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Full text of "Zeitschrift für die deutsch-österreichischen Gymnasien"

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ZEITSCHRIFT 

lur  <Ho 

Österreichischen 

GYMNASIEN. 


-oeö»«- 


Vcrantwortliclie  Redactcure: 


J.  O.  Seidl,  H.  Bonitz,  J.  Mozart. 


Kiiner  JalirKaiiK« 
1860. 


sjyaasr» 


Druck  und  Verlag  von  Karl  Gcrohrs  Sohn. 


-■•*•■.        * 


••• 


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•  •       ■    •  •  « 


Inhalt  des  eil  den  Jahrganges 

der 

Zeitschrift  für  die  dsterreicliisrlien  Gymnasien. 


Krste  AlitheUmBir. 

AbhaiuUunoen. 

Kritische    Bemerkungen    zu    Cicero   de    U§iöu$.      Von    J.    Vahlen. 

S.  1-32. 
Ober   den   Begriff  der   deutschen  Philologie.    Von  Rudolf   v.  Raum  er. 

S.  85—96. 
Über    den    Schluss    des    Cap.    I.    im    Agricola    des    Tacltus.      Von    J. 
Meister.  S.  96—102. 

Über   das  VII.  u.   VIII.   Buch   der   llias.    Von  J.    L  a   R  o  c  h  e. 

S.  153—172. 
Zur   Kritik  und    Erläuterung    einzeluer   Stellen   aus   griechischen    und 
römiaehen  Schriftstellern. 

A*  (1.  Zu  Platon's  Charmidea  p.  \hh  d.  —  2.  Zu  Platon's  La- 
ches  187  e,  188  d,  199  e,  Eutyphron  8  d.  —  3.  Zu  Sopho- 
kles' Oedipus  Tyrannos.  V.  1495  u.  1513.  —  4.  Zu  Theo- 
phrastos'  Charakterbildern ,  C.  3).    Von  Dr.  K.  Schenkt. 

S.  173-181. 
fi.  (Zu  Eurip.   Ipb.  Aul.  V.  1464  ff.    —    Iph.  T.  V.  276  ff.    — 
Iph.  T.V.  494  ff.).    Von  J.  Kvidala.  S.  181—185. 

G«  (Zu  Tac.   Agric.   G.   9.)*     Von  Weniel   K 1  o  u  6  e  k. 

S.  185-186. 
Über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte.    Von  H.  Bonitz. 

S.  241—246. 
Leopold  111.   und   die   Schweizer   Bunde.    Von    0.    Lorenz. 

S.  277-310. 
Aus  der  Schule.    Von  W.  Zach.  Ressel.  S.  310—325. 

Bemerkung  zu   dem   vorstehenden   Aufsatze.    Von   H.   Bonitz. 

S.  326—335. 
(}ber  die  Mitbeschäftigung  der  Schüler  mit  dem  Gegenstande  des  Unter- 
richtes. Von  A.  Wilhelm.  S.  335—338. 
Ovidius  und  Liyius.    —    Zu   Tacitus'  Annalen,    Buch   1  u.  2.    —   Die 
Excerpte    aus    den    Briefen    des    Symmachus    in   dem   Speculuui 
historiaece  des  Vincenlius  Bellovacensis.     Von  K.  Schenkt. 

S.  401—416. 


IV 

Zo  Platon's  Laches.    Von  Stephan  Cholava.  S.  416. 

Ober  die  Behandlung  der  lateinischen  und  der  griechischen  Leclurc 
an  dem  Gymnasium.    Von  A.  Wilhelm.  S.  417—433. 

Vergl.  S.  705—708. 

Ober  Behandlung  der  griechischen  Grammatik  in  den  oberen  Classcn 
des  Gymnasiums.    Von  A.  Wilhelm.  S.  433—440. 

Eniehung  und  Unterricht  mit  Rücksicht  auf  Gymnasien.  (2.  Artikel. 
Fortsetzung  von  Uft.  11  der  österr.  Gymn.  Ztschrfl.  f.  d.  J.  1859. 
S.  849  ff.).    Von  G.  Lindner.  S.  440-451. 

Zur  Erklärung  des  Horatius.    Von  W.  Klou6ek.  S.  481—484. 

Anmerkung  zu  dem  voranstehenden  Aufsatze.    Von  H.  B  o  n  i  t  z. 

S.  484-485. 

Über  den  zoologischen  Unterricht  im  Obergymnasium.  Von  Oscnr 
Schmidt.  S.  486—492. 

Ober  die  Anordnung  des  Lehrstoffes  der  lateinischen  Grammatik  an  dem 
Gymnasium.    Von  A.  Wilhelm.  S.  492—504. 

Ober  die  schrifllichen  Übungen  im  griechischen  Unterrichte  am  Ober- 
gymnasium und  über  den  Gebrauch  commentierter  Schulausgaben 
von  griechischen  und  lateinischen  Glassikern.  L  II.  Von  k. 
SchenkL  S.  505—515.  698—705. 

Nachträgliche  Bemerkungen.    Von  K.  SchenkL  S.  705—707. 

Schulausgaben  mit  Gommentaren.  Ein  Rettungsversuch.  Von  L.  Viel- 
haber. S.  515—531. 

Die  Gonstruction  der  lateinischen  Zeitpartikeln.  I.  IL  Von  Dr.  Emanuel 
Hoffmann.  S.  569—606.  653—697. 

Die  Interpretation  der  griechischen  und  römischen  Glassiker  an  unseren 
Gymnasien.    Von  H.  Bonitz.  S.  607—625. 

Zur  Verständigung.    Von  A.  Wilhelm.  S.  626. 

Einige  Bedenken  gegen  die  Abhandlung  «Ober  die  Behandlung  der  la- 
teinischen und  der  griechischen  Leetüre  an  dem  Gymnasium.* 
Von  A.  Fleischmann.  S.  707—710. 

Ober  den  Hiatus  und  die  Elision  in  der  Gäsur  des  dritten  Fulses  und 
der  bukolischen  Diaerese  bei  Homer.    Von  J.  La  Roche. 

S.  749—779. 

Nachträgliches  über  lateinische  Grammatik,  commentierte  Glassikeraus- 
gaben  und  griechische  Obungen  am  Obergymnasium.  Von  A. 
Wilhelm.  S.  780—787. 

Ober  die  Ordnung  der  Leetüre  der  Prosaiker  und  der  Dichter  am  Gym- 
nasium.   Von  St  Gholava.  S.  787—790. 

Zor  Erklärung  des  Sophokles.    Von  St.  Gholava.  S.  833—836. 

Ober  daa  w  B<pBX%v0tt%op  in  Hyperides.    Von  Johann  Lifsner. 

S.  836-839. 

Ober  die  Lautv ermittelang  im  Polnischen.    Von  B.  Trzaskowski. 

S.  840—842. 


Uierariteke  Änaefffen. 

Ae§ekfii  quae  supersumi  tragcBdlae.  Vol.  /.  Seci.  II.  Choepkart, 
rte.  B.  Weil.  eUMtu,  Ricker ^  i86Q.  aogez.  v.  A.  Ludwig. 

S.  711—718. 

Bättmlein  (\¥.),  H  olzer  (G.)  und  Ri  eckher  (J.),  Themata  lur 
griechiscboD  Compositioo  u.  8.  w.  Stuttgart,  J«  B.  Metzler,  1859. 
aDgez.  V.  J.  K  V  i  d  a  1  a.  S.  652—567. 

BaumleiD  (W.)»  Holzer  (G.)  und  RIeckher  (J.),  Griechische 
Obenetzung  der  Themata  zur  griechischen  Gomposition.  angez.  v. 
J.  Kyi6a]a.  S.  557—558. 

Barth  (Dr.  A),  Reisen  und  Entdeckungen  in  Nord- und  Gentral-Africa. 
Im  Auszuge  bearbeitet  2  Bde..  mit  e.  Obersichtskarte  von  Dr.  A. 
Petermann.  Gotha,  J.  Perthes,  1859—1860.  angez.  v.  K.  B. 
Heller.  S.  466— 470. 

Berghaus  (Herrn.),  Allgemeine  Erdkarte  in  Mercator's  Projection u. s. w. 
Gotha«  J.  Perthes,  1859.  angez.  v.  A.  Steinhaus  er.        S.  375. 

Brosig  (Moria),  Ghoralbuch  für  den  kath.  Gottesdienst  2.  Aufl.  Bres- 
lau, Leuckart.  angez.  v.  Dr.  E.  Hanslick.  S.  733.  734. 

Gesangbuch  für  katholische  Gymnasien.  Breslau,  Leuckart,  1854. 

angez.  y.  Dr.  E.  Hanslick.  S.  734. 

CaDDabJch  fJ.  G.),  Kleine  Schulgeographie.  Neu  bearb.  von  Prof. 
Dr.  Fr.  M.  OerteL  Weimar,  Voigt,  1859.  angez.  v.  A.  Steic« 
haus  er.  S.  129.  130. 

Cholevius  (L.),  Dispositionen  und  Materialien  zu  deutsehen  Auf* 
sitzen  u.  s.  w.  Leipzig,  B.  G.  Teubner,  1860.  angez.  v.  Dr.  K. 
Reich el.  S.  807-809. 

Cobet  (C.  J.),  Noeae  iectftmes  etc.  Leyden,  C.  J.  Brill,  1858.  angez. 
V.  K.  Sc  h  e  n  k  I.  S.  843—867. 

Cornelius  (Nepos),  s.  Nepos. 

Curtius  ((^org),  Grundzuge  der  griechischen  Etymologie.  ].  TheiL 
Leipzig,  B.  G.  Teubner,   1858.    angez.  v.  L.  Lange. 

S.  103—120. 

Decker  (A.),  Lehrbuch  der  Algebra  für  0b*r-6}mnasien  und  Ober- 
Realschulen.  Troppau,  0.  Schüler,  1859.  angez.  v.  A.  Ger- 
nerth.  S.  69— 74. 

Dencke  (E),  Geographische  Tabellen,  s.  Grautoff. 

De  ose  hie  (Dr.  J.),  Homerische  Formenlehre,  auf  Grund  der  «kurze». 
Übersicht  über  die  Formen  des  Homerischen  Dialektes  von  E.  A. 
Wigand.*  Beriin ,  Th.  Ghr.  Fr.  Enslin,  1859.  angez.  v.  K. 
Schenkt.  S.  353—355. 

Dübner  (Fed.),  Grammatiea  elementare  e  praiica  deila  limgum  ffreca. 
Trad.  dl  K.  Ferrai.  P.  /.  firetne,  F.  Paggi^  1867.  angez.  v.  K. 
S  c  h  e  n  k  1.  S.  345. 

Fi  eher  (Dr.  A),   Bevölkerung  der  österr.  Monarchie.    Gotha,  Perthes, 

1860.  angez.  v.  A.  Ste  in  hauser.  S.  A09— 817. 

Anmerkung  der  Redaction  hiezu.  S.  812—813. 

Gaotter  (Ludw.),  Volksgesangschule  u.  s.  w.  2  Hfte.  Stuttgart,  Metz- 
ler» 1854.  angez.  y.  Dr.  E.  Hanslick.  S.  734. 

Gtifsler,  Hundert  Jugend-  und  Volkslieder  für  Schule  und  Haus. 
3.  Abdr.  Leipzig,  Bock,  angez.  v.  Dr.  E.  Hanslick.         8.  733. 


VI 

(fiesebrecht  (\V.),  Geschichte  der  Kaiserzcil.  1.  Bd.  Gründung  des 
Kaiscrlhums.  *i.  Aufl.  Mit  e.  Übersichtskarte  v.  H.  Kiepert, 
Üraunschweig ,   Schwetschke ,  1860.  angez.  v.  0.  Lorenz. 

S.  49-57. 

Gottschiok  (A.  F.)y  Beispielsammlung  zum  Übersetzen  aus  dem 
Deutschen  in's  Griechische.  1.  Hft.  Berlin,  K.  GSrtncr,  1858.  angez. 
V.  K.  Sehen  kl.  S.  348.  349. 

Grammatiken  der  italienischen  Sprache,  angezeigt  v.  A. 
Mussafii.  S.  193—218. 

Grautoff  (H.) ,  Geographische  Tabellen  u.  s.  w.  neu  herausg.  v.  E. 
Dencke.  7.  Aufl.  Lübeck,  E.  Asschenfeld,  1859.  angez.  v.  J. 
P lasch nik.  S.  880—882. 

Grube  (A.  W.),  Natur-  und  Gulturleben  in  vergleichenden  Bildern. 
1.  Bändchen.  Wiesbaden,  Krcidel  u.  Niedner,  1859.  angez.  v.  K.  B. 
Heller.  S.  130—134. 

Hartwig  (Dr.  Georg),  Die  Tropenwelt  im  Thier-  und  Pflanzenreich. 
Wiesbaden,   kreidel  u.  Niedner,   1860.   angez.  v.  K.  B.  Heller. 

S.  885-887. 

Ho  ff  mann  (K.  A.),  Abriss  der  Logik.  Klausthal,  Grosse,  1859.  angez. 
V.  W.  Volk  mann.  6.  221—223. 

Holicr  (C.),  Themata,  s.  Bau  ml  ein. 

Holzschnitte,  sechs ,  zur  Charakteristik  der  sechs  Erdtheile.  Illu- 
strationen zu  Dr.  C.  VogeTs  Natur-  und  Landsohaftsbildern u.  s.w. 
Leipzig,  J.  G.  Hinrichs,  1859.    angez.  v.  A.  Stein  haus  er. 

S.  219.  220. 

Uomeriea  iCarminä),  immamuel  Bekker  emendabai  et  aänotaöai. 
2  toii,  B0nnae,  UarcuM,  i8S8.    angez.  v.  J.  La  Roche. 

S.  532-552. 

Hess  (Dr.  Ph.  K.)>  Anleitung  zum  Übersetzen  aus  dem  Deutschen  in's 
Griechische.  6.  Aufl.  Frankfurt  a/N.,  H.  L.  Brönner,  1858.  angez. 
V.  K.  SchenkL  S.  349-351. 

Hoitenrott  (H.),  Obungsbuch  für  den  ersten  Unterricht  in  der  grie- 
chischen Sprache.  2.  u.  3.  Tbl.  Köln ,  Du-Mont-Schauberg,  1857. 
angez.  v.  K.  SchenkL  S.  345—348. 

Ingerslev  (C.  F.),  Lateinisch-deutsches  Schulwörterbuch.  2.  Aufl. 
Braunschweig,  F.  Vieweg  u.  S.,  1855.  angez.  v.  K.  Hai  der. 

S.  867—876. 

Kepleri  {JornmU)  Opera  onmia  edtdii  Chr.  F riech.  FtaHcofiurti ei 
ErUmgae ,  ffepder  ei  Zimmer,  i8S8,    angez.  v.  K.  v.  Littrow. 

S.  376.  377. 

Rlöden  (G  A.),  Handbuch  der  Erdkunde.  1  Bd.  u.  2.  Bd.  S.  1— 57«. 
Berlin,   Weidmann,  1858—1859.   angez.  v.  E.  Suefs. 

S.  361-374. 

Klun  (Dr.  V.  F.),  Allgemeine  und  Handelsgeographie  u.  s.  w.  1.  Tbl. 
Allgemeine  Geographie.  Wien,  C.  Gerold's  Sohn.  1860.  an^c?» 
V.   A.  Steinhauser.'  S.  718—730. 

Köpke(Rud.),  Deutsche  Forschungen.  Die  Anfange  des  Königthums 
bei  den  Gothen.  Berlin,  Weidmann >  1859.  angez.  v.  M.  Bü- 
dingen S.  57— 61. 

Kothe  (Beruh.),  Katholische  Männerchöre  u.  s.  w.  Oppeln,  W.  Clar. 
angez.  v.  Dr.  E.  Hanslick.  S.  734. 

Kreuser  (J.),  Griechische  Formeulchrc.  Paderborn,  F.  Schöningh, 
1856.  angez.  v.  K.  SchenkL  S.  339— 34.'i 

Kriebitzsch  (K.  Th.),  Musterstücke  und  Erläuterungen  u.  s.  w. 
Glo^au ,  K.    Flcmming,    J858.    angez.    von  K.  Reiche  1. 

S.  876-878. 


VII 

LaDsing  (Fra.),  Bilder  aus  der  Länder-  und  Vülkerkunde  u.  s.  w. 
0:MUibriiek ,   Rackbont ,  1869.    angei.  v.  J.  P  t  a  9  c  h  n  i  k. 

S.  124— las. 

Leu  nie  (Dr.  Job.),  Synopsis  der  Naturgeschichte  des  thierreiches. 
t.  Aüfl     Hannover,  Hahn,  18^.  anges.  v.  K.  B.  Heller. 

S.  SSa— S86. 

Leutemann  (H.),  Sechs  Holzscbnitte  zu  Dr.  G.  Vogels  geogr.  Wer- 
ken, s.  Holisohnitte  u.  C.  VogeL 

Lorinser  (Dr.  Gust),  Botanisches  Excursionsbuch  für  die  deutsch- 
Qsterr.  KronISnder  u.  s.  w.  2.  Aufl.  Wien,  Tendier  &  Comp.,  1860. 
angez.  y.  K.  B.  Heller.  S.  813—815. 

Miblbrecbt  (Tbeod.),  Theoretisch-praktische  Gesangschule  für  Gym- 
nasien u.  a.  w.  Hannover,  Hahn,  1855.  angei.  v.  Dr.  E.  Uant- 
I  i  c  k.  8.  734. 

Nepoe  ((^melius),  erklart  v.  J.  Siebeiis.  Leipzig,  J.  ß.  Teubner, 
1859.  (Ober  Nepos  als  SchuUectürc.)    Von  L.  Vielhaber. 

S.  452—462. 

Nepos  als  Schullecture,  s.  Nepos.  S.  452—459. 

Oertel  (Dr.  Fr.  Bf.),  (^nnabich's  kleine  Sobulgeograpbie ,  s.  Can-^ 
n  ab  ich  (J.  6,). 

Pkiioiirate,  TraM suria  Gpmnoitigue  eic,  par eA,  Daramberp, 
Fmrif,  Oiäat,  iaS8.  angez.  v.  K.  Sehen  kl  S.  791—798. 

Pkiioiirmie  mr  ia  Gpwuuutigue  eU.  par  Minoide  Mpnat,  Paris, 
B,  BosMonge  jr  Pii*9   ^SS8.    angez.   v.  K.  Sehen  kL 

S.  798—800. 

Pkilotiraii,  de  ii^iiö  ntpl  y9(ipaan%^9  reemu  reperlo  ser.  C,  J, 
C§beL    Lugdmi  B,,  E,  J.  BriU,  1869,  angez.  v.  K.  Schenk L 

S.  800—806. 

P  i  n  d  a  r^s  Siegetgeeinge.  Deutsch  von  J.  J.  G.  Donner.  Leipzig  und 
Heidelberg ,    Winter .    1860.    angez.  v.  A.  Ludwig. 

S.  627—632. 

—  -  Die  Siegeegesinge y  in  einer  Auswahl  u.  s.  w.  von  Wilh.  Furt^ 
wi n  gl  e  r.  Freiburg  i.  Br.,  Wagner,  1859.  angez.  v.  A.  Ludwig. 

S.  632-636. 

Ptasehnik  (J.),  Leitfaden  beim  Lesen  der  geographischen  Karten, 
t.  Aufl.   Wieu,  F.  Beck,  1861.  angez.  v.  A.  Stein  haus  er. 

S.  878—880. 

Pute  (Wilh.),  Charakteristiken  zur  vergleichenden  Erd-  und  Völker- 
kunde. 1.  Bd.  Köln,  Du  Mont-Scbauberg  1859.  angez.  v.  K.  To- 
mas che  k.  S.  65-66. 

Q  u  o  s  s  e  k  (J.)  ,  Praktische  Anleitung  zur  Erlernung  der  griechischen 
Sprachelemente.  2.  Aufl.  Köln  und  Neufs,  Schwann,  1859.  angez. 
V    K.  Sehen  kl.  S.  351—353. 

R  i  e  c  k  h  e  r  (J.),  Themata,  s    B  S  u  m  1  e  i  n. 

Schenkt  (Dr.  K.) ,  Obungsbucb  zum  Übersetzen  aus  dem  Deutschen 
und  Lateinischen  in's  Griechische.  Prag,  Tempsky,  1860.  angez. 
V.  J.  K  V  i  6  a  1  a.  S.  558—560. 

Scbletterer,  Zwölf  Psalmen  für  dreistimmigen  Männerchor.  Stuttgart, 
J.  B.  Ifetzler,  1857.  angez.  v.  Dr.  E.  Hans  1  ick.  S.  738. 

Scbmid  (K.  A.),  Vorübungen  zur  griechischen  Chrestomathie  u.  s.  w. 
2.  Aufl.  Stuttgart,  J.  B.  MeUler,  1855.    angez.  v.  J.  Kvidala. 

S.  120-122. 

Schöppner  (Alex.),  Hausschatz  der  Länder-  und  Völkerkunde.  Leip- 
zig, J.  J.  Weber,  1858.  angez.  v.  K.  T  o  m  a  s  c  h  e  k.    S.  64—66. 

Schrön  (Dr.  L.),  Siebenstellige  Logarithmen  der  Zahlen  von  1  bis 
108000  u.  8.  w.  Braunschweig,  Vieweg  &  Sohn,  1860.  angez.  v. 
K.  v.  Littrow.  S    815-817. 


TIU 

Siedler  (Dr.  H.)«  Das  Wichtigste  aus  der  Lehre  von  dem  durch  Gon- 
junctionen  und  Relativa  erweiterten  Satze  u.  s.  w.  im  Latei- 
nischen.   Lissai  Günther,  1869.  angez.  v.  L.  Viel  h  ab  er. 

S.  122.  123. 

Sophokles.  Für  den  Schulgebrauch  erklart  von  0.  Wolf.  1.  Tbl. 
Ajax.    Leipzig,  B.  6.  Teubner,  1868.    angez.  y.  H.  Bonitz. 

S.  38—48. 

Stammer  (Dr.  K.),  Lehrbuch  der  Physik.  Lahr,  Schauenburg  &  C, 
1868—1869.    angez.  y.  Ed.  Reitlinger.  S.  642—644. 

Stein  (Dr.  D.),  Kleine  Geographie  u.  s.  w.  von  Prof.  Dr.  G.  Th.  Wag- 
ner. 26.  Aufl.  Leipzig,  J.  G.  Hinrichs,  1860.  angez.  v.  A.  Stein- 
hau s  er.  S.  128.  129. 

Stiel  er  (Ad.),  Neue  Bearbeitungen  zu  dessen  Handatlas  aus  dem 
J.  1868.    Gotha,  Perthes.  1869.    angez.  v.  A.  Steinhauser. 

S.  67—70. 

Tipp  mann,  Liederbuch  für  mittlere  und  höhere  Schulen.  3  Hefte. 
Wien,  k.  k.  Staatsdruckerei,  1868.  angez.  v.  Dr.  E.  Hanslick. 

S.  732—733. 

Vani6ek  (AL),  Schematismus  der  osterr.  Gymnasien  und  Realschulen 
für  das  Schuljahr  18**/««*  U*  Jahrg.  Prag,  Tempsky,  1860.  Bespr. 
T.  H.  Bonitz.  S.  746—748. 

Vogel  (J.  G.),  Illustrationen  zu  dessen  Natur-  und  Landschaftsbildem 
u.  s.  w.  gezeichnet  von  H.  Leutemann,  geschnitten  v.  J.  G. 
FlegeL  s.  Holzschnitte. 

Vogel  0>r.),  Geographische  Bilder  zur  LSnder-  und  Volker-Physiogno- 
mik. 1.  Lieferung.  Garlsruhe,  J.  Veith,  1869.  angez.  v.  A.  Stein- 
hauser. S.  462—466. 

Wagner  (Dr.  G.  Th.),  Stein*s  kleine  Geographie,  s.  Stein  (Dr.  D.). 

Wiggers  (Julius  und  Moritz),  Grammatik  der  italienischen  Sprache 
nebst  Abriss  der  italienischen  Metrik.  Hamburg,  Hoffmann  und 
Campe,  1859.  angez.  ▼.  A.  Mussafia.  S.  193—218. 

Wittstein  (Dr.  Theod.),  Fünfstellige  logarithmisch-trigonometrische 
Tafeln.    Hannover,  Hahn,  1869.    angez.  v.  Dr.  K.  Hörn  stein. 

S.  220.  221. 

Wolf  (Steph.),  Lateinisches  Übungsbuch  für  die  2.  Glasse  der  österr. 
Gymnasien.  Wien,  L.  W.  Seidel,  1869.  angez.  v.  F.  Hocb- 
egger.  S.  366—361. 

—  •—  Lateinische  Elementargrammatik  lür  die  1.  u.  2.  Glasse  d.  österr. 
Gymnasien.  2.  Aufl.  Wien,  L.  W.  Seidel,  1869.  angez.  v.  Dr.  K. 
Beichel.  S.  636—641. 

Zeitschrift  für  ezacte  Philosophie  u.  s.  w.  Herausgegeben 
y.  Dr.  F.  H.  Th.  Allihn  und  Dr.  T.  Ziller.  Bd.  L  Hft.  1. 
Leipzig,  L.  PemiUsch,  1860.    Bespr.  y.  F.  L.  S.  901—903. 


IX 


Dritte  AfctlieUmnv. 

YiTQrdmmgeii  ßr  die  öiierreichiichen  Gpmnoiien. 

ErUss  Tom  26.  JioDer  1859.  Gleichförmige  Verfassung  des  Ausweises 
über  ausgeschlossene  Studierende.  S.  378. 

Grlatt  Tom  4.  Februar  1859.  Gewährung  des  Aufstcigens  in  eine  höhere 
Classe.  S.  379. 

Erlass  Tom  6.  Februar  1859.  Weisungen  für  die  aus  dotierten  Fonden 
oder  aus  dem  Ärar  erhaltenen  Gymnasien.  S.  379.  380. 

Erlass  vom  13«  December  1859.  Anvertrauung  des  Unterrichtes  in 
Nebenfächern  an  katholischen  Mittelschulen  an  katholische  Lehrer. 

S.  380.  381. 

Erlass  vom  13.  Janner  1860.  Vorrückungsrechtc  in  die  höheren  Ge- 
haltsstufen bei  gleichzeitig  angestellten  Gymnasiallehrern.    8.  381. 


Statistik. 


Statistische  Obersicht  über  die  österreichischen  Gymnasien  und 
Realscbulfn  am  Schlüsse  des  Schuljahres  1858/59.  Heft  XII  der  Zeitschrift 
für  die  österreichischen  Gymnasien.  1859. 


Personal-  und  Schulnotizen. 

(■it  Kiab«taf  d«r  P«r»OB«a-  und  OrltD«iB«a   in  d«a  Mitcellaa.) 

Aiätummwiemf  Andr  v.,  Stip.  647.  Alessio,  Jak.  Ant.  d',  Stip. 
8t7.  Almanzi,  Gius.  2S7.  Alt-Woifs'sche  Stift.  827.  Amerling,  Dr.  Carl. 
735.  Ampferer,  Jos  819.  Andrlik.  891.  Angeloni-Barbiani ,  Dom.  Nob. 
8t5.  Ankersbofen,  Gotll.  Frhr.  v.  227.  Arndt,  Ernest  Moritz.  141.  Amdte, 
I>r.  Ludw.  137.  822.  Ameth,  Alfr.  889.  Baclilecliiiery  Greg.  151. 
15t.  Ballenberg,  KarL  891.  Bartelmus,  Rudolf.  645.  Barton.  Jos.  889. 
Bailaszeker  Stiftungspl.  386.  Bauer,  Andr.  839.  240.  Baumann,  Frdr.  829. 
Baumann,  fleinr.  562.  Baumgartner,  Andr.  Frhr.  v.  563.  825.  Baumgärtl, 
Jos.  828.  Bechstein,  Ludw.  473.  Beck ,  Dr.  Ant.  822.  Beck,  Frdr.  226. 
Beckmann,  Dr.  387.  Beer,  Gust.  Jos.  389.  Beer,  J.  G.  825.  Belgrado,  Ant. 
471.  Belli.  565.  Benke,  Wilh.  76.  Bernstein,  Alfons.  224.  Bernstein,  Dr. 
a  H.  387.  Biedermann,  Dr.  Ilerm.  823.  Biehl,  Wilh.  819.  Bierkowski, 
Dr.  Ludw.  647.  Biermann,  Gottl.  230.  231.  Bihler,  Ant.  135.  BillÄski, 
Oen.  135.  Binder,  Karl.  892.  fiiot,  J.  B.  889.  Blackert,  Dr.  Georg.  78. 
79.  Blodig,  Dr.  Ilerm.  823.  Blücker,  Julius.  137.  Blumröder,  A.  v.  565. 
Bohrer,  Dr.  F.  Ant.  889.  Bopp,  Frz.  889.  Bordoni,  Dr.  Ant.  386.  Borghesi, 
Bartolomeo.  389.  Brachelli,  Hugo.  736.  Breisach,  Frz.  383.  Bretterklie« 
ber,  Frans.  226.  Brouck^re,  Charles  de.  473.  Brück,  K.  Ludw.  Frhr.  v. 
473.  Bryk.  Dr.  Ant.  823.  Budalowski.  Franz.  820.  Bürgermeister-Stiftungs- 
fond-Stip.  890.  Bumba,  Jos.  562.  Bunsen,  Christ  K.  Josias,  Frhr.  v.  893. 
Banfy6ski,  Dr.  Peter.  224.  Burghardt.  829.  Burkhardt,  A.  Ulr.  226. 
CMHUdsaieM-Stipendien.  (A.  C.  u.  H.  C.)  226.  CapeUmann,  Dr.  AI.  387. 
388.  äelakowsky,  Ladlsl.  150.  Christanisches  Handstip.  647.  Cicogna, 
Job.  v.  826.  Gipser,  Job.  135.  Clarus.  140.  ClementI,  Dr.  Giamb.  Nob. 
826.  Cochraoe,  Graf  v.  Dundonald,  Lord  Alex.  Thom.  89t.  Codelli-Fahnen- 
feld'sche  Stip.  827.  Composoh'sches  Stip.  139.  Concina,  Natale.  821. 
Colli,  Aug.  V.  892.  Gsaufs,  Dr.  Mart.  829.  Czerkawsky,  Dr.  Euscb.  188. 
Ciermak,  Dr.  lob.  889.  Ciifra,  Dr.  Frz.  384.   D»  €««tii.  566.  Dala, 


X 

Jos.  473.  Dcchant;  Job.  890.  Della  Bona,  Job.  224.  Dclorme,  Claude 
Fr.  76.  Denjelius,  Dr.  Gust   224.   Demin,  Giov.  76.  Descamps,  Alex.  Gabr. 

828.  Dlauby,  Dr.  Job.  137.  Dudik,  Dr.  Bcda.  22.').  Dum'scbes  Stip.  139. 
Dumeril,  Andre-Marie-Conslant.  828.  Dunajewski,  Dr.  Julian.  736.  Dut- 
kiewicz,  Job.  135.  Duyse,  Prudens  v.  76.  Dworzak,  Dr.  Jos.  822.  823. 
Eberle.  891.  Edlauer,  Dr.  Frz.  822.  Effenberger,  P.  Frz.  824.  Egger, 
Dr.  Frz.  822.  Ebrbardt,  Vinc.  v.  383.  Ebrmann  v.  Falkenau'scbes  Slip. 
827.  Eitelbergcr,  Dr.  Rud.  v.  138.  384.  889.  EHinger,  Dr.  Jos.  822. 
Elphinstonc,  Älounlstuarl.  76.  Elsasser,  J.  140.  Emericb'sches  Slip.  139. 
Engelbarfscbe  Slip.  139.  472.  Erben,  Eduard.  471.  Erzavec,  Frz.  821. 
Escber,  Heinr.  227.  Espine,  Dr.  d'.  387.  Ellingshausen,  Dr.  Andr.  Ritt. 
V.  137.  Fabian,  Dr.  Job.  125.  Fabini,  Job.  149.  150.  Fabris,  Gius. 
de.  828.  Fabris,  Placido.  77.  Fäbry,  Job.  161.  152.  Parkas,  Frz.  385. 
Felder,  Dr.  Cajet.  825.  Felix.  Orlando.  473.  Fellows  ,  Sir  Ctiarles.  892. 
Ferdinandei'scbes  Stip.  386.  Femilz'scbes  Stip.  140.  Fefsier,  Dr.  Jos.  822. 
Fetlinger,  Ebrcnbert.  471.  Ficker,  Dr.  Adolf.  823.  Ficker,  Dr.  Julius.  384. 
889.  Fiedler,  Jos.  889.  Filippi,  Francesco.  892.  Firnhaber,  Frdr.  891. 
Fiscbbach,  Aug.  141.  Fiscber'sches  Stip.  140.  Fiumaner  Slip.  472.  Fon- 
tano,  J.  B.  V.  383.  Foregg,  Dr.  Anl.  384.  Franz,  Friedr.  389.  Frinder, 
Jos.  Stiftung.  647.  Frilze,  Frz.  891.  Frodl,  Rud.  820.  Fröhlich,  Alois. 
77.  Fufs,  Dr.  141.  «ebhardt,  Dr.  Frz.  v.  824.  Geefs,  Job.  473. 
Geifsler'sche  Stip.  139.  Germani,  Heinr.  821.  Geyer,  Dr.  Aug.  383.  Gbega, 
Karl  Ritter  v.  387.  Girscbner,  Karl.  647.  Giseke,  Nik.  Dict.  393.  394 
Glaser,  Dr.  Jui.  822.  823.  GlasK  Karl.  889.  Glover,  T.  II.  564.  Gmelin,  Dr. 
Cbrislian.  473.  Gnad,  Ernst.  888.  Goldbcrg'scbe  Stip.  139.  472.  Goldegg'- 
scbes  Stip.  140.  GoUschar,  Joh.  138.  Graschilsch,  Joh.  829.  Grafsl,  Dr. 
Ign.  137.  822.  Greistorfer,  Karl.  135.  Grescbner,  Dr.  Job.  225.  Grill- 
parzer,  Dr.  Frz.  138.  Grimm,  Wilb.  77.  Grois,  Jos.  738.  Guesotto,  Ferd. 
821.  Günther,  Jos.  384.  Gutkowska,  Gabriele.  563.  Gyurcsek,  Job.  889. 
Haan,  Ludw.  Frbr.  v.  822.  Hagendorf,  Dr.  Hugo.  473.  Haidingcr,  Dr. 
Wilh.  825.  Haimerl,  Dr.  Frz.  822.  Hamp,  Peter.  150.  161.  Handelsaka- 
demie, Wiener  Sliftungsplatz.  647.  Handelsakademie,  Wiener  Freizög- 
lingsplatz. 827.  Hanu§,  Dr.  Ign.  824.  Harrucker,  Georg  v. ,  Stip.  386.  Uarum, 
Peter.  226.  Hauer,  Frz.  Ritter  v.  889.  Hausmann,  Frdr.  Ludw.  140.  Hebbel, 
Frdr.  890.  Hegedus,  Ludw.  738.  Heiberg,  Job.  Ludw.  828.  Heider,  Dr. 
Gust  384.  824.  Helfert,  Ant.  Frbr.  v.  818.  Helmbolz,  H.  137.  Ucrsler, 
Dora.  226.  Herz,  Leo.  75.  Herzig,  Frz.  820.  Herzog,  Michael.  151.  152. 
Heyzmann,  Dr.  Ddalricb.  136.  823.  Hillebrand,  Jos.  80—82.  820.  Hingenau, 
Dr.  Otto  Frhr.  v.  138.  823.  Hirsch,  Dr.  Siegfr.  829.  Hlasiwetz,  Dr.  Joh. 
889.  Hocheggcr.  Frz.  819.  Hochstetter,  Dr.  Ferd.  383.  Hofken,  Dr.  Gust. 
823.  Hölzel,  Dr.  Ferd.  394.  395.  Hörnes,  Dr.  Moritz.  137.  889.  Hofbauer, 
Hieronym.  824.  Hofer,  Mart  824.  Hofmann,  Jos.  891.  Hofmann,  Vinc.  820. 
Hofsängerknaben-Pl ätze.  664.  Hobenbalk'scbes  Stip.  890  Holmberg,  Werner. 

829.  Holmes,  Ed.  76.  Holzgetton,  Dr.  Georg.  738.  Homicsko,  Nik.  820. 
Hopfgarlen,  Wilh.  892.  Hörn,  (Jffo.  664.  Hornig,  Dr.  Jos.  822.  Horzalka, 
Joh.  Ev.  829.  Hruschka,  P,  Job.  565.  Huber,  Martin.  471.  Huc,  Abbe. 
387.  Hyrtl,  Dr.  138.  Ideler,  Dr.  Karl  Wilb.  738.  Irving,  Washington. 
76.  JTahn,  Ed.  83.  84^  James,  G.  P.  R.  566.  Jameson,  Mrs.  387.  Jansa, 
C.  B.  141.  Jarz,  Dr.  Anton.  471.  Jaupp,  Dr.  Heinr.  Karl.  829.  Jeitteles, 
Dr.  L.  H.  138.  826.  Jendrassik,  Dr.  Eug.  823.  Jonak,  Dr.  Eberhard.  225. 
823.  Jost,  Dr.  J.  M.  893.  Juga,  Job.  384.  385.  Jung,  Amalie.  226.  Jur- 
koTi6,  Job.  820.  Juscbitz'sches  Stip.  139.  KArle,  Dr.  Jos.  136.  226. 
Kaiserilz,  Alois.  568.  Kalessa,  Dr.  Frz.  822.  823.  Kallmünzcr'scber  Slif- 
tungsplatz. 646.  647.  Karajan,  Dr.  Tb.  G.  v.  138.  563.  Karpinski,  Andr. 
820.  Keller,  Dr.  Gust.  822.  Kellner'sches  Stip.  140.  386.  Keralry,  Aug. 
Mil.  Graf.  76.  Kermavner,  Valentin.  735.  Kerner,  Dr.  Ant.  888.  Kiel- 
niannsoggo,  Freihr.  v. ,  Stip.  386.  827.    KilberYillini'sche  Stip.  139.  668. 


XI 

kirchbergcr 'scher  Stiftungsplatz.  ft26.  fiiaid»  Frz.  821.  Klar,  Paul  AI.  892. 
Kleemann,  Frdr.  820.  Kleinschrod,  £.  224.  Klemen6i£,  P,  Raphael.  236—238. 
Klimscha,  Phü.  819.  Klotzsch,  Dr.  Frdr.  892.  Klou^ek,  Wenzl.  142—149. 
KlupAk,  Ferd.  383.  Klub,  Dr.  Job.  383.  Knafin'scbe  Slip.  139.  Koauer, 
Dr.  Blas.  736.  Kner,  Dr.  Rnd.  889.  Koch,  K.  Wilb.  473.  Köhler,  Dr.  Jos. 
562.  Köne,  Dr.  893.  Kolarsky,  Dav.  821.  Kolisko,  Dr.  Wzl.  822.  Kollar, 
Vinc.  565.  Kondinsky,  Jos.  135.  Kopczynski,  Dr.  Ferd.  823.  Kosak,  Georg. 
821.  Kosegarten,  Dr.  Job.  Gottfr.  Ludw.  828.  Kosmazh,  Ferd.  383.  Ko- 
väfik,  Job.  820.  Krabinger,  J.  Georg.  473.  Kräl,  Ant  824.  Kramer, 
Dr.  Karl.  137.  822.  Krausneker,  Dr.  Peter.  Stip.  386.  Krebann ,  Ant 
565.  Krenn,  Eduard.  822.  Kreuzberger,  Dr.  Jos.  822.  Kreuzer,  KarL 
224.  Kriecbbaum'scber  Stiftspl.  140.  Krist,  Dr.  Jos.  735.  Kfiz,  Job.  820. 
kfizek,  Wzl.  820.  Krottentbaler,  Anton.  645.  KruschiU,  Job.  735.  Krynicki, 
Dr.  Onufr.  824.  Kubinyi,  Aug.  v.  75.   Kunst,  Wilb.  76.   Kurzmayr,  Jak. 

135.  Kutschker,  Dr.  Joh.  822.  Kuzmany,  KarL  824.  KtadunaiiMy 
Dr.  Johannes.  647.  738.  Laizner,  Joseph.  136.  Lamprecht,  Dr.  Rud. 
891.  Landau,  Alois.  224.  Lanfranchi,  Dr.  AI.  829.  Lan^,  Dr.  Donat.  383. 
Lang,  Jos.  82.  83.  Lang,  Romuald.  396.  397.  Lankisch  y.  Homitz'scbes 
Slip.  139.  Laubheimer,  Dr.  Frz.  823.  Laukotzky,  Vinc.  819.  Lazar,  Graf 
NikoL  138.  Lazar,  Theod.  135.  Leake,  William  Martin.  141.  Lehmann. 
227.  Lehrbaum'scbes  Stip.  139.  Lenormand,  Charles.  76.  Lepel,  Frbr.  y. 
647.  LeSeticky,  Adalb.  821.  Lesinski,  Theod.  893.  Lewicki,  Dr.  Adolf. 
141.  Libay,  Ludw.  825.  Licbtenfels,  Dr.  Joh.  Peiihner,  Ritter  y.  384. 
Lilienburs'scbes  Stip.  139.  Lifsner,  Ambros.  562.  List,  Dr.  Ed.  822.  Lisst, 
Dr.  Frz.  138.  Lobeck,  Dr.  Chr.  Aug.  828.  Lodron'sches  ColL  Mariano- 
RuperL  736.  Löwenburg'sches  Stip.  386.  827.  Lopata,  P.  Rudbert.  563. 
Lopufsny,  Frz.  824.  Lott,  Dr.  Frz.  889.  Lubienski,  Graf  Leon.  738.  Lubis. 
76.  Ludwig,  Alfr.  823.  Lukesle,  P.  Ant.  136.  WLmmim^wkj  Dr.  Frdr. 
Bemh.  823.  Macaulay,  Thom.  Babington.  140.  Macun,  Job.  735.  Made- 
laine,  Jul.  de  la.  76.  Madiera,  Ant.  562.  Mainardi,  Ant.  824.  MandeUi- 
Bretschneider'sches  Stip.  139.  Mannagetla'sche  Stiftungsplätie.  564.  Mircbi, 
P,  Jos.  226.  Marek,  Dr.  Jos.  735.  Margo,  Dr.  Theod.  823.  MArki,  Dr.  Jos. 

136.  Marko,  Carlo.  893.  Maschka,  Jos.  819.  Massalongo,  Abramo.  564. 
Mathematik,  Stip.  t  höhere.  386.  Matcoyiö,  Peter.  821.  Matzek,  Frz.  562. 
821.  Mancher,  Ign.  891.  Maycen'scbes  Stip.  139.  Mayer,  Dr.  Dom.  136. 
Mayer,  Dr.  Jos.  138.  Mayer,  Dr.  Lamb.  384.  Mayer,  Theod.  84.  Mayr,  Jos. 
232.  233.  Mazaner,  Job.  135.  136.  Bfeerfeld'sches  Stip.  140.  Meiller,  Audr. 
Edler  y.  889.  Melkus,  Dr.  Mich.  822.  Menin,  Dr.  Ludw.  y.  820.  Mennyer, 
Jos.  562.  Mercey.  829.  Meschutar,  Andreas.  819.  MeCsne/,  Dr.  Frz.  75. 
735.  Mikö,  Graf  Emerich.  138.  Milcoyick,  Stanisl.  562.  Millesimo'scbes 
Stip.  139.  647,  Miroszewski,  Job.  Ritter  y.  472.  Mitterndorfer,  Thom. 
738.  Mocnik,  Dr.  Frz.  820.  Möller,  Adalb.  136.  Mobl,  Dugo  y.  137.  Mo- 
lilor,  Dr.  Frz.  387.  Moritz,  Day.  829.  Mosler,  Prof.  227.  Mottloch,  Frz.  X. 
140.  Mühlfeld,  Dr.  Eugen  y.  822.  Müller,  Dr.  Gottfr.  563.  Müncb-Belling- 
hausen,  Dr.  Elig.  Frbr.  y.  138.  Mubi^,  Dr.  Paul.  825.  Mure,  William. 
387.  Mussafia.  Adolf.  888.  Mustoxidi,  Andr.738.  xMutinelli,  Fabio  Nobile.  889. 
IVaderniaiiii.  892.  Nagy,  Paul.  141.  Napier,  Sir  Charles.  892.  Napier, 
William  Francis  Patrik.  226.  Nathan,  Dr.  Leop.  892.  Naumann,  Karl.  77. 
Nedasek,  Job.  232.  233.  Nemethy,  Jos.  889.  Nelsmann,  Jos.  825.  Neu- 
mann, Frz.  384.  Neumann,  F.  C.  137.  Neuwirth,  P,  Dr.  Thcobald.  73». 
Newald,  P.  Pankraz.  472.  Niefsl  v.  Maycndorf,  Gust.  136.  Nitschen'scbe« 
Stip.  139.  Niziol,  Andr.  76.  Noyäk,  Thom.  888.  Noyotny,  Frz.  735.  Obem- 
haber,  Philipp.  383.  Odier,  Peter.  77.  Oersted,  Andr.  Sandö.  473. 
Orgler,  Flay.  233.  Orlich,  Leop.  y.  565.  Oskard,  Andr.  820.  PacU- 
nuuui,  Dr.  Theod.  822.  Pagani,  Marino  Nob.  825.  Palatzky,  Dr.  138- 
Pasch,  Konr.  75.  Paulding,  James  Rirk.  472.  Payissich,  Dr.  Alois.  819.  8J 
Pawlowsky,  Dr.  Alex.  826.   Pecho,  Karl.  820.  Pergen,  Graf,  Stip.  Sl 


Xil 

Petry,  Basil.  383.  Pfeiffer,  Dr.  Frz.  137.889.  Pfilgenreiter'sches  Stip.  140. 
Phillips ,  Dr.  Georg.  822.  Pietrowski ,  Dr.  Gust.  471.  Pirona,  Joh.  888. 
Plapperfsche  Stip.  827.  Platner,  Dr.  Ed.  565.  Pocksteiner'sche  Stip.  827. 
Podgoreiz,  Joh.  384.  Podich,  Jakob.  821.  Pohl,  P.  Rup.  472.  Poinsot.  77. 
Poirson,  Delestre.  77.  PolaAski,  Michael.  224.  Prammer,  Ign.  820.  Prandis- 
Körber  sches  Stip.  827.  Premru,  Jos.  735.  Preifs,  Dr.  L.  397.  398.  Pfikril, 
Jos.  891.  Prutek,  Dr.  Georg.  225.  Ptaschnik,  Joh.  228.  229.  Puff,  Dr.  R. 
G.  234.  Purkyn^,Dr.Joh.889.  Radler'scher  Familienstiftungsplatz.  737. 
Rahly  Karl.  75.  Raindl,  Dr.  Eman.  822.  Raming-Briccianisches  Stip.  139. 
Raschkc,  Immanuel.  645.  Rathke,  Heinr.  829.  Rauch,  Dr.  Jos.  Adalb.  Ritt.  v. 
647.  Rechtenberg,  Jos.  Ambr.  v.  75.  Redtenbacher,  Dr.  Ludw.  736.  Reh, 
Ludw.  473.  Reifsiger,  K.  Gotü.  76.  Reilstab,  Ludw.  893.  Renn,  Paul.  893. 
Repich,  Nazarius.  224.  Reslhuber,  P,  Augustin.  825.  Relhel,  Alfr.  76.  77. 
Retzuis,  A.  389.  Rhaden,  Fr.  v.  892.  Ricci,  Luigi.  140.  Richtarid,  Stepb. 
821.  Richter,  Caroline.  141.  Ricker,  Dr.  Anselm.  136.  Rieder,  E.  234—- 236. 
Riopenhausen,  Johannes.  892.  Riels'sches  Stip.  139.  Roberts,  Georg.  647. 
Roder,  Alois.  138.  Rodler,  Moriz.  233.  234.  Rohrmoser,  Jos.  735.  Rohr- 
weck, Frz.  471.  Rokitansky,  Dr.  K.  137.  Romunde,  v.  227«  Rosa,  Fran- 
cesca  della.  395.  396.  Röscher,  Dr.  Alb.  828.  Rosen,  Bar.  Jegor  Fedoro- 
witsch.  387.  Rosenburs'sches  Stip.  139.  Rofs,  W.C.141.  Rotschild,  Frhr.  v. 
Sb'p.  386.  647.  Ruczicska,  Dr.  Joh.  736.  Rudhart,  Dr.  G.  Thom.  v.  892. 
893.  RySavy,  Dom.  821.  Saar,  von,  Familienstiftung.  226.  Sachse,  Dr. 
Theol.  891.  Sachlse,  Dr.  K.  R.  140.  Safafik,  Dr.  Paul.  823.  824.  Salomon, 
Joh.  822.  Salzer'sche  Stip.  139.  472.  Sartori,  Lor.  889.  Sattlegger,  Flor. 
383.  Say,  Dr.  Mor.  383.  Scharf,  George.  893.  Schellenburg'scher  Stiflgspl. 
827.  Schenker,  Dr.  Martin.  471.  Scheider'sches  Stip.  139.  Scheuermann'- 
sohes  Stip.  139.  472.  Schick'sches  Stip.  139.  Schidler,  Dr.  Theod.  738. 
Schiestl,  Dr.  Leop.  822.  Schindler,  Ant.  240.  Schindler,  Karl.  821.  Schitta- 
wans,  Jos.  821.  Schlesisch-Bursa'sche  Stip.  139.  Schletzer,  Matth.  141. 
SchloCsberger,  Dr.  738.  Seh mid,  Dr.  Ant.  383.  Schmidt,  Frdr.  138.  Schmidt, 
Severin.  225.  Schmit,  Karl.  135.  735.  Schnedar,  Rud.  383.  Schön,  Jos. 
820.  Schönbach,  Jos.  135.  Scholz,  Jos.  821.  Schopenhaue,  Dr.  Arthur. 
831.  Schrader,  Dr.  Ed.  v.  828.  Schröder-Devrient  (v.  Bock),  Wilbelmine. 
141.  Schroff,  Dr.  Karl  Dom.  825.  Schubert,  Dr.  Gotthilf  Ucinr.  v.  647. 
Schubert,  Michael.  473.  Schulheim,  Jos.  v.  822.  Schulze,  Dr.  738.  Schu- 
mann, Jos.  819.  Schurz,  Ant.  Xav.  140.  Schuster,  Ignaz.  645.  Schwarz, 
Karl.  232.  Schwab,  Dr.  76.  Seback,  Dr.  Vinc.  822.  Seitz,  P.  Leonhard. 
140.  Seilenati.  Dr.  A.  E.  473.  Semenoff,  Theod.  Alex.  564.  Semlitscb,  L. 
Jul.  738.  Setlik,  Jos.  383.  Siebinger.  Dir.  232.  Siegel,  Dr.  Heinr.  822. 
Silcher,  Dr.  Frdr.  141.  828.  Simpson,  George.  829.  Singer,  Joh.  Mich. 
383.  Skrzynecki,  Joh.  Boucza.  140.  Sladovid,  Franz.  471.  Slotwiuski,  Dr. 
Felix  y.  225.  Smutek»  Dr.  Joh.  225.  Solecki,  Dr.  Luc.  Ritter  v.  888.  Somma- 
ruga,  Dr.  Frz.  Frhr.  v.  891.  Somogi.  Ignaz.  647.  Sorbait'sches  Stip.  139. 
Spatzenegger,  Dr.  Leop.  888.  Springer,  Dr.  Joh.  134.  822.  Ständischer 
(N.  ö.)  Stiltungsplatz.  388.  Stark,  Dr.  Frz.  384.  Steger,  Jos.  819.  Stein, 
Dr.  Lor.  823.  Steinbeck,  Dr.  Keller  v.  829.  Steiner,  Jos.  383.  Steinhauser, 
Ant  135.  Stenographie  (Prüfungs-Commission  für  Lehrer  der).  563.  I^tlpan, 
J.  L.  229.  Stephan,  Dr.  Jos.  889.  Sternal,  Joh.  562.  Steyskal,  K.  79.  80. 
SUlke,  Herm.  891.  Stokfosi^ski,  Rom.  136.  Stonc,  Frank.  76.  Strahl,  Dr. 
892.  Straub,  Ant  892.  Straufs'sches  SUp.  139.  Strcer,  Ed.  821.  Streb], 
Joh.  136.  Strofsmayer,  Jos.  138.  Stubenrauch,  Dr.  Mor.  v.  822.  823. 
StudsiAski,  LadisL  135.  Stumpfsches  Stip.  139.  Stuppacher,  Ludw.  383. 
Suefo,  Dr.  Ed.  889.  SvlUik,  P.  Wzl.  736.  Sykora,  Karl.  471.  Szab6,  Dr. 
Jos.  T.  383.  825.  Sz^chenyi,  Graf  Stephan.  388.  Szckeres,  Joh.  889. 
Sienezy,  Emerich.  386.  Szidor,  Ant  384.  Szieber,  Ed.  75.  TalieMi, 
no.  Taddei.  565.  Tafel,  Dr.  G.  L.  Frdr.  891.  892.  Takics,  Bornh. 
)b,  Dr.  HcrmaDD.  471.  Teichs,  Adolf.  892.  Tenningersches  Stip. 


XIII 

3Se.  Teuffenbach'ftcher  Sti/lgspl.  47«.  887.  Texlor,  Dr.  Cajet.  v.  738. 
Thaiüuiiueii,  Crsula  Gräfin  v.  y  Stiflg.  647.  Thiersch,  Dr.  Frdr.  Wilh.  227. 
TbomaDiiy  A.  161.  162.  Thun-Hohenstein,  Sr.  Excell.  Graf.  818.  819.  888. 
889.  Tomaschek,  Dr.  Job.  822.  Tomek,  Wenz.  Wladiwoj.  823.  Trettenero, 
Dr.  ?irgil.  224.  Travieg.  76.  Trivellala.  Jos.  227.  Tuskan'sches  Stip.  827. 
rUe,  Karl.  136.  Chlir^,  Jos.  820.  üllik.  Frz.  136.  Umbreit.  Frdr.  Wilh. 
Karl  473.  Unger,  Dr.  Jos.  822.  Taclena,  Job.  820.  Vableii,  Dr.  Job. 
137.  YAradi,  Ladisl.  226.  Yalek,  Anf.  735.  Viditz,  Stepb.  820.  Vintscbgau, 
Dr.  Max  Ritter  y.  823.  Virgilianiscbes  Stip.  386.  737.  Viroszil,  Dr.  Ant. 
825.  Viszanik,  Dr.  Micb.  t.  137.  Vizkelety,  Dr.  Frz.  v.  824.  Vogel,  Dr. 
Ant  Ign.  77.  Vogt,  Alexius.  224.  Vonbank,  Georg.  645.  Vosyka,  Jos.  888. 
Valpi,  Dr.  Ant  825.  lVacli«ls,  Dr.  Ant.  736.  Wagner,  Dr.  Bened. 
227.  Wahlberg,  Dr.  Wilh.  822.  823.  WaJler,  P.  Adolf.  647.  Waller,  P. 
Castius.  389.  Ward,  James.  76.  Waremski,  Stepb.  821.  Wejmann,  Aug. 
888.  Weinberger'sches  Stip.  139.  Weinhold,  Dr.  K.  137.  Weinzeltel,  Ant. 
563.  Weifs,  Andr.  563.  Weifsl,  Dr.  Jos.  822.  Wenzel'scbe  Stip.  139. 
Werner  Karl.  385.  Wersin,  Karl,  824»  Wessenbrrg,  Ign.  Heinr.  Frhr.  v. 
738.  Wieck,  Frdr.  Georg.  141.  Wiedenfeld,  Dr.  Ed.  v.  822.  Wiegstatt, 
Job.  136.  Wiener  Neustadter  Stip.  386.  Wiggers,  Dr.  Gust  Frdr.  473. 
Wild,  Frz.  140.  Wilezek,  Jos.  562.  Wilhelm,  Andr.  820.  Wilson»  Dr. 
George.  76.  Wilson,  Horace  Bayman.  473.  Windhag'sche  Stip.  140.  Wocel, 
Job.  Erasm.  384.  Wincenz,  Frz.  735.  Wögerbauer,  Jos.  821.  Woldfich, 
Job.  820.  Wollerstorf  u.  Urbair,  Bemh.  Frhr.  y.  825.  889.  Wurm,  F.  X. 
892.  Wurm,  Jos.  821.  Wurzbach,  Dr.  Constant.,  v.  Tannenberg.  75. 
BadUp%  Blagio.  825.  Zahradnik,  Jos.  820.  Zalka,  Dr.  Job.  138.  Zap- 
pert,  Georg.  76.  Zdiarsky,  Lohel.  Jos.  829.  Zegadl'owicz ,  Titus.  562. 
Zegestowsii,  Jos.  820.  Zerich,  Dr.  Theod.  823.  Zeynek,  Gust.  136. 
Zigno,  Achill  Frhr.  y.  825.  Zirownicky,  Wenzel.  735.  Zöllner,  KarL  891. 
ZoUer'sebo  Stip.  140.  2ulid,  Paul.  821. 


DieNamen  sSmmtlicher  österreichischerGymnasien 
und  Realschulen  (mit  Angabe  der  Zahl  der  Lehrer  und  Schuler,  der 
Ergebnisse  der  Classification,  der  Maturitätsprüfungen  u.  s.  w.)  erscheinen 
in  der  statutischen  Obersicht,  welche  das  XII.  Heft  dieses  Jahrganges 
bildet  —  Agram.  471.  735.  737.  820.  O.-R.  737.  821.  Lehrerbüdungs- 
anst  646.  Rechts-Akad.  825.  —  Altenburg  (Ungarisch-).  646.  —  Bel- 
luBO,  825.  —  BieliU.  Ü.-B.  (evang.)  737.  —  Bistritz,  evang.  Gymn.  151. 
15^  —  Bocbnia.  135.  562.  748.  8t0.  ^  Böhmen.  824.  -^  Böhmisch-Leipa. 
394.  395.  820.  —  Bonn.  137.  —  Bozen.  233.  284.  —  Brixen.  151. 152. 

—  Brunn.  135.  735.  820.  O.-R.  383.  562.  737.  821 ;  Techn.  Lehranst. 
136.  139;  Phil.  Lehransi  389.  —  Brox.  230.  —  Cbrudim.  Hpi-  u.  D.-R. 
136.  —  CillL  75.  471.  735.  829.  —  Colocsa.  Lehrerbildungsanst.  562.  — 
Coneordia.  Biscböfl.  Sem.  471.  —  Gzaslau.  U.-R.  828.  —  Czemowitz.  78. 
79.  7S5.  820.  —  Dalmatien.  819.  —  Drobobycz.  646.  —  Eger.  562. 
645.  820.  D.-R.  888.  —  Elbogen.  O.-R.  888.  —  Epehes.  384.  820.  — 
Essegg.  820.  826.  —  Feldkirch.  Comm.  U.-R.  737.  —  Fiume.  75.  735. 
820.  826.  890.  U.-R  827.  —  Funfkircben.  823.  —  Oalizien.   138.  820. 

—  Götz.  383.  397.  398.  890.  —  Göttingen.  138.  —  Gospid.  U.-R.  564. 

—  Qrao.  889.  —  Gratz.  234—236.  646.  820;  Norm.  Hpt.- u.  U.-R.  226. 
SSi;  Joann.  385.  737;  Univ.  137.  383.  823.  Uniy.  Bibl.  384.  —  Heidel- 
bäig.  137.  —  HermannsUdt.  Katb.  SUatsgymn.  80—82.  820;  Gymn. 
A.  C.  232;  Reebts-Akad.  163.  —  Hradisch  (UngaHsch-).  U.-R.  385.  — 


XIV 

IgUu.  136.  385.  ^et,  735.  —  Iimsbruck.  232.  645.  829.  O.-K.  471 ; 
Dniv.  224,  383.  384.  562.  823.  824.  888.  889;  Oniv.  Bibl.  225.  —  Jena. 

138.  —  Ji^in.  820.  827.  888.  —  JoachimsUial.  U.-R.  888.  —  Kärnlhen. 
890.  —  Karlsburg.  823.  825.  —  kaschau.  138.  383.  735.  820.  825.  826; 
0.«R.  386.  471.  821 ;  R(Krht$  Akad.  823.  —  Kikinda  (Gross-).  U.-R.  646. 
•—  KlageufurL  820.  O.-R  383.  —  Klattau.  891.  —  Klausenburg.  Gbir. 
Anst.  383.  823.  ^  Küuiggrati.  135.  826.  888.  Borrom.  828.  —  Königs- 
bwg.  137.  —  Komotau.  150.  647.  —  Krain.  820.  —  Krakau.  385.  472. 
748.  827;  Unit.  224.  225.  471.  562.  647.  736.  825;  Univ.  Bibl.  136. 
325;  Ot  lehrte  Ges.  138.  Nonnenkloster.  563.  —  KremniU.  (J.-R.  736. 
^  Krems.  151.  152.  ~  Kremsmünster.  396.  397.  —  Kreuz.  Land-  u. 
Forste irthschaftssch.  563.  564.  —  Kronstadt.  Rumän.  D.>G.  384.  —  I^ai- 
baoh.  232.  233.  384.  645.  735.  820;  D.-R.  383.  890;  Lyc.  892.  —  Leipa, 
8.  Böhmisch-Leipa.  —  Leipzig.  138.  —  Leilmeritz.  142—149.  646.820. 
-.-  Lcmberg.  820;  Akad.  Gymn.  472;  O.-R.  136.  646.  821;  Techn.  Anst. 
384;  Univ.  138.  563.  736.  824.  888;  Univ.  Bibl.  136.  823.  890.  — 
Leobon.  Montanlehranst.  736.  —  Linz.  Norm.  Hptsch.  u.  Lehrerbild^sanst. 

383.  —  Lublau.  826.  —  Lussin  piccolo.  Naut.  Seh.  821.  —  Mähren. 
8d0.  824.  —  Mantun.  StudienbibL  824.  —  Marburg.  234.  646.  819.  — 
Mariabrunn.  ForstlehransL  564.  —  Martinsberg.  75.  —  Mediasch.  Gymn. 
A.  G.  149.  150.  —  Melk.  84.  —  BTaszod.  Lehrerbildungsanst.  383.  — 
Neuhaus.  562.  821.  —  Neusandec.  Ü.-R.  821.  —  Neusatz.  Ü.-R.  150.  — 
Neusohl.  135.  138.  229.  472.  820.  —  Neustadt  a.  d.  Mettau.  828.  — 
Neustadt  (Wiener).  Haupt.-  u.  Ü.-R.  386.  —  NeusladtL  236—238.  — 
Neutra.  Kathedr.  Cap.  889.  —  Nikolsburg.  389.  562.  563.  —  Ofen.  385. 
O.-R.   383.   735;   Josephs- Polytechn.    384.  888.  —  Olmütz.  735;   0 -R. 

139.  562.  821.  —  Padua.  224.  825.  888;  Univ.  8%3.  890;  Univ.  Bibl. 
821.. 824;  Bischöfl.  Sem.  889.  —  Pancsova.  225.  —  Pavia.  Univ.  386. 
387,  829.  —  Peslh.  819.  826;  O.-R.  472;  Univ.  138.  384.  736.  823. 
824.  829;  Univ.  Bibl.  136.  —  Petrinia.  U.-R.  564.  —  Pilsen.  U.-R.  888. 

—  Pirano.  U.-R.  821.  —  Pisek.  139.  239.  240.  385.  562.  646.  820.  — 
Prag.  Kleinseitn.  Gymn.  240.  562.646.  820;  Neustadt.  Gymn.  472.  O.-H. 
(deutsche)  136.  738.  821.  890;  Neustadt.  U.-R.  472 ;  Stand,  polytechn. 
Inst.  736.    824;   Ilauptsch.   u.  Lehrerbildungsanst.    (böhm.)    735;    Univ. 

384.  819.  823.  889;  Univ.  Bibl.  823.  824;  Coli.  Cap.  225.  —  Prefsburg. 
135.  136.  562.  645.  820.  O.-R.  890;  Rechls-Akad.  823.  ^  Pfibram. 
Mont  Lebranst.  828.  —  Przcmysl.  135.  224.  —  Raab.  U.-R.  383.  736. 

—  Ragusa.  Naut.  Seh.  821.  —  Rimaszombat,  protest.  Gymn.    151.  152. 

—  Rokycan.  U.-R.  136.  736.  —  Rosenau.  Sem.  889.  —  Rzeszow.  75. 
562.  735.  748.  820.  —  Saaz.  820.  —  Salzburg.  232.  819;  U.-R.  645. 
821 ;  TheoL  Fac.  386;  Philos.  Fac.  389 ;  Mcdic.  Fac.  888;  CoUeg.  Mariano- 
Rup.  736.  —  Sambor.  820.  —  Sandec.  562.  748.  —  Schemniti.  820. 
826;  Berg-  u.  Forst-Akad.  828.  —  Siebenbürgen.  Mus.-Ver.  138.  --  Sinj. 
138.  —  Skalilz.  225.  —  Snialyn.  225.  —  Spalato.  Naut.S.  821.  —  Slanis- 
lawow.  75.  135.  —  Steiermark.  820.  —  Steyr.  U.-R.  564.  —  Sluhl- 
weilsenburg.  Ü.-R.  224.  385.  —  Suczawa.  735.  826.  —  Sümegh.  Ü.-R. 
826.  —  Szathmar.  TheoU  Lebranst.  384.  889;  Kathedr.  Cap.  889.  —  Sze- 
gediD.  Ü.-R.  224.  389.  663.  —  TarnopoL  135 ;  Ü.-R.  385.  821.  —  Tamow. 
748.  820.  821.  —  Teschen.  Ev.  Gymn  230.  231.  645.  826;  Hpt.-  u. 
Ü.-R.  225.  —  Treviso.  821.  —  Trient.  224.  395.  396.  819.  —  Triest. 
564.  819.  820.  —  Troppaa.  83.  84.  385.  735;  O.-R.  136.  385.  821.  — 
Tabingen.  137.  —  Udine.  888.  —  Uogarisch-AUenburg.  s.  Altenburg.  — 
Ungarisch-Hradisch  s.  Urtdisch.  — *  Ungarn.  225.  —  ünghvär.  75.  472. 
820.  —  Tenedig.  224.  821.  825.  888;  Gener.  Arch.  889.  —Verona.  383. 

—  Vicenza.  825.  —  UTarasdin.  820.  821;  Ü.-R.  821.  827.  —  Weits- 
WMMr.  Forstlehranst.  139.  —  Wels.  Ü.-R.  138.  139.  <—  Werschetc.  U.-R. 
186.  —  Wien.  Akad.  Gymn.  140.  387.  388.  819;  Schotten-Gymn.  738. 


XV 

824.  889.  890;  Josephstadt.  Gymn.  233.  234;  Theres.  Gymn.  228.  229 
O.-a  am  Schottenfeld.  738.  889;  Nonn.-Haupt.-  u.  O.-IL  su  St.  Anna! 
136.  226.  563.  735;  Ü.-R.  bei  St.  Johann.  383;  C -R.  bei  St.  Thekla 
735.  826.  827;  DniT.  77.  136.  137.  138.  226.  384.  822.  823.  891 ;  I3uiv 
Bibl.  139.  224;  Polytechn.  Inst  226.  383.  384.  736.  821.  823.  828.  890 
Et.  theo].  Lehranst  824;  Akad.  d.  Wiss.  137.  227.  563.  565.  825.  889 
Geol.  Reichsanst.  825;  Central-Anst.  f.  Meteorologie.  226;  Zooi.  Gab.  736 
Orient  Akad.  890;  Akad.  d.  bild  Künste.  138.  828;  Theres.  Akademie 
225.  383.386.821;  Josephs- Akad.  646;  Gartenbauges.  825 ;  Waisenbaus. 
646;  Piaristen-GoUeg.  645;  Minist  f.  Galtas  u  Dnterrieht  824.  888 
889;  Haus-,  Hof-  u.  Staatsarchiv.  822.  889.  891.  ^  Zara.  819;  U.-R 
383.  562;  IVaut  Scb.  821.  r-  Zloezow.  224.  -*  Znaim.  79.  80.  135 
562.  820.  826.  <^  Zombor.  Norm.-Hpt-  u.  C.-R.  226.  821. 


liierte  Abtiiellunff. 

Mticetlm. 

8chu]programme  österreichischer  Gymnasien  und  Real- 
schulen am  Schlüsse  des  Schuljahres  i8*%,. 

(Fortsetzung  und  Sohluss.) 

.4.  Niederosterreicb.  2.  Melk.   (Mit  e.  Abbandl.  v.  Dir.  Thcod.  Mayer.) 

Bespr.  V.  J.  Q.  Sei  dl.   S.  84. 
K.  Böhmen.     1.    3*   Prag»  Kleinseitner  Gymn.  (Mit  e.  Abhandi.  v.  Ant. 

Schindler.)    Bespr,  v.  A.  Gernerth.    S.  240.   —    VII.  Pisek. 

(Mit  e.   ÄbhandL   v.  Andr.  Bauer.)     Bespr.  von  A.   Gernerth. 

S.  239.  240. 
M,  Schlesien,  i.  Tfoppau.  (Mit  e.  Abhandi.  v.  Eduard  Jahn.)  Bespr.  v. 

J.  G.  Sei  dl.     S.  83.  84. 


Schulprogramme  österreichischer  Gymnasien  und  Real- 
schulen am  Schlüsse  des  Schuljahres  18**/if 

.4.  Niederosterreicb.  I.  1.  Wien.  Theresian.  Gymn.  (Mit  e.  Abhand- 
lung V.  J.  Ptaschnik.)  Bespr.  v.  J.  Asch b ach.  S.  238.  229. 
—  2. Josephsl  Gymn.  (Mit  e.  Abhandi.  v.  Moriz  Rodler.)  Bespr. 
V.  0.  Lorenz.  S.  233.  234.  —  II.  Krems.  (Mit  e.  Abhandi  v.  A. 
Thomann.)  Bespr.  v.  K.  B.  Heller.  S.  151.  152. 

B.  Oberösterreich.  Kremsmünster.  (Mit  e.  Abbandl.  v.  Romuald  Lang.j 
Bfspr.  V.  W.  Volk  mann.  S.  396.  897. 

r.  Salzburg.  Salzburg.  (Mit  e.  Abfaandhing.  v  Jos.  Mayr.)  Bespr  v. 
0.  Lorenz.  S.  232.  233. 

/?.  Tirol.  L  Innsbruck.  (Mit  e.  Abhandi  v.  Dir.  Siebinger.)  Bespr. 
V.  0.  Loren i,  S.  232.  -^  H.  Bozen.  (Mit  e.  AbhandL  v.  Flav. 
Orgler.)  Bespr.  v.  Ö.  Lorcni.  S.  233.  —  \\\.  Brixen  (Mit  e. 
Abbanfll.  v.  Gr«g-  Baohlechner.)  Bespr.  v.  Dr.  K.  B.  Hell  er. 
8.  151.  152k  —  IV.  Trient  (Mit  e,  Abhandi.  v.  P.  Franccsoo  dalla 
Rosa.)     Bf^p^  V.  W.  Volkmann.  S.  395.  396. 


v%r"i- 


XVI 

E.  Steiermark.  I.  GraU.  (Mit  c.  AbhandL  v.  £.  Ried  er.)  Bespr.  v. 
0.  Lorenz.  S.  234—236.  —  H.  Marburg.  (Mit  e.  Abhandlung  v. 
Dr.  R.  Puff.)    Bespr.  v.  0.  Lorenz.    S.  234. 

G.  Krain.    Laibach.  (Mit  e.  Abhandl.  v.  Joh.  Neöasek.)  Bespr.  v.  0. 

Lorenz.   S.  232.  233     —   IL  NeustadtL    (Mit  e.  Abhandi.   v.  P. 

Raphael  Klemen6i6.)    Bespr.   v.   0.    Lorenz    und   Ed.  Joseph 

Schwamm  eh  S.  236—238. 
ff.  Küstenland.    Görs.    (Mit  e.  Abhandl.  v.  Dr.  L.  Preifs.)    Bespr.  v. 

Wilh.  Volkmann.  S.  397.  39S. 
M,  Böhmen.  1.  Komotau.  (Mit  e.  Abhandl.  v.  Ladisl.  äelakowsky.) 

Bespr.  T.  K.  B.  Heller.  S.  150.  —  2.  Leitmeritz.  (Mit  e.  Abhandl. 

y.  Wenzel  Klouöek.)  Bespr.  t.  Alfr.  Ludwig.  S.   142—149!  — 

3.  Brüz.    (Mit  e.  Abhandlung  v.  F.  Max.   Komärek.)    Bespr.  t. 

Dr.  Si ekel.    S.  230.    —    4.  Böhmisch-Leippa.    (Mit  e.  Abhandl. 

T.   Dr.   Frd.  Hölzel.)     Bespr.   von  W.   Volkmann. 

S.  394.  395. 
Z.  Mahren.    Znaim.    (Mit  e.  Abhandl.  v.  K.  Seyskal.)    Bespr.  v.  A. 

Ludwig.  S.  79.  80. 
Jf.  Schlesien.    1.  Troppau.  (Mit  e.  Abhandl.  t.  Jos.  Lang.)  Bespr.  v. 

Dr.  Ed.  HansUck.  S.  82.  83.  —  2.  loschen,    evang.  Gymn.  (Mit 

e.  Abhandlung   v.  GottL  Bi ermann.)  Bespr.   von  0.   Lorenz. 

S.  230.  231. 
N.  Galizien  und  Bukowina.    Czemowitz.  (Mit  e.  Abhandl.  v.  Dr.  Georg 

Blacker I.)    Bespr.  t.  L.  Lange.  S.  78.  79. 
0.  Ungarn.  1.  Rimaszombat,  prol.  Gymn.  (Mit  e.  Abhandl.  v.  J.  F  Ab  ry.) 

Bespr.  T.  K.  B.  Heller.  S.  151.  152.  —  2.  Neusohl,  kath.  Slaats- 

gymn.    (Mit  e.  AbhandL   t.  J.  L.  Stipan.)    Bespr.  t.  Max.   Bü- 

dinger.    S.  229. 

F.  Woywodschaft  und  Temeser  Banat.  Neusatz,  U.-R.  (Mit  e.  Abhandl. 
y.  Pet  Hamp.)  Bespr.  y.  K.  B.  Heller.    S.  150. 

5.  Siebenbürgen.  1.  Hermannstadt  (Mit  e.  AbhandL  v.  Jos.  H  i  1 1  e- 
brand«.)  Bespr.  v.  Alfr.  Ludwig.  S.  80—82.  —  Gymn.  A.  C. 
(Mit  e.  AbhandL  v.  Karl  Schwarz.)  Bespr.  y.  0.  Lorenz.  S.232. 
2.  Bistritz,  eyang.  Gymn.  (Mit  e.  Abhandl.  y.  Mich.  Hertog.) 
Bespr.  y.  K.  B.  Heller.  S.  151.  152.  —  3.  Mediasch,  Gymn.  A.  C. 
(Mit  e«  Abhandig.  y.  Joh  Fabini.)  Bespr.  von  K.  B.  Heller. 
S.  149.  150. 


A^Aamii9tn§eH  im  egwumiiai   md  RetiUckui-FrQfranmeH  am  Sekäuse 
de$  ScMuVaAres  /«*y„. 

(Fortsetzung  und  Schluss.) 


L  Abhandlungen  mathematisch-naturwissenschaft- 
lichen Inhaltes. 

23.  (Pisek).  Eine  neue  Formel  der  sphaerisehen  Trigonometrie  $  die 
Ausmeasmig  der  Körper  in  der  Elementargeometrie.  Von  Andreas 
Bauer.    Bespr.  y.  A.  Gern  er  th.  S.  239.  240. 

24.  (Prag,  Kleinseitner  Gymn.).  Untersuchung  über  die  Fehler,  die 
bei  der  Berechnung  eines  el>enen  Dreieckes  entstehen  können. 
Von  Ant.  Schindler.    Betpr.  y.  A.  Gernerth.  S.  240. 


XVII 


II.  Abhandlungen  philologischen  und  linguistischen 
Inhaltes, 

83.  (Troppau,  0.-6.)  Anacreonteia.    Von  Eduard  Jahn.    Bespr.  v.  J. 

0.  Sei  dl.  S.  83.  84. 

24.  (Melk.)    Einige  Fragmente  des  'Euripides.  Von  Direct.  Theodor 

M  ayer.    Bespr.  v.  J.  G.  Sei  dl.  S.  84. 


Abhandlungen  in  Gytnnasiat'  und  Reabckul-Programmen  am  Sckiuue 
de$  ScJUi(fakres  i8*\,. 

I.   Abhandlungen  philologischen  und  linguistischen 
Inhaltes. 

i.  (Czernowitz.)  Zur  yergleichenden  Etymologie.  1.  Beitrag.  Von 
Dr.  Georg  Bl ackert.    Bespr.  v.  L.  Lange.  S.  78.  79. 

2.  (Znaim.)  Ober  den  Homerischen  Genitiv.  Beitrag  zur  Homerischen 
Syntax.     Von   K.   S  t  e  y  s  k  a  1.     Bespr.  y.  Alfr.  Ludwig. 

S.  79.  80. 

3.  (Hermannstadt,  kath.  Staatsgymn.)  Aeschylus'  Agamemnon  und 
die  gleichnamige  Tragoedie  des  Tragikers  Seneca,  Parallele.  Von 
Joseph   H  i  1 1  e  b  r  a  n  d.     Bespr.   von    Alfred   Ludwig. 

S.  80—82. 

4.  (Leitmeritz.)  Ober  den  sogenannten  Nominativus  absolutus  hei 
Thucydides.    Von  Wenzel  Klou6ek.     Bespr.  v.  Alfr.   Ludwig. 

S.  142—149. 

IL  Abhandlungen  mathematisch-naturwissenschafnich  cii 

Inhal  te 8. 

1.  (Troppau.)  Versuch  einer  analytischen  Entwickelung  der  diato- 
nischen und  der  chromatischen  Tonleiter.  Von  Jos.  Lang.  Bespr. 
V.  Dr.  Ed.  Hanslick.  S.  82.  83. 

2.  (Mediasch,  Gymn.  A.  G.)  Der  Weinbau  in  Siebenbürgen.  Von 
Joh.  Fabin.     Bespr.  v.  K.  B.  Heller.  S.  149.  150. 

3.  (Komotau.)  Ueber  den  Zusammenhang  der  fortschreitenden  Stufen 
des  Pflanzenreiches.  Von  Ladisl.  fielakowsky.  Bespr.  v.  K.  B. 
Heller.  S.  150. 

4.  (Neusatz,  Ü.-B.)  Die  Vegetationsverhältnisse  von  Neusatz-Peter- 
wardein.    Von  Pet.   Hamp.    Bespr.  von  K.  B.   Heller. 

S.  151.  152. 

6.  (Brixen.)  Verzeichnis  der  phanerogamen  Pflanzen,  welche  in  der 
Gegend  von  Brixen  wild  wachsen.  Von  Greg.  Bachlechner. 
Bespr.  V.  J.  B.  Heller.  S.  151.  152. 

7.  (Krems.)  Synopsis  der  in  der  Omgegend  von  Krems  wild  wach- 
senden Phanerogamen.  Von  A.  Thomann.  Bespr.  von  J.  R. 
Heller.  S.  151.  152. 

8.  (Rimaszombat,  prot.  Gymn.)  Rimaszombat  virinya.    Fäbry  Jänos 
UlnartöK    Bespr.  v.  J.  B.  Heller.  S.  151.  152. 


XTfll 


]II«  AbbandlungCD  aus  dem  historisch -gcograpb.ischcu 

.Gebiete. 

-     i.  (Wien,  Thercsian.  Gymn.).    Die  ordentliche  BundesYersammlung 
*    der  Actolcr.  Von  Prof.  J.  Ptaschnik.  Bespr.  v.  J.  As  ebb  ach. 

S.  228.  229. 

2.  (NeusobI,  katb.  Staatsgymn.).  Die  Beziehungen  der  pannonischen 
und  grorsmährischen  Slaven  zu  den  Karolingern  und  zum  päpst- 
lichen Stuhle.    Von   J.   St^pan.    Bespr.  v.  Max  Büdinger. 

S.  229. 

3.  (Toschcn,  cvang.  Gymn.)  Geschichte  des  k.  k.  ev.  Gymnasiums 
zu   Teschen.    Von  Gottl.   Bier  mann.    Bespr.   v.  0.  Lorenz. 

S.  230.  231. 

4.  (Salzburg.)  Die  ehemalige  üniYersitat  Salzburg.  Von  Jos.  Mayr. 
Bespr.  y.  0.  Lorenz.  S.  232. 

5.  (Innsbruck.)  (veschichte  des  Gymnasiums  zu  Innsbruck.  Von  Dir. 
Siebinger.    Bespr.  y.  0.  Lorenz.  S.  %32. 

6.  (Hermannstadt,  Gymn.  A.  G.)  Vorstudien  zu  einer  Geschichte  des 
Stadt.  Gymnasiums  A.  C.  in  Hermannstadt.  Von  K.  Schwarz. 
Bespr.  y.  0.  Lorenz.  S.  232. 

7.  (Laibach.)  Geschichte  des  Laibacher  Gymnasiums.  Von  Job. 
Ne6asok.    Bespr.  y.  0.  Lorenz.  S.  232.  233. 

8.  (Bozen.)  Leonhard  Colonna  y.  Völs,  Landeshauptmann  an  der 
Etsch  und  Burggraf  zu  Tirol  yom  J,  1498—1630.  Von  Flayian 
Orgler.    Bespr.  y.  0.  Lorenz.  S.  233. 

9.  (Wien,  Josephstadter  Gymn^)  Ein  Brief  des  Herzogs  Maximilian 
yon  Österreich,    Von  Moriz  Rodler.    Bespr.  y.  0.  Lorenz. 

S.  233.  234. 

10.  (Marburg.)  Geburts',  Trauungs-  und  Sterbeorte  landesfürstlicher 
Familienglieder  in  Steiermark.  Von  Dr.  Rud.  Puff.  Bespr.  y.  0. 
Lorenz.  S.  334. 

11.  (Graz.)  Chrmicm  Oitocari.in  rebus,  gt$ae  ad  Benricum  abbatem 
pertineni,  ne  Sit  fms  rerttm  Stiriae  scriptöribtis.  Von  E.  R  i  c  d  e  r. 

S.  234-23C. 

12.  (Neustadll.)  War  Österreich  nach  dem  Tode  des  letzten  Babcn- 
bergers  ein  Erbgut  seiner  Verwandten  oder  ein  erledigtes  Reichs- 
lehen ?  Von  P,  Raphael  K 1  e  m  e  n^ i  ö.  Bespr.  y.  0.  Lorenz  uiul 
y.  Ed.  Jos.  Schwämme!.  S.  236—238. 


IV.  Abhandlungen  philosophischen  Inhaltes. 

1.  (Böhmisch  -  Leipa.)   Über  Thierseele  und  Menschenseele.    Von  Dr. 
Ferd.  HölzcL    Bespr.  y.  W.  Volkmann.  S.  394.. 395. 

2.  (Trient.)   laiorno   a  cid  ehe  .  feeero  l  Ronumi  in  materia  di 
ßlosafa.    Von  P,  Franz  dalla  Rosa.    Bespr.  y.  W.  Volk  mann. 

8.  395.  396. 
%.  (Kremsmunster,)  Das  Unbewusste  im  Menschenleben.  Von  Romuald 

Lang,     ücspr.  v.  W.  Volkmann.  .   S.  396.  397. 

4.  (Görz.)   Analyse  der  Begehrungen  und  deren  Begriffsbestimmung. 

Von  Dr.  L.  Prcifs.    Bespr..  v.  W.  Volk  mann.     8.  397.  398. 


XIX 

Zar  Uorazfrage.    Von  W.  Teuf  fei.  S.  390—393. 

Nik.  Dietrich  Giseke.  Von  K.  J.  Sehr ö er.  S.  393.  394. 

Zu  Uerodian«  YonJ.  La  Roche.  S.  470. 

I>«r  geographische  und  historische  Unterricht    Von  J.   Plaschnik. 

S.  474—479. 
Zur  Krasis  in  Hyperides.    Von  Joh.  Lifsner.  S.  648.  649. 

Das  germanische  Museum  in  Nürnberg.    Von  A.  Egg  er.    S.  649 — 652. 
Entgegnung   auf  Hm.  A.   Gerucrth's  Kritik   des    A.    Bekk  er 'sehen 

Lehrbuches  der  Algebra.    Beilage  zum  IL  Hefte.  S.  1—5. 

Gegenbemerkung.  Von  A.  Gernerth.     Beilage  zum  II.  Hefte.    S.  6 — 8. 
Erläuterungen  zur  Anzeige  von  J.  Deutschles  Ausgabe  des  Platonischen 

Gorgias,  t.  H.  B  o  n  i  t  z.     Beilage  zum  II.  Hefte.  S.  9—20. 

Erwiderung  von  H.  Bonitz.     Beilage  zum  H.  Hefte.  S.  20—28. 

Hat   das   griechische   Relativpronomen   den    F-Laut?     Entgegnung  von 

Dr.  Georg  Bl ackert    Beil.  zu  d.  Hft  IV  u.  V.  S.  1. 

Erwiderung.    Von  L.  Lange.     Beil.  zu  d.  Hft.  IV  u.  V.  S.  2—5. 

über   den  sog.  Nominativus  absolutus  bei  Thukydides.  Entgegnung  von 

W.  Kloudek.     BeiL  zu  d.  Hft.  IV  u.  V.  S.  5.  6. 

Erwiderung.    Von  Alfred  Ludwig.    Beilage  zu  den  Heften  IV.  u.  V. 

S.  6.  7. 
Berichtigung.    Von  Wolfg.  Bauer.     Beil.  zum  X.  Hefte.  S.  1.  2. 

Erwiderung.    Von  Joh.  K  v  i  ö  a  1  a.    Beil.  zum  X.  Hefte.  S.  2 — 4. 


LUeraritcke  Notiten, 

Berichtigungen.    Von  Dr.  R.  von  Raum  er.  S.  400, 

11  off  mann  (K.  A.  J.)  Acht  Schulreden  über  paedagogiscbo  Zeitfragen. 
Für  Freunde  des  Gymnasialwescns.  Clausthal,  1859.    S.  399— 400. 

L  ü  b  k  e  r  (Dr.  Frdr.)  Reallexikon  des  classischcn  Alterthums.  2.  Aufl. 
Leipzig,  J.  G.  Teubner,  1860.  S.  903.  904. 

Planck  (Adolf.)  MeUmchlh&n,  praeceptor  Germaniae,  Nördlingen,  C. 
II.  Beck,  1860.  S.  480. 

Präparationen  zu  Homer's  Odyssee,  von  e.  Schulmanne.  Gesang 
1— V.   Köln  u.  Neufs,  L.  Schwann,  1860.   Bespr.  v.  K.  Schenkt 

S.  830—832. 

Preisaufgaben  (philologische) ,  der  kais.  Akademie  der  Wissen- 
schaften. S.  566—568. 

Spiefs  (Aug.)  Schillcr's  Leben  und  Dichtungen.  Wiesbaden,  Kreidel 
u.  Niedner,  1859.  S.  398—399. 

.Statistisches.    Von  A.  Wilhelm.  S.  748. 

V  a  n  i  6  e  k  (AI.)  Schematismus  der  österr.  Gymnasien  und  Realschulen 
für  das  Schuljahr  18*V««-  2-  Jahrg.  Prag,  Temsky,  1860.  Bespr. 
von  IL  B.  S.  746—748. 

Verhandlungen  der  neunzehnten  Versammlung  deutscher  Philologen, 
Schulmänner  und  Orientalisten  zu  Braunschweig,  am  26.-29.  Sep- 
tember 1860.  S.  894—901. 

Vcricour  (R.  de.)  Tke  life  and  times  of  Dante  etc.  London,  J.  F. 
Ilope,  1868.    Bespr.  v.  A.  Mussafia.  S.  739—746. 

Versammlung  (19.)  deutscher  Philologen,  Schulmänner  und  Orien- 
i«'kli>ten.  S.  568. 


Erste  Abtheilung. 


Abliandlanf^en. 

Kritische  Bemerkungen  zu  Cicero  de  legibu». 

1 

111,10,24:  Quod  enhn  est  iam  detperalum  eoUe§ium, 
in  quo  nemo  e  decem  sana  menle  HC  ?  Quin  ipsum  Ti.  Orae- 
chum  non  »otum  nee  tu  9  sed  etiam  »ublatus  interee9»or 
fueraL  Quid  enim  iiium  aliud  perculiij  nisi  quod  polesiü" 
lern  inlereedendi  eoUegae  abrogatfii?  Diess  ist  die  Überliefe- 
rung der  guten  Handschriften,  in  welcher  Manutius  für  neeius 
onzweifelhaft  richtig  neglectus  emendiert  hat.  Nicht  gelungen 
trotz  vielfacher  Versuche  ist  bis  jetzt  die  Verbesserung  des 
ebenfalls  verderbten  fuerat.  Denn  nur  hier  ist  das  Verderbnis 
zn  suchen  und  nicht  im  mindesten  zu  bauen  auf  den  in  eini^ 
gen  schlechteren  Handschriften  gemachten  Verbesserungsversuch: 
quin  per  ipmm  Ti.  Graeehum  . .  .  wuhlatus  interee$$or  fuerat. 
Daher  die  hievon  ausgehenden  Vermuthnngen  Ralh's  und  Wag- 
ners schon  aus  diesem  Grunde  unbrauchbar  sind ,  von  denen 
jener :  qui  perdidit  ipsum  Tt.  Oraeehum  non  »olum  veiiCug  sed 
eiiam  Mublatus  iniercessor  fuil,  dieser :  quin  perdidit  hoc  Tt. 
Oraeehum^  quod  per  ipsum  non  solum  vetitus  sed  etiam  subia- 
tus  intereessor  fuerat  vorschlug.  Ihnen  beiden  hatte  Puteanus 
vorgearbeitet,  der  sprachlich  be>ser  aber  init  Anknüpfung  an 
das  schlecht  bezeugte  per  schrieb:  quin  perdidit  ipsum  Ti. 
€hracchum  non  solum  veiitus  sed  etiam  sfihlatus  intereessor. 
Der  Zusammenhang  erfordert  offenbar  diesen  Gedanken :  'den  Ti- 
berioB  Gracchus  bat  sein  College,  der  ihm  Einsprache  gethan, 
trotzdem  er  ihn  nicht  nur  nicht  gehört,  sondern  abgesetzt  hatte, 
—  gestürzt.'  Nur  so  schliefet  sich  das  folgende  passend  an: 
Quid  enim  ilhtm  aliud  perculit  nisi  quod  cet.  Daher  denn 
loch  die  meisten  Kritiker  einen  solchen  Begriff  aus  fuerat  her- 
nstellen  versucht  haben.  Auf  das  verschiedenartigste  hat  man 
gersiben:  freperai^  was  Bentley  wollte,  fuderat,  was  Scheffcr 
voficblog,  stroPfrat^  woran  Görenz  dachte,  ^^ofür  die  Varianten 

S«ilMlwirt  f.  a.  Sftitrr,  Oymiiat.  IMO.  I.  Haft.  I 


2  Krit.  Brmerkiingen  /.u  Cfcerö  de  legibus,  v.  J.   Yahlen. 

nerueraC  und  semaueraC  in  einigen  seiner  Handschrirten,  die  zu 
den  schlechten  gehören,  eine  schwache  Slülze  bieten,  perculerat^ 
Vermuthung  von  Davies.  Diese  Versuche  werden,  abgesehen 
von  der  Wahl  des  Wortes,  die  nicht  bei  allen  angemessen  ist, 
durch  die  eine  Bemerkung  beseitigt,  dass  das  Piusquamperfectum 
keine  grammatische  Erklärung  zulässt.  In  diesem  Puncte  fühlte 
Puteanus  richtiger  als  er  perdidil  vorschlug,  und  ebenso  dach- 
ten sowol  Bake  als  Feldhügel,  indem  jener  aus  Bentley's  frege- 
rat  das  Perfectum  fregit^  dieser  aus  Görenz'  straverat  die  Form 
sCramC  adoptierte.  Aber  keinem  von  beiden  ist  es  gelungen, 
durch  eine  genügende  Erklärung  des  Verderbnisses  die  Ver- 
muthung zur  Wahrscheinlichkeit  zu  erheben.  Denn  Bake's  Be- 
merkung, dass  fregie  und  fecU,  fracti  und  facti  mitunter  ver- 
wechselt worden,  lässt  uns  die  Verwechselung  von  fregU  und  fuerat 
nur  wenig  glaublicher  erscheinen:  und  Feldhügel  supponiert  ein 
Compendium  von  stravit  (nämlich  $lrat)^  das  nicht  vorauszu- 
setzen ist,  und  wenn  auch,  an  sich  wenig  nütze  ist.  Wir  sehen 
uns  also  von  neuem  auf  die  handschriftliche  Oberlieferung  zu- 
rückgewiesen,  aus  der,  wie  ich  glaube,  mit  voller  Probabilität 
Cicero's  Hand  in  dieser  Weise  hergestellt  wird :  Quin  ipsum 
IV.  Oracchum  non  solum  neglectus^  $ed  etiam  subiaCus  hUer- 
cßMor  EVERTIT.  Dass  evertere  das  an  dieser  Stelle  passende 
Wort  sei,  beweisen  aufser  anderen  Stellen,  in  denen  es  genau  in 
demselben  metaphorischen  Sinne,  wie  unser  stürzen  gebraucht 
ist,  insbesondere  Cicero's  Worte  in  dem  Briefe  an  den  Proconsul 
Hetellus  (ad  fam.  V,  2,  8) ,  dessen  Bruder  auf  Cicero's  Sturz 
gleich  bei  dem  Schlüsse  seines  Consulatjahres  hinarbeitete: 
negue  HU  guicguam  deliberaiiuM  fuit  quam  me,  quacunque 
ratione  posset,  non  iudicio  neque  diseepCalione  sed  vi  atque  im- 
presH&ne  evertere.  Was  aber  die  Änderung  betrifft,  so 
ist  klar,  wie  aus  einem  mit  Majuskeln  geschriebenen  EVERTIT 
zunächst  fuertit  entstehen  konnte,  das  dann  weiter  durch  Zufall 
oder  Absicht  in  fuerat  übergieng,  wie  z.  B.  111,8,  19  in  einem 
der  codd.  Bake's  statt  lex  quae  sanct't  geschrieben  ist  ganat» 
Volle  Gewähr  erhält  aber  die  Vermuthung  erst  durch  den  Nach- 
weis, dass  die  Hajuskelschrift ,  in  welcher  das  Archetypon  aller 
unserer  Handschriften  geschrieben  war,  auch  sonst  in  den  Ver- 
derbnissen der  abgeleiteten  Bücher  Spuren  zurückgelassen  hat. 
Nicht  verschieden  jedoch  von  jenem  Falle  ist  es,  wenn  II,  14,  34 
statt  EORUMQDE  in  allen  unseren  Handschriften  forumque^  und 
umgekehrt  11,24,61  statt  FORUM  ebenfalls  in  allen  ewrum  über- 
liefert ist.  Auf  derselben  Verwechselung  von  E  und  F  beruhen 
ferner  11,7, 16  fie  easque  sit  in  fast  allen  Büchern  statt  NEFASQüE 
SIT;  II,  2,  5  gymfrantidem  in  den  guten  codd.  statt  SVIERANTIIDEM, 
was  Madvig  fand:  auch  das  y  an  Stelle  von  V  zeugt  für  Ha- 
jQskelschrifl.  Dieselbe  zweifache  Verwechselung  weist  folgendes 
Beispiel  auf:  II, S 5, 64  steht  statt  RADUNTO  NEVE  LBSSÜM  in  dem 


f 


Krit  Bemerkungen  zu  Cicero  de  iepibuij  v.  /  Vaklen,  9 

Leid.  G  radunl    oney  fleßsum^    in    dem  cod.    E    radufU   anei 
fUintm,     Endlich  II,  19,47  pontifices  ambo  eC  fidem  hari»  peri-^ 
tisHfm  in  allen  codd.,  statt  -  nicht  iidem^  wie  die  neuesten  Herausgeber 
schreiben,  sondern  £U)£M,  wie  denn  überhaupt  nicht  einzusehen, 
warum  die  Herausgeber  auch  da  die  Formen  mit  ä  voriieheoi 
wo   einfaches  i,   oder  ei  überliefert   ist,  wie   z.   B.    111,8,6: 
h$$ia  imperia  nmCo  isque  (so  die  8  besten  Leidener ;  Feldh.  und 
Klotz  nsgue}  cHm  .      .  parento   und  111,8,10:    Onmee  magi^ 
Mtraiiu  autpidum  .  .  habento^  exque  i$  $enatU9  esto:   so  der 
Voss.  B,   und  A  nur   mit   falscher  Trennung  der  Silben  exgi$e 
itte  natus^    denen  sich  E  anschlielst  exguo  U.    Schreibt  doch 
Feldhügel  selbst  III,  4, 10:  idem  ad  plebem  . . .  ferunto,  weil  in 
den  Handschriften  idem,  nicht  iidem  sieht:   warum   nicht  auch 
II,  21,  52  guod  idem  üsriM  civiUe  etiis  peritissimi,   wo   idem, 
nicht  üdem  überliefert  ist.     Doch  dies   beiläufig.     Die  aus  der 
Hajuskelschrift    des    Archetypons    herrührende    Buchslabenver- 
wechselung  beschränkt  sich  nicht  auf  e  und  F^  sondern  eben 
dahin  gehören  die  Vertauschuneen  von  F  und  T,  G  und  G,  B  P  R. 
So  I,  18,86  fuisse  in  den  codd.  ABC  statt  TV  18  ES;  HI,  18,80 
itUeriaris  in   allen  Handschriften  statt   INFEBIORIS;   und  mögli- 
cherweise  auch  I,  19,  61   fortitudinem    in   guten  Handschriften 
statt  TCRPiTVDlNEM.    Für  C  und  G  vergl.  man  U,  15,  89  Ucee 
für  LEGES  (Laid.  C  und  E);  II,  16, 4 1  iracoediae  (ABGE) ;  11, 28, 59 
eenas  für  GENAS    (Leid.  G  und  E) ;    II,  26,  64  geramico  statt 
CERAMICO   (BCE) ;    III,  8,  6  acuncio   für   AGONTO    (ABGE)   u.  a. 
Für    P  und  R:    Ul,  8,  8  dieeertator   (ABC)   statt   DI8GEPTAT0B; 
Vl^S^lB  pede  uno  in  fast  allen  Handschriften   für   REDECMTO; 
II,  8,  21    carüal  esCo   (neben   eariia  leeto,    carit  olesCo)   für 
CAPITAL  ESTO.    Dieselbe  Veranlassung  liegt  11,18,46  vor,   wo 
ducaiur  quaeque  PARS  iuris  in  den  Handschriften  in  dttcaiurgue 
querar  ei  iuris  (C  d  Gd.  2)  oder  ducatur  quaeque  rar  ei  iuris 
(E)  und  ducatur  quaeque  ars  iuris  (AB)  verderbt  ward.     Feld- 
hügel erklärt  die  Verderbnis  nicht  richtig,  und  noch  mehr  irrten 
diejenigen,   welche  auf  die  eigenmächtige  Besserung  in  schlech- 
teren Handschriften  quaeque  res  et  ars  iuris  ihre  Yermuthungen 
bauten.    Eine  ähnliche  Bewandtnis  bat  es  ferner  mit  111,12,28: 
praeelare   vero  firater  isia  lex;  sed  et  LATE  PATET,   ut  vitio 
eareat  ordo  et  censarem  quaerit  interpretem.    So  nach  Manu- 
tius'  und  Turnebus'  Verbesserung:  die  guten   Handschriften  sed 
et  laterat  ieciaterat  A)  etj  ut\  woraus  in  den  schlechteren  sed 
et  altera  ut  ward ,  zugleich  mit  dem  richtigen  bieten   dasselbe 
die  Ambrosiani  ß  und  y :  sed  et  täte  patet  altera  ut,  was  Halm 
im  Philologus  I,  S.  178  nicht  häUe  vertheidigen  sollen.    Grolse 
Verwirrung   aber  haben   andere   Kritiker    an   dieser   Stelle  aus 
mangelhafter  Einsicht  in  Ursprung  und  Fortschritt  des  Verderb- 
nisses  angerichtet.    Auch  prome  (pro  me)  wie  II,  4, 10  in  den 
codd.  ABE  statt  ROMAE  geschrieben    ist,   weist    auf    Majuskdn 

1* 


[ 


4  Krit.  Bemerkungen  tu  fiäero  de  /ef/i6tiS,  v.  /  tah/e^. 

hin:  hiermit  sind  zu  vergleichen  die  entsprechenden  Beispiele  aus 
Noniusydie  ich  AnalecCaNanianaf,  7  zusammengestellt  habe.  Bu.  R 
s'md  z.  B.   an   folgenden  Stellen  vertauscht  worden:   11,25,(5 
inirant  (CE^)  statt  INIBANT;   1)5,  17  nons  in  allen  Handschr. 
für  NOBIS.     Bndlich  B  und  P :    11, 8,  6  Ambio  (Ambiu)  in  allen 
guten   Handschriften   für  AMPIO;  111,8,18  reabse  (BE  Gd.  %)fär 
REAPSE.  Hiemach  ist  denn  auch  zu  beurlheilen  die  Stelle  U,  10,  28: 
Conclusa  quidem  est  a  Ce  magna  lex  sane  quam  brevi;  seä  ut 
mihi  videtur  ceL,  die  zu  mehr  als  einer  Bemerkung  Anlass  gibt. 
Jenes   ist  die  Schreibung  der  meisten   Ausgaben;  nur   dass   in 
einigen  vor  magna  ein  tarn  eingeschoben  ist,  welches  von  keiner 
der  guten  Handschriften  bezeugt  wird,  sondern  in  einigen  andern  der 
schlechteren  Sorte  und    in   den   Ambrosianis   aßy  sich   findet, 
die  auch  sonst  durch  willkürliche  Änderungen  und  Zusätze  sich 
auszeichnen    und   diejenige  Geltung   nicht  verdienen,   die   ihnen 
früher  von  Feldhögel  und  Hahn  zuerkannt  worden  ist.    Aufser- 
dem  steht  nicht  brevi  sedj  was  Victorius  schrieb,  sondern  breui» 
ei  in  den  guten  und  der  Mehrzahl  der  schlechteren  Handschriften 
(in  einigen  wenigen  breui  et) ;  jene   Schreibung   fuhrt  aber  auf 
brevi  $eC^  ebenso  wie  II,  18  in.  isla  video  faiearque  esse  magna\ 
sed  est  in  collegio  aus  der  Cberlieferung  der  guten  Handschriften 
ABE  magnas  ety  vielmehr  magna,  set  herzustellen  war.     Auch 
III,  2, 5  imperandi  sed  etiam  civibus  obtemperandi  hat  wenigstens 
der  Leid.  E  imperandis  et  d.  i.  imperandi  set.     Diese  Bemer- 
kung verliert  dadurch   nicht  ihr  Gewicht,   dass  III,  ], 2  in  den 
codd.   ABGE   statt   veris  et  proprits  geschrieben   ist  veri  sed 
proprüs\  es  beweist  nur,  dass  den  Abschreibern  unserer  Hand- 
schriften die  Form  sed  geläufiger  war,  so  dass  wir  die  Spuren 
eines  set  um   so  sicherer  auf  alte   Überlieferung   zurückfuhren 
dürfen.     Endlich -und  deshalb   ward  die   Stelle  hier  erwähnt - 
steht  nicht  a  te  \n  den  Handschriften,  sondern  in  dem  Voss.  A 
aptej  in  den  übrigen  guten  Büchern  alter^  woraus  in  den  schlech- 
teren willkürlich   altera  gebessert   ward.    Die  Schreibung  apte 
nämlich  führt  auf  ein  ursprüngliches  ABTE,   woraus  sich  auch 
alter  besser  als  aus  a  te  erklären   lässt.     Schon   Hand  im  Tur- 
sellinus  I,  p.  6  wollte  ab  te  restituieren    und  verwies   zugleich 
auf  de  finn.  V,  25,  75,  wo  in  dem  guten  Erlanger  Codex  ab  te 
erhalten  ist,  was  Madvig  nicht  anerkennt  Auch  $.  76  haben  dort 
einige  Bücher  apte,  was  ich  ebenfalls  lieber  auf  ab  te  als  a  te 
zurückführen  möchte;   denn  mit  ante,   das  Madvig  anfuhrt  und 
das   nicht  selten   für  a  t&  verschrieben   ist,  hat  es  doch    eine 
etwas  andere  Bewandtnis.     Vielleicht   darf  man  sogar  de  legg. 
111,18,80  aus  der   Überlieferung   des  Voss.    B  repetam  ab  eis 
tum  eher  auf  repetam  ab  te  istum,  als  auf  das  recipierte  a  te 
schlieCsen.    Übrigens   ist   die   Form  ab   auch  noch  an  anderen 
Stellen  in  den  Büchern  de  legibus  wieder  einzusetzen ;  II,  22, 56 
liest  man  bei  Feldhügel  und  Klotz:  in  eo  sepulero  guod  haud 


Kril.  BemerkuDgeo  zu  Cicero  de  iegibus,  v.  J,   VaMen.  5 

proeui  a  Fanüs  mrm  eu;  diess  ist  A.  W.  Zumpl«  im  ganzen 
gewiss  richtige  Verbesserang;  denn  in  den  Handschriften  fehlt 
Uud  und  für  m  Fontis  ara  e»e  geben  die  Leidener  AB CE  ad 
fmUu  mrmsj  welches  auf  die  Schreibang  ab  fontii  arasC  zurück- 
nfähren  ist.  Die  Schreibang  st  statt  est  weisen  manche  Spuren 
der  Handschriften  auch  in  diesen  Büchern  auf,  die  hier  zu  ver- 
folgen ztt  weit  fuhren  wurde;  auffallig  ist  z.  B.,  dass  1,8,25 
htm  vero  üiriu»  eadem  in  hoaUne  ac  deo  e$t  negue  alio  uilo 
ia§mio  praelerea.  EH  auiem  virtus  nihil  aliud  in  den  Leid. 
iBCE  praeiereas  auiem  oder  praeter  eas  auiem  geschrieben  ist. 
Die  Präposition  ab  aber  ist  auch  sonst  in  ad  verdorben,  wie 
111,6, 14  ad  hane  famüiam  6d.  2.  d  für  ab  hae  famiiia^  und 
uifekehrt  iU,  18,40  ab  aueiorem  in  allen  guten  für  ad  aetorem. 


II,  4, 9 :  i4  partie  enim^  Quime  didieimue,  ei  in  ius  voeat 
aique  ai  (oif)  eiuemodi  iegee  alias  naminare.  So  die  Hand- 
ficbriften.  Der  Gedanke  Cicero's  ist  der:  Wir  sind  von  Jugend 
aef  gewohnt,  das  si  in  ius  vocaC  und  andere  Gesetze  der  Art 
Gesetze  zu  nennen.  An  die  Wortstellung  in  einigen  schlechteren 
Handschriften  eius  modi  alias  leges  anknüpfend,  wollte  man 
früher,  am  jenen  Gedanken  deutlicher  in  den  Worten  auszu- 
drücken, eius  modi  alias  ^  leges  nominare  oder  eius  modi 
aHOy  leges  iumm.  lesen  und  erklaren.  Dies  ist  jetzt,  da  durch 
die  übereinstimmende  Oberlieferung  aller  guten  Bücher  die 
Reihenfolge  eius  modi  leges  alias  gesichert  ist,  als  beseitigt 
ZQ  betrachten.  Wollte  man  sich  aber  dabei  nicht  beruhigen, 
>o  bliebe  nur  übrig  nach  HeindorFs  Vorschlag  (Zeitschrift 
für  gescb.  Rechtswi^sensch.  II.  S.  485)  zu  lesen:  etus  modi 
Ugts  alias  ^  leges  nominare.  Doch  halte  ich  auch  dies 
nicht  für  nöthig,  da  sich  wohl  vermöge  einer  im  Lateinischen 
nicht  ungewöhnlichen  Altraction  aus  eius  modi  leges  alias  ein 
anderes  leges  zu  nominare  ergänzen  lässt.  Man  vergleiche  z.  B. 
L»6,  19:  Populariier  inlerdum  loqui  necesse  eriC  ^  et  appellare 

legem  quae  scripta^)  sancic  guod  vult\  eine   Stelle,    A\^ 


')  Scripta  schreibe  ich,  nicht  weil  ich  die  Vulgafe  Scripte  mit  Bake 
für  unrichtig  hielt,  sondern  weil  es  von  allen  guten  Handschriften 
(\BCE  Gd.  ty  9)  einstimmig  bezeugt  wird  und  kein  annehm- 
barer Grund  dagegen  spricht  Denn  wenn  Feldhügel  bemerkt: 
kec  guidem  loco  necesse  est  addl,  quo  lex  sanciatur  (doch  wo] 
saaeiatT)f  so  ist  ja  von  scripta  nicht  ausgeschlossen,  dass 
es,  als  ein  aufgeschriebenes,  durch  schriniichc  Satzung  verfügt. 
Scripta  zog  Cicero  wol  darum  vor,  weil  er  gleich  fortfährt: 
quae  scripta  sancit  quod  tun  au t  iubendo  aut  vetando; 
zugleich  gewinnt  der  hier  ausgesprochene  Gegensatz  zwischen  der 
lex  scr^ßta  und  der  anderen ,  quae  saeeulis  omnibus  ante  nata 
est,  quam  scripta  lex  Ulla,  gröfsere  Klarheit. 


6  Krit.  Bemerkungen  zu  Cicero  de  legibut,  v.  J,  VaMen. 

zwar  mit  der  unsrigen  nicht  volikommen  parallel  ist,  aber  doch 
zeigt,  was  man  im  Latein  wagen  durfte.  Denn  der  Sinn  ist 
der:  wir  müssen  Gesetz  nennen  dasjenige  Gesetz,  welches 
schriftlich  verfügt ,  was  es  will.  Wichtiger  ist  die  Frage  nach 
der  Fassung  des  beispielsweise  angeführten  Gesetzes  aus  den 
zwölf  Tafeln.  Da  atque  at  oder  ad^  wie  in  allen  guten  Hand- 
schriften steht,  offenbar  verderbt  ist,  so  glaubte  schon  Vic- 
torius,  und  nach  ihm  andere,  darin  einen  Theil  des  Gesetzes 
selbst  zu  erkennen,  und  schrieb  daher  atque  eaCj  eiuatnodi: 
wobei  atque  im  Sinne  von  eonfeeiim  gefasst  werden  sollte.  Ist 
diess  auch  vielleicht  als  möglich  zuzugeben  (man  vgl.  indessen 
Hand  im  Tursellinus  I.  S.  482),  so  erheben  sich  um  so  gröfsere 
Bedenken  gegen  eai.  Denn  mit  Recht  hat  nicht  erst  Feidhügel, 
sondern  schon  Unterholzner  (Zeitschr.  f.  gesch.  Rechtsw.  II. 
S.  488)  bemerkt,  'dass  der  Gebrauch  des  Conjunctivs  für  den 
Imperativ  (eaC  für  ieo)  nicht  blols  in  dem  Sprachgebrauch  der 
zwölf  Tafeln,  sondern  überhaupt  in  der  römischen  Gesetzes- 
sprache ganz  unerhört  ist:'  und  aufserdem  erforderte  die  Ver- 
besserung atque  eat  noch  eine  neue,  indem  nun,  wofern  man 
nicht  eine  in  der  Ciceronischen  Schreibart  ungewöhnliche  Härte 
zulassen  will,  ein  et  einzuschieben  ist.  Diese  Übelstände  ver- 
meidet FeldhügeFs  Verbesserung  si  in  ius  vocat  ito  et  eiuemodij 
welche  Klotz  aufgenommen  hat.  Aber  auch  sie  hat  ihre  groben 
Bedenken.  Denn  erstlich  ist  doch  die  Änderung  selbst,  womit 
ATQ  AT  in  )T0  ET  umgewandelt  wird,  nicht  so  leicht,  wie  es  Feld- 
hugeln  erschienen  ist.  Doch  dies  zugegeben,  so  kann  man 
fragen,  musste  denn  Cicero  ein  vollständiges  Gesetz  anführen, 
und  wenn  das,  hat  er  eben  dieses  anführen  wollen,  das,  wie 
Unterholzner  a.  a.  0.  wahrscheinlich  macht,  vollständig  so  lautete: 
Si  in  ius  vocat  ito :  ni  it  testamino :  igitur  em  eapito  9  Dass 
Cicero  auch  sonst  wohl  Gesetze,  wie  es  Sitte  war,  nur  mit  den 
Anfangsworten  bezeichnete,  bemerkt  Feldhügel  selbst  mit  Bezug 
auf  Brutus  12,  48.  Was  in  dieser  Beziehung  gebräuchlich  war, 
zeigt  ungleich  deutlicher  Gellius  XX,  1,25:  Verba  sunt  haee 
legis :  'Si  in  ius  vocat. ^  Verba  sunt  haec  de  lege :  Si  in  ius 
vocat,  si  morbtts  aevitasve  Vitium  encit,  qui  in  ius  vocabity  tu- 
mentum  dato ;  si  nolet  arceram  ne  sternito.  Bevor  Gellius  die 
Worte  des  Gesetzes  selbst  anführt,  citiert  er  es  erst  mit  den 
Anfangsworten,  wie  mit  einer  Überschrift.  Was  hinderte  es, 
dass  Cicero  ebenso  citierte?  und  da  wir  hier  schon  zwei  ge- 
setzliche Bestimmungen  der  zwölf  Tafeln  haben,  die  mit  si  in 
ius  vocat  beginnen ,  warum  soll  Cicero  gerade  jenes  und  nicht 
dieses  erwähht  haben  können.  Doch  es  sei,  da  auch  der  Aue- 
tor ad  Herennium  II,  1 3  jenes  Gesetz  in  ähnlicher  Gedankenver- 
bindung angeführt  hat :  lege  ius  est  id,  quod  iussu  popuU  san^ 
eitum  est,  quod  genus  ut  in  tun  eas  cum  voceris.  Dennoch 
spricht  alles  dafür,  dass  Cicero  nur  mit  si  in  v$s  vocat  beispiels- 


I^rit  BemerVungen  lu  CUero  de  iegiöus,  v.  y.  Vahien.  7 

ein  Gesetz  der  zwölf  Tsfeln  anführte,  uad  daran  alque 
wkoäi  ieges  alimB  anknöpfte«  Denn  das  einzige  Bedenken, 
das  Feldhugel  mit  Schein  für  sich  geltend  gemacht  hat,  daas 
MU  nicht  einsehe,  wie  ai  oder  ad  hinter  aigue  in  den  Text 
gerathen,  lassl  sich  in  evidenter  Weise  beseitigen.  Nur  muss 
■an  nicht  mit  Bake  ai  aus  a/.,  d.  i.  alias,  entstehen  lassen,  das 
daao,  nachdem  es  in  aC  überg^angen,  noch  einmal  zugeschrie- 
ben worden  sei.  Es  ist  viebnehr  in  aC  nichts  als  eine  nicht  zu 
Ende  geführte  Dittographie  von  ai^ue  zu  sehen.  Hiefur  wurde 
es  vieOeicht  schon  genügen  auf  die  vielen  Dittograpbien  der 
verschiedensten  Art,  kleinere  und  umfangreichere,  hinzuweisen, 
wekhe  in  den  Handschriften  dieser  Bucher  uns  begegnen;  aber 
CS  lässt  sich  diessmal,  um  jeden  Zweifel  zu  beseitigen,  das  genau 
zutreffende  Exempel  beibringen:  III,  18,  40  liest  man  in  allen 
Texten,  auch  in  dem  Feldbiigel*schen :  Quae  cum  popuio  quaegue 
im  patribuB  Ofßemtur^  moäiea  suneo ,  id  est  modesta  atque  »e- 
dmla.  Aber  hier  haben  die  Leidenses  BE  atque  ad  sedata\  der 
Bumeianus  i  aique  at  sedata.  Was  hier  in  einigen  Hand- 
schriften, ist  an  jener  Stelle  in  allen  geschehen. 

Es  verlohnt  sich  zur  Charakteristik  unseier  Handschriften 
diese  durch  Dittograpbien  entstandene  Gattung  von  Verderbnissen 
noch  durch  einige  Beispiele  zu  erläutern.  Um  von  kleineren  an- 
zufangen 11,28,56  nee  \nee]  f>ero  in  GEd;  111,8,19  de  [de\ 
ul«  in  BE;  111,3,6  pluree  [im]  im  pioera  in  C  Gd.2;  111,  7,  16 
auxiUum  \reiium\  reliquis  in  B ;  Hl,  8, 1 8  in  hominibu»  est 
lim  Aom^inibuM  et]  hoc  fortasse  Vitium  in  ABE;  11,  12,  30 
ad  imierprelanda  aiii  praedic  [andum  alii  praedic]  ta  vatium 
ABC,  und  EGd. 8d  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  sie  in- 
terpreiandam  haben,  wie  auch  in  ABC  um  übergeschrieben  ist. 
Daraus  ist  klar,  dass  interpretanda  alii  praedicta  catum  (oder 
üßtium)  das  richtige  ist,  wie  auch  Feldhügel,  der  im  Texte 
mterpretandum  hat,  im  Commentar  anerkannt  hat«  Hiernach  ist 
1,11,31  zu  beurtheilen,  wo  die  von  Feldhügel  geübte  Kritik, 
die  bei  Klotz  Beifall  fand,  wie  ich  glaube,  nicht  zu  billigen 
i«t.  \am  et  voluptate  eapiuntur  omnen,  quae  etui  est  iilecebra 
turpUudiniSj  tarnen  habet  quiddam  simile  naturalis  boni:  leui- 
taiis  enim  et  suavitatis  es  enim  et  suavitate  delectan» :  sie  ab 
errore  mentis  tamquam  salutare  aliquid  adsciscitur.  Es  handeil 
»ich  um  die  Worte  levitatis  .  .  .  delectans ,  die ,  so  wie  ich  sie 
«ilgetheilt,  in  dem  Archetypen  unserer  Handschriflen  standen. 
Gtnau  to  überliefert  hat  sie  der  Burn.  d  uiul  Gud.  2.  Ferner 
»timmen  damit  überein  der  Leid.  E,  nur  dass  er  enim  an  zweiter  Stelle 
au«lasst,  und  die  Ambross«.  a^,  in  welchen  für  es  corrigiert  i»t 
ist.  Und  dieselbe  Schreibung  kehrt  auch  noch  in  anderen  minder 
guten  Büchern  wieder,  die  für  uns  keinen  Werth  haben.  Klar  ist 
auf  den  ersten  Blick,  da«s  die  Verderbnis  aus  nner  Dittographie 
ait>land,  indem  der  Ab^chr('iber  von  suavUath  auf  den  gleichen 


8  Krit.  IkmerkuDgen  zu  Cicero  de  ie§ikuiy  v.  J,  KoAJml 

Ausgang  von  iecUatit  zuräckgiill  und  das  bereits  geschridmie 
noch  einmal  schrieb.  Diesen  Hergang  erkannte  der  l^hreiber  des 
Voss.  A,  der  die  doppelt  geschriebenen  Worte  nicht  wiederholte, 
aber  dafür  eine  Lücke  für  gerade  drei  Wörter  liefs.  Dies  und  nichts 
anderes  ist  der  Grund  der  Lücke,  in  der  Madvig  und  Hahn  sonach  mit 
Unrecht  das  die  Genitive  r^erende  Wort  vermutheten :  was  jedoch 
auf  alle  Fälle  verständiger  war,  als  Bake's  Bemerkung :  qyis  enim 
ignorai  saepe  inlegerriwM  quaeque  in  Codd.  Mss.  vacuo  spaüo 
dislrmhi?  cuius  rei  et  aUae  cmutae  excogitari  possutUj  ei  vUmm 
guoddam  in  w^etnbranm.  Noch  in  einem  anderen  Pttncte  verfuhr  der 
Schreiber  des  A  verständig:  hinler  ievilatis  fehlte  eei;  dass  es 
aber  ursprünglich  dort  gestanden,  zeigte  die  Wiederiiohuig: 
es  {eeO  enim  et  suav.    Daher  er  est  aus  der  Dittographie  an 

est 
richtiger    Stelle  über  der   Zeile  nachtrug:  leeitstis      enim   et 

sumeiteUis deleetems.     Dies  nahm   der   Voss.   B,   dessen 

nahe  Verwandtschaft  mit  A  auch  sonst  hervortritt,  mit  Weg- 
lassung der  Lücke  auf.  Etwas  anders  verfuhr  der  Schreibar  des 
C:  wofern  ich  Bakes  Angabe  über  diese  Handschrift  richtig 
deute,  stand  in  ihr:  leeitmiis  etenim  [^  et  sumeiimte  detee-- 
tmns  *).  Es  ist  nicht  sicher  zu  entscheiden^  ob  hier  Abeidit 
oder  der  Zufall  waltete.  Aber  möglich  ist  es  (^und  mir  wahr- 
scheinlicher als  absichtliche  Besserung),  dass  der  Schreiber  dieser 
Handschrift  in  der  Cberlieferung  seines  Originals :  ientmtis 
emim  et  srnrntiimtis  es  enim  et  sumritmle  von  dem  ersten  cncM 
sofort  zum  zweiten  übersprang.  Aus  dieser  Erörterung  ergibt 
sich  nun  zur  Genüge^  mit  welchem  Rechte  Feldhügel  schreiben 
konnte :  Prarm  est  deteriemm  (und  doch  sind  darunter  die  Vo6- 
siani  A  und  B«  die  F.  selbst  in  setner  Einleitung  und  sonst  zo 
den  meümres  zahlte  codKttm  correetio:  ieeümtis  est  enim  ei 
snmriimiis  deiectmnsi  cmi  qmi  coniecimrmm  srnperstru^ermtU  m 
reeim  rim  mkerrmnmi^  Tnd  weiteihin:  rerme  scriptmrme  vesO^ 
fimm  mnm  mai  cerreciiene  ienemi  codd.  n^iores :  lecitmiis  emim 
et  smmriimtis  es  exim  ei  sumriimte.  l^nde  eiieiendm  kmec  snnij 
leritmie  est  emim  et  smmtiemte  deiecimms,  Abtt  diese  correetio^ 
derni  Veranbk^ung  Feldhü«rrl  nicht  mit  tiurm  Worte  erklärt^ 
hat  ja  keinen  Sinn.  Daher  Madvig  mit  vollem  Rctrhie  ausgieng 
^on  der  Überlielenuig ,  die  nach  Enifrmung  der  Ditlc^raphie 
ülMrig  I4eibt :  terOmiis  est  enim  et  srnrntiimtis  deiectms.  Die 
Sache«  nicht  die  in  dem  Vosss.  Ä  erhaltesie  Lücke  beweist  ^   dass 


*)  F<idbü^<S  fuhrt  au$  d^r^iknru  Jin:  terUmiis  emim  ei  sämsUmits 
es  ouii  ei  immOmte.  vas«  mi<f  ich  Tennuthe.  auf  ':iii<m  übn^eta 
^tt^t-tihltchea  IrrtbuB  K^ytiIiI.  mnui  e$  vir  tin  uadiidsrliger 
Gediak^f  BaUs.  :$<tiKfi  Kichen  huidsrhhtUicheti  Ipparat  nickt 
m/itx  dim  Text.  <4Wilfra  ra  IW<i:^lefffoinii  lüaler  de«  Teil  in 
£«Ke3.  AiKk  FtfUkuzet  5  \p|VAral  lis»t  an  Vv4l»ii»li^ieil «  fie- 
s^uBmlhtit  Qsd  kuppöicit  ikr  A^pLb<n  n^h   auBcbc^  Neraü>4:em. 


lürit.  Bcoierkuugt'o  zu  acero  de  tegiätu,  v.  /   VaAten.  9 

izs  namen  ausfiel,  von  welchem  die  beiden  Genitive  abhängig 
sind.  Denn  Bake  irrte  offenbar,  indem  er  dasselbe  aus  deiec^ 
tans  gewinnen  wollte,  wofür  er  deleeeu  schrieb.  Welches  Wort 
Cicero  gewählt  habe,  hat  Madvig  nicht  gesagt  und  es  lässt  sich 
auch  nicht  mit  Zuversicht  bestimmen;  Halm  vermuehete  deleni- 
menäSj  das  vor  delecian»  und  hinter  suaviiaiis  leicht  aus- 
fallen konnte ;  man  könnte  auch  an  biandUHt  denken,  das  Cicero 
1,17,  47  in  ähnlichem  Zu^^ammenhang  gebraucht:  volupCas . . . 
cuius  blanditiis  corrupiij  quae  natura  bona  Munt  . . .  non  cer- 
nuni  satis;  vgl.  de  finn.  1,10,33  qui  blandUii»  praetentium 
voiupialum  delenUi  atque  corrupti.  Wie  man  immer  darüber 
nrtheilen  mag,  im  übrigen  muss  die  Fassung  der  Stelle  künftig 
diese  sein:  Nam  et  voluptate  capiunCur  omneß,  quae  etn  e»C 
iUeeebra  ^rpitudiniM  ^   tarnen   habet  quiddam  Mimiie  fuUuraÜM 

bani:  leoUatU  est  enim  et  ttuavitatie delectane:  sie  ab  er- 

rore  mentis  tamquam  saiutare  aliquid  adsciscitur. 


11^11,28:  Nam  illud  vitiosum  Athenis,  quod  Cylonio 
neelere  expiato  Epimenide  CreCe  suadente  fecerunt  CofUumeliae 
fanum  et  lmpudentiae\  oirtutes  enim  et  vitia  conseerare  decet. 
So  die  Handschriften.  Da^^s  et  verderbt  sei,  liegt  auf  der  Hand, 
und  schon  in  alten  Ausgaben  hat  man  statt  dessen  dem  Ge- 
danken vollkommen  angemessen  non  geschrieben-,  möglich,  dass 
diess  schon  in  dem  Leid.  C  stand,  aus  welchem  Bake,  der  im 
Texte  non  hat,  nichts  anmerkt.  Daraus  würde  dem  einhelligen 
Zeugnis  aller  übrigen  Handschriften  gegenüber  nichts  weiter 
folgen,  als  dass  der  Schreiber  des  C  sich  eine  den  Gedanken 
treffende,  aber  immerhin  eigenmächtige  Änderung  erlaubt  hat.  Den 
Herausgebern  scheint  es,  im  Vertrauen  auf  die  Nothwendigkeit  des 
Gt^dankens,  wenig  Bedenken  verursacht  zu  haben,  an  die  Stelle  des 
bezeugten  et  ein  schlecht  verbürgtes  non  zu  setzen.  Nur  Davies 
wollte  lieber  virtutes  enim,  haut  vitia  schreiben;  eine  Ver- 
muthung,  die  von  den  späteren  nicht  einmal  der  Erwähnung 
werth  gefunden  worden;  so  sehr  hatte  man  sich  bei  der  Vul- 
gate  beruhigt.  Ich  glaube  zwar  nicht,  dass  Davies  das  Richtige 
fand,  aber  er  hatte  Recht,  nach  etwas  anderem  zu  suchen. 
Trügt  mich  nicht  alles,  so  schrieb  Cicero:  virtutes  enim  [mimm]e 
vilia  conseerare  decet.  Aus  enim  minime  ward  ,  weil  beiden 
die  Silbe  nim  gemeinsam  ist ,  in  einer  gleich  näher  zu  belegen- 
den Weise  des  Verderbnisses  enime,  das  dann  weiterhin  fast 
nothwendig  in  enim  et  übergieng,  auch  wenn  e  nicht  die  Be- 
zeichnung für  et  gewesen  wäre:  vgl.  indes  hierfür  III,  18,  42: 
nihil  minus  e  civiie  est  humanus  in  guten  codd.  statt  des  rich- 
tigen niiUl  minus  et  cicile  et  humanüst.  Zur  Erläuterung  der 
in  unseren  Handschriften  gar  nicht  seltenen  Verderbnis,  dass 
wegen  der  Wiederholung  derselben   oder  ähnlicher   Silben   oder 


10  Krit.  BemerkuDgeo  zu  Cicero  de  iegibue,  v.  J.  VahieH. 

Wörter  von  deo  Abschreibern  einiges  übersprungen  wurde, 
mögen  folgende  Beispiele  dienen:  III,  13,30  ;irae/ert#,  in  allen 
Handschriften  statt  des  von  Feldhugel  richtig  verbesserten  prae-- 
[ieriero.  Cae]leris;  II,  2,  5  unam  naturam  cMtaHs  in  der 
Mehrzahl  der  guten  für  das  schon  in  dem  Voss.  B  gebesserte: 
unam  nalu[rae  aUe]ram  cioiCaiis^  und  in  demselben  Capitel: 
übt  na[U  et  iUam  qua  ex€ep]ci  sumuM  ist  das  Eingeklammerte 
in  den  codd.  ABCE  aus  keinem  anderen  Grunde,  als  weil  der 
Abschreiber  vom  ersten  ei  zum  zweiten  übersprang,  ausgefallen. 
Die  Beispiele  lielsen  sich  noch  um  Vieles  vermehren;  die  ange- 
führten werden  genügen,  um  die  vorgeschlagene  Verbesserung 
zu  bekräftigen.  Zugleich  werden  sich  auf  Grund  derselben  noch 
etliche  Stellen  anders,  als  es  bisher  geschehen,  beurtheilcn  lassen. 
lU,  15,33:  Dieam  TUe  et  versabor  in  re  difftciii  ac  muiium  et 
saepe  guacsita,  suffragia  in  magiMlratu  mandando  ac  de  reo 
iudicando  atque  in  lege  aut  rogatione  »ciseenda  clam  an  pa^ 
lam  ferre  melius  esset.  Bake*s  Meinung,  dass  die  Worte  in 
magistratu  . . .  sciscenda  einem  Interpolator  gehören ,  kann  ich 
füglich  auf  sich  beruhen  lassen ,  da  seine  Bedenken  von  Feld- 
hügel beseitigt  sind.  Auf  letzteren  geht  die  Fassung  der  Stelle 
zurück,  in  der  ich  sie  oben  mitgetheilt  habe.  Davon  weicht  die 
handschriftliche  Überlieferung  darin  ab,  dass  nicht  atque  in^ 
sondern  qui  in  oder,  was  davon  nicht  verschieden,  quim  in  allen 
Büchern  steht,  und  sciscenda  in  allen  Handschriften  fehlt,  mit 
Ausnahme  der  beiden  Ambrosiani  ß  und  y.  Oher  letztere  be- 
merkt Feldhügel  mit  Recht,  dass  das  Wort  nur  aus  Vermuthung 
in  ihnen  eingesetzt  worden;  denn  dass  dasselbe  in  dem  gemein- 
schaftlichen Archetypon  aller  unserer  Handschriften  fehlte,  be- 
weist die  Übereinstimmung  aller  übrigen  Codices.  Ist  dem  aber 
so,  dann  sind  wir  nicht  daran  wie  an  eine  Überlieferung  ge- 
bunden, sondern  berechtigt,  diese  Vermuthung,  wie  die  eines 
Kritikers,  zu  prüfen.  Da  vorausgeht  in  magistratu  mandando 
ac  de  reo  iudicando^  so  lässt  die  Concinnitat  erwarten,  dass 
Cicero  in  lege  aut  rogatione  nicht  werde  ohne  ein  ähnliches  6e- 
rundivum  gelassen  haben,  und  ein  passenderes  als  sciscenda 
wird  sich  zu  den  Substantiven  lex  und  rogatio  kaum  finden 
lassen.  Aber  die  Stelle ,  an  welcher  es  seit  Stephanus  in  den 
Ausgaben  steht ,  ist  schwerlich  diejenige ,  an  welcher  es  Cicero 
schrieb.  Den  Weg  zeigt  hier  qui  m,  welches  schon  früher  und 
zuletzt  von  Feldhügel  als  que  in  gedeutet  worden  ist,  wie  II, 
I9j  A9  neminiqui  eam^  in  den  codd.  ABCE  statt  neminiqui*  eam^ 
111,4, 10  eiqui  quem  in  denselben  Handschr.  statt  eique  quem  und 
sonst.  Wenn  aber  vor  que  in  etwas  ausfiel,  so  wird  man,  denke  ich, 
nicht  itemque  oder  atque,  was  früher  vorgeschlagen  worden,  sondern 
dasjenige  Wort  hier  einsetzen,  das  die  Concinnitat  vermissen  lieCs 
und  dessen  Ausfall  an  dieser  Stelle  seine  einfache  Erklärung  in 
der  Ähnlichkeit  der  Endung  des  voraufgehenden  Wortes   findet. 


Knt.  Bemerkungen  zu  Cicero  de  legibus,  v.  J.  VaMen,  11 

Cicero  schrieb:  suffragia  in  magieiratu  mandando  ae  de  reo 
mdicando  \seisderhdd\que  in  lege  auC  rogaliofie.  Zum  Dberflatw 
vergleiche  man  noch  1,8,24:  llaq%$e  ex  tot  generihus  nuilum 
est  animuil  praeter  hominem  i/uod  habeai  notÜMum  aliquom  dei^ 
ipsisque  m  hominibus  nulla  gens  estj  wo  der  Voss.  A  aUquam 
dei  gui  hominibusy  der  Voss.  B  aliquam  dei  quin  homi^ 
Hibus  schreibt. ' 

Em  ähnliches  Verderbnis  ist  in  folgender  Stelle  zu  besei- 
tigen 1,12,34:  Bx  quo  perspicitur  cum  hane  benecolentiam 
tarn  lote  longeque  diffusum  vir  sapiens  in  aliqüem  pari  f  ir- 
hUe  praeditum  contulerity  tum  illud  effici^  quod  quibusdam 
ineredibile  videatur,  sit  autem  necessarium^  ut  nihilo  sese  plus 
guam  aiterum  diligat.  Quid  enim  est  quod  differat  cum  cuneta 
tint  paria9  Quod  si  Interesse  quippiam  tantuium  modo  po- 
tuerit^  amicitiae  iam  nomen  oceiderit^  cuius  est  ea  rt«,  ut  si- 
mul  atque  sibi  aliquid  alter  maiuerit,  nulla  sit.  So  schreiben 
Feldhügel  und  Klotz,  ohne  dass  diese  Fassung  der  Stelle  einen 
erhdblichen  Anstols  gewährte.  Gleichwohl  fuhren  die  Spuren  der 
Handschriften  darauf,  dass  Cicero  in  mehr  als  einem  Puncte 
anders  schrieb.  Statt  sibi  aliquid  alter  maluerit  war  die  schon 
in  dem  Ambros.  y  sich  findende  Vulgate  sibi  aliquid  quam 
alteri  maluerit^  was  nicht  zu  billigen,  vreil  das  Subject  zu 
maluerit  fehlt,  da  ja  auf  diesen  allgemein  gehaltenen  Satz  das 
entfernte  vir  sapiens  nicht  mehr  bezogen  werden  kann.  Denn 
Bakers  Bedenken,  dass  man  zwar  lateinisch  recht  gut  sibi  all- 
quid  malle,  aber  nicht  alteri  aliquid  malle  sagen  könne,  wird 
durch  die  Stelle  selbst  beseitigt ,  da  ja  zu  sibi  aliqiud  malue- 
rit in  jedem  Falle  ^m  quam  alteri  als  Gegensatz  hinzuzuden- 
ken ist.  Da  indes  jene  Vulgate  schlecht  beglaubigt  war,  so 
that  man  recht  sie  zu  verlassen.  Bake  nahm  zuerst  aus  dem 
codd.  C  sibi  aliquid  alter  maluerit  auf,  und  dieselbe  Lesart 
bietet  nach  FeldhägeFs  Zeugnis,  der  mit  dem  c  meist  zusammen- 
stimmende Gud.  2.  Hiermit  ist  das  vermisste  Subject  gewonnen ; 
aber  der  Gegensatz  zu  sibi  beseitigt,  den  man  doch  leichter  ver- 
missen als  überflüssig  finden  möchte.  Von  der  Leseart  des  C 
weichen  die  übrigen  codd.  in  der  Art  ab,  dass  B  und  E  aliquii 
alteram  maluerit^  D  aliquid  aiterum  mal.^  A  aliquid  alteri  ma- 
luerit haben,  und  auch  in  B  ist  alteram  durch  übergeschriebenes  < 
in  alteri  corrigiert.  Das  Verhältnis  unter  jenen  codd.  ist  nun 
keineswegs  ein  solches,  dass  einer  derselben  allein  durchweg  als 
zuverlässiger  Vertreter  der  echten  Überlieferung  zu  betrachten 
wäre,  sondern  ans  gemeinsamer  Betrachtung  aller  muss  das  Ar- 
chetypen restituiert  werden :  und  da  keiner  von  ihnen  von  eigen- 
mächtigen Besserungen  des  Schreibers  völlig  frei  geblieben,  wird 
man,  wo  offenbar  Verderbtes  geboten  wird,  dies  vielmehr  als 
treulichen  Abdruck  der  Überlieferung  betrachten.  Verfolgt  man 
hiemach  die  Spuren  von  A  und  B,  so  ergibt  sich  eine  Schreibung, 


12  Ki'it.  Beuicikungcu  zu  Cicero  de  tegiöus  v.  /  Vahten, 

die  nach  jeder  Seite  dem  Gedanken  and  der  Sprache  genügt  and 
aus  der  sich  die  verschiedenen  Verderbnisse  auf  das  einfachste 
erklären :  cuius  est  ea  vis,  ut  simulatgue  sibi  aiiquid  alter  quam 
altert  maluerit,  nulia  sit.  Denn  alter  quam  ist  in  alferam  der 
codd.  E  und  B  angedeutet,  das  Bake  gewiss  unrichtig  erklart, 
wenn  er  am  aus  dem  Anfange  des  folgenden  maluerit  herleitet. 
Anderseits  ist  es  nach  den  angeführten  Beispielen  von  Auslas- 
sungen klar,  wie  bei  der  Nähe  der  beiden  Formen  von  alter  in  der 
einen  Handschr.  ait^rquam,  in  der  andern  alteri  vom  Abschreiber 
übersehen  wurd«^.  Übrigens  ist  dies  nicht  ein  singulärer  Fall, 
dass  erst  die  Verbindung  der  Lesarten  zweier  Handschriften, 
die  aus  derselben  Quelle  flielsen,  das  Ursprüngliche  ergibt.  Man 
vergleiche  z.  B.  III,  4,  2  Ätque  ut  ad  haee  citeriora  veniam, 
wo  a<l  in  BE  Gd.  2,  haec  dagegen  in  AD  fehlt:  und  doch  isl 
hier  die  Veranlassung  der  einen  und  andern  Auslassung  nicht  so 
deutlich,  wie  an  unserer  Stelle. 

An  dieser  erscheinen  ferner  nach  einer  ähnlichen  Betrachtung 
der  handschriftlichen  Spuren  auch  die  Worte  amicitiae  iam  nomen 
occiderit  einer  Änderung  bedürftig.  So  steht  allerdings  in  dem 
Voss.  E  und  Gud.  2.  Der  Leid.  C  dagegen  hat,  wenn  ich  Bake's 
Schweigen  richtig  interpretiere,  iam  amicitiae  nomen  occ.  Keines 
von  beiden  ist  an  sich  verdächtig,  und  schwer  zu  sagen,  welches 
den  Vorzug  verdient.  Dass  aber  keines  von  beiden  Cicero  schrieb, 
zeigt  die  Oberlieferung  der  Voss.  A  und  B :  inamititiae  nomta 
occiderit.  Denn  kein  Zweifel,  dass  jenes  von  dem  Abschreiber 
zurecht  gemacht,  dieses  getreue  Fortleitung  alter  Überlieferung 
ist.  An  sie  also  hat  sich  die  Kritik  zu  halten,  um  daraus  das 
Ursprüngliche  wieder  zu  gewinnen.  Cicero  schrieb:  Quodsi  tu- 
tcresse  quippiam  lantulum  modo  potucrit  in  amicitia^  amicitiae 
nomen  iam  occiderit.  Dadurch  gewinnt  der  Gedanke  zunächst 
eine  Ciceronischer  Rede  nicht  fremdartige  Pointe :  'wenn  nur  ein 
noch  so  kleiner  Unterschied  in  der  Freundschaft  bestehen  kann, 
dann  verdient  sie  den  Namen  Freundschaft  nicht  mehr.'  Sodann 
aber  erkennt  man  deutlich,  wie  aus  jener  ursprünglichen  Fassung 
entstand,  was  jetzt  in  dem  Voss.  A  und  B  geschrieben  ist.  Da 
dies  an  sich  sinnlos,  so  haben  die  Abschreiber  anderer  Hand- 
schriften auf  eigene  Gefahr  hinein  zu  corrigieren  versucht,  was 
Sinn  hätte. 

Da  sich  aus  den  bisher  angeführten  Beispielen  ergeben  hat, 
wie  häufig  in  unseren  Handschriften  dadurch  gesündigt  worden, 
dass  wegen  der  Nähe  ähnlicher  Worte  oder  Silben  von  den 
Abschreibern  Einiges  übersehen  ward ,  so  wird  sich  auch  über 
folgende  Stelle  zuversichtlicher  urtheilen  lassen:  II,  17,  42  Quorum 
scelere  reiigiones  tum  prostratae  afflictaeque  sunc^  partim  ea: 
Ulis  distracti  ac  dissipati  iacent:  qui  vero  ex  iis  et  horum 
scelerum  principes  fuerant  et  praeter  ceteros  in  omni  religione 
impii,   non  solum  vita   cruciati  atque  dedecore  verum  etiam 


Kiit.  BemrrliuDgeti  tu  Cicero  de  tegitue,  v.  J.  Vakien,  13 

eepuiiurm  ei  Huli»  extquiaram  caruerunt.  Da^^s  die  Worle  viia 
erucieUi  verderbt  sind,  bedarf  keines  Beweises.  Der  Gedanke, 
der  an  dieser  Stelle  gefordert  wird,  ist  im  aUgcmeinen  klar. 
Cicero  bemerkt  von  jenen  prindpee  eceierumj  dass  sie  nicht  bloCs 
im  Leben  von  Schimpf  und  Schande  gefoltert  worden,  sondern, 
da«  ihnen  auch  nach  dem  Tode  die  üblichen  letzten  Ehrenbezeu- 
gongen  nicht  zu  Theil  geworden.  Aber  zur  Herstellung  der 
Worte  haben  die  Kritiker  die  verschiedensten  Wege  eingeschlagen. 
Manche  betrachteten  earuennU  als  das  Verbum,  von  welchem 
beide  Glieder  des  Satzes  abhängig  seien,  und  suchten  demgemäls 
in  viim  crueimii  atque  äedecore  eine  dem  folgenden  verum  eCiam 
Bepmiiura  ete.  entsprechende  Bezeichnung.  So  Wopkens  nan  eolum 
rite,  crudaii^  atque  deeore^  verum  etiam  sefntltura...  carue- 
rHfU,  Görenx  non  MOlum  vUa^  cruciati  dedeeare,  verum  etiam 
eepuUura...  caruerunt^  und  Zumpt  non  soium  vita^  cruciatu 
atque  deäeeore^  verum  etiam  eepuitura..  carueruntj  wobeier 
die  Ablative  cruciatu  atque  dedecore  'unter  Qualen  und  Schande' 
iberselzt.  Von  demselben  Gedanken  ausgehend  trug  Lambin 
wenigstens  der  Latinitat  mehr  Rechnung  als  jene,  indem  er  vor- 
»chlug:  man  eoium  vUa  cum  cruciatu  atque  dedecore  verum 
etiam  eep...  caruerunt.  Denselben  Weg  schlugen  auch  Halm 
nnd  Feldhdgel  ein,  indem  sie  non  eoium  nuito  (Feldhugel  non} 
viiaa  cruciatu  atque  dedecore  verum  etiam  $ep,.  carucrunt 
beBserlen.  Halm  stützt  sich  dabei  auf  die  Leseart  des  Ambros. 
ff  viiae  cruciatu^  in  der  ich  nichts  als  einen  Verbesserungsver- 
ftich  des  Abschreibers  erkennen  kann.  Aber  auch  abgesehen 
davon,  dasa  die  diplomatische  Grundlage  dieser  Vermuthung 
schwach  ist^  erscheint  der  Gegensatz:  sie  haben  nicht  nur  nicht 
die  Qual  des  Lebens,  sondern  auch  Begräbnis  entbehrt,  zumal 
earere  in  doppeltem  Sinne  zu  fassan  wäre,  wenig  angemessen. 
Besser  genügt  Klotzen  s  Vorschlag  non  eolum  vitae  iucunditate  atque 
äecore,  verum  etiam  »epultura . .  carucrunt^  bei  der  jedoch  die 
kandschriflUche  Überlieferung  zu  wenig  geschont  ist,  als  dass 
«an  sich  dabei  beruhigen  könnte.  Andere  Kritiker  suchten  in 
cruciati  ein  anderes,  dem  caruerunt  im  zweiten  Gliede  entspre- 
chendes Verbum.  So  Pearce:  non  soium  vitae  cruciati  dede- 
core MC.  etmt;  Ernesti  non  soium  vivi  cruciati  dedecore  sc,  sunt, 
Welche  beide  Vorschläge  theils  durch  die  blo&e  Ergänzung  von 
«Ml/,  das  nicht  fehlen  dürfte,  theils  durch  die  Entfernung  des 
iberlieferten  atque  sich  wenig  empfehlen.  Sprachlich  ist  nach 
dieser  Seite  richtiger,  was  Ralh  wollte:  non  soium  vitae  cruciati 
iafamia  atque  dedecore  sunt,  aber  seine  Ergänzungen  haben  in 
diplomatischer  Räcksichl  zu  wenig  Probabilität.  Endlich  wollte 
Bake  die  angeführte  Schreibung  des  Ambros.  o.  non  soium  vUae 
erudaiu  atque  dedecore  unverändert  aufnehmen,  so  dass  aus 
^aruenmi  zu  dem  ersten  Gliede  ein  Verbum  wie  conflictati  sunt 
»  ergänzen  wäre;  wogegen  theils  die  Unzulänglichkeit  der  band- 


14  MgU,  Bmerimtta  n  Cfcvrv  dt  fcfüi,  ▼.  7. 


fdviftfidboiGnuKlIage,  ikttU  die  i^racUche  Uuwglichkcit  spricht, 
■cirai  wir  Bach  dkarr  Aabihhuf  der  TeiBchiedoKa  Tcrevche, 
TOB  deMS  kencr  n^UkoBOMi  bttntiigi,  tmp  die  CioeroBische 
Bede  gefBdcxa  TerBwIallrB,  n  der  cchico  hnubchrifUichni  Ober- 
üefiiife:  «4«  •■#!—  eil« ermdmii mifme  äeäeemne  mwA,  so  ist, 
wie  Mir  8cheiBl,  zweierlei  klar:   erstlich  da»  ermdmii  das  den 
fötgOMlca  emrmermml  caisprechende  Terima  iailaB   itl  od  ako 
mmu  aasgefaUea,  oad  xwdteas,  dass,  da  rUm  mifmm  ämäeemremkM 
hämmm  Terhaaden  werdca,  eia  aadcrcr   aa  äeäeemre  gehöriger 
AhhÜT  TcfBüaBi  wird,  aiCa  dagcgea  die    too  deai    Gegeaaati 
▼crbagte  ZeitbestiaiBiaag  cethilt.   Hieraach  war  die  Vwssng  der 
Stelle  arsprnglich   diese:  nom   smiü  m  vUm  [mmU  tfnaaiMiaJ 
ermeimii  mifme  dedmemre  venum  eimm^  Mepmiimrm  ei  meOe  emee» 
faiarai   cmrmenmL   Mit   dieser    VerbeucniBg  wird  die   haad« 
schriftliche   Cberlieleniag   aiehr  als   ia  dea  anialcii  der  iMgen 
Vonchlige  geschoaL     I^ks  hinler  aalaat  das   aicht  la  ealhelH 
raide  im  etageschobra,  bedarf  keiner  Rechtfertigui^.    Zwischen 
wOm  aber  und   dm   Schlass  Toa  i§memdmim  ist   znaial    in  der 
Haja^kelschnft  Ähnlichkeit  genug,  aai   dm   AasfalL  der  Worte 
mmU  ifmemmmim  za  erklären:  denn  wie  wenig  es  in  aaaeiea  Hand- 
schriflca  brdarfte,  oai  das  Cbersehen  einiger  Worte  zu  TtfaalaBsen, 
zeigen  die  fraher  angeführten  Beispiele.   Iffioaitaaa  aber  and  de^ 
deeme  Terbindet  Cicero  de  dttrinmOeme  U,  9,  %t :  Mmrtmmt  Crmeee 
pmime  miiie  fmeee  Amm,  cum  aiaxiBiiy  opikme  farimmieqme  ßere- 
kmij  eeire  Jt6t  itUerfeelQ  Rublio  fiOo  exerdimqme  deieim  trmne 
Bm^krmiem^   cioa  ifnomämm  ei  dedeeore  esse  pwremmdmm^.   Uad 
habe  ich  aach  keia  Beispiel  für  die  Redensart  crmdmri  ifMonilfitfa, 
so  ist  doch  nach  dies  ebenso  gut  and  der  Sache  angemessen  ge- 
sagt, wie  wenn  Cicaro  an  Atticns  schreibt  VHI,  1»,  2    ofiea  «le 
deübermOo  ermdmi  crmdmeiiqme  mdkue. 

4 
II,  8, 19 :  IMrof  ei  eos  qui  ceeiesies  sem^per  MmbiÜ  eehmio 
ei  eii&M  quos  endo  eoeio  mterkm  ioeaverini^  Heremiem%,  Mdbermm^ 
AesemiafnuwL,  Cesiorem^  Poiiueeai,  Quiriftum^  msi  Mm  prmpier 
qmme  dmiur  kammm  mdscensus  m  coe/ttai,  Jfenleni  Viriuiem^ 
Pieimiem^  Fidem^  eanamque  imuäumk  deimbra  sunio^  neve  uiim 
9iiiorum^  So  ist  die  Stelle  von  den  Herao^gebern  nach  der  band- 
schrifilichen  Cberliefernng  im  allgemeinen  richtig  ediert  and  deai- 
geaiäÜB  erklärt  worden.  Ein  Bedenken  erregt  nur  der  Schhiss 
des  Gesetzes :  neve  uiim  piOerum^  wie  Feldhügel  und  Klotz  nach 
einer  Vennnthung  des  GnÜelmos  schreiben ,  die  jetzt  eine  Bestä- 
tigung zn  finden  scheint  an  der  Überlieferung  des  Bnrn.  d.  Bake 
dagegen  hat  aus  den  Voss.  AB  nee  uiim  aufgenommen:  und  es 
lässt  sich  schwer  sagen,  welches  von  beiden  den  Vorzug  ver- 
diente. Diese  Enlsc^idung  kann  indes  auf  sich  beruhen,  da 
nach  aller  Wahrscheinlichkeit  Cicero  keines  von     beiden   schrid). 


Krit.  BemerkuDgeo  t«  aeero  de  le^ihn,  ▼.  J,  Vakien.  15 

Dem  «och  kier  weisen  die  ver(l(*rb(en  Schreibungen  einiger  Hand- 
«chhflen  der  guici  Familie^  wie  mir  «cheiat,  untrügliche  Spuren 
ciier  ▼CM  jener  Terschiedeneii  alten  Cberliefemiig  auf.  Statt 
mmi^  nee  uUm  der  Voseiaai  A  B  steht  nämlich  m  dem  Leid,  c 
mnu  wme  uneuisj  und  ahnlich  in  dem  mit  jenem  meisi  ubel^ein- 
slimaiaideB  Gad.  2  suni  rnmneula^  ferner  m  dem  Leid.  K  mmt 
ktmitulm ;  womii  endlich  noch  zu  vergleichen  die  Leeart  des 
Ambr.  m  mmt  nee  frineuim^  wofür  am  Rande  ulia  corrigierl  isi. 
WumtoUche  Verderbnisse  bei  der  Voraussetzung  nämlich,  dass  in 
dem  Archelypon  Munto  nee  utfa stand,  was  die  Voss.  AB  bezeugHi, 
oder  neve  uUm^  wofür  Fddhugel  in  jenen  Spuren  nul  wenig 
Wahracheinlichheit  eine  Bestätigung  finden  will  Ich  denke,  man 
wird  CS  mir  zugeben,  dass  sich  jene  Verderbnisse  auf  das  evi- 
dcaleale  erklären,  wenn  ursprünglich  geschrieben  stand :  earwn^ 
fne  kmämm  deiuöra  eunie^  NINCVLA  eiüerum.  Aber  auch  diess 
«i  klar,  wie  ein  Abschreiber  statt  des  nicht  verstandenen  n^- 
ciiln  den  Sinne  ganz  entsprechend  nee  uila  verbessern  konnte. 
Aasi  der  Schreiber  des  A  (und  B)  sich  zuweilen  eine  eigenmäch- 
tige^ wenn  auch  verständige  Abweichung  von  seinem  Original 
erlanbl  hat,  wurde  zu  der  Stelle  I,  ll,  81  bemerkt.  Und  zeigte 
die  Steife  i,  12^34,  dass  A  und  B  treulich  die  Verderimis  ihres 
Ohgmab  referierten,  wahrend  C  und  E  gebessert  hatten,  so  haben 
wir  hier  den  umgekehrten  Fall  Jenes  nineuim  aber  ist  ein  ver* 
icbollenes  Wort,  dessen  Kunde  uns  nur  in  einer  Glosse  des 
Fest»  erhalten  ist  p.  177  M.  nkufulue  nuUue,  ut  EntUm  /.  1/: 
firf  ferro  minUere  ai^$e  inie  nineulue  mederi  gueai.  Und  dazu 
6eT  Epilomator  Paulus:  nin^niue  nuiiue.  Mmreius  vatee:  ne 
nim§miue  tnederi  queaC.  Ans  der  Vergleichung  beider  Zeugnisse 
crgikl  sich ,  dass  dem  Bmius  nur  die  Worte :  gui  ferro  mM- 
iere  mU§ue  in  U  ningtUue  gehören,  und  in  folge  der  Wieder- 
holung von  ningmiue  der  Schluss  des  Verses  und  der  Anfang 
des  Citntes  aus  dem  Mareiue  vatee  ausgefallen  ist.  Vgl«  m.  Enn. 
po^  reL  p.  21.  Will  man  hiernach  auch  bei  Cicero  lieber  nln- 
fif/«,  so  iMi  dagegen  um  so  weniger  etwas  einzuwenden,  als 
aadi  den  früher  angeführten  Beispielen  die  Verwechslung  von 
C  und  O  in  diesen  Handschriften  gar  nichts  seltenes  ist,  Bemer- 
henswerth  aber  ist,  dass  auch  Festus  in  dem  Verse  des  Ennius 
nhiktmiue  schreibt  und  es  steht  dahin,  ob  nicht  von  etymologi- 
scher Seite  sich  diese  Form  rechtfertigen  liefse  Denn  es  wird 
jawdaus  ne^unieuta  ine^uncuia  wie  der  codd.  C  schreibt)') 
erwachsen  sein  durch  eine  ahnliche  Deminutivbildung  wie  ein^ 
fmime  aus  dem  in  eimplem  eimui  eitnUur  vorhandenen  Stamme 
9im  (i^).  Doch  die  Entscheidung  über  das  etymologische  bleibe 
andern  Aberlassen,  wir  begnügen  uns  dem  Cicero  ein  archaisches 

')  lUn  könnte  leicht  versucht  sein,  dies  (oder  nuneulä)  geradezu 
für  das  Richtige  zii  halten,  wenn  sich  nur  eine  anderweitige  Spur 
dafSr  finde. 


i6  Krit.  fiemerkungen  zu  Cicero  de  iepilnit,  ▼.  J,  VnM&n. 

Wort  restituiert  zu  haben,  das  in  der  Gesellschaft  Ton  endo 
eoelOy  90$  Mo  datoij  eecitj  turboMtitur^  coerarej  oesuSy  oenue 
ploera  mit  Fug  seinen  Platz  behauptet.  Dass  in  der  von  Cicero 
mit  Absicht  gewählten  antiken  Form  dieser  Gesetze  (11,  7,  18: 
sunt  certa  legum  verba  negue  ita  ftrieea^  ut  in  veieribus  XU 
eacraiUque  legibus  et  tarnen  quo  plue  auctoritatie  habeanty 
paulo  antiguiora  quam  hie  $ermo  est)  in  der  Cberliefenmg 
vieles  verwischt  ist,  sieht  man  deutlich  an  Hl,  8,  6  minores  am- 
gistratus  partiti  iuris  plures  im  ploera*)  sunto^  wie  aus  der 
handschriftlichen  Oberlieferung  unzweideutig  hervorgeht:  demi 
schwerlich  hat  wie  (Corfsen  1,  S.  199  zu  glauben  scheint) 
Cicero  selbst  diese  Varietät  beliebt.  Um  so  sorgfältiger  aber 
sind  die  in  den  Spuren  der  Handschriften  angedeuteten  aiter- 
thumlichen  Reste  zu  verfolgen.  Hier  ist  auch  nach  den  neuesten 
Herausgebern  eine  Nachlese  verstattet.  II,  9,  22  steht  in  den 
Ausgaben  luäis  publicis.  Aber  da  es  neben  iudus  eine  altere 
Form  loedos  (und  ioidos)  gab,  die  auf  Inschriften  aus  der  Mitte 
des  siebenten  Jahrhunderts  vorkommt  (vgl.  Corssen  Cber  Ans- 
sprache,  Vocaiismus  I,  S.  195)  und  Cicero  oesus^  coeret^  oenus 
gebraucht,  go  dürfte  man  schon  an  sich  nicht  zweifeln,  dass  er 
auch  loedis  werde  geschrieben  haben;  um  so  mehr  war  diese 
Form  aufzunehmen,  da  sie  in  dem  Voss.  B  erhalten  ist:  ioeäis 
mit  übergeschriebenen  u;  auch  ledis  in  dem  Leid.  £  geht  nicht 
auf  ludisy  wol  aber  auf  loedis  zurück.  —  II,  8,  20  steht  in  den 
Ausgaben:  quod  interpreteiur  fatidicorum  et  valum  effata.  Die 
Lddenses  ABC E  geben  dagegen  ratium  et  fata:  nur  A  hat,  wenn 
Bake  «Schweigen  zu  trauen^  effata.  Was  die  Form  fMtium  be- 
Iriffl,  so  hatte  schon  Görenz,  der  sie  an  dieser  Stelle  in  vier 
mmtf  Handschriften  fand,  darauf  aufmerksam  gemacht:  priseam 
fifrwmm  puto:  sed  shie  exemplo  sie  seribere  ausus  non  smn. 
Vgl  L.  Schneider  Lat.  Gramm.  II,  S.  245.  Aber  sie  ist  nicht 
Mo&  an  dieser  Stelle,  sondern  auch  II,  12,  30,  wozu  GOrenz  nichts 
m^aWHnki  hat,  in  den  Worten  Cicero*s  selbst,  mit  denen  er  jenes 
Ceaetz  erlaolerl,  in  allen  guten  Handschriften  AB CE  Gd.  2  d^  er- 
MUu^  HO  dass  man  dieselbe,  da  kein  innerer  Grund  dagegen 
fifridii,  nicht  ohne  weiteres  wird  beseitigen  dürfen.  Für  et  faim 
jdkr  wird  wum  wol  richtiger  ecfata  als  effata  schreiben,  wie 
l^miU^  tu  Itf.  Heaulontim.  IV,  4,  22  et  ferant  der  Handschrif- 
Mf  m  ecftrant  ändert.  Denn  das  von  Schneider  lat  Gramm. 
1;2,K^<^I  angeführte  Zeugnis  des  Terent.  Scaurus  p.  2210  F. 
ۤ0JUt0^  n4m  exfaiMs  nee  ecfatus  ut  quidam  putani^  beweist 
f^iNtf«;^  da*a  «lan  eefatus  wirklich  schrieb.  Auch  Ritschi  schreibt 
M»  nmtisL  Tri».  4d3  eefodiam,  wo  der  Ambrosianus  es  bietet, 
$m4  tkiiu^mm  kat  in  seinem  Plaulus  consequent  vor  f  nicht  eof 

^t  Md  im  ploera  i«t  zu  vergleichen  Cic.  pro  TuiL  §.  20  im- 
m00  fitr  in  meo. 


Kril.  Beneritnngen  zu  Cicere  de  tepttm,  r.  7.  faklen.  17 

sondern  ee  geschrieben.  Vgl.  auch  Ennius  Ann.  v.  60  ecfaiuMy 
Trag.  T.  24  eefari,  287  eeferreif  wo  zwar  nirgend  ee  ober- 
liefert  ist,  sich  aber  aus  dem  ee  oder  hec  and  haee  der  Hand- 
schriften onzweifelhafl  ergibt.  Vgl.  femer  Pacuvius  v.  292  Ribb. 
eefiare  {ei  fitre  d.  Handschr.) ;  Attius  v.  216  eeferasj  592  eefer. 
Vgl.  de  legg.  III,  9,  28  eifero  iaudi^u»  in  BE  für  effero  oder 
e^ere.  Aber  nicht  blofs  vor  f  kam  jene  Form  vor:  Enn.  Ann. 
86  war,  wie  Klotz  in  Jahn's  Jahrböchem  bemerkt  hat,  aus  eieiia 
der  Wiener  Handschrift  eecita^  nicht  exeUm  aufzunehmen,  und 
lUbbeck  hat  Afranius  y.  64  aus  der  Cberlieferung  et  poniie 
eepanii0  in  den  Text  gesetzt.  Daher  auch  in  unseren  Geselzes- 
formeln  U,  9,  22  aus  der  Überlieferung  des  £  ee  pianio  vielleicht 
eepiamio  herzustellen  sein  möchte.  Eine  deutlichere  Spur  der 
Form  ee  ist  III^  8,  9  erhalten  in  der  Leseart  des  Voss.  A  oiüque 
haee  ee  prodanto^  worin  nach  Aea  oben  angeführten  Beispielen 
ee  ee  liegt,  worauf  auch  exe  (d.  i.  eeee)  des  Leid.  C  und  Burn. 
d  hinzuweisen  scheint.  Denn  nicht  blofs  auf  die  Composition 
war  ee  beschrankt,  sondern  auch  als  selbständige  Präposition 
vorhanden;  so  schreibt  Ribbeck  Com.  Lat.  Rel.  praef.  p.  XII 
feraU»  ee  iheatro  in  einem  Verse  des  Varro,  wo  die  codd.  des 
Noniiis  et  überliefert  haben;  und  andere  Beispiele  aus  Nonius 
habe  ich  Anaieeia  Noniana  p.  86  f.  erwähnt:  ee  fiamma^  ee 
fanüöusy  ee  fenestra^  ee  liguidoy  die  sich  aus  der  Schrei- 
bung et  ergeben. 

Auch  III,  8, 10  schrieb  Cicero  nicht:  Creaüo  ma^etratuumy 
iudieia  populi^  iuesa  vetita  guum  wuffiragio  eanecUeentur^  opH" 
matibue  nota^  pleöi  liberm  sunio,  wie  in  den  neuesten  Ausgaben 
steht    Zuerst  ein  Wort  ober  die    Fassung   des  Gesetzes  selbst. 
Tumebus  und  Lambinus  wollten  mit  einer  Umstellung  lesen  cum 
eaneeiseentury  aufiragia  optkmatibue  noia ;  und  ebenso  Stephanus 
und  Manutius,   nur  dass   sie  statt  caneeieeentur  schrieben  eeie^ 
eeniur.   Einem  ahnlichen  Gedanken  folgte  Davies:  evm  e^ragüe 
eeieeentur^  ea  oplimatibue  noia^  und  Bake,  der  vorschhig  iueea 
vetiia^  quae  auffräße  sciaeentur^  haee  apiimatibus  noia.  Feld- 
hügel  dagegen  glaubt  alle  diese  Versuche  beteiligt  zu  haben  mit 
der  Erklärung :  creatio  fonngiitraiuum^iudiciapopuli^  iussa  vetita^ 
cum  euffragiie  $ci»century  noia   e$$e   nibenivr  optimalibu»:  iä 
quod  hone  9tm  habet^  uC  iaia  omnla^  dum  »ciscaniur,  non  sciia 
dewmm  noia  esse  velii:   wobei   das  zweite  Glied  der  Vorschrift 
piebi  Ubera  s%mio  keine  Berücksichtigung  findet.    Noch  weniger 
aber  kann  man  beistimmen,  wenn   er  fortfahrt:   Quod  idem  est 
atgue  si  dieat^  suffragia  in  magistratibus  creandis  et  in  legibus 
seiseendis   opimatibus  nota  sunto.    Dass   dies   allerdings   der 
Sinn  der  gei^etzlichen  Bestimmung  ist,  geht  klar  hervor  aus  der 
Art,  viie  Cicero  in  der  Erklärung  darauf  zurückkommt  111,15, 
88:  Prowimum  est  auiem  de  svffragiis:  quae  iubeo  noia  esse 
apiimatibus,  popuio  iibera;  und  gleich  nachher  versaber  in  r0 

Zeittehrift  f.  d.  5tt*rr.  Qyvnn»%,  1S60.  I.  H«ft.  2 


iH  krii.  Bemerkungen  am  ffcero  de  iegihu,  t.  J.  fmkiOL 


diffUiU  ae  mulCum  et  saepe  quaemia,    mfirafia  in 
numdando  ac  de  reo  iudieando  ecieeendatfue  in  iefe  iuti  rw^m^ 
Hone  dam  an  paiam  ferre  meUu»  eesei;  und  $.  M  Sie  mta  « 
me  reeitata  Ua  e»l  de  aulfragiis:  optmmiibue  nota^  pksH  Oktn 
eunlo.    Aber  zugleich   ergibt  sich   hieraus,   dass  Licero  »du 
sagen  konnte  creaüo  magislraluum,  iwüeia  populi  ^ptknoMm 
notaj  plebi  Uöera  eunCOj  sondern   dass  als  Subject  für  ieistercs 
nur  $ulfragia  gelten  kann.   Trotzdem  möchte  ich  der  von  Lambni 
und  J'urnebus  vorgeacbiagenen  ümsietlung  nicht  beitreten,  soiideni 
Uebar   annohmni,  das   vermisste    auffragia  sei  eben  der   vekm 
Wied(*rholung  wegen  ausgefallen,  so  dass*  die  ursprüngliche  Fas«- 
Mung  des  Gesetzes  diese  gewesen :  CfeaHo  maginratmam^  hmIM* 
popuH^   im$a   veUta  quum  mffragio  conseieceniur,  l^f^t/rmgiai 
optima fibuß  noia,  pieöi  iibera  auuto.   Denn  mit  Davies  blob  em 
Hnzuselzen,   würde    auch    im   Vorhergehenden  nicht  sngrmfiOi, 
Mondern  $ug^agii$  erheischen  und  doch  is4  an  dem  Singular  niciil 
der  mindoNle  Anstoss  zu  nehmen,   wie  Feldhigei  mit  üecht  be* 
merkt  hat:    (wann   durch    Abstimmung  Beschluss  gffas8t>wir«l, 
Noilen  die  Stimmen  frei  stin).   Aber  auch  an  eonecisceniurtmU/b 
man  nioht  zweifeln  sollen.    Hier  war  jedoch  aus  den  Zügen  irif 
HHiidMehriflen   nicht  eonee.   sondern  vielmehr  die  allerthtailiohe 
Vuvtn  coeeieetfhtur  zu  gewinnen:  A  und  B  haben   eoe  eineenim^ 
i\  000  dngtmmr^  I)  endlich  eo  oci  ceniuro  ropMm  aUlme.  Dws 
die  Sehreibung  co   neben   con  vor  v  oA^^x  e'ajmdveiuMetlmfoi 
im  (iebruuch  gewesen,  bemerkt  Lachmann  Lucr.  p.  1S6  uad  führt 
aus  dem  S  (>.  de  BaochanaKbus   die  VoTm  toooieroiur  «n;  vmA 
and4  it»    Beispiele  hat  jetzt  Corasen  aufgesählt  a.  a.  O»  L  8«  #7. 
Auch  opimfkmHbue^   das  an   dieeer  Stelle  der  Voss.  B  aUein  ^ 
wahrt  hat,  h«t1e  aian  unbedingt  in  den  Text  aifneimitn  solM, 
wie  III,  3,  7  aus  der  Le«eart  desselben   Voss.  B  roMqm^  imV- 
mehr  roOn^onto^  nichl  roOn^mut^o   zu  restituieren  wnr^  und 
umgt4[ekH  III,  8,  18  peroeeumimr   ans  AB E.     An   joier  Stvlte 
haben  alle  Handschriften  qumny  obwohl  kein  Zweifel  tem  fcann, 
dass  Ciceio  fwoni,  wie  Feldhügel  hier  gegen  seine  anneligeCoR- 
seqnenz  in  den  Text  gesetzt  hat,  nicht  blofe  in  den  Geaelsen- 
formein,  sondern  aneh  in  seiner  eigenen  Rede  schrieb,  wertter 
nachher.   Seikst  popmioei^  als  NomiaatiT  war  111,  8,  ü  nicM  m 
verschmAhen,   da   in  dem  Voss.  B  diese  Form  unverdeibl  erlMh- 
ten,  in  anderen  llandsciHriften  ans   den  Verderbnissen  erkcMIbnr 
i^t:  pmtioe  me  B;  ppi* oflrmi  Gnd.  t.  popmio  eioe  Ambr.  y.  -- 
Weniger   znversichMich   ist   folgendes  an  benrtbeiten.   11,8,11 
di^onm^ue    *w    pro9idenio   «syw  ^^^pmrmio  hnl  C  jn^ntPi- 
demo  eie^fte  appmrtnio,  und  E  prmndemioa  ioptOy  aUe  fibngen 
Bücher  pro9ideHio  Oe^e.     In  jene«!   eie  nimitch  kdnnle  mSp- 
Ikherwefee  auch  eine   Dntivform  von  dem  alten  demonsAmlrven 
IVoiMNBinalstannu  sn^s^-erhahensein,  xm  welchem  Ennte  nech 
die  Aeensnlivformea  t»es  Sit^^nhir  und  Plural  jmm,  mm,  m^  me^ 


Erit  ■eAerfcnngen  m  Cleerß  äe  legi&u$,  t.  J.  Vahlen.  19 

(fgL  doi  liiil.  SU  IN.  Aoisf.)  gebraucht  bat.  Das«  dieses  Pro- 
■omw  an  allen  andern  Steilen  dieser  Gesetzesformeln  verschwun- 
dn,  isl  tboMo  leiok  erklärlich,  als  es  möglich  ist,  daes  essich 
IB  einer  tHungien  fliGlllig  erhallen  hätte.  Ob  Cicero  auch  foa 
lehriak  Ar  jue»  wie  11^  ^y  fti  in  den  Ausgaben  steht :  f^f  leio 
4ai99f  iat  sweifelhafft,  da  in  den  guten  Handschriften  nos  (in 
teUeckteren  koä)  öberiieferl  iet,  woraus  man  ebensogut  mos  her- 
iltikn  kMate.  Von  jenem  Possessivpronomen  ist  jetzt  nur  aus 
Bonins  Annalen  der  Dativ  9i$  erhalten  in  dem  Verse:  posequam 
iMntfMi  etfi  ocuUm  b0nu$  Aneui  reUquii,  den  Lucrez  III,  1026 
aachahnite  GorBRz'  Bemerkung  darüber  ist  ungenau. 

Von  alterthümlichen  Formen  in  den  übrigen  Partien  dieser 
tehrift  sei  cnnächst   gumn  erwähnt,    das  an  manchen   Stellen 
Mfenehrl  in  den   Handschriften  erbalten,  an  anderen  aus  den 
VerdeilNiissefi  erkennbar  ist,  und  zwar  nicht  blob  für  die  Con- 
janetion,  sondern  aneh  Ar  die  Präposition  eum.    Dass  auch  für 
blilcre  die  Forn  gu&m  fai   galen  Bädiem  sich  bisweilen  ünde, 
tenerkl  fiir  die  Pkinlinischen  Ritschi  in  der  Vorrede  znm  JStichus 
8.  XVI,  und  daes  eine  Grammatikerlheorie  auch  in  spateren  Zei- 
\fu  noch  wiequom  nnd  U^fuom  schreiben  wollte,   grht  aus  dem 
verwerfenden  Zeugnis  des  Terent.  Scaurtis  p.  2262  hervor,  wel- 
ches Schneider  Lat.  Chramm.  I,  1   S.  32  und  387  richtiger  auf- 
ftssl  als  Hand  im  TnrseUinns  II,  135.   Ob  auch  Cicero  seU)st  die 
PH^oaüion  fuam  sehrieb,  mag  man  bezweifeln,  dass  er  die  Con- 
janelion  fwim   nnd  dem  entsprechend  die  Formen  des   Relativ- 
mäkm  und  9if^  gebrauchte,  bemerkt  zu  den  Briefen 
(Rhein.  Mus.  XI,  J16)   und  für    die  Bücher  de   legg. 
nardin  99  die  folgenden  Beispiele  belegen ;  I,  28,  62  guae  cum 
M  rm  ianimegue  tint]  C  quo  in;  I,  28,  60  fiom  cum  anknus . . 
iMmmwtrii]  gu0  anitmit  €£«7^,  quod  animu»  AB;  II,  1 1,  27 
ajJMlf  eumirnfknit  08M0ni]  vstuti  .quo  infane  esget  kBE  a  ß  y\ 
11,25,'  n  oftud   quäM  cmm'  quidqtiid  veri   erat  praeäieaium] 
^uomni  ipää  veri  A  d,  ^fiesn  inquiä  Gud.  2.  eum  omni  gut 
daertf  B.    80  sicher  an  dieser  Stelle  die  Überlieferung  auf  ^tiotn 
kiDweist,    KO   wenig  ist  sie  jedoch    im  Cbrigen  zuverlässig  her^ 
gfstelll;  1,21,55  cum   deeus   quod   antiqui   mmmum   bonum 
ۤm  M^ehnUy  kk  ttmkum  bonum  dieai]  quod  deeus  quod  ARE; 
ia  gm9d  ist   qwtm  hinfiger  übergegangen,   vgl.  1,  22,  57  quod 
{wmifeum)  j^aeaerUm  üd  id  nihil  periineat  khC?.ai€,  II, 
6,  II  iteni  omn  in  homine  eet  perfecta]  quod  CE.    Auch   in 
fn«n  «ad  quem :  vgl.  1,  6,  24  cumque  aiia  quibu»  eohaererent 
kaminee  0  moriaii  penere  »umpeerint \  quamq  ue  aliqtribue 
ABC^E«  1,  W^  M  quippe  eum\  quem  E.    Für  die  Präposition 
tMn  steht  1,  12,  3^  quompseueippo  AB  (statt  cum  JSfpeusippo^; 
11,11,  81    quam  avcfarHaie  emviunclum  k  6 \   1,  16,48  mm 
4aa|  gumd  ee  k  m\i   ikltergoKchileb« nrm   eum\  quod  eae  B  und 
iftier  mm   dein:  U  8«  25  äomini  quam  dea  eimilituda  B»  corr. 

2* 


tö  Kril.  Bemerkungen  zu  Cicero  de  ieffiöue,  V.  J.  VaktetfL 

cum;  I,  20,  62  cum  ista  ratiane]  quod  uttam  oraHonem  GE  tf. 
Von  Formen  des  Relativpronomens  sei  erwähnt  I,  13,  89  qu0uis 
partem  D  statt  eulus;  I,  80,  62  e%äu9  cauea]  quoius  eaum 
A;  quo  vi»  apiscendi  causa  ßy^  quo  minus  asdndi  e&usa 
mit  übergeschriebenem  cuius  B,  quo  minus  aseindi  emtsm  C 
d^que  insa  scindi  causasE,  Hiemach  war  nnbedenUich  fiioi^ 
apiscendi  causa  in  den  Text  zu  setzen:  denn  Bake  und  Feld- 
htigel  thuen  Unrecht,  dass  sie  nicht  bloGs  quoius^  sondern  auch 
apiscenii  verschmähen,  welches  jener  ganz  beseitigt,  dieser  in 
adipiscendi  glaubte  ändern  zu  müssen;  s.  jedoch  s.  Comm.  Der 
Dativ  quoi  ist  I,  18,  49  erkennbar:  eui  referuni  yratiam}  quo 
ire  fuerunt  graUam  E. 

Aach  die  von  Lachmann  wieder  eingeführte  Form  ^  stiud 
des  Pronomens  iste  hat  sich  in  ein  par  handschriftlichen  Spure« 
in  diesen  Buchern  erhalten:  I,  19,  60  steht  in  dem  cod.  E  ac 
mesCorum  philosophorum^yio  AB  ac  m^fslorum^  die  Vulg.  mesae 
istorum.  Jenes  war  in  me  stamm  aufzulösen  und  dieselde  Hand- 
schrift, die  auch  sonst  allein  oder  mit  wenigen  andern  das  ur- 
sprüngliche gewahrt  hat,  schreibt  III,  2,  6  mihi  vero  ei  siudet 
ordo  iste  verum  plaeet ,  d.  i.  et  stud  et  ordOj  wie  hier  auch 
der  Burn.  d  hat,  während  die  Vulgate  et  istud.  Die  sicheren  Bei- 
spiele, die  sich  sonst  von  dieser  Pronominalform  bei  Cicero  finden, 
hat  Lachmann  im  Lucrez  S.  197  angeführt. 

Schliesslich  sei  noch  ascea  erwähnt  das  11,88,59  in  ABCE 
überliefert  ist,  eine  Form,  die  mit  eurea,  fiiea^  tabea^  aismm 
(worüber  Ribbeck  zu  Pompon.  6)  doteum^  palieum  zusammen- 
zustellen: vgl.  Schneider  lat.  Gramm.  I,  i,  p.  16;  und  die  Schr^ 
bung  accedere  statt  accidere^  auf  welche  Fleckeisen  zuerst  auf- 
merksam machte  (vgl.  Ribb.  Trag.  Lat.  fragm.  praef.  Vill  u.  IX 
und  über  die  entsprechenden  Formen  eiecere^  traieeere  von  iaeere 
Lachmann's  Lucrez  S.  128,  u.  m.  Conu  in  Varr.p.  188,  96).  So 
ist  accedere  delegg.  II,  22,  67  in  ACE  erhalten;  II,  17,  43  ( 
diese  in  E;  accederis  II,  18,  46  in  6,  corr.  aecesseris. 


Sehr  richtig  hat  man  in  den  Schlussworien  des  zweiten 
Capitels  des  zweiten  Buches  habet  dvitates  duas  set  unmm  iUam 
cimtatem  pfUat\  die  in  allen  Handschriften  überliefert  sind,  eine 
Interpolation  eraknnt:  es  war,  wie  man  deutlich  aus  dem  Inhalt 
des  Capitels  erkennt,  eine  an  den  Rand  geschriebene  Inhaltsan- 
gabe ,  wobei  habet  und  p%Uat  auf  Cicero  als  Subject  zu  bezie- 
hen sind.  Ganz  ähnlichen  Ursprungs  ist  die  Interpolation  II,  19, 
48^  wo  jedoch  die  Worte  des  Interpolators  selbst  noch  einer 
kleinen  Nachbesserung  bedürfen,  welche  von  den  Handschriften 
gefordert  wird,  und  die  zugleich  die  Annahme  der  Interpolation 
noch  einigermaisen  bekräftigen  kann.   So  nämlich  war  auch  hier 


KhU  Bemerkung«!!  zu  Ckero  de  iegiöUM,  v.  /  Vühieu.  2i 

ab  zusammenfassende  Inhaitoangabe  auf  den  Rand  geschrieben: 
JSToec  pomU  (nämlich  Cicero),  et  haec  iurm  poniifieum  auctarüaU 
cmueeuia  mnt^  ulj  ne  marie  pa(ri$  fkmiiias  sacrorum  memoria 
oedderelj  üs  euenl  em  adiuneU^  ad  quos  eiusdem  maric  pe^ 
emUa  venerü.  Davon  weicht  die  Überlieferung  insoweit  ab,  das» 
statt  kaee  panii  et  die  Leidener  ACE  haee  posUe  (woraus  man 
auch  kaee  poeuU  ei  vermuthen  könnte),  Gud.  2  Aaec  ponite 
schreiben.  Baee  poeUa  oder,  wie  meist  in  den  Ausgaben  steht, 
hoc  powUo  sind  nicht  gegluckte  Verbesserungsversuche  nach  An- 
leitung des  gleich  folgenden :  Moe  uno  ponio.  Von  hier  nahm  ohne 
Zweifel  der  Interpolator  den  Ausdruck  ponere.  Das  schleppende 
in  der  Rede  haee  penU  et  kaee...  eamsecuta  mn/ charakterisiert 
den  Glossator  ebensosehr  ^  wie  die  Consecutio  temporum  occi" 
deret..  eseenl..  emieriu  Es  ist  aber  i »s  eM^it^  ea  in  AB  richtig 
geschrieben,  wofür  in  andern  Handschriften  He  est  ea^  was  Feld« 
bigel  nicht  hatte  aufnehmen  sollen.  Dass  der  ganze  Salz  an  dieser 
Stelle  in  un^träglicher  Weise  den  Zusammenhang  stört,  hat 
Hadvig  80  überzeugend  dargethan,  dass  man  Bake's  Einwendun- 
gen nicht  begreift ;  als  Inhaltsangabe  trifft  es  der  Sache  nach 
vollkommen  zu,  wovon  sich  jeder  überzeugen  kann,  der  den  In- 
halt des  19.  und  folgenden  Capitels  damit  vergleicht.  Insbesondere 
aber  gehören  hierher  die  Worte  c.  20,  50 :  Videtis  igitur  omnia 
pendere  ex  uno  iilo ,  ifuod  pontiflces  cum  peeunia  sacra  con-^ 
mn^i  voiunL 

11,17,44  hat  Feldhugel  die  Interpolation,  aber  nicht  ihre 
Veranlassung  erkannt.  Repritnam  iam  et  non  ineequar  longius^ 
eogue  mmue  quo  plue  poenarum  kabeo,  quam  petivL  TaU'- 
tum  ponam  merui  dupUeem  poenam  esse  divinum^  quod  cou" 
$tat  et  ex  vewatuUe  virorum  animie  et  ea  fama  mortuorum^ 
ut  eorum  exiUum  et  iudicio  eivorum  et  gaudio  comprobelur. 
So  die  Handschriften,  nur  dass  statt  ponam,  wie  Tumebus  un- 
zweifelhaft richtig  verbessert  hat,  poenam  oder  poena  und  statt 
merui  in  AB  erebi  oder  merebi  verschrieben  war.  Dass  merui 
an  jener  Stelle  sinnlos  sei,  haben  die  Herausgeber  langst  gese- 
hen, und  die  verschiedensten  Vorschläge  sind  gemacht  worden^ 
um  aus  dem  verderbten  ein  passendes  Wort  zu  gewinnen.  So 
schlug  Turnebus  erui,  Lanibin  brevij  Davis  rebus^  Görenz  cerni, 
Bake  vere,  Orelli  propterea,  andere  sceieri  oder  trimiui,  Zumpt 
eideri  vor.  Von  allen  diesen  Versuchen  hat  keiner  besondere 
Wahrscheinlichkeit.  Dagegen  ist  der  Stelle  vollkommen  geholfen 
mit  der  einfachen  Entfernung  des  störenden  Wortes,  wie  schon 
Hanutius  auf  die  Auctorität  zweier  Handschriften  gewollt,  und 
zuletzt  auch  Feldhugel.  Aber  volle  Evidenz  erhält  die  Vermu- 
thung  erst,  wenn  auch  die  Veranlassung  des  Einschiebsels  er- 
klärt ist.  Darüber  schreibt  Feldhügel :  erui  (denn  diess ,  nicht 
menU  hält  er  für  das  ursprüngliche),  quo  int^rpree  se  poe^ 
nam  ex  ihendo  aliquo  extrieacieee  in  marghie  eignificamral^ 


22  Krit  BemcrkuDgeD  zu  Cicero  de  legibus,,  v.  y.  VakkUm 

inde  in  verborum  seriem  irrepHeee.  Doch  diese  Brkiänuig  ist 
80  gut  wie  keine.  Deiw  ist  es  «chon  wonderlich  genug,,  dass 
jemand  soUle  am  Rande  ein  erui^A.  i.  ich  hab's  herausgdNradit 
statt  dessen,  was  er  herausgebracht,  bemerkt  haben,  so  verliert 
vollends  diese  Auffassung  jeden  Halt ,  da  weder  irgend  in  der 
Überlieferung  angedeutet,  noch  sonst  abzusehm  ist,  was  es  d^nn 
für  ein  schwieriges  mendum  gewesen,  ub^r  dessen  glückliche 
Beseitigung  der  inierpres  sein  freudiges  enU  an  den  Rand  ge» 
set2t  habe.  Eine  einfache  Betrachtung  de«  Sachverhältnisses  hait^ 
mich  längst  auf  den  Gedanken  gefOhrt,  n^erui  sei  ursprünglich 
nicht  ffur  die  Stelle,  wo  es  jetzt  steht,  bestimmt  gewesen,  son- 
dern zu  dem  unmittelbar  voraufgjehenden.  peUüi  ab  Variante  oder 
Dittographie  an  den  Rand  gesetzt  worden.  Je  zuverlässiger  mir 
diese  Bemerkung  schien,  um  so  mehr  wunderte,  ich  mich,  nt 
schon  viel  früher  von  Wyttenbach  gemacht  zu  sehen,  der  fol-^ 
gendes  angemerkt  hatte  (vgl.  Moser  Bxc  VIII,  p.  dOO):  deirn^ 
dum  eH  metui  utpoie  orium  em  vatia  leeiione  verbi  peiif)i 
pro  quo  aliqüie  annoiator  in  tnargme  potuerat  merui^  Was 
weder  einer  der  früheren  Bearbeiter,  noch  auch  der  letzte  Her- 
ausgeber beachtet  hat,  dem  dadurch  sein  verunglückter  Brida- 
rungsversuch  erspart  worden  wäre. 

Ähnlich  verhält  es  sich  mit  folgender  Stelle:  11,14,84 
steht  in  den  Handschriften:  Jam  de  aruspkum  reUgione,  de 
expiationibus  eade  ee$e  (oder  satisse^  was  von  jenem  nicht  yer- 
:>cbieden)  iUane  in  ipea  lege  dictum  pulo.  Nichts  als  ein  Ver- 
beäserungsversuch  ist  es,  welin  statt  dessen  in  anderen  Hand- 
schriften und  auch  in  dem  Voss.  A  geschrieben  ist:  eaü»  att- 
prague  in  ip$m^  Worauf  die  Vulgate  eaUs  euperque  gegründet 
ist«  Bake  hat  mit  Recht  sich  an  jene  Oberlieferung  angeschlos- 
sen und  mit  Ausmerzung  von  iUane  gewiss  richtig  eaUe  eese 
in  ipea  lege  geschrieben.  Aber  seine  Erklärung  Hin  nei^s,Ula 
in)  sei  verschrieben  aus  m  ipsa  ist  nicht  giaid>lich,  und  noch 
weniger  annehmbar  ist  die  DeutUhg  FeldhügeFs,  der  im  übrigen 
bich  an  Bake  anschliefst:  'mihi  videtur  mendum  illud  (nämlich 
illane}  ex  verbis  e$$e  iam  Ua  naCum  eaae,  ui  iiUera  $  verhi 
praecedentis  priori  litierae  e  cow^pendii  ee  adkaereret^  alle* 
rum  aulem  e  compendii  eiusdetn  eoalescerei  cum  eocua  iam 
(elam),  unde  proclivie  eane  fitü  mendi  progreesio.  Woher  iam 
an  diese  Stelle  gerathen,  sagt  er  nicht;  aber  auch  abgesehen 
davon  ist  jene  Erklärung  nichts  ieiIs  eine  halllose  Klügelei.  IUane 
ist  ursprünglich  Randbemerkung:  so  fragte  nämlich  ein  aufmerk- 
samer Leser  verwundert  darüber,  dass  Cicero  meinte,  er  habe 
de  aruspicum  religione^  de  expiaUonibus  schon  hinreichend  in 
dem  Gesetze  selbst  gesprochen.  Denn  dieses  völUge  Überspringen 
eines  gewichtigen  und  mehr  als  eine  Bestimmung  enthaltenden 
Gesetzes  ist  in  der  That  so  auffällig,  dass  Bake  praef.  p.  XXIV 
mit  Recht  auch  diesen  Umstand  unter  die  Indicien  rechnete,  dass 


Kiit  Bemerkungen  zu  Cicero  de  ie$ibuM,  v.  /  VuAieu,  23 

die  Bächer  de  ieg^uB  in  nicht  völlig  aiugeführtttr  Ge«talt  über- 
liefert worden. 

1, 2, 6  FamiU  muCem  aeloH  eoniuneeus  Aniipaler  pauUo 
inßamt  tfehemenäuM  habuUque  vire$  ai^resUM  iUe  quidem^  aique 
karridas^  sine  nUore  ae  palaeHre;  sed  iamett  admonere  re- 
Ufuoe  poiuUj  ue  aeeuraUiis  seriberent.  Ecee  auiem  suceessere 
kmU  belio  Ciodiue,  AseUio^  nihii  ad  CaeiHtm.  An  dieeer 
Stelle  ist  beiio  die  handschriftliche  Überlieferung,  nur  wenige 
minder  gute  codd.  haben  belli.  Statt  dessen  ist  durchweg  von 
den  Herausgebern  Gnlielmus'  Vermuthung  Oellii  aufgenommen 
worden.  Erst  Nipperdey  hat  im  Philologus  VI  S.  188  überzeu- 
gend dargelhan,  dass  hier  weder  Oellii,  noch  auch  der  eine 
wirklich  zo  den  älteren  römischen  Annalisten  gehörige  Cn.  Gel- 
lios  genannt  sein  konnte.  Trotzdem  erscheinen  die  Gellii  nicht 
bh)is  bei  Feldhügel,  sondern  auch  noch  bei  Klotz.  Auch  das 
i»t  Nipperdey  zuzugeben,  dass  in  dem  verderbten  bello  nicht 
der  Name  irgend  eines  andern  Histoilkers  zu  suchen,  bello  viel- 
mi*hr^  wie  schon  längst  Lambin  gewollt,  als  Interpolation  aus 
dem  Texte  zu  entfernen  sei.  Nur  darin  hat  mich  wenigstens 
Nipperdey  nicht  überzcugl,  dass  jenes  Glossem  von  jemand  her- 
rühre, 'der  den  Cälins  in  Bezug  auf  das  Lob,  was  Cicero  sei- 
nem Stil  ertheiit  halte,  bellue  nennen  wollto\  Ich  glaube  viel- 
mehr, dass  zu  huie  hinzugeschrieben  war  Cailie^  das  in  celio 
überging  (wie  z.  B.  in  den  Handschriften  des  Valerius  Maximum 
p.  367  Keimpf.  UUi  geschrieben  ist  statt  LaeUi)  und  dann  in 
das  wenigstens  verständliche  Wort  bello  corrigiert  ward.  Pro- 
nomina durch  das  beigeschriebene  Nomen  zu  erklaren,  ist  auch 
sonst  nicht  ohne  Beispiel,  und  in  diesen  Büchern  i8t  z.  B.  II, 
10,  24  in  einigen  Handschriften  wenigstens  illud  durch  oin 
auch  der  Sache  nach  nicht  einmal  richtiges  ineeelum  erläu- 
tert worden.  An  unserer  Stelle  aber  lag  noch  eine  besondere 
Veranlassung  zu.  der  Beifügung  des  Namens  darin,  dass  Caelius 
AfU^HUer  kurz  vorher  Antipater,  gleich  nachher  Caelius  ge- 
nannt wird. 

Wie  hier,  &o  hat  sich  auch  1,4,14  eine  längst  als  nolche 
bezeichnete  Interpolation  in  den  Texten  erhalten:  Quin  igilur  ad 
iUa  spatia  nostra  sedesque  pergimu»,  ubi  cum  satis  ehe  am- 
bulaluiik  rcquivseemun :  tiec  profecto  nobis  deleclatio  deeht 
aliud  ex  alio  quaerenlibus.  Alt.  Sos  t>ero  eC  hac  quidem 
adire  si  plaeel^  per  ripam  et  umbram.  Dass  adire  zu  strei- 
chen sei,  hatten  Lambin  und  nach  ihm  andere  bemerkt.  Einige 
suchten  dem  Worte  durch  eiiie  Bnchslnbenänderurig  den  Platz 
zu  sichern,  dagegen  es  von  Görenz,  Moser  und  zuletzt  von  Feld- 
hügel gegen  jede  Änderung  oder  gar  Ausmerzung  in  Schutz  ge- 
nommen worden.  Wenn  aber  Feldhügel  den  Satz  so  umschreibt : 
no§  vero  et  hae  quidem  per  ripam  et  umbram  pergemus ,  si 
hoc  adire  placety  so   thut   er    damit  dem  Cicero  ein  offenbares 


t4  Krit.  Bemerkungen  xu  Cicerm  de  iegtäMS,  v.  J.  IUIm» 

Unrecht,  indem  jene  Uoppelbeiieluii^  des  kme  nicht  znUteig, 
und  wenn  sie  es  wäre,  dennoch  in  jener  Form  des  Satses  das 
einfache  jt  pimeei  nicht  bloGs  aosreichle,  sondern  einzig  passend 
war,  um  das  auszudrücken,  was  Fddhigel  mit  m  kme  rnüre 
pimeei  bezeichnet.  Sprachlich  ist  nur  eine  Eridärui^  des  mäire 
möglich,  nämlich  die,  dass  mäire  st  pimeei  aufs  engste  zusam* 
mengefalst  werde  zu  diesem  Gedanken:  Wir  sind  bereit,  uid 
zwar  auf  diesem  Wege  im  Schatica  und  am  Ufer,  wenn  es 
(überhaupt)  beliebt,  hinzugehen.  Aber  auch  dies  erweisl  der 
Zusammenhang  des  Dialogs  ak  unsMgtidi;  denn  das  Belidicn 
kann  sich  vernünftigerweise  nur  auf  dK  Wahl  des  Weges  bezie- 
hen, nicht  aber  darauf,  ob  man  überhaupt  hiagehea  wolle.  Da- 
her ich  nicht  zweifle,  dass  Ciceros  Rede  aur  durch  Eatferswig 
des  mdire  (das  als  gnunmatische  ErUarung  zu  ei  pimeei  hinzn- 
ge^schrieben  werden  konnte)  in  üurrr  Uispriragiichkeil  bergestdll 
wird.  Zum  Cberflufs  vergleiche  man  noch  11,17,69:  HmkeÜe 
i^Uur  tjrpiiemiua^  omiiem  Mi  mrkiirmr  ieemmu  Q.  S—  Mra,  firm^ 
iety  ei  copieee  qmidemj  und  III,t,$:  Qmme  eioi  Um  eimij  md 
ipsas  tMi  iefee  remämamsj  ei  pimeeL  Jenes  mäire  ei  pimeei  isl 
gerade  so,  wie  wenn  hier  stände:  md  ipeme  saai  ie§ee  vemim 
mu^  remire  jt  pimeei^  oder  gar  nach  FeMhageTs  BikBrung  md 
ipeme  aaai  lef  e»  remimame^  md  itfte  remire  ei  pimeeL 

Dieselben  Heransgeber,  die  an  jeiMr  Slefle  eines  fremdea 
Zusatz  so  hartaackig  als  (Soerouisch  in  Schutz  uehaKB,  haben 
sich  an  einer  andern  zur  Annahme  einer  hlerpobtion  bcreil  ge- 
funden, wo  fD^wissenhafle  Kritik  nur  Worte  des  (Ticero  seibat 
irkennen  kaim.  11,11,16:  Ateri  emimä  kmee  a^öun  rel^'anam 
M/ürm  drümiikme:  ei^midem  H  iiimd  kerne  ditimm^  eei  m  Wffikm^ 
«rem«,  dmciieemmm  rhre,  tem  ««jmnr  H  pieimiem^  ei  reii^immem^ 
rersnri  m  hjimw a,  non  rekme  dinmie  epermm^  dmrtwmf,  ei  qmmd 
Tkmiee.  fwt  empiemisssimms  im  eqßiemt  fmiy  temnitf«  ejtisiim^mre 
operiere  emmim  cermerei  demrmam  eeee  piemm;  /errcnirnnH»- 
nee  emeOeree^  reimii  fuem  tn  fmmie  eesemi  mnnme  raKftntla. 
Stall  cemerH^  welches  ABE  überliefem«  steht  in  C  *  Gud.  t 
ermere;  an  letzteres  halt  sich  FeMhi^,  der  daria  nidrts  als 
eine  falsche  Zulhat  eines  Inlerpolalors  erkennt  aut  Berafnng  nttf 
zwTi  andere  Stellen,  an  n^lchen  in  ahnhcher  We«  ein  hinitiv 
falschUch  in  den  Text  gedrangen  «i  Aber  em  der  einen  der- 
.selben,  L  f  SO«  brraht  diese  Annahme  auf  einer  sehr  bedad(- 
lichen  Vermuthung  FeldhügeFs  seB^t,  die  andere  ist  aaderer  Art. 
Erwägt  man  die  von  guten  Ilandsdirinen  cebolene  Srhrribnng 
cermerei  und  die  Stelle,  an  welcher  das  W^ni  steht,  fo  kann 
kein  Zweifel  sein,  das^  ursprüairlich  mamim  Ifmme]  eermeremi 
hier  geschrieben  stand,  mag  tiiess  nun  von  Cicero  oder  von 
rinem  GI«\^tor  herrühren.  Das^  fmme  if«r>  vor  ee  ansiel,  ist 
nicht  anfilliger,  als  d«¥  1,  $«  :24  rMraraato«  fni^rmans 
tejffiir)  emekreUkme  ein   fvr  vor  cwe  ^r^^waad.     Aber  an<A 


Erit  Bemerkungen  zu  Cicero  de  iegiöus,  v.  J,  VaJUeH.  Vi 

samt  ist  der  Anafall  eines  gue  (wovon  ja  fuae  in  der  Schrift 
sich  nicht  unterscheidet)  in  diesen  Bächern  so  haofig,  dass  jene 
Ergänzung,  die  durch  die  Sache  selbst  verlangt  wird,  nicht  das 
mindeste  Bedenken  erregen  kann.    Und  eemerei  statt  eemereni 
(d.   i.  eemerei)    hat   sein    Analogen    an    dem    gleichfolgenden 
essei  statt  eeeenCy  dergleichen  auch  sonst  nicht  selten  ist.    Soll 
nun  nach  dieser  einleuchtenden  Verbesserung,  die  bereits  Manu- 
lius  gemacht  hat,  noch  von  einer  Interpolation   die  Rede  sein, 
so  wäre  nachzuweisen  i»  dass  Cicero  diesen  verständlichen   und 
grammatisch  richtigen  Zusatz  nicht  könne  gemacht  haben.   Feld-» 
hügel  verweist  darauf,  dass  ja  der  von  Cicero  angeführte  Spruch 
des  Thaies  xdvra  xXij^^  9sc5p  slvat  gelautet  habe^  den  auch 
Cicero   nur  habe  mit  omrUa  deorum    ee$e  piena  wiedergeben 
können.    Aber  dieser  Grund  ist  nicht  zwingend.   Denn  auch  die 
sabjectiv   ethische  WtTndung   (hominee    exieUmmre  operlere  — 
fore  emm  omnee  eaUiore»)^  welche  Cicero   dem  Spruche  gibt, 
gehört  ihm;  dass  sie  von  Thaies  selbst  herrühre,  ist  wenigstens 
nicht  überliefert  und  nicht  einmal  wahrscheinlich  (man  vgl.  Zel- 
ler  Geschichte  der  griechischen  Philosophie  1.  S.  152  f.);  wenn 
aber  Cicero  oder  sein  Gewährsmann  sich  diese  Abweichung  er- 
lauben  durfte,   so   ist   auch  eine   absolute   Congruenz  in   dem 
Spruche  selbst  nicht  zu  verlangen,  um  so  weniger,  als  der  Zu- 
satz qtiae  eemereni  der  Ciceronischen  Argumentation  besser  ge- 
nügt ,   als   das  allgemeine   omnia.    Der  durch  den  Anblick  der 
Tempel  genährte  Glaube,  sagt  Cicero,  dass  die  Götter  dieselben 
Städte   mit  den  Menschen   bewohnen^  erzeugt  eine   den  Staaten 
nützliche  Ehrfurcht.     So  hat  auch  Thaies  gesagt,  die  Menschen 
müssten  glauben,  dass  (nicht  blols  die  Tempel,  die  sie  schauen, 
sondern)  alles,  was  sie  mit  Augen  sähen,  Wohnplätze  der  Götter 
seien,   dann  würden  alle,   wie  wenn  sie  in  den  heiligsten  Tem- 
peln wären,  ehrfurchtsvoller  sein.     Est  enim  quaedam  opinione 
»peeiee  deorum  in  oeulin^  non  soium  in  menti&us.     In  die- 
sem Zusammenhange  fallt  denn  auch   das   von  Bake  geltend  ge- 
machte Bedenken  weg,  dass  überhaupt  an  dieser  Stelle  der  Spruch 
des  Thaies  habe  keine  Erwähnung  finden  können.     In  scharfer 
Fassung  seiner  ursprunglichen  Bedeutung  konnte  er  es  allerdings 
nicht,    wol   aber   in  jener   Umbiegung,  die    demselben    Cicero 
gegeben. 

Mit  Unrecht  hat  Feldhügel  auch  11,169  4!  zwar  verderbte, 
aber  echte  Worte  des  Cicero  aus  dem  Texte  entfernt:  DiUffentia 
eotorum  »alis  in  lege  dictum  est  ae  voU  spofisio  qua  deo  ob- 
iigamur.  So  die  Überlieferung,  nur  dass  diligentiam  und  voU» 
in  ABCE  geschrieben  ist  Ein  offenbarer  Verbesserungsversuch 
ist  es,  wenn  man  in  schlechteren  Handschriften  dicta  est  liest. 
Vielmehr  schlofs  Bake  mit  Recht  aus  der  Lesart  der  guten  codd. 
dictum  esty  dass  vor  diligentia  ein  de  ausgefallen  sei:  de  dili- 
gentia votorum  satis  in  lege  dictum  est^  wie  II,  1 4, 84  de  aru^ 


t6  Kril.  Bemerkungen  zu  Cicero  de  legibus,  v.  7  Vnhkn. 

spicunk  religione  .  * .  %M9  e»»e  in  ipsa  lege  dielum  pulo.     Um 
so  weniger  aber  kann   sich   dann  das  folgende  ae  voti  sponsio 
u.  s.  IV.   anschlief^ien.     Feldhägel    macht   sich   hier    die    Sache 
leicht,    indem    et  jene  Worte  als  ein  'foedum  cod.  arch.  inter- 
prelamerUum'   aus   dem  Texte   entfernt.    'Sam  in  lege  de  diÜ- 
gentia  in  voHs  reddundis  adhihenda^  non  omnino  de  voti  gpon- 
Miane  dixic'     Dies  Ist   freilich  wahr   und  schon   von   Bake  be- 
merkt worden,  aber  diess  begründet  doch  noch  keineswegs  die 
Annahme  einer  Interpolation.    Bake  erkannte  vielmehr  eine  kurze 
Erläuterung  des  Gesetzes  darin  und  vermuthete  demnach  ifA^^tini : 
eJiC  haee  voli  sponsio^  qua.    Ich  glaube  nicht,  dass  Bakers  Ver- 
muthung  das   richtige  trifft,   obwohl  Feldhägel   sie    nicht  hätt^ 
mit  einem  'Male  Bakius'  abthun  sollen ,   indem  sie  den  richtigen^ 
Weg  vorgezeichnet  hat.   Cicero  schrieb  wohl:  />•?  diligentia  90- 
torwn  $aH$  in  lege  dictum  e^L     Est  antem   PoCi   sponsio  qua 
deo  obiigamur.     Cicero    halt   es    nicht  für  nöthig,    das  Gesetz 
Caüie  Poia  reddunto   des  näheren    zu  begründen  und  zu  erlSu- 
lern ,    nur   an    die  Bedeutung  des  voCum  will  er  erinnern ,   und 
wenn ,    wie   et   pro    Caecina   c.  8  sagt:  qui    quod    spopondit^ 
qua  in  re  verbo  se  uno  obligavit,    id  non  facit,  condemnatur^ 
80  i^t  klar,  um   wie  viel  gröfser  die  Sorgfalt  in  Erfüllung  der 
Gelübde  sein  muss,  da  man  durch  sie  nicht  Menschen,    sondern 
Gott  verpflichtet  ist.     Hiernach  begreift  sich,  wie  durchaus  an- 
gemessen statt  jeder  Erläuterung  jene   Definition  des  volum  an- 
geknüpft wurde,  so  dass  der  Gedanke   an  einen  falschen  Zusatz 
völlig  beseitigt  ist.     Was  aber  die  Änderungen  betrifft,    die  ich 
vorgenommen  habe,  so  ist  darin  nichts,    was   nicht   sowohl  an 
sich  wahrj<cheinlich,  als  auch  durch  Beispiele  aus  diesen  Büchern 
zu  belegen  wäre.    Für  die  Verdoppelung  des  esl^  die  ich  Bake*« 
Vermulhung  unbedingt  vorziehe,  vergleiche  man  III,  18,40:  Quod 
nisi  in  »enalu  non  difficile  est;  est  enim  ipse  Senator^  wo  das 
eine  eH  in  allen  besseren  Büchern  fehlt.    E1)enso  wenig  Bedenken 
hat  die  Änderung  des  ae  in  autem  (d.  i.  atiT),  wenn  man  sich 
erinnert,  wie  häufig  die  Wörtchen  af,  ac^  aul^  autem  mit  einan- 
der verwechselt  worden  sind.     So  ist  III,  20, 48   nos  auiem  de 
iure  naCurae  statt  autem  ^  was  Bake  richtig  hergestellt  hat,  in 
guten  Handschriften  n/,  ad  oder  «ü  überliefert.    Endlich  sei  noch 
erwähnt,  dass  die  Worte  grammatisch  so  zu  erklären  sind,  dass 
aus  voti  sponsio  ein  anderes  gponsio  zu  ergänzen  ist:  Est  ati- 
tem  voti  sponsio  sponsio  qua    deo   obiigamur:    eine   Construc- 
tionsweise,  die  auch  sonst  nicht  ohne  Beispiel  ist,    wiewohl  ich 
nicht  läugnen  will,  dass  vielleicht  est  autem  votum  sponsio  qua 
zu  schreiben  sein  möcht(\ 

1,28,61  liest  man  in  den  Texten:  seseque  non  unius  eir- 
cumdatum  mocnibus  loci^  sed  einem  Cotius  mundi  quasi  uniu* 
urbis  agnovent.  Hieran  nahm  Bake  Anstofs:  ^qunenam  enhn^ 
quaesOj  ea  oppositio  est  circumdatum  moenibus  et   ei-- 


Krit.  Bemerkuugen  im  Cicero  de  iegibuM^  v.  J,  YahleH.  97 

9em  Coiius  mundi.  Er  änderte  daher  höh  unis  circumdali 
moeniöus  loci  sed  eivem  CoCius  mündig  worin  civem  ano  aioivoii 
zu  verstehen  tti.  Feldhügol  dagegen ,  der  die  Deutung  djto 
wwov  mit  Recht  verwirft,  erklärt,  umus  drcumdaiuM  maenibuM 
^061  sei  gleich  unm»  loci  eivis.  Aber  auch  die«  wird  «chwvr- 
lieh  viele  befriedigen,  man  vermißt  vielmehr  bei  ctrcuwHUUum 
m  dem  cMm  entsprechendes  synonyme«  Nomen.  Und  dies  ist 
in  der  Oberlieferang  aller  guten  Handschriftiai  gegeben:  seseque 
nou  aamio  {hominis  CE.  tmu  ßye)  eircurndtUum  moeniöus 
pwpukurem  aiieuius  definUi  ioci  sei  cioeim.  So  mit  Übergebung 
etlicher  kleinen  Abschreiberversehen  ABGE  Gud.  2.  Doch  hat 
die  Worte  popuiarem  aiicuius  definUi  zuerst  Davies  aus  dem 
Texte  verwiegen,  hauptsächlich  darum,  weil  er  sie  in  seinen 
Handschriften  nicht  fand,  und  keiner  der  folgenden  Herausgeber 
hat  die  einmal  verbannten  Worte  auch  nur  einer  Prüfung  werth 
gefunden«  Nur  A.  W.  Zumpt  hat  sich  in  seiner  Übersetzung  der 
Schrift  von  den  Gesetzen  der  Worte  angenommen,  indem  er  diese 
Fassui^  vorschlägt:  non  tim'ti«,  drcumdaium  moenihus^  popu- 
lärem aiicuius  loeif  worüber  Feldhügel  nur  seine  Verwunderung 
äulepm  kann.  Freilich  misfällt  in  jenem  Vorschlag  ini>be8ondere 
die  Trennung  des  Gen.  unius  von  den  Worten  aiicuius  locij  zu 
denen  er  gehört«  Jetzt  stellt  sich  überhaupt  die  Sache  ganz 
anders,  seitdem  Jene  Worte  durch  die  Überlieferung  al'er  gu* 
ten  Handschriften  verbürgt  sind ;  es  müssen  gewichtige  Grunde 
Vorgebracht  werden,  ehe  man  den  Worten  ein  foedum  inCerpre- 
UmsesUum^  aufdrückt«  Vor  allem  leuchtet  ein,  dass  circumdalum 
WH^etMus  populärem  loci  passender  dem  folgenden  civem 
Mkts  mundi  gegenübergestellt  wird,  als  das  blolse  Participium. 
Aber,  wird  man  einwenden,  popfäaris  wird  nicht  wie  ciris  im 
Sinne  von  Bürger,  Bewohner  einer  Stadt  gebraucht;  aber  doch 
in  der  Bedeutung  von  Mitbürger,  Landsmann  gebrauchen  es  an- 
dere und  gebraucht  es  Cicero,  und  von  dieser  Bedeutung,  die 
sogar  an  unserer  Stelle  nicht  unzulässig  ist,  ist  der  Übergang 
zu  jener  so  leicht  und  einfach,  dass  dartim  an  d^r  Richtigkeit 
noch  nicht  zu  zweifeln  sein  möchte.  Noch  weniger  dürfen  die 
Wiorte  aiicuius  defitUli  bedenklich  erscheinen;  sagt  doch  Cicero 
de  or.  II,  2^  d:  beue  dicereaulem  .  « .  non  habet  definiiam  ali^ 
quam  regionem^  euius  termUnis  saepta  leneaiur.  Man  vgl.  noch 
Somn.  Scip.  c.  3  certum  esse  in  caeio  el  definitum  locum.  Der 
eimdge  wirkliche  Anstofs^  der  übrig  bleibt,  liegt  in  unius  ^  das 
nicht  stehen  kann,  wenn  nachher  folgt  populärem  aiicuius  de- 
finiii  loci.  Aber  dies  ist  auch  nicht  überliefert,  sondern  omnis 
oder  hominis  in  den  guten  Büchern.  Hier  ist  also  eine  offen- 
bare Verderbnis,  so  dass  mit  vollem  Bechte  an  dieser  Stelle  die 
Besserung  angebracht  werden  kann.  Cicero  schrieb,  wie  ich 
vermdthe:   seseque  non  ulli$  circumdalum  moetMus  popula^ 


26         Krit.  Bümerkuugen  zu  Cicero  de  legibus,  v.  J,  Vaälen. 

rem  aOcuius  defiaici  loci  sei  civem  tolius  mundi  quaU  tmius 
urbiM  agnoveNl. 

11,22,  57:  Nam  priutguam  in  o»  iniecla  gleba  eü^  locus 
nie,  uhi  Cremolum  est  corpus,  nihil  habet  reUgionis:  inieeia 
gleba  tumulus  ubi  humalus  est  ex  gleba  üoeatur  me 
tum  defUque  multa  reiigiosa  iura  compleclitwr.  So  verbesserte 
Madvig  die  in  den  Handschriften  sehr  verderbt  überlieferte  Stelle« 
Die  Varianten  der  Handschriften  fähren  unzweideutig  auf  fol- 
gende Überlieferung  des  Archetypons:  tumulis  et  humaius  est 
et  gleba.  Daraus  ward  tum  Ullis,  tum  et  Ulis  (oder  et  in  i^ 
lis)  hum.  und  tum  et  ilUc  hum.  Auf  jene  Schreibung  baute 
Madvig  wie  billig  seine  Verbesserung  auf,  die  Feldhägel  insoweit 
adoptiert  hat,  dass  er  statt  des  einfachen  ubi  schreibt  is  ubi^ 
und  ex  gleba  als  Interpolation  beseitigt.  Was  jenes  betriflTt,  so 
scheint  mir  weder  ubi  noch  is  ubi  eine  wahrscheinliche  Ver- 
besserung des  handschriftlichen  et.  Dass  aber  ex  gleba  nach 
dem  voraufgehenden  iniecta  gleba,  worin  der  Grund  der  Benen- 
nung enthalten,  ungehörig  sei,  hatte  schon  Bake  mit  Recht  be- 
merkt, wiewohl  im  übrigen  sein  Vorschlag  iniecta  gleba  demum 
illic  (i.  e.  in  pontificali  iure)  humatus  vocatur  schon  darum 
nicht  gebilligt  werden  kann,  weil,  wie  der  Zusammenbang  des 
Satzes  deutlich  zeigt,  Subject  zu  vocatur  und  complecCitur  nur 
sein  kann  locus  ille  ubi  crematum  est  corpus.  Dass  jedoch  Cicero 
diesen  Ort  in  so  unmittelbarer  Nähe  noch  einmal  durch  is  ubi 
humatus  est  bezeichnet  habe,  halte  ich  für  unglaublich.  Viel- 
mehr ist  dem  Gedanken  und  der  Sprache  des  Cicero  vollkonmen 
Genüge  geleistet,  wenn  er  so  schrieb:  nam  priusquam  in  os 
iniecta  gleba  est,  locus  ille  ubi  crematum  est  corpus,  nihU 
habet  reUgionis:  iniecta  gleba  tumulus  vocatur  ac  tum  deni^- 
que  multa  reiigiosa  iura  compleclitur.  Wir  scheiden  also  nicht 
blofs  ex  gleba,  sondern  et  humatus  est  ex  (et)  gleba  aus«  Wie 
jenes  allein  in  den  Text  gedrungen  sei,  wäre  nicht  recht  be«- 
greiflich,  dieses  ergibt  eine  an  sich  richtige  Bemerkung,  die  nur 
Cicero  an  dieser  Stelle  nicht  machen  konnte;  denn  der  Sinn 
jener  Worte,  in  denen  allerdings  ex  statt  et  zu  schreiben,  ist 
der:  humatus  ist  er  (nämlich  der  Bestattete)  erst  von  der  gMa 
an,  oder  in  folge  der  gleba:  eine  kurze  Ausdrucksweise,  die 
nicht  einmal  als  unlateinisch  gelten  kann.  Dass  aber  nach  dem 
ius  pontificale  die  Bezeichnung  humatus  für  den  bestatteten  erst 
mit  dem  Augenblick  eintrat,  wo  der  Leichnam  mit  der  gleba 
bedeckt  war,  hat  Cicero  unmittelbar  vorher  selbst  bemerkt:  et 
quod  nunc  communiter  in  omnibuB  sepultis  venit  usu,  ut  his^ 
maU  dieantur,  id  erat  proprium  tum  in  iis,  quos  humus  in-- 
iecta  contegeret.  Hiernach  begreift  es  sich  denn  leicht,  wie  je- 
mand am  Rande  humatus  (oder  et  humatus)  est  ex  gleba  be- 
merken konnte,  was  dann  an  falscher  Stelle   in  den  Text  drang 


KriL  BemerkungeA  tu  Cleero  de  Uffihti,  v.  J.  Vakien,  f» 

end  ziisammengehörige  Worte  zerri&.  Diej^s  scheint  mir  ein 
organischeres  Verfahren  za  sein,  als  das  von  Bake  und  Feid- 
higd  beobachtete. 

6 

Nach  diesen  Erörterungen,  durch  welche  die  handschrift^- 
liche  Oberlieferang  dieser  Bücher  nach  verschiedenen  Seiten  cha- 
rakterisiert werden  sollte,  sd  es  vergönnt,  in  der  Kurze  noch 
ein  par  handschriftliche  Lesearten  zu  empfehlen  und  einige  Ver- 
beaaeniiigen  nitzotheilen,  die  keine  eingehende  Erörterung  ver* 
hngcii.  I,  6, 18:  Eadem  ratio  cum  esi  in  hamM$  fnenU  ean- 
fbrwuUa  et  eonfeeta,  lew  est.  Mich  nimmt  Wunder,  dass 
Bieraand  an  eanfeeta  Anstofs  genommen  hat,  das  von  der  voll- 
koanmcn  ausgebildeten  ratio  nach  feststehendem  Sprachgebrauch 
nicht  gesagt  werden  konnte;  denn  eonfectum  ist,  was  zu  Ende 
gebracht,  abgemacht  oder  abgethan  ist.  Cicero  schrid)  auch  an 
dieser  Stelle  perfecta^  was  er  unendlich  oft  von  derselben  Sache 
gebraucht  hat.  Die  Verwechselung  hatte  hier  wohl  ihren  Gntnd 
ia  den  unmittelbar  vorausgehenden  eonftrmata ,  wie  I,  8, 25 
tmuuUo  nobis  nan  fortMo  der  Leid.  C  eonfortuito.  VgL  1, 9, 27 
tenfinmat  ipsa  per  ee  rationem  et  perfieit.  1, 8, 26  Pirtus  niiäi 
eUmd  niei  perfecta  et  ad  eummum  perducia  natura,  1, 7, 22 
raücne  .  •  •  quae  cum  adoievit  atgue  perfecta  est.  II,  5, 11  ilia 
dMna  mens  .  .  .  cum  in  honUne  est  perfecta,  Tusc.  V,  13,89 
kic  (sc*  atiimus  humanus')  si  est  exeullus  . . .  fU  perfeetm 
mem».  de  finn.  III,  7, 28  itemque  et  ratio  et  perfecta  ratio  und 
sonst 

1,11,31:  Nam  et  poiuptate  a^uniur  omnes,  quae  etsi 
est  iiiecebra  turpitudinis,  tamen  habet  quiddam  simile  naturalis 
houi:  ieeitatis  est  enim  et  suaMatis  • « •  delectans:  sie  ab  «r» 
rare  mentis  tanquam  saiutare  aliquid  adsciseitur*  SimUique 
inseitia  mors  fugitur  quasi  dissohUio  naturae.  Dass  Cicero 
hier  nx^iinseitia^  sondern  inseientia  %c\ki\^hj  wird  nicht  be- 
zweifeln, der  Madvig's  treffende  Bemerkung  über  den  Unterschied 
beider  Ausdrücke  erwogen  hat.  Cic.  de  finn.  1, 14  in«  Q^$od  si 
vitam  omnem  perturbari  videmus  errore  et  inscientia ;  ebenso 
konnte  auch  an  unserer  Stelle  neben  den  error  mentis  nur  die 
inseienüa  gestellt  werden.  Zu  jenen  Worten  schreibt  Madvig: 
Perverse  £  |,  Spir.y  Bas.^  inseitia^  qnae  facultati  aUquid  teete 
et  crdinej  höe  esty  scite  agendi  contraria  est  (ut  inseitia  io^ 
quenäiy  negoti  gerendi)  non  cognitioni  et  intellegentiae.  Vgl 
Acad«  1, 11,42  aber  scientia  und  inscientia. 

1,11,82  ist  nach  den  guten  Handschriften  mit  Bake  zu 
schreiben :  propterque  honestatis  et  gioriae  HmUUudinem  beati 
qui  honorati  sunt  videntur^  miseri  autem  qui  sunt  inglorO. 
Peldhugel  (der  jene  Lesart  gar  nicht  einmal  erwähnt)  und  Klotz: 
qtd  ingiorü. 


95  iri(.  BeEberkiiiigeii  in  tfeera  de  iegflmt,  v.  /  Vaklem. 

I,  21,  55.  Ex  hoc  autem^  nan  rerum^  »ed  verborum  dis^ 
eardia  ecntroverida  est  na(a  de  finibus;  in  gua  guoniam  u$u^ 
capionem  XU  Cabulae  intra  quinque  pede»  e»MC  hoimermUy 
depasci  veCerem  postesstonem  academiae  ab  hoc  acuto  ho^ 
mint  non  sinemus;  nee  Mamilia  lege  singuli  sed  ex  Ais 
Ire 9  arbkri  fine$  regemu».  So  die  Ausgaben,  aber  genau 
befrachtet,  erwartet  man  nicht  A/«,  sondern  iUi$  oder  Aü 
namentiiche  Beseichung  der  XII  tabulae.  Die  Handschriften  g*eben 
entweder  ex  is  res  oder  ex  hi$  res.  Hieraus  haimi  «hemaia 
^erscbiedene  e  XU  tres  restituiert.  Gegen  die  Aufnahme  ^lieser 
evidenten  Verbesserung  hätton  sich,  wie  ich  glaube,  die  Henm^ 
gfber  nicht  so  gesträubt,  wenn  sie  sich  rechtzeitig  arinnert  halieii, 
dass  auch  II,  7,  18  die  Bezeichung  der  Xil  in  gleidier  Weise 
von  den  Abschreibern  verkannt  worden:  ui  in  veteribuM  XU 
Mcratieque  legibus.  Dafär  die  Handschriften  veteribus  ex  i$ 
oder  ex  hie.  Ähnlich  ist  auch  II,  25,  64  nostris-  viri  in  aOef 
guten  Handschriften  statt  nostri  X  viri  d.  i.  deeemviri  vef«^ 
schrieben  worden. 

II,  7,  16.  Quem  Tero  asirorum  ordines^  quem  dierum 
tweiiumque  HeiesOudines  quem  mensum  iemperatio,  quemgmw 
€0  quae  gignuntur  nobis  ad  fruemdum  non  gratum  ß99e 
togunty  hunc  hominem  omnkw  numerari  qui  decett  DMss 
die  Vulgäte,  die  nur  duri^h  wenige  der  minder  gutea  Handsohrif- 

ne 
Un  t^esiätif  t  wird.  Denn  in  dem  Voss.  A  steht  que  deeäi^ 
Im  dem  Gnd.  2  negue  decet,  wahrend  BCE  S  negua  deeei 
schreiben.  Hiervon  war  auszugehen,  denn  nicht  dieses,  was  sinidos 
'«A,  darf  als  Correcttir  gelten,  woM  aber  jenes,  das  wienfgstens 
vierstindlieh  ist.  Cicero  schrieb:  hmtic  Amnmani  vmnino  nume^ 
-rtwi  negua  gUam  decet.  Dasa  mnnino  vorhergeht,  steht  nidit 
im  Wiege,  da  dasMlba  in  eyigater  Verbindung  mit  hominmn  mtr 
merari  «  fassen,  nicht  noch  xu  deeet  zu  ziehen  ist.  Negum^ 
-gmawi  aber  gieng  in  negua  ober ,    wie  I,  4^  14   guawiquam  in 

fIMMI. 

11,  13,  SS.  Quae  (scieniia)  mihi  videiur  apud  ma^^rm 
fiu'sMe  dufiiex^  uC  ad  rei  pubiieae  tempug  n^nnutnguam^  md 
agenäi  e^noMum  saepieeitne  pertineret.  Statt  Aei  zweiton  jul 
«Ichl  in  allen  Handschriften  et.  Dieses  Indiciiim  führt  dahin,  dnas 
in  ^m  «fiten  filiade  hiater  ut  etn  et  anagefatleja.  Vgl  II,  17, 44 
dupUeem  paenam  esse  diminam  guod  eanstat  et  ex  veman^ 
die  rir^rum  mUmit  et  ea  fa9ui  mortuarum.  Dsi  jedoch  Usr 
das  Fehlen  der  Präjiositian  bei  dem  zweiten  Gliede  eine  abdtre 
Erküning  euUssl,  so  wird  man  an  jener  «Stdie  schreiben 
Inteene  fitiese  dstplex  ut  {et\  md  rei  pmbiieae  iempue  nönr 
numguam  et  [oäl]  agendi  esneüium  eaepieume  pertimetH. 
VgL  II,  bSi  44:  gtwd  et  ad  pontifieiüm  ius  et.  ad  eitfite 
pertinenf. 


Jkrit  ßemerkungen  tu  Cicero  de  iegiMtM,  v.  7.  Vuhfen,  3ff 

II,  16^  40.  Deineeps  in  iepe^  e$iy  ui  de  ritibu9  paMiM 
coUmtur  optima.  So  AB;  dagegen  C£  Gd.  2  opümi^  was 
FMhugel  und  Klotz  vorziehen.  Aber  jenen  ist  nicht  minder  got 
verbärgt,  und  bewahrt  sich  darum  besser,  weii  Cicero  in  dem 
Gesetze  selbst  das  Neuhum  gebraucht:  E;p  pairiis  ritiöuo  ^* 
Umu  eoiunio  li,  9,  22.  Feldhägel  dreht  die  Sache  um:  weil  in 
deai  Gesetze  opiipui  siehi^  iQ^sse  es  hier  in  den  Handsohrifteii 
AB  corrigiert  sein:  als  ob  es  nicht  einen  Abschreiber,  deren 
Gedächtnis  nichi  lang  zu  sein  pflegt ,  naher  gelegep  hebe,  um 
der  grammatischen  Übereinstimmung  mit  riliUu9  pmiriiB  wiHen 
HfiMna  in  opHau'  zu  bes^er^. 

ilj  20,  49.  Baee  noo  a  SeaeBola  didietmuo^  non  iia  de^ 
scripta  ab  antiquiM.  Die  Überlieferung  der  guten  Bucher  fuhrt 
wd  deoeripiü  9f$ne^  was  durchaus  nicht  verwerflich.  Der 
Voss.  A  hat:  desoripU^  ,d.  i.  deoeripta  #iml,  wie  UI,  3,  <^ 
ncmndo»  4^ue  B  für  agunto  ofinioque,  D^her  auch  hier  in 
dem  B  de$eripii8  richtig  in  de§oßripta  »uni  corrigiert  ist.  de-* 
Mcrjpias  haben  auch  €E  d,  deoeripla  sunt  D. 

111, 2, 4.pmnes  anCiguae  ff^ni^M  rogibuM  ifu^ndäm  paru'^ 
eruni.  Quod  y^us  imp^rii  priwMim  ad  komines  hiUioBifmou 
ei  M^ienliMsHmoo  defertbatur ;  idque  ut  in  re  pubUea  fta^ 
Ura  maxime  va/uU^  quaad  ei,  renalis  p^ieoias  ptaofuiL  M 
dem  Voss.  A  fehlt  uty  dagegen  es  in  B£  d  Gud»  2  ei%alten  iMi 
Dayies  vermuthete  idque  et;  Bake  id  guod.  Das  Biohti^e  traf 
Görenz  idque  vei  in  republiea  nottra.  Feldhögel  nennt  zwar 
diese  Vermulhung  eine  inepta  mit  dem  Zusatz  quasi  vero  in 
ea  id  minus  ewpecCaveris.  Aber  vel  bedeutet  im  Lateinischen 
und  auch  bei  Cicero  nicht  blofs*sogar'  sondern  auch 'zum 
Beispiel':  worüber  sich  Feldhügel  selbst  aus  seinem  Nizolius 
beichten  möge, 

III,  8,  9.  Plebes  quos  pro  se  contra  vim  auxilii  ergo 
decem  ereassil^  et  tribuni  eius  sunto.  In  allen  guten  Hand- 
schriften (ABC DE)  steht  et,  was  keine  Erklärung  zulasst  Bake 
glaubt,  es  sei  eine  Variante  zu  der  Endung  des  Verbums  creassitj 
da  dergleichen  Formen  häufig  mit  den  Formen  des  Plusquamperfects 
asset  vertauscht  worden.  Feldhügel  hat  jene  Lesart  nicht  ein- 
mal der  Erwähnung  werth  gefunden.  Es  war  zu  schreiben:  ei 
tribuni  eius  sunto^ 

III^  6,  12.  Quae  res  cum  sapientissime  moderatissime^ 
que  constituta  esset  a  maioribus  nostris,  nihil  habui  sane 
non  multum  quod  putarem  novandum  in  legibus.  So  die 
guten  Bücher:  daher  Bake  nach  dem  Vorgange  Anderer  nihil 
habuiy  sane  non  multum  verbindet,  was,  wie  richtig  bemerkt 
worden,  dem  Gebrauch  von  sane  entgegen  ist.  Die  meisten 
Herausgeber  haben  auf  Grund  der  schlechteren  Handschriften 
non  modo  multum  geschrieben;  wogegen  an  sich  nichts    einzu- 


32  Krit.  Bemerkungen  tu  Cicero  de  iepibui,  v.  J,  Vakien. 

wenden,  aber  da  die^  ein  Verbesserungsversuch  ist^  so  wird  es 
uns  gestattet  sein^!  nach  Anleitung  der  echten  Oberlieferung  Cicero^s 
Worte  zu  restituieren.  Das  Verderbnis  erklart  sich  aber  offen- 
bar leichter,  wenn  so  geschrieben  stand :  nihil  hahui  $ane^  non 
[modo  non]  muiium.  Denn  so  richtig  auch  non  modo  (&=  ne 
dicamj  nedum)  gesagt  wird,  so  ist  doch  jenes  nicht  unlateinisch 
oder  unciceronisch.  Vgl.  Cicero  Parad.  2  ne  reeusanti  quidem 
evenen't,  non  modo  non  repugnanti,  ad  AU.  XIV y  i9,  4 
eui  faeile  per$uasi  mihi  idj  quod  rogaret^  ne  Ucere  quidem^ 
non  modo  non  lubere. 

III,  10,  25.  Quamobrem  aut  exigendi  reges  non  /ue- 
runt,  aut  plehi  re  non  verbo  danda  libertas:  guae  tarnen 
Sic  data  est,  ut  multis  praeeiarissimis  adduceretur^  ut 
auctoritati  principum  eederet,  Dass  praeeiarissimis  ohne 
ein  Nonnen  nicht  könne  richtig  sein,  hat  man  langst  erkannt, 
ebenso,  dass  kein  passenderes  Substantiv  als  institutis  zu  fin- 
den sei*  Aber  wenn  Bake  und  Feldhügel  dasselbe  aus  den 
letzten  Silben  von  praeeiarissimis  zu  gewinnen  suchen,  indem 
sie  praeelaris  institutis  schreiben,  so  ist  dies  zwar  an  sich 
nicht  unmöglich,  jedoch  wahrscheinlicher,  wie  ich  glaube,  dass 
das  Wort  hinter  multis  wegen  des  gleichen  Ausganges  ausge- 
fallen: multis  [institutis]  praelarissimis :  denn  an  dem  Super- 
lativ ist  kein  Anslols  zu  nehmen. 

Wien.  J.  Vahlen. 


Zweite  Abtheilung. 


Literarische  Ameigen. 

Sophokles.  Für  den  Schulgebrauch  erklärt  von  Gustav  Wolf. 
Erster  Tbeil.  Ajax.  Leipzig,  B.  G.  Teubner.  1858.  VIII  und  152  S. 
8.  —  10  Ngr. 

Sowohl  für  kritische  Textausgaben  als  für  commentierte  Schulaus- 
gaben der  griechischen  und  römischen  Schriftsteller  nehmen  jetzt  je  zwei 
Dntemebmttogen  in  Deutschland  ihren  Fortgang ;  auf  dem  ersteren  Gebiete 
ist  neben  die  Bibttatkeea  Mcrfptarum  Gmeeorum  et  Romanarum  Teub- 
neriana  seit  einigen  Jahren  die  von  der  Bernhard  Tauch nitz 'sehen 
fiachhandlung  unternommene  neue  Sammlung  stereotypierter  Textausga- 
ben getreten;  und  neben  der  «Sammlung  griechischer  und  lateinischer 
Schriftsteller  mit  deutschen  Anmerkungen,'  welche  seit  dem  Jahre  1848 
onter  der  Leitung  von  M.  Haupt  und  H.  Sauppe  die  Weidmann 'sehe 
Buchhandlung  herausgibt,  ist  fast  gleichzeitig  von  der  Teubner 'sehen 
Buchhandlung  die  Herausgabe  von  «Schulansgaben  griechischer  und  la- 
teinischer Glassiker  mit  deutschen  erklärenden  Anmerkungen'  unternom- 
men und  wird  mit  gleichem  Eifer,  wie  die  der  Weidmann 'sehen  Buch- 
handlung fortgesetzt  Da  jede  dieser  Buchhandlungen  die  Garantie  für 
den  Ertrag  ihrer  Unternehmungen  in  wissenschaAlicher  Tüchtigkeit  der 
Leistungen  sucht  und  die  Kritik  der  Texte  wie  die  Erklärung  der  Schrift- 
steller durchweg  bemüht  ist  Gelehrten  zu  übertragen,  welche  gerade 
für  den  fraglichen  Schriftsteller  sich  Achtung  bereits  erworben  haben,  so 
kommt  die  so  entstandene  Concurrenz  der  Wissenschaft  selbst  und  der 
Schule  zu  statten.  Weder  in  den  Textausgaben  noch  in  den  commentier^ 
ten  Ausgaben  ist  die  eine  Reihe  der  anderen  in  der  Höhe  des  Zieles, 
welches  sie  sich  gesteckt,  oder  in  der  Gediegenheit  des  wirklich  Gelei- 
steten im  allgemeinen  untergeordnet;  es  vertheilt  sich  eben  gröDseres 
oder  geringeres  Gelingen  ungleich,  bald  wird  man  eine  Arbeit  der  einen 
Reihe  der  entsprechenden  der  andern,  bald  umgekehrt  den  Vorzug  an 
sich  oder  in  bestimmter  Beziehung  zuschreiben.  Der  Verfasser  einer 
commentierten  Schulausgabe  des  Sophokles  in  der  Teubner 'sehen  Samm- 
lung hatte  insofern  keine  leichte  Aufgabe  zu  lösen,  als  die  ihm  voraus- 
gegangene Schneidewin'sche   Ausgabe   in   der  Verfolgung  des   gleichen 

S«ltMlirlfl  f.  a.  SfUtT.  OyaiMt.  ISSO.  I.  Haft.  3 


34  Sophokles  Ajax,  erkl.  v.  G»  Wolf,  ang.  v.  J7.  Banii». 

Zweckes  einen  wohlbcgründeten  Beifall  und  weite.  Ausbreitung  erlangt 
und  durch  die  nunmehr  bereits  an  den  meisten  Tragödien  ausgeführte 
Revision  von  A.  N  a  u  c  k  für  Texteskritik  und  Erklärung  noch  erheblich 
gewonnen  hat.  G.  Wolf,  durch  seine  Schrift  über  die  Laurentianischen 
Scholien  zu  Sophokles  und  durch  zahlreiche  Recensionen  über  Sophoclea 
der  gelehrten  Welt  wohl  bekannt,  hat  in  dem  vorliegenden  ersten  Bäod- 
chen  die  Lösung  dieser  Aufgabe  mit  so  viel  Sorgfalt  und  Umsicht  be- 
gonnen, dass  seine  Ausgabe  sicherlich  neben  der  Schneidewin  -  Nauck'- 
sehen  eine  geachtete  Stellung  verdient  und  einnehmen  wird.  Bei  wesent- 
licher Übereinstimmung  in  Zweck,  Methode  und  Umfang  der  Erklärung 
sind  einige  Unterschiede  theils  bei  einem  Blicke  in  die  Arbeit  bald  zu 
bemerken,  theils  in  der  Vorrede  angedeutet. 

Die  Wolf  sehe  Ausgabe  sucht  wie  die  Schneidewin  sehe  durch  eine 
Einleitung  die  Auffassung  der  gesammten  Composition  der  im  einzelnen 
erklärten  Tragödie  zu  unterstützen.  Dass  Wolf  dieselbe  in  zwei  Abthei- 
lungen trennte,  deren  eine  « Vorausliegende  Sage*  S.  3—6  dem  Texte 
mit  Gommentar  vorausgeht,  die  andere  «Rückblick'  S.  132—139  dem- 
selben nachfolgt,  ist  eine  ziemlich  gleichgiltige  Äufserlichkeit ;  es  wird 
ja  doch  immer,  an  welcher  Stelle  des  Buches  diese  Erörterungen  abge^ 
druckt  sein  mögen,  im  Wesentlichen  von  der  Einwirkung  des  Lehrers 
abhängen,  ob  und  zu  welcher  Zeit  derlei  Erörterungen  von  den  Schü- 
lern gelesen  und  verwerthet  werden.  Dagegen  zeigt  sich  in  der  Beband- 
lungsweise  selbst  der  Unterschied,  dass  sich  Wolf  auf  die  Erzählung  der 
Sage,  Bezeichnung  des  leitenden  Gedankens,  Charakteristik  der  Persoöen 
beschränkt,  und  die  von  Schneidewin  sorgfältig  durchgeführte  Exposition 
des  Drama  aufgibt;  das  Lesen  der  Tragoedic  selbst,  dies  scheint  die 
Anordnung  der  i>eiden  Theile  vor  und  nach  dem  Texte  bezeichnen  tn 
wollen,  soll  deren  Stelle  einnehmen.  Damit  ist  denn  auch  die  bei 
Schneidewin  in  den  Einleitungen  bezeichnete  Gliederung  der  einzelnen 
Tragoedien  nach  den  von  den  Alten  selbst  überlieferten  Gesicbtspuncten 
{nqoXoyos,  naQodog,  insiöodiu  u.  s.  w.)  in  den  Textesabdruck  verwie- 
sen, wo  sich  dieselbe  als  Überschrift  über  den  einzelnen  Theilen  findet 
Dass  neben  dieser  Eintheilung  nach  antiker  Terminologie  und  in  Ver- 
gleich zu  ihr  durch  den  Druck  hervorgehoben  noch  eine  andere  nach  der 
jetzigen  Weise  in  Acte  und  Scenen  ebenfalls  durch  Überschriften  in 
den  Textesabdruck  aufgenommen  wurde,  scheint  nicht  blofs  ein  Ober- 
fluss,  sondern  auch  eine  Verbindung  von  Theilungsgründen  verschiedener 
Art  zu  sein.  Schwerlich  dürfte  diese  Modernisierung  zum  Erzielen  einer 
anschaulichen  Vorstellung  von  dem  Drama  erforderlich  sein  und  Bei- 
stimmung verdienen. 

Was  die  Texteskritik  anbetrifft,  so  gibt  ein  Anhang  S.  140—147 
über  die  Abweichungen  des  Textes  von  der  handschriftlichen  Überlie- 
ferung, unter  Angabe  der  Urheber  von  Gonjecturen,  Rechenschaft  und 
bezeichnet  zugleich  fremde  oder  eigene  Conjocluren  zu  solchen  Stel- 
len,  die,    obgleich  schwerlich  un verderbt,    doch  im  Texte   unverändert 


Sopbokleg  Ajax,  erkl.  v.  6,  WoV,  hng.  v.  ff.  BmtiiM.  35 

gelassen  sind;  in  diasem  krilischen  Anhange  ist  zugleich  die  Abweichung 
TOD  der  Überlieferung  des  €0d,  Laur,  a  gegeben,  jedoch  nicht  in  unbe>* 
dingter  Vollständigkeit,  wie  es  Nauck  bei  der  Revision  der  Schnaidewin- 
sehen  Ausgaben  getban,  sondern  mit  Ausschlufs  der  blofs  orthographi- 
schen Eiganthumlichkeiten  (vgl.  S.  Vlll).  über  das  Mafs  der  Abweichung 
Ton  der  handschriftlichen  Überlieferung  spricht  sich  W.  in  der  Vorrede 
so  aus:  «Ich  habe  daher  die  Kritik  sehr  beschrankt,  nur  wenige  Gon> 
jecturen  in  den  Text  gesetzt,  alle,  auch  die  von  sammtlichen  Heraus- 
gebern aufgenommenen,  durch  gesperrten  Druck  bezeichnet,  und  ver- 
dorbene Stellen,  für  welche  noch  keine  sichere  Heilung  gefunden  schien, 
mit  einem  Kreuze  versehen.*  Mag  man  auch  iiber  die  für  eine  Schul- 
ausgabe gewiss  fremdartige  und  unzweckmäTsige  Hervorhebung  der  Con- 
jecturen  durch  gesperrten  Druck  nicht  einverstanden  sein,  im  Übrigen 
muss  man  gewiss  die  beabsichtigte  Gewissenhaftigkeit  gegenüber  der 
Oberlieferung  billigen;  nur  unterliegt  bekanntlich  die  wirkliche  Ausfuh- 
rung doch  nothwendig  einer  subjectiven  Verschiedenheit  des  ürtheils. 
Man  wird  kein  objectiv  sicheres  Mafs  angeben  können,  nach  welchem 
an  einigen  Stellen  sich  der  Herausgeber  mit  Setzen  des  kritischen  Kreu- 
zes begnügt,  an  anderen  (z.  B.  an  der  vielbehandelten  v.  601  IStU^L 
fUffk^mv  lu^mvia  noitf  ii,rfl,wf)  eine  von  den  zahlreichen  Gonjecturen, 
die  in  pabem  Anschlüsse  an  die  überlieferten  Schriftzeichen  Construction 
und  Sinn  möglich  machen,  in  den  Text  gesetzt  hat.  Manche  SleHea 
haben  auch  nicht  einmal  das  Kreuz  erhalten,  sondern  sind  in  den  An- 
merkungen ausdrücklich  als  richtig  überliefert  verlheidigt,  an  deren  Echt- 
heit zu  glauben  doch  zu  schwer  ist.  So  behalt  z.B.  Wolf  v.  360  «oif»^«'«»«' 
bei,  und  ändert  blofs  inaQuiaarc  in  Inif^naavy  also  noiyLivmv  inaffnt' 
•iv  «Beistand  gegen  die  Heerführer.*  Aber  Homer  nennt  ja  die  Heer^ 
fübrer  nicht  noii^hsg  schlechthin,  sondern  noi^hig  lamv  j  und  es  ist 
jedenfalls  eine  starke  Zumutbung,  wenn  wir  glauben  sollen,  Aias  be- 
zeichne mit  dem  blofsen  noti^ipsg  die  Heerführer  «nicht  ohne  Bitterkeit, 
vgl.  zo  175.*  Also  weil  eine  göttliche  Macht  den  Angriff  des  Aias  von 
den  Griechen  und  ihren  Heerführern  hinweg  äffiuces  navdipkovg  ini 
ßavg  iftlaiug  (v.  175),  darum  soll  Aias  «mit  Bitterkeit*  die  Heerführer 
durch  das  blofse,  an  sich  dafür  nicht  ausreichende  noifLivig  bezeichnen? 
Bei  solcher  Rechtfertigung  eines  überlieferten  Schreibfehlers  werden  sich 
wohl  wenige  Leser  beruhigen.  —  v.  645  —  Stccp,  Sv  ovn»  tig  if^^nfnr 
ulmv  Aianidäp  itiQi^B  xov8b,  Dass  almv  nicht  passt,  ist  von  Schneide- 
win  so  bündig  dargelegt  (in  dem  kritischen  Anhange  zu  seiner  Ausgabe), 
dass  es  nicht  zulässig  war,  die  dadurch  entstehenden  Schwierigkeiten 
einfach  zu  ignorieren,  mochte  nun  der  Hr.  Herausgeber  die  Bergkiscbe 
Gonjectur  dlmif  Aiccntdav  für  evident  genug  halten ,  um  sie  in  den  Text 
aufzunehmen  oder  nicht.  —  v.  675  iv  f  6  nuYn^tctrig  Snpog  Xvh 
nfdi^öag.  Wolf,  eben  wie  Schneidowin  und  Bergk^  behält  iv  bei.  Die 
Auslegung  Schneidewin's,  dass  «/n  Aarum  numero ,  de  guiöut  »ermo 
e$t*  so  viel  bedeute   als  ^pariier,^   hat   nun    zwar  Wolf  mit  Recht 

3* 


J^iax;  evkL  ^  C  W^g  m^  r.  ML 

liitr  1MBB  W.  «r  Jl  ^iM»  (tat  ^forignt  ergaBSI  ^  ^^  ct^ 
■fflcpsnaMT«  !)•  IHM»  «Mi  #0  aügitiae  gnaunakisdie 
»i^iiettnt  aoictar lfic|[Mna|^  ffmßtk  igwilifcim;  <te ürilMil  aber  ober 
d»  wiiUicte  imsDMtaMifeMil  ittwi  OtüalHw  ten  bub  jedem  Leser 

te^  jM  die  «kt  t 
LaaeK  lier  SteO^  sfli 
b  Beirrif  der  S>kl  arttn  $  ^Mm  Mii  W.  in  der  Tonrede  ane: 

wckiie  eine  Be^  im  Mammmmämi^  mät  BÜapte&BB  «ed  iBt  Ai^abe 

is  dK  Oadiehhuit  tvrick- 
edMt»  OB  M  Mir,  als 
Üeee  stärkere  Be- 
iK  Ter^Riek  sv  den 
^re»  r  der  ÜHMk'stften  BeTisioii, 
wng/L  mek  nicM  nur  in  BefesBdten|p  vmmIM'  derl  BieffgMiyiii'r  spradi* 
lieiier  Pticale  iind  in  haatgtee  MMrasi^  der  mgir^asfcflB  Gramnalik, 
aadi  in  necii  reiffldiiifciiBn  CUtai  fBr  poeUselM 
ibetoriacJw  BlyHnlaihiilriniin  da»  sfvackiMen  Ansdiatkes.  Es 
Kegt  i^bt,  das  dne  »ufctn  iMh  ii<prtliiiMilrlleM  Werthe  derLdstmg 
Dcta^  n  tttMr  iNreüerasif  4m  Oürftefa  Mi^;  efl  Wl 
daa  Inteeeaae  dea  Leferas  beeüetelclUigl»  itm  es  etwa  ge- 
aetaa  iat.  die  ^ineinwlii  Aiisltgifi  «a  «mt  SIeBa  vetenig 
ai»  daa  des  Sdiolers.   fit  den  dea^  Viefalüdnia^  otcht  die 

de»  SOfiteiaeiseien  oder  icagbdNa  StnaülgaiMWBfcsa  Anf- 
iai.    SeneinBal  wird  Mfpnr  tc^end  «n  Ptiact  der  9fw(taaL,  l  1^  der 

d^  nnl  deae  Sirenen  andi  TaB- 

aftauBdiger  Daiiegiuig  aUer  FSte  s^s^dNn  (tn  ▼.  St  if^  f^^  m»^    Bi 

aug  «in*  daoi  bei  der  Mndüeben  BHÜdtm^  di  der  SsBale  nnter  Ite» 

eine  Alt  des  Oebtanüiaa  Ton  ßi»  okm  usei'aniendiBreudeB  dtf 

da  Aninea  bcndttt  wird»  sei  andere  Wo 

ein  Mgendes  ü  wa  ertanem;  will  man  aber  1 

Bache  beane  in  gedtutUa  T^rniifiammiiataiii   inftinbaanB ,  ae  wird  bald 

wieder  jede  Grenn  iwiaeben  Mbiiraedem  Coaementar  anf  der   ainB% 

md  Lexfton   auf  der  aodefen  Seite  jchwinden, 

iat  besonders  für  SehnlaasiQdien  ein  un^efheücblii 

in  dieaer  Bineicbt  wird  den  Btn.  Verlbsaer  ^ 

and  die  Be^ision  dea  irarliegenden  bebnfo  eianr 
in  oidit  fiemer  Zeü  m  erwartenden  nenen  AoBUfe  sebon  Tan 
das  riebtige  Kufe  treflen  teeen.  Statt  weiter  «nf  allgeaMine  Be- 
ober  dttse  ddreb  soüden  Pteil^  sieb  rettet  eaepfcbknde  Ar- 
beit nmmgrtien,  wiU  ich  lieber  die  Eriüanm^  einiger  Statten  ana  der 
oatcn  safte  da  Aias,  an  denen  ieb  dem  Uro.  Vir.  niebt  hnintimmnn 
bann,  bfhandefn  oad  dadnrcb  m  emenler  Obetiegong  eaepMIen. 

Ai.  tB:  nfnd^  ow  ^Mmt  sc$  t»^  mhut»  v^fMn  Baan  W.t  «etf 
«ibetaatlviert  daa  ns:  jeder  beUdn^e»  Kri§tr  51,  tB^  «.•    Ber  erale 


Sophokles  Ajax,  erkl.  v.  G.  Wolf,  ang.  v.  H.  SomUt.  37 

Thoil  dieser  Bemerkung  stimmt  nicht  mit  der  im  «weiten  aus  Kroger 
gegebenen  Übersetsung  (denn  in  dieser  ist  ja  eben  Mag  als  Adjecüv, 
tlg  als  Substantiv  betrachtet)  und  ist  an  sich  unrichtig;  nag  ist  nicht 
mehr  und  nicht  weniger  substantivisch,  mag  nun  vis  dabei  stehen  oder 
Didit,  xag  tig  vifn*  oder  vv9  |frs  nag  aenaitzai.  Dagegen  enthält  die 
aus  Krüger  entlehnte  Obersetsung  «jeder  beliebige,*  eine  den  verbundenen 
Worten  und  dem  thatsächlichen  Spracbgebrauche  entsprechende  Erklärung. 
Der  Unterschied  des  nag  tig  vom  bloben  nag  tritt  in  den  treffenden 
Beispielen  anschaulich  hervor,  die  Elmsley  ad  Med.  548  anfuhrt,  s.  B. 
Anst.  Vesp.  620:  ^p  y  ovv  ^fnig  ^OQvßijamfUv ,  nag  xig  tpfieiv  ttSv 
xa^iOTxwß'  olo9  pQOPtf  t6  dtnaatiJQiov.  Man  würde  in  den  meisten 
Fällen  nag  vis  durch  o  tvx»v  ersetzen  können,  ohne  erhebliche  Änderung 
des  Sinnes.  Charakteristisch  für  die  Modificatiou  der  Bedeutung,  welche 
die  Zufiigung  von  t^g  dem  nag  gibt,  ist,  dass  es  dann  wie  oattaovv 
mit  Genitiv  verbunden  wird  (so  an  der  Stolle  des  Arist.  oder  El.  984 
näg  %ig  pQ0t»9  u.  a.  m.),  was  bei  dem  blo£sen  nag  nicht  m<^glich 
wäre.  Sollte  der  Hr.  Vrf.  durch  seine  Angabe  über  «Substantivierung* 
die  Möglichkeit  dieser  Gonstruction  haben  andeuten  wollen,  so  wäre  da& 
nicht  verständlich  und  auch  eine  grammalisch  nicht  zu  rechtfertigende 
Auffassung. 

Ai.  34:  navxa  yag  ta  x  ovv  ndgog  tax  siaintixa  cy  kv- 
ßt^miiMi  xigL  Die  Bemerkung  Schneidewin's :  «die  Gegenwart 
wird  durch  xa  sicintixa  vom  Standpuncte  des  ndgog  bezeichnet,* 
hat,  80  paradox  sie  erscheinen  muss,  durch  G.  Wolf  Billigung  und  spe- 
dellere  Begründung  erhalten :  ^inixa  und  iiüinnxa,  das  was  augen- 
blicklich folgt,  bezeichnet  wegen  Flüchtigkeit  des  Augenblicks  die 
Gegenwart.  Ant.  611 :  x6  x  inuxa  wd  x6  niXlov  wd  x6  nglv  inag- 
siee»  voikog,  Eur.  1.  T.  1264:  xa  xi  n^xa  xa  x  inn^  a  x  fyellB 
tv%i^v.  So  xaxtn  Eur.  Suppl.  550:  tixvxovai,  dl  ot  ^Iv  Ta| ,  ot  d* 
hoMigy  ot  i  {^1}  pgoxmv,^  Und  doch  geben  weder  die  angeführten 
Stellen  einen  Beweis  für  die  behauptete,  nach  der  Natur  des  Wortes  sehr 
wenig  glaubliche  Auslegung,  noch  passt  dieselbe  zur  vorliegenden  Stelle. 
In  den  beiden  angezogenen  Stellen  Ant.  611.  I.  T.  1264  bedeutet  xa 
imita  nichts  weiter  fds  *das  Folgende';  weil  aber  daneben  ein  Wort  ge- 
stellt ist,  welches  das  erst  in  weiterer  Ferne  zu  erwartende  bezeichnet, 
so  wird  dadurch  xa  inttxa  auf  *  die  nächste  Zukunft'  beschränkt,  aber 
erhalt  keineswegs  die  Bedeutung  der  Gegenwart.  Ein  solcher  beschrän- 
kender Gegensatz,  wie  er  dort  im  iiiXXov ,  a  x  ifLsXU  liegt,  fehlt  in 
der  Stelle  des  Aias;  es  steht  ihm  naqog  gegenüber,  also  muss  inuxa 
die  Zukunft  bezeichnen.  Diese  Auslegung  ist  auch  allein  dem  Zusam- 
menhange entsprechend.  Noch  hat  Athene  gegenwärtig  kein  Wort  des 
Rathes  ausgesprochen,  noch  Odysseus  keine  That  des  Gehorsams  gegen 
Athene  auch  nur  begonnen;  vielmehr  gibt  Odysseus  die  Zusage:  *wie 
in  der  Vergangenheit,  so  lasse  ich  mich  auch  in  der  Zukunft  ganz  durch 
deine  Hand  leiten.'    Das  Präsens  {xvßsQvmiMu)  hat  im  Griechischen  so 


98  Sophokles  Ajax,  erkl.  v.  G,  Woif,  aug.  v.  U,  BanU%. 

wenig  etwas  auffallendes  wie  im  Deatschen  in  einem  Satze,  der,  för  die 
Zukunft  so  giltig  wie  für  die  Vergangenheit,  sich  eben  deshalb  als  all- 
gemein giltig  aussprechen  lässt 

Unmittelbar  auf  diese  Worte  des  Odysseus  erwidert  Athene  v.  36 : 
iyvtov,  'Odvaaevy  «ol  naXai  fpvhti  ißiiv  Tjf  cj  ngodviiog  «fc  idbv 
nwuyüf.  Dazu  W. :  ^iyvnv,  es,  dass  Odysseus  ihrer  Leitung  besonders 
folgt.*  Allein,  wenn  Athene  diess  sagen,  also  sich  auf  die  in  den  letz- 
ten Worten  des  Odysseus  gegebene  Versicherung  beziehen  wollte,  so 
musste  sie  olda  sagen,  nicht  iyvmv,  *ich  weiCs,  dass  du  dich  stets  von 
meiner  Hand  lenken  lässt,'  nicht  *ich  bemerkte  es  etc.'  Dagegen  hat 
Odysseus  vorher  gesagt,  dass  er,  für  sich  allein  rathlos,  der  Hilfe  be- 
darf, xa  (f  inninlfiyfMU  %ov%  i%m  fta^eiv  otav,  femer  dass  er  in  Athe- 
nes  Nähe  eine  ihm  zu  rechter  Zeit  kommende  Hilfe  erkennt,  tuu^op  f 
iq>ii%$i9.  Hierauf  allein  kann  man  passend  iyvioi^  beziehen,  denn  nur 
80  wird  es  begründend  für  die  folgenden  Worte:  «al  nului.  fpvXai 
ißfiv  htX.  Diese  Erklärung  lesen  wir  bereits  in  den  Scholien :  iyvmp, 
'Odvacev :  tavta  mfog  %a  ii  »i^x^St  ^'^^  #^  ^^iv  ifvoBtv  17  ^hl  %o 
mfäyita,  und  auf  dasselbe  kommt  im  Wesentlichen  die  Erklärung 
Schneidewins  hinaus:  «lyvcoi^,  tiiv  aiiv  %vvuyiav,^ 

Ai.  40:  xal  n^og  zi  dvcloyiaxov  if  i^fsv  1^9«.  Nach  Wunder's 
Vorgang  verbindet  Schueidewin  dvcloytatov  mit  tli  «zu  was  Unbe- 
greiflichem, vgl.  V.  21.  Odysseus  weifs  noch  nichts  vom  Wahnsinne 
des  Aias.*  Derselben  Construction  scheint  W.  zu  folgen,  da  er  ii^v 
%iqci,  nicht  iiiv  SvcXoyiatov  xii^a  als  Lemma  setzt.  Aber  von  der  That 
selbst  weifs  Odysseus,  dass  sie  unerklärlich,  unbegreiflich  ist,  also  jl|ev 
%iifa  mds  (so  wie  wir  es  sehen)  SvaXoyiatov ,  die  A  b  s  i  c  h  t  des  Aias 
kennt  Odysseus  noch  nicht,  kann  also  diese,  nach  der  er  fragt,  nicht 
schon  im  voraus  als  unbegreiflich  bezeichnen.  Indem  die  Scholien,  aus 
denen  der  letzte  Theil  der  Schn.'schen  Bemerkung  entlehnt  ist,  den  v.  2t 
vergleichen  («to  Sh  ^vaXoytctov  oiioiov  to»  *n(fäyog  aanonov,  ayposi 
yccif  hl  tiiv  ykavlav),  haben  sie  ohne  Zweifel  dvoXoyiaxoif  mit  2^^  ver- 
bunden, denn  nur  so  erhalten  wir  einen  dem  n^ayog  ianoxop  entspre- 
chenden Ausdruck  der  Unbegreiflichkeit  der  That.  Zur  Bestätigung 
dieser  Construction  dient  noch  der  Umstand:  nffog  t£  ist  in  solchem 
Mafse  feste  Formel  zum  Erfragen  des  Zweckes,  dass  es  sehr  auffallen 
würde,  in  derselben  zu  ti  ein  substantiviertes  Adjcctiv  hinzugefügt  zu 
finden.  Man  vgl.  0.  R.  766:  nffog  ti  xavz  iqf^eaav;  1207:  mdoino^Big 
Sh  nifbg  zi  zovads  zoifg  zonovg;  1144:  nqog  zi  zovzo  zovitog  tazoifii^g^ 
1174:  mg  nifog  zi  xQ^^c^g;  0.  C.  71 :  mg  nf^og  zi;  Xs^aiv  ij  naza^vvamp 
HoXsiv;  Trach.  418.  1182.  Phii:  836.  Ei.  1176.  Aesch.  Ghoeph.  214.  Ähn- 
lich ig  zi  0.  C.  624.  869.  EI.  887.  Trach.  403. 

Ai.  77 :  *Od,  fiii  n(fOg  d^emv '  aXX^  ivdov  iqnsizm  (livaiv,  'A9t,  %  i 
fi^  TTOiifffoo;  Die  Erklärung  der  Scholien  «fi^  zi  yivrjzcu  q>oß$i;^ 
ist,  wie  von  Wunder  und  Schneidewin,  so  auch  von  Wolf  beibehalten. 
Die   grammatische   Möglichkeit  dieser  Construction  lässt   sich   nicht  in 


Sophokles  Ajax,  erkl.  v.  0.  Woif,  ang.  v.  U,  Bontlz.  09 

Abrede  stellen ;  so  gut  der  auf  den  ganzen  Satz  bezuglichen  ConjuneUon 
fiii  das  Subject  oder  Object,  durch  ein  Nomen,  Pronomen  demonstr.  oder 
relat  ausgedrückt,  vorangehen  kann,  ebenso  gut  ist  es  möglich,  dass  ihr 
ein  Fragepronomen  vorausgehe.  Auch  zeigt  sich  gerade  in  dem  Aus« 
drucke  xl  ffrij  yhrf^tw,  die  hier  vorausgesetzte  Bedeutung  in  einer  Stelle 
des  Earipides  Suppl.  544:  xofiol  yiikv  r^l^^  dtlv  imilijamv  innj  \ 
weuQOvg  dl  ta^f§itf  ii  ngvßijaovxour  i^ovi;  |  t£  |»i]  yipiitai;  fkrj 
ntnavnatpmci.  yi^v  \  tatpivtig  vfimv ;  ij  tinv  iv  ftvxoig  x^ovog  \  tpvam- 
9iv  «t1.  Hier  kann  ti  fi^  yivfitM^  nichts  anderes  heifsen  als:  was 
furchtet  ihr  denn,  dass  geschehen  werde,  etwa  dass  sie  etc.  Aber  noth- 
wendig  ist  es  doch  keineswegs ,  dass  der  Gedanke  des  Fürchtens ,  der 
in  der  Euripideischen  Stelle  durch  das  vorausgehende  Verbum  toc^ßsits 
gegeben  ist  und  der  in  dem  folgenden  (l^  uataandipmai,  %tl,  fortherrscht, 
überall  da  vorausgesetzt  werde,  wo  man  ein  fiif  mit  Conjunctiv  in  einem 
Fragesatze  findet  Wenn  ti  noiiiem  bedeutet,  *  was  soll  ich  thun?'  so 
ist  tl  n^  «oiif «reo;  'was  soll  ich  nicht  tbun?'  Ebenso  kann  sich  zu  ti 
ytvi]Tai; 'was  soll  geschehen  verhalten  ti  ftri  ysVi^Tai 'was  soll  nicht 
geschehen.'  Für  die  bezeichnete  Bedeutung  von  ti  (ivi  noiriam ;  ist  die 
SleJle  El.  1276  ein  schlagender  Beweis:  'HX.  im  Z(f6vm  tpiltatav  \  odoy 
htttiiacag  idi  fiot  fpapjjpM^  |  jüiij  xi  (ts  noXvnovov  iof  iSmv  'Oq,  t  £ 
^fl  noifiami  'HX.  fuj  (i  dnoatsqtiofig  \  tcov  amv  n^ocrnntnv  ridopcep 
jiMcd'ai.  Elektra  will  durch  ihre  Worte  etwas  ablehnen  fii}  Tt  xtA.; 
ehe  sie  den  Gegenstand  ihres  Ablehnens  ausgesprochen  hat,  unterbricht 
sie  Orestes  mit  der  Frage  t£  fkii  noniaa;  die  Frage  kann  keine  andere 
Bedeutung  haben,  als  dass  sie  auf  den  Gegenstand  geht,  den  Elektra 
abzuwehren  sucht ;  (iri  kann  in  der  Frage  keine  andere  Beziehung  haben, 
als  in  der  Fortsetzung  der  Rede  der  Elektra,  die  zugleich  Antwort  aiif 
die  Frage  ist.  Also  tl  fi^  noiijam;  hcifst  nolhwendig  'was  soll  ich 
nicht  thun?'  Vollkommen  das  gleiche  Verhältnis  ist  in  der  vorliegenden 
Stelle  des  Aias.  Durch  die  vorausgehenden  Worte  hatte  Odysseus  noch- 
mals, nachdem  er  schon  vorher  fiijdafico;  atp'  l|co  %dXH  gesagt,  abzu- 
wehren gesucht,  dass  Athene  den  Aias  aus  dem  Zelte  herausrufe:  fi^ 
n^og  4^Bmv\'  iXX'  Mov  &^%9ltm  fkivmv.  Wenn  auf  diesen  Ausdruck  des 
Ablehnens  Athene  in  derselben  sprachlichen  Form  entgegnet,  so  darf 
man  ihren  Worten  t£  nrj  yivfjxati  doch  nur  dieselbe  Bedeutung 
geben,  also:  was  soll  denn  nicht  geschehen?  oder:  warum  soll  es  denn 
nicht  geschehen  ?  Den  Gedanken  des  Fürchtens  mit  den  Scholien  und 
den  angeführten  Erklären)  hineinschieben,  ist  eine  unberechtigte  Willkür. 
Ai.  92:  m  toit^ ,  'A^dva,  %at(fe,  Jioysvlg  xi%vov,  mg  ev  nuifstftrig. 
qwg  gibt  den  Grund  für  den  frohen  Orufs  an.'  Die  Worte  würden  also 
nach  Wolfs  Erklärung  zu  übersetzen  sein  'denn  du  standest  mir  treff- 
lich zur  Seite'  und  nicht  ausrufend:  *wie  trefflich  standest  du  mir  zur 
Seite'.  Gewiss  keine  glückliche  Auslegung,  wenn  sie  sich  auch  bei 
einem  sonst  so  feinfühlenden  Übersetzer,  wie  Thudichum  es  ist,  findet. 
Begründen   könnte  Aias  wohl  einen  Ausdruck  des   Dankes,    aber 


40  Sophokles  Ajax,  erkl.  ▼.  G,  fMf,  ang.  ▼.  H. 

ein  solcher  ist  doch  in  der  Formel  des  Grafees  tatiQB  nicht  enthaHen, 
selbst  wenn  man  derselben  ans  den  Zusammenhange  (denn  die  Formel 
an  sieb  und  ihr  Gebraoch  im  Allgemeinen  bietet  dies  nicht  dar)  die 
JOeatang  eines  'frohen  Grofses'  gibt  Sollte  der  GruCs  tai^B  erst  noch 
einer  Begründung  bedürfen?  Noch  entscheidender  wird  aber  gegen  die 
Wolfsche  Auslegung  ein  anderer  Gesichtspanct  gelten.  Wir  6nden  hauOg 
nach  einem  Ausrufe  oder  Anrufe  einen  folgenden  Sats  mit  «g  begonnen 
in  Fallen  y  in  denen  an  eine  begründende  Bedeutung  von  mq  nicht  ge- 
dacht werden  kann,  sondern  der  durch  mq  beginnende  Satz  ein  Aasiaf 
sein  muss,  z.  B.  El.  23:  m  tpOixax  iv^^mv  n^oonolmv ,  ig  fMc 
€aipri  \  ifijpLtta  tpaivng  i0^log  tig  ^fUrg  ytfmg.  EL  87:  m  fpmog  ifwiiß 
«ftl  y^g  IßOfgoiQ  ai}^.  mg  fun  noUag  |uir  ^Qiivav  »dag  %tl.  El.  504: 
m  niXonog  a  »^otfOYir  «olmrovog  Inntiit,  mg  ffgoltg  ttUani  »rl.  El.  808: 
'Ogieta  tpClxa^^  mg  pk  anmU^mg  9u9m9.  Ant.  320:  o^,  mg  «liffMc 
ifflov  iuMB^^mtog  bI.  Ant  1270:  oi^',  »g  ioimtig  o^i  r^ir  dUii9  IStiw. 
Eur.  Andr.  394.  603.  802.  Bacch.  178.  348.  1027.  1249.  1352.  Hec  56. 
619  u.  a.  m.  (Mit  den  Fällen,  in  denen  auf  einen  Ausruf  oder  Anruf 
ein  durch  ig  eingeleiteter  Satz  folgt,  muss  man  sogleich  diejenigen  zu- 
sammenfassen,  in  welchen  der  folgende  Satz  mit  ofog  beginnt,  wie  Ai. 
641 :  m  tlaiimv  nitiQ ,  otav  9B  fUvn  «vO^Otti  sotdog  dve^pogov 
axav.  O.  R.  1317.  1395.  Ant  1228.  Trach.  1112.  Phil.  786.  991.  1004. 
Eur.  Ale.  144.  384.  Andr.  1071.  Bacch.  1259.  Hec.  197  u.  a.  m.)  Gegen- 
über diesen  zahlreichen,  in  ihrer  Form  gleichartigen  Fallen ,  in  denen 
der  nach  dem  Ausrufe  folgende,  mit  ig  beginnende  Satz  als  ausrafend 
Terstanden  werden  muss,  linden  sich  einige  derselben  Form,  in  denen 
es  allerdings  möglich  ist  —  zum  Thcil  freilich  mit  einiger  Härte  — 
dem  durch  mg  eingeführten  Satze  begründende  Bedeutung  zuzuschreiben, 
aber  die  Auffassung  desselben  als  .Ausruf  ebenfalls  vollkommen  passend 
ist;  z.  B.  O.  a  316.  1187.  Ai.  15.  (wo  Wolf  ebenlalls  ig  als  begrün- 
dend aufiasst)  354.  Man  verliert  jeden  objectiven  Maßstab  der  Exegese, 
wenn  man  die  letzterer  Gruppe  von  Stellen  in  ihrer  Auslegung  von  der 
ersteren  trennen  will. 

Ai.  119:  xinnov  rlg  av  90i  xapdgog  ij  7t^owov6tiQog  y  \  ij  9ifüp 
iniivmv  tvQi4hi  xa  %aiQia ;  Wolf  erklärt  das  in  diesem  Satze  vorkom- 
mende av  in  der  Bedeutung  der  Wiederholung  «oir  mit  Indic.  für  die 
Wiederholung.  Krüger  53,  10,  3*  und  citiert  für  diesen  bekannten  Ge- 
brauch noch  zum  Überflusse  ein  paar  Stellen  Phil.  290.  ArisU  Ran.  911. 
920.  924.  927,  Der  Ausdruck  «Wiederholung,»  der  freilich  der  Kürze 
halber  für  diese  Gebrauchsweise  des  av  oft  genug  angewendet  wird, 
kann  über  das  Gnpassende,  ja  die  Dnmöglicbkeit  dieser  Erklärung  leicht 
täuschen.  Es  darf  als  bekannt  vorausgesetzt  werden ,  dass  ar  mit  In- 
dicativ  keineswegs  zweierlei  einander  widersprechende  Bedeutungen  hat 
oder  haben  kann,  nämlich  die  der  Wiederholung  des  wirklichen  Gesche- 
hens und  die  der  Nichtwirklicbkeit  Es  bedeutet  in  allen  Fällen  ein 
Eintreten 'unter  Umständen,  unter  nicht  weiter  bezeichneten  Bedingung 


SoplioUes  Ajax,  erkl.  v.  G.  Woif,  ang.  ▼.  B.  BmU%.  41 

gel*,  usd  je  naehdem  der  ZaiBammenhang  ergibt,  das«  dieae  Omstände 
mä  BediDgQogeo  wirklieh  and  iwar  öfters  eintraten,  oder  dass  sie  nicht 
ilatt  iMUen«  so  Mgt  daraus  f&r  «v  mit  lodici  die  ieine  oder  die  andere 
Autegung.  Der  Gegenstand  ist  von  L.  Lange  in  seiner  Anzeige  der 
limleiB'scIieii  Grammatik  (in  dieser  Zeitschrift  1858.  S.  56  ff.)  so  licht- 
foO  aueeinandergesetsty  dass  es  genügt,  darauf  zu  verweisen.  Ein  %a/^i€9v 
h'ÄpUia  %i9  ^  Niw^  lud^t««  (Ar.  Ran.  911)  heilst  also  nicht  *er 
pflegte  verhallt  hinzusetzen',  sondern  *  gelegentlich ,  unter  Cmstanden 
kam  et  vor,  dass  er  ete/  Gesetzt  nun,  man  verwandelte  selbst  den  vor- 
liegenden Satz  aus  einer  Frage  in  eine  den  Aias  betreffende  Aussage, 
also:  äSmq  ev^l^  cev  ar^rooevaTog  xal  9^9  if^iatogy  so  erhielte  man 
4m  ganz  unpassenden  Gedanken:  «Aias  wurde  gelegentlich,  unter  Um- 
stindett,  als  der  überlegteste  etc.  befunden.*  Und  vollends  in  der  Frage 
tig  cv  ev^i^,  welche  einer  Verneinung  gleichkommt,  ist  die  Annahme 
jener  Bedeutung  der  Wiederholung  schlechthin  unzulässig.  Man  sucht 
■nter  den  laUreidien  Beispielen  dieser  Gebrauchsweise  von  Sv  vergeh- 
Udi  naeh  Fallen,  in  denen  ein  ovdiig  oder  ein  ihm  im  Sinn  gleichkom- 
Beodes  tlg  Subject  wire;  natürlich,  denn  es  fehlt  dann  an  jenem  ver- 
■ittelmien  Gedanken,  durch  welchen  erst  ofv  mit  Ind.  als  Bezeichnung 
«nes  wiederholten  wirklichen  Eintretens  ausgelegt  werden  konnte.  — 
Die  Auslegung  Wolfs  wird  um  so  unerklärlicher,  wenn  man  die  vor- 
iiegeode  Stelle  mit  anderen  in  der  Form  gleichen  zusammenstellt,  Ai. 
ttO:  miuij  xig  Sv  not  ^9^  ad'  inmwvftov  \  tov^ov  ^waCBiv  Svopku 
wii  ip^  uttuotg^  Ant  502:  naitoi  mo^^bp  %liog  y  Sv  svnUictSQov 
tcvi«f09  «vi.  Trach.  707:  nod'iv  yaQ  Sv  not  ivxl  tov  &vij' 
9wmv  o  %ii^  I  i^ol  na^io%*  tvvouiv;  u.  a.  m.  Demgemäfs  ist  ohne 
Zweifel  auch  die  vorliegende  Stelle  des  Aias  zu  verstehen:  «wen  hätte 
■an  flnden  können,  wer  hätte  sich  bewährt  etc.» 

Ai.  194:  iUi  Sva  i{  iSffovmv,  onov  pLanga  l m  v  i  \  otfi^i[8$ 
sevl  vf^  iymvü^  ^X^l^.  So  die  handschriftliche  Überlieferung.  I>en 
luerst  von  Neue  gemachten  Vorschlag,  iimiQainv  für  fMugtUmvi  zu  schrei- 
ken,  hat  Wolf,  in  Obereinstimmung  mit  den  meisten  neueren  Herausge- 
bern des  Sophokles,  in  den  Text  aufgenommen.  Der  Vorschlag  ist  aller- 
üngs  sehr  wahrscheinlich,  er  entspricht  dem  bekannten  Gebrauche  der 
Adjeetiva  für  Zeitangaben  und  vertheilt  passend  die  näheren  Bestim- 
Boagen,  statt  sie  als  Epitheta  zu  demselben  oxoXa  zu  häufen.  Dagegen 
Hat  Wolf  die  von  Ritschi  und  Wunder  gemachte  Conjectur  notl  für 
90ti  nicht  aufjgenommen,  und  doch  scheint  diese  nicht  nur  zweckmäfsig. 
looderu  nothwendig.  Wolf  verbindet  fiax^a^oov  noti  und  verweist  für 
4iese  Verbindung  auf  Sei  notB ,  Ai.  320,  wo  er  die  Hinzufügung  von 
woti  als  «zur  Verstärkung  von  a«/*  dienend  bezeichnet.  Was  sich  an 
Jui  überhaupt  noch  soll  «verstärken»  lassen,  ist  nicht  wohl  zu  begreifen. 
Man  Kest  Sti  nott  häufig  im  Thucydidcs  und  Herodot,  immer ,  wie  es 
•ebeint,  in  solchen  Fällen,  wo  bezeichnet  werden  soll,  dass  etwas  schon 
ehedem,  vor  Zeiten  bestand  und  seitdem  immer  fort  l>esteht  (vgl.  die 


42  Sophokles  Ajax,  erkl.  v.  G.  Wolf,  ang.  v.  H.  ßoHU%. 

Stellen,  die  Krüger  zu  Thnc.  1,  13.  3,  zu  Herodot  1,  58  citiert),  so  dass 
es  wohl  richtig  ist,  weun  Schneidewin  zu  Ant  452^  darin  «das  UoTor- 
denkliche*  ausgedrückt  findet.  Aber  aus  der  Verbindung  von  noti  mit 
ari  und  mit  anderen  Zeitadverbien  (xiltu  noxi,  ixi  noti,  fjdfi  9oti 
u.  a.)  kann  man  nimmermehr  mit  Wolf  auf  die  Verbindung  mit  dem 
Adjectiv  schliefsen,  und  die  nur  scheinbare  Aushilfe  Schneide win's  (zu 
Ai.  195),  noti  «zu  fi^ax^aCtovi  und  üxni^i^H^  zu  ziehen,  hat  Wolf  mit 
Recht  aufgegeben.  Ist  nun  endlich  anerkanntermafsen  (s.  Härtung  zu 
d.  Sl.)  die  Verbindung  von  osrov  mit  noti  durch  die  Wortstellung  un- 
wahrscheinlich, und  in  Betreff  der  Bedeutung  unmöglich ,  so  wird  man 
die  leichte  Änderung  in  noxi  um  so  zuversichtlicher  ergreifen,  da  sie 
eine  sehr  treffende  Verbindung  ergibt.  Denn  n^og  mit  Dativ  wird  im 
eigentlichen  localen  Sinne  öfters  von  dem  Verharren,  dem  Anhaften  an 
einer  Stelle  gebraucht  Od.  s  329:  n^oq  dXXfjXfjciv  ^x^vtoci,  Soph.  0  R. 
179:  ngog  nidm  Hiic^ai,  Od.  &  190:  intfi^av  notl  yaCji,  Soph.  Ant. 
1189:  vnzia  91  %Xivoikai  dslaaaa  nffog  Sf^maimv ;  mit  dieser  eigent- 
lichen Bedeutung  ist  die  übertragene  in  Verbindungen  wie  ylyvBa^ai^ 
slvaty  Stax^i^siv  n^oq  tivi,  vollkommen  im  Einklänge. 

Ai.  348:  im  tplXoi  vavßatat ,  (Lovot  iftmv  q>lXmVj  ^ovoi  t  ip^ii- 
vovtsg  o^d-tp  voi^ip.  «Seine  Salaminier  sind  erstens  nunmehr  seine  ein- 
zigen Freunde,  zweitens  die  einzigen  Menschen ,  welche  ihre  Ver- 
pflichtung gegen  ihn  erfüllen.  Darum  ts*  So  Wolf.  Sollte  es  denn 
aber  irgend  einem  Erklärer  entgangen  sein,  dass  man  zwei  nach  einander 
erwähnte  Eigenschaften  desselben  Subjectes,  wenn  man  am  Zählen  seine 
Freude  hat,  durch  erstens  und  zweitens  bezeichnen  kann?  Den- 
noch hat  seit  6.  Hermann  kein  Herausgeber  geglaubt  %e  beibehalten  zu 
dürfen,  weil  der  Sprachgebrauch,  übrigens  aus  leicht  begreiflichen  Grün- 
den, in  der  Anaphora  stets  ^£  (Krüger  59, 1,  4.  Elmsl.  ad  Eur.  Med.  1039), 
nicht  TS  aufweist.  Die  Ausschliefslichkeit  dieses  Sprachgebrauchs  musste 
Wolf  in  ausreichender  Weise  widerlegen,  wenn  die  handschriftliche 
Überlieferung  n  sollte  behauptet  werden. 

Ai.  520:  aXJlL  tü%i  Nafiov  fiv^truv.  avd^l  roi  x^eeov  |  i^v^fiTiv 
nifoasipcn,  te^nvov  bP  xC  nov  nad'rj.  Die  Beziehung,  welche  durch  %eU 
in  xafiov  bezeichnet  ist,  haben  schon  die  Schollen  richtig  angegeben 
und  begründet,  denen  auch  alle  bisherigen  Erklärer  gefolgt  sind :  KaXmg 
x6  xaftov,  otov ,  itBxa  xov  naxif^a  %al  xov  vtov  ncifih  iv  xivt  fiolff^ 
lutxd^ov.  Nach  aCdsaai  filv  naxi(fa  v.  506,  ccÜÖBaai  dl  fifixsQa  v.  507, 
otnxBiQB  f,  mvai,  nuiSa  xov  cov  v.  510,  erwartet  man  unzweifelhaft 
die  Bitte  der  Tekmessa,  dass  Aias  auch  mit  ihr  selbst  Mitleid  haben 
möge.  Und  diese  Bitte  folgt  denn  auch  unmittelbar  auf  jene,  nur  mit 
dem  einzigen  Unterschiede,  dass  der  Bitte  selbst  noch  die  motivierende 
Erklärung  vorausgeschickt  wird,  das$  von  Aias  verlassen  Tekmessa 
vollkommen  hilflos  sein  würde.  Dieser  Gang  der  Gedanken  ist  so  klar 
und  bestimmt,  dass  nicht  wohl  ein  Zweifel  darüber  aufkommen  kann. 
Dennoch  erklärt  W.   ganz  anders:    ^xifiov  im  Gegensatze  zu  Ajax  und 


Sophokles  Ajax,  erkl.  v.  G,   Woif,  aog.  v.  H.  BohU%.  4M 

seiner  Ehre.*  Aber  in  dem  %ai  von  «ofiov  kann  nur  der  Gegensatz  be- 
leichoet  sein  zu  einem  im  Vorhergebenden  wirklich  rathaltenen  Gedan- 
ken; von  dem,  was  Aias  «seiner  Ehre*  schuldig  sei,  ist  aber  nicht  die 
Bede,  sondern  von  den  verschiedenen  Verhältnissen  der  Pietät,  die  ihn 
im  Leben  zurückhalten  müssen. 

