett- 
ng  auf  gleicher  Linie  zu  stehen  scheinen  und  ebenso  die  Söhne 
iinrichs  v.  Tettnang  mit  den  Enkeln  seines  Bruders  Wilhelms  III. 
Ih'g  gleichzeitig  Urkunden.  Vanotti  S.  162  und  163  verschmilzt 
:  beiden  Grafen  Wilhelm  III.  und  lY.,  deren  Trennung  in  zwei 
»onderte  Personen  (Vater  und  Sohn)  aus  Vanotti,  reg.  n.  86 
^67)  deutlich  hervorgeht;  der  hier  genannte  Wilhelm  d.  ä. 
nn  nicht  der  schon  vor   1359  gestorbene  Wilhelm  11.  sein. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  [n.  379  (1348)]? 

380  (1353)»  n-  381  (1354)»  n-  75  ('359)»  n.  86  (1367),  n.  87 
;67),  n.  88  (1368),  n.  89  (1368).  Urk.  n.  20  (1333)  S.  553, 
21  (1354)  S.  554.  —  reg.  n.  74  (1359,  Ursula  v.  Pfirt).  Schmid, 
•henberg,  n.  585  (1367),  n.  586  (1367),  n.  587  (1367),  n.  588 
^67).  n.  590  (1367)»  n.  593  (1367)»  i^-  594  (1367)1  n.  595 
J67). 

40.  Hugo  VIII.  V.  Tettnang. 

la/er:  Wilhelm  II.  v.  Tettnang.  Vanotti,  reg.  n.  380  (1353). 
Mutter:  Kunigunde  (Richenza?)  v.  Rappoltstein.    Vergl. 

Rap.  U.  B.  I.,  n.  327  (1315  und  Anm.  2)  und  bei  Wilhelm  II., 

sowie  die  Geburtszeit  Hugos  VIII. 
Geboren:  nach   1322.    Vanotti,  reg.    n.  375  (1322), 
Mündig:  vor  1353.    Vanotti,  reg.  n.  380  (i353)- 
Geschtüister :  s.  bei  Wilhelm  III. 
Gemahlin:   (?  Bcrtha   v.    Kirchberg,    auf    der    Stammtafel   von 

Zösmalr  III.  angegeben,   ohne  Belege  und  wohl  infolge  von 

Verwechslung  mit  der  2.  Gem.  Hugos   VII.). 
f  zwischen   1353,  Nov.  3.   und    1354,   Mai  26.    (ohne  Kinder 

zu  hinterlassen).    Vanotti,   reg.   n.    380   (1353)    und   n.  381 

^354). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  [n.  65  (1347)]? 

380  (1353).    Urk.  n.  20  (1353)  S.  553- 

41.  Heinrich  IV.  v.  Tettnang. 

Vater:  Wilhelm  II.  v,  Tettnang.  Vanotti,  reg.  n.  381  (1354). 
Mutter:   Kunigunde    (Richenza?)  v,  Rappoltstein.     Rap. 

U.  B.  I.,  n.  327  (13 15  und  Anm.  2).  S.  auch  bei  Wilhelm  II., 

und  die  Geburtszeit  Heinrichs  IV. 

Mitt.  d.  Bad.  Hin.  Kom.  Nr.  ai.  ^ 


»34 


Roll 


:  nach  1322.  Vanotti,  re 
1353.  Vanoiti,  reg. 
,  bei  WUhalm  111. 


n-  375  Oi")- 
580  (1353). 


Geboren: 

Mündig: 

Gtschwiskr:  • 

Gemahlin: 

i.  Adelheid,  Gräfin  v.  Habsburg-Laufenbnrg.  Vinoiti, 

S.    1 1 7  ff.  giebt  diese  Nachricht,  zwar  ohne  Belege,  dodi 

mit    Erwälmung  der    Mitgift.     £ine    indirekte    Bestätigung 

giebt  die  Urli,  n.  894  (1395)   in  Herrgotts    Gen.  Haliib, 

Cod.  prob.,  S.  773,  in  welcher  Rudoll  VI..  Solm  Heinrich», 

dea  Grafen  Job.   v.  Laufenburg  s.    Oheim   neniiL    Nach 

Vanotti,  S.    iiq  starb  Adelheid  um  1370.    (Belege  fehlenV 

2.  Klara  (?  Anna)  v.  Eilerbach.    Vanotti,   S.  119  bericiiUl 

auf  Grund  einer    nicht    Daher    bezeichneten  Urkamle  to« 

1384  von  dieser  Heirat;    KJara  war   damals  schon  Witw» 

(eines  Herrn  v.  Ellerb.)    und    hatte    .{  Söhne    erater  Ehe. 

Die  2.  Ehe  ging  sie  vor   1374  Aug.  28.  ein  (lucb  Vauom. 

S,  1 19  imter  Berufung  auf  ein  Manuscr.  nach  einer  altem 

Chronik). 

Kinder:  Heinrich  V.  (?).  Rudolf  VI.,  Wilhelm  V.,  Hugo  XI- 

Anna,  Kunigunde  und  Klara,  fs,  diese).    Eine  Scheidung 

dieser  Kinder  nach  den  beiden  Ehen  ist  nicht  völlig  doidi- 

zuluhren,  und  wird  erst  bei  der  Besprechung  der  eimelneii 

Kinder  versucht. 

t  vor    18.    Okt.    1408    (überlebt    und    beerbt    von    s.    Sihaen 

Rudolf  und  Wilhelm).    Vanotti,  reg.  n.  389  (1408^ 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotü,  reg.  n.  380  {1353). 

n-  38'  ('354).  f.  76  (1360I,  n.  77  (1360),   n,   79   (13Ö1,  nÜA 

Kriäger   1362)  =  «,  382(1361,  nach  Krüger  1362),  n.  8/ (l  Jti7}i 

n.  89  (1368),    n.    90    (1369),    n.    117   {1384).    n.     I18    (1386). 

n.    121   (1386).  n.    129  (1389J.    n-    385  O389),    n.     14&    (1400)1 

n.   150  (1402),  n.   151   (1402),   n.  38S   (1404).    n.     15«   (»W)^ 

n.   160   {1405),   n.    162    (1406),    n.    389   [1408  f).    Urii. 

("353)  S.  553.  n.  21  (1354)  S.  554,  n.  2J  (1361)  S.  535,  tt.  JJ 

(1384)  S.  559,  n.  27  I1389J  S.  563.  n.  32  (1403)  S.  375,  n.  ^^ 

(1408  f)  S.  578.  Krüger,  reg.  n.  38b  (1362,  3.  Vanotti,  reg,  n.  ;q 

und  n.  382  zu    1361),    n.    536    (1393).    ".   5^2  (1395),    n,    614 

(1399),  n.  628  (1401),  n.  649  (1404).  a.   1144    (1404),  n.    655 

(1405),  n.  t.75  ([405).    Wanmaim,  n.  1329  (1357).    F.  ü.  B.  H^ 

n.  444  (1371).  111.,  n.  120  (1418  t),   Schmid,  Uöbenbetg,  n,  SS7 

('367)'  1.  590  (131^7)'  f-  595  ('367)- 


4a.  ?  Ulrich  111, 

Wilhelm  II.  v,    ÜregenK.    dessen   jüngster  Sol 
war;  nach  Zösmair,  s.  unten. 
Mttittr:  Kunigunde  v.  Rappoltatoin;  ».  bei  TNOttimA 
iSie  Geburtszeil  Ulrichs  UI.  n 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


m35 


t   *353  {^9^  ^®™  Vater). 

Diese  Angaben  macht  Zösmair  IL,  S.  37   und  38  und  III., 
Stammtafel  ohne  Belege. 

43.  Mechthild  (Mätze,  ?  v.  Werdenberg). 

Vater:  Wilhelm  II.  v.  Tettnang,  dessen  ältestes  und  1322 
einziges  Kind  M.  war.    Vanotti,  reg.  n.  375  (1322). 

Mutter:  i  Elisabeth  v.  Schlüsselburg,  wie  Albrecht  (Rap. 
U.  B.  I.,  n.  327  Anm.  2)  annimmt,  oder  N  v.  Schwarzen- 
berg;  (die  3.  Gemahlin,  Kunigunde  v.  Rappoltstein  könnte 
die  Stiefmutter  Mechthilds  gewesen,  und  die  3.  Ehe 
Wilhelms  IL  (seit  1315)  bis  1322  kinderlos  geblieben  sein). 

Geboren:  vor  1322,  Vanotti,  reg.  n.  375  (1322),  und,  wenn  dit* 
oben  ausgesprochene  Vermutung  richtig  ist,  auch  vor  131s. 

Geschwister  (Stiefgeschwister?):  s.  bei  Wilhelm  III.  (Mechthikl 
wird  nur  dies  einemal  genannt,  und  damals  hatte  sie  noch 
keine  Geschwister). 

Verlobt:   1322   dem   Sohne    (Albrecht)    des   Grafen   Albrech' 

V.  Werdenberg  (Heiligenberg).  Vanotti,  reg.  n.  375  (1322)  — 
Krüger,    reg.    n.    218    (1322).     Ob     die     Heirat    zustande 
kam,    ist    nicht    nachzuweisen.    Vergl.    Krüger,    Tabelle  IL, 

VI.  Generation. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  n.  375  (1322). 
Krüger,  reg.  n.  210  (1322). 

44.  Anna  (v.  Teck). 

Vater:  Wilhelm  IL  v.   Tettnang.    Stalin  IIL,  S.  697  (698"). 
Alutter:   Kunigunde  (Richenza?)  v.  Rappoltstein.    Vergl. 

die  Angabe  über  die    (leburtszeit    (nach   1322)   Annas    und 

der    Zeit     der    Vermählung     der     Eltern     (vor     131s)    bei 

Wilhelm  IL 
Geboren:   nach   1322,  Sept.    16.,   wohl   aber    noch    im   Jahre 

1322    selbst,     vergl.    Schmid,    Hohenberg,    n.    378    (133Ö, 

Juni  18.)    Anna  scheint  demnach  das  2.  Kind  Wilhelms  IL 

zu  sein.    Vanotti,  n.  375  (1322). 
Geschwister',  s.  bei  Wilhelm  IIL 
Gemahl:  Friedrich,  Herzog   v.    Teck,   Sohn    des  (1313  f' 

Hermann  v.  Teck.    Schmid,  Hohenberg,  n.  378  (1330)  und 

Stalin  IIL,  S.  6g7  (698™). 
•f-  nach   1336,  Juni   18. 

Urkundliche  Erwähnungen:   Stalin  IIL,   S.  697   (ögS  "'). 
Schmid,  Hohenberg,  n.  378  (i33^>). 

45.  Agnes  (Nesa,  v.  Bregenz). 

Vater:  Hugo  VII.  v.  Tosters.  Krüger,  reg.  n.  379  11300, 
ältere  Tochter  Hugos). 


<««' 
i 


I 


0)36  Rolh-r 

Mullt-r:  Bettha  v.  Kirchberg  Krüger,  reg.  n.  37Q  (13801, 
Zösmair  II.,  S.  40,  nennt  (uhne  Quellenangabe,  wohl  oui 
auf  Kombi iiatiouen  gestützt)  Margarethc  v.  Pürsienber];  all 
Mutter,  doch  widerspricht  dieser  Angi>l>e  das  oben  augcfüfaite 
Regest  Knigeia. 
Geboren:  zwischen  1341  und  1300,  wozu  das  hier  oben 
und  bei  Margaretha  v.  Fürstenberg:  bemerkte  va  vergMiiui 
ist;  auch  ist  zu  berücksichtigen,  dass  Agnex  die  äliwt 
Tochter  Hugos  war  und  im  Gegensatze  zu  ihrer  Scirmtet 
Anna  1360  bereits  veriobt  (wohl  kaum  verlieintel,  1, 
unten.) 
Gesrhwister:    Anna  fjüngete  Schwester).     KrQger,  reg.  n,  j;^ 

(1360)  und  n.  417  {1375I. 
(ifmahl: 

[1.  ?  Heinrich,    Graf  v.   Werdenberg-Shefneck,  Sobti 

.Albrechts  (11.  be«.  III.)   v.  Werdenberg-Heiligcnbeiij,  od. 

?  Heinrichs  jöngerer  Bruder  .\lbrecht  lIV,  od.  V.  v.  W.. 

Heiligenberg).      Nach    Kriiger,    reg,    n.    379    (1360)    wit 

Agnes  (Nesa)  etnera  Sohne  Albrechts  d.  j.  verlobt,   *öhl 

kaum  vermählt,  weil  sie  1375  bereits  mit  Konrad  v.  Bregeu 

verheiratet   war,    während    in    diesem   Jahre   dhiM   boidn 

Söhne  Albrechts  fll.  od.  III.)  noch  lebten.    fDie  Aogabn 

i^Ösmairs  III.  auf  der  Stammtafel  widersprechen  eiinnd«r}> 

Dass  es  sich  bei   diesem  Bräutigam   um  einen    nnbelpuiitt 

gebliebenen  Sohn  Albrechts  |  II.  od.  III.)  handele,  ist  kaoo 

anzunehmen;    auch    für    Albrechls    beide    älteren    Söbne 

Hugo  und  Albrecht  flll.  oder   IV.)  gilt  dasselbe    wie   iBr 

ihre  beiden  jüngeren  Brüder]. 

2.  Konrad,  Graf  v.  Monlfort-Üregeu)!  fs.  diesen,  dafflM 

auch  die  Kinder  dieser  Khe).    Krüger,  reg.  n.  437  ftjys). 

f  nach    1384,    Vanotti,  reg.  n.    115  (1384).     Ihren  (?)  j»!iili< 

Bcheini  das  Kl.  Mehreran  am  30.  Märe  begangen  lu  haheiL 

Mon.   Germ.,  necr.  I.,  S,    147   {März  30,) 

ürkundliclie  Krwähnangen:  Vanotti,  reg.  n.  Ii5(ij84>> 

Krüger,  reg.   [n.   376   (1360)],  n.   379   {1360J,   n.  4S7   {tSW. 

[n.  432  (1377)].  n.  479  (1384)- 


Vater:    Hug< 


46.  Anna  (v.  Werdenberg). 

Krüger,    reg.    n.  379  fljÖO. 


^  Tochter  Hugo's  VII.). 

Muiter:  ßertlia  v.  Kirchberg.     Krüger,  reg.  11.  379  (1360): 

vergl.   die  bei  Agnes  (v,   Bregenz)  gemachten  Bemerk ungtin. 

ieborrn:    zwischen    1341    und    1360,    vergl.    die    bei   A^iKl 

(v.  Bregenz)  gumachti^n  Bemerkungen,  welchen  hier  XUiuÄgeo 

ist,  dass  Anna  1360  noch  niclil  vcrm^t  (be«.  verlobt,  Kid^er, 

reg.  n.  379)  und  wahrscliuinlich 

ktoiiUr:  .Agnes  (v.    1 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


ni37 


Gtmahl:  (nach  1360,  s.  oben)  Heinrich,  Graf  v.  Werden- 
berg-Heiligenberg. Krüger,  reg.  n.  427  (1375),  Heinrich 
zu  Rheineck,  Sohn  des  Grafen  Albrecht  III.  v.  Werdenberg- 
Heiligenberg  starb  vor  1390,  vergl.  Zösmair  III.,  Stammtafel, 
woselbst  auch  drei  Kinder  dieser  Ehe,  Rudolf,  Hugo  VI.  und 
Heinrich  angeführt  sind;  doch  hat  Zösmair  an  der  ent- 
sprechenden Stelle  in  der  Stammtafel  des  Hauses  Montfort 
die  Gemahle  der  beiden  Schwestern  verwechselt. 

+  nach   1379.     Vanotti,  reg.  n.    iio  (1379). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  n.  110  (1379). 
Krüger,    reg.  [n.  376   (1360J],    n.    379   (1360),    n.   427    (1375), 

[ö.  432  (1377)].  n-  451   (1379)- 

47.  Ulrich  IV,  V.  Feldkirch. 

Vaitr:  Rudolf  IV.  v.  Feldkirch.  Krüger,  reg.  n.  370  (1359). 
Vanotti,  S.  85,  nennt  Ulrich  IV.  den  zweiten  Sohn  Rudolfs  IV. 
(ohne  Beweis  oder  Quellenangabe). 

Mutter:  Anna  v.  Schelklingcn.  Ulrich  stammt  aus  der  i.  Ehe 
seines  Vaters  mit  Anna  v.  S.,  nicht  aus  der  2.  Ehe 
mit  Elisabeth  v.  Nellenburg,  weil  diese  bei  Vanotti,  Urk. 
n.  24  (1375)  S.  557,  die  Stiefmutter  des  jungem  Bruders, 
Rudolfs  V.  genannt  wird,  auch  ist  Ulrich  1357  bereits 
mündig,  während  die  2.  Ehe  seines  Vaters  um  diese  Zeit 
wohl  noch  nicht  geschlossen  war. 

Mündig:  vor   1357.     Krüger,  reg.  n.    1133  (i357)- 

Geschwister:  Rudolf  V.,  Hugo  IX.,  Berthold  II.  Krüger, 
reg.  n.  1133  (1357).  ?  Ursula  (v.  Altstetten),  s.  diese. 
Agnes  (v.  Brandis)  und  Anna  (v.  Hewen),  s.  diese  und 
bei  Rudolf  V.,  ?  Sophia  (Guta?),  s.  diese. 

Gemahlin:  1362.  Johanna  v.  Carrara,  Herzogin  v.  Padua. 
Nach  Vanotti,  S.  85  (unter  Berufung  auf  die  Montforter 
Hauschronik),  wozu  auch  Chmel-Bergmann  I.,  S.  1 72  u.  Anm.  3 
zu  vergleichen  ist. 

t  (1366  oder)  1367  in  Rhodos  (?).  Nach  Vanotti,  S.  84 
(Quelle:  die  Montforter  Hauschronik.)  doch  beruht  diese 
Angabe  der  Hauschronik  möglicherweise  auf  Verwechslung 
Ulrichs  IV.  mit  seinem  Bruder  Hugo  IX.  (s.  diesen). 
Urkundliche  Erwähnungen:  Krüger,  reg.  n.  364  (1357), 
n-  ««33  (1357).  "•  370  («359).  n.  372  (13^0),  n.  37b  (1360), 
0-  383  («361),  [n.  401    (1365)]?    Locher,  reg.    1362   (.^pr.  8.). 

48.  Rudolf  V.  V.  Feldkirch. 

Vater:  Rudolf  IV.  v.  Feldkirch.    Krüger,  reg.  n.  364  ^1357). 
Mutter:  Anna  v.  Schelklingen;  die  2.  (Vemahlin  des  Vaters, 

Elisabeth  v.  Neuenbürg  wird  Stiefmutter  Rudolfs  V.  genannt. 

Vanotti,  Urk.  n.  24  (1375)  S.  557. 


m38  Roller. 

Mündig:    vor    1357.     Kruger,    reg.    364    (1357,    Domproptt 

V.  Chur). 
GeschwisUr:    s.    bei    Ulrich    IV,    Agnes    (v.    Brandis)    und 
Anna  (v.  Hewen),    Vanotti,  reg.  n.  99  (1375)  und  Krüger, 
reg.  n.  424  (1375,  für  Agnes)  und  n.  426  (1375,  für  Anna). 
Für  seine    geistliche  Laufbahn  (Dompropst  v.  Chur)  vergl. 
Krüger,  reg.  n.  364  (i357)»  "•  37^  (13M  und  Locher  reg. 
1362  (April  8.),  sowie  Zösmair  IlL,  S.   16  und  Anm.  2. 
Gemahlin :  Agnes,  (G  r  ä  f i  n)  v.   Matsch.    Krüger,  reg.  n.  5 1 7 
(i  391,  als  Witwe).   Für  ihre  Eltern  (Vogt  Ulrich  IV.  v.  M.  und 
Agnes,  Gräfin  v.  Kirchberg),  ihre  2.  Ehe  mit  Hermann,  Graf 
V.  Tierberg    und   ihr    142 1   zu   Meran   erfolgten  Tod   vergL 
die    Angaben  Ladurners  (16.  Heft)    S.   194    ff.    und  S.  200. 
Die  Ehe  blieb  kinderlos.     Krüger,  reg.  n.  50g  (1390). 
t   1390,  Nov.  17.,  beigesetzt  in  Feldkirch.  Mon.  Germ.,  necr.  L, 
S.  644  (Cur.  lib.    anniv.),   nach   urkundlichen    Erwähnungen 
starb  er  zwischen  1390  Okt.  12.  und  Dez.    17.    Locher,  reg. 
1390  (Okt.   12.)  und  Krüger,  reg.  n.  509  (1390,  Dez.  17.  t)- 
Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  n.  89  (1368), 
n.  98  (1375)»  n.  99  (1375),  n.  384  (i375)»  n.  loi  (1376),  n.  103 
(1377),    n.   104  (1377)»    n.   105  (1378),    n.    106  (1378),    n.  107 
(1379),    n.   119  (1386),    n.    123  (1387),    n.   126  (1388),    n.  128 
(1389),  n.   132  (1390,  Dez.  17.  t).  n.  133  (1391  f)-    Urk.  n.  24 
0375)»  S.  557.     Krüger,    reg.    n.    364    (1357).    n.    370   (1359), 
n.  372   (1360),    n.  376  (1360)»    n.  413  (1369),    n.    424    (1375). 
n.  425  (1375).    n.  426  (1375)»    n.  43^  (i377)»    «•    43^    (U77)- 
n.  432  (1377).    n.  438  (1378),    n.  442  (1379),    n.    446    (i379)» 
n.  451   (1379).  1^-  488  (1387),  n.  503  (1389)»  n-  5^9  (»39^  t). 
n.  511  (1391  t),  n.  517  (1391  t),  n.  537  (1393  t)»  «•  5^1  (i395t)- 
Mohr,  reg.  Pfävers,  n.  266  (1377),  n.  267  (i377)i  "•  283  (1382), 
n.   290  (1386,  S.  42).     Locher,    reg.    1362,    1375,   1390.     Mon. 
Germ.,  necr,  L,  (Cur.  lib.  anniv.),  S.  644  (1390,  Nov.    17.  f). 


49.  Hugo  IX.  (v.  Feldkirch). 

Vater:  Rudolf  IV.  v.  Feldkirch.  Krüger,  reg.  n.  1133  (1357). 

Mutier:  Anna  v.  Schelkiingen  (?).  Hugo  stammt  höchst- 
wahrscheinlich aus  der  i.  Ehe  seines  Vaters,  nicht  aus  der 
2.  Ehe  desselben  mit  Eh'sabeth  v.  Neuenbürg,  da  Hugo  IX, 
1357  schon  mündig  ist  (s.  unten),  und  die  2.  Ehe  seines 
Vaters  erst  später  geschlossen  zu  sein  scheint,  vergl.  auch 
die  Bemerkungen  bei  Rudolf  V. 

Mündig:  vor   1357.     Krüger,  reg.  n.  364  (i357)- 

Geschivisiir :  s.  bei  Ulrich  IV.  und  Rudolf  V. 

j  1363.  Aug.  19.  (?).  Mon.  Germ.,  necr.  L,  (Mehrerau).  S.  150 
(Aug.  19:  Hugo  com.  de  Monteforti,  qui  in  partibus  trans- 
marinis   in   insula  Cypro    sepultus  est    1363)    kann   nur  aaf 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


m39 


diesen  Hugo  bezogen  werden,  da  alle  anderen  gleichnamigen 
Grafen  v.  M.  in  diesem  Jahre  schon  gestorben  waren  oder 
nachweislich  noch  lebten.  Auch  scheint  diese  Nachricht 
in  Zusammenhang  mit  der  von  Vanotti  S.  84  von  Ulrichs  lY. 
Tod  (t  1366  od.  1367  in  Rhodos,  —  auf  Grund  der  Haus- 
chronik, s.  Ulrich)  gegebenen  zu  stehen.  Zösmair  (III., 
Stammtafel,  und  S.  15)  setzt  Hugo's  IX.  Tod  auf  1360, 
Juli  5.,  wohl  auf  Grund  des  Eintrags  im  Anniv.  der  Johanniter 
zu  Feldkirch,  (herausgegeben  von  Zösmair  im  30.  Jahrb.  des 
Vorarlb.  Mus.  Ver.).  Da  Hugo  allerdings  1360,  Juni  26.  zum 
letzten  Male  urkundlich  erwähnt  ist,  steht  von  dieser  Seite 
der  Angabe  Zösmairs  nichts  im  Wege.  Doch  ist  die 
Bezeichnung  »iunior«,  die  dieser  Hugo  erhält,  sonst  nicht 
bei  Hugo  IX.,  auch  bei  Lebzeiten  seines  Oheims,  Hugo's  VII. 
v.  Tosters  nicht  gebräuchlich,  — -  allerdings  wird  er  immer 
mit  Vater  und  Brüdern  zusammen  genannt  —  so  dass  dieser 
Zusatz  »iunior«,  mir  im  Gegensatze  zu  Hugo  IX.  und  nicht 
zu  Hugo  VII.  zu  stehen  scheint.  Vergl.  die  Bemerkungen 
zu  Hugo  VII.  und  Ulrich  IV. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Krüger,  reg.  n.  364  (1357), 
1*33  (1357)»    n.  370  (1359).    n.  376    (1360).     Mon.  Germ. 
er.  I.,  (Mehrerau),  S.   150,  Aug.   19.  (1363)  (?) 


50.  Berthold  IL  v.  Feldkirch. 

Vater:  Rudolf  IV.  v.  Feldkirch.    Krüger,  reg.  n.  1133  (1357). 

Mutter:  Anna  v.  Schelklingen  (?).  Die  bei  Hugo  IX. 
gemachten  Bemerkungen  gelten  auch  für  Berthold  II. 

Mündig:  vor  1357.     Krüger,  reg.  n.   11 33  (1357). 
Geschwister :  s.  bei  Ulrich  IV.  und  Rudolf  V. 

f  nach  1360  (?).  Vanotti,  S.  85  Anm.  2,  giebt  an,  dass 
Berth.  noch  1360  urkundlich  vorkomme.  Dagegen  giebt 
Zösmair  III.,  S.  15  und  in  der  Stammtafel  1358  als  Todesjahr 
an.  Allerdings  ist  1357  das  letzte  Jahr,  in  welchem  Berthold 
nach  dem  mir  vorliegenden  (gedruckten)  Material  erwähnt 
wird  (Krüger,  reg.  n.  1133  u.  364)  und  im  folgenden  Jahre 
(Krüger,  reg.  n.  370)  wird  er  nicht  mehr  mit  seinen  Brüdern 
zusammen  genannt,  doch  ist  auch  Hugo  IX.  einmal  (Krüger, 
reg.  n.  372  v.  J.  1360)  nicht  genannt,  wo  man  es  hätte  erwarten 
können,  so  dass  Vanottis  Angabe  immer  noch  anzunehmen 
ist,  solange  die  Belege  zu  der  zweiten  Angabe  Zösmairs 
fehlen.  Nach  der  Reihenfolge,  welche  die  Urkunden  ein- 
halten, ist  Berthold  der  jüngste  Sohn  Rudolfs  IV.,  Vanotti, 
S.  85,    nennt  ihn  jedoch  den    ältesten  Sohn  (ohne  Belege). 

Urkundliche  Erwähnungen:   Krüger,  reg.  n.  364  (1357)» 
"«33  (»357)-     (Vanotti,  S.  85  Anm.  2,   1360.) 


m40 


Roller. 


51.  ?  [Ursula  (v.  Altstetten).] 

la/er:  Rudolf  IV.  v.  Feldkirch. 

Gemahl:  Dietrich,   der  Maier  v.  Altstetten.    Beides  nach 

Angaben  Weizeneggers  (II.,  S.  36)  ohne  Belege. 
Obschon    die  JNIaier  v.  A.    wiederholt   in    den  Urkunden  der 

Familie  genannt  werden,   z.  B.  Krüger,    rtg.  n.  332  (1349). 

findet  sich    nirgends    eine    Spur   einer  Verwandtschaft  oder 

Verschwägerung  mit  den  Grafen  v.  Montfort, 


52»  Agnes  (v.  Brandis). 

Vaier:  Rudolf  IV.  v.  Feldkirch.    Vanotti,  reg.  n.  gg  (1375. 

Agnes,    Schwester    des    Grafen    Rudolfs  V.    v.    Feldkirch; 

Rudolf  V.   ist   bereits   als   Sohn   Rudolfs  IV.    nachgewiesen, 

s.  oben.). 
Mutter:    ?  Anna   v.    Schelklingen.     Für    eine   Tochter  der 

Elisabeth    v.   Neuenbürg   (s.  Rudolf  IV.),    scheint  Ag.  nicht 

jung  genug,  da  sie   1371   schon  einen  mündigen  Sohn  hatte. 

Krüger,  reg.  n.    1137  (1371). 
Geboren:  nach    1332  (?)  und  vor   1362  {}),  wenn  Agnes  aas 

der    I.  Ehe    des  Vaters   stammt,    s.    bei  Rudolf  IV.;    versl. 

auch  Krüger,  S.  406  ff. 
Geschwister:  s.  l)ei  Ulrich  IV.  und  Rudolf  \'. 
Gemahl: 

1.  Hartmann,    Graf   v.    Werdenberg-Sargans,     f   vor 
1379.     Krüger,  reg.  n,  442  (i379)- 

Kinder  aus  dieser  f-he :  i .  R  u  d o  1  f  v.  V  a  d  u  z.  f  1 507. 
2.  Heinrich  v.  Sargans^).  f  1379.  3.  Hartinanii 
V.  Sargans,  B.  v.  Chur.  f  1416.  vergl.  Krüger. 
S.  406 — 419. 

2,  (Thüring?)    v.    Brandis.      Krüger,    reg.    n.  605     (139S. 
ohne  den  Vornamen,  denselben  giebt  Krüger,  S.  318,  3ii>.. 

Kinder  aus  dieser  Ehe:  Wolfhart  und  Ulrich-Thürin;^. 
Krüger,    reg.    [n.  430    (1377)]    und    n.  605    (i3qS', 
Vanotti ,    S.    86,    hält    die    Gemahlin    des    Heinrich 
V.  Sargans,  und  die  Thürings  v.  Brandis  irrtümlicher- 
weise für  zwei  verschiedene  Personen. 
Für  Beseitigung   der    Zweifel    an    dem  Vornamen    Agnes,    die 
Krüger   (S.  307)   ausspricht,    ist  Vanotti,    reg.    n.    99  (1375 
entscheidend;    da   Anna,    die    zweite  Schwester    sicher   eine 
Frau  V.   Hewcn  war,   kann  die  Gräfin   v.  Sargans  nur  Agnes 
gewesen  sein,  —  von  der  ganz  unsicheren  Ursula,  sowie  von 
Sophia  kann  hierbei  völlig  abgesehen  werden. 
t  vor    .379.     Krüger,  reg.  n.  442   (1379  t) 

*)  ileinrich>    Gemahlin    war  Katharina    v.   Wcnlenberg,    nach    Krüger. 
reij.  n.  561   (1395). 


Die  Stamm tafelder  Grafen  von  Montfort. 


m4i 


Urkundliche  Erwähnungen^):  Vanotti,  reg.  n,  99  (1375). 
<iüger,  reg.  [n.  424  (1375)]»  [n.  43°  (i377)].  [»•  430  (»378)], 
n.  442  (1379  t)]»  [n.  561  0395  t)].  [»-  605  (1398  t)]. 


53.  Anna  (v.  Hewen). 

Va/er:  Rudolf  IV.  v.  Feldkirch.  Anna  ist  als  Schwester 
Rudolfs  V.,  eines  Sohnes  Rudolfs  IV.  nachgewiesen,  s,  unten 
und  bei  Rudolf  IV. 

Müller:  ?  Anna  v.  Schelklingen.  Die  bei  Annas  Schwester 
Agnes  (s.  diese)  angeführten  Gründe  gelten  z.  T,  auch  hier. 

Geboren:  s.  bei  Agnes  (v.  Brandis). 

Gischwisier:  s.  bei  Ulrich  IV.  und  Rudolf  V. 

Gemahl:  Johann  v.  Hewen.  Vanotti,  reg.  n.  98.  Joh.  v.  H. 
lebt  noch  1381,  ist  ein  Sohn  Peters  v.  Hewen  und  der 
Katharina,  Gräfin  v.  Fürstenberg.  F.  U.  B.  II.,  n.  494 
(1381,  S.  321/22J. 

f  vor   1381.     F.  U.  B.  II.,  n.  494  (1381  f). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  n.  98  (1375), 
n.  99  (1375).  Krüger,  reg.  n.  426  (1375).  Chmel-Bcr«rmann  IL, 
5.  36  n.   20  (1375).     F.  U.  B.  IL,  n.  494  (1381    f). 


54.  [?  Sophia  (Guta  ?,  v.  Ramschwag).] 

Vater:  Rudolf  IV.  v.  Feldkirch.     Zösinair,  s.  unten. 
Gemahl:  Burkhard  v.  Ramsch  wag. 

Nach  Zösmair  IIL,  S.  16  (ohne  Nachweise).  Auf  der  Stamm- 
tafel nennt  er  diese  4.  (bei  ihm  3.)  Tochter  Rudolfs  Guta 
V.  Ramschwag,  lässt  aber  ihre  Abstammung  von  Rudolf  IV, 
unsicher. 


55.  Wilhelm  IV.  v.  Bregenz. 

Vater:  Wilhelm  III.  v.  Bregenz.    Vanotti,  reg.  n.  86  (1367), 
Mutter:  die  erste,  bisher  nicht    bekannt   gewordene  Gemahlin 
Wilhelms  IIL,  s.  diesen. 

Mündig:  vor  1367.  Vanotti,  reg.  n.  86  (1367).  Wilht*lni 
muss  ziemlich  frühe  geboren  sein,  weil  er  bei  seinem  vor 
1379  erfolgten  Tode  (s.  unten)  mehrere  erwachsene  Kinder 
hinterlüsst. 

Geschwister:  Hugo  X.  (Stiel bruder?)  und  eine  ungenannte 
Schwester  ?  (v.  Rotenburg)  s.  diese. 


>)  Agnes  wird  nur  einmal  mit  Namen  (Vanotti,  re^.  n.  ()<)^  sonst  immer 
ohne  Namennennung  angeführt  (also  in  allen  Kcgcstcn  bei  Krüger.. 


m42 


Roller. 


Gemahlin:  Ursula,  Gräfin  v.  Hohenberg,  Tochter  dei 
Grafen  Hugo  v.  H.  und  der  Ursula,  Gräfin  v.  Pfirt,  der  (1367  f) 
Stiefmutter  des  Grafen  Wilhelm  IV.  (vergl.  Wilhelm  III.  and 
Stalin  III.,  S.  669).  Vanotti,  reg.  n.  86  (1367)  ond 
(Schmid,  Hohenberg,  n.  485,  1350J.  Ursula  überlebte  ihren 
I.  Gemahl  Wilhelm  IV.  und  heiratete  in  2.  Ehe  Eber- 
hard IV.  V.  Lupfen.  Kin  Sohn  dieser  Ehe  ist  Johann  L 
V.  Lupfen-Stühlingen,  Kantor  zu  Strassburg.  Z.  G.  Frei- 
burg III.  (1874),  S.  305  (1380).  Damit  ist  die  von  Zös- 
mair  III.,  Stammtafel,  (ohne  Belege)  gegebene  Nachricht  von 
einer  2.  Gemahlin,  Margaretha  v.  Pfannenberg,  des  Grafen 
Wilhelms  IV.  zu  vergleichen. 
Kinder:  Hugo  XII.,  (Stephan  i)  und  Konrad,  s.  diese, 
f  vor   137Q,  Juni  8.     Vanotti,  reg.  [n.   108  (1379)]? 

Urkundliche  Erwähnungen:    Vanotti,  reg.  n.  86  (1367), 

n-  93  (1370)»   n.    96   (i373)-     2-  G.  Freib.  III.   (1874),    S.  303 

(1380  t).     Schmid,    Hohenberg,    n.  585  (1367),    n.  586   (136;'. 

n-  5^7    (1367)»    ".  588  (1367).    n.  590  (1367)1    n.  594    (1367). 

fn-   595  (13Ö7)]. 

56.  Hugo  X.  V.  Bregenz. 

V^aicr:     Wilhelm    III.    v.    Bregenz.       Schmid,    Hohenberg, 

n-  594  (13Ö7). 
Mutter:  ?  Ursula  v.  Pfirt.    Hugo  X.  ist  1367  noch  unmündig, 

und  demnach  wahrscheinlich  zu  jung,  um  ein  Sohn  aus  der 

I.  Ehe  Wilhelms  III.  zu  sein  (s.  diesen). 
Geboren:  nacli  (?)  1354  und  vor  1367.  1354  war  seine  ?  Mutter 

noch  Witwe,     1367    bereits   gestorben,  Schmid,    Hohenberg. 

n.  512   (1354)   und  Vanotti,    reg.  n.  86  (1367).      1367  war 

Hugo  X.  noch  unmündig.    Schmid,  Hohenberg,  n.  594  (1367). 
Gtschzvisttr:  s.   bei   Wilhelm  IV. 
f  nach   1367  (scheint  nicht    mündig    geworden    zu    sein,   weil 

er  nicht  selbst  urkundet).  Schmid,  Hohenberg,  n.  594  (1367). 

Urkundliche  Erwähnungen;  Schmid,  Hohenberg,  n.  5S5 

(1367),    ".  5^^  ('367)»    ".  587    (1367)»    n.  588  (1367),    n.  504 
(1367,  unmündig). 

[N  V.  Rotenburg.] 

Vater:  Wilhelm  (III.?)  v.  Montfort. 

Gtmahl:  N  v.  Rotenburg,  Sohn  des  Heinrich  v.  Rotenburg, 
(Hofmeisters  von  Tyrol). 

Vorstehende  Angaben  über  eine  Tochter  eine^  Grafen  Wil- 
helm v,  M.,  bei  welchen  es  zweifelhaft  ist,  welcher  Wilhelm 
(v.  IJregenz,  v.  Tettnang)  gemeint  ist,  finden  sich  bei  Ladurner 
(im  16.  Heft,  S.  157)  mit  der  Datierung  *um  diese  (1350)  Zeit«. 
Als  Quelle  ist  eine  nicht  näher  bezeichnete  Urkunde  des  »Statt- 
haltereiarchivs«  angegeben. 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort.  m43 

57.  Rudolf  VI.  V.  Tettnang  zu  Rothenfels. 

Vater:  Heinrich   IV.    v.  Tettnang,      Krüger,    reg.    n.   1144 

(1404). 
Mutier:  Adelheid  v.  Laufenburg.  (?)  Rudolf  scheint,  da 
er  1389  schon  abgeteilt  war  (s.  unter  »Mündig«),  für  einen 
Sohn  aus  der  2.  Ehe  Heinrichs  IV.  zu  alt  zu  sein  (s.  Hein- 
rich IV.).  Vergl.  Herrgott,  Gen.  Habsb.  cod.  prob.,  S.  773 
n.  894  (1395),  woselbst  Rudolf  den  Grafen  Joh.  v.  Laufen- 
burg seinen  Oheim  nennt,  und  Vanotti,  S.  119. 
Mündig:    vor    1389.     Vanotti,    Urk.    n.    27    S.    563    (1389, 

Gr.  Rudolf,  »Herr  zu  Scherr«). 
Geschwister:  Wilhelm  V.,    Hugo    XI.     Krüger,  reg.  n.   1144 
(1404).    Heinrich  V.,  Anna,  Klara,  Kunigunde,  s.  diese, 
■f    vor    1440,    Febr.    21.;    ohne    Nachkommen.     Vanotti,    reg. 
n.   223  (1440  t). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  n.  159  (1405), 
n.  160  (1405),  n.  172  (1412),  n.  175  (1412),  n.  178  (1414)» 
n.  187  (142 1,  V.  Rothenfels,  im  Gegensatz  zu  seinem  Bruder 
Wilh.  V.  Tettnang),  n.  196»  (1425).  Urk.  n.  27  (1389)  S.  563, 
n-  32  (1405)  S.  575,  n.  34  (1408)  S.  577,  n.  37  (1412)8.  583, 
n.  38  (14 15)  S.  585  und  ein  Regest  S.  537,  hinter  der  Urk.  n.  4. 
Krüger,  reg.  n.  1144  (1404),  n.  675  (1405).  F.  U.  B.  III., 
n.  43  (1408),  n.  83  (vor  14 13),  Anm.  4  S.  68,  n.  120  (14 18). 
Locher,  reg.  1407,  1415,  1425.  Herrgott,  Gen.  Habsb.  III, 
S.  773  n.  894   (1395). 


58.  Heinrich  V.  v.  Tettnang. 

Vater:  Heinrich  IV,  v.  Tettnang,  s.  unten. 

Mutter:  Adelheid  v.  Habsburg-Laufenburg,  s.  unten. 

Gemahlin:   Anna,    Tochter    eines  Truchsess   v.    Waldburg 
(»393)»  s.  unten. 

Tochter:  i  Klara,  Äbtissin  von  Buchau,  s.  diese  und  unten. 

f  nach    1393  (nach  Vanotti)  und  vor   1396.  (s.  unten). 

Diese  Nachrichten  giebt  Vanotti,  S.  1 20,  unter  Berufung  auf 
Münster,  Cosmogr.  III.  S.  806.  Dass  Heinrich  V.  ein  Sohn  (der 
2.  Sohn)  Heinrichs  IV.  und  der  Adelheid  v.  Laufenburg  ist, 
berichtet  Vanotti  S.  119  auf  Grund  einer  nicht  näher  bezeich- 
neten Urkunde  von  1384,  und  einer  chronikalen  Nachricht  von 
1374  (nach  einem  Manuskript).  Die  Stammtafel  4  des  mediati- 
sierten  Hauses  Waldburg  giebt  an:  Johann  IL,  Truchsess  v.  Wald- 
burg, t  1424»  vermählt  mit  i.  Elisabeth,  Gräfin  v.  Habsburg- 
Laufenburg,  Tochter  Johanns  IL,  Gr.  v.  H.-L.,  2.  Katharina, 
Gräfin  v.  Cilli,  f  1389,  Tochter  Friedrichs,  Gr.  v.  Cilli,  3.  Eli- 
sabeth, Gräfin  v,  Montfort,  f  um  1398,  4.  Ursula  v.  Abens- 
berg,   t   1422.     Die   Tochter   des   Joh.  IL    (und    wahrscheinlich 


m^.^  Roller. 


der  Elisabeth  v.  Habsburg)  ist  Anna  (s.  oben),  f  1429,  i.  ver- 
mählt 1393  mit  Heinrich,  Graf  v.  Montfort  (f  vor  13^0, 
Nov.  II.)  und  2.  vermählt  1397  mit  Stephan  v.  Gundeliingi'i) 
(t  1428). 


59.  Wilhelm  V.  v.  Tettnang. 

Vä/er:  Heinrich   IV.    v.    Tettnang.     Krüger,    reg.  n.  1144 

(1404). 
Mutter:    Adelheid   v.    Laufenburg.     Vanotti,    S.    119  auf 

Grund   von   zwei    nicht   näher   bezeichneten  Urkunden  von 

1374  und   1384. 
Mündig:  vor  1374  (?).     Vanotti,  S.   119 
Geschwister:  s.  bei  Rudolf  VI. 
Gemahlin:   Kunigunde,    Gräfin   v.  Werdenberg,    Tochter 

des  Grafen  Albrecht  d.  ä.  v.  Werdenberg-BIudenz.    Vanotti, 

reg.  n.   171  (1412)  und  n.   199  (1427). 

Kinder:  Rudolf,  Hugo,  Heinrich,  Ulrich.  Vanotti,  reg. 
n.  223  (1440),  Wilhelm  d.  j.,  f  '435»  Klara  (Gemahl 
1.  Albrecht  v.  Rechberg,  2.  Konrad,  Schenk  v.  Limpurj;), 
und  Kunigunde  (Gemahl  Eberhard,  Truchsess  v.  Waldburg] 
s,  bei  Vanotti,  S.    133. 

7  vor  1440,  Febr.  21.     Vanotti,  reg.  n.   223  (1440  f). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  n.  159  (140.VI, 
n.  160  (1405),  n.  171  (14 12),  n.  172  (1412J,  n.  180^  (14101, 
n.  187  (1421,  Willi,  v.  Tettnang,  im  Gegensatz  zu  Rudolf 
v.  Rothenfels),  n.  188  (1422),  [n.  196"*  (1425)]?,  n.  199  (14:7, 
nebst  Gemahlin  Kunigunde),  n.  211  (1434),  n.  212  (1433?  Oii. 
1435?),  "•  215  (1437,  nebst  Gem.  Kunig.),  n.  217  (1437,  ^^^^"^ 
Gem.  Kunig.),  n.  218  (1439),  219  (1439)»  n.  223  (1440  t). 
Urk.  n.  2>2  (1405)  S.  575,  n.  34  (1408)  S.  578,  n.  37  (1412) 
S.  583.  Krüger,  reg.  n.  1144  (1404),  n.  649  (1404),  n.  Ö75 
(1405),  [n.  685  (1406)]?  n.  688  (1406),  n.  739  (1412,  nebst 
s.  Schwiegervater  Albrecht  v.  Werdenberg),  n.  774  (14 16),  n.  81D 
(1427,  nebst  Gem.  Kunig.),  n.  827  (1431},  n.  835  (1433),  n.  S3Ö 
(1433,  nebst  Gem.  Kunig.),  n.  837  (1433),  n.  838  (i433»  ^^^^^ 
Gem.  Kunig.),  n.  839  (1433),  n.  840  (1433,  nebst  Gem.  Kunig.K 
n.  864  (1437,  nebst  Gem.  Kunig.),  [n.  874  (1438)  Kunigunde 
allein].  Locher,  reg.  1407,  1415,  1425.  F.  U.  B.  111.,  n.  113 
(14 17),  n.  120  (14 18).  Ladurner,  (Heft  17.),  S.  121/ 122:  Gr. 
Friedr.  v.  Toggenburg,  Gem.  der  Elisabeth,  Tochter  Ulrichs  IV. 
V.  Matsch  und  der  Agnes  v.  Kirchberg  nennt  Gr.  Wjlh-  v.  Montf.« 
Tettnang  .->.  lieben  Bruder  (1422;  von  Ladurner  als  Schwager 
erklärt).  Ebenda,  S.  159/160,  Wilhelm  nennt  den  Vogt  Ulrich 
V.  Matsch  seinen  Bruder  (1429;  von  Ladurner  als  Schwager  erklärt 
und  in  Anm.  i  erläutert  durch  die  Heirat  Ulrichs  v.  Matsch  mit 
Kunigunde,  der  Schwester  Wilhelms  —  nach  Vanotti). 


Die  Stammtafel   der  Grafen  von  Montfort. 


60.  Hugo  XI.  V.  Tettnang. 


m45 


Vater:    Heinrich   IV.    v.    Tettnang.     Kräger,    reg.    n.    1144 

(M04). 

Muiter:  ?  Klara  v.  Kllerbach.  Hugo  ist  1404  noch  un- 
mündig, stammt  demnach  höchstwahrscheinlich  aus  der 
2.  Ehe  Heinrichs  IV.  (s.  diesen). 

(»eboren:  vor   1404.     Krüger,  reg.  n.    1144  ('404)« 

Mündig:  vor  1425  Falls  dieses  Regest  (Vanotti,  reg.  n.  196") 
hierher  gehört  —  was  wegen  der  Stellung  der  Namen, 
Hugo,  Rudolf  und  Wilhelm,  statt  Rudolf,  Wilhelm  und 
Hugo  mehr  als  zweifelhaft  ist  —  und  sich  nicht  etwa  auf 
Hugo  XII.  (v.  Bregenz)  bezieht;  1404  war  H.  noch  unmündig. 
Krüger,  reg.    1 144. 

f  wahrscheinlich  jung,  bald  nach  1404,  bezw.  nach  1425 
(s.  oben). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Krüger,  reg.  n.  1144  (1404). 
Vanotti,  reg.  [n.   ig6*  (1425)]?     Locher,  reg.  [1425]? 

6'.  Anna  (v.  Fürstenberg). 

Vater:  Heinrich  IV.  v.  Tettnang.  Nach  den  Darstellungen 
der  Kirchenfenster  von  Eriskirch  (O.  A.  Tettnang)  hat  Gral 
Heinrich  IV.  v.  Tettnang  zwei  Töchter:  Klara,  Äbtissin 
V.  Buchau  (Schriften  des  Ver,  Bodensee  V.,  S.  55  ff.)  und 
Anna  v.  Fürstenberg  (F.  U.  B,  ll.;  n.  456,  Anm.). 

Mutter:  ?  Adelheid  v,  Laufenburg.  Vanotti,  S.  119  nennt 
Adelheid  v,  Laufenburg  die  Mutter  Annas;  und  da  Anna 
1368  schon  zwei  Kinder  hat  (s.  unten),  wäre  sie  für  eine 
Tochter  der  2.  Ehe  ihres  Vaters  wohl  zu  alt. 

Geboren:  vor   1308  (s.  unten). 

Gemahl:  Heinrich,  Graf  v.  Fürstenberg,  f  vor  1368. 
F.  U.  B.  IL,  n.  431   (1370  t)  und  n.  414  (1368  f). 

Kinder:  Heinrich  und  Anna  (Klosterfrau).  F.  U.  B.  II., 
n.  414  (1368). 

j  nach   1374.    F.  U.  B.  II.,  n   456  (1374).    Anm.  i.  (ebenda) 
setzt  ihren  Todestag  auf  den  27.  (3kt.  1494»  den  Begräbnis- 
ort nach  Neidingen  (auf  Grund  eines  Neidinger  .^nniv.  und 
einer  archival.  Notiz). 
Urkundliche  Erwähnungen:  F.  U.  B.  II.,  n.  414  (1368), 

»•  43»   (1370).    n.    456    (1374)-     Vergl.    n.    494    (138O    Anm. 
(S.  321). 

62.  (?)  Kunigunde  (v.  Matsch). 

Vater:  Heinrich  IV.  v.  Tettnang. 
Muiter:  Adelheid  v.  Laufenburg. 
Gemahl:  Ulrich,  (Graf)  v.  Matsch. 

Nach  Vanotti,  S.  i  19  (ohne  Quellenangabe).  Dasselbe  sagt  auch 
Ladurner,  Heft  16  S.  231  f.  mit  genaueren  Zeitangaben  (ohne 


m46  Roller. 

Belege).  Ebenso  (ohne  Belege)  werden  von  Ladurner  (i6. 
S.  252)  die  Kinder  Ulrichs  v.  Matsch  und  seiner  GemahÜD  Kuni- 
gunde  genannt ').  Kine  urkundliche  Stütze  erhalten  diese  An- 
gaben durch  ein  Regest  Ladurners,  Heft  17  S.  51  von  einer 
Urkunde  von  1407,  worin  Kunigunde,  Gräfin  von  Montfort- 
Tettnang  und  Vögtin  v.  Matsch  genannt  wird.  Ein  anderes 
ebenfalls  v.  Ladurner  (17.  S.  159  f.)  mitgeteiltes  Regest 
will  dieser  auf  eine  2.  Kunigunde  von  Montfort-Tettnan^ 
beziehen,  deren  Bruder  Wilhelm  gehcissen,  und  welche  mit 
einem  anderen  Vogte  Ulrich  v.  M.  (dem  Sohne  des  oben- 
genannten) vermählt  gewesen  sein  soll;  offenbar  bezieht  sich 
auch  dieses  Regest  auf  die  schon  1407  genannte  Kunigunde. 

63.  Klara,  Äbtissin  v.  Buchau. 

Vakr:  Heinrich  IV.   v.    Tettnang.     Auf  den    oben   bereits 
erwähnten    Glasgemälden    zu    Eriskirch    (O.   A.    Tettnangi 
ist  Graf  Heinrich  L  v.  Montfort  nebst  3  Söhnen,  2  Tuchteni, 
deren  eine  Klara   heisst,    und    einer  Schwiegertochter  Kuni- 
gunde 2)    V.    Werdenberg    dargestellt.      (Schriften    d.   Ve:. 
Bodensee  V.,  S.  55  ff.) 
Mutter:    ?  Klara    v.   Eilerbach.     Dass   Klara    eine   Tochter 
aus  dieser  Khe  ist,  scheint  ihr  Vorname  anzudeuten. 
Äbtissin  zu   Buchau    wird    sie    in    den  Sehr.  Ver.  Bodensee 
(s.    oben)    genannt.     Daten    für    ihre    Person    und    Lebensgan? 
finden    sich    in    den    biäher    mir     bekannten     Urkunden    nich:. 
Vaiiotti,  S.    120    nennt   eine  Äbtissin  v.  Buchau,    Klara,   Tochter 
Heinrich  V.  v.  M.-Tettnang  und  der  Anna  v.  Waldhurg  is.  diese  , 
also    eine  Enkelin  Heinrichs  IV.     Diese  Angaben    können  ganz 
oder  teilweise  auf  Verwechslung  mit  dieser  Anna  beruhen,  wem: 
es   nicht,    was    ziemlich    unwahrscheinlich    ist,    2   Äl)tis>iniien  vor 
Buchau  gegeben  hat,  deren  eigne  Namen  und  ebenso  die  Namen 
ihrer  Väter  völlig  gleich  lauteten. 

64.  Hugo  XII.  V.  Bregenz. 

Vater:  Wilhelm  IV.  v.  Bregenz.  Da  Hugo  XII.  der  Breircnz?: 
Linie  angehört  (s.  unten),  so  kann  er  nur  ein  So- 
Wilhelms  IV.  und  seiner  einzigen,  ihn  überlebenden  Gemanlif- 
Ursula  v.  Ilohcnberg  sein;  denn  der  einzige  nachweisbare 
Bruder  dieses  Wilhelms  IV.,  Hugo  X.  (s.  diesen)  ist  ?e- 
walirscheinlicli  unmündig  gestorben;  somit  kann  man  it' 
ziemlicher   Gewissheit  Hugo  XII.  und  seine  Brüder  für  S-ÖJ 

^}  Verj^l.  ilii.J.  Heft  17.  S.  42  u\l)ieil.  2^.  —  -;  Ver^:!.  Kuaifc'nc-- 
(v.  Maisch),  Jnchlcr  Ilcintichs  v.  Tettnang  (s.  obeni.  Sollte  unier  i'- 
angcijcbcncn  Kuniguntle  nicht  vielleicht  die  Tochter  Heinrichs  IV.  pei^'' 
werden  ? 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


m47 


Wilhelms   IV.   halten,    wenn    auch    der    strikte   urkundliche 

Nachweis  bis  jetzt  nicht  zu  erbringen  ist. 
MuUer:  Ursula  v.  Hohenberg  als  Gem.  des  ?  Vaters,  s.  oben. 
Mündig:  vor  1378.    Reg.  Hachberg,  n.  728  (1378). 
Geschwister:  Konrad  v.  Bregenz  und  Stephan  I.  ?  s.  diese. 

Gemahlin: 

1.  Margare tha,  Gräfin  v.  Pfannenberg.  Vanotti,  reg. 
n.  125  (1^87).  Aus  dieser  Ehe  scheint  der  1406  schon 
verheiratete  Sohn  Ulrich  zu  stammen  (s.  diesen). 

2.  ?  Clemencia  v.  Toggenburg  (Schwester  des  1436  f 
Grafen  Friedrich)  nach  Vanotti,  S.  182,  woselbst  er  eine 
urkundliche  Quelle  für  diese  Nachricht  noch  erkennen 
lässt.  Dazu  ist  ferner  zu  vergl.  Vanotti,  S.  129,  Krüger, 
S.  283  und  Ladurner,  Heft   17,  S.    179  Anm. 

3.  Anna  v.  Neuhaus,  .welche  als  Witwe  mit  ihrem  Sohn 
und  (Stief?-)  Enkel  (Stephan  IL  und  Hermann  v.  Pfannen- 
berg, beide  unmündig)  genannt  wird.  Vanotti,  reg.  n.  ig7 
(1426). 

•j-  vor   1426,  Juli   14.    Vanotti,  [reg.  n.    197  (1426)]. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  [n.  108(1379, 
die  Grafen  v.  M.-Bregenz  bei  der  Erbteilung  der  väterlichen 
Hinterlassenschaft,  was,  wie  oben  gezeigt,  nur  auf  Wilhelms  IV, 
Hinterlassenschaft  gehen  kann)],  n.   109    (1379),   n.    120  (1386). 

n.  125  (1387),  n.  136  (1393),  n.  144  (1399)»  «•  '5^  (1404)1 
n.  164  (1406),  n.  166  (1408),  n.  168  (1409),  n.  169  (1409), 
n.  170  (1409),  [n.  179  (1415)]?  [n.  182  (1418)]?  [n.  183 
(1418)]?  n.  189  (1422),  n.  190  (1422),  n.  194  (1423). 
[n.  197  (1426  t)]-  Urk.  n.  33  (1408)  S.  577,  [n.  34  (1408) 
S.  578]?  n.  35  (1409)  S.  580.  n.  38  (1415)  S.  585  (nennt  Hans, 
Truchsess  v.  Waldburg  s.  Schwager).  Krüger,  reg.  n.  450  (1379)1 
ö-  53Ö  (>393)»  n-    682  (1405).    Reg.    Hachberg,  n.   728  (1378)- 


65.  Konrad  v.  Bregenz. 

Vaier:  Wilhelm  IV.  v.  Bregenz.  Für  Konrad  gilt  dasselbe, 
was  auch  für  die  Abstammung  Hugos  XIL  von  Wilhelm  IV. 
angeführt  ist  (s.  Hugo  XIL) 

Muiter:  Ursula  v.  Hohenberg,    s.  diese  und  bei  Hugo  XIL 

Mündig:  vor   1372,  F.  U.  B.  IL  n.  444  (1372). 

Geschwister:  Hugo  XIL  Reg.  Hachberg,  n.  728  (1378) 
und  Stephan  I.  ?  s.  diesen. 

Gemahlin:  Agnes,  Gräfin  v.  Montfort-Tosters,  Tochter 
des  Grafen  Hugo  VII.  v.  Feldkirch-Tosters.  Vanotti,  reg. 
^'    ^^5    ('384)»  s.  auch  Agnes  v.  Testers. 

Kinder:  ?  Wilhelm  v.  Bregenz,  ?  Hugo  XlII,,  ?  Magda- 
lena (?  v.  Waid  bürg),  s    diese. 


m48  Roller. 

t  vor  1408.  Vanotti,  reg.  [n.  166  (1408)],  Vanotti,  S.  105 
setzt  den  Tod  vor  1393  (ohne  Belege),  auf  der  Stamm- 
tafel c  (nach  Arzet)  1391.  Mon.  Germ.,  necr.  L,  S.  148 
(Mehrerau)  hat  zu  1381,    Juni   6.    den   Eintrag:    Cnnndns, 

com.  de  Montf. cum  coniuge  sua»    doch  scheint  es 

sich  hierbei  nicht  um  den  Todestag,  sondern  um  das  Datum 
der  Seelgerätstiftung  zu  handeln. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  [n.  108(1379)!, 
".  115  (1384).  [n.  136  (1393)]?  Krüger:  reg.  n.  427  (1375), 
n.  432  («377)»  n.  479  («384).  F-  U.  B.  II,  n.  444  (1372). 
Reg.  Hachberg,  n.  72S  (1378). 

66.  ?  [Stephan  I.  v,  Bregenz]. 

Vater:  Wilhelm  IV.  v.  Bregenz.  Von  Vanotti  auf  seiner 
Stammtafel  angeführt,  ohne  Belege  und  ohne  Erwähnung 
dieses  Grafen  im  Texte. 


67.  [?  Klara,  (?)  Äbtissin  v.  Buchau]. 

Nach  Vanotti,  S.  120  (unter  Berufung  auf  Münster, 
Cosmogr.  III.,*  S.  806)  ist  Klara,  eine  Tochter  Heinrichs  V.  und 
seiner  Gemahlin  Anna  v.  Waldburg  (s.  diese)  Äbtissin  v.  Buchau. 
Über  die  Möglichkeit  einer  Verwechslung  vergl.  Klara  (v.  Buchau), 
Tochter  Heinrichs  IV.  v.  Tettnang. 


68.  Ulrich  V.  V.  Bregenz-Pfannenberg. 

Vater:  Hugo  XII.  v.  Bregenz.    Vanotti,  reg.  n.   164  (1406). 
Mutter:   ?    Margare tha     v.     Pfannenberg,     s.    diese    bei 

Hugo  XII. 
Mündig:  vor    1406,  (bezw.  vor   1404).    Vanotti,    reg.   n.   164 

(1406)  s.  unten  und  reg.  n.   156  (1404). 
Geschwister:  Stephan  II.  (Stiefbruder?).    Vanotti,  reg.  n.  194 

(1423). 
Gemahlin:  N^,  Tochter  des  Hans    v.   Stadeck.    Vanotti,  reg. 

n.    164  (1406);  vergl.    dazu  Vanotti,  reg.  n.    156  (1404). 
Kinder:  Hermann    v.     Pfannenberg    (und    Stephan    Ill.l 

Vanotti,  reg.  n.   194  (1423). 
f  vor   1423.    Vanotti,  reg.  n.    194  (1423  f). 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  n,  164  (1406). 
n.  169  (1409),  n.  170  (1409),  n.  194  (1423  f).  Eine  indirekte 
Erwähnung  Ulrichs  giebt  n.  156  (1404);  danach  scheint  die  Ehe 
mit  (Guta  ?)  v.  Stadeck  schon  geschlossen  zu  sein.  —  Urk.  n,  35 
(1409)  S.   580. 


M  Vanotti,  S.  \Ä^  nenül  d\t  0^m2>DX\xi  V\\v3tv%  ^xsXa.  ^\mi«  Beleg). 


Di«  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort.  1^49 


69.  Stephan  II.  v.  Bregenz. 

Vaier:  Hugo  XII.  v.  Bregenz.    Vanotti,  reg.  n.    194  (1423). 
MuiUr:  (?)  Anna  v.  Neuhaus.  Vanotti,  reg.  n.  197  (1426)  (?). 
Geboren:  vor   1423.    Vanotti,  reg.  n.   194  (1423). 
Mündig:   vor    1426  (?),    oder    erst  vor    1429.     Vanotti,    reg. 

n.    197  (1426)  und  n.  202  (1429). 
Geschwister:  Ulrich  V.  v.  Pfa nnen her g  (Stiefbruder),  s.  diesen, 
f  (1437,  Aug.  27.,  wie  es  scheint  unverheiratet).    Vanotti,  reg. 

n.  214  (1437)- 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  n.  194(1423), 
n.   197  (1426),  n.  202  (1429),  n.  214  (1437  f). 


70.  Wilhelm  VI.  v.  Bregenz. 

Vaitr:  Konrad  v.  Bregenz  (?).  Wilhelm  VI.  und  Hugo  XIII. 
sind  Grafen  v.  Bregenz  und  treten  um  dieselbe  Zeit  in  den 
Urkunden  auf,  in  welcher  Konrad  verschwindet;  da  sie 
nicht  Söhne  des  Grafen  Hugo  XII.  sind,  so  können  sie 
nur  von  Konrad  v.  Bregenz  abstammen;  von  Stephan  1., 
dessen  Existenz  noch  nicht  erwiesen  ist,  kann  hierbei 
abgesehen  werden  —  s.  unten.  —  Auch  ist  Vanotti,  reg. 
n.    166  (1408)  zu  beachten. 

Mutter:  ?  Agnes  v.  T Oslers  (als  Gemahlin  des  ?  Vaters). 

Mündig:  vor   1387.    Vanotti,  reg.  n.   122  (1387). 

Geschwister:  Hugo  XIII.  Vanotti,  reg.  n.  166  (1408). 
Magdalena  (v.  Waldburg),  s.  diese. 

Gemahlin:  Kunigunde,  Gräfin  v.  Toggenburg,  Tochter 
des  Grafen  Donat  v.  Toggenburg.  Vanotti,  reg.  n.  122 
(1387)  und  Urk.  n.  20  (1387)  S.  561.  Über  eine 
Schwester  der  Kunigunde  v.  T.,  Clementa,  vergl.  Krüger, 
S.  271  -84. 

Kinder:  Elisabeth  (v.  Hachbcrg),  s.  diese. 

f  1422,  März  6.;  beigesetzt  im  Kloster  Mehrcrau.  Mon.  Germ., 
necr.  I.,  S.   146,  März  6.  (Mehrerau). 

Urkundliche  Erwähnungen:  V'iinotti,  reg.  n.  122  (1387), 

n-  «45  («399)»  n.  «54  (»402),  n.  157  (i4<\=i)»  ".  15«  d-jos)» 
n.  166  (1408),  n.  168  (1409).  n.  170  (1413).  n.  iju  (1415), 
n,  186  (1418),  n.  193  (1424  t)-  —  ["•  '^*  ('4*7»  Kunigunde 
v.  Toggenburg)].  Urk.  n.  2Ö  (1387)  S.  5eu,  n.  :^},  (14^5?)  S.  577, 
n.  34  (1408,  Zeuge)  S.  578.  n.  38  (1415)  S.  5S5.  n.  40  (1424  f) 
S.  588.  Locher,  reg.  14 13  (nobst  Tochter  Elisabeth  und  deren 
Gem.  Eberh.  v.  Nellenburg),  14  15.  Mon.  (icrra.,  necr  1.,  S.  146 
(März  6.),  Krüger,  reg.  513  (i3')0.  "•  3*'-  (»395).  1».  <>3<^  f »  K»-). 
n,  672  (1405),  n.  675  (i4<\S).  [".  ^"^b  ('4<>'>)J?  "•  1150(1417)1 
n.  786  (1418),  n.   1153  (1420). 

Mlu.  d.  Bad.  Hiit.  Kom.  Nr.  21.  ^ 


mso 


Roller. 


71.  Hugo  XIII.  V.  Bregenz. 

VaUr:  Konrad  v.  Bregenz. 
Mutter:  ?  Agnes    v.    Tosters.     Für    die    Ellern    Hugos  XIII. 

vergl.  Wilhelm  VI.  v.  Bregenz. 
Mündig:  vor   1408.    Vanotti,  reg.  n.   166  (1408). 
Geschwister:  s.  Wilhelm  v.  Bregenz. 

Johanniter,     Grossprior    v.    Deutschland     143 1 — 1449    nach 
Falkenstein,    Gesch.    d.    Johanniterordens ,    S.    301     (ohne 
Qellenangaben). 
f   1449  (?)  nach  Falkenstein,  s.  oben. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  166  (1408), 
n.  168  (1409),  [n.  179  (1415)]  ?  [n.  182  (1418)]  ?  [n.  183 
(1418)]?  n.  189  (1422),  n.  190  (1422).  Urk.  n.  33  (1408) 
S  577.  Weitere  Regesten  über  diesen  Johannitermeister  stellt 
Vanotti,  S.  165  f.  zusammen.  F.  U.  B.  III.,  n.  273  (1438). 
n.  275  (1438)»  Anm.    i. 

72.  ?  Magdalena  (v.  Waldburg). 

Vater:  Konrad  v.  Bregenz. 

Mutter:  Agnes  v.  Tosters. 

Brüder:  Wilhelm  VI.  und  Hugo  XIII. 

Gemahl:  Hans,  Truchsess  v.  Waldburg.  Zösmair  III.,  S.  46 
(und  Stammtafel)  giebt  die  vorstehenden  Angaben  unter 
Berufung  auf  Nik.  Senn,  Toggenburger  Archiv  n.  3.  Hierzu 
ist  auch  Vanotti,  Urk.  n.  38  (14 15)  S.  585  zu  vergl., 
worin  Wilhelm  VI.  v.  Bregenz  den  Hans  Truchsess  v.  W 
seinen  Schwager  nennt.  Die  Stammtafeln  des  medial. 
Hauses  Waldburg  kennen  Magdalena  v.  Montfort  und  ihren 
Gemahl  nicht. 

73.  Elisabeth  (v.  Hachberg). 

Vater:  Wilhelm  VI.  v.   Bregenz.    Vanolti,  reg.  n.  176  (1413). 
Mutter:  Kunigunde   v.  Toggen  bürg.     Vanotti,    reg.  n.   145 

(1399)- 
Geboren:  vor   1399.    Vanotti,  reg.  n.    145  (1399). 

Gemahl: 

I.  Eberhard,    Graf   v.    Nelljenburg.     Vanotti,    n.     17Ö 

(»4»3)- 

Tochter:  Kunigunde  v. Neil en bürg.  Locher,  reg.  1435. 

Kunigunde  war  vermählt  mit  Eberhard  v.  Lupfen, 
Sohn  des  Grafen  Johann  v.  Lupfen,  (Locher,  reg. 
1424,  1435.  1442).  1448  ist  Kunigunde  Witwe 
(Locher,  reg.  1448).  In  2.  Ehe  war  Kunigunde  ver- 
mählt mit  Heinrich  v.  Schwarzenbcrg,  seit  1453. 
(Locher,  1453,  14O1  f)*  '4^4  wird  Kunigunde  Witwe 
genannt  (Locher,  14O4),  1461  urkundet  sie  allein 
(Locher,   1461). 


IMe  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort. 


m5l 


2.  Wilhelm,  Markgraf  v.  Hachberg.     Locher,  reg.  1424, 
1425,   1448. 

Tochter:   Ursula,    vermählt    mit    Jacob,    Truchsess    v. 
Waldburg.    Locher,  reg    1448. 
f  nach   1448.   Locher,  reg.    1448. 

Urkundliche  Erwähnungen:  Vanotti,  reg.  n.  176  (1413), 
n.  195  (1424,  als  Elis.  v.  Hachberg),  n.  196*  (1425),  n.  208 
(1431).  Urk.  n.  38  (14151  Neuenbürg)  S.  585,  «.  40  (1424, 
Hachberg)  S.  588.  Reg.  Hachberg,  n.  h.  1102  (1424),  n.  h.  1103 
(1424),  n.  h.  II 13  (1425).  Locher,  reg.  1413,  1424,  1425,  [1435], 
1448.     Vergl.  Stalin,  III.,  S.   654  (Stammtafel  Hachberg.) 


In  der  folgenden  Zusammenstellung  sind  solche  Nachrichten 
über  Glieder  des  Montforter  Grafenhauses  gegeben,  welche 
bisher  keiner  der  oben  aufgeführten  Personen  zugewiesen  werden 
konnten,  bezw.  auf  oben  nicht  berührte  (entferntere)  oder  noch 
unbekannte  Verschwägerungen  weisen. 

Reg.  Konst.,  n.  3907  (1310):  Ulrich  v.  Klingen  wird  Oheim 
der  Grafen  Rudolf  III.  und  Ulrich  II.  genannt 

F.  U.  B.  I.,  n.  104  (1188,  u.  Anm.):  Burkhard  v.  Hohen- 
berg  und  Egino  v.  Urach  werden  als  consanguinei  der  Brüder 
Rudolf  V.  Tübingen  und  Hugo  I.  bezeichnet. 

Mon.  Germ.  necr.  L: 

(Mehrerau)        8.    146.    Febr.    11.,  Ulricus  com.  de  Montcforti. 

S.   150.    Aug.  30.,   Wilhelmus  com.  de  Fortimonte. 

S.   152.    Nov.    16.,   Rudolfus    com.    de    Monteforti, 

dominus  in  Velkirch  (Rudolf  II.?  od.  V.?) 

(Weissenau)     S.    lOi.    Juli    26.,    comitis    Hugonis    do    Pregantia 

(Hugo  V  ?). 
(Blaubeuren)     S.    1 69.    (Ex  libro  anniversariorum )  Bratrix,  com*  [de] 

Helfenstein  *),  de  Montfort  nata;  vergl.  Anm. 
(Isny)  S.    177.   Jan.  20.,  Bertha,  com*  Brigantii,  benefactriz. 

(Löwenthal)      S.   199.    Aug.    i.,   ob.   sor.   Adclhait  von  Montfort. 

S.  200.  Okt.  23.,  ob.  sor.  Mächildis  von  Montfort. 
S.  200.  r)kt.  25.,  ob.  sor.  Lügart  von  Monfort, 
(trotz  des  fehlenden  Gräfinncntitels  sind 
die  bei  Löweiithal  angcgtjbencn  Personen 
wohl  kaum  als  Mitglicclcr  der  Ministerialen- 
familicn  v.  M.  zu  betrachten). 
S.  200.  Nov.  18.,  ob.  sor.  Klysabet  grävin  von 
TetiKing. 

«)  Wcizcneggcr  II.,  S.  27  j^iobl  an,  ilass  IIuj»o  I.,  Sohn  Rudolfs  (!)  und 
der  Elisabeth  v.  Tübin|;en  (!)  mit  einer  (irälin  v.  Hclfcnslcin  vcimähh  war 
und  von  ihr  Vater  der  6(7)  Brüdci  der  JIl.  (icncralion  wurde;  ver^l.  jedoch 
die  Anm.  in  den  Mon.  Germ. 

4' 


m52 


Roller. 


(Zurzach)  S.  6oq,    April    22.,     Nobilis    vir    Eerchtoldus  de 

Aicheim  miles  et  Elizabeth  de  Monteforti 
uxor  eius  ob. 
(Chur)  S.  625.    März   16.,  Ruodolfus    com.    de  Monteforti 

constituit  ann.  .  .  . 

Ladurner  I.  (Heft  16,  S.  33),  nach  ^»späteren  Aufzeichnangen 
im  Curberger  Archiv«:  1201,  Adelheid,  Gräfin  v.  Montfort, 
Gemahlin  Kginos  II.  v.  Matsch.  Ladurner  hält  dies  für  eine 
Verwechslung  mit  Adelheid  v.  Wangen,  der  12 15  urkundlich 
nachgewiesenen  Gemahlin  Kginos  II.  v.  Matsch. 

Stammtafel  4.  des  mediatisicrten  Hauses  Waldburg  nennt 
eine  Elisabeth,  Gräfin  v.  Montfort,  f  um  1398  als  3.  Gem.  des 
Johann  II.,  Truchsessen  v.  Waldburg,  f  1424.  (Vergl.  n.  58 
und  72,  woselbst  jedoch  eine  Magdalena  v.  M.-Bregenz  als  Gem. 
eines  Hans,  Tr.  v.  W.  genannt  wird;  letztere  Angabe  findet  sich 
nicht  auf  den  Stammtafeln  des  med.  Hauses  Waldburg  verzeichnet.). 

Anniv.  der  Johanniter  zu  Feldkirch  (ed.  Zösmair),  1 360,  Juli  5. 
ob.  Hugo  iunior  comes  de  Monteforti.     Vergl.  n.  34  und  4g. 

Andere  auf  Verwechslung  oder  ungenügenden  Angaben  be- 
ruhende Nachrichten  sind  oben  (z.  B  hinter  n.  56  und  unter 
n.  67)  bereits  angeführt  worden. 

Eine,  wenn  auch  unvollständige  und  ungeordnete  Aufzahlung 
von  Ministerialen  der  Grafen  v.  Montfort  und  sonstiger  Personen, 
welche  mit  den  Grafen  gleiche  Zunamen  (Montfort,  Feldkirch, 
Tosters)  führten,  soll  in  der  folgenden  Zu.sammenstellung,  haupt- 
sächlich wegen  der  Vornamen,  gegeben  werden.  Eine  Scheidung 
der  beiden  Ministerialenfamilien  v.  Montfort  versucht  v.  Juvak 
im  Necr.  Cur.  S.  172;  auch  im  Cod.  dipl.  v.  Mohr  finden  sich 
hierher  gehörende  Namen  (im  Register  zwischen  denen  der 
Grafen). 

Reg.  Konst.: 

n.   391 1,    Hermann  v.  Montfort,  Domherr  v.  Chur.    131 1. 
n.  4256.    Hugo  V.  Tosters,  Ritter,  Voi^t  v.  Klingnau.   1351. 

Eichhorn,  Chur.   cod.  prob.: 

S.  Qi.  C.  de  Monteforti,  can.   Cur.    1270. 

S.  91.  Albero  de  Monteforti,  can.   Cur.    1273,   neben  einem 

Grafen  v.   Montfort  aufgeführt,  (vergl.  Krüger,  S    116 

und  oben  hinter  n.    ig). 

V.  Mohr,  reg.  Pfavers: 

n.     76.  Ruod.  de  Muntfort.     1241. 

( Nj  Marscalcus  de  Muntfort.    1241.     , 
n.     94.  Egelolfus  de  Monteforti  contulit  (monasterio)  Rudol- 

fum    filium     Chuononis    dicti    Thotsteraer,    famulum 

suum  ...  in    presentia    Ruodolfi    decani,    dicti    de 

Monteforti  ...  1272. 
n.   140.  Herr  Hermann  v.  Montfort,  *Korherre  und  Senger  ze 

Cur«    und   Ritter   Ulrich   v.  M.,    sein    Bruder.    1329. 


Die  Stammtafel  der  Grafen  von  Montfort.  11153 

MoD.  Germ.,  necr.  L: 
(Mehrerau),    S.   150,  Aug.     11.,   Pliillippus   de    Monteforti    (nach 

»252). 
(Chur),  S.  627,  April  4.,  Albero  de  Monteforti  dec,  schola- 

sticus  et  custos  ecclesie  Curiensis,   1 3 1 1 . 
S.  627,  April   II.    [ßertoldus  de  Veltkilche   pbr.  et 
et   can.    ob.    12 13]    u.    Anm.    (frater   suus 
Conradus). 
'^<  ^3^t  Juni  3  ,  Albero  subdiac.    et   can.  Curiensis, 
de  Monteforti,    patruclis    custodis    eiusdem 
Hominis  .  .  .    i  290. 
S.  Ö36,  Aug.    2.,    Ludovicus    miles    de    Monteforti, 
irater  Alberonis,    decani    ecclesie  Curiensis. 
S.  637,  Aug     22.,    Ann.  Cuonrudi   dicti    de  Monte- 
forti, decani  Curiensis.    1306. 
S.  638,  Sept.    I.,  Luduwicus  de  Montfort  miles   ob. 
S.  639,  Sept.  8.,  Chuonradus  de  Muontfort  diac.  et 

can.  Curiensis.    1233. 
S.  639,  Sept.   20.,  Gillelmus  de  Muontfort  Curiensis 

ppos.  ob.  anno   1237. 
S.  644,  Nov.  17.,  [Cuonradus  de  Veltkilche  can.  et 
custos  huius  ecclesie  ob.] 
V.  Moor,  Urbarien   Domcap.  Chur: 

S.     31,  [Prepositus  de  Schowenberg  ratioue  prepo- 
siture    introduxit    Kudolfum    ülium    Nicolay 
Eglülfi  de  Veltkilch.    1329.] 
Hermannus   de    Monteforti    (introduxit)  Ul- 
ricum,  lilium  domini  Ulrici  fratris  sui.   1329. 
S.     35,  Hermannus  de  Monteforti  prepositus.   1351. 
[Rudolfus  de  Veitkirch,  decanus.    1351-] 
Cod.    Salem.,    n.   83    S.    120:    Conradus    de    Montfort,    can. 
Curiens.    1213. 

Stumpf,  Reichskanzler,  n.  4975:  11951  Nov.  13.  wird  ein 
Rudpert  v.  Montfort,  Abt  v.  PHifers,  von  Kaiser  Heinrich  VI. 
investiert.  Nach  v.  .Mohr,  reg.  Pfavers  n.  64  (1214,  Fälschung!) 
wird  Rudpert  v.  Piävers  (f )  als  »consanguineus  Kgilolphi,  comitis 
de  Montf.t  zu  den  Grafen  v.  Montfort  gerechnet.  Zwar  findet 
sich  der  Name  Egilolf  bei  einem  der  Ministerialen,  (vergl.  Mohr, 
reg.  Pfavers,  n.  94,  s.  oben);  doch  führt  v.  Arx.,  Gesch.  d. 
Cant.  St.  Gallen  I.  zu  11 14  einen  Grafen  Kgiof  v.  Montf.  an. 
Wie  dem  auch  sei,  jedenfalls  gehört  dieser  Abt  Rudpert  nicht 
dem  Tübinger  Geschlechte  von  Montfort  an,  in  dessen  Zeit  er 
gerade  noch  hineinreicht. 


in54  Knllei. 

Bamerkungeii  Ober  dia  Wappen  dar  GraTen  von  tAoaUon, 
Das  Wappen  der  Grafen  von  Montfon'),  eine  rote  Ktrctton- 
fahne  in  Silber,  ist  aus  dem  der  Pfalzgraren  von  Tübiogeo  ^rol« 
Fahne  in  Gold)  entstanden.  Auch  die  stammverwandten  Wcrdeit- 
berger  waren  Wappen  genossen  der  Montforter,  und  iwar  äuderti 
der  eine  Zweig  die  Farbe  des  Schildhildcs  in  Schwan  um, 
während  der  andere  die  Farben  vertauschte  tind  die  Ktrdien- 
fahne  silbern  in  Rot  führte.  Sie^P)  der  Montforter  ündou  udi 
abgebildet  im  Cod.  Salem.,  Abb.  n.  7  (Hu^  1.,  1214:  cii 
Siegel  Rudolfs  v.  Tübingen,  n.  23.  lijg),  n.  165  (Mugo  UU 
1291),  n.  184  (Ulrich  I.,  vor  1390}.  Das  letzte  der  ang«flihtleii 
Siegel  muss  hier  besprochen  werden,  weil  das  auf  ihm  dar- 
seaiellte  Wappen  völlig  von  den  oben  beschriebenen  sbwrldiL 
Das  Siegel,  ein  Reitersiegel  mit  einem  Schirrobrc-li  auf  den 
Helme,  xeigl  im  Schilde  einen  Lüwen,  während  die  Montforltt 
Kirchenfahne  auf  den  Pferdedecken  wiederkehrt.  Eine  VereioigUDE 
der  beiiJen  Bilder  enthrilt  das  Siegel  Hugos  V.,  de»  Soha« 
Ulrichs  1.*).  Die  Herkunft  dieses  Löwen,  den  nur  die  k»n- 
blühende  ältere  Brcgenzer  Linie  führte,  ist  bisher  noch  oiehl 
befriedigend  ermittelt  worden*).  Zösmair  nennt  (ohne  Bdege) 
als  Gemahlin  Hugos  II.  eine  Gräfin  von  Lichtenberg,  (t.  oten 
u.  7)  ohne  die  oben  urkundlich  als  Gemahlin  Hugos  IL  nub- 
gewiesene  Markgräfin  v.  Uurgau  lu  kennen.  Falls  er  mit  sdUT 
Angabe  eine  Tochter  des  elbässtschen  Edelherrenhauses  d.  N.*) 
meint,  konnte  das  Wappen  Ulrichs  von  dem  dieser  FamSie  — 
schwarzer  Löwe  in  silbernem,  rothordiertem  Schilde')  —  herrAhRS' 

')  V.  Albetti,  Wilrllembers.  Adelt-  und  Wappenbuth,  Bd.  1.  StOOpB 
18S9— 98,  S.  518.  DAselbsi  findeii  sieb  awb  Variinteii  der  Helmikr  *tf 
I^UIdel.  —  IMc  WappeDcollc  von  Zaricli,  hcrsiug.  v.  >1.  Aulii|uiicltchcd  Gel. 
in  Zürich.  Züricb  1S60,  n.  139  — t}i,  wonach  der  Schild  der  Fcldldicto 
Unie  aucb  in  den  Farben  dem  der  Tubinger  völlig  gleich  eebhelien  «In.  - 
*)  Werdenberger  Siegel  Raden  sich  abgeb.  im  Cod.  Salem..  Abb.  n,  1440.  ■.  I41 
(Hugo  V.  WerdenberB-Heüigenberg,  1190  u.  iigS);  ein  Tabingu  Siegel  eliemb 
n.  23,  s.  oben.  —  '}  Abbildangen  dieser  Siegel  bei  Fürst  \;  Holmlotli- 
VValdenburg,  Sphtagi.^tische  Aphonsmen,  Heilbronn  iSSl,  Tafel  VX.  n.  K 
und  X.,  n.  107  und  bei  Seyler,  Gesch.  d.  Heraldik.  NOrabcrc  188$-«« 
o.  317.  —  ')  Hobedohe  u.  Seyler,  a.  a.  O.  S.  19  bei.  15S  56  hi!»pl«*M 
diese  Erklärungsversuche ;  Zusammenhang  mit  Habsbargcrn,  Nacbbildooe  ilH 
Wappens  der  engl.-franzöa.  Mantforti,  Beziehung  anf  den  Beul«  Ton  Sf- 
rnnringen  oder  Bregenc;  die  Biegenier  Erbschitl  verleilte  «ich  Jeiocb  ml 
sänimliiche  Zweige  der  MontCorier  und  Werdenberger.  ohne  dau  das  da 
Bndeien  IJnien  den  Löwen  annahm,  der  Ebcrdi»  wohl  kanni  <raa  deo  mMm 
Qtegeniern  gcfQhrt  worden  ist.  s.  itudi  ZQr.  Wappentolle,  n.  ttj- 
»)  5ch6|jflin,  AUaü»  iüusirala.  Kolmar  1761,  Bd.  II  $.6135.  —  •(  We 
WappearoUe,  n.  235  und  Scbßpflb,  a.  a.  O.  II.  ad  p^.  609.  Dtadto 
Wappen,  jedoch  mit  gestUckte  m  Rande  leigl  ein  Sieg«!  Johl 
Aug.  30.  Rap     U.   B.  I.,  n.  Ic)!  V.  (Oiig.  KMlsiah*.   SfL^A.' 


Die  Stammtafel  der  Grrafen  von  Mootfort. 


»55 


S8te  dann  die  fragliche  Lichtenbergerin  die  erste  Gemahlin 
y  die  Mutter  mindestens  der  beiden  ältesten  Söhne, 
f  II.  und  Ulrich  I.,  gewesen  sein,  da  die  Markgrafin 
gau  ausdrücklich  die  Mutter  Wilhelms  L,  eines  jüngeren 
rs  Ulrichs  I.,  genannt  wird.  Das  Regest  Stalins  von  1261 
21),  Bd.  II.  S.  449,  in  welchem  Rudolf  II.  und  Ulrich  I. 
carnales  genannt  werden,  kann  gegenüber  der  Urkunde 
lann,  n.  1030,  in  welcher  alle  sechs  Brüder  ebenso  be- 
et  sind,  nicht  zum  Beweise  herangezogen  werden.  So 
auch  die  hier  versuchte  Lösung  dieser  Frage  bis  zum 
ntwerden  urkundlicher  Belege  zu  der  vermuteten  ersten 
Ingos  II.  völlig  unsicher;  die  angeführte  Urkunde  Wart- 
bildet vielleicht  eher  ein  Beweismittel  gegen  diese  Annahme. 
)ie  Herkunft  der  beiden  Grossmütter  Ulrichs  I.  (bez.  Wil- 
I.),  Mechthild  (v.  Montfort)  und  Adelheid (v.  Burgau)*)  ist  noch 
srmittelt;  vielleicht  ist  hier  die  gesuchte  Erklärung  zu  finden. 


Verzeichnis  der  vorkommenden  FamiliennGmnen. 


(1,  s.  Eichen. 

en,  s.  Maier  v.  Altstetten. 

.  Schelklingen. 

E,  s.  Werdenbcrj;. 

^    n.  20,  (35).    47.  48.  52,   53. 

i  (L,  Grafen),   n.   i,   (2)»    3,  4 

8,  m54«  Anm. 

s  (II.,  Grafen  -—  Montfort),  n.  4. 
B  (IIa-,  älterer  Zweig  der  Monl- 
r).  0.7,(13),  14,  (15)»  («6)»  (»7)» 

9,  36.  S.  m8,m3i,m5i  (?),  m54 
nm.,  m55  u.  Anm. 

E (Hb.,  jüngerer  Zweig  der  Mont- 
r,  s.  auch  Tettnang),  n.  34,  39, 

(41),  42.  (43),  (44),  45,  46,  55. 
)0,  64,  65,  66,  68,  69,  70,  71, 
^3.  S.  ID42,  0152. 
,  n.  7,  13,   14,   15,   16,   17,   18, 

S.  m9,  m54,  mSS- 

i  (Padua),  n.  47. 
.  $8. 

(Illereichen,  Aicheim),  S.  m52. 
ch,  n.  41,  60,  63. 

rch  (Zweig  der  Grafen  v.  Mont- 

),    n.   7,     13.    (14).   (15),    (16), 

(18),    (20),    22,    23,    24,    25, 


26.  27,  (28).  32,  33,  34,  35.  36.  37. 38. 
S.  m8,  m9,  0123,  m3i,  0154,  Anm., 
m55  u.  Anm. 

Rudolf  IV.  u.  seine  Nachkommen : 
n.  (22),  (27),  (33),  (34),  35,  (37).  38, 

47»  48.  49.  50.  5».  52,  53.  54-  S.  msi. 
Feldkirch  (Bürger  oder  Ritterbürtige), 

S.  m53. 
Fortimons,  S.  msi 
Frciburjj,  11.  32.     .S.  m23. 
Fürstenl)crg,    n.  22,  33,   34,  38.  (41), 

45.  53.  (57).  ^><- 

Geroldseck  (Elsass),  n.  31. 
Geroldseck  (-Lahr),  n.  3 1 . 
Grieningen,  n   13,  22,  23.  24,  25,  26,  27. 
Griessenberg,  n.  13,  22,  23,  25. 
Gundelfingcn,  n.  58. 

Habsburg,  s    Ostreich. 
Ilabsburg- Laufenburg,    s.  T^ufenburg 
Hachberg,  n    70,  73 
Haslach,  s.  Fürstenl)erg. 
Ileiligenbcrg,  n.  8.     S    mi6. 
Heiligenberg,  s.  Worden  borg. 
Helfcnstciii.  S.  m5i   und  Anm. 
llewcn  (Höwen),  n.  (35),  47,  4«.  52,  53. 
Hohcnbcrg.  n.  39,  55,  64,  (»5    .S.  ni5i. 
HtmdKTg,  n.  4. 

Illereichen,  s.  Kichen. 


)  B.  Stalin  IL,  S.  353.  -  ^)  Bei  den  eingeklammerten  Nummern  ist 
nilienname  der  der  betr.  Familie  angehörenden  Person  nicht  beigefügt. 
1  nur  ihr  Vorname  angegeben.  —  ')  In  den  Urkunden  gewöhnlich  als 
V.  Montfort  (im  Gegensätze  zu  den  (irafcn  v.  Bregenz  und  v.  Tettnang) 
cht  ▼.  (M.-)Feldkirch  bezeichnet. 


m^ö 


Roller. 


Kirchberg,  n.  34,  40.  45,  46,  48,  59. 
Kirchber^;,  s.  Matsch. 
Klingen,  n.  22.     S.  ni5i. 
Klingnau,  S.  m52. 
Krenkingen,  n.  22. 

I^ihr,  s.  Gerold seck-T^hr. 

I^ndau,  n.   13. 

I^ufcnbur);.  n.  41,  57,  5K,  59,  61,  Gl. 

Lichtenberg,  n.  7,  22.  S.  m54  u  Anm., 

'"55- 
Limpurg  (Schenken),  n.  59. 

Lupfen,  n.  55,  73. 

MäLsch  I  Vögle),  n.  7,  13,   14,  20,  28, 

(40t  48.  (57).  59.  <J2.  r>3,  Anm.  S. 
0146,  Anm.,  0152. 

Maier  v.  Altstetten,  n.  (35),  47,  51,  (52). 

Marschälle  v.  Montfort,  s.  Montfort  V. 
(churrät.  Ministerialen). 

Mönipelgard,  n.  39. 

Montfort  (I.,  Grafen)  S.  m53 

Montfort  (IL,  Grafen:  die  in  vor- 
liegender Arbeit  behandelte  Familie). 

Montfort  (111.,  Grafen),  s.  Werdenberg. 

Montfort  (IV.,  Grafen  in  England  und 
Frankreich),  S.  m5i),  Anm. 

Montfoit  (V.  u  VI.,  Marschälle  und 
Ministerialen,  clmrriitisch),  n.  4,  37(.') 
S.  m8,  mi9,  m20    m52,  m53. 

Montfort  (VII.,  Ministerialen  (?),  rlioin- 
pfiilzisch),  S.  m8. 

Neuenbürg,  n.  (4),  (6),  12,  35,  47,  48, 

49,  52,  70,  73. 
Ncuburg,  s.  Thumb  v.  Neuburg 

Nouhaus,  n.  64,  69. 

Ostreich,    n.  39.  S.  m8,    ni54,    Anm. 

Padua.  s.  Carrara 
Pfal/grafen,  s.  Tübingen. 
Pfaiiiiciibcrg  (I.),  n.  55,  (>4,  68. 
Pfannenberg  (IL,  Zweig  von  Muntfort- 
Bregenz  11^.),  n.  64,  (>8,  Li).   S.  m8. 
Plirl,   n.   3«),   55,   50. 

Ramschwag,  n.  (35),  (47),  (52),  54. 
Kappoltstein,    n.   15,  28,  30,  31,    3«i, 

40,  41,  42,  43,  44. 
Kcchbrrg,  n.  59. 
Khcincck,  s.   Werdenborg. 
Konsberg,  n.    i,   5. 
Koten  bürg.  n.  55.     !^.  ni42. 
Rolhcnfcls  (Zweig  der  Grafen  v.  .Monl- 

fort-Tcltnang\  n    (41),  57,   59,  lön;. 

.Sargan <,  s.   Werdenberg. 
.Schclklingcn  (Berg-Schelkhngcn),  n.  35, 

47.  4«.  49,  5O'  52.  53- 
Schenken  v.  Limpurj»,  s.  Limpurg. 


'  Schenken  v.  Winterstetten,  s.  Wnter- 

stetten. 
Scher  (Zweig  der  (trafen  v.  MoDtfort* 

Tetlnang),  n.   15,  57. 
Schlüsselbarg,  n.  31,  43. 
Schwarzenberg.  n.  31,  43,  73. 
Sigmaringen  |=  Monlfurt-Bregt^n;  IIa . 

n.   i^,     S.  ni54r  Anm. 
Silvestris,  comes,  s.  Wörlh. 
Stadeck,  n.  68. 
•  Strassberg,  n.  32. 
Slühlingen,  s.  Lupfen. 

Teck,  n.  31,  39,  44. 

Tettnang  (Zweig  der  Grafen  v.  Moni- 

fort  H),   n.  7»(>3).  «4.  »5.  »».  3'- 

3».  39i  40,  41,  42.  V^alcr:  Wilh.  II. 

V.  Tettn.),  43,  44,  67.   S.  m9,  ni4:. 

m46,  Anm.,  m54,  m55,  Anm. 

!  Heinr.  IV.  u.  seine  Nachkommco: 

I       n.  41,    57,   58,  59,  60,  61.  62,  (ry. 

S.  m42,  msi 
Thengen  (Edel freie),  n.  22,  33.  37. 
Thengen  (Milites.^    dicli  WarienfeUi. 

n-  37- 
Thumb  V.  Neuburg,  n.  22,  33,  30. 

Tierberg,  n.  48. 

Toggenhurt;,  n.  6.   10,  59,  64,  70.  73. 

Tosiers  (Zweig  der  Grafen  v.  Mont!'>>rt> 

Feldkirch),  n.  (22:,  27,  (33),  34,  i3'.s 

(37).  (3«),  45.  4'»,  49.  «»5,  70.  ;».  7- 
Tosters  (Milites),  S.  ni52,  m53. 

Truchsesse  v.  WaMburg,  s.  Wrddburjj. 

Tübingen,  n.  1,2,  3,  4,  5.    S.  ni8,  m'«, 

m5i  u.  Anm.,  m53,  m54  u.  Anm 

■  Urach,  S.  m5i. 

V^aduz,  s.  Werdenberg. 

Vaz,  n.  6,   11,   13,   14. 

Vehringen,  n.  22,  32.  33,  34.  35,  3". 

37.  38- 
Vögte  V.  Maisch,  s.  Matsch. 

WaMburg  (Truchsesse),  n.  7,    ij,  21. 

22.  2ö,  58,   50,  63,  64,  65.  07.  70. 

72,  73.     S.  m52. 
Wangen,  n.  4.    S.  mg  u.  Anm.,  m^:. 
Waitenberg,  n.  32. 
Warten  fei s,  n.  37. 
Wartcnfels,  s.  Then;4en   fMIlilcs» 
Werd.  s    Wörlh. 
Werdenberg  (mit  Zweigen  zu  Bbidcn;. 

Iliriligenberg,     Kheincck.    Sar,:.".r.». 

Vaduz),  n.  (),  7,  (8),  (9\  (i2).  13,  ::. 

27.  3^  34,  (35».  39.  43,  45-  4"-  •^7- 
U«),  52,  (53).  59.  ^>3-  S.  raif>,  m40. 
Anm.,  m54  u.  Anm. 

Winterstetten  (Schenken),  n.  21. 

Würth  (com.  Silvestris),  n.  (4),  '>.  1:. 


Bin   Bericht 

über  die 

änge  in  Offenburg  vom  ii.  bis  15.  März  1804. 

Mitgeteilt  von 

Karl  Obser. 


Im  Wiener  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchive  liegt  bei  den 
Depeschen  des  in  Karlsruhe  beglaubigten  kaiserl.  Gesandten 
Frh.  von  Schall  ein  ausführlicher  Bericht,  welchen  der  öster- 
reichische Landvogt  in  der  Ortenau,  Kleinbrodt,  über  die  Ereig- 
nisse, die  sich  vom  ii.  bis  15.  März  1804  in  Offenburg  ab- 
gespielt, erstattet  hat  Derselbe  verdient  —  abgesehen  von 
bemerkenswerten  Einzelheiten,  die  er  enthält  —  um  so  mehr 
mitgetheilt  zu  werden,  als  wir  zwar  über  die  gleichzeitigen  Vor- 
gänge im  nahen  Ettenheim,  denen  sich  erklärlicher  Weise  von 
jeher  das  Hauptinteresse  zugewandt  hat,  von  den  verschiedensten 
Seiten  sehr  eingehend  unterrichtet  sind,  von  allem  dagegen,  was 
sich  in  Offenburg  zugetragen,  verhältnismässig  nur  dürftige  Kunde 
besitzen. 

Es  sei  gestattet,  zur  Orientierung  einige  Worte  voraus- 
zuschicken 1). 

Wie  anderwärts  im  Gebiete  des  Oberrhcius,  zu  Ettenheim, 
Freiburg,  Konstanz  und  Überlingen,  hatten  sich  auch  in  der 
Reichsstadt  Offenburg  während  des  letzten  Dezenniums  ihrer 
reichsunmittelbaren  Herrlichkeit  mehrfach  französische  Emigranten 
za  vorübergehendem  Aufenthalte  niedergelassen  und  waren  vom 
Magistrate  daselbst  geduldet  worden.  Der  Anfall  der  Stailt  an 
Kurbaden  änderte  hieran  nichts;  die  Karlsruher  RegiL-rung  sah 
sich  um  so  weniger  veranlasst,  ihnen  Schwierigkeiten  zu  bereiten, 


*)  Ich  folge  dabei  im  wesentlichen  der  vortrefflichen  Schrift  des  C»* 
Bonlay  de  la  Meurthc:  Les  dem  leres  an  neos  du  Diic  d'Kngliicn,  der 
betten  kritischen  Darstellung»  des  Falls  Enjjhien,  die  wir  besitzen  Als 
Mftterialiensammlang  ist  das  Werk  von  NouparC-de  de  Kay  et:  Rccher- 
ches  historiqnes  sar  le  proc^s  et  1a  condainnation  du  Duo  d'En|;hien  Paiis 
1844,  2    B^-  <^^<^  heute  noch  unentbehrlich. 

Mitt.  d.  Bad.  Hitt.  Korn.  Nr.  ai.  3 


m58  Obser. 

als  der  französische  Geschäftsträger  in  Karlsruhe,  Massias,  keinerlei 
Einsprache  gegen  ihr  ferneres  Verbleiben  in  Offenburg  erhob. 
Auch  nicht,  als  zu  Anfang  des  J.  1804  die  kleine  Emigranten- 
colonie  sich  um  einige  Mitglieder  vermehrte,  die,  wie  sich  spater 
ergab,  englische  Pensionen  bezogen  und  auf  Weisung  aus  London 
sich  nach  der  Rheingrenze  begaben ').  Im  ganzen  mögen  es 
ihrer  mit  dem  neuen  Zuwachs  kaum  mehr  als  zwei  Dutzend 
gewesen  sein  2):  zumeist  ehemalige  Offiziere,  die  früher  nnter 
den  Fahnen  Condes  gegen  die  Republik  gekämpft. 

Unter  ihnen  befanden  sich  der  fast  achtzigjährige  Oberst- 
leutnant C®  Baune  de  La  Saulais,  der  gleichfalls  hochbetagte 
C®  de  Mellet,  früher  Oberst  des  Reiterregiments  AngonlSme, 
mit  seinem  Sohne,  der  Marquis  de  Vauborcl,  angeblich  russischer 
Generalmajor,  ein  alter  Frömmler  nach  dem  Urteile  von  Massias, 
der  Oberst  Marquis  de  Mauroy,  Baron  Fumel,  eliemals  Mar^clial 
de  Camp  bei  Conde,  Major  Roussel  und  ein  Leutnant  Bollogne. 
Zu  ihnen  gesellten  sich  der  vormalige  Strassburger  Generalvikar 
Abbü  d'Plymar,  der  nach  dem  Tode  des  Kardinals  Rohan  nach 
Oflenburg  übergesiedelt  war,  und  der  aus  Dijon  gebürtige 
C**  Le  Seurc  de  Musset,  der  einzige,  der  eine  gewisse,  freilich 
recht  bescheidene  politische  Rolle  spielte  und  als  Führer  in  dem 
kleinen  Kreise  galt.  Auch  einige  Damen  des  französischen 
Adels  zählten  zu  der  Gesellschaft:  eine  Gräfin  Moyria  (Moriat), 
Frau  von  Gelb,  die  Witwe  eines  bei  Hagenau  gefallenen 
Generals  vom  Corps  Condd,  sowie  die  in  der  Folge  vielgenannte 
Witwe  des  bischöfl.  Strassburgischen  Oberstjägermeisters  Freih. 
Reich  von  Platz,  die  seiner  Zeit  in  die  Pichegru-Condc*schen 
Umtriebe  verwickelt  war,  später,  als  ihr  Name  von  der  Emi- 
grantenliste gestrichen  in  Strassburg  wieder  ihren  Wohnsitz 
genommen  hatte  und  nun  von  da  aus  wiederholt  zu  längerem 
Besuche  bei  iiircr  Nichte,  Frau  von  Ried,  in  Offenburg  erschien  "^U 
Man  war  unter  diesen  Royalisten,  wie  begreiflich,  schlecht  auf 
die  französische  Republik  zu  sprechen:  von  einer  wirklichen 
Verschwürung  wider  dieselbe  oder  wider  das  Leben  des  Ersten 
Konsuls  war  aber  nirgends  die  Rede,  und  mit  den  Plänen 
Georges  Cadoudals  hatte  man  ebensowenig  zu  schaffen,  wie  der 


*)  Nougarddel,  205.  —  ^)  Boiilay  de  la  Mcurthe,  S.  127  Anm.  : 
frchätzt  ihre  Zahl  etwas  2u  niedrig.  Eine  Karlsruher  Liste,  die  nach  Jen 
Vcrhaftunj,'cn  vom  15.  März  am  7.  April  aufgestellt  wurde,  verzeichnet  als 
in  Oneiiburg  anwesend,  im  ganzen  18  Emigranten:  ausser  den  Grafen  La 
Saulais  und  Mellot  zwei  ehemalige  Beamte,  Pierre  Aiit  Salins  und  Jean 
Morcllet,  den  Priester  l*ierre  Thomas,  den  bischöfl.  Hofkaplan  Dupont,  einen 
früheren  Gendarmerieolli/icr,  Pierre  Uuc,  und  eine  Reihe  offenbar  unter- 
geordneter Personen.  Sie  hatten  zum  Teil  schon  seit  10 — 12  Jahren  ihi«n 
Wohnsitz  in  der  Stadt  und  waren  fast  ausnahmslos  seit  d.  J.  1S02.3 
amnestirt.  —  ^)  Nougarcde,  I,   ii;  Boulay,  95. 


Vorgänge  in  Oflenburg  v.  xi. — 15.  März  1804.  0^59 

Herzog  von  Enghien.   Auch  die  später  über  sie  verhängte  Unter- 
suchung hat  in  dieser  Hinsicht  kein  belastendes  Material  ergeben. 

Erst  Ende  Februar  1804  wurde  die  Aufmerksamkeit  der 
Pariser  Regierung  auf  die  kleine  Oifenburger  Colonie  gelenkt. 
Derselbe  übelberüchtigte  Mchce^),  der  seit  dem  Herbst  1803  im 
Solde  des  Ersten  Consuls  England  gegenüber  die  traurige  Rolle 
eines  Agent  provocateur  spielte,  war  es,  der  in  seinen  Berichten 
zuerst  auf  die  angeblich  von  dieser  Seite  drohende  Gefahr  hin- 
wies. Schon  im  Oktober  hatte  er  sich  vorübergehend  in  Offen- 
burg aufgehalten  und  Beziehungen  zu  dem  C^*^  de  Musset  an- 
geknüpft; in  den  letzten  Februartagen  1804  kehrte  er  zu  kurzem 
Besuche  dahin  zurück,  und  der  (iraf  war  unvorsichtig  genüge 
dem  Späher  durch  vertrauliche  Äusserungen  erwünschten  Stoff 
für  seine  allarmierendcn  Meldungen  zu  liefern.  Alsbald  wusste 
Mehee  über  besorgliche  Umtriebe  des  Offenburger  Comitcs  zu 
berichten,  die  sich  auch  auf  das  linke  Rheinufer  erstreckten  und 
an  denen  der  Herzog  von  Enghien  beteiligt  sei:  um  die  Republik 
zu  stürzen,  habe  Musset  erklärt,  bedürfe  es  nur  Klugheit  und 
Verschwiegenheit.  Vergebens  warnte  der  besonnene  Massias  in 
Strassburg  vor  einer  Überschätzung  der  thorichten,  prahlerischen 
Reden  einzelner  Emigranten.  Der  Sjmreifer,  den  Mchee  ent- 
faltet, Hess  auch  den  Ehrgeiz  Anderer  nicht  ruhcMi;  vor  allem 
war  es  der  General  Leval,  der  den  Argwohn  des  Ersten  Konsuls 
nährte  und  in  seinen  Meldungen  aus  dem  Häullein  Offunburger 
Emigranten  ihrer  6 — 700  werden  Hess'). 

All'  diese  Nachrichten  verfehlten  schliesslich  im  Zusammen- 
hang mit  den  Enthüllungen  über  die  Verschwörung  Georges 
Cadoudals  ihre  Wirkung  nicht.  Am  7.  März  beantragte  der 
Oberstrichter  unter  Hinweis  auf  die  Wühlereien  des  Offenburgcr 
Comitcs,  insbesondere  des  Grafen  Musset,  der  mit  Hilfe  des 
Kehler  Postmeisters  Tridant  allerlei  Hetz-  und  Brandschrifien  in 
Frankreich  einschmuggele,  man  möge  die  badische  Regierung 
zur  Auslieferung  der  kompromittierten  Emigranten  auffordern. 
Eine  Ordre  vom  8.  März  wies  den  Strasshurger  Präfekten  an, 
die  Baronin  von  Reich,  die  möglicherweise  auch  in  die  neuesten 
Umtriebe  Pichegrus  verllochten  sei,  zu  verhaften  und  ihre  Papiere 
mit  Beschlag  zu  belegen;  da  diese  sich  jedoch,  Verdacht  schöpfend, 
bereits  nach  Offenburg  begeben,  sollte  man  in  Karlsruhe  auch 
zu  ihrer  Verhaftung  und  Überführung  die  Hiiml  bieten  •}. 
Inzwischen  aber  hatte  Bonaparte  am  10.  März,  während  sein 
Minister  sich  eben  anschickte,  dem  Antrag  des  Oberstrii-hters 
entsprechend  die  kurfürstliche  Regierung  um  Auslieferung:  der 
übrigen  Offenburger  Emigranten  zu  ersuchen,  in  seiner  Ungeduld 


*)  Vergl.  über  seine  Vergangenheit  Houlay,  «n):  Nouy.irt'iie,  I,  124  il. 
—  -)  Boulay,  127.  —  ^)  Das  Schreiben,  da>  MasMas  aus  diesem  Anlass  am 
12.  an  EdeUheiin  richtete,  wird  in  dem  l'ünficn  Rande  der  l'olit.  Corre- 
spondcnz  Karl  Friedrichs  uni(;eicilt  werden. 


5* 


m6o  Obs  er. 

anter  Missachtung  aller  völkerrechtlichen  Verpflichtungen  jene 
verhängnissvolle  Ordre  erteilt^),  infolge  deren  die  Genenle 
Ordener  und  Caulaincourt  nach  Strassbarg  eilten,  um  mit 
militärischer  Bedeckung,  der  eine  bei  Rheinau,  der  andere  bei 
Kehl,  den  Rhein  zu  überschreiten  und  den  Herzog  von  Enghien 
und  seine  Umgebung  in  Ettenheim  sowie  die  von  M^h6e  näher 
zu  bezeichnenden,  in  Offenburg  ansässigen  Emigranten  fest- 
zunehmen und  nach  Strassburg  zu  verbringen.  Als  Talleyrands 
Note  vom  lo.  März  am  Nachmittag  des  15.  in  Karlsruhe  einlief, 
war  der  Auftrag  schon  vollzogen.  In  welcher  Weise  dies  in 
Offenburg  geschehen,  mag  nunmehr  unser  Bericht  schildern 


Offenburg,  den   15.  März  1804. 

Sonntags  den  1 1 .  dieses  Monats  abends  sieben  Uhr  kam 
ein  bürgerlich  gekleideter  OfHcier  der  französischen  National- 
Gensdamerie  2)  zu  dem  amtirenden  Städtemeister  Gottwald  in 
Offenburg  mit  einer  Requisition  des  Praefecten  von  nieder- 
rheinischen Departement,  womit  die  hier  seit  mehreren  Jahren 
sich  aufhaltende  Freifrau  von  Reich  arretiret  und  mit  ihren 
Schriften  nach  StraGburg  ausgeliefert  werden  möchte. 