Ai.  646 — 692.  Der  Monolog,  den  Aias  spricht,  bevor  er  zur  Aus- 
fuhrung seines  Entschlusses  schreitet,  sich  selbst  den  Tod  zu  geben,  hat 
bekanntlich  entgegengesetzte  Auffassung  erfahren.  Auf  der  einen  Seite 
liest  man  in  ihm  eine  absichtliche  Täuschung  des  Aias  gegen  die  Seinen ; 
um  deq  Entschluss  des  Todes,  der  bei  ihm  unerschütterlich  fest  steht, 
ungehindert  ausfuhren  zu  können,  sieht  er  sich  genöthigt,  durch  das 
Vorgeben  einer  Sinnesänderung  die  Aufmerksamkeit  der  Seinen  von  dem 
einsamen  Wege  abzulenken,  den  er  zu  gehen  im  Begriffe  ist  Auf  der 
anderen  Seile  findet  man  die  Annahme  einer  Täuschung  unvereinbar  mit 
dem  offenen  geraden  Charakter  des  Aias  und  glaubt  die  Worte  des 
Monologs  so  auffassen  zu  müssen,  dass  in  ihnen  Aias  eine  wirklich  in 
ihm  geschshene  Sinnesänderung  ausspricht,  die  nur  in  Folge  der  vom 
Dichter  kunstvoll  gewählten  Worte  von  den  zuhörenden  Seinigen  so  auf- 
genommen wird,  als  sei  der  Gedanke  an  den  Tod  aufgegeben.  Die  letztere 
Auffassung  hat  an  dem  sinnigen  und  gründlichen  Kenner  griechischer 
Dichtung,  Sage  und  Kunst,  an  Welch  er  ihren  hauptsächlichen  Vertreter, 
(Hhein.  Museum.  111.  oder  Kleine  Schriften  II.  264—355);  indem  die- 
selbe in  den  Auslegungen  der  Tragoodie  und  in  literarisch-historischen 
Darstellungen  fast  durchaus  abgelehnt  ist,  bat  neuerdings  E.  Gcebel  (in 
dieser  Zeitschrift  1857.  S.  181—192)  ihre  Rechtfertigung  unternommen. 
Es  liegt  wohl  nahe, bei  Behandlung  dieser  Frage  von  bestimmten  Vor- 
aussetzungen über  den  Charakter  des  Aias  auszugeben,  wie  die  Sage  ihn 
dem  Dichter  dargeboten  und  wie  dieser  ibn  dargestellt  hat;  mit  diesem, 
heiCst  es,  sei  es  unvereinbar,  dem  Aias  eine  bewusste,  absichtliche  Täu- 
schung der  Seinigen  zuschreiben  zu  wollen.  Aber  so  nahe  gelegt  und 
ansprechend  eine  derartige  Begründung  sein  mag,  so  darf  man  doch  in 
ihr  eine  sichere  Entscheidung  der  Frage  gar  nicht  einmal  erwarten.  Denn 
gesetzt,  es  liefse  sich  wirklich  zur  Evidenz  bringen,  dass  mit  dem 
Charakter  des  Aias,. wie  er  in  der  Sage  sich  gestaltet  hat,  eine  solche 
Täuschung  sich  nicht  vertrage,  so  würde  daraus  doch  noch  nicht  folgen, 
dass  Sophokles  sie  nicht  wirklich  dem  Aias  zugeschrieben  habe.  Die 
einzig  sichere  Grundlage,  auf  welche  man  eine  Entscheidung  der  Frage 
stützen  kann,  sind  meines  Erachtens  die  Worte  des  Monologs  selbst. 
Sind  diese  der  Art,  dass  wir  alle  als  den  Ausdruck  der  wahren  Gesin- 
nung des  Aias  betrachten  dürfen,  oder  finden  sich  in  dem  Monologe 
auch  Stellen,  die  man  anders,  aufser  als  bewusste  und  absichtliche  Täu- 
schung, nicht  verstehen  kann  ?  Dies  letzlere  ist  allerdings  der  Fall.  Die 
Erklärung,  dass  er  lernen  werde  den  Atriden  Ehrfurcht  zu  be- 
weisen, fitfdi^ffdfietf^a  ^"Atifeidasffißeiv  (667),  ist  in  Aias  Munde 
keine  Wahrheit;  dieselben  Atriden  v e r fl u c h t  Aias  unmittelbar  nachher, 


44  Sophokles  Ajax,  erkl.  v.  6.  Xihlfy  aog.  v.  B.  BomÜ^ 

wo  er  ohne  meiMchliche  Zeugen  seine  GesiimuDg  ungehindert  ausspricht, 
839:  %ni  ütpag  «omovg  maniüt«  wd  MOPmUf^^ovg  \  ivpa^»ictu»y  mentQ 
eißOQa^  ilU  %tX,  Freilich  sollen  wir  hierin  dennoch  keinen  Widerspruch 
finden.  «Keiner,  denke  ich,*  schreibt  E.  Gosbel  a.  a.  0.,  «wird  ent- 
gegnend fragen,  wie  kann  er,  wenn  es  ihm  Ernst  ist  mit  seiner  Reue 
und  dem  Vorsatze  '  'At^iiSug  cißeiv^  den  Atriden  und  mit  ihnen  dem 
ganzen  Heer  so  grasslich  fluchen?  Ein  reuiger  Christ  könnte  freilich  dam 
Feinde  nicht  fluchen  in  dem  Augenblicke,  wo  er  selbst  von  den  Göttern 
Vergebung  für  sich  selbst  erfleht;  aber  ein  Ajax  konnte  es.*  Aber  diese 
Ausgleichung  trifft  ja  die  Sache  nicht,  um  die  es  sich  handelt ;  dass  Aias 
in  demselben  Augenblicke,  wo  er  sich  selbst  dem  Schutze  der  Götter 
anempfiehlt,  Flüche  über  die  Atriden  ausspricht,  diese  Verbindung  bleibt 
jedenfalls,  welche  Auslegung  auch  der  (ragliche  erste  Monolog  erCahre, 
und  zu  ihrer  Würdigung  kann  an  den  Unterschied  griechischer  Gottes- 
verehrung und  christlichen  Glaubens  erinnert  werden.  Es  handelt  sich 
ja  vielmehr  darum,  wie  Aias  über  die  Atriden,  die  er  sofort  auf  das 
ärgste  verflucht,  im  ehrlichen,  wahrhaften  Sinne  sagen  könne,  dass 
er  lernen  werde  ihnen  Ehrfurcht  zu  zollen.  Dass  dieses  beides 
sich  auf  keine  Weise  ausgleichen  lässt,  ist  durch  das  nachgewiesene 
Ausweichen  vom  Fragepuncte  nicht  widerlegt,  sondern  indirect  aner- 
kannt Und  wenn  etwa  an  einer  anderen  Stolle  die  Worte  «Ajax  erkennt, 
dass  er  in  seiner  Rachsucht  und  Widersetzlichkeit  gegen  die  Atriden  zu 
weit  gegangen  ist,  ohne  aber  darum  ihr  Unrecht  gegen  ihn  zu  vergessen 
oder  christlich  zu  verzeihen'  (S.  191),  eine  Ausgleichung  dos  Widerspru- 
ches geben  sollen,  so  muss  man  das  'Ax^Mag  aifinv  in  wunderbarer  Weise 
verflachen.  Man  kann  einsehen,  dass  man  gegen  jemand  in  Rachsucht  etc. 
zu  weit  gegangen  ist,  in  dieser  Einsicht  liegt  noch  kein  ci ßtip.  wir 
werden  uns  also,  wenn  wir  nicht  den  Worten  des  Sophokles  willkürliche 
Gewalt  anthun  wollen ,  wol  entschliefsen  müssen  anzuerkennen,  dass  er 
den  Aias  mit  Bewusstsein  gegen  seine  Herzensmeinung  sprechen ,  dass 
er  ihn  die  Seinen  täuschen  lässt  —  Und  diese  Worte  sind  nicht  die 
einzigen,  welche  zur  Annahme  einer  wissentlichen  Täuschung  des  Aias 
noth wendig  führen.  Wir  lesen  651- ff.:  —  i&riXvp^p  atoita  ]  npog 
tfindi  t^g  yvvtunog,  oIxxbIqw  di  viv  \  %fi^uv  nag  ix&go^  naidd 
X  offtpaviv  Imsiv,  I  alX'sli^i  ngog  xs  lovxga  %xl.  Sollen  wir  glauben, 
dass  Aias  seine  wirkliche  Gesinnung  in  diesen  Worten  ausspreche,  und 
nur  die  Stimmung  der  Seinen  es  mit  sich  gebracht  hab^  dass  sie  ihn  ihrem 
Wunsche  gemäfs  misverstanden,  so  müssten  wir  diese  Worte  auslegen : 
'ich  wurde  in  meinem  Herzen  erweicht  von  diesem  Weibe,  und  es  thul 
mir  leid,  dass  ich  sie  als  Witwe,  mein  Kind  als  Waise  lasse.  Aber  ich 
werde  dennoch»  obgleich  mir  dies  leid  thut,  zu  dem  Sühnungstode 
gehen.'  Aber  um  einen  derartigen  Sinn  zu  erhalten,  müssen  wir  wieder 
den  Worten  Gewalt  anthun.  oUxii^m  mit  dem  Infinitiv  ist  meines 
Wissens  nicht  weiter  im  griechischen  Sprachgebrauche  nachgewiesen, 
aber  nach  allen  Analogien:  oxvo,  iXtulQm^  uloippouMi  «oM^y,  muss  maa 


S6|iboUci  Ajax,  erki  i.  ff.  Wof,  ang.  t.  B.  IkmM.  4k 

olnxni^m  UntSw  verstehet  aus  Mitleid  unterlasse  ich  es»  sie  zur 
Witwe,  mein  Kind  zur  Waise  tu  machen.  Mit  dieser  Auslegung  stete 
daoB  der  folgende«  durdi  iXLi  eingeführte  Satz  in  richtiger  Beziehung: 
*lch  will  sie  nicht  Teriässen,  sondern  ich  werde  zum  Bade  gehen  und 
durch  Reinigungen  den  Zorn  der  Göttin  besänftigen.'  Auch  die  ft>lgen- 
den,  das  Tcrderbliche  Schwert  betreffenden  Worte  yuiag  if^iixq,  fpdtt 
fiif  «ftff  oipstM,  I  iXl^  tmro  rv{  '^Atdfit  ti  üwtfivtmv  %itm  kOnnen  den 
unbeihngenen  Hörer  und  Leser  nur  auf  den  Gedanken  fOhren,  dass  Aias 
das  Werkzeug«  Toh  dem  er  alles  OngHick  herleitet,  in  den  dunkeln 
SehoCs  der  Erde  bergen  will,  wo  kein  menschliohes  Auge  es  mehr  sehen 
wird,  sondern  es  der  Nacht  und  dem  Herrscher  der  Dnterwelt  angehört 
Wer  von  dem  Schwerte  sagt:  «ich  wiD,  eine  Grube  ausgrabend,  es  an 
der  Stelle  der  Erde  bergen,  wo  kein  Mensch  es  sehen  wird,  sondern  die 
Nacht  und  Hades  es  drunten  bewahren  sollen,*  der  kann  nicht 
wollen,  dass  man  darunter  verstehe :  «ich  will  den  Griff  des  Schwertes 
in  der  Erde  befestigen  und  in  das  Schwert  mich  stürzen,*  also  er  täuscht 
die  Seinen  über  sein  wahres  Vorhaben.  —  Ich  kann  bei  den  angefahrten 
Stellen  aus  dem  Monologe  des  Aias  durch  keine  überdeckende  und  mit 
dem  Zwielichte  eines  Doppelsinnes  spielende  Deutung  den  klaren  Wort- 
dnn  mir  entziehen  lassen,  und  dieser  zwingt  zu  der  Annahme s  Aias  übt 
bewusst  Tauschung  den  Seinigen  gegenüber.  Wie  schwer  es  dem  Aias 
ankommt,  diesen,  seinem  Charakter  fremden  Weg  einzuschlagen,  ISsst 
uns  der  Dichter  lebhaft  empfinden.  Die  Rede  des  Aias  bewegt  sich  fast 
durchweg  Tom  Anfange  bis  zum  Schlüsse  in  allgemeinen  Sentenzen,  mit 
denen  er  dem  Aussprechen  der  Unwahrheit  ausweichen  möchte,  und 
doch,  nachdem  er  die  Täuschung  ausgeführt  und  dadurch  eireicbt  hat, 
dan  er  ungehindert  von  den  Seinigen  den  Weg  zum  Tode  gehen  kann, 
bricht  zuletzt  unwillkürlich  die  Wahrheit  hervor.  Denn  wer  zu  den 
Waffengenossen  sagt:  v^tiq  ^,  hteigoiy  taita  tydi  fio»  tiSt  \  tiiiSti, 

TtWQ^  ^,   fjv    ^0X|7 ,     aflpkfiv€Ct8  I  lliXuv    fllv     l}fiOV ,     BVV09tv    If  VfLtP 

Sfut.  I  ifm  y&Q  ilfi  hiitJy  onoi  noQtvtsov  —  der  nimmt  nicht  für  den 
Gang  nach  einem  Sühnopfer,  sondern  nimmt  für  immer  Abschied  und 
gibt  seine  letzten  Aufträge. 

Die  Auffassung  des  Monologs,  deren  Rechtfertigung  ich  so  eben 
andeutete,  gibt  auch  der  Hr.  Herausg.  zu  ▼.646:  b —  er  musste  nun  die 
Umgebung  täuschen,  um  unbeobachtet  zu  sein.  Zwar  ist  er  ein  offener 
und  wahrer  Charakter;  aber  sein  männlicher,  fester  Geist  verstand,  die 
Consequenzen  zu  ziehen;  da  er  seinen  Vorsatz  nicht  anders  ausführen 
konnte,  musste  er  sich  auch  jetzt  überwinden  und  List  anwenden,  welche 
auch  dem  Krieger  ziemt*  Aber  mit  dieser  einfachen  und  unumwundenen 
Erklärung  ist  es  mir  unvereinbar,  wenn  Wolf  sich  durch  den  ganzen 
Verlauf  des  Monologs  bemüht  nachzuweisen,  dass  die  Worte  des  Aias  in 
dem  Sinne,  in  welchem  er  sie  meint,  nichts  Unwahres  enthalten.  Sehen 
wir ,  mit  welchen  Mitteln  diese  Nachweisung  geführt  wird.  Zu  v.  65% 
ointidf»  —  XixBiv  bemerkt  Wolfs  „oAirt/^o  mit  dem  Inf.  nach  Analogie 


4«  Sophokles  Ajax,  erkl.  v.  G,  Wolf,  ang.  v:  ff.  Banitt, 

von  6%vm  u.  Shnl.  —  Dass  Ajax  diess  leid  that,    isl  ganz  wahr;  nur 
konnte  es  eben  nicht  ändern.''  Ja,  ointeigm  viv  wurde  wahr  sein,  aber 
olnti^Qu  9iv  Xmstv,  all'  ilfLi  %tl»  ist  nicht  wahr,  und  um  diese  Worte 
handelt  es  sich,  nicht  um  willkürlich  davon  abgetrennte.  —  Zu  t.  658  IT. 
%ifvipn  xod*  iyzog  %tl,   lesen  wir  nach  einer   eingehenden   Bemerkung 
über  die  Vernichtung  von  leblosen  Gegenstanden ,  an  denen  Mord  oder 
sonstige  Befleckung   haftete:  »Die  Anwesenden  also  denken  an  ein  Be- 
graben unter  der  Erde,  Ajax  dagegen  an  das  Stecken  in  die  Erde  behufls 
des  Selbstmordes,   cmii&vwtv  iutt»y   ins  Grab  mit  Ajax  selbst*   Gewiss 
dürfen  wir  voraussetsen,  dass  Aias,  wahrend   er  den  Seinen  das  Ver- 
graben des  gefahrlichen  Schwertes  ankündigt,  an  das  denkt,  was  zu  Ihun 
er  wirklich  beabsichtigt.    Aber  die  Frage  ist  ja  vielmehr,   ob  er  durch 
die  Worte,  die  er  anwendet,  sein  wirkliches  Vorhaben  bezeichnete,  und 
dies  muss  man  in  Abrede  stellen.    Auch  die  Verse  666  ff.  toiyag  «o 
Xoinov  sleoiiBa^u  %%l,  sollen  in  Aias  Sinne  keine  Unwahrheit  enthalten: 
«666  f.  sagt  Ajax  in  dem  Sinne  wie  100  ^avovttq  ^dti  xifl  itpat,(^tU9^m9 
onla,  Ant.  308  ihr  Wächter  sollt  gehängt  werden,  tva  to  lomov  (ui^^fi^, 
oti  oi%  ^1  aMavtog  de^  to  %$QSalP9iv  q>il8tv.    Auch  668  enthält  keine 
Unwahrheit;  denn  Ajax  weicht  den  Atriden  wirklich,  indem  er,  statt 
sich  zu  rächen,  sich  den  Tod  gibt.*  Indem  Aias  seinen  Entscbluss,  ferner- 
hin, TO  Xomovy  sich  den  Göttern  unterzuordnen,  den  Atriden  Ehrfuroht  tu 
beweisen,  durch  die  allgemeine  Ordnung   der  Natur  erläutert  und  be* 
gründet,  will  er  unzweifelhaft  so  verstanden  sein,  dass  er  to  ioft9rdy,d.h. 
den  noch  übrigen  Verlauf  seines  Lebens  hindurch,  diese  Sinnesänderung 
durchführen  werde.    Dass  Aias  den  Entscbluss,  den  er  ausspricht,  nicht 
wirklich  gefasst  hat,  wissen  wir;  aber  etwas  ganz  davon  verschiedenes 
ist,  was  W.  behauptet,   dass  sich  die  Worte  des   Aias  auch  so  auf- 
fassen liefsen,  dass   sie  seine  wahre  Absicht   bezeichneten.    Von  allem 
andern  abgesehen  beweisen  die   angeführten  Stellen  Ai.  100.  Ant.  308 
durchaus  nichts;  in  beiden  ist  der  Begriff  des  Sterbens,  auf  den  es  an- 
kömmt, ausdrücklich  bezeichnet.  —  Der  Grundsatz  der  Klugheit  -—  oti  |  o 
T  i%^Qig  fifiCv  ig  toaovd'  tx^aiftiog,  \  mg   xal  tpUiiaav  ov^»^,   ig  tt 
xov  (pClov  I  xoauvQ'*  vnovQymv  dfpeletv   povli^aoftai,  \  mg  alkv  ov  fis- 
vovvxa  —  ist  dem  Charakter  des  Aias  so  entgegengesetzt,   dass  man 
ihn  unmöglich  als  aufrichtig  von  Aias  ausgesprochen  betrachten   kann. 
Auch  hier  findet  sich  dennoch  ein  Mittel,  uns  glauben  zu  machen,  dass 
Aias  dies  aufrichtig  ausspreche:   «680  f.  {fg  te  top  tpiXop  %tl.)  meint 
er  aufrichtig,  im  Hinblicke  auf  Agamemnon,  dem  er  so  groCse  Dienste 
erwiesen;  678  ist  nur  die  entgegengesetzte  Anwendung  desselben  Satzes.* 
Also,  wenn   wir  recht   verstehen,  das  unbedingt  unmögliche   wird  als 
blols  rhetorischer  Gegensatz  eliminiert.  —  Ich  glaube,    die   Mittel,   mit 
denen  Wolf  nachzuweisen  sucht,  dass  die  Worte  des  Aias,   obgleich  die 
Täuschung  der  Zuhörer  nicht  blols  erreichend  sondern  auch  beabsichtigend, 
für  ihn  durchweg  Wahrheit  haben,  bedürfen  weiter  keiner  Kritik ;  es  ist 
iqr  nöthig,  sie  nicht  einzeln,  sondern  in  ihrem  Zusammenhange  zu  €r- 


SophoklM  Aja8,  erkl.  V.  6.  Wolf,  ang.  t.  H.  BoHüt.  47 

w^en.  Aber  gesetzt,  Wolf  hatte ,  was  er  erweisen  will,  evident  und 
ohne  alle  Willkür  in  Deutung  der  Worte  erwiesen,  was  wäre  die  Folge 
«ifonf  Wenn  sich  der  gesammte  Monolog  des  Aias  so  deuten  lasst, 
dast  die  Worte,  aufgeftsst  in  dem  von  Aias  gedachten  Sinne,  wahr  sind, 
<e  aofriditige  Meinung  und  Absicht  des  Aias  ausdrucken :  wie  erweisen 
wir  den  dann,  dass  Aias  hat  tSuschen  wollen?  Oder  gesetst  weiter, 
die  Abdeht  der  Täuschung  wäre  aus  andern  Gründen  gewiss  —  eine 
fenutsetsong,  die  ich  nicht  anerkenne,  ich  sehe  allein  in  den  Worten 
telbil  den  Beweis  —  was  erreichten  wir  dann,  wenn  sich  nachweisen 
lieiMy  dieselben  Worte,  welche  die  Zuhörer  unausbleiblich  als  ein  Auf- 
geben des  vorher  beabsichtigten  Selbstmordes  verstehen  müssen,  lassen 
mdk  a«cb  so  drehen  und  wenden ,  dass  Aias  darin  das  Verharren  bei 
•eiBeii  Vorsatze  ausdruckte?  Will  sich  vielleicht  Aias  in  schlauerweise 
vor  steh  selbst  rechtfertigen,  dass  zwar  seine  Zuhörer  I3nwahres  ver- 
streu mssen,  er  aber  doch  selbst  nichts  Unwahres  gesagt  habe?  Die 
Kunet  der  Doppeldeutung,  welche  Wolf,  hierin  Schneidewin  folgend, 
angewendet  hat,  ist,  furchte  ich,  weder  mit  den  Grundsätzen  gewissen- 
hafter Eiegese  vereinbar,  noch  wird  dem  Dichter  dadurch  ein  Dienst 
erwieeen. 

Ai.  806.  In  dem  Anfange  der  Epiparodos  spricht  der  eine  Halb- 
ehor  «fie  Erfolglosigkeit  seines  bisherigen  Suchens  in  den  bekannten 
Worten  aus  x  9690g  nwnp  wipop  fpign.  Schneidewin  umschreibt  diesen 
Ven  in  folgender  Weise:  «Die  Muhe,  den  Aias  aufzusuchen,  hat  zu  der 
iriilieren  Noth  mit  ihm  noch  neue  Noth  hinzugefugt,  weil  der  Chor  ihn 
nicht  gefunden  hat.*  G.  Wolf  wiederholt  diese  Erklärung  fast  gleich- 
laalendt  «Die  Muhe  des  Suchens  hat  zum  Mühsal,  welches  durch 
Ajat  That  verursacht  ist.  nur  den  Schmerz  gefugt,  dass  ich  ihn  noch 
nicht  gefunden.*  Und  dabei  citieren  doch  diese  Erklärer ,  so  gut  wie 
alle  andern,  zu  dem  vorliegenden  Verse  Stellen  aus  griechischer  Dichtung 
and  Frosa,  in  denen  die  Häufung  desselben  Wortes  in  verschiedenen 
Pomen  dem  Gedanken  einen  besonderen  Nachdruck  zu  geben  bestimmt 
ist  Diese  rhetorische  Bemerkung,  an  deren  Wahrheit  sich  gar  nicht 
zweifeln  lisst,  steht  mit  der  eingeschlagenen  Erklärung  im  Widerspruche; 
wie  soU  denn  die  Wiederholung  desselben  Wortes  Nachdruck  geben,  wenn 
wir  dasselbe  in  jedem  einzelnen  Falle  des  Vorkommens  in  einer  andern 
Bedeutung  zu  nehmen  haben?  Aber  selbst  abgesehen  von  dieser  rhetori- 
•chen  Bemerkung,  ist  es  denn  denkbar,  dass  man  dasselbe  Wort 
QBBittellMtf  nacheinander  in  drei  verschiedenen  Casus  gebraViche,  und 
dfoi  Leser  oder  Hörer  zumuthe,  sich  bei  jedem  Casus  eine  andere  Be- 
deutung des  Wortes  zu  denken:  novog  die  Muhe  des  Suchens,  novm 
die  Noth  des  Aias,  novov  der  Schmerz  über  die  Erfolglosigkeit.  Es  ist 
mir  geradezu  unbegreiflich,  dass  eine  solche  Willkür  der  Deutelei,  wenn 
üt  wirklich  einmal  einem  Erklärer  in  den  Sinn  kam,  weitere  Beintim- 
nutig  finden  konnte?   Sehen  wir  noch  ab  von  dem  Subjecte  nopoq  und 


48  Sophokles  Ajax,  erkL  t.  G.  Wo  ff,  ang.  t.  ff.  BmUm. 

betracbteD,  unter  Voraussetzung  eines  andern  Subjectes  z.  B.  Atavxo^ 
iiodogy  nur  die  Worte  fpi^n  novm  novov,  so  können  diese  nicht  anders 
aufgefasst  werden  als  iiivffeip  miiicttu  nr^MCtv  (Eur.  Or.  1267),  ^i^wir 
di%qvu  dd%^vüiv  (E.  Hei.  1^),  xUtUMß  ixia  i%B9iif  (Hei.  363)  «900»- 
9tZv  alXov  illip  (S.  0.  R.  175)  also:  'Mähe  über  Mühe  bringen.'  (Seh. 
knl  novtp  Movov  tpigu),  Darchweg  tritt  uns  evident  dieselbe  sprach- 
liche Form  und  dieselbe  Bedeutung  entgegen ;  «überall  Verbindung  eines 
Nomen  mit  dem  Dativ  desselben  Nomen  zur  Bezeichnung  der  Hau* 
fuDg,  in  weichereines  über  das  andere  sich  drängt;'  nur  bei  der  Wieder- 
holung desselben  Nomens  lässt  sich  dieser  Gebrauch  des  Dativs 
sieher  constatieren  '),  ein  Grund  mehr,  wenn  es  dessen  bedarr,  das  Nomett 
in  den  beiden  F&llen  seiner  Anwendung  in  vollkommen  gleichem  Sinae 
zu  nehmen.  —  Dass  nun  in  dem  vorliegenden  Falle  dasselbe  Nomen  auch 
noch  Subject  des  Satzes  ist,  steigert  noch  den  Nachdruck,  der  auf  diesen 
Begriff  gelegt  ist,  kann  aber  an  dem  Grundsatze  der  Auslegung  nichts 
ändern;  die  Mühe  des  Suchens  bringt  nicht  die  Erreichung  des  Zieles, 
«ondem  bringt  nur  immer  eine  neue  weitere  Mühe,  sie  bringt  Mühe  über 
Muhe.  Dass  der  Chor  diese  Endlosigkeit,  und  was  darin  zugleich  mit 
enthalten  ist,  Erfolglosigkeit  seiner  Mühe  des  Suchens  bezeichnen  wUl, 
beweisen  noch  zum  Überflusse  deutlich  die  nachfolgenden  Variationen 
desselben  Gedankens:  nqi  yag  ov%  ißav  iyco;  %oidslg  inlctaxtU  fL$ 
<F«^|Mt^£rv  (?)  xonoq.  näv  iarißiixai  nlsvgov  ^ani(fOv  vimv.  nopov  yc 
nlijd^gy  %oidlv  ilg  oifuv  nXiov  u.  s.  f. 


')  Die  Beschränkung  dieses  Gebrauches  des  Dativs  auf  den  Fall  der 
Wiederholung  desselben  Nomens  habe  ich  in  der  Bemerkung 
zu  Soph.  0.  R.  176  in  dieser  Zeitschr.  1856.  S.  644  durch  Ber- 
spiele  nachzuweisen  gesucht.  Ich  kann  es  hiernach  nicht  für  ge- 
rechtfertigt halten,  wenn  zu  Ai.  946  ff.  äfikoij  avcclyritav  diaamv 
id'(f6fiaag  SvavSov  i^yov'Ax^Bidav  x£9^  Sxsi  Wunder,  Schneidewin 
und  Wolf  den  Dativ  xipS*  &i8i  in  gleicher  Weise  verstanden  wissen 
wollen,  wie  xovtp  Ai.  866.  Mit  Thudichum  und  Härtung  t^9§ 
&XBI  zu  avaXyr^xmv  zu  construieren,  «welche  fühllos  sehen  diesen 
Schmerz,*  muss  man  sich  um  der  Wortstellung  willen  versagen. 
Was  hindert  denn  aber,  To^e  axn  zu  id'Qoriaag  zu  constniieren, 
in  dem  Sinne  «mit  diesem  Leide  (d.  h.  durch  die  Erwähnung 
dieses  Leides),  über  das  du  eben  klagtest,  sprachst  du  eine 
entsetzliche  That  des  fühllosen  Atridenpaares  aus?'  Vielleicht 
haben  die  Schollen  eine  solche  Erklärung  beabsichtigt,  indem  es 
in  ihnen  hoifst:  xaS'  aifn  xfj  naff ova^  evynpo^u, 
Wien.  H.  Bonitz. 


CfmlfMill;  Sestiilcbte  d.  deatsefaen  KaiBefzeit,  tilg.  v.  Q.  lOMm.    49 


Gnchichte  der  deutschen  Kmerzeit  Ton  Wilhelm  Giesebrecht 
Erater  Band.  OrÖodung  des  Kaisertbums.  Zweite  veränderte  Auf- 
lage. Mit  eitter  Obersicbtskarte  von  H.  Eiepert.  Braunschweig^ 
tebmeUchie.  IMO.  Lex.  8.  871  S.  —  3  Tblr.  14  Sgr. 

Die  neoere  GeachicbtsachreibuDg  bat  Birgendwo  in  den  letzten 
Jaknehntea  einen  eo  giofaariigen  AuÜMsbwung  genommen  and  nirgend 
tiae  so  hohe  8Uife  der  Volliiommenheit  erreicht,  wie  in  Deutschland. 
Sie  nka  nirgend  auf  einer  so  tüchtigen  Grundlage  eingehender  Studien 
md  DeUHarbeiten  und  steht  auch  in  ihrer  kunstmalsigen  Entwickelang 
IMer  den  Leittungen  keiner  anderen  Nation  zurück.  Mau  darf  es  ge- 
Ktnwartig  wohl  ohne  Scheu  aussprechen,  dass  die  Behauptung,  die  man 
■icht  aeiCen  kort,  wir  Deutsche  hätten  kaum  erst  begonnen»  eine  den 
Prantonen  und  Engländern  ebenbärtige  historische  Literatur  hervorzu- 
bnngen,  den  ungerechtesten  Irrthum  enthält,  den  man  ersinnen  konnte. 
Inaweifellufl  Terhreitete  die  historische  Muse  jener  andern  Völker  einen 
^cwiaaen  %uhem  Olam  schon  früher  um  sich,  als  hei  den  Deutschen, 
aber  sehr  treffend  ist  in  dieser  Beziehung  die  Bemerkung,  welche  der 
VcrCMMT  der  deutschen  Kaiseigeschichte  in  seiner  Königsberger  Habili- 
tsüanarede  im  SonMner  des  vorigen  Jahres  gemacht  hat,  wenn  er  sagt, 
(Usi  man  nur  die  gleichzeitigen  Arbeiten  der  Franzosen  und  Deutschen 
m  Tergleicben  brauche,  um  zu  erkennen,  auf  weicher  Seite  «die  Soli- 
4iläl  der  Arlieit  und  die  Unbefangenheit  des  Urtheils*  zu  Anden  ist. 
«Wer  heute  die  Geschichte  der  Völkerwanderung  studiert  ^  dem  sind 
Vaaeov's  Arbeiten  noch  heute  unentbehrlich,  während  das  damals  sehr 
bewunderte  Buch  des  Abbe  Dubos  fast  verschollen  ist.  Niemand  wird 
m  fichrilUlelkrifieher  Kunst  Schlözer  einem  Voltaire  zur  Seile  steilen, 
«ber  an  Gründlichkeit  der  Forschung  und  Wahrheitsgefuhl  ist  der  Qöt- 
tiager  Profeaaor  dem  Schöngeist  von  Femey  weit  überlegen*  '). 

Wie  sehr  man  indessen  auch  die  häufige  Dnterschätzung  der  dcut- 
«heo  liisloriographie  namentlich  in  ihren  frühern  Entwickelungsstufen 
UiUgen  mag,  so  ist  doch  nicht  zu  verkennen,  dass  ein  gewisser  Grund 
ür  diese  Erscheinung  vorhanden  war.  Früher  als  bei  den  Deutschen  hat 
«ich  bei  den  Engländern  und  Franzosen  ein  nationales  politisches  Leben 
ungebildet,  welches  auf  ihre  geschichtliche  Literatur  nicht  blofs  einen 
Meutsamen  Einfluss  ausgeübt  hat,  sondern  ihr  selbst  Richtung  und  Gha- 
rftkler  gegeben.  Während  anderwärts  die  nationale  Geschichtsschreibung 


')  Es  ist  die  Antrittsrede  Giesebrecht's  bei  seiner  Berufung  als  o. 
Prefetser  der  Geschichte  an  die  Universität  Königsberg,  welche 
nachher  in  v.  Sybefa  historischer  Zeitschrift  veröffentlicht  wurde. 
Was  Gtesehrecht  hier  ül>er  die  Entwickelung  der  deutschen  Ge- 
Nchichtsschreibun^  bemerkt,  scheint  uns  überhaupt  das  bedeu- 
tendste,  was  an  diesem  Orte  oder  anderwärts  darüber  geschiieben 
wurde.  Und  wir  wollen  die  Gelegenheit  nicht  vorübergehen  las- 
sen, hierauf  aufmerksam  zu  machen. 


so    Gietehrechi,  Geschichte  d.  deutschen  Kafserz-eit,  ang.  y.  O*  Lmrent, 

bereits  ihre  wirksame  Vertretung  gefunden  hatte,  ist  es  charakteristisch, 
dass  bei  uns  ein  «Schlözer  zuerst  die  Grundsätze  einer  strengeren  Kritik 
und  methodischen  Forschung  an  der  Geschichte  der  Russen,  Osmanen 
und  Mongolen  zeigte*  Und  es  ist,  als  ob  sich  damit  noch  ein  eigenes 
Misgeschick  verbünde.  Das  früheste  deutsche  Geschichtswerk ,  welches 
aus  einem  grofsen* nationalen  Gesichtskreis  erwachsen  ist,  blieb  unvollen- 
det, und  auch  in  dieser  fragmentarischen  Gestalt  der  Welt  bis  auf  die 
jüngsten  Jahre  unbekannt.  Jedermann  sind  die  umfangreichen  Arbeiten 
bekannt,  welche  Leibnitz  für  die  Geschichte  der  Deutschen  gemacht  und 
vorbereitiet  hat,  aber  seine  Annales  Imperii ,  die  erst  Pertz  im  J.  1843 
herausgegeben,  würden  einen  epochemachenden  Einfluss  auf  die  histori- 
schen Studien  gewonnen  haben,  wenn  Leibnitz  sie  vollendet  oder  auch 
nur  in  dieser  ersten  Gestalt  verüfTentlicht  hätte.  Sie  sind  ein  wunder- 
bares Beispiel  tiefer  historischer  Kritik  in  dieser  frühen  Zeit^  so  dass 
man  auch  mit  unseren  soviel  weitergehenden  Queilenkenntnissen  in  einer 
ganzen  Anzahl  der  wichtigsten  Puncte  nur  zu  den  gleichen  Resultaten 
gelangen  kann.  Indem  aber  Leibnitzens  Werk  unbekannt  geblieben  ist, 
verhielt  sich  die  Geschichtsschreibung  noch  lange  wie  eine  dienende 
Magd  anderer  Disciplinen,  und  es  ist  erst  ein  in  der  neuesten  Zeit  ge- 
wonnenes Resultat ,  dass  die  Geschichte  eine  selbständige  unabhängige 
Stellung  im  Kreise  der  Wissenschaften  einnimmt  Sie  hat  bis  dahin  die 
Rolle  eines  Hilfsmittels  der  Theologie  oder  Jurisprudenz  gespielt,  und 
wurde  nur  nach  gewissen  praktischen  Zwecken  behandelt.  «Aus  Col- 
lectaneen  ziir  Kirchengeschichte  und  zu  antiquarischen  Studien,  wie  aus 
den  staatswissenschaflliehen  Deductionen  der  Rechtslehrer  sind  die  ersten 
historischen  Werke  hervorgegangen.* 

Der  gewaltige  Aufschwung,  den  dann  die  Geschichtsschreibung  im 
Anfange  dieses  Jahrhunderts  genommen ,  hieng  sogleich  mit  der  politi- 
schen Erhebung  der  Nation  aufs  innigste  zusammen.  Wahrhaft  treffliche 
Worte  sind  es,  die  Giesebrecht  hierüber  in  der  erwähnten  Rede  gespro- 
chen hat,  und  es  mag  gestattet  sein,  dieselben  hierher  zu  setzen,  da 
man  die  Bedeutung  seines  eigenen  Werks,  der  Geschichte  der  deutschen 
Kaiserzeit,  nicht  leicht  so  in  das  rechte  Licht  stellen  kann,  wie  es  durch 
sie  geschieht. 

«Die  nationale  Erhebung  war  der  Born,  ans  dem  unsere  Geschichts- 
wissenschaft neues  Leben  schöpfte;  der  nationale  Gedanke  wurde  die 
treibende  Kraft  derselben,  und  der  Glaube  an  die  unerschöpfliche  Lebens- 
fülle der  Nation  und  an  das  Vaterland  gibt  ihr  immer  von  neuem  Muth 
und  Frische.  Das  gröfste  und  folgenreichste  Unternehmen  für  unser 
modernes  Geschichtsstudium  ist  in  dem  Wahlspruch  begonnen  und  fort- 
geführt: Sanctui  amor  patriae  dat  animvm.  Wer  sich  nun  in  das 
Studium  der  Geschichte  vertieft,  der  hat  es  nicht  mehr  so  sehr  mit  einer 
abgestorbeneu  Vergangenheil,  mit  den  vorübergehenden  Wirkungen  vor- 
übergehender Ereignisse,  mit  den  Tugenden  und  Fehlern  längst  dahin- 
geschiodenor  Personen  zu  thun,  als  das  Leben  grofser  Nationen,  in  denen 


SieseöreeMi,  Geschichte  d.  deutschen  Kaiserzeit,  ang.  v.  O.  Lorenz    51 

die  Gedanken  Gottes  sich  gleichsam  Terkürpern,  in  seinem  Ursprung  und 
Wachstbum  zu  verfolgen  und  zu  begreifen.  Da  schlägt  sich  von  selbst 
die  Brücke  von  der  Vergangenheit  zur  Gegenwart;  das  Gestern  gewinnt 
Bedeutung  durch  das  Heute,  der  heutige  Tag  durch  entschwundene  Zei« 
ten;  da  erst  lebt  der  Historiker  nicht  mehr  im  Tode,  sondern  im  Leben, 
aber  in  einem^reicheren  und  bleibenderen,  als  das  schnell  verrauscliende 
Leben  des  Tages.  Wird  die  Geschichte  vom  nationalen  Gesichtspunct 
erfasst,  so  gewinnt  Bedeutung,  was  früher  kaum  beachtet  wurde,  und  in 
den  Mittelpunct  der  Betrachtung  treten  Momente,  die  man  bisher  als 
gleichgiltig  ansah.  Wer  konnte  da  noch  die  CuUurgeschichte  —  ein  so 
vieldeutiger  und  vielmisdeuteter  Name  —  als  eine  Olla  potrida  von 
tausend  Wunderlichkeiten  oder  als  eine  trockene  Aufzählung  neuer  Er- 
findungen und  Moden  betrachten?  Wer  das  Leben  der  Nationen  ergrün- 
den will,  muss  den  Innern  Zusammenbang  ihres  Staats-  und  Kirchen- 
lebens  erfassen,  muss  ihre  Sitte  und  ihr  Recht,  ihre  Sprache  und  Lite- 
ratur, wie  sie  innerlichst  mit  dem  Wesen  der  Nationen  verwachsen  sind, 
begreifen,  sich  in  die  ganze  Denk»  und  Anschauungsweise  der  Völker 
im  Laufe  der  Zeiten  hineinleben.' 

Wenn  mit  diesen  Worten  die  höchsten  Aufgaben  der  Geschichts- 
forschung nach  unseren  heutigen  Auffassungen  bezeichnet  sind,  so  darf 
man  sagen,  dass  Giesebrecht's  Kaisergeschichte  dieselben  wirklich  er- 
füllt Denn  hier  ist  ein  Blick  in  das  Gesammtleben  der  Nation  erttflfhet, 
wie  er  sie  heute  und  zu  allen  Zeiten  charakterisiert,  hier  ist  eine  Dar- 
stellung gegeben,  welche  uns  das  Culturleben  des  Volks  nach  allen  gei- 
stigen Richtungen  hin  zeigt  und  die  Entwickelung  desselben  verständ- 
lich macht.  Aber  Giesebrecht  hat  nicht  nur  die  Forderungen,  welche 
die  moderne  Wissenschaft  stellt,  in  gläqzender  Weise  erfüllt,  sondern 
sein  Werk  bezeichnet  selbst  einen  bedeutenden  Schritt  in  unserer  ge- 
schichtlichen Literatur.  Seit  jenen  Tagen  des  Aufschwungs  hat  sich  die 
historische  Muse  der  Deutschen,  indem  sie  sich  unserem  Alterthum  zu- 
wendete, fast  ausschliefslich  mit  der  Erforschung  des  Materials  beschäf- 
tigt. Die  aufserordentlichen  Anstrengungen  zur  Herbeischaffung  der  Quel- 
len unserer  ältesten  Geschichte  haben  eine  tiefe  Versenkung  in  die  streng 
gelehrten  kritischen  Arbeiten  nöthig  gemacht,  mit  welchen  sich  nicbf 
hei  allen  die  kunstmäfsige  Darstellungsgabe  verbindet;  vierzehn  Folio- 
Bände  reichhaltigsten,  kritisch  gesichteten  Quellenstoffes  waren  bereits 
vorhanden;  und  seitdem  mit  den  Jahrbüchern  des  deutschen  Reichs  die 
treffliche  Grundlage  einer  eigentlichen  Darstellung  dieser  Zeiten  gelegt 
war,  sind  noch  fa<tt  fünfzehn  Jahre  vergangen,  ohne  dass  jemand,  mit 
diesem  ausgebreiteten  Material  aufs  innigste  vertraut,  zugleich  an  eine 
dem  modernen  Geschmack  allgemeiner  zusagende  Bearbeitung  sich  ge- 
wagt hätte.  Indem  es  Giesebrecht  unternahm,  hat  er  gleichsam,  was 
aus  jener  nationeilen  Bewegung  der  Gemüther  entkeimte,  zur  Frucht  ge- 
staltet, und  der  Nation  selbst  zum  geistigen  Genüsse  bereitet.  Er  hat 
jene  Zeiten,  die  auch  den  weniger  Rundigen  in  ahnungsvollen  Bildeni 

4* 


6t    6ie$ebreeht,  Geschichte  d.  deutschen  Kaiserzeit,  ang.  v.  0.  lortt»* 

vor  der  Seele  schweben,  dem  allgemeineren  eindringenderen  Verständnis 
eröffnet;  er  hat  die  hohen  Gestalten  einer  grofsen  Vorzeit,  die  im  sagen- 
halten Gewände  unsere  Phantasie  so  gerne  beschäftigen,  uns  menschlich 
näher  gebracht,  er  hat  bewirkt,  dass  die  dunkeln  Vorstellungen  nebel- 
hafter Heldengrörsen ,  Welche  dem  Herzen  unseres  Volkes  nahe  stehen, 
sich  zur  Erkenntnis  grofser  politisch  nationaler  Charaktere  erheben,  deren 
Beispiel  zur  Nachahmung  auffordert.  Und  Giesebrecht  hat  dies  mit 
jener  so  auCserordentlich  seltenen  Kunst  gethan,  welche  in  sich  zwei 
scheinbar  verschiedene  Momente  vereinigt,  dass  sein  Werk  für  den  Ge- 
lehrten ein  unentbehrliches  Hilfsmittel  und  für  jedes  deutsche  Haus  ein 
verständliches  und  reizendes  Familienbuch  immer  sein  wird  und  theil- 
weise  schon  geworden  ist.  Giesebrecht  ist  Meister  der  Erzählung.  Er  besitzt 
den  epischen  Ton:  die  ruhige  aber  nie  beruhigte  Stimmung^  eine  Eigen- 
schaft, die  sich  weiC  seltener  unter  den  Historikern  findet,  als  man  glau- 
ben sollte.  Seine  Reflexionen  haben  einen  populären,  man  möchte  sagen 
Tolks verständigen  Charakter,  und  ruhen  überall  auf  der  tiefen  sittlichen 
Grundlage  einer  innigen  Überzeugung  und  nicht  selten  auf  dem  Anhauche 
einer  poetischen  Anschauungsweise:  er  verschmäht  es  nicht,  seinen  Ge* 
danken  in  Bildern  Ausdruck  zu  geben,  deren  symbolische  Bedeutung 
auch  dem  Berechnenden,  «der  kalt  von  der  Glosse  trieft,*  keinen  Augen- 
blick unverständlich  ist,  denen  aber  vor  allen  die  weicher  Gestimmten 
entgegenkommen;  eben  hierin,  in  diesem  Zug  des  deutschen  Wesens 
findet  seine  Sprache  ihre  Berechtigung ;  denn  auch  in  Vergleichungen 
des  menschlichen  Daseins  mit  den  Erscheinungen  der  Natur  oder  in 
Bildern,  die  uns  deu  geistigen  Gehall  des  Lebens  anschaulich  machen 
sollen,  oder  in  der  Erinnerung  an  Zeit  und  Ewigkeit,  in  dem  Hinweis 
auf  die  waltende  Gerechtigkeit,  die  göttliche  Vorsehung  darf  der  deutsche 
Geschichtschreiber  auf  die  innige  Theilnahmc  seines  Volkes  rechnen. 

Man  dürfte  nun  aber  nicht  denken,  dass  Giesebrecht  neben  der 
Eigenlhümlichkeit  seiner  Darstellungsweise  die  kritische  Schärfe  und 
philologische  Genauigkeit  in  Untersuchung  seines  Stoffes  weniger  eigen 
wäre.  Wer  erinnert  sich  nicht  seiner  meisterhaften  Detailforschungen 
über  die  Altaicher  Aunalen,  der  sorgfältigen  Arbeit  des  jüngst  publicier- 
ten  Registrum  Gregor's  VII.,  jener  ganzen  Reihe  von  Untersuchungen  in 
den  Jahrbüchern.  Auch  in  den  Anmerkungen  dieses  Werkes  lassen  sich 
oft  in  wenigen  schlagenden  Bemerkungen  die  mühsamsten  Untersuchun- 
gen erkennen:  auf  die  historische  Darstellungsweise  bleibt  diese  gei- 
stige Reinlichkeit  nicht  ohne  Einfluss;  nicht  allein,  dass  sie  eine  Sorg- 
samkeit des  Stils^herbeiführt,  die  nach  dieser  zweiten  Auflage  des  Buchs 
den  höchsten  Forderungen  genügt,  selbst  in  der  Art  und  Weise  der 
Mittheilung  flndet  man  diese  Strenge  und  Schärfe  des  Verfassers  gegen 
sich  selbst.  Es  ist  schon  hervorgehoben  worden,  wie  schwierig  es  war, 
in  einer  zusammenfassenden  Einleitung  die  gesammte  Bewegung  der 
deutscheu  Geschichte  zu  zeichnen.  Aber  wie  detailliert  scheint  uns  da 
bei   aller  Allgemeinheit   die    Erzählung.      Indem    nichts,    was  wirklich 


€UM§reeAi,  Geschiebie  d.  deuUcbeo  Kaiserzeiti  apg.  v.  0.  lonm.    69 

#pocbemacheod  wirkte,  uiiver«laadlicb  gelassen  ist,  merkt  man  kaum 
die  gedrängte  Darstellung,  Viie  genau  und  präcise  sind  die  Begriffe 
der  ältesten  Hechts-  und  Staatseinrichtutigen  gefasst,  wie  ist  das  Kaiser- 
thum  und  seine  Bedeutung  so  klar  gezeichnet,  wie  gliicklich  ist  der 
Hr.  VrL  bier  mit  wenigem  den  falschen  Auffassungen  entgegengetreten, 
welche  über  dieses  wichtigste  Institut  verbreitet  werden,  wie  lebendig 
leicbnet  er  das  Entstehen  des  römischen  Beichs  deutscher  Nation.  Man 
fioidet  überall  präcise,  streng  historiscbe  Fassung  mit  anmutbigcr  Er- 
zäUung  in  schöner  Vereinigung.  In  der  Charakteristik  der  Personen 
hat  Giesebrecbt  die  Mitte  gewählt  zwischen  der  oft  nur  zu  sehr  will- 
kürlich gearteten  rein  psychologischen  Deductiou  und  der  aus  den  äufsern 
Handlungen  der  Mensehen  entnommenen  Erkläruugsweise.  Wir  lernen 
seine  Charaktere  vor  allem  in  ihren  öientlichen  Ankündigungen  vor- 
zugsweise durch  ihre  Handlungen  kennen,  aber  nirgend  lässt  er  uns 
über  ihre  Ideen  und  Absichten,  ihre  natürliche  Befähigung  und  geistige 
Bildung,  über  ihr  inneres,  man  möchte  sagen  häusliches  Leben  im  Un- 
klaren. Nicht  blols  von  den  rein  politischeu  Gesichtspuncten  aus  bc" 
trachten  wir  die  gewaltigen  inoern  Kämpfe  unter  den  Ottooen,  bis  in 
die  Tiefe  der  Familie  eröffnet  uns  Giesebrecht  einen  Blick  er  zeigt  uns 
in  Otto  dem  Grofsen,  wie  er  von  seinem  Sohn  Ludolf  angegriffen  ist, 
nicht  Allein  die  beleidigte  Majestät  des  Königs,  er  sucht  vielmehr  auch 
den  Schalen  des  Vaters  zu  schildern,  und  geht  tief  diesen  Regungen 
des  Oetübls  nach.  Seine  Charakterzeichnungen  bewirken,  dass  der 
Leser  nidbt  blofs  den  politischen  Gedanken  der  Ottonen  mit  Interesse 
folgt,  sondern  auch,  dass  er  das  säclisiscbe  Maus  liebgewinnen  mag. 

Indem  wir  uns  aber  die  Vorzüge  von  Giesebrecht  $  Geschichts- 
schreibung klar  EU  machen  suchen,  müssen  wir  auch  noch  d<i8  hervor- 
heben, was  dem  Buche  ein  aügemeineres  als  blofs  deutsches  Interesse 
verleiht.  Wenn  wir  es  im  eigentlichsten  Sinne  als  ein  echt  nationales 
Werk  bezeichnen  und  begrüfsen  durften,  so  ist  doch  dies  nicht  in  dem 
enghenigen  Sinne  zu  verstehen,  in  welchem  dieses  Wort  nur  zu  häufig, 
wenn  auch  nicht  von  den  Deutschen ,  gebraucht  wird.  Muss  schon  der 
Gegenstand  selbst  einer  deutschen  Kaisergeschichte  den  Blick  des  Histo- 
rikers erweitern  und  verallgemeinern,  so  gut  dies  von  Giesebrecht  ganz 
besonders,  und  seine  Darstellung  deutsclier  Verbälluisse,  sein  Sinn  und 
seine  Begeisterung  fir  dieselben  heben  sich  auf  dem  breiten  Hintergrund 
einer  universalhistorischen  Betrachtuugsweise  nur  desto  besser  hervor. 
Er  verfolgt  mit  gleichem  Interesse  wie  die  deutschen  die  italienischen 
Zustände,  nicht  weniger  iässt  er  sich  da  in  die  Details  einer  nalionell 
sich  verschieden  gestaltenden  Entwickelung  ein.  Von  dem  hohen  Ge- 
danken Roms,  dessen  Einwirkungen  dem  Mittelalter  seinen  Charakter 
gaben,  ist  er  in  tiefer  Seele  erfüllt,  und  er  zeigt  überall  die  historiscbe 
Bedeutung  einer  Idee,  welche  der  romanisch-germanischen  Nation  ihre 
Einheit  und  ihre  gemeinsame  Unterlage  geschaffen  hat  Da  Iässt  sich 
nicht  VM  einer  einseitig  nationalen  Auffassung  sprechen,  welche  Gedan- 


54     GieseörecAi,  Geschichte  d.  deutschen  Kaiserzeit,  ang.  v.  0.  idfrem. 

ken  der  Gegenwart  in  die  historische  Arbeit  tragen  würde.  Nor  in  dem 
einen  echten  und  berechtigten  Sinne  schliefst  sich  das  Wort  auf  das  engste 
unserer  heutigen  Denkungsweise  an,  dass  darin  die  Macht  und  Hoheit 
des  deutschen  Volks  als  sein  eigenstes  selbständiges  Product  erscheint, 
als  das  Resultat  einer  Innern  lebensvollen  Kraft,  welche  die  edelsten  Ge- 
staltungen des  Cultur-  und  Staatslebens  aus  sich  selbst  und  allein  auf 
sich  angewiesen  hervorgebracht  hat.  Cnd  weil  das  Kaiserthum  in  einer 
so  offenkundigen,  in  sich  abgeschlossenen  Periode  der  Geschichte  den 
gewaltigen  Trieb  staatlicher  Gestaltung,  der  in  der  deutschen  Natur 
liegt,  so  klar  beweist  und  so  sehr  zur  Anschauung  zu  bringen  geeignet 
ist,  darum  muss  es  als  ein  glückliches  und  epochemachendes  Unterneh- 
men in  unserer  Zeit  erscheinen,  dass  Giesebrecht  in  einem  allgemein 
zuganglichen  Werk  die  Entwickelung  und  die  Schicksale  desselben  be- 
handelt hat 

Die  zweite  Auflage  des  Werkes  unterscheidet  sich  nicht  so  we- 
sentlich von  der  ersten,  als  man  auf  den  ersten  Blick  denken  mOohte. 
Wir  können  eben  deshalb  den  Wunsch  nicht  unterdrücken,  dass  für  die 
Besitzer  der  ersten  Auflage  ein  Verzeichnis  der  wesentlichen  Änderungen 
möchte  ausgegeben  werden ,  wie  dies  in  neuerer  Zeit  öfters  geschehen  ist. 

Von  den  neuesten  seit  dem  Erscheinen  der  ersten  Auflage  heraus- 
gegebenen Werken  haben  M.  Büdinger's  Österr.  Geschiebte  und  unter  den  Ab- 
handluogen  wohl  Fr.  Löher's  *  König  Konrad  I.  und  Herzog  Heinrich  von 
Sachsen  die  bedeutendsten  Einflüsse  auf  Umgestaltung  einzelner  Puncto 
hervorgerufen.  Was  die  Quellenerweiterung  in  den  letzten  Jahren  be- 
trifft, so  ist  nur  auf  zwei  neuentdeckte  Schriften  sagenhaften  Charakters 
hinzuweisen,  welche  aber  Giesebrecht  Gelegenheit  gegeben  haben  zu 
einem  sehr  interessanten  Excurse,  in  dem  namentlich  das  lang  be- 
strittene Verhältnis  der  sogenannten  Historia  Imperatorum  zu  dem  Zeit- 
buche Eikes  von  Hepkow  völlig  sichergestellt  und  erklärt  wird.  Es 
ist  nämlich  eine  Königsberger  Handschrift,  die  eine  Weltchronik  enthalt, 
welche  dem  Zeitbucbe  zu  Grunde  liegt,  und  wornach  die  Historia  Im- 
peratorum als  eine  spätere  Quelle  und  Rückübersetzung  mit  Gewissheit 
sich  erweist.  Eben  diese  Königsberger  Weltchronik  zusammengehalten 
mit  dem  von  Pertz  XVI.  48  veröffentlichten  Annales  Palidenses  lässt  aber 
noch  eine  andere  interessante  Bemerkung  machen.  Durch  diese  beiden 
sagenhaften  Quellen  werden  wir  nämlich  über  das  Factum  einer  mythi- 
schen Fortbildung  der  alten  Kaisergeschichte  viel  genauer  unterrichtet, 
als  diess  früher  der  Fall  war;  und  es  lässt  sich  nun  feststellen,  wie  in 
Sachsen  sich  eine  Tradition  ausgebildet  hat,  die  neben  der  wahren  Ge- 
schichtsdarstellung hergieng  und  ähnlich  wie  in  den  alten  Völkerwan- 
derungssagen dem  geschichtlichen  Inhalt  eine  rein  erdichtete  Gestalt  ge- 
geben hat. 

Dass  Giesebrecht  überhaupt   auch   in   seiner   zweiten  Auflage  der 

Quellenerörterung  einen  verliältnismäfsig    grofsen   Raum    zuwendet,    ist 

hohem  Grade  zu  billigen,  und  es  wäre  kaum  zu  rechtfertigen 


^katrecki^  Geschichte  d.  diuUcheii  Kaiserzeit,  Dag.  v.  0.  Lorenz.    55 

l^eseD,  wcDO  er  sieh  durch  Wattenbach's  Handbuch  bätle  bestimmen 
iMsen,  scioe  treffliche  Einleitung  in  das  Quellenstudium  wegzulassen. 
Dton  wahrend  Wattenbach's  Geschichtsquelien  Deutschlands,  wenngleich 
fie  dieselbe  Zeit  umfassen,  dennoch  nur  dem  strengeren  Fachmanne  von 
Werth  sein  kOnoen,  ist  hier  ein  Bild  der  historischen  Thätigkcit  des 
MittelallerB  gegeben,  welches  auch  der  Laie  nicht  ohne  den  Eindruck 
einer  schon  in  jener  Zeit  gewaltigen  geistigen  Regsamkeit  auf  diesem 
Miete  aus  der  Hand  legen  wird. 

Was  an  eigentlich  sachlichen  Änderungen  die  zweite  Auflage  dar- 
bittet, das  betrifft  in  erster  Reihe  eine  Anzahl  von  Urkunden,  welche 
Giesebrecht  früher  noch  für  echt  gehalten  hat,  die  sich  aber  nachgerade 
doch  als  sicherlich  gefälscht  erkennen  liefsen.  Zunächst  gleich  jener 
trief  Hatto*s  von  Mainz  an  den  Papst  Johann  IX.,  der  von  Boczek  her- 
iusgegeben  und  in  die  Reihe  der  lange  unentdeckten  Falsificationen 
gehört,  die  der  erste  Band  des  Codex  diplom.  Moraviae  darbietet.  Eine 
andere  Crkunde,  über  welche  sich  eine  lebhafte  Discussion  entsponnen 
hatte,  ist  die  Bulle  Papst  Leo's  VIL,  welche  die  Ansprüche  Pass&u's  auf 
die  Mrtropolitengewalt  erweisen  sollte.  Dümmler  hat  dieselbe  zuerst 
für  iiiiecht  erwiesen,  und  Bfidinger  sich  demselben  angeschlossen.  Giese- 
brecbl  bat  nun  von  dieser  und  den  andern  ihr  verwandten  Bullen  kei- 
len Gebrauch  mehr  gemacht.  Damit  hängt  es  dann  zusammen,  dass 
auch  über  die  Bekehrung  der  Cngam  zum  Christenthum  die  Darstellung 
auf  Grundlage  jener  beiden  genannten  Schriftsteller  geschah.  Vergl.  die 
AoB.  zu  S.  Vb%  und  S.  734—738. 

lo  Bezug  auf  anderweitige  Änderungen  scheint  es  sehr  gerecht- 
fertigt, dass  die  grosse  Niederlage  der  Baiern  auf  den  28.  iuni  907  ge- 
Mtzt  worden  ist  (Anm.  zu  8.  169—174).  Ober  die  Familiengeschichte 
der  Ludolfinger  ist  auch  noch  Waitz  in  den  Jahrbüchern  1.  1.  S.  132 
herbeigezogen  worden  (Anm.  zu  185).  Der  Todestag  Ludwig  I.  ist  ge- 
genwärtig durch  das  Necrologium  Augiense  ermiUelt  (S.  188).  Die  Vcr- 
gleichung  der  königlichen  Macht  in  Deutschland  mit  dem  Brelwaldathum 
ift  mit  Rücksicht  auf  Löher's  Bemerkung  weggeblieben  (Anm.  zu  208). 
fiber  Otto's  Wahl  und  Krönung  kann  zwar  hei  dem  klaren  Quellenver- 
baltois  in  dem  factischun  keine  MeinungsdilTerenz  bestehen ;  die  Hinzu- 
fsgung  von  Phillips'  Die  deutsche  Königswahl  wird  nur  den  Sinn  haben, 
dass  dort  das  Material  gesammelt  ist  (Anm.  zu  241—246).  Bei  der  Le- 
beosgeschichte  des  hl.  Adalbert  wurde  auf  Büdinger  1.  319  ff.  Rücksicht 
genommen. 

Auch  in  der  Darstellung  und  Fassung  selbst  findet  sich  in  der 
iwfitcn  Auflage  manches  neue,  was  nicht  unwesentlich  zur  Hebung  des 
Ganzen  beigetragen  hat.  In  Bezug  auf  dns  II.  und  III.  Buch  des  Werks 
ist  dies  schon  aus  den  Anmerkungen  zu  erkennen.  In  Bezug  auf  das 
I.  Buch  waren  eine  grofse  Anzahl  von  Verbesserungen  anzumerken.  Be- 
lOoders  hervorheben  wollen  wir  nur  einiges.  S.  Ol  vgl.  alte  Aufl.  86 
ist  die  Geschiebte  der  Avarou  vielfach    nach  den    neueren  Forschungen 


56    €4e§€^e€kf,  Geschiebte  d.  deutschen  Kaiserzeil,  ang.  v.  O.  /arem. 

rectificiert,  auch  die  Regierungsjahre  Samos'  sind  richtig  angegeben. 
S.  92  ff.  ist  die  Darstellung  des  Verfalls  des  alten  fränkischen  König- 
thums  vielfach  anders  gefasst,  auch  eine  besondere  Überschrift  *Die 
Pippiniden  als  Hausmeier  gewählL  S.  100  wurde  die  Erzählung  der 
bai arischen  Bekehrungen  mit  Rucksicht  auf  Büdinger's  in  diesem  Theile 
besonders  interessante  Forschungen  umgestaltet.  S.  150  ist  die  Hinzu- 
(ügung  des  Titels  sehr  zweckgemäfs.  S.  167  wird  Ober  die  Wahl  Lud- 
wig's  des  Kindes  in  anderer  Weise  gesprochen  als  S.  153  der  alten  Auf- 
lage, wie  sich  schon  aus  den  Anmerkungen  ergibt.  Statt  der  in  der 
alten  Auflage  vorkommenden  Tochter  Baba  Otto's  von  Sachsen  ist  S.  188 
nur  von  einer  Tochter  die  Rede.  Der  böhmische  Krieg  Heinrich's  1. 
(S.  226)  ist  gleichfalls  mit  Rücksicht  auf  Büdinger's  Österr.  Geschichte 
veraudert  worden.  S.  277  ff.  weicht  von  257  der  alten  Auflage  in  der 
Darstellung  nicht  unerheblich  ab.  Bei  S.  439  bemerken  wir  endlich  mit 
Vergnügen  die  Zurechtweisung  der  irrthümlich  verbreiteten  Ansichten 
über  die  Grundlagen  des  deutschen  Kaiscrthums. 

Aufser  diesen  gröfseren  Änderungen  wären  noch  eine  grofse  Menge 
stilistischer  Verbesserungen  anzugeben.  Auf  einige,  die  auch  den  Sinn 
nicht  ganz  unberührt  lassen,  mag  noch  durch  Citate  aufmerksam  ge- 
macht werden.  So  ist  zu  vergleichen  der  alten  Auflage  S.  27  mit  der 
neuen  S.  29  und  31»  49  und  51,  63  und  66,  67  und  71,  72  und  76, 
83  und  88,  93  und  99,  136,  147,  260  und  279,  398  und  420  u.  s.  w. 

Es  ist  dies  hier  besonders  für  die  Besitzer  der  ersten  Auflage 
bemerkt  und  mag  ihnen  cinigermafsen  ein  Varianten  Verzeichnis  ersetzen* 
Im  übrigen  sind  auch  last  alle  Capitelaufschriflen  präclser  und  einfacher 
gefasst  worden,  und  erscheinen  dadurch  vielfach  geschmackvoller;  und 
um  endlich  eine  Äufserlichkeit  nicht  unerwähnt  zu  lassen ,  so  sei  be- 
merkt, dass  die  Jahreszahlen,  welche  früher  als  Marginalien  erschienen, 
nun  in  den  Text  hincingcsetzt  sind.  Welches  die  bessere  Form  ist, 
darüber  lässt  sich  nicht  leicht  etwas  sagen:  Mommscn  hat  es  bei  seiner 
römischen  Geschichte  gerade  umgekehrt  gemacht,  er  setzte  die  Jahres- 
zahlen erst  im  Text,  dann  in  margine  bei.  Jedenfedls  ist  dadurch,  dass 
Giesebrecht  auf  jeder  Seite  oben  die  betreffenden  Jahreszahlen  beifügt, 
die  Obersichtlichkeit  hinlänglich  gewahrt. 


Eine  schöne  Bereicherung  der  neuen  Auflage  ist  die  Kiepert'sche 
Karte  Deutschlands  um  das  Jahr  1000,  eine  Zeichnung ,  die  in  der  That 
noch  nicht  ihres  gleichen  hat  in  der  mittelalterlichen  Geographie.  Die 
grofse  schwierige  Aufgabe,  die  verschiedenen  Gebiete  und  Stammesländer 
auf  einer  deutschen  Karte  unter  dem  einheitlichen  Bande  des  Reichs 
erscheinen  zu  lassen,  ist  hier  auf  das  glücklichste  gelöst. 

Die  Elntheilung  in  die  alten  Stammesherzogthüroer  bildet  die  Basis 
der  Karte,  die  vielen  fürstlichen  Territorien  sind  noch  nicht  sichtbar,  — 
vielleicht  ist  hierin  etwas  zu  wenig  getban,  denn  mindestens  die  erz- 
bischöflichenGebiete  halten    wohl   angezeigt  sein    können.     Dici    Karte 


».  Mfßke,  denUclM  ForschuDgen,  ang.  v.  Jf.  BSdHk§tr.  57 

freilich  eben  dureh  die  Vermeiduiig  vieler  Striehe  und  Linien 
fiMB  so  schönen  und  harmoui.schen  Eindruck,  aber  die  geistiicheii  Ge- 
biete und  doch  kaum  lu  entbehren.  Einzelne  Unrichtigkeiten  haben 
licfc  eiBgeMfaiictien ,  tvie  es  denn  sonderbar  ist,  dass  gerade  in  Giese- 
knchts  Buch  dai  Squillaoe  des  Chronicoo  cavense  auf  der  Karte  er- 
«cieiat.  Ebenso  sind  ü^Ui  Grenzen  von  Öslerreicb  gegen  Ungarn,  dann 
die  voa  Klratben,  Steiormark  und  Krain  nicht  ganz  richtig  gezogen, 
fmer  sollte  Wien  um  das  Jahr  1000  fiiglich  weggelassen  sein.  Die 
SehftilHing  der  Namen  ist  ungleich,  B^joarien,  A'echlam,  Brno  und  01- 
möfz,  Gdanek  und  Glogau.  Dagegen  finden  wir  Garde  Frainet  wieder 
an  seiaem  richtigen  Platz  verzeichnet.  Jedenfalls  wird  die  Karte  mit 
einigen  weaigen  Besserungen  für  eine  lange  Zeit  die  brauchbarste  und 
nitilicbsle  sein  unter  allen ,  die  es  versuchen ,  die  unsichcm  Momente 
IcBfr  frühes  Oeschicbtsvcrhaltoisse  zu  Gxiercn. 

Wien.  Oltokar  Lorenz. 


Rudolf  Köpke.  Deutsche  Fcm^chungen.  —  Die  Anfänge  de«  Kö- 
oigibuas  bei  den  Gothen.  Berlin,  Weidmann  sehe  Buchhandlung. 
1869.  8.  tSe  S.  —  1  Thir.  6  Sgr. 

Die  deulache  GeschichtsCorschung  verweilt  immer  besonders  gern 
kei  den  Gotbe«,  und  In  der  That  verdienen  dieselben  auch  noch  bei  uns 
Spilgeborenen  vor  anderen  deutschen  Stämmen  eine  eingehende  und 
liebevolle  Betrachtung.  Sie  habenj  zuerst  den  Beruf  der  germanischen 
Volker,  mit  ihret  eigenen  Art  den  geistigen  Erwerb  des  fiömerreiches  zu 
«crschmelseD,  vor  der  Welt  offenbart  und  denselben  mit  vollem  Bewusst- 
«eio  und  ernstem  Willen  zu  erfüllen  sich  bestrebt:  der  Ostgothenstaat 
ut  wesentlich  diesem  noch  vorzeitigen  Bemühen  zum  Opfer  gefallen. 
Die  kc-ldcnludte  Art  des  ganzen  Volkes,  seine  kühn  und  zäh  zusammen- 
haltende Ausdauer,  dazu  seine  wunderbare  Anstclligkeit  für  alle  Künste 
4es  Friedens,  ßr  Ackerbau  und  Uandwerk,  für  Administration  und  Li- 
teratur müssen  bei  jedem  Beobachter,  um  wie  viel  mehr  bei  dem  deut- 
icbes,  freudige  Bewunderung  erwecken. 

Fir  die  gothische  Geschichte  ist  denn  namentlich  in  den  letzten 
JabrzefanleBy  seil  dem  Beginne  jener  alle  Gebiete  des  germanischen  Al- 
tcfthums  umfassenden  Quellenforschung,  nicht  weniges  geleistet  worden, 
.dachst  deo  allgemeinere  Zwecke  verfolgenden  Werken  von  Sybel  und 
Waili,  die  hier  in  erster  Linie  zu  nennen  sind  und  von  denen  u  B«  das 
entert  durch  Ao/hellung  des  Phylenwesens  bei  den  Gothen  in  der  Zeit 
des  Donaufiberganges  ein  nunmehr  allseitig  anerkanntes  Besultat  gewon- 
aen  hat,  ist  eine  Reibe  von  Einzeluntersucbuugen  über  die  Quellen  go- 
Ikiicker  Geschichte  erschienen,  darunter  Arbeiten  von  Jacob  Grimm  und 
Villenhoff,  so  dass  ältere  zum  Theil  so  verdienstliche  Werke  ,wie  Man- 
«t'i  OstgotheBgescbichte,  völlig  in  den  Hintergrund  gedrängt  sind. 

Es  niufte  uttler  diesen  Umständen  sehr  erwünscht  sein,  wenn  ein 


68  R.  äi^ke,  deuUche  ForbchungeOi  aog.  v.  M,  äädüiger. 

Forscher  von  der  Gelehrsamkeit  und  Sorgfalt  des  Hrn.  Rudolf  Köpke  eine 
neue  susammenhängende  Prüfung  des  Materiaies  und  damit  zugleich 
eine  Zusammenstellung  der  bisher  gewonnenen  Resultate  vornahm. 

Denn  diese  umfassendere  Aulgabe  verfolgt  das  vorliegende  Bach, 
dem  das  Institut  dos  KOnigthums,  welches  kaum  mit  Recht  den  Titel 
bildet,  nur  als  Leitfaden  dient,  um  eine  lange  Reihe  von  kritischen  Un- 
tersuchungen über  Fragen  der  gothischen  Geschichte  und  ihrer  Quellen- 
schriften daran  zu  knüpfen.  Indem  nun  überdies  beides,  die  Untersu- 
chung des  Thatbestandes  und  der  Charakter  der  überliefernden  Quelle, 
zuweilen  in  einem  Zusammenhange  vorgenommen  wird,  wird  das  Ver* 
standnis  des  Ganzen  für  den  Leser  nicht  gerade  erleichtert,  und  auch 
für  den  mit  dem  Gegenstande  vertrauteren  erfordert  es  einige  Mühe,  bei 
den  zahlreichen  Digressionen  der  Arbeit  die  Hauptrichtung  nicht  zu  ver- 
lieren. Es  ist  diese  Gefahr  aber  um  so  gröfser,  als  der  strenge  Ton  der 
Untersuchung  sich  nicht  selten  in  eine  behaglich  darstellende  epische 
Breite  verwandelt 

Es  war  um  so  unerlässlicher ,  diese  Mangel  der  Anlage  und- Form 
hervorzuheben,  welche  wesentlich  aus  dem  vergeblichen  Bemühen  einer 
Vereinigung  verschiedenartiger  Zwecke  hervorgehen,  als  wir  die  reich- 
liche Belehrung  bereitwillig  anerkennen,  die  wir  der  vorliegenden  Schrift 
verdanken,  und  als  uns  die  bedeutenden  Ergebnisse  erfreuen,  welche 
durch  dieselbe  gewonnen  worden  sind.  Es  sind  dieselben,  wie  man 
nach  dem  früher  gesagten  erwarten  darf,  dreifacher  Art:  für  Quellenkri- 
tik, für  Institute  des  öffentlichen  Rechtes,  für  einzelne  Begebenheiten. 

Grofses  Verdienst  darf  der  Hr.  Vfr.  mit  gutem  Grunde  auch  hier 
wie  bei  früheren  Gelegenheiten  in  ersterer  Beziehung  in  Anspruch  nehmen. 
*Tacitu8,  Jordanis,  Cassiodorus'  werden  in  drei  nach  ihnen  genannten  Ab- 
schnitten einer  eingehenden  und  für  die  beiden  letzteren  namentlich  von 
erwünschtem  Erfolge  begleiteten  neuen  Prüfung  unterzogen,  fn  Bezug 
auf  Tacitus  möchte  ich  namentlich  hervorheben,  dass  in  dem  Nachtrage 
des  Werkes  (S.  208  ff.)  in  durchaus  überzeugender  Weise  dargethan 
wird,  wie  dem  grofsen  Geschichtschreiber  eine  Schilderung  der  Sitten, 
sei  es  der  Germanen  allein ,  sei  es  der  skythischen  Völker  überhaupt, 
zu  denen  dann  auch  Germanen  gerechnet  waren ,  in  den  Historien  des 
Sallustius  vorlag,  aus  denen  dieselbe  Partie  auch  von  Horaz  für  die 
Schilderung  der  Geten,  von  Trogus  Pompejus  und  Virgil  für  die  der 
Skythen  benutzt  worden  ist.  Sallustius  knüpfte  seinerseits  wohl  an  die 
entsprechende  Schilderung  der  Germanen  bei  Caesar  an,  aber  man  wird 
den  Beweis  völlig  überzeugend  finden,  dass  nicht  dieser,  wie  sicher  er 
auch  anderweitig  von  Tacitus  benutzt  ist,  sondern  nur  Sallustius  an  den 
betreffenden  Stellen  (Germania  18,  19,  26)  vorgelegen  haben  kann.  In« 
dem  der  Hr.  Vfr.  ferner  erinnert,  dass  andere  Stellen  des  Buches  über 
Germanien  nicht  nur  unmittelbar  auf  Caesar  (in  c.  9,  11)  und  der  Na- 
turgeschichte —  schwerlich  den  von  dem  Autor  selbst  citierten  *  germa- 
nischen Kriegen    —  des  Plinius  (in  c.  1,  28,  45)  beruhen,  indem  er  über- 


Ü.    Jr#Ar,  df  ulKche  Fonchungeu,  ang.  v.  M,  BwUnger,  59 

dkm  die  Benutzung  des  Livius  und  Vellejus  mindestens  sehr  wahr- 
sehcinlieh  nucht,  eröffnet  sich  für  das  unschätzbare  Schrifichen  ein 
iMer  Gesichtspunct,  indem"  man  die  sorgfältige  Vorbereitung  desselben 
Mcb  Ton  Seiten  des  alteren  literarischen  Materiales  kennen  lernt. 

Nach  allem ,  was  über  Jornandes  gesagt  ist »  wobei  Ref.  gelc- 
gciUieh  bemerken  will,  dass  er  die  germanische  Form  der  handschrift- 
Üek  firtilich  besser  bezeugten,  biblischen  *Jordanis'  fortwahrend  vorzieht, 
hu  die  vorliegende  neue  Betrachtung  seiner  Werke  doch  sehr  erheb- 
liche Resultate  zu  Tage  gebracht  ~  Ergebnisse,  die  um  so  mehr  für 
lesiehert  gelten  dürfen,  als  eikie  gleichzeitig  beendete  Dorpater  Disser- 
tation von  Schirren,  die  dem  Ref.  übrigens  noch  nicht  zugekommen 
in,  ganz  zu  denselben  Zielen  gelangt  ist  Es  ist  hier  nicht  der  Ort, 
Mf  die  betreffenden  Specialfragen  einzugehen ;  doch  wollen  wir  consta- 
ticrcB,  dass  der  sogenannte  Geschichtschreiber  der  Gothen  sich  mehr  und 
■ehr  als  ein  Mann  von  eben  so  wenig  Gelehrsamkeit  als  Einsicht,  aber 
ab  einen  leidlich  fleiCsigen  Abschreiber  zu  erkennen  gibt,  dem  für  seine 
golhische  Geschichte  Cassiodors  grofses  Werk  und  nicht  etwa  Familien- 
tradiUoa  oder  Volkssage  alles  werthvoUe  geliefert  hat.  Dieses  auf  das 
crwüntchteste  begründete  Ergebnis  führt  nun  den  Vfr.  zu  einer  Cnter- 
sschung  ober  Gassiodorus  selbst;  diese  bringt  zunächst  werthvoUe  Bei- 
Irige  für  das  Leben  desselben  (unter  anderem  stellt  sie  fest ,  dass  er  den 
leinaaen  Senator  zum  Unterschiede  von  seinem  Vater  führte,  der  eben- 
fülfl  in  hohen  Staatsämtern  stand,  S.  85  ff.);  dann  kennzeichnet  sie  die 
■aturliche  Richtung,  welche  seine  historiographische  Thäligkeit  neh- 
■cQ,  wie  sie  durchaus  auf  Versöhnung  der  Römer  mit  ihren  gothi- 
ichen  Gebietern  hinwirken  musste,  denen  Gassiodorus  selbst  sich  mit 
feinem  ganzen  Wesen  ergeben  hatte.  Bei  jeder  Gelegenheit  schärft  er 
namentlich  den  Provincialcn  die^  Erlauchthcit  des  Königshauses  ein 
(S.  93),  und  indem  er  die  Gothen,  die  Geten  und  die  alten  Skythen 
idcntificierl,  bringt  er  für  das  Königshaus  einen  in  die  Urzeiten  reichen- 
den Stammbaum  zu  Stande,  welchem  die  Römer  nichts  ähnliches  an  die 
Seite  setzen  können  (S.  90  ff.).  Tradition  und  Heldensage  worden  dabei 
it  bestimmter  Absicht  mit  den  Resultaten  gelehrter  Forschung  verbun- 
den.— In  Bezug  auf  die  in  dem  vorliegenden  Buche  geübte  erfolgreiche 
QoeUenkrilik  mag  das  gesagte  genügen. 

Was  die  politischen  Institute  betrifft,  so  geht  dasselbe  von  der 
ältesten  Gestalt  des  Königthums  bei  den  Gothen  aus,  im  Anschlüsse  an 
die  bekannten  Worte  der  Germania  (c.  44).  Wenn  wir  nun  hierbei  auch 
■it  dem  Hm.  Vfr.  gern  annehmen  wollen,  dass  jenes  Königthum,  das 
'pmk  kum  adäueäm'  geübt  wurde,  ein  vorherrschend  kriegerisches 
war  (S.  11)»  und  dass  es  doch  auf  freier  Unterordnung  unter  einen  hö- 
heren Willen  beruhte  (S.  6),  wie  das  ^obMequiurri  sie  mit  sich  bringt, 
so  mÜMen  doch  die  Schlussfolgerungen  aus  der  Analogie  des  schwedi- 
•eben  Königlhums  (S.  30—36)  auf  die  uns  schlechterdings  unbi'kannte 
llahir  des  ältesten  gothischen  bedenklich  erscheinen,  und  selbst  die  drei 


60  M.  Mdphe,  deutsche  Forscbungeo,  aog.  v.  M.  BddHiger. 

GrulKibegUDdtbeile  des  ältesten  Staatslebens,  wie  sie  Hr.  Köpke  S.  43 
als  Resultat  dieses  Tbeiles  der  Ontersuchung  zeichnet!  König,  Fürsten- 
ratb;  Volksgemeinde,  gehen  nicht  über  das  Mafs  der  Wahrscheinticbkeit 
hinaus. 

Als  einen  hohen  Gewinn  dieses  Abschnittes  betrachtet  aber  Ref. 
die  Auseinandersetzungen  über  den  ältesten  germanischen  Principat,  und 
es  dürften  sich  dieselben  als  die  schönste  Partie  unter  den  staatsrecht- 
lichen Untersuchungen  dos  Buches  bezeichnen  lassen.  Wir  bemerken 
hier  nur,  dass  der  Hr.  Vrf.  wieder  das  Recht,  ein  Gefolge  zu  werben, 
nicht  an  einen  Stand  fesselt,  sondern  jedem  Freien  vindiciert,  der  die 
staatliche  Genehmigung  erhalten  hat;  dass  er  aber  die  Möglichkeit  zu 
einem  solchen  Unternehmen  natürlich  nur  dann  statuiert,  wenn  des  Be- 
treffenden Besitz  und  Ansehen  dazu  ausreicht.  Im  allgemeinen  bedeuten 
ferner  nach,  Hrn.  R.  die  princlpet  des  Tacitus  Mie  Ersten,  die  Häupter, 
die  Grossen  des  Volkes,  die  im  Besitze  verschiedener  Arten  der  Gewalt 
und  des  Einflusses  einen  mächtigen  Theil  der  Freien  ausmachen/  Dane- 
ben bezeichnet  das  Wort  aber  im  Besondern  gewählte  richterliche  Gau- 
beamte,  dann  Gefolgsherren,  endlich  In  dem  princeps  cMUUis  de«  Gau- 
fiirsten.  in  der  Gewalt  dieses  letzteren,  die  sich  bei  vielen,  aber  durch- 
aus nicht  bei  allen  deutschen  Völkersohaften  fand,  sieht  Hr.  Köpke  den 
*  ersten  Keim  des  Königthums  bei  den  westlichen  Germanen.'  Als  ein 
solcher  Gaufürst  der  Cherusker,  der  die  ihm  übertragenen  Gewalten  su 
dauernden,  den  thatsäcblichen  Principal,  die  9vvaaxBCay  patefUia  zum 
rechtlichen  machen,  mit  anderen  Worten  «in  Königthum  begründen  wollte, 
erscheint  Armin,  und  di«  nachträgliche  Anerkennung  seiner  Gewalt  fand 
statt,  als  der  Stamm  der  Cherusker  den  Neffen  des  Ermordeten  als  König 
an  seine  Spitze  berief.  Der  volle  Gegensatz  zu  diesem  Königthume  ist, 
wie  Hr.  Kopke  schön  hervorhebt,  das  im  Kriegsgetümmel  nach  römi- 
schem Vorbilde  gebildete  durchaus  fremdartige  des  Mar(^od. 

Aus  dem  folgenden  heben  wir  besonders  hervor,  wie  der  Hr.  Vrf. 
darthut,  dass  bei  den  Gothen  des  vierten  bis  zum  sechsten  Jahrtnmdert 
das  Erbrecht  in  der  Familie,  die  durch  lange  Behauptung  der  Königs- 
gewalt einen  Anspruch  an  dieselbe  erworben,  und  das  Wahlrecht  einaoder 
ergänzten,  das  den  Tüchtigsten  dieser,  geeigneten  Falles  aber  auch  einer 
anderen  Familie  erhob  (S.  186  ff.);  wie  bei  den  Ostgolhen  aber  von  dem 
Vater  Theoderichs  des  Grofsen  an  die  Designation  des  IVachfotgers 
durch  den  lebenden  König  eine  Vermittclung  zwischen  Erbanspruch  und 
Wahl  bildete  (S.  188  ff.). 

Zahlreich  sind  —  um  sehRefslich  die  dritte  Gattung  von  Brgeb- 
nts^en  des  Buches  bervonsuheben  —  die  einzelnen  Begebenheiten,  welche 
dtirch  Hrn.  Köpke's  Untersuchungen  aufgehellt  und  sichergestellt  worden 
sind;  doch  können  wir  an  diesem  Orte  sokhe  Einzelheiten  nieht  wohl 
verzeichnen.  Nur  mit  einem  Worte  wollen  wir  auf  die  vortreffliche 
Schilderung  der  Wirren  im  byzantinischen  Reiche  in  den  Anüngen  des 
Kaisers  Zeno  auteerksam  machen,  als  die  beiden  Theodericbt,  der  giofise 


Oeogr.  Hilfiibicber  v.  Sektfvner,  ÜU^^  ang.  v.  JT.  nnmucAek.    €1 

foikilUtaug  und  der  im  riHnischen  Kriegsdienste  emporgekommene  8obn 
4t$  Triariu«.  eiModer  bald  mit  di>m  Kaiser,  bald  gegen  ilm  stehend  be- 
Um^tUü  (S.  164  ff.). 

Wir  scheiden  von  dem  inhaltsreichen  Buche  mit  dem  Wunsche, 
4im  der  gelehrte  Hr.  Vrf.  seine  *  deutschen  Forschungen'  baJd  an  einem 
■nifD  Gegcutaiiüe  fortsetzen  möge. 

Wien.  Max  Budinger. 


Hamwchatz  der  Lander-  und  Völkerkunde.  Geographische  Bil- 
der aus  der  gesammten  neueren  Reiseliteratur.  Von  Dr.  Alexander 
Sehöppner.  Mit  tk  Ansichten  in  Tondruck  und  38  Vignetten. 
Leipiig,  J.  J.  Weber.  1868.  Lex.  8.  617  8.-4  Thir. 

Charsktcrisliken  zur  vergleichenden  Erd-  und  Völkerkunde,  in 
abgertmdeten  Oemfilden  fQr  Schule  und  Haus  gesammelt  und  bear- 
beitel  TOn  Wilhelm  Putg,  Oberlehrer  am  katholischen  Gymnasium 
lu  Köln.  Erster  Band.  Köln,  Du  Mont- Schauberg,  1869.  gr.  8. 
464  S.  —  1  Thlr.  16  Sgr. 

Em  Ist  gewiss  ein  gutes  Zeichen^  wenn  sich  das  Bedürfnis  heraus- 
hlrllt,  die  in  der  Schule  gegebene  Anregung  auch  aurserhalb  derselben 
dyreh  passende  Leolüre  su  befriedigen,  und  wenn  demgemäfs  erfahrene  Pae- 
d^ogcB  Ar  die  Jugend  Bücher  verfassen,  die  den  genossenen  Unterricht 
aoeh  M  einefli  Gegenstände  häuslicher  Bcsohäfligung  und  eines  edlen 
VergMgeas  4iU  die  Schüler  lu  machen  geeignet  sind.  Es  zeigt  dies, 
dass  dM*  Gegenstand  nicht  in  teilte  Lectioaen  zerCallen,  sondern  wirklich 
ein  Gegenstand  des  Interesses  für  die  Schüler  geworden  ist.  Je 
•thr  dieses  letalere  enielt  ist,  desto  sicherer  wird  der  Schluss  sein  auf 
dto  geistigen  Charakter  und  das  psodagogische  Leben  des  Unterrichts, 
babct  erwachst  die  Pflicht,  darüber  zu  wachen,  dass  das  angeregte  In- 
Icrctte  iiiebt  durch  ein  wüstes  Durcheinanderlesen,  durch  das  Lesen 
niiTfirluniirh  und  psedagogisch  verwerflicher  Schriften  oder  durch  ein 
forieitifca  Le»efi  von  Büchern,  die  für  eine  spätere  Bildungsstufe  be- 
Oimst  sind,  verkümmert  werde  und  verderbe.  Hier  wird  der  denkende 
Lehftr  die  trsachen  suchen  und  wirksame  Abhilfe  treffen,  wenn  er,  was 
«n  häufig  geschieht)  beobachtet,  wie  das  unzweckmäbig  befriedigte  In- 
IcffCise  ausaugleiten  beginnt  auf  der  Bahn  seines  Unterrichts,  den  er  mit 
rmsigsr  Sorgfalt  in  stufenmälsigem  Fortschritt  auf  die  grundlegenden 
Hanplclemente  beschränkt  Ein  sprunghaftes;  flüchtiges  Streben  nach 
WiMCB  droht  dann  den  Unterricht  um  seine  Prüchte  zu  bringen.  Da 
Iritt  der  Schüler  mit  vorgreifenden  Fragen,  mit  unverarbeiteten,  hie  und 
da  au^egrüTeneii  Notizen  an  den  Lehrer  heran,  flndet  Misbehagen  an 
(lern  langsamen  und  streng  geordneten  Gange  des  Unterrichts  in  der 
Schule,  hall  diesen  endlieh  gar  für  trivial,  und  im  Dünkel,  bereits  für 
einn  büheren  Uslerrieht  reif  zu  sein,  entgeht  ihm  das  einfadiste  Wissen. 
Rieht  allein  ergibt  sich  hieraus,  wie  wichtig  und  dankeuswerth  es  ist, 
wcM  die  WisseiMchafl   in   ihren  verschiedenen   Gebieten    Darstellungen 


62    Oeögr.  Hilfsbiicher  v.  Schifpjmerj  Pütt,  ang.  v.  JT,  Towuuckek. 

für  die  lernende  Jugend  erfährt,  die  nach  den  angedeuteten  Zwecken 
verfasst  sind,  auch  die  Wichtigkeit  von  Schülerbibliotheken,  die  man 
glücklicherweise  mehr  und  mehr  einzusehen  beginnt,  gewinnt  dadurch 
ein  helles  Licht.  Dass  die  Umsicht  des  Lehrers  den  Schüler  auch  hin- 
sichtlich der  Benützung  der  letzteren,  so  wie  hinsichtlich  seiner  häus- 
lichen Leetüre  überhaupt  nicht  verlassen  darf,  versteht  sich  von  selbst. 
Man  beklagt  sich  so  häußg  über  den  Genuss  schädlicher  Lectürc 
von  Seite  der  Jugend.  Ein  wehmüthiges  Erstaunen  überkommt  den 
Lehrer,  wenn  er  von  Zeit  zu  Zeit  selbst  Schüler  der  untern  Classen  so- 
gar in  der  für  das  Lernen  bestimmten  Zeit  bei  der  Leetüre  schaler  und 
verderblicher  Unterhaltungsschriften  überrascht.  Aber  man  ist  nur  wenig 
geneigt,  bei  dieser  betrübenden  Erfahrung  sich  selbst  zu  fragen,  in  wie 
weit  mau  unterlassen  hat,  diesem  Hange  vorzubauen.  Gibt  man  selbst 
den  Schülern  eine  passende  Leetüre  in  die  Hand,  und  dazu  ist  man 
pädagogisch  verpflichtet,  so  wird  man  auch  kaum  oder  gewiss  nur  sel- 
ten über  eine  solche  irregeleitete  Jugend  zu  klagen  haben.  Die  Lecture 
des  fortschreitenden  Knaben  aber  auf  seine  Schulbücher  beschränken 
wollen,  würde  eben  sowohl  von  paedagogischem  als  moralischem  Kurz- 
blick zeugen.  Der  vielseitig  geweckte  Schüler  muss  auch  aufser  der 
Schule  eine  entsprechende  geistige  Nahrung  flnden,  er  muss  Gelegenheit 
haben,  so  manches,  was  in  der  Schule  nach  getrennten  Richtungen  mit 
getrennt  wirkenden  Geisteskräften  behandelt  ist  mit  seinem  ganzen  We- 
sen aufzunehmen,  und  damit,  wenn  es  erlaubt  ist,  so  zu  sagen,  als  mit 
einem  Gegenstande  einer  allgemein  menschlichen  Theilnahme  sich  be- 
schäftigen lernen. 

Innerhalb  der  ordentlichen  Unterrichtszweige  selbst  ist  der  deutsche 
Unterricht  in  der  Lage,  durch  Benützung  eines  passenden  Lesebuches  die 
bezeichneten  Zwecke  zu  fördern.  Lehrer,  die  in  den  Geist  unseres  Lese- 
buches für  das  Unter -Gymnasium  eingedrungen  sind,  werden  gewiss 
bald  erkannt  haben,  welche  Einigung  und  Belebung  des  gesammten  Un- 
terrichts durch  einen  verständigen  Gebrauch  desselben  zu  gewinnen  Ist. 
Aber  die  häusliche  Lecture  zu  ersetzen,  ist  das  Lesebuch  weder  be- 
stimmt noch  im  Stande.  «Es  wird  nur  zu  dieser  hinüberleiten  und  ge- 
wissermafsen  die  Mittelstufe  bilden  zwischen  Schulbuch  und  Privatlectüre. 
Bei  keinem  Unterrichtszweige  stellt  sich  das  Verlangen  und  damit 
zusammenhängend  das  Bedürfnis  nach  häuslicher  Leetüre  so  bestimmt 
heraus,  wie  hei  der  Geschichte  und  Geographie.  Lebhafl  und  laut  tritt 
hier  der  Trieb  des  jungen  Menschen  hervor,  für  sein  in  der  Schule  ge- 
wecktes Interesse  sogleich  auch  in  ausgebreiteter  Lcctüre  Befriedigung 
zu  flnden.  Während  auf  der  unteren  Stufe  des  Gymnasiums  der  Hang 
nach  geographischen  und  ethnographischen  Schilderungen,  nach  Reise- 
beschreibungen u.  s.  f.  vorwaltet,  dürfte  auf  der  oberen  Stufe  im  allge- 
meinen gerade  das  Interesse  an  historischen  Schilderungen  das  bedeu- 
tendere sein.  Ein  geographisches  Lesebuch  wird  daher,  wenn  es  auch 
nicht  ausschliefslich  den  unteren  Bildungsstufen  dienen  darf,    auf   diese 


Geogr.  Riirsbuicher  ?.  Sek^p^ner,  m%\  ang.  v.  K,  Tmasekek.    63 

beiOBders  Rücksicht  nehmen  müssen.  Doch  wollen  wir  diesmal  bei 
Gdegenbeit  der  Anzeige  der  in  der  Oberschrift  genannten  Bücher  einige 
Gfdefatipancte  hervorheben,  nach  welchen  unserer  Ansicht  nach  solche 
Leiebächer  überhaupt  eingerichtet  sein  müssen,  wenn  sie  den  Unterricht 
fiirdemd  begleiten  sollen. 

Mehr  und  mehr  kommt  man  xur  Erkenntnis,  wie  nothwendig  es 
ifl,  die  Oberhaufung  des  Knaben  mit  geographischen  und  statistischen 
Dtten  XU  vermeiden,  hingegen  die  Karte  selbst  in  seiner  Hand  gewis- 
fermalten  xu  beleben  und  ihm  ein  allgemeines,  aber  bestimmtes  Bild 
4er  Bodeogeslalt  einzuprägen.  Die  politischen  und  stilistischen  Momente 
lind  auf  die  allgemeinsten  und  wichtigsten  Daten,  die  durch  Vergleiche 
«dl  leieht  flxieren  lassen,  zu  beschranken.  Einfach  und  elementar  wird 
MMieii  der  Leitfaden  sein  müssen,  der  in  der  Schule  dem  geographi- 
•ehea  Coterrichte  zu  Grunde  gelegt  wird;  er  wird  kein  ^geographischer 
Katalog'  sein,  kein  in  systematischen  Zusammenhang  gebrachtes  geogra- 
phiteh-tUtistisches  Lexikon,  sondern  vor  allem  eine  Anleitung  zum  Le- 
sen der  Schalkarten.  Das  Material  des  Leitfadens  wird  mit  Verhältnis- 
mibig  nur  geringer  Erweiterung  auch  auf  den  höheren  Stufen  der  Oe- 
geMtand  unablässiger  Übung  und  Wiederholung  sein,  um  in  den  unver- 
KerbarfD  B^itz  des  Schülers  überzugehen.  Schon  diese  Beschrankung 
des  Stoffs  für  die  Schule  lässt  die  Begleitung  eines  Lesebuches  wün- 
flekenfwerth  erscheinen,  welches  die  auf  Grundlage  der  Karte  und  des 
LeitÜMiens  erworbene  Kenntnis  durch  Belebung  der  Anschauung  ergänzt 
md  erweitert. 

Die  Versuche  sind  zahlreich,  auf  diese  Weise  dem  geographischen 
Sdmlnnterriehte  zu  Hilfe  zu  kommen.  Von  Schriften  der  Art  für  Kin- 
der, wie  TOD  den  im  einzelnen  nicht  unverdienstlichen  Arbeiten  von 
DtHitx  und  Hoffmann,  selbst  von  den  für  die  *  reifere  Jugend'  bestimm- 
ten Reisebildem  von  Scheuermann  kann  abgesehen  werden.  Den  Sinn 
fir  Geographie  zu  wecken  und  eine  lehrreiche  Unterhaltung  zu  bieten, 
iind  ue  wohl  geeignet.  Aber  um  eine  den  Schulunterricht  belebende  und 
efgiaxeiide  Leetüre  zu  sein,  müssten  sie  weniger  auf  Beschäftigung  der 
fkxDtasie  berechnet  und  weniger  mit  frrthümern  und  unrichtigen  Vor- 
«teUmgen  erfüllt  sein.  E.  A.  W.  Zimmermann'»  Taschenbuch  der  Rei- 
sen, von  Rühs  und  Lirhtenstrin  forigesetzl,  wird  selbst  der  Jugend  man- 
ehe«  passende  bieten,  doch  reicht  es  in  vielen  Partien  über  den  Horizont 
dencfl^  hinaus  und  ist  In  einigen  Puncten  übrigens  schon  antiquiert. 
Die  Weltkunde  von  Harnisch  und  Heinzelmann  ist  zu  ausgedehnt  und 
dabei  xu  kostspielig. 

Mit  klarem  Bewusstsein  haben  Vogel  und  Grube  in  ihren  ein- 
«faligigen  Schriften  das  bezeichnete  Bedürfnis  erfasst.  Gegen  die  'Na- 
torbUder'  von  Vogel  aber  ist  mit  Reeht  bemerkt  worden,  dass  sie  der 
Slaflage  entbehren,  indem  darin  blofs  die  Natur,  nicht  zugleich  aber  dio 
Mcnseben  in  den  Kreis  der  Schilderung  gezogen  sind.  Diesem  Mangel 
liat  Grube  in  seinen    mit  Recht   geschätzten   geographischen   Charakter- 


Mildern  abgeholfen.  Er  gHii>T«o  der  Erwägung  aus,  dass  Landschafts- 
liilder  immer  todt  bleiben ,  wenn  sie  nicht  um  den  Menschen  als  ihren 
lebendigen  MiUdpunct  gruppiert  and  oül  der  Schilderung  des  Menschen- 
lebens in  lebendige  WechselwirkuBg  gesetei  werden. 

In  der  Art  Grube s  Ut  auch  das  Werk  von  A.  Schöppner  auge- 
legt Dankenswerth  ist  es,  dass  der  Verlksser  in  der  Einleitung  klar 
und  bestimmt  die  GrundsiUe  entwickelt,  auf  welche  es  k>ei  Anlegung 
solcher  Sammlungen  ankommt. 

Auch  Schöppner  geht  Ton  der  Koihwendigkeit  aus,  den  Schulleit- 
faden  auf  die  Hauptelemente  au  beschranken.'  Er  beruft  sich  dabei  auf 
Schouw*),  dessen  behersigenswerthe  Worle  er  anfuhrt:  *lst  es  nicht 
aweckwidrig,  wenn  man  in  einem  Lehrbnche  a.  B.  viele  Hunderte  oder 
Tausende  Ton  Vorgebirgen  und  Meeresbuchten,  Tausende  von  Inseln, 
Tansende  von  Flüssen,  Neben-  und  Zuflissen,  Tausende  von  Bergen  mit 
Höhenbestimmui^en  bis  auf  FuCs  und  2oU  aufgeaablt  findet?  —  Ein 
solcher  Ballast  ist  für  die  geistige  Entwickelung  der  Jugend  geradem 
schädlich*,  und  weiter  sagt  Schouw:  *Oes  Knaben  Kopf  soll  ja  kein  geo^ 
graphisches  Magazin  oder  Archiv  werden,  denn  für  jene  Falle,  wo  die 
Kenntnis  und  Auffindung  von  Einzciheiten  noth  thut,  bestehen  geogra- 
phische Wörterbücher,  Specialbeschreibungen  und  ausfiifarliche  Karten*. 

Jedoch  scheint  Schouw,  indem  er  an  das  Lehrbuch  der  Erdbe^ 
Schreibung  die  Forderung  stellt,  *da8s  es  sieh  lesen  lasse*,  das  Bediirfnis 
eines  Leitfadens  und  eines  begleitenden  Lesebuches  vermengt  zu  haben. 
Mit  Recht  sucht  Schöppner  beides  gelrennt  zu  halten,  indem  er,  gerade 
auf  Schouw  gestutzt,  die  Zweckmäßigkeit  und  NuUlichkeit  geographi- 
scher Lesebücher  neben  den  schulmäfsigen  Compendien  als  Mittel  zur 
Belebung,  Veranschaulichung  und  Ergänzung  des  Unterrichts,  und  als* 
dann  die  Nothwendigkeit  methodischer  Reformen  der  gewöhnliehen  Lehr- 
bücher fordert  'Die  Lesbarkeit,  sagt  der  Verfasser,  hat  ihre  Grenzen, 
sie  kann  sich  nicht  auf  Specialschilderungen  einlassen,  sonst  hört  das 
Lehrbuch  auf,  Schulbuch  zu  sein,  es  verwandelt  sich  in  ein  umfang- 
reiches Werk,  das  für  den  Unterricht  durchaus  unpraktisch  und  unstatt- 
haft wäre.  Das  Lehrbuch  bleibe  Anhalt  und  Leitfaden  für  den  Sohul- 
uDlerricht,  das  Lesebuch  dagegen  diene  zur  Veranschaulichung  und  Ver- 
arbeitung des  aus  dem  Lehrbuche  gewonnenen  Materials,  hauptsachlich 
mittelst  häuslicher  Leetüre'. 

Für  die  Auswahl  der  eiiuelueu  Lesestücke  wird  im  allgemeinen 
der  Schnlleitladen  selbst  die  Hauptgesichtspuncte  an  die  Hand  geben, 
nicht  allein  was  die  Anordnung  und  Folge,  sondern  auch  was  den  Cha- 
rakter der  Stücke  betrifft.    Aber  die  wissenschaftliche  und  pädagogische 


•)  Schouw  'Proben  einer  Erdbeschreibung',  übersetzt  aus  dem  Däni- 
schen von  Dr.  H.  Sebald,  Berlin,  1851.  Die  Einleitung  enthält 
sehr  beachtenswerthe  Ansichten  über  die  Methode  des  geogra- 
phischen Unterrichts. 


Oeogr.  HilfsbScher  v.  SeMp]mer,  ni%,  ang.  v.  K.  Tomaickek.    65 

Schwierigkeit  der  richligeu  Wahl  wird  auf  diesem  Gebiete  noch  gestei- 
gert durch  die  aufoerordentliche  Fülle  der  Quellen  und  durch  die  nach- 
lässige,  IGr  die  Schule  unbrauchbare  Form  vieler  derselben.  Man  denke 
dabei  nur  an  so  manche  sonst  brauchbare  Beisebeschreibungen  und  tou- 
ristisdie  Schriften,  z.  B.  die  von  Kohl.  Grofse  Muhe  und  Sorgfalt  musste 
t.  B.  in  dieser  Beziehung  die  Beinigung  der  in  Mozart's  Lesebuch  für 
das  Unter-Gymnasium  zahlreich  aufgenommenen  geographischen  Lese- 
stucke  gekostet  haben.  SchOppner  hat  es  sich  angelegen  sein  lassen, 
die  einschlägige  Literatur  möglichst  vollständig  für  seinen  Zweck  ken- 
nen zu  lernen  und  ohne  Einseitigkeil  zu  benützen,  wie  das  dem  Werke 
angehängte  Quellenverzeichnis  darthut;  methodisch  und  pädagogisch 
Bedenkliches  in  den  einzelnen  Lesestücken  wurde  weniger  durch  Ver- 
änderang,  als  durch  Kürzung  und  Sichtung  beseitigt. 

Neben  allen  angedeuteten  Bücksichten  gilt  es  aber  noch  in  der 
Auswahl  des  brauchbar  Scheinenden  nach  einer  festen,  in  der  Natur  der 
Sache  gegründeten  Norm  zu  suchen,  wenn  nicht  bei  der  breiten  Menge 
desselben  die  individuelle  Willkür  entscheiden  soll.  Wir  glauben,  Grube 
und  Schdppner  haben  darin  das  Bichtige  getroffen,  indem  besonders  der 
letEtere  bei  der  Auswahl  den  Grundsatz  entscheiden  liefs,  dass  jedes 
Lesestück  einen  allgemeinen  Charakter  an  sich  tragen  müsse,  der  das 
geschilderte  Moment  wie  zu  einem  Beispiel  einer  ganzen  Beihe  ähnlicher 
Erscheinungen  erhebt.  *Das  Lehrbuch  mag,  sagt  Schtfppner,  alle  bedeu- 
tenden Vulcane^  Höhlen,  Wasserfälle  u.  s.  L  namhaft  machen,  das  Lese- 
buch aber  schildert  einen  oder  den  andern  Vulcan ,  Wasserfall  u.  s.  f. 
als  Typus  der  übrigen'.  Auch  den  weiten  Umfang,  den  der  Verfasser 
dem  ethnographischen  Elemente  einräumt,  können  wir  nur  billigen,  da 
gerade  daraus  das  geographische  Bild  seine  reichste  Belebung  empfangen 
wird.  Dass  statistische  Angaben  so  erst  eigentlich  bildende  Kraft  em- 
pfangen, leuchtet  ein. 

Es  ist  klar,  dass  theoretische  Ausführungen,  die  nicht  zur  Bele- 
bung und  Veranschaulichung  des  bereits  in  der  Schule  Gewonnenen 
dienen,  sondern  neue  Einsichten  und  Kenntnisse  begründen  sollen,  in 
ein  Lesebuch  der  Art  nicht  gehören.  Die  Theorie  muss  im  Allgemeinen 
der  Schule  vorbehalten  bleiben.  Es  wäre  verfehlt,  wenn  hierin  das  Lehr- 
buch erst  des  Lesebuches  als  seines  Commentars  bedürfte.  Indem  Pütz 
seine  *  Charakteristiken'  ausdrücklich  in  der  Vorrede  als  Commentar  sei- 
nes Lehrbuchs  der  vergleichenden  Erdkunde  bezeichnet,  so  erweckt  es 
wenigstens  kein  günstiges  Vorurtheil  für  das  letztere,  wenn  dieses  erst 
einer  solchen  Erweiterung  bedarf.  Und  in  der  That,  das  besprochene 
Lesebuch  kann  wie  eine  Erweiterung  jenes  Lehrbuches  auf  einen  grö- 
ßeren Umfang  betrachtet  werden.  Pütz'  geographisches  Lesebuch  ruft 
den  Schein  hervor,  als  ob  wir  darin  das  fleifsige  und  mit  Umsicht  zu- 
sammengetragene Quellenmaterial  vor  uns  hätten,  aus  welchem  der  Ver- 
fasser durch  Verallgemeinerung  und  Auszüge  sein  Lehrbuch  herausge- 
bildet hat    Es   ist  hier   nicht  unsere  Aufg.ibe,   näher  zu   entwickeln, 

Z«itt«lirift  f.  d.  otUrr.  Oymnat.  1860.  I.  Heft.  5 


6€    Geogr.  Hilfsbiicher  v.  Sekäffmer^  Pmi%y  ang.  t.  H  Tmmukek^ 

warum  diese«  selbst  wol  kaum  den  AnforüeruDgeii  entspricht,  die  wir 
an  ein  geographisches  Schttlcompendium  steileD  zu  müssen  glanben,  aber 
wir  können  es  nicht  unterlassen»  bei  dieser  Gelegenheit  abermals  auf 
die  üblen  Folgen  aufmerksam  su  machen,  die  ein  derartiges  Verfahren 
bei  Abfassung  von  Lehrbüchern  leicht  nach  sich  zieht  Da  erscheinen 
theoretische  Anschauungen  auf  ihren  kürzesten  Ausdruck  gebracht,  welche 
nur  in  der  Breite  ihrer  Entwickelung  und  auf  Grundlage  des  empirischen 
Materials  selbst,  auf  dem  sie  fufsen,  zumal  den  Schülern  versländlich 
sein  könnten,  unvermittelt  .und  abgenssen  wird  dem  Lernenden  gebo- 
ten, was  nur  die  Blüte  am  frischen  Grün  der  Thatsachen  ist  Ohne 
Zweifel  wäre  es  da  für  die  meisten  Partien  besser,  den  Schülern  gleich 
ursprünglich  die  unverkürzte,  breilere  Quelle  vorzulegen.  Ein  Lehrbuch 
für  die  Schule  darf  nicht  verallgemeinernde  Kürzung,  sondern  muss  eine 
ursprüngliche  Verarbeitung  des  Stoffes  für  das  Bedürfnis  des  jugendli- 
chen Geistes  sein. 

Man  kann  sich  leicht  denken ,   dass   wo  Pütz*  Lehrbuch  der  ver- 
gleichenden Erdbeschreibung  im  Gebrauche  ist,   das   Lesebuch  ein  er- 
wünschtes üilfsbuch  für  Lehrer  und  Schüler  sein  wint    Etwas  anderes 
aber  ist  es,  wenn  man  Pütz*  *  Charakteristiken'  als  geographisches  Lese-» 
buch  überhaupt  zu  betrachten  hat    Da  kann   man  nicht  läugnen ,   dass 
viele  der  aufgenommenen  Lesestücke  minder  zur  Belebung  und  Veran- 
schaulichung vorausgesetzter  Kenntnisse  der  Schüler  beitragen,  als  viel- 
mehr selbst  neue  Kenntnisse,  neue  theoretische  Vorstellungen  zu  begrün^ 
den  geeignet  sein  werden.     Der  festgehaltene  Gesichtspunct  der  Verglei- 
chung,   dessen  Fruchtbarkeit  im  geographischen  Unterrichte   wir    aufs 
lebhafteste  anerkennen,  hat,  wie  es  scheint,   diesen  Obelstand   nur   be- 
günstigt   Dabei  wird  man  bei  vielen  Stücken   selbst  dem  Schüler   der 
höheren    Stufe   die  leitende  Erklärung   des   Lehrers   wünschen    müssen. 
Wir  wollen  nur  auf  Leseslücke  hinweisen  wie  *das  Mittelmeer'  aus  Hum- 
boldt's  Kosmus,  'die  horizontale  Gliederung  der  einzelnen  Erdtheile    und 
deren  Eiufluss  auf  die  Cultur*  nach  K.  Ritters  Einleitung  zur  allgemeineq 
vergleichenden  Geographie,  oder  *  Landbildung  der  griechischen  Halbinseln 
nach  Ernst  Curtius  u.  s.  f.  Dem  Bedürfnisse  besonderer  Rücksichtnahme' 
auf  die  unteren  Stufen  des  Unterrichts  entspricht  diess  Buch  nicht,  und 
ist  es  übcrliaupt  im  Allgemeinen  kaum  geeignet,  als  geographisches  Lesebuch 
neben  dem  Schulcompendium  besonders  der  häuslichen  Leetüre  zu  dienen, 
so  wird   doch  auf  alle  FäHe  dt>r   Lehrer  d.-irin  ein    reiches ,  schätzbares 
Material  zur  Belebung  seines  Unterrichtes  finden.    Wir  möchten  noch  be- 
sonders erwähnen,    dass   der  Lehrer   des  Deutschen  diesen  Lesestücken 
ein«*  Fülle  zweck niäfsiger  Stoffe  zu  Sehulaufsätzen  wird  entnehmen  können. 
Der  erste  Band  enthält  Schilderungen  allgemeinen  Charakters  und 
Lesfstücke  zur  Länder-    und  Völkerkunde    von   Süd-   und   Mitteleuropa. 
Der  zweite  Band  soll  d»*n  Rest   von  Europa   und  die  aufsereuropäischen 
Erdtheile  rnthnlleii. 

Wien.  Karl  Tom.ischek. 


SUeier'9  Handttlan.  Neue  lk*arbcitungfn,  aug.  v.  A.  Steinkauier.    67 

Neoe  Bearbeitangen  aus  dem  Jahre  1858  zu  Adolf 
Stiel er's  Handatlas.  5  colorierle  Karten  in  Ruprerslich.  Qolba, 
Jostus  Perthes,  1859.  —  V,  Thlr. 

Es  ist  bekannUieb  bei  dem  nach  seinem  Gründer  A.  Stielcr  be- 
nannten Handatlas  ein  bisher  unverbrüchlich  festgebalfencr  Grundsatz, 
diese  Tortreffliche  Kartensammlung  durch  stete  Auswechselung  th  eil  weise 
Teralteter  oder  wegen  früheren  Mangels  an  Materialien  weniger  vollkom- 
«ener  Karten  stets  auf  der  Höhe  der  wissenschaftlichen  Anschauung  und 
des  jeweiligen  Standes  der  fortwahrend  sich  erweiternden  Kenntnis  un- 
Mreff  Erde  in  erhalten,  nebstbei  auch  die  Rechtfertigung  der  Darstellung 
durch  Benennung  aller  benutzten  Materialien  in  eigenen  Begleitworten 
niedersulegen.  Dieser  Vorgang,  in  solcher  Ausdehnung  nur  bei  diesem 
Atlas  in  Anwendung,  sichert  nicht  nur  dem  Benutzer  die  stete  zweck- 
mäßige Neugestaltung  seines  nothwendigen  Behelfes,  sondern  sie  erhöht 
auch  das  Vertrauen  auf  die  Güte  der  Arbeit  und  macht  mit  den  neuesten 
Oripnalien  bekannt,  zu  welchen  weitergebende  Forscher  ihre  Zuflucht 
zo  nelimeD  haben.  Eine  Sammlung  aller  Karten  dieses  Allasses  seit 
«einem  Entstehen  bildet  beinahe  eine  Geschichte  der  kartographischen 
Darstellung  der  Erdräume  und  des  Fortschrittes  der  Wissenschaft  durch 
die  fortwährenden  Entdeckungen  nnd  Vermessungen. 

Die  vorliegende  Lieferung  umfasst  nebst  dem  gewöhnlichen  Blatte 
der  Erläuterungen  die  Neustiche  der  Karten  Nr.  5  a  und  b  (der  nörd- 
liche und  sudliche  gestirnte  Himmel),  Nr.  9  (Erdkarte  in  Mercator's  Pro- 
jrction,  zur  Obersicht  der  christlichen  Staaten  und  Colonien),  Nr.  18 
(Fluss-  und  Bergkarte  von  Deutschland  und  den  anliegenden  Landern) 
und  Nr.  48  (Westindien  und  Centroamcrika). 

Die  beiden  Sternkarten,  vollkommen  homogen  mit  weifsen  Sternen 
auf  Idaurm  Grunde  ausgeführt,  treten  an  die  Stelle  der  beiden  altern 
Itlitter,  welche,  unbeschadet  ihrer  sonst  sehr  flcifsigen  Ausführung,  sich 
heterogen  verhielten,  insofern  auf  dem  nördlichen  Blatt  die  Zeichnung 
drf  Sternbilder  augenfällig  begünstigt  erschien ,  während  sie  «luf  dem 
«idlicben  Blatte  beseitigt  wurde.  Auf  dem  dunkelblauen  Grunde  heben 
^icb  die  weifsgebli ebenen  Sterne  der  ersten  (ünfGröfsen,  die  punktierte 
Biilch^traÜMs  etc.  sehr  deutlich  hervor.  Die  Zeichnung  der  altern  Stern- 
bilder tritt  l>cinahe  bis  zum  Verschwinden  zurück,  mit  ihr  aber  auch 
die  Schrift,  zu  deren  Lesbarkeit  sehr  helles  Licht  erfordert  wird.  Di» 
MrmbUder  des  Tbjerkreises  sind  ihrer  Wichtigkeit  wegen  mit  rothen 
Linien  contouriejrt ,  und  noch  feinere  rothc  Linien  dienen  zum  Alligne- 
nent  der  zusammengehörigen  Sterne  einer  Gruppe.  Eine  dreifache  Gra- 
vierung umgibt  die  Karten,  je  für  die  Eintheilung  nach  Graden,  Stunden 
oder  Jahrestagen.  Hr.  Uermajm  Berghaus  hat  es  an  Mühe  und  Talent 
hiebt  fehlen  lassen,  eine  möglichst  tadellose  Arbeit  zu  liefern,  nur  ist 
die  Angabe  uiit(*rblieben ,  für  welchen  Zeitpunct  die  Karten  riclitigge- 
«teilt  ftiml. 

5* 


68    Stieler'i  Handatlas^  Neue  Bearbeitungen,  ang.  v.  A.  SieMUttuer. 

Von  der  Erdkarte,  welche  ebenfalls  diesem  fleifslgen  Zeichner  zu  ver- 
danken ist^  ist  nicht  mehr  zu  sagen,  als  dass  in  folge  der  Vermeidung  einer 
Wiederholung  der  Mafsstab  gröfser  genommen  werden  konnte,  dass  sie 
dem  vorgesteckten  Zwecke  einer  Obersicht  der  Colonien  entspricht,  so 
weit  diess  irgend  möglich  ist,  und  dass  nebstbei  auch  im  Innern  der 
Erdtheile  die  Entdeckungen  bis  zur  letzten  Stunde  und  die  neuesten 
Begrenzungen  unlängst  erworbener  Gebiete  ersichtlich  sind. 

Die  Berg-  und  Flusskarte  von  Deutschland,  eine  sehr  mühsame 
Arbeit  durch  die  eingeführten  Isohypsen  von  300,  500,  2000,  5000  und 
8000  Pariser  Fufs  absoluter  Höhe,  ist  auf  die  schon  vorhandene  bekannte 
Grundlage  basiert  worden.  So  sehr  sich  dieselbe  durch  Deutlichkeit  und 
richtigen  Ausdruck  an  den  meisten  Stellen  auszeichnet,  so  ist  dies  doch 
nicht  an  allen  Stellen  der  Fall,  woran  zum  Theil  der  kleine  Mafsstab, 
zum  Theil  die  Schwierigkeit  der  Generalisierung  verwickelter  Terrain- 
gattungen, zum  Theil  auch  die  Mangelhaftigkeit  der  damaligen  Mate- 
rialien Schuld  trägt.  Die  Spuren  der  unvollkommenen  Schraffierung  zei- 
gen sich  deutlich  bei  dem  Auftragen  der  Niveaulinien,  welche  hie  und 
da  mit  der  Zeichnung  nicht  in  Obereinstimmung  gebracht  werden  konnten. 
Es  fehlt  nicht  an  einzelnen  Lücken  und  Obersehen  insb^ondero  bei  Sat- 
telhöhen, man  muss  jedoch  bedenken,  dass  die  Linien  gleicher  Höhe  bei 
diesem  MaCsstabe  uiid  bei  dem  Besitz  ausreichenden  Materials  einerseits 
nur  in  grofsen,  allgemeinen  Zügen  aufgefasst  werden  konnten,  anderer- 
seits vorhandene  Detailarbeiten  zur  Benützung  noch  nicht  vorlagen. 
Wenngleich  die  Karte  durch  Verschiebung  auf  eine  spätere  Periode  eini- 
germafsen  gewonnen  haben  würde,  so  bedauere  ich  doch  keineswegs, 
dass  ihre  Bearbeitung  auf  die  vorliegende  Weise  schon  jetzt  versucht 
wurde,  und  würde  nur  gewünscht  haben,  dass  entweder  die  alte  Grund- 
lage einer  sehr  sorgfältigen  Revision  bezüglich  der  Bergzeichnung 
wäre  unterzogen  worden,  oder  dass  man  eine  neue  orographische  Zeich- 
nmig  zu  Grunde  zu  legen  vorgezogen  hätte.  Mehrfache  Gebirgsdurch- 
schnittc  sind  am  untern  Rande  und  an  den  Seiten  zur  Vervollständigung 
des  Bildes  angebracht. 

Die  Karte  von  Westindien  und  Centralamerika  ist  mit  grofser  kriti- 
scher Sorgfalt  bearbeitet,  und  eine  willkommene  Erscheinung  theils  we- 
gen der  vielfach  wechselnden  Gestaltung  der  kleinen  mittelamerikani- 
schen  Staaten,  theils  wegen  der  in  Gartons  und  Durchschnitten  darge* 
stellten  wichtigen  Senkungsregionen,  welche  eine  Oberschreitung  der 
Cordilleren  mittels  Eisenbahnen  oder  Canälen  gestatten,  endlich  auch 
wegen  der  verbesserten  orographischen  Zeichnung  und  der  neu  hinzuge- 
fügten Profile.  Die  Karte  reicht  von  den  Mündungen  des  Missisippi  bis 
zu  jenen  des  Orinoco,  und  es  sind  zu  ihrer  Zusammenstellung  die  be- 
sten Quellen  benutzt  worden,  deren  Herbeischaffung  von  jeher  eines  der 
Hauptaugenmerke  der  Verlagshandlung  war  und  noch  ist. 

Wien.  A.  Steinhauser. 


Decker^  Lehrbuch  der  Algebra^  aog.  v.  i.  GemeriJL  69 

Lehrbuch  der  Algebra  für  Ober- Gymnasien  und  Ober-Realschu- 
len von  A.  Decker,  Lehrer  der  Mathematik  und  Physik  am  k.  k. 
Ober-Gymnasium  in  Troppau.  Troppau,  Olto  Schuler,  1859.  218  S. 
8.  —  1  fl.  60  kr.  ö.  W. 

Das  vorliegende  Buch  soll  nach  der  Angabe  des  Hrn.  Verf. 's  «zu- 
Dachst  als  Leitladen  beim  algebraischen  Unterrichte  in  den  höhern  Clas- 
sen  der  Gymnasien  und  Realschulen  dienen.'  Bei  der  Verfassung  des- 
selben suchte  der  Hr.  Verf.  «einerseits  die  vorgeschriebenen  Grenzen 
niclit  SU  überschreiten,  anderseits  aber  das  in  den  hohen  Verordnungen 
gewünschte  grundliche  Verständnis  der  Lehren  der  Elemen- 
tar-Malhematik  mit  steter  Hinweisung  auf  ihren  Zusammenhang  anzu- 
streben.* «Wissenschaftliche  Strenge  jn  der  Beweisführung,  Präcision 
bei  Aufstellung  von  Begriffen  dürfte  der  Leser*  nach  der  Versicherung 
des  Hm.  Verf.  «an  keinem  Orte  vermissen.* 

Ein  durch  den  Zweck  dieser  Zeitschrift  gerechtfertigtes  näheres 
Eingehen  auf  das  vorliegende  Werk  möge  darthun,  in  wie  weit  das  von 
dem  Hm.  Verf.  dargebotene  mit  diesen  Zusagen  im  Einklänge  stehe. 

Nach  einigen  allgemeinen  Erklärangen  entwickelt  der  Hr.  Verf. 
in  Kurze  die  Begriffe  der  ersten  sechs  Rechnungsarten.  Der  Erklämng 
des  Subtrahierens  (S.  5}  folgt  sofort  die  Definition  positiver  und  ne- 
gativer Zablen.  Der  Hr.  Verf.  vermeidet  zwar  das  berüchtigte  Bei- 
spiel von  Vermögen  und  Schulden,  durch  welches  der  lieben  Schulju- 
gend so  lange  Zeit  hindurch  der  Gegensatz  der  Zahlen  anschaulich  ge- 
macht werden  sollte,  gibt  aber  folgende  unverständliche  Erklärung: 
«Zahlen,  welche  dadurch  entstehen,  dass  man  die  Ein- 
heit zur  Nulle  mehrmalals  Subtrahend  setzt,  heifsen 
negative  Zahlen.*  Diese  Erklämng  wird  dem  Schüler  solange 
unverständlich  bleiben,  bis  man  ihm  nicht  eben  erklärt,  was  negative 
Zahlen  seien.  Denn  er  wird,  und  zwar  mit  vollem  Rechte,  auf  folgende 
Art  schliefsen:  Das  geht  nicht,  weil,  wenn  nach  der  Erklärung  des  Sub- 
trahierens (S.  6)  a  um  ö  vermindert  werden  soU ,  a  entweder  gröfser 
oder  eben  so  grofs  sein  muss,  als  d  ist.  —  Der  Hr.  Verf.  hätte  eben 
aus  der  Dnmöglichkeit ,  in  der  absoluten  Zahlenreihe  die  Sublraction 
dann  auszufuhren,  wenn  a  kleiner  als  b  ist,  Veranlassung  nehmen  sol- 
len, die  negative  Zahlenreihe  zu  construieren,  was  aber  durch  die  obige 
Erklämng  keineswegs  geschieht. 

In  dem  ersten  Abschnitte,  welcher  Sätze  über  die  ersten  vier 
arithmetischen  Operationen  enthält  (der  Titel  ist:  «Die  arith- 
metischen Operationen*),  sagt  der  Hr.  Verf.  folgendes:  «Der  in  der 
Einleitung  aufgestellte  Begriff  der  Multipli  cation  ist 
noch  zu  unbestimmt,  er  hat  nur  dann  einen  Sinn,  wenn 
der  Multiplicatoreine  ganze  positive  Zahl  ist.*  Hieran 
knüpft  er  folgende  «für  alle  Fälle  giltig*  sein  sollende,  in  so  vielen 
Lehrbüchern   vorkommende  Definition   (S.  20):   «Bei   der  MultipUcation 


70  Deckety  Lehrbuch  der  Algebra.,  ang.  v.  .4.  Gemetik. 

wird  das  Product  aus  einem  Factor  auf  dieselbe  Art  gebildet^  wie  der 
andere  Faetor  aus  der  positiven  Einheit  entstanden  gedacht  werden  kann.* 
Dass  diese  Erklärung  keine  allgemein  gütige  sei,  leuchtet  ein ;  denn  nach 

ihr  wäre  nie  VT*  v/ T«-  4,  wohl  aber  wäre  \/T«  \/T=«  V  8  v/T! 
Alle  Lehrbucher,  welche  diese  allgemein  giltig  sein  sollende  Erklä- 
rung geben,  haben  übersehen,  dass  sie  dieselbe  recht  eigentlich  er- 
funden haben,  um  den  Satz  — nX  —  ^—  +  0^  bewältigen  zu  können; 
und  die  Scbluss weise,  auf  welcher  diese  Erklärung  beruht,  ist  folgende: 
Wir  müssen  beweisen,  dass  —  «X— d=»  +  ö*  «*>  können  dieses 
aber  mit  Hilfe  der  Definition:  Multiplicieren  heifst,  eine  Zahl  iBö  Viel- 
mal als  Posten  setzen,  als  eine  andere  Einser  ienthält,  nicht  thun,  for- 
schen daher  nach  einer  neuen  Erklärung,  welche  dieses  möglich  macht, 
geben  diese  Erklärung  und  beweisen  dann  anstandslos,  dasd  —  n  X  —  ^ 
^  +  ab  ist. 

Den  Satz:  «Factoren^  in  jeder  Ordnung  multipliciert,  geben  das- 
selbe Product'  (S,  25),  durch  Multiplication  von  Polynomen  beweisen 
zu  wollen,  scheint  uns  an  und  für  sich  bedenklich;  nach  der  Anordnung 
des  Hrn.  Verf.  aber  um  so  bedenklicher,  als  bereits  S.  21  steht i  dy^c 
iB»cd,  und  er  ihn  auch  voraussetzt,  um  die  Multiplication  von  Polyno- 
men vornehmen  zu  können.  Der  Hr.  Verf.  zeigt  nämlich  (S.  21),  dass 
(a  +  ö  +  c^n^s^na  +  nö  +  nc  ist,  und  wendet  sodann  unmittelbar 
darauf  (S.  22)  diesen  Satz  auf  folgende  Art  an: 

aOn  —  n  +  p)'^  am  —  an  +  ap^ 
setzt  also  voraus,  dass  es  einerlei  sei,   ob  man  ein  Aggregat  mit  einer 
Zahl,  oder  diese  Zahl  mit  diesem  Aggregat  multipliciert. 

Der  Ausspruch  des  Hrn.  Verf.'st  «Kommen  im  Dividende  und  Di- 
visor Potenzen  vor,  so  ist  eine  wirkliche  Ausführung  der  Division  nur 
dann  möglich,  wenn  diese  Potenzen  dieselbe  'Slammgröfse  haben;  im 
entgegengesetzten  Falle  kann  die  Division  nur  angezeigt  werden*  (S.  97). 

bedarf  der  Berichtigung  in  so  ferne,  als  —  «s  r^  J    '**• 

Der  (S.  27)  von  dem  Hrn.  Verf.  gegebene  Beweis^  dass  a^  i€t^mm, 

UTO— n   isi^   es   möge  m  =  n  sein,   ist  unrichtig.    Der  Hr.  VerL  setzt 

nämlich  voraus,  dass  o« :««««-  iF  sei ;  folglich  muss  ±  ein«  ganz«  po- 
sitive Zahl  sein ,  weil  sonst  a*  nach  allem  Vorangehende  kelM^n  ^nn 
hätte ,  und  man  nicht  rechnen  dürfte  ä«  .  ö'  «i  ir»-»-'.  Allerdings  wäre 
es  erwünscht,  die  Division  von  Potenzen  dei»s€lben  Grundzahl  mit  fei- 
ner Regel  erledigen  zu  könnet.  Das  ist  aber  unmöglich,  iföndenü  rttiin 
hat  drei    Regeln,   entsprechend   den   Gteichnngen  itfm+* : ik<^ «i: «»'■^ 

a*» :  a*"  «  1,  a*»  :  0»«+«  =  — .   Hat  man   nun  den  Quotienten  a»  :  a\ 

so  ist  man  ohne  speeielle  Angabe  des  Gröfsenvei^iäiCnisses  der  Expo- 
nenten 8  und  e  nicht  im  Stande  zu  entscheiden,  welche  von  den  obigoii. 


Dßelur,  Lehrbuch  der  Algebra »  aog.  v.  i.  Gernertk.  71 

drei  Regeln  in  Anwendang  zu  bringen  ist  Wenn  man  nun  vcrsuchti 
auch  den  i weiten  und  dritten  Fall  nach  der  für  den  ersten  gelteudeo 
Regel  SU  dividieren»  so  gelangt  man  eu  den  Ausdrücken  Hfi  und  a«, 
welche  nach  den  vorhergegangenen  Begriffen  und  Salzen  über  Potenzen 
eine  Bedeutung  noch  nicht  haben,  sie  mithin  eben  erst  durch  die  Ent- 
stehung aus  dieser  Rechnung  erhalten.  Auf  diese  Art  erhält  man,  nicht 
in  Folge  einet  Beweises  >  sondern  als  Definition 

Dnd  jetzt  erst  kann  man  getrost  immer  setzen 

a*  i  aß  ^  a*^K 
Dean  es  ist  entweder 

$>if  oder  i^t^  oder  #  <  /, 
aiso  faezäglieb  entweder 

#  — /«SU,  oder  #  — /=sö,  oder  #  —  f  =«  —  n, 
folglich  o*-^  bezüglich  entweder 

••,  oder  <!•,  oder  «-«; 
das  heilst  bezüglich 

fl" ,  oder  1 ,   oder  — . 

Der  zweite  Abschnitt  behaudeU  die  Lehre  von  den  Brüchen.  Bei 
der  Verwandlung  eines  gemeinen  Bruches  in  einen  Decimalbruch  würde 
es  das  Verständnis  gewiss  gefarder t  haben,  wenn  der  Br.  Verf.  erörtert 
hätte,  wovon  es  abhängig  ist,  ob  man  einen  periodischen  Bruch  erhäU, 
bei  dem  die  Periode  unmittelbar  oder  nicht  unmittelbar  nach  dem  De- 
cittalpUBCte  bogiUDt. 

An  der  Spitze  des  dritten  Abschnittes,  die  Potenzen  und  Wurzeln 
enthaftend,  befindet  sich  wieder  eine  aiigettein  giltig  sein  sollende  De- 
finition: «a  zur  tntea  Potenz  erbeben  heilst  aus  a  mittels  der  nächst 
hiAieren  Operaition  ein  Resultat  ebenso  bilden,  wie  der  Potenzexponent 
m  aus  der  positiven  Einheit  entstanden  ist*  (S.  83X  Wir  hätten  gegen 
diese  Definition  ähnliehes  zu  bemerken,  wie  über  die  obige  angeblich 
aJlgemeide  Definition  des  MuHipiicierens,  verweisen  übrigens  auf  das 
schon  vor  Jahren  in  dieser  ZeitsehriA  bei  Oelugenhcit  der  Besprechung 
von  Toffoli's  Algebra  (Jahrg.  1854,  S.  72  IT.)  über  diesen  Gegenstand 
gesagte. 

Dass  die  geraden  Würzet»  aus  negativen  Zahlen  weder  in  der 
positiven  noch  in  der  tußgattven  Zahlenreihe  vorkommen,  berechtigt  noch 
keineswegs,  über  die  Existenz  derselben  den  Stab  zu  brechen  und  sie 
in  das  Reich  der  wesenlosen  Schatten  zu  verweisen.  Mit  demselben 
Rechte  kann  d^r  Hr.  Yiorf.  auch  die  negaüve»,  gebrochenen  und  irra- 
tionakn  Zahlen  für  «eiogiebUdete  oder  unmögücbe'  erklären.  Wir  ver- 
weisen übrigens  auch  in  dieser  Beziehung  auf  das  seit  dem  Bestehca 
dieser  Zeitschrift  nn  wiedccholten  Maien  gesagte. 

l>^  Verwandlung  der   Wuraelgrölscn  \/~b    und  \/44   in  perio* 


^2  Decker,  Lehrbuch  der  Algebra ,  ang.  v«  i.  Gemertk. 

discbe  Kettenbrüche  (S.  101)  hätte  der  Hr.  Verf.  fuglich  weglassen  kön- 
uen.  Mit  solchen  Bebpielen  ist  für  den  Anfanger  nichts  gewonnen»  so- 
bald er  nicht  die  aUgemeine  Methode,  auf  welcher  diese  Verwandlung 
beruht,  nebst  den  Eigenschaften  derselben  kennen  lernt. 

Im  vierten  Abschnitte,  welcher  den  Verhältaüssen  und  Proportionen 
gewidmet  ist,  vermissen  wir  durchgehends  die  Angabe»  welche  von  den 
bewiesenen  Sätzen  für  GröliBenproportionen »  in  denen  die  Glieder  des 
einen  Verhältnisses  ungleichartig  zu  den  Gliedern  des  andern  Verhältnisses 
sind,  oder  in  denen  alle  vier  Glieder  gleichartig  sind,  und  für  Zahlenpropor- 
tionen giltig  sind.  Dass  dieses  Schritt  für  Schritt  zu  Inconsequenien  Ifib- 
ren  müsse,  ist  klar,  und  möge  hier  nur  an  einem  Beispiel  dargethan 
werden.  Der  Hr.  Verf.  sagt  (S.  116)  ganz  allgemein:  «In  jeder  riehti- 
gen  Proportion  verhält  sich  die  Summe  oder  Differenz  der  Vorderglieder 
zur  Summe  oder  Differenz  der  Hinterglieder,  wie  jedes  Vorderglled  tu 
seinem  Hintergliede.*    Nun  ist 

3fl.  :6fl.  —  2S:4S 
eine  richtige  Proportion,  folglich  wäre  nach  dem  obigen  Satze 
(3  fl.  ±  2  8)  :  (6  fl.  ±  4  ff)  Ä  3  fl.  :  6  fl. ! 

Die  Untersuchungen  über  das  Rechnen  mit  beliebigen  Irra- 
tionalzahlen fehlen  gänzlich ;  dadurch  entsteht  aber  im  wissenschaft- 
lichen Entwickelungsgange  eine  Lücke,  und  der  Hr.  Verf.  ist  genothigt, 
mit  diesen  Zahlformen,  die  in  der  Mathematik  und  ihren  Anwendongoa 
immer  und  immer  wiederkehren,  so  zu  rechnen,  wie  mit  Rational- 
zahlen, ohne  je  die  Gründe  angeführt  zu  haben,  auf  denen  dieses 
Rechnen  beruht. 

Im  fünften  Abschnitt,  der  Lehre  von  den  Logarithmen,  findet  sich 
S.  133  folgende  historische  Notiz:  «Nebenbei  sei  hier  bemerkt,  dass 
nicht  (wie  in  manchen  Lehrbüchern  fälschlich  angegeben  ist)  Heinrich 
Brigg  der  Erfinder  der  Logarithmen  ist.  Es  gebührt  ihm  nur  die  Ehre, 
dass  er  mit  mehreren  seiner  Zeitgenossen  (Halley,  Skarp*  [vielmehr 
Sharp],  «Vlacq  u.  a.)  die  Lehre  von  den  Logarithmen  zu  einer  gewissen 
Vollendung  brachte,  und  mit  Vlacq  die  Logarithmen  für  die  Basis  10 
berechnete.  Nach  Kepler  erfand  und  entwarf  die  Logarithmen  der  Fran- 
zose Justus  Byrge,  der  astronomische  Assistent  des  Landgrafen  Wilhelm 
von  Hessen.  In  englischen  Werken  wird  häufig  Napier  als  Erfinder  der 
Logarithmen  angegeben,  was  ebenfalls  unrichtig  ist ;  Napier  hat  nur  &9a 
Verdienst,  dass  er  in  England  zuerst  den  Gebrauch  der  Logarithmen 
einführte.*  Diese  Notiz  ist  gänzlich  unrichtig.  Om  nicht  zu  viel 
Raum  auf  die  Widerlegung  des  Hrn.  Verf.  verwenden  zu  müssen,  wollen 
wir  nur  bemerken,  dass  die  ersten  Spuren  von  Logarithmen  sich  bereits 
in  der  den  Namen  Sandeszahl  führenden  Schrift  des  Archimedes 
(man  sehe  die  gediegene,  mit  Erläuterungen  und  kritischen  Anmerkungen 
versehene  Übersetzung  von  Ernst  Nisze,  Archimedes  von  Syrakus 
vorhandene  Werke,  Stralsund,  1824),  und  noch  bestimmter  in  Michael 
StifeTs  arUkmetiea  inieffra,  1544,  beAnden,  und  begnügen  uns,  die 


D€ck€r,  Lelirbuch  der  Algebra,  ang.  v.  i.  GerneriJL  73 

UiitUü  JogarithmUcbeo  Tafelwerke  in  chroDologischer  Reihenfolge  an- 
xvfibren.  Sie  sind;  1.  Von  dem  Scholtländer  lohn  Neper:  Miriflei 
Ifftwaämor^im  emmiii  duaipHo  ^sgue  ums  in  utrague  irtgonome- 
tri§,  BdMmrgU  1614.  2.  Von  dem  Engländer  Henry  Briggs:  Loga- 
nUmmwm  ekiUa»  ßtima^  1618.  3.  Von  dem  Englander  Edmund  Gun- 
ter: Cmm  trUm§9U9nun^  1620,  schon  Brigg'sche  Logarithmen  der 
Sinf  ond  Tangenien  enthaltend.  4.  Von  dem  Schweizer  Jobst  Byrg: 
irithmelisebe  und  geometrische  Progress  -  Tabulen ,  Prag,  1620.  5.  Von 
Bevy  Briggs:  ArUkmeiIca  iofforUkmiea,  Oxomim,  1624.  6«  Von  Ben- 
jaain  Orsinus,  Gymnasiallehrer  in  Berlin:  Ma0m$  canon  triangulO' 
nm  hgmrUkwdeuM  ex  taSo  ei  cmuilio  iUuiir.  Neperi  vigüi  studio  et 
genfmari  Mlusiria  deduetus,  Colanim,  1624.  7.  Von  dem  grofsen  Jo- 
haiB  Eapler:  CkUias  iogiuritkmorwn  ad  totidem  numeros  roiundos, 
grmmissa  dewumsirtaime  legiUma  artus  togarUkmorum  eorumque  usus 
am  SfSfßiemaUOy  Matgmrgii  1624—1625.  8.  Von  dem  Holländer  Adrian 
Vlacq:  irtikmMea  IfigerUkmiea  Site  logaritkmorum  ckiUades  cen- 
Im,  Cmdm,  1628. 

Der  sechste  Abschnitt  behandelt  die  Gleichungen.  Um  darzuthun, 
4ass  «BeiiKitfs  Methode  zur  Auflösung  eines  Systems  von  drei  Gleichun- 
gea  Bit  drei  Bestinunongszahlen*  in  der  Form,  in  welcher  der  Hr.  VerL 
lis  darstelit  (8.  148)»  nicht  immer  angewendet  werden  kann,  geben 
wir  Mgewles  Beispiel :  Es  sei 

2«+3y +  43»  15, 

44;  +  6|r+33B25, 

30?  —  4y  +  53-13. 

Miltipiiciert  man  die  erste  Gleichung  mit  »i,   die  zweite  mit  M,    und 

addiert  zu  ihrer  Summe  die  dritte  Gleichung,  so  erhält  man 

(t«  +  4»  +  3)«  +  (3»i  +  6» -  4)|r  +  (4»i  +  3 Ji  +  5)  3 - 

Seilt  Biafl|  um  3  zu  bestimmen, 

2m  +  4ji  +  3s0  und  30i4- ^Ji  — 4  »  tf, 
10  eriialt  man 

15m  +  25w+  13 
■"     4m  +  3ii  +  5   ' 
Die  Zahlen  m  und  Jl  kann  man  aber  aus  den  Gleichungen 

201  +  411  — — 3und3//i  +  6Jl--4 
Dicht  bestimmen,  weil  aus  denselben 

01  +  2»-— 4-  und»l  +  2Ji«-i 
2  ^ 

3  4 

Wgt,  also  —  —  —  —  sein  müsste ! 

Im  siebenten  Abschnitte  werden  die  Progressionen  behandelt.  Der 
Ir.  Verf.  ist  im  Irrthum,  wenn  er  (S.  199)  glaubt,  dass  bei  der  Zinses- 
iiMrecbnaog,  unter  A  das  Anfangscapital,  unter  p  den  lOOsten  Theil  der 


74  Deekety  Lehrbuch  der  AJgebra,  ang.  v.  i.  Gemerth, 

Procenle,   unter   En    dio  Endsumme   nach   n  Jahren   verstanden,   die 
Gleichung 

log  ^n    --iOff  A 

^^     SoffCi+p) 
immer  die  Zelt  liefere.    Das  ist,  sobald  der  Bruch  rechts  zu  keiner  gan- 
zen Zahl  fuhrt,   nie  der  FaU,   sondern  wenn  der  Bruch  rechts  zu  dem 

ResulUte  Ji «-  »'  +  —^ ,  wobei  Jl'  eine  ganze  Zahl  und  ——  <  1  ist, 

fuhrt,  ist  die  Zeit  gleich  dem  Ausdrucke: 

^,  ,  En  -i(l+pK 

Der  achte  und  letzte  Abschnitt,  die  Elemente  der  Combi nationslehre  • 
enthaltend,  bietet  nichts  erwähnenswerthcs,  als  den  (Jmstand,  dass  der 
Hr.  Terf.  den  binomischen  Lehrsatz  fßr  einen  beliebigen  Exponenten 
bewiesen  zu  haben  glaubt,  sobald  er  ihn  IQr  einen  ganzen  positi- 
ven Exponenten  bewiesen  hat. 

Ref.  glaubte  auf  Ungenanigkeiten,  wie  die  im  obigen  verzeichne- 
ten, um  60  bestimmter  hinweisen  zu  müssen,  da  es  Gblich  iisi,  die  Ma- 
thematik ah  Wissenschaft  wtt  i|o|i|ir  zu  bezeiofanen,  trotzdem  dass  sich 
in  der  Mehrzahl  der  Lehrbücher  manch  oberflächlicher  Schlendrian  sorg- 
los verer4>t.  Es  wird  durch  die  angeführten  Beispiele  gerechtfertigt  ^iiiy 
wenn  Ref.  das  vorliegende  Buch  den  vorzfiglicbon  Loirtungcn  in  der 
mathematischen  Schullitenitur  nicht  feeizahlt.  Ref.  fügt  aber,  damit  die- 
ses Urtheil  nicht  misverstanden  werde»  ausdrücklich  hinzu,  dass  dieses 
Buch,  mit  unverkennbarem  FUilse  gearbeitet,  den  an  unseren  Schulen 
jetzt  im  ganzen  gebrauchten  Schulbüchern  durchaus  nicht  nachsteht 

Wien.  A.  Gernerth. 


Dritte  Abtheilung. 


Verorilnangen  für  die  Asterreichtechen  Gym- 
nasien; Statistik. 

Personal-  ond  Schulnoliien. 

(Eriennvngen,  B«fi^rderuiig«ii»  VerBettungen  q.s.w.T 
—  Der  Aipplent  am  k.  k.  OyinAUiiim  lu  Cilli,  Hr.  Konrad  Pasc  h 
mm  wirkJiehen  Lehrer  an  deraeiben  LebraoMalt 

—  Der  bialieiige  Oymnaaftalsiippleiit,  Hr.  Joseph  Ambros  v.  Rech- 
te ob  erg,  min  wirklicheD  Lehrer  am  Gymnasium  in  Stanislawow. 

—  Der  Rieaiower  OymMeialsiippleBli  Hr.  Andreas  Nizio^, 
leii  wirkliehei  Lehrer  an  demselben  03rmnasi«m. 

—  Der  Supplent  am  Gymnasiom  zu  Dnghvdr,  Hr.  Eduard 
Stieb  er,  im  wirkliehen  Lehrer  an  «lerselben  LehrahstaK. 

->  Der  6«pt>kint  am  k.  k.  Gymiaasium  m  Fiumc,  Hr.  Dr.  Franz 
Mefsmer,  zum  wirklichen  Lehrer  an  dieser  Anstalt 


—  Der  Historien-Maler  Hr.  Karl  Rahl  in  Wien  und  der  Minisierial* 
MCTflir,  Hr.  Dr.  Constantin  Wurzbach  v.  Tannen  borg  haben  die 
AMcrtecfaste  Gdaubnis  erhalten ,  ersterer  das  Ritterkreuz  des  kön.  grie- 
cbischen  Erlöser-Ordens,  letzterer  das  Ritterkreuz  1.  Cl.  des  grofsherzogL 
Ssehsitt-Weimaf'seben  Ordens  vom  weiCscn  Falken  annehmefi  und  tragen 
n  dirfrn.  Die  gleiche  Allerhöchste  Erlaubnis  ist  dem  als  Literat  be* 
kannten,  Privatier  Hm.  Leo  Herz,  in  Wie«  hezigUc^  des  ihm  vcr» 
lithcw  Ottomanisdien  Modsehidie^Ordens  d.  d.  und  dem  k.  k.  Kam- 
■erer  und  Director  des  «ngarisehevi  JV.itioiial-llnseuttt  in  Pesth ,  Hm. 
August  V.  K  u  b  i  n  y  i,  hinsichtlich  des  ihm  verliehenen  fihrenkreuces  des 
k^  prtvbischen  lohanniter-Ordens  zu  Theile  gewordeti. 


(Tod-esfälle.)  —  Za  Martinsberg  (l)ngam)am7.Novemlyer  185Y 
drr  hochwürdigc  Hr.  Bernhard  Takdcs,  Gapitular  des  dortigen  Benedic- 
lücr-StilUsy  duneli  vierzig  Jahre  Mi  verschieden cTi  Gymnasie«  theils  als 
Ukrer,  thaila  als  Director  beschlftigt,  durch  tiefos  Studium  der  Kirehen- 
viler  und  classisohe  Bildung,  wie  auch  als  Verf.  lateinischer  Gediehte 
bekannt,  im  Alter  von  63  Jahren. 

-»  Am  7.  November  1899  zu  Paris  Hr.  August  Milarion  Graf 
leratry  (seh.  am  fg.  Deoemicr  iTgf),  eine  parlamentarische  Be*- 
nikmtheit,  auch  als  Schriftsteller  bekannt. 


76  Personal-  und  Schulnotizen. 

~  Am  8.  November  1860  zu  Dresden  Hr.  Karl  Gottlieb  R  e  i  f s  i- 
ger,  erster  k.  sächsischer  Hofcapellmeisler  (geb.  zu  Beizig  bei  Witten- 
berg, am  31.  Jänner  1798)>  als  deutscher  Lieder-  und  Opemcompositeur 
allgemein  kekannt. 

—  Am  8.  November  1850  zu  Paris  der  als  Dichter  und  Roman- 
schriftsteller bekannte  Hr.  Jul.  de  la  Madelaine. 

—  Am  10.  November  1850  zu  Paris  der  bedeutende  Geschicbts- 
maler,  Hr.  Pierre  Claude  Francois  Delorme  (geb.  zu  Paris  1780). 

—  In  der  Nacht  vom  16.  auf  den  17.  November  1.  J.  zu  Wien 
der  bekannte  Darsteller  tragischer  Charaktere  Ur.  Wilhelm  Kunsl  (geb. 
zu  Hamburg),  an  60  lahre  alt. 

—  Am  20.  November  1850  auf  seinem  Gut  Hookwood  Park 
(Grafschaft  Surrey)  Hr.  Mountstuart  Elphinstone  (geb.  1778),  durch 
seine  amtliche  Stellung  in  Indien,  wie  durch  seine  Geschichte  dieses 
Landes  bekannt. 

—  Am  23.  November  1850  in  Wien  Hr.  Georg  Zappe rt  (geb. 
am  7.  December  1806  zu  Altofen),  correspondierendes  Mitglied  der  kais. 
Akademie  der  Wissenschaften,  durch  zahlreiche  archsBologische  und 
historische  Schriften  und  Abhandlungen  UGravure  en  boU  du  XIL 
iücle,^  ^Viia  Petri  AamimUi^  xx.  v.  a.)  bekannt. 

—  Am  24*  November  1050  in  Athen  Hr.  Charles  Lenormand, 
Mitglied  der  Akademie  der  Inschriften  und  schönen  Wissenschaften,  als 
Archasolog  ruhmlich  bekannt,  in  einem  Alter  von  kaum  57  Jahren. 

—  Am  25.  November  1850  in  Berlin  Hr.  Wilhelm  Benke  (geb. 
zu  Berlin  am  17.  August  1826),  als  Bühnendichter  und  Romanschrift- 
steller bekannt 

—  Im  November  1850  zu  Tarzo  (im  Venetianischen)  Hr.  Giovanni 
De  min,  als  tüchtiger  Maler  bekannt,  im  Alfer  von  74  Jahren. 

—  Im  November  1850  in  England  Hr.  E.  Holmes,  bekannt  als 
Verfasser  von  «i  Rambie  amumg  the  MusicUuu  In  Gemumy^^  beson- 
ders aber  einer  gediegenen  Biographie  Mozart's  («i  Life  of  Ma%art\ 
im  vorgerückten  Alter. 

—  Im  November  1859  zu  Gent  der  Advocat,  Hr.  Prudens  von 
Duyse,  durch  lange  Zeit  Archivar  dieser  Stadt,  als  vlaemischer  Dich- 
ter, wie  als  Gelehrter,  geachtet. 

—  Im  November  1850  in  England  der  Nestor  der  Maler-Akademie 
in  London,  Hr.  James  Ward,  der  Paul  Potter  der  englischen  Schule 
genannt,  im  Alter  von  91  Jahren. 

—  Im  November  1859  in  Frankreich  der  talentvolle  Carricaturen- 
zeichner,  Hr.  Travies^  und  der  Publizist  und  Schriftsteller  Hr.  Lu  bis, 
Verfasser  einer  ^BiMtoire  de  ia  HeiUmraiitm,^ 

—  Im  November  1859  zu  München  der  kön.  Rath,  Hr.  Dr.  Seh  w  ab , 
ehedem  erster  und  dirigierender  Professor  der  k.  Veterinär  schule ,  im 
Aller  von  80  Jahren. 

—  Im  November  1859  in  England  Hr.  Frank  Stone,  als  Maler 
in  Wasserfarben  in  England  vortheiihaft  bekannt. 

—  Im  November  1859  in  Edinburg  Hr.  Dr.  George  Wilson, 
Professor  der  Technologie  an  der  dortigen  Universität  und  Custos  des 
«Industreal  Museum.* 

—  Im  November  1859  zu  Boston  Hr.  Washington  Irving  (geb. 
am  3.  April  1783  zu  Newyork),  der  berühmte  Verfasser  oon  «Brace- 
bridge-Hall,*  «Skizzenbuch ,'  «Alhambra,'  «Leben  des  Columbus» 
u.  V.  a. 

—  Am  1.  December  1850  zu  Düsseldorf  der  ausgezeichnete  Maler, 
Hr.  Alfred  Ret  hei    (geb.  zu  Aachen  1816),   durch  seine  Zeichnungen 


Personal-  und  Schul notizen.  77 

und  Fresken-Cartons   («Todtcntanz ,'  «llannibalzug,»  «Karl  der  Grofüe* 
u.  m.  a.)  bekannt 

—  Am  6.  December  1850  zu  Dresden  der  k.  sScbsische  Hof-  und 
Portätmaler,  Hr.  Karl  Naumann,  im  47.  Lebensjahre. 

—  Am  7.  December  1850  zu  Venedij^  Hr.  Placido  Fabris» 
Milglied  der  k,  k.  Akademie  der  schönen  Künste  in  Venedig,  als  Maler 
in  der  Kunstwelt  vortheilhaft  bekannt. 

—  Am  7.  December  1850  zu  Paris  Hr.  Poinsot,  Mitglied  der 
franzosischen  Akademie  und  Senator,  als  Mathematiker  bekannt,  im 
Alter  von  82  Jahren. 

—  Am  15.  December  1850  zu  Wien  Hr.  Alois  Fröhlich,  o.  ö. 
Professor  der  Verrecbnungskunde  an  der  k.  k.  Wiener  Universität,  ord. 
Mitglied  der  k.  k.  Landwirthschaftsgesellschaft  in  Wien ,  u.  s.  w. ,  im 
Alter  von  61  Jahren. 

—  Am  15.  DecembeJ  1850  zu  Breslau  der  emerit.  katholische 
Provincial-Schulrath  Hr.  Dr.  Anton  Ignaz  Vogel,  früher  Professor  am 
Gymnasium  zu  Neisse. 

—  Am  16.  December  1850  zu  Berlin  Hr.  Wilhelm  Grimm  (geb. 
zu  Hanau  am  24.  Februar  1786),  Professor  und  Mitglied  der  k.  Aka- 
demie der  Wissentchaften ,  der  Bruder  des  berühmten  Sprachforschers 
Jakob  Grimm,  wie  dieser  eine  Grölse  auf  dem  Gebiete  deutscher 
Sprachforschung. 

—  Anfangs  December  1850  zu  Paris  Hr.  Delestre  Poisson,  als 
dramatischer  Dichter  geschätzt 

—  Anfangs  December  1850  zu  Genf  Hr.  Peter  Odier,  Professor 
der  Jurisprudenz  daselbst 


Vierte  Abtheilung. 


Rli^eelleii. 

Programme  österreichischer  Gymnasien  nnd  Real- 
schulen am  Schlüsse  des  Schuljahres  IS*^^. 

1.   Abhandlungen  philologischen  und  linguistischen 
Inhaltes. 

1.  Zur  tergteiekenden  Etpmologie.  Erster  BeUrag.  (Abhandl.  you 
Dr.  Georg  Black  er t,  im  Programm  des  Gymn.  zu  Czernowitz  1859. 
18.  S.  4.)  —  Diese  Schria  beginnt  mit  der  Überschrift:  ,1.  Die  mit  Gut- 
turalen anlautenden  Wurzeln  und  Stämme*  und  enthält  zwei  Aufsätze: 
«1.  %d,  niv.  %i.  (flfr)  S.  5^13;  tt  «Oib«,  nooog  und  andere  Pronomina 
S.  14—18.»  Der  erstere  ist  ein  Nachtrag  zu  der  vom  Hrn.  Verf.  1857 
in  Paderborn  erschienenen  «Griechischen  Syntax,»  die  gleichfalls  in  ihrem 
ersten  Capitel  xir.  ni.  %a.  behandelt,  oder  auch,  wenn  man  will,  ein 
Vorläufer  der  zweiten  Auflage  dieser  Syntax  (von  der  übrigens  nur  eine 
Lieferung  bisher  erschienen  ist),  auf  die  wir  wiederholt  im  vorliegen- 
den Aufsätze  verwiesen  werden.  Der  Hr.  Verf. ,  welcher  in  jener  soge- 
nannten Syntax  den  Satz  durchzufuhren  suchte,  dass  %h  und  ai^  nach 
Form  und  Bedeutung  grundverschieden  seien,  hat  grofse  Freude  darüber 
empfunden,  dass  A.  F.  Pott  im  ersten  Bande  der  zweiten  Auflage  der 
etymologischen  Forschungen  wenigstens  die  formelle  Verschiedenheit  der 
Partikeln  niv  und  av  anerkennt  Er  nimmt  daher  Anlass  «eine  kritische 
Übersicht  über  einige  der  neuesten  Ansichten  über  dieses  Wort»  zu  lie- 
fern. Diese  kritische  Übersicht  besteht  in  dem  Versprechen ,  dass  die 
zweite  Lieferung  der  griechischen  Syntax  den  Beweis  bringen  werde, 
der  Unterschied  von  niv  und  av  sei  bedeutender,  als  der,  den  Pott  bei 
den  deutschen  Wörtern  nur  und  bl  ofs  zugebe;  in  einem  Excerpte  dessen, 
was  der  Hr.  Verf.  aus  Potl's  Anführungen  über  Kuhns  und  Benfey's 
Auseinandersetzungen  betreffend  die  Sanskrit- Partikel  kam  weiss;  aus 
einer  kurzen  Polemik  gegen  einen  Anonymus  der  Wiener  kath.  Literatur- 
zeitung vom  2.  November  1857  (der  vermuthlich  des  Hrn.  Verf.'s  grie- 
chische Syntax  recensiert  hat),  und  aus  der  unbewiesenen  Behauptung, 
dass  Krügers  Darstellung  der  Partikeln  niv  und  av  sich  dem,  was  der 
Hr.  Verf.  für  Wahrheit  hält,  nähere.  Daran  reiht  sich  noch  die  Andeu- 
tung, dass  niv  nicht  pronominalen  Ursprunges,  nicht  indeflnitsei,  sondern 
zur  Skr.  W.  di,  coiUgere^  cumuUtre,  gehöre,  sowie  eine  etymologische 


MiscelleD.  TSf 

Erörterung  über  die  Partikel  av,  io  der  ein  Dualis  liegen,  uud  die  mit 
lat  amö-,  tm,  li^,  griech.  ipd,  ip^ipi^  av-  verwaiidt  sein  solU  Ref. 
muss  leider  gestehen,  dass  er  nächst  der  griechischen  Syntax  des  Hm. 
Verf.'s  nicht  leicht  etwas  methodeloseres  und  unkritischeres  gelesen  hat, 
als  diesen  Aufsatz.  Eine  ahnliche  Bewandtnis  hat  es  mit  dem  sweiten 
Aufsätze,^  in  welchem  der  Hr.  Verf.  die  Verwandtschaft  von  xoTos  und 
notog,  %6cog  und  vocog  laugnet  und  «oAiff  aus  der  Wurzel  xo  /  (goth. 
skoPy  skr.  Mkav).  notos  dagegen  ans  der  Wurzel  Skr.  tpap.  paf^  lat 
specfo  ableitet.  Es  hat  keinen  Zweck,  alle  die  Wunderlichkeiten  zu  re- 
gistrieren, die  der  Hr.  Verf.  gelegentlich  dieses  Beweises  beibringt.  Wer 
sich  für  grammatische  Curiosa  interessiert,  möge  die  Schrift  selbst  nach- 
lesen. Nur  das  sei  noch  zur  Coostatierung  der  Befähigung  des  Hrn.  Verf/s 
für  sprachvergleichende  Untersuchungen  bemerkt,  dass  derselbe  am  Schluss 
mit  grofser  Zuversicht  die  Verwandtschaft  des  Relativpronomens  o(,  {, 
0  mit  Skr.  Jas,  Ja,  Jai  laugnet  und  wörtlich  sagt :  «Dagegen  hege  ich 
kein  Bedenken,  o(,  ^,  S  auf  das  Verbum  raj^^i-Z/aij^i  zuruckzumhren; 
zu  Tciifn,  gehört  offd»  =  J^OQcim,  Sanskrit  ap.  Damach  ist  Sg  der  Be- 
wusste,  der  Wahrffenommene.*  Derselbe  «Bewusste*  steckt  dann  auch 
nach  des  Hrn.  Verf.  s  Meinung  im  Pronomen  ov,  ol^  I, 

Qiefsen.  L.  Lange. 

2.  ßöer  den  BomeriMchen  Genitiv.  Beitrag  sur  BamerUcMen 
^^Mtax.  (Abhdlg.  vom  Gymnasiallehrer  K.  Steyskal  im  Programm  des 
k.  k.  Gymn.  zu  Znaim.  1859.)  —  Der  Gedanke,  einzelne  Theile  der 
Syntax  auf  Grundlage  möglichst  vollständiger  Sammlung  zum  Gegen- 
stande für  Programm-Abhandlungen  zu  machen,  kann  gewiss  nur  allge- 
meine Billigung  finden,  namentlich  in  Bezug  auf  Homer,  der  ja  ge- 
wffsermafsen  eine  Sprache  für  sich  vertritt.  So  hat  denn  der  Verf.,  an- 
geregt durch  einen  von  Prof.  Lange  in  der  Anzeige  von  Krugers  Syn- 
tax der  griechischen  Dialekte  gegebenen  Wink,  sich  der  Aufgabe  unter- 
sogen, den  Gebrauch  des  Genetivs,  und  zwar  vorerst  den  localen,  tem- 
poralen, absoluten  bei  Homer  zusammen  zu  stellen;  zugleich  vervoll- 
ständigt und  berichtigt  er  die  Citate  bei  Kruger.  Im  allgemeinen  wollen 
wir  nur  bemerken,  dass  der  Hr.  Verf.^dem  von  Prof.  Lange  gebrauchten 
Ausdrucke  'Beobachtung,  Observation  eine  etwas  zu  enge  Deutung  gibt. 
Nicht  sowohl  das  Zusammentragen  und  Mittheilen  einer  grofsen  Anzahl 
von  Beispielen  ist  Beobachtung,  sondern  ihre  Unterstellung  unter  richtige 
Gesichtspuncte.  Es  ist  ganz  glcichgillig  für  die  Beurtheilung ,  ob  ich 
vom  Genetiv  bei  exidov  ein  Beispiel  oder  zwanzig  besitze,  dagegen  sehr 
erhebücb,  wie  z.  B.  das  Verhältnis  des  einfachen  Genetivs  zu  dem  mit 
einer  Präposition  oder  einem  Adverb  verbundenen  auffasse.  So  z.  B. 
wird  die  uns  so  fremdartige  Verbindung  von  M  mit  dem  Genetiv  *ijtl 
yaitjg,  itp  Znnmp  auf  der  Erde'  etc.  klar  durch  den  einfachen  localen 
Genetiv:  viqiog  foi  qicttveto  iciarig  yaiijg  ovd'  o^imr  P  37%,  ebenso 
im  zeltlichen  ^ovg  und  tnl  nQOzigmv  dv^gdnmr  E  637,  to  ngip  iii 
^^^^€  J  403,  welch  letztern  Gebrauch  der  Hr.  Verf.  gar  nicht  erwähnt. 
Also  das  blofse  Auffinden  von  Genetiven  etc.  kann  nicht  schon  den 
IVamen  *  Beobachtung'  verdienen;  zum  Beobachten  wird  das  Sammeln 
erst,  wenn  das  ürUieil  dabei  in  wirksamem  Grade  fhätig  ist.  So  aber 
finden  wir  hier  auffallige,  wir  wissen  nicht  sollen  wir  sagen  Nach- 
la^tsigkeiten  oder  Irrthümer:  gleich  S.  2  wird  der  Gen.  naqinXaylBv  d\ 
Kv^f(fnv  t  81  und  naf^nldylaäa  MaXstav,  xt^ovxo  %bXsv&ov  nuf 
gleiche  Linie  gestellt  mit  t^sv  xol%ov  xov  itiqov  etc.  S.  3  läsftt  der 
Hr.  Verf.  in  dem  V.  /i  382  of  f  fitsl  avv  ipxovto  Idh  ngo  o9oi  iyi^ 
if09to*  o8ov  von  %qo  abhängen,  was  ganz  unmöglich,  odov  ist  gar 
nicht  abhängig  von  irgend  etwas,    es   ist  einfach  Erklämng  des  adver- 


80  Misceilen. 

bleuen  *%q6  vorwärts/  nämlich  des  Weges.  Weiter  sagt  der  Ur.  Verf.  : 
*Da8S  ayyeA/17«  r206  ahnlich  wie  i^9ov  als  localer  Genetiv  aufzufassen 
sei,  sollte  bei  den  eontroversen  Ansichten  der  Gelehrten,  die  für  und 
dagegen  sind  (kommen  Citate),  nicht  mit  einer  apodiktischen  Ge- 
wissheit gesagt  werden,  sondern  dem  Sachverhalte  gemäfs  als  eine 
Sache  bisheriger  Meinungsverschiedenheit  angegeben  sein.'  Wir  sind 
der  Ansicht,  dass  man  über  Meinungsverschiedenheiten  ein  Recht  hat  zu 
urtheilen,  ja  sogar  apodiktisch  zu  urtheilen,  wenn  man  Gründe  hat; 
und  was  diesen  speciellen  Fall  betrifft,  können  wir  kaum  glauben,  dass 
der  Hr.  Verf.  alle  die  von  ihm  gebrachten  Citate  aufmerksam  gelesen 
bat,  sonst  wurde  ihm  die  vollkommene  Haltlosigkeit  der  Kruger  gegen- 
überstehenden Ansicht  eingeleuchtet  haben.  Solchen  Ansichten  entgegen 
nicht  apodiktisch  reden,  hiefse  ihnen  eine  Ehre  erweisen,  die  sie  wahr- 
lich nicht  verdienen.  Unverständlich  ist  es,  wenn  der  Hr.  Verf.  von 
persönlichen  Genetiven  bei  passiven  Verben,  Krüger  46.  1.  7,  spricht. 
Nichts  derart  kommt  dort  vor. 

Warum  femer  der  Hr.  Verf.  die  localen  Adverbia  mit  einer  so 
außerordentlichen  Ausführlichkeit  behandelt,  die  localen  Adjectiva 
aber  übergeht,  ist  ebenso  wenig  klar. 

Der  ganzen  Arbeit  fehlt  hinlängliche  Durcharbeitung,  dem  Hrn.  Vf. 
fehlen  feste ,  selbst  erworbene  syntaktische  Oberzeugungen ;  an  dem 
schwachen  Faden  der  Krüger'schen  Grammatik  wankt  er  unsicher  umher. 

Auch  in  der  ganzen  Fassung  der  Abhandlung  ist  manches  Anstofs 
erregende.  Die  Berufung  auf  Prof.  Lange  hatte  besser  ihren  Platz  in 
einer  Anmerkung  mit  einfacher  Verweisung  auf  die  betreffenden  Worte 
dieses  Gelehrten  in  der  öst.  Gymn.  Zeitschrift  gefunden,  statt  in  so  uner- 
träglicher Breite  mit  wörllicher  Anführung  der  ganzen  Stelle  an  die 
Spitze  der  Abhandlung  zu  treten. 

Was  endlich  die  Weise  betrifft,  Stellen  aus  11.  und  Od.  zu  eitleren, 
so  rathen  wir  dem  Hm.  Vf.,  künftig  zur  Bezeichnung  des  Werkes  und 
des  Buches  die  einfachere  Weise  anzuwenden,  nämlich  für  die  Bücher 
der  llias  die  grofsen,  für  die  der  Odyssee  die  kleinen  Buchstaben  des 
griechischen  Alphabetes.  Gröfsere  Leichtigkeit  der  fibersicht  und  ge- 
ringere Möglichkeit  von  Druckfehlern  gibt  dieser  Bezeichnungsweise 
namentlich  da,  wo  eine  grofse  Anzahl  von  Citaten  vorkommt ,  vor  jeder 
andem  bei  weitem  den  Vorzug. 

3.  AeichyluMf  Agamenmon  und  die  gleicknamige  Tragoedie  des 
Ttagiker»  Seneca,  Paraiiele.  (Abhandlung  von  Jos.  Hill  ehr  and  Im 
Programm  des  k.  k.  kath.  Staatsgvmn.  in  Hermannstadt  1850.)  — 
Man  kann  über  den  Nutzen  von  Arbeiten,  wie  die  vorliegende ,  verschie- 
dene Ansichten  hegen  und  Verschiedenes  sagen;  uns  scheint  er  vorzüg- 
lich darin  zu  liegen,  dass  dergleichen  Versuche  den  Übergang  von  dem 
einfachen  passiven  Aufnehmen  eines  Kunstwerkes  zur  beurlheilenden 
Kritik  desselben  vermitteln.  Man  findet  viel  eher  Anknüpfungspuncte  zu 
Bemerkungen,  Aufschlüsse  für  Räthsel,  wenn  man  zwei  oder  mehr  gleich- 
artige Objecte  einer  Beurtheilung  unterwirft,  als  wenn  man  mit  unge- 
übtem Urtheile  an  die  Beobachtung  eines  einzelnen  Objectes  geht  Hier- 
aus folgt,  dass  dergleichen  Versuche  ganz  passend  sind  für  Schüler- 
und  Schularbeiten;  weniger  für  wissenschaftliche.  Jedesfalls  muss  aber, 
so  dünkt  uns,  zwischen  den  verglichenen  Gegenständen  eine  innere  Be- 
ziehung herschen,  die  den  Anlass  zum  Vergleich  leiht;  so  allein  kann 
derselbe  einen  wissenschaftlichen  Anstrich  erhalten ,  denn  das  blofs  will- 
kürliche ist  der  Wissenschaft  fremd.  Nun  kann  man  nicht  sagen,  dass 
zwischen  Aeschylus  und  Seneca  eine  gegenseitige  Beziehung  be- 
stehe, Aeschylus  steht  von  Seneca  natürlich  ganz  unabhängig  da.  Seneca 


Büftcellen.  81 

cbgcgen  steht  (oder  kann  stehen)  in  einseitiger  Beziehung  zu  Aeschylus. 
lei  einer  wisMoscbaftUchcn  Form  der  Abhandlung  muss  also  Seneca  in 
dea  VanlergruDd  gettlellt  und  seine  Beziehungen  zu  AescAiylus  festgesetzt 
«cfüen.  Wenn  dagegen  der  Hr.  Verf.  meint,  eine  solche  Vergleichung 
ictie  die  beiderseitigen  Vorzüge  und  Mangel  in  helleres  Licht,  so  müssen 
wir  sagen,  dass  wir  su  denen  gehören ,  denen  die  Schönheit  der  Venus 
von  Milo  einleuebtel»  auch  ohne  vorgehenden  Vergleich  derselben  mit 
den  Azteken  Bamuins.  Hätte  der  Ur.  Verf.  das  Stück  Seneca's  aufmerksam 
grienen,  und  der  Rrfihe  ihre  gestohlenen  Pfauenfedern  ausgerissen,  so 
würde  er  gemerkt  haben,  dass  von  einer  Parallele  Seneca's  mit  A  e  s  c  h  y- 
lis  nicht  die  Rede  sein  kann. 

Der  Hr.  Verl  beginnt  den  Gang  der  beiden  Stücke  darzulegen. 
Wenn  derselbe  sagt,  dass  Klyt.  bei  Aeschylus  Agam.  mit  einem  Netze 
efsehligt,  so  hat  er  in  ganz  unbegreiflicher  Weise  den  bildlichen  Aus- 
druck des  Dichters  misverstanden ;  wenn  ferner  derselbe  sagt,  Aeschylus 
beurkunde  den  groben  Dichter,  weil  er  sich  von  Homer  mehr  als  5eneca 
cntleml  hat,  so  müssen  wir  entgegnen,  dass  die  Abweichungen  beider 
Diehler  von  Homer  ziemlich  gleich  wiegen  und  zwar  gerade  in  der  Haupt- 
sache dieselben  sind. 

Der  ganze  weitere,  in  abspringender  Weise  geführte  Vergleich, 
leidet  an  den  ObelstSnden  einer  verfehlten  und  falsch  gestellten  Aulgabe, 
und  bietet  weder  etwas  hervorragendes  noch  erquickliches  dar.  In  Be- 
treff der  Sprache  fasst  der  Hr.  Verf.  sich  möglichst  kurz.  Gegen  die  Be- 
aostandong  von  Ausdrücken  wie  205  apayxag  iSv  Xi%advow,^^  %vva 
9miunm9  müssen  wir  Protest  einlegen.  Was  wird  der  Hr.  Verf.  wol 
sagen,  wenn  er  bei  Hölderlin  liest:  «Als  nun  des  Schicksals  ehrne 
Hechte,  die  harte  DrSngerin,  die  Noth,  dem  übermütbigen  Gescblechte 
den  teilten  bilteni  Kampf  gebot.»  Er  hätte  femer  %^6%ov  ßa<pai  224  ja 
nicht  nach  der  längst  abgethanen  Weise  mit  'Blut'  übersetzen  sollen. 

Gant  unbegreiflich  bleibt  uns,  warum  der  Hr.  Verf.  die  beiden 
Dramen  aneh  noch  metrisch  vergleicht. 

Am  Schlüsse  drängt  sich  dem  Hrn.  Verf.  die  Präge  auf,  ob  wol 
Seweea  den  Aeschylus  nachgeahmt  habe.  Wir  glaubten,  dieselbe  hätte  sich 
ihm  fchoa  von  allem  Anfang  aufgedrängt;  er  beantwortet  dieselbe  negativ, 
weil  nindich  der  Differenzen  so  viel  sind,  so  ist  auch  die  Episode  mit 
dewi  Herolde,  die  «ich  in  beiden  Dramen  vorfindet,  nicht  zu  urgieren, 
d.  iL  weil  Seneca  sehr  viel  nicht  nachgeahmt  hat,  kann  er  gar  nichis 
nachgeahmt  haben.  Dagegen  meint  er,  Seneca  könnte  den  Agamemnon 
von  Ion,  von  dem  wir  allerdings  nichts  wissen,  zum  Vorbilde  genommen 
habew.  Von  diesem  Dichter  gibt  er  nach  Bemhardy  eine  au fserord entlich 
genaue  Charakteiistik,  so  genau,  genauer  könnten  wir  sie  nicht  haben,  wenn 
wir  sammiliche  Tragcedien  desselben  besäfscn,  wobei  wir  nichts  anderes 
thuBkönneny  als  den  Scharfsinn  der  Leute  zu  bewundem,  die  das  Alles  so 
ai^fa  Haar  herausgebracht  haben.  Nicht  nur  was  für  Eigenschaften  er  hatte, 
waib  man  jetzt  (das  zeigt  sich  ja  manchmal  auch  im  kleineu  Fragment),  son- 
dern sogar,  was  er  nicht  hatte;  so z.  K.  war  er  nicht  originel, und  darauf 
bant  der  Hr.  Vf.  die  schüchterne  Hoffnung,  er  könnte  ja  manches  (vielleicht 
auch  jene  Episode)  dem  Aeschylus  entlehnt  haben.  Wir  wünschen  dem 
Um.  Vf.  nur  eins,  dass  nie  ein  Stück  Ions  möge  aufigefuiiden  werden, 
denn  so  weit  wir  die  Fragmente  zu  beurthcilen  im  Stande  sind,  dürfte 
lieh  die  ganze  Charakteristik  desselben  als  hohle  Phrase  erweisen. 
Wa;-  die  Sprache  des  Hrn.  Vf.'s  betrifft,  so  ist  diese  nicht  frei  von  Här- 
ten, I.  fi.  gleich  anfangs  der  Satz:  «Dennorh  sind  sie  als  einzige  voll- 
itändige  (Jberrette  der  tragischen  Literatur  der  Römer  immerhin  von 
Bedeutung,  und  eine  nähere  Betrachtung  derselben,  die  jedenfalls  mit 
Inrecfat  seit  fast  30  Jahren  keine  Bearbeitung ,  deren  doch  keine  genü- 
gende vorlag,  erlahrcn,   ist  daher  wol  genugsam  gerechtfertigt*     Im 

Z»ittrlirifl    r  a.   S*l«rr.  Qymm»:  IMO.  1.  Heft.  6 


89  MUcelien. 

eitleren  seiner  Gewährsmänner  geht  die  Gewissenhaftigkeil  des  Hrn. 
Vt's  manchmal  zu  weit^  wenn  er  z.  B.  citicrt:  «Aeschylus*  sagt  Scholl 
(p.  %tB  gr.  Ltg.)»  «entwirft  die  Charaktere  mit  wenigen  starken  aber 
köhnen  Zögen,*  oder  wenn  Swoboda  ausruft.  Übers,  des  Seneca  III, 
pw  309:  «Wenn  nur  nicht  Strophius  gar  so  (!)  aus  den  Wolken  fiele, 
ein  wahrer  Dem  ez  mackina,*  Dergleichen  Gedanken  können  einem 
kommen,  wenn  man  auch  nie  von  Scholl  oder  Swoboda  gehört  hat. 

Wien.  Alfred  Ludwig. 


IL  Abhandlungen  mathcmatisch-naturwissenschaftlichlen 

Inhaltes. 

I.  Versuch  einer  anaiytiichen  EnlwlckeluHg  der  dialoniichen  und 
der  chromatischen  Tanieiter.  (Abhandlung  von  Josef  Lang,  im  Pro- 
gramm des  k.  k.  Obergymn.  zu  T  r  o  p  p  a  u).  —  Der  Hr.  Verfasser  ist 
Lehrer  der  Mathematik  und  Physik,  und  nähert  sich  in  dem  vorliegen- 
den Aufsatze  der  Tonkunst  nur  auf  dem  Wege  mathematischer  Berechnung. 
Die  Art,  wie  die  Tonleiter  in  fast  allen  Lehrbüchern  behandelt  wird, 
seheint  ihm  nicht  befriedigend.  Er  findet  dort  «die  relativen  Tonwertbe 
willkürlich  hingestellt,*  ohne  eine  tiefere  Begründung,  und  schlägt  fol- 
genden Weg  zur  erschöpfenden  Erklärung  der  Tonleiter  ein.  ?on  dem 
Begriff  der  Consonanz  und  Dissonanz  ausgehend,  entwickelt  er  zuerst  den 
Dreiklang  als  die  Grundlage  des  ganzen  Tongebäudes  und  zeigt  hierauf» 
wie  die  Töne  der  diatonischen  und  der  chromatischen  Tonleiter  sich  als 
noth  wendig  zur  Bildung  von  Dreiklängen  herausstellen. 

«Andeutungen*  zu  einer  derartigen  Entwickclung  will  der  Hr.  Verf. 
nur  in  K  unzek's  Lehrbuch  der  Physik  und  in  GriepenkerTs  Aesthetik 
geftinden  haben.  Offenbar  sind  dem  Hrn.  Verf.  die  musikalischen 
Lehrbucher  fremd  geblieben,  welche  mit  mehr  oder  weniger  Gluck  diesen 
Weg  bereits  eingeschlagen  haben.  Am  bewusstesten  und  wissenschaft- 
lichsten ist  dies  in  dem  Werke  von  M.  Hauptmann  («Die  Natur  der 
Harmonik  und  Metrik,*  Leipzig  1853)  geschehen,  welche  das  Resultat  der 
gleichen  Untersuchung  S.  26  in  folgendem  Satze  zusammenfasst :  «Den 
Inbegriff  dieser  organischen  Gestallung,  dieses  Dreiklanges  höherer  Ord- 
nung, dessen  Quint  in  der  Trennung  des  Ober-  und  Unter-Dominant- 
Accordsy  die  verbindende  Terz  im  Accord  der  Tonica,  als  vermitteltem 
und  vermittelndem  besteht,  nennen  wir  Tonart  Sie  enthält  die  Mo- 
mente der  Dreiklangsbildung  ganz  in  derselben  Bedeutung  wie 
der  Dreiklang  selbst,  und  ist  nur  eine  potenzierte  Erscheinung  derselben.» 

Wenn  der  Hr.  Verf.  diesen  Gedanken  in  klarer,  möglichst  populärer 
Behandlung  ausgeführt  hätte,  so  wäre  der  damit  gestiftete  Nutzen  grofs 
genug,  um  übersehen  zu  lassen,  dass  die  Grundidee  selbst,  wie  wir 
sehen,  nicht  neu  ist.  Allein  der  Hr.  Verf.  eilt  zu  sehr  von  Berechnung 
zu  Berechnung  ,  wovon  überdies  das  meiste  (Schwingungszahlen,  Disso- 
nanzen-und  Consonanzen-Vcrhältnisse,  Intervalle,  Temperatur)  von  altersher 
in  jedem  musikalischen  und  akustischen  Lehrbuch  steht,  und  verschmäht 
daneben  ein  längeres  erklärendes  Verweilen  bei  dem,  was  diese  mathe- 
matischen Verhältnisse  in  und  für  die  Musik  eigentlich  bedeuten.  So 
wird  es  denn  für  den  Musiker,  den  Dilettanten,  den  Studierenden  kaum 
möglich  sein,  aus  einem  Aufsatz  Belehrung  zu  schöpfen,  welcher  schwie- 
rige Fragen,  wie  die  von  der  «Temperatur*  u.  dgl.,  in  wenigen  Zeilen 
abthut,  und  zwischen  den  übrigens  verdienstlichen  Zahlentabellen  und 
Kcttenbrücben  die  Anschaulichkeit  der  Erklärung  verabsäumt.  Von  diesem 


MUcellen.  8S 

Mangel  abgesehen,  kann  die  Arbeit  des  Hrn.  Prot's  Lang  jedenfalls  als 
ein  Bewei«  seiner  eingehenden  Stadien  in  den  physikalisch-mathema- 
tischen Theil  der  Tonkunst  und  seiner  Exacthcit  in  Zusammenstellung 
der  einschlägigen  Berechnungen  gerühmt  werden. 

Dr.  Ed«  Hanslick. 


(Zu  den  Progr.  AbhdI.  v.  18*7»,.  Fortsetzung  von  1859,  Heft  VI  u.  VII, 

8.  58t  ff.) 

2a  Anakreoäieim.  [Fortsetzung.]  f  Abhandlung  von  Eduard  Jahn, 
im  Programm  des  k.  k.  Obergymnasiums  zuTroppau.)  —  Mit  loben s- 
werther  Bescheidenheit  bezeichnet  der  Hr.  Verf.  die  Fortsetzung  seiner 
tiproiUMio^  für  die  von  ihm  in  Aussicht  gestellten  mguatUUmeM  anaerem^ 
teae  gtuUuor,*  die  im  Programme  für  das  nächste  Schuljahr  erscheinen 
sollen,  als  «Beigabe*  zu  zwei  gröfseren  Abhandlungen  seiner  Herren  Gol- 
legen  H.  Buhren  und  K.  Kunz.  Sie  enthält  die  metrische  Obersetzung 
von  vier  Odarion  Anakrcon's  mit  Inhaltsangabe  und  erläuternden  Anmer- 
kungen, ganz  in  derselben  Weise  und  demselben  Geiste,  wie  die  von 
13  anderen,  im  Programme  für  IS^Vst  >  welche  Bef.  im  7.  Hefte  des  Jahr- 
ganges 1858  dieser  Zeitschrift  Wprochen  hat  Das  Streben  des  Hrn.  Verf/a, 
den  Geist  seines  Auetors  in  sprachlicher  und  dichterischer  Beziehung  zu 
erfassen  und  in  annähernder  deutscher  Versform  so  treu  als  möglieh 
wiederzugeben,  ist  auch  aus  diesen  wenigen  Proben  ersichtiieb.  Onter 
die  Mängel,  mit  denen  übrigens  jeder  Obersetzer  dieses  Dichters  zu  käm- 
pfen haben  wird,  gehört  insbesonders  die  Anwendung  einer  entschie- 
denen Länge  in  der  letzten  Sylbe  des  Verses  (z.  B.  «Beträufle  mich  mit 
Duft 51,'  «Schau,  wie  beim  Fruhlingsanbruch,  Chariten  Rosen  aus- 
streu'n*  u.  dgl.),  oder  die  Zerfällung  der  beiden  letzten  Sylben  in 
zwei  Wörter  (z.  B.  Kredenze  lautem  Wein  mir,*  «Durchschritt'ne  Jahre 
kenn'  ich*  u.  s.  w.),  namentlich  wenn  damit  zugleich  ein  Hinfiber- 
ziehen  auf  die  erste  Dipodie  des  folgenden  Dimeters  verbunden  ist  (wie 
S.  41  in  XVI,  V.  6—8).  In  dem  reizenden  Fruhlingsgemälde  XVIf,  das 
eben  durch  das  lose  Nebeneinander  gleichzeitiger  Erscheinungen  so  natur- 
wahr und  lebendig  wird,  scheinen  Ref.  die  Verse: 

NifpiXmv  mnal  Sovovrtai* 
durch  die  Obersetzung: 

«So  hell  erglänzt  die  Sonne; 

Die  Wolkenschatten  flohen.  (T)* 
in  einen  Causalnexus  gebracht,  der  ihnen  fremd  ist.  Nicht  weil  «die 
Wolkenschatten  flohen  (?),*  erglänzt  die  Sonne  so  hell,  sondern:  In  voller 
Reinheit  glänzt  die  Sonne,  die  Wol kenschatten  gerathen  in  Bewegung. 
Es  sind  zwei  einzelne  Schilderungen  dessen,  was  zuhöchst  am  Firma- 
mente  und  unten  in  den  tieferen  Luflschichtcn  gleichzeitig  dem  Auge 
sich  darstellt.  Und  welch'  schöner  Contrast:  oben  die  klare  ruhige  Sonne, 
unten  die  ruhelosen  Wolkennebcl,  die,  von  jener  verscheucht,  über  die 
Landschaft  hinfliegen,  deren  Beleuchtung  dadurch  in  jedem  Augenblicke 
sich  verändert!  Derlei  kleine  Züge  sind  es,  welche,  wie  Ref.  schon  a.  a.  0. 
bemerkt  hat,  so  leicht  verwischt,  als  schwer  verraisst  werden.  Als  Seiten- 
stück  zu  dem  im  vorjährigen  Programme  mitgctheilten  Odarion  «der 
verwundete  Eros'  (IX.  S.  19)  gibt  der  Hr.  Verf.  anhangweise  eine  metrische 
Übersetzung  des  lieblichen  Eidyllions  von  Thcokritos:  ^KfUfionXinxTig* 
Dass  der  Hexameter: 

^Tov  nlinrccv  not  "E^mxa  nana  nivrace  (liXiccu* 
in  der  Verdeutschung: 

6* 


84  Miscellen. 

«Eros,  den  diebischen,  traf  mit  dem  Stachel  ein  arges  Bienchen* 
zu  einem  spondakus  gemacht  ist,   will  Ref.  ebensowenig  gefallen,  als 

im  2.  Vers  die  Abschwächung  des  Trochäus   «einen*   zu  einem,   der 

deutschen  Sprache  ganz   fehlenden   Pyrrhichius  (einen)  und  im  7.  V. 
die  unnöthige  Inversion:  «Lächelnd  die  Mutter  versetzt >^ 

24.  Einige  Proffmenie  des  Euripides,  (Abhandlung  von  Director 
Theodor  May^r,  im  Programme  des  k.  k.  Obergymnasiums  zu  Melk.) 
—  Die  Theilnahme  für  die  Bruchstucke  classischer  Schriftsteller  auch  in 
der  Schule  zu  wecken,  ist  jedenfalls  ein  Verdienstliches  Unternehmen  und 
liefert  einen  für  eni  Gymnasialprogramm  ganz  geeigneten  Vorwurf.  Es 
erhöht  die  Achtung  vor  den  Musterbildern  aus  alter  2eit,  wenn  man  auch 
den  kargen  Resten  ihrer  in  Verlust  gerathenen  Werke  die  allgemeinere 
AviJnerkgamkeit  zuwendet;  die  Beschäftigung  mit  denselben  gewährt  als 
etioe  Art  stillschweigender  Einladung  zu  dem  Versuche ,  aus  einzelnen 
Sentenzen  und  abgebrochenen  Dialogstucken  sich  ganze  Charaktere  und 
Soenen  zu  reconstruieren,  vielfache  geistige  Anregung;  es  ergibt  sich 
dabei  der  Anlafs  zu  lehrreichen  Parallelen  mit  sinnverwandten  Stellen 
anderer  Classiker^  zu  deren  Zeit  jene  Werke,  von  denen  uns  nur  mehr 
spärliche  Überbleibsel  vorliegen  ^  noch  in  ihrer  Vollständigkeit  gekannt 
Wdren;  endlich  drängt  bei  der  Exegese  solcher  Fragmente  sich  unwill- 
kürlich die  Überzeugung  auf,  wie  vorsichtig  man  zu  Werke  gehen  müsse, 
um  einem  aus  dem  Coatexte  gerissenen  Bruchstucke  nicht  einen  Sinn, 
unterzuschieben,  der  den^enigen^  den  es  in  seiner  ursprünglichen  Stellung 
hatle,  vielleicht  diametral  engegongesctzt  ist.  Solcher  Fragmente  des 
Euripides  enthält  die  Ausgabe  von  Aug.  Nauck:  ^Tragicarwn  Qroie^ 
omm  frofßunia  (Lipsiae,  B.  O.  Teubner,  1856)*  1091,  mit  Ein- 
schluss  der  ^dubia  und  epftriO»  1117.  Der  Hr.  Verf:  zählt  deren  1066, 
von  denen  er,  mit  einer  kurzen  Einleitung  (S.  3—6),  60  in  motrisclier 
Übersetzung,  tbeils  mit  Exegese,  theils  ohne  eine  solche,  mittheilt.  In 
dflor  Einleitung  spricht  der*  Hr.  Verf.  zunächst  über  die  Beliebtheit  des 
Euripides  bei  den  alten  Classikem,  namentlich  bei  Cicero,  über  die  Art 
und  Weise  seiner  Sprüche,  auch  über  seine  Fehler,  ohne  etwas  beson- 
ders charakteristisches  zu  sagen.  Einzelnes  klingt  fast  ironisch,  so  z.  B. 
wenn  es  (S.  3)  heifst :  «Lassen  nicht  Verse,  wie  folgender  aus  Alkmene 
(Nauck,  89,  p.  309): 

Viel  Epheu  kroch  herum  mit  schi^obelaubtem  Zweig, 
Der  Schwalben  (n.  A.  itidovmv  statt  %iUd6vatv)  Muaensitz, 
oder  folgender: 

Der  Nase  Nüstern  mit  der  Zunge  leckend, 
gJisichsaiu  als  einzelne  Glieder  den  Verlust  der  ganzen  schönen  Statue 
oder  ijlruppe  bedauern?*  ..  Die  metrische  Übersetzung  wird  dem  tragi* 
schien  Trimeter  fast  nirgend  gerceht;  die  Exegese  der  einzelnen  Frag- 
mente verläuft  sich  grofsentheils  in  Gemeinplätze.  Als  Druckfehler  be- 
zeichnen wir  $.  11  (Nr.  32.)  €i,(infi  statt  aimniif  ebendaselbst  (Nr.  87.) 
bounc  ch^o  statt  ch^re.  —  Im  ganzen  verdient  die  Arbeit  des  geachteten, 
ajuch  auf  anderem  Gebiete  thätigen  Hrn.  Dircctors  aus  den  eingangs  an- 
geführten Gründen  volle  Anerkennung. 

Wien.  J.  G.  Seid». 


Erste   A  1)  t  h  0  i  1 II  n  f?. 


AbliandlunK:en. 

fbcr  den  Begriff  der  deulschen  Philologie. 

Auf  die  Frage,  was  die  klassische  Philologie  sei,  antwortet 
itf  grö&le  jetzt'  lebende  Vertreter  des  Faches ,  August  Böckh 
in  Berlin ,  sie  sei  die  historbche  und  philosophische  Kenntnis 
di*s  gesammten  klassischen  Alterthums  ').  Diese  Ansicht,  von 
Friedr.  Aug.  Wolf  begründet ,  unter  seinen  Nachfolgern  insbe- 
sondere von  Bockh  •)  forlgebildet,  hat  sich  mehr  und  mehr  Bahn 
gebrochen«  Nur  über  die  wechselseitige  Stellung  der  einzelnen 
Dbciplinen  des  Faches  so  wie  über  ihren  Werth  für  die  höhere 
Geistesbildung  sind  die  Meinungen  gelheilt.  Doch  scheint  man 
iiunrr  mehr  darin  übereinzukommen ,  dass  den  Sprachen  und 
Literaturen  der  beiden  klassischen  Völker  innerhalb  der  von 
Wolf  und  Böckh  gezogenen  Grenzen  des  ganzen  Gebietes  die 
wesentlichste  Stelle  gebührt  '),  ohne  dass  deshalb  den  Alter- 
tUnero,  der  Mythologie  und  der  Kunstgeschichte  ihr  selbstän- 
diger hoher  Werth  geschmfilerl  werden  soll. 


')  Yfrt.  A.  BoeckM  orationes,  Ups,  1858 ^  p.  105,  und  die  Einlei- 
luDg  zum  Cbrpmf  intcrtptlanum. 

'j  Auf  der  von  Wolf  und  Bockli  gelegten  Orundlagc  stehen  auch, 
veno  gleich  to  theilwei«o  eigentbümliclier  Ausführung,  Bcrnhardys 
Grundlinien  zur  Kccykiop.  der  Philologie. 

')  2wf{  Dinge  wenigstens  wird  man  nicht  in  Abrede  stellen :  Er- 
«tfttfi,  dass  der  wissenschaniiche  Betrieb  der  übrigen  Disciplinen 
eine  gründliche  Kenntnis  der  beiden  Sprachen  und  Literaluren  als 
uDerlättftlicIi«  Bedingung  voraussetzt;  und  Eweiteus,  dass  jeden- 
(aJU  för  die  künftigen  Lehrer  an  den  Gymoasien  die  sichere  und 
geuaue  Kenulnis  der  griechischen  und  lateinischen  Sprache  und 
die  fichUge  Behandlung  der  klassischen  Schriftsteller  die  Uaupt- 
aacfae  sind.  Natürlich  aber  ist  dies  Lclxtere  ohne  kenntnis  den 
ganzen  antiken  Lebens  nicht  zu  circit'hen. 

ttiuclirilt  f.  4.  »«l^rr.  Qymnm*.  ISSO.   II     Hfft.  7 


86      Über  den  Begriff  Jer  deutschen  Philologie,  v.  Ä.  r.  Räumer. 

Den  allen  Griechen  und  Römern  gegenüber  lassen  sich  nie 
germanischen  und  romanischen  Völker,  wie  sie  aus  den  Mi- 
schungen der  Völkerwanderung  hervorgegangen  sind,  bei  allen 
inneren  Unterschieden  doch  als  Eine  grofse  Ma^se  betrachten. 
Denn  einerseits  ist  der  Gegensatz  zwischen  den  germanischen 
und  romanischen  Völkern,  so  tiefgehend  er  auch  ist,  doch  kaum 
so  grofs  als  der  zwischen  den  antiken  Griechen  und  Römern, 
und  andrerseits  macht  sich  die  Zusammengehörigkeit  derselben 
sowohl  auf  dem  Gebiet  der  Literatur  und  Kunst  als  auf  dem 
des  Staates  unabweisbar  geltend.  Der  antiken,  griechisch- 
römischen Philologie  stellt  sich  so  eine  germanisch- 
romanische gegenüber,  deren  Aufgabe  die  Erforschung  der 
germanischen  und  romanischen  Völker  ist,  nach  ihren 
Sprachen  und  Literaturen,  ihren  Sitlen  und  Einrichtungen,  ihrer 
Kunst  und  Wissenschaft.  Natürlich  gliedert  sich  dies  weitläuf- 
lige  Gebiet  wieder  nach  den  Sprachen  und  Völkern,  die  es  um- 
fasst;  und  obwohl  die  sprachliche  Eintheilung  nicht  immer  mit 
der  politischen  zu>ammenfulll,  so  können  wir  doch  drei  ger- 
manisch e  Haupigruppen ,  nämlich  die  skandinavische, 
die  deutsche  und  die  englische,  und  drei  romanische, 
nämlich  die  spanisch-portugisische,  die  französisch- 
provenzali  seile  und  die  italienische  als  die  wichtigsten 
bezeichnen  *).  Wer  den  Umfang  dieser  Gruppen  kennt,  der  wird 
unbedenklich  zugeben,  dass  jede  einzelne  die  ganze  Kraft  des 
Forschers  vollständig  in  Anspruch  nimmt.  Ich  will  nur  bei- 
spielsweise an  die  englische  Gruppe  erinnern.  Wer  die  englische 
Sprache  und  Literatur  und  die  Sitten-Einrichtungen  und  Gesetze 
des  englischen  Volkes  von  den  angelsächsischen  Zeiten  herab  bis 
auf  die  Gegenwart  in  ähnlicher  Weise  zum  Gegenstand  seiner 
Forschung  macht  wie  Böckh  oder  Olfried  Muller  die  alten  Grie- 
chen, der  wird  sich  Glück  wünschen  dürfen,  wenn  er  auch  nur 
annäherungsweise  sein  Ziel  erreicht.  Aber  obwohl  die  Theilung 
der  Arbeit  unerlässlich  ist,  so  würde  man  sich  doch  täuschen, 
wenn  man  glaubte,  die  Theilung  lasse  sich  auf  dem  Felde  der 
germanisch-romanischen  Philologie  bis  zur  völligen  Auseinander- 
reifsung  der  einzelnen  Arbeitsgebiete  treiben.  Die  verschiedenen 
Gebiete  greifen  vielmehr  so  vielfaltig  ineinander,  dass  der  eigent- 
liche Forscher  immer  bestrebt  sein  muss ,  sich  neben  der  Kon- 
zentration auf  sein  besonderes  Fach  einen  möglichst  klaren  und 
selbsterworbenen  Einblick  in  die  übrigen  Gebiete  zu  verschaffen. 


*)  Einige  an  sich  keineswegs  unwichtige  Nobengruppen ,  wie  auf 
germaiiischem  Gebiet  die  niederländische,  auf  romanischem 
die  rumänische,  können  wir  in  dieser  kurzen  Skizze  der  deut- 
schen Philologie  nur  beiläufig  berühren.  Eine  Darstellung  der 
germanisch-romanischen  Philologie  hat  natürlich  auch 
ihneu  gerecht  zu  werden. 


Ober  den  Begriff  der  deutschen  Philologie,  v.  R.  r.  Raumer,      87 

Wer  zum  Beispiel  auf  dem  deutschen  Gebiet  die  midellioch- 
deutsche  Dichtung  zum  Gegenstand  seiner  Forschung  macht, 
der  leitet  unser  deutsches  Volksepos  zu  diMi  a  1 1  s  k  n  n  d  i  n  a- 
vi sehen  Poesien,  wahrend  die  höfirche  Dichtung  auf  ihre 
altfranzösischen  Grundlagen  zurückzuführen  \sU 

Aber  wenn  auch  die  Forschung  eine  Zerreißung  des  Ge- 
sammtgebiets  untersagt ,  so  lässt  doch  die  vorhin  angeg«  bene 
Scheidung  eine  derartige  Th<'ilung  zu,  dass  jede  einzelne  Gruppe 
als  ein  besonderes  Arbeitsfeld  betrachtet  wird.  Etwa  wie  die 
griechische  und  römische  Philologie  sich  zwar  nicht  von  einan- 
der trennen  lassen,  aber  dennoch  jede  für  sich  ihr  besonderes 
Gebiet  bilden.  Auf  dem  Boden  der  germanisch-romani- 
schen Philologie  ist  eine  solche  Scheidung  um  so  mehr  gebo- 
ten, weil  jede  der  genannten  Gruppen  mit  einem  Volk  oder  einem 
Völkerpaar  der  Gegenwart  in  nächster  Beziehung  steht  und  sie 
nicht  blols  für  die  Wissenschaft,  s^ondern  für  die  gesainmie  Bil- 
dung dieses  Volkes  eine  ganz  andere  Bedeutung  erhält  als  die 
übrigen  Theile  der  germanisch-romanischen  Philologie.  So  gehört 
natürlich  die  angelsächsisch-englische  Gruppe  zunächst 
den  Engländern,  die  deutsche  den  Deutschen,  die  skandi- 
navische den  Schweden  und  Dänen  an;  und  wie  sich  die 
germanisch-romanische  Philologie  in  eine  germa- 
nische und  romanische  Ihcilen  lässt,  so  scheidet  sich  wie- 
der die  germanische  Philologie  in  eine  englische,  skan- 
dinavische und  deutsche  ^). 

Jeder  dieser  Theile  gliedert  sich  dann  wieder  in  ähnlicher 
Weise  wie  das  ganze  Gebiet  nach  den  einzelnen  Seiten  des  in- 
neren und  äußeren  Lebens  des  betreffenden  Volkes.  Was  zuerst 
die  Ausdehnung  in  der  Zeit  anbelangt,  so  ist  die  deutsche 
Philologie  —  denn  diese  machen  wir  von  jetzt  an  allein 
zum  Gegenstand  unserer  Betrachtung  — ,  durchaus  nicht  blofs 
zu  fassen  als  eine  deutsche  AI terthums Wissenschaft. 
Viebnehr  ist  die  ganze  Entwickelung  des  deulschen  Volkes  in 
ISprache  und  Literatur,  Recht  und  Sitte,  Kunst  und  Religion, 
von  den  ältesten  Zeiten  bis  zur  Gegenwart  der  Gegenstand  der 
deutschen  Philologie. 

Die  deutsche  Philologie  auf  die  älteren  Perioden  Unserer 
Sprache  und  Geschichte  zu  beschränken ,  würde  dem  Begriff 
dieser  Wissenschaft  widersprechen.  Gerade  darin  besteht  viel- 
mehr eine  der  wesentlichsten  Aufgaben  der  deulschen  Philologie, 
den  ganzen  ununterbrochenen   Strom   unserer   Entwickelung  zur 


*)  Naturlich  ist  dnmil  nicht  gesagt,  dass  sich  nicht  der  Anpt hörige 
des  einen  Volkes  eindringend  auch  mit  der  Sprache  und  Literatur 
des  anderen  beschäftigen  könne.  Ich  brauche  auf  gennanischem 
Gebiet  nur  an  Grimms  Gramm,  iii  erinneri) ,  auf  roromuschem 
an  Pletz. 


^ 


über  den  BegrifT  der  deutscheu  Philologie;  v.  VI.  9.  Rowner. 


Anschauung  zu  bringen,  das  Neuere  aus  dem  Alten  zu  erklären 
und  das  Alle  aus  der  unmiltelbarcn  Kenntnis  des  Neuen  zu 
deuten.  Und  wenn  auch  die  Forlbildung  der  WifFenschaft  eine 
noch  weit  mehr  in's  Einzelne  gehende  Theilung  der  Arbeit  er- 
fordert, so  soll  doch  jeder  das  Ganze  im  Auge  behalten.  Eine 
Zerreifsung  der  Aufgabe  in  eine  allere  und  neuere  Hälfle  wurde 
beiden  Theilen  verderblich  t^ein.  Das  Neuere  ist  ohne  Kenntms 
^einer  Wurzeln,  die  es  tief  in  das  Alterthum  hineintreibt,  nicht 
zu  verstehen;  und  wer  sich  mit  Hintansetzung  des  Neuen  auf 
das  Allerlhum  boschrankt,  der  gibt  den  unschätzbaren  Vortheü 
preis,  den  die  unmittelbare  Beobachtung  der  lebend(*n  Gegen- 
wart bietet. 

Also  das  deutsche  Volk  von  den  ältesten  Anfängen  seiner 
Geschichte  bis  zur  Gegenwart  ist  der  Gegenstand  der  deutschen 
Philologie.  Ihre  Gliederung  empfangt  sie  von  den  einzelnen  Sei- 
ten, nach  denen  sich  das  Leben  des  deutschen  Volkes  äulserl. 
Diese  Gliederung  wird  al^o  eine  ähnliche  sein  wie  die  der  antik 
klassischen  Philologie,  obwol  natürlich  nicht  ganz  dieselbe,  da 
sich  die  Gliederung  der  Wissenschaft  nach  der  Verschiedenheit 
ihres  Gegenstandes  zu  richten  hat. 

Als  die  Mille  ihrer  Aufgabe  betrachlet  auch  die  deutsche 
Philologie  die  Sprache  und  Literatur  des  deutschen  Vol- 
kes. Die  Sprache  behandelt  sie  von  Seite  ihrer  Form  in  der 
Grammatik,  von  Seile  ihres  Inhalts  in  der  Betrachtung  des 
Wortschatzes. 

Die  Grammatik  ist  überall,  besonders  klar  vorgezeichnet 
aber  in  der  deutschen  Philologie,  zunächst  eine  geschichtliche 
Wissenschaft.  Die  deutsche  Philologie  behandelt  sie,  mit  Zu- 
grundelegung des  G ethischen  als  der  ältesten  und  fornvoU- 
kommenslen  uns  zugänglichen  germanischen  Sprache ,  nach  den 
Hauptperioden  der  deutschen  Sprachentwicklung,  nämlich  der 
althochdeutschen,  mi  ttalhochdeu  tschen  und  neu- 
hochdeutschen. Mit  dem  einen  Ende,  dem  gotfaisch- 
althochdeutschen^  knüpft  sie  an  die  vergleichende  Gram- 
matik der  ganzen  Indogermanischen  Sprachenfamilie  an,  während 
sie  mit  dem  anderen,  dem  neuhochdeutschen  in  die  Gegen- 
wart hineinreicht.  Die  Grammatik  verfolgt  einen  doppelten  Zweck, 
nämlich  erstens ,  den  Bau  der  Sprache  selbst  kennen  zu  lehren, 
und  zweitens,  die  Handhabe  zu  bieten  zum  Verständnis  der  in 
der  behandelten  Sprache  abgefassten  Werke.  Die  erstere  Seite 
waltet  beim  Studium  des  Gothischen  und  Althochdeut- 
schen vor,  die  zweite  bei  dem  des  Mittelhochdeutschen. 
Das  Studium  des  Gothischen  und  Althochdeutschen 
führt  aber  nicht  blofs  in  den  Bau  dieser  beiden  Sprachen  ein, 
sondern  es  bildet  die  Grundlage  der  ganzen  deutschen  Gram- 
matik überhaupt.     Nicht  blofs  der  Bau  des  Mitlelhochdeut- 


Ober  d«ti  Begriff  dt-r  deutscheu  l'hilologic,  v.  R,  v.  Raumer ^      89 

«eben,  sondern  auch  der  de«  Neuhochdeutschen  isl  nur 
tann  xu  verstehen,  wenn  man  auf  die  gothischen  und  alt- 
kochdeutachen  Formen  zurfickgeht ,  welche  den  beiden 
jinferea  Sprachen  cu  Grunde  liegen.  Daa  Hittelhochdeutsche 
kihkt  eioeraeita  ein  wichtiges  Glied  in  der  Bntwickelung  der 
deutacben  Sprache,  indem  es  die  filtesle  Zeit  mit  der  neueren 
Yerknfipn,  andererseits  besitzt  es  eine  überaus  reiche  Literatur, 
n  deren  Verslindnis  die  grammatische  Kenntnis  der  Sprache 
laentbebrlich  ist.  Das  Neuhochdeutsche  ist  einer  der  wich- 
tigste! Gegenstande  der  deutschen  Philologie  sowol  durch  seine 
Bedeulnng  fQr  die  Gegenwart  als  durch  die  Auf»chlusse,  die  es 
itf  Forschung  bietet.  Seine  Bedeutung  für  die  Gegenwart  be- 
darf keiner  näheren  Auseinandersetzung.  Es  ist  eine  Lebensfrage 
der  deutschen  Philologie,  sich  in  ein  richtiges  Verhältnis  zum 
Nrvbochdeulschen  zu  setzen.  Dazu  ist  die  Verknüpfung  des 
Nrahochdeuli'chen  mit  den  älteren  Sprachen,  dem  Gothisclien, 
Allhochdentschen  und  Mittelhochdeutschen  unentbehrlich,  aber 
licht  minder  wesentlich  U\  die  Einsicht  in  das  Wesen  der 
Schriftsprache  und  deren  Verhältnis  zu  den  Volk s- 
aandarten. 

Die  Behandlung  der  Literatur  verlangt  vor  allem  die 
kritische  Feststellung  und  das  richtige  Verständnis  der  vorlie- 
gCMlefi  Texte.  Wie  in  der  klassischen  Philologie  bilden  deshalb 
«cb  in  der  deutschen  die  Kritik  und  die  Auslegung  die 
neflibebriichsten  Grundlagen  alles  Übrigen.  Die  kritische  Fest- 
fltdhmg  der  Texte  hat  in  der  deutKch<m  Literatur  die  gröfste 
AhttKchkeit  mit  der  Behandlung  der  antiken  griechischen  und 
römischen  Schriftsteller.  Ebenso  ist  dies  der  Fall  bei  der  Er- 
kÜrrnig  deutscher  Schriftwerke  aus  den  alleren  Perioden  unserer 
Sprache  vnd  Literatur.  In  beiden  Beziehungen  verlangt  die 
deulacbe  Philologie  dieselbe  Schärfe^  Sicherheit  und  Genauigkeit, 
wie  sie  von  den  Herausgebern  und  Auslegern  der  griechischen 
ind  römischen  Klassiker  gefordert  wird. 

Alls  der  Kenntnis  der  einzelnen  sprachlichen  Erzeugnisse 
erwichst  die  Literaturgeschichte.  Man  kann  natürlich 
lehr  wol  zu  bestimmten  Zwecken  einzelne  Perioden  der  Litera- 
largcachichte  von  den  übrigen  absondern  und  für  sich  behandeln. 
Aber  das  Ganze  der  Wissenschaft  darf  dadurch  nicht  zerrissen 
werden.  Vielmehr  muss  dem  Geiste  des  Darstellenden  überall 
der  Zusammenhang  des  Ganzen  gegenwärtig  sein.  Denn  trotz 
der  scheinbaren  Zerklüftung  unserer  Literaturgeschichte  und  dem 
•pnmghaflen  Gang  unserer  Geistesentwickelung  erkennt  die  tiefere 
Forschung  auch  auf  diesem  Gebiet  den  innigsten  Zusammenhang. 
Die  Geschichte  der  deutschen  Literatur  gliedert  sich  chrono- 
kigisch  nach  den  Perioden  der  deutschen  Sprache.  Die  gothisch- 
ilthochdeulsrhe  Periode  führt  uns  einerseits  in  die  älteste  Diili- 


fO      über  d€0  Begriff  der  deutscheo  Pbilolo<;ie.  v.  B,  9. 

lang:  «Kr  germanUcbeii  Völker  eio,  während  ^ie  uns  anderer8eiU 
die  liefgreifende  Einwirkung  des  Ckrislcntboms  auf  die  geistige 
Bntwickeliing  des  deutschen  Volkes  vor  Augen  legt.  Das  Hiltel- 
hochdeutMrlie  in  meiner  überaus  reichhaltigen  Poesie  scUielst  sich 
mit  seimii  deutschesten  und  herrlichsten  Enu'Ugnissen  an  jene 
älteste  germanische  Dichtung  an,  deren  zersplitterte  Oberreste 
die  golhisch-all hochdeutsche  Periode  kenneo  Idirt,  zugleich  aber 
zeigt  es  tu  einer  Fülle  vorzüglicher  Dichtungen  den  Einfluss 
fremder  Literaluren  auf  die  deutsche ,  nämUch  der  altfrauzösi- 
sehen  und  Iheilweise  auch  der  proveuzaKschen«.  Haben  wir  .in 
drn  ältesten  Resten  unserer  Dichtung  das  urspränglieh  Deutsche 
rein  und  unvermiscbt  erkannt,  so  besitzen  wir  daran  einen  Prüf* 
?:tein,  um  auch  in  den  folgenden  Perioden  das  Deutsche  vom 
Fremdartigen  zu  unterscheiden.  Nicht  als  sollte  alles  ans  der 
Fremde  eingeführte  verworfen  werden.  Eine  gröfsere  Verkehrt- 
heit lie£>e  sieh  nicht  denken;  es  biefse  die  ganze  Bestimmung 
unseres  Volkes  verkennen.  Das  aber  gewinnen  -wir  aus  der 
Kenntnis  der  ahdentschen  Literatur,  dass  vrir  auch  in  den  spa- 
teren Perioden  das  echt  Deutsclie,  das  aus  keiner  fremden  Quelle 
zu  erklären  ist,  richtig  würdigen  und  zugleich  einen  Mafestab 
dafür  erhalle,  inwiefern  es  dem  deutschen  Geiste  gelungen  ist, 
ein  fremdes  Element  sich  wiiUich  anzueignen  und  im  deu  sehen 
Sinne  neu  zu  gestalten.  Natürlich  gehört  deshalb  zur  Forschung 
auf  dem  Gd>iet  der  deutsdien  Literaturgeschichte  die  Kenntnis 
der  Literaturen,  welche  auf  die  deutsche  bestimmend  eingewirkt 
haben.  So  wird  nur  der  eine  wissenschaftliche  Einsicht  in  die 
Bntwickelung  der  neueren  deutschen  Poesie  gewinnen,  welcher 
die  Griechen  kennt.  Und  ist  dies  schon  auf  dem  Gebiet  der 
Dichtung  der  Fall,  so  tritt  es  ans  fast  noch  handgreiflicher  auf 
dem  der  Wissenschaft  entg^en ,  deren  Entwickelang  unter  dem 
deutschen  Volke  den  anderen  Hauptthcfl  der  deutschen  Literatur- 
geschichte bildet 

Wenn  wir  die  deutsche  Sprache  und  Literatur  als  die  Mitte 
der  deutschen  Philol<^ie  beieiclHien,  so  ist  doch  mit  diesen  bei- 
den Ciegenständen  der  Umfang  der  deutschen  Philologie  bei  weitem 
nicht  erscK)pn.  Viehnnehr  gehören  ihr  die  anderen  Seiten  des 
deutschen  Leidens  nicht  weniger  an. 

Es  gibt  Völker,  in  deren  Leben  nur  die  Poesie  und  bis- 
weilen kaum  diese  eine  nennenswerthe  Rolle  spielt,  während  die 
übrigen  Künste  ganz  in  den  Hintergrund  treten.  Nicht  so  das 
deutsche  Volk.  Sowol  die  Musik  als  die  bildenden  Künste 
sind  in  seiner  Mitte  zu  einer  grolsartigen  Entfaltung  gekommen, 
und  ihre  Geschichte  bildet  deshalb  einen  wesentlichen  Theil 
der  deutschen  Philologie.  Nicht  nur  die  Geschichte  der 
deutschen  Musiki  sondern  auch  die  der  bildenden 
Künste,  obwol  natürlich  selbständige  Disciplinen,  stehen  übri- 


Ober  den  Begriff  der  deutsclifn  Philologie,  v.  R.  v.  Hawner,      91 

pm  mit  der  Geschichte  An  deutschen  Sprache  und  Lllcrafur 
in  engerem  Zusammenhang  als  mancher  denkt.  Für  A\e  Musik 
brauche  ich  nur  an  das  Verhältnis  von  Lied  und  Melmlie  zu 
erinnern.  Die  Geschichte  der  bildenden  Künste  aber  bit'tel  in 
jedem  ihrer  drei  Theile,  sowol  in  der  Baukunst,  als  in  der 
Skulptur  und  Malerei,  die  merkwürdigsten  Analogien  mit  dem 
Entwicklungsgang  der  Literatur.  Ich  will  nur  beispielsweise  auf 
das  Verhältnis  der  nordfranzösischen  Poesie  zur  deutschen  des 
I2ten  und  J3ten  Jahrhunderts  und  auf  den  engen  Zusammen- 
hang der  nordfranzösischen  Baukunst  mit  der  deutschen  hin- 
w^en. 

Entspricht  die  Geschichte  der  deutschen  bildenden  Kunst 
dem  Gebiet,  welches  die  Archoßologie  unter  den  Disciplinen  <lor 
klassischen  Philologie  einnimmt,  ^o  tritt  den  dortigen  Antiqui- 
täten die  Geff'Chichtc  von  Staat  und  Gesellschaft, 
Recht  und  Sitte  auf  deutschem  Boden  gegenüber.  Öffent- 
liches und  häusliches  Leben,  die  groben  Formen  des  Staats,  wie 
die  kleinen  Verhältnisse  des  bürgerlichen  Daseins  bilden  hier  den 
Gegenstand  der  Forschung.  Doch  wird  der  grofse  Umfang  und 
die  weit  auseinandergehende  Mannigfaltigkeit  der  Gegenstande 
eine  Sonderung  der  einzelnen  Gebiete  Ordern.  Gewerbe  und 
Handel  einerseits,  häusliches  Leben  und  gesellige  Sitte  anderer- 
seits sind  besondere  Gegenstände  der  Forschung.  Dem  Ganzen 
dient  zur  Grundlage  die  geographische  und  ethnographische  Be- 
schreibung des  darzustellenden  Gebiets.  Darauf  folgt  die  Ge- 
schichte der  öffentlichen  Verhältnisse  in  Staat  und  Recht.  Auch 
hier  wieder  gilt  es  vor  allem,  das  ursprünglich  Deutsche  zu 
erkennen,  wie  es  sich  in  den  älteren  Perioden  unserer  Geschichte 
darstellt  Doch  wird  es  nicht  möglich  sein,  eine  gründliche 
Kenntnis  dieser  ältesten  Zustände  zu  gewinnen,  ohne  die  anderen 
germanischen  Völker  in  den  Bereich  der  Forschung  zu  ziehen, 
so  dass  sich  an  vielen  Stellen  nothgedrungen  und  naturgemafs 
die  deutsche  Philologie  zu  einer  germanischen  erweitert.  Aber 
auch  hier  wieder  würde  das  Werk  nur  halb  gethan  sein ,  wenn 
man  die  deutsche  Philologie  auf  die  Untersuchung  jener  ältesten 
Zustände  beschränken  wollte.  Vielmehr  ist  es  gerade  auch  hier 
eine  der  wesentlichsten  Aufgaben,  zu  zeigen,  wie  in  die  ursprüng- 
lichen Verhältnisse  fremde  Elemente  umbildend  eingedrungen  sind. 
Wie  die  neuere  deutsche  Poesie  in  naher  Beziehung  zu  den 
Griechen  getreten  ist,  so  weist  uns  das  deutsche  Rechtsleben 
auf  die  Römer  hin.  Aber  wie  dort  das  Griechische  erst  dadurch 
unserer  Literatur  wirklich  zu  gute  kam,  dass  schöpferische  Gei- 
ster es  im  Sinne  des  deutschen  Wesens  neu  schufen ,  so  kann 
auch  das  aufgenommene  Römische  unserem  Volke  nur  dann  zum 
Heile  gereichen,  wenn  es  seinem  Wesen  und  seinen  Bedurfnis.sen 
entsprechend  fortgebildet  wird. 


9f      Ober  den  Begriff  der  deuUcben  Philologe,  v.  B.  9.  Baumer. 

Dberblicken  wir  den  bisher  geschilderten  Umfang  der  dent- 
sehen  Philologie  und  vergleichen  ihn  mit  dem  der  klassischen, 
so  vermissen  wir  noch  eine  Disciplin,  welche  auf  dem  Gebiet 
der  klassischen  Philologie  eine  der  wichtigsten  Stellen  einnimmt, 
nämlich  die^  Mythologie.  Hatten  wir  schon  im  Bisherigen 
neben  den  Ähnlichkeiten  auch  die  Verschiedenheiten  im  Bau  der 
deutschen  und  der  klassischen  Philologie  anzudeuten,  so  tritt 
uns  auf  dem  Boden  der  Religion  die  grölste  Abweichung  ent- 
gegen. Durch  den  Übertritt  des  deutschen  Volkes  zum  Christen- 
Uium  scheidet  sich  in  der  deutschen  Philologie  die  Aufgabe  in 
zwei  entgegengesetzte  Hälften:  die  eine  hat  sich  mit  der  ur- 
sprunglichen Religion  des  deutschen  Volkes,  mit  der  deutschen 
Mythologie,  zu  beschäftigen;  die  andere  mit  der  Binffihrung  des 
Christenthums  und  dem  dadurch  begründeten  religiösen  Leben 
des  deutschen  Volkes. 

Die  deutsche  Mythologie,  tonstreitig  eine  der  wich- 
tigsten Disciplinen,  lästt  sich  nicht  beschranken  auf  den  Umfang 
des  Volkes,  vielmehr  sind  in  ihr  die  religiösen  Oberlieferungen 
aller  germanischen  Völker  zusammenzufassen  % 

In  Bezug  auf  die  Einführung  und  die  Schicksale 
des  Christenthums  unter  dem  deutschen  Volke  berührt  sieb 
die  deutsche  Philologie  in  ähnlicher  Weise  mit  der  Kircheng«- 
schichte  wie  bei  der  Behandlung  von  Staat  und  Recht  mit  der 
Jurisprudenz.  Aber  während  die  Kirchengeschichte  mehr  die 
Schicksale  der  Kirche  und  des  Christenthums  in  den  Vorder- 
grund stellt,  richtet  die  deutsche  Phiklogie  ihr  Augenmerk  haupt- 
sichlich  auf  die  Wirkungen  des  Christenthums  in  der  Sitte,  in 
der  Kunst,  in  der  Literatur  und  in  der  Sprache  des  deutsche 
Volkes.  Denn  auf  allen  diesen  Gebieten,  wie  wir  sie  bisher  als 
wesentliche  Theile  der  deutschen  Philologie  besprochen  haben, 
nehmen  wir  die  tief  greifenden  Einwirkungen  des  Christenthums 
wahr.  Bis  in  den  innersten  Kern  hinein,  wie  ihn  die  Sprache 
des  deutschen  Volkes  in  sich  birgt,  ist  die  mächtig  umgestal- 
tende Kraft  des  Christenthums  gedrungen,   indem  sie  den  deut- 


*)  Es  ist  ein  völliges  MissvtrstäDdufs,  weuii  man  glaubt,  Grimm 
wolle  prinzipiell  die  Darstellung  der  skandinavischen  Mythologie 
und  die  der  deutschen  trennen.  Er  setzt  vielmehr  in  seinem  bahn- 
brechenden Meisterwerk  die  Kenntnis  der  skandinavischen  My- 
thologie überall  als  Grundlage  seiner  Beweisführungen  voraus. 
Auch  das  ist  unrichtig,  wenn  man  sagt,  Qrimm  gehe  bei  der  Be- 
handlung der  germanischen  Mythologie  von  der  deutschen  aus. 
Vielmehr  legt  er  überall  die  skandinavische  zu  Grunde  und 
schliefsl  deren  Darstellung  nur  deshalb  von  seinem  Buche 
aus,  weil  er  sie  als  bekannt  voraussetzt  und  Raum  gewinnen 
will  für  den  Staunen  erregenden  Rcichthum  seiner  neuen  Ent- 
deckungen. 


Ober  deu  Begriff  der  deuUcbeii  Philologie,  v.  R.  9.  Hmtmer,      93 

sehen  Wortocbalz  in  weitem  Umfang  mit  chrisllicben  Anschauun- 
gen und  Begriffen  erfüllt  hat. 

Der  Geist  eines  Volkes  spricht  sich  endlich  in  dessen  Tha- 
ten  aus.  Wenn  wir  daher  die  Darstellung  dieser  Thaten  oder 
die  deutsche  Geschichte  im  engeren  Sinn  des  Worts  als 
einen  Theil  der  deutschen  Philologie  bezeichnen,  so  mochte  viel- 
leicht die  Frage  aufgeworfen  werden,  in  welchem  Verhällnis  wir 
uns  überhaupt  die  deutsche  Philologie  zur  Geschichte 
denken  und  wie  wir  diese  beiden  Wissenschaften  gegeneinander 
abgrenzen.  Von  einer  solchen  Abgrenzung  kann  aber  in  der 
That  auf  dem  Boden  der  deutschen  Philologie  so  wenig  die 
Rede  sein  als  auf  dem  der  klassischen.  Denn  der  ganze 
Inhalt  der  Philologie  gehört  der  Geschichte  an^  und  der  gana^ 
Inhalt  der  Geschichte  gehört  in  den  Bereich  der  Philologie« 
Beide  Wissenschaften  haben  denselben  Inhalt,  nur  von  verschie^ 
denen  Gesichtspuncten  aus  betrachtet.  Die  Philologie  geht  von 
den  Zustanden  aus,  die  Geschichte  von  den  Handlungen  und  Er- 
eignissen. Die  Philologie  hat  deshalb  zu  ihrem  Uaup (gegenständ 
das  scheinbar  Unveränderlichste:  die  Sprache,  wahrend  die  Ge- 
schichte zu  ihrem  nächsten  Gegenstand  das  in  der  Zeit  Port- 
schreitende macht:  die  Handlungen  der  Menschen.  Aber  wie  die 
Thatigkeit  der  Menschen  auf  die  Zustände  und  deren  Umwand- 
lung einwirkt,  so  ist  andrerseits  die  Unveränderlichkeit  der  Zu- 
stände nur  eine  scheinbare.  Selbst  die  Sprache  gestaltet  sich 
um  und  gehört  somit  der  Geschichte  an.  Nur  dass  ihr  Vor- 
rücken oft  ein  so  langsames  ist,  dass  wir,  wie  beim  Zeiger  an 
der  Uhr,  wol  die  Veränderung,  nicht  aber  die  Bewegung  selbst 
wahrnehmen.  Natürlich  aber  ist  hier  nur  von  den  Gebieten  der 
Forschung  die  Rede,  in  welche  sich  die  Masse  des  Stoffes  zer- 
legt. Die  künstlerische  Darstellung  des  Historikers  wird  sich 
aus  den  einzelnen  Gebieten  das  auswählen,  was  ihr  zu  ihren 
jedesmaligen  Zwecken  dienlich  scheint 

Den  Abschluss  .der  deutschen  Philologie,  wie  den  der  klas- 
sischen, bildet  eine  en  cyklop  aedi  sehe  Darstellung 
dieser  Wissenschaft  nach  ihrer  historischen  Entwickelung  und 
nach  der  Gliederung  ihrer  Theile.  Die  deutsche  Philologie 
erscheint  dabei  als  ein  Theil  der  germanischen  und  weiterhin 
der  germanisch-romanischen.  Und  wie  diese  Völker 
trotz  aller  Verschiedenheiten  und  Gegensätze  dennoch  in  nahem 
geistigen  Bezüge  stehen,  so  wird  auch  die  Wissenschaft  sich 
eine  Ency klopaedie  der  germanisch-romanischen 
Philologie  als  Ziel  setzen  ^). 


')  C.  Sachs  in  seinem  «Vorschlag  zu    einer    Encyklopißdie  der  mo- 
dernen  Philologie"  (in  Herrigs  Archiv  1858,  Bd.  23.  S.  i  fg.)  hal 


E»  iPiüir^  Fnr*  »t  «Ir.  ii  wdrfcer  Wffec  die  deutsche 
TSMhtfim  tat  -ier  Cn-^'^rsfÄ  ▼•eztrtln  werden  soll.  Diese  Frage 
Wirt  ^ek  xwir  lai:^  ^  5ilfer  te  Lehrenden  and  den  Be- 
inr^ii»^  ier  L-nriitVa  <cir  ^«sckiedm  beantworten ;  aber 
iicÄ  rot  ^  ^sBvc^  C^BR.  Alf  fir  dk  Fille  feststehen,  weil  sie 
in  ter  Samr  «rr  i*:^  fttf^rimiet  Mi.  Das  Eine  tet,  dass  die 
iitf«r^-fe  P^iiuüic!«  mr  at  <«^^«dA  Iterfe  mit  den  ihr  Yerwand- 
1»  Fk-^fTTi  ^  lad  tmächM,  bam.  St^si  auf  Ihrem  eigent- 
feäl^6s  Geftiift.  wti  'itm  4fr  igijihtiiiihung,  stützt  sie  sich 
*fn»*T9«it&  aif  «fir  kLs^äKke  tVMa&tj  wahrend  sie  andrerseits 
■d  An  ^röwfiifürrfcpw  .^Hiaffn  öi  Mklfr  Bexiehung  steht.  In 
tägr  ficscücte  ier  Lttntm  mtl  dn-  gHon  geistigen  Entwiche- 
hu^  ififf  infi^chei  T«fcs  skt  äck  die  destsche  Philologie  im 
wtiiiiita  r«fa^  wti  &  IfriiBfilMiiii  kisgewiesen,  welche  die 
Mim  aatik  fcibgggAea  Voüir  wtt  4ii  intsche  ausgeübt  haben. 
E»  kam  «k^dk  Kkt»  fktkitoig  f^^j  *b  wenn  man  die 
tknrtsckr  Fkkiftifii  mX  ier  kfasEtsckn  ii  einen  feindseligen  Ge- 

\ifSkmh  dkrr  mt  itm  BuA»  ier  ihrigen  Disciplinen  ist 
ifir  iK«^-ke  Fkkrioeie  giaifak  ilur  Slaide,  ihre  Aufgabe  für 
skk  al«  n  erfUHL  Biei  Ana  «rfsrrordentlichen  Umfang,  den 
$ae  kKr  n  w  piwMi  kit«  Ee^  es  nehnehr  in  ihrer  Natur, 
im  A«$kM  gawr  Gehttle  dära  kesonderen  Vertretern  zu 
ik^rtfcs$m>  So  isl  «Iks  iiMiBtfirh  «I  dem  Rechlsleben  des 
imtsckes  Volkes  ior  FaO«  dessm  Erforschung  einerseits  der 
ie«tsckm  Phik^cigie  aag^-kCnt«  wakrani  es  andererseits  eine  der 
wkhti^tea  Sciteo  ier  Jvtffrwdeat  KMet. 

D»s  Zweite^  wss  utier  alea  TaristindeB  festgehalten  werden 
Hwss^  ergibt  sich  uuniltelkar  ttts  dem  Gesagten,  dass  nämlich 
«Ke  devtscke  PkiicJogie  in  eben  der  Weise  und  in  fast  noch 
höherem  Mals  wie  die  klassiscke  die  Sprache  und  die  Lite- 
ratur als  ihre  nacksten  oad  wichtigsten  Aufgaben  zu  betrachten 
hat.  Deutsche  Grammatik  in  dem  oben  angegebenen  Umfang, 
vom  Gothischen  herunter  bis  zum  Neuhochdeutschen,  Auslegung 
von  Schriftwerken  aller  Periode!,  und  Geschichte  der  deutschen 
Literatur  werden  deshalb  die  unerlasslichsten  Aufgaben  der  deul- 
schtm  Philologie  sein.  Wie  viel  davon  den  Mittelschulen  zuzu- 
weisen, wie  viel  der  Universität  vorzubehalten  sei,  ist  eine  noch 
nicht  entschiedene  Frage.  Aber  von  der  richtigen  Entschei- 
dung dieser  Frage  wird  das  Gedeihen  der  deutschen  Philologie 
zum  nicht  geringen  Theil  abhängen. 


OS  auf  einen  ganz  anderen,  viel  enger  bcgranztcn  praklisclieu 
Zweck  abgesclicn,  wie  sich  neben  vielem  anderen  schon  aus 
der  Ausschliefsung  des  Italienischen  und  Spanischen  (S.  4  fg.) 
•rxiSt. 


Ober  deu  Begriff  dtr  dcuUcheu  Philologie,  v.  H.  v.  Hawner,      95 

B«i  der  Umschreibung  der  Aurgabe,  i/velchc  dem  Vertreter 
der  deutschen  Philologie  vor  allem  obliegt,  kommt  ferner  in 
Betracht,  daas  er  zugleich  der  Vertreter  der  germanischen 
Philologie  ist.  Er  hat  demnach  auch  die  übrigen  germanischen 
Sprachen:  das  Angelsächsische,  Altnordische  u.  s.  w.  lehrend  zu 
vertreteffi.  Dies  kommt  ihm  um  so  mehr  zu,  als  er  die  Kennlnis 
jeser  Sprachen  auch  für  die  Erforschung  seines  engeren,  des 
eigentlich  deutschen  Gebietes  nicht  entbehren  kann.  Denn  nicht 
lur  die  altere  deutsche  Sprache,  sondern  insbesondere  auch  die 
alleste  deutsche  Dichtung  steht  mit  jenen  anderen  germanischen 
LileratHren  in  nahem  Zusammenhang.^). 

Wie  weil  sich  der  Vertreter  der  deutschen  Philologie  dann 
■och  ober  die  anderen  Fächer  seiner  Wissenschaft  lehrend  aus- 
breiten kinn  und  will,  hängt  von  den  Umständen  ab.  Aber 
auch  wenn  er  sich  lehrend  auf  Sprache  und  Literatur  be- 
ichrinkt,  kann  er  doch  eben  so  wenig  wie  der  Vertreter  der 
klassischen  Phflologie  die  übrigen  Disciplinen  entbehren.  Denn 
Dur  ans  der  Kenntnis  des  ganzen  Lebens  eines  Volkes,  wie  wir 
iie  ab  die  Gesammtaufgabe  der  deutschen  Philologie  geschildert 
haben,  erwächst  die  rechte  Einsicht  in  dessen  Sprache  und  Lite^ 
ralar.  Und  andrerseits  wird  nur  in  dieser  Weise  die  deutsche 
Philologie  ihre  Aufgabe  erfüllen,  für  alle  jene,  scheinbar  aus* 
ciaasdergehenden  Offenbarungen  des  deutschen  Geistes  der  zu- 
ttsimenhaltende  Mittelpunkt  zu  sein. 

Erlangen.  Rudolf  v.  Raumer. 


*)  Selbst  wenn  man,  was  vieles  lur  sich  hatle,  eine  zwiefache  Lehr- 
stelle für  deutsche  Philologie  gründen  wollte,  die  eine  für  die 
ältere,  die  andere  fiir  dio  neuere,  würde  man  dennoch  von  jedem 
der  Mden  Vertreter  eine  gewisse  Kcnuluis  der  ihm  nicht  spccicll 
xogcwieseDcn  Hälfte  vcrlaugen  müssea 


96    Über  den  Schluss  divs  Cap.  I  im  Agricola  de»  Tacitus,  v.  /.  Meiiter, 

Über  den  SchlUss  des  Cap.  I  im  Agricola  des  Tacitus«. 
(Nachtrag  zu  der  gleichnamigen  Abhandlung  im  8.  Heft  1859.) 

Die  von  uns  gegebene  Erklärung  der  bandschriniicb  über-' 
lieferten  Worte :    ^^ai  nunc  narraturo  mihi  ffiiam  defUneü  Ao^ 
mkiiB  venia   opus  fiiiCy   quam  non  petiuem  incu»aiuru9  tarn 
saeou  et  virtutihus  infeeta  iempora*^  basiert  auf  dem  GegensalEe 
zwischen  defitneti  hominis  und  ciarorum  virorum   am  Anfange 
des  Buches,  auf  der  Annahme  von  Tempp.  des  Briefstils  in  füu 
und  petissem^  auf  der  Gegenseitigkeit  von  nmia   und  lfirii«a- 
turus.   Der  gegen  dieselbe  erhobene  theilweise  Widerspruch  (im 
10.  H.  1859  d.  Zcilschrifl  S.  784  u.  85)  vermochte  unsere  auf 
reiflicher  Erwägung  des  für  und  wider  beruhende  Obenseugung 
keineswegs  zu  erschättern.  Unserer  Auflassung  von  eiarus  steht 
weder   dessen  etymologische    Bedeutung    «hell,    dtircb   sich 
selbst  Ieuchtend,>>  daher  unserm  erlaucht  vergleichbar,  noch 
dessen  factische  Verwendung  im  Sprachgebrauch  entgegen.   Hin- 
sichtlich dieser  lese  man  z.  B.  Cic.  de  leg.  1,  28,  62  ^^sed  eüam  (es 
ist  vom  sapiens  die  Rede)  i\isa  iatius  perpeftta  oraüone  {sibi  ufen- 
dum  putabil)  qua  regat  populos^  qua  stabiliat  ieges^  qua  easii- 
geiimprobosj  qua  eueaiur  bonos^qua  iaudei  ciaros  niros, 
qua  praecepta  salutis   et  laudis  apte   ad  persuadendum  edai 
suis  eivibuSj  qua  hortari  ad  decusy  reoocare  a  flagiUo,  conso^ 
iari  possit  affUctos^  factaque  el  consuiia  fortium  et  sapientium 
cum  improborum  ignominia  sempUemis  monumentis  prodere.^ 
Hier  sind  wie  unter  improbi,  boni^  sui  cives  nur  Zeitgeiiassen 
(von  Rang)  zu  verstehen,  die  in  der  Rede,  wie  z.  B.  Pom- 
pejus  von  Cicero,  zu  verheiTlichcn  seien,  während  semp.  monum* 
prodere  sich  auf  die   originale  Geschichlschreibung  bezieht, 
de  leg.  11,  23,  58  wird  in  Erinnerung  an  das  Zwöiftafelgesetz : 
^^hominem  morluum  tti  urbe  ne  sepei  to  neve  urito^^  von  Atlicus 
gefragt:  ^^quid  quipost  XU  in  urbe  sepuiti  sunt  ciari  oiri?^^ 
und   von  Cic.  aUo   geantwortet:    ^^credo^   Tite,  fuisse  aut  eos 
quibus  hoc  ante  hanc  legem  virtulis   causa  tributum  est, 
ut  Publicoiae^  ut  Tuberto^   quod   eorum  posteri  jure  te- 
nuerunt  (blofser  Geschlechtsadel,  der  als  solcher  auf  Nach- 
ruhm keinen  Anspruch  erhebt)    aut  eos,   si  qui  hoc,   ut  C. 
Fabrieius,   virtutis   causa   sotuti  legibus   consecuti  siint, 
cf.  Tac.  Ann.  XVI,  16.   Hier  erscheinen  demnach  cL  v.  als  Per- 
sonen von   meist   durch   ihre  Abstammung  ererbter,    theilweise 
vielleicht  durch  ihre  persönliche  Tüchtigkeit  erworbener  bevor- 
zugter  Stellung    unter   ihren    Mitbürgern,    vgl.  Dr. 
K.  E.  Georges  Thesaurus  der  class.  Latiuitat  unter  ciarus  IL 
Dass  clari  viri  nicht  magni,  wie   übersetzt    werden    will,   sein 


Ober  den  Schluss  des  Cap.  1  im  Agricoia  des  Täcitu«,  v.  J.  M^liUr,    97 

müssen,  zeigt  der  eben  nicht  seltene  Zusatz  von  magni  zu  clati^ 
z.  B.  Stllufit.  Jug.  92^  wa8  man  doch  wol  nicht  für  Tautologie  halten 
wird.  Ja  Tacitus ,  auf  den  es  doch  hier  vor  allen  Dingen  an- 
kommt, ist  die  clariiudo  hin  und  Glieder  ^o  zi( mlich  das  Gegen- 
Iheil  von  Gröise,  oder  wir  versieben  auch  Stellen  wie  Üb.  III,  65 
der  Annalen  nicht :  ^^ceferum  ietnpora  Uta  adeo  infeefa  et  adu^ 
imiiane  »ordida  fuerej  ut  non  modo  primores  civitatis, 
^ibuM  eiariiudo  »ua  obseguii»  protegenda  erat^ 
td  omneM  ^ansutares^  magna  par»  eorum^  qui  praetura  fisnetf, 
muttique  e(imm  pedarii  senaiores  certatim  ex$urgerent  foeda^ 
qtte  ei  mmia  eeneerent,^  Hist.  I^  71  wird  der  designierte  Consul 
Manus  Celsus  mit  den  Worten  ^eiementiae  titutne  e  viro  eiaro 
et  pmriibuM  inriao  petebalur^  ')  als  ein  Mann  bezeichnet,  mit 
dessen  eiariiudo  die  Beliebtheit,  die  doch  sonst  mit  dem  ^«Ruhmund 
der  Grofse*'  sich  in  der  Regel  verbindet,  nicht  gleichen  Schritt 
hielt.  Hiat.  II,  ]0  will  Tacitus  in  den  Wortin  ^.YibiuB  Criepue 
peeunim  potentia  ingenio  inter  etaroe  magfs  quam  inter  banoe,^ 
die  elmri  auch  von  den  bani  unterschieden  wissen  (vgl.  die  obige 
Sielie  aus  Cic).  Hist.  II,  76  hat  das  Sfilzchen:  safie  eiarus  est 
epud  Owiettiem^  quiequis  iimetur  doch  wol  dm  Sinn,  dass  man 
bei  dem,  der  sich  furchtbar  zu  machen  versieht,  nicht  nach  den 
Ahnen  fragt  (vgl.  ctarie  fi/i/a/t6u«  Hist.  II,  8i  und  elaritatem 
nmialium  Hist:  III,  89 ,  cf.  Annal.  II,  48;  IV^  44  —  mutta  etari-^ 
tmdine  geneHe  aed  inproepera  —  VI,  \0\  XH,  6;  XIV,  47 
fi  o  r  a  generie  elariiudine). 

Clari  Hri  (wie  auch  der  Superl.  o.  etarieeimue  z.  B.  Cic. 
»d  fam.  X,  6)  in  dii»ser  stereotypen  Verbindung  mit  res  publica^ 
iufjurandum^  »enaiua^  eaneultum  u.  s.  w.  vergleichbar,  trägt 
ganz  die  Natur  eines  Titels  an  sich  (daher  auch  clarae  feminae^ 
d.  i.  erlauchte  Frauen  bei  Tac.)  und  kann  eben  deshalb 
mir  das  Rangverhältnis  zu  den  Un  Staate  Hillebenden  be- 
zeichnen ').  In  Verbindung  mit  genue^  nomefty  famitia  geht  et, 
natürlich  über  die  Grenze  eines  Menschenlebens  hinaus,  ebenso 
üati  bei  aeriptoree^  die  ja  als  solche  in  ihren  Werken 
ewig  gegenwärtig  und  leb  endig  sind.  Dagegen  wird 
der  momentane  Schriftslellerrubm  im  dial.  de  orr.  c.  II  nicht 
durch  clarita*j  sondern  durch  notUia  und  nomen  bezeichnet.  So 
Annal.  I,  1;  111, 80 auch  florentieeimue  auetor^]B  ior  Positiv 
ifiorenä)  dieses  öfters  von  Gröf^en  aus  drr  Vergangenheit 
gebranchten  Superlativs  erhält  bei  Tacitus,  Annal.  I,  1,  von  der 


*)  Sali.  Jug.  7  freilich  entgegengesetztes  von  P.  Scipio. 

*)  Auch  im  Deutschen  denkt  jedermann,  wenn  man  von  «dem 
Fürsten,  dem  König,  Kaiser,  oder  dem  Adet»  so  reden 
anfängt,  nur  an  die  mitlcbenden  Träger  dieser  Titel  und  nienyind 
fallt  es  ein  z.  B.  regierend  u.  dgi.  hinzuzusetzen ,  während  die 
Beziehung  auf  Verstorbene  sich  nicht    so  von  selbst  versteht. 


m    CWf  Atm  SdblMft  AaCa^.iim  Aginb  4t%  Tadtn,  ▼.  J.  MeiMUr, 


FirboD^  dtf  AvdnKi»  ab^tschn.  rvndfzo  die  Bedeutung 
Ton  rtm«  d«rdi  dcB  Geffcalz  mtddermmL  ^Tiberü  Caique 
ei  (Umudii  ae  \ermmis  res  fimremiibms  ipsis  ob  meium  fai^ 
sme,  pmUqumm  •rrtäernmi.  reeemiibms  oäits  eomposiiae  sunt^ 
cf.  Ann.  n  71.  An  a;.dmi  Sieücft  fandim  itir  mfftietus  und  mUer 
als  Gf^fiKatze  im  ß^rem»  iz.  B.  AasaL  IT,  6S),  wodurch  der 
Glaoz  dt«  Lebens  aM^kr  btloLl  crscbeiat,  fanz  so  wie  eiarue 
häufig  durch  ob^cmrms  ein  ahaücbcs  Rclirf  erhilt,  wahrend  da- 
durch doch  nicht  ein  Gc^easatz  tob  eämru»  und  defimdue  aus- 
geschlos^en  wird.  Ergiuzt  um  sich  das  in  den  absolut  ge- 
setzten dmntM  ^  wie  in  ä^kmdmM  ■ilgedadrte  9Ud  {yg\.  Vellej. 
n,  S4  11/  Htm  eimruM  Um  if  enia  aMnawa),  so  wird  man  über 
die  Auffassanp  ebruso  weai^  in  Zweifel  sein  können,  als  stunde 
ein  /iüremimm  ffiramm  den  äefumeü  kmmimiM  gegenüber,  zumal 
in  derselben  Scfarifl  Agr.  4^  eine  ganz  ihnKchc  Gegonüber- 
etelluDg  in  Tu9ero  felix.  A§riemlm,  «•■  miime  imniam  eia-^ 
riimiej  seä etimm  opporiumiimie  moriis  slattfindd.  Der 
Einwurf,  das:«  die  zu  gro&e  Batfemung  des  defimcH  hmninH 
von  elaramm  virormm  unsere  Auffassung  unuiöglich  macbe,  zer- 
fallt bfi  der  Betrachtung  der  douiinierenden  Stellung  von 
eiarorum  vhrontm^  zweitens  der  in  den  ftrfgenden  fortwährend 
festgehaltenen  Biographie  Lebender,  so  das;s  uns  eine  feste 
Brücke  homogener  Gedanken  zu  drm  doch  nicht  gar  so  fernen 
starken  Gegensatz  mi  nume  hinfährt.  Drittens  ist  es  undenkbar, 
wie  zwischen  den  Sätzen:  «Biographien  sind  noch  äblich^  und 
^die  Ton  mir  geschriebene  bedarf  der  Entschuldigung^  keine 
Beziehung  und  Gegensatz  stattfinden  sollte.  Die  ausschliefs- 
liche  ^Ziehung  auf  die  unbeanstandeten  Selbstbiographien  eines 
Rutilius  und  Scaurus  gestattet  aber  schon  das  Fehlen  von  «nofi 
meam  Med*  nicht,  und  widerspricht  den  veränderten  Zeitum- 
ständen, die  einen  derartigen  Zwang  keineswegs  auflegten,  im 
Gegentheile  nicht  vermögend  waren,  die  schriftstellerische  Tha- 
tigkeit,  die  so  lange  geschhimmert,  bei  dem  Mangel  an 
Schriftstellern,  so  rasch  als  es  nach  so  langer  Ent- 
behrung wünschenswerth  gewesen  wäre,  wach  zurufen 
{natura  tarnen  inflrmitati»  kuwutnae  tardiora  sunt  retnedia 
quam  mala). 

Wenn  uns  ferner  bemerkt  wurde  opu9  fuit  und  petUaem 
sei  «allerdings  nach  Art  des  Briefstils^  ahnlich  der  Einleitung 
des  Thucydides:  Sovx.  ^A^r^v.  l^vv iyQaip e  tov  xoXsfiöVj 
so  scheint  uns  ein  bemerkenswerlher  Unterschied  hier  obzuwalten. 
Der  griechische  Geschichtschreiber,  mit  dem  fraglichen  Lati- 
nismus unbekannt,  wählle  dieses  Tempus,  weil  er,  wie  natür- 
lich, die  Vorrede  erst  nach  Vollendung  des  Werkes  schrieb, 
und  es  demnach  nicht  angienp,  ^vyy^qxo  oder  ^vyyQcctl^cj  zu 
setzen,  während  Taritus  in  narratnro  opus  fuit  sich  vor  der 


Cj[>er  den   Sohlu^s  des  Gap.  I  im  AgricoU  (lc<i  Tncilu»,  v.  J,  Mmier.    99 

At)fa$8uncr  denkt  und  ohne  Anstand  auch  apu»  est  und  pe- 
eerem  schreiben  konnte ,  kurz  opus  fisic  und  petU$em  sind  iiur 
im  Verhältnis  zum  spätem  Leser,  nicht  so  livviyQo^ey 
gebraucht  So  wie  Cic.  ep.  ad  Ou.  Fr.  111,  I  sagt:  Et9i  non 
dubitabam^  quin  hanc  epistolam  multi  nunciij  fama  deni-- 
gue  essei  tpsa  sua  celeritate  iuperalura  — ,  tarnen  exiati- 
mavi  a  me  guoque  tibi  huju$  molestiae  nuncium  perferri  opor^ 
ler^j  so  ist  der  Sinn  hier:  obwol  ich  die  Schuld,  dass  ich  jetzt 
das  Leben  des  verstorbenen  Agricola  schreibe,  und  dies 
zu  seinen  Lebzeiten  gegjen  die  Sitte  unterliefs,  auf  die  ver- 
gangene Schreckenszeit  werfen  könnte,  glaube  ich  doch  der  Ent- 
schuldigung zu  bedürfen  (d.  i.  venia  mihi  opus  e$9e  exisH" 
mavi).  Wem  es  trotz  des  ersten  Satzes  im  Procemium  zweifel- 
haft ist,  dass  zu  Tacitus"  Zeit  diese  Sitte  fortbestand,  ja  in  ihrer 
Blüte  war,  erinnere  sich  an  die  Geschichten  der  Kaiser  zu  ihren 
Lebzeiten  Ann.  I,  1  und  lese  z.  B.  Piin.  ep.  II,  1 ,  wo  es  von 
L.  Verginius  Rufus,  Ami  Tacitus  als  Consul  suffectus  die 
Leichenrede  hielt,  heilst:  tJegil  scripta  de  se  camdna^  iegit 
kiaioriaM  et  posteritati  euae  inierfuit.^^  Rufiis  war 
nach  der  Besiegung  des  Vindex  während  dreier  Decennien  nicht 
mehr  in  der  Lage,  den  erworbenen  Ruhm  zu  vermehren 
(triginta  annie  gloriae  auae  supemixii)^  um  so  mehr  scheint 
er  dahin  getrachtet  zu  haben,  ihn  wenigstens  durch  die  Schrift 
verewigen  zu  lassen.  Auch  Agricola  war  von  85  bis  93  zur 
Untbätigkeit  verurtheilt  und  konnte  durch  Thaten  nichts  mehr 
zu  seiner  Verherrlichung  selbst  beitragen,  es  blieb  ihm  nur 
Selbstbiographie  oder  fremde  Darstellung  seiner  Thaten  zur 
Sicherung  des  erworbenen  Ruhmes  übrig«  Tacitus,  von  dessen 
Feder  man  schon  damals  Unsterblichkeit  erwarten  konnte  *), 
schrieb  nicht  aus  Rücksicht  auf  Domitian  und  inertiae  duleedine 
capiuBy  die  ja  noch  mehrere  Jahre  nach  Domitian  nach  seinem 
eignen  Geständnis  fortdauerte.  Wenn  man  aber  gewisse  Lebende 
wohidienerisch  zuviel  feierte,  so  vergals  man,  wenn  nicht  ärge- 
res, der  Todten.  Des  gefeierten  Verginius  Rufus  Denkmal  ist 
im  zehnten  Jahre  nach  seinem  Tode  noch  nicht  fertig,  Plin.  VI,  10, 
freilich  inertia  ejus  cui  eura  mandata  est^  obwol  die  von  Rufus 
selbst  verfertigte  Grabschrift: 

ffic  Situs  est  Rufus,  pulso  gut  Vindiee  quondam 
imperium  adseruit  tum  sibi  sed  patriae 

unabweislich  zur  Herstellung  drängte  —  itle  mandaeerat  eave- 
ratgue.  Daran  schliefst  Plinius  die  Klage:  tarn  rara  in  ami- 
citiis  fides^  tarn  parata  oblivio  mortuorum^  utipsinobis 


')  Vgl.  die  Äufserunp  des  Plinius  ep.  VI,  16  nUam  vides  morti  ejus 
(aruncuti  mef  1i  19)  si  celehretur  o  te  immortalem 
gtorinm  propnsHam  esse 


100  Ober  den  Schlus<<  des  Cap.  I  im  Agricola  des  Tacilus,  v.  J,  Meiiter, 

äeöeamuB  etiam  eonditoria  exMtruere  (vgl.  Schiller  und  Mo- 
zarl).  So  lobt  er  IX,  9  Colo  wegen  seiner  so  seltenen  Pietät 
gegen  den  verstorbenen  Pompejus  Ouinclianus,  da  er  es  nicht 
gemacht  ut  plerigue ^  qui  Cantum  viventes  amani  aeu 
poiius  amare  se  gimulant  ac  ne  »imulant  quidem^  ni$i  guos 
florenUs  pidene;  nam  mi»erorum  non  necu»  ac  deftineeorum 
üMpiseuntur^  und  I,  17  den  Titinnius  Gapito,  dass  er  sich  die 
Erlaubnis  vom  Kaiser  aui>ge>\irk(,  dem  L.  Silanus  auf  dem  Fo- 
rum ein  Standbild  setzen  zu  dürfen,  und  ruft  bezeichnend  genug 
ans:  eae  adhitc  curae  homnibus  fides  et  officium^  mwU  qtä 
defunctorum  quogue  amicos  aganL 

Bezuglich  unserer  Definition  des  Verbs  incusare  im  Ge- 
brauche de«  Tacilus  mnd  wol  entscheidend  Stellen  vrie  Bist.  II,  47 
praecipuum  destinationis  meae  doeumentum  habeie  quod  de 
nemine  queror,  nam  incusare  deoM  pel  homines 
eju$  ett^  qui  vioere  relit.  Hist.  III,  28  Hormi-ne  id  ingefiiwny 
ui  Me$$ala  tradit^  an  potior  auelor  Sit  C.  PliniuB  qui  An^ 
ton  tum  ineusat^  haud  faciie  discreverim^  und  Hist.  III,  M 
nee  defuere  qu4  ipitum  Tu s cum  et  alioe  $ed  eriminosiue 
Biae»um  incuHarent;  denn  überall  zeigt  »ich,  daps  die  Per- 
sonen, denen  etwas  scliuldpogeben  wird,  nicht  die  Sachen  be- 
tont sind.  Danach  unterliegt  es  keinem  Zweifei,  dass  wenn  Ta* 
citus  sagt,  er  wolle  die  vergangenen  Zeiten  nicht  verantwortlich 
machen,  er  sich  selbst  für  einigermafsen  verantwortlich  hält  für 
eine  so  spät  und  zur  Unzeit  *)  gegebene  Biographie  Agricola^«. 
Und  wahrlich,  dies  Geständm's  ehrt  das  ..Herz  des  grofsen  Ge« 
schichlschreibers  so  sehr,  dass  wir  jede  Änderung  der  Stelle  als 
unberechtigt  mit  Entschiedenheit  abweisen  zu  müssen  glauben. 
Lipsius  nach  Rhenanus  ni  ineursaturus  gebildetes  ni  ineusatunu 
würde  nach  dem  von  Vahlen  ohne  Zweifel  richtig  angegebenen 
Sinne  auch  die  Änderung  von  petii  (pelo)  aus  petiesem  erheischen, 
und  verdient  gewiss  so  wie  viele  andere  seiner  Conjecturen  in 
Tacilus,  welche  hier  namhaft  zu  machen  wol  unnöthig  ist,  keine 
Berücksichtigung,  widerspricht  sie  doch  geradezu  der  in  6teU«i 
wie  Ann.  I,  I  postquam  occiderant^  receniibue  odiis  com» 
poeiiae  kundgegebenen  Gesinnung  und  der  Selbstanklage  im 
cap.  3  dos  Agricola,  endlich  seiner  c.  42  ausgesprochenen  Über- 
zeugung, po»se  etiam  sub  malis  principibus  magnoe  viree  esee, 
geschweige,  dass  er  die  Nachwirkung  eines  schlimmen  Re- 
gimentes irgendwie  als  Entschuldigung  gelten  lassen  wollte. 

Der  Zusammenhang  und  Gedankengang  des  ganzen  Vor- 
worts ist  nun   folgender.     «Wenn   trotz  unserer  Gleichgiltigkeit 


*)  Ein  defunc/uSy  der  zu  seinen  Lebzeilen  nicht  verherrlicht  war, 
galt  schon  dadurch  als  weniger  bedcntende  Persönlichkeit,  welcher 
Annahme  schwor  zu  br^ognon  war. 


Ober  dfm  Scl^luss  ^  C^,  i  w  Agr^l«  des  Ta^tus,  y.  J.  MMr-    <•! 

g^en  Mitlebeode  bei  auCserordentlichen  liber  Neid  und  Verlien- 
mavig  erhabenen  Persödichkeilen  gleicl|zeitige  Aufzeichnung  i|irei. 
If^ben«,  so  wie  früher,  noch  jetzt  vorl^omrai,  so  verband  «ipli^ 
4Qch  in  der  glorreichen  Vergangenheit  ohne  irgend  i(ireU;he  un-. 
edle  Nebenzwecke  das  schriflstelleriscbe  Genie  iitit  dem  prakr 
tischen  zur  Verherrlichung  des  letzteren  weit  leichter,  und  selbst 
die  Vereinigung  beider  in  einer  Person  gereichte  weder  zu 
Anstols  noch  Mistrauen,  so  gern  ertrug  die  Grofsthatcn  erzeu-* 
geade  ipd  sie  begleiteivde  Liebe  (selbst  euiseitige)  Verlierrlichung 
derselben.  Wie  sehr  bedarf  nun  gar  eines  Verstorbenen 
Lebensgeschichte  de^*  Entschuldigung,  und  doch  brauchte  \ch 
nicht  um  sje  zu  ersuchen,  wenn  ich  die  jüngsten  Zeiten  mit 
i^eo)  alles  gute  ßtreben  vernichtenden  Dfuck  für  diese  Verspä-i 
tyng  verantwortlich  machen  wollte.  Die  in  aller  Förmlich- 
keit vorgenommenen  Hinrichtungen  des  Anultnus  Rusticus  UQil 
Herennius  Senecio  wegen  ihrer  bezüglichen  Lobschriflen  auf 
Paulus  Thrasea  und  Helvidius  Pri^cus,  |U)d  die  durch  eine  dazu 
eingesetzte  Dreimännercommission  im  Wahn,  durch  Feuer  die 
Stimme  des  römischen  Volkes,  die  Unabhängigkeit  des  Senats, 
dfs  Bewusstsein  der  Hencchheit  vernichten  zu  können,  öffent* 
lieh  vollzogene  Verbrennung  der  ausgezeichnetsten  Geistesdenk- 
iilttler ;  dazu  die  Vejrtreibung  der  Lehrer  der  Weisheit  und  Ver« 
bann^ng  jeder  nützlichen  Kunst,  um  ehrbarem  nirgend  mehr 
begegnen  zu  müssen,  stellten  wahrlich  unsere  Geduld  auf  eine 
harte  Probe,  und  die  der  schrankenlosen  ^ügeliosigkeit  der 
alten  Zeit  gerade  entgegengesetzte  Aufhebung  des  mensch- 
lichen Verkehrs  im  Reden  und  Anhören  mittels  drohender  Unter- 
suchungen, hätte  uns  mit  dem  Wort  selbst  die  Erinnerung  rau- 
ben können,  wenn  vergessen  ebenso  leicht  als  schweigen  wäre. 

Jetzt  erst  leben  wir  auf,  und  trotz  der  schon  unter  Nerva 
plötzlich  eingetretenen  entschiedenen  Besserung  durch  Versöhnung 
der  Alleinherrschaft  mit  der  Freiheit  und  solcher  Steigerung  des 
Glücks  unter  Trajan,  dass  niemand  an  einen  Ruckschlag  mehr 
denken  durfte,  trat  ob  unserer  menschlichen  Schwäche  die  Hei- 
lung  doch  nur  allmählich  ein,  und  dem  langsamen  Wachsthum 
und  schnellen  Dahinsterben  unserer  Körper  entsprechend,  er- 
weist sich  die  Unterdrückung  geistigen  Strebens  leichter  als 
die  Wiederbelebung,  weil  die  anfangs  gehasste  Unthätigkeit 
uns  zuletzt  zur  sülsen  Gewohnheit  wird,  zumal  uns  während 
der  für  ein  Menschenleben  bedeutenden  Zeit  von  fünfzehn  Jahren 
der  Tod  oder  die  Grausamkeit  so  viele  Mitslrebcnde  von  der 
Seite  riss,  so  dass  wir  zuletzt  nicht  blols  andere,  sondern  uns 
selbst  überlebten,  so  anders  war  es  durch  die  Unterbrechung 
so  vieler  Jahre,  die  uns  aus  Männern  zu  Greisen  gemacht, 
als  Greise  fast  bis  zum  Lebensschluss  in  stetem  Schweigen  ge- 
führt hatte,  mit  uns  geworden.    Und  doch  will  ich  unverdrossen 

Zeittchrirt  f.  d.  otterr.  Gymnat.  ISSO.  U.   Uah.  ^ 


102    Über  den  Schluss  des  Gap.  1  im  Agricola  des  Tacitus>  v.  J,  Meitier, 

selbst  in  wenig  geübter  und  unvollendeter  Darstellung  das  An- 
denken der  überstandenen  Knechtschaft  und  das  Zeugnis  für  die 
Guter  der  Gegenwart  niederl^en,  während  die  vorausgeschickte 
Lebensbeschreibung  meines  Schwiegervaters  als  Äufserung  meiner 
kindlichen  Liebe,  sei's  zum  Lobe  oder  zur  Entschuldigung,  auf- 
gefasst  werden  mag. 

Aus  dem  Tone  des  cap.  III  geht  unverkennbar  hervor, 
dass  Tacitus  sich  auch  deswegen  entschuldigen  will,  dass  er 
auch  die  Jahre  der  Regierung  des  Nerva  und  einige  von 
Trajan  ohne  Lebenszeichen  verstreichen  liefs  (die  Germania, 
welche  nach  c.  87  derselben  im  zweiten  Consulat  des  Trajan, 
d.  i.  98  herauskam,  ist  hierbei  als  nicht  eigentlich  historisches 
Werk  unberücksichtigt).  Bei  bloGsen  zwei  Jahren  des  Nerva, 
wie  sie  die  früher  angenommene  Abfassungszeit  September  97 
bis  Januar  98  n.  Gh.  statuierte,  wäre  diese  Ausführung  der 
Nachwirkung  schlimmer  Zeiten  unbegreiflich.  Da  ferner  aus  der 
isolierten  Ausgabe  des  Lebens  von  Agricola  nach  dessen  Tod 
der  Schluss  nahe  lag,  dass  Tacitus  die  ganze  Zeit  des  Agricola 
in  einer  förmlichen  Geschichte  nicht  zu  behandeln  gedenke, 
wird  am  Ende  ausdrücklich  das  Grgentheil  behauptet,  und  der 
kleinen  Schrift  eine  ihrer  Veranlassung  entsprechende  beschränkte 
Bedeutung  vindiciert.  So  ist  hier  excu$atu8  nicht  ganz  iden- 
tisch mit  dem  früheren  toenia^  weil  dort  der  hier  vorhergehende 
Gresichtspunct  fehlte;  daher  sind  unsere  bezüglichen  Worte  S.  ü99 
d.  Ztschr.  1859  auf  excusaeus  zu  beziehen. 

Wien.  J*  Heister* 


Die  Redaction  hat  einen  Abdruck  des  vorstehenden  Auf- 
satzes an  Herrn  Prof.  Vahlen,  gegen  den  derselbe  gerichtet 
ist,  mitgetheilt,  und  ihm  anheimges teilt,  seine  etwaigen  Gegen- 
bemerkungen gleichzeitig  zum  Abdrucke  zu  bringen.  Prof.  Vah- 
len hat  hierauf  erklärt,  ^«dass  er  es  um  der  Sache  willen  nicht 
für  nöthig  erachte,  auf  vorstehenden  Nachtrag  näher  einzugehen, 
zumal  durch  denselben  die  Unrichtigkeit  der  darin  vertheidigten 
Auffassung  (namentlich  so  weit  sie  sich  auf  den  vermeintlichen 
Gegensatz  zwischen  cfarorum  und  defimcti  stülzt)  jedem  wo 
möglich  noch  deutlicher  als  zuvor  in  die  Augen  springe.'^ 


Zweite  Abtheilung. 


Literarische  AiiKelKen. 

Georg  Curtios,  Grundzüge  der  griechischen  Etymologie» 
£rster  Theil.  Leipzig,  B.  G.  Teubner,  1858.  XIV  u.  37t  S.  8. 
—  2  Thir.  äO  Ngr. 

Je  rühmlicher  Georg  Curlius  durch  seine  Wirksamkeit  als 
Lehrer  an  der  Prager  Cniversitat  während  der  Jahre  1849  — 1854, 
wie  anch  durch  seine  eben  jetzt  bereits  in  vierter  Auflage  erschienene 
griecbiscbe  Schulgrammatik  in  Österreich  bekannt  ist,  desto  gröfser  ist 
die  Verpflichtung  dieser  Blatter,  von  dem  in  der  Überschrift  genannten 
Werke  desselben  Notiz  zu  nehmen,  und  es  würde  dies  schon  früher 
geschehen  sein,  wenn  nicht  der  unterzeichnete,  der  gleich  nach  dem 
Erscheinen  des  Buches  (December  1868)  die  Anzeige  desselben  über- 
nahm, in  Folge  seiner  Berufung  von  Prag  nach  Giefsen  längere  Zeit 
hindurch  verhindert  gewesen  wäre,  dem  Wunsche  der  Redaction,  das 
Buch  möglichst  bald  angezeigt  zu  sehen,  zu  entsprechen.  Dass  es  ihm 
zu  besonderer  Freude  gereicht,  endlich  die  eingegangene  Verpflichtung 
erfüllen  zu  können,  bedarf  kanm  der  Versicherung;  denn  selten  wol  ist 
ein  Recensent  in  der  Lage,  so  unbedingt  seine  Zustimmung  zu  dem 
von  ihm  anzuzeigenden  Buche  erkennen  geben  zu  können.  Diese  Zu- 
stimmung erstreckt  sich  sowohl  auf  den  Zweck  des  Buches,  als  auch 
im  ganzen  auf  die  Ausführung. 

Gewiss  ist  es  ein  durch  den  gegenwärtigen  Standpunct  der  Sprach- 
wissenschaft dringend  gebotenes  Unternehmen :  «den  sichern  Gewinn  der 
vergleichenden  Sprachwissenschaft  für  griechische  Wortforschung ,  von 
luftigen  Vermulhungen  oder  geradezu  verfehlten  Versuchen  gesondert, 
zu  verzeichnen;'*  und  gewiss  hat  sowohl  die  vergleichende  Sprach- 
wissenschaft als  auch  die  ciassische  Philologie  alle  Ursache ,  dem  Verf. 
dafür  dankbar  zu  sein ,  dass  er  sich  diesem  Unternehmen ,  das  ebenso 
schwierig  als  dankcnswcrth  ist ,  unterzogen  und  ihm  die  Mufsezeit  fast 
cioes  vollen  Jahrzehends  gewidmet  hat.  Hr.  Georg  Curtius  betrachtet  es 
bekannllich  als  seine  w  isscnsrhaflliche  Lebensaufgabe,  die  vergleichende 

8* 


104  6,  CttrfMM,  grieeh.  Etymologie,  ang.  ▼.  L,  Lange. 

Sprachforschung  iiiul  das  grammatische  Studium  der  cinssischcii  Sprachen, 
wie  CS  imicrhalb  der  classischen  Philologie  getrieben  wird ,  r.a  venniU 
tcln ;  darüber,  dass  dieses  Streben  nicht  blofs  berechtigt,  sonderii  durch 
die  Natur  des  wissenschaftlichen  Objects  dringend  geboten  ist,  bedarf 
es  der  Worte  nicht  mehr.  Aber  anzuerkennen  ist  als  das  llauptver- 
dienst  des  vorliegenden  Buches,  dass  es  in  noch  höherem  Grade  als  die 
früheren  Werke  des  Hrn.  Vf/s  bei  den  classischen  Philologen  die  Ein- 
sicht verbreiten  wird,  dass  fernerhin  ein  Sichabschliefsen  gegen  die  Me- 
thode und  die  Resultate  der  vergleichenden  Sprach wissensehafi  nicht 
mehr  möglich  ist.  Mit  berechtigter  Zuversicht  sagt  der  Verf.  am  Schluss 
der  Vorrede  (S.  XI):  «Die  beigegebenen  Tabellen  über  die  regelmafsige 
Lautverlretung  und  über  die  Transscription  des  sanskritischen  und  kir- 
chenslawischen Alphabets  sind  bestimmt,  den  Gebrauch  und  die  Prüfung 
dieses  Buches  einem  jeden  tu  ermöglichen,  der  in  diese  Fragen  ein- 
gehen will.  So  wird  man  es  denn  holTentlich  nicht  mit  der  oft  wieder- 
hotten Bemerkung  aus  der  Hand  legen ,  man  verstehe  kein  Sanskrit . . . 
Mit  dem  wohlfeilen  Einwände,  «ich  versiehe  das  nicht,*  kann  sich 
niemand  das  Recht  erkaufen,  unsere  Arbeit  zu  ignorieren.» 

Die  Ausführung  des  Unternehmens  war  besonders  am  deswillen 
schwierig,  weil  es  wol  keinem  Gebiete  der  Sprachwissenschaft  so  «ehr 
an  fester  und  sicherer,  allgemein  anerkannter  Methode  fehlt,  aU  gerade 
der  Elymologic.  Der  Verf.  war  in  der  Lage,  bevor  er  an  d«!«  \Ott  ihai 
beabsichtigte  Verzeichnis  gehen  konnte,  die  Methode  erst  feststcUei  la 
müssen.  Er  drückt  sich  darüber  in  der  Vorrede  S.  VI  mit  Bescheiden- 
heit so  aus :  ^Deshalb  schien  es  mir  bei  meinem  Versuche  vor  aHe» 
nölhigj  die  Grundsätze  und  die  Methode  der  vergleichenden  Etymologie 
in  ihrer  Anwendung  auf  das  Griechische  einer  prüfenden  Erörterung  a 
unterziehen.  Doch  war  meine  Absicht  nicht,  etwas  ersehöpfeiules,  sjrato- 
stcmatisch  abgeschlossenes  zu  liefern,  sondero»  dem  gegenwärtigen  Staad- 
puncle  dieser  Studien  entsprechend »  eine  Reihe  wichtiger  principidlcr 
Fragen  zu  [versprechen,  um  dadurch  für  die  darauf  folgende  Behandlung 
des  Einzelnen  eine  feste  Richtschnur  zu  gewinnen.'  Gerade  solcher  Be- 
scheidenheit gegenüber  scheint  mir  die  Kritik  um  so  mehr  die  Pfliebl 
zu  haben,  anzuerkennen ,  dass  durch  die  98  Seiten  lange  Einleitung  in 
Bezug  auf  Feststellung  der  Methode  alles  geschehen  ist,  was  bei  dea- 
gegenwärtigen  Standpuncte  der  Sprachwissenschaft  und  der  Kenntnis  der 
einzelnen  indo-germanischen  Sprachen  überhaupt  geschehen  konnte  Es 
ist  sehr  die  Frage,  ob  die  vergleichende  Etymologie  jemals  auf  eine 
systematisch  abgeschlossene  Darstellung  ihrer  Methode  wird  rechneii 
können.  Die  Entwickelung  der  Sprachen  in  ihren  Lauten,  Wortförmen 
utul  Bedeutungen  ist  zu  mannigfaltig,  der  sprachliche  Organismus  ist  in 
zu  vielfältigen,  bei  aller  Analogie  doch  wieder  individuel  verschiedenen, 
Gliedern  ausgebreitet,  als  dass  es  gelingen  könnte,  ein  abschliefsendes 
System  von  Lehrsätzen  aufzustellen,  durch  welche  die  Methode  in  jedem 
einzelnen   Falle  beherrsciit   und   geleitet   würde.     Es    hat   mit  der  ver^ 


C  OwMin,  grieeli.  Etymologie,  ang.  v.  £.  Uniffe,  105 

firicliciideii  Etymologie  rucksichdirti  ihrer  Methode  eine  ahnliehe  Bo- 
vtndlnts,  wie  mit  der  Scbriftstellerkritik.  Auch  die  Methode  der  Schrift- 
fMlettritik  lissl  sieh  nicht  in  systematischer  Abgesctilossenbeit  dar- 
ilclkB,  wall  die  TbatMcben,  die  zu  bewältigen  sind,  zu  mannigfaltiger 
Ad  %mä ,  als  Atm  eine  methodische  Regel ,  die  auf  viele  Fälle  passt, 
aack  auf  alla  passen  mfisste.  Die  Regeln,  6\e  allenfefls  gegeben  werden 
liaaca,  sind  aowobi  bei  der  vergleichenden  Etymologie,  als  auch  bei 
Irr  9ehrifUteflerkritik  su  allgemein,  als  dass  sie  ausreichten.  Sic 
fassen  in  den  meisten  Ffillen  mehrere,  an  sich,  wenn  es  eben  nur  auf 
teobaditung  der  Regel  ankSme,  gleichberechtigte  Ausfuhrungen  zu,  von 
leaeo  gleiehwol  nur  eine  richtig  sein  kann.  Mindestens  ebenso  wichtig 
als  jene  allgemeinen  Regeln  sind  für  die  Methode  Warnungen  gegen 
aAcKegende,  eben  au^  der  AllgemeHiheit  jener  Regeln  erklärliche,  Verir 
rangen.  Cm  solche  Warnungen  ertheilen  zu  können,  dazu  gebt)rt  frei* 
lieh  Tact  und  Erfahrung,  die  aber  Hr.  6.  Curtius  unzweifelhaft  besitzt  und 
dnreh  acina  linguistischen  Arl>eiten  doeumentiert  hat.  Auch  hat  die  Rty- 
Bologie,  seit  man  sie  auf  der  Basis  der  Sprachenvergleichung  getrieben 
hat,  bereits  eine  geschichtliche  Entwickelung  von  solcher  Zeitdauer 
dvrdigemaclit,  dass  der  kundige  Beobachter  sehr  wohl  die  Irrwege,  die 
hie  und  da  eingeschlagen  worden  sind,  als  solche  erkennen,  und  die 
Fof)«ber  durch  Abmahnung  von  denselben  auf  den  richtigen  Weg  zu- 
lickffQbrra  kann.  Es  l&sat  sich  sogar  annehmen,  dass  die  hauptsScIilichsten 
ferkrungen,  lu  denen  die  Natur  des  Objects  und  der  Dntersuchungs- 
■iltel  Veranlassung  bieten,  bereits  factisch  in  Erscheinung  getreten  sind, 
so  da«s  In  der  Thal  mit  dem  Nachweise,  dass  dies  Verirruiigcn  sind,  für 
die  schliefsliche  Feststellung  des  methodischen  Verfahrens  mehr  geleistet 
ist,  aii  auf  den  ersten  Blick  erscheint. 

Bei  diesem  Sachverhalte  ist  es  durchaus  zweckmäfsig,  dass  Hr.  Cur- 
tius in  der  Einleitung  mit  einer  Skizze  der  Geschichte  der  Etymologie 
in  früheren  Zeiten  beginnt,  und  sodann  die  moderne  Etymologie,  deren 
HuDplunlersuchungsmittel  in  der  Vergleichung  der  verwandten  Sprachen 
besteht,  in  den  verschiedenen  Richtungen,  die  sie  eingeschlagen  hat, 
tebüdeft  und  kritisiert. 

Die  Einleitung,  deren  Tendenz  und  Gehalt  wir  hiermit  im  allge- 
meinen hinreichend  charakterisiert  zu  haben  glauben,  besteht  aus  16 
Absehnitten,  auf  die  es  sich  verlohnen  wird  in  unserem  Referate  etwas 
niher  einzugeben.  Der  erste  Abschnitt  (S.  1—8)  hespricht  nach  Fcst- 
sldlang  des  Begriffs  und  der  Grenze  der  Etymologie  die  Etymo- 
loftie  im  Allerthum.  Hier  erklart  es  der  Hr.  Vf.  für  die  Hauptgefahr  der 
Etymologie,  wenn  sie.  ihrer  Grenzen  sich  nicht  bewusst,  alles  für  erkennbar 
ttiid  rr^ehliefsbar  hält,  und  beschränkt  dieser  Gefahr  gegenüber  die  Aufgabe 
der  ßrieebi.Hchen  Etymologie  dahin,  die  Wörter  und  Wortformen  der 
lerirrhischeu  Sprache  bis  zu  dem  /ritpunete  hinauf  zu  verfolgen .  da 
dir  iiido-germanisehcu  Sprachen  sich  von  einander  abzulüscii  begannen. 
Ihc  Etymologie   im   Alterthume   kam    von   vornherein  dadurch  auf  eine 


106  O.  CurtHtt,  griech.  Etymologie,  ang.  v.  £.  JUmge. 

falsche  Bahn,  dass  Pfato  durch  seinen  Cratylus  den  Anstofs  zu  der  Art 
des  Etymologisicrens  gab,  wobei  man  eine  schon  im  voraus  fertige 
Vorstellung  von  der  Sache  im  Worte  wieder  finden  will ,  und  über  die- 
sem Streben  die  Beachtung  der  Laut-  und  Sprachgesetze  vergisst.  Diese 
Art  des  Etymologisierens  wurde  besonders  von  den  Stoikern  zum  Ober- 
mafse  weiter  ausgebildet,  und  die  späteren  Grammatiker  suchten  sie  mit 
Regeln  über  Wechsel,  Einschiebung ,  Auslassung,  Versetzung  von  Buch- 
staben zu  befestigen,  deren  KünsUiohkeit  und  Willkürlichkeit  nur  da- 
durch entschuldigt  werden  kann  ,  dass  ihnen  die  Einsicht  in  das  Ver- 
hältnis der  Dialekte  zu  einander  fehlte,  und  die  altgriechische  Aus- 
sprache zu  ihrer  Zeit  bereits  untergegangen  war. 

Im  zweiten  Abschnitte  behandelt  der  Hr.  Vf.  die  neuere  Etymologie 
von  Henrious  Slephanus  bis  auf  Lobeck  und  Döderlein.  Am  ausfuhr«» 
liebsten  wird  hier  die  Hemsterhuys-Lenncp'sche  Methode  gesohildertt 
die  darauf  ausgieng,  die  Zahl  der  möglichen  einfachen  Verba  zu  be- 
Fechnen  und  festzustellen,  und  deren  nQmtop  fpBvdog  in  der  irrlhüm*- 
liehen  Meinung  lag,  dass  wir  mittels  des  Griechischen  zu  den  Anfängen 
des  Menschengeschlechts  aufsteigen  könnton.  Interessant  ist  der  Nach- 
weis, wie  dieses  ngatov  ilftvdog  auch  aufserhalb  der  holländischen 
Schule  bei  solchen,  die  jene  in  ihrer  Übertreibung  verdammten,  einen 
mafsgebenden  Einfiuss  auf  ihre  etymologischen  Grundsätze  übte,  z.  B, 
bei  G.  Hermann  und  Lobeck.  Auch  Döderlein  geht,  wie  der  Verf.  zeigt, 
von  einer  vorgcfassten  Ansicht  über  den  ältesten  Spraohzustand.  den  er 
auch  für  den  ältesten  Zustand  der  griechischen  Sprache  hält,  aus,  nur 
dass  er  ziemlieh  die  entgegengesetzte  Vorstellung  von  der  BeschafiTcnhcit 
der  ältesten  Wörter  hat,  als  Lobeck  und  die  Holländer. 

Der  dritte  Abschnitt  bespricht  Buttroann's  Verdienste  um  die  Ety- 
mologie. Er  wird  wegen  seines  glücklichen  Sinnes  und  Gefühles  für  das 
Werden  der  Sprache  als  ein  Vorläufer  der  historischen  Sprachforschung 
bezeichnet. 

Der  vierte  Abschnitt  führt  uns  den  Standpunct  der  vergleichenden 
Grammatik  vor,  schildert  kurz  die  Verdienste  Bopp's,  Pott's,  Benfey's  u.a. 
für  vergleichende  Etymologie,  und  verdeutlicht  sodann  das  Verfahren 
des  vergleichenden  Etymologen  durch  die  Vergleichung  mit  dem  des 
Kritikers.  «Die  einzelnen  Sprachen  des  indo-germanischen  Stammes 
gleichen  ebenso  vielen  alten  Abschriften  des  verlorenen  ürrodex.  Keine 
bietet  ein  unverfälschtes  Bild  des  ursprünglichen  Textes,  aber  sie  sind 
uns  sämmtlich  wichtig  als  alte  Zeugnisse  von  einem  uns  unmittelbar 
nicht  bekannten  Zustande ,  der  jn  vielen  Fällen  dem  ursprünglichen 
wenigstens  nahe  kommt....  Bei  etymologischen  Fragen  sich  auf  eine 
einzige  Sprache  beschränken  zu  wollen  ist  ebenso  unzulässig,  als  wenn 
jemand  im  Plautus  conjicieren  wollte,  ohne  auf  den  Ambrosianus  und 
den  vetus  codex ,  im  Sophokles,  ohne  auf  den  Laur.  A.  Rücksicht  zu 
nehmen,  ebenso  widersinnig,  wie  die  alte  Vulgatenreiterei,  die  nach- 
gerade doch   so  in   Verruf  gekomn^en  ist,   dass   niemand    mehr    damit 


G.  CHTfüu,  gricch.  Etymologie,  ang.  v.  Z.  latipe.  107 

kcnronulretcn  wagt*  Der  hauplsächlichslc  Nutzen,  den  dio  verglci- 
ekfode  Sprachforschung  der  Etymologie  liefert,  beruht  darauf,  dass  sie 
US  EiDsieht  in  die  Geschichte  des  Lautwcchsels  verschafR,  und  dass 
sie  eine  richtige  Unterscheidung  zwischen  Stamm  und  Endung  ermög- 
licht Mit  diesen  Hilbmitteln  ausgerüstet  kann  man  die  Fehler  der  auf 
dem  Boden  der  griechischen  Sprachforschung  aufgestellten  Etymologien 
leichl  erkeaneD,  aueh  «ine  grofse  Menge  stamm-  und  sinnverwandter 
Wöfier  der  Terschiedenen  Sprachen  ohne  grolse  Muhe  zusammenbringen. 
DaatI  isl  aber  nur  erst  die  Grundlage  für  die  Etymologie  des  Sprache 
sebaliet  einer  einzelnen  Sprache  gegeben.  Die  feinere  Arbeit  beginnt 
erst;  es  gilt  zwischen  den  verschiedenen  Möglichkeiten  zu  walilen,  die 
■ach  der  Geschichte  des  Lautwechsels  in  einzelnen  Fallen  scheinbar 
fllrichberechtigt  neben  einander  vorhanden  sind;  die  Grenzen,  unter 
denen  die  Laulübergänge  statt  finden,  aufzuspüren ;  die  minder  offen  zu 
Tage  liegenden  Lautäbergange  zu  erkennen  und  festzustellen ;  endiieh 
die  Entwiekelung  der  Bedeutungen  historisch  zu  verfolgen. 

Mit  dem  fünften  Abschnitte  beginnen  nun  diejenigen  kritischen 
Wamongen  gegen  naheliegende  Irrwege,  von  denen  oben  die  Rede  war, 
nd  zwar  wird  zuerst  vor  0 b  e  r  s ch  5 1  z  u  n  g  der  Sanskritsprache 
icewamt  Man  h  it  in  dieser  Hinsicht  namentlich  festzuhalten,  dass  ein- 
zcine  Uinte  im  Sanskrit,  z.  B.  die  palatalen  und  cerebralen  Laute, 
Imrr  k,  Entartungen  sind,  die  erst  nach  der  Zeit  der  Spracheinheit  sich 
ealwickeltcn ;  sie  sind  also  für  die  Zwecke  der  Etymologie  auf  ihre 
finmdgestalt  zuriiekzufiibren  und  nicht  etwa  in  ihrer  entarteten  Gestall 
zun  Ausgangspuncle  der  Etymologie  zu  machen,  «Man  kann  nicht 
i4rrDg  genug  an  der  Regel  festhalten,  nicht  die  individuelle  Form  einer 
eiazelncn  Sprache,  sondern  die  durch  richtige  Combination  gewonnen^ 
iado-gemianlBche  Grundform  an  die  Spitze  einer  jeden  Verglcichung  zu 
Stelleo.*  Eine  besondere  Cautel  gegen  Überschätzung  des  Sanskrit  fiir 
die  Zwecke  der  Etymologie  ist  endlich  durch  die  Unsicherheit  über  die 
Bedeutungen  der  Sanskritwörter  nolhwendig  gemacht,  eine  Unsicherheit, 
der  erst  durch  Specialarbeiten  auf  dem  Gebiete  des  Sanskrit  abgeholfen 
werden  kann. 

Ber  sechste  Abschnitt  richtet  sieh  gegen  die  Benützung  falscher 
Analysen  und  den  Misbrauch  der  Präfixe  bei  der  Etymologie.  Hr.  Curtius 
betont  mit  Becht,  dass  die  Entwiekelung  der  einzelnen  indo-germanischen 
Sprarhen  aus  der  indo^germanischen  Ursprache  eine  andere,  und  zwar 
•ebr  organische  gewesen  sei ,  nU  die  der  romanischen  Sprachen  aus 
dem  Lileint  dass  man  «ilso  von  vornherein  abgeneigt  sein  müsse  gegen 
die  Annahme  so  gewaltsamer  Processc ,  v^  ic  der  ist ,  vermittels  dessen 
z.  B.  iUau  aus  de  inius  entstanden  sei.  Als  besonders  willkürlich  wird 
io  dieser  Richtung  die  Annahme  viTslümmelter  Präfixe  nachgewiesen, 
Tenuitteis  deren  man  Wurzeln,  wie  z.  ü.  pinf  durch  api-ang  auflösen 
uinl  die  so  gefundenen  einfacheren  Wurzeln  zur  Verglcichung  benützen 
««•litt'.     Dieses  Verfahren  ist  um  deswillen  verwerflich,  weil  es  auf  der 


i^  €,  CHrtHu,  gricch.  Etymologie,  ang.  v.  L  lakffe, 

irrigen  Voraussetzung  beruht,  dass  die  PrSflxc  gerade  so  wie  im  Saniskrit 
auch  schon  in  der  indo*gcrYnanischcn  Drsprachc  vorhanden  gewesen  seien, 
Uiut  auf  der  weiteren  Voraussetzung,  dass  sie  schon  in  der  Urzeit  eine 
lofiauflösliche  Verbindtmg  mit  ihren  Wurzeln  cingegangeti  hatten,  Vor- 
aussetzungen j  die  durch  den  hislorischeti  Ttiatbestand  der  einzetnen 
^Sprachen  als  irrig  erwiesen  werden. 

Daran  schliefst  sich  im  siebenten  Abschnitte  dfe  WaHiutag  Vor  ^et 
Übertreibung  des  Bestrebens,  die  Wörter  in  ihre  Elemente  zu  zeriegen. 
Freilich  liegt  eben  darin  ein  grofser  fieiz,  aber  derartige  Analysen  fuhren 
piT  zu  unbewiesenen  und  vorläufig  unbeweisbaren  Hypothesen,  wahrend 
aie  für  die  Zwecke  der  Etymologie  nicht  nöthig  sind.  Dass  z.  B. 
oatiovy  09,  Oiiki  sich  in  einem  Stamme  asH  vereinigen,  steht  fest ;  wie 
aber  dieses  a9ti  entstanden  sei,  kann  man  vorläufig  nicht  t^issen  utod 
t>raucht  es  zur  Qegpundung  jener  Etyn^ologie  nicht  zu  wissen.  Hr.  Ourtius 
'sieih  daher  als  Regel  auf,  man  solle  nur  bis  zu  den  Formen  vorscbrci- 
ten,  welche  sich  aus  der  Vergleiehung  der  in  den  verschiedenen  Spra- 
'chen  vorhandenen  wirklichen  Wörter  klar  ergeben.  Er  gesteht  übrigens 
ein,  dass  es  in  einer  Beziehung  schwer  sei  diese  Grenze  streng  fest- 
zuhalten ,  nämlich  in  Bezug  auf  die  Wurzel  Variation.  Indem  er  dio 
spbeinbar  und  wirklich  dahin  gehörigen  Erscheinungen  näher  durchgeht, 
bleibt  er  jedoch  seinem  Grundsatze  voUkomnaen  treu.  Nachdem  er  den 
Begriff  der  Wurzel  dahin  festgestellt  hat,  dass  sie  derjenige  nach  dcq 
l^autgesetzen  der  bestimmten  Sprache  aussprechbare  Lautcomplex 
sei ,  \v^e]oher  nach  Abtrennung  aller  formellen  Elemente  übrig  bleibe 
^also  trotz  ^-yZ-yv-e-ro ,  nicht  yv,  sondern  yfv),  zeigt  er  zuvörderst, 
dass  man  bei  der  Ermittelung  der  griechischen  Wurzeln  bisweilen 
fiftif  eine  Doppelgestalt  der  Wurzel  gefuhrt  werde ,  z.  B.  ifiair ,  %l9%^ 
^x,  in.  Solche  Formen  lässt  Hr.  Gurtius  seinem  Grundsatze  gemi^fs  als 
Doppelwurzeln  neben  einander  stehen,  obwol  er  recht  gut  weifs,  dass  sie 
siel)  aus  pin  er  indo-germanisohen  Wurzelform  differenoiert  haben.  DavQi| 
versobieden  ist  nun  das,  was  man  Wurzelvariatiqn  genannt  hat.  Man  glautft 
päfniich  zu  finden,  dass  Wurzeln  durch  Vorgänge  im  Anlaut  oder  im  Inlaut 
oder  im  Auslaut  jn  Verbindung  mit  Bedeutungsrapdificationen  yariirt 
^eien,  wo  man  dann  nich(  lerechtigt  ist,  die  verschiedeiien  ^fmen  als 
biofs  lautlich  verschiedene  Doppelwurzeln  anzusehen,  llr.  Gurtius  nun  ist 
geneigt,  diese  Wurzelvariatiqn  auf  ein  möglichst  enges  Gebiet  zu  be- 
schränken, und  zieht  es  bei  scheinbarer  Variation  des  Anlauts  (frif^, 
0iHbo)  vor,  gan^  zu  trennen,  weder  eine  Uoppelwurzel ,  noch  eine 
Wurzelyariation ,  sondern  zwei  verschiedene  Wurzeln  anzunehmen.  Bei 
Variation  des  Inlauts  gibt  er  jedoch  die  Variation  zu  und  macht  sie  an 
dem  Beispiele  von  tc^-tix-tvh  deutlich,  welche  drei  Formen  bei  ihrer 
lautlichen  Gleichheit  weder  ganz  gelrennt  werden  können  wie  MCuipQ 
und  glubo,  noch  auch  bei  ihrer  theilweisen  Redeutungsverschiedenheit 
fiir  drei  nur  lautlich  verschiedene  Formen  einer  Wurxel  (wie  xila«- 
^Ac9)    erklärt   werden    dürfep.      Ein    ausgedehnteres    Gebiet    hat    diete 


tf.  ClurUlti,  griech.  Etymologre,  «ig.  v.  L. 