Städtmeister  Gottwald  crwiederte  auf  dieses  Ansinnen,  dass 
ohne  Weisung  von  der  kurfürstlich  badenschen  Regierung  zu 
Karlsruh  er  diesem  Ansinnen  nicht  willfahren  könne. 

Der  französische  Officier  wiedersetzte:  die  Einwendung  wäre 
zwar  ganz  der  Ordnung  gemäß,  allein  für  gegenwärtigen  Fall 
sei  das  Behörige  von  französischer  Regirung  unter  einem  schon 
beobachtet  und  an  den  Karlsruher  Hof  erlassen  worden,  der 
Kurfürst  könne  und  werde  nicht  entgegen  sein,  nachdem  derselbe 
der  französischen  Regirung  auf  mehrere  Art  verbunden  sei. 

Stadtmeister  Gottwald  entgegnete,  dass  er  für  sich  allein  in 
Sachen  nichts  verfügen  könne  und  wenigst  den  übrigen  Stadt- 
magistrat hierüber  vernehmen  müsse. 

Der  Oflicier  willigte  zwar  hiezu  ein,  erklärte  aber  zugleich, 
dass  wiederholter  Städtmeistcr  mit  seiner  Person  und  seinem 
ganzen  Vermögen  dem  französischen  Gouvernement  für  die  Frau 
von  Reich  haften  müsse.  Der  Officier  fasstc  sofort  den  Städt- 
meister bei  der  Hand,  ließ  ihn  nicht  aus,  bis  sie  auf  das 
städtische  Rathaus    kamen,  wohin   noch    einige    Rathsverwandten 


^)  Ordre  an  Bcrthicr,  Correspondance  de  Napoleon  nr.  7608.  — 
2)  Michel  Pctcrmann.  Vj;!.  Noiipar^dc,  a.  a.  O.  I,  216.  Die  hier  gegebene 
Darstellung  leidet  übrigens  an  manchen  Irrthürniern.  Dass  Frau  von  Reich 
nicht  schon  am  12.  März  und  mit  Zustimmung  der  badischen  Regierung  nach 
Strassburg  verbracht  worden,  hat  bereits  Boulay  de  la  Menrthe,  190 
stillschweigend  berichtigt.  Die  kurze  Schilderung,  die  Frau  von  Reich  von 
ihrer  Verhaftung  entwirft,  bei  Boulay  de  la  Menrthe,   163. 


Vpr^Dge  in  Offenburg  ▼.  ii.«-i5.  März  1804.  xn6l 

geruflfen  wurden,  von  den  sich  der  Rathsconsulent  Laaba  und 
Städtmeister  Gottwald  wie  auch  Rath  Hog  mit  dem  Otficier  in 
das  Quartier  von  der  Frau  von  Reich  bei  dem  Stadtprediger 
Gustenhofer  und  zwar  erstere  gleich  in  das  Zimmer  der  Frau 
von  Reich  begaben,  ihr  ankündigten,  dass  sie  Auftrag  hätten, 
alle  ihre  Papiere  zu  versiegeln  und  ihrer  Person  sich  zu  ver- 
sichern. Nachdem  ersteres  geschehen,  trat  auch  der  Officier  ins 
Zimmer,  und  alle  anwesenden  machten  der  Frau  von  Reich  den 
weiteren  Vortrag,  wie  sie  sich  gefallen  lassen  müßte,  sich  mit 
auf  die  Stadtkanzlei  zu  begeben.  Die  Gesellschaft  wurde  mit 
4  Stadtsoldaten  vermehret,  und  die  ganze  Versammlung  mit  der 
Frau  Reich  zog  aufs  Rathaus,  woselbst  ein  Zimmer  für  die 
Arrestantin  geheitzet  wurde,  auch  ein  Bett  für  dieselbe  bei* 
geschaffet  werden  wollte,  welches  sie  aber  ausschlug,  dagegen  sich 
Schreibmaterialien  und  die  Erlaubniß  an  des  Kurfürsten  von 
Baden  Durchl.  eine  Vorstellung  aufsetzen  und  abschicken  zu 
dürfen  ausbat,  welchem  Gesuch  willfahrt  ward. 

Frau  von  Ried,  geborne  Serpe  de  la  Faye,  eine  Ni^ce  der 
Frau  von  Reich  und  hier  ansäßige  Frau  eines  ortcnauischen 
Ritterschaftsmitgliedes  übernahm  diese  Depesche  selbst  und 
reiste  damit  in  der  nämlichen  Nacht  noch  nach  Karlsruhe  ab, 
kam  aber  Dienstag  gegen  mittag  wieder  zurück,  doch  ohne 
Bescheid,  und  erst  an  der  Mittwoche  Nachmittags  erhielt  der 
ofTenburg'sche  Magistrat  durch  das  badische  Obervogtcyamt  zu 
Gengenbach  die  Weisung,  die  Frau  von  Reich  auf  das  genaueste 
zu  verwahren  *),  das  weitere  würde  folgen.  Dieselbe  war  in- 
zwischen noch  in  der  ersten  Nacht  ihrer  Arrestation  von  der 
Stadtkanzeley  wieder  auf  ihr  Zimmer  in  der  Praedicatur  zurück- 
gebracht und  auf  solchem  durch  hiesige  Bürger  und  zumtheil 
selbst  durch  städtische  Raths-  und  Kanzleiverwandte  bewachet. 
•  Heuthe  in  der  Früh  gegen  3  Uhr  ward  an  der  Behausung 
des  Schultheysen  Witsch  angeläutet,  bey  Kröffnung  der  Haus- 
thür  trat  ein  in  badischer  Officiersuniform  gekleideter  Mann  ein, 
welcher  bis  vor  das  Bett  des  Schultheysen  schritt,  demselben 
aufzustehen  und  ihm  ins  äußere  Zimmer  zu  folgen  befahl^). 

Als  der  Schultheyß  in  dasselbe  heraustrat,  fand  er  bereits 
den  Divisions-General  Leval,    einen  Officier   der   Consular-Garde 


')  Über  das  Verhalten  der  Karlsruher  Kcj»icrunn  in  dieser  Fra^je  vcrj;l. 
künftig  des  Geh.  Rathsprotokoll  vom  12.  März  in  Band  V  der  Pol  it. 
Correi pondenz  Karl  Friedrichs.  —  '-»  Über  die  £iei);nis>e  vom 
15.  Man  vergl.  auch  den  kurzen  Bericht  der  Rathsvoji^tei  Otfcnburi;  vom 
gleichen  Tag^,  Polit.  Correspondcnz,  Band  V.  Auch  dort  wird  des 
Offiziers  in  kurbadischer  Uniform  gedacht,  vim  dem  in  der  geil  ruckten 
Literatur  bisher  nirgends  die  Rede  ist.  Wie  man  s])ilterhin  sich  nicht 
gescheut  hat.  ein  Dekret  des  Kurfürsten  im  Moniteur  zu  fälschen,  um  den 
Schein  xu  erwecken,  als  sei  die  Gewaltiliat  mit  seinem  Wissen  und  Willen 
geschehen,  so  hatte  offenbar   auch   dieac    Maskerade   zunächst   keinen   andern 


m62  •    Obser. 

Namens  Caulencourt,  den  Commissaire  de  Police  Zeiz  von 
Straßburg  und  eine  Menge  französischer  OHiciere  auf  seinem 
Zimmer,  sein  Haus  aber  mit  Hundert  abgesessenen  Carabiniers 
ä  Cheval  besetzter  (sie !)  an.  Der  in  badischer  Uniform  gekleidete 
Officier  forderte  dem  Schultheyßen  die  Benennung  der  Hänser 
ab,  in  welchen  die  Emigrirten  Generale  Lasolaye,  Mclet,  Moroj, 
Peuverville  *),  ein  Emigranten-Oberster  Boulogne,  ein  gewisser 
Mousset,  der  abbc  d'Eymar,  die  Comtesse  de  Mauria,  Madame 
Reich  und  Madame  Gelb,  die  Witwe  eines  im  EIsaG  in  der 
Campagne  vom  Jahre  1793  gebliebenen  emigrirten  Generals 
logiren. 

Die  Domestiquen  des  Schultheyßen  mußten  die  abgeschickten 
Militär-Detachcments  an  die  benannten  Häuser  führen. 

Als  der  Eigenthümer  des  Hauses,  in  welchem  General 
Lasolaye  logiret,  Namens  Gottfried  Gönner  die  Zimmer  des 
Generals  nicht  aufsperren  wollte,  wurde  demselben  die  Pistole 
auf  die  Brust  gesetzet,  er  blieb  aber  standhaft  und  öffnete  die 
Vorthür  zu  des  Generals  Zimmer  nicht  eher,  bis  ein  städtischer 
Rathsdiener  ihm  den  Befehl  seiner  ordentlichen  Obrigkeit  hiezu 
brachte.  Als  das  Commando  in  das  Schlafzimmer  des  Generals 
eintrat,  ihn  mit  den  Worten:  Bon  jour  grand  papa  begrüßte  und 
ihm  aufzustehen  befahl,  antwortete  er  standhaft,  er  sey  kein 
Großvater,  sondern  ein  etlich  und  achtzig  jähriger  französischer 
mit  Wunden  bedeckter  General,  welcher  in  der  Nacht  nicht 
zu  jeder  Stunde  aufzustehn  vermöge.  Er  sey  sich  keines  Ver- 
gehens bewußt,  sie  könnten  seinen  Sccretaire,  in  welchem  alle 
seine  Schriften  verwahrt  seyen,  mitnehmen  und  untersuchen, 
wenn  sie  ihn  einer  Conspiration  schuldig  finden,  so  werde  er 
sich  allzeit  stellen  und  einstweilen  gebe  er  sein  Officiers-Paroie. 
daß  er  sich  von  hier  nicht  entfernen  werde.  Diese  Standhaftigkeit 
und  das  Zeugniß  des  Schultheyßen  von  dem  ruhigen  Betragen 
dieses  Generals  würkten  so  viel,  daß  derselbe  in  seinem  Quartier 
belassen,  seine  Schriften  aber  mitgenommen  wurden. 

In  dem  Quartier  des  Generalen  Mellet  wurden  Hof-  und 
Hausthür  mit  Gewehrkolben  eingeschlagen  und  Vater  und  Sohn 
angehalten,  bis  für  das  Bett  des  todtkranken  in  dem  nämlichen 
Haus  bequartierton  Marquis  de  Zumelc^)  gedrungen  und  dessen 


Zweck,  zujjlcich  sollte  sie  wohl  ilen  französ.  Truppen  ihre  Aufj»abe  erleichtern. 
Die  badische  Rcgierunj^  hat  in  dem  für  ihre  Gesandten  in  Paris,  Wien  und 
Kej:»tnsburg  bestimmten  Pn'rcis  historiquc  vom  16.  Mfirz  die  Unterstellung»,  als 
ob  einer  ihrer  Offiziere  die  Expedition  begleitet  habe,  sofort  cntschicilen 
zur  (ick  j^'O  wiesen. 

't  IVuvcrvillc  oder,  wie  er  später  genannt  wird,  Bcauvreille  ist  zweifellos 
idcnliFch  mit  dem  Generale  Vauborel.  —  -)  Der  Name  wird  in  der  gedruckten 
Literatur  nirgends  erwähnt;  auch  in  den  Karlsruher  Akten  findet  sich  üb« 
diese  Persönlichkeit  nicht-*. 


Vorgänge  in  Offenburg  v.  ii. — 15.  März  1804.  1x163 

Lebensend  um  einige  Stunden  eher  herbexgeföhrt,  denn  wenige 
Stunden  nachher  starb  er.  Beyde  Mellets  aber,  nachdem  der 
Sohn  seinen  in  Paris  ausgefertigten  Pass,  vermög  dessen  er  sich 
6  Monate  durch  in  Deutschland  aufhalten  darf  und  General 
Caulencourt  die  Unvermögenheit  des  alten  General  Mellets  selbst 
gesehen,  [wurden]  aus  des  Schultheyßen  Haus  wieder  in  ihr 
Quartier  entlassen. 

Dagegen  wurden  Madame  de  Reich,  die  Comtesse  de 
Moriat,  General- Vicaire  abbe  d'Eymer,  General  Beauvreille,  Oberst 
Boulogne,  ein  Domestique  des  Generals  Moroy  und  die  Kammer- 
mägde der  Gräfin  Moriat  und  der  Frau  von  Reich  aus  den 
betreffenden  Quartieren  durch  ausgeschickte  französische  Militär- 
Commandi  abgeholet  und  in  des  Schultheyßen  Haus  verwahret, 
bis  alle  zusammengesammlet  waren,  auch  ein  hiesiger  Bürger, 
den  die  Neugierde  zur  Unzeit  auf  die  Gasse  geführet,  wurde 
den  arretierten  Emigranten  zugesellet. 

In  der  Zwischenzeit  als  diese  Sammlung  bewirket  wurde, 
äußerte  General  Leval  mit  vielem  Unwillen  und  Eifer  sein 
Befremden,  dass  der  alte  Kurfürst  von  Baden,  welcher  der 
französischen  Nation  so  vieles  zu  verdanken  habe,  solche  Scelerats 
in  seinen  Landen  gedulde,  und  die  Stadt  Of!'enburg  denselben 
Unterschleif  gebe. 

Nachdem  endlich  alle  vorgemerkt  gewesten  und  von  dem 
Schultheyßen,  von  dem  in  badischen  Uniform  aufgetretenen 
Officier,  welchen  die  Franzosen  Monsieur  Capitainc  betittelten, 
benannten  und  von  dem  Officier  vorgemerkten  Quartiere  durch- 
suchet und  die  betreuenden  Personen  ausschlüsslich  des  alten 
Generals  Moroy  und  eines  gewissen  Mousset,  welche  Tages 
zuvor  sich  von  hier  entfernet  hatten  ^),  gesammlet  waren,  wurden 
dieselben  in  3  Post-Chaisen  gesetzet  und  unter  Bedeckung  der 
hier  eingerückt  gewesten  französischen  Trupp  abgeführct  und  die 
bis  dahin  gesperrt  gewesten  Stadtthore  wieder  offen  gelassen, 
auch  der  arretirt  geweste  hiesige  l^ürger  Louis  Maistre  konnte 
in  sein  Quartier  zurückgehen. 

Nach  hergestellter  Coramunication  mit  den  äußeren  Ort- 
schaften kamen  die  Berichte  von  den  dem  diesseitigen  Oberamt 
untergeordneten  Vogteyen  ein,  und  zwar  von  der  zu  Appenwcvor, 
dass  in  der  Früh  praecise  2  Uhr  100  Mann  französische  Infanterie 
vom  9.  Regiment  fn  Appenweyer  angekommen,  sich  vor  dem 
Vogteyhaus  gestellet,  3  Officiers  in  das  Haus  cin<;etrelen  seyn, 
und  gefragt  haben,  ob  nicht  etwa  vor  einer  halben  Stun<l  300 
Mann  Cavalerie  durchpassieret  seyenf 

Auf  erfolgte  verneinende  Antwort  erkuniligten  sie  sith  um 
den  Namen  des  Ortes,  und  der  Capitaine  nahm  eine  schriftliche 


*)  Nach  Schrambcrg,  Xouj^arr-tle,  I,  27').  Gloich/.ciiig  h:itie  sich 
auch  Frau  von  Gelb  nach  Hechiii}^«*n  j^t'lliuhlel.  Massias  an  MilcUhf-im. 
15.  April.   PoHl.  Corre«iTonclen/ ,   V. 


m64  Ob«  er. 

Ordre  aus  der  Tasche,  zufolge  welcher  er  mit  seiner  Mannschaft 
zwischen  Sand  und  Griesheim  Halt  machen  sollte. 

Er  entschuldigte  sich  mit  der  Unkunde  von  den  Ortschaften, 
ungeachtet  er  einen  Wegweiser  aus  dem  benachbarten  vonnals 
darmstädtischen,  itzt  badischen  Flecken  Wildstätten  bei  sich  hatte. 
Die  Officiere  nahmen  ein  Frühstück  mit  Brandtwein  zu  sich  und 
zogen  sich  einige  Minuten  vor  3  Uhr  mit  ihrer  Mannschaft  nach 
Sand  zurück. 

Die  Vogtey  Griesheim  berichtete,  ungefähr  Nachts  um  1  Uhr 
seyen  beiläufig  500  Mann  lauter  Cavailerie  durch  Griesheim 
gegen  Offenburg  und  etwas  vor  7  Uhr  wieder  mit  den  hier  auf- 
gehobenen zurückmarschirt.  Hin-  und  Hermarsch  seyen  ruhig 
vorübergegangen.  Mannschaft  sey  keine  im  Ort  geblieben,  wohl 
aber  mehrere  hundert  Mann  Infanterie  in  Sand  und  Wildstatt 
gelegen,  welche  solang  keinen  Inwohner  aus  beiden  Orten 
herausgelassen  und  die  Straßen  versperrten,  bis  die  Cavalerie 
mit  den  abgelangten  Personen  von  OÄfenburg  zurückgekommen; 
auch  soll  zu  Kehl  viel  Mannschaft  mit  vier  Canonen  in  Bereit- 
schaft gestanden  seyen. 

Der  Griesheimer  Gerichtsbott,  welcher  in  der  Nacht  den 
durchmarschirten  Truppen  in  einiger  Entfernung  folgte,  um  zu 
sehen,  wohin  der  Marsch  gehe,  meldete  gleich  nach  dem  Abzug 
der  Truppen  von  hier  dem  Unterfertigten,  dass  die  seines  Er- 
messens nach  auf  500  Mann  betragenden,  durch  Griesheim 
gezogenen  Cavaleristen  in  einem  fort  geritten  bis  eine  Strecke 
von  hiesiger  Stadt,  daselbst  sey  Halt  gemacht  worden,  ein  Theil 
der  Reuther  abgesessen,  zu  Fuß  bis  an  das  Thor  und  nach 
dessen  Oeffnung  in  die  Stadt  marschiert.  Die  rückgelassenen 
Pferde  seyen  von  wenigen  rückgebliebenen  Reuthern  bewachet 
und  gefüttert  worden.  Der  Rest  unabgesessener  habe  rechts 
und  links  eine  Chaine  um  die  ganze  Stadt  gezogen. 

Von  den  hiesigen  Thorwächtern  war  zu  vernehmen,  dass 
bei  jedem  Thor  ganz  ohne  Geräusch,  wie  sonst  von  Passagiers 
angeklopfet  und  auf  das  Anrufen:  ;/Wer  da.^<:  mit:  igut  freund!? 
geantwortet,  sofort  ohne  Arges  zu  vermuthen,  das  Thor  geölTne:. 
die  Wacht  aber  sogleich  von  fremden  Militär  übermannet,  in  die 
Wachstube  einp^eschlossen,  die  Thorschlüssel  abgenommen  und 
die  Thore  selbst  wieder  geschlossen,  auch  niemand  weder  ein 
noch  ausgelassen,  hingegen  vor  jedem  Thor  eine  Canone  aut- 
ge führet  worden.  Von  dem  einen  aber,  wo  der  Weg  nach 
Straßburg  hinausgellt,  waren  etwas  seitwärts  noch  zwei  Canonen 
mit  I  Haubis  in  Reserve,  bey  allen  stunden  Artilleristen  mit 
brennender  Lunte. 

Als  die  Generals  und  Officiers  das  Haus   des  Schultheyten 

Witscli  verließen,  sagte  der  oben  beschriebene  Oflicier  in  badischer 

Uniform  zu   dem  Schultheysen,   er   hätte    ihn   auch    täuschen 

l^önnen,  wenn  er   kein   badischer  Officier,    sondern   ein 

v^ranzos  in  badischer  Uniform  wäre, 
r 


Voigftnge  in  Offenburg  v.  ii. — 15.  März  1804.  11165 

Aach  auf  der  Rheinstraße  über  Marien  und  Goldscheur 
sind  laut  Berichtes  des  Schultheysen  Saamenfing  an  der  Mitt- 
woche nachts  40  französische  Reuther  ganz  still  durchgeritten, 
haben  in  Marien  einen  Botten  genommen,  der  ihnen  den  Weg 
bis  Altenheim  weisen  müßen,  woselbst  sie  geblieben  und  heute 
um  neun  Uhr  wieder  ganz  ruhig  durch  Goldscheur  und  Marien, 
Kehl  zu  marschiret  sind.  Die  heute  abends  zurückgekommenen 
Postillons,  welche  die  Arrestanten  ge führet  haben,  erzählen,  dass 
bey  dem  Straßburger  Zoll,  über  den  sogenannten  kleinen  Rhein, 
sämtliche  Arrestanten  aussteigen  müssen,  von  wo  aus  sie  in  die 
Citadelle  transportiret  worden. 

Eben  diesen  Abend  kommt  auch  die  Nachricht  von  Etten- 
heim,  der  ehemaligen  Residenz  des  verstorbenen  Cardinalen  und 
Fürstbischofen  von  Straßburg,  woselbst  sich  der  Prinz  d'Engien, 
ein  Enkel  des  Prinzen  Cond^  und  mehre  Emigranten  aufgehalten 
haben,  an,  dass  heute  früh  ein  Detachement  französischer  Truppen 
bei  Cappel  über  den  Rhein  gesetzet,  auf  Ettenheim  marschiret, 
daselbst  den  genannten  Duc  aus  seinem  Bette  aufgehoben,  in 
den  Schlafkleidern  eine  Strecke  fortgeschleppet,  dessen  Kleider 
nachkommen  lassen,  die  er  auf  offener  Straße  anziehen  müsseii, 
fort  (!)  denselben  auf  einen  Karren  gesetzet  und  so  bis  an  Rhein 
transportiret  haben. 

Mit  dem  Duc  d'Enghien  wurden  von  Ettenheim  noch  ab- 
geführet:  General  Dumeri,  Oberst  Grundstein,  OlQcier  Schmidt, 
Monsr.  Schak,  Secretaire  des  Duc,  Tabbe  Weinborn,  Provicaire, 
l'abbe  Michel,  Secretaire  des  Provicaire').  Zur  Arretirung  des 
Frince  de  Rochefort  und  seiner  Priiicessin  Tochter,  die  sich 
ebenfalls  in  Ettenheim  befanden,  hatte  das  Detachement  keine 
Ordre. 

Das  Gerücht  gehet,  daß  auch  in  Freiburg  und  Bruchsal 
ähnliche  Vorgänge  geschehen  sein  sollen.  Die  Zeit  ist  aber 
zu  kurz,  um  Nachricht  von  ein  oder  anderem  Ort  zu  haben. 

Kleinbrodt,  m.  p. 
Landvogt  in  der  Ortonau. 

Original  im  k.  u.  k,  Haus^  Hof'  und  Stdaisarchive  in    Wien. 

*)  Die  Namensformen  sind  auch  hier  fast  durchwog  ent>it.>lU.  Gemeint 
sind  der  Marquis  de  Thumery,  Eskadronschef  Fiön.  Auj^ust  v<mi  «irünstoiii. 
Kapitän  Heinr.  Schmitt,  Sekretär  Dominique  Jactiucs  und  die  Abbt-S  Woin- 
born  und  Michel. 


Urkundenauszüge 
zur  Geschichte  des  Schwabenkriegs. 

MhECIciit  von 

Heinrich  Witte  (Hagenau). 


Wenn  in  diesem  Jahre  die  Eidgenosse Rscbaft  die  vieibumlerl- 
jährige  [nbelfeier  des  Schwabenkrteges  restiicli  begebt,  so  haben 
wir  Deutsche  an  und  für  sich  keine  Ursache,  an  der  Festesfreude 
unserer  a Ue man i)i sehen  Stammesbrüder  teilzunehmen;  ist  es  tiodt 
dieser  Krieg  gewesen,  der  die  Losliennung  der  EldgenosGcnscfatft 
von  dem  heiligen  römischen  Reiche  herbeifiihrte  ond  damit  den 
Gang  der  Entwicklung  absc bloss,  den  die  kurzsichtige  Hau» 
politik  Kaiser  Friedrichs  III.  eingeleitet  hatte.  Utid  das  uette 
deutsche  Reich  hat  In  dieser  Hinsicht  die  Erbschaft  der  Vorfahiea 
antreten  müssen.  Anf  der  anderen  Seite  können  wir  jetcl  mit  sb- 
geklärter  Stimmnng  auf  diese  vergangenen  Ereignisse  zurilckblicliaa 
und  brauchen  uns  über  die  Festesfreude  unserer  Nachbarn  nicbl  n 
verärgern,  die  selbst  am  besten  wissen,  dass  das  dculsc^ir  Rri-J', 
der  G^enwart  ein  anderes  ist  als  weiland  das  h'=il: 
Reich  der  Vergangenheit,  das  sie  im  Kampfe  siegi''. 

Allerdings  schrumpft  auch  das    heilige  Reich. 

die  Zeche  zu  zahlen  hatte,  für  diesen  Krieg  auf  den  = 

Bund  zusammen,  und  insofern  kann  von  einem  unglciclieu  Vci- 
häitnis  der  Kräfte  kaum  die  Rede  sein.  Und  eine  gewaltige 
Überlegenheit  besassen  die  Eidgenossen  doch  dadurch,  dus  Gt 
sie  der  Krieg  ein  Volkskrieg  war,  während  er  ani  der  entj^ipo- 
ge&etzten  Seile  in  der  Hauptsache  mit  Landsknechten  gcAfalt 
wurde,  die  schlecht  besahlt  wie  sie  waren  bei  jeder  Gde^oiaft 
davon  liefen  und  am  allerwenigsten  geneigt  waren  der  oneibic)' 
liehen  Kriegführung  der  Eidgenossen  ihr  Leben  zn  DpfiinL  In 
dieser  Hinsicht  muss  man  sich  eigentlich  viel  mehr  datvbei 
wundern,  dass  die  Eidgenossen  nicht  noch  weil  gtäs-^:r-  Votw.'hf 
errangen,  zumal  im  Anfange,  als  bei  dem  schw. 
der    übliche    deutsche  Zustand   Oer   Unfcriigkeit  u; 

in  der  grellsten  Weise  zu  Tage  trat  und  König  .\l_. 

7hen    Hfmdel    verwii " 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  mö? 

dgenossen  eigentlich  immer  >mobil«  waren  und  eine  kriegs- 
Äbte  Mannschaft  ins  Feld  stellten,  die  in  den  französischen 
legen  gelernt  hatte  ihrem  Gegner  ins  Auge  zu  sehen. 

Unsere  Auszuge  werden  dafür  eine  Erklärung  bieten; 
ch  bei  den  Eidgenossen  war  es  schlecht  bestellt  mit  der 
nigkeit  und  in  ihren  Interessen  strebten  sie  nach  den  ver- 
liedensten  Richtungen  auseinander;  aber  schliesslich,  wenn  die 
►t  es  erheischte,  da  erinnerten  sie  sich  doch  wieder  der 
vigen  Bunde«  und  des  gemeinsamen  Kriegsruhmes  der  Alt- 
rdern  und  fochten  alle  für  einen  und  einer  für  alle,  während 
rade  bei  einer  solchen  Gelegenheit  sich  das  ganze  trostlose 
3nd  der  politischen  Verhältnisse  im  heiligen  Reich  am  meisten 
enbarte.  Insofern  bietet  der  Schwabenkrieg  kaum  ein  anderes 
d  wie  der  Hussitenkrieg  und  bringt  uns  auch  in  unsern 
gen  gebieterisch  in  ernste  Erinnerung,  dass  Einigkeit,  Vergessen 
r  kleinen  Zwistigkeiten,  gemeinsames  Einstehen  im  Augenblick 
r  Gefahr  die  erste  Bedingung  für  die  Grösse  und  Stärke  eines 
ilkes  ist. 

Und  endlich  trotzdem  und  alledem,  wer  vermöchte  zu  sagen, 
Ichen  Ausgang  der  Krieg  gehabt  hätte,  wenn  Maximilian  den 
htigen  Mann  an  die  entscheidende  Stelle  gesetzt  hätte!  Es 
ein  Missgeschick  bei  den  späteren  habsburgischen  Kaisern,  dass 
es  lieben,  vornehme,  aber  wenig  geeignete,  vielfach  unfiihige 
irren  mit  den  wichtigsten  Aufgaben  zu  betrauen.  Man  weiss 
:ht,  was  König  Maximilian  dazu  veranlasst  hat,  seinen  Hof- 
Tschall  Graf  Heinrich  v.  Fürstenberg  an  die  Spitze  der 
eitkräfte  der  Niedern  Vereinung  zu  stellen.  Das  weiss  man 
er,  dass  der  Sieger  von  Calliano  und  Dournon,  Friedrich 
.ppler,  unter  diesem  Manne  dienen  musste,  der  seiner  Aufgabe 
ch  nicht  im  geringsten  gewachsen  war.  Kapplers  Mahnungen 
3  diejenigen  der  übrigen  Hauptleute  wurden  in  den  Wind 
schlagen.  So  konnten  die  Eidgenossen  das  Heer  bei  Dornach 
erraschen  und  besiegen. 

Die  nachfolgenden  Urkundenauszüge  entstammen  meinen 
ifangreichen  Sammlungen,  die  ich  im  Laufe  der  Jahre  in  der 
•sieht,  die  Beziehungen  zwischen  dem  deutschen  Reich  und 
n  Eidgenossen  einmal  im  Zusammenhang  darzustellen,  zu- 
nmengebracht  habe.  Ein  grosser  leil  rührt  aus  Missiven- 
chern  und  Aktenbänden,  die  ich  durch  dii*  Clüto  (U*s  leider 
rewigten  Herrn  Staatschreibers  Amiet  zu  Solothurn  und  tles 
srrn  Staatsarchivars  Dr.  Wackernagel  zu  l^asel  hier  zu  Hagi-iiau 
nützen  durfte;  anderes  habe  ich  gesammelt  auf  archivalisihen 
isen,  zu  denen  mir  Seine  Durchlaucht,  der  jetzigi^  Herr 
lichskanzler  und  frühere  Statthalter  von  Elsass-Lothringen.  Fürst 
ilodwig  Hohenlohc-Schillingsfürst,  die  Mittel  bot.  Zu  solcher 
ifassenden  Arbeit  aber  fehlt  mir  vor  allem  die  ruhige  Müsse 
d  ich  zweifle,  ob  ich  sie  jemals  in  Angritf  nehmen  kann. 
ishalb  will  ich  aus  diesem  Material   mitteilen,  was  sich  auf  den 


in6ß  Win«. 

Krieg  auf  badJscheiu  Dud  elsäs&iscltem  Bodao  tuid  in  den 
angrenzenden  Schweizer  Landschaften  bezieht.  Ausscronknilidi 
reich  ist  das  Material  über  Basel;  bis  igoi  wird  duxelb«  abei 
im  Baseler  Urkundenbucb  zur  VeröfiTenÜichung  ijelangt  »in, 
und  es  liätte  keinen  Zweck,  es  hier  jetzt  in  seiuei  {(anxen  Atn- 
dehnung  mitzuieileii.  Ich  habe  mich  daher  in  der  HaBptndu 
auf  solchen  Stoff  beschränkt,  der  &lch  auf  die  Krieg sbeteiliguii( 
der  Niedern  Vereiiiung,  der  Basel  angehörte,  beliebt. 

Zum  Schluss  betone  idi,  dass  es  sich  hier  nicht  am  cIm 
fönnliciie  Urkundcnpublikalion  handelt,  an  die  man  betoclilJ|l 
ist,  ganis  andere  Ansprüche  lu  erheben.  Deshalb  habe  Idi  ascb 
den  Namen  >Kegesten<  vennieden.  Es  sind  Auaiöj^,  die  ms 
Haus  aus  in  anderer  Absicht  gemacht  siud. 


König  Max  an  Basel.  ^* 

Auh;.  14.  Freihnrg.  Wird  gewarnt,  dass  etliche  be>l>> 
sichtigen,  seine  Erblaude  über  Rhein  zu  überziehen,  and  mahnt 
sie  in  Geraassheit  des  U'armser  Abschiedes,  in  solclicm  F»lt*, 
sobald  er  oder  des  Reiches  Hauptmann  sie  unter  St.  Jorgn 
Fahne  ermahnen  wird,  mit  Macht  auf  das  höchst  and 
aufKuseln  und    zu  Hülfe  zu  kommen. 

Diese  iMahnung  wird  Aug.  :o  erneuert  mit  Begelir  aa 
14,  Aug.  ihre  Botschaft  zu  Colmar  zu  haben,  sieb  dort  mit  scinn 
Killen  solches  Anzugs  zu  vertragen  und  sobald  ihre  Bouchab 
wieder  heiiukomrat,  gestracks  au  die  Ende  zu  ziehen,  «'»hin  die 
Botschaft  Weisung  bringt.     Basel.   A. 

Bern  an  Kg.  Max. 
Aug.  2q.  Entnehmen  aus  den  von  ihm  zugesandiea 
Schriften  seine  Absicht,  auf  den  Kg.  v.  Frankreich  nnd  dlt 
diesem  zugezogenen  Knechte  strälflich  zu  bandeln.  Wenn  es 
ihnen  auch  nicht  gebürt,  des  Kgs.  Absichten  za  hindern,  w 
haben  sie  seine  Strafmandate  an  die  Eidgen.  docli  enchalien  i 
Besorgnis,  dass  daraus  merklicher  Unwilie  erwachsen  käniR«. 
Bitten,  das  im  besten  zu  bedenken  und,  wenn  er  die  Eidgen. 
ersuchen  will,  die  strafenden  Worte  auszutilgen.  —  Bern,  Missiven. 
(B.  M.) 

Bern  an  Kg,  Mai. 
Sept.    lg.      Bitten  ihn,    den  Grafen  Jörg  v.  Sargaus    aoi  iWi 
Acht    zu  lassen,  da  sonst  bei  Switz  ond  Glarus  Uniube  entstebu 
konnte,  zudem  Switx  in  andern  Sachen  sieb  immer 
förmig  gehalten,  auch  die  Franckerichsche  Vercinun^ 
und  dazu  die  Seinen  dem  Kg.  v.  Frkr,  nicht  hat  i: 
d»s    werde    auch    die    weiteren    Gescbäfte.    die    jv 
(Max)   Anfalle   nnce^oüen   M-ien.   i..r,iei 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  mÖQ 

Oswald  Graf  v.  Thierstein  an  Solothurn. 

Okt  17.  Teilt  den  gestern  Nachmittag  erfolgten  Tod 
des  Gr.  Wilhelm  v.  Thierstein  mit.  Sobald  sein  Bruder  vom  Kg. 
gekommen  ist,  wollen  sie  sich  gen  Solothurn  fügen,  um  in  die 
Fussstapfen  ihres  Vaters  und  Vetters  zu  treten  mit  Bitte,  ihre 
Herrschaften  in  getreuer  Hut  zu  halten.  Solothurn  A.  D.-S. 
[S.D.-S.)  —  Einstweilen  wurden  die  Grafen  v.  Thierstein  (Heinrich 
und  Oswald)  noch  in  Lothringen  festgehalten,  und  der  angezogene 
König  ist  der  Titularkönig  Ren6  II.  v.  Sizilien.  Am  25.  Januar 
1499  schrieben  sie  an  Solothurn,  dass  sie  ^»allerlengst«  gegen  den 
17.  Februar  in  Solothurn  erscheinen  würden,  um  gemäss  dem 
Baseler  Abschied  betreffend  die  lipfelh  des  Gr.  Wilhelm  zu 
handeln.     1.  c. 

Solothurn  an  Nicolaus  Conrat  Schultheiss  und  Haupt- 
mann der  Ihren  in  Frankreich. 

Okt.  21.  Die  von  Luzern  sind  mit  dem  Hz.  v.  Mailand  in 
Einung  gegangen  und  die  von  Unterwaiden  ob  und  nid  dem 
Wald  sind  binnen  8  Tagen  mit  2  Fähnlein,  eins  mit  St.  Andreas 
Kreuz  und  mit  200  Mann  durch  Neuenburg  zum  Rom.  Kg. 
gezogen  und  man  sagt,  dass  der  Hz.  v.  Mailand  denselben  den 
5old  gebe,  und  es  läuft  viel  Rede  in  Städten  und  Ländern  und 
iusserhalb.  Bei  ihnen  in  Sol.  ist  Friede  und  Ruhe,  und  man  sähe 
sie  gern  in  Gesundheit  und  P'hren  wieder  hier.  Stellen  das  jedoch 
seinem  Ermessen  anheim,  damit  die  Kidgen.  deshalb  nicht 
LTnwetter  auf  die  Stadt  laden.  In  Zürich  soll  allerlei  Irrung 
lerrschen  und  ein  Teil  römisch,  ein  Teil  französisch  und  der  dritte 
Teil  mailändisch  sein,  und  die  Landleute  wären  dort  unruhig. 
\uch  wird  geredet,  dass  der  Krieg  sei  gerichtet;  wünschten,  dass 
*s  wahr  wäre.  Wenn  er  dann  zum  König  reitet,  mag  er  trachten, 
ier  Stadt  Nutz  und  Ehre  einzulegen  und  mag  sich  um  laufende 
Vlär  und  Gerede  nicht  kümmern.  Es  steht  von  Gnaden  Gottes 
A'ohl  und  friedlich  hier  in  Stadt  und  Land.  Solothurn  Missiven. 
S.  M.) 

Solothurn  an  Basel. 

Nov.  7.  Nachdem  sie  sich  wiederholt  verwandt  haben 
ur  die  von  Liestall  und  andre,  so  zu  den  ihrigen  und  andern 
Knechten  aus  der  Eidgenossenschaft  zu  dein  französischen  König 
j^elaufen  sind,  dieselben  unstrafbar  zu  Haus  und  Hof,  Weib  und 
Kind  kommen  zu  lassen,  und  Basel  ihnen  ges(  hrieben  hat,  dass 
fis  seine  Knechte  Solothurns  Bitten  soviel  geniesscn  lassen  will, 
dass  dieselben  Leibes  und  Lebens  sicher  sein  sollen,  erwidern 
iie  von  Solothurn,  dass  sie  sich  anders  Gefallens  von  Basel 
versehen  hätten.  Wie  dem,  da  die  Kugel  aller  Irrung  noch 
Dicht  verlossen  ist  und  niemand  weiss,  was  daraus  erwachsen 
kann,  so  bitten  sie  Basel  dies  alles  zu  Herzen  zu  nehmen  und  die 
Knechte  zu  begnaden.    (S.  M.) 


myo 


Witte. 


Berns   Instruktion   für   seine  Boten  auf  dem  Tag  za 
Zürich  (Dez.   lo.). 

Dez.  7.  Graf  Jörgen  (v.  Sargans)  halb  haben  min  hem  vil 
vertaget  und  sien  der  sach  müd  und  wo  man  hat  gewellen, 
so  wer  der  handel  durch  uffrichtung  der  ewigen  bericht  zu 
abstellung  kommen,  und  diewil  nu  der  krieg  minen  hern  schwer, 
so  der  nit  allein  das  hus  Ocsterich  sünder  ganz  rieh  berüren 
wurd,  bitten  sie  den  Handel  zu  bedenken  und  noch  bei  dem 
Abscheid  von  Insbruck  zu  bleiben  oder  zum  mindesten  die 
Antwort  von  Worms  zu  erwarten. 

Von  des  Abtes  von  St.  Gallen  wegen  ob  er  den  gemeinea 
Pfennig  geben  soll  oder  nicht,  bedünkt  ihnen,  damit  er  anders 
nit  dann  zimlich  bescheiden  werd,  das  er  dann  sin  friheit  den  Eid- 
genossen zöugen  und  ob  das  nit  möcht,  beit  haben,  als  dann 
abschriften  derselben  der  k.  m.  zu  schicken  und  sich  dero  zu 
behelfen.  — 

Desgl.  die  Spann  denselben  Herrn  Abt  und  die  von  Costentz 
berührend  wissen  sie  anders  nicht  zu  handeln,  als  dass  er  dem 
Kg.  in  Gehorsam  begegne,  er  sie  nit  dawider  gefrigt. 

Dem  Herrn  v.  Constanz  raten  sie  zu  arbeiten  still  zu  sitzen 
und  sich  niemands  zu  gcverlich  anzünämen. 

An  den  Herrn  Doktor  (Fricker)  auf  den  Tag  zu  Zürich  zu 
reiten.     Bern.  A.   Ratsman.     (B.  Rm.) 


1499. 

Bern  an  Zürich. 

Jan.  2.  Haben  Adrian  v.  Bubenberg  befohlen,  mit  Kg.  Mas, 
der  gegenwärtig  in  den  Niederlanden  festgehalten  wird,  zu  reden,  dass 
die  Kidgenosson  beabsichtigen,  so  er  gen  Worms  oder  an  andere 
nahegelegene  Ende  kommt,  ihre  Ratsbotschaft  zu  ihm  zu  schicken, 
:>mit  Anrufen  ernstlich  mit  den  Kammerrichtern  zu  verfügen,  all 
nuwerungen  und  invaK  wider  die  Eidgenossen  und  deren  Ver- 
wandte zu  verstellen.  Zürich  möge  dann  auch  seine  BotschaJt 
mit  Bern  an  den  Bischof  v.  Konstanz  senden.     (B.   M.) 

Bern  an  Solothurn. 

Jan.  29.  Drücken  ihren  Unwillen  aus  über  das  ein- 
seitige Vorgehen  von  Uri  und  Luzern;  haben  demnach  den 
Ihren  allenthalben  geschrieben,  gerüstet  und  still  zu  sitzen,  und  da 
nun  der  Eidgen.  Boten  zu  Luzern  und  Zürich  versammelt  sitzen. 
es  für  nützlich  erachtet,  ihrem  Boten  und  besonders  dem  zu 
Luzorii  zu  schreiben,  mit  andern  Boten  uss  dem  Handel  treffen- 
lich zu  reden,  damit  angends  von  allen  Orten  in  der  Sache 
Elciüs  gegen  beide  Teile  angewandt  werde,  um  solchen  Krieg 
zu  stillen.     S.  D.S.  — 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  mjl 

An  Bartholome  Mey:  daran  zu  sein,  damit  von  allen  ortern 
zu  der  Sach  geschickt  werde  und  er  das  Beste  thue  und  ^vie 
die  sach  stände,  ob  sie  züchen  oder  nit.  B.  Rm.  —  Man  sieht 
aus  dem  mitgeteilten  Material,  wie  Bern  noch  bis  zuletzt  bemüht 
war,    die  Feindseligkeiten   aufzuhalten. 

Bern  an  Solothurn. 

Jan.  31.  Gedenken  das  Ergebnis  des  Tages  zu  Luzern 
abzuwarten,  ob  der  Friede  niclit  erhalten  werden  kann.  — 
Am  folgenden  Tage  jedoch,  nachdem  es  von  seinen  Anwälten, 
so  zu  Luzern  und  Zürich  gewesen,  vernommen  hatte,  dass 
die  Orte  einig  geworden,  denen  von  Uri  mit  ihren  Fähnlein 
nachzuziehen,  hatte  Bern  zu  Anfang  1000  Knechte  laut  Mit- 
teilung an  Solothurn  zu  einem  Fähnlein  geordnet,  welche  auf 
nähere  Verkündung  des  Marschzieles  warteten,  um  abzurücken. 
—  Desgl.  Schreiben  Freiburgs  an  Solothurn ,  dass  es  gerüstet 
sitze  und  weitem  Bescheid  erwarte.  S.  D.-S.  Die  Korrespondenz 
über  die  in  Graubünden  ausgebrochenen  Feindseligkeiten  s. 
Schweiz.  Geschichtsfreund  Bd.  24  und  S.  INI.  und  D.-S. 

Bern  an  Kg.  Max. 

Febr.  i.  Bitten  den  König,  dieweil  sie  den  Handel 
gar  gern  gut  sehen,  sich  gegen  den  Grafen  Jörg  v.  Sargans 
gnädig  zu  erweisen  und  ihnen  darum  durch  Adrian  v.  Bubenberg 
zu  antworten.  — 

Gleichzeitig  aber  Mitteilung  an  Solothurn,  dass  es  1000 
Knechte  zu  einem  Fähnlein  bestellt  hat,  auf  Erfordern  zuzuziehen.  — 

Am  folgenden  Tage  IMtte  an  Solothurn,  nicht  in  das  Frick- 
thal  zu  rücken  und  zu  brennen,  um  die  Bewohner  nicht  zu 
Gegenmassregeln  zu  reizen.  — 

Darüber  Febr.  4  Mitteilung  an  Dr.  Thüring  Fricker,  mit 
Meldung,  dass  ihre  Botschaft  solches  auch  auf  dem  Tag  zu  Luzern 
anbringen  (Febr.  5)  soll,  dieweil  es  seit  alten  Zeiten  zwischen 
Bern  und  dem  Frickthal  so  gehalten  ist,  haben  auch  den  Vogt 
zu  Lenzburg  angewiesen,  die  Fähre  zu  Wildenstein  abzustellen. 
Wollen  auch  bis  morgen  rätlich  bedenken,  wie  Brugg  zu  versehen 
ist,  und  schreiben  den  Frauen  zu  Küngsfelden,  ihre  Wache  Tag 
und  Nacht  auf  Habspurg  zu  haben,  damit  die  muh  alter  Ciewohu- 
heit  auf  Brugg,  Brünegk  und  Lenzburg  acliti-t,  und  die- 
weil es  je  die  Gestalt  hat,  dass  die  Kidgen.  hinwegzieheii,  auch 
Freiburg  und  Solothurn  nicht  enthalten  wollen,  bO  wollen  sie  bi> 
Samstag  (Febr.  9)  mit   1000  Mann  ausrücken.  — 

Entsprechender  Auftrag  betr.  des  Frickthals  an  Venner 
Hetzel,  denn  sonst  sind  die  Unsern  ganz  und  gar  an  Leil)  und 
Gut  verdorben.  Werden  ferner  von  Karrern  und  Kaufleuten 
angelangt  ihnen  sichern  Wandel  auf  den  Strassen  zuzulassen. 
was  sie  zwar  gern  thäten  des  Nutzens  wegen,  der  daraus  erwächst; 


m72 


Witte. 


da  jedoch  die  Eidgen.  daran  Beschwerd  haben  und  auf  die 
Kaufmannsgüter  greifen  möchten,  soll  er  das  auf  der  Tagessatxang 
anbringen.  —  Bitte  an  Solothum  (Febr.  9),  Berns  Bemühungen 
in  dieser  Hinsicht  auf  dem  Tag  zu  Zürich  (Febr.  13)  zu  unter- 
stützen.     B.  M. 

Ulrich  Küffer,  Vogt  zu  Gösskon,  an  Solothum. 

Febr.  i.  Auf  ihr  Schreiben  hat  er  sofort  heute  vor  Tag 
einen  Knecht  abgefertigt,  als  ob  er  unsere  liebe  Frau  in  Pilgerweise 
besuchen  wolle;  der  ist  diese  Nacht  zurückgekommen  und  hat 
gemeldet,  dass  alle  Stund  ander  Geschrei  an  die  Ort  kommt, 
sonderlich  wird  durch  die  Vögte  und  den  Vogt  zu  Sehen keenberg 
gesucht,  dass  man  auf  beiden  Seiten  still  sitze  und  kein  Teil 
den  andern  schädige,  wenn  auch  etwas  zugs  inKurwalchen  geschehe. 
Es  sei  auch  auf  beiden  Seiten  durch  die  gen.  Vögte  verboten, 
Auflauf  zu  machen  oder  durch  irgendwelche  Schmach  mit  Worten 
oder  Werken  jemand  zu  erbittern.  Ebenso  haben  die  von 
Herznach  gesagt,  die  gestern  zu  Gösskon  gewesen  sind  und 
Verhaltungsvorschriften  und  -massregeln  begehrt  haben.  Es  ist 
noch  kein  Fremder  in  den  4  Städten  am  Rhein.  Es  ist  ein  offen 
Red  im  Frickthal,  dass  Sei.  beabsichtige,  mit  700  Mann  vor  Meli  zu 
ziehen,  weshalb  sie  die  vergangene  Nacht  unruhig  gewesen  und 
Nacht  und  Tag  in  den  Gebirgen  und  Dörfern  gewacht  und  bis  jetzt 
grosse  Hut  haben.  Solche  Warnung  soll  ihnen  aus  Brugg  durch  Dr. 
Thüring  zugekommen  sein.  Was  im  Schinznacher  Thal  ist  und 
darum,  flieht  Tag  und  Nacht  gen  Aarau  und  Brugg  zu,  desgl. 
die  aus  dem  Frickthal  gen  Rheinfelden.  Er  rät,  ob  die  von 
Zürich  oder  jemand  an  den  Orten  angreifen  wollten,  das  zur  Zeit 
abzustellen,  bis  man  gemeinlich  den  Tag  bestimmt,  dann  wo  der 
schimpf  an  den  orten  angehept  wird ,  durch  wen  das  auch 
geschieht,  haben  die  von  S.   keine  frist  mer. 

Nachschrift:  Mir  wird  gesagt,  dass  der  gemein  Mann  za 
Hern  nicht  ein  Wort  um  dies  Geschäft  weiss;  als  still  halten  sie 
■^ich.  —  Der  WoUebcn  hat  ein  Fähnlein  aufgeworfen  und  ein 
blutharst  an  sich  gezogen  und  fährt  dahin.  Rudolf  Suter  ist  auch 
weg  gezogen  und  es  ziehen  ihm  viele  Knechte  nach,  die  werden 
uns  viel  Nutzen  schafl'en.  S.  D.-S.  —  Damit  eröffne  ich  die 
Reihe  der  interessanten  Berichte  dieses  Solothunier  Hauptmanns, 
die   ich  stückweise  mitteile. 

Caspar  Iletzel,  jetzt  zu  Luzern,  an  Bern. 

Febr.  4,  Vernimmt  hier,  dass  es  der  schwebenden  Kriegs- 
hiindel  halb  nicht  in  so  grossen  Sorgen  steht,  als  Bern  be- 
fürchtet. —  an  der  nacht  mitgeteilt  an  Solothum.     S.  D.-S. 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  ni73 

Hans  Kretz,  Vogt  im  Sanganser  Land,  an  Zürich. 

Febr.  4.  Die  von  Chur  und  etliche  vom  obern  Bund 
laben  ihm  heute  geschrieben,  wie  ihr  Krieg  gerichtet  sei  und 
edermann  zu  beiden  Seiten  abziehe.  Doch  begegnet  ihm  durch 
etliche  Boten,  dass  etliche  Banner  vom  Obern  Bund  weiter 
lerausziehen  und  es  nicht  gerichtet  wollen  haben,  und  wissen 
^s  dem  Bischof  und  denen  so  die  Bericht  gemacht  haben,  nicht  zum 
Danke.  Der  Bischof  sei  daher  auch  flüchtig  vor  il>nen  geworden. 
\uch  liegen  die  von  Uri  mit  ihrem  Banner  zu  Chur,  Glarus  in 
>aTgans,  die  rücken  heute  über  den  Schollenberg.  Die  von  Luzern 
lind  zu  Wesen  und  Wallenstatt,  desgl.  der  von  Switz  Fähnlein 
luch  auf  der  Strasse.  Wie  die  Sache  sich  anlassen  wird,  kann 
?r  noch  nicht  wissen,  denn  der  Vogt  von  Reineck  schreibt  von 
grossen  Ansammlungen  zu  Feldkirch  und  zwischen  Feldkirch 
md  Bregenz,  und  es  mehre  sich  der  Haufen  von  Tag  zu  lag. 
\uf  dem  Schloss  Guttenberg  führen  sie  eine  wilde  Weise  etliche 
>Jächte  durch  »mit  plären  und  bocken«  wie  Kälber.  —  Am 
5.  Febr.  von  Bern  an  S.  übersandt.     S.   D.-S. 

Basel  an  Strassburg. 

Febr.  5.  Nachdem  der  Hz.  v.  Mailand,  auch  Fürsten 
and  Städte  der  Niedern  Vereinung  zwischen  dem  Kg.  und  den 
Bidgen.  zu  vermitteln  suchen,  sie  auch  betrachten,  was  sie  des 
Kgs.  halb  verwant  sind  und  an  wen  diese  Landschaft  diesseits 
des  Hauenstein  stossend  ist,  und  noch  niemand  wissen  mag,  wen 
der  Krieg  berührt 'und  was  dem  nachfolgen  mag,  halten  sie  es 
:är  notdürftig,  sich  zusammenzufügen,  und  dicweil  nun  dem  Land- 
trogt  vor  andern  gebührt,  darum  Tag  vorzunehmen  und  ihm  aber 
ron  des  Königs  wegen  als  einer  Partei  solches  nicht  wohl  ge- 
ciemen  will,  darum  nach  Rat  von  Bischof  und  Ka{)itcl  von  Basel 
beraumen  sie  auf  Februar   10/11   einen  TaLj  gen  Colmar  an. 

Strassbg.  St.-A.  —  Entsprechendes  Sehr,  an  den  Land- 
:ogt  vom  6.  Febr.    Basel.  A. 

Ulrich  KülTer,  Vogt  zu  Gösskon,  an  Solothurn. 

Febr.  5.  Gestern  früh  hat  er  eine  Warnung  auf  die 
indere  erhalten,  dass  die  4  Städte  am  Rhein  den  Kidgen.  ab- 
gesagt und  dem  Vogt  von  Schenkenberg  entboten  haben.  >ich 
danach  zu  richten,  denn  sie  wollten  mit  ihm  zu  Aiiend  e.ssen. 
Hat  aber  der  Sache  nicht  glauben  und  daher  Solothurn  auch 
nicht  unruhig  machen  wollen,  damit  es  nicht  als  Anlänger  iles 
Krieges  erscheint;  hat  aber  jetzt  erkundet,  es  wären  nn  300 
Knechte  aus  Waldshut  aufgebrochen  und  hätten  bösen  Willen 
gehabt,  etwas  anzuhaben;  die  erberkeit  hätte  solches  aber 
abgestellt.  Gegen  Abend  kam  ihm  andere  M;ir,  lu'rn  und  Solo- 
;hurn  hätten  den  4  Städten  abgesagt;  «l:is  wollte  er  noch  minder 
glauben,  da  sonst  Sol.  ihm  berichtet  hätte,  zumal  die  Ihren  allent- 

Mltc.  d.  Bad.  Hi&t.  Koni.  Nr,  31.  0 


m74 


Witte. 


halben  unruhig  sind.  War  einer  auf  dem  Weg  gen  Erlispacb 
hinab  und  als  er  auf  den  bösen  Weg  kam,  hörte  er  pfeifen 
und  trommeln  durch  die  Hölzer  her,  kehrte  sich  um  und 
lief  schwitzend  aufs  Schloss,  dass  er  schier  erstickt  wäre,  und 
sagte,  er  hätte  ein  solches  Trommeln  wie  von  20  Trommlern 
und  Pfeifern  gehört  bis  gen  Stüsslingen  herein  und  dazu  die 
Leute  Mord  schreien  in  den  Himmel,  dass  er  sorgte,  alles  Land 
wäre  verloren,  denn  es  wäre  eine  ganze  Macht  eingebrochen. 
Da  Hess  er  den  armen  Leuten  zunächst  das  verkünden,  lud  und 
schoss  selbst  eine  Hakenbüchse  ab,  denn  er  hatte  keinen 
Menschen  im  Schloss,  so  unkund  ihm  das  Schiessen  auch  war. 
Auf  dies  Wortzeichen  kamen  die  frommen  Leute  dies-  und 
jenseits  der  Aare  aufs  Schloss  und  er  schickte  hinauf  gen  Lostorf 
und  hinüber  gen  Stüsslingen  durch  die  Hochwälder,  um  näheres 
zu  erfahren.  Also  waren  3ie  von  Lostorf  hinab  gen  Erlispaoh 
vor  Stüsslingen  hin  mit  Pfeifen  und  Trommeln  und  schössen  aus 
den  Büchsen  und  darauf  die  von  Erlispach  mit .  ihnen  hinauf 
ins  Gebirge  mit  einem  grossen  Schall,  Daraus  entsprang  die 
Unruhe  und  flüchteten  die  Ihren  in  das  Schloss.     S.  D.-S. 

Solothurn  an  Hern. 

Febr.  6.  Vernehmen  glaublich,  dass  die  4  Städte  am 
Rhein  sollen  Absagung  gethan  haben,  weshalb  die  Ihren  von 
Gösskon,  Seewen  und  Dornegg  in  Sorgen  sitzen  und  da* 
Ihrige  gellüchtet  haben,  und  2  ihrer  Wagenleute  haben  mi: 
Gewalt  ihre  Wagen  über  den  Hauenstein  fertigen  müssen. 
Deshalb  halten  sie  es  für  notwendig,  auf  ihre  Herrschaften  und 
die  Ihren  getreu  Aufsehen  zu  haben,  obwohl  sie  sich  bisher  siiÜ 
gehalten  haben,  um  nicht  als  Anfanger  des  Krieges  zu  erscheinen. 
Bitten  Bern,  ihrer  beiden  Städte  alt  Herkommen  zu  Herzen  zu 
nehmen  und  Solothurn  sich  mit  getreuem  Aufsehen  einpfohlei: 
sein  zu  lassen.  - 

An  Luzern:  Bitten  um  Mitteilung  des  Anschlages,  damit  sie 
sich  darnach  richten  können,  zumal  ihre  Feinde  und  Anstösser  >k\: 
vast  stärken  und   sich  ihren  Herrschaften  nähern.     S.  D.-S.  u.  M. 

J^ischof  Hugo  v.  Konstanz  an  Luzern. 

Febr.  6.  Konstanz.  Auf  ihr  Schreiben  hat  er  sofort  mi: 
etlichen  des  schwäbischen  Bundes,  so  hier  zu  Constanz  sind. 
red  gehalten  und  die  haben  mitgeteilt,  dass  die  uftrur,  so  siel, 
jetzt  erhoben  haben,  aus  der  Ursache  entsprungen  sind,  das- 
der  Hischof  v.  Chur  wider  den  Landfrieden  in  die  Grafschaft  Tvro'. 

m 

eingefallen  ist,  weshalb  sie  von  Statthalter  und  Regenten  in 
Kraft  der  Linung  des  schwäbischen  Bundes  um  Hülfe  unii 
Rettung  zum  höchsten  gemahnt  sind,  und  sie  seien  ihrer 
Schuldigkeit  nach  zugezogen  und  auf  den  Beinen,  auch  der 
angezeigten  bericht  nicht  wissend.     Hält  es  für  das  Beste,  wenn 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  11^75 

D  beiden  Seiten  das  Zuziehen  erwindet  wird.  Mögen  daher, 
lern  wirklich  die  bericht  geschehen  ist,  vor  Augen  nehmen, 
e  hart  fremde  Gezungen,  so  sie  sehen,  dass  Deutsche 
der  einander  die  Waffen  kehren,  erfreuet  werden, 
d  da  bis  jetzt  keinem  Teil  von  dem  andern  Schaden  geschehen 
»  die  Ihren  nicht  weiter  ausziehen  lassen,  sondern  aufhalten, 
isgl.  Will  er  auch  beim  schwäbischen  Bund  suchen,  damit  nie- 
ind  mehr  über  S>ee  gelassen  wird. 

Am  7.  von  Zürich  mitgeteilt  an  Solothurn,  auf  dass  es  seine 
itsbotschaft  auf  den  angesetzten  Tag   dest  stattlicher  abfertigt. 
D.-S. 

Zürich  an  Bern. 

Febr.  6.  Ihr  laufender  Bote,  den  sie  beim  Beginn  des 
rurs  zum  Bischof  v.  Chur  und  den  Hauptleuten  von  Chur- 
Jden  ins  Feldlager  gesandt  haben,  ist  heute  zurückgekommen. 
e  Hauptleute  in  Churwalden  haben  nichts  geschrieben,  aber 
r  Bote  hat  einen  Brief  des  Landvogtes  von  Sangans  mitgebracht, 
enn  nun  auch  hoffentlich  der  uffrur  gestillt  ist,  so  haben  sie 
nnoch  keine  kleine  Sorge,  dass  die  Eidgen.,  die  sich  jetzt 
m  Rhein  nähern,  Unruhe  und  Fehde  vornehmen  werden, 
iben  daher  sofort  ihre  Ratsbotschaft  denselben  nachgefertigt, 
^selben  soweit  als  möglich  aufzuhalten. 

Luzern  an  Bern. 

Febr.  7.  Ihre  Botschaft  gen  Chur  hat  Copie  der  Bericht 
ischen  denen  von  Churwalchen  und  den  Ktschleuten  über- 
ndt.  Demnach  sind  die  von  Uri  mit  ihrem  Banner  gen 
ngans  gezogen.  Vernehmen  nun  aber,  dass  »unser»  Zug  nicht 
ziehen  will.  Fürchten  daher,  dass  etwas  mit  der  Widerpartei 
rgenommen  wird,  was  Luzern  nicht  zu  Gefallen  steht.  Haben 
her  den  nächsten  Eidgen.  eilends  einen  Tag  verkündet,  den 
:rn  nicht  mehr  hätte  erlangen  können,  um  zu  ratschlage u,  die 
iisern«  aus  dem  Feld  zu  bringen.  —  Desgl.  an  Solothurn. 

Bern    an    Solothurn.     Febr.    7.     Nachdem    sie    durch     ihre 
iwälte  auf  dem  Tag  zu  Luzern  berichtet  sind,  dass  die  Kriegs- 
fruhr   zu    gütiger    Flinlegung    gekommen,    sind    sie    :»einrattig 
worden,  die  Ihren  allenthalben  zu   weiulen  und  nirgendhin  zu 
;hen.     S.  D.-S. 

Hauptmann  und  Gesellen  im  SanganserLand  an  Glarus. 

[Febr.  6/7.]  Sind  von  einem  grossen  Haufen  der  Feinde 
lent  dem  Schollenberg  belagert  und  bitten,  schleunigst  zuzu- 
shen  und  die  Eidgenossen  zu  mahnen;  denn  es  ist  in  grossen 
»rgen,  dass  merklicher  Scluulen  erlitten  wird.  —  Mitgeteilt 
n  Bern  an  Solothurn.  S.  D.S.  Vgl.  auch  Fürstenberg.  Üb. 
222  ff. 


myö  Witte. 

Luzern  an  Bern. 

Febr.  8.  Ihnen  sind  eilends  von  Schwytz  Schriften  zu- 
gekommen, wonach  dieselben  von  Glarus  gemahnt  sind,  ihnen 
ins  Rheinthal  zuzuziehen,  und  morgen  mit  ihrem  Landesbanner 
dorthin  abrücken  werden ;  dieselben  haben  Luzern  gemahnt, 
ihnen  nachzuziehen.  Gedenken  demnach  Febr.  ii.  mit  ihrem 
Banner  ins  Rheinthal  zu  ziehen  und  mahnen  Bern  um  Zuzug.  — 

Desgl.  ünterwalden  an  Bern:  Ihnen  ist  laut  Copie  von 
Schwytz  und  Claris  geschrieben,  wie  es  sorglich  um  die  Unsern 
im  Oberland  stände  und  einer  erschossen  ist.  Auf  das  hat  sich 
Glarus  in  der  vorigen  Nacht  mit  seinem  Banner  erhoben,  und 
will  Schwitz  morgen  aufbrechen.  Desgl.  wollen  sie  am  ii.Febr. 
mit  ihrem  Banner  sich  erheben.     Mahnung  um  Zuzug.     S.  D.-S. 

Zürich  an  Schaß'hausen. 

Febr.  8.  Nach  jenem  Schreiben,  darin  wir  uns  fridens  und 
Stillung  diser  unruw  versehen,  haben  die  von  Glarus  heute 
ihre  Botschaft  hergesandt  und  entdeckt,  dass  sie  und  andre  Eid- 
genossen, die  hinauf  in  Sanganser  Land  an  den  Rhein  gezogen 
sind,  dermasscn  von  dem  Widerteil  geursacht  werden,  dass  sie 
sich  zur  Gegenwehr  gerüstet  haben,  und  sie  zu  sofortigem  Zuzug 
ermahnt.  Haben  ihnen  darauf  sofort  etliche  der  Ihren  mit  einem 
Fähnlein  zugesandt,  auch  eins  ins  Thurgau  gegen  Constanz 
jiusgenomen  zu  andrer  gegenwer\  Achten,  dass  sich  solches 
mehr  zu  Kriegsläufen  als  zum  Frieden  zieht.     Schaffh.  A. 

Bern  antwortet  Zürich  Febr.  lo,  dass  es  am  Dienstag  mit 
4000  Mann  gegen  Baden  rückt  und  dort  weiterer  Nachricht 
wartet.     B.  M. 

Solothurn  an  Luzern. 

Febr.  9.  Wären  vast  begirig  und  vast  willig  ihnen  zu- 
zuziehen, aber  schon  vorher  ist  ihnen  von  ihren  Vögten  ver- 
kündet, dass  die  anstösser  unserer  Herrschaften,  die  4  Städte 
am  Rhein  mit  der  Grafschaft  Pfirt  vast  hitzig  sind,  die  Ihren  zu 
beschädigen  und  zu  suchen;  wollen  dieselben,  die  auch  viele 
unchristenliche  und  schändliche  Wort  wider  die  Eidgen.  brauchen, 
mit  verheil knis  Gottes  strafen  und  gedenken  dadurch  der  Eid- 
genossenschaft viele  Feinde  abzuladen.     Luzern  A. 

Febr.  g.  S.  an  Freiburg:  Wiewohl  sie  sich  bisher  in  Ruhe 
und  Frieden  enthalten  und  sich  luter  versehen  haben,  dass  der 
Krieg  in  Cliurwalhen  gestillt  wäre ,  ist  ihnen  vor  anderthalb 
Stunden  so  viel  angelangt,  tlass  ihre  Notdurft  erfordert,  ihre 
Herrschaften  Gösskon,  Seewen  und  Dornegg  zu  behüten  und  sich 
in  (Gegenwehr  zu  richten.  Wollen  daher  sich  am  1 2.  Febr.  mit 
dem  Stadtl'anner  ihren  Herrschaften  nach  den  4  Städten  zu  nähern 
und  bitten  um  getreues  Aufsehen.      S,   M.   — 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  ni77 

Febr.  lo.  Schultheiss,  Räte  u.  200,  gen.  der  grosse  Rat 
fon  Bern  mahnen  Solothum,  das  beabsichtigt  mit  1000  Mann 
ind  dem  Stadtbanner  ins  Frickthal  zu  fallen,  von  diesem  Vor- 
laben  abzustehen  und  den  Eidgen.  zuzuziehen,  denen  auch  Bern 
nit  4000  Mann  zuziehen  wird.     B.  M. 

Luzern  an  Solothurn. 

Febr.  11.  Antworten  ihnen,  dass  sie  mit  ihrem  Stadt- 
Banner  und  einem  Fähnlein  und  mit  einer  merkh'chen  Anzahl 
Völker  verrückt  sind,  haben  aber  dennoch  auf  Solothurns  Be- 
i;ehren  zu  der  ander  unser  stattpanner  1000  Mann  usgenommen, 
sin  trostlich  uffsehen  zu  Solothurn  zu  haben,  mit  Begehr  ihnen 
silends  den  Anschlag  mitzuteilen,  um  ihnen,  wenn  die  Not  es 
/erlangt,  zuzuziehen. 

Am  folgenden  Tag  (nachts  zu  Arow).  Hauptleute,  Räte  und 
Venner  an  Solothurn:  Auf  ihr  Schreiben,  dass  die  Ihren  vielleicht 
Dicht  auf  das  allerrüstigest  gebutzt  ausgezogen  sind,  teilen  sie  mit, 
dasG  sie  dieselben  heute  zu  Ölten  besichtigt  und  um  Ehren  und 
Kotdurft  willen  etliche  zurückgesandt  haben  und  werden  seiner 
Zeit  die,  so  Solothurns  Gebot,  sich  mit  Harnisch  und  Wehren 
sich  zu  versehen,  ungehorsam  waren,  ihnen  zur  Bestrafung  melden; 
aber  trotzdem  hat  S.  ein  wohl  gebutztes  rüstig  Volk  beim  Hanner. 
Zn  Ölten  haben  sie  einen  Wagenmann  mit  seinem  Zug  gefunden, 
führend  etlich  Kaufmannsgut  ins  Schwabenland.  Den  Wagen 
haben  sie  zu  Händen  genommen  und  die  Waren  als  Feindes 
Gut  abgeladen  und  zu  Ölten  gelagert,  wiewohl  es  nicht  vast 
köstliche  Waare  ist.  Die  betreffenden  Waaren  sind  aber  aus 
Berner  Gebiet  durch  »die  Moder  usgangen«  und  erst  zu  Ölten 
in  Solothurns  hohem  und  niederm  Gerichtzwang  angehalten. 
3.  D.-S. 

Hans  Karli,  Vogt  zu  Thierstein,  an  Solothurn. 

Febr.  11.  Meldet  die  Besetzung  des  Schlosses  Thierstein. 
Dasselbe  ist  aber  ungenügend  armirt  und  kann  an  2  Stellen  er- 
stiegen werden,  was  allen  Bauern  bekannt  ist,  denen  merenteils 
nicht  zu  trauen  ist.  Bittet  um  2  Hakenbüchsen ,  ausreichende 
Knechte  und  Proviant.  —  Febr.  13.  S.  an  Hans  Karaerliii,  Thi<T- 
stein,  Hauptmann  zu  Pfäffingen:  Fordern  kraft  ihres  lUirgiechtos  mit 
der  Herrschaft  Thierstein  OlVnung  in  PHiffingen.  —  Kamcrlin  ant- 
wortet am  gleichen  Tage,  dazu  nicht  ermächtigt  zu  sein.  An  dem- 
selben Tage  wendet  S.  sich  an  den  Thiersteinischen  Stiilthaltfr 
EU  Kheinfelden:  es  laufe  eine  Rede  hier  oben  in  Land,  dass 
ein  »harsch«  mutwilliger  Knechte  von  Rhein  fehlen  aus  nach  dorn 
Hulfdengraben  streife  auf  die  Weinwagen,  die  herauf  in  (Aia  Eid- 
genossenschaft gehen.  —  Auch  sollen  gar  viele  unchristliche  und 
schändliclie  Worte  wider  die  EiilL;en.  in  RheinleMen  geredet 
werden,    die   besser    zu    Bewahrung    guter    Nachbarschat't    unter- 


m78  Witte. 

blieben.  Bitten  um  Benachrichtigung,  ob  die  Strasse  ins  Elsass 
auf  und  ob  sicher  sei.  —  Der  Statthalter  Balthasar  Gut  beteuerte 
um  15.  Febr.  seine  und  seiner  Herrschaft  Thierstein  friedliche 
Gesinnung.  Letztere  solle  bis  zum  17.  anheimsch  kommen. 
Pfäffingen  sei  in  keiner  feindlichen  Absicht  besetzt  worden  und 
die  Herrschaft  werde  allen  Verpflichtungen  gegen  Solothurn  nach- 
kommen.  £r  habe  auch  keinen  Auftrag,  Solothurns  Leute  am 
Flulftengraben  zu  behindern,  und  ebensowenig  bestände  im  Frick- 
thal  irgendwelche  feindselige  Absicht.  £r  würde  auch  nichts 
wider  die  Stadt  gestatten,  sie  möchte  daher  leichtsinm'gen  Per- 
sonen wider  seine  Herrschaft  keinen  Glauben  schenken.  S. 
D.-S.  und  M. 

Solothurn  an  Bern. 

Febr.  13.  Danken  für  ihr  Erbieten  und  teilen  mit,  dass 
sie  heute  im  Namen  Gottes  und  ihres  Himmelsfürsten  St  Urss 
ein  Banner  Leute  in  das  Feldlager  im  Rheinthal  gefertigt 
haben,  wiewohl  sie  an  drei  anstössigen  Enden  sich  vor  dem 
Feind  zu  verteidigen  haben.  Bitten  die  Stadt,  ein  treu  Aufsehen 
zu  haben  und  im  Notfall  ihnen  zuzuziehen.  Dat.  Valent.  abend 
fünf  stund  nachmittag. 

An  Freiburg:  Teilen  der  Stadt  die  bevorstehende  Ankunft 
der  französischen  Botschaft  mit  und  bitten  dieselbe,  zu  enthalten 
und  ihr  Zucht  und  PIhre  zu  erbieten  und  deren  Ankunft  ihnen 
sofort  mitzuteilen.  Die  Ihren  sind  heute  in  der  loten  Stunde 
ausgerückt  in  das  Lager  von  Rhcinthal.  dat.  nachts. 

Basel  an  Strassburg. 

Febr.  13.  Nachdem  die  Botschaften  auf  dem  Tag  za 
Colmar  imgeendet  und  ungeschafft  zerrilten  waren,  des  Wahns, 
dass  die  Aufrühre  abgestellt  und  geschlichtet  wären,  dieweil  nun 
aber  der  Friede  zwischen  den  Parteien  zerrüttet  und  die  Eidgen. 
mit  Hauptbanner  ausgezogen  sind  und  zusammenrücken,  und  sich 
auch  der  Landvogt  (Caspar  Herr  v.  Mörsperg  und  Beifort)  mit 
der  Landschaft  Klsass,  Suudgau  und  Breisgau  erheben  will: 
glauben  sie,  dass  die  Sache  keinen  längern  Verzug  erleidet  und 
beraumen  daher  mit  Rat  von  Bischof  und  Kapitel  von  Basel  auf 
den  18.  Febr.  einen  Tag  gen  Basel  für  die  Niedere  Vereinung 
an.    Strassburg  St.-A. 

Freiburg  an  Solothurn. 

Febr.  14.  Haben  ihren  Zusatz  gen  Granson  geordnet 
und  halten  sich  gerüstet,  auf  weiter  Verkünden  dem  Feind  zu 
begegnen.  Die  königl.  Botschaft  liegt  seit  ^lontag  zu  Freiburg, 
und  sie  sind  befremdet,  dass  S.  es  nicht  weiss,  da  sie  es  dem 
Schulthciss  geschrieben  haben.  Die  Not  dieser  Läufe  erträgt  wohl, 
dass  sie  des  Könijjs  Freundschaft  nicht  verachten,  und  »das  wir 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  1^79 

ungehindert  der  hulf  in  sin  vereinung  gangen,  dann  durch  die- 
selben hulf  Wirt  er  uns  verbunden  sin  hilf  ouch  zu  tün,€  der  die 
Botschaft  erbötig  ist,  sobald  die  Vereinung  beschlossen  wird. 
Es  scheint  ihnen  daher,  je  eher  das  geschieht,  desto  besser. 
Haben  daher  gen  Zürich  auf  den  Tag  (13.  Febr.)  geschrieben, 
damit  die  Gesandten  mit  ordentlichem  Geleit  versehen,  eilend 
verhört  und  das  an  die  Hand  genommen  werde,  auf  dass  wir 
unsem  Feinden,  die  wir  jetzt  wissen  und  vormals  als  vermeinte 
Freunde  geschätzt  haben,  desto  tapferer  understehen  mögen. 
Vgl.  cidgen.  Absch.  III  nr.  634  h.     S.  D.-S. 

Die  Hauptleute   der   Eidgen.  zu  Vadutz   an   die  von 
Bern  im  Feld. 

Febr.  14.  Haben  Schloss  Fadutz  verbrannt.  Maienfcld  hat 
sich  ergeben,  und  sind  die  Brandischcr  Herren  gefangen.  Morgen 
gedenken  sie  aufzubrechen  und  das  Land  nider  bis  gen  Ranckwil 
oder  in  die  Gegend  um  Feldkirch  zu  ziehen.  Die  von  Bern  möchten 
nun  mit  Zürich,  Solothum,  Freiburg  bei  SchaHhausen  oder  Stein 
über  Rhein  gehen,  aber  nicht  brennen,  damit  sie  nach  Ver- 
einigung mit  Berns  Auszug  dort  auch  noch  bleiben  könnten, 
dann  unsern  füsstapfen  nachzevolgen  ist  nit  not,  da  sie  an  10  000 
wohlgerüsteter,  unverletzter  Mannen  beisammen  sind.  Ilaben 
bis  jetzt  nur  einige  Scharmützel  gehabt,  doch  allweg  in  der 
Feinde  Schaden.  Dat.  mit  Ulrich  Kätzi's  Hauptmanns  v.  Switz 
Siegel.     Bern,  Unnütze  Papiere  (U.  P.) 

Basel  an  den  Landvogt. 

Febr.  14.  Nachdem  der  Beschluss  des  Tages  zu  Colmar, 
den  Frieden  zwischen  beiden  Teilen  zu  vermittlen,  gegen- 
standslos geworden  war  durch  die  Kunde,  dass  eine  Rich- 
tung geschlossen,  und  .sie  nun  aber  von  ihm  und  auch  sonst 
vernehmen,  dass  die  Richtun«:  »zerrut«  sri,  haben  sie  in  Gemein- 
schaft mit  dem  Bischof  am  13.  Febr.  eilends  einen  Boten  auf 
dem  Rhein  an  die  Fürsten  untl  Städte  abgesandt  und  den 
gegenwärtigen  Handel  entdeckt  mit  Vormahnung,  am  18.  Febr. 
spätestens  ihre  Boten  zu  Basel  zu  haben  und  also  abzufertit^en, 
dass  sie  am  19.  Februar  mit  des  Bischofs  und  des  Kapitels  und 
ihrer  Botschaft  sich  in  das  Lager  fügen  mö^^^cn,  um  den  frühern 
Beschluss  zur  Ausführung  zu  bringen.  In  Anbetracht  dieser 
Vermittlerrolle  können  sie  ihm  auch  nicht  dm  Durcii/.ui;  mit 
seiner  Macht  durch  ihre  Stadt  erlauben.      Basel   A. 

Hauptmann   und  Käte  zu  Fehlkirch  an  StitthalttT  und 
Ke^^enten  zu   Innsbruck. 

Febr.  is.  Heute  haben  sich  die  Ki«l;;en.  zu  Vaduz  er- 
hoben  und  werden  sich  vermutHcii  auf  die  Naclit  bei  FeUlkircii 
am  Eschnerberg  lagern.     Nun    sind    dit^    lauicndcMi    Knecht,    am 


m8o  .  Witte. 

ersten  vom  Bund  geschickt,  alle  verlaufen,  so  sind  ihm  (dem  Haupt- 
mann) auch  bis  jetzt  noch  nicht  über  800  Mann  geschickt  vom  Band. 
Auch  kann  er  nicht  verstehen,  dass  fremdes  Volk  zu  ßregenz  oder 
am  Rhein  herauf  liege,  und  hört  auch  nicht,  dass  man  ihm  zu 
Hülfe  zieht,  so  oft  er  auch  nach  Constanz  den  Räten  um  HüHe 
geschrieben  hat,  und  wird  elei)diglich  verlassen.  Darum  ^ire 
Not,  dass  sie  ihm  zuziehen,  des  Kgs.  Land  und  Leute  helfen  zu 
retten;  sonst  wären  Land  und  Leute  verloren.     Innsbruck  A. 

Solothurn  an  den  Vogt  zu  Gusskon. 

Febr.  15.  Haben  heute  von  Luzcrn  Nachricht  erhallen,  dass  an 
der  jungen  Fassnacht  die  Kidgen.,  die  in  das  Rheinthal  gezogen, 
fröhlich  durch  den  Rhein  gedrungen  und  dem  Feind  viel  Leute 
und  besonders  die  rechten  Katzbalger  umgebracht  und  ihnen 
3  Fähnlein,  i  Plalbschlange  und  sonst  viele  Büchsen  abgewonnen. 
Soll  am  Sonntag  seine  Unterthanen  mit  Harnisch  und  Wehre 
mustern.     S.  M, 

Blanka  Maria  Rom.  Kgin.  an  Basel. 

Febr.  15.  Freiburg.  Beglaubigt  Dr.  Sigmund  Kreutzer  Dom- 
propst zu  Constanz  und  Conrat  v.  Ampringen  kgl.  Räte  betr.  der 
Eidgen.  Werbung  zu  thun. 

Werbung  derselben  vom  14.  Febr.:  Basel  soll  sich  mit  der 
höchsten  Macht  Volkes  und  mit  Büchsen  und  gezug  erheben 
und  <;en  Altkirch  ins  Lager  ziehen.  Desgl.  begehrt  der  Kg.  für 
die  Seinen  freien  Durchzug  durch  die  Stadt  und  alle  ihre  Amter 
zu  allen  Zeilen,  wann  sich  das  begebe.  Darüber  begehren  sie, 
dieweil  es  die  Notdurft  erheischt,  und  diese  Sachen  nicht  irmgor 
Aufzug  erleiden  wollen,  unverzogen  Antwort,  damit  sie  von  Stund 
an  abgefertigt  werden  und  ^gu  Freiburg  kommen.     Basel  A. 

Bern  an  Solothurn. 

Febr.  16.  Antworten  auf  ihr  Schreiben  mit  angezeigter  Ver- 
sampnung  der  Feinde,  dass  sie  nicht  glauben,  dass  zur  Zeit 
einiger  kriegerischer  Handel  wider  Solothurn  vorgenommen  werden 
soll.  WoiU-n  jedoch  allentlialbcn  Rästung  verordnen  und  fernere 
Verkündung  von  Solothurn  erwarten.     S.   D.-S. 

Hern   ins  Feld  nach  Schaft'hausen. 

Febr.  16.  Wünschen  nicht,  dass  sie  mit  Freiburg  und 
Solothurn  allein  ins  Hegau  und  andre  Orte  rücken  und  die 
Jü'dgcn  sich  sondern  lassen,  da  ein  solcher  AngritT  Berns 
Stelhing  als  Flülfsmaclit  nicht  entspricht.  Sollen  auch  vor  allem 
(.Uc   Absaming  antwurten.      B.   M. 

L>esgl.  Febr.  i.S.:  Der  gefasste  Anschlag  will  ihnen  nioh: 
gefallen,  besonders  dass  die  drei  Städte  Zürich,  Freiburg  und 
Solothurn    mit    Bern  von    den    andern    sollen    gesondert    und   an 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  m8l 

Orte  gestellt  werden,  die  wenig  Nutzen  verschaffen,  wohl  aber 
Schaden  verursachen  können,  zudem  ihre  Altvordern,  wenn  die 
mit  Berns  löblichem  Zeichen  ins  Feld  rückten,  nicht  gewohnt 
waren,  sich  Raubes  und  Brennens  zu  gebrauchen  Da  sie  nun 
von  den  Eidgen.  zu  Hülfe  gerufen  sind  und  in  dieser  Form  und 
Voraussetzung  Absagebrief  gestellt  haben,  wäre  ihnen  unförmlich, 
wo  solches  nicht  geschehe,  und  auf  Grund  dessen  befiehlt  ihnen 
Bern  sich  nicht  sondern  noch  teilen  zu  lassen,  sondern  den 
nechsten  zu  andern  Eidgen.  zu  ziehen  oder  aber  sie  zu  sich 
kommen  zu  lassen.  Wenn  aber  die  Eidgen.  von  solcher  Teilung 
nicht  abstehen,  so  mögen  sie  ihnen  sagen,  wo  si  dann  uwer 
verrer  nutzit  bedorfen,  dass  sie  dann  den  nechsten  wieder  heim- 
ziehen würden.     B.  M. 

Bischof  Hugo  v.  Constanz  an  Basel. 

Febr.  17.  Konstanz.  Nachdem  er  vordem  mitgeteilt,  dass 
er  in  eigner  Person  sich  ins  Oberland  fügen  wolle,  während 
Basel  gen  Zürich  und  Bern  schicken  sollte,  um  Frieden  zu  ver- 
mitteln, teilt  er  mit,  dass  er  gegenwärtig  weder  in  eigner 
Person  ins  Oberland  kommen,  noch  seine  Botschaft  daiiin 
schicken  kann.    Basel  A. 

Bern  an  Solothurn. 

Febr.  17.  Vernehmen,  wie  etliche  Kaufleute  von  Solo- 
thurns  Banner  in  Ölten  niedergeworfen  sind.  Falls  es  sich  so 
verhält,  bitten  sie,  einstweilen  das  Kaufmannsgut  unverändert 
beisaramenzuhalten  und  Bern  ihre  Absichten  bezüglich  solcher 
Kaufleute  mitzuteilen.     S.  D.-S. 

Febr.  18.  Sol.  an  Niclas  Conrat,  SchuUheiss,  Hauptmann 
und  Venner  ins  Feld:  In  Anlass  des  Züricher  Anschlages,  dass 
sie  mit  Zürich,  Bern,  Freiburg,  Biel  u.  a.  gen  Diessenhofen 
und  Stein  über  Rhein  ins  Hegau  ziehen  sollen,  wünschen  sie 
ihnen  viel  Glück  dazu.  Nun  erhalten  sie  tä;;lich  Warnung,  dass 
im  Pfirter  Amt  ein  gross  Volk  liegt  uml  beabsichtigt  Dornegg, 
Tierstein  und  Seewen  zu  schleifen,  was  aber  Bern  nicht  glauben 
will.  Haben  nun  Tierstein  und  Dornegg  wohl  verwahrt  und  ver- 
schafft, dass  die  Unsern  keinen  Anlaiii:  ihun  und  tl*>cii  \\o\\\ 
gerüstet  mit  Kundschaft  sitzen  sollen,  und  «.laraut  ein  Fäiinlein 
Leute  ausgezogen  mit  Hauptmann  Daniel  Babenberg  und  warten 
jetzt  auf  weitere  Nachricht,  um  solches  den  Kitigi-n.  zu  verküinlen 
»uff  ir  trostlich  zusagen  helfen  und  rätten  .  S.  \),'>.  Dii*  obigen 
Alarmnachrichten  stammten  von  Solothiirns  Hauptmann  zu  Dornerk. 

Solothurn  an   Hans  Cämerlin,   Vogi  zu  rfcilln^en. 

Febr,    18.     VrrnehmiMi,  dass  uar  rin  inerklicli  gn'ss  WAk  zu 
Pfeffingen   liegt,  und   es  läult  die  Rede,  da>>  dieselben  iii^  Land 


in82  Witte. 

kommen  und  beabsichtigen,  die  armen  Leute  zu  Thierstein,  Dor- 
neck und  Seewen  zu  verbrennen.  Halten  die  Herren  von  Thierstein 
für  so  fromm  und  weise,  dass  sie  sich  selbst  und  die  armen  Leate 
besser  bedenken  und  dem  Abschied  zu  Pfäffingen  mit  Solothnrns 
Botschaft  beschlossen  nachgehen.  Um  aber  die  Meinung  des 
gemeinen  Volkes,  dass  ein  Haufen  Volk  zu  dem  Zweck  in 
Pfäffingen  liege,  zu  widerlegen,  bitten  sie  ihn,  ihren  geschwomen 
Boten  in  das  Schloss  einzulassen,  um  die  Wahrheit  zu  besichtigen. 
Entsprechend  an  die  Grafen  Oswald  und  Heinrich  von  Thier- 
stein.    S.  M. 

Zürich  an  Bern. 

Febr.  18.  Vernehmen  nach  dem  Hinzug  »unsere  Banner, 
wie  die  von  Waldshut  heute  vor  Thiengen  gerückt  und  durch 
den  Gr.  v.  Sulz,  Zürichs  Erbbürger,  im  Kletgau  eingelassen  sind, 
worüber  die  im  Kletgau  grossen  Unwillen  empfangen  haben. 
Hoffen,  dass  solches  bald  gerächt  ist;  da  aber  die  von  Zurzach 
und  andere  in  der  Grafschaft  v.  Baden  deshalb  in  Sorge  gefallen 
sind,  haben  sie  einen  Zusatz  von  50  Mann  dahin  gelegt 
Bern.  U.  P. 

Ulrich  Küffer,  Vogt  zu  Gösskon,  an  Solothurn. 

Febr.  19.  Hat  diese  Nacht  ihr  Schreiben  mit  allerlei  on- 
notdürftigen  Anzeigen  ihn  betreffend  um  Mitternacht  empfangen 
und  mag  wohl  glauben,  dass  ihm  von  etlichen  noch  viel  mehr 
Unglimpf  zugemessen  wird;  wenn  sie  kein  Vertrauen  zu  ihm 
haben,  so  möchte  er  wohl  leiden,  dass  sie  einen  andern  Vogt 
in  Schloss  und  Herrschaft  Gösskon  setzten,  denn  er  kann  es 
wohl  nicht  zufrieden  sein,  wenn  er  mit  Unwahrheit  beschuldigt 
wird.  Wahr  ist,  dass  die  von  Erlisbach,  Stüsslingen,  Losstorf,  . 
Wintznft,  Gössgon  und  andere  ihre  gute  Wache  mehr  als  14  Tage 
auf  dem  Schloss  Warttenfels  im  Gebirge  mit  seinem  Wissen  und 
Willen  alle  Nacht  gehabt,  ausserdem  ihn  Nacht  und  Tag  mit 
Kundschaft  versehen,  dazu  Willen  gehabt  haben,  die  Gebirg  wie 
in  den  vergangenen  Kriegen  allenthalben  zu  *verfelen«  mit  Rat 
unsrer  Hauptleute.  —  Ward  mir  Antwort  mit  denen,  so  bei  mir 
waren:  ob  wir  uns  fürchteten,  es  wäre  noch  nicht  Zeit,  sie  (die 
Hauptleute)  wollten  uns  nicht  versäumen  und  seiner  Zeit  gut 
Bescheid  darum  geben.  Dass  er  aber  allenthalben  und  bei  allen 
Geschäften  sein  soll,  ist  nicht  gut  möglich;  dass  er  allzeit 
engelsch<v  könnte  leben,  weiss  er  auch  nicht  zu  thun,  hat  aber 
niemand  ohne  Ursach  Beschwerd  zugefügt,  und  ob  sich  einer 
Mutwillens  beklagt,  will  er  darum  still  stehen  und  ziemlich  Ant- 
W()rt  geben.  Möchte  aber  wahrlich  glauben,  wenn  er  heute  gen 
l>lisf)acli  odi'r  morgen  gen  Löslorf  ritt  oder  ging,  und  da 
convivium  mit  ihnen  machte,  5  oder  6  fi  verzehrte  und  an  die 
Wand     schlüge,     dazu     etlichen     Junkern     allerlei    böser    grober 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  niSl 

schwerer  Verhandlungen  »geständiger«^  gewesen,  er  wäre  solches 
Verklagens  vertragen,  denn  er  weiss,  doben  and  herniden,  wer 
es  gethan  hat,  als  wenn  er  zugegen  gewesen.  Wenn  es  aber 
ihres  Willens  ist,  also  zu  schlemmen,  will  er  in  einer  Woche 
wohl  als  vil  vertösen,  als  er  in  2  Jahren  ze  eren  gebracht  hat, 
and  mit  besserm  Herzen,  wo  es  nicht  anders  Belohnung  haben 
soll  etc.  Wenn  er  angeschuldigt  wird,  des  Stubenofens  bisher 
gehütet  zu  haben,  würde  ihm  bei  diesem  Wetter  nicht  übel  fugen, 
denn  er  hat  in  der  Herrschaft  nie  etwas  notwendiges  under  wegen 
gelassen,  weder  Teg  noch  Nacht,  wiewohl  er  seines  Leibes  halb 
gross  Glimpf  und  Ursach  gehabt  hätte.  Möchte  weder  seine 
Kinder  noch  sich  gern  zu  Bettlern  machen,  hat  aber  darum  nie 
auswendig  ein  Geschäft  zu  Ross  oder  zu  Fuss  unterwegen  gelassen ; 
wo  er  aber  nichts  notwendiges  zu  schalen  hat,  hat  man  ihn 
sein  Lebtag  nicht  viel  »raistz  oder  metzen  gescheftz-^  machen 
sehen,  so  kein  Krieg  gewesen  ist.  Des  Wortzeichens  halb  mit 
dem  Büchsenschuss  und  Sturm  weiss  er  nicht  zu  verbessern,  denn 
man  sieht  das  Feuer  tags  nicht  und  ebensowenig  bei  Regen- 
wetter, Schnee,  Nebel  und  grossem  Wind  und  ist  zumal  ungewiss, 
es  möchten  die  euren  dadurch  übel  verkürzt  werden.  Doch 
schlägt  er  es  auch  nicht  ab.  Die  Hauptleute  hat  er  vor  ihrem 
Schreiben  schon  gesetzt  und  dieselben,  welche  S.  auch  bestimmt 
hat.  Hat  auch  all  die  Ihren  hie  disent  der  Aren  auf  Sonntag 
mit  ihrem  Harnisch  versammelt  und  beabsichtigt,  sie  allerlei 
notdürftiger  Ordnung  zu  berichten,  sie  aber  wieder  entlassen,  weil 
der  Seckelmcister  den  von  Lostorf  und  Tribach  zugesagt  hat, 
Solothurns  Ratsbotschaft  und  allerlei  geziigs  am  gleichen  Tag 
herabzuschicken,  da  er  in  deren  Beisein  solches  handeln  wollte. 
Da  nun  niemand  gekommen,  muss  er  von  Dorf  zu  Dorf  die 
Leute  versammeln;  wäre  nun  etwas  dadurch  verwahrloset,  wer 
hätte  Schuld  daran,  dann  ir  doben?  Kreita«;  ist  grosser  Auflauf 
ohne  alle  Not  zu  Erlispach  gemacht  und  in  der  ganzen  Herr- 
schaft gestürmt  und  geflüchtet,  wennjrleich  er  solches  bei  Leib 
und  Leben  verboten,  und  er  ist  auf  Befehl  von  Solothurns  Haupt- 
leuten zu  Ölten  gewesen.  Als  die  von  Freiburg  das  zu  Aarau 
gewahr  wurden,  wollten  sie  die  Frickthaler  strafen;  da  haben 
ihnen  die  von  Aarau  die  Thorc  gesperrt  und  als  sie  dieselben 
aufhauen  wollten,  kam  die  Nachricht,  dass  nichts  daran  sei. 
Neuer  Mär  halb,  die  er  lani^e  nicht  ^^e^chril'l^en  hat.  slfht  es  so, 
dass  sie  keinen  Glauben  verdienen,  und  deshalb  nicht  not  ist, 
jemand  damit  zu  bekümmern.  Der  Frickthaler,  unser  gelreuen 
Nachbarn  halb  hat  es  die  Gestalt,  dass  sie  gern  mit  St)loihurii 
in  Frieden  wären  und  verboten  haben  irgend  etwas  widerwäriige*« 
in  Wort  und  Werk  wider  tlie  Stadt  zu  thun,  hat  aus>eriiem  \'er- 
ständnis  mit  den  unsern  in  dem  <  >rt,  sodass  er  über  alle 
Änderungen  in  Kenntnis  gesetzt  wird.  Da  sie  Soloihiiru  nun  keines- 
wegs widerwärtig  sind,  i>l  nicht  not,  etwas  davon  zu  sthreil'iii. 
Sie    regen    sich    niclit    oder   er    vernininit    e>,   sie    niüs>tt'ii    denn 


m84  ^^'"^ 

meineidig  werden;  bis  jeut  haben  sie  nicht  gerehlt,  nnd  dsmu 
wird  er  deshalb  unbillig  zn  argem  angcEogen.  An  dem  UbiMn 
soll  ein  gross  Sammlung  sein.  Die  von  S.  sollen  bei  dem  Daiiii« 
auf  dem  RafTzerleld  bescIiAvrt  und  angegrilfeu  »ein  and  ein 
Fähnlein  erobert  babeo;  die  im  Oberland  und  am  Rbein  »ölten 
eine  grosse  That  geüian,  nämlich  ein  vast  surtc  scliloss,  j  l'S^a- 
lein  erobert  und  eine  grosse  Zahl  LeuLe  erschlagen  haben,  oÜlcJie 
reden  gooo,  etliche  minder.  HotTt  zu  Gott,  es  B«i  niclils  duan; 
wollte  es  ihnen  nicht  verhalten  in  dem  Wen,  als  et  es  gekauft 
hat,  Mögen  Veiläumdungeo  gegen  ihn  kein  GeliÖr  scheoktn 
und  versichert  sein,  dass  er  um  Sudt  und  Ilcrrschait  Leib  uimI 
Leben,  Ehre  und  Gut  bis  in  den  Tod  setsen  will,  und  wo  tr 
wübste,  dass  der  Glaube  nicht  da  wäre,  wollte  er  kein  |üu 
niemenner  ihun.  Wenn  ihm  Notwendiges  begegnet  wäre,  hJt:e 
er  das  ohne  Zweifel  immer  mitgeteilt.     S-  D.-S. 


Solothuin  an  Basel. 
Febr.  19.  Haben  heute  früh  glaubhaß  vernommen,  dils 
der  Landvogt  Caspar  v.  Mörsberg  und  die  beiden  Crarcc  von 
Thierstein  zu  Basel  in  heimlichen  Anschlägen  gewesen  und  am 
1;.  Febr.  der  Landvogi  aus  Basel  mit  30  Pferden  das  Ijind  ati 
und  die  Herren  v.  Thierslein  mit  40  Pferden  und  3«  Knechten 
gen  Thierstetn  geritteti  sind  und  das  Scbloss  wohl  bcMiUt 
und  gespeist  haben,  in  Willen  in  ihre  Herrschaften  TlJerMdn, 
Dorneck  und  Sewen  lu  fallen  und  das  alles  zu  sdilelfen, 
Drücken  ihr  Missfallen  aus,  dass  Basel  solche  Anschläge  tn  do 
Stadt  geschehen  lässt;  wenn  solches  an  die  Eidgen.  gelang, 
weiss  Basel  wohl,  was  das  auf  sich  iiaben  wird.  S.  will  nun  id 
keinen  Fall  anderwärtige  Bnrger  oder  Gäste  zu  Pfeffingcn  duldciti 
nachdem  das  ihr  -ewig  offen  verscbribeu  sloss«  ist.  Wenn  ale 
solchen  Anschlägen  nun  auch  nicht  välllg  Glauben  scheukeo. 
so  ist  doch  ohne  Zweifel,  dass  die  Grafen  von  Th!crsi*iin  Ma- 
willigen  Katen  wie  den  Herten  v.  Falkenstein  ihr  Ohr  Idbcs. 
Bitten  Basel  um  Nachricht,  was  es  davon  weiss  und  wessen  lieh 
Sololtiuni  im  Fall  eines  Angriffes  daher  zu  versehen   hat,     S.  M. 

Darauf  antwortet  Basel  am  20.  Febr.,  dass  der  Landvogt  an 
15  Febr.  um  6  Uhr  Nachmittags  mit  ii  Pferden  «rscliieotut  ml 
Samstags  Ihih  über  den  Rhein  hiuweggeritten  ist;  in  wctclwt 
Absicht,  weiss  Basel  nicht.  An  demselben  Samstag  Nnrbmitü^ 
um  .)  Uhr  sind  die  Herren  v.  Thierstcin  auch  i-ii.j 
stracks  ohne  Absitaen  mit  22  Pierden  und  einij'eii 
über  die  Rheinbrücke  wahrscheinlich  gen  Rhein !i.. 
Üi(?Kelben  sind  demnach  nicht  mit  dem  Landiv^.  ... 
zusammen  gewesen,  ein  lunderred«  zu  halten.  Über  die  Ah 
der  Herren  v.  Tbjerstein  ist  Basel  nichts  b^kannl.     Bbs«1  A. 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  m85 

[Der  Vogt  zn  Gösskon]  an  Solothurn. 

Febr.  20.  Während  er  die  Ihren  enet  der  Aren  versammelt 
und  ihnen  allerlei,  was  die  Notdurft  erfordert,  berichtet  hat, 
ist  der  Weibel  von  Erlispach  gekommen  und  hat  berichtet, 
wie  der  Schultheiss  von  Aarau  seine  Nachbarn  gewarnt  hat, 
geröstet  zu  sitzen,  denn  die  4  Städte  am  Rhein  wollten  heute 
oder  morgen  ausrücken,  sie  zu  schädigen.  Hat  darauf  sofort 
eine  Anzahl  wolmügender  Knechte  von  der  Versammlung  hinab- 
gefertigt, 4  in  das  F'rickthal  und,  ob  ihnen  näher  nichts  begegne, 
bis  gen  Laufenburg  geschickt  auf  Kundschaft,  5  mit  herüber  ins 
Schloss  genommen,  des  Spiels  zu  erwarten,  denn  die  unsern 
hie  disenthalp  der  Aaren  haben  genug  mit  sich  zu  thun.  Hat 
solches  auch  sofort  den  Ihren  verkündet  und  den  Nachbarn  von 
Zofingen,  Arbiirg,  Ölten,  Aarau,  Kistveld  und  Kölliken  und  sie 
gebeten,  treu  Aufsehen  zu  haben,  in  guter  Zuversicht,  sie  werden 
es  nicht  abschlagen.  Bitte  um  Büchsen  und  Armbrüste  für  die 
von  Tribach  und  Erlispach,  dazu  Pulver  und  Pfeil,  wie  das  durch 
den  Säckelmeister  zugesagt  ist,  auch  Pulver  auf  das  Schloss,  da 
er  den  bisherigen  Vorrat  ausgeteilt  hat.  Nachschrift:  von  den 
eroberten  Fähnlein  soll  eins  von  Ulm,  eins  von  Ravenspurg  und 
eins  vom  Gotteshaus  zu  Salmanswciler  sein.     S.   D.-S. 

Heinrich  und  Oswald,  Gr.  v.  Thierstein  an  Solothurn. 

Febr.  20.  Haben  erst  bei  ihrer  Ankunft  vernommen,  wel- 
cher Krieg  sich  im  Lande  erhoben  hat  und  dabei  wie  Thier- 
stein zu  Händen  und  die  Zugehörigen  desselben  Hauses  in 
Kidespflicht  genommen,  dazu  Ölfnung  zu  Pföflingen  und  Büren 
gefordert  hat.  Bitten  ihnen  solche  Oti'nung  zu  erlassen  und 
Thierstein  mit  Zugehörigen  ihnen  wieder  einzuräumen,  ilamit  sie 
vom  Hause  Oestreich  deshalb  nicht  geschädigt  werden,  so  wollen 
sie  diese  Häuser  so  besetzen,  dass  ihnen  kein  Schaden  daraus 
entstehen  soll.  S.  D.-S.  —  S.  bestritt  in  seiner  Antwort  vom 
22,  Februar,  dass  es  die  Burgrechtbriefe  durch  die  Besetzung 
von  Schloss  Thierstein  verletzt  hätte,  und  begehrte  ebenfalls  kraft 
geschworenen  Burgrechts  C)fl'nung  von  Schloss  Pfäflingen,  widrigen- 
falls es  die  Grafen  als  verletzer  und  ^bruchig'?:  des  geschworenen 
Burgrechts  erkennen  raüsste.  Sollten  daher  böswilligem  Rat  nicht 
statt  geben. 

Bischof  .Mbr.  v.  Strassburg  an  Basel. 

Febr.  20.  Um  die  Schreiben  der  Künii^in  zu  beant- 
worten und  über  andere  notdürftii;e  Dingo  zu  unterreden,  hat 
er  mit  Rat  von  Strassburg  andere  BundesiitMiosson  in  der  Kile 
beschrieben  und  bittet  Basel,  seine  Botschaft  auf  Febr.  23.  zu 
Colmar  zu  haben  und  am  Sonntag  mit  vollem  Ciewalt  ohne 
Hintersichbringen  über  eine  einträchtige  Antwort  und  was  sonst 
die  Lage  erheischt  ratzuschlagcn.      Basel  A. 


in86  Witte. 

Ulrich  Küffer,  Vogt  zu  Gösskon,  an  Solothurn. 

Febr.  22,  Viel  Leute  haben  nicht  glauben  wollen,  dass 
<5ie  Frickthaler  uns  einigen  Schaden  zufügten.  Nun  haben 
sie  gestern  Kienberg  überfallen  und  alles  Vieh  weggetrieben, 
hat  auf  Anrufen  ihres  Bürgers  von  Heidegg  aufs  freundlichste 
■den  3  Vögten  von  Herznach,  Wittnft  und  Frik  geschrieben,  in 
Hoffnung,  der  Handel  sei  von  leichten  Leuten  geschehen,  and 
Bekehrung  begehrt;  die  Antwort  werden  sie  durch  Überbringer 
vernehmen.     S.  D.-S. 

Härtung  v.  Andlo  und  Niclaus  Rusch  an  Basel. 

Febr.  28.  Laufenburg.  Sind  Mittwoch  Morgen  in  Ab- 
wesenheit des  Landvogts  gen  Waldshut  gekommen,  wo  man 
sie  nicht  hat  einlassen  wollen,  und,  da  sie  Gleiches  in  Tiengen 
erwarteten,  sind  sie  gen  Laufenburg  zurück  geritten,  wo  sie  i  Uhr 
nachts  eingelassen  wurden,  denn  in  den  Dörfern  trauten  sie  sich 
nicht  niederzulassen,  zudem  sie  dort  Mangel  gelitten  hätten. 
Haben  nun  heute  dem  Landvogt  gen  Waldshut  geschrieben, 
derselbe  hat  geantwortet,  dass  er  ihr  Schreiben  denen  von  W. 
vorgehalten,  die  eine  ehrbare  Kntschuldigung  gethan,  und  sie 
dorthin  berufen.  Wollen  sich  nun  morgen  dahin  fügen  und  ihre 
Werbung  entdecken;  können  aber  gegenwärtig  noch  nicht  wissen, 
ob  sie  sich  gen  Constnnz  oder  ins  Hegau  fügen  werden,  denn 
diese  Stunde  vernehmen  sie,  dass  die  Plidgen.  am  Dienstag  ins 
Hegau  eingefallen  und  liegen  zu  Ililzingen  und  Rietheim,  und 
können  nicht  vernehmen,  ob  sie  gebrannt  haben.  So  sollen  die 
von  Zürich  zu  Tegervil  bei  Constanz  liegen  und  die  von  schwäb. 
Bund  zu  Enuen,  also  dass  sich  kein  Teil  seines  Vorteils  über- 
geben  will.     Basel  A. 

Bern  an  Zürich. 

Febr.  22,  Vornehmen  von  dem  Auszug  im  Hegau,  da>s 
derselbe  keinen  Widerstand  findet  und  etliche  Schlösser  wie 
Randeck  und  Roseneck  erobert  hat. 

(jleichzeitig  Hauptleute,  Venner  und  Räte  von  Bern  und 
Freiburi:.  jetzt  zu  Friedingen  an  [Zürich].  Haben  den  Plan,  vor 
Überlingen  zu  rücken,  an  den  kleinen  und  grossen  Rat  gebracht, 
können  wegen  Manuels  an  Speise  nicht  nachfolnen  zu  solchem 
Zug;  zudem  würde  eine  Schädigung  der  Dörfer  Überlingen  nich: 
weiter  bekümmern,  aber  solches  würde  ein  ingang  dem  rieh  mit 
kriegsulrür  gebären;  zudem  haben  forner  die  Iveichsstädte  in 
diesem  Kriegte  keim^  Absane  gethan.  Schlagen  demnach  solchen 
Zug  ganz  und  gar  ab.  Nachdem  aber  der  Hauptmann  v.  Schafl- 
haiisen  eine  Umkehr  auf  etliche  Grafen,  wie  die  von  Sulz,  auch 
ein  nahes  Städtlein  (Aach)  vorgeschlagen,  haben  sie  sulche 
streifli  an  die  Hand  genommen  und  wollen  morgen  die  Sachen 
angreilien.     Müi^-en  von  ihrem  Vorliaben  abstehen  und    ihnen  in 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  XU 8 7 

der  Ausführung  des  Planes  beistehen.  Bern.  U.  P.  Darüber  wendet 
sich  Zürich  Februar  24.  um  Mitternacht  an  Bern,  dass  die  Ihren 
dem  Anschlag  der  Eidgen.  im  Oberland  ihnen  gen  Überlingen 
und  an  den  Bodensee  entgegenzurücken  und  sich  zu  vereinen, 
Widerstand  thun,  und  sich  eher  auf  die  widervart  schicken  wollen. 
Und  da  Berns  Hauptleute  anzeigen,  dass  sie  Überlingen  und 
andere  Städte  des  schwäbischen  Bundes  nicht  für  Feinde  achten, 
bemerkt  Zürich,  dass  dieselben  Städte  und  andere  ihre  Ver- 
wandten den  Krieg  angefangen.  Haben  darauf  Berns  Hauptleute 
mit  höchster  Bitte  ankert  und  bitten  Bern,  die  Hauptleute  ent- 
sprechend zu  bescheiden,  sich  von  Zürich  nicht  zu  trennen,  so 
hoffen  sie,  dass  Constanz,  wo  merklich  Zwietracht  herrscht,  zu 
den  Eidgen.  gebracht  wird.     S.  D.-S. 

Die  Hauptleute  der  Eidgen.  an  Zürich,  Bern,  Freiburg, 
Solothurn. 

Febr.  22.  Sind  am  Mitwoch  aufgebrochen  gen  Rankwil, 
um  die  Feinde  zu  suchen,  haben  sie  auch  betreten.  Dieselben 
sind  vor  ihnen  gewichen  bis  gen  Rinegk  über  zu  St.  Johannsen 
gen  Höschs,  daselbst  sie  gegen  »uns«(  in  Ordnung  gestanden. 
Sie  haben  dieselben  angegriffen,  angcntz  ohne  Verlust  den  Sieg 
gewonnen,  sie  bis  in  den  ßodensee  gejagt  und  wie  sie  schätzen  an 
2000  erschlagen;  wie  viel  ertrunken,  können  sie  nicht  sagen, 
ein  schwäre  Summe  aber.  Sind  nun  heute  gen  Feldkirch  zu 
gerückt.  Hatten  auch  die  Absicht,  unter  Bregenz  über  den  See 
zu  rücken,  besorgen  aber  einigen  Schaden  durch  Geschütz.  Ist 
es  Not  jedoch,  bei  ihnen  zu  sein,  so  wollen  sie  ihrer  Vordem 
Fussstapfen  erfüllen  und  Leib  und  Gut  zu  ihnen  setzen.  Werden 
nicht  lange  im  Felde  bleiben  wegen  der  Strenge  des  Wetters 
und  da  sie  keinen  Widerstand  finden.  Wenn  sie  aber  etwas 
bessres  wissen,  mögen  sie  es  mitteilen.     Bern  U.  S. 