WurselvariatioB  im  Auslaut,  worauf  Hr.  Cnrtios  im  achten  Abs  elinitt« 
naher  eiogebL  Es  bestellen  nämlich  mehrfach  iwei  Wurxcln  neben 
einander,  von  denen  die  eine  um  einen  Consonanten  vermehrt  ist, 
Wuneln,  deren  Verwandtschaft  nicht  geleugnet  werden  kann,  von  denen 
aber  doch  die  eine  aus  der  andern  nicht  durch  blofs  lautliche  Vorgänge 
hergeleitet  werden  darf,  t.  B.  ya,  yev;  4hy,  xvtp  u.  s.  w.  in  solchen 
Fallen  der  Wurzelvariation  nennt  Hr.  Gurtius  die  kürzere  Form  die  pri- 
mirOy  die  längere  die  secundare,  und  den  in  der  Anhangung  eines 
Consonanten  bestehenden  Vorgang  Weiterbildung.  Als  solche  weitei^ 
iMidende  Consonanten  finden  sicfh  «,  «,  y,  t,  d,  ^,  «,  ^,  wofür  Hr.  Curtius 
Beispiele  anfuhrt,  um  sodann  zu  erklären,  dass  trotz  aller  Vermuthnngen 
über  den  Ursprung  und  die  Bedeutung  dieser  Zusätze,  und  trotz  dor 
Wahrscheinlichkeit  eines  Zusammenhanges  mit  den  Temporal bildungs* 
elementen,  bis  jetzt  nichts  sicheres  über  sie  gewusst  werden  künne. 

Während  bisher  vor  der  Klippe  des  übertriebenen  Zerlegens  der 
Wurzeln  gewarnt  wurde ,  warnt  der  neunte  Abschnitt  vor  der  identi- 
icierung  vollständiger  Wörter,  vor  der  Verwechselung  partieller  Gleich- 
heit mit  totaler,  in  welcher  Richtung  namentlich  Kuhn  und  Ebel  lu 
weit  gegangen  sind,  indem  sie  auch  verschiedene  Suffixe  deshalb  für 
identisch  erklärten,  weil  sie  an  dieselben  Stämme  gefügt  wurden.  Hr.  Cur- 
tius hält  es  in  diesen  Fällen  für  sicherer ,  die  Suffixe  zu  trennen ,  als 
sie  gleiohznsetzen,  also  bei  partieller  Gleichheit  stehen  zu  bleiben,  weil 
totale  Oleicbheit  nur  durch  ui^beweisbare  Lautübergänge  bewiesen  wer- 
den könnte. 

Ebenso  rügt  er  im  zehnten  Abschnitte  die  Identificiening  lautlich 
nicht  augenscheinlich  verwandter  Wörter  wegen  ihrer  etwaigen  Bedeu* 
tungsgleichheit.  Die  Bedeutungsgleichheit  allein,  und  wenn  sie  noch  so 
evident  ist.  kann  niemals  etymologische  Verwandtücbafl  beweisen,  denn 
«die  Sprache  gelangt  zu  demselben  Begriffe  durch  die  verschiedensteB 
Vorstellungen,  zu  denselben  Vorstellungen  durch  die  verschiedensten 
Merkmale.* 

I>er  eilfte  Abschnitt  ist  mehr  positiven  Inhalts,  indem  er  die  Kri- 
terien angibt,  nach  denen  die  Zusammengehörigkeit  und  Verwandtschaft 
von  Wörtern  verwandter  Sprachen  erkannt  werden  kann.  «Augenschein- 
lich gehören  aber  solche  Wörter  verwandter  Sprachen  zusammen,  welche 
sich  in  Laut  und  Bedeutung  entsprechen.'  Mit  Recht  stellt  nun  der 
llr.  Vf.  fest,  dass  man  vom  Laute  überall  ausgehen  müsse,  stellt  über- 
sichtlich den  Lautbestand  der  indo-germanischen  Ursprache  dar,  und  gibt 
an,  was  sich  von  diesem  Lautbestande  im  Griechischen  unverändert  be- 
hauptet, was  sich  nach  regelmäfsigen  Gesetzen  in  einer  keinen  Zweifel  las- 
senden Weise  regelmäfsig  verändert  habe.  Dabei  wird  der  in  der  Theorie 
vollkommen  richtige  und  für  die  etymologische  Praxis  überaus  wichtige 
Unterschied  zwischen  regclmäfsiger  (wesentlicher,  durchgreifender)  und 
unrcgelmäfsiger  (unwesentlicher,  sporadischer)  Lautvcräuderung  gemacht* 
iene  durchdringt  den  ganzen  Bau  einer  Sprache,  wie  wenn  gh,  dA,  ök 


110  G,  CuräUS,  gricch.  Etymologie,  nng.  v.  L  Lange, 

zu  %j  ^y  9  verschoben,  wenn  a  in  a,  c,  o  gespalten,  wenn  J  ganz  ein- 
gebüfst  wird.  Die  wesentlichen  Lautveränderungen  sind  die  allen 
Mundarten  gemeinsamen,  auf  den  sporadischen  dagegen  beruht  eben  die 
Verschiedenheit  der  Dialekte.  Mit  Rücksicht  auf  diesen  Unterschied  der 
regelmäfsigen  und  unregeimäfsigen  Lautvertretung  hatHr.Curtius  denn  auch 
das  ganze  Material  seines  Werkes  in  zwei  Theile  zerlegt,  deren  einer 
(der  bereits  vorliegende)  die  regelmarsige  Lautverlretung  behandelt, 
wahrend  der  zweite  (noch  nicht  erschienene)  sich  mit  der  unregeimäfsi- 
gen Lautvertretung  beschäftigen  soll. 

im  zwölften  Abschnitte  geht  der  Hr.  Vf.  auf  das  andere  Kriterium 
der  Verwandtschaft ,  die  Bedeutung  näher  ein ,  und  stellt  zunächst 
fest,  dass*^auf  diesem  Gebiete  des  Bedeutungswandels  noch  grofse  wissen» 
fichaftliche  Aufgaben  der  Lösung  harren,  die  aber  eben  ihrer  Schwierig- 
keit wegen  vorläuflg  noch  zurückzustellen  seien.  «Es  bleibt  daher  kauia 
etwas  anderes  übrig  aN  vorläufig  für  jede  einzelne  Sprache  den  Stoff 
mit  möglichster  Umsicht  zurechtzulegen  und  die  Ausführung  einer,  theils 
indo-germanischen,  theils  speciellen  Bedeutungslehre  der  Zukunft  zu  über- 
lassen.* In  Bezug  auf  diese  Bedeutungslehre  der  Zukunft  sei  mir  verstatlet, 
ein  Wort  hinzuzufügen.  Hr.  Curtius  hat  bei  dem  Ausdrucke  Bedeutungs- 
lehre nur  die  Bedeutungen  der  Wurzeln  und  Wörter  in  ihrer  historischen 
Entwickelung  im  Auge;  der  Begriff  der  Bedeutungslehre  erstreckt  sich 
aber  ebensowohl  auf  die  Bedeutung  der  flexivischen  und  wortbildenden  Suf- 
fixe. Dass  auch  diese  eine  historische  Entwickelung  durchgemacht 
haben ,  wird  der  Verf.  am  wenigsten  leugnen  ,  der  in  seiner  Abhand- 
lung de  nominum  Graecorum  formntiane  vielfach  auf  die  Bedeutungs- 
enlwickclung  der  Nominnlbildungssuffixe  hingewiesen  hat,  und  dem  es 
gewiss  nicht  entgangen  ist,  dass  die  Bedeutung  der  Gasussuffixe,  Tempus- 
und  Modascharakterc  historischen  Veränderungen  unterworfen  ist.  Gm 
der  Lösung  der  letzten  Aufgaben  auf  dem  Gebiete  des  Bedeutungswandels 
näher  zu  kommen,  ist  es  nun  meiner  Meinung  nach  besonders  nöthig, 
die  ßedeutungsentwickelung  an  den  wortbildenden  und  flexivischen  Suf- 
fixen zu  verfolgen  und  damit  die  Bedeutungsentwickelung  der  Präpositionen, 
Partikeln,  Conjunclionen,  kurz  aller  derjenigen  Wörter  zu  verbinden, 
welche  nicht  sowohl  einen  materiellen  Gehalt  haben,  als  vielmehr  for- 
melle Beziehungsverhältnisse  ausdrücken.  Es  fallt  mir  nicht  ein  zu  glau- 
ben, dass  die  Gesetze  der  Bedcutungsentwiokelung,  welche  auf  diesem 
Gebiete  etwa  gefunden  werden ,  ohne  weiteres  auf  das  Gebiet  der  Be- 
deulungsenlwickelung  der  verbalen  und  nominalen  Begriffe  übertragen 
werden  könnten.  Aber,  wie  die  Erkenntnis  des  Lautwandels  feste  An- 
haltspunctc  an  der  historischen  Betrachtung  der  Lautform  der  flexivi- 
schen und  wortbildenden  Suffixe  gehabt  hat,  sO;  meine  ich,  soll  man  es 
nicht  verschmähen,  aus  der  jedcnf.ills  in  gröfseren  Analogien  vorliegenden 
Entwickelung  der  Bedeutung  eben  dieser  flexivischen  und  wortbildenden 
Suffixe  zu  ermitteln,  in  welcher  Richtung  im  allgemeinen  die  Bedeu- 
tungsvcrtindcrungcn  vor  sich  gehen.     Wie   die   vergleichende  Grammatik 


G.  Cttriiut,  gricch.  Etymologie,  ang.  v.  L.  latlffe.  111 

sieh  zunächst  an  dem  Nachweise  der  Identität  der  wortbildenden  und  flexi- 
Tischen  Suffixe  verwandter  Sprachen  geübt  und  gekräftigt  hat,  um  dann 
mit  sicbererm  Schritte  an  den  Nachweis  der  lautlichen  Identität  der 
Wörter  und  Wurzeln  selbst  zu  gehen,  so  muss  sie  auch  an  der  Bedeu- 
tongsentwickelung  der  Sprach  formen  ihre  Kräfte  üben,  um  dann  znr 
Ermittelung  der  Bedcutungsentwickclung  der  Wörter  and  Wurzeln  über- 
zugehen. Dass  diese  untersuch ungen,  ganz  abgesehen  von  der  Lösung 
der  letzten  Probleme  der  Bedeutungslehre,  schon  jetzt  von  unmittelbarer 
praktischer  Bedeutung  für  die  Etymologie  der  Wurzeln  und  Wörter  sind, 
leuchtet  ein.  Denn  nicht  selten  beruht  der  scheinbare  Bedeutungsunter- 
schied  einer  griechischen  und  einer  Sanskritwurzel  eben  nur  darauf,  dass 
jene  in  tbeilweiso  anderen  Wortbildungen,  als  diese,  fortgelebt  hat,  dass 
ihre  Bedeutung  also  theilweise  anderen  Einwirkungen  ausgesetzt  gewesen 
ist.  «ils  die  Bedeutung  dieser.  So  ist  es  Hrn.  Gurtius  selbst  nicht  entgangen, 
dass  die  seheinbare  Differenz  zwischen  der  griechischen  Wurzel  Xv9 
(Nr.  S41)  und  Sanskrit  tup  (rumpo)  damit  zusammenhängen  möge,  dass 
in  der  homerischen  Sprache  zunächst  nur  IvxQog  als  Bezeichnung  des 
ärmlichen  Bodens,  dann  erst  Xvnri  vorkomme.  Ohne  Zweifel  wfirde  die 
Bedeutung  der  Wurzel  in  beiden  Sprachen  dieselbe  sein,  wenn  im  Grie- 
chischen eine  Verbalform  IviiJta  (Skr.  lump-ami)  sich  entwickelt 
hätte,  resp.  in  Übung  geblieben  wäre.  Das  Absterben  der  Wurzel  für 
den  Gebrauch  eines  einfachen  Vcrbums,  und  ihre  Erhaltung  in  verein- 
zelten Nominalformen  XvTC-Qoq.  dann  namentlich  in  dem  schon  an  seinem 
Suffixe  als  abstract  zu  erkennenden  Ivnriy  kann  nicht  ohne  Einwirkung 
geblieben  sein  auf  die  griechische  Vorstellung  von  der  Bedeutung  des  Laut- 
eomplexes  Ivn,  die  wir  ja  nur  aus  sämmtlichen  zu  jener  Wurzel  gehörigen 
Wörtern  erschliefsen.  Ich  bin  weit  davon  entfernt  zu  glauben,  dass  ich 
eine  bestimmte  Antwort  auf  die  Fra^e,  warum  Xvn  im  Griechischen  seine 
Bedeutung  gegenüber  dem  Sanskrit  tup  verändert  habe,  hiemit  gegeben 
hätte;  es  kam  mir  nur  darauf  an,  auf  die  Wichtigkeit  dieser  Quelle  der 
Bedeutungsmodi ficationen  der  Wurzeln  hinzuweisen,  und  ich  bemerke 
nur  noch,  dass  Hr.  Gurtius  den  Werlh  der  Tempuscharaktere  und  der  No- 
minalsufilxe  für  die  Ermit^eluug  der  Grundbedeutung  der  Wurzeln  in 
den  folgenden  Abschnitten  mehrfach  anerkannt  hat,  wenn  auch  in  einer 
.  Weise,  gegen  die  ich  noch  Bedenken  vorzubringen  habe. 

Der  dreizehnte  Abschnitt  behandelt  die  für  die  Bedeutungslehre 
principiell  wichtige  Frage:  «Ist  die  Sprache  von  einer  beschränkten  Zahl 
einfacher  Begriffe  ausgegangen?*  «Oder  war  schon  die  Kindheit  der 
Sprache  reicher,  beherrschte  sie  schon  eine  gröfsere  Mannigfaltigkeit  nicht 
sowohl  von  Begriffen,  als  vielmehr  von  concreten,  aus  lebendigen  Anschau- 
ungen entsprungenen  Vorstellungen?®  Mit  Recht  entscheidet  sich  der  Hr. 
Verf.  für  den  zweiten  Theil  der  Alternative.  Wir  stimmen  vollkommen 
bei,  wenn  er  sagt:  «Die  Indo-Germanen  bezeichneten  früher  die  Differenzen 
nis  den  allgemeinen  Begriff  des  Gehens*  u.  s.  w.  Wenn  er  aber  diesen 
Satz  durch  die  griechischen  Verba  des  Sehens  zu  excmpliticieren  sucht, 


112  if.  €Hrßiis,  griech.  Etymologie,  ang.  v.  L  lange, 

und  behauptet:  «Das  plötzliche  Bemerken  bezeichnen  sie  mit  tS^tv,  das 
fortgesetzte  Schauen  mit  dem  abgeleiteten  Verbum  h^ävy  wenn  sie  die  Zu- 
kunft, gelegentlich  auch,  wenn  sie  die  vollendete  Hmidlung  bezeichnen 
wollten,  griffen  sie  zu  der  Wurzel  o«,»  so  scheint  mir  diese  Exemplifi- 
oation  nicht  gerade  glucklich.  Denn  dass  die  Vorstellung  des  plötzlichen 
Bemerkens  nicht  der  Wurzel  J^iB  als  solcher,  sondern  eben  dem  Tempus 
i9tiv  zukommt,  beweist  das  lateinische  Video,  das  griechische  olda. 
Man  kann  also  mit  gleichem  Rechte  die  Behauptung  aufstellen,  dass  die 
Wurzel  JiB  erst  in  griechischer  Zeit  die  Bedeutung  des  plötzlichen  Be- 
meikens  erhalten  habe,  weil  sie  hauptsächlich  im  Aorist  gebraucht  wurde, 
ah  die  umgekehrte,  sie  wurde  im  Aorist  gebraucht,  weil  sie  das  plötz- 
liche Bemerken  bezeichnete.  Ich  bin  geneigt,  die  ßedeutungsdiffe- 
renzen,  die  sich  in  den  IdBüVy  oQav,  o^ofiori,  onana  der  entwickel- 
ten griechischen  Sprache  zeigen,  eben  ans  dem  vorhin  berührten  Ein- 
^i«se  der  Tempus-  und  Verbalstammbildung  auf  die  Wurzelbedeutung 
zu  erklären;  daraus  folgt  dann  aber  nicht,  dass  ich  etwa  im  Gegensatze 
eil  der  Ansicht  des  Hrn.  ¥erf.'8  die  drei  Wurzein  für  völlig  gleichbe* 
deutend  hielte,  und  sie  alle  drei  als  völlig  gleichen  Ausdruck  des  B  e- 
griffes  Sehen  ansähe,  sondern  nur,  dass  ich  genöthigt  bin  anzu- 
nehmen, die  ursprüngliche  sinnliche  Differenz  der  drei  mit  jenen  Wurzeln 
verbundenen  Vorstellungen,  wie  beschaffen  sie  immer  gewesen  sein  mag, 
sei  bei  der  späteren  Entwickelung  der  Sprache  so  unbedeutend  erschienen, 
dass  sich  nicht  alle  drei  Wurzeln  in  vollständiger  Flexion  erhielten. 
Warum  aber  nicht  zwei  von  i\hnon  ganz  abstarben ,  sondern  jede  einen 
Theil  ihrer  Forfnen  verlor,  so  dass  schliefslich  die  Conjugation  des 
Verbalbegriffcs  Sehen  nur  in  jenem  Dreiklange  ausgedruckt  werden 
Itonnte,  darauf  lässt  sich  keine  bestimmte  Antwort  geben,  sondern  man 
kann  nur  im  ^allgemeinen  die  Vermutbung  aussprechen,  dass  jede  der 
drei  Wurzeln  im  Gebrauche  zu  fest  stand,  um  ganz- aus  dem  Sprach* 
ibewusstsein  zu  verschwinden.  Rücksichtlich  der  Wurzel  6n  (Skr.  aA) 
wird  weiterhin  vonCurtius  ermittelt,  dass  ihre  Grundbedeutung  gewesen 
sei:  aufblicken.  Der  Ur.  Verf.  fügt  bei:  «Vielleicht  erklärt  sich  aus  der 
momentanen  Beschaffenheit  dieser  Vorstellung,  warum  die  Wurzel  o» 
im  Griechischen  nicht  im  Präsensstamm  .vorkommt.»  Aber  ist  denn  aus 
dem  Aoristgebrauche  der  griechischen  Sprache  zu  schliefsen,  dass  Verba, 
die  die  Vorstellung  einer  momentanen  Thäligkelt  enthalten ,  eine  prin<> 
cipiello  Abneigung  gegen  die  Präsensform  haben?  Und  musste  man  nicht, 
wenn  die  Wurzel  o»  zur  Grundbedeutung  die  des  momentanen  Aufblickens 
halle,  nach  der  Theorie  des  Hrn.  Verf.'s  schliefsen,  dass  sie  gerade  für  den 
Aoristgebrauch  prädestiniert  gewesen  sei,  den  sie  jedoch  bekanntlich  der 
Wurzel  J^i9  überlassen  hat?  Ich  mache  deshalb- diese  Bedenken  geltend, 
um  zu  zeigen,  dass  es  verfrüht  ist,  auf  die  Bedeutung  der  Wurzeln  aus 
den  Temporibus,  an  denen  sie  vorkommen,  zu  schliefsen  (ein  Verfahren, 
das  Curtius  im  14.  Abschnitte  noch  weiter  fortführt),  ehe  festgestellt  ist. 
weloho  Bcdoutungscntwickelung   die    Tcmpuscharaktcre   selbst  durchge- 


G.  Cnfilui,  griech.  Etymologie;  ang.  r.  L  Lange.  U9 

macht  haben,  welches  reslzustellen  eben  Aufgabe  der  vergleichenden  Bedeu- 
tungslehre der  Flexioiisformen,  auf  deren  Wichtigkeit  ich  vorhin  im  allge- 
meinen hinwies,  aein  wird.  Hr.  Curlius  gebt  z.  B.  von  der  Voraussetzung  aus, 
dass  die  uns  gelaufigen   Bedeutungsunterscbiede  des  Perfiects.   AorisUt 
Imperfects  ebenso  alt  wären,  wie  die  griechische  Sprache,  folglich  auch  wie 
die  griechischen  Wurzeln.  Wenn  sie  es  nicht  sind,  so  folgt,  dass  niclil 
der  Zusammenhang  zwischen  der  Bedeutung  der  Wurzel  und  der  Tempus- 
form sein  kann>  den  Ur*  Gurtiua  statuieren  möchte«  Dass  sie  es  nicht  sind» 
folgt  für  mich  mit  grofser  Wahrscheinlichkeit  aus  der  Thatsache,  dass  isi 
Sanskrit  wo]  die  drei  Formen,  aber  nicht  die  griechischen  Bedeutungsdifife- 
renzen,  sondern  entweder  gar  keine  oder  wcDigstcna   gana  andere  noch 
nicht  ermittelte  vorhanden  sind,  sowie  aus  der  Thatsache,  dass  im  Lateini- 
schen die  Perfeciform  die  aoristische  und  Ferfectbedeutung  in  sich  vereinigt. 
Der  Schluss  dieses  Abschnittes   gibt  uns  noch  zu   einer  andereo 
Bemerkung  Anlass.     Der  Hr.  Verf.  erklärt  S.  84  sich   den  althcwährteo 
Satz,  dass  die  Abstracto  aus  Coucreüs   hervorgegangen  seien^  zu   eigei 
zu  machen,  fugt  dann  aber  hinzu,   es   gebe   trotzdem    solche  Wurzeln, 
welche  —  ob  vom   ersten  Anfange  an,  lässt  er  dahingestellt — ,  jeden- 
falls schon  vor  der  Spracbtrennung  recht  eigentlich  geistige  Tbätigkeiten 
bedeuteten,  wie  z.  B.  many  gnä,   gmar.    Den  altbewährten  Satz,   dass 
die  Abstracte  aus  Concretis  hervorgehen^  gebe  ich  um  so  bereitwilliger 
zu,  als  ich  überzeugt  bin,  dass  alle  Vorstellungen  ursprünglich  sinnlich 
waren.  Auch  die  Möglichkeit  der  Ausnahme,  so  beschränkt^  wie  Ur.  Curtiua 
sie  beschränkt,  gebe  ich  zu,   weil  das  indo-germanische   Urvolk  bereits 
vor  der  Trennung  aus  den  sinnlichen  Vorstellungen  zu  den  Vorstellungen 
geistiger  Tbätigkeiten  durchgedrungen  sein  muss.    Aber  ich  glaube,  dass 
der  Satz  «Abstracte  gehen   aus  Concretis   ben'or»  eben  seiner  weitgrei« 
fenden    Wichtigkeit   wegen  einer   näheren  Untersuchung  ub^r   das  Wio 
dieses  Vorganges  bedurft   hätte.   Es   scheint  mir   für   das    Verständnis 
dieses  Vorganges  das  Bestreben  des  Personificierens  und  der  Vergleichung, 
das  den   Völkern  auf  ihrer   ältesten   Entwickelungsstufe   in   besonderer 
Kraft  beiwohnte,  und  das  ja  auch  in  der  Mythenschöpfung   so  sehr  be- 
langreich ist,  von  besonderer  Wichtigkeit  zu  sein,  und  es  würde  gewiss 
Nutzen  bringen ,  wenn  jemand  den  Wortschatz  der  griechischen  Sprache 
darauf  hin  untersuchen  woUtCj  um  festzustellen,  in   weichem    Umfange 
jene  Tendenzen  gewaltet  und  welchen  Einfluss  sie   auf  die  Bedeutungs- 
entwickelung geübt  haben.    Die  Tendenz  des  Personificierens  spielt  wol 
nur  auf  dem  Gebiete  des  Nomen  eine   Rolle,  die  des  Vergleichens  da- 
gegen nicht  h\oh  hier,   sondern   auch  auf  dem  der  Veiba  und  Wurzeln, 
liic  Entstehung   der   abstracten   Bedeutung  «wissen*   aus   der  sinnlichen 
Bedeutung   «sehen*   z.  B.  erkläre  ich  mir  daraus,    dass  man   jene  gei- 
stige Thätigkeit  mit  der  sinnlichen  Thätigkeit  des  Sehens  verglich,  und 
deshalb  in  Ermangelung  einer  kyriologischen  Bezeichnung  metaphorisch 
mit  dem  Worte  bezeichnete,   das    diese  sinnliche  Thätigkeit  ausdrückte» 
Ebenso  würden  Wurzeln,  die  sinnlich   «zerreifsen*  bedeuten,   auf  dem 


114  G,  Curiiut,  griech.  Elymologie,  ang.  v.  L:  Lange. 

Wege  clor  Metapher  zu  der  Bedeutung  «kräiikeu,  bekümmern*  gelangen, 
Dagegen  würde  es  nicht  sowol  eine  Metapher  aJs  eine  Metonymie  sein, 
wenn  ein  Verb,  d.is  <i Vollsein»  ausdrückt,  die  Bedeutung  «seufzen*  an 
sich  entwickelt  (efflciens  pro  efflscio).  Eine  Stütze  für  diese  Behaup- 
tungen finde  ich  in  der  homerischen  Diction,  die  ja  so  häufig  bei  Verben, 
die  Gemüthsbewegungeu  oder  sonst  irgend  eine  geistige  Thätigkeit  aus- 
drucken, ein  &vfi£,  q)Q86lv,  xccv«  ^iilov  u.  dgl.  hinzufügt:  log  e  tav^ 
äfffiaivs  xoctä  tpQiva  xol  nctta  ^(lov,  ctitaQ  o  iyvm  r^otv  ^vl  tpQBöiv, 
X»6^svog  xiJQ  u.  8.  w.  Diese  Zusätze  scheinen  mir  ursprünglich  als 
Stutzen  für  den  metaphorischen  Gebrauch  der  Verba  aufgofasst  werden 
zu  müssen.  Die  entwickelte  Sprache,  die  mit  feststehenden  geistigen 
Vorstellungen  und  Begriffen  operiert,  lässt  die  Stützen  fallen,  weil  sie 
ihrer  nicht  mehr  bedarf.  Die  homerische  Sprache,  die  in  dieser  Hin- 
sicht sich  in  einem  Obergangsstadium  befindet,  p)enützt  sie  noch  um 
des  sinnlichen  Effects  willen,  wenn  sie  ihrer  auch,  streng  genommen, 
nicht  mehr  bedarf.  Die  vorhomerische  griechische  Sprache  wird  sie  in 
vielen  Fällen  noch  um  des  Verständnisses  willen  benutzt  haben.  Es  wurde 
hiernach  eine  der  nächsten  Aufgaben  der  Bedeutungslehre  sein',  die 
Metaphern  zu  ermitteln,  welche  sich  factisch  in  den  Verbalbedeutungen 
der  griechischen  Sprache  vorfinden.  Die  Zusammenstellungen  von  Gurtius 
liefern  dafür  sehr  viel  Material.  Wenn  ich  liicht  irre,  so  wird  sich  von 
diesem  Gesichtspuncte  aus  dann  auch  ergeben,  dass  der  Satz,  die  Wur- 
zeln bezeichnen  ursprünglich  die  sinnlichen  Differenzen  des  Gehens,  Se- 
hens u.  s.  w. ,  für  die  Erklärung  der  übertragenen  Bedeutungen  nicht 
ganz  so  wichtig  ist,  wie  es  scheinen  könnte.  Denn  gerade  bei  der  Meta- 
pher kann  nicht  immer  die  specielste  Eigenthümlichkeit  einer  Vorstel- 
lung, sondern  muss  häufig  nur  die  generelle  Grundlage  derselben  zur 
Vergleichung  benützt  werden.  So  kommt  es,  dass  verschiedene  Verba 
des  Gehens,  auf  geistiges  Gebiet  übertragen,  sich  nicht  so  unterscheiden, 
wie  sie  es  auf  sinnlichem  Gebiete  thaten.  Sie  können  auf  geistigem  Ge- 
biete sich  von  neuem  differencieren,  es  ist  aber  eine,  wie  mir  scheint, 
unberechtigte  Voraussetzung,  dass  sich  auf  geistigem  Gebiete  Analoga 
derselben  Differenzen  nothwendig  wieder  finden  müsstcn,  die  auf  dem 
sinnlichen  Gebiete  vorhanden  waren.  Ferner  zweifle  ich  nicht,  dass, 
wenn  man  sich  überzeugt  hat,  dass  fast  alle  Wörter,  die  geistige  Thä- 
tigkeiten  bedeuten,  mit  Sicherheit  auf  eine  sinnliche  Vorstellung  zurückge- 
führt werden  können,  dass  man  dann,  wenn  auch  nicht  die  Wahrheit, 
doch  die  praktische  Wichtigkeit  des  Satzes,  dass  schon  vor  der  Sprach- 
trennung einige  Wurzeln  recht  eigentlich  geistige  Thätigkeilen  bezeichnet 
hätten,  für  die  Elymologie  in  Frage  stellen  wird.  Was  z.  B.  die  von  Hrn. 
Curtius  zum  [Sachweisc  einer  sogenannten  rückläufigen  Bedeutungsent- 
wickelung benutzte  Wurzel  man  betrifft,  so  sehe  ich  in  der  That  die 
Nothwendigkeit  nicht  ein,  warum  wir  den  Begriff  des  Bleibens,  Beharrens 
(liiva,  maneo)  aus  dem  des  sinnenden,  zögernden  Denkens  ableiten 
sollen,  da  der  umgekehrte  Entwickelungsgang  nicht  allein  eben  so  mög- 


6,  CurtHtd,  griech.  EtymoJogic,  ang.  v.  l.  Umge.  115 

Hchy'^tODderDf  durch  die  Analogie  der  nicht  ruckläufigen  Bcdeutungsübcr- 
ginge  viel  wahrscheinlicher  ist  Denn  da  auch  im  Zend  upa-man  bleiben 
bedeutet,  so  ist  die  Annahme,  dass  die  Bedeutung  bleiben  sich  im 
Griechischen,  Lateinischen  und  Zend  aus  der  Zeit  der  Einheit  erbalten 
hat,  mindestens  ebenso  wahrscheinlich,  als  dass  sie  sich  erst  nachträglich 
im  Griechischen,  Latein  und  Zend,  in  jeder  der  Sprachen  naturlich 
selbständig,  entwickelt  habe. 

Im  Tierzehnten  Abschnitte  wird  auf  die  Wichtigkeit  der  Verben 
far  die  AufiTiudung  der  Grund  vorstell  nng  hingewiesen.  Gegen  die  Art,  wie 
Hr.  Curtius  hier  aus  den  Bedeutungsunterschieden  der  Tempora  auf  dio 
Bedeutung  der  Wurzel  schliefst,  habe  ich  bereits  im  Obigen  meine  Be- 
denken geltend  gemacht.  Außerdem  wird  hier  aufmerksam  gemacht 
auf  die  Wichtigkeit  der  Genera  verbi,  der  Präpositionen,  mit  denen  sich 
die  Verba  verbinden,  der  Casus,  welche  sie  regieren.  Nach  einer  Bemer- 
kung über  die  Wichtigkeit  der  Nominal-Ableitungen  zur  Erkenntnis  der ' 
Grundbedeutung  der  Wurzeln  wird  mit  Recht  dio  Wichtigkeit  der  ho- 
merischen Sprache  für  die  Feststellung  der  Bedeutungen  hervorgehoben. 

Der  fünfzehnte  Abschnitt  bespricht  die  Wichtigkeit  der  Analogie 
«der  grofsen  aber  nicht  immer  zuverlässigen  Lehrmeisterin,»  für  die 
Erspähung  der  Wortbedeutungen.  Je  spärlicher  Analogien  der  Bedeutungs- 
entwickelung bei  der  individuellen  Beschafifenheit  der  einzelnen  Fälle 
Torhaoden,  je  spärlicher  sie  gesammelt  sind,  um  so  mehr  muss  man 
dem  Hm.  Vf.  dankbar  sein,  düss  er  einige^  recht  einleuchtende  Beispiele 
von  Analogien  auf  dem  Gebiete  der  Bedeutung  Torgefuhrt  hat  Sie  be- 
weisen den  Zusammenhang  der  Vorstellung  des  Sehens  mit  der  des 
Glänzens,  des  Vollseins  und  des  Seufzens,  des  Langsamen  und  des  Zar-^ 
ten,  des  Schmutzes  und  des  Bcnetzens,  der  Farbe  und  des  Bedeckens, 
des  Mahls  und  des  Austhcilens  u.  s.  w.  Diese  Analogien  werden  hoffent- 
lich viel  reichlicher  ausfallen«  wenn  man  die  Geltung  der  Metapher  für 
die  Bedeutungsentwickelung  untersucht  haben  wird.  Ich  erlaube  mir 
hinzuzufügen,  dass  auch  die  poetischen  Metaphern  von  Wichtigkeit  sind 
für  die  Ermittelung  der  rein  sprachlichen  Metaphern  in  der  vorhistori- 
schen Zeit.  Denn  bei  aller  Individualität  der  dichterischen  Schöpfungs- 
kraft sind  die  Dichter  doch  auch  von  den  in  der  Sprache  selbst  liegen- 
den Tendenzen  beherrscht  und  können  nur  im  Geiste  ihrer  Sprache 
Metaphern  bilden. 

Wer  die  Erörterungen  des  Hrn.  Vf.'s  über  die  Bedeutung  der  Wör- 
ter gelesen  hat ,  wird  zwar  nicht  überall  ganz  feste  Stutzen  für  die 
Beurth eilung ,  ob  ein  Bedeutungsübergang  annehmbar  sei  oder  nicht, 
finden;  aber  er  wird  auch  nicht  mehr  behaupten  mit  Polt  E.  F.  1,  73, 
dass  «die  Bedeutung  etwas  so  wandelbares  und  vieldeutiges  sei ,  dass 
sich  fast  für  jede  mit  jeder  irgend  eine  Beziehlichkeit,  irgend  ein  Ge- 
dankenübergang finden  lasse.' 

Der  sechzehnte  Abschnitt  handelt  endlich  über  die  Etymologie  der 
Eigennamen,  und  zwar  wesentlich  polemisch  gegen  die  herrschende  Nei- 


lU  ^.  (^triiU9y  griecb.  Etymologie,  ang.  y.  ^  £Mfe. 

gung,  gerade  EigcDnaman  von  Localen  und  nythiscKea  Pereonek  lu  eiy* 
mologisierea^  Die  Schwierigkeiteo,  die  der  EtyBiologie  der  Efgcnaainen 
sich  entgcgenslelleiii  sind  sehr  gut  dargelegt,  und  daa  Terfehlte  saldier 
Etymologieo  ao  tiince ichenden  Beispielen  dargethan. 

Nach  dieser  Einleitung  folgt  eine  Tabelle,  welche  die  Umschreibung 
des  Sankrit- Alphabets,  des  eyrillisehen  Alphabets,  und  einige  Angaben 
über  die  Geltung  gewisser  Buchstaben  in  litauischen  Worten ,  auf  dop 
Ruckseite  die  regelmäfsige  Lautveriretung  im  Sanskrit,  Griechischen, 
Italischen,  Deutschen,  Kirchenslavischen  und  («itauischen  enthält 

Darauf  folgt  die  «regelmäfsige  Lautvertretung  ,^  welclie  den  Best 
dfiß  Bandes  S.  10t— 3T1  einnimmt. 

Diesen  Theil  liat  der  Ur  VC  nach  der  Reihenfolge  der  Laute  lio- 
handelt,  und  zwar  mit  den  m^tis  beginnend  und  den  Vocalcn  schliefsend. 
Ell  hat  ihn  dabei  die  Absicht  geleitet,  zur  Anschauung  zu  bringen,  in 
wie  ausgedehntem  Mnfse  ein  festes  Gesetz  die  Laute  der  griechischen 
Sprache  und  damit  unsere  etymologische  Arbeit  beheivscht  (Yorr.  8.  VIL 
vgl.  S,  72)f  So  löblich  diese  Absicht  ist  und  in  SQ  hohem  Grade  sie 
auch  crrficht  ist,  so  kann  ich  doch  nicht  umhin,  ein  Bedenken  gegen 
die  Sacbgcmilfsheit  gerade  dieser  Anordnung  zu  äufsern.  Es  scheint  mir 
nämlich^  dafs  derjenige,  d?r  es  unternimmt,  den  Wortschatz  der  griechi- 
schen Sprj^che  nach  seiner  etymologischen  Zusammengehörigkeit  zu  ver- 
zeichnen, den  Constanten  Lautwaudel  derselben  aus  der  grieithisehen 
Lautlehre  als  bekannt  voraussetzen  muss.  Glaubt  er  das  nicht  zu  können, 
80  ist  nichts  dagegen  einzuwenden ,  wenn  er  eioleitungsweise  den  con- 
stantcn  Lautwandel  darstellt  und  durch  Beispiele  erläutert  Die  Anord- 
nung des  Wortschatzes  selbst  dagegen  muss  nach  den  erreichbaren  Etymis 
geschehen,  d.  h.  also  im  günstigen  Falle  nach  den  Wurzeln,  oder,  da 
diese  nicht  in  allen  Fallen  zu  erreichen  sind,  nach  den  Wortstammen. 
Indem  Curtius  die  Wörter  und  Wurzeln,  die  er  in  diesem  Theile  be* 
handelt  hat,  gewissermafsen  nur  als  Belege  für  die  Thatsachen  des  Laut^ 
wandeis  hinstellt^  hat  er  die  Zwecke  einer  wissenschaftlichen  Lautlehre 
mit  denen  einer  etymologischen  Obersicht  des  Wortschatzes  zu  vereini- 
gen gestrebt.  Die  Folge  ist,  dass  beide  Absichten  theilweise  verkümmert 
sind.  Da  nämlich  fast  jeder  der  behandelten  619  Artikel  (bei  richtiger 
Zählung  sind  es  übrigens  635)  als  Beleg  für  mehrere  Erscheinungen  des 
Lautwandels  dienen  könnte,  so  hätte,  wenn  der  Zweck  der  Lautlehre 
rein  hätte  durchgeführt  werden  sollen,  jeder  Artikel  unter  allen  flauten, 
für  die  er  als  Beleg  gelten  konnte,  aufgeführt  werden  müssen,  die 
Wurzeln  9bq%  und  9nt  nicht  blofs  unter  %  sondern  auch  unter  9,  jene 
aufserdem  unter  <i,  diese  aufserdem  unter  i  u.  s.  w.  Naturlich  hat 
Curtius  dies  unterlassen ,  weil  es  für  die  Zwecke  einer  etymologischen 
Übersicht  allerdings  überflüssig  war.  Davon  ist  aber  nun  die  Folge,  dass 
die  Laute,  die  Hr.  Curtius  früher  behandelt,  mit  verhältnismäfsig  mehr 
Beispielen  belegt  sind,  als  die  Laute,  die  bei  der  gewählten  Reihenfolge 
am  Ende  behandelt  werden.    So  kommt  es,  dass  der  Lautwandel  von  n 


G.  Otram,  griech.  Etymologio^  ang.  ▼.  L.  idm§e.  117 

116  Artikel ,  d.  i.  mehr  als  den  sechsten  Theil  aller  umfasst,  wibreml 
4er  Laatwandei  simmtlicher  Voealo  nur  11  Beispiele  hat,  das  Diganma 
■or  IS.  Der  Obelstand  ist  allerdings  nicht  so  bedeutend,  dass  er  sehr 
ilark  in's  Gewicht  fiele  i  denn  wer  sfimmlliche  Belege  für  den  Laut- 
wsndel  des  Digamma  x.  B.  xusammenstellen  will,  kann  sie  sich  mit  ver- 
mtniiwMfsig  leichter  Muhe  aus  den  unter  die  anderen  Laute  vertheilten 
Aftikchi  heraussuchen.  Immerhin  aber  bleibt  dies  eine  kleine  Unbequem- 
lichkeil,  die  zeigt,  dass  der  Hr.  Vf.  wenigstens  bei  der  regelmSfsigen 
La«lTefftretaog  besser  gethan  h£tte,  den  Qesichtspunct  des  Wandels  der 
eiuebien  Laute  nicht  f  um  eigentlichen  Eintheilungsgrunde  des  Materials 
tu  wihleii« 

Anderseits  lasst  sich  noch  weniger  leugnen,  dass  der  Zweck, 
eine  Obersicht  über  die  etymologisch  erklärbaren  Bestandtheile  des  grie- 
chiscben  Wortschatzes  zu  geben .  eben  durch  diesen ,  dafür  eigentlich 
gleicbgilligeo  Gesichtspunct,  theilweise  verkümmert  ist.  Man  hat  eine 
llettge  TOD  Einzelnheiten  vor  sich,  die  unvcrbunden  neben  einaiuler 
stehen.  In  bunter  Folge  wechseln  Artikel,  die  eine  Wurzel  an  der 
Spitze  tragen,  mit  solchen,  denen  ein  Verbalstamm,  und  mit  solchen, 
dcnea  ein  ausgeprägtes  Wort  vorgesetzt  ist.  Ohne  Zweifel  wurde  es, 
■■  zu  überblicken,  wie  weit  die  etymologische  Arbeit  in  den  griechi^ 
irhcn  Wörterschatz  bereits  eingedrungen  ist,  dienlicher  gewesen  sein, 
die  sieber  ermittelten  Wurzeln  für  sich  zu  behandeln,  darauf  die  Ver- 
babtäBme  und  Verba  folgen  zu  lassen,  welche  man  noch  nicht  mit 
Sieherheit  auf  eine  griechische  Wurzel  zurückfuhren  kann,  endlich  nach 
den  ledetheilen  geordnet,  die  etymologisch  bestimmbaren  Substantive, 
Adjective,  Zahlwörter ,  Adverbien,  Partikeln ,  welche  nicht  einmal  mit 
Sicherheit  auf  einen  Verbalstamm  zurückgeführt  werden  können.  Ich 
ÜB  uuter  diesem  Gesichtspuncte  die  sammtlichen  Artikel  durchgegangen 
Mwi  habe  geftinden,  dass  unter  den  635  Artikeln  des  Buches  283  eine 
Wurzel  an  die  Spitze  gestellt  haben ,  eine  Zahl ,  die  gewiss  erheblich 
genug  ist*  um  den  Gedanken,  diese  eigentlichen  Irvf&a  in  einer  Etymo- 
logie vor  allen  Dingen  zusammengestellt  zu  finden,  berechtigt  erscheinen 
zn  lassen.  Wenn  auch  der  Versuch ,  den  griechischen  Wörterschatz 
lediglich  nach  Wurzeln  einzutheilen ,  selbst  jetzt  noch  verfrüht  ist, 
wie  er  es  in  Benfey's  Wurzellexikon  war,  so  bindert  dies  doch  nicht,  den 
Theil  des  griechischen  Wörterschatzes,  der  sicher  auf  Wurzeln  zuiück- 
gefniirt  werden  kann,  eben  nach  diesen  Wurzeln  zur  Übersicht  zu 
brioges.  Die  Wurzeln  selber,  deren  Zahl  sich  noch  etwas  ermärsigen 
vürde,  wenn  man  Wurzeln,  die  Hr.  Curti US  selbst  für  verwandt  erklärt  und 
dcmioeh  treonty  nur  einmal  rechnen  wollte,  brauchten  uicht  nach  dem 
Alphabet  ihrer  Anfangs-  oder  Endbuchstaben  verzeichnet  au  sein,  son- 
dern niaa  könnte  sie  eintheilen  je  nach  der  Zahl  der  Laute,  aus  deneu 
ue  bestehen.  Den  Lesern  dieser  Recension  sind  vielleicht  einige  natiere 
Aigaben  hierüber  interessant,  die  ich  um  so  lieber  binsulüge,  aU  si» 
ugleieh  ein  Licht  auf  den  Umfang  des  Materials   werfen,    weldies    der 

ZMHebrift  U  ^  StUrr.  Ovmo«».  lS6>i.  H.  Hvfi.  9 


US  €,  CUrUtiSf  grioch.  Etymologie,  ai>g.  v.  X.  lange. 

Verf.  otyoiologisch  bearbeitet  hat.  Aus  einem  Vocale  besieht  nur 
die  eine  Wurzel  i,  gehen  (615);  aus  ftwei  Lauten,  Cousonant  unU  Vocal, 
bestehen  ^S  Wurzein,  und  zwar  beginnen  31  mit  dem  Consonantea '),  17 
mit  dem  Vocal ') ;  aus  drei  Lauten,  d.  i.  aus  2  Konsonanten  und  1  Vocale, 
bestehen  131  Wurzeln,  und  zwar  haben  6  die  beiden  Gonsonanten  im 
Auslaut'),  24  beide  Gonsonanten  im  Anlaut  0»  101  je  einen  Gonsonanten 
im  Anlaut  und  Auslaut  *) ;  aus  Tier  Lauten,  d.  i.  aus  3  GoDsonanJteo  und 
1  Vocale,  bestehen  62  Wurzeln,  und  zwar  haben  davon  37  zwei  Goq> 
80nanl^u  im  Anlaut,  einen  im  Auslaut*),  15 .dagegen  einen  Gonsonanten 
Im  Anlaut,  zwei  im  Auslaut');  aus  fünf  Lauten  endlidb,  d.  i.  aus  4  Gon- 
sonanten und  1  Vocale,  besteht  nur  die  eine  Wurzel  attiitp  (219).  Es  ist 
kein  Zweifel,  dass  mit  diesen  Wurzeln  ein  sehr  erheblicher  Theil  des 
griechischen   Wortschatzes   etyoiologisch    bestimmt  i»t,    und   dass    die 


')  xt67,  i«t>79,  y«  (y«i')128,   a;a  (zav)  179 ,   Z*  194,    x««03,  t« 

(Ttttr,  tev)  230,  w  247,  Sa  25«,  Ss  264,  di  208,  So  270,  »a  (^) 

307,  »e  300,   ^  320,    m  363,   so  (ni)  371,   nv  383.  9«  407,  9a 

(tpBv)  ^iO,   (pv  M7,  V5  436.    vv  442,   /*«  4G1,   ^v  47a,  Xa  &Z%,  Xv 

'  546,  Xv  547,  6a  571,  av  578,  av  (v)  604. 

*)  «IC  2,  /x24»»,  iy  117,  vy  158,  &%  i^YX)  ^60.  ^*  27»,  o*288,  »9 
406>>),  iv  419.  ig  488,  ig  492,  6q  500,  ig  564,  ^  668,  ia  616, 
«/  586,  «j^  587, 

*)  ayx  1,  aU  (a^x)  7,  a^y  121,  uqx  165,  ««^  253,  ilq>  398. 

•)  xri78,  xU60,  xXv62,  xilv  63,  x^a  (x^av)  72,  x^i76,  xpv  77, 
yirco  136,  x^i  201.  *9Cf272,  ^^cf  273,  '0^va316,  -^9«  317,  ntv 
{nvv)  382,  nla  366,  nXv  369,  «fv  370,  ngct  378,  qpi«  (9X»,  9I1, 
9X1;)  411,  9XV  113,  9ra2i6,  ^tv  228,  <ryv  443,  apv  517. 

•)  xav  32.  xcf«  34,  xa«  36.  xa/  44,  xcA  48,  xs^  53,  %of  64b  «o« 
68»»),  xv^  (xt;^)81,  xaJ  284,  xi;a'321,  ya/ 122,  yff*  127»>),  2«* 
180,  a:«?  185,  x«*  186,  ZBQ  189,  Ta9  233,  ts%  235.  rfZ  236,  «f* 
237,  t$if  239,  rv*  248,  tM  249,  TV9  26i,  *ax  9>  *tx  14,  dox  16, 
Saf  258,  ^aZ  250,  a^ft  260,  San  idsn)  261,  ^eji*  265,  Sag  267, 
*i/269,  '^iyl4o,  d«/308,  ^ivU\,  -^*ff3l2»>),  ^e/313,  ««i97, 
sTixlÖO,  wix  101,  «er  214;  wf^  2^1,  «1^327,  «vO- 328,  say343, 
9rey354,  «0^376,  9vy  163,  9ay  408,  9«^  411,  vs%  U2,  ii)vi% 
424,  «re|»43i.  vsg  432,  y»y  (iri(J)  439,  fiofx  90,  fivx  92,  fii^  176, 
l^sS  1^6,  iitv  (juav)  429,  [lay  456,  iiaS  466,  fiep  467,  (ug  468, 
Aiiy  47^,  fivd  479,  (ey  154,  ^e^r  513,  la%  85,  lax  86,  Zvx  88,  i«y 
146,  Zvy  148,  Zt^  173,  ^^^174,  Ztw  340,  Zv«  341,  Xaj^  536,  A«y 
638,  Xi(J641,  Xi9  545,  «ra^  170,  <ra*  280,  «^«^281,  <rep  618,  /»x 
17,  /fx  19,  J^n  160,  /**  282,  J=o»  324,  /ef*  452,  J^«?  498,  fog 
501,  /fZ  (/«A)  527,  /eg  666,  jay  118,  fvy  144,  fsß  567. 

•)  xtav  (xT«v)  77*»),  x^aa71,  xU«  58,  y(?a9  138,  yZa9  134,  yZii9 
134»»),  x^a^lOO,  T^fxl78,  r^«ß  244,  t^s/a  245,  a^üff*  274,  «X*x 
103,  «Xcfy367,  9^«y  161,  99vy  162,  99««  413,  axay  573,  c%b9 
294.  <Txia295,  ffxa«  108,  <jxa«  109,  ansniU,  ü%vX  114,  mey 
155,  atix  177,  ffrei»  220,  axe^  221,  otatp  224,  «ty  226,  otog  227, 
«r^ra^  389,  09«^  296,  a9aZ  558  ,  aZi;y549,  0lMp  (auap)  466, 
<J  «^252,  <Tita283. 

')xap7r4l,  «9^240,  tf per  241 ,  dapÖ- 262  ,  ^epx  13,  «r^p*  292, 
?r«v^326,  f*fiyl50,  /Afpy  161,  ^«1^287,  Za|[ijr389,  «repir  338, 
/fpy  141,  i^fpy  142,  /ax  22. 


^.  CkfUui,  griech.  Etymologie,  atig.  t.  L  Lan0.  iiii 

femert  elyaiologitche  Arbeit  innertialb  des  griechischen  Sprachschatzes 
Wk  si«,  wie  um  •inen  festen  Kern,  sich  gruppieren  muss. 

Von  den  Verbalwnneln  getrennt  könnten  die  sogenannten  Prono- 
■inlwQrxehi  llir  sich  aosammengestellt  sein,  da  der  betreffende  Ab- 
■etaitl  in  Bopp't  vergleichender  Oraminatik  denjenigen,  der  eine  über* 
«cht  des  grieohisclien  Sprachschatzes  vobi  etymologischen  Standpuncte 
au  gaben  will,  der  Verpflichtung  nicht  überhebt,  auch  auf  dem  Gebiete 
der  Pronomina  das  etymologisch  Sichere  aus  der  Menge  des  IJngewissen 
beraoaiuheben.  Unter  den  Artikeln  des  Curtius'schcn  Buches  beziehen 
sieh  3&  auf  Pronomina  und  Partikeln.  Verbalstamme  der  Verba  finden 
nch  an  der  Spitze  von  60  Nummern;  317  endlich  beschäfligen  sich 
«it  der  Etymologie  von  Nominalformen  (Substantive,  Adjective,  Zahl- 
wörter). Auch  die  Zusammenstellung  dieser  nach  gewissen  Gesichts- 
puDCten,  etwa  nach  der  Verschiedenheil  der  Bedeutungen  (concrele ,  ab-> 
itrade^  Begrifft  des  Raumes,  der  Zeit,  der  Farbe,  der  Gestalt)  u.  s.  w. 
«irde  nir  LAsmig  der  Aufgaben  der  Bedeutungslehre  gewiss  sehr  dien- 
lich aetn.  AUat  dieses  bemerke  ich  übrigens  nicht,  um  es  dem  Uro.  Vf. 
sn  Isgeo,  dass  er  diese  Gesichtspuncte  nicht  genommen  hat^ 
ÜB  anf  die  weiteren  Aufgaben  der  etymologischen  Forschung 
isen,  wobei  dem  Hm.  Vf.  der  Dank  aller,  die  sich  mit  griechi- 
¥km  Sprache  besch&ftigen,  dafür  gebührt,  dass  er  überhaupt  erst  eine 
ietle  ttmndlage  für  derartige  weitere  Untersuchungen  geschaffen  hat. 

Wenn  wir  nun  auf  den  Inhalt  der  einzelnen  Artikel  eingehen  woll- 
ten, so  wirdc  bei  der  Reichhaltigkeit  und  der  gedrungenen  Kürze  des 
lasbes  noch  sehr  vieles  theils  beistimmend,  theils  zweifelnd  gesagt  wer«" 
hm  kOHwn.  Aber  das  kann  nicht  die  Aufgabe  dieser  Recension  sein, 
lamal  da  dieser  Gesichtspunct  in  anderen  Recensionen  über  das  vorlie- 
gende Buch  genügend  verfolgt  ist  *)•  ^if  beschranken  uns  daher  darauf, 
ansoerkennen,  dass  der  Hr.  Verf.  mit  grofser  Umsicht  und  Be- 
be! seinen  Aufstellungen  verfahren  ist,  dass  er  eine  ebenso 
scharfe  Iritik  wie  umfangreiche  Belesenheil  documentiert ,  und  dass  er 
ihsrall  nüt  strengster  Gewissenhaftigkeit  den  gröfseren  oder  geringeren 
ted  dar  Walirseheinliehkelt  einer  Etymologie  angibt  Dass  bei  so  aus- 
gadtbnUm  und  bisher  so  wenig  gesichtetem  Haterial  einzelnes  Verfehlte 
Umeh  einige  unter  sich  unvertragliche  Ansätze,  wie  z.  ^.  TumOy  rumeü 
sowohl  bei  lir  149  als  auch  bei  617)  sich  dennoch  behauptet  hat,  kann 
doB  Weifte  des  Buches  keinen  Eintrag  thnn.    Trotzdem  wenigstens  Wird 


*)  Es  interessiert  die  Leser  dieser  Recension  vielleicht,  auch  die 
anderen  Recensionen,  die  das  Buch  bisher  erfahren  hat,  kennen  su 
lernen.  Es  ist  recensiert  von  C.  im  Centralblatt  1859^  S.  %S%  von 
Leo  Meyer  in  den  Göttinger  Gelehrten  Anzeigen  1859,  S.  459,  von 
Uuaperdinck  in  Mütseirs  Zeitschrift  für  das  Gymnasialwesen  1859, 
S.  439,  von  Uugo  Weber  ebendaselbst  S.  613»  von  Scbweiser  in 
Knbtrs  Zeitschrift  für  vergl.  Sprachforschung  Bd.  Villi  S.  437. 

9» 


iSO    Sekmki,  Vorübungen  i.  griecbi  Chrestomalhie ,  ang.  v.  J.  MBlkakL 

e$  Ton  jetzt  an  der  Ausgangspunct  für  alle  Untersuchungen  auf  dem  Ge- 
biete der  griechischen  Etymologie  sein,  und  ohne  Zweifel  wird  es  sieb 
ilurchgehcnds  als  ein  sicherer  Führer  im  Labyrinthe  erweisen.  Zum 
Schlüsse  kann  ich  nicht  unterlassen,  nebst  meinem  Danke  für  tei^9 
Belehrung  und  Anregung  auch  den  Wunsch  auszusprechen,  dass  es  dem 
Hm.  Vf.  vergönnt  sein  möge,  den  zweiten  Band  recht  bald  lu  Tollenden. 
Qiefs«n4  L.  Lange. 


Vorübungen  zur  griechischen  Chrestomathie  in  Beispielen  m 
Einleitung  in  die  griechische  Syntax  von  K.  A.  Schmid.  Zweite 
durchgesehene  Auflage.  8.  Stuttgart,  J.  B.  Metzler,  1855.  IVu.  MS. 
—  84  kr.  ö.  W. 

Vorliegendes  Werkchen  ist  bestimmt  «solchen  Schülern,  welche  die 
griechische  Formenlehre  absolviert  haben,  zu  einiger  Fertigkeit  im  Ober« 
setzen  in's  Deutsche  zu  verhelfen,  während  sie  zugleich  in  die  wieh^ 
tigsten  Regeln  der  Syntax  eingeleitet  werden  und  dann  für  etwas  weiter 
vorgerückte  Knaben  eine  Syntax  in  nuce  zur  Wiederholung  und  Ein* 
pragung  zu  bilden.'  Die  zweite  Auflage  unterscheidet  sich  Tmi  der 
ersten  hauptsachlich  darin,  dass  in  den  Anmerkungen  alle  die  Beden- 
tungen  angegeben  werden,  deren  Kenntnis  man  bei  dem  Schüler  noch 
nicht  voraussetzen  kann,  während  in  der  ersten  Auflage  nur  die  Be- 
deutungen angegeben  waren,  die  in  dem  Wöfterbuche,  das  der  von 
Schmid  und  Metzger  bearbeiteten  griechischen  Chrestomathie  beigegeben 
war,  fehlten  —  ohne  Zweifel  eine  praktische  Änderung,  da  dadurch  dem 
Schüler  viel  Zeitaufwand  erspart,  und  er  in  Stand  gesetzt  wird,  binnen 
derselben  Zeit  ein  gröfseres  Pensum  auszuarbeiten. 

Zu  dem  Zwecke,  zu  dem  der  Hr.  Verf.  dies  Hilfsbuch  bestimml 
hat,  ist  es  recht  brauchbar.  In  XVIH  Abschnitten  sind  instructive  Bei- 
spiele zur  Einübung  der  wichtigsten  syntaktischen  Regeln  in  hinreichen- 
der Anzahl  dargeloten;  die  Anmerkungen  sind  in  einfacher  und  für  die 
Fassungskraft  des  Schülers  ganz  geeigneter  Form  gegeben;  auch  diiOr 
ist  Sorge  getragen,  dass  der  Schüler  nicht  blofs  richtig,  sondern  anch 
gut  deutsch  zu  übersetzen  sich  gewöhne  (vgl.  z.  B.  Anm.  II,  9,  8;  IS,  7; 
V,  16,  7;  VI,  5,1;  VU,  4,  10;  XV,  12,  4);  passend  sind  zuweilen  lur 
Verdeutlichung  mancher  sprachlichen  Erscheinungen  im  Griechischen  die 
entsprechenden  lateinischen' herbeigezogen  (z.  B.  11,8,15;  111,2,9;  Uly 
9,  1 1  V,  17,  2;  VI,  25,  5 ;  VI,  32,  3);  auch  das  ist  zweckmäfsig,  dass 
zuweilen  kurze  sachliche,  meist  historische,  Anmerkungen  zum  Ver- 
ständnis des  Gedankeninhalts  beigegeben  sind  (z.  B.  111. 12, 12 ;  V,  5,  6  ; 
V,  18,4;  VI,  8,  7). 

In  zwei  Puncten  können  wir  aber  mit  dem  Hrn.  Vf.  nicht  einver- 
standen sein.  Erstlieh  scheint  es  uns  nämlich,  dass  der  Hr.  Vf.  den  Schü- 
lern zuweilen  das  Übersetzen  viel  zu   leicht  macht  und  dass  diese  oder 


Vorübungen  i.  griech.  Chrestomathie»  ang.  v.  J.  KtHMa.    ftl 

jene  Anmerkung  besser  weggeblieben  wSre,  und  zwar  da,  wo  es  keinem 
Zweifel  unterliegt,  dass  ein  aufmerksamer  Schuler  das  richtige  heraus- 
loden  muss.  So  hatte  i.  B.  die  Anm.  V,  5,  4  cals  Dionys  gestürzt 
war*  wegbleiben  sollen ;  denn  hat  der  SchQler  den  Satz  1,  7  (OeoxpiTOs 
lf«Ti|#t/g  .  .  .  efarrj^);  I,  8;  1, 12;  V,  3  zu  übersetzen  gcCrofTen,  so  ist 
ei  irar  nicht  zweifelhaft,  dass  er  auch  diesen  Satz  (Jövvaiog  o  vBci- 
lifg  hiMMmv  x^g  i(fz^9  •  .  .  fyv)  ohne  jede  Anmerkung  gehörig  über- 
•fCzcn  wird.  -^  So  ist  Anm.  VI,  12,  2  uberflGssig ;  denn  II,  10,  4  ist 
ganz  derselbe  Fall  in  der  Anmerkung  besprochen;  ebenso  ist  nicht  ab- 
f oseben ,  wozu  der  Verf.  die  Anm.  IX,  6,  9  macht :  «das  Pcrf.  hat  im 
Pftfs.  und  im  Alcd.  dieselbe  Form.' 

Doch  finden  sich  solche  uberflijssigc  Anmerkungen  Im  ganzen 
nidit  häufig ;  häufiger  ist  das  Gegentheii  der  Fall,  nSmlich  dass  manches, 
das  einer  erklärenden  Anmerkung  bedurft  hfitle ,  nicht  erklärt  wird, 
obwohl  der  Hr.  Vf.  in  der  Vorrede  versichert,  er  habe  sorgfältig  gesucht, 
in  den  vorderen  Abschnitten  durchs  die  Anmerkungen  alles  dasjenige  zu 
ebnen»  was  dem  Anfanger  Schwierigkeiten  machen  könnte.  Diese  Sorg- 
Cüt  besieht  aber  häufig  mehr  darin ,  dass  dem  Schüler  die  Obersetzung 
fertig  dargeboten  wird,  als  dass  die  Schwierigkeit  durch  eine  Erklärung 
beseitigt  wurde.  So  wird  z.  B.  XV,  25,  10  ntqioQ&v  Tivor  admovyLSvov 
ibersetzt:  «einem  unrecht  geschehen  lassen,*  oiler  11,17,19  ovxiti 
cnicbt  eben  so*  oder  X,  14,  9  9naQ  «wachend;*  aber  zu  einem  klaren 
Tentindnts,  das  doch  auch  schon  auf  der  untersten  Stufe  anzustreben 
Qnd  in  solchen  Fällen,  wie  die  eben  angegebenen,  so  leicht  zu  erreichen 
i»t,  mird  dem  Schüler  dazu  nicht  vcrholfeii.  Ebenso  wäre  eine  erklä-» 
rrndc  Anmerkung  zu  wQnschen  in  dem  Salze  11,11  ober  te-*txi,  in 
VI,  tl  über  Iniygaiptv,  in  XVIII;  21  Ober  naqä  fiinQhv  invCyri  (wo 
dem  Schuler  das  Fehlen  des  av  sonderbar  erscheinen  muss),  in  XVIII,  23  . 
aber   die  Satzstructur  und  über  das  ooxo^»  am  Schlüsse  des  Satzes. 

Zuweilen  hätte  eine  Bemerkung,  die  der  Hr.  Verf.  erst  in  einem 
itpitereo  Abschnitte  macht,  schon  früher  beim  Vorkommen  derselben 
spraehlicheo  Erscheinung  hingestellt  worden  sollen.  Zwar  hat  dies  der  llr. 
Verf.  gefli.uentlich  gelhan ;  denn  er  sagt  am  Schluss  der  Vorrede  i  Wenn 
Griei^tmen,  die  in  den  späteren  Abschnitten  erörtert  werden,  schon  weiter 
\orn  vorkommen,  so  wurden  sie  gewöhnlich  in  den  Annierkungen  nicht 
besprochen.'*  Aber  über  den  Grund  dieser  Anordnung  spricht  er  sich 
nicht  aus  und  Ref.  ist  der  Ansicht,  dass  das  Gegentheii  meist  zweck- 
Dif<»iger  gewesen  wäre ;  denn  der  Schüler  soll  nichts  unverstanden  oder 
halb\ erstanden  in  sich  aufnehmen;  er  soll  sich  nicht  begnügen,  wenn 
er  den  Sinn  eines  Satzes  leidlieh  zusammengebracht  hat,  sondern  er  soll 
»iirh  in  den  unteren  Classen  zu  der  Einsieht  gelangen,  wie  es  denn 
komme,  dass  diese  oder  jene  Worte  diesen  oder  jenen  Sinn  haben;  er 
«oll,  wo  ein  Unterschied  zwischen  der  griechifchen  und  deutschen  oder 
lateinischen  Sprache  stattfindet,  zum  Verständnis  desselben  gebracht  wer- 
den —  oder,   wo  dies  seine  Fassungskraft  überstiege ,    da  sollen  lieber 


19t    B.  Sieäier,  das  Wichtigste  von  den  Coi^junct.,  ang.  v.  L  Vieikuber. 

dergleichen  Beispiele,  in  denen  dem  Sph^ier  immer  elwas  unklar  bliebe, 
^wegbleiben. 

So  meinen  wir,  dass  ss,  B.  die  Anm.  XII,  21^  10  «wenn  der  ab- 
hangige Aussagesatz  dasselbe  Subject  mit  dem  Hauptsatz  hat,  so  steht 
picht  der  acc.  c.  in  f.,  sondern  entweder  der  bloCse  in  f.,  oder,  wenn 
das  Subjejct  im  Gegensatz  gegen  ein  anderes  hervorzuheben  ist,  wie 
hier,  der  n  o  m.  c.  i  n  f.*  schon  in  dem  Satze  VI,  1  hätte  Platz  findet» 
aollen,  und  dass  dann  in  allen  den  Salzen,  in  denen  dieselbe  sprachliche 
Erscheinung  vorkommt,  nämlich  X,  23  f  XII,  21 ;  XVI,  33  auf  die  an  der 
ersten  Stellp  gemachte  Bemerkung  hätte  verwiesen  werden  sollen.  Der 
Hr.  Verf.  kann  uns  nicht  einwenden,  dass  er  es  sich  zum  Grundsatz  ge« 
^acht  habe,  syptaktische  Regeln  erst  da  anzuführen ,  wo  sie  ex  pro- 
fe$90  eingeübt  wurden  und  nicht  blof9  nebenbei  zur  Anwepdung  kamen ; 
denn  der  J^II.  Abschnitt  eplhält  ja  Beispiele  ober  den  Modus  in  abhän- 
gigen Sätzen  und  erst  der  I^VI.  A))schnitt  Beispiele  über  den  Infinitiv.  — 
ipasselbe  gilt  über  qv  und  y.r^.  Per  aufmerksame  Sphüler  muss  es  son-^ 
derbar  finden,  dass  das  «nicht'  bald  durch  pv,  bald  dufch  f»if  gegeben 
^ird.  Warum  soll  er  nicht  schon  vorläufig  auf  die  yyiphtigsten  Ge- 
)[>rj^uchsweisen  beider  Partikeln  aufmerksam  gemacht  ^erc^ep?  warum 
^11  e^r  garten,  bis  er  zum  letzten  Abschnitt  sieb  du^cha|:f>eitct9  I)er 
Sphifjer  /f^uss  ja  immer  neben  der  Einübung  bcstimpitef  syntaktischen 
Jtegeln  mapches  nebenbei  lernen ,  da  natürlich  in  einepi  längeren  Satze 
peben  der  Regel,  die  gerade  eingeübt  werden  soll^  niancbe  andere  syn- 
^ktische  Erscheinung  vorkommt,  die  e;r  in  den  frifheren  pbungsstückeii 
npch  nicht  angetroffen  hat. 

Druckfehler  findep  sich  V,  16  %a%a^a^ikBvoq\  X,  18,5  an  einen^ 
fort:  XV,  18  ndi'di  XVlll,  4  i^Qmq,  Eine  Verwechselung  fand  statt 
bei  den  Anmerkungen  III,  2,  5  und  11,  2,  6,  dann  bei  XII,  15,  3  und 
'Xll,  16,  4. 

Prag.  Johann  K  v  i  ^  a  1  a. 


Oag  Wichtigste  aus  der  Lehre  von  dem  durch  Conjunctionen  und 
Relatiya  erweitertem  Satze  und  von  def  Constructiop  der  Verba  im 
Lateinischen,  zur  Einübung  und  praktischen  Anwendung  übersieht-- 
lieh  dargestellt  von  Dr.  U.  Siedler.  8.  (43  S.)  Lissa,  Günther, 
1859.  —  34  kr.  ö.  W. 

Wenn  der  Hr.  Vf.  am  Schlüsse  der  Vorbemerkung  sagt:  ^sq  möge 
das  Büchlein  den  Nutzen,  welchen  es  bringen  kann,  denen,  die  ihn 
gewinnen  wollen,  hilfreich  gewähren,^  so  scheint  ihn  ein  dunkles 
Gefühl  beschlichcn  zu  haben,  dass  es  Sphulleute  gebe,  die  ihm  seine 
Mühe  nicht  danken  werden ;  Ref.  bekennt  offen  auch  zu  diesen  zu  gehören. 

Das  (lanze  zerfällt  in  zwei  Theilc:  1.  in  eine  tabellarische  Über- 
sicht der  Falje,  in  denen  tU ,  tie ,  quo,  (jiiominus ,  quin  ^  quod ,  cum, 
dum  douec  quoad ,  antequam  priu^quam,  st  nisi  si  mn  sin  und  das 


A  tfürfto^  idas  Wehti|;ite  vo*  dea  OHiJwict.,  11«.  v.  X.  fMlMta^    n9 

Relativ  mit  dem  Conjuncti^  verbunden  werden  *) ;  2.  in  eine  ziemlich 
reiehhaltige  alphabetische  Auftlblung  von  Verben  önkl  verb vertretenden 
Phrasen  naeh  Rücksiebt  ihrer  Ergänzungssätze  und  sotiverfretenden  Vsr*- 
balconstructionett:  Man  fhigt  sich,  Kir  wen  detth  der  Br.  Vf.  diese  bei« 
den  Tabellen  zusammengestellt  bat.  Fuir  Lehrer  nichts  denn  neues  ist 
ja  weder  im  einzelnen  noch  in  den  leitenden  Gcsiohtspuncten  gegeben, 
sondern  die  erste  Tabelle  ist  nichts  als  ein  Abdruck  des  in  jeder  Schü- 
lergrammatik sih  Bildenden,  die  zweite  ist  so  elementar,  da^  iie  nur 
für  dtn  Schüler  auf  der  Stufe,  auf  der  er  das  lateinische  Wort  nur  alt 
Wort  anschaut,  bestimmt  sein  kann.  Aber  auch  für  Schüler  passi  das 
Bichleio  nicht.  hi9  erste  Tabelle  gibt  ihm  nichts,  was  er  nicht  ita  seiner 
tiratovkatik ,  die  ihm  du^eh  dieselbe  nicht  entbehrlich  wird,  findet ,  ja 
sie  schlieft  sich  so  eng  an  ganz  bestimmte  Schüiergrammatiken  a», 
dass  whr  wiederholt  aul  das  Titelblatt  sahen,  um  uns  an  den  Dr.  H. 
Siedler  so  überzeugen,  dass  wir  nicht  etwa  eine  aus  der  Grammatik 
gezogene  Tabelle,  wie  man  sie  von  Quartanern  häufig  genug  verfertigen 
lässt,  vor  uns  haben,  zumal  an  den  gewöhnlichen  Ungenauigkeiten  keiii' 
Mangel  ist.  So,  um  nur  einiges  anzuführen ,  ist  bei  ui  finale  S.  %  Yom 
dlem  hieher  gehörigen  und  nicht  hieber  gehörigen  dio  Rede,  nur  nicb^ 
von  den  eigentlichen  Absichtssätzen;  beim  tti  conseciitivum  S,  4  zuertl 
von  immanent  abhängigen  und  dann  erst  von  eigentlichen  Folgesäizenw 
Von  üi  comparativum  Wird  behauptet,  der  herrschende  Modus  sei  der 
Ipdicativ.  ui  temporale  soll  «gleichbedeutend*  sein  mit  poit^uam.  War- 
um ist  von  dem  indirect  interrogativen  ui  keine  Rede?  Warum  sind 
bei  Mi  die  meisten  Gebrauchsfälle  angegeben ,  während  nam  quo  fehlt? 
quin  S.  S  wird  übersetzt:  «dass,  dass  nicht,  welcher  nicht,  ohne  dass^ 
ohne  zu.'  Die  für  die  Schule  wichtige  Trennung  der  Fälle ,  in  deneo 
wir  quin  positiv  und  in  denen  wir  es  neg«itiv  übersetzen,  ist  nicht 
durchgeführt;  und  so  Jiefse  noch  gar  vieles  sich  ausstellen.  Die  zweite 
Tabelle  ist  praktisch  ebenso  unnütz  wie  dio  erste ;  oder  soll  der  Schüler 
auswendig  lernen:  ^iaborot  ui  ne,  iaetorx  acc.  c.  iuf.  —  quodi  iameUw 
iori  acc.  c.  inf.  —  ^ir^^f;  iaudoi  quod"  etc.?  Da  wird  die  Einsicht  ilV 
die  Modalverhältnisse  wahrlich  nicht  gefördert!  Eine  solche  Tabelle  kann 
der  Schüler  sich  aus  jedem  halbwegs  brauchbaren  Lexikon,  wenn  er 
Lust  dazu  hat,  ohne  viele  Mühe  anfertigen.  Kurz,  um  unser  Urtheil 
pochmals  zusammenzufassen,  für  die  Schule  wäre  das  Büchlein  unnütz, 
und  weil  es  dazu  führen  müssto,  die  Handhabung  der  Grammatik  zu 
vernachlässigen ,  ohne  etwas  anderes  als  geistlose  Schemata  zu  bieten, 
schädlich.  Damit  soll  nicht  gesagt  sein,  dass  nicht  Zusammenstellungen 
derart  wie  die  erste  ist,  unseren  ßeifall  haben;  aber  eben  nur  dann, 
wenn  sie  von  den  Schülern  selbst  gemacht  werden.; 
Salzburg.  L.  Vielhaber. 


*)  Die   Indicativconslructionen  dieser  Worte    nehmen    nur    eine    er- 
gänzende Stolle  ein. 


tu    fmül^,  Büdcr  Mii  der  lAdcr- n,  VCIkafkoiide,  «Bg> ^.J.PlMCkmk. 


Bilder  ans  der  Lieder-  und  Ydlkerininde,  wie  aadr  aas  der 
Physik  der  Erde.  Ein  geographiselies  Leselmeh  für  die  oberen 
Qassen  böberer  BildoagMngtaHeB  and  für  Freund^  der  Erdkunde 
überhaupt  Von  Franz  Lansing»  Oberlehrer  am  Carolinum  zu 
Osnabrück.  8.  (VIII  u.  Sit  &)  Omabruck,  R^ekhorst,  1858.  — 
t  IL  40  kr.  ö.  W. 

Wer  die  Ersebeinangen  der  paedagogischen  Literatur  aufmerksam 
▼erfolgt,  dem  wird  die  Bewegung  niebt  entgangen  sein,  welche  sich 
auf  dem  Gebiete  des  geographisch  -  historischen  Cnterrichts  geltend 
maeht  ')•  Wir  begrülsen  diese  Bewegung  mit  Freude;  sie  ist  ein  deut- 
licher Beweis  von  der  wachsenden  SorgCslt,  welche  man  diesem  bisher 
«o  Yemaehlässigten  Cnterricbtszweige  widmet  Auch  in  dem  vorliegen* 
den  Werke  erblicken  wir  deutlich  die  Symptome  davoo,  und  wir  er- 
füllen nur  eine  uns  angenehme  Pflidit,  wenn  wir  die  Aufmerksamkeit 
der  Leser  auf  dasselbe  hinlenken.  Zwar  ist  es  nicht  so  sehr  der  Sloff^ 
der  das  Interesse  für  sich  in  Anspruch  nimmt  —  denn  an  Sammlungen 
▼an  Lesestucken  erdkundlichen  Inhalts  fehlt  es  nicht  t-  aber  die  Idee, 
welche  den  Hrn.  Vt  leitete,  und  welche  er  hier  praktisch  durchzuführen 
▼ersuchte,  verdient  Beachtung.  Hören  wir  darüber,  was  der  Hr.  Vf. 
in  der  Vorrede  sagt:  «unser  geographisches  Lesebuch  ist  kein  Lehrbuch 
der  Geographie,  sondern  es  soll  simmtlichen  Lehrbüchern  gegenüber 
zur  Veranschaulichung,  Ergänzung  und  Erweiterung  des  Unterrichts 
dienen.  Durch  die  ihrer  Natur  nach  trocknen  Compcndien  und  Leit- 
faden, die  möglichst  viel  in  kürzester  Fassung  geben  wollen,  kann 
ebenso  wenig  das  Interesse  am  geographischen  Dnterricht,  ab  wahre 
Pildung  überhaupt  gefordert  werden:  dies  vermag  nur  die  Einführung 
in  das  Detail,  die  Anschauung  frischer,  lebensvoller  Gestalten.  Von  dem 
Unterricht  selbst,  von  dem  lebendigen  Worte  des  Lehrers  kann  man  die 
Erfüllung  dieser  Forderung  bei  der  dem  geographischen  Unterrichte, 
zumal  auf  Gyqpin.isien  so  karg  zugemessenen  Zeit  gewiss  nicht  erwarten. 
Es  genügt  daher  auch  nicht,  wenn  dem  Lehrer  zur  Veranschaulichung 
seines  ünteirrichtes  passende  Materialien  zur  Seite  stehen,  wie  deren  in 
den  letzten  Jahrep  ziemlich  viele  unter  dem  Titel:  Geographische  Cha- 
rakterbilder, oder  llausschatz  der  Lander-  und  Völkerkunde  u.  s.  w. 
erschienen  sind,  sondern  es  muss  dem  Schüler  ein  geographisches  Lese- 
buch zur  anregenden  und  wahrhaft  bildenden  Leetüre  in  die  Hand  ge- 
geben werden.* 

Man  sieht,  die  Frage,  um  die  es  sich  hier  handelt,  ist  dieselbe, 
welche  Peter  in  Betreff  der  Geschiebte  behandelte  und  die  Campe  von 
neuem  aufnimmt  Nur  schlug  der  Hr.  Vf.  einen  entgegengesetzten  Weg 
ein;  statt  die  Frage  theoretisch  zu  beleuchten,    begnügte  er  sich  damit 

•)  Der  Ge^ichichUuuterricIil  auf  Gyrannsieu.  Von  Dr.  Carl  l»elcr. 
Halle,  1849.  —  Gcschirlile  und  Inlerrichl  in  der  Geschichte.  Ab- 
handlungen von  Dr.  Campe.     Leipzig,  1859. 


',KMeratt8derIAider-Q.V01kerkQiide^aiig.T.y./V4icMi:    im 

einige  OesichUpaDde  festzvBtellen  und  gieng  dann  sofort  an  die  prak- 
tiaehe  Lösung. 

Die  Sache,  nm  die  es  sich  hier  handelt,  ist  in  wichtig,  als  dass 
wir  blofs  Torübergehend  dieselbe  berühren  sollten;  sie  erfordert  eine 
allseitige  Prüfung,  die  wir  uns  auf  eine  spatere  Zeit  vorbehalten.  Jetzt 
wollen  wir  im  allgemeinen  den  Vorgang  des  Hrn.  Yf.'s  darlegen. 

Der  Hr.  Vf.  legt  uns  in  seinem  V^erke  eine  Sammlung  von  94 
Lesestücken  erdkundlichen  Inhalts  vor  und  unterscheidet  darin  mit  Rück- 
sicht auf  die  in  den  Gompendien  übliche  Eintheilung  drei  Hauptab- 
schnitte: matheraatisehe ,  physische,  politische  Geographie,  von  denen 
der  erste  4  Lesestücke  (%  von  Dr.  Völter,  1  Hebel,  1  J.  Meyer),  der 
zweite  10  (nach  Wagner  1,  Zachariae  1,  Wiltwer  1,  Stcinhard  1,  Schouw«, 
A.  Y.  Humboldt  2,  Martins  1,  v.  Zimmermann  1),  der  dritte  80  Lese- 
stacke umfasst  Diese  bilden  den  Hauptinhalt  des  Werkes,  und  es  er- 
scheinen darin  folgende  Quellen:  Roon  1,  Steinbard  3,  Rahlert  1,  E.  M. 
Arndt  2,  Kutzen  1 ,  D.  M.  Busch  %,  E.  Kapp  2,  Tschudi  1,  Heeren  1» 
Gurtius  1 ,  Pallmerayer  3 ,  Tb.  Mügge  1 ,  Hackländer  1 ,  Tb.  de  Fer- 
nere 1,  G.  Ritter  1,  Ad.  Thiers  1,  Russegger  1,  Duncan  1,  M.  Wagner  1, 
Andree  8,  Anderson  1,  Neumann  1,  Gregorovius  1,  Illustrierte  Zeitung  1, 
Bericht  über  die  erste  Industrie-Ausstellung  1,  Allgemeine  Zettung  7, 
Times  1,  Ausland  1,  Verschiedene  Quellen  2;  in  den  übrigen  36  er- 
seheint der  Hr.  Vf.  selbst  als  Autor,  und  zwar,  wie  er  selbst  erklärt, 
mit  den  meisten  der  von  ihm  geschilderten  Länder  und  Städte  aus 
eigener  Anschauung  bekannt. 

Schon  diese  kurze  Cbersicht  der  Quellen,  welche  der  Hr.  Vf.  zu 
Rathe  gezogen,  beweist  die  eifrige  Umsicht  desselben,  nicht  zu  gedenken 
der  eigenen  Betheiligung  desselben  sowol  was  seine  Reisen  als  auch 
seine  eigenen  schriftstellerischen  Arbeiten  betrifft,  Umstände,  die  des  Hrn. 
Vf.'s  hingebende  Neigung  zu  dem  Gegenstande  deutlich  kennzeichnen. 

Was  die  Auswahl  der  einzelnen  Lesestucke  betrifft,  so  gieng  sein 
Bestreben  dahin,  die  Hauptmomente  des  erdkundlichen  Unterrichtes  in 
einzelnen  Lesestücken  zu  repräsentieren.  Mau  wird  jedoch  manche  Be- 
ziehungen des  Unterrichtes  unberücksichtigt  finden,  namentlich  in  dem 
zweiten  Abschnitte  «physische  Geographie,*  welcher  doch  d«is  eigent- 
liche Feld  der  wissenschaftlichen  Literatur  der  Erdkunde  bildet  und 
zugleich  die  reichste  Ausbeute  für  Zusammenstellung  mustergilliger 
Lesestücke  enthält.  So  willkommen  uns  daher  der  Aufsatz  «(Aufgabe 
der  physischen  Erdkunde,  nach  Wagner*  erscheint,  worin  die  ver- 
schiedenen Richtungen  angegeben  sind,  welche  die  physische  Erdkunde 
in  Betracht  zieht ,  so  lässt  uns  doch  eben  dieser  Aufsatz  die  verschie- 
denen Lücken  sehen,  welche  der  Hr.  Vf.  in  seinem  Buche  gelassen  hat. 
(Jm  nur  einen  Punct  hervorzuheben,  so  tindcn  wir  die  Meteorologie  gar 
nicht  vertreten,  auch  die  Geologie  ist  wenig  berücksichtigt.  Wenn  Tcrncr 
die  Auswahl  aus  Humboldts  Werken  eben  nicht  leicht  ist  und  man  sich 
hier  auf  wenige  Leset>tückc  beschränken  muss,    so  war  doch  die  Stufe, 


tS€    kmukii^  BiMer  aus  der  Länder-  aw  Völkevkund«»  aog.  v.  /« PtOMämlk. 

für  welche  dieses  Lesebuch  bestiuimt  ist,  ganz  geeigoek  um  passende 
Lesestücke  aus  Rilter's  Erdkunde  zu  producieren,  und  wir  finden  nur 
eines.  Es  ist  nicht  genug,  dass  man  auf  den  Namen  Ritter  in  der 
Geographie  den  Accent  legt ,  n^n  muss  eben  auch  Anstalt  treffen ,  dass 
die  Jugend  den  Meister  wirklich  kennen  lerne  '). 

Wir  übergehen  die  Rubrik  «malhematisobo  Geographie,*  obwol 
sie  eigentlich  zuerst  genannt  werden  sollte;  denn  von  den  hier  aufge- 
nommenen vier  Lesestücken  verdient  wol  zumeist  nur  eines»  und  zwa^ 
jenes  nach  Hebel,  hervorgehoben  zu  werden ;  hierbei  dürfte  jedooh  noch 
immer  in  Erwägung  gezogen  werden,  ob  dieses  Uni«um  seiner  Art 
nicht  für  die  mittlere  Stufe  passender  sei  als  für  die  obere. 

Den  wichtigsten  und  umfangreichsten  Bestandlheil  dos  Buches  bil- 
den Lesestücke  aus  der  politischen  Geographie,  so  zwar,  dass,  so  wenig 
die  eben  erwähnte  Rubrik  «mathcniaUscho  Geographie»  eigentlich  ver- 
treten ist,  hier  die  Bezeichnung  apolitische*  noch  am  meisten  gerecht- 
fertigt erscheint  Wir  sagten  den  ^^ wichtigsten,»  weil  der  Hr.  Verf.  selbst 
einen  besonderen  Nachdruck  auf  die  meist  von  ihm  ausgearbeiteten  stati-> 
stischen  Übersichten  legt.  Und  gewiss  wird  diese  fleifsige  Arbeit  Lehrern 
willkommen  sein,  welche  den  hiezu  nöthigen  Apparat  selbst  nicht  be- 
sitzen; allein,  wjenn  es  sich  darum  bandeil,  hieraus  einen  Nutzen  für  die 
Schüler  zu  schaffen,  so  müssen  wir  die  Zweckmäfsigkeit  derselben  be- 
zweifeln. Wir  ziehen  in  dieser  Beziehung  den  mündlichen  Vorgang  des 
Lehrers,  der  mit  der  Kreide  auf  der  Tafel  operiert,  während  die  Sohüler 
gleichzeitig  mit  dem  Griffel  mitarbeiten,  jeder  anderen  Methode  vor. 
Auch  handelt  es  sich  auf  Gymnasien  nur  um  die  Aneignung  der  wich- 
tigsten Daten,  deren  es  nur  wenige  geben  kann.  Damit  sind  wir  jedoch 
weit  entfernt  ein  absprechendes  Urtheil  zu  fällen  und  jene,  welche  gröfsere 
Forderungen  an  ihre  Schüler  zu  stellen  sich  berufen  glauben,  werden  in 
diesen  Lesestücken  eine  reiche  Ausbeute  finden. 

Was  nun  den  Charakter  der  vom  Hrn.  Verf.  gelieferten  Aufsätze 
betrifft  —  denn  der  Werth  der  übrigen  oben  aufgezählten  Quellen  wird 
als  bekannt  vorausgesetzt  —  so  sind  sie,  wie  eben  bemerkt  wurde, 
theils  politisch' statistischen  Inhaltes,  theils  rein  topographisch  mit  histori-r 
sehen  Rcminiscenzcn,  theils  behandeln  sie  ethnographische  Verhältnisse. 
Daran  reihen  sich  Reiseskizzen  wie  z.  B.  «Reise  durch  das  südwestlicl^e 
Deutschland,  eine  Eisenbahn-  und  Dampfschiff-Fahrt;  Ausflug  von  Londofi 
an  die  Südküste  Englands  nach  Dover,  Brigthon»;  und  es  folgen  nopl| 
andere  vermischten  Inhaltes,  z.  B.  «Krakau  und  der  Fortschritt  des  Deutsph- 
thums  im  Osten,  besonders  im  ehemaligen  Polen,  die  englischei^  Ui^y^ 
sitäten  verglichen  mit  den  deutschen»  u.  s.  w. 

Man  kann  es  nur  lobend  hervorheben,  wenn  der  Hr.  Verf.  sjcb 
selbstthätig  auf  diesem  Felde  versucht;   gewiss   wird   die   dadurcb   ei?- 


')  Lobf*ndc  Erwähnung  verdient  in  dieser  Beziehung  Dr.  Bögekapip 
in  seinen  geographischen  Charakteristiken.    Itfainz,  1856. 


,  Bilder  «us  der  Linder-  u.  VttlkerkuDde^  aag.  ▼.  /.  PiawtiOHk.    in 

hn^  Oewaidtheit  in  der  Sebildening  auch  dem  lebendigen  Worte  xu 
gute  koannen.  Auch  die  hier  behandelten  Objeete  werden  geeignet  sein^ 
eise  freie  Stunde  des  Schulers  zweckmaleig  auszufüllen  und  insofern 
waltet  kein  2weifel^  daas  die  Arbeiten  des  Hm.  Verf/s  eine  anregende 
Lectüre  für  die  Jugend  bilden.  Allein  in  wie  weit  diese  Stücke  geeignet 
icieny  als  muttergiltige  Leseslucke  in  einem  deutschen  Lesebuche,  wie 
ff  der  Br.  Verf.  wünscht,  behandelt  zu  werden,  diese  Frage  zu  beant- 
worten wollen  wir  andern  überlassen,  und  nur  auf  einen  eigenthümli- 
eben  CniiUnd  hinweisen.  Der  Hr.  Verf.  wünscht  sein  Buch  als  deut* 
lebes  Leitebucb  benützt  zu  wissen ;  was  toll  nun  die  Masse  englischer  Aus- 
drieke  in  einem  solchen  Bache?  Wir  sprechen  nicht  Ton  jenen  eigen- 
Ihümlichen  Ausdrücken,  deren  die  Erdkunde  fuglich  nicht  entbehren 
kann,  fondem  von  solchen  Phrasen,  welche  ganz  verstSnd liehen  deutschen 
Ansdr^ken  beigegeben  sind.  Nicht  genug,  ganze  Oediehte  in  engli- 
«eher  Sprache  sind  eingerückt  ohne  Übersetzung,  und  dagegen  er- 
halten bekannte,  der  Aussprache  nach  jedem  Schüler  geläufige  Ausdrücke 
wie  Bulwer,  Greenwich  etc.  eine  kurze  Anleitung  zur  richtigen  Aus- 
sprache (spr.  Buller,  Grinnitsch)!  Gilt  es  ein  deutsches  Lesebuch  zu 
•ebaffen,  dann  mögen  auch  Stellen  aus  alten  Classikem  fehlen;  was  soll 
■an  aber  dazu  sagen,  wenn  der  Hr.  Verf.  in  seiner  unverwüstlichen  Vor- 
lirbe  für  das  Fremde  so  weit  geht,  dass  er  in  einem  deutschen  Lese- 
buch bei  der  Schilderung  Belgiens  Verse  wie 

Hokiiiöui  Bruxella  viri»,  Antverpia  tmmmit  etc. 
ohnr  Bedenken  vorbringt!  Lm  die  wichtigsten  Städte  anzugeben?  So 
«igt  er,  und  so  scheint  es ;  allein  mit  nichtcn.  Sieht  or  sich  doch  schliefs- 
lich  genöthigt,  die  wichtigsten  Städte  der  Reihe  nach  aurzuzählen,  und 
4ieM  Aulzahlung  stimmt  mit  den  versus  mcmoriales  nicht  überein.  Also 
wozu  dieses?  Lag  es  im  letztem  Falle  nicht  näher,  wenn  schon  Verse, 
Wenn  Poesie  sein  musstc,  deutsche  Verse,  deutsche  Poesie  aufzunehmen: 

«Denn  auch  der  mächtige  Burgund,  der  Länder  — 

Gewaltige,  hat  seine  Mannen  alle 

Herbeigeführt  die  Lütticher*  u.  s.  f. 
Noch  sei  uns  gestattet  zum  Schlüsse  einen  Irrlhum  zu  berichtigen, 
örr  sich  in  einem  Aufsatze  des  Hrn.  Verf. 's  eingeschlichen  hat.  6.  Siclien 
&  375-376  liest  man:  «In  der  Mitte  erhebt  sich  ein  Gebirge,  der  heräische 
Bergrücken,  welcher  in  drei  Armen  bis  zu  den  drei  Vorgebirgen  sich 
verbreitet;  seine  gröfsle  Höhe  erreicht  das  Gebirge  au  der  IVordküste» 
wo  die  Berge  von  Modonia  sich  bis  zu  3650'  erheben.'  Die  Bezeichnung 
«beraische'  existiert,  so  viel  uns  bekannt  ist,  in  der  neueren  Geographie 
nicht  Die  Beraei  mo'Ues  (xa  "Hqaiu  oqri)  dürfton  heut  zu  Tage  die 
MmHi  8ori  sein,  und  man  versieht  darunter  den  Theil  des  einförmigen 
hügeligen  Plateaus ,  der  den  südöstlichen  Theil  der  Insel  erfüllt  und 
in  Mamie  Laura  etwa  2^00'  hoch  ist.  Von  einem  Gebirge  oder  Berg- 
rücken findet  Mich,  wie  «-in  Blick  auf  diu  karte  Khrt,  nichts  vor,  und 
4Uch  die  drei  Arme,  welche  von  dem  sogenannten  Bergrücken  auslaufen 


1S8    SieWM  u.  Camnabich't  kleide  Geographien,  ang.  v.  L  SteMmuer, 

sollen,  können  nur  sehr  allen  Karten  entnommen  sein,  wo  in  der  Zeich- 
nung von  Plateau-Landschaften  und  Gebirgsketten  gar  kein  Unterschied 
gemacht  wird.  Auch  die  Angaben  in  Betreff  der  M.  H.  sind  ungenau. 
Die  Gipfel  des  madoiiischen  Gebirges  (die  Nebroth  moniei  NBVQoidtj  cf^i}) 
erheben  sich  über  6000'. 

Wien.  J.  Ptaschni^, 


1.  Dr.  D.  Stein's  kleine  Geographie  oder  Lehrbuch  der 

Erd-  und  Völkerkunde  für  Schule  und  Haus,  von  Prof.  Dr.  Carl 
Theodor  Wagner.  ?5.  Aufl.  YIll  u.  434  S.  Leipzig,  J.  G.  Hin- 
richs,  1860.  —  20  Sgr. 

2.  J.  G.   Fn   Cannabich's   kleine   Schulgeographie. 

Neu  bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Fr.  Max.  OerteL  VI.  u.  343  & 
Weimar,  B.  Fr.  Voigt.  1869.  —  12'/,  Sgr. 

Beide  hier  angeführte  Schulbücher  haben  seit  einer  längeren  Reihe 
von  Jahren  und  in  verschiedenen  Auflagen  in  den  weitesten  Kreisen  sich 
verbreitet ;  gewiss  ein  Zeichen,  dass  ihren  Verfassern  (von  welchen  Cau- 
nabich  erst  im  vorigen  Jahre   als  82j3hriger   Greis  starb)  grofses  Ver- 
trauen geschenkt  wurde   und   dem   Lehrstandc  Form    und  Inhalt  dieser 
Bucher  hinlänglich  zusagten.  "^  Ihre  Form  war    und  ist  noch    die    früher 
gewöhnliche,  sowohl  in  Bezug  auf  die  Ordnung  des  Stoffes,  als  auf  das 
Fachsystem  der  Durchfuhrung.     Die   mathematische,    physikalische  und 
allgemeine    politische    Geographie    sind   in   eine  vcrhältnismäfsig  kur^e 
Vorschule  oder  Einleitung  zusammengedrängt ,    dagegen  nimmt  die  spe-p 
ciellc  Geographie  unter  Bevorzugung   des  topographischen   Theiles  den 
übrigen  Raum  ein.     Diese  Form   genügte  ,   als  die  Erdbeschreibung  nur 
als  Hilfswissenschaft  der  Geschichte   angesehen   wurde,    nicht   als  selb- 
ständige,   für  den   Vortrag    auf  Iniversilätcn    ebenbürtige  Wissenschaft. 
Mit  ihrer  Einführung  in  die  höhere  Sphaere    konnte  die  einstige  Grund- 
lage nicht  mehr  genügen,  sie  musste  breiter  werden,  in  einen  Elemen- 
tarb au    und    spätem  Aufbau    zerfallen,    und  damit   änderte    sich 
nothwendig  auch  die  Methode  und  die  Form  der  Lehrbücher.    Entweder 
man  bemühte  sich  mit  Beibehaltung  der  älteren  Malerienordnung  in  der 
Vorrede  einen   Plan   der   Vertheilung   des   Lehrstoffes   auf  verschiedene 
Perioden  des  Unterrichts  vorzuschlagen,    oder  man   folgte   einer  eigen- 
thümlichen  Ansicht,  bald  mit  bald  ohne  Zugrundelegung  bestimmter 
Hilfsmittel  (Schulatlanten,  Wandkarten,  Zeichnungsapparate  u.  s.  w.)  und 
so  entstanden  die    mehr  und   weniger    spccifisch-mcthodischen 
Lehrbücher ,    unter  welchen   sich   Namen   von   bestem   Klange    befinden 
(z.  B.  Schacht).  Durch  diese  neueren  Versuche,  eine  zweckmäfsigc  Ein- 
theilung  der  Materien  je  nach    der  gesteigerten   Vorbildung    der  Schüler 
dem  Unterrichte    fertig   zuzurühren ,    haben   die  streug-syslematischen 
Lehrbücher  allerer  Form  ihren  Werth  nicht  verloren;  denn  dem  kundigen 
Lehrer  steht  die  Auslheilung  und  Verwendung  des  Inhalts  wie  früher  zu 


8M9  u.  Ommablck'i  kleine  Geographien,  ang.  v.  A.  Steinkauter.     129 

Gebote,  ja  er  befindet  sich  dabei  in  vollkommen  freier  Wahl ,  während 
die  streng- methodischen  Lehrbuch  er  seino  Selbständigkeit  desto  mehr 
beschrinken,  je  mehr  die  Leitfaden  individuellen  Ansichten  entsprechen. 
Daher  mag  es  auch  kommen,  dass  Lehrbücher  älterer  Form  noch  viele 
Grltui^  haben,  besonders  wenn  der  Inhalt  sonst  gut  entspricht ,  ganz 
abgesehen  von  jenen  Lehrern,  welche  aus  Bequemlichkeitsliebe  die  ältere 
Form  voniehen,  ja  sogar  ihr  sklavisch  folgen,  ungeachtet  ein  syste- 
iutisches  Fortschreiten  vom  Schweren  sum  Leichten  (wie  es  dabei 
ttatlfinden  muss)  nur  unreife  Fruchte  bringen  kann. 

Ilr.  Dr.  Wagner  hat  das  Stein'sche  Lehrbuch  in  seinem  Gange  be- 
lasseo  und  sich  begnügt,  es  so  vollkommen  als  ihm  möglich  war,  her- 
tusteilcn;  es  kann  in  diestT  Beziehung  hier  die  gute  Meinung  nur 
wiederholt  werden,  welche  der  Schreiber  dieser  Zeilen  bei  Gelegenheit 
der  vorletzten  Auflage  (Jhrg.  1856,  S.  743)  auszusprechen  sich  erlaubte. 
Um  nichts  zu  versäumen,  was  znr  Verbesserung  beitragen  kann,  wurde 
dem  durch  mehre  statistische  Werke  rühmlich  bekannten  Dr.  Bracheli 
die  Bevision  des  den  österreichischen  Kaiserstaat  betreffenden  Tezt- 
theiles  übertragen.  Grolsc  Reicbb<iltigkeit  bei  geringem  Omfange  (durch 
compressen  Druck  erzielt),  Richtigkeit,  so  weit  sie  erreichbar  ist,  und 
ein  gutes  Verhältnis  im  beschreibenden  Theile  sind  die  Tugenden  dieses 
Lehrbuches  geblieben.  Nur  ist  es  kein  Leitfaden  in  dem  Sinne,  dass 
CS  den  Lehrer  der  Mühe  enthebt  den  Stoff  nach  der  Qualität  zu  ver- 
Ibrilea ,  nach  *  dec  Quantität  zu  sichten.  Der  Bearbeiter  hat  absichtlich 
▼enDeideo  wollen  (s.  d.  Vorrede)  den  Lehrer  zu  einem  «handwerks- 
Däisigen*  Lehrgang  zu  verfuhren  und  dadurch  die  Frische  des  Unter- 
richts lo  beeinträchtigen,  auch  ist  er  der  Meinung,  dass  eine  Unter- 
weisung des  Lehrers  in  der  Methodik  der  Ausführlichkeit  wogen  besser 
abgesondert  behandelt  werden  soll;  ich  möchte  hinzufügen,  auch  aus 
dem  Gründe,  weil  eine  solche  Abhandlung  über  Methodik  in  die  Vor- 
rede für  Schüler  nicht  gehört  und  das  Buch  für  dieselben  xxiü  einen  ent- 
befarlicheB  Bogen  vertheuert 

Cannabich's  Lehrbuch  war  für  die  Grundlage  des  geographischen 
Cntt-rrichts  berechnet,  obwol  die  reichhaltige  Topographie  auch  für  eine 
bohere  Stufe  noch  ausgereicht  hätte.  Die  einleitenden  Abschnitte  sind  sehr 
kurz,  häufig  fast  zu  kurz,  am  unzureichendsten  aber  ist  die  Vorschule  (Einlei- 
toog),  welche  nur  13  S.  (47«  des  Ganzen,  im  Stein  sehen  Lehrbuche  lOV«) 
eionimmt,  was  um  so  mehr  zu  bedauern  ist,  als  Hr.  Dr.  Oertel  im  späteren 
Verlaufe  sich  einer  Masse  tcrminologfischer  Ausdrücke  bedient  (z.  B. 
küstenentwickelung,  Gebirgsconstruction,  Tiefebene,  Hochland,  Gcbirgs- 
sloek,  Abdachung  u.  s.  f.),  wozu  in  der  Vorschule  die  Begriffe  nicht 
gegeben  sind,  und  deren  aufhaltende  Erklärung  beim  Vorkommen  nöthig 
wird.  Cannabich  hat  diese  Einleitung  auf  das  Minimum  für  den  An- 
langer  berechnet  und  auch  den  spätem  Aufbau  darnach  eingerichtet,  der 
Hr.  Bearbeiter  scheint  bei  den  Zusätzen  und  der  gänzlichen  Uberarbei- 
hjig  einzelner  Abschnitte  diese  Harmonie  unwillkürlich   aus  den  Augen 


130  eruke,  Natur-  und  Culturlcbon,  aiig.  v.  it.  B.  BeUer. 

verloren  zu  haben.  Im  übrigen  hat  sieh  derselbe  bemüht  das  Buch 
möglichst  fehlerfrei  heraustcUen  und  deshalb  gute  Materialien  fleifsig 
benutzt,  jedoch  zuweilen  mit  lu  geringer  kritischer  Vorsicht,  so  z.  B. 
bezüglich  der  Höhe  vom  Orteis  und  Gro^lockner,  welch  letzterer  ohne 
Rückblick  auf  die  erfolgte  gründliche  Einsprache  zum  höchsten  Gipfel 
der  deutschen  Alpen  an  mehreren  Stellen  erklärt  wird.  Übersehen  dieser 
Art  sind  jedoch  nicht  wesentlich  genüge  um  auf  die  vielen  guten  Seiten 
einen  üblen  Schatten  zu  werfen.  Solche  tbereilungen  sind,  so  grofsen 
\Verth  man  gerade  auf  Correctiieit  legen  muss,  doch  zu  entschuldigen, 
da  der  literaturkreis  selbst  der  Nachbarstaaten  einem  Verfasser  selten  so 
geuau  bekannt  sein  kann,  wie  der  des  engeren  Vaterlandes.  Leichtere 
Gebrechen,  wie  sie  wol  jedes  Lehrbuch  irgendwo  aufzuweisen  tuiben 
wird,  sind  gewiss  nicht  Ursache  ungünstiger  Erfolge  beim  Unterrichte, 
ebenso  wenig  als  die  alte  Form  und  Ordnung  an  und  für  sich.  Wenn 
mit  Schulbüchern,  wie Gannabich's  und  Steins,  schlechte  oder  keine  Er- 
folge erzielt  werden,  liegt  die  Ursache  sicher  nicht  in  diesen,  sondern 
hauptsicfalicli  in  dem  Lehrer,  der  die  Form  seinen  Zwecken  nicht  (üenst- 
bar  B«  machen  wusste,  der  die  Bücher  Zeile  für  Zeile  vornahm ,  ohne 
am  Lehrstoff  ein  Jota  zu  andern  oder  zu  verschieben ,  und  vor  allem, 
der  nicht  verstand  oder  verstehen  wollte,  die  Karle,  das  aller- 
wesentlichste  tülCsmittel  de«  geographischen  Unterrichtes,  mit  dem  Texte 
in  die  inaigste  und  iweckmafsigste  Verbindung  zu  setzen.  Mit  der  Karte 
md  ohne  Bvch  kann  ein  fihiger  Lehrer  seiner  Aa%abe  völlig  genage», 
mit  dem  Buche  und  ohne  Karte  aber  nie! 

Wien.  A.  Steinhäuser. 


A.  W.  Grobe,  Natur-  imd  Culturieben  in  vergieichendcR  Bil- 
dem.  i.  Bänddien.  8.  IV.  «.  »46  S.  Wiesbaden.  Krcidel  &  Niedaer, 
18&9.  —  1  fl.  60  kr.  ö.  W. 

Der  durch  seine  «Geographischen  Charakterbilder*  and  «Bio* 
graphien  aus  der  Naturkunde*  rühmlichst  bekannle  Hr.  Y^  gibt  uns 
in  obigem  Werke  eine  Anzahl  von  Bildern  aus  dem  Natur-  und  Caltnr- 
leben,  die  bestimmt  sind,  in  der  einfachen  klaren,  ihren  Gegenstand 
beherrschenden  Dar^tellnng,  durch  Mittheilong  positiver  Kenntnisse,  den 
Verstand  zu  befriedigen  und  durch  lebendige  Sch'lderung  die  Phantasie 
anznregen.  Das  «und'  auf  dem  Titel  soll  nicht  Hofs  anreihen^  senden 
ausdrücken,  dass  diese  Natorlülder  zugleich  Cnlturbilder  sind,  und  fit 
sollen  als  solche  eine  Erginxung  dessen  bieten,  was  der  Hr.  Y.  in 
•einen  froheren  Werken  nur  kurz  berühren  konnle.  Das  Buch  ist  zn- 
nicka  für  nichtgelehrte  aber  bildungslustige  Leser,  alte  und  jnnge, 
geschrieben. 

Der  L  Abschnitt  bringt  vergleichende  Bilder  aus  der  Alpenwirtb* 
sc^t  in  der  Schweiz ,  Tirol  und  Steiermark  und  einige  damit  in  Ver- 
bindong  stehende  Sagen.    Dorrh   selbe  wird   der  Leser  mit  dem  Leben 


*y  Nalur-  und  Cullurleben,  ang.  v.  ü*.  S,  ffeiler.         18t 

a«f  der  «Alp*  (in  SCeicrmark:  «Alm^)  so  wie  mit  der  in  verschiedenen 
Alpei^egendeo  gepflogenen  Wirthschan  und  ihren  Erzeugnissen  schnell 
vefiraul  gemicht  und  lernt,  was  für  norddeutsche  Leser  besonders  werth- 
lall  aein  durfte,  auch  die  Terschiedenen  dialektischen  Benennungen  und 
ikre  Bedeutungen  kennen.  Unverständlich  bleibt  nur  das  Wort  «Kellen* 
S.  6»  und  nicht  ganz  richtig  sind  die  /ur  Steiermark  angeführten  Be- 
MiehouDgeD  «Schwaigerin*  und  « Seh wai gierin,*  denn  wenn  diese  Wörter 
aaeh  iweifelsohoe  von  «Schwaig,*  einem  alten  Namen  für  die  Kuhherdc, 
abgekilet  sind,  so  hört  man  dort  doch  nie  anders  als  «Schwägerin* 
sagen.  Wo  der  Nr.  V.  das  Gebiet  der  Botanik  betritt,  bedient  er  sich 
der  alten  Linne^seben  Nomenclatur,  z.  B.  Synantheren,  Apargien,  Leon- 
Moo  aoreum ,  Cacalia  alpina  u.  s.  w. ;  wir  glauben ,  dass  die  neueren 
KanieD:  Conposites,  Leontodonen,  Crepis  aurea,  Adenostyles  alpina 
IL  t.  w.  jelit  schon  bekannter  und  daher  verstandlicher  sind ,  als  die 
allto,  wem  wir  auch  ganz  von  dem  «richtiger*  absehen ;  ebenso  ist  uns 
die  Sdireibweise  Asteren  statt  Astern  und  Scharfgarbe  statt  Schafgarbe 
asfjgefalle».  —  Die  Sagen  haben  alles  Reizende  an  sich,  was  die  Poesie 
dea  «Aelplers*  schafft  und  sind  eine  liebliche  Randverzierung  zu  dem  in 
idurfiNi  Contoren  gezeichnetem  Bilde  von  der  Alpenwirtbschaft. 

Der  IL  Abschnitt  enthält  aus  Tirol  und  aus  der  Schweiz  je  drei 
MMCriebilder  foll  Wahrheit  und  Leben.  Der  Vergleich  gerade  dieser 
fahr!  lu  dem  für  uns  leider  etwas  peinlichen  und  traurigen  Re- 
dass  gewisse  Industriezweige,  in  welchen  T\to\  glänzte,  ihrem 
Verfalle  entgegengehen,  während  solche  in  der  Schweiz  immer  mehr  an 
Ausdebonng  gewinnen.  Dieser  ganz  subjective  Eindruck  kann  natürlich 
den  Werlb  dieser  Bilder  nicht  beeinträchtigen,  und  wir  geben  ihm  hier 
aar  deshalb  einen  Ausdruck,  weil  wir  uns  von  unserem  Standpuncte 
aus,  aameatlich  für  Tirol ,  interessieren  müssen  und  gerne  gesehen  hät- 
ten, weoD  auch  der  Tiroler  Woll-  und  Draht-Spinnereien  gedacht  wor- 
den wire. 

Der  HL  Abacbnitt  bringt  zunächst  in  dem  «Appenzeller  Witz*  eine 
ABBahl  Anekdoten,  als  Belege  für  die  geistige  Schlagfertigkeit  der  Appcn- 
idief*  60  wahr  und  gut  diese  auch  sein  mögen ,  so  kann  ihnen  unter 
den  Cniturbüdem  doch  nur  insofern  ein  Platz  eingeräumt  werden,  als 
Sit  eine  Ergänzung  lu  früheren  Aufsätzen  des  Hrn.  V.  abgeben,  denn  an 
owl  fir  sich  betrachtet  bieten  sie  weder  neues  noch  den  andern  Bil- 
dern elieoburtiges.  Dagegen  ist  «das  Schwingfest*  ein  vortreffliches 
Bild  voll  anregenden  Stoffes  und  voll  lebendiger  Frische.  «Ein  Blick  auf 
dk  Spiele  der  Völker*  ist  eine  nicht  minder  schöne ,  sehr  fleifsige  Ar- 
beit und  schliefst  sich  der  vorigen  würdig  an,  ist  aber  für  «junge* 
User  von  geringerem  Werthe. 

Der  IV.  Abschnitt  enthält  zwei  besonders  gelungene  Bilder:  «Vom 
Wein  und  Weinbau*  und  «Die  Dattel-  und  Cocospalme.*  Es  sind  ihren 
fiiganstand  nahezu  ganz  beherrschende  Arbeiten,  wahre  Natur-  und 
GulUirbllder,  die  aufiserordentlich  viel  Anziehendes  und  Lehrreiches  ont- 


las  On^t  Ifalor-  und  Cottorldbm,  aag.  ^r.  M.  M.  MMer. 

hsbheu,  Eier  ftndeD  wir  die  jihrllete  ndtttere  Eneognngsmenge  des 
Weines  in  (kterrekh  mit  38,53X0t  Eimern  za  niedrig  angegeben. 
Jos.  Hain  weisi  nimlich  in  seiner  nach  gnten  (gellen  bearbeiteten  Sta- 
tistik das  österr.  Kaiserstaates  (Wien,  1863)  schon  41,498.900  nieder- 
österr.  Eimer  aus.  Aach  was  die  Bemerkang  betriill.  dass  der  Wein  in 
Mexieo  und  GoatemaU  gut  fortkommt,  müssen  wir  erwähnen,  dass  dies 
nur  für  einige,  aber  leider  nnr  sehr  wenige,  Ponete,  z.  B.  for  Presidio 
del  Monte,  richtig  ist  nnd  dass  in  Amerika  derWcinstoek  innerhalb  der 
Wendekreise  in  der  Regel  gar  nicht  cnltiTicrt  wird.  S.  9%  Anmerkung 
ist  das  Aufleben  der  Anastatica  nicht  so  anfiniikssen ,  als  ob  sie  wieder 
zu  vegetieren  beginne,  wenn  man  sie  in's  Wasser  setzt  Die  sehr  hydro- 
skopische  Pflanze  breitet  ihre  Zweiglein,  mit  Wasser  vollgesogen,  nur 
mechanisch  aus  und  rollt  sie  ebenso,  trocken  geworden,  wieder  ein. 
In  der  zweiten  Arbeit  finden  wir  S.  110  folgendes  zu  berichtigen:  der 
Stamm  der  Cocospalme  ist  nicht  mit  «Schuppen,*  sondern  mit  ringför- 
migen Narben  der  abgefallenen  Blätter  bedeckt,  welche  keine  «Stumpf- 
chen*  zurücklassen,  was  wol  bei  anderen  Palmen  der  Fall  ist,  wenn 
die  Scheidcntheile  der  Blätter  stehen  bleiben,  nicht  aber  bei  der  Gocos- 
palme,  deren  scheinbare  Binde  mehr  oder  weniger  ziemlich  glatt  ist 
S.  112  überrascht  uns  die  Nachricht,  dass  aus  der  Gocusnuss schale 
öl  gepressl  werden  kann;  wir  begreifen  nicht,  wie  dieses  nur  irgend^ 
wie  möglich  wäre  und  haben  auch  nie  davon  gehört.  S.  114:  «Palm- 
wcin  geht  schon  in  36  Stunden  von  der  Wein-  in  Essiggährung  uber;^ 
in  der  Regel  dauert  dieses  selbst  in  beifsen  Klimaten  acht  Tage,  wenn 
sonst  alle  erhaltenden  Bedingungen  einigennafsen  erfüllt  sind. 

liier  möchten  wir  auch  ein  Grtheil  über  den  S.  113  besprochenen 
Geschmack  der  Cocosmilch  abgeben,  da  er  so  widersprechend  von  ver- 
schiedenen Reisenden  bald  als  sehr  angenehm ,  bald  als  sehr  fade  be- 
zeichnet wird.  Die  Cocosmilch  wird,  wenn  sie  gut  sein  soll,  nur  von 
halbreifen  Früchten  genommen  und  ist  nur  so  lange  ein  in  der  That 
köstliches  Getränke,  als  es  frisch  weg  von  eben  gepflückten  Früchten 
genossen  wird.  Liegt  die  Nuss  nur  einige  Zeit  den  heilsen  Sonnen- 
strahlen auf  dem  Markte  ausgesetzt,  und  zeigt  sich  nur  eine  Spur  des 
Welkwerdens,  so  bekommt  der  früher  fast  wasserklare ,  nun  aber  molkig 
aussehende  Saft  einen  fad-süfslichen  Geschmack.  Daher  kommt  es  auch, 
dass  die  Cocosmilch,  wie  wir  aus  bester  Quelle  wissen,  nur  des  Mor- 
gens und  meist  auf  den  Cocos-Plantagen  selbst  getrunken  wird.  Die  in 
Seehäfen  au  Seefahrer  verkauften  Cocosnüsse  gestatten  nie  ein  richtiges 
ürtheil  über  den  wahren  Geschmack  dieses  für  wasserarme,  heifse  Ge- 
genden unschätzbaren  Pflanzensafles. 

Ober  die  im  Abschnitt  V  gebrachten  Abhandlungen:  «Wie  der 
Flachs  in  Sagen  und  Sitten  des  deutschen  Volkes  gefeiert  wird*  und 
«Glauben  und  Aberglauben,  Sitten  und  Sagen  des  Ackerbaues,*  so  wie 
über  die  im  Abschnitt  VI  und  VII  geschilderte  «Bienenzucht,*  «Seiden- 
zucht,»   ,die  Baumwolle  in  der  alten  und  neuen  Welt,»   «das  Eisen  im 


A,  SMU,  der  Ba«  des  Himmels^  ang.  v.  Dr.  it,  BanuMn.     llM 

Orient  und  Occident»  und  «die  Eisenbahnen  in  England*  können  wir 
uns  im  Allgemeinen  nur  überaus  anerkennend  aussprechen. 

Der  VI.  Abschnitt  bringt  überhaupt  nicht  nur  Cülturbilder,  sondern 
eine  förmliche  Anleitung  zur  Cultur  der  Biene  und  Seidenraupe  und  ist 
roll  interessanter,  aus  reicher  Belesenheit  geschöpfter  Daten.  Zu  berich- 
tigen finden  wir  nur  S.  163:  «die  Spinne,  als  Crustenthier  u.  s.w.* 
da  niemand  die  Spinne  zu  den  Crustenthieren  zählt.  Auch  die  auf 
S.  156  angegebenen  Einzelheiten  der  Bienenparung  würden  wir  für 
«junge  Leser*  lieber  weggelassen  haben ,  so  interessant  und  wahr  sie 
anch  sind,  oder  wenigstens  hatten  wir  eine  andere  Form  für  diese  Mit- 
theilung gewählt;  denn  sicherlich  läset  sich  dieser  Abschnitt  in  dieser 
Weise  nicht  gut  in  der  Schule  vortragen,  und  auf  sie  haben  wir  bei 
Besprechung  dieses  Buches  zunächst  unsere  Aufmerksamkeit  gerichtet. 

Werfen  wir  schliefslich  noch  einen  Blick  auf  die  ganze  Samm- 
lung dieser  Bilder,  so  müssen  wir  zugestehen,  dass  sich  überall  die 
bekannte  Meisterschaft  und  die  grofse  Belesenheit  des  Hm.  V.  gerade  in 
dieser  Literatur-Richtung  neuerdings  kundgibt  Das  Material  ist  sorg- 
fältig verarbeitet,  die  Sprache  klar  und  correct,  der  Gegenstand  jederzeit 
interessant  und  belehrend.  Unter  diesen  Umständen  wird  eine  starke 
Verbreitung  dieses  Buches  namentlich  in  Schüler-Bibliotheken  nur  als 
erwünscht  erscheinen  können,  um  so  mehr,  wenn  einiges,  was  wir  als 
ungeeignet  oder  unrichig  notiert  haben,  in  späteren  Auflagen  geän- 
dert wird. 

Druckfehler  finden  sich  Viel  mehr,  als  das  kleine  Verzeichnis  aus- 
weist. Wir  wollen  nur  einige  wichtigere  herausheben:  S. 65  eicaderoi 
statt  eMCUder^n  S.  109  taiam  aicihum  st.  iolam  aMknm;  S.  119 
befruchten  st  befeuchten,  herangewachten  st  herangewachsen;  S.  156 
Männchen  st.  Männchen;  S.  163  Vorschwamm  st  Vorschwarm;  S.  216 
1883  st  1783;  S.  240  raU-roads  st.  räU^roads,  Aufserdem  finden  sich 
noch  viele,  weniger  sinnstörende  Druckfehler,  z.  B.  reifst  statt  reist, 
Mutlar  st  Mutter,  unmukalischeren  st  unmusikalischeren  (S.  148)u.  s.  w. 

Wien.  Karl  B.  Heller. 


A.  Smith,  Der  Bau  des  Himmels,  deutsch  bearbeitet  von 
Mayer-Meng.  Zweite  Auflage,  dritter  Abdruck.  4.  (IV  u.  42  S.) 
Stuttgart,  W.  Nitzschke,  1858.  —  2  fl.  80  kr.  ö.  W. 

Die  Schrift,  zu  deren  Besprechung  wir  uns  anschicken,  ist  ein 
eigenthumliches  Gemenge  von  gutem,  brauchbarem  und  werthlosem, 
verfehltem.  Da  uns  das  (wahrscheinlich  englische)  Original  nicht  zu 
Gebote  steht,  so  sind  wir  nicht  in  iler  Lage  zu  entscheiden,  was  diesem 
und  was  der  deutschen  Bearbeitung  allein  zur  Last  fällt 

Seinem  Inhalte  nach  ist  das  Buch  ein  gedrängter  Abriss  des 
wissenswürdigsten  aus  dem  Gebiete  der  Astronomie  für  den  ersten 
Elementarunterricht,  wobei  die  Hauptabsicht  des  Hrn.  Vf.'s  dahin  zielte, 
durch  eine  grofse  Anzahl  von  Illustrationen   (es  sind  im  Ganzen  29  Ta- 

Z«it«elirift    f.   d.  «.Urr.  Ojmn«».  IMO.  H.  Hef».  10 


1S4     A.  SmUk,  der  Bau  des  Himmels,  ang.  t.  Dr.  iT.  ffoouiein. 

fein  mit  solchen  beigegeben),  die  nur  von  einem  kursgefassten  Texte 
begleitet  sind,  den  Lehrstoff  der  Vorstellung  des  Schülers  möglichst  nahe 
zu  rücken.  Diese  Absicht  ist  eine  sehr  Ittbliche,  kann  aber  nur  dann 
erreicht  werden,  wenn  die  Illustrationen  sich  der  höchsten  Einfachheit 
und  Verständlichkeit  erfreuen,  wenn  alles  unnütze  Beiwerk,  aller  leere 
Zierath  unbedingt  ausgeschlossen  ist ,  und  wenn  endlieh  der  Text  in 
Form  und  Inhalt  auf  das  klare  Verständnis  der  Figuren  hinwirkt.  Die 
Tafeln,  welche  die  Obersicht  des  Sonnensystems  und  die  Gröfsenver- 
gleichung  der  Planeten  (T.  1),  die  Darstellung  der  Jahreszeiten  (T.  7), 
der  Bewegung  des  Saturn  und  seiner  Ringe  (T.  9),  der  Mondsphasen 
(T.  11),  der  Sonnen-  und  Mondesfinsternisse  und  deren  Zusammenhang 
mit  der  Bewegung  der  Knoten  der  Mondsbahn  (T.  15,  17)  enthalten, 
genügen  den  eben  gestellten  Anforderungen  und  können  beim  Unterrichte 
sehr  nützlich  werden.  Die  meisten  der  übrigen  sind  theilweise  oder 
ganz  mislungen,  namentlich  jene,  welche  Abbildungen  von  Himmels- 
körpern oder  einzelner  Theile  ihrer  Oberflächen  enthalten.  So  bringt  uns 
die  Tafel  3  einige  Sonnenflecken,  die  aber  nicht  einmal  als  eine  An- 
näherung an  die  Wirklichkeit  zu  betrachten  sind;  ähnliches  gilt  von 
den  Ansichten  der  Venus  (T.  5),  des  Mars  und  Jupiter  (T.  8).  vor  allem 
aber  von  der  Mondskarte  (T.  12,  13  und  14;  T.  12  und  14  sind  ganz 
überflüssig).  Die  vier  Sternkarten ..  welche  in  mancher  Beziehung  recht 
lobenswerth  ausgeführt  sind,  trifft  der  Vorwurf  der  Überladung  mit  vn- 
wesentlichem  Beiwerk.  Bei  ihrer  Kleinheit  sollten  sie  nur  die  Sterne,  die 
Grenzen  der  Sternbilder  und  allenfalls  noch  eine  Andeutung  der  Milch- 
strafise  enthalten.  Über  einzelne  Gnricbtigkeilen  und  Mängel  auf  diesen 
Karten  wollen  wir  hier  wegsehen ;  so  fehlt  i.  B.  auf  T.  24  der  Stern  S 
im  grofsen  Bären;  die  Stellung  mancher  Sterne  ist  beträchtlich  fehler- 
haft; ungebräuchliche  Namen  hier  und  dort  eingeführt,  was  auch  vom 
Texte  gilt,  z.  B.  Planet  Leverrier,  Locke  der  Berenice  u.  s.  w. 

Der  Text  ist  gröfstentheils  in  Fragen  und  Antworten  abgefasst, 
eine  Form,  die  wir  bei  der  Natur  des  Gegenstandes  wenig  billigen 
können.  Wenn  der  Raum,  der  zu  den  Fragen  verwendet  ist,  und  der 
nahe  ein  Drittheil  des  gesammten  Textes  beträgt,  zu  einer  angemessenen 
Erweiterung  des  vorgeführten  Materiales  benützt  worden  wäre,  so  würde 
das  Buch  weit  brauchbarer  geworden  sein.  Der  Or.  Verf.  dürfte  dieser 
Ansicht  vielleicht  selbst  beistimmen;  wenigstens  ist  es  auffallend,  dass 
er  bei  Gelegenheiten,  wo  es  etwas  schwieriger  ist,  naturgemäfise  Fragen 
und  Antworten,  die  zugleich  den  Gegenstand  mit  Klarheit  entwickeln, 
zu  erfinden,  oder  wo  die  Antworten  den  Fragen  gegenüber  eine  unver- 
hältnismäfsige  Länge  hätten  erhalten  müssen,  oder  endlich  wo  die  Ober- 
flüssigkeit der  Fragen  augenfällig  hervortritt,  seine  Methode  aufgibt. 

^  i  c  n.  Dr.  Karl  H  o  r  n  s  t  e  i  n. 


Dritte  Abtheilung. 


Verordnungen  fOr  die  Asterreieliisehen  Gym- 
nasien; Statistik« 

Personal-  und  Schulnotizen. 

(Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen,  Aus- 
sei chnungen  u.  8.  w.)  —  Se.  k.  k.  Apost  Miyestät  haben  mit  Aller- 
höchster Entschli eisung  vom  5.  Jänner  1.  J.  dem  Hilfeamtsdirector  im 
Ministerium  lur  Cultus  und  Unterricht,  kaiserlichen  Rathe  Anton  Stein- 
haaser,  bei  seiner  Versetzung  in  den  wohlverdienten  Ruhestand,  in 
Anerkennung  seiner  wissenschaftlichen  Verdienste  auf  dem  Gebiete  der 
Geographie,  das  Ritterkreuz  des  Franz  Joseph-Ordens  Allergnädigst  tu 
▼erleihen  geruht. 

—  Se.  Excellenz  der  Minister  für  Cultus  und  Unleiricht  hat  den 
HUfMmt8-4)irectionsadjuncten,  Hrn.  Joseph  Schönbaeh,  zum  HüÜBamts« 
director  bei  demselben  Ministerium  ernannt. 

—  Die  Hilfsamts  -  0£fieiale  beim  F.  Ministerium  für  Cultus  und 
Cnterricht,  Hr.  Jakob  Kursmayr  und  Hr.  Aoton  Bihler  zu  Hilfs- 
amts-Directions-Adjuncten. 

—  Der  Supplent  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Linz,  Hr.  Karl  G rei- 
st orfer  ^  zum  wirklichen  Gymnasiallehrer. 

—  Der  Gymnasiallehrer  zu  Neusohl ,  Hr.  Joseph  Konöinsky» 
zum  Lehrer  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Königgrätz. 

—  Die  Gymnasial supplenten,  Hr.  Karl  Seh  mit  zu  Brunn  und  Hr. 
Theodor  L  aza  f,  zu  Znaim  zu  wirklichen  Lehrern,  ersterer  am  I  gl  au  er  , 
letzlerer  am  Znaimer  Gymnasium. 

—  Der  bisherige  supplierende  Religionslehrer  am  Gjrmnasium  zu 
Przesmysl,  Hr.  Ladislaus  StudziÄski,  über  Antrag  des  betreffen- 
den hochw.  bischöfl.  Ordinariates,  zum  wirklichen  Religionslehrer  r//L 
UUM  nir  alle  acht  Classen  an  derselben  Lehranstalt. 

—  Der  Gymnasialsupplent  zu  T  a  r  n  o  p  o  1,  Hr.  Clemens  B  i  1  i 6  s  k i, 
Eum  wirklichen  Lehrer  desselben  Gymnasiums. 

—  Der  Supplent  am  k.  k.  Gymnasium  zu  S  tan  isla  wo  w,  Hr. 
Johann  Cipser,  zum  wirklichen  Lehrer  an  derselben  Lehranstalt. 

—  Der  Gymnasialsupplent,  Hr.  Johann  Dutkiewiez  in  Bochnia, 
zum  wirklichen  Lehrer  des  Gymnasiums  in  Neu-Sandec,  unter  einst- 
welliger Dienstes  Verwendung  zu  B  o  c  h  n  i  a. 

—  Der  supplierende  Religionslehrer  am  katholischen  Gymnasium 
zu  Prefsburg,  Hr.  Johann  Mazaner,    Weltpriester,  über  Vorschlag 

10* 


186  Personal-  and  Schul notizen. 

des  fiirsterKbischöfl.  Ordinarles  zu  Gran,  zum  wirklichen  Religionslehrer 
an  der  genannten  Lehranstalt. 

—  Der  geprüfte  Lebramtscandidat ,  gegenwärtig  Supplent  am 
Staatsgymnasium  zu  Padua,  Hr.  Johann  WiegKtalt,  zum  wirklichen 
Lehrer  für  die  venetianischen  Staatsgymnasieu. 

—  Der  Lehrer  an  der  Normalhaupt-  und  Unterrealschule  sammt 
Lehrerbildungsanstalt  bei  St.  Anna  in  Wien,  Hr.  Johann  Strehl,  zum 
Director  dieser  Schulanstalt. 

—  Der  Supplent  an  der  deutschen  k.  k.  Oberrealschule  zu  Prag, 
Hr.  Joseph  Laizner,  zum  wirklichen  Lehrer  des  Freihandzeichnens  an 
dieser  Anstalt 

—  Der  Katechet  und  provisorische  Director  der  Haupt-  und  Unter- 
realschule in  Chrudim,  Hr.  P.  Anton  Luke  sie,  zum  wirklichen 
Director  dieser  Schulaustalt. 

—  Die  Lehrkanzel  für  praktische  Geometrie  und  Silui^tionszeichnen 
an  der  k.  k.  technischen  Lehranstalt  zu  Brunn  ist  dem  bisherigen 
Supplenten  dieses  Faches,  Hrn.  Gustav  Niefsl,  v.  May  endor  f  Alier- 
gnädigst  verliehen  worden. 

—  Der  Lehrer  und  provisorische  Director  der  k.  k.  Oberrealschule 
zu  Troppau,  Hr.  Adalbert  Möller,  zum  wirklichen  Director  dieser 
Lehranstalt. 

—  Der  Supplent  an  der  Dnterreatschule  zu  Rokycan,  Hr.  Franz 
Ollik,  zum  Lehrer  daselbst. 

—  Der  provisorische  Lehrer  an  der  Obenrealschule  in  Lemberg, 
Hr.  Karl  D  h  1  e ,  zum  wirklichen  Lehrer  an  dieser  Anstalt. 

—  Der  Lehrer  der  Unterrealschule  zu  Werschetz,  Hr.  Gustav 
Zeynek,  zum  Präparandenlehrer  an  der  katholischen  Lehrerbildungs- 
anstalt dorttelbst. 

~  Der  bisherige  Scriptor  der  Lemberger  Universitätsliibliotheky 
Hr.  Rom'an  Stoklosi^ski,  zum  ersten,  und  der  beeidete  Prakticant 
der  Krakauer  Universitätsbibliothek,  Hr;  Dr.  Udalrich  Heyzmann, 
zum  zweiten  Scriptor  an  der  Universitätsbibliothek  zu  L  e  m  b  e  r  g. 

—  Der  Official  der  Pesther  k.  k^  Universitätsbibliothek,  Hr.  Dr. 
Joseph  Märki,  zum  Scriptor  dieser  Bibliothek. 

—  Auf  Grundlage  ^t%  über  die  Organisation  der  akademischen 
Behörden  unter  dem  27.  September  1849  erflossenen  provisorischen  Ge- 
setzes wurden  an  der  hiesigen  k.  k.  Universität  die  Wahlen  der  aka- 
demischen Würdenträger  für  das  laufende  Studienjahr  vorgenommen  und 
es  sind  hierbei  gewählt  worden: 

a)  Bei  der  theologischen  Facultät: 

Zum  Decan  des  Doctoren-Collegiums:  der  Hr.* Th^l. 
Dr.  Anselm  Ricker,  Capitularpriester  des  Benedictinerslifles  zu  den 
Schotten  und  Gooperator  an  der  Stiftspfarre  zum  heil.  Laurenz  im 
Sehottenfelde. 

und  zum  Decan  des  k.  k.  Professoren -Gollegi  ums: 
der  Hr.  Theol.  Dr.  Dominik  Mayer,  k.  k.  o.  ö.  Universiläts-Professor 
der  Pastoral-Theologie ,  Director  des  fursterzbischöflichen  Alumnates, 
Ehren-Domherr  an  dem  Erz-  und  Domstifte  beim  heil.  Stephan,  geheimer 
Kämmerer  Sr.  päpstlichen  Heiligkeit  etc.  etc. 

Als  Pro-Docan  des  theologischen  P  rofes^soren-Gol- 
legiums  ist  dessen  letztjähriger  Decan.  Hr.  Theol.  Dr.  Joseph  Karle, 
Weltpriester,  k.  k.  o.  ü.  Universitäts-Professor  der  arabischen,  syrischen 
und  chaldäischeh  Sprache,  dann  der  höheren  Exegese  des  alten  Rundes, 
fürslerzbischöflicher  Brixener  Consistorialrath  etc.  etc.  eingetreten. 


.  Personal-  und  Schulnotizen.  137 

#)  Bei  der  rechts-  und  staatswisseoschafUichen  FacuUät  wurden  gewählt: 

Zum  Decan  des  Doctor eu-Gollegiumn  der  Hr.  (3.  J. 
Karl  K  ramm  er»  Hof-  und  Oerichts-Advocat  ete.  etc. 

und  zum  Decan  des  k.  k.  Professoren-Collegi  ums: 
der  Hr.  U.  J.  Dr.  Ludwig  Arndts,  o.  ö.  Universitats-Professor  des 
römischen  Rechts  und  wirklicher  k.  k.  Regierungsratb  etc. 

Als  Pro-Decan  des  ju  ridischen  Professor cn-Go  1- 
legiums  ist  der  Hr.  U.  J.  Dr.  Johann  Springer,  o.  ö.  (JuiversitSls- 
Professor  der  Statistik  und  der  österr.  Finanz-Gesetskunde ,  wirklicher 
k.  k.  Regierungsrath  etc.  eingetreten. 

e)  Bei  der  medizinischen  Facultat: 
hat    als    Decan    des   Doctoren-Gol legi  ums    der  Hr.  Med.  Dr. 
Michael  v.  Vissinik,    Privat-Doccnt  der  Psychiatrie  etc,,  sein  erstes 
Decanatsjahr  begonnen. 

Zum  Decan  des  k.  k.  Pro  fessoren-Collegiu  ms  ist  der 
Hr.  Med.  Dr.  Karl  Rokitansky,  o.  ö.  (Iniversitats-Professor  der  patho- 
logischen Anatomie»  wirklicher  k.  k.  Regierung«  rath  etc.  gewählt  worden. 

Als  Pro-Decan  des  medizinischen  Professoren-Gol- 
legi  ums  ist  der  Hr.  Med.  Dr.  Johann  Dlauhy,  o.  ö.  k.  k.  (Jniver- 
siläts-Professor  der  Staatsarzeneikunde  etc.  eingetreten. 

d)  Bei  der  philosophischen  Facuität  wurden  erwählt: 

Zum  Decan  des  Doctoren-Gollegiums:  der  Hr.  Philos. 
Dr.  Moriz  H  ü  r  n  e  s  ,  Vorstand  des  k.  k.  Hof-Mineralien-Gabinets  etc.  etc. 

und  zum  Decan  des  k.  k.  Professoren-  Gollegiums: 
der  Hr.  Philos.  Dr.  Franz  Pfeiffer,  o.  ö.  Oniversitäts-Professor  der 
deutschen  Sprache  und  Literatur  etc.  etc. 

Als  Pro-Decan  des  philosop  hitichen  Professoren- 
Collegiums  ist  der  Hr.  Philos.  und  Med.  Dr.  Andreas  Ritter  v.  ß  t- 
tings hausen,  o.  ö.  Dniversitäts -Professor  der  Physik,  Director  des 
physikalischen  Institutes ,  wirklicher  k.  k.  Regierungsrath  etc.  etc. 
eingetreten. 

Indem  nach  der  Reihenfolge  der  Facultäten  der  Rector  Magnißcus 
der  Wiener  Hochschule  für  das  Studienjahr  1860  aus  der  rechts-  und 
staatswissenschaftlichen  Facuität  hervorzugehen  hatte ,  so  wurden  für 
diese  höchste  akademische  Würde  sowohl  von  dem  Docloren-  als  von 
dem  Professoren-Gollegium  der  genannten  Facuität  die  Vorschläge  er- 
stattet, und  der  akademische  Senat  hat  den  Hrn.  J.  (J.  Dr.  Ignaz  Orafsl, 
0.  ö.  (Iniversitäts-Professor  des  österr.  bürgl.  Rechts ,  wirklichen  k.  k. 
Regierungsrath  etc.  etc.  in  Anerkennung  der  wichtigen  Verdienste,  welche 
sich  derselbe  um  die  Wissenschaft  im  vieljährigen  Uni versitäts- Lehramte 
und  durch  die  Leitung  der  Staatsprüfungs-Goinmission  erworben  hat, 
zum  diesjährigen  Dni  vcrs  itäts -Rector  Magnificus  erwählt; 
am  14.  Jänner  1.  J.  fand  die  feierliche  Inauguration  desselben  sfatt. 

—  Se.  k.  k.  Apost.  Majestät  haben  mit  Allerhöchster  Entschliefsung 
vom  tß.  Jänner  I.  J.  den  Professor  der  deutschen  Sprache  an  der  Gralzer 
Universität,  Dr.  Karl  Wein  hold,  zum  wirklichen  Mitgliede  der  Akade- 
mie der  Wissenschaften  in  Wien  Allergnädigst  zu  ernennen  und  die  von 
der  Akademie  der  Wissenschaften  getroffenen  Wahlen  des  Professors  der 
classischen  Philologie  an  der  Wiener  Cniversität ,  Dr.  Johann  Vahlen, 
Kum  inländischen  correspondierenden  Mitgliede.  der  Professoren  F.  C. 
Neumann  in  Königsberg  und  Hugo  v  Mohl  in  Tübingen  zu  aus- 
ländischen Ehrenmitgliedern  und  der  Professoren  H.  Helmholtz  in 
Heidelberg  und  Julius  Blücker  in  Bonn  zu  ausländischen  correspon- 
dierenden Mitgliedern  Allergnädigst  zu  genehmigen  geruht 


138  Personal-  und  Söhulnotizen. 

—  Dem  k.  k.  Gymuasial-Inspector  in  Galizien ,  Hrn.  Dr.  Eusebius 
Gzerkawski,  ist  das  Ritterkreuz  des  Franz  Joseph-Ordens  Allergnä- 
digst  verliehen  worden. 

—  Dem  Regieningsrathe  und  Professor  der  Rechte  an  der  Wiener 
Universität,  Hrn.  Dr.  Leopold  Neu  mann,  ist  das  Ritterkreuz  des  Franz 
Joseph-Ordens  Aliergoädigst  verliehen  worden. 

—  Dem  Professor  des  österr.  Bergrechtes  und  Redacleur  der  österr. 
Zeitschrift  für  das  Berg-  und  Hüttenwesen,  Hrn.  Otto  Freiherrn  von 
Hingenau,,  ist  der  Titel  und  Charakter  eines  Ober-Bergrathes  Alier- 
gnädigst  verliehen  worden. 

—  Se.  k.  k.  Apost.  Majestät  haben  mit  Allerhöchster  Entschlief sung 
vom  26.  December  1859  dem  k.  k.  Hofrathe  und  jubil.  Archivsdireclor 
Franz  Grillparzer  die  Annahme  des  ihm  von  der  Leipziger  Univer- 
sität, und  dem  k.  k.  Hofrathe  und  ersten  Gustos  der  k.  k.  Hofbibliotbek, 
Eligius  Freiherrn  v.  Münch-Bellinghausen,  die  Annahme  des  ihm 
von  der  Hochschule  zu  Jena  verliehenen  Ehrendiploms  eines  Doclors  der 
Philosophie  AUergnädigst  zu  bewilligen  geruht. 

—  Der  a.  ö.  Professor  an  der  Wiener  Hochschule,  Hr.  Rudolf  v. 
Eitelberger  und  der  Professor  an  der  k.  k.  Akademie  der  bildenden 
Künste,  Hr.  Friedrich  Schmidt,  zu  ständigen  Mitgliedern  der  k.  k. 
Gentralcommission  zur  Erforschung  und  Erhaltung  der  Baudenkmale. 

—  Der  Priester  der  Neusohler  Dioecese,  Hr.  Schulrath  Johann 
Gottschar,  zum  Titular-Abte  de  Rolban,  alias  Koblan. 

—  Hr.  L.  H.  J  e  i  1 1  e  I  e  s  ,  Lehrer  am  k.  k.  Gymnasium  zu  K  a- 
schau,  zum  Mitgliede  der  ungarischen  naturwissenschaftlichen  Gesell- 
schaft in  Pesth. 

—  Der  Professor  der  Kirchengeschichte  an  der  Pest  her  Univer- 
sität, Hr.  Dr.  Johann  Zaika,  ist  zum  wirklichen  Domherrn,  und  der 
Professor  der  Religionslehre  und  akademische  Prediger  an  derselben  Uni- 
versität, Hr.  Alois  Roder,  zum  Ehrendomherrn  bei  dem  Graner  Metro - 
politancapitel  Allergnädigst  ernannt  worden. 

^-  Se.  k.  k.  Apost.  Majestät  haben  die  Wahl  des  Doclors  und 
Professors  Joseph  Mayer  zum  Präsidenten  der  gelehrten  Gesellschaft  in 
Krakau  für  das  Jahr  1860  Allergnädigst  zu  bestätigen  geruht. 

—  Die  Wahl  des  Grafen  Emerich  M  i  k  ö  zum  Vorstande  und  des 
Grafen  Nikolaus  Ltfzir  zum  Vice  -  Vorstande  des  Siebenbürgischen 
Museum-Vereines  ist  Allerhöchsten  Ortes  bestätigt  worden. 

—  Der  bekannte  Compositeur  Franz  L  i  s  z  t  ist  in  den  Ritterstand 
des  österreichischen  Kaiserstaates  Allergnädigst  erhoben  worden. 

Die  Herren  Prof.  Dr.  Hyrtl  und  Dr.  Theodor  v.  Karajan  in 
Wien  und  Hr.  Dr.  Palatzky  in  Prag  sind  zu  corresp.  Mitgliedern  der 
kön.  Societät  der  Wissenschaften  in  Göttingen  ernannt  worden. 

—  Sr.  Excellenz  der  Hochw.  Hr.  Bischof  von  Djakovar,  Joseph 
Strofsmayer,  hat  dem  croatischen  Gymnasium  zu  SinJ  in  Dal- 
roatien  1000  fl.  in  Grundentlastungsobligationen  zum  Geschenke  gemacht 

(Concurse,  Erledigungen,  Stiftungsplätze,  Stipen- 
dien u.  s.  w.)  —  An  der  k.  k..  Universität  zu  Lemb  erg  die  Lehrkanzel 
des  Bibelstudiums  a.  B.,  dann  der  orientalischen  Dialekte,  mit  einem 
Jahresgehalte  von  945  fl.  o.  W.,  dem  Vorrückungsrechte  in  1050  fl.  und 
1155  fl.  ö.  W.  und  einer  Remuneration  von  157  fl.  50  kr.  ö.  W.  Con- 
curstage :  26.,  27.  und  28.  Jänner  I.  J.  zu  Wien ,  Prag  und  Lemberg ; 
Gesuche  bei  dem  Decane  des  Professoren-Gollegiums  der  betreffenden 
theologischen  Facultät  zu  überreichen.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  25. 
December  1859,  Nr.  328.) 

—  An  der  mit  der  Hauptschule  verbundenen  2classigen  Unter- 
realschule  zu  W eis  die  Unteriehrerstelle  mit  dem  Gebalte  von  315  fl.  ö.  W. 


Personal-  und  Schulno  tizen.  139 

ins  den  Scbulfonde  und  einer  LocaUulage  von  105  fl.  ö.  W.  Termin  t 
ÜBOtn  14  Tagen  nach  der  letzten  Kundmachung,  bei  der  k.  k.  ober- 
(uterreicbiachen  Staitbalterei.  (S.  AmtsbL  z.  Wr.  Ztg.  v.  31.  December 
im,  Nr.  333.) 

—  Eine  Amanuensis-Stelle  bei .  der  k.  k.  Dniversitäts-Bibliothek  in 
Wies  gegen  daa  Taggeld  von  1  fl.  40  kr.  5.  W.  vorläufig  auf  die 
Diocr  eioes  Jabrea.  Termin:  25.  Februar  1.  J.,  bei  der  k.  k.  Statthaltcrei 
ii  Wien.   (S.  Amtabi.  t.  Wr.  Ztg.  v.  19.  Jänuer  I.  J.,  Nr.  17.) 

—  An  der  k.  k.  Oberrealschule  zu  Ol  mutz  eine  Lchrerstelle  für 
Natheinatik  als  Haupt-  und  ein  anderes  Nebenfach  (Yorzugsweise  Natur- 
ffMcbicble  und  böhmische  Sprache),  mit  dem  jähri.  Gehalte  von  630  fl., 
cvealiiel  340  fl.  Ö.  W.  und  dem  Anspruch  auf  die  normalmäfsigen  Decen- 
iibnlageiL  Termin:  Ende  Februar  1.  J,  bei  der  k.  k.  mahrischen  Statt- 
kallerei.   (S.  Amtsbl.  i.  Wr.  Ztg.  v.  27.  Janner  1.  J ,  Nr.  25.) 

—  Am  k.  k.  Gymnasium  zu  Pisek  eine  Lehrerstelle  für  classische 
nülplogie  und  ausbillsweise  für  das  deutsche  Sprachfach,  mit  dem  Ge- 
halle voo  jibrL  735  fl.,  eventuel  840  fl.  ö.  W.  Termin:  6  Wochen,  bei 
4er  böhmiscbeo  k.  k.  Slatthalterei.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  29.  Jänner 
L  J.,  Kr.  27.) 

—  Au  der  k.  k.  technischen  Lehranstalt  zu  Brunn  neuerlich  die 
Stelle  eiaes  Assistenten  der  darstellenden  Geometrie,  des  vorbereitenden 
imd  Projeetionszeichnens ,  aushilfsweise  auch  für  Maschinen-  und  Bau- 
leicboeo»  mit  dem  Gehalte  jährl.  316  fl.  ö.  W.    Termin:  Ende  Februar 

I.  J.,  bei  der  k.  k.  mahrischen  Slatthalterei.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v. 
i  Februar  1.  J..  Nr.  32.) 

—  Ad  der  Forstlehranstalt  zu  Weifswasscr  (Böhmen)  3  Leh- 
rerstdlen,  und  zwar:  1.  für  die  naturwissenschaftlichen  Uilfsfächer, 
1  lir  forstliche  Gegenslände  und  Zeichnen  und  3.  für  Mathematik ,  die 
erste  nit  1230  fl.,  die  zweite  mit  840  fl.,  die  dritte  mit  630  fl.  ö.  W. 
Malt,  aänrntlich  mit  Naturalwohnung  und  Holsdeputat  Termin:  Ende 
Pehrsar  1.  J.,  bei  der  Forstschulcommission  zu  Prag    (S.  Wr.  Ztg.  vom 

II.  Februar  l  h,  Nr.  38,  Hptbl.  S.  615.) 


—  Ober  die  Erledigung  zahlreicher  Hand-,  Sliftungs-,  Faculläts- 
und  anderer  Stipendien  als:  1)  e.  Joh.  Adam  Le  hj bau  mischen,  2)  e. 
Hitschen 'sehen,  3)  e.  iStraufs 'sehen.  4)  e.  Lankisch  von  llor- 
■i  t  B  'sehen.  5)  e.  Dr.  Johann  Gomposch  'sehen,  6)  e.  Schick  'sehen, 
7)  dreier  Wenzel'schen,  8)  e.  Ueinr.  Riefs'schen,  9)  e.  Wein- 
kcrg'scber,  10)  e.  Seh  ei  der 'scheu,  11)  fünf  Seh  I  esisch-Bur- 
•  ascber,  12)  e.  Emerich'schen,  13)  e.  Ju  s  ch  i  tz 'sehen,  14)  c. 
Stumpf  'sehen  ,  15)  zweier  Engelhart  'sehen  ,  16)  sechs  6  c  i  f  s- 
1  e  r  scher  ,  17)  vier  G  o  I  d  h  e  r  g  'sehen,  18)  zweier  K  i  I  b  e  r  v  i  1 1  i  u  i- 
»cbcD,  19)  zweier  KnaffTschen,  20)  e.  M  a  y  c  e  n 'sehen,  21)  e.  Ra- 
■  ing- Briccianischen,  22)  zweier  Rosenburs'scben,  23)  zweier 
Salze  raschen,  24)  e.  Sc  h  euer  m  an  n 'sehen  und  25)  c.  Sorbait- 
schcB,  8.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  14.  Jänner  I.  J.,  Nr.  12. 

—  Über  die  Erle<ligung  dreier  l'niversitätsslipendien  aus  der  Frau 
M.  H.  Mandelli-Rretschneider  'hchen  Erinnerungsstiftung  ,  s. 
AmtsbL  Z.W7.  Ztg.  v.  19.  Jänner  L  J..  Nr.  17. 

—  Über  eine  erledigte  Elisabeth  D  u  m 'sehe  Studentensliftung, 
L  AmUbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  25.  Jänner  I.  J..  Nr.  23. 

—  Ober  einen  erledigten  gräfl.  M  i  lle  si  m  o'schen  Stiflun^splat/ 
Bionlicher  Abiheilung,  s.  AmtsbL  z.  Wr.  Ztg.  vom  20.  Jänner  1.  J., 
Xr.  27. 

—  Ober  ein  erledigtes  L  ilienbu  rs'sches  Universitälsstipendiuro, 
1.  AmUbL  z.  Wr.  Ztg.  v,  7.  Februar  L  J.,  Nr.  34. 


140  Personal-  und  Schulnotizen. 

—  Über  einen  im  gräfl.  Löwenburg  'sehen  Gonvicte  in  Wien 
erledigten  Theresia  v.  Kriech  bäum  sehen  Stiftsplalz,  s.  Amtsbl.  x.  Wr. 
Ztg.  V.  9.  Februar  1.  J.,  Nr.  36. 

—  Ober  die  Erledigung  mehrerer  Stipendien,  und  zwar:  a)  8  Wind- 
bag'scber,  b)  1  G  o  1  d  e  g  g'schen,  c)  %  Zoller 'scher,  d)  1  Dr.  Frz. 
Ant.  F i 8 c h e r'schen,  e)  1  P fi Igen  reit er'schen,  0  1  K e  1 1  n e r'scben, 
g)  1  Balduin  Frz.  v.  Meerf eld'schen  und  h)  1  Fernitz 'sehen,  s. 
Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  12.  Februar  1.  J.,  Nr.  39. 


(Todesfalle.)  —  Am  %i.  December  1859  zu  Triest  der  emerit 
Verwalter  der  bestandenen  Stiflsherrschafl  Schotten,  gewes.  Director  der 
Blinden« Versorgungsanstalt  in  Wien,  Ausschuss  und  Mitglied  vieler  Wohl- 
thätigkeitsanstalten ,  Ur.  Franz  Xaver  Mottloch,   im  81.  Lebensjahre. 

—  Am  25.  December  1859  zu  Rom  der  Maler  Hr.  J.  Elsasser 
aus  Berlin,  als  einer  der  bedeutensten  im  Fache  der  Landschaft  bekannt. 

—  In  der  Nacht  des  26.  Decembers  1859  zu  Göttingen  Hr.  Johann 
Friedr.  Ludw.  Hausmann  (geb.  zu  Hannover  am  %i,  Februar  1782), 
Hofralh  und  Professor  der  Technologie  und  der  Bergwerkswissenschaflen 
an  der  Universität  Göttingen,  Ehrenmitglied  der  kais.  Akademie  der 
Wissenschaften,  als  Geognost  berühmt. 

—  Am  27.  December  1859  zu  Heidelberg  Hr.  Dr.  K.  R.  Sachfse, 
a.  o.  Professor  der  Rechtswissenschaft  und  Bibliotkekar  an  der  dortigen 
(Jniversitäts-Bibliothek ,  durch  seine  wissenschaftlichen  Leistungen  auch 
in  weiteren  Kreisen  bekannt. 

—  Am  28.  December  1859  zu  Kensington  Hr.  Thomas  Babington 
M  a  c  a  u  1  a  y  (geb.  zu  Bolhler-Templer  in  der  Grafschaft  Leicester  am 
25.  Octobcr  1800),  seit  1857  Baron  und  Pair  von  England,  als  Ge- 
scbichtsschreiber  berühmt. 

—  Am  29.  December  1859  zu  Wien  Hr.  Anton  Xaver  Schurz, 
k.  k.  jubilierter  Hofbuchhalter  (geb.  zu  Asparn  an  der  Zaya  im  J.  1794), 
als  Biograph  Lenau's,  dessen  Schwestermann  er  war,  so  wie  durch  eine 
Sammlung  eigener  Gedichte,  bekannt. 

—  Am  1.  Jänner  I.  J.  zu  Prag  der  bekannte  Compositeur  und 
Musiker,  Hr.  Luigi  Ricci,  Director  der  städtischen  Musikcapelle  und 
des  Theater-Orchesters  in  Triest.  im  51.  Lebensjahre. 

—  Am  3.  Jänner  I.  J.  zu  Wien  Sr.  Hochwürden  Hr.  F.  Leonhard 
Seitz,  Piaristen-Ordenspriester ,  k.  k.  Rath .  gewesener  Gymnasial- 
Professor,  dann  Director  des  ehcmal.  k.  k.  Stadtconvicts  und  Präfect  des 
akademischen  Gymnasiums,  emerit.  Proviucial  der  Piaristen  öst.  Provinz 
u.  s.  w.  (geb.  zu  Günsburg  in  bairisch  Schwaben  am  24.  Mai  1785), 
ein  durch  Bildung,  Liebe  zur  Jugend,  durchaus  edles  Streben  und  echte 
Humanität  ausgezeichneter  Mann.  (S.  dessen  Nekrolog  in  der  Wr.  Ztg. 
V.  14.  Jänner  I.  J.,  Nr.  12.  Hptbl.  S.  187.) 

—  Am  5.  Jänner  I.  J  zu  Frankfurt  a/M.  der  vielverdiente  Senator, 
Hr.  C I  a  r  u  8 ,  als  Mitbegründer  der  Gesellschaft  zur  Beförderung  nutz- 
licher Künste  und  deren  Hilfswissenschaften  bekannt,  im  hohen  Alter. 

—  Am  5.  Jänner  l.  J.  zu  Venedig  Se.  Excellenz  Hr.  Baron  Gal- 
vagna.  emerit.  Präsident  der  k.  k.  venetianischen  Akademie  der  schö- 
nen Künste,  im  Lebensalter  von  87  Jahren. 

—  Am  6.  Jänner  I.  J.  zu  Wien  Hr.  Franz  Wild,  pens.  k.  k. 
Hofopernsänger  (geb.  am  31.  December  1792  zu  Oberhollabrunn),  seiner 
Zeit  durch  seinen  kunst-  und  seelenvollen  Vortrag  classischer  Opern- 
musik bekannt  und  noch  bis  in  die  späteren  Jahre  seines  Alters  auf 
diesem  Felde  thätig. 

—  Am  12.  Jänner  1.  J.  zu  Krakau  Hr.  Johann  Boucza  Skrzy- 
n  eck  i  (geb.  in  Galizien  am  8.  Februar  1786),  der  aus  dem  polnisch- 
russischen  Kriege  im  J.  1831  bekannte  (veneral. 


Personal-  und  Schulnotizen.  141 

-7  Am  17.  Jänner  1.  J.  zu  Leipzig  Hr.  Friedr.  Georg  Wieck, 
als  Schriflsleller  über  Gewerbe  und  Handelsangelegenbeiten  vortheilhaft 
bekannt,  in  seinem  69.  Lebensjahre. 

—  Angeblich  am  20.  Jäuner  1.  J.  zu  Tübingen  Hr.  Dr.  S  i  1  c  b  e  r , 
Musikdireetor  an  der  Universität  daselbst,  als  Liedercomponist  ruhmlich 
bekannte 

—  Am  26.  Janner  L  J.  zu  Coburg  Frau  Wilhelmine  Schrödcr- 
Devrient,  später  verheiratete  v.  Bock  (geb.  am  6.  December  1805 
zu  Hamburg),  als  ausgezeichnete  Repräsentantin  classischer  Opern-Cha- 
raktere bekannt. 

—  Am  27.  Jänner  1.  J.  Hr.  Matthias  Schletzer,  als  Sprach- 
lehrer und  Verfasser  französischer  Grammatiken  und  Übungsbücher 
bekannt 

—  Am  28.  Jänner  1.  J.  zu  München  Frau  Karoline  Richter, 
Witwe  Jean  Paul  Friedrich  Richler's,  84  Jahre  alt. 

—  Am  29.  Jänner  1.  J.  zu  Bonn  der  deutsche  Dichter  Hr.  Ernst 
Moritz  Arndt  (geb.  am  26.  December  1769  zu  Schoiitz  an  der  Meeres- 
bucht der  Insel  Rügen),  kurz  nach  vollendetem  90.  Lebensjahre. 

—  Am  31*  Jäuner  1.  J.  zu  Lüttich  der  emerit.  Professor  der  latein. 
Litteratur  an  der  dortigen  Universität.  Hr.  Dr.  Fufs  (geb.  zu  Düren), 
als  Latinist,  namentlich  durch  seine  Übersetzung  Schiller'scher  Gedichte 
in's  Lateinische,  bekannt,  im  Alter  von  78  Jahren. 

—  Im  Jänner  1.  J.  zu  Brigthon  Hr.  Oberst  William  Martin  Leake, 
durch  seine  Reisewerke  über  Griechenland  und  Kleinasien,  so  wie  durch 
seine  «Numismata  Hellenica'  rühmlich  bekannt ,  im  hohen  Alter  von 
83 'Jahren. 

—  Im  Jäuner  1.  J.  zu  Eperies  Hr.  Paul  N  a  g  y ,  vordem  ordcntl. 
Professor  an  der  Grobwardeiner  Akademie,  Verfasser  mehrerer  gelehrter 
Werke,  im  Alter  von  81  Jahren. 

—  Im  Jänner  I.  J.  zu  Prag  der  hoffnungsvolle  böhmische  Dichter, 
Hr.  C  B.  Jansa,  im  18-  Lebensjahre. 

—  Im  Jähner  1.  J.  zu  London  Sir  W.  C.  R  0  f  s ,  Mitglied  der 
kön.  Kunstakademie,  berühmter  Miniaturmaler  (geb.  1793). 

—  Am  2.  Februar  I.  J.  zu  München  Hr.  August  Fischbach 
(aus  München),  Sohn  de»  berühmten  Landschafimalers ,  als  Genremnler 
ausgezeichnet. 

—  Am  3.  Februar  1.  J.  zu  Krakau  Hr.  Dr.  Adolf  Lewicki,  Di- 
jeetor  der  Normalschule  am  Kazimicrz,  als  Verfasser  mehrerer  im  Drucke 
erschienener  philosophischer  Monographien  bekannt. 


Vierte  Abtheilung. 


Miscellen. 

Programme  österreichischer  Gymnasien  und  Real- 
schulen am  Schlüsse  des  Schuljahres  18^%^. 

(Fortsetzung  von  Uft.  I  des  Jahrg.  1860.  8.  78  ff.) 

I.   Abhandlungen   philologischen  und  linguistischen 
'  Inhaltes. 

4.  Über  den  sogetutnnien  Notninälivui  aösoiuiu»  bei  TAucpdides. 

(Äbhaudlg.  von  Wenzel  Kloudok,  im  Programm  des  k.  k.  Obergym- 
nasiums zu  Leitmeritz.  1859.)  —  In  sehr  ausführlicher  Weise  be- 
spricht der  Hr.  Vf.  (auf  14  enggedruckten  Quartseiten)  eine  Reihe  von 
Stellen  in  Thucydides ,  die  ihm  unter  die  Classe  der  Nominativi  ^b- 
soluti  zu  fallen  scheinen.  Dm  den  Slandpunct  des  um.  Vf.'s  dieser  Frage 
gegenüber  zu  präcisieren,  können  wir  nicht  besser  verfahren,  als  indem 
wir  die  von  ihm  gegebene  Eintbeilung  der  als  Nom.  abs.  von  ihm  be- 
trachteten Fälle  folgen  lassen,  und  dann  das  untersuchen,  was  er  über 
einzelne  Stellen  vorbringt. 

«Die  Stellen ,  in  denen  Thuc.  ein  Partie,  im  Nom.  ab&  gebraucht 
zu  haben  scheint,  zerfallen  in  zwei  Glassen:  entweder  treten  zwei  Nom., 
der  eine  mit  einem  präd.  Part,  versehen,  in  ein  Appositionsverhaltnis 
neben  einander,  oder  es  findet  bei  der  Beziehung  des  Nom.  eines  Subst. 
und  dazu  gehörigen  präd.  Partie,  oder  eines  blofscn  präd.  Partie,  auf 
den  Hauptsatz  eine  Auakoluthie  statt.  Für  erstcrcn  Fall  liefert  unser 
Auetor  eine  ziemliche  Anzahl  von  Beispiclon,  welche  hier  zuerst  be- 
sprochen werden  sollen.» 

«Wir  finden  nämlich  Sätze  bei  Thuc,  wo  zwei  Nom.  zu  dem 
Verbum  vorkommen,  deren  einen  ein  Prädicatspart.  begleitet.  In  solchen 
Sätzen  herrscht  zwischen  den  beiden  im  Nom.  erscheinenden  Begriffen 
das  Verhältnis  des  Theiles  und  des  Ganzen  appositionel  ausgedrückt. 
Dieses  Verhältnis  lässt  seiner  Natur  nach  zwei  Mauptcombinationen  seiner 
Elemente  zu ,  wonach  sich  auch  die  hieher  gehörigen  Beispiele  in  zwei 
schärf  getrennte  Hauptgruppen  ordnen,  indem  entweder  der  den  Theil 
darstellende  Nom.  zu  dem  des  Ganzen  in  Apposition  steht,  in  welchem 
Falle  das  Verbum  des  Satzes  fast  durchgeheuds  mit  dem  letztern  con- 
gruiert,  oder  umgekehrt  der  Nomin.  des  das  Ganze  bezeichnenden  Be- 
griffes dem  des  Theilbegriffes,  auf  welchen  sich  dann  das  Tempus  fini- 
tum  der  Aussage  bezieht,  als  Apposition  beigesellt  ist.  In  jeder  dieser 
Gruppen  hat  man  Nomin.  abs.  doppelter  Art  zu  unterscheiden,  je  nach- 


MiftcelleD.  143 

dem  entweder  der  Nöm.  des  Theiles  oder  der  des  Ganzen  mit  dem 
präd.  Part  verbunden  neben  dem  andern  Satznominative  al«  absolute  Gon- 
stniction  angesehen  werden  muss.* 

Man  vergebe  uns  die  Länge  dieser  wörllicben  Anfuhrung;  allein 
es  war  nothwendig,  den  Verf.  selbst  reden  zu  lassen;  es  ist  auch  zu«- 
gleich  das  sicherere.  Dass  wir  diese  mühsame  Einiheilung  für  reine  Sache 
der  Liebhabereirausehen  müssen,  wird  uns  niemand  verdenken;  liegen 
ihr  doch  rein  zufallige  Momente  zu  Grunde.  Denn  ob  der  Theil  zum 
Ganzen,  oder  umgekehrt,  Apposition,  und  welcher  Theil  das  Particip  hat, 
das  ist  rein  äufserlich,  die  Sache  selbst  bleibt  dieselbe.  Die  Sache, 
aber,  wie  wir  sehen  werden,  ist  nicht,  wie  der  Hr.  Vf.  sagt,  der  Nom. 
absol.,  sondern  einfach  die  Apposition,  wie  er  es  ja  selber  gleichfalls 
sagt.  Der  Verf.  nämlich  läugnet  zwar  im  Anfang  der  Abhandlung,  dass 
der  Nom.  abs.  etwas  absolutes  sei,  will  ihn  aber  doch  wieder  als  etwas 
besonderes  darstellen,  und  wir  werden  auf  den  Punct  gleich  kommen» 
wo  sich  dieser  Widerspruch  grell  genug  darstellen  wird. 

Begonnen  wird  vorläufig  mit  Thuc.  5,  4,  2.  ABOvtipoir  ya^  noUtag 
XB  ixgy^dipavto  noHovgj  xal  o  d^iiog  t^v  y^y  inüfOH  avaSa€a9a&, 
Obwohl  der  Verf.  im  Ganzen  (wie  ja  auch  nicht  anders  möglich)  die 
Stelle  richtig  versteht,  so  verdreht  er  doch  sogleich  den  einfachen  Sach- 
verbalt durch  die  Behauptung,  der  zweite  der  beiden  Sätze,  der  mit  tuiI, 
sei  als  der  Grund  der  logisch  wichtigere  (der  Verf.  gebraucht  nämlich, 
wo  andere  von  *  Sinn'  und  *  Gedanken'  sprechen,  immer  die  Ausdrucke 
logisch  und  Logik),  und  dass  die  Eutwickeluog  des  Inhalts  lehre, 
hactoi  sei  in  logischer  Beziehung  als  das  Uauptsubject  auch  des 
ersten  Satzes  zu  denken.  Wir  wissen  nur  soviel  aus  der  Stellung  des 
fB  nach  Asovtivoi,  dass  dieses  als  Subject  für  beide  Satzglieder  bei- 
uibehalteQ  Absicht  des  Schriftstellers  war,  die  erst  im  zweiten  GUcde 
sich  änderte:  Hauplsubject  kann  also  nur  ABomüpoi  sein,  und  o  9^fL0g 
ist  nur  das  genauer  bestimmte  Abovxivoi  ;  über  die  relative  Wichtigkeit 
aber  der  beiden  Sätze  sind  keine  Betrachtungen  anzustellen,  die  Con«* 
stnictioD  selbst  macht  es  unnöthig. 

Denselben  Fehler  begeht  der  Verf.  bei  der  Besprechung  von  Thuc. 
1,2,1  in  einer  Anmerkung:  tpaivita^  yccQ  17  vvp  'EHicg  nalovitipiii 
ov  natui  ßBßaimg  oUoviiivfj,  aXXä  iiBtcevaatacBig  tB  ovaai  ta  n^otsga 
xal  f^düog  i%aatoi  ttjv  iavtmv  inolBiuovtBg,  «Auch  hier,'  sagt  der 
Verf.,  «berechtigt  die  Verbindung  der  beiden  Glieder  durch  xb-imU  die 
Worte  %%aa%oi'inBXBinov  (wo  steht  das?)  als  Angabe  des  Grundes  der 
Aussage  alXa  ptetavaataastg  ^cav  (?)  zu  subordinieren.*  Das  ist  in  der 
That  wunderbar:  die  Verbindung  durch  xb-imU  berechtigt  zur  Subordi- 
nation! Uns  dünkt,  sie  schlösse  dieselbe  geradezu  aus. 

Doch  jetzt  kommt  erst  die  Hauptsache.  Das  waren  ja  bisher  noch 
keine  absoluten  Nominative,  fehlte  doch  das  prädicative  Parüeip.  Dies 
folgt  nun  oder  vielmehr  seine  Genesis  soll  beobachtet  werden.  Thuc. 
4,  110,  2  heifst  es:  of  Sl  n^daaovxBg  cevtiß  (rtß  BQcccid^)  BldotBg,  oti 
fliot,  xal  TtQOBl^ovxBg  xivlg  avtav  id^QU  oUyoi  hfJQOvp  x^p  ngoi/o-^ 
iop  ....  Ober  die  Umänderung  des  Satzes  in  oT  d'^  nQaatrovxfg  avxip 
tldoxsg  oxi  {Jiot  ixtjQOvv  x-^v  nQoaodov  xal  nQO^i96v  xivBg  avxmp 
lod^a  oUyoi,  wodurch  der  Satz  formel  dem  zuerst  behandelten  5,  4,  2 
gleich  werde,  ist  nicht  viel  zu  sagen;  formel  ist  er  nicht  gleich,  denn 
es  fehlt  XB,  logisch  nicht,  weil  5,  4,  2  der  Satz  des  Thucydides  ganz 
einfach  und  verständig,  die  Dmwandelung  des  Hrn.  Vf.'s  aber  ein  sehr 
unlogisches  Belieben  ist. 

Die  Willkür,  die  sich  der  Verf.  hier  erlaubt,  geht  in  der  That 
in's  Unglaubliche.  Was  ist  doch  einfacher  als  das  xa/  der  Thucydi- 
deischen  Stelle :  sldoxBg  nak  nQO$l^vxBg !  Aber  nein :  nicht  die  Parti- 
cipia  werden  miteinander^   sondern  t^pig  tiixwv  oUyoi  mit  n^aüC^V' 


144  Miscellen. 

tig  coordiniert!  und  das  nQoiifx^cd'ai  wird  von  ihnen  in  Gestalt  eines 
prädic.  ParL  ausgesagt.  Die  Conjunction  nai  aber,  welche  hier  nicht 
zwei  verschiedene  Begriffe  verbindet,  sondern  den  Theil  seinem  Ganzen 
anreiht^  empfangt  vermöge  dieser  naturlichen  Beziehung  der  vcrknupflen 
Glieder  scheinbar  die  Kraft  einer  oxplicativen  Partikel.*  Mit 
solchen  Künsten  erörtert  der  Verf.  die  einfachsten  Stellen  der  Welt. 

«Wenn  nun  das  explicative  xa^ .  (kurz  vorher  noch  war  es 
nur  scheinbar  explicativ)  zwischen  den  beiden  in  der  angegebenen 
Weise  als  Subjecte  einer  Handlung  fungierenden  Begriffen  wegfällt,  und 
alsOy  was  auch  allein  ihrem  logischen  (!)  Verhältnisse  angemessen 
ist,  der  Theilbegriff  dem  Ganzen  nicht  mehr  durch  eine  Conjunction 
beigeordnet,  sondern  unmittelbar  als  Apposition  nebengeordnet  wird,  so 
bekommen  wir  jene  oben  bezeichneten  Fälle  der  Nominat.  absolut...,' 
Die  ganze  Nichtigkeit  dieser  Erklärung  wird  vielleicht  dem  Hrn.  Verf. 
Mclbst  einleuchten,  wenn  er,  wie  wir  ihm  dringend  ratheu.  eine  kleine 
Änderung  in  der  Stelle  4,  110,  2  vornimmt,  nämlich  sldotsg  weglässt: 
of  Sl  nQaccopteg  ait(ß  nQOsX&ovteg  t^vhg  aitmv  oXCyoi  itiiQOVv  t^v 
TtQOCodop.  Es  zeigt  sich  dann ,  dass  gar  kein  explicatives  ntU  auszu- 
fallen braucht,  um  die  Stelle  ganz  eleichartig  mit  1,  49,  4  at'Attinul 
v^8g  ....  fuixVS  ^^  ov%  ^QZ^^  ^sdioztg  ol  ctQcttriyol  ....   zu  machen^ 

Von  den  weiterauf  S.  5  vorkommenden  Folgerungen  und  der  Polemik 
gegen  Wentzcl's  Schrift  über  denselben  Gegenstand  brauchen  wir  keine 
weitere  Notiz  zu  nehmen;  Seite  6  kommen  ein  paar  andere  ähnliche  SCcUen, 
die  der  Verf.  nicht  näher  bespricht,  nur  über  4,  58  spricht  er  sich  kurz 
aus:  tlta  xal  ot  SXXoi  IkxsXiatai,  ivvsX^ovteg  ig  ViXap  ano  nacmv 
tmv  Ttolsav  ngBoßeig^  ig  Xoyovg  %axiaxriaav  aXli^Xotg.  «In  dieser  Ge- 
stalt verdanken  wir  die  Stelle  der  richtigen  Interpunction  Böhme's;  nach 
der  alten,  die  das  erste  Komma  hinter  riXttv  setzt  (so  noch  Krüger), 
klingt  die  Apposition  etwas  zu  naiv.*  Sehen  wir  aber  nach  dem  unter- 
schiede vorläufig,  KO  finden  wir  nichts,  was  die  Bezeichnung  naiv  (doch 
wol  hier  'kindisch')  rechtfertigen  könnte.  Nach  Böhmo's  interpunction 
kann  nur  gemeint  sein:  'indem  Gesandte  aus  allen  Städten  zusammen- 
kamen,' nach  der  alten  Interpunction: 'indem  sie  zusammenkamen,  von 
allen  Städten  Gesandte ;'  dies  klingt  nun  Hrn.  Klouöek  zu  naiv ;  leider 
ist  es  aber  das  einzig  richtige,  wie  sich  aus  dem  Vergleiche  mit  den 
andern  Stellen  ergibt  ^xcltoora»  bleibt  so  lange  Subjcct,  als  keine  Be- 
schränkung eintritt,  bleibt  es  also  auch  noch  für  ivviX96vxsg\  erst  bei 
ano  nacäv  noXstav  drängt  sich  die  Nothwendigkeit  einer  genauem  Be- 
schränkung auf.  Sollte  das «  was  Böhme  meint,  erreicht  werden ,  so 
müsste  man  schreiben  ^vveX^vteg  ot  n^iaßng  eig  FiXav  ano  n,  n. 

In  einer  Anmerkung  bespricht  hierauf  der  Verf.  eine  Stelle,  in 
welcher  ihm  der  Nomin.  abs.  auf  der  «zweiten  Vorstufe*  seiner  Ent- 
wickelung  stehend  erscheint.  Es  ist  .3.  102,  1  ysvofisvoi  {EvQvXoxog  tm 
otgatm)  dh  iv  ty  Navnantiot  xal  oi  AltmXol  afia  fjdrj  nQoapeßori9'fi%o- 
tig  id^ovv  tfiv  yijv  xal  to  ngodatsiov  axBlxiatov  ov  stXov.  Eine  schwie- 
rige Stelle;  hören  wir  Hrn.  Kloucek.  «Ich  erkläre  diese  Stelle.*  sagt  er 
S.  6  der  Abhandlung,  «so,  dass  ich  das  aus  dem  vorausgehenden  hinter 
ysvoiisvoi , » . ,  Nttvna%r£qi  zu  ergänzende  oi  fista  EvqvXoxov  als  dan 
erste  Subject  von  id^ovv  durch , den  mit  dem  prädicativen  nQoaßißori» 
dijxore«  versehenen  und  mittels  %ai  «^  quidetn^  daran  gereihten  Nom. 
ot  AltmXoit  welcher  in  jenem  Plural  inbegriffen,  wie  der  Theil  zum 
Ganzen  sich  verhält,  appositionel  beschränkt  werden  lasse.*  So  sieht 
nach  Hrn.  Kloucek's  Ansicht  ein  Nom.  absol.  im  zweiten  Stadium  seiner 
Entwickelung  aus.  Im  Subject  von  y€v6[ttvoi  ist  bereits  ot  AltmXol 
begriffen,  und  doch  soll  jenes  Subject,  zugleich  Subject  von  Id^ow, 
durch  AlxtßXoi  beschränkt  werden.  Dabei  ist  erstens  nicht  wahr, 
dass  o(  AlxmXol  in  ot  Ev^vX6%ov  inbegriffen  ist,  es  koinmt  vielmehr 


MisceUen.  145 

cfii  hinso;  sweileoSf  und  das  ist  vom  eraten  die  Folge,  kann  es  nicht 
beidiriDken,  sondern  nur  erweitern,  kann  auch  kein  Theil  vom  Ganzen 
Mia.  Die  Stelle,  wie  sie  vorliegt,  zwingt  aber  gewissermafsen  zur  rieh- 
bin  AnffftMUng.  £ine  vereinte  Auffassung  der  beiden  Participia  ftvo- 
pBU  und  MQO^ßBßofidipiittg  ist  unmöglich ;  man  muss  daher  sie  ein- 
idn  aullaaseii.  Einzeln  gefasst  gibt  jedes  Parlicip  mit  dem  Hauptverb 
Tcrbmden  eine  richtige,  oder  besser,  uns  fassbare  Construction ;  da  sie 
na  beide  auch  noch  zu  id^ow  in  ganz  gleichem  Verhältnisse  stehen,  so 
iit  in  Griechischen  nicht  das  geringste  Bedenken  gegen  ihre  Verbin- 
dsi«;  und  löst  man  beide  Part  in  Zeitsätze  auf,  so  zeigt  sich  auch  im 
Deutschen  kein  Anstofs.  Von  einem  Nomin.  absol.  aber  im  wie  vielten 
Stadius  immer  der  Entwickdung  zu  reden,  ist  ein  völliges  Verkehren 
der  grammatischen  Verhältnisse. 

So  wie  bei  der  sben  behandelten  Stelle  Kruger,  so  wird  Böhme 
bei  der  Besprechung  von  4, 101,1  getadelt;  dieser  Gelehrte  findet  näm- 
Ikk  einen  Nominal,  absol.  in  den  Worten:  oC  dh  noXXol  anovotuTtig 
«Uoietff^f  ifhamo  titg  fpmiutg  aXXmg  ts  xal  ßgafV  f^^  'A^vaimv 
IffwltMtiop  %6  dh  9Ut9¥  ivyL^ixzov.  «Der  erste  Blick,»  wir  führen 
4ie  eigenen  Worte  des  Vf.'s  au,  «lehrt,  dass  die  Stelle  mit  jenen  Fällen 
pr  nichts  in  thun  habe.  Es  liegt  uns  hier  auch  kein  Nom.,  son- 
4ftnk  wie  die  Anknüpfung  durch  SXXmg  %9  %al  und  die  Gegenüberstel- 
lasg  der  beiden  den  ganzen  Inhalt  des  Begriffs  ot  woXXoi  erschöpfenden 
filicder  ß^^x^  'A/^^ptUmv  und  zo  wXHov  vermittels  fkiv  und  9i  zur  Evi- 
4cBS  darthun,  ein  Accus,  absol.  vor.'  Hier  hat  der  erste  Blick  den  Hrn. 
Vfff.  gewaltig  irre  geführt  und  die  folgenden  Blicke  haben  den  Irrthum 
iichl  gnt  gemacht.  Die  Gründe  dafür,  dass  fynoXixwov  Accusativ  ist, 
»iad  ganz  neu  und  eine  genauere  Auslührung  derselben  wäre  wünschens- 
weith.  Wie  die  Sachen  jetzt  stehen,  wird  in  aXXmg  xi%ai  und  in  [kiv 
ii  kein  Philologe  den  evidenten  Beweis  für  den  Accus,  abs.  finden. 
%ir  verweisen  den  Hrn.  Verf.  auf  ein  Beispiel,  das  er  in  seinem  Krüger 
Siden  wird:  aiShß  voiU[m  avd(fl  aXXmg  xs  %al  aQ%ovxi  naXXiov 
Jmu  «njfMt  etc.  Dies  wird  ihm  beweiHen ,  dass  die  Übereinstimmung 
Mihwendig  ist,  also  iianoXixivov  Nominativ.  Dass  es  Neutrum  ist, 
Nllle  ihn  nicht  zu  der  Verwechselung  mit  Fällen  wie  nQOCff^op  etc.  ') 
Terleitel  haben,  man  kann  sich  ja  statt  noXXoi  nXij^og  oder  statt  ßgcexv 
iUyoi>  denken  und  hätte  dann  Thucydides  oder  Hr.  Klouick  geschrieben: 
iXlmg  X9  «ad  oX^yovg  A9.  iianoXixevovxagl  Von  dem,  was  der  Hr.  Vf. 
über  i^iw  and  di  schreibt,  will  ich  nichts  reden,  man  muss  dergleichen 
Irfen,  um  zu  glauben,  dass  es  jemanden  überhaupt  einfallen  kann. 

Nicht  glücklicher  ist  der  Hr.  Verf.  in  der  Erörterung  der  Stelle 
t.  M,  tt  %9Ctui  d\  ^  KifpaXXjiiißia  maxa  'Anagpaviap  %al  Aivnada 
fKfcsoicff  oisa  JlctXfjg  K^atpioi  Za^aZoi  TlQOPaioi,  Wir  sehen  unH 
hier  wieder  gezwungen  wörtlich  zu  eitleren :  Es  soll  hierin  ein  unechter 
Kon.  absol.  stecken.  «Zu  dem  Ende  fasse  ich  die  Worte  xizganoXig 
•M«,  wie  man  zu  sagen  pflegt,  ano  noivov,  indem  ich  sie  sowohl  für 
das  Sohject  ij  Kt^,  als  für  die  Nom.  IlaXijg  etc.  als  Prädicat  gelten 
Uase,  und  deu  so  gewonnenen  Nom.  absol.  xiXQunoXig  oicu  IluX^g  etc. 
la  der  esplicaliven  Bedeutung  PaiemibHM,  Craniit . . .  kanc  ieirapoUm 
tßtiaiMm$.*  Dergleichen  wäre  zum  Lachen ,  wenn  es  nicht  eine  sehr 
trasrigc  Seite  hätte.  Was  mag  sich  der  Hr.  Verf.  wol  unter  einem  ano 
isirsv  (wie  man  zu  Nagen  pflegt)  denken?  oder  von  einem  Nom.  abs., 
4er  zugleich  imo  uotvav  i^tY  Dann  fügt  der  Verf.  hinzu,  die  Verbin- 
teg  mfcsoliff  oica  FlaXtig  erweise  sich  nach  Anschauung   und  nach 

')  Aurh  in  diesen  Fällen  wie  irgoarinov  ,  /£oy,  do^av  vir,  Hind  \i  ir 
überzeugt.  da^K  appositionrile   Nominative  vorliegen. 


14ft  Miscellen. 

gyntaktiseher  Form  ganz  Tbuoydideiseli  —  naeh  (hm  vorausgehentleii 
gewiss  ein  sehr  swcifelhaftes  Gompliment. 

AHein  der  Wunder  ist  noch  kein  Ende  —  als  Nomin.  absot.  wird 
auch  (wer  sollte  es  denken!)  8,25,2  erklart:  Mtli^aioi  dh  iitX96vr$g 
uvToits.  ..Kcd  oC  (Uta  ;i;«Xiu^ia>ff  iX96vtsf  TleXonoinnjinoi  xai  Tiüüa- 
^qnfOVf  ti  iiViTiop  inixovQinov  %al  avthg  Tiaoatpigpiig  sror- 
Qwp  wd  fi  tnnog  avxw  ^wi^alB  xotg  'A^vaioig.  «Wer  diesen  Satt 
mit  Bedacht  liest,  dem  durfte  die  Goordinierung  des  xal  aitog  Ti66. 
nrngdv  mit  den  übrigen  Theilen  der  den  Athenern  gegenüberstehenden 
Sireitmacht,  zumal  aber  die  sonderbare  Reihenfolge  der  letzten  drei  Glie- 
der nicht  wenig  auffallen.*  (Dass  nämlich  Tiss.  mitten  unter  seiner 
Ueeresmacht  genannt  wird.)  «Dieser  Anstofs  ist  behoben,  wenn  man  die 
Worte  xai  avtog  Ticc.  nagdv  mittels  Beistrichen  als  absolute  Nomina- 
tivconstruction  von  dem  übrigen  trennt*  Nebenbei  setzt  der  Hr.  Verf. 
voraus,  Tissaphernes  habe  in  der  Schlacht  commandiert.  Man  wäre, 
wenn  man  das  eben  angeführte  liest ,  versucht  zu  glauben ,  der  Hr.  Vf. 
treibe  mit  seinen  Lesern  Sehers.  Wir  haben  hier  fünf  OKeder ,  welche 
die  Zusammensetzung  eines  Heeres  angeben,  zwei  durch  xB-waC  verbun- 
den, zeigen  das  griechische  Element  avtöite  %id  ot  iista  %.  6,  Ilil^ 
dann  kommen  drei  durch  nai  verbundene,  die  das  barbarische  Heer 
angeben,  die  Söldner  des  Tissaphernes,  Tissaphernes  selbst,  und  seine 
Reiter  *).  Hier  findet  ein  bedachtiger  Leser  Anstofs,  und  glaubt  «durch 
ein  par  Beistriche*  eine  Gonstruction  —  doch,  misbraucben  wir  das 
Wort  nicht ,  eine  Verwirrung  hineinzubringen ,  der  nicht  einmal  der 
Schatten  eines  Grundes  unterliegt.  Was  der  Verf.  weiter  über  die  Stelle 
spricht,  wollen  wir  übergehen ;  auch  was  derselbe  über  den  Cnterschied 
von  Nom.  und  Gen.  absol.  sagt,  ist  nichtig. 

Der  Verf.  kommt  nun  zur  zweiten  Nebengruppe  der  auf  einem 
appositionetlen  Verhältnisse  des  Theiles  zum  Ganzen  beruhenden  Nom. 
absol.;  die  Irrthümer  (der  Leser  wird  ihre  Wurzel  längst  erkannt  haben) 
sind  dieselben,  nämlich  der  Verf.  will  eine  Gngenauigkeit  des  Ausdrucks, 
eine  Unbestimmtheit  der  Vorstellung  in  seinem  Auetor  mit  aller  Gewalt 
auf  eine  Gonstruction  zurückführen ,  und  in  diesem  widerspruchs- 
vollen Streben  schreckt  er,  wie  wir  gesehen  haben,  vor  dem  aben- 
teuerlichsten nicht  zurück.  Und  diese  Gonstruction,  deren  eigentliche 
Existenz  er  in  der  Einleitung  geläugnel  hat,  dringt  er  dem  Auetor  an 
möglichst  viel  Stellen  auf.  Das  merkwürdige  dabei  ist,  dass,  wo  er  das 
grammatische  bei  Seite  lassend,  nur  den  eigentlichen  concreten  Sach- 
verhalt, das,  was  vorgeht,  darlegt,  er  meistentheils  richtig  urtheilt, 
während  die  ReduCierung  auf  die  Grammatik  (um  die  es  sich  aber  hier 
eben  handelt)  so  vollständig  verfehlt  ist 

Indem  wir  nun  die  Gharakteristik  dieser  Nebengruppe  übergehen, 
wollen  wir  sogleich  die  Art  in  Betracht  ziehen,  wie  der  Verf.  das  erste 
Beispiel,  das  er  bringt,  erörtert.  I,  100,  3  heifst  es:  inl  dh  Zr^ftova 
xfyi^apttg  (die  Athener)  fikV(f£ovg  o^xifropaff  avtnv  xb  xol-  xmv  {vf^ 
ffka%atv  vno  xovg  avxovg  xQ^^ovQj  ^g  ol%i.ovvTBg  tag  toxB  naXovfii- 
vag  *Evi^4a  i^vg^y  vvv  Sh  'AiKpinoXiv,  ttSv  fthv  'Epvia  hdmv  avxol 
inQ§ixfi<fap,  .  ,  nQOBXd'OvxBg  Sh  xrjg  Bganr^g  ig  f^Büoyauxv  dBB^aQTiüOP 
iv  jQoßi^ifKm  4  .  .  vno  tmv  BganSv  ^vi^navtsg.  Es  ist  klar,  dass  hier 
dre  Athener  in  der  Stadt  und  die  der  Golonie  nicht  geschieden  sind; 
dazu  trägt  nalürlich  noch  der  gemeinschaftliche  Gegensatz  beider  gegen 
die  fremden  Golonisten  tmv  |vfifMf%a>fr  bei,  und  da  ohuavpxBg  unver- 
meidlich auf  'A9^va^oi  allerdings  mit  den  athenischen  Golonisten  zu- 
sammengcfasst  zu  beziehen  ist,  so   folgt,  dass  Krüger   ganz   recht  hat, 

■)  Wir  verweisen   Hrn.  kl.    für   die   Verbindung   xB-naUnaUtiid  auf 
Prot.  329  D,  321  C. 


MigeeUen.  I47 

W6DD  er  aitoi  eben  dahin  bezieht ;  es  kann  gich  darin  eigentlich  nur 
derselbe  Gegensatz  wiedersplegelo ,  der  bereits  in  ttvrcSr  vt  Mtl  vm 
i^pfuixmp  liegt;  aitoi  bezeichnet  in  unbestimmter  Allganeinheit  die 
Athener  und  somit  auch  die  athenischen  Colonisten.  Das  Gegenstück 
daio  ist  iiSpmarttg,  wie  nothwendig  zu  achreiben.  Bei  dorn  n^at§i9 
wird  begreiflicherweise  nur  der  Athener  gedacht»  der  Untergang  aber 
wtf  allen  gemeinsam. 

Weit  anders  der  Hr.  Verf.  der  vorliegenden  Abhandlung.  Ohne  tu 
denken,  dass  das  naehdnicksvoUe  aitoi  nur  den  Gegensatz  der  Athener 
gegen  die  untergeordneten  Mitcokmisten  ausdrucken  kann»  erklart  er  es 
als  die  e/iii|se^es  im  Gegensatz  zu  den  Ttifkffmvteg  i  das  musste  aber 
evf«»  heiben.  So  erklart  er  denn  ('A^^vidoi)  Mipi^img  fiir  einen 
Nom.  absoL,  was  unbegreiflich  ist  bei  der  Ailmahlichkeit,  mit  der  dieser 
Begriff  verschwindety  eine  Allmahlichkeit,  die  er  selbst  anerkennt. 

Es  ist  übrigens  zu  bedauern»  dass  der  Hr.  Verf.,  wie  wir  bereits 
erwähnt  haben,  trotz  der  Ausführlichkeit,  mit  der  er  vorliegenden  Ge- 
genstand behandelt,  doch  eigentlich  sich  nicht  ausspricht,  in  welchem 
Verhältnisse  seine  Laugnung  der  Existenz  eines  abaoL  Nom.  in  den  ein- 
leitenden V^orten  zur  versuchten  Nach  Weisung  desselben  an  so  videa 
Stellen  sieht  Demi  was  er  über  die  zunächst  behandelte  Stelle  sagt, 
ist  mit  Ausnahme  der  umiöthigen  Annahme  eines  Nomin.  absnL  im 
Ganzen  riehtig.  Freilich  begeht  er  auch  hier  den  Fehler,  das  voraus- 
gehende Subject  einer  nachfolgenden  Beschränkung  zu  Liebe  su  igno« 
rierea  Was  Cerner  den  von  ihm  angenommenen  Dnterschied  von  einem 
Gen.  absol.  betrifft,  so  verweisen  wir  ihn  auf  die  einfochen  Home- 
risehen  Verse: 

Wir  möchten  den  Hru.  Vf.  fragen,  ob  nach  dem,,  was  er  so  gewiss  be- 
baaptet,  bei  oxartav  sich  die  Handlung  (hier  also  der  Zustand)  eines 
Subjeets  unmittelbar  als  adverbialer  Nebenumstand  der 
Baupthandlung  darstellt,  in  ftoikiwn  aber  die  Nehenhand« 
In ng  mittelbar  durch  ihr  zugleich  als  daa der  Handlung  des  Haupt- 
Terbs  auftretendes  Subject  auf  diese  adver biel  bestimmend 
wirkt.  Die  Griechen  hatten  wahrlich  besseres  zu  Ihun,  als  solche 
Dnterschiede  auszudrücken. 

Thuc.  6,  74,  1  ot  91  (die  Gegenpartei  der  Athener  in  Messene) 
tovg  te  ttvd^oee  Si&p&Hifuv  nffottQOv  xol  xots  ctuciaf^OTCsg  «od  h 
osioAff  optBg  hfSKQatovv  ^ij  Öiiacd-iu  tovg  *A^9uiovg  ot  Tavva  fov- 
lofifflrM.  Hier  begegnet  dem  Verf.  wieder  ein  eigenthümliches  Misge- 
schick,  or  tttvra  ßovXoiiLBvoi  muss  wieder  beschränkende  Erklärung  sein, 
denn  der  Act  der  AusschlieCsung  gegen  die  Athener  geht  von  der  ganzen 
Bevölkerung  aus.  Leider  vergisst  er  dabei  insx^tovv.  Das  hei  (st  doch 
wol  *sie  setzen  durch,'  durchzusetzen  pflegt  man  aber  gegen  einen  Wider« 
stand,  hier  gegen  den  Widerstand  offenbar  der  athenisch  Gesinnten.  Gegen 
diese  konnten  aber  nur  die  syrakusisch  Gesinnten  stehen;  folglich  ist 
9t  xavK€C  ßovlofnvoi  nicht  beschränkend,  sondern  epezegetisch.  Ober 
9%m€i4^n9  möge  sich  endlich  Hr.  Rlouiek  nicht  beunruhi^n^.  wie  von 
der  ganzen  Stadt,  so  wird  es  auch  von  den  Parteien  gesagt.  Und  wie 
es  von  den  Parteien  gesagt  wird,  so  kann  es  auch  von  einer  gelten». 
In  dieser  Beziehung  verweisen  wir  auf  die  Lexika.. 

Was  nun  herauskommt,  wenn  man,  wie  wir  bereits  bemerkt  haben, 
Ungenauigkeiten  des  Ausdrucks  zu  Constnictionen  stempeln  will,  zeigt 
am  besten  die  gleich  zunächst  behandelte  Stelle  3>  SU,  2:  ig  ovv  to«. 
'A^vceg  ftif^aTSig  ot  xwß  Ätopxivmv  ivpkfi>a%oi  lunu  xb  n«Xaia9 
ivfipa%ücp  «tfl  Ott  "impsg  ^üap  mUtovoi  tovg  'A^ipruloffg  m^^^Ihxi  €^la^ 
99tvg.    Hier  fühlt  sich  der  Hr.  Verf.  genöthigt  ni^ipttmH  ot  ivi^iM%oi 


148  Miseellen. 

1Ü8  Nominat.  absol.  su  nebmeD:  warum?  erstens,  weil  Thucytlideg  uns 
das  Subject  ot  Aeopttvoi  supplieren  lässt,  und  unter  atpici  «können 
offenbar  nur  die  Leontiner  gemeint  sein.'  Das  ist  denn  allerdings 
etwas  arg,  es  ist  geradezu  mutbwillig  dem  unzweideutigen  Sachver- 
halte in's  Gesicht  geschlagen;  denn  ütpiai  ist  unzweifelhaft  toig  xmv 
A.  iv^a%oiq.  Und  der  Verf.  sagt  noch  in  der  Anmerkung,  die  Athiener 
führten  Krieg  nicht  von  Leontini  aus,  sondern  aus  Rhegion,  d.  h.  fi^ra 
tüv  ivfkpLdx(oPf  also  mussten  sie  wol  die  Schiffe  dorthin,  nicht  nach 
Leontini  schicken ,  das  ja  nicht  so  nahe  am  Meere  lag ,  dass  Schiffe 
ohne  Landtruppen  wirksame  Hilfe  gewesen  wären.  Zweitens ,  weil^  in 
dem  folgenden  Satze  vno  yi^  xmv  Zvq.  t^g  te  f^g  sÜQyowto  «tl.  man 
gezwungen  Ist  an  die  Leontiner  zu  denken.  Was  hat  aber  in  aller  Welt 
dieser  ganz  unabhängige  Satz  für  ein  Recht  den  vorausgehenden  zu  be- 
stimmen, der  von  diesem  gar  nicht  abhängt?  Obrigens  scheint  diesem 
wunderlichen  Einfalle  noch  ein  weiteres  Misverständnis  zu  Grunde  zu 
Hegen. 

Immer  begegnen  wir  einem  willkürlichen  Auldrängen  dieses  oiler 
jenes  Hintergedankens,  immer  lenkt  der  Verf.  von  dem  ab,  was  die 
Stelle  unzweideutig  zu  bieten  scheint.  So  wird  auch  4,  49  behandelt: 
näk  innifiifavrig  KoQiv^iovg  avtol  'Aiut^pdvBg  ino  naptmp  i€%09 
x6  %m^Cov,  aGewiss  denkt  jeder,  der  das  vorhergehende  gelesen,  bei 
innifLfpuptig  angekommen,  als  Subject  noch  die  Nom.  *A^v€iiöi  lurl 
'Aiutif  v&vBg*  (diese  hatten  gemeinschaftlich  den  Platz  erobert).  Dies 
wäre  jedenfalls  voreilig  gedacht  $  jeder  wird  vielmehr  zurückhalten  ; 
wenn  er  aber  dann  *A%a^vuv^g  hört  oder  liest,  so  müssle  er  in  der 
That  ein  sonderbarer  Kauz  sein,  wenn  er  sich  noch  einbildete  A^vaioi 
%al  'AnaQpäveg  seien  Subject.  Nach  des  Hrn.  Vf. 's  Theorie  könnte  dann 
überhaupt  kein  Subjectswechsel  eintreten,  ohne  dass  man  um  der  allzu- 
grofsen  Gedankenschnelligkeit  des  Lesers  vorzubeugen,  gleich  zu  allem 
Anfange  das  neue  Subject  setzte. 

Kleinlich,  aber  der  ganzen  bisher  von  uns  verfolgten  Auffassungs- 
weise des  Hrn.  Vf. 's  angemessen  ist  es,  wenn  er  6,  61,  2  xal  yaQ  ttc 
ntttl  ev^aTMc  Aanidtufkovlmv  ov  noXXii  itv%B  xcrra  xov  %€Lif^ov  zovxov 
,,,pkixQi  Tov  la^pLOV  xu^BMovaa  x^og  Boianovg  xi  n^aaaomBg  zu 
n^aaüovxBg  aus  Actniäaifkovinv  den  Nomin.  plur.  ergänzt  wissen  will. 
Ks  wäre  auch  in  der  That  entsetzlich ,  wenn  man  sagen  wollte  «das 
Heer  stand  im  geheimen  Einverständnisse...* 

6,  114,  I,  wo  es  heifot:-  «die  Heerführer  der  Athenischen  Truppen 
vertheilten  die  Omwallung  der  Hauptstadt  von  Melos  nach  den  Städten 
unter  sich,*  ergänzt  der  Verf.  einen  Plur.  Der  Grund  dafür:  weil  an 
zwei  andern  Stellen  (eigentlich  einer}  die  eine  2,  78,  1  konnten  wir 
nicht  finden)  dislofievot  sich  aufs  Heer  bezieht.  Der  Verf.  schliefst 
also  auf  folgende  Weise:  beides  ist  möglich  (denn  dass  die  directe 
Auffassung  unmöglich  wäre,  kann  er  nicht  sagen);  dies  eine  findet 
sich  nun;  also  ist  nur  das  eine  möglich.  Man  muss  noch  dabei  er- 
wägen, dass  es  ausdrücklich  heifst  ot  ar^ari^yol  avtmv. 

In  dieser  Weise  fährt  der  Verf.  noch  auf  zwei  Seiten  fort,  wir 
wollen  ihm  hier  nicht  weiter  folgen,  sondern  nur  noch  in  kurzen 
Worten  die  Ausführlichkeit  rechtfertigen,  mit  der  wir  eine  Schrift  erörtert 
haben,  die  wir  lieber  unbesprocheu  gelassen  hätten.  Ein  Programm 
nämlich,  wie  das  vorliegende,  charakterisiert  den  Schreiber  in  doppelter 
Hinsicht:  in  wissenschafllicher  und  paedagogischer.  Wenn  wir  auch 
hoffen  wollen,  dass  der  Hr.  Vf.  seine  Schüler  mit  Erklärungen,  wie  die 
hier  gegebenen,  nicht  heimsucht,  so  können  wir  nicht  glauben,  dass  der- 
selbe von  syntaktischen  Verhältnissen  sonderlich  klare  Begriffe  hat. 
Ebenso  wenig  scheint  er  sich  klar  zu  sein ,  wie  man  bei  der  Interpre- 
tation von  Schriftstellern  zu  verfahren  hat    Der  Hr.  Verf.  versteht  dem 


Misoellan.  149 

auadracklich  ausgesprochenem  lum  TroUe,  was  ihm  eben  beliebt,  auf 
deo  einfachen  Grund  hin^  dass  es  sosein  könnte,  vertauscht  Subjecte, 
bebt  den  Zusammenhang  der  Gonstructton  auf,  oft  mit  einer  staunens- 
werthen  Ongeniertheit  Wahrend  ferner  der  Anlang  der  Abhandlung 
glauben  macht,  der  Verf.  beabsichtige  danulegen,  wie  der  Nom.  absol. 
nicht  absoluta  sondern  eigentlich  doch  nur  ein  gewöhnlicher  Nominativ 
ist^  und  in  der  Weise  eines*  solchen  steht,  so  macht  er  gerade  im  wei* 
tem  Verlauf  sehr  viele  Nominative  xu  absoluten.  £r  schildert  zwar  (wie 
schon  oben  gesagt)  mehrmals,  z.  B.  S.  8  das  Verhältnis  zweier  Nominative^ 
von  denen  der  spatere  den  vorausgehenden  pracisiert,  richtig,  alleia 
wunderbarerweise  kommt  er  doch  immer  wieder  zum  Schlüsse  auf  deu 
Nominativ  absolutus  zurück;  nirgends  spricht  er  das  Richtige  aus, 
dass  der  Nomin.  eben  nicht  absolut,  sondern  nur  das  Subject  in 
doppelter  Gestalt  vorhanden  ist;  vielmehr  sucht  er  überall  den  Nomi- 
nativ, statt  ihn  in  die  Fügung  aufzunehmen,  zu  trennen.  Freilich 
kommen  hiezu  noch  FiUle,  wo  die  Construction  von  dem  Um.  Vf.  ganz 
und  gar  verkannt  und  in's  unmögliche  verzerrt  wird. 

Wir  sehen  in  der  vorliegenden  Abhandlung  ein  Verfahren,  das 
von  einer  objectiven  Auffassung  weit  entfernt  ist.  Einfachheit  der  Auf- 
fassung und  Darstellung  sind  aber  nolhwendige  Eigenschaftea  ohne  die 
ein  Lehrer  nur  sehr  verderblich  wirken  wird;  denn  leider  gewohnt  die 
Jugend  sich  an  nichts  leichter  als  an  das  gezwungene,  unnatürliche;  der 
Gegensatz  des  phantastischen,  ungewöhnlichen  zu  dem  einfachen,  wirk- 
lichen, d.  i.  wahren,  hat  für  sie  einen  gefahrlichen  Reiz.  Ihuptptlicht 
des  Lehrers  ist  es  nun  diesem  entgegenzuwirken;  es  ist  dies  eines  der 
wichtigsten  Bildangsmittel ;  der  Geist  wird  geschärft  und  bereichert, 
indem  er  auf  Rathen,  auf  eigene  Gebilde  verzichtend,  im  fremden  Objecto 
suchen  und  combinieren  lernt,  verbildet  und  entkräftet,  wenn  er  sich 
gewöhnt,  den  äulsem  Gegenstand  zu  einem  Zerrbilde  seiner  eigenen 
Gedanken  zu  machen;  Phantasterei  war  und  ist  überall  leichter,  als 
objective  Auffassung. 

Wir  können  also  nach  dem  vorliegenden  dem  Verf.  nur  rathen 
mit  der  Behandlung  der  weitem  Fälle  des  Nomin.  absol.  entweder  ein- 
zuhalten oder  einen  Weg  einzuschlagen,  der  von  dem  bisher  von  ihm 
betretenen  ganz  abweicht. 

Wien.  A.  L  u  d  w  i  g. 


IL  Abhandlungen  mathematisch-naturwissenschaftlichen 

Inhaltes. 

2.  Der  Weinbau  in  Siebenbürgen,  (Abhdig.  von  Johann  Fabi  ni, 
im  Programm  des  evangcl.  Gymnasiums  A.  C.  zu  M  e  d  i  a  s  c  h^  — 
Eine  vortreffliche  Abhandlung,  die  sich  ebenso  sehr  durch  die  schöne 
Behandlung  des  Stoffes,  als  durch  die  reiche  Zahl  naturwissenschaft- 
licher, historischer  und  statistischer  Daten  auszeichnet.  —  Der  Hr.  Vf. 
bringt  in  dem  1.  Abschnitt  seiner  Arbeit  (der  II.  Abschnitt  ist  für  das 
nächste  Progranun  versprochen)  nach  einer  sehr  anziehend  geschriebenen 
Einleitung ,  die  durchaus  stilistische  Gewandtheit  und  Bclesenheit  zeigt, 
einiges  Gulturgeschichtliche  über  den  Wein  im  allgemeinen  und  dann 
speciel  über  den  Weinstock  und  Wein  in  Siebenbürgen ;  hierauf  in  einer 
Weinchronik  die  Quantität,  Qualität  und  den  Preis  des  Weines  vom 
Jahre  1501  bis  auf  unsere  Zeit  so  vollständig,  als  es  die  mit  beharr- 
lichem Fleilse  aufgesuchten  spärlichen  Quellen  gestatteten ;  endlich  das 
wichtigste  über  die  geographische  Verbreitung  des  Weinstocks  und  eine 
Reihe  von  Tabellen  über  die  gesammte  Weinproduction  Siebenbürgens, 
«•St*«W{ft  f.  J.  5«uty.  oyMM«-  iseo.  II.  Haft*  ^  ^ 


150  MiscoUoD. 

die  das  Erträgnis  sammllicher  alphabetisch  und  nach  Kreisen  geordneten 
Orte  für  die  Jahre  1847  und  1863  enthalten.  Jeder  dieser  Paragraphe 
zeigt,  dass  der  Hr.  Vf.  mit  alier  Lust  und  mit  allem  Ernste  seine  Auf- 
gabe zu  lösen  beflissen  war,  und  erwägen  wir,  wie  viele  interessante 
Daten  darin  für  die  Vaterlandskunde  geboten  sind,  so  können  wir 
dem  Hm.  Vf.  zur  Wahl  seines  Thema's  nur  Gluck  wünschen.  Die  vor- 
liegende Arbeit  lässt  auch  mit  Recht  hoffen;  dass  der  Hr.  Vf.  den  ver-» 
sprochenen  II.  Abschnitt  in  gleicher  Weise  gründlich  behandeln  werde 
und  da  in  demselben :  die  Natur  und  Behandlung  des  Weinstockes  —  die 
einheimischen  Rebensorten  und  die  Weinbereitung  besprochen  werden 
soll,  so  wird  uns  der  Hr.  Vf.  vielleicht  Dank  wissen,  wenn  wir  ihn  auf 
das  fleifsig  gearbeitete  Werk:  «Der  Weinbau  der  Römer'  von  Dr.  Adolf 
Fried.  Magerstodt  (Sonderhausen,  A.  Eupel,  1868)  aufmerksam  machen. 
Auch  bitten  wir  ihn  seiner  heurigen  Arbeit,  die  er  selbst  nur  als  einen 
«ersten  Schritt  auf  ungebahntem  Wege*  bezeichnet,  alle  später  gewon- 
nenen Ergänzungen  und  Verbesserungen  folgen  zu  lassen. 

3.  ßber  den  Zusammenhang  der  fbrüchreUefidem  Steifen  des 
PflitnAnreiches,  (Abhdig.  von  Ladislaus  äclakowsky,  im  Programm 
des  k.  k.  Gymnasiums  zu  Komotau.  1869.)  —  Der  Hr.  Vf.  hat  sich 
ein  schwieriges  Thema  gewählt  und  insofern  gewiss  seine  Aufgabe 
richtig  erfasst,  als  er  das  Programm  benutzte  seine  Studien  auf  dem 
Gebiete  der  Pflanzen-Physiologie  darzulegen.  Ein  Umstand ,  der  um  so 
mehr  Anerkennung  verdient,  als  noch  immer  viel  zu  häußg  in  den  Pro- 
grammen Arbeiten  geliefert  werden,  die  bei  sehr  untergeordneter  Selbst- 
forschung Gompilationen  aus  einem  Material  enthalten,  womit  nur  dem 
Gymnasial-Schuler  etwas  zu  Nutz  und  Frommen  geboten  werden  soll. 
Ist  gleichwol  in  manchen  Fällen  auch  der  Schüler  im  Auge  zu  behalten, 
so  ist  doch  das  ausschliefsliche  Arbeiten  für  denselben  aus  der  Tendenz 
der  Programm-Abhandlungen  ausgeschlossen  und  es  ist  wiederholt  in 
diesen  Blättern  der  wesentliche  Zweck  dieser  Arbeiten  in  Erinnerung 
gebracht  worden. 

Der  Hr.  Vf.  der  vorliegenden  Arbeit  stellt  sich  insofern  auf  einen 
selbständigen  Standpunct,  als  er  den  fortschreitenden  Entwickelungsgang 
der  Pflanzen  von  den  niederen  zu  den  höheren  Pflantcnformen  durch 
Vergleichung  ihrer  Organisation,  mit  Berücksichtigung  der  Übergangs- 
formen, darzustellen  versucht  Man  sieht,  dass  der  Hr.  Vf,  Schieiden s, 
Kützing's  und  Hofmeister's  Werke  fleifsig  studiert  hat,  vermisst  aber  da- 
gegen die  Benützung  der  neueren  physiologischen  Arbeiten  von  ünger, 
Reissek  u.  a.,  wohl  aber  nimmt  man  die  Kennzeichen  einer  Schule  wahr, 
welche  die  Lehre  von  der  Generatio  aeguivoca  aufrecht  hält.  So  spricht 
der  Hr.  Vf.  von  einer  Urzelle,  mit  der  das  organische  Einzelwesen 
beginnt,  von  einer  freien  Zellenbildung  durch  chemische  Vorgänge, 
weist  den  Algen  unter  den  Thallophyten  den  höchsten  Platz  an  und  sieht 
in  zu  vielem  einen  den  Thieren  analogen  Generationswechsel.  Diese 
Partien  der  Abhandlung  machen  uns  den  Eindruck ,  als  seien  sie  dem 
Hrn.  Vf.  nicht  ganz  klar  geworden.  Alles  übrige  zeigt,  wie  schon  er- 
wähnt, von  einem  sehr  lobenswcrthen  und  fleifsigen  Studium  und  lässt  wün- 
schen,* dass  der  Hr.  Vf.  auf  dem  von  ihm  betretenen,  interessanten  Ge- 
biete fortarbeiten  möge.  Wir  glauben  nicht  zu  irren,  wenn  wir  anneh- 
men, dass  der  Hr.  Vf.  nicht  in  seiner  Muttersprache  schrieb,  denn  der 
Ausdruck  leidet  namentlich  zu  Anfang  der  Abhandlung  an  einer  eigenen 
Härte  und  hie  und  da  an  einer  Unklarheit,  die  sonst  nicht  zu  erklären 
wäre;  z.  B.  «in  der  beobachteten  Mannigfaltigkeit  der  buntesten  Natur- 
erscheinungen,' «Wissenschaft  der  Organismen,*  fljextrcmcn  zwei  grofson 
Gruppen*  u.  s.  w.;  selbst  der  Titel  der  Abhandlung  erscheint  uns  nicht 
als  ganz  gut  gewählt.  Der  Druckfehler  wollen  wir,  als  unverschuldeter 
Fehler,  nicht  gedenken. 


ist 

4.  Die  VegeiütkmmerkäHwiue  wm  NemmM  Felerwmnim  (AbMI. 
TOD  Peter  Hamp,  im  Programm  der  Offeoll.  OoterreaUckale  in  Neu- 
saii.  1859.)  —  lo  eioem  Programm  vom  kleinslen  Format,  mit  einem 
Drucke,  den  wir  nur  noch  in  Büchern  de«  vorigen  Jahrhunderts  hinig 
sehen,  finden  wir  unter  obigem  Titel  einen  entsprechenden  Animts  yfm 
eilf  Seiten.  Gerne  hüten  wir  über  dieses  Programm  geschwiegen,  wenn 
es  uns  nicht  als  Pflicht  erschiene,  durch  einfache  Dariegnng  too  Thai- 
sachen gar  SU  argen  VerstöCsen  in  den  Programm-Abhandlungen  enl- 
gegensuarbeilen.  Der  Hr.  Vf.  ist  Lehrer  der  Naturgeschichte  und  der 
deutschen  Spradie,  einOmstand,  der  uns  nöthigt,  twei  Seiten  mner 
Arbeit  zu  bdeucbten,  damit  er,  was  wir  von  flenen  wünsehen,  durch 
unsere  Bemerkungen  von  weiteren  Arbeiten  nicht  abgeschreckt,  son- 
dem  krallig  aufgemmitert  werde,  diesen  seinen  beiden  Bichtnngen  alle 
Sorgfalt  xuinwenden. 

Der  Hr.  Vf.  gibt  anünglich  eine  kurze  Schilderang  der  Bodenge- 
staltung  seines  Gebietes,  mit  der  wir  uns  zufrieden  stellen  wurden,  wenn 
er  nicht  ausdrücklich  in  seinem  Schlusssatze  für  seine  Arbeit  den  Tilel 
einer  meteorologisch-phaBiiologischen  in  Anspruch  nähme.  Dazu  Cehle« 
aber  nicht  nur  siehere  Angaben  über  den  Lufidrack,  den  Peuchtigkeitt- 
grad  und  die  Temperatur  der  Atmosphäre,  sondern  alles  andere,  was 
die  Meteorologie  fordert,  und  sehr  viel,  was  zur  Phenologie  gehört  So 
genügt  es  s.  B.  nicht  für  irgend  einen  Monat  ein  par  Blümc^n  aufini- 
zahlen ,  ohne  tu  sagen ,  wann  sie  aufgeblüht  sind.  Es  ist  doch  gewiss 
nicht  gleichgiltig,  ob  Galantbus  nivalis  am  ersten  oder  letzten  März  auf- 
blüht! Dnvierseihlieh  aber  ist  es,  wenn  ein  Lehrer  der  Naturgeschichte 
an  einer  Realschule  die  harmlosesten  Gewachse  unter  den  Giftpflanzen 
aufzählt,  wie  z.  B.  Nymphaea  alba  und  lutea,  Delphininm  consofida, 
Chelidonium  majus,  Hepatica  triloba,  Caltha  palustris  o.  s.  w.,  überhaupt 
scheint  es,  dass  der  Hr.  VI  alle  Banunculaceen  für  giftig  hält 

Was  endlich  den  Stil  anlangt,  so  müssen  wir  leider  sagen,  dast 
das  Naturstudium  den  «stilistischen  Gedankenansdruck*  des  Hrn.  Vf.'s, 
was  er  90  warm  befürwortet,  noch  nicht  lur  Reinheit  gebracht  hat, 
s.  B.  «die  schlanke  Staude  des  Mais.'  «CxcnrBionen.  bei  weicher  Ge- 
legenheit vorhanden  ist,  an  der  Hand  eines  zweckmäfsigen  Unterrichtes, 
zur  Kenntnis  unseres  grolsen,  herrlichen.  —  aber  in  seiner  Bodenge- 
staltung  so  verschiedenen  Gesammtvaterlandes*  u.  s.  w.  Ohne  allen 
Zusammenhang  ist  der  Satz  auf  S.  4 ,  der  mit  «dieser  Hügelzug*  an- 
fangt, zu  salbungsvoll  klingt  der  ganze  Schlnss  auf  S.  10  und  11,  und 
endlich  sollte  der  Hr.  VI  nicht  unbescheiden  seine  Arbeit  als  eine  An- 
regung zu  meteorologisch-phänologischen  Beobachtungen  bei  seinen  Col- 
legen  «im  österreichischen  Kaiserstaat*  betrachten. 

Die  Druckfehler  sind  fast  zahllos.  Die  Schreibweise:  Fisik,  Geo- 
grafio,  Kalligrafie  u.  s.  w.  im  zweiten  Theil  des  Programms  int  uns 
selbst  entsetzlich,  überhaupt  aber  wol  wenig  zu  rechtfertigen. 

&  Oöer  die  Pktmerogamem-Ftora  van  ßUtrUx,  (Abhandig.  von 
Michael  Herzog,  im  Programm  des  cvang.  Gymii.  daselbst.  18d9.)  — 

6.  VerteUhnis  der  phaneroffamen  PßoHxen  ,  weiche  im  der  Ge- 
gend von  Brixen  wild  waekten,  (Abhdig.  von  Gregor  Bachicchner, 
im  Programm  des  k.  k.  Gymn.  zu  Brixen.  1859.)  — 

7.  Synopsis  der  in  der  Umgegend  van  Krem»  wild  wacksenden 
Phanerogamen.  (Abhdig.  von  A.  Thema nn,  im  Programm  des  k.  k. 
Gymn.  zu  Krems.  1859.)  — 

8.  Rimaswmbal  virAnpa.  Fäbry  Jänos,  länariöl.  (Im  Programm 
des  protestantischen  Gymnasiums  zu  RImaszombat  1859.)  —  Vier 
Arbeiten;  die  insofern  in  ein   und    dieselbe   Kategorie  gehören,   als  sie 

II* 


152  Miscellen. 

einfache,  mehr  oder  weniger  vollständige  Aufsählungen  der  Pflanzen  aus 
den  Floragebieten  der  Herren  Vf.  enthalten,  und  die  wahrscheinlich  zu- 
nächst, wie  diefs  auch  bei  einer  dieaer  Zusammenstellungen  bestimmt 
ausgesprochen  ist,  als  Hifsmittel  für  die  Schüler  dienen  sollen.  Die 
beigefügten  Bemerkungen  sind  meist  von  untergeordnetem  wissenschaft- 
lichen Werthe  und  sind  nur  in  dem  ersten  (4)  und  letzten  (7)  Pro- 
gramme derart,  dass  man  sich  annäherungsweise  eine  Vorstellung  von 
den  Boden-  und  Vegetationsverhältnissen  machen  kann.  Die  der  Flora 
von  Rimaszombat  beigcgebonen  Tabellen  über  die  1868—59  gemachten 
meteorologischen  Beobachtungen  und  über  das  1859  vergleichsweise 
frühere  Erscheinen  und  Entfalten  charakteristischer  Gewächse  sind  im- 
merhin ein  Beweis  ,das8  der  Hr.  Vf.  die  grofse  Bedeutung  solcher  Beob- 
achtungen kennt,  aber  sie  sind  denn  doch  nicht  einmal  in  der  Form 
gegeben,  wie  sie  z.  B.  heutzutage  sogar  von  den  Wiener  Zeitungen  unter 
der  Rubrik  «i meteorologische  Beobachtungen*  gegeben  werden.  Notierung 
des  Luftdruckes  und  des  Wärmegrades  ist  noch  keine  für  den  Botaniker 
mafsgcbende  meteorologische  Beobachtung ,  besonders  wenn  es  sich  um 
Gegenden  handelt,  die  noch  wenig  genau  bekannt  sind.  Indessen  kennen 
wir  recht  gut  das  mühevolle  solcher  Zusammenstellungen  und  wissen 
daher  gewiss  auch  das  verdienstvolle  daran  zu  würdigen,  müssen  aber 
jedenfalls  wünschen,  dass  diese  Mühe  nicht  nur  den  Schülern  einer 
Lehranstalt,  sondern  auch  den  Botanikern  des  ganzen  Kaiserstaates  frucht- 
bringend werde.  So  würde  ein  sorgfältiger  Vergleich  der  Local-Flora 
mit  der  bekannten  und  genau  beschriebenen  Flora  eines  gröfseren  Ge- 
bietes zu  der  Beobachtung,  bestimmter  Pflanzenformen  führen ,  sei  es 
nun,  dass  sie  da  als  stereotyp,  oder  nomadisch  oder  als  Ruderal-Pflanzen 
auftreten;  man  wird  femer  finden,  inwieferne  das  Vorkommen  gewisser 
Gewächse  an  gewisse  Verhältnisse  gebunden  ist  und  auch  der  Pflanzen- 
geographie nothwendig  alle  Aufmerksamkeit  zuwenden.  Selbst  des  Mafs- 
stabes  wird  sich  ein  nach  allen  Seiten  hin  sorgfältig  beobachtender  Bo- 
taniker mit  Vortheil  bedienen;  denn  es  ist  gewiss  nicht  uninteressant 
zu  erfahren,  dass  an  einem  Orte  eine  Pflanze  9— -10'  hoch  wird,  wäh- 
rend sie  an  einem  anderen  Orte  kaum  die  Hälfte  dieser  Höhe  erreicht. 
Das  Messen  der  Dicke  und  Höhe  groCser  Räume  ist  gleichfalls  werthvoli 
und  die  Bestimmung  ihres  Alters  von  Bedeutung  für  die  Kenntnis  des 
Pflanzenlebens  im  Allgemeinen.  Kurz,  es  gibt  vieles,  wodurch  so  eifrige 
Botaniker,  als  die  Herren  Vf.  sind,  den  Werth  ihrer  mühevollen  Arbeiten 
erhöhen  können  und  wir  zweifeln  nicht,  dass  wir  in  der  Folge  aus 
ihren  Programm-Arbeiten  ein  reiches  Material  für  die  Wissenschaft  ge- 
winnen werden. 

Wien.  Karl  R.  Heller. 


(Disem  Hefle  sind  fünf  Beilagen,  eine  kritische  und  vier  literarische, 
heigegeben.) 


B  c  i  1  a  ir  c 

zur 

Zeilschrin  fär  die  ö^terreicliisciitii  GymnaMen. 

(XL  iahrgaog,  IL  Heft.) 

Enl^e^DQiig 

aaf  Herrn  A.  Gernertb's  Kritik  meines  Lehrbuches   der  Algebra  für 
Obef-Gymnasien  und  Ober-Eealsehulen. 

In  dem  ersten  Hefte  dieses  Jahrganges  der  österr.  Gymn.  ZiKhr. 
ist  eine  Kritik  meines  Lehrbuches  der  Algebra  fiir  Ober-Gynnasieo  und 
Ober-Realschulen  von  A.  Gemerth  enthalten. 

Niemals  kam  mir  der  Gedanke  bei,  mein  Lehrbuch  fiir  ei  u  makel- 
loses Werk  xu  halten,  an  welchem  sieh  keine  Schwächen  aufBndcn  lieben ; 
ich  bin  vielmdir  von  dem  Vorhandensein  derselben  üest  uberxeugt  und 
fühle  mich  jedem  meiner  Herren  GoUegen  tu  grofiea  Danke  verpflichtet, 
wenn  er  mir  in  einem  aufrichtigen  Drtheile  über  genanntes  Buch  die  in 
demselben  aufgefundenen  Fehler  mitlheilt.  Auch  werde  ich  gewiss  nieht 
ermangeln,  bei  einer  etwaigen  xweilen  Auflage')  gegründete  Ausstel- 
lungen SU  behenigen.  Ausstellungen  jedoch,  welche  nicht  nur  grundlos 
sind,  sondern  an  sich  Unrichtigkeiten  enthalten,  weise  ich  entschie- 
den surück.  Um  A.  Gemerth's  Kritik  ist  in  manchen  Puncten  nicht 
stichhaltig.  Dass  dies  sich  wirklich  so  verhalt,  will  ich  in  fügendem 
nachweisen  und  überlasse  das  ürtheil ,  auf  welcher  Seile  das  Recht  ist, 
den  geehrten  fachkundigen  Lesern  dieser  Zeitschrift« 

1.  Seite  70  sagt  Hr.  Gemerth,  dass  .die  Definition:  «Multiplicleren 
heilst ,  das  Product  aus  einem  Factor  auf  dieselbe  Weise  bilden ,  wie 
der  andere  Factor  aus  der  positiven  Einheit  entstanden  gedacht  werden 
kann,*  nicht  allgemein  giltig  sei.  «Dass  diese  Erklärang  keine  allgemein 
gilligc  sei,*  sagt  Hr.   Rcc,    «leuchtet   ein;   denn  nach   ihr  wäre    nie 

\/ T.  >/F—  4,  wohl  aber  wäre  V/T-  \/ S"—  V  8  v^  «!*  Bei  Anfiih- 
ruDg  dieses  Beispieles  scheint  Hr.  Gerncrlh  nicht  daran  gedacht  su  ha- 
ben, dass  (wie  aus  der  Gleichung  y/a.  y/b «  \/ ab  folgt)  die  Mullipli- 
cation  zweier  Radicale  mit  demselben  Wurzelexponenten  identisch  i»t 
mit  der  Multiplication  der  Radicande  unter  dem  gemeinschaftlichen 
Wurzelzeichen ;  und  ist  dann  für  die  Multiplication  der  Radicande  unter 
dem  gemeinschaftlichen  Wurzelzeichen  die  angefuhrte__Definition  der 
Multiplication  nicht  giltig  ?    Da  der  Ausdruck  \/2Tv8  identisch  ist  mit 


')  Bei  dem  Cmstande,  dass  dieses  Buch  bereits  in  Troppau  mit  Be- 
willigung des  hohen  k.  k.  Ministeriums  fu^  Cultus  und  Unterricht 
als  Schulbuch  eingeführt  Ist,  und  von  mehreren  Lehranstalten  um 
Einfuhrang  desselben  gebeten  wurde,  durfte  die  zweite  Auflage 
am  Anfange  des  nächsten  Schuljahres  su  Stande  kommen. 


\/«.8,  60isl\/2.\/8  =\/2.8  =  \/8+8  -  \/l6-  4,  nie  aber 
>/8V2!! 

Hr.  Roc.  meint  ferner,  dass  die  angeführte  DcGnition  der  Mutti- 
plication  nur  darum  erfunden  sei,  um  den  Satz  -^ay^  —  b^  +  aö 
bewältigen  zu  können.  Diese  Ansicht  kann  ich  unmöglich  als  richtig 
gelten  lassen.  Sagen  wir:  «multipli eieren  heifst,  eine  Zahl  so  vielmal 
als  Posten  setzen,  als  eine  andere  Einser  enthSlt,'  so  ist  nach  dieser 
Definition  z.  B.  5X4  =  5  +  5  +  5  +  5;  da  aber  4  =  1+1+1+1, 
so  wird  hier  aus  5  offenbar  auf  dieselbe  Art  das  Product  gebildet,  wie 
4  aus  der  positiven  Einheit  entstanden  ist,  und  es  sagen  mithin  beide 
Definitionen  genau  dasselbe,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  die  vom 
Hrn.  Rec.  verpönte  Definition  auf  die  Entstehungs weise  der  Zahlen  aus 
der  positiven  Einheit  eingeht  Dadurch,  dass  die  von  Hrn.  Gernerth  an- 
gegriffene Definition  das  in  der  einfacheren  Definition  enthaltene  auf  eine 
in  die  Entstohungsweise  der  Zahlen  eingehende  Weise  darstellt,  ge- 
winnt sie  allgemeine  Giltigkcit  Es  ist  diese  Definition  keine  Erfindung 
der  Mathematiker  zur  Bewältigung  des  Theoremes  —  öX  —ö^^^  +  aö, 
sondern  ein  Ergebnis  des  Bestrebens,  die  in  der  allgemeinen  Arithmetik 
vorkommenden  verschiedenen  Multiplicationsfalle  unter  einen  Gesichts- 
punct  zusammenzufassen ,  was  nur  dadurch  gelingen  konnte, 
dass  man  auf  die  verschiedene  Entstehun  gs  we  ise  der 
Zahlen  aus  der  positiven  Einheit  eingieng. 

2.  Auf  Seite  70  sagt  Hr.  Rec.  t  «Den  Satz :  a^Factoren ,  in  jeder 
Ordnung  multipliciert,  geben  dasselbe  Product**  (S.  95),  durch  Mul- 
tiplication  von  Polynomen  beweisen  zu  wollen,  scheint  uns  an  und  für 
sich  bedenklich.*  Die  Grunde,  warum  dies  an  und  für  sich  be- 
denklich sei,  sind  mit  Stillschweigen  übergangen,  und  doch  wfire  es 
zur  Belehrung  der  Leser  nicht  uninteressant  gewesen,  diese  Gründe  zu 
vernehmen. 

5.  Seite  71,  Z.  7  und  6  v.  u.  wird  mir  der  Vorwurf  gemacht, 
dass  ich  über  die  imaginären  Wurzelgröfsen  den  Stab  gebrochen,  sie  in 
das  Reich  der  wesenlosen  Schatten  verwiesen  habe.  Abge- 
sehen von  dieser  Recenscntenfloskel,  so  habe  ich  dadurch,  dass  ich  das 
Rechnen  mit  imaginären  Gröfscn  ausführlicher  behandelte ,  als  dies  in 
den  meisten  Elemcntarbüchern  zu  geschehen  pfiegt,  einen  schlagenden 
Beweis  dafür  gclicff^rt,  dass  ich  die  imaginären  Gröfsen  nicht  in  das 
Reich  der  wesenlosen  Schatten  verbannt,  sondern  sie  für  sich  sehr  wich- 
tig gehalten  habe.  «^Mit  demselben  Rechte  kann  der  Herr  Verfasser  auch 
die  negativen,  gebrochenen  und  irrationalen  Zahlen  für  eingebildete  oder 
unmögliche  erklären.*  Welche  Stelle  in  meinem  Buche  dem  Hrn.  Rec. 
zu  dieser  Äufscrung  Veranlassung  gab,  ist  mir  nicht  bekannt.  Hr.  Ger- 
nerth hat  sich  auch  wohl  gehütet,  zur  Belegung  seiner  Ansicht  eine 
Stelle  anzuführen.  Hr.  Rec.  verweist  mich  bezüglich  der  imaginären 
Gröfscn  auf  «das  in  dieser  Zeitschrift  zu  wiederholten  Malen  (nämlich 
von  ihm)  gesagte.*  Eine  solche  Aufserung  klingt  (gründe  gesagt)  etwas 
anmafsend,  namentlich  von  einem  Manne, derauf  dem  literarischen  Gebiete 
noch  nicht  so  gewichtige  Leistungen  aufzuweisen  hat,  so  dass  man  sich 
veranlasst  sehen  müsste,  auf  seinen  Ausspruch  schon  darum,  weil  er 
von  ihm  herrührt,  ein  besonderes  Gewicht  zu  legen.  Ilr.  Gernerth  be- 
denke, dass  ich  kein  Compendium  der  Algebra,  sondern  ein  Lehr- 
buch der  Algebra  für  Ober-Gymnasien  und  Ober-Real- 
schulen geschrieben  habe,  dass  in  einem  solchen  Lchrbuchc  nur  das 
über  die  Natur  und  Bedeutung  der  imaginären  Gröfsen  gesagt  werden 
konnte ,  was  zum  Verständnisse  der  Rechnungsoperationen  mit  solchen 
Gröfscn  unumgänglich  notbwendig  ist  In  die  Natur  und  Bedeutung  der 
imaginären  Gröfsen  näher   einxugehen,   ist  nicht  Sache   des  malhema- 


tischen  Onterrichte«  am  Gymnasium  oder  der  Realschule,  es  muss  dies 
nolhwendig  den  Vorlesungen  an  der  Universität  oder  der  Technik  vor- 
behalten bleiben.  Der  taktvolle  i'aedagoge  wird  seinen  Schülern  niehl 
sein  gesammtes  Wissen  mittheilen  wollen,  sondern  den  Stoff  so  xu  wäh- 
len verstehen,  dass  nur  der  Fassungskraft  der  Schuler  zugängliche; 
vorgenommen  wird.  Es  kann  daher  die  Anfertigung  eines  Lehrbuches 
dem  Verfasser  nicht  Gelegenheit  bieten,  ein  Compendium  seines  ge- 
sammten  Wissens  an  den  Tag  zu  fordern,  und  Hr.  Gemerlh  meine  ja 
nicht,  dass  das  in  meinem  Lehrbuche  aber  imaginäre  Gröfsen  gesagte 
der  Inbegriff  aller  meiner  Kenntnisse  bezuglich  dieses  Gegenstandes  sei, 
oder  dass  ich,  wenn  ich  den  Schülern  das  auf  der  letzten  Seite  meines 
Lehrbuches  stehende  vorgetragen  habe ,  denselben  nichts  weiter  mehr 
zu  sagen  vermöchte.  Hr.  Gernerth  weise  mir  eine  unrichtige  Stelle  über 
imaginäre  Gröfsen  in  meinem  Lehrbuche  vor! 

Nun,  wenn  der  Hr.  Rec.  diefs  nicht  vermag,  so  gehen  wir  zum 
vierten  Punct  über;  hier  will  ich  nachweisen,  dass  Hr.  Gernerth  un- 
richtiges geschrieben  hat,  das  er  gewiss  gerne  ungeschrieben  und  nament- 
lich ungedruckt  machen  würde,  wenn  es  nur  halbwegs  möji^lich  wSre. 
Allein  iUera  teripta  mtmei,  und  so  hat  sich  Hr.  Gernerth  (gelinde  ge- 
sagt) etwas  lächerlich  gemacht. 

4.  Seile  7%,  Z.  It  v.  o.  heifst  es :  «Der  Herr  Verfasser  sagt  ganz 
allgemein:  ««In  jeder  richtigen  Proportion  verhält  sich  die  Summe  oder 
Differenz  der  Vorderglieder  zur  Summe  oder  Differenz  der  Hinlerglieder, 
wie  jedes  Vordcrglied  zu  seinem  Hintergliede."    Nun  ist 

3fl.  >6fl.  -2flr:4G 
eine  richtige  Proportion,  folglich  wäre  nach  dem  obigen  Satze 
(3  fl.  ±  t  ff)  !  («  fl.  ±  4  Ä)  -  8  n. :  «  11.!» 

Diese  Proportion  hat  Hr.  Gernerth  erfunden ,  um  die  Allgemeinheit 
des  obigen  Satzes  auf  eine  schlagende  (mich  lächerlich  machende)  Weise 
zu  widerlegen,  und  dennoch  behaupte  ich  (Hr.  Gernerth  dürfte  dies 
vielleicht  etwas  kühn  finden),  die  mit  dem  Ausrufungs zeichen 
vom  Herrn  Recenscnten  ausgeschmückte  Proportion  ist 
ganz  richtig!  *)  

Lehrer.   Was  ist  eine  Proportion? 

Schul  er.  Eine  Proportion  ist  die  Verbindung  zweier  gleicher  Verhält- 
nisse durch  das  Gleichheitszeichen. 

Lehrer.  Welche  Verhältnisse  heifscn  gleiche  Verhältnisse? 

Schüler.   Diejenigen,  welche  gleiche  Exponenten  haben. 

Lehrer.  Wenn  Du  also  untersuchen  willst,  ob  eine  Proportion  richtig 
ist,  wie  wirst  Du  dies  beginnen? 

Schüler.  Ich  werde  die  Exponenten  der  beiden  Verhältnisse  bestimmen; 
sind  diese  einander  gleich,  so  ist  die  Proportion  richtig ,  im  ent- 
gegengesetzten Falle  unrichtig. 

Lehrer.  Untersuche  die  Richtigkeit  der  Proportion  (3  fl.  +  t  Ä)  : 
(6  fl.  ±  4  ff)  »  3  fl.  :  6  fl. 

Schüler,   (schweigt). 

Lehrer.   Bestimme  den  Exponenten  des  ersten  Verhältnisses. 

Schüler,  (zögert  mit  der  Antworl). 

Lehrer.  Nun  vergleiche  doch  das  Hinterglicd  mit  dem  Vordergliede 
etwas  genauer. 

Schüler,   (schweigt  noch  immer). 


')  l]m  allen  Mis Verständnissen  vorzubeugen,  erkläre  ich,  dass  die 
obige  Proportion  3  11.  :6fl.  «»2ff:4ff  nicht  in  meinem  Lehr- 
buehe  vorkommt.  Hr.  Gernerth  hat  dieselbe  ersonnen ,  um  mich 
zu  widerlegen. 


Gegenbemerkung. 

DJo  Eigcnlhümlichkcit»  mit  welcher  Hr.  A.  Decker  einige  Be- 
merkungen meiner  Besprechung,  auf  die  ich  verweise,  als  unrichtig 
darslelll,  veranlasst  mich  zu  folgender  Erwiderung: 

Ad.  1.  Das  hier  gesagte  beruht  auf  einem  mir  unbegreiflichen 
Misverständnisse  von  Seite  des  Hrn.  Gegners.  Er  übersieht,  dass.  wenn  die 
von  ihm  aufgestellte  Definition  «für  alle  Fälle  giltig''  sein  soll,  wie  er 
behauptet,  die  Gleichung  \/«.  \/ b^  s/'ab  ebenso  eine  Conscqucnz 
derselben  sein  müsste,  wie  es  die  Gleichung  —«X  — ^  =  +  0^  ist. 
fibrigens  verweise  ich  von  den  vielen  Lehrbüchern^  in  welche  die  rich- 
tige Auffassung  des  Gegensatzes  der  Zahlen  bereits  Eingang  gefunden 
bat,  den  Hrn.  Gegner  nur  auf  Dr.  Wittstein 's  Lehrbuch  der  Aritli- 
metik;  Hannover,  1846,  und  auf  die  lehrreiche  Abhandlung  Dr.  Strüm* 
^pelTs:  «Einige  Bemerkungen  zum  Unterrichte  in  der  Elementar-Arith- 
metik,  besonders  rücksichtlich  des  Gebrauchs  der  negativen  Gröfscn*. 
welche  sich  im  Oetober-  und  Novemberhefto  1856  von  Mager 's  päda- 
gogischer Revue,  8.  2!£7— 246  befindet. 

Ad  2.  Den  fraglichen  Satz  durch  Multiplication  von  Polynomen 
beweisen  zu  wollen,  scheint  mir  deshalb  an  und  für  sich  bedenk- 
lich, weil  er  sich  einzig  und  allein  nur  mit  Hilfe  des  Grundsalzes : 
Posten,  in  jeder  Ordnung  summiert ,  geben  dieselbe  Summe ,  beweisen 
lässt.  Jeder  andere  Beweis  für  diesen  Satz  ist  kein  Beweis,  sondern 
eine  Ertchleicbung  Der  Beweis  des  Hrn.  Gegners  ist  eine  solche,  und 
zwar  eine  sehr  auffallende  und  offenherzige,  was  er  auch  einsieht,  weil 
er  für  ihn  nicht  in  die  Schranken  tritt. 

Ad  3.  Zu  der  «Reconsentenfloskel,'  wie  der  Hr.  Gegner  sich  aus- 
drückt, bin  ich  berechtigt,  da  er  S.  90  seines  Lehrbuches  (in  dem  ich 
mit  dem  besten  Willen  keine  Spur  entdecke,  dass  es  «das  Rechnen  mit 
imaginären  Gröfsen  ausführlicher  behandelte,  als  dicfs  in  den  meisten 
Elementarbüchern   zu    geschehen   pflegt*)     wörtlich    sagt:     «Da    weder 

positive  noch  negative  Zahlen  existieren ,  die  der  Forderung  \/  —  A 
entsprechen,  jedoch  solche  Zahlen  gedacht  [eingebildet]  werden  können« 
so  bezeichnet  man  Radicalc  dieser  Art  mit  dem  Namen  imaginäre  [ein- 
gebildete oder  unmögliche]  Zahlen,'  wobei  ich  allerdings  nicht  einsehe, 
und  wahrscheinlich  aiich  keiner  der  Leser,  weshalb  etwas,  was  ge- 
dacht werden  kann,  unmögli  ch  sein  muss.  Wenn  der  Hr. 
Gegner  die  geraden  Wurzeln  aus  negativen  Zahlen  doshalb  für  «einge- 
bildete oder  unmögliche'  Zahlen  erklärt,  weil  sie  weder  in  der  posi- 
tiven noch  in  der  negativen  Zahlenreihe  vorkommen,  80  kann  er  auch 
die  negativen ,  gebrochenen  und  irrationalen  Zahlen  für  «eingebildete 
oder  unmögliche'  deshalb  erklären,  weil  die  negativen  Zahlen  nicht 
in  der  Reihe  der  absoluten  Zahlen,  die  gebrochenen  Zahlen  nicht  in 
der  Reihe  der  ganzen  Zahlen,  und  die  irrationalen  Zahlen  weder  in 
der  Reihe  der  ganzen  Zahlen,  noch  in  der  Reihe  der  gebrochenen  Zah- 
len vorkommen. 

Wenn  ich  auf  das  seit  dem  Bestehen  dieser  Zeitschrift  zu  wieder- 
holten Malen  gesagte  verweise ,  so  verweise  ich  damit  nicht ,  wovon 
der  Hr.  Gegner  sich  leicht  hätte  überzeugen  können,  auf  eine  mir  eigen- 
tbumlicbe  Ansicht  dieses  Gegenstandes,  was  allerdings  anmafsend  wäre, 
da  ich  keine  «gewichtigen,'  sondern  nur  sehr  bescheidene  Anfänge  lite- 
rarischer Leistungen  aufzuweisen  vermag.  Ich  verweise  damit  auf  die 
von  Gaufs  angeregte  und  von  andern  so  folgenreich  aufgenommene 
Untersuchung  über  den  abgestuften  Gegensatz  der   Zahlen, 


auf  den  aufmorksam  lu  maohcn  ich  wiederholt  Gelegenheit  halte,  und 
den  der  Hr.  Gegner,  so  ausgebreitet  sein  Wissen  im  Imaginären  sein 
mag,  nicht  kennt ,  wie  seine  obige  Erklärung  imaginärer  Zahlen-  über- 
zeugend dartbut. 

Übrigens  bekenne  ich  mich  nicht  zu  der  mir  von  dorn  Hrn.  Gegner 
aufgebürdeten  Ansicht^  dass  «der  taktvolle  Peedagoge'  seinen  Schü- 
lern alles  mittheilen  soll,  was  er  weifs.  Meine  Überzeugung  ist  nur  die, 
er  soll  wissen,  was  er  mittheilt 

Ad  5.  Dass  der  von  dem  Hrn.  Gegner  seinen  Schulern  «alljähr- 
lich mündlich  mitgethcilte  Kunstgriff*  das  Wesen  des 
Gegenstandes,  um  den  es  sich  handelt,  gar  nicht  berührt,  will  ich  so- 
gleich darthun,  hoffend,  dass  dieses  auch  manchem  Leser /der  nicht 
Fachmann  ist ,  interessant  sein  werde.  Der  Hr.  Gegner  kann  ohne 
seinen  «Kunstgriff  aus  den  in  meiner  Besprcchnnc;  angeführten 
Gleichungen  den  Wcrth  von  %  nicht  finden,  und  deshalb  dürfen  nach 
seiner  Ansicht  «nicht  diese  beiden  Gleichungen  mit  m  und  m  mulüpli- 
ciert  werden,  sondern  eine  von  diesen  und  die  dritte.'  ich  finde  ihn 
aber,  und  zwar  nicht  etwa  auf  eine,  sondern  auf  unendlich  viele  ver- 
schiedene Arten  ohne  den  Kunstgriff  des  Hrn.  Gegners  auf  fol- 
gende Weise:  Man  multipliciert  die  Ito  Gl.  mit  fli,  die  2le  mit  «, 
die  3Cc  mit  r.  addiert,  und  erhält 

(««i  +  4ii  +  3r)a?  +  (3»i+6ii  — 4r)y  +  (4wi  +  3  w  +  6r)  «  « 
-  15«i  +  25ii  +  13r. 
Setzt  man,  um  %  zu  bestimmen, 

2«i  +  4il  +  3rs=0  und  3«i  +  6ii  — 4r-»  0,  also 
«i  +  2ii-|-|r  — ö  und     m+tH-^^r^o,  so  ist 

i/  r  ■=  0,  mithin  r  »  0,  folglich 

4JW  4-811 
Wählt  man  nun  entweder  fli  oder  H  beliebig,  aber  so,  dass  4 fli  +  3» 
nicht  Null  wird,  setzt  man  etwa  n  »  1,  also  m  «  —  %,  so  ist 

*  ■"  Q    .    o      =   *    ohne    den    «Kunstgriff*     des 

—  O  "T"  u 

Hrn.  Gegners. 

Dass  aber  auch  mit  dem  «Kunstgriffe'  des  Hrn.  Gegners 
die  Bczout'sche  wesentlich  von  Gramer  herrührende  Methode  in 
der  Form,  in  welcher  der  Hr.  Gegner  sie  darstellt,  nicht  immer  ange- 
wendet werden  kann,  möge  folgendes  Beispiel  darfhun.    Es  sei 

Äa?  +  3y+48=16,  4a?  +  6y  — 5»  «  19,  8a?+ 12y— 9»  =  39. 
Man  braucht  den  Werth  von  %,  will  also  x  und  p  nicht  berechnen,  wenn 
dieses  nicht  unumgänglich  nothwendig  ist,  um  s  zu  fluden. 
Jetzt  kann  der  Hr.  Gegner  die  Gleichungen  numerieren ,  wie  er  will ; 
nach  seiner  Methode  und  mit  seinem  Kunstgriffe  findet  er  den  Werth 
von  %  nicht.  Ich  finde  ihn  aber,  und  zwar  auf  unendlich  viele  ver- 
schiedene Arten  durch  die  richtig  angewendete  Methode ,  welche  der 
Hr.  Gegner  in  Prof.  PetzvaTs  Theorie  des  Gröfstcn  und  Kleinsten, 
Wien,  bei  Braumüller,  1848,  S.  15  u.  s.  w.  gründlich  kennen  lernen 
kann,  auf  folgende  Weise: 

Ich  mullipliciero  die  Itc  Gleichung  mit  m,  die  2te  mit  u,  die 
3te  mit  r,  addiere,  und  erhalte 

(2w  +  4ii+8r)ar+(3»i4-6ii  +  12r)y+  (4»i-6ii  — 9r)»-. 
«  16  »i  4- 19  «  +  39  r. 
Nun  setze  ich,  um  9  zu  bestimmen, 

2m  +  ^U  +  Sr=o  und  Zm  + en-{'i2r  ^0,  und  erhalte 
Um-hi^n+Zdr 

*=     4»,-,5fi  ~9r    ""d>^  +  g»  +  »^-^ 


Sodann  wähle  ich  zwei  von  den  drei  Zahlen  m,  m,  r  beliebig,  aber 
80,  dass  401—5»  —  dr  nicht  Null  wird,  setze  etwa  r^o,  n=*if  also 
fli  e»  —  2,  und  erbalte 

%  5=»  "ZTg^ZTö"  **  ZTTä  —  *  ohne  allen  Kunstgriff. 

Noch  bemerke  ich  ad  5,  dass  ich  nicht  wegen,  sondern  trotz  des 
veralteten  Schlendrians  erklärte,  das  Werk  des  Hrn.  Gegners  sei  mit 
unverkennbarem  Fleifse  gearbeitet,  weil  etwas  thcilweise,  ja  sogar  ganz 
unrichtig,  aber  doch  mit  unverkennbarem  Fleifse  gearbeitet  sein  kann. 

Ad  4.  Dadurch,  dass  ich  in  meiner  Besprechung  bemerkte,  es 
müsse  Schritt  für  Schritt  zu  Inconsequenzen  führen,  wenn  man  in  der 
Lehre  von  den  Verhältnissen  und  Proportionen  nicht  angibt,  welche  von 
den  bewiesenen  Sätzen  für  GrO fsen Proportionen ,  in  denen  die  Glieder 
des  einen  Verhältnisses  ungleichartig  zu  den  Gliedern  des  andern  Ver- 
hältnisses sind,  oder  in  denen  alle  vier  Glieder  gleichartig  sind,  und  für 
Zahlenpropörtionen  giltig  sind,  und  dieses  an  einem  Beispiele  nachwies, 
habe  ich  mich  in  den  Augen  des  Hrn.  Gegners  «lächerlich*  gemacht, 
bin  reif  für  die  Secunda  des  Hrn.  Gegners,  um  dort  zu  lernen,  wie  man 
Gulden  und  PfUnde  addiert,  und  würde  nach  seiner  Ansicht  meine  Be- 
merkung «gewiss  gerne  ungeschrieben  und  namentlich  ungedruckt 
machen,  wenn  es  nur  halbwegs  möglich  wäre.'  Darauf  bemerke  ich 
folgendes. 

Ich  habe  den  wissenschaftlichen  Standpunct  des  Hrn.  Gegners  in 
meiner  Besprechung  für  den  sachverständigen  Leser  auf  eine 
äufserst  zarte  und  schonende  Weise  dadurch  bezeichnet,  dass  ich  sagte, 
der  Hr.  Gegner  glaube  den  binomischen  Lehrsatz  für  einen  beliebigen 
Eiponenten  bewiesen  zu  haben,  sobald  er  ihn  für  einen  ganzen 
positiven  Exponenten  bewiesen  hat  Mit  viel  geringerer  Schominp 
für  sich  selbst  bezeichnet  ihn  der  Hr.  Gegner  durch  die  Erklärung, 
(3  fl.  ±  2  S) :  (6  fl.  db  4  ^)  sei  ein  richtiges  Verhältnis,  und  durch  die 
mit  seiner  Nachhilfe  bewirkte  Bestimmung  des  Exponenten  dieses  schreck« 
liehen  Verbal luisses.  Allerdings,  wenn  man  «kühn*  genug  ist,  in  der 
Wissenschaft  so  weit  zu  kommen,  um  Gulden  und  Pfunde  zu  ad- 
dieren und  zu  subtrahieren,  wird  man  ohne  Gewissensbelästigung  auch 
mit  so  gräulichen  Verhältnissen  rechnen,  wie  das  obige  von  dem  lim. 
Gegner  als  «ganz  richtig'  bezeichnete  ist.  Allein  so  lange  der  Be- 
griff der  Summe,  der  Differenz  und  des  Verhältnisses  so  sp  iefsbü  rger- 
lich  aufgefasst  wird,  wie  er  eben  von  allen,  die  auf  Erden  gerechnet 
haben,  aufgefasst  wurde,  und  von  allen,  die  da  rechnen,  mit  alleiniger 
Ausnahme  des  Hrn.  Gegners,  aufgefasst  wird,  nämlich:  man  kann  nur 
i^leldiartli^e«  zu  einander  addieren,  von  einander  sub- 
trahieren und  mit  ei  nander  vergl  eichen,  kann  man  billi- 
gerweise nur  sein  volles  Entsetzen  über  so  harsträubemlc  Fortschritte» 
welche  die  Wissenschaft  erleidet,  zu  erkennen  geben.  So  tief  bin  ich 
in  die  Geheimnisse  der  Wissenschaft  allerdings  noch  nicht  eingedrungen, 
und  werde  zuverlässig  auch  nie  so  tief  in  dieselben  eindringen,  habe 
aber  die  tröstende  Überzeugung,  dass  dieses  noch  keinem,  den 
Hrn.  Gegner  ausgenommen,  gelungen  ist.  Der  Hr.  Gegner 
hat  damit  jedenfalls  eine  Entdeckung  gemacht,  wie  sie  noch  nie  dage- 
wesen ist,  geeignet,  das  gerechteste  Erstaunen  aller  auf  sich  zu  ziehen, 
und  doch  so  beschaffen,  dass  ihn  um  dieselbe  niemand  auch  nur  im 
entferntesten  beneiden  wird. 

Wien,  im  Februar,  1860.  A.  Gernerth. 


Briialeraif  ea 

lu  der  TOD  H.  BomU  §■  de«  !•.  Helle  dts  Jahrg.  18Sf  (&  7»    W8> 

der  Zeitschrift  for  teterreiekudie  Oyiiif  fcu^fcX^a  Annge  der  Iw- 

gibe  des  PlalocitclMi  <Sorgiai  i«b  J.  PrmaMt. 

Hr.  Professor  Boails  kat  io  des  !•.  Belle  des  lifcrg^yy  fSS9 
dieser  XeiUchnft,  &  78t— 8t8  eioe  biük  der  yob  i 
besorgten  Anisgabe  des  PUlOMseiies  Gorgias  yc 
C.  dadurcb  cu  doppeltem  Daake  Terpflicktc^ 
Arbeil  eiser  so  eiagebendeB  Dwehsicbt  «ad 
gewürdigi  hat,  vmI  daai^  weil  daich  die  Alt 
die  Gelegeoheit  gleidnaa  tob  seUnst  eBlgegc^gctngca  vvd« 
H.  B.  Tomigsweise  besprocheiie«  EigeolialickkcileB  der  Aos- 
§ahe  aosiiihrlichere  Erläutervigen  so  gehe«,  als  es  ia  der  fomde  Mig- 
lieh  sehien.  Sie  onögefl  ankaiplnHl  an  die  HaBpifvakie  der  irwikoH« 
Kritik  den  «prineipiellea*  Bedeakea  des  kockfeickrte»  ■».  ftcf.  cfllgv- 
geotreleB  und  mit  diesen  die  Grondl^en  sa  bcoeüigca  tnckm ,  tob 
welehen  das  Gfsamwtiirthett  des  H.  B.  gesttel  nnd  gffciilf  vM. 

Geben  wir  mit  H.  B.  aus  Ton  jenem  dem  erUen  Anka^ge  (d.  In- 
giscben  Analyse)  entnommenen  Beispiele.  Die  Frage  ist  ob  der  $jio- 
gismas,  durch  welehen  G.  p  AM  E  der  Cntersckied  Ton  isiotipf  «nd 
nUng  festgestellt  wird,  der  ersten  oder  der  awcücn  Figur  angckfifc  Jenes 
ist  die  ErUining  d.  U. ,  dieses  die  Ton  B  B.  Yertrclene  Aaäckl.  Anf 
den  ersten  Anblick  seheint  es  allerdings  unmCgIirk,  wie  H.  B.  «ag|» 
«einem  regelrechten  Schlosse  der  aweiten  Figur  ausanweacken.*  Der  C 
hat  aber  über  diese  Stelle  mehr  nachgedacht  als  aber  ii^end  eine  andetn 
in  der  logischen  Analyse,  und  das  Resultat  seines  Warhdenkens  war,  dam 
er  dennoch  ausweichen  mnsste,  wollte  er  nickt,  was  skkctliek  nn- 
statthall  ist,  in  der  Beweisführung  Piatons  ein» 
Alles  kommt  anf  den  liittdb^griff  an,  der  hier  dnrrh  die  Worte 
wd  iln^  gebildet  wird.  Dieser  Mitlelb^riff  kcstekl  die  Piifcmt 
er  ist  nur  der  Form  nach  derselbe,  sein  Gehall  in  bcidenSilacn  mn 
Terscbiedener.  H.  B.  enielt  eine  bcgrimiche  BinkeH  indem  er  cfklart 
«zwischen  Wahrheit  und  Irrtum  schwankend.*  Akcr  einmal  reitrigl 
sieh  diese  wiUkürliche  Deutuqg  der  Worte  nicht  mit  der  «peiniacken 
Gewissenhaftigkeit,*  mit  welcher,  wie  IL  &  rukml,  Plalon  Sckntt  fir 
Schritt  rorwarls  geht ').  Denn  der  eigentliche  MiHelb^riff  wird  soi 
«schwankend'  gebildet,  den  Plalon  nickt  ansipri^ 
reicht  damit  auch  nicht  mehr  als  den  Schein  eines  giltige«  I 
Denn  was  heilst  schwankend  swischen  Irrtum  und  WakrkeH  oder 
%aL  aXii^s  in  Wirklichkeit?  Unmöglick  kann  damit  gesagt 
dass  etwas  sogleick  wahr  und  fabcfa  sei  —das  widerspric 
ersten  gerade  Ton  Piaton  festgestellten  Gmndgesctie  der  Logik; 
wenig  richtig  wäre  aber  die  Annahme,  dam  die  ir^Mif  wcdo'  cigtjtlirh 
falsch  noch  eigentlich  wahr  sei,  sondern  ein  Mittlefes  (schwmit mdfs) 
iwischen  wahr  und  falsch.  Diese  Annahme  Terlrigl  sieh  nickt  mit  Pla- 
tonischen Bestimmungen.  Viehnehr  ist  der  wirklicke  Gekall  des  Sataes 
nur  der,  dass  die  w.  bald  —  nämlich  die  eine  —  falsch,  bald  —  nimbc^ 
die  andere  —  wahr  seL  Dagegen  kann  nmgekckrt  ron  der  ^sMnjfif 
Dicht  die  Wahrheit  mit  ausgeschlossen,  muss  fiir  sie  rielmehr  unbedingt  fest- 


')  Sie  würde  auch  erheischen«  dass  der  SchlnSBsatx  (nach  der  tweitm 
Figur)  laute:  iwiatfiini  ovs  l«ri  nUn^  Aber  der  V.  rerzichlH 
auf  den  Vortheil,  den  die  Herrorheboflg  des  Ausdruckes  ov  r«vror 
iaxi  seiner  Erklärung  geben  könnte,  freiwilfig. 


10 

gehalten  werden.     Nach    dem  wahren  Gehalte  dieses  Mittelbegriffs 
bleibt  daher  die  Möglichkeit  übrig,   dass   die   imatriiirj   eine   Art  der 
nfatig  sei  —  nämlich  die  wahre,   oder   man   müsste  denn  auch  solche 
dem  vorliegenden  Beispiele  nachgebildeten  Schlüsse  gutheifsen  wie: 
Baume  haben  Blätter  und  Nadeln. 
Eichen  haben  keine  Blätter  und  Nadeln, 
Folglich  sind  Eichen  keine  Bäume '). 

Der  Platonische  Schluss  ist  aber  dennoch  richtig,  nur  nicht  un- 
mittelbar nach  der  zweiten  Figur.  Das  Eigentümliche  ist  hier,  dass  die 
Mittelbegriffe  wahr  und  falsch  logische  sind  und  über  ihr  Verhältnis 
SU  einander  ein  logischer  Fundamentalsatz  existiert.  Aus  diesem  muss 
daher  ebenso  gut  wie  sonst  aus  einem  Grundgesetze  der  Physik  die 
Wahrheit  des  Schlusses  erwiesen  werden.  Denn  derselbe  spricht  nicht 
blofs  das  Wesen  der  zweiten  Figur,  wie  H.  B.  meint,  sondern  speciell 
ein  aus  dem  Verhältnis  der  Begriffe  wahr  und  falsch  zu  einander  her- 
vorgehendes Gesetz  aus,  das  eben  wie  gesagt  —  sowie  der  Gegenstand, 
am  den  es  sich  hier  handelt,  fiberhaupt  —  zufällig  logischer  Natur  ist. 
Wenn  also  d.  U.  dieses  Gesetz  als  Obersatz  herstellt  und  das  Prädicat 
der  beiden  Glieder  des  nunmehrigen  Untersatzes  in  seinem  wahren  Ge- 
halte aufdeckte,  so  glaubt  er  damit  wol  «seinen  Spaziergang*  nicht  weiter 
ausgedehnt  zu  haben  als  nötig  war,  zumal  in  einer  Schulausgabe  nötig  war. 

Genug  von  diesem  Beispiele.  Es  ist  das  einzige,  welches  H.  B. 
aus  der  logischen  Analyse  des  Dialoges  einer  Besprechung  unterzogen 
hat  Daraus  soll  jedoch  keineswegs  der  Schluss  gewagt  werden,  dass 
H.  B.  nicht  auch  an  anderen  Stellen  dieses  Anhanges  Anstofs  genommen 
habe.  Verweilen  wir  jedoch  noch  einige  Augenblicke  bei  diesem  thcile 
überhaupt.  Derselbe  enthält  einen  im  Wesentlichen  neuen  Versuch,  die 
Gesetze  der  Logik  an  den  in  dem  Dialoge  vorkommenden  logischen  Func- 
tionen aufzuzeigen.  Eben  weil  nun  dieser  Versuch  so  neu  ist,  hätte 
d.  U.  von  einem  sachverständigen  Manne  wol  eine  besonders  eingehende 
Besprechung  erwarten  dürfen.  H.  B.  spricht  nur  im  Vorübergehen  über 
diesen  Theil  um  zu  zeigen,  dass  derselbe  nicht  Ersatz  sein  könne  für 
die  Darlegung  der  Gliederung  und  des  Gedankenganges  des  Dialoges  oder 
eine  sogenannte  Inhaltsangabe.  D.  U.  weifs  nicht,  wodurch  er  zu  dieser 
von  H.  B.  mit  Recht  beseitigten  Annahme  nur  möglicherweise  Anlafs  ge- 
geben haben  könnte.  Denn  was  Zweck  und  Aufgabe  dieses  Anhanges 
sein  soll,  darüber  bat  er  sich  in  der  Vorrede  positiv  ausgesprochen. 
H.  B.  hat  dies  nicht  genauer  in  Erwägung  gezogen,  weil  er  nicht  für 
alle  Gymnasien  diese  Analyse  für  zweckdienlich  hält,  da  nicht  alle  so 
glücklich  sind,  wie  —  nach  des  U.  Ansicht  —  die  Prcufsischisn  Gym- 
nasien, welche  seit  mehreren  Jahren  Logik  und  philosophische  Propä- 
deutik nicht  mehr  systematisch  zu  lehren  brauchen.  Doch  abgesehen 
von  diesem  principiellen  Gegensatz,  der,  meint  d.  U.,  eine  Erörterung 
der  hochwichtigen  Frage  um  so  mehr  herausforderte  und  um  so  loh- 
nender SU  machen  verhiefs  —  abgesehen  hiervon,  hat  II.  B.  die  Aufgabe 
der  log.  Analyse  auch  misverständiich  dargestellt.  H.  B.  sagt:  «Wie  man 
die  Lecture  eines  Schriftstellers  dazu  benützen  kann,  nicht  um  in  diesen 
selbst  und  in  sein  Verständnis  einzuführen,  sondern  um  mit  Hilfe  des 
von  ihm  dargebotenen  Stoffes  Formenlehre  oder  Sytitax  zu  Ichren,  in 
diesen  Sinne  bebandelt  der  bezeichnete  Anhang  den  Platonischen  Gorgias.' 
Diefs  Verfahren  nennt  H   B.  weiter  unten  ein  «stetes  Ablenken  von  den 


*)  Dass  nlatig  und  imati^iifi  einander  coordinirte  Arlbegriffc  zu  dem 
G  a  1 1  u  n  g  s  begriff  der  ün^m  sind,  wird  von  Piaton  erst  als  R  c- 
sultat  des  obigen  Syllogismus  hingestellt  — auch  dieses 
stützt  d.  ü.  Auffassung  jenes  Schlusses^  denn  so  lange  dieses  Re> 
sultat  nicht  feststand,  war  jede  andere  Annahme  zulässig. 


u 

Gedanken  des  SehrifUteUers  auf  besUoMile  AbtckniCte  der  Logik.*  Oende 
diefii  ist  (ur  den  OorgtMH  Mcht  luiageben.  Preilidi  einen  SdwHUIeller 
nur  benfitzen  in  wollen,  um  Grammatik  so  lehren,  statt  diese  ananwenden 
nm  ihn  sellist  au  erklaren,  heilst  ablenken  Ton  seinen  Gedanken.  Aber 
in  einer  pbilosoph.  Schrift  gegebene  DefiaitioBen  nnd  ihre  Wideriai^Big 
erörtern,  die  Beweise  logisch  seigliedem,  kun  das  Wesen  der  geübten 
logischen  Functionen  erklaren,  heilst  nur  recht  einfuhren  in  das  Ver- 
ständnis der  Gedanken,  und  den  gro&artigcn  Bau  des  Dialoges  -~  nur 
▼om  Gorgias  ist  die  Rede  —  in  seiner  Binlachhrit  und  GenetaBilsigkeit 
begreifen  lehren.  D.  0.  kann  aus  seiner  eigenen  Brfahnuig  besengea,  daas 
diese  wissenschaftlich  strenge  Behandlung  ihm  selbst  ein  genaueres, 
schärferes  Erlassen  der  oft  gelesenen  DednctioneB  Plalons  Terschaft  hat. 
Zweierlei  ist  aber  snxQgebenx  einmal  das  logische  Analysieren  isl  nicht 
avf  jedcA  Schriftsteller  und  nicht  bei  jeder  Schrift  so  anwendbar  und 
iweckdienlich  wie  bei  Piaton  und  an  dem  vorliegenden  Dialoge.  Ein« 
Rede  Cicero's  in  dieser  Weise  durehnebasen ,  kann  ein  Mlsbcuich  der- 
selben heilsen.  Aber  der  Inhalt  der  Platonischen  Philosophie  hingt  aufs 
engste  snsamflieB  mit  der  Methode  Piatons.  Die  NothwendigkeU  der 
logischen  Methode  im  Gegensata  zu  der  rhetorischen  beweist 
Ptalon  im  Gorgias.  Wir  handeln  nur  in  seinf  m  Sinne,  wenn  wir  vnsccn 
Schiler  seine  Beweisführung  nicht  blofs  rhetorisch  somlem  auch 
logisch  Torstehen  lehren.  Ja  Yon  keinem  derSchnllecture  sn» 
gleichen  Dialoge  wird  sie  sosehr  gefordert  wie  ?om  Gorgias.  Der  Stoff 
jener  Dialoge  erlaubt  es  nur  auf  einselne  Abschnitte  der  Logik  inriick- 
sngdien  und  liir  diese  Lehre  im  weiteren  Omfaage  vonnlMuicn  nnd  Tor- 
sobersiten.  Der  Gorgias  aber  bietet  in  überraschender  Weise  das  Ganae 
der  I8r  den  Schuler  wissenswerten  Logik  in  mustergültigen  Beispielen, 
und  wss  noch  merkwürdiger  ist  und  die  Schule  gleichsam  mit  lauter 
Stimme  mr  Ansbeutung  auffordert,  auch  Cut  schon  in  wisaensehaftlieh 
strenger  Ordnung.  Wenn  nun  in  «Ktercr  Stunde,  insbesondere  im  deut» 
sehen  Onterriehte  *)  ein  Grand  gelegt  worden  ist  ISr  logische  Erörlerangen» 
so  wird  diese  im  erweiterten  Mabe,  das  Verständnis  der  Schrift  fördernd, 
Am  Gorgias  vorgenommen  werden  können.  Derselbe  wird  auch  in  dieser 
Beaielning  gleichsam  der  Schlussstein  des  Oyaumsialnnlerrichles  werden. 
Zugleich  wini  die  in  der  Theorie  so  oft  erstrebte  Concentration  des  6n- 
terriehtn  aof  diesem  Gebiete  su  einer  Thatsache.  Statt  abgelenkt  an 
werden ,  wird  die  Spannung  der  Schüler  erhöht  «nd  verstärkt  werden, 
weil  sie  besMC  eoncentriort  wird,  als  wenn  der  Dolerricfat  in  der  philoa. 
Propädeutik  snsanunenhangslos  uAtn  den  anderen  IMtecrichtsgegenstanden 
erteilt  wird.  Das  Verständnis  des  Gorgias  wird  aber  sichtlich  an  Ge- 
di^enheit  gewinnen.  Wer  längere  Seit  im  I  ehrsmis  steht,  wird  die  Er- 
fahrung gemacht  hat>en,  dass  man  die  Schüler  nicht  vielseitig  genug  an- 
regen und  denselben  Gegenstand  nicht  genugsam  vo«  verschiedenen  Seiten 
betrachten  kann.  Was  fördert  mehr  als  die  AnfsMisamkeit  des  Sehiälers 
nöglichst  lange  an  einen  Gegenstand  fesseln  und  diesen  sa  einer  Mannig- 
faltigkeit von  Erkenntniss  fruchtt»ar  machen?  Was  endlich  der  Unterricht 
in  der  Logik  dadurch  auch  seinerseits  gewinnt,  dass  er  an  mustergültige 
Beispiele  sich  anlehnt,  bedarf  gar  nicht  der  Erwähnung.  —  Zweitens 
aber  ist  ausugeslehen,  dass  eine  fiilsche,  wirklich  von  den  Gedanken  des 
Schriftstellers  ablenkende  Methode  sich  mit  dem  Gebrauche  dieser  Analyse 
verbinden  kann.  Eine  solche  falsdic  Methode  scheint  aber  H.  B.  im 
Auge  gehabt  su  haben.  Aber  davor  kam  der  Gegenstand  selber  nicht 
bewahren ,   noch  macht  er  das  nötig.    Man   wird   wolthnn ,  wenn  man 


')  Die  Stunde,  die  früher  der  Propädeutik  zugewiesen  war,  ist  jetzt 
in  preufs.  Gymnasien  meist  dem  fleut«chen  unterrichte  zugelegt 
worden. 


19 

nur  wöchentlich  oder  noch  seltener  —  so  oft  eben  ein  Abschnitt  durch- 
genommen ist  im  Dialoge  —  vielleicht  in  einer  Stunde  diesen  Abschnitt 
DoehmalS;  als  Wiederholung  zugleich  für  den  Inhalt,  logisch  bespricht. 
Selbstverständlich  wird  —  was  durch  die  Verfügung  des  preufsischen 
Ministeriums  für  den  Unterricht  auch  ausdrücklich  zugelassen  ist  —  in 
diesem  Falle  die  sonst  der  Propädeutik  gewidmete  Stunde  der  griechi- 
schen Prosalecture  zuzulegen  sein.  Damit  werden  beide  Gegenstände 
wesentlich  gewinnen. 

H.  B.  hatte  von  der  «logischen  Analyse'  reden  zu  müssen  ge- 
glaubt, da  er  vergeblich  nach  einer  Inhaltsangabe  suchte  und  in  zweiter 
Linie  nach  einem  Ersätze  dafür*).  Diese  Mühe  würde  sich  der  hoch- 
verehrte Hr.  Ref.  erspart  haben,  wenn  er  den  an  der  Spitze  der  Vorrede 
zum  Oorgias  stehenden  Hinweis  auf  die  in  der  Vorrede  meines  theuren 
Freundes  und  Mitarbeiters,  Herrn  Prof.  Gron  zu  seiner  Ausgabe  der  Apo- 
logie und  des  Kriton  (p.  Vil  u.  VUl)  dargelegten  Grundsätze  beachtet 
hätte.  H.  G.  gibt  an  dieser  Stelle  die  Gründe  an,  die  ihn  bewogen  haben 
eine  Inhaltsangabe  der  betreffenden  Werke  seiner  Einleitung  fern  zu 
halten,  und  bezieht  sicl^  dabei  ausdrucklich  auf  eine  Äu&erung  des  13., 
die  derselbe  bei  Gelegenheit  einer  Anzeige  der  von  A.  Ludwig  besorgten 
Ausgabe  der  Apologie  und  des  Kriton  (Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  Bd.  LXXI, 
Hft.  7)  getban  hat.  Der  0.  würde  sich  also  selbst  untreu  geworden  sein, 
hätte  er  eine  zusammenhängende  Darlegung  des  Gedankenganges  im  Gor- 
gias  seiner  Ausgabe  einverleibt  Auch  die  Gegenbemerkungen  des  H.  B. 
kitnnen  in  seiner  Ansicht  nichts  ändern,  weil  diese  auf  eigene  Erfahrung 
sich  gründet.  Um  der  Sache  willen  kann  er  das  Bekenntnis  nicht  unter- 
drucken ,  dass  ihm  das  Bedürfnis  nach  einer  Inhaltsangabe  —  xal  d 
if^inoteifov  el^rjc&tu  —  nur  einer  mangelhaften  Unterrichtsmethode 
EU  entspringen  scheint.  Wenn  das  nicht  Frucht  der  Leetüre,  einer  Lec- 
türe  mit  Primanern,  sein  soll,  dass  sie  den  Gedankenzusammenhang  des 
Gelesenen  wiederzugeben  und  nach  Anleitung  des  Lehrers  auch  zu  dispo- 
nieren im  Stande  seien,  dann  muss  sich  der  Lehrer  mit  sehr  geringen 
Ansprüchen  an  die  geistige  Selbstthätigkeit  seiner  Schüler  einerseits  und 
die  Leistungen  des  eigenen  Unterrichts  andererseits  zufrieden  geben. 
Nicht  blofs  die  Forderungen,  die  das  Leben  alsbald  an  diese  Jünglinge 
stellt,  müssen  dann  als  unbillig  erscheinen,  sondern  die  der  Schule  selbst. 
Im  deutschen  Unterricht  verlangt  man  Dispositionen  über  freie  Themata, 
ja  es  ist  eine  in  alten  Zeiten  wie  neuerdings  —  und  mit  Recht  —  viel 
empfohlene  Aufgabe  für  Primaner,  den  Inhalt  einer  von  ihnen  privatim 
gelesenen  Schrift  s.  B.  von  Lessing  oder  Schiller,  oder  einer  philoso- 
phischen Abhandlung  von  Cicero,  einer  Rede  des,  Demostbenes  wieder- 
-sugeben  d.  h.  aber  den  Gedankengang  solcher  Werke  in  wohlgegliederter 
Öffnung  darzustellen.  Diese  Arbeit  mutet  man  ihnen  zu  selbständig  zu 
machen  und  sollte  ihnen  nicht  zutrauen,  die  Art  wie  man  den  Gedan- 
kengang eines  Dialogs  sich  geistig  erwirbt  und  das  Niedere  dem  Höheren 
unterordnet,  bei  der  Schullectüre  zu  lernen?  H.  B.  wendet  ein,  diese 
Arbeit  sei  zu  schwierig,  denn  die  Erfahrung  zeige,  dass  «unter  den  ge- 
wissenhaftesten Forschern  über  Piaton  erhebliche  Differenzen  über  die 
Gliederung  einzelner  Dialoge,  eben  den  Gorgias  eingeschlossen"  statt- 
fSnden.    D.  U.  möchte   diesen    Ausspruch  nicht  gethau  haben,  um  damit 


Auf  den  gegen  den  vierten  Theil  der  Einleitung  (die  Bestimmung 
der  Zeit,  in  welcher  der  Dialog  gehalten  sei)  durch  H.  B.  gerich- 
teten Angriff  hab'  ich  nichts  zu  erwidern.  Zur  Sache  ist  nichU 
widerlegt.  Die  Schwierigkeit  wird  von  H.  B.  in  dem  Begriffe  der 
«idealen  Zeit*  selbst  gefunden,  eine  Schwierigkeit,  deren  Lösung 
ich  getrost  dem  Nachdenken  der  Leser  jener  Anzeige  wie  meiner 
Ausgabe  glaube  überlassen  zu  dürfen. 


19 

die  EialQhning  einer  solcheo  Darlegung  in  einer  Schulausgabe  su  recht- 
fertigen. Es  beweist  offenbar  eher  für  das  Gegenteil.  Bei  solcher  Lage 
der  Dinge  bleibt  es  immer  iweifelbaft,  ob  der  Heransgeber  der  Schul- 
ausgabe den  Lehrer  nicht  in  so  wesentlichen  Puncten  gegen  ihn  bu  po- 
lemisieren swingt  *).  Aber  abgesehen  daron,  so  kommt  es  auch  gar  nicht 
darauf  an,  daas  die  OUederung  des  Dialogs,  welche  als  Resultat  der 
Leetire  gewonnen  wird,  wissenschafUicher  Kritik  gegenüber  tadellos  und 
probehallig  erseheine  —  ihr  Wert  liegt  Tielmehr  in  der  gemeinschaft- 
liehen  Oeistesarbeit  von  Schülern  und  Lehrer,  darin  eben,  dass  jene 
ein  geistiges  Bigentam  selbst  erwerben.    Dagegen  mun  der  Wert  des 

*)  OeseUt  der  U«  halle  eine  nach  Stelnhart's  oder  Susemihl's  Anord- 
nong  gegliederte  Inhaltsnbersicht  in  seine  Schnlausgabe  aufge- 
nommen,  so  wurde  iweifelsohne  H.  &  dagegen  begründeten 
Widerspruch  erhoben  haben.  —  Da  H.  B.  in  einer  längeren  Anm. 
Sw  1W  n.  796  d.  b.  A.  mit  Besug  auf  die  Obersetsung,  die  der  U. 
besorgt  hat,  einige  Vermutungen  über  dessen  Stellung  su  der 
Frage  nach  der  OUederung  des  Oorgias  ausgesprochen  hat,  so 
darf  ich  mir  auch  hienu  eine  Erläuterung  su  geben  erlauben. 
Jene  OberseUung  in  der  Metsler'sohen  Sammlung,  welche  Anfangs 
1399  erschienen  ist,  befand  sich  über  ein  Jahr  ror  dem  Erscheinen 
der  Platonischen  Studien  des  H.  B.  in  der  Druckerei,  und  der  Druck 
war  bereits  begonnen  als  diese  Studien  mir  su  Händen  kamen. 
An  der  früher  entworfenen,  Ton  Susemihl  durchaus  abweichenden 
Inhaltsübersicht  ist  in  Folge  jener  Studien  nicht  dasllindeste 
geändert  worden.  Wo  die  Resultate  beider  üt>ereinstimmen,  beruht 
dies  beiderseits  auf  selbständiger  Forschung,  in  jener  Inhaltsüber- 
sicht habe  ich  die  beiden  Gespräche  des  Sokrates  mit  Oorgias  und 
Polos  swar  als  untereinander  gleichstehende  Theile  behandelt  aber 
beide  zu  einem  Uaupttheile  cusammengefasst  und  dem  Gespräche 
mit  KallikJes  gegenübergestellt.  An  dieser  Anordnung  glaube  ich 
auch  jetst  nodh  festhalten  su  müssen,  und  sie  aus  Piatons  eigenen 
Andeutungen  rechtfertigen  und  fest  begründen  su  können.  Wenn 
nun  aber  in  der  logischen  Analyse  nach  diesen  Gesprächen  durch 
Obenehriften  drei  Theile  getrennt  sind,  so  würde  man  mit  Unrecht 
daraus  sohlieCsen,  ich  stimme  nunmehr  auch  in  diesem  Puncto 
H.  6.  bei.  Eine  Andeutung,  wie  der  Dialog  als  Ganzes  su  dispo- 
meren  sei,  sollte  durchaus  vermieden  werden.  Dagegen  waren 
äufserlich  kennbare  Abschnitte  erforderlich,  um  dem  Schuler 
die  Obersicht  über  den  su  analysierenden  groben  Stoff  zu  erleich- 
tem. Aus  diesem  Grunde  jene  trennenden  Überschriften.  Beiläufig 
sei  hier  bemerkt,  dass  auch  meine  Inhaltsübersicht  zum  Theaitetos 
in  der  bereits  1866  erschienenen  Übersetzung  des  Dialoges  von 
Susemihl  und  Steinhart  nicht  unbedeutend  abweicht.  Aber  air  dieses 
sace  ich  nidit  um  mir  ein  Verdienst  aosueignen,  das  mir  nicht 
gebührt y  vielmehr  nur  um  su  erklären,  dass,  wo  mir  in  diesen 
elementaren  Fragen  eine  bessere  Einsicht  zu  Theil  ward,  dieses 
nur  auf  Grund  der  trefflichen  Ontersuchungon  dieser  Männer  mög- 
lick  war,  auch  wenn  diese  in  einzefaien  Puncten  irrten.  Man  be- 
denke, dass  die  Einsicht  in  elementare  Bestandtheile  eines  Ganzen 
sowie  bei  Objeeten  der  Natur,  so  aueh  bei  Geistoswerken  das  letzte 
Siel  der  Forsdiung  ist,  zu  dem  alles  frühere  beiträgt  Nach  diesem 
2iefte  streben  auch  wir/  die  wir  die  von  dem  unvergofsUchen  K. 
Fr.  Hermann  gebahnten  Wege  wandebi  und  sind  überzeugt,  dass 
jede  bessere  Einsicht  in  jenen  Elementarüragen  unserem  Principe 
in  setner  Geltung  keinen  Eintrag  thun,  sondern  sie  in  Wahrheit 
nur  befestigen  könne. 


t4 

von  aufsen  dargebotenen  und  wäre  es  das  Allerbeste  (das  freilich  als 
Muster  für  ähnliche  Arbeiten  immer  von  «günstigem  Einfluss'  sein  kann), 
geradezu  verschwinden.  Dieser  Erwerb  wird  aber  auch  nicht  über- 
schwer su  erzielen  sein.  Einmal  hat  die  Schulausgabe  in  dem,  was  sie 
bietet,  den  Schüler  vor  falschen  Auffassungen  des  Gedankenganges  mög- 
lichst zu  bewahren.  Sodann  aber  sollte  der  Lehrer  im  Anfang  einer 
jeden  Stunde  den  Inhalt  des  vorher  Gelesenen  von  einem  Schüler 
reproduoieren  lassen,  und  zwar  zunächst  nur  in  kleinen  Abschnitten, 
bis  zur  Beendigung  eines  gröCsern  Abschnittes,  der  dann  in  stufengc- 
malsem  Fortschritt  selbst  zur  Besprechung  kommt.  Dabei  hat  er  Ge- 
legenheit stets  auf  den  Zusammenhang  des  Einzelnen  unter  einander  und 
zum  Grundgedanken  des  Ganzen  vorbereitend  hinzuweisen.  Dieses  Ganze 
wird  so  allmählich  in  seiner  geselzmäfsigon  Gliederung  im  Geiste  des 
Schülers  selbst  sich  aufbauen  und  am  Ende  der  Lecture  auch  die  Fixie- 
rung dieses  Erwerbes  in  Dispositionsgestalt  möglich  werden.  Für  den- 
jenigen, welcher  in  dieser  Weise  in  seinem  Unterrichte  verfahren  will, 
ist  eine  Inhaltsangabe  in  der  Ausgabe,  welche  die  Schüler  in  der  Hand 
haben,  geradezu  störend.  Sie  kann  nur  verderblich  wirken,  weil  der 
Schüler  statt  in  dem  lebendigen  Unterricht  durch  Aufmerken  und  zu 
Hause  durch  selbständige  Repetition  und  Nachdenken  das  vom  Lehrer 
Geforderte  sich  anzueignen,  dies  mit  leichter  Mühe  ohne  tieferes  und 
bleibendes  Verständnis  der  Ausgabe  entnehmen  wird.  Also  aus  Schul- 
ausgaben mögen  solche  Darlegungen  fem  bleiben!  Sie  gehören  der 
Wissenschaft  und  ihre  Veröffentlichung  (z.  B.  in  Zeitschriften)  ist  nur 
im  Interesse  der  Lehrer  zu  wünschen,  und  wird  von  diesen  gewiss  als 
verdienstlich  erkannt  werden. 