Luzern  fügt  am  23.  Febr.  hinzu,  dass  die  Knechte  3000 
erschlagen,  5  Schilfe  voll  Leute  in  den  See  getrieben,  die  alle 
ertranken,  und  7  Schlangenbüchsen  erheutet  haben.  Zuschrift 
im  Baseler  A. :  Die  von  Zürich  und  Solothurn  sind  am  Mittwoch 
in  das  Dorf  Stüsslingen  gefallen,  das  den  Kidgen.  schändlich 
zugeredet  hat  und  sich  erboten  hat  100  ll.  an  die  Herrschaft 
zu  geben,  dass  sie  ihnen  den  Vorzug  an  ilie  Schwitzer  Hessen ; 
es  waren  aber  alle  gellohcn  und  ein  Teil  in  einen  starken  Turm, 
der  zu  der  Wehr  gemacht  ist,  entronnen,  den  haben  die  beiden 
Städte  3  Stunden  gestürmt  und  zuletzt  gewonnen  und  alle  so  sie 
darin  gefunden  über  den  Turm  geworfen,  und  die  beiden  Stallte 
ziehen  einen  Tag  vor  Bern  und  Freiburg  und  andern  von  Biel 
mit  einem  grossen  Haufen  und  es  llieht  alle  Welt  vor  denselben. 
Die  beiden  nachziehenden  Städte  verbrennen  alle  D()rfer,  nmKIk- 
jene  beiden  zurücklassen,   auf  dass  sie    darin    herbergcn    nioLien. 


mSS  Witte. 

Bern  an  Zürich. 

Febr.  22.  Lehnen  es  ihrerseits  ab  einen  Zusatz  von  50 
Mann  gen  Zurzach  zu  legen,  da  Zurzach  dem  Bischof  v.  Costenz 
verwandt,  sie  auch  der  Besetzung  andrer  Schlösser  halb  in  täg- 
licher Arbeit  sind  und  zudem  stündlich  Mahnung  um  Hülfe  von 
Solothurn  erwarten.  Im  Notfall  mag  Zürich  sich  in  dieser  Sache 
an  Berns  Leute  im  Feld  wenden. 

An  Solothurn  Febr.  23.:  Auf  ihre  Meldung  über  Angriffe 
seitens  derer  von  Frickthal  antwortet  Bern,  dass,  da  der  Feind 
sich  zu  merklicher  Gestalt  zurüstet,  und  die  uwern  und  unsern 
vast  verrugkt  und  hingezogen  sind,  Solothurn  einstweilen  still- 
sitze und  die  rugk  und  passen  mit  notdürftiger  Besetzung  der 
Schlösser  versehe,  damit  der  Feind  usscrhalb  bleibe  und  sie 
nicht  weiter  zu  schädigen  vermag.  Später  wollen  sie  dann 
gemeinsam  Strafe  am  Frickthal  vollziehen.     B.  M. 

Hauptleute,    Venner  und  Rat  im  Feld    im  Hegau  an 
Zürich. 

Febr.   2^.    Steisslingen.    Sind  gemäss  dem  Zürcher  Abschied 
am  Dienstag  mit  ganzer  Macht    von  Diessenhofen  aufgebrochen, 
gen  Ramsen  gekommen  und  allda  übernachtet,  und  um  Mittnacht 
kam  Botschaft  v.  Solothurn,  dass  ihnen  in  ihr  Lager  zu  Rütlafjfingen 
Warnung  gekommen  sei,    dass  sie   in   der  Nacht   oder   gen  Tag 
angegriffen  werden  sollen,  weshalb  sie  unserer  Hülfe    begehrten. 
Sofort  ordneten  wir  ihnen  1000  Knechte  zu  und  zogen  denselben 
auf   dem    Fuss    nach    und    zum  Abschied    brannten    wir  Ramsen. 
Zu  Rutlafingen  fanden   wir  Mitwoch    morgens  die    von  Solothuni 
in    einer  Wagenburg    verschanzt,    aber    es    war    niemand    an    sie 
•gekommen.     Also  hielten  wir  eine  Weile,  und  nicht  lange,  stiesseii 
die  Knecht  dasselb  Dorf  an  u.  gächlingen  an,  sodass  wir  an  beiden 
Stellen  mit  unserm  Zug  kümmerlich   entrannen;  und  zogen  darauf 
gen  Stüsslingen  und  lief  unser    blutharst,    zum  Teil    eilend  Volk 
voraus.      Die   kamen  gen  Singen,    liegt  unter  Twyel   und  wollten 
das  Dorf  brennen   und  plündern.    Also  Hessen  sich  etlich  Knecht 
aus  Twyel    herab,    erstachen    die    Blutharstcr,    als    die  Red    ist, 
4  und  machten  2  wund  und  als  wir  oben  hinaus  durch  Dersshard 
zogen,    kam   ein  Lärmen    unsrer  Feinde    und    wir   zogen    in   der 
Ordnung  gen   Stüsslingen,  in  Meinung  unsre  Feinde  anzugreifen, 
aber  wir  sahen   niemand,  der  sich  uns  widersetzen  wollte.    Unweit 
von    Stüsslingen    fingen    die    Unsren    Dr.  Stürzelss    Vetter    oder 
Bruder,    den  Domprobst  zu  Constanz  und  haben  den  also    noch 
fenklich.     Zu  Stüsslingen  fanden  wir  nur  Weiber  und  am  Donners- 
tai:  liefen  etliche  unsre  Knechte    und    von   Solothurn    gen    Hom- 
burg, verbrannten    d«Mi  Vorhof   des  Schlosses,    stiegen    über   das 
vallenthor    in    an  daz    recht   und    erschossen    einen  Mann,   darol» 
die    im    Schloss    erschraken    und    das    Schloss    aufgaben.      Das 
Schloss  wurde   verbrannt  und  viel  Gut  erbeutet. 


tn89 

Heute  Samstag  rücken  wir  vor  das  Städtlein  Ach.  Ob  Stuss- 
Lgen  gebrannt  wird,  wissen  wir  nicht,  besorgen  es  aber,  möchten 
ea  gern  brandschatzen;  es  ist  aber  niemand  gekommen,  der  davon 
■BOteircdete,  wiewohl  sie  das  anfangs  begehrt  haben.  Wären  gern 
gen  Überlingen  hinauf  bis  gen  Lindau  gezogen,  so  will  niemand  mit 
inns.  Übersenden  Missiv  der  Hauptleute  von  Bern  und  Freiburg 
I  dem  Lager  £u  Friedingen.  Bitten  um  Anweisung,  ob  sie  mit 
en  oder  allein  gen  Tiengcn  ziehen  sollen.  Friedingen  Schlass 
nod  Dorf,  Randegg  Schloss  und  Dorf,  Rosneck  ist  verbrannt. 
Bätten  gern  längst  geschrieben,  aber  einer  allein  kann  Dicht 
liehen.  Haben  in  Stnsslingen  einen  Zedel  gefunden  mit  Anschlag 
der  Feinde  auf  uns.     S.  D.-S. 

Bern  an  Hauptleute,  Venner  und  Räte  im  Oberland. 
Febr.  24.  Haben  von  den  Ihren  vernommen,  wie  sie  mit 
Freiborg  ins  Hegau  gezogen  und  etliche  Schlösser  erstürmt  haben. 
£9  bedünkt  ihnen  etwas  seltsam,  dass  die  von  Zürich  und  Solo- 
tbum  nicht  bei  ihnen  gewesen,  und  besonders  dass  eine  solche 
Teilung  geschehen  soll,  dass  die  Streitmacht  der  Eidgeu.  in 
,3  Haufen  getrennt  ist.  Solches  ist  in  alter  Obung  nicht  gewesen, 
•ondem  immer  mit  gemeinem  und  einhellig  gehandelt  worden. 
Da  nun  "ir*  in  Oberland  geschafft  habt,  was  ihr  begehrtet,  so 
Waögcn  sie  den  nechsten  den  übrigen  Haufen  zuziehen  und 
daselbst  ratschlagen,  was  ferner  zu  handeln  sei;  denn  wie  sie 
vernehmen,  sind  die  Feinde  in  steter  und  emsiger  Zurüstung, 
weshalb  notwendig  ist,  dass  hin  wider  mit  tapferer  Gegenwehr 
ihandelt  und   die  Gefahr  der  Teilung  vermieden  werde '}. 

n  Solothum  im  Feld 


Hauptlet 


i  Stoffeln.    Die  Anschläge 

sen,  dass  sie  bisher  Ihnen 

Am  Dienstag   sind    sie 


Venner  und  Räte 

in  Solothurn. 
Febr.  24.  Riedheim  under  den  c 
fler  Eidgen.  sind  so  unbestentlich  geu 
nJcbt  viel  grunds  haben  Öffnen  können. 

AUS  Schaffhausen  dem  Hegau  zugerückt  und  haben  die  Schlösser 
Rosanegg,  Randegg,  Friedingeo  und  Homburg,  das  nach  Hohen- 
twiel  und  Krayen  für  das  stärkste  Schloss  gilt,  desgl.  Dorf  Stuss* 
lingen  und  sonst  noch  4  Dörfer  verbrannt,  und  es  will  ihnen 
bedünken,  dass  kein  Zug  oder  Widerwehr  im  Lande  sei.  Jedoch 
Tirend  die  Satelrüter  denen  nicht,  so  ohne  Ordnung  hinter  und 
vor  den  Bannern  ziehen.  Heute  haben  sie  und  Zürich  Botschaft 
den  Bannern  von  Bern  und  Freiburg  gen  Hülzingen  gesandt, 
auf  Meldung,  dass  dieselben  beabsichtigten  wieder  gen  Schalf- 
Itiansea  lu  rücken  und  allda  über  weiteres  Unternehmen  zu  rat- 
tdlta^en,  und  an  denen  so  viel  erlangt,  dass  sie  länger  verbancu 

'(  Im  WMtem  Vetlnuf  dieser  Veröffenllichung  werde  ich  die  AklcnttOdte, 
I  Mich  bei  Tatsrinoff  in  leiner  Scbrirt  über  die  Dornacher  Schlacht  eiichcincD, 
«rcti  tie  Doch  niclii  geselil  sind,  bei  Seile  Iuscd. 
WIR.  d.  Bad.  Hl».  Korn.  Ni.  ».  7 


I 


nctrtfii 


WUtft 


woliox  und  daas  doEavtschain  dm  Sidgeem.  ioL  dam  obmn-  Heer 
gj^Afifariabeiit  wcvd^f,  oii>  asft'  unsww  Znzngas  bisifiitfliim  adsn  oicfati 
Innwiachan  Mwülenri  as;  mahi  moBmtt  EngeBonäimaaiiiiiididaa  botesL 
Qdifenii  ttiear  im  dto-Uingfi^andi  undi  dimstiBfexu.  Vor  «MpSüniii 
hlkheni  diät:  vom  Ziuichi  ihnsn  Sibhnaliflm  vom  ifanmii  ÜMipüuaimi 
undi^^eainesr  inuQterhoid.  imtyHatftt  wanauhi  dles'BidigaBi.mD)  ^otm» 
oMooham  undi  im  den  Bodansoe  gB9fKg£:  lüttem  und:  weaun  die* 
Naobti  aies  nicditi  abgcmfioten).  auohi  Hmyma  getammnen)  hättan; 
lisibiam  tu»  jeittt.  A^Mm  uodi  Biott  genn^  gafondm!;.  wie.  ta^  abn 
wosden  Mriid,  wiBMn  aw  niohti.  Mögon  diar  woaai  GkmnAmm  mnü 
Hoomeggr  unteriiohtQn)  daaas  sJeir  ütem  Rattam  Geiü  naBDÜschickn: 
—  S.  D.-S. 

Haixptifeute^.VGsmnck  m.BätiWim^tadteaiiUnd  Ländern 
der  7  OrteL  zu.  Dombim:  (Vorarlbaig)  im 
Feld> dan  Hau^tleutan  dar.  4;  Oita  ini.£ttkL 

Eeiiit.  zx^,  AI»  sioe  daatim  ühsir  Biboim  geoaotgmi«.  woaribifi 
mßt  zaBfiacheai.  danu  Aribo^^  undi  Bic^gpanc  da»  Ilandi  im  Suldong: 
g^racbt^.  etiiohe  ^abiBxuitt  undi  eetüidie.  gabandJcfaHUi  faidin* 
sindi  aift:  znietet  anj  die^  Banden  jg^okommen^  die:  aicfai  hifi&  dinnt 
Bn^ana  aus  dani  RfflirhHtfidtam  gaMunmaifa,  habem  denn,  am 
3Q0Q}  esBohlageni  undi  dem  Bieg;  ohna^  dnigam  SWadan.  anbefaebet. 
Dai  sicL  nun:  das  ganae:  Land:  imrbeait  undi  nicht  mahxr  Bpcmm^ 
haben^.  bitten: sie:  unu  sslilaunige  Nechzicbt^.  ob:  siazzn)  ihneni  adar 
anden^ifQUin:  zie^esi  aoJlen..  Unten  LudiWg  äeil^fäi  Tlmiptlnami 
v*.  Lujseniilnsigal«     S..  D.-S: 

Solothurn  an  Niclaus  Conrat  Hauptmann  und  Mit- 
verwandtfen,  auch'  Urss^  Byso,  Venner 
und  Räte  im*  Feld. 

Febn  24.  A\if-  Montag  soll  die  französische  Botschaft  zu 
Lueem  vor  den-  Eid|;an.  erscheinen';  SFi  versieht  sich  aber,  dass 
es-  nicht  zu.  endlichem  Beschlüsse  gelangen,  sondern  anderer  Tag 
anberaumt  vnrd\  Dennoch  um  nicht  als'  abfälh'g  vom  König  zu 
erscheineui  hat^  es  den  Seckeimeister  Daniel  Bäbenberg  auf 
Montag  gen  Luzern-  entsandt!  Wenn  ein  anderer  Tag  deshalb 
anberaumt'  wird,  so  soll  der  Hauptmann  denselben  suchen  mit 
vollkomner  Gewalt  die  Vereinung  mit  Frankreich  zu  beschilessen. 
Si  M.    Vgl;  eidgen;  Absch:  nr.  637  und  639. 

Daniel  Babenberg  atn  Solöthum. 

Febr.  25.  Hat  ihr  Schreiben  betreffs  derer  im  Frickthal  an 
JL,uzern  gebracht,  das  ihm  geraten  hat  bis  zur  Zusammenkunft 
der  Eidgen.  zu  enthalten.  Also  ist  heute  von  üri  und  ünter- 
walden,  noch  nicht  der  von  Glarus  Botschaft  gekommen.  An 
der  Absicht  von  Bern  und  Freiburg,  sich  von  den  Eidgen.  zu 
sondern,  haben  dieselben  ein    merklich  Missfallen»    und    ist   man 


Ge*chlchle  de*  Sclhnbenkricgi.  t&U^ 

»  BSn^-  geworden)  flinhalllg'  aii>  b«idfe'  Städte  und  ins'  Feld  zU' 
lbreil>en,  nwtH'  Laui^  d^  Bande'  bet  den'  Eidgeit;  zv  bleiben^ 
"i  itoObeilaiidi  wollBMi  jettot  herab  z«  denen  hiöiiidbni  nkheres 
H  er  aber  nicht.  Die  IVanzöBiach  DotsuhafV  ist  in'LtlEenii  und' 
V  stOnde'alleH'Woltll  «am  nur  dlo  öneiitig'keitt  nlfcht.  Mögen  das 
r  steh'  behaltaii,  damfl«  l«elne>  Unruhe  iliHer  dem  Voll«  entErtehti 

Solotlium  an  Bern. 

Febf.   25.    Ihfblge  des  iSberfklleB  von  Kibhberg-dÜrcH'die  atlS 

fftll  iW'  ihr  Volk  so  gatiK  unruhig,    dass-  Ste'  nicht    wifesefli 

1  stillen    und    ^-iwendbn    sollen,    solbhs    Schmath'   und" 

Schaden  nuuzumal  nicht    zu    rächen,    und    es    sagt,    dbss  unser« 

Vordem   solche    Schmach    nicht    so    lange    ungerochen    gelassen 

,  besonders  in  Anlass  dw  täglichen' Dfohttorte  des  Feindes. 

t  über  die  Sache  bedachllich  zU'  siteen  und-  ihnen  zu-  i«ten, 

I  sie  sich    ini  die  Sache    schicken    sollen,    urn    die    Ihren    eu- 

illen,,  und>  wenn    sie    dieselben-  nicht    veriiiilten    koUneni    dass 

n  dann  Hülfe  imd  Geisttind-  erzeige.     Bern  Kl,  Solothura. 

Bern  an  Aarau,   Uetiibot^ 

Febr.  ^6.     Da   sie   vernehmen,   dass"  die   itti  FrltKtHiil   ittid 

I'  4"  Stadien    otd  Rhein    die   Ihren-  angrdfen,   wollen'  sib"  nilt' 

^eiburg  und   Solothurn    ratschlagen,    was'  dawidbr   xti    tHUtt  sei. 

Aiti  sHef  itiKWischen  aus-  dem    Haus  I3!berstein    kein  Schaden 

,eschieht,  befehlen  sie,  solches  mit  denen  von  Lenzborg  zll  BfJnjs^ 

landen  zu  nehmen  und  mit    10  Knechten  zu    besetzen;    ebenso 

laoll   auch  der  LandVogt  von  Lenzburg  thun.     Ebenso    sind  auch 

|die  Schißt  auf  der  Aar  zu  eutremen. 

GletGhKitig'  an  Solothurn  und  Freiburg:  Betr.  eines  Zuges 
l>la*  Fiickttial  hallen  sie- für  gut  nicht- zu  eilen,  sondern  die  Sache 
«ohl  vorher  im  erwägen^  Mögen  daher  ilire  Boten  auf  morgen 
ijblacht  gnn  Bern  fertigeni     B.  iM. 

Ulman  Stflid-  undi  Ulrich  Koffer  an  Solothurn. 
Pfebr.  Ifl:     Von  dtr  löten  Stunde  Vortnittags   bis   über"  dis 
licUtmahl'  aidd  wir  beisammen  gewese«  nt  Erlispach  und  haben 
i  gehandelt,  gehört  und  vernommen  von  Raub  und  Brand. 
kedoch  keinen  Glauben  darauf  gesetzt,  sondern  Kundschaft  aus- 
[efertigt    und    finden,   dass    der  Feind    die  Dörfer  Viiingen    und 
^dningen  verbrannt    und    bis    gen  Brugg    hinauf  soll  geplaudert 
Etliche    reden    auch,    er  habe    das    Gotteshaus  Lütget« 
tBnnii  doch  haben  sie  davon  keine  nähere  Kundschaft.    Der 
halb    b«tr.   Relnfelden    haben    sie    noch    nichts    ansführtn 

Dcrsclhe  [ein  Slfick  aus  dem  SchTcibon    Ist   autgeschnltten] 
ich  Säffer  nn  Solothurn:  Vernimrat,  wie  das  Frickthal  biitnen 
|)  soll  verbrannt  werden,    vielleicht  durch  Soloihurn,  darob 
7* 


4 


1x192 


Witte. 


die  armen  Leute  Mord  schreien  in  <lei|  üimmel;  denn  sie  mögen 
wissen  und  iqh  mit  ihnen,  wenn  das  geschieht,  däss  ihnen  das- 
selbe auch  begegnet  und  niemand  vor  sin  mag  als  Gott,  und 
mag  wahrlich  schreiben  und  reden,,  wo  das  geschieht,  das  Gott 
lang  wende,  dass  nicht  der  zehüte  Mann  wieder  mochte  husen, 
und  würde  der  eine  dahin  zi^h^,  dar  andete  dorthin,  wohin  jeder- 
mann möchte,  und  die  schöne  Gült,  so  Solothum  an  dem  Ort 
hat,  ersitzen  und  bei  der  allerjüngstQn  Leben,  30  jetzt  am  Regiment 
sitzen,  nit  wider  iren  vollen  .  ingang  noch  inzug  habea  noch 
gewinnen.  Darum  mag  S.  die  armen  Leute  und  die  Herrschaft 
wohl  bedenken  und  nicht  jedermann  gestatten  seineoi  Mutwillen 
nachzuleben.     S.  D.-S. 

Bern  ins  Feld  itü  Hegau. 

Febr.  27.  Haben  von  Zürich  und  der  Tagleistung  zu  Luzera 
Schriften  erhalten,  woraus  sie  merklich  an  Unwillen  vermerken, 
dass  die  Hauptleute  sich  widerwärtig  erzeigten,  etlich  Anschlag 
der  Eidgen.  im  Oberland  zu  vervolgen.  Um  den  Dank  der 
Eidgen.  nicht  zu  vermindern  und  bei  dem  gemeinen  Mann  Un- 
willen zu  vermeiden,  nachdem  nun  die  Sonderungen  abgestellt 
sind ,  befehlen  .sie  ihnen  zu  den  Eidgen.  zu  ziehen ,  dort  zn 
bleiben  und  ferner  mit  einhelligem  Rat  helfen  zu  handeln,  zudem 
Freiburg  den  Seinen  dieselbe  Weisung  erteilt  hat. 

Entsprechendes  Sehr,  an  die  Eidgen.,  mit  Mahnung  alle 
Sonderungen  zu  vermeiden.     Bern.  M. 

Heinrich  Zolli  und  Cunrat  Bücher  Hauptleute  zu 
Tengen  an  Conrad  Waldburg  Altbürger- 
meister  und  Conrat  Bartter   Hauptmann. 

Febr.  27.  Liegen  zu  Tengen  im  Namen  der  von  Schaff  hausen 
und  wissen  nicht,  wie  es  ein  gestalt  hat  in  dem  leger.  Bitten  um 
Nachricht,  wohin  sich  das  Lager  und  der  Zug  kehren  will.  Sie 
haben  von  den  Dingen  kein  Bescheid,  und  bei  ihnen  ist  nichts 
geschehen,  als  dass  Tengen  gestern  gehüldet  und  geschworen 
hat  und  sie  mit  8  Knechten  zur  Besetzung  hingelegt  worden 
sind.  Guttentag  v.  oculi.  Schaffhaus.  A.  Vgl.  eidgen.  Absch. 
nr.  639. 

Dr.  Thüring  Frick  an  Basel. 

Febr.  27.  Brugg.  Gestern  früh  vor  Tag  sind  durch  die 
von  Waldshut  etliche  Dörfer  in  der  Herrschaft  Schenkenbeig, 
als  Villingen,  Mandach,  Hottwil,  Rämingen  und  andere  verbrannt 
wider  die  Abrede,  deren  sich  Bern  gegen  der  Landschaft  zwischen 
Aar  und  Rhein  verfangen  hat,  daraus,  wie  er  fürchtet.  Grösseres 
erwachsen  wird,  zumal  Bern  mit  seinem  Stadtbänner  zu  Baden 
liegt.  Die  andern  Eidgen.  ziehen  auch  heim.  Gott  wolle,  dass 
bald  guter  Friede  oder  ein  langer  Bestand  getroffen  werde. 


Geschichte  des  Schwabenkriegs. 

Nachschrift  Febr.  38.:  Ist  io  ganzen  Sorgen,  wenn  den 
armen  Leuten  in  der  Herrschaft  Schenkenberg  nicht  ein  ziem- 
licher Brandschatz  wird,  es  werde  dem  ganzen  Frickthal  fast 
>fibel  ergehen. 

Bi.  Albr,  v,  Strassburg  an  Basel. 
Febr.  28.  Zabern.  Ihm  ist  ein  kgl.  Mandat  zugegangen 
t  aller  Macht  luzaziehen  und  Basel  wird  desgl.  erhalten  haben. 
Nachdem  nun  zu  Colmar  ein  neuer  Tag  der  Niedern  Vereinung 
' ,  März  anberaumt  ist,  bittet  er  in  Anlass-  des  Mandats  die 
Abgesandten  mit  vollem  Gewalt  zu  senden,  denn  die  Notdurft 
der  Dinge  erheischt,  eine  entlich  Abrede  und  Beschluss  zu 
len.     Basel  A, 

Haupdeute  etc.  von  Solothurn  im  Feld  an  Bendicbt 
Hugi  zu  Dornegg  und  Haus  Karlin  zu 
Tierstein. 
Febr.  28,  Baden.  Als  sie  jetzt  aus  dem  Hegau  wieder  in  ihre 
fird  gekommen  sind,  vernehmen  sie,  wie  die  Küngschen  in  Walds- 
hut und  da  umb  liegen.  Das  lassen  sie  in  dieser  Zeit  in  seinem 
Werl  uögelütert  bleiben.  Befehlen  beiden  und  jedem  besonders, 
alle  die  zum  Schloss  Tierstein  gehören,  in  Eid  zu  nehmen  und 
dieselben  on  alle  fürwort  für  unser  libeigen  lüte  und  weiter 
keinem  andern  Herrn  zu  dienen,  zu  halten  und  schwören  eu 
lassen,  glauben  dazu  nach  Gestalt  der  Läufe  berechtigt  zu  sein. 
Haben  im  Hegau  9  Schlösser  gute  und  böse  und  eine  merkliche 
Anzahl  Jjörfer  erobert  und  verbraaut  und  von  den  Feinden 
Jieinen  Widerstand  gefunden  und  haben  sich  jetzt  auf  Meldung, 
was  Solodium  begegnet,  sich  wieder  genähert,  um  vor  allen 
fingen  die  Ihren  zu  behüten,     S.  D.-S. 

Solothurn  ins  Feld. 

Febr.  28.  Bescheinigen  Empfang  ihres  Schreibens  in  dieser 
'K*cht  bald  nach  Mitternacht  und  wünschen  ihnen  Glück  und 
des  Himmels  Beistand  zu  ihrem  Unternehmen.  Nun  stehen  aber 
Domegg,  Tierstein  und  Sewen  in  grossen  Sorgen,  und  auch  die 
Ju  der  Herrschaft  Gösskon  erleiden  grosse  Anfechtungen.  Haben 
'daher  Dornegg  und  Tierstein  mit  einem  Fähnlein  von  200  Mann 
versehen,  und  es  wäre  ihnen  fast  not,  dass  sie  Solothurn  3  oder 
400  Mann  zuschickten,  denn  die  Stadt  sei  ganz  bloss  an  geschickten 
Leuten. 

Um  10  Uhr  zu  Nacht:  Bezüglich  ihres  Vorhabens  von 
Scbaifhausen  gen  Brugg  aufzubrechen  und  sich  dem  Frickthal 
I  nähern  und  den  an  dem  v.  Heideck  begangenen  Schaden  zu 
täcben.  teilen  sie  mit,  dass  sie  derzeit  mit  Bern  und  Fteiburg 
:ticb  einhellig  vereinbart  haben,  den  Schaden  in  dieser  Zeit  nicht 
:,z(i  rächen,  obwohl  denen  von  Bern  noch  viel  grösserer  Schaden 


AlM 


iVatle. 


^t  'B/»oA  gfi^iobobea  ti^     Bttfehkn  amen  «A^iei:»  «10)1  .von  Bm 

Caspar  Freiherr  zu  Morsperg   und    Botfott  tobowtot 
Hauptmann  und  Landvogt  an  Basel. 

Febr.  28.  Wird  glaubhaft  4>egichlet,  dass  Baael  im  Elsass 
9X1^  J^ojinaot  ;»iiSkaufen  lawt  iwid  iSun  dma  tden  CidgML  über- 
Ua£^  juid  Jie  Aiit  Psowant»  JSpg  lOtc.  ^wosaiabt  JBKgen  4Nilabo6 
:fih0(eUen  cipd  latob  ides^b  nicht  die  -Ungnade  .doB  Kmigi  4n- 
.4ebw.    «Basol  iL 

iLmiugn  4A  Solothom. 

März  I.  Vernehmen»  wie  die  Eidgen.  von  «Städten  'ond 
Landern,  die  im  Hegau  und  im  Oberland  gewesen,  das  Feld 
gebrochen  4iaben  und  hemMidhen.  Da  sie  -niHi  -dber  vermerken, 
dass  die  Anatösser  -ihror  Lande  mit  toinem  Zusatz  versehen  sind, 
wodurch  der  Eidgenossenschaft  grosse  Schmach  und  Schand  von 
den  Foinden  begegnen  tmodite,  dieweol  idanealbcHU  oion  den 
DMtan  merkUcb  y«€u:d^dbUchkeit  inigottgt  tiat,  deshalb  idönkt  jhnen 
not,  «ich  angendB  .wieder  znaamm^AKofugen  rnnd  «n  «ataidilagen 
vhex  ge^gnete  JZiuatz.  iBacaumon  tdaher  axii  ^.  iMäaz  .Wien  Tag 
nach  Luse^,  W02U  S.  seine  Botschaft  «enden  jmöge,  um  obor 
JD^ckung  dQT  ^^rentien  au  :becaten.     S.  Dj^. 

März  -i.     Basel  an  die  4Cdnigin  s.  Nachtrag. 

Härtung  v.   Andlau  u.  Niclaus  Husch  an  Basel. 

März  2.  Zürich.  Dass  sie  seit  ihrem  Schreiben  aus  L^ufenbarg 
nichts  wieder  von  sich  haben  hören  lassen,  rührt  daher,  dass  sie 
in  mittler  Zeit  kein  gruntlich  Bericht  wossten  zu  schreiben.  Sind 
am  Freitag  gen  Waldshut  und  von  da,  doch  nicht  ohne  kleine 
Wagnis  und  Sorge  gen  Kaiserstuhl  und  weiter  gen  Schaff- 
hausen gekommen  und  haben  daselbst  niemand  von  den  Haupt- 
leute n  gefunden,  sondern  die  Banner  -sind  ins  Hegau  vorrückt 
gewesen.  Haben  sich  darauf  gen  Constanz  gefügt,  daselbst  des 
Königs  Marschall  und  kgl.  Räte  und  die  Hauptleute  des  ^Bundes 
gefunden,  die  ihnen  auf  ihre  Werbung  ziemlich  Antwort  gegeben, 
die  ihnen  zu  Anfang  wohl  benagt  hat.  Darauf  >haben  sie  sich 
gen  Stein  begeben,  wo  sie  Zürichs  Auszug  auf  der  Rückkehr 
fanden,  und  den  Hauptleuten  ihren  Befehl  entdeckt  und  deren 
Rat  begehrt  und  auf  ihren  Rat  sich  am  2S.  Febr.  gen  Zürich 
zu  gemeinen  Eidgen.  begeben  und  am  Freitag  der  Eidgen.  Soten 
von  allen  Orten,  wie  sie  im  Feld  gewesen,  gefunden  (Tag  zu 
Zürich,  eidgen.  Absch.  nr.  63g).  Von  denen  iat  ihnen  heute 
Abend  Antwort  geworden:  dieweil  uns  von  den  kgl.  Räten  und 
Hauptleuten  zu  Constanz  nicht  endüoh  Antwort  geworden  »und 
sie  deren  Willens  kein  Wissen  haben,  so  wissen  auch  sie  ir 
Gelegenheit   nach    ujis    keine  Antwort   zu    geben,    aber    wo    uns 


GMchUhte  4m  Scilwabenkriegs. 

geUebefi  «uollte,  Bn  die  Räte  vdii  Oods^dk  'sinen  Bestand  a\i 
anchen,  oder  von  einer  dutchgand  Richtung  Rede  zu  habe«,  'lassen 
sie  geschehen,  und  wenn  sie  deasen  [teiicbtflt  werden,  mögen 
wir  ihnen  gütlichen  Tag  setzen,  auf  dem  sie  gehürlich  Antwort 
.geben  'woUbd.  Sonst  iabsr  kannten  eie  uaeore  Ws^bun^;  an  ihre 
Obem  mit  lugen  inicht  i>iin^ii.  -Werden  sich  demnach  morgen 
weder  gen  Constanz  wenden  vmd  allen  vermug  liebe  d  Fleiss 
.anwenden.     Basel  A. 

[Jakob  Is&nlii^,  Vogt  .au  üoitkberg  an  BascL 
März  2.  Die  zu  Obernbaden  llJegenden  £jc)gen.  'shid  zu 
Rate  geworden,  des  Wetters  halb  nicht  länger  im  Feld  zu  bleiben 
und  «on  tbrem  Plan  vor  die  Städte  xaa  Rhein  zu  ziehen  abza- 
Meilen.  Von  einem  glaubhaften  jMann  hat  er  Warnung  erhalten, 
dass  Basel  bedüile  vir  sich  zu  lugen,  und  ist  der  Anschlag  eu 
.ozern  also,  dass  si  der  von  Basel  irs  zulugen  nicht  mehr  wellen 
sin,  und  sie  wollen  ein  Wissen  hBben>  gelägen  si  under, 
eren  sie  gut  Osterich.  Hasel  A. 
März  2 — g  s.  Nachtrag. 


Basel  i 


I  Solothurn. 


[März  g,]  Haben  ihren  Leibeigenen  in  eigenem  Gebiet  und 
-anderswo  sesshaft  der  Stadt  Zeichen  gegeben,  mit  ihrem  kleinen 
Sige!  bewart,  an  die  H;tuser  zu  schlagen,  damit  sie  desto  sicherer 
Bind.  Nun  werden  sie  berichtet,  dass  die  «nwem-  ein  Miss- 
fanen  daran  haben  und  zu  Wiaea  in  der  Herrschaft  Homburg 
■von  den  Häusern  gtirisaen  und  achnödenglich  in  den  wfist 
ge^-oifen  und  allerleä  hochwort  getrieben  haben.  Bitten,  solches 
Unwesen  abiustellen.     S.  D.-S. 

Marx  Rieh  v.  Richenslein  an  Solothurn. 
März  9.  Vernimmt,  dass  er  bei  ihnen  verunglimpft  wird 
vegen  allerlei  unziemlicher  Worte,  weshalb  sie  den  Ihren  zu 
l^ornegk  erlaubt  haben,  ihn  und  seine  armen  Letitc  anzugreifen, 
beteuert  seine  Unschuld  und  möchte  nicht  einmal  von  einem 
andern,  dessen  er  mächtig  wäre,  solch  uncbristliche  Worle  leiden, 
viel  weniger  selbst  solche  gebrauchen.  Ist  während  dieser  Läufe 
flbethaupl  nicht  von  seinem  Sc! iloss  gekommen  weder  gen  Reinfeldcn 
noch  gen  Hülftengraben  und  hat  sich  so  gehallen,  dass  ihm 
niemand  etwas  Böses  wider  sie  nachweisen  kann.  Trotzdem  er 
^s  aDch  ihrem  Amtmann  von  Domegk  versichert,  haben  fbn 
4lfe  Ihre»  dennoch  überzogen  und  die  Seinen  in  der  Nacht 
beraubt  und  gelangen.  Bittet  -mft  ihrem  Vogt  tu  Dornegg  zu 
dass  ilun  lun  seine  Unschuld  nickt  solcbes  wider- 
und  erbietet  «ch  zur  VerAotwonung  vor  dem  Rot  im  Soic»- 
—    Die    allerlei    tmziamlich    Worte    betrefl'en    den    angeb* 


I 


mgö  Witte. 

liehen  geschlechtlichen  Umgang  der  Schweizer  mit  ihren  Rohen. 
—  D.  S. 

März  12 — 15  s.  Nachtrag. 

Jakob  Isenlin  (Ysenle),  Vogt  zo  Vamsberg,  an  Basel. 

März  15.  Also  liegen  die  Knechte  noch  zu  GeHerkingen 
und  sammeln  sich  mehr  und  mehr  und  reden  unter  andenn: 
min  herren  müsstet  ihnen  also  heote  Ja  oder  Nein  sagen,  ob 
ihr  mit  ihnen  sein  wolltet  oder  nicht.  Da  haben  sie  draossen 
eine  Sorge,  da  sie  gar  kein  Vieh  geflüchtet  haben.    Basel.  A. 

März  16 — 26  s.  Nachtrag. 

Bern  an  Wilhelm  v.  Vergi,  Marschall  v.  Bnrgond. 

März  26.  Danken  für  seine  und  der  übrigen  Regierenden 
V.  Burgnnd  freundschaftliche  Gesinnung  und  wenn  sie  sich  in 
den  Krieg  nicht  einmischen  wollen,  so  wird  Bern  sich  auch  gegen 
sie  friedlich  halten.  Bern.  Lat.  Missiv.  E  327.  Die  Franche- 
Comt6  war  in  Besitz  von  Maximilians  Sohn  Philipp. 

März  27 — 30  s.  Nachtrag. 

Solothum  an  Bern. 

März  30.  Der  Feind  liegt  fast  stark  zu  Ross  und  zu  Fuss 
am  Rhein  an  Bern  und  Solothum  ziehen  mögen,  weiss  B.; 
zu  Häsingen;  desgleichen  hat  sich  eine  grosse  Sammlung  mit 
starkem  Geschütz  in  der  Herrschaft  Röttlen  erhebt;  so  soll  auch 
das  Rom.  Kg.  heraufziehen.  Wie  bald  die  durch  die  4  Städte 
müssen  Tag  und  Nacht  daher  schwere  Wacht  halten,  aber  es  ist 
ihnen  unmöglich  ohne  Gottes  und  der  Eidgen.  Beistand  solcher 
grossen  Macht  Widerstand  zu  thun.  Wollen  aber  ihr  Bestes 
thun  und  bitten  um  getreu  Aufsehen.  Bern.  A.  Kanton  Solothum. 

Bern  an  Zürich. 

März  30.  Vernehmen  aus  Schriften  ihres  Zusatzes  zu  Koblenz, 
dass  an  der  geordneten  Zahl  der  Knechte  dort  ein  merklich 
gebrest  ist  und  etliche  Eidgen.  säumig  sind,  woraus  der  Besatzung 
leicht  Schaden  erwachsen  könnte.  Mögen  daher  bei  denen,  die 
ihre  Zahl  noch  nicht  erfüllt  haben,  verfügen,  damit  solches 
geschehe,  da  Bern  sonst  die  Seinen  abfordern  müsse.  Sodann 
ist  eine  Botschaft  von  Salins  bei  ihnen  gewesen  und  hat  erklärt, 
wenn  die  Eidgen,  die  Grafschaft  Burgund  in  Ruhe  Hessen,  dass 
man  ihnen  dann  feilen  Kauf  von  Salz  zugehen  lassen  wolle.  B.  M. 

Bern  an  Hans  Kuttler. 

April  I.  Es  will  ihnen  nicht  gefallen,  dass  er  an  einem 
sorglichen  Platz  gelegen  ist  und  dort  verharrt,  er  soll  zu  den 
Eidgen.  ins  Swaderloch  oder  sie  zu  ihm  reiten,  wie  das  -  anfangs 


Geschichte  des  5 


mgy 


pt  Anschlag  gewesen;    denn    dass    er    mil  Freiburg    allein    den 
pndcn  »u  Konstanz,    Reichenau  und  GoUlieben,    da    eben  viel 
h    sollen,    begegnet,    ist    nicht  wohl  möglich.      Soll  sich  daher 
einen  gewarsameo  Platz  fügen.     B.   M. 

Bern  aD  Solo  [hu  m. 
April  2.  Adrian  v.  Bubenberg  ist  aus  den  Niederlanden 
flck  bis  gen  Basel  gekommen.  Für  Basel  hat  es  aber  erheb- 
k«  Schwierigkeiten  ihn  zu  geleiten.  Mögen  daher  den  Ihren 
Dornach  befehlen  sich  Basel  za  nähern  und  den  v.  Buben- 
■g  zu  geleiten.     B.  M. 

Ulrich  Külfer  an  Solothurn. 

April  3.     Auf  Dienstag  früh    vor   Tag   ist   in    der  Nähe    vor 

Bpach  auf  Verkünden  der  von  Lostorf  gestürmt  und  die  ganze 

ichbarschaft  unruhig  geworden,    und  es    wäre    gross  Volk    zu- 

:ngekommen,    wenn    nicht    eilends  abgekündigt  wäre.     Nun 

aspar    v.    Lostorf  den    Auflauf  mit    erdichten    gescliichten 

gerichtet,    und  es    ist   eine    grosse    lanlred    von  Fremden    und 

timiacheti,  wenn  er  nicht  merklich  darum  gestraft  würde,  wollten 

keinen  Tritt    mehr   von    Solothurn    wegen    thun.      Hat    bisher 

von  Heiligkeit  der  Zeit  verhalten,  bittet  um  Instruktion,  denn 

sich  selbst  will    er   nichts    dazu    thun,    da    er  doch    so    bald 

echt  hat.     S.  D.-S. 

Daniel  Babenberg  an  Solothurn, 

April    4.     Auf  seinen    Auftrag    hat    Zürich    geantwortet,    sie 

nten  Solothurn  nicht,  und  es  sei  nicht  die  Meinung.     Darauf 

sn  heute   die  Eidgen.    beschlossen,    einen   gemeinschaftlichen 

Tzug  ins  Hegau    zu   unternehmen    und    «u    brennen    und    ein 

i  zu  machen  und  .-im    1  j.  April    zu  Nacht    zu  Kaiserstuhl    zu 

io;    Solothurn    soll    daheim    bleiben    und    wohl    hüten.     Ist    es 

tm  Sache,    dass  die  Eidgen,    sich    auf   der  Wiederkehr   gegen 

t  4  Städte  wenden,  so  komment  ir  alweg  wol  dazu.     Gen  Bern 

idFreibuig  ist  eilends  geschrieben,  von  Stund  an  mit  Büchsen, 

int  und  Gut  zu  ziehen.    Uri,  Schwyti,  Glaris,  Unterwaiden  mit 

Jen  Bannern,    Zürich  und  Luzern  mit  einem  Fähnlein    sind  im 

terland;    Gut   es    not,    so    bleiben    sie,    sonst    kommen    sie    mit 

9Bn  Bannern  herab.      Etliche  Fähnlein    bleiben    aber    oben    zu 

ler    Hut,    wie    Solothurn.       Basel    ist    erst    in    dieser    Stunde 

kommen;  was  es  bringen  wird,  weiss  er  nicht.  —  Vgl.  Abschied 

r  Tagessatzung  zu  Zürich    1.  — 6.  April,  nr.  644.     S.  D.-S. 

Lienhart    Grieb    der   jünger    und  Hans  Hiltbrand    an 
Basel. 

•    April  4.    Sind  heute  zwischen  2  und  3  Uhr  Nachmittags  gen 
)cli  gekommen   und  sofort  auf  das  Rathans  zu  den  Eidgen.  ge- 


L 


^mgß 


WAttt, 


«flbickt  And  -hahoB  doit  ihre  'Worbimg  jeröfost.  tfai  ibr  fiandloDi 
4ind  -flie  2  ^fider  9mal  rausgBftBten  lund  -endlicdi  iiaoh:allem  jfaniei 
düihcgi  fiie  keinen  .andficn  Ahschiad  verlangen  ikönnen  als:  tlai  «i 
schlechtlich  wollent,  daz  flBasal  <ilom  iKat  ma  ifioiathuiu  *eiidlicfa 
Antwort  geben  solle  auf  die  vorgethone  Werbuag  durch  den 
Schalth.  ▼.  Sok>thiiiii.  Haben  darauf  wsxÜBDEt  JiDham»  den  Knecht 
mit  dieseoi  .Brief  abgefertigt»  damit  BaseJ  gewarnt  wöade^  denn 
sie  besorgen,  falls  «Basel  am  Dienstag  ,(^F^'  "9)  ^^^  die  er- 
langte Antwoit  geben  wird,  daas  sie  dann  jnit  der  Hand  Jdiff 
die  uwern  ^ffen«  werden,  ^eitern  Aufschob  -haben  jsit  -nick 
erlangen  können.  Der  Eidgen.  Boten  und  sie  reitan  am  3.  ApSi 
früh  wieder  heim.     Basel.  A. 


'Solothom  am  Bern. 

April  7.  Nachdem  in  dem  Abschied  zu  Zürich  beachlassen 
ist,  dass  Bern  mit  seinem  ^nner  in  die  Bar  und  He^gau  hinaus- 
ziehen und  Solothum  gegen  seine  anst5auser  ^t  Soz^  und  Hot 
haben  soll,  bitten  sie  die  von  £iel  ihres  Mitziehens  zu  entbinden 
und  dieselben  ihnen  zuziehen  zu  lassen. 

Wird  am  folgenden  Tage  von  IBem  al^eschlagen. 

Am  9.  Apolil  jun  Eieil:  in  Anlass  dar  Wamimgen,  dass  steh 
für  und  für  im  Sundgan  .viel  Volk  sanomelt,  flutten  sie  Biel,  "^a 
Zahl,  die  es  den  3  Städten  zugeordnet  hat,  Jtnnsem  teil«  also  sn 
ordnen,  als  sie  dessen  Trost  und  ganz  Zuversicht  haben.  Um 
Mitternacht  haben  sie  «von  Basel  Schreiben  eobalten  mit  Ent- 
schuldigung, dass  sie  auf  den  Zürcher  Abschied  noch  nicht 
geantwortet  ,haben,  aber  heute  soll  ihre  Botschaft  gen  Solotharn 
kommen  und  ihnen  anstatt  gemeiner  Eidgenossen  Antwort  auf 
das  Ersuchen  geben.     S.  M. 

Am  1 1.  April  an  den  Vogt  zu  Waidenburg:  vernehmen,  wie  die 
von  Basel  alle,  so  hinter  ihnen  gesessen,  sie  seien  Basels,  Solothnms 
oder  andrer  Leibeigne,  angefordert  haben,  all  für  ir  Hb  eigen  zn 
schwören,  so  jedoch  dass  solcher  Eid  Solothums  Leibeigne  oder 
Bfirger  nidht  länger  binden  solle,  als  sie  hinter  Basel  sitzen,  md 
das«  -die  Betreflfenden  mit  ihnen  und  dagegen  die  so  Basels 
•eigen  and  hinter  uns  gesessen  mit  uns  reisen;  sollen  gemäss 
WidmneltigemUbeTelnikommen,  das  befremdend  sei,  denn  sie  haben 
■von  dos  ResBons  wegen  kein  Wissen  von  irgend  einem  Verkomnis. 
ihn  •daher,  die  Ihren,  so  hinter  Basell  gesessen,  solches 
'''en«  .Ea  veiU'agen  und  auch  ihre  Eigenleute  ungestört  reisen 
u   1.  <:• 

Feldhauptmann  Fridrich  Kuppler  an  Basel. 

'  9.     Bm  ^eetom  auf  die  fassen   streuen    lassen  und 
ni^  %dje,^e  er  berichtet  iat,  den  Eldgen. 


Geichichle  d«s  Schwel 

eia    und   andern  Proviant  .zuführen;     sollten    darunter    Baseler 
\gen  sein,  so  will  er  sich  darin  gebürlich  halten.    Basel.  A. 

Solothurn  an  Bern. 
April   IQ.     Tflilen   die   &nlwaii  Basels  mit,   dass   ihre  Bot- 
idUifi  beim  König  in  arnater  Wechung  sei,  >damil    sie  der  ISulfe 
ler  die  jEidgen.  .erlassen  werden  mit  der  Bitte,    dieae  Antwort 
geiallig   und    benii^gig   zu   halten.     £>ie  Batschaft   Basels   vtiil 
tob  gen  Zürich  und  Loaena  reilen.  —  S,  M. 


LieuhaJCt  Grieb  der  jünger,  Hatis  Hiltbrant,  Walther 
Harnesch  an  Basel. 
April  lo.  Haben  heute  früh  vor  dem  Rat  zu  Solotharn  ihre 
'erbang  laut  Instruktion  gethan  und  nach  viel  Handlung  -dies 
•chliesslich  Antwort  gehabt:  dass  uns  dies  Sachen  leid  s 
ben  sie  vormals  auch  verstanden,  os  sei  ihnen  selbst  auch  leid; 
i  müssten  sich  aber  unziemlichs  getrangss  wehren  etc.;  aber 
!  hätten  sidh  wohl  versehen,  wir  hätten  ihnen  ganz  zu  Gefallen 
Igesehen  alt  Freundschaft,  Gelegenheit,  auch  ihr  Erbieten  Leib 
'  1  Gtit  zuzusetzen  und  uns  zu  halten  wie  ein  ander  Ort.  das  doch 
idre  Städte  nicht  gemacht  erlangen,  auch  vielleicht  zu  andern 
1  gegen  uns  nicht  Füg  haben  möcht;  aber  doch  wollten  sie 
(cre  Antwort  also  annehmen,  und  wenn  weiter«  Tage  deshalb 
lallen  wurden,  sollten  wir  uns  zu  ihnen  keins  ber^men  ver- 
ICH,  doch  waz  daz  mer  uuder  gemein  Eidgenossen  wurd,  müstond 
iielfon  erstatten.  Sie  wüssten  auch  nicht,  ob  weitere  Abschiede 
tfluklb  gehatten  würden,  denn  der  letzte  Abschied  von  Zürich 
plte  lauter  in,  dass  wir  jetzt  ja  oder  Nein  sagen  sollten,  und 
(gleich  sie  und  etliche  mehr  gern  das  Beste  Ihäteu ,  so  sei 
ttli  ZQ  Zürich  das  Mehr  gewesen,  wie  oben  gesagt.  Darauf 
^  wir  geschieden  in  Meinung  die  Antwoit  heimzubringen.  Darauf 
WD  sie  etliche  zu  uns  zum  Essen  geordnet  und  einer  von 
wn  hat  zu  einem  under  uns  im  Geheimen  gesagt:  es  sei  uns  au 
I,  dass  wir  uns  ihnen  näherten  anzuhangen,  denn  die  Länder 
I  grob,  haben  auch  denen  von  Städten  allerlei  bewiesen; 
Shalb  obgleich  die  Städte  gern  das  Beste  auf  ^Mittelweg  thun 
i  doch  zu  sorgen,  die  Länder  thätcn  es  nicht, 
L.jgMAist  der  erst  zug  wider  .unss  i^chechen.  So  dann  haben 
1  £at  gesagt,  wie  des  Königs  v.  Frkr.  Zug  beikäme, 
r  V,  Werse  und  die  3  Stände  v.  Burgund  haben  ihre  Bot- 
'1  bei  ihnen  gehabt  und  versprochen,  ihnen  Salz,  Wein, 
"es  zugehen  eu  lassen  und  ganz  uiigesteigert  um  den 
es  jetzt  gilt,  des  S.  nicht  wenig  Trost  empfangen, 
eine  grosse  Last  Salz  wohl  für  2  Jahre  genug 
Auch  soll  Bern  inotgen  ausziehen;  mogfen 
pieT  die  Amter  versehen.     Basel.  A. 


mioo  Witte. 

Solöthum  an.  Franz  v.  Leymen,  Vogt  zu  Waldenbnrg. 

April  1 1 .  Vernehmen,  wie  die  v.  Basel  sämtliche  in  ihrem 
Gebiet  gesessenen  Leibeignen  aufgefordert  hat  zu  schwören,  so 
jedoch  dass  solcher  Eid  die,  welche  Solothums  und  andrer  Leib- 
eigne sind,  nicht  länger  binden  soll,  als  sie  hinter  Basel  gesessen 
sind  und  die  Betreffenden  mit  Basel  reisen,  hingegen  Basek 
Leibeigne ,  die  hinter  Solöthum  gesessen,  mit  Solöthum  reisen 
sollen,  worüber  beide  Städte  mit  einander  überein  gekommen  seien. 
Das  erscheint  S.  in  diesen  geschwinden  Läufen  etwas  geverdig 
und  nicht  zum  freundlichsten  zu  sein,  und  betreffs  des  Reisens 
haben  sie  von  einem  Obereinkommen ,  kein  Wissen.  Begehren 
von  ihm,  alle  so  Solöthum  verwandt  und  hinter  Basel  gesessen 
sind,  solches  Schwörens  zu  vertragen,  desgl.  jeden  Eigenmann 
mit  der  Stadt,  deren  eigen  er  ist,  ziehen  zu  lassen,  wie  das 
bisher  immer  Brauch  gewesen.     Basel.  A. 

Bern  an  Solöthum. 

April  II.  Es  hat  Basels  Botschaft  geantwortet,  dass  es  sich 
entlicher  und  vollkomner  Antwort  versehen  hätte  und  es  bei  der 
Antwort  der  eidgenössischen  Boten  bewenden  lasse ,  wie  die 
solchen  Verzug  aii}fassei]L  würden.     S.  D.-S. 

Zürich  an  Luzem. 

April  II.  Solöthum  hat  ihnen  geschrieben,  wie  nach  dem 
Zürcher  Abschied  der  Stadt  Basel  Anwälte  »inen«  eröffnet  haben, 
wie  leid  ihren  Herren  des  Krieges  uffrür  wäre  und  dabei  etliche 
Mandate  vom  Kg.  und  vilerlei  geschriften  von  der  Königin  ge- 
zeigt etc.,  wie  sie  aber  in  guter  Hoffnung  wären,  dass  ihnen  der 
Kriegsdienst  wider  die  Eidgen.  erlassen  werde,  und  dabei  gebeten 
haben,  die  Eidgen.  wollten  diese  Antwort  vorab  für  benügig  ansehen. 
Da  nun  den  Eidgen.  viel  daran  gelegen  und  diese  Sache  nicht 
zu  verachten  ist,  so  beraumt  Z.  bei  sich  einen  Tag  auf  April  i8, 
mit  vollkommner  Gewalt  zu  erscheinen.     Luzern.  A. 

Statthalter,  Feldhauptmann  und  Räte  zu  Altkirch  ver- 
sammelt an  Basel. 

April  1 1 .  Aus  gutem  Vertrauen  als  Nachbarn  und  gute 
Freunde  haben  sie  den  armen  Leuten  im  Lande  gestattet,  Hab 
und  Gut,  Wein  und  Korn  und  Hafer  nach  Basel  zu  führen. 
Ausserdem  aber  fahren  jetzt  die  uwern  heraus  und  kaufen  solches 
im  Lande  auf.  Da  sie  nun  des  Königs  Zukunft  erwarten,  der 
dann  etlich  Volk  mit  sich  führen  wird,  könnte  Mangel  entstehen. 
Mögen  daher  darob  sein,  dass  keiner  mehr  herausführt,  solches 
aufzukaufen.  Solches  geschieht  aus  keiner  Widerwärtigkeit,  son- 
dern aus  Notdurft  des  Landes.     Basel.  A. 


Königin  Blanita  Maria  an  Basel. 

April    II,     Breisach.     Ist  von  namhaften  Personen  glaubhaft 

Ichtet,  dass  den  Eidgen.  etlich  Wagen  mit  Hellebarden,  Har- 

,  Spiesseisen  und  andern  KUgcRihrt  werden,  in  einem  Schein, 

i  sei  das  andres  Kaufmannsgut  und  gehöre  etlichen   zu  Basel. 

Ist  demnach  verordnet,    auf  solche  Wagen  acht  zu    geben    und 

renn    solche  Wagen    betreten  werden,    dieselben    in    etliche  kgl, 

Udte  zö    weisen,    damit    erkundet    werden    möge,    wem    solches 

rinstehe.  Basel.  A. 
Solothurn  an  Königsfelden. 
April  12.  Unter  Berufung  auf  die  Kosten,  die  ihr  Zusatz 
EQ  Erlispach  bisher  verursacht  hat,  bitten  sie,  da  dem  Kloster 
lort  die  besten  Nutzungen,  Zins  und  Zehnten  zustehen,  30  rüstige 
Knechte  mit  Harnisch  und  Wehren  in  das  Dorf  zu  legen;  sonst 
sie  ihre  Hut  aus  des  Klosters  Zins  und  Zehnten  be- 
.     S.  M. 

Bern  an  Hans  Rudolf  v.  Erlach  und  Hans  Rudolf 
V.  Scharnachlhal,  Hauptleute. 
April  13.  Vernehmen,  wie  der  Feind  zu  Überlingen  sich 
.  stärkt,  und  beabsichtigt,  wenn  sie  auf  den  Schwarzwald  und 
IQ  die  engen  rigk  kommen,  also  dass  die  Hintern  den  Vordem 
licht  mögen  bebolfen  sein,  sie  alsdann  mit  grosser  Macht  anzu- 
^tfen.  Mögen  sich  also  vor  solchen  engen  Strassen  und  rigken 
lüten  und  wenn  sie  in  solche  Gegenden  kommen,  die  Vorhut 
tärkeo,  und  den  Marsch  also  ordnen,  dass  die  Hintern  und 
fordern  einander  helfen  können, 

i  Am  gleichen  Tage  10  Uhr  in  der  Nacht  an  die  Hauptleute 
B  Feld:  Sollen  gemäss  dem  Ansuchen  Zürichs  ins  Swaderlocb 
Kken  und  sich  mit  den  andern  Eidgen,  vereinigen.  Mögen  auch 
nirken,  dass  der  Zusatz  zu  Kobclz  und  Zurzach  gestärkt  werde. 
K  Am  folgenden  Tage  fügt  Bern  noch  hinzu,  nicht  über  den 
ueiii  zn  ziehen,  sondern  ahxuwarten,  was  die  Tagsatznng  au 
ifirich  beschliesst.  Ihnen  ge&ele  es  wohl,  allenthalben  die  Zu- 
äue  tu  verstärken  und  so  die  Feinde  usszAharren  oder  Gotl- 
ieben  zu  belagern  und  vor  demselben  denen,  die  zu  Constanz 
nd  andern  Orten  sind  und  es  entsetzen  wollten,  zu  begegnen,  B.  M. 

Solothurn  an  Luzern. 
I  April  14.  Antworten  auf  L.  Begehren  um  einen  Zusatz  von 
pMann  gen  Kobolz,  dass  sie  bereit  wären  alles  Leib  und  Gut 
sie  tu  setzen,  aber  vor  Empfang  des  Begehrens  haben  sie 
1  ihrem  grossen  Rat  auf  die  Warnung,  so  ihnen  für  und  für 
K^et,  wie  sich  zu  Mümpelgart,  Attkirch  und  da  um  ein  trelT- 
r  Zug  zu  Ross  und  zu  Fuss  sammelt    und  von  Tag  zu  Tag 


muie  Witt« 

stärkt,  einhellig  beraten,,  in  dem- Nomen«  Goltoft'iiiMl«  dies  würdigen 
Himmelsfursten,  ihres  Herrschers  St.  Urs  und  seinepMitgesellen,  am 
i^.  April' sich  mit  ihrem  Öanar  za  erheben  und^  sibk  iüreni  Za- 
Sätzen  zu  THierstein,  DomacH,.  Sewen,  Arlispacli  tm  nähern. 
Hoffen,  wenn  dier  Peihd  ihren  Auszug.  Bemerkt»,  dass  er  dann 
seihe  Absichten  auf  ItbbolB*  aufgibtt  Sobald'  atier  der  Zusatz  n 
Sx>l>olz  deniaoch  bed]-ai%t  wird',,  wollen  sie  mitr  ihrer  ganxea 
iCrkcht  zuziehen.  iLuzem«  A.  fintsprechende  Öitte  um  gy^treaes 
Aufsehen  an  Bern  und'  f'reiburg.     Si  iSi, 

Bern  an  Solothum.' 

^rii!  ii^.  £täti  nichtt  Ai  weit  voiMritoktfa;  odd  diehtili  vorzu- 
nehmen, wodundi  &«  sich  in  Stures  setmti:  könnui^  sondMi*  attf 
die:  lumdgchafti  2a9Bhen)  aui  hatbcm-  utid  sie  vor  9l:h&cnil;Hei|i  Bftl- 
f&Ueni  zui  betvahreO)'  wofiSu  Bfem:  amr  H&lfe  bereit  ifct     B.  Bll 

Solothurn  an  Zürich. 

April  15.  Wollten»  bereits,  am  16.  mit  ihrem.  Banner  aas- 
rücken und  sich  ihren*  Zusätzen  zu  T-hierstein,  Domach,  Seewen 
und  Erlispach  nähern.  Dadurch  aber,  dass  Basel  von  allen  Ein- 
geKl^seitMi*  sldher  Herftrehaftbfl-  Eid*  vertktl^  und  dabi  erscheint, 
otP  jetmrtrd*  dberf' herabltomme  ütid'  ihnen  aUerffci  slttmute;  dte 
sie'dirtin  dlöselben  zn  Tode  sttchön  Wfltdfen;  wie  Zürich  darauf 
dWO»  näohstfen  TaFg*  vertiehöiai  vWrd;  ist  Sblothurtxff  Geilieitlde*  rt 
Stttdti  utJd'  Land  nft  clöfn  etiltiöht.  Habe«  daher  ihr  Ausrtcken 
bip  2XLtn  20.  Aprtl  verschoben j  in  Hbffhuiig,  vom  Tag  Herifchtfet 
Z41«  werden,  >tie' sie  sich  gegen- Basel' verhalten  sollen.     S.  M! 

Bern  ins  Feld, 

A^prll  15.  D6r' Vb^5chläg  ZuHcHs  ins  Hegau  zu  ziehen,  will 
ihnen  nur  dann  gefallen,  wenn  die  Eidgen.  zusammenzögen, 
wifewohl  es  ihnen  bessfer  erschiene  Göttliebeii  zu  belagern  und 
vor  dem  Platz  den  Feind-  zu  erwarten  Jedoch  was*  die  Eidgen. 
vornehmen,  das  sollen  die  Hauptleute  ausführen  und^  darin  kein 
Sondrung  thun;  wenn  aber  die  Eidgen.  sie  und  andre  teilen 
wollten,  darein  sollen- sie  nicht  willigen  und  diesseits  des'Rhräs 
verbleiben.  In  diesem  Sinn  ist  auch  Berns  Botschaft-  zu  Zürich 
beauftragte     B.  M. 

April  15.  Instruktion  Berns  für  die  Boten  auf  dem  Tag  zu 
Zürich:  anzoägung  zö  geben  gegen  Gottlieben;  wo  aber  die 
Eidgen.  einen  andern  einhelligen  Zug  vornähmen,  dabi  lassen 
es  min  hern  beliben,  dann  die  teillung    gevellt   minen    hern  nit 

Die  von  Basel  freundlich  zu  bitten  bei  den  Eidgen.  so 
bleiben  und  ihnen  freundlich  Wort  zu  geben  und  sie  damit  i« 
enthalten. 


Geschichte  des  äoliwabeiilaiegs. 

Q«z  ZiUBtto»  haJb  imi  Schwadsdack  undi  Ennattn^Bii:  wollen 
meine' Haimn  nicht  tbua  uaaihindrung^andtBirz&iätEan  ittiilii^w, 
aÜMt  vN>  aün  hami  teil  habm,  daiwdlau  Bicnncandara  besstziuig' 
l&a.     Betui  ßatsmaii. 

Dr.  ThüiiDg*.  Friclier  aiu  äolotbnni;. 
April  lÖ.  Hrugg,  Gestern  sind' zu  Baden  etliche  Schriften 
dör  Stadt  an  Kloster  Königsftiabn  durch  Berns  Hauptleule  und 
ihn-  geresen.  Dieselben  Ikufbn  den  Bßnden  zwischen  den  beiden 
StfidlWi  zuwider;  die  klär  und  lauter  ertragen,  dass  sie  und  die 
Ibren  Uei'ailen  gntcn  Gewohnheiten  Bleiben  und' aller  Neuerungen 
ventagen  sein  sollfen.  Da  nun  solches  nie  gehört,  obwohl  Lsndes- 
notebeirdick  in  Hand' und  ougen  gewesen,  bedünkt  die  Haupttfeute 
und' ihn;  solcH  Gesuch  seien  ungestaltsam  und  möchten  inbildung 
geÖCT).  dfesgIfeicHerr  auf  die  Herren  der  Stift  in  Solothum,  die 
auch  nicHr  wenig"  Zins  und  Zehnten  unter  seiner  Obrigkeit  haben, 
vorzunehmen,  was  jedoch  ungcmeiht,  da  es  dem  alten  Braucti 
und'  HferkoDimen  auf  Ibbüche  Bfinde  u.  Einungen  beider  StSdte 
jcgrfndbr  nichr  wenig  sondbm  fast  widerwärtig  ist.  Angesehen 
dfessen  und'  ^ur  Venneiilling  von  Kost  und  Arbeit  mögen  sie 
dte"  GoitesHaHs  bei  seinem  alten  Herkommen  belassen,  sonst 
würde  es  gar  bald'  zu  weiterm  ersftch  kommen,  was  ihm  doch 
tei*  wfSTB.     9.  D.s. 

Ritter  Dietrich  v.  Rudlisperg,  Hauptmann,  Rat  und 
Venner.  der  Sladt  Fieiburg  vor  Tüngen 
an  Freiburg. 
April  lä.  Sind  am.  lö.  April  Mittags  von  KaJeerstobl  vor 
, Tüngen  gezogen,  daS' der  Graftin  von  Suis  geweatmi«;  da  habon 
wir  mit  nnsern  lieben  Eidgenossen  von  Zürich,  Luzem  und 
iSchafThausen  unser  stark  Lxger  davor  geschlagen  und  von  Stund 
angelangen  die  Stadt  mit  Geschütz  zu  schüdigen,  darin  dann 
crtr  rjoo  Landsknechte  mit  viel  Geschütz  gelegen  sind  Und  herr 
Dietrich  v.  Rlnmeneck  ihr  oberster  Hauptmann,  die  nit  firt  haben, 
hinwiederum  widerstand  zu  leisten  und  aus  ihren  neugemachten 
Bollwerken  ohne  Unterlass  mit  grossem  und  kleinem  Geschütz  zu 
ecMessen.  Nun  sollten  die  von  Bern  nach  unserer  Hoffnung  auch 
XV  uns  gekommen  sein  und  die  Stadt  enendhalb  gen  Waldshui 
mit  den  Ihren  belagert  iiaben.  Wir  wurden  aber  von  ihnen 
berichtet,  dass  sie  nicht  das  ertragen  möchten;  deshalb  ward  von 
UQsem  Eidgenossen  angesehen,  dasselb  Ort  nach  Notdurft  lu 
voreebeti,  denn  uns  war  gesagt,  dass  ihnen  von  Waldshut  ent- 
KbüUang  sollte  kommen  oder  dass  sie  zu  der  Naeht  daselbst 
hiiiBiia  ziehen  wollten,  und  wurden  von  den  3  Städten  i^ou  Mann 

I verordnet,  die  durch  die  Nacht  ihr  gut  heimlich  Wache 
willen,  und  al&  die  uff  den  morgen  wieder  abgezogen 
iilder  Feind  das  gewahr  wurde,  veranchte  er  absunehen. 


I 


mi04  Witte. 

Die  Unsem  aber  verliefen  ihnen  den  Weg^  dass  niemahd  hinweg 
konnte  als  der  v.  Blumeneck   selbander,   der   über    das  Wasser 
reit;    doch  ward  seiner  Knechte    einer    erstochen    und    als  die 
Feinde   zu   der  Stadt    eilten,    wurden    ihrer,  an    30    ersehlagen. 
Desselben  Morgens  kamen  die  von  Bern,    die    das   gemeldt  ort 
versehen.     Der  Feind  begehrte  darauf  zu  tädingen,  das  wir  ihm 
gelost,    da   wir   ohne   merklichen  Schaden   die  Stadt  nicht  erü- 
brigen konnten,    und  ist  die  Teidung  also  beschlossen,  dass  sie 
wehrlos  mit  weissen  St^blein  sollten  abziehen  und  uns  die  Stadt 
in  unsern  Willen  übergeben.     Auch  haben  wir   uns    vorbehalten, 
20  der  Edehi,  und  andre  die  wir  inne  wurden,  zu  nehmen,  daza 
etlich  Juden  und  was  Knechte  von  den  Eidgen.  darin  im  Zusatz 
gelegen  sind,  dieselben  nach  unserm  Gefallea  zu  strafen.    Also 
sind  sie  zu   dieser  Stund   abgezogen.     Was    mit   dem  Städtchen 
gehandelt  wird  oder  wohin   sie   weiter   ziehen,   wissen    sie    noch 
nicht.     Beabsichtigen  aber  das  Schloss  Kussemberg    anzugreifen, 
das  auch  des  Grafen  von  Sulz   ist  und   nicht   fem   von  Tüngen 
liegt,    und  da  dannen  den  Schwarzwald  zu   der  Eidgen.  Händen 
zu  bringen,   auch  das  Hegau  und   andere  Städtlein  umzukehien. 
Ferner,  was  uns  am  grösten  ber&rt,  haben  uns  die  Eidgen.  heute 
im  gesessenen  Rat  angekehrt,  wie  es  käme,  dass  dec  Kg.  nach 
seiner  Zusage  sein  Geschütz  nicht  herfertige,  und  haben  uns  mit 
lutem  Worten  zu  verstehen  gegeben,  »wie  ir  lieben  hem  inen  die 
sach  gar  schon  z&  verstau  haben  geben  und  si' geneigt  gemacht 
des  künigs  pündn&ss  anzünemen;«  sollten  sie  dann  aber  verlassen 
werden,  mag  Freiburg  bedenken,  wohin  die  Sache  langen  werde. 
Also  haben  sie  uns  ernstlich  befohlen^  der  Stadt  das  zu  berichten, 
der  sie    vollen    Gewalt   geben,    dem  Kg.   von    gemeiner   Eidgen. 
wegen  zu  schreiben,  dass  er  unverzüglich  sein  Geschütz  heraas- 
fertige  den  nächsten  für  Basel.     Bern  A.  U.  P. 

Conrad  Bartter  an  Schaffhausen. 

[April  19.]  Blumenfeld  im  Feld.  Gestern  hat  sich  Blumen- 
feld, Städtlein  und  Schloss,  den  Eidgen.  ergeben  und  hat  man 
alle,  die  darin  gewesen,  abziehen  lassen  mit  ihrem  gürtelgewand 
Gestern  Nacht  ist  ein  Schreiben  von  Bern  gekommen,  dass  der 
Rom.  König  die  von  Solothurn  und  Bern  daniden  an  der  Birs 
überziehen  wolle.  Fürchtet,  dass  sie  die  von  Bern  nicht  da  behalten 
können;  sofern  wir  sie  aber  bei  uns  behalten,  verseh  ich  mich, 
dass  wir  mit  einem  starken  Zug  hinauf  an  sie  ziehen.  Schaff- 
hausen. A. 

Derselbe:  Heute  sind  sie  in  das  Städtlein  (Tüngen)  ge- 
kommen, haben  das  Gut  in  5  Teile  geteilt  und  jedem  Banner 
seinen  Teil  verabfolgen  lassen.  Inzwischen  ist  das  Heer  in  die 
Stadt  gefallen  und  hat  sie  trotz  aller  Bemühungen  der  Haupt- 
leute ausgeraubt.  Die  von  Bern  haben  etlich  Gefangne  ihnen 
zugesandt,    nämlich    einen    v.    Roggenbach,    Rudolf  v.  Griessen, 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  m  1 05 

Polei  V.  Rischach,  den  schriber  oder  vogt,  den  lantrichter,  den 
forstmaister  haist  Lerenti,  den  scherer,  Jacob  Eglin  und  2  reisige 
Knecht;  Hans  v.  Baldeck  haben  sie  erst  behalten,  aber  dann 
aoch  ausgeliefert  und  sind  die  alle  vor  ein  ganz  gemeinde  gestellt, 
ob  man  sie  wollte  richten,  da  ist  man  rats  geworden,  sie  gen 
Baden  zu  führen,  wo  sie  bleiben  und  erwarten  sollen,  was  gemein 
Eidgen.  mit  ihnen  vornehmen.  Die  Hauptleute  haben  erkannt, 
dass  die  von  Tüngen  die  Befestigungswerke  der  Stadt  schleifen 
and  das  Schloss  zerstören  sollen.  Doch  sind  si  vast  zerloffen 
und  ist  warlich  ein  kläglich  und  erbärmlich  ding.  Man  will, 
soweit  wie  möglich  eine  gemeine  Beute  machen;  das  wird  sie 
morgen  noch  aufhalten,  worauf  sie  am  21.  April  weiter  rücken 
werden.  Haben  auch  die  von  Küssenberg  aufgefordeit,  das 
Schloss  zu  übergeben,  welche  antworteten,  dazu  keine  Gewalt  zu 
haben.     Schaffhausen.  A. 


Liestal  an  Basel. 

April  19.  Werden  berichtet  durch  Junker  Isenlin,  dass  die 
von  Solothum  mit  2000  Mann  herabziehen  und  gestern  zu  Nacht 
zu  Balstall  sollten  liegen  und  heute  herab  gen  Liestall  rücken 
werden,  und  die  von  Bern  sollen  auch  mit  4000  dohinden  sein, 
und  sollen  die  Hauptleute  Junker  Franz  (v.  Leymen)  entboten 
haben,  dass  er  in  allen  Dörfern  backen  Hesse,  und  dürfe  niemand 
etwas  hinwegthun,  da  sie  niemand  etwas  nehmen  wollten  und 
was  sie  essen  und  trinken,  wollen  sie  zahlen.  Daneben  aber 
redet  der  gemeine  Mann,  si  wellend  nit  für  Liestall  (an  L. 
vorbei),  sie  hätten  es  dann  erobert,  und  wenn  sie  Liestal 
haben,  so  werden  die  andern  Ämter  ihnen  alle  Tage.  Wohl 
möchte  ihnen  gut  bedünken,  wenn  Basel  etwas  Knechte  von 
emptern  herlege.     Basel.  A. 


Statthalter,   Feldhauptmann    und    Räte    im    Lager    zu 
Altkirch  an  Basel. 

April  IQ.  Haben  ihr  Schreiben  am  gestrigen  Tag  betreffs 
der  Metzger,  sowie  betreffend  Diebold  v.  Pfirt  und  andre  des 
Königs  Verwandte  vernommen  und  erklären,  dass  sie  keinerlei 
Unziemlichkeit  gegen  Basel  gestatten  würden,  achten  auch  nicht, 
dass  solches  die  Absicht  der  Königlichen  gewesen,  u.  würden  sonst 
dagegen  einschreiten,  wenn  ihnen  die  Betreffenden  namhaft 
gemacht  werden.  Dass  aber  Diebolt  v.  Pfirt  die  Seinen  die 
Armbrüste  habe  aufziehen  lassen,  sei  sicherlich  aus  keinem  andern 
Grund  geschehen,  als  zum  Schutz,  weil  wiederholt  Unterthanen 
dieses  Landes  an  Basels  Grendeln  vergewaltigt,  totgeschlagen 
und  geschädigt  seien;  würde  dergleichen  Handel  abgestellt,  so 
bliebe  dies  auch  vermieden.     Basel.  A. 

Mitt.  d.  Bad.  Hist.  Kom.  Nr.  ai.  8 


io6m  Witte. 

Aprit  20.  Bern  verkündet  ins  Oberland»  dass  es  auf  dem 
Belpberg,  zu  Burgistein,  Aeschi,  Wimmis  und  Goldswyl  etliche 
Wortzeichen  aufgerichtet  hat.  Die  Gemeinden  im  Oberland 
sollen  darob  Achtung  haben  und  wenn  dort  Feuerzeichen  gegeben 
werden,  sofort  mit  der  auferlegten  Mannschaft  gen  Borgdorf 
rücken.     B.  M. 

Liestal  an  Basel. 

April  20.  Haben  gemäss  ihrem  Befehl  das  obere  Thor  zu- 
gethan.  Auf  das  Begehren  der  Hauptleute,  sie  schlechtlich  mit 
ihrem  Zeichen  durchziehen  zu  lassen,  haben  sie  ihnen  zum  besten 
als  sie  konnten  abgerett,  worauf  dieselben  tugentlich  und  freund- 
lich neben  für  gezogen  sind.  Ihre  Absicht  ist,  diese  Nacht  zu 
Bratteln  und  auch  zu  Muttenz  zu  lagern.  Haben  ihnen  auf 
Begehren  einen  Wagen  mit  Wein  herausgeschickt;  den  wollten 
sie  bezahlen  und  haben  gefragt,  ob  wir  ihnen  Speise  und  andres 
zuführen  wollten.  Bitten  um  Basels  Meinung.  Es  geht  die  Rede, 
dass  die  von  Bern  noch  mit  einer  grossen  Macht  dahinten  sind 
und  vielleicht  in  4  oder  5  Tagen  nachrücken.    Basel.  A. 

Hauptleute,    Venner    und    Räte    von    Solothurn    an 
Solothurn. 

April  22.  Sind  nach  ihrem  Ausmarsch  bis  gen  Balstali 
gerückt  und  haben  dort  auf  Bescheid  ihres  Ratsboten  von  Zürich 
gewartet,  ob  ihr  Auszug  den  Eidgen.  gefiele  oder  nicht.  Das 
ist  nicht  geschehen;  sind  aber  berichtet,  dass  ihnen  niemand 
nachwollte,  was  sie  sehr  befremdet.  Sind  darauf  kurz  Tagreisen 
gefahren  und  versahen  sich  weitern  Bescheides.  Da  aber  nichts 
gekommen,  sind  sie  Sonntag  früh  (April  21)  von  Bratteln  auf- 
gebrochen und  gen  Häsingen  gezogen,  wo  600  Knechte  liegen 
sollten,  die  am  Samstag  Nacht  (20.  April)  gegen  unsre  Wache 
viel  ungeschaffne  Worte  gebraucht  haben.  Auf  dem  Marsch 
haben  die  rutter  ser  umb  uns  geschwebt  und  aus  dem  Schloss 
fast  ser  geschossen  und  doch  hat  sie  Gott  behütet.  Denn  es 
ist  ein  gut  Haus  gewesen  mit  zweifachen  Wassergräben.  Also  haben 
wir  unsre  Büchsen  gelegt  und  hinzuwollen;  als  sie  aber  den 
Ernst  sahen,  ergaben  sie  sich  in  der  Gestalt,  dass  man  ihnen  an 
ihrem  Leib  nichts  thun  und  Dorf  und  Schloss  nicht  brenne. 
Also  sind  die  Leute  in  das  Schloss  gebrochen  und  haben  sich 
um  das  Gut  erstechen  wollen  und  sich  gegen  die  Hauptleute  un- 
gehorsam gezeigt,  die  ein  gemein  Beut  machen  wollten.  In- 
zwischen ist  ihnen  aus  Basel  Warnung  gekommen,  dass  16000 
Feinde  zu  Fuss  und  Ross  sie  überfallen  wollen,  und  ebenso  hat 
der  Ritter  (Hans  Bernhard  ze  Rin)  sie  gewarnt,  der  fürchtete, 
dass  er  alsdann  auch  nicht  davon  kommen  würde.  Darauf  haben 
sie  dann  Wein,  Büchsen,  Bett  und  andres  heimlich  hinwegführen 
wollen,  da  haben  die  unsern  entgegen  den  Zusagen  Schloss  und 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  miO? 

Dorf  angesteckt  und  beinahe  unsre  Wägen  und  Leute  verbrannt 
Jedoch  hat  sie  Gott  behütet  und  sie  sind  gegen  Tag  gen  Dor- 
neck  gekommen  und  haben  an  12  grosse  schöne  Büchsen  mit- 
gebracht und  wollen  dort  i  oder  2  Tage  liegen,  den  Feind  zu 
erwarten;  denn  deren  viel  sich  sammeln  von  Strassburg,  Mgr. 
von  Niederbaden  und  dem  ganzen  Elsass.  Sollen  daher  ein 
uifsechen  auf  sie  haben.  Die  von  Biel»  Nuwenstat  und  Landren 
haben  sich  erlich  und  wol  gehalten.     S,  D.-S. 

Friedrich  Hartmann   und  Tenge   Spengler    an  Basel. 

April  22,  Die  von  Solothurn  sind  heute  vorbeigezogen  und 
sie  erwarten  täglich  deren  von  Bern.  Die  von  Solothurn  haben 
sich  freundlich  gehalten,  was  ihnen  fast  lieb  ist,  denn  wenn  sie 
das  nicht  gethan  hätten,  so  hörten  wir  so  viel  Worte  von  den 
Leuten  aus  den  Ämtern  und  von  denen  in  der  Stadt  von  des 
Beschliessen  des  Thores  halb:  wenn  die  von  S.  das  sähen, 
so  würden  sie  ihnen  in  die  Ämter  ziehen  und  das  wollten 
sie  nicht  leiden.  Haben  daher,  um  mit  Hb  (Liebe)  zu 
leben,  es  wieder  öffnen  müssen,  doch  so  reden  sie:  wenn  die 
von  Bern  kämen,  so  möchten  wir  es  wieder  beschliessen.  »Liebe 
Herren,  ir  band  gut  Switzer  in  emptern  und  hie  in  der  statt  und 
wo  die  Switzer  wurden  sich  wider  uns  setzen,  so  haben  wir  sorg, 
es  hulf  gar  wenig,  daz  wir  hie  sind,  denn  si  bruchen  etlich 
allerlei  worten,  die  wir  zu  disen  ziten  lossen  r&wen«,  bis  sie  gen 
Basel  kommen.  Bitten  um  Instruktion,  wie  sie  sich  halten 
sollten,  wenn  die  von  Bern  auf  dem  Durchzug  bestehen,  denn 
wir  sorgen,  wir  müssen  sie  durchlassen  und  möchten  mit  denen 
Leuten  uns  des  nicht  erwehren.  Der  cost,  so  die  Stadt  sonst 
mit  ihnen  hat,  sorgen  wir,  sig  ganz  verloren,  denn  si  henken 
sich  fast  uff  ienen  siten,  denn  etlich  uss  der  stat  l&ffen  mit  inen, 
etlich  machen  wise  krücz  an  und  gan  under  si.  Das  vermögen 
sie  nicht  zu  wehren.  Darum,  gn.  H.,  halten  und  gebieten  dise 
ding  ze  helen,  denn  wo  si  me  oder  minder  von  uns  vernemmen, 
so  schlügen  si  uns  ze  tod.  Von  dem  Jungen  im  Storchen  kann 
die  Stadt  vernehmen,  wie  es  ihnen  gegangen  sollte  sein  am 
Samstag,  als  die  von  Solothurn  kamen. 

Nachschrift:  Am  Sonntag  begab  sich,  dass  das  Vieh  an 
das  verschlossene  Thor  kam.  £r  wollte  es  nicht  aufthun  und 
warf  ihnen  die  Schlüsseln  hin.  Die  nahmen  sie  und  redeten: 
Wäre  ihnen  eine  Kuh  verwüstet,  so  wollten  sie  uns  alle  erstochen 
haben  und  wären  die  unter  den  Thoren  die  ersten  gewesen. 
Basel.  A. 

Paul  V.  Lichtenstein,  Marschalk,  an  Kg.  Max. 

April  22,  Überlingen.  Erneute  Bitte  an  den  Kg.,  nachdem 
der  Feind  jetzt  das  Walgew  innehat  und  beabsichtigt,  das  Inn- 
thai  ZXL  überziehen  und  Gefahr  ist,  dass  der  gemein  Mann  ihnen 

8* 


mio8  Witte 

holdigt  und  schwört  und  der  Feind  dann  weiter  ins  Etschland  ein- 
bricht, um  das  zu  erobern  oder  zu  schleifen  und  za  verheeren: 
eilends  herbeizukommen  und  so  viel  Volk  als  der  Kg.  niden 
und  hie  herwertz  aufbringen  kann,  mitzubringen.  Falls  die 
Schweizer  in  das  Innthal  einbrechen,  glaubt  er,  dass  sie  mit 
solchem  Volk  leichtlich  hinderzogen  und  geschlagen  werden 
können.  An  1200  Knechte,  so  in  der  Schlacht  an  der  Letxe 
gewesen,  sind  herab  gen  Bregenz  gekommen;  ¥rare  not,  die- 
selben mit  liferung  und  anderm  zu  unterhalten;  bittet  darüber 
um  Instruktion.    Innsbruck.  A. 

Solothum  ins  Feld. 

April  23.  Haben  ihr  Schreiben  um  10  Uhr  Vormittag 
erhalten  und  haben  an  dem  Ungehorsam  gross  Miss&llen,  aber 
nicht  minder  Freud,  dass  sie  mit  Nutz  und  Ehren  wieder  auf 
Solothums  Erdreich  gekommen  sind.  Haben  auf  ihr  Schreiben 
sofort  Bendict  Fryen  gen  Bern  fertigen  wollen,  ihrem  Zusagen 
nach  zu  mahnen,  sie  mit  Aufsehen  und  Zuzug  zu  bedenken  und 
haben  desgl.  Freiburg  schriftlich  ersucht.  Indem  so  ist  der  Alt- 
vogt zu  Bechpurg,  Michel  Wyss,  gekommen  und  hat  mitgeteilt, 
dass  »uchc  der  Abschied  von  Zürich  von  unserm  Seckelmeister, 
der  da  gewesen,  mitgeteilt  und  dass  »ir«  darauf  rätlich  geworden 
seid  demselben  nachzugehen  und  auf  Solothurns  ertrich  zu  bleiben 
und  euern  Vorteil  nicht  zu  verachten.  Daran  haben  sie  höchstes 
Gefallen,  zumal  ihnen  dann  weitere  Hülfe  nicht  notdürftig  ist, 
und  haben  daher  solche  Botschaft  und  schriftlich  Mahnung  ver- 
halten bis  auf  weiteren  ihren  Bericht.  Mögen  daher  zusamnaen 
und  auf  ihrem  Vorteil  bleiben  und  keinerlei  geführliche  Unter- 
nehmen wagen  und  damit  gemeiner  Eidgenossen  Willen  beharren. 
Heute  ist  der  Stadtschreiber  (Hans  vom  Stall  ?)  gestorben.     S.  M. 

Solothurn  an  Freiburg. 

April  23.  Die  Ihren  (S.s)  haben  Schloss  und  Dorf  Häsingen 
verbrannt  und  wahre  Kundschaft  erhalten,  dass  unser  aller  Feind, 
an  16000  Mann  stark  aus  der  Markgrafschaft  von  Niedern- 
baden,  Strassburg  und  dem  ganzen  Elsass  sich  versammelte 
unfern  der  Ihren,  die  sich  auf  ihrem  Erdreich  hiedisshalb  der 
Birs  zu  Dornegg  enthalten.  Da  der  Feind  dieselben  zu  besuchen 
gedenkt,  bitten  sie  um  getreu  Aufsehen.     S.  M. 

Bern  an  Solothurn. 

April  23.  Also  vernehmen  sie,  dass  Solothum  anstatt  seine 
Zusätze  zu  verstärken  und  zu  denen  zu  ziehen,  sich  weiter  und 
vor  Basel  hinab  erhoben  hat.  Daraus  erwächst  allerlei  Sorge, 
zumal  ein  merklich  Volk  der  Feinde  wider  die  Eidgen.  im 
Swaderloch  und  Hegau  zieht.  Wiederholen  die  Mahnung,  nicht 
zu  weit  auf  die  Feinde  zu  ziehen. 


Gnebichte  d«s  Schwab  cnkriegS.' 


Ä:tt>9 


Gl«khEeittg  Bern  ins  Feld.  Freuen  sich  über  die  EinDahme 
von  Tiengen.  Da  sie  dabei  aber  vermerken  merUich  Ungehor- 
sam der  Ihren,  also  dass  sie  der  Hauptleute  Gebot  und  Verbot 
und  deshalb  Eid  und  Ehre  verachtet  haben,  haben  sie  deshalb 
lunder  schritten  aufrichten  lassen,  welche  die  Hauptleute  der 
Mannschaft  vorhalten  mögen.  Von  ihrer  Botschaft  zu  Zürich 
Idben  sie  vernommen,  dass  Bern  zur  Stärkung  des  Zusatzes  im 
Swaderloch  2oo  Mann  auferlegt  sind.  Wiewohl  ihnen  nun  solches 
genug  schwer  und  sie  bisher  der  Meinung  gewesen,  niemand  zu 
den  Zusätzen,  da  sie  nicht  teil  oder  gemein  haben,  zu  fertigen, 
dennoch  mi  Vermeidung  von  Unwillen  mögen  die  Hauptleute 
von  Stadt  und  Land  ins  Swaderloch  schicken;  jedoch  soll  dieser 
Zusatz  nicht  länger  als  einen  Monat  dort  verharren.  Wenn  die 
Eidgen.  wegen  der  Zahl  Beschwerde  erheben,  sollen  die  Haupt- 
lente  auf  Berns  sonstige  Zusätze  zu  Brugg,  Schenkenberg,  Gastet, 
Wildenstein,  Biberstein  und  in  der  Grafschaft  Baden 
Bern.  M. 


Hans  Vmer  v.  Gilgenberg,  Peter  OSeaburg  und  Michel 
Meiger  an  Basel. 
April  23.  Sind  am  Sonntag  (April  ai)  gen  Freiburg  ge- 
kommen und  abends  ist  der  König  auch  eingeritten ;  am  Montag 
mnb  die  achli  haben  sie  gnädig  Verhör  erlangt  vor  dem  Kg. 
nnd  den  Räten  und  unser  Entschuldigung  vergangner  Mandaten 
Jialb,  aocl»  beswerd  und  obligen  eröffnet,  auch  des  verhafflen 
Guts  halb.  Der  Kg,  hat  sich  zu  bedenken  genommen  bis  nach 
der  Mahlzeil,  und  also  abends  haben  sie  Antwort  erlangt,  des 
«raten,  dass  der  vergangnen  Zeit  halb  kein  Missfallen  oder  Un- 
gnade sein  werde  in  Erwartung,  Basel  werde  sich  zukünftig  darin 
icbicken  als  eine  Stadt  des  h.  Reichs  und  gehorsame  Unter- 
tbanen  und  sich  erheben  zu  Boss  und  Fuss  mit  Geschütz  und 
nnderen  so  in  ein  Feldlager  gehört;  denn  sollte  Basel  in  Ruhe 
ibleiben,  so  würden  andre  sokhes  auch  begehren.  Wiewohl  sie 
dagegen  allerlei  Antwort  gaben,  so  konnten  sie  doch  andres 
nicht  erlangen.  Falls  sie  weiter  verhandeln  sollen,  Bo  bitten  sie 
am  Unterweisung  gen  Neuenburg,  wo  sie  diese  Nacht  sein  wollen. 
pes  Gutes  halb  haben  sie  soviel  erlangt,  dass  solches  ohne  ent- 
gelten ledig  gezalt,  doch  daz  si  gesworn  haben  und  ir  marken 
od«r  vcrziechung  anzeigen  und  was  und  wie  fil  ein  jeder  hab. 
Basel.  A. 

Bi.  Albreclit  v.  Slrassburg  an  Base!. 
April  23.    Zabern.     Mahnt  die  Stadt  in  Kraft  der  Vcrcinung 
tJch  gerüstet  zu  halten,  ihm  auf  Erfordern    zur  Verteidigung  der 
bbermuntal  wider  die  Schweizer  zuzuziehen.    Basel,  A. 


i 


mxio  Witte. 

Dr.  Thüring  Frick  an  Basel. 

April  23.  Brugg.  Antwortet,  dass  Gott  Basels  friedb'che 
Begier  zu  stattlichem  erwürken  helfen  möchte,  und  nachdem 
seine  Herrn  heimgekehrt  sind,  sind  sie  nochmals  soviel  begütigt, 
dass  sie  und  andre  Eidgen.  auf  das  Frickthal  derzeit  nichts 
handeln,  es  werd  denn  abermals  auf  die  Ihren  unterstanden,  und 
wo  das  an  einem  Haus  geschieht,  so  wird  femer  nicht  still 
gestanden  bis  zu  ganzer  Verheerung  des  Thals,  und  daran  ist 
dann  kein  Abwenden.  Gott  möge  die  von  Waldshut  strafen,  die 
in  stündlichem  unerbem  beschrien  sind  (Blöken  wie  Kälber,  Rnh- 
gebrüll)  und  durch  die  alle  gute  Sachen  geärgert  werden.  Gott 
wolle  alle  unruhigen  Herzen  zu  christlichem  Frieden  entzündeo. 
Basel.  A. 

Landvogt  (v.  Mörsperg)  im  Elsass  an  Kg.  Max. 

April  23.  Mit  Bezug  nehme  auf  sein  gestriges  Schreiben 
um  1000  ü.  zur  Bezahlung  der  Knechte,  nachdem  er  nun  täglich 
und  stündlich  Belagerung  von  Waldshut  erwartet,  da  die  EidgeiL 
vor  Snellingen  liegen  und  das  schwer  bedrängen,  dringt  er  noch- 
mals auf  Bezahlung  der  Knechte,  um  sie  bei  gutem  Willen  zu 
halten;  denn  nach  dem  Handel  von  Tiengen  ist  ein  grosser 
Schreck  und  sorgfeltikeit  unter  viele  Leute  gekommen;  er  ver- 
sieht sich  aber  zu  den  Knechten  guten  Willens  und  kann  nicht 
anders  merken,  als  dass  sie  sich  ehrlich  und  wohl  halten  werden. 
Der  Kg.  möge  das  Geld  auftreiben,  wo  er  es  fände,  und  müsste 
er  1 00  000  fl.  dafür  geben,  in  Anbetracht  was  auf  dem  Spiele 
steht.     Innsbruck.  A.  ^  I.  A. 

Hauptleute,  Venner  und  Rät  vonSolothurn  an  Solothurn. 

April  24.  Sind  heute  um  10  Uhr  hinüber  gerückt  gen  Aesch 
und  Schloss  Pfeffingen,  um  nicht  weiter  auf  den  eignen  armen 
Leuten  zu  liegen,  die  verdorben  sind.  Die  Knecht  haben  mit 
denen  im  Schloss  scharmülzelt.  Dasselbe  ist  aber  stark  und  wohl 
versorgt;  ausserdem  ist  den  Leuten  geschrieben,  dass  man  sie 
in  2  Tagen  entsetzen  wollte»  So  ist  ihnen  auch  Warnung 
gekommen,  dass  man  sie  dort  schlagen  wollte;  müssen  wir  Gott 
walten  lassen.  Unser  Haufe  hat  sich  aber  fast  gemindert,  und 
ist  man  so  unwillig,  dass  sie  nicht  wenig  befremdet  sind;  auch 
die  Fremden  wollen  Kosten  halber  nicht  bleiben.  Bitten  um 
Instruktion.     S.  D.-S. 

Solothurn  an  Luzern. 

April  25.  Uff  hinecht  abends  haben  uns  die  Unsern,  die 
mit  unserm  Stadtbanner  gemäss  dem  Zürcher  Abschied  auf  unserm 
Erdreich  zu  Dornach  liegen,  kund  gethan,  wie  sie  wahre  Kund- 
schaft haben,  dass  vergangenen  Sonntag  der  Rom.  König  zu 
Freiburg  mit  2000  zu  Ross   und  5000  zu  Fuss   eingezogen   und 


Geschiebte  des  Schwabenkriegs.  m  1 1 1 

heute  gen  Ensisheim  gerückt  sei,  um  mit  dem  genannten  Zug 
und  mit  allem  dem,  das  im  Elsass,  Sundgau,  Breisgau  und  an 
der  ord  zu  kriegen  geschickt  sei,  die  Unsem,  wo  er  die  bezihen 
mag,  zu  Domach,  Sewen  oder  andern  Orten  zu  besuchen,  zu 
schädigen  und  daran  alles  Vermögen  zu  kehren.  Dieweil  nun 
ansre  Macht  nicht  gross  genug  ist,  solchen  Angriff  allein  zu 
bestehen,  bitten  sie  die  Stadt,  ihr  getreues  Aufsehen  auf  S.  zu 
haben.    Luzern.  A.    or.  Desgl.  an  Zürich,  Bern,  Freiburg.    S.  M. 

Hauptleute  etc.  Solothurns  an  Solothurn. 

April  26.  Antworten,  dass  sie  wegen  Mangels  an  Heu  und 
Stroh  das  Lager  von  Dornach  gen  Esch  verlegt  haben.  Zwar 
erhalten  sie  viele  Warnungen  von  Basel  und  andern;  wenn  sie 
aber  der  Warnung  nachfragen,  finden  sie  nichts  der  Sache. 
Werden  aber  ihren  Vorteil  in  keiner  Weise  übergäben;  kommt 
aber  etwas  an  sie,  so  wollen  sie  thun  als  Landesleute  und  ihre 
Altfordern.     S.  D.-S. 

• 

Bern  ins  Feld. 

April  26.  Freuen  sich  über  die  Einnehme  von  Schlössern 
und  Städten.  Hingegen  misfällt  Bern,  dass  zwischen  den  Haupt- 
leuten und  den  andern  Eidgen.  kein  freundlicher  Wille  besteht 
und  den  Eidgen.  der  Hauptleute  Ratschläge  nicht  gefallig  sind, 
sondern  sie  allzeit  widerwärtiger  Meinung  anhangen,  woraus 
Beschwerden  erwachsen,  deren  man  in  dieser  Zeit  nicht  bedarf, 
zumal  sie  von  Solothurn  vernehmen,  dass  der  Rom.  Kg.  mit 
grosser  Macht  von  Freiburg  gen  Ensisheim  gezogen.  Da  sie  nun 
am  Montag  (April  29)  mit  einem  Fähnlein  gen  Solothurn  zu 
ziehen  beabsichtigen,  um  des  Kgs.,  wohin  der  rücken  werde,  zu 
erwarten,  will  es  Bern  gefallen,  dass  die  Hauptleute  sich  nicht 
von  den  Eidgen.  sondern  und  dehein  sunder  leger  vor  Schlössern 
und  Städten  unternehmen,  aber  auch  nicht  zu  weit  mit  den 
Eidgen.  in  Feindes  Land  ziehen,  damit  sie  sich  gegen  einen 
Angriff  des  Königs  alle  zusammen  vereinigen  können.  Haben 
deshalb  auch  den  Hauptleuten  der  Eidgen.  geschrieben,  sich  zu 
nähern,  um  im  Notfall  zu  allersit  einander  Beistand  leisten  zu 
können;  denn  hinaus  gen  Überlingen  und  andre  ungelegne  Plätze 
zu  ziehen,  ist  Bern  nicht  zu  gefallen,  weil  dadurch  die  Streit- 
kräfte der  Eidgen.  im  Fall  eines  Angriffes  des  Königs  zu  sehr 
zersplittert  werden.  Mögen  sich  daher  von  den  Eidgen.  nicht 
sondern  und  gegenseitigen  freundlichen  Willen  fördern,  so  zweifelt 
die  Stadt  nicht,  wenn  die  Eidgen.  ihr  und  Solothurns  Schreiben 
und  Vermahnung  sehen,  dass  sie  sich  nähern  und  sich  Berns 
Rat  nicht  widerwärtig  erzeigen  werden. 

Gleichzeitig  an  die  Hauptleute  der  Eidgen.,  das  Vorhaben 
auf  Überlingen  aufzugeben  und  sich  zu  nähern,  um  einem  Angriff 
des  Königs  zu  begegnen.  —  Schreiben  in  demselben  Sinne  auch 


mxi2  Witte. 

ins  Oberland,  die  rigk  und  passen  dort  zu  versehen  und  dann 
auch  herbeizuziehen,  denn  wenn  es  gelange  den  König  als  das 
Haupt  des  Krieges  zu  besiegen,  so  würde  dadurch  endlicher 
Austrag  erlangt.   — 

An  Luzern  ins  Oberland  in  diesem  Sinne.  — 

An  Solothurn:  Ein  Teil  der  Ihren  (B.s)  wird  Montag  nachts 
(April  29)  in  Solothurn  ankommen;  die  andern  werden  sich  zu 
Burgdorf  und  Wangen  sammeln.  Teilen  die  übrigen  Schreiben 
ins  Feld  mit. 

Am  folgenden  Tag  (April  27)  änderte  Bern  diese  Dispo- 
sition in  der  Art,  dass  es  Solothurn  um  Nachricht  bat,  ob  es 
solches  Zuzuges  bedürfte. 

Ulrich  Küffer  an  Hauptleute  und  Venner  im  Feld,  jetit 
zu  Pfafüngen. 

April  26.    Nacht  spät  in  dem  besten  Schlaf  zwischen  9  und 
10  ist  reitende  Botschaft  von  Tribach  gekommen,  wie  sich  alles, 
was   14  Jahre  alt  und  darüber    sei,    augenblicklich   erheben  und 
dem  Banner  zuziehen  solle,  denn  sie  seien  von  Feinden  belagert 
Darüber  ist  er  sehr  erschrocken  und    hat   nur    wenig    die  Nacht 
geschlafen.    Hat  das  sofort  den  Leuten  allenthalben  in  der  Herr- 
schaft diesseits   und   jenseits    der  Aar   verkündet,   die   willig  zu- 
gezogen, aber  zu  Ölten  gewendet  sind.    Nun  haben  die  Eidgen. 
an  Solothums  Zuge  gross  Sorge  und  wenn  ihnen  etwas  zustiesse, 
würde  man  sagen,    S.  hätte    alles,   was    andre  Eidgen.    zu  Ehren 
gebracht,   »verschütt«   und    zu  Unehren    gebracht.     Mögen   daher 
die  Stadt  und  ihre  Personen  wohl  bedenken  und    sich   nicht  zu 
weit  hinaus  lassen,  wenn  ihnen  nicht  mehr  Hülfe  von  den  andern 
geschieht,  damit  ihnen  nichts  widerwärtiges  widerfahre.     Schreibt 
das  wegen  allerlei   Reden,    so    er    zu  Aarau    und    anderswo   von 
Edlen    und    Unedlen,    Geistlichen    und    Weltlichen    vernommen. 
S.  D.-S. 

Zürich  an  Luzern. 

April  26.  Gemäss  dem  letzten  Zürcher  Abschied  hat  heute 
in  unserm  Rat  der  Stadt  Basel  Botschaft  mündlich  Antwort  geben 
lassen  der  Meinung,  dass  sie  keineswegs  wider  die  Eidgenossen 
sein  noch  thun  wolle,  und  nachdem  nun  ein  Tag  angesetzt  ist 
nach.  Zürich  auf  3.  Mai,  hat  die  Botschaft  sich  bereit  erklärt. 
Auch  auf  diesem  Tag  zu  erscheinen  und  vor  uns  mündlich  Ant- 
Oft  IQ  geben.     Luzern.  A. 

Hauptleute  zu  Feldkirch  an  Kg.  Max. 

April  27,    Feldkirch.    Haben  jetzt  erfahren,  wie  der  grössere 

ler  Eidgenossen  wieder  über  den  Rhein  gezogen,  während 

I  Haufen  noch  vor  Gutemberg  liegen  und   es    beschiessen. 

ma  besorgen,   Ramswag    auf  dem  Schloss   habe  Mangel 


Geschichte  des  SohvJ 

in  lifrung.  pulver  und  pley,  schlagen  sie  in  Anbetracht  der  Wich- 
t^keit  des  Platzes  Entsatz  vor,  sodass  der  Kg.  etwas  wider  die 
£iclgen.  UDicmitnmt,  weshalb  diese  dann  ihre  Macht  konzentriien 
«nd  heroben  dieselbe  zertrennen  müssen.  Desgl.  möge  Herr 
h  V.  Habsperg,  Hauptmann  in  Vintschgau,  auch  etwas  unter- 
nehmen, etwa  ins  Pretigaw;  aber  es  müsste  in  grosster  Eile 
igeschehen,  wie  sie  das  auch  den  Regenten  zu  Innsbruck  und 
'Herm  Ulrich  geschrieben  haben. 

folgenden  Tage  schreiben  sie  an  Paul  v.  Lichtenstein 
und  ZiprJan  v.  Semtein:  Desselben  Inhalts.  Bitte  ihren  Vor- 
schlag beim  Kg.  zu  unterstützen.     1.  A. 

Solothurn  ^n  Zürich  und  Luzern 

April  27.  Mit  Bezugnahme  auf  ihre  Trühere  Mitteilung 
neiden  sie,  dass  ihnen  heute  früh  in  der  5ten  Stunde  kund 
jjcthan  ist,  dass  der  R.  Kg.  denselben  Zug  geteilt  hat  und  mit 
«inen  Teil  Volkes  in  eigner  Person  dem  Schwarzwald  gen 
VUlingen  zu  ziehe  und  der  übrige  Teil  wieder  hinter  sich  gen 
Beifort  und  Mümpelgart  rücke,  weshalb  sie  zur  Zeit  nicht  geun- 
ruhiget  werden.  Mögen  daher  nünmals  ruhig  sitzen  und  den 
Eidgen.  im  Feld  das  verkünden,  damit  dieselben  sich  durch 
Gotothums  frühere  Mahnung  in  ihrem  Fümehmen  nicht  behindern 
lassen.     S.  M. 

Entsprechendes  Schreiben  an  Bern. 

Lujscrn  an  Solothurn  April  27:  Trotzdem  sie  mit  ihrer  Macht 

Felde  stehen  u.  wenig  in  Stadt  und  Land  sind,  wollen  sie 
^ennoch,  falls  sie  dessen  btrichtet  werden,  Leib  und  Gut  zu 
i.  Sodann  vernehmen  sie,  dass  die  unsem  im  Heer 
TftSt  ungehorsam  sind  und  grosse  Uneinigkeit  im  Heere  ist,  auch 
irider  gemachte  Zusagen  die  Armenleute  verbrannt  werden, 
kreshalb  die  Not  erfordert,  sich  zusammenzufügen  und  zu  rat- 
ichlagcn,  um  solches  abzustellen.  Setzen  daher  auf  kommenden 
^^Jitlwoch  (Mai    1)  Tag  gen  Zürich  an.     S.  D.-S. 


Der  Landvogt  i 


Elsa 


I  Kg.   Mas. 


April   27.    Wiederholte  Bitte  um 
Ltiechte,  deren  Monat  jetzt  abgelaufen 
la  die  Schuld  an  die  Knechte  etwas 
Infolge  Verzögerung  der  Zahlung 
[c fallen,  und  mancher 
leab  sichtig! 


idschaft  Leute  for 
n  Snndguu  zu  brcni 
iab«n.  So  lörchlen  a 
lie  Eidgen,  schon  in 
Mann  über  dei 

ihr  Ländlein  ninfaUi 


n.  zur  Bezahlung  der 
nd  um  weitere  1000  fl., 
r  als  2000  fl.  beträgt. 
Unlust  in  die  Knechte 
bereits  deshalb  abgezogen  und  andere 
^hen  auch  alle  Tage  von    der  stell  und 


nachdem  die  Eidgen.  angefangen  haben 
:n  und  etliche  Schlüsser  bei  Basel  gewonnen 
ch  des  Mg.  von  Röteln  Leute,  nachdem 
vergangenen  Tagen  bei  Basel  mit  I  oder 
Kliein  setzen  wollten,  dass  dieselben  auch 
werden,  weshalb  sie  sich  heimbegeben. 


mii4  Witte. 

um  ihr  Ländlein  zu  beschirmen.  Das  sind  eben  die  iot,  do 
ich  am  aller  höchsten  trost  uff  gesetz  hab.  Die  übrigen 
von  Städten  und  Ländern  sind  fast  arbeiter  und  bulut, 
die  sich  der  fruchten  uß  dem  ertterich  mit  ihren  kin- 
dern  erziehen  und  erneren  müssen,  von  denen  ein  enist- 
hafter  Widerstand  gegen  den  Feind  nicht  zu  erwarten  ist.  — 
Er  hat  auch  Kussenberg,  das  ein  gut  Schloss  ist,  mit  des  Kgs. 
Landleuten  besetzt ;  die  haben  es  ohne  Schiessen  und  ohne  Not 
frei  übergeben.  Hätte  er  nur  50  bestallte  freie  Knechte  statt 
des  Landvolks  dort  gehabt!  Hofft,  dass  der  Kg.  sie  nicht  ver- 
lassen und  sie  mit  trostlicherer  Besatzung  als  sie  jetzt  haben 
versehen  wird;  denn  sie  sind  nicht  mehr  als  8  vom  Adel  nnd 
darunter  etliche,  die  bei  solchem  ernstlichen  Handel  nie  gewesen 
sind.  Darum  möge  der  Kg.  Waldshut  und  die  andern  3  Städte 
am  Rhein  mit  tapferer  Besatzung  bedenken  und  die  eilends  her- 
schicken. Wenn  Waldshut  gut  versehen  wird,  braucht  man 
keinerlei  Sorge  dafür  zu  haben.     L  A. 

Luzern  an  Basel. 

April  28.  Erhalten  Briefe,  dass  der  Herr  v.  Rappclstein 
ihren  Bürger  Peter  Russ  um  400  fl.  geschützt  nebst  der  Atzung 
und  da  sie  solches  Geld  nicht  sicher  hinauszuschicken  wissen, 
bitten  sie,  solches  Geld  und  den  Betrag  der  Atzung  darzuleihen 
und  zu  erdenken,  dass  der  Russ  gen  Luzern  komme,  so  wollen  sie 
solches  Geld  angentz  hinabschicken  oder  aber  Basels  Botschaft 
jetzt  auf  dem  Tag  zu  Zürich  überantworten. 

April  24.  hatten  die  von  Luzern  gebeten,  bei  dem  Herrn 
V.  Rappoltstein  zu  erfragen,  ob  derselbe  einen  ihrer  Bürger,  der 
um  Weihnachten  seinen  Sohn  auf  die  hohe  Schule  nach  Paris 
gebracht  hat,  beim  Heimreiten  gefangen  hat.     Basel.  A. 

Kg.  Max  an  Colmar. 

April  28.  Überlingen.  Die  Eidgen.  versammeln  sich  und 
wollen  eines  Streites  erwarten,  und  der  Kg.  ist  bereit,  solchen 
Streit  mit  ihnen  zu  thun,  soverr  wir  anders  sollichs  im  rat  er- 
finden. Demnach  begehrt  er  an  die  Stadt,  dass  sie  mit  aller 
Macht,  auf  das  stärkste  und  meiste  sie  mögee,  zu  Ross  und 
Fuss,  auch  mit  Wägen,  Geschütz  und  anderm  als  in  veldt  gehört, 
ihm  eilends  zuziehe.  Hat  auch  heute  das  Reichsbanner  nach 
dem  Amt  der  h.   Messe  aufgeworfen.     Colmar.  A. 

Bern  an  Solothurn. 

April  29.  Senden  angends  400  Mann  her,  und  da  auch 
Freiburg  und  andere  Solothurn  zuziehen,  zweifeln  sie  nicht,  dass 
S.  mit  solcher  Mannschaft  seine  Schlösser  und  Landschaft  gar 
leicht  vor  feindlichen  Einfällen  schirmen  kann.     Berns  Botschaft 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  m  1 1 5 

gen  Zürich  hat  Befehl,  mit  den  Eidgenossen  Anschlag  zu  bereden, 
was  femer  wider  die  Ansammlungen  der  Feinde  vorzunehmen  sei. 
Nachschrift:  Berns  Leute  werden  erst  morgen  Nacht  zu  Solo- 
thum  herbergen.     B.  M, 

Solothurn  an  Bern. 