Neben  dem  eben  besprochenen  Vorwurf,  nimmt  sich,  nach  des  ü. 
Meinung,  eine  Rüge  sehr  wunderlich  aus,  welche  H.  B.  gegen  einen 
in  der  Vorrede  ausgesprochenen  Gedanken  sich  richten  lässt.  Der  0. 
hat  dort  gesagt,  dass  der  dritte  Tbeil  der  Einleitung  nicht,  wie  die 
beiden  ersten  Theile  schon  vor  der  ersten  Leetüre  mit  den  Schülern 
durchgenommen  und  besprochen  werden  solle.  H.  B.  bekennt  den  Ge- 
danken (dem  er  eine  positive  Wendung  gibt)  nicht  zu  begreifen,  dass 
also  der  zweite  Theil  vor  der  ersten  Leetüre  durchgenommen  werden 
solle.  Dieser  handelt  von  dem  Zwecke  und  Grundgedanken  des 
Dialoges.  Gewis  wird  Niemand  leugnen,  dass  jedenfalls  eine  Milthei- 
lung  über  die  Veranlassungen,  welche  für  Piaton  zur  Abfassung 
des  Dialogs  vorlagen,  nicht  nur  unschädlich,  sondern  für  das  Verständnis 
förderlich ,  ja  notwendig  sei.  Diese  Veranlassungen  liegen  zeitlich  vor 
der  Abfassung  dos  Dialoges,  sind  gegebene  Thatsachen,  deren  Mitthei- 
lung noch  keineswegs  den  Inhalt  des  Dialoges  selbst  blofslogen  kann, 
selbst  wenn  wie  in  diesem  Falle  die  Veranlassung  in  der  herrschenden 
Denkrichtung  der  Zeit  mitzusuchen  ist  Wir  müssen  dieses  Sachver- 
hältnis als  ein  gegebenes  den  Schülern  zur  Orientierung  für  die 
nachfolgende  Leetüre  mittheilen  und  greifen. damit  sicherlich  dieser  selbst 
nicht  vor.  Zieht  man  nun  diesen  Abschnitt  ab  als  selbstverständlich 
über  den  von  H.  B.  ausgesprochenen  Tadel  erhaben ,  so  kann  dieser 
nur  die  —  kurze  —  Angabe  des  Grundgedankens  des  Dialoges  treffen 
wollen.  Aber  damit  ist  in  der  That  kein  Geheimnis  vorschnell  aus- 
geplaudert und  nichts  weiter  mitgeteilt,  als  was  etwa  in  modernen 
Schriftwerken  ^  ich  will  z.  B.  sagen  einer  Abhandlung  Schillers  oder 
Lessings  —  die  Cberschrift,  oder  in  Reden  zumal  die  sogenannte 
Angabe  des  Themas  ausspricht  —  nicht  das  Mindeste  mehr.  Gewis 
wird  Niemand  zu  behaupten  wagen,  dass  durch  diese  Überschriften,  oder 
jene  Angaben  des  Themas,  selbst  wenn  noch  keine  Erklärung  hinzukäme 
wie  dieses  zu  verstehen  sei,  die  Spannung  der  Leser  oder  Zuhörer  von 
vornherein   aufgehoben    oder,   uro   mich  der  Worte  des   H.  0.  zu  be« 


dienen,  «das  Wort  dee  Rathseb  sudringlieh  «ugesprodien  sei,  cIm  dae 
RSUuel  selbst  aach  nur  ▼eruommen  wäre.*  im  Gegenlheil  wird  die 
Spannung  der  Leser  und  Hörer  eine  grölsere ,  wenn  sie,  von  der  Wict- 
tigkeit  des  Gegenstandes  unlerricbtet,  ihre  ganze  Aulmerksaflikeit  auf  die 
Art  der  AnslQhrung,  die  eigentümliche  Begründung  auligesteUter  Thesen 
lenken  können  über  die  sie  noch  nichts  wissen  *).  Der  müsste  wol  auf 
einer  wunderbaren  Höhe  geistiger  Einsicht  stehen,  der,  wenn  er  nur 
weifsy  wovon  eine  Schrift  handelt,  damit  sugieich  die  Innere  Gedanken* 
entwicklung ,  den  Autbau  des  Gänsen  aus  dtfn  Cinxeinen  su  erfassen  im 
Stande  wäret  Doch  selieint  U.  B.  auch  sieh  selbst  su  widersprechen, 
wenn  er  neben  diesem  Tadel  die  Aufnahme  einer  speciellen  Inhaltsan- 
gabe in  der  Schulausgabe  verlangt  Dagegen  lielseo  sich  doch  ganz 
dieselben  Gründe  geltend  machen,  welche  fl.  B.  in  so  beredten 
Worten  gegen  den  Vorschlag  des  0.  vorträgt  Soll  man  vielleicht  glau- 
ben, dass  keine  Schüler,  auch  die  fleüsigen  nicht,  wie  man  »ie  sieh 
wünschen  muss ,  vor  Beendigung  der  gansen  Leetüre  einen  Blick  in 
diesen  Theil  der  Einleitung  werfen  und  90  Plalons  «in  kunstvoUsler 
Weise  durchgeführte  Absicht  sich  vereiteln  sollten.*  Glaube  das  wer 
kann!  D.  0.  hat  gleichwol  diesen  Grund  oben  nicht  geltend  machen 
können,  weil  nach  seiner  Meinung  die  Kunst  der  Platonischen  Darstel- 
lung in  jeder  Beziehung  so  ungemein  groCs  ist,  dass  selbst  die  ausführ- 
lichsten Mittheilungeu  dem  Leser  die  natürliche  Überraschung  und  Be- 
wunderung Platonischer  Kunst  nicht  ersparen  —  Piatons  «Absicht 
nicht  vereiteln  werden.*  Ja  der  Genuss  wied  eben  mit  jeder  erhöhten 
Einsicht  in  Ziel  und  Zweck  des  Dialoges  nur  steigen  und  wachsen. 
Doch  genug  hiervon.  So  viel  wird  gewis  Jeder  zugeben,  dass  für  den 
Wert  der  Schulausgabe  als  solcher  die  Meinung  d^  Ver&ssers .  die  er 
über  den  Gebrauch  eines  an  sich  notwendigen  Theiles  in  der  Vor- 
rede äuf^ect,  ebenso  wie  die  entgegenstehenden  Ansichten  Anderer  gleich- 
gillig  sein  müssen. 

in  den  Anmerkungen  hat  d.  0.  mehrmals  die  Prageform  ange- 
wandt IL  B.  erklart  sich  principiell  dagegen.  D.  U.  legt  dieser  Form 
auch  keinen  hoben  Wert  bei  und  ist  der  Ansiebt ,  dass  ihr  Gebrauch 
jedenfalls  nicht  allzusehr  ausgedehnt  werden  dürfe.  Er  selbst  hat  nur 
einen  sehr  knappen  Gebrauch  davon  gemacht  und  sie  insbesondere 
nur  da  zugelassen,  wo  sich  voraussetzen  liefe 9  die  abweichende  Satz- 
fonn  oder  der  Unterschied  zweier  Constructionen  sei  bei  einer  früheren 
Leetüre  —  namentlich  der  Apologie  —  bereits  besprochen,  oder  lasse 
sieh  der  Grund  der  au  dieser  Stelle  gerade  angewandten  Form  mit  An- 
wendung einer  bekannten  Regel  dur^  Nachdenken  von  Seiten  des  Schü- 
lers selbst  finden;  die  Frageform  ist  dann  einer  Abkürzung  der  Erklä- 
mng  gleich  zu  achten.  Dem  0.  mnsste  es  nun  sehr  überraschen,  dass 
H.  Professor  Bonitz  einige  Fragen  gefunden  hat,  die  er  selbst  nicht  be- 
antworten so  können  erklärt  und  daher  als  coockisch*  zurückweist 
Wahrscheinlich  bat  der  hochverehrte  Herr  Ref.  gemeint,  d.  (J.  wolle  eine 
besonders  tiefliegende  Weisheit  mit  seiner  Frage  an  den  Tag  locken, 
während  es  diesem  nur  darum  zu  thun  war  das  Selbstdenken  der  Schü- 
ler ein  wenig  in  Bewegung  zu  setzen  um  eine  einfache  Regel  oder  eines 
planen  Unterschiedes  sich  bewnsst  zu  werden.  ^  Wenn  also  zu  469  B 
gefragt  ist,  warum  o  oüic  Mmg  aber  6  fi^  larffog^  so  sollte  der  Schüler 
sich  einfach  daran  erinnern,    dass   sidivcu   gerade   so  wie  q>dv€u  u.  a. 


*)  Man  beachte  auch,  was  Lessing  über  die  Spannung  der  Zuschauer 
im  Drama  sagt:  Hamburger  Dramat  1,  48  u.  49>  wobei  er  sogar 
mit  feinem  Witz  den  Euripideischen  Prologen  eine  tiefere  Be- 
deutung für  diese  Spannung  abzugewinnen  weifs,  die  9ie  schein- 
l>ar  aufheben. 


16 

mit  der  Negation  ov  zusammen  als  ein  Begriff  »  ayvostv  gefasst  und 
daher  auch  die  Negation  ov  gebraucht  werden  kann,  wo  die  allgemeine 
Regel  (kii  verlangt  Vgl.  Apol.  26  D  äats  ov%  ddhat  25  B.  iav  ov  tpiitB 
Üp  te  9^s.  Krueger  67, 1,  2;  4,  1  $  9,  2.  Als  Hauptregel  soll  der  Schu- 
ler festhalten,  dass,  wie  Baeumlein  es  ausdruckt ,  bei  dem  mit  dem 
Artikel  verbundenen  Particip  oder  Adjectiv,  wo  es  eine  Gattung 
beseichnety  fiif  steht.  Warum  in  der  vorilegenden  Stelle  oi%  insbeson- 
dere zweckmäfsig  war,  ist  außerdem  in  des  D.  Anmerk.  s.  d.  SL  in  den 
von  H.^B«  nicht  mitgeteilten  Worten  erklart  459  A.  dient  iv  totg 
fMI  Mociv  nur  zur  Erläuterung  des  Gattungsbegriffes  oxXtp  »  alle  Welche 
nicht  wissen.  —  Zu  609  A  wird  die  Frage  aufgeworfen  ,  warum  hier 
nmi  si  dagegen  486  C  el  nui^  H.  B.  scheint  anzunehmen,  es  könne  in 
beiden  Stellen  je  die  andere  Form  mit  gleichem  Rechte  zugelassen  wer- 
den; er  gibt  zwar  einen  Dnterschied  des  grammatischen  Verhältnisses 
aber  nicht  der  Bedeutung  zu.  In  Wahrheit  ist  aber  eine  Vertauschung 
keineswegs  in  allen  Fäll<m  am  wenigsten  in  den  beiden  hier  berührten 
möglich.  D.  D.  beschrankt  sich  in  der  Besprechung  auf  die  Anwendung 
beider  Formen  in  den  bekannten  Redensarten  iy^oiiiottifop  (fslototB- 
Qop)  $in${v  (dQ^ü^ai),  Leicht  ersichtlich  ist  dass  es  auf  den  Inhalt 
der  Redensart  selbst  nicht  ankommt;  denn  sie  bleibt  aach  in  den  uns 
vorliegenden  Fällen  wesentlich  dieselbe ;  vielmehr  kommt  es  auf  d  i  e 
Stellung  des  Redenden  zu  der  von  ihm  zu  machenden  Aussage 
an,  ob  er  jene  Redensart  mit  el  noI  oder  ntd  d  einleitet.  Diese  Stel- 
lang ist  eine  gegebene,  daher  auch  die  Wahl  darnach  notwendig;  bI 
itttl  wählt  er,  wenn  er  der  Plumpheit  des  Ausdruckes  zum  Trotze  die 
GiUigkeit  der  Behauptung  in  der  Wirklichkeit  festhalten,  also  den  An^ 
stofs,  den  der  Ausdruck  erregen  könnte,  für  gleichgültig  erklären 
will,  itol  ti  wenn  er  die  Wahl  des  Ausdruckes  entschuldigen  und  somit 
auf  das  ihm  zu  Grunde  liegende  Wahrheitsmafs  hinweisen  will.  Daher 
gehört  bI  nctl  der  zuversichtlichen,  %al  el  der  bescheidenen 
Rede  an.  Diesen  Unterschied  bestätigen  unsere  Parallelstellen  in  charak- 
teristischer Weise.  Im  Munde  des  Kallikles  würde  ebenso  wenig  wA  d 
wie  in  dem  des  Sokrates  später  s/  «öl  am  Platze  sein.  Man  vgt  auch 
ApoL  30  B  ')•  Hier  bedient  sich  Sokrates  des  nt  ncA,  weil  er  den  Aus- 
druck, den  er  gebraucht,  nicht  entschuldigen,  sondern  rechtfertigen  will. 
Man  mag  ihn  lächerlich  flnden ,  die  Sache  ist  doch  recht  eigentlich 
(ittzpmg)  so.  Hiernach  versteht  es  sich  von  selbst,  dass  d.  U*  die  von 
G.  Hermann  ad  Viger.  882  aufgestellten  Unterschiede  in  ihrer  Unbestimmt- 
heit zu  vertreten  nicht  geneigt  ist ;  aber  auch  das  dürfte  nicht  zu  über- 
sehen sein*  dass  der  eben  von  ihm  entwickelte  Unterschied  auch  von 
einem  Schüler  nicht  unschwer  aus  Krueger  65,6,16  abgeleitet  wer- 
den kann.  —  468  E  wird  zu  üov  Xiyoptos  gefragt,  warum  nicht  para- 
taktisch? Der  H.  Ref.  stellt  die  Parataxe,  welche  U.  im  Sinne  hatte, 
richtig  her,  erklärt  aber  keinen  Unterschied  von  der  wirklich  von  Piaton 
angewandten  Satzform  zu  kennen.  Dem  U.  kam  es  vor  allen  Dingen 
darauf  an  die  Schüler  daran  zu  erinnern  —  worauf  sie  bei  der  Leetüre 
de^  Apologie  häuOg  genug  aufmerksam  geworden  sein  dürften  —  dass 
der  Grieche  in  Gegensätzen  die  Form  der  Parataxe  mit  fihf  und  dh  der 
Hypotaxe  vorzieht,  die  der  Deutsche  liebt  Dennoch  kann  ein  rheto- 
risdier  Grund  vorliegen,  der  sie  zu  meiden  bestimmt    So  hier.    Inner- 

*)  D.  U.  weifs  aus  der  Praxis,  dass  an  dieser  Stelle  oder  bald  nach- 
her 32  A  Mal  et  fiiXXH  iXlyov  %q6vo¥  oot^cecOin  ein  aufmerk- 
samer Schüler  selbst  die  Frage  nach  dem  Unterschiede  beider 
Constr.  erheben  wird.  D.  U.  hat  sich  hierbei  nie  zu  der  Antwort 
verstehen  können  es  existiere  keine  und  man  könne  an  beiden 
Stellen  beliebig  tauschen! 


17 

halb  jener  Parataxe  stehen  beide  Glieder  im  Gewicht  einander  vollkom-  y 
men  gleich ;  es  werden  s  w  e  i  Behauptungen  oder  Urteile  aufgestellt. 
In  dem  vorliegenden  Falle  aber  lässt  es  Platon  den  Sokrates  absichtlich 
vermeiden,  das  Urteil:  «Gor glas  habe  wol  Recht*  selbständig  hervorzu- 
heben.^ Er  sollte  nur  eine  Behauptung  aussprechen,  durch  welche  sein 
teofMct«  begründet  würde;  d.  i.  dass  Sokrates  möglicherweiso  des 
Gorgias  Rede  nicht  richtig  verstanden  habe.  Durch  die  Wahl  des  Par» 
tidps  wird  die  Einheit  des  Urteils  hergestellt  Hierbei  hat  der  U.  auf 
460  E  verwiesen,  weil  dort  die  Bedeutmig  dieser  Satzform  noch  deut- 
licher erkannt  vmden  kann,  wahrend  das  VerhSltnis  ein  so  ganz  an- 
deres ist,  dass  die  Parataxe  nicht  einmal  stattfinden  könnte. 

Durch  diese  Brlluterungen  mag  wol  das  Recht  der  Prageform  in 
den  von  H.  B.  iNsproehenen  Fallen  erwiesen  sein.  Dieser  Punkt  ist  an 
sich  von  untergeordnetem  Werte.  Ihre  eigentliche  selbständige  Bedeu- 
tung sollte  die  vorliegende  Ausgabe  in  der  Erklärung  der  einzelnen  Ge- 
danken nach  ihrem  Zusammenhang  mit  dem  Ganzen  aus  dem  Garnen 
und  unter  einander  suchen.  Auf  dieses  Gebiet  ist  H.  B.  eben  nicht  weit 
eingegangen.  Er  beschrankt  sich  abgesehen  von  einigen  Worten  allge- 
meiner Anerkennung  auf  die  Jedenfalls  immer  sehr  beherzigenswerte 
Warnung  vor  sobjectlver  Deutelei.  Dazu  gebe,  wie  H.  B.  in  fünf  Bei- 
spielen aufzuzeigen  bemüht  ist,  die  Ausgabe  des  U.  Veranlassung.  Allein 
in  Bezug  auf  das  erste  (448  A)  muss  der  ü.  trotz  des  künstlichen 
Gegenbeweises  des  H.  B.  bei  seiner  Erkiflrang  so  lange  verharren, 
bis  ihm  bewiesen  ist,  dass  zwischen  persönlicher  und  sachlicher  Aus- 
drueksweise  überhaupt,  so  wie  zwischen  nnigav  Xa^ßapav  iftov  und 
nft^'  ifi^v  sc  9^dffkin6g  ti¥og  wie  Platon  auch  bitte  sagen  können, 
kein  Unterschied  existiert.  Das  zweite  Beispiel  lässt  jedenfalls  eine 
doppelte  Auffassung  zu  (vgl.  auch  Prot. 317  D);  das  dritte  gehört,  wenn 
auch  oe^x^i^rT«  nicht  richtig  erklärt  ist,  keinesfalls  in  diese  Kategorie. 
Das  vierte  und  fü  nfte  aber  sind  von  H. B.  mis verständlich  aufgefasst 
Der  Einwand  ^  nämlich  des  H.  B.  zu  527  A  schiebt  der  Erklärung  des 
Comparativ  ilfi^irnffa  einen  Gedanken  unter ,  den  der  U.  gar  nicht 
hatte,  als  er  sie  niederschrieb.  H.  B.  meint,  der  U.  wdle  an  zukünftige 
Untersuchungen  über  die  von  Sokrates  erwiesenen  Wahrheiten  gedacht 
wissen,  während  man  doch  in  Wirklichkeit  an  die  abgeschlossene  Un- 
tersuchung zu  denken  habe.  Genau  genomnien  ist  nun  freilich  keine 
der  beiden  Annahmen  richtig,  denn  avxap  so  wie  Tovroiy  beziehen  sich 
zunächst  nnr  auf  den  Inhalt  des  Mythos.  Allein  wie  gesagt,  der  U.  hat 
auch  jenen  Gegensatz  vergangener  und  zukünftiger  Untersuchungen  gar 
nicht  im  Auge  gehabt,  sondern  lediglich  den  Comparativ  von  aXi^dtf^ 
erklären  wollen.  Streng  genommen  kann  ja  etwas  nicht  wahrer  sein, 
als  wahr,  ist  also  jener  Comparativ  in  eigentlicher  Bedeutung  in  sich 
unmöglicb.  Von  der  Redensart  tovr  alri^iatt^av  sl^^fi%€cg  Gorg.  493  D 
abgesehen  wird  H.  B.  aus  allen  Platonischen  Schriften,  in  denen  doch 
der  Begriff  wahr  so  unendlich  häufig  vorkommt,  nur  sehr  wenige 
Stellen  für  diesen  Comparativ  anführen  können  (Ast  nennt  in  seinem 
Lex.  Piaton.  nur  noch  eine  einzige!)-  Daher  bedurfte  die  Bedeutung 
dieses  Comparativs  einer  Erläuterung.  Den  Inhalt  derselben  hat  auch 
II.  B.  in  seiner  Bemerkung  als  richtig  anerkannt,  indem  er  sich  selbst 
des  Ausdrucks  «begrOqdeler*  bediente.  —  Platon  hat  507  C  durch 
die  Vermittlung  eines  sprachlichen  Ausdrucks  (bv  fCQattBiv)  einen  Be- 
weis hergestellt,  wonach  tugendhaftes  Handeln  auch  Glückseligkeit  in 
sich  schliefse.  Diesen  Beweis  sucht  eine  Bemerkung  des  U.  auch  sach- 
lich zu  rechtfertigen  und  den  Schein  der  Erschlcichung  durch  ein  Uo- 
monymon  fem  zu  halten.  H.  B.  fordert  nun  den  U.  auf  —  in  der  Zu- 
versicht, dass  es  unmöglich  sei  —  diesen  Beweis  auf  einen  bestimmten 
Modus   einer  bestimmten  Scblussflgur  zurückzuführen,    Wolan    es  ge- 


18 

schehe !    Doch   natürlich   gerade   von   Sokratiscb  -  Platonischem   Stand  « 
punkte  aus. 

Tugend  ist  ein  Wissen. 

Wer  tugendhaft  handelt  muss  wissen. 

Wissen  ist  gluckselig  sein. 

Wer  also  tugendhaft  handelt  muss  glückselig  sein. 
Figur  und  Modus  wird  H.  B.  nun  wol  selber  zu  finden  im  Stande  sein. 
Der  D.  glaubt  aber  auch  nicht  einem  so  ausgezeichneten  Kenner  Piatons 
gegenüber  zur  Rechtfertigung  der  oben  stehenden  Prämisse  auf  Zellers 
Geschichte  der  Philosophie  verweisen  zu  müssen.  Ihm  kam  es,  als  er 
die  berührte  Anmerkung  schrieb  nur  darauf  an  dem  Lehrer  anzudeuten^ 
durch  welche  Mittelbegriffe  die  Richtigkeit  der  Folgerung  sich  erhärten 
lasse.  Wer  aber  noch  zweifeln  könnte,  dass  Wissen  nach  Piaton  wirk- 
lich ein  Sein,  ein  bleibender  Zustand  sei  der  lese  nur  den  Theaitetos 
nach.  Eine  andere  Art  von  Glückseligkeit  aber  als  die  im  Wissen  selbst 
liegende  kennt  Piaton  gar  nicht.  Dass  wahre  Tugend  ohne  Wissen  un- 
möglich sei  war  schon  in  dem  jedenfalls  vor  dem  Gorgias  geschriebenen 
Protagoras  nachgewiesen ! 

Welche  Fälle  aufser  den  berührten  in  ähnlicher  Weise  dem  Herrn 
Ref.  misfällfg  sein  mögen,  ist  nicht  zu  sagen.  Reinenfalls  sind  die  vor- 
liegenden glucklich  gewählt,  wenn  sie  für  eine  sichere  Kritik  Zeugnis 
ablegen  sollen.  Folgen  wir  ihm  noch  zu  dem  letzten  Theile  seiner  An« 
zeige,  in  welchem  grammatische  Erklärungen  und  sprachliche  Bemer- 
kungen einer  Prüfung  unterzogen  werden.  Obwol  in  der  Ausgabe  dieser 
Seite  der  fbterpretation,  von  dem  Anbange  11  abgesehen,  der  geringste 
Spielraum  vergönnt  ist,  ist  in  der  vorliegenden  Recension  die  gröfste 
Zahl  von  Gegenbemerkungen  diesem  Gebiete  zugedacht.  Auf  diese 
sämmtlich  im  Einzelnen  einzugehn  wäre  unstatthaft.  Eine  allgemeine 
Bemerkung  aber  wird  hier  wol  am  Platze  sein ;  sie  betrifft  die  einge- 
schlagene Methode  der  Erklärung.  D.  D.  glaubte  nämlich,  einer  Schul- 
ausgabe für  Primaner  komme  es  nicht  zu  alle  sprachlichen  Schwierig- 
keiten durch  Zufügung  einer  Übersetzung  oder  Applanierung  und  Auf- 
lösung der  Gonstruction  direct  zu  heben.  Bekanntlich  sucht  eine  ge- 
wisse Klasse  von  Schulausgaben  mit  deutschen  Anmerkungen  eben  darin 
ihren  Ruhm  und  ihre  Stärke.  Aber  diefs  Verfahren  kann  nur  nachteilig 
wirken.  Die  Präparation  der  Schüler  wird  eine  oberflächliche  werden, 
wenn  sie  einen  Ersatz  für  dieselbe  in  den  kurzen  selbst  während  des 
Obersetzens  in  der  Lehrstonde  leicht  zu  überblickenden  Noten  unter  dem 
Texte  finden.  Selbstthätigkeit  und  Selbständigkeit  des  Denkens  wird 
auf  ein  geringes  Mafs  zurückgeschraubt.  Im  Gegensatz  hierzu  glaubt 
d.  13.  Übersetzungen  in  den  Noten  möglichst  vermeiden  zu  müssen.  Gut 
angelegte  Sacherklärungen  werden  den  Primaner  meist  leicht  auf  ein 
richtiges  Sprachverständnis  hinweisen.  Wo  aber  sprachliche  Bemerkun- 
gen dennoch  notwendig  oder  zwcckmäfsig  schienen,  sollte  durch  sie  der 
Schüler  nur  auf  den  Punkt  aufmerksam  gemacht  werden,  von 
dem  aus  eine  Lösung  der  Schwierigkeit  möglich  ist.  Diese  soll  er  d.inn 
durch  eignes  Nachdenken  finden.  Dieses  Princip  der  Erklärung  hätte 
H.  B.  bei  seiner  Beurteilung  berücksichtigen  und  nicht  leichthin  über 
Unbestimmtheit  des  Gedankens  und  Ausdrucks  klagen  sollen,  wo  dieses 
Princip  ein  blofses  Andeuten  rechtfertigte.  Das  möge  im  Allgemeinen 
genügen.  Im  Einzeln  hat  H.  B.  für  manche  treffende  Bemerkung  nur  auf 
den  Dank  d.  D.  Anspruch;  aber  einige  jener  kritischen  Bemerkungen 
kann  derselbe  anzuführen  nicht  unterlassen,  weil  sie  unter  jeder  Be- 
dingung mit  einer  gerechten  und  die  Sache  fördernden  Art  der  Kritik 
sich  nicht  vertragen.  Obergeben  wir  sogar  solche  Bemerkungen  die 
wie  zu  487  G  und  491  A  (S.  802)  in  sich  selbst  zerfallen  und  wählen 
zunächst  ein  Beispiel,    welches  absolut  die  Grundlosigkeit  des  Angriffs 


19 

recht  deotlich  leigen  kami.  Zu  der  Bedetart  «b  igßh  ■«&  gf^f» 
ytjroWfft  470 D  hatte  der  D.  hemerkt  sie  leite  ihreD  Ur sprang  \ob 
Homer  B.  303  f  ^>{k  tc  «oI  «^«f  H.  B.  hehaoptel  ihr  VorkoaneB  an 
Homer  beweise,  dass  ne  «eine  bereits  übliche  Formel*  gewosc«. 
Wer  leugnet  diese  Möglichkeit?  In  der  griech.  Literatar  aber  igt 
ans  Homer  aHeste  ond  orspröoglicbe  (hwUe  vnd  man  hat  für  das  li to- 
rarische Vorkommen  einer  Redensart  das  Bocht  n  sagen  sie  leite 
dorther  ihren  Ursprung,  gleichfiel  ob  im  gewOnlicben  GesprEche  irgend 
ein  Hellene  oder  Indogermane  sich  derselben  schon  froher  bedient  hat 
Einer  hat  sie  sieheilidi  luerst  gebraacht  Wem  aber  H.  B.  diese  Be- 
deomrt  zn  einer  schon  so  Homers  Zeit  abliehen  PonMl  stempehi 
wollte,  so  mnsste  er  wenigstens  noch  eine  s weite  SleUe  in  0MMr 
nachweisen,  in  der  sie  auch  gebraacht  ist  Ihi  dieses  nnmo glich 
ist,  so  ist  es  wol  mehr  als  wahrscheinlich,  dass  die  Bedensart 
wirklich  dem  Mnnde  des  erfindungsreiciien  Ithakasiers  soenl  ent- 
sprungen ist  Welche  Schwierigkeit  ihre  Erklärung  Tcrursaeht  bat 
kann  man  bei  Naegelsbach  s.  d.  St  nachlesen.  —  Oders  in  MS  C  er- 
gänzte der  0.  lu  dem  Bedingungasatse  tl  frv»  ys  m.  c  1.  als  Wachsati 
mcUh  «I«^.  Dass  damit  wüklich  nur  der  Inhalt  des  Torhergeheaden 
Satzes  aufgenommen  wird  versteht  sich  von  selbst  Die  Beschränkung 
seiner  Gültigkeit  liegt  nur  in  dem  Zusats  Ton  7s.  Warum  soll  man 
diesen  Satz  —  der  Gegensatz  tl  A  ft^  folgt  doch  auch  —  anders  er- 
klären als  die  von  Kmeger  54, 12, 12  angegebenen  Fälle?  Bas  Fehlen 
des  (ihf  kann  unmöglich  entscheiden.  Wenn  nun  aber  weiter  H.  B.  mit 
E.  Jahn  igniq  httv  nach  Sn  ergänzt  um  davon  nottUiv  abhängen 
zu  lassen«  so  ist  das  entschieden  unhaltbar.  Denn  formell  müste 
diese  Ellipse  zuerst  nach  ti  M  ^s^  b>^^  J^  nach  Sxi  stattfinden. 
l>ann  musste  aber  statt  «ovto  wenigstens  aSni  stehen.  Ein  so  unmo- 
üfiertes  Abspringen  von  einem  Prädikate  und  dann  Wiederaufnahme 
desselben  und  dennoch  Weglassen  in  einem  Hebensatze  dritten  Grades 
darf  man  Piaton  nicht  zumuten.  Aber  auch  materiell  ist  die  gedachte 
Ergänzung  unmöglich.  Denn  nirgends  hat  Sokrates  tugestanden  oder 
das  ZuReständnis  von  Kallikles  erzwungen  (Swt^  h  %^  «^^^  lo/« 
jfMrftitfS^pwv  ijfisA»^  ipoUty^tv)  dass  es  Tugend  sei  inumUlw  -^ 
A  (ihf  tmw  lM&9if(ump  «Aii^ovfiSf^a»  ßilxlm  «ocov#i  xiw  £9^^909% 
was  vielmehr  Tugend  sei,  wird  gerade  Inder  nachfolgenden 
Erörterung  erst  festgestellt!  Man  darf  sieh  daher  auch  nicht  hinter  die 
allgemeine  Bedeutung  von  i^nn  hti  es  ist  Pflidit  n  df^  flGehten,  wie 
E  Jahn  thul;  hier,  wo  Sokrates  seine  Meinung  der  Behauptung  des 
Kallikles  (dass  die  Tugend  in  der  Befriedigung  der  Begierden  bestehe) 
entgegenstellt,  ist  eine  solche  Verflüchtigung  des  gegensätz- 
lichen Mittelbegriffes  unerträglich.  Endlich  aber  bringt  man 
in  der  angegebenen  Weise  in  die  nach  d.  13.  Erklärung  leichtverständ- 
liche Stelle  eine  Schwierigkeit  der  schlimmsten  unheilbarsten  Art  hinein. 
Denn  neben  agitti  Jett  wird  das  nachfolgende  xavto  dl  tix^fj  tt$  ilvm 
schleppend  ja  so  wie  es  lautet  unmöglich.  Des  ü.  Erklärung  des  In- 
finitivs, als  entstanden  aus  einem  Conjunctiv  adhort.  der  or.  recta  hängt 
wie  H.  B.  zu  487  C  richtig  vermutet  mit  einer  durchgreifenden  Theorie 
der  griechischen  Moduslehre  zusammen,  für  welche  d.  D.  aber  keines- 
wegs allefn  steht  (Vgl.  dazu  u.  a.  die  trefflichen  Abhandlungen  von 
Aken  in  den  Jahrb.  f.  Phil,  und  Pädag.)  Damach  braucht  man  ein  Sti 
überhaupt  nicht  zu  ergänzen.  Seine  Kraft  liegt  schon  in  dem  Infinitiv 
an  sich.  —  Das  sind  Fälle,  in  denen  die  Grundlosigkeit  -  des  Angriffs 
wol  nach  dem  Mitgeteilten  ersichtlich  werden  wird.  Einige  andere  sind 
derart,  dass  ü.  D.  denselben  Nachweis  zu  liefern  aus  gewissen  Gründen 
nicht  versuchen  darf.  So  ist  es  für  ihn  ganz  unmöglich  auf  die 
Bemerkung  des  H.  B.  zu  50t^  B  (S.  80t  unten)  zu  antworten.  Zu  seinem 


20 

Bedauern  nämlich  hat  er  wirklich  die  Feinheit  derselben  nicht  verstehen 
können,  trotz  nicht  geringem  Aufwand  von  Nachdenken.  Der  Grund  mag 
vielleicht  in  ihm  selbst  gelegen  sein ,  vielleicht  aber  auch  darin ,  daaa 
H.  B.  in  die  Worte  des  C.  hineindachte  was  gar  nicht  darin  liegL 
Mögen  denn  Andere  in  Entzifferung  des  Räthsels  glücklicher  sein  als 
d.  U.  war!  Nicht  viel  besser  steht  es  mit  der  sich  anschliefsenden  Be- 
merkung zu  460  A.  Auch  hier  wird  ein  unbefangenes  Drteil  finden,  dass 
des  H.  B.  Angriff  nicht  des  U.  Erklärung  sondern  eine  durch  subjeotive 
Deutelei  h  in  eingelegte  Meinung  trifft  — 

Genug  dieser  Beispiele,  die  sich  auch  leicht  vermehren  liefsen. 
D.  U.  ist  überzeugt,  dass  seine  Arbeit  noch  gar  manche  Fehler  enthalten 
wird,  die  H.  B.  nicht  aufgedeckt  hat,  auch  dass  es  H.  B.  nicht  schwer 
fallen  dürfte  die  Reibe  dessen,  was  er  für  fehlerhaft  erklärt,  erheblich 
zu  vermehren.  Der  Hauptfehler  aber,  den  der  U.  nur  allein  kennt  und 
hiermit  offen  bekennt  ist  entschieden  der,  dass  er  allzugrofses  Vertrauen 
auf  entgegenkommendes  Verständnis  eines  sachverständigen  Beurteilers 
hegte,  ein  Fehler,  der  auf  Umfang  und  Inhalt  der  Vorrede  entscheidend 
einwirkte.  Doch  wird  der  D.  auch  nach  dem  vorliegenden  Erfolge  die 
Hoffnung  nicht  aufgeben,  die  Erfahrung  seiner  Fachgenossen  werde  ihm 
in  der  Zukunft  noch  am  besten  zur  Stütze  gereichen.  — 

Berlin  im  Januar  1800.  Julius  Deu sohle. 


Erwiderung. 

Unter  dor  Überschrift  ^Erläuterungen'  gibt  im  vorstehenden 
Aufsätze  Hr.  t'rof.  De us chic  eine  umfangreiche  Replik  gegen  die 
von  mir  in  dieser  Zeitschrift  veröffentlichte  Anzeige  seiner  Ausgabe  dos' 
Platonischen  Gorgias.  Obgleich  Hr.  D.  mir  darin  ein  Verfahren  zur  Last 
legt,  das  sich  *  mit  einer  gerechten  Kritik  nicht  vertrage'  (S.  18), 
obgleich  er  einige  Bemerkungen  mit  dem  geheimnisvollen  Makel  kenn- 
zeichnet, dass  'gewisse  Gründe'  ihm  die  Widerlegung  derselben 
unmöglich  machten  und  endlich  mit  einer  Andeutung  von  Allgemeinheit 
meine  Entgegnungen  auf  eine  «durch  subjective  Deutelei  hinein* 
gelegte  Meinung*  zurückführt,  so  würde  ich  mich  dennoch  nicht 
zu  einem  einzigen  Worte  der  Erwiderung  entschließen,  wenn  ich  er- 
warten dürfte,  dass  jeder  Leser  dieser  «Erläuterungen*  meine  Anzeige 
und  die  Deuschle'sche  Ausgabe  des  Gorgias  zur  Vergleichung  zöge.  Da 
ich  dies  nicht  voraussetzen  darf,  so  will  ich  durch  einfache  Darlegung 
des  Thatbestandes  dem  unbefangenen  Leser  die  Beurtheilung  erleichtern. 

Die  Antikritik  des  Hm.  D.  behandelt  folgende  Puncte:  1.  die 
logische  Auffassung  des  Gorg.  454  D  vorkommenden  Syllogismus,  2.  den 
Zweck  der  in  D.'s  Ausgabe  als  Anhang  gegebenen  Mogischen  Analyse,' 
die  Unzweckmäfsigkeit  einer  von  mir  als  zur  Einleitung  gehörig  er- 
forderten Übersicht  des  Gedankenganges,  die  Angemessenheit  «Zweck 
und  Grundgedanke*  des  Dialogs  «vor  der  ersten  Lcctüre*  «mit  den 
Schülern  durchzunehmen,*  3.  die  Zweckmäfsigkeit  der  von  mir  bean- 
standeten Fragen  zu  450  B ,  500  A  ,  458  E,  4.  die  Aufgabe  des  Schul- 
commentars  in  sprachlicher  Hinsicht,  Zurückweisung  meiner  Bemerkun- 
gen zu  448  A,  527  A,  507  €,  470  D,  503  G;  darauf  folgt  endlich  über 
meine  Bemerkungen  zu  487  G,  401  A,  500  B,  460  A  die  Erklärung,  dass 
sie  in  sich  selbst  zerfallen,  oder  dass  es  dem  Ref.  aus  *  gewissen  Grün- 
den' unmöglich  sei  auf  meine  Entgegnungen  einzugehen. 

1.  Logische  Auffassung  des  Syllogismus  454  D.  —  Piaton  schreibt: 
^A^  iozi  Ti^y  <o  To^la,  niüxtg  ^tv^^g  ncd  iXridiig;  q>airis  av,  ig  iya 


9€f 


P€  M. 


Jede«<MK  ist 
Keine  hnm€^pl^  igt 


ErlMd>cB  wir 
PUtow  «Bier 


wwi0tl^ff^  ist  des  In 
Abo  steric  ist  vckt 

o h o  e  die  TcrlNaAag  ^nm  ff#^  wJL  elftii  ia 
Begriffes  dabei  ra  ^nttüAtm,  se  kille  er  a   khb 
Anlast.  Aber  Hr.  D.  hat  dasselbe  »Hd 
lieb  ageweodet,   iadea  er  das   afiimalive  i 
scbreibi,  «was  wabr  and  £üscb  sein  kann,' 
wabr  sein  anss,*  also  in  desselben  Siim 

lichkcil  des  leyiffea,  der  die  SUlInng  des  T« 
anerkannt,  so  ist  doreh  MmM,  ^^  JT  die 
hergestellt,  und  man  ist  bereebtigt,  das  ragiiin  dies 
Wesen  dann  Hr.  D.  sun  Obenatze  macbl,  als  einen  «Is 
gang*   m   belraeblen.    Drr  wesenilicbe   rntenchied  4 
#vUo7(#|Mg  and  des  mm^mlrnft^m^  s>V^  «*   ^XV« 
Hr.  D.  als  eine  far  nniafsafninT  Lencr  frappante    b 
besteht  eben  darin,   dass   in  jcaea  die  TerÜDdvng  de 
hing  des  Terminos  mcdios  einaebaeaden  Bqffifle  nnd 
Der  Anerkennong  als  ein  einbeitCcber  Begriff  litrtrüel 
in   diesem   dagegen  es    niebtkann;    et  b£«t  aioo    &c 


cmt  s 


die  SM- 


TeigJfiefc- 
wd.     CUi- 


barkeit  der  fnstans  Mit  dem  Fall,  fir  den  sie  ^rwabll 
gens  würde  sieb  Hr.  D.  diesen  ganzen  Tersncb  eiipafl 
er  dabei  der  Pradiion  des  Plafonifcben  gcbi—nalfif»  «stef  lad 
ini9tfifkn  ist  oiebt  dasselbe*  trea  geblieben  mZgt ;  dna  in  dienern  Faie 
lautete  die  Folgeniiig  aas  seinen  Pramitam;  «Eicbes  isd  Banme  önd 
nicht  dasselbe*  —  und  dieser  Folgenais  ist  gam  neblig,  keanefwe^ 
ein  absordom.  Art  and  ihre  Gattn^g  ist  gewiss  nicbl  idcnüneb.  Frei- 
lich der  Ton  Hrn.  D.  gewählte  Ansdmek  cEicbcn  and  keine  BiMif* 
wird  versUnden  wie  «Eiebe  ist  keine  Art  der  Cittnng  Banme,*  wm 
allerdings  absurd  wäre. 

2.  Was  die  Frage  betrilll,  ob  es  zweckmafög  sei,  in  die  Endet- 
toDg  commentierter  Schulausgaben,  namenllieb  pbüosopbiscbcr  Scbriftem. 
eine  Obersicht  der  Gliederung  und  des  Gedankenganges  •}      -  — 


*)  In  der  Anmerkung  S.  13  gibt  Hr.   D.  Eriislenneen 
VermutbuDgen,*  die  ich  ober  seine 


n  «eil 
Frage 


t2 

80  sind  mir  die  Gründe,  welche  Prof.  Gron  in  der  Vorrede  zu  seiner 
trefinicben  Ausgabe  der  Apologie  und  des  Kriton  dagegen  geltend  macht, 
wohl  bekannt;  es  ist  auf  dieselben  von  anderer  Seite  in  dieser  Zeitschrift 
bereits  früher  eingegangen  worden  (1859.  S.  696  f.).  Den  von  Hm.  D.  be- 
sonders hervorgehobenen  Gegengrund,  dass  die  Einsicht  in  die  Gliederung 
zu  verschaffen  der  Tbatigkeit  des  Lehrers  angehöre,  habe  ich  in  meiner  An- 
zeiger bereits  berührt,  und  darauf  hingewiesen,  dass  man  durch  conse- 
(fuentes  Pesthalten  desselben  «zugleich  den  Stab  über  commentierto  Ausgaben 
für  den  Schulgebrauch  überhaupt*  (S.  795)  bräche.  Hr.  D.  scheint  dies 
nicht  bisachtet  zu  haben ;  sonst  würde  er  schwerlich  überdies  gerade 
solche  Gründe  vorbringen,  welche  derselben  Folgerung  anheimfallen; 
denn  ein  Anlass  zum  «Polemisieren,*  den  Hr.  D.  in  einer  Angabe  der  Glie- 
derung besorgt,  kann,  wie  Hr.  D.  sich  erfahrungsmäfsig  überzeugt  haben 
wird,  durch  einzelne  sprachliche  oder  sachliche  Bemerkungen  ebenso 
wohl  dargeboten  werden,  wie  durch  eine  Inhaltsübersicht.  Der  Anspruch, 
dass  eine  solche  in  der  Einleitung  gegeben  werde,  scheint  Hrn.  D.  «nur 
einer  mangelhaften  Unterrichtsmethode  zu  entspringen.*  Das  äygoino- 
X9Q09,  welches  Hr.  D.  in  dieser  Erklärung  selbst  anerkennt,  trifft  keines- 
wegs mich  allein  oder  vornehmlich  mich  —  ich  höre  mit  Resignation 
das  Gompliment  an  und  die  ihm  beigefugte  ausfuhrliche  Belehrung;  für 
welcherlei  Dnterrichtsmethode  ich  in  Wort  und  Schrift  arbeite,  liegt 
offenkundig  vor;  welcherlei  Methode  ich  selbst  in  meinem  Gymnasial- 
Unterricht  mir  zur  Aufgabe  machte,  das  lebt  zu  meiner  Beruhigung 
in  der  Erinnerung  zahlreicher  Schüler  aus  mehr  als  zwölQährigcr  Gym- 
nasialthätigkeit  —  Hr.  D.  trifft  mit  seinem  dygoinotsgow  vielmehr  zu- 
gleich alle  jene  verdienten  und  hochgeachteten  Mönner,  deren  Schulaus- 
gaben das  von  mir  als  zweckmafsig   bezeichnete   Verfahren   eingehallen 


die  Gliederung  des  Gorgias  ausgesprochen'  haben  soll  S.  795  f. 
Ich  habe  dort  Vermuthungen  weiter  gar  nicht  ausgesprochen, 
als  dass  ich  aus  Hrn.  D.'s  eingehender  Recension  über  die  Suse- 
mihl'sche  Behandlung  des  Gorgias,  da  er  über  die  von  S.  getroffene 
Gliederung  schweigt,  seine  damalige  Zustimmung  zu  der- 
selben als  wahrscheinlich  betrachtet  habe.  Im  Übrigen  ent- 
hält jene  Bemerkung  nur  Thatsachen  über  die  Verschiedenheit 
der  Ansichten  in  dieser  Frage.  In  den  Zeitangaben  habe  ich  mich 
dabei  einfach  an  die  auf  den  Titeln  stehenden  Jahreszahlen  ge« 
halten,  ohne  irgend  eine  Vermuthung  über  einen  möglichen 
Zusammenhang  auch  nur  anzudeuten.  —  Des  beiläufig  an  diese 
Bemerkungen  geknüpften  Preises  der  Verdienste  von  K.  F.  He  r- 
mann  bedurfte  es  in  einer  gegen  mich  gerichteten  Antikritik 
nicht;  meine  Achtung  vor  dem  bewundernswcrthen  Umfang  der 
Leistungen  des  Verstorbenen  wird  dadurch  nicht  beeinträchtigt, 
dass  ich  in  einigen  wesentlichen  Puncten  seiner  Platonischen  For- 
schung nicht  vermag  ihm  beizustimmen.  Soll  diese  Bemerkung 
etwa  eine  Entgegnung  darauf  sein,  dass  ich  erklärt  habe  (S.  790), 
das  Verschweigen  von  Schlei  er  mache  r's  Namen,  wo  Hr.  D. 
die  Männer  nennt,  deren  Vorarbeiten  er  zu  danken  habe,  sei,  wenn 
mehr  als  ein  Zufall,  «ein  schweres  Unrecht*?  Die  Entgegnung 
würde  wenig  passen.  Wo  ich  unter  jenen  Männern  auch  meinen 
Namen  finde ,  der  ich  mir  bewusst  bin  ,  zur  Erklärung  Platons 
literarisch  kaum  ein  Schärflein  beigetragen  zu  haben,  ist  die  Ver- 
wunderung darüber  berechtigt,  dass  der  Begründer  der  Plato- 
nischen Studien  in  der  Gegenwart,  der  Reüitutor  Piatonis , 
wie  ihn  L  Bekker  treffend  und  neidlos  genannt,  der  Erwähnung 
nicht  gewürdigt  ist. 


haben.  Einen  mit  deriei  Obersichten  verwandten  Zweck  in  der  Ton  Hm. 
D.  gegebenen 'logischen  Analyse'  vorausiusotzen,  gaben  und  geben  fira. 
D/t  eigne  Worte  in  der  Einleitung  zu  dieser  Analyse  dra  Anlast: 
c —  —  Daher  ist  es  an  sich  schon  lehrreich^  jener  Gesetse  (namlieh  der 
logischen)  und  Formen  an  solchen  Mustern  sich  bewusst  in  werden; 
aJMr  je  mehr  die  Einsicht  in  die  Form  eines  Platonischen  Dialoges,  in 
die  Gesetzmalsigkeit  der  Untersuchung  sich  vertieft,  um  $o  klarer  and 
sicherer  muss  sich  die  Erkenntnis  seines  Inhalts,  der  Theile  wie  des 
Ganzen,  gestalten.  Diesem  Zwecke  soll  die  nachfolgende  Analyse 
der  im  Oorgias  zur  Anwendung  kommenden  logischen  Functionen  an 
ihrem  Theile  dienen'  (8.  195).  Hr.  D.  hatte  daher  keinen  Grund,  diese 
Ansicht  einfach  als  Misverstandnis  zu  bezeichnen,  ich  habe  dagegen 
diese  logische  Analyse  als  ein  «Ablenken  von  den  Gedanken  des  Schrifll- 
steUers  auf  bestimmte  Abschnitte  der  Logik*  bezeichnet,  und  muss  dabei 
beharren.  Die  einfiiche  Blofslegung  der  Gedanken  des  Schriftstellers  in 
ihrer  Verbindung  gibt  ihren  logischen  Verhaltnissen  die  Evidenz  der 
Wirkung  und  f&hrl  zum  Verstandnisse  der  Schrift;  die  Reflexion  auf 
die  «logischen  Functionen*  macht  diese  Verhältnisse  als  soldie  zu« 
Objecte  des  Denkens  und  verlSsst  somit  die  Vertiefung  in  den  Ge- 
dankengang des  Schriftstellers.  Man  kann  einen  Abschnitt  der  Naturge- 
schichte, einen  Beweis  aus  der  Mathematik,  einen  Dialog  Plalons,  eine 
philosophische  Schrift  oder  eine  Rede  Ciceros,  eine  nicht  logische  Ab- 
handlung des  Aristoteles,  einen  Aufsatz  von  Lessing  oder  Schiller  —  ja 
welche  Abhandlung  überhaupt  nicht  t  —  zum  Gegenstände  der  Reflexion 
auf  die  «logischen  Functionen*  machen ;  es  wird  sicherlich  der  Unter- 
schied bestehen,  dass  die  Ausbeute  für  die  Logik  einmal  beschrankter, 
das  andere  mal  mannigEsItiger  ist;  aber  darin  werden  und  müssen  sich 
diese  Bearbeitungen  gleich  sein,  dass  für  die  Reflexion  auf  die  «logi* 
sehen  Functionen*  der  specielle  Inhalt  der  BegrilTe,  an  welche  die  Re- 
flexion sich  anlehnt,  gleichgiltig  ist  und  durch  jeden  beliebigen 
andern  in  der  Form  gleichen  ersetzt  werden  kann,  und  dass,  so  lange 
die  Reflexion  auf  die  «logischen  Functionen*  als  solche  gerichtet  ist,  die 
Vertiefung  in  diejenigen  bestimmten  Gedanken,  um  die  es  sich  han- 
delt, unterbrochen  wird.  Kurz  logisches  Verständnis  eines  be- 
stimmten Gedankencomplexes  und  Verständnis  der  Logik  sind 
zweieriei  wesentlich  verschiedene  Dinge.  Will  jemand  diesen  Unter- 
schied, statt  ihn  allgemein  zu  erwägen,  lieber  an  der  vorliegenden 
«logischen  Analyse*  selbst  prukn,  so  wolle  er  die  erste  beste  Seile  der- 
selben aufschlagen,  und  sich  fragen,  ob  ein  Satz,  wie:  «Wir  haben  darin 
einen  kategorischen  Syllogismus  der  ersten  Figur  mit 
Namen  Celarent,*  namentlich  mit  Einrechnung  der  Erklärungen,  die 
er  erfordert,  wenn  bei  dieser  Gelegenheit  erst  Logik  gelehrt  werden  soll, 
die  Vertiefung  in  die  bestimmten  Gedanken  Piatons  erhält  und  ver- 
stärkt, oder  von  ihr  ablenkt.  —  Die  Frage,  ob  es  zwcckmäfsiger  ist, 
die  Aufgabe  der  philosophischen  Propaedcutik  an  andere  Lehrgegenstände 
gelegentlich  anzuknüpfen  und  ob  dadurch  der  Idee  der  Concen- 
tration  des  Unterrichts  Genüge  geschieht,  habe  ich  nicht  von  neuem  be- 
rührt, weil  es  sich  hier  vor  allem  um  die  Schulausgabe  eines  Plato- 
nischen Dialoges  handelt«  und  weil  ich  über  jene  Frage  früher  öfters  in 
dieser  Zeitschrift  mich  ausgesprochen  habe.  Ich  mache  nicht  den  An- 
spruch an  Hrn.  D.  davon  Kenntnis  zu  nehmen;  aber  damit  Hr.  D.  sich 
überzeuge,  dass  Männer  von  anerkannter  Einsicht  und  Erfahrung  auf 
diesem  Gebiete  keineswegs  jene  Anknüpfung  an  einen  anderen  Lehr- 
gegenstand als  Bedingung  des  Erfolges  der  philosophischen  Propssdeutik 
betrachten ,  sondern  ihre  selbständige  Stellung  vollständig  anerkennen, 
wolle  er  den  Aufsatz  lesen,  welchen  der  hochverdiente  jetzige  M.  R.  für 
die  evangelischen  Gymnasien  Preufsens,  Geh.  R.  Dr.  L.Wiese  vor  zehn 


u 

labren  vcröffenUicht  hat  (Mützell's  Gymn.  Ztschr.  1850,  S.  2tl~2t9). — 
Dasf  der  zweite  Abschnitt  der  Einleitung  «Zweck  und  Grundgedanke 
des  Dialoges*  nach  des  Hrn.  Vf.'s  Absicht  vor  der  ersten  Leetüre  itait 
den  Schülern  durchgegangen  werden  soll,  das  lege  nicht  ich  ihm  unter, 
sondern  sagt  Hr.  D.  selbst;  denn  wenn  er  in  der  Vorrode  in  Betreff  des 
dritten  Abschnittes  ausdrucklieb  hervorhebt,  «dabei  war  es  nicht  meine  Mei- 
nung, dass  derselbe  wie  die  beiden  ersten  Theile,  schon  vor 
der  ersten  Leetüre  mit  den  Schalem  durchgenommen  und  be- 
sprochen werden  soll,*  so  muss  dies  jeder  so  verstehen,  dass  eben  die 
beiden  ersten  Theile  vorher  sollen  durchgegangen  werden.  Auch  erkennt 
Hr.  D.  trotz  der  Rüge  gegen  die  positive  Wendung,  die  ich  seinen  Gedan- 
ken gegeben  hStte,  indirect  dies  als  seine  Absicht  an.  Er  übersetzt  dann 
«Zweck  und  Grundgedanke,'  wie  er  selbst  Jonen  Abschnitt  überschrieben 
bat,  in  «Veranlassungen*  und  «Oberscbrift.*  Jene  Veranlassungen  seien 
ja  doch  ein  «Sachvorhaltnis ,  das  als  Gegebenes  den  Schülern  mitzu- 
theilen  ist,*  und  ebenso  wenifs  lasse  sich  gegen  eine  der  Leetüre  vor- 
ausgehende llittheilung  der  «Oberscbrift*  einwenden.  Ich  bitte  die  Leser, 
in  den  fraglichen  Abschnitt  einen  Blick  zu  werfen,  um  sich  tu  über* 
zeugen,  wie  wenig  diese  rechtfertigenden  Namen  *  Veranlassungen'  und 
*  Oberschrift'  für  den  Inhalt  desselben  passen.  Nicht  um  historisch  con- 
statierto  Thatsachen  handelt  es  sich,  welche  als  die  Veranlassungen  vor- 
her zu  kennen  Bedingung  wäre  zum  Verstandnisse  dos  Dialoges,  sondern 
vornehmlich  um  die  «inneren  Motive,*  welche  Piaton  zu  seiner  Ab- 
fassung sollen  bestimmt  haben;  diese  sind,  so  weit  man  sie  aner- 
kennen kann,  aus  dem  Dialoge  selbst  erschlossen  und  werden  erst  durch 
seine  Leetüre  wahrhaft  begreiflich,  aber  keineswegs  sind  sie  die  Be- 
dingung für  das  Verstehen  des  Dialoges.  Noch  wunderbarer  ist  die 
Vergleichung  der  Angabe  des  Grundgedankens  mit  einer  blofsen  *  Über- 
schrift.' Fürs  erste,  Piaton  hat  uns  nun  einmal  eine  solche  Überschrift 
nicht  gegeben,  sie  ist  also  unsere  Zutbat;  und  dann,  was  Hr.  D. 
in  den  Brennpunct  einer  blofson  Oberschrift  möchte  zusammenfallen 
lassen,  nimmt  doch  einen  Cmfang  ein,  noch  weit  über  die  Ausführlich- 
keit jener  Büchertitel  aus  dem  17.  Jahrb.,  welche  für  Bibliotheksscrip- 
toren  ein  Gegenstand  verdienten  Hasses  sind.  Kann  man  in  der  unbe- 
gründeten Obersetzung  von  «Zweck  und  Grundgedanke'^  in  «Veranlas- 
sungen und  Oberschrift*  etwas  anderes  lesen,  als  eine  Anerkennung  der 
Richtigkeit  meiner  Einwendung,  nur  vorkleidet  in  die  Form  zuversicht- 
licher Zurückweisung? 

3.  Hr.  D.  wendet  in  seinem  Commentar  öfters  die  Form  der  Frage 
an;  ich  habe  dieselbe,  von  dem  Zweifel  über  ihre  Zweckmäfsigkeil  an  sich 
abgesehen,  als  unzulässig  bezeichne!  in  allen  solchen  Fällen,  in  welchen 
nicht  die  blofse  Hinweisung  auf  den  Fragepunet  hinreicht,  den  Schüler  die 
Antwort  finden  zu  lassen.  Aus  denjenigen  Fragen,  bei  denen  dies  nicht  der 
Fall  ist,  habe  ich  herausgehoben  469  B,  500  A  .^  458  E.  In  der  SJlelie 
459  B  sind  die  betreffenden  Worte  Piatons:  Oynovv  ro  iv  rip  oxlip 
tovxo  iütiv  iv  TO^g  fiii  iCdoaiv;  ov  yicQ  dtjnov  iv  rotg  bI 9 6 ci 
htI.  --  *0  81  fifi  taxQog  ys  drinov  av9ni€xiiiikmv  iv  o  latgog 
iniütfjiimv.  —  *0  ov%  tldng  aga  xov  ildotog  iv  ov%  Btdoai 
M^avtiteQos  iotai.  —  Zu  den  letzten  Worten  fragt  Hr.  D.  in  seiner  An- 
merkung den  Leser;  «Warum  o  oi%  Mmg  aber  6  fii?  latQog^*  Diese 
Frage  muss  doch  heifoen ,  warum  in  jenem  Falle  ov  das  Nolh wendige 
oder  doch  das  Angemessene  war,  in  diesem  dagegen  fii].  Hierüber,  habe 
ich  erklärt,  möchte  ich  lieber  von  dem  Hrn.  Vf.  Erklärung  erhalten,  als 
von  ihm  befragt  werden;  «denn  schwerlich  lässt  sich  zwischen  dem 
Verbältnisse  der  Negation  in  diesem  Falle  und  in  dem  unmittelbar  vor- 
ausgehenden iv  totg  i^fi  tMüiv  ein  wesentlicher  unterschied  nach- 
weisen* CS.  797).    Hr.  D.  gibt  mir  nun,  um  die  Angemessenheit  seiner 


m  ar  iap.   «- 


diejeDigeo  GrenzlinieD^  welche  Hr.  D.  in  den  angeführten  Worten  zu 
sieben  unternimmt,  vor  einer  aufmerksamen  Betrachtung  verschwinden, 
das«  Krüger  in  den  bekannten»  von  Hrn.  D.  angeführten  Stellen  vor- 
sichtig genug  ist,  dies  nicht  einmal  zu  unternehmen,  das  lässt  sich  mit 
Zuversicht  erklären.  Darum  muss  ich  dabei  verharren,  jene  Frage  für 
unangemessen  zu  halten,  da  sie  in  wissenschaftlicher  Hinsicht  schief 
gestellt,  in  didaktischer  Hinsicht  nachtheilig  ist  Aus  der  Gombination 
von  zwei,  drei  Stellen  ein  Gesetz,  eine  feine  Distinction  abzuleiten,  sind 
denkende  Schüler  der  oberen  Glassen  an  sich  geneigt.  Dieses  Streben 
ist  scbatzenswerth  und  wird  erfolgreich  unter  besonnener  Leitung;  aber 
man  darf  nicht  durch  Kragen,  wie  die  vorliegende,  zur  Einbildung  eines 
exquisiten  Wissens  verführen,  das  vor  näherer  Prüfung  nicht  Stand  hält. 
Man  wird  nach  der  umfassenden  Behandlung  der  einen  von  mir 
gemisbilligten  Frage  es  mir  wol  verzeihen  oder  danken,  wenn  ich  die 
Rechtfertigung  meines  Drtheiles  über  die  beiden  anderen  unterlasse;  ich 
habe  auch  bei  ihnen  noch  keinen  Grund  gefunden,  mein  Urtheil  zu 
ändern. 

4.  Wer  die  Bemerkungen  in  Hm.  D.'s  Antikritik  über  die  wahre 
Aufgabe  eines  Sciiulcommentars  in  Beziehung  auf  sprach- 
liche Erklärung  liest,  kann  leicht  zu  der  Ansicht  bestimmt  werden,  als 
hätte  ich  in  meiner  Anzeige  eine  solche  Art  der  Erklärung  erfordert,  welche 
jede,  auch  als  bekannt  vorauszusetzende  sprachliche  Erscheinung  mit 
einer  Bemerkung  versehen  oder  die  selbständige  Thätigkeit  des  sie  be- 
nutzenden Schülers  überflüssig  machen  sollte.  Dass  dem  nicht  so  ist, 
wolle  der  Leser  so  gefällig  sein  aus  S.  7S6  und  801  der  bestrittenen 
Anzeige  oder  aus  meiner  Anzeige  des  Sauppe'schen  Protagoras  1868. 
S.  842  zu  entnehmen.  Ich  habe  daher  das. Rechten  über  das  Mehr  und 
Weniger  der  sprachlichen  Erklärung  ausdrücklich  abgelehnt,  und  nur 
auf  die  Forderungen  gedrungen,  dass  dasjenige ,  was  gegeben  wird,  in 
Bestimmtheit  des  Ausdruckes  keinem  Vorwurfe  unterliege,  dass  es  richtig 
sei,  dass  es  nichts  willkürlich,  als  sei  es  ein  Gedanke  des  Schriftstellers, 
demselben  unterlege.  Nur  auf  diese  Puncte  sind  daher  meine  Bespre- 
chungen einzelner  Stellen  gerichtet.  Einen  Theil  derselben  erkennt  Hr. 
D.  als  richtig  an,  es  muss  ein  sehr  kleiner  Theil  sein;  denn  von  23 
Stellen,  die  ich  in  ein  oder  der  andern  dieser  Hinsichten  habe  zur 
Sprache  gebracht,  werden  II  ausführlich  oder  mit  einem  verwerfenden 
kurzen  Ausdrucke  von  Hm.  D.  beseitigt,  und  zum  Schlüsse  gesagt,  dass 
die  Beispiele  «subjectiver  Deutelei,*  aus  welcher  Hr.  D.  einige 
meiner  Entgegnungen  ableitet,  sich  leicht  vermehren  liefsen.  Wenn  hier- 
nach das  Zugestandene  auf  ein  Minimum  sich  reduciert ,  so  ist  es  mir 
dagegen  an  keiner  Stelle  gelungen,  mich  durch  Hrn.  D.'s  Gegengründe 
eines  anderen  zu  überzeugen;  mögen  die  geehrten  Le^er  versuchen,  ob 
es  ihnen  besser  gelingt 

Zu  i%^ls  nal  nptifiv  470  D  bemerkt  Hr.  D.  es  «bezeichnet  das  vor 
ganz  kurser  Zeit  Geschehene.  Diese  Redensart  hat  ihren  Ursprung 
im  Homer  %^itd  rt  nal  ngm^  A 303.?  Ich  habe  diesen  Ausdruck 
üls  ungenau  bezeichnet;  statt  dieser  mindestens  nicht  erweisbaren 
Behauptung  hätte  nur  das  Thatsächliche  gesagt  werden  sollen:  g^Dcr 
Ausdruck  findet  sich  in  dieser  Bedeutung  bereits  bei  Homer.*  In  der 
Entgegnung  nun  beschränkt  Hr.  D.  selbst  die  Worte  «hat  ihren  Ur- 
sprung* auf  die  Bedeutung  des  für  uns  ersten  literarischen  Vorkom- 
mens. Ich  war  nun  bisher  der  Meinung ,  dass ,  wo  man  nicht  mehr 
mit  Sicherheit  behaupten  kann  noch  will ,  man  auch  nicht  mehr  sage; 
d^rum  erwähnte  ich  diese  Anmerkung  des  Hm.  D.  unter  denen,  deren 
Ausdruck  präciser  und  bestimmter  zu  wünschen  sei.  Diese  meine 
Bemerkung,  erfahre  ich  jetzt,  ist  «mit  einer  gerechten  Kritik 
unvereinbar.* 


■d  Mrvnr  (^Bialiefa  nc  Simmu 

«•IfUtt.  Oorgias  kaso  aicht 

fr  weib  nidil,   voria  diese  Lckre  ihcfkai^  ifUffcw  »ly     & 

vorans  —  imw  rvff  fif  Mmg   —   dlMft  JeAer  «cteB   ««bT  MthA 

dareh   Zafall  vkte«  wat  recht  «^  nOlMk  mL    Bit  Stfllcax 

¥0D  ^9  lach  %i%§  itt  daher  hcacrkeatwertk.*    Ich 

dagegoi  (S.  8tS)  crilart,  da«  air  die 

fOB  M  riihadhaft  sei,  veü  ucht  la  ichca  ta.    väc^  aaderc 

maa  mr  fitj  hatte  ervartea  hftBaea.   «ad  aar  dvch  Ihveichaaf 

fOD  der  itt  ervarteadea  Slfflaag  virde  äe  dsch  fecBciieMcA  w> 

den;  aad  ich  hahe  die  ii      _ 

dieser  Bemerkoag,  tan^Bifa   mü  dcadvch  4tm  Tcxi  aarhi   v< 

lasstea  AoAdracke  «darch  ZaCül.*    Miachfa  Srhan    Tiigh  la    hii 

TvXf  sl*  I^ti¥  TOB  Tvjf  assehea  la   wsflca,  4u 

ihrea  Zweck,   das    Nachdcakca  des   gchüeii  aid  di 

lenkea»  TerfehleB  wöide.    Wcbb  Br.  D.  diese  Bemt^ 

woUle»  so  durfte  ich  erwartca,  er  verde  anhaiiwa .   wm  m  äa  Shci- 

]aBg  TOB  fitj  heaierkeaswerlh  sri.    Stall   dfaiea    iiir§ihl  Br.  B.  iräar 

aosdnicUiche  Pkage  ähcr  die  Stcflaac^  vaa  n>  n^ht  dMac  StcCe  des 

Kategorie  deijeaigeD  aa^aadewa  er  1 

*aas  gewisaea  Greadea'  aichl  tc 

vabelaDgcnes  Crtiieil  verde  fiadca,   da« 

D.'s  Erklaroagy   «soodera  eiae  dareh   sahfccÜTc 

Deatelei*  trefe.    Ich  stclie  eiafach  dea  ~ 

(Jrtheile  der  Leser  aahri«. 

ZaStTAe^d^r  Sw  fw  ^mwpmmtmp  aaray  gsiifr  laawr,  s{  «f 
{yarrsc  ^I^P*^  avra«  p§lxim  sid  alf#i£aiafa  ppfrfir.  9W9  de  i^m^ 
«rl.  sehreihi  Hr.  D.  im  CoaiBealar:  ^ml^Hnt^m,  der  CaaparaliT.  vcid 
die  erkaaate  Wahrheil  dareh  aeae  ErkraalBJasi  Hsd  Ciiaii  aach 
mehr  geslotil  oad  TettieA  vetdea  kaaa.*  Ich  hahe  digegra  cns* 
nert:  «flicht  am  die  vettere  oad  liefere  Be^iadaag  der  tob  fadniet 
bevieseaea  Sitae  haadelt  es  sich  ja,  sondrra  diraai  djBi  »aa  Lct 
Muhe  des  Porschens  nicht  andere  Salie  fiadra  koBB>,  dM  sich 
besser  aad  hegräadeter  erviesea  hattca,  ab  die  de«  Soinln.* 
diese  meiae  Enigegniaig  soll  ich  de«  Hra.  TL  Gedaakea 
die  er  gar  aidit  hatte.*  Ilaa  volle  artheilea,  oh  ia 
irgend  eine  Willkfir  lu  finden  «iL  Wer  dea  CifsrMiT  alftrfaMfa 
dadurch  erküit,  dass  die  bereits  erkaaale  Wahrheit  dtfth 
n  e  a  e  Erkenntnisse  nnd  Grande  noch  mehr  gesiof tt  verde,  der  hiadrU. 
unleugbar  Ton  einer  Steigerung  der  WahrhetI  desselben  Ccgf^aa- 
des;  derselbe  Qegeostaad  soll,  vie  etwa  mitmw  mmUsmp,  mmtmw 
luitoPf  so  flrvfov  alif^leT^ov  Verden.  Anden  lassen  sich  die  Werte 
des  Hm.  D.  durch  kern  Mittel  der  Eiegese  deatcn.  Daei  diese  Bcatfr- 
^u^K  S^^  <^  Sinn  der  Stelle  ist,  habe  ich  erianert,  aad  »ass  es 
trotz  der  Belehrung  durch  den  Hm.  Vt  vinlerh^en.  Es  haadelt  sich 
nicht  um  Gradunterschiede  der  Wahrheit  desselben,  leadcm  Ter- 
scbiedener  Gedankenobjecte.  Auf  diesen  Paoct,  aaf  dea  alleia  sich 
meine  Entgegnung  bezog,  übrigens  noch  durch  Herrorhcbea  der  eal- 
scheidenden  Worte  im  I>rucke  Ycrdentlichl,  geht  Hr.  D.  gar  nicht  ein, 
und  dies  in  einer  Beplik ,  an  deren  Anlange  er  ssir  (al«ches  Laler^ehie- 
b«n  von  Gedanken  vorvirfl  und  am  Ende  die  Anerkeaaaag  der  Bichtig- 
keit  seiner  Anmerkung  aus  meinen  Worten  Mgerl. 

Zu  507  C,  wo  Piaton  Ton  ea  n^attH9  in  der  Bedeatong  *  recht 
handeln'  zu  ti  n^attHP  in  der  Bedeutung 'sieh  vohl  befinden,  frtuck- 
lich  sein'  übergehl,  bemerkt  Hr.  D.  ganz  richtig  «ev  x§  ssd  mmltH 
MqaxxHP  wird  in  zwiefacher,  in  traositiTer  and  intran«itiTer  Bedeutung 


gebraucht  und  dient  so  zum  Obergange  zu  dem  Synonymon  *  glücklich 
sein  .*  Sodann  aber  fahrt  Hr.  D.  fort:  «Darin  liegt  aber  keine  Erschlei- 
cbnng;  denn  dieses  Sein  muss  mit  jenem  Handeln  zusammenfallen, 
weil  auch  dieses  auf  einem  Sein,  dem  Wissen  beruht.  So  er- 
leichtert die  Sprache  nur  die  ErgSntung  des  Beweises.*  Ich  habe  hierzu 
den  Wunsch  ausgesprochen,  dass  Br.  D.  «diesen  Beweis  der  Identität 
auf  einen  bestimmten  Modus  einer  bestimmten  Schlussfigur  zurückführe* 
und  überdies  zeige,  dass  «diese  Beweisführung  in  Piatons  Sinne  ge- 
lehrt sei.*  Es  lässt  sich  wol  kaum  deutlicher  sagen,  dass  ich  den  eben 
in  Rede  stehenden,  in  der  wörtlich  angeführten  Anmerkung  angedeute- 
ten Beweis  meine,  dessen  Angelpunct  in  «diesem  Sein*  und  «einem  Sein* 
idi  noch  besonders  markiert  hatte.  Hr.  D.  erfüllt  auf  das  Bereitwilligste 
meinen  Wunsch,  indem  er  schreibt : 

«Tugend  ist  ein  Wissen. 

Wer  tugendhaft  handelt  muss  wissen. 

Wissen  ist  Glückseligkeit 

Wer  also  tugendhaft  handelt  muss  glückselig  sein.* 
Die  Frage,  ob  die  dritte  PrSmisse  mit  dem  Inhalte  des  Platonischen 
Philebus  in  unbedingtem  Einklänge  steht,  lasse  ich  unberührt;  alles 
sei  Platonisch ,  alles  richtig  geschlossen.  Was  hat  denn  die  hier  gege- 
bene Ausführung  mit  der  in  der  Anmerkung  enthaltenen  räthselhaften 
Andeutung  gemein,  als  den  Begriff  Wissen  ?  Den  in  der  Anmerkung  ge- 
gebenen Beweis  habe  ich  erklSrt  nicht  zu  yerstehen,  für  den  dort  gege- 
benen Beweis  habe  ich  um  die  logische  Analyse  gebeten,  und  erhalle 
als  solche  einen  andern  Beweis.  Hr.  D.  legt  dann  wenigstens 
seine  eignen  Worte  so  aus ,  wie  es  selbst  die  äufserste  Willkür  einer 
«durch  subjective  Deutelei  hineingelegten  Meinung*  nimmermehr  wagen 
würde. 

Die  geneigten  Leser,  die  mir  etwa  bis  hieher  willig  gelplgt  sind, 
werden  begreifen,  dass  ich  wenig  geneigt  bin,  gegen  Einwendungen 
dieser  Art  meine  Bemerkungen  zu  einzelnen  Stellen  noch  weiter  zu 
rechtfertigen;  sie  werden  mir  auch  vielleicht  Qlauben  schenken,  wenn 
ich  versichere,  zur  Rechtfertigung  der  anderen  gegen  die  von  Hm.  D. 
miigetheilten  Qegengründe  bereit  zu  sein.  Ein  weiteres  Schreiben  wäre 
f&r  jetzt  unnützer  Zeitaufwand;  Hm.  D.  darf  ich  jetzt  nicht  hoffen,  zu 
überzeugen,  und  was  zur  Wahrung  in  der  Sache  beispielsweise  mir 
erforderlich  schien,  habe  ich  in  der  Anzeige  bereits  gesagt.  Und  dennoch 
berafo  ich  mich  schlierslich  auf  Hrn.  Deuschle's  eignes  Zeugniss  in  der 
Sache.  Seine  Ausgabe  des  Gorgias  wird  über  kurz  oder  lang  eine  zweite 
Auflage  erfahren.  Warten  wir  ab,  an  welchen  der  von  mir  besprochenen 
Stellen  (unter  denen  ich  noch  ausdrücklich  die  nicht  mir  allein  unbe- 
greifliche Lehre  von  der  «idealen  Zeit*  erwShne)  Hr.  D.  sich  zu  einer 
Ändemng  bestimmt  finden  wird.  Für  diejenigen,  an  denen  dies  nicht 
geschieht,  bin  ich  dann  bereit  die  Discussion  von  neuem  aufzunehmen. 
Wien  im  Januar  1860.  H.  B  o  n  i  t  z. 


Erste  A  b  t  h  e  i  1 11  n  g. 


Aliliandluiif|;cn. 

Ober  das  VII.  und   VIII.   Buch   der  II las. 

Die  beiden  genannten  Bücher  der  Ilias  enthalten  die  Ereig«« 
nisse  von  vier  Tagen,  des  22ten,  der  mit  B  beginnt,  bis  zum 
25ten^  der  mit  K  endet.  Wir  führen  dieselben  hier  in  gedrängter 
Obersicht  an.  Zweiundzwanzigster  Tag  (spät  nach- 
mittags): Rektor  und  Paris  kommen  aus  der  Stadt  zurück  und 
beide,  sammt  Glaukos,  erlegen  drei  unbedeutende  Achaier  (Hl 6); 
dadurch  bewogen  kommt  Athene  vom  Olymp  herab,  um  den 
Achaiem  beizustehen,  was  Apollo  dadurch  verbindert,  dass  er 
sie  bestimmt,  den  allgemeinen  Kampf  einstellen  zu  lassen  und  den 
Rektor  zu  bewegen,  einen  der  Achaier  zum  Einzelkampfe  her- 
auszufordern (42).  Dies  thut  Hektor,  von  seinem  Bruder  Helenos 
von  dem  Götterbeschluss  benachrichtigt  (91),  aber  keiner  der 
Achaier  stellt  sich  demselben,  so  dass  sich  endlich  Menelaos  ent- 
schlielst,  den  Zweikampf  anzunehmen,  was  ihm  jedoch  der  für 
seinen  Bruder  besorgte  Agamemnon  ausredet  (122).  Auf  Nestor^s 
tadelnde  Rede,  wobei  derselbe  wieder  eine  der  Heldenthaten  seiner 
Jugend  erzählt  (160),  melden  sich  neun  Helden,  das  Los  ent-« 
scheidet  für  Aias,  der  sich  wapnet  und  dem  Hektor  entgegen- 
tritt (245):  nach  kurzem  Zwiegespräch  beginnt  der  Zweikampf, 
der  für  Hektor  ungünstig  auszufallen  droht,  wenn  nicht  die  Nacht 
und  die  Herolde  die  streitenden  getrennt  hätten  (312).  Die 
Achaierfursten  finden  sich  zum  Nachtmahl  bei  Agamemnon  zu- 
sammen, wobei  Nestor  den  Rath  erlheilt,  einen  kurzen  WaiTen- 
stillstand  mit  den  Troern  zu  schliefsen,  um  die  Todten  zu  ver- 
brennen und  das  Lager  zu  befestigen  (343).  Zu  gleicher  Zeit 
versammeln  sich  die  Häupter  der  Troer  bei  Priamos  auf  der 
Burg;  der  Rath  des  Antenor,  Helena  sammt  den  Schätzen  zurück- 
zugeben, wird  verworfen  (380).  Dreiundzwanzigster  Tag: 
Sendung  des  Idaios  in  das  achaiische  Lager  wegen  der  Ver- 
brennung  der  Todten   (413),   darauf  die   Bestattung   derselben 

Z«ittehrift  f.  a.  dtt«rr.  Ojnnat.  1860.  III-  Haft.  12 


154         Übt!  ilas  VII.  u.  VIII.  Buch  der  IlLis,  v.  /  La  Roche. 

beidcr.scils  (432).  V i  crundzw anzig s ler  Tag:  Mit  Anbruch 
der  Morgendämmerung  wird  der  Grabhügel  aufgeschüllel  (441), 
der  Bau  der  Mauer  ist  mit  Einbruch  der  Nacht  vollendet  (4()o, 
inzwischen    das    Ge.^präch    des    Zeus    mit    Poseidon    443 — 464). 
Von  Lemnos  kommen  Schiffe  mit  Wein,  wovon  die  Achaier  kau- 
fen (475)  und  darauf  das  Nachtmahl  zu  sich  nehmen.  Zeus  don- 
nert dazwischen,  und  erschrocken  begeben  sich  die  Achaier  zur 
Ruhe  (482).    Fünfundzwanzigster  Tag:    Göllerversamm- 
lung,   Zeus  verbietet  den  Göttern  am  Kampfe    Iheilzunehmen  (ß 
1 — 40)  und  fährt  dann  auf  den  Ida  (62).     Die  Achaier  nehmen 
das  Frühmahl  und  rüsten  sich  zur  Schlacht  (59).  Nachdem  der 
Kampf   bis    zum    Mittag    gleich    war,    entscheidet   Zeus    durch 
die  Wage  zu   Ungunsten    der    Achaier   und   schreckt   sie  durch 
Blitz  (77),  so   dass   sie  alle   den  Schiffen   zueilen.     Auf  dieser 
Flucht  gerälh  Nestor  in  Gefahr  von  Hektor  getödtel  zu  werden, 
wird  aber  von  Diomedes  gerettet,    der  diesem  entgegentritt  und 
—  die  Troier  beinahe  aliein    nach  Ilium  zurückgeschlagen  hätte 
(131),  80  dass  Zeus  sich  veranlasst  sieht,  gegen  den  achaiischen 
Ritler  ohne  Furcht  seine  Blitze  in  Anwendung  zu  bringen  (133, 
170).    Die  durch   Hektor   aufgemunterten  Troer  (197)  drängen, 
nachdem  Here  den  Poseidon  vergeblich  aufgefordert  den  Achaiern 
beizustehen  (212),  diese  hinter  die  Verschanzung,  und  es  fehlte 
nicht  viel,   so   hätte  Hektor    die   Schiffe   angezündet  (217).     In 
dieser  Noih   ermahnt   Agamemnon   die   Achaier   und    fleht   zum 
Zeus  (244),    der  den  AcTiaiern  wieder  günstig  wird    und  ihnen 
ein  glückverheifsendes  Zeichen  sendet  (250),  worauf  diese,  neun 
Helden  an  der  Spitze,  die  Troer  zurückwerfen.  Vor  allen  zeich- 
nen sich  dabei  aus  Diomedes  (260)  und  Teukros,  der  acht  Troer 
nach  einander  mit  seinen  Pfeilen  erlegt  und    deshalb  vom  Ober- 
feldherrn belobt  und  ermuntert   wird  (299) ;   zulelzt  aber   wird 
er  von  Hektor,    auf  den  er  zweimal  vergeblich  den  Pfeil  abge- 
schossen, mit  einem  Steinwurfe  kampfunfähig  gemacht  (384),  und 
die  Troer,    denen   Zeus   mittlerweile   wieder   seine  Gunst   zuge- 
wendet hat,  drängen  wieder,  voran  Hektor,  die  Achaier  zurück 
(849).    Da   rüsten  sich   dem  Verbot  des  Zeus   zum  Trotz  Hero 
und  Athene  zum  Kampfe  gegen  die  Troer   und   schon  haben  sie 
sich  zur  Fahrt  auf  das  Schlachtfeld  angeschickt  (396),  da  sendet 
Zeus  zu  ihnen    die    Iris   und   schreckt   sie   dergeislalt   durch  die 
schwersten  Drohungen  (432),  dass  den  Göttinnen  aller  Mulh  ver- 
geht und  sie  zum  Olymp  zurückkehren.     Ihnen   folgt   Zeus   und 
kündet  ihnen  an,    dass    es   den    Achaiern    noch    weit  Schimmer 
ergehen  werde  (483).     Sonnenunlergang;  die  Troer  versammeln 
sich    auf   der    Ebene    vor    der    Stadt    und   als    die    Herren    des 
Schlachtfeldes  nehmen  sie  im  Freien  ihr  Nachtmahl  und  nehmen 
daselbst  ihr  Nachtlager  (565). 


Ober  das  VU.  u.  YIIL  Buch  der  IHas,  v.  7.  La  Rock0,         tlß 

fis  lassen  sich  unter  den  Begebenheiten^  welche  in  den 
beiden  Bächern  eiilhalten  ßtnd,  folgende  zwei  gröbere  zusam- 
mengehörige Erzählungen  erkennen: 

1.  Heklors  Zweikampf  mit  Aias  fl  1  (?)  —  312; 

a.  die  Ereignisse  des  25ten  Tages  0  1 — 488, 
während  H  819 — 482  und  0  489 — 565  mit  dem  vorhergehen- 
den nicht y  wenigstens  nicht  wesentlich  zusammenhängen,  wie 
sich  bei  der  Betrachtung  des  einzelnen  auch  ungesucht  ergibt. 
Lachmann  (Betrachtungen,  S.  22>  nimmt  yon  Zl — //S12 
das  6te,  von  9  258 — 484  das  7te,  von  0  485  bis  zum  Ende 
von  /  das  8te  Lied  an,  während  er  in  ^818  —  9  252  eine 
ungeschickte  Erzählung  erkennt,  die  mit  dem  vorhergehenden 
(H  821,  822  und  851  etwa  ausgenommen)  in  ktinem  Zusammen- 
hange .steht,  indem  sieh  die  Ereignisse  bei  nicht  einmal  sicherer 
T»gesrechnung  drängen,  und  die,  wie  wir  hinzufügen  können, 
von  ättfserst  geringem  poetischem  Werthe  ist.  Zu  einem  theil- 
weise  ähnlichen  Resultat ,  jedoch  auf  ganz  verschiedenem  Wege, 
i;elangte  Hoffmann  in  seinen  Qucestiones  Homericae;  dieser  er- 
klärt für  die  älteste  Partie  0  1 — 488  mit  Ausnahme  einer  Interpo- 
lation in  dem  Abschnitte  881 — 896;  einer  späteren  Zeit  gehört' 
Hl — 812  und  einer  noch  späteren  fr312— 482^,  ^489—565 
an,  wozu  dann  noch  einige  interpolierte  Verse  kommen,  wie 
H849y  S6i^,  0  6  und  natürlich  auch  H  68.  G.  Hermann 
(Opuscula  V,  pg.  68)  findet  0  i — 51  an  unpassender  SteHe.  Augv 
Jacob  (über  die  Entstehung  der  Ilias  und  ^Odyssee)  hält  die 
Wage  des  Zeus  (ß  69)  für  eine  Einführung  der  späteren  Zeit 
des  Heldengesanges  und  hebt  aufserdemr  noch  hervor^  dass  im 
8ten  Buche  Diomedes  besonders  geehrt  wird,  während  Odysseus 
schimpflich  flieht,  und  während  Odysseus  in  den  vier  ersten  Ge- 
sängen eine  hervorragende,  Diomedes  aber  eine  untergeordnete 
Rolle  spielt,  sie    in   den  vier  folgenden  ihre  Rollen  wechseln  '> 


•)  Man  vergreiche  besonders  if  138, 145  und  T 141— 233,  wo  jedes- 
mal nur  Agamemnon,  Odysseus,  Aias  und  Idomeneus  als  die  her- 
vorragendsten Danaerhelüen  genannt  werden.  Bei  der  Musterung 
des  Heeres  werden  wiederun»,  aufser  Nestor,  der  besonders  in  den 
beiden  ersten  Büchern  hervortritt,  nur  Idomeneus  und  die  Aias 
ehrenvoll  erwähnt,  auf^erdem  Odysseus  bei  all  dem  Tadel,  den 
er  verdient,  dennoch  gelobt,  Diomedes  dagegen  hart  mitgenommen. 
In  dem  gleich  darauf  beginnenden  Kampfe  zeichnen  sich  beson- 
ders Antilochos ,  Aias ,  Odysseus ,  vor  dem  sogar  Hektor  zurück« 
weicht  {J  505)  und  Tboas  aus,  erst  mit  E  tritt  Diomedes  beden«- 
tungsvoir  in  den  Vordergrund  und  verrichtet  Thaten,  wie  sie  her 
Homer  nicht  ehima)  dem  AchiHeus  zugeschrieben  werden,  und 
setzt  die  Troer  in  bei  weitem  gröfseren  Schrecken  als  vordem  der 
Sohn  der  Tbetis  (£  98  ff.).  Gleichzeitig  tritt  Odysseus,  nur  noch 
einmal  (£  669)  ehrenvoll  genannt  und  sonst  nur  beiläuGg  erwähnt 
(E  519,  Z  30.  H  168),  in  den  Hintergrund,  er  muss  sich  von 
Diomedes  den  Vorwurf  der  Feigheit  (S  92)  gefallen  lassen  und 
wird  unter  den  neun  hervorragenden  Helden  der  Achaier  gar  nicht 

12* 


M         Ober  das  VU.  u.  VIII.  Buch  der  llias,  v.  A  La  Rocke. 

Der  Zweck  dieser  Arbeit  ist,  aus  der  genauen  Betrachlung  der 
Einzelnheiten  zu  einem  möglichst  sicheren  Resultat  über  die  Zu- 
sammensetzung der  beiden  vorliegenden  Bücher  zu  gelangen. 

H  1  —  812. 

Im  allgemeinen  passt  hier  alles  vorlreflPlich  und  ist  zugleich 
von  hohem  poetischem  Werth:  die  Handlung  ist  in  stetem  Fort- 
gange und  contrastiert  insofern  aufserordentlich  mit  dem  folgen- 
den, worin  die  einzelnen  dürr  erzählten  Begebenheiten  sich  gegen- 
seitig drängen,  die  Schilderung  des  Zweikampfes  gehört  zu  den 
anziehendsten  der  ganzen  llias,  so  dass  man  von  diesem  Stand- 
puncte  Lachmann  nur  beistimmen  kann,  wenn  er  Hl— 312  und 
Z  dem  nämlichen  Dichter  zuschreibt.  Doch  findet  sich  auch 
hier,  wie  überall,  manches  Anstofs  erregende,  so  gleich  die  Verse 
9  und   10  : 

"Aqvtj  vttietdovxa  Msviü&iov,  oV  TiOQVviqtrjg 
ys£vat  *AQi^£&oog  xccl  <^Xo(ii9ovütt  ßcovcg. 

Dabei  sind  auch  schon  den  alten  Grammatikern  Bedenken  auf- 
gestofsen.  Menesthios,  den  hier  Paris  erlegt,  war  der  Sohn  des 
Keulenschwingers  Areithoos,  der  von  Boeotien  nach  Arkadien  zog 
und  dort  grofse  Beute  machte  (Schol.  A),  aber  von  Lykurgos, 
nachdem  er  ihn  aus  einem  Hinterhalte  überfallen,  getödtet  und 
seiner  Waffen  beraubt  ward  (ff  136  ff.)-  Nachdem  Lykurgos  alt 
geworden,  gab  er  diese  seinem  Waffengenossen  Ereuthalion,  ßeeen 
welchen  Nestor,  als  er  noch  sehr  jung  war  (veoitatog  anav^ 
rav  153),  kämpfte  und  ihn  tödtete.  Da  nun  Nestor  schon  in 
sehr  hohem  Alter  stand,  so  hätte  Menesthios  gar  nicht  mehr 
leben  können,  oder  hätte  viel  älter  sein  müssen  als  Nestor,  der 
doch  überall  in  der  llias  als  der  älteste  erscheint  und  von  den 
Achaiem  vor  Ilion  ausschliefslich  durch  d  yiq€ov  bezeichnet 
wird.  Die  Schoben  geben  zwei  Wege  zur  Hebung  dieses  Wider- 
spruchs an,  Menesthios  wäre  demzufolge  beim  Tode  seines  Va- 
ters noch  ein  kleines  Kind  gewesen,  und  Areithoos  sei  von  dem 
schon  bejahrten  Lykurgos  getödtet  worden,  der  bald  darauf  dessen 
Waffen  dem  Ereuthalion  übergeben  habe;  diesen  habe  dann  Nestor 
kurze  Zeit  nachher  getödtet.  Auf  diese  Weise  hätte  Nestor  frei- 
lich um  weniges  älter  sein  können  als  Menesthios;  ich  zweifle 
aber,  ob  der  gelehrte  Scholiast  unter  den  heutigen  Homerikern 
auch  nur  einen  einzigen  Anhänger  seiner  Meinung  zählt.  Das 
hätte  wenigstens  der  Dichter  nicht  unerwähnt  gelassen,  dass 
Menesthios  schon  so  hochbetagt  war.  Heyne  nimmt  an,  Menesthios 
sei  der  Enkel  des  Keulenschwingers  Areithoos  und  der  Sohn  des 
seinem  Vater  gleichnamigen  Areithoos  gewesen;  doch  abgesehen 


einmal  erwähnt.  Das  können  nicht  Lieder  desselben  Dichters  sein, 
in  denen  die  gleichen  Persönlichkeiten  so  verschieden  aufgefasst 
sind.  Das  lOte  Buch,  worin  beide  Helden  vereint  auftreten,  kann 
dagegen  schwerlich  als  Beweis  gellen. 


über  das  VU.  u.  VlIL  Buch  der  llias,  v.  J,  La  Bocke.  157 

davon^  dass  es  zu  keiner  Zeit  griechische  Sitte  gewesen  ist,  da^ 
der  Sohn  wie  der  Vater  hiefs,  lässt  sich  ov  nur  auf  Henesthios 
und  nicht  auf  Areithoos  beziehen.  Aristarch  hilft  sich  hier  mit 
der  Annahme  einer  Homonymie,  wie  es  deren  ja  viele  in  der 
Dias  gibt,  welche  schon  die  alten  Erklärer  meistens  aufgedeckt 
haben  (vgl.  Schol.  zu  ^184,517,856;  ri44;  -^228;  £39, 
76,148,676,705;  ff 9,  138;  ÖJ14;  Jl70;  J:2e6;  >i302, 
422,620;  ilf  189,  198,  394;  iV  643,  658;  0  515,525,532; 
iI197,  811;  P78,218,  806;  3^612;  Ä251),  aber  die  Homo- 
nymie ist  nirgends  derart,  dass  auch  die  Eigenthümlichkeiten 
der  beiden  Personen  die  gleichen  sind,  da  hier  wie  dort  {H  138) 
Areithoos  den  Beinamen  xoQvvijtrjg  hat.  Verdacht  erregt  auch 
das  Epitheton  der  Phylomedusa  ^^ßoämg^^:  dies  ist  stehendes 
Beiwort  der  llere  wie  yXavxmxig  das  der  Athene  und  findet 
sich,  wie  schon  Aristarch  bemerkt,  als  Beiwort  einer  Slerb- 
h'chen  auCser  hier  nur  in  dem  unechten  Verse  F 1 44.  Verwerfen 
lassen  sich  die  beiden  Verse  auch  nicht,  da  es  der  epischen  Ge- 
nauigkeit widerstreitet,  irgend  eine  Persönlichkeit,  wenn  sie  nicht 
sehr  bekannt  ist  (wie  z.  B.  Tvdiog^  "AtqBog  vt6g\  nicht  nament- 
lich, sondern  nur  als  Sohn  seines  Vaters  anzuführen,  für  gewiss 
aber  halte  ich  es,  dass  die  Worte  ov  xoQvvijtrig  bis  ßoämg 
interpoliert  sind,  was  aber  durch  ov  xoQvvTjtrig  xxX.  verdrängt 
ist,  lasst  sich  nicht  ermitteln.  Unsrer  Stelle  wird  auch  nicht 
geholfen,  wenn  man  in  der  Rede  des  Nestor  die  den  Areithooa 
betreffenden  Verse,  etwa  136— 167  oder  138— 14J  und  143—145 
ausscheidet,  die  zweifellos  echt  sind,  wenn  man  auch  sonst  dem 
redseh'gen  Nestor  manches  untergeschoben  hat. 

Mit  Recht  muss  es  auffallen,  dass  Athene  (17)  den  Achaiern 
zu  Hilfe  eilen  zu  müssen  glaubt,  nachdem  Hektor,  Paris  und 
Glaukos  drei  sonst  unbekannte  Achaier  getödtet  haben,  wodurch 
die  Schlacht  gewiss  keine  ungünstige  Wendung  für  diese  nehmen 
konnte.  Weit  minder  auffallend  wäre  ihr  Erscheinen,  wenn  die 
Verse  8  — 16  gar  nicht  da  wären.  Von  ihrem  Weggehen  ist 
nichts  gesagt  und  bei  dem  Zweikampfe  hilft  sie  nicht  mit  (frei- 
lich scheint  Aias  nicht  ihr  Liebling  zu  sein),  obgleich  sie  sich 
mit  Apollo  ia  Gestalt  eines  Raubvogels  (die  Vogelgestalt  der 
Athene  kehrt  dreimal  in  der  Odyssee  wieder)  auf  die  Eiche  des 
Zeus  setzt,  gewiss  in  der  Absicht  dem  Zweikampf  beizuwohnen. 
Apollo,  der  sich  in  Troja  aufhält,  kann  den  Hektor  retten,  so- 
wie später  noch  mehrmals  und  vordem  den  Aineias,  ohne  be- 
sonders aufgeführt  zu  werden,  Athene  aber  muss  sich,  um  per- 
sönlich einzugreifen,  jedesmal  erst  vom  Olymp  auf  das  Schlacht- 
feld begeben ;  dass  sie  dies  jetzt  thut ,  ist ,  nebenbei  gesagt,  an 
diesem  Tage  das  viertemal,  nämlich  5  167,  -^74,  iE 733  ff.,  von 
-^74  bis  E  133  scheint  sie  auf  dem  Schlachtfelde  geblieben  zu 
»ein,  aber  £418  ist  sie  wieder  auf  dem  Olymp.  Dass  die  Götter 
den   Kampf    der  Achaier   und   Troer   für   diesen   Tag    beenden 


158  Über  das  VII.  u.  VIII.  Buch  der  llias,  v.  /  Im  Roche, 

wollen  (29),  war  keineswegs  nölhig,  da  es  schon  sehr  spat  an  dem 
Tage  sein  musste,  der  mit  jB  beginnt;  auch  der  Vers  26  erregt 
Anstofs,  da  Athene  den  Achaiern,  die  den  ganzen  Tag  über  im 
Vorlheil  waren  ,  nicht  erst  kurz  vor  Abend  ixBQaXycia  vCH-qv 
zu  verleihen  brauchte,  der  dadurch  sich  doch  unmöglich  auf  die 
Seite  der  Troer  neigen  konnte,  dass  der  alte  Menesthios  sammt 
zwei  anderen  unbedeutenden  Achaiern  gefallen  war.  Im  Uten 
Buche  müssen  erst  Agamemnon^  Piomedes,  Odysseus,  Eurypylos 
und  Machaon  verwundet  und  Aias  dusch  Zeus  in  Schrecken  ge- 
setzt Wjerden,  ehe  der  Kampf  zu  Gfunsten  der  Troer  ausfällt. 

V.  53  wird  von  den  alten  Kritikern  verworfen,  die  o% 
axovöa  wörtlich  verstanden  und  diesen  Vers  zunächst. auf  den 
vorhergehenden  bezogen;  denn  das  hatten  die  Götter  allerdings 
nicht  gesagt,  dass  Qektor  beim  Zweikampfe  nicht  fallen  würde, 
dies  ist  vielmehr  eigne  Zuthat  des  Helenos,  auch  stellt  Hektor 
nachher  selbst  (77  ff.)  nach  Heyne's  richtiger  Bemerkung  die 
Bedingung,  dass  wenn  er  falle,  die  Waffen  dem  Sieger  und  sein 
Leichnam  den  Troern  gehören  sollte,  so  dass  man  eher  annehmen 
könnte,  der  Vers  52  sei  obelisiert  worden.  Wenn  aber  das  Götter-?- 
^espräch  mit  dem  Zweikampfe  des  Hektor  und  Aias  in  keiner 
Verbindung  steht,  so  muss  V.  53  fallen,  sowie  auch  die  Verse 
58 — 62  nicht  zu  diesem  ursprünglichen  Liede  gehört  zu  haben 
scheinen,  so  dass  nach  V.  7  ungeföhr  ein  Vers  wie  ivd'^  ^EXevog 
IlQiafLOv  Ttdvg '^ExtoQa  slns  jtuQaöxdg^  darauf  V.  47  un|l  die 
folgenden  mit  Ausschluss  von  68 — 62  folgten. 

V.  68  wird  von  Hoffmann  für  unecht  erklärt. 

V.  108  ist  das  Digamma  in  i^og  nicht  berücksichtigt: 
Bekker  schreibt  mit  Beniley  gegen  dieAucloriIät  der  Mss.  dagt- 
XBqriv  IIb  xerp^r. 

VV.  113,  114  widersprechen  dem  von  Achilleus  (J  352) 
gesagten  und  der  ganzen  Auffassung  des  gröfslen  Homerischen 
Helden.  Sie  sind  an  diesp  Stelle  gekommen  um  überhaupt  den 
Achill  wieder  einmal  zu  erwähnen,  vgl.  Schol.  B  L  dvajtokBt 
dh  navtaxov  r6  Svofia  *A%tXlimg  vtcIq  xov  {iri  Iij^-tj  öo^- 
vai,  wogegen  die  Bemerkung  Heyne's  nicht  Stich  hält, 

V.  162  ist  das  Digamma  des  Wortes  «r«!  vernachlässigt, 
Bekker  setzt  nach  Bentley's  Cpnjeclur  TCQcixiöxa  für  XQcixog  ^bv, 

Die  Verse  195—199  werden  von  den  allen  Grammatikern, 
darunter  von  Zenodot  und  Aristophanes  (Schol.  A  zu  198)  für 
unecht  erklärt,  weil  dieselben  sie  im  Munde  des  Aias  unpassend 
fanden;  von  den  neueren  Kritikern  nahm  keiner  Anstofs  daran 
und  das  mit  Recht,  da  für  Aias  nichts  entehrendes  darin  liegt, 
wenn  er  die  Achaier  auffordert  für  seinen  Sieg  zu  beten,  zuerst 
still,  weil  es  die  Troer  sonst  vielleicht  ihm  als  Furcht  aus- 
legen könnten,  dann  aber  schnell  hinzufügt  «oder  auch  offen,  da 
ich  mich  vor  keinem  furchte  und  keinem  an  Tapferkeit  und 
Kriegskennlnis  nachstehe.*^ 


über  das  VII.  u.  VllL  Buch  der  lUas,  v.  /  Im  Rocke.  159 

Die  Verse  229  und  230  sind  ungeschickte  luterpolationeii 
und  stehen  jB  771  am  rechten  Platze:  von  den  alten  Erklärern 
nahm  keiner  Anstols  an  diesen  beiden  Versen,  sie  boten  ihnen 
nur  Veranlassung  zu  einer  inoffCa  mit  höchst  interessanter  Lo«> 
sung.  Auch  die  neueren  lassen  sie  unangefochten,  es  gilt  jedoch 
dasselbe  von  diesen  wie  von  118,  114. 

VV.  256  und  267  wurden  von  einigen  alten  Grammatikern 
verworfen,  sie  finden  sich  wi^tr  hier  noch  E  782,  783.  Sit 
acheinen  von  denjenigen  in  Schutz  genommen  worden  zu  sein, 
denen  die  Verbindung  %m  d*  i7cöxa0öa(iipm  ....  JUgia^^dtis 
fihv  ixena  fiiöov  öaxog  ovzaöe^  .  .  .  jiiag  d*  äözCda  vvl^Bv 
anstölsig  war  (dergleichen  findet  sich  jedoch  häufig  z.  B.  U  8, 
806;  17  129;  ft  73 ;  0  95;  v230;  o  483  auch  >i833;  i  462^ 
vgl.  Apoll,  de  Constr.  p.  35,  23  Bekk«).  Düntzer  (Zenod.  163) 
ist  der  Ansicht,  dass  Zenodot  die  drei  Veree  255 — 257  aüsge- 
stofsen  habe,  da  er  durch  den  Ausdruck  ixöxaööafiiva}  ver» 
leitet  unter  iyx^^  ^^^  Schwerter  verstanden  habe,  welches  dem 
V.  273  (vgl.  Schol.  daselbst)  widersprisht  Ich  möchte  nicht 
leicht  dem  Zenodot  eine  solche  Übereilung  zutrauen. 

V.  277  ist  das  Digamma  in  slxs  unberücksichtigt  geblie* 
ben:  die  Änderung  öX'^xtQov  (nicht  oxrintga  wie  Bentley) 
(f%i^B^  die  nicht  einmal  so  kühn  ist  wie  die  V.  108  und  162, 
wurde  von  Bekker  nicht  in  den  Text  aufgenommen. 

V.  293  (vgl.  Schol.  A  zu  282)  wird  von  Aristarch  ver- 
worfen: der  Grund,  den  der  Herold  zum  Aufheben  des  Kampfes 
gegeben  hat,  braucht  nicht  nochmals  von  Hektor  wiederholt  zu 
werden.  Ebenso  unpassend  ist  der  Vers  295,  den  Heyne  in 
Schutz  nimmt,  nicht  minder  298 ,  man  vergleiche  nur  damit 
£  376,  aus  dem  die  Redensart  %elov  ävöovtai  ayäva  herge- 
nommen ist:  dies  iäs^t  sich  von  einem  sagen,  der  sich  in  die 
Versammlung  der  Götter,  nicht  aber  in  den  Tempel  begibt,  in 
dem  sich  doch  jedenfalls  nur  ein  einziges  Götterbild  befand  *). 
Der  Vers  294  steht  aufser  aller  Verbindung,  wenn  er  nicht 
unmittelbar  auf  290  folgt:  kurz  die  Verse  293  —  298  sind 
interpoliert. 

Hit  312  schliefst  das  Lied  vom  Zweikampf  des  Hektor  und 
Aias,  was  darauf  folgt  steht  mit  dem  früheren  auiser  allem  Zu» 
sammenhange  mit  Ausnahme  des  Verses  821,  in  dem  Aias  noch-« 
mals  mit  Ehren  erwähnt  wird. 

H  313  —  482. 

Die  Verse  313 — 825  scheinen  zur  Verbindung  des  vorher- 
gehenden mit  dem  folgenden  hinzugedichtet  zu  sein ,   namentlich 

*)  Man  vergleiche  E  445  CT.,  wo  Aineias,  von  Apollo  in  seinen 
Tempel  gebracht,  dort  von  dessen  Mutler  und  Schwester  Leto  i"»** 
Artemis  gepflegt  wird. 


1«0  über  das  Vil.  u.  VUL  Buch  der  Iüas»  v.  /.  La  Roel^4 

bezeugen  dies  321  und  825:  in  Betreff  dieses  Verses  verweisen 
die  Schollen  auf  die  Rede  Nestors  ^  387— 368  (namenilich  863)^ 
vgl  auch  870.  Die  Verse  314 — 327  kehren  sämmtlich  in  an- 
deren Theilen  der  llias  oder  Odyssee  wiedor,  so  314,  815  =  J3 
402  f.  316  «:r  421.  317— 320  =^  46Ö  ff.  Ä  428  ff.  g  340  f. 
r  422  ff.  321  =S  437.  322  »  ^  102.  328— 825  =  J  92  ff. 
«9  52  f.  826  s  A  253,  B  283.  827  =»  A  17. 

Im  Verse  330  ist  der  Ausdruck  af/xa  iiSxidaöe^  in  332 
HvxX7J60[i€v  vfxQovg  ßovöi  auffallend.  334  und  885  wurden 
schon  von  Aristarch,  als  der  Sitte  des  Homerischen  Zeitalters 
widersprechend,  ausgestoisen,  vgl  auch  Schol.  A  zu  £  322.  Der 
Rath  eine  Hauer  zu  bauen  und  der  Hauerbau  selbst  436  ff.  ist 
hier  gewiss  am  unrechten  Ort,  wenn  ihn  auch  einige  dadurch 
zu  erklären  suchten,  als  sei  er  früher  nicht  nothwendig  gewesen, 
80  lange  Achilleus  noch  nicht  zürnte,  da  sich  Rektor  nie  (vgl. 
7  352;  £789;  0  722)  bis  gegen  die  Schiffe  wagte,  auch  wenn 
sich  Achill  (J  348  f.)  ausdrücklich  darauf  bezieht ,  dass  die 
Mauer  seit  dem  zwischen  ihm  und  Agamemnon  entstandenen 
Zwist  gebaut  wurde.  Auffallend  ist  auch  die  gro£se  Schnellig-» 
keit,  mit  der  das  jedenfalls  bedeutende  Zeit  in  Anspruch  neh- 
mende Werk  zu  Stande  kam.  Da  später  Hauer  und  Graben 
wiederholt  erwähnt  werden,  so  ist  nichts  leichter,  als  anzuneh-f 
men,  dass  die  Achaier  diese  in  einem  der  vorhergehenden  neun 
Jahre,  und  zwar  sicher  zu  Anfang  des  Krieges  zum  Schutz  der 
Schiffe  erbaut  haben ^  was  um  so  nöthiger  war,  als  der  Sage 
nach  Achilleus  und  Aias  und  gewiss  auch  andere  oft  lange  Zeit 
mit  ihren  Schiffen  auf  Beutezügen  abwesend  waren  (vgl.  1325  ff. 
664,668,129,271;  ^625;  T296;  7^106;  Z4I5;  jB  228). 
Über  den  Hauerbau  vergleiche  man  Heyne  Exe.  I  zu  L.  VII, 
Fäsi  zu  J7  334. 

Der  Ausdruck  iniß(fiöjj  noXsfiog  V.  343  weicht  von  dem 
sonst  im  Homer  üblichen  Gebrauche  dieses  Verbums  ab,  man 
vergleiche  besonders  3f  286,  414. 

Die  Verse  344 --^432  scheinen  ursprünglich  gesondert  für 
sich  bestanden  zu  haben,  ebenso  vielleicht  die  Verse  nach  433, 
und  dies  ist  um  so  wahrscheinlicher,  als,  wenn  man  von  diesem 
Gesichtspuncte  aus  die  Rede  des  Nestor  (327 — 343)  betrachtet, 
man  deutlich  das  Bestreben  in  ihr  erkennt,  eine  Verbindung 
zwischen  diesen  einzelnen  Bruchstücken  gröfserer  oder  kleinerer 
Lieder  des  troischen  Sagenkreises  zu  bewerkstelligen:  327 — 335 
beziehen  sich  auf  344 — 432,  336 — 343  auf  die  Verse  nach  433. 

V.  345  ist  das  Digamma  bei  "lUog^  349  bei  stna  ver- 
nachlässigt, ogxuc  TCiöta  ifsvödiuvov  (351)  ist  ein  bei  Homer 
sonst  nicht  gibrauchlicher,  überhaupt  auffallender  Ausdruck. 

V.  353  wird  von  Aristarch  mit  Recht  verworfen. 

Der  blofse  Accusativ  i^fidrefov  d(S)  nach  Sysi^v  findet 
sich  im  Homer  nicht  mehr  (390  steht  Tfoiijvös,    statt   dessen 


Ober  das  VU.  v.  VUL  Buch  der  Uiav,  ▼.  i.  U  Hacke.        l«i 

jedoch  auch  Tipo^qy  stehen  könnte,  wie  umgekehrt  ^ftitsQovds^ 
TgL  27  385,  424;  d  89;  /197,  an  welchen  Stellen  beide  Les- 
arten nebeneinander  vorkommen  und  W  Sß  ^yayev  vfiiteQovds)^ 
doch  iat  es  eine  alte  Constructioneweise  (ygl.  Z  88 ;  O  706\ 
die  auch  von  spateren  nachgeahmt  wurde,  siehe  ApolL  Rhod. 
n,  289. 

In  den  Versen  864  und  391  ist  das  Digamma  unberück- 
sichtigt gelassen:  es  lässt  sich  allerdings  herstellen,  wenn  man 
It  streicht,  Ober  die  Zulässigkeit  eines  solchen  Verfahrens  aber 
lie&e  sich  viel  streiten.  Ebenso  kann  man  im  V.  875  bei  slTci-- 
fiwui  das  Digamma  retten,  wenn  man  %6if  in  x6  ändert,  wie 
Hoffmann  und  Bekker  gethan. 

Die  Verse  ZQS  und  869  (letzterer  wurde  bekanntlich  öfters 
eingeschoben,  wie  auch  in  der  Odyssee  der  bekannte  SioyBvlq 
JoBfttddiij  noXviirixav  *08v66€V  x  456;  A  60,92,473,  vgl 
auch  X  189, 430,  482;  9  276)  fehlten  schon  in  den  meisten  alten 
Ausgaben  nach  SchoK  A  iv  aXXp  (welches  sich  doch  jedenfalls 
nur  auf  eine  oder  einige  Ausgehen  bezieht ,  vgl.  meine  Ab- 
handlung über  Didymus,  Triest  1859,  S.  5)  xal  ovroi  oC 
arfxo^  xetvxM  ^xixXvti  [isv  .  •  «  •  xsXsvei^^^  gerade  so  wie 
SchoL  A  zu  379  iv  aXXp  xal  ovtog  6  CtCxog  ^^doQXov  ixsid^* 
bUovxo  xata  cxQotov  iv  tsXis66tv.^^  Sie  stehen  auch  nicht 
im  Venetus,  auffallend  ist  es  aber,  dass  keiner  der  mir  be- 
kannten Herausgeber  die  beiden  erstgenannten  Verse  eingeklam- 
mert hat« 

V.  407  steht  vxoxQtvofiat  in  der  Bedeutung  ^«antworten^' 
(dazu  Aristonicus  <<or^  XQobsöig  ivijXXaxtai  avxl  tov  äxo^ 
xQivovtcu):  es  findet  sich  so  noch  /!  111,  sonst  hat  es  die  Be- 
deutung «(auslegen,  deuten'^  r  535,  555;  o  170  und  ilf228, 
welche  Stelle  jedoch  ebenfalls  bedenklich  ist. 

Bei  den  Versen  421,  422  (=  t  433  f.)  wird  die  Tages- 
rechnung unsicher:  einige  nehmen  hier  den  Beginn  des  folgenden 
Tages  an,  andere  fassen  die  Worte  von  dem  weiter  vorgerück- 
ten Tage.  A  784  holen  die  Troer  neun  Tage  lang  Holz  zur 
Bestattung  des  Hektor,  da  der  Wald  sehr  weit  von  der  Stadt 
entfernt  ist  (A  662),  ?  110  ff.  brauchen  die  Achaier  nur  einen 
Tag,  um  das  Holz  vom  Ida  zu  holen  und  die  Leiche  des  Pa- 
troklos  zu  verbrennen.  Die  Schilderung  der  Todtenbestattung 
ist  auiserst  trocken  und  dürftig. 

Die  Verse  443 — 464  werden  schon  von  den  alten  Kriti- 
kern verworfen,  vgl.  Schol.  A,  AV  (nach  diesem  von  Zenodot, 
Aristophanes  und  Arislarch),  ferner  Schol.  A  zu  Ml 7  und  das 
weiter  unten  zu  9  198  bemerkte;  doch  gehört  auch  V.  242  mit 
zur  Diaskeuase.  Zu  der  zweisilbigen  Form  des  Dativs  rJQm  (453) 
hat  schon  Aristarch  seine  Diple  gesetzt :  sie  findet  sich  nur  noch 
einmal  in  der  Odyssee  ^ASS.  Zu  vergleichen  ist  auch  Schol«  A 
zu  0  446  1}  ii^xi'^  XQog  tr^v  iv  totg  ixavio  (if452)  a^i- 


16t  Über  das  VII.  u.  VIII.  Buch  der  llias,  v.  7.  La  Roche, 

tfiCiv  ^  ort  Siatptovat  tavra  iv  olg  ipti^i  ^j6  r'  iyti  xal 
0otßos  'j^TCoXXmv  ^QO)  Aaofisdovzi. 

Im  Vers  467  ist  das  Digamma  in  olvov  vernachlässig;!, 
3enlley  schrieb  deshalb  na^iotav,  AuiTällig  ist  hier  der  Um- 
stand, dass  nach  dem  Untergange  der  Sonne  und  dem  Einnehmen 
des  Spälmahles,  welches  immer  bis  in  die  Nacht  hineinreichle, 
SchilTe  aus  Lesbos  mit  Wein  kommen  und  die  Achaier  davon 
zur  Nachtzeit  kaufen.  Auch  navvv%iog  (476  und  478)  ^<dic 
ganze  Nncht  hindurch'^  ist  hier  unpassend,  es  findet  sicli  jedoch 
^PlOo  in  ähnlicher  Bedeutung,  vgl.  besonders  Schol.  AB  zu /iC  I, 
AD  zu  iC2,  A  zu  A  A12.  Mit  der  ganzen  vorigen  Stelle  sieht 
im  Widerspruch,  was  Nestor  Il\  sagt: 

ein  Beweis,  dass  das  Lied  von  der  Gesandtschaft  an  Achiileus 
mit  der  vorliegenden  Stelle  in  keiner  Verbindung  gestanden  ha« 
ben  kann. 

Der  Vers  476  wurde  wegen  des  Wortes  dvdQanodeaöt 
verworfen,  ort  vsGitSQLxfj  ovofiaöCa  xov  avS^ditodov ^  vgl. 
Lehrs  bei  Friedländer  Aristonicus  zu  diesem  Verse.  Aus  dem- 
selben Grunde  verwarfen  auch  einige  ,S  142,  vgl.  Schot.  V 
nBQioooq  o  o%C%oq  xal  ^  li^ig  (nämlich  das  Wort  aitpk^fSeu) 

e  1  —  488. 

Den  Anfang  des  8ten  Buches  (VV.  2  —  52)  reiht  Zenodol 
(Schol.  S  1,  ö3,  Düntzer  p.  154)  dem  7ten  an,  jedoch  mit  Aus- 
schluss von  H  482,  vgl.  Schol.  AB  Zrjvodotog  äh  xal  rovrov 
xal  xov  ngmxov  xrjg  i^^g  ^a'^tpdCag  riQxe  (Bekk.  für  eCQtjxe) 
öxixov  und  lässt  das  8te  Buch  mit  V.  I  beginnen,  worauf  dann 
gleich  V,  53  folgt.  G.  Hermann  findet  auch  die  52  ersten  Verse 
hier  nicht  am  fechten  Platze  und  möchte  sie  lieber  nach  N  4 
setzen;  denn  allerdings  ist  es  auflfallig,  dass  dem  strenge  ausge- 
sprochenen Verbote  zuwider  Athene  und  Here  den  Achaiern  zu  Hilfe 
auf  das  Schlachtfeld  eilen  wollen ^  nicht  wie  Athene  sagt  (36), 
um  denselben  Rath  zu  ertheilen,  sondern  um  am  Kampfe  Antheil 
zu  nehmen,  vgl.  388  tBv%BCiv  ig  n6Xs(Wv  d^ooQrjöiSsxo.  Schon 
früher  sucht  Here  den  Poseidon  zu  verleiten,  den  Achaiern  bei- 
zustehen und  sagt  hier  im  Gegensatz  zu  den  Worten  des  Zeus, 
der  von  sich  behauptete  allen  Göltern  gewachsen  zu  sein,  dass 
wenn  alla  den  Achaiern  gewogenen  Gölter  den  Zeus  hindern 
wollten  den  Troern  beizustehen,  so  würde  dieser  bald  einsam 
auf  dem  Ida  sitzend  sich  grämen,  mit  anderen  Worten  nichts 
gegen  sie  ausrichten  können.  Doch  diese  Verse  gehören  späterer 
Diaskeuase  an,  stimmen  aber  eher  zu  A  399  ff.,  wo  es  heifst, 
dass  Here,  Athene  und  Poseidon  den  Zeus  fesseln  wollten  und 
dieser  nur  durch  den  Beistand  des  Briareos  davon  bewahrt  wurde. 


Üher  das  VII.  u.  Vlll.  Buch  der  Ilias ,  yi.  J,  La  Rocke.         16S 

ab  die  Rede  des  Zew  zu  Anfang  des  8(en  Baches.  Ebenso  fallt 
es  auf,  dass  Zeus,  der  doch  entschlossen  zu  sein  scheint  die 
Achaier  zu  verderben  und,  nachdem  er  die  Niederlage  derselben 
durch  seine  Wage  (69)  entschieden  hat,  den  Diomedes,  der  noch 
allein  den  Troern  wirksamen  Widerstand  leistet,  durch  seinen 
Blitz  zuräckschreckt,  sich  so  bald  wieder  durch  die  Thranen 
des  Agamemnon  (245)  erweichen  lasst  und  den  Achaiern  auf 
einige  Zeit  wieder  den  Sieg  verleiht. 

V.  6,  den  Hoffmann  för  ganz  spSte  Interpolation  hält,  fehlt 
in  Venetus. 

Den  Vers  15  verwirft  Bekker,  er  hat  einen  entschieden 
Hesiodeischen  Charakter,  sowie  auch  der  folgende,  der  sich  in 
der  Theogonie  720  findet  und  den  man  an  letzterer  Stelle  für 
unecht  erklart;  vielleicht  ist  es  umgekehrt;  so  stammt  auch  i$2  45 
aus  Hesiod  Op.  316,  vgL  auch  zu  B  475,476. 

Die  beiden  Verse  25  und  26  hat  Z^odot  verworfen  und 
gewiss  mit  Recht ^  wenn  wir  nicht  annehmen  wollen^  dass  der 
Dichter  absichtlich  Zeus  mit  unmöglichem  prahlen  lasse.  Denn 
die  Worte  lassen  sich  nicht  anders  deuten,  als  dass  Zeus  sich 
anheischig  mqcht,  die  Gölter  sammt  Erde  und  Meer  vom  Uranos 
aus  empor  zu  ziehen  und  dann  (ßnsixd)  den  oberen  Theil  der 
Kette  um  die  Spitze  des  Olymp  zu  schlingen  und  festzubinden, 
fio  dass  dann  alles  in  der  Schwebe  hänge;  der  Dichter  müsste 
also  im  Widerstreit  mit  seiner  sonstigen  Ansicht  sich  den  Olym- 
pos  von  der  Erde  getrennt  denken.  Anders  erklart  die  Stelle 
Aristarch  (vgl.  Lehrs  p.  171),  er  fasst  nämlich  die  beiden  Verse 
als  nachträgliche  Erklärung,  'wie  Zeus  es  anstellen  wolle,  um 
Erde  und  Meer  empor  zu  ziehen  und  erklärt  innxa  durch  oxav 
^iXi^^m  ifvöai  (wofür  aber  weder  er  selbst  noch  sonst  jemand 
bis  jetzt  einen  Beleg  beigebracht  hat),  d.  h.  wenn  ich  nämlich 
euch  (die  Götter)  sammt  Land  und  Meer  heraufziehen  wollte,  so 
würde  ich  zuerst  die  Kette  (am  unteren  Theil)  um  die  Spitze 
des  Olymp  binden  und  dann  —  würde  alles  in  der  Schwebe 
hängen ;  es  müsste  wol  heiüsen  ^^und  dann  würde  ich  ziehen*^  etc. 
Auch  dadurch  lässt  sich  nicht  helfen,  dass  man  25  und  26  vor 
24  stellt,  wir  sind  vielmehr  genöthigt  Zenodot  beizustimmen  (so 
auch  Heyne)  und  die  beiden  Verse  für  Diaskeuasten^-Hachwerk 
zu  halten,  die  noch  näher  erklären  zu  müf^scn  glaubten ^  auf 
welche  Weise  Zeus  die  Kette  an  die  Erde  befestigen  würde^  um 
sie  heraufzuziehen,  oder  wirklich  daran  dachten^  dass  Zeus  die 
mittels  der  Kette  emporgezogene  Erde  an  den  Olymp  aufhän* 
gen  werde. 

Die  Verse  28 — 40  hält  heute  jeder,  der  nicht  zu  den  streng- 
gläubigsten gehört,  wie  z.  B.  Dindorf  und  Fäsi,  für  interpoliert : 
Heyne  glaubt  sogar  sie  seien  von  den  Ordnern  eingeschoben. 
Auffallig  ist  schon  das,  dass  von  28 — i)2  alle  Verse  mit  Aus- 
nahme von    48  und    der  ersten  Hälfte  von  51   Wiederholungen 


I«4         Über  das  VII.  u.  VIU.  Buch  der  lUas,  v.  7.  La  Backe. 

sind.  So  ist  28  »  r  95  ;  H  92,  898 ;  i  29,  430,  693  ;  ÜC  2 1 8, 
813;  3*^676;  ;r  393.  29=7431,694.  30  =  if  94,399;  /3I, 
432,696.31  =  ^45,81;  0  478.32—37  =  463—468.  34=3ö4. 
38—40=  -X  182— 184.  41—44  =  iV23— 26.  45  =  jS;366, 
768;  -X400;  y  484,  494;  o  192,  46  = -£769-  47—Ä283; 
O  151.  49=^:368,775;  iNr34-  50  =  £776,  cf.  ig369;  iV85. 
51  =^405;  £906;  >4  81.  52=^82. 

Die  beiden  schon  von  Aristarch  verworfenen  Verse  78  und 
74  verrathen  sich  auf  den  ersten  Blick  als  Interpolation,  worin 
das  Bestreben  den  Ausdruck  ^ijCBj  der  etwa  unverständlich  sein 
könnte,  durch  weitere  Ausführung  näher  zu  erklären,  zu  deutlich 
hervortritt. 

Der  Vers  89  hat,  wie  auch  schon  Aristarch  bemerkte, 
das  auffällige,  dass  Hektor  hier  iqvioxog  heifst,  man  vergleiche 
damit  119  und  312. 

Nach  131  finden  sich  in  einigen  allen  Ausgaben  (A/  r«yt 
täv  xalatäv)  folgende  zwei  Verse:  nTfilSeg  vx  ^Agyeiav, 
iUnov  di  xsv  "ExToga  dtov  xalx^  dijiOCDi/ra,  iafiaOöB  dd 
luv  z/tofiifdi}$,>>  wiederum  ein  Beweis,  wie  sehr  die  Diaskeua- 
sten  alles  in's  Breite  zu  ziehen  bemüht  waren.  Barnes,  der  die 
Vermuthung  aufstellte,  dass  hinter  131  ein  Vers  ausgefallen  sei, 
würde  sich  sicher  sehr  gefreut  haben,  wenn  er  von  dem  be- 
ireffenden Scholion  des  Viclorianus  Kenntnis  gehabt  hätte:  übri- 
gens ist  die  Lesart  dtiiocßvta  im  zweiten  Verse  sinnlos,  es  ist 
ijjmd'ivta  zu  schreiben. 

Die  Verse  164 — 166  wurden  von  Aristophanes  und  Ari- 
starch als  unpassend  verworfen,  «nicht  blofs  deshalb,  weil  sie 
den  Ausdruck  SaC^ovu  Sidovai  xivi  für  unhomerisch  hielten 
(Zenodot  schrieb  ndifos  zol  notiiov  ^9>if<Tc7);  die  ganze  Stelle 
ist  unhomerisch. 

Wahrhaft  albern  aber  ist  der  Vers,  den  eine  oder  mehrere 
Ausgaben  vor  Aristarch  (der  dazu  seine  Diple  setzte)  nach 
V.  1 68  enthielten  «^  fiifr«  ötgirlfav  fiijV  ainCßvov  fiaxdtfaöd'au^ 

Der  Vers  188,  der  auch  im  Venetus  und  aulserdem  noch 
in  sechs  anderen  Handschriften  fehlt,  ist  wiederum  müfsiger  Zu- 
satz eines  Diaskcuasten :  avzovg  im  Gegensatz  zu  v^ccg  bedeutet 
schon  dieAchaier,  vgl.  ff  888,  437;  ^408,417;  ^47,66,68; 
«521;  A499;  t40;  Jir26;g265;  p  434.  Der  interpolierte 
Vers  konnte  aus  1243  an  diese  Stelle  kommen. 

Der  Vers  185  wird  allgemein  verworfen  (vgl.  auch  Fäsi), 
weil  aufser  i/  81  bei  Homer  kein  Viergespann  erwähnt  wird, 
siehe  Lehrs  Arist.  p.  195  ff.  und  aufser  den  dort  angeführten 
Scholien  noch  K  473.  Auch  der  V.  189  wird  mit  Recht  von 
Aristophanes  und  Aristarch  verworfen,  überhaupt  aber  enthält 
die  Ansprache  des  Hektor  an  seine  Pferde  so  viel  bedenklichcM, 
dass  schon  Heyne  (zu  V.  185)  sie  für  das  Machwerk  einer  spä- 
teren Zeit  erklärte,  vgl.  auch  Grashof  ^.Fuhrwerk»  S.  2,  A.  1. 


Uen  8old| 
jr  PanÄT 

9      \        'y 


Ober  das  Yll.  u.  VIII.  Buch  der  Man,  V.  J.  La  Motke.         I«5 

Wir  hören  hier  zam  erstenmal  von  einem  Schild  des  Nestor, 
dessen  (des  Schildes)  Rohm  bis  zum  Himmel  gedrungen,  und^ 
der  ganz  von  Gold  ist  (armer  Greis,  dem  die  Diaskeuasten 
schwere  Last  aufbürdeten),  auch  weiCs  Heklor,  dass  der  ~ 
des  Diomedes  ein  Werk  des  Hephaistos  ist  (Schol.  A  ano  yaf 
riavxov  ilaßevj  nach  Seh.  AD  zu  192  ist  auch  der  Schild 
des  Nestor  aus  der  göttlichen  Schmiede  hervorgegangen)  und 
hofft,  im  Besitze  dieser  beiden  Waflfenslucke,  die  Achaier  noch  in 
der  nächsten  Nacht  zum  Besteigen  ihrer  Schiffe  zu  nölhigen 
(siehe  auch  Jacob  S.  223).  Weiter  erfahren  wir,  dass  Andro-> 
mache  die  Streitrosse  ihres  Gatten  futtert,  während  son^t  nur 
Webstuhl  urid  Spindel  (Z  490)  und  die  Besorgung  des  Maus- 
wesens Beschäftigungen  des  weiblichen  Geschlechtes  waren.  Ich 
hflle  diese  Verse  für  das  Werk  desselben  Diaskeuasten,  der  auch 
Z  433 — 439  hinzudichtete  und  dort  die  Andromache  ihrem  Ge- 
mal  einige  strategische  Winke  in  Betreff  der  Verlheidigung  der 
Stadt  geben  lässt:  er  wollte  eben  die  Andromache  dem  Hektor 
recht  ebenbürtig  an  die  Seite  stellen. 

Unecht  sind  auch  die  Verse  198  —  212,  von  denen  einige 
an  anderer  Stelle  ganz  gut  passen  mögen:  auch  Heyne  verwirft 
dieselben.  ^AvxCov  aviav  mit  einem  Nomen  proprium  ^tebt 
auber  hier  nur  noch  i2  330  und  s  28,  und  zwar  in  der  Bedeu- 
tung «anreden  ;^^  sonst  steht  es  nur  mit  dem  Demonstralivum 
tav  oder  tifv  in  der  Bedeutung  «entgegnen,  antworten.'^  Ober- 
haupt aber  ist  das  *  ganze  Gespräch  unmotiviert.  Ein  äufseres 
Kennzeichen  der  Interpolation  ist  der  Vers  212:  äg  oC  [ihv 
touivta  nQog  dllijXovg  dyogsvovj  der  überall  vorkommt,  wo 
solche  Unterredungen  eingeflickt  werden,  so  ff  464;  27  308; 
0  514  (Nitzsch  Sagenpoesie  S.  128);  '9*333;  q  ]66-^  0)203; 
auch  £241 — 274  ist  wahrscheinlich  unecht,  ebenso  jC 853 — 431. 
Sonst  bildet  dieser  Vers  den  Übergang  vom  Gespräche  zur  Er- 
zählung wie  ^620;  i}334;  £409;  o  498;  «321;  p  290;  cd  882. 

Die  Verse  224 — 226  stehen  in  keiner  Handschrift,  nur  Eu- 
stathios  führt  sie  an,  sie  sind  aus  dem  Anfang  des  lllen  Buches 
hierhin  gekommen,  vgl.  Heyne. 

Zu  V.  231  bemerkt  Schol.  A  mfiztog  6  0xi%og:  er  ist 
allerdings  mcht  unumgänglich  nolhwendig,  dies  ist  aber  noch 
kein  Grund  ihn  für  eingeschoben  zu  erklären.  Doch  ist,  wie 
schon  Heyne  bemerkt,  das  Asyndeton  auffallend.  Dass  Aristarch 
ihn  ausstieis,  lesen  wir  bei  Athenaeus  II,  p.  39,  vgl.  Wolf  Proleg. 
p.  271,  a.  56,  welcher  den  V.  232  für  noch  jüngeren  Zusatz  halt. 

Bei  dem  Vers  285,  den  auch  Aristophanes  und  Aristarch 
verwarfen,  sehen  wir  wieder  recht  klar  das  Bestreben  der  Dias-* 
keuasten  nach  gröfserer  Deutlichkeit.  Dass  unter  ivog  Heklor 
gemeint  ist,  versteht  jeder,  deshalb  war  es  unnöthig  '^ExroQog 
hinzuzufügen;  die  folgenden  Worte  o^  Ta;i;a  vilag  ivmQijaet  sind 
eine  ungeschickte  Hinweisung  auf  das  kommende,  worüber  mehr 


IM         Ober  das  Vli.  u;  VIII.  Buch  der  Ilias,  v.  J.  La  Rock^. 

bei  G  475.  Der  fast  ganz  gleiche  Vers  O  507  ist  dort  ganz 
an  seinem  Platze.  Die  Lesart  ovdsvog  (234)  verdient  übrigens 
auch  dann  nicht  den  Vorzug,  wenn  der  Vers  235  ausfällt. 

V.  244  fehlt  im  Ambrosianus  (Buttmann  Schol.  p.  591): 
er  ist  streng  genommen  nicht  mehr  nöthig  und  könnte  möglicher- 
weise aus  0  376  hierhin  gekommen  sein;  doch  ist  das  Fehlen 
dieses  Verses  in  einer  einzigen  Handschrift  durchaus  kein  Grund, 
denselben  zu  verwerfen. 

Vom  V.  273  an  beginnt  eine  ganz  schöne  Kampfesschilde- 
rung, eine  Art  kleine  Aristie  des  Teukros,  der  zuletzt  von  Rek- 
tor verwundet  wird,  aber  schon  Af387(Af350,  363,  371,372 
werden  verworfen)  wieder  in  der  Schlacht  thätig  ist.  Ganz 
ähnlich  ist  die  Schilderung  O  437  ff.;  wo  ebenfalls  Teukros  zwei- 
mal auf  Hektor  seinen  Bogen  vergeblich  spannt,  bis  ihm  dagn 
sein  Geschoss  von  Zeus  unbrauchbar  gemacht  wird.  Die  letz- 
tere Erzählung  passt  insofern  eher  in  unsere  jetzige  Ilias,  als  sie 
mit  keiner  anderen  Stelle  derselben  im  Widerspruch  steht. 

Die  Verse  278 — 277  sind  unecht:  der  letzte  fehlt  in  vielen 
Handschriften.  Zur  Aufzählung  der  acht  von  Teukros  erlegten 
Troer  mag  der  Vers  297  die  Veranlassung  gegeben  haben.  Der 
Vers  284  wurde  von  Zenodot,  Aristophanes  und  Arislarch  ver- 
worfen, vgl.  Düntzer  Zen.  p.  168,  der  i|iit  Recht  in  diesem  Verse 
nichts  anstöfsiges  findet.  Im  folgenden  fallen  wieder  die  vielen 
Wiederholungen  auf,  so  sind  318— 317  =  I2lff.  321«:£;302. 
829  =  0  465.  381— 334  =iV 420 ff»  842^^178.  348—45  = 
Ol  ff.  345—347  =  O  367  ff.  In  den  Versen  339  und  340 
scheint  ebenfalls  eine  Interpolatioii  zu  stecken,  entweder  der  Vers 
840,  oder  was  wahrscheinlicher  ist  die  Worte  nooCv  bis  ykov- 

XOVg  TB. 

Die  Verse  371  und  372  werden  von  Zenodot  und  Aristarch 
als  überflüssig  verworfen,  vgl.  Düntzer  p.  163.  Aristarch  nahm 
auch  Anstofs  an  xtoliieoQd'og  als  Attribut  des  Achilleus,  welches 
sich  auch  noch  O  77;  0  550  und  i^  108  findet.  Die  beiden 
letzten  Verse  sind,  soviel  wir  wissen,  von  Aristarch  nicht  an- 
gefochten worden.  Darüber  vgl.  Schol.  A  zu  O  56;  0  öTiO; 
jB278,  V  zu  O  77,  E  zu  a  2,  Lehrs  bei  Friedländer  Arist.  zu 
0  56,  Cicero  Epist.  ad  Fam.  X,  13,2,  Strabo  I,  p.  17,  Wolf 
Proleg.  p.  249,  a.  44. 

Die  Verse  385 — 887  (=-B784 — 786)  werden  von  Zenodot, 
Aristophanes  und  Aristarch  verworfen,  vgl.  Düntzer  Zen.  p.  164, 
Lehrs  bei  Friedländer  Arist.  zu  dieser  Steile,  Nitzsch  Sagenpoesie 
S.  151.  Athene  zieht  den  Chiton  des  Zeus  an,  den  dieser  selbst 
(43),  als  er  auf  den  Ida  fuhr,  angelegt  hatle,  siehe  darüber  auch 
Aristonicus  zu  V.  43. 

Die  Verse  390,  391  werden  ebenfalls  von  Arislarch  für 
eingeschoben  erklärt  (aus  2^746  f.),  desgleichen  420 — 424,  die 
im  Munde  der  Iris  unpassend  sind,  vgl.  Nitzsch  a.  a.  0.  S.  151 


über  cLiK  VII.  u.  VIII.  Buch  der  iliai,  v.  J.  La  Rache.         167 

und  1.52.  Die  Verse  466 — 468  fehlen  in  den  besten  Handschriflen 
und  sind  hier  ebenso  uenig  am  Platze  wie  vorher  ^37 — 89. 

Die  Verse  475  und  476  sind  wiederum  übel  angebrachter 
Diaskeuastenzusalz,  die  bei  jeder  Gelegenheit  auf  zukünftige  Er- 
eignisse hinzuweisen  und  das  ganze  dadurch  ^<iii  plauderhafter 
Weise''  zu  verdeutlichen  suchten.  Dies  geschieht  besonders  bei 
Göllergesprächen ,  wovon  bei  Nitzsch  p.  132  einige  Falle  ange- 
führt sind.  Die  meisten  derartigen  Interpolationen  haben  schon 
die  alten  Kritiker,  vor  allen  Zenodot,  aufgedeckt.  Die  haupt- 
sächlichsten sind  folgende:  E  694  und  die  vorhergehenden, 
jB724,  725;  S  535—587;  O  56—77,  231—285,  610—614; 
iJ48l— 461;  P404— 4tl;  Ä 28— 30;  fi 374—890;  v838— 338; 
898—401;  o31,  82;  ;r  281—298;  p  475— 480,  außerdem 
Af9— 84  (Nitzsch  S.  182);  A^  848  — 850;  O  596— 602;  7146, 
47:  X%% — 71,  454—456.  Wahrscheinlich  sind  aber  nicht  blofs 
diese  beiden  Verse  unecht,  sondern  die  ganze  Stelle  473 — 488, 
in  der  besonders  die  Be^^chreibung  des  Tartarus  auiTällt,  die 
eher  für  eine  Poesie  wie  die  Hesiodische  passt.  Ähnliche  Sl eilen 
sind  noch  ö  15,  16;  T  92-94;  %  42—47;  x  850,  851; 
A  88— 48,   157—159,  €02—604. 

0  489  —  565. 

Diese  77  Verse  sollen  offenbar  zur  Verbindung  dos  vor- 
hergebenden und  des  folgenden  Liedes  dienen  ,  welches  dir  Ge- 
sandtschaft an  Achilleus  zum  Inhalte  hat,  von  der  jedoch  die 
auf  das  9tc  Buch  folgenden  nichts  wissen.  Mit  dem  vorher- 
gehenden hängen  diese  Verse  insofern  zusammen,  als  die  Troer, 
nachdem  sie  die  Achaier  zu  den  Schiffen  zurückgedrängt  haben 
und  zu  ihrem  Verdruss  und  zur  grofsen  Freude  der  Achaier  die 
Sonne  untergegangen  ist,  auf  der  Ebene  des  Skamandros  die 
Nacht  zurückbleiben,  um  des  anderen  Tages  bei  guter  Zeit  den 
Angriff  zu  erneuern;  und  in  der  Rede  des  Hektor  besonders  auf 
Diomedes  Rücksicht  genommen  wird ,  der  bis  dahin  den  Troern 
das  gröfste  Leid  angelhan  und  dem  Hektor  den  kräftigsten  Wider- 
sland geleistet  hat.  Von  Aias  ist  merkwürdigerweise  im  ganzen 
Sten  Buche  nur  vorübergehend  die  Rede.  Auch  mit  dem  lOten 
Buche  hangen  diese  Verse  zusammen  (vgl.  JiT  11,  100,  160,  189, 
209),  aber  mit  dem  Jlten  und  den  folgenden  nicht  mehr:  dort 
ist  weder  auf  die  Beiwacht  der  Troer,  noch  auf  die  Gesandt- 
schaft an  Achilleus  und  noch  weniger  auf  die  Doloneia  Bezug 
genommen.  Überhaupt  scheinen  @  489  bis  zum  Ende  von  K  mit 
zu  den  spätesten  Partien  der  Ilias  zu  gehören  und  ihrer  Ab- 
fassung nach  in  diejenige  Zeit  zu  fallen,  in  der  der  gröfste  Theil 
der  Odyssee  gedichtet  ist. 

Die  Verse  493 — 496  klammerte  Zenodot  ein  (itSQtygä^stj 
über  den  Ausdruck  vgl.  Düntzer  Zen.  p.  162  A.  8):  dieselben 
Verse  finden  sich  noch  Z  818 — 320,   B  109,    doch   können  sie 


t«8  Über  das  VIL  u.  Vfll.  Buch  der  llias,  v.  /  La  Roche. 

anmöglich  ausfallen,  da  nach  Dünt2er'8  richtiger  Bemerkung 
p.  164  auf  iLvd'ov  axovov  (492)  nicht  unmittelbar  die  Rede  des 
Hektor  folgen  kann. 

DieVerae  528 — 529  werden  von  Bekker  mit  Recht  verwor- 
fen. Sie  sind  nicht  wetth  im  Homer  zu  stehen  und  das  Product 
irgend  eines  Rhapsodfen^  der  die  Erzeugnisse  seiner  eignen  Phan- 
tasie unkundigen  Hörecn  für.  echte  Ware  feilbot.  Schon  Aristarch 
verwarf  424,  423  und  428;  die  Verse  428—426  enthalten  gar 
keinen  Gedanken,  als  etwa  den  höchst  prosaischen :  ^so  soll's  sein, 
wie  ich  sage,  das  wisst  ihr  jetzt,  das  andere  werdet  ihr  morgen 
erfahren ;''  526  und  527  modificieren  nur  das,  was  schon  friUier 
(498  f.)  gesagt  ist  und  gleich  darauf  wieder  gesagt  wird.  Der 
Vers  428  ist  nur  etymologische  Erklärung  des  Wortes  xrnfBft- 
Ci^oQYltovg :  ahnliche  Spielereien  haben  wir  i7  261,  i7 1 42  ff.  =  T 
889  ff.  (vgl.  Porphyrios  zu  Z  201),  solche  Zui$ätze  zur  näheren 
Verdeutlichung  sind  auch  O  471;  X  \ll\  B  206,  319;  /  59; 
li:51,  253;  iVf  450;  Ä  114  5  il614;  3*^269  ff.  Ä772;  -0^58; 
o  74;  C9  535.  Der  Vers  529  enthält  dasselbe,  was  schon  521 
gesagt  ist.  Auch  Heyne  nahm  an  diesen  Versen  Anstols,  vor- 
zuglich wegen  der  Inhalt-  und  Kraftlosigkeit  derselben  und  des 
unhomerischen  Ausdrucks  vytrig  (524). 

Zu  den  Versen  535 — 537  setzte  Aristarch  das  Antisigma 
zu  den  folgenden  drei  die  Stigmen.  Diese  drei  sind  nach  Pluy- 
gers'  Ansicht,  dem  auch , Friedlinder  gefolgt  ist,  588,  589  und 
541,  indem  der  Vers  540  gar  nicht  in  der  Recension  Aristarch's 
gestanden  habe,  nach  Düntzer  (p.  164)  538 — 540.  Jedenfalls 
kann  V.  541  allein  nicht  stehen  bleiben,  und  wenn  Aristonicus 
sagt  rovg  sliig  rgstg^  so  hat  er  bis  541  wirklich  bei  Aristarch 
nur  drei  Verse  gefunden  (es  könnte  dann  ebenso  gut  588  als  541 
gefehlt  haben),  oder  statt  rgstg  ist  riöiTagag  zu  schreiben* 
Aristarch  erklärt  die  folgenden  für  besser  und  Zenodot  schreibt 
die  drei  ersten  gar  nicht.  Wolf^  Heyne,  Bekker  (Ite  Ausgabe), 
Grusius,  Dindorf,  Fäsi,  Biumlein  lassen  diese  Verse  stehen,  während 
Bekker  in  der  neuen  Ausgabe  mit  Recht  die  Verse  585 — 541 
tusstöfst.  Dies  that  schon  Nitzsch  S.  141  f.,  weil  dieselben 
ganz  müfsiger  Zusatz  sind  und  zu  deutlich  verrathen,  dass  sie 
der  Rede  des  Hektor  am  Ende  des  13ten  Buches  nachgebildet 
sind,  was  auch  Fäsi  anerkennt.  Zum  Vergleiche  sind  hier  beide 
einander  gegenüber  gestellt. 

ö  535  »f  X*  ifiov  iyxog  fi^Bivfj       N  829  aC  ic«  xulaaajjg  fisivai 

in^QXOILBVOV.  ifiOV    dOQV   HCCTIQOP. 

e  536  ist  inhaltlich  gleich  N  830  ff. 

S  538  ^i  ycc^  iyav  mg  tCrjv  N  825  bI  yciQ  iymv  ovro)  ys 

ad'dvatog  xal  ayi^Qtog  Jtog  naCg  alytoxoio  ftriv 

^fiara  ntxvza.  rjuara  ndvta. 

O  538  ist  fast  derselbe  Vers  wie  f  186;  rj  2->7;  <p  336. 

9  540  —  541   ^  N  8«7  —  828. 


Ober  iiüH  Vll.  u.  VlIL  Buch  der  llias,  v.  J.  La  Ro€ke.  tC9 

Im  Verft  532  ist  das  Digamma  bei  ^v  verntchlmigt^  auch 
ist  ifu^xofksvov  auffallend  und  wird  einzig  hier  von  der  Lanie, 
sonat  nur  immer  von  Personen  gebraucht^  hier  wäre  jedoch 
durch  Änderung  in  ixBQ%oiisvov  zu  helftiu  JEheneo  unpawend 
ist  ig  mpAOir,  vgl.  ^  818;  A  3dl;  Hee.  Ot>.  408« 

Die  Vers«  648, 560—562  stehen  in  keiner  Hotterhanikchrif^ 
werden  auch  von  keinem  Grammatiker  citiert,  sondern  sie  Gnden 
sich  nur  in  dem  pseudo-platonischen  Dialoge  Alcibiades  IL,  und 
twnt  in  indirecter  Rede.    Dort  heifst  es  p.  149,  D: 

^9#l  r«9  (9C.''Oft>ri(fOi)  tavg  Tf^mag  ixccvliv  naiovithovg 

toStiv  i9avaxoi6i  xilriicaag  inatoußag 
x^9  di%pt^av  i%  tov  ntilov  ivinovg  tpi^tiv  0VQap6v  tFcm 

^^thnr  T^  d*  oi  XI  9zovg  \La%aqag  daxiwtai 

oM'  MUiP'  fuila  fuQ  9^iv  intix^ixo  xtI. 

fiine  InavXig  der  Troer  kommt  aulser  am  Ende  des  8ten 
Baches  nur  noch  im  ISten  vor:  dort  könnten  die  Verse  den 
Sinne  nach  zwischen  310  und  814,  etwa  vor  dem  letzten  Verse 
stehen  (27  810  =  9  642),  wahrend  sie  da,  wo  sie  Barnes  hin- 
setzte, unmöglich  sind,  denn  sie  stehen  im  Widerspruch  mit  dem 
Willen  des  Zeus,  der  den  Troern  so  lange  den  Sieg  verleihen 
wiD,  bis  Achills  Zorn  gesühnt  ist:  von  da  an  sind  die  Troer 
dem  Verderben  geweiht.  Aber  der  Vetfasser  des  Dialogs  könnte 
sto  Mt  Ük  seinem  Homer  an  nhsret  Stelle  geles^  haben,  wo  sich 
der  Vsrs  nviöt/v  d*  ix  mdlov  avifiot  <pif09  ovquvov  «Am 
noch  findet.  Dass  weder  Aristarch  noch  sonst  einer  der  alten 
Kritiker  diese  Verse  kannte  ^  bezeugt  ihr  Stillschweigen.  Von 
den  netteren  Herausgebern  werden  sie  einstimmig,  bei  einigen  mit 
Ausnahme  von  549,  bei  anderen  sammt  diesem,  verworfen,  vgl, 
tmondeM  Koppen  zu  tfnseret*  Stelle,  dann  Wolf  Proleg.  p.  87, 
a.  7.  Mir  schdnen  diese  Verse  ein  ebenso  falsches  Cital  aus 
irgend  ehiem  der  pseudo-homerischen  Gedichte  zu  sein,  wie 
fnfL^  (f  etg  ^xQoxov  rik^B  bei  Aeschines  gegen  Timarch  f.  12S 
oder  Tq^crog  vniQ  ovdov  dfieiinxg  bei  Schoi.  Theocrit  II,  104 
und  andere. 

Die  beiden  Verse  657  und  668  werden  von  den  alten  und 
neuen  Kritikern  fast  einstimmig  verworfen,  sie  sind  an  ihrem 
Platze  i7299,  800  vgl.  Schol.  A  zu  unserer  Stelle  und  V  zu 
/7299,  Düntzer  pag.  164.  Auch  der  Vers  569  scheint  mir  noch 
zu  der  Diaskeuai^e  zu  gehören,  da  etdtraL  a6tifa  vollkommen 
äberflfissig  ist,  nachdem  schon  oben  äörga  q>aCvet*  äputgiitia  ge-^ 
sagt  ist.  Die  Wiederholung  desselben  Gedankens  erklärt  sich  dadurch, 
dsss  der  Diaskeuast  sein  yiytj^'e  tpQivec  noi^rjy  anbringen  Wollte, 
welches  er  aus  ^688,  %\M  oder  iV498  recht  gut  hernehmen 
konnte;  eine  ahnliche  Bpanalepse findet  »«ich  AT  128;  9'642.  Ober«*- 
hstipt  ßllt  in  diesen  Wenigen  Versen  die  häufige  Wiederhohing 
derselben  Worte  oder  Begriffe  auf,  so  «toro  654,  668 1  irt;^6 
564,  dtfl,  562,  6683  mCäto  654,  562,  561  (M^otnranr);  itftpa 

Z«iuekrift  df.  oiterr.  Gymoa».  ISÖO.  Hl.  Heft.  18 


170  Über  das  YII.  u.  VIII.  Buch  der  llias    v.  J,  La  Roche. 

555,  559;  (pasLViiv  555,  q)aivsrat  556,  561,  l<pav8v  557  dazu 
das  inhaltlich  gleiche  aQiXQsxia  und  stöstai;  ai&7J(f  556,  558. 
Der  Ausdruck  fit^ivsLV  i^fS  kommt  in  der  llias  nur  in  Rhapsodien 
spateren  Ursprunges  vor  so  /662;  27255;  yi723  (in  der  inter- 
polierten Erzählung  des  Nestor),  iv^govov  i^cJ  i^C^vaiv  in  der 
llias  nur  an  dieser  Stelle,  aufserJem  <y818;  r342. 


So  stellt  sich  denn  als  Resultat  dieser  Untersuchung  heraus, 
dass  in  diesen  beiden  Büchern  mit  Ausnahme  der  an  den  betref- 
fenden Stellen  namhaft  gemachten  Interpolationen  ursprünglich  nur 
zusammengehörten  H\ — 812  mit  Ausschluss  des  Anfangs  und 
^I — 488;  dass  489 — 565  späterer,  noch  durch  Interpolationen 
vermehrter  Zusatz  ist,  um  den  Übergang  zu  den  beiden  folgenden 
Büchern  zu  bilden,  dass  if  813 — 482  ebenfalls  späterer  Zusatz 
ist,  aus  dem  sich  folgende  Theile  für  sich  absondern  lassen 
813 — 344  als  Anknüpfung  zwischen  dem  Vorhergehenden  und 
845—432  einerseits  und  433 — 482  andererseits,  wozwischen 
wiederum  die  Verse  442 — 464  eingeschoben  sind. 

Als  Anhang  füge  ich  noch  die  Erklärung  zweier  bisher 
verschieden  aufgefasster  Stellen  hinzu.  Die  erste  ist  If  238,  die 
gewöhnlich  so  gelesen  wird:  oW  inl  d^gta,  old'  i%  aQUSxeQa 
vaiiijöai  ßäv  d^aXiviVy  z6  no£  iövi  zaXavQcvov  nolsfi^^s^v. 
Die  Schwierigkeit  entsteht  nur  dann,  wenn  man  an  der  alten 
Schreibweise  to  fio^  ioti  festhält,  wovon  meines  Wissens  nur 
Fäsi  abgewichen  ist  und  Ameis,  der  (zu  Od.  d  882)  an  dieser 
Stelle  to  als  Beziehungsaccusativ  fast.  Diese  Auffassung  ist 
übrigens  schon  alt,  da  der  Paraphrast  übersetzt,  dco  ftot  vnu(^ 
X6i  zXritixdg  xal  vxofisvijTixcSs  xoXffistv^  jedenfalls  also  ge- 
lesen haben  muss  to  fiot  iöti,.  Aristarcb  fasst  to  relativ  und 
bezieht  es  nach  der  bekannten  Constructionsweise  XQog  to  öf^iiai- 
vofievov  auf  ßävj  als  ob  dem  Dichter  nicht  dies  sondern  öaxog 
(warum  nicht  das  viel  gewöhnlichere  aOjcCg'i)  vorgeschwebt  habe, 
vgl.  Schol.  A  VI  öinkif  ort  jCQOtaiag  dTjXvxov  ovöhsQov  inr^- 
vsyxBv^  to  11,0 C  iati  x^ogto  aii(uciv6(i€vov,  tog  f^v£g>dXfj  äe 
(UVy  to  fikv  ovTCOts^^  (p  74).  TO  di  takavQivov  Tcagiixzat^ 
svtol(iov  vgl.  Schol.  A  zu  2^515.  Das  heilst  also  «ich  weifs 
den  Stierschild  nach  rechts  und  links  zu  wenden, 
den  ich  habe  um  muthig  zu  kämpfen.'^  Diese  Erklärung 
des  To  ist  ganz  unhaltbar  und  auch  in  fi  74  steht  ro  nicht  für 
vitpog  anstatt  vatpikti^  sondern  bezieht  sich  nach  Ameis  rich- 
tiger Bemerkung  auf  den  ganzen  Gedanken,  auch  empGehtt  sich 
die  Construction  0axog  f^oi  ioti  xoleiUtsiv  durchaus  nicht. 
Eine  andere  ebenso  unhaltbare  Erklärung  ist  die  Dammische, 
wonach  to  auf  den  ganzen  vorhergehenden  Satz  bezogen  wird 
^uod  fnihi  prodesC  ad  audaci^r  et  feliciter  de- 


Ober  das  VII.  u.  V1IL  Buch  der  Uias,  v.  J,  La  Rocke.         171 

pugnandum^^^  auch  dies  liegt  nicht  in  den  Worten.  Die  neueste 
Erklärung  ist  die  von  Döderlein,  Gloss.  2880.  Dort  wird  takuv- 
Qivog  erklärt  <<aus  dauerhaftem  Riudsleder  bestehend,»  eine  Er- 
klämng,  deren  etymologische  Richtigkeit  ich  durchaus  nicht  in 
Zweifel  ziehe.  Döderlein  nimmt  dann  mit  Aristarch  die  Metalepsis 
des  To  für  ^  an  und  übersetzt  ^«ich  weiss  den  Stierschild 
nach  rechts  und  links  zu  bewegen,  den  trockenen, 
der  mir  aus  dauerhaftem  Rindsleder  besteht  zu 
kämpfen.»  Abgesehen  von  der  Unrichtigkeit  der  Annahme  einer 
Metalepsis  gibt  es  auch  für  den  Infinitiv  nach  einem  Worte  wie 
talavfivosj  welches  einen  Stoif  bezeichnet,  kein  Beispiel,  da 
sammtliche  Adjective,  bei  denen  ein  solcher  Infinitiv  vorkommt, 
eine  subjective  Befähigung  bezeichnen.  Gesetzt  aber  auch,  dass 
ein  Infinitiv  dabei  stehen  könnte,  so  kann  es  in  keinem  Falle  das 
intransilive  TtokBfUtetv  sein,  da  das  Substantiv,  auf  welches  sich 
das  den  Infinitiv  regierende  Adjectiv  bezieht,  entweder  Subject 
oder  vom  Verbum  regiertes  Object  zu  dem  Infinitiv  sein  muss, 
vrie  z.  B.  «401  dsivov  yivog  ßaöiXfitov  iati  xteivecvy  M6S 
xwpQOS  (mmJL*  agyakhi  TtsQciav  u.  a.  Schreibt  man  ro  fioi  iöti 
so  fallen  alle  Schwierigkeiten  und  der  Sinn  ist  ^<ich  weiss  den 
Stierschild  nach  rechts  und  links  zu  wenden,  den 
trockenen,  deshalb  kann  ich  auch  standhaft  (mit 
Ausdauer)  kämpfen.»  Der  Infinitiv  nach  iati  sieht  noch  SSl^'^ 
0  557}  Y246,  öfters  nach  ovk  iatt;  tctXavftvov  xolsiit^siv 
kommt  zwar  nur  hier  vor  (das  Adjectiv  talavQcvog  steht  hoch 
X267),  ist  aber  in  derselben  Weise  gebraucht  wie  aXX'rixtov 
«oAsfUtsiv  jB462;  ^12;  ^15(.  ivavxCov  (idxsö^ai  r488; 
M377;  Y97,  257;  x6b.  dvtißiov  fiaxeC^acT 20;  ff  40,  51, 
vgL  r43(,  ivavtißvov  xolsfiiisiv  £  461 ;  O  1 79 ;  Y  86 ;  0  477 
oder  iiä%ßa»ai,  S  168,  255;  J:233. 

An  den  Versen  ff  409,  410  scheint  bisher  jeder  Erklärungs- 
versuch gescheitert  zu  sein,  nicht  als  ob  der  Sinn  unverständlich 
wäre,  denn  dieser  lässt  sich  leicht  errathen;  aber  der  Beweis, 
dass  eben  dieser  Sinn  und  wie  er  in  den  Worten  liegt,  ist  bis 
jetzt  noch  nicht  geführt  worden.  Abgesehen  davon,  dass  tpeiSoi 
und  fUiXiöC^fisv  nur  hier  in  derllias  vorkommen,  ist  die  Wort- 
stellung äulserst  verschroben  und  von  Homerischer  Einfachheit 
und  Deutlichkeit  weit  entfernt;  der  Sinn  der  Worte  scheint  schon 
den  Alten  zum  Theil  unverständlich  gewesen  zu  sein.  Ov  yaQ 
tig  (pstdfo  yCyvBtai,  kann  nur  heilen:  bei  den  hingeschiedenen 
Todten  gibt  es  keine  Schonung,  die  Todlen  werden  nicht  ge- 
schont (diese  Conslruction  mufste  gewählt  werden,  da  tpsidofiat 
kein  Passiv  hat);  von  einem  ^<dürfen*>  ist  hier  keine  Rede,  so 
dass  Übersetzungen  wie  ^jnora  adhibenda  est^  man  darf  nicht 
säumen,  keiner  keiner  sei  unwillfährig,  ist  zulässig'^  alle  etwas 
in  die  Worte  hineinlegen,   was   grammatisch   nicht  darin   liegt. 

18* 


17t  Über  das  VII.  u.  Ylll.  Buch  der  üias,  v.  J,  La  Roche. 

^En^C  KB  d'av»0iv  sagt  noch  einmal  dasselbe  was  venvtop  und 
xuttttB^vTimiovi  fiHÜufadf^v  gehört  zmp^idm  y^yv^m  ta^  ov 
yi(f  q>eiSoiiii^^  xäv  pskv^v  fi^iAuTif/fitv,  dass  wir  sie  erfreuen 
(denn  dazu  ist  vixvag  aus  dem  obenstehenden  Genetiv  ak  Object 
zu  ergänzen)  «vfog  mit  Feuer  (partitiver  Genetiv  wie  ^erp^«^ 
a6'ai  tivosy  man  vgl.  damit  die  Construction  des  reduplicierten 
Conj.  Aor.  von  Xayxävdp  ff  79;  ^342;  O360;  ^76  09^^ 
nvQog  (i€  AsAajjroHfO*  ^^  ^^^  nun  aber  einen  Simi  gibt  ^<die 
hingeschiedenen  Todten  werden  nicht  geschont, 
nachdem  sie  gestorben  sind,  dass  man  sie  schnell 
mit  dem  Scheiterhaufen  (d.  h.  derVerbrenüUfig)  %t^ 
freut  (versöhnty%  kann  jeder  entscheiden,  wenigstens  liegt 
der  einfache  Gedanke  ^^die  Todten  muss  man  gleich  btdstalten'^ 
nicht  darin.  Aus  den  Scholien  ist  auch  nur  wenig  2u  entnehmeii : 
«(0  vovg^  ov  g>Bid6(ied'€c  ßöti  ixfieM60Biv  lifuig  trot;^  P^ov^^ 
(Seh«  A.)  gibt  keine  Aufklärung,  ebensowenig  ^^ovdiv  i^i  niigSos 
tovs  tdv  nolsiU&v  v$xQ(yd$  dtdq>ovg  ilvui*^  (Seh.  ALY), 
obwol  dieser  Gedanke  ganz  gut  für  unsere  Stelle  passt,  aber 
^udci  und  xiifdog  sind  zwei  ganz  verschiedene  Begriife.  Die 
einzig  brauchbare  Erklärung  in  den  Scholien  ist  die  von  fisiAttf- 
0ilkBv  iwtc\i  %aqCiB6^ttv.  Den  besten  und  allein  möglichen  Sinn 
bietet  wieder  die  Übersetzung  des  Paraphrasten,  die  bisher  von 
den  Erklären!  Homers  viel  zu  wenig  zu  Rathe  gezogen  ko  sein 
scheint  ^^ovöBfiia  di  q>Q0Ptlg  TtBifl  tmv  vbxqiSv  dxo9ap6vt0p 
vnägxei^  ixB^Suv  diiod'ävaöi.^  äia  nvQog  ^int&sdtct  Ta%img^ 
d.  h.  denn  man  nimmt  keine  Rücksicht  auf  die  dahingeschiedenen 
Todten  (lässt  ihnen  keine  Sorgfalt,  keine  Schonung  angedeihen), 
so  dass  man  sie  nachdem  sie  gestorben  sind  schnell  bestattet. 
Agamemnon  bewilligt  also  die  Bestattung  als  einen  Act  der  Hu- 
manität, da  es  rücl^ichtslos  wäre ,  die  Todten  lange  unbestattet 
zu  lassen,  wie  denn  auch  Patroklos  (9^70  ff.)  sich  beschwert, 
dass  ihn  Achilleus  so  lange  unbegraben  liegen  lasse.  So  ist  der 
Sinn  «die  Bestattung  der  Todten  verweigere  ich 
nicht,  denn  es  ist  rücksichtislos  gegen  die  Todten 
gi*handclt,  wenn  man  sie  nicht  gleich  bestattet.'^ 
Triesl.  J.  La  Roche. 


Zur  äriUk  unU  Erklärung  •iiaeln«r  Stellen  etc.,  v.  K.  SchtnkL    1 73 

Zur  Kritik  und  Erklärung  einzelner  Stellen   aus 
griecbischen  und  römischen  Schriftstellern. 

t.  Zu  Piatwu  CAarmides  p.  iSS  d. 

Über  diese  bekannte  Stelle  bemerkt  Becker  in  seinem  Cha- 
rikles,  Bd.  2,  S.  226  folgendes:  ^.Nicht  leicht  möchte  sich  eine 
Stelle  finden  lassen,  welche  geeigneter  wäre  uns  über  die  Natur 
der  attischen  Knabenliebe  zu  belehren.  Es  ist  unverkennbar, 
welchen  Anthdl  Sinaenreiz  daran  hat,  und  wenn  bei  den  Edel- 
alHi  dieses  Volks  es  dieser  Boden  war,  dem  sie  enlsprosst,  so 
dfirfen  wir  bei  der  groben  Menge,  ohne  deshalb  immer  das 
SddimoMte  vorauszusetzen ,  doch  jedenfalls  annehmen ,  dass  das 
t^ff^  i(fäv  nicht  die  Ihuptsache  war'\  Und  einige  Zeilen 
früher  hei&t  es:  «Man  kann  es  sich  in  der  That  nicht  verbergen, 
daas  sich  hier  etwas  mehr  als  die  bloGse  Huldigung,  die  der 
Schönheit  an  sich  gebührt,  ausspricht. >»  In  gleicher  oder  doch 
sehr  ähnlicher  Weise  sprechen  über  diese  Stelle  Heier  (Bncykl. 
V.  Brach,  und  Gruber,  Sect.  III,  Bd.  9,  S.  178),  Steinhart  (zur 
Obers.  Piatons  von  H.  Müller,  Bd.  1 ,  S.  279) ,  K.  F.  Hermann 
(FhiloL  Bd.  V,  S.  738),  DöUinger  (Heidenthum  und  Judenthum 
a  686),  SusemihI  (Genet.  Entw.  der  Plat.  Phil.  Bd.  1,  S.  41)  ^). 
Dagegen  hat  schon  Zeller  in  der  ersten  Auflage  seiner  Geschichte 
der  griechischen  Philosophie  (2te  Aufl.;  Bd.  2,  S.  68  Anm.  I) 
knrs  angedeutet,  dass  Sokrates  auch  hier,  wie  an  so  vielen  an- 
deren Stellen  nur  ironisch  spreche,  eine  Ansicht,  der  ich  voll- 
kommen baipflichte  und  deren  nähere  Begründung  im  folgenden 
geg^n  werden  soll.  —  Wenn  nämlich  diese  Worte  des  Sokrates 
im  buchstäblichen  Sinne  verstanden  werden  sollen,  so  ist  einer- 
seits das  Urtheil  Ast's  (Piatons  Leben  und  Schriften  S.  426)  voll- 
kommen berechtigt,  welcher  darin  den  Ausdruck  einer  widerlichen 
Lüsternheit  erblickt  *),  anderseits  muss  es  uns  gewiss  befremden, 
dass  Piaton  hier  seinem  Lehrmeister  eine  Leidenschaftlichkeit 
und  sinnliche  Glut  andichtet,  welche,  so  wie  sie  gewiss  dem 
Wesen  des  Sokrates    fremd    war,   in  keiner  anderen  Stelle  der 


')  Am  wenigsten  beiriedigend  ist  die  Erklärung  Stallbaums  (Opp.Plat. 
Vol.  V,  Sect.  1,  2te  Auü.,  S.  107):  ^Quod  ipium  setUiem  Socra- 
iei  PtatonicuM  nott  tarn  corpori»  formosi  adspectu^  quam  animi 
modeati  atque  pulcri  cogitattone  (?)  ahripHur  et  perceUitur,^ 

*)  Unter  dieser  Voraussetzung  würde  auch  das  Urtbeil  des  Atbanaios 
(p.  187j  1^  ed.  Meinekc)  nicht  ungerecht  ersolieinen:  «t«  S'  iv 
%^  XciQ^idy  ivcivTtoifiocta  iä  avtov  tov  diaXdyov  o  ßovXonBVOs 
fHasTai.  Tcaiei  yaQ  avtov  aavfi^tpdvmg  «qt^  fihv  ototQ&ivimvta 
xal  fi^^aHOfLevQv  xtp  tov  Tutidog^  i'Qimti,  %€a  ycirofinrov  i^säffop 
xal  Had'dnBQ  vsßQov  vn9%B%TWiQTit  UQP%o^il%i,  ufuc  dl  «ccra- 
(p^ovBiv  qpi^ai  tijg  äifdcg  avtov  (was  sich  auf  Synip.  29%,  a 
bezieht). 


174    Zur  Kritik  und  Erklärung  einzelner  Stellen  etc.^  v.  K.  SekenML 

Platonischen  Dialoge  hervortritt  ').  Wie  unwahrscheinlich  muss 
auch  diese  Behauptung  erscheinen,  wenn  man  an  das  Bild  des 
Sokrates  im  Lysis  denkt,  welcher  Dialog,  was  die  Art  der  Be- 
handlung anbetrifiPt,  die  entschiedenste  Verwandtschaft  und  eine 
{«gleichsam  geschwisterliche  Ähnlichkeit  mit  dem  Charmides  hat'^  ^). 
Müsste  da  nicht  jener  Sokrates  im  Charmides  eher  an  den  Hippo- 
thales  im  Lysis  erinnern  ?  Allerdings  war  Sokrates,  wie  Steinhart 
(S.  338)  sagt,  kein  Askete ,  er  war  ««durch  und  durch  Grieche, 
ein  Mann  aus  dem  innersten  Marke  seiner  Nation,  ein  Charakter, 
der  Fleisch  und  Blut  hat,  und  nicht  den  allgemeinen  moralischen 
Leisten  fär  alle  Zeiten  abgibt'^  (Zeller  S.  56);  aber  von  jener 
Leidenschaftlichkeil,  von  jenem  stürmischen  Wesen  lässt  sich  sonst 
nichts  bei  ihm  bemerken;  überall  erscheint  er  als  der  Mann  des 
nüchternen  praktischen  Verstandes.  Am  wenigsten  kann,  wie 
Steinhart  wiU  (a.  a.  0.))  das  im  Gastmahl  geschilderte,  tagelange, 
mit  Nachsinnen  verbundene  Stehen  auf  einem  Platze  als  ein  Zug 
der  Schwärmerei  gedeutet  werden.  Es  mochte  dies  wol  vielfach 
seinen  Zeitgenossen  als  Schwärmerei  erscheinen,  in  der  That  aber 
ist  es  nur  eine  Äufserung  seines  rastlosen  Strebens  nach  Er- 
kenntnis und  Klarheit  (Zeller  S.  61).  Bezeichnend  für  den  Ein- 
druck, welchen  der  Anblick  eines  schönen  Jünglings  auf  die  von 
einem  züchtigen  Eros  Begeisterten  machte,  ist  der  Anfang  des 
Xenophontischen  Symposion.  Dort  heifst  es  von  der  Schönheit 
des  Autolykos,  dass  sie  gleich  einem  Lichtstrahl  in  dunkler  Nacht 
aller  Augen  auf  sich  zog  und  bewirkte ,  dass  die  Anwesenden 
wie  von  einem  Gotte  ergriffen  ihre  innerliche  Bewegung  auch  in 
ihrem  Äulseren  zu  erkennen  geben.  «<Aber  die  von  einem  an- 
deren Gotte  Begeisterten  gewähren  eher  einen  furchtbaren,  als 
einen  heiteren  Anblick,  oC  d'  vno  öcitpQOVog  igonog  ivd'soL 
xa  T£  ofifiata  q)Uo(pQov£öTdQ(X}g  Ixovöv  xal  trjv  q)0}vijv  7tQcc~ 
otBQov  noiovvrac  xal  rä  öxtjfiara  slg  ro  iXsv&sfLcitarov 
ayovöLvy  Man  vergleiche  nun  mit  dieser  Stelle  jene  im  Char- 
mides und  man  wird  dann  hoffentlich  die  Unmöglichkeit  der  ge- 
wöhnlichen Erklärung  einsehen.  —  Betrachten  wir  aber  auch 
den  ganzen  Zusammenhang,  in  welchem  die  vorliegende  Stelle 
erscheint.  Sokrates  fragt  gleich  im  Beginne  des  Dialoges,  st 
TLVsg  iv  avTotg  {iv  rotg  vioig)  SiafpiQovrag  rj  ootpCa  ^' 
xdkkBif  fi  d (i(p OT i Qo vg  iyysyovoTsg  sUv  (153,  d),  er  be- 
zeichnet sich  scherzhaft  als  eine  Isvx^  öta&ii'^  TtQog  tovg  xaXovg 


*)  Die  Stellen,  welche  Ocbmann  in  seinem  Programme:  ^Charmides 
Piatonii  qui  fsrtur  diatogui  num  »U  genuinus  guaeritur^  Bres- 
lau 1827,  p.  16  ff.  und  Stallbaum  S.  107  aus  den  Platonischen 
Dialogen  anfuhren ,  beweisen  nur,  dass  Sokrates  sein  Verhältnis 
zu  den  Junglingen  öftrrs  als  ^qmq  bezeichnete,  haben  <aber  mit  der 
vorliegenden  Stelle  keine  Ähnlichkeit. 

•)  K  F.  Hermann  I,  S.  443,  Zeller  S.  338,  Steinhart  S.  233,  Susc- 
mihl  1,  S.  31. 


Zur  KriÜk  und  Erklärung  einzelner  Stellen  etc.,  v.  K.  SchenkL    175 

Juan  ihn  gefielen  so  ziemlich  alle,  welche  in  der  Blüthe  der 
Jigend  ständen'»  (154,  b),  und  erwidert  auf  die  Reden,  mit  wel« 
dMi^man  ihm  die  Schönheit  des  Charmides  anpreist:  agtixleig^ 
mg  fffMTZay  liyste  %6y  avÖQa^  d  hi  avtp  dv  iiovov  xvy%i' 
ffi  MQOöov  öiiixQov  Ti,  namUch  elf^v  tl^vx^v  xvy%avii  bv 
Mifvu$igil54,A)\  der  erste  Eindruck,  welchen  derAnUick  des 
Jngliii|{8  auf  ihn  macht,  wird  ganz  einfach  mit  den  Worten:  dvag 
9tw  dfi  xal  iroT£  ixstvog  ifiol  ^avfiaötog  itpavri  to  te  (li- 
yi^og  xal  to  xaXiog  (164,  c)  bezeichnet  und  auf  die  Bemer- 
tang  Chairephons,  da^cs  erst,  wenn  sich  der  Jungling  entkleiden 
«oOlt,  seine  volle  Schönheit  sich  oiTenbaren  würde,  antwortet 
Sakrales:  Ti  ovv  ovx  axcdvöa^Bv  avtov  avto  rovto 
(rfv  ^x^)  ^  i^iaßdfLB^a  xqotbqov  tov  etdovg 
(IM9  e).  Wer  wollte  wol  nach  diesen  Äufaerungen  annehmen, 
da»  jene  Worte:  slöov  ti  xä  ivxog  xov  t^axlov  u.  s.  w. 
cnsUiek  gemeint  seien  1  Miissen  «e  nicht  vielmehr  als  Ironie 
■il  deutlicher  Beziehung  auf  jene  Äufserung  des  Chairephon  er- 
acheinrnf  Und  wenn  dann  Sokrales  trotz  seiner  Versicherung, 
dtBS  er  nur  allmählich  wieder  zu  sich  gekommen,  gleich  den  ihm 
fon  Kritias  angegebenen  Vorwand  gebraucht,  dem  Jünglinge  sein 
Hilld  anpreist  und  durch  die  Erwähnung  der  ix^9ri  (vgl.  K. 
F.  Hermann  S.  445^  Anm.  294)  auf  sein  Ziel  lossteuert,  die  Seele 
des  Jöngtings  zu  prüfen ,  wenn  endlich  weder  im  Verlaufe  noch 
an  Sektasse  des  Gesprächs  die  Schönheit  des  Charmides  irgend- 
wie berährt  wird,  so  wird  man  wol  jene  Worte  kaum  anders 
als  scberskaft  gesprochen  denken  können.  Würde  Sokrates  in 
diesen  Diakge  nicht  als  blober  Erzähler,  sondern  als  Mitunter- 
Tfdner  mit  einem  itatgog  auftreten,  so  würde  dieser  gewiss  be- 
swrken^  dass  Sokrates  immer  scherze,  und  sein  Verhalten  gegen- 
aber  schönen  Knaben  in  ähnlicher  Weise,  wie  Alkibiades  im 
Syaiposion  (216,  d)  schildern«  Man  vergleiche  noch  die  auch 
fthon  von  Zeiler  angedeutete  Stelle  in  Xenophons  Symposion, 
4,  17«  Als  Sokrales  die  Junglinge  aufgefordert  sich  des  Küs- 
•ens  der  Schönen  zu  enthalten,  bemerkt  Charmides;  Warum 
»tcksl  du  ans  durch  Schreckbilder  von  den  Schönen  wegzu- 
«cheachen,  während  ich  doch  neulich  sah,  wie  du  mit  Kritobu- 
las  etwas  in  einem  Buche  suchlest  und  dabei  Kopf  und  Schulter 
m  Kopf  und  Schulter  de>selben  lehntest.  Darauf  erwidert  Sokrales: 
j9n  tarn  aga  iym  &6jcbq  vno  ^tiglov  x^vog  Ssifiyn^vog 
xip  X9  mpLOV  nkBtov  ij  nivxB  r^^kigag  ädal^ov  xal  iv  xjj  otaQ- 
Utt  möMBQ  xv^öpM  xi  idoxovv  Sxeiv.^^  Und  dann  heifst  es: 
«ttrl  ovxoi  iihv  dfj  ovx€9g  dvafdi  iöxcaifdv  xb  xal  iönov- 
litfay,^  wobei  letzteres  sich  auf  die  oben  mitgetheilte  Warnung 
des  Sokrates  bezieht.  Endlich  ist  noch  die  schlagende  Ähnlich- 
keit zu  berücksichtigen,  welche  unsere  Stelle  mit  jener  bekannten 
in  Platons  Protagoras  889,  e  hat,  wo  Sokrates  erzählt,  dass  ihm 
bei  dem  Beifalle,  welchen  man  dem  Protagoras  spendete,  schwindelig 


176    Zur  Kritik  und  Erklärung  einzelner  Stellen  ctc.^  v.  X.  Sckenki. 

geworden  sei.  Auch  hier  ist  der  Scherz  nicht  zu  verkennen; 
und  nicht  um  Zeit  zu  gewinnen,  wie  es  dort  heifst,  ruftSokrt<* 
Xo8  den  Prodikoa  m  Hilfe,  sondern  um  ihn  als  Schildknappen  zu 
get^rauchen  und  die  beiden  Sophisten  gegeneinander  tn's  Oefixht 
fu  fuhren  ^). 

2.  &i  Pla(an$  Loches  §87  e^  088  d,  §99  e,  Euthyphron  8d. 

Es  ist  nach  den  Ergebnissen  der  neueren  Kritik  als  aus- 
gemacht anzusehen,  dass  seihst  der  treffliche  codex  Bodleinnus, 
welcher  die  ersten  sechs  Tetralogien  der  Platonischen  Dialoge 
enthält,  durch  so  manche  Interpolationen  entstellt  ist  So  haben, 
um  nur  einige  Beispiele  aus  dem  Laohes  und  Euthyphron  an^n^ 
fahren^  Stallbaum  und  K.  F.  Hermann  Lach.  182  c,  199  e,  Euth. 
6  a,  7  b  einzehie  Wörter  und  auch  Sätze  mit  Recht  als  Inter- 
polationen beseitigt.  Doch  sind,  wie  ich  bei  öfterem  Durchlesen 
dieser  Pialoge  bemerkt  zu  haben  glaube,  noch  so  manche  Bin* 
Bchiebsel  ruhig  an  ihrer  Stelle  belassen  worden,  über  welche  ich 
im  Folgenden  berichten  will. 

Fl.  Lach.  187  e  (c.  XIII)  geben  die  besten  Handschriften : 
Ov  i^oi  doKStg  elSivai  ore,  og  av  iyyvtata  UmxQatovg  g 
loyp  xal  nlriötäifj  dialsyofisvog  x.  r.  A.  Dass  diese  Stelle  in 
der  überlieferten  Gestalt  eine  genügende  Erklärung  gestatte,  wird 
wol  Niemand  im  Ernste  behaupten.  Auch  Stallbaum,  der  früher 
äöTtiQ  yivBL  mit  Beziehung  auf  das  vorausgehende  iv  rolg  Sri- 
lAotaig  erklären  wollte,  worin  ihm  H.  Hüller  in  seiner  Über- 
setzung folgte,  hat  in  der  zweiten  Auflage  diese  Erklärung  auf> 
gegeben,  mit  dem  Bemerken,  dass  ydv€v  von  Zunflgenossen  nicht 
gesagt  werden  könne.  Aber  auch  die  Conjeclur,  welche  er  da- 
selbst vorschlägt,  nämlich  ^.äaxsQ  Sgxst'^  statt  ^iätfnBQ  yevsv^'^ 
hilft  den  Schwierigkeiten  nicht  ab.  Denn  einerseits  lässt  sich  xal 
MXfiaid^jj  äiaAsyoiisvog  nach  dem  vorausgehenden  iyyv- 
rata  jj  kaum  entsprechend  erklären  und  anderseits  stimmen  die 
folgenden  Worte  nsQiayofHvov  rjo  Xoyoi  nicht  zu  dem  mit  äönsg 
Sqxsi  angedeuteten  Bilde.  Auch  ist  zu'  beachten,  dass  uns  nicht 
t^  koyc)  sondern  Xoy^  überliefert,  und  die  Verbindung  von 
iyyvg  mit  dem  Dativ  der  Platonischen  Sprache  fremd  ist.  Noch 
weniger  befriedigend  istdieVermuthung:  ^^2](oxQätovg  %  Idycn^ 
SöXBQ  ywavxl  bI  nlij^ia^oi^^  welche  K.  F.  Hermann  nach  dem 
Vorgange  Hommels  (vgl.  dessen  Ausgabe  von  Piatons  Symp. 
S.  122)  und  Sauppe's  (Epist.  crit.  p.  89)  aufgestellt  hat;  denn 
ohne  eine  beigefügte  Erklärung  würde  man  kaum  den  Sinn  der 
Stelle  erfassen,  und  noch  weniger   den   Witz  herausfühlen,   der 


*)  Es  bat  fast  den  Anschein,  als  ob  schon  Athenaios  die  Ähnlichkeit 
dieser  beiden  Stellen  gefühlt  und  das  ianoxci^-riv  te  xal  lUy^Cuaa 
aus  der  besprochenen  Stelle  in  seine  Schilderung  der  Sccnc  aus 
Charmidcs  übertragen  habe. 


Zur  Kritik  und  Erklärung  ciiizeincr  Stellen  otc,  v.  K.  SchetM,     117 

übrigens  selbst  in  der  Paraphrase  utmlich  frostig  erscheint«  Da*» 
gegen  hat  schon  Schleiermacher  einen  sehr  beachtungswer«« 
then  Schrill  rar  Herstellung  unserer  Stelle  gethan,  indem  er  die 
beiden  Wörter  ffiöHBQ  yiv$t^  als  eine  Glosse  beseitigte.  Sehr  leicht 
konnte  sich  Jemand  versucht  fühlen  äansQ  yivet  su  \dyp  er<* 
kürend  beizufügen,  da  iyytkata  iiyyvtat(o)  yivBi  (ydvovg)  eine 
im  Attischen  sehr  gebräuchliche  und  auch  bei  Pialon  sehr  häufige 
Verbindung  ist  (vgl.  Leg.  866  a,  b,  873  d,  Soph.  264  e,  ApoL 
80  a,  Hipp.  Hai.  804  d).  Da  aber  die  Stelle  hiemit  noch  nicht 
geheilt  ist,  sondern  die  oben  angeregten  Bedenken  »och  fort-' 
dauern,  so  scheint  es  am  geratheasten ,  eine  gröfsere  Interpola« 
Hob  anzunehmen,  in  der  Weise,  dass  zuerst  die  Wörter  ^loyfi 
äaxBQ  yivsi*^  als  Glosse  an  den  Rand  geschrieben  qnd  dann 
unter  Beifügung  von  rj  und  Kai  in  den  Text  übertragen  wurden. 
Nur  in  dieser  Gestalt:  «og  iv  iyyvtatm SoHQOtavg  icli^0uiifl 
dutlByo^svog^  erhält  dieser  Sali  einen  richtigen  Sinn  Ufid  eine 
eulsprechcnde  Verbindung  mit  dem  Foigend«*n.  Über  iyythafia 
IL  nkt^iilBLv  vgl.  Eur.  Med.  102  nal  p,ri  nBlaöfit*  o^/Merog 
iyyvg^  PlatEpist  842  d  tovtmv  dh  iyyvtavu  ptkv  ^vyyBVBÜf 
«k1  ofiOiorqrt  xov  Tcifintov  vovs  ^BnlniöütHB^  Aeneas  Tacl. 
a  89,  p.  114,  11  jtQOönBhiiovav  x^  %Bl%Bi  iyyvxBQOV  toi 
Mfo&ijxovrog. 

PL  Lach.  188  d  (c.  XIV)  dXla  x^  ovxi  t^v  '^QiMOö^ivo^ 
ov  avtog  avtov  rot/  ßiov  öv^qiayuov  totg  loyotg  ngog  %m 
i^ya.  Auch  diese  Stelle  hat  augenscheinliche  Verderbnis  erjfahren, 
wdche  man  einfach  dadurch  zu  beseitigen  glaubte,  dass  man 
nach  Heusdes  Vorgang  ov  tilgte.  Doch  so  bleibt  die  ganze  An« 
Ordnung  des  Satzes  eine  unnatürliche,  da  man  nach  aXXa  ein 
dem  vorausgehenden  entsprechendes  Satzglied  erwartet.  Daher 
hat  H.  Müller  (S.  393)  richtig  erkannt,  dass  r^  ovti,  i^v  ver^ 
derbl  sei.  Aber  was  er  selbst  vorschlagt,  r^  ovn  täv  ist  nicht 
befriedigend,  da  der  Sinn,  welchen  er  in  seiner  Übersetzung  aus- 
drückt: «sondern  In  Wahrheit  so  lebt,  dass  er  selbst  im  eigenen 
Leben,  Wort  und  That  zusammenstimmend  machte,'^  nicht  in 
den  Worten  liegt,  welche  vielmehr  besagen  müssten:  «indem  er 
wahrhaft  lebt,  durch  ein  wahrhaftes  Leben,'^  Dieser  Sinn  aber 
widerstreitet  dem  Zusammenhange;  denn  ein  Leben,  wo  Wort 
und  Thal  zusammenstimmen,  ist  ja  eben  ein  t^  oinr^  ßiog.  Daher 
vermuthe  ich,  dass  t'^v  ein  Binscbiebsel  sei,  und  indem  ich  ov 
nach  dem  Vorgange  Orelli's  in  bv  andere,  und  nach  ßiov  inter-» 
pungiere,  glaube  ich  der  Stelle  ihre  richtige  Gestalt  wieder  zu 
geben :  «aAAce  tp  oi/rt  '^Qiioöiidvog  bv  avtog  avtov  roi/  /)A>v, 
öv(iq)(ovov  totg  Xoyoig  ngog  tä  i^ya,^^  Dann  steht  t(ß  owi 
scharf  dem  vorhergehenden  naidiAg  oQyavu  gegenüber  und  tfvfi- 
tpan/ov  tritt  erklärend  zu  dem  früheren  kin^tt« 

Lach.  199  e  (c.  XXIX)  p  ya  iiovp  npoötisui.  wkL  itBifl 
^Bovg  nal  mfl  iv^Q&novg  i^Bv^aßsU^af  ta  ta  dawi  m 


198    Zur  Kritik  uud  Erklärung  einzelner  Steilen  etc.,  v.  K,  SckenhL 

xk  (ii]^  xal  taya^ä  aoQiisö^av^  intatafiivoi  oQ^cig  ngoöo- 
liiüstv.  So  interpungieren  Slallbaum  und  K.  F.  Hermann,  und 
ersterer  übersetzt  sogar  die  Stelle:  ^^res  fomUdolosas  con^ 
irariasque  eav^e  et  bona  Mi  camparare.*^  Aber  wie  kann 
man  sich  vor  dem  nicht  zu  furchtenden  (ra  fitj  Saiva)  hüten? 
Und  wird  denn  nicht  ausdrücklich  im  Vorhergehenden  (199  b) 
%a  ÖBiva  durch  ta  ^ilXovta  xaxa,  ra  ^aQQakia  (oder  xa  f$^ 
dBiva)  durch  xa  iiillovxa  dyad^d  erklärt?  Daher  hat  H.  Müller 
in  seiner  Übersetzung  nach  xa  Ssiva  interpungiert  und  dem- 
gemafs  übersetzt :  «^dass  er  in  Bezug  auf  Götter  und  Menschen 
das  zu  fürchtende  ganz  vermeide,  das  nicht  zu  fürchtende  und 
Gute  sich  verschaffe,  da  er  sich  gegen  sie  wohl  zu  benehmen 
weils.'^  Aber  eine  Verbindung  dieser  beiden  Begriffe  durch  Ttal 
ist  nicht  zulässig,  vielmehr  müssen  dieselben  in  ein  appositionelles 
Verhältnis  treten  und  xal  somit  gestrichen  werden. 

Eulh«  8  d  (c*  IX).  Ovx  aqa  ixetvo  ys  d(iq)iößi^xovöiv^  mg 
ov  xov  aövxovvxa  det  öidovai  ÖCxr^v^  dXX  ixstvo  t6fog  diig)i6-- 
fif^xovötj  x6  xlg  iöxiv  6  ddixäv  xal  xl  Öq&v  xal  xoxb.  Es  ist 
auffallend,  dass  diese  Zeilen  noch  keinem  der  Herausgeber  ein 
Bedenken  erregt  haben.  Betrachten  wir  sie  näher ,  so  sehen  wir, 
dass  die  ersten  Worte  einfach  das  wieder  aufnehmen,  was  bereits 
im  Vorausgehenden  bestimmt  ausgesprochen  worden  ist;  die  fol- 
genden Worte  aber  behaupten  etwas,  was  offenbar  nicht  hieher 
gehört«  Denn  es  handelt  sich  hier  nicht,  wie  bei  einem  Inqui- 
sitionsprocesse  darum,  wer  der  Thäter,  was  für  ein  Verbrechen 
seine  That  sei  und  wann  er  sie  verübt  habe.  Auch  streitet  man 
nicht  über  solche  Puncte,  sondern  darüber,  ob  die  That  gesctz- 
maüsig  oder  gesetzwidrig  sei.  Bedenken  wir  ferner,  dass  die 
folgenden  Worte:  Ovxovv'a'dxd  ys  xavxa  xal  ol  ^eol  nsnov- 
^aöiv  u.  s.  w.  sich  ganz  genau  an  den  früheren  Satz :  Ovx  aga 

näv  ya  noiovöi  ^  ydQ'^  anschlielsen,  dass  es  hier  durchaus 

nicht  eines  Zwischengedankens  zur  Vermittlung  bedarf^  vielmehr 
ein  solcher  nur  störend  wirken  kann,  dass  endlich  die  Eintönig- 
keit der  Anworten  (<<Wili^^  Uyei.g^>  unmittelbar  wiederholt  und 
dann  nochmals  ^tNav^  xovxo  (liv  dlrj^hg  XiyHg^>)  befremden 
muss^  wahrend  Piaton  sonst  hierin  eine  ungemein  reiche  Manig- 
faltigkeit  offenbart.  Dieses  Alles  zusammengenommen  scheint  mir 
unzweifelhaft  zu  sein,  dass  hier  ein  kecker  Interpolator  eine  jeden-^ 
falls  ganz  unzweckmäfsige  Ausfuhrung  der  früheren  Gedanken 
versucht  hat,  und  zwar  in  einer  Richtung,  welche  Piaton  un- 
möglich im  Auge  haben  konnte. 

3.  Zu  Saphokle»'  Oedipus  Tyrannos  r.  i49S  und  /S/3. 
v.  1493  '^^S  ovtog  iatai,  zig  naffaf^fiipsiy  xi%vcc, 
roucvx   ovBlBri  XanßivaiVy  a  Toig  iuotg 
yovivaiv  iaxai  otptpv  ^*  Ofiov  ^i^Xi^fiotor. 
Dass  diese  Stelle  in  der  überlieferten   Gestalt   keine   genü- 
gende Erklärung  gestatte,  hat  schon  Brunck  und  neuerdings  Har- 


Int  Kritik  und  ErkläniDg  ciuzclner  Stellen  etc.,  v.  A".  SckenkL     179 

long  mit  einleuchtenden  Gründen  nachgewiesen.  Aach  Wunder, 
welcher  firfiher  an  der  Erklärung  Erfurdt's  festhielt,  gibt  in  der 
vierten  Auflage  dieselbe  als  unhaltbar  auf  und  vemiuthet,  dass 
xotq  ifiotg  verderbt  sei.  Schneidewin  hatte  gleich  Anfangs  die 
Brfurdt'sche  Erklärung  als  einen  unklaren  (kdanken  verworfen 
und  statt  totg  iftotg:  totöde  rotg  vermuthet,  später  aber  die 
Vermuthung  Amdt's  yaiißQotöiv  statt  yovevöiv  als  eine  sichere 
Heilung  der  Stelle  freudig  aufgenommen.  Dagegen  bemerkt  aber 
Nauck  mit  Recht,  dass  Oedipus  nicht  von  seinen  Schwieger- 
söhnen sprechen  könne,  da  er  ja  seinen  Töchtern  ein  eheloses 
Leben  in  Aussicht  stelle,  und  somit  diese  Vermuthung  unhaltbar 
sei*  Diese  so  oft  behandelte  Stelle  lässt  sich  nun,  wie  ich  meine, 
durch  eine  sehr  geringe  Veränderung  herstellen;  man  braucht 
nämlich  nur  yovBvövv  in  yovoiöiv  zu  verwandeln,  um  einen 
voUkonunen  entsprechenden  Sinn  zu  erhalten. 

V.  1511  ütpmv  d\  m  xM,  d  ^hv  slxitTiv  rjdrj  tpoivag, 
noix*  Sv  nctQ'Qvovv'  vvv  d\  rovz   Bvx^<f^    ^M^^, 
ov  naiQog  acl  ijiVj  zov  ßiov  dl  l^ovog 
vfMCff  xvQ'^aai  tov  tpvtsvcavxog  TtatQOS' 

Das  Verderbnis  dieser  Stelle  muss  sehr  alt  sein,  da  sich 
nn  cod.  Laur.  zu  ot;  xaipog  das  Scholion  findet:  xa^*  "Aidov^ 
welches  uns  bezeugt,  dass  der  Scholiast  auch  die  Worte:  ael 
i^v  in  seiner  Handschrift  las.  Schneidewin  und  Wunder  billigten 
die  Vermuthung  DindorTs:  ov  xaiQog  iqi  t^qv^  obwol  Härtung 
das  Ungenügende  derselben  nachgewiesen  und  den  Sinn,  welcher 
in  der  Stelle  liegen  muss,  im  Ganzen  richtig  angedeutet  hatte. 
Kaum  glaublich  klingt  die  Bemerkung  Bergk's :  «rov,  quod  ean^ 
ceiHs  eireumtcripsi  ^  om.  Aläma^  seä  pideCur  gravius  t^iCium 
deüeescere:  conieci  vvv  dl  rovx^  bv%b6^*  ifio£^  ov  xaiQogj 
a^BiVy  tov  ßCov  81  X^ovog  vfiäg  xvq^^öul  tov  gyvtevöavtog 
xtttQog.  a^siv  gramm,  Bekkeri  An»  I,  348,  17,  ex  Sophocln 
afferty  et  ötdveiv  interpreCaliir,  sed  videiur  potiu»  esse  avitam 
ex9pirare^^  guemadmodum  idetn  grammaticuM  Nieocharin  eo- 
micum  adhibens  öiä  tov  ötofiatog  a^gomg  ixnvslv  interpre- 
taiur.*^  Aber  abgesehen  von  den  Bedenken,  welche  den  früheren 
Vers  treffen  und  durch  diese  Conjeclur  nicht  behoben  werden, 
abgesehen  davon,  dass  der  Sinn,  den  so  die  Stelle  bekommen 
würde,  durchaus  kein  entsprechender  ist,  wie  kann  man  nach- 
weisen, dass  ä^eiv  vicam  exspirare  bedeute?  An  der  bezeich- 
neten Stelle  in  Bekker*s  Anekdota  heifst  es  ja  ausdrücklich:  aieiv: 
to  8ui  tov  ötofiatog  d&QOfog  ixnvBlv  a^evv  kdyovöiv  ^Atti- 
xoly  (ii(iov(i€vov  tov  fi%ov  tov  nvev^atog.  ovra  Nix6%aQig 
(vgl.  Schmidt  zu  Hesych.  p.  58,  45).  Da  sieht  man  nun  offenbar, 
dass  hier  nur  von  dem  sogenannten  «Pfnausen^^  die  Rede  ist. 
Einen  entscheidenden  Schritt  zur  Herstellung  dieser  Verse  machte 
Bonitz  durch  seine  treffliche  Emendation:    ev%B6^^    i%(ü   Ky^ 


laO    2MJr  Kniik  und  Erklärung  eiutelner  Stellen  etc.,  v.  K.  SchetM, 

diese  Z^it^hrift  Jahrg.  18^7,  S.  195).  Unter  Zugrundelegung 
dieser  Conjeclur  versuche  ich  nun  die  Stelle  in  folgender  Weise 
zu  emendieren: 

vvv  ^\  xovt'  BPised"'  itio 

ig  Httif  otr  vpiv  iriv,  ß{ov  Sh  Xo^ovog 
isl  HVQHfai  XQV  ^t9V9avtog  navgog, 

Dass  hiedurch  ein  ganz  entsprechender  Sinn  gewonnen  ist, 
dürfte  wol  Niemand  läugnen.  Sollte  aber  Jemandem  die  Conjectur 
allzakühn  erscbeineui  so  möge  er  bedenken,  dass  die  unmetrische 
Form,  in  welcher  v.  1518  vorliegt,  auf  verschiedentliche  Bes- 
semngei)  und  Umstellungen  schliefsen  läfst,  die  jedenfalls  durch 
den  Fehler  svx^^^*  ^V'^oC  hervorgerufen  wurden.  Auch  darf  nicht 
übersehen  werden,  dass  die  Verwechselung  von  vfitr,  v^klv  und 
vftrv  sehr  häufig  zu  Verderbnissen  Anlass  gegeben  hat,  in  welcher 
Beziehung  ich  auf  das  Lexicon  Sophocleum  II.  p.  744  verweise. 

^  Zm  THeopkrastn"  CAarakter^Uikm,  C  a. 

In  dieser  ergötzlichen  Schilderung  des  Schmeichlers  wird 
auch  als  ein  Charakterzug  eines  solchen  Menschen  angeführt^ 
dass  er  bei  einem  Schmause,  welchen  sein  Gönner  gibt,  den 
Wein  und  die  Speisen  lobt,  um  durch  sein  Vorgehen  die  anderen 
Gfete  zu  gleichem  Lobe  aufzumuntern.  Diese  Stelle  überliefern 
nun  die  beiden  besten  Handschriflen  (Paris.  Au. B)  in  folgender 
Gestalt:   ^ual  räv  iatimnivcav  ngätog  inaivsöai  %6v  olvov 

%mv  Äno  ri^g  tQaniißis  qyqoai,*^  Tovxl  igcc  ^g  X(^6x6v  iöti.^^ 
Daes  n»Qafniv«iv  verderbt  sei,  bedarf  wol  keines  Beweises;  der 
09d.  Rhedig.  gibt  dafür  naQ<KX9k($dvmfy  was  E.  Petersen  in 
seiner  Ausgabe  dieser  Schrift  Kiel  1859  als  eine  blolse  Correc- 
tor  hinstellt,  und  zwar  so,  dass  der  Corrector  diesen  Genitiv 
von  dem  vorausgehenden  sc^ro^  abhangig  machen  wollte.  Aber 
da  auch  schlechtere  Codices «  die  vom  cod.  Rhedig.  ganz  unab- 
hängig sind,  nuQidfn^tvog  haben,  so  durfte  denn  doch  hier 
mehr  als  ome  blofse  Correctur  anzunehmen  sein«  Ehe  wir  also 
zu  der  Annahaie  Peter&en's  greifen,  dass  die  Stelle  voa  dem  Epi- 
tomator  ganz  verstümmelt  worden  sei,  wollen  wir  ein  leichteres 
Miitel  versuchen.  Ich  schlage  demgemäfs  vor  xaQaxstikdvG^  zu 
sehreiben,  wodurch  dann  die  ganze  Stelle  einen  passenden  Sinn 
und  eij»en  entsprechenden  Zusammenbang  mit  Aßm  Vorausgehen- 
den erhält.  Der  S4?bmeichler  lobt  vor  allen  Gästen  der  erste  den 
Wein;  er  sagt  zu  einenK  der  nehen  ihm  auf  demselben  Ruhebette 
li#gt:  «(Dn  hasV  ein  delikates  Essen  !^^  und  hebt  dann  eine  Schussel 
vom  Tische  mit  den  Worten:  «das  ist  doch  etwas  Küstliches!'' 
—  Im  Folgenden  lesen  die  besten  Handschriften :  ^^xal  igattiiUcL 
fi^  ^if  ot  uml  et  iMßall€^99ct>  ßtovUtta  a(«l  irt  asgiötsilf] 
iKiHM)i».^^     Auf  Grund  dieser  l^esart  schlägt   nun  Petersen  vor: 


Zar  Kritik  und  ErkISrung  einzelner  Stellen  etc.,  v.  /  KH^ttiä.    ISt 

it  XL  n^i6ttllui  avtiv  tu  schreiben ,  indem  er  besonders  auf 
das  folgende:  xal  ^Iv  tavta  Xiymv  hinweist,  \\'elches  ohne 
diese  Besserung  seinen  Plafs  nicht  behaupten  könne.  Wenn  auf 
solche  Weise  der  Stelle  geholfen  werden  könnte,  so  müssfe 
jedenfalls  die  Lesart  der  besten  Handschriften  sr^tMe/Ait  bei* 
behalten  werden;  aber  es  erscheint  nicht  nur  diese  Frage 
nach  dem  vorausgehenden:  d  inißälXe^&ni  ßo^Xntci  tber^ 
Oössig,  sondern  es  ist  auch  die  Constructfon  Mft<niXX0  TiMr 
u  ohne  alles  Beispiel.  Bedenkt  man  dagegen,  welch  massenhafte 
Fehler  auch  die  Pariser  Handschriften  enthalten,  so  dürfe«!  nvir 
auf  die  Lesart  neQiötsiXjj  kein  grofses  Gewicht  legen.  Unter 
solchen  Verhaltnisaen  scheint  es  mir  am  rathsHmsten  bei  der 
Leaart  nsQUftetXai  des  cod.  Rhedig.  und  der  schlechteren  Haad* 
schrifteti  zu  bleiben.  Fasst  man  die  Worte  x^l  hi  n.  a^iif 
parenthetisch,  so  kann  die  Beziehung  des  twßttc  auf  die  vorher«^ 
gehende  Frage  nicht  so  befremden.  Der  Schmeichler  fi-agt  den 
Gönner,  ob  er  den  Hantel  umnehmeit  wolle,  und  legt  Ihm  noch 
daiu  wirklich  denselben  um.  Und  bei  dieser  Frage  neigt  er  sieh 
zu  seinem  Ohre  hin  und  flflstert  ihm  diele  Worte  au^  als  ob  er 
ihm  etwas  Wichtiges  mitsutheilen  hatte. 

Innsbruck.  Dr.  Karl  Schenkl. 

Zu  Surip,  Iph.  Aui.  V.  1464  IT. 
KA.  i  thptp,  ätxn ;  J^.  )cal  niXiP^  y'  öv  uii  (i6Xti. 

An  der  hdsehr.  Lesart  haben  die  Herausgeber  mit  Recht 
Anstofs  genommen;  aber  der  dafür  gewöhnlich  torgebrachte 
Grund  ist  nicht  der  richtige.  So  sagt  z.  B.  Flmhaber :  ,<Matthiä 
mehit,  eine  Klage  über  das  Schicksal  pasae  sich  noch  für  Iphig. 
und  lässt  die  Yulg.  Aber  einer  Klage  kann  Iphig.  nicht  mehr 
fähig  aein,  wo  sie  mit  so  sichtbarer  Freudigkeit  dem  Tode  ent-> 
gegen  geht  und  selbst  für  den  Schmerz  der  Trennung,  der  lei«- 
denden  Mutter  gegenüber  ^  keine  Thranen  hat.'^  Offenbar  hat 
Pimhaber  Imovaa  (und  folglich  wol  auch  XQoUnfjg)  in  der 
Bedeutung  «verlassen'»  genommen.  Aber  die  Betrachtung  des 
Zusammenhanges  unserer  Stelle  ttrit  den  unmittelbar  vorausgehen«- 
den  Versen  lehrt,  dass  XbCkbiv  und  nQokBC%Bt,v  hier  ^zurück- 
lassen'^  und  nicht  «verlassen^^  bedeute.  Kl.  hatte  auf  die  Frage 
der  Iph.  %ig  f('  il0t>v  fi^ot/  ^qlv  önaifaiiCd-ai  xofiifff;  erklart, 
Sie  werde  mit  ihrer  Tochter  gehen;  dies  lehnt  aber  Iph.  ab  und 
indem  sie  einen  Diener  auffordert,  sie  nach  der  Wiese  der  Arte- 
mis zu  geleiten^  reifst  sie  sich  von  der  Mutter  los.  Da  fragt 
sie  nun  KL  in  vorwurfsvollem  Tone:  10  xixvov  0txii  Xinovöa 
fLfltiq'y  und  es  kann  somit  keütnv  nur  «zarüoklassen^^  bedeu- 
ten. Kl.  verlangt  durchaus  nicht  mehr,  dass  Ate  Tochter  bei  ihr 


t88    Zur  Kritik  und  Erklärung  einzelner  Stellen  etc.,  v.  J.  Xviiaia, 

bleibe,  sondern  nur,  dass  sie  sie  mitnehme.  Wenn  nun  aber 
iBlnsLv  an  unserer  Stelle  diese  Bedeutung  hat,  so  ist  sofort  klar, 
dass  es  ganz  ungereimt  ist,  wenn  Iph«  sagen  soll  (wie  sie  nach 
der  Yulg.  wirklich  sagt),  dass  sie  ovx  aiCtos  die  Mutter  zurück- 
lasse; denn  wenn  sie  dies  zugesteht,  warum  gestattet  sie  nicht 
der  Mutter  mitzugehen?  —  Statt  nun  die  Conjectur  Hermann's 
^i;  ttalCfoq  zu  billigen  '))  könnte  man  vielleicht  geneigt  sein, 
der  Stelle  durch  blofse  Interpunction  aufzuhelfen,  nämlich  so, 
dass  nach  y*  ein  Punct  gesetzt  und  ovk  a^ioag  als  Frage  ge- 
nommen würde.  Aber  bei  näherer  Prüfung  der  Stelle  und  bei 
genauerer  Erwägung  des  Zusammenhanges  derselben  mit  der 
ganzen  Scene  wird  man,  meine  ich,  auch  diese  Änderung,  so 
leicht  und  annehmbar  sie  auch  auf  den  ersten  Blick  erscheinen 
qdag,  nicht  billigen.  Denn  die  Worte  oi$  OQ&g  y"  enthalten 
dann,  weil  man  sie  auf  das  unmittelbar  vorausgehende  Xinovöa 
^iltiQ  beziehen  muss,  einen  sehr  befremdlichen  Gedanken.  Sie 
sind  entweder  ein  mattes,  unnützes  Einschiebsel  zur  Ausfüllung 
des  Verses,  oder,  wenn  man  sie  nicht  dafür  ansehen  will,  dann 
sind  sie  eine  sdmippische  und  lieblose  Erwiderung  der  Iph. 
Dieser  Übelstand  wird  beseitigt,  wenn  man  mit  einer  sehr  unbe- 
deutenden Änderung,  bei  der  aufserdem  die  Entstehung  der  Cor- 
ruptel  sehr  leicht  begreiflich  ist,  schreibt  dg  OQag  y\  ovx 
äiiiS  — .  Dabei  muss  man  annehmen,  dass  Iph.  gleich  daran  an- 
knüpfen wollte  ötdisiv  ddxQV'^  aber  durch  die  Bitte  der  Kl. 
iPX^Si  f^q'  f^£  XQoXinyg)  in  ihrer  Rede  unterbrochen  spricht  sie 
erst  im  folgenden  Verse  das  vollständig  aus,  was  sie  schon  früher 
sagen  wollte,  indem  sie  dabei  den  Satz  von  vorn  anfängt  und 
statt  des  früher  gebrauchten  ovk  al^td  nun  das  synoyme  ovx 
iä  gebraucht.  Die  ganze  Stelle  ist  somit  zu  übersetzen:  «Kl. 
0  Kind,  du  gehst?  Iph.  Und  zurück  werde  ich  sicher  nicht 
kommen.  Kl.  Die  Mutter  zurücklassend?  Iph.  Wie  du  ja  siehst, 
ich  halte  es  nicht  für  geziemend  —  Kl.  Halt  ein,  lass  mich  nicht 
zurück.  Iph.  Ich  lasse  es  nicht  zu,  Thränen  zu  vergiefsen.^^ 
Diese  Änderung  wird  man,  glauben  wir,  noch  annehmbarer  fin- 
den, wenn  man  die  ganze  Scene  aufmerksam  verfolgt.  Iph.  fragt 
V.  1433  die  Mutter,  warum  sie  weint  und  bittet  sie  V.  1435  mit 
dem  Weinen  aufzuhören,  um  nicht  sie  selbst  muthlos  zu  machen. 
Darauf  beruhigt  sich  nun  Kl.  etwas,  bis  sie,  wie  ^  es  scheint,  bei 


")  Dieser  Conjectur  steht  ein,  wie  mir  scheint,  gewichtiges  Bedenken 
entgegen.  Wie  kann  nännlich  Iph.  der  Mutter  das  zumuthen,  was 
sie  ihr  mit  den  Worten  ms  oQ^g  y\  ^  xa^^mg  zumuthen  würde? 
iph.  konnte  wol  im  V.  1461  es  als  ihre  eigene  Ansicht  aussprechen 
mg  ifiol  T£  ao£  tu  xdXXiov  xods;  aber  sie  kann  sich  nicht  in 
der  Weise  auf  das  Urtheil  der  Kl.  berufen ,  wie  sie  es  mit  den 
Worten  mg  hQ&g  y*  thun  würde;  denn  die  Ansicht  der  KI.  ist 
eine  von  der  der  Iph.  grundverschiedene  und  sie  würde  gegen 
jeQe  ZumulhuDg  unfetilbar  Widerspruch  erhoben  haben. 


Zur  Kritik  und  ErkISmng  einzelner  Stellen  etc.,  v.  J,  g9i6aia,    189 

der  Frage  der  Iph.  tig  ft'  elüiv  «£(ov  mqIv  önafdisiS^ai 
ffofii^ ;  wiederum  in  Thränen  ausbricht  und  nun,  durch  Schluch- 
zen unierbrochen,  nicht  mehr  ganze  Verse,  sondern  nur  Vera- 
Iheile  spricht.  Iph.  geht  nun  nach  V.  1468  fort  und  da  ruft 
ihr  Kl.  nach:  cd  xixvov^  ot%Bi  i^icovöa  ii'qtdQ*.  Auf  diese 
einen  Vorwurf  in  sich  schliefsende  Frage  kann  Iph.  antworten, 
dass  sie  die  Mutter  deshalb  zurücklasse,  weil  sie  bei  dem  Opfer- 
tode ihre  Thränen  nicht  zurückhalten  würde.  Statt  aber  dies 
gerade  herauszusagen,  wählt  sie  eine  mildere  Form,  mit  der  sie 
äer  doch  dasselbe  erreicht;  sie  sagt:  ^wie  du  ja  siehst  (näm- 
lich an  mir),  ich  halte  es  nicht  für  geziemend,  ich  lasse  es 
nicht  zu  Thränen  zu  vergicisen.'^  Darin  liegt  selbstverständlich, 
dass  sie  die  Mutter  nicht  mitnehmen  wolle,  weil  diese  ihre  Thrä- 
nen nicht  beherrschen  und  dadurch  vielleicht  ihr  selbst  bei  dem 
Opfertode  den  freudigen  Muth  benehmen  würde. 

Die  Handschriften  haben :  Iph.  T.  V.  276  ff. 

Kai  ßoji  xvvaybg  mg, .  .  . 
IlvXadfiy  di9oQ%ag  TrjvdB^  trivds  d'  ov%  OQSg 
'*Aidov  d^anaivttv,  mg  fic  ßovXwttn  mavstp 
diivaig  i%idvaig  dg  ifu'  inofiapkimi, 

Hermann  schreibt  xvvayov  £g^  was  sich  so  sehr  empfiehlt, 
dass  man  wirklich  nur  wünschen  kann ,  Bur.  hätte  so  geschrie- 
ben. Denn  das  blofse  didoQxag  tijvSe  steht  den  Schiiderungen 
der  beiden  andern  Furien  zu  kahl  gegenüber.  Femer  haben  wir 
im  V.  277  eine  Art  von  Anakoluth,  indem  das  r^qvde  vorange- 
schickt ist,  nachträglich  die  Apposition  Z/iidov  dQaxaivav  hin- 
zukommt und  nun  ohne  streng  syntaktische  Verbindung  ein  Satz 
mit  01^  folgt  Bei  der  Schilderung  der  dritten  Furie  bemerken 
wir  ein  Hyperbaton ;  denn  die  regelmäfsige  Wortfolge  wäre 
^(xsifolg  igiööst^  TcixQvvov  ox^ov^  (iritiQ*  ayxakavq  l%ov6*^ 
Q^  iTCsiißttlij.  Jedes  der  beiden  Glieder  {xtsQoTg  —  o;k^oi/ und 
{iT^tiQ  —  insfißdXji)  ist  in  zwei  Theile  zerschnitten  und  es  folgt 
auf  je  einen  Theil  des  einen  Gliedes  ein  Theil  des  andern  Glie- 
der. Sowol  das  Anakoluth  als  das  Hyperbaton  malt  vortrefflich 
den  Zustand  des  Orestes.  Nehmen  wir  nun  Hermann's  Änderung 
auf,  so  sehen  wir  auch  bei  der  ersten  Schilderung  die  Auf- 
regung des  Orestes  charakteristisch  und  analog  mit  den  zwei 
folgenden  Schilderungen  durch  die  ungewöhnliche  Wortfolge  be- 
zeichnet; denn  die  regelmäfsige  wäre:  SidoQxag  f^vdsj  xwa-^ 
yov  Sg.  Beachtenswerth  ist  alsdann  auch  der  Chiasmus,  da  dem 
xwayov  im  folgenden  Satze  '^Aidov  dQaxaivav^  dem  tfjvde  das 
zweite  tijvSe  entspricht,  während  die  beiden  Verba  dddoQxag 
und  ovx  oQ&g  in  der  Mitte  stehen.  Endlich  ist  noch  zu  erin- 
nern, dass  die  Vorstellung  der  Furien  als  Jägerinnen  viel  passen- 
der ist,   denn   die  Vergleichung  des   Schreiens   des  Orestes  mit 


i84    Zur  Kritik  und  Erklärung  eiiiEcliiiT  Stellen  ctc.^  v.  J,  K9itala* 

dem  Rufe  eines  Jägers.  Über  jene  Vorstellung  vgl.  Aesch.  Euin. 
160,  230)  Stl.  Die  überlieferte  Lesart  aber  gibt  einen  etwas 
befremdlichen  Vergleich.  Denn  wenn  auch  ein  lautes  Schreien 
mit  dem  Jägerruf  verglichen  werden  kann,  so  fragt  es  sich  doch, 
ob  die  kürzen,  abgebrochenen  Jagdrufe  ein  passendes  Bild  für 
die  längere  Rede  des  Orestes  abgeben. 

Ipk.  T.  V.  494  ff. 

OP*  t6  ükupov  ''A^f9g  nax^id*  ifi^v  i%Bv%OfLui, 
I^    nQog  ^Bmv  ultjMg,  a  ^iv  *  bI  nsi^ev  ysyrng; 
Op4  in  xäv  MvHfivmv,  aZ  nox'  ^üav  okßicii. 

Kirchhoff  schall/i^t  nach  dem  Vorgang  der  Cambridger  Ausgabe 
nach  Myzi^pav  ein  /  ein.  Aber  ^ne  ähnliche  Steilen,  wie  z.  B.  I.  A. 
869. Cycl.  124, 149, besonders  i^b6rCycM41  und  280  lehren,  dass 
yd  hier  nicht  nöthig  ist;  ja  es  zeigt  sich  sogar  bei  genauerer  Be- 
trachtung, dasd  die  überliefert«  LesArt  weit  passender  ist.  Setzen 
wir  nämlich  yd,  dann  lässt  sich  die  Antwort  des  Orestes  auf 
die  Frage  der  Ipb.  so  übersetzen:  «gewiss ^  und  zwar  aus  My- 
kenä,  dem  einst  glücklichen.'^  Die  hdschr.  Lesart  ohne  yi  ist 
aber  anders  zu  erklären.  Orestes  hatte  nämlich  der  Iph.  nach 
lAtagem  Sträuben  in  ernstem,  feierlichem  Tone  (man  beachte  das 
iiievxoftai)  witgetheilt,  Argos  sei  seine  Vaterstadt.  Iph.  ist 
durch  diese  Hittheilung  vor  Freude  aufser  sich  und  als  ob  sie 
bei  der  überraschenden  Nachricht  ihren  Ohren  kaum  trauen 
wollte,  ruft  sie  aus:  dkij^cSg  el  xet^ev  ysycig.  Aller  Nach- 
druck liegt  hier  auf  dki^^cSg.  Orestes  aber,  der  durch  sein 
Unglück  reizbar  gewordene  Orestes ,  dessen  Antworten  fast 
durchgängig  ein  düsteres,  mismuthiges,  barsches  Gepräge  tra- 
gen^ fasst  diese  Frag«  als  einen  Zweifel  an  seinen  Worten  auf, 
Und  so  liegt  denn  auch  in  der  vorliegenden  Antwort  der  Sinn: 
14 Aus  Mykenä  bin  ich,  wenn  du  es  gründlicher  wissen  willst; 
wenn  Mykenä  in  Argos  liegt,  so  muss  ich  doch  wol  ein  Argiver 
sein.^  —  Dass  wir  damit  nicht  allzu  viel  in  die  Stelle  hinein- 
tragen, sondern  dass  die  Antwort  wirklich  diese  Färbung  trägt, 
das  lehrt  die  Betrachtung  der  angeführten  Parallelstellen.  So  ist 
es^  Um  ein  einziges  Beispiel  herauszuheben,  Cycl.  141.  Odysseus 
katte  dem  Seilenos  gesagt,  Maron  habe  ihm  den  Wein  gegeben. 
Diesen  HaroA  kennt  aber  Seilenos  ganz  gut:  hatte  er  ihn  doch 
selbst  grofsgeaogen.  In  freudiger  Überraschung  ruft  er  darum 
aus:  c<Der  Maron,  den  ich  auf  diesen  meinen  eigenen  Armen 
herangezogen  habe?'^  Odysseus  fasst  dies  aber  so  auf,  als  ob 
Seilenos  schwer  begreife  oder  nicht  begreifen  wolle  und  er- 
widert etwas  gereist:  o  Buxxiov  TCatg,  tig  ca<pdot6QOv  ud- 
^g.  —  Das  yd  in  einer  Antwort  schliefst  oft  in  sich  die  Be- 
jahung der  gestellten  Frage  und  die  Mittheilung  von  etwas  neuem. 


2ar  Kritik  und  Erklärung  einMlner  Stellen  etc.,  x.  IR  MimUek.    185 


i&t  Fragende  gar  nicht  erwartete  *);  es  bat  also  eine 
aolelie  Antwort  das  Gepräge  der  Mittheikamkeit  und  einer  ge- 
wttaen  Bereitwilligkeit,  den  Fragenden  über  alles  aufzuklären. 
FeUt  hingegen  yi,  so  kann  die  Antwort  leicht  etwas  schroffes 
und  spitziges  haben.  Wir  können  V.  496  (nach  Analogie  von 
Cyd.  141) am  besten  erklaren:  ixtäv  MvxiprmVy  6göaq>i9%B^ 

Prag.  J.  Kvicala. 


Tac,  AffHc,  c.  P. 

Aus  dem  Satze  UrUUHam  ei  adroganUam  et  üvariäam 
exuerüt\  scheinen  die  Worte  et  avaritiam  als  unecht  entfernt 
werden  zü  müssen.  Wex  verwirft  den  ganzen  Satz ,  nicht  der 
Schwierigkeiten  in  Betreff  der  avariiioy  sondern  des  misverstan- 
deaen  Verbalbegriffes  exuere  wegen.  Doch  seine  Echtheit  im 
Ganzen  unterliegt  keinem  Zweifel  (vgl.  Kritz);  nur  die  oben 
genannten  Worte  werden  auszuscheiden  sein.  Umsonst  haben 
sich  die  Ausleger  bemüht,  das  Substantivum  anaritia  neben  den 
beiden  andern  durch  höchst  gezwungene  Definitionen  zu  erklären. 
AvarUia  bleibt  die  Habsucht  und  passt  daher  durchaus  nicht  in 
den  Kreis  der  Gedanken,  welche  der  Schriftsteller  eben  mit  den 
Worten  ^trisn'tiam  et  adrogantiam  exuerat*  entwickelt.  Diese 
sollen  doch  wol  das  vorausgehende  nulla  ultra  pote$tati$  per- 
sona gewissermaßen  noch  erläutern ,  indem  in  ihnen  Eigen- 
schaften als  fremd  dem  Wesen  des  Agricola  bezeichnet  werden, 
welche  aus  der  zu  strengen  Wahrung  der  Amtsmiene,  aus  einem 
Zuviel  in  der  severitas  und  gratritas  entspringen.  Daran  schliefst 
sich  in  dem  Satze  'nee  HU .  ,  ,  .*  ein  engverwandter  Gedanke, 
auch  äufserlich  durch  das  frühere  veranlasst,  an.  Was  will  nun 
in  solcher  Umgebung  die  plötzliche  Erwähnung  der  Habsucht? 
Sollte  das  Wort  dem  Schriftsteller  wider  Willen  zu  früh  ent- 
schlüpft sein,  und  er  die  Störung  nicht  bemerkt  haben,  welche 
es  in  die  streng  logische  Darlegung  seines  Charakterbildes 
bringt?  Erst  mit  'integritatem  u.  s.  w.'  sagt  Tacitus,  einer 
anderen  Seite  im  Agricola  sich  zuwendend,    dass   derselbe  auch 


*)  So  ist  z.  B.  in  Eiir.  Hipp.  94  f.,  wo  der  Diener  fragt:  iv  ^ 
svnQOGTjyoQOtaiv  iazt  zig  z<)^9^?;  <lie  Erwiderung  des  Hippolyt: 
nlsiatri  y«  %(d  nigdog  ys  cvv  (loxOtp  ßQ€L%st  nicht  eine  blofse 
bejahende  Antwort,  sondern  Hippolyt  überbietet  damit  gleich- 
sam die  Frage.,  indem  er  nicht  einfach  zugesteht,  dass  xaQig 
Tis  stattQnde,  sondern  behauptet,  dass  sich  die  xäifi'S  im  höchsten 
Grade  zeige. 

ZatUehrift  f.  d.  öst«rr.  Oymnat.  1860.  HI.  H«ft.  1 4 


186    Zur  Kritik  und  Brkiftrung  einzelner  Utellen  etc.,  <r.  W.  KlmtUM. 

die  Habgier  nicht  kannte.  Ans  dieser  Erwägung  des  Zusamraen- 
lianges  ergibt  sick,  wie  mnr  scheint,  oiizweifelhaft  die  UneAt- 
heit  der  Worte  eC  apariiiam.  Weiter  aber  folgt  daraus ,  dass 
diejenigen  sich  einige  Cbereilurig  zu  Schulden  konrunen  lassen, 
welche  dem  hier  dodi  ganz  unhaltbaren  et  avariUmm  zu  Liebe 
den  ganzen  Satz:  'iniegrUatem  aique  abHinentiam  in  tmnio 
Piro  referre  iniuria  virtuttnn  fuerit*  als  Einschiebari  verdäch- 
tigen^ weshalb  sie  auch  innerhalb  desselben  das  in  tmnto  viro 
ohne  hinreichenden  Grund  beanstanden  (so  Ritter  und  nach  ihm 
Hälsenbeck  im  Progr.  des  k.  k.  kathol.  Gymn.  in  Teschen  185>^). 
—  Nun  fragt  es  sich,  wie  die  in  Rede  stehenden  Worte  in  den 
Text  gerathen  sind.  Wahrschcinisch  entstand  durch  Dittographie 
des  adrogafUiam  das  verstümmelte  a..r.Mam^  welches  ein  Ab- 
schreiber ohne  Rdcksiehl  auf  das  folgende  durch  Conjectur  in 
anaritiam  verbesserte,  was  die  Versetzung  eines  ei  nothwendig 
madite,  offenbar  von  dem  Wunsche  geleitet,  durch  diesen  Zu- 
satz den  Agricola  gleich  aadi  von  diesem  Cardinallasser  aller 
ProvinziaUStatthalter  frei  erklärt  zu  wissen,  —  oder  die  Worte 
et  avariCiam  bildeten  urspitünglich  eine  in  der  angegebenen  Ab- 
sicht gemachte  Randbemerkung,  die  sich  unvermerkt  in  den 
Text  eindrängte. 

Leitmeritz  Wzl.  KlouJek. 


Zweite  Abtheilung. 


liiterarisohe  Anseilen. 

GrammatikeB  der  italienischen  Sprache. 

Erster  Artikel. 

Von  der  Redaclion  dieser  Zeitgehrift  freundlichst  eingeladen ,  die 
lM«ie«ten  in  DeulAcMand  erschienenen^  Lehrmiltel  tur  Erlernung  der 
Üalienisehen  Sprache  zum  Gegenstände  einer  Besprechung  su  maehen, 
halle  ich  für  nütslich  einige  Bemerkungen  über  den  Zustand  und  die 
iMitffnisse  des  italienischen  Unterrichtes  voraniurichicken.  Die  Pest- 
stellung einiger  Geticbtspuncte  wird  es  ermöglichen,  manchen  Ausspruch 
durch  bloCse  Anführung  der  Thatsachen  zn  rechtfertigen  fnnd  manche 
Wiederholuag  zu  vermeiden. 

Der  Zweck  y  den  man  bei  Erlernung  einer  fk*emden,  vorzuglich 
einer  neueren ^  Sprache  erstrebt,  ist  ziemlich  verschiedenartig;  und 
ebeaso  verschieden  müssen  sich  natürlicherweise  die  Mittel  gestalten, 
die  angewandt  werden,  um  denselben  su  erreichen.  Sind  die  Beziehun- 
gien ,  in  denen  man  zum  fremden  Laude  steht ,  keine  näheren ,  so  be^ 
sohränkt  sieh  d(is  Studium  der  bezüglichen  Sprache  gewöhnlich  auf  eine 
relativ  geringe  Anzahl  gebildeter  Leute,  die  sich  aus  wissenschaftlichem^ 
zunichst  literarischem,  Interesse  denselben  widmen.  Die  Sprache  er- 
scheint dabei  lediglich  als  eines  der  Mittel  für  den  ebengenannten  Zweck ; 
das  Studium  der  Geschichte»  das  Reisen  in's  fremde  Land  u.  s.  w. 
tragen  dann  wesentlich  datu  bei,  das  Volk  und  seinen  Geist,  wie  er 
ach  in  Sitten  und  Sprache  kundgibt,  zu  studieren  und  sich  dem  er- 
strebten Ziele,  dem  kemitnisvollen  Genüsse  der  literarischen  Erzeugnisse, 
XU  uabera  —  Wenden  wie  diese  Betrachtung  auf  das  Verhältnis  Deutsch- 
lands zu  Italien  an,  so  finden  wir,  dass  letzteres  Land  die  mächtige 
Wirkung,  die  es  auf  jedes  Volk  ausübt,  auch  auf  die  Deutschen  zu 
äufsem  nicht  verfehlte.  So  hat  es,  um  uns  blofs  auf  die  Literatur  zu  be* 
schränken,  eine  Zeit  gegeben,  wo  die  italienische  Dichtung,  fireilich  erst 
die  sj>ätere  schwächliche,  einen  bedeutenden,  wenn  auch  nicht  gerade 
segensreiehen  Einfluss  auf  die  Entwickeking   der  deutsclMu    Literatur 

14* 


188    Orammatiken  der  italienischen  Sprache,  ang.  v.  i.  Muiiofia. 

gewann;  und  auch  seither  hat  es  in  Deutschland  nie  an  Männern  ge- 
fehlt, die  sich  mit  besonderer  Vorliebe  der  italienischen  Literatur  wid- 
meten, und  sich  sogar  durch  die  derselben  geleisteten  wesentlichen 
Dienste  ein  Anrecht  auf  die  Dankbarkeit  der  italienischen  Nation  in  nicht 
geringem  Grade  erwarben.  Die  Wahrheit  nun  der  Behauptung ,  dass 
man  ohne  gründliche  Kenntnis  der  Sprache  zum  vollkommenen  Genüsse 
der  Literatur  nie  gelangen  könne,  diese  Wahrheit,  welche  für  die  clas- 
sischen  Sprachen  schon  seit  lange  anerkannt  ist,  musste  bei  der  Gründ- 
lichkeit, mit  welcher  die  Deutschen  jedes  Studium  betreiben,  nothw endig 
zur  Abfassung  wissenschaftlicher  Grammatiken  anregen,  solcher  näm- 
lich, die,  zwar  nicht  jedem  Anfänger  zugänglich,  ein  tieferes  Eindringen 
in  den  Geist  der  Sprache,  wie  sie  von  den  besten  Schriftstellern  gehand- 
habt wurde,  erleichtern  sollten.  Hier  bieten  sich  zuerst  die  Namen  von 
Fernow  und  Jagemann  dar,  deren  Werke  viel  schätzenswerthes 
enthalten,  aber  unter  anderen  Mängeln  den  wesentlichen  gemeinsam  haben, 
dass  sie,  zwischen  der  praktischen  und  der  rein  theoretischen  Richtung 
schwankend  9  weder  in  der  einen  noch  in  der  anderen  vollkommen  ge- 
nügea  Überdies  sind  ihre  Grammatiken  schon  lange  aus  dem  Buch- 
handel verschwunden,  und  an  eine  Wiederbelebung  derselben  dürfte  wol 
Ifaum  mehr  Jemand  denken.  Ein  höheres  Ziel  steckte  sich  der  auch 
um  die  italienische  Literatur  verdiente  Blanc;  er  wollte  eine  wissen- 
schaftliche Grammatik  verfassen,  und  dies  ist  ihm  auch  zu  gutem 
Theile  gelungen;  noch  heutzutage  nimmt  sein  Werk  (1844  erschienen) 
den  ersten  Platz  unter  den  Werken  jener  Art  ein.  Einen  wesentlichen 
Vortheil  schöpfte  Blanc  aus  dem  Umstände,  dass  es  ihm  möglich  war 
die  Forschungen  Friedrich  Diez's  zu  benützen,  und  in  der  Tbat  sind  die 
Laut-  und  die  Formenlehre  (die  Wortbildungslehre  nahm  er  nicht  auf) 
die  am  umständlichsten  und  gediegensten  bearbeiteten  Theile  seines 
Werkes.  Eine  zweite  Ausgabe  oder  ein  neuer  Bearbeiter  hätte  da  man- 
ches hinzuzufügen,  einiges  zu  berichtigen  oder  anders  zu  ordnen ;  am 
Gnindplane  wäre  ohne  Nachtheil  für  das  Buch  nichts  zu  ändern.  Es 
braucht  aber  kaum  erwähnt  zu  werden,  dass  die  historische  Auseinan- 
dersetzung des  Ursprunges  und  der  allmählichen  Veränderung  von  Lau- 
ten und  Formen  eigentlich  ein  für  sich  bestehendes  Studium  bilden, 
die  einzelnen  Wortformen  und  Wortelemente  haben  eine  von  dem  Zwecke, 
zu  dem  die  Worte  verwendet  werden,  unabhängige  Bedeutung,  welche 
zu  ergründen  in  das  Gebiet  der  Linguistik  gehört.  Die  genaueste 
Kenntnis  solcher  Thatsachen  und  der  sie  bedingenden  Gesetze  trägt 
nicht  wesentlich  zur  Kunde  der  eigentlichen  Sprache,  zum  Verständnisse 
der  literarischen  Erzeugnisse  bei.  Dazu  soll  die  Syntax  dienen  in  jenem 
weiten  Sinne  des  Wortes ,  welcher  diese  Lehre  einerseits  mit  der  Sti- 
listik, anderseits  —  in  Bezug  auf  die  jeder  Nation  eigenthümlichen 
Redeweisen  —  mit  der  Lexikologie  verbindet.  In  dieser  Richtung  nun 
ist  Blaues  Grammatik  sehr  lückenhaft;  die  Behandlung  der  SaUlcbre 
steht  bei  ihm  in  gar  keinem  Verhältnisse  zu  der  der  Laut-  und  Formen- 


Oranmatiken  der  ilalieniscben  Sprache,  nng.  v.  A,  Mu$9äßa.     189 

lehre,  sie  ist  nar  fragmentarisch.  Dieses  Gebreehen  zeigt  sich  schon  in 
dem  Umstände  anfs  denilichste,  dass  Etymologie  und  Syntax  nicht 
getrennt,  sondern  mit  einander  nach  Redetheilen  vermischt  vorkommen. 
Eine  solche  Einrichtung,  die  schon  bei  gewohnlichen  Lehrbüchern  sehr 
naehtheilige  Folgen  mit  sich  führt,  wird  beim  Werke  Blanc's  um  so 
loblbarer,  als  sie  sich  nicht  einmal  durch  den  vermeintlichen  prak- 
tischen Nutzen  entschuldigen  lasst.  Dadurch  soll  das  Verdienst  des 
hochgeschätzten  Mannes  nicht  im  geringsten  geschmälert  werden,  viel- 
mehr erklärt  sich  jeder,  der  mit  dem  Zustande  grammatischer  Studien 
in  Italien  vertraut  ist,  das  Verfahren  desselben  sehr  leicht,  und  kann 
nicht  umhin  seinem  grofsen  Fleifse  das  gebührende  Lob  zu  zollen.  Denn 
eine  Syntax,  welche  den  Anforderungen  der  Wissenschaft  auch  nur  an- 
nähernd entspräche,  ist  noch  zur  Stunde  auch  in  Italien  ein  frommer 
Wunsch.  Wann  und  in  wie  weil  derselbe  befriedigt  werden  wird ,  ist 
schwer  abiusehen,  da  bei  den  meisten  Gelehrten  Italiens  die  Ansicht 
vorherrscht,  man  könne  seine  eigene  Sprache  nur  durch  aufmerksame 
Leeture  grolser  Schriflsteller  und  durch  Umgang  mit  dem  rein  sprechen- 
den Theile  der  Nation  mit  gutem  Erfolge  lernen ,  während  die  Anhän- 
fbng  von  Regeln  diesem  Studium  eher  zum  Schaden  als  zum  Nutzen 
gereiche,  Gewiss  lassen  sich  in  einer  lebenden  Sprache,  die  wie  alles 
Lebende  stetem  Wechsel  unterworfen  ist,  keine  festen  Regeln  aufstellen; 
gewiss  bietet  eine  mäfsige  Freiheit  in  der  Handhabung  der  Sprache  eine 
gröbere  Mannigfaltigkeit  und  Selbständigkeit:  dies  alles  hindert  aber 
nicht,  dass  eine  anspruchslos  verfasste  Syntax  wesentlich  dazu  beitragen 
wurde  die  Einsicht  in  die  Sprache  zu  erleichtern.  Ich  sage  anspruchs- 
los; denn  wenn  überhaupt  jeder  Grammatiker,  so  muss  der  italienische 
Grammatiker  insbesondere  berichtend,  nicht  gebietend  auftreten,  der 
dogmatischen  Methode  fast  in  allen  Fällen  die  historische  vorziehen, 
kurz,  seine  Formel  darf  nicht  lauten:  Es  muss  so  gesagt  werden;  viel- 
mehr: In  der  und  der  Zeit,  bei  dem  und  dem  Schriftsteller  finden  wir 
diese  Wendung,  später  trat  diese  andere  ein  u.  s.  w.  Gelegentliche  An- 
deutungen ttber  den  historischen  oder  logischen  Grund  der  verschiedenen 
Wendungen  würden  der  Darstellung  wol  nützen,  nur  müssten  sie  kurz, 
einleuchtend  und  fern  von  jeder  Spitzfindigkeit  sein;  denn  das  wesent- 
liche bleiben  doch  die  Thatsachen.  Eine  solche  Arbeit  wäre,  wie  ge- 
sagt, gewiss  von  gröfstem  Nutzen  für  den  Italiener  selbst ;  unentbehrlich 
wird  sie  jedem  Deutschen,  der,  an  Gründlichkeit  gewöhnt,  den  Bau  der 
fremden  Sprache  so  genau  als  möglich  zu  kennen  wünschte.  Diese  Auf- 
gabe gehört  aber  keineswegs  zu  den  leichtesten^  denn  einmal  muss  sie 
fut  gänzlich  auf  eigener  Bearbeitung  des  weit  ausgedehnten  Feldes  be- 
ruhen —  das  Sammeln  der  zahllosen  unzusammenhängenden  Notizen 
wäre  bei  weitem  mehr  zeitraubend  und  unerquicklich  als  das  Studium 
der  Quellen  —  anderseits  dürfte  dabei  nicht  wie  bei  todten  Sprachen 
verfahren,  sondern  es  müsste  dem  besseren  Gebrauche  der  Zeitgenossen 
vollkommene  Rechnung  getragen  werden,  weshalb  eine  bedeutende  Fer- 


190    Gfanmaliken  dei  italienischen  Sprache,  aug.  v.  A.  Muuefia. 

tigkeit  in  der  Handhabung  der  Sprache  und  ein  ausgebildeter  Sinn  fir 
ihre  feineren  Nuancen  als  unerlassliche  Bedingungen  erscheinen.  Da  nun 
der  Deutsche  zu  ersterem  Punctc  zwar  die  nöthigc  Geduld  und  Beob- 
aohtuugsscbärfe  mitbringen  wurde,  sich  aber  die  zweite  Eigenschaft  nur 
sehr  schwer  aneignen  kann  i  <ier  Italiener  dagegen  den  Geist  seiner 
Sprache  zu  ergrunden  wol  eifrig  bemüht  ist,  aber  zu  einer  geordneten 
Darstellung  der  Weise,  wie  sich  derselbe  kundgibt,  keinen  Beiz  fühlt: 
so  ist  es  leicht  zu  erklären,  warum  man  noch  immer  kein  Werk  besitzt, 
wie  ich  es  oben  in  Kürze  anzudeuten  versuchte.  Di«  Bodeutuog  jedoch, 
welohe  die  neueren  Literaturen  immer  mehr  und  mehr  erlangen,  be- 
rechtigt zu  der  Hoffnung,  dass  sieh  früher  oder  später  in  Deutschland 
Jemand  mit  Kenntnis  und  Liebe  an  diese  Arbeit  machen  werde.  Gewiss 
wird  es  niemand  unbillig  finden,  dass  man  von  Deutschen  eine  Leistung 
erwarte,  die  man  mit  gröberem  Rechte  von  den  Einheimischen  fordern 
wurde.  Findet  doch  dasselbe  Verhältnis  in  Bezug  auf  das  Französische 
statt.  Allerdings  haben  französische  Grammatiker  ihre  Sprache  sehr  genau 
untersucht:  über  eine  engherzige  Anhäufung  von  Regeln  und  Ausnahmen 
sind  sie  jedoch  nicht  gekommen;  und,  durch  dogmatische  Aussprüche 
nur  zu  häufig  die  Freiheit  der  Sprache  hemmend,  gelang  es  ihnen  nie 
echte  WissenschaftUchkeit  zu  erreichen.  Deutschland  dagegen  hat  einige 
Arbeiten  aufzuweisen,  welche  neben  der  feinsten  Kenntnis  der  Sprache 
in  allen  ihren  Entwickeln ngsperioden  eine  tiefe  Einsicht  in  das  Wesen 
derselben  von  Seite  der  Verfasser  bekunden.  Die  Grammatik  Mätzncr's 
hier  namentlich  anzuführen  ist  nicht  ohne  Nutzen ,  da  das  Erscheinen 
eines  ähnlichen  Werkes  für  das  Italienische  sehr  wünsohenswerth  wäre. 
Bis  dahin  wird  noch  immer  lür  jeden,  der  einen  höheren  Zweck  ver- 
folgt, die  Grammatik  von  Blanc  das  einzig  zu  empfehlende  Werk  sein. 

Ich  gehe  nun  zu  einer  anderen  Gattung  von  Lehrmitteln  über,  zu 
jenen  nämlich,  welche  bestimmt  sind  die  Anfangsgründe  der  Sprache 
beizubringen,  zu  den  Lehrbüchern  im  engeren  Sinne  des  Wortes.  Ihr 
Zweck  ist  ein  anderer :  sie  sollen  die  Kenntnis  der  Sprache  für  eine  die 
verschiedensten  Abstufungen  von  Verstand  und  Bildung  enthaltende 
Menge  vermitteln ;  sie  dienen  als  erste  Stufe  des  Unterrichtes  ebenso 
Qir  den  Uandlungsschüler ,  dessen  gröfster  Ehrgeiz  darin  besteht  einen 
kaufmännischen  Brief  mit  möglichst  wenig  Fehlern  zu  schreiben,  wie 
für  den  Gelehrten,  der  in  einigen  Jahren  Forschungen  über  italienische 
Literatur  anstellen  wird.  Daher  die  grofse  Anzahl  solcher  Lehrbücher, 
weiche  besonders  in  jenen  Ländern  erscheinen,  wo  in  Folge  geographi- 
scher und  politischer  Verhältnisse  die  betrefifende  Sprache  sieh  einer 
gröfiseren  Verbreitung  erfreut,  und  deren  Verfasser  man  schon  weniger 
unter  den  Männern  der  Wissenschaft  zu  suchen  bat  Die  kritische  Be- 
sprechung solcher  Bücher  ist  gewöhnlich  eine  misliche  Aufgabe.  Man 
möchte  gern  jeder  Wissenschaftlichkeit  entsagen .  ja  sogar  jeden  Prunk 
mit  etwas  derartigem  als  schädlich  erklären;  anderseits  kann  man  das 
unwahre  nicht  gleichgiltig  hinnehmen,    denn  es  ist  doch   einer  der  be- 


Grammatiken  der  italieoischen  Sprache,  ang.  v.  A.  Muua/Im.     191 

wikrtesteo  paedagogigchen  Sätse,  das»  jede  weitere  Stufe  des  Unter- 
richtes wel  ergansend,  aber  nie  berichtigend,  lu  wirken  habe.  Das 
Handwerk  treibt  überdies  hei  solchen  Buchern  ganz  besonders  seinen 
Oofug;  neue^  leichtere  Methoden  werden  jeden  Augenblick  verjieirsen, 
und  je  Kühner  die  Versprechungen,  desto  gröfser  ist  gewöhnlich  die  Tau- 
srhnng.  Der  erste  Mafestab,  welchen  man  demnach  bei  der  Beurtheilung 
solcher  Rücher  anlegen  muss ,  ist  der  Grad  von  Kenntnissen ,  die  der 
VeHasser  in  der  Handhabung  der  Sprache  seigt  Man  sollte  zwar  meinen» 
daas  die  jedem  Lehrer  obliegende  Pflicht,  seinen  Gegenstand  genau  lu 
kennen,  von  demjenigen  am  lebhaflesten  gefühlt  werden  müsste,  der 
seine  Belehrungen  auf  eine  weit  gröfsere  Aniahl  von  Menschen  berech- 
net; und  dennoch  weifs  jeder,  der  einige  Vertrautheit  mit  Sprach- 
boaticni  hat,  wie  selten  deren  Verfasser  eine  solche  Meisterschaft  der 
Sprache  bekunden,  dass  man  ihnen  die  Fähigkeit  xumuthen  könnte,  in 
derselben  einige  Seiten  mit  Reinheit  und  Ceioem  Gösch macke  zu  schrei- 
ben. Stöfst  man  also  in  einem  solchen  Lehrbuche  auf  Wörter  und  be- 
sonders auf  Wendungen,  die  dem  Gebrauche  widersprechen,  fliefst  nicht 
durch  dasselbe  eine  reiche  und  reine  Ader  lebendiger  Sprache ,  so  ist 
dasselbe  unbedingt  zu  verwerfen,  möge  es  auch  mit  sehr  schöner  und 
leichter  Methode  verfasst  sein;  denn  es  nützt  am  Ende  äuCscrst  wenige 
mit  bester  Methode  dürftiges  oder  verfehltes  zu  lernen.  Ich  kann  nun 
nicbi  laugnen,  dass  hei  Vergleichung  der  von  Deutschen  und  der  von 
llalienom  verfasstea  Büchern  dieser  Art  man  im  allgemeinen  unter  den 
ersteren  *-  lob  vermeide  es  absichtlich  Namen  zu  nennen  —  wol  einige 
findet,  welche  von  Gewohnheit  in  grammatischer  Genauigkeit  und  von 
ernsterem  Streben  zeugen,  die  aber  zu  gleicher  Zeit  in  den  angeführten 
Beispielen  und  Übungen  nur  zu  deutlich  verrathcn,  dass  ihre  Verfasser 
in  der  Handhabung  der  Sprache  keineswegs  so  fest  sind,  um  ihre  eigenen 
Schüler  zu  einem  weiten  Ziele  führen,  geschweige  denn  ihre  Collegeu 
dabei  unterstütsen  zu  können.  Die  Italiener  trifift  dann  der  entgegen- 
gesetzte Vorwurf;  sie  bieten  vielen  Stoff,  freilich  nicht  immer  edelster 
Art,  verstehen  aber  selten  denselben  geschickt  zu  bewältigen. 

Reichthun  und  Reinheit  der  Sprache  (über  letztere  wird  weiter 
unten  die  Rede  sein)  als  wesentliche  Bedingung  eines  ersten  Lehrbuches 
vorausgesetzt,  bleibt  noch  die  Frage  zu  erledigen,  welches  der  kürzeste 
und  leichteste  Weg  sei,  um  sich  die  ersten  Kenntnisse  in  einer  Sprache 
zu  verschaffen.  In  dieser  Beziehung  kann  man  zwei  Arten  von  Lehr- 
büchern unterscheiden:  die  systematischen  (methodischen)  Grammatiken 
und  die  tJbungsbücher.  Erstere  führen  gewöhnlich  ihren  Namen  mit 
keinem  guten  Rechte,  denn  sie  erfüllen  nicht  die  vorzüglichste  Bedi»- 
gung  eines  grammatischen  Systems:  strenge  Scheidung  der  verscbie« 
desen  Lehren.  Man  findet  nämlich  in  denselben  Formen  und  Fügungen 
nach  Redetheilen  hinter  einander  vorgetragen,  welchen  dann,  gleichsam 
als  Anhang,  und  auch  dies  nicht  immer,  dürftige  Notizen  über  den  Satz» 
bau  beigefügt  werden.    Daraus  ergeben  sich   zwei  tlbelstande.     Erstens 


192    Grammatiken  der  italienischen  Sprache,  ang.  v.  A,  MUBSafla. 

bestehen  in  der  Sprache  die  Redethei  le  nicht  nach    einander  y    sondern 
neben  einander;  so  kann  z.  B.  nicht  der  einfachste  Satz  gebildet  wer- 
den ohne  Hilfe  des  Zeitwortes,   dessen   Lehre   bei    methodischen  Gram- 
matiken erst  gegen  die  Mitte  des  Werkes  zu  treffen  ist;    einen  Satz  zu 
bilden,  in   dem  ein  Adverbium  vorkommt,   ist   nur  dem  möglich,   der 
sich  schon  durch  den  ganzen  dickeu  Band  gearbeitet  hat;  und  dies  gilt 
ebenso  von  allem  anderen.    Für  Sprachen,  welche,  wie  die  italienische, 
höchst  einfache  Flexionen  haben,    passt  eine  solche  Methode  am  aller- 
wenigsten, und  ist  jene,  welche  auf  den  Satzbau  ihr  besonderes  Augen- 
merk richtet,  viel  erspriefslicber.   Anderseits  berücksichtigen  die  metho- 
dischen Lebrbucher  nur  eines   der  Momente   einer  Sprache,   das  gram- 
matische,  während  sie   das  leiikaliscbe   ganz  aufser  Acht  lassen.    Da 
wird  nicht  die  geringste  Sorge  getragen  den  Sprachstoff  in  allmählicher 
Stufenfolge  mitzuthcilen;    vielmehr  wird  er  gleichsam   schon  ganz  vor- 
ausgesetzt.   Dieses  zweite  Gebrechen  ist  besonders  empfindlich,   und  es 
ist  kein  Mittel  vorhanden  ihm  abzuhelfen ;    dem   ersten  sucht   man  ge- 
wöhnlich dadurch  vorzubeugen,    dass  man  dem  Gange  des  Buches  beim 
Unterrichte   nicht  folgt,    sondern  bei   der  Behandlung  eines  Redetheiles 
schon  auf  die  anderen  hinweist.    Von  dieser  Vortragsweise   zu  der  der 
Übungsbücher  ist  nur  ein  Schritt ;  nichts  war  daher  natürlicher,  als  dass 
man  sich  von  mehreren  Seiten   veranlasst   fühlte,   die   gleichzeitige  Be- 
handlung der  Redetheile,  der  man  sich  im  mündlichen  Vortrage  unmög* 
lieh  entziehen  konnte,  in  gedruckten  Lehrgängen  zu  fixieren,  und  dabei 
den  höchst  wichtigen  Vortheil   zu   erlangen ,    nicht  blofs  die  Gesetze, 
sondern  auch  das  Material   der  Sprache   in  einer  gewissen  Gradation 
mi tzutheilen.    Es  entstand  die  Methode  der  Übungsbücher,  welche  man 
mit  verschiedenen  Erfindernamen  benennen  hört,    die  aber  aus   innerer 
Nothwendigkeit  ebenso   alt  sein   muss    als  überhaupt  fremde  Sprachen 
gelehrt  werden.    Aber  auch  gegen   diese  Methode  werden   manche  Be- 
denken rege.  Denn  einmal  ist  die  t^ixierung  des  praktischen  Verfahrens, 
welches  nach  den  Umständen  der  Lehrenden  und  Lernenden  die  mannig- 
faltigsten Gestaltungen  erfordern  kann,    ziemlich   schwierig;    anderseits 
kann  das  Recht,  sich  an  keine  bestimmte  Ordnung  zu  halten,  zum  Vor- 
wande  der   gänzlichen  Verworrenheit  dienen:    bei  den  gröfsten    Unge- 
reimtheiten   kann  man   sich   auf  den  praktischen  'durch  eigene  lang- 
jährige Erfahrung  erprobten*  Werth  berufen.  Beispiele  sind  nur  zu  viele 
Torhanden.    Daher  besteht  bei  vielen,   und  gerade   bei  den   tüchtigeren 
Lehrern,  eine  nicht  ungerechte  Scheu  Tor  solchen  Übungsbüchern,  und 
sie  ziehen  beim  Unterriche  in  der  Regel  eine  geordnete  Grammatik  vor, 
die  den  Lehrer  in  seinem  Verfahren  nicht  bestimmt,   sondern  ihm  den 
praktischen  Weg  frei  lässt,  welchen  er   nach  den  Verhältnissen  für  den 
besten  hält.    Indessen  hebt  der  Misbrauch  den  Brauch  nicht  auf.  Selbst 
eine  mitteimä(sige   systematische    Grammatik  wird  viel  bessere  Dienste 
leisten  als  ein  ungeschickt  eingerichtetes  Übungsbuch;  ist  aber  letzteres 
mit  Verstand  bearbeitet ,   so  wird  es  jedenfalls  einer  Grammatik  vorzu- 


WI§§erB  Grammalik  der  italienischen  Sprache,  aDg.  v.  A,  MuSH^.     193 

sieben  sein,  welche  durch  Nichtbeachtung  des  Wortvorrathes  und  Nacb- 
einanderreihen  der  Redetbcile  den  praktischen  Vortrag  erschwert,  und 
dennoch  ,  indem  sie  die  verschiedenen  Lehren  vermengt  und  die  bisto- 
riseben  Verhältnissen  nicht  berücksichtigt ,  keinen  Anspruch  auf  Wissen-  , 
sehafUicbkeit  machen  kann.  Von  einem  guten  Obungsbuche  bat  man 
nun,  meiner  Ansicht  nach ,  zu  fordern ,  dass  es  wirkKcb  den  Spracb- 
vorratb,  den  es  aufnimmt  —  Wörter,  Flexionen  und  Fugungen,  —  in 
einer  geordneten  Reibenfolge  und  nach  einem  durchdachten  Systeme 
eintbeile ,  und  dabei  besonders  die  SatEverbaltuissc  berücksichtige. 
Wovor  mau  sieb  am  meisten  zu  hüten  hat,  ist  das  Vorgreifen:  keine 
Form,  keine  Wendung  darf  aufgenommen  werden,  welche  in  ihrem  Zu- 
sammenbange mit  den  analogen  dem  Lernenden  nicht  erklSrlicb  wäre. 
Ein  Obungsbucb.  welches  etwas  anfuhrt,  das  man  ohne  Bewusstsein 
auswendig  lernen  muss,  entsagt  dem  ganzen  Vortbeile  der  Methode,  und 
verliert  dadurch  seine  Berechtigung.  Endlich  muss  eine  derartige  Arbeit 
sich  zum  Gesetze  machen,  dem  Lernenden  wol  vieles  vorzuenthalten, 
nichts  aber  auf  eine  unrichtige  Weise  darzustellen  .  vielmehr  einen 
soleben  Weg  einzuschlagen ,  dass  selbst  derjenige ,  welcher  spater  das 
höchste  Ziel  erreichen  will,  denselben  nicht  zu  verlassen  braucht. 

Von  diesen  allgemeinen  Betrachtungen  wende  ich  mich  nun  zur 
BespreebuDg  einiger  der  neueren  Erscheinungen  auf  diesem  Gebiete,  in- 
dem ich  dabei  mit  einer  Arbeit  den  Anfang  mache,  welche  eine  um  so 
gröfoere  Aufmerksamkeit  zu  verdienen  scheint,  als  sie  die  bisher  ge- 
machten Bemerkungen  in  mehr  als  einer  Hinsicht  bestätigt ;  nämlich  mit 
der  Grammatik  der  Hm.  Julius  und  Moritz  Wiggers. 

1«  Wiggers,  Julias  und  Moritz.  Grammatik  der  italienischen 
Sracbe  nebst  einem  Abrlss  der  italienischen  Metrik.  8.  (X  u.  448  8.) 
Hamburg»  Ht)ifmann  und  Campe,  1859.  —  1  Thir.  —  2  fl.  ö.  W. 

Die  Verfasser,  unzufrieden  mit  der  Weise,  wie  neuere  Sprachen 
gewöhnlich  vorgetragen  werden ,  stecken  sich  ein  höheres  Ziel  vor. 
Die  Sprachformen  sollen  nicht  blofs  mechanisch  beigebracht  werden ,  es 
soll  auch  ihr  inneres  Wesen  beobachtet  und  klar  dargestellt  werden. 
Die  Grammatik  muss  auf  die  Geschichte  der  Sprache  und  auf  die  Eigen- 
tbümlicbkeit  des  Volkes ,  das  sie  spricht ,  Rücksicht  nehmen.  Das 
Sprachmaterial  ist  vor  allem  aus  den  grofsen  Schriftstellern  des  14. 
und  16.  Jahrhundertes  zu  holen,  dabei  sind  aber  die  vorzüglichsten 
Autoren  jeder  Zeit  wie  auch  die  neueste  Tageslite'ratur  zu  berücksich- 
tigen. Dadurch  soll  wissenschaftlicher  Werth,  mit  wahrhaft  praktischer 
Brauchbarkeit  gepaart,  erzielt  werden.  Wie  man  siebt,  stimmt  das 
Programm  in  diesen  allgemeinen  Omrissen  so  ziemlich  mit  dem  von 
mir  entworfenen  über  ein,  und  dennoch  scheitert  die  Ausführung  an  den 
oben  angedeliteten  Schwierigkeiten  so  vielfältig,  dass  ich  bei  dem  vielen 
guten,  das  ich  in  der  Wiggers'scben  Grammatik  mit  Freude  und  Dank 
bezeichnen  will,  dennoch  werde  zu  dem  Schlüsse  kommen  müssen,  dass  sie 


194     Wippers  Grammatik  der  italienischen  Sprache,  ang.  v.  i.  Mussafta. 

dem  Vorhaben  der  Verfasser  nicht  entspricht,  und  den  Bedürfuisseu  der 
Lernenden  bei  weitem  nicht  Genüge  leistet.  Auf  den  (Jmtitand,  dass  es 
fast  unmöglich  erscheint  mit  dieser  Grammatik  den  ersten  Unterricht 
zu  beginnen,  will  ich  am  wenigsten  Gewicht  logen,  da  ich  meine  A.n- 
siebt  über  diesen  Punct  oben  schon  hinlänglich  auseinandergesetzt  habe. 
Daher  rechne  ich  es  auch  dem  Bucho  nicht  als  Mangel  an,  dass  es  keine 
Obungen  enthalt,  denn  ich  will  es  als  eine  Grammatik  ansehen,  die  be- 
stimmt ist  denjenigen,  die  schon  einen  hinlänglichen  Keichthum  au 
Worten  und  einige  Fertigkeit  in  den  Formen  und  einfachen  Wendungen 
besitzen»  ein  systematisches  Bild  der  Sprache  vorzuführen,  und  das  tiefere 
Eindringen  in  das  Wesen  derselben  zu  erleichtern. 

Dies  ist  der  praktische  Zweck,  nach  dem  ein  solches  Werk 
streben  soll>  und  der  desto  eher  erreicht  wird,  je  zahlreicher  die  an» 
geführten  Thatsachen  sind,  je  durchdachter  die  innere  Oekonomie  des 
Werkes  und  je  deutlicher  die  Darstellung  ist  Nun  will  es  mir  scheinen, 
als  hätten  die  Verfasser  diesen  Bedingungen  nicht  die  gebührende  Rech- 
nung getragen.  Von  den  zwei  Richtungen  grammatischer  Forschung, 
der  historischen  und  der  philosophischen,  vernachlässigtea  sie  die  erste 
fast  ganz,  um  der  zweiten  einen  hervorragenden  Platz  einzuräumen. 
Wahrscheinlich  leitete  sie  dabei  der  Gedanke >  dass  es,  um  die  Formen 
richtig  zu  gebrauchen ,  genügend  sei  ihr  Vorhandensein  zu  kennen, 
während  die  syntaktischen  Wendungen  nur  demjenigen  in  ihrer  Bedeu- 
tung vollkommen  klar  werden ,  welcher  die  ihnen  zu  Grunde  biegenden 
Beziehungen  richtig  erkannt  hat.  Ich  meine  jedoch,  dass  eine  Gram- 
matik, welche,  einen  wissenschaftlichen  Weg  einschlagend,  die  Kenntnis 
des  Lateinischen  voraussetzt,  nurmehr  die  Darstellung  der  geschicht- 
lichen Entwickelung  der  Sprache  selbst  dann  nicht  unterlassen  durfte, 
wenn  sich  dadurch  die  Schwierigkeiten  für  den  Lernenden  vermehren 
sollten:  sie  darf  es  aber  um  so  weniger,  als  durch  die  historische  Dar- 
stellung in  der  That  das  Studium  der  Formen  bedeutend  leichter  und 
anziehender  wird.  Wie  viele  Verbalformen,  um  nur  ein  Beispiel  anzu- 
führen, scheinen  sehr  unregelmäfsig  und  müssen  von  dem  Laien  unver- 
standen dem  Gedächtnisse  eingeprägt  werden,  die  sich  dem  des  Latei- 
nischen Kundigen  aus  allgemeinen  Lautgesetzen  ganz  einfach  erklären. 
Anderseits  lehrt  dann  die  Erfahrung ,  dass  weitläufige  Erklärungen  und 
umständliche  Analyse  der  Gedanken  zur  Auffassung  syntaktischer  Ver- 
hältnisse nicht  sonderlich  beitragen,  und  dass  der  Raum  und  die  Auf- 
merksamkeit, welche  auf  solche  Erörterungen  verwendet  werden,  mit 
gröfserem  Nutzen  der  Anführung  noch  zahlreicherer  Facta  gewidmet 
werden  sollten.  Ich  halte  es  kaum  für  nöthig  hinzuzufügen,  dass  ich 
damit  nur  die  auf  Kosten  anderer  Disciplinen  ausgedehnte  Anwendung 
eines  an  sich  richtigen  Grundsatzes  hervorheben  wollte;  denn  da  ich 
weit  entfernt  bin  dem  Empirismus  unbedingt  das  Wort  zu  reden,  so 
fallt  es  mir  auch  nicht  bei  zu  längnen,  wie  wichtig,  ja  wie  nothwendig 
die  Erörterung  der  logischen  Gesetze  der  Sprache  ist 


.mfiKfr#  Grammatik  der  italienificheD  Sprache,  ang«  ▼.  A  Mmaaßi.    It5 

Die  Laut! ehre  hi,  nach  dem  gesagten ,  sehr  kurz  und  enUuUi 
nur  die  Regeln  der  Avsspraohe ,  unter  denen  hie  und  da  einige  Andeo- 
tungeii  über  die  Verwaadlung  des  einen  oder  des  anderen  lateinischen 
Laute«  eingestreut  bM,  Diese  sind  aber  hier  so  wenig  an  ihrem  PUlie» 
das«  zur  selben  Zeit,  als  man  den  Abgang  einer  grtindliclMii  Lautlehre 
bfflauerty  man  dennoch  diese  einseloen  unsusammeohangenden  Notizen 
gern  vermissen  wurde  ').  Ebenso  hat  g.  4 ,  der  von  den  Gonsonante»- 
?<rhiiidungeB  handelt,  keine  Berechtigung.  Denn  ist  es  auch  von  dem 
Standfwnote  des  Lateinischen  sehr  wichtig  au  untersuchen,  wie  die  be- 
sItiMndnn  Verbindungen  behandelt  wurden  und  welche  neue  hinzuge* 
kommen  sind»  so  bietet  sich  vom  rein  italienischen  Standpuncte  niohiii 
derartiges  zur  Betrachtung.  £s  ist  eben  nur  ein  abgerissenes  Stuck  aus 
der  historischen  (.autlehre.  Ich  will  nun  einige  Bemerkungen  feur  Lautr 
lehre  folgen  lassen. 

Was  von  den  Diphthongen  gesagt  wird  ist  mehrCach  unrichtig. 
Nach  der  Meinung  der  Verfasser  (8.2)  entsteht  im  Italienischen  aus  der 
VtfbtnduBg  mehrerer  Vocale  'niemals  ein  Doppellaut,'  so  dass  es  nur 
eine  metrische  Freiheit  Ist,  wenn  im  Verse  das  Wort  miei  nicht  drei- 
sylbigy  sondern  zwei-  oder  einsylbig  ist«  Damit  wird  ohne  weiteres 
dM9  verglichen,  welches  manchmal  zweisylbig  vorkommt,  so  dass  eine 
entschiedene  und  sehr  seltene  Ausnahme  mit  dem,  was  nicht  nur  im 
Verse,  sondern  auch  in  Prosa  Regel  ist ,  vermengt  wird.  Miei  (  »  lat 
mü)  kann  in  keinem  Falle  dreisylbig  ausgesprochen  werden ;  es  enthalt 
einen  reinen  Diphthong  -/«-,  und  einen  unreinen  »et- ;  je  nachdem  man 
die  unreinen  Diphthongen  beurtheilen  virill,  ist  das  Wort  als  zweisylbig 
oder  einsylbig  au  betrachten.  Befremdend  ist  es  aber ,  dass  die  Verf. 
gleich  darauf  ihrer  Ansicht  widersprechen,  indem  sie  in  der  Verbindung 
U0,  die  einem  betonten  lateinischen  d  {ö  nur  bei  ttö90  aus  öPum)  ent- 
spricht, wirklich  einen  Diphthong  erkennen.  Man  musste  meinen,  dass 
zwischen  den  zwei  ganz  parallel  laufenden  Vorgängen  ie  aus  if  und  ue 
aus  ö  nicht  der  geringste  Unterschied  zu  machen  wäre,  und  folglich 
miei  und  gimeo  vollkommen  gleichgestellt  werden  sollten.  Dass  ursprüng- 
liches tt0  getrennt  ausgesprochen  werden  muss,  ist  ganz  richtig;  nur 
halten  die  Beispiele,  wo  der  Ton  auf  o  fällt  -fhUiuoeO'  von  denen 
unterschieden  werden  müssen,  bei  welchen  der  Ton  auf  u  fällt  -mo-i 
denn  im  ersten  Falle  nähert  sich  die  Aussprache  des  uo  der  eines  Diph- 
thonges bedeutend,   während  das  zweite  Wort  ganz  entschieden  zwei- 


')  Eine  Ungenauigkeit  des  Ausdruckes  scheint  es  mir  zu  sein,  wenn 
es  S.  4  heifst,  die  Orthographie  verändere  ein  ursprung- 
liches ^  in  r  und  umgekehrt:  atere  aus  habere,  serbare  neheh 
servare.  Auch  ist  es  nicht  ganz  richtig,  wenn  S.  6  vom  J  gesagt 
wird,  dass  es  vor  a  i»  an  die  Stelle  des  lat.  r  getreten  seL  Es  soll 
heifsen:  des  lat.  ri  (oO,  denn  r  ist  eigentlich  ausgefallen  und  das 
consonantierte  ^geblieben.  Ebenso  entspricht  %  niehl lateinischem  if 
(S.  7),  sondern  Ist  di  (40»  dem  ein  andeier  V4>cal  folgt  i  ra9W 
aus  radius,  ra%%o  aus  rudius,  nicht  aus  rudk  u.  s.  w. 


196     \Vi§§ett  Grammatik  der  italienischen  Sprache,  ang.  v.  i.  Muuafa, 

sylbig  ist  *).  In  tuoi  endlich  ist  uo  nicht  ursprünglich ;  einer  der  zwei 
Vocale  wurde  eingeschoben  ^  und  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  haben 
wir  wieder  ein  Beispiel  der  gewöhnlichen  Umwandlung  von  öi  aus  lal. 
M^  9Öi  wurde  nämlich  ital.  itto/>  wie  ital.  scuoio  aus  excülio,  zu- 
nächst txcötio,  gebildet  ist 

S.  3  Nr.  4  enthält  ebenfalls  einen  Widerspruch.  Wir  lesen  zuerst: 
'unter  die  Regel,  dass  jeder  Vocal  für  sich  ausgesprochen  wird,  fallen 
auch  die  Verbindungen  gu  und  ^tf  mit  folgendem  Vocale:  guardia,  gueiid 
und  unmittelbar  darauf  wird  hinzugefügt,  dass  *  durch  rasche  Hinanziehung 
an  den  folgenden  Vocal,  u  in  den  w-Laut  übergeht,  so  dass  gwardia, 
gwa  ausgesprochen  werden  muss.*  Man  sieht  gleich  ein,  dass  eine  solche 
Gonsonantierung  nichts  anders  sein  kann  als  die  weitere  Stufe  einer 
diphthongischen  Aussprache^  und  dieselbe  gleichsam  voraussetzt  Wich- 
tiger aber  als  den  Widerspruch  nachzuweisen  ist  es  vor  der  unrichtigen 
Angabe  zu  warnen,  da  gwa^  qwa  im  Ital.  auszusprechen  ein  Fehler  ist, 
den  die  Deutschen  nur  zu  häufig  begehen ,  und  dessen  Beseitigung  jeden 
anfknerksamen  Lehrer  nicht  geringe  Mühe  kostet  Bei  dem  ital.  gueiie 
ist  das  u  viel  flüssiger  und  lässt  seine  vocalische  Natur  viel  lebhafter 
fühlen,  als  bei  dem  homonymen  deutschen  Worte.  —  Oberhaupt  verdiente 
die  Lehre  von  den  Diphthongen  im  Italienischen  eine  genauere  Erwägung 
als  ihr  bis  jetzt  zu  Theil  geworden  ist 

*gn  in  der  Mute  von  Wörtern  hat  den  Laut  von  nfi  im  Anfange 
nicht  minder:  gnocco,  gnaffif. 

*  Folgt  auf  ciy  sei,  gi  ein  anderer  Vocal«  so  verschwindet  in  der 
Aussprache  der  Laut  i!  Das  gilt  nur  dann,  wenn  der  andere  Vocal  a, 
Of  u  ist,  denn  in  diesem  Falle  ist  /  nur  ein  graphisches  Zeichen  und 
könnte  von  jedem  anderen  beliebigen  ersetzt  werden;  vor  e  ist  es  ein 
wahrer  Laut  und  muss  gehört  werden.  Wollten  wir  uns  einfacher  Zei- 
chen bedienen,  so  würden  wir  wol  ciancia,  sdocco  mit  ianoa,  ^eco 
transcribieren ;  eiecOy  MCienie  müssten  aber  6ieeo,  siente  geschrieben 
werden.  Bei  cieco  entspricht  das  ie  lat  ae  und  hat  also  das  /  seine 
eigene  Bedeutung  wie  bei  fleno  aus  lat.  ftiemtm*).  ScietUe  dann  ist 
ganz  entschieden  dreisilbig;  man  spricht  sci-^ente  aus. 

*#  hat  vor  einem  Consonanten  und  zwischen  zwei  Vocalen  den  Laut 
des  deutschen  f:  Kfitere,  siatieo,  esaminare;  in  den  übrigen  Fällen  den 
Laut  des  fl:  sera,  $oreUa*  Der  erste  Theil  dieser  Angabe  enthält  eine 
Unrichtigkeit,  denn  das  8  vor  BcriMre,  stanco  ist  scharf,  gleich  dem 
deutschen  f.  Dass  bei  Verbindungen  des  8  mit  einem  anderen  Consonanten 
letzterer  die  Aussprache  des  8  bestimmt,  ist  eine  Bemerkung,  die  in  jeder 
Grammatik  zu  finden  ist  und  die  sich  übrigens  aus  organischer  Nolh- 


')  Ich  spreche  natürlich  immer  von  der  Prosa,  denn  die  Metrik  folgt 
ganz  anderen  hier  nicht  zu  berücksichtigenden  Gesetzen. 

*)  Das  nämliche  gilt  von  dem  ebenfalls  angeführten  gieio  (gSiUy  vgl. 
trieira  anapifira),  eine  übrigens  veraltete  Form,  für  die  man  jetzt 
gewöhnlich  geio  gebraucht. 


*s  Orammatik  der  italienischen  Sprache,  ang.  ▼.  i.  Mit$$0ßä.    197 

wendigkeit  von  selbst  ergibt  Ein  gelindes  9  vor  Tenuis  —  9pa,  tta^ 
«M  —  ist  ebenso  schwer  auszusprechen  als  ein  scharfes  vor  Media  nnd 
Liquida  —  «to,  Mia,  $90  f  9ia,  itia,  sra. 

*s  lautet  in  der  Endung  -Uta  wie  fl:  ioHaina,  temut!  Keines- 
wegs; denn  diese  Aussprache  ist  nur  ein  Fehler  einiger  Mundarten,  dessen 
Ausrottung  den  Schullehrem  der  betreffenden  Provinzen  genug  Kummer 
macht.  Man  spreche  sema  u.  s.  w.  mit  ganz  scharfem,  hellem  », 

*t  lautet  wie  %  nämlich  gelinde,  bei  den  Fremdwörtern,  in  welchen 
»  einen  weichen  Laut  mitgebracht  hat  wie  terOy  welo,  gm»etta?*  Diese 
Weisung  ist  sehr  unbestimmt  Zero  ist  arabischen  Ursprunges;  brachte 
es  wirklich  den  weichen  Laut  mit?  Woher  kommt  ganetta^  Wurde  <& 
in  ^tio^y  woher  dann  sl0,  gelinde  ausgesprochen  f  Auch  findet  hauflg 
bei  ganz  gleichem  Ursprung  ein  Unterschied  in  der  Aussprache  statt: 
9oee0i0  aus  woeaUuB  mit  scharfem  s;  tavarray  tampogna  aus  Botnurroj 
tgmpkaiUa  mit  gelindem. 

S.  14 — 15.  'Die  nicht  accentuirten  Wörter  haben  den  Ton  ent- 
weder auf  der  vorletzten  oder  auf  der  drittletzten  Silbe/  Abgesehen  von 
der  Anfügung  eines  Encliticons,  gibt  es  einfache  Verbalformen  mit  dem 
Tone  auf  der  viertletzten :  äöenmo,  m^Uaaw^).  Die  Angabe  der  FSlle, 
wo  das  Zeichen  der  Betonung,  der  Acceut,  geschrieben  wird,  ist  zu  aus- 
gedehnt und  daher  weniger  deutlich.  Viel  kurzer  hätte  sie  so  gefasst 
werden  können.  'Alle  mehrsylbigen  Wörter  mit  dem  Tone  auf  der  letzten 
Sylbe  bezeichnen  diese  Tonstelle.  Die  einsylbigen  nur,  wenn  sie  zwei 
Vocale  (als  Diphthong  oder  /  als  Schriftzeichen)  enthalten  und  bei  Con- 
currenz  mit  Homonymen.'  Es  wäre  aber  vortheilhafl  gewesen ,  die  in 
jeder  Orammatik  vermisste  Bemerkung  aufzunehmen,  dass  im  Falle  con- 
currierender  Monosyllaba,  diejenigen  den  Ton  bezeichnen,  die  ihrer  Be- 
deutung wegen  wirklich  einen  Ton  haben,  während  die  gleichlautenden 
tonlosen  (prociitischen  oder  enclitischen)  Wörter  unbezeichnet  bleiben. 
Man  vergleiche  »^ 'weder'  und  neMavon  ;  lä  'dort'  und  la  'die';  si 
'so'  und  J^'sich*;  di* Tag  und  lÄ 'von   u.  s.  w. 

Die  Grenzen  der  Formenlehre  sind  in  unserer  Grammatik  sehr 
weit  gesteckt  Es  werden  nämlich  darin  nicht  nur  die  Flexionen  von 
Nomina  und  Verba  und  die  verschiedenen  grammatischen  Wörter  ange- 
führt, sondern  es  wird  auch  über  die  Bedeutung  und  Anwendung  der 
letzteren  ausführlich  gehandelt,  wodurch  mehrfach  in  das  Gebiet  der 
Syntax  gegriffen  wird.  Ich  wurde  bei  jedem  Werke,  das  nicht  dem  ersten 
Unterrichte  gewidmet  ist,  eine  strengere  Scheidung  anempfehlen,  denn 
zu  nahe  liegt  die  Gefahr,  dass  man  am  Ende  solche  Bemerkungen  in 
die  Formenlehre  aufnehme,  die  derselben  durchaus  fremd  sind.  Und  dieser 

*)  Als  Ausnahmen  von  der  richtigen  Bemerkung,  dass  wenn  die  vor- 
letzte Silbe  eine  geschlossene  ist,  der  Ton  auf  die  drittletzte  nicht 
fallen  könne,  merke  man  sich  pöihia'der  Zettel,'  die  Familiennamen 
'üftüsi,  JirHM  und  die  Fälle  der  Inclinatiou,  z.  B.  menAramia^ 
ragunüramt 


%9ß     Wig^äti  ftpAnuiiatlk  der  ltalU>niA«hea  SpraßhA.  ang.  v.  A.  MHMMaßaf 

Gefahr  sind  in  der  That  auch  die  Verf.  nicht  entgangen,  wovon  nur  ein 
Beispiel  angeführt  werden  möge.  Die  wichtige  und  in  jeder  anderen 
Grammatik  vermisste  Bemerkung  über  die  Verscbränkung  der  Relativ- 
sätze, wBlche,  im  Deutschen  unzulässig,  im  Italienischen  fast  dieselbe 
Ausdehnung  hat  wie  im  Lateinischen,  ßndet  sich  in  unserer  Grammatik 
«cbon  in  der  Formenlehre,  wo  sie  sich  in  der  That  wunderlich  ausnimmt. 
Meinem  Zwecke  scfaeiat  es  angemessen,  hier  das  rein  formeUe  heraus- 
zuheben, und  darüber  sogleich  kurz  zu  berichten,  um  spater  Alles,  was 
sich  auf  Syntax  bezieht,  im  Zusampoenbange  untersuchen  zu  können. 

Die  Regeln  über  Genus  und  Numerus  sind  sehr  gut  erörtert;  nur 
haUen  die  über  Numerus  kürzer  und  deutlicher  gefasst  werden  können. 
Wenn  die  Grundregel  «inmal  sagt'accentuierte  Wörter  bleiben  unverändert 
so  scheint  es  nicht  sehr  richtig  unter  den  Ausnahmen  *der  allge- 
meinen Regel  gemäfs  alle  accentuierten  Wörter'  anzuführen.  Überhaupt 
lassen  sich  alle  Regeln  über  den  Numerus  in  diesen  wenigen  Worten  zu- 
sammenlassen: *  Jedes  Nomen  geht  im  Plural  auf  i  aus;  nur  weibl.  auf 
a  haben  e.  Oxytooa  und  Wörter  auf  ie  bleiben  unverändert.*  MogH  ist 
keine  unregelmäfsige  Pluralbildung  aus  moffii^,  denn  dieses  Hauptwort 
gehört  nicht  unter  die  auf  /«,  sondern  das  i  ist  blos  ein  SchriRzeichen, 
welches,  in  der  Einzahl  nöthig,  in  der  Mehrzahl  überflüssig  wird.  Wollte 
man  transcribieren,  so  würde  man  im  Sing,  molef  im  Plur.  moit  schreiben. 

S.  29.  Unter  den  Wörtern  auf  ^ico  mit  dem  Tone  auf  der  dritt- 
letzten Sylbe  flnden  wir  auch  mendico.  Nach  den  Weisungen  der  Verf. 
würden  amico  und  nemieo  in  der  Mehrzahl  gutturales  c  haben. 

S.  31.  ^uorno  uomint  Die  Anomalie  besteht  eigentlich  darin,  dass 
der  Singular  nicht  nomine  hcifst,  sondern  gegen  die  sonstige  Analogie 
der  Ableitung:  uomo'  In  diesem  Falle  müssten  alle  die  zahlreichen  No- 
minativbildungen  wie  moglie,  sangue^  Muara  u.  s.  w.  als  anomal  ange- 
sehen werden.  Betrachtet  man  das  Verhältnis  empirisch ,  so  ist  uomini 
die  von  der  Regel  abweichende  Form;  betrachtet  man  es  historisch,  so 
findet  man  zwar  den  Grund  der  Form,  muss  aber  dennoch  immer  die 
Abweichung  von  der  allgemeinen  Gewohnheit  der  Sprache  erkennen, 
nach  welcher  bei  Nominativbildungen  aus  der  dritten  Deolination  der 
Singular  auch  für  den  Plural  bestimmend  ist,  und  die  lateinische  Sylben- 
vermehrung  nicht  berücksichtigt  wird :  moglt^  iuore,  nicht  mogUeri,  sarorL 

Die  Verf.  meinen  e990  habe  einen  verschiedenen  Ursprung,  je  nach- 
dem es  eigentliches  Fürwort  der  dritten  Person  ist,  oder  pleonastisch  an- 
gewandt wird  -ccn  esso  ie  mani,  iungh^estoU  flume^;  im  ersten  Falle 
soll  es  aus  ie,  im  zweiten  aus  ipse  kommen.  Es  braucht  kaum  gesagt  zu 
werden,  dass  dem  nicht  so  ist  Wie  hätte  auch  aus  it,  esso  entstehen 
können?  Und  spricht  nicht  etwa  schon  der  Umstand,  dass  esso  gewöhn- 
lieh  nur  auf  Sachen  bezogen  wird,  gegen  die  .Ableitung  aus  is? 

S.  109.  in  dem  Verzeichnisse  von  Verben  der  ersten  Conjugation, 
welche  in  den  stammbetonten  Formen  den  Ton  auf  der  drittletzten  Sylbe 
haben,  findet  sich  auch  reguläre.    Man  sagt  aber  regdio,  regäli  nicht 


Uranmatlk  der  tUlfeiiisohAn  ftpracHe,  ang.  v.  A 

>-0,  #.  Über  die  Falle,  in  wetehen  die  Proftodie  unbestinmt  ist  («os- 
sehliefslich  ^Composita  aus  einer  Präposition  und  einem  Primitive  mit 
knnem  Slammvocale:  pMparo,  $epar&,  edueo^  arrogo)  waren  einige 
Andeutungen  erwünscht*). 

Die  zweite  Per«.  Sing,  im  Praes.  Conj.  der  sweiten  Conjogation 
wird  überall  auf  i  angegeben,  und  nur  unter  den  Formen,  welche  blofe 
t>el  einigen,  meist  alteren,  Schriftstellern  vorkommen,  findet  sich  (S.  iW) 
-«  angefSbrt*  Die  Sache  verhält  sich  umgekehrt;  -n  ist  die  Endung, 
weklie  etymologiscb  riehlig  (/AwevfaJ,  cr0äa[i])  und  allgemein  gebräuch- 
lich ist,  nur  im  Munde  des  florentinischen  Volkes  und  bei  älteren  oder 
volksthömlichen  Schriftstellern  findet  sich  -< 

S.  *ltt  wird  mrter  den  Zeitwörtern ,  die  das  lateinische  kurae  e 
im  Italieniacfaen  verlfingerten  iemäere  sap&e)  mch  studiere  angeführt. 
S.  184.*  In  der  tf-Gooj.  ist  der  Bindevocal  i  ausgefallen.'  Auch  in 
der  tf-G*i4ngation  das  #/  Ume^,  iemo.  Anf  den  Einflnis,  welchen  dieser 
Vocal  in  vielen  Fällen  ausübte,  wird  nicht  aufmerksam  gemacht,  und 
die  bezaglicben  Formen  werden  blofs  als  unregelmäfsig  erwähnt. 

8.  186.  *Die  dritte  Person  Sing,  (des  t.  Perf.)  hatte  hinter  dem 
jetBigen  Endvocale  noch  ein  aus  dem  lateinischen  w  entstandenes  o!  Das 
gilt  nur  von  der  zweiten  und  dritten  Gonjugation ;  die  erste  hatte  ein  e. 
Wie  ist  nun  dieses  z«  beurtheilen?  Entspricht  es  lateinischem  I,  so  dass 
mn&e  aus  lat.  amaui[i]  zu  deuten  wäreY  In  diesem  Falle  wäre  auch 
tke  aus  fki[i]  entstanden.  Man  darf  aber  nicht  aufser  Acht  lassen,  dass 
sieh  ein  paragogisches  e  häufig  in  Wörtern  findet,  für  die  keine  iat« 
OneHe  nachznweisen  istt  irtue,  piue,  me  u.  s.  w. 

Daseihat  bcifst  es,  dass  im  Futuro  und  Conditionale  der  Accent 
eine  Verkürzung  des  «  in  e  liewirkt.  Der  Ausdruck  ist  ungenau; 
es  soll  wohl  heifsen :  eine  Schwächung*). 

S.  If4  wird  ßedert  als  Nebenform  von  /Smdlrrtf  angeführt.  Sie 
sind  ganz  verschiedenen  Ursprunges:  fmdert  kommt  aus  lat.  ßulere; 
fMare  ans  fMre  {ä^  ie;  r^d,  vgl.  quaerere  ckMere;  und  das  Zeit- 


*)  Sehr  bemerkenswerth  ist  pUm^ina,  -imi  ist  ohne  Zweifel  das 
Diminntivsuffix,  sollte  also  wie  gewöhnlich  den  Ton  haben.  Das 
eingeschaltete  SufiTlx  -igp  verdient  Aufmerksamkeit.  Ein  anderes 
Beispiel  gibt  es,  meines  Wissens,  nicht.  Das  Substantiv  besteht 
nicht,  wol  aber  im  Yenetianischen  ia  phvetina  mit  richtiger  Be- 
tonung. Dieser  Mundart  gebt  dann  das  Verbum  ab. 

*)  Ich  benutze  diese  Gelegenheit  nm  zu  bemerken,  dass  diese  Schwä- 
chung von  or  zu  er  unmittelbar  vor  dem  betonten  Vpcale  ein  phor 
netischer  Zug  ist,  den  die  Sprache  in  allen  Arten  von  Wörtern 
zur  Geltung  bringt:  caryopkffttut  gkeröfano;  marpnrUa  msr- 
gkenm\  CiUkwrinm,Caierim\  La9»aro  und  Un%ereUog  Baldassmne 
und  ßtUdasier^Hii  Canarie  und  caneriaoi  massaro  Imaaafß) 
und  nuui€riida\  comparare  separare  neben  comperare  und  sce- 
verare  u.  s.  w.  Die  Wahlverwandtschaft  zwischen  e  und  t  ist 
übrigens  aus  dem  Lateinischen  hinlänglich  bekannt;  siehe  Gorssen, 
fiber  Aussprache  etc.  I,t73  ff. 


MO     Uiß^eti  Orammatik  der  italienischen  Sprache,  ang.  y,  A.  Mussafta. 

^Bvorl  trat  von   der  vierten   £ur   dritten  Gonjugation  über»   vgl.   redire, 
riedere). 

In  das  Verzeichnis  von  Zeitwörtern  der  dritten  Gonjugation  (S.  196), 
welche  die  Einschiebung  von  -isc  zwischen  Stamm  und  Endung  irichl 
gestatten,  haben  sich  manche  Dngenauigkeiteu  eingeschlichen.  Wir  fluden 
darunter  <fe/W*^e,  diUUHire  (für 'berauben  ein  veraltetes  Wort,  für 'ab- 
setzen ein  zu  vermeidender  Neologismus),  digesiire  (heutzutage  unge- 
bräuchlich), incaUire.Ingefirsi,  esatirire  (S.  197),  vagir€{S,  198);  lauter 
Zeitwörter,  die  das  -de  einschieben  müssen.  Formen  wie  defero,  digesle, 
fneaUanOy  s'ingera,  esaurano^  vagono  sind  unerhört. 

Andere  Zeitwörter ,  von  denen  die  Verf.  sagen ,  sie  können  auf 
keinen  Fall  -  iiC  einschieben,  besitzen  dennoch  solche  Nebenformen,  und 
die  Belege  dafür  werden  von  den  besten  Schriftstellern  geboten.  Von 
OPPerf^üeOt  iiei  findet  man  Beispiele  bei  Caro,  Adriani,  Davanzati, 
Qrazzini;  von  rugg^iico,  Uci  bei  Cavalca,  Redi  und  anderen;  ja  von 
arroiUre  enthält  das  Wörterbuch  der  Akademie  nur  solche  Formen  die 
'i$c  einschieben,  und  der  tägliche  Gebrauch  stimmt  damit  überein.  Man 
hört  häufiger  arrosiiice,  arrostiscano  als  arraUe,  armttmo,  ^emire^ 
welches  nach  der  Meinung  der  Verf.  ebenfalls  nur  -o  hat,  ist  eine  ganz 
Terschollene  Form,  wurde  aber  von  den  Alten  nur  mit  -Uc  gebraucht, 
flrmniBCono  (Bart  da  S.  Gonc),  flremUce  (Varchi).  Die  Formen  mit  -0 
shid  aus  dem  Infinitive  ftemere  herzuleiten. 

Endlich  wird  von  manchen  Zeitwörtern  gesagt ,  dass  sie  beide 
Formen  zulassen,  während  sie  in  der  That  nur  nach  der  auf  -^ite  abge- 
wandelt werden.  Unter  diese  gehören  cmtodire  (die  Form  cuttodi  bei 
Dante  Pd.  31,  88  steht  vereinzelt  da)  ferire  und  perirey  die  in  der  ge- 
wöhnlichen Sprache  nur  ferisco  und  perisco  bilden  können.  Die  Formen 
^ere,  fsras  pere,  pera  (andere  kommen  höchst  selten  vor)  gehören  der 
dichterischen  Sprache  an.  Auch  können  die  ersten  aus  dem  lofinilive 
firere  (Parte,  fermio  vgl.  ßedere)  ei klärt  werden. 

S.  239  *udire  verwandelt  in  der  betonten  Sylbe  u  in  o;  uscire 
verwandelt  u  in  e'  Richtiger  hiefse  es:  Diese  Zeitwörter  behalten  in 
der  betonten  Sylbe  den  ursprünglichen  Laut  0  (»  au)  und  e,  verändern 
denselben  in  der  unbetonten.   Vgl.  auch  d^o,  dov^ie  mit  d^beo,  debdlis. 

Die  Wortbildungslehre,  die  von  den  meisten  Grammatiken  ganz 
unberücksichtigt  bleibt»  wird,  obwol  sehr  kurz,  in  einem  Anhange  zur 
Formenlehre  (S.  306—313)  abgehandelt.  Dazu  kommen  bei  den  Präpo- 
sitionen einige  Andeutungen  über  Präfixe,  die  dort  nicht  ganz  an  ihrer 
Stelle  sind.  Sehr  zu  loben  ist  es,  dass  die  Verf.  endlich  den  Muth  hatten, 
der  abgeschmackten  Anfügung  eines  Abschnittes  dei  nomi  aUeraii  zur 
Lehre  des  Nomens  zu  entsagen,  und  die  betrefifenden  Suffixe  im  Zusam- 
menhange mit  allen  anderen  abbandelten.  Bergamoico  möchte  ich  nicht 
als  imregelmäfsige  Ableitung  bezeichnen;  denn  wir  finden  hier  das  Suffix 
»atco,  welches  sowol  Gentilia,  besonders  aus  lombardischcn  Städten: 
Cremasco,  Onnasco,  als  auch  andere  No;nina  bildet:  fUggiasco,  [ajina- 


fN§§er9  Grammatik  der  IValieiii sehen  Sprache,  nng.  v.  A.  MuiMßa.    901 

rm9C4»f  u.  8.  w.  Auch  8ame$e  ist  keine  unregelmiirsige  Ableitung, 
denn  das  Suffix  ist  ganz  regelrecht ;  die  Veränderung  des  e  im  a  in  der 
unbetonten  anlautenden  Sylbe  ist  eine  die  ganze  Sprache  durchziehende 
Neigung  und  kann  daher  als  keine  Unregelmäfsigkeit  angesehen  werden. 
Sonst  müfsten  maravtgiia,  danaro  u.  s.  w.  ebenfalls  alsi,  unregelmäfsige 
Bildungen  t>etrachtet  werden. 

S.  281  wird  gesagt,  das  PräGx  diM-  verwandle  sich  vor  Vocalen 
in  iif  welches  wol  zu  unterscheiden  ist  von  dem  aus  ex  entstandenen 
$L  Als  Beispiele  werden  VSa  dU-i  sciacquarc.  scioffura,  sciaito,  Mckh- 
perare;  für  ez:  icial^are  angeführt  Dieser  Unterschied  besteht  aber 
nicht  und  das  Präfix  $€  leitet  immer  auf  ex  zurück. 

Schliefslich  ein  paar  etymologische  Bemerkungen.  * iddio  aus  iHo 
mit  angefugtem  Artikel'  (S.  32  u.  36).  Blanc  und  Diez  erklären  das  i 
durch  die  geläufigen  Redeweisen  merci  di  DiOy  per  amor  äi  Dio.  — 
Seitimtma  wird  (S.  80)  mit  sessenio ,  temesire  verglichen  und  durch 
*Zeit  von  sieben  Morgen  übersetzt;  sollte  demnach  aus  Septem  nume 
hergeleitet  sein.  Wird  man  daran  glauben?  Ist  dieses  Wort  nicht  viel- 
mehr eine  Ableitung  aus  sepfimus  durch  das  Sufiflx  -onus?  Vgl.  deeu^ 
manUM  aus  decumus.  —  Ba%%a  aus  gener atio  (S.  7)  int  eine  kühne  Deu- 
tung, der  schwerlich  jemand  beistimmen  wird.  —  Bei  coteUo,  eotetiui 
(S.  125)  möchte  ich  nicht  ein  eingeschobenes  /,  wie  im  franz.  tabaliire 
cafMer^  prendra-i-an  vermuthen,  da  eine  solche  Einschiebung  sich  im 
Italienischen  sonst  nirgends  findet  (letztere  Sprache  schiebt  nämlich  nur 
weiche  Consonante  —  ^,  rf,  ff,  J,  v  —  ein) ,  sondern  diese  Formen  mit 
Diez  (Gr.  2,  421)  durch  eine  Einmischung  des  Pronomens  //  deuten^ 
wodurch  sich  auch  erklärt,  warum  sich  diese  Formen  vorzugsweise  au^ 
die  angeredete  Person  beziehen. 

Und  nun  zur  Syntax,  zu  jenem  Theile  nämlich  der  Grammatik, 
welcher,  unbestritten  von  der  gröfsten  Wichtigkeit,  mit  besonderer  Sorg- 
falt von  den  Verf.  bearbeitet  wurde.  Es  ist  für  mich  eine  sehr  ange- 
nehme Pflicht  anzuerkennen,  dass  in  dieser  Beziehung  das  vorliegende 
Werk  sich  über  den  Stand  aller  gewöhnlichen  Grammatiken  bedeutend 
erhebt  und  eine  Fülle  von  Stoff  darbietet,  welche  von  ausgedehntem  und 
verständigem  Studium  der  Quellen  zeigt.  Die  schon  oben  angedeutete 
Bemerkung  über  die  Verschränkung  der  relativen  Sätze,  die  feine  Unter- 
scheidung im  Gebrauche  von  cäe  und  //  quale^  die  Darstellung  der  Modi 
und  besonders  der  wechselseitigen  Beziehungen  zwischen  dem  Verbum 
finitum  und  inßnitum  u.  s.  w.  sind  lauter  wichtige  Belehrungen,  die 
man  umsonst  anderswo  suchen  würde.  Bisweilen  aber  lassen  sich  die 
Verf.  in  Erörterungen  ein,  die  ziemlich  gezwungen  erscheinen ,  und  die 
Neigung,  den  Gedankengang  auf  eine  zu  umständliche  Weise  zu  zerlegen, 
verleitet  sie  Unterschiede  aufzustellen,  welche  die  Sprache  in  der  That 
nicht  anerkennt.  So  ist  die  Lelire  des  Partitivs,  welche  an  sich  eine  der 
einfachsten  ist,  nicht  nur  auf  eine  sehr  weitläufige  und  daher  wenig 
deutliche  Weise  erklärt,  sondern  sie  enthält  schon  im  Anfange  eine  un- 

ZffiUehrift   f.  d.  ö»terr.  Oymii««.  IMO.   III.   Heft.  16 


902     WiggerB  Orammtik  der  italienisctien  Sprache,  ang.   v.  A.  Mntiafia, 

richtige  Bemerkung,  auf  die  sich  dann  weiter  die  ganze  Argumentation 
gründet.  Die  Verf.  haben  nämlich  eine  Stelle  mit  falscher  Interpunction 
gelesen,  und  daraus  eine  Wendung  entnommen,  die  der  Sprache  unbe- 
kannt ist.  In  der  Stelle  per  impetrare  dal  papa  Boccono^  di  öenari  e  di 
iruppe^  sind  dmaro  und  truppe  keineswegs  Accusative  von  impetrare, 
sondern  von  ioccorso  abhängende  Genitive,  und  der  Beistrich  ist  zu 
tilgen.  Per  impetrare  dal  papa  di  denaro  e  di  truppe  ist  eine  unmög- 
liche Construction  0*  Befremdend  klingt  ferner  die  Bemerkung,  dass  ad- 
verbialische Ausdrucke  wie  di  continuo,  di  rado  (vgl.  deutsch  *von 
neuem')  auf  ein  partitives  Verhältnis  zurück  zufuhren  seien ,  während 
Wendungen  wie  im  pezzo  di  pane  darai|s  streng  ausgeschlossen  werden 
müssen. 

Ein  anderer  Fall,  in  welchem  das  Misverständnis  der  untersuchten 
Quellen  die  Verf.  zu  ganz  unberechtigten  Schlüssen  führte ,  ist  folgender. 
S.  140  wird  behauptet  che,,, che  mit  einem  Substantive  in  der  Mitte 
bedeute,  'welcher  auch  immer.'  Die  Sprache  kennt  nun  diese  Fügung 
ganz  und  gar  nicht:  che  cosa  che  tu  desideri,  io  volanlieri  la  farö 
wäre  geradezu  unverständlich.  Es  ist  schwer  zu  begreifen,  wie  die  Verf. 
aus  den  zwei  citierten  Stellen  eine  solche  Folgerung  ziehen  konnten. 
Die  erste  ist  aus  Boc.  7,  7  entlehnt:  [renditi  eicuro  di  guesto]  che 
cosa  che  tu  mi  dica ,...io  nan  dirö  mai  ad  altrui.  Das  erste  che  ist 
die  den  Satz  einleitende  Conjunclion,  com  ist  Accusativ  zu  dird  und 
steht  ohne  Artikel,  da  der  Satz  negativ  ist:  rendili  certo  ch*  io  nan  dird 
mml  ad  altrui  cosa  che  tu  mi  dica  *sci  gewiss,  dass  ich  Nichts  (keine 
Sache)  was  du  mir  sagen  wirst,  anderen  erzählen  werde.'  Die  zweite  ist 
aus  Dante,  Inf.  7,  5:  Chi  poder  ch'  egli  abbia.  Die  Construction  ist 
eigenthümlich  aber  von  den  Commentatoren  hinlänglich  erklärt:  chS  muss 
mit  dem  Accentc  bezeichnet  werden  und  bedeutet  *weil,  denn';  poder 
eh*  egli  abbia  steht  statt  per  pod,  cHe,  a,  *wie  gross  seine  Macht 
auch  sei.' 

Wir  flnden  auch  unbegründete  Angaben ,  zu  deren  Veranschauli- 
chung solche  Sätze  angeführt  werden,  welche  die  Verf.  gewiss  nirgends 
gefunden  haben,  und  die  der  Sprache  völlig  unbekannt  sind.    So: 

S.  138  che  als  sächliches  Relativum,  dem  Chi  zur  Seite  stehend. 
Che  produce  la  corretione,  non  i  fira,  ma  la  ragione.  Che  vale  ptü 
ehe  doni  i  ramore. 

S.  144  che  als  adjectivisches  sächliches  Fragefürwort  von  einem 
sächlich  gebrauchten  Adjectiv:  che  assai  chiaro  conosco  come  io 
ti  sia  poco  caro! 


0  Auch  die  S.  55  angeführte  Stelle  (das  Citat  Dec.  3,  3  ist  ungenau) 
temendo  de'  pericoli possiöili  enthält  keinen  partitiven  Artikel,  da 
temendo  peric.  poss.  oder  alcunip.p,  unstatthaft  wäre,  vielmehr 
ist  das  de*  ein  echter  Genitiv,  welcher  von  temere  abhängt,  fe- 
rnere di  una  cosa  ist  eine  sehr  gebräuchliche  Wendung. 


W9§$era  Grammatik  der  iUlieniHchcn  Sprache,  ang   v.  A,  MuMUtfU».    SOS 

leb  glaube,  dass  schon  diese  wenigen  Beispiele  hinreichen  um  die 
Schwierigkeiten  zu  kennzeichnen,  gegen  welche  die  Verf.  bei  der  Bear- 
beitung ihres  Werkes  zu  kämpfen  hatten.  Man  merkt  deutlich,  dass 
ihnen  das  sicherste  Kriterium  zur  Prüfung  der  erzielten  Resultate  fehlte, 
der  für  den  Geist  der  Sprache  ausgebildete  Sinn  ,  die  Sicherheit  in  der 
Handhabung  derselben.  Aber  nicht  nur  in  der  Benützung,  sondern  auch  in 
der  Wahl  der  Quellen  gibt  sich  dieser  Mangel  deutlich  kund.  Die  Vert 
nahmen  nämlich  zum  Gegenstande  ihrer  Untersuchungen  einige  der  bes- 
seren älteren  Schriftsteller;  von  Dichtern  Dante,  Petrarca^  Ariosto,  selten 
Tasso,  von  Prosaikern  mit  besonderer  Vorliebe  Boccaccio.  Die  neuere  Li- 
teratur wurde  von  ihnen  nur  so  weit  benützt,  dass  sie  fast  ausschließ- 
lich (die  wenigen  Beispiele  aus  Silvio  Pellico  und  die  etwas  zahlrei- 
cheren aus  Goldoni  abgerechnet)  ans  irgend  einer  Zeitung,  oder  einer 
im  Zeitungsstile  verfassten  Schrift  schöpften,  die,  wie  es  scheint,  vom 
letzten  Krimkriege  handelte.  Nun  aber  haben  einerseits  grofse  Schrift- 
steller ihre  Eigenthümlichkeiten ,  welche  alle  anzumerken  einer  Gram- 
matik von  dem  Umfange  der  vorliegenden  kaum  zusieht,  und  die  in 
jedem  Falle  nicht,  wie  in  unserem  Werke  mehr  als  einmal  geschieht, 
zur  Bedeutung  allgemein  giltiger  Regeln  erhoben  werden  dürfen.  Ander- 
seits ist  nicht  alles,  was  mit  italienischen  Worten  geschrieben  ist,  gut 
italienisch:  grammatiee  iogui  und  taUne  iogui  ist  bekanntlich  nicht  eines 
und  dasselbe.  Gibt  es  nun  in  jeder  Sprache  verschiedene  Abstufungen 
der  Reinheil  und  der  Eleganz,  so  gilt  dies  insbesondere  von  der  italieni- 
schen. Die  Herrschaft  der  Mundarten,  die  Leichtigkeit  der  Einführung 
eines  fremdartigen  (französischen)  Elementes,  der  noch  nicht  ganz  über- 
wundene üble  Einfluss  der  Verwilderungsperiode  im  vorigen  Jahrhunderte, 
dies  alles  bewirkt,  dass  eine  reine,  anmuthige,  den  inneren  Geist  der 
Nation  abspiegelnde  Schreibweise  im  Italienischen  keineswegs  so  leicht 
zu  erreichen  ist.  Am  allerwenigsten  ist  sie  aber  bei  Zeitungsschreibern 
zu  treffen.  Auch  die  Wahl  von  Goldoni  ist  als  eine  sehr  unglückliche 
zu  bezeichnen.  Allerdings  ist  es  nützlich  in  der  komischen  Dichtung  dem 
volksthümlichen  Gebrauche  nachzuspüren,  Wörter,  Wendungen,  Redens- 
arten daraus  in  möglichst  reichem  Mafse  zu  sammeln;  nur  müssen  die 
Quellen  rein  sein ,  und  eine  solche  ist  Goldoni  nicht.  So  grolse  Ver- 
dienste er  als  tiefer  Kenner  und  gewandter  Darsteller  menschlicher  Cha- 
raktere hat,  so  anmuthig  er  auch  sein  Venezianisch  schreibt,  so  unbe- 
holfen ist  er  doch  in  der  Handhabung  der  reinen,  der  ganzen  Nation  an- 
gehörenden Sprache;  er  schreibt  eben  nur  seine  Mundart  mit  gramma- 
tischen (auch  nicht  immer  richtigen)  Flexionen,  und  überall  wo  er  nicht, 
die  Mundart  mit  Bedacht  vergessend ,  matt  und  farblos  wird  ,  ist  er 
durch  und  durch  provinziel.  Zwischen  den  zwei  äufsersten  Puncten, 
welche  sich  die  Verf.  auswählten,  liegt  ein  sehr  ausgedehntes  Feld,  dessen 
Bearbeitung  eigentlich  dem  Zwecke  ihres  Werkes  am  nächsten  lag;  die 
moderne,  edlere  Literatur.  In  ihrer  gegenwärtigen  Gestalt  macht  unsere 
Grammatik  häufig  einen   wunderlichen  Eindruck;   denn   auf   classische 

16* 


994    Wippen  Grammatik  der  italienischen  Sprache,  ang.  v.  A.  Mutm/Ia, 

Wendungen,  die  man  nur  höchst  sparsam  anwenden  dürfte ,  folgen  un- 
mittelbar Sätze,  die  kein  Schriftsteller,  der  sieh  selbst  achtet,  geschrieben 
haben  möchte.  Dass  dadurch  der  Werth  des  Buches  als  Lehrmittel  nicht 
wenig  beeinträchtigt  wird,  liegt  auf  der  Hand,  leb  betrachte  es  daher 
als  meine  PflielH,  aber  den  syntaktischen  Theii  unseres  Werkes  etwas 
weitläußger  zu  berichten,  sowohl  um  meine  Ansichten  mit  zahlreicheren 
Belegen  zu  unterstütEen,  als  au6h  um  einige  Bemerkungen  mitzutheHen. 
die  den  geehrten  Verf.  bei  eine#  etwa  vorzunehmenden  Umarbeitung  viel- 
leicht von  trgeiid  einem  Nutzen  sein  könnl^n. 

Die  Leilre  vom  bestimmenden  Artikel  ist  im  ganzen  gut  vorge- 
ti'agen;  nicht  erschöpfend  ist  die  Anführung  der  Fälle,  in  welchen  der 
unbestimmte  Artikel  keine  Anwendung  findet.  Die  italienische  Sprache 
ist  im  Vergleiche  mit  der  deutschen  so  karg  in  dem  Gebrauche  dieses 
Form  Wortes,  dass  eine  genaue  Angabe  der  einzelnen  Fälle  noth  wendig 
erscheint.  So  wird  z.  B.  der  Pall^  wo  erti  Hauptwort  als  Prädicat  vor- 
kommt, nur  durch  die  Anfuhruftg  eines  Satzes  berücksichtigt,  welcher 
mit  vielen  anderen  ganz  verschiedener  Art  vermengt  ist,  während  ander- 
seits der  Apposition ,  die  doch  nur  eine  der  verschiedenen  Arten  ist, 
in  denen  sich  das  prädicierende  Verhältnis  darstellt ,  ein  eigener  Ab- 
schnitt gewidmet  wird.  8e  p*  ^  linpua  che  tia  armaniota;  cercaie 
äio§o  piü  ttanguittoi  a  tttode  äi  werpente;  imcUiAcoeipepoiosau.s.w. 
sind  Fügungen^  die  zu  ebenso  vielen  Bemerkungen  hätten  Anlass  geben 
können.  —  S.  47  finden  wir  folgende  unitalienische  Construotion  i  // 
eoliepio  dei  HobUi  e  queilö  permanieo  unparico.  Die  Verf.  haben 
die,  übrigens  auch  nichts  weniger  als  musterhafte,  Wendung!  aliri 
dirHii  ehe  queiii  sommMüraii  daiki  puölica  sicmre%wt  nachgeahmt, 
ohne  auf  den  Unterschied  zu  merken,  der  zwischem  einem  Participium, 
welches  einem  relativen  Satze  gleichkömmt,  und  einem  reinen  Adjcc- 
tive  besteht. 

Die  Reget  über  den  Gebrauch  von  di  und  che  in  vergleichenden 
Sätzen  ')  ist  richtig;  nur  hat  sich  S.  65,  Zeile  12  ein  Versehen  einge- 
schlichen. Wir  lesen  dort  nämlich,  dass  wenn  Substantive  in  Bezug  auf 
eine  Eigenschaft  verglichen  werden  nur  che  gebraucht  werden  kann. 
Es  soll  wol  heifsen:  in  Bezug  auf  die  Menge.  Auch  möge  man  mit 
den  gewöhnlichen  Grammatiken  bemerken,  dass  der  Ausdruck  *nach  Be- 
lieben' in  Hinsicht  auf  die  Anwendung  von  di  und  che  dahin  beschränkt 
werden  muss,  dass,  wenn  die  mit  einander  verglichenen  Substantive  durch 
zwei  Infinitive  dargestellt  werden,  oder  wenn  das  zweite  Substantiv  ein 


•)  Ai^  der  Lebre  der  Vergl^ichuttg  mtige  niaA  wöl  bmerken,  dass 
einige  Winke  über  die  Bedentung  von  fhappiore  und  minore  u.  s.  w. 
nöthig  gewesen  wären :  sona  könnte  man  sich  berechtigt  glauben 
den  Satz  *dieses  Haus  ist  gröfser  als  jenes'  mit  questa  casa  i 
mäpptör^  di  iUetia  zu  übersetzen.  Dass  ottimo,  petsimo 
besttrt-,  scMeditester*  bedeuten,  ht  nicht  richtig:  sie  sind  kcino 
vergleichenden  A«sdrücke  nnd  bedeuten  '«ehr  gut,  »ehr  schlecht.' 


'#  GrammaUJi  dor  UMieniücheD  Sprache»  aug.  v.  A,  Mmmß9    9M 

afttkeUoaeg  Appellativuia  ist,  our  che  gebraucht  werden  kann  —  ^  ea90 
pik  pmämUe  taeere  €  he  pm-kare  di  cose  a  tßoi  ignoie ;  piü  bitmem 
ehe  meee  fwol  aber  äeiia  nepe),  —  und  wenn  dagegen  das  zweite 
Glied  der  Vergleicbaog  ein  iiersönliebee  Fürwort  iiit,  our  di  zuliUsig 
isi  ^  piu  pmOetUe  äi  me,  nicht  ck'  ie.  —  AnOeneila  soUte,  um  die 
Sprache  uiofal  ohne  Orund  zu  beschranken»  daran  eriiwert  werden,  daas 
sowohl  der  Sata  io  I»  crede  »iü  rieco  dj  eue  fraieUo,  in  welchem 
noch  immer  zwei  Subatantive  in  Bezug  auf  eine  {Eigenschaft  verglichen 
werden,  als  dieser  andere i  [otfgijMte  megüo  di  Jeri,  wo  der  Vergleich 
iwisebeii  zwei  Adverbien  geschieht ,  ganz  richtig  cofi^rMiert  siad.  Über 
die  IXe^aüoii  im  aweiten  Gliede  der  Vergleichung  wird  genau  berichtet, 
aucb  finden  wir  die  treffende  Bemerkung,  dass  wenn  im  zwetie«  Gikde 
daa  Zeitwort  unterdruckt  wi|\d,  das  mm  ehenfiüs  we^zufaUeo  habe. 
Ond  in  der  That  kommt  das  biofse  «flu  nur  bei  oaiier«p  Schriftstellem 
vor;  die  lilereo  wi<>derholen  gewöhnlich  das  Zeitwort,  ^er  lassen  aueb 
das  mm  weg.  Dieselbe  Rückisieht  für  den  bci«eren  Gebrauch  wäre  aueh 
in  Bezug  auf  solche  Sätze  fäthiicb  gewesen,  welche  ml  di  fueile  ehe 
begianen.  Allerdings  findet  sich  auch  bei  ähnlichen  Sätzen  hie  und  da 
das  «OH;  da  aber  durch  di  gueilo  ehe  das  Verhältnis  ganz  /oA^jootiv  dar- 
gestellt wird,  so  ist  das  mm^  welches  auf  einer  subjeotiveo  Auffassung 
beruht,  in  einem  solchen  Falle  unlogisch  und  aus  mustergUtigen  Schrift- 
slelleni  our  schwer  zu  bellen.  Die  als  gewöhnlicher  angeführte 
Gonatruotion  piü  ehe  ei  poeeiede,  piü  si  hrama  (vgl.  auch  S.  ilS  uod 
wiederholt  S.  317  aus  Goldoni,  memco  ehe  ei  faiica,  ei  eta  piü  eanO 
ist  vielmdir  ein  rügenswerthcr  Provinzialismus;  es  soU  hciüsen:  piü  ei 
paeeiede  e  piü  ei  bmma. 

Die  Unterscheidungen  in  Bezug  auf  den  relativen  Superlativ,  je 
nachdem  er  mit  dem  Artikel  construiert  ist  oder  nicht,  sind  unbegründet 
und  die  folgenden  als  Belege  gebildeten  Sätze  nicht  italienisch:  ii 
9ignorN  ,quel  prefeeeore  piü  dotto  deita  mietra  wüeereitäf  Vi  iroeö  u 
eigmfr  X,  euo  piü  fedele  amieog  miila  di  piü  ammiraöile  ehe  am 
suoiö  ii  piü  fertiie  eoUo  ii  eUnui  ii  piü  beilo  *). 

Die  Bemerkung,  dass  der  Comparaliv  manchmal  mit  dem  Artikel 
vorkommt,  ohne  dass  dadurch  seine  Bedeutung  verändert  werde,  ist 
genau  und  zur  Erklärung  mancher  Stellen  aus  den  besten  Schriftstellern 
etaprierslieh ;  nur  haben  die  Verf.  ganz  verschiedenartige  Beispiele  mit 
einander  vermengt.  Es  gehören  nämlich  hieher  nur  die  Stellen  aus  Orl. 
Ftir.  82,  95  nelia  pran  eala  di  ehe  mm  er«  ai  momio  Ja  piü  heOa; 
40,  79;  42,  11.  in  diesen  Sätzen  ist  der  Artikel,  wie  von  Blanc  selion 
irefflicfa  bemerkt  wurde,  in  einem  prägnanten  Sinne  gebrauebi.  der  4bm 
die  Bedeutung  des  unbestimmten  Artikels  oder  eines  Demonstrativs  ver- 


*)  Ich  zweifle  selbst  an  der  Richtigkeit  des  deutschen  Satzes: 
*  Nichts  herrlicher  als  ein  fruchtbarster  Boden  unter  dem  schönsten 
Himmel.' 


206    WiggefM  Grammatik  der  italienischen  Sprache,  ang.  v.  A.  Muuaßa, 

leibt,  er  lehnt  sich  nicht  proklitisch  an  das  Beiwort,  steht  vielmehr  ihm 
gegenüber,  und  das  Beiwort  ist  beinahe  prädicierend.  Man  vergleiche 
den  ähnlichen  Satz :  di  cui  non  v'ha  ul  nwndo  ia  pari.  Im  Deutschen 
wurde  man  überall  den  unbestimmten  Artikel  gebrauchen.  Die  demon- 
strative Kraft  des  Artikels  wird  auch  von  dem  umstände  bestätigt,  dass 
das  Substantiv  fast  nie  in  Begleitung  des  Adjeclivs  vorkömmt;  und 
finden  wir  auch  Orl.  Für.  45,  i(^b  ni  Ia  piü  onesia  via  vedea  di  gueita, 
so  ist  doch  nicht  zu  leugnen,  dass  hier  die  Construclion  weder  so  schön 
noch  so  deutlich  ist,  wie  in  den  Sätzen,  wo  das  Substantiv  fehlt.  End- 
lich müsste  bemerkt  werden,  dass  diese  Wendung  nur  bei  negativen 
Sätzen  zulässig  ist.  Die  anderen  cilicrten  Sätze  gehören  nicht  hieher: 
la  maggior  parie  braucht  nicht  als  Gomparaliv  aufgcfasst  zu  werden, 
es  bedeutet  *der  gröfste  Theil.'  In  der  Stelle  aus  Boc.  4,  3:  tiver  po- 
iremo  ii  pHt  cantenü  uomini  che  aiiri  che  al  mondo  sieno  besteht 
die  Eigenthumlichkeit  der  Gonstruction  in  der  Anwendung  des  Wortes 
aliriy  welches  in  der  That  den  Superlativ  aufhebt,  sich  aber  durch  eine 
leicht  zu  begreifende  Unachtsamkeit  einschlich.  Cura  dei  tuo  piii  de- 
Ö0ie  vicino  ist  endlich  ein  Satz,  dem  das  italienische  Gepräge  abgehl. 

•  Die  Anwendung  des  Gomparativs  mit  superlativer  Bedeutung  wurde 
ebenfatls  weit  über  die  ihr  von  der  Sprache  gesteckten  Grenzen  gerückt. 
Sie  findet  nämlich  in  der  Regel  nur  bei  relativen  Sätzen  statt: 
queila  che  dipiü  etä  era;  le  per  tone  che  avevano  maggior  eniusiasmo; 
di  cid  che  ie  datme  sogiiono  essere  piü  vaghe,  in  capo  deiia  scala 
ov*  i  piü  scuro,  sind  passende  Beispiele'^).  Aber  in  der  Stelle  aus 
Ort.  Pur.  28,  33 :  //  palco  fa  d^  aria  pHt  chiara  un  raggio  uscire  darf 
man  nicht  'aus  klarster  Luft,'  sondern  *aus  klarerer  Luft*  übersetzen. 
Dimostravano  maggior  confttsione,  als  Hauptsatz  kann  nur  'sie  zeigten 
gröfsere  (nicht 'die  gröfste')  Verwirrung'  bedeuten:  gueiÜ  che  dim. 
mag,  canf.  wäre  etwas  anderes.  Das  nämliche  gilt  von  quei  sentitnento 
di  maggior  soiiiudine,  das  an  und  für  sich  eine  unschöne  Wendung 
höchstens 'das  Gefühl  gröfserer  Einsamkeit,'  nie  aber 'gröfster'  be- 
deuten könnte. 

Fürwörter.  S.  90.  Dass  egii  ella  lui  iei  unbedingt  auf  Sachen 
bezogen  werden  können,  und  nur,  wenn  eine  Präpositon  vorhanden  ist, 
der  Gebrauch  beschränkt  sei,  ist  nicht  genau.  Auf  Sachen  können  sich 
die  bezeichneten  Fürwörter  in  der  Regel  nicht  beziehen;  und  die  übri- 
gens häufigen  Beispiele,  bei  welchen  eine  solche  Beziehung  dennoch 
stattfindet,  gehören  mehr  der  älteren  Sprache  an,  welche  die  Etymologie 
lebhafter  fühlte ,  und  beruhen  meistens  auf  Personificationen.  Dass 
eeS'O,  0,  /,  e  als  Accusative  sehr  selten  vorkommen,   ist  richtig;    nur 

'^)  S.  265  bei  der  Besprechung  der  Adverbien  wird  ebenfalls  gesagt: 
'Die  Comparative  sind  zugleich  comparative  Superlative,'  und  doch 
gilt  dies,  wie  alle  angeführten  Beispiele  zeigen,  nur  von  relativen 
Sätzen.  Nur  die  Redeweisen  piü  presto  che  potrö ,  megtio  che 
saprd  u.  s.  w.  scheinen  eine  Ausnahme  zu  bilden. 


W4§§mrM  Grammatik  der  ilalienischen  Sprache,  ang.  v.  A.  äUisafiu.   907 

findet  sich  nirgends  erwähnt,  dass  dafür  die  conjunctiven  Formen  io  ia 
a  ie  tAs  Ersatz  dienen. 

S.  93.    i4f  als  Pradicat  ist   eine   unclassiscbe   Wendung,   weiche 
sich  erst  im  16.  Jahrhunderte?  (bei  Ariosto  nur  einmal)   zeigte  und  in 
den  iwei   folgenden  überhand   nahm.     Heutzutage   ist  sie  häufig,   wird 
aber  von  den  besseren  Grammatikern  mit  Recht  gerügt,  und  von  jedem 
Schriftsteller,  der  auf  Reinheit  der  Sprache   hält,   sorgfältig  vermieden. 
Der  Volkssprache   ist   dieser  Gebrauch  des   io  ganz  unbekannt.     Andere 
Pagungen,   die   sich  erst  zur  Zeit  des  beginnenden  Spracbverfallcs  ein- 
schlichen ,  zwei  Jahrhunderte  lang  gebraucht  wurden ,    aber   heutzutage 
nur  mehr  bei  nachlässigeren   Schriftstellern   zu  treifen  sind,   wären  fol- 
gende,  die,    um  Wiederholungen  zu  vermeiden,  hier  angeführt  werden 
mögen.     Der  doppelte   Artikel    bei  relativem    Superlative:    i  öisoffHi   i 
piu  urgenii  statt  /  bUogni  piu  ur§enii  (S.  69);  seco  statt  ctm  lei^mW 
Ihnen;'  seco  M,  teco  iei  statt  am  iui,  con  iei  (S.  102);    die  Stellung 
von  di  lui,  tU  iei  (S.  121)  und  von  di  cui  (S.  132)  zwischen   Artikel 
und  SubsUntiv:    //  di  iei  flgiio  statt  //  ßgUo  di  iei;   ia  di  cui  ca$a 
statt  ia  cui  casa  oder  ia  casa  di  cui;   cosa  als   fragendes  Pronomen 
sUtt  che  caea  (S.  145),   avungue  für  da  per  iuiio  (S.  268);    der  Gon- 
ditional  als  Ausdruck    einer   aus    fremder  Quelle   entnommenen  Mitthei- 
lung (S.  345)  sind  Wendungen,  welche  die  Verfasser  als  unbedingt  gut 
aulstellen,   für   welche  sie  aber  keine  oder   nur  zweifelhafte  Belege  aus 
classischen  Schriftstellern  finden  durften.    Das  Vorkommen   dieser  Wen- 
dungen darf  die  Grammatik  keineswegs  verschweigen ,  denn ,  abgesehen 
von  ihrer  historischen  Berechtigung,  erfreuen  sie  sich  noch  eines  mehr 
oder  weniger  ausgedehnten  Gebrauches:    ein  warnender  Wink  muss  je- 
doch die  betreffende  Angabe  begleiten.     Noch  eindringlicher  aber  ist  zu 
warnen  vor  dem  Gebrauche  ganz  altcrthümlicher  Wörter   und  Wendun- 
gen, die  schon  seit  langer  Zeit  verschollen,  nunmehr  kaum  verständlich 
sind.    Die  Verf.   führen   S.  140   nebst  chtungue  und    guaitmgue   auch 
ckeungu^  an,  als  ob  diese  drei  Fürwörter  ganz  gleich  in  Bezug  auf  ihre 
Brauchbarkeit  wären.  Nun  wird  aber  das  letztere  gar  nicht  angewandt, 
und  wer  den    von   den   Verf.  gebildeten  Satz:    ha  perduto  cheungue 
opeva,  *er  hatte  alles,  was  er  hatte,  verloren,'  gebrauchen  wollte,  würde 
von  dem  Laien  nicht  verstanden,   von  dem  Kenner  der   älteren  Sprache 
angestaunt  werden.    Eben  dasselbe  ist  der  Fall  mit  aiguaniunOy   von 
dem  es  S.  152  ohne  weitere  Bemerkung  heiCst  es  bedeute  *  Jemand.'   Das 
Wort  bt  ganz  verschollen,  wurde  auch  nie  im  Singular  gebraucht,  son- 
dern kommt  nur  im  Plural  und  folglich  mit  der  Bedeutung  *Einige'  vor. 
JVuiio  Ckein,  Reiner'  S.  154),  als  Adjectiv  oder  Substantiv  bei  Dichtern 
und  älteren  Schriftstellern  sehr  häufig,   ist   nunmehr  aufser  Gebrauch. 
Das  angeführte  riconoiciuio  da  nuiio  *  von  Niemand  erkannt'  findet  sich 
zwar  bei  Boccaccio,    dürfte  aber  in  der  heutigen   Sprache  niemand  an- 
zurathen  sein.  Auch  guaniungue  (S.  161)  in  der  Bedeutung  von  guatUo 
mai  war  im  14.  Jahrb.  häufig:     Boc.    guaniungue  voite  *so   oft  als;' 


208    Wigper$  Giammaük  der  iUlicnischen  Sprache^  ang.  v.  A,  Muuafia, 

Petr.  iiUttHi.  puö  natura  'wie  viel  die  Natur  vermag;'  Dante:  quani. 
gradi  tuoi  che  giu  sia  messo .  guanf.  caritä  st  siende ,  guant.  giä 
perd6o  t  antiea  maäre.  Diese  Beispiele  liefsen  sich  bedeutend  ver- 
mehren ,  heutzutage  aber  fällt  niemand  bei ,  ein  solches  Pronomen  an- 
zuwenden, und  dies  sollte  bemerkt  werden.  Eitere  ianio  für  *  genug  sein 
(S.  161),  ist  eine  mir  unbekannte  Redeweise,  die  etwa  in  irgend  einem 
ganz  alten  und  unsicheren  Texte  einmal  vorkommen  mag,  aber  keiner 
Nachahmung  würdig  gefunden  wurde. 

Bei  den  Affsii  (S.  104)  sollte  bemerkt  werden ,  das«  sie  nur  bei 
bejahendem  Imperative  und  selbst  dann  blofs  in  der  ersten  und 
zweiten  Person  incliniercn.  Dio  Art  der  Verbindung  mehrerer  Affissi 
(S.  106)  hätte  genauer  angegeben  werden  müssen.  Die  erste  Person 
geht  der  zweiten  und  dritten  ")»  die  zweite  der  dritten 
voran.  Sind  beide  der  dritten,  so  steht  Dativ  vor  Accu- 
sativ  und  Oenitv;  Acc.  und  Oenit.  wechseln  mit  einander 
(te  ne  scuid;  tie  lo  pregö).  Dies  die  Regel  für  den  gewöhnlichen 
Sprachgebrauch ;  die  Schriftsteller  weichen  davon  mannigfach  ab.  Zwei 
Accusative  können  n  i  e  zusammentreffen.  Im  angeführten  Satze  la  danna 
sapeta  a  cui  farlOMi  ist  ai  nicht,  wie  die  Verf.  meinen,  ein  Accu- 
sativ,  sondern  ein  ethischer  Dativ;  man  übersetze  nicht  *wem  man  es 
erwies,'  sondern  *wem  si  e  es  erwies'  =>  la  dotma  Mopeva  a  cui  etta 
lo  ii  facesie,  vgl.  non  sa  che  $i  faeeia. 

S.  117.  Das  pleonastische  eiso  kommt  nicht  nur  in  Verbindung 
mit  COM,  sondern  auch  mit  anderen  Vorwörtern  vor.  So  mit  iungo: 
iUHgh'  esso  ii  flume (auch  iunghesso  geschrieben);  mit  &&vrai  sovreaso 
f  acgua  Pg.  31,96  und  bei  D.  häuflger;  t0ttetM  P  ambra  Teseide,  1,1 
(heutzutage  ungebräuchlich)»  Dagegen  ist  der  Gebrauch  eines  solchen 
pleonastischen  CHO  ohne  vorhergehende  Präposition  durchaus  nicht 
sicher,  da  die  Weise,  wie  die  übrigens  einzeln  dastehende  Stelle  aus 
Dec.  5,  2  l0  guaie  esea  Sei  che  /brte  darmita  chiamä  erklärt  wer- 
den soll,  mehrfach  bestritten  wird.  Ich  hätte  daher  diese  Bemerkung 
nicht  aufgenommen ,  da  die  Berücksichtigung  solcher  Stellen  nur  einem 
Commenlar  über  den  betreffenden  Schriftsteller,  nicht  der  Grammatik 
zukömmt 

S.  \%%  'Hat  das  Subst.  den  Artikel  nicht,  so  kann  auch  das  blofse 
cui  dem  Subst.  folgen;  Dec»  4,  8  //  bwm  uomot  in  casa  cui  morio 
era!  Hier  wird  ein  Gebrauch,  welcher  sich  auf  die  blofse  Verbindung 
in  (a)  casa  beschränkt,  verallgemeinert,  in  com  aii  entspricht  voll- 
kommen deir  Fügung  in  catä  ii  medteo^  das  vui  hat  also  dabei  keinen 


'0  Daher  Ui  io  mi  9i  ranwmricai  keine  Freiheit  älterer  Schrift- 
steller, sondern  allgemeiner  Sprachgebrauch.  lo  vi  mi  ramm,  ist 
nie  gesagt  worden.  Man  berichtige  bei  dieser  Gelegenheit  die 
Übersetzung  der  darauf  folgenden  Stelle  aus  Ariosto  (45,  o3):  se 
gii  vide  (nicht  ifide)  impnittdir  ia  gunHcfn  *m^n  sieht  ihm' 
(nicht 'er  sah  ihm  sich'). 


Stflftfr«  Grammatik  der  iUlienischeu  Sprache,  ang.  v.  A,  MuMsafki,  f09 

Einfluss,  und  ebenso  wenig  als  man  in  name  U  fnedUo  sagen  könnte. 
isl  es  erlaubt  in  name  cni  zu  sagen.  Das  darauf  folgende  Beispiel  be- 
ruht auf  einem  Misvcrständnisse:  Noi  cui  natura  ka  p&ito  in  wumö  ii 
freno  Petr.  Gs,  29.  Hier  ist  cni  nicht  Oen.,  sondern  Dat;  und  in  mamt 
a  €Ui  ist  mit  in  eima  ai  monie^  in  riva  ni  mare  u.  s.  w.  tu 
vergleichen. 

Die  Stelle  aus  Petr.  (fuetta  vita  ierrena  i  gumi  un  prato  Ca  e  7 
Merpenie  piaee  (S.  134) .  die  mehr  eine  dichterische  Freiheit  enthält 
hatte  ich  nicht  mit  den  anderen  ungemein  häufigen  Beispielen  zu> 
sammengestellt,  in  welchen  eine  vor  dem  Demonstrativpronomen  gestctttr 
Präposition  vor  dem  Relativpronomen,  welches  dieselbe  Präposition  er- 
fordern würde,  nicht  wiederholt  wird:  a  gueiU  maii  che  Mono  $oHo 
patU  pH  uamifUi  di  cid  cht  le  donne  »ogtiano  euere piü  vapke  u.  s.  w. 

S.  135.  *  Hängt  che  (das  sich  auf  ein  sächliches  Fürwort  bezieht) 
von  einer  Präposition  ab,  so  kann  dem  che  ein  ii  vorangehen;  Dec.  41, 
ftMi  io  Vi  farei  pndere  di  gueiio,  senza  ii  che  niuna  fe$ia  tf 
/Mk*  Auch  hier  finden  wir  aus  einer  einzelnen  Stelle  eine  allgemeine 
R«gel  ohne  Berechtigung  abgezogen.  //  che  b  Ai  qtaU  coea  kann  sich 
nur  auf  einen  Satz  beziehen  "),  und  es  ist  nur  eine  Eigenlhnmlichkeit 
Boeeaedo's,  der  ihrer  so  viele  bietet,  wenn  wir  es  in  der  obigen  Stelle 
auf  ein  einzelnes  Wort  bezogen  finden.  Dass  übrigens  die  Präposition 
durehans  keinen  Einfluss  auf  diesen  Gebrauch  ausübte,  wird  durch  eine 
andere  Stelle,  in  der  keine  Präposition  vorkommt,  deutlich  bewiesen ! 
Dec.  %  8  eap^  queUo  poteese  oaervarey  ii  che  promeeeo  aeea.  An- 
dere Belege  für  diesen  Gebrauch  sind  mir  im  Augenblicke  weder  aus 
Boc*  noch  aus  anderen  Schriftstellern  erinnerlich;  jedenfalls  ist  es  sehr 
selten,  und  der  heutigen  Sprache  unbekannt. 

S.  136.  *Die  Präpos.  kann  zwischen  //  und  r^  stehen:  //  per  che! 
Nicht  jede  Präp.,  sondern  blofs  per,  ii  di  che,  ii  am  che  sind  unmög- 
liche Stellungen. 

S.  155  fassen  die  Verfasser  mai  als  negatives  Adverbium  auf. 
Dies  ist  aber  nicht  der  Fall:  PUii  aus  mapis  herrührend  hat  an  und  für 
sich  keine  negative  Bedeutung  und  erhält  dieselbe  erst  durch  ein  hin- 
Bugeliigtes  negatives  Wort.  Non  vidi  mai  coea  ti  beUa  bedeutet  wört- 
Hefa  *  weiter  (bei  anderer  Gelegenheit,  bisher  u.  s.  w.)  sah  ich  nicht  eine 
■o  schöne  Sache.'  Es  ist  dann  nur  eine  leicht  erklärltbhe  Ausdehnung 
des  Gebrauches,  wenn  in  der  Umgangssprache  manchmal  das  blofse  mai 
vor  dem  Zeitworte  genügt,  um  die  Negation  auszudrücken.    Bei  guten 


^*)  Dem  scheinen  die  zwei  auf  derselben  Seite  angeführten  Fügungen 
zu  widersprechen :  Is  pena  mm  ei  puö  ehiamar  piutia,  ii  t  he 
vuai  dire  tucessariai  f  inguisiiione,  ii  che  vuoi  dire  ia  per^ 
secutione :  es  ist  aber  leicht  einzusehen,  dass  bei  diesen  (übrigens 
weder  schönen  noch  von  guten  SchriflstcUem  gebrauchten)  Wen- 
dungen das  //  che  den  ganzen  Begriff  des  vergleichenden  Wortes, 
also  ein  Ideencomplex,  einen  Satz  darstellt. 


210   Wig§er9  Grammatik  der  italientscbiii  Sprache,  aiig.  v.  A.  Mussafta. 

Schri fistellern  jedoch  findet  sich  dies  nur  höchst  selten'^  und  gewissen- 
hafte  Grammatiker  warnen  davor.  Dadurch  soll  auch  das  S.  258  gesagte 
auf  sein  richtiges  Mafs  beschränkt  werden. 

S.  161  —  162  wird  der  Unterschied  zwischen  comparativem 
und  intensivem  tanto.  taie  nicht  mit  der  nöthigen  Schärfe  hervor- 
gehoben ;  auch  ist  der  angeführte  Satz  lanta  fu  t  impresa  che  non 
poieisero  /*  esffuire  ganz  unitniienisch.  Denn  iafUa  in  der  Bedeutung 
*80  grofs'  ist  ein  hier  unpassender  Latinismus;  der  Conj.  poteisero  statt 
poierono  ist  fehlerhaft;  die  Stellung  des  Affisso  f  ist  unpassend;  es 
sollte  beifsen  ia  poi.  eseg.  oder  eieguirla. 

Das  Genus  verbi  ist  im  ganzen  sehr  gut  abgehandelt;  nur  wäre 
eine  deutlichere  Darstellung  der  wechselseiligen  Beziehungen  zwischen 
den  transitiven  und  intransitiven  Zeitwörtern  erwünscht.  Diese  werden 
nämlich  blofs  in  Bezug  auf  die  Anwendung  des  Auxiliaria  untersucht,  und 
durch  dieses  allzu  äufserliche  Verfahren  werden  die  verschiedensten  Fälle 
miteinander  vermengt.  So  finden  wir  (S.  199)  cetsarey  creacere,  sonare, 
welche,  ursprünglich  intransitiv,  durch  hinzugetretene  factitivische  Bedeu- 
tung transitiv  geworden  sind,  neben  partire,  welches,  ursprünglich  tran- 
sitiv, durch  den  Verlust  des  reflexiven  Pronomens  intransitiv  wurde,  und 
zwischen  beiden  wieder  saiire,  welches  nur  durch  Hinzufügung  eines 
inneren  Objcctes  als  transitiv  gebraucht  werden  kann.  Es  sei  auch  bei 
dieser  Gelegenheit  bemerkt,  dass  cretcere  als  transitiv  jetzt  ungebräuch- 
lich ist;  dass  discendere  in  der  Bedeutung  *  herablassen'  sich  wol  durch 
ein  par  Stellen  aus  anerkannten  Schriftstellern  belegen  lässt,  heutzutage 
aber  den  meisten  ein  Gallicismus  scheinen  würde ;  dass  tnorire  nur  im 
Partie.  Perf.  die  Bedeutung  'getödtet'  annehmen  kann.  L  ha  morto  ist 
richtig,  lo  mori  unverständlich,  ffa  Sonata  ie  guattro  (S.  218  wieder- 
holt) ist  grammatisch  untadolhaft,  aber  dem  besser  sprechenden  Thcilc 
der  Nation  nicht  geläufig.  La  tempesta  ha  cessafo  findet  sich  nur  bei 
nachlässigeren  Schriftstellern ;  richtig  heifst  es  i  cetsaUi,  Überhaupt 
muss  man  darauf  bedacht  sein,  dass  Mundarten  und  Schriftsteller,  die 
sich  dem  Einflüsse  derselben  nicht  ganz  zu*  entziehen  wissen  .  das  Zeit- 
wort avere  bei  manchen  Intransitiven  anwenden,'  die  im  besseren  Ge- 
brauche essere  fordern:  i  piavuto  **)y  i  öastaio,  i  piaciuio,  i  costato, 
nicht  ha,  Bocc.  geht  noch  weiter  und  sagt:  fürono  godiUi,  ^  cam- 
nUnaio,  füitudaio  für  ebbero  pod.y  ha  eam,,  ebbe  sud.,  was  aber  nicht 
nachzuahmen  ist. 

Die  Darstellung  des  reflexiven  Zeitwortes  ist  mit  besonderer  An- 
erkennung hervorzuheben.  Es  wird  genau  unterschieden  zwischen  den 
FSUen,  in  welchen  einem  transitiven  Zeitwort  ein  Pronomen  von  der 
gleichen  Person  mit  dem  Subjecte  als  Accusativ  oder  als  Dativ 
hinzugefügt  wird.   In  letzterem  Falle  ist  eigentlich  von  keiner  Reflexion 


")  S.  219  meinen  die  Verf.  ha  piomUo  sei  das  regelmäfsige,  i  piov. 
dagegen  bei  Macch.  als  eine  Ausnahme  zu  belrachtan. 


Wi§§era  Grammatik  der  italienischen  Sprache,  ang.  v.  A.  ifUMiafla.  211 

die  Rede,  im  ersiercn  kann  das  Zeitwort  seine  transitive  Kraft  unge- 
schmälert behalten ,  oder  sich  bis  zu  einem  intransitiven  schwächen. 
Ich  möchte  nnr  hinzufugen,  dass  sich  bei  solchen  intransitiv  gewordenen 
Zeitwörtern  die  Neigung  kundgibt,  das  Pronomen  abzuwerfen,  wodurch 
dann  die  Sprache  im  Stande  ist  sehr  feine  unterschiede  zu  machen 
lamegare  ist  transitiv  —  annegare  uao ;  —  aimegarai  kann  seine  volle 
transitive  Bedeutung  haben  und  einen  Selbstmord  anzeigen,  oder  die 
intransitive  ein  Unglück  bezeichnende  annehmen.  Im  ersten  Falle  darf 
das  Pronomen  nicht  fehlen,  im  zweiten  unterdrückt  man  es  gerne.  Der 
Unterschied  zwi sehen  dUgerato  s*  annegd  und  ia  nave  n$ppe  ad  UMO 
MC^Hof  onde  molie  persane  annegarono  fällt  gleich  auf. 

Nur  in  Bezug  auf  den  reflexiven  Gebrauch  der  Zeitwörter,  welcher 
das  deutsche  unbestimmte  Subject  ersetzt,  findet  sich  (S.  213)  eine 
Bemerkung,  der  ich  unmöglich  beipflichten  kann.  Die  Verfasser  meinen 
nämlich,  rs  müsse  in  dem  Satze  si  dava  tuone  cagioni  statt  des  un- 
gemein häufigen  •/  dapano.  das  si  als  Siibjcci  und  cagioni  aU  Objeet 
aufgefasst  werden.  Dies  widerspricht  gänzlich  dem  Wesen  der  reflexiven 
Construction.  Cagioni  bleibt  immer  Subject,  und  dass  das  Verbum  in 
Bezug  auf  Zahl  nicht  übereinstimmt,  lässt  sich  sowohl  durch  viele  an- 
dere Beispiele  von  nicht  reflexiven  Zeitwörtern  (vgl.  e*  i  malte  per$one 
und  S.  318)  als  durch  die  Bedeutung  der  fraglichen  Construction  sehr 
leicht  erklären ,  da  bei  dem  häufigen  Gebrauche  sich  allerdings  das  Ge- 
fühl für  das  ursprüngliche  Verhältnis  im  Volke  verdunkeln  mussle.  Auch 
werden  die  Verf.  von  der  unrichtigen  Voraussetzung,  dass  eagioni  als 
Objeet  aufzufassen  sei ,  zu  einer  ebenso  unrichtigen  Folgerung  geleitet; 
sie  meinen  (S.  214):  der  Satz  *die  Verpflichtungen,  welche  man  über- 
nommen hat'  könne  mit  gii  oblighi  che  si  i  assunii  übersetzt  werden. 
Dies  geht  aber  nicht  an,  da  mir  si  sono  zulässig  ist,  und  si  i  nur*er 
hat'  bedeuten  kann. 

Ebenso  unbegründet  ist  die  S.  213  enthaltene  Bemerkung,  welche 
wieder  Gelegenheit  bietet  zu  bedauern,  dass  dem  grofsen  Fleifse  der 
Verf.  die  genaue  Kenntnis  der  Sprache  nicht  gleichkommt.  Es  wird  da 
aus  der  bekannten  Stelle  des  Dcc.  1,  1:  ia  fnia  usan%a  suole  essere 
di  confessarsi,  die  Bemerkung  abstrahiert,  dass  sich  häufig  ein  un- 
persönlicher reflexiver  Infinitiv  auf  ein  Pronomen  der  zweiten  und  ersten 
Person  bezieht .  Eine  ähnliche  Wendung  ist  aber  im  Italienischen  höchst 
selten  und  die  angeführte  Stelle  schon  von  den  Deputati  mit  Recht  als 
sehr  eigenthümlich  bezeichnet  '*).  Nachahmung  von  Seite  anderer  Schrift- 


*)  Die  andere  Stelle  aus  Dec.  3,  7  quäl  cagione  vi  dotea  mttavere 
a  torgltPisi  war  bis  jetzt  unbemerkt  geblieben,  und  man  soll  den 
Verfassern  zu  Danke  verpflichtet  sein,  dass  sie  darauf  hingewiesen 
haben.  Die  Anhäufnng  mehrerer  Affissi  erklärt  leicht,  wie  sich 
das  überflüssige  si  eingeschlichen  bat,  und  wie  es  der  Aufmerk- 
samkeit der  zahlreichen  Commentatoren  des  Boc.  entgangen  ist. 
Mit  diesen  zwei  Stellen  aus  Boc,  von  denen  jedoch  nur  die  oben 


tl2    Wiggers  GrammaUk  der  itaüemschen  Sprache^  ang.  v.  A.  Muisafla. 

steller  oder  gar  Ginführung  in  die  lebende  Sprache  ist  dieser  Wendung 
nicht  zu  Theil  geworden.  Von  den  'weiter  angeführten  Sätzen  ist  der 
von  den  Verfassern  gebildete  Hi  emwemie  partirsi  durohaas  unitalie- 
«isch,  und  die  Auslegung  des  zweiten  aus  Goldoni  enllchaten  beruht  auf 
ekiom  Misverständnisse  Vi  tvoi  fanto  a  i^esiirsi?  bedeutet  nicht  *  braucht 
I  br  so  viel  Zeit,  um  £ueh  anzuklcideii 9'  sondern  'braucht  man  ...  . 
«Hü  sich.'  Vi  entspricht  hier  tiamlieh  nicht  lat.  tobii,  sondern  lat.  iM, 
franz.  |f,  und  wir  haben  hier  die  aooh  von  den  Verf.  (S.  217)  eiwähnti' 
Rcidewolse  vi  puoie  (mit  besserem  Klange  ci  tuok)  für  *man  braucht/ 
«.  6.  €i  tmi  tempo,  ci  tuoi  paziemm,  d  wgiiüno  di  öe'doiiariii.s.w. 
Man  berichtige  demnach  S.  108—109,  6.  375,  S.  382  und  S.  384,  wo 
sieh  die  hier  besprochene  Anmerkung  wiederholt  angeführt  findet.  An 
•letzterem  Orte  bemerke  man  auch,  dass  die  dem  unrichtig  verstandenen 
H  tuoie  nachgeahmte  Fügung  mi  tuoie  für  'ich  bedarf'  in  der  Sprache 
nicht  vorkommt. 

Ober  den  Gebrauch  der  Negation  im  abhängigen  Satze  wird 
(S.  264—267)  umständlich  l>erichlet.  Es  ist  dies  eines  der  schwierigsten 
Gapitel  in  der  italienischen  Syntax,  da  nirgends  in  gleichem  Mafse  wie 
hiBr  das  Sehwanken  zwischen  der  classischen  subjeotiven  and  der  mo> 
demen  objectiven  Auffassung  hervortritt.  Ist  dieses  Verhältnis  von  den 
Verf.  auch  nicht  mit  der  gehörigen  Deutlichkeit  dargestellt  worden,  so 
darf  man  ihnen  daraus  bei  der  Schwierigkeit  des  Gegenstandes  fürwahr 
keiften  Vorwurf  machen:  ich  will  nur  bemerken,  dass  negare  mit 
proiöire  Heiare  guardarsi  nicht  hätte  vermengt  werden  tollen,  da  blofs 
110«  negare  die  Negation  im  Nebensatze  fordert  Der  von  den  Verf. 
angeführte  Satz:  Taluno  negherä  ehe  que^o  nan  iia  vero  'mancher 
wivd  läugnen,  dass  dieses  wahr  sei,'  wird  kaum  zu  belegen  sein. 
Auch  was  über  die  Construetion  von  dubitare  gesagt  wird ,  ist  nicht 
ganz  genau. 

Der  Abschnitt  über  Präpositionen  ist  deutlich,  bündig,  erschöpfend. 
Die  Bemerkung  (S.  271),  dass  Präpositionen  manchmal  einen  ganzen 
Sat^  regieren  können,  ist  ebenso  wie  die  aus  Boo.  entlehnte  Stelle  voll- 
kottnnen  vfehtig;  der  Satz  nber  Mm  pnö  da  tfke  lo  ha  fiuto  eteeme 
punitö  für*  er  kann  dafür,  dass  er  es  gethan  hat,  nicht  bestraft  werden,' 
Ist  spi'achwidrig. 

Die  'S.  296  litt  b  enthaltene  Bemerkung  bedarf  mancher  Einschrän* 
Imng.  Die  Wiederholung  einer  vorhergehenden  vermittels  che  zusammen- 
9eft(^tzten  Gonjunction  t)ei  efinem  zw€iten  oder  dritten  Gliede  des  Satzes 
durch  das  blofse  che  ist   im   Allgemeinen   ein  Gebrauch ,    welcher  der 


angeführte  überzeugend  ist,  Itefsen  sich  die  zwei  folgenden  aus 
Pelrairoa  vergleichen.  Son.^  1:  de9  mio  taneggiar  vergogna  ä  7 
ftutlo  ^*i  penUrsi  (da»  *Beue  fühlen'  wird  objeclivisch  aufgc- 
fjksst:  ii  peniirsi  »^  ii  pemimenu^,  Son.  188:  ^  una  fede  amo- 
rosa,  un  c&r  nnn  flntö,  S'  emer  aliruü  pH  coro  di  si  slesso  Son 
le  cagion  ch' amando  f  mi  distempre. 


'#  Ommmatik  der  italienischen  Spjache,  ang.  y.  A.  MwMfifUi.  ti% 

italienischen  8praohe  nicht  beaondera  zusagt;  bei  den  besten  Schrift- 
■tellern  wird  man  ihn  nur  selten  treffen.  Noch  seltener  aber  ist  er, 
wenn  die  vorhergehende  Conjunclion  das  che  nicht  enthält,  wie  z.  B. 
^mmdOy  we  u.  s.  w.,  und  jeder,  der  auf  Reinheit  der  Sprache  halt,  wird 
sich  so  viel  als  möglich  vor  ähnlichen  Constnictionen,  wie  die  von  den 
Verfassern  angeführten,  huteo. 

Die  Coojwiction  «011  ckt  (8.  301)  wurde  blofs  in  solchen  Sätzen  auf- 
gefQbrt,  in  welchen  sie  sich  auf  ein  einzelnes  Wort  bezieht.  13m  den  Ursprung 
der  Wendung  deotlicber  darzulegen,  hätte  es  jedoch  genützt,  auch  voll- 
stiadige  Nebensätze^  die  durch  diese  Conjunction  eingeleitet  sind,  anzu- 
fubreii.  Dabei  hatte  man  über  die  verschiedene  Bedeutung,  welche  sie 
annehmen  kann,  Aufschluss  geben  müssen.  Man  vergleiche  mm  eke  fmrt 
(oder  faeeki^  eid  cAe  gä  ordim,  prevtene  i  miei  deMeri,  und  non  ehe 
(mn  eio  eke  gli  &nhnOy  nU  wekemlsee.  Im  ersten  Falle  bedeutet  der 
Nebensats  *  nicht  nur  thut  er  alles,  was  ich  ihm  befehle,'  im  zweiten 
'nicht  nur  thut  er  nichts  von  dem,  was  ich  ihm  befehle/  Ebenso: 
qßiMia  medieina ,  non  che  guarire  /  infermo ,  lo  rende  piü  vigorow 
che  per  i*  aätUetro  mm  era  und  mm  che  guarire  t  inferwH^^  V  uccide. 
Eine  g^Miue  Erörterung  dieser  Conjunction  ist  bis  jetzt  nicht  versucht 
worden,  und  doch  wurde  es  sich  der  Mühe  lohnen. 

Von  .gleichem  Nutzen  wäre  eine  ausfuhrliche  Untersuchung  der  Gon- 
slfuetion  der  Zeitwörter  flure  iauiare  MetUire  u.  s.  w.  bei  folgendem  Inßni- 
tive.  Die  Verf.  haben  (8.  S96— 328)  zu  enge  Regeln  angestellt,  und  dadurch 
als  allmein  giltig  eine  ConstrucUon  angegeben,  welche  nur  bei  einzelnen 
Fällen  geläufig,  bei  anderen  aber  mir  den  älteren  Sehr iflstellern  eigenthümlich 
ist,  dagegen  eine  echt  volkstbümliche  gänzlich  ausgeschlosnen.  Ich  meine 
nämlteh  den  Gebrauch  von  a  vor  dem  (logisches)  Subjeclc  des  transi- 
tiven, von  seinem  Objecto  begleiteten,  Infinitivs.  Egii  fa  eoHtire  ai 
reü  ki  pemi  deU  Hmocenle;  fo  tedere  aiV  amtco  ii  mio  iaooro  sind 
populäre  Constructionen ,  in  welchen  niemand  an  der  Stelle  des  a  das 
Vorwort  da  setzen  würde;  aber  dies  nur,  weil  fa  BOß\rire  =»  infiigge, 
fa  vedere  ^  mouro  sind,  io  feci  eeppeiire  ii  cadavere  a  due  miei 
eetaUori;  mi  eeniii  graaar  ia  /tonte  alio  epiendore  sind  Sätze,  welche 
den  vorhergehenden  ganz  genau  entsprechen,  und  dennoch  ist  hier  der 
Gebrauch  des  a  heutzutage  nur  eine  gern  gesuchte  Eleganz;  geläufig 
ist  es  nicht,  und  man  braucht  dafür  da.  So  wäre  des  Satz  (8.  327) 
/boe  aiie  eue  danme  cäiamaNo  beinahe  unverständlich«  wozu  aber  die 
unpassewle  Wortstellung  beiträgt,  ijo  fece  chiamare  aiie  eue  domne 
llitle  einen  classischen  Anslrich;  in  der  Umgangssprache  biefse  es  nur 
ia  fece  chiamare  da  He  eue  dornte.  So  würde  jeder  'sie  hörten  ihn 
Gott  bitten'  laüi  io  ndirtmo  pregar  Dio  übersetzen,  schon  deshalb,  weil 
gU  leicht  eine  Zweideutigkeit  hervorbringen  würde.  Das  GelSgo  una 
iignora  avendo  veduto  dipfgnere  ia  sua  figiiuoia  hat  durchaus  nicht 
den  bestimmten  Sinn  ^  den  ihm  die  Verf.  beilegen  ,  es  lüssl  ebenso  gut 
beide  Bedeutungen  zu,  wie  das  entsprechende  *eine  Dame,  welche  ihre 


214    Wigpera  Grammatik  der  italienischen  Sprache,  ang.  v.  A.  Mmiofla. 

Tochter  hatte  malen  sehen.'  Eine  gute  Darstellung  dieser  Constructiouen 
wäre^  ich  wiederhole  es,  dem  Fleifse  irgend  eines  Lehrers  anzuempfehlen. 

S.  319  wird  richtig  bemerkt,  dass  wenn  ein  Relativsatz  an  ein 
Demonstrativum  anknüpft,  welches  als  Prädicat  eines  Pronomens  erster 
oder  zweiter  Person  erscheint,  das  Zeitwort  des  Relativsatzes  in  der 
entsprechenden  Person  stehen  soll.  Vollständiger  aber  hätte  die  Angabe 
80  gelautet:  *Das  Zeitwort  eines  Relativsatzes,  welcher  sich  auf  ein  Prä- 
dicat bezieht,  richtet  sich  gewöhnlich  in  Bezug  auf  Person  und  Zahl 
nach  dem  Subjecte.'  Nicht  nur  io  9ono  queilo  che  eereo,  daher  dann 
siecome  coiui  ehe  cerco,  sondern  auch  io  mi  son  un  che  piango, 
Sam  ii  iuo  zio  che  t'ho  nutricato.  Dec.  7,6  Son  Tingoccio  U 
quaie  eono  a  te  tomalo  '*).  Ich  sagte  aber  'gewöhnlich',  denn  es  finden 
sich  auch  Beispiele,  in  welchen  das  Zeitwort  mit  dem  Prädicate  über- 
einstimmt. Dec.  10,3  acciocchi  tu  tum  fossi solo  coiui  che  di  qui  ei 
partissei  3,  7:  non  Heie  ia  prima  ia  quaie  i  ingaunata,  Dante: 
Se*tu  quei  Virgiiio  e  queila  fonie  Che  spunde,  wo  aber  manche 
epandi  lesen. 

In  dem  Satze  Dec.  10,  8:  temo  che  non  ia  dieno  ad  un  aiiro,  ii 
quai  foree  non  sarai  desto  tu  (S.319  und  schon  früher  S.  117)  möchte 
ich  nicht  mit  den  Verf.  ii  quaie  als  Subject  und  desso  tu  als  Prädicat 
aufitassen.  Mir  scheint  unzweifelhaft,  dass  tu  das  Subject  ist,  ii  quaie  und 
desso  sind  Prädicate,  wovon  das  letztere  der  Deutlichkeil  wegen  das 
erste  wiederholt,  wie  denn  überhaupt  nach  relativen  Fürwörtern  verstär- 
kende Demonstrativa  aufserst  häufig  vorkommen.  Diese  Erklärung  schliefst 
auch  die  Annahme  einer  Verbindung  von  desso  tu  aus,  welche  von 
der  Sprache  nicht  anerkannt  wird.  Die  andere  Stelle,  welche  die  Verf. 
zum  Belege  dieser  Verbindung  anführen,  gehört  unter  jene ,  welche  sie 
flüchtig  untersucht  und  daher  misverstanden  haben.  Dec.  9, 1:  //  priega.,, 
[d'J  entrare  in  queiia  sepoitura,  dove  Scannadio  i  seppetUto,  e  met- 
terti  i  suoi  panni  indosso  e  stare,  come  se  tu  desso  /bssi,  inflno  a 
ianto  che  per  te  sia  venuto.  Jeder  sieht  gleich  ein ,  dass  hier  keine 
Verbindung  tu  desso  als  Subject  vorliegt,  sondern  tu  ist  Subject  und 
dessOy  auf  Scannadio  bezogen,  ist  Prädicat;  die  gewöhnliche  Wortstel- 
lung wäre:  se  tu  fossi  desso. 

Ich  will  gleich  hier  noch  einige  andere  Stellen  angeben,  in  welchen 
die  Verf. ,  den  Zusammenhang  nicht  beachtend,  ihre  Quelle  unrichtig  deu- 
teten. S.  325  finden  wir  aus  Dec.  4,  10  ie  chiese  consigiio,  citiert  mit 
der  Bemerkung  ie  sei  hier  Acc.  Plur.  Schlagen  wir  die  betreffende  Stelle 
nach,  so  finden  wir,  dass  die  Frau  ihre  Zofe  ruft  und  sie  um  Rath 
fragt:  ia  donna.. ..  chiamö  ia  sua  (ante  e. ..  ie  chiese  consigiio, 
Le  ist  also  Dativ  Singular.  Der  aus  der  falschen  Deutung  der  Stelle  ger 
zogene  Schluss,  chiedere  oder  domandare  regiere  einen  doppelten  Accu- 


*)  Noch  weiter  geht  Sacchetti,  nov.  19:  io  sono  uno  di  queiii  che 
addomando. 


W§$er9  Grammatik  der  italionischen  Sprache,  ang.  v.  A,  MuMiafla.  215 

sativ,  ist  unrichtig.  Die  zwei  anderen  Stellen  beweisen  äufserst  wenig. 
Bei  (Dec.  I,  3:  //  giudeo  d')  ogni  gwmiiiä  ehe  U  Saladino  ii  ricMese 
{ii  tervi)  ist  das  zweite  äi  wegen  des  oben  angeführten  bei  Boc.  bestan- 
digen Sprachgebrauches  ausgelassen.  Dec.  3,  10  40  damandö  gueiio 
ek^tila  andasse  eeramdo.  Auch  hier  liegt  keine  dem  Zeitworte  damandare 
eigenthumliche  Construction  vor,  sondern  ein  auch  von  den  Verf.  $.-356  be- 
merkter Gebrauch  der  älteren  Schriflstcller,  kraft  welches  ein  abhängiger 
Fragesatz  gern  in  einen  solchen  umgestaltet  wird,  in  welchem  auf  ein 
demonstratives  Purwort  (oder  Nebenwort)  ein  relatives  folgt.  So  bei 
Dante,  Pg.  9:  Ackitie  ii  riscoite., .  N(m  tappiendo  lä  dove  si  fosse 
statt  09e  ti  fo9$e, 

S.  331.  Als  Beispiel  der  Hinzufugung  eines  persönlichen  Fürwortes 
zu  einem  dem  Zeitworte  vorangehenden  Objecte  —  ie  coie  bitogna 
dirie^  ie  ckiati  mm  te  ie  darmmo  —  wird  auch  aus  Boc.  3,9  came 
catiH  f  ebbe  veduiü  angeführt,  und  mit* als  er  diese  gesehen  halte'  über- 
setzt. Die  unerträgliche  Härte  einer  solchen  Construction  hätte  die  Verf. 
unschlüssig  machen,  und  sie  veranlassen  sollen,  nach  ihrem  Autor  noch 
einmal  zu  greifen,  um  die  Stelle  besser  zu  untersuchen.  Hätten  sie  dies 
gethan,  so  würden  sie  folgendes  gelesen  haben:  {Em  giovHui)  nei  co- 
tpeUo  dei  re  vemuaj  di  ffra%ia  chiese  che  ia  sua  infermiiä  gii  ma- 
Uraeee.  Ii  re...  mm giieie seppe diedire,  e tmpitragiiele.  Ceme  costei 
i*Me  oeduia,  coii  Huontanente  ti  cemfortö  di  daterio  guerire,  e 
diae,...  Es  ist  also  klar,  dass  cosiei  Subject  ist  und  sich  auf  ia  gia^ 
tine  bezieht,  ia  ist  Object  und  stellt  das  Wort  infermiiä  dar;  man  über- 
5{etze:*und  als  das  Mädchen  das  Gbel  ansah"*). 

Die  Vergleichung  der  Stelle  in  ihrem  Zusammenhange  möge  noch 
dazu  dienen,  ein  anderes  Citat  der  Verf.  zu  berichtigen.  Es  wird  nämlich 
S.  367  unter  den  Beispielen  über  die  Auslassung  der  Gonjunction  ehe 
auch  Dec.  8, 10  a  Saiabaetio  fa  detio  ii  di  seguenie  ia  doteese  aspet- 
tare  angeführt.  In  Boc.  aber  lesen  wir:  a  Saiab.  /U  deiio  a  quai 
bagno  ia  d&veese  aspet.  Wir  haben  also  einen  abhängigen  Fragesatz, 
in  welchem  das  ehe  gar  nichts  zu  thun  hat.  Aus  diesen  wiederholten 
Verstöfsen,  welche  durch  gröfsere  Aufmerksamkeit  sehr  leicht  hätten 
vermieden  werden  können,  glaube  ich  den  Verf.  einen  gegründeten  Vor- 
wurf machen  zu  dürfen. 

Ein  befremdender  Misgriff  findet  sich  auch  S.  398.  Mit  dem  Satze 
depo  disMbuiie'ie  tue  genii,  penne,  vergleichen  die  Verf.  auch  Dec. 
6, 1:  gueiia  (noveiia)  che  cominciaia  avea  tenza  finita  iatciö  ttare. 
Sie  fassen  nämlich  finiia  als  Mittelwort  auf  und  übersetzen  *obne  sie 
beendigt  zu  haben.'   Finiia  ist  aber  hier  unbestritten  ein  Substantiv,  wor- 


'*)  Man  berichtige  auch  S.  338  *als  der  Ritter  gesehen  hatte,  dass  die 
Dame  ihn  (den  Falken)  ganz  gcfi^cssen  halte.'  Es  soll  hcifsen  *es 
(das  Herz).'  Die  Verf.  haben  nämlich  die  39.  Novelle  mit  der  49. 
verwechselt. 


tl6   Wi§9tr9  Orammatik  der  italienischen  Sprache,  ang.  v.  A.  MtüMaßa. 

über  das  Wörterbuch  der  Akademie  und  alle  Commentatoren  nachzu- 
sehen sind.  Die  von  den  Verf.  aus  dieser  misverstandenen  Steile  herge- 
leitete Bemerkung  ist  ganz  unstatthaft. 

Die  Erörterungen  über  den  Unterschied  zwischen  dem  ersten  oder 
Kweilen  Perfectum  (S.  335— 336)  sind  ziemlich  weilläuhg,  ohne  jedoch 
da^  Hicbtige  zu  treffen.  So  ist  der  zwischen  mori  i  13  di  G.  und  ^ 
m0rto  i  13  di  $•  nur  eine  von  der  Sprache  nicht  anerkannte  Spitz- 
findigkeit» und  der  weiter  unten  angeführte  Satz  oggi  moUi  foresUeri 
arrivarono  veratüfet  gegen  den  besseren  Sprachgebrauch. 

Die  S.  359  litt.  f.  mitgetheiitc  Hegel  ist  zu  allgemein  gefasst  und 
bedarf  grofser  Einschränkung.  Der  Sal/.:  mi  domandd  se  niefite  dl  ciö 
8i  fotse  detto  wientre  ehe  vivesee  ist  mir  sehr  verdächtig.  Von  einem 
neueren  Schriftsteller  ist  er  gewiss  nicht;  er  mag  allerdings  irgend  einem 
alleren  stark  latinisierenden  entnommen  sein,  ab^r  ich  wäre  versucht  zu 
glauben,  die  Verf.  hätten  ihn  selbst  aus  dem  Lateinischen  übersetzt.  In 
jedem  Falle  ist  er  heutzutage  wenig  verständlich.  Durchaus  unitalienisch 
ist  dann  der  folgende:  Se  U  mio  piacere  fouero  segMii?),  avrei  falto 
funo,  mentre  che  nell'altro  foeee  etato  occttpato.  Kein  Italiener 
hätte  hier  die  zwei  Pronomina  1o  und  egii^  die  des  Gegensatzes  halber 
unentbehrlich  sind,  weggelassen. 

Eine  unpassende  Nachahmung  eines  Satzes  aus  ßoc.  finden  wir 
S.  367.  Per  Chi  non  sla  riccOy  etOti  credettero  che  lo  foisi  ist  ein 
kaum  verständlicher  Satz,  der  mehrfach  gegen  den  heutigen  Sprachge- 
brauch verstöfst.  Es  ist  bekannt,  dass  perchi  eigentlich  nur  dann  als 
concessive  Conjunction  wirken  kann,  wenn  der  Hauptsalz  verneinend 
ist.  *  Deswegen,  dass  er  mich  beleidigt  hat,  werde  ich  ihn  doch  nicht 
strafen,  trifft  genau  mit  dem  Satze  zusammen  *Obwol  er  mich  beleidigt 
bat  u.  s.  w.\  daher  im  Itaiiemschen :  Perchi  m*aöö1a  offeio^  tum  lo  punirö. 
Ist  der  Hauptsalz  bejahend,  so  ist  natürlicherweise  ein  solches  Umschlagen 
der  Bedeutung  der  causalen  Conjunction  nicht  möglich.  Dass  sie  dennoch 
im  Allitalienischcn  stattgefunden  hat,  erklärt  sich  aus  einer  ungeschickten 
Nachahmung  der  richtigen  Construction ;  aber  erstens  sind  die  Fälle,  wo 
der  Hauptsatz  bejahend  und  die  Construction  folglich  unberechtigt  i^i, 
verschwindend  gering  gegen  die  Anzahl  jener,  in  welchen  der  Haupt- 
satz verneinen«!  ist ,  und  zweitens  ist  dieser  Gebrauch  schon  seit  dem 
16.  Jahrhunderte  ganz  in  Vergessenheit  gerathen.  und  es  ist  mit  Recht 
kein  Versuch  gemacht  worden  ihn  wieder  zu  beleben.  Der  obige  Satz 
würde  im  Italienischen  lauten:  Sebbene  io  non  sia  ricco,  tuUi  cre- 
devano  che  foasL 

S.  386.  */^/  verbindet  sich  mit  dem  Infinitive  nach  solere.  Die 
Verbindung  mit  dem  blofsen  Infinitive  ist  die  gewöhnliche.'  Nicht  nur 
die  gewöhnliche,  sondern  die  ausschliefslichc.  Der  angeführte  Satz  mote 
dt  teparsi  ist  nicht  italienisch. 

Ich  will  nun  meine  Übersicht  durch  Anführung  einiger  Ausdrücke 
und  Wendungen  beschliefsen,  welche  der  Berichtigung  bedürfen. 


Grammatik  der  italienischen  Sprache,  ang.  y.  A,  Muaafla,  217 

8.  21  Ml  cono  femmHUnOy  una  9olpe  femmHUna  statt  femmimi. 
—  S.  22  WM  dottera  *eine  Dattel'  kommt  nicht  vor;  es  soll  heiCsen 
4utter0.  -—  S.  24 |M||^//l0ii^* Schmetterling';  ein  unbrauchbarer  Latinismus 
liir  farfiaia.  —  S.  88  /  inregi  'der  Preis*  statt  //  ]^e*%o;  denn  /  prepi  be- 
dtutet  *  die  Vorzüge/  —  S.  53.  Pauarano  dei  n^/i^nZ/ertf*  Freiwillige 
statt  woämlari.  —  a  168  n/Aim/iiare* anzünden'  statt  aceendere;  denn 
miLy  übrigens  veraltet,  bedeutet  'erleuchten.' 

8.  48.  Cki  paträ  dimtgat€  ia  nta  eommiiennione  a  M,  Stuart, 
gm€Mt0  tfifeHctnima  regina?  Ein  solcher  Gehrauch  des  queHo  als 
ApposiliOD  wird  mit  Recht  von  den  Grammatikern  als  unitalienisch  be- 
leichiiet 

8.51.  ^1^/10  noti%ia  mm  ha  de  Ha  proöadiiUä.  Der  Satz  istver- 
neineiidy  und  das  Subst.  abstract,  folglich  ist  der  Theilungsartikel  ganz 
unpassend.  NOM  ha  firoöaöititä  statt  fum  i  prohahite  ist  ebenfalls  keine 
schöne  Wendung. 

8.  17  //  «10/0 'das  Schlechte'.  ~  S.  135  <l  öuono  ehe  voieva 
das  Gute  was  er  wollte.'  —  S.  354  i  öuono  che  gti  uomMmm  aap- 
wUma  quamdo  marratmo  statt  //  maie^  U  bene,  i  öene. 

8.  263.  'S^  p'i  niiiuuo  ehe  abbie  bisoffno  detF  ecommia.  it 
reettante  deite  commedie  dovrebbe  euere  queeto.  Ist  das 
italienisch  f 

8.  301.  Lo  credo  bene,  ma  non  po$$o  soceorrere*\ch  kann 
nicht  helfen.'  Ein  Germanismus.  Man  sagt:  non  ci  poeeo  rimedtare, 
nem  pouo  far  nutia  u.  s.  w. 

8.326.  Cht  gti  manda  a  farlo?  'Wer  heifst  ihn  dies  thun.'  un- 
gebräuchlich,  d/  gli  ordina  (comando,  impone)  di  fario? 

S.  335.  Queeto  pe%%o  s'e  rappreeentato,  'Dieses  Stuck.'  Wir 
sagen  wol  wi  peno  di  formaggio,  un  pe%%o  dipane,  aber  von  Theater- 
stacken ist  pet%o  unverständlich. 

8.  363.  Mise  um  amboiciatore  'er  schickte.'  Die  Verf.  dachten 
an  lat.  mieit.  Ital.  miee  bedeutet  aber 'er  legte;'  'er  schickte'  heifst 
maudd  tnpiö, 

8.  371.  //  eontiderare  i'uno  ^  V  e$cludere  raltro,  Moltiplicare 
gU  aeiti  ^  it  formare  taute  piccole  eotrauitä.  In  allen  solchen  Fällen 
muss  un  statt  //  gesagt  werden. 

S.  378.  ffa  dimoslraio  eseere  it  vatentieiimo  neti' arte,  'dass 
er  sehr  bedeutend  ist.'  Richtiger  essere  vaient,  ohne  Artikel;  und  sollte 
der  Superlativ  relativ  sein,  'der  bedeutendste,'  dann  hiefse  es  (falls  man 
keinen  verschollenen  Latinismus  gebrauchen  wollte)  ii  piü  patente. 

Im  Verhältnisse  zu  der  geringen  Anzahl  von  Sätzen,  welche  die 
VerL  selbst  gebildet  haben,  erscheint  dieses  Verzeichnis,  welches  übrigens 
keinen  Anspruch  auf  Vollständigkeit  macht,  ziemlich  grofs. 

Die  Gorrectheit  des  Druckes  lässt  viel  zu  wünschen  übrig.  S.  7 
gautta  (pan.);  8  tise  {tief),  maniatio  {tuen,);  26  Lepoti  iLeop.);  30 

ZaiUehrift  f.  d.  Saterr.  Ovinnat.  1860.  HI.  H«ft  16 


918    IF<ki«rf  GrAmmatik  der  UAlieniachen  Sprache,  ang.  t.  i.  MMi«/l0. 

fir0igia,  flregii  (freiio\\  56  earraUere  (cor.);  65  rieotUgatfe  {ricon- 
ktrwey\  136  ovvi?^  iatrH);  \U^  äfpinir  {ßHvm);  l49  <if>^  *lfiv»a  (M- 
9»§uo)'^  150  q^kMMHOy  %67  OfMW^e  («1»);  ft&fr  <ift(aa/tf  (-11/0)»  »64 
rUpia44ujfS0  irime0.)i  960  /»  «tf&  ph^  lfm)\  683  v^T/iA?  (rM.).  Gegen 
die  Hegelu  der  SylNneinlbeilung  finden  wir  //'  am  Ende  der  Zeile  s.  b. 
S.  6^  d0U'i  9-n  X,  B  %\.  m-nem\  41  siß^nora;  373  regionäre. 
Manche  Wörter  erinnern  so  lehhaU  an  d^  Lateiniscke»  da»«  man  ge- 
neigt wäre,  keinen  Druckfehler  lu  vermuthen.  &3^  toifo  i%0L)\  45 
intraf  €  inntr.);  57  desiruUmi  (<K(f/r.);  67  aipiß»H&  {dip.};  66 
flMtonarnUi  W4on.)i  70  Pi4^  (C^*).-  164  pßroißirt  Uferc^p,};  6^3 
i//r^tf  (dire);  301  mwido  (mofido).  Soll  das  befremdende  äeiia 
Mie  (S.  51)  auch  ai»f  Rechnung  doe  S^Uar«  gesetot  werden?  Ich 
glaube  kaum,  dass  den  Yerfasseni  das  ilal  Genus  des  lat.  [SouiruiAs  k§c 
unbekavot  war. 

Zum  Schlüsse  will  ich  auch  eine  mehr  äufserliche  Bemerkung  bei- 
lugen. Sin  nicht  geringer  Übelstand  für  die  praktische  Handhabung  des 
Buche«  ist  de««en  Anordnung,  Die  Paragraphe  sind  ungemein  lang  und 
zerfallen  in  eine  Menge  von  Abtheilungen  und  DnterabtheliiNigen*  Da* 
durch  ergeben  eich  Citale  wie  folgendes:  S,  14»  1,  1»  «»  aa^  deren  Auf- 
findung, da  am  Anfange  dar  Seite  der  betreffende  g.  nicht  angeführt 
ist,  sehr  schwierig  wird.  Daher  war  ich  genöthigt  nach  Seiten  su 
citieren. 

Ich  hoffe,  es  werdn  au«  dem  bisher  geaagten  erhellen,  dass  das 
Werk  der  Hrn.  Wiggcrs  in  jedem  Falle  eine«  Fortsehritt  in  der  Behand- 
lung der  italienischen  Grammatik  beieichnet,  und  der  Aufmerksamkeit 
nicht  unwürdig  ist,  welche  wir  uu«eren  laCS^rn  ^ugemuthet  haben; 
daas  es  aber  in  seiner  jetzigen  Gestalt  wecler  den  atreng  wissenschaft- 
lichen Forderungen,  noch  dem  praktischcu  Zwacke  de«  Unterrichtes  voll- 
kommen entspricht  Ich  glaube,  das«,  wenn  die  Verf.  aotti  den  Fleifse, 
der  ihnen  eigen  m  sein  scheint,  die  verbeasemde  Haad  daran  legen, 
und  sich  bemühen  werden  immer  gröfsere  Sicherheit  in  der  Hand- 
habung der  guten,  reinen  Sprache  %u  erlangen,  sie  uns  reolit  bald  eine 
Bearbeitung  ihre«  Werke«  bieten  werden,  welclie  die  Lücke,  die  wir 
noch  immer  bei  den  italienischen  Lehrmitteln  bedauern,  su  gutem  Tbeile 
ausfüllen  wird. 

Wien.  Adolf  Mussafia. 


4)l.  f^pnüfin,  Se^hs  Holsgcbnitte  u.  s.  w.,  ang.  v.  i.  SieinJUtUser.    219 

Sec|i8  Holzschnitte  zur  Charakteriati^  der  sechs 
Ejrdtbeile.  lllugtrationen  zu  Dr.|C.  VogeTs  Natur-  und  Land- 
scbaflsbildern ,  so  wie  zu  allen  Lehrbüchern  der  Geographie.  Ge- 
zeichnet von  m.  Leutemann.  Geschnitten  von  J.  G.  PlegeL 
Mit  Vs  Bogen  Text    Leipzig,  J.  C.  Heinrichs,  1859.  —  45  Ngr. 

Wei^n  in  diesen  B|attern  das  vorliegende  kleine  Bilderwerk  zur 
Anzeige  komint,  so  geschieht  es  weniger  wegen  der  Anerkennung  des 
künstlerischen  Werthe^  der  Abbildungen  und  ihrer  Eignung  als  Zierden 
geographischer  Lehr-^ind  Handbucher,  als  um  die  verdienstlichen  Werke 
Dr.  G.  Vogersy  seine  Natur-,  Landschafts-  und  Geschichts- 
bilder bei  dieser  Gelegenheit  in  Erinnerung  zubringen,  welche  sämmt- 
lieh,  in  ihrer  innigen  Verbindung  mit  seinem  bekannten  Atlas  mit  Rand- 
zeiclinungen,  eine  Reihe  trefflicher  Lesebücher  bilden  und  schon  lange 
einen  weit  reichenden  (bei  uns  jedoch  noch  erweiterbaren)  Wirkungs- 
kreis nach  Gebühr  sich  erworben  haben.  Da  sowohl  die  Volkschule  als 
die  Mittelschule  Gelegenheiten  genug  findet,  die  Vorstellungen  von  Land 
und  Leuten  auf  der  grofsen  Erde  durch  etwas  ausfuhrlichere  Schilde- 
rungen lebendiger  zu  machen,  so  sind  in  neuerer "^Zeit  viele  Compila- 
tionen  entstanden,  um  diesem  Bedürfnisse  zu  genügen,  und  es  ist  das 
weite  Gebiet  der  Erdkunde  in  den  nieisten  Richtungen  mit  mehr  und 
weniger  Geschick  ausgebeutet  worden.  Dr.  Vogel's  Werke  waren  unter 
den  ersten ,  und  erleben  neue  Auflagen ,  weil  sie  an  innerem  Werlhe 
nicht  die  letzten  sind,  sondern  wissenschaftlichen  Fleifs  mit  paedago- 
giscbem  Tacte  vereinigen. 

Mit  den  sechs  sehr  gelungenen  Holzschnitten  von  Hrn.  Leutemann 
und  Hm.  Flegel  (beide  bereits  vortheilhaft  bekannt)  hat  die  neue  Auf- 
lage der  Naturbilder  eine  zweckgemäfse  und  ansprechende  Zierde  erhalten. 
Es  sind  keine  Beigaben,  welche  den  Gegenstand  erschöpfen;  sie  können 
aus  den  tausendfältigen  Gestalten  der  Natur  uns  nur  sehr  wenige  vor 
Augen  bringen,  nur  eine  gut  aufgefasste  Zusammenstellung  einiger  weni- 
gen Züge,  aber  dieses  wenige  leisten  sie  befriedigend.  In  der  Regel 
ist  aus  jedem  Erdtheile  nur  ein  Land,  und  in  diesem  eine  Sccnerie 
als  charakteristisches  Bild  gewählt  worden,  in  Europa  Deutschland,  in 
Asien  Ost-Indien,  in  Africa  Aegypten,  in  Nord-America  die  Polarwelt, 
io  Süd-America  Brasilien,  in  Oceanien  Neu-Holland.  .Vorzugsweise  ist  es 
der  Wald  mit  seiner  reichen  Pflanzenwelt,  in  welcher  jene  Thiere  grup- 
piert werden,  die  eben  passend  schienen.  Vor  allem  der  Raum,  dann 
aber  auch  künstlerische  und  andere  Rücksichten  (machten  diese  Be- 
schränkung nöthig,  welche  jedoch  den  Wunsch  erregt,  nach  und  nach 
Fortsetzungen  dieser  Bilder  zu  erleben  ,  in  weichen  die  Lücken  durch 
Aufnahme  anderer  Gegenden  mit  anderer  Staffage  ausgefüllt  werden. 
Gerne  möchte  man  auch  den  Löwen,  die  Giraffe,  den  Straufs  u.^^s.  w. 
in  ihrer  natürlichen  Umgebung  erblicken,  oder  eine  Ansicht  der  verti- 
ealen  Polarwelt  und  anderer  oft  gelesener  Naturwunder  gewinnen.  Freilich 


220  Th,  IVUfsteiH,  fünfstellige  logar.  trigon.  Tafeln,  aog.  v.  Dr.  K.HormUin, 

würde  sich  dadurch  vielleicht  zu  jedem  Abschnitte  der  Natur-  und 
Landschaflsbilder  eine  Beigabe  ergeben,  gewiss  nur  zur  Förderung 
des  Lernens  durch  das  Auge.  Der  Mensch  und  seine  Werke  wurden 
principiel  ausgeschlossen,  weil  sie  auch  in  dem  Buche«  zu  dem  die 
Illustrationen  gehören,  nicht  vertreten  sind.  Der  Text  nennt  im  Flusse 
anregender  Schilderung  die  dargestellten  Gegenstände,  die  meist  ohne 
Schwierigkeit  erkannt  werden  können.  Die  technische  Ausführung  ist 
lobenswerth;  ein  Kunsturtheil  bleibe  den  Kennern  vorbehalten. 

Wien.  A.  Steinhauser. 


Fun  fst  ellige  logarithmisch-trigono  metrische 
Tafeln  von  Dr.  Theodor  Wittstein.  (XXVIll  u.  13t  S.)  Han- 
nover, Hahn,  1859.  —  1  11.  34  kr.  ö.  W. 

Vorstehendes  Werkchen  verdient  sowohl  für  den  Schulgebrauch 
als  auch  zur  Verwendung  bei  gröfseren  Rechnungen  aufs  wärmste  em- 
pfohlen zu  werden.  Es  enthält  auf  dem  sehr  mäfsigen  Räume  von  nur 
118  Seiten  folgende  Tafeln:  Tafel  1  (Seite  1—24),  die  gewöhnlichen 
Briggischen  Logarithmen  der  natürlichen  Zahlen  von  1  bis  9999  mit 
Angabe  der  Proportionaltheile  zur  Erleichterung  der  Interpolation  ;  Ta- 
fel II  (S.  25—29),  die  natürlichen  trigonometrischen  Zahlen  für  die 
Winkel  des  ersten  Quadranten  von  Viertel-  zu  Viertel-Grad  mit  den  bei- 
gefügten Differenzen  für  eine  Minute;  Tafel  111  (S.  30—97),  die  Loga- 
rithmen der  trigonometrischen  Zahlen  für  die  Winkel  des  ersten  Quadran- 
ten von  Minute  zu  Minute  mit  den  beigefügten  Differenzen  für  eine 
Secunde;  Tafel  IV  (S.  98  und  99),  die  Länge  der  Kreisbögen  für  die 
einzelnen  Grade ,  Minuten  und  Secunden  für  den  Halbmesser  Eins ; 
Tafel  V  (S.  100—116),  die  Gaufs  sehen  Logarithmen  für  die  Summen 
und  Differenzen  von  Zahlen;  Tafel  VI  (S.  116—118),  die  natürlichen 
Logarithmen  der  ganzen  Zahlen  von  1  bis  404.  Der  Anhang  (S.  119—131) 
gibt  noch  die  wichtigsten  Formeln  zur  Auflösung'ebener  und  sphaerischer 
Dreiecke,  sowie  zur  trigonometrischen  Auflösung  der  quadratischen  und 
kubischen  Gleichungen ,  endlich  die  Dimensionen  des  Erdspha^roides 
(nach  Bessel)  und  deren  Logarithmen. 

Auf  die  Anordnung  der  Tafeln  ist  grofse  Sorgfalt  ver^-endet,  und 
überall  die  möglichste  Einfachheit  angestrebt.  Tafel  I  hat  die  bei  sechs* 
und  siebenstelligen  Logarithmentafeln  gebräuchliche  Einrichtung ;  des- 
gleichen die  Tafel  der  Gaufs'schen  Logarithmen.  Bei  Tafel  II  und  III 
folgt  nach  dem  Argumente  zuerst  der  Sinus,  dann  der  Cosinus  und  zu- 
letzt die  Tangente  und  Cotangente.  Hier  möchten  wir  die  Ordnung: 
Sin.,  Tg..  Cotg^  Cos.  vorziehen,  indem  dadurch  eine  Gleichrörmigkeit 
der  Tafel  für  den  ganzen  Quadranten  erzielt  wird.  Erv^üascht  wäre 
auch  eine  Erleichterung  für  das  Aufsuchen  der  Logarithmen  der  Sinus 
und  Tangenten  kleiner  Winkel. 


i.  «/.  ß4fffinafm,  Abriss  der  Logik,  ang.  v.   W,  Voikmann.       221 

Die  AusstattuDg  des  Werkchens  ist  vortrefflich,  die  in  Anwen- 
dung gebrachten  Ziffern  sehr  deutlich  und  gut  leserlich.  Auch  verdient 
die  grofse  Gorrectbeit  der  Tafeln  erwähnt  zu  werden. 

Wien.  Dr.  Karl  Hörn  stein. 


Karl  Aug.  Jul.  Hoff  mann  (Director  des  6ymn.  zu  Luneburj^). 
Abriss  der  Logik  für  den  Gymnasial-Unterricht  entworfen.  (Vlll  «. 
49  S.)  Rlausthal,  Grosse,  1859.  —  V,  Rthlr. 

Ref.  begrufst  die  vorliegende  Arbeit  des  um  Philologie  und  Gram- 
matik wohlverdienten  Hm.  Vf.'s  als  einen  erfreulichen  Beweis,  wie  viel 
pädagogische  Einsicht  und  Geschicklichkeit  mit  den  bisweilen  gering- 
geschätzten Mitteln  der  alten  Aristotelischen  Logik  zu  leisten  vermögen. 
Die  Zahl  der  Lehrbücher  der  Logik  für  die  Zwecke  des  Gymnasiums  ist  sehr 
beträchtlich  und  bekanntlich  noch  in  steter  Zunahme,  und  so  gerne  wir 
zugestehen,  dass  vielleicht  kein  einziges  gänzlich  verfehlt  ist,  so  wenig 
scheint  uns  doch  anderseits  irgend  eine  der  neueren  Leistungen  dem 
vorhandenen  Bedürfnisse  volle  Rechnung  getragen  zu  haben.  Der  Haupt- 
mangel liegt  in  dem  Zuviel  des  Gebotenen ,  und  zwar  in  doppelter  Be- 
ziehung, einmal  so  zu  sagen,  was  den  Raum  des  Territoriums  der  Logik 
und  einmal  was  den  zeitlichen  Standpunct  ihrer  Entwickelung  betrifTt. 
Wir  sehen  nämlich  die  neueren  Erscheinungen  der  bezuglichen  Literatur 
in  dem  Streben  befangen,  einerseifs  den  ganzen  Lehrstoff  der  Logik  zu 
einem  möglichst  systematischen  Abschlüsse  zu  bringen  und  so  ihr  Ziel 
in  eine  Art  von  encyklopaedischer  Darstellung  zu  setzen,  so  wie  ander- 
seits sich  auf  den  Standpunct  einer  neuen  ja  allerneuestcn  Schule  zu 
steUen,  um  den  Schuler  ja  möglichst  schnell  in  die  bewegte  Gegenwart 
einzufuhren.  Beiden  Hegt  ein  Verkennen  der  Stellung  der  Logik  auf 
dem  Gymnasium  zu  Grunde,  welches  die  psedagogische  mehr  äufserlichc 
Bedeutung  derselben  mit  dem  rein  innerlichen  Selbstzwecke  wissen- 
schaftlicher Entwickelung  und  Systematisierung  verwechseln  lässt.  Und 
80  muss  denn  sogleich  an  dem  vorliegenden  Abrisse  der  Logik  rühmend 
hervorgehoben  werden,  dass  der  Hr.  Verf.  sich  mit  aller  Entschiedenheit 
auf  den  Standpunct  stellt,  den  wir  für  den  allein  angemessenen  erachten. 
Einem  bekannten  Vorbilde  folgend,  schliefst  er  sich  möglichst  getreu  an 
die  Aristotelische  Logik  an.  und  geniefst  dadurch  gleich  von  vornherein 
den  doppelten  Vorlheil ,  sowohl  dem  Scheine  erschöpfender  Systematik 
aus  dem  Wege  zu  gehen,  als  auch  durch  das  in  gewisser  Beziehung 
neutrale  Gebiet  des  alten  Organons  der  Polemik  der  modernen  Schule 
entrückt  zu  sein.  Allein  auch  dieser  Standpunct  würde,  rücksichtslos 
festgehalten,  gewiss  eine  Verschuldung  dem  Schüler  gegenüber  hei  bei- 
führen, dem  schon  aus  äufseren  Gründen  nicht  vorenthalten  bleiben  darf, 
dass  die  Aristotelische  Logik  denn  doch  auch  ihre  Geschichte  hat,  der 
es  an    späteren  Errungenschaften   nicht   ganz   fehlt.    Dass  demnach  der 


«22       i.  /  ßofffnam,  Abris:*  der  Logik,  ang.  v.   IF.  Mkinam. 

Hr«  Vf.  erklärt ,  bei  allem  möglichst  genauen  t^esthalteu  an  Aristoteles, 
doch  auf  ein  eklektisches  VerfäbreU  ikift  angewiesen  geWtsen  zu  sein, 
zeigt  gewiss  nur  von  dessen  Einsieht,  Und  die  Verbindung  beider  Prin- 
cipien  erweist  sich  bei  der  Durchführung  im  Detail  leichter,  aU  es  von 
Vornherein  den  Anschein  haben  möchte. 

Der  Hr.  Vf.  beginnt   mit   der   Hervorhebung  der   Hauptpunctc  der 
bekannten  Aristotelischen  Erkenntnistheorie  —  und   hier   hätten  wir  vor 
allem   etwas  mehr  Ausführlichkeit   und    Klarheit  gewünscht  (man  vergl. 
z.  ü.  die  Formulierung  von  7)  —  und  bandelt  sodann  in  drei  Abschnitten 
vom  Crtheile  (§.  2),   vom  Beweise  (g.  3--16)>    von   der  Definition  und 
€iassif!cation  <g.  17 — 19).  Man  sieht  schon  au)3  dieser  Abtheilung,   wie 
sich  der  Hr.  Vf.  den  gewöhnlichen  SloflT  der   reinen   Logik:    die  Lehre 
vodä  Begriff,  Drtheii  und  Schluss  turccht  legt    Ist   es  nun   auch  schon 
höehsl  schwierig,  ja  vielleicht  geradezu  unmöglich,    ein  allgemein  gil- 
tiges Regulativ  für  das  Quantum  des  aus  jedem  einzelnen  Theile  aufzu- 
nehmenden zu  bestimmen,  so  dürfte   der  umsichtige  Hr.  Vf.  wt)l  selbst 
zugeben,  dass  bei  dieser  Disposition  die  Lehre  vote  Begriffe  denn  doch 
namhaft  zu  kurz  gekommen  ist.    Ein  par  flüchtige  Andeutungen  in  der 
Beweislehre  abgerechnet  (S.  19),   treten   einzelne    Hauptpunctc   der  Bc- 
griffslehre  erst  im  letzten  Capitel  (S.  40)  vor,  und  auch  hier  kommt  es 
weder  zu  einer  Erklärung  der  für  die  Schlusslehre  wichtigen  Umfangs- 
verhältnisse,  noch  zu  einer  wirklichen  Erörterung  des  Begriffes  des  Om- 
fanges  selbst,  von  dem  doch  schon  S.  7  und  19  Gebrauch  gemacht  wer- 
den musste.   Entsprechender  scheint  uns  schon   die  Theorie  des  Urlheils 
behandelt.     Was  wir  hier  noch  vermissen,  wäre  nur  die  Scheidung  der 
analytischen  und  synthetischen  Urtheile.     Diese  Trennung  hat  das  merk- 
würdige Schicksal   gehabt,   von   ihrem    Urheber   ausdrücklich    von    der 
Logik  ausgeschlossen  und  auf  die  Vernunftkritik  beschränkt  worden  zu 
sein .   während   sie   doch  im  Verlaufe  der   späteren  Entwickelungen  der 
Philosophie  längst   aus   der  Erkenntnislehre   verschwunden    ist,   in  der 
Logik  hingegen  ihre  reichen  Früchte  trägt  und  tragen  wird.   Ref.  glaubt 
es   eben  als   einen   Hauptfortschritt  der    neueren    Logik    bezeichnen    zu 
können,  dass  sie  neben  die  alle  Aristotelische  Theorie,  die  sich  nur  auf 
das  analitische    Urtheil   beschränkt,    die   Behandlung  des   synthetischen 
Urtheils  gesetzt  hat,   deren  Anwendung  auf  manche  Puncte  der  Theorie 
der  Naturwissenschaft  von  gröfstem  Interesse  zu  werden  verspricht.     In 
diesem  Abschnitte  tritt   uns  auch  die  Scheu   des  «Hrn.  Verf.'s  vor  allge- 
meinen, schulmäfsigen  Definitionen   am   auffälligsten   entgegen,   und  der 
Schüler  muss  hier  mit  manchem  «Gewöhnlich*  (S.  6),    mancher  blofsen 
Uindeutung  auf  Beispiele  (S.  5  und  7)  und    auf  den   sprachlichen  Aus- 
druck (S.  8)  vorlieb  nehmen.    Um  so  rückhaltsloser  können  wir  uns  mit 
der  trefflichen   Weise   einverstanden    erklären ,    in   der   die   Lehre   vom 
Schlüsse  abgehandelt  wir/d.   Der  geehrte  Hr.  Verf.  weifs  hier  ein  tieferes 
Eindringen  in  das  Wesen  der  syllogistischen  Figuren  mit  der  Überliefe- 
rung des   alten    formalistischen   Schematismus    glücklich    zu   verbinden, 


A.  y.  HoffintmH,  Abriss  der  Logik,  aug.  v.   W.   Voikinami.       223 

und  dit».  so  wie  die  zwcckmäfsig  gewählten  Beispiele  und  die  knappe 
geschmackvolle  Darstellung  in  kurzen  leicht  übersichtlichen  Gliederungen 
haben  auf  Ref.  einen  wahrhaft  erfrischenden  Eindruck  ausgeübt  und 
sichern  dem  Hm.  Vf.  die  Theilnahme  aller  Sachverständigen. 

Ein  Eingehen  auf  einzelne  Puncte  scheint  nach  dem  gesagten  wol 
überflüssig.  Ref.  bekennt  mit  manchem  derselben  gar  nicht,  mit  einigen 
nur  nach  präciserer  Fassung  einverstanden  sein  zu  können.  Als  Beispiele 
der  zweiten  Art  erinnert  er  nur  an  die  zu  weite  Definition  der  Logik 
(S.  2),  an  Sätze,  wie  «das  allgemeine  Gesetz,  dass  man  von  den  Dingen 
nur  das  ihrem  Wesen  Entsproehetde  aussagen  kann ,  stellt  über  der 
Logik  und  gilt  also  auch  für  sie'  (S.  %),  oder  «das  Crthcil  ist  der  allge-* 
meinste  Ausdruck  über  Sein  und  Nichtsein'  (S.  4),  an  die  Auffassung 
singulärer  Drtheile  als  particulär  (S.  6),  an  die  Definition  des  inducto- 
ittdie&  Beweites  <S.  2t) >  an  da«  oft  gerügte:  der  Begriff  ist  gleich  der 
Summe  seiner  Merkmale  (S.  41)  u.  s.  w.  Auch  besteht  zwischen  den 
beiden  Behauptungen,  die  Definition  berücksichtige  nur  das  Verhältnis 
zu  dem  übergeordnetem  Begriffe  (S.  42),  und  es  sei  bei  ihr  die  Angabe 
der  Unterschiede  zu  den  nebengeordneten  Begriffen  nothwendig  (S.  44), 
ein  leicht  zu  entfernender  Widerspruch.  Da  ein  weiteres  Eingehen  in 
diese  und  ähnliche  Puocte  die  Tendenz  und  den  Raum  dieser  Zeitschrift 
weit  überschreiten  würde,  so  begoügle  sich  Ref.  mit  dieser  unvollstän- 
digen Andeutung  seiner  Bedenken ,  und  zwar  um  so  lieber ,  je  be- 
stimmter eine  neue  Revision  des  gewiss  bald  verbreiteten  Werkchens 
den  Hm.  Verf.  selbst  zur  Modificieriing  manches  einzelnen  Ausdruckes 
fühf«n  dürfte. 

Prag.  Wilhelm  V  o  I  k  m  a  n  n. 


Dritte  Abtheilung. 


Verordnangen  für  die  österreieliteehen  Gym- 
nasien; Statistik. 

Personal-  und  Schulnotizen. 

(Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen,  Aus- 
eeicbnungen  u.  s.  w.)  —  Der  bisherige  Supplent  am  Gymnasium  zu 
Priemysl,  Hr.  Michael  P o  1  a Ä sk i ,  zum  wirklichen  Lehrer  desselben 
Gymnasiums. 

—  Der  Tiroler  Schulrath ,  Hr.  Johann  D  e  11  a  Bona  zum  Schul- 
rathe,  Volks-  und  Realschulinspector  in  Venedig,  und  der  bisherige 
Leiter  des  dort  aufzubebenden  Ober  -  Schulinspectorates ,  Hr.  Johann 
Codemo  zum  Statthaltereisecretär  extra  statum  bei  der  venetianischen 
Statthalterei. 

—  Der  provisorische  Director  des  Staatsgymnasiums  zu  Treviso, 
Hr.  Nazarius  R  e  p  i  c  h  ,  zum  wirklichen  Director  des  Gymnasiums  in 
T  r  i  e  n  t.  

*-  Der  Supplent  an  der  Cnterrealschule  zu  Stuhlweifsenburg, 
Hr.  Alexius  Vogl,  zum  Lehrer  daselbst. 

—  Die  provisorischen  Lehrer  an  der  Unterrealschule  zu  Szege- 
din,  Hr.  Alfons  Bernstein  und  Hr.  Alois  Landau,  zu  wirklichen 
Lehrern  an  dieser  Lehranstalt. 


—  Der  Doctor  der  Rechte,  Hr.  E.  Klein  sehr  od  aus  Fnankfurt 
a/M.,  zum  ordentlichen  Professor  des  gemeinen  deutschen  Givilprocesses 
an  der  Innsbrucker  Universität, 

—  Der  aufserordentliche  Professor  des  römischen  Rechtes  an  der 
k.  k.  Krakauer  Universität,  Hr.  Dr.  Gustav  Dcmelius,  zum  ordent- 
lichen Professor  desselben  Faches  daselbst 

—  Der  Rathssecretär  zuj  Zloczowy  Hr.  Dr.  Peter  BunzyAski, 
zum  o.  ö.  Professor  des  französischen  Civilrechtes ,  dann  des  polnischen 
Rechtes  und  seiner  Geschichte,  an  der  k.  k.  Universität  zu  Krakau. 

—  Der  Adjunct  an  der  Sternwarte  zu  P  a  d  u  a ,  Hr.  Dr.  Virgil 
Trettenero,  zum  a.  o.  Professor  der  Astronomie  ander  dortigen 
Universität 

—  Der  bisherige  Scriptor  an  der  Bibliothek  des  polytechnischen 
Institutes  zu  Wien,  Hr.  Karl  Kreutzer,  zum  zweiten  Gustos  an  der 
V^  i  e  n  e  r  Uni  versitätsbibliothek. 


Personal-  und  Schulnotizen.  ff5 

—  Der  Amanuensis  der  Wiener  Dniversitatebibliothek,  Hr.  Franz 
Bre  iterklieber,  zum  Scriptor  an  der  Innsbrucker  Oniversitats- 
bibliotbek. 

—  Den  Schulratben  in  Ungarn,  Hm.  Dr.  Johann  Greschner 
und  Hm.  Severin  Schmidt,  ist  in  Anerkennung  ihres  bisherigen  ver- 
dienstvollen Wirkens  das  Ritterkreuz  des  Franz  Joseph-Ordens  Alier- 
gnädigst  verliehen  worden. 

—  Dem  Katecheten  an  der  Haupt- und  Cnterrealschule  zu  Te scheu, 
Hm.  Dr.  Georg  Prutek,  ist  in  Anerkennung  seines  verdienstvollen 
Wirkens  für  Schule  und  Gemeinde  das  goldene  Verdienstkreuz  AUergnä- 
digst  verliehen  worden. 

—  Der  kaiserliche  Rath  und  o.  Professor  der  Pastoral-Theologie, 
Hr.  Dr.  Johann  Fabian,  Capitular-Canonicus,  ist  zum  Dechant  und  der 
o.  Professor  der  Kirchengcscbichte ,  Hr.  Dr.  Johann  Smutek,  fürsterz- 
bischöfl.  Titular-Consistorialrath,  zum  Capitular-Domherro  am  Collegial- 
capitel  zu  Allerheiligen  in  Prag  AUergnädigst  ernannt  worden. 

—  Se.  k.  k.  Apost.  Mi^estät  haben  mit  Allerhöchster  Entschliefsung 
vom  7.  Febraar  1.  J.  AUergnädigst  anzuordnen  geruht,  dass  dem  ordent- 
lichen Professor  der  Rechte  an  der  Krakauer  Universität  und  kaiser- 
lichen Rathe  Dr.  Felix  v.  Slotwinski,  aus  Anlass  seiner  Versetzung 
in  den  wohlverdienten  Ruhestand  in  Anerkennung  seiner  vieljährigen 
und  ersprie£slichen  Dienstleistung  im  Lehrfache  die  Allerhöchste  Zu- 
friedenheit bekannt  gegeben  werde. 

—  Dem  mährisch-ständischen  Historiographen ,  Sr.  Hochw.  Hm. 
Beda  Dudik,  ist  die  Allerhöchste  Bewilligung  ertheilt  worden,  das  ihm 
verliehene  Ritterkreuz  des  Ordens  der  kön.  Württemberg'schen  Krone 
annehmen  und  tragen  zu  dürfen. 

—  Dem  k.  k.  UDiversitäts-Professor ,  Hrn.  Dr.  Eberhard  J  o  n  a  k, 
ist  die  Allerhöchste  Erlaubnis  ertheilt  worden,  das  Ritterkreuz  des  kön. 
Württemberg'schen  Friedrich-Ordens  annehmen  und  tragen  zu  dürfen. 

—  Dem  Diener  bei  den  naturwissenschaftlichen  Sammlungen  der 
Theresianis  eben  Akademie  in  V^ien ,  Joseph  Nefsmann,  ist 
das  silberne  Yerdienstkreuz  AUergnädigst  verliehen  worden. 

(Concurse,  Erledigungen,  Stiftungsplätze,  Stipen- 
dien U.S.W.)  —  An  der  Unterrealschule  zu  Pancsova  eine  Lchrer- 
stelle  für  Freihandzeichnen  als  Hauptgegenstand  nebst  Befähigung  zum 
Vortrage  der  Geographie  und  Geschichte  oder  für  Rechnen  und  Natur- 
geschichte, mit  dem  Gehalte  von  jährl.  630  fl.  ö.  W.  und  sonstigen 
Emolumenten.  Termin:  Ende  Februar  1.  J.,  bei  dem  k.  k.  serbisch-banater 
Landes-General-Commando  zu  Temesvär.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  18. 
Febroar  1.  J.,  Nr.  44.) 

—  An  der  neuerrichteten  vollständigen  Gomrounal-Cnterrealschule 
zu  Sniaty  n  (Kolomeaer  Kreises  Galiziens)  2  Lehrerstellen,  jede  mit  dem 
Jahresgebalte  von  630  fl.  ö.  W.  und  dem  Vorrückungsrechte  in  840  fl. 
und  1060  fl.  ö.  W.,  und  zwar  die  eine  für  Freibandzeichnen  und  Schön- 
schreiben, die  andere  für  Chemie,  Physik  und  Arithmetik.  Termin: 
Ende.  April  1.  J.,  bei  der  k.  k.  Statthalterei  in  Lemberg.  (S.  Amtsbl.  z. 
Wr.  Ztg.  v.  23.  Februar  1.  J.,  Nr.  48.) 

—  An  der  Krakauer  Universitäts-Bibliothek  eine  Amanuensis- 
stelle  mit  dem  Adjutum  von  jährl.  315  fl.  ö.  W.  Termin:  Binnen  6 
Wochen,  beim  Krakauer  k.  k.  akad.  Senate.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v. 
24.  Februar  1.  J.,  Nr.  49.) 

—  Am  k.  k.  Untergymnasium  zu  Skalitz  eine  Lehrerstelle  für 
das   Lateinische   und  Griechische,    bei    deutsch- slavischer  Unterrichts- 


926  Personal-  utid  8cbulüOiizeii. 

Sprachü,  mit   (lem  JahiHJsgchallo  fon  735   fl.  ö.  W.   und  deoi  Ansprüche 
auf  DcoeaaalKulagen.  (S.  AmtsbL  z»  Wr.  Zig.  v.  t9.  Februar  1.  J.,  Nr.  53.) 

—  An  der  k.  k.  Normal- Haupt-  und  Unterrcalschule  bei  6i.  Ann  a 
zu  Wien  die  Stelle  eines  technÄchen  Lehrers  (namentlich  für  Chemie, 
Baukunst  und  Freihandzeichnen),  mit  dem  Gehalte  jähri.  630  fl.  ö.  W. 
und  einem  Quarlier^elde  von  1^6  ö.  W.  (S.  Aintsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  29. 
Februar  1.  J.,  Nr.  63.) 

—  An  der  Ünterrealschule  in  Zombor  eine  Lehrcrstellc  fiir  Frei- 
handzeichnen als  Hauptfach  und  seomclrisches  Zeichnen  in  Verbindung 
mit  Baukunst  und  Bauzeichnen  als  Nebenfach,  mit  dem  Jahresgchalte 
von  525  fl.,  einem  Quartiergelde  von  105  fl.  und  einem  Holzrelutum  von 
63  fl.  ö.  W.  Termin:  20.  März  i.  J. ,  bei  dem  Magistrate  der  k.  Frei- 
und  Kreisstadt  Zombor.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  4.  März  1.  J.,  Nr.  57.) 

—  An  der  Bibliothek  des  k.  k.  polytechnischen  Institutes 
itt  Wien  eine  Scriptorstelle  mit  dem  Jabresgehalte  von  740  fl.  und  dem 
QUärtiergelde  von  160  fl.  ö.  W.  Termin  t  15.  April  1.  J.,  bei  der  k.  k. 
n.  ö.  Statthalterei.    (S.  Amstbl.  z.  Wr.  Ztg.  vom  4.  März  1.  J.,  Nr.  57.) 


—  Ober  einige  erledigte  Stiftpl&tze  aus  der  Friedrich  von  Saar'- 
scheo  Familienstiftung,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  25.  Februar  1.  i.»  Nr«  50. 

—  Über  die  Erledigung  eines  Areiherrl.  Kirchberg<er 'sehen 
Siiflungsplatzes  in  der  k.  iL  Theresianiscben  Akademie,  s.  Amtsbl.  s.  Wr. 
Ztg.  V.  29j.  Februar  1.  J.,  Nr.  53. 

—  Über  die  Gründung  von  10  Stipendien  zur  üotei^tützuog  4en 
Superintendenzen  augsburger  und  helv^etischen  Bekenntnisses  angehöriger 
Candidaten,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  2.  Ute  I.  J.,  Nr.  55. 

(Todesfälle.)  ~  Am  18.  Jänner  1.  J.  zu  Mannheim  die  Vor- 
steherin des  dortigen  Fräuleinstiftes,  Frau  Amalie  Jung,  eine  Tochter 
Jung-Slillings  (geb.  zu  Marburg  am  20.  October  1796),  eine  der  Zierden 
der  paBdagogischen  Welt. 

—  Am  1^.  Februar  1.  J.  zu  Rom  der  berühmte  Archaeolog,  Hr.  P. 
Joseph  Marchi  (geb.  1795  zu  üdine). 

—  Am  12.  Februar  1.  J.  in  London  der  General-Lieutenant  Sir 
William  Francis  Patrik  Napie  r  (geb.  am  17.  December  1785  zu  Castle- 
(own  in  Irkmd),  ein  Bruder  des  Scinde-Eroberers  Sir  Gh.  Napier,  als 
Krieger  uud  Schriftsteiler  («Gesdnchie  des  Ualbinselkrieges,'  «K^ro^erung 
von  Scinde,'  ^Lebeo  und  Meinungen  von  Sir  €.  Napier^  u.  m.  a.) 
bekannt. 

—  Am  18.  Februar  1.  J.  zu  Wien  Hr.  Friedrich  Beck,  (J»iver- 
sitäts- Buchhändler,  Geincinderath  und  Mitglied  mehrerer  gelehrter  Ge- 
sellschaften, verdient  um  die  Förderung  der  Schulliteratur,  im  58. 
Lebensjahre. 

—  Am  19.  Februar  1.  J.  in  Siebenbürgen  der  junge  hoCTnungs volle 
Biohter  Hr.  Lad.  Väradi  (pseudonym:  Phaon  und  Martin  Kerekes),  im 
27.  Lebensjahre. 

— -  Am  21.  Februar  1.  J.  zu  Grate  Hr.  Peter  Harum,  als  Lehrer 
an  der  dortigen  k.  k.  Normalbauptschule  45  Jahre  lang  thätig ,  durch 
Herausgabe  grammatischer  Schriften  («Lehrbuch  der  deutschen  Sprache,'^ 
Praktische  Anleitung  zur  Erlernung  der  deutsclien  Rechtschreibung^ 
a.  m.  a.)  bekannt. 

—  Am  22.  Februar  1.  J.  zu  Kiel  Frau  Doctorin  Dora  H  e  r  s  1  e  r , 
Schwägerin  und  ttographin  Nie buhr 's ,  eine  Frau  von  umfassendem 
Wissen,  selbst  in  der  classischen  Philologie,  im  90.  Lebensjahre. 

—  Am  25.  Februar  1.  J.  zu  Wien  Se.  Hochw.  Hr.  Th.  Dr.  Joseph 
Kaerle,    Weltpriester,    o.  ö.  Professor  der  arabischen,  syrischen    und 


Personal-  und  Schuluotizen.  227 

ehaldäiscbcn  Sprache,  dann  der  höheren  Exegese  des  alten  Bundes  an 
der  Wiener  Universität,  Decan  des  Professoren-Collegiums  der  theol. 
Facultäty  fürsterzbischöfl.  Brixener  Consistorialrath  u.  s.  w. ,  im  58. 
Lebensjahre. 

—  Am  25.  Februar  1.  J.  zu  Wien  Hr.  Anton  Olrich  Burkhardt 
(geb.  zu  Salzburg  am  9.  December  1826),  Assistent  der  k.  k.  Central- 
anstatt  für  Meteorologie  u.  s.  w.,  durch  seine  Leistungen  in  diesem 
Bereiche,  namentlich  durch  seine  «Naturkalender.*  wohlbekannt 

—  Am  25.  Februar  1.  i.  zu  Müncheh  der  k.  bayr.  Geheimrath, 
Hr.  Dr.  Frdr.  Wilh.  Thiersch  (geb.  zu  Kirchscheidungen  bei  Frei  bürg 
an  der  Dustrut  in  Thüringen,  am  17.  Juni  1784),  zahlreicher  Orden 
Commaudeu^  utid  Bitter,  Vorstand  der  kön.  bayr.  Akademie  der  Wissen- 
schaften und  General-€onservator  der  wissenschaftlichen  Sammlungen 
des  Königreiches  Bayern,  corr.  Mitglied  der  kais.  Akademie  der  Wissen- 
schaften in  Wien,  als  Philolog,  Philhellene  und  vielseitiger  Gelehrte, 
so  wie  durch  werihvolle  schriftstellerische  Leistungen  auf  alhen  Gebieten 
seines  reichen,  vielumfassenden  Wissens,  gleich  ausgezeichnet. 

—  Am  27.  Februar  L  J.  zu  Dusseldorf  Hr.  Prof.  M Osler,  früher 
durch  lange  Jahre  Lehrer  der  Kunstgeschichte  bei  der  Kunst-Akademie, 
in  vorgerücktem  Alter. 

—  Am  28.  Februar  I.  J.  zu  Zürich  Hr.  Heinrich  Esc  her,  Pro- 
fessor der  Geschichte  am  Gymnasium  daselbst. 

—  Im  Februar  I.  J.  zu  Hamburg  der  Professor  der  Botanik  am 
akademischen  Gymnasium  und  Direclor  des  botanischen  Gartens .  Ur. 
Lehmann. 

—  Am  4.  März  1.  J.  im  Haag  Hr.  von  Ro munde,  früherer  Cul- 
tusrainister  für  die  katholischen  Angelegenheiten. 

•^  Am  6.  März  1.  J.  eu  Klagenfnrt  der  k.  k.  Appellationssecretär^ 
Hr.  Gottlieb  Freiherr  von  Ankershofen  (geb.  zu  Klagenfurt  am  22. 
August  1795),  Ritter  des  Franz  Joseph- Ordens,  wirkt.  Mitglied  der  kais. 
Akademie  der  Wissenschaften ,  Conservator  für  das  Kronland  Kärntben 
u.  8.  w.,  als  Forscher  und  Schriftsteller  auf  dem  historischen  Gebiete 
seines  Vatertandes  («Geschichte  des  Kroulandes  Kärntben,'  «die  ältesten 
kirchlichen  Bauten  Kämthens'  u.  m.  a.)  rühmlich  bekannt. 

—  Am  8.  März  l.  J.  zu  Triest,  Hr.  Girseppe  Almanzi  (von 
Padua),  als  Orientalist  und  Bibliothekar  in  Italien  und  Deutschland  rühm- 
lichst bekannt,  im  Alter  von  59  Jahren. 

—  Am  9.  März  I*  J.  zu  Padua  Se.  Hochw.  Hr.  Abbate  Joseph 
Trivellata,  als  einer  der  letzten,  aber  auch  eifrigsten  und  begab- 
testen Vertreter  der  alten  Richtung  des  ^GymnaUum  Patatinum,^  nainent- 
lieh  durch  seine  lateinischen  Übersetzungen  italienischer  KAnacr€ontiche>^ 
bekannt,  im  Alter  von  fast  70  Jahren. 

—  Am  12.  März  I.  J.  zu  Wien  Hr.  D.  Benedict  Wagner,  k.  k. 
Rath,  pens.  Professor,  emeritierter  Rector  der  k.  k.  Dniversität  zu  Lem- 
berg  u.  s.  w.,  im  78.  Lebensjahre. 


Vierte  Abtheilung. 


Miscellen. 

Programme  österreichischer  Gymnasien  und  Real- 
schulen am  Schlüsse  des  Schuljahres  18*%9. 

(Fortsetzung  von  Hft.  11  des  Jabrg.  1860.  S.  142  ff.) 

111.  Abhandlungen  aus  dem  h  i  slori  scb-geographi  sehe  n 

Gebiete. 

1.  Die  ordetUliche  Bundewersofnmlung  der  Aioler.  (Abhandlung 
von  Prof.  J.  Plaschnik  im  Progr.  des  Gymn.  der  k.  k.  Theresianischen 
Akademie  in  Wien.  1859.  4.  25  S.)  —  In  der  vorliegenden  Abhandlung 
geht  der  Verfasser  von  der  Stelle  des  Livius  (XXXI,  32)  aus,  worin 
derselbe  in  der  ätolischen  Bundesverfassung  zwei  ordentliche  Versamm- 
lungen —  conciiium  Panaetoiicutn  und  conciHum  Pylaicum  —  unter- 
scheidet. Die  frühere  Kritik  hatte  festgestellt,  dass  das  conciUum  Pan- 
aetolicum  gleichbedeutend  mit  der  synoduM  Thermica  des  Poiybius 
sei,  gegen  welche  Ansicht  aber  von  Dukerus  in  seiner  Interpretation  des 
Livius  gewichtige  Bedenken  erhoben  worden  sind.  Der  Verfasser  der 
Abhandlung  hat  sich  die  Lösung  nachstehender  Fragen  gesetzt: 

a.  Ist  der  herrschenden  Ansicht,  dass  das  conciHum  Panaetoiicutn 
des  Livius  und  die  Sffnodus  TAermica  des  Poiybius  ein  und  dasselbe 
sei,  oder  der  Meinung  des  Dukerus  beizupflichten,  der  diese  Identität 
bezweifelt? 

ö.  Welche  Ansicht  hat  Livius  selbst  von  dem  conciiium  Panae- 
ioiicum  und  dem  conciHum  Ppiaicum^ 

c.  Wie  verhält  sich  die  Ansicht  des  Livius  zu  dem  Berichte  des 
Poiybius? 

Demgemäfs  handelt  der  Verfasser  zunächst  von  dem  conciHum 
PanaeioHcum ,  welches  er  für  eine  ordentliche  ätolischc  Bundesver- 
sammlung erklärt,  die  über  Krieg  und  Frieden  zu  Naupactus  an  einem 
bestimmten  Tage,  wahrscheinlich  im  Frühjahr,  gehalten  wurde.  Sodann 
wird  das  conciiium  Pylaicum  besprochen.  Der  Verf.  meint,  dasselbe 
erscheine  bei  Livius  in  doppelter  Gestalt:  einmal  als  conciiium  Pylai^ 
cum  Aeioiontm,  dann  schlechthin  als  conciiium  Pyiaicum.  Beide  hätten 
die  locale  Beziehung  auf  den  Ort  Thermopylae,  nber  sie  seien  wesent- 
lich von  einander  unterschieden ;  jenes  erstere  sei  eine  gesetzliche  Ein- 
richtung des  ätolischen  Bundes  und  habe  gleiche  Kraft  über  Krieg  und 
Frieden  mit  dem  conciiium  PanaeioHcum,  das  andere  erscheint  als  con- 
venitü  Graeciae. 


Miscellen.  929 

S.  16  aufgert  er  sich  näher  dahin,  dass  die  Ausdrucke  napaita- 
ai««  und  SiQfiiTid  als  termini  iechnici  in  die  Gesetzgebung  der  Ätoler 
aufgenommen  wurden,  um  die  zwei  regeimäbig  in  jedem  Jahre  statt- 
findenden Bundesversammlungen  der  Ätoler  zu  kennzeichnen  und  zu 
unterscheiden;  die  SsQiit%d  zu  Anfang  des  Herbstes  in  Thermen,  wo 
die  Wahl  der  Bundesbeamten  stattfand  und  vorkommenden  Falles  auch 
über  Krieg  und  Frieden  ein  Beschluss  erfolgte,  dagegen  die  Tlapaixm' 
XiHM  zu  Anfang  des  Frühlings  in  Naupactus,  wo  über  die  Unterneh- 
mungen der  kriegslustigen  Ätoler,  über  Krieg,  Frieden,  Bündnisse  be- 
ratlien  und  beschlossen  wurde. 

Zur  weiteren  Begründung  dieser  Ansicht  wird  aus  dem  Zusam- 
menhang der  Begebenheiten  in  der  Geschichte  des  ätolischen  Bundes 
im  ersten  Jahre  der  147.  Olympiade  nachgewiesen,  dass  in  dasselbe 
drei  Versammlungen,  zwei  ordentliche  und  eine  aufserordentliche  fallen, 
und  zwar  1.  ein  eoncitiwn  PanaeMicum  in  r^aupactus  im  Frühjahr, 
2.  ein  coneiUum  Tkermieum  {Fplaieum)  in  Thermon  zur  Zeit  des 
Uerbstaquinoctiums  und  3.  ein  concitHtm  indictum  zu  Lamia  im 
Spätherbst. 

Wenn  man  auch  hinsichtlich  des  Ganges  der  Gntersuchung  und 
Beweisführung  in  manchen  Stücken  mit  dem  Verfasser  nicht  ganz  über- 
einstimmen wird,  so  muss  doch  anerkannt  werden,  dass  die  gelehrte 
Abhandlung  dem  griechischen  AI terthums forscher  jedenfalls  einen  beach- 
tenswerthen  und  interessanten  Beitrag  liefert  zur  Beleuchtung  der  Ver- 
fassung des  ätolischen  Bundes ,  über  dessen  innere  Einrichtungen  nur 
noch  unvollständige  Nachrichten  vorliegen. 

Wien.  J.  Aschbach. 

2.  Die  Begehungen  der  patmonUcken  und  groTa-mäMachen 
Siapen  %u  den  Karolingern  und  tum  pdpatitchen  Stuhle.  (Abband- 
lung  von  J.  Ludm.  St^pan  im  Programm  des  k.  k.  kath.  Staats- 
gymnasiums zu  Neu  sohl.  19  S.  4.)  —  Es  ist  ein  misliches  Ding,  irgend 
eine  historische  Arbeit  ohne  die  ausreichenden  Hilfsmittel  zu  versuchen; 
vollends  das  vorliegende  Thema  mit  seinem  mannigfachen  Quellenstoffe 
lässt  sich  nur  in  anhaltender  Benützung  einer  gröfseren  Bibliothek  in 
genügender  Weise  behandeln.  Der  Hr.  Verf.  seheint  aber  nicht  in  der 
Lage  gewesen  zu  sein,  auch  nur  die  gewöhnlichen  Sammlungen,  wie  die 
späteren  Bände  der  Monumenia  Germaniae ,  deren  fünfter,  eilfter  und 
dreizehnter  Band  ihm  nach  seinen  Citaten  unbekannt  geblieben  sein  müs- 
sen, sich  zu  verschaffen.  Wäre  ihm  überdies  eine  der  neueren  Arbeiten 
über  die  Frage  zu  Banden  gekommen,  so  würde  er  es  wol  aufgegeben 
haben,  einen  so  schwierigen  und  in  so  verschiedene  Literaturen  übergrei- 
fenden Stoff  zu  behandelt^  wobei  wir  gelegentlich  bemerken  wollen,  dass 
es  besser  ist  gar  nichts  über  byzantinische  historische  Literatur  zu  be- 
sitzen, als  die  ungenügenden  Auszüge  eines  flüchtigen  Pedanten,  wie  der  viel- 
berühmte Stritter  war.  Genug,  wir  verzichten  lieber  auf  ein  Drtheil  über 
das  Sachliche  der  vorliegenden  Arbeit,  indem  wir  gern  anerkennen,  dass 
sie  —  das  stoCsweise  Vorkommen  von  pathetischen  Sätzen  und  Wendungen 
abgerechnet  —  in  einem  recht  fliefsenden  Deutsch  geschrieben  ist  Indem 
Ref.  schliefslich  uoch  bemerkt,  dass  ein  so  gänzliches  Misverständnis 
seines  Buches,  wie  es  S.  17  der  vorliegenden  Schrift  in  Bezug  auf  die 
Berufung  der  Ungarn  vorkommt,  sich  vielleicht  auch  aus  dem  erwätm- 
ten  Büchermangel  des  lim.  Verf.'s  erklärt,  kann  er  nicht  umhin,  auch 
bei  dieser  Gelegenheit  den  Rath  zu  wiederholen,  dass  doch  die  in  öster- 
reichischen Programmen  leider  noch  so  seltenen  Beispiele  von  histori- 
schen Arbeiten,  welche  speciel  locale  Gegenstände  in  wissenschaftlicher 
Weise  behandeln,  mehr  Nachahmung  finden  mögen. 

Wien.  Max  Büdinger. 


990  Miscellen. 

3.  Ge$cAicäie  des  h.  h.  epangHUchen  Gymna$iumB  vu  Tescäen. 
(Abhandlung  von  Qottlieb  Biermannim  Programm  des  ovangel.  Gym- 
nasiums SU  T eschen.  1869.)  —  Hr.  ßiermann,  der  sich  schoo  durch 
einige  frühere  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  Geschichtsforschung  vor- 
tbeilhaft  und  bekannt  gemacht  hat,  benützte  den  Umstand  der  hundert- 
fünfzigjährigen  Jubelfeier  des  Bestandes  der  Teschener  evangel.  Kirche  und 
Schule  zur  Veröffentlichung  von  zwei  sehr  werthvoUen  Schriften  über 
die  Geschichte  von  Kirche  und  Schule  daselbst.  Die  eine  davon  bat  den 
Titel:  CetcA/cMe  der  evangeüichett  Kirckß  öHerreiekUch  ScJkU9^en$, 
mii  öesanderer  RüchaUhi  auf  die  GnadenHirohe  tm  TeeckfH.  Denk- 
echrifi  vtm  iSUäkripen  Juöeifeste  der  eaang.  JeiUsif4rcMe  vom  Teechen. 
Teichen,  Kari  Prociaska,  f86».  Die  andere  behandelt  die  Gescbichie 
d^r  Schule  und  liegt  in  der  angeführten  Programnarbeit  uns  vor.  Obwohl 
nun  hier  zui^chst  nur  Anlass  wäre,  diese  letztere  Arbeit  zu  besprechen, 
so  können  wir  doch  nicht  umhin  auch  auf  jene  dem  Gegenstande  und 
der  Veranlassung  nach  engverwandte  Schrift  einzugehen,  von  der  wir 
Wünschten,  dass  sie  in  weiteren  Kreisen  die  Aufinerksamkeit  auf  sich 
zöge.  Denn  wenn  eine  Denkschrift  dieser  Art  zunächst  auf  dea  beson- 
deren Zweck  berechnet  ist,  so  wird  es  ihr  unzweifelhaft  zum  höchsten 
Lohe  gereichen,  wenn  behauptet  werden  darf,  dass  sie  ein  allgemeineres 
histofisches  Interesse  mit  Bccht  in  Anspruch  nimmt. 

Die  mannigfaltigen  Schicksale  der  evangelischen  Kirche  in  Schlesien 
haben  in  älterer  Zeit  mancherlei  historische  Darstellung  gefunden,  in 
Innerer  2eit  dagegen  ist  uns  kein  Werk  in  dieser  Richtung  bekannt  ge- 
worden. Hr.  Biermann  hat  sich  imb  der  Aufgabe  unterzogen,  aus  dem 
ziemlich  zerstreuten  Material  eine  zusammenfassende  Geschichte  des  Pro- 
testantismus im  Teschener  Gebiete  zu  liefern.  Es  ist  natürlich,  dass  da 
gerade  die  Partieen  der  älteren  Zeit,  in  welchen  auch  in  diesen  Gegen- 
den dar  Kampf  der  neuen  und  der  alten  Dootrin  alle  Qemüther  in  Bewe- 
gung gesetzt  hat,  das  meiste  Interesse  in  Anspruch  nimmt  Der  Verf.  hat 
nicht  allein  gedruckte  Quellen  für  seine  Darstellung  zu  Rathe  gezogen, 
sondern  es  standen  ihm  auch  handschriftliche  und  urkundliche  reichlich 
zu  Gebole.  Von  der  Zeit  seit  der  Gründung  der  Jesuskirche  in  Teschcn 
war  in  den  Acten  derselben  viel  interessantes  zu  finden,  aber  auch  für 
die  frühere  Zeil  bringt  der  Verf.  einige  nicht  werthlose  Urkunden  aus 
Bjelitzer  Archiven»  die  über  die  scblesische  Ueformaüon  Nachricht  geben. 
Eine  weitläufige  handschriftliche  Geschichte  der  Religionswirren  hat  der 
Verf.  endlich  in  dem  Werke  des  h/erzogl.  Briegischen  Käthes  Buckisch 
benutzt,  dessen  viele  FoJiobände  füllende  Sammlung  von  Nachrichten 
und  Acten  in  der  Tesclxener  Bibliothek  aufbewahrt  wird.  Dabei  müssen 
wir  indfiB  bemerken,  das«  wir  uns  nicht  erklären  können,  warum  der 
Verf.  über  Fundort,  Umfang,  über  die  Natur  und  den  Charakter  seiner 
handschriftlichen  Quellen  nur  so  spärliche  und  unvollkommene  Notizen 
gibt  Geschah  es  aus  übertriebener  Bescheidenheit  oder  bewahrt  er  ein 
Geheimnis?  —  Jedenfalls  ist  es  das  erste  Gesetz  wissenschaftlicher  Ar- 
beilen, namentlich  über  unbekannte  Quellen  dem  Leser  volle  Rechenschaft 
SU  erstatten. 

Aus  dem  gesagten  wird  man  indessen  leicht  erkennen,  mit  wie 
gripfsom  Fleifse  und  welcher  Sorgfalt  sich  Hr.  Biermann  den  Untersu- 
chungen über  die  Geschichte  der  evangelischen  Kirche  und  Schule  hin- 
gf^iebeu  hat.  Dabei  hätte  vielleicht  auf  ein  oder  das  andere  Moment 
gröfseres  Giewicht  gelegt  werden  können.  So  scheint  die  Zeit  nach  dem 
weftphäliscbcn  Frieden  bis  zur  Altranstädter  Convention  in  ihrer  Bedeu- 
tung für  die  Entwickelung  der  evangelischen  Kirche  kaum  hinreichend 
gewüfdigt.  Sie  ist  doch  nicht  spurlos  für  die  protestantische  Bewegung 
in  Schlesien  vorübergeg^mgcn.  Gerade  für  die  sclilc^ischen  Angelcgon- 
heiten  unter  Leopokl  1.  enthält  selbst  Wagner  (llistoria  Leopoldi  I.)  ein  so 


MisceUen.  931 

reichet  Material,  das«  es  der  M&be  werth  gewesen  wäre,  den  politischen 
Verwicketungeo,  die  gerade  durch  die  Bedrückung  der  sehlesiscben  Pro- 
testanten »ich  ergehen  hahen,  näher  nachzugeben.  K.  A.  Mensel,  dem 
die  schleaischen  Verhältnisse  nahe  genug  gelegen,  hat  nicht  unterlassen 
in  dieser  B^xiehung  die  richtigsten  Gesichtspuncte  festzustellen.  Die  po- 
litische Stellung  Schwedens  zu  Österreich  war  namentlich  durch  das* 
jenige  bedingt,  was  in  der  zweiten  Hälfte  des  17.  Jahrhundorts  in  Schlesien 
TOT  sich  gegangen  war. 

Doch  wanden  wir  uns  su  der  Abhandlung  zurück,  welche  Hr. 
m«npami  im  vorjährigen  Programme  des  Gymnasiums  geliefert  hat  Es 
is|  die  Geschichte  des  Gymnasiums,  voll  von  sehr  interessantem  Detail; 
dM  viobtigate  darin  jedenfalls  die  mit  Hecht  umständliche  Mittheilung 
dw  »iir  Zeit  der  dntstobu^g  der  Schule  abgefafsten  Lehrplanes.  Die 
jWbMliegea  vor  die  Doceutes  et  Discentes*  sind  ein  durch  und  durch  in* 
tecfsWKter  P^Urag  zur  Gesqhicbt  des  Dnterrichtswesons.  Die  Darstellung 
Qienniinn'a  hätten  wir  etwas  prägnanter  gewünscht,  namentlich  ist  die 
Menier  bald  mit  den  eigenen»  bald  «lit  den  Worten  der  Schulleges  bunt 
dorchaiqander  zu  reden,  in  hohem  Grade  störend  und  unklar ;  aber  man 
verkeimt  doch  keinen  Augenblick  die  Wichtigkeit  der  hier  gemachten 
MHibeilmig^n.  pie  Angaben  über  Methoden  des  Unterrichtes,  die  strenge 
Verweisung  auf  den  In  halt  des  zu  lehrenden  im  Gegensätze  gegen  die 
so^enaiwte  formale  Bildung  der  Jesuitcnschulen,  die  Pflege  des  griechi- 
schen und  hebräischen,  alle  diese  Dinge  lassen  unzweifelhaft  ein  fortge- 
scbrJtteiies  Unterrichtssystem  erkennen.  Ks  entsteht  nun  aber  die  Fraget 
VO  sind  die  Erfahrungen  gesammelt,  deren  Product  und  Resultat  der 
mitgetÜieilte  Lnterrichtsentwurf  sein  mussteV  Hr.  Biermann  scheint  erkannt 
zu  haben,  dass  die  Beantwortung  dieser  Frage  von  grusstem  Belange  ist^ 
und  er  ha^  deshalb  nicht  unterlassen  zu  bemerken,  dass  der  Arbeit  des 
Yerfassefs  der  Schulleges  der  sächsische  Lehrplan  zu  Grunde  gelegen 
habe.  Nur  bedauern  wir,  dass  dies  nicht  im  einzelnen  und  genauer 
naphgewiesen  worden  ist,  denn  gerade  in  dem  Zusammenhange  der  Dingo 
dieser  Art  liegt  ihre  eigentliche  Bedeutung.  Geschichtliche  Arbeiten  über 
UnterrichtsanstaJten  könnten  überhaupt  weit  fruchtbarer  gemacht  werden, 
wemi  man,  anstatt  die  äufsere  Geschichte  derselben  in  den  Vordergrund 
zo  stellen,  mehr  dem  Geiste  nachspüren  wollte,  von  dem  sie  beseelt 
waren.  Arbeiten  dieser  Art  würden  für  die  allgemeine  Geschichte  äufscrst 
wichtig  werden,  wenn  in  denselben  die  verschiedenen  Gruppen  und  Sy- 
steme der  geistigen  Entwickelung  und  des  Unterrichtes  klar  dargelegt 
würden.  Man  müsste  dabei  verfahren,  wie  die  Juristen,  welche  bei  der 
Beirachtung  irgend  eines  Rechtsdenkmals  vor  allem  die  Frage  aufwerfen, 
welker  Familie  von  Rechtsanschauungen  dasselbe  angehört  Man  hat  in 
den  letzten  Jahren  vielfach  in  Österreich  und  im  übrigen  Deutschland  in 
Programmen  die  Schulgeschich tcn  geschildert,  wir  vermissen  aber  bei 
den  meisten  dieser  Arbeiten  die  Darstellung  des  eigentlich  inneren  Lebens 
der  Schule.  Das  äufsere  Gerippe,  das  freilich  mehr  in  die  Augen  springt, 
wird  fast  immer  als  die  Hauptsache  angesehen. 

Doch  wollen  wir  diese  Bemerkung  hier  nur  gelcgenllich  und  im 
allgemeinen  gemacht  haben.  Die  Abhandlung  des  Hin.  ßicrmann  wird 
sieh  ohne  Zweifel  bei  jedem  Leser  die  verdiente  Anerkennung  erworben 
haben.  Doch  können  wir  zum  Schluss  nicht  umhin  beizufügen,  dass  das 
Ende  des  Aufsatzes  besser  weggeblieben  wäre.  Denn  solche  Dinge,  wie 
die  ungemes!<ene  Hervorhebung  und  Belobung  der  Verdienste  des  eigenen 
Vorgesetzten,  wobei  noch  der  bis  dahin  ruhig  gehaltene  Ton  der  Erzäh- 
lung völlig  aufgegeben  wird ,  werden  immer  ein  zweideutiges  Gefühl 
erregen,  sdbst  dann,  wenn  alles,  wie  dies  hier  sicherlich  der  Fall  sein 
mag,  auf  der  strengsten  Wahrhaftigkeit  beruht. 


nt  Miscellen. 

4.  Die  ehemaüge  UniPersUdi  Saitburg,  (Abhandig.  von  Joseph 
Mayr  im  Progr.  des  Gymn.  su  Salzburg.  1869.)  ~  Es  ist  nicht  unsere 
Sache,  hier  auf  die  Veranlassungen  näher  einzugehen,  welche,  wie  er  sagl^ 
den  Hrn.  Verf.  bestimmt  haben ,  die  Geschichte  der  ehemaligen  OniTer^ 
sität  Salzburg  einer  Darstellung  zu  unterziehen.  Was  uns  an  der  Arbeä 
in  erfreulichster  Weise  entgegentritt,  das  ist  der  Werth  derselben  ak 
einer  gediegenen  historischen  Arbeit.  Wir  sind  eigentlich  nicht  bemfei 
dieser  Abhandlung  gegenüber,  welche  durchaus  auf  einem  sehr  en« 
gehenden  und  fleifsigen  Studium  der  betreffenden  Acten  und  Quellen  dei 
ehemaligen  Universität  beruht,  ein  Drtheil  abzugeben,  da  ein  so  spedcllei 
Gegenstand  eine  vieF  gröfsere  Vertrautheit  mit  der  Sache  ▼oraossMi^ 
als  wir  sie  besitzen,  denn  dem  Verf.  sind  auch  ungedruckte  MaterialiM 
zu  Gebote  gestanden,  und  jedenfalls  hat  er  in  umfassender  Weise  die 
Localgeschichten  von  Salzburg  für  seinen  Gegenstand  benutet  Wir  kMiM 
also  nur  den  Gindruck  eines  unbefangenen  Lesers,  der  mit  vielem  li- 
teresse der  Darstellung  gefolgt  ist,  hier  wiedergeben.  In  den  Citdn 
hätten  wir  gewünscht  einige  gröfsere  Genauigkeit  beobachtet  £u  teheii] 
unter  anderm  ist  nicht  einmal  gesagt,  wo  die  Originale  der  Acten  liegeii] 
die  der  Verfasser  eingesehen  und  benutzt  hat.  Von  den  MännerD,  walehc 
als  Lehrer  an  der  Universität  gewirkt  haben,  wären  Notizen  literaiieeiiei 
Art  zu  verlangen,  wenn  man  nicht  wüsste,  dass  die  kleinen  Stidte  li 
Österreich  der  nothwendigen  bibliothekarischen  Mittel  leider  meist  n 
entbehren  pflegen.  Zur  praktischen  Orientierung  wären  statistisclie  A» 
gaben  sehr  nöthig  gewesen,  denn  in  der  That  scheint  es  doch,  da« 
die  Salzburger  Universität  nicht  blofs  durch  die  bairischen  Gommi» 
säre,  sondern  auch  durch  den  eigenen  Verfall  ihr  Ende  gefunden  bat 

6.  Geschichte  des  Gymnasiums  fiti  /fmsömek,  (Abhandlungen  rm 
Dir.  Sie  hing  er  in  den  Programmen  des  Gymn.  zu  Innsbruck.  18H 
u.  1859.)  —  Hr.  Director  Siebinger  hat  bereits  im  vorjährigen  Pro- 
gramme eine  sehr  eingehende  und  treffliche  Geschichte  seines  Gymnasiums 
zu  liefern  begonnen,  welche  in  der  diesjährigen  Abhandlung  ihren  Schlusi 
findet.  Von  den  einzelnen  Partieen  der  gründlichen  Darstellung  gdiei 
^ir  den  früheren  entschieden  den  Vorzug.  Die  ältesten  Schulzu^ndc 
Tirols  sind  mit  seltener  Sachkenntnis  behandelt,  dann  scheint  uns  df< 
Geschichte  des  Gymnasiums  unmittelbar  nach  der  Aufhebung  des  Jesuiten* 
Ordens  sehr  dankenswerthe  Zusammenstellungen  der  so  sehr  zerstreulei 
Gesetze  und  Erlässe  zu  enthalten.  Bei  der  Darstellung  der  neuesten  Ge- 
schichte seit  1815  hat  der  Verf.  offenbar  mit  gewissen  RGcksichteD^ 
einmal  gegen  die  Anhänger  des  alten  Lehrsystems  und  dann  gegen  die 
Väter  der  Gesellschaft  Jesu,  zu  ^kämpfen  gehabt ;  er  beschränkt  sich  dabei 
auf  rein  thatsächliche  Mittheilungen.  Da  aber  bekanntlich  unser  altei 
vormärzliches  Lehrsystem  mit  demjenigen  der  Jesuiten  dem  Wesen  nicb 
völlig  identisch  ist,  so  hat  der  Hr.  Verf.  consequenter  Weise  sich  ent- 
halten müssen,  in  das  Für  oder  Wider  irgend  einzugehen. 

6.  Vorstudien  zu  einer  Geschichte  des  städtischen  Gpmnasimm 
i.  r.  in  Hermannstadt,  (Abhandlung  von  Karl  Schwarz  im  Prograna 
des  Gymn.  A.  C  zu  Hermannstadt  1859.)  —  Sehr  umfangreiohf 
Studien  scheint  der  Hr.  Verf.  über  die  Geschichte  seines  Gymnasium 
angelegt  zu  haben.  In  dem  diesjährigen  Programme  ist  die  Oarstellwif 
bis  zum  Ende  des  16.  Jahrhunderts  geführt.  Wir  gedenken  eingehende 
über  diese  sorgfaltige  Arbeit  zu  sprechen,  wenn  dieselbe  vollendet  HB) 
vorliegen  wird. 

7.  Geschichte  des  Laibacher  Gpmnasiums,  (Abhandlung  von  Jol 
Nedasek  im  Programm  des  Gymnasiums  zu  Laibach.)  Auch  ii 


t34  Miscellen. 

Man  könnle  nicht  sagen,  dass  Gymnasial -Programme  ein  geeigneter  Ort 
für  Mitlheilungen  historischer  Actenstacke  sind.  Weder  der  eigentliche 
Zweck  der  Programmarbeiten,  noch  der  Zweck  der  Mittheilung  wird 
damit  erreicht.  Der  erstere  nicht,  weil  der  Abdruck  eines  Actenstuckcs 
noch  keine  historische  Arbeit  ist,  und  der  letztere  nicht,  da  Programme 
doch  nur  selten  die  nöthige  Verbreitung  in  denjenigen  Kreisen  von  spe- 
ciellsten  Fachgenossen  finden,  für  welche  Urkunden  allein  einen  Wcrth  haben 
können.  Der  Brief  selbst,  den  Hr.  Rodler  milthcilt,  ist  recht  interessant, 
und  auch  die  Anmerkungen  beweisen  viel  Sorgsamkeil;  nur  wissen  wir 
nicht  recht,  für  wen  sie  grofsentheils  bestimmt  sind;  wenn  zum  Beisoiel 
über  Albrecht  Achilles,  über  Herzog  Georg  den  Reichen  u.  a.  m.  nur  be- 
merkt ist,  wer  diese  Männer  waren,  und  etwa  beigefügt  wird,  was  von 
genealogischen  Notizen  sich  aller  Orten  findet,  so  zweifeln  wir,  ob  dies 
nöthig  gewesen  ist.  Ebenso  enthält  die  Einleitung  nur  die  bekanntesten 
Sachen^  manches  was  nicht  verbürgt  ist,  was  Münch  in  seinem  roman- 
haften Buche  über  Maria  von  Burgund  erzählt,  und  worüber  doch  auch 
hier  keine  eigentlichen  Untersuchungen  angestellt  worden  sind.  Indessen 
begreifen  wir,  dass  der  Verf.  des  Schmuckes  dieser  Art  nicht  entbehren 
mochte,  um  seinem  Stoffe  einem  gröfseren  Publicum  gegenüber  ein  an- 
ziehenderes Gewand  zu  verleihen. 

10.  GeöurtS",  Trauungi'  und  Sterbeorte  tmidesßrttlicher  Fa- 
mtlienfftieder  in  Steiermark.  (Abhandlung  von  Dr.  Rud.  Puff  im  Progr. 
des  k.  k.  Gymn.  zu  Marburg.  1859.)  —  Hr.  Dr.  Puff  gibt  ein  Ver- 
zeichnis von  Fürsten  und  Fürstinnen,  die  in  Steiermark  geboren,  ver- 
mählt oder  gestorben  sind,  als  «Beitrag  zur  Landesgeschichte'  Dabei 
beschränkt  er  sich  nur  auf  die  vorzüglichsten  Familien ,  da  er  sich 
sonst,  wie  er  sagt,  auch  auf  die  Geschichte  römischer  Imperatoren 
aus  Pannonien  u.  s.  w.  einlassen  müsstc.  Mit  den  Worten:  «xfiei  wie 
vielen  wahrhaft  grofsen  Schemen  im  Bereiche  unserer  alt-steierischen 
Dynastien  finden  wir  in  ihrem  Streben  die  Idee  eines  unserer  ernstesten 
deutschen  Philosophen  und  Historikers  (?)  verwirklicht*:  «Edlere  Fürsten 
sind  immer  der  wichtigste  Gedankenstrich  im  Buche  der  Geschichte*  — 
mit  diesen  Worten  beginnt  Hr.  Puff  sein  Verzeichnis,  welches  auch 
weiterhin  mit  Stellen  wie  die  angeführten  reichlich  gewürzt  ist.  So 
bemerkt  der  Verf.  von  Albrecht  !.:  „Längst  wandeln  die  beiden  ritter- 
lichen Nebenbuhler  um  die  deutsche  Kaiserkrone  friedlich  versöhnt  in 
einer  bessern  Welt,  ihr  Zusammentreffen  dort  kann  nicht  an  Rrutus  und 
CaBsar's  Wiedersehen  mahnen*  u.  s.  w.  Dann  wird  wol  Karl  II.  der 
.edle  Hausvater  von  Innerösterreich*  genannt  und  Ferdinand  II. .  heifst 
es,  hat  «an  Hurter  einen  ebenbürtigen  Biographen  gefunden.'  Wir 
glauben  nicht  erst  erwähnen  zu  müssen  ,  dass  die  Arbeit  ohne  allen 
historischen  Werth  ist.  Die  Gattung  von  Geschichisvergnügungen ,  wel- 
cher dieselbe  anffehört,  ist  zwar  ganz  unschädlich,  wir  wünschten  aber 
solche  Notate  lieber  in  den  Aufgaben  der  Quarta,  als  an  der  Spitze  der 
Programme  zu  finden. 

11.  Chronicon  Ottocari  in  rebus ^  quae  ad  Benricum  abbatem 
pertinent,  ne  $it  pmB  rerum  Stiriae  scriptoribus.  (Abhandlung  von  E. 
R  i  e d e  r  im  Programm  des  Gymn.  in  G  ra  z.  1859.)  —  Kaum  eine  andere 
Programmarbeit  beansprucht,  wie  diese,  in  gleichem  Mafse  die  Aufmerk- 
samkeit der  Geschichtsforscher.  Es  ist  eine  Abhandlung,  die  von  keinem 
Bearbeiter  der  Geschichte  des  13.  Jahrhunderts,  von  keinem  der  über- 
haupt an  die  Reimchronik  Ollokars  als  an  eine  historische  Quelle  heran- 
tritt, übersehen  werden  darf.  Damit  glauben  wir  von  derselben  das  beste 
gesagt    zu    haben ,    was  sich  überhaupt   von   monographischen   Arbeiten 


MiiceUen.  t8A 

sagen  Itot.  Es  ist  io  neuerer  Zeit  mehreres  über  die  Reimchronik  er- 
tpbienen.  Dass  aber  diese  verbältnismäfsig  Ideineu  Arbeiten  über  das 
ungeheuere  Werk  nur  so  wenig  trenügeude  Resultate  gegeben  haben, 
davon  scheint  ein  Hauptgrund  darin  zu  liegen,  dass  sich  Jacobi  und 
Schacht  ihre  Aufgaben  zu  weit  gesteckt  haben,  über  die  Reimchronik 
lasst  sich  nicht  mit  einemmale  urtheilen,  dazu  ist  sie  ein  zu  vielgestal- 
tiges Werk.  Ich  habe  bei  meinen  eigenen  Arbeiten  immer  wieder  den 
Grundsatz  bewährt  gefunden,  den  ich  gleich  anfangs  aufgestellt  habe, 
dass  man  die  Kritik  dieser  historischen  Quelle  nach  Perioden  und  nach 
Sachen  genau  unterscheiden  und  trrnnen  muss.  Ja  man  kann  sagen,  man 
muss  für  jeden  einzeben  Fall  sich  immer  wieder  von  neuem  die  Krage 
nach  der  Glaubwürdigkeit  der  von  Otlokar  gebrachten  Nachrichten  vor- 
legeu.  Der  Hr.  Verf.  hat  eben  von  diesem  Standpuncte  aus  seine  Un- 
tersuchung zu  einem  sehr  schönen  Besultate  geführt  Indem  er  sich 
seine  Aufgabe  möglichst  begrenzt  hat,  hat  er,  wie  uns  scheint,  unzweifel- 
haft den  an  die  Spitze  gestellten  Satz,  dass  die  Reimchronik  in  den  An- 
gelegenheiten Heinrichs  von  Admonl  nicht  als  Quelle  dienen  könne,  er- 
wiesen. Der  Hr.  Verf.  prüft  die  Nachrichten  derselben  an  mehreren  der 
hervorragendsten  Puucte  in  dem  Leben  des  Abtes  von  Admont.  Er  zeigt 
die  Verhältnisse  desselben  zu  seinen  Verwandten  During  de  Griez,  dann 
diejenigen  zu  dem  Salzburger  Erzbischof  und  endlich  die  Beziehungen 
SU  dem  steierischen  Adel.  Besonders  aus  diesem  lelzten  Abschnitte  wird 
die  SteUung  des  Ritters  Ottokar  di  m  landesfürstlich  gesinnten  Abt  gegen- 
über deutlich.  Während  der  Abt  von  Admont  die  landesfürstlichen  In- 
teressen in  eminenter  Weise  vertrat,  zeigt  sich  der  ritterliche  Dichter 
und  Geschichtsschreiber  als  ein  leidenschaftlicher  Anhänger  der  Interessen 
des  Adels.  Hieraus  entspringt  denn  auch  die  überall  leidenschaftliche 
und  verkehrte  Darstellung  der  Thaten  jenes  Heinrich  von  Admont  Es 
ist  das  bedeutende  Verdienst  Böhmer's,  zuerst  die  wahre  Geschichte 
Albrecht  1.  ermöglicht  zu  haben,  in  seinen  R^gesten ,  besonders  in  dem 
zuletzt  herausgekommenen  Additamentum  11.  der  Kaiser  -  Regesten  von 
1246 — 1313,  hat  Böhmer  die  laudesfürsttiche  Regierung  gegen  die  Vor- 
wurfe, die  seit  der  ältesten  bis  auf  die  neueste  Zeit  gemacht  worden 
sind»  vertheidigt;  was  von  Albrecht  I.  gilt,  kann  man  aber  auch  von 
seinem  klugen  und  gewandten  Landeshauptmanne  bemerken,  und  es  ist 
hödist  erfreulich,  dass  der  Hr.  Verf.  der  vorliegenden  Abhandlung  nun 
begonnen  hat  die  Entstellungen  des  geschichtlichen  Herganges  jener  Zeit 
gleichsam  in  ihren  Hauptwurzelu  anzugreifen.  Indem  wir  uns  auf  diese 
Weise  mit  den  Resultaten  der  Untersuchung  lür  vollkommen  einver- 
standen erklären,  können  wir  indessen  das  gleiche  nicht  von  der  Me- 
thode und  der  Darstellungsweise  des  Hrn.  Vrf.'s  rühmen.  Es  macht  einen 
eigen thümli eben  Eindruck,  der  uns  häuOg  genug  bei  unsern  einheimi- 
schen Pubiicationen  entgegentritt,  wenn  wir  bei  Arbeiten  von  sachlich - 
aaüserordentlich  grofsem  Werthe,  ja  selbst  bei  solchen,  welche  unzweifel- 
haft historische  Befähigung  und  Geschick  verrathon,  eine  methodisch- 
ungnschulte  und  ungelenke,  man  möchte  sagen,  rüde  Form  finden,  in 
der  vorliegenden  Abhandlung  ist  eine  ganz  sonderbare  Beweisführung 
versucht  Zuweilen  kommen  wol  Ausrufe  des  Erstaunens  oder  der  Ver- 
wunderung bei  den  Stellen,  die  aus  der  Reimchrouik  der  ganzen  Länge 
nach  mitgetheilt  sind,  vor,  wie  z.  B.  0  lepidum  capuil  und  ähnliches, 
aber  wo  es  sich  darum  handelte,  klar  und  deutlich  aus  den  Quellen  das 
Gagentheil  zu  erweisen,  wo  nun  der  Hr.  Verf.  die  entgegengesetzten 
Zeugnisse  ins  Treffen  führen  müsste,  da  lässt  er  uns  fast  durchaus  auf 
unsere  eigene  Kenntnis  beschränkt  Er  nimmt  sicli  nirgends  die  Mühe, 
was  er  als  wahren  Sachverhalt,  —  nach  unserer  Überzeugung  mit  Recht  — 
bintlellt,  auch  wirklich   zu  beweisen.    Wird   man   es   wol   für   möglich 

17* 


986  MiMelleu. 

balien,  dass  bei  einer  so  specieltem  Untersuchung,  wie  die  vorliegende 
ist,  auch  kein  einziges  Citat  vorkommt V  Ja  selbst  die  Stellen ,  die  aus 
der  Reimchronik  angeführt  werden  ,  sind  keineswegs  durch  die  bei  der 
Beimchronik  so  sehr  nöthigen  Anfuhrungen  kenntlich,  man  muss  es  dem 
Hm.  Verf.  aufs  Wort  glauben,  dass  diese  Stellen  sich  unter  den  lau- 
senden von  Versen  wirklich  befinden,  wenn  man  nicht  einige  Übung  in 
diesem  ordnungsiosen  Werke  gewonnen  hat.  £s  mag  dies  genügen,  um 
die  durchaus  ungerechtfertigte  Darstellungsweise  des  Hrn.  Verf.'s  zu 
charakterisieren;  bat  derselbe  etwa  geglaubt,  weil  in  den  modernen  Ge- 
schichtswerken, wie  von  Mommsen  und  Ranke  wol  geschieht,  die  Citate 
80  spärlich  sind,  dass  dies  in  einer  Specialuntersuchung  auch  angehe? 
Je  höher  wir  den  Werth  der  vorliegenden  Abhandlung  in  sachlicher  Be- 
siehung gestellt  haben,  desto  mehr  scheint  uns  ein  ernster  Tadel  nach 
der  Seite  der  Methodik  hin  gerechtfertigt.  Von  der  Art  und  Wei^^e,  wie 
sie  in  den  besten  Specialuntersuchungen  geübt  wird,  kann  und  darf  man 
nicht  ungestraft  abirren. 

la*.  War  öiterreich  nack  dem  Tode  des  leisten  Babenbergere  ein 
Erbgut  seiner  Vertcandlen,  oder  ein  erledigtes  Reicksteben?  (Abhand- 
lung von  P.  Raphael  Kieme ndiö  im  Progr.  des  Gymn.  zu  Neustadtl. 
1869)  —  Die  Frage  üt>er  die  staatsrechtliche  Stellung  Österreichs  nach 
dem  Aussterben  der  alten  einheimischen  Dynastie,  hat  in  der  letzten  Zeit 
mehrere  Bearbeitungen  erfahren.  Es  macht  gleich  an  der  vorliegenden 
Abhandlung  einen  sehr  guten  Eindruck,  dass  dem  Hrn.  Verf.  genau  be- 
kannt ist,  um  was  es  sich  im  Augenblicke  nach  dem  ganzen  Stande  der 
Frage  handelt,  denn  das  ist  ja  doch  im  Grunde  das  Kriterium  einer 
wissenschaftlichen  Arbeit,  dass  sie  wirklich  auf  demjenigen  Standpuncte 
steht,  den  die  Wissenschaft  selbst,  die  vorhergegangenen  Arbeiten  und 
Leistungen  darbieten.  Dass  nach  dem  Tode  des  letzten  Babenberger's 
die  erledigten  Reiehslehen  von  Österreich  und  Steiermark  nicht  n.ich 
Gründen  des  Rechts  oder  nach  Überlegungen  bestimmter  Gesetze  oder 
Privilegien  factisch  vergeben  worden  sind,  das  scheint  nun  doch  eine 
Ansicht  zu  sein,  die  sich  im  Gegensatze  zu  der  von  Palacky  in  der  Ge- 
schichte Böhmens  zuletzt  ausgesprochenen  mehr  und  mehr  einer  altge- 
meinen Beistimmung  erfreut.  Die  Ansprüche,  welche  von  den  verschie- 
densten Seiten  her  auf  die  erledigten  Reichsländer  erhoben  worden  sind, 
haben  gewiss  keine  rechtliche  Bedeutung,  sofern  sie  nicht  in  dem  deut- 
schen Reichs-  und  Lehensrechte  wurzeln.  Nun  tritt  aber  hiebei  die  Frage 
über  den  Werth  und  die  Auslegung  der  sogenannten  österreichischen 
Freiheitsbriefe  entscheidend  ein.  Die  Deutung,  die  einmal  Chmel  den 
Ereignissen  dieser  Zeit  gegeben  hat,  dass  es  sieh  um  das  Privilegium 
niajus  dabei  gehandelt  habe .  kann  natürlich  heutzutage  von  niemand 
mehr  ernstlich  angenommen  werden,  da  das  majus  bekanntlich  mehr  als 
100  Jahre  später  erst  entstanden  ist.  Es  kann  also  nur  davon  die 
Rede  sein,  ob  das  sogenannte  Minus  hier  als  rechtliche  Grundlage  in 
Betracht  kommen  kann  oder  nicht.  Da  nun  Ficker  in  seiner  Abhandlung 
über  das  Priv.  minus  die  Echtheit  dieses  Freiheitsbriefes  neuerdings  be- 
wiesen, hat  und  bisher  noch  niemand  gegen  die  dort  ausgesprochenen 
Gründe  aufgetreten  ist,  so  hat  sich  Hr.  Klemenßtd  die  Frage  vorgelegt: 
wie  verhält  es  sich  mit  den  Ansprüchen  d^r  verschiedenen  österreichi- 
schen Parteien  unter  der  Voraussetzung,  dass  die  Privilegien,  auf  welche 
man  sich  häufig  berief,  in  der  That  echt  sind.  Man  sieht,  dass  der  Hr. 
Verf.  mit  dem  Stande  und  der  Sachlage  der  Forschung  über  diese  Zeit 
vollkommen  vertraut  ist  Indem  er  nun  die  aufgeworfene  Frage  zu  be- 
urtheilen  und  zu  beantworten  sucht,  geht  er  einen  ganz  trefflich  metho- 
dischen W>g.  Er  prüft  znnächst  mit  all«r  Umsicht   und  Sorgsamkeit  die 


MiaedleB.  117 

einfehMii  hrade  des  PrlTilegt.  woraus  sidi  ergibt,  dass  sie  in  keiner 
Weise  auf  die  Fille  passen  oder  aufwendet  Verden  kutanen ,  die  naeh 
dem  Tode  Fritdricb's  II.  von  österrsidi  eingelretea  waren.  Weiter 
stellt  dann  der  Hr.  Verf.  die  Steilen  ans  den  pipstlidien  Briefen  und 
Chroniken  in  sehr  entsprechender  Weise  susammen.  wo  ausdröcklieh 
davon  die  Rede  ist,  da»s  llenog  Friedrich  olme  rechtmaürigen  Erl>en  ge- 
storben sei.  Ebenso  treffend  scSbeinen  uns  die  Bemerkunj^en  ober  das 
PriTilegium  von  Fleusladt,  wo  allerdings  vou  «Erben*  die  Rede  ist,  aber 
gi;wiss  in  einem  andern  Siime  als  in  demjenigen  der  Erben  des  ganxen 
leidislandes.  Es  herrscht  überall  iu  der  Abbandlung  ein  klarer  verstin- 
diger  Sinn  9  der  die  Dinge  in  ihren  rechten  Zusammhang  zu  bringen 
strebt  Wenn  bei  der  Frage,  wie  sie  der  Hr.  Yert  stellt,  etwas  unklar 
bleibt,  so  ist  es  dies,  dass  sich  unter  der  ¥oraussetsnng  der  Echtheit 
des  Privilegiums  doch  nie  vöDig  entscheiden  lassen  wird,  in  welchem 
Sinne  die  Bestätigung  von  tt4d  von  Kaiser  Friedrich  II.  geschehen  sein 
sollte,  wenn  nicht  in  dem,  dass  die  weiblichen  Verwandten  Friedrich's 
nach  seinem  Tode  ein  gewisses  Kachlölgerecht  hätten.  Doch  hiemit  be- 
rühren wir  einen  Pnnct,  wo  eine  vttU^  Aufklärung  der  verwickelten 
Vi-rhältnisse  vielleicht  noch  längere  Zeit  uns  nicht  su  Theil  werden 
dOrfte.  Es  würde  durchaus  unberechtigt  sein,  dem  Cmstande,  dass  diene 
Untersuchung  noch  neu  hinzuzunehmen  ist,  Einfluss  auf  die  Beurthei- 
lui^  der  vorliegenden  Abhandlung  zu  geben.  —  Wenn  übrigens  mehrmals 
von  der  Rhein -Chronik  die  Rede  ist,  so  kann  man  das  für  einen  lapsus 
calami  nehmen.  Schlimmer  ist,  dass  Pemold  bona  fide  als  Caplan  Mar* 
gtfelhens  erscheint ;  wir  verweisen  den  lim.  Verf.  auf  den  VI.  Al»schnitt 
von  Wattenbach 's  Abhandlung  über  die  österreichischen  Freiheitsbriefs  im 
8.  Bande  des  Arch.  f.  k.  österr.  Getchq. 

Wien.  Otlokar  Lorenz. 

If^.  War  6uerreUh  mach  dem  Tode  de9  teMem  Babemk€r§er9  tim 
Btkgmi  BeHttr  ferwaMdtem,  oder  ein  erUdtgtet  ReUkOeken?  (Abband* 
lung  von  P.  Haphael  Klemen6i£  im  Progr.  des  k.  k.  Oymn.  zu  Neu- 
stadtL  1859.)^)  —Als  den  «Zweck  dieser  Abhandlung*  bezeichnet  der 
Hr.  Verf.  «zu  zeigen  die  Lrsachen  der  wunderbaren  Verwirrung  von 
Rechtsansprüchen  und  das  Entstehen  der  darauf  Ixasierenden  Parteien, 
welche  Österreichs  Frieden  untergruben,  bis  es  Rudolf  I.  au  sein  Haus 
brachte;  femer  wie  Österreich  trutz  dem  Privilegium  Kaiser  Friedrich  I. 
als  ein  dem  Reiche  heimgefallenes  Lehen  betrachtet  werden  konnte.* 
An  eine  bis  auf  die  Zeiten  der  Völkerwanderung  zurückgebende  Einlei- 
tung reiht  sich  zunächst  die  Betrachtung  der  auf  die  Erbfdlge  Bezug 
nehmenden  Stelle  des  Minus  wie  der  Bestätigung  dieses  letzteren  durch 
den  Kaiser  Friedrich  II.  vom  Jahre  1245;  aus  dem  Wortlaute  dieser  oft 
besprochenen  Actenstücke  wird  der  Beweis  gezogen,  dass  die  babenbergi- 
sehen  Frauen  kein  Erbfolgerecht  geltend  machen  konnten.  Von  grofser 
Belehrung  wäre  es  für  den  Hm.  Verf.  c^wesen,    wenn   er   die   treffliche 


*)  Die  Programmat»handlung  des  Hm.  P.  Klemenöic  war  von  der  Red. 
nebst  anderen  historischen  Abhandlungen  an  Hm.  Privatd.  0.  Lorenz 
zur  Anzeige  übergeben ,  und  diese  Anzeige  von  Hrn.  0.  Lorenz 
bereits  der  Red.  zugestellt,  als  Hr.  Prof.  Schwämmet  die  vorlie- 
gende Anzeige  einsandte.  In  Kenntnis  gesetzt,  dass  über  die  Ab- 
handlung des  Hrn.  P.  Klemendid  eine  anderweite  wesentlich  ver- 
schiedene Ueurtheilung  eingesandt  sei,  sprach  Hr.  Lorenz  den 
Wunsch  aus,  dass  dieselbe  zur    Veröffentlichung   kommen  möchte 

A.  d.  Red. 


Arbeit  des  Hrn.  Prof.'s  Dr.  Julius  Ficker  zu  lunsbruck:  «Ober  die  EcbU 
beit  des  kleineren  öslerrcichiscben  Frei  hei  Ubriefes*  (Sitzungsberichte  der 
Wiener  Akademie  Bd.  XXIII.  pag.  489  flg.)  gekannt  hätte.    Im  Vergleich 
mit  den  dort  mit  grofser  Gründlichkeit  durchgeführten  Beweisen,  haben 
die  bezuglichen  Bemerkungen   des    Hrn.  Klemenöid  keinen  Werth.    Aber 
auch  sonst  hat  sich  der  Hr.  Verf.  wenig   um   das  nothwendige  Quellen- 
material umgesehen.    Ref.   will   nur  einige  Beispiele  anführen.     Die  von 
Ottokars  Reimchronik  gebrachte  Nachricht,  Margaretba  habe  ihrem  Gemal 
Ottokar  U.  eine  Urkunde  mit   goldenem  Siegel   übergeben,    auf  welche 
gestützt  sie  Ansprüche  auf  die   österreichischen  Länder  erheben  konnte, 
wird  ohne  weiteres  verworfen;  und  doch  hätte  sich  der  Hr.  Verf.  durch 
die  Einsicht  in  die  Continuatio  Garstensis  ad  annum  1253  (Pertz  Monum. 
XI.  pag.  600)  von  der  Richtigkeit  dieser  Erzählung  überzeugen  können. 
Das8  die  einzig  brauchbare  Ausgabe  der  österreichischen  Chroniken  von 
Wattenbach  nicht  zu  Ratlie  gezogen  wurde,    ist   gewiss  ein  ebenso  ge- 
gründeter Vorwurf,  als  die  Folgen  dieser  mangelhaften  Quellenbeuülzung 
an  der  Arbeit  klar  hervortreten.    Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  Ref.  den 
Wunsch  nicht  unterdrücken,  in  Bälde  Uandausgalen  der  österreichischen 
Chronisten  nach  dem  grofsen  Pertz'schen  Werke  veröffentliclit   zu  sehen, 
ein  unternehmen,  welches,  seiner  Überzeugung  nach,  von  der  österreichi- 
schen Lehrerwelt  mit  Freude  begrüsst  würde.  —  Ebenso  würde  sich  bei 
einer  genauen  Prüfung  des  Bestätigungsbriefes  des  Papstes  für  Margaretba 
ergeben  haben/ dass  Innoceuz  keineswegs  «in   allgemeinen    Ausdrücken, 
welche  auf  keine  Gewissheit  scbliefseu  lassen*  Friedrich  des  Streitbaren 
Schwester  als  Erbin  erklärte,   sondern,  dass  diese  Urkunde  wo  möglich 
noch  deutlicher  denn  die  für  Gertrude  ausgestellte,  das  Erbrecht  betone. 
Es  folgt  hierauf  eine  mangelhafte  Darlegung  der  Bemühungen  des  Papstes, 
die  dem  Erbrechte  der  weiblichen  Nachkommen  günstige  öffentliche  Stim- 
mung zu  Gunsten  der  babenbergiscben  Frauen  zu  benutzen.  —  In  einem 
dritten  Absätze   sucht   der  Hr.  Verf.    aus  den  Angaben   der  österreichi- 
schen Chroniken  Beweise   für  seine  Behauptung  vorzubringen.    Freilich 
wol  muss  Ref.  gegen  die  hier  befolgte  Art  und  Weise  der  Untersuchung 
Protest  einlegen.     Dass   Wattenbach's  Ausgabe  nicht  benützt  wurde,  ist 
bereits  angeföhrt;  die  österreichischen  Chronisten  sind  demnach  in  sechs 
Zeilen   abgefertigt.     Vorgeführt  werden  nur:    aDer  österreichische 
Chronist,"    dann  die    «Rhein-Chronik,'    welche   nicht    nur   an 
dieser  Stelle,  sondern   überall,   wo  sie  angezogen    wird   (pag.  6;  p.  7. 
A.IO** ;  p.  9;  p.  11.  A.  '^2.),    mit  diesem  Namen  bezeichnet  wird.     Und 
als   dritter   im    Bunde   erscheint    der    seit  20  Jahren  als  Fälschung   be- 
trachtete   «Pernoldus,  Margaretheus  Kaplan,*  der  «zwar  anderer  An- 
sicht* ist,   dessen   «parteiische   Berichte   aber  in   diesem  Puncte  keinen 
Glauben  finden.* 

Doch  Ref.  glaubt  durch  diese  Bemerkungen  den  Werth  der  Arbeit 
hinlänglich  charakterisiert  zu  haben.  In  stilistischer  Beziehung  ist  die 
Arbeit  ganz  darnach  angcthan,  das  Urthcil  zik  bestätigen ,  welches  das 
aufserösterreichische  Deutschland  so  oft  über  vaterländische  Arbeiten 
gefällt  hat 

Pesth.  Eduard  Jos.  Schwammel. 


Xisc«Ufn. 


(Zy  den  Prap.-lbhdL  %.  18*%..  ForUeliUDg  \oü  18^0,  UfU  1.  8.83- 84.) 

L  Abk a ad  1  vagen  Batheoiati  sch-Balarwissenschafllicbeii 

Inhaltes. 


äer  Mßkmriscken  M§mmmetrUi  äie  Atu- 
wmtmmg  äer  Mirper  im  äer  Eiememimr§e0meirie.  (Athandi.  voo  Andreas 
Baver,  ib  laircsberichl  des  k.  k.  Gymnasiuns  lu  Pisek.  1858.) 
(ff  8.  4.  Bit  t  FigureataL]  —  In  der  ersten  Abiheilung  der  vorliegen- 
dn  Abhuidhnig,  «ein«  neue  Formel  der  sphärischen  Trigonometrie»' 
ntwickeH  der  Bt»  Verl  den  Eicess  s  eines  sphärischen  Dreiecks  durch 
die  drei  SritcB  «,  ^,  e  desselben,  nnd  suar  bestimmt  er  luerst  sin^i. 
sodaia  eon^a;  nnd  schliefel  mit  der  Ableitung  der  nach  L'Uuilier  be- 
■MBten  Femd  liir  tang^  & 

Die  «merkwyrdige  Relation* 

Cggig  ^1/^CO»?*  cos  \  (#~g)CO*?  ;  (#— #)COS  H^— ^) 
COS^tfCOSj^COS^C 

«wdebe,*  wie  der  Hr.  Verf.  sagt,  «unseres  >Yi8sens  bisher  nirgends 
^ntwiekelt  worden*  ist,  ist  nicht  neu.  Sie  ist  ebenso  wie  die  Formel 
fSr  sin  Ja  und  die  nach  L'Huilier  benannte  Formel  für  langet  nur  ein 
specieller  Fall  allgemeinerer  Formeln,  welche  in  der  Ab- 
handlung: De  jn^mietQÜhu  eiremlontm  im  euperßcie  spkaerica  äe- 
eer^ßienam,  die  sich  in  den  Actis  mcaäemiae  eciemUarum  itmperiaiie 
MMfOUiemme ,  pare  /.,  178Z,  befindet,  von  A.  J.  Lex  eil  mitgetbeilt 
wurden.  Sind  nämlich  k^B^C.D  die  Winkel  und  a,  b^  c^  d  die  Seiten 
eines  in  einen  kleinem  Kugelkreis  beschriebenen  spbaerischen  Vierecks, 
und  beseiebnet  c  den  Excess  der  vier  Winkel  über  380*,  so  findet  man, 
da  in  jedem  solchen  spaerischen  Vierecke  die  Summen  der  Gegenwinkel 
einander  gleich  sind,  sogleich 

cosjt  —  sinH^  +^). 
Dafür  entwickelt  L  e  x  e  1 1  in   der  genannten   lehrreichen  Abhand- 
lung, 8.  88»  folgende  höchst  merkwürdige  Beziehung: 

-.^  •  .     1      /cosJ(ö  +  *  +  ^  +  <OcK("-^  +  *  +  ^-"*- 

®^**"|/      CO8^(fl-^+g-tf)C08i(fl  +  ^  — g  — rf). 

r  cos^tf  cos^6  cosjr  cosj^f 

Setsl  man  in  dieser  Gleichung  d=^Oy  also  /^«sigo*,  d.  h.  lässt  man 
das  sphasrische  Viereck  in  ein  sphärisches  Dreieck  übergehen,  so  gebt 
dieeÄn«  wenn  man  der  Kürze  wegen  die  Bezeichnung  a+^  +  ^«-2' 
anwendet,  in  die  von  dem  Hm.  Verf.  für  neu  gehaltene  Formel  über. 
Wir  glauben ,  es  dürfte  dem  Hrn.  Verf.  angenehm  sein ,  wenn  wir  ihm 
einige  leicht  zugängliche  Werke  mittheilen ,  in  welchen  diese  von  ihm 
als  neu  bezeichnete  Formel  zu  finden  ist.  Dieselbe  befindet  sich  in 
Grunert's  Elementen  der  ebenen,  sph» fischen  und  sphaBroidischen Tri- 
gonometrie, Leipzig,  1837,  S.  180;  in  Breymanns  sphaBrischer  Trigo- 
nometrie, Wien,  1840,  S.  57;  in  Müllers  ebener  und  sphärischer 
Trigonometrie  Halle,  1852,  S.  278  u.  s.  w.  Wir  bemerken  hierzu  nur 
noch ,  dass  keines  der  genannten  Werke  diese  Formel  als  neu  be- 
zeichnet. 

Der  zweite  Theil  der  vorliegenden  Abhandlung  ist  der  Ausmessung 
der  Körper  gewidmet.  Der  Hr.  Verf.  bestimmt  den  Inhalt  des  Parallel- 
epipedon's,  des  Prismas,  der  Pyramide,  des  Obelisken,  des  Cylinders, 
des  Kegels  nnd  einiger  Rotationskörper.  Diesen  noch  jetzt  nicht  selten 
oberflächlich  behandelten  Gegenstand  entwickelt   der  Hr.  Verf.   gründlich 


Misteileifo 

und  klar  ,  und  seine  Schuler   werden   diese   streng  begründete  Darstel- 
lung der  Ausmessung  der  Körper  mit  Interesse  und  Nutzen  lesen. 

24.  Ontermekung  über  die  Fehler,  die  bei  der  BerecAnunff  eines 
ebenen  Iheieckee  enfsteben  binnen,  (Abhandl.  von  Anto«  ScbindUr^ 
im  Programm  des  k.  k.  Kleinseitner  Gymn.  zu  Prag.  1858.)  [10  S.  4.] 
—  Der  Gegenstand  der  vorliegenden  Abhandlung  ist  die  Beurtheilung 
det  Einflusses ,  veMcfd  die  doreh  die  Unvollkommfiiheit  der  Hessin- 
strumente und  unserer  fRiut  Ter^ntasstem  Fehler  in  den  BestiDMiirngs- 
'bUkl^^  ^^^^  ebenen  Dreieckes  auf  die  aus  demselben  durch  trigono- 
wmsche  Berechnung  abgeleiteten  Stucke  ausüben.  Diese  Au%abe  wird 
loCto  und  elegant  durch  die  Anwen^ng  der  Differentialrechnung  gelttst. 
Der  Hr.  Verl  wählt  aber  die  bekannte  elementare,  nur  die  ienntois  der 
ebenen  Trigonometrie  erfordernde  Methode,  um  auch  seinen  Sehnlem 
verständlich  zu  sein.  Er  entwickelt  zuerst  die  PundamentaUormelD  der 
Pehlerberechnung  für  die  ebenen  Dreiecke,  und  wendet  dieselben  sodann 
auf  drei  Fälle  an,  welche  bei  der  Auflösung  der  ebenen  Dreiecke  vor- 
kommen. Jedem  einzelnen  Falle  ist  ein  entsprechendes  Zahlenbeispiel 
beigegeben.  Der  Voltständigkeit  wegen  hätte  der  Hr.  Verf.  auch  den 
vierten  Fall:  «Gegeben  sind  zwei  Seiten  und  der  einer  dieser  Seiten 
gegenüberliegende  Winkel  nebst  ihrep  Fehlern ;  man  bestimme  die  Fehler 
der  dritten  Seite  und  der  zwei  andern  Winkel*  der  Betrachtung  unter- 
ziehen soHen. 

Wien.  A.  Gerncrth. 


(Diesem  Hefte  sind  drei  literarische  Beilag m  beigegeben.) 


Erste  Abtheilun^. 


Abliandlanffen. 

über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte. 

Der  vorliegende  Vortrag  verfolgte  den  Zweck,  einem  gebildeten 
Znhörerk reise,  der  an  der  Frage  über  den  Ursprung  der  Homerischen 
Gedichte  das  allgemeine  literar- historische  und  assthetische  Interesse 
nimmt,  über  die  Motive  und  Mittel  dieser  Untersuchungen  und  über  die 
Ergebnisse,  zu  denen  dieselben  geführt  haben,  gewissenhafte  ReehenschafI 
zu  geben.  Nur  die  widerholte  Aufforderung  von  schätzbaren  Seiten  be- 
stimmt mich  zur  Veröffentlichung  eines  Aufsatzes,  der  nichts  eigentbüm* 
liches  darbietet,  sondern  in  der  übersichtlichen  Zusammenstellung  der 
Untersuchungen  anderer  seinen  ausschliefslichen  Werth  sucht.  Dem  Ab- 
drucke des  Vortrages  selbst  glaubte  ich  die  Verweisung  auf  die  Stellen, 
auf  denen  er  im  einzelnen  beruht,  und  auf  die  Abhandlungen,  in  denen 
man  die  Gründe  eingehend  erörtert  finden  kann,  beifügen  zu  müssen; 
die  Verweisungen  sind  mit  der  Beschrankung  geschehen,  welche  schon 
der  Umfang  der  über  diesen  Gegenstand  fortwährend  anwachsenden  Lite- 
ratur gebietet. 

Der  Abdruck  eines  die  Homerischen  Untersuchungen  betreffenden 
Aufsatzes  in  einer  Zeitschrift  für  «Gymnasien*  führt  unausweichlich  zu- 
gleich zu  der  Frage,  welche  Stellung  und  Bedeutung  im  Gymnasial- 
u  n  I«  r  richte  diese  Forschungen  einnehmen.  Für  den  Lehrer,  der 
den  9emer  mit  den  Schülern  zu  lesen  und  ihnen  zu  erklären  hat^  ist  es 
ein  änerlässliches  Erfordernis ,  dass  er  durch  genaues  Studium  der  Ho- 
merischen Gedichte  selbst  und  der  die  gruudlegenden  Untersuchungen  über 
ihren  Ursprung  enthaltenden  Werke,  nicht  blofser  encyklopeedischer  Über- 
siehten,  zu  klarer  Einsicht  über  die  Fragen,  um  die  es  sich  handelt, 
gelangt  sei$  Unklarheit  hierüber  wird  in  zahlreichen  einzelnen  Fällen 
Unsicherheit  der  Erklärung  zur  Folge  haben.  Aber  für  den  Unterricht 
bezeichnet  gewiss  G.  Cu.rtius  das  richtige  in  den  Worten,  welche 
seine  «Andeutungen  über  den  gegenwärtigen  Stand  der  Homerischen 
Frage»  (in  dieser  Zeitschrift  18ö4.  S.  115)  schliefseni  «Der  Eifer  für 
das  frisch  erkannte  kann  leicht  manchen  Gymnasiallehrer  zu  dem  Mis- 
griff  verführen,  die  Homerische  Frage  in  das  Gymnasium  vor  die  Schüler 
zu  ziehen.  Dahin  gehört  aber  sicherlich  nicht  mehr,  als  eine  kurze 
Andeutung  über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte.  Die  Schüler 
wird  der  Lehrer  in  diese  Gedichte  einzuführen,  nicht  zu  Urtheilen  über 
sie  zu  verführen  haben ,  welche  schon  deswegen  für  jene  keinen  Werth 
haben,   weil  sie   keine  selbst  erworbenen  sein  können.'    Nur  darf  das 

ZeiUabrift  f.  d.  8tt«rr.  Qymnt:  18S0.  IV.  n.  V.  Hvft.  ]8 


24t    Über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  B.  Bonit%. 

Bemühen,  die  «Homerische  Frage*  von  dem  Gymnasialunlerrichte  enf- 
fernt  zu  halten ,  nicht  zu  dem  entgegengesetzten  Abwege  veranlassen, 
dass  man  Schwierigkeiten  des  Zusammenhangs ,  wenn  sie  sich  den 
Schülern  selbst  bei  der  Leetüre  aufdrängen,  durch  künstliche  Mittel  zu 
verdecken  unternehme ,  die  mit  gesunden  Grundsätzen  der  Erklärung 
nicht  vereinbar  sind.  Dass  diese  Warnung  nicht  unveranlasst  ist,  wer- 
den Beispiele  aus  den  schätzbarsten  und  verbreiteisten  Hilfsmitteln  der 
Erklärung  Homer's  zeigen,  welche  gelegentlich  in  den  Anmerkungen  zu 
dem  nachfolgenden  Vortrage  erwähnt  sind. 


An  der  Schwelle  der  griechischen  Literatur,  als  ihr  ältestes 
Werk  nicht  nur  für  uns,  sondern  schon  für  die  Griechen  selbst 
auf  dem  Höhepuncte  ihrer  historischen  Entwickelung  ^),  stehen 
zwei  grotsartige  Dichtungen,  denen  an  allseitiger  Einwirkung  auf 
das  geistige  Leben  der  eigenen  Nation,  an  bewundernder  Aner- 
kennung bei  allen  höher  gebildeten  Völkern  noch  jetzt,  nach  mehr 
als  dritthalb  Jahrtausenden,  wenige  Werke  der  Profanliteratur 
gleichkommen  dürften,  die  Ilias  und  die  Odyssee  Homer's.  Die 
unvergänglichen  Werke  der  griechischen  Literatur,  vornehmlich 
der  poetischen,  erschienen  schon  dem  Alterthume  als  die  man- 
nigfach entwickelten  Blüten  an  dem  Baume,  dessen  Wurzel  und 
Stamm  die  Gesänge  Homer's  seien  ').  Die  epische  Dichtung  der 
Hellenen  ist  anfangs  ein  Nachhall,  später  eine  bewusste  Nach- 
ahmung der  Gediente  Homer's.  Der  Begründer  der  griechischen 
Tnigoedie  in  ihrer  classischen  Grofsartigkeit ,  der  gewaltige 
Aeschylus,  erklärt  selbst  seine  Dichtungen  für  Brosamen  von  dem 
reichen  Mahle  Homer's'),  und  an  dem  Meister  der  tragischen 
Dichtung,  dessen  Dramen  noch  jetzt,  in  schwacher  Erneueiung, 
des  unersetzlichen  Duftes  der  Sprache,  der  rhythmischen  Bewe- 
gungen des  Chores,  des  ganzen  Fesiglanzes  der  Aufführung  ent- 
kleidet, die  Zuhörer  mit  reiner  Bewunderung  erfüllen,  an  Sopho- 
kles rühmt  das  Alterlhum  am  liebsten,  dass  vornehmlich  in 
seinen  Tragcedien  Homerischer  Charakter  sich  zeige  *).  Die  Ge- 
schichtschreibung der  Griechen  lehnt  sich  zuerst  in  gläubiger 
Annahme  der  Sagen  und  unwillkürlicher  Nachbildung  der  Erzah- 
hingsform ,  dann  in  kritisch  pragmalischer  Deutung  des  Inhaltes 
an  die  Gedichte  Homers  an  *).  Wenn  die  griechische  Philosophie 
in  ihrem  Bestreben,  die  höchsten  Probleme  der  Menschheit  den- 
kend zu  lösen,  allmählich  zu  dem  volkslhümlichen  Glauben  und 
zu  seinen  gcachtefsten  Vertretern,  den  Gedichten  Homer's,  in  ent- 
schiedenen Gegensalz  tritt*),  so  sucht  sie  doch  zugleich  mit 
Vorliebe  in  eben  diesen  Gedichten  die  Grundlagen  ihrer  Über- 
zeugungen wiederzuerkennen  ^).  Auf  Homer,  auf  bestimmte 
Verse  der  Ilias,  führt  in  der  Blütezeit  griechischer  Plastik  Phi- 
dias  das  Ideal  des  Zeus  zurück,  den  er  in  Olympia  der  Verehrung 
seines  Volkes  zur  Anschauung  gebracht  halle  ®).  An  dem  gröfs- 
*en  Nationalfesfe  der  Alhener,   deren  Staat   für  ganz  Hellas  der 


Ober  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  ▼.  ii,  ßOHit*.    S49 

geistige  Mittelpunct  wurde,  war  seit  dem  Anfange  des  sechsten 
Jahrhunderts  v.  Chr.  durch  eine  Einrichtung  Solon^s  der  geordnete 
Vortrag  Homerischer  Gedichte  ein  wesentlicher  Theil  der  Fest- 
feier *).  Seit  Lesen  und  Schreiben  zu  lernen  als  unerlässliches 
Element  in  die  Erziehung  der  athenischen  Jugend  aufgenommen 
war,  bildeten  die  Gedichte  Homers^  vor  allem  die  Ilias,  den 
ersten  und  nothwendigen  Gegenstand  für  diesen  Unterricht  und 
für  die  kindlichen  Obungen  des  Gedächtnisses  und  des  Vortra- 
ges *®) ;  und  wenn  im  fünften  Jahrhundert  ein  athenischer  Jüng- 
ling aus  edlem  Geschlechte  in  geselligem  Kreise  sich  rühmt,  Ilias 
und  Odyssee  noch  jetzt  vollständig  auswendig  zu  können,  so 
findet  darin  keiner  der  Genossen  etwas  unglaubliches^').  Welches 
Werk  griechischer  Classiker  aus  Poesie  oder  Prosa  *')  wir  lesen, 
welche  Seite  griechischer  Cultur  wir  betrachten  mögen,  die  Ver* 
trautheit  mit  den  Gedichten  Homer^s  ist  eine  unerlassliche  Be- 
dingung, um  dem  Verstandnisse  naher  zu  kommen*,  so  ist  mit 
den  Gedichten  Homer's  die  griechische  Literatur  und  das  ge- 
«ammte  geistige  Leben  des  hellenischen  Volkes  durch  tausend 
Faden  verknüpft. 

Dieser  Allseitigkeit  der  Einwirkung  im  eigenen  Volke,  von 
der  das  angeführte  nur  Andeutungen  gibt  ^'),  entspricht  der 
Umfang  der  Ausbreitung,  welche  die  Gedichte  Homer's  gefunden 
haben,  weit  über  die  Grenzen  hinaus,  welche  der  Anerkennung 
auch  der  herrlichsten  Werke  des  menschlichen  Geistes  der  Abn 
stand  der  Jahrhunderte,  die  Verschiedenheit  der  Nationalitat 
endlich  die  gänzhche  Umgestaltung  der  Bildung  zu  setzen  pflegen 
Seit  diejenigen  Völker,  welche  die  Trager  der  modernen  Ge- 
schichte sind,  den  Zusammenhang  ihrer  eigenen  Cultur  mit  jener 
der  classischen  Völker  des  Alterthums  zu  bestimmtem  Bewusst- 
sein  gebracht  und  dieser  Überzeugung  in  der  Gestaltung  dea 
höheren  Unterrichts  einen  Ausdruck  gegeben  haben,  der  im  Laufe 
der  Zeiten  wechselt  und  wechseln  muss,  nehmen  für  alle  die- 
jenigen, deren  Jugendbildung  für  die  Eindrücke  griechischer 
Literatur  Raum  gestattet,  die  Homerischen  Gedichte  eine  vor- 
zügliche Stelle  ein.  Mag  der  Unterricht  im  Griechischen  auch 
hier  und  da  sehr  verkümmert  sein,  so  dass  die  Erinnerung  des 
Mannes  an  diesen  Theil  seiner  Jugendbeschäftigung  fast  nur  die 
Erinnerung  an  fruchtlos  vergeudete  Zeit  ist :  die  Leetüre  Ho- 
mer^s  hebt  sich  gewöhnlich  von  diesem  dunkeln  Hintergrunde 
ab;  denn  ist  nur  der  erste  Verdruss  über  den  erdrückenden 
Reichthum  an  Formen  und  Worten  übervi'unden ,  so  wirkt  mit 
unwiderstehlichem  Reize  die  ewige  Jugendfrische  seiner  Dich- 
tung ^^).  Und  wird  ihr  auch  der  Blütenstaub  abgestreift  durch 
Aufgeben  der  Klange  des  Originals  und  Übertragung  in  eine 
andere  Sprache,  so  bleibt  doch  ein  gesunder  Kern  wahrhafter 
Poesie  so  unvertilgbar,  dass  jedes  der  Cullurvölker  der  moder- 
nen Zeit  die  gelungene   Übersetzung  Homer's   als   einen   Gewinn 

18* 


944     Über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  U.  ßoniiz. 

für  seine  eigene  Nationalliieralur  belrachlen  durfte.  Welch  ein 
Ereignis  für  unsere  deutsche  Nationalliteratur  die  classische  Über- 
setzung Homer's  von  Vofs  war,  das  steht  durch  die  zahlreichen 
Briefwechsel  und  persönlichen  Mittheilungen  gerade  aus  jener  be- 
wegten Zeit  unserer  Literatur  noch  jdzt  im  hellsten  Lichte,  und  wird 
an  den  Nachwirkungen  auf  dem  Gebiete  der  deutschen  Dichtung 
auch  dann  noch  bemorklich  hieben,  wenn  jene  Erinnerungen 
längst  Avcrden  die  Frische  ihrer  Farben  verloren  haben  **).  Die 
Dichtungen  Homer's  in  der  Übersetzung  von  Vofs  wurden  zu 
einem  poetischen  Gemeingute  aller  Gebildeten,  an  welchem  nicht 
Theil  zu  haben  niemand  sich  verzeihen  mochte.  An  Wohlklang 
der  Sprache,  an  natürlicher  Leichtigkeit  des  Rhythmus,  an  leben- 
diger Bedeutungsfülle  und  Bildsamkeit  der  Beiwörter  mit  dem 
Originale  verglichen  zu  werden,  musste  die  Übersetzung  ableh- 
nen**); aber  charakteristische  Züge  der  Dichtung,  welche  sie 
treu  und  unverletzt  bewahrte,  trugen  dazu  bei,  dass  auch  in 
weiterem  Kreise  der  Name  Homer's  und  Homerischer  Poesie  aus 
nebelhaft  allgemeiner  Bewunderung  zu  bestimmter  Bedeutung  ge- 
langte. Jene  unbefangene  Hingebung  und  sichere  Schärfe  sinn- 
licher Auffassung,  jene  Kraft  der  natürlichen  Leidenschaft,  jene 
Anschaulichkeit  in  Darstellung;  jedes  äufseren  Vorganges,  jeder 
geistigen  Bewegung,  dies  alles  getragen  durch  ein  besonnenes 
Mals,  welches  die  glückliche  Mitgift  des  hellenischen  Geistes  zu 
sein  scheint:  diese  Charakterzüge  in  Homer's  Dichtungen  wurden 
wie  zu  einem  Kanon  der  Naturwahrheit,  an  welchem  jede  dar- 
stellende Dichtung  sieb  zu  messen  habe ''')«  Denn ,  um  Gcethe's 
Worte  anzuwenden,  ^«Homer  stellt  die  Existenz  dar,  wir  ge- 
wöhnlich den  Effect;  er  schildert  das  Fürchterliche,  wir  fürch- 
terlich, er  das  Angenehme,  wir  angenehm*^  *®).  Wenn  Lessing  die 
Darstellungsmittel  der  Poesie  mit  denen  der  bildenden  Künste  ver- 
gleicht und  in  überzeugender  Kritik  feste  Grenzlinien  beider  Gebiete 
Zieht,  da  Ondet  er  die  Normen  der  Poesie  vornehmlich  im  Homer, 
dessen  Naiurwahrheit  er  zuversichtlich  wie  der  Natur  selber 
vertraut.  Kein  Dichter  unserer  Zeit  und  unseres  Volkes  kommt 
wol  jener  Objectivitat  so  nahe,  wie  eben  Goethe ,  der  den  Con- 
trast  der  Homerischen  Dichlungsweise  gegen  die  moderne  in  so 
bezeichnenden  Worten  aussprach-,  und  Goethe  selbst  gibt  einen 
ihm  liebgewordenen,  bereits  entworfenen  Stoff,  Nausikaa,  wieder 
auf,  denn  niemand  würde  ungestraft  mit  Homer  in  die  Schran- 
ken treten  *^). 

Überblicken  wir  diese  Wirkung  der  llias  und  Odyssee,  so 
begreifen  wir,  dass  den  Urheber  dieser  Dichtungen,  den  Ho- 
meros,  sein  eigenes  Volk  heroischer,  ja  fast  göttlicher  Ehren  wür- 
digte *^),  und  wenn  es  vom  Dichter  schlechthin  sprach,  den 
Homer  meinte.  Was  in  dieser  Form  die  nationale  Bewunderung 
aussprach,  das  hat  in  seiner  wahren  Bedeutung  das  Zeugnis  der 
nachfolgenden  JtEihrhunderte  bestätigt. 


über  dvu  ilrsprimg  der  Uomcriüchen  Gcdicblc,  v.  M,  BoniU.     245 

Aber  die  göUlich«  Verehrung  dieses  Dichlerlieros  in  (hinein 
eigenen  Volke,  seine  unbeslriltenc  Auerkemiung  durch  mehr  als 
zwei  Jahrlausende  ^oIlte  ihn  nicht  davor  schützen,  dass  plötzlich, 
man  möchte  «agen^  feine  Existenz  selbst  in  Zweifel  gezogen  wurde, 
und  über  den  Ursprung  der  Uias  und  Odysaee  Ansichten  ganz 
entgegengesetzter  Art  auftauchten.  Wir  können  diese  neu  auf- 
tretenden Ansichten  ungefähr  in  folgender  Wme  formulieren. 

^Was  wir  Gedichte  Homer's  nennen,  die  liias  und  die 
Odfseee,  das  sind  nicht  die  Werke  eine§  Dichters,  sondern 
jedes  derselben  —  mindestens  von  dem  sicherlich  älteren ,  der 
Ilias,  lässt  es  sich  zuversichlUch  aussprechen  —  ist  eine  Ver- 
bindung von  dnzelnen  Liedern  verschiedener  Sänger.  Jahrhunderte 
lang  waren  Heldenh'eder  über  die  Ereignisse  aus  dem  troischen 
Sagenkreise  unter  den  hellenischen  Stämmen  verbreitet  gewesen, 
jedes  von  mä&igem  Umfange,  nur  eine  einzelne  Handlung  in  sich 
befassend ,  nur  bestimmt  für  den  mündlichen  Vortrag  unter  Be- 
gleitung der  Kithara,  zum  Anhören  für  eine  Versammlung,  die 
nach  fröhlichem  Mahle  oder  sonst  bei  heiterem  Genüsse  der  Hufse 
sich  der  Erinnerung  an  die  Groüsthaten  ihrer  Ahnen  erfreute« 
Ersi  allmählich  sind  diese  einzelnen  Lieder  nach  dem  Zusammen- 
hange der  Sagen  in  gröisere  Gruppen,  dann  zu  dem  geschlosse- 
nen Ganzen,  ungefähr  wie  es  jetzt  vorliegt,  vereinigt,  und  zuerst 
im  sechsten  Jahrhundert  vor  Chr.  auf  Befehl  des  Pisistratus 
durch  die  Schrift  fixiert«  Nicht  das  Werk  eines  Hannes,  sondern 
die  dichterische  Production  eines  langen  Zeitraumes  ist  es,  die 
wir  in  der  Uias  vereinigt  finden  und  mit  wohlbegründeter  Be- 
wunderung betrachten.'^ 

Das  sind  einige  der  wesentlichsten  Gedanken,  welche  am 
Schlüsse  des  vorigen  Jahrhunderts  der  Begründer  der  philolo- 
gischen Wissenschaft  in  ihrer  jetzigen  Bedeutung,  F.  A.  Wolf 
in  seinen  Prolegomenen  zu  Homers  Gedichten  niederlegte  **).  Wie 
die  Achtung  vor  dem  Namen  Homer's,  durch  die  wenige  Jahre 
früher  erschienene  Vofsische  Übersetzung  erhöht,  nicht  auf  den 
engen  Kreis  der  Fachgelehrsamkeit  sich  beschränkte,  so  wirkte 
apch  die  Erschütterung,  die  WoIFs  Schrift  hervorrief,  weit  über 
diesen  Kreis  hinaus  '*).  Der  geniale  Fichte  erklärte  in  leb- 
hafter Theilhahme  an  Wolf,  dass  er  selbst  a  priori  zu  den 
nämlichen  Ergebnissen  gelange,  welche  Wolf  durch  historische 
Forschung  gewonnen  habe  —  ein  Beifall,  den  Wolf  mit  scher- 
zender Ironie  erwiderte  '*).  Gewichtig  war  die  vollständige 
Beistimmung  des  feinsinnigen  Forschers  W.  v.  Humboldt  '*).  Mit 
W.  V.  Humboldt  über  die  wichtigsten  Fragen  der  Aesthetik  in 
lebhaftem  Gedankenaustausch  und  förderndem  Einverständnis  er- 
klärt es  dagegen  Schiller  **)  für  <<nothwendig  barbarisch'%  an 
eine  Zerstückelung  der  Uias  und  an  eine  Aneinanderreihung  aus 
ursprunglich  selbständigen  Liedern  zu  denken.  Und  damit  man 
nicht  glaube,   hierin   das    allgemeine   Urlheil  wahrhafter  Poesie 


t46    Ober  den  CrspruDg  der  llomeriscben  Gedichte,  v.  U.  BoHiit. 

über  Hypothesen   der   Pliüologie    zu   vemehmeR,   i^e  hören  wir 
gleichzeitig  Goethe's  begeißterten  Beifall"): 

«Erst  die  Gesundheit  des  Mannes»  der,  endlich  vom  Namen  Homero» 
Kühn  uns  befreiend,  uns  auch  ruft  in  die  vollere  Bahn! 

Denn  wer  wagte  mit  Göttern  den  Kampf,  und  wer  mit  dem  Einen? 
Doch  Homeride  zu  sein,  auch  nur  als  letzter,  ist  schön.' 

Aber  derselbe  GcBthe  wendete  sich  im  späteren  Alter  von 
den  störenden  Hypothesen  WolTs  wieder  ab,  und  mochte  Homer 
lieber  ^«als  Ganzes  denken,  als  Ganzes  freudig  ihn  empfinden^^  '^). 

Das  Bild  dieser  mannigfachen  und  wechselnden  Eindrücke 
der  WolFschen  Gedanken  lielse  sich  leicht  weiter  ausführen;  die 
wenigen  Data,  an  hervorragende  Namen  angeknüpft,  mögen  ge- 
nügen und  als  Typus  dessen  betrachtet  werden,  was  in  der  ge* 
aammten  gebildeten  Welt  vorgieng.  Die  Wogen  würden  sich 
allmählich  gelegt  haben  und  die  frühere  Spiegelglatte  fnedlicher 
Fortdauer  der  ererbten  Ansichten  würde  zurückgekehrt  sein, 
wäre  durch  die  Schrift  WolTs  eben  nur  eine  leidige  störende 
Paradoxie  in  die  Welt  hineingeworfen.  Aber  nicht  in  der  Kühn- 
heit des  Gegensatzes  gegen  eine  allgemein  verbreitete  Überzeu- 
gung liegt  das  Verdienst  der  WolPschen  Schrift,  nicht  durch 
diese  ist  sie  ein  bedeutendes  und  fruchtbares  Ereignis  auf  dem 
Gebiete  der  historischen  Wissenschaft  geworden,  ihr  Werth  liegt 
Tor  allem  in  der  Gewissenhaftigkeit  der  Methode.  Fast  zwei 
Jahrzehnte  hindurch  hatte  Wolf  die  Gedanken^  die  er  in  den 
Prolegomenen  entwickelt,  unausgesprochen  gehegt  und  geprüft^®); 
wa^  die  unermüdlich  gesammelte  Tradition  des  Alterlhums,  was 
die  Homerischen  Gedichte  selbst,  was  endlich  der  allgemeine 
Gang  der  Cultur  dem  unverwandt  darauf  gerichteten  Blicke  zu 
zeigen  vermag,  das  allos  ist  mit  strengster  Gewissenhaftigkeit  in 
Rechnung  gebracht,  ehe  sich  Wolf,  und  dies  noch  mit  unver- 
kennbarem innerem  Widerstreben  •*),  entschliefet,  von  einer  ihm 
nicht  minder  als  allen  andern  liebgewordenen  Überzeugung  sich 
loszureifsen ;  nur  die  unerbittliche  Gewalt  der  Gründe  zwingt 
den  strengen  Forscher  dazu.  Diesen  Werth  der  Wolfischen  Schrift 
bezeichnet  niemand  treffender,  als  Fr.  Schlegel,  ein  Mann,  dem 
man  Freude  an  der  Erschütterung  oder  dem  Umsturz  eines  durch 
Jahrhunderte  gefestigten  Bestandes  gewiss  nicht  zuschreiben  kann. 
«Das  WolFsche  Werk,'>  sagt  Fr.  Schlegel  •^,  <,isl  durch  den  Geist 
der  Wissbegierde  und  der  Wahrheitsliebe,  den  es  athmet,  durch 
die  strenge  Bestimmung  und  feste  Verkettung  einer  so  langen 
Reihe  von  Gedanken  und  Beobachtungen  dieser  Art  und  dieses 
Stoffes  ein  Urbild  geschichtlicher  Forschung  über  einen  einzelnen 
Gegenstand  des  Alterlhums,  das  von  den  Anhängern  fast  noch 
weniger  verstanden,  geschweige  denn  benützt  worden  ist,  als  von 
den  Zweiflern.'*  Was  F.  Schlegel  bei  den  Zeitgenossen  Woirs 
nr^isste,  hat  die  spätere  Zeit  nachgeholt;  eine  folgende  Gene- 
n  hat,  nicht  mehr  beirrt  durch  den  erschütternden  Eindruck 


Ober  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  t.  H,  Boniin.     247 

der  Neuheit,  die  Forschungen  Wolfs  wahrhaft  verwerthet,  in- 
dem sie  die  Keinrie  der  mannigfaltigen  durch  Wolf  zuerst  be- 
gründeten Uniert^uchungcn  sammtlich  zu  ihrer  Entwickel|ing  ge- 
bracht hat:  die  Durchforschung  der  Gedichte  selbst  in  ihrem 
Zusammenhange,  in  ihrer  sprachlichen  und  rhythmischen  Form, 
die  Prüfung  der  gesammten  Nachrichten  des  Alterthums  über 
Homer  und  die  Homerischen  Gedichte,  die  Verbindung  dieser 
Untersuchung  mit  der  Betrachtung  der  allgemeinen  Culturent- 
ivickelung  des  hellenischen  Volkes,  die  Vergleichung  mit  ver- 
wandten Erscheinungen  bei  andern  Völkern:  alle  diese  Momente 
mussten,  jedes  zu  seiner  selbständigen  und  vollen  Geltung  ge- 
bracht werden,  wenn  ein  gesichertes  Ergebnis  sollte  ermöglicht 
werden.  Dem  scharfsinnigen  Forscher  auf  dem  Gebiete  der  alteren 
deutschen  Poesie,  K.  Lachmann''))  gebührt  unzweifelhaft  das 
hervorragende  Verdienst,  in  strenger  Beschränkung  auf  ein  ein- 
zelnes Moment,  nämlich  den  inneren  Zusammenhang  der  Ilias, 
und  in  eindringender  Gründlichkeit  innerhalb  dieser  Grenzen  ein 
Muster  für  diese  Untersuchungen  und  einen  wichtigen  Beitrag 
zur  Lösung  der  Frage  gegeben  zu  haben.  Aber  seine  Arbeit 
steht  keineswegs  isoliert;  auf  demselben  Gebiete  und  auf  den 
übrigen,  die  jedes  für  sich  durchforscht  sein  müssen,  haben  an- 
dere Gelehrte  der  durch  Wolf  eingeschlagenen  Richtung  weitere 
Gewähr  gebracht;  und  zugleich  ist  mit  nicht  minderem  Auf- 
wände von  Scharfsinn  und  in  der  gleichen  Absicht  die  Wahr- 
heit der  Sache  zu  finden  alles  aufgeboten,  was  die  hergebrachte 
Oberzeugung  von  der  ursprünglichen  Einheitlichkeit  der  Ilias  und 
der  Odyssee  und  von  Homer  als  dem  Dichter  dieser  grofsartigen 
Schöpfungen  zu  stützen  vermag'*).  Die  Bedeutung,  welche  die 
Homerischen  Dichtungen  in  der  griechischen  Literatur  und  Ge- 
schichte, welche  sie  ferner  in  der  epischen  Literatur  überhaupt 
einnehmen,  hat  zur  Folge,  dass  die  «Homerische  Frage, *^  um 
den  üblich  gewordenen  Ausdruck  zu  gebrauchen,  wie  bei  ihrem 
ersten  Auftreten,  so  im  weiteren  Verlaufe  der  Discussion,  das 
Interesse  der  Gebildeten  auch  aufserhalb  des  Bereiches  der  Fach- 
gelehrsamkeit sich  bewahrt  hat.  Aber  durch  das  Labyrinth  der 
mannigfaltigsten  einzelnen  Untersuchungen ,  die  bereits  eine  sehr 
umfangreiche  Literatur  bilden,  den  leitenden  Faden  zu  finden, 
ist  für  den  femer  stehenden  schwer,  ja  kaum  möglich").  Die 
Ermüdung  über  diese  Verwickelung  bringt  daher  jetzt  eine  ähn- 
liche Wirkung  hervor,  wie  das  überraschende  des  Gedankens  es 
hatte,  da  er  zuerst  auftrat.  Überzeugungen,  die,  an  sich  schon 
feststehend,  mit  der  Frage,  um  die  es  sich  handelt,  nichts  zu 
thun  haben,  Sympathien  und  Antipathien  entscheiden  mehr,  als 
die  Erwägung  der  Sache  selbst;  verwerfende  Parteinamen  treten 
nicht  selten  an  die  Stelle  besonnener  Würdigung  der  Gründe. 
Eine  thörichte  Gespenster  furcht  glaubt  in  der  Bestreitung  einer 
Überlieferung    von    zwei    Jahrtausenden    —   denn   so    erscheint 


t48    Über  deu  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  ff.  BonU*, 

zunächst  dem  oberflächlichen  Blicke  die  von  Wolf  begonnene 
Richtung  der  Forschung  —  eine  Verwandtschaft  mit  anderwei- 
ten Tendenzen  zu  erblicken,  die  einer  rein  historischen  Unter- 
suchung vollkommen  fremd  sind;  «ine  aesthetische  Doctrin,  die, 
wie  wir  sahen,  Schiller's  und  Goethe's  Namen  zu  ihrem  Schilde 
nehmen  kann,  höhnt  die  gelehrte  Barbarei  atomistischer  Zer- 
stückelung der  grofsen  poetischen  Schöpfungen;  und  ein  Leicht- 
sinn, der  sich  nicht  scheut  die  Miene  souveräner  Wissenschafl- 
Uchkeit  anzunehmen,  wirft  gelegentlich  mitleidige  Blicke  auf  die 
längst  abgethane  Wolfische  Paradoxie.  Es  kann  nicht  der  Ge- 
genstand eines  einzebien  Vortrages  sein,  der  sich  überdies  von 
gelehrtem  Detail  frei  halten  muss,  die  vielverschlungene  Unter- 
suchung selbst  auszufahren,  und  es  wurde  sich  nicht  geziemen, 
in  einem  solchen  Falle  Specialitäten  der  eigenen  persönlichen 
Überzeugung  über  die  noch  fraglichen  Puncle  zur  Geltung  brin- 
gen zu  wollen.  Wohl  aber  lässt  sich  darstellen,  worin  die  Be- 
rechtigung der  ganzen  Frage  über  den  Ursprung  der  Homeri- 
schen Gedichte  liegt,  welches  die  Mittel  sind  zu  ihrer  Lösung 
und  in  welche  engere  Grenzen  das  zwischen  den  entgegenge- 
setzten Seiten  noch  streitige  Gebiet  bereits  wirklich  eingeschränkt 
ist.  Diese  Fragen  sind  es,  die  uns  im  Nachfolgenden  beschäf- 
tigen werden. 

Wer  es  in  Zweifel  zieht,  dass  Ilias  und  Odyssee  im  wesent- 
lichen in  der  Gestalt^  in  der  wir  sie  jetzt  haben,  das  Werk 
eines  Dichters  sind,  des  Homeros,  jedes  eine  ursprünglich  ein- 
heitliche Conception ,  der  widerspricht  damit  der  einhelligen 
Überzeugung  des  gesammten  Alterthums.  Wie  kann  man,  be- 
schränkt auf  kärgliche  Trümmer  aus  einer  einst  so  reichen  Lite- 
ratur, von  den  Ereignissen  selbst  durch  Jahrtausende  getrennt, 
thöricht  oder  vermessen  genug  sein,  der  einstimmigen  Über- 
lieferung des  eigenen  Volkes  des  Homeros  widersprechen  zu  wollen. 

Dieser  Gedanke,  in  den  mannigfachsten  Variationen  vorge- 
bracht, schneidet  von  vornherein  die  Frage  nach  dem  Ursprünge 
der  Ilias  und  Odyssee  als  eine  unzulässige  und  unberechtigte  ab. 
Er  würde  von  nicht  geringem  Gewichte  sein,  wenn  er  volle 
Wahrheit  hätte.  Aber  Homer  als  Dichter  der  Ilias  und  Odyssee, 
an  eine  bestimmte  Zeit  und  einen  bestimmten  Ort  fixiert,  wie 
dies  bei  einer  wirklichen  Einzelperson  der  Fall  sein  muss,  ist 
wohl  allmählich  Inhalt  der  Geschichtsbücher  geworden,  aber  ist 
nicht  unmittelbarer  Inhalt  der  wirklichen  historischen  Überliefe- 
rung. Betrachten  wir,  was  in  den  Hauptpuncten  über  Homers 
Person  und  was  über  Ilias  und  Odyssee  der  wirkliche  Inhalt  der 
Überlieferung  ist"). 

Das  griechische  Alterthum  besafs  neben  Ilias  und  Odyssee 
noch  eine  Anzahl  anderer  auf  den  troischen  Sagenkreis  bezüg- 
licher ••)  umfassender  epischer  Gedichte,  welche  zu  Ilias  und 
Odyssee  in  dem  Verhältnisse  standen,  dass  sie  die  diesen  beiden 


Ober  deu  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  H*  BomUt.    849 

Dichtungen  vorausgehenden  und  nachfolgenden  Theile  der  troi* 
sehen  Sage  behandelten.  Das  Vorhandensein  dieses  Schatzes  yor 
epischen  Gedichten'^)  können  Wir  hi»  erheblich  über  die  Zeit 
politischer  Selbständigkeit  der  Hellenen  hinaus  verfolgen.  Wir 
finden  uns  zwar  jetzt  auf  spärliche  Fragmente  derselben,  aUf 
Auszüge  des  Inhaltes  und  einige  sonstige  Nachrichten  beschränkt; 
aber  selbst  diese  Data  reichen  noch  aus,  dass  wir  nicht  nur  des 
grolsen  Umfang  der  griechischen  Epen  über  den  troischen  Sagen* 
kreis  uns  veranschaulichen,  sondern  dass  wir  auch  erkennen 
können,  wie  diese  anderen  Epen  des  troischen  Sagenkreises, 
wenngleich  verwandt  mit  Ilias  und  Odyssee,  doch  in  charakte- 
ristischen Puncten  von  ihnen  verschieden  '^)  waren.  Für  jedes 
dieser  die  Ilias  und  Odyssee  gleichsam  umgebenden  Epeti  aus 
dem  troischen  Sagenkreise  besteht  nun  eine  einhellige  Überliefe- 
rung über  den  Ort  d^  Abfassung,  und  eine  bei  einigen  ein- 
stimmige, bei  anderen  zwischen  zwei  Namen  schwankende  Cber- 
lieferung  über  den  Namen  des  Dichters  '^ ;  auch  fällt  die  Zeit 
der  Abfassung  in  eine  Periode^  welche  dem  Lichte  historischer 
Sicherheit  näher  steht.  Und  dennoch  werden  zugleich  diese  epi- 
schen Dichtungen,  in  Verbindung  mit  Ilias  und  Odyssee,  dem 
Homer  zugeschrieben;  Homer  wird  zum  Dichter  nicht  nur  der 
Ilias  und  Odyssee,  sondern  dazu  noch  der  Epen  des  troischen 
Sagenkreises  überhaupt,  entweder  der  meiste,  oder  aller,  oder 
aller  und  noch  überdies  einer  Anzahl  epischer  Hymnen  an  Götter. 
Diese  umfassende  Bedeutung  gebeii  dem  Namen  Homer's  nicht 
etwa  Männer,  die  dem  geistigen  Leben  des  hellenischen  Volkes 
und  seiner  Literatur  ferner  stehen,  sondern  in  der  classischen 
Zeit  der  hellenischen  Entwickelung  die  Koryphäen  der  Literatur, 
Männer,  deren  Wort  uns  unverbrüchliche  Auctorität  sein  müsste  ''). 
Homer's  Namen  ausschliefslich  auf  die  Ilias  und  die  Odyssee  zu 
beschranken  ist  in  der  classischen  Zeit  eine  fast  noch  vereinzelte 
Überzeugung;  sie  befestigt  sich  erst  in  jener  Periode,  als  seit 
dem  dritten  Jahrh.  vor  Chr.  Alexandria  Mittelpunct  griechischer 
Bildung  und  griechischer  Gelehrsamkeit  wurde  *^);  sie  ist  also 
das  Ergebnis  einer  Reflexion,  welche  ein  halbes  Jahrtausend  nach 
der  Zeit,  als  mindestens  die  Ilias  bereits  vorhanden  war,  sich 
erst  consolidierte;  die  nächste  historische  Überlieferung  dagegen 
aus  der  classischen  Zeit  führt  auf  den  Namen  Homer  dichterische 
Schöpfungen  von  solchem  Umfange  und  solcher  Verschiedenheit 
des  Charakters  zurück,  wie  selbst  die  kühnste  Phantasie  sich 
scheuen  dürfte  der  dichterischen  Produclion  desselben  Mannes 
zuzuschreiben. 

Wann  und  wo  lebte  nun  dieser  Dichtergenius  ohne  gleichen? 
Es  ist  ein  bekannter,  in  griechischen  Epigrammen  gefeierter  Satz, 
dass  sieben  Städte  sich  um  die  Ehre  stritten,  Homers  Geburtsort 
zu  sein^');  die  poetische  Lösung  ist  leicht,  dass  eben  kein  Ort 
der  Erde,  sondern  der  Himmel  selbst  Homer's  Vaterland  sei  **), 


t60    Cber  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  B,  Bonit%. 

aber  für  die  historische  Lösung  der  Frage  ist  durch  dieses  sin- 
nige Witzesspiel  eben  nur  die  offene  Stelle  gelassen.  Denn  die 
Vielheit  der  Geburtsorte  Uomer^s  ist  nicht  nur  der  Inhalt  zuge- 
spitzter Epigramme;  die  mannigfachen  prosaischen  Nachrichten 
über  Homers  Leben  weisen  vielmehr  eine  noch  gröfsere  Zahl 
von  Orten  nach,  welche  diesen  Anspruch  erhoben,  und  mögen 
nun  griechische  Orte  an  der  kleinasiatischen  Küste,  Smyrna, 
Kolophon,  Milet,  oder  auf  dem  Festlande,  z.  B.  Athen,  oder 
Inseln,  los,  Chios,  Kypros,  Kreta  genannt  werden,  immer  wird 
die  Nachricht,  so  spater  Zeit  auch  ihr  letzter  Vermittler  ange- 
höre^'), auf  eine  unverwerfliche  Auclorilät  des  Alterlhums  zu- 
rückgeführt, so  dass  wir  schlechterdings  kein  Recht  haben,  einer 
vor  der  andern  einen  unbedingten  Vorzug  zu  geben.  Übrigens 
findet  sich  bei  den  meisten  der  Orte,  die  Homer's  Vaterland  zu 
sein  sich  rühmten,  neben  dieser  Nachricht  noch  die  andere,  dass 
dort  eine  der  Pflege  des  epischen  Gesanges  sich  widmende  Sänger- 
schule bestand  **),  verbunden  durch  die  Tradition  der  Kunst  zu 
einer  der  natürlichen  Verwandtschaft  vergleichbaren  Genossen- 
schaft; das  Bestehen  solcher  Sangerschulen  wird  uns  auch  über- 
dies noch  für  einige  andere  Orte  constatiert,  bei  denen  die  Nach- 
richt, dass  Homer  dort  geboren  sei  oder  sich  dort  aufgehalten 
habe,  vielleicht  nur  zußllig  uns  verloren  gegangen  ist*').  — 
Und  wann  lebte  Homer?  Wir  werden  in  der  Periode,  um  die 
es  sich  handelt,  das  Schwanken  um  ein  halbes  oder  ganzes  Jahr- 
hundert noch  nicht  aufi'allend  finden ;  aber  wenn  die  Nachrich- 
ten, welche  Homers  Leben  in  die  Zeit  der  Übersiedelung  griechi- 
scher Stämme  nach  der  Küste  Klein-Asiens ,  um  die  Mitte  des 
eilften  Jahrh.  setzen,  bis  zu  denen  herab  ,  welche  ihn  um  das 
letzte  Drittel  des  siebenten  Jahrh.  leben  lassen,  und  die  sämml- 
lichcn  die  Zwischenzeit  innerhalb  dieser  Grenzpuncte  reichlichst 
besetzenden  auf  gleich  unverwerfliche  Aucloriläten  zurückgehen  *^), 
so  haben  wir  es  off'enbar  mit  etwas  anderem,  als  mit  einer  blofsen 
Ungenauigkeit  chronologischer  Bestimmungen  aus  älterer  Zeil  zu 
thun.  Homer's  Leben  erstreckt  sich  ja  nach  diesen  Nachrichlen 
über  mehr  als  vier  Jahrhunderte,  und  zwar  über  einen  Zeitraum, 
in  welchem  für  das  Mutterland  Hellas  wie  für  die  Griechen  Klein- 
Asiens  die  wichtigsten  Veränderungen  vorgiengen.  —  Die  Man- 
nigfaltigkeit zugleich  der  Ortsangaben  und  der  Zeitbestimmun- 
gen*') über  Homer's  Person  auf  ihre  wirkliche  historische  Be- 
deutung zurückzuführen,  ist  einer  Forschung  der  neuesten  Zeil 
gelungen,  bei  der  es  schwer  zu  sagen  ist,  ob  man  die  einleuch- 
tende Einfachheit  des  Grundgedankens  öder  die  peinliche  Strenge 
des  historischen  Beweises  höher  schätzen  soll  ^^).  Jede  Zeitangabe 
nämlich  gehört  eben  der  Tradition  eines  bestimmten  Ortes  an*^); 
nicht  die  Geburt  Homer's  überhaupt  setzen  die  Smyrnaer  in  die 
Zeit  der  ionischen  Wanderung,  die  Chier  um  zwei  Menschenalter 
später,   die  Samier  in  das  neunte  Jahrhundert  u.  s.  f.,  sondern 


über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gediehte,  v.  U,  BoHii».    t5f 

den  Aufenthalt  Homer's  auf  Samos  und  die  Gründung  der  dor-- 
tigen  Sängerschule  setzten  die  Samier  und  mit  ihnen  Herodot  ^ 
in  das  neunte  Jahrhundert,  die  Geburt  Homer's  auf  Chios  und 
die  Gründung  der  dortigen  Sängerschule  der  Homeriden  die  Chier 
in  den  Anfang  des  zehnten  Jahrhunderts  o.  s.  f.  Wenn  nun  der 
Name  Homer's,  wie  sich  vorher  zeigte,  der  Träger  ist  der  ge- 
flammten auf  den  troischen  Sagenkreis  bezüglichen  epischen  Dich- 
tungen, wenn  dieser  Homeros  im  Verlaufe  von  mehr  als  vier 
Jahrhunderten  in  verschiedenen  Städten  der  griechischen  Welt  gebo- 
ren wird,  und  jedesmal  an  seine  Geburt  oder  seinen  Aufenthalt  an 
einem  Orte  die  Entstehung  einer  epischen  Sängerschule  an  eben 
diesem  Orte  sich  anschiiefst:  so  ist  für  einen  jeden,  der  kein 
Moment  dieser  Nachrichten  vereinzelt  anzunehmen  oder  vereinzelt 
zu  verwerft^n  sich  gestattet,  die  Folgerung  zwingend :  die  Nach- 
richten über  Homer's  Geburt  an  verschiedenen  Orten  zu  ver- 
schiedenen Zeiten  sind  Nachrichten  über  den  Beginn  des  epischen 
Gesanges  daselbst;  die  Folge  der  Zeit  und  der  Orte  ergibt  eine 
Geschichte  der  Ausbreitung  epischer  Dichtung  auf  der  griechi- 
schen Küste  Klein-Asiens  und  den  Inseln.  Die  Reihe,  in  welche 
die  Orte  Smyrna,  Chios,  Kolophon  bis  endlich  zu  dem  entlegenen 
Kypros  und  Kreta  nach  der  Folge  der  Zeitangaben  sich  ordnen, 
entspricht  dabei  zu  ungesuchter  Bestätigung  dieser  Auffassung  *') 
der  geographischen  Lage  oder  der  politischen  Verbindung  der 
«M'nzelnen  Orte  zu  einander. 

Nehmen  wir  zu  diesen  historischen  Daten  über  die  Person 
Homer 's  diejenigen  hinzu,  welche  über  die  Gedichte  Ilias  und 
Odyssee,  abgesehen  von  dem  Namen  Homer's  als  ihres  Urhebers, 
feststehen. 

Ifias  und  Odyssee  sind  ursprünglich  nicht  schriftlich  auf- 
gezeichnet gewesen,  sondern  nur  mündlich  vorgetragen  worden. 
Dieser  Salz  ist,  seit  F.  A.  Wolf  ihn  begründet,  durch  jeden 
dagegen  gerichteten  Angriff  nur  zu  gröfserer  Festigkeit  gelangt  ••). 
Schon  die  Gedichte  selbst  machen  durch  Inhalt  und  Form  die 
Annahme  eines  blofs  mündlichen  Vortrages  wahrscheinlich.  Nir- 
gends findet  sich,  so  oft  auch  dazu  Anlass  gewesen  wäre,  in 
der  Erzählung  der  Gedichte  selbst  oder  in  den  zahlreichen  Gleich- 
nissen die  leiseste  Andeutung  von  der  Existenz  der  Schreibe- 
kunst*'); und  die  Sprache  der  Gedichte  zeigt  in  der  äufsersten 
Leichtigkeit  des  Anschmiegens  an  den  Rhythmus  durch  Dehnung 
und  Kürzung,  Zerlegung  und  Zusammenfassung  von  Vocalen  eine 
Biegsamkeit,  wie  sie  nach  Fixierung  der  Sprache  durch  die  Schrift 
schwerlich  bleiben  konnte.  Aber  die  Annahme,  von  dieser  Seite 
her  schon  mehr  als  wahrscheinlich,  erhält  durch  andere  Mo- 
mente volle  Gewissheit.  Im  achten  Jahrhundert  war  mindestens 
die  Ilias  bereits  abgeschlossen  vorhanden ;  dies  ergibt  sich  daraus^ 
weil  andere  in  dieser  Zeit  verfasste  epische  Gedichte  in  ihrer 
Umgrenzung  des  Sagenstoffes  sich  an  die  Umgrenzung   der  Ilias 


952    Über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  //.  Ikmii*, 

ab  eine  schon  vorhandene  anlehnen  **).  Erst  ein  volles  Jahr- 
htmdert  spater  dagegen  finden  sich  bei  den  Griechen  die  ersten 
historisch  sicheren  Anfange  der  Anwendung  der  Schreibekunst 
und  zwar  zur  Aufzeichnung  von  Gesetzen**).  Aber  von  der 
Anwendung  der  Schreibekunst  zur  Aufzeichnung  kurzer  Gesetzes- 
fbrmeln  bis  zu  dem  Aufschreiben  langer  Gedichte  liegt  noth- 
wendig,  durch  die  mannigfaltigsten  Bedingungen,  die  dazu  erst 
erfüllt  sein  mässen,  noch  ein  langer  Zeitraum.  Man  schreibt  ja 
auch  Gedichte  von  einem  Umfange  wie  Ilias  und  Odyssee,  von 
1^000  und  12000  Versen,  nicht  auf,  so  lange  man  nicht  hoffen 
darf  Leser  zu  finden,  sondern  noch  ausschliefslich  die  Gewöh- 
nung des  Hörens  besteht.  Die  Erhaltung  der  Gedichte  in  blofs 
mündlicher  Tradition  durch  ein  par  Jahrhunderte,  an  sich 
keineswegs  beispiellos  in  der  Geschichte  des  Epos  *^) ,  hat  um 
so  weniger  auffallendes,  da  das  Bestehen  von  Sängerschulen, 
welche  die  Pflege  des  epischen  Gesanges,  den  Vortrag  und  die 
Bewahrung  der  Heldenlieder  sich  zur  Aufgabe  machten,  eine  hislo- 
.  riftche  Thatsache  ist. 

Die  erste  sicher  constatierte  schriftliche  Aufzeichnung  der 
Ilias  und  Odyssee  geschah  in  der  zweiten  Hälfte  des  sechsten 
Jahrhunderts  in  Athen  auf  Befehl  des  Pisistratus  durch  eine  von 
ifatn  eingesetzte  Commission^^).  Dass  dies  die  erste  schriftliche 
Aufzeichnung  überhaupt,  mindestt^ns  die  erste  vollständige  schrift- 
liche Aufzeichnung  gewesen,  darf  man  aus  der  Art  und  dem 
ganzen  Tone  der  zahlreichen  Nachrichten  darüber  mit  Zuversicht 
»chliefsen.  Wäre  sie  bloCs  ein  berichtigtes  Zusammenschreiben 
aus  schon  vorhandenen  schriftlichen  Exemplaren  gewesen,  so  hätte 
sie  nicht  als  ein  so  grolses  Ereignis,  als  Lösung  einer  so  schwie- 
rigen Aufgabe  gefeiert  werden  können,  als  es  wirklich  ge- 
sdiieht;  und  als  vor  Pisistratus  Solon  die  Ordnung  des  Vor- 
trages der  Homerischen  Gesänge  am  gröfeten  Feste  Alhen's,  den 
ftmalhenaeen,  bestimmte,  so  wäre  dies  sicherlich  in  anderer  Weise 
geschehen,  wenn  er  sich  auf  schon  vorhandene  schriftliche 
Exemplare  hätte  beziehen  können.  Nach  Pisistratus,  insbeson- 
dere seit  vom  Ende  des  fünften  Jahrhunderts  an  das  Bedürfnis 
der  Leetüre  allgemeiner  wurde,  vermehren  sich  die  Exem- 
plare der  Ilias*®);  verschiedene  Städte  haben  jede  ihr  eigenes 
Exemplar,  das  vermulhlich  bindend  war  für  die  Feslvorträge 
Homerischer  Dichtung;  Alexander  hielt  sein  Exemplar  der  Ilias 
hoch  in  Ehren  und  bestimmte  ihm  ein  Kleinod  der  persischen  Beute 
zur  Capsel**).  Auf  die  schriftliche  Aufzeichnung  unter  Pisistratus 
giengen,  mit  Beseitigung  mancher  allmählich  eingeschlichener  Feh- 
ler, die  Gelehrten  Alexandria  s  im  dritten  Jahrhunderte  zurück  ^^); 
dem  Texte,  wie  sie  ihn  herstellten,  suchen  unsere  jetzigen  Aus- 
gaben möglichst  nahe  zu  kommen  ^^). 

Fassen  wir  die  historisch  sicheren  Puncte  zusanunen,  die 
sich   ergeben    haben.     Ilias    und    Odyssee   sind   ein    par   Jahr- 


über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  r.  U.  BofüH.    26S 

hunderte  lang  in  mündlichem  Vortrage  fortgepflanzt,  ehe  sie 
schriftlich  aufgezeichnet  wurden.  Homeros  ist  in  der  vorwiegenden 
Überzeugung  der  classischen  Zeit  der  Hellenen  nicht  der  Dichter 
blob  von  Ilias  und  Odyssee,  sondern  der  Trager  und  Urheber 
der  gesammten  epischen  Poesie,  mindestens  des  epischen  Gesanges 
über  den  troischen  Sagenkreis;  die  Tradition  über  sein  Leben 
gibt  uns  nicht  eine  auf  bestimmte  Zeit  und  an  bestimmten  Ort 
fixierbare  Einzelperson,  sondern  gestaltet  sich  zu  einer  Nachricht 
über  die  allmähliche  Ausbreitung  des  epischen  Gesanges  in  den 
Stddten  und  unter  den  Stämmen  der  Hellenen,  die  ihn  vorzugs- 
weise gepflegt  haben.  D  i  e  Frage ,  ob  Ilias  und  Odyssee  jedes 
»HS  ursprunglich  einheitlicher Conception  eines  Dichters  hervor- 
gegangen oder  erst  durch  Zusammenfassung  einzelner  Lieder  des- 
selben Dichters  oder  verschiedener  Dichter  entstanden  seien,  diese 
Frage  ist  dadurch  noch  gar  nicht  unmittelbar  berührt;  mit  den 
gewonnenen  historischen  Thatsachen  vereinigt  sich  möglicher- 
weise die  eine  wie  die  andere  Beantwortung  dieser  Frage.  Das 
eine  aber  ist  allerdings  erreicht:  die  Beantwortung  dieser  Frage 
ist  von  den  Schranken  angeblicher  historischer  Thatsachen 
befreit.  Wenn  jemand  anderweite  Gründe  dazu  zwingen  sollten, 
in  der  Ilias  oder  in  der  Odyssee  nicht  eine  ursprüngliche  Ein- 
heit, sondern  eine  Verbindung  ursprünglich  selbständiger  Elemente 
zu  sehen,  so  kann  man  ihm  nicht  eine  sichere,  festbegrenzbere 
historische  Tradition  entgegenstellen,  der  zu  widersprechen  er 
wagte.  Die  Antwort  aber  auf  die  Frage  über  ursprüngliche  Ein- 
heit oder  nachträgliche  Vereinigung  ursprünglich  selbständiger 
Lieder  kann  nur  in  den  Gedichten  selbst  gesucht  werden. 

In  den  Gedichten  selbst.  Das  mag  theoretisch  recht 
gut  klingen,  aber  in  der  wirklichen  Ausführung  wird  es  doch 
wohl  bedeuten,  dem  subjectiven  Belieben  und  der  persönlichen 
Stimmung  die  Entscheidung  anheimgeben.  Sahen  wir  ja  doch 
Männer  des  gediegensten  Urtheils  auf  dem  Gebiete  der  Poesie, 
welche  sich  unzweifelhaft  eben  durch  die  Gedichte  selbst  in 
ihrem  Urtheil  bestimmen  liefsen ,  im  schärfsten  Widerspruche 
stehen.  Und  sollte  es  überhaupt  möglich  sein,  bei  Dichtungen 
aus  einer  uns  so  fem  liegenden  Zeit  zu  bestimmen ,  welches  Hafs 
inneren  Einklanges  erforderlich  ist,  um  sie  als  ursprünglich  ein- 
heitlich  anzuerkennen  ?  •*)  —  Die  angedeuteten  Bedenken  müssen 
gewiss  zur  Vorsicht  bestimmen;  aber  die  Thatsache  des  Wider- 
streites unter  den  Überzeugungen  darf  die  Hoflhung  nie  auf- 
geben lassen,  dass  der  eindringenden  Vertiefung  eine  giltige 
Entscheidung  aus  der  Sache  selbst  möglich  sei;  und  Gedichte 
von  einem  Umfange  wie  Ilias  und  Odyssee  bieten  durch  die  ge- 
genseitige Vergleichung  ihrer  einzelnen  Theile  nach  Inhalt  und 
Form  einen  MaCsstab  für  die  Einheit  dar,  welcher  die  Zufällig- 
keit subjectiver  Ansicht  in  sehr  enge  Grenzen  beschränkt.  Dass 
in  diesen  Momenten  die  Möglichkeit  einer   giltigen   Entscheidung 


t54    Über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  U,  ßanilt, 

liegt  und  aus  ihnen  zum  Theil  bereits  gewonnen  ist,  will  ich 
darzulegen  versuchen.  Richten  wir  unsern  Blick  zunächst  auf 
die  Ilias. 

Die  Reihe  der  Begebenheiten  und  Handlungen,  welche  die 
Ilias  unserer  geistigen  Anschauung  vorführt,  verläuft  in  leicht 
übersichtlichem  Zusammenhange.  Bereits  im  zehnten  Jahre  ist 
das  Heer  der  versammelten  Acheeer  bemüht,  zur  Rache  für  die 
Frevelthat  des  Paris  Troja  zu  erobern ;  da  wird  der  tapferste  der 
Achaeerfürsten,  Achilleus,  von  dem  Führer  der  Gesammtheit,  Aga- 
memnon, in  seiner  Ehre  gekränkt,  und  beschliefst,  durch  Zurück- 
ziehung vom  Kampfe  sich  für  die  erlittene  Schmach  zu  rächen. 
Die  göttliche  Mutter  des  Achilleus,  Thetis,  erbittet  und  erreicht 
von  Zeus  die  Zusage,  dass  die  Achieer  so  lange  in  Noth  gerathen 
sollen,  bis  Agamemnon  sein  Unrecht  bereue  und  Genugthuung 
gebe.  Und  so  geschieht  es.  Anfangs  hält  noch  die  Tapferkeit  der 
übrigen  Achseerfürsten  den  Troern  die  Wage,  aber  bald  gerathen 
die  Achaeer  so  in  Nachtheil,  dass  Agamemnon  durch  eine  Ge- 
sandtschaft der  Edelsten  den  Achilleus  um  Verzeihung  bitten  und 
ihm  volle  Genugthuung  anbieten  lässt.  Aber  Achills  Rache- 
durst ist  noch  nicht  befriedigt;  die  Noth  der  Achaser  muss  noch 
gröfeer  werden;  das  Eindringen  der  Troer  in  das  Lager,  der 
Brand  der  Schiffe  muss  ihnen  volle  Vernichtung  drohen,  ehe  er 
sich  entschlösse,  seinen  Groll  aufzugeben  und  aus  seiner  Unthä- 
tigkeit  herauszutreten.  Schon  der  nächste  Tag  führt  zu  diesem 
äulsersten.  Die  tapfersten  der  Achseerfürsten  müssen  verwundet 
den  Kampfplatz  verlassen,  Hektor  durchbricht  Thor  und  Mauer 
des  griechischen  Lagers,  des  riesigen  Aias  Widerstand  vermag 
sein  Vordringen  nicht  mehr  zu  hemmen,  schon  beginnt  ein  Schiff 
der  Griechen  zu  brennen.  Da  bittet  den  Achilleus  sein  treuer 
Waffengefahrte  Patroklos,  in  diesem  Augenblicke  der  gröfeten  Noth 
selbst  zu  helfen  oder  mindestens  ihm  und  den  Hyrmidonen- 
schaaren  die  Theilnahme  am  Kampfe  zu  gestatten.  Nur  diese 
Erlaubnis  gibt  Achilleus.  Durch  die  glückliche  Wendung,  die 
sein  unerwartetes  Auftreten  dem  Kampfe  gibt,  lässt  Patroklos  sich 
fortreifsen,  gegen  den  gemessenen  Befehl  des  Achilleus  von  der 
blofsen  Vertheidigung  des  Lagers  zum  Angriffe  auf  die  Troer 
überzugehen.  Im  weiteren  Vordringen  fällt  er;  nur  mit  Mühe 
gelingt  es,  seinen  der  Waffen  entkleideten  Leichnam  den  nach- 
stürmenden Troern  zu  entwinden.  Auf  die  Schreckenskunde  von 
dem  Tode  seines  Freundes  tritt  noch  am  späten  Abend  Achilleus 
in  den  Kampf  ein  und  hemmt  durch  seine  blofse  Erscheinung 
das  erneute  Vordringen  der  Troer.  Am  nächsten  Morgen  gibt 
Agamemnon  dem  Achilleus  volle  Genugthuung;  Achilleus  entsagt 
seinem  Grolle,  glühend  vor  Begierde,  den  Fall  seines  geliebten 
Freundes  zu  rächen.  Diese  Rache  übt  er  in  dem  sogleich  von 
neuem  ausbrechenden  Kampfe;  zahlreiche  Troer  fallen  unter  seinen 
Händen  und  zuletzt  der  allein  ihm   noch    Stand   hielt  und   allein 


über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  H,  Boniit.    S5A 

der  Troer  Hoffnung  war,  Hektor.  Die  Bestattung  des  Palroklos, 
die  Leichenspiele  zu  seiner  Ehre,  die  Rückgabe  der  Leiche  des 
Hektor  an  den  greisen  Priamos  und  die  Todtenklage  um  Hektor 
schlielsen  das  Gedicht. 

Diese  flüchtige  Skizze  wird  hinreichen,  dem  Leser  der 
Ilias  das  Gedicht  in  seinen  grolsen,  allgemeinen  Zügen  zu  ver- 
gegenwärtigen. Man  kann  es  sich  unmöglich  vorstellen,  ohne 
sich  zugleich  von  dem  klaren  Zusammenhange  des  ganzen,  dem 
Abschlüsse  innerhalb  passend  gesteckter  Grenzen,  der  Gruppierung 
des  einzelnen  um  einen  gemeinsamen  Hittelpunct  zu  überzeugen. 
Aber  die  Bewunderung  der  Homerischen  Dichtung  hat  namentlich 
in  der  neuesten  Zeit  noch  um  einen  Schritt  weiter  gehen  und 
zu  der  Entdeckung  gelangen  lassen,  dass  die  gesammte  Ilias  von 
einem  Grundgedanken,  einer  leitenden  Idee  getragen  und  be« 
herrscht  sei,  die  man  in  folgender  Weise  bezeichnete^: 

^<Dem  vollkommen  berechtigten  und  gerechten  Zorn  des 
Achilleus  sichert  der  höchste  Lenker  der  Welt  selbst  die  Erfül- 
lung zu;  aber  die  menschliche  Leidenschaft  treibt  den  an  sich 
gerechten  Zorn  in's  maislose.  Hit  der  Zurückweisung  der  ange« 
botenen  Versöhnung  wird  Achilleus  strafbar,  und  durch  den  Tod 
seines  theuersten  Freundes  büfst  er  die  Strafe  für  die  Mafslosig- 
keit  seines  Grolles.^ 

Wer  möchte  langnen,  dass  die  Folge  der  Handlungen  und 
Ereignisse,' welche  die  Ilias  uns  vorführt,  vollkommen  geeignet 
ist,  zum  Ausdrucke  dieses  sittlich  ernsten  Gedankens  zu  werden) 
und  wer  könnte  verkennen,  dass  das  richtige  Hafs  derjenige  Be<r 
griff  ist,  unter  welchem  durch  einen  nationalen  Tact  die  Griechen 
zu  allen  Zeiten  das  Ideal  des  sittlich  guten  und  edlen  betrachteten. 
Aber  etwas  ganz  anderes  ist  die  Frage,  ob  in  der  Ilias,  wie  sie 
uns  vorliegt  und  dem  classischen  Alterthume  vorlag,  mag  sie 
nun  eine  einheitliche  Conception  oder  eine  Vereinigung  ursprüng- 
lich verschiedener  Elemente  sein,  ob  in  dieser  Ilias  wir  die  Dar- 
stellung jenes  das  ganze  beherrschenden  Gedankens  finden,  ja 
ihn  auch  nur  hineinlegen  dürfen.  Und  diese  Frage  muss  unbe- 
denklich verneint  werden.  Nicht  um  der  Gerechtigkeit  willen 
sagt  Zeus  dem  Zorne  des  Achilleus  vollständigste  Rache  zu;  er 
ist  der  Thetis  für  frühere  Wohllhaten  Dank  schuldig;  diese 
Wohllhaten  macht  Thetis  geltend ,  um  Zeus  zur  Gewährung  zu 
bestimmen'^).  Die  Abweisung  der  versöhnlichen  Anträge  des 
Achilleus  bildet  keinen  Wendepunct  im  Gange  des  ganzen,  es 
wird  auf  sie  im  folgenden  da ,  wo  der  dringendste  Anlass  wäre, 
gar  keine  Rücksicht  genommen '"),  und  Zeus  hält  unverändert, 
ohne  die  leiseste  Andeutung  einer  Misbilligung  über  Achiira 
Unversöhnlichkeit,  sein  Versprechen  aufrecht,  durch  der  Achseer 
steigende  Nolh  dem  Achilleus  Rache  zu  verschaffen  ••).  in  Pa- 
troklos'  Tode  findet  keiner  der  Menschen  oder  Götter  eine  Strafe 
für  Achills  mafslosen  Zorn;  Patroklos  fallt  durch  das  Eingreifen 


856    Über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  U,  ßofiiiz. 

einer  den  Troern  befreundeten  Gottheit,  er  fällt,  da  er  dcsAchiileus 
bestimmtes  Geheils  über  die  Grenzen  seiner  Theilnahme  am 
Kampfe  überschritten  hat.  —  Also  an  allen  jenen  Knotenpuncten 
des  ganzen  ist  nicht  etwa  blofs  dasjenige  Motiv,  welches  wir 
uns  denken  sollen,  nicht  zur  Darstellung  gebracht,  sondern  ein 
anderes,  wesentlich  davon  verschiedenes,  damit  unvereinbares 
angewendet.  Man  muas  fürwahr  in  sehr  weite  Entfernung  von 
der  Ilias  selbst  treten  und  sich  der  Erinnerung  an  das  in  ihr 
wirklich  enthaltene  möglichst  entschlagen,  um  dahin  zu  gelangen, 
dass  man  jenen  Gedanken,  der  das  ganze  beherrschen  könnte, 
der  wirklichen  Dichtung  unterzulegen  wagt. 

Aber  auch  gegen  die  blolse  Continuitat  des  Zusammenhanges 
in  der  Erzählung  erheben  sich,  sobald  man  von  den  allgemeinsten 
Umrissen  dem  einzelnen  der  Ausfuhrung  näher  tritt,  die  gewich- 
tigsten Bedenken.  In  soweit  diese  auf  der  Verschiedenheit  des 
Tones  und  der  Darstellungsweise  beruhen,  muss  auf  den  Versuch 
ihrer  Andeutung  verzichtet  werden*');  sie  würden  sich  unter 
Beziehung  auf  die  deutsche  Übersetzung  nicht  aufzeigen  lassen, 
die,  so  treiflich  sonst,  doch  das  ganze  mit  ungefähr  gleicher 
Farbe  überkleidet  hat.  Auch  bei  denjenigen  Gründen  des  Zweifels, 
die,  auf  dem  Inhalte  beruhend,  in  der  Übersetzung  unverlöschbar 
bleiben,  kann  man  von  der  Menge  und  der  Verwickelung,  in 
welcher  sie  die  ganze  Ilias  durchziehen,  eine  Vorstellung  nicht 
erreichen,  ohne  das  Gedicht  bis  in  das  einzehiste  durchzugehen. 
Wohl  aber  lasst  sich  selbst  an  einzelnen  Beispielen  die  Art  der 
Zweifel  insoweit  kennzeichnen,  dass  sich  ergibt,  ob  in  ihnen 
ein  Recht  zu  sicheren  Polgerungen  liegt.  Man  kann  derlei  Dinge, 
dass  derselbe  Held  zweimal  an  verschiedenen  Kampfeslagen  durch 
die  Hand  verschiedener  Feinde  gelödtel  wird  •®),  als  Kleinigkeiten 
unbeachtet  lassen;  diese  Fälle  treffen  nur  untergeordnete  Namen, 
derlei  Widersprüche  in  einem  langen  Gedichte  wird  man  dem 
Gedächtnisse  des  Dichters  leicht  zu  gute  halten.  Aber  anderes 
greift  weit  tiefer  in  den  Gang  der  Hauptbegebenheiten  selbst  ein. 
Drei  Kampfeslage  sind  es,  deren  ausführliche  Erzählung  den 
gröfsten  Theil  der  Ilias  einnimmt;  der  erste,  noch  durchaus 
gunstig  für  das  von  Achilleus  verlassene  Aceeherheer,  reicht  vom 
2.  bis  fast  zum  Ende  des  7.  Gesanges;  der  zweite,  der  uns  die 
gröüsle  Noth  des  Achaeerheeres,  Patroklos'  Kampf  und  Tod  dar- 
stellt und  mit  dem  plötzlichen  Auftreten  des  Achilleus  endigt, 
umfasst  den  II.  bis  18.  Gesang;  der  dritte  endlich,  des  rache- 
glühenden Achilleus  mörderischer  Kampf  gegen  die  Troer  und 
der  Fall  Hektor's,  ist  vom  20.  bis  22.  Gesänge  ausgeführt.  Ver- 
suchen wir  nun  z.  B.  in  der  Darstellung  jenes  wichtigsten  mitt- 
leren Schlachttages  uns  einheimisch  zu  machen ,  so  stofsen  wir 
überall  auf  die  gröfsten  Schwierigkeiten.  Über  den  Anfang  des 
Kampfes  geht  die  Erzählung  rasch  hinweg ;  schon  nach  80  Versen 
hören  wir,  dass  so  lange  die  Sonne  stieg,  das  Glück  gleich  ver- 


über  den  ürspruDg  der  Uomcriächen  Gedichte,  v.  U,  ßoniit.    i5f 

theilt  war,  aber  von  da  an,  also  vom  Hiitag  an,  die  entschei- 
dende Wendung  eintrat.  Und  nachdem  wir  dann  durch  fünf  Gef 
sänge  dem  mannigfaltigsten  Wechsel  der  Kämpfe  gefolgt  sind, 
und  Ereignisse  vernommen  haben,  welche  geraume  Zeit  erfordern: 
den  Kampf  um  die  Mauer  der  Achaeer,  die  Erstürmung  des 
Thores  nach  hartnäckigem  Widerstände,  Poseidons  Hilfe  für  die 
Achaser,  Here  s  Vorbereitung  um  Zeus  zu  bethören,  die  Bethörung 
des  Zeus  durch  Here,  damit  Poseidon  ruhig  fortwirken  könne, 
Zeus  Schlaf,  sein  Erwachen  und  die  Hilfe,  die  er  den  Troern 
bringen  iasst,  Umkehr  der  fliehenden  Troer,  den  Kampf  um  Aias 
Schiff,  Patroklos'  Bitte  an  Achilleus,  den  Achseern  helfen  zu  dürfen, 
Rüstung  des  Patroklos  und  tier  Myrmidonen,  einen  gro&en  Theil 
vom  Kampfe  des  Patroklos  selbst:  da,  mehr  als  4000  Verse 
nachdem  wir  ausdrucklich  vernommen,  dass  es  bereits  Mittag 
war,  hören  wir  wieder,  dass  es  noch  Mittag  ist  oder  wieder 
Hitlag  wird,  dass  die  Sonne  mitten  am  Himmel  steht *').  Wir 
mögen  von  dem,  was  alles  zwischen  den  beiden  Bezeichnungen 
des  eingetretenen  Mittags  liegt,  noch  so  viel  ausscheiden  wollen, 
als  sei  es  eine  spätere  Erweiterung  der  ursprunglich  wohl  zusam- 
menhängenden Erzählung :  wir  erreichen  dadurch  nichts ,  denn 
die  gesammte  Entwickelung  des  Kampfes,  die  das  Auftreten  des 
Patroklos  motivieren  soll,  und  ein  gro&er  Theil  seines  Kanipfes 
selbst  fällt  eben  in  gar  keine  Zeit,  denn  es  fallt  zwit»chi:)  die 
beiden  ausdrücklichen  Angaben  desselben  Zeitpunctes.  —  Nicht 
besser  ergeht  es  uns  noch  in  einer  anderen  Hinsicht  mit  dem 
Auftreten  des  Patroklos.  Bei  dem  Beginne  der  ungünstigen  Wen- 
dung im  11.  Gesänge  wird  Patroklos  von  Achilleus  abgesendet, 
sich  schnell  nach  einem  Verwundeten  zu  erkundigen  ^  den  eben 
Nestor  aus  dem  Kampfe  führe.  Patroklos  ist  so  beeilt,  den  Ber 
fehl  seines  ungeduldigen  Herrn  auszuführen,  dass  er  es  sogar 
ablehnt,  sich  nur  zu  setzen.  Aber  diese  Eile  ist  bald  vergessen ; 
während  der  mannigfachsten  Wechsel  des  Kampfes,  die  vier  lange 
Gesänge  fällen,  bleibt  Patroklos  in  ruhigem  Gespräche  im  Zelte 
eines  griechischen  Führers  sitzen  ^^ ;  ja  noch  mehr ,  da  er  end- 
lich im  16.  Gesänge  zu  Achilleus  tritt,  ist  von  einer  Antwort 
auf  den  Auftrag,  davon,  dass  er  überhaupt  ausgesendet  war, 
nicht  die  Rede'*).  —  Ähnh'chcn  Dissonanzen  sind  wir  durch  den 
Verlauf  der  ganzen,  lebhaft  und  im  einzelnen  anschaulich  aus- 
geführten Erzählung  ausgesetzt:  in  unmittelbar  aneinander  sich 
anschliefsenden  Theilen  der  Erzählung  herrscht  nicht  dieselbe 
Voraussetzung  über  den  ganzen  Stand  des  Kampfes,  über  seine 
Art,  über  den  Ort  wo  er  vorgeht''*);  desselben  Poseidon's  Auf- 
treten zu  Hilfe  der  Griechen  zu  derselben  Zeit  wird  uns  zweimal 
auf  verschiedene,  mit  einander  unvereinbare  Weise  erzählt"), 
derselbe  Zeus  verkündet  an  demselben  Tage  über  den  Verlauf 
der  nächsten  Zukunft  verschiedene,  mit  einander  unvereinbare 
Weissagungen  ^^),  über  desselben  Patroklos  Ende  bekommen  wir 

Z«if$chrifl  f.  a.  oüiorr.   Gymn»«.  1(^.  IV.  u    V.  Heft.  1^ 


tM    Ober  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  U,  BonÜt. 

unmittelbar  nach  einander  unvereinbare  Darstellungen  ^^  u.  s.  f. 
Wir  werden  von  der  Lebendigkeit  und  der  Kraft  der  einzelnen 
Darstellungen  hingerissen ;  aber  das  Bemühen,  einen  Faden  in  der 
Erzählung  festzuhalten,  also  die  Erzählung  als  einheitlich  zu 
▼erstehen,  die  ja  doch,  für  mündlichen  Vortrag  bestimmt,  selbst 
beim  blofsen  Zuhören  anschaulich  auffassbar  sein  musste,  dieses 
Bemühen  hat  keinen  Erfolg.  Wir  befinden  uns  wie  in  einem  ge- 
waltigen Wogendrange,  in  welchem  es  nicht  gelingen  will,  irgend 
wo  einen  festen  Standpunct  zu  gewinnen^'). 

Ganz  anders  ist  der  Eindruck  der  Erzählung  vom  ersten 
Kampfestage  (vom  2.  bis  7.  Gesänge);  da  dürfen  wir  uns  mit 
ganz  unerheblichen  Ausnahmen  überall  des  hellsten  Lichtes  voller 
Anschaulichkeit  erfreuen.  Welcher  Leser  der  Ilias  gedachte  nicht 
in  lebhafter  Bewunderung  jener  lieblichen  Hauerschau  mit  ihrer 
treffenden  Charakteristik  der  Helena,  des  Priamos  und  der  grie- 
chischen Helden;  des  feingezeichneten  Bildes  vom  Bogenschüsse 
des  Pandaros,  dessen  Werth  Lessing  ^^)  in  sein  volles  Licht  ge- 
setzt hat;  der  großartigen  Darstellung  der Heldenthaten  des  Ty* 
diden  Diomedes,  und  dann  der  freundlichen  Scenen,  Glaukos  und 
Diomedes,  die  ab  Feinde  einander  begegnend  sich  als  Gastfreunde 
erkennen  und  gegenseitig  beschenken,  endlich  des  Abschiedes 
Hektor's  von  Andromache,  einer  Scene,  die  vielfach  nachgeahmt, 
ober  in  der  ergreifenden  Wirkung  einfacher  Naturwahrheit  schwer- 
lich zu  übertreffen  ist«  Aber  so  herrlich  jede  einzelne  Erzählung 
iat,  dass  es  schwer  hält,  nur  einiges  bevorzugend  herauszuheben, 
80  gro&e  Bedenken  birgt  ihre  Verbindung.  Schon  die  Hasse 
der  Ereignisse  droht  uns  zu  erdrücken,  sobald  wir  einmal  uns 
besinnen,  dass  sie  an  einem  Tage  nacheinander  vorgehen  sollen, 
und  der  innere  Zusammenhang  verschwindet  uns  fast  bei  jeder 
der  Erzählungen  in  ihrem  Cbergange  zur  nächstfolgenden.  Die 
Rüstung  des  griechischen  Heeres  wird  uns  prachtvoll  dargestellt, 
das  Aufzählen  der  ganzen  Streitmacht  mit  den  Namen  auch  der 
geringeren  Führer  nimmt  fast  400  Verse  ein,  alles  weist  auf  den  Be- 
ginn eines  grofsen  allgemeinen  Kampfes  hin,  da  folgt  —  Waffen- 
ruhe und  Zweikampf  des  Paris  mit  Henelaos^^).  Das  heilige, 
mit  Opfern  und  Eiden  feierlich  besiegelte  Versprechen,  dass,  wenn 
in  diesem  Zweikampfe  Henelaos  siege,  Helena  und  ihre  Schätze 
sollten  zurückgegeben  werden,  wird  freventlich  gebrochen;  und 
an  demselben  Tage  bietet  Hektor  einen  zweiten  Zweikampf  an, 
ohne  nur  einen  ähnlichen  Preis  zu  setzen,  des  ersten  Zweikampfes 
kaum  leichthin  gedenkend.  Dennoch  nehmen  die  Griechen,  ohne  ein 
Wort  des  Vorwurfs  über  den  Frevel,  den  Antrag  an,  ja  noch  mehr, 
an  einem  Tage,  an  weichem  bereits  ein  Zweikampf  für  sie  günstig 
ausgefallen  war,  an  welchem  der  allgemeine  Kampf  die  Troer  in 
die  äufserste  Noth  gebracht  hat,  fürchten  sich  die  tapfersten 
Führer  den  Zweikampf  zu  bestehen,  und  müssen  erst  durch  Ne- 
stor'» Slrafrede  aus   ihrer  Bestürzung  herausgerissen  werden'*). 


Oller  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte  ^  v.  H.  BanÜB,    tat 

Unter  diesen  Furchtsamen  ist  auch  Diomedes,  der  an  demselben 
Tage  kurz  vorher  sogar  mit  Ares  den  Kampf  aufgenommen  und 
siegreich  bestanden  hat.  Freilich  ist  uns  die  Unerschrockenheil 
das  Diomedes  schon  vorher  auf  unerklärliche  Weise  verschwunden. 
Kaum  hat  er,  durch  Athene  zum  Kampfe  selbst  gegen  die  Götter 
ennttihigl,  die  Aphrodite  und  den  Ares  besiegt  und  vom  Schlaohl- 
felde  verjagt,  so  hören  wir  ihn  beim  Zusammentreffen  mit  deai 
ihm  unbekannten  Glaukos  in  besorgter  Frömmigkeit  fragen,  ob 
es  nicht  etwa  einer  der  Götter  sei,  mit  dem  er  hier  zttsanmien- 
treffe;  mit  Göttern  solle  der  Mensch  sich  nicht  vermessen  zu 
kämpfen«^. 

Doch  ich  breche  ab,  derlei  Widerspruche  weiter  auCnn 
zahlen,  so  sehr  der  Reichthum  des  Stoffes  dazu  reizt;  audh  inner- 
halb der  beiden  allein  in  Betracht  gezogenen  Partien  der  Uias, 
ungefähr  der  Hälfte  des  Ganzen,  ist  es  nicht  möglich,  von  der 
Menge  der  sich  erhebenden  Bedenken  eine  Vorstellung  zu  geben^ 
sondern  es  konnte  nur  die  Absicht  sein,  an  einigen  leicht  nadn 
weisbaren  Beispielen  ihre  Art  und  Bedeutung  zur  Anschauuag 
zu  bringen.  Wer  für  das  Gewicht  dieser  Widersprüche  eina 
ättlserliche  Bestätigung  zu  haben  wünscht,  der  wolle  dieselbe 
nicht  in  den  Schriften  der  Männer  suchen,  die  mit  überzeugender 
Evidenz  jene  starken  Dissonanzen  aufgezeigt  haben  *^),  sondern 
vielmehr  in  den  bedeutendsten  Schriften  der  Gegner,  welche,  umi 
die  Einheitlichkeit  der  Composition  möglichst  aufrecht  zu  halteUi 
die  Gründe  zum  zweifeln  zu  entkräften  suchen**);  die  Kfinata 
der  Auslegung  und  die  verwickelten  Hypothesen,  welche  für  ua^ 
vereinbare  Gegensätze  den  Schein  der  Ausgleichung  bringen 
sollen**),  sind  der  schlagendste  Beweis  für  die  Berechtigung  des 
Zweifels  an  dem  ursprünglichen  Zusammenhange  und  für  die  Ridi« 
tigkeit  der  daraus  gezogenen  einfachen  Folgerung.  Wenn  ein  Ge« 
dicht,  wie  die  Uias,  bäd  durch  ein  par  hundert,  bald  durch 
nahe  an  tausend  Verse  Situation  und  Charaktere  streng  einhiU 
und  bis  in  die  kleinsten  Zuge  zur  vollkommensten  Anschaulich^ 
keit  ausprägt,  und  mit  den  unmittelbar  folgenden  Versen  aus  dar 
Voraussetzung  dieser  Situation,  dieser  Stimmung  der  Handelnden 
heraustritt;  wenn  sich  diese  Art  des  Widerspruchs  bald  schärfer, 
bald  mälsiger,  durch  den  Verlauf  des  ganzen  Gedichtes**)  hin- 
durchzieht, und  überall  nicht  in  den  einzelnen  Erzählungen, 
sondern  ausschUefslich  in  ihrer  Verbindung  zu  einem  gröfseren 
Ganzen  aller  Anstofs  enthalten  ist:  so  finden  wir  uns  mit  Noth- 
wendigkeit  zu  der  Annahme  geführt,  dass  jene  einzelnen  Erzäh- 
lungen das  ursprüngliche  waren,  ihre  Vereinigung  dagegen  erst 
hinzugekommen  ist.  Die  Erzählung  von  Diomedes^  Gespräch  mit 
Glaukos  ist  in  ihrer  Art  so  tre^ich,  wie  die  von  Diomedes' 
Heldentbaten;  aber  als  Fortsetzung  derselben  kann  sie  nicht  ur*- 
sprüngUch  gedacht  und  gedichtet  sein.  Hektor's  Antrag  eines 
Zweikampfes,  die  Scheu  der  Achfeerfürstea ,  dem  tapfersten  der 

19* 


t0O    Ober  den  Drsprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  B.  BaHüi. 

Troer  entgegensatreten,  Nestor's  Straf- und  Ennabnungsrede,  ist 
alles  trefflich  erzählt,  aber  als  eine  Scene  desselben  Tages,  da 
am  den  Preis  eines  andern  Zweikampfes  die  Achceer  betrogen 
sind,  eines  Tages,  an  dem  sie  überall  siegen,  ist  diese  Darstel- 
lung nicht  möglich.  —  Derlei  Thatsachen  sprechen  mit  so  lauter 
Stimme,  dass  man  sie  nicht  überhören  kann ;  ihre  Beachtung  aber 
hat  über  gewisse  Puncte  bereits  Einhelligkeit  unter  den  einander 
entgegengesetzten  Seiten  herrorgerufen.  Daran,  dass  in  ursprüng- 
licher Selbständigkeit  ein  Dichter^  er  heifse  Homeros,  den  Sagen- 
atoff  seines  Volkes  zu  der  Dichtung  Ilias  gestaltet  habe,  denkt 
jetzt  niemand  mehr,  der  die  Fragepuncte  wirklich  kennt  **); 
dass  dem  Urheber  der  Ilias  ältere  Einzellieder  vorlagen ,  dass^  er 
solche  in  seine  zusammenfassende  Dichtung  ohne  erhebliche  Än- 
derung aufnahm,  dass  die  Widersprüche  —  oder  wie  man  mil- 
dernd zu  sagen  beliebt,  die  Unebenheiten  —  die  sich  zeigen, 
eben  aus  dieser  Aufnahme  und  Verknüpfung  von  älteren  Liedern 
herrühren,  das  wird  von  den  entschiedensten  und  durch  ihre  Lei- 
stungen bedeutendsten  Wortführern  der  einheitlichen  Composition  der 
Ilias  anerkannt  ^^.  Der  Gegensatz  beschränkt  sich  im  wesentlichen 
nur  noch  darauf,  dass  die  Vertheidiger  der  Einheit  das  Wieder- 
herstellen der  aufgenommenen  älteren  selbständigen  Elemente  nicht 
für  ausführbar  erklären*^),  dass  sie  das  Mafs  des  aufgenom- 
menen gegenüber  der  ursprünglich  selbständigen  Dichtung  in  der 
Ilias  möglichst  beschränken,  und  dass  sie  den  wahren"  Werth 
der  Ilias  nicht  in  der  Poesie  der  Einzellieder,  sondern  in  der 
grofsartigen  Composition  des  ganzen  suchen  *^).  Der  erste  Punct 
bezeichnet  kaum  einen  Gegensatz;  denn  nicht  darum  handelt  es 
sich,  ob  sich  die  ursprünglich  selbständigen  Elemente  an  allen 
oder  an  einigen  Stellen  sicher  wieder  herstellen  lassen ,  sondern 
ob  die  gegenwärtige  Gestalt  aus  solchen  und  zwar  im  wesent- 
lichen unverändert  gelassenen  Elementen  hervorgegangen  ist  — 
und  hierüber  ist  innerhalb  gewisser  Grenzen  Einhelligkeit  erreicht. 
Ober  das  Mafsverhältnis  der  aufgenommenen  älteren  Lieder 
und  des  selbständig  neuen  Inhaltes  der  Ilias  wird  die  fortschrei- 
tende Untersuchung  des  einzelnen  immmer  mehr  das  Gebiet  des 
Streites  beschränken.  Die  Frage  aber,  ob  man  den  Werth  und 
die  Bedeutung  der  Ilias  in  der  Poesie  der  Einzellieder  oder  in 
der  grofsartigen  Composition  des  ganzen  zu  suchen  habe,  könnte 
man,  insoweit  sie  nicht  durch  alles  frühere  schon  mit  beant- 
wortet ist,  ganz  unberührt  lassen.  Aber  zur  Orientierung  des 
Urtheils  wird  es  zulässig  sein ,  ohne  der  persönlichen  Überzeu- 
gung einen  ungebührlichen  Einfluss  in  diese  Darstellung  zu  ge- 
statten, an  zwei  Momente  zu  erinnern.  Die  Composition  umfas- 
sender epischer  Dichtungen  gegenüber  einfachen,  nur  ein  einzelnes 
Abenteuer  enthaltenden  Liedern  bildet  unzweifelhaft  einen  sehr 
bedeutenden  Fortschritt  in  der  epischen  Literatur  *•);  war  nun 
in  dem  griechischen  Epos,  wie  liöchst  wahrscheinlich,   die  Ilias 


Ober  den  Ursprung  der  Homeritdien  Oedicbte,  y.  B.  BomUt.    %$i 

die  erste  Composition  von  solchem  l  mfange,  so  gebfihrt  selbst 
in  dem  Falle,  dass  die  Ilias  fast  gänzlich  eine  blo(se  Vereinigung 
früher  einzeln  vorhandener  Elemente  ist,  der  umfassenden  Com« 
Position  eine  hohe  Bedeutung  in  der  Bntwickelung  des  griechi* 
sehen  Epos.  Aber  ganz  unterschieden  davon  ist  noch  die  Frage, 
ob  in  dieser  Dichtung  sdbst,  wie  sie  nun  vorliegt,  der  gröfsere 
Werth  den  einfachen  Elementen  oder  der  Architektur  des  Ganzen 
zuzuschreiben  ist.  Hierüber  mag  einfach  eine  Thalsache  sprechen. 
Die  Widersprüche  in  der  Ilias  sind  so  einleuchtend  und  so  tief 
eingreifend,  dass  sie,  einmal  aufgezeigt,  nicht  können  abgeläugnrt 
werden,  so  sehr  man  auch  bemüht  sei,  sie  als  kleiner  erscheinen 
zu  lassen.  Wenn  dennoch  von  dem  Alterthume  bis  zur  Gegen- 
wart tausende  von  Lesern  durch  die  Homerischen  Gedichte  er- 
hoben und  begeistert  sind,  ohne  einen  solchen  Anstofs  zu  nehmen, 
so  wäre  es  gewiss  sehr  unrecht,  diese  fast  wunderbare  Erschei- 
nung einem  allgemeinen  Hangel  an  Aufmerksamkeit  zuzuschreiben; 
man  kann  vielmehr  den  Brklärungsgrund  nur  darin  flnden,  dass 
eben  das  einzelne  mit  unwiderstehlicher  Gewalt  anzieht  und  den 
Blick  von  dem  Zusammenhange  ablenkt.  Lesen  wir  was  Goethe 
an  Homer  feiert,  was  Lessing  aus  ihm  einleuchtend  deduciert,  es 
bezieht  sich  immer  auf  die  einzelnen  Erzählungen  und  bleibt  in 
seiner  Wahrheit^  ja  es  gewinnt  noch,  wenn  wir  uns  denken,  dass 
wir  statt  der  eine  Continuität  der  Erzählung  uns  darbietenden  Ilias 
achtzehn  oder  zwanzig  oder  wie  viele  einzelne  nur  nach  dem  all- 
gemeinen Gange  der  Ereignisse  geordnete,  epische  Lieder  hätten. 
Unsere  Aufmerksamkeit  war  bisher  ausschliefslich  der  Ilias 
zugewendet;  es  sei  gestattet,  in  gedrängter  Kürze  noch  die 
Odyssee  zu  berühren.  Gesetzt  wir  hätten  in  der  Odyssee  eine 
Dichtung  von  ursprünglich  einheitlicher  Conception  anzuerkennen, 
welche  die  Voraussetzung  einer  Zusammenfassung  aus  ursprüng- 
lich selbständigen  Elementen  schlechthin  ausschlösse,  so  würde 
dadurch  von  dem,  was  sich  über  den  Ursprung  der  Ilias  als 
sicher  oder  wahrscheinlich  ergeben  hat,  nichts  in  Frage  gestellt. 
Es  ist  ja  sehr  wohl  möglich,  dass  Dichtungen,  die  jetzt  für  uns 
verschwistert  erscheinen  und  die  schon  das  Alterthum  auf  den- 
selben weit  umfassenden  Namen  Homer's  zurückführte,  in  ihrer 
wirklichen  Entstehung  wesentlich  verschieden  seien.  Ob  dies 
wirkUch  der  Fall  ist,  darüber  ist  im  Augenblick  der  Streit  noch 
nicht  in  so  weit  auf  engere  Grenzen  beschränkt,  als  man  es  in 
Betreff  der  Ilias  sagen  kann;  die  Einzeluntersuchungen  haben 
sich  später'^)  und  noch  nicht  so  erschöpfend  der  Odyssee  zu- 
gewendet wie  der  Ilias,  und  so  stehen  sich  in  Betreff  der 
Odyssee  im  Augenblicke  die  Oberzeugungen  noch  in  unvermit- 
telter Schrofflieit  gegenüber.  Auf  der  einen  Seite  wird  es  für 
eine  bare  Unmöglichkeit  erklärt,  die  Odyssee  aus  ursprünglich 
nicht  zusammengehörigen  Elementen  entstehen  zu  lassen^'),  auf 
der  anderen  Seile  glaubt  man  diese  Entstehung  schon  bis  auf  die 


MI    Über  den  Drepmog  der  Iloaierischen  Gedichte,  v.  U,  BonU%. 

einzelnen  Verse  zur  vollen  Evidenz  nachweisen  zu  können  '*)• 
Es  wäre  übereilt,  jetzt,  da  die  Untersuchung  über  die  Odys£ee 
unverkennbar  einen  entscheidenden  Charakter  anzunehmen  be- 
ginnt ^') ,  die  Grenzen  ahnen  zu  wollen ,  auf  welche  sich  das 
streitig  bleibende  Gebiet  beschränken  wird;  aber  gewisse  unbe- 
streitbare Gesichtspuncte  der  Entscheidung  lassen  sich  bereits  mit 
Sicherheit  aufstellen. 

Für  die  Überzeugung  von  ursprünglich  einheitlicher  Con- 
ceplion  der  Odyssee  liegt  ein  Hauptmoment  in  der  kunstreichen 
Verwickelung  dieses  Epos«  Die  Odyssee  erzählt  die  Schicksale 
des  Odysseus  auf  seiner  Rückkehr  von  Troja  und  den  Sieg  über 
seine  Feinde  im  eignen  Hause,  die  Freier  der  Penelopc.  Diese 
Erzählung  nun  ist  nicht  einfach  nach  der  Zeitfolge  der  Begeben- 
heiten geordnet,  sondern  der  Beginn  des  Gedichtes  versetzt  uns 
bereits  an  das  Ende  der  Irrfahrten  des  Odysseus;  die  Erzählung 
der  früheren  wird  nicht  vom  Dichter  selbst  gegeben,  sondern  er 
lasst  den  Odysseus  sie  erzählen,  als  dieser  eben,  bei  den  Phseaken 
gastlich  aufgenommen,  der  Rückkehr  in  seine  Heimath  sicher  ist 
Zwei,  ja  drei  Fäden  der  Erzählung  —  die  Vorgänge  in  Odys- 
seus' Hause,  die  Reise  des  Telemaehos  zu  den  Waffengenossen 
seines  Vaters,  Odysseus'  Irrfahrten  —  gehen  anfangs  selbständig 
neben  einander,  bis  sie  dann  in  einen  gemeinsamen  Knoten  verknüpft 
werden,  Vater  und  Sohn  fast  gleichzeitig  zurückgekehrt  den 
l^ieg  über  die  heimischen  Feinde  gewinnen.  Dass  diese  kunstvolle 
Anordnung  das  Ergebnis  einer  bereits  vorgeschrittenen  Über- 
legung ist,  dass  sich  in  dieser  Verschlingung  eine  höhere  Stufe 
der  Kunst  der  Composition  zeigt,  als  in  dem  geradlinigen  Gange 
der  Ilias,  ist  unbedenklich  anzuerkennen;  dadurch  ist  aber  die 
Frage,  ob  die  Odyssee  selbständige  Dichtung,  oder  ob  sie  eine 
wohl  überlegte  Composition,  Verbindung  und  Umdichtung  aus 
schon  vorhandenen  Elementen  ist,  nicht  entschieden,  ja  nicht 
einmal  berührt.  Für  die  letztere  Annahme  sprechen  aber  am 
entschiedensten  drei  Momente.  Erstens,  gerade  die  Knoten- 
pancte  der  verschlungenen  Erzählung,  diejenigen  Stellen  also,  auf 
welche  für  die  Behauptung  ursprünglich  einheitlicher  Conception 
besonderer  Werth  zu  legen  ist,  führen  jedesmal  in  unleugbare 
Widersprüche.  Welcher  Art  dieselben  sind,  möge  ein  einziges 
Beispiel  zeigen.  Um  von  der  Erzählung  über  des  Odysseus  An- 
kunft in  Ithaka  zu  der  über  Telemaehos  zurückzukehren,  im  16. 
Gesänge,  bildet  die  Göttin  Athene  die  leichte  und  sehr  passende 
Vermittelung.  Athene  ist  dem  Odysseus  nach  seiner  Ankunft  auf 
itkaka  durch  Ralh  und  That  behilflich  gewesen,  dieselbe  Athene 
geht  nach  Lakedoemon,  um  Telemach  zur  Rückkehr  Qftch  Ithaka 
aufzumuntern.  Aber  sie  verlässt  den  Odysseus  lange  Zeit  nach 
Ttgeaanbruch,  und  kommt  an  demselben  Tage  vor  Anbruch  der 
Morgenrölhe  nach  Lakedsemon.  Die  beiderseitige  Zeitbestimmung 
ist  ausdrücklich  gegeben  und   für   den   ganzen  Inhalt  jeder  der 


über  den  Ursprung  der  Homerischen  Oediebte,  v.  U,  BomiiM.    863 

beiden  hier  zusammenlaufendeii  Erzählungen  unentbehrlich,  ihre 
Unvereinbarkeit  ist  einleuchtend  und  aneriiannt  '*).  Ein  solcher 
Widerspruch  ist  bei  selbständiger  Conception  nicht  denkbar;  er 
ist  begreiflich,  wenn  die  kunstvolle  Anordnung  Elemente  verband, 
die  aU  bereits  bekannt  und  beliebt  auch  in  ihrer  neuen  Ver- 
bindung möglichst  unverändert  gelassen  wurden.  —  Zweitens 
spricht  für  die  Annahme  ursprünglich  selbständiger  Elemente  der 
Umstand  entscheidend,  dass  solche  Grundlagen  der  Erzäh- 
lung, welche  demselben  Dichter  unzweifelhaft  in  voller  Bestimmt- 
heit vorschwebten,  in  verschiedenen  Partien  der  Odyssee  nicht 
gleich  bleiben;  z.  B.  über  die  Gottheit,  deren  Zorne  die  ausge- 
suchten Leiden  des  Odysseus  zuzuschreiben  sind  '*),  über  die 
ungefähre  Menge  der  Freier  um  Penelope  '') ,  über  die  äuüsere 
C^stalt  des  Helden  selbst ''),  über  den  Namen  einer  für  die  Hand- 
lung besonders  wichtigen  Person  in  Odysseus'  Hause  '^)  u.  ä. 
finden  wir  die  unläugbarsten  Differenzen,  die  sich  durch  keinerlei 
Mittel  überdecken  oder  entfernen  lassen.  —  Bndlich  drittens  zeigt 
uns  der  Ton  und  der  dichterische  Werth  der  Erzählung  in  der 
Odyssee  eine  Verschiedenheit,  welche  selbst  die  ausgleichende  Macht 
der  deutschen  Übersetzung  nicht  zu  verdecken  vermag.  Man  wolle 
unmittelbar  nach  dem  sechsten  Gesänge,  Odysseus  und  Nausikaa, 
den  zwanzigsten  lesen,  Ereignisse  zunächst  vor  dem  verhängnis- 
vollen Bogenschielsen ;  man  dürfte  unbesorgt  einen  Preis  darauf 
setzen,  dass  jemand  es  über  sich  vermöchte,  die  durchsichtige 
Klarheit  jener  ersteren  Erzählung  und  die  verworrene  Zerfah- 
renheit der  letzteren  demselben  Dichter  zuzuschreiben  *').  In- 
wieweit freilich  in  der  Odyssee  ursprünglich  selbständige  Ele- 
mente vorauszusetzen  sind,  die  erst  zu  einem  Ganzen  vereinigt 
v¥urden,  wie  weit  dagegen  erweiternde  Einfügungen  in  ein  schon 
vorhandenes  Ganze,  das  zu  entscheiden  wird  durch  die  Eigen- 
Ihümlichkeit  der  Odyssee  sehr  erschwert;  denn  ein  wiederholtes 
Vorkommen  des  wesentlich  gleichen  Sagenstoffes  in  etwas  ver- 
schiedener Behandlung,  man  möchte  sagen  Doppelgänger  der  Er- 
zählung, bilden  namentlich  für  die  letzten  beiden  Drittel  einen 
Charakterzug  der  Odyssee,  zu  dem  die  Ilias  kaum  Vergleichungs- 
pancle  darbietet.  So  schon  in  den  Abenteuern  des  Odysseus  : 
die  zwei  einsamen  göttlichen  Wesen  Kirke  und  Kalypso^  die  zwei 
wunderbaren  Geleiter  über  das  Heer  Aeolos  und  Alkinoos,  die 
gleichen  Weissagungen  der  Kirke  und  des  Teiresias,  der  Schlaf 
des  Odysseus  zweimal  Verderben  bringend.  Und  vollends  nach 
Odysseus'  Eintritt  in  Ithaka:  die  Geschichte,  dass  Odysseus,  der 
Herr  des  Hauses,  in  Bettlergestalt  unerkannt  im  eignen  Hause  von 
dessen  Schmarotzern  mit  einem  Schemel  oder  einem  Knochen  ge- 
worfen wird,  einmal  charakteristisch,  kommt  mit  mäfsigen  Varia- 
tionen dreimal  vor  '^^) ;  die  Spürkraft  der  Hunde  wird  uns  vier- 
mal ztt  Gemüthe  geführt  ^^^);  die  täuschenden  Erzählungen  des 
Odysseus  über  seine  Person  und  sein  Schicksal  finden  sich  vier« 


t§4    Über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  Ü-  Baniiz. 

mal,  ähnlich,  aber  doch  nicht  einmal  in  den  Hauptpuncten  gleich, 
obschon  zum  Theil  dieselben  Zuhörer  getäuscht  werden  sollen  *°*); 
Penelope's  ruhiger  Schlaf  auf  dem  Söller,  zu  welcher  Zeit  des 
Tages  es  auch  sei  **'') ,  des  Odysseus  nimmer  ermüdendes  Essen 
und  Betteln,  die  Häufung  ähnlicher  Wahrzeichen  *°^),  als  müsste 
der  ganze  Olymp  unablässig  um  Odysseus'  Haus  beschäftigt  sein 

—  alles  weist  darauf  hin,  dass  zu  der  Vereinigung  ursprünglich 
selbständiger  Lieder  noch  eine  sehr  geschäftige  Nach-,  und  Zu- 
dichlung  hinzutrat,  um  endlich  das  herzustellen,  was  uns  jetzt 
in  24  Gesänge  bestens  abgetheilt  als  ein  ganzes  vorliegt.  Mag 
aber  auch  die  Entstehungsgeschichte  dieses  Gedichtes  mit  der 
der  Ilias  keineswegs  zusammenfallen  ^^^) ,  dass  man  in  ihm  ver- 
schiedene Elemente,  verschiedene  Stufen  der  Enlwickelung  des 
epischen  Gesanges  anzuerkennen  hat,  diesen  wesentlichen  Charak- 
terzug theilt  es  mit  der  Ilias. 

Was  ich  im  «Eingänge  als  Aufgabe  dieses  Vortrages  be- 
leichnele:  die  Berechtigung  zu  der  Frage  über  den  Ursprung  der 
Homerischen  Dichtungen  darzulegen,  die  Mittel  zu  ihrer  Lösung 
anzudeuten,  und  die  Grenzen  zu  zeigen,  innerhalb  deren  das 
noch  streitige  Gebiet  bereits  eingeschränkt  ist,  das  habe  ich  in 
dem  bisherigen  auszuführen  versucht.  Es  ist  ein  wohlberech- 
tigtes Verlangen,  dass  die  einzelnen  positiven  Momente,  die  sich 
inmitten  der  schärfer  heraustretenden  negativen  ergeben  haben, 
gesammelt  und  dadurch  ein  Überblick  über  die  Entstehungsge- 
schichte der  Ilias  und  Odyssee  in  den  Hauptumrissen  gewonnen 
werde.  Einem  solchen  Versuche  mögen  zum  Schlüsse  noch  wenige 
Worte  gewidmet  werben  *®*). 