April  30.  In  dieser  Stunde  haben  die  Ihren  (S.s)  mit  ihrem 
Banner  im  Feld  zu  Dornach  verkündet,  wie  der  Feind  15000 
Mann  stark  sich  gen  Rinach  und  um  das  Schloss  Dorneck  gelagert 
hat,  und  sie  um  schleunigen  Entsatz  gebeten.  Da  sie  nun  solche 
Sammlung  der  Feinde  ihnen  vormals  mit  freundlicher  Vermahnung 
um  Zuzug  nach  Laut  der  Bünde  bei  guter  Zeit  verkündet  haben, 
befremdet  sie  Berns  Zurückhaltung  und  sie  hätten  sich  dessen 
nicht  versehen.  Haben  solche  Not  der  Ihren  nicht  länger  ver- 
halten wollen,  in  Hoffnung,  dass  Bern  sich  gemäss  den  Bünden 
mit  Zuzug  erweisen  wird. 

Mai  I.  Dankt  S.  Bern  für  den  Zuzug  und  dieweil  nun  die 
Ihren  dem  Feind  die  Brücke  zu  Domegg  wieder  abgejagt  haben 
und  sie  zusammen  stark  genug  sind,  es  mit  dem  Feind  aufzu- 
nehmen, bitten  sie  die  Stadt,  ihren  Zuzug  mit  Geschütz  zu 
versehen.     S.  M. 


Statthalter  und  Räte  von  Freiburg  an  Kg.  Max. 

Mai  1.  Das  Mg.  Cristoff  v.  Baden  Anwälte  haben  sich  bei 
ihnen  beschwert  über  die  beschwärung  und  costung,  so  die  Ihren 
an  der  letzin  zu  Lenzkirch  nun  lange  Zeit  gehabt  haben,  und 
dieweil  die  andern  abzögen,  wäre  ihr  Herr  in  Meinung  gewesen, 
auch  die  Seinen  heimzuführen,  zumal  derselbe  persönlich  in 
merklicher  Anzahl  zu  Ross  und  zu  Fuss  dem  Kg.  zuziehe.  Die 
Räte  aber  meinen,  dass  der  gemeine  Mann  im  Schwarzwald,  dem 
zu  Trost  die  Mannschaft  daselbst  hingelegt  ist,  im  Fall  ihres  Ab- 
zuges erschrecken  möchte,  und  haben  soviel  Fleiss  gebraucht  bei 
den  Anwälten,  dass  der  Mgr.  eingewilligt  hat,  die  Leute  bis  Sams- 
tag dort  zu  lassen.  Daneben  hat  er  sich  erboten,  im  Notfall 
wie  jetzt  mit  seinen  armen  Leuten  aufzusein  und  zuzuziehen, 
dessen  sich  die  Stadt  auch  erboten  und  eingewilligt  haben,  die 
Ihren  daselbst  bis  Sonntag  zu  belassen.  —  In  Anbetracht  der 
Wichtigkeit  der  letze  bitten  sie  den  Kg.,  dieselben  Leute  und 
sonst  all  ander  vom  adel  und  stctten  mit  zimblicher  liferung  zu 
versehen,  das  si  ir  leib  und  gfttter  nit  sparten;  ohne  liferung 
kann  man  die  Leute  nicht  enthalten,  und  daher  möge  der  Kg.  ihnen 
und  in  das  Sundgau,  sowie  nach  Altkirch  und  Waldshut  Geld 
schicken,  damit  sie  an  den  Enden  liferung  verordnen  können. 
Ausserdem  bedürfen  sie  Geld  zur  Bestallung  der  Knecht  bis  Freitag 
oder  Samstag  (Mai  3./4.)»  ^^  ^Je  Hauptleutc  herkommen  werden; 
wenn  der  König  bis  dahin  nicht  Geld  schickt  und  die  Stätte  der 


mii6  Witte. 

Musterung    nicht    angibt,    müssen    sie    dieselben    wieder   gehen 
lassen.     I.  A. 

Paul  V.  Lichtenstein  an  Statthalter  und  Regenten  zu 
Innsbruck. 

Mai  I.  Überlingen.  Antwortet  ihnen,  dieweil  looo  Knechte 
bestellt  und  hinin  verordent  werden,  so  mögen  sie  dann  auf 
den  anzug,  so  dann  bald  beschehen  soll,  lOOO  fl.  heraws  ihm  zu 
verordnen,     I.  A. 

Hans  Jacob   v.  Bodman   der   iunger,   Feldhauptmann 
zu  Feldkirch  an  Statthalter  und  Regenten  zu  Innsbruck. 

Mai  I.  Feldkirch.  Meldet,  dass  Schloss  Guttenberg  heute 
mit  lifrung,  püchsen,  Pulver  und  Blei  gespeist  ist  und  die  Feinde 
das  Lager  vor  Guttenberg  geräumt  haben;  und  da  morgen  Herr 
Burckhart  v.  Knöringen  und  andere  Edelleute  von  Feldkirch  zum 
Kg.  hinwegreiten,  bittet  er  um  Verstärkung  der  Besatzung.    1.  A. 

Kg.  Max  an  Statthalter  und  Regenten  zu  Innsbruck. 

Mai  I.  Überlingen.  Sollen  allen  saliter  (Salpeter)  so  viel 
sie  zu  Innsbruck  und  Tyrol  überkomen  mögen,  auch  soviel 
Schwefel  und  Kohlen  dazu,  doch  jedes  besonders,  dermaßen 
zurichten,  dass  sie  ihm  solches  auf  Erfordern  zuschicken 
können.     I.  A. 

Zürich  an  Luzern. 

Mai  I.  Vernehmen  zu  ihrem  Kummer,  dass  die  Eidgen.  von 
Bern  sich  merken  lassen,  dieweil  der  röm.  Kg.  mit  einer  Macht 
hinüber  in  das  Sundgau  gezogen  und  sein  Fürnehmen  sein  soll, 
Solothurn  zu  suchen,  hinter  sich  zu  ziehen,  weshalb  zu  ersorgen  ist, 
dass  der  glückliche  sieghafte  Anschlag  verhindert  und  gebrochen 
wird,  zumal  da  die  Eidgen.  von  Freiburg  auch  wohl  mit  Bern 
ziehen  werden,  sodass  die  Macht  der  Eidgen.  dann  zu  klein  sein 
wird,  den  Anschlag  auszuführen.  Mögen  daher  ihre  Botschaft 
auf  den  Tag  zu  Zürich  mit  dest  dapferer  Befehl  abfertigen  und 
daran  sein,  dieweil  das  ober  läger  geschlissen  ist,  dass  dieselben 
so  im  obem  läger  abgezogen  sind ,  da  hinus  ziehen.  Solches 
wird  die  Eidgen.  stark  und  unsre  Feinde  ganz  krank  machen. 
Luzern.   A. 

Bern  ins  Feld. 

Mai  I.  Hatten  ihren  Anschlag  insofern  geändert,  als  sie 
Solothurn  nur  300  Mann  unter  Brandolf  v.  Stein  und  Lienhart 
Wysshan  zugeschickt  haben,  indem  sie  vernahmen,  dass  S.  von 
den  Eidgen.  des  Zuzuges  entbunden  worden  sei.  Erhalten  nun 
aber  von    S.  Schriften,    wonach    es    Berns  Hülfe  ganz    notdürftig 


Geschiebte  des  Scbwabenkriegs.  .  m  1 1 7 

ZU  sein  scheint.  Haben  daher  dem  ersten  Anschlag  nach  die 
Ihren  unter  Adrian  v.  Bubenberg  und  Ludwig  v.  Diesbach  den 
nechsten  gen  Domeck  zu  bei  Tag  und  Nacht  verrücken  lassen, 
um  Solothurn  zu  entschiessen.  Wiewohl  sie  sich  nun  versehen, 
dass  der  Ihren  an  2500  dort  zusammenkommen,  dennoch,  da 
sie  wahrlich  vernehmen,  dass  der  Feind  an  15000  Mann  stark 
sei,  will  ihnen  bedünken,  dass  es  Not  sei,  die  Ihren  zu  versehen 
und  darauf  ein  getreu  Aufsehen  zu  haben.  Begehren  demnach, 
dass  sie  sich  mit  andern  Eidgen.  nahem  und  sich  an  die  Orte 
fügen,  wo  der  Feind  und  wie  sie  vernehmen  der  König  per- 
sonlich liegt.     B.  M. 

Luzern  an  seine  Hauptleute  vor  Blumen feld. 

Mai  I.  Erlernen  aus  ihrem  Schreiben,  dass  die  Eidgen. 
von  Bern  und  Freiburg  vielleicht  auf  Erfordern  Solothurns  das 
Feld  brechen  und  abziehen  wollen,  weshalb  die  Hauptleute  nun 
anfragen,  ob  sie  mit  denen  von  Zürich  und  Zug,  wiewohl  ihr 
Haufe  dann  klein  ist,  vor  Überlingen  hinausrücken  sollen.  Solche 
Zerteilung  der  Eidgen.  will  der  Stadt  nicht  gut  bedünken,  und 
so  hat  L.  auf  ihr  Ansinnen  den  drei  Waldstetten,  die  mit  ir 
zeichnen  anheimsch  sind,  auf  heute  Tag  gen  Beggenried  gesetzt, 
uns  mit  denen  zu  vereinigen,  dass  wir  zu  einander  ziehen.  Die- 
weil  sich  nun  der  Feind  namentlich  durch  den  Anzug  des 
Königs,  der  durch  den  Schwarzwald  bei  Villingen  heraufzieht, 
merklich  stärkt,  würde  der  Abzug  der  Eidgen.  grossen  Nachteil 
herbeiführen.  Sollen  daher  nach  dem  Abzug  derer  von  Bern 
und  Freiburg  keineswegs  in  die  witi  der  landen  gen  Überlingen 
ziehen,  auch  das  Feld  nicht  brechen,  sondern  in  das  Swaderloch 
ziehen  und  suchen  Schloss  Gottlieben  zu  erobiern.  Richard 
Hasfurt  ist  gekommen  und  hat  uns  die  Pension  überantwortet 
und  uns  auf  unser  Ansinnen  zu  erkennen  gegeben,  dass  er  von 
des  Königs  Büchsen  noch  Hülfe  nichts  gehört  ob  die  kommen; 
es  sei  zu  besorgen,  dass  uns  vil  fürgeben  und  wenig  gehalten 
werd.     Luzern.  A. 

Bern  an  Solothurn. 

Mai  2.  Antwortet  auf  die  Bitte  um  Geschütz,  dass  es  rat- 
sam sei,  vor  der  Beschlussfassung  der  Eidgen.  nichts  zu  unter- 
nehmen, weder  mit  Belagerung  von  Pfäffingen  noch  mit  Angriff 
auf  das  Lager  zu  Blotzen.  —  Entsprechender  Befehl  an  Berns 
Hauptleute,  einstweilen  ganz  nichts  zu  unternehmen,  sondern 
lediglich  Solothurns  Gebiet  zu  beschützen. 

Hauptleute,     Venner    und    Räte     von    Solothurn    an 
SolotÄurn. 

Mai  2.  Der  Feind  hat  sich  in  der  Stärke  von  20000  zu 
Ross    und    zu    Fuss    eine    Viertelmeile    von    ihnen    gelagert    und 


inii8  /  Witte. 

scheint  ihnen  gut,  dass  sie  Tag  und  Nacht  solches  den  andern 
Eidgen.  kund  thun.  Denn  wenn  wir  mit  Gottes  Hülfe  den  Feind 
überwändeni  wäre  alß  land  gewannen,  denn  des  Königs  und  des 
Mgr.  von  Niederbaden  Zug,  der  welsche  Zug  und  aller  Adel 
in  Städten  und  Herrschaften  mit  Geschütz  und  was  sie  vermögen, 
ist  versammelt.  Darum  mögen  sie  Tag  und  Nacht  eilen,  denn 
der  Feind  stärkt  sich  täglich,  wiewohl  sie  in  Sorgen  sind,  dass 
der  Feind  nicht  stand  halten  wird.     S.  D.-S. 

Liestal  an  Basel. 

Mai  2.  Werden  durch  Junker  Franz  v.  Leymen  berichtet, 
wie  dass  die  Obern  allenthalben  herabziehen  und  sei  kurz  ihre 
Meinung  durch  Liestall  zu  ziehen  mit  Güte  oder  Gewalt.  Derselbe 
hat  auch  durch  glaubhafte  Knecht,  so  jetzt  eilends  voti  St.  Gallen 
gekommen  sind,  vernommen,  dass  des  gemeinen  Mannes  Rede 
sei,  dass  das  obere  Heer  herab  über  den  Schwarzwald  harin 
ziehe  und  vor  Basel  ziehen  wolle.     Basel.  A. 

Hofmarschall,  Hauptleute  und  Räte  jetzt  im  Feldlager 
zu  Derwil  an  Basel. 

Mai  2.  Therwil.  Auf  ihr  Schreiben,  dass  sie  mit  ihrer 
fürung  in  Sorgen  stehen  müssen,  und  ihr  Begehren,  solches  ab- 
zuwenden und  ihnen  auch  ferner  feilen  Kauf  zu  bewilligen  im 
Land,  da  solches  allein  hinter  Basels  Bürger  abgeladen  werden 
solle,  und  nachdem  den  Ihren  heute  etliche  Schafe  genommen 
seien,  solche  That  abzustellen,  erwidern  sie,  dass  ein  solches 
Verbot  des  feilen  Kaufes  an  die  Landleute  allerdings  ergangen, 
weil  sie  gut  Wissen  gehabt  haben,  dass  ihre  Feinde  dadurch 
gespeist  worden  seien;  falls  aber  Wein  und  Korn  allein  durch 
Basels  Bürger  verbraucht  wird,  soll  solches  nicht  gesperrt  werden; 
von  den  genommenen  Schafen  haben  sie  kein  Erfahren  erlangen 
können;  falls  sich  dergleichen  Händel  widerholen,  mag  Basel  die 
Seinen  eilends  nachschicken,  so  wollen  sie  sich  gebührend  halten. 
Basel.  A.  Der  Argwohn  der  Hauptleute  war  gerechtfertigt.  Die 
Eidgen.  erhielten  von  Basel  aus  Zufuhr. 

Solothurn  an  Luzern. 

Mai  3.  Vernehmen  aus  den  Schriften  der  Unsern  im  Feld 
vor  Dornach,  dass  sich  des  Königs,  des  Mgr.  v.  Nieder-Baden 
und  ein  welscher  Zug,  desgl.  aller  Adel  im  Elsass,  Sundgau  und 
alle  Städte  darumb  mit  Büchsen  und  anderm  nach  ihrem  höchsten 
Vermögen  an  20000  stark  versammelt  haben  und  nur  eine  Viertel- 
meile von  den  Unsern  entfernt  liegen  und  luter  mit  überflüssig  vil 
uncristenlichen  worten  der  Eidgenossenschaft  zu  Schmach  plären 
(blären)  und  reden,  sie  wollen  sich  da  lassen  finden  und  unsern 
Zug  besehen.     Deshalb    die  Unsern    die  Eidgen.    um    trostlichen 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  m  1 1 0 

izug  bitten,  in  Hoffnung,  wenn  der  Feind  dann  angegriffen 
rd,  dass  dadurch  entlichs  geschaft  werde.  Bitten,  sich  daher 
t  ihrem  Geschütz  so  stark  wie  möglich  den  Unsern  zu  nähern 
d  zuzuziehen  und  eventuell  das  auch  den  Eidgen.  zu  ver- 
nden.     Luzem.  A. 

Luzerns  Hauptleute  zu  Baden  an  Luzem. 

Mai  3.  Nachdem  die  von  Bern  und  Freiburg  von  ihnen 
zogen,  haben  die  übrigen,  nämlich  die  von  Zürich,  Zug  und 
r  in  Ansehung,  dass  die  Unsern  mit  dem  röbgut  und  auch 
QSt  fast  verruckt  waren  und  wenig  mehr  bei  dem  Banner 
wesen,  sich  in  2  Teile  haben  teilen  müssen,  woraus  uns  Nachteil 
tte  erstehen  können;  daraufhaben  sie  das  Feld  gerumpt  und  sind 
}  gen  Baden  mit  3  oder  400  Mann  gekommen,  um  dort 
izems  Antwort  zu  erwarten,  die  sie  dann  um  1 2  Uhr  Nachmittag 
[iahen.  Da  sie  nun  von  Bern  und  Freiburg  ernstlich  um  Hülfe 
sucht  waren,  haben  sie  die  porten  und  Thore  zu  Baden 
schliessen  lassen,  damit  die  Unsern  so  noch  bei  uns  waren,  an 
oder  400,  uff  Awer  paner  acht  hätten,  aber  dieselben  haben 
:h  andern  Ausweg  gesucht.  Haben  gross  Misfallen  daran 
habt,  dass  die  uwern  sich  also  von  ihren  Obersten  ziehen 
d  darauf  von  jedem  Amt,  so  noch  bei  uns  gewesen,  Leute  in 
3  Ämter  geschickt,  dass  sie  bei  Eid  auf  Montag  zu  Nacht 
'ai  5./6 )  zu  Ölten  bei  unserm  Banner  seien,  und  wollen  dann 
nen  von  Solothum  zuziehen.    Luzern.  A. 

Hauptleute,   Venner    und   Räte    von  Solothurn   an  S. 

Mai  3.  Haben  Zürich  auf  Anfrage  geantwortet,  es  sei  ihnen 
:ht  im  Wissen,  ob  die  v.  Bern  und  Freiburg  (von  »oben« 
rab)  gen  Domach  zuzogen,  wenngleich  ihnen  solches  bekannt 
,  und  haben  gebeten,  ohne  Verzug  zuzuziehen.  Ein  Gefangner 
t  ausgesagt,  der  Feind  wolle  Dornach  und  danach  Solothurn 
lagern,  da  Gott  vor  sei,  und  der  Kg.  und  die  andern  Herren 
gehrten  den  Krieg  nicht  zu  richten,  sondern  wollten  uns  alle 
rtreiben.     S.  D.-S. 

Ulrich  Küffer  an  Solothum. 

Mai  3.  Ob  dem  Nachtmahl  ist  ein  reitender  Bote  von 
ten  hergekommen  und  hat  gesagt,  wie  ich  aus  Befehl  des 
bultheissen  alles,  das  Stab  und  Stangen  tragen  möchte,  ohne 
ttel  sollte  zufertigen,  denn  die  ftwern  hielten  in  der  Ordnung 
gen  den  Feind  und  tfig  zemäl  mer  dann  not.  Zum  Wortzeichen 
tte  der  Bote  2  Rosse  tot  geritten.  Hat  darauf  sofort  die  Leute 
^sseits  der  Aar  aufgeboten  und  gutwillig  befunden,  dass  nie- 
rnd,  der  sich  ützit  vermügen  hat,  anheimsch  geblieben  ist;  von 
len  ist  noch  niemand  wieder  heimgekommen.  Und  es  ist 
bei  eine  grosse  Sorge,    dass  die  Knecht,  so  an  etlichen  sorg- 


mi20  Witte. 

liehen  Enden  wie  Erlispach  und  Lostorf  liegen,  denen  er  deshalb 
nichts  verkündet  hat,  auch  fortziehen,  wenn  sie  davon  hören. 
Deshalb  sind  die  alten  stök,  so  noch  anheimsch  sind,  zumal 
unruhig  und  bekümmert,  ob  sich  etwas  in  der  Herrschaft  Ölten 
oder  unden  begäbe,  wüssten  sie  keinen  Widerstand  zu  than. 
Da  ihnen  (S.)  nun  von  Städten  und  Ländern  trostlicher  Zuzug 
Tag  und  Nacht  geschieht,  mögen  sie  mit  den  Hauptleuten  ver- 
schaffen, einige  Knechte  heimzufertigen,  denn  der  Feind  hält 
noch  auf  Hut  zu  Obererlispach  und  hat  gestern  4  der  besten 
Rosse  genommen.  Vernimmt  diese  Stunde,  wie  die  von  Bern 
diese  Nacht  zu  Baden  liegen  werden  und  die  von  Freibarg  die 
vergangne  Nacht  dort  gelegen  sind  und  beabsichtigen  durch  das 
Frickthal  niderzuziehen;  ob  sie  aber  den  uwem  zuziehen  oder 
sich  vor  die  Städte  am  Rhein  legen  wollen,  weiss  er  nicht.  S.  D.-S. 

Vogt  zu  Honburg  an  Basel. 

Mai  3.     Die  Eidgen.   rüsten  sich  mit  allem  ihrem  Geschütz 
zu  und  sind  im  Willen,    alle  Tage  auszuziehen  und   haben  eine 
Gemeinde    gehabt    und    beschlossen,    was    sie   mit    dem  Schwert 
gewonnen  haben ,    dasselbe    zu    behalten   und    um   kein  Geld  zu 
lösen  zu  geben.     Auf  dem  Tag  zu  Zürich  ist   auch  geratschlagt, 
vor  welche  Stadt  sie  zuerst  ziehen  wollen,  und  haben  von  2  Städten 
geredet,  zuerst  von  Laufenburg,  liege  ihrem  Lande  allernächsten, 
und  danach  von   Reinfelden,    sei  besser  zuerst  der   Speise  halb. 
Der  Kg.  v.  Frkr.  wolle  ihnen  30000  Kronen  schicken    und  600 
reisige  Pferde;    davon  wollen  sie  400   gen  Pratteln    und  Muttenz 
legen  und  500  Fussknechte  und  damit  die  Strasse  verhüten,  und 
was  ihnen  in  ihrem  Lande  von  Speise  brist,  wollen  sie  zu  Base! 
kaufen.  Reinfelden  haben  sie  durch  einen  Büchsenmeister,  namens 
Schwarzhans  mit    etlichen  Knechten    besehen    lassen,    wo   es   zu 
beschiessen  sei.    Basels  ist  auch  auf  dem  Tag  gedacht,  wie  inen 
die  sach  zum  anfang  uibel  gefiel,  aber  sie  sähen,  dass  die  Stadt 
sich  ehrlich  halte,  und  sie  vernehmen,  dass  die  Herrschaft  allerlei 
mit  ihnen  wolle  vornehmen;  ehe  sie  das  geschehen  Hessen,  eher 
wollten  sie  einen  Mann  in  ihrem  Land  nicht  behalten;  wenn  die 
Herrschaft    sollte    Basel    unter    sich    bringen,    so    gewännen    die 
Eidgen.   nimmer  Frieden.      Der  Kundschafter  sagt  auch,  dass  er 
zu  Base]  gehört  hätte,    dass    der  Kg.    v.  Frkr.    zu   Mailand    liege 
und  der  Hz.  aus  dem  Land  gewichen  sei  und    60  Maulesel  mit 
Gut  beladen   hätte,    und    es    sind    die    vom    Grauen    Bund    aus- 
gezogen und  wollen  ihm  den  Weg  verlegen    und    ihn    berauben, 
denn  sie  reden,  er  wolle  zum  röm.  Kg.  mit  dem  Gute    und  sie 
damit   bekriegen.     Er    sagt    auch,    wird    es    nicht    gerichtet,    so 
wollen  die  Örter    den  Kg.  v.   Frkr.    zu  Hülfe    nehmen    und    den 
röm.    Kg.    vertreiben,    wie    der    Hz.    v.    Mailand    vertrieben    ist 
Basel  A.     Vgl.  hierzu  den  Abschied   des  Tages    zu  Zürich    vom 
2.  Mai  nr.  646. 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  m  1 2  I 

Basel  an  Solothum. 

Mai  3.  Es  ist  eine  Red  an  sie  gelangt  durch  den  Amman 
von  Sömßwald,  desgl.  durch  des  Wirts  Sohn  zu  Obern  Büsch- 
wilr  und  andre  in  Solothurns  Gebiet,  dass  ihr  Ratsfreund  Walther 
Hamesch  der  Metzger  geredet  haben  soll:  Die  Gruben  zu  St. 
Jakob,  darin  die  Eidgen.  vergraben  gewesen,  seien  leer  und 
man  müsse  sie  wieder  füllen.  Derselbe  ist  mit  allem,  was  einem 
frommen  Mann  gebürt,  bereit,  seine  Unschuld  zu  beweisen.  Bitten 
daher,  solchen  Reden  keinen  Glauben  zu  schenken.     S.  D.-S. 

Bern  an  Solothum. 

Mai  4.  Melden,  dass  Berns  Mannschaft  im  obern  Heer  auf 
Dornach  zieht,  deren  Ankunft  Solothum  abwarten  mag,  bevor  es 
weiteres  unternimmt.  —  Gleichzeitig  Schreiben  Berns  ins  P^eld: 
Da  der  Feind  an  30000  Mann  stark  ist,  sollen  die  Hauptleute 
dem  Berner  Auszug,  der  diese  Nacht  bis  gen  Domach  kommt, 
angends  zuziehen.  Bitten  gleichzeitig  Luzern,  Schwyz  und  Unter- 
waiden um  getreu  Aufsehen.     B.  M. 

Luzern  an  Solothum. 

Mai  4.  Ziehen  ihnen  jetzt  nebst  denen  von  Bern  und  Frei- 
burg mit  ihrer  Städte  Banner  und  mit  ganzer  Macht  zu,  desgl. 
werden  die  von  Zürich  und  Zug  auch  angends  zuziehen.  Er- 
warten auch,  dass  die  Eidgen,  von  den  3  Ländern  angends 
nachrücken  werden.  Mögen  nun  ihrer  Ankunft  erwarten  und 
vorher  keinerlei  Angriff  thun,  bis  dass  alle  gemeinlich  zusammen- 
kommen.    S.  D.-S. 

Liestal  an  Basel. 

Mai  4.  Haben  gemäss  Basels  Schreiben  die  Eidgen.  mit 
guten  tugenlichen  Worten  neben  abgewiesen ,  aber  da  ihre 
schlecht  manung  gewesen  durchzuziehen  ,  angesehen  mancherlei 
Wägen  und  Geschirr  so  sie  mit  sich  führen,  haben  sie  dieselben 
eingelassen,  und  die  Eidgen.  sind  wahrlich  züchtiglich  und  tugend- 
lich eingezogen  und  haben  dabei  zugesagt,  alle  die  Basel  zu 
versprechen  und  in  Basels  Schutz  und  Schinn  stehen,  ungeschädigt 
zu  lassen ;  diese  Nacht  werden  an  3000  ihr  Laijer  zu  Liestal 
haben,  und  die  von  Luzern  sind  mit  200  Mann  und  einem  Fähn- 
lein nachgekommen.  Die  3000  Mann  hören  alle  denen  von 
Bern,  nämlich  von  Tun,  Sibental,  Frütingen  und  anderm  ihrem 
Anhang  an;  Hauptleute  sind  Adrian  v.  Bubenberg  und  Ludwig  v. 
Diesbach.  Die  andern  v.  Born  und  andre  Eidgen.  liegen  mit 
Zeichen  und  Banner  mit  8000  Mann  diese  Nacht  zu  Sissach 
und  werden  denen  zu  Liestal  nachrücken.  Alle,  die  bei  ihnen 
liegen,  sind  Leute  von  Ehren  und  nicht  Bubenvolk.  Bitten  um 
Instruktion,  wie  sie  sich  nach  Abzug  der  Schweizer  halten  sollen. 

Mitt.  d.  Uad.  HUt.  Korn.  Nr.  ai.  9 


mi22  Witte. 

Vernehmen  durch  den  Hauptmann  von  Bern,  dass  sie  zu  Waiden- 
bürg  über  die  wasser  zum  nechsten  in  daz  her  ziehen  wollen. 
Basel.  A. 

Hauptleute,  Venner  und  Räte  von  Solothum  an  S. 

Mai  4.  Melden  den  Abzug  des  Feindes,  dessen  Absicht, 
wenn  sie  nicht  diesen  Zug  gethan  hätten,  gewesen  sein  soll,  sie 
mit  2000  Mann  zu  verbrennen.     S.  D.-S. 

Kg.  Max  an  Wangen. 

Mai  4.  Überlingen.  Sollen  in  ihrem  Gebiet  100  Knechte 
ausschiessen  und  ihm  die  auf  Erfordern  in  8  oder  10  Tagen 
zuschicken.     I.  A. 

Ldvgt.  im  Elsass  an  Niclas  H.  zu  Firmian. 

Mai  4.     Nachdem    er    zuletzt    geschrieben,    wie    Herr  Paul 
v.  Liechtenstein  ihm   1000  fl.  geschickt  habe  mit  dem  Bemerken, 
hinfür    mehr  Geld    nicht    schicken    zu    können,    und    aber   ihm 
befohlen  hat,   von  den   1000  fl.    150    den  Edlen    auf   ir   liferung 
zu  geben    und    100    für   sich   selbst   zu    behalten;    da    nun   aber 
14  Tage   des  Soldes   der  Knechte    verfallen    sind,    weshalb   sich 
gebührt  hätte,  jedem  Knecht    2  fl.    zu    geben  und    an    700  oder 
750  Knechte   zu    bezahlen    sind,    so   hat   er    nicht    einmal   halbe 
Bezahlung  thun  können,  und  nach  dem  Bedeuten  des  Marschalls 
ist  es  auch  nicht  in  seinem  Vermögen   gewesen,    auf  seine  Ver- 
schreibung  soviel  auf  sich  zu  laden  und  zu   bezahlen.     Dennoch 
hat  er  500  fl.   auf  Treu  und  Glauben  aufgebracht  und  die  Knechte 
ehrlich   bezahlt   und   geurlaubt,  wiewohl  es  not  gewesen  wäre,  sie 
noch   einen   Monat  zu   behalten,    aber  dieweil   ihm    der  Marschall 
die  Hülfe  abgekündigt  und  er  selbst  schon  an  800  fl.  vorgestreckt 
hat,    hat  er  die  Knechte  mit  grossen  Sorgen  entlassen,    während 
die    Eidgen.    noch    2    Meilen   Wegs    von   Waidshut    stehen.     Hat 
daher  noch   250  Knechte   behalten  auf  seine   Verschreibung  und 
Bezahlung  für  einen  halben  Monat;    sonst  wäre    vom   Adel    noch 
sonst  niemand    in   W^aldshut  geblieben.      Demnach  bittet    er    ihn, 
dem  Kg.   und  dem  Kanzler  zu  berichten,   dass  Waldshut  mit  der 
bezalung  nit  gnugsam  versehen  sei;  wolt  man  das  in  Verachtung 
ziehen  und  sich  nit  mer  dann  auf  den  gemeinen  Mann  verlassen, 
so  wäre  Gefahr,  dass  W.  das  Schicksal  von  Tiengen  teilen  würde.  I.  A. 

Niclaus  Rusch,  Michel  Meiger  und  Heinrich   v.  Senn- 
heim an  Basel. 

Mai  5.  Liestal.  Sind  unterwegs  auf  die  von  Luzern  mit 
ihrem  Fähnlein,  an  500  Mann  stark,  gestossen,  und  haben  mit 
den  Hauptleuten  allerlei  geredet,  was  sie  zur  Zeit  melden  w^erden. 
In  Liestal  haben  sie  gefunden  Herrn  Adrian  v.  Bubenberg  und 
Ludwig    V.   Diesbach    als  Hauptleute,    Herrn  Thüring    v.   Buttiken 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  mi23 

Ritter  und  an  3000  Mann  darob  und  nicht  darunter;  dieselben 
sind  noch  des  Berner  Banners  und  andrer  Hauptleute  wartend, 
50  zu  Sissach  gelegen  sind,  deren  Zukunft  die  Abgesandten  zum 
Beginn  der  Verhandlungen  noch  erwarten  müssen.  Diese  sind 
in  dieser  Stunde  mit  einer  grossen  Macht  mit  dem  Banner  von 
Bern  und  18  Fähnlein  eingezogen,  um  in  das  Sundgau  zu  ziehen. 
Warten  steter  Verhörung.  Die  Hauptleute  dringen  aber  auf 
Proviant,  und  Basel  mag  daher  sogleich  Vorkehrungen  treffen, 
denn  dieselben  lassen  sich  merken,  dass  sie  nicht  Steine  essen, 
noch  Wasser  trinken  mögen.  Die  innern  Orte,  die  im  Hegau 
gewesen,  liegen  diese  Nacht  zu  Sissach,  und  die  Eidgen.  sind 
so  mächtig  noch  nicht  bei  einander  versammelt  gewesen.  Basel.  A. 

Der  Ldvgt.  im  Elsass  an  Statthalter  und  Regenten  zu 
Innsbruck. 

Mai  5.  Antwortet  ihnen,  dass  die  Eidgen.  im  Hegau  ab- 
gezogen sind  und  sich  vor  Waldshut  lagern  möchten  und  ihm 
Lichtenstein  fernere  Hülfe  abgekündigt  habe:  wenn  er  solche 
notwendig  hätte ,  mög  er  sich  an  den  Kg.  wenden.  Um  die 
Knechte  auszulohnen,  hat  er  selbst  400  fl.  aufgebracht.  Nach 
solchem  Abschied  ist  gleich  ein  Geschrei  gen  Waldshut  gekommen, 
dass  die  Knechte  in  Lenzkirch  auch  abziehen,  worauf  die  Kote- 
Iischen  in  Waldshut  sich  erhoben  und  heute  tVüh  abgezogen  sind, 
sodass  von  Städten  im  Breisgau  und  von  der  Landschaft  nur  noch 
150  Knechte  hier  liegen;  den  stett  der  köpf  vast  in  das  Breysgaw. 
Inzwischen  kommt  ihm  eine  Kundschaft  auf  die  andre,  dass  auf 
Dienstag  (Mai  7)  die  Belagerung  zu  erwarten  sei.  Daher  hätte 
man  solches  Abkünden  diesmal  entbehren  können  und  auf  sein 
vielfaches  Schreiben  bedenken  müssen,  wie  man  Waldshut  mit 
guter  Besatzung  versehe  von  Adel  und  geschickten  Kriegsleuten; 
alsdann  hätte  man  der  freien  Knechte  wohl  entbehren  können; 
jetzt  aber  sind  er  und  seine  Freunde  ganz  bloss  und  müssen 
annehmen,  dass  man  Waldshut  für  nichts  achte.  Mit  looo  11. 
wäre  alles  gemacht,  die  sind  Kg.  Mt.  harter  angelegen  dann 
VV^aldshut  und  wir  alle.  Dem  sei  nun  wie  ihm  wolle,  so  achten, 
das  zu  tag  und  nacht  noch  bis  zinstag  an  600  guter  Knechte, 
darauf  trawen  und  glauben  steet,  und  dan  200  oder  mindestens 
anderthalbhundert  guter  Knechtt^  darunter  die  Büchsen^chützen 
iind,  herein  geschickt  werden  mit  10  oder  20  Edlen;  wenn  das 
geschieht,  braucht  man  um  Waldshut  keine  Sorge  zu  haben. 
Mögen  dann  eilends  veranlassen,  dass  man  dem  Wald  wieder 
suzieht;  denn  sollte  der  Wald  verloren  gehen,  so  möchte  man 
iceine   liferung  noch  Nahrung  nach   Waldshut  bringen.      1.   .\. 

Die  zu  Zürich  versammelten  Eidgen.  an  Schalfhausen. 

Mai.  5.  Sind  durch  die  Hauptleute  in  Swaderloch  berichtet, 
wie  die  Feinde,  so  zu  Constanz  liegen,  etliche  Bollwerke  vor  der 

9' 


mi24  Witte. 

Stadt  gegen  unsem  landen  geschlissen,  auch  den  Graben  etlicher 
Massen  eingezogen  und  eine  Strasse  dadurch  gemacht  haben,  in 
der  Absicht,  den  Zusatz,  der  von  den  Eidgen.  dort  liegt,  zu 
besuchen.  Beabsichtigen  im  Namen  Gottes  einen  Heerzug  zu 
thun  auf  Engen  und  in  den  Hegau  und  wollen  Montag  über 
8  Tage  in  Schaff  hausen,  Diessenhofen  und  Stein  sein,  hingegen 
denen  im  Swaderloch  sofort  zuziehen,  und  bitten  sie,  mit  ihrem 
Banner  mitzuziehen.     Schaffhausen.  A. 

Hofmarschall,  Feldhauptmann  und  Räte  im  Lager  zu 
Platzheim  an  Basel. 

Mai  5.  Werden  glaublich  berichtet,  wie  die  Eidgen.  Liestall 
gewaltiglich  eingenommen  und  mit  Macht  zuziehen  und  unter- 
stehen wollen  Basel  zu  belagern;  erbieten  sich  von  wegen  des 
Königs,  auch  aus  guter  Nachbarschaft,  zu  Ross  und  zu  Fuss  auf 
eigne  Kosten  gen  Basel  zu  kommen  oder  sonst,  wie  Basel  es 
begehren  wird,  mitsampt  der  Stadt  gegen  die  Eidgen.  zu  handeb, 
denn  sie  Leib  und  Gut  zu  der  Stadt  setzen  wollen,  und  sie 
zweifeln  nicht,  der  Kg.  werde  die  Stadt  in  keiner  Weise  ver- 
lassen. 

Darauf  erwidert  B.  am  6.  Mai,  dass  allerdings  die  von 
Liestall  die  Eidgen.  auf  ihr  hoch  Zusagen  sie  weder  an  Leib 
noch  Gut  zu  schädigen  eingelassen  haben,  da  sie  derselben  zu 
schwach  waren  und  die  Eidgen.  sich  weigerten,  an  dem  Städt- 
lein vorbeizuziehen.  Von  einem  Anschlag  der  Eidgen.  auf  Basel 
haben  sie  ganz  kein  Wissen.  Danken  im  übrigen  für  ihr  Er- 
bieten.    Basel.  A. 

Gr.  Heinrich  v.  Fürstenberg  an  Kg.  Max. 

Mai  6.  Lanser.  Nachdem  er  heute  dem  Kg.  geschrieben, 
dass  er  mit  dem  Heer  aufgebrochen,  hat  er  den  ganzen  Tag 
mit  Herren,  Rittern  und  Knechten,  des  Kgs.  Hofgesind,  auch 
mit  den  aus  dem  Sundgau  und  etlichen  des  Bi.  v.  Strbg., 
an  40  Pf.,  ob  den  veind  gehalten.  Da  sind  die  Feinde 
an  3000  stark  in  der  Ordnung  von  Turnach  auf  der  Birs 
gen  Basel  zugezogen,  daraus  dann  12  Pf.  aus  dem  Haufen 
in  Basel  hineingeritten  sind,  die  er  angesprengt,  als  ob  sie 
Feinde  wären;  sie  gaben  sich  aber  als  des  Hz.  v.  Savoyen  Bot- 
schaft zu  erkennen  und  wollten  zum  Kg.  reiten.  Darauf  haben 
etlich  Eidgen.  uns  ain  holen  weg,  dardurch  wir  mosten,  fürloffen; 
sie  sind  dann  an  einander  geraten,  haben  etwevil  erstochen  und 
hart  gewundet  und  sie  gänzlich  in  die  Flucht  geschlagen,  vermissen 
selbst  4  Personen,  darunter  Gr.  Hans  v.  Ortenberg  und  3  Knechte; 
hoflt  jedoch ,  dass  sie  sich  zum  Teil  nach  Basel  gerettet 
haben.  Darauf  sind  die  Feinde  wieder  heim  gen  Muttis  gezogen; 
warum  das  geschehen,  oder  was  sie  vorhaben,  weiss  er  nicht. 
Die  Garde  hat  ihm  laut   beigelegtem  Brief  geschrieben,    und   er 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  mi25 

hofft,  dass  sie  diese  Nacht  zu  Tann  Hegt.  Demnach  ist  von- 
nöten,  dass  der  Kg.  ihnen  ein  Geld  zuordnet  oder  sonst  bestellt, 
dass  sie  mit  Speise  und  in  ander  weg  unterhalten  werden.  Die 
Botschaft  von  Safoy  will  zwischen  dem  Kg.  und  den  Eidgen. 
unterhandeln,  umb  eiiff  uren  in  der  Nacht.     I.  A. 

Der  Landvogt  an  Kg.  Max. 

Mai  6.  Auf  dessen  Ankündigung  dass  er  ihm  in  kurzem 
looo  fl.  senden  und  ihn  nicht  ohne  Geld  lassen  wolle,  antwortet 
er,  wenn  er  den  Brief  eher  erhalten  hätte,  würde  er  die  Knechte 
nicht  beurlaubt  haben.  Hat  aber  von  den  geurlaubten  Knechten 
wegen  der  drohenden  Nachrichten  250  behalten  und  an  des 
Kgs.  Statthalter  um  eine  merkliche  Summe  Knechte,  darunter 
150  Büchsenschützen  geschrieben,  und  auch  an  die  Rötelischen 
um  150  Knechte;  wenn  diese  Mannschaften  zur  Zeit  kommen, 
gedenkt  er  sich  bis  zum  Entsatz  zu  halten.  Soliiche  swere  leuff 
gelt  haben  müssen;  dormit  fürkumpt  man  vil  und  grossen  schaden, 
wie  der  Kg.  besser  weiss  als  er.     1.  A. 

Hauptleute,  Venner  und  Räte    zu  Dornach    an  Solo- 
thurn. 

Mai  6.  Heute  nähern  sich  die  von  Bern  von  Liestall  her 
dem  Feind.  Sind  ebenfalls  willens,  heute  Sewen  und  Dornach 
zu  besetzen,  auf  dass  die  Landschaft  sicher  sei,  bis  Gott  hilft. 
Die  Eidgen.  und  sonders  die  von  Luzern  haben  ihre  Hülfe  zur 
Eroberung  von  Pfäffingen  zugesagt,  sind  aber  ohne  gross  Geschütz. 
Mögen  daher  ihr  Geschütz  bereit  halten.  Fürchten,  dass  der  Feind 
sie  nirgends  erwartet  als  in  Städten  und  Schlössern.  In  diesem 
Fall,  wenn  sie  dem  Feind  nachziehen  müssen,  wollen  sie  von 
der  Mannschaft  heimsenden.  Der  Feind  ist  noch  zu  Elatzen, 
wo  sie  ihn  aufsuchen  wollen.     S.  D.-S. 

Bern  an  die  Hauptleute  etc.    des    ersten    und    n&ch- 
genden  zugs  zu  Tornach. 

Mai  6.  Haben  aus  ihrem  Schreiben  ihrer  aller  Zusammen- 
fügung, auch  das  Nachrücken  von  Luzern  und  Freiburg  erkannt, 
und  da  sie  nun  auch  aus  Schreiben  von  Schwitz  und  Unter- 
waiden deren  Nachrücken  versehen,  begehren  sie  von  den  Haupt- 
leuten, deren  Ankunft  abzuwarten  und  sich  dieses  Vorteils  nicht 
zu  begeben.  Haben  die,  so  ohne  Urlaub  das  Banner  verlassen, 
wieder  zurückgeschickt  und  dabei  ihre  Namen  aufnehmen  lassen, 
um  sie  hernach  mit  der  Hauptleute  Rat  zu  strafen.     B.  ^L 

Bern  an  Solothurn. 

Mai  7.  Zu  Zürich  sei  beschlossen,  dass  die  7  Orte  wieder 
einen  Zug  ins  Hegau  machen  sollen;  und  deshalb  sollen  die  auf 
dem   Zuzug  Begriffenen    wendig   gemacht    sein;    dieweil    es    nun 


mi26  Witte. 

nach  solch  seltsamen  Anschlägen  notwendig  ist,  gemeinsam  zu 
ratschlaj^en,  bitten  sie  auf  morgen  zu  rechter  Ratszeit  Botschaft 
herzusenden. 

Bern  an  Luzern. 

Mai  6.  Bedauern,  nachdem  zu  Baden  verabredet  ist  mit 
Luzerns  Hauptleuten,  Venner  und  Räten,  dass  sie  gen  Domach 
ziehen  sollen,  und  solches  von  den  Eidgen.  auf  dem  Tag  zu 
Zürich  zugelassen  ist,  dass  die  Euern  solche  Zusagen  geändert 
haben;  hätten  sich  dessen  von  Luzern  nicht  versehen,  vielmehr 
gehofft,  dass  denen  von  Luzern  andre  Eidgen.  nachgezogen 
wären.  Da  sie  nun  nicht  wissen,  aus  welchen  Gründen  das 
geschehen,  bitten  sie  um  Aufklärung.     Luzern.  A. 

Bern  an  die  Hauptleute  etc.  des  ersten  nächgenden 
zugs  zu  Tornach. 

Mai  7.  Schreiben  über  die  veränderte  Lage  und  dass  eine 
Beratung  mit  Solothurn  und  Freiburg  beschlossen  ist.  Überlassen 
es  ihnen,  einen  Zug  in  den  Sundgau  und  das  Elsass  zu  unter- 
nehmen, so  jedoch  dass  nicht  gebrannt,  sondern  gebrandschatzt 
werde,  wie  auch  die  Botschaft  von  Basel  auf  dem  Tag  zu 
Zürich  erfordert  habe,  da  Basel  sonst  den  Eidgen.  keinen 
feilen  Kauf  zugehen  lassen  könne.  — Gleichzeitig  schreibt 
Bern  seinem  Zusatz  im  Swaderloch  unter  Hans  Kuttler,  abzuziehen 
und  zu  dem  Banner  in  Tornach  zu  stossen.  Jedoch  soll  Kuttler 
sich  nicht  merken  lassen,  dass  sein  Abmarsch  auf  Berns  Befehl 
erfolgt,  sondern  erklären,  dass  er  Bern  nicht  verlassen  wolle,  da 
von  den  Eidgen.  niemand  Bern  zuziehe.     B.   M. 

Ulrich    V.    Habsperg,    Feldhauptmann    und    Räte   za 
Glurns  versammelt,  an  Kg.   Max. 

Mai  7.  Die  von  den  Bünden  werden  am  Sonntag  zu  Chur 
über  den  Auszug  ins  Etschland  beraten  und  erwarten  dazu  die 
Hülfe  der  Schweizer;  er  will  am  pfinztag  nach  dem  ambt  (Mai  q) 
mit  an  6000  auf  sein  und  auf  das  Oberengadin  ziehen,  wo  an 
3000  vom  Bund  liegen  und  die  am  Samstag  angreifen;  das 
scheint  ihm  besser  zu  sein,  als  auf  Prätigau  etwas  zu  unter- 
nehmen. —  Der  Kg.  möge  dann  auf  Constanz  und  Stain,  auch 
auf  Schaffhausen  zu  eine  Diversion  machen,  um  die  Eidgen. 
abzuhalten,  den   Bünden  zu  Hülfe  zu  kommen.     L   A. 

Ulrich  V.  Piabsperg  an  Hans  Jacob  v.  Bodman,  Haupt- 
mann zu   Feldkirch. 

Mai  7.  Glurns.  Antwortet  auf  sein  Schreiben,  eine  Bot- 
schaft zu  ihm  hinauszuschicken,  dass  er  am  9.  Mai  die  Feinde 
im  Oberengadin  angreifen  will.  Mag  daher  ain  lermen  auf  der 
staig  oder  in  Pretigoi  machen  in  seinem  (Bodmans)  Vorteil;  hat 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  m  1 2  7 

demselben  Sinn  an  Franz  Schenk  und  gen  Landeck  geschrieben; 
Is  er  gründlich  erfahrt,  dass  etliche  vändle  der  Eidgen.  den 
inden  zuziehen,  mag  er  es  eilends  bei  der  post  ihm  melden.  I.  A. 

Heinr.  Gr.  v.  Fürstbg.  an  Statthalter  und  Räte  zu  Freiburg. 

Mai  7.  Lanser.  Die  Eidgen.  sind  heute  herabgezogen  von 
isel  und  werden  diesen  Abend  ihr  Lager  zu  Platzheim  haben 
id  sind  8  oder  9000  Mann  stark.  Demnach  mögen  sie  von 
lind  an  die  im  Breisgau,  desgl.  die  Rötelischen  aufbieten,  damit 
eselben  mit  Macht  und  ohne  Verzug  auf  das  stärkste  gen 
iuenburg  ziehen,  und  sobald  sie  dort  sind,  ihm  es  eilends 
richten;  so  will  er  sich  mittler  Zeit  erkunden,  wohin  die 
linde  sich  kehren,  und  von  Stund  an  zu  den  Unsern  schicken 
id  wissen  lassen,  wohin  sie  ziehen  sollen,  damit  wir  den  Feinden 
pfern  Widerstand  thun.  —  Wo  ihnen  gut  dünkt,  etliche  Knechte 
m  Schwarzwald  zu  schicken,  mögen  sie  es  thun  sowie  den  Brief 
den  Kg.  und  ihm(v.  Fbg.)  einen  reisigen  Zug  eilends  schicken.  L  A. 

Heinr.  Gr.  v.  Fürstbg.  an  K.  M. 

Mai  7,  Lanser.  Die  Eidgen.  sind  9  oder  loooo  Mann 
irk  unter  Basel  in  das  Sundgau  eingezogen   und    haben  Lager 

Platzheim  genommen.  Er  hat  aber  nicht  über  2000  Mann  zu 
ISS  und  mit  der  Landschaft,  dem  Bi.  v.  Strbg.  und  der  Stadt  Strbg. 
jlleicht  300  Pf.  und  will  mit  dem  reisigen  Zug  stetigs  an  ihnen 
ngen  und  leschen,    wohin  sie   sich    kehren;    auch    die  Garde, 

auf  ein  tagrais  bei  ihm  und  noch  nicht  ganz  beisammen  ist, 
11  er  zu  sich  bescheiden  und  sich  von  der  Landschaft  möglichst 
rstärken,  um  sich  dem  Feind  so  weit  es  geht  zu  nähern.  Da 
in  in  diesen  Landen  der  reisig  Zug  vast  nützlich  ist,  bittet  er 
n  Kg.,  3  oder  400  Pferde,  falls  er  sie  entbehren  kann,  zu 
n  stossen  zu  lassen,  oder  für  sich  selbst  etwas  anzufangen, 
nn  si  warlich  mit  macht  hie  sein  und  die  bürde  ganz  auf 
sem  land  ligt.  —  Mit  Bezug  auf  sein  letztes  Schreiben  meldet 

dass  die  3  Knechte  sich  gen  Basel  gerettet  und  wieder  zu 
31  gekommen  sind,  aber  der  Gr.  v.  Ortenberg  ist  umgekommen 
d  sein  Pferd  ist  auf  der  walstatt  geblieben  und  ihm  selbst 
ch  eins;  sonst  sind  viele  Pferde  wund,  aber  weiter  kein  Schaden 
litten,  —  Die  Büchsen  aus  Burgund  sind  gestern  in  Ensis- 
im  angekommen;  er  bittet  den  Kg.  um  Nachricht,  ob  dieselben 
diesem  Lande  bleiben  oder  hinaufgeführt  werden  sollen,     l.  M. 

Der  Landvogt  im  Elsass  an  Kg.  Max. 

Mai  7.  Da  die  Eidgen.  mit  merklicher  Macht  ins  Elsass 
d  Sundgau  ziehen,  der  Kg.  aber  auch  eine  merkliche  Macht 
isammen  hat,  schlägt  er  dem  Kg.  vor,  Schaffhausen  zu  belagern ; 
3  Eidgen.  würden  dann  sicherlich  aus  dem  Sundgau  und 
algau  umkehren  zum  Entsatz  von  Schaff  hausen;  der  Kg.  könne 


mi28  Witte. 

ja,    wenn  sie  dann   heranziehen,    ein    oder    2  Tage    vorher  die 
Belagerung   aufheben.      Die    Eidgen.    würden    dann    nicht   mehr 
lange  zusammenbleiben,  sondern  sich  zertrennen;    und  wenn  sie 
dann  aus  dem    Sund-    und  Walgau    abzögen,    könnte    die  Land- 
schaft von  der  Etsch  wieder  über  den  grauen  Bund  ziehen,  desgl. 
die  aus  Elsass    und  Sundgau    vor  Dornach    und    uf    ir   gemark. 
Die  Eidgen.  müssten  dann  wieder  umkehren,  und  der  Kg.  könnte 
sich   wieder    vor  Schaffhausen    legen.     ^Daz    wurd    si    in    sollich 
müe,  arbeit  und  costen  bringen,    dass   sie    dadurch    zu    grosser 
Widerwärtigkeit  kommen  werden,  und  hüt  man  sich  darmit.  daz« 
man  on  grossen  forteil  deji  strit  nit  mit  innen  bedorft  annemen. 
—   Der  Ldvogt  weiss  und  ist  selbst  mit  dabei  gewesen,   wo  der 
Hz.  V.  Burgund  von  Murten   abgezogen    wäre   nicht   mehr  als  3 
oder  4  Meilen  Wegs,  so  wer  alle  versamlupg  und  zuziehen 
der  Eignossen  mitsampt  inen  selber  nit  witter  im  nach- 
gezogen und  in  einem  tag  oder  zweien  alle  gar  ab   und 
uss    dem    lant  gezogen;    wenn  der  Hz.  dann  wieder    vor  die 
Stadt  gerückt  wäre,    wäre    sie    erobert   und    das    ganze  Land  bis 
gen  Bern.      1.  A. 

Hofraarschall,  Hauptleute  und  Räte  im  Feldlager  zu 
Derwilr  an  Statthalter  und  Räte  zu  Freiburg. 

Mai  8.  Dieweil  jetzt  der  hewmonat  und  ernd  vorhanden 
ist  und  das  gemain  landtvolk  disen  kriegsleuffen,  die  sich  dorch 
unser  bedunkens  in  die  harr  geben  wellen,  nit  auss  gewarten 
und  damit  deshalb  ein  ander  Volk  zu  Unterhaltung  des  täglichen 
Krieges  aufgenommen  und  die  Ritterschaft  so  all  weg  das  pest 
getan  hat  underhalten  wurde:  ist  in  rat  erfunden,  einen  gemeinen 
Landtag  auf  kommenden  Dienstag  (Mai  14)  zu  Nacht  gen 
Habsissheira  auszuschreiben.  Mögen  diesen  Tag  der  Ritterschaft 
und  Landschaft  zu  Breisgau  auch  verkünden,  damit  sie  denselben 
auch   besuchen.     L  A. 

Statthalter  und  Räte   zu  Freiburg   an  Kg.  Max. 

Mai  8.  Schreiben  in  Anlass  des  Schreibens  von  Gr.  H. 
v.  F.,  das  sie  um  5  Uhr  vormittag  erhalten,  um  einen  merklichen 
reisigen  Zug.  Da  sie  trotz  wiederholter  Schreiben  bezüglich  der 
800  Knechte  vom  Kg.  weder  Geld  noch  Bescheid  erhalten  haben, 
haben  sie  dieselben  nicht  behalten  mögen;  wollen  dem  v.  Rappol- 
stein  des  Kgs  Befehl  furderlich  zu  wissen  thun  und  auch  dem 
Kg.  des  harnasch  halben,  so  pald  sie  den  erkunden,  berichten. 
Des  Kgs.  Briefe  an  Gr.  H.  v.  F.,  den  Bisch,  zu  Mainz,  Hz. 
Georg  V.  Baiern,  Hans  Ymber  v.  Gilgenberg,  Bürgermeister  v. 
Basel,  haben  sie  zu  stund  auf  der  post  zugesandt.  Da  sie  auf 
Gr.  Heinrichs  Befehl  im  Breisgau  allenthalben  die  Sturmglocken 
läuten  lassen  sollen,  möge  der  Kg.  den  Leuten  zimlich  liferung 
und    Speis    geben,    damit    man    sie    behalten    mag,    und    daher 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  m  1 2  9 

eilends  Geld  hersenden;  sonst  würde  merklich  Zerrüttung  daraus 
erwachsen.     1.  A. 