Wie  bei  allen  Völkern,  bei  denen  wir  den  Verlauf  der  poe- 
tischen Enlwickelung  bis  zu  den  Anfängen  zurückverfolgen  kön- 
nen *"^),  so  zeigt  sich  bei  den  hellenischen  Stämmen  der  epische 
Gesang  als  die  ursprünglichste  Gattung  der  Poesie.  Ihr  Gegen- 
stand ist  die  Sage  des  Stammes  und  des  Volkes.  Zur  Sage  aber 
wird  die  Geschichte  nicht  schon  dadurch,  dass  die  blofs  münd- 
liche Überlieferung  ihrer  Sicherheit  und  Beglaubigung  Eintrag 
thut,  sondern  erst  dann,  wenn  aus  den  Ereignissen  und  Personen 
einzelne  in  solcher  Bedeutung  hervortreten,  dass  in  ihnen  das  Volk 
seinen  Charakter  am  vollständigsten  ausgeprägt,  in  ihnen  die 
leuchtenden  Vorbilder  dessen  sieht,  was  es  selbst  zu  sein  und 
zu  schaffen  wünscht  *^®).  Schliefet  ja  selbst  die  schriftliche  Ge- 
schichtsüberlieferung die  Bildung  von   Sagen    über    dieselbe  Zeit 

—  z.  B.  über  Karl  den  Grofsen,  über  die  Kreuzzüge  —  nicht 
aus,  wenn  gewisse  Ereignisse  und  Charaktere  ein  ganzes  Volk 
in  seinem  innersten  Wesen  ergreifen  und  begeistern.  Solch  ein 
Gegenstand  erhebender  glorreicher  Erinnerung  war  für  griechische 
Stämme  von  Hellas  der  langdauernde  Kampf,  den  sie  gegen  ver- 
wandte Stämme  an  der  kleinasiatischen  Küste  geführt  hatten, 
der  trojanische  Krieg.     An  die  Heldenthaten   in  diesem  Kampfe, 


Ober  den  Ursprung  der  Homerischen  Oediclite,  v.  B,  Jkmli»,    tB5 

an  die  Abenteuer  auf  der  Rückkelir  wollte  matt  beim  fröhlichen 
Mahle,  beim  heitern  Genüsse  der  MuGse  erinnert  sein.  Darum 
darf  in  dem  Hause  eines  Fürsten  der  heroischen  Zeit  der  Sänger 
nicht  fehlen,  der  zu  den  einfachen  Klängen  der  Kithara  den  Ruhm 
der  Helden  singt  und  sagt:  hochgeehrt  in  Heimat  und  Fremde 
ist  der  Mann,  dem  die  Gottheit  die  Gabe  des  Gesanges  Ter- 
liehen^^*).  Mneme,  Melete,  Aoide,  d.  h.  Gedächtnis,  Sorgfalt, 
Gesang,  sind  die  charakteristischen  ältesten  Namen  der  Musen, 
von  denen  die  Gabe  des  Gesanges  kommt  ^^^).  Denn  des  Sängen 
Verdienst  liegt  nicht  in  Erfindung  des  Stoffes,  man  begehrt 
ja  von  ihm  zu  hören,  was  man  selbst  schon  weife,  und  begehrt 
es  zu  hören,  weil  man  es  kennt  und  sich  daran  erfreut.  ^<ln  dem 
natürlichen  Organismus  der  Sage  hat,^^  wie  ein  hochverehrter 
Forscher  unserer  Zeit  treffend  sagt***),  ^dev  einzelne  Dichter 
ungefähr  soweit  eingegriffen,  wie  ein  sinniger  Gärtner  den  na- 
türlichen Wachsthum  der  Pflanze  nach  seinen  Gedanken  regelt 
und  gestaltet.)»  Der  Sänger  bringt  die  Gestalten  der  Sage  zo 
vollkommener  Anschauung  und  gibt  der  Erzählung  die  rhyth- 
mische Form^  die  den  Hörenden  erfreut,  sein  eignes  Gedächtnis 
unterstützt;  Vortrag  der  Lieder,  die  er  selbst  zuerst  gestaltet^, 
und  Erhaltung  der  Lieder  eines  andern  Sängers,  die  den  Beifall 
der  Zuhörer  gefunden  haben,  ist  nicht  getrennt.  Sein  Lied  um- 
fasst  ein  einzelnes  Ereignis,  das  in  mäfsigem,  leicht  überschau- 
barem Umfange  sich  abschliefst.  So  führen  uns  die  Homerischen 
Gedichte  selbst  die  Sänger  vor  in  der  Zeit,  deren  Begebenheiten 
sie  uns  darstellen.  Das  Lied,  welches  die  Odyssee  dem  Phußa- 
kischen  Sänger  in  den  Mund  legt,  über  Ares  und  Aphrodite,  um- 
fasst  nicht  mehr  als  hundert  Verse.  Es  wäre  übereilt,  aus  die- 
sem Beispiele,  das  überdies  unverkennbar  erst  eingeschoben  ist, 
ein  ungefähres  Mals  für  die  Verszahl  ältester  epischer  Lieder 
entnehmen  zu  wollen;  aber  dass  jedes  Lied  eben  nur  ein  ein- 
zelnes Ereignis ;  z.  B.  den  Bau  des  hölzernen  Pferdes,  umfasste 
und  von  mäfsigem  Umfange  war,  das  zeigen  uns  die  anderen 
Beispiele  des  Heldengesanges  in  der  Odyssee  und  die  Art  ihrer 
Anwendung;  denn  das  Anhören  dos  Sängers  bildet  bei  oder 
nach  dem  Mahle  nur  einen  Theil  der  geselligen  Freuden  und 
wechselt  mit  anderen  Spielen.  Eines  weiteren  Ausholens,  um  das 
einzelne  Ereignis  seinen  Zuhörern  verständlich  zu  machen,  be- 
durfte es  für  den  Sänger  nicht;  seine  Hörer  waren  ja  eben  an 
jeder  Stelle  der  Sage  schon  heimisch. 

Die  Zeit  der  Übersiedelung  aeolischer  und  ionischer  Stämme 
nach  Klein-Asien  war  besonders  geeignet,  die  Erinnerung  an  die 
Ueldenthaten  des  trojanischen  Krieges  zu  beleben;  hatte  man  ja 
doch  in  denselben  oder  benachbarten  Gegenden  die  gleichen 
Kämpfe  zu  führen ;  die  Erinnerung  an  die  Vergangenheit  war 
eine  Erinuthigung  für  die  Gegenwart**').  Es  ist  daher  bezeich- 
nend,   dass  die  Nachricht,   welche  Homers  Leben  am  weitesten 


tf6    Öbef  den  Urt prung  d«r  HomerisdieD  Gedichte    v.  U,  Stmii%. 

zurück  datiert,  ihn  der  ionischen  Wanderung  gleichzeitig  setzt. 
In  den  rasch  gedeihenden  Ansiedelungen  des  ionischen  Stammes 
fand  die  epische  Dichtung  Pflege  durch  Sängerschulen;  die  un- 
gefähre Folge  ihrer  Entstehung  während  der  nächsten  vier  Jahr- 
hunderte fanden  wir  in  den  verschiedenen  Daten  von  Homer's 
Geburt  in  verschiedenen  Städten  bezeichnet.  Das  Bestehen  der 
Singer  schulen  erklärt  die  Erhaltung  der  einmal  vorhandenen 
Heldenlieder,  es  bildet  auch  den  natürlichen  Übergang  zu  dem 
ndchaten  Gebiete,  welches  die  epische  Dichtung  sich  gewinnt. 

Das  glückliche  Aufblühen  der  einzelnen  griechischen  Städte 
Klein-Asiens,  ihr  lebhafter  Verkehr  unter  einander  gibt  den  An- 
lass  zu  regelmälsig  wiederkehrenden  Festen,  bei  denen  eine  grobe 
Versammlung  längere  Zeit  einem  edlen  Genüsse  der  Hülse  widmet. 
Einen  wesentlichen  Theil  der  Festfeier  bildet  der  Vortrag  von 
epischen  Liedern^''),  nicht  mehr  blofs  von  einem  Sänger  oder 
Rhapsoden'^*),  sondern  von  mehreren  nacheinander  in  gegen- 
seitigem Wetteifer.  Was  ist  natürlicher,  als  dass  man  für  das 
längere  Zuhören  und  für  die  durch  die  Gewöhnung  gesteigerten 
Anforderungen  die  einzelnen  Lieder  in  die  Abfolge  bringt,  welche 
lier  Inhalt  der  Sage  bereits  vorzeichnet.  Das  Aneinanderreihen 
wird  um  so  leichter,  da  es  der  natürliche  Gang  der  Sagenbil- 
dung ist,  sich  um  gewisse  feste  Mittelpuncte  zu  gruppieren. 
Die  alten  Gesänge  auch  in  ihrer  neuen  Verbindung  möglichst 
unverändert  zu  erhalten,  gebot  schon  die  Beliebtheit,  welche  sie 
bereits  besaEsen.  Dass  mit  bescheidenem  Hal]$e  des  Um-  und 
Zudichtens  die  ursprünglich  selbständigen  Elemente,  die  einzelnen 
Heldenlieder,  sich  zu  einem  grölseren  Epos  vereinigen  lassen, 
das  kann  der  gelungene  Versuch  eines  neueren  deutschen  Dich- 
ters zeigen,  einen  Theil  der  serbischen  Volkslieder  aus  ihrer 
Einzelheit  zu  einem  Epos  zu  gestalten  ^^*),  oder  die  Vereinigung 
der  mehr  als  22.000  Verse  zählenden  Volkslieder  des  finnischen 
Stammes  zu  einem  gesammten  Epos,  neben  dem  die  ursprüng- 
lichen Lieder  noch  fortbestehen  ^*^).  Und  dass  in  der  historischen 
Entwickelung  des  Epos  dieser  Gang  in  manchen  Fällen  wirklich 
eingeschlagen  ist,  das  zeigt,  wenn  man  wirklich  die  Entstehung 
des  deutschen  Nationalepos,  des  Nibelungenliedes,  noch  als  offene 
Frage  betrachten  sollte,  unzweifelhaft  das  altfranzösische  Ge- 
dicht von  der  Schlacht  im  Thale  Roncevaux  "^).  In  welchen 
Abstufungen  niui  bei  den  griechischen  Heldenliedern  von  Achil- 
leus'  Zorn  und  Odysseus'  Heimkehr  diese  Vereinigung  unter 
theilweisem  Um-  und  Zudichten  vorgegangen  ist,  das  ist  bis  jetzt 
noch  nicht  sicher  ermittelt*  Oase  es  geschehen  ist,  zeigen  uns 
die  Gedichte  selbst,  die  wir  jetzt  besitzen ;  dass  die  Vereinigung 
bald  einfacher  durch  ein  NebeneinandersteUen ,  bald  künstlicher 
durch  ein  Ineinanderfügen  erreicht  wurde,  liegt  in  der  unter- 
schiedenen Gestalt  verschiedener  Partien  der  Ilias  noch  jetzt  zu 
Tage'*').     Abgeschlossen  war  bei  der  Ilias  der   Process  dieser 


Ober  den  UrspruBg-d«r  Homeritelieii  aediehte^  v.  H,  BomÜb.     §9f 

Vereinigung  sicherlich  im  Beginne  des  achten  Jahrhunderts.  Es 
ist  nicht  wahrscheinlich,  dass  mit  der  Vereinigung  sogleich  die 
älteren  einzelnen  Lieder  verschwunden  wären;  es  liegt  ferner  in 
der  Natur  der  Sache,  dass  auch  aus  dem  Gksammt-Epos  häu- 
figer nur  einzelne  Partien  vorgetragen  wurden;  denn  nur  be* 
sondere  festUche  Veranlassungen  gaben  den  Raum  zum  Vortrage 
des  Ganzen.  Indem  Solon  für  das  gröfste  Fest  Athen  s  die  Ord- 
nung des  Vortrags  der  Homerischen  Gesänge  gesetzlich  bestimmte, 
that  er  den  ersten  Schritt  dazu,  um  einer  neuen  Zertrümmerung 
der  gewonnenen  Einheit  zu  wehren;  nur  eine  Fortsetzung  davon 
ist  die  Anordnung  des  Pisistratus,  die  Homerischen  Gedichte 
durch  die  Schrift  zu  fixieren,  der  wir  ihre  Erhaltung  bis  zur 
Gegenwart  verdanken. 

Das  sind  freilich  nur  Umrisse  zu  einer  Geschichte  des  Ur- 
sprungs der  Homerischen  Gedichte,  nur  ein  Gerüste,  das  an  viele« 
Stellen  erst  seine  Ausfüllung  erwartet.  Manches  wird  wohl  für 
immer  unausgefüllt  bleiben,  anderes  wird  die  fortschreitende  For- 
schung ausfüllen  und  so  den  Bereich  .des  unsichern  allipähliG^ 
j^chränken,  indem  sie  dieselben  Grundsätze  festhält,  welche  die 
philologische  Wissenschaft  der  Gegenwart  charakterisieren:  Ge- 
wissenhafte Feststellung  der  wirklichen  Überlieferung  des  Altern 
thums  —  die  Homerischen  Untersuchungen  seit  Wolf  brechen 
nicht  mit  der  Überlieferung  des  Alterthuras,  sondern  haben  viel- 
mehr an  diese  zuerst  wieder  coosequent  angekn^ft;  unermüd- 
liche Genauigkeit  in  Erforschung  auch  des  Einzelsten  und  Klein- 
sten — >  so  wenig  wie  den  Naiurwiesenschaflen,  so  wenig  ist  der 
Philologie  irgend  ein  Gegenstand  der  Untersuchung  schlechthin 
klein,  er  kann  in  seinen  Beziebmigen  habe  Bedeutung  erhalten; 
endlich  Ausdehnung  des  Blickes  .über  die  gesammte  Literatur 
demselben  Volkes,  um  das  es  sidi  handelt ,  und  über  die  ver- 
wandten Erscheinungen  bei  anderen  Völkern'^*).  Das  sind  die 
Mittel,  durch  welche  die  Philologie  der  Gegenwart  das  classische 
Alterthum  in  seiner  wahren  Gestalt  vor  unsern  geistigen  Blicken 
herzustellen  versucht ;  sie  sind  es,  deren  Anwendung  sich  in  den 
Homerischen  Untersuchungen  deutlich  erkennen  lässt.  Was  auf 
dem  Gebiete  dieser  Frage  erreicht  ist,  um  der  historischen  Wahr- 
heit näher  zu  kommen,  das  ist  nicht  dem  Ungefähr  glücklicher 
Einfalle  zu  danken,  sondern  der  Strenge  der  Methode,  der  un- 
ermüdlichen Vertiefung,  der  reinen  Hingebung  an  die  Sache. 


S68    über  den  lirsprung  der  Homerischen  Gedichte  ^  v.  ü.  BonÜZ. 


Anmerkungen. 

*)  Her.  2,  5a  Weitere  Nachweisungen  Bemhardy  6r.  Lik.  %,  Aufl. 
L  S.251.  Ygl.  Sengebusch  Homerica  dissertatio  I.  S.91.  ')  Zahlreiche 
Vergleichungen  in  diesem  Sinne  citiert  Lauer  Gesch.  der  Hom.  Poesie 
S.  69.  *)  Athen.  8,  39.  0  Die  Stellen  hierüber  s.  bei  Sengebuscb, 
Hömi.  diss.  1.  S.  171. 

*)  Stellen  der  Alten  hierüber  bei  Sengebusch  I.  S.  144.  *)  So 
zuerst  Xenophanes  in  den^  bekannten  Versen:  navza  d'eoCg  avi^%av 
OlifiQOg  9"'  ^Haiodog  te  \  oaaa  na^*  av^qmnoiciv  oviidBct  xal  'tffoyog 
iütiv  xtX.  bei  Sext.  Emp.  Math.  IX,  193.  1.289;  am  eingehendsten  und 
ausfuhrlichsten   Piaton  Rep.  II.  377  D  ff.  ')  Vgl.  z.  B.   Plat.  Theaet. 

180  D.  Aristot.  de  an.  3, 1. 427«  25  und  dazu  die  Anmerkung  Trendelen- 
burg's  S.  449.  *)  Valer.  Max.  3.  7.  *)  Lycurg.  adv.  Leoer.  %.  102. 
Diog.  Laert  ±,  57,  zu  letzterer  Stelle  die  Auslegung  von  Sengebusch 
Hom.  diss.  IL  S.  107  f. 

"")  Plat.  Prot  326  E.  Isoer.  Paneg.  %.  150.  Hermann,  griech. 
Antiq.  HL  g.  35, 6  u.  7.  ")  Xenoph.  Conv.  3,  5.  ")  VfiL  z.  B.  über 
Piaton  die  Nachweisungen  bei  Sengebusch  I,  121  ff.  '')  Zu  diesem 
gesammten  Abschnitte  über  die  nationale  Bedeutung  Homers  vgl.  Lehrs 
de  Arist  stud.  Hom.  S.  200—229,  Lauer  a.  a.  0.  S.  5—58  und  den  gröfs- 
ten  Theil  der  Hom.  diss.  I  von  Sengebusch.  **)  Ober  die  Bedeutung, 
welche  die  Homerleotüre  für  einen  bildenden  und  erziehenden  Unterricht 
SU  gewinnen  vermag,  spricht  sich  treffend  Herbart  aus,  in  seiner  Allge- 
meinen Paedagogik  S.  31—36  und  in  der  Vorrede  zu  Dissen's  Anleitung 
für  Erzieher,  die  Odyssee  mit  Knaben  zu  lesen  (Herbart,  kleinere  phil. 
Schriften.  L  S.  269  ff.). 

^*)  Gervinus,  Geschichte  der  deutschen  Dichtung.  4.  Auf).  V.  S.  52  f. 

'*)  Was  sich  an  der  Vofsischen  Homerübersetzung  zu  tadeln  findet, 
ist  in  A.  W.  v.  Schlegel's  Recension  derselben  beigebracht;  man  vgl. 
dagegen  Goethes  Äufserung  im  Briefwechsel  mit  Schiller  Nr.  312  und 
Gervinus  a.  a.  0.  ")  Zur  wirklichen  Einsicht  in  die  Charakter- 
züge und  die  eigentl)ümlichcn  Vorzüge  der  Homerischen  Dichtung  hat 
schwerlich  eine  andere  Schrift  so  entscheidend  eingewirkt,  wie  Les- 
8  i  n  g*8  Laokoon ;  auf  die  einfachen  und  klaren  Bemerkungen  Lessing's 
geht  ein  guter  Theil  der  späteren  zahlreichen  Abhandlungen  über  diesen 
Gegenstand  zurück.  Dnter  diesen  verdient  wegen  der  Weite  des  Um- 
blickes,  der  sinnigen  Vertiefung  iu  den  Gegenstand  und  der  verständigen 
Klarheit  vornehmlich  W.  Wacker  nage  1 's  Abhandlung  «Die  epische 
Poesie*  (Schweizerisches  Museum  für  histor.  Wissenschaften  Bd.  1  u.  2) 
hervorgehoben  zu  werden.  '*)  Italiänische  Reise  II.   Werke,   Octav- 

ausgäbe  von  1827  ff.  Bd.  28.  S.  237.         '*)  ßriefw.  mit  Schiller  Nr.  424. 

■®)  Nachweisungen  darüber  bei  Lauer  a.a.O.  S.  59  f.  ")  Pro- 
legomena  ad  Ilomerum,  sive  de  operum  Homericorum  prisca  et  genuina 
forma  variisquo  mutationibus  et  probabili  rationc  cmendandi.  Scripsil 
Frid.   Aug.  Woißus.    Vol.  !.   (ein    zweiter   Band   ist   nicht    ersrhicucn). 


Ober  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  B»  BanüM.    Mf 

1795.  —  Neuer  Abdruck.  1859.  Ober  frühere  Ahnungen  des  von  Wolf 
begründeten  Gedankens  vgl.  Bernhardy  gr.  Lit.  II,  1.  S.  98  f.  ")  Ober 
die  Wirkung  der  Wolfischen  Prolegomena  in  weiteren  Kreisen  vgl.  Friede 
ISnder,  die  Homerische  Kritik  von  Wolf  bis  Grote,  1863.  S.  1—6.  Benn 
liardy  gr.  Lit  H,  1.  S.  99—103.  ")  J.  G.  Fichte*s   Leben  und   lit 

Briefwechsel,  von  seinem  Sohne  eic.  U.  S.  43%— 436.  '*)  W.  v.  Uum-* 
boldt,  Lebensbild  und  Charakteristik  von  R.  Haym.  S.  139.  Körte,  Leben 
F.  A.  Wolfs.  L  S.  «76. 

'*)  Schiller,  Briefwechsel  mit  Goethe  Nr.  459.  '*>  In  dem  Ge^ 
dichte  Hermann  und  Dorothea,  Werke,  Octavausgabe  von  1827  ff.  Bd.  L 
8.295.  *')  Goethe,  Werke  Bd.  3.S.156.  ")  Körte,  Leben  Wolfs.  L 
S.  64  f.  73  f.  265.  '*)  Vorrede  zur  Ausgabe  der  llias ,  Leipzig  bei 
Gitochen  1804.  S.  XXI— XXIY. 

'*)  Fr.  Schlegel,  Gesch.  der  Poesie  S.  158,  citiert  von  Bernhardy 
gr.  Lit  II,  1.  S.  102.  *0  K.  Lachmann,  Betrachtungen  über  die 
ersten  zehn  Bücher  der  llias,  Abhandig.  d.  Berl.  Akad.  d.  W.  1837. 
Fernere  Betrachtimgen  über  die  llias,  ebend.  1841.  Vereinigt  in :  Lachmann 
Betrachtungen  über  die  llias,  mit  Zus&tzen  von  Moritz  Haupt.  Berlin 
1847.  —  Schon  vor  die  erste  Abtheilung  der  Lachmann'schen  Betrach« 
fangen  fällt  die  wichtige  Abhandlung  von  G.  Hermann,  de  interpola- 
tionibus  Homeri,  1832,  Opusc.  Vol.  V.  p.  52— 77.  In  welchem  Grade 
Lachmann's  Schrift  in  dieser  Frage  Epoche  macht,  zeigt  sich  darin,  dass 
die  gesammte  umfangreiche  Literatur  über  die  Einheit  der  llias  besliti- 
gend,  modificierend  oder  bestreitend  auf  Lachmann's  Ontersuchungea 
surückffeht 

")  Als  zusammenfassender  Abschluss  der  Homerischen  Dnter- 
enchungen  in  dieser  Richtung  kommt  vornehmlich  das  Werk  von  G.  W. 
Nitzsch  in  Betracht:  «Die  Sagenpoesie  der  Griechen  kritisch  darge* 
stellt,*  1852  (vgl.  dazu  die  gediegenen  Beurth eilungen  Schömann's  in  ded 
lahn'schen  Jahrbüchern  69.  8. 1—31.  129—141,  und  in  der  Abhandlung 
De  reticentia  Homeri  1853 ,  Opusc.  Vol.  10.  p.  1 — 26.).  Aufserdem  hat 
den  Gegensatz  gegen  die  Lachmann'sche  Sdirifl  am  umfassendsten  in 
mehreren  Abhandlungen  dargelegt  W.  Bäumleio:  Kritik  der  Lach- 
mann'schen Schrift  in  der  Zeitschr.  t  A.  W.  1848.  Nr.  41-43.  1850. 
Nr.  19^22;  Commentatio  de  compositione  Iliados  et  Odysseae,  Maul- 
broDn  1847,  Vorrede  zur  Tauchnitz'schen  Ausgabe  der  llias,  Abhandlungen 
im  Philologus  Jahrg.  7  u.  11  und  in  den  Jahn'schen  Jahrb.  75.  S.34— 46. 
—  Als  Bestreitung  der  Lachmann'schen  Schrift  in  den  meisten  und  wich- 
tigsten Puncten  ist  auch  die  von  Friedländer  zur  Bechtfertigung  der 
Grote 'sehen  Ansicht  über  die  llias  geschriebene  Abhandlung  «Die  Ho- 
merische Kritik  von  Wolf  bis  Grote,  1853*  zu  betrachten  (vgl.  die  da- 
gegen gerichtete  Abhandlung  von  W.  Ribbeck  im  Philologus  8.  S.  461—509, 
«Prüfung  neuerer  Ansichten  über  die  llias*).  —  Einige  andere  in  diese 
Richtung  gehörige  einzelne  Abhandlungen  werden  spater  gelegentlich 
angeführt 

*')  Selbst  für  Faehmänner  sind  in  neuerer  Zeit  wiederholt  Dar* 
Stellungen  des  gegenwärtigen  Standes  der  cHomerischen  Frage*  unter- 
nommen ;  so  von  K.  A.  J.  H  o  f  f  m  a  n  n ,  der  gegenwärtige  Stand  der  Unter- 
•ochungen  über  die  Einheit  der  llias  (Allg.  Monatsschrift  für  Wiss.  und 
Lit  1852.  S.  275— 293),  G.  Gurtius,  Andeutungen  über  den  gegen- 
wärtigen Stand  der  Homerischen  Frage  (Zeitschr.  f.  d.  österr.  Gymn.1864. 
S.  1-h£3.  89—115),  Hiecke,  der  gegenwärtige  Stand  der  Homerischen 
Frage  (Stralsund,  1856). 

)  In  diesem  Abschnitte  ist  versucht,  einige  Hauptergebnisse  der 
inhaltreichen  Abhandlungen  von  M.  Sengebusch,  Homerica  disser- 
tatio  prior  et  posterior,  kurz  zu  bezeichnen. 


S70    Ober  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  H,  MoHiiM, 

'*)  Die  Uesiodischen  Epopoeen  und  die  nicht  dem  troischen  Sagen« 
kreise  angehörenden  cyclischen  Gedichte  sind  zur  Vereinfachung  des 
Gegenstandes  absichtlich  unerwShnt  geblieben,  als  eur  Einsicht  in  die 
Gesichtspuncte  der  Frage,  nm  die  es  sich  hier  handelt,  nicht  unbedingt 
erforderlich.  **)  Ein  Bild  der  einzelnen  epischen  Dichtungen   des 

troischen  Sagenkreises  ist  durch  Gombination  der  zerstreuten  Ifacbridi- 
ten  und  der  spärlichen  Fragmente  hergestellt  von  Welcker,  der  epische 
Cyclus  oder  die  Homerischen  Dichter.  Bd.  2.  S.  1—310.  **)  Welcker 
a.  a.  0.  S.  1—82.  ")  Sengebusch  Diss.  U.  &  23—26.  **)  Einen 
Oberblick  Gber  den  Umfang  epischer  Dichtungen,  welchen  auf  Homers 
namen  Pindar,  Simonides,  Aeschylus,  Sophokles,  Aristophanes,  Thucydides 
Buruckführten,  gibt  Sengebusch  Diss.  ü.  S.  14.  Der  Beweis  für  die  ein- 
zelnen daselbst  ausgesprochenen  Behauptungen  Ist  an  den  entsprechen- 
den Stellen  der  Diss.  I  gegeben. 

*^  Sengebusch  Diss.  II.  S.  16.  *0  Zusammengestellt  von  Senge- 
buch Diss.  11.  13.  *')  Anlh.  Pal.  II,  p.  716,  296^und  296  (in  Jacobs 
Delectus  epigrammatum  Graecorum  IV,  6).  **)  Ober  die  Abfassungs- 
lei t  der  auf  uns  gekommenen  Lebensbeschreibungen  Homers  s.  Senge- 
bnsch  Diss.  I,  1 — 13,  die  Obersicht  der  in  den  Lebensbesehreibungen 
angeführten  Quellen  ebend.  S.  19  f.,  zu  ihrer  Würdigung  dient  die  ge- 
sammte  Diss.  L  ^  Sengebusch  Diss.  II,  47—69. 

**)  Sengebusch  Diss.  II,  70.  **)  Eine  Obersicht  der  Zeitansfitce 
mit  Bezeichnung  der  Orbeber,  auf  welche  sie  zurückgeführt  werden,  gibt 
Sengebusch  Jahn.  Jahrb.  Bd.  67.  S.  611  ff.,  Diss.  II,  78.  Mit  eigenthüm- 
licher  Naivetat  fuhrt  Roth  (Gesch.  der  abendl.  Philos.  11.  S.  38)  nur  die 
Zeitangabe  des  Herodot  an,  als  ob  überhaupt  nur  diese  existierte.  Mit 
solchen  Mitteln  ist  es  allerdings  leicht,  über  die  ^esammten,  von  F.  A, 
Wolf  ausgegangenen  Homerischen  Forschungen  als  über  eine  «jetzt  schon 
heseitigte  Paradoxie,*  die  «aus  halbwahrer  Gesohichtsknnde  hervorge- 
gangen* sei,  zu  triumphieren.  Ich  erwähne  dies,  weil  thatsachlich  diese 
siegreiche  Sprache  auf  Leser,  welche  der  Saehe  selbst  nachzugehen 
nicht  in  der  Lage  sind,  einen  imponierenden  Eindruck  macht;  und  weil 
noch  neuerdings  (Lit.  Centralblatt.  1860.  Nr.  7)  der  Vorwurf  erhoben 
ilt,  dass  von  philologischer  Seite  dem  Rtfth'schen  Buche  ein  tendenziöses 
SohWeigen  entgegengesetzt  werde.  Dass  dieser  Vorwurf  nicht  wahr  ist, 
kann  ein  Blick  in  die  zweite  Auflage  von  Zeller's  Phil,  der  Griechen 
leicht  zeigen;  ein  Verfahren  aber,  wie  das  in  der  Frage  über  das  Zeit- 
alter Homers  eingeschlagene,  erfordert  keine  andere  Kritik,  als  dass 
man  die  grundlose  Willkür  desselben  sich  selbst  richten  lässt  *')  In 
beiden  Fällen  nämlich  nach  Ausscheidung  derjenigen,  die  nicht  auf  einer 
wirkliehen  Oberlieferung,  sondern  auf  blofser  gelehrter  Conjectur  und 
Gombination  beruhen,   Sengebusch  J.  J.  67.  S.  669  ff.  Diss.  II,  69. 

**)  Sengebusch,  zuerst  in  der  Recension  von  Lauer's  Geschichte  der 
Homerischen  Poesie^  Jabn'sche  Jahrb.  67,  241—269.  362—416.  609—644, 
dann  in  der  Hom.  diss.  11.  Gegen  die  in  diesen  Untersuchungen  zur 
Geltung  gebrachten  chronologisc&en  Principien  richtet  sich  die  Abhand- 
lang von  J.  Brandis,  de  temporum  antiquissimorun  Graecorum  rationi- 
bos.  Index  lect  Bonn.  18*'/«».  S.  1  f.  **)  «Jeder  dieser  Ansätze  g^ 
hört  an  einen  bestimmten  Ort  Griechenlands  und  bezieht  sich  nur  auf 
dessen  Oberlieferung  von  Homer;  seine  Zahl  ist  das  runde  Datum  für 
das  Auftreten  der  Homerischen  Poesie  an  diesem  Orte;  eine  Tabelle  dieser 
Ansätze  liefert  also  die  bisher  schmerzlich  vermisste  kritisch  sichere 
Grundlage  für  die  ältere  Geschichte  der  Homerischen  Poesie.*  Senge- 
busdi,  Jabn'sche  Jahrb.  67.  S.  611. 

*^  Sengebuscb,  Jabn'sche  Jahrb.  67  S.  873  ff.  *0  Sengebusch 
a.  a.  0.  S.  614.        '*)  Wolf,  Prolegomena  S.  40—94.  Sengebusch  Diss. 


Ober  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  H,  BonH%.    2T1 

II,  41—44.  ")  Roth  freilich  a.  a.  0.  S.  41  schreibt:  «Homer  selber 

erwähnt  die  Schreibekunst,  und  twAr  ala  schon  im  Heroenzeitalter  gt" 
fibt,»  und  allerdings,  in  seiner  Üb^rsetaong  von  Z  169  ist  die  «Scbrifl* 
erwihnt;  dass  in  den  Homerischen  Worten  eine  soVehe  Erwähnung 
•ich  nicht  findet,  ist  so  bekannt,  dass  es  für  Leser  des  Homer  gewiss 
nicht  nOthig  ist,  darüber  erst  noch  auf  Lehrs  de  Aristarcbo  8.  103  oder 
Sengebuscli  Diss.  II.  8.  42  ff.   zu  verweisen.  *0  Die  Al^toni^  und 

*IU9V  nigaif  des  Milesiers  Arktinos,  Welcker,  ep.  Cycl.  11.  S.  169—236. 
Über  die  Zeitbestimmung  der  aicfnf  des  Arktinos  auf  Ol.  1,  2>b776  vgl. 
9engebusch,  Jahn'sche  lahrb.  67.  8.  378  f.  410. 

**)  Die  Gesetze  des  Zaleukos ,  um  Ol.  29 « 664  n.  Chr. ,  vgL 
Wolf,  Proleg.  8.  66  ff.  **)  8engebu8Ch  Diss.  11,  4&  *')  Die  ge- 

tammten  Zeugnisse  über  dieses  wichtige  Datum  s.  bei  Sengebusch^Diss. 
II,  27—41.  *')  Sengebusch  Diss.  1,  193—197.  Vgl.  aufserdem  über 

den  Buchhandel  in  Griechenland  seit^dcm  Ende  des  peloponnesischen 
Krieges  Becker  Charikles  II.  8. 113  ff.  (2.  Aufl.)  **)  Strabo  13.  p.  594. 
Sengebusch  Diss.  I,  71  f.  186. 

**)  Sengebusch  Diss.  I,  200—203.  *')  Eine  bundige,  lichtvolle 
Obersicht  über  die  seit  Wolf  zur  Geltung  gebrachten  Grundsatze  für  die 
Textesrecension  der  Homerischen  Gedichte  gibt  L.  Friedländer  bei  Ge- 
legenheit seiner  Kritik  der  zweiten  Bekker'schen  Ausgabe  des  Homefy 
Jahn'sche  Jahrb.  1859.  Bd.  79.  S.  808  ff.  **)  Goethe,  Briefw.  mitScb. 
Nr.  472:  «Ich  bin  mehr  als  jemals  von  der  Einheit  und  Üntheilbarkeit 
des  Gedichtes  überzeugt,  und  es  lebt  überhaupt  kein  Mensch  und  wird 
nicht  wieder  geboren  werden,  der  dies  zu  beurtheilen  im  Stande  wäre. 
Ich  wenigstens  finde  mich  allen  Augenblick  einmal  wieder  auf  einem 
subjectiven  Urtheilt  so  Mb  andern  vor  uns  gegangen  und  ^ird  andern 
nach  uns  gehen.* 

**)  Nitzsch  Sagenpoesie  S.  89  9  «Die  llias  hat  in  dem  zum  eigenen 
Leid  umschlagenden  gerechten  Zorn  Achills  (A  303»  214,  558)  das  ruch- 
barste und  feinste  Beispiel  der  büfsenden  Mafslosigkeit,  wie  der  bereeb- 
iigtste  und  insoweit  vom  höchsten  Zeus  anerkannte  Ehrenanspnieh  die 
mafslose  Menschennatur  zu  Leid  führt,  Wi^l  Zeus  die  mafolose  Dnversöhn- 
Uchkeit  nicht  duldet  und  namentlich  die  Führung  der  etwa  bestimmenden 
Umstände  sich  selbst  vorbehalten  hat*  Dieser  Gedanke  ist  sodann  durch- 
geführt im  Ga^.  29 -"48  des  ersten  Buches,  S.  184—273.  Vgl.  Bäunilein, 
eommentatio  de  Homero  eiusque  earminibus  (vor  der  llias  der  Tauchnitz'- 
sehen  Textausgabe)  S.  XX— XXVll,  besonders  S.  XXlil:  ^-^  negue  quin 
tma,  enfuey  m  quod  NUuekim  manuii,  trü§icü  sentinUu  univer$ae 
ittadi  »ubMü  guiiguam  dubitabU.* 

^)  Schömann  de  reticentia  Homeri  p.  11  .f.  (Opusc.  III.  12  f.) 
Derselbe  in  den  Jahn'scben  Jahrb.  Bd.  69.  8.  27. 

**)  Grote,  Geschichte  Griechenlands  (in  der  M ei fsner 'sehen  Über- 
seteung  1^  S.  530  ff.,  in  der  Fischer'schen  II,  169  ff.).  Ober  die  Mittel, 
durch  welche  Ifitzsch  die  wichtigen  Stellen  A  609  f.  H  72  ff.  mit  dem 
Inhalte  des  neunten  Gesanges  in  Einklang  zu  bringen  sucht,  vgl.  Schü- 
mann Jahn'sche  Jahrb.  a.  a.  0.  Sw  28  f.  De  reticentia  Homeri  p.  13—15 
(Opnsc  III.  15—18).  Noch  oitonbarer  beweist  Fäsi'i  selbst  in  der  3.  Auf- 
lage unverändert  beibehaltene  Anmerkung  zu  77  72  mit  der  Absicht,  den 
Widerspruch  zu  Gberdecken  zugleich  die  Anerkennung  seiner  Oi^üsbar- 
keiU        **)  O  68  U  593.   SchOmann  Jahn'sche  Jahrb.  69.  S.  29. 

*')  Wie  mislich  es  sei,  diesen  Gesichtspunct  in  den  Vordergrund 
stellen  zu  wollen,  spricht  warnend  Lachmann  aus^  (Friedländer,  die  Hom. 
Kr.  S.  Vll).  Vor  übereilten  Folgerungen  aus  den  anai  slfftipkiwa  und  aus 
dem  Onterschiede  des  Wortvorrathes  der  Odyssee  gegen  die  llias,  warnen 
die  Nach  Weisungen  von  L.  Friedländer :  die  kritische  Benützung  d«r 
«««{  wi^fiiva,  Philol.  VI,  228  ff.  und  Dissertatio  de  vocabuiis  Romeriois, 


t7S    Cber  den  Ursprung  der  HoDicrischen  Gedichte,  v.  0.  BohU%, 

quae  in  altenitro  carmine  non  inveniuntur.  Pars  1, 11,  HL  (ÜDiversiläts- 
Schriften,  Königsberg,  1858>  59).  Dies  nimmt  jedoch  den  mit  voller  Vor- 
sicht und  Gründlichkeit  in  dieser  Hinsicht  angestellten  Beobachtungen 
nichts  an  ihrem  Werthe;  es  genüge  zu  erinnern  an  C.  A.  J.  Uoffmann, 
Quaestiones  Bomericae.  Clausthal  1848.  2  Voll.  L.  Friedländer,  die  Gärten 
des  AlkiDous  und  der  Gebrauch  des  Präsens  bei  Homer.  Philol.  VI.  669  ff., 
oder  an  einzelne  Bemerkungen,  wie:  Liesegang,  zwei  Eigenthümlicbkeiten 
des  16.  und  17.  Buches  der  llias.  Philol.  VL  563  ff.,  über  das  Vor* 
kommen  gewisser  Formeln  in  manchen  Theilen  der  llias,  anderer  für 
dieselbe  Sache  in  andern  Theilen  Koch,  PhiL  VIL  593—605  u.a.m. 
Es  lässt  sich  mit  Zuversicht  erwarten,  dass  die  erst  im  Beginne  begriff 
fene  genaue  Durchforschung  der  Homerischen  Gedichte  in  syntaktischer 
und  lexikalischer  Hinsicht  zur  Ergänzung  oder  Berichtigung  der  bisher 
hauptsächlich  von  anderen  Gesicbtspuncten  aus  gewonnenen  Ergebnisse 
wesentliches  beitragen  wird. 

**)  Eine  Zusammenstellung  einiger  dieser  Kleinigkeiten  findet  man 
in  Fäsi's  llias,  Einleitung  S.  7,  zugleich  mit  Verweisung  auf  diejenigen 
Anmerkungen,  welche  den  Widerspruch  zu  mindern  bemüht  sind. 

**)  Vgl.  n  777  mit  A  86.  Schümann ,  Jahn'sche  Jahrbücher  69, 
S.  18,  wo  zugleich  auf  Nitzsch's  Rechtfertigungsversuch  Rücksicht  ge- 
nommen wird.  Einen  andern  Versuch,  den  Widerspruch  zu  verklei- 
nern« kann  man  in  der  Anmerkung  Fäsi's  zu  J7  777  finden. 

'^)  Schümann,  Jahn'sche  Jahrb.  69y  S.  19;  ich  verweise  bei  diesem 
in  jeder  Abhandlung  über  den  Gegenstand  bemerkten  Puncte  auf  die 
Erörterung  Schömann's,  weil  diese  zugleich  auf  den  Rechtfertigungsver- 
such von  Nitzsch  Rücksicht  nimmt  Für  die  Mittel,  durch  welche  selbst 
dem  Widerspruche  und  dem  Mangel  an  Zusammenhang  ein  rechtferti- 
gender Ausdruck  gegeben  wird,  ist  besonders  charakteristisch  Nitzsch 
Sagenpoesie  S.  237  f.  239  (z.  B.  S.  237:  «War-  die  Sendung  des  Pa- 
troklos  damit  genugsam  motiviert,  so  hatte  ihr  Verlauf  seine  von  der  Ab- 
sicht des  Absenders  unabhängige  eigene  Gestalt*),  und  S.  247, 
wo  zuversichtlich  aus  demjenigen  argumentiert  wird,  was  der  Dichter 
nicht  sagt.  '*)  Selbst  in  der  Fäsi'schen  Anmerkung  zu  ilAnfg.  an- 
erkannt, wiewohl  durch  die  Anmerkung  zu  17  2  wieder  möglichst  ausge- 
glichen. ")  Verschiedener  Stand  des  Kampfes  in  unmittelbar  auf- 
einander folgenden  Erzählungen,  z.  B.'im  Schlüsse  von  A  und  im  An- 
fange von  M,  vgl.  .^824  mit  M35— 39,  Lachmann  Betrachtungen 
8.  45.  —  Verschiedene  Voraussetzungen  in  Betreff  des  Ortes  vgl.  Schö- 
mann  de  reticentia  S.  18.  Anm.  8,  9  (Opusc.  IH,  21  f.  Anm.  8, 9).  Jahn'sche 
Jahrb.  69,  27. 

")  JV  345—360  verglichen  mit  JV 10-38.  Vgl  A.Jacob,  über 
die  Entstehung  der  llias  und  Odyssee  S.  270  f.  Fäsi  zu  iV352  sucht 
den  unläugbaren  Widerspruch  in  der  Erzählung  über  das  Auftreten  des 
Poseidon  durch  eine  sprachlich  unmögliche  Erklärung  von  ka&qri  vnBia- 
9«dvi  zu  überdecken,  und  behält  diese  gewaltsam  beschönigende  Aus- 
gleichung selbst  in  der  3.  Auflage  bei,  obgleich  er  in  dieser  zu  iV345 
das  Zugeständnis  hinzugefügt  hat  (nach  Nitzsch  Sagenpoesie  S.  34), 
dass  der  Abschnitt  345 — 360  ursprünglich  nicht  möchte  hieher  gehört 
haben.  *0  Ausführlich  dargelegt  von  A.  Jacob  a.  a.  0.  S.  284  ff.  Vgl. 
Lachmann  Betrachtungen  S.  35.  Versuche,  die  Widersprüche  durch 
Deutung  zu  verkleinern  oder  durch  Athetesen  zu  entfernen  vgL  bei  Fäsi 
SU  ^193,  Friedländer  die  Homerische  Kritik  S.  35  f. 

'•)  JI793— 815,  verglichen  mit  P13,  16,  125,  187,  205.  Die 
Anmerkung  Fäsi's  zu  P13  verfehlt  den  wahren  Fragepunct.  Allerdings 
«konnte  der  Dichter  nicht  annehmen ,  dass  Apollo  die  Waffen  des  Er- 
sdilagenen  mit  sich  genommen  habe,*  aber  nicht  darum  handelt  es  sich, 
sondern  darum,  dass  dem  Patroklos,  nachdem  er  yvf^rog  war  17  81 5  und 


über  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  H.  BonU%.    t73 

die  GOUer  ihm  in  äfimp  xBvxt*  ülovto  17846,  dann  niemand  die  Ru-^ 
stung  erst  noch  abziehen  konnte.  Über  die  Verbindung  verschiedener 
Erzählungen  in  der  Patroklie  Tgl.  Schütz,  de  Patrocleae  composition^. 
Aneiam.  1854.  '*)  Über  den  Gesammtcharakter  der   Erzählung   von 

AS  vgl.  die  unverholene  Erklärung  Schömann's  Jahn'sche  Jahrb.  69. 
S.  19;  die  Mittel,  eine  Ordnung  in  dieser  Masse  aufzuzeigen  s.  Nitzscb^ 
Sagenpoesie  S.  240  ff.  274  ff.,  vgl  auch  S.  137;  namentlich  gehört  dahin 
die  Entdeckung,  dass  Abschnitte  der  Erzählung  als  «Parallelacte'  zu  be» 
trachten  seien,  bei  denen  uns  nur  leider  der  Dichter  gar  nicht  ange- 
deutet hat,  dass  sie  gleichzeitig  vorgehen.  In  den  eingehenden  Abhand- 
lungen über  diese  Partie  der  llias  von  G.  Hermann  (in  der  Anm.  28 
cilierten  Abhandlung),  Lachmann  Betrachtungen  S.  37  ff. ,  E.  Cauer  (über 
die  Urform  einiger  Rhapsodien  der  llias,  Berlin  1850),  W.  Ribbeck  (Pbilol. 
8.  S.  461  ff.  vgl.  Anm.  29),  A.  Jacob  a.  a.  0.  8.  240  ff.  ist  über  die 
Widersprüche,  die  sich  in  diesem  Abschnitte  finden,  die  Differenz  so  grofs 
nicht;  die  Hypothesen  über  die  wahrscheinlich  vorauszusetzenden  ur- 
sprünglichen Elemente  gehen  erheblich  auseinander.  '')  Lessing,  Lao- 
koon  XVL  *')  Statt  der  Hinweisungen  auf  das  Auffallende  dieser  Ver- 
bindung (z.  B  G.  Hermann,  de  interpolationibus  Homeri.  Opusc.  V.  S.  57) 
wolle  man  das  begeisterte  Lob  lesen,  welches  Nitzsch  Sagenpoesie  8.  212, 
ihr  zollt.  **)  Lachmann  Betrachtungen,  S.  22.  A.Jacob  a.a.O.  S.215 
'0  A.  Jacob  a.  a.  0.  8. 209.  'N  Einige  der  bedeutendsten  unter 
denjenigen  Abbandlungen,  welche  für  die  gesammte  llias  odi-r  für  eine 
bestimmte  Partie  derselben  die  Widersprüche  nachweisen,  sind  in  den 
bisherigen  Anmerkungen  angeführt.  Pur  den  nicht  philologischen  Leser 
am  zugänglichsten  ist  die  Schrift  von  A.  Jacob,  indem  sie  theiU  der 
Nachweisung  von  Widersprüchen  eine  eingehendere  Darstellung  widmet, 
theils  in  dieselbe  die  hauptsächlichsten  Stellen  sogleich  in  deutscher 
Obersetzung  aufnimmt.  ")  VgL  die  Ausführung  dieses  Gesichtspunotes 
in  Köchly's  de  lliadis  carminilms  dissert  111.  S.  6  ff. 

**)  Unter  diesen  Künsten  der  Ausgleichung  nimmt  die  bedeutendste 
Stelle  ein  die  Annahme,  dass  der  Dichter  etwas  —  und  zwar  ein  zi:m 
Verständnis  der  Erzählung  nothweodig  erforderliches  Moment  —  nicht 
ausgesprochen,  sondern  es  hinzuzndeoken  dem  Leser  überlassen  habe. 
Bis  zu  welchem  Mafse  der  Umöglichkeit  dieses  Mittel,  xoera  x6  auanto- 
{ispor,  von  Nitzsch  angewendet  ist ,  erweist  Schümann  in  der  öfters 
erwähnten  Abhandlung  De  reticentiallomori  (vgl.  Röchly,  de  lliad.  carm. 
diss.  Hl  8.  6).  Man  kann  das  gleiche  Mittel  stillschweigend  von  Päsi 
angewendet  sehen  z.  B.  in  den  Anmerkungen  zu  r249,  dt,  £510 
u.  a.  An  andern  Stellen  wird  durch  eine  dem  Gegensatze  die  Spitze  ab* 
brechende  oder  sonst  den  Leser  beruhigende  Erklärung  die  That.<<ache 
des  Widerspruchs  verdeckt,  vgl.  Päsi's  Anmerkungen  zu  z/ 169,  Z157 
(Nitzsch  S.  146,  149  erkennt  nach  Friedländer,  Philol.  4,  677  ff.,  das 
Nebeneinderbestehen  doppelter  Recension  an  diesen  Stellen  an),  E  578, 
und  an  den  in  den  Anm.  68,  69,  71,  73,  74,  76  erwähnten  Stellen.  — 
Erfolgreich  zui  Entfernung  von  Widersprüchen  ist  besonders  die  Annahme 
von  Interpolationen ;  dass  deren  in  ein  episches  Gedicht  bei  langdauernder 
mündlicher  Tradition  viele  eingedrungen  sind,  ist  gewiss;  aber  darin, 
dass  eine  Stelle  für  den  einheitlichen  Zusammenhang  der  ganzen  llias 
störend  ist,  liegt  noch  durchaus  keine  Berechtigung ,  sie  für  interpoliert 
zu  halten.  Das  Verfahren  von  Nitzsch  Sagenpoesie  8.  180  ff.,  um  die 
Rede  des  Achilleus  U  49—91  mit  dem  neunten  Gesänge  in  Einklang  zu 
bringen,  ist  in  dieser  Hinsicht  besonders  bezeichnend»  und  wird  eben 
deshalb  von  Schömann,  De  reticentia  Hom.  S.  13—15.  Jahn'sche  Jahrb. 
69,  S.  28  f. ,  eingehend  gewürdigt.  Auch  der  von  Friedländer  (die  Ho- 
merische Kritik  S.  21  u.  a.)  öfters  noch  subsidiarisch  hinzugenomroeiic 
Gedanke,  dass  die  «Discrepanzen  und  Incongruenzen'  «in  den  meisten  Fallen 

Zaiuehrift  f.  4.  ;i»terr.  Oymna».  1800    IV.   u.   V.  lieft.  20 


874    über  den  Ursprung  der  Uomeriscben  Gedichte,  v.  B.  Boniit. 

fSr  stehen  gebliebene  Merkmtle  einer  langen  Trennung'  des  «Ursprung* 
lieb  einheitlichen  Gedichtes  zu  halten  seien,  reicht  keineswegs  so  weit, 
als  er  angewendet  ist,  cur  Erklärung  aus. 

'*)  Die  Thatsache,  dass  sich  durch  das  ganse  Gedicht  in  seinem 
ganzen  Verlaufe  diese  Widerspruche  hindurchziehen ,  spricht  gegen  die 
vermittelude  Hypothese  Grote's  (Gesch.  Griecheul.  übers,  v.  Meifsner  L 
S.  597  ff. ,  von  Fischer  II.  S.  166  ff.) ,  welche  Friedländer  (die  Ho- 
merisebe  Kritik  etc.)  voUsiändiger  zu  begründen  unternommen  bat,  näm- 
lich dass  die  gegenwärtige  llias  aus  der  Verbindung  von  zwei  umfas- 
senden Gedichten,  einer  Achilleis  A,  G.  A — X  und  einer  in  dieselbe  ein- 
geschobenen llias ,  B  —  H,  K  entstanden  sei.  Vgl.  W.  Ribbeck,  in  der 
Anm.  29  angefahrten  Abhandlung.  In  entgegengesetzter  Richtung  ,  näm- 
lich dass  sie  der  Trennung  zu  viel  einräume,  bestreitet  die  Grote'sche 
Hypothese  Bäumlein.  Philol.  II,  405—430. 

'*)  Roth,  Abendl.  Philos.  II.  S.  39  f.,  setzt  allerdings  Homer  als 
den  Dichter,  der  in  selbständiger  Gonception  und  ursprünglicher  Einheit.- 
lichkeit  die  llias,  die  Odyssee,  die  Thebais  und  uoch  einige  grofse  Epo- 
pöen schrieb;  dass  aber  Roth,  bei  aller  sonstigen  Gelehrsamkeit ,  die 
wirklichen  Fragepuncte  der  Homerischen  Untersuchungen  aufzufassen 
sich  nicht  entschlossen  hat,   ist  schon  Anm.  46  erwähnt  '*)  Dass 

der  Dichter  der  einheitliehen  llias  ältere  Lieder  ganz  oder  groCsentheils 
unverändert  in  seine  Dichtung  aufgenommen  habe,  erwähnt  Nitzscb 
häufig,  Sagenpoesie  S.  109.  123.  126.  148.  220.  225.  254  t  257.  273.  (vgU 
S.  76.  87),  ebenso  Bäumlein,  commentatio  de  Homero  eiusque  carmini- 
dus  (vor  der  Ausg.  der  llias)  S.  XX,  XXIII,  XXXI.  Wie  wenig  sich  hier- 
nach  die  von  Nitzscb  vertheidigte  Ansicht  von  derjenigen  unterscheidet, 
bie  er  bekämpft,  erweist  Schümann  de  retic  S.  7.  20.  Köchly,  de  Iliad. 
earm.  diss.  111.  S.  10.  ")  Nitzsch  Sagenpoesie  8.  281  f.  **)  VgL 

Anm.  63;  und  darüber,  dass  Nitzsch  selbst  nicht  eine  Einheitlichkeit 
der  Dichtung,  sondern  einen  Zusammenhang  der  Redaction  nachweist, 
Köchly  a.  a.  0.  '*)  VgL  die  vortreffliche  Entwickelung   dieses  Ge- 

genstandes von  yf,  Wackernagel  in  der  Anm.  15  angeführten  Abhandlung 
II.  S.  76  ff: 

**)  Nur  der  schon  von  Aristarch  verworfene  Scbluss  der  Odyssee 
von  ip  297  an  wurde  bald  nach  Wolfs  Prolegomenen  Gegenstand  einer 
gründlichen  Untersuchung,  von  F.  A.  W.  Spohn,  commentatio  de  extrema 
Odysseae  parte  etc.  1816.  *').Iu  diesem  Sinne  erklären  sich  nicht 

nur  Nitzsch,  Bäumlein,  Grote  (übers,  v.  Meifsner  1.  8.  519  ff.,  v.  Fischer 
IL  S  156  ff.),  Priedländer  (die  Homerische  Kritik  S.  23  ff.) ,  sondern  auch 
Schömann  in  der  oft  erwähnten  Recension  Jahn'scbe  Jahrb.  69.  S.  129: 
«Die  Odyssee  als  ein  aus  früher  nicht  zusammengehörigen  Liedern  com- 
poniertes  Stückwerk  zu  betrachten,  halte  ich  für  baarcn  Aberwitz,  wenn- 
gleich allerdings  das  gewiss  ist,  dass  sie  einzelne,  zum  Tbeil  ziemlich 
omiaiigreicbe  Interpolationen  erfahren  bat ,  die  denn  aber  auch  mit 
Sicherheit  als  solcbe  zu  erkennen  sind.  Sie  selbst  aber  ist  die  geniale 
Gonception  eines  vorragenden  Geistes ,  der  in  dieser  Gattung  weder  ein 
Vorbild  hatte,  noch,  so  viel  wir  zu  urtheilen  im  Stande  sind,  würdigt 
Nachfolger  fand.*  Worüber  Sengebusch  bemerkt  Hom.  disserL  IL  S.  88: 
«Quod  ne  futurum  sit  aliquando  ut  sibi  ipsi  acerbius  quam  rectius 
iudicasse  videatur  Seboemannus  admodum  voreor.*  *')  Kircbhoff,  die 
Homerische  Odyssee  und  ihre  Entstehung.  1859.  —  Vgl.  die  Anzeigen 
dieser  Schrift  in  den  Jabn'scben  Jahrbüchern  von  W.  Ribbeck  Bd.  79. 
8.  657—666,  von  L.  Friedländer  ebend.  S.  832— >83ö,  in  dem  Päda- 
gogischen Archiv,  von  R.  Volkmann  1859.  S.  762  ff.  *')  Ober  einige 
neuere  den  Zusammenhang  der  Odyssee  betreffende  Monographien  be- 
richtet L.  Friedländer,  Jahn'scbe  Jahrbücher  79.  S.  585—593. 

**)  Fäsi  zu  0  1.    Und  dennoch  ist  es  auch  in  diesem  Falle  roög- 


Ober  (Ion  Uritprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  B,  BomUM.    976 

licby  ein  scheinbar  ausgleicheiides  Wort  zu  finden,  Nitzsch  Sagenpoesio 
S.  108:  «0  zu  Anf.  kommt  Athene  in  derselben  Frühe,  wo  sie 
den  Vater  gesprochen,  zum  Lager  des  Sohnes  in  Sparta.'  —  Nicht  ge^ 
ringere  Schwierigkeit,  wenn  gleich  anderer  Art,  entstehen  an  allen  den- 
jenigen Stellen,  welche  für  die  Verknüpfung  der  verschiedenen  Fäden 
der  Erzählung  in  Betracht  kommen ,  so  bei  dem  längeren  Bleiben  des 
Tdemaohos  in  Sparta  trotz  seiner  Weigerung  (vgl.  Fäsi,  Odyssee,  Ein- 
leitung S.  XXXIX,  und  dagegen  die  Bemühung  Fricdlander's ,  über 
diesen  Anstofs  hinwegzuführen,  die  Hom.  Rr.  S.  24),  bei  dem  Ober- 
gange von  der  Erzählung  über  Telemachs  Reise  zu  der  über  das  Geschick  des 
Odysseus  s  1  (vgl.  Schmitt,  de  secundo  in  Odyssea  deorum  concilio 
interpolato  eoque  oentone,  1852),  bei  der  Einreihung  der  Erzählungen 
des  Odysseus  in  seinen  Aufenthalt  bei  den  Phaaken,  welche  offenbar 
die  ursprüngliche  Anlage  der  Darstellung  dieses  Aufenthaltes  durchbricht. 
Fäsi  a.  a.  0.  S.  XXXVIII,  A.  Jacob  a.  a.  0.  S.  408  fll 

**)  Vgl.  A.  Jacob,  über  die  Entstehung  der  Uiaz  u.  Od.  S.  421  ff. 

**)  Fäsi  a.  a.  0.  S.  XU.  A.Jacob  S.  481.  *')  » 399,  «176.  Mit 
den  auf  verschiedene  Weise  den  Widerspruch  verdeckenden  Anmerkungen 
Yon  Fäsi  und  Ameis  zu  n  176  vgl.  die  klare  Auseinandersetzung  von 
^  Jacob  S.  463.  *')  Eurykleia  und  Eurynome,  Fäsi  a.  a.  0.  S.  XLL 

A.   Jacob   S.  477.     Noch    mancherlei   dieser  Art  s.  bei  Fäsi  a.  a.  0. 

**)  Ober  den  zwanzigsten  Gesang  der  Odyasee  wolle  sich  niemand 
versagen,  1.  Bekker's  inhaltreichen  Aufsatz  zu  lesen,  in  den  Monats- 
berichten der  Berliner  Akademie,  1852.  S.  643—662. 

'''*)  «  360-491.  <r  846— 428.  v  284—344.  VgL  Meister,  Betrach- 
tungen über  die  Odyssee.  Philol.  8  S.  1— 13.  '*')  £  29  ff.  «  4  f. 
162.  9  29t  ff.  '*^  ^  256-286.  £  199—359.  9  419—444.  %  172—248, 
nicht  einmal  gerechnet  die  fünfte,  in  dem  Schlussgesa nge  der  Odyssee 
sich  findende  Wiederholung  0  303—314.    Vgl.  A.  Jacob   S.  453  ff. 

•••)  Vgl.  A.  Jacob  S.  480.  '••j  o  160-165.  525-528.  9  160 
541.  %  535  ff.  o  103.  345  ff.  9  413.  %  240. 

^'**)  Ober  den  verschiedenen  Charakter  der  Composition  der  Odyssee 
gegenüber  dem  der  llias  finden  sich  treffende,  aber  schwerlich  durchweg 
haltbare  Bemerkungen  bei  W.  Wackemagel  a.  a.  0.  11.  S.  83  f. 

""*)  In  Löbell's  Weltgeschichte  in  Umrissen,  1846.  L  S.  600 ff. 
ist  mitgetheilt,  in  welche  Ordnung  und  Abfolge  Ritschi  die  einzelnen 
Momente  in  der  Entstehung  der  llias  und  Odyssee  setzt}  «1.  Periode. 
Existenz  einiger  Heldenlieder  von  kleinerem  Umfange,  gleich  vom  troja- 
nischen Kriege  an,  den  sie  besingen,  erst  unter  den  Acbäern  im  Mutter- 
lande, dann  in  den  kleinasiatisäien  Golonien.  —  II.  Periode  y  etwa 
900  —  800  V.  Chr.  Unverfälschter  Gesang  Homers  und  der  Homcriden 
ohne  Schrift  mit  der  Aussprache  des  Digamma.  Aus  einer  reichen  Fülle 
epischer  Einzellieder  wählt  der  hervorragende  Geist  Homers  eine  Anzahl, 
verschmelzt  sie  mit  eigenen,  und  verknüpft  sie  kunstgemäfs  zu  einem 
Ganzen,  in  welchem  sich  Alles  auf  einen  Mittelpunct,  der  eine  sittliche 
Idee  enthält,  bezieht  Es  ist  ein  Verdienst,  welcnes  weit  iiber  eine  bloCse 
Zusammenstellung  hinaus  liegt;  es  ist  die  erste  Schöpfung  eines  groben 
organischen  Ganzen.  So  entsteht  der  Umkreis  der  echten  Uias  und 
Odyssee,  welche  in  den  geschlossenen  Schulen  fortgepflanzt  wurden, 
während  daneben  auch  die  einzelnen  Lieder,  aus  denen  sie  entstanden 
waren,  forlgesungen  wurden.  —  HL  Periode,  800—700  v.  Chr.  Vortrag 
der  Homerischen  Gedichte  noch  immer  ohne  Schrift,  aber  mit  allmäh- 
lichem Verschwinden  des  Digamma  und  Vereinzelung  der  Gesänge  durch 
Rhapsodik,  indem  das  Rhapsodieren  nicht  mehr  bloä  das  Eigentbum  der 
Homeriden  ist.  Zugleich  Erweiterung  der  Gedichte  durch  Einschaltungen.  — 
IV.  Periode.  700—600  v.  Chr.  in  zwei  Stufen.  1.  Erste  Aufzeichnung 
Homerischer  Gesänge  ohne  Digamma  (denn  die  Alexandriner  fanden  keine 

20* 


f76    Ober  den  Ursprung  der  Homerischen  Gedichte,  v.  H,  Bonii%, 

Spur  mehr  davon) ;  daneben  weitere  VereinEelung  der  Gesänge  durch 
Rhapsoden,  aber  ohne  dass  diese  ihre  eigene  dichterische  Thatigkeit 
dabei  fortsetzen,  welche  zur  Zeit  des  Pisisiralus  nicht  mehr  statt  gehabt 
haben  kann,  da  dieser  die  Homerischen  Gesänge  als  etwas  Altes  vor-^ 
findet.  —  2.  Sammlung  einzelner  Theile  zu  gröfseren  Einheiten.  Daneben 
noch  mündlicher  Vortrag,  beliebige  Vereinzelung  und  Verknüpfung,  aber 
Sorge  (Solons)  für  Nichtverfalschung  durch  Fixierung  des  Oberlieferten 
in  geschriebenen  Exemplaren  einzelner  Gesänge ,  die  immer  häuOger 
werden.  ■—  V.  Periode,  600—200  v.  Chr.  Der  Fälschung,  der  Verein- 
zelung, der  beliebigen  Verknüpfung  wird  zugleich  ein  Ziel  gesetzt  durch 
des  Pisistratus  schriftlich  fixierte  Anordnung  des  Ursprünglichen ,  so 
weit  es  wieder  zu  gewinnen  war;  daneben,  durch  Hipparchs  geordnete 
Einrichtung,  zusammenhängender  mündlicher  Vortrag  noch  lange  hin ; 
zugleich  aber  Vervielfältigung  der  schriftlichen  Exemplare  des  ganzen 
Homer ;  erste  gelehrte  Behandlung  durch  Liebhaber  (inaivhai) .  Um- 
setzung in  das  neue  Alphabet.  —  VI.  Periode.  Die  Thatigkeit  der 
Alexandrinischen  Kritiker.*  —  Die  eingehende  Beziehung,  welche  Ritsclil 
der  Art  und  den  Mitteln  der  Aufzeichnung  widmet,  musste  in  der  obigen 
Darstellung  ihrem  Zwecke  gemäfs  übergangen  werden.  Im  übrigen  liegen 
die  wesentlichen  Unterschiede  dieser  Umrisse  von  der  obigen  Darstel- 
lung theils  in  Momenten,  denen  ich  glaubte  ausdrücklich  entgegnen  zu 
müssen  («Mittelpunct,  der  eine  sittliche  Idee  enthält'),  theils  in  solchen 
speclelleren  Bestimmungen,  für  welche  ich,  so  wahrscheinlich  sie  an 
sich  sein  mögen,  den  sichernden  Beweis  nicht  kenne. 

••*)  W.  V^ackemagel  a.  a.  0.  I.  S.  341  ff.  "•)  Ober  das  Ver- 

hältnis von  Sage  und  Geschichte  vgl.  Lauer,  Gesch.  der  Hom.  Poesie. 
S.  163—171.        *••)  Ober  die  Aöden  s.  Welcker,  ep.  Cycl.  I.  S.  340—357. 

*'*)  Diese  Folgerung  aus  den  Namen  s.  Wackernagel  a.  a.  0.  I. 
S.  343.  '")  V^elcker,   episch.  Cycl.  II.  S.  11.  "•)  E.  Curtius 

Griech.  Gesch.  I.  S.  108  betrachtet  den  trojanischen  Krieg  selbst  als  die 
sagenhafte  Darstellung  der  Kämpfe  bei  der  Obersiedelung  griechischer 
Stämme  nach  den  Küsten  Rlein-Asiens.  So  sinnreich  diese  Combination 
ist,  so  wird  doch  ein  bestimmterer  Beweis   derselben  abzuwarten  sein. 

"■)  Die  Nachrichten  über  agonistischen  Vortrag  epischer  Gesänge 
s.  bei  Bernhardy  gr.  Lit.  I.  S.  252  ff.  (2.  Aufl.)  ^'•)  Der  Unterschied 

von  Aöden  und  Rhapsoden  hat  durch  diese  Verbindung  keineswegs  in 
Abrede  gestellt  werden  sollen ,  sondern  ist  nur  als  für  den  voriiegenden 
Zweck  minder  erheblich  übergangen.  Vgl.  über  den  Dnterscbied  Welcker 
ep.  Cycl.  f.  8.  353—406. 

^'*)  Lazar  der  Serbencar.  Nach  serbischen  Sagen  und  Helden- 
gesängen von  Siegf.  Kapper.  1851.  Auf  dieses  Beispiel  weist  M  iklosich 
hin  in  der  Eröffnungsrede  der  Philologen-Versammlung  in  Wien ,  Ver- 
handlungen der  achtzehnten  Versammlung  deutscher  Philologen  etc.  S.  3. 

"•)  Miklosich  a.  a.  0.  "0  Wackernagel   a.  a.  0.  II.   S.  81. 

Eine  neuerdings  erschienene  auf  diesen  Gegenstand  bezügliche  Abhand- 
lung: H^ricault,  Gharies  d',  Essai  sur  V  origine  de  1'  6pop^e  fran^aise 
et  sur  son  histoire  au  moyen  age,  Paris  1859,  ist  mir  bis  jetzt  nur  aus 
Anführungen  bekannt.  *")  B—K  einerseits  und  A — Z  anderseits. 

"*)  Welche  entscheidende  Bedeutung  die  Erwägung  dieser  Ana- 
logien in  den  Homerischen  Untersuchungen  hat,  bezeichnet  in  über- 
zeugender Evidenz  M.  Haupt,  der  diesen  Gesichtspunct  geltend  zu 
machen  ein  vorzügliches  Recht  hat,  in  der  Festrede  über  «den  Gewinn, 
den  die  deutsche  Philologie  der  classischen  Philologie  gewährt,'  Be- 
richte über  die  Verhandlungen  der  kgl.  sächs.  Gesellsch.  d.  Wis«.  2.  Bd. 
1848   8.  90  ff,  besonders  8.  100. 

Wien.  H.  Boni  tz. 


Leopold  111.  und  die  Schweizer  Bunde,  v.  0.  Loren».  t97 

Leopold  III.  und   die  Schweizer  Bfinde. 

Seit  fuDfiindzwanzig  Jahren  hat  sich  die  Auffassung  der  ältesten 
Schweizer  Verhaltnisse  in  den  geschichtlichen  Darstellungen  wesentlich 
verändert.  Wenn  bis  dahin  das,  was  durch  zwei  bedeutende  Geschichts- 
schreiber der  Schweiz,  durch  Tschudi  und  Johannes  Muller,  geleistet  worden 
ist,  mit  blindem  Autoritätsglauben  angenommen  wurde,  so  bat  nun  eine 
gründlichere  Forschung  in  den  urkundlichen  Quellen  jener  Zeit,  fast  eine 
gäniliche  Omgestaltung  der  Ansichten  über  die  Beziehungen  Österreichs  zu 
der  Schweiz  und  über  die  daraus  entstandenen  Kämpfe  bewirkt.  Indem  man 
aber  die  Grundlagen  der  früheren  Traditionen  beseitigte,  konnte  nicht  fehlen, 
dass  alles  in's  Schwanken  gekommen  ist  Mannigfach  sind  die  Fragen,  die 
sich  nun  ergeben  haben,  und  zahllos  die  Beantwortungen,  die  in  den  ver- 
schiedensten  Schriften  dafür  Yersucht  worden  sind;  aber  noch  fehlt  eine 
zusammenfassende  Darstellung  dieser  neuesten  Forschungen,  aus  welcher 
man  sich  über  dasjenige,  was  als  festgestellt  anzusehen  und  was  noch 
sweifelhaft  geblieben  is^  orientieren  könnte.  Nur  in  den  rechtsgeschichtli- 
chen Werken  findet  man  zuweilen  in  gedrängteren  Obersiebten  die  Ent- 
Wickelungen  dieser  ältesten  Schweizer  Zustände.  Da  aber  diese  ihrer  Natur 
nach  die  Ereignisse  nicht  eigentlich  in  ihrer  historischen  Gontinuilät  auf- 
fassen, sondern  lediglich  auf  die  Hervorhebung  der  rechtlichen  Momente 
der  ältesten  Bundesacten  berechnet  sind,  so  wird  dieser  Vortrag  geeignet 
sein,  eine  Anschauung  von  dem  zu  bieten,  was  die  neuesten  Forschungen 
auf  diesen  Gebieten  ergeben  haben.  Diejenigen  Puncte,  wo  ich  in  meiner 
Auffassung  einen  Weg  zwischen  den  Extremen  der  Parteimeinungen  gefun- 
den habe,  oder  wo  ich  durch  consequente  Durchführung,  der  einmal  fest- 
gestellten Principien  zu  einigen  neuen  Resultaten  gelangt  bin,  der  mit  Hilfe 
meiner  genaueren  Bekanntschaft  mit  den  in  Wien  vorhandenen  Archivalien 
manches  Unbekannte  beibringen  konnte,  wird  der  Leser  leicht  herausfinden. 
Cber  einiges  habe  ich  in  den  Excursen,  die  dem  Vortrage  beigefügt  worden 
sind,  Rechenschaft  abgelegt.     

Immer  ein  besonderes  Interesse  wird  es  dem  Beobachter 
vergangener  Zeiten  gewähren,  den  Auffingen  eines  Staatslebens 
nachzuspüren,  die  Umstände  zu  ergründen,  aus  denen  sich  ein 
Gemeinwesen  gebildet;  oder  den  Ideen  nachzugehen,  welche  den 
staatlichen  Organismen  zu  Grunde  liegen,  deren  gereiflere  Exislenz 
noch  die  Gegenwart  vor  Augen  stellt.  Vorzugsweise  dann  wird 
dies  der  Fall  sein ,  wenn  ein  Staat  eine  so  eigenthümliche  Stel- 
lung inmitten  der  greisen  weltbeherrschenden  Mächte  einnimmt, 
wie  das  kleine  innerlich  vielgestaltige  Alpenland,  das  durch  die 
lebendige  KrafI  seiner  Bewohner  zu  allen  Zeiten  eine  hervor- 
ragende Rolle  auch  in  den  gesammteuropäischen  Angelegenheiten 
gespielt  hat.  Es  ist  ein  Verhältnis  eigener  Art,  welches  die 
politische  Stellung  des  Schweizer  Freistaates  von  jeher  bestimmte. 
In  den  Zeiten  jener  gröfsten  politischen  Kämpfe ,  in  welche  die 
romanisch-germanische  Welt  verwickelt  war,  in  den  Zeiten  der 
französisch-österreichischen  Kriege  haben  die  Schweizer  mit  ihrem 
überlegenen  Fulsvolk  fast  immer  die  entscheidenden  politischen 
Combinationen  bevirirkt,  und  seitdem  ihre  staatliche  Selbständig- 
keit von  den  greisen  europäischen  Mächten  rechtlich  und  ver- 
tragsmaüsig  anerkannt  worden  ist,  bat  ihr  Staat  gleichsam  eine 


tfe         Leopold  m.  und  dio  Sofanrefser  BQnde,  ¥.  0.  lorm^ 

geheiligte  fast  unantastbare  Existenz  bewahrt.  Ich  meine  nicht, 
dass  diese  Anerkennung  durch  die  besondere  Eigenthfimlichkeit 
ihrer  Verfessung  hervorgerufen  wäre:  viebnehr  scheint  die  neu- 
trale Stellung  der  Schweiz  auf  etwas  anderm  zu  beruhen.  In- 
mitten der  abendlandischen  Völkerfamilie  an  den  Grenzen,  wo 
gich  das  romanische  und  germanische  Element  an  strategisch 
wmi  politisch  entscheidenden  Puncten  berührt^  scheint  dieser  Frei- 
staat bestinmit  zu  sein  die  Gegensitze  zu  Termittebi^  welcJbe 
zwischen  jenen  beiden  Yölkerelementen  doch  immer  bestehen. 
Aber  allerdings  von  der  Anerkennung  seiner  Selbständigkeit  konnte 
die  Anerkennung  des  Principe  seines  Staatswesens  nicht  ausge- 
schlossen werden.  Die  Existenz  der  Schweiz  hat  sich  als  pcv- 
Ktiseh  unvermeidlich  gezeigt  und  eben  in  dieser  Nothwendigkeil 
liegt  die  Berechtigung  der  Dinge  für  ihre  geschichtliche  Auflbssung. 

Ich  werde  mir  erlauben  die  Aufmerksamkeit  der  b.  T.  auf 
die  EntMehuttg  und  Begründung  dieses  Schweizer  Staatswesens 
hinzulenken.  Wir  werden  da  die  Kan^e  zu  besprechen  haben, 
welche  das  habsburgische  Haus  mit  <Irii  ersten  Bänden  zu  be- 
stehen hatte.  In  Leopold*s  III.  Auftreten  werden  wir  gegen  Ende 
dieser  Kämpfe  noch  einmal  die  verschiedenen  Richtungen  der 
Politik  seines  Hauses  charakteristisch  zusammengefasst  finden,  mit 
seinem  Untergange  aber  die  erste  dauernde  Festsetzung  des  eid- 
genössischen Gemeinwesens  erkennen. 

Suchen  wir  gleich  von  vorherein  einen  Standpmict  ffir  die 
Beurtheilung  dieser  Kampfe  zu  gewinnen,  so  mag  sich  in  der 
Ausbreitung  der  Eidgenossenschaft  Gewaltsamkeit  und  Unrecht 
mancherlei  Art  nicht  verhCdlen  lassen;  aber  im  ganzen  und 
grofsen  der  historischen  Betrachtung  erscheinen  diese  Kämpfe 
doch  als  berechtigte.  Denn  die  Geschichte  darf  nur  den  letzten 
Zweck  des  Erreichten  zun  Mafsstab  ihrer  Beurtheilung  OMicben, 
und  de  die  Schweiz  eine  europäische  Bestimmung  erfüllt,  sd 
mOssen  auch  die  Kämpfe  um  ihre  Gründung  als  historisch  noth- 
wendige  dargestellt  werden. 

Die  Bildung  und  Entstehung  des  schweizerischen  Staats- 
wesens fiel  eben  in  diejenige  Zeit,  wo  auch  die  landesfurstBcbe 
Macht  ihren  ersten  raschen  und  entscheidenden  Aufschwung  ge- 
nommen hat  Neben  der  Landeshoheit  der  fürstlichen  Macht  ent- 
wickehi  sich  im  Verlaufe  des  14.  Jahrhunderts  die  freien  ridge- 
nössischen  Bunde.  In  diesem  Gegensatz  bewegt  sich  der  geschicht- 
liche Verlauf  der  Dinge.  Schnell  muste  ee  zwischen  den  Ideen,  welche 
der  Ausbreitung  der  Landeshoheit,  des  Fürstenthums  —  und  den- 
jenigen, welche  diesen  freien  Genossenschaften  zu  Grunde  lagen, 
eben  in  diesem  Jahrhundert  zum  entscheidenden  Conflict  kommen. 

Die  Anfange  dieser  eidgenössischen  Bünde  schienen  aber 
big  auf  die  neuesten  Forschungen  in  ein  undurehdringbares  Ge- 
webe von  Segen  und  Mythen  gehüllt,  welche  das  Wesen  der- 
selben nur  undeutlfcb  erkennen  liefiien.    Wol  hat  es  eine  Zeit 


Ober  Leopold  111.  und  di«  Schweizer  Bunde,  v.  Q.  loten».     tl9 

gegeben,  wo  e»  den  Schweizern  als  sträflich  und  uüpatriotlsch 
erschien,  diese  Schleier  zu  zerreilseni  manche  Bücher^  die  es 
gewagt  haben,  an  den  liebgewordenen  Yorstellunge*  zu  zweifeln, 
fttnd  noch  im  vorigen  Jahrhundert  zum  Feuer  vettirtheilt  wor- 
den. Heutzutage  gibt  es  keinen  Forscher  mi^hr,  der  einem  Wilhelm 
Teil  auch  nur  die  mindeste  Bedeutung  für  die  Bntstehong  det 
Sdweiz  zuschreiben  oder  den  Apfelscfauss  f&r  etwas  anderes  er- 
klären könnte,  als  für  eine,  germanischen  Stänraien  gemeinsame, 
alt -religiöse  Mythe.  Ein  Vogt  mit  NameH  GefJer  bat  nk 
existiert.  Die  Erzählung  von  des  Landvogts  Hut  zu  Altdörf  hat  sich 
als  eine  Erindung  spatester  Art  gezeigt.  Ja  selbst  der  HütU- 
sehwur  und  die  Gestalten  eines  Waitber  Fürst,  Melekthal  und 
Stauffacber  haben  das  Feld  vor  der  emslereti  historischen  Kritik 
geräumt.  Hatten  diese  Mannet  ja  gelebt ,  so  misste  doch,  was 
von  ihnen  erzählt  wird,  zu  tndever  Zeit  un<  in  anderer  Weise 
geschehen  sein. 

Indem  aber  die  Wissenschaft  mit  Traditionen  dieser  Art 
völlig  gebröchen  hat,  isl  sie  doch  im  Stande  gefwetsen  positive 
das  Wesen  der  Schweizer  Kämpfe  treuer  sckildernde  Resultate 
zu  finden. 

Kaum  ein  anderes  deutsches  Reichsgebiet  iSerfiel  in  ito  zahl- 
lose Herrschaften,  verschiedene  Jurisdictionen,  als  das  alte  Her- 
zogthum  Schwaben,  wo  die  ersten  eidgenössischen  Bände  gestiftet 
worden  sind.  In  der  Zeit  des  Niedergangs  der  staufischen  Kaiser 
erhoi>e»  sich  mehr  und  mehr  die^e  dynastischen  Crewallen.  Da 
es  an  einer  starken  vereinigende»  RrfdisgewaU  fehlte,  so  setzten 
sieh  die  vorwaltenden  GsschlecMer  »ehr  und  mehr  in  den  Besitz 
von  Gebieten  und  oberhoheitliehen  Rediteit  In  Schwaben  nahmen 
in  der  Mitte  des  IS.  Jahrbunderti  die  Grafen  von  Habsburg 
entschieden  die  hervorragendste  Stellung  ^im  Es  waren  Männer 
von  glänzenden  Eigenschaften:  Sdion  Albreeht  der  Reiche,  der 
die  Landgrafschaft  im  Elsaß  an  sich  bringt,  Rudolf  der  Alle, 
der  die  Besitzungen  des  Hauses  beträchtlich  vermehrt :  dann  aber 
vor  allen  AlbrechfiB  des  Weisen  Sohny  jener  Rudolf,  der  nachher 
berufen  wurde,  die  deutsche  Königskrone  zH  tragen.  Wir  kennen 
ihn,  wie  er  die  gänzlich  versonk^M  Reiciisgewait  widerberzu- 
steHen  sich  bemuht,  aber  erst  wenn  mlin  seine  Thätigkeit  vor 
seiner  Thronbesteigung  in  Schwaben  in'den  Angelegenheiten  seines 
Hauses  betrachtet,  bekommt  matt  ein  richtiges  Bild  seiatr  Be- 
deutung. In  seiner  Persönlfchkeit  lag  etwas  höchst  po|mläres : 
Vietorlei  erzählt  sich  das  Volk  von  senen  Thaten  und  Kriegs- 
listen. Etwa  wie  er  eine  Burg,  die  er  lange  nicht  erobern  kann, 
auf  dem  Uettliberg  einnimmt,  indem  er  in  dem  gewöhnUcfaen 
Aufzug  d«B  Besitzers,  seines  Gegners,  mit  zwölf  weiüsen  Rossen 
und  Jagdhunden  dahergesprengt  kommt,  und  die  getäuschte  Be- 
satzung die  Thore  cSati.  Oder  er  belageft  das  Stadtchen 
Glanainberg.    Da  lisst  er  gfolse  Weinfässer  dm  Rheiii  hinab  in 


teo  Leopold  III.  and  die  Schweizer  Bände,  y.  0.  L&tewe^ 

die  Stadt  bringen.  Da  angelangt  öffnen  sie  sich  plolzUch  und 
bewaffnete  Männer  brechen  henror,  welche  die  Einwohner  in 
Verwirmng  bringen,  während  der  Graf  die  nnbewachtea  Maoem 
ersttnnt.  Aber  keineswegs  in  so  abenteuerlichen  Zögen  liegt 
RudolTs  Bedeolong,  sondern  in  dem  praktisch  politischai  Blick, 
wA  dem  er  die  Gröfse  seines  Haoses  zu  begründen  weils.  Wenn 
ein  alter  Geschichtsschreiber  von  ihm  sagt,  dass  er  eine  onbe- 
siegle  Willenskraft  mit  Tapferkeit  und  Klugheit  verband,  so  be- 
zeichnet ihn  dies  besser. 

In  Schwaben,  wo  es  neben  der  habsburgischen  kaum  eine 
ebenbürtige  Macht  gab,  dennoch  aber  die  Traditionen  eines  alten 
Stammes-Herzogthums  vorhanden  waren,  schien  der  Boden  voll- 
ständig  geeignet  zur  Begründung  eines  neuen  dynastischen  Für- 
stenthums«  Nach  der  Erreichung  dieses  Zweckes  gieng  das  rast- 
kise  Streben  des  Grafen  von  Babsburg.  Den  ehemal^n  Besitz 
der  Herzoge  von  Zahringen  in  Oberschwaben  seinem  Hause  zu 
vereinigen,  dahin  zielten  die  zahllosen  Fehden  und  Kriege,  die 
^er  mit  Ta^erkeit  und  Klugheit  unternommen  hatte.  Schon  dehn- 
ten sich  die  erblichen  Besitzungen  des  Hauses  im  weitesten  Um- 
fange aus.  Alles  kam  darauf  an  diese  Macht  zu  arrondieren  und 
innerUch  abzuschließen.  Rudoirs  Tendenz  war  keine  andere,  als 
die  Gründung  einer  formlichen  umfassenden  Landeshoheit  in 
Schwaben.  Von  dieser  einmal  gegebenen  Richtung  war  die  Politik 
seiner  Nachkommen  im  14.  Jahrhundert  beherrscht. 

Aber  ein  Element  —  auf  einer  rechtUchen  Basis  unzwei- 
deutig begründet,  stellte  sich  der  Arrondierungspolik  und  schon 
Rudolf  I.  entgegen.  Seit  den  Tagen  Kaiser  Friedrichs  II.  und 
seines  Sohnes  Heinrich  stützten  sich  die  Landleute  in  Uri  auf 
kaiserliche  und  des  Reichs  Privilegien,  durch  welche  sie  von  jeder 
landesfürstlichen  Gewalt  ausgenommen  unnuttelbar  dem  Reiche 
untergeordnet  worden  sind.  Auch  die  Leute  inSchwiz  und  Unter- 
waiden nahmen  diese  reichsunmittelbare  Stellung  in  Anspruch: 
Am  Vierwaldstattersee,  da,  viro  die  Natur  den  Bewohnern  gleich- 
sam eine  natürliche  Festung  geschaffen  hat,  haben  sich  in  den 
Zeiten  des  Verfalls  des  deutschen  Kaiserthums  diese  lebendigen 
Erinnerungen  einer  freien  reichsunmittelbaren  Stellung  gegenüber 
den  territorialen  Bestrebungen  mächtiger  Dynasten  geregt  Allein 
bald  trat  eine  veränderte  "Sachlage  ein.  Da  Rudolf  von  Habs- 
burg die  deutsche  Krone  erhielt,  so  schien  fast  die  Reichsgewalt 
selbst  in  den  Dienst  der  territorialen  Bestrebungen  zu  treten. 
Und  wenn  man  die  Macht  verglich,  die  nun  das  Haus  Habsburg 
gewann,  da  es  das  Erbe  von  Österreich  erlangte  und  damit 
schnell  zu  einem  der  vornehmsten  Häuser  in  Deutschland  ge- 
stiegen war^  wer  hätte  da  meinen  sollen,  dass  sich  die  kleinen 
Urcantone  der  Schweiz  unter  so  ungünstigen  politischen  Ver- 
hältnissen der  landesfürstlichen  Gewalt  entziehen  könnten? 

In  der  That  hat  König  Rudolf  I.  die  si^hwäbischen  Ange- 


Leopold  III.  und  die  Schweiser  Bunde,  v.  0.  Loren*.         S8t 

iegenheiten  seines  Hauses  nicht  als  die  letzte  seiner  Thätigkeit 
angesehen.  Er  befahl  unter  anderm,  dass  man  in  diesen  schwä- 
bischen Gegenden  sorgfaltig  die  Gerechtsame  des  Hauses  prüfe 
und  sein  Einkommen  verzeichne.  Wir  besitzen  noch  die  Bücher^ 
die  hierüber  geführt  worden  sind.  Als  sie  unter  Albrechfs  Re- 
gierung vollendet  waren,  konnte  man  deutlich  die  Funda- 
mente eines  Fürstenthums,  die  Grundlagen  einer  landeshoheitlichen 
Macht  erkennen.  Die  Frage  war,  ob  sich  dieselbe  vollenden  und 
abschlielsen  lassen  wirdi 

Denn  auch  die  Landleute  am  Vierwaldstattersee  erkannten 
ihre  durchaus  misliche  Lage  und  hatten  eine  klare  Vorstellung 
von  dem,  woran  sie  festhalten  wollten.  Waren  sie  von  den 
dynastischen  Interessen  bedroht,  so  hielten  sie  um  so  fester  an 
ihrer  reichsunmittelbaren  Stellung.  Sogleich  nach  dem  Tode 
Rudolfs  von  Habsburg  haben  sich  die  drei  Länder  zu  ihrem 
ersten  ewigen  Bündnis  vereinigt.  Da  traten  die  Landammänner 
von  Schwiz,  Uri  und  Unterwaiden  zusammen  und  beschworen 
nach  alter  Form  feierlich  einander  zu  schützen  und  zu  helfen 
und  beizustehen  in  der  Noth.  Der  Schwur  geschah  nicht  etwa 
heimlich  oder  bei  Nacht,  sondern  frei  und  öffentlich,  in  den  ge- 
wöhnlichen Versammlungen  leistete  ihn  jedes  Thal  und  jede  Ge- 
meinde. ^<In  Anbetracht  der  gefahrvollen  Zeit  und  um  sich  und  das 
Seinige  besser  zu  schirmen  und  in  gehörigem  Stand  zu  erhalten 
—  so  heilst  es  in  der  merkwürdigen  noch  heut  bewahrten  Ur- 
kunde —  wollen  die  Eidgenossen  in  guter  Treue  verbunden  sein 
durch  Rath  und  That  mit  Leib  und  Gut,  nach  allem  Vermögen 
und  mit  festem  Enischluss  gegen  alle  und  jede,  welche  ihnen 
Gewalt  anthun  oder  Beschwerde  und  Unrecht  zufügen  möchten. 
Sie  wollen  keinen  Richter  annehmen,  der  sein  Amt  um  einen 
Preis  oder  um  Geld  erkauft  habe,  oder  nicht  innerhalb  des  Lan- 
des wohne  und  zum  Lande  gehöre.  Sie  wollen  unter  einander 
ihr  Recht  finden,  und  sich  mit  Minne  oder  durch  Urtheil  der 
mehreren  vertragen.  Dem  Übelthäter  setzen  sie  Strafe  und  ge- 
bieten den  Frieden  im  Namen  des  Bundes.^^ 

Es  ist  eine  Volkserhebung  von  ganz  eigenthümlicher  Art. 
Sie  geht  auf  die  friedlichste  Weise  vor  sich,  aber  sie  birgt  in 
ihrem  SchooCse  eine  unversöhnliche  Zukunft.  Denn  wenn  der 
Bund  zunächst  nur  einen  abwehrenden  Charakter  zeigt,  so  ist 
doch  nicht  zu  verkennen,  dass  er  sich  drohend  gegen  die  habs- 
burgische  Macht  wendet.  Und  es  h'egt  nicht  in  der  Natur  mensch- 
licher Dinge  sich  selber  Schranken  zu  setzen.  Noch  repräsentiert 
die  Eidgenossenschaft  eine  conservative  Richtung  gegenüber  den 
Neuerungen  des  Fürstenthums ,  aber  in  ihrer  offenbaren  Tendenz 
gegen  eine  bestimmte  Herrschaft  verkündigt  sie  zugleich  den 
Krieg.  Niemals  sind  sich  conservative  und  revolutionäre  Elemente 
so  nahe  getreten,  wie  in  diesen  Schweizer  Bünden! 

•  Auf  diesem  Wege  würden  sie  nun  freilich  nicht  zu  einer 


982         Leopold  111.  und  die  Sdiweiser  Bunde,  y.  O,  Urei». 

MachteDtwickelung  gelangl  8eiD,  wenn  ihnen  nicht  die  allgemeinen 
politischen  Verhältnisse  des  deutschen  Reiches  gleichsam  m  Hilfe 
gekommen  waren.  Denn  da  das  habsburgische  Haus  im  Laufe 
des  14.  Jahrhunderts  in  weitgreifendere  Kampfe  verwickelt  worden 
war,  so  fand  der  Schweizer  Bund  Zeit  und  Gelegenheit  zu  in* 
nerer  Stärkung  und  äuCserer  Entfaltung. 

Schon  dass  Rudolfs  Sohn  Albrecht  sctne  Wahl  zum  deut- 
edlen  König  nicht  aogleich  durchgesetzt  hat,  brachte  dem  Hanse 
und  seiner  Politik  einen  tiefgehenden  Nachtheil  K.  Adolf  von 
Nassau  hat  seinen  österrefehischeH  Gegner  nieht  leicht  an  einer 
empfindlicheren  Seite  treffen  können,  als  indem  er  die  Opposition 
der  Thäier  am  Yierwaldslättersee  aoch  mehr  ermunterte  und  die* 
selben  wie  K.  Friedrich  IL  neuerdings  in  des  Reiches  Schutz 
und  Schirm  nahm.  Da  wandte  sich  nun  fireilich  Albrecbt  direct 
gegen  K.  Adolf:  in  der  Schlacht  am  Hasenbühel  hat  er  ihn  er- 
schlageB.«  Indem  er  hierauf  die  deutsche  Ktone  selbst  erhielt, 
hatte  er  die  volle  Gewalt  um  seine  Angel^nheiten  in  seinem 
Sinne  zu  ordnen.  Er  hat  die  landesfutstliche  Macht  sowol  in 
seinen  Stammianden  wie  in  Österreich,  sowol  dem  Gemeindewesen 
der  Städte  wie  dem  Adel  gegenüber  zu  einem  hohen  Grade  von 
SeAstamdigkeit  erhoben.  Den  Waldstätten  durfte  er  unzweifel- 
haft als  deutscher  König  ihre  Richter  ernennen.  Dass  dabei  Ge* 
waltsamkeiled  vorgekommen,  wird  von  alten  Zeugen  nicht  be- 
richtet, und  die  Deklamationen  gegen  die  Vögte  K.  Albrecbt's, 
die  bis  auf  die  neueste  Zeit  wiederholt  werden,  sind  nichts  als 
Reden  gegen  ein  Gespenst,  das  keine  Wesenheit  hat. 

Das  ekie  allerdings  muss  festgehalten  werden^  dass,  wenn 
die  Habsburger  nach  AlbrechCs  Tod  im  Besitze  der  deutschen 
Königskrone  geblieben  wären^  die  Entwickelung  der  Schweiz  durch 
den  Einflufs  des  Königthums  eine  andere  geworden  wäre:  all- 
mählich und  geräuschlos  wären  die  Länder  dem  arrondierten 
Färstenthum  von  Österreich  eingefugt  worden.  Man  darf  be- 
haupten, dass  dann  die  habsburgische  Macht  über  den  ganzen  Süden 
des  deutschen  Reiches  in  einer  engen  Vereinigung  der  schwäbi- 
schen  und   österreichischen  Länder    ausgebreitet   worden   wäre. 

Aber  eben  hier  liegt  der  Wendepunct  der  Geschicke.  Die 
deutsche  Königskrone  wurde  für  eine  lange  Reihe  von  Gene- 
rationen den  österreichischen  Herzogen  entzogen.  Sie  wurden 
der  Mittel  verlustig,  welche  die  höchste  Würde  des  Abendlandes 
ihtem  Besitzer  zur  Erweiterung  seiner  Hausmacht  noch  immer 
bieten  konnte.  Die  Kaiser,  die  aus  dem  hixemburgiscben  und 
bfaerisehen  Geschlecht  den  deutschen  Thron  bestiegen  hatten, 
aehdrten  mit  kluger  Hand  in  den  schwäbischen  Ländern  den 
Widerstand  gegen  ihre  habsburgischen  Gegner. 

Die  Eidgenossen  am  Vierwaldstätter  See  erhielten  durch 
die  kaiserliche  Macht  Heinrich's  VIL  und  durch  Ludwig  den 
Baier,  die  unbedingteele  Bestätigung  ihrer  Vorrechte  und  Frei- 


Leopold  III.  and  die  Schweizer  Bande,  v.  0,  Lonm%.  fSS 

heiiei.  Die  beiden  Briefe ,  die  Heinrieb  VIL  am  8*  Juni  1309 
den  Eidgenossen  ertbeilte,  müssen  als  die  eigentlichen  Gründungs- 
Urkunden  des  Schweizer  Staatswesens  angesehen  werden.  Schon 
hallen  die  Eidgenossen  in  der  Schlachl  am  Morgarten  die  BIuU 
laufe  ihres  Bundes  erhallen,  den  sie  noch  im  selben  Jahre  1815, 
9.  De&,  erneuerten  und  ausdehnten.  Kaiser  Ludwig  bestätigte  auch 
diese  Erweiterung  des  Bundes:  der  Ausbildung  der  territorialen 
Macfal  Österreich's  schien  wenigstens  in  Oberschwaben  ein  Zie) 
gesetzl  zu  sein. 

Es  ist  ein  eigenthumlicher  Gang  der  Dinge,  der  una  in 
14.  Jahrhundert  in  der  Geschichte  Öslerreich's  entgegentritt. 
Nicht  nur  dadurch  isl  diese  Epoche  so  merkwürdig,  weil  aus 
dem  habsburgischen  Geschlecht  bis  zu  seinem  Aussterben  damals 
die  bedeutendsten  Manner  aufeinander  folgten,  sondern  deshalb 
besond^s,  weil  eben  in  diesem  Jahrhundert  der  Grund  gelegt 
wurde  zu  derjenigen  Vereini^ng  von  Ländern,  die  nachher  den 
österreichischen  Staat  gebildet  haben*  Es  war  das  Jahrhundert, 
wo  in  Deutschland  die  Politik  der  grolsen  Fürstenhäuser  vor* 
waltete.  Man  müsste  eine  Reihe  von  diplomatischen  Verwicke-^ 
lungen  der  feinsten  Art  aulzählen ,  wenn  man  die  Entstehung  des 
heutigen  Besitzstandes  in  Deutschland  schildern  wollte,  wie  er 
in  diesem  Jahrhund^t  vornehmlldi  seinen  Ursprung  genommen 
hat*  Wenn  es  sich  zunächst  um  die  politische  Vorherrschaft 
zwischen  drei  Nachbarstaaten  handelte,  Zwischen  Baien,  zwischen 
den  Luxenburgem  in  Böhmen  und  dem  Haus  Österreich,  so  hat 
doch  das  letzlere  die  entscheidenden  Erfolge  davon  getragen. 
Es  hat  Kärnten  erobert,  Tirol  erwDrben,  es  hat  seine  ersten  Be- 
ziehungen zu  Ungarn  geknüpft,  es  hat  selbst  die  Luxenburger 
gezwungen  sich  mit  ihm  in  Erbschaftsvorträgen  zU  verbrüdem. 
Nach  den  heftigsten  Kämpfen,  die  stattgefunden  hatten,  eröffnete 
sich  mit  einem  Male  die  Aussicht  auf  die  Erwerbung  von  Lan- 
dern wie  Ungarn  und  Böhmen.  Man  sieht,  wie  glücklich  in 
diesen  südöstlichen  Gebieten  dem  Hause  Habsburg  altes  ge- 
lingt, während  an  den  südwestlichen  Grenzen  des  Reiches, 
dort  in  den  angestammten  Besitzungen  dieselbe  Dynastie  ein  Mis- 
geschieh  nach  dem  andern  erfährt,  gegenüber  einigen  Landge- 
meinden, welche  die  Reichsunroittelbarkeit  in  Anspruch  nehmen 
und  sich  der  fürstlichen  Landesherrschaft  entgegensetzen :  Herzog 
Leopold  L,  iitx  als  der  tapferste  Ritter  seiner  Zeil  galt,  wird 
von  den  Eidgenossen  geschlagen*  Die  Herzoge,  welche  Kärnten 
erwarben,  die  sich  gegen  20,000  Böhmen  siegreich  gewehrt 
haben,  gegen  die  Eidgenossen  halten  sie  nicht  Stand,  da  müssen 
sie  schon  zufrieden  sein  den  faktischen  Besitz  aufrecht  zu  er- 
halten. An  einer  Ausbreitung  der  Macht  über  die  eidgenös- 
sischen Gebiete  lässt  sich  bedenklich  zweifeln,  denn  das  deutsche 
Kaiserthum,  welches  Österreich  vergeblich  zu  erringen  strebte, 
konnte   allein    über    diese    streitigea  Prägen   des   Rechts  ent-» 


S84  Leopold  111.  und  die  Schweixer  Bunde,  v.  0.  Loren», 

scheiden ,  und  es  entschied ,  wie  wir  gesehen  haben ,  gegen 
Österreich. 

Und  hier  möchte  vielleicht  der  Raum  zu  einer  Bemerkung 
sein,  wie  sie  sich  uns  aufdrängt,  wenn  wir  sehen,  wie  eigens 
in  der  Geschichte  oft  die  liebsten  Pläne  der  Menschen  mislingen, 
sich  gegen  ihren  Willen  entscheiden  und  doch  im  Grofsen  der 
Bntwickelung  zum  besten  späterer  Geschlechter  sich  wenden. 
Die.  Ausbreitungen  Österreichs  im  Osten  gelangen  in  denselben 
Tagen,  in  welchen  die  Arrondierung  im  Westen  an  ein  paar 
kkinen  unscheinbaren  Gemeinden  scheitert. 

Indessen  hatten  die  eidgenössischen  Gemeinden  von  Uri, 
Sdiwiz  und  Unterwaiden  sich  allerdings  auch  ihrerseits  durch 
ein  Element  verstärkt,  welches  eben  in  dieser  Zeit  des  spätem 
Mittelalters,  eben  jetzt  begonnen  hatte  die  gewaltige  innere  Kraft, 
die  in  ihm  ruhte,  allüberall  im  deutschen  Reich  zur  Entfaltung 
zu  bringen,  ein  Element,  das  zwar  noch  keineswegs  die  Aner- 
kennung als  vollberechtigter  Stand  erworben  hatte,  das  nber 
mit  dem  Anspruch  der  Arbeit  und  Thätigkeit,  menschlichen  Cul- 
lurfleilses  sich  Geltung  verschaffte  —  das  war  das  Bürgerthum 
der  Städte.  Fast  erscheint  es  heute  als  eine  äberflussige  Sache 
der  Bedeutung  des  Städtewesens  nachzuforschen,  aber  nicht  so 
in  den  Jahrhunderten,  die  vergangen  sind,  wo  der  kühne  Ritter 
es  wagen  konnte,  den  städtischen  Kaufmann  mit  Abgaben  oder 
Entschädigungen  zu  beschweren,  wenn  er  mit  seinen  kostbaren 
Wäaren  die  unbeschützten  Strafsen  an  den  hohen  Burgen  vor- 
beizog. Damals  war  es  eine  Frage  ernster  Art,  wie  diese  Ele- 
mente nebeneinander  bestehen  können.  Und  hatte  nicht  auch  der 
Adel  Grund  genug  gegen  die  Städte  zu  klagen  1  Kam  es  nicht 
täglich  vor,  dass  die  eigenen  Leute  ihren  Herren  sich  entzogen 
und  hinter  die  Mauern  der  Städte  flüchteten  und  da  Schutz 
fanden?  Wer  vermöchte  alle  die  Stöfse  und  Späne  —  wie  es  in 
den  Urkunden  immer  heilst  —  zu  beschreiben,  welche  die  von 
Lenzburg  oder  Rapperswil  und  viele  andere  bald  mit  Zürch  und 
bald  mit  Luzern  oder  Bern  um  kleiner  Dinge  willen  gehabt  haben. 

Aber  innerhalb  dieser  Mauern  der  Städte  h(*rrschte  ein 
grofses,  politisches,  gewerbliches  und  geistiges  Leben.  Wenn 
man  die  alten  Stadtpläne  ansieht,  und  es  gibt  schon  aus  sehr 
früher  Zeit  manche,  so  erblickt  man  mit  einem  fast  peinlichen 
Gefühl  die  vielen  schmalen  Häuser  durch  den  Gürtel  äer  Stadt- 
mauern gleichsam  eng  aneinander  geschnürt,  aber  es  macht  den 
Eindruck,  dass  sich  da  ein  Element  bewegt  hat,  das  sich  aus- 
breiten möchte,  Raum  bedarf,  während  es  dort  in  den  Burgen 
der  Ritter  allmählich  beginnt  schon  stiller  und  leerer  zu  werden, 
da  die  Knechte  besoldet  sein  wollen,  und  ihre  Forderungen  kaum 
mehr  zu  befriedigen  sind. 

Doch  hatten  nicht  alle  Städte  eine  gleiche  Verfassung.  So 
unterschied  sich  diejenige  von  Luzern  sehr  wesentlich  von  der 


Leopold  III.  und  die  Schweizer  BQnde,  v.  0,  Larent.  t85 

Zurchs  oder  Berns.  Luzem  war  eine  Stadt,  die  ursprünglich 
tU8  Leuten  bestand,  die  zum  Kloster  Murbach  gehörten.  Als 
diese  Ministerialen  ein  städtisches  Gemeinwesen  errichteten,  be- 
hiell  doch  das  Kloster  die  Vogtei  über  die  Stadt.  So  lange  übte 
es  seine  Gerichtsbarkeit  über  Luzern ,  bis  es  die  Vogtei  an  K. 
Rudolf  von  Habsburg  verkaufte,  der  sie  erblich  seinem  Hause  zu- 
brachte. Es  war  einer  der  wichtigen  Schritte  Rudolfs  zur  Er- 
langung der  Landeshoheit  in  Schwaben.  Aber  schon  im  Jahre  1382, 
7.  Dec,  liefs  sich  Luzern  durch  die  Herrschaft  Österreichs  nicht 
abhalten  mit  den  Eidgenossen  in  einen  ewigen  Bund  zu  treten« 
In  dem  Bündnisbrief  wurden  zwar  die  Vogteirechte  der  Habs- 
burger ausdrücklich  anerkannt,  aber  in  seinen  letzten  Conse- 
quenzen  war  doch  der  Bund  gegen  die  Herrschaft  Österreichs 
gerichtet.  Eine  Reihe  von  Verwickelungen  mufsten  sich  daraus 
ergeben. 

Anderer  Art  waren  die  Zustande  in  Zürch.  Seit  lange  war 
es  eine  alte  freie  Reichsstadt«  Es  beanspruchte  eine  hohe  Bedeu- 
tung unter  den  schwabischen  Reichsstädten.  Es  ist  ein  reiches 
inneres  Leben,  das  sich  da  seit  dem  Anfange  des  14.  Jahrhun- 
derts entfaltet.  Hier  hatte  der  Rath  der  Stadt  ausschliefslich  die 
Grwalt  in  Händen.  Noch  war  er  ganz  nach  der  ursprünglichen 
patricischen  Verfassung  organisiert«  Da  waren  die  Patricier, 
d*  s.  die  alten  freien  Grundbesitzer  und  Adeligen,  aus  denen  zu- 
erst das  Gemeinwesen  entstand,  noch  ganz  und  gar  im  Besitze 
der  Regierung.  So  lange  diese  conservative  Richtung  vorherrschte, 
war  man  in  Zürch  nicht  geneigt  mit  den  Eidgenossen  in  blei- 
bende Verbindung  zu  treten.  Es  kam  wol  vor,  dass  man  in 
Zeiten  der  Gefahr  auf  einige  Jahre  mit  ihnen  in  Bündnis  trat, 
aber  nicht  leicht  würde  sich  das  alte  Regiment  zu  einer  ewigen 
Eidgenossenschaft  entschlossen  haben,  wie  sie  eben  von  Luzern 
eingegangen  worden  ist. 

Aber  da  ereignete  sich,  dass  die  Patricierherrschaft  gestürzt 
wurde.  Es  lag  in  der  Natur  der  Sache  begründet,  dass  nämlich 
die  Handwerker  und  Zünfte  aus  Neubürgern  bestanden.  Die  alte 
Verfassung  entsprach  nicht  mehr  den  Verhältnissen,  da  die  Zünfte 
und  Innungen  eine  immer  gröfsere  Ausdehnung  und  Bedeutung 
gewonnen  hatten.  Nun  gab  es  heftigen  Streit.  Man  erhob  sich 
gegen  den  Rath.  Es  war  ein  Führer  an  der  Spitze  der  Volks- 
partei, Rudolf  Brun,  der  zu  den  bedeutendsten  Menschen  der  Zeit 
gehört.  Er  stürtzte  den  Rath  und  die  alte  Verfassung.  1 3  Stellen 
besetzten  nun  die  Neubürger  im  Rath,  die  Zunftmeister  traten 
den  Räthen  an  die  Seite.  Das  Bürgermeisteramt  hat  Brun  selbst 
durch  viele  Jahre  verwaltet.  Den  Ideen ,  durch  die  er  gehoben 
worden  war,  musste  er  natürlich  auch  in  den  äußeren  Bezie- 
hungen sich  anschliefsen ,  denn  noch  wogte  der  Kampf  der  Par- 
teien. Auch  die  Conservativen  halten  sich  wieder  gesammelt 
Man  staunt  über  die  Kühnheit  ihrer  Unternehmungen.    Sie  haben 


t9ß  Leopold  III.  und  dio  Schweizer  Bunde,  v.  0.  LorenM, 

neb  gegen  Bnin  verschworen,  und  sind  mit  dem  Grafen  von 
Ripper8wii  und  andern  vom  Adel  in  Verbindung  getreten.  Ihnen 
und  ihren  Reisigen  sollen  des  Nachts  die  Thore  geöffnet  werden, 
Brun  und  die  neuen  Räihe  unter  den  Messern  der  Verschwomen 
fallen.  Es  ist  ein  gefahrlicher  Anschlag.  Von  700  Verschwomen 
hatte  sich  kein  Verräther  gefunden.  Aber  ein  Bäckerjunge,  sagt 
Hian,  belauschte  die  berathenden  in  dem  Augenblicke,  wo  sie  an 
das  blutige  Werte  giengen.  Schon  tönte  die  Sturmglocke.  Brun 
hat  sich  in  Waffen  geworfen.  Die  Bürger  griffen  zur  Wehr.  Der 
Adel  wurde  geschlagen.  Die  Verfassung  Brun's  war  gerettet.  So 
endigte  die  Hordnacht  von  Zürch  mit  der  Befestigung  des  bär- 
gerlichen  Wesens.  Nun  dürfte  nicht  zu  läugnen  sein,  dass  doch 
vornehmlich  dieser  mislungene  Anschlag  es  war,  der  die  Stadt 
Zdrch  in  den  eidgenössischen  Bund  trieb,  denn  mehr  und  mehr 
hatten  die  Neubürger  ihrer  Stimme  im  Rathe  Geltung  verschafft* 
Es  war  klar,  dass  man  in  so  gefährlichen  Zeiten  Allianzen  suchen 
mufiste*  Für  Österreich,  an  welches  Brun  in  der  That  ernstlich 
gedacht  hat,  fehlte  die  Sympathie  unter  den  Neubürgem.  Mit 
Bestimmtheit  drangen  sie  auf  den  ewigen  Bund  mit  den  unab- 
hängigen Schweizern.  Er  wurde  wirklich  am  l.  Mai  1351  ge- 
schlossen« Zürch  ward  eine  eidgenössische  Stadt.  Das  Bündnis 
selbst  war  sehr  umfassender  und  inniger  Art. 

In  dem  Bundnisbriefe  fällt  uns  das  als  ein  neues  Moment 
der  Entwickelung  auf,  dass  gleich  im  Eingang  ein  geographisches 
Gebiet  genannt  wird,  innerhalb  dessen  die  Eidgenossen  sich  zu 
Hilfe  und  Beistand  verpflichten.  Innerhalb  des  Flu^sgebiets  der 
Aar  bis  an  die  Mündung  der  Thur,  die  Thur  aufwärts  bis  an 
ihre  Quelle,  von  da  durch  Churwalchen  bis  jenseits  des  Gotthart 
an  den  Berg  Platifer  und  die  Grimsel  werden  die  Eidgenossen 
einander  helfen  mit  Leib  und  Gut.  Sie  werden  in  Gefahr  ein- 
ander mahnen  mit  Boten  oder  Briefen  oder  wenn  ein  Ort  plötz- 
lich überfallen  würde,  werden  sie  ohne  Verzug  einschreiten  zur 
Rettung  und  Rache.  Sie  werden  ihre  Tagsatzungen  halten  zu 
Binsiedeln  bei  dem  Kloster.  Sie  werden  ihr  Schiedsgericht  haben 
für  ihre  Streitigkeiten.  Sie  anerkennen  die  Rechte  des  deutschen 
Königs  und  heiligen  römischen  Reichs  und  die  Aufrechthaltung 
ihres  alten  Bunds.  Die  neue  Verfassung  der  Stadt  Zürch  wer- 
den sie  schützen  und  schirmen  und  dieser  gegenwärtige  Bund 
aoll  ewig,  stet  und  fest  verbleiben. 

Nun  traten  rasch  noch  andere  Orte  in  den  ewigen  eidge- 
nössischen Bund:  Zug  und  Glarus  schon  im  folgenden  Jahre. 
Dann  aber  war  durch  den  Beitritt  der  alten  Reichsstadt  Bern 
eine  Ausdehnung  gewonnen  bis  an  die  burgundischen  Lande  und 
durch  den  Zufluss  eines  neuen  bürgerlichen  Elements  eine  innere 
Kräftigung  bewirkt.  So  waren  es  acht  Orte,  deren  Vereinigung 
in  der  zweiten  Hälfe  des  14.  Jahrhunderts  als  vollendete  That- 
aache  anerkannt  werden  musste.  Uri,  Schwiz,  Unterwaiden,  Lu- 


Leopold  III.'  und  die  Schweizer  Bunde,  y.  0,  larent,  287 

md  Zflrcli,  Zog,  Olarns  und  Bern.   Das  sind  die  acht  alten 

de. 

Ausgegangen  von  der  Ansicht  einer  freien  reichsunmiltel- 

Steliung,  grofsgezogen  in  dem  Gegensatze  gegen  die  lan- 
Btliche  Gewalt,  unterstützt  und  gehoben  von  einer  Anzahl 
*eich  feindlicher  Kaiser  bildeten  die  Eidgenossen,  wie  m 
hstanden,  unzweifelhaft  eine  geschlossene  Macht  Dass  sie 
nach  den  Grundsätzen  strengen  Rechts  entwickelt  hatten, 
man  nicht  behaupten  können.  Schrittweise  drangen  sie  in 
echtagebiet  des  Hauses  Habsburg  ein.  Den  Wassern  ahn- 
lie  von  ihren  Bergen  herabstürzen,  bahnten  sie  sich,  bald 

durchbrechend,   bald   zur  Seite  ausweichend,  ihren  Weg 

das  Felsengestein,  das  in  dem  Wesen  des  bestehenden  sich 
entgegengtemmte.  Werden  sich  Mittel  finden  lassen  diesen 
enden  Strömen  Dämme  zu  setzen?  Das  war  die  grobe 
^  welche  sich^Österreich  vorlegen  musste.  An  rechtlichen 
Zungen  und  Beeinträchtigungen  hat  es  längst  nicht  mehr 
t.  Das  Urbar,  von  welchem  wir  schon  gesprochen  haben, 
richterliche  Befugnisse  Österreichs  in  Glanis  und  Zug  nach, 

eine  Anzahl  von  Einkünften  an,  die  in  den  jetzt  von  den 
lossen  beanspruchten  Gebieten  seit  Alters  den  Habsburgem 
rten.  Besonders  gefährlich  war  das  Verhältnis  in  Luzern, 
e  Vogtei  noch  immer  factisch  von  Österreich  geübt  wurde, 
pfne  Bürgerschaft,  welche  notorisch  in  den  Bund  eingetre- 
ar.  Herzog  Albrecht  IL  hat  sich  gleich  bei  der  Einver- 
g  von  Zug  und  Glarus  zum  Kriege  entschlossen.  Er  war 
bedeutende  Resultate  geführt.  Man  war  doch  in  die  Noth- 
gkeit  gesetzt  Frieden  zu  schlielsen«  Er  kam  zu  Stande  : 
lidgenossen  verzichteten  formell  auf  Glarus  und  Zug,  aber 
erzöge  mussten  nachträglich  doch  versprechen  den  Glarnern 

aus  den  Zürchem  und  den  Zugem  aus  den  Schwizern  zu 
.  Im  übrigen  sollte  alles  im  frühem  Stand  der  Dinge  blei- 
So  schien  zwischen  Österreich  und  der  Schweiz  eine  halt- 
Yereinbarung  gefunden  zu  sein  und  Herzog  Aibrecht  IL 
die  Genugthuung  auch  nach  dieser  Seite  hin  seinen  Söhnen 
»rrschaft  im  Frieden  zu  hinterlassen. 
Aber  die  Natur  von  Friedensschlüssen  stellt  sich  der  histo- 
n  Betrachtung  der  Dinge  anders  dar,  als  der  politischen. 
ige  erscheinen  hier  als  der  abschlielsende  Ausdruck  für  das, 
;e8cbohen  ist,  aber  sie  wirken  nicht  hindernd  auf  denFluss 
ilgenden  Ereignisse.  Sie  sind  der  Schlusspunct  vorange- 
ner  Epochen,  der  Charakter  der  folgenden  kann  erst  aus 
esultaten  der  folgenden  Zeit  erkannt  und  beurtheilt  werden. 
Ib  pflegen  wir  mit  Recht  in  der  Geschichte  die  Perioden 
mit  Friedensschlüssen  zu  beginnen,  sondern  die  vergangenen 

abzuschliefsen.  Denn  die  in  der  Welt  wirkenden  Kräfte 
n   niemals   zum   Stillstand    gebracht.     Sie  nehmen  ^  ihren 


S88  Leopold  III.  und  die  Schweizer  Bunde,  v.  0,  Lorenz, 

mechanischen  Portgang  über  den  Schicksalen  des  Einzelnen  in 
der  rastlosen  Veränderung  des  allgemeinen  menschlichen  Daseins. 
Wie  sehr  dies  Moment  in  dem  Frieden  Albrechfs  II.  hervortrat, 
hat  sich  in  den  Schicksalen  seines  Sohnes  Leopold  bewahrt. 
Herzog  Albrecht  II.  hat  vier  Söhne  hinterlassen ,  die  ihm  in 
spälem  Alter  geboren  wurden,  nachdem  es  fast  den  Anschein 
gewonnen  hatte,  als  wäre  der  habsburgische  Slamm  seinem  Er- 
löschen nahe.  Er  hatte  über  die  Regierung  und  die  Nachfolge 
die  Verfugung  getroffen,  dass  die  sämmtlichen  Brüder  gemein- 
schaftlich ihre  Angelegenheiten  besorgen  und  leiten  i^ollen,  alles 
miteinander  in  Liebe  und  Eintracht  abmachen,  einer  für  alle  und 
alle  für  einen  stehen  mögen.  In  dem  ältesten  und  in  dem  jüngsten, 
in  Rudolf  und  Leopold,  war  der  alte  angestammte  Geist  unzwci- 
fdhaft  am  gröfsten  zur  Erscheinung  gekommen.  Friedrich  slarb 
in  früherer  Jugend,  Albrecht  hat  während  seiner  langen  Regie- 
rung immer  mehr  ein  stilles,  beschauliches  Gelehrtenleben  ge- 
führt. Aber  jene  beiden  dürften  unzweifelhaft  zu  den  bedeutend- 
sten Fürsten  ihrer  Zeit  gerechnet  werden.  Man  niuss  bedauern: 
noch  harren  sie  bis  auf  den  heutigen  Tag  tüchti^r  Biographen, 
die  ihre  Geschichte  mit  tieferer  Erkenntnis  ihres  Wesens  und 
ihrer  Zeit  zu  schreiben  wüsslen,  denn  schon  die  Zeitgenossen 
haben  fast  nur  verzerrte  Schilderungen  ihres  Lebens  hinterlassen. 
Die  Geschichtsschreibung  war  damals  überhaupt  in  einem  tiefen 
Verfall.  Mit  dem  Höhestand  des  deutschen  Reichs  der  frühern 
Jahrhunderte,  war  auch  diese  Kunst  mehr  und  mehr  herabge- 
kommen. Auch  der  Umstand,  dass  man  der  Ausbreitung  des 
Landesfürstenthums  von  Seite  der  Corporationen,  in  deren  Händen 
die  Gelehrsamkeit  des  Mittelalters  war,  nicht  günstig  gewesen, 
hat  zu  der  parteiischen  Färbung  der  Quellen  gerade  über  die- 
jenigen Männer  beigetragen,  welche  vorzugsweise  Vertreter  dieser 
Richtung  gewesen  sind.  Herzog  Rudolf  IV.  —  es  sind  eben  in 
diesen  Tagen  fünfhundert  Jahre  verflossen,  dass  er  sich,  der  erste 
seines  Hauses,  den  Titel  eines  Erzherzogs  und  Erzjägermeisters 
des  deutschen  Reichs  beilegte  —  Herzog  Rudolf  hat  die  Pn'«ro- 
gative  der  landesfürstlichen  Macht  in  der  Unabhängigkeit  nach 
Oben  gegenüber  dem  Kaiser  und  in  der  unbedingten  Unterord- 
nung der  Corporationen  mit  einer  beispiellosen  Kühnheit  in  An- 
spruch genommen.  Wie  persönlich  Rudolf  den  Begriff  der  Staats* 
gewalt  fasste,  zeigt  vielleicht  nichts  mehr  als  dies,  dass  er  seine 
Staatsffcten  nicht  blob  wie  andere  Fürsten  nach  den  Regierung»- 
Jahren,  sondern  auch  nach  seinem  Lebensalter  datieren  liefs.  Dass 
er  KarPs  IV.  Schwiegersohn  gewesen,  hinderte  ihn  nicht  mit 
aller  Kraft  gegen  die  Pläne  des  luxemburgischen  Hauses  aufzu- 
treten. Er  hat  da  die  Absichten  KarFs  IV.  nach  jeder  Richtung 
zu  durchkreuzen  gewusst.  Er  hat  gegen  ihn  ein  Fürstenbündnis 
zu  Stande' gebracht,  welches  den  Kaiser  in  die  ernstesten  Ver- 
legenheiten versetzte,  er  hat  die  luxemburgische  Macht  in  Italien 


Leopold  111.  und  die  Schweizer  Bunde,  v.  0,  Lorent,  1811 

irelähmt,  und  war  der  erste  seines  Hauses,  drr,  die  italienischen 
Verhaltnisse  ins  Auge  fas-send,  hier  eine  selbständige  Politik  ent- 
wickelt hat,  seinen  Bruder,  eben  jenen  Leopold,  hat  er  mit  der 
Tochter  Barnabos  Visconti,  mit  Viridis,  vermählt.  Sieht  man  auf 
seine  innere  Verwaltung,  so  mag  das  eine  genügen,  dass  er  einer 
der  wenigen  Fürsten  in  dieser  Zeit  gewesen,  der  sich  des  Ge- 
brauchs der  sogenannten  Hunzverschlechterung  freiwillig  begeben 
hat,  und  dafär  ein  gordnetes  Steuer-  und  Finanzsystem  einführte. 
In  den  Vorlanden  hat  er  keineswegs  auf  die  Ideen  verzichtet,  die 
sein  Vater  fast  aufgegeben,  eine  arrondierte  Hausmacbt  zu  be- 
gründen; er  dachte  nur  einen  klügeren,  wenn  auch  langsamen 
Weg  einzuschlagen. 

Ganz^  bez(*ichnend  für  die  Klugheit  des  Fürsten  ist  es,  wie 
er  den  Bürgermeister  von  Zürch,  jenen  Brun,  den  wir  schon 
kennen,  in  sein  Interesse  zieht.  Er  ernennt  ihn  zu  seinem  ge- 
heimen Ralh  mit  einem  Gehalt  von  100  fl. ,  und  in  der  Thal 
verpüichlel  sich  Brun  zu  persönlicher  Freundschaft  und  Treue. 
Dann  kaufte  er  die  Herrschaften  Altrapperswil ,  die  Hark  und 
Wägi.  Damit  halte  er  seinen  Besitzstand,  wie  einen  Keil  zwi- 
schen den  Zürchor-See  und  dass  Gebiet  von  Schwiz  hineinge- 
schoben. Eben  über  den  See  liess  er  eine  grofse,  prachtvolle 
Brück»  bauen,  wie  er  erklärte,  um  den  frommen  Pilgern  die 
Wallfahrt  nach  Einsideln  zu  erleichtem,  in  der  That  aber  brachte 
er  dadurch  die  Handelsstrafse  aus  Italien  nach  Deutschland  unter 
seine  Botmälsigkeit.  Dann  stärkte  er  sich  durch  Bündnisse  nach 
allen  Seiten  hin  mit  den  benachbarten  Dynasten  und  zugleich 
mit  Basel  und  eilf  andern  Reichsstädten. 

Milien  in  diesen  Planen  der  weitgreifendslen  Art  starb  er 
in  Mailand,  26  Jahre  alt.  In  seine  Ideen  scheint  sein  Bruder 
Leopold  tief  eingeweiht  gewesen  zu  sein ,  wenigstens  finde  ich, 
dass  derselbe  Graf  von  Schaumberg,  der  auf  Rudolf  so  grolsen 
Einflufs  hatte,  auch  dem  jungem  Leopold  zur  Seite  stand. 

Ihrer  Natur  nach  waren  die  beiden  Brüder  sehr  verschieden. 
Rudolf  hätte  sich  nie  in  eine  Unternehmung  eingelassen,  bei 
welcher  mehr  die  Bravour  der  That,  als  die  Überlegung  der  un- 
bedingten Nothwendigkeit  das  Motiv  abgab.  In  Leopold's  ganzem 
Wesen  herrs^chte  ein  ritterlicher  Charakter  vor.  Rudolf  hat  sich 
nur  schwer  zum  Krieg  entschlossen,  aber  er  schien  immer  gep- 
rustet und  bereit  dazu.  Leopold  liess  kaum  ein  Jahr  ohne  Kampf 
und  Fehde  verstreichen,  obwol  er  nicht  immer  hinreichend  vor- 
bereitet war.  Nur  in  einem  waren  sich  beide  Brüder  vollkommen 
gleich:  in  einem  fast  schwärmerischen  Streben  nach  der  Grofse 
und  Ehre  ihres  Hauses.  War  Leopold  unzweifelhaft  in  die  Erb- 
schaft der  Pläne  und  Entwürfe  getreten,  die  sein  Bruder  mit 
scharfem  Blicke  ausgesonnen  hatte,  so  zeigt  sich  in  der  Aufein- 
anderfolge ihrer  Regierungen  recht  deutlich  ein  Verhältnis,   das 

•Z«iltchrirt  r.  a.  9tterr.   Gymnat.  ISSO.  IV.  u.  V.  H«f^.  21 


190  Leopold  III.  und  die  SchwoUer  ßümlo.  v.  0,  Loreu%. 

^ch  in  ihrem  Wesen  individuell  widerspiegelte,  ein  Verhältnis  wie 
vom  Gedanken  sa  der  That. 

Dem  jugendlichen  Leopold  haben  sich  denn  auch  mit  Ver- 
gnügen die  Ritter  und  Adeligen  Herrn  in  Schwaben  angeschlossen. 
An  ihm  fanden  sie  ein  Kriegshaupt,  das  den  Ehrgeiz  an  sich  fes- 
selte« Bis  in  die  entferntesten  Gegenden  folgen  sie  ihm  zu  den 
gröfsten  Unternehmungen.  Aber  unter  diesen  adeligen  Herren,  die 
sich  zu  ihm  hielten,  wusste  er  doch  mit  richtigem  Blick  zu 
wählen.  Zu  Ämtern  beförderte  er  doch  vorzugsweise  die,  welche 
Geschick  und  Popularität  besafsen.  Zum  Vogt  in  Elsafs  und 
Schwaben  ernannte  er  sogleich  den  Grafen  Rudolf  von  Nidaa, 
ein  Name,  der  durch  manche  Erzählung  dem  Volke  geläufig  war. 
Wenn  unter  demselben  Leopold  selbst  ab  der  fromme  Ritter  be- 
zeichnet wurde,  so  dankte  er  diesen  Beinamen  mehr  seinem  Bie- 
dersinn, seiner  Volksthämlichkeit  als  einer  eigentlich  kirchlichen 
Gesinnung.  Ähnlich,  wie  von  seinem  Enkel,  dem  letzten  Ritter 
Max,  erzählt  man  vielerlei  von  seinem  menschenfreundlichen  und 
ritterlichen  Wesen.  In  Basel  vertheilt  er  Brot  und  Geld  unter 
die  armen  Leute,  denn  die  Stadt  hatte  sich  noch  nicht  von  dem 
schrecklichen  Erdbeben  erholt,  durch  welches  sie  in  der  Nacht 
am  18.  October  1356  völlig  zerstört  worden  ist.  Ein  andermal 
sieht  er  sich  in  verratherischer  Weise  von  einer  Übermacht  an- 
gegriffen, die  ihn  gefangen  nehmen  will  —  gerüstet,  wie  er  ist, 
in  vollem  Harnisch  stürzt  er  sich  da  in  die  nahen  Pluthen  des 
Rheins  und  entkommt  auf  das  andere  Ufer.  Zu  einer  schönen 
Frau  in  Schwaben  trägt  er  einmal  eine  so  schwermüthige  Liebe, 
dass  er  sich  längere  Zeit  den  Staatsge^chäften  entzieht  und  seinen 
Aufenthalt  verbirgt.  Gewissen  mystischen  Richtungen,  wie  sie 
die  Zeit  hervorgebracht  hat,  ist  er  sehr  geneigt.  Jener  Ulrich 
von  Schaumburg,  der  als  Mystiker  bekannt  ist  und  so  groCsen 
Binflufs  auf  Albrecht's  Söhne  nahm,  mag  ihn  mit  diesen  Lehren 
vertraut  gemacht  haben.  In  der  That  hielten  schon  damals  die 
Herzoge  einen  eigenen  Hofastrologen  und  man  sagte  von  Leopold, 
er  sähe  künftige  Etreignisse  vorher  und  habe  seinen  Tod  in  der 
unglücklichen  Schlacht  prophezeit. 

Indessen  war  er  doch  neben  diesen  Eigenthümlichkeiten 
seines  Wesens,  den  praktischen  Geschäften,  wie  sie  die  aufkom- 
mende fürstliche  Gewalt  nöthig  machte,  durchaus  nicht  abge- 
neigt In  einer  Anzahl  von  Briefen  trägt  er  seinen  Amtleuten 
die  strengste  Gerechtigkeitspflege  auf.  Er  spricht  es  mehrmals 
in  Urkunden  aus,  dass  es  einer  fürstlichen  Regierung  zur  höchsten 
Zierde  gereiche,  das  Wohl  ihrer  Unterlhanen  befördert  zu  haben. 
Is  seinen  Ämtern  musste  Alles  in  bester  Ordnung  gehalten  und 
r^istfiert  werden.  Wir  haben  ein  Verzeichnis  —  sehr  merk- 
würdig in  seiner  Art  —  welches  er  eigens  über  den  Urkunden- 
schatz,  den  er  auf  seinem  Schloss  Baden  imArgau  bewahrt,  hat 
anfertigen  lassen. 


Leopold  III.  und  die  Schweizer  Bundo,  v.  O,  LarmiM.         S9I 

Seine  Stärke  wat  aber  jedenfalls  das  Kriegswesen.  Er 
selbst  erscheint  noch  in  der  schweren  eisernen  Rüstung  mit  der 
ritterlichen  Lanze,  die  er  in  manchen  Turnieren  mit  gerühmter 
Meisterschaft  gehandhabt  hat.  Aber  schon  sind  die  ersten  Ver-- 
suche  gemacht  von  dem  Schirfsputver,  das  man  aus  dem  Orient 
hat  kennen  gelernt,  für  die  Kriegführung  Gebrauch  zu  machon. 
Diese  Entdeckung  des  südlichen  Deutschlands,  in  den  Gegenden 
gemacht,  wo  sich  Leopold  am  lieknien  aufhielt,  wurde  von  ihm 
sogleich  in  ihrer  ganzen  Wichtigkeit  erkannt.  Es  ist  authentisch 
bezeugt,  dass  er  in  den  Venetianerkriegen  sich  zuerst  der  Mörser 
bedient  hat.  Aber  sogleich  trat  nun  ein  eigenes  Verhängnis  her- 
Tor.  Die  Ritler,  die  auC  ihren  Arm  und  ihre  Eisenschienen  ver- 
trauten, mochten  sich  des  unritterlichen  Kriegsmittels  nicht  be- 
dienen: Dem  Bürgerstande  war  es  vorbehalten  der  Schusswaffe 
ihre  Geltung  zu  verschaffen.  In  den  ritterlichen  Eiferen  der  Zeit 
fand  sich  keine  Mannschaft  für  dieselbe.  Es  war  des  Herzogs 
Misge^chick,  dass  er  nur  zu  sehr  durch  seine  Natur  an  das 
Ritterwesen  geknüpft  war.  Als  der  lebendigste  Ausdruck  dieser 
seiner  Richtung  erscheint  uns  der  grofse  Ritterzug,  den  Leo- 
pold 1370  gegen  die  heidnischen  Preuben  unternahm.  Kein 
tieferes  politisches  Interesse  dürfte  man  dieser  verspäteten  Kreuz- 
fahrt zuschreiben.  Der  romantische  Schein,  den  sie  um  Leopold's 
Thaten  verbreitete,  war  die  einzige  Folge  davon.  —  Man  dürfte 
aber  nicht  memen,  dass  alle  Unternehmungen  Leopold's  von  dieser 
Art  gewesen  wären.  Die  meisten  hatten  vielmehr  einen  tief 
politischen  und  durchaus  praktischen  Zweck  und  Charakter.  Ins- 
besondere die  Kriege  zur  Ausbreitung  der  österreichischen  Macht 
gegen  Süden,  gegen  das  adriatische  Meer  hin  wurden  mit  einem 
aufserordentlicben  Scharfblick  in  die  zerrütteten  politischen  Ver- 
hältnisse daselbst  unternommen  und  durchgeführt.  Wie  hat  da 
Leopold  die  Streitigkeiten  der  kleinern  politischen  Mächte  in 
Fnaittl  und  in  Oberitalien  so  trefflich  zu  benätzen  gewusst,  dass 
er  dem  venetianischen  Freistaat  mit  Glück  Schach  bieten  konnte. 
Der  Druck,  den  Venedig  auf  Triest  und  die  Küstenlande  übte, 
trieb  diese  Gebiete  zuerst  zum  Bündnis,  dann  zur  Vereinigung 
mit  Österreich.  Auch  in  Friaul  erwarb  Leopold  eine  Anzahl 
Städte.  Dem  glücklichen  Sieger  über  Görz,  Aquileja,  Venedig 
fielen  diese  südlichen  Länder  in  der  territorialen  Vereinigung  mit 
Österreich  gleichsam  von  selbst  zu.  Zwar  schien  es,  als  ob  die 
Theilungen  des  gesammten  Länderbesitzes  von  Österreich  zwischen 
Leopold  und  seinem  Bruder  Albrecht,  die  in  einer  Reihe  von 
Verträgen  stattgefunden  hatten,  ihre  beiderseitige  Macht  schwä- 
dien  müsste,  aber  man  sollte  hierin  doch  keineswegs  den  rich- 
tigen Gedanken  verkennen,  der  dem  zu  Grunde  lag.  Indem  Leo* 
pold  gerade  die  Grenzländer,  diejenigen,  von  wo  eine  weitere 
AoKbreitung  angestrebt  werden  musste,  in  Besitz  nahm,  war  es 
möglich,   dass  die  friedlichere  Natur  Albrecht*s   für  die  innere 

21* 


MI  Leopold  III.  iiiul  die  Schwriicr  Bunde^  v.  0,  LareUM. 

Verwaltung  des  eigentlichen  österreichischen  StammTandes  mehr 
wirken  konnte.  Leopold  hatte  nun  freiere  Hand  seine  Absichten 
nach  allen  Seiten  hin  geltend  cu  machen.  Auch  nach  Osten  konn- 
ten die  Blicke  hoffnungsvoll  gewendet  werden,  wie  es  schon  von 
den  Vorfahren  geschah;  welche  Aust>ichten  eröffneten  sich  ßr 
Loopold's  Haus,  da  er  seinen  Sohn  Wilhelm  mit  der  Tochler  des 
Königs  Ludwig  von  Ungarn  und  Polen  verlobte.  Im  Westen  aber 
wurden  bedeutende  Erwerbungen  theils  durch  Kauf,  Iheib  durdi 
Vertrag  gemacht.  Vor  allem  der  Breisgau  mit  der  allen  Stadt 
Freiburg  ward  österreichisch.  Markgraf  Budolf  von  Baden  wurde 
zum  Vogt  der  Landgrafschaft  von  Leopold  ernannt.  Von  dfB 
Moniforts  sind  Feldkirch,  Sulz,  der  innere  Bregenzerwald  md 
viele  andere  Herrschaflen  durch  Leopold  erworben,  dann  die 
Grafschaften  Hohenberg  und  Lauffenburg  nebst  den  Vogteim 
Hettau  und  Keisten  an  das  österreichische  Haus  gebracht 
worden. 

So  vorwiegend  war  die  Macht  Leopold's  geworden,  dass 
ihn  selbst  der  schwäbische  Städtebund  einmal  zu  seinem  Hau]>t- 
mann  wählen  musste^  und  als  solchen  längere  Zeit  anerkannt  hat. 

In  allen  diesen  Unternehmungen  dürfie  die  deutlich  ausge- 
sprochene Absicht,  ein  vollständig  arrondiertes,  einheitliches,  sU 
deutsches  Furstenthum  zu  gründen,  nicht  zu  verkennen  sein.  Danil 
wäre  den  Habsburgcni  schon  damals  die  politische  VorherrschiR 
in  Deutschland  unzweifi'lhaft  zugefallen.  Aber  da  blieben  die 
Verhältnisse  zu  den  Schweizer  Eidgenossen  ein  um  so  grölse- 
res  Hemmnis,  als  dieselben  in  ihren  Bestrebungen  weiter  vor- 
drängten. 

Noch  war  zwar  die  vertragsmäfsige  Auskunft,  die  Al- 
brecht II.  getroffen,  durch  den  sogenannten  Thorbergischen  Frie- 
den 1368  aufrecht  erhallen  worden,  aber  schwer  war  ea  tu 
verkennen,  dass  man  sich  nur  mit  Muhe  zwischen  den  Spitzen 
bewegte,  welche  überall  aus  diesen  Friedensinstrumenten  drohend 
hervorblickten.  Denn,  was  man  auch  sagen  möge,  es  wird  inner 
eine  Anomalie  bleiben,  dass  die  Verträge  die  Herrschaft  Öster- 
reichs in  Luzern,  Glarus  und  Zug  anerkannten  und  nebenher  die 
eidgenössischen  Bünde,  die  doch  die  weiteste  Interpretation  U- 
liefsen,  factisch  fortbestanden.  Besonders  in  Luzern  wurde  die 
Bürgerschaft  bei  j>der  neuen  Friedensverlängerung  sich  ihrer 
Macht  mehr  bewusst.  Die  Gewalt  des  österreichischen  Vogli 
war  fast  ins  wesenlose  zurückgetreten.  Man  hat  nun  geglaubt, 
dass  es  endlich  doch  zwischen  Bürgerschaft  und  Herrschaft  aas 
dem  Grunde  zum  Kriege  gekommen  sei,  weil  der  Herzog  eiaca 
neuen  Zoll  zu  Rotenburg  errichtet  hatte;  aber  bei  näherer  Be- 
trachtung zeigt  sich,  dass  dieser  Zoll  nur  an  anderer  Stätte 
immer  zu  Recht  bestanden  hat.  Wenn  auch  die  Unhaltbarkeil 
der  Zustände  überall  hervortrat,  so  waren  es  doch  weit  gröTsere 
Motive,  welche  den  Ausbruch  des  Krieges  herbeigeführl  habea. 


Leopold  III.  und  die  Sohweiier  Bundo,  v.  0.  lorem.         tBt 

Ab  K.  Karl  IV.  starb,  war  die  Reicfasgewalt  an  seinen 
m  Wenzel  übergrgangen.  Sie  hörte  mit  diesem  Regierun gs- 
Bhsfl  fa^t  gänzlich  auf.  Hersog  Leopold  erlangte  leicht  \on 
a  neuen  König,  dass  er  ihm  die  Reich8\ogtei  in  ganz  Ober- 
I  Niedervchwabrn  übertrug.  Damit  hatte  er  eine  neue  Hand- 
le für  die  Durchführung  seiner  Absichten  und  zugleich  einen 
ilnaa  auf  die  eidgenössischen  Gebiete  gewonnen.  Dem  Adel 
I  den  Städten  gegenüber  nahm  er  durch  diese  Würde  eine 
poolennde  Stellung  ein.  Aber  schon  hatten  sich  die  Verhalt- 
le  hier  >o  abgeklärt,  dasH  diese  beiden  Elemente  sich  in 
iroff^ter  Scheidung  gegenüber  standen.  Durch  die  Aufnahme 
I  Aa^bärgern  oder  Pfahlbürgern  erlitten  die  Herren  überall 
kroch  an  Leuton  und  Rechten.  Da  vereinigten  sich  auch 
rraeits  die  adeligen  Herren  immer  mehr  zu  Genossenschaften 
i  Bünden.  Die  zahlreichen  Orden,  die  um  diese  Zeit  gegründet 
nlni,  die  Ritler  vom  Löwen,  die  Gesellsüchaft  Sl.  Wilhelm,  der 
irgsorden  hatten  eine  grofsartige  Verbreitung  in  Schwaben.  Die 
ilnlen  solcher  Gesellschaften  enthalten  nur  Aufzeichnungen  und 
iingungen  für  die  allgemeinen  Ritterpflichten.  Ihre  politische 
le  wird  sich  nur  aus  den  aligemeinen  Verhältnissen  erkennen 
len.  In  Schwaben  hallen  nun  einmal  die  Ritterverbindungen 
e  Richlung  gegen  die  Städte  genommen. 

Befrachten  wir  da  die  Stellung  des  Herzogs  von  öster- 
di.  Er  fand  sich  inmitten  zweier  sich  lebhaft  bekämpfenden 
rteirn ,  ohne  Möglichkeit  eine  Verständigung  zu  bewirken. 
erall  »ah  er  sich  in  seinen  Absichten  gehemmt.  Noch  ver- 
:hle  er  sich  möglichst  neutral  zu  halten,  indem  er  den  Thor- 
rgVchen  Frieden  zwar  aufrecht^  aber  die  Ritter  auch  ihrer- 
ils  gewahren  lässt  Es  fragte  sich  aber,  ob  er  in  dieser  ab- 
irlenden  Stellung  den  Moment  finden  werde,  wo  er  dem  Landes- 
vlenlbom  in  Schwaben  die  Herrschaft  über  beide  Elemente 
Verben  möchte.  Wird  sich  hier  durchführen  lassen,  was  in 
terreich,  und  eben  erst  auch  seinem  Bruder,  dem  Grafen  von 
bannberg  gegenüber  mit  so  viel  Glück  gelungen  ist? 

Mitten  in  diesen  Schwankungen  des  Herzogs  traten  Ereig- 
ae  ein,  die  ihm  schnell  eine  entschiedene  Richtung  geben 
lasten. 

Von  den  Grafen  von  Kiburg  wurde  die  Stadt  Sololhurn, 
I  der  sie  Späne  hatten,  plötzlich  und  nächtlicher  Weile  über- 
len.  Kaum  noch  hatte  die  Wache  Zeit,  Lärm  zu  machen,  die 
>ckc  zu  ziehen,  aber  man  vereitelte  den  Anschlag.  Ein  blu- 
er  Krieg  halte  damit  seinen  Anfang.  Denn  obwol  Sololhurn 
bl  im  Schweizer  Bund  war,  so  nahmen  sich  doch  die  Eid- 
NMfen  der  Stadt  an.  Die  Ritter  wurden  überall  auf  das 
.ildrücklichste  bekämpft,  ihre  Heere  geschlagen,  ihre  Burgen 
krochen.  Noch  fragten  die  Eidgenossen  bei  dem  Herzog  Leopold, 
t  er  sich  verhalten  wolle,  da  gab  er  eine  ausweichende  Ant- 


004         Leopold  III.  UDd  die  Sohweuer  Bunde,  v.  0.  loremk. 

wort,  aber  seine  Verstimmung  trat  deutlich  hervor.  Denn  in  der 
That,  sowie  sich  einmal  das  bürgerliche  Element  gegen  das  ihm 
feindliche  Princip  in  Fluss  gesetzt  hatte,  so  gab  es  keinen  Halt 
mehr.  Die  Eidgenossen  waren  in  die  Offensive  übergegangen. 
Da  geschah,  dass  sie  in  massenhafter  Weise  die  Leute  des  Adels 
fiberall  als  Ausbürger  aufnahmen.  Auch  Luzern  zögerte  nicht 
mehr  die  umliegenden  österreichischen  Ortschaften  allenthalben 
in  den  Stadtverband  zu  setzen.  Der  kiburgische  Krieg  hatte 
zur  Folge,  dass  die  Verträge  als  beseitigt  angesehen  worden 
sind.  Aber  zugleich  hatte  die  Niederlage  des  Adels  denselben 
angespornt  seine  ganze  Kraft  noch  einmal  in  die  Wagschale  des 
Kriegsglücks  zu  werfen.  Für  Leopold  konnte  es  keine  Frage 
sein,  dass  dies  der  Augenblick  war,  wo  er  des  gosammten 
Adels  sicher  sein  und  sich  seiner  bedienen  konnte,  um  die 
Herrschaft  Österreichs  in  ihren  alten  Grenzen  wieder  herzustellen. 

Noch  einmal  sah  er  sich  an  der  Spitze  eines  grofsartigen 
ans  allen  Theilen  des  Landes  freiwillig  zusammenströmenden  Rit- 
terheeres. Von  allen  Seiten  kamen  die  Absagebriefe  an  die  Eid- 
genossen. Man  hatte  über  anderthalbhundert  gezählt.  Noch  einmal 
hatte  es  in  der  That  den  Anschein,  als  könnte  die  habsburgische 
Macht,  von  den  Stromschnellen  der  Parteiungen  selbst  emporge- 
hoben, ihre  traditionellen  Tendenzen  hier  zur  Ausführung  bringen. 
Und  nun  entschloss  sich  Leopold  den  Krieg  mit  der  besten  Vor- 
bereitung zu  unternehmen.  Nicht  an  eine  Fehde  dachte  er,  wie 
er  so  viele  gefuhrt,  um  den  Abfall  einiger  Gemeinden  zu  strafen, 
sondern  einen  grofsen  gewaltigen  Streich  zu  fuhren,  der  der 
Unbotmäisigkeit  von  Schwaben  für  immer  ein  Ende  machen  sollte. 
Er  rief  seine  Vasallen  aus  den  gesammt^'n  österreichischen  Län- 
dern herbei.  Endlich  erschienen  auch  Herren  benachbarter  Ge- 
biete, der  Markgraf  von  Baden,  die  Grafen  von  Würlemberg  mit 
ihren  Reisigen.  Nach  allen  Angaben  war  es  das  stärkste  Heer, 
das  bis  dahin  gegen  die  Eidgenossen  geführt  worden  war.  Nach 
einem  leichten  Sieg^  den  Leopold  eben  über  mehrere  Städte  im 
Elsafs  davongetragen ,  zweifelte  Niemand  in  dem  Heere,  das  sich 
jetzt  versammelte,  an  der  völligen  Unterwerfung  der  Schweiz. 

Nach  Möglichkeit  suchten  sich  auch  die  Eidgenossen  zu  rüsten 
und  in  Vertheidigungsstand  zu  setzen.  Sie  waren  auf  einen  langen 
Krieg  gefasst.  Man  verbarricadierte  die  Slädte  und  richtete  sich 
in  Zürch  für  eine  Belagerung  ein.  Sofort  trat  alles  unter  die 
Waffen.  Auch  Zug  und  Glarus  stellten  ihre  Mannschaften,  obwol 
es  gegen  die  Verträge  war.  Aber  jetzt  dachte  Niemand  mehr 
an  dieselben;  man  erkannte,  dass  es  sich  um  die  Lebensfragen 
zweier  Gewalten  handelte. 

Herzog  Leopold  sammelte  seine  Macht  bei  Baden  im  Argau. 
Wie  das  aber  bei  Kriegen  dieser  Art  der  Fall  zu  sein  pflegt, 
so  waren  die  Schweizer  von  den  Bewegungen  des  Herzogs  besser 
unterrichtet,  als  dieaer  von  den  Verlheidigungbanslalten  der  Eid- 


Leopold  lil.  und  die  Schweizer  Böndo,  v.  0,  lar^H*.         996 

genosden.  Dort  hatte  man  sich  von  dem  Scheinangriff,  den  der 
Herzog  durch  Herrn  Hans  von  Bonfttetten  auf  Zdrch  unlernehmen 
Hess,  nicht  tauschen  laaseiu  Man  war  genau  unterrichtei,  dasa 
das  Hauplheer  gegen  Sempach  seinen  Marsch  richte.  So  schnell 
hatten  hier  die  Eidgenossen  aus  den  versckiodeosten  Thetlan  ihre 
gesammie  Strettmacht  conceniriert ,  dass  der  Herzog  unerwartet 
auf  sie  gestoisen  war,  da  er  mit  der  Hauptmacht  an  Sempach 
vorüber  den  langen  Bergabhang  über  dem  östlichen  Seeufer  in 
der  Richtung  von  Rothenburg  gegen  Gislikon  marschierte« 
Die  Schweizer  hatten  sich  auf  der  Höhe  des  langsam  aufstei- 
geuden  Berges  gesammelt,  so  dass  sie  den  Feind  von  seiner  linken 
Seite  bedrohten.  Der  Herzog  war  genöthigl  eine  Schlachtord- 
nung eilig  zu  formieren,  da  die  vordersten  Reihen  schon  zu  weit 
vorgedrungen  waren,  und  ihr  Bäckzug  ohne  bedeutende  Verluste 
wol  nicht  mehr  möglich  sein  mochte. 

Es  war  der  9;  Juli  1S86.  In  der  Mittagszeit  auf  dem  un* 
günstigsten  Tarrain  für  die  Reiterei  entspann  sich  die  Schlacht. 
In  Kalbsuters  ^«Sii^gt'sJiet  vom  strit  ze  Sempach'^  ist  sie  wol  am 
ausführlichsten  geschildert.  Da  lässt  er  in  fröhlichster  Weise  die 
Bitter  vor  der  Schlacht  jubeln :  «Die  Schwitzer  wollen  wir  jetzt 
bezwingen  und  ihnen  einen  Herrn  geben.''  Dann  rathen  9i%  wol 
dem  Herzog,  sich  vom  Kampfe  fern  zu  halten^  aber  er  gelobt 
mit  ihnen  zu  siegen  oder  zu  sterben.  Nun  fingen  sie  an  die 
Speere  zu  schleudern  und  mit  vorgehaltenen  Lanzen  vorzudringen. 
Denn  die  Ritter  waren  abgesessen,  und  fest,  stark  und  breit 
war  des  Adels  Heer,  wie  eine  Mauer.  Da  sprang  ein  Winkel- 
ried aus  den  Reihen  der  Eidgenossen,  empfahl  ihnen  Weib  und 
Kind,  umfasste  mit  gewaltigen  Armen  die  Speere  der  Ritter, 
drückte  sie  in  seine  Brust  und  machte  im  Fallen  eine  Gasse. 
Hier  drangen  die  Eidgenossen  ein.  Die  Scfalachtreihe  der  Ritter 
ist  gesprengt.  Ihre  Knechte  entweichen  dem  Kampf  mit  den 
Rossen.  Da  sank  in  der  Hand  Heinrich's  von  Bscheloh  das 
Hauptbanner  von  Österreich.  Aber  auf  den  Ruf:  «Rette  Öster- 
reieh,  rettet^  kommt  Herzog  Leopold  herbei,  ergreift  das  Ban- 
ner, halt  es  aufrecht.  Aber  rings  um  ihn  sind  die  Treuen  ge- 
fallen. «cEs  ist  so  mancher  Graf  und  Ritter,  sagte  er,  mit  mir 
in  den  Tod  gegangen ,  ich  will  mit  ihnen  sterben,^  drang  in 
die  feindlichen  Schaaren  und  ward  von  einem  Schwitzer  er- 
schlagen. 

Dies  ist  die  Erzählung  der  Schlacht,  wie  sie  aus  Kalbsuler  s 
Siegeslied  in  die  spätem  Chroniken  übergegangen  und  durch  die 
treffliche  Beschreibung  Johannes  von  Müllers  uns  geläufig  ge- 
worden ist«  Gleichwol  kann  man  nicht  anders  sagen,  als  dass 
kein  Titelchen  wahres  daran  isk  Donn  jene  Dichtung  erweist 
sich  als  eine  willkürliche  Zusammenstellung  und  Erweiterung  von 
zwei  echten  unmittelbar  nach  der  Schlacht  entstandenen  Volks-*' 
liefen,  welche  in  ursprünglicherer  Form,  ohne  epische  Darlegung 


996  Leopold  III.  und  die  Schweizer  Bünde,  v.  0,  Lorent. 

des  Herganges,  nur  das  Resultat  des  Kampfes  in's  Auge  fassen. 
Wir  haben  hier  ein  recht  anschauliches  Beispiel,  wie  diese  ältest« 
Schweizer  Geschichte  verfälscht  worden  ist 

Die  That  des  Winkelried ,  den  die  spälern  dann  noch  in 
einen  Arnold  Strutthahn  von  Winkelried  verwandelt  haben,  ist 
wahrscheinlich  nicht  geschehen,  und  wenn  der  Erzählung  irgend 
ein  Ereignis  zu  Grunde  liegt,  so  hat  dasselbe  doch  ganz  sicher 
keine  entscheidende  Bedeutung  für  den  Erfolg  der  Schlacht  Die 
Winkelriede,  wie  die  Attinghausen,  mögen  Familienüberlieferungen 
gehabt  haben,  ähnlich  wie  die  alten  Geschlechter  in  Rom.  Es 
sind  Familiensagen,  die  hier  wie  dort  dann  in  die  Chroniken  auf- 
genommen würden  und  die  Geschichte  in  Mythen  verwandelt  haben. 
So  haben  die  spätem  den  Winkelried's  eine  besondere  Bedeutung 
för  die  Schweizer  Kämpfe  Oberhaupt  zugeschrieben.  Bei  allen 
hervorragenden  Ereignissen  erscheinen  ihre  Namen  genannt.  Wenn 
die  Geschichte  von  Wilhelm  Teil  und  dem  Apfelschuss  aus  alten 
Sagen  der  germanischen  Urzeit  in  die  Schweizer  Geschichte  auf- 
genommen wurde,  so  ist  es  nicht  unwahrscheinlich,  dass  die 
Tbat  von  Sempach  der  Lectüre  des  Livius  ihre  Entstehung  ver- 
dankt Dort  findet  sie  jedenfalls  ein  Vorbild  in  dem  ähnlichen 
Opfertode  der  Decier. 

Auch  davon,  wie  Herzog  Leopold  sein  Leben  verlor,  wissen 
wir  nichts  anzugeben.  Aber  selbst  an  dies  Ereignis  knäpfl  sich 
die  Sage.  An  der  Stelle,  wo  Leopold's  Leichnam  eingegraben 
worden  war,  sei  eine  grobe  herrliche  Blume  roth  und  mit  einem 
weifsen  Streif,  wie  das  österreichische  Wappen,  emporgewachsen, 
80  dass  auf  diese  Weise  der  Herzog  aufgefunden  und  in  Königs- 
felden  feierlich  bestattet  werden  konnte.  Die  Blum«  aber  wurde 
in  der  Kapelle,  die  nachher  auf  dem  Schlachtfelde  gebaut  worden 
ist,  aufbewahrt  und  blühte  fort,  und  erhielt  sich  frisch.  Ja  im 
Jahre  1516,  am  Schlachttage,  sei  plötzlich  eine  gleiche  Blume 
an  der  gleichen  Stelle  hoch  emporgeschossen  und  dies  bezeugt 
der  Pfarrer  von  Sempach  urkundlich  und  die  alten  Leute  in  seiner 
Pfarre  bestätigen  ihm  die  Identität  dieser  Blume  und  der  von 
1886  mit  der  in  solchen  Dingen  bekannten  Bereitwilligkeit  — 
Ereignisse  wie  die  Schlaqht  von  Sempach  sind  willkommene  Stoffe 
für  die  Sagenbildung. 

Über  den  historisch  beglaubigten  Verlauf  der  Schlacht  lässt 
sich  nur  sehr  wenig  sagen.  Di»  Niederlage  des  österreichischen 
Heeres  war  grofs,  wie  man  aus  einem  amtlichen  Verzeichnis  der 
vornehmsten  Todten,  das  mehr  als  200  Mann  zählt,  ersehen 
kann.  Im  äbrigen  wird  sich  weder  über  die  Zahl  der  Käm- 
pfenden, noch  über  die  beiderseits  Gebliebenen  irgend  Hallbares 
angeben  lassen.  Dagegen  ist  aus  dem  sogenannten  Sempacher 
Brief  zu  entnehmen,  dass  die  Schweizer  sich  des  Vortheils  die 
fliehenden  zu  verfolgen,  durch  Plünderung  und  Beutemachung 
begeben  hätten.  Und  es  gewinnt  damit  eine  Notiz  grolse  Wahr- 


Leopold  111.  und  die  Schweizer  Bunde,  v.  0.  Lorenz,  tVt 

scheinlichkeit,  dasB  zwei  der  bedeotendsteo  österreichischen  An- 
führer sich  voreilig  auf  die  Flucht  gemacht  halten.  Jedenfalls  wird 
man  auf  eine  eigentliche  historische  Darstellung  der  Ereignisse 
während  der  Schlacht  verzichten  müssen.  Das  Obergewicht  der 
Schweizer  entschied  aufeer  ihrer  wohlbezeugten  Tapferkeit  auch 
hier  die  leichte  Beweglichkeit  ihres  trefflichen  Fuisvolks,  und 
das  ungünstige  Terrain  für  eine  ifchwer  bepanzerte  Reiterei.  Es 
war  eben  ein  Sieg  des  Fubvolks  über  die  Ritter,  d^^s  Bürger- 
thums  der  Städte  über  das  Feudalwesen,  die  Niederlage  Leo- 
pold's  aber  eine  Folge  der  Coalition  des  Fürstenthums  mit  den 
Ritterbünden. 

Die  Entwickelung  der  Schweiz  war  nun  für  alle  Zeilen  gesichert. 
Noch  einmal  wurde  bei  Näfels  gestritten,  auch  hier  siegten  die  Eidge- 
nossen. Der  vollzogenen  factischen  Ablösung  der  Herrschafksrechte 
Österreichs  im  obern  Schwaben  folgte  im  Frieden  die  rechtliche.  Auf 
alle  Voglei  in  Luzern,  Glarus  oder  Zug  ward  für  immer  von  den 
Söhnen  Leopold's  Verzicht  geleistet.  Die  eidgenössischen  Bünde 
hatten  das  Territorium,  welches  sie  schon  13dl  als  eidgenössisch 
bezeichnet  hatten,  zur  vollständigen  Reichsunmittelbarkeit  er- 
hoben, frei  gemacht  von  der  landetifürstllchen  Oberhoheit  Hun- 
dert Jahre  waren  vergangen ,  seit  sie  jenen  ersten  ewigen  Bund 
geschlossen,  jetzt  erst  konnten  sie  ihn  für  gesichert  und  be- 
gründet hallen.  Im  folgenden  Jahrhundert  geschah  die  Erweite- 
rung desselben  in  die  burgundischen  und  romanischen  Gebiete. 
Jedes  Stück  ward  da  erstritten.  Dem  Tage  von  St.  Jakob  folgte 
Granson,  Hurten,  Nancy.  Es  hatte  sich  ein  Staatswesen  gebildet, 
das  auf  den  Erinnerungen  der  alten  Reichsverhältnisse  beruhte, 
aber  unter  den  vielen  eigenthümlichen  Sonderexistenzen  im  Reiche 
doch  nicht  wieder  seines  gleichen  fand.  Für  seine  Nothwendig- 
keit  ist  vielleicht  nichts  bezeichnender  als  die  Beobachtung,  dass 
die  Interessen  desjenigen  Hauses,  dem  die  Erhebung  der  Schweiz 
sich  vorzugsweise  entgegenstellte,  nachher  durch  die  fertige 
Existenz  derselben  am  meisten  gefordert  wurden:  Was  im  14. 
Jahrhundert  die  Habsburger  an  Familienbesitz  beeinträchtigt  sind, 
wurde  seit  dem  16.  durch  den  politischen  Vortheil,  den  ihre 
Selbständigkeit  darbot,  aufgewogen.  Schon  hatte  die  Schweiz 
in  ihren  äulseren  Beziehungen  bei  dem  Zusammenstofs  der  öster- 
reichischen und  französischen  Macht  ihre  selbständige  Politik 
geschaffen,  die  von  ihrer  Lage  an  den  Grenzen  der  romanischen 
und  der  germanischen  Länder  bestimmt  war.  Schon  im  17. 
Jahrhundert  wird  von  Frankreich  wie  von  Österreich  die  Er- 
haltung dieses  Staatswesens  als  eines  neutralen  Gebietes  zu  den 
vornehmsten  Interessen  der  beiderseitigen  Politik  gezählt,  im  Wiener 
Congress  ihre  Integrität  besonders  von  Österreich  betont.  So 
trat  die  Schweiz  als  ein  kleines,  aber  nothwendiges  Glied  in 
die  Rahe  der  modernen  Staaten.  Darin  ist  sie  grols,  dass  sie 
vielleicht  anter  allen   aus   den  kleinsten  Anfängen   bervorgegan- 


t99  Leopoia  IM.  und  ditj  Schweizer  Buiule,  v.  0,  LorefiZ, 

fen  i8t.  Denn  bei  den  Staaten  wie  bei  Individuen  beruht  die 
Existenz  auf  der  ihnen  innewohnenden  natürlichen  Kraft  ^  und 
ihre  Bedeutung  in  dem  Einflüsse,  den  sie  auf  die  allgemeine 
EntWickelung  der  CSeschichte  nehmen« 


B  X  c  u  r  8    I. 


Der  ewige  Bund  von  1201. 

Es  ist  kaum  ein  Werk  in  neuerer  Zeit  erschienen,  welches  für 
die  Beurlbeilung  des  Verhältnisses  von  Chronik  und  Urkunde»  wie  es 
sieh  im  13.  und  14.  Jahrhundert  feststellt,  so  eniseheidende  Aufschlüsse 
geben  würde ,  wie  Kopp's  Geschichte  der  eidgruöstiischen  Bunde.  Die 
Sache  ist  die,  dass  vor  ihm  der  praktische  Beweis  nicht  geliefert  war, 
iA98  die  wahre  Geschichte  schon  im  13.  und  14.  Jahrhundert  fast 
ausschliefslich  auf  urkundliches  Material  gestutzt  werden  müsse  und 
dass  die  Chroniken  daneben  nur  die  untergeordnetste  Bedeutung  haben. 
Besonders  für  die  Schweizer  Geschichte  ist  dieser  Grundsatz  epoche- 
machend geworden,  weil  die  Chroniken  hier  so  zahlreich  aber  spät  und 
sehr  geschwätzig  sind.  Aus  diesem  Grunde  wird  man  denn  auch  das 
Erscheinen  von  Kopp's  Urkunden  zur  Geschichte  der  eidgenössischen  Bünde 
1835,  als  den  Markstein  einer  neuen  Aera  der  Schweizer  Geschichtsforschung 
ansehen.  Nun  ist  es  nicht  zu  verwundern,  dass  man  das  durch  die 
Urkunden  angegriffene  Gebiet  doch  nur  schrittweise  aufgibt,  und  wenn 
kürzlich  in  der  historischen  Gesellschaft  zu  Basel  noch  geäufsart  wurde, 
dass  man  weit  entfernt  sei  zu  glauben,  dass  der  Mann,  der  in  unsern 
Tagen  die  Schweizergeschichte  in  ausschliefsliche  Pacht  meint  genommen 
zu  haben ,  den  passenden  Schlüssel  zu  diesem  Geheimnisse  schon  ge- 
Itinden  habe,  so  bezeichnet  dies  am  besten  die  UnversObnlichkeit  der 
Gegensätze  in  den  Ansichten.  Dass  wir  uns  von  Grund  aus  der  Kopp'- 
acben  Richtung  angeschlossen  haben,  dürfen  wir  nicht  erst  besonders 
erwähnen.  Doch  wird  e»  gestattet  sein  eine  Meinungsdifferenz  näher  zu 
begründen,  welche  die  Beurtheilung  des  ewigen  Bundes  von  1291  und 
sein  Verhältnis  zum  Haus  Habsburg  nicht  unwesentlich  modificiert. 

In  der  Urkunde  Heinrich's  Vll.  dd.  Hagenau  26.  Mai  1231  (Tschudi 
Chronik  1.  125«  a,  u.  a.  a.  0.)  muss  doch  eine  indirecte  Beziehung  auf 
die  Urkunde  Friedrichs  II.  vom  17.  März  1218  für  die  KIo»terleuto  in 
2ürch  gedacht  und  angenommen  werden,  denn  was  sollte  es  sonst  für 
einen  Sinn  haben,  wenn  es  hei£st,  dass  ein  früher  bestandenes  Verhältnis 
wieder  eingeführt  wird.  Die  Obergabe  Uris  in  den  Besitz  eines  Herrn, 
wie  Kopp  selbst  bemerkt  durch  Verleihung  oder  Pfandsehaft  (Gesch.  d. 
eidg.  B.  IL«  272)  ist  also  eine  zeitweilige  gewesen  und  hatte  ein  lös- 
liches Verhältnis  begründet.  Dast  Uri  unter  König  Rudolf,  nicht  unter 
Hermann  von  Bonsletten  oder  Ulrich  von  Rüssegg  gestanden ,  die  des 
Reiphs  Vögte  in  Zürch  waren,  beweist^  wia  uns  scheint,  nichts;  da  es 
zwar  möglich  ist,  dass  König  Rudolf  —  das  von  Heinrich  VII.  gelöste 
Verhältnis  wieder  herzustellen  bemüht  —  besondere  Vögte  in  Uri  or- 
nannte^  aber  diese  waren  dann  königliche,  nicht  gräfliche.  Wenn  nun 
i|ber  Rudolf  von  Uababurg  als  Graf  schon  im  Jahre  12d8,  20.  Mai  eine 
Gerichtsurkunde  ausstellt,  in  welcher  er  in  dem  Streite  der  Izeli  und 
Gruba  entscheidet,  so  scheint  dies  keineswegs  einen  Schluss  auf  den 
Besitz  eines  landgräflichen  Rechts  in  Uri  zurulassen.  Dagegen  spricht 
«Q  entscheidend  der  Umstand,  dass  auf  eine  solche  Würde  in  der  Urkunde 
keiB  Bezug  genommen  ist,   vielmehr  Rudolf  mir  als  Obmaoo  «ttoticiam 


Leo|K)IJ  in.  und  die  Seh  weiser  üuode,  v.  0,  Lerett»-  S99 

sobscriptoram^  verkQfidigt  Es  ist  ein  MisversUndDis  der  Srgsten  Art, 
fQ  meinen,  es  habe  sich  bei  diesem  Handel  in  irgend  einer  Art  um 
Landrecht  oder  Oemeinderecht  gedreht.  Es  ist  gewilll[urtes  Recht,  wel« 
ehes  durch  den  Suhnbrief  von  1257,  83.  December  (Tschudi  I.  155) 
fsstgesetst.  und  weiches  Rudolf  nidit  in  seiner  Eigenschaft  als  Graf^ 
sondern  als  Obmann  dann  1^68  zur  Geltung  bringt  (Kopp,  Orkunden 
8.  10).  Er  fSlIt  da  den  Spruch:  juxta  promissionem  et  obli- 
gationem  eorondem.  quam  in  se  antea  voluntarie  dictarant.  Da  kann, 
wie  wir  glauben,  nicht  der  mindeste  £weifel  Qber  die  Natur  dieses 
Priedensgerichts  rein  privatrechtlicher  Art  bestehen,  und  wir  hoffen  bei 
dieser  Interpretation  der  Zustimmung  der  Rechtskundigen  sicherer  fu 
sein,  als  es  Kopp  Oesch.  der  eldg    Bunde  IL*  %8d  ff-  sein  dörfle. 

In  Dri  hat  das  Haus  Habsburg  keinerlei  Oereohtsame  beansprudit, 
und  die  Leute  daselbst  erscheinen  uns  als  durchaus  unabhSngig  ?oo 
irgend  einer  gräflichen  Gewalt.  Ihr  Verhältnis  zu  der  Abtei  Praumünster 
in  Zurch  berührt  im  entferntesten  nicht  die  Grafen  von  Habsburg  *>. 

Dagegen  befanden  sich  die  Leute  in  Sohwiz  und  Onterwalden 
nicht  in  einer  gleich  günstigen  Lage.  In  Bezug  auf  die  älteste  Geschichte 
von  Schwiz  werden  die  Ausführungen  Kopp's  Gesch.  der  eidg.  ßfinde  H.  • 
S99  ff.  kaum  zu  erschüttern  sein,  wobei  wir  von  den  mehr  oder  minder 
erheblichen  Bedenken  Meyer^s,  Heufsler's  u.  a.  *)  ebenso,  wie  von  den 
auf  die  Spitze  gestellten  Behauptungen  Lichnowsky's  absehen  können. 
Hier  haben  also  die  Grafen  von  Habsburg  nach  den  Lenzburgem  Herr- 
schaften besessen,  aber  wie  verhält  sich  der  Brief  Kaiser  Friedrioh's  IL 
vom  December  1240,  Tschudi  I.  134,  dazu?  Dieser  spricht  nicht  etwa 
von  der  Gründung  neuer  Verhältnisse  —  wie  könnte  er  auch  fi*eie  Leute 
creieren  wollen  —  sondern  er  setzt  das  Vorhandensein  freier  Leute 
voraus  y  welche  als  «freie  Leute  ihre  Zuflucht  zu  ihm  nahmen  und  nur 
auf  ihn  und  das  Reich  Rücksicht  zu  nehmen  haben.'  Damit  scheint  aber 
eine  natürlichere  Erklärung  gefunden  mi  sein,  dann  die  freien  Bauern- 
schaften können  als  Enclaven  mitten  in  den  herrschaftlichen  Besitzungen 
gedacht  werden.  Dass  nun  die  Herrschaft  die  politischen  Verhältnisse 
wie  überall  auch  hier  benützen  wollte,  um  ihre  Macht  auszudehnen, 
zeigt  vor  allem  die  Anrufung  der  päpstlichen  Intervention  gegen  den 
Brief  Friedricb's  IL,  vgl.  Kopp  eidg.  Bünde  11, 327,  und  dann  das  Benehmen 
Rudolfs  als  König  gegenüber  den  Schwizern.  Da  scheint  uns,  dass  aus 
der  Orkunde  von  1201,  10.  Homung  (Kopp  Orkunden  Nr.  18i  keineswegs 
gefolgert  werden  kann,  dass  den  Leuten  In  Schwiz  eine  neue  Concession 
gemacht,  sondern  vielmehr  ein  beeinträchtigtes  Recht  wiederhergestellt 
worden  sei.  «Inconueniens  nostra  reputat  serenitas,  dass  bei  den  Schwi- 
fcrn  ein  Dienstmann  als  Riehter  eingesetzt  werde;*  wenn  also  ver-* 
sprochen  wird ,  dass  dies  nicht  mehr  geschehen  soll ,  so  ist  zu 
sehliefsen,  dass  Verletzungen  des  gewohnheitsmSfsigen  Rechts  geschehen 
seien.  Es  müssen  Kämpfe  und  Streitigkeiten  nicht  näher  bestimmbarer 
Art  der  Ausstellung  einer  solchen  Orkunde  vorangegangen  sein.  Man 
sieht  schon,  wie  die  Landleute  nur  das  hergebrachte  schätzen  wollen. 


0  Was  Rem.  Meyer  «Die  Waldstädte  vor  1201'  etc.  8.  16  als  Beweis 
gegen  Kopp  vorbringt,  scheint  nicht  stichhaltig  gewesen  zu  sein, 
denn  wenn  in  den  Orkunden  von  1257  und  1258  eine  landgraf- 
srhaftliche  Gerichtsbarkeit  liegen  würde,  so  wäre  damit  allerdings 
Kopp's  Ansicht  mehr  als  hinlänglich  begründet. 

^  Am  stärksten  und  bezeiehnendsten  ist  wol,  dass  von  diesen  Ge- 
lehrten die  angeblichen  gleichlautenden  Briefe  fü(  Onterwalden  und 
Oll  ikaiser  Friedrioh's  IL  noeb  immer  oitiert  werden,  vgL  Remigius 
Meyer  a.  a.  0.  8.  15. 


Ur^^ia  lU.  iiDd  die  SHivrarr  tiade,  t.  #. 


Dies  kcsweckl  udi  der  Binid,  doi  ne  bald  danaf  ichloicaL  Bevor 
wir  iodeisca  aa  die  Bctracktsag  dcMelbe»  iKrangckes,  ist  es  Bdthig 
■eck  die  VcrfciUahie  tob  Catervsldea  io's  A^ge  z«  fuscn. 

Cad  ia  dieses  tmmtAe  crUarea  wir  aas  auf  der  Bewctsfohnnig 
Meyers  «Die  WakMatle  etc.'  S.3«CT<rflkoMMea  eiaTenUadea;  deoo  es 
scheiat  aas  sehr  gelibrlick  aw  Crkaadea  des  14.  JakrtaadefU  Sdüosse 
BMckea  SB  wottea  aof  ZasUade  des  iZ.  JaMudcrts.  Voa  GmadbesiU 
des  BaaKs  Habsbarg  ia  Calcrwaldea  Mag  naa  sprechea,  aber  aicfat  yob 
HobritsredMea  irgead  weicber  Art  Eiae  aaflalkade  Erscbeiaaog  bleibt 
es  aaa  firdlicb  iaMier,  dass  das  östcrr.  Crbar,  TgL  Kopp  ürk.  S.  70  imd 
rfcifer:  Das  Habsbarg.  teterr.  Crbarbacb,  Torrede  S  X,  aicfat  die  ge- 
riagite  Heidaag  that  Toa  Bcsitzaagea  des  Haoses  ia  Catcrwaldea  oder 
Schwis.  Maa  hat  sieh  diese  Merkwardige  Erschciaoig  dadarch  tu  er- 
fclirea  Ycnocht,  dass  aua  seinte,  das  Lrfaarboeh  sei  dbea  aiefat  YoUeadet 
wardeo;  sileia  dörfle  saa  aaaeluaca,  daas  aaa  gerade  die  göostige  Zeit 
&  die  Abfassvag  desselbea  ia  dea  Jabrca  13t3  fl«  wird  babea  Ter- 
sireiehea  lastea,  wSiread  bsb  ia  dea  ohaehia  gesichertea  Besitsungen 
ia  Elsa£i  sorgsaai  «fie  aöthigea  Notiiea  sasssMlte.  Die  ErkJamog 
■Achte  ich  ia  eiaer  ?fotix  des  Crbars  selbst  sochea.  Da  heifct  es  bei 
Altdorf:  «Des  selbeo  boYes  lialea  sollea  helfea  stiarca  die  liate  des  boves 
so  Altorf.  aa  ist  das  ietze  mit  bete  aberhebt  der  stiore  aod  ist  oaeh  das 
bescheheo  voa  des  banges  geböte,  uad  da  Mite  siat  oodi  die  liote  leU 
▼erdorbea ,  waal  der  bof  ze  Altorf  solle  Til  bi  tragea  dea  halben  teil 
der  stinre.*  Ooler  dem  GdMte  des  Eöaigs  dürfte  nieht  Albrecbt  zu 
deafcen  sein.  Denn  da  ist  iauaer  yob  der  Herrseliaft  die  Bede.  Vielmehr 
«scheint  mir  in  der  Stelle  eine  Berofaag  aaf  die  Crkuadea  Friodrich's  U. 
aad  Adolfs  zu  liegea;  «doreh  des  KOoigs  Gewalt,*  so  soll  es  Yerstan- 
dea  werdea,  «betrachlen  sich  diese  Leute  von  den  Pfliehlea  gegen  die 
HerrKhall  enthoben.*  Man  sieht  also  aas  diesem  eiaen  Falle,  und  es 
lie&ea  sieb  noch  mehr  anfahren,  dass  an  vielen  Orten  sieh  die  Ein- 
wohner der  Herrschaft  nicht  unlem  orfen  haben ,  sondern  auf  ihren  Pri- 
vilegien der  Reicbsunmitlelbarkeit  beharrten. 

Onter  diesen  Voraussetzungen  k&nnen  wir  jetzt  an  eine  anbefuigeDe 
Prüfung  des  Bündnisses  von  1S91  selbst  gehen,  und  laugnea  nicht,^dass 
wir  davon  eine  wesentlich  von  Kopp's  Auffassung  verschiedene  €ber- 
zeugung  gewonnen  haben. 

Sehen  wir  zunächst  auf  den  Zweck  des  Bündnisses,  so  findoi  wir 
ihn  in  der  Orkonde  selbst  ganz  offen  ausgesprochen,  Kopp,  Drkunden 
S.  Zt:  maliciam  lemporis  attendentes,  ut  se  et  sua  magis  defendere 
Taleant  et  in  statu  debito  melius  conservare  fide  bona  promise- 
mnt  inuiceni  sibi  assistere  etc.  Der  Bund  will  also  die  bestehenden 
Zustande  wahren,  und  hat  ihre  Erhaltung  zum  Zwecke  (vgL  auch 
Blontscbli  Gesch.  des  Schweiz.  Bundesrecbtes  I.  62,  wo  aber  die  Frage 
ober  die  Beicbsunmittclbarkeit  aller  drei  Lander  und  aller  Gebiete 
darin  voreilig  bineingemengt  wird,  da  doch  davon  gar  nichts  in  der 
Orkonde  steht).  Die  Urkunde  setzt  einen  bestimmten  Zustand  als  bekannt 
voraus,  und  sieht  den  Frieden  unter  der  Bedingung  der  Aufrechthaltung 
desselben  gesichert  an.  In  dieser  Beziehung  kann  ich  zwischen  diesem 
Schweizer«  und  den  Stadtebiinden  am  Bhein  und  in  Schwaben  im  13. 
und  14.  Jahrhundert  auch  nicht  den  mindesten  Unterschied  finden.  Die 
Stadtebundnissc  vom  Jahre  1255  (vgl.  Pertz  legum  II.  374—381)  sind 
die  eigentlichen  Vorbilder  des  Schweizerbundes.  Dass  diesen  lelztero 
nicht  lauter  reichsunmittelbare  Leute  geschlossen  haben,  ändert  ebenso 
wenig  hier  an  der  Sache,  wie  dort,  wo  man  ohne  Rücksicht  auf  den 
Umstand,  ob  Reichsstadt  oder  nicht,  die  einzelnen  Bündnisse  zur  Wah- 
raog  des  Friedens  aufgerichtet  hat  Ganz  besonders  zutreffend  erscheint 
die  Vergleichung  dieses  Schweizer  Bundes  mit  dem  Bündnis  der  schwS- 


Leopold  III.  und  die  Schweizer  Bunde,  v.  0  Lorent.  101 

bischen  Städte  vom  Jahre  1331  (s.  Datt.  De  pace  publica  S.  30).  Auch 
hier  werden,  wie  in  dem  eid/renössiscben  Bundesbrief,  gewisse  Normen 
lur  Aufrechthaltung  des  Landfriedens  gegeben.  Ganz  ähnlich  sind  da  die 
Bestimmungen  der  Strafen,  welche  diejenigen  treffen,  welche  gegen  den 
Frieden  etwas  verbrochen.  Wie  sehr  aber  der  Bund  nur  den  Zweck  hat 
das  bestehende  aufrecht  zu  erhalten  beweist  die  Stelle:  Ita  tarnen,  quod 
-quilibet  homo  iuxta  sui  nominis  conditionem  domino  suo  conuenienter 
subesse  teneatur  et  seruire.  Dies  zeigt  so  deutlich  den  rein  conserva- 
tiven  Charakter  des  Bundes,  dass  es  Wunder  nehmen  muss ,  wie  man 
über  seine  Natur  nur  einen  Augenblick  zweifelhaft  sein  mochte.  Den- 
noch hat  Kopp  in  den  Anmerkungen  zu  der  Urkunde  die  Fragen  aufge- 
werfen:  1.  Da  die  drei  Thäler  nicht  Herren  der  Gerichte  in  ihren  Mar- 
ken sind,  wer  gab  ihnen  das  Recht,  den  Gerichtsherrn  in  der  Wahl 
seiner  Richter  durch  was  immer  für  Bedingungen  beschränken  zu  wollen? 
und  2.  da  der  Blutbann  unbestritten  von  dem  Landgrafen  geübt  ward 
und  von  dieser  oberrichterlichen  Gewalt  den  drei  Thälern  noch  viel 
weniger  etwas  anwohnte,  woher  haben  sie  die  Befugnis  diese  landgraf- 
schaftlichen  Rechte  sich  anzueignen?  Dagegen  ist  zu  erwidern,  dass 
diese  Absicht  in  beider  Beziehung  sich  in  der  Urkunde  entfernt  nicht 
ausspricht.  Die  Stellet  «ut  in  vallibus  prenotatis  nullum  iudicem,  qui 
ipsum  officium  aliquo  precio  vel  peccunia  aliqualiter  conparauerit ,  vel 
qui  noster  incola  vel  proiuncialis  non  fucrit  aliqualenus  accipiamus  vel 
acceptemus*  —  Diese  Stelle  spricht  nicht  einen  neuen  Grundsatz  aus 
(wie  schon  Urkunde  Nr.  18,  S.  29  ebd.  zeigen  konnte),  sondern  sie  ist 
einfach  der  Ausdruck  gewohnheitlichen  Rechtes;  wie  man  denn  im 
Mittelalter  bekanntlich  solche  Dinge  nicht  decretiert,  sondern  das  ge- 
wohnheitsmäfsige  feststellt.  Ebenso  Hegt  in  Bezng  auf  die  Straferkennt- 
nisse, die  für  bestimmte  Rechts-  und  Friedens  Verletzungen  angegeben 
sind,  nicht  die  Absiebt  den  rechtmSfsigen  Herren  den  Blutbann  zu  neh- 
men, sondern  es  war  blofs  die  Nolhwendigkeit  hervorgetreten,  das  ge- 
wohnheitsmäfsig  geltende  durch  die  Schrift  zu  fixieren.  Wollte  man  in  der 
Auslegung  Kopp  folgen,  so  wäre  das  fast  so,  als  ob  man  behauptete 
in  den  Rechtsbiichern  des  Mittelalters  seien  neue  Rechte  statuiert  worden. 

Anders  stellt  sich  nun  aber  die  Frage,  wenn  man  das  Verhältnis 
des  Hauses  Habsburg  zu  dieser  Feststellung  des  von  alters  geltenden 
Rechts  betrachtet  Da  soll  nicht  geläugnet  werden,  dass  es  an  dem 
Bund  einen  Feind  seiner  neuemden  Ideen  gefunden  hatte;  denn  dass 
die  Ideen  des  LandesfQrstenthums  des  14.  Jahrhunderts  seit  Ursprung 
der  deutschen  Geschichte  bestanden  hätten,  wird  wol  niemand  behaup- 
ten wollen,  wenn  ich  auch  recht  gut  weifs,  dass  sich  die  neueste  Ge- 
schichtsforschung mit  grofser  Geschicklichkeit  zuweilen  abmüht  die 
staatlichen  Begriffe  des  14.  Jahrhunderts  schon  in's  12.  und  wo  möglich 
noch  höher  hinauf  zu  rücken. 

Noch  bleibt  mir  nun  eine  Bemerkung  über  die  Folgen  des  Bundes 
von  1291  zur  Rechtfertigung  meiner  oben  ausgesprochenen  Gedanken  zu 
machen  übrig.  Dass  dem  Bund  von  1291  von  Seite  Herzog  und  König 
Albrecht's  I.  Gewaltsamkeiten  entgegengesetzt  worden  seien,  wird  be- 
kanntlich von  echten  Quellen  nicht  berichtet ,  und  Kopp  hat  in  dieser 
Beziehung  mit  der  siegenden  Überlegenheit  reine  Bahn  gemacht,  die  ihm 
überall,  wo  es  sich  um  die  Feststellung  des  streng  historischen  —  des 
thatsSchlichen  ~  handelt,  eigen  ist  Wenn  selbst  Bluntschli  a.  a.  0.  S.  70  ff. 
nicht  unterlässt  in  Tschudi*s  Manier  von  den  Vögten  K.  Albrecht's  zu 
sprechen,  so  hat  mich  das  nicht  hindern  können,  die  Quellen  des  15. 
und  16.  Jahrhunderts  über  dieses  Factum  nach  historischer  Methode  zu 
ignorieren.  Über  die  Schlacht  am  Morgarten  und  was  ihr  vorangieng 
durften  Kopp's  Arbeiten,  die  auf  dem  reichen  Urkundenmaterial  voll- 
st findig  sicher  sich  bewegen,  wol  nicht  so  leicht  zu  erschüttern  sein. 


SM  Leopold  111.  und  die  Schweizer  Bunde,  v.  O,  Lore9%, 

E  X  c  u  r  8  n. 

Winkelried  und  die  Schlacht  bei  Sempach. 

Ober  die  Ursachen  des  Sempacher  Krieges  und  die  Beziehongen 
Lusems  cu  Österreich  wfihrend  Leopold's  III.  Regierung  hat  t.  Segesser 
in  der  Rechtsgeschichte  der  Stadt  und  Republik  Luzcm  mit  erschöpfender 
Orundlichkeit  1.  262  ff.  gehandelt.  In  Betreff  der  Schlacht  selbst  wird 
mit  Recht  auf  die  ausgezeichneten  Bemerkungen  des  Herausgebers  von 
Rafs's  Chronik  S.  175  fL  verwiesen.  Nur  über  einen  Punct,  der  bei  der 
Darstellung  der  Schlacht  in  Betracht  gezogen  werden  muss,  hat  er  sich 
in  keiner  Weise  ausgesprochen.  W*enn  darauf  gestutzt  Lichnowsky  IV. 
i86  sagt:  von  Winkelried  könne  keine  Rede  sein,  so  fehlt  doch  hiefur 
bia  heute  noch  der  Beweis,  und  vollends  lächerlich  ist  es,  wenn  man 
Winkelried's  That  ISugnen,  aber  anderes  doch  aus  derselben  Quelle  be- 
natieD  wollte,  aus  welcher  die  Erzählung  von  Winkelried  selbst  herge- 
nommen ist  Eine  genauere  Untersuchung  über  diesen  Gegenstand  mag 
im  folgenden  angestellt  werden. 

Halbsuter's  oder  wie  Wackemagel  jetzt  schreibt  Kalbsnter's  •)  (sieh. 
Altd.  Lesebuch  2.  Aufl.)  «Slegesliet  von  dem  Strit  ze  Sempach'  ist  hand- 
schriftlich nicht  älter  beglaubigt,  als  durch  Tschudi's  Chronik  If.  76.  der 
Zürcher  Handschrift.  (Ettmiiller  Eidgen.  Schlachtlieder  Mittheilungen  der 
antiquarischen  Gesellsch.  zu  Zürch.  U.  2.  65  ff.  womach  ich  eitlere). 

Es  beschreibt  in  65  gleich  gebauten  Strophen  zu  sieben  Zeilen, 
den  ganzen  Hergang  der  Schlacht  mit  vielen  Nebenumstanden,  und  man 
kann  vermöge  der  durchaus  gleichartigen  kunstmäfsigen  Form  wol  nicht 
zweifeln,  dass  es  mit  dem  Anspruch  eines  einheitlich-concipierten  Ge- 
dichts auftritt,  wenn  sich  auch  die  letzte  Strophe,  wo  Halbsuter  aus 
Luzem  als  Verfasser  genannt  wird,  sogleich  als  eine  freiwillige  Zuthat 
selbst  unverholen  kund  gibt,  da  es  ja  heifst,  dass  der  unvergessene 
Halbsuter,  der  zu  Luzem  gesessen  und  ein  fröhlicher  Mann  war,  dies 
Lied  gedichtet  habe.  Diese  Nachricht  scheint  auf  den  ersten  Blick  um- 
•omehr  Glauben  zu  verdienen,  als  in  Luzem  in  der  Zeit  der  Schlacht 
von  Sempach  in  der  That  ein  Halbsuter  urkundlich  im  Rathsprotocoll 
erwähnt  wird  (vgl.  Mittheil.  d.  antiq.  Ges.  Bd.  IX.  2,  48). 

Sehen  wir  uns  aber  neben  diesem  angeblich  Halbsuter'schen  Liede 
nach  andern  Denkmalen  über  die  Sempacher  Schlacht  um ,  so  begegnen 
wir  dem  durch  die  Autorität  des  ersten  Mittheilers  trefflich  bezeugten, 
handschriftlich  schon  im  15.  Jahrhundert  beglaubigten  Liede  in  Melchior 
Russ'  Chronik.  Russ  sagt  ausdrücklich:  «Diz  Ist  daz  lied  so  nach  der 
Sempacher  Schlacht  gesungen  wart.*  Auf  den  ersten  Blick  erkennt  man, 
dass  beide  Lieder  in  einem  gewissen  Zusammenhange  stehen,  der  von 
Jedermann  zugestanden  und  anerkannt  wird.  Die  Frngo  ist  nur:  welches 
ist  das  Verhältnis  der  beiden  Lieder  zu  einander? 


")  Wenn  in  der  zweiten  Auflage  des  Lesebuches  das  sogenannte  Halb- 
sutersche  Gedicht  und  dasjenige,  das  nach  Rufscn's  Chronik  in 
Chland's  Volksliedern  erschien,  an  den  betreffenden  Steilen  statt 
nebeneinander  hintereinander  gedmckt  ist,  so  fürchten  wir  sehr, 
dass  dies  bei  dem  Leser  einen  Irrthum  in  Betreff  der  handschrift- 
lichen Überlieferungen  leicht  möglich  machen  wird.  Was  Wackcr- 
nagel's  Ansicht' über  das  Lied  selbst  angeht  (Lit.  Gesch.  §.  67,  S.  224), 
so  scheint  dieselbe  zwar  das  Wesen  der  Sache  schon  ganz  treffend 
zu  berühren,  aber  nicht  vollständig  zu  erschöpfen. 


Leopold  111.  und  die  Schweizer  Bunde,  v.  0.  Ijorem»  SOS 

Mit  der  Strophe  7  des  groben  Liedes  hebt  dasjenige  an,  das  wört* 
lich^  nur  mit  wenigen  Ändernngen,  auch  in  dem  Ton  fiuss  mitgetheillen 
kleinen  enthalten  ist  Die  Art  und  Weise  der  Dmgestaitimgen  kann  gleich 
an  der  ersten  Strophe  klar  gemacht  werden. 

Ru8s :  Die  niderlendsch  en  Herrenn  Ir  nideriändschen  Herren      Tschudi 

a  1     Die  zugent  Ions  oberlandt  ir  ziend  ins  oberland  b  7 

wendt  sy  derselbe  reyse  pflegen  wend  ir  uch  da  emeren 
Sy  söndt  sich  basz  bewaren         es  ist  ach  noch  unbekandt 
8y  sollent  bioht  verjehen  he  ir  soltentz  vor  bycht  verjechen 

Ton  den  oberlendschen  Hern  in  oberländscher  erne 

Tst  Inen  gar  we  beschechen.  möcht  uch  wol  wee  beschechen. 
Was  zunächst  die  Form  betriiüt,  so  sieht  man,  dasa  das  kleine  Lied 
es  damit  nicht  sehr  streng  nimmt,  namentlich  die  Reime  sind  in  dieser, 
wie  in  den  folgenden  Strophen,  fast  ohne  Gesetz.  Dagegen  hat  das  grofse 
Lied  hier  wie  überall  vollständig  gereimte  Zeilen,  sogar  strenge  wech- 
selnd zwischen  weiblichem  und  männlichem  Ausgang.  Was  aber  den 
Inhalt  betrifft,  so  herrscht  in  dem  kleinen  Gedieht  entschieden  die  gröfsere 
Klarheit.  Da  ist  kein  Satz  unverständlich,  während  wir  in  dem  grofsen 
nicht  recht  wissen,  was  mit  der  «oberländschen  erne'  anzufangen  ist 
Es  heifst  da:  sie  sollen  beichten,  da  in  der  oberländ'schen  Ernte  ihnen 
wehe  geschehen  möchte.  Erinnert  man  sich  nun,  dass  bei  «bem'  oft  genug 
das  H  weggelassen  ist,  so  mochte  es  scheinen,  dass  der  Vers  des  grofsen 
Gedichtes  auf  einem  Misverständnis  des  kleinen  beruht,  oder  man  wird 
geneigt  sein,  einer  Einwirkung  eines  in  spätem  Strophen  vom  mähen 
hergenommenen  Bildes,  diese  Änderung  des  ursprünglichen  Gedichtes  zu- 
zuschreiben. Ganz  ebenso  ist  in  Strophe  b  8,  entsprechend  a  2,  Vers  3, 
blofs  wegen  des  Reims  geändert:  da  ist  aus  gesessen  das  seltenere  be- 
schaffen geworden.  Und  in  Strophe  b  9,  entsprechend  a3,  ist  Vers  5  blofs 
wegen  der  Vermeidung  der  Wiederholung  des  Wortes  yemer  in  gezierter 
Weise  geändert:  «he  wem  söltind  wir  es  klagen.'  Man  sieht  leicht,  dass 
man  es  in  dem  kleinem  Gedieht  mit  ursprünglicheren  Redensarten  und 
Wendungen  zu  thun  hat,  in  dem  gröfseren  mit  kunstmäfsigeren  Formen. 
Mit  der  10.  Strophe  unterbricht  das  gröfsere  Gedicht  den  ein- 
fachen Gang  des  kleinen  und  schaltet  ein  neues  Bild  und  eine  neue  mit 
dem  frohem  in  keinem  Zusammenhange  stehende  Erzählung  ein.  Erst 
bei  der  22.  Strophe  kehrt  es  zu  dem  kleinem  Gedicht  zurück.  Da  steht 
dem  Inhalt  nach  das  gröfsere  ebenfalls  dem  kleinern  nach,  denn  in  jenem 
fehlt  offenbar  ein  Verbum,  welches  in  diesem  allerdings  in  dem  «vill* 
(tid)  klar  ausgedrückt  ist  In  der  folgenden  Strophe  ist  wieder  der  in 
a  6  Vers  I.  fehlende  Reim  in  b  2S  durch  das  gekünstelte  «uff  min  eide* 
ersetzt  Ebenso  wird  die  Deutlichkeit  nicht  erhöht,  wenn  es  wegen  des 
Reims  «Morgarten'  heifst: 

inbSiUnd  an  dem  Morgartcn  An  dem  Morgarten  a6. 

Erschlugt  mir  mengen  man        da  erschlügt  mir  mengen  man 
von  mir  musts  hüt  erwarten      Ich  will  es  dir  tiie  vergelten 
ob  ichs  gefügen  kan.  ob  ich  es  gefügen  kan. 

Strophe  b26  entspricht  unter  ähnlichen  Veränderungen  der  Verse 
(rauszen  uszhen)  der  Strophe  7  des  kleinem  Gedichts  Hierauf  folgt  ohne 
den  mindesten  Zusammenhang  mit  dem  frühem  die  Erzählung  von  Winkel- 
ried, an  deren  Ende  mit  einer  Reminiscenz  an  den  Grundgedanken  des 
kleinen  Lieds  zu  dem  letztem  selbst  zurückgekehrt  wird.  Damit  aber  ja 
kein  Zweifel  über  die  Art  der  Arbeit  bleiben  kann,  so  sind  die  ersten 
Verse  der  8.  Strophe  des  kleinen  Lieds,  die  jetzt,  da  im  grofsen  Gedicht 
der  Kampf  schon  längst  begonnen  hat,  keinen  Sinn  mehr  hätten,  durch 
ein  paar  Lückenbüfser  ersetzt. 

Im  kleinen  Lied  schliefst  sich  an  die  Kampfherausforderung  un- 
mittelbar daran: 


SM  Uopdd  III.  uinI  die  Sehweirer  Böodc,  v.  0.  Loren%. 

a  S.  8y  begoondeo  susamiiieotreCteD,      Der  pbaff  bat  inen  gebycbtei    b  33 
Sy  griffents  frolicb  an  Die  bim  oocb  ietzuod  geben 

biaz  daaz  derselbe  lewe  Der  lew  fieng  an  ae  wychen 

gar  schier  die  fluchte  nam  Die  flacht  fogt  imm  gar  eben(!) 

Er  floch  bin  bisz  an  den  berg        he  er  floch  hin  gen  dem  berg 
Wo  wiitu  rieber  lewe  Der  stier  sprach  zu  dem  lewen 

Du  bist  nit  eeren  wertt  Du  bist  keiner  eeren  wert 

Nun  aber  tritt  das  auffallendste  ein.  Wahrend  das  kleine  Lied  sehr 
•ehOn  damit  endet,  dass  der  Lowe  besiegt  heimkehrt  zu  seiner  schönen 
Frau,  bringt  das  groise  diese  letzte  Strophe  gleich  hier  an  mit  den  hie- 
dorcb  nothwf  ndig  gewordenen  Veränderungen,  und  läfät  dann  erst  Strophe 
9  und  10  6!t%  kleinen  Gedichtes  folgen.  Bei  der  letztern  ist  es  bezeich- 
nend, dass  ans  den  10  eroberten  Hauptbannern  des  kleinen  Gedichtes  im 
groben  15  geworden  sind.  In  der  Zusammenstellung  der  Strophen  in  b 
geht  natfiriich  aller  Zusammenhang  verloren.  Die  Strophen  11,  \%,  13 
erscheinen  dann  durch  eine  grofse  Ansaht  von  Notizen  zu  377-6 1  gleichsam 
erweitert ,  wo  nur  noch  zwischen  all  und  b 37  eine  Ähnlichkeit  zu 
finden  ist  Die  schöne  Strophe  a  14,  die  mit  der  vorhergehenden  in 
bester  Obereinstimmung  ist,  erscheint  in  b  am  Schlüsse,  während  in 
Strophe  61  eine  Erinnerung  an  Strophe  a  13  vorangegangen  war. 
a  14  Ka  blümle  sprach  zum  stiere       Ku  brüne  sprach  zum  stiere      b  65. 

Ich  musz  dir  yemer  klagenn  ach  sol  ich  dir  nit  klagen 

Mich  wollt  ein  schwöbischer      mich  wolt  uff  dieser  riviere 
herre 

gemulhen  habenn  ein  herr  gemulikeD  haben 

Ich  schlug  In  In  den  graben      he  ich  hab  im  den  l^übel  umb- 

gscblagen 

Ich  schlug  In  daz  er  da  lag      ich  gab  im  eins  zum  Ore 

Ich  In  und  noch  mer  das  man  in  muszt  vergraben. 

daz  im  der  köpf  derbrach. 

Man  sieht  wie  auch  hier  die  Form  und  die  Rucksicht  auf  Reim 
und  Wortlaut  in  dem  gröfseren  Gedicht  zu  entscheidenden  Veränderungen 
geführt  hat,  während  der  echt  volksmäfsige  Abschluss  des  kleinen  Lieds 
gänzlich  fehlt 

Aus  diesen  Zusammenstellungen  dürfte  mit  voller  Sicherheit  der 
Schluss  gezogen  werden,  dass  man  es  in  dem  gröfsern  dem  Ualbsuter 
von  Luzem  zugeschriebenen  Gedichte  mit  keinem  ursprünglichen  Er- 
zeugnis zu  thun  habe,  sondern  mit  einer  Bearbeitung,  welcher  das  ur- 
sprüngliche von  Russ  mitgetheilte  Schlachtlied  bereits  vorgelegen  hat. 

Sieht  man  sich  nun  die  übrigen  Strophen  des  angeblich  Halbsuter- 
schen  Gedichtes  genauer  an,  so  findet  man  darin  sehr  verschiedene  Be- 
standtheile.  Onter  andern  ein  in  sich  zusammenhängendes,  dem  kleinen 
von  Russ  mitgetheilten  Gedicht  sehr  ähnliches  Lied,  welches  unter  einem 
einheitlichen  Gedanken  in  anderer  Weise  das  Ereignis  der  Schlacht  zu 
einem  Gesammtbild  zusammenfasst. 

Die  Strophe  10  hebt  nicht  blofs  wie  zu  einem  neuen  Anfang  an, 
sondern  es  bieten  auch  die  vier  folgenden  Strophen  ein  offenbar  zusam- 
mengehörendes Ganze  dar.  «An  einem  Mentag  frue  ;*  heifst  es ,  haben 
sich  Mäher  eingefunden,  die  in  dem  Taue  zu  mähen  begannen.  Aber  da 
habe  man  ihnen  das  Morgenbrot  von  Sempach  hinaus  gebracht.  Rutsch- 
mann von  Rinach  habe  die  Eidgenossen  herbeigeführt  und  ihnen  das 
Morgenbrot  gereicht,  dass  die  Mäher  den  Löffel  fallen  liefsen.  Wie 
dort  in  dem  Lied  von  Russ  die  Beichte  es  ist,  welche  den  einheit- 
lichen Gedanken  des  Ganzen  mit  glücklicherSatire  gegen  die  Besiegten 
zuspitzt,  so  ist  es  hier  die  Geschichte  von  dem  Morgenbrot,  das  die  Eid- 
genossen ihren  Feinden  darreichen.  Es  mag  unausgemacht  bleiben,  ob 
sich  an  dieses  Bild  noch    die  Erzählung    von  Facten  angereiht  hat   oder 


Leopold  Hl.  und  die  Schweizer  ßundf,  v.  0.  lßren%,  3a5 

nicht,  gewiss  scheint  das,  dass  wir  also  hier  in  dem  grorwen  angeblich 
Halbsuter'schen  Gedicht  zwei  kleinere  Ganze  gefunden  haben,  von  denen 
das  eine  urkundlich  beglaubt  ist,  das  andere  durch  die  sprechende  Ähn- 
lichkeit mit  dem  Jetztern  erschlossen  werden  konnte.  Wir  wollen  das 
erstere  unter  dem  Titel  der  «Beichte,'  das  andere  unter  dem  des  «Mor- 
genbrots* kennzeichnen.  Die  Einfachheit  ohne  epische  Darlegung  der  Er- 
eignisse charakterisiert  sie  beide;  und  von  diesen  beiden  kleinen  Lie- 
dern unterscheiden  sich  wesentlich  die  Strophen  des  Halbsuter'schen  Ge- 
dichtes, welche  mit  gröfster  Ausführlichkeit  eine  Reihe  von  Ereignissen 
mit  epischer  Behaglichkeit  schildern. 

Nun  mag  man  versuchen  Strophe  1—5  inclusive  14—21,  26 — 30, 
37 — 65  mi(  Ausschluss  von  41  nach  einander  fortzulesen,  so  zweiflcn  wir 
nicht,  dass  man  den  richtigen  Eindruck  eines  innerlich  abgeschlossenen 
epischen  Gedichtes  von  der  Schlacht  bei  Sempacb  haben  wird.  Die  Strophen 
6  31,  32, 41, 56—66  bleiben  dann  allerdings  als  Verbindungs-  und  Mittel- 
glieder unerklärt,  sie  erscheinen  als  die  Zuthaten  des  letzten  Bearbeiters,  dir 
sich  unter  dem  Namen  Halbsuter's  verbirgt,  und  werden  aus  den  alteren 
Bestandth eilen  auszuscheiden  sein  *).  Die  Strophe  6  wird  gerne  aufgegeben 
werden;  31,  32,  41  dagegen  müssen  aus  dem  Grund  ausgeschieden  werden, 
weil  sich  da  Reminiscenzen  an  die  Bilder  aus  der  «Beichte*  finden,  die 
nur  dem  letzten  Bedacteur,  der  die  Theile  in  der  Hand  hielt,  geläufig 
sein  konnten.  Ebenso  beruhen  die  letzten  10  Strophen  auf  Anklangen 
oder  Nachbildungen  der  «Beichte.*  Auch  findet  sich  Strophe  13,  ein  Theil 
von  12  und  14  des  letztem  Liedes,  wie  wir  schon  oben  gezeigt  haben, 
in  diesem  letzten  Theile  des  grofsen  Gedichtes  wörtlich  wieder  vor. 
Auch  von  dem  «Morgenbrot'  sehen  wir  eine  Reminiscenz  in  der  Bemer- 
kung: «bettinds  zmäyen  lau  sine  so  war  inn  nit  gschechen  wee.' 

Wenn  wir  nun  das  Resultat  dieser  Ontersuchung  zusammenfassen  *), 
so  spricht  es  sich  in  folgenden  Sätzen  aus: 

1.  Das  durch  Tschudi  zuerst  mitgetheilte  Gedicht,  welches  an 
seinem  Ende  dem  Haibsuter  von  Luzern  zugeschrieben  wird,  ist  eine 
Recension  mehrerer  älterer  Gedichte  Ober  die  Schlacht  von  Sempach. 

2.  Von  den  einzelnen  Theilen  dieses  ganzen  Gedichtes  lassen  sich 
drei  deutlich  als  in  sich  zusammenhängend  aber  unter  einander  ohne  Zu- 
sammenhang unterscheiden. 

3.  Davon  sind  zwei,  die  wir  unter  dem  Titel  der  Beichte  und  des 
Morgenbrotes  bezeichnet  haben,  kleine  volksthumliche  nur  das  Resultat 
des  Kampfes  in's  Auge  fassende  Lieder  augenscheinlich  sehr  alt,  und 
eines  davon  auch  handschriftlich  und  durch  die  Autorität  des  Russ  als 
ursprünglich  beglaubigt 

4.  Ein  drittes,  eigentlich  historisches  kunstmäfsiges  Lied,  schildert 
in  breitester  epischer  Weise  den  Hergang  der  Schlacht. 

5.  Diese  gesammten  Lieder  sind  durch  die  Hand  eines  spätem 
Bedtcteurs  in  ungeschickter  Weise  vereinigt  und  auf  den  Namen  Halb- 
futer's  von  Luzern  geschrieben  worden. 

6.  Von  einer  gewissen  absichtlichen  Mystification  wird  man  den 
Redacteur  des  Liedes  hiebei  nicht  freisprechen  können,  —  hätte  er  genau 
fein  wollen,  so  hätte  er  sagen  müssen,   was  in  einem  ähnlichen  Falle 

*)  Nur  als  eine  Wahrscheinlichkeit  mag  man  es  annehmen,  dass  der 
Verfasser  eines  der  beiden  altem  Theile,  der  «Beichte'  oder  des 
«Morgenbrotes'  Haibsuter  aus  Luzern  gewesen  ist,  dass  aber  der 
Redacteur  des  Liedes,  wie  es  von  Tschudi  mitgetheilt  wird,  diesen 
f&r  den  Verfasser  der  zusamroengefalsten  drei  Theile,  also  seiner 
eigenen  Arbeit  ausgegeben. 

*)  Eine  ausfuhrlichere  Begründung  denke  ich  demnächst  noch  in 
Prof.  Pfeiflfer's  Germania  zu  geben. 

Z«it«ehrift  f.  a.  3«terr.  Oymnat.   IRÖO.  IV     u    V     ll^ff.  22 


^k«  *-=»!«  ru?!»!T9ttf:  "»Tire,  ir 
lA^iVit  j$c.   mc    DBBF    mr:  JBf^  EjJMl 

<«  4«  %Mki%ß,iM  —  T-eüeickt  ■w.li.iiiJJMiKm.  4&  «er  Otri^gi  «lelbft 
4k!*  Ttf  vuBur«cäf^  rvTfr  im«;^  a  7:<£iifffa^«ir  (TA.  I>ti  Kipy ^3lr.  8t). 

iM  «»«iliiiiiHb  «■  ^ne  ftraintvsc  E3B«%c«  m  unsiT  Ckrwik,  wo 
n  Un  4i^  MüU^trmt  4a  Sdh&acM  tc«  Se«;«ack  sact.  das  4ie  Eid- 
l^p^^^ru  iMflKT  TOT  d(f  SctiUcbt  At  GfVvi^^bfd  kälte«  a«f  4m  laie« 
4fiHb  >ii>>iemrtM»»»  ond  «Mftrad  >fgficlKr  fnf  f ä^crMtstcr  uad  fünf 
«ve  U^rt^*  %\u  «feilt.  diM  ait  dief««  Cioibku  Gebete  4gt  Eidgenossen 
MN  «»  «Mir  tm  1b»atfalj«cbfr  EDrcf  brzwrckt  M,  weil  n  d«r  TOfber- 
I^MMfidM  Mf*»^^  ab  Go?»«*ti  dam  die  Ritter  ovr  Boiaesworte  gegeii 
di«  «Butlern*  tub^m,  Ciyl  gerade  liiebei  woHeo  wir  auHi  aicM  die  Be- 
mnkunfi  tmU;rdrneken,  daM  obetliaapt  die  ▼orsteDong.  als  lial>e  sich  in 
dl^Ui»  fkthwfittrkimpUm  das  Bewafttvin  des  Baaers  ge^^enaber  der 
H^^frwdiaft  ireregt.  «<;hr  ftarfc  in  diesem  biftonschen  Epos  daretisebls»- 
fn«ft  '-  p'ui^.  Voritl^liiJng,  die  sich  in  den  Chroniken  erst  im  t6.  Jabr- 
hfindert  findet  und  die  onzweifelhaft  nach  der  Analoi^ie  der  Baoernkriege 
•f«h  firMdA  hnX,  ftfuet  mtKs  aU  Töllig  anhistorisch  die  Behauptung 
de«  Uedi)«  frksnnt  werden,  daw  das  gerammte  österreichische  Heer  ab> 

ReMUdf^n  «ef  und  6n%%  die  Ritter  sSmmIlich  zu  Rufs  gekämpft  hätten.  Die 
lAf^hridit  dei  ffemparher  Briefen  und  die  Notiz  in  Hagen's  Chronik,  dass 
einige  voreilig  grflohen  Neicn,   läsflt   das  Gegentheil  sehliersen ,    und  es 
WMr«  fffhwitr  %\\  errathen ,   warum   die  Eidgenossen  ein  eigenes  Gesetz 
Itmpaoher  BrieO  xii  geben  fiSr  nöthig  gefunden  hätten .    wenn  die 


Leopold  \\\.  und  die  Schweizer  Büiidf,  v.  0.  Lorem%.  307 

RiUer  alle  tu  Fur»e  kämpfend  umgekomnien  wären,  vgl.  auch  Suchen- 
wiri  Strophe  17.  Aber  der  angebliche  Halbsutcr  lässl  in  der  That  nur 
einen  einzigen  entkommen:  «E  in  herre  was  entrunnen/  und  auch  dieser 
geht  auf  der  Fahrt  über  den  See  zu  Grunde. 

Alle  diese  Nachrichten  sind  so  thöricht,  dass  man  nicht  glauben 
kann  ein  dem  Ereignis  nahestehender  hätte  sie  seinen  Landslcuten  mit- 
theilen können.  Pas  Gedicht  schliefst  endlich  damit ,  dass  ein  Bote  die 
Herzogin  von  Österreich  ?on  dem  Tode  ihres  Gemals  unterrichtet,  den 
sie  jbeweint  und  in  Königsfelden  zu  begraben  dann  Befehl  gibt.  Von 
seioem  Tode  habe  man  am  Rhein  die  Bemerkung  gemacht:  «in,  um 
und  auf  dem  seinigen  sei  Herzog  Leopold  ersehlagen  worden,*  dazu 
setae  der  Verfasser  noch  hinzu;  «^wär  er  daheim  geblieben,  so  hätte 
ibia  niemand  leids  gethan.* 

Diese  Umstände  durften  genügen,  um  den  ganzen  historischeu 
Werth  dieses  Liedes  in  das  richtige  Licht  zu  stellen.  Zwei  kleine  Momente 
aber  haben  wir  noch  unberührt  gelassen,  welche  etwas  sehr  eigenthüm- 
liches  enthalten,  und  welche  vielleicht  über  die  Zeit  der  Entstehung  des 
historischen  Liedes  Auskunft  geben  können.  In  Strophe  18  findet  sich  die 
Notiz,  dass  die  Ritler  von  ihren  Schuhen  die  Schnäbel  abgehauen  hätten. 
Und  in  Strophe  54  wird  die  von  allen  spätem  Chroniken  begierig  mit- 
getheilte  Nachricht  auch  hier  vorgeführt,  dass  zwei  Wagen  mit  Stricken 
dem  Herzog  von  Österreich  gefolgt  seien,  zu  dem  Zwecke,  um  alle  Eidge- 
nossen daran  zu  henken.  Nun  finden  wir,  dass  diese  beiden  doch  nichts 
weniger  als  bedeutenden  Züge  fast  wörtlich  auch  in  Rufs's  Chronik  er- 
wähnt werden.  Die  Frage  ist  also,  bat  RuCs  das  historische  Lied ,  oder 
das  Lied  die  Chronik  von  Rufs  gekannt?  Dass  das  letztere  der  Fall, 
scheint  ganz  evident  nachweisbar  zu  sein.  Wir  wollen  uns  nicht  auf 
die  groCieo  Ereignisse  berufen,  welche  Rufs  alle  nicht  kennt,  wiewo] 
sie  in  dem  Uede  höchst  bedeutend  gemacht  werden,  und  wiewol  Rufs 
mit  dem  gröf^ten  Fleifse  alle  N<ichrichten  über  die  Schlacht  von  Sem- 
pacb  zusammengetragen  hat.  Vielmehr  scheint  sich  die  Sache  aus  einem 
kleinem  unverfänglichem  Dmstand  mit  mehr  Sicherheit  zu  ergeben. 
Rufs  bat  sich  grofse  Mühe  genommen  die  Anzahl  der  auf  österreichischer 
Seite  gefallenen  festzustellen,  und  es  ist  sehr  erklärlich,  dass  er  da  nicht 
sparsam  ist;  er  fugt  widerholt  bei  «und  noch  viele  andere,'  auch  wenn 
er  keine  Namen  weiter  anzugeben  weifs.  Dennoch  wagt  er  nicht  eine 
Gesammtsumme  als  bekannt  vorauszusetzen.  Anders  unser  Lied.  Dieses 
weifs  natürlich  mit  der  gröfsten  Genauigkeit  anzugeben,  dass  über  600 
Mann  auf  der  Wahlstatt  geblieben  seien.  Wenn  man  also  auch  behaup- 
ten wollte,  Ruls  habe  alle  die  vielen  Einzelheiten,  die  das  Epos  ihm 
hätte  darbieten  können,  aus  irgend  welchen  Gründen  ignoriert  —  diese 
eine  Notiz  von  den  600  gefallenen  Österreichern  hätte  er  sich  gewiss 
nicht  entgehen  lassen ;  danach  würde  er  begierig  gegriffen  haben,  wenn 
ihm  das  historische  Lied  bekannt  gewesen  wäre.  Da  aber  dies  nicht 
der  Fall  war,  so  bleibt  wol  nur  übrig  anzunehmen ,  dass  die  Schuh- 
Schnäbel  und  die  Stricke  jtum  henken  ihre  Quelle  in  Rufsen's  Chronik 
selbst  haben,  und  dass  das  historische  Epos  von  der  Schlacht  bei  Sem- 
pach  eine  sehr  späte  Arbeit  ist. 

Nun  dürfte  man  mit  einiger  Sicherheit  ein  Drtheil  über  den  Haupt- 
beiden  des  Liedes  über  Winkelried  gewinnen.  Wir  glauben  uns  nach 
allem  vorausgeschickten  kurz  fassen  zu  können;  denn  alle  Geschichts- 
schreiber schweigen  mit  Beharrlichkeit  von  dem  Opfertod  des  VVinkelried. 
Die  drei  Geschichtsschreiber,  die  hier  entscheidend  sind,  wollen  wir  ihrem 
ganzen  Werthe  nach  hier  nicht  bcurtheilen.  Justinger,  Buss  und  Etterlin 
geben  alle  drei  ziemlich  ausführliche  Besehreibungen  von  der  Schlacht 
bei  Seropach.  Davon  ist  «ier  erste  dem  Ereignisse  der  Zeit  nach,  die 
beiden    letztern  sind   dem  Orte    nach  sehr   nahe  stehend.    Sie  schreiben 

22* 


906  Leopold  111.  und  die  Schweizer  Bünde,  ▼.  0.  Loretn. 

alle  io  ewer  gaox  bestimmt  ausgetpfoehenen  Färbung,  sind  alle  Ton 
Herzen  anti-Osterreicbisch  und  lieben  es  alle  drei  Sagen  und  Gesebichten 
ans  allen  Winkeln  der  Scbweiz,  wenn  sie  aucb  nur  einigerraafeen  glaub- 
würdig sind,  zusammenzosucben.  Ton  einer  eigentiicben  Cnbekanntschaft 
mit  Nachrichten,  die  anderen  ihrer  Zeitgenossen  gelau6g  gewesen  sind, 
kann  bei  Ereignissen  die  auf  so  kleinem  Raum  Tor  sieh  gegangen  waren, 
kaum  die  Rede  sein.  Wenn  ein  bedeutendes  Ereignis  wie  das,  welches 
das  Lied  Ton  Winkelried  erzahlt,  überhaupt  bekannt  gewesen  wäre,  so 
wSre  es  eine  Thorheit  zu  meinen,  dass  es  nur  diesen  drei  Oeschichts- 
Schreibern  unbekannt  gehlieben  sei.  Wir  stellen  einfadi  ein  Dilemma 
auf.  Entweder  bat  Winkelried  die  Schlacht  entschieden,  und  es  ist  das, 
was  das  Lied  sagt,  eine  allgemein  bekannte  Sache  gewesen,  oder  das 
Lied  erzahlt  etwas  sonst  gänzlich  unbekanntes,  und  dann  kann  es  doch 
unmöglich  um  etwas  bedeutendes  sich  handeln. 

Es  scheint  nun  wirklich,  dass  im  16.  Jahrhundert  noch  gar  wenige  in 
der  Kenntnis  dessen  gewesen  sind,  was  nachher  so  fest  geglaubt  worden 
ist;  denn  auch  eine  Constanzer  Chronik  der  Wiener  Hofbibl.,  die  aus  dem 
Ende  des  14.  oder  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  über  die  Schlacht  be- 
richtet, weifs  nichts  von  Winkelried  *),  und  eine  andere  handschriftliche 
Schweizer  Geschichte,  die  ich  zufallig  kenne,  weifs  auch  im  16.  Jahr- 
hundert noch  nichts  von  den  Ereignissen,  die  in  dem  historischen  Liede 
berichtet  sind.  Bei  alledem  sehen  wir  ganz  ab  von  den  österreichischen 
Berichten  y  deren  Schweigen  als  PaHeilicbkeit  aufgefasst  werden  würde. 
Nun  ist  es  aber  doch  auch  in  der  That  ein  eigeuthümliches  Verhältnis 
mit  den  Winkelried's.     Es  ist  ein  Rittergeschlecht   uod  da  ist   es   denn 

gewiss  auffallend,  dass  Tschudi  einen  Winkelried  in  dem  Kreise  der 
otliverschwomen  auftreten  lasst,  und  da  grobes  Lob  für  den  Mann  von 
Adel  hat,  der  mit  den  Landleuten  znsammenhalt,  I.  23A.  Auch  im  Jahre 
lt91  soll  Heinrich  Winkelried  am  Bund  der  Landleute  Theil  genommen 
haben,  obwol  man  da  überhaupt  auch  nicht  einen  einzigen  Namen  ur- 
kundlich genannt  findel.  Dann  aber  vor  allem  ist  der  Drachentödter 
Winkelried  eine  Persönlichkeit,  welche  hoch  gefeiert  wurde.  Nun  darf 
man  fragen:  was  weiss  man  näheres  von  dem  Sieger  von  Sempach? 
Allein  hier  stocken  wir  schon,  denn  wir  wissen  überhaupt  nicht,  von 
welchem  Winkelried  —  es  gibt  ihrer  sehr  viele,  das  Lied  eigentlich 
redet.  Hat  man  in  einem  ursprünglichen  Gedicht  überhaupt  je  eine 
Angabe  gefunden  wie  diese:  «Ein  Winkelried*?  Wenn  man  es  sich  so 
leicht  sein  lasst  wie  Tschudi ,  der  aus  den  bekannten  Urkunden  jener 
Zeit  schnell  einen  Arnold  Schrutthahn  (ein  Beiname  eines  der  ältesten 
Winkelried's)  zurecht  gemacht,  so  mag  man  Leichtgläubige  auch  dazu 
bringen,  in  einen  Stammbaum  der  Winkelriede  zu  Arnold  Winkelried  ge- 
trost das  Sterbejahr  zu  setzen  (vgl.  Zürcher  antiquar.  Mittheilg.  IX.  %.  kS). 
Doch  wollen  wir  in  der  Tbat  der  Tradition  nicht  so  nahe  treten,  als 
sollte  nicht  wirklich  irgend  e  i  n  Winkelried  in  der  Schlacht  bei  Sempach 
in  ehrenvoller  Weise  den  Tod  gefunden  haben.  Gewisse  Erinnerungen 
der  Familie,  zu  deren  Verherrlichung  wol  das  historische  Lied  haupt- 
sächlich dienen  musste,  mögen  hier  vorhanden  gewesen  sein,  unter  den 
Einwirkungen  des  besseren  Geschmackes,  den  die  classischen  Studien 
im  fünfzehnten  Jahrhundert  gebracht  haben,  wurden  sie  dann  zu  der 
Darstellung  zusam menge fasst ,  deren  wenig  gewissenhafte  Art  wol  im 
übrigen  klar  geworden  sein  dürfte. 


*)  Gütige  Mittheilung  des  Hrn.  Prof.  Pfeiffer. 


Leopold  111.  oDil  die  Schweizer  Bünde,  v.  0,  Lorem%.  a09 

E  X  c  u  r  8  III. 
Die  Registratur  in  Baden  im  Argau. 

Es  ist  bekannt,  dass  die  österreichischen  Herxoge  in  Baden  im 
Argau  ein  grofses  Archiv  halten,  welches  im  Jahre  1416 ,  da  die  Veste 
von  den  Eidgenossen  eingenommen  worden  ist,  hinweggefuhrt  und  in 
bedauemswerther  Weise  zerstreut  wurde.  Nur  Register  und  Protocolie, 
die  sich  gegenwärtig  in  Wien  im  k.  k.  geh.  Staatsarchive  befinden,  geben 
Zeugnis  von  der  grofsen  Reichhaltigkeit  dieser  schweizerisch-österreichi- 
seben  Registratur  des  Mittelalters.  Auf  welche  Art  nun  diese  Register 
und  Proiocolle  im  Besitz  der  österreichischen  Herrschaft  geblieben  sind, 
laset  sich  nicht  sagen.  Es  ist  möglich,  dass  sie  nachtraglich  von  den 
Schweizern  zurückgestellt  wurden.  Da  man  aber  aus  den  Verhandlungen, 
die  über  die  Rückgabe  des  ürbarbuchs  geführt  worden  sind,  schon  er- 
sieht, wie  wenig  die  Eidgenossen  zur  Auslieferung  solcher  Dinge  sich 
bestimmen  lassen  wollten  (vgl.  Pfeiffer:  Das  Uabsb.  österr.  Crbarbueh. 
Vorrede  S.  XI  ff.),  so  wird  man  auch  annehmen  können,  dass  diese 
merkwürdigen  Bücher  vielleicht  von  den  Österreichern  selbst  bei  der 
Obergabe  der  Ve&te  gerettet  worden  sind.  Man  kann  sich  vorstellen, 
wie  ein  für  seine  Urkunden  begeisterter  Notar  den  freien  Abzug  be- 
nutzen mochte,  um  wenigstens  diese  alten  Register  unbemerkt  den  Hän- 
den der  Feinde  zu  entreißen.  Besonders  deshalb  musste  der  Besitz  d^rr 
selben  von  Werth  sein,  weil  man  auf  Grundlage  derselben  in  bessern 
Zeiten  die  Acten  selbst  requirieren  zu  können  hoffen  durfte. 

Die  beiden  Register,  welche  $len  (Irkundenschatz ,  nach  Locaten 
geordnet,  verzeichnen,  hat  Kopp  i^  seiner  Gesch.  der  eidg.  Bünde  be- 
nützt und  hat  Auszüge  daraus  in  Band  11.  738  und  V.  1.  497  gegeben. 
Aber  es  ist  sehr  zu  bedauern,  dass  er  eine  so  ungenaue  Beschreibung 
davon  gemacht  hat,  welche  vieles  unklar  lässt  Das  eine  Register  ist 
im  Jahre  1384  auf  Leopold's  Befehl  von  dem  Notar  Rudigerus  abgefasst 
und  verzeiehnet  nach  den  mit  Buchstaben  oder  andern  Zeichen  versehenen 
Laden  des  Archivs  die  gesammten  Urkunden.  Man  sieht  da  recht  deutlich 
die  Einrichtung  eines  alten  Archivs.  Da  die  Buchstaben  nicht  mehr  aus- 
reichten, so  hat  man  allerlei  Merkmale  den  einzelnen  Kisten  aufgedrückt: 
Einen  Stiefel  oder  eine  Krone .  ein  Schwert  oder  einen  Kopf  u.  dgl.  m. 
Was  sich  in  einer  Kiste  fand,  ward  unter  dem  gleichen  Zeichen  in  das 
Register  geschrieben.  Die  Kisten  liefen  nicht  nach  chronologischer  Ord- 
nung, sondern  sachlich  geordnet  fort.  Meistens  sind  die  Urkunden,  die 
einen  bestimmten  sachlichen  Zusammenhang  haben ,  in  eine  Kiste  zu- 
sammengelegt und  Raum  gelassen  für  weiteres  dazu  gehörendes.  Das 
Register  vom  Jahre  1384,  welches  im  ganzen  70  Foll.  enthalt,  wovon 
die  ersten  63  von  einer  und  weitere  sieben  von  einer  späteren  Hand 
beschrieben  sind,  scheint  aber  im  15.  Jahrhundert  zu  klein  geworden 
zu  sein.  Und  der  Fortschritt,  der  sich  ja  auf  keinem  Gebiete  menschlicher 
Thatigkeit  deutlicher  erkennen  Jässt ,  als  auf  dem  des  Schreiber-  und 
Kanzleiwesens,  forderte  gebieterisch  ein  neues  Register,  welches  in  zcit- 
gemifser  Erweiterung  106  Foll.  erhielt,  und  mit  dem  Pergament  einer 
unbrauchbar  gewordenen  päpstlichen  Bulle  eingebunden  worden  ist.  Es 
wurde  natürlich  ganz  so  eingerichtet  wie  das  frühere,  nur  dass  eine 
grofse  Anzahl  Laden  mehr  verzeichnet  ist,  und  dass  die  goldene  Regel 
als  Maxime  vorausgeschickt  wird  ,  dass  wer  etwas  aus  einer  Lade  her- 
ausnimmt es  an  demselben  Ort  wieder  einzulegen  habe.  Hier  findet 
sieh  dann  auch  die  Notiz  von  der  «gebaren  trukhen.*  in  welcher  das  Ur- 
barbach  aufbewahrt  ist.    Dass  bei  Fol.  70  eine  neue  Hand  beginne ,  ist 


'310  Aus  drt  Sciraie,  ▼.  W.  TL  iUftei. 

dorrbaas  unrkbtig.  Dieser  IrrthuB  ist  daraus  entstanden,  dass  bis 
FoL  70  die  Abscbrift  des  alten  Leopoldiniscben  Registers  reicbt,  von  da 
an  aber  die  später  zugewachsenen  ArefaiTSstücke  Terzeichnei  werden. 
So  genau  uie  bri  dem  Leopoldiniscben  kann  man  oun  freilieb  nicbt  sagen, 
wann  dieses  zweite  Register  gmarht  isL  ledonfalh  tot  14ld,  das  ist 
klar;  denn  nach  der  Tbeilung  des  Archivs  hätten  die  Zeichen  keinen 
Wetth  und  Sino  mehr  gehabt  Wenn  auten  von  Ticl  späterer  Hand 
14tt  auf  den  I3mschlag  gcscfariebeB  worden  ist,  so  ist  dies  ein  Irrthnm 
eines  Registraaten  des  17.  oder  18.  Jahrhonderts.  Die  späteste  ver- 
leichnete  Crkunde  ist  von  Freitag  nach  SL  Michael  14«ft. 

Aber  neben  den  Verzeichnissen  dieser  Art  verwahrte  das  fertge- 
sehrittene  kanzleiwesen  in  Baden  im  Argau  eine  An  von  FrotoeoHee, 
wo  bestimmte  Geschäftsstöcke  zmanmiengeKhriebeii  worden  sinds  das 
mir  bekannte  enthält  fonfiehn  FolL»  wovon  die  ersten  blofe  Urkunden 
erkennen  lassen,  die  sich  auf  das  Rechnungswesen  Leopolds  Ul.,  auf 
Sachen  der  vorderösterreichisdieB  Kammer  bezogen  haben.  Da  in  diesem 
Verzeichnis  zum  Cnterschiede  von  den  früher  genannten  Registern  die 
Urkunden  datiert  sind,  so  werden  die  verloren  gegangenen  durch  das- 
selbe fast  vollkommen  ersetzt  Das  Register,  dM  durch  seine  Einrich- 
tung und  Anordnung  interessant  ist,  besteht  eigenlUch  ans  twei  Theilen« 
obwol  es  ganz  von  derselt>en  lland  geschrieben  ist  Der  erste  Theil  ent- 
hält eine  Anzahl  durchaus  bbher  unbekannter  Urkunden,  welche  zu  lYach- 
trägen  für  Lichnowsky  's  Regesten  benützt  werden  können,  der  zweite  Theil 
▼erzeichuet  ohne  Hinzufdgung  des  Datums  eine  Reihe  thefls  im  Original, 
theils  durch  die  früher  genannten  Register  bereits  bekannt  gewordener 
Briefe;  einige  von  den  Kaisem  konrad  III.,  Heinrich  VII.,  Ludwig,  Karl  IV. 
u.  V.  a.  Jedenblls  geben  alle  diese  Aetenstncke  Zeugnis  von  der  Thätigkeil 
der  Registratur  in  Baden  und  dürften  meine  oben  gemachte  BetterkuDg 
ober  das  Kanzleiwesen  Herzog  Leopold  III.  zur  genüge  rechtfertigen. 

Wien.  Ottocar  Lorenz. 

Aus  der  Schale. 

Bei  der  Bedeutsamkeit,  welrhe  die  Mitlelschaleii  fuv  die 
Bnlwickelang  und  Geslailung  des  Volkslebens  haben,  nnussfe  es 
für  Österreich  ein  vielfach  entscheidender  Augenblick  sein,  als 
das  neue  Uaterrichlsgeselz  für  Gymnasien  vollständig  in  das  Leben 
trat.  Doch  ist  es  leicht  erklärlich^  daas  ein  so  enUchiedener 
Bruch  mit  dem  alten  nicht  ohne  vielfachen  Widerstand  vor  sich 
gehen  konnte;  auch  jetzt  ist  dersilbe  noch  nicht  völlig  bewilligt. 
Und  es  ist  gut,  wenn  die  Meinungen  allseilig  sich  aussprechen; 
selten  ist  der  Sireit  von  der  Art,  dass  man  nicht  auch  von  der 
Opposition  etwas  lernen  könnte.  Auch  das  vollkoramensle  Werk, 
das  der  MenschenkrafI  seinen  Ursprung  verdankt,  ist  oft  nicht 
frei  von  Schattenseiten;  es  bedarf  der  Verbesserung  und  Forl- 
bildung. Was  insbesondere  das  Unterrichlssystem  anbelangt,  so 
muss  es  den  äuiseren  Verhältnissen  entsprechende  Rechnung  tragen, 
sowie  dem  Geiste,  der  die  Zeit  bewegt;  selbst  die  Voik^einung 
darf  bei  dem  Umstände,  da^s  die  Wirksamkeit  des  Lehrers  nur 
Im  Einverständnisse  mit  der  erziehenden  Thätigkeil  des  Hausens 
völlig  gelingen  kann,  nicht  ganz  ohne  Berücksichtigung  bleiben. 
Übrigens  ist  ja  diese  Wirksamkeit,  insofern  sie  wesentlich  Er- 
xiehiMg  ist,  bedingt   durch  die  Keontnis  der  höheren  Menschen- 


Aus  der  Schule,  v.  W.  2.  ^ftel  Sil 

natur,  die  eben  entwickelt  und  herangebildet  werden  soll.  Nun 
ist  aber  das  Gebiet  des  höheren  Henscheokbens  noch  lange  nicht 
so  aufgehellt,  wie  es  wol  zu  wünschen  wäre;  es  ist  noch  viel- 
fiich  ein  unbekanntes  Land,  jedenfalls  der  umfassendste  Schau- 
platz fär  menschliche  Forschung.  In  dem  Grade  nun,  in  welchem 
dit'se  Forschung  vorwärts  schreitet,  muss  auch  die  Weise  der 
Erziehung,  als  eine  der  praktischen  Anwendungen  derselben, 
sich  mehr  klären,  näher  bestimmen  und  erweitem. 

Die  folgenden  Bemerkungen  sind  nicht  im  Entferntesten  be- 
stimmt, den  hier  angeregten  Gegenstand  zu  erschöpfen;  die- 
selben berühren  nur  einige  hervorragende  Puncte.  Cbrigens  sind 
sie  individuelle  Ansichten,  aus  vieljähriger  Lehrerthätigkeit  her- 
vorgegangen, und  sollen  eben  nur  als  solche  gelten. 

I. 

Das  erste,  was  dem  denkenden  Beobachter  sich  darstellt, 
ist  die  —  allerdings  vollkommen  begründete  —  ungewöhnlich 
tengc  Frist,  in  welcher  die  Gymnaialstudien  sich  vollenden.  Acht 
Jahre  —  welch'  eine  Zeit!  Es  ist  ein  reichliches  Drittel  der 
ganzen  Jugend,  und  die  Jahre  derselben  müssen  theilweise  zu 
den  schönsten  des  Lebens  gezählt  werden.  Dem  Kindesalter  kaum 
entwachsen^  betritt  man  die  Schwelle  des  Gymnasiums  und  als 
werdender  Mann  verlässt  man  die  Anstalt.  Bedenkt  man,  wie 
in  dieser  Periode  die  Jugend  nicht  nur  körperlich,  sondern  auch 
geistig  in  beständigem  Wachsen  begriffen  ist,  d.  h.  in  fortwäh- 
render Wandelung,  in  unaufhörlicher  Strömung  —  be- 
denkt man,  wie  rasch  nicht  selten  die  einzelnen  Phasen  dieser 
Wandelung  vor  sich  gehen,  so  rasch,  dass  der  kundige  Beob- 
achter denselben  Schüler  in  nicht  gar  langer  Frist  geistig  kaum 
wieder  erkennt;  so  lässt  sich  ermessen,  wie  schwer  eich  allge- 
meine Regeln  für  die  Methode  des  Gymnasialunlerrichtes  geben 
lassen,  und  wie  bedeutend  die  Modificationen  sein  müssen,  die  in 
den  verschiedenen  Phasen  des  langen  Zeitraumes  einzutreten  haben. 
Allerdings  erkennt  unsere  Studienordnung  dies  an,  und  hat  daher 
dieaen  Zeitraum  in  zwei  grofse  Hälften  getheilt;  allein  auch  vier 
Jahre  sind  im  Leben  der  heranwachsenden  Jugend  eine  sehr 
lange  Frist,  und  es  wird  die  Aufgabe  des  denkenden  Lehrers 
sein  müssen  —  keine  kleine  Aufgabe!  -^  innerhalb  den  von 
dem  Studienplane  gezogenen  Grenzen  den  sich  ergebenden  Verän- 
derungen gemäüs  seine  Handlungsweise  einzurichten. 

Es  wird  somit  anerkannt,  dass  es  in  Unterricht  und  Me- 
thode einen  bedeutenden  Unterschied  mache,  ob  der  Schtler  in 
der  Prima  und  Secunda,  oder  in  der  Septima  und  Octava,  d«h. 
ein  Knabe  von  10  bis  12  Jahren  oder  ein  Jüngling  von  18  bis 
SO  Jahren  ist$  sind  doch  im  jetzigen  Gymnasium  drei  ehemalige 
Stufen  des  Unterrichtes,  die  Grammaticalclassen,  die  Humanitäts- 
dassen  nnd  die  philosophische  Lehranstalt  enthalten!  Und  dennoch 


Sit  Aus  dir  Schule,  v.  W.  Z,  Refsei. 

werden  die  Lehrer  der  obengenannten  Classen  ganz  auf  gleiche 
Linie  gestellt !  Man  verlangt  von  dem  Lehrer  der  Septima  und 
Octava  ebenso  wie  von  dem  der  Prima  und  Secunda  wöchentlich 
17_20  Stunden;  es  wird  also  angenommen,  dass  eine  Slunde  in 
der  Septima  und  Octava  ganz  von  derselben  Bedeutung  sei,  wie 
in  der  Prima  und  Secunda. 

In  Preufsen  ist  man  noch  weiter  gegangen,  wo  man  in  der 
Belastung  von  Lehrer  und  Schüler  das  iufserste  gethan  hat, 
was  ül)erhaupt  möglich  war.  Es  wird,  indem  ich  dies  be- 
merke, durchaus  nicht  beabsichtigt,  die  Lehrer  der  unteren  Classen 
in  ihrer  Stellung  zu  beeinträchtigen;  aber  die  auCseren  For- 
derungen können  nicht  dieselben  sein.  Es  muss  zugestanden 
werden,  dass  eine  ganz  andere  wissenschaftliche  Vorbereitung 
nöthig  ist,  einem  Jünglinge  von  18  bis  20  Jahren  etwas  neues 
und  interessantes  zu  sagen,  als  einem  Knaben  von  10  bis  12  Jahren. 
Es  kann  doch  kaum  als  gleichgeltend  angenommen  werden,  die 
Elemente  der  classischen  Spractoi  beibringen  oder  einige  gram- 
matische  Formen  einüben,  und  den  Horaz  oder  Virgil,  den  So- 
phokles oder  Piaton  zu  erklaren.  Im  ersten  Falle  ist  eine  ober- 
flächliche Kenntnis  der  Sprache  immerhin  ausreichend;  dass  aber 
eine  solche  im  zweiten  Falle  nicht  genügen  könne,  dürfte  wol 
nicht  nöthig  sein  nachzuweisen.  Das  Minimum  der  Anforderungen, 
das  man  an  den  Kenner  einer  Sprache  machen  kann,  ist  wol, 
dass  er  ein  in  denselben  geschriebenes  prosaisches  Buch  ohne 
Anstofe  lesen  kann;  was  aber  dies  z.  B.  bei  dem  auCserordent- 
liehen  Reichthume  der  griechischen  Sprache  zu  bedeuten  habe, 
wird  jeder  einsehen.  Doch  langt  dies  bekanntlich  bei  dem  Lehrer 
der  höheren  Gymnasialclassen  bei  weitem  nicht  hin ,  insofern  ja 
die  Sprache  hier  nicht  Selbstzweck,  sondern  nur  Mittel  ist.  Der 
Lehrer  soll  ein  Stück  griechischen  Geisteslebens  vor  dem  Schüler 
vorüber  führen;  um  aber  denTheilzu  kennen  und  zu  würdigen, 
muss  er  früher  das  Ganze  wohl  erforscht  haben,  und  das  blofse, 
einfache  Vorüberführen  genügt  nicht;  er  muss  tiefer  in  jenes 
Leben  eindringen,  damit  die  Flamme  desselben  den  Geist  der 
Jugend  erleuchte,  erwärme  und  kräflige.  Dazu  gehört  aber  nicht 
nur  ein  umfassendes  materielles  Studium,  sondern  —  was  noch 
mehr  sagen  will  —  eine  vollendete  geistige  Reife!  —  Ähn- 
liches tiefte  sich  auch  iii  Beziehung  auf  die  übrigen  Gegenstände 
anführen.  Kaum  dürfte  es  nöthig  sein  auf  den  unermesslichen 
Umfang  dessen  hinzudeuten,  was  heul  zu  Tage  der  Name  ^^Natur- 
wissenschaft en>^  umfasst;  und  ein  oberflächliches  Wissen  in 
denselben  w  ird  wol  niemand  in  Beziehung  auf  die  höheren  Classen 
für  genügend  halten.  Was  die  deutsche  Sprache  anbelangt,  so 
hat  der  Leh  rer  in  den  höchsten  Classen  es  dahinzubringen,  dass 
der  Schüler  im  Stande  sei,  in  Beziehung  auf  einen,  im  Kreise 
seines  Denkens  liegenden  Gegenstand  ein  organisches,  bis  zu  einem 
bedeutenden  Grade  in   sich  vollendetes  Gedankenganzes  zu 


Aus  der  Schule,  v.  W.  Z.  Ref^tU  %\% 

schaffen;  was  aber  dies  bedeute,  wird  jeder  einsehen,  der  nur 
eine  Ahnung  von  der  Sache  hat,  um  welche  es  sich  hier  handelt. 
Dass  der  Lehrer  der  Geschichte  in  den  höheren,  namentlich  in  den 
beiden  höchsten  Classen  sich  nicht  begnügen  dürfe,  das  Stoffliche 
dieser  Wissenschaft  vor  dem  Geiste  des  Schülers  auszubreiten, 
sondern,  soweit  dies  auf  dem  geistigen  Standpuncte  desselben 
möglich  ist,  auch  auf  das  Verständnis  des  Geschehenen  hin- 
arbeiten müsse,  durfte  wol  kaum  Jemand  ernstlich  in  Zweifel 
ziehen;  nur  so  kann  der  geschichtliche  Unterricht  werden,  was 
derselbe  für  die  heranreifende  Jugend  sein  soll,  ein  Bildungs- 
mittel  für  Geist  und  Herz,  und  eine  höchst  erspriebliche  Vor- 
schule für  das  Leben.  Auch  ist  das  Ziel,  wenn  es  nicht  zu  hoch 
gesteckt  wird,  wol  erreichbar.  Dazu  gehört  aber  von  Seite  des 
Lehrers  selbst  ein  klares  Verständnis  der  Geschichte  —  eine  Auf- 
gabe, die  aufserordentlich  schwer  ist,  und  um  gelöst  zu  werden, 
ein  langes,  ernstes  und  allseitiges  Streben  erfordert  — 
weit  mehr,  als  z.  B.  nöthig  ist,  um  aus  einer  Anzahl  von  Quellen- 
schriften eine  Reihe  geschichtlicher  Notizen  zu  einem  historischen 
Sammelwerke  zusammenzustellen. 

Dazu  kommt  noch  ein  anderer  Umstand.  Der  Schüler  der 
unteren  Classen  ist  nicht  nur  in  dem  besondem  Fache  des  Lehrers, 
sondern  auch  in  allen  übrigen  Gegenständen  ein  Neuling;  bei  ihm 
lässt  sich  wenig  voraussetzen.  Anders  ist  es  mit  dem  Schüler 
der  höheren  Classen;  er  hat  nicht  nur  durch  längeren  Unterricht, 
sondern  auch  vielleicht  durch  Lesung  oder  eigene  Erfahrung  sich 
mannigfache  Kenntnisse  erworben.  Der  Lehrer  darf  sich  keine 
Blölsen  geben;  er  kann  sich  in  seinen  Studien  mit  seinem  eigent- 
lichen Fache  nicht  begnügen,  sondern  muss  in  bedeutendem  Grade 
eine  allgemeine  Bildung  haben.  Zudem  greifen  ja  die  Ge- 
genstände in  einer  Weise  ineinander,  dass  eine  nähere  Kenntnis 
der  verwandten  unentbehrlich  wird;  ja  eine  entsprechende  Berück- 
sichtigung der  Nachbargebiete  des  Wissens  gibt  dem  Vortrage 
Mannigfaltigkeit,  erweitert  den  Blick  des  Schülers  zu  umfassender 
Oberschau  und  gibt  Gelegenheit  zu  freierer,  allseitig  sich  ent- 
wickelnder geistiger  Thätigkeit.  Auch  liegt  bekanntlich  ein  solches 
Zusammenwirken  in  den  Zwecken  des  Gymnasiums  als  einer  Mit- 
telschule; die  einzelnen  Strebensrichtungen  sollen  nicht  neben- 
einander hinlaufen,  sondern,  soweit  dies  möglich,  ineinander 
eingreifen,  so  dass  in  dem  Schüler  eine  allseitige,  harmonisch 
geordnete,  organisch  entwickelte  Gesammtbildung  erwachse. 

Allen  diesen  erhöhten  Forderungen  zu  genügen,  hat  der 
Lehrer  der  oberen  Classen  eben  auch  nur  vier  und  zwanzig 
Stunden  während  des  Tages  zur  Verfügung.  Es  ergibt  sich  somit, 
dass  eine  stufenweise  Verminderung  der  Lehrstunden 
für  die  oberen  Classen  wol  zu  wünschen  wäre.  Es  ist  bekannt, 
in  weich'  weitem  Abstände  in  dieser  Hinsicht  die  frühere  phi- 
losophische Lehranstalt  sich  bewegte. 


314  Aus  der  Schule,  v.  IK  Z,  RefteL 

Doch  höre  ich  einen  Einwurf«  ^^Wol  wahr,  das«  der  Lehrer 
der  oberen  Cla«sen  eines  höheren  Mafees  von  Wissen  bedarf. 
Dafür  ist  aber  seine  psedagogische  Thätigkeit  eine  leichtere.. 
Denn  je  tiefer  der  Lehrer  zu  den  Kleinen  hinabsteigt,  desto  mehr 
ist  sein  Wirken  Erziehung;  während  man  den  reiferen  Schüler 
in  fortschreitendem  Mafse  sich  selbst  überlassen  kann,  muss  der 
Lehrer  des  Kindes  oder  des  Knaben  beinahe  alles  thun.  Somit 
dürfte  sich  der  Unterschied  beider  Verhältnisse  so  ziemlich  aus- 
gleichen.^ —  Es  ist  dies  ein  Umstand,  der  namentlich  von  den 
tfäanern  des  Yolksunterrichtes  geltend  gemacht  worden  Ist 

Ein  solcher  Einwurf  zeugt  -—  ich  will  nicht  sagen  von  Ober- 
flächlichkeit —  von  völliger  Unkenntnis  der  Sadie,  um  die  es 
sich  handelt.  Es  kann  nichts  nachtheiliger  für  den  Lehrerberuf 
sein,  als  anzunehmen,  der  Lehrer  z.  B.  an  der  Hochschule,  habe 
nichts  anderes  zu  thun,  als  sein  Wissen  einfach  vor  seinem  Hörer- 
kreise auszubreiten,  wie  der  Kaufmann  seine  Ware;  die  Erfah- 
rung lehrt,  wie  außerordentlich  verschieden  die  Erfolge  sind, 
je  nachdem  mit  dem  Umfange  und  der  Tiefe  des  Wissens  auch 
die  pcedagogischeKunst  verbunden  ist.  Ja,  nicht  allein  dort, 
sondern  überall^  wo  es  gilt  auf  Menschen  einzuwirken  und  sie 
au  lenken ,  ist  eine  gewisse  Art  von  Psedagogik  —  im  weitesten 
Sinne  dieses  Wortes  —  nöthig;  es  bedarf  sie  der  Chef  eines 
Handelshauses  oder  einer  gröberen  gewerblichen  Anstalt  nicht 
minder  als  der  Leiter  eines  politischen,  kirchlichen  oder  militäri- 
schen Verwallungszweiges,  und  die  Geschichte  liefert  aus  allen 
Zeiten  zahlreiche  Beispiele,  wie  ausgezeichnete  Männer  Vor- 
zugs weise  dadurch  eine  grofse  Rolle  spielten,  dass  sie  tie- 
fere Blicke  in  die  Menschennatur  thaten  und  die  so  gewonnene 
Kenntnis  mit  kluger  Umsicht  zu  benützen  wufsten.  Darum  ist 
Erziehung  auf  den  höheren  wie  auf  den  niederen  Stufen  des  Un- 
terrichtes nöthig,  nur  freilich  eine  andere  und  jedenfalls  —  eine 
schwerere^ 

Allerdings  muss  zugestanden  werden,  dass  der  Erzieher 
von  Kindern  und  Knaben  in  mancher  Hinsicht  mehr  Ihun  muss, 
als  der  Führer  von  Jünglingen  und  jungen  Männern;  allein  dies 
ist  bei  weitem  nicht  in  der  Ausdehnung  der  Fall,  \vi  weteher 
es  oft  genommen  wird;  jenes  System  der  Bevormundung,  wel- 
ches in  dem  Kinde  und  dem  Knaben  nur  einen  willenk)sen  Thon- 
khimpen  sieht,  der  beliebig  zu  formen  ist^  widerspricht  der  hö- 
heren Menschennalur  und  ist  entschieden  verderblich. 
Demgemäls  ist  die  Vielgeschäftigkeit  dc4  Erziehers  selten  nöthig ; 
es  geht  gewöhnlich  von  selbst  weit  besser,  wenn  man  nur  die 
Kraft,  auf  welche  es  in  dem  gegebenen  Falle  ankommt,  in  genü- 
gender Weise  zu  wecken  versteht.  —  Und  die  Einwirkung  ist 
auf  den  unteren  Stufen  der  menschlichen  Entwickelung  viel  leichler. 
Denn  auf  diesen  Stufen  ist  der  Mensch  noch  mehr  physisches 
Wesen,  folgt  somit  in  Miner  inneren  Bewegung  mehr  physischen 


Aus  der  Schule,  ^.  fF.  Z,  BefM.  315 

Ge^cteen,*d.h.  solchen,  wdche  mit  N othw endig ke i  i  wirken. 
Die«e  liegen  ySIlig  im  Kreise  mensohlicher  Berechnung  und  können 
mit  voller  Sicherheit  des  Erfolge«  benützt  werden»  Das  Wirken 
des  Ersiehers  ist  daher  ein  weit  leichteres  ab  dort,  wo  die 
freie  Willenskraft  mehr  entwickelt  ist,  wo  also  der  Erfolg 
liöchstens  mit  Wahrscheinlichkeit  termalhet,  nie  aber  mit 
Sicherheil  vorausgesehen  werden  kann.  —  Femer  ist  die 
Seele  des  Kindes  ein  unbeschriebenes  Blatt;  du  kannst 
den  Raum  ausfüllen  wie  du  willst.  Anders  ist  es  bei  dem  Jung* 
linge.  Hier  finden  sich  Eindrücke  vor,  die  bleibend  sich  einge- 
prägt, Ansichten,  die  fest  sich  eingewurzelt,  Vorurtheile,  die 
Platz  gewonnen  haben;  hier  hat  das  neue  nicht  selten  einen 
Kampf  mit  dem  alten  zu  bestehen,  das  seine  Stelle  behaupten 
will.  Besonders  ist  die  sittliche  Seite  des  Seelenlebens  in's 
Auge  zu  fassen ;  dieselbe  muss  das  Hauptaugenmerk  jeder 
Erziehung  bilden,  weil  ein  Gelingen  auf  diesem  Gebiete  Bedingung 
und  Grundlage  aller  übrigen  Erfolge  ist.  Wer  wird  wol  be- 
haupten wollen,  dass  das  Kind  oder  der  Knabe,  in  dieser  Hin- 
sicht schwerer  zu  behandeln  sei,  als  der  JOhgling?  Die  gefähr- 
lichste Periode  in  der  ganzen  Jugendzeit  ist  bekanntlich  jener 
Moment,  in  welchem  der  Knabe  auniört  und  der  Jungling  beginnt; 
hier  ist  der  eigentliche  Scheideweg  zwischen  Gut  und  Böse  — 
hier  fallen  so  viele,  um  vielleicht  nie  wieder  sich  völlig  zu  er- 
heben. Hier  ist  es,  wo  der  Erzieher  volle  Gelegenheit  und  Ver- 
pflichtung hat,  seine  schöne  Kunst  zu  üben.  —  Zudem  ist  es  ja 
bekannt,  wie  die  Jugend,  Je  minder  entwickelt  und  daher  auch 
minder  selbständig  sie  ist,  um  so  vollständiger  und  ruckhalts- 
loser  sich  der  Führung  überlässt;  es  gibt  keine  Auctorität  der 
Weif,  welche  in  den  Augen  eines  neun-  bis  zwölljährigen  Knaben 
der  des  Herrn  Professors  gleichkommt,  natürlich,  wenn  dieser 
sein  Geschäft  versteht.  Anders  ist  es  in  den  höheren  Classen. 
Hier  schwindet  allmählich  der  Nimbus,  der  den  Lehrer  sonst  um- 
geben, und  der  Schüler  beginnt  selbständig  zu  erwägen  und  zu 
urtheilen;  der  Lehrer  mu.*s  des  Schülers  Achtung  erworben 
haben,  wenn  sein  Wirken  den  vollen  Einfluss  üben  soll,  und  die 
Kritik,  die  von  dieser  Seite  kommt,  ist  oft  eine  sehr  scharfe 
und  eine  sehr  strenge.  Und  während  der  Knabe,  don  eben  alles 
neu  ist,  jede  Beschäftigung  gleichmäßig  annimmt,  falls  sie  nur 
in  einer  seinem  Charakter  entsprechenden  Weise  ihm  geboten  wird, 
so  pflegt  der  reifere  Schüler  in  der  Regel  zu  prüfen  und  zu 
wählen;  er  muss  für  den  Gegenstand  gewonnen  werden,  wenn 
er  mit  Liebe  demselben  sich  hingeben  soll. 

Daraus  dürfte  sich  ergeben,  dass  die  Erziehung  beim  Jüng- 
linge nicht  minder  nöthig  ist,  als  bei  dem  Knaben^  aber  schwie- 
riger; auch  dürfte  das  klar  sein,  dass  die  Kunde  des  hö- 
heren Menschen,  die  jedem  Lehrer,  welcher  über  das  Hand- 
werk sich  erheben  will,  unerlässUch  ist,  bei  dem  Lehrer  der  hö- 


316  Aus  der  Schul»,  v.  W.  Z.  RefteL 

herenClassen  tiefer  und  umfassender  sein  muss,  als  bei  dem  der 
unteren  Kreise  des  Gymnasialunterrichtes.  Da  aber  diese  Kunde 
eine' schwer  zu  erwerbende  ist,  und  keine  Frucht  auf  dem  Felde 
des  Wissens  dem  Menschen  mühelos  in  den  Schos  geworfen 
wird  —  eine  solche  ist  auch  in  der  Regel  ein  unbrauchbarer 
Schatz  —  sondern  mit  ganzer  Kraft  der  Seele  erstrebt  und  er- 
rungen werden  muss,  so  würde  sich  auch  aus  diesem  Umstände 
folgern  lassen,  dass  dem  Lehrer  der  höheren  Classen  eine  Ver- 
minderung der  Lehrstunden  wünschenswerth  wäre,  weil  er  nur 
auf  diese  Weise  die  nöthige  Mufse  gewinnen  kann,  um  den  an- 
gegebenen Verpflichtungen  zu  genügen. 

Ich  kann  mich  nicht  enthalten,  gelegentlich  eine  Bemerkung 
hinzuzufügen.   Aus  Lehrerverzeichnissen  an  Gymnasien  lässt  sich 
nicht  selten  ersehen,   dass   Lehrer  gleichzeitig  in  sehr  verschie- 
denen Classen  beschäftigt  waren,  z.  B.   an  den  höchsten  Classen 
des  Obergymnasiums  und  zugleich  in  einer  oder  mehreren  nie- 
deren Classen  des  Untergymnasiums«   Ich  muss  gestehen,  dass  ich 
dies  nicht  begreifen  kann.    Es  mag   allerdings  in  mancher  Hin- 
sicht für  den  Lehrer  an  der  Septima  und  Octava  als  Erholung 
gelten,  zu   den   Kleinen   hinabzusteigen  und   mit   ihnen  zu  ver- 
kehren; allein  ersprießlich   für    das    Gedeihen    des    Unterrichtes 
wird  ein  solches  Verfahren  kaum  sein   können   (den  Fall  ausge* 
nommen,   wenn  es   sich  um  den  Vortrag  der  reinen  Mathematik 
handelt,   da   Ideen  und  Sprache   derselben    in  völlig  eigenthüm- 
iichem  Kreise  sich  bewegen).    Es   ist   bekannt,    wie  verschieden 
in  Beziehung  auf  Gedanken  und  Ausdruck  die  Rede  ist,  je  nach- 
dem dieselbe  an  höher  oder  minder  Gebildete  gerichtet  ist;  eine 
Predigt   z.  B.   wird   ganz   anders  beschafl*en  sein  müssen,  wenn 
sie    für  einen  Kreis  gebildeter  Zuhörer   oder  für    das  schlichte 
Landvolk  bestimmt  ist  (dort  Begriffe,  hier  Anschauungen  —  dort 
allgemeine  Urtheile,  hier  specielle  Fälle  —  dort  umfassende  Satz- 
gefüge, hier  einzelne  Sätze  u.  s.  w.)*   Beide  Arten  der  Rede,  als 
solche  betrachtet,  sind  aber  einander  nicht  untergeordnet,  son- 
dern   beigeordnet,   können   in   eigenthümlicher   Weise   zur 
Kunst  entwickelt  werden  und  sollen    dies  auch,   wenigstens 
für  diejenigen,  deren  Beruf  eben  in  derselben  besteht;  eine  solche 
Bntwickelung  ist   aber  nur  durch  ernste,  allseitige  Obung 
möglich,  die  sich  natürlich  nicht  auf  die  Schulstunde  beschränken 
kann.   Der  Lehrer   muss   auf  dem  Standpuncte,  auf  den  er  ge- 
stellt worden  ist,  heimisch  zu  werden  suchen.    Und  je  ernster 
er   dieses  Geschäft   treibt,   desto   mehr  wird    sich    seine  ganze 
Weise  zu  denken   und  zu  sprechen   dieser  Sphäre  anpassen;  ein 
Mann,  der  mit  gebildeteren   Kreisen   zu   verkehren    pflegt,   wird 
bei   gleicher  Höhe    der   Bildung   sich   in  dieser  Hinsicht  scharf 
unterscheiden  von  jenem,   der  gewöhnlich  mit  Leuten    minderer 
geistiger  Entwickelung  umgeht.   Es  wird  daher  für  einen  solchen 
Lehrer,  wenn  auch  nicht  unmöglich,  so  doch  wenigstens  schwer 


Aus  der  Schule,  v.  IF.  Z,  ReM.  3t7 

werden,  mit  dem  Glockenschlape,  der  ihn  z.  B.  aus  der  Octaya 
in  die  Secunda  ruft,  seine  ganze  Denk-  und  Sprechweise  völlig 
zu  wechseln  (wie  man  statt  des  Winterrockes  das  Sommerkleid 
anzieht);  er  wird  in  Gefahr  kommen,  entweder  in  der  Secunda 
nicht  verstanden,  oder  in  der  Octava  fad  und  langweilig  zu 
werden.  —  Auch  die  Behandlung  der  Schäler  kann  nicht 
überall  dieselbe  sein;  es  kann  nichls  falscher  sein,  als  die  Schüler 
aller  Classen  über  einen  Leisten  schlagen  zu  wollen.  Namentlich 
ist  dies  in  Beziehung  auf  die  Septima  und  Octava  der  Fall,  die 
den  Cbergang  zur  Universität  bilden.  Jene  Bevormun- 
dung z.  B.,  die  hinter  jedem  Schritt  und  Tritt  des  Schülers  über- 
wachend und  rügend  stehen  zu  müssen  glaubt,  kann  vielleicht  in 
gewissen  Verhaltnissen  der  unteren  Classen  ihre  Berechtigung 
finden,  dürfte  aber  in  den  beiden  obersten  Classen  schwerlich  am 
Platze  sein;  es  ist  vielmehr  hier  dem  Schüler  eine  freiere  Be- 
wegung zu  gestatten,  damit  er  sich  selbst  bestimmen 
lerne;  kann  er  dies  nicht,  so  ist  er  unreif,  und  wenn  er 
auch  die  glänzendste  Maturitätsprüfung  abgelegt  hat. 

IL 

Es  ist  schon  oft  der  Grundsatz  aufgestellt  worden,  es 
müsse  in  der  Jugendbildung,  soweit  sie  dem  Kreise  des  öffent- 
lichen Unterrichtes  angehört,  möglichst  vieles,  oder  vielmehr 
alles  in  der  Schule  geschehen,  so  dass  der  Privatthätigkeit  ein 
möglichst  geringer  Spielraum  gelassen  werde,  welche  sich  höch- 
stens als  nebensächliche  Ergänzung  in  der  Anfertigung  zeitwei- 
liger Hausaufgaben  äu&em  dürfe.  Ich  muss  mich  gegen  diesen 
Grundsatz  (der  namentlich  im  preufsischen  Unterrichtswesen  mafs- 
gebend  gewesen  zu  sein  scheint)  mit  aller  Entschiedenheit  er- 
klären. 

Es  ist  eine  jedenfalls  seltene  Erscheinung ,  dass  —  in  der 
Erziehung  der  Individuen  wie  der  Völker  —  die  einfachsten,  all- 
bekannten Wahrheiten  nicht  beachtet  werden.  Wer  kennt  den 
Grundsatz  nicht,  dass  die  Jugend  vor  allem  zur  Selbstthätigkeit 
angehalten  werden  müsse ;  ja  man  würde  manchen  zu  beleidigen 
glauben,  wollte  man  ihm  Unbekanntschaft  mit  der  Grundmaxime 
aller  Paedagogik  zumuthen.  Und  jener  Grundsatz  verdient  diesen 
Namen!  Denn  wenn  es  sich  um  die  Entwickelung  und  Heran- 
bildung der  Menschen  handelt,  so  muss  doch  vor  allem  das 
Wesen  derselben  in's  Auge  gefasst  werden;  dieses  muss  ent- 
faltet werden  und  zur  allseitigen  Gestaltung  kommen,  wenn  die 
Bildung  eine  naturgemälse  und  erfolgreiche  sein  soll.  Das  Wesen 
des  geistigen  Menschen  liegt  aber  in  seiner  Willenskraft. 
Denn  durch  diese  unterscheidet  er  sich  vom  Steine,  d(T  zu 
seinen  FüTsen  rollt ,  sowie  von  dem  belebten  Naturwesen ,  dem 
Thiere;  während  jener  durch  äufseren  Anstols  bewegt  wird, 
dieses  durch  einen  Reiz,   den  ein  äufserer  Gegenstand  auf  das- 


3ia  Aus  der  Schule,  v.   W,  Z.  Refsel. 

gelbe  ausübt  —  Icann  der  Mensch  den  Grund  der  Bcwi^gung  i  n , 
sich  selbst  haben,  er  kann  wollen.  Dies  ist  entscheidend 
für  alle  seine  Verhaltnüsse,  für  seine  ganze  Entwickelung  und 
seine  Bestimmung;  sein  ganzes  Sein,  und  alles,  was  mit  dem- 
selben verbunden  ist,  zielt  nach  einem  leuchtenden  Puncte  — 
dass  er  wollen  kann,  dasa  er  frei  ist.  Und  der  Grad  dieser 
Freiheit,  die  Stufe  nämlicJi,  welche  die  Kraft  zu  wollen  in  ihrer. 
EntWickelung  erstiegen  hat,  bestimmt  nicht  nur  den  eigentlich<in 
Werth  des  Menschen,  sondern  auch  seine  Stellung  im  Leben, 
insofern  diese  Kraft  Grundbedingung  jeder  erfolgreichen  Thätig- 
keit  ist;  allein  sie  geht  auch  über  die  Grenzen  dieses  Daseins 
hinaus,  und  bestimmt,  falls  sie  auf  das  Gute  gerichtet  ist,  alle 
seine  HoffnungeD  für  die  Zukunft. 

Ich  sage  «Stufe  dieser  Entwickelung.^'  Denn  jedes  Vermögen 
im  Menschen  muss  geweckt  werden,  wenn  es  zum  Leben  kom- 
men soll  Es  rouss  fortwährend  in  Thätigkeit  erbalten,  geübt 
werden,  es  ermattet  sonst  und  erlischt  endlich,  wie  die  Flamme, 
welcher  die  Nahrung  entzogen  worden  ist.  \Vie  aber  in  dieser 
Selbstbewegung,  in  dem  Wollen  das  eigentliche  Leben  d(s 
Geistes  besteht,  so  ist  das  Erlöschen  desselben  des  Geistes  Tod; 
denn  nur  so  können  Geister  sterben!  Es  ist  das  furcht- 
barste Loos,  das  ein  geistiges  Wesen  treßen  kami. 

Ea  ergibt  sich  daraus,  auf  welches  Ziel  vorzugsweise  alle 
Erziehung  gerichtet  sein  muss ;  dieselbe  muss  der  gerade  Gegen- 
satz sein  vom  dressieren.  So  nennt  man  das  Abrichten  eines 
Thieres  zu  einem  bestimmten  Zwecke.  Es  ergibt  sich  von  selbst, 
dass  alles  duroh  den  Dressiermeister  erfolgen  muss,  da  man  ja 
nicht  voraussetzen  kann,  dass  das  Thier  aus  eigenem  Antriebe 
das  geforderte  thun  werde.  Demnach  gilt  es  hier  unablässige 
Einübung  unter  persönlicher  Anleitung  des  Meisters;  derselbe 
lässt  das  Thier  die  entsprechenden  Übungen  in  angemessener 
Stufenfolge  vollführen.  Das  Thier  hat  sich  dabei  ganz  passiv 
zu  verhalten;  es  wird  von  ihm  nichts  weiter  gefordert,  als  auf 
den  Meister  zu  achten  und  seinen  Andeutungen  gemäls  sich  zu 
bewegen.  Die  Mittel  um  das  Thier  zum  Gehorsam  zu  bringen 
sind  in  entsprechender  Stufenfolge  sanfte  und  rauhe  Worte,  Ver- 
sprechungen und  Drohungen,  Belohnungen  und  Strafen.  Man 
sieht,  dass  z.  B.  die  Dressur  eines  Jagdhundes  ganz  mit  der  Un- 
teiTichtsmethode  derjenigen  zusammenfällt,  welchen  jener  Grundsalz 
angehört,  den  ich  zum  Ausgangspuncte  meiner  Abhandlung  an- 
genommen habe:  nur  dass  —  was  natürlich  auf  eins  hinaus- 
läuft —  die  Peitsche  (insofern  der  aitehi  würdige  Baculus  aufser 
Mode  gekommen  ist)  durch  ähnliche  Mittel,  nur  anderer  Natur, 
ersetzt  wird  (scharfe  Rüge,  Abschreibenlassen ^  Einsperren  im 
Schulzimmer,  Hausarrest,  Veranlassung  der  Strafen  im  elter- 
lichen Hause  u.  s.  w.). 

Den  gerade   entgegengesetzten   Weg  hätte   somit   die    Er- 


Aus  der  Schule,  v.   W.  Z,  Refiti.  319 

Ziehung  und  Heranbildung  der  Menschen  einzuschlagen;  dieselbe 
^)ä^8te  auf  den  Grundsatz  basiert  sein,  dass  sie  eben  ein  freies 
Wesen  zum  Gegenstand  ihrer  Tbätigkdl  habe  —  ein  We«en  so- 
mit, das  seiner  inneren  Natur  nach  in  dem  entschiedenslen  Ge«» 
gensalze  zum  Thiere   steht   und   in  Folge  dieser   Freiheil   eine 
▼öllig  eigenthfimliche  Stellung  und  Bestimmung  hat.    Demgemäfs 
müsste  die  Stellung  des  Schälers   zum   Lehrer   nichl   eine  pas- 
sive sein,   d.  i.  eine  solche,   kraft   welcher   der  Schüler  sich 
fanz  der  Leitung  des  Lehrers  überlässt,  die  erfolgten  Eindrücke 
eben  nur  willig   in  sich   aufnimmt  und    der  Anweisung  gemäfs 
Terarbeitei  —  sondern  eine  wesentlich  active;  alles,   was 
er  Tollbringt,  muss,  soweit  dies  möglich,  eigene  That  sein. 
Der  Lehrer  hat  dieses  Thun  nur  anzuregen  und  zu  leiten, 
auch,   wenn  nöthig,   zu  unterstützen;  er  hat  daher  immer 
nur  die  einleitenden  Schritte  zu  thun,  den  Schüler  bis  zu  jenem 
Puncte  zu  geleiten,  auf  welchem  er  sich  selbst  forthelfen  kann  — 
dann  strenge  Aufsicht  zu  fuhren,   so  dass  nichts,  was  in 
^em    geistigen   Entwickelungsprocesse   von    Bedeutung   vorgeht, 
seinem  forschenden  Auge  entgeht.     Er  wird  somit   thatsachlich 
den  ganzen  Process  leiten,   ohne  dass  der  Schuler   davon  eine 
volle  Kunde  hat;    es  geschieht,  indem    demselben    der  entspre- 
chende Gegenstand  so   nahe  gelegt  wird,   dass   er   diesen 
selbst  aufzufinden  im   Stande  ist.     Die  Einwirkung  des  Lehrers 
wird  somit  eine  wesentlich  moralische  sein;   es  wird  darauf 
ankommen,  alle  geistige  Elemente  im  Schüler  zu  wecken,  zu  be- 
leben und  in  fortwahrender  selbständiger  Thatigkeit  zu  erhalten. 
Erfolgt  nun  alles  dies  in  entsprechender  Weise,  so  gelangt 
der  Schüler  frühzeitig  zum  Bewusstsein   seiner   selbst  als  einer 
Persönlichkeit;  sich  selbst  überlassen  lernt  er  sich  bestim- 
men;  er  lernt  seine  Kräfte  kennen   und  gebrauchen«     Thatigkeit 
ist  ein  Vergnügen  für  den  Mann  von  Kraft,  um  so  mehr  für  die 
Jugend;  doch  muss  derselbe  frei  sein,  wenigstens  scheinbar 
frei.    Ist  daher  der  Schüler   einmal   zu   wirklicher  Thatigkeit 
gebracht  worden,  so  ist  die  Hauptsache  schon  gewonnen;  es  ist 
so  schwer   nicht   den   Schüler   bei   der  einmal   begonnenen    Be- 
schäftigung festzuhalten.  Denn  mit  freudiger  Überraschung  nimmt 
er  wahr,  wie  viel  ihm  gelingt;  und  es  ist  eigene  Errungenschaft, 
was   er  sich   erworben.     Die  Erfahrung  lehrt,   wie   leicht   die 
Kinder  lernen,  was  sie  auf  eigene   Hand  betreiben,  wie  schnell 
sie  im  Umgange  eine   Sprache   sich   aneignen,   wie  scharfi^innig 
und  erflndsam  sie  oft  in  ihren  Spielen  sind  3  bekannt  ist,  welphe 
aufserordentliche  Fortschritte  Autodidakten  machen,  wenn  ihnen 
von  einem  kundigen  Führer   nur  eine  geringe  Unterstützung  zu 
Theile  wird.  —  Und,  was  wohl  zu  beachten  ist,  dieses  angeregte 
mächtige  Streben  beschrankt  sich  nicht  auf  die  blofsen  Studien- 
jahre; es  ist  dem  Schüler  Bedürfnis  geworden  für's  Leben, 
und  der  Mann  setzt  fort,  was  der  Knabe  begonnen.   Jeder  weifs 


no  Aus  der  Sehale,  v.  IT.  Z,  Refiei. 

ja,  wie  bald  die  Scliiilkeimliii»e  Terflog^en  nnd  ^  wenn  sie  nicht 
emeoert  und  forteDlwickelt  werden,  nod  da«s  oft  erst  im  Leben 
das  eif cntficbe  Stadimn  beginnt ;  wie  wird  aber  derjenige  dieser 
Pflicht  genügen ,  der  inmer  sich  stoben  und  leiten  lieCs,  somit 
nie  eigentlich  studieren  gelernt  und  den  edlen  Chuuss  eines 
freien  Strebens  nach  Wahrheil  empfanden  hat?  Und  wer  auf  die 
angegebene  Weise  sane  Jagend  vollbracht  hat ,  wer  auf  diesem 
Wege  nun  Manne  geworden  ist,  der  ist  nicht  blols  ein  Mann 
der  Wissenschaft,  er  ist  aach,  was  allem  Wissen  erst  das  Siegel 
aardröcki  —  er  ist  aach  ein  Charakter! 

Doch  ist  hiebei  noch  etwas  in's  Auge  zn  fassen.  Ein  Mann 
dirsi'r  Art  wird  seine  geistigen  Kräfte  in  ungleich  umfassenderer 
und  erfolgreicherer  Weise  entwickelt  haben,  als  jener,  der  immer 
nur  das  that,  was  man  ihn  zu  tbun  gebeifsen,  und  nur  jenen 
Weg  gieng,  den  man  ihm  vorgezeichnet ;  er  wird  den  Muth 
besitzen,  der  vor  keinen  Hindernissen  zuruckbebt,  die  Willens- 
kraft, ohne  welche  im  Leben  nichts  tüchtiges  vollbracht  wird; 
er  wird  die  Gewandtheit  haben ,  die  in  alle  Verhältnisse  sich  zu 
finden  weifs  und  die  Selbständigkeit,  die  überall  auf  eigenen 
Fülsen  steht,  eine  eigene  Meinung  hat  und  eine  eigene  That  Doch 
wird  dies  alles  erst  dann  einen  wahren  Werth  haben,  wenn  das 
Streben  auf  das  Gute  gerichtet,  ein  srttliches  ist  Dies  muss 
somit  das  Hauptaugenmerk  des  Lehrers  sein.  Demnach  darf 
äufserer  Zwang  nur  selten  und  unter  besonderen  Umständen,  im- 
mer aber  nur  im  ersten  Stadium  der  Wirksamkeit  angewandt 
werden;  Strafen  dürfen  nur  als  Züchtigungen  für  sittliche  Ver- 
gehen, nie  aber  als  Sporn  zu  höherer  Thätigkeit  Anwendung 
Gnden;  Belohnungen  sind  entbehrlich^  sehr  oft  nachtheilig.  Eine 
Handlung,  die  aus  Zwang  geschieht,  ist  sittlich  gleichgiltig; 
dieselbe  kann  zu  irgend  einem  Zwecke  ersprielsiich  sein,  kann 
Vortheil  bringen,  aber  zur  Kräftigung  des  sittlichen  Selbst ,  zur 
Besserung  des  höheren  Lebens  im  Menschen  wird  sie  nicht  bei- 
tragen. Da  nun  aber  letzteres  das  Endziel  alles  Strebens  von 
Seite  des  Erziehers  sein  muss,  so  muss  die  ganze  Thätigkeit  des 
Zöglings  in  diesem  Sinne  benutzt  werden;  es  erfolgt  dadurch, 
dass  derselbe  dem  Schüler  als  höhere  Verpflichtung  dargestellt, 
und  ausschliefsli  ch  als  solche  demselben  nahe  gelegt 
wird.  Wird  dies  mit  Erfolg  durchgeführt  —  und  es  lässt  sich 
durchführen  —  so  wird  jede  auch  moralisch  gleichgiltige  Hand- 
lung, jede  einfache  Übung  der  geistigen  Kräfte  zur  sittlichen 
That  Dadurch  wird  das  Gute  im  Menschen  in  wunderbarer 
Weise  gekräftigt;  das  ganze  Streben  wird,  so  mannigfach  auch 
die  Beschäftigungen  sein  mögen,  nach  dem  einen  hohen  Ziele 
hingelenkt,  das  dem  Menschenleben  gesteckt  ist;  es  entwickelt 
sich  ein  bleibender  sittlicher  Charakter.  Es  ist  ersicht- 
lich, dass  ein  solcher  Schuler  leichter  die  sittlichen  Gefahren  be- 
stehen  wird ,   die   in  der  Übergangsfrist  zwischen  dem  Knaben- 


Aus  der  Schule,  v.  W.  Z.  RefieL  321 

and  Jünglingsalter  einzutreten  pflegen  —  ieichler  ab  jener,  der  . 
willenlos  einer  fremden  Fähruiig  sich  hingebend,  ohni*  Selbstän- 
digkeit 4ind  ohne  die  nöthige  Übung  d(*r  sittlichen  Kräfte  in  jene 
gefihrliche  Periode  übergeht;  gewöhnt  sich  zu  enlschliefsen  und 
der  Mahnung  der  Pflicht  zu  folgen ,  wenn  auch  ein  «mtgegen-  . 
wirkender  Drang  ihn  abzuhalten  sucht,  wird  er  auch  in  sittlichem 
Kampfe  fest  stehen  und  inmitten  niederer  Verlockungen  die  Rein- 
heit seines  höheren  Selbst  erfolgreich  bewahren.  L'ud  tritt  er  dann 
als  Mann  in's  bewegte  Leben  ein,  so  i^t  auf  ihn  zu  zählen, 
wohin  auch  sein  Beruf  ihn  fuhren  mag,  in  Gedanken,  und  That 
gleich  tüchtig;  an  ernstes  Tbun  gewöhnt  und  sich  dessen  freuend, 
denkt  er  kaum  an  Genuas,  sondern  für  ihn  ist  das  neue  Leben 
die  Zeit  neuer  Thätigeit  und  rastlos  schreitet  er  fort  auf  der  ein- 
geschlagenen Bahn. 

Es  wurde  den  beschränkten  Raum  dieser  Zeilen  weit  übei- 
schreiten,  wollte  ich  es  unternehmen,  tiefer  in  den  Gegenstand 
einzugehen ,  die  Art  nnd  Weise  des  Unterrichtes ,  den  ich  hier . 
in  allgemeinen  Zügen  bezeichnet  habe,  im  einzeliien  anzugeben; 
ich  muss  mir  dies  auf  eine  spätere  günstigere  Gelegenheit  auf- 
sparen. Ich  wollte  die  Sache  nur  einfach  andeuten  und  die 
Männer  des  Unterrichtes  auf  die  Frage  aufmerksam  machen,  ob 
die  gegenwärtig  in  Deutschland  allgebräuchliche  Methode  des 
Unterrichtes  in  der  That  die  beste  sei ;  jene  Methode,  die,  wenn 
auch  nicht  gerade  Dressur  ist,  doch  sehr  oft  nahe  an  derselben 
hinstreift,  bei  welcher  eine  fast  unablässige  Bevormundung  des 
SchülerA  Regel  ist,  so  dass  der  freien  Thätigkeit  des  Schülers 
ein  mögliehst  kleiner  Spielraum  gelassen  wird;  ich  will  nur  an 
die  Frennde  der  vaterländischen  Jugend  die  Frage  stellen,  ob  es 
nicht  zwedcmälsig  wäre  unser  Unterrichtssystem  in  einer  Weise 
abzuändern,  dass  dem  Bedürfnisse  freierer  Entwickelung  Rechnung 
getragen  und  der  Jugend  in  angemessener  Stufenfolge  eine  selb- 
ständigere Bewegung  gestattet  werde.  Ob  dadurch  an  Lehrper- 
sonal erspart  werden  würde,  kommt  nicht  in  Frage;  jedenfalls 
würden  die  Lehrer,  indem  sie  von  manchen  materiellen  Arbeiten 
befreit  würden,  an  Mulse  für  ihre  eigentlichen  Studien  gewinnen. 
Was  aber  an  materiellen  Anforderungen  vermindert  würde,  würde 
reichlich  ersetzt  durch  die  höheren  paed agogischen  Ansprüche, 
die  man  an  den  Lehrer  machen  niüsste;  er  müsste  mehr,  als  das 
jetzt  der  Fall  ist,  Erzieher  sein.  Und  gelänge  es  nur -einiger« 
ma&en  zu  verwirklichen,  was  ihnen  eben  nur  als  Problem  auf- 
gestellt worden,  so  könnte  es  für  die  Jugend  nur  erspriefslrch 
sein;  ein  geistig -entwickelteres,  sittlich -kräftigeres  Geschlecht 
würde  aus  den  Mittelschulen  hervorgehen,  befähigter  für  die 
freiere  Bewegung,  wie  sie  an  unseren  Hochschulen  in  neuester 
Zeit  Sitte  geworden  ist. 

Ich  weifs  es,  dass  das  hier  gesagte  manchen  paradox  er-^ 

ZciUehrtft  f.  a.  Stterr.  Oymnas.  ISSO.  IV.  u.  V.  Heft.  28 


3^  Aas  der  Schule,  v.  W,  Z.  RefseiJ 

schieinen  wird    solchen   nämlich^   die  von  Jufeiid   auf  gewohnt, 
nur  Vorgeschriebenes  zu  Ihun,  nach  der  gegebenen  Schablone  zu 
arbeilen,   den  ihnen  Torgezeichneten   Weg   zu   gehen,  —  kaum 
eine  leise  Ahnung  haben  von  dem,  was  eine  freie  Thal  heirsi, 
selbst  beschlossen  und  selbst  vollföhrt,  und  die  somit  unwillkür- 
lich Scheu  fühlen  vor  einer  Freiheit,  die  sie  nicht  begreifen^  wie' 
der  an  die  Zimmerluft  gewöhnte  zurüökscfarickl  vor  dem  frischen^i 
kräftigen  Zuge  der  freien  Atmosphaere;  manche  werden  dagegeu. 
sein,  weil  sie  das  gesagte  für  einen  Traum  halten ,  der  sich  nicht 
durchfAhren  lassL  Derjenige  aber,  der  frühzeitig  zur  Selbständigkeit/ 
sich  erhob,  auf  eigenen  Wegen  zum  Ziele  sich   hinan  arbeitete, 
die  edle  Frucht  des  eigenen  Wollens  an  sich  selbst  erprobte  — 
der  wird  UMcfa  verstehen! 

Nur  noch  einige  Bemerkungen.  Es  wird  sich  aus  dem 
ganzen  ergeben,  dass  —  im  allgemeinen  wenigstens  —  die  Er- 
ziehung und  der  Unterricht  in  kleineren  Kreisen,  also  «als  Privat- 
erziehung und  Privatunterricht,  in  Beziehung  auf  den  Erfolg  gün* 
stiger  gestellt  sind,  als  wenn  sie  auf  eine  gröfsere  Zahl  von 
Zöglingen  ihre  Wirl»amkeit  ausdehnen.  Was  man  für  den  öffent- 
lichen Unterrirbt  anführt  —  mehr  Vielseitigkeit  und  Wetteifer  — 
ist  wahr,  allein  die  erstere  lässt  sich  auch  in  genügendem  Grade 
bei  der  Leitung  einer  kleinen  Zahl  von  Zöglingen  (weniger  ab 
drei  sollten  nie  sein)  erreichen ,  und  der  Wetteifer  kann  unter 
den  ptedagogischen  Hilfsmitteln  immer  nur  in  zweiter  Linie  ste- 
hen —  a^^esehen  davon,  dass  das  Beispiel  nahestehender  ungleich 
wirksamer  ai  sein  pflegt  als  das  Vorbild,  das  wir  an  fremden 
wahrnehmen.  In  Bezielning  auf  Erziehung  dürfte  das  wol  unter 
Paedagogen  so  ziemlich  überwiegend  anerkannt  sein.  So  sehr 
eine  fabriksmälsige  Betreibung  des  Geschäftes  auf  dem  Gebiete 
materieller  Thätigkeit  sein  mag,  —  Theilung  der  Arbeit,  höberia 
Schnelligkeit  und  Gleichmäbigkeit  der  Bewegungen  —  so  ent- 
schieden ungünstig  stellt  sich  dieselbe  im  Reiche  des  Geistes  dar; 
denn  hier  sind  nicht  todte  Massen  zu  formen,  sondern  freie 
Menschen  zu  bilden  —  hier  kommt  es  nicht  auf  schablonen- 
mäfsige  Herslelinng  von  Industriewaaren  an,  entsprechend  einem 
bestimmten  äurseren  Zwecke,  sondern  auf  die  selbständige  Bnt- 
wickehmgvon  menschlichen  Individuen,  von  denen  jedes  Selbst- 
zweck ist  Bei  einer  fabriksmälisigen  Erziehung  (in  soge-^ 
nannten  Ckmvicten,  Seminarien  u.  s.  w.)  kann  der  nöthigen 
äuCieren  Ordnung  wegen  der  persönlichen  Freiheit  viel  weni-*> 
ger  Spielraum  gelassen  werden;  es  ist  Gefahr  vorhanden,  dass 
die  2iögUnge  nicht  zu  freien  Menschen  gebildet,  sondern  zu 
Automaten  abgerichtet  werden.  Anstalten  dieser  Art  sind 
nur  für  solche  Zöglinge  zu  empfehlen^  die  entweder  gar 
keine  oder  eine  entschieden  schlechte  Erziehung 
haben  können* 


Aua  d«r  Schale,  v.  W.  Z.  RefMt.  ass 

Anders  ist  es  mit  den  öffentlichen  Unterrichtsanstai-- 
tenf  diese  sind  unter  den  g^ebenen  VerhältnisseH  durchaus  nicht 
zu  entbehren.  Diese  werdt^n  immer  bedeutende  Schwierigkeiten 
zu  fiberwinden  haben,  falls  sie  eben  nicht  blolse  Abricfatungs* 
Institute  für  einen  bestimmten  äufseren  Zweck,  sooklern  wahre 
Bildungsanstalten  sein  sollen.  NatütUch  habe  ich  hier 
dia  Miitelscbulen  hauptsachlich  im  Auge.  Hier  muss  ich  vor 
allem  einen  Umstand  auffassen,  der  gewöhnlich  weniger  be- 
achtet wird.  Das  Mittel,  durch  welches  der  Lehrer  Seinen  Beruf 
erfüllt,  ist  vorzüglich  dus  lebend i ge  Wort;  es  wird  viel  von 
der  Ihcht  desselben  gesprochen.  Allein  diese  Macht  übt  ^  we- 
niger an  sich,  auch  wenn  es  zweckmälsig  gesprochen  wird, 
sondern  vorzugsweise  durch  diePersönlichkeit  des  Lehrers 
selbst,  insofern  es  nämlich  unmittelbare  Ansprache  ist, 
und  das  Geheimnis  seines  Einflufses  liegt  in  der  Macht  jener  Per- 
sönlichkeit  auf  die  Schüler,  in  der  unmittelbaren  Wechselwirkung 
von  Geist  und  Geist.  Dass  diesem  Einflüsse  des  Lehrers,  von 
dem  zunächst  seine  sittliche  und  dann  jede  andere  Wirksamkeil 
abhängt,  in  öffentlichen  Schulen  viel  weniger  Spielraum  gegönnt 
ist  als  in  dem  unmittelbaren  Yet'kehre  des  Privatunterrichtea^ 
liegt  am  Tage.  •'^  Dazu  kommt  ein  zweiter  Umstand.  Jeder  Weib, 
wie  schwer  es  ist,  die  Schuler  wahrend  der  Schulzeit  zur  vollen 
Thitigkeit'  zu  bringen.  Denn  Interesse  an  dem  Gegenstande  an 
sich  lälst  sich  nur  selten  voraussetzen;  es  kann  nur  die  Be- 
haadking  sein,  was  denselben  interessant  madit;  der  Schüler  muss» 
anregend  beschäftigt  werden,  weil  eine  solche  Beschäftigung  «chon 
an  sidi  Vergnügen  gewährt.  Doch  dann  muss  die  Thätigkeit  eiue 
volle  seiu,  uiä  jenen  Reiz  ab  SpOm  derselben  haben,  der  in 
der  Hoffnung  4iegt,  immer  etwas  Neues,  Interessantes  aufzufinden. 
Die  Thätigl^it  des  Schülers  während  der  Schulzeit  —  die  Falle, 
wenn  mathematische  oder  stilistische  Aufgaben  zu  lösto  sind, 
oder  besonders  interessante  Lesestücke  behandelt  werden,  ausge- 
nommen —  ist  gewöhnlich  nur  eine  halbe;  er  hat  blob  dem 
vorgezeichneten  Gedankengange  zu  folgen ,  gegebenes  treu  in  sich 
aufzunehmen.  Dies  ist  aber  ungemein  ermüdend,  und  setzt  eine 
bedeutende  Willenskraft  voraus,  wenn  es  eine  längere  Zdt  fort-' 
geaetzl  werden  soU  —  eine  Bedingung,  die  jedenAlls  nur  selten 
vorhanden  ist.  Demgemäfs  findet  sich  nur  allzuhäufig  bei  den 
Schülern  ein  Zustand,  der  nicht  entfernt  mit  dem  Namen  «Thä* 
tigkeit>»  bezeichnet  werden  kann,  ja  der  gerade  Gegensatz  der- 
selben ist  —  ein  Zustand  des  halbwachen  Traumens^  in  welchem 
der  Mensch  in  träger  Apathie  sich  den  Bildern  hingibt,  wie  sie 
von  selbst  kommen  und  gehen,  ein  Zustand,  der  in  geistiger 
Hinsicht  kaum  Leben  genannt  werden  kann.  Nun  ist  es  aber 
Thatsache  *—  die  leider  bis  jetzt  allzuwenig  beachtet  worden 
ist  —  dass  (von   moralischen   Gefahren   g;ar  nicht  zu  reden) 

28* 


9U  Abs  der  Schule,  v.  W.  Z.  Befhei. 

nichts  für  die  geistige  Entwickelang  nachthei- 
liger ist,  ak  dieser  Mittdaistand  zwischen  Wachen  und  Schlaf; 
derselbe  ist  kein  Wachen,  da  es  verlorene  Stunden  sind,  und 
doch  auch  kein  Schlaf,  da  er  nicht  stärkt;  die  Kräfte  sinken, 
das  ganze  Leben  erechlaffi  und  ermattet;  der  Geist  wurde  Ter- 
modern ,  wenn  nicht  das  frische  Leben  anlserbalb  der  Schalzeit 
dem  um  sich  greifenden  Verderben  hemmend  entgegenträte.  Es 
ist  dies  keine  Obertreibung!  Daher  die  vielen  Scfaattengestalten,: 
welche  dorch  die  Schulen  sich  hinaufschleichen, »nur  mechanisch, 
sich  bewegend,  kaum  in  halben  Jahren  sich  mühsam  aneignend, 
wozu  sie  bei  regelmäßiger  Thätigkeit  in  wenig  Wochen  gelangt 
wären;  daher  die  vielen  Marodeurs,  die  am  Wege  liegen  bleiben,' 
nicht  selten  verloren  fSr  sich,  wie  für  das  Leben! 

Auch  aus  diesem  Grunde  durfte  es  zweckmäfeig  sein,  den 
eigentlichen  Unterricht  auf  das  nöthigste  zu  beschränken,  und 
das,  was  auf  jeder  Stufe  der  Entwickelung  ein  gewöhnlicher 
Schüler  sich  aneignen  kann,  der  Selbstthätigkeit  zu  überlas!^en/ 
insbesondere  wäre  dies  bei  Sprachen  der  Fall,  welche  im  Ver- 
kehre des  Lebens  nicht  mehr  Geltung  haben,  sondern  nur  ab 
Mittel  der  Bildung  dienen  sollen ,  wie  die  lateinische  und  grie- 
chische ;  hier  könnte  ein  groiser  Theil  der  praktischen  Binabung 
der  Privatthätigkeit  anheimgestellt  werden.  Auch  bei  andern 
Gegenständen  könnte  diese  Methode  mehr  oder  weniger  Anwen- 
dung finden,  (für  manche  Partien  der  Ge^hichte  in  den  höhercii. 
Classen).  Weniger  durfte  dies  der  Fall  sein  in  Beziehung  auf 
Mathematik;  auch  die  deutsche  Sprache  als  praktischer  G^en- 
stand,  würde  die  Thätigkeit  de^«  Lehrers  in  höherem  Grade  in 
Anspruch  nehmen,  insofern  der  Unterricht  in  derselben  vorzugs- 
weise als  praktische  Denklehre  gelten  muss,  da  ja  das  Denken 
auf  allen  Stufen  seiner  Bntwickelung  sich  an  die  entsprechenden 
Phasen  der  Sprachentwickelung  knüpft.  —  Natürlich  müsste  ein 
groCser  Theil  der  Unterrichtsstunden  dazu  benützt  werden, 
dass  der  Lehrer  den  Schuler  über  das,  was  sie  gethan  haben, 
Rechenschaft  ablegen  lässt;  am  Schlüsse  eines  jeden  Jahr«-' 
ganges  müsste  -eine  strenge  Prüfung  erfolgen.  Dieselbe 
würde  die  Stufe  bestimmen,  auf  welche  jeder  einzelne  Schüler 
zu  stellen  sei;  und  wie  der  unfähige  und  nachlassige  zurückge- 
halten wird,  so  kenn  der  talentvolle  und  strebsame  rascher  vor- 
wärts kommen  und  seine  Studienzeit  beschleunigt  werden,  —  da 
es  jedenfalls  misslich  ist ,  beide  zugleich  an  einen  Karren  zu 
spannen. 

Der  neue  Organisations-Entwurf  für  Gymnasien  hatte  die 
Schwierigkeit,  die  Schüler  während  der  Unterrichtsstunden  ange- 
messen zu  beschäftigen,  sehr  wohl  im  Auge;  daher  erhielt  nebst 
den  Sitten  und  dem  Fleilse  der  Schüler  auch  die  Aufmerk- 
samkeit eine  Zeugnisciasse.   Ich   halte  diese   Neuerung   nicht 


Aus  der  Schule,  v.  IK  Z.  Befiei.  8S5 

für  hinreichend  begrflndet  Ffir's  erste  lasst  aich ,  namentlich  in 
zahlreicheren  Claasen,  die  Aufmerksamkeit  nicht  immer  mit  Sicher- 
heit bestimmen;  man  kann  sich  hierin  sehr  oft  tauschen.  Wie 
kann  man  auch  immer  aufmerksam  sein?  Man  ist  kränklich,  lei- 
dend; ein  Unglück  ist  eingetreten,  Sorgen,  Kummer  drücken  die 
Seele.  Nun  muss  aber  jede  Classenbezeichnung,  als  einUrtheil, 
wenn  sie  paedagogisch  von  Werth  sein  soll,  die  strengste 
Wahrheit  sein ;  es  ergibt  sich  somit ,  ob  Ausdrücke ,  wie 
«immer  rege  und  wach,^  «stets  gespannf^O!)  zu  billigen  sein 
werden.  —  Endlich  ist  in  dieser  Beziehung  eigentlich  nur  der 
erste  Augenblick  in  unserer  Macht:  wir  wollen  acht  geben.  Es 
kommt  nun  darauf  an,  ob  das  gesagtwerdende  von  Interesse  ist; 
ist  dies  nicht  der  Fall,  dann  dürfte  sich  kaum  jemand  an  einen 
seichen  Vortrag  bleibend  fessebi  lassen.  Es  ist  somit  Sache  des 
Lehrers,  seinen  Vortrag  so  einzurichten,  dass  derselbe  In- 
teresse erregt;  darin  besteht  die  eigentliche  Lehrerkunst, 
und  vom  Grade  derselben  hängt  vorzugsweise  der  Erfolg  des 
ganzen  Geschäftes  ab.  Demnach  wurde  die  Aufmerksamkeit  der 
Schuler  nicht  sowol  auf  das  Zeugnis  des  Schülers,  sondern  viel- 
mehr auf  das  des  Lehrers  gehören.  Ein  Lehrer  somit,  der 
auffallend  viele  gute  Aufmerksamkeitsclassen  gibt,  streut  sich  selbst 
Weihrauch,  und  ein  anderer,  der  das  Gegentheil  thut,  stellt  sich 
selbst  ein  Armuthszeugnis  aus  (wie  ein  Prediger,  der  sich 
beklagt,  dass  seine  Zuhörer  oinschlafen). 

Dagegen  dürfte  es  vielleicht  angemessen  sein ,  zur  alten 
Sitte  zurückzukehren,  wie  sie  an  der  ehemaligen  philosophischen 
Lehranstalt  gebräuchlich  war,  nämlich  die  Fleibclasse  speciel 
aus  jedem  einzelnen  Gegenstände  anzugeben,  namentlich  im 
Obergymnasium.  Hier  scheiden  sich '  schon  die  Strebensrich- 
tungen,  und  der  thatkräftigere  Geist  wählt  sich  seine  Bahn; 
ich  habe  den  Schüler,  der  zwar  in  allen  Gegenständen  gut  ist, 
aber  in  einem  freigewählten  Fache  ausgezeichnet,  lieber  als 
jenen,  der  alles  studiert,  was  man  ihm  vorlegt  —  weil  man 
es  ihm  eben  vorlegt.  Allerdings  lässt  sich  jene  Wahl  des 
Schülers  auch  aus  der  Fortgangsciasse  schlielsen;  allein  ich 
lege  auf  das  Urtheil  über  den  Fleifs,  als  vorzugsweise  das 
Streben  bezeichnend,  mehr  Werth.  Jedenfalls  würde  das  Zeug- 
nis ein  anschaulicheres  y  vollkommeneres  Bild  vom  geistigen  Zu- 
stande des  Schülers  geben. 

Brüx.  W.  Z.  Refsel. 


Voo  B. 


BeBerkvBgea  iv  'ea  T^rstekenden  A  vfsa  tze. 


Eibst  ein  üieWger  BKek 
Md  gtKtiliciieB  BBrieb. 
di»  ist  fir  aeiBe  AnfiialiBe 
gcv«scm;  kk  4«f  n  3iaBCB  irr  Irtbrtira  erklirea,  dass 
J«dtr  M  «cscfte  Wffwdilc,  anf  die  •estreiloac  der 
£*«"^«^^»ge»  Einrickfjige»  gerickMe  AsCMte  abgedmekt 
Mt,  sley  Mgfct  s^  tas,  ^vgcMber  de«  tathmuigen  des  rro- 

^ttcl  «1^  die  Gnade  «ad  TMcUage  de*  Hn.  f ft  n  MendHeo 


^iB  ?(r.  I  teiMS  Asinties  ileOl  der  Br.  n.  des  telrag,  dM«  die 
lÄw  der  okcfUr«  GjMiiiiirliieiB  che«  aBsscftüeidicIl  ia  diesen 
•kenleB  Cfaeeem  Wtduflisl  werdn,  «ad  dw  sie  m  ei^r  geriogereo 
XakI  ▼«■  Uhntnadea  ferpiichtel  sei«  mBc«,  als  die  Lekffer  der  UDleren 
dasse«.  Ibs  crslm  deskalb,  weO  fie  Methode  des  Catemcto  und  die 
tchisd^agswebe  der  ScMler  a  des  eberslc«  CUssea  tob  der  la  deo 
—terra  sa  irciAcfcitdca  sei.  dass  ia  beideflci  Claasea  mX  Notsea  far 
die  Schale  aa  wiriea  fir  dcaicfca  Lekier  a—Bgrali  scL  Das  aadeie 
dei^islb,  weil  der  Calerricfal  ia  dea  oberea  danea  dank  die  Vorbe- 
fcttaag,  die  er  eHbidere,  dorch  die  aUgeveiae  Büdaag,  welchs  der 
Ixiver  aa  seiaer  iweekaafngea  AasülaaBg  bedarfe,  aad  dueb  die 
gralscre  Tertiefdag  des  padagegiscbea  Pfaebdeakeas ,  wdebe  das  er- 
siebcade  Moneat  dieses  Caterncbtes  erbeiscbe,  eiaea  w«H  gfafteren 
Aasprndi  aa  dea  Lebrer  »icbe.  als  der  Caterricbt  ia  deo  aaterea  Classen. 

Betraebten  vir  etwas  geaaaer  die  Fräaüssea  des  Um.  Vf.'s  und 
dann  seine  Folgemagea. 

um  «die  Eleoiente  der  dassiscben  Spraebcn  beisnbringen*  ist 
«eine  oberflieblicbe  Keantais  der  Spraebe  imai^TbiD  genügend.*  Das 
Gleisbe  spricbt  for  dea  Cntrrrieht  ia  dea  .Natarwisseascbaflea  der  Hr. 
feri  mittelbar,  aber  ebenso  bestimmt  ans,  iadem  er  an  r  Ton  dea  Leh- 
rern dieses  Gebietes  in  den  oberen  Classen,  eben  um  sie  Toa  den  io 
den  unteren  Cltssen  xn  unterscheiden,  bemerkt,  dass  IQr  sie  «ein  ober- 
flSchliches  Wissen*  nicht  genüge.  Hier  trennt  sich,  sogleich  bei  dem 
Beginne  der  Erdrtemngm,  meine  Übeneugung  Ton  der  des  Hrn.  S\a 
auf  das  bestimmteste:  Oberflätkiickk^it  des  Wisseas,  das  ist 
meine  Oberxeugung,  bst  in  allem  Cnterriehte  sehlechthin  t  erderb- 
liche Folgen.  £s  ist  möglich,  dass  ttr  Hr.  VI.  bei  dem  Worte  «Ober- 
flächlichkeit,* so  sehr  der  wiederholte  Gebrauch  des  nimlichen  Wortes 
auf  überlegte  Wahl  desselben  tu  schUefsen  gebietet,  etwas  anderes 
gemeint  babe,  als  das  Wort  eigentlich  besagt,  etwa  einen  geringen  Um- 
fing des  Wissens.  Indessen  selbst  unter  Vonussetsung  dieser,  übrigens 
durchaus  anberechtigten  Correctur  des  Ausdruckes  hat  der  Sats  keines- 
wegs die  Giltigkoit,  welche  der  Hr.  Vf.  ihm  zuschreibt.  Betrachten  wir 
ihn  gerade  an  denjenigen  Beispielen,  die  der  Hr.  Vf.  selbst  anfuhrt,  dem 
Sprachunterrichte  und  dem  Cnterriehte  in  den  Naturwissenschaften.  Also 
z.  B. der  Dnterricht  im  Latein  in  den  unteren  Classen.  Anders  als  durch 
reichliche  Übung  in  wohlgewählten  Beispielen  lässt  sich  eine  Sprache, 
lassen  sich  vor  allem  die  Elemente  einer  Sprache  nicht  erlernen;  seihst 
auf  die  Gefahr  hin.  dass  der  Hr.  Vf.  ein  solches  Verfahren  als  «Dressur* 
vcrurtheile,  worauf  zu  Nr.  II  zurückzukommen  ist,  muss  ich  es  für  er- 
forderlieb erklären,  dass  solche  Übung  in  den  Lehrstunden  selbst  reich- 


fietterkongeD  zu  dem  f  oretehenden  Aufinlzc.  Von  B*  Bamiiz.    997 

Hch8t  geschehe,  und  muet  einen  Unterricht ,  der  sieh  auf  dss  Aufgeben 
▼on  Paradigmen  und  Regein  zum  b&uslichen  Lernen,  and  für  die  Lehr- 
stnnden  auf  das  Übersetzen  der  etwa  in  einem  eingeführten  Obungsbuche 
enthaltenen  Beispiele  bescbrinkt^  für  ein  schweres  Unrecht  gegen  die 
.Schuler  erklaren.  Es  ist  nun  ven  der  gröfoten  Wichtigkeit,  dasS  alle 
Beispiele,  welche  der  Lehrer  durch  die  Schüler  herstellen  laset,  zu  wirk- 
lich spraehcorrecter  Form  gelangen;  der  Schüler  gewöhnt  sich  an 
das  Richtige  ebenso  leicht,  als  an  das  halb  oder  ganz  Falsche,  an  ein 
wirkliches  Latein  ebenso  leicht,  als  an  ein  Deutsch  mit  lateinischen 
Flexionsendungen,  und  Quo  gemei  eH  imäuiat  Wer  bei  diesem  Reich- 
thom  der  Beispiele,  dieser  Beweglichkeit  in  ihrer  Handhabung,  wie  sie 
der  Sprachunterricht  schon  in  den  Elementen  unerlasslich  erfordert, 
die  volle  Sicherheit  correcter  Spreche  haben  will ,  der  muss  nicht 
allein  in  der  Grammatik  unbedingt  fest  sein,  sondern  er  muss  auch  hin- 
längliche Lecture  in  der  Sprache  haben;  sonst  bringt,  bei  allem  didak- 
tischen Geschicke  und  bei  aller,  trotzdem  erforderlichen  Vorbereitung, 
sein  Unterricht  den  Schfilern  einen  Nachtheil,  der  sich  spater  nicht  leicht 
wieder  gut  machen  läset.  Man  ist  leider  nur  zu  sehr  geneigt  ^  auf  den 
Sprachunterricht  in  den  unteren  Glassen  mit  Oeringschätsung  herabzu- 
sehen, als  auf  einen  Unterricht,  fir  den  eine  «oberflächliche  Kenntnis 
immerhin  ausreichend*  sei;  aber  man  übersieht,  welche  strengen  Er- 
fordernisse nicht  nur  an  die  didaktische  Gewandtheit,  auf  die  man  so 
•  gern  alles  zurückfuhren  möchte,  sondern  an  die  Gediegenheit  des 
Wissens  gestellt  werden  müssen,  wenn  die  Aosfühcong  dieses  Unterrich- 
te« gesichert  sein  soll.  Wenn  die  angedeuteten  Grtinde  den  Um.  Vf.  von 
der  Unhaltbarkeit  seiner  Ansicht  nicht  überzeugen,  so  lässt  sich  auf  eine 
unbestreitbare  Thatsache  hinweisen.  Der  Sprachbücher  für  den  Elementar- 
unterridit -erscheinen  fortwährend  sehr  viele;  der  Hr.  Vf.  wolle  nun  bei 
einem  Cberblicke  über  dieses  Gebiet  der  ScftniUiteratur  seit  dem  Beginne 
-des  jetzigen  labrhonderts  untersuchen,  welche  Bächer  vornehmlich  es 
waren,  die  dem  Unterrichte  einen  erfolgreichen  Impuls  gegeben,  die  eine 
weite  Ausbreitung  gewonnen  und  eine  lange  Dauer  behauptet  haben; 
er  wird  finden,  dass  sie  von  Mannern  verCasst  waren  und  sind,  die  zu« 
gleich  auch  in  der  wissensichafllichen  Literatur  eine  geachtete  Stelle 
einnehmen. 

Förden  naturwissenschaftlichen  Unterricht,  also  z.B.  für 
den  naturgeschicbtiichen  Unterricht  in  den  unteren  Glassen,  soll  nach  des 
Hm.  Vf/s  Ansicht  eine  «oberflich liehe*  Kenntnis  immerhin  genügen. 
Man  muss  im  Gegentheil  erklären,  dass  durch  den  principiellen  Wider- 
stand, den  hier  und  da  dieser  Gegenstand  erfährt,  der  naturgesehicht- 
liche  Unterricht  bei  weitem  nicht  so  gefährdet  ist,  als  durch  eine  aus 
«oberflächlicher*  Kenntnis  hervorgehende  Ausfuhrung.  Ein  Lehrer  der 
Naturgeschichte  in  den  unteren  Glassen  muss  in  der  Wissenschaft  voll- 
kommen einheimisch  sein,  um  richtig  eben  das  auszuwählen ,  was  dem 
Anfänger  zugänglich  ist,  seine  Aufmerksamkeit  schärft,  eine  beständige 
Anregung  zu  geistiger  Thätigkeit  enthält,  nnd  zugleich  Grundlagen 
schafft,  auf  denen  sich  später  weiter  bauen  lässt;  betrachtet  man  die 
fhatsäohlichen  Fälle,  in  denen  der  naiurgeschichtliche  Unterricht  zu  einer 
blofsen  Anforderung  an  das  Gedächtnis  der  Schuler  gemacht  wird,  und 
durch  den  mafslosen  Druck  berechtigten  Anlass  zu  Klagen  gibt,  so  mag 
zwar  zuweilen  Mangel  an  richtiger  Werthschälung  dieses  einen  Gegen- 
standes im  Verhältnis  zu  dem  Ganzen  des  Gymnasiums  die  Ursache 
des  Verfehlens  sein,  in  den  meisten  Fällen  aber  entstehen  die  Fehler 
des  Unterrichts  vielmehr  aus  Mangel  an  sicherer  Herrschaft  über  den 
Gegenstand. 

Die  Beispiele  des  Sprachunterrichtes  und  des  naturwissenschaft« 
•Kehen  Unterrichtes  fuhrt  der  Hr.  Verf.  selbst  an,   unverkennbar  in  der 


388    tfeMerküDgcn  zu  %\em  vorstehenden  Auftalze.  Von  ä, 

■  VöraoMetzabg,  dass  sich  an  ihnen  recht  ievident  eine  «oberflichUche' 
Renntnis  als  genügend  für  den  Lehrer  der  unleren  Classen  erweise;  die 
geehrten  Lesser  werden,  die  so  eben  gegebenen  Andeutungen  erwägend, 
entscheiden,   ob  diese   Beispiele  des  Um.  Vf.'s  Ansicht   bestätigen  oder 

-  widerlcgea  Mögen  unsere  Gymnasien  vor  dem  Unheile  bewahrt  lileiben, 
dass  ffir  irgend  einen  Theil  ihrer  Lehrer  eine  «oberflSchliche  Renntnis* 
ihr^r  Gegenstände  als  genügend  ausdrücklich  anerkannt  werde;  von 
demselben  Augenblicke  an  würde  die  innere  Zersetiung  unserer  Gym- 
nasien entschieden  sein. 

Aber  nicht  nnr  In  Betreff  des  Wissens  statuiert  der  Hr.  Vt  iwisehes 
der  Qualificalion  eines  Lehrers  der  oberslen  und  eines  der  unteren 
Classen  einen  bis  zu  vollkommen  trennendem  Gegensatz  reidienden  Dntcr- 
schiedy  sondern  betont  dann  noch  femer  das  Moment,  dass,*  im  Unter- 
schiede von  dem  Lehrer  der  unteren  Classen,  der  der  obersten  «allge- 

-meine  Bildung*  bedürfe,  um  seinen  Gegenstand  mit  Erfolg  zu  lehren. 
Der  Hr.  Vf.  scheint  darunter  zu  verstehen,  dass  ein  Lehrer  in  denjenigen 
Gebieten,  welche  zu  seinem  unmittelbarsten  Lehrlache  in  mannigfaltigen 

.Beziehungen  stehen,  heimisch  genug  sein  müsse,  um  diesen  Beziehungen 
in  seinem  Unterrieht  gerecht  werden  zu  können.  Hiedureh  ist  ja  aber 
keine  andere  Forderung  ausgesprochen.  aJs  die  der  Gründlichkeit  im 
eignen  Fache;  denn  eine  Leclüre  griechischer  oder  römischer  Classiker» 
welcher  die  zu  Grunde  liegenden  historischen  Zustande  fremd  wireiiy 
eine  Kenntnis  griechischer  oder  römischer  Geschichte,  der  die  Quellen 

-  ein  verschlossenes  Bpch  sind ,  wird  doch  niemand  dieses  Namens  für 
wcrib  halten  wollen.  Also  bei  dieser  durch  den  Um.  Vf.  selbst  gege- 
benen Auslegung  von  «allgemeiner  Bildung*  fügt  dieser  Anspruch  zu 
dem  vorigen  nichts  neues  hinzu;  es  ist  daher  nicht  nölhig.  diesen  Punet 
von  Neuem  in  Erwägung  zu  ziehen  Versteht  dagegen  der  flr.  Vt  unter 
allgemeiner  Bildung  dasselbe,  was  der  übliche  Sprachgebrauch  bei  iSesem 
Worte  zu  denken  gebietet ,  so  ist  auch  hierin  durchaus  nicht  eins  For- 
derung anzuerkennen,  welche  nur  die  Lehrer  der  oberen  Classen  träfe. 

.  In  welchem  Mafse  dieselbe  bei  allen  Lehrern  erforderlich  ist,  wenn  diese 
wirklich  ein  einheitliches  Collegium  sollen  bilden  können,  welchen  Nach- 
theil ihr  nicht  zu  verkennender  noch  zu  verschweigender  häufiger 
Mangel  den  Gymnasien  bringt,  h«ibe  ich  vor  Kurzem  Anlass  gehabt  dar- 
zulegen (Jahrg.  1859.  S.  867)  und  erlaube  mir  darauf  zu  verweisen. 

«Die  psBdagogische  Einwirkung  in  den  oberen  Classen  ist  viel 
schwieriger  als  in   den   unteren.*     Ich  unterlasse  es  wissentlich ,  dem 

-Hrn.  Vf.  in  das  Gebiet  seiner  psychologischen  Hypothesen  von  dem  cun- 
beschriebenen  Blatte,*  welches  die  Seele  des  zehnjährigen  Knaben  sei 
u.  ä.  m.zu  folgen;  in  dem  beschränkten  Räume  eines  Joumalaufsatzes 
liefse  sich  ja  doch  nicht  Verständigung  über  die  Principien  der  Psycho- 
logie erreichen.  Statt  dessen  will  ich  mich  lieber  auf  Facta  berufen, 
die  aufserhalb  alles  Streites  liegen.  Man  höre  die  Erfahmngen  an  ver- 
schiedenen Schulen,  oder  an  derselben  Schule  die  Erfahrungen  aus  ver- 
schiedenen Zeiten  oder  von  verschiedenen  Lehrern;  hier  oder  jetzt  oder 
für  diesen  Lehrer  sind  es  die  unteren  Classen,  dort  oder  dann  oder  für 
jenen  Lehrer  sind  es  die  mittleren  oder  die  oberen,  in  denen  die  Auf- 
rechthsltung  der  äufseren  Zucht  und  der  moralische  Einfluss  schwerer 
zu  erreichen  ist.  Wäre  schlechthin  und  an  sich  die  paedagogische  Seite 
des  Unterrichtes  in  den  oberen  Classen  schwieriger  als  in  den  unteren, 
so  wäre  eine  solche  Verschiedenheit  der  Erfahrungen^  wie  dieselbe  that- 
säclilich  vorliegt,  nicht  möglich. 

Verschieden  sind  allerdings  die  Mittel  des  Unterrichtsund 
der  erziehenden  Einwirkung  nach  dem  verschiedenen  Alter  und  dem 
verschiedenen  Bildungsgrade  der  Schüler.  Und  darum,  sagt  der  Hr.  Vf., 
darf  man  nicht  verlangen,  dass  ein  Lehrer  der  obersten  Classen  auch  in 


Bemerkungen  su  dem  vorstehenden  Aubatte.  Von  K,  BomU%,    SS9 

einer  mittleren  oder  unteren  Unterricht  gebe ;  wenn  er  jenen  Onterricht 
gut  ertheilt^  so  wird  und  muss  ihm  dieser  mislingen.  —  Wunderbar! 
Wer  kfime  nieht  oft  genug  in  den  Fall,  dass  er  über  denselben  Oegen«> 
stand  bald  mit  Männern,  die  ihm  an  Bildung  gleichstehen,  bald  mit 
unmündigen,  sum  Urthiile  voreiligen  Knaben  und  Junglingen,  bald  mit 
Leuten  von  beschränkter  Einsicht  zu  sprechen,  dass  er  unmittelbar  nach 
einander  mit  Vorgesetzten,  Gleichgestellten,  Untergebenen ,  mit  Männern, 
mit  Frauen,  mit  Kindern,  zu  verkehren  hat  —  und  doch  nicht  den  Ton 
des  einen  Verkehres  in  den  anderen  überträgt  Ist  denn  gerade  der 
Lehrer  der  oberen  Oymnasialdassen  einem  Instrumente  gleich,  das  nur 
auf  einen  einsigen  Ton  gestimmt  ist,  und  l>ei  jedem  Versuche  eines 
anderen  Tones  Misklänge  geben  mussf  Es  mag  sein,  dass  Neigung  und 
Talent  dem  einen  in  den  unteren,  einem  anderen  in  den  oberen  Classen 
einen  eminenten  Erfolg  des  Unterrichtes  geben ;  solchen  Umständen  ge- 
l»fihrend  Bechnung  zu  tragen  ist  eine  wesentliche  Aufgabe  einer  wahr- 
haften Directoriallhätigkeit ;  aber  etwas  ganz  anderes  ist  die  prin- 
cipielle  Ausschliefsl  ich  keit,  welche  der  Hr.  Vf.  als  noth« 
wendig  zu  erweisen  sucht;  diese  Ist  nicht  erwiesen  und  nicht  erweisbar. 

Das  sind  die  Prämissen ,  auf  welclie  der  Ur.  Vf.  seine  Anträge  zu 
Umgestaltungen  gründet.  Es  wäre  hiernach  nicht  nöthig,  die  Anträge 
selbst  erst  noch  in  Betracht  zu  ziehen ,  da  sie  natürlich  mit  den  Prä- 
missen stehen  oder  fallen.  Indessen  selbst  abgesehen  von  ihrer  unhalt- 
baren Begründung  nOthigen  dieselben  zu  ein  paar  Bemerkungen« 

Indem  der  Hr.  Vf.  für  die  Lehrer  der  obersten  Classen  eine  exi- 
mierte  Stellung  beansprucht,  ist  es  seine  Absicht  durchaus  nicht,  «die 
Lehrer  der  unteren  Classen  in  ihrer  Stellung  zu  beeinträchtigen.*  Ob 
der  Hr.  Vf.  dies  beabsichtigt  oder  nicht,  das  kommt  für  die  Sache 
gar  nieht  In  Betracht,  da  dasjenige ,  was  der  Hr.  Vf.  nicht  zu  beabsich- 
tigen erklärt,  die  nothwcndige  und  unausbleibliche  Folge  seines  Antrages 
sein  würde.  Das  Collegium  würde  in  die  zwei  scharf  unterschiedenen 
Theile  der  Bevorrechteten  und  der  Minderberechtigten  zerfallen,  und 
diese  Trennung  des  Collegiurnji  würde  in  weilerer  noihwendiger  Folge 
die  Zerklüftung  der  Lehranstalt  selbst  in  die  entsprechenden  Theile 
nach  sich  ziehen.  Also  mag  dies  nun  in  der  ausdrucklichen  Absicht  des 
Hrn.  Vf. 's  liegen  oder  nicht,  die  unvermeidlichen  Consequenzen  seines  An- 
trages fuhren  zu  der  Wiederheritellung  dir  ehemaiigen  pkfiotcpkiicken 
Citne  und  zur  Aufhebung  ihrer  durch  a.  h.  Entschlielsung  sanctioniertcn 
organischen  Verbindung  mit  dem  Gymnasium.  Dass  übrigens  eine  solche 
Trennung,  mag  sie  ausdrückliche  Absicht  sein  oder  nicht,  dem  Gedanken- 
gange des  Hrn.  Vf.'s  sehr  nahe  liegt,  geht  aus  den  besorgten  Äufserun- 
gen  hervor,  mit  denen  derselbe  die  für  das  Gymnasium  bemessene  Zeit 
von  acht  Jahren  betrachtet,  als  einen  Zeitraum  von  zu  grofser  Ausdeh- 
nung, um  ihn  in  den  Rahmen  der8elk)en  Anstalt  einzuschlieÜBen.  Aber  es 
ist  kein  Zufall,  dass  gleichmäfsig  in  einem  weiten  Gebiete,  das  in  den 
aUgemeinen  Culturverhältnissen  nahe  verwandt  ist,  die  Gymnasialzeit  zu 
ungefähr  gleicher  Dauer  sich  ausgebildet  hat,  und  dass  in  Österreich 
anderthalb  Decennien  hindurch  vor  dem  Eintreten  der  jetzigen  Organi- 
sation die  Verbindung  der  philosophischen  Curse  mit  den  Gymnasien 
Gegenstand  der  Anträge  von  fast  allen  Länderstcllen  war,  daher  auch 
diese  Vereinigung  verfügt  wurde,  ehe  noch  irgend  Specielleres  über  die 
Neugestaltung  sich  hatte  feststellen  lassen.  Der  Anfang  und  der  End- 
punet  des  Gymnasiums  sind  durch  unläugbare  Erfordernisse  in  der  Natur 
der  Sache  selbst  bestimmt:  das  Gymnasium  beginnt  da,  wo  der  Unter- 
richt derjenigen  Knaben  und  Jünglinge ,  welche  einst  im  Dienste  der 
Kirche  und  des  Staates,  als  Prediger,  Richter,  Beamte,  Ärzte  und  Lehrer 
ihren  Beruf  finden  werden,  andere  Grundlagen  erfordert,  als  für  diejeni- 
gen, welche  den  bürgerlichen  Gewerben,  dem  Handel,  der  Industrie  einst 


330    Benerkungen  zu  dem  voratehenden  Aufsätze.  Von  U,  Baniit. 

ibre  Thatigkeit  widmen  wollen;  das  Gymnasium  schlierst,  wo  aus  dieser 
allgemeineren  Grundlage  des  Wissens  und  der  Bildung  übergegangen 
werden  muss  zu  den  speciellen  Facbstudien  und  die  fieife  su  ihrer 
Wahl  wie  zu  ihrem  selbständigen  Betreiben  vorausgesetzt  werden  darf. 
Aus  dieser  Gleichheit  in  der  Natur  der  Sache,  nicht,  wie  «in  fluchtiger 
Blick  etwa  mikihte  vermuthen  lassen,  aus  zufalliger  Nachahmung,  ist  die 
nahezu  gleiche  Bestimmung  über  die  Dauer  der  Gymnaslalseit  in  einem 
weiten  Bereiche  hervorgegangen.  Es  ist  möglich,*  dass  weitere  Versuche 
das  an  sich  wünschenswerthe  Ziel  (vgl.  Organisations-Entwnrf  etc.  Vor- 
rede S.  4)  erreichbar  machen,  die  Jugend  der  Gymnasien  und  die  Jugend 
der  Realschulen  in  den  ersten  Theilen  ihrer  Schulzeit  noch  vereinigt  zu 
lassen.  Aber  ein  früherer  Abschluss  der  Gymnasialzeit  widerspricht 
der  Natur  der  Aufgabe,  und  welche  Nachtheile  das  Einschieben  einer 
Zwittergestalt  bringt,  wie  die  der  philosophischen  Gurse  es  war,  darüber 
besteht  eine  feste  Oberzeugung  bei  Tausenden,  die  selbst  jenem  ünter- 
richtsgange  unterworfen  waren  und  jetzt  an  ihren  SOhnen  die  Wirksam- 
keit der  gegen  wirtigen  Gymnasien  beobachten. 

Der  Hr.  Vf.  beantragt  ferner  für  die  Lehrer  der  obersten  Classen  die 
Verpflichtung  zu  einer  geringeren  Anzahl  von  Lehrstunden.  Die 
Gründe  des  Hm.  Vf.'s  sind  bereits  besprochen  und  als  unhaltbar  abge- 
lehnt; ich  darf  daher  den  Antrag  nunmehr  eben  nur  als  einen  indivi- 
duellen Wunsch  des  Hrn.  Vf.'s^betrachten  und  ihm  einen  individuellen 
Wunsch  nach  meiner  innigsten  Überzeugung  entgegenstellen:  ich  wünsche 
dem  AflterreichiBchen  Lehrstande  zu  seinem  und  der  Schulen  Heil  eine 
nicht  blöls  für  den  Anfang  der  amtlichen  Thatigknit  ausreichende,  son- 
dern auch  f&r  ihren  femernen  Verlauf  mit  der  natürlichen  Zunahme  der 
Bedürfoisse  günstiger  werdende  ökonomische  Stellung;  Freiheit  von 
drückenden  Sorgen  um  die  Existenz  ist  erforderlich,  wenn  sich  ein 
Lehrer  tnit  freudiger,  opferwilliger  Hingebung  seinem  wichtigen  Berufe 
widmen  und  überdies  zu  den  für  seine  Amtsthätigkeil  selbst  unerlass- 
lichen  wissenschaftlichen  Studien  Kraft  und  Lust  bewahren  soll.  Eine 
Verringerung  der  durchaus  billig  bemessenen  Verpflichtung  zu  bestimm- 
ter Zahl  von  Lehrstunden  würde  ich  ohne  Misgunst  betrachten  aber 
darin  einen  Segen  für  den  Lehrstand  oder  für  die  Schulen  zu  hoffen 
verbietet  mir  die  Rücksicht  auf  Erfahrungen,  gegen  die  ich  meinen  Blick 
nicht  verschliefsen  kann.  Es  gibt  bekanntlich  innerhalb  des  österreichi- 
schen Staates  Gebiete,  in  denen  es  die  Verhältnisse  mit  sich  gebracht 
haben,  dass  die  Gymnasiallehrer  zu  einer  geringeren  Anzahl  von  Lehr- 
stunden verpflichtet  sind,  als  in  den  übrigen  Kronlandem,  und  die  Er- 
fahrung zeigt ,  dass  die  Leistungen  in  diesem  Falle ,  um  den  mildesten 
Ausdruck  zu  gebrauchen,  keineswegs  höher  stehen.  Mit  Entsetzen  weist 
der  Hr.  Vf.  auf  Preufsen  hin ,  wo  man  «in  Belastung  der  Lehrer  und 
Schüler  das  Äufserste  gethan*  habe.  Er  hätte,  um  die  Sache  richtig  zu 
bezeichnen,  nicht  von  Preufsen,  sondern  von  dem  gesammten  nicht- 
österreichischen Deutschland  reden  sollen ,  denn  in  dieser  Hinsicht  sind, 
wie  den  Hrn.  Vf«  ein  Blick  in  die  Schulprogramme  überzeugen  kann, 
die  Verhältnisse  im  Wesentlichen  gleich.  Einen  Tadel  von  solcher  Schärft 
und  Bitterkeit  sollte  niemand  aussprechen,  ohne  erst  den  thatsächlicheu 
Bestand  genau  kennen  zu  lernen  und  eingehend  zu  erwägen.  Dnd  dass 
die  dort  übliche  Verpflichtung  zu  18,  20,  auch  %Z  wöchentlichen  Lebr- 
«tunden  sammt  den  dazu  erforderlichen  Correcturen  keine  Überbürdung 
ist  für  einen  Gymnasiallehrer,  der  die  solide  Basis  gründlichen  Wissens 
bereits  auf  der  Universität  erworben  hat  und  nicht  erst 
allmählich  im  Amte  auf  Anlass  des  jeweiligen  Bedarfes  gewinnen  will: 
das  liegt  auch  für  den,  der  nicht  aus  eigner  Erfahrung  die  Verhältnisse 
4er  dortigen  Gymnasialleh/'er  kennt,  durch  eine  edatante  Tbatsache  be- 
zeugt vor.  Die  gesammten  deutachen  Bundesstaaten ^  mit  Ausschluss  d^s 


Bemerkungen  su  dem  vorstehenden  Aufsatse.  Von  B,  Bowli%»    SSt 

Oaterreiehisoben  Staates,  haben  ungefähr  !M0  Gymnasien.  Der  Hr.  Tt 
wolle  nan  gefälligst  die  Literaturen  der  einzelnen  M^issenschaften ,  di« 
Monographien  in  den  didaktischen  und  Fäcbjoiimalen  beachten  >  um 
lu  ersehen,  welcher  Antheil  werthvoller  Publieatiouen  aiuf  *den  Stand 
der  65naana8iallehrer  Deutschlands  jahrlich  f&llt,  Poblioationen ,  nielit 
hiofs'fur  das  BedQrfnia  der  Schule,  «ondem  cur  Förderung  der  Wissen- 
schaft. Pnblicationen,  lu  denen  keine  äufsere  Verpflichtung,  keine  irgend 
in  Betracht  kommende  Aussicht  auf  pecuninSren  Gewinn  antreibt  ^  das 
Honorar  fQr  wissenschaftliche  Arbeiten  ist  bekanntlich  nicht  der 
Rede  werth.  Es  kann  sein »  dass  diese  thfitige  Betheiligung  des  Lehr« 
Standes  an  den  Fortschritten  der  Wissenschaften  bei  manchen  ein  an* 
günstiges  ürtheil  erfahrt ,  als  ziehe  sie  von  der  «Praxis'  ab ,  w&hrend 
sie  in  Wahrheit  dem  Lehrstand  der  Gymnasien  die  geistige  Frische  er- 
halt —  um  dieses  ürtheil  handelt  es  sich  hier  nicht,  wir  können  es 
ganz  dahingestellt  sein  lassen.  Die  Thatsaehe,  auf  die  ich  hinge* 
wiesen  habe,  beweist,  dass  den  Gymnasiallehrern  «draufsen  im  Reiche' 
zu  dieser  die  unmittelbaren  laichten  des  Amtes  überschreitenden 
Betheiligung  die  Zeit  und  die  Frische  der  Lust  und  Kraft  bleibt ,  und 
dass  des  Um.  Vf.'s  Entsetzen  über  das  Extrem  der  Belastung  eine  sub* 
jective  Phantasie  ist,  welche  in  dieser  Bestimmtheit  als  Vorwurf  ausni- 
sprechen  die  historische  Prüfung  der  Thatsachen  abhalten  sollte. 


In  Pfr.  II  handelt  der  Hr.  Vf.  von  der  Methode  des  Onterrichtes 
im  Allgemeinen  und  von  dem  Verhältnis  der  Lehrstunden  zu  den  häus- 
lichen selbständigen  Beschäftigungen  der  Schüler.  Sehen  wir  von  eini- 
gen am  Schlüsse  eingefügten  beiläufigen  Bemerkungen  ab,  so  ist  der 
hauptsichliehe  Gedankengang  folgender? 

Das  Wesen  des  Dnternchts  ist  Entwickelung  der  Selbstthätigkeit ; 
der  Onterricht  soll  nicht  dressieren,  sondern  den  Gegenstand  dem  si?hüler 
geistig  nahe  legen ;  daraus  geht  für  das  Leben  Bildung  des  Charakters 
hervor,  und  zwar  Bildung  eines  sittlichen  Charakters.  Allein  «in  dem 
preufsischen  Unterrichisystem.*  «in  der  gegenwärtig  in  Deutschland  all- 
gebräuchlichen  Methode*  herrscht  ein  Verfahren,  das  «wenn  es  nicht 
gerade  Dressur  ist,  doch  sehr  oft  nahe  an  derselben  hinslreift*  Om  diesem 
Obel  zo  steuern  ist  die  Anzahl  der  Lehrstunden  zu  vermindern ;  dadurch 
wurde  für  den  Schüler  der  nöthige  Raum  gewonnen  zu  «selbsfündigerer 
Bewegung'  und  zur  Bildung  des  Charakters;  die  Lehrer  würden,  durch 
Minderung  mancher  materieller  Arbeiten  «Mufse  für  ihre  eigentlichen 
Studien  gewinnen.*  und  es  würden  an  sie  höhere  paedagogische  Anfor- 
derungen gestellt  werden  können. 

Der  Aufsatz  des  Hrn.  Vf.'s  ist,  wie  ja  schon  das  Vorwort  aus- 
drücklich besagt,  in  polemisch-kritischer  Tendenz  geschrieben,  ich  habe 
dalier  bei  wiederholtem  Lesen  dieses  zweiten  Abschnittes  zur  Gewissheit 
darüber  zu  gelangen  gesucht,  gegen  wen  der  Hr.  Vt  in  demselben 
seine  Kritik  richtet. 

«Das  preufsische  Dnterrichtssystem,*  «die  in  Deutschland  allge- 
brauchliche  Methode*  nennt  der  Hr.  Vf.  mit  unverhohlenem  Unwillen; 
dort  findet  nach  seiner  Darstellung  eine  Lehrweise  statt,  die  liart  an 
Dressur  streift,  «unablässige  Einübung  unter  persönlicher  Anleitung  des 
Meislers,*  also  in  den  Lehrstunden;  solchem  Verfahren  gegenüber  ver- 
langt der  Hr.  Vf.  in  seinen  Reformvorchlägen  weniger  Lehrstunden  und 
mehr  Zeit  für  die  Schüler  zu  häuslicher  Beschäftigung.  Es  unterliegt 
daher  keinem  Zweifel,  der  Hr.  Vf.  glaubt  in  diesem  Abschnitte  die  in 
PreuCien  und  überhaupt  in  dem  aufserösterreichischen  Deutschlande  üb- 
liche Dnterrichtsweise  zu  kritisieren.  Leider  muss  ich  auch  hier  wieder 
dieeef  Meinung  des  Hrn.  Vf.'s  einfach  die  Thatsachen  entgegenstellen. 


333    Bemefkunge«  zu  dem  vorstehenden  Aufsätze.  Von  H.  ßtmiit. 

Es  ist  noeh  nicht  allzulange  her,  dass  der  Lorinser'sche  Streit  die 
preufsische  Schulwelt  in  Bewegung  setzte.  Der  Anlass  zu  den  gegen 
die  Gymnasien  erhobenen  Anklagen  lag  bekanntlich  nicht  etwa  darin, 
dass  man'  alles  in  den  Lehrstunden  «unter  persönlicher  Anleitung  des 
Meisters*  zu  erreichen  suchte,  sondern  vielmehr  eben  darin,  dass  der 
häuslichen  Thatigkeit  der  Schüler,  also  jener  von  dem  Hrn.  Yf.  so 
nachdrücklich  empfohlenen  cselbstandigen  Beschäftigung*  derselben,  in 
Wirklichkeit  oder  doch  nach  der  Ansicht  der  Anklager  der  Gymnasien, 
zu  viel  zugemuthet  werde.  Ein  Zustand  des  Gymnasialunterrichtes,  wie 
ihn  der  Hr.  Vf.  als  Object  seiner  Eritik  voraussetzt,  macht  den  ganzen 
Streit,  sammt  den  eingehenden  daran  sich  anschlieisenden  Untersuchun- 
gen, zu  einer  haaren  Unmöglichkeit.  Sollte  die  Erinnerung  an  diese 
Thatsache  den  Hm.  Vf.  noch  nicht  überzeugen,  dass  die  Lebhaftigkeit 
seines  Unwillens  gegen  deutsches  Unterrichtswesen  ihn  hier  die  Wirk- 
lichkeit hat  vergessen  lassen,  oder  sollte  ihm  jener  Lorinser'sche  Streit 
schon  ^iner  zu  fernen  Vergangenheit  anzugehören  scheinen,  so  ersuche 
ich  ihn,  aus  der  Gircularverfügung  des  preufsischen  Unterrichts-Hiniste- 
riums  vom  20.  Mai  1S54  (Gentralblatt  für  die  gesammte  Unterrichls- 
"verwaltung  in  Preufsen.  Jahrgang  1S59.  S.  71)  zu  ersehen,  welches 
die  that sächlich  vorhandenen  Obelstände  sind,  deren  Beseitigung 
die  Unterrichtsbehörde  fordert,  oder  in  der  jetzt  erscheinenden  «En- 
cyklopsedie  des  gesammten  Erziehungs-  und  Unterrichtswesens,*  welche 
sich  als  ein  Ausdruck  der  In  Deutschland  herschenden  oder,  bei 
noch  streitigen  Puncten,  der  einander  bekämpfenden  Oberzeugungen  be- 
trachten lässt,  den  trefflichen  Aufsatz  Roth's  über  «Aufgaben*  Bd.  L 
8  ^3  nachzulesen.  Der  Hr.  Vf.  wolle  gefalligst  mit  den  angeführten 
Thatsachon,  mit  den  Worten  der  Behörden  und  der  Schulmänner,  die 
inmitten  der  von  ihnen  geschilderten  Zustände  leben,  das  Bild  ver- 
gleichen» das  er  selbst  davon  entwirft,  und  dann  entscheiden,  ob  dieses 
irgend  einen  Anspruch  auf  historische  Wahrheit  hat 

Aber  unter  dem  Ausdrucke  «preuOsisches  Unterrichtssystem,*  «die 
in  Deutschland  allgebräuchliche  Methode*  ist  vielleicht  nichts  anderes 
gemeint,  als  die  in  Österreich  gegenwärtig  gesetzlich  gilUge  Einrichtung 
des  Gymnasialiinterrichtes.  Eine  solche  Auffassung  ist  keine  willkürliche 
Deutelei,  sondern  zeigt  sich  bei  näherer  Betrachtung  als  Nothweudig- 
keit.  Der  Hr.  Vf  kündigt  seine  Aufsätze  ausdrücklich  als  eine  Kritik 
des  in  Österreich  jetzt  geltenden  « Unterrichtsgesetzes*  an;  es  kann  also 
«inmöglich  ein  Hauptabschnitt  derselben  blofs  gegen  auswärtige  Zustände, 
er  muss  zugleich  gegen  die  einheimischen  gerichtet  sein.  Ferner,  in 
den  Folgerungen,  den  Anträgen  auf  Veränderung  des  Lehrplanes,  tritt 
diese  Beziehung  auf  die  in  Österreich  geltenden  Eiorichtungen  augen- 
«cheiulich  hervor.  Also  an  der  Absicht  des  Hrn.  Vf. 's.,  auch  durch  diesen 
Abschnitt  Kritik  zu  üben  über  die  jetzige  Organisation  der  Gymnasien 
lässt  sich  schwerlich  zweifeln;  aber  es  ist  mir  unmöglich,  in  der  gegeo- 
wärtigen  Organisation  etwas  zu  finden,  worauf  die  Kritik  des  Hrn.  VL's 
wirklich  Anwendung  fände.  Ober  das  Verhältnis  der  Lehrstunden  zu 
den  Aufgaben  für  häusliche  Beschäftigung  spricht  der  Organisations- 
Entwurf  S.  100  Grundsätze  aus,  welche  in  allen  nachfolgenden  Erlässen 
des  Unterrichts-Ministeriums  nur  wiederholt  oder  bestimmten  Anlässen 
gegenüber  eingeschärft  worden  sind.  Die  hieher  gehörige  Hauptstelte 
des  Org.  Entw.  lautet: 

«Im  Allgemeinen  folgt  hieraus  zunächst,  dass  ein  Unterricht,  wel- 
cher ausschliefslich  oder  auch  nur  vorherrschend  ein  blofses  Vortragen 
der  Lchrgegenstände  wäre,  etwa  nach  der  Art  des  Universitäts-Unter- 
richtes ,  dem  Standpuncte  der  Gymnasien  völlig  unangemessen  ist 
Gerade  im  Gegentheile  fordert  dieser  Standpunct,  dass  den  Schülern  so 
wonig  Zeit  als  möglich  gelassen  werde  zu  einem  blofs  passiven  Zuhö- 


'ü  Bemerkungen  zu  dem  vorstehenden  AufsaUe.  Von  it,  B0nli%.    333 

ren,  welches  jeden  Augenblick  in  Oedankenlosigkeit  oder  Zerstreutheit 
übergehen  kann,  und  wobei  der  Lehrer  zu  spät  erfahrt,  wie  oft  seine 
Rede  misverstanden  worden ,  während  der  ganze  Unterricht  jener  Erre- 
gung und  Freudigkeit  der  Schüler  entbehrt,  welche  in  diesem  Alter  nur 
da  entsteht,  wo  der  Unterricht  ein  fortwährendes  Arbeiten  der  Schüler 
ebenso  wohl  als  der  Lehrer  ist. 

Die  Aneignung  der  Kenntnisse  durch  die  eigene  Thätigkeit  der 
Sehüler  zu  bewirken,  muss  femer  vornehmlich  die  Aufgabe  der  Lee«, 
tionen  selbst  sein.  Uiedurch  soll  keineswegs  der  Werth  des  häuslichen 
Fleilses  und  der  Aufgaben  för  ihn  herabgeselzt  werden,  im  Gegentheü 
fordert  eine  gesunde  Schuleinrichtung,  dass  die  Schule  ihre  Wirksam- 
keit auf  den  Schüler  über  die  Zeit  der  Lehrstunden  hinaus  erstrecke» 
und  in  der  Regel  für  jede  folgende  Lehrstunde  eine  Leistung,  und  sei 
sie  auch  noch  so  gering  und  unbedeutend,  zur  bestimmten  Pflicht  mache. 
Aber  im  den  leärsitmdem  ielöst  tmd  durch  di€$eiben  mu$$  der  Seküier. 
z»  arbeUen  gelerm  kaben^  um  t«  Umue  okm  de$  Lekrere  Biife  ar- 
heUen  •»  kdtmem.  Dies  gilt  in  besonders  hohem  Grade  für  die  unter- 
sten Lehrstufen;  denn  auf  diesen  ist  es  eine  Hauptaufgabe,  eine  solche 
Aufmerksamkeit  der  Schüler  zu  erreichen,  dass  der  Gegenstand  des  Un- 
terrichtes der  Hauptsache  nach  in  der  Lehrstunde  selbst  gelernt  wird» 
und  die  häusliche  Arbeit  nur  das  feste  Einprägen  des  schon  im  Wesent-. 
liehen  Gelernten  zu  vollenden  hat.  Mit  dem  Aufsteigen  zu  den  höheren 
Lehrstufen  gewinnt  allerdings  die  häusliche  Beschäftigung  der  Schüler 
eine  selbständigere  Bedeutung;  aber  für  die  gesammte  Schulzeit,  von  der 
untersten  Glasse  bis  zur  oberslen,  bleibt  es  unerlässlicbe  ForderwHf  am 
die  Sekuie,  daes  eie,  wae  für  die  AnleUung  dee  Scküieri  m  eeiiiin 
eigenem  hämeliekem  Arbeiiem  erferderiiek  iei,  aHe$  eeibH  in  ihren  Lekr-' 
Mtumdem  ieiete,* 

Ich  bitte  die  geehrten  Leser,  diese  Stelle,  welche  wir  als  den  Aus- 
druck der  gegenwärtig  giltigen  Grundsätze  betrachten  müssen,  mit  der 
Kritik  des  Hrn.  Yerf.'s  zu  vergleichen  und  selbst  zu  entscheiden,  ob  sie 
zwischen  der  Kritik  und  ihrem  angeblichen  Objecte  irgend  einen  Zusam- 
menhang finden  können.  Die  angeführte  Stelle  spricht  Grundsätze  aps, 
deren  Richtigkeit  und  Nothwendigkeit  niemand  in  Zweifel  zieht;  wohl 
aber  möchte  gar  mancher  ein  gerechtes  Bedenken  dagegen  haben,  ob  es 
sich  gezieme,  Dinge,  die  jeder  Lehrer  sich  selbst  sagen  wird  und  muss, 
erst  noch  besonders  in  einer  organisatorischen  Verordnung  auszusprechen. 
Aber  manche  Umstände  erweisen,  dass  ein  solches  ausdrückliches  Aus- 
sprechen^ mit  Recht  für  nöthig  erachtet  ist.  Die  höchste  Unterrichtsbe- 
hörde würde  nicht  bei  verschiedenen  Gelegenheilen  diese  natürlichen  und 
selbstverständlichen  Grundsätze  des  Unterrichtes  eingeschärfl  haben,  wem» 
sie  überall  oder  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  bereits  zu 
voller  Verwirklichung  gebracht  wären.  Das  gegenwärtige  Heft  enthält 
auf  den  unmittelbar  folgenden  Seiten  einen  Aufsatz  des  Hm»  Schulrath 
Wilhelm,  welcher  der  Red.  gleichzeitig  mit  dem  des  Hrn.  Prof.  Ressel 
zugieng,  «Über  die  Mitbeschäfligung  der  Schüler  mit  dem  Gegenstaude 
des  Unterrichtes;*  Hr.  Schulraüi  Wilhelm  hätte  sich  unmöglich  ent- 
schlossen, diese  speciellen  Anweisungen  und  Ausfuhrungen  des  vorher 
bezeichneten  allgemeinen  Grundsatzes  zu  veröffentlichen,  wenn  er,  n\it 
dem  wirklichen  Zustande  des  Unterrichtes  in  einem  weiten  Kreise  genau 
bekannt,  jene  Grundsätze  schon  zu  durchgängiger  Geltung  gebracht 
fände.  Und  wer  darf  denn  endlich  gegen  unerfreuliche  Tbatsachen  Auge 
und  Ohr  verschliefeen !  Wenn  z.  B.  in  einer  unteren  Glasse  einer  sehr 
tüchtigen  Mittelschule  der  geschichtliche  Unterricht  darin  besteht,  dass 
aus  dem  eingeführten  Buche  Schüler  eine  Anzahl  Seiten  vorlesen  müssen, 
deren  Inhalt,  ohne  dass  irgend  eine  Erklärung  des  Gelesenen  gegeben  und 
das  Verständnis  sicher  gestellt  wird,  die  Aufgabe  fürdienäctiste  Stunde 


94    BemerlLUDgen  lu  dem  vdrstebendeo  AufsaUe.  Vou  B,  BoHiin. 

bildet,  und  die  8ohuler,  unfifaig  aus  dem  Onverstandenen  einen  Auszug 
zu  machen,  sich  genöthigl  sehen  (die  meisten  naturlieh  nur  so  oft»  als 
sie  besorgen  müssen,  wieder  «geprüft*  zu  werden),  das  Vorgelesene 
möglichst  auswendig  zu  lernen;  wenn  in  gleicher  Weise  der  geogra- 
phisehe,  der  saturhistorische  Unterricht  ein  biolses  Aufgeben  zu  hausli- 
chem Memoriren  und  Prüfen  des  Meroorirten  ist:  dann  ist  doch  wol  noch 
Anlass  da,  an  die  wahre  Aufgabe  des  Unterrichtes  zu  erinnern,  und 
die  Besorgnis,  dass  durch  die  Wirksamkeit  der  Lehrstunden  die  hius» 
liehe  ThäUgkeit  entbehrlich  gemacht  werde,  liegt  in  sehr  weiter  Ferne.  Und 
wenn  nun  solchen  offenkundigen  und  durch  die  Worte  der  Behörden 
deutlieh  genug  anerkannten  Zustanden  gegenüber  der  Hr.  Verf.  eine  Üb* 
terrichlsweise  bekämpft,  bei  welcher  «möglichst  vieles,  oder  vieknehr 
alles  in  der  Schule  geschehen  müsse ,  so  dass  der  Privatthätigkeii  ein 
möglidist  geringer  Spielraum  gelassen  werde,'  so  erstaunt  man  über  die 
Kühnheft  der  Phantasie,  mit  welcher  der  Ur.  Verf.  sich  seine  veimeint- 
Heben,  leider  nicht  vorbaDdenen  Gegner  zeichnet. 

Aufser  diesen  principiellen  kritischen  Erörterungen  über  das  Ver- 
hältnis zwischen  den  Lehrstunden  und  den  häuslichen  Beschäftigungen, 
treten  In  dem  zweiten  Aufsatze  des  Hrn.  Veif.'s  vornehmlich  noch  drei 
Bemerkungen  hervor,  die  Ermahnung,  man  solle  in  den  Leetionen  die 
Schüler  nichl  fn  einen  hsiben  Schlaf  versinken  lassen ,  die  Polemik 
gegen  die  In  die  Zeugnisse  aufgenommene  Note  über  Aufmerksamkeit, 
und  das  verwerfende  Drtheil  über  Convicte. 

Mit  plastischer  Wahrheit  stellt  der  Hr.  VerfL  jenen  Zustand  zwi- 
schen Wachen  and  Schlafen  dar,  in  welchen  die  Gleichgiltigkeit  gegen 
etwas  eben  vorgetragenes  die  Schüler  versetze.  Wer  sollte  dem  Wehe« 
rufe,  den  der  Hr.  Verf.  dagegen  erhebe  nicht  aus  voller  Seele  beistimmen?. 
Aber  eine  Frage  muss  man  hinzufugen:  steht  ein  Dnterriditsverfaliren, 
das  solche  Folgen  hat,  im  Einklänge  zu  den  gegenwärtig  gesetzlichen 
Einrichtungen  oder  im  direclesten  Widerspruche  dazu?  Die  Einleitung^ 
durch  welche  der  Hr.  Verf.  seine  Aufsätze  als  .eine  Kritik  der  jetzigen 
Einrichtungen  bezeichnet,  muss  zu  der  ersteren  Annahme  führen.  Der 
Ur.  Verf.  hätte  daher  bestimmt  bezeichnen  sollen,  welche  Puncto  der 
gegenwärtigen  Einrichtung  es  sind,  die  zu  so  entsetzliehen  Folgen  ge* 
führt  haben. 

Dass  in  die  halbjährlichen  Zeugnisse  ein  Urth eil  über  die  Auf- 
merksamkeit aufgenommen  ist,  verwirft  der  Hr.  Verf.  als  eine  un- 
passende Einrichtung;  der  Lehrer  beurtheile  damit  nicht  die  Schüler, 
sondern  seinen  eigenen  Unterricht.  Auf  die  psychologischen  Ansichten  des 
Hm.  Verf.'s  über  die  Aufmerksamkeit,  als  sei  die  unwillkürliche  Aufmerk- 
samkeit die  einzige  Art  der  Aufmerksamkeit,  muss  ich  es,  wie  schon 
in  einem  früheren  Falle,  unterlassen  näher  einzugehen;  es  wurde  ja  zur 
Entgegnung  darauf  genügen,  das  betreffende  Capitel  irgend  einer  Psy- 
chologie anzuführen.  Im  Übrigen  werden  wenige  Bemerkungen  zur 
Orientiemng  ausreichen.  Unzweifelhaft  kann  jemand  so  langweilig  spre- 
chen oder  schreiben,  dass  es  auch  dem  ernstesten  Willen  und  der  besten 
Obung  unmöglich  wird,  aufmerksam  zu  bleiben;  aber  auch  von  dem 
Interessantesten  Unterrichte  vermag  Flatterhaftigkeit  oder  eine  Versun- 
kenheit  in  andere  Gedanken  rieh  vollständig  zu  entfernen.  Ein  Lehrer, 
welcher  bei  einer  grofsen  Zahl  seiner  Schüler,  überdies  noch  im  Wider« 
Spruche  mit  dem  Urtheile  seiner  Collegen  über  dieselben  Schüler,  Mangel 
an  Aufinerksamkeit  zu  tadeln  hat,  gibt  freilich  zu  der  Besorgnis  Anläse, 
dass  er  selbst  einen  guten  Theil  der  Schuld  trage;  aber  wenn  unter 
ähnliehen  Verhältnissen  ein  Lehrer  bei  einer  Mehrzahl  von  Schülern 
Mangel  an  Flelfs,  Mangel  an  Leistungen  zu  rügen  hat,  so  ergibt  sich  über 
die  Ursache  dieses  Tadels  die  gleiche  Folgerung.  Die  Formeln  für  das 
Urtbeil   über  die  Aufmerksamkeit,  mögen  öfters  das  Lob  in  zu  starken 


Ober  die  Mitbescbafligung  der  Schüler  u.  s.  w.,  v.  A,  Wiikeim.    335 

Farben  auftragen;  nur  finde  ieh  nicht,  dass  dies  bei  den  andern  Kate- 
gorien der  Zeugnisse  weniger  der  Fall  sei ;  der  Missbrauch  der  Sprache 
verdient  in  dem  einen  Falle  ebenso  wenig  Billigung  oder  Nachsieht,  wie 
in  dem  anderen.  Dassrs  möglich  ist,  über  das  Vorhandensein  oder  den 
Mangel  der  Aufmerksamkeit  sich  eine  sichere  Oberzeugung  zu  verschaffen, 
brauche  ich  nicht  weiter  zu  erweisen;  ich  darf  mich  in  dieser  Hinsieht 
auf  den  unmittelbar  folgenden  Au&aiz  des  Hrn.  Schulrath  Wilhelm  be- 
rufen. Die  Voraussetzung  des  Hrn.  Verf.'s,  das  Urtheil  über  die  Aufmerk- 
samkeit sei  in  die  Zeugnisse  auijgenommon ,  weil  der  Org,  Entw.  «die 
Scbwierigkeil,  die  Schuler  während  der  Unterrichtsstunden  angemessen 
zo  bescblftigen ,  im  Auge  hatte,*  ist  unrichtig;  der  Org.  Entw.  weist 
ausdrücklich  nach ,  dass  diese  Rubrik  in  die  Zeugnisse  dämm  aufge- 
D«iiiiDCD  ist,  weil  Aufmerksamkeit,  Fleife,  Leistungen  drei  Factoren  für 
das  Gesammturtbeil  über  den  Schüler  sind,  von  denen  keiner  durch  den 
andern  oder  die  beiden  andern  ganz  ersetzt  wird.  Der  Hr.  Verf.  wolle, 
um  sich  von  der  Grundlosigkeit  seiner  Voraussetzung  zu  überzeugen, 
S.  187  des  Org.  Entw.  nachlesen. 

Endlich  über  Gen  vi  et  e,  als  über  Anstalten  zu  «schablonenmifsiger 
Herstellung  von  Industriewaaren*  bricht  der  Hr.  Verf.  den  Stab  in  einer 
Weise,  dass  er  alle  zusammen  in  ein  und  demselben  Verdammungsurtbeile 
zu  befassen  scheint.  Ich  glaube  der  Versicherung  des  Hm.  Verf.'s,  dass 
es  schlechte,  recht  verderblich  wirkende  Convicte  gibt;  aber  abusui 
mm  ioiüt  Uium.  Selbst  Schüler  eines  Alumnates ,  dem  ich  von  meinem 
zwölften  bis  zum  achtzehnten  Lebensjahre  angeborte,  würde  ich  mich 
d«r  Impietat  schuldig  machen,  wenn  ich  je  vergafse.  was  ich  der 
ieperiJM  äUeipUnae  Parien$i$  verdanke ,  und  ich  weiüs,  dass  mit  mir 
tausende  dieser  Pflanzstätte  in  gleicher  Anhänglichkeit  gedenken,  so  wie 
ihrerseits  die  (üma  maier  Porta  ihren  ehemaligen  Zöglingen,  sobald  sie 
von  deren  Tode  Kunde  erhält,  einen  Nachrnf  der  Liebe  im  Abendgebete 
widmet.  Von  einem  einstigen  Schüler  und  jetzigen  Lehrer  eine«  andern 
ATumnates  kann  man  in  der  vorher  erwähnten  Encyklopädie  des  Er- 
siebungswesens  Bd.  1.  S.  74--S8  den  Gegenstand  eingehend  und  über- 
zeugend behandelt  lesen.  Dass  es  in  Österreich  ebensowenig  an  Alum- 
naten (Convicteu)  fehlt,  an  welche  ihre  ehemaligen  Schüler  mit  un- 
wandelbarer Liebe  und  Dankbarkeit  gedenken,  ist  mir  wohl  bekannt. 
leb  muss  daher  die  Allgemeinheit  des  Verwerfungsurtheils  mit  aller  Bnt- 
sehiedenheit  ablehnen;  der  Geist,  der  in  den  Einrichtungen  seinen 
Ausdruck  gefunden  hat,  der  Geist ,  der  in  dem  Lebreroollegium  forter- 
halten wird,  dieser  allein  gibt  das  Recht  zu  einer  Verwerfung,  wie  der 
Hr.  Verf.  sie  ausspricht,  oder  zu  der  dankbaren  Anerkennung,  von 
welcher  andere  erfüllt  sind. 

Wien.  H.  Bonitz. 


Ober  die  Mitbeschäftigung  der  Schüler  mit  dem 
Gegenstande  des  Unterrichtes. 

Der  Gymnasialunterricht  hat  (Org.  Entw.  S.  99,  100)  bei 
den  Schfilero  Aneignung  des  vorgezeichneten  Mafses  von  Kennt- 
nissen za  sicherem  Besitzthume  und  freier  Beherrschung  zu  ver- 
mittebi,  und  die  zu  dieser  Aneignung  erforderliche  Thäligkeit 
der  Schüler  zu  wecken  und  fortwährend  zu  beleben  und  zu 
leiten.  Der  Unterricht  soll  daher  auf  keiner  Stufe  ausschliefi^lich 
oder  auch  nur  vorherrschend  ein  bloGses  Vortragen  des  Gegen- 
standes für  die  passiv  zuhörenden  Schüler,  er  soll  vielmehr  ein 


336    Ober  die  fifitbescbaftigung  der  Schüler  u.  s.  w.,  v.  A.  Wiikelm. 

fortwährendes  Arbeiten  der  Schüler  ebensowol  als  des  Lehrers 
sein.  Hieher  gehört  zunächst  die  Forderung;,  dass  nichts  von 
dem  Lehrer  als  fertig  gegebenes  mitgetheilt  werde,  was  die  Schüler 
wissen  oder  nach  leitenden  Fragen  finden  können,  und  was  ihnen 
daher  abgefragt  werden  soll. 

Es  ist  ferner  Aufgabe  des  Unterrichtes,  vollständige  Auf- 
fassung und  verhältnismälsige  Durchübung  der  Lection  in  der 
Schule  zu  bewirken,  und  zwar  nicht  blofs  bei  einzelnen  Schülern, , 
sondern  bei  der  ganzen  Classe«  Daher  muss  sich  die  Belebung 
und  Leitung  der  Thätigkeit  auf  alle  Schüler  erstrecken.  Dies 
geschieht  dadurch,  dass  die  einzelnen  Fragen  über  den  Gegen- 
stand der  Lection  an  möglichst  viele  Schüler  gerichtet  weisen, 
und  der  Lehrer  nie  durch  eine  längere  Zeit  sich  ausschliefslich 
mit  einem  Schüler  beschäftigt,  sondern,  stets  die  ganze  Classe 
im  Auge  haltend,  bald  diesem  bald  jenem  Schüler  eine  kurze 
Frage  zuweist.  Es  ist  nicht  gemeint,  dass  man  sich  nie  durch 
längere  Zeit  überhaupt  mit  einem  Schüler  zu  beschäftigen  habe; 
aber  während  an  einen  Schüler  vorzugsweise  die  Fragen  gerichtet 
werden,  können  und  sollen  10,  15^  80  andere  Schüler  durch 
kurze  Fragen  mitbeschäftigt  und  in  die  lebendige  Theil- 
nahme  an  der  Beantwortung  aller  Fragen  bineingezogc^n  werden. 
Hiebei  handelt  es  sich  nicht  darum,  das9  in  einer  Unterrichts- 
stunde alle  oder  die  meisten  Schüler  zur  Beantwortung  einzelner 
Fragen  aufgerufen  werden,  weil  dann  jeder  Schüler  nach  Be- 
antwortung seiner  Frage  sicher  sein  würde,  keine  zweite  zu  er- 
halten $  sondern  darum,  dass  die  Fragen  rasch  von  einem  Schüler 
auf  den  andern  abspringen,  wobei  ein  und  derselbe  Schüler 
auch  mehrmals  aufgerufen  werden  kann,  damit  jeder  Schüfer 
bei  jeder  von  dem  Lehrer  gestellten  Frage  gefasst  sein  müsse, 
zur  Beantwortung  gerufen  zu  werden.  Die  Fragen  müssen  ferner 
nicht  durch  eine  bestimmte  Zeit  sich  ausschliefslich  auf  eine 
Reihe  oder  Abtheilung  der  Schüler  beschränken,  so  dass  die. 
übrigen  Schüler  indessen  sich  unbeachtet  wissen;  sie  müssen  bald 
hierbin  bald  dorthin  und  an  Schüler  bald  in  den  ersten  bald  in 
den  letzten  Bänken  gerichtet  werden.  Auch  ist  zuerst  die  Frage 
zu  stellen,  dann  der  Schüler  aufzurufen,  nicht  umgekehrt. 

Für  die  Nothwendigkeit  dieser  MKbeschäfligung  der  ganzen 
Classe  mit  dem  Gegenstande  der  Lection,  sprechen  aufser  der 
Vorschrift  folgende  Gründe. 

1.  Nur  durch  diese  Hitbeschäftigung  kann  die  Aufmerk- 
samkeit aller  Schüler  rege  erhalten  werden.  Davon  kann  sich 
jeder ,  der  beobachten  will  und  nicht  den  äufseren  Schein  (z.  B. 
ruhige  Haltung,  Hinstarren)  für  wirkliche  Aufmerksamkeit  nimmt, 
täglich  durch  eigene  Anschauung  überzeugen. 

2.  Die  Aufmerksamkeit  aller  Schüler  wird  zugleich  intensiv 
gesteigert,  weil  jeder  Schüler,  keinen  Augenblick  sicher,  ob  ihn 
nicht  eine  Frage  treffen  werde ,  auf  jede  an  andere  Schüler  ge- 


Ober  die  Milbesehaftigung  der  Sehftler  u.  s.  w.,  v.  A.  Wiikelm.    S37 

richtete  Frage  die  Antwort  in  Gedanken  zu  rormulieren,  defti'naoh 
wirklich  und  eindringend  mitzudenken  genöthigt  ißt. 

3.  Die  Aufmer^amkeit  wird  durch  fortgesetzte  Cbung  zur 
Fertigkeit. 

4.  Die  Schüler  werden  im  Sprechen  und  fertigen  Ant- 
worten geübt. 

5.  Da  die  gehingene  Antwort  Seibetbefriedigung  erzeugt, 
80  wird  dadurch  die  Lemlust  gesteigert. 

6.  Durch  die  rege  Lebendigkeit  wird  der  Unterricht  für 
Lriirer  und  Schüler  angenehmer. 

7.  Der  Lehrer,  der  ohne  Überzeugung  von  der  vollstän- 
digen Auffassung  seines  Unterrichtes  keinen  Schritt  weiter  gehen 
soll,  kann  diese  Überzeugung  nur  durch  die  verlangte  Mitbe- 
schfiftigung  gewinnen. 

8.  Die  Schüler  selbst  können  zu  der  Überzeugung  von  der 
richtigen  und  voUstindigen  Auffassung  des  Unterrichtes  nur  durch 
diese  Mitbeschäfligung  gelangen,  bei  welcher  die  Mängel  der  Auf- 
fassung  zu  ihrer  eigenen  Beruhigung  berichtigt  und  ergänzt  werden. 

9.  Nur  durch  diese  Mitbe8chäfki|ung  kann  der  Lehrer  sich 
in  fortwährender  Kenntnis  von  den  Fortschreitenden  Leistungen 
der  Classe  erhalten  und  alle  Schüler  wirklich  genau  kennen 
lernen.  Wer  daran  zweifeln  wollte,  mag  z.  B.  in  zwei  Classen 
hospitieren,  während  in  der  einen  drei  oder  vier  Schüler  geprüft, 
jn  der  andern  alle  Schüler  mitbeschäftigt  werden;  von  den  L<^i- 
slungen  der  letzteren  Classe  wird  er  sich  ein  richtiges,  von  denen 
der  ersteren  kein  Urtheil  bilden  können.  Sollle  aber  jemand 
meinen,  es  könne  ein  sicheres  Urtheil  über  die  Leistungen  der 
Schüler  nur  durch  förmliche  Prüfung  der  einzelnen  erlangt  werden, 
so  irrt  er  sehr.  Durch  formliche  Prüfung  überzeugt  man  sich 
von  der  Auffassung  bestimmter  Abschnitte  des  Gegenstandes, 
aber  nicht  von  der  Auffassung  des  gesammten  fortlau^nden  Un- 
terrichtes. Da  ferner  formliche  Prüfungen  nur  mit  einzelnen  Schü- 
lern nacheinander,  demnach  mit  demselben  Schüler  nur  nach 
Zwischenzeiten  vorgenommen  werden  können,  so  bleiben  die  ^n- 
mal  geprüften  Schüler  durch  längere  Zeit  sich  selbst  überlassen; 
und  dass,  wo  eine  solche  Ordnung  besteht,  die  Schüler  ziemlich 
genau  den  Zeitpunct  berechnen,  wann  sie  wieder  geprüft  werden 
dürften,  und  während  der  Zwischenzeit  theils  in  Folge  einer  ge- 
wissen Abspannung  nach  der  Prüfung  theils  aus  Bequemlichkeit 
mehr  oder  weniger  im  Fleifse  nachzulassen  pflegen,  ist  eine  alt- 
bekannte Sache.  Dass  dagegen  der  Lehrer,  der  stets  die  ganze 
Classe  in  der  angedeuteten  Weise  mitbeschäftigt,  einer  formlichen 
Prüfung  einzelner  Schüler,  seltene  Ausnahmen  (Org.  Entw.  $.  75, 
1  und  S.  1 84)  abgerechnet,  gar  nicht  bedarf,  um  die  Leistungen 
aller  ganz  genau  kennen  zu  lernen  und  sich  in  steter  Kenntnis 
der  fortschreitenden  Leistungen  aller  zu  erhalten,  ist  längst  durch 
die  Erfahrung  bestätigt. 

Zcittehrift   r    J.   S.t0rr.   Oymn««.  1860    IV.  u.   V.   Heft.  24 


338    Obfr  tUe  MUbeschafligung  der  ßehuler  u.  s.  w.,  v.  A»  UMAeim, 

Die  für  die  bezeichnete  MilbeschäfUgung  angeführten  Gründe 
gelten  bei  jedem  Lehrgegensiande  und  auT  jeder  Unterridttskufei 
daher  ist  die«e  Miibeschäriigung  bei  allen  G^ensiänden  und  auf 
allen  Stufen  zu  fordern.  Am  ausgedehntesten  kann  sie  stattfinden 
beim  Unt^richte  in  den.iSpracfaen  und  der  MalheAialik;  abtsr  auch 
bei  den  übrigen  Gegenständen  ist  sie  ohne  alle  Schwierigkeit  an* 
wendbar,  denn  so  oft  eine  Frage  gestellt  wird,  kann  (muss  je- 
doch nicht)  ein  anderer  Schuler  zur  Bean(\^  orlung  gernfeu  werden« 
Bezüglich  der  MaJ^heinatik  ist  zn  bemerken ,  dass ,  während  ein 
Schüler  an  der  Tafel  arbeitet,  alle  Schüler  in  den  ßaaken  — 
nicht  das  giehörte  nachschreiben  oder  das  auf  ler  Tafel  ge- 
schriebene abschreiben  sollen,  weil  gedankenloses  Schreiben  und 
mechanische  Beschäftigung  zu  Geisteslragheit  führt,  sondern  — > 
schreibend  mitzuarbeiten  haben  und  bald  dieser  bald  jener  auf- 
zurufen ist,  dass  er,  obne  auf  die  TäEel  zu  sehen,  qus  seinem 
Hefte  weiter  aorbeite.  Es  ist  ferner  im  allgemeinen  richtig,  dass 
die  Mitbeschaftigiing  auf  den  unteren  Stufen  und  bei  gröfserer 
Schulerzahl  nothwendiger  ist  als  in  den  oberen  und  in  minder 
zahlreichen  Classen;  dies  soU  jedoch  keineswegs  so  verstanden 
werden ,  als  ob  dieselbe  ün  den  letzleren  Fallen  von  geringerer 
Wichtigkeit  sei  odei*  gar  unterlassen  werden  dürfe. 

In  der  Gewandtheit  richtiger  Hitbe&chäfligung  der  ganzen 
Classe  mit  dem  Gegenstande  der  Lection ,  zeigt  sich  hauptsäch- 
lich die  fwaktisoiie  Lt^irbefÜhigung  und  die  Berufsfreudigkeit. 
Der  Lehrer  muss  den  Gegenstand  seines  Unterrichtes  nach  Inhalt 
und  Umfang  sowie  nach  der  entsprechenden  Behandlungsform 
sicher  beherrschen  und  zugleich  die  Bedürfnisse  der  Classe  sowie 
der  einzelnen  Schüler  stets  richtig  wahrnehmend  im  Auge  hallen; 
sind  diese  zwei  Bedingungen  nicht  vollständig  vorhanden,  so 
mislingt  die  Mitheschäftigung  und  es  treten  in  den  Fehlern  der- 
selben die  Mängel  bezüglich  der  einen  oder  der  andern  Bedia- 
gungen  sogleich  hervor.  AbsichtUche  und  ernstliche  Einübung 
der  Behandlimgsweise  »nd  genaue  Vorbereitung  für  jede 
Unterrichtsstunde  «ind  die  Mittel,  wodurch  die  erforderliche  Ge*- 
wandtheil  «rlangt  werden  muss. 

Es  ist  «cht  zu  iäugnea,  dass  die  verlangte  Uilbeschäftigung 
mehr  Anstrengung  von  Seite  des  Lehrers  erfordert  als  das  lei- 
dige,  leider  noch  nicht  durchaus  überwundene  sorglose  «Vor- 
tragen und  Prüfen;^*  aber  die  Anstrengung,  die  übrigens  durch 
die  steigende  Gewandtheit  erleichtert  wird,  soll  und  wird  nie- 
mand scheuefl,  wo  sie  zur  Erzielung  des  Erfolges  erforderlich 
ist.  Ein  Unterricht  ohne  die  bezeichnete  Mitheschäftigung,  aa 
Gymnasien  wie  an  Beal-  und  Volksschulen,  verdient  nicht  den 
Namen  des  Unterrichtes. 

Krakau.  A.  Wilhelm. 


Z 'weite  Abtheilung. 


liitentfrteefae  Amelgciii« 

1.  Gr!e<}hische 'Ponneniehre  von  J.  KTeüßet.  gT.8.  (VI th 2718.) 

Päderf)orn,  F.  Sfjböningb,  1856.  —  28  Ngf. 
t.  Gramtnäfica   elementare  e  pratica   detta   Ihigua  greea   di 

V>ederigo  ßüiüer.    Ptimti  ytaämaime  Itaiiana  dl  £.   Femti. 

Ftar4e  prima,   kl.  8.    (XV  u.  «M  8)  ßttetne,  F.  nggi,  iS67^  ^ 

3.  Otningi^buch  ffir  den  erslen   UnVerricht  in  der  frtiecliischeii 

Sprache  vob  H.  Hottem  ro^tt^  Oberiehrer  am  Gymnasfuin  zu  Em^ 
oiericb.  Zweiter  und  dritter  TbeiL  gr.  8.  (Vi  u.  8i8  S.)  KüIb,  M. 
Du  MoBUScbauberg,  1857.  —  28  Ngr. 

4.  BeispielsammluDg    zum  Olierselzen  -au8  dem   Deutschen   in^g 

Griecbiscbe  von  A.  F.  Gottscbick,  JDirector  des  köoigl.  Peedv 
gögiums  zu  Pulbus.  Erstes  Heft  für  Quarta  und  Tertia.  8.  (IV  ti. 
115  S.3  Beirlin,  R.  Ofirtner,  1868.  —  T  Thlr. 

5.  AnTelfting  com  'Übersetzen  ans  dem  Deutschen  in's  Griechische 

fttf  Anfinger  zur  Einübung  der  Formenlehre  ausgearbeitet  von  Dr. 

Ph.  K.  Hess,  Professor  und  Director  des  berzogl.  Gymnasiums  zu 

JieJmstedt.  Seclisto  vermehrte  und  vielfach  berichtigte  Auflage,  kl.  8. 

CXXIV  u.  314  S.)  Frankfurt  a/M.,  U.  L.  Drönfler,  1868.  —  %  Tblr. 
0\  Praktische  Anleitung  zur  Erlernung  der  griechischen  Sprach- 

clemente ,   für  die  SebuJer  der  Quarta  und  Tertia   bearbeitet  von  J. 

Quos^elK^  Oberlehrer.     2weite  verbesserte  Auflage,    gr.  8.  (VI  u. 

«70  S.)  Köln  und  Ncufs,  Schwann,  1868.  —  V,  Thlr. 
7.  Höhieri^che  Formenlehre,   auf  Grurrd  der   <<kurzen  Übersicht 

«ber  die  Poi*men  des  noraetischen  Dialektes  von  E.  A.  Wigand,* 

neu  bearbeitet  von .  Dp.  J.  D  d  o  s  c  h  1  e  ,   Professor  am   Prledricb- 

Wilhelms-Gymnasimn  tu  Berlin.    8.    (V4  u.  6$  S.)  Berlin,  Tb.  Gh. 

Fr.  Ensliu,  1859.  —  V4  Thlr. 

Die  vorliegende '^Reeension  bildet  eine  Fortsetzung  der  Anzeige 
f(Heebischer  Elementar-  und  Übungsbücher,  welche,  im  Jahrgange  1858 
dieser  Zeitschrift  S.  t77  ff.  erschienen  ist.  Airs  dem  Umstände,  dass  es 
füit  die  Leser  und  für  den  beschränkten  Raum  in  diesem  Blatte  gleich 
Wttosobenswerib  istj    wenn  derlei  Bücher  nicht   vereinzelt,   sondern  in 

24* 


340     Gricch.  Grammaliken  u.  Ohungsbucher,  ang   v.  K.  SchetikL 

grurscrer  Anzahl  angezeigt  werden,  durfte  es  sich  hinreichend  erklaren, 
warum  einige  dieser  Schriften  verhaltnismafsig  etwas  spät  einer  Rccen- 
Rion  unterzogen  werden.  Der  Aufgabe  eine  allgemeine  Charakteristik 
von  derlei  Büchern  zu  geben,  glaubt  Ref.  nach  den  vielseitigen  Erörte- 
rungen dieses  Gegenstandes  in  der  vorliegenden  Zeitschrift  (Jahrgang 
1859,  S.  24  (f.,  1856,  S.  355  ff.,  1857,  S.  152  ff.)  überhoben  zu  sein 
nnd  will  daher  unmittelbar  zur  Besprechung  der  angegebenen  Werke 
übergehen. 

Der  Verfasser  der  zuerst  aufgeführten  griechischen  Formenlehre, 
Herr  J.  Kreuser.  beginnt  seine  Vorrede  mit  folgenden  Worten:  cAn 
griechischen  Sprachlehren  haben  wir  jetzt  Überfluss.  Wozu  also  eine 
neue  unnOthige  Arbeit,  zumal  da  das  beste  Schulbuch  ohne  guten  Lehrer 
wenig  hilft,  ein  mittelmäfsiges  durch  die  VortrelTlichkeit  des  Lehrers 
zum  besten  wird?  Die  elufaobe  Antwort  lautet:  seit  mehr  als  vierzig- 
jährigem Lehramte  ward  ich  oft  um  diese  Arbeit  gebeten,  ja  sie  gerielh 
sogar  durch  fehlerhafte  Schülerabschriften  in  den  Verkehr  und  Handel, 
so  dass  ich  mir  selbst  wenigstens  eine  fehlerlose  Darlegung  meiner 
Lehrweise  schulde.  Auch  möchten  Viele  mit  mir  darin  übereinstimmen, 
dass  eine  bestimmtere  Fassung  der  Formenlehre  keineswegs  zu  den 
überflüssigen  Dingen  gehöre,  während  die  Syntax  nach  Matthiä  wol 
durch  Beispielsammluugen,  weniger  um  Wesentliches  nach  meinem  Da* 
fQrhalten  gefordert  werden  kann.*  Jeder  Philologe  wird,  wenn  er  diese 
Worte  liest,  billig  erstaunen  müssen.  Allerdings  hat  Matthiä  durch  seine 
griechische  Syntax,  wie  Thiersch  sagt,  sehr  viel  zur  Verbreitung  gründ- 
licher griechischer  Studien  beigetragen ;  aber  die  Kritik  hat  gewiss  nicht 
mit  Unrecht  gegen  die  zweite  und  dritte  Auflage  den  Tadel  erhoben, 
dass  sie  nicht  im  Verhältnis  zu  den  fortschreitenden  Forschungen  ver- 
vollkommnet worden  seien,  und  was  das  jetzige  allgemeine  Urtheil  über 
das  Buch  anbelangt,  so  lautet  es  dahin,  dass  diese  Syntax  wol  ein 
brauchbares  Reperlorium  von  Beispielen  sei,  aber  in  Bezug  auf  wissen- 
scbaflliche  Anordnung  und  Behandlung  dem  gegenwärtigen  Stande  der 
Forschung  in  keinerlei  Weise  entspreche.  Also  alles  das,  was  Thiersch, 
Bäumlein,  Krüger  u.  A.  auf  diesem  Gebiete  geleistet,  soll  als  keine  För- 
derung erscheinen?  Die  Resultate  der  sprachvergleichenden  Forschungen, 
welche  auch  in  der  Syntax  so  viel  Licht  verbreitet  haben  und  noch 
verbreiten  werden,  sollen  für  Nichts  gelten?  Aber  man  wird  noch  mehr 
staunen,  wenn  man  hört,  dass  der  Hr.  Verf.  S.  225  den  sogenannten 
AccusatiTus  der  Beziehung  ganz  ad  modum  Vigeri  durch  ein  ausge« 
lassenes  %etti  erklärt  und  S.  128  sogar  einen  Conjunctiv  des  Futurum  I 
annimmt.  Wir  wollen  uns  nicht  auf  die  Widerlegung  einer  solchen 
Behauptung  einlassen  und  ersuchen  nur  den  Hrn.  Verf.  auch  Formen 
wie  ayysUmy  in^p'^v^Sf  die  doch  erweislich  aus  ayyiA<ra>,  iuqidva^g 
entstanden  sind  (vgl.  G.  Curtius,  die  Bildung  der  Tempora  und  Modi, 
S.  287)  als  Conjunctivo  des  Futurum  nachzuweisen.  Diese  zwei  Bei- 
spiele charakterisieren  vollkommen  das  ganze  Buch«  Der  Ur.  Verf.  steht. 


Orieeh.  Orainmatik^D  u.  Obungsbucber,  ang.  Y.  M,  Sekenki,     941 

trotidem  dan  er  hie  uod  da  auf  neuere  Forschungen  verweist,  wie  z.  B. 
S.  183  auf  Bopp's  Gonjugationssystem  der  Sanskrilspraehe  (Frankfurt 
VM.  1816),  auf  einem  gani  yeralCeten  Standpuncte.  Aber  er  begnugl 
sich  nicht  blofii  damit  die  neueren  Forschungen  zu  ignorieren,  sondern 
er  holt  mit  besonderer  Vorliebe  längst  Terworfene  und  vergessene  An- 
sichten wieder  hervor  und  stellt  seine  willkürlichen,  oft  abenteuerlichen 
Erkläiungs versuche  ohne  nähere  Begründung  gleich  festen  Thatsachen 
bin.  Belege  für  diese  Behauptungen  bietet  jede  Seite  des  Buches  dar. 
So  lesen  wir  S.  1:  «Das  Alphabet,  dessen  wir  uns  jetzt  bedienen,  heifst 
dasjonische,  weil  es  von  einem  jonischen  Dichter,  Namens  Simo- 
nides, nach  morgenländischer  Weise  angeordnet  worden.*  Wie  viele 
Unrichtigkeiten  in  diesen  paar  Worten  enthalten  sind,  wird  man  leicht 
bei  Verglcichung  derselben  mit  dem  Artikel  «Alphabet*  von  Bäumlein  in 
der  Pauly'schen  Real-Encyklopasdie  ersehen.  S.  t  wird  über  die  Aus- 
sprache der  griechischen  Buchstaben  bemerkt,  dass  man  darüber  viel 
und  unnütz  streite,  da  alle  Streitigkeiten  eine  gestorbene  Sprache  nicht 
in' 8  Leben  zurückfuhren,  und  in  einer  Anmerkung  unter  dem  Tezte  heif«t 
es  buchstäblich:  «Wenn  vorauszusetzen  ist,  dass  die  Römer  zu  ihrer 
Zeit  dtis  noch  lebendige  Griechenthum  wiedergaben,  so  muss  nach  Ni- 
lus,  Aristides,  Iphigenia,  Medea  mancher  Diphthong  schon  früher  ver- 
schwunden sein.  Dass  17  und  v  früher  als  *  gesprochen  wurden,  zeigen 
das  Kirie  Eleison  {Kv^it  iXiffiov)  und  Evangelium  (e««yy^Ico«r).  um  ifO 
mehr  als  religiöse  Ausdrücke  nicht  leicht  einer  Veränderung  unterliegen.* 
Ref.  ist  der  Meinung,  dass  derlei  Fragen  in  einem  Schulbuchc  entweder 
gar  nicht  oder  doch  nicht  in  einer  so  unklaren  und  ungenügemlen  Weise 
abgehandelt  werden  sollten.  Warum  hat  der  Hr.  Verf.  hier  nicht  die 
fleifsigen  Zusammenstellungen  von  Matthiä  (Band  1,  S.  34  ff.)  benutzt? 
Dass  übrigens  die  allerdings  schwierige  Frage  über  die  Aussprache  der 
Vocale  und  Dipththonge  doch  nicht  so  ganz  unlösbar  sei,  wird  die 
treffliche  Behandlung  dieses  Punctes  in  W.  Christ's  «Grundzügc  der 
griech.  Laotlehre*  Leipzig  1859 ,  S.  8  ff.«  29,  48  ff.,  womit  die  gründ- 
lichen Forschungen  von  W.  Corssen  «Ober  Aussprache ,  Vocalismus  und 
Betonung  der  lateinischen  Sprache*  Leipzig  1858,  Band  1,  S.  139  ff., 
162  ff.  zu  verbinden  sind,  hinlänglich  erweisen.  S.  3  finden  wir  fol- 
gende Bemerkungen  über  die  Aussprache  des  (:  «(  wird  wie  %  gespro- 
chen; aber  man  muss  sich  bewusst  sein,  dass  dieses  fehlerhaft  ist  (!). 
Wie  nämlich  unser  deutsches  %  aus  di  oder  ti  besteht  (dazu  die  An- 
merkung: Bücher  1499  gedruckt,  setzen  noch  %  statt  $  und  f%  statt  I9  (!)  ) 
so  besteht  (  umgekehrt  aus  #^.*  Wir  sehen ,  der  Hr.  Verf.  spricht  so, 
als  ob  weder  Grimm  noch  Schleicher  über  die  Natur  des  germanischen 
und  griechischen  f  Untersuchungei^ angestellt  hätten.  —  S.  4  wird  bei  der 
Aufzählung  der  Diphthonge  o»  übergangen;  als  unreine  Diphthonge  wer- 
den ifo  und  mv  aufgeführt,  ohne  beizufügen,  dass  letzterer  nur  im 
jouischcn  Dialekte  erscheint  S.  5  wird  bei  der  Regel,  dass  mit  Aus* 
nähme  von  i%  und  ovk  kein  griechisches  Wort  auf  andere  Gonsonanten 


«1«!  attf  9,:  ^,  ri  eodigit  bdin^lt»  a^iikf'lmmf^.diatM^  'lC€Ui%r  'l^im^ 
maobaii  och,  alaa  sl^n  durt^.  di»  Eodunf^  ab  FfendwMcr  keDotli^h.* 
&6  l«(ieQ  wir  bei  CrwibHiin^cUr*  Aapjrierqng  einer  Teouis  durd^t  eiociD 
|olgende^  Spicito  aspers  «abor  if«>  aua.  wir4  nie  it^^  Ala  ob  j0)  Ipc  vor 
Vocalen  ereebienel— S«  9  b<^reii  wir»  daas.  der  ai^liacbe  Dialekt  gans 
sicher  die  Mutter  (?)  der  lateinischeii.  Spraefa0  iet.  Ee.  ist  wahrlioh  on* 
glaubliclli  dass  nach  den  eiagebettden  Ufitersiichungen  der  neueren.  Zeit 
Qooh  immer  soiche  Ansiohteo  BulJKetisebt  werden  kennen.  Wir  venweiaen 
einfach  auf ;  den  BOfaönen<  Vortrag  von  G^.Gurtius.  in  den  VerbandluagMi 
der  fönfaehnt^n.  V^TMinmlung  deutscher  Philologen'^  Hamburg  t86<b 
fi.  41  (f.;  Auf  eben  dieser  8eHe  wird. hemerktd  «Auch  das  ^  ki^note  au 
den  Hauohzeiehen  gerechnM  werden,  da  ea  bekanntlich;  (4  stalt  9^) 
wegfällt,  wie  das  latbtiiiflehe  9  w^peüei,,  petii  u.  8i  w.*  Wie  kann  der 
Hrw  Verl  je  einen  Bliok  in  die  Werket  B^ppf's  gethan  haben,  wenn  er 
Bolche  Behau|>lungen.  aufstellt i  -^  Doahtea  kann  unmöglich  unsere  Auf* 
gäbe  sein  filatt  für  glatt  dieses  Quches  sa- prfifen  {.  wir  wollen,  daher  «1 
denjenigen  Tiiai1e:des  Werlbea  überigehen,,  in  welohenu;  der  Hr.  Verl* 
selbst  eine  weaentliche  Fördei^ng  der  Foraienlebre  erzielt  lu  hai)en.hc« 
hauptttt,  nimlich  zur  Lehre  vom  Verhorn. S.  IDO  ff»  I>a  0«den  wir  nun 
gleich  anfange  (8.  96)  die:  Bemerkung:,  «das  Aotivum  endet,  auf  <a,  das 
Passivum  auf  fioi»  das  Uediumi  ebenfalls  auf  fio*  und  bat  häufig  reflexive 
Bedeutung,  a.  B«  low»  wasche,  Ao^o|mi*<  wasche  mich.'  Wenn  »  als 
Ausgang  des  aetiven  Venbum  hingeatellti  wird>  so  muss  doch. als  Endung 
das  Medium  und  Passivümo'^fMM; angenommen,  werden;,  übrigens  ist 
die  reflexive  Bedeutung  beim  Medium  gewiss  nicht  hau6g,  sondern  auf 
eine  ziemHch  geringe  Anzahl  von  Fallen,  beschr&nkt,  Jn  demselben  Para- 
graphe  hciftt  es :  «das  griechiaehe«  Vecbum>  hat;  ferner  nur  eine  einzige 
Gonjugation  (die  £ndung  fM  a«  spater).*  8.  183.  betrachtet,  der  Hr.  Verf. 
fiehlig  die  bindevocaiioee  Gojgugation,  Ws  die  ält^re^;  wie  kann  also  hier 
nur  von  einer,  e inaigen  Gonjugation- gesprochen  werden?i  Einige  Zei* 
len  spater  leaeA  wirs  «Dnt.  griroh.  Ycrbum.  hat  einen  Modus  mehr  als 
das  lateinische^  den  Optali¥  (iVunschform :)  ich  würde ,  mUohte,,  durfte, 
kOnnteO.*  Wie  soll  ein  8chüjl«r  eine  solche  £rJüärnng;  verstehen.?.  — 
Si.  lOjl»  g«.B7  wird  als  Hauptimterscbied  der  Nßbenzeilen.  vour  den  Haupte 
zelten  beaeichnei»  dais  erstere  alle,  vorue  einen  Zuwachs  erhalten,  näm* 
lieh  das  Augment  a  (bisher  fand  nmn  diesen  Hauptu^terschied  in  den 
Personaiendungen),  und,  gleich  darauf  wird;  die  Rcduplication  als  eine 
Verbindung  des  Anfsngseonsonanten  mit  de»  Augmente  erklärt,  und  um 
diese  Theorie  aufrecht  za  halten,  sogar  ein. Augment »  angenommen,  wobei 
der  Ur  Verf.  S..184  bemerkt:  «dass  zwischen  s  und  i  ebenso  wenig  ein 
Unterschied  als  im  Lateinis<;hen  zwischen  her4  und  lUri  (QuinliL)>  leuchtet 
ein,  und  so  könnte  iaiicilaTO,  Tc^9y«(/f}ir  u«.  s.  w»  ebenso  richtig  durch 
ini%X»%o  (uMa^attt)  erseUt  werden.*  Mit  solch  abenteuerlicher  Willkür 
wird  nun  die  ganz«  I^mpushildung  behandelt»  Als  Beispiele  des  Fut.  II 
orspheinen  %  iS^tvnimy,  Toy^,  aoivf^^o),^««^,  wpim,  (cupim,^ 


Ori  ech.  lirammaliien  u.  Obungslmeher,  aag.  %.  g.  Sckenki.     SI8 

iauter  Fomen,  welch«  nifgondis'  in  (Trieebischeii  uachc« weisen  sind, 
tffts  Perfeotum  PMsivi  wird  di  14t  vom  PeffeclatD  kpiWi  gebildet,  vi« 
ta%fMi  von  xita%a,  ate  Paradigmata  (ur  dleCoi^jugat^»  der¥erba  äuf^i 
erseheiaen  S.  187  ß^ßwh  9i9^y^  nütiLm^^,  thtfu,  d^^a»fM»  nCtpvfut,  Dio 
Oberaehrift  dea  g.  136  (S.  tO0>  lautet:  «fioo,  2^,  tlfüi;  ich  gebe,  will, 
werde  gehen*  und  einrge  Zeilen  apäter  hetfat  eti:  «Daa  ImperfeeCum  iitt 
nicht  gebrSucbiich.  An  seiner  Steile  gebraucht  man  von  Um,  fiov, 
PuL  ^1»,  Aor.  ijfrtfcr,  Perf.  ^rxo,  ^ta^  90,  PI.  iitxH9y  f^ny,*  u.  dgl:  m. 
Und  da  will  dor  Hr.  Verf.,  wie  er  anlbat  Vorrede  S.  VI  sagt,  auf  der 
von  Hatthia  und  Thiersoh  angebahnten  Sfrafso  fbigerecht  vorgegangen 
sein?  Hat  er  denn  nie  gelesen,  was  Thierscb  in  der  dritten  Auflag« 
seiner  griechiijchen  Grammatik.  8.  70ft'  ff.  gegen  die  Barbaren ,  welche 
die  griechische  Sprache  mishandeln ,  bemerttt  hat?  Müssteii  wir  nicht 
aaoh  dieser  Methode  auch  oint  «gewinnCe,  habe  gesingt  u.  dgl.*  in  der 
deutschen  Sprache  xn  Reeht  anofrkennen?  --  IHt  der  gleichen  wunder* 
liehen  Willk&r  verfährt  der  Ittr.  Verf^  iu  seiner.  Daristeliung  der  Lehre 
vom  Accente,  welch«  er'  abehfalla  durch  seine  GramsMlik  bedeutend 
gefordert  au  haben  behauptet.  Er  lebt  in  der  £inbilduiig,  dass  dio  Ac- 
eentfehre  überall  durch  Grillen  und  Spitafindigkeiten  der  neugriechischen 
Scholiasten  entstellt  warden  sei ,  will  auch  die  Sebular  nicht  aaoh  dem 
Acceute  lesen  lasse»,,  bchaudelt  aber  dessenungeachtet  die  Acoentlehre 
in  der  gröfsten  Aasdehnuug  mii  Aufuhning  aUer,  auch  der  gering- 
fügigsten Kinzellieilvn«  Es  wird  hier  genügen*  darauf  hinzuweiaea,  dass 
fio|»p  In  der  Zeitsehrift  für  VergL  Sprachforschung,  1664>  S;  1-26  und 
dann  iä-  »einem  verglbichenden  Acecnluationssystam  des  Sanakrit  und 
Orieehiacben,  Barhn  1864,  die  genaue  Obereinatimmung  der  Accantuation 
in  beiden  Sprachen  dargethan  hat^  welche  somit  auf  anderen  Grundlagen 
beruhen  muas ,  als  der  Hr.  V«rf.  annimmt  Um  das  VerAih^nl  öea  Hrn. 
¥erf.'s  durch  tin  paar  Beispiele  m  verdeuliichen ,  erwähnen  wir  •  dass 
nach  den  Bemerkungen  auf  S.  62  wMmwj  tptittop  nur  als  grammatische 
SpitK8ndlgkeiten  gelten  aolien,-  wfihrend  doch  daa  Homerische  scr»^, 
0piog  diese  AcceniuaÜon  aU  vollkommen  regelDuUsig  eiveisen;  S.  201 
wird  die  Enklisis  von  tpriiii,  eiiU  dadurch  motiviert,  dass  diese  Wörter 
aiusgejassen  werden  könnten,  ohne  daa  Verstanduia  dos  Satsea  au  ätbren 
U;  dgl.  m.  —  Schliefdlich  haben  wir  iioch  über  einige  Worte  der  Vorrede 
au  sprechen.  Der  Hr.  Verf.  bemerkt  nämlich:  «Ohne  daran  an  erinnern, 
dass  es  sehr  gewagt  ist,  bestimmen  lu  wollen ,  was  voreinst  im  leben- 
digen  Spracbschatse  vorhanden  und  mehr  oder  minder  gebräuchlich  war, 
so  befasat  sich  die  jetzige 'Gelehrsamkeit  viel  zu  wenig  mit  den  grie^ 
chischen  Kirchenvätern  und  den  Byzantinern,,  und  beraubt  sich  s»  aelbst 
alner  Erkeantnisquelle ,  die  für  die  Geschichte  der  Sprachentwickelung 
nicht  hoch  genug  angesehlagen  werden  kanni  leider  aber  unbeachtet  bei 
Seite  galaaaen  wird>  weil  sie  —  unclassisch  hcilaU  Ooi  nur  eine 
laiae  Andeutung  zu  geben',  so  bildet  Ba^ileios  von  ßaatat»  ißdasaas 
(fip.  111),  und  dieser  weltgesohicbtliche  Kopf,   der   zu  Athen  mit  Kaiser 


344     Gri«ih.  GrAmmatiken  u.  Obungsbucher,  ang.  v.  K,  Sckenki. 

Julian  atudieple,  verstand  sein  Grieehisch  gewiss  so  gut  als  alle  jcUigon 
Griechen  und  Griechler.  Ferne»  gebraucht  Cbrysostomas  \on  ia^i, 
(Medium  von  Upkl^  tl^C)  hSufig  den  Imperativ  ioo  und  schwerlich  hat 
dieser  Geü^tesriese  an  eine  Nachachmung  des  Dichters  gedacht ,  da  es 
ihm  mehr  darauf  ankam,  seinen  Zuhörern  sich  verstandlich  zu  machen^ 
als  sogenannte  Dichterblumchen  zu  sammeln.  Ähnliche  Bildungen  gibt 
es  unzShIigei  und  der  Schuler  ist  zu  ihrem  Verstandnisse  heranzubilden, 
nicht  dazu ,  wie  ich  mir  einbilde ;  um  ein  griechischer  Classiker  zu 
werden.'*  Ohne  uns  um  die  sonderbare  Logik  dieser  Stelle  zu  kümmern, 
bemerken  wir  nur,  dass  wol  niemand,  der  etwas  von  Sprachforschung 
^versteht,  die  einzelnen  Entwiokelungsperioden  einer  Sprache  zusammen- 
werfen und  so  alle  Obersieht  zerstören  wird,  jeder  wird  vielmehr  die- 
selben strenge  soödern  und  in  der  Grammatik,  je  nachdem  er  ihren 
Dmfang  begrenzt,  genau  gesichlet  behandeln.  Nur  so  kann  der  Schüler 
ein  Verständnis  der  Sprache  erlangen.  Was  aber  die  beiden  beigebrach- 
ten Beispiele  anbelangt,  so  hat  sich  Hr.  Kreuser  seltsam  vergriffen.  Denn 
wenn  der  h.  Basileios  ipictccüa  und  nicht  ißittait  schrieb,  so  geschah 
dies,  weil  er  gut  wusste,  dass  ersteres  die  classische,  letzteres  eine  un- 
classischc  Form  sei.  Wahrend  nämlich  früher  durchaus  die  Form 
ißdata€a  die  herrsehende  ist,  Ondet  sich  ißina^a  erst  gegen  Ende 
d«s  ersten  Jahrhundertes  (vgl.  Thes.  Steph.  s.  v.  ßacxaim).  Was  hin- 
gegen den  Imperativ  i€o  anbetrifft,  so  war  er,  wie  mehrere  Beispiele 
bezeugen,  in  der  Sprache  jener  Zeit  gebräuchlich.  In  das  Helleni- 
stische, auf  welphes  ja  alle  Dialekte  einwirkten,  ist  er  aus  dem  aoli- 
schen oder  lakonischen  Dialekte  eingewandert  (Ahrens  de  diall.  graee. 
I,  p.  146,  lli  p.  321)*  Sowol  der  h.  Basileios,  als  der  h.  Chrysostomos 
bedienten  sich  der  hellenistischen  Sprache,  mit  dem  Unterschiede,  dass 
ersterer  sich  theilweise  dem  Atticismus  nähert,  letzterer  sich  an  die 
damalige  Volkssprache  anschliefst  übrigens  ist  die  Bemerkung  des  Hrn. 
Verf.'s,  dass  man  bisher  die  Eigenthumlichkeiten  der  Sprache  der  Kirchen- 
väter gar  nicht  berücksichtigt  hat,  durchaus  nicht  begründet.  Allerdings 
ist  auf  diesem  Felde  noch  vieles  zu  leisten ;  aber  in  Lobeck's  trefflichen 
Werken,  dem  Thesaurus  Stephani  in  der  Pariser  Ausgabe,  den  Ausgaben 
einzelner  Schriften  der  Kirchenväter  von  Hefele,  Tischendorf,  Dressel, 
Dindorf  u.  A.  wird  man  bereits  sehr  vieles  erörtert  finden.  Es  muss 
nun  natürlich  die  Frage  entstehen,  was  denn  Hr.  Kreuser  nach  solchen 
Phrasen  in  dem  vorliegenden  Buche  geleistet  hat.  Die  einfache  Antwort 
ist:  Gar  nicht».  Aufser  dem  schon  besprochenen  Imperative  iao  führt 
er  nur  noch  S.  129  an,  dass  Chrysostomos  u.  A.  ein  Fut  aakniam  ge- 
braucfafe,  welche  Form  doch  bereits  im  N.  T.  1.  Cor.  15,  52  erscheint. 
Parturtuni  m&ntes  etc.  —  Die  Ausstattung  des  Buches  ist  entsprechend; 
Druckfehler  gibt  es  bei  weitem  mehr,  als  das  der  Vorrede  beige- 
schlossene Verzeichnis  ausweist,  z.  B.  S.  2»  Z.  3  v.  o.  Sanpi  statt 
üamj^i,  S.  102,  Z.  10  v.  u.  yiytoiuii,  Z.  8  v.  u.  ißXdaxtjuay  S.  136, 
Z.  16   V.  0.    ist  Xaoacooq   unrichtig    zu    aiia  statt   zu   aeva   gesetzt, 


Gricch.  Grammatiken  u.  Obangatmoher,  ang.  v.  K,  SchenM.     S45 
&  145»  Z.  9  V.  a  Titvfifiiiroi  u.  dgl.    Der  Preia  ist  nicht  gerade  billig 


Nr.  t  ist,  wie  schon  der  Titel  ailaeigt,  eine  Obersetzung  der 
Uimentaire  et  prniique  de  ia  Umgue  greegve  von  Fr. 
Diese  Grammatik  ist  gans  und  gar  fQr  die  Bedürfnisse  der 
ftaHflaiseben  Studienanstalten  berechnet  und  zeichne!  sich  als  Schulbuch 
fw  im  gewöhnlich  in  Frankreich  gebrauchten  Lehrbuchern  durch  ver- 
Anordnung,  klare  Fassung  und  strenge  Gorreclheit  aus,  ohne 
irgendwie  den  trefflichen  Werken  gleichzukommen,  welche  die 
Schulliteratur  auf  diesem  Gebiete  aufweisen  kann.  Der  Ober- 
iHnr  bat  sieh  seiner  Arbeit  mit  Lust  und  Liebe  und  gründlicher  Sach- 
gewidmet  und  man  kann  daher  die  Obersetzung  als  eine  gc- 
I  beieiehnen.  Das  verständig  und  klar  abgefasste  Vorwort,  welches 
Ir.  Pcrrai  seiner  Obersetzung  vorangeschickt,  zeugt  von  seinem  red- 
icbea  Eifer  das  Studium  der  griechischen  Sprache  in  Italien  zu  beleben, 
•  wie  auch  von  seinem  Streben  sich  mit  der  einschlägigen  Literatur, 
■wät  sie  ihm  zugänglich  war,  bekannt  zu  machen.  Wir  finden  hier 
ie  hohe  Wichtigkeit  der  sprachvergleichenden  Forschungen  für  grie- 
Grammatik  und  Syntax  nachdrücklich  hervorgehoben  und  G. 
d's  Epoche  maehendca  Werk :  de  emendanda  ratione  pramma- 
1km  §rmeeme  allen  Studierenden  aufs  wärmste  anempfohlen.  Es  wäre 
■r  M  woDSChen ,  dass  der  Hr.  Obersetzer  sich  auch  mit  den  neueren 
Forschungen  bekannt  machen  und  auf  solcher  Grundlage  ein 
fQr  die  Studienanstalten  Italiens  schaffen  möchte.  An  redlicher 
kihilie  von  Seiten  deutscher  Gelehrten  wird  es  ihm  gewiss  nicht  fehlen, 
rm  fleh  einmal  die  Sturme  blinder  Leidenschaft  in  seinem  schönen 
VatarUade  wieder  gelegt  haben.  —  Ein  Hauptvorzug  dieses  Buches  vor 
ito  ia  llalicii  gedruckten  griechischen  Schriften  ist  auch  die  gröfsero 
CofWdheiC  des  Druckes,  obwol  sich  auch  hier  noch  zuweilen  die  alten 
ihgfl  riagestcllt  haben,  z.  B.  S.  25,  Z.  3  v.  o.  dnykoq ,  Z.  6  idiktpo^t 
K.  7  Wtff,  Z.  8  oMq,  Z.  16  oxloy  u.  dgl. 

Mr.  3.  Der  erste  Thcil  dieses  Obungsbuches,  welcher  1855  cr- 
icUca«  ist  bereiU  von  dem  Ref.  in  dieser  Zeitschrift,  Jahrgang  1856, 
L  SM  ff.  angezeigt  worden.  Hier  liegt  uns  nun  der  zweite  und  dritte 
Ihcii  deMeÜKrn  vor,  welche  beide,  jedoch  mit  besonderem  Titel  und  be- 
■■iftHT  Paginierung,  in  einen  Band  vereinigt  sind.  Was  nun  zuerst  den 
traten  Tbeil  anbelangt,  so  enthält  derselbe  S.  1— 61  griechische  Obungs- 
iUeket  Ton  welchen  Nr.  1—30  zur  Wiederholung  des  in  der  Quarta 
wgdrageiieD  Lehrstoffes  l>e8timmt  sind,  31 — 35  die  Praposi^nen, 
H— iS  die  Verba  auf  ^»,  54—76  die  Verba  anomala,  endlich  77—79 
lilfcrlMladjeetiva,  den  Infinitiv  und  das  Partie! pi um  behandeln.  Hierauf 
W||iB  8.  61—100  äsopische  Fabeln,  Anekdoten,  mythologische  und  hi- 
liffiiche  Eniblungen,  endlich  einige  gröfnere  Abschnitte  aus  der  Kyro- 
iHia,  der  Anabasis  und  den  Göttergesprächen  des  Lukianos.  S.  101  bis 
M  fiUt  das  griechisch-deutsche  Wörterverzeichnis  aus.  Wenn  wir  nun 


S44     Gmch.  Grammatikou  Q.  Obungsbüoher,  aDg.  v.  ä.  Scäenki. 

ttadft  dieser  lobaftsangabe  unser:  Ür4heil.  übep  das  vorliegende  Bueb  ab- 
geben sollen,  80  lautet  es  dahin,  dass  diese  Ablbeilung  wol.  iusoferue 
einen  Vorzugs  vor  dem  ersten  TbeQe  babe^  als  nach  den  Andeutungen  des 
Ref.  in  der  Itecension  des  ersten  Tbeiles  bei  der  Einübang  der  Formen 
aubb  gelegenheitlieh  einaelne syntaktische  Reigeln  angewendet  und.  erklart 
worden  (tgL  die  Vorrede  S..  IV) ,  dass  aber  diejenigen  Mängel ,  welche 
Ref.  bei  dbr  Besprechung  des  ersten  Bandes  hervorhob,  sich  auch  hier 
und  tbeilweise  in  noch  grölserem  Matse  o£fenbareb.  So  findet  sich  eine 
grofse  Anzahl,  von  Sataen,  welche  dam  Inhalteodet  der  Form  nach  schlecht 
tecdings  verwerflich  sind,  besonders  solche,  welche  der  Hr.  ^rf.  selbst 
gebildet  oder  umgeformt  hat,  z.  B.  S.  %  tt..  3,.  S.  3  «^  opkiKttcc  wvov 
f^oTO«  {(ifiXif^kP  y^iM»  iiau»),  0.  4,  S.  31  oi£  iniQBg  xal  MQcate^  f«air#a- 
90v<fi  dialiYM^tibC^),  8.  6,  0.  9,  S.  3  Ot  'ivdol  toig  ßaciUBat,  %olg 
p9t^o^  tovs  wovcttitovs  üffvinioav  i'i) ,  S.  8,  0.  14,  AIwuav  icw» 
Tor  ifUipw  tdv  xedifopog  vUop  ixBk»  nun  zow  9v9atcitSQ09  %üd  ddvvct^ 
Totipotf  (eine  saubere  Moral!)  u.  dgl.  So  wenig  hat  dei  llr.  Verf.  die 
Sesetse  der  griechischen  Satzverbindung  beachteC,  dass  er.  Salze  aufluhri 
wieL.S-18,  0.  26,  &  18  TlMQUmB^oq  Ko^ip^ivg  ovx  9((t  iu  Sctu  fi^m 
xinff  ßovhoit4povg»''H%p^ai^  (d^?)  «t^i  trip  tguntoavtiv  6yä6fiw'Oivfiagiada 
X  fi  i.f  so  wenig  die  Regeln  der  Grammatik,  dass  Aoriste,  wie  Sttnet^opp 
iatalotif  welche  im  Griechischen  niemals  existiert  haben^  in  mustergtl* 
ligen  Sätzen  (vgl.  S.  13,  Ü.  18,  &  17^  8.  16,  Ü.  23,,  SL  3)' gebraucht 
werden  ^  so  wenig  die  Regeln  über  die  Betonung,  dass  uns  so  grobe 
Schnitter  begegnen,  wie  Si  3.  Ü.  4,  S.  lü  otrx;  iazi^  S.  14,  Ü.  21,  S.  10 
(pvdseig  iaviv  u.  dgl..  Aber  last  unglaublich  wird  es  erscheinen ,  wenn 
man  httrt,  dass  der  Hk*.  Verf.  gegen  die  Regel:  vom  Gebrauche  des  soge- 
nannten p  i(p8X%v9tiw6p  fast  auf  jedem  Blatte  Verstössen  liat.  So  findet 
man  S.  2,  Ü.  2,  S.  6.  Acysf  zovg^  S.  6,  tt.  9,  S.  5  iyri^iP  Tlvf^qav, 
8.  liO,  0.  16>  S.  8  ila^B  hj  S.  11,  Ü.  16,  S.  26  ißaaUmos  hri  u.  dgl.  m. 
Überdies  gebraucht  der  Hr.. Verf.. ohne  alle  Scheu  in  den  Musterbeispielen 
unattische  und  späte  Formen.  So  erklärt  er  S.  1,  0.  1,  S.  4  den  Genetiv, 
f^otr  durch  ein  ausgelassenes  ^i»fias»  und  lugt  demselben  noch  den  Ar- 
tikel bei  %ip  vo 9  qJlov^^'  welcher  sonst  nie  in  dieser  Phrase  erscheint ; 
S<  4,  0.  6,  S.  17  wird  die  Form'  cugicauv  gebraucht »  während  doch 
tfcr^aair  dhs  Riehtigere  ist^  Sl  7,  0.  12»  8.  9  werden  die  bekannten  Verse 
N.  2,  216  ff.  in  Prosa  au^elöst  also  wiedergegeben:  Twv  Big  'Uiop 
atg«t9V9€tiUpap  aCoxß'^tog  jfv  Stifaün^g.  tpoXuos  yäg  v^  xod  xtoXog  ton 
dregop  noda»  xm  äl  ä^M' cevtav  nvgtoif  trjp  dl  itefpal^v  qio^os  '  ^- 
9iat09  d"A%ULXU:%ai'Oäif4asl,  S.  19,  C.  28,  S.  2  wird  der  pass.  Ao. 
ton  ^faofiai :  S'sa^Big  in  eiiiem  Beispiele  angeführt,  obwol  derselbe  der 
späten  Prosa  angobort',  vgl.  Bdissonade  zu  Philoätratos  p^  421.  Ferner 
miiss  Ref  noch  enlsebieden  tadeln,  dass  der  Hr.  Verf.  so  oft  dieseibeu 
8ätBe  mit  nur  sehr  geringen  Veröndeningen  wiederholt)  z.  li  S.  4,  Ü.  7, 
S.  2.  'O  XdXog  »Qtofios  iifzt.  nliiQfjg.  l%^(OPy  S.  5,  0.  8.  S.  14  'O  X, 
;r.  itfu  9r.  1%^(ap  fteymlMP^  nak  ngaitovj^  oug  ol  £ogol  droits  ^vd^ifov, 


^iecb.  .GrammatikfiD  u.  Obiugabuqher,  ang.  v.  K.  ßcktHkL,     M 

S»  19»  Ol  27^  &  12:  Tav^  h  «9.  XiXq^  wn(tik^  i^g  ot  üigtoi.  ^ov$ 
ipoi^tiov  %cd  idimüß  ov%  afnir  u.  dgl.  m.,  das«  in  den  OhoiigastuokeD 
f  iiweileo  Formen  etschdoen ,  welche  dem  5chülQr  auf  der  Stufe  ^  wo  er 
sich  befindet^  nicht  verständlich  sind,  z.  B.  S.  10,  0.  16|  S.  19:  u.  tUl 
da»  Partieipium  ßtovg,  endlioh  dass  bei  maochea  Sätzen,  wo  eine  be- 
atinmte  syntaktische  fiegel  hiozugefagt  werden  soUta,  dlßs  nicht  ge- 
scbthen  ist  und  somit,  diese. Beispiele  lur  den  Schüler  nicht  vollkommen 
erklärbar  sind,  z.  B..  S.,  a;^  0.  4,  &.  11«  Jlolio^g  yi^ovcir  o  ß^£  ov% 
Im  j^aiasov,  S.  4,.  (L  6«  S.  20.  M^  bmXUiit  igß  u%Q,a%$i  av- 
^^•«^y.  &.S»  CL  12».&t  %n9  %s(palfi,p  yoliiß.  u.  dgU  Doch  derlei 
Verkehrtheiteni,  so.  wenig  aia  auch  zu  entsoiiuldigen  sein,  mog^n,  sind 
doch  geringfügig  gegen  die:  vollkommene  Abgeschmacktheit,  die  der  Hr. 
yer(.  bei  der  Zuaammensetzung  eines  größeren  Lesastückess  «Zug;  des 
ÜiogereQ  Kyros  von  Sarges  bis  Babylonien'  (ß.  94—100)  aus  Stellen  des 
ershm  Buches  der  Amd^Bua  offenbart.  So  wird  z.  B.  das.  dritte  GapiteL 
des  ersten  Buches  in  der  W«isQ  sugescbniiten,  dass  nur  der  erste  und 
zweite  Paragraph  bis  su  den  Woiüan  o£  dh.  «^cSttreg  Mttv/M(£oir  ««l 
icuoMWP  aufgenommen  ondl  dann  sogieioh.da»  folgende  Capiteii^SiiTtii^ap. 
i|sA«vM^. . .,.  M  top  Wigon  «»ror^oV' aogescfalossen.  wird.  £s  iai 
wirklich  unbegreiflich,  wie  man  einem  Sohülef!  solch  sinnloses  Zeug 
vorlegen  kann.  Das  ^griechiscb-dentsobe  Wörterverzeichnis  ist  meist ;voll^ 
ständig  $:  Bei.  bat  nur  wenige  Wörter  in  demselben  nicht  vertreten  ge- 
fooden,  wie:  o^oifus,  (xpogif  vttnyuxt^,  Aamq,  —  Der  dritte  Theil 
enthält  zuerst  &  1 — %^  deutsohe  Obungastüoke  zur  Wiederholung  des  in 
der  Quarta  vorgetragenen  Lesestoffes,  8.  28—00  deutsche  Beispiele  zur> 
£inubung:  der  Lehre  von.  den  Präpositionen,  der  Conjugation  der  Verba 
auf  fit  und'  dM  Verba  aiomala^  des  Lehre  von  den«  Vertaladjeotiven^  dem^ 
ioQniiiy  und  dem;  Partieipium«  S^  60— -75  einige  Regeln  aus  der  Casus- 
lehre mit  «ntspreichenden  deutschen  Obungsbeispieleut  woran  sich  dann 
S«  75—85  eine  Sammlung  zuaanunenhängender  deutscher  Übungsstücke, 
und  endlich  Si  86^118  ein  dsutscb-griechiscbes  Wörterverzeichnis  an- 
acbliefst»  Auch  hier  fehlt:  es  nicht  an  unpassenden  und  sinnleeren  Sätzen, 
z.  B.  S.  6,  ß.  5,  S.  29  In  dem  Vaterlande  feiger  Menschen  gibt  es 
Verräther,  S.  15.  0.  15,, S.  18,  Cleopatra  tödUte  sich,  S.  t7,  Ü.  17,  S.  9 
die  alten  Deutsehen  waren  in  grofsen  Gräbern  beerdigt,  S^  IQ,  0.  17, 
S.  20  die.  Allen  erzählen,  dass  Apollo  auf  die  Erde  herabgeschickt  w  ärc^ 
SL  19^  0.  I81  S.  25  die  Scepter  der  alten  Könige  waren  mit  goldenen 
Nägeln  d.urehboh^t,  S«.  44»  (}«  38,  8.8.  0  wenn  doch  das  ganze  Ge- 
sohleeht  der  Schmeichler  auigcbäogt:  würde !  u.  dgl.  m«  In  so  manchen 
dieaer.  Salze  wird  man  auch  die  sjtUistische  Fertigkeit  dos  Hrn.  Verf. 's 
bewundern.  Auch  fehlt  es  nipbt  an  Wiederholungen  eines  und  dos* 
üslben  Satzes,  z.  B.  S,  34,  0.  30,  S.  12  die  Hellenen  macbten^en  Ale- 
xander zvm  Fcldberin  gegen  die  Perser,  Ü»  3t,  S«  16  A.  war  von  deu 
V;  zum  F.  —  ornamit  worden,  S.  36,  Ü.  32,  S.  4  die  IL  eruauuton  den 
A«-;tuBi  F^-^v»  dgl.  m*  —  Mie  AusstalU^g  dps  BuchQs,  ist  eine  ireffliche/; 


348     Oricch.  GrammaUken  u.  Obungsbuchcr,  ang.  v.  K.  SchenhL 

der  Druck  meist  corrcct.  Druckfehler  sind,  S.  3,  Z.  14  v.  u.  Jlgoüfinei, 
statt  ÜQoarixUf  S.  13,  Z.  8  v.  o.  in-emigoiito,  Z.  9  v.  o.  »rcSjag  statt 
svToxag,  S.  20,  Z.  10  v.  u.  'AititovBg  stall  'Afia^opeg  u.  a.  Der  Preis  ist 
uicht  hoch  angesetzl. 

Nr.  4.  Diese  Beispielsammlung  zum  Obersetzen  aus  dem  Deutschen 
in's  Griechische  von  A.  F.  Gottscbiok,  bildet  gewissermafsen  einen  An- 
hang zu  dem  Lesebuche  dieses  Gelehrten,  welches  1857  in  dritter  Auf- 
hige  erschienen  und  von  dem  Ref.  in  dieser  Zeitschrift:  Jahrgang  1858, 
S.  284  ff.  besprochen  worden  ist.  An  dieses  Lesebuch  schliefst  sich  die 
Beispielsammlung  meistentheils  so  an,  dass  die  in  den  betreffenden  Lese- 
stucken vorkommenden  Vocabeln  vorausgesetzt  werden;  daher  denn  auch 
unter  den  Beispielen  wenig  Vocabeln  bemerkt  sind,  sondern  durch  Über- 
schriften auf  die  entsprechenden  Stücke  des  Lesebuches  hingewiesen  wird. 
Eine  geregelte  Stufenfolge  der  Formen  ist  stets  beobachtet  worden:  nur 
die  Beispiele  über  die  Zahlwörter  und  Pronomina  machen  zum  Theil 
eine  Ausnahme,  weil  diese  gewöhnlich  erst  nach  den  Verbis  eingeübt 
zu  werden  pflegen.  —  Was  nun  jedem,  der  auch  nur  einen  Blick  in 
dieses  Buchlein  geworfen  hat,  nothwendig  auffallen  muss,  ist,  dass  der 
Hr.  Verf.  sich  im  deutschen  Ausdrucke  dem  Gri^Hshischen  möglichst  an- 
genähert hat,  in  der  Absicht  dem  Schuler  die  Obersetzung  zu  erleichtem 
und  ihn  zu  einer  richtigen  Stellung  der  Wörter  im  Griechischen  anzu- 
leiten. Man  muss  diesen  Grundsatz  allerdings  billigen,  so  lange  dabei 
der  deutschen  Sprache  keine  Gewalt  angethan  wird ;  wenn  aber  dadurch 
undeutsche  Wendungen  und  Ausdrucke  hervorgerufen  werden,  dann  muss 
mau  ein  solches  Vorgehen  mit  aller  Entschiedenheit  zurückweisen.  Ond 
gerade  in  dieser  Beziehung  gibt  jedes  Blatt  des  vorliegenden  Buches  zu 
gegründetem  Tadel  Anlass.  So  lesen  wir  S.  5,  1,  S.  2  der  Vater  wird 
dem(?)  Fehler  des  Sohnes  verzeihen,  S.  6,  1,  S.  8  durch  die  Strenge 
der  alten  Lebensweise  waren  die  Lakouen  stark;  als  sie  aber  dicuelbe 
aufgelöst  hatten  (?)  und  der  Schwelgerei  und  Weichlichkeit  gehorchten  (f), 
waren  sie  weder  tapfer  noch  machtig,  S.  7,  1,  3  höret  nicht  auf,  o 
Schüler,  vor  vollendeten  (?)  Arbeiten,  S.  8,  a.  E.  Polydektes,  König  von 
Seriphos,  befahl  dem  Perseus  nachstellend  (?)  die  Gorgo  zu  tödten.  Indem 
Athene  und  Hermes  Bundesgenossen  waren  (?) ,  tödtet  er  (wer  ?)  die 
Gorgo,  S.  lOy  II,  S.  6  Aristeides,  weil  er  arm  seiend(?)  Griechenland 
von  den  Barbaren  befreit  hatte,  wurde  der  Gerechte  genannt,  S.  15,  V, 
S.  11  Dolon  war  Späher  des  Hektor  für  die  Schiffe  der  Hellenen  iu  der 
Nacht  u.  dgl.  m.  Auch  finden  sich  uicht  selten  Sätze,  welche  ihrem  In- 
halte nach  unpassend  oder  fehlerhaft  aus  dem  griechischen  Originale 
übertragen  sind,  z.  B.  S.  8,  H,  11  Ihr  Bürger,  errichtet  Denkmäler  dem 
Feldherrn  des  Heeres,  der  sich  selbst  auf  dem  Feuer  für  das  Vaterland 
gcopfertj^at,  S  14,  IV,  3  die  Feinde  plünderten  S  ädte  und  Tempel  und 
raubten  alles  Vieh,  Kinder  und  Schafe  und  Ziegen  (Y),  S  2,  111,  S.  0  des 
meisteu  Goldes  und  Silbers  werth  möchte  wol  sein  ein  gewaltiger(?) 
Wohlthäter  in   einem  schweren  Zwiespalte  (vgl.  Theog.  78  D.),  S.  13, 


Qricch.  Grammiitiken  u.  Obungftbiieher,  ang.  v.  M.  Sckemki.     S4f 

f,  S.  5  Nach  der  6e8chichUenahlung(?)  des  Thukydidea  des  GeschiehU- 
Schreibers,  war  die  Würde  (?)  des  Perikles  grob  bei  den  Älhenem  und 
seine  Einsicht  ausgezeichnet  (vgl.  Thuc.  2,  65,  5).  Nicht  sehen  werden 
auch  in  den  Anmerkungen  griechische  Ausdrücke  empfohlen,  welche  der 
spaten  Qräeität  angehören  oder  ganz  und  'gar  unpassend  sind,  je.  B.  S.  3, 
III,  S.  11  für  «geschrieben*  y^irrdg,  welches  sich  nur  im  N.  T.  oder 
bei  Rirchenschriftstellem  findet,  S.  11 ,  II,  S.  15  für  «schlagen  (die 
Feinde)'  »oilovo,  welches  nie  in  solcher  Bedeutung  erscheint,  u.  a.  Der 
Hr.  Verf.  hat  es  auch  versucht  unter  diese  einseinen  Obungsstücke  hie 
und  da  grölsere  zusammenhangende  Stücke  einzureihen,  die  nun,  da  in 
ihnen  die  genannten  Mängel  noch  starker  hervortreten,  ihr  Inhalt  ein 
sehr  armlicher,  die  Zusammenstellung  eine  geschmacklose  ist,  einen 
wahrhaft  widrigen  Eindruck  machen,  t.  B.  S.  5,  111,  %i  «Kyros,  der 
Sohn  des  Kambyses  und  der  Mandane,  war  oft  an  dem  Hofe  des  Grofs- 
Yaters  Astyages.  Geeignete  Lehrer  unterrichteten  ihn  in  den  Künsten 
der  Mcder.  Die  Meder  ritten  besser  als  die  Perser,  da  diese  in  bergigen 
Gegenden  waren ;  aber  die  Perser  schössen  besser  [mit  dem  Bogen],  weil 
sie  viel  wilde  Thiere  jagten.  Die  Wahrheit  aber  zu  reden  war  den 
Medern  und  Persem  wichtig.  Kyros  aber  betrieb  die. Künste  eifrig  und 
zeichnete  sich  in  kurzer  Zeit  vor  den  Altersgenossen  aus.»  Ganz  in  der 
Weise,  wie  hier  Stellen  aus  der  Kyropädie  zusammengestoppelt  werden, 
behandelt  der  Hr.  Verf.  S.  28—31  sogar  Capitel  aus  Platon's  Apologie 
und  Kriton.  Nach  allen  diesen  Bemerkungen  kann  Ref.  keineswegs 
das  Buch  Gebrauche  anempfehlen.  —  Die  Ausstattung  ist  entsprechend; 
Druckfehler  finden  sich  in  ziemlicher  Anzahl,  z.  B.  S.  4,  Z.  4  v.  u. 
Veji  *)  st.  Veji  *)j  S.  5  Z.  4  v.  u.  eiust  st.  einst,  S.  14,  Z.  13  v.  o.  un- 
dankbar St.  undankbar'),  S.  21,  Z.  5  v.  u.  Rechte*)  habe  *)  st.  Rechte  *) 
habe*),  S.  64,  Z.  3  v,  u.  vnoviino  st.  itnonipm  u.  dgl.  Der  Preis  ist 
entsprechend. 

Nr.  5.  Die  Anleitung  zum  Obersetzen  aus  dem  Deutschen  in  das 
Griechische  von  Ph.  K.  Hess  liegt  uns  in  sechster  Auflage  vor,  ein  Beweis, 
dass  dieses  Buch  seit  dem  Jahre  1820,  wo  die  erste  Auflage  erschien, 
an  vielen  Lehranstalten  eine  weite  Verbreitung  gewonnen  haben  muss. 
Aus  dieser  Thatsache  müsste  man  nun  folgerichtig  den  Schluss  ziehen, 
dass  wir  es  hier  mit  einem  Obungsbuche  zu  thun  haben,  welches  wirk- 
lich vortrefflich  ist,  also  durch  zweckmäßige  Anordnung,  sorgfältige 
Wahl  der  Obungsbeispiele  u.  dgl.  sich  auszeichnet.  Ref.  muss  aufrichtig 
gestehen,  dass  seine  Erwartungen  bei  näherer  Einsicht  in  das  Buch  be- 
deutend enttäuscht  wurden.  Wenn  man  die  ersten  Seiten  des  Buches 
betrachtet,  so  begegnet  man  sogleich  der  Unsitte,  dass  ganze  Blätter  mit 
blofsen  Gasusformen  angefüllt  sind,  z.  B.  die  Ehre  der  Tugend,  der  Zorn 
der  Schwester,  dem  Schlage  der  Axt  u.  dgl.  Derlei  Beispiele  kann  nun 
jeder  Lehrer  in  reichlicher  Fülle  bilden,  wenn  er  einige  Wörter  auf  die 
Tafel  geschrieben,  ohne  dass  es  nöthig  ist  mit  solchem  Zeuge  Druck- 
seiten anzufüllen.    Aber  noch  schlimmer  ist  es,  dass   unter   diesen  Bei- 


i56     Grieeti.  Qrramiaiikcn  u.  Übungsbücher,  nng.  v.  K.  Sehetiki. 

spWlidn  nieht  selten  gans  sinnlose  nnd  algeschmacklc  Zusanimenfitelltingcii 
eraeheinen,  t.  B.  O  nsrslictikcit  des  Blutigels  und  der  Otter,  O  Einklang 
der  Tonkunst  u.  dgl. ,  und  dass  die  angegebenen  griechischen  Ausdrucke 
SohSuflg  gegen  den  Gebrauch  der  guten  attischen  Prosa  verstorsen,  z.  B. 
(ite  'Prucbtbai^keit  des  Feldes  iyva) ,  dem  Glänze  (ufltitd)  des  Tages, 
die  'Ermordung  '{tpoTfi)  des  Kaisers  Qalb»  geschah  tu  Rom  u.  s.  w. 
Mei^kwfirdfig  ist  es  übrigens,  dass  bei  der  ersten  Declination  auch  Bei- 
spiele aurgefubrt  werden,  welche  offenbar  die  Kenntnis  der  zweiten  De*' 
MinaHon  voranissetzen .  z.  B.  die  Thiere  (^^iov)  suchen  den  Schatten 
des  Waldes  (als  Obersetzung  von  «suclien*  ist  dazu  noch  trjtovci  ange^ 
geben'!),  die  Sclavinnen  setzen  die  Speisen  (ro  oh^ov)  auf  den  Tisch  in 
dem  Zelte  u.  dgl.  m.  In  dieser  Weise  wird  nun  die  Sache  fortgesetzt. 
Die  Beispiele  sind  fast  sSmmtlich  von  dem  Hm.  Verf.  gebildet,  und  dazu 
noch  ohne  Inhiilt,  ja  znweÜen  ohne  allen  Sinn;  in  den  Anmerkungen 
finden  sich  Fdliler  aller  Art ,  z.  B.  S.  11  y  Z.  4  v.  o.  Liebes  (Aizfjs) 
(doch  das  ist  ja  die  jonische  Form),  S.  20,  Z.  17  v.  u.  Hyperides  C^srt- 
9/9i7g;  docti  wol  *l^eps^)7P) ,  'S.  14,  Z.  4  v.  o.  der  ton  hat  oft  ver- 
borgene (ytffVfttofiwogy  17 ,  ov)  Obel  enthüllt  (vielmelir  KtüQvpbithos), 
S.  116,  Z.  2  die  Besseren  i^Bltitov  -  ipLhlvmv  \  als  ob  die  beiden  Com- 
parative  ganz  gleiche  Bedeutung  hatten)  unterliegen  oft  den  Schlechteren 
u.  dgl,,  naturlich  abgesehen  von  den  Fällen,  wo  Wörter  der  poetischen 
oder  späteren  Sprache  ohne  Unterschied  neben  anderen  in  SStzen  ange- 
wendet werden;  denn  Beispiele  hiefür  findet  man  auf  jeder  Seite.  — 
Man  sollte  nun  glauben,  dass  vielleicht  die  Beschränktheit  des  Wortvor- 
ralhes  auf  die  Auswahl  der  SStze  bei  den  Declinationen  einen  ungünstigen 
Einfluss  ausgeübt  hat,  und  dass  die  Obungsbeispiele  in  den  spateren 
Theilen  des  Buches  nach  Inhalt  und  Form  entsprechender  sind.  Leider 
ist  dies  nicht  der  F^ll.  80  finden  wir  S.  95  Sätze,  wie:  «Ich  habe  die 
Nachricht  von  meinem  Oheim  gehört.  0  Pompejus,  wie  bist  du  unglück- 
lich gewesen  in  der  Schlacht  bei  Pharsalos  und  bist  nach  Ägypten  ent- 
flohen. Wir  trauen  deiner  Ehrlichkeit  Der  Dieb  ist  im  Hause  verborgen, 
wo  ihn  'Niemand  aufspüren  wird,  u.  dgl.  Selten  treffen  wir  einen  schönen 
Spruch,  ein  passendes  Beispiel  aus  der  Geschichte,  der  Mythologie  oder 
der  Naturgeschichte.  —  Unstreitig  der  beste  Theil  des  ganzen  Buches 
ist  der  achte  Abschnitt  (S.  254—314),  welcher  kleine  zusammenhangende 
Erzählungen  enthält.  Hier  ist  die  Auswahl  eine  ganz  verständige,  die 
Übersetzung  der  griechischen  Originalstellen  getreu  und  richtig  und  auch 
die  Bemerkungen  unter  dem  Texte  entsprechen  vollkommen  ihrem  Zwecke. 
Dieser  Abschnitt  wird  auf  Schulen  jedenfalls  mit  Nutzen  gebraucht  werden 
können.  Was  dagegen  die  andern  Theile  des  Buches  anbetrifft,  so  ist 
es  dem  Ref.  schlechterdings  unbegreiflich,  wie  man  dieselben  noch  ge- 
genwärtig, wo  an  guten  Übungsbüchern  kein  Mangel  ist,  benützen  kann. 
Vielleicht  lässt  sich  die  Sache  so  erklären,  dass  dieses  Buch  zu  einer 
Zeit  erschienen,  wo  die  Schul-Literatur  sich  noch  nicht  so  entwickelt 
hatte,    als   brauchbar   befunden,    und   schnelle  Verbreitung   fand   und 


Qneeli.  GramiBAlikenu.  t]boiig8li86liery  aiig:  r^  tül  iSlcÜMü/.     t5l 

••  am  -Oewolmhdts^iMsithtini  tioh  >bis  in  AinM#e  Z^ten  an  dein  flchul«n 
erimlten  bat  —  Bie  AuMUltiMig  ut  entoprtebend;  dofeh  der  Dhick  ein 
whr  meorvectar;  f^anz  geWdhnliiSh  lUdat  neb  d6ir  'fipirüor  tei  HifilKi 
lboo|9e|i  fidsch  gestdlt,  i.  i.  a  7,  Z.  13  v.  u..  oim  k^  ük^  fi.  11^ 
Z.  11  V.  u.  «tdbfoffy  6. 1G,'Z.  8  t.  u.  17  o^f  <i  afQrtXafi/f,  ihiBjote  sUb- 
scriptum  vernaisbläsiigt,  Aceente  doppelt  geäitil  n,  dgL  Det  l^rd»  wt^ 
wenn  man  den  Umfang  des  Bnefaea  berneksichtigt;  billig  Bi  nennen. 

Nr.  6.  Die  praklincbe  Anleitung  aur  Erlernung  dcfir  grieefai^cbäl 
8pr«Dli<4evierite  von  J.  Quosaek,  wetehe  il839  in  erster  Auflage  erscktien« 
id  ein  :fur  dieQuaila  und  Terlia  der  preufsiscbeo  Gymnasien  beiAimmtes 
Elemenkarbucb,  ^-elches  in  iler  Weiae  abgeordnet  i^  ^  dass  sieb  an  die 
einielnen  grammatiteben  Hegeln  unmItteUbar  enlspr^ch^de  grieefalscbe 
nnd  deutsche  übersetfeungsbeispieie  anreiben.  An  die  Formenlehre  ediUefiil 
sich  S.  184 — 231  ein  kurser  Kursus  der  Syniax;  dann  folgen  S.931  bis 
t3ft  Fabeln,  mytbologis^e  EriSblungen  und  ein  grdfseres  Lesestucki 
Die  8cblacht  bei  Eunäzä  (Xen.An.  :1«  8,  1— -M),  S.ft37-*S44  «ina  kurt^ 
Übersiebt  der  üomeriscben  Formetdebre,  «ndlieb  8.  145^2.70  ein  grie^ 
chisch  *  deuiscbes  lind  ^eütocb  -  griechisclies  WÖBterveeseidmia.  **  Was 
nun  überhaupt  die  Frage  nber  dieiNoIhwendigkeit  and.Nfltalicbkcit  eines 
Reichen  Bticbes  anbetrifft,  sa  ist  sie  bereits  so  oft  tind  so  eingehend  in 
dieser  Zeitscihrift  erörtert  wordem.  dass  es  unnlMbig  wäre  notfhmidB  eine 
Bespreclrang  derselben  Torftonetamen.  Eben  dem  Umstände,  dass  an  defl 
meisten  unserer  Ojrmnasien  die  Graminatik  von  CtuHos  gleich  in  den 
untersten  Oiassen  benotst  witd,  ^rordaaken  wir  zum  grofsem  Thdle  den 
ginstigen  Aufschwung,  welchen  der  Ubterriohl  im  Odechischfen  seit  einigen 
Jahren  genommen  bat,  wahrend  der  lateinische  Ccterriobt  eben  durch 
den  Gebrauch  verachi edenartiger  Elemcntarbucher  gehemmt  wird.  Doch 
sehen  wir  von  dieaem  Umstände  ab  und  fragen  wir  nach  dem  Werthe 
des  vorliegenden  Buches,  so  muss  das  Urtheil  einfach  dahin  lauten,  dass 
diese  Formenlehre  sieh,  weder  was  Vorbereitung  noch  was  Anordnung 
des  grammatischen  Stoffes  anbelangt.  Ober  das  gewöhnliche  JMafs  von 
derlei  B&chem  erhebt  und  gegen  gute  Schnlgrainmatlken ,  %i  D.  gegen 
die  von  Baumlein  und  Curtius,  in  jeder  Beziehung  sur&oksteht.  So  lesen 
wir,  um  nur  einige  Beispiele  anzuführen,  8.  3«  8-  6:  «Kurz  sind  ge- 
wtthnlieb<?)  die  Voeale  a,  i^  ».*  6.  9,  §.14  wird  bemerkU  dass  1  bei 
der  Gontraction  auch  ausgestofsen  werden  könne,  z.  B.  nlctwing  «•  %Uir 
%ovti  doer  sloxovg  und  9X4xn6Big  sind  von  einander  ganz  unabhüngig 
aus  nXa^Bvtg  hervorgegangen.  S.  21,  g.  93  finden  wir  die  Betonungen^ 
frt^,  wtiv,  PBiß,  ißBißv  (vgl.  Göttling,  Aocentlebre  8,  8BS  ff.).  8.  73, 
8.  46  heilst  es:  «fängt  ein  Vertmm  mit  einem  Doppelbuchstaben  (?)  an» 
so  hegnägt  sich  das  Port  mit  dem  f  statt  dier  Beduplication.'^  8.  82» 
%,  67  wird  als  Paradigma  tvxt»  conjugiert,  wobei  all'  die  schönen 
Sachetoben  des  Theoüosius  gramm.  p.  166  wieder  hervorgeholt  werden, 
z.  fi.  %hv^€C,  xhvnuy  iwnaify  hvq>^fi9,  tfMj^^aoftui ;  ebenso  wird 
8.  ItO,  8.  63  von  iyyilhn  ein  Aor.  IL  Med.   lyyysvldfftijv   gebildet,   der 


352     Orieeb.  Grammatiken  u.  Obungsbucher.  ang.  v.  K.  SckenkL 

nie  bei  einem  griecbiscben  Autor  vorkommt.  S.  114,  §.  62  werden  von 
den  Verben,  welche  im  Perf.  Pass.  die  Endung  ff^t  annehmen,  nur 
inava,  ^^avo,  «alavo,  {im,  ctia  aufgezählt,  aber  tiXia,  <nraa>  u.  a. 
ohne  (iruiMl  übergangen.  S.  125,  §.  64  wird  ein  Aor.  Pass.  ißakifv  auf« 
gefuhrt,  der  nie  im  Griechischen  erscheint.  S.  242  finden  wir  die  un* 
richtige  Schreibweise  Mltja^  i^iXinöt,  (vgl  G.  Guitius.  die  Bildg.  der 
Tempp.  u.  Modi  S.  24  ff.)  u.  dgl.  m.  Auffallend  ist  es  auch,  dass  der 
Hr.  Verf.  die  Accentlehre  in  einer  Ausdehnung  behandelt,  wie  sie  wol 
einer  gröfseren  Grammatik,  aber  nicht  einem  Elementarbuche  entspricht. 
Selbst  die  Kruger'sche  Schulgrammatik  enthält  nur  die  wichtigeren  all- 
gemeinen Regeln  und  überlässt  die  Einzelnheiten  richtig  der  allmählichen 
Einübung  bei  der  Leetüre  und  den  schriftlichen  Übungen.  —  Ist  nun 
diese  Formenlehre  mit  bewährten  Grammatiken  durchaus  nicht  auf  gleiche 
Linie  zu  stellen,  so  können  die  eingereihten  Obuiigstücke  noch  weniger 
gerechten  Anforderungen  entsprechen.  So  finden  wir  auch  hier  anfangs 
blofoe  Casusformen  als  Obungsbeispide ,  z.  B.  at  mtsiXcä  tidv  lucxn^»^^ 
^  tpmpfi  %mr  nogav,  q  Swt^  üvp  yo^c  ^tiftttititmg  h  taCg  fuixaiii  9vp 
dl  Tofg  9coXitM6  ip  ty  ilifi^Tijy  ot  d^%a9tal  h  x^  iyoif^i  u.  dgL  m., 
welche  Beispiele  auch  sowol  gegen  die  Syntax,  als  gegen  den  Gebrauch 
der  guten  attischen  Prosa  verstofsen.  Die  Sätze  sind  fast  durchaus  von 
dem  Hm.  Verf.  selbst  gebildet,  meist  inhaltsleer  und  zuweilen  über  alle 
Mafsen  abgeschmackt,  z.  B.  S.  54  h*Ellaäi  nalal  %al  ti^nval  »al 
^iag  a^uit  x£(ftti  dfSiv  (ifc)  «ol  atp^ovoi  aypol  ical  noXXk  vli^ipxa 
{ilc),  v^rßi,  oq^uty  fffVXQct  «ol  noXvväifa  (iic)  opij.  noXvap&Blg, 
diaQffiftoi  »ol  niäivol  Actficovsg  »ol  fiangal  %al  tfnnagal  noiXiaäsg,  Auch 
finden  sich,  wie  schon  dies  Beispiel  zeigt,  in  demselben  sehr  häufig 
unattische  Wörter,  Formen  und  Schreibweisen,  wie  S.  42:  ndpxeg 
^fj^ig  SitXcc  Ijovtfi,  Tto9  dh  av^^mnmp  onX«  Xoyog  %al  aotpüx  iifriVy 
S.  128  'HQoxXijg  TJf  x^^V  ^V9  A^i^ißttCag  vdqag  xovg  6'ttfxovg  fßaipBVf 
S.  218  Siqiia  Xiysxcu  anovaavxa  xuvxa  elnai  u.  dgl.,  und  auch 
Fehler  in  Bezug  auf  die  Setzung  des  p  itpsXn,,  z.  B.  S.  133  xitti  in»- 
if^aninxag,  S.  175  iXii§  idt  u.  ä.  Die  deutschen  Obungsbeispiele  sind 
oll  schlecht  stilisiert,  z.  B.  S.  162  Charondas  verordnete,  dass  diejenigen, 
welche  in  der  Schlacht  die  Reihe  verlassen,  drei  Tage  in  V^eibertracht 
auf  dem  Markte  sitzen,  S.  200  die  Ätbiopcn  fristen  das  Leben  mit 
dem  Fleische  und  (der?)  Milch  von  ihren  Herden;  oder  enthalten  unrich- 
tige Bemerkungen,  z.  B.  S.  176:  Den  Griechen  war  es  erlaubt  die  Schwerer 
zu  heirathen  (vgl.  Becker  Cbarikles,  2.  Aufl. ,  III,  S.  288  ff.)  u.  ä.  End- 
lich finden  wir  auch  hier  die  Unsitte  einzelne  Stellen  aus  der  Anabasis 
herauszugreifen,  und  dann  mit  beliebiger  Umformung  den  Übungstücken 
einzureiben,  vgl.  $.  160,  175  u.dgl.  Es  ist  klar,  dass  solche  aus  ihrem 
Zusammenhange  gerissene  Stellen  des  Verständnisses  entbehren  und  daher 
auch  dem  Schüler  kein  Interesse  abgewinnen  können.  —  Die  Ausstattung 
Buches  ist  ganz  entsprechend,  der  Preis  billig;  Druckfehler  gibt  es 
HDlicher  Anzahl,   z.  B.  S.  10,   Z.  8  v.  u.  im  st.  in,   S.  30,  Z.  14 


Qrieclk  GramroaUken  u.  Obungsimcher,  ang.  ▼.  K.  SeMenkL     853 

*T.  o.  fU,  S.  137,  Z.  15  V.  0.  ii£%8ilap,  S.  149,  2.  9  v.  o.  tetaad'ov^ 
'S.  15t,  Z.  12  V.  u.  tituu^  6.  160,  Z.  10  v.  o.  at^atimta  st.  tff^o- 
TMtna  u.  dgl. 

Nr.  7  ist  eine  neue  Bearbeitung  der  «kurcen  Obersicht  über  die 
Formen  des  Homerischen  Dialektes  als  Einleitung  in  die  Leclüre  des 
Homer,* 'von  G.  A.  Wigand,  Professor  am  Friedrich* Wilhelms-Gymnasium 
in  Berlin,  welche  zuerst  im  J.  1826  und  zuletst  in  dritter  Auflage  1837 
erschien.  Der  Bearbeiter  der  neuen  Auflage,  Hr.  Prot  J.  Deuschle,  durch 
«eine  Platonischen  Studien  vortheilhafl  bekannt,  war,  wie  er  selbst  in 
■der  Vorrede  S.  tV  bemerkt,  eifrig  bemuht  das  Wcrkchen  zu  einem  guten 
Sehulbnohe  zu  vervoll kommen ;  demgemäfs  entfernte  er  die  für  die  Schuler 
werthlosen  und  gleichgilügen  Stcllencitate  und  suchte  den  Ausdruck 
praeiser  zu  fassen  und  durch  Unterordnung  der  Einzelnheiten  unter  all- 
gemeine Gesetze  die  Obersicht  zu  erleichtern;  er  führte  femer  eine  neue 
selbständige  Anordnung  des  Stoffes  ein,  während  das  Buöh  in  seiner 
früheren  Gestalt  sich  an  Buttmabn's  Grammatik  ansehioss  und  diese  nur 
ergänzen  sollte;  endlich  suchte  er  auch  im  Einzelnen  Manches  zu  ver- 
vollständigen und  die  Besultate  der  wissenschaftlichen  Forschungen, 
•welche  gerade  in  den  beiden  letztverflossenen  iahrzehenten  unsere  Ein- 
-sieht  in  den  Bau  der  griechischen  Sprache  und  die  Eigenthümlichkeit 
des  Homerischen  Dialektes  weientlich  gefördert  haben,  auch  für  die  Schule 
möglichst  zu  verwerthen.  -*-  Ob  nun  ein  solches  Uilfsbuch  wirklich  ein 
dringendes  Bedürfnis  sei,  darüber  will  Ret  hier  nicht  weitläufig  spre« 
eben,  da  er  diese  Frage  bereits  im  Jahrgänge  1858  dieser  Zeitschrift, 
S.  278  ff.  bei  Gelegenheit  der  Recension  eines  ähnlichen  Wcrkchens  voi 
G.  Drogan  genügend  erOrtert  J^ai.  Er  bemerkt  also  nur  wiederholt,  dass 
er  solche  Hilfsbuchlein  eher  für  einen  Schaden  als  für  einen  Nutzen  an<^ 
sieht,  indem  dadurch  die  Aufmerksamkeit  des  Schülers  zersplitlert  und 
die  Anknüpfung  der  Homerischen  Formen  an  die  früher  erlernten  altischen 
erschwert  wird,  während  durch  eine  gute  Grammatik,  welche  die  dialek- 
tischen Formen  im  unmittelbaren  Anschlüsse  an  die  Formen  der  attischen 
Mundart  behandelt,  die  Aufmerksamkeit  concentriert  und  das  Verständnis 
der  Sprache  ungemein  gefördert  wird.  Ref.  hat  auch  an  dem  früher  be- 
•ceichneten  Orte  darauf  hingewiesen,  wie  derlei  Hilfsbücher  selten  mit 
gstea  Grammaliken  auf  gleicher  Stufe  stehen,  und  besonders,  was  die 
Benützung  der  neueren  wissenschaftlichen  Forschungen  anbetrifft,  viel 
zu  wünschen  übrig  lassen.  Und  so  müssen  wir  denn  auch  bei  der  Be- 
urtheilung  dieses  Büchleins,  so  wenig  wir  auch  dem  Hrn.  Verf.,  was  die 
Anordnung  des  Stoffes  und  Präcision  des  Ausdruckes  anbetrifft,  unsere 
Anerkennung  versagen  wollen,  bemerken,  dass  es  die  Resultate  der  neueren 
•Homerischen  Forschungen  keineswegs  in  entsprechender  Weise  verwerthet 
und  somit  gar  manche  unrichtige  und  unvollkommene  Bemerkung  ent- 
hält, während  wir  z.  B.  in  der  Schulgrammatik  von  G.  Curtius  derlei 
Puncto  klar  und  erschöpfend  behandelt  finden.  Der  eng  zugemessene 
Raum  nötbigt  uns  statt  einer  eingehenden  Prüfung  nur  einige  Belege  für 

Z«iUchrirc  f.  d.   5tt«rr.  Gymaa«.  1860.  IV.  u    V.  Haft.  25 


a&4     Orie^h.  Gnmmaüken  u.  CkiiDgsUicher»  ang.  v.  K.  Schenkt, 

diese  Bebauplung  beitabrüigen.  So  wird  gleich  S.  2,  S-  t>  «»  ß  der 
l^aU  iubergai««ii,  4»s  4er  Hlutq«  sich  aueh  jaeim  weibUcben  Einsehnitte 
im  dritten  Fufse  findet,  vgl.  CuH.  g.  63  D,  3  und  Thierscb  8.151,  3,  %^ 
S.3,  8.  5  aprioht  der  Hr.Terf.  von  derDieereais  oder  Trennung  der  Diph- 
Ihonglaute,  wShrei4  doch  bekanntlich  9wi^9i^  nur  ein  TenniDus  der 
grieebiachen  Oranunatik^r  ist,  welche  die  epntrahierte  Form  als  die  or* 
sprungliehe  .4>eftraehfieten  und  so,  gleichwie  in  ihrer  Lehre  von  der  Tme- 
«is,  den  ganeen  jSaehvtrti^U  umkehrten;  in  nit^^  ivg,  iioymi  liege» 
uns  also  die  ursprünglichen  Formen  vor,  wahrend  «a<g  u.  s.  w.  dureh 
ZusamsMüsiehuDg  eotataiiden  sind«  Man  vergleiche  nur,  wie  Gurtius 
f.  35  D,  1  diesen  Pund  behandelt  haL  -  Ebenso  unrichtig  werden  auf 
derselben  Seite  8*7  als  Falle  der Aphaoresis  %^voQy  evc^esr^  aufgezählt^ 
denn  solche  Formen  sied  die  ursprünglichen,  während  uns  in  inMipog» 
müTiQintii  deutliche  Fälle  von  Prosthesis  vorliegen  (vgl.  W.  Christ  griech. 
Lautlehre,  8.  82  #.),  worOlier  der  Hr.  Verf.  nirgends  gehandelt  hat.  Auf- 
fallend ist  es  aueh,  dass  Hr.  Deusohle  g.  6  immer  «f^  «e^^ov,  %in  mBifnßy 
«DM*  itS9«I4g  u«  ä.  acbreibt,  während  doch  in  allen  Ausgaben,  auch  in 
der  neuen  Bekker'sphea ,  richtig  «f»  «. ,  %»%  u.^  %ct%  «.  u.  s.  w.  ge«- 
eebrieben  wird.  8.  4,  8-  7  wird  als  Beispiel  der  Synkope  yl«HT09«y<vr 
angefahrt;  doch  yX«7og  weist  offenbar  auf  einen  Stamm  ylax  hin,  der 
dann  durch  voeaUsche  Epenthesis  erweitert  worden  ist  (vgl.  0.  Gurtius, 
Qrundx&ge  der  griecb.  Etj^iftologle  S.  US,  Nr.  120);  eben  daselbst  8.  ^^ 
Anden  wir  als  Belege  für  die  Dehnung  des  sr  in  oi  beigebracbti  nrn^ai^ 
aUi,  uUtogf  Formen,  die  hier  nichts  beweisen  können;  denn  nafftU  ist 
wie  Kcnra^y  i%ai  eine  Locativform  (vgl.  Zeitschrift  f.  vgl.  Spracht  III, 
8.  134)  und  ulti^  uUtog  (urspr.  afi$i^  ij^etoq)  sind  die  ursprünglichen, 
hingegen  AiCy  ietog  die  geschwächten  Formen  (vgl.  Benfey  gr.  W.  i, 
8.  7  u.  le);  auf  derselben  Seite  8«  11  heilst  es:  «SUtt  des  e  tritt  häufig 
^  ein,  namentlich  in  den  altischen  Diphthongen  bv  und  h,  e.  B.  ßatii^ 
lijos  (-sog).  Doch  dieae  Ooppelformen  erklären  sich  sehr  einfach  durch 
pamUf'Big  (vgl.  Christ  S.  62);  S.k,  8-  10  wird  von  dem  VorseUage 
einee  Vocales  geaproeben  uad  dabei  bemerkt:  «e  wird  öfter  einer  langen 
Sylbe  vorgeschlagen»  l)esonders  als  Ersati  fdr  ein  weggefallenes  Digamma 
oder  (,  B.  B  inxov.,  itfw^  ^x«;>  die  beiden  letzteren  Beispiele  sind  un«- 
riehtig;  denn  irjv  st.  iarjv  ist  regelmafsig,  nur  mit  Obergang  in  die 
bindevDcalisohe  Gonjugation  gebildet  und  Iffjxa  st.  jiji^xa  ist  ebenfalls 
ganz  der  Regel  gemaCs.  Doch  derlei  Fehler  könnte  man  noch  leichter 
entschuldigen;  schlimmer  aber  sind  diejenigen,  die  sich  in  der  Lehre 
von  der  Tempusbildung  finden ,  wo  der  if r.  Verf.  doch  so  leicht  das 
treffliche  Buch  von  6.  Gurtius:  «Die  B«idang  der  Tempora  und  liodi  im 
Oriechieohen  und  Lateinischen'  Berlin  1846,  hätte  benützen  können.  So 
wird  S.  27«  8*  65  eine  Verdopplung  des  S  nach  dem  au  gm.  syll.  ange- 
nommen in  Eädiiaa  (aber  dies  steht  ja  entweder  durch  Assimilation  st. 
UfHca  oder  ist  als  eine  unrichtige  Schreibweise  aezusebeu,  vgl.  Benfey^ 
il,  S.  224);    8*  68  wird   wieder  von    einem    doppelten   Augmeute   in 


6i.  W»if^  lateinischos  Übungsbuch,  ang.  v.  P.  JlnKJ^ipggr.       asd 

^iim8upo9  «.  dgl  g«spr«cben  (vgl.  Ebel  Z.  f.  v,  'S.  IV,  161);  S.  28, 
g.  69,  d  Mfot  es:  «im  PerC  fehlt  die  Redupi.  nur  it  diyiMi  (^iyiu^g) 
€u  Sitofita  neben  SidtypMi*  (aber  ^ix«««*  II.  1« ,  174  isl  gewiss  eine 
imriohUg  ^bildete  Form,  u.  z.  scheint  es  durch  diyfU9!Bt  entstandeti 
ju  seiD^  das  man  falschlich  als  Part.  Perf.  ansah,  wahrend  es  doeh 
'Offenbar  Part  des  ein/achen  nach  der  tandeTOcalloaen  Conjugation  ge«- 
iMfkklen  Aoristes  ist);  S.  8t,  g.  79,  a  werden  di«  uralten  Bildungen 
«MK90»9,  xizXiimt  u.  L  durch  ein  ausgelassenes  •%  erklart,  th^inti  wM 
eine  unregelmärsige  Bildung  genannt,  während  es  doch  gans  Ngelsiarsig 
vom  Stamid«  Tf«2,  vgl.  tfaz^«,  aud  dem  sich  dann  ^döaa  (tpaxjo) 
«nd  durch  voealisehe  Epenthesis  capccM»  (taQa%in)  entwickelt  hat, 
gerade  wie  iiXfi^  gebildet  int  (vgL  Gurtiui^  Temp.  u.  Ifod.  8. 195  ff.); 
S.  38,  g.  86  finden  wir  die  unricShtigen  Sohreibweisenje  4^iXfia»m  und 
Hhilfiütj  S.91,  g.  99,  %  werden  ^ßlii^,  IWtei*,  kfidi^iifi^  ju.  4i.  als  synko- 
pierte Aoriste  beieiohnet  u.  dgl.  m.  Aue  dem  gesagten  wird  sioh  hin- 
reichend ergct>en,  ob  ein  solches  Büchlein  dine  gute  Grammatik,  wie 
die  von  Curlius,  ersetzen  kann.  Ref.  ist  dttfchaus  nicht  der  Meinung, 
dass  man  die  Schüler  in  das  spraehvergleichende  Stndium  einführen 
solle,  er  wurde  viehnebr  ein  solchen  ¥^gelMn  als  einen  tnlschieden^n 
Aiisgriff  bezeichnen;  aber  so  vier  kann  man  doch  «nit  Recht  verlangen, 
dass  die  sicheren  Resultate  dieser  Forsebnngen  in  dem  (intem 
•rlchte  verweithet,  oder  doch  wenigstens  einfhoh  die  sprachlichen  Tbat- 
saciien  ebne  die  ungenn^nden  Erklärungen  der  frih^reu  Zeiten  aufge- 
führt werden^  wer  diesenFofdemUgcn  sioh  su  entgehen  wagt,  wolle 
sieh  nur  einfach  fragen,  was  man  &ber  einen  physikalischen.  Aber  einen 
naturgescIiioMHchen  Schulunterricht,  der  ein  paar  Jahraebnte  hinter  den 
sichern  Ergebnissen  der  Wissenschaft  suriickbliebe ,  urtheilen  und 
mit  Recht  urtheOen  würde.  —  Die  Ausstattung  des  Büchleins  ist  eine 
trefriiohe;  der  Druck  mit  wenigen  Ausnahmen  öorrect,  s.  B.  8.  4t  Z.  10 
V.  0.  PTJ^g  St.  99f99',  S.  81)  -Z.  18  fv.  u.  %m%a^im  vt  «Ifo^i^tcr;  der 
•Preis  entspveehend. 

Innsbruck.  Dr.  laii  Sohenkl. 

LateiiH«che6  Übungisboch  für  die  «weite  Chsse  der  uBlerreicIiiMlien 
Gymnasien  von  Steph.  Wolf,  Director  des  k.  k.  Oyninasiuas  in 
Czemowits.  Vllt  u.  191  S.  8.  Wien,  L.  W.  Seidel,  1859.  —  83  Nkr. 

In  der  Vorrede  bemerkt  der  Hr.  Verf.,  dass  er  dieselben  Orund- 
sStze,  die  bei  Abfassung  seines  t}bungsbuelies  für  die  erste  Ctasse  mafs- 
gebend  gewesen  seien,  auch  in  dem  vorliegenden  for  die  iweite  Classe 
bestimmten  Theile  festgehalten  hal>e.  Indem  wir  daher  bezüglich  dieser 
Qrundsfitze  im  allgemeinen  auf  das  verweisen,  was  darüber  in  diesen 
filfiltern  (Jahrg.  1859,  S.  715  ff.)  bei  Besprechung  des  ersten  Theiles 
gesagt  wurde,  geben  wir  unmittelbar  an  die  nähere  Betrachtung  der  Art 
und  Weise,  wie  die  erwähnten  Grundsatie  im  gegebenen  Falle  in  Anwen- 
dung gebracht  wurden. 

25* 


356       51.   Wolf,  lateinisches  Übungsbuch,  ang.  v.  F.  Hoekegger. 

Der  Hr.  Vf.  hält  sich  genau  an  den  Lehrgang,  der  in  seiner 
Elementär-Oramroatik  vorgeseichnet  ist;  daher  zcrfalll  auch  vorliegendes 
Obungsbuch  in  zwei  Haupttheile ,  deren  erster  (S.  1—78)  Beispiele  zu 
Einübung  der  unregelmarsigen  Formenlehre,  deren  zweiler  (S.  78—164) 
Beispiele  tu  Einübung  der  wichtigsten  syntaktischen  Regeln  enthält.  In 
einem  dritten  Theile  ($,155  — 18%)  sind  anhangsweise  zusammenhangende 
Dbungsstcicko  enthalten^  mit  dem  Zwecke,  «den  gesammten  Lehrstoff  der 
ersten  Stufe  zu  wiederholen  und  zugleich  den  Übergang  zu  der  Lecture 
der  dritten  Classe  zu  vermitteln.* 

In  dem  ersten  Theile  vermissen  wir  nun  vor  allem  eine  Eigen- 
schaf!, die  uns  für  ein  elementares  Übungsbuch,  soll  es  anders  seinem 
Zwecke  entsprechen,  unerlasslich  erscheint,  eine  Eigenschaft,  die  auch 
der  Hr.  Vf.  als  von  der  elementaren  Unterrichtsstufe  gefordert  anerkennt 
(vgl.  Vorr.  S.  Vl)t  Einfachheit«  Nach  unserer  tiefsten,  durch  Er- 
fahrung gewonnenen  Oberzeugung  handelt  es  sich  auch  in  der  zweiten 
CUsse  beim  Lateinunterricht  nicht  darum,  dass  dem  Schuler  eine  Reihe 
möglichst  vieler  Ausnahmen  in  Beispielen  vorgef&hrt  und  zu  diesem 
Zwecke  eioe  Art  Musterkarte  aus  den  verschiedensten  Schriftstellern 
vorgelegt  werde,  als  da  neben  den  bekannteren  sind:  Cato,  Varro,  Lu- 
eilius,  Aemilius  Macer,  Petronius,  Mela ,  Columella,  Paulus  Diaconus, 
Festus.  Nonius,  Diomedes,  Priscianus,  Solinus  u.  a.  m  $  sondern  darum, 
dass  derselbe  in  einem  auf  die  gewöhnlichen  Fälle  beschränk- 
ten Gebiete  durch  wiederholte  Übung  einheimisch  werde.  —  Damit 
stimmt  auch  vollkommen  die  Instruction  überein,  die  für  den  latein. 
Unterricht  am  Dntergymnasium  durch  den  Org.  Entw.  vorgezeichnet  ist, 
nämlich,  dass  seltenere  vereinzelte  Fälle  sowohl  der  Formenlehre 
als  der  Syntax  nicht  eigens  eingelernt,  sondern  nur  gelegentlich  bei  der 
Leetüre  erwähnt  werden  sollen.  Wir  glauben  zu  dieser  Weisung  noch 
hinzufügen  zu  müssen«  dass  auch  in  Bezug  auf  den  eigentlichen  Sprach- 
stoff, d.  h.  den  Wortschatz ,  der  Grundsatz  der  Einfachheit  es  fordert, 
dass  man  sich  anfangs  auf  jene  Worte  beschränke,  die  am  häufigsten 
vorkommen,  damit  der  Schüler  sich  dieselben  fest  in's  Gedächtnis  präge 
und  sich  derselben  augenblicks  erinnern  könne.  Was  hilft  es  auch, 
wenn  er  sein  Gedächtnis  mit  Worten  belastet,  die  ihm  bei  der  folgenden 
Leetüre  der  Glassiker  erst  recht  spät  oder  gar  nie  wieder  vorkommen? 
iBr  hat  sie  dann  eben  nur  in  fiOwrum  rei  obUvionem  eingelernt.  — 
Nicht  minder  scheint  es  uns  gegen  den  Grundsatz  der  Einfachheit  zu 
sein ,  wenn  Dichterstellen ,  in  denen  sich  der  Sprachgebrauch  zu  sehr 
vom  prosaischen  Ausdruck  entfernt,  gleich  auf  den  ersten  Stufen  in  allzu 
verschwenderischem  Mafse  ausgestreut  werden,  und  dazu  noch  häufig 
in  veränderter  Gestalt,  als  wären  sie  Prosa.  Es  gewöhnt  sich  da- 
durch der  jugendliche  Sinn  nur  allzuleicht  an  eine  buntscheckige  Aus- 
drucksweise ,  die  weder  poetisch  noch  prosaisch  ist ,  sondern  ein  un- 
leidliches Zwitterding  von  beiden ,  mit  dem  ernste  Lehrer  eines  reinen 
Stiles,   dessen  Muster  eben  die  Glassiker  sein  sollen,   später  ihre  arge 


St.  Waif^  lateinisches  Übungsbuch^  ang.  v.  F,  Bockegger.       367 

Notb  haben,  ohne  dem  einmal  angewöhnten  Obel  je  recht  gründlich  ab- 
helfen XU  können.  —  In  allen  eben  erwähnten  Richtungen  scheint  uns 
nun  der  Hr.  Vf.  nicht  selten  das  richtige  liafs  überschritten  und  dem 
Grundsatze  der  Einfachheit  dadurch  Abbruch  gethan  zu  haben,  und  wir 
erlauben  uns  zum  Belege  dieses  unseres  Dafürhaltens  aus  der  nicht  un- 
bedeutenden Zahl  von  Beispielen,  die  uns  aufgefallen  sind,  nur  einfach 
folgende  anzuführen: 

Als  Satze,  die,  nur  seltener  Ausnahmsfalle  wegen  gewählt,  iheils 
Absonderlichkeiten  enthalten,  theils  ihrer  Fügung  nach  zu  schwer  sind, 
bezeichnen  wir  ähnliche:  S.  5  von  Plin.  18 ,  30,  72  ^Meuli  tarie  e$i. 
raifo:  iiifiulae  aiibi  mediae  faice  praeciduntur  afque  inier  duns 
mergifei  ipica  dearingilur,  aiibi  ab  nssUee  peiinni,*  wobei 
der  Wechsel  des  Subjectes  durch  unvollständige  Anführung  der  Stella 
mit  veränderter  Interpunction  noch  auffallender  und  für  Anfänger  gewiss 
nicht  leichter  fasslich  wird.  Und  all  dies  um  ein  Beispiel  für  merges 
als  femininum  zu  haben,  welches  Wort  doch  dem  Schüler  höchstens 
noch  in  Virg.  Georg.  2,  516  vorkommen  dürfte.  S.  16  wird  die  Stelle^ 
aus  Petronius  ^i^ri  aUuierwU  tmguenium  iu  argeniea  peive*  sy. 
nur  deshalb  neben  die  folgende  Stelle  aus  Plin.  gesetzt,  um  ein  Beispiei 
des  Abi.  peive  neben  peiPi  zu  haben ,  obgleich  dies  Beispiel  ganz  ver- 
einzelt dasteht,  während,  sollte  schon  auf  solche  Einzelheiten  eiugegan« 
gen  werden,  Beispiele  für  ciuvi^  ciave,  ciasii,  ciatu  u.  ä.  ebenso  nahe, 
lagen.  Dasselbe  gilt  vom  Beispiele  S.  15  zu  febre  aus  Plin.,  nachdem 
die  gewöhnliche  Form  febri  aus  Cic  schon  belegt  war.  Ferner,  um  ein 
Beispiel  für  den  Abi.  Novembri  zu  haben,  war  es  nicht  nötbig  S.  17  zu 
Calp.  eel.  t,  82  zu  greifen  und  dem  Schüler  das  fast  nur  an  dies<r 
Stelle  in  der  Bedeutung  «stachelige  Kastanienschalen*  vorkommende 
ecMini  mit  in  den  kauf  zu  geben;  es  waren  ja  Beispiele,  wie  etwa 
llor.  Sat.  2,  7—4  Äge ,  iiberiüie  Decembri  uiere  u.  ä.  a.  zur  Hand. 
So  steht  S.  67  der  wol  für  Laudwirthe  vielleicht  interessante  Satz  aus 
Col.  6,  3  wiJamuirio  meme  iinguiit  bobui  frtti  ei  aqua  maceraii  ervi 
quttiermoM  »exiarioi  miüoi  paieis  dare  canvenii*  nur  des  Part,  fresi 
wegen,  eine  Form^  die  doch  dem  Schüler  möglicherweise  nur  noch  in, 
Virg.  Ecl.  3«  100  vorkommen  könnte,  aber  auch  nicht  in  der  Schul- 
lectüre,  da  bekanntlich  diese  Ekloge  der  anstöfsigen  Verse  8—10  wegen 
in  der  Schule  nicht  gelesen  wird.  Dasselbe  gilt  von  dem  Beispiele  aus 
Hör.  S.  2,  7^15  ebend.  ^Suerra  VoianeriUM*  sq.,  das  blofs  wegen  des 
Perf.  cofUudii  gewählt  ist,  wobei  der  Schüler  aber  noch  das  nur  bei 
Hör.  an  dieser  Stelle  vorkommende  phimut  mitzunehmen  hat,  an  das 
er  in  der  Schule  nicht  leicht  wieder  erinnert  werden  wird,  da  bekannt- 
lich die  erwähnte  Satire  aus  noch  begreiflicheren  Gründen,  als  die  oben 
bezüglich  der  Virgil'schen  Ekloge  angeführten ,  keinen  Theil  der  Schul- 
lectüre  bildet.  Und  für  coniudü  liefscn  sich  doch  andere  Beispiele  finden  I 
Derlei  absonderliche  Seltenheiten  bieten  auch  Stellen  wie  die  aus  Prise. 
S.  67  wegen  des  Perf.  demeaui,  wofür  doch  in  class.  Prosa  die  Formen 


a69.     Si.  fMT,  IMeinischeiB'  fibmgsbttoli,  ang.^  ▼.  f.  ffocßtfffger, 

TM  il€it€ür0,  odef  in  fettadtieft^nv  Sinne  Muccidere,  a.  R.  bei  €»sar 
und  Liviwfr  sieb  finden^  ferner  jene  aus  Diom.  S.  73  bu  den  nur  hier 
Yorkommenden-  Perf.  itmfeni  nndl  aml9i,  au9  Claud.  su  cofmexui 
ebend.  u.  a.  m. 

Ifeeh  mebr  aber  wird'  Sebüf^m  der  zweiten  GTlasse  in  sebr  vielen 
detttfs^henr  Betepielto  sugemnlbel,  m  dene»  oft  niebi  mir  ibr  Ge^ 
dScbtnis,  sondern  aucb  ihre  Gewandtheit  in  der  Wertf&gung  auf  lu- 
•  etarbe  Weise  ia  Anspradtf  genesHöen  wM.  Z.  Ri  8.  4 :  t^as  Gelreide 
wird  Dil'  der  aus  Weidewnitben  gefloehteofn  Sebwinge  geworfelt;'' 
S.  9r  cNSohsi  den  Stör*  wird  von  den  Alten  der  Lippfiscb  gelobt,  der, 
wie  Aristoteles  lehrt,  allein  unter  den^  Fischen  wiederkaut  ete.*  S.  8: 
«Der  Kaiser  Tiberius  lieble  die  Otirken  so  sehr,  dass  ihn  täglich  frische 
▼•rgesetst  werden  niisste».  Die  Gärtner  sog^n  aho  dieselben  in  sob we- 
bendes GSrten,  welche  auf  RSdern  bdd  in«  die  Sonne  geeoheben,  bald' 
11  Glashäuser  Borficbgebraefat  wurden;  diese  waren  aber  an  der  Stelle 
dae  Glases  dnreb  eiiren  dtirc^sicbHgen  Stein  ver  der  Kälte  gesobülzt* 
(vgl.  Plin»  f9,  b^fZt  woraus  der  Sebulier  aleo  wegen  cueumU  auch 
0HUr,  JtofMr«  peHiUf»,  ipeeuSmUmi  nmnim^ta  mitnehmen  nrnss);  Als 
dhnliehe  Beispiele  mögen  noch  gelten  8;  66 :  Bei  den«  Vegelflugdeutun  • 
gen  ff.  8.  68':  Zermahntb  und' im  Wasser  erweiobte  Wicke  IT«  8.  16: 
Tböridit  wür  der  Aberglaube  jener' Mutter  IT.  u.  ai  m  Oberhaupt  wiixl 
ein*  Wörterverzeichnis,  soll  aftderf  da?  Buch  von  SdbSIem'  und'  Lebrern 
^rauebt  werden-  können ,  seb^  dVingend  nolbwendig  sein ,  und  wir 
fGrehten  nur,  dass  es  flu  umfttngreicb,  wenigstens  für  diese  Stufe,  aus- 
fkllen  muss. 

Aber  auch  dem  0rund!satze,  «dkiss  ein  Vorgreifen  der  8ynfax  hier 
ebenso  wenig  stattfinde ,  als  in  dem  fibungsbuefae  für  die  erste  Classe*' 
(Vorr.  8.  VI) ,  ist  der  Hr.  Vf.  nicbl  durchweg  gerecht  geworden.  Wir 
führen  nur  Sätze  an,  wie  S.'S:  ^Farg  Graecerum  formidine  tmrpi  Hh 
§entem  seanditnt  e^uum  ei  9a$fa  cmthmiur  tn  atifa,*  wobei  wir 
weder  die  Wahl  der  Constr.,  noch  das  Abgehen  von  der  bandsohrifütchen 
Leseaft  mit  Störung^  des  Metrums  billigen  können  (vgl.  Virg.  Aen.  t,  460).. 

So  greift  auch  der  Satt  aus  Liv.  t,  10'.  8.  10: ^PfffM  suöUcius  Her 

pmene  keeHbue  dedit^  m  umn  tirlHHaer^  MtfraUnt  €$eM^  den  Re^ 

gehl  elementarer  Syntax  vor,   niebt  minder   def  an»  Aur.  Vict.  49r  «/*. 

Scfpto  AMcbrme  tum  ^ffOd^vdm  priu9  eoepU  gmm  Ai   eeiH  Joi^f 

dhUieetne  sediseei,  ^uoH  divikam  menfem  eiccepinei,^  und  viele 

andere  dergleichen.    Aucb  sollten  poetiscbe  Stellen,   wie  t.  B.  jene  aus 

Lueretius  5>  1205  (so  win»  faleeb  eitler»  statt  V.  1285)  S.  21} 

Frkm  aerti  erat  fumn  ferri  eognütw  neun 

Aere  eoium  terrae  mutalmta  aereqne  Ml$ 

Fiuctme  miecebmu  et  tfutuerm  vmtu  Hfeöant  «fi 

aiilf  den  ersten  Seiten«  eine»   elementaren   Übungsbuches   kleinen   Fiats 

fiddenj  und  e^  manche  andere  ähnliehei  -^  Aber  aueh  g^gen  die  Gcsttie 

dar  deutsche»  Spraebei  erlaubt  sieb  Mx  Br.  Vf.  manche  Vltrstifser.,  die 


rt<Mb  dasu  Aicht  hmner  gtfeif^t  sind ,  die  htlieiiii^olie  Ubersettung  iir 
•fflielefiterti.  8a  c.  B.  S;  i$t  «Die  Blefthinfen  tragen  bei  d«ii  AlCenr  Tbüfme 
««y  MbkeBf*  S.  14#:  «NieBNind,  obwo(  er  teidk  wire,  kaim  der  Hilfür 
d*  Ffevndflf  entbehren,'  wobei;  nooh^  obgleich  S-.  tStf  das  Beispiel  vor- 
««•gegiflgen  iati  mQuBiimU  §b  i^a  emuentug  iii  mipi^iti,  amkU  im 
oßm  dlfi,^  dae  rfotfb  niemand  intt  «obtrel  der  Wei««  mit  sidh  seibat  e9^ 
Med«ff  n^Sre'  dbeneUeii  wird,  mit  Ifr.  66  auf  die  Anmerkung  vei^ 
wiese»  wird,  h»  der  einfaeb  ateMt  cConji  Pria.!*  Daa  War  dureh  eine 
richtige  deutsche  Cbersetzung  leichter  zu  erreichen.  Dasselbe  gillr 
tMf  diem  ieispifOe  8i  i^i  «Vor  aliein  ^Ügt*  ^to  it  -^  Ferner  S.  2: 
«i>ie  Aötter  der  Orüetshen  ^  wollen.*  —  So  atehl  9.  59:  «Dem 
VaKerim  wtirde  der  Mnamen  Cofvas  gegeben  ^  Weil  ein  Rabe  sieh 
a-nf  dem  Helme  des  fttapfend«»  gesetsi  halle 9'  S.^:  cDnaere  8eelo 
kann  nie  h  t  jem  al s>  nntiergehen )^  S.  $%t  ^^idi  schliefsemle  tt u n d e 
(es  ist  4m  Verzeichinssa:  der  VeityMserangen'  Mn  Drvefcfslirer  angemerkt) 
anfgekratil  z»  hidfte«,  bringt  den  grftfsten*  Sohadeff.*  tbefnd>  w.  u» 
«ProserpffM  -^  ward  von  Kulo  geravbl«  Jupiter  gestadlete  der  traueiiK 
dte«  Mutter,  das«  die  Toehler  sur  Obei^eit  znrfiokfcehren  m (T c h  t e , 
wenn  sie  H.*  M\s  gOBObmaclclose  und  leitbt  su  nnaieinlicher  Heiterkeit 
Anläss  gebende  8fitze  müssen  wir  z.  B.  folgende  lezeichnen.  S.  %&i  «Der 
grausame  und  sehwelgeriaelie  fefaisrer  ViteHiils  tbeilte  sein  Mahl  in  drei 
und  bisweilen  in  viar  Tlkdle  —  i6od  allen  Tbeüan  pflegte  er  zu^  ent- 
spreehew  dbmh  die  dielbafte  Gewotmlieit  dies  Brbreohens;*^  8.47:  «duroh 
gei^slstesi  Oelreide  ist  der  Leiiv  angefüllt  und  der  Hunger  erleiohtert 
worden»)*  9.  99t  «ninius  ersMl,  da»s  dem  Könige  Pyrrhua  ^  die  ab*- 
gehauenen  ftopto  der  Opferlhien  gekrdehen  seien  und  ihr  ßlni  geleckt 
haben.*  BbenM  dif  8atx  8.8:  «Auf  den  Hreuzwegen*  ff. —  Inhaltsleer  oder 
in  viertieifender  Passung  nicht  terstindlieh  erscheinen  derlei  S&tze 
wie  8.  13:  tM0  htm  Matihuf^  ^nikutß  oeeisuM  €$i  !ÜUU9  Cnemr,  wm 
deieeiaHt.  -^  mutta  Jam  Mmtm  Mtirmrmn  eit  c(mi»MiPf  €x$im  esi 
enim  mr%^,  nm  etuüu^*'  S.  20:  ^Pu6tfm  M  ämo  Caewft$^  guondam 
umt9  ftt  A^/,*'  welche  8ttelle  sich  aruch  Auf  anstdndi)i(e  Weise  nioht 
wohl  genan  erkl&renr  UUat.  Nieht  minder  unpassend  seheint  uns  die 
Wahli  «09'  friv(slen  Siatces  aus  Cic;  Tuse.  1,  %\.  8.  12;  ^QuM  09$  amii 
iam  Smi^i  qna»  Mü  Hmeat,  quae  de  infirm  ffuduMn^f  itfr,  heraus^ 
g^niiisett  aus  dem  Gtfnte)(t^  und  no^W  dksii  verSoderl,  nur  um  eo  IHvoler 
laufet,  über  sotehe  OegenstSnde,  mag  man  es  minf  mit  diristlTCher  Wa(hr- 
beit  oder  heidnieeber  Torstellung  ra  IBun  habeo*,  soll  nimmermehr  An- 
lass  zu  unrlemlfchem  8pfotte  gegeben  werden,  utfd  der  Hr.  Vf.  h&tte  sieb 
auch  in  Beaug  auf  die  Heiden  wohl  der  Worte  drs  8okrates  an  Ralli- 
Mee  in  Ph  6org.  p.  dtZ  erinnern  können :  "Amv  ^  fkilu  imlov  Xoyov^ 

yap  9vtu  4oy  liiia  &  liiXXn  liynp.  Faiftdh  IberseUl  endlich  ist  die 
Stelle  aus  Gic.  Bi^.  9,  4««  tOtmomkemm  terüHi  ^kaiere&§  eum  Rko 
dkere  nequiMi  eMfetenoikme  ficiue,  m  pumtisime  ^eteP  mit  ^deae 


900.      ^.  KM/;  lateipisches  Obungsbueb,  ang.  v.  F.  Hockegger, 

er  sehr  döntlich  redete,*  da  als  Object  zu  diceret  naturKch 
Rko  zu  ergänzen  iat  Falsch  ist  S.  5  in  der  Stelle  aus  Terent  Phorm. 
2,  1—18  die  Quantität  in  pislrjfno  angegeben  (in  dem  Druclifeblerver-^ 
zeichnis  findet  sich  keine  Verbesserung);  überflüssig  die  Angabe  der-, 
selben  in  so  bekannten  Fällen  wie  S.  3:  wiclriees,  immfsit,  olUfoe,  in-- 
tenfricem,  S.  5  in  tuM,  merciäet^  agricölae,  ja  noch  S.  ii^  Caesü' 
rem,  S.  150  pecörii  u«  s.  w.,  während  sie  bei  seltener  Torkommendea 
Wörtern,  wo  man  eher  eine  Vergesslichkeit  bei  den  Schülern  vermutbea 
könnte,  fehlt. 

Können  wir  nadi  dem  bisher  gesagten  uns  mit  der  Durchfuhrung 
des  ersten  Tbeiles  in  vorliegendem  Obungsbuche  vielfach  nicht  einver- 
standen erklären,  so  bleibt  uns  noch  übrig,  über  das  Verhältnis  des 
zweiten  und  dritten  Theiles  desselben  zur  Aufgabe  des  Ganzen  zu  spre- 
chen. Wir  werden  uns  hierüber  sehr  kurz  fassen  können.  Wenn  der 
erste,  die  unregelmäfsige  Formenlehre  behandelnde  Theil,  uns  vielfach 
auch  syntaktisch  zu  schwer  erscheinen  musste,  so  ergibt  sieh 
bei  Betrachtung  des  zweiten,  syntaktischen  Theiles,  das  Gegentheil:  er 
ist  im  Verhältnis  zum  ersten  Theile  auffallend  leicht.  Es  sind  fast, 
durchgebends  kurze,  einfache  Sätze ,  die  sich  auf  die  eben  einzuübende 
syntaklische  Regel  beschränken,  ohne  dass  eine  Unterbrechung  und  Ab- 
wechselung durch  längere  Sätze  oder  Abschnitte  einträte,  in  denen 
meh  rere  Regeln  zugleich  in  Verbindung  wiederholend 
eingeübt  würden.  Und  dies  scheint  uns  ein  Hauptmangel  des  frag- 
lichen zweiten  Theiles  zu  sein,  dem  durch  die  erst  an  das  Ende  ge- 
stellten, wieder  nicht  systematisch  fortschreitenden  zusammenhangenden 
Lesestücke  nicht  abgeholfen  wird.  Kurz,  eben  die  stufenweise  fort- 
schreitende Verbindung  der  Formenlehre  mit  der  Syntax,  die  Abwechse- 
lung einzelner  Übungsbeispiele  für  einzelne  Formen  und  Regeln  mit  zu- 
sammenfassenden längeren  Übungsstücken  fehlt,  und  damit  die  nach 
unserem  Dafürhalten  einzig  fruchtbare  Methode  eines  wahrhaft  prak- 
tischen Unterrichtes,  eine  Methode,  die  wir  so  ansprechend  und  glikk- 
lich  z.  B.  in  BonneTs,  Schmid's  und  anderer  erprobter  Schulmänner 
lat.  Übungsbüchern  angewendet  finden.  Ja  selbst  L.  W  a  g  n  e  r's  Florei  ei 
fiructus  iaiinfp  über  welche  sich  der  Hr.  Vf.  (Vorr.  S.  VI  A.)  eben  nicht 
beifällig  ausspricht,  scheinen  uns  gerade  in  Bezug  des  allmählichen 
Aufsteigens  vom  einfacheren  und  leichteren  zum  verwickelteren  und 
schwierigeren,  wenn  auch  ein  streng  methodischer  Lehrgang  nicht 
durchweg  eingehalten  ist,  vor  dem  vorliegenden  Übungsbuche  entschie- 
den im  Vorthcile  zu  sein,  abgesehen  von  der  im  ganzen  sehr  anspre- 
chenden und  geschmackvollen  Wahl  der  Stellen.  Wir  sind  dabei  voll- 
kommen überzeugt ,  dass  dem  Hm.  Vf.  ein  sehr  reichhaltiges  Material 
von  höchst  achtbarer  Hand  zu  freier  Benützung  für  sein  Werk  zu  Ge- 
bote Stands  der  erste  Theil  desselben < legt  davon  auf  jeder  Seite  Zeug- 
nis ab.  Aber  es  scheint  uns  bei  einer  solchen  Arbeit  wenigstens 
ebenso  viel  Yop  der  Art^UBd  Weise,  wie  ein  solches  Ma^rial  benutzt 


»4äen,  Handb.  d.  Erdkunde,  aog.  v.  S,  Su^.  Mi 

wf rd ,  abtnluiDgei»,  als  7on  der  Reichhaltigkeit  des  Materialea  Selbst« 
Eben  die  rfehtige  Mitte  twischen  dem  zuTiel  und  zuwenig  lu  trefien, 
ist  schwer,  sehr  schwer.  Dnd  so  glauben  wir  denn,  dass  der  Hr.  Vt 
gnl  ttiun  werde,  sein  Werk  einer  durchgreifenden  Oberarbeitung  %vt 
ontersiehen,  und  das  Torliegende  Materiale  su  sichten,  wenn  er  es  für 
die  Schule  wahrhaft  brauchbar  machen  und  so  einem  Bedurfnisse  un^ 
serer  Gymnasien  abhelfen  will. 

Prag.  F.  ffoehegger. 

Handbuch  der  Erdkunde  Ton  Gnst.  Ad.  von  Klöden. 
Iter  Band  (auch  unter  dem  Titel:  Handbuch  der  physischen  Geo* 
graphie).  XIV.  u.  995  S.  und  2ten  Bandes  S.  1-- 670;  im  ganzen 
bisher  18  Lieferungen.  8.  Berlin,  Weidmann,  1858—1860.  Die  Lie- 
ferung ä  10  Sgr. 

Als  vor  längerer  Zeit  die  ersten  Hefte  dieses  Werkes  erschienen 
waren,  konnte  man  voraussehen^  dass  dasselbe  einst  schon  durch  seineB 
Umfang  einen  hervorragenden  Rang  unter  den  geographischen  Hand- 
büchern einnehmen  werde  nnd  man  konnte  ans  dem  damals  veröifent« 
lichten  Programme  des  ersten  Bandes  ersehen,  wie  sehr  der  Hr.  Verf. 
bemüht  war,  jene  zahllosen  Beruhrungspuncte  hervorzuheben,  welche 
zwischen  der  Erdkunde  und  anderen  Zweigen  der  Naturwissenschaften, 
namentlich  der  Geologie  und  der  Naturgeschichte,  bestehen.  Der  letztere 
umstand  war  es,  welcher  damals  schon  Ref.  und  seinen  lieben  Freund 
Prof.  Grailich  zu  dem  Vorhaben  brachte,  nach  dem  ganzlichen  Erscheinen 
des  ersten  Bandes  an  eine  gemeinschaftliche  Besprechung  desselben 
einige  Bemerkungen  über  die  Wichtigkeit  solcher  Studien  ffir  den  Natur- 
historiker zu  knüpfen,  —  ein  Vorhaben,  welches  durch  Grailicb's  Tod 
auf  die  traurigste  Weise  gestört  worden  ist,  und  welches  Ref.  jetzt  leider 
allein  auszuführen  versuchen  muss. 

Bas  Buch  ist  unterdessen  regelmafsig  weiter  erschienen ;  der  erste 
Band  ist  vollendet,  von  dem  zweiten  liegen  bereits  mehrere  Lieferungen 
vor,  und  die  Erwartungen,  welche  an  dasselbe  geknüpft  worden  sind, 
sind  nicht  getauscht  worden.  Man  kann  im  Gegentheile  sagen,  dass  der 
vollendete  erste  Band  gut  angelegt  und  auch  mit  grofser  Sorgfalt  aus- 
gearbeitet ist,  dass  eine  bedeutende  Anzahl  neuer  Erfahrungen  in  dem- 
selben ihren  Platz  gefunden  hat  und  dass  es  überhaupt  nicht  viele  Hand- 
bücher der  Erdkunde  ^bt,  aus  denen  so  klar  hervorgeht,  für  wie  viele 
andere  naturwissenschaftliche  Studien  die  Erdkunde  die  erste  Grundlage 
bilden  müsse. 

V.  K  1  tf  d  e  n's  Handbuch  der  Erdkunde  soll  drei  BSnde  füllen.  Der 
erste  Band  behandelt  die  physische  Geographie,  der  zweite,  be- 
gonnene Band  handelt  von  der  politischen  Geographie  Europa's 
und  der  dritte  wird  die  politische  Geographie  der  übrigen 
Welttheile  enthalten. 

Das  Werk  ist  A.  v.  Humboldt  gewidmet  und  auf  dessen  specielle 


iOSaen,  Bamlb.  d.  E^dktittde,  dng.  v.  '£.  Sä^fi: 

AiiffMerong  v^hsst  Eiiie  BiiAMIoilg  eifttffnet  dtlsselbey  deten  Aufgabe 
es  iBt,  die  oinEekien  Zwei|s«  der  fiNikundb  gegen,  eitfander  absugrenEeti» 
ah4T  Wäier  denr  hiev  gegebenem  B^nttioilen  ist  eiiie^  welcher  Ref> 
dncbauflf  ntobt  beisliibmeD  hUDDi  «Ei«  anderer  wichtiger  Tbeil,»  beifai 
09  nimHeh  S.  t,  «ist)  du»  Oeogtiosi^  ordei^  Geoloigie,  welche  den  Bau  der 
festen'  Erdrinde  ermittelt,,  did  firsofaeinangeo  riadiwteifll^  welche  aue  dem-^ 
selben  für  die  Bedeckung,  d.  h.  für  die  dhraul  lebende  Pflaosett^  und 
Thierwelt  u^d  die  •  Von  ihr  abhängigen  klimatischen  und  .atmos|)häro- 
logischen  Verhältnisse  hervorgehen,  und  die  Gesetze  erforscht,  nach 
^elollen  didser  Bau'  gich  im'  Laufe/  der*  2eil  Bö  geitaltet  hat^  wie  er  iat^ 
Di«'  L^bi^  vont  der  EMwiokelting^gätfcbiebte  der  Erde  wird<  zuweilen 
9M€b*  mit'  der  -  Benemiung  Oeoloj^ie-  o  d  e  r'  b  <^8fi  e  r  ^  e-dgb  n i  e  bezeich- 
nef,  "^^^et^d  dann  utfter  G'eög-nosfe  die  Kenntnis  von  dem 
jetzigen  Zustande  des  Erdinneren  befassV  wird>  Eine 
ael<di6  Erklärung  eBispticbi  u«der  der  Bedeutung  dieser  drei  Worto^ 
nechi  dm  B^gnSen ,  welche  mtfn  gewObaKob  an^  dieselben  zu  knüpfen 
pflegi;  In  d^'  Regel  V'erBtebi  man  nlmlieb.  unter  Geogocnie  oder 
K.#»inag^onie'jiine  Uypotbesen».  welche •  sioh' auf  die  En>t<stehuA^  der 
Erde/  oder  de»  Welü  beziehen.^  ae'ol.O'gie  dagegen  nennt  man  jene* 
WIsieAscbaft^  welche  <tie  aufeinanderfolgenden  V  e  r  ä  n  de  r  un  g  en.  uo- 
tereoobi.  die  in  den  oiiganiectieBy  und  uaorgauiscbeD  Reidien  der  Natus 
8Utl(geXiiBdi}n  habe»,  weUhe'  deoi  Dmchen  ditoe«  Veränderungen  nach* 
foceobt'y  und  dem  Einfloase,  den  sie  auf  die  Oberfläche  und  die  äufsere 
SkticUgt  unsere»  Plenetei.  auageäbt  badi)en').*.  «Geologie  ist  vorf 
Kioan^ogonie  ebenso  versebfeden,  als  Betrachtungen  über  die  Art  der 
Erschaffung  des-  ersten  Sfteaschen  von  Gesobicble  verschicdea  sind  *)^. 
Itater  Geognosie  verstetit  man  die  Kenntnis  von  der  Besebaffenbeit 
und.  der  Verbreitung  der  eiozelfien.  Gebitgsarten^  Da  ea  aber  nicht  mög- 
lich ist,  sich  von  der  Beschaffenheit  und  der  Verbreitung  einer  Gebirgsart 
ei».  ^Idtäpdlges  Bild  zu  schaffen,,  ohne  dass  man  über  die  Arb  ihrer 
Bildung  nactigedaicbt  halte,  und  da  andereeita^  ein  SUidivm  der  VeraBde- 
r^mgen.  unserer  EDdaberftäebe-  ahne  geegnostiscbe  Kenntoisse  nicht  aus- 
f^bcbar  ist,,  sieht  maa  iü  neuener  Zelt  diese  bcidea  Zweige  fast  in  allen 
bedeutendeoea  Weeken  unteif  demi  gemeinscballlioben  r^omeu  Geologie 
veveinig^ 

Ea  knöpfti  sieb,  an  diese  Ab^enzungen  ein  besonderes,  localcs  In- 
temaae^  Seii Jahren  aiebt  man  ia  öj^lerxeieh  Lehrbücher  der  Geog  n  o  s i c 
eitBotaeinen,  welche  mit  nehr  oder  weniger  Glück  versuchen,  die 
Gebirgsarten  «naturgeschichtlich  zu  behandeln  ,*  dieselben  gleichsam 
a)a« einen:  Anhai^  zur*  Naturgeacbichle  der  Alineralien'  daczuslellen  und 
eiAei  sobarla  Grenze  awiscbeü  Geologie  und«  Geoguoaie  zu'  ziehen.  M^au 
kaiH»'  sagen,   dass.  die.  Fähigkeit  dieser   Bücbec  zu   belehren  und   an- 

*>'llyell,  PriHcipM  of  tiiotogy^  Ä  eM,  p.  ti  Naumann  und  andere 
Auetoren  schliefsen  die  Betrachtung  der  orgaiii^chen  Welt  ans. 
.»)Lye:ll,  BbdL  p;  8i    .        .  .      1  ,i   .1    / 


KiMen,  HMidk  d.  Entkunde,  tng.  Tw  E,  Suefsi  aST 

luregmi'  liuy  scr  grofser  ist^,  j«  weiter  die  V-crfanor  Ton  üntm  Pro^ 
grammett  abgeWiobeD  sind,  d.  h.  je  mehr  geotogiscbe  BrltbtuiigeD  feiet 
trotz  de8se!beo  in  ilire  fieogoosien^aargernyiiimefl  haben.  Der  Gnnd  dieser 
Braoheimmg  Kegt  daHir,  dä$9  eis-  beraliQiler  Mraeratoge,  der  in.  Öster- 
reich auch  heute  noch  vielfach  als  eine  untrügliche  Autoritft  in  allgt^ 
mefneren  nafnrhfsloriseben  Fragen  t^etreeblet  tlrird,  in  dnem  Lehrhucbe 
der  Geognosie^  welehes,  wie  der  THel  angibt,-  «fiip  junge,  praktischem 
Bergfeute*  abgeCasst  wunle,  das  aivr  an  mseren  LebranstalUn;  ibsr- 
baupt  sehr  Terbreitet  ist,  gesagt  bal:  cDie^  Geogaeeie  ist  Dichte,  als«  die- 
Wiseeasehaft  von  der  Zosemmeneeteulig  der  Erde  aoi  diexi  Indrvidnear 
des  Mineralreiches.  Wenn  man  den  Begriff  di^reeNitni  über  düese  Grensem 
ansdehnt,  so  wird  sie  epectdativ  «od  bypothetisoh,  und!  kdrli  in  erbe« 
demMafseavf,  nütilioh  lür  d:eii  pTaktsse-ken  BergbaiK. 
zu  sein,  als  sie  dies  gewordea^  *).  80  bat  siehf  MohisdorA 
den  obergrofeen  Eifers  sein  Bnoh  von'  aitem'  f^ei-  cu  htltstt,  was  seinen: 
engeren  Ansichten  über  natmigeschicbtliebe  Darstellung  nicht:  entspratih^ 
zu  einem  vollkemnien  ungereekrtfertigtev  ilbipi«ebeo  äbtv  dem  Phiteeiir 
einer  Wissenschaft  terteitsn  lassen,  welobe  1«  jener  29sU  ecbe«  iftoiMß 
und  keniichr  heninrgeblübt  war,  und  trotzdera,  dtse  «nees  boebgeeMer 
Zipp>e^  aiisdnicklicb  öiier  der  eigentKchea  Naturgiscliiobte  der  Mine*' 
ralien  noch  höhere  Gebiete  der  WissensobaCl  mcskennt.,  zu  denen  dio 
Geologie  gehört;  trotzdem«,  dlus  die  jäbrlvcbi  sick  wMerlwlcDden  ^er^- 
Insle,  welche  man  in  OsUerreieh  an  grofeeren  Mnitllbhen  Bauteni  dureb. 
den  Mangel  geologisctier  Henntnssse  erleidet,,  wahrhaftig  sehen:  geefiif. 
genug  sind,  um  ihren  praMiseiemWerth  zu  zeigen,  «»d  trotz- der  Triumpbe^ 
welche  diese  WissenBobaft  seither  bei  ins  in  anderen  Kreisen  ersungea 
bat,  Insfet der  Bann,  welchen  Mobs  über  dieselbe  aosgesprooben.  bat,  iw 
den  Aagcn  vieler  Lehrer  immer  noch  anf  ihr.  Heute  noch;  kann  man: 
hier  und  da  em  ähnliebe»  trtbeil  über  die  geologischen  9u(tien  böreuy 
ohne  dass  überlegt  wunle,  welche  Ongeroektigkeit  dabei  gegen)  Hunderte 
von  ausgeseicftnelen  und  hoohverdientien  forschem  und>  gegen  eine 
Wissenschaft!  begangen  wird,  welche,  wie*  Herscbel  sagt,  asi  Grofsärtig^ 
keft  der  Anscbnuüngen  der  Astronomie  zunächst  stiebt,  und  deren  «specu- 
lativer  und  hypothetischer"  Tbeil«  gans*  ibr  Otegentbeile'  dem  Berrgbaue 
so  aufserordentliche  Dienste  leistet,  dass  man  ihn  heute  in  jeder  gut 
ermgeriofateten  Bergsohfvle  für  einen  der  wichtigsten  2weige  dies  Unter- 
riebtes  hält,  in  Frankreich  u«id  England  aber  geologische  Kifnntnissei 
als  die  Grundlage  des  montanistiseben  Wissens  betrashtet  und  den  höheren» 
montanistischen  Unterricht  den  geologischen  Instituten  untergeordnuf  baU 
Der  erste  Band,  die  physische  Geographie,  sollte  nach  dem 
ursprnogliehen  Programme  des  Hm.  Verf.'s  aus  eilf  Abschnitten  bestebeiv 


*>  M  0  h  s ,    Die  tr.<9ten   Begriffb  der  Minemlogie  und  Geognosie  fär 
junge   praktische   Bergleute   dor   k.    k.  österr.   Staaten;.  IKiTbl^.. 
tieagnasie,  &  3.  184Ä. 

)  Zippe,  Lebrbdch  der  Mineralogie,  Vorbericht,  S.  Vll,  1869. 


3««  KUSden,  Uandb.  d.  Erdkunde,  aiig.  v.  E.  Suefs, 

Tmi  diesen  ist  jedocb  einer,  der  AbsohniU  X  «Laudscbaniiches  Bild  der 
Efde,  als  Ergebnis  der  natürlichen  Bedingungen  in  ihrer  Gesammlheit; 
(als  Beispiel:  Sudamerika)'  bei  der  weiteren  Ausführung  des  Werkes 
leider  übergangen  worden.  Die  sehn  Abschnitte,  wie  sie  jetzt  vorliegen, 
MDd  die  folgenden: 

1.  Abschnitt  Astronomische  Geographie.  Dieser  handelt 
von  der  Erde  als  Planet  Es  ist  sehr  lehrreich,  diesen  Abschnitt  mit 
dem  entsprechenden  Theile  irgend  eines  nur  um  wenige  Jahre  älteren 
Handbuches  zu  vergleichen,  und  so  i.  B.  aus  den  Angaben  über  die  Be- 
wegung der  Fixsterne  (S.  12)  oder  über  die  Planelen  (S.  \k)  zu  sehen, 
mit  wie  viel  Eifer  und  mit  wie  viel  Gluck  man  sich  heute  dem  Studium 
der  Natur  hingibt  Ja  man  braucht  zu  diesem  Ende  nicht  einmal  ein 
älteres  Buch  zu  Ralhe  zu  ziehen;  das  Klcden'sche  Handbuch  gibt  allein 
sehon  ein  Beispiel.  Die  erste  Lieferung  (gegen  Ende  1857)  nennt  5.3 
Maneten,  indem  sie  (S.  14)  45  Asteroiden  zwischen  Mars  und  Jupiter 
ajaCzählt;  die  zwölfte  Lieferung  (bis  Ende  1858)  fögt  unter  den  Verbes- 
seruDgen  schon  neun  neue  Asteroiden  hinzu  und  erhebt  die  Gesammtzahl 
der  Planeten  auf  62.  Heute  hätte  der  Hr.  Verf.  bekanntlich  eine  noch 
unerwartetere  Interpolation  zwischen  Sonhe  und  Mercur  vorzunehmen, 
und  die  Summe  mindestens  auf  66  zu  erhöhen  —  Die  Saturn-Ringe 
bitten  nicht  «(gewissermafsen  zusammengeschmolzene  und  abgeplattete 
Monde*  genannt  werden  sollen,  denn  es  ist  doch  gar  nicht  wahrschein- 
lich, dass  sie  je  die  sphseroidiscbe  Gestalt  von  Monden  gehabt  haben; 
auch  spricht  der  Hr.  Verf.  selbst  an  einer  späteren  Stelle  (S.  298)  aus- 
drücklich von  dem  «nicht  zu  mehreren  Monden  zersprungenen  platten 
Ringe  des  Saturns.*  An  dieser  letzteren  Stelle  aber  sollte  gewiss  das 
Wort  Ring  im  Plural  gebraucht  sein.  Ein  solcher  Mangel  an  Schärfe  in 
den  Ausdrücken,  findet  sich  leider  ziemlich  oft,  und  er  bildet  eine  Schat- 
tenseite des  Buches.  —  Bemerkungen  über  Gestalt  und  Bewegung  der 
Erde  (Foucault's  Pendel  und  Gyroskop),  über  Mafse,  Orts-  und  Zeitbe- 
stimmungen, dann  über  Projections-Metboden  und  endlich  ein  eigenes 
Gapitel  über  die  Beziehungen  zum  Monde  und  seine  Beschaffenheit  bilden 
den  hauptsächlichsten  Inhalt  dieses  67  Seiten  starken  Abschnittes,  welchen 
einige  Angaben  über  die  Beschaffenheit  der  Sonne  sehr  vervollständigt 
hatten. 

IL  Abschnitt  Die  Erdoberfläche.  Dieser  Abschnitt  schil- 
dert nicht  nur  die  Vertheilung  von  Wasser  und  Land  und  die  Haupt- 
formen des  Reliefs  auf  dem  Festlande  und  dem  Meeresgrunde,  sondern 
enthält  auch  eine  etwas  ausführlichere  Darlegung  der  Gletscher-Erschei- 
nungen. Die  Korallen-Riffe  sind  recht  gut  nach  Darwin  geschildert,  (nur 
bauen  die  Korallen  nebenbei  gesagt,  zwar  sehr  langsam,  aber  nicht 
unendlich  langsam  in  die  Höhe;  S.  86).  Man  vermisst  jede  Hindeu- 
tung auf  eine  der  auffallendsten  Erscheinungen  der  Erdoberfläche,  näm- 
lich die  Wüsten. 

Es  ist  zu  bedauern,  dass   der  Hr.  Verf.  es  (S.  115)  nicht  für  au- 


47AEfeM.  Handb.  d.  Erdkunde,  ang.  v.  S.  Ai«/«.  M5 

gemessen  gehalten  hat,  etwas  eingehender  über  die  Ursache  der  Bewegung 
der  Gletscher  zu  handeln,  ja  es  scheinen  demselben  sogar  die  neueren 
Untersuchungen  über  diese  keineswegs  einfache  Frage  gänzlich  unbe» 
kannt  geblieben  zu  sein.  Drei  Ansichten  sind  es,  welche  sich  in  Bezug 
auf  diese  Erscheinung  nach  einander  geltend  zu  machen  gewusst  haben. 
Zuerst  dachte  man,  dass  die  Gletscher  einfach  auf  einer  geneigten  Flache 
herabgleiten,  und  dass  ein  leichtes  Auflhauen  an  ihrer  Basis  statt- 
finde, welche  dieses  Gleiten  begünstigt  Es  ist  das  auch  die  einzige 
Meinung,  welche  der  Hr.  Yerf.  hierüber  ausspricht,  obwol  man  langst 
eingesehen  hat,  dass  sie  nicht  zur  Erklärung  aller  Erscheinungen  aut" 
reiche.  Später  nahm  man  an,  das  Wasser,  welches  täglich  an  der  Ober» 
fläche  der  Gletscher  durch  Abschmelzen  entsteht  und  in  die  Spalten  und 
Schrunde  der  Eismasse  in  zahllosen  kleinen  Bächen  und  Cascaden  hinein* 
fliefst,  gefriere  dort,  und  da  Wasser  im  Gefrieren  sein  Volumen  ver- 
mehrt, dachte  man,  dass  auf  diese  Weise  die  Gletscher  fortgeschoben 
würden.  Heute,  nachdem  man  eingesehen  hat,  dass  Eis  keine  gam 
starre,  sondern  eine  viscose  Masse  sei,  glaubt  man,  dass  es  von  den 
Höhen  herab  fliefse  wie  ein  zäher  Strom.  Aber  der  Begriff  des  Fli^e- 
fsens  ist  wesentlich  verschieden  von  jenem  des  Gleitens  der  ganzen 
Masse.  —  Die  Bemerkungen  über  erratische  Blöcke  sind  kurz  aber  hin- 
reichend. Es  ist  nothwendig,  dass  über  diese  Erscheinung  etwas  rich- 
tigere Begriffe  verbreitet  werden,  denn  man  hört  immer  noch  hier  und 
da  das  ungereimteste  Zeug  davon  sagen*). 

Hl.  Abschnitt.  Vulkane  und  Erdbeben.  Der  erste ,  die 
Vulkane  betreffende  Theil  dieses  Abschnittes  muss,  so  fleifsig  er  auch 
ausgearbeitet  sein  mag,  in  diesem  Augenblicke  bereits  als  veraltet  ange- 
sehen werden.  Dem  Hm.  Verf.  soll  damit  kein  Vorwurf  gemacht  sein; 
dieser  ist  ganz  den  noch  vor  wenigen  Monaten  herrschenden  Ansichten 
Humboldt's,  L.  v.  Buch's  und  Du fr^noy's  gefolgt,  Ansichten,  welche 
eben  durch  die  neuen  Schriften  von  Lyell*)  und  Poulett  Serope') 
einen  schweren  Stofs  erlitten  haben.  Der  Unterschied  zwischen  Erup- 
tions-  und  Erhebungs-Krateren  scheint  in  der  Natur  nicht  zu  bestehen.  Es 
gibt  keine  Erhebungskrater;  jene  Vorstellungen  von  blasenförroigen  Aul- 
treibungen  der  Erde,  welche  seit  Ovid  so  viel  besprochen  worden  sind 
und  denen  man  die  Entstehung  insbesondere  gewisser  domförmiger  Berge 

*)  ISiederrist,  Naturgesch.  d.  Mineratreiches  für  den  praktischen 
Bergmann,  11.  Theil,  Geognosie.  Brunn  1858,  S.  99.  Dieses  Buch 
ist  ein  Auszug  aus  dem  oben  erwähnten  Lehrbuche  der  Geognosie 
von  Mohs,  aber  greller  noch  als  in  jenem  tritt  hier  eine  Anzahl 
ganz  irriger  Meinungen  hervor  und  es  zeigt  dasselbe,  dass  es 
leider  kein  Phantom  sei,  gegen  welches  Ref.  hier  ankämpft  (vgl 
z.  B.  S.  38  über  Schichtung,  S.  52  über  Basalt,  S.  67  über  ein- 
greifende Formationen  u.  s.  w.). 

•)  On  Lüva't  Ol  MomU  Erna  etc.  Phil.  Trans.  18S9. 

')  On  the  Mode  of  forma tion  of  Cones  and  CraUrt;  QuarL  Journ. 
geoL  Soc.  18S0,  XV,  605-549. 


»^pesefai^ebcta  jfattt,  «nlii^i^ben  d^r  ^ahfheit  nichi.  Alle  vulkauischcu 
&egel  und  »Dome  «ind  liur  übereinander  erstarrte  Lavagüsse  Qod  üaufen 
-von  AuswfirfiiDgeD.  Bclhit  die  berubmtfln  lErbebungs-^ErscheinuDgen  des 
ioruUo  <S.  195)  werden  jeUt  sebr  in  Zweifel  gezogen.  Man  glaubt 
UMbUcby  d«88  die  ringsumi  durcb  einen  90—- 35  Fufs  hoben  Abfall  be- 
giiBZlo  GonvexiliA  -des  Malpays,  auf  weleber  «oder  vielleicht  richtiger  in 
•«elehei*  die  Vulkane  stehen»  keineswegs  fline  blaaeoförmige  Anfireibung 
tkiB  Landes,  sondern  einfhcb  die  erstarrte  Oberfläche  eines  mächtigen 
fitroBies  basaUisoher.  Lava  sei,  avf  Wjekhem  noob  zu  fluaboldt's  Zeit  di« 
<iioniito'B  f aucMea,  und  dass  das  Vorgebirge  von  Lara ,  auf  welchem 
flimiboldft  ;fiuiii  Krater  des  Jkrullo  brnaufklett^rte,  eben  der  obere  Theil 
idieses  Selben  Lavesrtromet  sei  und  den  Ort  andeute,  an  welchem  der- 
«slbe  bervorquoil  uad  v«fi  dem  aus  sr  sich  über  die  £bepe  ergoCs^). 

Ret  begreift,  wie  gesagt»  recht  gut,  dais  der  Hr.  Verl  in  diesen 
(TheSle  seines  Buches  den  Ansichten  flumboldt-s  gefolgt  ist,  da  zur  Zeit 
des  Erscheinens  dieser  Lieferung  die  «Erhebiings-Tbeorie*  noch  in  voller 
Blüte  stand  un4  die  eiiitge|»Hgeset£te  Meianng,  obwol  sie  schon  bestand, 
4o!(ih  besonders  :in .  Deuiseliland  «wir  wenig  im  Ansehen  wan  Aber  um  so 
änderbarer  bt  es,  daas  in  :6indm  anderen  srntergeoffdasten  Puncto  der 
Hc  ffvL  von  des  Ansidhtsn  des  grofisen  OOnners  dieses  Werkes  abgewi- 
chen ist  Wäbrestfl  es  nämlieh  Huaboldt  als  einen  «besonderen  Gewinn* 
feelracbtfrt  hat«  dass  er  uiltor  dem  iKamea  Yuloaaismus  oder  Vulcanicitai 
«den  ganzen  Complex  der  Erschsiaungen  zusammengefasst  habe,  welche 
^er  foftwahresid  wirltsamen  Beaction  des  inneren  der  Erde  gegen  ihre 
Oberfläche  zuzuschreiben  sind' *)^  hat  der  Hr.  Verf.  hier  die  iSohilderung 
4er  beifaen  Quellen  von  jener  der  Salsen  und  Gasquellen  getrennt  und 
;erst  dem  fünften  Abschnitte  (das  Wasser)  beigegeben. 

Der  IV.  Abschnitt,  di«  Erdrinde,  bebandeU  die  krystallinir 
«eben  und  die  sedimentären  Gesteise.  Der  speeielk  Thcil  ist  der  Haupt- 
sache nach  dem  treflliohen  Lebcbscbe  von  Naumann  entnommen  (An- 
merikbng,  8.  229)  und  enispricbi  so  .ziemlich  seinem  Zwecke.  Ais  einen 
Fehler  muss  es  Ref.  beeeichn^n,  dass  bei  Uesprechung  der  sedimentären 
uid  der  ihnen  gleicbseili^eii  firuptiv-Gesteine  die  Aufschrinen  der  «in- 
achieA  aufeinander/olgendeo  Psragraptie  auf  gleiche  Weise  gebildet  sind, 
obwol  sie  gans  verschiedene  Dinge  bezeichnen  sollen.  So  hei  (st  es  i.  B. 
III.  Übergangs-Formationen,  IV.  Grünstein-Formationen,  V.  Ophiolit-For- 
jAstiooSn,  VL  Steinkohlen -Fomiation  ,  VIL  Die  Permiscbe  Formaiion. 
HH.  Porphyr-  und  Melaphyr-Formation  u.  s.  w.  Welchen  Begriff  soll 
da  der  Leser  mit  dem  Worte  Formation  verbinden?  Indem  man 
auf  diese  Weise  vollkommen  ungleichartige  Dinge  einander  coordiniert, 
erschwert  man  dem  Leser  die  richtige  Auffassung  derselben  ungemein.  H!s 
ist  wahr,   dass  durch  die  Einschaltung  von  Lyeirs  Tabelle  (S.  291   bis 


*)  Poulett  Scrope,  a.  a.  O.  6.  508. 
*)  Kosmos,  insbesondere  IV.  212. 


tt6)  ciie  tcUKt&idige  >ÖbeMioht  der  Mdiii»Dt€ten  «FornHtliooeD*  gtr 
geben  iet,  aber  die  neuen  Aeedrucke,  »wekhe  Skr  dep  Leeer  erst  io  diea^ 
Tat>elIe.«nftiiuQliee,  wie  %.  B.  der  aebr  erweiterte  Begriff  Ttn  PoeUf  liocan, 
wird  es  demeelben  sehr  aebwer  maehen,  die  aue  einem  deutschea  Boebe 
eUbMmiBiMien  Einiellieit^  mit  ider  aue  einem  engiimbe»  Biiobe  enttebn- 
Aen  läMirfttcht  in  Eiokiang  lU  bringe«. 

Aueb  in  dieee m  Abacbnitte  trifft  mas  öftera  «uf  jene  kleineo  ün- 
rinhtigkeiten,  wekbe  Bet  scboo  bei  einepr  früheren  fielegenbeiU  gerügt 
^t  GleiiQb  der  erete  Abeots  desselben  sebeini  'dureb  eine  unJIilare  Fas- 
sung sagen  tumoliea,  dass  ein  in  Kntlenberg  au  3^46  Fnfc  Tiefe  nieder- 
gebraobtef  Scbaobt  nricbt  unter  dne  Meanea  -  lüvean  reiebe  ($.  204).  Die 
ailuriseben  AJi)lagerungen  Böhmeu  liegen  keineswegs  im  nordweatlicbeo, 
sondern  im  westlicben  und  etwas  südwealliebeD  TheiijB  des  Landes 
(S.  206).  Es  wird  6.  261  der  .Pebier  manoher  norddeulseber  Oeoiogen 
'wiedertMit,  welobe  Wealden-Fennalion  durc^  Wälder-Formation  überr 
aeisen.  Will  man  eelcbe  Local-Ausdrucke  einer  anderen  Nation  in  deiilr 
sehen  Buchejrn  gebraueben,  bo  muss  man  sie  eben  unverlndert  aafnebme% 
iiicht  ebier  naeb  Willkür  ein  anfSIligerweiee  äbnücfa  klingendes  deut- 
,»ch%8  Wort  dafür  setaea«  wMieg  jioeb  dasn  tiel  passender  eine  8ber*- 
«eUung  des  engtisobeq  ;Foreat  Marble  wäre  n.  s.  w. 

Der  grofete  Mangel  der  ganaen  Darsstellung  beateht  für  den  Oster- 
reieber  aber  dnrin«  daas  er  In  er  wol  manaberlei  über  franstfsiscbe,  eng- 
l^cbe  und  weeldenisebe  Vorkommnisse  boren  mag,  der  naterreichiscben 
und  namentlich  dw  so  m^iiwurdigeo  Alpinen  Oeateine  aber  kaum  hier 
und  da  mit  einigen  Worten  Orwi^nu^g  gethan  wird.  Mit  fieeht  bat  ein 
geistieicher  Het  vor  kumem  in  dieser  JZeAteebriA  gesagt:  «Wir  muasen 
ea  geseheben  lassen,  dass  nuaere  Knaben  von  der  Sobiehten/olge  in  J&igi- 
land  und  den  IVersteinerungen  des  Pariaer  Ckobkalkes  sebwataeD,  ohne 
au  wissen,  welcher  Formationagruppe  die  Berge  der  fieimat  engeli^ren» 
und  weJcbe  Vereteinerungen  man  vor  den  Thoren  von  Wien  am  b&ifr- 
figsten  Badet*  '*).  Anob  diese  Lftcke  iat  nicht  Um.  Kltfden  vortuwerfen, 
aondern  Jener  namüehen  Schule,  welche  den  speculativen  Tbeil  der 
iieoioigie  perborneaciert  und  es  daditrcb  so  weit  gebracht  hat,  dass  man 
heute  zwar  in  jedem  flandbucbe  hinreichende  Belehrung  über  den  Bau 
des  Bodens  in  der  Heimat  aller  anderen  gebildeten  Nationen  finden  kann, 
dass  der  an  den  groAiertigaten  und  lehrreichsten  geologiaeben  £rsobeir 
nungen  so  reiche  Boden  von  Österreich  dagegen  nicht  nur  noch  in 
keinem  Lefarbuobe  gesobildert,  aondern  in  Österreich  selbst  bisher  nur 
einem  engeren  Kreise  von  Fachmännern  seinen  Omrissen  nach  bekannt 
iat.  Manobes  freilich  hätte  der  Hr.  Ver/.  wol  aualDbrJicher  bieten  kttenen, 
aumal  wenn  er  dafür  einielne  uobeglaubigte  Behauptungen,  wie  namen^ 
lieh  jene  vom  Au/treteu  der  Jura^Fonnalion  an  den  Boeky  Mountains 
und  dem  Llano  eatacato  ($.  2^9)  und  dann  die  «Übersicht  der  Bildui^pa»- 


•)  Prof.  Peters;  (iymn.  Zeitschr.  1859,  X.  8.  141. 


at»  WMen,  Hatidb.  d.  Erdkunde,  ang.  v.  E,  Siitf». 

Perioden  der  Erde'  (S.  206—804)  iveggeläasen  oder  die  lange  Liste  der 
'Verbreitung  einzelner  cbemi scher  Stoffe  und  Mineralien  abgekürzt  hätte. 

Der  V.  Abschnitt,  das  Wasser,  nicht  weniger  alslöOSeitcn 
stark,  kann  dagegen  als  ein  gelungener  bezeichnet  werden.  Er  zerfällt 
in  Tier  Theile:  Quellen,  Flüsse,  Seen  und  Meere,  und  enthalt  neben  guten 
Schilderungen  der  hieher  gehörigen  Erscheinungen ,  eine  Anzahl  gar  zh 
-ausführlicher  Tabellen.  In  der  Tabelle  der  Seen  (S.  420)  Ist  Afrika 
noch  durch  den  einzigen  Tsad  repräsentiert.  Man  erkennt  S.  442  ff.  die 
lebhafte  und  lehrreiche  Schilderung  des  Golf  tronies  wieder,  mit  welcher 
Maury  seine  PApsicai  Geograpkif  of  the  Sea  eröffnet  hat. 

Die  Abschnitte  VI.  Die  Luft  und  VII.  Verbreitung  der 
Warme,  gehören  ebenso  wie  der  fünfte  Abschnitt  zu  den  besten  Theilen 
des  Buches.  Der  siebente  Abschnitt  enthält  besondere  Abtheilungen  für 
die  Verth eilung  des  Erdmagnetismus  und  das  Klima;  von 
diesen  ist  die  ersteire  nach  einer  Arbeit  von  Becquerel  entvirorfen  und 
-erwähnt  auch  (S.  630)  schon  den  Zusammenhang  der  periodischen  Stö- 
fungen  der  magnetischen  Declination  mit  den  Sonnenflecken. 

Die  drei  letzten  Abschnitte  endlich  sind  der  Verbreitung  der  orga- 
nischen Wesen  auf  der  Erde  gewidmet,  und  zwar  VIII  den  Pflanzen, 
IX  den  Thieren  und  X  dem  Menschen.  Der  Hr.  VerL  hat  bei  der 
Ausarbeitung  des  ersten  derselben  Unger,  B.  Seemann  und  mehrere  andere 
Autoren,  bei  dem  zweiten  insbesondere  Schmarda  zu  Rathe  gezogen; 
bei  dem  dritten  hat  er  den  aufserordentlichen  Fortschritten,  welche  in 
diesem  Fache  durch  die  amerikanieMshe  Schule,  besonders  durch  Morton, 
Agassiz,  Nott  und  Gliddon  veranlasst  worden  sind,  gebührende  Rechnung 
getragen,  was  um  so  dankenswerther  ist,  als  namentlich  die  beiden 
-Werke  der  zwei  letztgenannten  Auetoren  hier  noch  sehr  wenig  bekannt 
sind.  Manche  der  eingeschalteten  Auszüge  sind  so  ausgedehnt  (wie  z.  B. 
die  Skizze  der  Sprachen-Vertheilung  nach  Maury),  dass  diese  drei  Ab- 
-schnitte  eine  Stärke  von  276  Seiten  erreichen;  sie  sind  durch  eine  be- 
sonders grofse  Zahl  von  Holzschnitten  illustriert  und  enthalten  eine  reiche 
Fülle  von  Tbatsachen,  welche  sich  auf  die  Verbreitung  organischer  Wesen 
beziehen.  In  Bezug  auf  die  Anordnung  des  ganzen  Stoffes  glaubt  aber 
iRef.  einige  Bemerkungen  nicht  unterdrücken  zu  dürfen. 

Es  wird  allgemein  zugegeben,  dass  gewisse  äulsere  Existenz-Be- 
dingungen zum  Fortkommen  einer  jeden  Art  organischer  Wesen  noth- 
wendig  seien,  dass  man  aber  dennoch  die  Art  keineswegs  als  das  Pro- 
d  u  c  t  solcher  äufserer  Existenz-Bedingungen  betrachten  dürfe.  Das  ist 
wenigstens  der  Standpunct,  welchen  der  Hr.  Verf.  selbst  anerkennt 
(S.  867).  Darnach  wirken  also  die  äuCseren  Verhältnisse  nur  auf  eine 
verbietende  (oder  allerböohstens  vielleicht  auf  eine  modiQcierende)  Weise; 
sie  gestatten,  wie  Hr.  Bronn  sagt'*),  auf  negative  Weise  die  Verfolgung 
eilies  Planes.   Folgerichtig  hätte  nun  der  Hr.  Verf.  seine  Schilderungen 


')  Entwidkelungs-Gesetze,  p.  487. 


KMeu,  flandb.  d.  Erdkunde,  ang.  v.  E,  Stufi.  8€9 

der  PflaBzen-  und  Thicr-Geographie  nicht  mit  Bemerkungen  über  diese 
negativen  Einflüsse  (Warme,  Licht,  Feachtigkeit  a.  s.  w.)  beginnen  sollen, 
eondeni  mit  denjenigen  Erfahrungen,  welche  man  über  den  positiven 
Tbett  dieser  grofoen  Frage  weifs.  Es  h&tte  nach  der  Meinung  des  Ref. 
an  die  Spitze  dieser  drei  Abschnitte  eine  Darlegung  der  Erfahrungen 
über  die  Einheit  des  Ver  brei  t  ungs  -  Bez  irkes  der 
einzelnen  Art  gestellt  werden  sollen,  welcher  die  Grundlage  jeder 
weiteren  Betrachtung  über  diesen  Gegenstand  bildet  Dann  hatte  von 
dem  Grade  geographischen  Zusammenhanges  die  Rede  sein  können,  den 
man  zwischen  Arten  bemerkt,  welche  derselben  Sippe  angehören,  uml 
dann  von  dem  beschränkten  Auftreten  einzelner  Uauptgruppen  u.  s.  w.$ 
in  dieser  Richtung  hätte  der  Hr.  Verf.  seinem  Werke  eine  Reihe  der 
allerwichtigsten  Erfahrungen  hinzufügen  können.  Alle  diese  Puncto  wären 
am  besten  in  der  ganzen  organischen  Welt  im  allgemeinen  betrachtet 
worden,  und  hierauf  erst  wäre  es  angezeigt  gewesen,  von  den  äufseren 
Existenz-Bedingungen  und  dann  von  dem  Detail  der  Beobachtungen  über 
die  Verbreitung  u.  s.  w.  zu  sprechen.  Dieses  Detail  hätte  dann  freilich 
auf  eine  gleichmälsigere  Weise  behandelt  werden  sollen  und  nicht  so 
wie  es  sich  eben  aus  anderen  Büchern  sammeln  liefs.  liier  sieht  man 
bei  den  Pflanzen  zuerst  die  Verbreitung  charakteristischer  Pflanzen,  na- 
mentlich z.  B.  der  Palmen  geschildert,  dann  folgen  nur  kurze  Angaben 
über  pflanzengeographische  Reiche  (S.  76tK— 756)  und  dann  in  einem 
Anhange  eine  Reihe  von  Daten  über  die  Verbreitung  der  Nutzpflanzen. 
Bei  den  Thieren  dagegen  werden  die  einzelnen  thiergeographischeH 
Reiche  (nach  Schmarda)  nacheinander  geschildert.  Der  letztere  Vorgang 
schrint  für  ein  geographisches  Handbuch  der  vorzüglichere  zu  sein« 
Denn  so  viel  man  auch  gegen  eine  solche  Abgrenzung  von  ttUcichen* 
überhaupt  einwenden  mag,  und  so  schwer  es  auch  vielleieht  wäre,  die 
Reiche  iXos  Pflanzen-Geographen  mit  jenen  des  Thier-Geographen  in  etwas 
besseren  Einklang  zu  bringen,  so  sieht  Ref.  doch  keinen  anderen  Weg 
um  eine  geographische  Übersicht  der  Verthcilung  organischen  Lebens  zu. 
geben.  Auf  diese  Weise  allein  sieht  man  ganze  Faunen  und  Floren  vor 
sich  treten,  erhält  man  einen  kleinen  Einblick  in  die  verschiedene  Art 
der  Vergesellschaftung  und  sieht  man,  was  in  einem  geographischen 
Handbuche  doch  die  Hauptsache  ist,  den  Gesammtcbarakter  der  belebten 
Natur  in  den  einzelnen  Bezirken. 

Es  hält  also  Ref.  Schmarda's  Schildcrungs-Melhode  hier  für  die 
zu  befolgende;  aber  so  ungethcilte  Anerkennung  das  schöne  Schmarda'Hche 
Werk  gefunden  und  auch  vollauf  verdient  hat,  so  sehr  es  hervorgehoben 
zu  werden  verdient,  dass  bis  auf  den  heutigen  Tag  Hr.  Schm.irda  der 
einzige  ist,  der  es  gewagt  hat,  eine  wissenschaftliche  Übersicht  der  Ver- 
breitung des  ^csammtcn  Thierreiclics  zu  geben,  so  wird  doch  dieser 
gelehrte  und  vielgereiste  Forscher  gewiss  der  erste  sein,  welcher  zugibt, 
dass  die  allgemeinen  Anschauungen  der  Thiergcographen  seit  185.3  we- 
sentliche Fortschritte  gemacht  haben.    Was   vor  allem  Noth  thiit,  ist  ein 

Zeiuchrift  f.  d.  ö»terr.  Gymna».  1860.   IV.   u.   V.  Haft.  26 


9U  KMem,  Hawib.  d.  ErdknOt,  aog.  y.  £.  JSBf/k 

•ebaHem  HenroriieW»  der  groCica  VenduedMilieiU  welebe  iwischen  der 
VcffWcituBg  YCMi  Land-  «iid  tos  Secttiiercn  bcfneht  Der  AWata  S.  8t0 
lOMe  MHfoiirlielMr  seia  soUea  mid  bei  tioer  etwaigen  iieaen  Anlage 
wird  der  Hr.  Verf.  Ider  mil  groiKm  Vortbeile  den  Aufnli  tob  E.  Forbes 
wm  phynkalisehen  Alks  yos  JobMto«  mid  die  neue  Natnrgesebichle  der 
MirapSifldleD  Meere  tos   Porbea  «ad  Godwin-AusteD  benutxen  kdnnen. 

Hiermil  wäre  das  Bild  der  beutigeo  Verbreitung  organiseber  Wesen 
abgeseblossen  gewesen,  md  nun  bitte  der  Hr.  ¥erf.  ia  einem  besonderen 
Anhange  jene  merkwordigen  Erlabrungen  tienrorbebrn  können ,  die  im 
Lanfe  des  leisten  JabrteiMnIs  über  die  Veränderungen  gesammelt  worden 
sind,  welebe  ein  Tbeil  der  beuligen  Faunen  und  Floren  in  Besag  au( 
seine  Verbreitung  erlebt  bat  Es  ist  wdlr,  dass  hiervon  einiges  in  dem 
Abaatse  fiber  die  ursprüngliche  Verbreitung  der  Ptanaen  (S.  695—698) 
erwibnt  ist,  aber  das  ist  viel  su  kurs,  und  es  verrath  dieser  Absatz  keine 
binreiehende  Vertrautheit  mit  den  Arbeiten  der  wichtigsten  Autoren,  mit 
Fdrbes,  Hooker,  De  Candolle  und  Heer.  Noch  sieht  man  die  Identität 
alpiner  und  nordischer  Pflansenarten  als  Beispiele  für  die  Mehrheit  der 
Behöpfungs-^ntra  angeführt  (8.  BB6),  wahrend  ein  immer  gröfserer 
Kreis  fon  Faohmännem  sie  als  die  Beste  der  heute  sertrennten  Flora 
der  Gletscfaerzeit  sn  hetrachten  sich  gewöhnt,  und  während  die  eigen« 
thfimlichen  Locken  der  irischen  Flora  dem  Hrn.  Verf.  (8.  €97)  bekannt 
sind  und  er  sugibt,  dass  Irland,  Spanien  und  die  Acoren  einst  einen  su- 
sammenhängenden  Gontinent  gebildet  haben  mögen,  findet  man  auf  der- 
selben Seite  die  canarisehen  Inseln  in  eine  Beihe  mil  den  Oalopagos  ge* 
stellt  und  als  Beispiel  eines  selbständigen  Vegetationsgebietes  angefOhrt 
Es  ist  aber  bekannt,  dass  die  Übereinstimmung  der  canarisehen  Flora 
mit  der  westeuropäischen  noch  gröfser  ist,  als  jene  der  Azoren-Flora, 
und  dass  bi>ide  Inselgruppen  zu  den  Überbleibseln  der  versunkenen  At- 
lantis gezählt  werden.  Es  zeigen  diese  Erläuterungen  indes,  wie  unrecht 
man  thut,  wenn  man  bei  solchen  allgemeinen  Fragen  die  Tbierwelt  von 
.der  Pflanzenwelt  scheidet,  da  sie  doch  in  allen  diesen  Erscheinungen 
denselben  Oesetzen  folgen.  Nicht  nur  Pflanzen  sondern  auch  Thiere  gibt 
es,  die  den  Alpen  und  dem  Norden,  oder  den  atlantischen  Inseln  und 
West-Buropa  gemein  sind,  oder  die  in  England  leben  und  in  Irland  fehlen. 

Durch  alles  dieses  wäre  nun  der  Leser  hinreichend  vorbereitet, 
um  die  neuen  Erfahrungen  über  die  Verbreitung  des  Menschen  würdigen 
lU  können.  Durch  das  Vorausschicken  des  Satzes  über  die  Einheit  der 
Verbreitungs-Bezirke  hätte  auch  der  X.  Abschnitt  so  sehr  an  Verständlich- 
keit gewonnen,  dass  dem  Hrn.  Verf.  der  Vorwurf  vielleicht  erspart  wor- 
den wäre,  den  er  in  dieser  Zeitschrift  (1859,  S.  409)  hat  erfahren  müssen. 
Der  Hr.  Verf«  hat  sich  hier  strenge  an  die  von  der  ^atur  gebotenen  Er- 
scheinungen gehalten ;  eine  andere  als  die  objective  Darstellungsweise  darf 
in  einem  Handbuche  der  Erdkunde  niemals  Platz  greifen.  Nach  der  Auf- 
zählung der  Erscheinungen  nun  sieht  er  sich  unwillkürlich  zu  Ansichten 
hingezogen,  welche  der  herrschenden  und  seiner   bisherigen  Denkungs- 


Kiöden,  ilandb.  d.  Ertlkunde,  ang.  v.  E  Snefs.  87t 

enticegeii  sind ;  daH  TeranUsst  ihn  (S.  867)  am  Schlüsse  des  allge- 
wiMren  Theilo»  dieses  Abschnittes  sich  mit  einigem  Rückhalte  auszu- 
faen.  Ref.  hätte  hier  dem  Hrn.  Verl  mir  den  einen  Vorwurf  zu 
dan  das  Argument,  welches  an  dieser  Stelle  gigen  die  Morton- 
Mbn  Meinungen  vorgebracht  wird,  kein  süchhältiges  ist.  Jedenfalls  ist 
4ki  Hr.  Verf.  hier  auf  eine  bessere  Weise  verfahren ,  aJs  eine  berühmte 
lidarittt  in  ahnlichen  Fragen,  welche  ein  langes  Referat  über  das  letzte 
Wofc  von  Nott  und  Gliddon  nicht  mit  einer  Widerlegung,  sondern  mit 
gendeau  unverstandlichen  Salze  sehloss"). 
Nach  diesem  allgemeineren  Thcile  folgen  Einielheitcn  über  die 
BDg  und  Verbreitung  der  Gruppen,  Familien  und  Racen,  dann 
Mge  Bemerkungen  über  Schädel-Gestalt  und  dann  die  schon  erwähnlei 
flkr  nafiihrliehe  Obersicht  der  Sprachen  nach  Maury,  diu  Obersicht  der 
%nclMB  von  Steinthal,  die  Individuensabl  der  Ra^en  nach  Om.  d'  Halloy 
■i  «kllieh  einiges  über  die  Gesammlsahl  der  Menschen ,  welche  der 
Ir.  Vwf.  auf  1390  Millionen  scbfitzt. 

Eine  Tabell«  der  Lange ,  Rreite ,  Höhe  und  mittleren  Jahrcstem- 
pMtar  vieler  Orte,  ein  Veraeichnis  der  Sternwarten,  und  endlich  ein 
«kr  amfcsieDdes  Sachregister  seldiefaeo  diesen  erslen ,  905  S.  starken 
Imd^  welcher,  wie  gesagt  worden  ist,  auch  den  selbständigen  Titel: 
cliyiiiriie  Geographie*  tragt  und  ala  ein  abgescblostieacH  Werk  be- 
werden  kann. 
Der  grofse  Voreug  dieses  Ruches,  welcher  es  dem  Uhrer  werth 
Buas,  besteht  in  dem  sehr  allgemeinen  Standpunctc,  von  dem 
m  M  cntwiirfcn  ist,  und  in  der  grofsen  Anzahl  von  Fächern,  die  es  um- 
taiL  SeiM  Nachtheile  bestehen  in  einer  etwas  ungleichmäfsigen  Rc- 
IndhiBg  des  Stoffes  (wie  schon  in  Petermaun's  Mittheil.  ISoS,  iV,  441 
snd  in  der  ZeUschr.  f.  allg.  Erdkunde,  1859,  VI,  84  gerügt  worden  ist) 
«d  in  wiedeiliolten  kleineren  Unrichtigkeiten.  TroU  dieser  Mangel  sUht 
kr.  nicht  an,  das  Ruch  jedem  Lehrer  aufs  wärmste  tu  empfehlen.  Ein 
Nleker  Oesammtblick  auf  unseren  Planeten,  suerst  auf  seine  Stellung  als 
■■■cbkBrper,  dann  auf  seine  sUrren  und  seine  flilssigen  Theile,  dann 
nf  die  Vertheilung  von  Wirme,  Licht  und  Magnetisrons  auf  seiner 
Ikerfliebe,  endlieh  auf  die  organische  Welt,  die  auf  ihm  Übt,  leigt  am 
Mn  die  gegenseitige  Abhängigkeit  der  einzelnen  Zweige  der  Natur- 
limenaehaflen  von  einander,  und  lehrt  wie  wahr  der  Salt  sei,  welchen 
als  Motto  seinem  Kosmos  vorangeseUt  hat:  «ATi/z/rae  per» 
Hi  atqne  rnntettat  m  omnibui  mnmentit  flde  cnrtt,  si  qua 
H*  parif  0U9  ac  non  toiam  cmnpiectaiHr  HUimo'  "l  Am  eindring- 
UMen  Buu  dies  dem  NatiirhiHlorikrr  zugerufen  werden.  Denn  wenn 
(•«Kh  ^-ollkommen  wahr  ist,   dass,  v^ie  Linne  sagt,  alle  Kenntnis  auf 


'^  Vgl.  Carus  in:  Nene  Zeit.  Suppl.  zum  r.onv.  Lexik.  II.  Rd. 
'^  Plin.   Ili«t.  nal.  \ll.  eap.  1. 

•iti* 


97t  Klddm^  Handb.  d.  Erdkiindc,  ang.  v.  E,  Sni'fg, 

der  Kenntnis  der  Species  beruht,  so  berubt  sie  eben  nur  darauf,  aber 
sie  besteht  nicht  darin. 

Ein  naturhistoriscber  Unterricht,  welcher  sich  darauf  beschrankt, 
den  Schüler  mit  den  unterscheidenden  Merkmalen  der  einzelnen  Arten 
und  Gattungen  vertraut  lu  machen ,  kann  es  im  günstigsten  Pnlle  nur 
dahin  bringen,  dass  dieser  die  JM  a  n  n  i  g  f  a  1 1  i  g  k  e  i  t  der  Natur  erkennt, 
aber  so  wenig  Farbenpracht  in  einem  Bilde  hinreicht,  um  zu  fesseln* 
M>  wenig  kann  ein  solcher  Unterricht  einem  denkenden  Geiste  genügen. 
Dieser  verlangt  lu  erfahren,  in  welchen  Beziehungen  die  erkannte  Fülle 
von  Formen  ni  den  übrigen  tellurischen  Erscheinungen  stehe,  und  wenn 
er  so  glücklich  ist,  hinreichende  Quellen  der  Belehrung  zu  finden,  sieht 
er  zuerst  mit  Staunen  ein ,  wie  irrig  jene  Grundanschauung  von  dem 
Vorhandensein  dreier  Naturreiche,  jener  erste  Satz  seines  naturhisto- 
rischen Schulunterrichtes,  sei,  und  wie  man  im  Gegentheile  als  gleich- 
werthig  nur  eine  organische  Gesammtheit  einer  unorganischen  gegen- 
überstellen könne.  Er  lernt  femer,  wie  der  Begriff  der  Art  ein  anderer 
in  der  organischen  Welt  sei,  in  welcher  sie  sich  fortpflanzt,  und  ein 
anderer  in  der  unorganischen  Welt,  in  der  das  Individuum  vereinzelt 
bleibt,  und  lernt,  wie  ganz  verschieden  in  beiden  Fallen  die  Bedingun- 
gen der  Entstehung  und  der  Existenz  seien.  Er  sieht,  wie  in  dem  einen 
Falle  der  Bestand  des  Individuums  an  einen  geregelten  Stc^wechsel  ge- 
bunden sei,  in  dem  anderen  aber  nicht,  und  dass  endlich  die  Gruppen 
seiner  naturhistorischen  Systeme  in  der  organischen  Welt  geographisch 
abgegrenzt  seien.  In  ihre  Vergangenheit  zurückgehend  bemerkt  er, 
dass  sie  auch  historische  Einheiten  seien.  Hingezogen  zu  immer  weiteren 
Anschauungen,  sieht  er  nun  endlich  ein,  dass  das  System  niemals  eine 
blodie  Bequemlichkeitssache  sein  dürfe,  und  dass  die  Aufgabe  des  Syste- 
matikers nicht  die  sei,  einen  Schlüssel  zur  Bestimmung  der  Arten  zu 
liefern,  sondern  einem  grofsen  Plane  nachzuforschen,  der  in  der  Natur 
angedeutet  ist ;  denn  er  hat  eben  gelernt,  dass  die  Abgrenzung  der  Grup- 
pen nicht  durch  morphologische  Kennzeichen»  sondern  auch  durch  ihre 
geographische  Vertheilung  und  die  Aufeinanderfolge  ihrer  Glieder  ge- 
geben sei;  Die  organische  Welt  von  diesem  höheren  Standpuncle  aus 
betrachtend,  findet  er  fortan  eine  unerschöpfliche  Quelle  der  Anregung 
nicht  so  sehr  in  ihrer  Mannigfaltigkeit,  als  in  dem  Erkennen 
einiger  und  dem  Ahnen  einer  Anzahl  anderer  grofser  Gesetze,  welche 
alles  Leben  auf  unserem  Planeten  beherrschen.  Diese  sind  es ,  deren 
Nachweis  aus  den  einzelnen  Erfahrungen  uud  deren  wunderbarer  innerer 
Zusammenhang  dem  kühnsten  wie  dem  ehrgeizigsten  Denker  als  Auf- 
gabe zu  dienen  und  deren  endlich  erkannte  Majestät  das  Gemüth  eines 
jeden  zu  erfüllen  würdig  sind.  Indem  er  auf  diesem  Wege  das  Ver- 
ständnis gewonnen  hat  für  Fragen,  welche  ihm  früher  fremd  geblieben 
waren,  und  gelernt  hat,  des  aufrichtigen  Strebens  sich  zu  erfreuen ,  wo 
immer  es  sich  zeigen  mag,  haben  jsicb  seine  speciellen  Liebhabereien  in 
Liebe  zur  Natur  verwandelt  und  jetzt  gibt  er  gerne  zu,  dass  solche  all- 


HAHm,  Handb.  d.  Erdkunde,  ang.  v.  E.  Skef^.  9tZ 

gemeiDerc  Aoschauungeo  es  sind,  welche  vor  allem  verdienen,  aU  das 
veredelnde  Moment  in  den  Natnrwissenschaflen  genannt  eu  werden. 
Die  enge  Grenze,  welche  man  um  das  Wort  Naturgeschichte  ge- 
lOgen  hat,  mag  sich  vielleicht,  wo  es  sich  um  eine  Definition  dieses 
Wortes  handelt,  behaupten  lassen,  wollte  man  aber  den  naturge- 
schiehtl  ichen  Unterricht  in  so  enge  Grenzen  sperren,  so  wurde 
biedurch  gerade  der  anregendste  und  erhebendste  Theil  derselben  ausge- 
schieden und  es  wurden  die  Bracken  abgebrochen  werden ,  welche  von 
der  Naturgeschichte  zu  Studien  einer  höheren  Ordnung  hinfuhren. 

Es  denkt  Ref.  nicht  im  entferntesten  daran,  vorzuschlagen,  dass 
man  den  Schüler  der  Mittelschule  in  diese  höheren  Studien  einfuhren 
solle;  hier  soll  der  Unterricht  auf  die  Naturgeschichte  beschränkt  blei- 
ben, diese  aber  soll  so  gelehrt  werden,  dass  nicht  nur  das  Auge,  son- 
dern nach  Möglichkeit  auch  der  Geist  des  Schülers  beschäftigt  werde. 
Der  Lehrer,  welcher  bedenkt ,  dass  seine  Aufgabe  nicht  ist ,  Naturhisto- 
riker, sondern  gute  und  fQr  das  Schöne  und  Edle  empfangliche  Manner 
lu  bilden,  begreift,  dass  das  Entzucken,  welches  jedes  reinere  Gemuth 
beim  Anblicke  einer  schönen  Landschaft  erfüllt,  für  diesen  Zweck  mehr 
Werth  hat,  als  die  Vertrautheit  mit  hunderten  von  lateinischen  Benen- 
nungen. Dieses  Gefühl  ist  es,  welches  er  als  den  ersten  Keim  eines 
Streb«ns  nach  allgemeiner  Naturanschauung  sorgfältig  pflegen  wird. 
Etwas  ausfuhrlichere  Bemerkungen  über  das  Vaterland,  die  Lebensweise 
u.  s.  w.  der  Thiere,  über  gegenseitige  Abhängigkeit  im  Vorkommen  der 
Wesen  und  über  alles  das,  was  man  die  Oekonomie  der  Natur  zu  nennen 
pflegt,  können  den  naturgeschichtlichen  Unterricht  aufserordcntlich  be- 
leben. Aber  Ref.  muss  hinzufugen,  dass  während  auf  diese  Weise  in 
der  Mittelschule  schon  der  Charakter  der  wichtigsten  thier-  und  pflanzen- 
geographischen Provinzen  allenfalls  angedeutet  werden  können,  das  Hin- 
fuhren auf  allgemeinere  Beziehungen  in  der  unorganischen  Welt  nur 
unler  der  Bedingung  möglich  ist,  dass  man  in  dem  «geognostischen* 
Unterrichte  einen  Gang  befolgt,  der  von  jenem  des  Mohs'schen  Lehr- 
buches der  Geognosie  ganz  und  gar  verschieden  ist.  Ref.  ist  überzeugt, 
dass  in  diesem  Puncte  die  weitaus  überwiegende  Mehrzahl  der  öster- 
reichischen Geologen  mit  ihm  einverstanden  ist. 

Nach .  diesem  Excurse  begreift  es  sich  leicht ,  welche  Anforde- 
rungen Ref.  an  den  geographischen  Unterricht  stellen  möchte.  Als  der 
Reisende  Bruce  einem  Muselmann  das  Bild  eines  Fisches  zeigte,  rief 
dieser  erstaunt  aus:  Wenn  am  Tage  des  Gerichtes  dieser  Fisch  sich 
gegen  Dich  erhebt,  und  Dich  anklagt:  Du  hast  mir  einen  Körper  gege- 
ben, aber  keine  lebende  Seele,  was  wirst  Du  ihm  antworten?  Ein 
solches  todtes,  klagendes  Bild  bleibt  der  'naturwissenschaftliche  Unter- 
richt immer,  so  lauge  er  sich  darauf  beschränkt,  die  Wesen  einzeln  und 
nur  «nach  naturhistoriscben  Principien*  zu  betrachten,  ein  Bild,  das 
Formen  und  bunte  Farben  zeigt,  des  inneren  Lebens  aber  entbehrt. 
Damit  aber  die  Wechselbeziehungen  hervortreten,   welche  beleben,   ist 


8f4  MHkIm,  Uandb.  d.  Erdkunde,  ang.  v.  E.  Snefs. 

et  nothwendig,  diss  ein  geographischer  Dnterridit  vorhergeht,  «dessen 
Zweck  und  Ziel  Dicht  eine  Messe  des  Wissens,  die  Kenntnis  eines  aus- 
gebreiteten Details  ist,  sondern  die  Erde  als  Ganzes  in  ihren  verschie- 
denen BesiekuBgen  -«  als  flimmebkörper,  als  Product  und  Schauplatz 
physischer  Kräfte  und  als  Wohnsitz  vernünftiger  Wesen  —  zur  An- 
schauung zu  bringen  and  eine  klare  Vorstellung  von  diesen  YeihSlt- 
Bissen  und  ihren  Resultaten  hervorzurufen'  ''). 

Da  von  dem  zweiten  Bande  erst  ein  Theil  erschienen  ist,  be- 
schränkt sich  Ref.  auf  eine  kurze  Erwähnung  desselben.  Reich  an  De- 
tail, in  welches  viel  eeaes  aufgenemmen  ist**),  mit  einem  guten  über- 
sichtlichen Gapitel  aber  die  Alpen  (das  aber  viel  mehr  geologische 
Kenntnisse  voraussetzt,  als  der  vierte  Abschnitt  des  ersten  Bandes  bietet), 
und  ohne  jene  grofsen  Tabellen  des  ersten  Bandes  bitten  diese  ersten 
Lieferungen  alle  Anerkennung  verdient,  wenn  nicht  in  der  Anordnung 
des  Stoffes  eine  Inconsequenz  zu  finden  wäre,  die  strenge  gerügt  werden 
muss.  Der  Hr.  Verf.  hat  versucht  als  Grundlage  für  die  Schilderung 
der  politischen  Geographie  unseres  Welttheiles  eine  auf  physi- 
schen Erscheinungen  beruhende  Eintheilung  anzunehmen.  Sei  es.  Bei 
der  pyreniischen  Halbinsel,  mit  der  der  Hr.  Verf.  beginnt,  geht 
das  vortrefflich.  Dann  f<^t  die  Alpen-Halbinsd ,  zu  deren  Verständnis 
der  Hr.  Verf.  die  Übersicht  der  gesammten  Alpenkette  und  des  Jura 
voraussendet,  dann  die  nähere  Schilderung  Italiens  mit  der  Lombardei 
und  Venedig  und  die  Schweiz,  welche  von  den  deutschen  Alpenländern  ab- 
geschnitten wird,  und  dann  kömmt  Frankreich.  Hier  aber  scheint  dem  Hrn. 
Verf.  plötzlich  die  politische  Einheit  des  Gebietes  so  viel  wichtiger  als  die 
physische,  dass  er  lieber  ganz  Algerien  in  seinen  Band  über  Europa 
aufnimmt,  als  dass  er  Frankreich  zerrisse.  Wenn  man  physische  Grenzen 
schon  als  die  ersten  betrachten  vnM ,  lässt  sich  gar  nichts  dagegen  ein- 
wenden, dass  das  gesammte  Italien  cusammengefasst  und  Österreich  zer- 
theilt  werde ,  aber  nie  darf  man  zugeben ,  dass  in  demselben  Bande  die 
hundert  Meilen  des  mittelländischen  Meeres,  welche  Frankreich  von 
Algier  trennen ,  als  nur  eine  geringfügige  physische  Grenee  betrachtet 
werde.  Wie  hat  der  Hr.  Verf.,  wie  hat  ein  deutscher  Geograph  so 
verfahren  können? 

Wien.  Prof.  Ed.  S  u  e  f  s. 

'*)  Metger^  Der  syst.-meth.  Unterricht  in  der  Geographie  auf  d. 
gemischten  Gymnasium.  Jabresber.  üb.  d.  Gymn.  zu  Emden« 
1858.  S.  4. 

^*)  In  der  Brüchrcibung  der  Alpenstrafsen  (8.  147  ff.)  findet  man  eine 
höchst  auffallende  ^Ähnlichkeit  mit  einigen  von  Bädeker  gegebenen 
SchildcruDgeu ;  wer  sich  die  Mühe  nimmt  Bädeker's  Reisehand- 
buch für  die  Schweiz,  die  ital.  Seen  u.  s,  w.  vom  J.  18ö7  zu 
vergleichen,  dem  \iird  es  leicht  sein  zu  sehen,  wie  sehr  viele 
Ansditicke  und  Fragn>entc  von  Sätzen  genau  übereinstimmen ,  so 
z.  B.  bei  der  frrnhaidstraiäe ,  klöd.  147,  Bad.  216  ff.,  Simplun 
KlOd.  148,  bäd.  230  ff.,  Gollhard  Klöd.  148,  fiäd.  itb  ff.  Warum 
ist  hier  die  Quelle  nicht  genannt? 


ßerpkaui,  allgemeiiM  Erdkarte,  ang.  v.  i.  &eMUm§er»        9tS 

Allgemeine  Erdkarte  in  Mercatpr'^  Projection,  nach  dem 
Stande  der  iiautiDcheu  Aufnahmen  im  J.  1858»  gezeichnet  von  Her- 
mann Bergbaus.  (Aequatorial - Mafsstab  »  i  ;  557,  Millionen.) 
4  Blätter«  kl.  Fol.  Gotha,  J.  PerUies,  18^9.-1%  Tbl/.  Aufgesogen 
in  Mappe  1%  Thlr. 

Der  Name  flerm.  Bergbaus,  dureh  fleiCsige  tmd  gediegene  karto- 
graphisdie  Leistungen  bereits  in  weiten  Kreisen  bekannt,  erweckt  bei 
dem  Erscheinen  neuer  Arbeiten  gespannte  Erwartungen,  <U«  bisher  noch 
nicht  getfiuscht  worden  sind.  Auch  diese  vierblfilterige  Karte  ist  ein 
Beweifl,  wie  gewissenhaft  und  verstindig  Hr.  Herrn.  Bergbaus  die  aus- 
gedehntetsten  MateriaKeii  zu  benutzen  verstetit,  um  Im  kleinstes  Räume 
das  Erreicht^are  zu  leisten.  Hauptzweck  war,  f&r  <len  nautischen 
Unterrieht  eine  entsprechend  genaue  und  ironstindige  tSbersichtskarte 
EU  schaffen ,  und  dieser  Zweck  ist  im  VerbfHnisse  cum  Raune  auf  die 
genügendste  ¥^eise  erfüllt  worden.  Der  Rand  ist  nach  Bogen-  und  Zeit- 
mafs  getbeilt;  die  veKügbaren  Riume  unter  dem  südlichen  Tierkreise 
sind  mit  Kärtehen  ut)er  Windrichtung,  magnetische  Abweichung  {¥.  1656) 
und  sehr  h&bsch  gestochenen  Piauigiobe«  mit  den  Meeresströmungen  aus- 
gefüllt 1  das  Oradneti  vollständig  Ober  die  Oceane  und  Meere  ausgezogen. 
Das  Land  erscheint  grau  dureh  feinste  Punctierung  und  enthält,  unge- 
achtet es  Webensache  war,  doch  so  viel  Detail^  als  zur  Übersicht  der 
Staate«  und  Golonien,  des  hydrographischen  Netzes  u.  s.  I.  erfordert 
wird.  Selbst  ausgezeiehneie  Bergspitzen  vermissi  men  nicht,  wenn  bin- 
länglicber  Platz  vorbanden  war  oder  sie  in  des  Meeres  Nähe  fallen.  Es 
ist  ebenso  wenig  im  Zweifel  zu  ziehen,  dass  eine  geographieelie  Anstalt, 
wie  die  Oothaer,  das  nöthige  umfangreiche  MaAeriale  besitze,  als  dass 
Hr.  Bergbaue  dasselbe  mit  einer  ihm  eigenthfimliehen  Borgfatt  für  CJmriss 
und  richtige  Lage  benutzte,  einer  Sorgfalt,  die  sich  bis  dabin  erstreckt, 
wo  der  ^absticfael  der  Mikroskope  das  Feld  räumen  muss.  Schiffahrts- 
eurae  sind  nicht  gegebea,  weil  sie  durch  des  beräbmten  Capitains 
Maury  ftetnüfattogeo  nicht  unweseoUichen  Neuerungen  unterliegen  durf- 
ten, Sondenangaben  scheinen  nicht  im  Principe  der  Anordnung  gelegen 
gewesen  zu  sein,  verstünden  sich  auch  nur  bei  sonstiger  Vertrau eos- 
wünligkeit  an  einzelnen,  durch  besondere  Tiefe  ausgezeichneten  Stellen. 
Wenn  noch  ein  Wunsch  übrig  bleibt,  um  der  schönen  Karte  eine  erhöhte 
praktische  Brauchbarkeit  zuzuwenden,  so  ist  es  der,  dass  man  Abdrücke 
auf  geleimtem  Papiere  erfaaJten  k<)ente,  um  neue  Entdeckungen  von  In- 
seln u.  dgl.,  Gorreeiuren  berichtigter  Steilen  u.  s.  w.  bei  eintretender  Ge- 
legenheit selbst  vornehmen  zu  können,  wozu  sich  das  dazu  fpmlioh 
voriiereiteie  Netz  so  willkommen  eignet. 

Wien.  A.  Steinbauser. 


376        J.^  Mepieri  opera  od.  C  MtcA,  aiig.  von  C,  r.  UUrow. 

Joannis  Kepler!  opera  omnia  edidit  Chr.   Frisch.    Vol.  I. 
Francofurti  et  Erlangae,  Hey  der  &  Zimmer.    Vol.  1.   1858. 

Eine  Ehre,  deren  sich  manoher  wenig  bedeutende  Schriftsteller  in 
Deutschland  rühmt,  war  einem  der  gröfsten  Namen  unseres  Vaterlandes 
bisher  nicht  widerfahren :  wir  besafsen  keine  Gcsammtausgabe  der  Werke 
Kepler's.  Dnd  doch  gehört  Kepler  su  den  wenigen  Auserwähllen ,  bei 
ienen  jedes  Epithet  überflüssig ,  die  nicht  dem  Fachmanne  allein,  son- 
dern jedem  Gebildeten  bekannte,  ruhmgekrönte  Gestalten  sind.  Rein 
besonderer  Gau  kann  ihn  sein  eigen  nennen,  die  Orte  seiner  Geburt, 
seiner  Erziehung  und  selbständigen  Thatigkeit  machen  ihn  zum  Deutschen 
im  allgemeinsten  Sinne  des  Wortes.  Er  hat  den  deutschen  Geist  für 
immer  und  alle  Zonen  yerherrlicht  durch  Tiefe  der  Gedanken  und  un- 
verwüstlichen Humor,  durch  Autdauer  sonder  gleichen  und  ungebrochene 
Phantasie,  durch  unerschütterliche  Ehrenhaftigkeit  und  seltene  Ortheib- 
krafi.  Und  die  Produote  dieses  Geistes  existieren  grofeentheils  nur  in 
wenigen  Exemplaren  oder  sind  geradezu  blofs  handschriftlich  Torhanden. 
Sollen  die  widerlichen  Erbärmlichkeiten,  welche  einen  der  edelsten 
Menschen ,  die  es  je  gab ,  sein  ganzes  Leben  hindurch  verfolgten ,  sich 
noch  an  seinen  unsterblichen  Arbeiten  fortsetzen,  und  uns  Epigonen  be- 
schieden sein,  die  allenthalben  zerstreuten  Erzeugnisse  seiner  Hand  nach 
und  nach  dem  Untergänge  geweiht  zu  sehen,  wie  seine  Zeitgenossen 
einst  umsonst  die  Stätte  suchten,  wo  seine  irdischen  Cberreste  ruhen? 

In  echt  vaterländischer  Weise  hat  Professor  Frisch  seit  vielen 
Jahren  in  aller  Stille  daran  gearbeitet,  diese  Schmach  von  uns  abzu- 
wenden, und  tritt  nun  mit  einem  völlig  geordneten ,  aus  den  verschie- 
densten Quellen  mit  bewundernswürdiger  Aufopferung  gesammelten  Ma- 
teriale  für  nicht  weniger  als  acht  ziemlich  starke  Bände  vor  die  Ver- 
ehrer Kepler's  hin,  deren  Zahl  Legion  —  sein  sollte.  Zwei  bereits  er- 
schienene, den  ersten  Band  bildende  Hefte  enthalten :  Mysterium  Cosmo- 
graphicum,  Apologia  Tychonis,  Calendaria,  Opera  Astrologica,  mit  wich- 
tigen, hauptsächlich  aus  Kepler's  Briefwechsel  geschöpften  Gommentaren, 
und  zeugen  für  die  Umsicht  und  Sorgfalt,  welche  hier  aufgewendet 
wurden,  um  uns  die  Werke  des  unvergänglichen  Todten  in  würdiger 
Gestalt  vorzuführen.  Aber  das  treffliche  Unternehmen  stockt  —  aus  Mangel 
an  Theilnahme.  Schon  einmal ')  erhob  ich  meine  Stimme  im  Vereine  mit 
meinen  Gollegen:  Argelander,  Hansen,  Encke,  Gould,  Peters, 
Rümker,  Struve  d.  ä.  u.  j..  Zech,  leider  nicht  mit  der  gewünschten 
Wirkung  zu  Gunsten  dieser  so  höchst  verdienstlichen  Publication,  die 
nicht  nur  eine  alte  Schuld  Deutschlands  an  einen  seiner  herrlichsten 
Söhne  bezahlen,  sondern  die  heutige  Welt  in^den  Stand  setzen  soll,  an 
der  Quelle  zu  schöpfen,   was  ihr  nachgerade  unzählige  Male   unlauter 


')  Augsburger  Allgemeine  Zcituiig,  14.  Juli  1857,  Beilage. 


y.  Mepieri  opera  cd.  C  Frisek,  ang.  vou  C  v.  liUraw        S77 

geboten  wurde.  Ich  wähle  heute  zu  diesem  wiederholten  Aufrufe  ein 
Organ  *),  das  als  Reliquie  des  deutschen  Reiches  doppelt  berufen  ist, 
sich  Sr.  römisch  kaiserlichen  Mi^^^^  Mathematikers  anzunehmen.  Möge 
die  patriotische  Begeisterung  für  einen  anderen  grofsen  Deutschen,  deren 
Nachklange  wir  noch  vernehmen,  sich  auch  hier  bewahren!  Kepler  litt 
im  Leben  hauptsachlich  unter  der  unglückseligsten  aller  Spaltungen  un- 
seres Vaterlandes;  möge  die  Erinnerung  an  ihn  versöhnt  werden  durch 
die  Einigkeit,  mit  der  wir  beitragen  zur  Errichtung  ehies  Denkmales, 
das  in  unseren  Tagen  von  der  Presse  dauernder  und  erfolgreicher  ge- 
gründet wird  als  dareh  Meilsel  und  Marmor!  Wenn  nur  einige  Lander 
noch  dem  von  PreuCsen  und  Österreich  gegebenen  schönen  Beispiele  in 
Unterstützung  dieses  Unternehmens  beitreten,  wenn  insbesondere  öffent- 
liche Bibliotheken  es  nicht  versehmähen ,  ein  Werk  zu  erwerben,  das 
ieder  derselben  zur  Zierde  gereichen  wird,  so  ist  die  Bereicherung  nicht 
bloCs  der  deutschen,  sondern  der  gesammten  Literatur  um  einen  wahren 
Schatz  gesichert,  dessen  universeller  Charakter  in  der  glänzenden  Libe- 
ralität der  russischen  Regierung  einen  sprechenden  Ausdruck  gefun- 
den hat. 

Wien,  17.  Dec  1850.  K.  v.  Littrow. 


')  Die  Anzeige  ist  ursprunglich  in  Nr.  9  der  Leopoldina,  der  Zeit- 
schrift der  kais.  Leopoldinisch-Garoliuischcn  Akademie  gedruckt» 
Die  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  an  sich  und  seine  specielle  Be- 
ziehung zu  Österreich  bestimmte  die  Red.  zu  dem  Wunsche,  die 
Anzeige  auch  in  dieser  Zeitschrift  zu  veröffentlichen,  wozu  der 
ilr.  Vf.  im  Interesse  der  Sache  seine  Zustimmung  gab. 

Anm.  der  Red. 


Dritte  Abtheilung. 


Verordnongen  fAr  die  AisterreiehiseheD  Gym- 
nasien; Statistik. 

Erlässe. 

Erlass  des  Ministers  für  Cultus  und  Unterricht  vom  %Ö. 
Jänner   1859  an    sämmtliche    Land  erst  eilen   (mit  Ausnahme 

Venedigs), 

womit  die  Verordnung  der  Studien-Horcommissiop  TOip  25*  August  1832, 
beziehungsweise  der  ungarischen  HofKanzlei  vom  20.  November  1832 
Z.  10,731  und  der  siebenburgischen  Uolkanzlei  vom  12.  September  1832 
Z.  4149,  in  Betrefif  der  gleichförmigen  Verfassung  der  Ausweise  der  von 
öffentlichen  Lehranstalten   ausgeschlossenen  Studierenden  in   Erinnerung 

gebracht  wird. 

Es  ist  der  Fall  vorgekommen,  dass  ein  Gymnasialschuler,  über 
welchen  die  Strafe  der  Ausschliefsung  von  sämmtlichen  Lehranstalten 
verhängt  worden  war,  als  öffentlicher  Schuler  an  einem  Gymnasium 
wieder  Aufnahme  gefunden  und  die  Maturitätsprüfung  bestanden  hat, 
ungeachtet  die  erfolgte  Ausschliefsung  dem  gedachten  Gymnasium  kund- 
gegeben und  seither  in  Geltung  geblieben  war.  Man  nimmt  hieraus  Anlass, 
die  in  Kraft  bestehende  Verordnung  der  Studien- Hofcommission  vom 
25.  August  1832.  der  ungarischen  Hofkanzlei  vom  20.  iSovember  1832. 
der  siebenburgischen  Hofkanzlei  vom  12.  September  1832  in  Betreff  der 
gleichförmigen  Verfassung  der  Ausweise  der  von  öffentlichen  Lehran> 
stalten  ausgeschlossenen  Studierenden  mit  dem  Beisatze  in  Erinnerung 
zu  bringen,  dass  es  den  Directionen  öffentlicher  Lehranstalten  zur  strengen 
Pflicht  gemacht  werde,  bei  der  Aufnahme  insbesondere  solcher  Schuler, 
deren  Documente  eine  Unterbrechung  des  regelmäfsigen  Studiencurses  an 
einer  öffentlichen  Lehranstalt  erkennen  lassen,  oder  welche  angeben, 
häuslichen  Unterricht  genossen  zu  haben ,  mit  der  gehörigen  Vorsicht 
vorzugehen  und  sich  mit  Hilfe  des  mit  der  cilierten  Verordnung  vorge- 
schriebenen  alphabetischen  Verzeichnisses  gegen  jeden  Unlerschleif  zu 
sichern. 


Erlässe.  S7f 

Erlass  des  Ministers  für  Cultus  und  Unterricht   vom  4. 

Februar  1859  an  eine  Statthalterei, 
womit  Punet  7  des  %,  73  des  Gymnasial-Organisations-Cntwurfes,  betref- 
fend die  Gewahrung  des  Aufsteigens  in  eine  höhere  Classe,  erllutert  wird. 

Über  die  Anfrage,  ob  Punct  7  des  8.  73  des  Organisations- Ent- 
wurfes blofs  von  den  OegeuHtänden  des  zweiten  Semesters  eines  Schul- 
jahres handle  oder  in  einseinen  Fällen  auch  auf  die  Gegenstände  des 
ersten  Semesters  bezogen  werden  müsse,  wird  eröffnet,  dass  die  Ge- 
währung oder  Versagung  des  Aufsteigens  in  die  höhere  Classe  von  dem 
Urtheile  abhängig  ist,  welches  im  Laufe  des  ganzen  Schuljahres 
die  Lehrer  der  Classe  über  den  Schüler  gewonnen  haben  (Organisations« 
Entwurf  §.  73,  Punet  1). 

Die  Anwendung  dieser  Bestimmung  wird  aber  mit  Rücksicht  auf 
die  selbständige  Classification  des  ersten  Semesters  in  folgender  Weise 
durchzuführen  sein. 

Bei  allen  jenen  Gegenständen  des  Gymnasialunterrichtes,  bei  wel- 
chen der  im  zweiten  Semester  behandelte  Unterrichtsstoff  nur  eine  Fort- 
führung des  im  ersten  Semester  begonnenen  in  der  Art  bildet,  dass  bei 
einem  günstigen  Erfolge  im  zweiten  Semester  auf  eine  nachträglich  er- 
folgte Ergänzung  in  der  Aneignung  des  Unterrichtsstoffes  des  ersten  Se- 
mesters geschlossen  werden  muss,  bildet  eine  im  ersten  Semester  wahr- 
genommene ungenügende  Leistung  in  einem  solchen  Gegenstande  kein 
Hindernis  der  Versetzbarkeit  des  Schülers. 

Betrifft  aber  die  ungenügende^  Leistung  im  ersten  Semester  einen 
solchen  Gegenstand,  der  ein  für  sieh  abgesolilossenes  Ganzes  bildet  (wie 
dies  s,  B.  bei  der  Mineralogie  in  der  3.  und  5.  Classe  der  Fall  ist),  so. 
dass  der  an  seine  Stelle  tretende  Lehrstoff  des  zweiten  Semesters  ein 
planmäfsiges  Zurückgreifen  auf  den  ersteren  als  Grundlage  nicht  zulässt. 
und  daher  genügende  Leistungen  in  demselben  keine  Beruhigung  über, 
die  nachträgliche  Ergänzung  des  im  ersten  Semester  Versäumten  ge- 
währen können,  so  wird  nach  Analogie  des  g.  73  Pnnct  7  gestattet,  mit 
dem  Schüler  eine  Wiederholungsprüfung  in  diesem  Gegenstande  in  den 
ersten  sechs  Wochen  des  zweiten  Semesters  abzuhalten  und  erst  darnach 
das  Semestralzeugnis  auszufertigen«  Im  Falle  eines  ungünstigen  Prüfungs- 
ergobnisses  wird  es  von  dem  Ermessen  der  Lehrer  derselben  Classe  mit 
Zustimmung  des  Directors  abhängen,  ob  eine  zweite  Wiederholung  dieser 
Prüfung  zur  Zeit  der  Versetzprüfungen  zu  gestatten  sei;  die  Gewährung 
derselben  wird  jedoch  immer  dadurch  bedingt  sein,  dass  der  betreffende 
Schüler  den  Forderungen  des  Lehrzieles  in  den  übrigen  Gegenständen  in 
befriedigendem  Mafse  Genüge  gethan  und  über  seine  Reife  zum  Auf- 
steigen in  die  höhere  Classe  kein  Zweifel  obwaltet. 


Erlass  des   Ministers  für   Cultus   und   Unterricht   vom  5. 
Februar  1869  an  sämmtliche  Länderstellen  (mit  Ausnahme 

Venedigs), 

womit   in   Absicht  auf  die   Allerhöchst  angeordnete   Beschränkung   im 

Staatsau fwande  einige  Weisungen  für  die  aus  dotierten  Fonden  oder  aus 

dem  Ärar  erhaltenen  Gymnasien  gegeben  werden. 

In  Absicht  auf  die  Allerhöchst  angeordnete  Beschränkung  im  ^ats- 

aufwände,   ßndc   ich  die  k.  k auf  folgende  Umstände,  in  wie 

fcrnsie   die    aus   dotierten   Fonden  od  c  r  aus  d  em  Ärar 
erhaltenen  Gymnasien  berühren,  aufmerksam  zu  machen* 


880  Erlässe. 

Es  wird  häufig  die  Wahrnehmung  gemacht ,  dass  bei  der  Druck- 
legung der  Gymnasialprogramme,  namentlich  was  den  Umfang  und  die 
typische  Ausstattung  des  Programmes  und  die  Anzahl  der  Exemplare  an- 
belangt, die  Rucksicht  auf  das  Mafs  des  strengen  Erfordernisses  auber 
Acht  gelassen  und  in  den  bezeichneten  Beziehungen  Kosten  aufgewendet 
werden,  von  denen  ebenso  der  innere  Wcrth  des  Programmes  unabhängig 
ist,  als  sie  sich  durch  den  Zweck  dieser  periodischen  Druckschrift  nicht 
rechtfertigen  lassen.  Auch  kann  nicht  unbemerkt  bleiben,  dass,  da  es 
den  Gymnasien  nicht  zur  unerlässlichen  Pflicht  gemacht  ist,  jährlich  ein 
Programm  zu  YeröflTentlichen,  die  Herausgabe  eines  solchen  nur  in  jenen 
Fällen  gewünscht  oder  erwartet  werden  muss,  wo  dadurch  wissenschaft- 
lichen Zwecken  in  beachtenswerthem  Malse  gedient  und  dem  ergangenen 
Auftrage  rucksichtlich  des  Programmen-Austausches  mit  den  preufsischcn 
Gymnasien  entsprochen  werden  soll.  Es  wird  daher  bei  aller  Anerken- 
nung, welche  die  Veröffentlichung  von  Programmen  verdient,  und  zwar 
um  der  wissenschaftlichen  und  literarischen  Anregung,  die  darin  für  die 
Lehrer  liegt  und  um  der  erfreulichen,  wissenschaftlichen  Ausbeute  willen, 
welche  diese  periodischen  Druckschriften  bisher  zu  Tage  förderten,  durch 
Einhaltung  der  oben  bezeichneten  RGcksichteu  sich  immerbin  einige 
Beschränkung  der  Rosten  und  des  «Erfordernisses  für  theoretischen  und 
praktischen  Unterricht*  herbeifahren  lassen,  ohne  dass  dem  Zwecke  im 
Wesen  nahe  getreten  wurde. 

Eine  besondere  Beachtung  verdient  ferner  der  Umstand,  dass  für 
den  Unterricht  in  den  unobligaten  Gegenständen,  in  Betreff  dessen  kei- 
nerlei, daher  auch  nicht  eine  relative  Verpflichtung  der  Gymnasialschuler 
.  besteht,  regelmäfsig  Remunerationen  aus  den  Mitteln  der  dotierten  Foude 
in  Anspruch  genommen  werden.  Rucksichtlich  dieses  Unterrichtes  muss 
an  dem  aufgestellten  Grundsatze  festgehalten  werden,  dass  die  Remune- 
rierung aus  dem  Honorar,  das  die  an  einem  solchen  Unterrichte  theil- 
nehmenden  Schuler  zu  entrichten  haben,  bestritten  werde.  Ausnahmen 
hievon,  beziehungsweise  die  Bewilligung  von  Zuschuss- Remunerationen, 
sind  nur  bei  überwiegenden  Gründen  der  Billigkeit  und  der  allgemeinen 
Bildungsinteressen,  daher  nur  in  höchst  seltenen  Fällen  zulässig.  Nament- 
lich kann  der  häufig  angegebene  Umstand ,  dass  die*»  geringe  Frequenz 
bei  einem  solchen  Unterrichte  ein  ausreichendes  Honorar  nicht  gewinnen 
liefs,  in  keinem  Falle  den  Anspruch  auf  Bewilligung  einer  Zuschuss- 
Remuneration  begründen,  indem  der  betreffende  Lehrer  nicht  daran  ge- 
bindert ist,  einen  Unterricht  aufzugeben  oder  nicht  zu  übernehmen,  der 
ihm  die  angemessene  Entlohnung  nicht  bietet. 

Für  die  Beachtung  der  yoranstchcnden  Weisungen  hat  die  k.  k 

selbst  Sorge  zu  tragen  und  durch  die  Directoren  der  betreffenden  Lehr- 
anstalten Sorge  tragen  zu  lassen. 


Erlass  des  Ministers   für  Cultus   und  Unterricht  vom  13. 
December  1859  an  eine  Landesstclle, 

womit  bedeutet  wird,  dass  der  Unterricht  in  Nebenfächern  an  katholischen 
Mittelschulen  grundsätzlich   nur  katholischen  Lehrern   anzuvertrauen  ist 

Der  Unterricht  in  Nebenfächern  an  katholischen  Mittelschulen  ist 
grundsätzlich  nur  katholischen  Lehrern  anzuvertrauen,  und  wird  jede 
dauernde  Verwendung  eines  der  Kirche  nicht  angchörigcu  Lehrers  als 
dem  Artikel  Vll  des  Goncordatcs  widersprechend  anzusehen  und  zu  ver- 
meiden sein,  zumal  es  auch  nicht  gerechtfertigt  wäre,  aus  dem  katho- 
lischen Studienfonde  nicht  katholische  Lehrer  zu  honorieren.  Ausnahmen 
von  diesem   Grundsatze   werden  jedoch  nicht  unbedingt  ausgeschlossen 


Erlässe.  381 

sein,  w^n  es  sich  lediglich  darum  handelt,  einen  NobenuntcrrichC,  wcU 
eher  nur  gegen  Honorar  der  Schüler  ertheilt  wird,  und  für  welchen  eben 
ein  befähigter  katholischer  Lehrer  nicht  vorhanden  ist,  zeitweilig  von 
einem  nicht  katholischen  ertheilen  zu  lassen.«  vorausgesetzt,  dass  dabei 
ein  störender  Einflufs  auf  die  religiöse  Oberzeugung  der  Schüler,  wozu 
jeder  ühterricht  misbraucht  werden  kann ,  in  keiner  Weise  zu  be- 
sorgen ist 


Erlass  des  Ministers  für  Cultus  und  Unterricht  vom  13. 
Jänner  1860  Z.  20.081)  an  eine  Landesstelle. 