Hauptleute,  Venner  und  Rät  des  ersten  und  nach- 
gehenden Zuges  von  Bern  zu  Blatzheim 
im  Feld  an  Bern. 

Mai  8.  Haben  sich  nach  ihrem  Schreiben  von  Liestal  aus 
morgens  gen  Muttenz  gefügt,  wo  sie  vernahmen,  dass  die  Feinde 
hinter  sich  und  gen  Blotzheim  gerückt  seien;  wir  zogen  ihnen 
nach  und  als  wir  dahin  kamen,  waren  sie  vor  2  Stunden  ab- 
gezogen und  als  man  sagt  gen  Habekessen.  Also  wollen  wir 
auch  dahin  ziehen  und  ob  wir  die  Feinde  noch  betreten,  mit 
ihnen  handeln  nach  Gebühr;  ob  sie  aber  weiter  gewichen  sind, 
sind  wir  in  Willen  nicht  weiter  zu  rücken,  sondern  wollen 
Solothurn  helfen,  Pf&ffingen  und  Landskron  zu  erobern;  wann 
die  erobert,  wäre  es  Solothurn  eine  grosse  Ruh  und  uffenthalt 
für  Dornach  und  die  anstossende  Landschaft.  Bitten  um  der 
Stadt  Willensäusserung. 

Nachschrift:  Es  sind  die  3  Städte  Bern,  Freiburg  und  Solo- 
thurn beisammen  und  etliche  Knechte  von  Luzern  mit  einem 
Fähnlein  und  wo  wir  alle  gehorsam  und  gut  Ordnung  halten 
wollen,  das  aber  nit  beschicht,  so  war  unser  für  ein  huffen  lüten 
genüg.     Bern.  A.  U.  P. 

Bern  ins  Feld. 

Mai  8.  Vernehmen  durch  einen  Ehrenmann,  dass  sich  der 
Rom.  König  wesentlich  stärke  und  zur  Zeit  an  16000  Pferde 
und  30000  Mann  zu  Fuss  bei  einander  habe  und  der  Anschlag 
sei,  sie  hinaus  in  die  witte  zu  locken  und  dann  zu  kämpfen. 
Mögen  demnach  Sorge  haben  und  nicht  weit  hinauseilen,  son- 
dern ob  die  Feinde  zu  Blotzen  sie  nicht  würden  erwarten,  vor 
Pfeffingen  rücken  und  dasselbe  mit  Hülfe  des  grossen  Ge- 
schützes, das  Bern  auf  Begehren  heraussendet,  erobern  und 
den  Feind,  der  vielleicht  das  Schloss  entsetzen  wird,  dort  mit 
Vorteil  erwarten;  denn  da  sie  den  Feind  besucht  haben  und 
derselbe  sie  nicht  hat  erwarten  wollen,  so  ist  damit  Ehre  genug 
erlangt,  sie  sollen  daher  jetzt  aus  heischender  Notdurft  Pfeffingen 
und  Landskron  zu  erobern  suchen.     B.  M. 

Mai  10.  An  Solothurn:  Da  ihnen  von  den  Ihren  aus  dem 
Feld  keine  Verkündung  geschieht,  schlagen  sie  vor,  Posten  zu 
errichten  und  haben  tleshalb  einen  gen  Frauenbrunnen  und  einen 
gen  Witelsbach  beschieden,  und  Solothurn  mag  desgleichen  einen 
zu   Balstal  und  einen  gen  Dornach  ordnen.     H.   M. 

Gr.  H.  V.  Fbg.  an  Kg.  M. 

Mai  9.  Lauterbach.  Auf  das  Sehr,  des  Kgs.  sich  in  die 
4  Waldstädte  zu  lagern,  antwortet  er,  dass  abermals  die  Eidgen. 


mi30  Witte. 

mit   loooo  Mann  in  dem  Sundgau  liegen  und  gestern  von  Platzen 
bis  gen  Habsheim  gezogen  sind  und    7  oder  8  Dörfer  verbrannt 
haben.     Er  hat  auch    den    ganzen  Tag    ob    inen    gehalten  und 
etliche,    so  aus    der  Ordnung    gelaufen    sind,    erstechen    lassen. 
Wenn  er  jetzt  aus  dem  Land  zieht,  so  ist  das  on  mittel  verloren, 
weshalb  er  im  Rat  erfunden   hat,   dass    für    den  Kg.    der  Abzug 
nicht  gut  ist.     Wiewohl    er    des  Feindes  Absichten    nicht  kennt 
und  nur  2000  zu  Fuss  und  300  zu  Pf.  hat,  so  will  er  doch  stets 
ob  inen  halten,  um  sich  ihres  Vorhabens   zu    erkunden.     So  ist 
auch    der  Sturm   allenthalben   in    diesen  Landen    ergangen,   und 
er  will  sich  zu  Ensisheim  auf   das    höchst   starken    und   mit  Rat 
von  Herrn  Fridrich  Cappler    und   andren    Hauptleute  sehen,  wie 
sie  dem  Feinde  Abbruch  thun  können.     Bitte  um  einen  reisigen 
Zug  von  3 — 400  Pf.  —  Die  Garde   ist   gestern    eines  Teils   her 
disseits  Tann  und  die  andren  noch  dabi  komen  und  er  mitsamt 
den  Räten  hat  darauf  mit  ihnen  verhandeln  lassen;  da  haben  sie 
ihnen  zu  erkennen  geben,  wie  sie  weder  mit  harnasch,  geweren, 
Geld  noch  andrer  Notdurft  versehen  und  auch  mued  wären  und 
dass  man  sie  diesen  Tag  ruhen  lasse,  so  wollen  sie  sich  dennoch 
heute  zusammenthun  und  ihr  Lager   ^/^  Meile  näher  und  näher, 
wie  si  mögen,    bei  uns    nemen.     Da    dieselben    nun    hier   nichts 
gewinnen  oder  erobern    können,    ihnen    auch    niemand    liferung 
gibt,  so  mag  der  Kg.  Geld  schicken,  um  sie  zu  unterhalten.  — 
Die  Franzosen,  vernimmt  er,    sitzen    still    und    lassen    sich   nicht 
merken,    aber  ain  zeug  mögen    sie  vielleicht    durch  Profantz  auf 
Mailand   führen.  —  Er  hat  sein  Lager  auf  eine  Meile  neben  dem 
Volk  genommen   und  will  also  für  und    für    neben    ihnen    ziehen 
und  mit  dem    reisigen    zug    ob    inen    halten,    bis    das   Landvolk 
zusammenkommt,   das  dann,  wie  er  in  dieser   Stunde    bericht  ist, 
vast  zuzieht.     Betreffs  des  Geldes,  das  er  morgen   den  Knechten 
geben  sollte,    hat  er   noch    keine  Antwort    vom  Kg.    erhalten;  er 
fürchtet,  wenn  das  Geld   nicht  kommt,  dass  er  sie  nicht  aufhalten 
oder  irgend   etwas  mit  ihnen  ausrichten   kann.     L  A. 

Hauptleute,   Venner  und  Räte  von  Solothurn  im  Feld, 
jetzt  zu  Albschwil  an  Solothurn. 

Mai  10.  Nachdem  die  von  Bern,  Luzern  und  Freiburg  den 
Feind  zu  Blätzem  gesucht,  der  gen  Habküssen  und  weiter 
gewichen,  haben  sie  am  letztern  Ort  auf  denselben  einen  Tag 
gewartet  und  sind  dann  gemeinlich  zu  Rate  geworden,  zurück 
vor  Ptäftingen  und  Lantlskron  zu  ziehen.  Mögen  eilends  eine 
Kartaune  mit  Pulver  und  das  Fass  mit  den  Bickeln  schicken. 
S.  D.-S. 

Caspar  Freiherr  zu  Mörsperg  an  Kg.   Max. 

Mai  II.  Nachdem  die  Eidgen.  an  4000  Mann  in  den 
Sundgau    abgefertigt,     ist    ihnen     dann     merkliche     Verstärkung 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  niI3I 

gekommen,  worunter  an  800  Büchsenschützen,  desgl.  von  Kar- 
taunen,  Schlangen,  Büchsen,  um  Schloss  und  Städte  damit  zu 
nöten;  sodann  wird  er  berichtet,  wie  sie  mit  einer  merklichen 
Summ  Leut  und  vollmächtigen  Räten  zu  Zürich  auf  dem  Kreuz- 
tag im  Mai  jetzt  versammelt  waren  und  grosse  Ratschläge  mit  ein- 
ander gehalten  haben,  und  sie  sollen  in  ihrem  Abschied  beschlossen 
haben,  dass  die  6  Orte  am  Montag  zu  Schaff  hausen  sein  und 
mit  ihrer  Macht  gen  Überlingen  ziehen  wollen  und  sollen  Bern, 
Solothurn  und  Freiburg  in  das  Sundgau  ziehen.  Solches  ist 
seinem  Schwager  Schenk  Cristoffel  v.  Limpberg  durch  Lux 
V.  Ryschach  mitgeteilt,  solches  eilends  dem  Kg.  gen  Überlingen 
und  dessen  Hauptleuten  zu  verkünden.  —  Wiederholt  in  Anlass 
des  Zuges  der  Eidgen.  in  den  Sundgau  den  Vorschlag,  einen 
Streifzug  ins  Türgow  zu  machen,  das  würd  ein  gross  geschreig 
in  das  land  bringen.  Wiederholt  seinen  Vorschlag  bezüglich 
Schaffhausens,  dan  wo  man  si  mit  einem  Unwillen  und  mit  einer 
widerwertickeit  von  einander  zertrennen  und  zu  einem  abzug 
bringen  m6cht,  soll  der  Kg.  gewiss  sein,  das  si  ire  halbe  macht 
verloren  haben,  und  wo  danach  der  Kg.  wieder  vor  Schaff  hausen 
rückt,  zweifelt  er  nicht,  der  Kg.  werde  es  ohne  Not  erobern. 
—  Bitte  um  Geld  zur  Bezahlung  der  Knechte.     I.  A. 

Gr.  H.  V.-  Fbg.  an  Kg.   Max. 

Mai  12.  Auf  das  Sehr,  des  Kgs.  vom  8.  Mai  aus  Tettnang, 
worin  der  Kg.  mitteilt,  dass  er  an  Bischöfe  und  Städte  der 
nidern  verein  geschrieben,  dem  Grafen  mit  aller  Macht  unter  des 
Reiches  Banner,  das  er  demselben  zuschicken  wolle,  zuzuziehen, 
hat  er  dem  Kg.  2mal  geschrieben,  wie  die  Eidgen.  fliichtiklichen 
für  Basel  hinausgewichen  und  heimgezogen  sind.  Darum  bedünkt 
ihn  und  die  andern  Räte  nicht  gut  zu  sein,  des  reichs  panier 
herzuschicken,  da  aus  diesen  Landen  gegen  das  gebirgige  Gebiet 
der  Eidgen.  nichts  fruchtperlichs  gehandelt  werden  mag,  so  dass 
der  Kg.  dasselbe  besser  da  oben,  wo  grösseres  und  tapfereres  gegen 
den  Feind  vorgenommen  werden  kann,  bleiben  lasse.  Die  8cK)  ll.  zur 
Bezahlung  der  Knechte  hat  er  erhalten;  wenn  er  sie  auch  damit 
nicht  zufrieden  stellen  konnte,  so  hat  er  doch  sonst  so  viel  auf- 
gebracht, dass  sie  gänzlich  bezahlt  sind;  bittet  den  Kg.,  den 
Übcrschuss,  nämlich  200  11.  und  300  fl.  so  er  zu  der  ersten 
Bezahlung  der  2  fl.  auch  entlehnt  hat,  zu  schicken,  damit  er  das 
zurückzahlen  kann,  sowie  das  Geld,  da^  er  den  Knechten  Freitag 
über  8  Tage  zahlen  muss.  —  Insofern  der  Kg.  schreibt,  dass 
dem  Hofmeister  zu  Unterhaltung  der  Königin  und  ihm,  damit 
er  den  Knechten  die  ander  bezalung  machen  kann  und  die 
Garde  unterhalte,  vom  Schatzmeister  Balthasar  Wolf  5000  11.  und 
von  Jobst  Assaert  3000  11.  geschickt  worden  sollen:  von  dem 
Geld  hat  er  noch  nichts  erhalten,  glaubt  auch,  dass  der  Königin 
wenigstens  1000  fl.  gelassen  werden  müssen;  für  die  Garde  sind 


mi34  Witte. 

und  Verwandten,    wo  sie   die  ausserhalb  der  Stadt  beträte,  vom 
Leben  zum  Tode    bringen   wolle,    mit  Bitte    diese  Klagen  abzu- 
stellen:   antworten  sie,    dass    sie    der  Sache    kein    lauter  Wissen 
haben,    aber  in  lantmannswise  gelangt  an  sie,    wie    etwan   vil  so 
in  der  Stadt  gesessen,   mit  den  Eidgen.  jetzt   ins  Land  gezogen 
sind,  denselben  brofant    und  Notdurft   zugeführt,    den  Raub  aus 
dem    Lande  zu    treiben    verholfen    haben,    worüber    die    armen, 
schwer  geschädigten  Leuten   vielleicht  Verdruss    haben.     Wollen 
sich  aber  danach  erkunden.    Basel.  A.    Ober  Basels  zweideutiges 
Spiel  vgl.  Berns  Schreiben  vom  7.  Mai  und  passim. 

Des    Königs    Räte    zu  Überlingen   an    die    kgl.  Räte 
am  Hofe. 

Mai   13.     Antworten   auf  das    kgl.  Schreiben,    mit   dem  zu- 
gezogenen   Volk    von    Constanz    gegen    den    Feind    zu    rücken, 
nachdem    derselbe    von    Stockach    gezogen    ist,    dass    nachdem 
die    Schweizer    in    den    Sundgau    gezogen    sind,    Gr.    H.    v.  F. 
mit  seinem  Zug    und  Herr  Matiss  v.   Castellwartt  mit   denen  aus 
dem  Breisgau    wieder    zurück    in    den    Sundgau    gezogen    sind; 
desgl.  hat  Hz.  Ulrich  v.  Wirtembg.  in  seine  Schloss  her  zuziehen 
lassen  zu  Ross  und  zu  Fuss  an  5000  stark;    derselbe    will  auch 
nicht  mehr  verordnen  und  anders   als   in   seinen  Schlössern  nur 
mehr    100    Pf.    und    500    zu    Fuss    brauchen    lassen.      Deshalb 
können  sie    einem    solchen  Anschlag    nicht    nachkommen,    denn 
sie  haben  nicht    mehr  Mannschaft,    als    wie    der  Kg.    durch   ihre 
Botschaft  vernehmen  wird.    Mögen  daher  verhelfen,  dass  der  Kg. 
sich  fürderlich  zu  den  Fürsten  verfüge  und  solche  Massregehi  treffe, 
dass  man  an  einem  Tage   dem  Kriege  ein  Ende  mache; 
denn  ohne  das  besorgen  sie,  dass  der  Kg.  um  Land  und  Leute 
kommen  muss;    denn    also    zu    liegen    werden    die  Fürsten    und 
andre  des  sweren  langwierigen  costen  unwillig  und  mag  niemand 
erswingcn.    —   Die   Würtembcrger  haben  sich    des    begeben    und 
wollen  in  derselben  Stärke   dazu    kommen,    wenn    man    mit    den 
Feinden  schlagen  will,      l,   A.') 

Sitzung  des  Rates  zu  Bern. 

Mai  18.  Gedenk  an  den  knecht  von  Zürich  von  der  werten 
wägen   wider  min   hern  geredt. 

Dtisd.  was  der  Schultheis  Seiler  geredt  hat:  sie  bedörfen 
miner  hern   nit. 

Zu  Ure  ouch  angezogen:  die  beid  stett  (Bern  u.  Freiburg)  sien 
gut  ein  flucht  zu  machen  und   haben  min  hern  ir  paner   verlorn. 

Ouch  von  dem  geenderten  abscheid  durch  die  von  Zürich 
hinderrucks  miner  herren  botten.  Darzü  die  worte  und  belad- 
nüssc:   kistenveger,  schelme   und  anders. 

Ouch  von  der  teilungen  wegen  der  büchsen  und  anders. 

Bern.   Ratsmanual. 

>)  Über  die  Zc\t  i\\\^c\v^iv  ^\^\  \"J>  >i:^^  ^'^  '^'^^'^^  ^^^iVvVtUjj^e, 


/ 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  IBI35 

Solothurn  an  Basel. 

Mai  20.    Wiederholen  ihr  Begehr,  ihre   eigen  Leut  in  Basels 
"^T'i'schaft    gesessen    unbeschwert    und    mit  Solothurn    reisen    zu 
iass^n  und  dieselben   so  zu    halten,    wie  Solothurn  Basels  Eigen- 
'eiate  hält.     S.  M. 

Jakob  Ysenle  Vogt  zu  Vamsberg  an  Basel. 

Mai  20.    Zweifelt  nicht,  dass  die  Stadt  weiss,  wie  viele  der 
^^^'^cn  mit  den  Eidgen.  hinabgezogen  sind,  und  sah    etliche    sich 
"^ Rühmen,   dabei  gewesen  zu  sein,    als  der  Herr    von  Ortenberg 
^^^^gekoramen  ist.     Fürchtet  daher,   wenn  die  Städte  Laufenburg, 
^^^^kingen  und  die  am  Wald  diese  Dinge  inne  werden,  dass  die 
^  ^schuldigen  der  Schuldigen  entgelten  müssen.    Desgl.  so  reden 
^^e   unseren,    ein    Teil    Räte    sei    österreichisch    und    wolle    den 
^ Eisern,  die  mit  den  Eidgen.  gelaufen  sind,    das  ir  nehmen,    »so 
^'^tjnd  wir  inen  helfen  und  welle  das  nit  dünd,  die  sint  nit  unser 
^iunt.«     »So  redet   die    erberkeit,    wir  send  uns    iren    nuczit   an- 
lernen,   diewil  und  si  uiber  alle  verbott  miner  herren   sind    hin- 
^*eg  geluifen.«     Besorgt,    dass  allerhand  Widerwärtigkeit   darüber 
Wachsen  wird.    Bittet  daher  um  Instruktion,   wie  er  handeln  soll, 
denn    ihm    widerfahren    viel   Widerwärtigkeiten    von    den    unsern, 
will  aber  jetzt  schweigen,  bis  die  Läufe  besser  werden,   wiewohl 
wenn  dem  also  wäre,    wo    man    von    ihm  sagt,    er    wenig    Ehren 
wert  wäre.     Basel.  A. 

Heinrich  Gr.  v.  Fürstenberg  an  K.  Max. 

Mai  20.  Altkirch.  Anlässlich  des  kgl.  Befehls  sich  mit  seiner 
gesamten  Streitmacht  gen  Hüfingen  zu  fügen,  hat  er  kürzlich 
dem  Kg.  geschrieben,  dass  die  Eidgen.  noch  stets  an  den 
Grenzen  liegen,  weshalb  er  sich  um  die  4  Waldstädte  oder  in 
diesen  Landen  aufhalten  muss,  da  sonst  das  Land  einem  Einfall 
der  Eidgen.  offen  läge.  Bittet  den  Kg.,  das  nochmals  zu 
erwägen;  er  will  sich  auch  morgen  früh  gen  Ensisheim  begeben, 
woselbst  das  Landvolk  bei  einander  ist,  und  wird  der  laudtag 
entlich  besliessen,  was  in  diesen  Läufen  geschehen  solle.  — 
Ludwig,  Herr  Johansen  Beyers  Sohn,  ist  zu  ihm  gekommen  und 
wünscht  Eintritt  in  das  kgl.  Hofgesind  und  begehrt  nicht  mehr 
als  der  Kg.  anderm  Hofgesind  gibt;  empfu'hlt  ihn  dem  Kge., 
zumal  derselbe  auf  4  oder  5  Pferde  gerüstet  ist.  —  Ferner  liegen 
etliche  Knechte,  die  Küssenberg  schändlich  übergeben  haben,  zu 
Waldshut  gefangen;  also  hat  er  mit  dem  Landvogt  verlassen,  dass 
er  5  oder  6,  so  am  meisten  Schuld  daran  haben,  ihr  Recht 
widerfahren  lässt;  was  mit  den  übrigen  geschehen  soll,  darüber 
erbittet  er  Befehl,  meint  aber,  dass  auch  sie  Exempeis  halber 
zu  bestrafen  wären.  —  Da  der  Kg.  jetzt  ein  Heer  auf  die  vom 
Grauen  Bund  aufgerichtet  hat,  scheint  es  ihm  geraten,  wenn  der 
Kg.  sich   gen    Constanz    oder    Umgegend    begibt    und    ein    Heer 


mißö  Witte. 

vom  Reich  und  dem  Bund  und  andern  im  Hegau  gegen  Schaff- 
hausen  oder  Stein  versammle.  —  Rudolf  v.  Blumeneck  will 
seines  Amtes  halb  nicht  länger  in  Waldshut  bleiben;  der  Kg. 
möge  ihm  einen  gnädigen  Brief  schreiben,  dass  er  Geduld 
habe.     S.  A. 

Bern  an  Unterwaiden  und  Switz. 

Mai  20.  Wiewohl  die  Ihren  von  Stadt  und  Land  vast  beladen 
und  ihnen  viel  unfreundliche  Wort  und  Meinungen  begegnet  sind, 
sodass  sie  in  Willen  gewesen  sind  anheimsch  zu  bleiben,  da  sie 
bisher  für  ihre  Hülfe    wenig  Dank    und    von    etlichen   nicht  den 
minsten  erlangt  haben,  so  wollen  sie  dennoch  in  Anbetracht  der 
alten    Freundschaft    Unterwaiden   eine    erbar    Anzahl    der   Ihren, 
sobald    das    sein    mag,   zusenden,    wenngleich   der    beabsichtigte 
Zug  weder  zum  Frieden  noch  sonst  fruchtbar  sein,  hingegen  vor 
eine  Stadt  oder  ein  Schloss  am  Rhein  zu  ziehen  viel    nützlicher 
sein  würde.     B.  M. 

An  Freiburg:  Mitteilung  hiervon. 

Mai  19.  Man  soll  an  Stadt  und  Länder  melden,  dass  Bern 
von  den  3  Orten  gemahnt  ist  und  wegen  alter  Freundschaft  das 
nicht  abschlagen  kann.     Ratsman. 

H.  Gr.  V.  Fbg.  an  Kg.  Max. 

Mai  2 1 .  Ensisheim.  Des  Kgs.  Herold  Fugidor  hat  ihm  mit- 
geteilt, wie  er  von  dem  v.  Vergi  zu  König  Max  geschickt  sei 
zu  sagen,  dass  der  Kg.  von  Frkr.  sein  Geschütz  von  Disinon 
und  Ason  (Auxonne)  den  Eidgen.  zuschicke,  dass  auch  der  Kg. 
von  Frankr.  vast  krank  und  der  von  Waldroxant  gestorben,  und 
der  von  Cleve  zum  Gubernator  des  Hzogt.  Burgund  gesetzt 
sei.     I.  A. 

Gr.  Heinrich  v.  Fbg.,  Wilhelm  H.  zu  Rappoltstein 
und  Conrad  Stürtzl  Kanzler,  Statthalter,  Hauptleute  und 
Räte  zu  Ensisheim  an  Statthalter    und  Räte    zu   Freiburg. 

Mai  22,  Haben  auf  vergangnem  Montag  einen  Landtag  gea 
Ensisheim  erfordert  und  wegen  der  2000  Knechte  verhandelt  und 
den  Landtag  bis  heute  aufenthalten  und  so  lange  und  so  hoch 
ersucht,  dass  die  Landschaft  zum  25.  Mai  1000  Knechte  aus 
innen,  die  besten  geschickten  gesellen  so  si  under  inen  in  der 
landschaft  haben,  außzichen  und  in  das  Feldlager  gen  Altkirch 
»auf  daz  bas  gerüstet  so  si  in  vermügen«  schicken  und  dieselben 
2  Monate  lang  im  Land  auf  eigene  liferung  und  Besoldung 
halten  will,  auch  zugesagt  hat,  dass  wenn  der  Glockensturm 
angeht,  man  sich  wie  im  Breisgau  verhalten  und  mit  ganzer 
Macht  zuziehen  wolle.  Haben  auch  mit  der  Ritterschaft  beson- 
ders verhandelt,    dass  sie  diese  Nacht  wieder  ins  Feldlager    gen 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  mi37 

ilädrcb  kommen  und  daselbst  das  Beste  für  Laad  und  Leute 
ffirzOnemen  helfe,  aber  uachdem  er  ihuen  auf  dem  letzten  Tag 
KUgesagt  hat,  den  Sold  zu  zahlen,  für  jedes  Pferd  3  ß.,  und  nun 
»weder  Geld  gekommen  ist,  noch  der  Kg.  mitteilt,  wie  er  die 
Kilterschaft  fArter  unterhalten  will,  so  hat  sie  darüber  Beschwerde 
gehabt  und  nach  vieler  Ersuchucg  zugesagt,  bis  zum  24,  Mai  la 
dienen;  und  so  sie  ihren  verlautenen  Wochensold  erhält  und  des 
k^l.  Willens  Bericht  empfangt,  so  ist  sie  zu  allen  Diensten 
bereit.  ^  Bitte  um  Geld  gen  Ensisheim.  —  Femer  ist  not- 
wendig, nachdem  sie  nun  die  ganze  Ritterschaft  aufgeboten 
Ilaben,  doch  mit  der  erbietung,  daz  wir  uns  mit  inen  vertragen 
wellen ,  dass  sie  wissen,  auf  was  meinung  oder  wie  das  be- 
schchen:  was  von  Kg.  Mt.  derhalben  zugeschickt,  das  uns 
daz  eilends  zugeschickt  und  nit  verhalten  werde.  -  Mögen  aacb 
bei  den  Breisgauem  darob  sein,    dass  sie  ihre    lausend  Knechte 

lom  26.   Mai  zu  Rheinfelden  bei  den  Hauptleuten    und    andern, 

K)  von  ihnen  da  sein  werden,  haben  und  dass  das  Volk  mit 
Hauplleuten  von  Adel  und  sonst  redlichen  Personen  versehen 
werden.  —  Da  sie  mancherlei  Argwohn  von  denen  v.  Basel  ankommt, 
haben  sie  dieselben  beschrieben,  und  es  sind  beide,  Bürger- 
meister und  oberster  Zunftmeister,  zu  ihnen  gekommen,  von  denen 
günstigen  Bescheid  erhalten  haben,  sodass  sie  volles  Ver- 
bauen zu  ihnen  haben,  iwiewol  gilt  wer,  das  sich  K.  Mt.  etwaz 
xfi  pessening  schickte. 

Vom  24.  Mai  zedula  Fürstenbergs:  Die  freien  Knechte 
haben  einen  Anschlag  gehabt  auf  3  Thäler  so  Bern  und  Solo- 
gehören, die  zu  slilfcn  und  zu  verbrennen,  aber  unterdessen 
ist  ihnen  wahre  Kundschaft  gekommen,  wie  die  Eidgen.  an  800 
stark  in  einem  andern  Thal  liegen;  also  sind  sie  stracks  dahin- 
gezogen, haben  aber  niemand  gefunden,  sondern  nur  vernommen, 
dass  die  Eidgen.  beabsichtigt  hätten,  dort  zu  Mittag  zu  essen, 
ilätten  aber  dann  Warnung  erhalten.  Die  Knechte  haben  dann 
4  grosse  Dörfer,    desgl.  viel  Koin  und  alles    so    da   gewesen,    in 

Grund  verbrannt.     1.  A. 

Statthalter  und  Räte  tu  Fteiburg  an  Herrn  Reiuprecht 
V.  Reyhemburg  und  Hans  Jacob  v.  Bödmen. 
Mai  14.  Haben  ihr  Schreiben  an  Gr.  Heinr,  v.  Fürstenbg. 
demselben  auf  der  Post  sofort  zugesandt  und  ebenso  an  Strass- 
boTg  nm  Büchsen,  Pulver  und  andres,  wie  ir  anzaigt,  geschrieben 
und  die  Stadt  gebeten,  soihs  alles  am  i.  Juni  zu  Tuttlingen  zu 
baben.     I.  A. 

Ulrich  Küffer  an  Solothum. 
Mai   24.     Wenn  es  ihnen  nicht  zuwider  ist  und  sie  etlichen 
Knechten    «inen    viertail    von    dem    Schalk    (derselbe    war    also 
gevierteilt)    geben    wollten,    meinten    sie    es    gea  Säckingen    an 


mißS  Witte. 

das  Thorhäusel  zu  henken  mit  folgendem  Spruch,  den  er  dazu 
geschrieben : 

Ich  bin  Hans  zu  der  Tannen, 

Zu  Solothurn  und  Gösskon  sind  mir  die  nöstel  also  gespannen, 

Dass  ich  zweifachen  Sold  bar  hab  empfangen. 

Wollt  ich  Euch  von  Säckingen  unverkündet  nicht  lassen, 

Ob  sich  jemand  um  den  Sold  auch  wollte  machen  auf  die  Strassen. 

S.  D.-S, 

Heinrich    Gr.    v.   Fürstenberg    und    Fridrich    Kappler 
an  Statth.  und  Räte  zu  Freiburg. 

Mai  25.  Altkirch.  Haben  im  R|it  erfunden,  dass  Gr.  Hein- 
rich mit  den  freien  Knechten,  auch  der  Städte  Strassburg,  Colmar 
und  Schlettstadt  Leuten  zu  Ross  und  zu  Fuss,  desgl.  mit 
500  Pferden  von  der  Garde  die  Schlacht,  so  die  da  oben  fur- 
zünemen  undersleen,  nachdem  vil  daran  gelegen  ist,  vollbringen 
helfen,  und  bitten,  ihre  Meinung  bi  tag  und  bi  nacht  zu  ver- 
künden, denn  sie  warten  darauf;  und  falls  ihnen  solcher  Zug 
gutdüukt,  sollen  sie  das  seinem  Bruder  (Gr.  Wolfgang  v.  Fbg.)  ver- 
künden; Gr.  Heinrich  wird  am  30.  Mai  zu  Abend  gen  Waldshut 
kommen,  wohin  derselbe  ihn  aller  beschaid  wissen  lassen  soll.  So  will 
Fridr.  Capeller  mit  des  Bi.  v.  Strbg.  Reisigen,  auch  der  Garde, 
die  noch  an  600  Mann  stark  ist,  mitsamt  der  Ritterschaft  und 
den  1000  Knechten,  so  heute  von  der  Landschaft  im  Lager  sein 
werden,  hier  bleiben,  und  sie  sollen  die  aus  dem  Breisgau  gen 
Reinfelden  bestimmten  1000  Knechte  hieher  verordnen,  da 
Capeller  alsdann  hier  etwas  unternehmen  will.  Falls  ihnen  der  Zug 
aber  nicht  gutdünkt,  sollen  sie  das  dem  Gr.  Wolfgang  mitteilen 
und  wie  früher  geschrieben,  die  1000  Knechte  aus  dem  Breisgau 
in  der  That  gen  Reinfelden  entsenden.  Wenn  Gr.  Heinrich 
heraufziehen  soll,  wird  er  2000  Mann  zu  Ross  und  zu  Fuss  stark 
sein   und    1 2   Schlangen  haben. 

Zu  Freiburg  war  man  mit  dem  Zug  laut  Notiz  auf  dem 
Schreiben  einverstanden.     L  A. 

Bern  an  Freiburg. 

Mai  25.  Wiewohl  sie  sich  gestern  auf  Freiburgs  Anbringen 
mit  dem  grossen  Rat  vereinbart  hatten,  den  Kidgen.  Zuzug  zu 
thun,  in  der  Zuversicht,  dass  nach  Abzug  der  Feinde  sie  weiterer 
Sorge  überhoben  wären,  so  haben  sie  jetzt  dennoch  auf  Meldung 
von  merklicher  Häufung  des  Feindes  beschlossen,  am  27.  Mai 
in  das  Münsterthal  und  von  da  in  die  Grafschaft  Pfirt  zu  ziehen, 
und  bitten  um  ihren  Zuzug. 

Desgl.   an  Solothurn. 

Desgl.  an  demselben  Tage  an  den  Altvenner  Hetzel  auf 
der  Tagsatzung  zu  Luzern  und  an  die  Eidgen.  im  Feld.  Hin- 
zugefügt   ist    noch,    dass    die    Absicht    der    Feinde    wäre,    wenn 


Geschichte  (les  Schwabenkriegs.  oai39 

Berns  Mannschaft  ausgezogen,  dann  in  die  Landschaft  gen  Btugg 
einzufallen.     B,  M. 

Mai  24.  Münster  an  Bern:  melden,  dass  der  Feind  sie  am 
Mittwoch  angegriffen  und  4  Dörfer  verbrannt  hat.  Erhalten 
taglich  Warnung,  dass  derselbe  beabsichtigt,  die  Münsterer 
Propstei  gänzlich  mit  Brunst  zu  beschädigen.  Bitte  um  Hülfe, 
da  sie  alles  darum  leiden  müssen,  weil  sie  Berns  Bürger  sind. 

Desgl.  Münster  an  den  Vogt  zu  Nidau,  Caspar  vom  Stein: 
Von  Delsperg  ist  Warnung  gekommen,  wie  ein  grosser  Zug  zu 
Pfirt  und  Mörsperg  liege,  um  in  das  Münstei'thal  zu  ziehen  und 
es  zu  brennen.     S.  D.-S. 


Hauptmann,    Bürgermeister    und    Räte    zu    Stein    an 
Schaffhausen. 

Mai  27.  An  600  Knechte  von  der  blutharsch  sind  aus  dem 
Heere  gen  Stein  gekommen  und  sagen,  dass  die  Eidgen.  noch 
vor  Stockach  liegen  und  grossen  Mangel  an  Speise  haben  und  des- 
halb grossen  Unwillen,  dort  länger  zu  bleiben;  es  werde  von  dem 
gemeinen  Mann  geredet,  wo  man  inen  nit  züfure  spiß  und  trank, 
so  wellen  si  lenger  nit  da  bliben.  Haben  sonst  weder  von 
Zürich  noch  von  andern  Hauptleuten  Nachricht  darüber.  Die 
Knechte  reden  auch,  um  dem  Heere  Speise  zuzuführen,  brauche 
man  800  bis  1000  Mann;  sie  selbst  seien  von  den  Rittern  ernst- 
lich angefochten  und  bis  Stein  verfolgt.     Schaffhausen.  A. 


Solothurn  an  Meier  und  Rat  zu  Tellsperg. 

Mai  27.  Da  die  von  Bern  heute  mit  ihrem  Fähnlein  und 
merklicher  Zahl  Leute  ausziehen,  in  der  Absicht  ins  Munsterthal 
und  die  Grafschaft  Pfirt  zu  ziehen,  und  sich  zu  Zeiten  die  fri 
harsch  und  andre  mutwillige  Knechte  nit  aller  gehorsamst 
erzeigen,  so  erscheint  Solothurn  geraten,  dass  Delsberg  seine 
vernünftig  Ratsbotschaft  denen  von  Bern  entgegenschickt,  so 
zweifelt  es  nicht,  der  Stadt  werde  anders  nicht  als  günstlicher 
Wille  erstattet,  und  ob  daruf  an  uch  einicherlei,  daz  uch  zu 
beschirmlichem  ufenthalt  on  abbruch  iemends  hcriikeit  diente, 
gesucht  wurde,  dazu  mag  es  gcbürlich  Red  und  Antwort 
geben.     S.  M. 


Der  Ritter  v.  Mafimünster  an  Kg.  Max. 

Mai  27.  Ist  heute  mit  einer  Credenz  von  Gr.  Ilrinrich  v. 
Fürstenberg  gen  Cberlini^en  gekommen  und  ist  das  die  Werbung, 
dass  die  Garde  zu  nichts  zu  brauchen  i^t,  sie  wolle  zuvor  für  einen 
Monat  Bezahlung;  ebenso  hat  der  Graf  den  freien  Knechten  am 

IG* 


mi40  Witte. 

Freitag  ihren  Sold  nicht  zahlen  können.  Er  hat  noch  viel  mehr 
zu  werben;  dieweil  aber  man  hie  die  veint  vor  äugen  findt  mit 
der  macht  und  man  sich  versieht  etwas  mit  inen  furzonemen, 
wil  er  am  besten  darauf  verharren.  Wünscht  möglichst  bald 
wieder  im  Sundgau  zu  sein  der  geslossen  nf  dem  Blawen  halb. 
Bittet  um  200  fl.  uf  sein  pferd,  sonst  kann  er  dort  auch  nicht 
bleiben.     I.  A. 

H.  Gr.  V.  Fbg.  an  Statthalter  und  Rate  zu  Freiburg. 

Mai  27.    Altkirch.     Wird   mit    seinem  Corps    diesen  Abend 
zu  Jetinge n,  morgen  zu  Bratein,  am  29.  Mai   zu  Sekkingen   und 
am  30.  Mai  Abends  zu  Waldshut   sein,   und   kann   vorher   nicht 
hinauf  kommen.     Da  sich  nun  Mängel  und  Nöten  dieser  Lande 
erneut  haben,  rät  er  dem  Statthalter   an  den  Kg.    zu   schreiben, 
wenn  das  Schlagen   droben   vergangen   oder   die  Feinde    wieder 
abgezogen  sind,  dass  der  Kg.  ihn  dann  wieder  herabziehen  lasse ; 
denn  wo  das  nicht  geschehen   und   diese   landt  mit  1500    oder 
2000  Mann  überzogen   würden,    so    stünden    die,    nachdem   das 
Landvolk  sunst  erschrocken  ist,   in  grossen  Sorgen.  —  Loys  de 
Vaudre  ist  heute  bei  ihm  gewesen,  und  hoffentlich  wird  derselbe 
jetzt  mit  seiner  Gesellschaft  an  400  Pferde  stark  mit  ihm  ziehen; 
von  den  andern  Hauptleuten  kann  er  nichts  andres  erlangen,  als 
dass  sie  noch  3  Tage  verziehen  wollen,  und  wenn  ihnen  inzwischen 
nicht  Geld  wird,  wollen  sie  wieder  hinter  sich  ziehen.     Die  von 
der  Ritterschaft  wollen  auch  nicht  länger  bleiben,    als   bis   heute 
über  8  Tage,    es  werde  ihnen  denn  Geld;   sie  sagen  mit  Recht, 
es  sei  weiter  in   ihrem   vermögen    nit.  —  Statthalter,    Hauptleute 
und  Räte   werden  auch   die   8  Tage    hier   bleiben,    und    es    sind 
also    alle    Schreiben    hierher    zu   richten.     Falls    mittler  Zeit    der 
Ritterschaft  halb    kein   Bescheid    kommt    und   der  Statthalter    sie 
weiter  im  Lager  behalten  will,  so  sollen  ain  oder  zwen  von  euch 
ins  Lager  kommen,  mit  ihnen  zu  verhandeln,    dass  sie  noch  ein 
Zeit  Geduld  haben.     L  A. 

Fridrich   Bock  Meister    und  Rat   zu  Strbg.    an    Statt- 
halter und  Räte  zu  Freiburg. 

Mai  27.  Antworten,  dass  sie  dem  Kg.  bereits  über  ihr 
Vermögen  gedient  haben;  dazu  haben  sie  demselben  eine  merk- 
liche Summe  Pulvers  mitgeteilt;  ihr  übriges  Pulver  und  Büchsen 
haben  sie  teils  auf  ihren  Schlössern  und  Flecken  zur  Armirung 
und  was  sie  sonst  noch  haben,  brauchen  sie,  um  Strbg.  selbst 
zu  behalten.     1.  M. 

Solothurn  an  Basel. 

Mai  2S.  Als  die  von  Bern,  Luzern,  Freiburg,  Biel  und  sie 
mit    ihrer   aller   offen  Zeichen  jetzt    um  Basel  im  Feld  gewesen. 


Geschichte  des  Schwiibenkriegs. 

■ind  etliche  Knecht  an  ihre  grendel  gekommen  und  haben  Ein- 
lass  begehrt,  um  ihren  Pfennig  zu  essen  und  zu  Irinken.  Die- 
selben sind  von  denen,  die  unter  den  Thoren  gehütet  haben, 
ibgewiesen  und  besonders  durch  einen,  genannt  Brattcnler, 
Schulcheiss  in  der  mindern  Stadt,  öffentlich  gemündt  und  au- 
, gezogen,  dann  sj  wollents  von  uns  von  Sololurn  nit  liden.  Solche 
Schmach,  dasa  sie  oder  die  Ihren  vor  andern  laut  bescbrüwen 
igerogen  werden,  geht  ihnen  und  besonders  dem  gemeinen 
Volk  zu  Stadt  und  Land  nicht  klein  zu  Herzen,  da  sie  weder 
Basel  noch  dem  Brattenler  Ursach  gegeben  haben ,  sie  von 
den  Eidgen.  zu  sondern,  zu  schmutzen  und  öffentlich  zu  berufen; 
und  ob  ihnen  auch  einer  der  Ihren  (von  Solothum)  cinichorlei 
lUniucbt  tugefügt  hat,  so  ist  Solothurn  solches  verborgen  und 
es  um  Strafe  nicht  ersucht.  Nun  haben  S.s  Hauptleule  im  Feld 
'.■u  Platten  dem  Zunftmeister  Peter  Offenburg  solche  berüffung 
vorgebracht  und  der  hat  solche  Klage  angenommen.  Bitten 
den  Brattenler  zu  strafen  und  ihnen  seine  Strafe  kund  zu 
tbun.     S.   M. 

Bern  an  Basel. 

Mai  28.  Vernehmen,  wie  der  Feind  an  Basel  Werbung 
fctban,  ihm  Liestall,  Waidenburg  und  andere  Orte  ihrer  Land- 
schaft wider  sie  und  die  Eidgen.  zu  offnen  und  dass  dem  Feind 
darauf  nachlassung  geschehen  sein  soll.  Wenn  sie  dem  auch 
zunächst  keinen  Glauben  schenken  wollen,  so  bitten  sie  Basel 
doch,  die  den  Eidgen.  gemachten  Zusagen  zu  halten. 

An  Lieslall  und  Waidenburg:  Haben  von  ihren  Hauptlenten 
vil  gÖtz  willens  und  fruntlicher  bewisung  denselben  durch  sie 
geschehen  vemomromcn,  und  da  sie  von  allerlei  ungebürlicher 
Handlung  etlicher  untogenlichcr  Personen  vernommen  haben, 
bitten  sie  das  solchen  zuzumessen;  wenn  Bern  deren  Namen 
nur  erfahren  könnte,  so  würde  angemessene  Strafe  erfolgen. 
iMftteilung  von  jenem  Gerücht.  Bitten,  ihre  Orte  gemäss  dem 
Zusagen  ihrer  Oberkeit  dem  Feinde  nicht  zu  öffnen. 

Gleichzeitig  Schreiben  an  den  Hauptmann  Niciaus  «ur 
Kinden:  Haben  von  der  Botschaft  aus  Burgund,  von  dem 
Berm  von  Varenbon  und  andern  verslanden,  dass  im  Sundgau 
an  1500  reisiger  Pferde  und  viel  zu  Fuss  vorhanden  und  daxu 
die  Landsassen  daselbst  und  im  Elsass  all  anheimscb  und 
beschieden  sind,  denselben  platz  zä  behüten.  Bei  seiner  kleinen 
^«hl  mag  Gl  sieb  daher  nicht  zu  weit  hinausthun.  sondern  in 
dem  Gebirg  und  auf  den  rick  und  passen  bleiben  und  die  ver- 
üben. 

Mai  ag:  an  Lieslall  und  Waldenbnrg:  Vernehmen,  wie  6000 
Feinde  gen  Muttenz  gelagert  sind  und  beabsichtigen  bi  uch  zu 
Eilten  um  nähere  Mitteilung;  sind  bereit,  Leib  und  Gut 
10  ihnen  zu  setzen. 


ini42  Witte. 

Desgl.  an  die  Hauptleute  ins  Feld. 

Desgl.  an  Sölothurn,  dass  die  Hauptleute  Befehl  haben, 
getreu  Aufsehen  auf  sie  zu  halten. 

In  der  Nacht  schreiben  sie  nochmals,  dass  denen  von 
Liechstall  von  denen  von  Basel  begegnet  ist,  woran  sie  kein 
Gefallen  haben.  Sölothurn  mag  gut  uffsehen  haben  und  wenn 
es  notwendig  erscheint,  beide  Plätze  mit  einem  Zusatz 
versehen. 

An  Liehstall  und  Wallenburg  ebenfalls  in  der  Nacht:  Nach- 
dem Basel  ihnen  den  z&m  aufgelegt  und  alle  entschÄttung 
abgeschlagen  hat,  erbietet  sich  Bern  zur  Hülfe. 

Juni  2.  befiehlt  Bern  den  Rückzug,  da  die  Eidgen.  ans  dem 
Feld  gezogen  und  zu  versehen  ist,  dass  der  Feind  sich  wider 
die  Berher  wenden  wird,  die  dem  Feind  an  Zahl  und  Geschütz 
nicht  gewachsen  sind.     B,  M. 

Bern  an  Luzern. 

Mai  29.  Die  gen  Auxonne  zur  Erkundung  des  Geschützes 
ausgefertigten  Boten  sind  zurückgekommen  und  haben  laut  bei- 
liegendem Zettel  erzählt,  was  sie  an  Artillerie  gefunden.  Bezüg- 
lich der  Fertigung  des  Geschützes  hat  der  Prinz  darauf  hin- 
gewiesen, dass  es  dem  Erzherzog  (Philipp)  ungebürlich  sein  würde, 
solches  Geschütz  wider  seinen  Vater  durch  die  Grafschaft 
passieren  zu  lassen.  Der  Transport  ist  nach  den  Boten  ausser- 
dem mit  geringeren  Kosten  durch  das  Herzogtum  Savoyen  zu 
bewerkstelligen.     B.  M, 

Liestall  an  Bern. 

Mai  30.  Erwidern,  dass  ganz  nichts  an  dem  ist,  sondern 
dass  Basel  sie  hält  als  lieb  Herren  mit  allen  freundlichen  Er- 
bieten und  tröstlichen  Zusätzen,  Leib  und  Gut  zu  uns  zu  setzen, 
und  besonders  ist  Basels  Befehl,  Bern  als  lieben  Eidgen.  und 
Nachbarn  Liebe  und  Freundschaft  zu  beweisen. 

Sölothurn  an  Bischof  v.   Basel, 

Mai  30.  Sind  durch  die  Kriegsverhältnisse  dazu  gezwungen 
worden,  das  Städtlein  Laufen  zu  ihren  Händen  zu  nehmen,  und  da 
nun  leider  ietz  allenthalb  in  den  gemeinden  nit  uberige  gehorsame 
wurt  erfunden  werden,  damit  der  Bi.  dann  von  den  Eidgen.  der 
Nachrede  vertragen  bliebe  und  seine  armen  Leute  desto  besser  von 
Freund  und  Feind  beschirmt  werden  möchten,  so  bitten  sie, 
solches  ihr  Fürnchmen  geschehen  zu  lassen  Und  deshalb  unklai:- 
bar  gegen  irgend  jemand  in  Frieden  zu  leben.  Wollen  dann 
nach  dem  Frieden  ihm  das  Städtlein  wieder  zu  Händen 
stellen.      S.   M. 


Geschichte  des  Schwabenkriegs.  1^143 

Der    Eidgen.   von   Städten  und  Ländern   Hauptleute, 
jetzt  zu  Schaffhausen,  an  Bern. 

Mai  30.  Bestätigen  Empfang  der  Entschuldigung  ihres  Aus- 
bleibens. Also  sind  wir  jetzt  abermals  im  Hegau  gewesen  und 
baben  allda  den  Feind  gesucht  und  ernstlich  auf  ihn  gestreift 
und  gebrannt  und  wiewohl  er  nach  gemeiner  Rede  stark  zu 
Ross  und  Fuss  ist,  so  hat  er  sich  doch  nicht  blicken  lassen. 
Darauf  sind  sie  auch  aus  dem  Feld  gezogen  und  Zürich  wird 
zu  weitern  Beratung  jetzt  einen  Tag  anberaumen.  Unter  Ludwig 
Seilers  Insiegel.     S.  D.-S. 


Vogt  zu  Honburg  an  Basel. 

Mai  30.  Also  sind  die  von  Bern  mit  2500  Mann  aus- 
gezogen und  die  von  Solothurn  mit  600  in  den  Frygen  Berg 
und  die  Eidgen.  sind  zu  Luzern  bei  einander  gewesen.  Da  hat 
eine  Botschaft  des  Hz.  v.  Mailand  Geleit  begehrt  zum  röm.  Kg., 
das  ihr  zugesagt  ist.  Auch  Basels  ist  gedacht:  gehe  es  ihnen  im 
Oberland  wohl,  so  müssten  die  von  Basel  ihnen  helfen,  die 
Städte  am  Rhein  niederzuschiessen  oder  sie  wollten  ihnen  das 
Land  einnehmen.  Sie  reden  auch  fürwahr,  dass  sie  das  Korn 
in  dem  Frickthal  schneiden  wollen.     Basel.  A. 


Wolfgang  Gr.  zu  Fürstenberg,  Landhofmeister,  an  des 
Bundes  Hauptleute  und  Räte  zu  Überlingen. 

Mai  31.  Hüfingen.  Als  er  kürzlich  von  dem  Markgrafen 
(Christof)  und  ihnen  geschieden  ist,  um  Hz.  Ulrichs  gezug, 
desgl.  seinen  Bruder,  auch  die  vom  Sundgau,  Breisgau  und  Elsass 
zu  empfangen,  teilt  er  mit,  dass  Hz.  Ulrichs  Volk  in  der  Nacht 
und  heute  zum  Teil  gekommen  ist  und  noch  daher  zieht,  und 
er  ist  heute  gen  Hüfingen  geritten  und  hat  da  derer  von  Sund- 
gau, Breisgau  und  Elsass  Hauptleuten  üwer  mainung  zu  erkennen 
gegeben,  nämlich  dass  sie  einen  Monat  mit  den  andern  ziehen 
sollen.  Solches  haben  die  Hauptleute  an  ihre  rotmaister  und 
waibel  gebracht  und  von  diesen  die  Antwort  erhalten:  sie  sicn 
allain  ussgeschickt  die  belegerten  zu  Stockach  helfen  zu  retten 
und  weder  mit  zelten  oder  ander  in  veld  gehurig  fürsehn,  ain 
iDonat  in  veld  zu  bliben,  darumb  si  solicher  begere  nit  stattün 
konden.  Er  will  jedoch  seinen  Bruder,  den  er  stündlich  erwartet, 
und  den  von  Castelwart  zu  Hülfe  nehmen  und  hofft,  doch  die 
Leute  dazu  zu  bringen.  Mögen  ihm  von  stund  an  mitteilen,  uff 
welchen  tag  er  uff  sein  und  an  welche  malstatt  er  ziehen  soll, 
so  will  er  Hz.  Ulrichs  gezüg,  desgl.  seinen  Mrudcr  und  die  von 
Sundgau,  Breisgau  und  Elsass  mit  sich  nehmen.  Ihre  Antwort 
erwartet  er  hier  zu  Hüfingen,     l,  A, 


mi44  Witte. 

Graf  Heinrich  v.  Fürstenberg  an  Statthalter  und  Räte 
zu  Freiburg. 

Mai  31.  Waldshut.  Heute  im  Feld,  als  er  für  Waldshut 
hinaus  gen  Fuetzen  solt,  hat  er  2  ihrer  Briefe  mit  eingelegter 
Kopie  des  Schwäbischen  Bundes  an  Herrn  Cunrat  v.  Schellen- 
berg und  der  Statthalter  und  Räte  zu  Altkirch  Schreiben  an  sie 
erhalten.  Bezüglich  des  Abziehens  hat  er  vor  Ankunft  ihrer 
Schrift  von  niemand  Bericht  empfangen;  darumb  er  von  stund 
wider  umbgekert  hat  und  mit  dem  zewg  auf  ihren  Rat  her- 
gezogen ist.  Und  so  sich  nun  die  Räte  zu  Altkirch  hoch 
beklagten  und  eine  Warnung  über  die  andre  erhalten,  weiss  er 
nicht,  wie  er  sich  furter  halten  soll,  und  hat  deshalb  den  Räten 
von  Überlingen,  auch  seinem  Bruder  und  Cunrat  v.  Schellenberg 
um  Bescheid  geschrieben.  Bittet  sie  ebenfalls,  auf  der  Räte  zu 
Altkirch  Begehr  ihr  Gutdünken  on  alles  verziehen  ihm  zu 
berichten,  damit  kein  Versäumnis  daniden  geschieht,  und  wie  er 
sich  halten  soll,  damit  dem  Kg.  kein  unwiderbringlicher  Schaden 
daraus  erwachse.     I.  A. 

Peter  Offenburg  an  Basel. 

Mai  31.  Als  er  gen  Reinfelden  gekommen  ist,  befand  er 
allerlei,  so  durch  Liestal  gegen  Reinfelden  gehandelt  sein  soll, 
weshalb  zu  besorgen,  dass  seinem  Auftrag  dadurch  etwas  Behin- 
derung geschieht.  Der  Zug,  so  heruff  gezogen,  hat  sich  gewent 
und  zieht  wieder  herab  enet  Rheins  ob  Rheinfelden.  Der  von 
Strassbg.  sind  etliche  zu  Rheinfelden  und  die  welsche  Garde  zu 
Swerstat  und  alle  in  Willen  morgen  zu  Nacht  um  Rheinfelden 
zu  lagern.     Basel.  A. 

Jakob  Ysenle,  Vogt  zu  Farnsperg,  an  Basel. 

Juni  I.  Vernimmt  durch  den  Vogt  zu  Frick,  wie  die  freien 
Knechte  noch  zu  Laufenburg  seien,  und  wehren  die  von  L.  so 
gut  sie  können  und  wollen  sie  nicht  hinüberlassen;  aber  die 
von  Strassburg  und  andere,  so  auch  hinaufgezogen  sind,  werden 
morgen  zu  Laufenburg  durchgelassen  werden;  dieselben  drohen 
uns  auch  vast  und  werden  alle  wieder  gen  uns  herabziehen, 
denn  die  Eidgen.  sind  aus  dem  Hegau  auch  wieder  heim- 
gezogen. Zudem  so  sind  die  von  Säckingen  heute  auch  heimlich 
ausgezogen;  können  noch  nicht  erfahren,  wohin  dieselben  gerückt 
sind.  Basel  und  ihnen  wird  so  gar  merklich  gedroht,  dass  sie 
husen  ganz  nicht  zufrieden  sind;  denn  wahrlich  sagt  er  ihnenü 
dass  ihm  eine  Warnung  über  die  andere  kommt  und  er  ist  z, 
vil  dorecht,  wie  er  sich  darin  schicken  soll,  damit  er  kein  uiber- 
hesplin  macht.     Basel  A. 

(Fortsetzung;  folgt  im  nächsten  Bande.» 


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STANFORD.   CALIFORNIA 

9450';