Ober  die  gestellte  Anfrage,  nach  welchen  Grundsätzen  das  Recht 
auf  Vorrückung  in  die  höhere  Gehaltsstufe  bei  solchen  Gymnasiallehrern 
zu  beurtheilen  sei,  deren  auf  Grundlage  der  h.  o.  Verordnung  vom 
16.  September  1855  ausgestellte  Anstellungsdecrete  den  gleichen  Tag  der 
Ausfertigung  aufweisen,  wird  der  k.  k.  —folgendes  eröffnet:  Nachdem  über 
die  gedachte  Vorrückung  ausschliefslich  nach  dem  Momente  der  ver- 
gleichsweise längeren  Dauer  der  anrechnungsfähigen  Dienstzeit,  welche 
die  Lehrer  im  Gymnasial-Lehramte  (selbstverständlich  in  ununtcrbro-» 
chener  Reihe)  zugebracht  haben,  zu  entscheiden  ist,  so  entspricht  es 
diesem  Grundsalze,  dass  in  den,  ohnehin  selten  vorkommenden  Fällen, 
in  welchen  sich  vermöge  des  Zeitpunctes  der  Ausfertigung  der  AnsteN 
lungsdecrete  eine  Gleichheit  der  Ansprüche  bei  zwei  oder  mehreren 
Lehrern  herausstellt,  in  welchen  Fällen  die  Entscheidung  nur  aus  Billig- 
keltsrücksichteu  gefällt  werden  kann,  der  Anhaltspunct  zur  Unterschei- 
dung der  Ansprüche  in  der  vergleichsweise  längeren  Dienstzeit,  voraus- 
gesetzt^ dass  dieselbe  eine  befriedigende  war,  gefunden  werde,  welche 
vor  ihrer  Anstellung  die  Betreffenden  in  der  Eigenschaft  als  Supplenten 
oder  provisorische  Lehrer  bei  einem  Lehramte  zugebracht  haben,  wor- 
über jedesmal  die  h.  o.  Entscheidung  einzuholen  ist  Die  Reihenfolge, 
in  welcher  die  Lehrer  bei  dem  Anlasse  ihrer  gleichzeitigen  Ernennung 
in  einem  Ministerial-Erlasse  erscheinen,  kann  nicht  mafsgebend  sein,  weil 
die  Reihung  nicht  in  der  Voraussicht  solcher  Folgen  geschehen  ist, 
sondern  auf  ganz  zufälligen  Umständen  beruht 


Erlass  des  Ministers   für   Cultus   und  Unterricht  vom  8. 
März  1860  an  eine  Landessteile. 

Die.  Sprachenfrage  ist  durch  das  Allerhöchste  Handschreiben  vom 
9  December  1854  und  die  in  Folge  desselben  erlassene  Ministerini-Ver- 
ordnung vom  16.  December  1854  (U.  G.  Bl.  1854  Nr.  315)  für  die  Gym- 
nasien so  gelöst  worden,  wie  es  aus  didaktischen  Gründen  im  Interesse 
der  studierenden  Jugend  zweckmäfsig  schien.  Es  handelt  sich  darum, 
den  Zweck  zu  erreichen,  dass  die  Schüler  bei  ihrem  Austritte  aus  dem 
Gymnasium  sowohl  der  deutschen  Sprache,  deren  Kenntnis  der  prakti- 
schen Bedürlnissc  des  Verkebrslebens  wegen,  wie  als  Mittel  zur  weiteren 
wisseusctiaftlicben  Bildung  nicht  ohne  grofsen  Nachlheil  entbehrt  werden 
kann,  als  auch  ihrer  Muttersprache,  wo  diese  eine  andere  als  die  deutsche 
ist,  im  vollen  Mafsc  mächtig  seien.  Unzweifelhaft  und  durch  Erfahrung 
bestätigt  ist  es  aber,  dass  die  gründliche  Kenntnis  einer  lebenden  Sprache 
und  Gewandtheit  im  Gebrauche  derselben  nicht  dadurch  allein  erlangt 
werden  kann,  dass  sie  durch  einige  Jahre  Lehrgegenstand  sei,  souderu 
dass  dazu  auch  eine  ausgiebige  Übung  im  Gebrauche  derselben  uner- 
lässlich  ist. 


88f  Erlässe. 

Wo  QUO  das  Leben  und  der  Verkehr  aufser  der  Schule  nicht  so 
geartet  sind,  um  lu  solchen  Übungen  in  der  deutschen  Sprache  ausrei* 
chende  Gelegenheit  und  Anregung  eu  bieten,  muss  um  so  mehr  Gewicht 
darauf  gelegt  werden,  dass  die  Gymnasialschüler,  sobald  sie  diese  Sprache 
verstehen  gelernt  haben,  angeleitel  werden,  sich  derselben  auch  im 
Denken  und  Sprechen  über  Gegenstände  ihres  allmählich  sich  erweiternden 
Ideenkreises  zu  bedienen.  Hierin  liegt  der  Grund,  weshalb  angeordnet 
worden  ist,  dass  der  Unterricht  im  Untergymnasium  theilweise  und  im 
Obergymnasium  Yorherrschend  in  der  deutschen  Sprache  ertheilt  werden 
soll.  Dadurch  wird  auch  die  Ausbildung  in  der  Muttersprache,  welche 
unausgesetzt  Lebrgegenstand  und  in  einem  oder  dem  andern,  oder  wie 
es  an  dortländlgen  Gymnasien  der  Fall  ist,  auch  in  mehr  als  einem  Ge- 
genstande Unterrichtssprache  bleibt^  und  auch  durch  den  Verkelir  aufser 
der  Schule  machtig  gestützt  und  gefördert  wird»  keineswegs  beeinträch- 
tiget; vielmehr  steht  zu  erwarten,  dass  in  dem  Mafse,  als  durch  diese 
Einrichtung  aus  den  Gymnasien  junge  Männer  hervorgehen,  welche  eine 
vielseitige  Bildung  erlangt  haben,  und  denen  zur  weiteren  Entwickelung 
derselben  auch  der  reiche  Schatz  der  deutschen  Literatur  vollkommen 
zugänglich  geworden  ist,  die  Pflege  ihrer  heimischen  Sprache  und  Lite- 
ratur gewinnen  werde,  indem  deren  Aufschwung  unter  allen  Verhältnissen 
von  der  Zahl  von  Männern  abhängig  sein  wird,  die  mit  einer  gründ- 
lichen Kenntnis  ihrer  Muttersprache  einen  hervorragenden  Grad  mehrsei- 
tiger, allgemeiner  Bildung  verbinden. 

In  der  in  Folge  Allerhöchster  Entschliefsung  vom  HO*  Juli  v.  J. 
erlassenen  Ministerial-Verordnung  vom  8.  August  v.  J,  (R.  G.  B.  tVr.  150) 
ist  das  in  Beziehung  auf  die  deutsche  und  anderen  Landessprachen  an 
den  Gymnasien  bereits  durch  das  Allerhöchste  Handschreiben  vom  9.  De- 
cember  1854  vorgezeichnete  Ziel  aufrecht  erhalten  worden.  Die  kaiser- 
liehe  Regierung  hat  lediglich  erklärt,  dass  sie  denjenigen,  welche  aus 
eigenen  Mitteln  Gymnasien  erhalten  und  die  Lehrer  derselben  anzustellen 
berechtigt  sind,  die  Mittel,  dieses  Ziel  zu  erreichen,  nicht  unbedingt  vor- 
schreiben wolle,  vielmehr  deren  Wahl  ihrem  Ermessen  und  ihrer  Ver- 
imtwortung  anheimstelle.  Ob  aber  jenes  Ziel  auf  einem  anderen  Wege 
für  die  Mehrzahl  der  Schüler  mit  Sicherheit  erreichbar  sei,  ist  zum  min- 
desten bisher  durch  die  Erfahrung  nicht  bewiesen.  Je  gföfser  die  Ver- 
antwortung ist,  die  Schüler  durch  acht  Jahre  einen  Weg  zu  führen,  der 
die  Gefahr  enthält,  dass  sie  nach  Ablauf  dieses  Zeitraumes  nicht  im 
Stande  sein  werden,  den  gesetzlichen  Anforderungen"^  der  Maturitäts-Prü- 
tuüg  zu  entsprechen,  desto  weniger  darf  eich  das  Unterrichts-Ministerium 
erlauben,  in  Beziehung  auf  diejenigen  Anstalten,  für  deren  Erfolg  ihm  die 
Verantwortung  obliegt,  einen  solchen  Weg  einzuschlagen. 

Je  entschiedener  übrigens  an  den  Gymnasien  des  Verwaltungsge- 
bietes die  Bestimmungen  der  Ministerial-Verordnung  vom  16.  Decem- 
ber  1854  bezüglich  der  deutschen  Unterrichtssprache  aufrecht  zu  halten 
sind ,  um  so  gewissenhafter  muss  auch  darüber  gewacht  werden ,  dass 
anderseits  gleichzeitig  der  Landessprache  thatsächlich  diejenige  Stellung 
eingeräumt  werde ^  welche  ihr  nach  eben  jener  Verordnung  gewährt 
werden  kann. 


Personal-  und  Schubiottzen.  88S 


Personal«  und  Schulootizeiu 

(Ernennungen,  Beförderungen,  Versetiungen,  Aus- 
xeiohnungen  s.  8.  w.)  —  Se.  k.  k  Apost.  MajesUit  haben  mit  Aller- 
bdehsler  Enuebliefsung  von  2t.  April  I.  J.  dem  Sectionsrathe  im  Mini- 
sterium f8r  Gultus  und  Dnterriohl,  Dr.  Johann  Bapt  von  Pontana» 
taxfrei  den  Titel  und  Charakter  eines  Ministerialrathea  Atlergnfidigst  in 
verleihen  geruht. 

— -  Se.  k.  k.  Apost  Majestfit  haben  mit  Allerhöehster  EntschKefsung 
vom  %%.  April  I.  J.  die  im  Ministerium  für  Gultus  und  Onterricht  er- 
ledigten Ministeriai-Secretfirsteilen  den  M i nist er iaiconci pikten  in  diesem 
Ministerium,  Dr.  Johann  Klufs,  Philipp  Obernhuber  und  Vineens 
von  Ebrhardt  Allergnadigst  lu  verleihen  geruht. 

—  Der  PrSfect  an  der  k.  k.  Tberesianischen  Akademie,  Rr.  Joseph 
Steiner,  sum  wirklichen  Lehrer  am  k.  k.  Gymnasium  lu  OOrs. 

—  Der  provisorisctie  Direetor  des  Gymnasiums  zu  Kaschau, 
Hr.  Dr.  Anton  S  c  h  m  i  d  ,   mm   wirkliehen   Direetor  dieser  Lehranstalt. 

—  Der  geprüfte  Gymnasial-Lehramtscandidat  und  derzeit  Supplenl 
für  deutsche  Sprache  am  k.  k.  Slaatsgymnasium  zu  Verona,  Hr.  Job. 
Michael  Singer,  zum  wirklichen  Gymnasiallehrer. 


—  Der  wirkliebe  Lehrer  an  der  Oberrealschule  zu  Riagenfurt,  Hr. 
Jos.  Setlik,  in  gleicher  Eigenschaft  an  die  Oberrealsehule  in  Brunn, 
und  der  Supplent  an  der  ünterrealscbule  zu  Laibaeh,  Hr.  Ferdinand 
Kosmazh,  zum  wirklichen  Lehrer  an  der  Oberrealschule  in  Kla- 
genfurt. 

—  Der  Lehrer  an  der  Brunner  Oberrealschule,  Hr.  Rudolf  Sehne* 
dar,  zum  wirklichen  Direetor  der  Unterrealscbule  in  Laibach. 

—  Der  Lehramtscandidat  Hr.  Franz  Breisach  zum  wirkliehen 
Lehrer  an  der  k.  k.  Unterrealscbule  in  Zara. 

—  Der  Lehramtscandidat  und  Supplent,  Hr:  Dr.  Moriz  Say,  zum 
wirklichen  Lehrer  an  der  k.  k.  Oberrealsehule  zu  Ofen. 

—  Zu  wirklichen  Lehrern  an  der  Dnterrealscbule  zu  Raab  der 
dortige  provisortMche  Lehrer,  Hr.  Ferdinand  Klupäk  und  der  Neben- 
lebrer  an  der  unterrealscbule  bei  St.  Johann  in  Wien,  Hr.  Ludwig 
Stup  pacher. 

^  Der  Lehrer  an  der  Normal-Hauptschule  in  Linz,  Hr.  Florian 
Sattlegger,  zum  Direetor  dieser  Schul- und  der  Lehrerbildiingsanstelt. 

—  Der  HaupUcbullehrer  zu  Naszod,  Hr.  Basil  Petry,  zum 
P  raparandeniehrer  an  der  dortigen  Lehrerbildungsanstatt. 


—  Die  Lehrkanzel  der  Mineralogie,  Geognosie  und  Palaeonlologie 
zammt  Zoologie  und  Botanik  am  k.  k.  polytechnischen  Institute  in 
Wien  ist  dem  Hrn.  Dr.  Ferdinand  Hoehstetter  Allergn£digst  verliehen 
worden. 

—  Dbt  Primararzt  an  der  Irrenanstalt  su  Oratz,  Hr.  Dr.  Donat 
August  Lang,  in  seiner  Anstellung  daselbst,  zum  a.  o.  Professor  der 
gerichtlichen  Medicin  an  der  rechts-  und  staatawissenscbafllicben  Fa- 
eultat  der  Universitil  zu  Gratz. 

—  Der  Privatdocent  an  der  Prager  Universität,  Hr.  Dr.  August 
Geye  r,  zum  ordentlichen  Professor  des  Strafrechtes  und  der  Rechts- 
philosophie an  der  Universität  zu  Innsbruck. 

—  Der  Doctor  der  Medicin  und  Professor  an  der  chirurgisehen 
Lehranstalt  zu  K  lausen  bürg,  Hr.  Joseph  v.  Szab6,  zum  Direotor 
dieser  Anstalt. 


394  Personal-  rnitl  Schulnotiien. 

—  Der  Domioonant  in  Borsan,  vordem  Assistent  der  Lehrkanzel 
der  Anatomie  in  Peslh,  Hr.  Dr.  Franz  Czifra,  zum  Professor  der  de- 
scriptiyen  und  der  damit  verbundenen  topographischen  Anatomie  an  der 
chirurgischen  Lehranstalt  zu  Klausenburg. 

—  Der  AcUunct  der  Gratser  Universitätsbibliothek»  Hr.  Dr.  Anton 
Foreggs  mm  Scriptor  an  der  Bibliothek  des  k.  k.  polytechnischen  In- 
stitutes zu  Wien  und  der  Privatdocent  für  deutsche  Sprachwissen- 
schaft und  Literatur  an  der  Wiener  Universit&t ,  Hr.  Dr.  Franz  Stark, 
Eum  Scriptor  an  der  6  ratz  er  Dniversitatsbibliothek. 

—  Se.  k.  k.  Apost  Miyostat  haben  mit  Allerhöchster  Entschlicrsung 
vom  31.  März  1.  J.  den  Wiener  Uni versitats- Professor,  Dr.  Job.  Peith- 
ner  Ritter  von  Lichtenfels»  über  dessen  Ansuchen  in  den  bleibenden 
Ruhestand  zU'  versetzen  und  ihm  bei  diesem  Anlasse  in  Anerkennung 
seiner  vieljährigen  und  erfolgreichen  lehramllichen  und  literarischen 
Thatigkeit  den  Titel  eines  k.  k.  Regierungsrathes  taxfrei  Allergnädigst 
zu  verleihen  geruht. 

—  Dem  Lehrer  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Laibach,  Hrn.  Johann 
Pogorelz«  ist,  bei  dem  Anlasse  seiner  Versetzung  in  den  bleibenden 
Ruhestand,  in  Anerkennung  seiner  vieQührigen  eifrigen  und  erfolgreichen 
Wirksamkeit  im  Gymnasiallehramte,  das  goldene  Verdienstkreuz  Aller- 
gnSdigst  verlieben  worden. 

—  Dem  PrSmonstratenser  Ordenspriester  und  Director  des  katho- 
lischen Gymnasiums  zu  Eperies,  Sr.  Hochw.  Hm.  Anton  Szidor, 
ist  in  Anerkennung  seines  vieljäbrigen  und  verdienstlichen  Wirkens  auf 
dem  Gebiete  des  Onterrichtswesens ,  das  goldene  Verdienstkreuz  mit  der 
Krone  Alleigoidigst  verliehen  worden. 

—  Sr.  Hochwürden  dem  Primonstratenser  Ordenspriester  und  Di- 
rector des  Joseph-Polytechnikums  in  Ofen«  Hrn.  Dr.  Lambert  Mayer, 
ist,  in  Anerkennung  seines  verdienstvollen  Wirkens  im  unterrichte,  das 
Ritterkreuz  des  Franz  Joseph-Ordens  Allergnädigst  verliehen  worden. 

—  Dem  Ministerialsecretär  im  Ministerium  für  Cultus  und  Unter- 
richt, Hm.  Dr.  Gustav  Heider,  ist,  in  Anerkennung  seiner  wissen- 
schafilichen  Leistungen  auf  dem  Gebiete  der  Kunstarobsoologie,  das  RiUtsr- 
kreuz  des  Franz  Joseph-Ordens  Allergnädigst  verUehen,  und  dem  Uiii- 
versiläts-Professor ,  Hrn.  Rudolf  v.  Eilelberger,  für  seine  Mitwir- 
kung bei  Herausgabe  des  Werkes:  «Mittelalterliche  Kunstdenkmale  des 
Oesterreichischen  Kaiserstaates*  das  Allerhöchste  Wohlgefallen  Allergnä- 
digst zu  erkennen  gegeben  worden. 

—  Dem  k.  k.  Uuiversitäts-Professor ,  Hrn.  Job.  Erasmus  Wocel 
zu  Prag,  ist  Allergnädigst  gestattet  worden,  das  Ritterkreuz  des  königl. 
dänischen  Danebrog-Ordens  annehmen  und  tragen  zu  dürfen. 

—  Dem  Professor  und  cmerit  Uni versiiäts-Rector  zu  Innsbruck, 
Hrn.  Dr.  Julius  Ficker,  ist  das  goldene  Verdienstkreuz  mit  der  Krone 
Allergnädigst  verlieben  worden. 

—  Der  Professor  der  Theologie  an  der  theologischen  Lehranstalt  zu 
Szathmär,  Se.  Hochw.  Hm.  Joseph  Günther,  ist  zum  Ehrendomherrn 
au  dem  Kathedralcapitel  zu  Szathmtfr  Allergnädigst  ernannt  worden. 

—  Dem  Diener  an  der  technischen  Akademie  in  Lemberg, 
Franz  Neu  mann,  wurde  in  Anerkennung  seiner  mehr  als  fünfzigjäh- 
rigen treuen  und  redlichen  Dienstleistung  das  silberne  Verdienstkreuz 
Allergnädigst  verliehen.  

—  Der  am  26.  März  1.  J.  zu  Kronstadt  verstorbene  Raufmann  Hr. 
Johann  Juga  tostamentierte,  unter  anderen  wohlthätigcn  Legaten,  auch 
ein  Capital  vou  12.600  fl.  zu  Gebalteu  für  die  Prorcssorcn  an  dem 
romanischen  Untergymnasium  und  ein  Capital  von  6300  fl.  Silber,  dessen 


Porsoiial-  und  Schiilnotizcn.       "  365 

Interessen  zu  dem  Gehalte  eines  Professors  ebenfalls  .in  dem  Kronstudter 
romfinischcn  Cntergymnasium  j&hrlich  zu  verwenden  sind. 

—  Der  Jablonowski'schü  Preis  (ur  eine  bestimmte  historische  Auf- 
gabe wurde  Hrn.  Karl  Werner,  Gymnasiallehrer  in  Iglau,  zuerkannt. 

—  Se.  Hochwurden  Hr.  Franz  Parkas,  Grofspropst  zu  Stuhl- 
weifsenburg,  hat  der  dortigen  Realschule  zur  Anschaffung  physicalischer 
Instrumente  und  anderweitiger  Lehrmittel  die  Summe  von  1000  fl. 
geschenkt. 

(Concurse,  Erledigungen,  Sti  ftu  ngsplätze,  Stipen- 
dien u.  s.  w.)  —  An  der  k.  k.  Oberrealschule  zu  Troppau  eine 
Lebrerstelle  für  die  deutsche  Sprache  und  Literatur  als  Hauptfach  (in 
besonderer  Rücksichtnahme  auf  Kenntnis  der  böhmischen  oder  polnischen 
Sprache),  mit  dem  jährl.  Gehalte  von  620  fl.,  eventuel  840  fl.  ö.  W. 
Termin:  Ende  Mai  1.  J. ,  bei  der  k.  k.  Landesregierung  in  Troppau. 
(S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  17.  März  1.  J.,  Nr.  68 ) 

—  Am  steierro.  stand.  Joanneum  zu  Gratz  die  Lehrkanzel  der 
darstellenden  Geometrie  und  des  vorbereitenden  Zeichnungsunterrichtes, 
mit  dem  jahrl.  Gehalte  von  1%60  fl.  und  dem  Rechte  der  Decennal-Vor- 
rückung  in  1470  und  1680  fl.  ö.  W.  Goncurs:  am  k.  k.  polytechnischen 
Institute  in  Wien,  am  k.  k.  Josephs-Polytechnicum  zu  Ofen,  am  stand. 
Polytechnicum  zu  Prag,  so  wie  an  den  k.  k.  technischen  Lehranstalten 
zu  Brunn  und  Lemberg  am  14.  und  16.,  Probevortrag  am  16.  Juni  1.  J.. 
bei  den  bezuglichen  Studien-Directionen  oder  an  den  st.  st.  Ausschuss 
zu  Gratz.  (S.  Amtsbl.  c.  Wr.  Ztg.  v.  20.  März  1.  J.,  Nr.  70.) 

—  An  der  neu  errichteten  k.  k.  selbständigen  Dnterrealschule  zu 
Tarnopol  2  Lehrerstellen  (eine  für  deutsche  und  polnische  Sprache, 
Geographie  und  Geschichte,  dann  Naturgeschichte,  die  andere  für  Frei- 
handzeichnen, Mathematik  [Arithmetik  und  Geometrie]  und  Physik),  je 
mit  dem  jährL  Gehalte  von  630  fl.  ö.  W.  und  dem  Vorrückungsrechte 
in  840  und  1050  fl.  ö.  W.  Termin:  Ende  Mai  1.  J.,  bei  der  k.  k. 
galizischen  Statthalterei.  (8.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  21.  März  I.  J., 
Nr.   71.) 

-—  An  der  Sciassigen  Communal- Dnterrealschule  zu  Ung.  Hradisch 
die  Lehrerstelle  für  Freihandzeichnen  und  Kalligraphie,  mit  einem  jährl. 
Gehalte  von  626  fl.  ö.  W.  Termin :  Ende  April  1.  J. ,  bei  dem  Ge- 
meinderatbe  der  Stadt  Hradisch.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  24.  März 
I.  J.,  Z.  74.> 

—  Am  k.  k.  Gymnasium  zu  Pisek  die  Gymnasial-Directors- 
Stelle  mit  dem  Gehalte  von  840  fl*  und  einer  Directionszulage  jährl. 
316  fl.  ö.  W.  Termin:  Binnen  6  Wochen,  bei  der  böhmischen  k.  k. 
SUtthalterei.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  24   März  1.  J.,  Nr.  74.) 

—  Am  k.  k.  Gymnasium  zu  Troppau  2  Lehrerstellen  für  das 
Lateinische  und  Griechische,  mit  dem  Jahresgehalte  von  je  840  fl., 
eventuel  046  fl.  ö.  W.  Termin:  Ende  Mai  I.  J.,  bei  der  k.  k.  schles. 
Landesregierung.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  30.  März  I.  J.,  Nr.  70.) 

—  Am  vollständigen  Gymnasium  zu  Krakau  3  Lehrerstellen, 
nämlich  2  für  Lateinisch  und  Griechisch,  1  für  Naturgeschichte,  Mathe- 
matik und  Physik,  mit  dem  Jahresgehalte  von  946  fl.,  eventuel  1050  fl. 
ö.  W.  Termin:  Ende  April  I.  J.,  bei  der  k.  k.  Landesregierung  Krakau. 
(S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  1.  April  I.  J.,  Nr.  81.) 

—  Am  Ofener  k.  k.  Staatsgymnasium  mit  deutscher  Unterrichts- 
sprache eine  Lehrerstelle  für  altclassische  Philologie,  mit  dem  Jahres- 
gehalte von  945  fl.,  eventuel  1050  fl.  ö.  W.  und  dem  Ansprüche  auf 
die  normalmäfeigen  Deccniialzulagen.  Termin:  Ende  Mai  I.  J.,  bei  der 
k.  k.  Statthalterei-Ablheilung  Ofen.  (S.  AmtsbL  z.  Wr.  Ztg.  v.  6.  April 
1.  J-,  Nr.  84.) 

Z«iliehrift  f.  a.  Hsterr.  Gymnas.  IMG.  IV.  n.  V.  H«ft.  27 


3iC  Persoiul-  und  Schutnotiion. 

—  Au  der  Saltburcer  thrologi$chen  FacuUal  ilie  LehrkaiiZi'I 
ijkr  PjLSlonUThfokMrie  mit  dem  Jahresgehalle  too  840  fl.  ö.  W.  Am 
tl.  ued  tt.  Jomi  t  J.  Coocorsprüfuii^  an  deo  theologischen  Facultäien 
n  Wiem.  fnc.  GraU  und  SaUburg.  i$.  Amt$bl.  z.  W'r.  Ztg.  v.  5.  April 
L  1.  Nr  54  V 

—  A=  drf  k.  k.  Ob^rr«alseliide  tu  Raschau  %  Lehrerstclleo, 
Mhi  zwar  I.  für  flnr^ik  in  der  Oberrealscfaule  als  Uauptfach  und  t.  für 
deutsche  Sprache  als  Hauptfach  und  slawische  Sprache  oder  Geographie 
ab  Nebenfach,  jede  mit  dem  jahri.  Gehalte  von  630  fl.,  resp.  S4d  fl. 
6.  W.  nnd  dem  Ansprüche  aaf  Decennalxulagen  von  je  210  fl.  ö.  W. 
Termin:  Ende  Juni  l.  J.  (S.  AmtsbL  i.  Wr.  Ztg.  v.  13.  April  1.  J.,  Nr.  9«.) 

—  An  der  mit  der  k.  k.  Muster-Hauptsci.le  verbundenen  Cntcr- 
redsdinle  zu  Gratz  die  Stelle  eines  Adjuoeten  mit  dem  jäbrl.  Gekalte 
TOn  400  fl.  6.  W.  Termin:  15.  Mai  1.  J.,  bei  dem  fürsterzbiscböft. 
Seckauer  Ordinariat  in  Gratz.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  19.  April 
l.  J.,  Nr.  95.)  

—  Ober  ein  erledigtes  medicinisches  Stipendium  aus  der  Stiftun« 
des  M.  Dr.  Peter  Krausneker,  s.  Amtsbl.  s.  Wr.  Ztg.  v.  1$.  Min 
l.  J.,  Nr.  ß7. 

—  Über  mehrere  erledigte  Con viets-Hand-Sti pendien ,  als  m)  zwei 
Georg  V.  Harrucker*sche,  d)  ein  Helena  ApoUonia  Kel  Iner'scbe^ 
c)  ein  Tenninger'sches,  s.  Amtsbl.  z.  W>.  Ztg.  ▼.  7.  März  1.  J.,  Nr.  C8. 

—  Über  ein  erledigtes  pa^dagogisches  Stipendium  an  der  llaupt> 
und  Cnterrealscbule  zu  Wr.  Neustadt,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  t.  t3. 
März  l.  J.,  Nr.  73. 

—  Ijber  einen  an  der  k.  k.  T  h  e  r  e  s  1  a  n  i  s  e  h  e  n  Akademie  io 
Wien  erledigten  v.  Sc  helle nburg'sehen  Stiftungsplatz,  s.  Amtsbl  s. 
Wr.  Ztg.  V.  23.  März  1.  J.,  Nr.  7.3. 

—  Über  2  bei  der  Freiherr  v.  Rothsch  i  Id 'sehen  Stiftung  für 
Pohtecbniker  erledigte  Stipendien,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  27.  März 
l.  J.,  Nr.  76. 

—  Über  ein  erledigtes  Stipendium  für  höhere  Mathematik, 
s.  AmUbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  8.  April  1.  J.,  Nr.  87. 

—  Ober  die  Erledigung  eines  Freib.  v.  K  ie  Imannsegge'schen 
und  eines  Löwe  nuurg  sehen  Stiftungsplatzes  im  gräfl.  Löwenburg- 
sehen  Convicie  in  Wien,  s.  Amlsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  14.  AprilL  J..  Nr.9l. 

—  Ober  mehrere  erledigte  StiAungsplälze  in  der  k.  k.  Therc- 
si  an  i  sehen  Akademie,  nämlieh  1  Battaszeker,  1  Ferdinan- 
(lei 'sehen  und  1  V  irgil  ia  nischen,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  21. 
April  I.  J.,  Nr.  97. 

—  Ober  einen  in  der  k.  k,  Th  er  esianiscb  en  Akademie  er- 
ledigten n.  öst.  stand.  Stiftplatz ,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  vom  26.  April 
i.  J.j  Nr.  101. 

—  Über  ein  erledigtes  auf  der  vormaligen  Herrschaft  Poltcnbrunn 
in  Niciler- Österreich  haftendes  gräfl.  Pergen'sches  Sliftungsstipen- 
diiim  für  den  Sohn  eines  armen  Mainzers,  der  in  den  kais.  österr. 
Erblinden  sich  niedergelassen  bat,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  27.  April 
1.  J.,  Nr.  102.  

(Todesfälle.)  —  Aiii  2.  März  1.  J.  der  hochw,  Abt  des  Csor- 
naer  Prämonstratenserklosters,  rir.  Emerich  Szenczy,  eines  der  älte- 
sten Mitglieder  der  ungarischen  Akademie,  als  Übersetzer  altclassisohci: 
Werke  in's  Ungarische  («Jul.  Cäsar,»  »Agrieola  von  Tacitus,*  «Quiu- 
etilians  In^tiliones*  u.  a.),  *o  wie  als  Verfasser  theologischer  Schriften, 
bekannt,  im  62.  Lebensjahre. 


PersPtmal-  und  Schalnotizen.  887 

^  Am  2.-  März  ).  /.  zu  PaTia  Hr.  Dr.  Anton  Bordoni  (geb.  am 
SO.  Juli  1789),  Comthur  des  öst.  Pranz>Joseph-,  und  Ritter  der  eisernen 
Kron-Ordens  3.  d.,  Ehren-Di rector  der  mathematischrn  FacuHSt  und  em. 
Professor  der  Gcodaesfe  und  Hydrometrie  an  der  dortigen  Universiläty 
Mitglied  der  kais.  Akademie  der  Wissenschaften,  als  Mathemaliker 
berühmt 

—  Am  f4.  März  I.  J.  zu  Wien  Hr.  Karl  Ritter  y.  Ghega  (geb. 
tu  Venedig  im  i.  1800),  k.  k.  Ministerialrath,  Director  der  Central- 
direction  für  ^taafseisenbahnbauten,  Ritter  des  Ordens  der  eisernen  Kron^ 
3.  Cl.,  des  k.  k.  Leopold-Ordens,  Comthur  des  k.  k.  Franz  Joseph-Ordeni 
u.  m.  fremder  Orden  u.  s.  w.,  als  praktischer  Ingenieur^  Erfinder  geo- 
daetischer  Instrumente,  insbesondere  aber  durch  Anregung  und  Ausfiili- 
mng  der  weltberühmten  Ersertbahn  über  den  Semmering,  in  den  wei- 
testen Kreisen  bekannt. 

—  Am  15.  März  1.  J.  zu  Genf  Hr.  Dr.  d'Espinft^  durch  seine 
Arbeiten  auch  in  Deutschland  bekannt. 

—  Am  f7.  März  1.  J.  in  England  die  Schriftstellerin  Mrs.  Jame- 
son,  Tochter  dos  Miniafur-Porträt-Malers  Murphy,  als  Jugendlehrerin 
und  Schriftstellerin  auf  dem  Oebiete  der  Biographie  und  Touristik  («Tito 
dUirp  of  an  Enrntp^e,*  ^Laves  af  the  PoetM^^  ^Ute  of  femaU  Sote- 
reigm,^  mCharacteristia  of  Women^)  und  durch  Obersetzungen  aui 
dem  Deutschen  bekannt,  ungefähr  66  Jahre  alt. 

—  In  der  Nacht  vom  %%.  auf  den  23.  März  1.  ^.  zu  Munster  Hr. 
Prof.  Dr.  Franz  Molilor  (geb.  am  8.  Juli  1778),  als  Forscher  und 
Schriftsteller  auf  dem  Gebiete  der  katholischen  Philosophie  rühmlich 
bekannt 

—  Im  März  1.  J.  zn  St  Petersburg  Hr.  Hofrath  Baron  Jegor  Fe- 
dorowitsch  Rosen,  als  Schriftsteller  bekannt 

—  Im  März  l.  J.  zu  Paris  der  hochw.  Hr.  Abb^  Huc,  als  Mis- 
sionär und  Schriftsteller  {^V Empire  ehinofs*  u.  m.  a.)  fast  zu  euro- 
päischem Rufe  gelangt,  im  kräftigsten  Mannesalter. 

—  Im  März  1.  J.  in  England  der  Oberst  Hr.  William  Mure  (geb. 
in  Schottland,  zwischen  1790—1800),  als  Hellenist  (^ffistorp  of  the 
Lilerature  of  Aneient  Greece,*  bisher  5  Bde.)  bekannt 

—  Am  2.  April  1.  J.  zu  Göttingen  Hr.  Dr.  Beckmann,  a.  o. 
Professor  der  pathologischen  Anatomie  an  der  dortigen  Universität ,  im 
29.  Lebensjahre. 

—  Am  5.  April  1.  J.  zu  Lauban  der  geh.  Regierungsrath  Hr.  Dr. 
Georg  Heiniich  Bernstein,  ordentl.  Professor  an  der  philosophischen 
Faoultät  der  Breslauer  Universität,  im  71.  Lebensjahre. 

—  Ana  7.  April  1.  J.  zu  Wien  Hr.  Dr.  Alois  Capellmann, 
Director  des  k.  k.  akademischen  Gymnasiums  allhier,  im  64.  Lebensjahre. 
Ober  dessen  Leben  sind  der  Red.  von  schätzbarer  Seite  folgende  Notizen 
zugegangen : 

l^.  Job.  Alois  Capellmann  ist  am  20.  October  1806  zu  Barden- 
berg, e<inem  Dorfe  in  der  Nähe  Aachens  geboren.  Da  sich  seine  Neigung 
zu  wissenschaftlicher  Beschäftigung  frühe  zeigte,  so  wurde  C.  im  Jahre 
1820  auf  das  Aachener  Gymnasium  geschickt,  das  er  aber  nach  andert- 
halbjährigem Besuche  verliefs,  seinem  alteren  Bruder,  der  die  Universität 
Bonn  bezogen  hafte,  folgend,  um  die  Gymnasialstudien  in  Bonn  fortzu<* 
setzen.  Nachdem  er  hier  durch  alle  Glassen  hindurch  unter  seinen  Mit- 
schülern den  ersten  Platz  behauptet  und  die  Maturitätsprüfung  mit  rühm- 
lichem Erfolge  bestanden  hatte,  bezog  er  die  Universität  um  Philologie 
zu  studieren.  Am  30.  October  1829  zum  Dr.  der  Philosophie  promoviert, 
gieng  er  als  Erzieher  in  einem  angesehenen  Hause  nach  Berlin,  woselbst 
er  unter  Meineke's  Direction  am  k.  Joaöbimstharschen  OvmDasinm  aeia 
Probejahr  itbhiell,   und  seine  wiSsenschafUielie  Bildung  dnrcll  die 

27  • 


888  Personal-  und  SchulnotiEen. 

cberlei  Mittel  der  reich  mit  bibliothekarischen  und  musealiscben  Schätzen 
ausgestatteten  Hauptstadt  zu  ergänzen  und  zu  erweitem  suchte.  Kurz- 
nach  bestandenem  Probejahr  aber  am  22.  August  18S1  wurde  er  als 
Lehrer  an  dem  Gymnasium  zu  Düsseldorf  angestellt,  für  welches  er  aus 
drei  ihm  zur  Wahl  überlasseneii  Lehrstellen  zu  Coblenz,  Aachen  oder 
Düsseldorf,  sich  entschieden  hatte.  Nach  eilQährigem  Aufenthalte  id 
dieser  Stadt»  der  er  immer  eine  besondere  Zuneigung  bewahrt,  und  wo 
er  auch  das  Band  einer  glücklichen  Ehe  geknüpft  hatte,  wurde  C.  aok 
23.  Februar  1842  als  Oberlehrer  an  das  Gymnasium  zu  Goblenz  beför- 
dert, in  welcher  Stellung  er  sowohl  als  Lehrer,  wie  auch  als  Stadtrat Ik 
zu  welchem  Posten  ihn  das  Vertrauen  seiner  Mitbürger  erwählt  hat,  in 
guten  und  bösen  Tagen  für  daß  Gemeinwesen  die  ersprieÜBÜchste  Wirk- 
samkeit entfaltete.  Nachdem  sich  schon  im  Jahre  1846  Unterhandlungen 
mit  der  herzogl.  nassauischen  Regierung  wegen  Obernahme  der  LeUung 
des  Gymnasiums  zu  Hadamar  angeknüpft  hatten ,  die  aber  zu  keinem 
Ergebnisse  führten ,  folgte  er  freudig  der  Berufung  Sr.  k.  k,  Apost, 
Majestät  vom  4.  September  1850  als  Director  des  k.  k.  Theresianischen  ' 
Gymnasiums,  an  welcher  Anstalt  er  drei  Jahre  tbätig  war  ub4  endlich 
am  5.  Septenober  1853  zur  Direction  des  k.  k.  akad.  (tyranasiums  über- 
trat, welche  er  bis  zu  seinem  unerwartet  schnellen^  bmU  kurzer  Krank- 
heit erfolgten  Tode  verwaltete. 

Die  wissenschaAlichen  Arbeiten  Gapellmann's  sind  zum  Thcil  in 
Gymnasialprogrammen  zerstreut,  wie  in  dem  Düsseldorfer  von  1841,  diin 
Coblenzer  von  1843  und  1860,  dem  Theresianischen  von  1851,  dem  dt-Ji 
akad.  Gymnasiums  von  1856,  zum  Tbeil  sind  es  fiecensionen  in  p»da- 
gogischen  und  philologischen  Zeitschriften ,  wie  d.  Darmstädler  SchnU 
Zeitung,  d.  Zeitschrift  f.  Altertbumswisseifscbaf^  und  d.  Ballisehen  Lite- 
ralurzeitung,  endlich  der  Zeitschrift  f.  österr.  Gymnasien.  Selbständig 
erschien  Afexandri  Aetoii  firagmenia  coilecia  ei  iHusiraia,  Bmmae  i829, 
Pkaedri  fabulae  seieciae,  DütteidarfiSaS.  Griechisches  Elementarbneh. 
Grammatik  und  Übungsstücke  in  zwei  Cursen  für  das  öntergvmnasiura. 
Wien  1853  und  1854. 

Die  gröfsere  Menge  wissenschafllicher  Arbeiten  in  früheren  Jahren 
wird  in  den  späteren  durch  eine  gröfsere  pädagogische  Wirksamkeit 
aufgewogen.  Der  Schule,  die  er  zu  leiten  hatte,  ganz  und  gar  ergcbm. 
hat  er  ihr  seine  letzten  Gedanken  noch  zugewendet,  denn  so  lange  ihm  (lic 
Krankheit  lichte  Augenblicke  vergönnte,  war  er  mit  der  Anstalt  beschaff 
tigt  Die  Vergröfserung  des  Gymnasiums  durch  vier  Paralleicurse  hat 
ihn  zwar  veranlasst,  seine  Theilnahme  am  eigentlichen  Unterrichte  mehr 
zu  beschränken,  gleichiiol  war  er  fort  und  fort  jeder  wissenschaftlichen 
Frage  oder  Besprechung  mit  ganzem  Wesen  zugethan,  und  die  Jugend 
selbst  trat  ihm  nicht  femer,  fand  vielmehr  stets  einen  gutigen  Freund 
an  ihm.  Cnter  seinen  mannigfachen  Vorzügen  als  Vorstand  des  Lehrkörpers 
wird  ihm  gewiss  dieser  das  wärmste  und  ehrenvollste  Andenken  ver- 
schaffen, dass  er  in  Meinungsversehiedenheiten  immer  Person  und  Sache 
zu  trennen  wusste  und  so  natürlich  auch  die  rückhaltslose  Äufserung 
jeder  Ansicht  in  der  Conferenz  erleichterte.  Auch  die  Kunst  mit  den 
verschiedenartigsten  Elementen  seines  Lehrkörpers  den  freundlichsten 
Verkehr  erhalten  und  unter  seiner  Führung  ein  wahrhaft  herzliches  Ein- 
vernehmen im  Lebrercollegium  bewahrt  zu  haben ,  kann  nicht  zu  laut 
gerühmt  werden.  Daher  denn  der  unerwartet  schnelle  Tod  des  so  lebens- 
kräftigen Mannes  in  den  nächsten  wie  in  fernen  Kreisen  die  ehrendste 
Theilnahme  hervorgerufen  hat. 

—  Am  8.  April  I.  J.  in  der  Irrenheilanslalt  zu  Oberdöbling  närlisl 

Wien   Se.   Excellenz   Hr.  Stephan   Graf  Szechenyi    von    Sirvär    und 

Felsö-Videk  (geb.  zu  Wien  am  21.  September  1791),    k.  k.  Kämmerer. 

lehrerer  Orden  Ritter,  £rbherr  der  Burg  in  Pölöske,  Directions-Mitglied 


P«noiial-  und  SchulnoÜEen.  389 

^r  uagariseben  Gelehrten-Akademie,  als  Schriftsteller  rühmlich  bekannt, 
«m  dß.  Ubre  seines  Lebens. 

—  Am  %  Aprit  1.  J  ra  Szegedin  Se.  Hochw.  Hr.  P.  Dr.  Phil,  und 
Theot  Anton  Rohr  er,  Fiaristeaordenspriester ,  Director  des  dortigen 
Obergymnasiums,  im  Alter  von  %5  Jahren. 

—  Am  19.  AprH  1.  I.  zu  Neureisch  (Mahren)  Sc.  Hochwurden  Hr. 
Friedrich  Franz,  Prälat  des  Framonstratenserstiftes  daselbst ,  früher 
Professor  an  den  philosophisehen  Lehranstalten  zu  Brunn   und  Salzburg. 

—  Am  16.  Apiil  1.  J.  zu  San  Marino  der  berühmte  Archaeolog 
und  Philolog  Hr.  Bartolomeo  Borghesi  (geb.  zu  Savigniaoo  am  11. 
Juli  1781). 

—  Am  18.  April  1.  1.  zu  Stockholm  Hr.  Professor  A.  Retzius, 
«Is  Naturforscher  bekannt 

—  Am  25.  April  1.  J.  zu  Nikolsburg  (Mähren) ,  Se.  Uochwürden 
Hr.  F.  Cafsius  Walter,  Piaristenordenspriester ,  Professor  am  dortigen 
k.  k.  Gymnasium,  Präses  des  lauretanischen  Seminariums,  Regeos-Chori 
u.  s.  w.,  im  67.  Lebensjahre. 

—  Im  April  L  J.  zu  Prag  Se.  Hochw.  Hr.  Gustav  Joseph  Beer, 
Chorherr  des  Prämonstrateoserstiftc»  Tepl,  emertt.  Gymnasial professor, 
im  68^  Lebensjahre. 


Berichtigungen. 

XL  Jahrg.  Hfl.  3.  S.  227,   Z.  10  v.  u.  statt  «Bibliothekar*   lese 
«Bibliophile*  und  Z.  11  t.  u.  statt  «Girseppe*  lese  «Giuseppe.* 


•.h> 


Vierte  A  b  t  h  ß  i  1  u  n  i>-. 


niiseelleii. 

Z^r  jH.or^*fr9ge. 

Wenn  man  von  der  Horazfrage  spricht,  so  kann  man  heutzutage 
damit  vernünftigerweise  nur  die  Fundamental  frage  meinen,  welche  nun- 
mehr ein  Vierteljahrhundert,  seit  Peerlkamp's  Odenausgabe,  wieder  in 
gröfserem  Umfange  die  Gelehrten  beschäftigt,  die  Frage  nach  der  Beglau- 
bigung der  Horazischep  Liedersapinlvng  in  der  Gestalt,  in  der  sie  auf 
uns  gekommen  ist,  oder  anders  gewendet,  die  F/^ge  nach  der  Berech- 
tigung der  Annahme  gröfserer  Interpolationen.  In  Bezug  auf  diese  Grund- 
frage hat  der  Unterzeichnete  vor  einigen  Monaten  eine  ältere  Arbeit  wieder 
aufgefrischt,  die  ihm  geeignet  schien,  gröfsere  Klarheit  in  die  Erörterung 
zu  biingen.  Eine  Stimme  aus  dem  Freundekreis  des  Hrn.  0.  F.  Gruppe 
hat  sich  beeilt,  den  Stab  über  jene  Arbeit  zu  brechen.  «Da  Gruppe 
(meint  Hr.  IL  J.  Heller,  Philologus  XV.  S.  180)  die  Peerlkamp'scbe 
Kritik  theils  ablehnend  Iheils  beistimmend  in  sein  Werk  aufgenommen 
hat,  aber  noch  weit  über  dieselbe  hinausgeht,  so  ist  merkwürdigerweise 
der  TeufTerschc  Aufsatz  (über  die  Peerlkamp'scbe  Kritik)  bei  seinem 
Wiedererscheinen  sogleich  antiquiert.*  Hr.  Heller  hat  ohne  Zweifel  das 
Bewusstsein,  mit  diesem  letztern  «Donnerwortc*  die  Arbeit  des  unter- 
zeichneten zu  Boden  geschmettert  und  vernichtet  zuhaben;  und  gewiss, 
wenn  man  auch  im  übrigen  Deutschland,  wie  vielleicht  in  Berlin,  in 
erster  Beihe  darnach  fragen  würde,  was  im  jeweiligen  Augenblicke  neueste 
Mode  sei,  so  wäre  es  um  den  Erfolg  meiner  Arbeit  geschehen.  Indessen 
ist  dem  hoffentlich  nicht  also.  Freilich  wäre  es  für  Hrn.  Gruppe  sehr 
bequem  und  erfreulich,  wenn  die  übrige  Welt  auch  so  dächte  wie  Hr. 
Heller  und  eine  der  seinigen  principiel  und  diametral  gegenüberstehende 
Ansicht  als  «antiquiert*  einfach  bei  Seite  schöbe  und  dafür  den  Ruhm 
aus  vollen  Eimern  über  das  glückliche  Haupt  des  Hrn.  Gruppe  ausleerte. 
So  rasch  wird  das  aber  doch  schwerlich  gehen.  Vielmehr  darf  wol  der 
unterzeichnete  mindestens  mit  demselben  Rechte  von  seiner  Arbeit  be- 
haupten, dass  sie  nicht  gelegener  hätte  wieder  auf  den  Plan  treten  können, 
sofern  dadurch  Hrn.  Gruppe's  Minos  «bei  seinem  Erscheinen  sogleich'* 
im  Princip  widerlegt  ist.  Denn  was  von  Peerlkamp  gilt,  das  gilt  thciU 
weise  in  noch  weit  höherem  Grade  von  Gruppe ,  der  über  Peerlkamp 
«weit  hinausgeht.*  Zwar  geht  auch  mein  Weg  eine  gute  Strecke  weit 
mit  Hrn.  Gruppe  zusammen:  Hr.  Gruppe  und  ich  sind  darüber  mit  ein- 
ander einverstanden,  dass  in  den  Horaz'schcn  Oden  im  ganzen  wie  im 
einzelnen  manches  Unvollkommene  sich  finde.  Hier  aber  trennen  sich 
unsere  Wege:    während  ich  jene  UnvoUkommenheiten  dem   Horaz  selbst 


Miscelleu.  391 

auf  Rephnung  setze  und  au  seiner  DichlcrgröCse  in  Abzug  bringe,  $p 
schreibt  Ur.  Gruppe  sie  unbekannten  Intirpolaloren  einer  unbekannten 
Zeit  zu,  und  schöpft  aus  der  Lnterschicbuijf;  dieses  Phanlom's  den  Mulb 
gegen  die  fra.^lichen  Cnvollkommenheiten  mit  grimaiigcn  \Vorten  loszu- 
ziehen und  dieselben  oft  ins  ungeheuerliche  auszumaltn.  Ganz  dasselbe 
war  schon  Peerlkanap's  Standpunct^  und  ein  diesen  bekänipruider  Auf- 
satz hätte  daher  zu  seinem  Wiedorcrscheinen  sich  einen  geschickteren 
Zeitpunct  gar  nicht  wählen  können,  als  der  vom  Zufall  ihm  angewiesen 
ist.  Gruppe  wie  Peerlkamp  gehen  darauf  aus,  den  Uoraz,  selbst  dem  iloraz 
zum  Trotze,  zu  einem  grofsen  lyrischen  Dichter  —  wie  sie  sich  einen 
solchen  denken  —  zu  erheben,  unabgeschreckt  durch  sein  eigenes,  ehr- 
liches, jeder  Verdrehung  y^'id  erstrebend  es  Bekenntnis  operosa  parpus  car- 
mina  fin§o,  unerschültert  durch  die  erwiesene  Thatsachc.  dass  er  erst 
in  den  Mannesjahren  überhaupt  begonnen  bat  Oden  zu  dichten,  auch 
nicht  irre  gemacht  durch  den  Umstand,  dass  in  seineu  übrigen  Gedichten 
als  seine  groDicn ,  jeuchtenden ,  unvergänglichen  Vorzüge  Eigenschaften 
hervortreten^  welche  auf  der  Seite  des  Verstandes  liegen  und  für  die 
Virtuosität  als  Lyriker  daher  nicht  eben  begünstigend  wirkten:  eine  un- 
vergieichlicbe  Klarheit  pnd  Schärfe  des  Drtheil's,  eine  gewiegte  nüchterne 
Anschauung  vom  Leben  und  ein  feiner  weltmännischer  Tact.  Hechncn 
wir  dazu  noch  einen  in  der  besten  Schule  ausgebildeten  Sinn  für  Form- 
schönheil, so  sollte  man  meinen,  dass  damit  Eigenschaften  beisammen 
seien,  welche  für  sich  schon  genügen ,  um  einen  Schriftsteller  der  [In- 
sterblichkeit  würdig  zu  machen.  Euripides  hat  nicht  einmal  die  aufge- 
zählten Vorzüge  alle,  und  wer  nimmt  Anstand  dies  auszusprechen?  Wer 
ist  so  thöricht^  deshalb  den  ganzen  Mann  zu  verachleuV  Bei  Schiller 
gibt  jedermann  willig  seine  Jugendproducte  preis  und  bewundert  nur  um 
so  mehr  die  grofsartige  Energie,  die  nach  solchen  Anfängen  einen  Wal- 
leustein und  W.  Teil  geschaffen.  Nur  bei  Horaz  soll  all'  das  nicht  gelten : 
er  muss  schlechterdings  ein  grofser  Lyriker  sein,  grofs  von  Anfang  an 
und  grofs  in  jedem  Gedichte  und  in  jedem  Theile  eines  Gedichtes.  Und 
warum?  Weil  man  sich  das  einmal  in  den  Kopf  gesetzt  hat.  Gern  würden 
wir  sagen:  weil  er  ein  Schulauetor  ist,  und  der  Schüler  Ideale  braucht, 
an  die  er  sein  ganzes  Herz  hängt,  an  denen  er  alles  und  jedes  be- 
wundert; aber  bei  Urn.  Gruppe  wäre  es  gewiss  nicht  richtig,  das  letztere 
Motiv  vorauszusetzen.  Ober  dieser  forcierten  Bewunderung  vergisst  mau 
dann  häufig  genug,  da*«)jeuige  an  I^raz  anzuerkennen^  was  in  Wahrheit 
bewundernswerth  ist:  die  geistige  Kraft,  womit  er  auf  einem  Gebiete,  fijjr 
das  er  von  der  Natur  nioht  besonders  ausgestattet  war,  so  ganz  ach- 
tungswerthes  zu  erreichen  gewusst  hat .  den  sicheren  Tact,  womit  er  so 
viele  Klippen  vermieden,  so  überwiegend  oft  das  rechte  getroffen,  die 
ethische  Selbständigkeit,  womit  er  ihm  innerlich  wenig  zusagende  Auf- 
gaben so  lange  als  irgend  möglich  von  sich  fern  gehalten,  die  bewusst- 
voUe  Durchsichtigkeit  seines  Planes,  die  architektonische  Sauberkeit 
seiner  Compositjion^  die  wohlberechne ie  Angemessenheit  und  Gefeiltheit 
seines  Versbaus ,  die  vollendete  Classicität  seiner  Sprache.  Reicht  das 
nicht  schon  aus,  \isß  dem  lloraz  auch  als  Lyriker  einen  geachteten  Platz 
zu  sichern,  und  muss  man  durchaus  ihn  zum  unbedingt  mustergilligen, 
in  keinem  einzigen  Stücke  fiinter  sich  selbst  zurückbleibenden  Dichter 
gemacht  haben?  J)ieser  Grundirrlhum  ist  Uru.  Gruppe  mit  Peerlkamp 
gemein.  Daneben  aber  verkenne  ich  nicht,  dass  Ilr.  Gruppe  mit  einer 
ganz  andern  aesthetischei^  Bildung  als  der  Holländer  an  die  Aufgabe  einer 
aBsthetischen  Kritik  der  Horaz'schen  Oden  herangetreten  ist,  dass  er  ebenso 
viel  Geschmack  und  Kunstsinn  beweist  wie  Peerlkamp  Pedanteiie,  und 
dass  daher  seine  Ausstellungen  viel  häufiger  erheblich  und  begründet 
sind  als  die  seines  Vorgängers.  Auch  räumen  wir  ihm  willig  das  Ver- 
dienst ein,  dass   er  die  bluuleu  Horazaubctcr  wieder  einmal  aus  ibrcoi 


392  Mtscellen. 

Schlafe  aufgerüttelt,  und  dass  er  die  Frage  so  auf  die  Spitze  getrieben 
hat,  dass  fernerhin  Ausweichen  und  Halbheit  nicht  mehr  möglich  ist 
und  jeder  seine  Stellung  fest  wählen  muss.  Nur  aber  furchten  wir,  dass 
letcteres  nicht  zu  Hrn.  Gruppe's  und  sogar  auch  nicht  zu  der  Sache 
Vorlheil  ausfallen  wird.  Der  logische  Schnitzer,  alles  was  den  Kritiker 
aas  irgend  welchem  Grunde  (mit  Recht  oder  Unrecht)  misfallig  ist, 
dem  Horaz  abzusprechen  und  einem  willkürlichen  geschaffenen  Inter- 
polator  zuzuschieben,  ist  ein  so  greHer,  jedem  gesunden  Verstände 
einleuchtender ,  dass  er  bald  allgemein  als  solcher  erkannt  sein  muss, 
und  andererseits  hat  Hr.  Gruppe,  eben  in  dem  guten  Bewusstsein  nur 
auf  einen  Interpolator  loszuschlagen,  seine  Streiche  mit  solcher  Derbheit 
ja  oft  Leidenschaftlichkeit  geführt .  dass  dies  von  dem  Augenblicke  an, 
wo  man  zu  der  Erkenntnis  gelangt  ist,  dass  es  auf  Horaz  selbst  zurück- 
fallen würde,  unfehlbar  gegen  das  ganze  Buch  einnehmen  wird;  man  wird 
es  unbequem  finden  und  daher  in  wenigen  Jahren  vergessen  haben,  und 
damit  auch  das  viele  Gute  und  Anregende,  das  es  enthalt.  Denn  auch 
ich  glaube  mit  Hrn.  Heller,  dass  aus  Gruppe's  Minos,  gerade  wie  früher 
aus  Peerlkamp's  Ausgabe,  «ein  Gewinn  für  die  Interpretation  und  für  die 
»slhetiscbe  Würdigung  der  Horaz'schen Oden  hervorgehen'  werde.  Da- 
gegen bin  ich  mit  Hrn.  Heller  darin  nicht  einverstanden,  dass  er  meint, 
der  Streit  werde  nur  durch  eingehendere  und  die  einzelnen  Stellen  genau 
in  Betracht  ziehende  Prüfung  gefördert  werden  können.  Eine  solche  För- 
derung ist  nur  dann  möglich,  wenn  man  sich  zuvor  über  die  Grund- 
und  Vorfrage  klar  geworden  ist,  wie  ich  sie  in  dem  angeführten  Auf- 
sätze aufgeworfen  und  besprochen  habe,  die  Frage,  ob  aus  der  etwaigen 
aeslhetischen  Mangelhaftigkeit  einer  Stelle  ihre  Dnechtheit  von  selbst  folge. 
Ohne  Klarheit  hierüber  wird  die  fragliche  Prüfung  zu  keinem  Ergebnis 
führen  und  wird  man  fortwährend  verschiedenartiges  durcheinander- 
werfen. Wenn  man  in  Folge  dessen  vielleicht  zugleich  seine  Ausdrücke 
gemäfsigter  und  vorsichtiger  hält  als  Hf.  Gruppe,  so  wird  das  gewiss 
kein  Nachtheil  sein:  man  setzt  sich  dann  auch  nicht  der  Gefahr  aus, 
seine  Streiche  in  die  unschuldige  Luft  zu  führen  oder  gar  denjenigen, 
dessen  Ritter  man  sein  will,  tödtlich  zu  verletzen.  Endlich  muss  ich  noch 
darüber  meine  Verwunderung  aussprechen ,  dass  Hr.  Heller  an  Gruppe's 
Buch  das  besonders  erwäbnenswerth  findet,  dass  darin  «alle  Versuche, 
von  Guyet  an  bis  auf  Buttmann,  Peerlkamp,  Meineke,  G.  Hermann 
herab  (G.  Linker  findet  nämlich  bei  Gruppe  erst  in  den  Nachträgen  Be- 
rücksichtigung), unechte  Verse  oder  Strophen  aus  Honi^  auszuscheiden 
zusammengestellt  und  zu  eineqi  System  verbunden  werden.*  Literarische 
Vollständigkeit  und  systematische  Planmäfsigkeit  und  Ordnung  sind  Dinge, 
welche  so  wenig  zu  den  Glanzseiten  von  Hrn.  Gruppe's  Buch  gehören, 
das  ein  Freund  desselben  besser  daran  thun  würde,  darüber  den  Mantel 
der  Liebe  zu  breiten,  statt  mit  Fingerp  darauf  zu  deuten;  er  küniile 
sonst  andere  Leute  veranlassen,  ihre  Glossen  zu  machen  über  das  zap- 
pelige Hin-  und  Herfahren  von  einer  Steile  zur  andern,  die  selbstge- 
fällige Breite,  womit  alle  Wandelungen  der  Ansichten  des  Hrn.  Gruppe 
seinen  Lesern  vorgeführt  und  im  Laufe  der  Arbeit  einkommende  Vervoll- 
ständigungen und  Berichtigungen,  statt  sie  zur  Verarbeitung  des  Geschrie- 
benen zu  benützen,  nach  Ffauenzimn^erart  in  gehäuften  «Nachschriften* 
aufgetischt  werden,  und  noch  anderes  der  Art,  was  für  Hrn.  Gruppe  und 
seine  Freunde  minder  angenehm  zu  hören  ist. 

Einen  Punct  von  besonderer  Wichtigkeit  für  die  Auffassung  dieser 
ganzen  Frage,  das  Verhältnis  der  Meineke'schen  Entdeckung  von  der 
Vierzeiligkeit  der  Horaz'schen  Gedichte  und  der  hiernach  sich  ergeben- 
den Strophen  zu  der  inneren  Beschaffenheit  des  uns  vorliegenden  Be- 
standes, habe  ich  im  vorstehenden  absichtlich  unberührt  gelassen ,  weil 
ich  diesen  Theil    der  Frage  erst  kürzlich   in  meiner  Übersicht  über  dtc 


iMiscellen.  398 

lyrischen  Vcrsmafsc  des  Iforaz  (Corrcspondenzbiatt  für  die  Gelehrten-  und 
Realsehulen  1860,  Nr.  3,  S.  63),  eigens  erörtert  habe,  worauf  ich  mir 
frlaiibe  hier  einfach  lu  verweisen. 

Tübingen.  W.  Teuffei. 


Nikol.  Dielerich  Giscke. 

Es  ist  neuerer  Zeit  schon  wiederholt  die  Berichtigung?  aufgetaucht 
N.  D.  Giseke  sei  nicht  in  Güns,  wie  man  bisher  geglaubt  hat,  sondern 
in  Csolia  in  Ungarn  geboren').  Diese  Berichtigung  musste  mir,  da  mir 
mein  Heimatland  doch  ziemlich  genau  bekannt  ist,  insofern  auCTallen,  als 
ich  Ton  einem  Orte  dieses  Namens  nie  vernommen  habe,  so  wie  ein 
solcher  Ort  auch  in  der  That  nicht  vorhanden  ist  Wenn  man  aber  die 
Sylbe  -Aa  als  das  madjarische  Suffix  (mit  der  Bedeutung:  tn)  fasst,  so 
bleibt  C$Oy  C$ö  und  so  beifsen  allerdings  zwei  ungarische  Orte.  Dass 
die  ungarische  Flexion  in  die  andere  Sprache  hinüber  genommen  wird, 
erscheint  freilich  seltsam,  aber  das  bat  sich  schon  der  ungenannte  Notar 
des  Königs  Bela  im  Lateinischen  erlaubt,  wenn  er  im  Dativ  Bungemee 
für  Bunger,  ixmämmee  für  Omhm  u.  s.  w.  sagt,  s.  die  Ausgabe  End- 
licher's  S.  63.  Ebenso  ist  das  Suffix  in  die  deutsche  Sprache  überge- 
gangen in  dem  Worte  katduk  kutduekef  der  Nominativ  ist  hajdu 
und  das  k  ist  hier  madjarischc  Pluralendung,  vgl.  Schröer  Beitrag  zu 
einem  Wörterb.  der  deutsch.  Mundarten  des  ungar.  Bergiandes  S.  68 
unter  Katanake.  —  Die  beiden  ungarischen  Orte  Cs^  (bei  den  Deut- 
schen Tschabing  genannt)  Hegen  nun  in  der  Eisenburger  Gespanschaft 
und  werden  durch  die  Beiwörter  nemes-  (edel-)  nnApustia-  (wüste-) 
unterschieden.  Ersteres  liegt  bei  Güns  und  die  Vermutbung  liegt  nun 
nahe,  dass  Giseke  in  diesem  Orte  Edel-Tschabing  (nemes  Cmö)  ')  geboren 
sei.  Ich  wendete  mich  mit  einer  Anfrage  an  den  evang.  Pfarrer  Mi- 
chaelis in  GünSf  der  für  eine  Biographie  Giseke's  sammelt  (ebenso 
GiJiither  Giseke,  Pfarrer  in  DnterrissdorQ,  durch  dessen  freundliche  Mit- 
theilung meine  Vermutbung  völlig  bestätigt  ward.  Die  deutsche  evange- 
lische Gemeinde  zu  Güns  besafs  seit  1654  ihre  eigene  Kirche,  welche 
ihr  1681  genommen  wurde.  Im  Jahre  1701  kaufte  sie  sich  daher  in 
dem  1'/,  Stunde  entfernten  Articular-Ort  Edel-Tschabing  eine  adelige 
Curie,  auf  weleher  sie  eine  Kirche ,  Schule  und  Pfarre  errichteten ,  und 
fortfuhren  eine  selbständige,  deutsche  evangelische  Gemeinde  (unabhängig 
von  der  ungarischen  evang.  Gemeinde  in  Tschabing,  zu  bilden,  welche 
von  Guns  aus  verwaltet  wurde.  An  diese  Gemeinde  schlössen  sich  nun 
sämmtliche  evangelisch-deutsche  Gemeinden  des  Eisenburger  Comitates 
an,  die  spater  wieder  nach  dem  Toleranz-Patente  sich  ablösten  und  jetzt 


0  Zuletzt  in  Goedeke  Grundriss  1,  S.  577.  Auch  in  Mozart's  Lesebuch 
für  Obergymnasien,  hat  die  Notiz  Eingang  gefunden.  —  Die  Notiz 
verdankt  dem  Büchlein,  Nachrichten  von  der  Familie  Giseke,  zu- 
sammengestellt von  Günther  Giseke.  Eisleben  1843,  ihren  Ursprung. 

')  Es  ist  unrecht,  wo  deutsche  Namen  vorhanden  sind,  in  deutscher 
Rede  die  fremde  *Namensform,  die  der  Deutsche  oft  gar  nicht  aus- 
sprechen kann,  beizubehalten.  Vgl.  Weinhold  über  deutsche  Recht- 
schreibung ,  wo  sich  Beispiele  flnden.  Es  sollte  jeder  trachten 
diesem  Misbrauch  zu  steuern  Ich  erwähne  hier  nur,  dass  z.  B. 
Felsö'Eör  von  wo  sich  Pyrker  schrieb,  an  Ort  und  Stolle 
allenthalben  in  deutscher  Rede'aOberwarl*  beifst;  klingt  das  nicht 
auch  gut? 


394  i^iscellen. 

12  Gemeinden  bildeq.  •*-  Paul  Giseke,  der  Vater  von  Nicolas  Uielerich, 
geboren  zu  Hamburg  1686,  war  nun  demnach  Prediger  der  ovaDgelisch« 
deuUchen  Gemeinden  der  Eisenburger  Gespanscbafl ,  war  von  den  Gun- 
gern  «auf  Empfehlung  seines  Vorgängers  Heinr.  Ferber,  auch  eines  Ham- 
burgers) gewählt^  wohnte  jedoch  in  Tschabing,  einem  ungarischen  Orte, 
wo  man  ihn  kurzweg  den  G  uns  er  nannte.  Güns  heilst  aber  ungarisch 
Kd9%€g,  der  Gunser  Köttegi,  was  zufällige  Ähnlichkeit  hat  mit  dem 
Namen  Giseke.  Daher  erklärt  sich  die  verbreitete  Angabe  (die  ich 
schon  in  meiner  Geschichte  der  deutschen  Literatur  S.  151  bezweifelt 
habe) ,  er  habe  ursprünglich  KÖinegM  geheifsen.  Eine  Familie  dieses 
Namens  ist  allerdings  vorhanden,  Giseke  hat  mit  derselben  jedoch  nichts 
gemein.  Giseke's  GroCsyater,  geb.  zu  Osterwiek  1656  schrieb  sich  schon 
Nicolas  Dietrich  Giseke,  dessen  Vater  Heinrich  Giseke  geb.  1590,  dessen 
Vater  Henning  Gisekfi  lebte  um  1668,  8.  das  oben  angeführte  Buch  «^Nach* 
riehten  von  der  Familie  Giseke.* 

Prefsburg.  K.  J,  Schröer. 


Programme  österreichischer  Gymnasien  und  Real- 


schulen  am  Schlüsse  des  Schuljahres  18^%« 


(Fortsetzung  von  Uft.  VW  «tes  Jahrg.  1860.  8.  246  ff.) 

IV.  Abhandlungen  philosophi/B  eben  Inhaltes. 

1.  Ober  Werseeie  und  MemcAiHneie.  (Abhandlung  von  Dr.  Ferd. 
Holz el  im  Pro|;ramm  des  k.  k.  Obergymn.  zu  Döbmisch-Leipa. 
1859.  8.  3—14.)  —  Die  Frage  nach  dem  Verhältnis  der  Thierseele  zu 
der  Menschenseele  bildete,  in  der  Psychologie  des  vorigen  Jahrhunderts 
eine  mit  Vorliebe  geführte  Controverse,  deren  Unfruchtbarkeit  hauptsäch- 
lich darin  ihren  Grund  hatte,  dass  man  die  L()sung  derselben  zumeist 
von  rein  apriorischen,  aufserhalb  der  Psychologie  gelegenen  Principien 
abhängig  machte.  Wenn  nun  auch  die  neuere,  ja  neueste  Psychologie 
diesen  alten  Streitpunct  wieder  anregte,  so  geschah  dies  von  der  ganz 
entgegengesetzten  Seite  der  Naturwissenschaft  aus,  und  es  ist  leicht  zu 
erkennen,  dass  diesen  Versuchen  die  Hoffnung  zu  Grunde  liegt,  der  Psy- 
chologie durch  Anwendung  der  «vergleichenden  Methode'  dieselben  glän- 
zenden Resultate  zu  TheU  werden  zu  lassen,  welche  diese  Methode  in 
der  Anatomie,  Physiologie  und  anderwärts  bereits  rei^cblich  zu  Tage  ge- 
fördert hat  In  dieser  Beziehung  geht  die  vergleichende  Psychologie  von 
einer  möglichst  genauen  Zusammenstellung  der  einzelnen  Erscheinungen 
des  menschlichen  und  thierischen  Seelenlebens  aus  und  schliefst  von  der 
M()g]ichkeit  oder  Unmöglichkeit  der  Subsumtion  derselben  unter  dieselbe 
Gruppe  von  Gesetzen  auf  die  Gleichartigkeit  oder  Ungleicbartigkcit  der 
Träger  dieser  Phänomene-  fief.  bedauert,  dass  der  Hr.  Verf.  geradezu 
den  entgegengesetzten  Weg  eingeschlagen  hat.  Vx)n  der  unbestrilleneu 
Annahme  der  Materialität  der  Thierseele  ausgehend,  entwickelt  er  aus 
derselben  eine  Reihe  von  Gesetzen^  und  schliefst  mit  dem  Nachweise  der 
Ziilänglichkeit  dieser  Gesetze  zur  Erklärung  des  Thierseelenlebens.  Rof. 
mu88  gestehen^  keinem  dieser  drei  Puncte  völlig  beistimmen  zu  können. 
Auffassung  der  Thierseele  als  reine  Materie  ist  durchaus  nicht  so 
tein,  als  der  Hr.  Verf.  meint  (S.  3),  ja  es  scheint,  dass  der  Hr.  Verf. 
ea  mit  der  Materialität  nicht  ganz  strenge  nimmt;  denn  ist  die 
eele  Lebenskraft  (S.  3  u.  4)  und   muss   sie   dcmgeBläüs   dynamisch 


Miseellcu.  996 

gt'fassi  werden,  8u  stebt  sie  schon  hiedufch  io  eicem  <iegeDstUe  zu  dem 
«Stoffe  des  Körpers.'  Aber  auch  die  IdentifleieruQg  der  Tbieraeele  mit 
ifßt  blofoen  Lebenflkrafl,  c]velche  durch  ihre  Wirkaamkeit  das  einzelne 
Individuum  ausgebildet  bat,  so  wie  aus  dem  SavBben  eine  Triebkrtfl  die 
Pflanze  treibt ^^  —  langt  nicht  aus,  weil  das  Thierleben  vom  Pflaxueoi- 
Leben  durch  jene  Merkmale  unterschieden  ist,  welche  bereits  die  Aristo- 
telische Psychologie  in  mustergiltiger  Weise  hervorgehoben  hat.  Die  Ab- 
leliung  der  beiden  Grundgesetze  des  Thierseeienlebens  aus  dem  Begriffe 
der  Materialität  ist  keineswegs  streng  bindend,  wie  denn  auch  die  oft 
gebrauchte  Analogie  zwischen  deq  ResidueB  des  Thiergedachtnisses  ku 
der  Wirkung  des  Einblasens  bei  musikalischen  iMtfumenten  unzureiehend 
ist  Ebensowenig  vermögen  wir  endlich  den  Maehtspruch»  dass  das  Thier 
keine  andere  Begehruogen  habe,  als  die  auf  Ifahnnig  und  Gesundheit 
bezuglichen  (S.  7)  mit  den  entgegenstehenden  Erfahrungen  in  Einklang 
zu  bringen.  Das  Resultat  fasst  der  Ur.  Verf.  iq  dem  Satzfi  zusammen, 
der  Thierseele  komme  im  Gegensatze  zu  dem  Mensehengeiste  kein  Be-r 
wusstsein,  geschweige  denn  Selbstbewusstsein  zu  (8.  9).  Di«  weitere 
Auseinandersetzung  dieses  Punctes,  wie  namentlich  die  Eniwickelung  der 
inneren  Anschauung  und  des  Selbstbewusstseins  (S.  11),  fuhren  den  llrn, 
Verf.  in  eine  Reihe  von  Schwierigkeiten,  deren  Auseiaandersetzung  die 
Grenzen  dieser  Anzeige  weit  überschreiten  würde.  Es  erübrigt  somit 
Ref.  nur  noch  die  klare  Anordnung,  die  ruhige«  volikommen  angemessen« 
Darstellungsin  eise,  die  Geschicklichkeit  Jl)ei  Weckupg  und  Forterhaltung 
des  Interesses  hervorzuheben,  und  zu  Gunsten  des  Hrn.  VerC's  auf  di« 
Schwierigkeiten  aufmerksam  zu  machen,  welche  der  genügenden  Behand- 
lung eines  mit  allen  Grundfragen  der  Psychologie  so  innig  verwachsene« 
Problems  aus  dem  knapp  zugemessenen  Räume  einer  isolierten  Abha«d^ 
lung  immer  entstehen  werden. 

2.  P.  Franeeseo  dßll0  Rosa  prof.  orä.  JtUorno  a  cid  che  feeero 
i  Romani  in  maieria  di  fUctofia,  (Programmu  deU  i.  r.  ginnasco  ii- 
ceaie  di  Trento  1859,  p.  9S2,)  —  Nachdem  die  ältere  kritiklose  Ge* 
ftchichtschreibung  der  Philosophie  die  Bedeutung  der  römischen  Philo- 
sophen weitaus  überschätzt  hatte,  vcrflel  die  neuere»  wie  es  scheint,  in 
das  entgegengesetzte  Extrem,  wenigstens  zeigen  die  Urtheile  der  neuesten 
deutschen  Historiker  über  den  Hauptträger  der  römischen  Philosophie, 
über  Cicero,  von  einer  gewissen  Animosität,  welche  zu  der  Verehrung 
^llsam  absticht;  deren  sich  Cicero's  Name  zum  grofsen  Thcilo  noch 
immer  in  Italien,  Frankreich  und  England  zu  erfreuen  hat.  Es  wäre 
demnach  eine  ganz  zeitgemäfse  Aufgabe,  zwischen  den  beiden  entgegen- 
stehenden Ansichten,  oder  genauer  zwischen  den  entgegengesetzten  Stand« 
puncten,  die  rechte  Mitte  zu  suchen,  und  in  dieser  Beziehung  kann  die 
Wahl  des  Stoffes  der  vorliegenden  Arbeit  nur  gebilligt  werden.  Hält  man 
pun  die  Frage  nach  den  philosophischen  Leistungen  der  Römer  ganz  im 
Allgemeinen  und  so  iha  sagen  ganz  aufserUch,  oiine  weder  ein  Eingehe« 
IMif  Detaiiuntersuchungen,  noch  die  Festhaltupg  eines  höheren  Gesichts* 
puDctes  zu  fordern,  so  muss  man  wol  zugeben,  dass  der  Hr.  Verf.  sein« 
Aufgabe  mit  Geschick  und  Umsicht  genügend  gelöst  bat  Nach  einer 
ganz  kurzen  Skizze  jener  griechischen  Schulen,  die  für  die  Geschichte 
der  römischen  Philosophie  von  unmittelbarem  Einiluss  geworden  sind, 
j^cbeidet  er  diese  in  drei  Perioden :  von  der  ersten  Zeit  bis  zu  den  Gracchi- 
sehen  ünruheji,  von  da  bis  zum  Tode  Augustus  und  endlich  den  Rest 
bis  zu  Boethius,  dem  letzten  römischen  Schriftsteller  über  Philosophie 
(S.  8).  Das  GesammUirtheil  lautet:  che  fijffono  (f  Romani)  in  genere 
mediocri  neila  fllosofia,  che  etti  uon  /'  amarono ,  n^  mai  si  spiMcro 
ß  Piste  origtnaU  appagain4osi  d'eeeere  colUvatori  e  depofiiarii  4^ 
grecm  fiioeofla  (S.  9),    Man  flieht  aus  der  Anführung  dieser  StcUc»   * 


396  Miscelleu. 

der  Ur.  Verf.  es  liebt,  seine  drtheite  in  einer  gewissen  Allgemeinheit  und 
niebt  selten  Unbestimmtheit  stehen  zu  lassen,  welche  sich  anstatt  einer 
acharfen  Charakteristik  mit  einer  rhetorischen  Wendung  begnügt.  (Man 
V|sl.  das  drtheil  über  die  speculative  Begabung  der  Griechen  S.  27,  über 
die  Zeithesiebungen  der  stoischen  und  epikureischen  Philosophie  S.  30 
u.  s.  w.)  Das  Uauptaugeumerk  des  Hrn.  Verf.'s  ruht  begreiflicher  Weise 
auf  dem  dUino  dcenme^  gegen  den  Seneca  auffallend  surücktritt.  Auf 
ihn  wendet  der  Hr.  Verf.  den  bekannten  Ausspruch  an :  come  im  9e  rae- 
C9gtte$ie  tmua  saptenta,  qumUä  $paritta  im  pik  boitata  $areMe  a 
fMrmare  piü  wmUni  grmuli  (S.  %k\  (ein  Wort,  das  diesseits  der  Alpen 
leicht  in  seinem  üblen  Sinne  genommen  werden  könnte);  für  seinen  Eklek* 
ücismus,  der  im  günstigsten  Lichte  geschildert  wird  (S.  36) ,  hat  er  die 
etwas  banale  Entschuldigung  bereit,  dass  Originalität  nach  den  grofscn 
Bewegungen  der  griechischen  Philosophie  nicht  mehr  möglich  gewesen 
wSre  (S.  25),  er  ist  und  bleibt  dem  Hr.  Verf.  der  groCse  Philosoph ,  der 
einen  Plato  und  Demosthenes  in  sich  vereint  (S.  42),  am  fUoiofo^  tum 
€§me  «'  iiUenäe  camwumametüe  dai  poipo,  mn  nel  gefuo  riipefUiMe  che 
m  gmesto  nome  dava  Plaione,  ii  gitaie  voieva  rke  /Itotoß  f  appelUnuero 
eokrOf  che  peneiraii  äagii  oöbiigki  tacro9anit  impotli  da  ianio  name 
mam0  ie  profeuate  doürime  testimontar  coiie  ifpere  (S.*  66).  Bei  SchiU 
derung  des  allgemeinen  Charakters  und  Aufzahlung  der  einzelnen  Haupt- 
werke der  philosophischen  Mufse  des  grofsen  Redners  kommt  der  Hr. 
Verl  über  den  bloCs  literarhistorischen  Standpunct  nicht  hinaus,  der  ihm 
nun  freilich  am  nächsten  liegt,  und  wobei  wir  anerkennen,  dass  manche 
treffende  Bemerkungen  mit  einfliefsen  (z.  B.  über  den  Einflufs  der  fo-r 
rensischen  Thatigkeit  Cioero's  auf  dessen  philos.  Mnfse  S.  40).  Bietet 
der  Hr.  Verf.  nun  auch  im  Allgemeinen  wenig  Neues,  so  weifs  er  doch 
manches  gute  Alte  mit  Geschmack  und  Mafs  zu  wiederholen.  Auch  muss 
rtthmlicb  hervorgehoben  werden,  dass  er,  obwol  der  antiken  Philosophie 
eben  nicht  günstig  gestimmt,  wie  aus  seiner  scharfen  Abweisung  der 
Erneuerung  der  antiken  Systeme  in  unseren  Tagen  (?)  hervorgeht  (S.  82), 
doch  der  Onlerschatzung  derselben;  die  nun  in  einer  gewissen  Richtung 
der  franzosischen  Literatur  modisch  geworden  zu  sein  scheint,  mit  Ernst 
und  Würde  entgegentritt  (S.  61  u.  46). 

3.  Doi  OnbewuiUe  im  Menuken.  (Abhandlung  von  Romuald  Lang 
im  Programm  des  k.  k.  Gymn.  zn  Kremsmünster.  Linz  1869.  S.  3 
bis  22.)  —  Der  Umstand,  «dass  die  Schilderung  des  Menschen  als  selbst- 
bewusst  strebenden  nur  die  halbe  Wahrheit  ist  und  dass  diese  ihre  Er- 
gSnsung  in  der  Anerkennung  einer  bewusstlosen  Nothwendigkeit  finde, 
die  er  nicht  von  sich  abzuschütteln  vermag,  mit  der  er  sich  aber  ver- 
tragen kann  und  soll*  —  bestimmt  den  Hrn.  Verf.  die  Nachweisung  des 
Wesens  und  Umfanges  des  Unbewussten  im  Menschen  sich  zur  Aufgabe 
zu  setzen.  Im  Leben  des  Leibes  zeigt  sich  ihm  nun  die  Energie  des 
Dnbewussten  als  das  Walten  der  schaffenden,  erhaltenden  und  heilenden 
Lebensidee  (S.  7),  im  geistigen  Leben  bildet  das  dnbewusste  einerseits 
die  Begründung,  anderseits  die  Zurückspiegelung  des  Bewussten  (S.  12), 
und  in  dem  Seelenleben,  das  aus  der  lebensvollen  Einheit  und  Wechsel- 
wirkung von  Leib  und  Geist  hervorgeht,  tritt  uns  das  Unbewusste  sowol 
in  der  Empfindung  entgegen,  mittelst  welcher  der  Leib  sein  Dasein  in 
den  Geist  reflectiert,  als  in  den  Rückwirkungen  des  Geistes  auf  die  Le- 
bensempfindung, als  endlich  in  der  Wechselwirkung  des  leiblich  und 
geistig  Unbewussten  (S.  14—16).  An  diese  Betrachtung  des  isolierten 
''hen  knüpft   nun   der  Hr.  Verf.   die   weitere  Blofslegung  des  Dnbe- 

m  im  Verhaltnisse  des  Menschen  zu  der  Natur  und  zu  andern  Men- 
und  findet  auch  hier  seine  allgemeine  Oberzeugung  bestätigt,  dass 
bewusste  viel  zu  wenig  erkannt  und  gewürdigt  worden,  während 


Miscetleii.  997 

es  doch  das  Alpha  und  Omega  unseres  selbstbewussten  Lebens  ausmacht 
(S.  22).  Diese  kurze  Inhaltsangabe  zeigt,  dass  die  Verfolgung  des  aufge« 
nommencn  Problems  den  Hrn.  Verf.  fast  mit  allen  Theilen  der  Psychologie 
in  Berührung  gebracht  hat,  und  wenn  wir  hinzufügen,  dass  dies  allent- 
halben mit  Sachkenntnis  und  einer  gewinnenden  Lebhaftigkeit  der  Dar- 
stellung geschehen  ist,  so  liegt  hierin  gewiss  eine  nicht  geringe  Anem- 
pfehlung des  vorliegenden  Scbriflehens.  Aber  gleich wol  kann  Ref.  der 
ganzen  Fragestellung  nicht  füglich  beitreten  i  denn  die  Bezeichnung  des 
ünbewussten  für  die  Thätigkeiten  des  Leibes,  die  doch  schon  an  sich 
Tom  Bewusstsein  des  Geistes  ausgeschlossen  sind,  scheint  nicht  recht 
passen  zu  wollen,  und  wäre  wol  zweckmfifsig  Regen  die  des  Bewusst- 
losen  auszutauschen,  und  die  Frage  nach  dem  Dnbewussten  im  Geiste  zu 
stellen  gewesen.  Aber  selbst  in  dieser  engeren  Fassung  wäre  noch  die 
weitere  Unterscheidung  zwischen  dem  Selbstbewusstsein  und  dem  Bewusst- 
sein festzuhalten,  da  es  jedenfalls  nicht  genau  ist,  wenn  der  Ur.  Veif. 
dem  Unbewussten  nicht  das  Bewusste,  sondern  sogleich  das  Selbstbe- 
wusstsein entgegenstellt  (S.  5),  wobei  wir  dann  die  Gruppe  jener  Seeleii- 
erscheinungen  vermissen,  welche  neben  dem  eigentlichen  Selbstbewusst- 
sein und  dem  Unbewussten  die  so  wichtige  Rolle  des  blofs  bewusstea 
Seelenlebens  zu  spielen  übernehmen«  Hindern  uns  nun  also  diese  Be- 
denken an  einem  principiellen  Ein  Verständnisse  mit  dem  Hrn.  Verl,  so 
sei  uns  doch  vergönnt,  die  Anerkennung  der  Tüchtigkeit  seiner  Leistung 
um  so  bereitwilliger  zu  wiederholen. 

4.  Anaiysf  der  Begehrungen  und  deren  BegrlfTköeOimmimg.  (Ab- 
handlung von  Dr.  L.  Preifs  im  Programm  des  k.  k.  Obergymn.  in 
Görz  1859.  S.  28—43.)  —  Der  Hr.  Verf.,  Kennern  der  einheimischen 
Programmenliteratur  bereits  durch  eine  Abhandlung  über  die  Analyse 
der  Gefühle  (1864)  in  freundlicher  Erinnerung,  gibt  in  der  angezeigten 
Arbeit  einen  Pendant  zu  seiner  früheren.  Von  der  Ansicht  ausgehend, 
dass  die  Psychologie  der  Herbart'schen  Schule  bisher  die  klarsten  und 
dabei  einfachsten  Darstellungen,  wie  der  Seelenphanomene  überhaupt,  so 
der  Begehr ungen  insbesondere  zu  gewinnen  gewusst  hat,  stellt  sich  der 
Hr.  Verf.  die  Aufgabe,  zu  prüfen,  ob  die  betreCTenden  Theorien  ^6.em 
Sprachgebrauche  und  der  darin  manifestierten  allgemeinen  Auffassung 
entsprechen.*  Nach  einer  kurzen  Anführung  einiger  der  innerhalb  der 
genannten  Schule  übHchsten  Formeln,  zergliedert  der  Hr.  Verf.,  Drobisch' 
bekannter  Glassilication  folgend,  die  Vorgange  der  Begehrung  und  kommt 
(ähnlich  wie  in  seiner  früheren  Schrift)  zu  dem  Resultate,  man  habe  bei 
der  bisherigen  Darstellung  im  Allgemeinen  die  Wichtigkeit  der  Rolle  des 
Ich  unterschätzt  und  eine  genauere  Auffassung  oder  doch  Formulierung 
liefse  im  Begehren  ein  Streben  des  Ich,  im  Verabscheuen  ein  Wider- 
streben desselben  erkennen.  Ref.  nimmt  keinen  Anstand,  dieser  Modi^ 
fication  beizutreten,  sobald  man  sich  nur  zu  einer  etwas  weiteren  Fas- 
sung des  Ichbegriffes  entschlossen  hat,  der  gemäfs  das  Ich  eben  nur  den 
Gesammlinbegriff  der  älteren  Vorstellungen  im  Gegensatze  zu  deu  neueren 
(S.  38)  und  nicht  das  einheitliche  Oesammtresultat  derselben  bedeuten 
soll.  Denn  es  gibt  in  der  That  Begierden,  welche  in  dem  aufgespei- 
cherten Vorstellungsschatze  ihr  Spiel  so  fernab  von  den  Erregungspuncten 
des  Selbstbewusstseins  abspielen,  dass  ihnen  vom  Standpuncte  des  leh 
wie  einem  objectiven  Geschehen  zugesehen  wird,  wie  z.  B.  die  mannig- 
faltigen Begierden  bei  Verfolgung  eines  musikalischen  Themas  in  Varia- 
tionen und  Fugen  einer  Eiuzelnstimme ,  im  Quartett  u.  s.  w.,  Be- 
gierden, bei  denen  nun  auch  der  Sprachgebrauch  sich  nicht  ganz  zurecht- 
zußnden  weifs,  der  sich  hier  lieber  eines  «Es  wird  begehrt,*  als  d' 
«Ich  begehre*  bedient.  Auch  könnte  wol  gefragt  werden,  ob  der  bei 
mende  Gegensatz   bei   dem  Begehren    und    die    dem  leh  widerslebMi 


a9S  Miscellen. 

VoYslclItfng  beim  Verabschcuofi  immer  nur  selbst  im  Zustande  des  Strc- 
bens  gedacht  werdeit  müssen,  od^r  ob  nicht  schon  in  vielen  Fällen  das 
blofso  Fixierlwerden  derselben  genüge.  —  Die  tüchtige  Methode,  die  ge- 
danket)reicbe  präcise  Darstellung  und  dio  feste  Beherrschung  des  Stoffes 
sichern  der  kleinen  Abhandlung  eine  mehr  als  blofs  vorübergehende  Be- 
d^Utulig,  und  verpflichten  die  Herbart'sche  Psychologie,  bei  der  bekannt- 
lich die  Theorie  des  Begehrens  ein  noch  nicht  gebührend  gepflegtes  Ter- 
rain abgibt,  zum  anfrfohtigen  Danke. 

Prag.  W.  Volkmann. 


Litevarlsche^  Notizen. 

Sthiiiefä  Ubm  und  Dichiu^pen  von  August  S  p  i  e  fs.  8.  kWb  S. 
Wiesbaden,  Kreide!  nnd  Niedner ,  1859.  —  Der  Zwecke  den  der  Ver- 
fatsser  in  diesem  M  wie  in  seinem  früher  erschienenen  Buche  *Goetho's 
Loben  und  Dichtungen'  glücklich  verfolgt,  *in  die  wichtigsten  Lebens- 
Tc^haHnisse  des  Dichters  9  in  den  Gang  seiner  Geistescntwickelung, 
so  wie  in  die  bedeutendsten  Schöpfungen  seines  Genius  einzu- 
fübreii,'  machen  das  Buch  auch  vom  Standpuncte  der  Schule  zu  einer 
willkommenen  Erscheinung.  Das  Verlangen  fortgeschrittener  Schüler  der 
höheren  Glassen  nach  einer  derartigen  LeCtüre  tritt  um  so  lebendiger 
bervory  je  mehr  die  Schule  ihrer  Pflicht  genügt,  das  Interesse  für  die 
KoryphsBen  der  Literatur  zu  wecken.  Da  liegt  nun  der  Wunsch  nach 
Bdehern  nahe,  die  wie  das  vorliegende,  ohne  der  historischen  Treue 
abzubrechen,  aus  den  biographischen  Momenten  das  psedagogisch  brauch- 
barste enthalten  und  durch  Analyse  ein  tiefeies  Verständnis  der  Haupt^ 
^erke  anregen.  Nach  diesen  Rücksichten  ist  die  Darstellung  der  äufse- 
ren  Lebensschicksale  des  Dichters  die  gelungenste  Seite  des  Buches. 
Schlicht,  aber  mit  woblthuender  Wärme  wird  das  Lebensbild  in  seinen 
HAuptzügen  uns  vorgeführt.  Es  ist  anerkennenswerth ,  dass  sich  der 
Verf.  sorglich  alles  Anekdotenkrams  aus  trüben  Quellen  enthalten  und  mit 
Bedacht  t\it  den  durch  die  neueren  Biographien,  für  die  Jugendzeit  ins- 
besondere den  durch  Boas  sicher  gestellten  Stoff  berücksichtigt  hat 
Hie  Beziehungen  zu  Frauen,  für  SchiUer's  Enlwickelung  so  bedeutend« 
und  riiit  richtigem  Tacte  hervorgehoben ;  betreffs  des  Verhältnisses  zu 
Gbiarlotte  von  Kalb  ist  Köpke  gut  benützt,  nur  hätten  wir  gewünscht, 
die  später  groCsenlheils  veränderten  Urtheile  Schiller's  über  seine  geist- 
volle Freundin  nicht  verschwiegen  zu  sehen.  Die  Besprechung  der  poe- 
tischen  Werke,  die  wie  natürlich  in  der  zweiten  Lebensperiode  des  Dich- 
ters vor  der  biographischen  Schilderung  in  den  Vordergrund  tritt,  be- 
echränkt  sich  auf  eine  durch  allgemeine  assthetische  Gesichtspuncte  be- 
stimmte Entwickelung  ihres  Inhalts.  Wenn  aber  dabei  häufig  genug 
eine  aeslhetische  Terminologie  in  Anwendung  kommt,  die  am  einzelnen 
in  ihrer  Bedeutung  nicht  vollständig  entwickelt,  sondern  als  fertiger 
Mafestab  zur  Beurthcilung  herangezogen  ist,  so  mochten  wir  dies  dem 
Zwecke,  in  das  Verständnis  der  Werke  einzuführen,  minder  förder- 
lieh finden.  Mit  der  Hinwegräumung  der  Hindernisse  des  einfachen 
Verständnisses  ist  dabei  überall  mehr  gewonnen,  als  durch  allgemeine, 
schwer  zu  verarbeitende  Bezeichnungen,  wenn  sie  auch  so  landüblich 
sind,  wie  die  Ausdrücke:  poetische  Wahrheit,  Idealismus  und  Realis- 
mus u.  s.  f.  Die  dichterischen  Fragmente  sind  mit  Absicht  unbeachtet 
geblieben,  und  ebenso  wenig  findet  in  den  biographischen  Gapiteln  Schil- 
ler als  Philosoph  und  Geschiohtschreiber  Berücksichtigung,  gleich  wie 
in  dem  Buche  über    Goethe   dieser  nicht  als  Kunstkenner  und   Natur- 


Miscelltfn  S99 

Forscher  goscbilüert  ist.  Diese  Beschränkung  lag  dem  Verf.  im  Zwecke 
des  Werkes.  Doch  wollte  der  Verf.  der  philosophischen  und  geschicht- 
lieben Studien  SchiJler's  insoweit  Erwähnung  thun.  als  sie  auch  auf 
seine  Entwickelung  als  Dichter  Einfluss  ausgeübt  haben.  Naturlich  ist 
hier  nur  der  nächstliegende  Einfluss  gemeint;  wir  glauben,  der  Verf. 
hätte  gut  daran  gethan,  in  die  Biographie  selbst  genauer  die  Geschichte 
der  wissenschaftlichen  Beschäftigungen  und  Arbeiten  in  den  Haupt- 
puncten  einzuflechten.  Dadurch  wird  das  Bild  des  angestrengten  arbcits- 
vollen  Lebens  des  Dichters  erst  vollständig.  —  Dem  Buche  ist  ein 
Bildnis  Schiller's  beigegeben,  eine  Copie  nach  dem  Stiche  des  Bildes 
von  Nie.  Guibal  (um  1780). 


AcJU  Sekuiredeu  über  paedagagisehe  Zeiifragen,  für  freumte 
des  Cgmnasiaiwesens  kerautgegebem  ton  K,  A.  J.  BoffmanUy  Dlrec-- 
iöT  des  Joäanneums  in  Läneöwg.  Clausthal.  1859.  72  S.  8.  —  K.  A.  J. 
Uoffmann  ist  einem  grofsen  Theile  der  Leser  dieser  Zeitschrift  bokanDt 
als  Verfasser  der  mit  Reeht  geschätzten  «neuhochdeutschen  Grammatik,' 
die  in  jeder  neuen  Auflage  neue  Beweise  von  den  genauen  Studien  und 
der  strengen  Selbstkritik  des  Verfassers  geben  (vgl.  darüber  fi.  v.  Raumer  in 
dieser  Ztschr.  1859.  S.  721);  andere  werden  den  mit  gewissenhafter  Ge- 
nauigkeit ausgeführten  Forschungen  Uoffmann's  in  seinen  ^QuaestUm§9 
Homericae^  und  in  den  «Homerischen  Untersuchungen*  reichliche  Be- 
lehrung und  Anregung  verdanken;  noch  andere  wird  der  wohlgelungene 
Versuch  Uoffmann's  interessiert  haben,  für  den  Unterricht  der  «Logik* 
auf  Gymnasien  einen  Leitfaden  in  möglichster  Einfachheit  darzubieten 
(vgl.  in  dieser  Ztschr.  1860.  S.  221  ff.).  Derselbe  Mann,  dessen  wissen- 
schaftliche Leistungen  auf  diesen  verschiedenen  Gebieten  in  so  wohlbe- 
gründeter  Achtung  stehen,  ist  Director  eines  Gymnasiums,  dessen  aner- 
kannt blühender  Zustand  seiner  umsichtigen  Leitung  zu  einem  grofsen 
Theile  zuzuschreiben  ist.  Aus  seiner  Directoriallhätigkeit  ist  das  vor- 
liegende Buchlein  hervorgegangen;  die  acht  in  demselben  enthaltenen 
kurzen  Reden  sind  in  den  Jahren  1849  bis  1859  bei  dem  feierlichen 
Schlussactus  des  Gymnasiums  vor  den  Schülern  und  einer  zahlreichen 
Versammlung  von  Freunden  des  Schulwesens  gehalten.  Dass  sie  wirk- 
lich «Zeitfragen*  behandeln,  zeigen  schon  die  den  Inhalt  der  einzelnen 
Reden  genau  präcisierenden  Überschriften,  z.  ß.  «1.  Über  nationale  Bil- 
dung, 2.  über  die  Stellung  der  höheren  Schulanstnlten  zum  Leben  der 
Gegenwart,  6.  Worin  besteht  die  Eigenthumlichkcit  des  Gymnasial- 
unterrichls?  7.  Das  Lateinische  als  Mittelpuiicl  des  Sprachunterrichts 
auf  den  Gymnasien ,  8.  Wie  hat  sich  der  Unterricht  im  Lateinischen 
seit  dem  secbszehnten  Jahrhundert  auf  unseru  Gymnasien  geslaltet?*  — 
Fragen  dieser  Art,  zumal  wenn  sie  vor  einer  gröfseren  gemischten  Ver- 
sammlung behandelt  werden,  verfuhren  nur  zu  leicht  dazu,  dass  mit 
geistreichen  Wendungen  die  wahren  Schwierigkeiten  überdeckt  werden. 
Davon  sind  diese  Reden  vollkommen  frei ;  vielmehr  werden  wir  stets, 
auch  wo  den  Gegenstand  zu  erschöpfen  die  beschränkte  Zeit  nicht  zu- 
liefs,  auf  das  Wesen  der  Sache  selbst  hingeführt  und  vernehmen  darüber 
klare,  scharf  ausgeprägte  Gedanken  in  einfach  treffendem  Ausdrucke. 
Wir  begreifen,  dass  diese  Reden  mit  grofsem  Interesse  von  den  Zu- 
hörern aufgenommen  sind ;  denn  sie  enthalten  wesentliche  Beiträge  zur 
Verständigung  über  wichtige  Fragen,  und  überall  tritt  uns  in  ihnen  ein  Mann 
entgegen,  der  über  die  Aufgabe  der  Anstalt,  die  er  leitet,  sich  klar  ist 
uid  seine  wohlüberlegte  Überzeugung  auch  Jeweiligen  Zeltstörungen  ent- 
gegen   (z.  B.  in  der  Rede    «über   nationale    Bildung^    aus  dem  J.  1849) 


400  MUecllen. 

riihig  und  unumwunden  darlegt.  —  Der  Verf.  spricht  in  der  Vorrede 
die  Hoffnung  aus,  das«  «diese  kleinen  Abhandlungen  manchen  Freunden 
des  Gymnasial  Wesens  nicht  unwillkommen*  sein  wurden.  «Für  Fach- 
genossen sind  sie  nicht  bestimmt.*  Kein  Fachgenosse  wird  es  bereuen, 
dieser  bescheidenen  Äufserung  des  Vf.'s  nicht  gefolgt  zu  sein. 


Berichtigungen. 

In  der  Abhandlung  über  den  Begriff  der  deutschen  Philologie,  im 
%  Heft  dieses  Jahrgangs  S.  85—96,  sind  folgende  Druckfehler  zu  ver- 
bessern: S.  86,  Z.  27  lies:  Sitten,  Einrichtungen  und  Gesetze.  S.  87, 
Z.  3  lies:  den  leitet  S.  87,  Z.  16  lies:  und  so  nicht  blodB.  S.  87,  Z.  1 
V.  u.  lies:  Diez.  $.91,  Z.  8  v.  u.  lies:  In  nahe  Beziehung.  S.  92,  Z.  18 
lies:  auf  den  Dmfang  des  deutschen  Volkes.  —  Aufserdem  ist  die  Anm. 
auf  S.  92  zu  streichen  und  statt  ihrer  zu  setzen:  Es  ist  ein  völliges 
Alissverständnis,  wenn  man  glaubt,  Grimm  wolle  principiell  und  für 
immer  die  Darstellung  der  skandinavischen  Mythologie  und  die  der 
deutschen  trennen.  Vielmehr  ist  gerade  der  Nachweis  der  nahen  Ver- 
wandtschaft und  ursprunglichen  Einheit  beider  Mythologien  eins  der 
wichtigsten  Ergebnisse  Grimms.  Auch  darin  hat  man  sehr  Unrecht, 
wenn  man  es  als  einen  Tadel  ausspricht,  dass  Grimm  die  skandinavische 
Mvthologie  voHäufig  von  seinem  grundlegenden  Meisterwerk  ausge- 
scldossen  hat.  Wo  die  skandinavische  Mythologie  zur  Begründung  der 
deutschen  nöthig  ist,  hat  er  sie  keineswegs  aufser  Acht  gelassen.  Dass 
er  aber  ihre  selbständige  und  ausfuhrliche  Darstellung  vorlaufig  von 
seinem  Werke  ausgeschlossen  hat,  das  ist  demselben  in  doppelter  Weise 
zu  gute  gekommen.  Erstens  weil  dadurch  die  Mythologie  der  anderen 
germanischen  Völker,  auch  in  ihrem  Unterschied  von  der  skandinavischen 
um  so  ungetrübter  zu  ihrem  Rechte  gekommen  ist,  und  zweitens  weil 
dadurch  Kaum  gewonnen  worden  ist  für  den  Staunen  erregenden  Reich- 
thum  von  Grimms  neuen  Entdeckungen. 

Erlangen.  Dr.  Rudolf  von  Raumer. 


(Diesem  Hefte  sind  fünf  Beilagen,    eine   kritische   und  vier  literarisrhe, 

beigegeben.) 


B  e  i  1  a  ip  e 

zur 

Zeitschrift  für  die  österreichischen  Gymnasien. 

(XI.  Jahrgang,  IV.  u.  V.  Heft.) 

Hat  das  griechische  Relativpronomen  den  F-LautP 

Ober  diese  Frage  will  ich  —  mit  Beziehung  auf  meineu  in  dieser 
Zeitschrift  1860.  I.  angezeigten  ersten  Beitrag  zur  vergleichenden  Ety- 
mologie —  die  Hauptpunctc  verzeichnen: 

Hr.  Prof.  G.  Gurtius  stellte  in  seinen  Gruudzugen  der  gr.  Ety- 
mologie I,  364,  Nr.  606,  den  Gebrauch  des  F-Lautes  in  mehreren  Fällen 
als  einen  misbräuchlichen  dar,  namentlich  auch  in  der  1854  herausge- 
gebenen Lokrischen  Inschrift,  in  welcher  Z.  6  /ort  steht.  «Wenn,' 
sagt  er,  «dies  f  für  das  Zeichen  eines  ursprünglichen  F-Lautes  gelten 
dürfte,  würde  es  die  Zusammenstellung  des  griechischen  Relativpronomens 
mit  Skr.  foi  u.  s  w.  widerlegen.'  ^  Auch  A.  J.  U  offmann  nahm  in 
seinen  Quaest.  hom.  keinen  F-Laut  am  gr.  Relativum  an. 

In  meiner  genannten  Abhandlung  stellte  ich  den  F-Laut  als  wohl- 
berechtigt und  die  Scheidung  des  gr.  og  vom  skr.  Jas  als  nothwendig, 
freilich  im  Widerspruche  gegen  die  allgemeine  Meinung  der  Sprachge- 
lehrten, dar. 

Darüber  heifst  es  in  jener  Besprechung  1860.  1.:  «Nur  das  sei 
noch  zur  Gonstatierung  der  Befähigung  des  Ilrn.  Verf.'s  für  sprachver- 
gleichendc  Untersuchungen  bemerkt,  dass  derselbe  am  Schluss  mit  grofser 
Zuversicht  die  Verwandtschaft  des  Relativpronomens  off,  ^,  o  mit  Skr. 
Job,  Ja,  Jai  läugnet.* 

Nun  bringt  nach.mir  ein  Mitarbeiter  an  A.  Kuhn 's  Zeitschrift 
für  vergleichende  Sprachforschung  Bd.  8.  H.  6,  S.  401—408  einen  aus- 
führlichen Beweis,   dass  das  griech.  Relativpronomen  den  F-Laut  habe. 

Mehr  habe  ich  nicht  zu  wünschen.  —  Auch  in  einem  anderen 
Puncte  stimmt  ein  Mitarbeiter  an  jener  Berliner  Zeitschrift,  in  dem  ge- 
nannten Hefte,  nämlich  in  der  Auffindung  einer  griech.  Wurzel  nttx, 
welche  Sehen  bedeutet,  nahezu  mit  mir  überein. 

Haben  Forscher  ersten  Ranges,  wie  A.  F.  Polt,  Bcnfey,  A. 
Kuhn  meine  Forschungen  auf  dem  Gebiete  der  griech.  Syntax  in  allen 
Hauptpuncten  bestätigt,  so  kann  auch  die  diesmalige  gänzliche  oder 
theilweise  Zustimmung  bewährter  Sprachforscher  bei  mir  die  Erwartung 
bestärken,  dass  noch  andere  Puncte  meiner  Forschungen  als  richtig  wer- 
den erfunden  werden.  Anfänglicher  Widerspruch  und  nachherige  Be- 
stätigung sind  ja  die  sichersten  Zeugnisse  für  die  Wahrheit,  welche 
zuerst  immer  für  ein  Curiosum  gilt. 

Lemberg.  Dr.  G.  Blackeri. 


Erwiderung. 

Wer  Vorstehendes  liest,  wird  glauben: 

1.  Hr.  flackert  habe  die  Frage,  ob  das  griechische  Relatifprono* 
men  den  K- Knut  habe,  in  seiner  MhnhAUing  ex  profesio,  uod  iwir 
einigerranfsen  cingelicnd  erörtert ; 

2.  der  untorz  Verf.  der  Anzeige  seiner  Abhandlung  habe  ledigliek 
den  rmstand.  dass  Hr.  Blackcrt  die  Verwaudlschafl  des  ReUtiprtoomcM 
og,  rjy  0  mit  Skr  Jas,  Ja,  Jai  läugnet,  und  Ewar  eben  wegen  der  Ai- 
nabme  des  V-  Lautes ,  als  Beweis  der  Unfähigkeit  des  Um.  BL  n 
sprachvcrglcicheiulen  Lntersuchungen  angerührt ; 

3.  der  Mitarbeiter  in  Kuhu's  Zeitschrift  (Sa velsberg  Bd.  VIII, 8.411) 
stimme  mit  Uro.  Blackert  io  der  Auffassung  des  griechiieheD  ReliliT- 
prouomens  im  Wesentlichen ,  namentlich  aber  in  der  TrenDung  dei  Sf 
von  Jas,  überein. 

Wenigstens  hat  die  Auseinandersetzung  des  Hm.  Bltekert  offenbar 
keinen  andern  Zweck,  als  diese  drei  PuDCte  den  Leseni  einturcdeB,  nnd 
dadurch  einen  für  sich  günstigen,  für  seinen  Reccnsenten  ungfinstiffCB 
Eindruck  hervorzubringen.  Wer  indessen  jene  drei  Pmiote  {lauEei 
wollte,  würde  sich  gewaltig  irren.     Denn: 

1.  hat  Hr.  Blackert  die  oben  bezeichnete  Frage  keinesweii  tf 
pr^fesso  und  keineswegs  Jrgendwie  eingehend  erörtert.  Vielnehr  iil 
alles,  was  er  über  og,  tj,  o  sAgt  (S.  16),  Folgendem i 

«Es  bleibt  für  diese  Audi«ulungen  ';  noch  übrig,  die  gevälwliflbe 
Erklärung  von  dem  griechischen  articuJus  postpositivus  ofi,  ^,  S  lulid- 
zuweisen.  Erstlich  *)  ist  für  dieses  Pronomen  eine  Wui^l  zu  findA 
und  zwar  eine  verbale.  Mit  einem  sogenannten  PfonomipaUUinii  ifl 
da'iei  nichts  auszurichten,  vielmehr  wird  A.  Webers  Bemwliung«  HT- 
balo  Wurzeln  zu  Grunde  zu  legen ,  ^auf  ^ricliligere  Bahne»  kitou  (k' 
wübulich  hat  »«ich  zu  Griecliischem  09,  ij,  S,  Sanskrit  Jos,  JA,  M^  ^^S^ 
müssen,  und  wird  auf  fal.sclirm  Wege  zu  der  Behauptung  fortgeichritkii 
dass  Spiritus  asp<  r  für  Sanskrit  /  stehe.  Dagegen  liege  icb  Mb  ^ 
denken,  off,  ^.  o  auf  das  Verbuni  toTi\Li*)  J^iarjfii  zurückzufiibiti;  P 
r<F]7fi»  gehört  oQcttü'^i'oQ/im,  Sauskrit  (ip.  Danach  ist  og  der  AfWUfsICt 
der  Wahrgenommene.  Dass  der  Spiritus  asper  uicbt  für  Saoikrit/,  lor 
dern  für  einen  F-Laul  stehe,  beweist  unwiderleglich  eine  huchrifti  )P  wel- 
cher vor  ort  Ana  sogenannte  Digamn^a  .steht.*  '*)  In  dcf  AqpA.  tH'^ 
nur  der  Titel  ciliert:  «Ludwig  Bors:  Alte  Lokrische  Inscbrifl  vAp  Chi- 
leion oder  Oeantheia  mit  den  Bemerkungen  von  Oekonoinide^.  }8i4.S.i' 

Es  geht  hieraus  hervor,  dass  für  Hrn.  Blackert  di«  HaupUi^  i* 
der  Zurückführung  von  og  auf  die  Verbal wurzel  von  faijfif ,  094« •  ITi 
nicht  aber  in  di'm  Nachweise  bestand,  dass  og  piit  Üigamnui  aoUal'- 
Dass  das,  was  er  zur  Unterstützung  seiner  verbalen  £ty0iDlogie  Bfiki- 
bei  über  den  diganimatischen  Anlaut  von  og  sagt ,  keineswegs  d^  f' 
Laut  als  ^wohl  b  erechti  gl*    und  die  Trennung  des  q$  vpn  jÜV*^ 


')  Nämlich  für  die  Andeutungen ,  dass  die  iouiscbep  ywmtu  s^ 
%Qaog  von  den  gewöhnlichen  noiog  nocog  elymologiech  gaV 
trennen ,  und  jene  von  Wurzel  »0/,  diese  von  Wurzel  fmf  9^ 
leiten  seien. 
p  Diesem  ^erstlich*  entspricht  durchaus  kein  .zweiten^.* 
)  So,  mit  spir.  asper.  schreibt  llr.  Bl.  die  Formel  s^ciinab  ^ 
meint  damit  die  zur  Erklärung  von  taaai  vorausgc^etzle  Fo(* 
farifitf  die  im  Dorischen  als  Caafit  wirklich  vorkommt. 


.nolhweii  (lig*  erscheinen  lasst,  hätte  er  schon  (l«mals,  als  er  ilio 
denkwürdige  Etymologie  aufstellte,  aus  der  jetzt  von  ihm' crtierten  Stelle 
der  Grundzüge  von  Curtius,  S.  364  *)  lernen  können,  und  kann  es  jettt 
auch  aus  den  inzwischen  erschienenen  Orundzugen  der  grieehischeff 
l^autlchre  von  Christ  S.  154  lernen. 

2.  Angesichts  des  angezogenen  Passus  aus  Hrn.  Bl.'s  Abhandlung 
wäre  ich  ohne  Zweifel  vollkommen  berechtigt  gewesen,  die  grofse 
Zuvor  »i  cht,  mit  der  Hr.  Bl.  die  Verwandtschaft  des  Relativpronomens 
og,  5,  0  mit  Skr.  /w,  jä^  /ö/  läui^nel,  d  ie  grofse  Zu  versieh  t, 
mit  der  er  das  r  durch  das  ^ix%  der  Lokrischen  Inschrift  für  unwi- 
derleglich bewiesen*  hält,  als  einen  Beweis  seiner  Unfähigkeil  su 
sprachvergleichende»  Untersuchungen  anzuführen.  Allein  ich  habe  erstens 
über  die  Annahme  dvs  F-Lautes  kein  Würtchcn  gesagt,  ja  ich  habe* 
zweitens  nicht  einmal  die  grofse  Zuversicht,  mit  der  Hr.  Bl.  die* 
Yoc^'aodtsohaft  vjOo  09  und  ^a«  läugnet,  für  sich  genommen  a4s 
einen  Bitweis  Heiner  Unfähigkeit  angeführt,  sondern  ich  habe  sie  in  Ver- 
bindung mit  der  positiven  Etymologie .  die  llr.  Bl.  für  oq  aufstellte, 
und  die  ich,  was: Ur,  BL  nnninehr  perschweigt,  wörtlich  citierte, 
für  einen  solchen  Beweis  ausgegeben.  Meine  Worte,  die  jeder  auf  S.79< 
dieses  Jahrganges  nachleeen  kann,  lauten  nämlich  unverkürzt:  «Nur  das 
sei  noch  zur  Gonstatierung  der  Befähigung  des  Hrn.  Verf.'s  für  sprach^ 
vergleichende  Untersuchungen  bemerkt,  dass  derselbe  am  Sehluss  mit 
grofser  Zuversicht  die  Verwandtschaft  des  ReKitivpronomens  oq  j  ij ,  S 
mit  Skr.  Jas,  Ja.  Jat  läugnrt  und  wörtlich  saxt:  Dagegen 
hege  ich  kein  Bodenkon  oe,  ^.  o  auf  das  Verb  um  Ttri^fti- 
fiarifii  zurückzuführen.;  zu  tarjfAi.  gehört  o^acoa/o^aa», 
Sanskrit  ap.  Dauach  ist  09  der  Bewusste.  der  Wahrge*- 
n  0  m  m  e  n  e.> 

1b  d/er  Thal,  wer  nach  dem  Erscheinen  von  Curtius  Grundzüge»/ 
solche  Abenteuerlichkeiten  vortragt  .  wie  die  llerleiiung  des  09  von« 
taripLt,  die  Zusammenstellung  dieses  tarjfii  mit  b^aco  *),  endlich  die  Zu- 
sammenstellung von  o^aoo  mit  Skr.  af*);  wer  sodann  «kein  Bedenken* 
hegt*  eine  solche  Etymologie  an  die  Stelle  der  Zusamaienstellung  des 
og  m\i  JaSt  die  er  nur  ajigezweifell,  nicht  widerlegt  hat,  zu  setzen,  der 
hat  Ursache,  es  als  einen  unverdienten  Euphemismus  anzusehen ,  wenn 
man  von  ihm  nichts  weiter  sagt .  als  dnss  er  unfähig  sei  zu  sprachver-. 
gleichenden  Untersuchungen.  Für  die  Bezeichnung  übrigens,  die  die  so. 
eben  nachgewiesene  Unterschlagung  meiner  Worte,  zum  Zweck  der  Her« 
vorbringung  eines  dem  Hrn.  Bl.  günstigen .  mir  ungünstigen  Scheins^ 
verdient,  steht  mir  leider  kein  druckfähiuer  Euphemismus  zu  Gebote. 

3.  Der  Leser  wird  sich  hiernach  kaum  noch  wundern  ,  zu  hören, 
dass    Savelsberg    mit   Hrn.  Bl.    keineswegs-  in    der    Auffassung    des 


•)  Curtius  fährt  nämlich  nach  den  von  llrji.  Bl.  ausgeschriebenen 
Worten  folgendermafsen  fort:  «Aber  da  sich  t-  auch  in  einigen 
andern  Fällen  misbräuchlich  und  in  einem  andern  da  geschrieben 
findet,  wo  wir  auf  alles  yschliefisen  können  {TkoLülaJ^o  korcyr.  Inschr. 
Aufrecht  ZeiUschrift  1,  118),  so  dürfen  wir  uns,  wie  ich  Jahn's 
Jahrb.  Bd.  71,  S.  354  zu  zeigen  gesucht  habe,  durchaus  nicht, 
irre  machen  lassen." 

*J  Dass  tGaai  und  Dor.  l'caiLi  auf  W.  fid  beruhen  ,  konnte  Hr.  Bl. 
aus  Curtius  Tcnip.  und  Modi  S.  183  lernen,  dass  J^iS  und  o^M 
nicht  verwandt  sind,  aus  Curtius  Grundz.  S.  82.  83, 

•)  Weslergaard  führt  zwei  Wurzeln  af  an,  die  eine  nach  cl.  5.  /V/*- 
tneare  occupare;  die  andere  nach  cl.  9.  comedere,  vesci.  Welche 
mag  Hr.  Bl.  meinen?  und  wie  vermittelt  er  Form  und  Bedeutung V 


griechischen  Relativpronomens,  namentlich  aber  nicht  in  der  Trennung 
von  og  und  Jas,  deren  Zuversicht  bei  Hrn.  Bl.  ich  gerügt  hatte,  über- 
einstimmt. Savelsberg  versucht  zwar  allerdings  den  Spiritus  asper  voo 
og  aus  dem  Digamma  zu  erklären ,  aber  er  begnügt  sich  erstens  nicht, 
wie  Hr.  Bl.  mit  dem  /ort  der  Lokrischen  Inschrift  als  Beweis,  son- 
dern er  sucht  Spuren  des  Digammas  von  og  in  den  Homerischen  Ge- 
dichten nachzuweisen,  so  dass  schon  in  methodischer  Hinsicht  ein  grofser, 
dein  Hrn.  Bl.  natürlich  völlig  unverständlicher,  Unterschied  zwischen 
dem  Savelsberg'schcn  Aufsatze  und  der  Aufstellung  des  Hrn.  Blackert 
ist  ').  Zweitens  aber  stimmt  Savelsberg  mit  Hrn.  Blackert  in  dem, 
was  nir  diesen  die  Hauptsache  war,  nämlich  in  der  absurden  Herleitung 
des  og  von  r<r?2fii,  o^aos,  af  selbstverständlich  durchaus  nicht  überein  ; 
vielmehr  hält  er  an  der  Ableitung  von  einem  Pronominalstamme  fest, 
mit  der  nach  Hrn.  Blackert  «nichts  auszurichten*  ist;  ja  er  er- 
klart sowohl  Jas,  als  auch  og  aus  demselben  Pronominalstamme  Jka, 
kUf  hi  des  Interrogativpronomens,  indem  er  die  Formen  kvas  und  Va$ 
voraussetzt 

Ob  diese  positive  Ansicht  von  Savelsberg  richtig  ist,  ist  hier  gänz- 
lich gleichgiltig.  Hielte  ich  sie  für  richtig,  was  ich  übrigens  nicht  thuc, 
so  brauchte  ich  kein  Wort  von  dem  zu  ändern,  was  ich  über  Hm. 
Blackert's  Behandlung  des  Relativpronomens  og  gesagt  habe.  Denn  Sa- 
velsberg ist  soweit  davon  entfernt,  die  Trennung  von  og  und  Jas  mit 
Hrn.  Blackert  für  «noth wendig^  zu  halten,  dass  er  trotz  des  digam- 
malischen  Anlautes  anerkennt  (S.  408):  «dass  die  beiden  eigenthüm- 
lichen  Formen  in  einer  höheren  Einheit  ihren  gemeinsamen  Ursprung 
wiederfinden.*  Der  Leser  wird  begreifen,  dass  ein  Mann,  der,  wie  ge- 
schehen, über  Savelsberg's  Aufsatz  referiert,  und  dann  hinzufügt:  «mehr 
habe  ich  nicht  zu  wünschen,*  vollständig  unfähig  ist,  sprachverglei- 
chende Untersuchungen  auch  nur  zu  verstehen  und  ihren  Resultaten  nach 
zu  würdigen. 

Dafür  liefert  Hr.  Bl.  im  vorstehenden  Aufsatze  übrigens  noch  eine 
andere  eclatante  Bestätigung.  Legerlotz  versucht  nämlich  in  Kuhn's 
Z.  8,  S.  418  nunttthoi  aus  einer  Wurzel  war,  sehen,  zu  erklären,  die 
er  aus  den  Glossen  des  Hesychius  Iftndtaov  j  IvHandtaov ,  ävendra^sv 
zu  erschliefsen  glaubt.  Wenn  nun  Hr.  Bl.  sagt :  «Auch  in  einem  andern 
Puncte  stimmt  ein  Mitarbeiter  an  jener  Berliner  Zeitschrift  in  dem  ge- 
nannten Hefte,  nämlich  in  der  Auffindung  einer  griechischen  Wurzel 
ntct,  welche  sehen  bedeutet,  nahezu  (NB!  nahezu)  mit  mir  überein,» 
so  wird  jeder  glauben,  Hr.  Blackert  habe  wirklich  eine  Wurzel  nat  auf- 
gestellt und  diese  nahezu  auf  dieselbe  Weise  oder  nahezu  mit  dem- 
selben Materiale  ermittelt  wie  Legerlotz.  Man  lese  die  ßlackert'sche  Ab- 
handlung über  noiog  t  aocog  u.  s.  w.,  so  wird  man  die  Wurzel  nax 
vergeblich  suchen  ;  wohl  aber  wird  man  finden  ,  dass  spaitum  nebst 
patere,  und  griechisch  dsanotrjg  mit  der  Skr.  W.  pdf,  latein.  spec- 
zusammengewürfelt  sind.  Das  nennt  Hr.  Blackert:  «in  der  Auffindung 
einer  griechischen  Wurzel  nat  nahezu  übereinstimmen!» 

Hiernach  kann  man  aiich  ermessen,  welche  Bewandtnis  es  mit  der 
Behauptung  hat,  dass  Forscher  wie  Polt,  Benfey,  Kuhn  Blackert's  For- 
schungen auf  dem  Gebiete  der  griechischen  Syntax  in  allen  Haupt- 
puncten  bestätigt  haben. 

')  Freilich  ist  der  Beweis  trotz  der  grofsen  Sorgfalt,  mit  der  Savels- 
berg ihn  führt,  keineswegs  gelungen.  Denn  das,  was  er  als 
Spuren  des  Digamma  ansieht,  erklärt  sich  ebensogut  bei  der  An- 
nahme, dass  der  Jod -Laut  von  og  zur  Zeit  der  Homerischen 
Sprache  noch  nicht  vollständig  sein  consonantisches  Element  auf- 
gegeben halte;  vgl.  Christ^  S.  154. 


5 

Obrigcii:}  kann  ich  zum  Schlüsse  nur  den  Wunsch  aussprechen, 
dass  die  Leser  dieser  Zeitschrift  die  sogenannte  griechische  Syntax  des 
Verf. 's  und  sein  Gzernowilzer  Programm  selbst  lesen  mögen ,  um  selbst 
zu  beurlhcilen.  ob  die  als  Wahrheiten  vorgetragenen  Curiosa  (z.  U.  die 
Verwandtschaft  von  %hv  mit  caeare)  Aussicht  haben,  jemals  als  Wahr- 
heiten anerkannt  zu  werden. 

Giefsen,  29.  März  1860.  L  Lange. 


Zu  Heft  II.  S.  142  —  149. 

L  Das  Februarheft  für  1860  dieser  Zeitschrift  enthalt  eine  Recension 
meines  Programmaufsalzes  *über  den  sog.  Nominativus  absolutus  bei 
Tliukydides'  vom  Hrn.  Alfred  Ludwig.  ~  Gegen  den  Hauptpunct  der* 
selben  habe  ich  folgendes  zu  erwiedern.  Wenn  Hr.  Ludwig  in  meiner 
Arbeil  einen  Widerspruch  findet,  indem  er  behauptet,  ich  läuguete  an- 
fangs die  Existenz  eines  absoluten  Nominatives  und  dränge  ihn  dann 
wieder  an  vielen  Stellen  dem  Thuk.  auf,  so  beruht  dieser  Vorwurf  auf 
einem  Misverstandnisse  von  seiner  Seite.  An  mehr  als  einer  Stelle  meines 
Programmes,  so  bes.  8.  5  und  8,  —  unwahr  ist  des  Hrn.  Recens^enten 
Behauptung,  dass  ich  nirgends  das  Richtige  ausspreche  —  habe  ich  in 
unzweideutigen  Worten  meine  nach  Hrn.  Ludwig's  eigenem  Zugestand* 
nisse,  richtige  Ansicht  über  den  sog.  Nom.  abs.  dargelegt.  Daneben 
kommen  da,  wo  ich  Stellen  aus  Thuk.  nur  in  der  Weise  der  so^.  abs. 
Nom.  erklaren  will,  Ausdrücke  vor  wie:  'Diese  Worte  fasse  ich  als  abs. 
i^om.'  oder  *hier  statuiere  ich  einen  abs.  Nom.'  u.  s.  w.  Wer  wird  nuo 
diese  der  Kürze  halber  wol  erlaubter  mafsen  etwas  ungenauem  Wendungen 
neben  jenen  klaren  Äufserungen  misverstchen  und  auf  eine  in  Wider- 
spruch zerfallende  Anschauung  von  dem  Wesen  der  sog.  abs.  Nominativ- 
construction  überhaupt  schliefsen  wollen?  Hr.  Ludwig  thut  es.  Und  doch 
wird  er  in  einem  Satze  wie:  *iCt;^ot;  ßaaiXsvovtog  tavta  iyivBxo  die 
Worte  KvQOv  ßaa,  dem  Schüler  gegenüber  gegen  seine  bessere  Ober- 
zeugiing  und  Erklärung,  dass  diese  Gcnitivi  nichts  absolutes  sind,  son- 
dern in  der  engen  Relation  einer  adverbiellen  Bestimmung  zu  dem  Salz- 
vcrbum  stehen,  wol  auch  absolute  Genitive  nennen.  Ganz  ebenso  besagen 
jene  meine  kurzen  Ausdrücke  nur,  dass  ich  hie  und  da  im  Thuk.  eine 
der  unter  dem  Namen  der  absoluten  Nom.  gehenden,  gleiche  Gonstruc- 
lion  sehe;  ich  hielt  es  eben  nicht  für  nöthig,  übejall  das  nach  dem  S. 5 
Gesagten  selbstverständliche  'sogenannt'  aus  der  Überschrift  meines  Auf- 
satzes immer  wieder  hinzuzufügen ;  keineswegs  aber  verrathen  sie  einen 
Abfall  von  meiner  früher  ganz  bestimmt  ausgesprochenen  Ansicht  über 
die  Natur  solcher  Construclionen ;  nirgends  versuche  ich,  wie  der  Hr. 
Recensent  meint,  den  Nom.  cum  participio,  statt  ihn  in  die  Fugung  auf- 
zunehmen, zu  trennen.  —  Von  den  andern  Punclen  hebe  ich  nur  noch 
einen  hervor.  Hr.  f^udwig  sieht  meine  Scheidung,  der  sog.  Nom.  abs., 
die  auf  dem  appositioncllen  Verhältnisse  des  Theiles  und  des  Ganzen  be- 
ruhen, in  die  vier  S.  1  näher  bezeichneten  Abtheilungen  für  eine  müh- 
same und  für  reine  Sache  der  Liebhaberei  an.  Ich  weifs  nur  so  viel, 
dass  die  von  mir  behandelten  Fälle,  durch  die  Apposition  wesentlich  zu 
einer  einzigen  grof^en  Clnsse  p:ehörig,  doch  nicht  alle  ganz  gleich  seien. 
Oder  sollte  es  wirklich  «illes  eins  sein,  ob  der  Theil  zum  Ganzen,  oder 
umfiekelirt,  Apposition  ist  V  Mir  scheint  es  nicht;  den  Unterschied  habe 
ich  S.  8  (unten)  meines  l*ro«^rammes  anzudeuten  versucht.  Deshalb  hielt 
ich  eine  Sonderung  dir  Fälle  nach  irgend  einem  Gesichtspuucte  behufs 
der  loichtern  Übersicht  für  angezeigt.    Ohne  Mühe  ergab   sich   mir   bei 


n$|i.9icex.  V^|^eij9h\mg  in,  dem.  Appositioasverbältnis  selbst  der  fiinthei- 
lun^sgicundv  hk  di<{se9^  Y«rhaUiU9.  zwisoben  dem  Gaozen  und  seinem 
Theilo  ein  auTserliphes^  so  dass  dfit  Hr.  Recensenl.  die  auf  dasselbe  sieb 
gjcundendß  Ejii^eilung,  als  eine  solche  bezeichnen  könnte ,  welcher  nur 
rein  äurserlicbe  Momente  zu  Grunde  liegen  ?  —  M^U*  ^u  entgegnen«  er* 
achte  ich  nicht  für  nöthig.  Am  allerwenigsten  werde  ich  mich.  ict7.t  auf 
eine  Vertheidi^ung  der  einzelnen  Stellen  einlasse^*  (Uren  CrkläniAg  Hr. 
Ludwig  nicht  mit  ausreichenden  Gründen  widerlegt;  bisweilen  bekämpft 
er  sie  einfach  mit  nichtssagenden  Frage-  und  Ausrufungszeichen;  ich 
mufste  mich  also  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  nur  wiederholen.  —  Be- 
zeichnend für  den  Charakter  der  Recension  sind  Hrn.  Ludwig's  Worte 
zu  4,  106,  1  (S.  145):  *Vo»  dam,  was  der  Hr.  Verf.  über  [liv  und  de 
sagt,  will  ich  nichts  reden;  man  muss  dergleichen  lesen,  um  zu  glau- 
^eo»  daM  es  Jenumden  AbeibaMP^  eanfalteR  kann ;  diese  Be^korkuAg,  die 
dfnü  Ärgste  gl<^uben  ipacbi^«  gilt  o)einer  Behauptung,  dass^aMd^ft  g^anulto 
Stella  zweiGIMer  e^niw^i  durch  ju^it^.  und  9i  g<^en^b^r  ji^clU  w«pden!. 
04er  um  mif;  (Jv^kJarljcLt  du^  l^'^ife  vorwerfen  zu  l^i^Mieii^  vendreht  Hr. 
Ludwig  mei^  Eikläiung-  von  2|^  ^,.  ^:  *^!u  ^tß  EmW  fa^&e  ich  die* 
Wo^^  xfitgctaßX^^i  oifm:,  wie  t^m^  zu  sskgfiiv  p^egt,.  in^  wtßß^v^  indem 
i^b.  sie  soi^g]  fpr  das^  ^1^.  ^  Jtf9y  aj^i  för  4i<4  CMjava..{r(¥^^  u,,^  w.  als 
Prädicat  ^fff\\  [^aa.  uii^  4ft)  sf)  gew^oi^^ei^^  Noo^,  dlük,''ß^inoli£ 
opaOi Ücckijs^  u,>  w.  EU  (kr  uxpliq^iKün  Med/eutung- /'/i/^M^c/f . ....  Aanc 
tf^  trapolink  efTiclmii^Hd  i^o,  ^Lh  ob  ich  hier  das  vec^.  opfta  ildd^s  zu- 
gleich für  [kri'idipatn ('^  Parliri|)  s^u  %Bßixat,  durch;  dio  Au^assung  ino 
%pi,vov,  währavüi  dus  t^cAi  ]^]oh  von  xB%ifcinolig  ov0Ch  beh^u^et  wird» 
und.  für  sog,  ub^  ^m.  hiül^'  ^^  den|3  dps  laute  Lacheq  blpfsi  uqtordfü-. 
ck^d,  weil  um.  (]cfgl^icli(!ii  eine.  s«hrVau|i^e.  Seite  z^i/ h^lKin  s^che^nt, 
ff^^  CsTt  Waa  m^fff  sich  de^  11^^  Ver^  w.ol  unUsr  ^i^em.  asf^  %oi.vfiv  dea- 
l^V.  04icr.  vp^fc.  eAf^om  Nofji,  aba. ,  4er  z^gl^cb:  <V>fo,  ^^vov  ii4V- 

l^e^tiB,qriit,z.  W.  iyilouiCek. 


Auf  die  vorsjt,ehu)fl,(;n  B/\o)crkfii^geu  Hrn.  KIpq6ek|s  wird  folgendes 
genijigeu;. 


1.  Aa  mehfereji  $Mlen  mi^incr^  Anzeige  hab<^  ich  unumwunden  an- 
'      llr.  Ri;    ■•       •         '  ... 

ricl^ig  (^rkf^t^  (&9  S.,  i.i^  , ...  ua^s,,  wo  d^r  Hr.  verr.  dz^s.  gramn^atiscne 
b'^  Seite  l^^^s^ii^^^  ngjr  den  eigenllicben.  S^pb verhalt,  das.,   was   vorgeht, 


e;rl(annt|  ^^^  Ürl  Kl.'  diQ,  e  i  n  z,e  1  n.e  Stelle  richtig  versiebt ,  und  den 
s^i{ e c i  eil ^ i^  ^a|l ,  sp.  weit  qr  sich.'  voq)  A,u p t;0  r  s  e  1  b s,t  leiten  lässt, 
rlclj^ig  C|rM^.t,  (^9:  S*.  H^  •*'*  ^^^^1.  ^^  ^^f  Hl'-  ^'crf*  ^^^  gramn^atische 


<fejCleg^  er  'm^jgKl?tb?il8  richtig  ufthejlt';.  S.  147'....  was  er  über  die 
j^D^st  bf^ha^ejlß,  Stelle^  sagt».  *.•••  ist  iip  Ga|izcn  richtig');  w,as  ich 
aU  verfehU  bezeichnen  mus^te,  war  *di«  ReduQi|[;rung,auf  dj^  Grammatik' 

S,  146  M.itti,       * 

%,  Wenn.  Hr.  Kl.  weiter  sagt,  «»r  habe  sich  des  Ausdrucks  Nom. 
abs^  an  vielen  Stelj^n  n,ur  der  l^ürze  halber  bedient,  und  es  wäre  somit 
der  Vorwuijf  des  Widerspruches^  ungeijechlf^rtigU  so  verweisen  wir  ihn 
hinwiederum  auf  seine  Beband|png  der  Stelle  Thuk.  8,  25,  2,  wo  er  die 
Worte  %ccl  avtog  TtaaatpiQvric  naQtav  *  mittelst,  U(»istrichen  a)s  absolute 
Nominativconstr.  von  dem  Obrigc^n  trennt*.  Aufserdem  unte.rschei4et ja 
Hr.  Kl.  versichiedene  Arten»  ja  sjpgar  zwei  Vorstufen  de>'  Nom,  abs.;  so 
muss  er  dpnn  doch  wol,  ct^yas  besonderes  sein;  denn  von  dem  gewöhn- 
lichen Nominativ  liefse  sich  dergleichen  wol  nicht  auch  nur  crßnden. 
Es  richtete  sich  aber  unser  Tadel  weiter  noch  eiuer.seits  gegen  die  un- 
richtige, ungenügende  Erklärung  w:irklicher  (d.  h.  allgemein  als  solcher 
glO^ljetidciO  ^^^'  abs.  (S.  146....  der  Hr.  Verf.    will  eine  üngenauigkcil 


des  Ausdruckes  u,  s.  w.,  ebenso  S.  147  am  Ende),  anderseits  nicht  minder 
gegen  das  Strcbtn  iirn.  Kl.  in  den  einfachsten  Stellen  trotz  Sinn  und 
Consiruction  einen  Nom.  abs.  ausfindig  zu  machen.  Dies  trifft  Stellen  wie 
3,  102,  1.  (S.  144);  8,  30,  8.  (S.  145);  8.  25,  2.  (S.  146)  u.  s.  w. 

Die  Stellen  sind  ausfuhrlich  auf  sieben  Seiten  mit  wörtlicher  An- 
führung von  Um.  Kl.  Worten  (seine  Abb.  ist  14  Quartseilen  stark)  be-> 
sprocheii;  Hr.  Kl.  wird  hoffentlich  nicht  behaupten,  ich  hätte  die  sieben 
Seiten  mit  Frage-  und  Ausrufungszeichen  ausgefüllt. 

Der  Vergleich  mit  dem  Genetiv,  abs.  ist  unglücklich.  Dieser  ist 
einfacher  Zeitgenetiv,  stört  also  die  Fügung  so  wenig,  als  irgend  ein 
anderer  einen  Nebenumstand  gebender  Casus,  als  irgend  ein  anderes  einen 
Vordersatz  vertretendes  Farticip.  Beim  Nominativ  absol.  (wie  man  ihn 
allerdings  nicht  unpassender  nennen  kann)  theilt  sich  ein  und  derselbe 
Satzcomplex  zwischen  zweien  Subjecten;  das  Subject  tritt  in  zwei 
Formen  auf,  wie  es  sich  allm&hlich  im  Kopfe  des  Schreitenden  genauer 
pracisiert  hat. 

Eine  Zumuthung  des  Hm.  Verf.'s  muss  ich  noch  zurückweisen. 
Derselbe  bemerkt,  meine  von  ihm  citierten  Worte:  *Was  der  Hr.  Verl 
über  fiiy  und  di  sagt,  müsse  man  lesen  um  glauben  zu  können  u.  s.  w.' 
bezieben  sich  auf  seine  Bemerkung,  dass  durch  fiiv  und  di  zwei  Glieder 
einander  gegenüber  gestellt  werden.  Es  klingt  fast  lacherlich,  so  was 
auch  nur  widerlegen  zu  wollen.  Nicht  dies  konnte  ich  meinen,  sondern 
dass  Hr.  Kl.  durch  diese  Gegenüberstellung  sowie  durch  SXXmg  ts  %al 
einen  acc.  absol.  *bis  zur  Evidenz  erwiesen  fand,  davon 
glaubte  ich  würde  es  genügen  Act  xu  nehmen. 

Vielleicht  findet  sich  Hr.  Kl.  durch  diesen  kleinen  Irrthum  ange- 
regt, meine  Anzeige  aufmerksam  zu  lesen.  Die  übrigen  von  ihm  vor- 
gebrachten Puncto  will  ich  in  dieser  Hoffnung  übergehen,  und  kann  es 
auch  getrost;  denn  ich  habe,  zu  eingehender  Anzeige  von  der  Redaction 
aufgefordert,  die  undankbare  Mühe  nicht  gescheut,  den  Beweis  zu  führen, 
die  Stellen  ausgenommen,  wo  ich  es  für  unmöglich  hielt,  dass  das  Rich- 
tige verkannt  würde. 

Wien.  Alfred  Ludwig. 


Erste  Abtheil  II  ng. 


Abliandlanfl^en. 

a.  OvidHu  und  UvHu. 

Schon  Neapolta  Qiid>N.  Heinsius  l^ben  in  ihren  Commen«- 
taren  zu  Ovid's  Fasti  bemerkt,  das«  in* einzelnen  Partien  und 
Stellen  dieses  Gedichtes  eine  offenbare  Nachahmung  des  Livius 
hervortrete;  später  haben  Burmann  und  Gierig  noch  mehrere 
Stellen  dieser  Art  nachgewiesen.  Aber  so  wie  wir  überhaupt 
statt  eines  entsprechenden  Commentar's  zu  dieser  Dichtung  nur 
eine  unvollständige  Sammlung  von  Materialien  besitzen,  so  sind 
auch  in  diesem  Nachweise  gar  manche  Stellen,  wo  offenbare 
Nachahmungen  vorliegen,  fibergangen  und  wieder  andere  als 
Nachbildungen  bezeichnet,  welche  bei  näherer  Betrachtung  nicht 
dafür  gelten  können.  Es  dürfte  daher  nicht  überflüssig  sein,  hier 
eine  genaue  Zusammenstellung  der  betreffenden  Stücke  und  ein- 
zebien  Verse  zu  versuchen,  um  so  die  Art  und  Weise  der  Be- 
nützung des  Geschichtswerkes  von  Seiten  des  Dichters  fest- 
zustellen. 

Die  erste  Spur  einer  solchen  Benützung  Gnden  wir  in  der 
Cacussage  I,  548—586,  für  welche  Ovidius  sonst  in  den  meisten 
Stücken  die  Darstellung  des  Vergilius  Aen.  VIIL  185—272  als 
Vorbild  benützt  hat.  Wir  wollen  nicht  auf  die  Übereinstimmung 
von  exeussus  sonmo  (v.  547)  mit  $omno  exeüt$$  (Liv.  I,  7,  6) 
oder  von:  Traxerai  aversos  Cacu$  in  antra  fero»  (v.  560) 
mit:  aversos  boves  caudis  in  speiuncam  traxii  (Liv.  1,  7,  5) 
ein  Gewicht  legen ;  denn  solche  Anhaltspuncte  sind  zu  schwach, 
und  an  der  zweiten  Stelle  könnte  man  ebenso  gut  an  eine  Nach- 
ahmung des  Propertius  V,  9,  11  {Aversos  cauda  iraxii  in  antra 
boves)  denken.  Hingegen  dürfte  wol  nicht  zu  zweifeln  sein, 
dass  die  Worte  des  Livius  1,  7,  10:  ^^Jove  nate^  Bereutes, 
satve;  te  mihi  mater^  veridica  interpres  doum^  aucturum  eae^ 
lestium  numerum  cecinW^  die  Quelle  für  die  Schlussverse  dieser 
Erzählung  (v.  583  und  584 :  Nee  tacef  Evandri  maier  prope 
tempus  adesse^   Bereute  quo  letlus  int  satis  ma  suo)  gewesen 

Zeiurhrift   f.    H.  otterr.  Oymnas    |860    VI.  Hon.  28 


402 


Zu  Ovidius  u.  s.  w  .,  v.  h.  Schenkl, 


V.  197    Una  doitms   vires   et 
onus  susceperal  urbis. 


V.  198  Sumunl  gentiles  ar- 
ma  professa  manu 

V.  199  u.  200  Egreditur  ca- 
siris ')  mites  generosus  ab  isdem, 
£  quis  dux  fteri  quilibet  aplus 
erat. 


sind.  Eine  viel  bedeutendere  Nachbildung  iriil  in  der  Erzählung 
von  der  Niederlage  der  Fabier  am  Cremera  (II,  195 — 242)  hervor. 
Man  vergleiche  folgende  Zusammenstellung: 

Liv.  II,  49,  1  famiiiam  unam 
subisse  civiiatU  onus ;  49,  4  unius 
famUiae  viribus  Vejenlt  populo 
pestem  minitanUs. 

49,4  omnes  unius  g  entis; 
49,  3  g entern  omnem  suam. 

49,  3  consui  paludaCus  egre- 
diens  in  vestibulo  gentem  omnem 
suam  instructo  agmine  videt;  49,4 
JSsx  et  trecen/i  mlites  —  quorum 
neminem  ducem  spermret  egre- 
gius  guibustibet  temporibus  se- 
natus. 

49, 8  infelici  via  dextro  Jano 
portat}  Carmentatis  profecti. 

50,  3  iruie  consitiwn  ex  re 
naium  insidits  ferocem  hosiem 
captanüi, 

bO,^  haec  spes  provexit,  ui 
ad  ^önspecta  procut  a  Cremera 
magno  campt  intervatto  pecora^ 
gsiämguam  rura  apparebant  ho^ 
siium  arma,  decurrerent, 

50,  6  patat/que  passim  vaga 
raperent  pecora. 

50,  8  quae  res  et  paucitatem 
eorum  insignem  et  muttitudinem 
Etruscorum  ~  fticiebat. 

50>  11  Fabii  vaesi  ad  unum 
omnes  —  trecentos  sex  perisse  sa- 
tis  convenit. 

50,  11  unum  prope  puber em 
aetate ')  relietum,  turpem  genli 
Fabiae  dubiisque  rebus  poputi  Ro- 
maui  saepe  dornt  öettique  pet  ma- 
xtmum  futurum  auxitium  *> 


V.201  CarmetUisporlae  dextro*) 
est  via  proxima  Jano, 

V.  214  insidias  armaque  teeta 
^rant. 

V..  215  Campus  erat,  campt 
ciaudebatii  uttima  cott^s,  —  fn 
inedto  paucos  armentaque  rara 
-retinguunt. 

V.  223  Sic  Fabii  vattem  iatü 
discurMus  imptent, 

V.  229  Quid  faciant  pauci  con- 
tra tot  mitia  forte sf 

V.  236  Ad  betium  ntissos  per^ 
didit  una  dies  (vgl.  v.  196). 

V.  239— 292  Sam  puer  impu- 
•bes  et  adhuc  non  utitis  armis 
Vnus  de  Fabia  gente  reliclus  eratx 
bittest  nt  possBs  otim  tu,  Maxi* 
me,  noßci,  Cut  res  cunctando  re- 
ititufiuda  föret. 


')  emtris  ab  itdem  tagt  Ovid.  mit  Beziehung  auf  das  folgende 
mites  gen.  Indem  namlicb  alle  mannbaren  Fabier  zu  den  Waffeil 
griffen,  war  das  Haus  dos  Goosul  K.  Falius,  welcher  der  Vertreter 
.  des  ganzen  Geschlechtes  war,  zu  einem  Heerlager  geworden. 

'J  Es  ist  auffällig,  dass  Merkel  trotz  dieser  Parallelslello  und  dep 
treffenden  Bemerkungen  Beeker's,  Handbuch  der  röm.  Alterthümer 
(Bd.l,  S.  138;  vgl.  ISiebuhr  Bd.  %  S.  222,  Anm.  445,  Scbwcgter 
11,  1,  529,  Anm.  1)  auch  tu  der  neuen  Teubner'schen  Ausgabe 
(1866)  die  Lesart  dextra,  welche  doch  leicht  durch  das  folgende 
via  veranlasst  sein  konnte,  beii>ehalten  bat. 

•)  Vgl.  Schwegler  11,  1,  525,  Anm.  2. 

*)  Was  den  Tag  anbetrifft,  an  welchem  die  Fabier  der  List  der 
Vojenter  erlagen,  so  steht  hier  bekanntlich  Ovidius  mit  allen  an- 
deren Schriftstellern  (Liv.  VI,  1, 11|  Tac.  Hist.  H,  91 ;  Plut.  Cam.  19) 
im  Widerspruche ;  indem  er  den  13.  Februar  als  den  Unglückstag 


Zu  Ovidius  u*.  s.  w.,  v.  K.  SekenkL  iOS 

Die  im  folgenden  Abschnitte  v.  381 — 422  behandelte  Sagt 
von  der  wunderbaren  Reizung  und  Ernährung  der  göttliche« 
Zwillingssöhne  zeigt  nur  ein2^elne  Spurren  einer  solchen  Benölzung, 
Man  vergleiche  v.  393  neque  enim  proceäere  poiaunl  lof%gim9 
mit  Liv.  I9  4,  4  nee  adiri  usquam  ad  iusU  cursum  poterai  am-^ 
ni»^  v.  411  und  412  Arbor  erat.  RemanetiC  vesligia^  quaeque 
voeatur  Rumina  nunc  ficuSy  Romula  ficm  erat  mit  Liv.  1,  4,  5 
ubi  nunc  ficus  Ruminali»  est  (^Romularem  vocatam  ferunt). 
Viel  mehr  ist  dies  bei  der  unmittelbar  folgenden  Erzählung  voq 
der  Verklärung  des  Romulus  der  Fall.  Denn  es  stimmt  der 
ganze  Gang  der  Erzählung  auffallend  mit  derjenigen  des  Livius 
überein,  Julius  Proculus  gilt  dem  Ovidius  wie  dem  Livim 
J,  16,5  als  ein  angesehener  und  bedeutender  Mann  (vgl.v.  5i0) 
und  der  Schluss  der  Rede  des  Romulus  lautet  bei  Ovidius  (v.  508 
et  patriae  artee^  miUtiamque  colant)  ganz  ähnlich  wie  bei  Li- 
vius (I,  16,  7  ^^roinde  rem  mililarem  colanP^^).  Die  Schluss- 


bezeichnet,  während  ofich  der  gewöhnlichen  Tradition  diese 
Niederlage  tu  dem  Jahreslage  der  Schlacht  bei  der  Allia  er- 
folgte, d.  i.  nach  dem  julischcn  Kalender  am  18.  Juli  (vgl.  Nie- 
buhr  2,  S.  698,  Anm.  1179,  Schwcgier  H,  1,  S.  751,  Aniki.  3). 
In  Beziehung  auf  diesen  Widerspruch  hat  bereits  Niebuhr  (2,  S.222, 
Anm.  441)  ganz  richtig  bemerl^,  dass  Ovidius  den  Tag  des  Aus- 
zuges mit  jenem  der  Niederlage  verwechselt  haben  müsse.  Merkel 
(Pfolegg.  p.  62)  und  Sehwegler  (S.  752)  haben  dies  bezweifelt, 
jedoch  mit  unrecht  Denn  Ovidius  ist  ja  in  seiner  Erzählung 
selbst  mit  sich  im  Widerstreite.  Cr  lasst  die  Fabier  mitten  Im 
Winter  ausziehen  und  an  den  Cremera  gelangen  (v.  206  TurbidUi 
hi 6er nie  ilie  fluebat  aquii)\  die  Gegend  aber,  wo  ihre  Nieder- 
lage sich  ereignete,  schildert  er  uns  als  eine  Sommerlandschafit. 
Man  vergleiche  nur  v.  210  ff.  Si/vaque  tnontanae  oc entere 
apta  feroi.  In  media  parvoi  armentaque  rata  relifiquuni, 
cetera  virgulli»  abdita  turöa  tatet.  Es  ist  dies  übrigens 
auch  nicht  der  einzige  Fehler,  welchen  sich  Ovidius  bei  der  Be- 
arbeitung drr  Fasti  zu  Schulden  kommen  liefs. 

')  Vahlen  in  seinen  trefflichen  Quaettionee  Ennianae  (p.  32)  nimmt 
an,  dass  io  dem  ersten  Buche  der  Aanalen  des  Cnnius,  nachdem 
die  Zwillingssöhne  den  Fluten  preisgegeben  worden,  ein  GOtter- 
rath  abgebeten  wurde,  in  welchem  Jupiter  dem  Mars  die  kOnf- 
tige  Vergötterung  seines  Sohnes  verkündigte.  Da  aber  hiefur  kein 

.  sicheres  Zeichen  spricht,  vielmehr  der  Umstand,  dass  Venus  bei 
Ennius  der  verzweifelnden  llia  erscheint,  sie  Iröstet  und  über  das 
Schicksal  ihrer  Kinder  beruhigt  (fr-  40  cetera  quos  peperiHi  lU 
€Ures),  dagegen  zu  sprechen  scheint,  so  nehme  ich  mit  Neapolis 
aD>  dass  die  Götterscene,  die  bei  Ovidius  die  Erzählung  von  der 
Verklärung  des  Romulus  einleitet  und  die  sich  in  ganz  ähnlicher 
Weise  Metam.  XIV,  806—817  findet,  eine  getreue  Nachbildung 
des  Ennius  enthalte,  was  auch  durch  Ilorat.  Od.  111,  3, 16  bestätigt 
zu  werden  scheint  In  diesem  Falle  würde  ich  folgende  Fragmente 
bieher  beziehen:  fr.  ine.  102,  üb.  I,  fr.  43,  44  (mit  RücksicIH 
auf  Verg.  Aen.  X,  1),  dann  üb.  I,  fr.  4ö,  ine.  69,  endlich  fr.  ine. 
70,  wefches  ganz  gut  zu  Ovid.  F.  II,  489  stimmen  wQrde. 

28* 


Zu  0?idiu8  u.  8.  w..  Y.  K.  SchenhL 


ersählung  des  zweiten  Buches,  welche  die  Einnahme  von  Gabii 
und  den  Tod  der  Lucrelia  behandelt,  ist,  wie  schon  Neapohs 
ganz  richtig  bemerkt  hat,  ex  LMo  ad  unguem  desumpCa.  Wir 
wollen  auch  hier  eine  Zusammenstellung  der  beireffenden  Stellen 
versuchen. 

Liv.  1,  53,  1    Nee   ut  iniuslus 

in  pace  rex ,  iia  dux  belli  pra^ 

vus  flilt. 

53,  4  Gaöios  —  minime  arte 
Romana,  fraude  ac  dolo,  aggres- 
9UM  eil. 

53,5  Sextui  ftlius  eine,  gui 
minimus  ex  triöus  erat, 

54,  5  Uague  posfquam  satte 
Vitium  coUectum  ad  omnee  cana- 
lue  videbaty  tum  ex  euis  unum 
eeieeitaium  Romam  ad  patrem 
mUiit,  guidnam  ee  facere  teilet. 

54,  8  tfrlmaree  civitatis  —  in- 
teremit,  64,  10  donee  orba  eon- 
eiiio  auxitiogue  Gabina  res  regi 
Romano  eine  Ulla  dimicatione  In 
mmißim  iraditur. 

■ .  56,  8  ex  induetria  factus  ad 
Imitaiianem  etuMtiae. 

57, 3—8  ubi  idparum  proeessit, 
öMdiane  munUionibuegue  coeptt 
premi  kastes.  In  kie  statiPie,  ut 
fit  longo  mogle  guam  acri  bello, 
eatis  tiberi  commeatue  erant.  — 
regit  guidem  iuvenes  Merdum 
otium  eonviviis  comisationibusgue 
inter  se  terebant.  Forte  potanti- 
bue  Ms  apud  Sextum  Targuinium, 
ubi  et  Contatinue  cenabat,  incidit 
de  uxoribue  mentio :  euam  guis- 
gue  taudare  miris  modle, 
inde  certamlnä  aeeenso 
Conlatinue  negat  verbie  opue 
eese  —  guiny  si  vigor  iuventae 
Inest,  eonscendimue  eguos.  -—  in-- 
catuerant  vino  ^age  sane^  omnes. 
citatls  eguie  avolant  Romam, 

57.9  regiae  nurue,  guae  In 
eonvivio  luxugue  cum  aegualibue 
viderani  tempue  terentes. 

57,  9  Lucretlam  nocte  eera 
deditam  tanae  inter  tucubrantes 
ancitlas  in  media  aedium  seden- 
iem  Invetiiunt. 

57. 10  cum  forma  tum  epectata 
castitas  incUal. 

58,  8  hostis  pro  hospite;  58,  2 
exceptue  benigne. 


V.  686  Ultima  Targulnlus  Ro- 
manae  gent/s  babebat  Regna,  vir 
iniuslus,  fortis  ad  arma  tamen, 

V.  690  El  Gabios  turpt  fecerai 
arte  euos, 

V.  691  Namque  trium  minimue, 
prolee  manifesla  Superbi. 

V.  700  u.  701  Jamgue  potene 
mieso  genitorem  appeUat  amico 
Ferdendi  Gabios  guod  eibi  man- 
eiret  Iter. 

V.  709  u.  710  Nee  wtora  prin- 
etpibus  caeeie  ex  urbe  Gabina 
Traduntur  ihtcibue  moenia  nuda 
suis. 

V.  717  ßrutue  erat  eiuiti  ea- 
piens  imitaior. 

V.  721—733  Cingiiur  Interea 
Romanie  Ardea  eignis,  Et  pail" 
iur  lentae  obsidione  moras.  Dum 
vacat  et  metuunt  hostes  commlt- 
tere  pugnam ,  Luditur  in  caetris, 
oUamitesagIt,  Targulnlus  luvenie 
socios  dapibusgue  merogue  Aecl^ 
pii.  ex  Ulis  rege  creatus  alt: 
Dum  nos  difficills  pigro  tenet  Ar- 
tiea  bello  —  Ecguld  in  officio 
torue  est  soeialis?  —  Quisgue 
euam  laudaty  etudiis  cer^ 
iamina  crescuntj  Et  fervent 
muUo  linguague  corgue  mero. 
Surgli  cui  dederat  darum  Cölla- 
iianomen:  ^Non  opue  est  ver- 
bie ^  credtte  rebue*  alt  *Nox 
euperestt  tollamu^  eguie  Vrbem- 

V.739U.  740  Ecce  nurum  re- 
gle fttele  per  coUa  coronle  In- 
venhmt  poslto  pervigllare  mero. 

V.  741  u.  743  Lucretia  nebat, 
Lumen  ad  exiguum  famutae  data 
penea  trakebant. 

V.  763  u.  765  Forma  placet  — 
H  guod  corrumpere  non  est. 

V.  786  u.  787  Uostis,  ut  Jkospes, 
Mi  peneiratia  Coltatina.  Coml- 
ler  excipiiur. 


Zu  Ovidlos  u.  8.  w.,  V.  K,  Sekenki. 


V.  792  Nox  erat  ei  toia  Ht- 
nUna  nulia  domo. 

T.  795  Ferrum  j  Lticretia,  me- 
cum  Sei.  Naius  regii  TarquHuui- 
gue  Ufguor. 

V.  803  posids  wguentur  pe- 
eiora  pa/mis. 

V.  805  iHitai  amant  Aosüs 
precibue,  preUogue  mMsque. 

V.  811  Quid  Victor  gaude$7 

T.  835—843  Bnttui  adeet  — 
Fixaque  semiamimi  eorpora  tela 
rapit,  Stiiittntemque  tenens  pene- 
roto  sanguine  euitrum  Sdidii  im- 
popidos  vre  minanle  softost  *Per 
tibi  ego  AuHc  iuro  ftfrtem  ca- 
stumqtte  cruorem  --  Targuinium 
profuga  poetuu  cum  sOrpe  da- 
turum! 

V.  848  £i  eeeum  lacrima^.H^ 
vidiamque  trakit.  v.  849  BriUiui 
clamore  Quiritet  Concitai. ' 


58, 2  poiiquam  satie  tuta  circm 
sopitigue  omnee  videöaniur, 

58,  2  Sex.  Targuinius  «mii 
ferrum  in  manu  eet. 

58,  2  sinistrague  tnanu  muiie^ 
ris  pectore  oppreseo, 

58.2  Targuiniui  fiiieri  amo* 
rem,  orare,  miscere  preeitUM 
wUnae. 

58,  5  TarguMui  ferox  expU" 
gnaio  decore  muiieöri. 

59,  1  ßrutue  ^  euitrum  ex 
toinere  imcretiae  extractum  ma- 
nante  cruore  prae  se  tenene:  ^per 
Anne,  inguH,  caetiuimum  ante 
regiam  iniuriam  sanguinem  iuro 
—  me  P^  Targuinium  Saper&um 
cum  iceierata  eoniuge  et  omni 
iiäeroram  stirpe  ferro  igni  gum- 
cumgue  dekinc  vi  pouim,  ex» 
secuiwam! 

59. 3  concientgue  miracuio  rei 
novae.a/gue  indignitate  kominee. 
Brutus  caMiigaior  taerimarum  ai» 
gUe  inertium  guereiiamm  aueior- 
gte,  güod  vtros  deeeret,  armm 
capiendi  adversue  Moetitia  aueoe» 


Wenn  uns  nun  der  zweite  Gesang  der  Fasli  eine  grobe 
Anzahl  von  derlei  Nachbildungen  offenbart,  so  finden  ivir  in  den 
folgenden  Büchern  nur  wenige,  vereinzelte  Anklänge.  So  erinnert 
111,  52  (In  eicea  pueri  destituuntur  humo)  an  Liv.  1,  4,  6  (cum 
fluitantem  aloeum  tenuie  in  sicco  aqua  deetituieeeO  ^  v.  63 
und  64  (ßaepe  domum  veniunt  praedonum  sanguine  tarti,  Ei 
redigunt  actos  in  eua  rura  boveä)  an  Liv.  1, 4,  9  {in  latroneo 
praeda  onuslos  Hnpetum  facere  paetoribueque  rapta  dividere)^ 
v.  213  und  214  (Crineeque  resoivunC  Maestaque  funerea  cor^ 
pora  veste  tegunt]  an  Uv.  I9 18, 1  (crinibue  paeeie  scissague 
veete).  Im  vierten  Gesänge  stimmen  die  Verse  815 — 817  (aiter 
adit  nemoroH  saxa  Palati  i  Alter  Aventinum  mane  cacumem 
iiiit.  Sex  Remus^  hie  volucree  bis  sex  videt  ordine)  mit  Llt." 
1,6,4;  7,  1  (^Palatium  Romulus^  Remus  Aventinum  ad  inau^ 
gurandum  templa  captunt.  Priori  Remo  augurium  venisse  figr» 
tur  sex  miltures  —  cum  duplex  numerus  Romulo  sese  osten^ 
disset).  Endlich  finden  sich  noch  im  sechsten  Gesänge  in  der 
Erzählung  von  dem  Horde  des  Servius  (v.  587 — 610)  deutliche 
Spuren  der  Benützung  des  Livius.  Man  vergleiche  v.  591  und  592 
(^Vivere  debuerant  et  vir  meus  et  tua  coniunx^  si  nultum  au- 
suri  maius  eramus  opus)  mit  Liv.  1,47,8  (sin  mif^us^  eo  nunc 
peius  mutala  res  estj  quod  istic  cum  ignavia  est  scelus)^  v.  597 
solio  phvatus  in  alto  sederat  mit  Liv.  1,47,8  (Jn  regia  scde 


i$$  Zq  TacHus^.  u.;  s.,  w..  v.y  AT.  Sehmkh 

pt^e  curia  sedenä),  v.605  lacrimis  auriga  profusis  reHUÜ  mit 
Liv.  1,  48,  6  (reftiCiC  pavidut.  atque  inhibuU  frenos  is  i/ui  iu-^ 
menta  agebat%  v;  609  dicius  SceleraCuB  ab  ilia  vicus  mit  Liv. 
I,  48,  7  (Sceleratum  vicum  vocant). 

Mag  nun  auch  unter  dem  angeführten  vielleicht  manches  zwei-* 
felhaft  oder  unbedeutend  er£Qheineri,  es  ergibt  sich  doch  mit 
Sicherheit,  dassOvidius  bei  der  Behandlung  desselben  Stoffes  nicht 
blofs  einzelne  Zage  und  Ausdrücke  entlehnt,  sondern  auch  zu-^ 
weilen  den  ganzen  Gang  von  Erzählungen,  wie  er  bei  Livius 
erscheint;  beibehalten  und  nur  diejenigen  Un^änderungen  vorge- 
nommen hat,  welche  bei  der  poetischen  Behandlung  als  dringende 
Nothwendigkeit  erschienen.  Es  ist  übrigens  bezeichnend,  dass 
fScfa  diese  Nachbildungen  durchaus  nur  auf  das  erste  und  zweite 
Buch  des  Livius  erstrecken  und  da,  wo  Ovidius  Dinge  behandelt, 
welche  in  späteren  Büchern  des  Livius  berührt  werden,  sich 
keine  Spur  einer  Ähnlichkeit  auffinden  lasst«  Denn  das  erste  und 
Ikeihfveise  auch  das  zweite  Buch  des  Livius  tritt  ja  durch  seine 
wundervolle,  wahrhaß  dichterische  Darstellung  vor  den  anderen 
^eit  hervor.  Und  dass  dies  der  grofse  Dichter  durch  seine 
Nachbildung  anerkannt  hat,  ist  gewiss  kein  geringes  Lob  für 
Livius.  Deshalb  sollte  wol  dieser  Umstand  in  einer  römischen 
Litdralurgeschichte  nicht  fibergangen  werden.  Endlich  sind  diese 
Bemerkungen  auch  für  die  Beurtheilung  der  Darstellung  und  des 
Stiles  des  Ovidius  nicht  ohne  Interesse.  Man  hat  bisher  in  all- 
zureichlichem Mafse  die  schöpferische  Originalität  dieses  Dichters 
bewundert.  Eine  genauere  Untersuchung  wird  zeigen,  dass  auch 
er  im  einzelnen  vielfach  von  Vergilius,  Lucretius,  Tibullus  und 
Propertius  abhängt.  Freilich  darf  man  bei  ihm  kein  mühevolles 
Zusammensetzen  und  Einordnen  des  entlehnten  voraussetzen; 
^eine  Nachahmungen  sind  Früchte  einer  ungemeinen  Belesenheit 
und  eines  sehr  treuen  Gedächtnisses ;  sie  sind  nicht  ängstlich  ge- 
sacht, sondern  gewiss  oft  dem  Dichter  selbst  unbewusst  entstanden. 

b.  Zu  TacUui'  Attn^cHi  ßucä  i  und  2, 

Die  folgenden  Bemerkungen  betreffen  Iheils  die  Kritik,  theils 
^  Erklärung  einzelner  Stellen  des  ersten  und  zweiten  Buches 
yon  Tacitus'  Annalen,  und  sind  Ergebnisse  der  Vorlesungen, 
iVelche  ich  über  diese  Bücher  im  Wintersemester  1859  gehalten 
habe.  Dass  ich  bei  diesen  Erörterungen  hauptsächlich  auf  die 
Nipperdey'sche  Ausgabe  (2.  Aufl.  1855)  Rücksicht  genommen, 
wird  bei  der  Bedeutung,  welche  dieselbe  für  Texteskritik  und 
Erklärung  hat,  gewiss  Billigung  finden. 

Zu  Ann.  ],  15  Negue  populus  ademptum  ins  queslus  eH 
ni»i  inani  rumore  bemerkt  Nipperdey:  Jmani  rumore  'nach 
leerem  Gerede.'  Es  gieng  das  Gerede  das  Volk  beklage  sich : 
das  Volk  that  es  aber  nicht. ^'  Gegen  diese  Erklärung  inuss  man 


zu  Ttfcitufl(  u.  IB.  w.^  V.  K.  SckenkL  407 

tiAw^nden,  dass  erstlich  eine  solche  AblkitivconstniGlion,  wie  sie 
hier  angenommen  werden  müsste,  ohne  alles  Beispiel  dastehe 
tweitens  der  Ausdruck  gue$tu$  ese  nUi  und  das  Beiwort  IvtniM 
noihwendig  tiuf  die  tisherige  Deutung :  ^mit  leerem  Gemurmel^ 
hinweisen.  Der  Ablaiiv  steht  hier  in  ganz  gleicher  Weise  wie 
m  qmri  rauco  siridore  bei  Ovid.  Met.  14,  100.  Was  die  ur- 
sprüngliche Bedeutung  von  rümor  anbetrifft,  so  hat  Lubker  in 
Kiots'a  Handwörterbuch  dieselbe  ganz  richtig  bezeichnet,  nur  bat 
er  nicht  den  etymologischen  Zusammenhang  mit  rdniB,  rmt^euM^ 
ru'ä'O^  ru'ff''i0y  griech.  G>-pt;-o/Kat ,  m-pv-y-ij,  ij-Qv^yov 
(Ygl.  Pott  Etym.  Forsch.  1,218)  angedeutet.  Aufiser  dieser  Stelle 
erscheint  noch  rumor  in  seiner  ursprünglichen  Bedeutung  Ann. 
3,29  iseeundo  rumwre,  vgl.  Verg.  Aen,  10,266).  Cbrigens  ist 
es  merkwürdig  genug,  dass  Bötficher  in  seinem  Lex.  Tac.  unsere 
Stelle  nicht  einmal  unter  rumor  anführt  und  auch  bei  Citierung 
von  Ann.  8,  29  nicht  die  eigentliche  Bedeutung,  welche  riimor 
hier  hat,  hervorhebt« 

Die  Stelle  Ann,  I,  Mi  Pöstrema  promptU  iam  et  aiUs  $€* 
didoni»  miniaifis  erklärt  N^  ^«nachdem  sje  schon  (im  allgemei- 
nen) bereit  und  Andere  (als  die,  webihe  blols  bereit  waren) 
Heirer  zum  Aufruhr  waren.^'  Die  Beispiele^  welche  zur  Recht- 
fertigung dieser  Interpretation  angeführt  werden,  wie  c.  6S  Cme'» 
cinae  easira  meiari  in  foeo  placuie^  ut  opus  ei  aiii  proelium 
incipereniy  scheinen  mir  niclit  vollkommen  entsprechend  zu  sein. 
Denn  das  Eigenthümliche  derselben  besteht  darin,  dass  der  Salz 
so  begonnen  wird,  als  ob  er  sich  auf  das  Ganze  beziehen  sollte, 
und  nachträglich  noch  eine  Bestimmung  hinzutritt,  aus  welcher 
man  ersieht,  dass  auch  die  crstere  Aussage  nur  von  einem  Theile 
des  Ganzen  gilt  (ganz  ahnlich  im  Griechischen,  z.  B.  Xen.  Cyr. 
1,  4»  22  u.  ö.).  Im  vorliegenden  Falle  aber  bezieht  sich  prompHs 
jedenfalls  auf  das  vorausgehende  deferrimum  quemque  und  mit 
alHs  wird  ein  neues,  keineswegs  schon  in  prompCis  enthaltenes 
Moment  hinzugefügt.  Doch  warum  sollte  man  nicht  viel  ein- 
facher und  natürlicher  a/iis  $,  mimslris  als  das  Subject  des 
Abi.  abs.  auffassen  können?  aliie  steht,  wie  gesagt,  nicht  mit 
Beziehung  auf  Percennius,  sondern  auf  delerrimum  quemque^ 
so  dass  wir  die  Stelle  übersetzen  müssen:  ^<Zuletzt,  als  schqp 
auch  andere  Milhelfor  des  Aufruhres  bereit  waren.*'  Tacilus  wili 
sagen:  Endlich  da  die  Ansteckung  im  Lager  weiter  um  sich  ge* 
griffen  halte  und  Percennius  nicht  mehr  blofs  über  den  Aus- 
wurf, sondern  bereits  über  eine  bedeutende  Anzahl  der  Soldaten 
verfügen  konnte.  Nur  bei  dieser  Erklärung  treten  die  Worte 
poslremo  und  iam  in  ihrer  eigentlichen  Bedeutung  hervor. 

Ann.  1,  19.  Agfjerebalur  nüulo  minus  eaespes,  Ualm  em- 
pGehlt  die  Besserung  Walther's  ^^aggerabatur^^  mit  den  Worten: 
(iCaespiCem  congeslum  esse  iam  supra  c.  18  dictum  esty  ma- 
gisque   conoenil  iis   qnac  acquuntuv   vcrbum  aggcrandi   quam 


loa  2u  Tacitus  u.  8.  w.^  v.  AI  SehenhL 

adgerendu  Quo  aeeedit  qvod  Medkeus  primus  semper  habei 
adgtrere  (2,  57;  3,  67),  adgestus  (],  35),  adgredi^  nusquam 
aggerere  etc.^^  Doch  im  Torausgehenden  heifst  es  nur:  Simui 
ebngerunt  eaespitea,  exstrwtni  Mbunal,  woraus  wir  ersehen, 
daas  einige  Rasenstücke  herbeischleppten,  andere  dieselben  auf- 
schichteten. Auf  dieses  eongemne  bezieht  sich  nun  aggerebatur 
und  deutet  an,  dass  trotz  der  Ermahnungen  des  Blasus  die  Arbeit 
unausgesetzt  gefördert  wurde;  das  exslruere  wird  nicht  beson- 
ders er>iähnt,  da  es  sich  aus  dem  aggerebatur  von  selbst  er- 
gibt. Was  endlich  den  letzten  Grund  anbelangt,  so  bedenke  man, 
das«  doch  im  cod.  Med.  I.  die  Schreibweise  öfters  zwischen  Assi- 
milation und  Nichtassimilation  schwankt,  z.  B.  in  adpeilo  neben 
appeiio  (4,  2,  65  u.  ö.)  und  somit  eine  definitive  Entscheidung 
nicht  möglich  wird;  auch  Baiter's  Bemerkung:  ^9ed  offendie  asH- 
mUaÜo  agg.  inter  verba  adceierabo  ei  adcreveraP>  ist  nicht 
entscheidend ;  denn  wer  kann  bestimmen,  was  hier  dem  Schreiber 
des  Codex  und  dem  Schriftsteller  selbst  zuzuschreiben  ist?  — 
Im  folgenden  gibt  der  cod.  Med.  iamque  paeiori  eiusque  ad* 
ereveralf  was  man  theils  in  peeiori  usque^  theils  in  pecCori 
ehu  uMgue  umänderte.  Könnte  man  nicht  mit  bloiser  Trennung 
der  überlieferten  Zeichen  schreiben :  ^^peetari  ei  u$que^^  9  So  hat 
Linker  in  dieser  Zeitschrift  QN,  S.  292)  das  Ann.  1,  11  über- 
lieferte rariae  diseerebai  richtig  jn  varia  ediaaerebai  verbessert. 

Ann.  I,  36  ei  rnUea  nomine  CaiuaidiuM  airicium  obiuHl 
giadium^  addUo  acutiorem  eaae.  Man  sollte  doch  in  einem  Com- 
mentare  mit  einigen  Worten  auf  den  bitteren  Hohn  aufmerksam 
machen,  welcher  in  diesem  acuiiorem  eaae  liegt.  Der  Soldat 
will  damit  sagen,  dass  er  im  Kampfe  sein  Leben  auf  das  Spiel 
setzen  müsse,  während  der  Imperator  das  seinige  schonen  und 
daher  sein  Schwert  ruhig  in  der  Scheide  lassen  könne.  Darauf 
scheinen  sich  auch  besonders  die  folgenden  Worte :  ^^mali  moria^> 
zu  beziehen. 

Ann.  I,  41  schreibt  N.:  «iVo/i  floreniia  Caeaaria  neque 
auia  in  caairia  aei  velui  in  urbe  vicia  faciea;  gemituaque  ac 
pianUua  eüam  miiiium  aures  oraque  advertere^^^  und  fügt  die 
Bemerkung  hinzu :  <<iVoii  faciea^  Ausruf  des  Schrinstellers,  welcher 
zum  Vorhergehenden  im  Verhältnis  einer  Apposition  steht.  Zu 
dem  Gliede  »ei  —  faciea  ist  nicht  wieder  Caeaaria  zu  denken: 
es  ist  allgemein  'ein  Bild,  wie  es  in  einer  besiegten  Stadt  vor- 
kommt'.*>  Durch  diese  Erklärung  wird  aber  der  ganze  Zusam- 
menhang gestört.  Aus  den  Schlussworten  des  vorhergehenden 
Capitels  ersehen  wir,  dass  Germanicus  selbst  mit  seinen  Freun- 
den die  abziehenden  Frauen  begleitete  und  dieselben  zur  Eile 
drängle;  schon  dies  deutet  auf  eine  Verbindung  von  faciea  mit 
gemituaque  ac  pianclua  hin,  welche  auch  durch  die  Wortstellung 
und  durch  aurea  oraque  empfohlen  wird.  Ferner  ist  es  nicht 
recht  denkbar,  dass  bei  der  scharfen  Entgegenstellung   des  veiut 


Zu  Tacitus  u.  s.  w.^  v.  K,  Sehenhi.  409 

in  urbe  vkta  zu  suis  in  castris  das  zweite  Glied  allgemein  za 
fassen  sei,  sondern  die  ganze  Anordnung  drängt  dazu  auch  hieher 
Caesaris  zu  beziehen.  Warum  soll  nun  dieser  gekünstelten  Er- 
klärung gegenüber  m'cht  die  ursprüngliche  einfache  ihr  Recht  be- 
halten? Man  übersetze:  «Die  Erscheinung  des  Caesar,  der  nicht 
im  Glänze  seiner  Macht,  nicht  in  seinem  Lager,  sondern  gleichsam 
in  einer  besiegten  Stadt  zu  weilen  schien  u.  s.  w.^^  Der  Vergleich 
ist  ganz  passend ;  denn  auch  in  einer  eroberten  Stadt  suchen  die 
Bürger  ihre  Weiber  und  Kinder  zu  flüchten  und  drängen  die 
Weinenden  zu  gröberer  Eile  (vgl.  c.  40  quae  simul  irahe^ 
banlur).  Die  Conjectur  von  Pluygers  (Spec.  emend.  in  C.  T. 
liöros  priores  Leyden  1869,  p.  2)  negue  quae  suis  in  casCris 
verdient  keine  Beachtung. 

Ann.  1,  42.  Coniugem  el  liberos  meosy  quos  pro  gioria 
vestra  Hbens  ad  exilium  offerrem^  nunc  procui  a  fiirenlibus 
summoveo,  Hiezu  bemerkt  N.:  ^JUberos  meos^  auGser  Caliguia 
die  beiden  in  Rom  befindlichen  Nero  und  Drusus.  Zu  den  bei- 
den letzteren  passt  aus  summoteo  nur  der  allgemeine  Begriff  des 
Femhaltens.  An  das  Kind,  mit  dem  Agrippina  schwanger  gieng, 
zu  denken,  wäre  übelangebrachte  Spitzfindigkeit^  Um  diese  Er- 
klärung zu  verwerfen,  bedarf  es  nur  einer  richtigen  Beachtung 
der  Worte:  nunc  procut  a  f.  summoveo;  wer  kann  wol  hier 
an  die  in  Rom  weilenden  Söhne  denken?  Ob  übrigens  die  Be- 
ziehung von  liberos  auf  den  kleinen  Caius  und  das  noch  unge- 
borene Kind  wirklich  so  spitzfindig  sei ,  als  N.  meint,  wird  man 
leicht  bcurtheilen  können,  wenn  man  C.  40  poslremo  uCerum 
eius  ei  eommunem  filium  multo  cum  flelu  amplexus  (vgl.  c.  59 
subieelus  sereiiio  uxoris  Uterus')  und  in  unserem  Capitel  das 
Folgende:  neee  occisus  Augusii  pronepos^  interfecia  Tiberii 
nurus  nocentiores  pos  faeiai  vergleicht. 

Ann.  1,  52.  Gaudebat  (Tiberius)  oppressam  sediiionem; 
sed  quod  largiendis  pecunüs  et  missione  festinala  favorem  nU" 
Htum  quaesivisset  y  bellica  quoque  Qermanici  gioria  angebatur, 
erklärt  N.  folgendermafsen :  «Er  hatte  darum  geworben,  weil 
Germanicus  in  seinem  Namen  handelte  und  er  seine  Zugeständ- 
nisse bestätigen  musste.'^  Aber  können  wol  die  Worte :  missione 
festinata  favorem  militum  quaesimsset  auf  Tiberius  be- 
zogen werden?  Deutet  nicht  das  zu  den  beiden  Ausdrücken, 
sowol  zu  dem  durch  quod  eingeleiteten  Salz  als  auch  zu  dem 
Ablalive  bellica  O.  gioria  gehörige  angebatur  darauf  hin ,  dasa 
wir  auch  bei  quaesimsset  nur  Germanicus  als  Subject  denken 
können?  Der  Schriftsteller  hat  das  Subject  des  abhängigen  Satzes 
absichtlich  für  den  Zusatz  bellica  quoque  gioria  aufgespart,  um 
es  hier  mit  vollem  Nachdrucke  hervortreten  zu  lassen. 

Ann.  1,  59  nie  delectus  Tiberius  erklärt  N.  delectus  ^jxkxa 
Herrscher  durch  den  Staat  erkoren,  wie  sich  Tiberius  den  Schein 
gab*>   und  vergleicht  c.  7:    dabat   et  famae  ut  vocalus  elec^ 


410  Zu  Taoitus  u.  s.  w.,  v.  K.  Scketihl. 

tM^gue  polius  a  re  publica  videreCar  quam  peruxoHum  am- 
kUUm  et  sefUU  adoptione  inrepsüse.  Wir  entgegnen  hier  mit 
denselben  Worten,  mit  welchen  Fr.  A.  Wolf  die  Erklärung 
Gronov'«:  «zum  Thronerben  erkoren'^  zurückgewiesen  hat:  Quid 
hiHS  ad  heroem  öarbarum?  forli  hellandique  perico  sese  fbr- 
iiorem  fert.  iniellige  ergo  cum  Freinshemio  ex  oplimis  elecium 
petendo  hello.  Man  muss  sich  erinnern,  dass  nach  der  Nieder- 
lage des  Varus  Tiberius  763  u,  c  den  Oberbefehl  am  Rhein  er- 
hielt (vgl  YelL  II,  180,  1,  Suet.  Tib.  18,  Dio  Cass.  LVI,  23), 
und  somit  derjenige  war,  dem  man  in  dieser  Gefahr  die  Be- 
schutzung  der  Reicbsgrenze  anvertraute.  Diese  nähere  Bestim- 
mung von  deleciue  ergibt  sich  leicht  aus  dem  ganzen  Zusammen- 
hange. Hätte  Tacilus  etwas  anderes  im  Sinne  gehabt,  so  würde 
er  nicht  deleclue  so  einfach  hingestellt  haben.  Übrigens  bemerkt 
Walther  ganz  gut,  dass  deleclue  dem  folgenden  inperiium 
aduleecenlulum  gegenübersteht. 

Ann.  1,  7.4  schreibt  N«  Sei  Marcellum  ineimulabant  statt 
des  überlieferten  Sei  üf.  ineimulahai^  mit  dem  Bemerken,  dass 
das  vorhergehende  nur  vom  Hispo  verstanden  werden  Jiönne,  der 
aecusalor  in  den  nächsten  Worten  aber  Crispinus  sei,  wie  auch 
das  folgende  Addidil  Biepo  zeige.  Aber  mit  ineimulabanl  würde 
nicht  das  folgende  deUgerel  aecusalor  obieelaretque  reo  stimmen, 
wofür  wir  deligerenl  obieelarentque  erwarten  müssten;  auch  ist 
mir  nicht  bekannt,  dass  aecusalor  und  subscriplor  irgendwo  so 
in  einen  Plural  zusammengefasst  werden,  abgesehen  davon,  dass 
die  Mithilfe  des  Hispo  erst  im  folgenden  ausdrücklich  bezeichnet 
wird.  Unter  solchen  Uiqstanden  muss  man  den  Satz :  Nam  egens 
u.  s.  w.  parenthetisch  aulTassen.  Er  ist  eine  blofse  Digression, 
Dach  welcher  der  Schriftsteller  mit  Sed  Marcellum  u.  s.  w.  zur 
Hauptsache  zurückkehrt  und  dann  insimulabat  an  das  vorher- 
gehende postulamt  anschlielst.  Ebenso  wenig  scheint  mir  eine 
andere  Yermulhung  Nipperdey's  zu  billigen,  welche  den  Schluss 
unseres  Capitels  betrifft.  Er  nimmt  hier  an  dem  Ausdrucke 
poenüenlia  paliens  lulit  Anslofs^  da  man  weder  ferre  allein  in 
der  Bedeutung  'ertragen',  noch  paiienlenh  ferre  ^  sondern  nur 
jl^aHenler  ferre  sage,  endlich  auch  die  Freisprechung  nach  der 
•Aufwallung  des  Tiberius  ohne  seine  Initiative  nicht  denkbar  sei« 
Die  Construction  von  ferre  in  der  Bedeutung:  ^<sich  gefallen 
lassen»  mit  folgendem  Acc.  c.  Inf.  findet  sich  ebenso  Horat.  Epod. 
1$,  13  Nam  si  quid  in  Flacco  viri  esl^  \on  ferel  assiduas 
poliori  te  dare  noctesy  was  den  Gebrauch  des  Adjectivum  statt 
des  Adverbium  anbelangt,  so  verweise  ich  auf  das  Lex.  Tacil. 
p.  87  und  bemerke,  dass  an  unserer  Stelle  auch  noch  der  Ablativ 
pocnüenlia  auf  diese  Construction  eingewirkt  hat;  endlich  wolle 
man  bedenken,  dass  Tiberius  früher  erklärt  hatte  se  quoquc 
in  ea  causa  lalurum  senlentiam  und  nun,  seine  Unvorsichtigkeit 
bereuend,  bei  der  Abstimmung  sich  jedweder  Äußerung  enthält. 


;     Z\i  Tacilu3  1).   s,  \v.,  V.  K.  acketiki:  411 

^Asni  I,  79  sphlagt  N.  slall  des  überliererten  refigionei 
$9eiorum:  rHigione»  maiorum  voi:,  indem  er  zur  Begründung 
anfährt,  dasa  darunter  die  Bewohner  der  Provinzen  nicht  ver- 
standen  werden  könnten ,  weil  für  sie  die  Flüase  Italiens  teiü^ 
vaterländischen  (patrii»  amnibuM)  waren,  und  es  gar  nicht  glauln 
lieh  erscheine,  dass  sie  dieselben  je  verehrt  haben;  aber  auch 
von  den  Anwohnern  der  Flüsse  könnte  das  Wort  nicht  verstan- 
den werden,  da  dies^  allerdings  früher  $ocU^  aber  damals  seit 
einem  Jahrhundert  und  theilweise  9uch  noch  früher  römische 
Bürger  waren,  somit  von  ihren  Nachkommen  odei:  Nachfolgern 
Qiin^öglidi  ibcii  genannt  weYden  konnten.  Ge'wiss  kann  sota  nur 
von  den  Anwohnern  der  Flüsse  verstanden  werdeu ;  der  Ausdruck 
aber  scheint  hier  gewählt  zu  sein,  um  an  die  Vertrage  zu  er-* 
innem,  durch  welche  sie  socii  der  Römer  geworden  waren  und 
in  welchen  ihnen  ihre  Autonomie  garantiert  war«  Ich  vermuthe, 
dass  er  eine  wörtliche  Entlehnung  aus  einer  im  Senatspro locoUe 
verzeichneten  Rede  ist. 

Ann.  2,  6  verdächtigt  N.  mit  Recht  den  zwischen  Slliui 
und  Ciecina  aufgeführten  Nanlen  Anteiiis,  d|i!eben  diese  Stel- 
hing  und  die  Unterlassung  der  Angabe  des  .  Vornamens  darauf 
hhiweiat,  dass  hier  eine  bedeutende  und  bekannte  Persönlichkeil 
bezeichnet  werden  solle;  ein  Anteius  wird  aber  zu  dieser  Zeit 
sonst  nicht  genannt.  Dagegen  hat  die  Besserung  Apronius,  welche 
N.  vorschlagt,  manches  Bedenkliche.  Urlichs  meint,  dass  Anteius 
einer  Dittographie  aus  dem  vorhergehenden  d  Antio  seinen  Ur«- 
sprung  verdanke.  Ist  nicht  vielleicht  richtiger  anzunehmen,  dass 
Anteius  ans  einer  Randglosse  Anteio  entstanden,  welche  die  sinn«* 
lose  Überlieferung  Cantio  verbessern  sollte?  Auf  eine  solche 
Vermuthung  konnte  ein  Leser  des  Tacitus  leicht  verfallen,  dn 
der  Name  Anteius  Ann.  18,  22;  16,  21  vorkommt. 

Ann«  2,  8  Claais  Amisiae  relicta  laevo  amne;  erralum* 
que  ffi  00,  quod  non  subeexU  CransposuiC  miUlem  dextrad  in 
terras  üurum.  Diese  vielbesprochene  Stelle  dürfte  sich  meiner 
Meinung  nach  am  einfachsten  so  herstellen  und  erklären  lassen. 
Amisiae  kann,  wie  N.  richtig  bemerkt,  nur  als  Name  des  Flusses 
und  als  von  laeoo  amne  abhängiger  Genetiv  gefasst  werden, 
Die  Construclion  hat  gar  nichts  auffallendes,  und  die  Voranstel- 
lung des  Genetives  erklärt  sich  dadurch,  dass  Tacitus  hervor- 
heben will,  die  Flotte  sei  im  Flusse  selbst,  nahe  bei  der  Mündung 
desselben,  stationiert  worden  (denn  im  Vorausgehenden  war  nur 
uMque  ad  Amisiae  flumen  gesagt  worden).  Hiezu  verhält  sich 
l^eüQ  amne  gewissermaßen  als  eine  nähere  Bestimmung.  In  dem 
folgenden  Satze  scheinen  die  Versuche,  subvexU  oder  tranapoeuit 
für  Einschiebsel  zu  erklären,  verfehlt.  Wenn  man  die  beiden 
Verba  im  Verhältnisse  zu  einander  betrachtet,  so  sieht  man  leicht, 
dass  transposuic  die  Folge  des  subvexiC  ist;  Tacitus  bezeichnet 
es  als  einen  Irrthum,  dass  Germanicus  nicht  mit  der  Flotte,  den 


412  Zu  Symmachus  u.  s.  w.^  v.  K.  Schenhl\ 

Strom  hinauffuhr  und  dann  das  Heer  mitten  im  feindlichen  Lande 
an  das  rechte  Ufer  übersetzte.  Dieser  entsprechende  Sinn  lässt 
sich  nun  leicht  durch  ein  zwischen  die  beiden  Verba  eingefugtes 
ae  herstellen.  Übrigens  scheint  der  Tadel  des  Tacitus  wohlbe- 
gründet  zu  sein.  Bei  diesem  Feldzuge  kam  es  insbesondere  darauf 
an,  die  Feinde  ungerustet  zu  überraschen;  dies  hätte  leicht  auf 
die  eben  bezeichnete  Weise  geschehen  können,  wahrend  der  mehrere 
Tage  dauernde  Brückenbau,  der  auch  nach  einer  Landung  am 
rechten  Ufer  in  Angriff  genommen  werden  konnte,  alles  dies  zu 
nichte  machte. 

Ann.  2,  13  erhebt  N.  gegen  die  überlieferte  Leseart:  per 
teria  per  iocos  eundem  animum  die  Bedenken,  dass  ioei  von  den 
Soldaten  durchaus  nicht  zu  der  Person  des  Germanicus  passten, 
wie  sie  Tacitus  2,  72  schildere,  und  dass,  wenn  beim  Germa- 
mcus  vom  Bewahren  der  gleichen  Gesinnung  die  Rede  sein  soll, 
Scherz  und  Ernst  ein  schwacher  Ausdruck  sei,  und  schlägt  dann 
vor  eundem  in  anhnum  zu  lesen.  Wir. wollen  uns  nicht  auf  die 
Vt^iderlegung  dieser  Besserung  einlassen,  sondern  die  Überlieferung 
zu  erklären  sucheo*  Die  Worte  besagen,  dass  Germanicus  im 
Ernste  und  Scherze  sich  gleich  blieb,  dso,  wenn  ich  mich  so 
ausdrücken  darf,  ei  hilariiatem  graviiaie  ei  graviiaiem  camiiaie 
iemperabai,  Allzugrolser  Ernst  ist  für  einen  Feldherm  nicht 
passend;  er  muss  sich  dem  gemeinen  Mann  nähern,  mit  ihm 
nach  seiner  Weise  verkehren  können,  ioea  atque  seria  cum  hu* 
millumis  agere^  wie  Sallustius  Jug.  96  von  Sulla  sagt.  Und 
jener  Xenopbontische  Kyros,  den  ein  Scipio  als  das  Ideal  eines 
Feldherrn  betrachtete,  scherzt  er  nicht  oft  im  Augenblicke  der 
Gefahr  mit  den  Kriegern,  und  sagt  nicht  Cicero  von  ihm  (adQ. 
Fr.  1,  8,  28)  cuius  summa  gravitas  ab  illo  phihsapho  cum 
singulari  comiiate  coniungiCur?  In  einer  allgemeinen  Charakter- 
schilderung des  Germanicus  wäre  der  Ausdruck  bedeutungslos, 
in  der  Charakteristik  des  Feldherrn  und  zwar  im  Munde  der 
Soldaten  ist  er  von  höchster  Bedeutung. 

c.   Die  Exeerpte  aus  den  Briefen  des  Symmachus  in  dem  Speculum 
historiale  des  Vinceniius  Bellovacensis. 

Auf  diese  Exeerpte,  welche  der  Dominicanermönch  Vin- 
ccntius  von  Beauvais  (gest.  1264)  in  seinem  Speculum  historiale 
lib.  XXI,  c.  14  millheilt,  hat,  soviel  ich  weifs,  zuerst  Th.  Ob- 
barius  in  seiner  Ausgabe  der  Bücher  de  consolalione  philo- 
sophiae  von  Boelhius  (Jena,  1843,  p.  38,  not.  26)  aufmerksam 
gemacht.  Die  Herausgeber  des  Symmachus  hatten  wol  mehrfach 
Citate  aus  dessen  Briefen  bei  millelallerlichcn  Schriftstellern  an- 
geführt, diese  gröfseren  Exeerpte  aber  gänzlich  unbeachtet  ge- 
lassen. Obbarius  hält  mit  Vincentius  von  Beauvais  diese  Stellen 
für  Reste  von  den  Briefen  des  jüngeren  Symmachus,  des  Schwie- 


Zu  Symmacbos  u.  s.  w.,  ▼.  J*.  Sekenki.  413 

genraters  des  Boethius,  was  freilich  kaum  glaublich  Uingt. 
Denn  man  braucht  nur  das  erste  Stück  aus  der  Briefsainmiung 
des  älteren  Symmachus  durchzulesen,  um  sich  zu  fiberzeugen, 
dass  diese  Stellen  Excerpte  aus  den  Briefen  jenes  berühmten 
Vertheidigers  des  sinkenden  Heidenthums  sind.  Dies  hat  nun 
auch  Suttner  in  seinem  Programme :  ^^Boethius,  der  letzte  Römer^^ 
(Eichstätt,  1852,  S.  21,  Anm.  28)  richtig  gegen  Obbarius  be- 
merkt, aber  eine  eingehende  Untersuchung  dieser  Auszuge  ist 
noch  nie  vorgenommen  worden.  Ich  gebe  daher  im  folgenden 
den  Text  des  bezeichneten  Capitels  nach  der  undatierten  editio 
prineeps  (vgl  Ebert  1,  1082  ff.),  indem  ich  durch  die  beige- 
setzten Zahlen  die  Briefe  andeute,  aus  welchen  die  mitgetheilten 
Stellen  entlehnt  sind,  und  in  den  unter  den  Text  gestellten  An- 
merkungen die  Übereinstimmung  der  Lesarten  in  den  Excerpten 
mit  denen  der  bisher  verglichenen  Handschriften  bezeichne. 

G.  14.  De  apnmaeh^  FtOrMo  Boeiii  »ocer9  et  dictU  eins. 

Sigebertus  (in  Chronicis  ann.  502,  vgl.  Hon.  Germ,  bist., 
Tom.  VI  Script.,  p.  SlS)r  mEodem  tempore  Symmachus  Pa^ 
Meius  rem  publicam  (Romanäm)*)  illuitratHt  et  cum  eo  gener 
ein»  Boetius  vir  conmiarie^  congpieuui  in  utraque  lingua  {et 
praeetans)  eruditiane  amnium  Uberalium  arlium,  quas  paene 
amnes  a  Oraeco  in  Latinum  transtulit  et  exposuit.^^  Scripsit 
auiem  Symmachus  epistolarum  tibrüm  unum^  de  quo  paucas 
istas  notabiles  sententiolas  Mc  excerptas  suhieci. 

Omnis  ostentatio  non  caret  suspicione  mendacii,  quia 
quiequid  assumitur^  proprium  non  putatur  (I,  1  ed.  Sciopp. 
Mogunt.  1608). 

Faeü  affectio  tenerior^),  ut  sit  querela  proclivior  (l^^i). 

Moltis  est  animus  diligentis  et  ad  omnem  sensum  do^ 
loris  arguitur*))  si  negligentius  tractes^  cito  marcescit^)  ut 
rosoy  si  durfus  teneas^  tiquescit^)  ut  lilium^)  (1,84). 

Laetitia  loquax  res  est  atque  ostentatrix  sui  (1,37). 

Semper  natura  gaudet  aequalibus  et  familiäre  sibi  est 
omncy  quod  simile  est  (1,  43). 

Natura  rerum  est^  ut  qui  balbutiunt  plus  loquantur; 
affeetant  enim  copiam  sermonis  pudore  *)  defeetus  (1,  76). 

*)  Die  eingeklammerten  Wörter,  welche  sich  in  allen  Handschriften  des 

Sigebertus  finden,  fehlen  in  der  genannten  Ausgabe  dos  Yincentius. 
')  Alle  Codd.  tenerior  affectio, 
*)  Alle  Codd.  argutus. 
*)  Gto  marcescil  cod.  Bertin.  Vat.  11,  c.  marcescet  cod.   Bamberg, 

c.  marcet  cod.  Div.,  c.  muicet  codd.   Fuld.  Boss.  ed.  Argcnt.  I, 

c,  mucet  ed.  Frob. 
*)  liguet  cod.  Bamberg,  ed.  Prob.,  candet  et  liquet  ed.   Argent  I, 

Itvet  cod.  Div. 
*)  cQuidam  codd.  Ut  lilium^  cd.  Jur.  II ;  gew.  ut  iilia, 
0  Alle  codd.  copiam  pudore. 


414  Zu  SyiJiinacluis  u.  s.  tv,^  v.  /f.  SckenhL  . 

Ouomm  me/M  honesta  eity  imbecHIa'')  frons  est  (I,  90): 

Jti4t/a  conieclura  esCj  quae  de  atnicorum  pondere  et 
aeBHmatione  colUgltur  (2,  16). 

Pro  optimii  viris  quisquis  intercenil^  non  magit  illorum  nide^ 
iur  iueare  commodum^  quam  suum  commendare  iudicium  (2,  29). 

Levatur  aegritudine  animuSy  quoUens  in  officia  amica 
mrigUur  (2,  82). 

Minus  est  aiiemtm  sentenliam  spernere^  quam  a  propria 
äieerepare  (2,  91). 

Odi  in  pareo  corpore  longa  velamina\  iUa^  veetis  de* 
eenler  ütduitur^),  quae  non  Crahit  puiveremnee  in  humum^^) 
dimista  **)  caicatur  (3, 10). 

Seio  senes  ad  eapeecendum  lahorem  iegnes  fieri ''),  sed 
qufß  ereecunt  nitia  cum  tempore  (3,  13),  apUuM  e$t  negotiis 
inlimandie**)  vivae  eoda  inditium  (3,80). 

Supereacanei  ktboris  est  '^)  commendare  conspicuos  '^), 
ut  8i  in  8ole  positiv  fäcem  praeferas  (8, 48). 

Ex  meo  animo  metior  *')  amieüidm  non  posse  sentire 
officiorum  satietatem  (8,  61). 

In  re  apertä  piget  esse  prolixtsmi  in  arduis  autem  re^ 
bus  ^^)  muUum  t>alet  longiör  ^^)  diiigentia  (4,  59). 

Re  Vera  omnis  affeclio  impatiens  est  eliam  ^^)  iustae  et 
iegitimae  *^)  tarditatis  (ö,  80). 

*)  AJle  codd.  est  eorum  imbeciHa\  ed.  Argent  I  eorum  et  imbecüiiL 
*)  Alle  codd.  ^Ula  enim  vestts*  und  so  schreibt  auch  die  Douayer 

Ausgabe  des  Vinc.  (1624). 
*)  decenter  induitur  cod.  Bamberg.,  ed.  ArgcnL  1,  cd.  Frob.,  d,  in- 
dutui  est  cöd.  Div.,  decens  inäti/ui  est  ed.  Ven. 

'0  Aurni  cod.  Bamberg. 

")  Alle  codd.  demissa, 

")  Wie  schon  die  Zahlen  andeuten,  sind  hier,  mag  nun  Vincentius 
dies  so  io  seiner  Handschrift  gefunden  haben  oder  mag  es  durch 
seine  oder  seiner  Herausgeber  Unachtsamkeit  geschehen  sein,  zwei 
nicht  zusammengehörige  Sätze  zu  einem  sinnlosen  Ganzen  ver- 
bunden. Übrigens  finden  sich  die  Anfangswoiie  in  allen  lland- 
schriflen  in  folgender  Gestalt:  Seio  lentos  ad  capessemium  labo- 
rem  senes  fteri  nur  mit  der  Aussnahme,  dass  ed.  Prob,  taäore^ 
und  ed.  Argent.  L  eapescendum  hat. 

*")  Ebenso  die  bekannten  codd.;  nur  cod.  Bamberg,  negoctis  ifUi^ 
tnandis  mutuo,  ed.  Jur.  II  negociis  mutuo  intimandis. 

'*)  SHpervacanei  iaboris  est  ed.  Frob,,  Supervacaneus  labor  est  ed.  Yen., 
Superforanei  labot4s  est  co6,  Div.  Pith.  II.  Bamberg,  ed.  Argent.  I. 

'*)  Alle  codd.  conspicuos;  nur  cod.  Bamb.  conspicatos. 

'•)  Alle  codd.  metior;  nur  ed.  Argent.  I  meliar, 
)  Auch  hier  sind  zwei  gar  nicht  zusammengehörige  und  durch  ein^ 
langen  Raum  von  einander  getrennte  Sätze  eines  und  desselben 
Briefes  mittelst  einer  kecken  Änderung  (/»  arduis  auttm  rebus 
multum  valet  statt :  mullum  enim  talei  eiusmodi  in  rebus)  zu 
einer  Einheit  verbunden. 

*•)  longior  codd.  Div.  Bamberg.,  largior  edd.  Argent.  I.  Frob. 

'•)  impatiens  etiam  cod.  Div.  edd.  Argent.  I.  Frob. 

*°)  ei  leg.  cod.  Bamberg.,  ac,  leg.  ed.  Argent.  I,  ac  leg.  est  cd.  Frob. 


Zu  Symmacbus  u.  s.  w.,  v.  K.  ScAeMki.  415 

Mediocribus  scripiis  omicorum  benigniCäs  seil  favere^ 
aiiorum  auiem  inüidia  ^*)  nescit  ignoscere  (6,  80). 

Patriam  defeciu  aümentorum  iaboranUm  *')  perieulo-* 
gum  e$i  inhabilare'f  crudele  el  impium*^)  deserere  (6,  18), 

Non  deest  nobis  '*)  %uu»  adversa  tolerandi)  fu»m  erebro 
Mum  ferre  foriunae  didicimus  (6,  22). 

Sieut  *^)  in  veslUu  hominum  eaeteroque  vitae  euUu  ioco 
ae  eempori  apta  sumunCur ,  Ua  ingeniorum  varieiaM  in  fami^ 
Uaribus  »criptis  negligenliam  guandam  debei  Hnitariy  in  foren* 
8ibu$  auiem  acuere  '*)  arma  facundiae  (7>  9). 

Bimis  familiäre  est  »tudia  bona^'')  cumulare^  quorum 
gratiam  sentiuni  non  perire  (4,  72). 

Hit  Rücksicht  auf  den  Umfang  der  Excerpte  und  die  bei- 
gegebenen kritischen  Anmerkungen  stellt  sich  nun-  folgendes 
heraus.  Die  Handschrift,  welche  dem  Vincentius  vorlag,  enlhiBU 
eine  ahnliche,  nur  etwas  vollständigere  Auswahl,  wie  sie  die  von 
mir  verglichene  Bamberger  Handschrift  und  derjenige  Coäejt 
zeigt,  welcher  der  Stralsburger  Ausgabe  von  1610  zu  Grund^ 
liegt.  Briefe  des  zehnten  Buches  fand^  sich  in  dieser  Samm-« 
hing  entweder  gar  nicht  oder,  wenn  etwa,  dergleichen  vorhanden 
waren,  so  waren  es  solche,  wie  in  der  Stra&burger  Ausgabe 
p.  46  und  47,  und  entbehrten  jeder  Cberschrift.  Die  berühmt« 
relaCio  de  ara  VicCoriae,  welche  sich  sonst  öfters  am  Schlüsse 
solcher  Sammlungen  Tindet^  wie  z.  B.  In  der  Bamberger  Hand^ 
Schrift,  fehlte  hier  ganz  sicher;  denn  sonst . liefse  sich  der  Irr« 
thum  des  Yincentius,  dass  diese  BrieCsammlung  dem  jüngereij 
Symmaohus  angehöre,  nicht  erklären.  Was  den  kritischen  WeiÖk 
der  Handschrift  anbelangt,  so  war  sie  für  die  Constituierung  des 
Textes  ebenso  bedeutungslos,  wie  der  Bamberger  Codex,  ja  iht 
Text  war  jedenfalls  noch  mehr  verderbt  und  entstellt.  Übrigens 
hat  sich  Tincentius,  wie  aus  den  Anmerkungen  erhellt,  keines- 
wegs getreu  an  den  ihm  vorliegenden  Text  gehalten,  sondern 
manches  nach  Gutdünken  geändert.  Man  ersieht  hieraus,  dass 
diese  Excerpte  gar  keinen  Werth  für  die  Kritik  haben. 

Übrigens  ist  der  bereits  gerügte  Irrlhum  des  Vincentius 
um  so  auffallender,  als  er  sich  in  dem  Chronicon  des  Sigebertus 
leicht  hätte  Rathes  erholen  können.   Denn  dort  heilst  es  bei  dem  ^«. 


")  Alle  codd.  alienorum  invidia. 

•")  Alle  codd.  graviter  taöoraniem. 

")  Alle  cod.  ivtpium  ei  crudele, 

'*)  nobit  und  didicimus  sind  eine  willkürliche  Änderung  des  Vincen-» 

lius  statt  vobis  und  didicistiSy  um  dem  Satze  eino  selbstandigcro 

Form  zu  geben. 
")  Alle  codd.  tu. 

'')  acuere  cod.  Bamberg,  cd.  Argent.  I;  guaiere  cod.  Div. 
*'')  siudia   bona  cod.    Bamberg,  ed.  Argoot.  I;    siudia  benigna   cod. 

Div« ;  bona  siudia  bat  die  Douayer  Ausgabe. 


416  Zu  Piatons  Ladies  u.  s.  w.,  v.  St.  Cholatn. 

J.  407  (p.  305):  ^Jinter  quos  praecipue  Symmachus  oralor 
/urebatj  qui  etiam  scripCis  epistolis  agebat  de  idolalria 
et  de  repetenda  ara  Victoriae.^^  In  der  Douayer  Ausgabe  wird 
am  Rande  bemerkt:  ^Jiarum  epistolarum  autorem  non  esse 
Symmachum  virum  Optimum  iudicat  Onuphrius  in  commen- 
tarii$  in  Pastos,  sed  alterum  quendam  impium  et  idolorum 
wttUtatis  paüronum^  qui  pro  restituenda  idololatria  ad  Valen- 
tinianum  librum  edidit.^^  Um  so  unbegreiflicber  ist  es,  wie 
Obbarius  den  Irrthum  des  Vinc^ntius  Iheilen  konnte. 

Innsbruck.  Karl  Schenk!. 


Zu  PlaUm's  Lackes  i8?  E, 

Die  Stelle  lautet:  Ov  p,ov  doxetg  sidivai  otiy  og  ccv  iy-^ 
yvtata  ZmxQotovg  jj  AoVjo,  Söxsq  yivBi,  xal  xlfjöiä^jj  dcaXe- 
yofisvog  xtl.  So  finden  sich  die  Worte  in  allen  Handschriften 
bis  auf  die  Stellung  des  av,  und  für  iyyvtaxu  geben  zwei  mit 
der  Vulgata  iyyvtdtto.  Die  verschiedenen  Erklärungen  und  Ver- 
besserungsversuche  dieser  Stelle  kommen  vor  bei  Slallbaum  in 
der  Anmerkung  zu  derselben.  Im  Jahrg.  1860  dieser  Zeitschrift 
H.  III.  S.  177,  wurde  von  Prof.  K.  Schenkl  eine  neue  Änderung 
der  Stelle  gegeben. 

Meist  hat  man  an  SöitsQ  yivsi  Anstols  genommen,  mir 
scheint  yivsi.  nach  Weglassung  von  Xoya  äöitBQ  ganz  passend 
zu  sein;  koym  ist  auf  keine  Weise  zu  erklären.  Ich  berufe  mich 
auf  die  auch  von  Engelhardt  und  Held  verglichene  Stelle  in  der 
Apologie  80  A.  Da  heilst  es:  xavxa  xal  veardgc)  xal  ngsa- 
ßwig^j  oro  av  ivzvyxavm^  tcoct^Oo^  xal  ^ivay  xal  dötä^ 
ftaXXov  de  Totg  dötotgj  odm  (lov  iyyvtiQo  iaxs 
yivsi.  Etwas  ähnliches  scheint  die  Stelle  im  Laches  auszu- 
drücken, gleichsam  als  ob  Nikias  hätte  sagen  wollen :  Wer  immer 
von  den  Athenern  u.  s.  w.  Dass  die  Stelle  der  Apologie  auch 
von  |/i/f>  spricht,  hat  gegen  unsere  Ansicht  nichts  beweisendes. 
Ich  verkenne  nicht,  dass  die  Stelle  auch  so  etwas  schwieriges 
behält,  indessen  kann  man  dieselbe  in  der  überlieferten  Gestalt 
nicht  erklären  und  ist  eine  Auslassung  nothwendig,  so  wird  man 
natürlich  dasjenige  beibehalten  müssen,  was  doch  irgendwie  einer 
Erklärung  fähig  ist.  —  Was  auf  die  citierte  Stelle  der  Apologie 
aus  des  Sokrates  Leben  Bezug  hat,  ist  hinlänglich  bekannt  und 
stimmt  auch  mit  der  Stelle  des  Laches,  wenn  man  die  von  mir 
angegebene  Änderung  vornimmt,  vollkommen  überein.  Ich  ver- 
weise hier  auf  Kriton  52  B,  welche  Stelle  ganz  umständlich  das- 
jenige bespricht,  was  die  aus  der  Apologie  citierte,  ferner  Pha?dr. 
230  C  f,  und  Henon  80  B.  Auf  welche  Weise  übrigens  die 
Worte  koym  äansQ  in  die  Handschriften  gekommen  sein  mögen, 
kann  ich  nicht  enträthseln. 

Krakau.  Steph.  Cholavn. 


Ober  lat  u.  griech.  Leclüre  u.  s.  w.,  v.  i.  Wiikeim.  4tf 


Ober   die   Behandlung   der  lateinischen  und   der 
griechischen  Leetüre  an  dem  Gymnasium. 

Der  nächste  Zweck  der  lateinischen  und  der  griechischen 
Leetüre  ist  auf  allen  Unterrichtsstufen  im  allgemeinen  derselbe: 
Verständnis  des  Gelesenen^  dann  eben  dadurch  und  durch  Ver-^ 
werthung  des  Gelesenen  Förderung  der  Sprachkenntnis  und  der 
verhallnismäfsigen  Fertigkeit  im  Gebrauche  der  Sprache.  Waa 
die  Schule  zu  Ihun  und  zu  meiden  hat,  damit  dieser  Zweck 
und  durch  ihn  zugleich  das  im  Gymnasialplane  vorgezeichnele 
Ziel  des  Unterrichtes  erreicht  werde ,  ist  L  aus  der  richtig  auf- 
gefassten  Instruction  zu  entnehmen,  wobei  auch  II.  fertige  Ober- 
setzungen, III.  commentierie  Classikerausgaben,  IV.  abwechselnde 
Leetüre  zweier  Schriftsteller,  V.  Umfang  der  Leetüre  in  Betracht 
kommen. 

I.  Für  die  lateinische  Leetüre  werden,  wie  für  den  Unter- 
rieht in  der  lateinischen  Grammatik,  drei  Haupislufon  unter- 
schieden: die  zwei  untersten,  die  zwei  mittleren,  die  vier  oberen 
Classen. 

In  den  zwei  untersten  Classen  ßllt  die  lateinische  Leetüre 
mit  dem  grammatischen  Unterrichte  zusammen.  Die  erklärten 
und  übersetzten  Beispiele  des  Lesebuches  sind  zu  Übungen  in 
der  Sprache  zu  benutzen,  und  zwar  in  der  ersten  Classe 
anfangs  zuerst  durch  mündliche  Rückübersetzung  derselben  Sätze 
in  das  Lateinische,  indem  sie  der  Lehrer  in  der  Muttersprache 
vorsagt;  dann  durch  mündliche  Übersetzung  der  dieselben  Vo- 
cabeln  in  andern  Verbindungen  enthaltenden  Sätze  in  das  Latei- 
nische. Die  Übungen  der  letzteren  Art  haben  sich  auch  auf  die 
deutschen  (in  der  Muttersprache  gegebenen)  Beispiele  des  Lese- 
buches zu  erstrecken.  Sobald  die  in  der  Neuheit  liegende  Schwie- 
rigkeit überwunden  ist,  wird  wörtliche  Rückübersetzung  in  der 
Regel  nicht  mehr  erfordert.  Präparution  ist  ausgeschlossen;  denn 
alles  Neue  ist  den  Schülern  zuerst  in  der  Schule  vorzufuhren. 
In  der  zweiten  Ciasse  werden  die  Übungen  im  Obersetzen 
und  Rückübersetzen  geänderter  Satzformen  forlgesetzt.  Die  vor- 
gelegten Sätze  für  diese  Übungen  müssen  aus  Wörtern  der 
gelesenen  Beispiele  gebildet  werden;  daher  ist  z.  B.  senecitUem 
eolere  debemus  keine  passende  Übung  zu  dem  Satze  seneciuM 
ipsa  est  morbus^  der  übrigens  nur  einfache  Declinationsütung 
zulässl  (z.  B.  morbi  senectutit^  Die  Übungen  sollen  ferner,  wo 
es  sich  um  Einübung  der  Declination  handelt,  nicht  auf  das 
Verbum  beschränkt  werden;  daher  sind  z  B.  an  den  Salz:  /ah- 
damus  mililem  fortem^  nicht  laudo^  iaudaCis^  laudant  militem^ 
sondern  laudamus  miiites  forte» ^  laudatur  mite»  foriin^  lau- 
dnntur  militea^  laus  milHum  fortium  als  Übungen  anzuknüpfen. 

ZriiKchrin    f.   d.   ö»terr.   Oymnas.  l860    VI.   Ifeft.  29 


4ta  Ober  lat.  u.  griccb.  Lecture  u.  s.  w.,  \.  Ä,  Wilhelm. 

Die  Salze  für  die  Übungen  müssen  endUch  kurz  sein;  denn  es 
handelt  sich  um  möglichst  viele  und  rasch  fortschreitende 
Übungen  unter  reger  MitbeschäfUgung  der  Classe  durch  ab-^ 
springende  Fragen  an  einzelne  Schüler;  dies  aber  lässt  sich  durch 
lungere  Sätze  nicht  erreichen,  weil  dieselben  theils  wegen  des 
Umfonges,  theils  wegen  der  mehrfachen  grammatischen  Beziehun- 
gen nicht  von  den  Schülern  überblickt  werden  können  und  ibrt 
Bearbeitung  so  viel  Zeit  erfordert,  dass  der  dürftige  Gewinn  für 
den  Zweck  verloren  geht,  der  Unterricht  langweilig  wird  und 
die  Thätjgkeit  der  Schüler  ermattet.  Praparation  tritt  erst  all^ 
mählich,  und  zwar  als  regelmäfsige  Forderung  in  dem  letzton 
Theile  des  Schuljahres  ein.  Org.  Entw.  S.  23,  104,  105,  106. 

Ausgiebige  Übungen  unter  steter  Mitbeschafligung  der  gan* 
zen  Classe  bei  strenger  Beschränkung  auf  die  Unterrichlsaufgabe 
und  festes  Vocabellernen  sind  die  Bedingungen  des  wirklichen 
Erfolges^  der  nicht  erreicht  wird,  wenn  auch  nur  eine  derselben 
unvollständig  erreicht  werden  sollte. 

Wie  die  lateinische  Leetüre  in  den  zwei  untersten,  so  wird 
-die  griechische  in  der  3.  und  4.  Classe  behandelt. 

Bei  der  lateinischen  Leetüre  in  der  8.  und  4.  Classe  steht 
die  Rücksicht  auf  die  Sprache,  im  Obergymnasium  die  Rücksicht 
auf  das  Gelesene  voran«  Für  beide  Stufen  gelten  bozü^lieh  der 
Behandlung  der  Leetüre  im  allgemeinen,  dieselben  Forderungen, 
die  sieh  auch  auf  die  griechische  erstrecken  (Org.  Entw.  S.  1 16,  III). 
Die  allgemeinste  Forderung  ist,  dass  der  Unterricht  bei  der  gröfs- 
ten  Klarheit  alle  für  den  Zweck  in  Betracht  kommenden  Thätig- 
keiten  in  möglichster  Kürze  vollständig  umfasse.  Die  Schwierig- 
keilen hiebei  können  nur  überwunden  werden,  wenn  eine  be- 
stimmte Ordnung  eingehalten  wird,  die  vor  Unvollständigkeit^ 
Unklarheit,  Zerfailenheit  des  Unterrichtes  und  vor  Zeitverlust 
sichert.  Es  sind  daher  vor  allem  die  zur  Vollständigkeit  er- 
forderlichen Thätigkeiten  nach  den  zwei  Hauptrücksichten :  1.  di- 
reete  Vermittelung  des  Verständnisses  und  2*  mittelbare  Förde- 
rung desselben,  streng  zu  trennen. 

Die  nothwendigen  Thätigkeiten  für  die  erstere  Hauptrück- 
sicht, welche  unmittelbar  zum  Verständnisse  fuhren,  sind  nach 
der  von  der  Sache  geforderten  und  im  Org.  Entw.  S.  111  vor- 
geschriebenen Ordnung:  \.  Lesen,  2.  Übersetzen,  3.  Erklären. 
Dazu  können,  und  müssen  je  nach  Beschaffenheit  der  behan- 
delten Stelle,  noch  kommen  die  im  Jahrgange  1858  dieser  Zeit- 
schrift S.  ö92  und  ö93  angeführten  Thätigkeiten,  welche  dem- 
nach bedingt  nothwendig  sind.  Ob  eine  oder  einige  dieser  Thä- 
tigkeiten und  welche  von  ihnen,  in  welcher  Beschränkung  und 
in  welcher  Form  sie  Anwendung  finden  sollen,  muss  der  Lehrer 
ermessen,  der  stets  und  überall  und  ohne  Zeitverlust  das  rich- 
tige und  treffende  zu  thun  und  zu  sprechen  hat.  Es  ist  über- 
flüssig zu  bemerken,  wie  sehr  hiezu  Geübtheit  und  Taet  und 


Ober  lal.  u/  griccbr  Lcctürc   u.  8.  w.>  ¥.  i.  Wilhelm.  419 

sorgfältige  Vorbereitung  erfordert  wird.  Dasselbe  ist  der 
Fall  bezuglich  der  Erklärung,  die  (Org.  Entw.  S.  111,  112) 
in  aller  Kürze  das  enthalten  muss,  was  zur  Vermittdung  voll- 
standiger  Auffassung  nothwendig  ist,  nichts  mehr  und  nichts 
weniger.  Dass  gegen  diese  Forderung,  wenn  nicht  alle  Bedin« 
gungen  der  Erfüllung  vollständig  vorhanden  sind,  vielfach  ge- 
fehlt werden  muss,  ist  offenbar.  Keine  Erklärung  ist  es, 
wenn  man  die  Worte  des  Schriftstellers  zu  be- 
quemer Anknüpfung  von  allerhand  grammatischen 
Bemerkungen  benutzt  (Org.  Entw.  S.  112,  118),  z.  B. 
Themisloclesj  quae  regi  pollicitua  erat^  praeslare  non  poiuti^ 
^<ob  hier  gm  ausgelassen  werden  könne!»  ~  finis  et  Galii$ 
territandi  et  pacendi  fiut  Romanis  ^  ^^nach  welchen  Wörtern 
der  Genitiv  des  Gerundium  stehe!»  Richtig  wäre  in  dem  letzten 
Beispiele  die  Frage,  warum  hier  der  Genitiv  des  Gerundium 
stehe;  dergleichen  Fragen  aber  werden  durch  die  Darlegung  dea 
grammatischen  Zusammenhanges  meist  überflüssig  gemacht.  Es 
kann  nicht  dringend  genug  ennnert  werden,  dass  die  Erklärung 
stets  von  der  Darlegung  des  nackten  Satzes  (Haupt- 
satzes) ausgehen  soll,  und  dass  die  Schüler  anzuhalten  und  zu 
gewöhnen  sind,  den  grammatischen  Zusammenhang,  wo  er  nicht 
schön  offen  vor  Augen  liegt,  stets  von  selbst  und  unauf- 
gefordert blofs  zu  legen. 

Oft  besteht  die  Schwierigkeit  für  den  Schüler  nur  darin,, 
dass  ihm  der  grammatische  Zusammenhang  nicht  klar  ist,  z.  B. 
erat  eo  tempore  Scytharum  regina  Tomyri$;  in  allen  Fällen 
aber  ist  die  Darlegung  des  Zusammenhanges  die  erste  Bedin- 
gung des  Verständnisses,  und  ohne  dieselbe  die  ganze  Erklärung 
2;ielios  zerfallend  und  ungenügend.  Nicht  blo&  um  einzelne 
Worte  und  CSonstructionen  handelt  es  sich:  der  Satz  muss  auf- 
gefasst  werden.  Aber  die  Erklärung  eines  Satzes  ist  vollendet^ 
wenn  der'  grammatische  Zusammenhang  nebst  allen  Worten  und, 
Beziehungen  und  der  Sinn  des  Ganzen  richtig  und  vollständig 
aufgefasst  ist;  was  weiter  hinzugethan  wird,  ist.  gefehlt  und 
kann  nur  dazu  dienen,  dass  das  Verständnis  wieder  verdunkelt 
und  die  Aufmerksamkeit  von  dem  vorliegenden  Satze  abgelenkt 
und  zerstreut  wird.  Die  goldene  Regel,  deren  richtige  und 
sichere  Anwendung  durch  Vorbereitung  und  Übung  erlernt  wer- 
den muss,  heilst:  bei  dem  Satze  bleiben. 

Von  den  zur  zweiten  Hauptrücksicht  gehörigen  Thälig- 
keiten,  welche  das  Verständnis  mittelbar  fördern,  sind  die  aus-, 
fuhrlicheren  Sacherklärungen  und  die  Verwerlhung  durch  Heraus- 
hebung von  Phrasen  und  Rückübersetzungs-Dbungen  näher  zu 
würdigen. 

Die  ausführlicheren  Sacherklärungen  sollen  sich  nicht  über 
das  Bedürfnis  hinaus  erstrecken.  Es  ist  wenig  daran  gelegen,? 
ob  die  Schüler  diese  oder  jene  Notiz  wieder  vergessen  und  wie, 

29* 


420  Ober  lat.  u.  griech.  Lecture  u.  s.  w.,  v.  ^4.   Wilhelm. 

viele  Notizen  sie  überhaupt  im  Gedächtnisse  haben;  daran  aber 
18t  alles  gelegen,  dass  die  Lecture  von  ihnen  vollständig  aufge- 
fasst  und  gründlich  verarbeitet  werde.  Da  die  sogenannte  reale 
Erklärung  auf  das  allergeiingste  Mininuim  für  den  jedesmaligen 
Bedarf  zu  beschränken  ist,  so  folgt  von  selbst,  dass  sie  nur 
mündlich  gegeben  werden  kann,  weil  nach  Verschiedenheit  der 
gelesenen  Stellen  sowol  als  der  Bedürfnisse  der  Schüler  Inhalt 
und  Mals  derselben  verschieden  sein  muss.  Hiemit  kann  auch 
von  der  Zulässigkeit  eigener  Compendien,  welche  das  für  das 
Gymnasium  erforderliche  Hafs  von  Realien  in  übersichtlichem 
Zusammenhange  enthalten  sollen,  keine  Rode  sein,  weil  es  ein 
solches  Hals  nicht  gibt  und  die  Schüler  am  Gymnasium  nicht 
£.  B.  Alterthumskunde  lernen,  sondern  nur  aus  dem  Gebiete 
dieser  Disciplin  bei  vorkommenden  Anlässen  das  mitgetheilt  er- 
halten sollen,  was  zum  Verständnisse  dieser  oder  jener  Stelle  er- 
forderlich ist. 

Die  Vcrwerthung   des   Gelesenen   durch  Heraushebung  von 
Phrasen  und  Rückübersetzungs-Obuagen  ist  in  den  mittleren  und 
oberen  Cla^scn  zur  Vollständigkeit  des  Unterrichtes  und   des  zu 
erzielenden  Erfolges  ebenso  unerlässlich ,   wie  das  Abfragen  der 
Vocabeln  und  die  im  Org.  Entw.  S.  106   angedeuteten  Übungen 
in  den  unteren  Classen.     Die  Verwerthung  ist  anzuwenden  nach 
Vollendung  der  Erklärung  entweder   eines  längeren   Satzes  oder 
eines   kurzen  Absatzes;   sie  kann   bei  der   lateinischen    Lecture 
sich  auch  auf  lateinische  Fragen  aus   dem  Gelesenen  erstrecken, 
in  der  Regel   aber   ^oll   sie   in   Obersetzungsübungen    bestehen, 
wobei  auch  auf  früher  gelesene  Capitel   oder  Partien  zurückge- 
gangen   werden    kann.     Die   aus    dem    Texte   zu    entnehmenden 
Sätze  sollen  auch  auf  diesen  Unterrichtsslufen,  da  es  sich  eben- 
falls um  möglichst  viele  Übungen  handelt,  verhältnismäfsig  kurz 
sein,  jedoch  allmählich  bei  fortschreitender  Geübtheit  der  Schü- 
ler länger  und  schwieriger  werden,    aber  niemals  zu  schwierig. 
Dabei  selbstverständlich  rege  Milbeschäftigung  der  ganzen  Classe. 
Z.  B.  Interea   et   Darius^   quum   bellum   infttaurarei,  in  ipso 
belli  apparatu  deredil,  relicUs  multis  filiis  (in  der  3.  Ciasse)  — 
bellum  intlaurare    bellum  instauralum  ent^  Darius  bellum  in- 
ßfauraturus  erat,  belli  apparalu» ,  Dan'ui  in  ipso  belli  appa- 
ratu deeessiCj   Darius  mullos  filios   reliquit^    der   letzte    Satz 
imssiv  gegeben  —  deutsch  vorgesagt  und  sieben   Schüler  rasch 
fMich  einander  gefragt.     Die  Übungen  sind ,  wie  das  Vocabelab- 
fragen  stets,  auf  allen  Stufen  in  der  Regel  bei  zugemachten 
Büchern   vorzunehmen.      Es    muss  jedoch    nicht    nothwendig 
Jeder  einzelne  Satz  so  behandelt  werden. 

Wie  ungemein  wichtig  die  Verwerthung  der  Leetüre  ist, 
kann  nicht  verkannt  werden.  Denn  1.  den  Schülern  werden  die 
Formen  und  Constructionen  des  Textes  durch  wiederholte  Vor- 
führung in  verschiedenen  Wendungen  bekannter  und   geläufiger 


Ober  lat  u.  grwcb.  Lecliire  u.  g,  w.,  v.  i.  Wiikeim. '        4tl 

und  es  wird  ihnen  daher  der  Text  selbst  bekannter  und  ver- 
standlicher. 2.  Die  Schüler  gewinnen  durch  diese  Übungen  an 
Sprachmateriale ,  weil  sie  von  dem  wiederholt  Gehörten  doch 
manches  merken,  was  sie  dann  bei  sich  darbietender  Gelegenheit, 
namentlich  in  den  lateinischen  Aufgaben  freudig  anwenden. 
8.  Dadurch  wird  zugleich  das  Interesse  für  die  Leetüre  erhöht, 
weil  die  Schüler,  um  unvollständig  gemerktes  richtig  anzuwen- 
den, die  Stellen  des  Textes,  welche  Aufschluss  geben,  nachlesen. 
4.  Die  Praparation  wird  eine  genauere  und  ein  dringendere,  weil 
die  Schüler  sich  auch  für  diese  Übungen  von  selbst  und  eifrig 
vorbereiten.  5.  Die  Schüler  gewinnen  nicht  nur  an  Geübtheit  im 
Ausdrucke  überhaupt,  sondern  es  ist  diese  Verwerthung  das 
einzige  Mittel,  wodurch  verhaltnismäfsige  Fertigkeit  im  freien, 
namenth'ch  lateinischen  Ausdrucke,  erzielt  werden  kann«  Denn 
da  der  Stoff,  der  den  Schülern  zur  Übung  ihrer  Kräfte  in  An- 
wendung der  bereits  erworbenen  Kenntnis  vorgelegt  wird,  ihnen 
sowol  dem  Inhalte  als  dem  Ausdrucke  nach  bekannt  ist,  so 
gehen  die  Übungen  mit  raschem  Erfolge  von  statten,  mit  dem 
immer  besseren  Gelingen  wächst  das  Vertrauen  in  die  eigenen 
Kräfte  und  die  Sicherheit  in  freier  Bewegung,  und  die  hiedurch 
gesteigerte  Lernlust  äu&ert  sich  in  eifrigerer  und  ausdauernder 
Thätigkeit;  während  Übersetzung  fremder  Sätze  viel  schwieriger 
ist  und  kaum  die  besten  Schüler  allmählich  zu  verhaltnismäfsige r 
Fertigkeit  und  Leichtigkeit  im  Gebrauche  der  Sprache  führt. 
Wenn  über  Mangel  an  Fertigkeit  namentlich  im  mündlichen  Ge- 
brauche der  lateinischen  Sprache  geklagt  wird,  so  ist  eine 
Hauptursache  davon  in  Unterlassung  oder  unzweckmäfsiger  An- 
wendung dieser  Übungen  zu  suchen,  deren  Wichtigkeit  bisher 
überhaupt  bei  weitem  noch  nicht  allgemein  anerkannt  worden 
ist.  Die  Entschuldigung,  es  fehle  für  die  verlangten  Übungen  an 
Zeit,  heilst  nichts  anderes  als:  es  fehlt  an  GeschlcklichkeiU 
Sichere  Gewandtheit  in  richtiger  Behandlung  derselben  ist  uner- 
lasslich ;  und  es  muss  nur  noch  beigefugt  werden,  dass  die  rich- 
tige Behandlung  keineswegs  leicht^  durch  Vorbereitung  und  Übung 
Jedoch  erlernbar  ist. 

Die  Benutzung  der  Leetüre  für  den  Zweck  der  Wieder-^ 
holung  grammatischer  Regeln  und  der  Befestigung  der  gramma- 
tischen Kenntnis  so  wie  für  Pensa  und  Compositionen  gehört  in 
das  Gebiet  des  grammatischen  Unterrichtes,  daher  in  die  gram- 
matischen Stunden.  Davon  sind  jedoch  zu  unterscheiden  die 
Hinweisungen  auf  grammatische  Regeln,  deren  kurze  Recapitu- 
lierung  zum  Verständnisse  der  vorliegenden  Stelle  noihwendig 
ist;  nur  diese  Hinweisungen  gehören  zur  Leetüre. 

IL  Zwei  Momente  bezeichnet  der  Org.  Entw.  S.  1 1 1  als 
für  den  Zweck  der  Leetüre  besonders  wichtig:  erstens  dass  die 
Thätigkeit  der  Schüler  für  die  Leclüre  durch  vorherige  Präpa- 
rtiion beansprucht  werde,  weil  liicdurch  allein  der  Schüler  all- 


ktt         Ober  lat  ir.  gricch.  Leetüre  u.  8.  w.,  ▼•  i.  WUheim^ 

Itoählich  zu  Belbständiger,  ihn  erfreuender  Leclüre  ohne  Hilfe 
ton  Lehrer,  Commentar  oder  Übersetzung  er- 
starkt; dann  dass  die  Spannung  der  Aufmerksamkeit  durch 
die  Erklärung  erhalten  und  dass ,  als  zu  einem  befriedigenden 
Abschlüsse,  zu  einer  treuen  und  geschmackvollen  Übersetzung 
gelangt  werde.  Der  Schlusssatz  dieser  Stelle  und  die  Bemerkung 
S.  113,  dass  das  Ergebnis  der  Erklärung  eine  treue  und  ge- 
schmackvolle Übersetzung  sein  müsse,  sollen  nicht  so  misver- 
standen  werden,  dass  die  Übersetzung  als  Zweck  der  Leetüre 
anzusehen  sei.  Die  Übersetzung  ist,  wie  die  Erklärung,  nur  eines 
der  Mittel  zum  Verständnisse,  weil  sie  das  Gelesene  durch  Dar- 
stellung in  der  dem  Schüler  geläufigen  Sprache  deutlich  macht; 
sie  ist  aber  auch  zugleich  Probe  des  Verständnisses,  weil  sie  nur 
nach  erlangtem  Verständnisse  möglich  ist  und  desto  tieferes  Ein- 
dringen in  das  Verständnis  des  Textes  und  die  Eigenlhümllch- 
keiten  beider  Sprachen  erfordert,  je  genauer  sie  sein  soll.  Die 
letzlere  Rucksicht  ist  es  hauptsächlich,  welche  von  dem  hohen 
Werthe  der  Übersetzung  überzeugen  muss,  wenn  die  Über- 
setzung, wie  der  Org.  Entw.  verlangt,  das  Ergebnis  der 
eignen  Thätigkeit  der  Schüler  ist* 

Wird  dieses  Verhältnis  der  Übersetzung  zu  dem  Zwecke 
d(  r  Leetüre  aus  den  Augen  gelassen  und  die  Übersetzung  selbst 
als  Zweck  hingestellt,  so  enSallt  mit  dem  aufgegebenen  höheren 
Ziele  der  Antrieb  zu  tieferem  Streben,  die  Übersetzung  verliert 
Ihren  Werth,  die  Erklärung  ihre  Bedeutung,  und  die  Leclüre 
sinkt  zu  oberflächlichem  und  mechanischem  Tagewerke  herab. 
Denn  mit  der  wie  immer  zu  Stande  gebrachten  Übersetzung,  die 
den  Sinn  des  Textes  mehr  oder  weniger  wörtlich  wiedergibt,  ist 
dann  die  Hauptsache  abgethan ;  alles  übrige,  was  abgerissen  und 
planlos  nach  mechanischer  Gewohnheit  etwa  noch  bemerkt  wird, 
erscheint  als  unwesentliche  Zuthat,  und  ob  einzelne  Schüler  in 
das  wirkliche  Verständnis  des  Textes  nach  allen  Beziehungen, 
das  keineswegs  immer  in  der,  wenngleich  richtigen  Übersetzung 
hervortritt,  eingedrungen  sind,  bleibt  unentdeckte  Zufälligkeit* 
Die  Folge  davon  kann  keine  andere  sein,  als  dass  die  Schüler, 
\rcnige  etwa  ausgenommen,  ihre  Thätigkeit  blofs  auf  die  Erlan- 
gung der  Übersetzung  richten;  und  ist  dieses  der  Fall,  dann 
Wäre  es  in  der  That  zu  wundern,  wenn  nicht  auch  fertige 
Übersetzungen  eifrig:  gesucht  werden  sollten.  Gewiss  lässl 
sich  der  oft  beklagte  Misbrauch  fertiger  Übersetzungen  so  wie 
die  Beschränkung  der  Präparation  auf  die  Übersetzung  nur  da- 
durch erklären,  dass  die  Schüler  mit  der  Übersetzung  alles  ge- 
than  zu  haben  meinen  und  die  Schule  diesem  Wahne  wider  Wissen 
und  Willen  Vorschub  leistet,  indem  sie  neben  der  Übersetzung 
die  übrigen  Thätigkeiten  zu  wenig  hervorhebt  und  das  Zusammen- 
streben aller  Thätigkeiten  zum  Versländnisse  als  dem  Zwecke 
der  Leetüre   nicht  klar    und  kräftig  genug  ersichtlich  macht« 


Ober  lat  u.  giieoh.  Lecture  u.  s.  w.,  v.  i.  Wiihitm.         49S 

Dies  geschieht  namentlich  stets,  wenn  man  in  unrichtiger  Auf- 
fassung der  Stelle  S.  114  des  Org.  Entw.  die  Widerholung  der 
Lection  auf  die  blofse  Obersetzung  beschränkt.  Dem  Obd  kann 
nur  die  Schule  abhelfen:  durch  ausdrückliche  Belehrung  über 
den  Zweck  der  Lcctüre  und  am  gewissesten  durch  gründliche 
und  vollständige  Behandlung  derselben  nach  den  gegebenen  An- 
deutungen. Es  ist  nur  noch  beizufügen,  dass  die  Schüler  anzu- 
halten und  zu  gewöhnen  sind,  stets  wörtlich  zu  übersetzen 
und  auch,  wo  wörtliche  Übersetzung  nicht  durchaus  zulässig 
ist,  von  derselben  auszugehen. 

IIL  Man  hat  in  der  Absicht,  die  fertigen  Übersetzungen 
zu  verdrängen,  commentierte  Classikerausgaben  em- 
pfohlen. Gewiss  hat  nebst  dem  Einflüsse  des  seit  den  letzten 
Jahren  gebesserten  Unterrichtes  auch  die  Verbreitung  commen- 
tierter  Ausgaben  zur  Verminderung  des  Absatzes  jener  Waare 
beigetragen ;  ob  man  aber  nicht  durch  das  Mittel,  wodurch  man 
das  vorhandene  Übel  beseitigen  wollte,  ein  gröiseres  herbeige- 
führt hat,  wird  sich  zeigen.  Denn  fertige  Übersetzungen  wer- 
den von  vorzüglichen  und  strebenden  Schülern,  deren  einige 
doch  jede  Classe  zählt,  verschmäht  und  nur  von  dem  trägermi 
Theile  der  Schüler  als  verbotenes  Hil&mittel  gebraucht,  während 
die  commentierten  Ausgaben  für  alle  Schüler  erlaubt  sind.  Es 
ist  nun  zu  entscheiden,  ob  durch  den  Gebrauch  commentierler 
Ausgaben  der  Zweck  der  Leetüre  gefördert  werde. 

Die  commentierten  Ausgaben  enthalten  gewöhnlich  zwei 
Abtheilungen  von  Erklärungen:  Einleitungen  zum  Ganzen  und 
Anmerkungen  zum  Texte. 

Einleitungen,  und  zwar  möglichst  kurz  auf  das  Noth- 
wendigste  beschränkte,  sind  nur  gerechtfertigt,  wo  ohne  Einlei- 
tung das  Schriftstück  nicht  verstanden  werden  könnte  und  das^ 
was  die  Einleitung  zu  geben  beabsichtigt,  nicht  aus  dem  ge- 
lesenen Schriftstücke  sich  entnehmen  läi^st.  Dagegen  sind  solche 
Einleitungen,  welche  sich  auf  Angabe  des  Inhaltes  der  zu  lesen- 
den Schrift  in  was  immer  für  einer  Form  und  Ausdehnung  er- 
strecken, schwerlich  zweckmäfsig. 

Das  Gold,  welches  in  den  Schriften  der  alten  Classiker 
aufbewahrt  ist,  wird  nur  demjenigen  zu  Theil,  der  es  durch 
eigenes  Suchen  selbst  findet;  und  je  mühsamer  das  Suchen,  desto 
kostbarer  und  werthvoller  das  Gefundene.  Dass  aber  der  Gym- 
nasialschüler frühzeitig  angeleitet  werden  muss,  auf  richtigem 
Wege  zu  suchen  und  das  Gesuchte  durch  eigene  Thätigkeit  zu 
finden,  liegt  im  Zwecke  des  Gymnasialstudiunis,  und  die  oben 
angeführte  Stelle  des  Org.  Entwurfes  hebt  es  ausdrucklich  her- 
vor, dass  er  nur  durch  eigene  Thätigkeit  allmählich  zu  selb- 
ständiger, ihn  erfreuender  Leetüre  ohne  Hilfe  von  Lehrer^ 
Commenlar  oder  Übersetzung  erstarken  kann.  Wird  an  diesem 
Grundsatze  feilgehalten ,   eo   kann  auch  diT  EiToIg  nicht  fehlen. 


i24  Obier  Ut  u;  griccb«  Leotüre  u.  s,  yr.,  v.  A,  WMhebn, 

Den  Lernenden  erfrcak  jede  durch  eigenes  Streben  erlangte  Kennt* 
ih6  nicht  nur  als  sein  erwor))enes  Eigenthum,  sondern  vorzüg- 
lich auch  als  Erz^eugnis  der  erkannten  Leistungsfähigkeit  seiner 
zur  Thätigkeit  geweckten  geistigen  Kraft,  und  jeder  Schritt  vor- 
wärts ist  ihm  neue  und  erhöhte  Freude  über  die  zunehmende 
Kenntnis  und  die  erstarkende  Kraft  und  zugleich  neuer  Antneb 
zu  weiterem  Streben.  Man  kann  es  sehen,  wie  das  aihnählicbe 
Bindringen  in  das  Verständnis  eines  schwierigeren  Satzes  durch 
die  gewonnenen  Resultate  erfreut  und  die  Aufmerksamkeit  fesselt, 
wie  Freude  und  Streben  erhöht  wird  durch  weiteres  Eindringen 
in  den  Zusammenhang  der  Sätze,  wie  endlich  nach  erlangtem 
Verständnisse  des  Ganzen  die  vollendete  Leistung  mit  Befriedi- 
gung erfüllt. 

Die^e  Freude  und  Strebsamkeit  wird  in  voraus  getödtet, 
wenn  den  Schülern  in  Einleitungen  (oder  Inhaltsangaben  von 
Gedichten)  fertig  gegeben  wird,  was  allmähliches  Resultat  ihrer 
Thätigkeit  sein  soll.  Es  ist  dann  nicht  die  Aufgabe,  unbekanntes 
schrittweise  zu  entdecken;  die  ganze  Entdeckung  ist  gemacht, 
noch  (he  man  darauf  ausgeht,  und  man  hat  einen  Weg  vor  sich, 
auf  dem  man  suchen  soll  was  schon  gefunden  ist  Welches 
Interesse  könnte  eine  Erzählung  haben,  wenn  Hauptmomente  und 
Ausgang  derselben  voraus  bekannt  wären?  Allerdings  hat  die 
Leetüre  aufscr  dem  Inhalte  des  Ganzen  noch  andere  Seiten, 
welche  das  Interesse  beleben  können;  dies  gibt  jedoch  den  In- 
haltsangaben nicht  die  mindeste  Berechtigung,  weil  durch  die- 
selben nicht  nur  der  Reiz  der  Neuheit,  sondern  auch  Reiz  und 
Nöthigung  zu  ernstlichem  Streben  aufgehoben  wird»  Denn  wozu 
sollten  sich  die  Schüler  erst  anstrengen,  um  mühsam  in  dem 
Texte  zu  suchen  was  fertig  in  der  Einleitung  steht?  Schwierig- 
keiten sucht  man  bei  keiner  Arbeit  absichtlich  auf;  man  ver- 
meidet sie,  wo  sie  vermieden  werden  können,  wenn  nicht  be- 
sondere Strebsamkeit  zur  Übung  im  Schwierigen  anspornt.  Man 
frage  nur  einen  Schüler,  der  nach  einer  commentieren  Ausgabe 
Inhalt  und  Plan  eines  Schriftstückes  geläufig  dargelegt  hat,  an 
welcher  Stelle  des  Textes  dies  und  das  von  dem  Gesagten  stehe; 
oder  man  lasse  sich  die  Hauptpuncte  des  Inhaltes  aus  dem 
Schriftstücke  angebrn  und.  in  demselben  aufzeigen:  selbst  die 
besten  Schüler,  die  ohne  die  gedruckte  Einleitung  sich  zu  gründ- 
Iich(*m  Verständnisse  des  Ganzen  würden  durchgearbeitet  haben, 
werden  nicht  immer  vollkommen  entsprechen;  und  kann  man  es 
ihnen  verargen,  wenn  sie  in  der  gedruckten  Einleitung  ihres 
Schulbuches  eine  Aufforderung  erblicken,  dieselbe  so  zu  be- 
nutzen, dass  sie  auf  dem  kürzesten  und  leichtesten  Wege  zum 
Ziele  gelangen?  Es  ist  kaum  nöthig  beizufügen,  dass  aufser 
fieser  Oberflächlichkeit,  welche  ganz  geeignet  ist,  das  classische 
Studium  immer  mehr  in  Abnahme  zu  bringen,  die  bezeichneten 
Einleitungen  auch  Dünkel  erzeugen   müssen,   weil   der   Schüler, 


Ober  laU  u.  gricch.  Lcclure  u.  8.  w.,  v.  A.  Wilhelm.  An 

der  dieselben  auswendig  gelernt  hat,  doch  über  den  Inhalt  der 
Schridstücke  zu  sprechen  im  Stande  ist  und  daher  sich  einbil- 
den muss,  er  wisse  etwas,  während  er  nichts  weirs.  Man  eifert 
mit  Recht  gegen  das  Anlernen  von  aulsen,  und  will  nur  wirk- 
liches Aneignen  durch  Selbsllhäligkeit:  warum  fördert,  ja  pre- 
digt man  denn  das  Anlernen  bei  dem  schwierigsten  Theile  des 
Gymnasialunterrichles,  bei  d<T  Lecture? 

Oder  hält  es  vielleicht  jemand  für  möglich,  dass  ein  solcher 
Gebrauch  von  den  Einleitungen  gemacht  werde,  wodurch  aller 
Schade  sich  verhüten  lässt? 

Aber  man  kann  sagen:  manche  Schriftstucke  seien  zo 
schwierig,  als  dass  man  die  Schäler  durch  die  Lectüre  derselben 
zu  voltständiger  Auffassung  des  Ganzen  führen  könne.  Darauf 
ist  folgendes  zu  erwidern.  Wenn  einige  Schriftstucke  wirklich 
so  schwierig  sind ,  so  gehören  sie  nicht  für  das  Gymnasium, 
Dies  ist  aber  schwerlich  der  Fall.  Denn  gewiss  ist  es  möglich, 
auch  von  jenen  Schriftbtücken ,  die  man  für  so  schwierig  z« 
halten  versucht  sein  könnte,  die  einzelnen  Capitel  oder  Absätze 
den  Schulern  durch  die  Lectüre  zu  vollem  Verständnisse  zu 
bringen;  ist  aber  dies  möglich,  so  ist  es  auch  das  Eindringen 
in  die  weitere  Gedankenverbindung  bis  hinauf  zum  Überblicke 
des  Ganzen.  Und  das  ist  dann  ein  auf  gründlicher  Einsicht  und 
eigener  Überzeugung  stehendes  w  rkliches  und  sicheres  Ver- 
ständnis, das  wol  der  Mühe  und  Anstrengung,  wodurch  es  er- 
strebt werden  muss,  werth  ist;  und  sollte  es  auch  nicht  unter 
allen  Umständen  (z.  B.  bei  grö&erem  Umfange  des  Schriftstückes) 
vollkommen  erreicht  werden  können,  so  ist,  aufeer  dem  viel- 
fachen Nutzen,  den  die  Lecture  mit  sich  bringt,  ein  gewiss  nicht 
hoch  genug  anzuschlagender  Gewinn  der  Anstrengung  dieser, 
dass  die  Schüler  durch  eigene  Kraftaufbielung  gelernt  haben, 
wie  viel  zum  Eindringen  in  das  volle  Verständnis  gehört ,  aber 
auch  wie  viel  durch  ausdauernde  Thätigkeit  erreicht  werden 
kann;  dass  sie  Achtung  vor  dem  Schriftsteller,  Achtung  vor 
ernstlichem  Streben  und  bescheidenes  Vertrauen  in  ihre  Kräfte 
gelernt  haben. 

V^as  von  der  Schädlichkeit  der  Einleitungen  mit  Inhalts- 
angaben gesagt  worden  ist,  darf  im  allgemeinen  auch,  und  in 
noch  höherem  Grade  von  den  Noten  zum  Texte  behauptet 
werden. 

Was  sollen  die  Noten?  Sollen  sie  eine  solche  Präparation 
ermöglichen,  dass  der  Lehrer  nur  wenig  hinzuzulhun  hat?  In 
der  That  scheint  die  Betchaffeiiheit  nicht  weniger  Noten  darauf 
hinzudeuten,  als  ob  dies  wenigt^lens  zum  Theil  durch  dieselben 
beabsichtigt  werde.  Aber  dies  können  die  Noien  nicht  leisten; 
denn  es  ist  nicht  möglich,  in  der  Beigabe  derselben  das  rechte 
Mafs  zu  treffen,  weil  die  Bedürfnisse  der  Schüler  nicht  immer 
und  überall  dieselben   sind   und    den   verschiedenen  Bedürfnissen 


426  Über  lal.  u.  gricch.  Leclürc  u.  s.  w^  v.  A,  WUhehn. 

nur  der  lebendige  Unterricht  zu  genügen  vermag.  Man  kann 
sich  hievon  aus  Commentaren  selbst  überzeugen;  denn  wenn 
man  die  Noten  zu  einzelnen  Partien  desselben  Schriftstückes  in 
zwei  verschiedenen  Ausgaben  vergleichen  will,  so  wird  man  Gn- 
den,  dass  in  der  einen  dieses^  in  der  andern  jenes  erklärt,  und 
demnach  hier  dieses,  dort  jenes  übergangen  ist;  zugleich  ein 
offenbarer  Beweis,  dass  die  Noten  in  beiden  Ausgaben  entbehrt 
werden  können* 

Aber,  pflegt  man  zu  sagen,  die  Noten  sollen  nicht  das 
Lernen  leicht  machen ,  sondern  vielmehr  zu  angestrengterer  und 
ausgedehnterer  Thätigkeit  anregen,  und  in  dieser  Beziehung 
müsse  man  zugeben,  dass  durch  die  Noten  vielmehr  die  Schwie- 
rigkeiten erhöht  werden,  durch  deren  Oberwindung  die  Jugend 
Ausdauer  und  Gründlichkeit  lernen  müsse«  Das  wäre  ganz  schön, 
wenn  es  nur  auch  wahr  wäre.  Aber  die  Wirklichkeit  lässt  etwas 
anderes  wahrnehmen.  Die  Noten  stehen  doch  zu  keinem  andern 
Zwecke  unter  dem  Texte^  als  um  das  Verständnis  desselben  zu 
erleichtern  oder,  wenn  man  den  beschönigenden  Ausdruck  lieber 
will,  zu  ermöglichen;  sie  w^iren  ja  sonst  eine  planlose  Zuthat. 
Und  was  thut  der  Schüler  mit  den  Noten?  Er  benutzt  diejenigen, 
die  ihn  zur  Auffassung  führen,  als  willkommenes  Erleich tcrungs- 
mittel,  jene  aber,  mit  denen  er  nichts  anzufangen  weils,  lässt  er 
stehen»  —  Doch  es  ist  näher  in  Betracht  zu  ziehen,  wie  es  sich 
mit  der  beabsichtigten  Steigerung  der  Thätigkeit  verhalt?  Di^ 
Noten  enthalten  Andeutungen  für  die  Übersetzung,  auch  fertige 
Übersetzung  einzelner  Sätze  und  Ausdrücke,  sogenannte  sach- 
liche Notizen,  Hinweisungen  auf  die  Grammatik,  Aufzeigung 
der  Beziehungen  und  des  Zusammenhanges  der  Gedanken,  An- 
sichten über  die  Auffassung  gewisser  Stellen,  Hinweisung  auf 
Parallelstellen,  endlich  auch  Bemerkungen  von  nicht  zu  enlräth- 
selnder  Bestimmung. 

Vorerst  ist  es  offenbar,  dass  die  Noten  geeignet  sind,  das 
Interesse  am  Unterrichte  zu  schwächen  und  die  Aufmerksamkeit 
herabzustimmen,  da  mancher  Schüler,  was  Ihm  in  der  Schule 
entgangen  ist,  zu  Hause  in  den  Noten  Gnden  zu  können  meint, 
wenn  diese  auch  nicht  das  rechte  bieten. 

Was  den  Inhalt  der  Noten  betrifft,  ist  die  Übersetzung  nebst 
den  Andeutungen  für  dieselbe  schon  durch  das  oben  Gesagte 
abgewiesen. 

Die  sachlichen  Notizen  sind  für  das  grammatische  Verständnis 
nicht  schlechterdings  nothwendig,  und  was  für  das  volle  Ver- 
ständnis des  Sinnes  erforderlich  ist,  thut,  wenn  es  der  Schüler 
nicht  findet,  der  Lehrer  hinzu. 

Die  Hinweisungen  auf  die  Grammatik,  überflüssig  für  den, 
der  die  Grammatik  inne  hat,  und  so  ziemlich  unnütz  für  den, 
der  sie  nicht  inne  hat ,  sind  ein  Ihatsächliches  Geständnis ,  da^s 
man  sichere  und  vollständige  Kenntnis   der  Grammatik  nicht  bei 


über  lai.  u.  grieob.  Lcclürc  u.  s.  w.^  v.  A»  Wiihein,  427 

den  Schülern  voraussetzt,  und  können  zu  dem  Wahne  verleiten, 
als  ob  eine  solche  Kenntnis  auch  nicht  nothwendig  und  die 
Grammatik  mehr  zum  Nachschlagen  als  zu  festem  Erlernen  da 
sei.  Aufserdem  greifen  die  Hinweisungen  auf  die  Grammatik,  in- 
sofern sie  den  Weg  zum  Verständnisse  der  Stelle  zeigen  sollen, 
der  Thätigkeit  der  Schüler  vor.  Endlich  liegt  in  diesen  Hinwei- 
sungen allerdings,  wenn  auch  noch  lange  nicht  ein  Antrieb  oder 
gar  eine  Nöthigung,  so  doch  eine  Aufforderung  zu  ausgedehn- 
terer Thätigkeit,  aber  zu  einer  zerstreuenden  Thätigkeit,  auf 
welche  die  oben  angeführte  Stelle  des  Org.  Entwurfes  S.  112, 
118  anzuwenden  ist.  Das  letzte  gilt  auch  von  vielen  sachlichen 
Notizen.     Man  muss  die  «goldene  Reger^  nicht  vergessen. 

Durch  das  Aufzeigen  der  Beziehungen  und  des  Zusammen- 
hanges der  Gedanken  wird  der  Thätigkeit  der  Schüler  vorge- 
giiflVn  und  eines  der  bildendsten  Momente  der  Leetüre,  das  in 
dem  Auffinden  gelegene,  aus  dem  Gymnasialunterrichte  ge- 
strichen. 

Die  Ansichten  über  die  Auffassung  gewisser  Stellen  zu  wür- 
digen, vermag  nicht,  wer  erst  lernt,  sondern  wer  schon  gelernt  hat* 
Es  ist  dies  ein  Gebiet,  welches  nicht  dem  Gymnasium  an- 
gehört; wird  es  dennoch  betreten,  so  nimmt  der  Schüler  ent- 
weder die  in  der  Note  ausgesprochene  Ansicht  ohne  weiteres  als 
gegebene  Erklärung  auf,  die  ihn  des  Nachdenkens  überhebt,  oder 
er  prüft  und  verwirft  sie  —  und  lernt  absprechen. 

Hinweisung  auf  Parallelslellen  durch  Noten  ist  überflüssig, 
wenn  die  Parallelstellen  den  Schülern  bekannt  sind,  zerstreuend, 
wenn  sie  ihnen  nicht  bekannt  sind. 

Da  demnach  die  Noten  theils  ungehöriges  enthalten,  theils 
und  meistens  fertig  geben,  was  dio  Schüler  durch  eigene  Thätig- 
keit selbständig  oder  unter  nachhelfender  Leitung  des  Lehrers 
finden  sollen,  so  wird  durch  conimentierte  Texte  Bequemlichkeit 
und  Flüchtigkeit  gefördert,  verflachtes  Wissen  ohne  Bindung  und 
Haltung  unter  dem  Scheine  gründlicher  Kenntnis  erzeugt  und 
das  Unterrichtsziel  thatsächlich  herabgedrückt.  Und  auch  grund- 
sätzlich. Denn  die  Vorschrift  verlangt,  dass  der  Schüler  die  für 
das  Gymnasium  bestimmten  Schriftsteller  ohne  Commentar  ver- 
stehe; eine  Forderung,  die  sich  nach  dem  gesammten  Gymnasial- 
plane von  selbst  verstehen  müssle,  wenn  sie  auch  nicht  in  dem 
5.  23  mit  der  Angabe  des  Unterrichtszieles  für  das  Untergym- 
nasium, dann  S.  111  und  114  mit  der  Beiehrung  über  die  Prä- 
paralion  ausdrücklich  angedeutet  wäre.  Die  commenlierlen  Texte 
aber  sind  ein  Ihatsächliches  Zugeständnis,  da^s  es  mit  der  For- 
derung nicht  ernstlich  gemeint  und  das  Ziel  niedriger  gesteckt 
sei.  Wenn  irgendwo  die  Schüler  noch  nicht  so  weit  sind,  dass 
ihnen  nackte  Texlausgaben  dieses  oder  jenes  Schriftstellers  ge- 
nügen, so>  sind  sie  überhaupt  noch  nicht  so  weit  in  Sprach- 
kenntnis und  geistiger  Entwickelung   vorgerückt,   dass  sie  diese 


428  Ober  lat  h.  griech.  Lecture  u.  s.  w.,  v.  i.  Wilhelm^ 

Schriflsteller  verstehen  können,  und  es  ist  besser,  dieselben  mit 
ihnen  gar  nicht  zu  lesen,  als  durch  Ausgaben  mit  Noten  ihren 
mangelhaften  Bildungszustand  thatsächlich  für  zureichend  anzuer- 
kennen und  in  ihmn  den  Wahn  zu  erwecken,  als  befänden  sie 
sich  schon  auf  der  Höhe,  die  sie  doch  nie  erreichen  werden. 
In  nackten  Textausgaben  soll  ihnen  das  Ziel  vorgehalten  werden, 
das  zu  erklimmen  sie  sich  anzustrengen  haben. 

Ausgaben  mit  commentierten  Texten  können  das  Übel  man- 
gelhafter Leistungen  einigerma&en  verdecken,  nicht  heilen;  ein 
verdecktes  Übel  aber  greift  desto  sicherer  um  sich.  Heilung  ist 
nur  möglich  durch  Erweckung  wirklicher  Lernlust  in  den 
Schülern,  und  Lernlust  entspringt  nur  aus  wirklichem  Verständ- 
nisse und  dem  angenehmen  Bewusstsein  zureichender  Kraft  zu 
selbstthäüger  Aneignung  von  Kenntnissen.  Es  müssen  daher  die 
Schüler  zu  wirkh'chem  Vertändnisse  durch  ihre  eigene  Thätigkeit 
geführt  und  zu  richtiger  und  erfolgreicher  Übung  und  Anwen- 
dung ihrer  Kräfte  angeleitet  werden  —  auf  dem  Wege  der  Prä- 
paration und  des  Unterrichtes.  Über  den  Unterricht  ist  bereits 
gesprochen  worden.  Dit  Präparation  soll  streng  gefordert  wer- 
den, aber,  wie  der  Org.  Entw.  wiederholt  andeutet,  nicht  zu 
streng.  Die  allgemeine  Forderung,  die  an  die  Clasbe  gestellt 
wird,  erleidet  mannigfaltige  Hodificationen  in  ihrer  Anwendung 
auf  die  einzelnen  Schüler,  deren  Individualität  und  Leistungs- 
fähigkeit der  Lehrer  genau  kennen  und  richtig  zu  würdigen 
wissen  muss.  Die  richtige  Beachtung  dieser  Rücksicht  und  die 
richtige  Bemessung  der  Forderung  an  die  einzelnen  Schüler 
gehört  zu  den  schwierigsten,  aber  auch  wichtigsten  Aufgaben 
des  Lehrers.  Die  Ursachen  der  Schwierigkeiten,  die  sich  dem 
ungehemmten  und  sicheren  Erfolge  der  Leetüre  entgegenstellen, 
sind  nirgends  anders  zu  suchen  als  entweder  in  unrichtiger  Be- 
handlung der  Präparation  oder  in  fehlerhafter  Behandlung  der 
Lectüre,  oder  was  am  häuBgsten  der  Fall  sein  wird,  in  beiden. 
Das  Übel  kann  daher  nur  durch  Beseitigung  dieser  Ursachen, 
nicht  durch  äulsere  Mittel  behoben  werden. 

Es  mag  behauptet  werden,  dass  commentierte  Texte  für  die 
Privatleclüre  erforderlich  seien.  Aber  es  bedarf  kaum  der  Erinne- 
rung, dass  auch  in  Bezug  auf  die  Privatleclüre  die  angeführten 
Gründe  gleich  starke  Geltung  haben.  Der  Schüler,  welcher  Privat- 
leclüre treibt,  gehört  jedenfalls  zu  den  ernstlich  strebenden;  ist 
aber  dies  der  Fall,  so  zieht  er  es  gewiss  vor,  auf  eigenen  Füfsen 
zu  stehen;  und  ist  ihm  etwas  dunkel,  so  merkt  er  es  an  und 
fragt  zur  Zeit  seinen  Lehrer.  Mit  dem  Erfolge  steigert  sich  das 
Streben,  und  zugleich  wird  das  Verhältnis  zwischen  Schülern  und 
Lehrer  inniger.  Privatleclüre  aber,  die  nicht  auf  echter  Streb- 
samkeit beruht,  unterbleibe  lieber.  Freilich  kann  die  Gelegenheit 
vorhandener  Erleichterungsmiltel  auch  strebende  Schüler  zur 
Benutzung  derselben  veiführen;   obwol   anderseits  commentierte 


Ober  lat  u.  griech.  Lecturc  u.  s.  w.,  v.  i.  Wiiheim,  4td 

Texlc  selbst  für  die  Schulleclüre  von  manchen  Schülern  ver- 
schmäht werden.  Um  somehr  können  und  sollen  sie  fern  gehalten 
werden. 

Ausgaben  mit  commentierten  Texten  könnten  höchstens  mit 
der  unüberschreitbaren  Einschränkung  zugelassen  werden,  dass 
dieselben  nur  jene  sachlichen  Notizen  in  kürzester  Angabe  ent- 
halten, welche  zum  Verständnisse  des  Sinnes  unen'behrlich  sind, 
und  die  der  Schüler  weder  selbst  wissen,  noch  irgendwo  finden 
kann.  Eine  Note  dieser  Art  wäre  z.  B.  am  Platze  zu  der  Stelle 
in  der  zweiten  Olynth.  Rede  J.  6 :  x6  d-QvXov^svov  noxa  ano^^^ 
rov  ixstvo  Tcaraöxevdöai.  Doch  ist  es  nichts  weniger  als  ein 
Hindernis  des  Forlschrittes,  wenn  in  den  wenigen  Fällen,  wo 
solche  Noten  zulässig  wären,  der  Schuler  bei  der  Präparation 
sich  mit  dem  grammatischen  Verständnisse  begnügt,  um  mit 
desto  gröfserer  Spannung  die  nähere  Auskunft  von  dem  Lehrer 
zu  erwarten.  Es  könnten  noch  Noten  zur  Aufklärung  besonderer 
grammatischer  Schwierigkeiten  gestattet  werden.  Aber  dies  ist 
eben  das  Gebiet,  welches  wegen  seiner  Unbegrenzbarkeil  lieber 
gar  nicht  zu  betreten  wäre;  denn  dem  einen  scheint  dies,  dem 
andern  jenes  schwierig.  Die  Schwierigkeiten  aber  sind  entweder 
selbst  für  Gelehrte  Gegenstand  des  Streites;  dann  möge  man  sie 
unberührt  lassen  und  dem  Lehrer  die  Erklärung  anheimgeben. 
Oder  sie  sind  dem  Kundigen  erklärbar;  dann  gebe  man  in  der 
Note  lieber  zu  wenig  als  zu  viel,  und  gibt  man  gar  nichts,  so 
ist  nach  dem  kurz  vorher  Gesagten  für  die  Schüler  auch  nichts 
verloren. 

Ausgaben  mit  zweckmäfsigen  Commentaren,  zweckmäfsig 
gebraucht,  können  von  Nutzen  sein  und  sind  es  auch  für  Can- 
didaten  der  Philologie.  Es  ist  kein  Zweifel,  dass  auch  einzelne 
ausgezeichnete,  der  Philologie  mit  Vorliebe  zugewandte  Schüler 
der  obersten  Gymnasialclassen  im  Stande  sind ,  solche  Ausgaben 
mit  Nutzen  zu  gebrauchen,  denen  man  daher  den  häuslichen 
Gebrauch  derselben  zwar  nicht  empfehlen,  aber  doch  gestatten 
kann.  Eine  weitere  Ausdehnung  commentierter  Ausgaben  kann 
für  das  Gymnasium  nicht  als  heilsam  bezeichnet  werden ;  ja  man 
wird  selbst  die  sehr  wenigen  auserwähllen  Schüler  nicht  ohne 
genaue  Überwachung  und  scharfe  Beobachtung  lassen  dürfen  und 
mehr  als  einmal  dahin  zu  wirken  sich  veranlasst  finden,  um 
einzelne  von  dem  fortgesetzten  Gebrauche  der  Commentare  ab- 
zubringen. 

Der  Gebrauch  commentierter  Classikerausgaben  am  Gym- 
nasium hat  sehr  viele  und  gewichtige  Stimmen  für  sich.  Aber 
alle  oder  wenigstens  fast  alle,  welche  dergleichen  Ausgaben  für 
eine  Nothwendigkeit  halten,  sind  darüber  einig,  dass  unter  den 
bisher  erschienenen  keine  den  Forderungen  entspricht,  die  man  an 
commentierte  Schulausgaben  stellen  müsse;  und  ein  genau  präci- 
siertes  Programm  einer  entsprechenden   derartigen  Schulausgabe 


436  Ober  Ui.  u.  griec^.  Leclurc  u  s.  w.,  v.  A.  WilAelni: 

mit  einer  Probe  der  Ausführung,  hat  noch  Niemand  geliefert. 
Um  80  mehr  schien  es  an  der  Zeit,  den  Gegenstand  in  Betrach- 
tung zu  ziehen. 

IV.  Zwei  Schriftsteller  gleichzeitig  zu  lesen,  so  dass  die 
Leetüre  derselben  entweder  nach  Tagen  oder  nach  Wochen  oder 
auch  nach  Monaten  abwechsle,  ist  gegen  den  Grundsatz  der  Con- 
Centration  des  Unterrichtes.  Die  Schüler  sollen  Sprache  und  Aus- 
drucksweise des  Schriftstellers  verstehen  lernen  und  in  den  Ge- 
dankenkreis desselben  eindringen;  beides  ist  nur  möglich  durch 
ununterbrochene  Beschäftigung  mit  demselben.  Dass  z.  B.  eine 
Tragoedie  von  Sophokles  oder  ein  Dialog  von  Plato  zerrissen  und 
zwischen  die  einzelnen  Stücke  Stellen  oder  Partien  aus  Xenophon 
oder  Homer  eingeschoben  werden,  wird  Niemand  billigenswerth 
finden;  nicht  minder  unzweckmafsig  ist  Einschiebung  von  Partien 
aus  andern  Schriftstellern,  z.  ß.  zwischen  einzelne  Reden  von 
Demosthenes  oder  Gedichte  von  Horatius,  weil  durch  den  Wechsel 
die  Aufmerksamkeit  getheilt  und  Vertiefung  in  das  Gelesene  ver- 
hindert wird  —  ganz  abgesehen  von  den  Schwierigkeiten  der 
Sprache  und  des  Ausdruckes,  welche  nur  durch  gesammelte  Auf- 
merksamkeit auf  einen  Schriftsteller  überwunden  werden.  Die 
Schüler  sollen  ferner  angeleitet  und  gewöhnt  werden,  jede  ihnen 
vorgelegte  Aufgabe  gründlich  zu  erfassen  und  durch  ausdauernde 
Anstrengung  vollständig  zu  vollenden;  durch  die  Abwechslung 
aber  werden  sie  an  Flüchtigkeit  und  Unstätigkeit  gewöhnt.  Eg 
ist  eben  ein  Zeichen  von  mangelnder  Lust  zu  ausdauernder  An- 
strengung und  eindringender  Verliefung  in  den  Schriftsteller,  wenn 
man  als  Grund  für  die  Abwechslung  anfährt,  dass  dieselbe  vor 
Ermattung  schütze  und  zu  frischer  Anregung  der  Kräfte  diene. 
Dass  es  an  der  auf  Abwechslung  beruhenden  Anregung  nicht 
fehle,  dafür  ist  durch  die,  wenn  auch  nicht  zunächst  für  diesen 
Zweck  in  den  Gyronasiallehrplan  aufgenommenen  Gegenstände  ge- 
sorgt, und  gerade  das  Eindringen  in  dieselben  ist  es,  wodurch 
die  Anregung  nicht  blofs  erhalten,  sondern  gesteigert  wird.  Das 
abwechselnde  Lesen  zweier  Schriftsteller  weist,  wo  es  angetroffen 
wird,  auf  Verkennung  der  Bedürfnisse  der  Schüler  hin,  wenn  es 
nicht,  was  wol  meistens  der  Fall  sein  wird,  hauptsächlich  in  der 
Neigung  des  Lehrers  seinen  Grund  hat.  Dass  in  der  5.  Classe 
während  der  Liviuslectüre  die  aus  der  vierten  mitgebrachte 
Kenntnis  von  Prosodie  und  Metrik,  in  der  6.  Classe  während  der 
Homerlectüre  der  attische  Dialekt  aufser  Übung  komme,  sind 
mögliche  Nachlheile,  denen  der  Unterricht  vorzubeugen  hat,  und 
zwar  in  der  5.  Classe  durch  Beifügung  von  einigen  in  lateinische 
Hexameter  oder  Disticha  zu  übersetzenden  Zeilen  zu  den  ein- 
zelnen schriftlichen  Aufgaben,  in  der  6.  Classe  durch  die  schrift- 
lichen Übungen  und  die  vorschriflmäfsige  Verwerthung  der  Lee- 
türe. Die  fortlaufende  Leetüre  hat  sich  auf  einen  Schriftsteller 
ZU  beschränken;  erst  nachdem  das  Pensum  aus  diesem  vollendet 


Ober  lat  u.  gricch.  Lcctürc  u.  s.  w.,  v.  A.  WiiMmi  49% 

ist,  soll  zu  dem  zweiten  Schriftsteller  übergegangen  werden. 
Dabei  ist  zu  empfehlen,  dass  nach  Vollendung  der  Aufgabe  aus 
dem  Classenschriflsteller  einige  oder  mehrere  Stunden  am  Schlüsse 
des  Semesters  ungelesenen  Partii^n  früher  behandelter  Schriftsteller, 
gewidmet  werden. 

V.  In  Bezug  auf  den  Umfang  der  Leetüre  steht  die 
Forderung  fest,  dass  aus  jedem  Schriftsteller  so  viel  gelesen 
werden  soll,  als  bei  gründlicher  und  vollständiger  Behandlung 
des  Gelesenen  möglich  ist.  Dass  unter  dieser  Bedingung  zu  viel 
gelesen  werden  wird,  ist  nicht  zu  besorgen.  Es  soll  aber  auch 
nicht  zu  wenig  gelesen  werden^  weil  dadurch  ].  den  strebenden 
und  besseren  Schülern  nicht  hinlängliche  Beschäftigung  geboten; 
2.  Langsamkeit,  Theilnamslosigkcit  und  Trägheit  erzeugt  wird^ 
während  der  Unterricht  durch  rasches  Fortschreiten  die  Schüler 
in  rüstiger  Thätigkeit  mit  sich  fortreifsen  soll;  3.  die  Sdiülcr 
das  wenige  vorgenommene  als  Aufgabe  zum  Erlernen  anzusehen 
verleitet  werden,  auf  welche  dann  ihre  Thätigkeit  beschränkt 
bleibt,  so  dass  sie  darüber  hinaus  alles  fremd  und  schwierig 
finden  und  keinen  Schritt  selbständig  weiter  zu  thun  im  Stande 
sind;  4.  weil  endlich  durch  das  Zuwenig  sowol  wegen  dieser 
drei  Nachtheile,  als  auch  überhaupt  das  Ziel  der  Leetüre  nicht 
erreicht  werden  kann.  Nach  dem  Org.  Entwürfe  ist  aus  denn 
Lateinischen  in  der  4.  Classe  von  Caesar's  bellum  Gallicum  der 
gröfste  Theil  zu  lesen;  in  der  5.  Classe  ^<müssen^^  aus  Livius 
«nolhwendig  gelesen  werden*^-  das  erste  Buch,  wichtige  Partiea 
aus  den  Kämpfen  der  Patricier  und  der  Plebejer,  der  KampC 
Roms  gegen  Hannibal  u.  s.  w. ;  aus  der  Ilias  sind  in  der  5.  Ciasso 
vier,  im  ersten  Semester  der  6.  Classe  sechs  ganze  Gesänge  zu- 
lesen,  und  es  wird  erwartet,  dass  die  regsameren  Schüler  den 
in  der  Schule  nichtgelesenen  Theil  derselben  für  sich  lesen;  im 
zweiten  Semester  der  7.  Classe  sollen  die  kleinen  Staatsreden  des 
Demosthenes  und,  wenn  dazu  Zeit  ist,  die  Rede  über  den  Kranz 
genommen  werden  u.  s.  w.  Wenn  aber  in  der  4.  Classe  kaum, 
mehr  als  drei  Bücher  aus  Caesar,  in  der  5.  Classe  nur  80  bis 
40  Capitel  aus  Livius,  von  der  Ilias  im  ganzen  nur  5  bis  6  ab-« 
gekürzte  Gesänge  (nach  Hochegger),  in  der  7.  Classe  nur 
2  bis  3  von  den  kleinsten  Reden  des  Demosthenes  gelesen  werden, 
wie  wollte  man  erwarten,  dass  die  Schüler  durch  diese  dürftigen 
Leistungen  Vertrautheit  mit  den  behandelten  Schriftstellern  und 
Geübtheit  in  selbständigem  Lesen  derselben  erlangen  sollten?  Es 
ist  wahr,  dass  nicht  überall  und  selbst  an  einem  und  demselben 
Gymnasium  nicht  mit  jedem  Schülercötus  genau  dasselbe  Mafs 
sich  erreichen  lässl;  aJber  der  Unterschied  kann,  da  die  erfor- 
derliche Vorbildung  und  Reife  der  Schüler  für  die  Stufe  voraus- 
gesetzt werden  muss,  kein  bedeutender  sein,  und  wäre  er  es 
ausnahmsweise  dennoch,  so  müsste  einer  der  vorgeschriebenen 
Schriftsteller  übergangen  und  die  Strenge  der  Forderung  auf  die 


432  Ober  lat  u.  gricch.  Lcctüro  u.  s.  w.,  v.  A.  WUheim» 

übrigen  angewandt  werden.  Der  an  sich  richtige  Grundsatz, 
dass  lieber  wenig  und  gründlich  als  viel  und  flüchtig  zu  lesen 
ist,  leidet  demnach  in  seiner  Anwendung  eine  sehr  wichtige  Be- 
schränkung, und  kann  niemals  zur  Rechtfertigung  geringer  Lei- 
stungen Geltung  behaupten.  Berufung  auf  diesen  Grundsalz,  Kla- 
jren  über  mangelhafte  Vorbildung  der  Schüler  oder  sogar  über 
Mangel  an  Lerneifer  sind  Selbstanklagen  *,  wenn  es  mit  der  Lectfire 
nicht  vorwärts  will,  so  sind  die  Ursachen  davon  —  abgesehen 
von  einzelnen  Schülern,  die  nicht  in  Betracht  kommen  —  nur  in 
dem  Unterrichte  zu  suchen.  Es  wird  nämlich  in  diesem  Falle 
stets  wahrzunehmen  sein,  dass  es  an  strenger  Benutzung  und 
richtiger  Verwerthung  der  Zeit  fehlt.  Leicht  kann  es  geschehen, 
dass  durch  äufsere  Verrichtungen,  welche  entweder  vermieden 
oder  schnell  abgethan  werden  konnten,  lo  Hinuten  von  der 
Stunde  verloren  werden;  dadurch  aber  werden  6  Stunden  in  der 
Woche  auf  5  rcduciert.  Noch  mehr  Zeit  kann  verloren  gehen 
durch  unrichtige  Verwerthung  der  Stunde,  wenn  es  an  Gewandt- 
heit der  Hitbeschäftigung  der  Classe  durch  sogleich  treffende 
Fragen  an  einzelne  Schüler  fehlt  und  zwischen  den  einzelnen 
Fragen  häufige  Pausen  eintreten,  indem  der  Anlass  zur  Frage 
erst  im  Buche  gesucht  wird;  wenn  die  richtige  Ordnung  beim 
Unterrichte  und  das  strenge  Mals  der  Erklärung  nicht  einge- 
halten wird ;  wenn  Sinn  und  Bedeutung  der  Instruction  nicht  er- 
fasst  ist,  und  besondere  von  derselben  abweichende  Wege  zum 
verkannten  Ziele  in  unklarem  Streben  versucht  werden.  In  allen 
diesen  Fällen  geht  wenigstens  der  dritte  Theil  der  Schulzeit  ver- 
loren und  bringt  man  noch  die  der  Grammatik  zu  widmende 
Zeit  in  Abrechnung,  so  werden  von  6  wöchentlichen  Stunden 
kaum  anderthalb  Stunden  für  die  Leetüre  wirklich  verwendet, 
und  auch  diese  nicht  zwi^ckmäfsig  und  daher  nicht  mit  dem  zu 
erwartenden  Erfolge.  Wo  solche  Fehler  vorkommen,  darf  man 
sich  nicht  wundern,  wenn  nicht  nur  extensiv,  sondern  auch  in- 
tensiv wenig  geleistet  wird. 

Wenn  Jemand  glaubt,  ein  rasches  Fortschreiten  der  Leclüre 
lasse  sich  dadurch  erzielen,  dass  man  der  Grammatik  mehr  Zeit 
widme,  so  irrt  er.  Grammatik  und  Leetüre  unterstützen  und 
fördern  einander  im  allgemeinen;  Sicherheit  in  dieser  wie  in 
jener  kann  nur  durch  Übung  auf  dem  eigenen  Gebiete  erworben 
werden;  das  ist  von  selbst  klar,  und  wer  Beweise  will,  kann 
dieselben,  wenn  er  richtig  beobachtet,  in  der  Erfahrung  finden, 
auch  ohne  dass  er  vor  das  Jahr  1849  zurückgehl. 

Die  Forderung,  bei  durchgängiger  Gründlichkeit 
und  Vollständigkeit  möglichst  viel  zu  lesen,  kann 
nur  erfüllt  werden  durch  Behandlung  der  Leclüre  nach  der  be- 
sprochenen Instruction  und  Vermeidung  der  angedeuteten  Fehler 
und  Verirrungcn. 

Da  die   Lectüre   durchaus  gründlich    und    volli^tändig  be- 


Ober  die  Behandlung  der  griech.  Grammatik  u.  s.  w.,  v.  A.  Wiiheim.    43t 

handelt  werden  eoU  und  der  Zweck  des  Gymnasialunlerrichtes 
iberhaupt  grändliche  Durcharbeitung  der  Gegenstände  Terlangt, 
80  ergibt  sich  vonselbet  die  Ausschliefsung  der  cursori- 
sehen  Leetüre  von  dem  Gymnasium,  die  zu  Flüchtigkeit  und 
Oberflächlichkeit  fuhrt.  Wenn  im  Org.  Enlw.  S.  118  von  einer 
eursorischen  Homerlectüre  die  Rede  ist,  so  muss  hierin  nicht 
eine  Gestattung  cursorischer  Lectöre  im  allgemeinen  erblickt 
werden;  denn  es  ist  wohl  zu  beachten,  dass  die  dort  angedeutete 
cursorische  Homerlectüre  nach  einer  umfassenden  statarischen 
Homeriectüre  eintreten  und  dazu  dienen  soll,  die  Kenntnisse  der 
Schüler  auf  diesem  Gebiete  in  Erinnerung  zu  bringen.  In  diesem 
und  in  jedem  ähnlichen  Falle,  wo  nach  Vollendung  der  Aufgabe 
aus  einem  Schriftsteller  auf  denselben  später  zurückgegangen 
wird,  soll  und  wird  die  cursorische  Leetüre  nicht  eine  flüchtige 
und  oberflächliche,  sondern  nur  eine  schneller  fortschreitende  sein, 
welche  zwar  nicht  nothwendig  auch  auf  die  zur  zweiten  Haupt«» 
rücksicht  gehörigen  Thätigkeiten  sich  erstrecken ,  stets  aber  a^f 
Erzielung  vollständiger  Auffassung  gerichtet  sein  muss.  Eine 
andere  cursorische  Leetüre  ist  an  dem  Gymnasium  nicht  zu«» 
lässig. 

Aus  dem  Vorstehenden  möge  zugleich  ersehen  werden,  dafs 
zu  richtiger  und  vollständiger  Auffassung  der  Bestimmungen  def 
Org.  Entwurfes  mehr  als  blolses  Lesen  derselben  erfordert  wird; 
dann,  dass  es  bezüglich  des  Unterrichtes  überhaupt  nicht  genügt, 
in  jeder  Stunde  so  viel  zu  leisten,  als  man  eben  zu  Stande  bringt, 
sondern  dass  aus  jedem  Gegenstande  das  Mafs  der  Aufgabe  für 
jede  Stunde  mit  Rücksicht  auf  die  Jahresaufgabe  voraus  richtig 
berechnet  sein  muss.    • 

Krakau.  A.  Wilhelm.. 


Cber  die  Behandlung  der  griechischen  Grammatik 
in  den  oberen  Classen  des  Gymnasiums. 

Wenn  nach  den  allgemeinen  Bestimmungen  über  den  gram- 
matischen Unterricht  im  Lateinischen  und  Griechischen  für  die 
oberen  Classen  des  Gymnasiums  eine  gleiche  Behandlung  der 
griechischen  wie  der  lateinischen  Grammatik  angemessen  scheiul^ 
so  ist  dies  nur  insofern  richtig,  ab  ein  fortlaufender  gramma-*> 
tischer  Unterricht  in  beiden  Sprachen  nicht  stattzufinden  hat; 
insbesondere  muss  sich  die  Behandlung  der  griechischen  Gram«^ 
matik  wesentlich  anders  gestalten  als  die  der  lateinischen.  Die 
Verschiedenheit  der  Behandlung  ergibt  sich  aus  der  Ungleichheit 
der  Unterrichtsaufgabe  und  der  Unterrichtszeit,  und  ist  auch  inf 
Org.  Entwürfe  angedeutet. 

Der  Unterricht  in  der  lateinischen  Grammatik  bat 
(Org.  Entw.  S.  25,    114— 116)  nebst  der  Aufgabe,  Ermög^ 

^eiuohrifl  f.  d.  dtUrr.  Gymnat.  IMO.  VI.  H«f^.  80 


414    Über  (Ke  Bebamlfiing  der  griecli.  draininahk  u.  s.  w.,  v.  A.  WHktim. 

Üchong  vin«  grumtlichen  VersISndiiist^es  der  Classiker,  nock  die 
Eweite  Aufgabe:  Erzielung  einer  verhöltnismai^igm  Sickerfaeit 
im  ^rrecien  schrifUichen  Gebrauche  der  Spracke.  Diei^e  Sicher- 
keil soll  erreicht  \verden  hauptsächlich  —  nicht  ausschlieb- 
lioh,  weil  einerseits  auch  die  Behandlung  der  Leetüre  mitvrirken 
aoH,  anderseits  freie  Aufsätze  über  angemessene  Stoffe  nicht  aus- 
cuschliefsen  sind  —  durch  Obangen  im  Cbersetaen  in^s  Latei- 
niscke,  an  welche  die  planmäfsig  mitmtheilenden  und  mit  der 
vorhandenen  Kenntnis  «delr  Schäler  in  Verbindung  bs  bringenden 
grammatis<;h  -  stilis  tischen  Bemerkungen  anzulmupfen 
sind.  Diese  Obungen  veifolgen  demnach  ihren  selbständigen  Zweck 
«iid  es  ^mh  Rlr  dieselben  besondere  Obungs bücker  EUge- 
hüen;  die  Scküler  aber  ^ind  für  solche  Cbungen  gehörig  vor- 
bertilet,  weil  ste  die  <u  freier  Bewegung  im  schriftlicheB  Aus- 
drucke erforderliche  Bedingung,  vollständig  angeeigaeie  und  ein- 
Yi^lbte  Kenntnis  der  Formenlehre  md  der  Syntax,  bus  dem 
iJillergymnasiun  in^s  Obergymnasium  miAringen. 

Der  Unterricht  in  der  griecliisch>en  Grammatik  (S« 27, 
f  17)  hat  nur  den  einen  Zweck,  das  grundliche  Verständnis  der 
Schulclassiker  zu  ermöglichen.  Zur  Erreichung  dieses  Zweckes 
sind  ebenfalls  Übungen  vorgeschrieben,  schrifttiche  sowol  als 
mfindliche,  aber  nicht  grammalisch-stilistisdbe ,  sondern  gram- 
matische, demnach  von  beschränklerem  Inhalte,  «nd  wegen 
des  niedrigeren  Zieles  und  der  beschränkteren  Unterrichtszeit 
auch  von  geringerem  Umfange,  ohne  Übungsbücher:  der 
Vorbildung  der  Schüler  entsprechend.  Denn  die  Unterrichtszeit 
In  allen  6  Classen  betragt  wöchentlich  28  Stunden,  so  viele  als 
für  das  Lateinische  im  Untergymnasium.  Aufgabe  für  die  8. 
und  4.  Classe  ist,  bei  9  wöchentlichen  Unterrichtsstunden,  die 
Formenlehre  des  altischen  Dialectes  nebst  den  nothwendigsten 
und  wesentlichsten  Puncten  der  Syntax.  Da  die  Formenlehre, 
üuf  deren  fester  Eriernung  und  sicherer  Einübung  vor  allem  der 
Erfolg  des  igesammlen  Unlerrichtes  beruht,  fast  die  ganze  Thä- 
tigkeit  und  Zeit  in  Anspruch  nehmen  muss,  so  kann  die  Syntax 
imr  wenig  berücksichtigt  werden.  Die  Schüler  beeiten  daher 
lieim  Eintritte  in  die  6.  Classe  nicht  die  zu  freier  Bewegung  im 
schriftlichen  Ausdrucke  erforderliche  grammatische  Kenatnts  und 
^übtheit  wie  im  Lateinischen ,  sondern  nur  die  keineswegs  un-* 
terlierbar  befestfgte  Kenntnis'  der  frisch  gelernten  und  eingakbtea 
Formenlehre  nebst  einer  sehr  dürftigen  Kenntnis  von  dnigen 
Puncten  der  Syntax.  Auf  dieser  Grundlage  können  nichi,  wie 
beim  Lateinischen,  selbständige  Übungen  in  Übersetzur^  von  Auf* 
gaben  iii-s  driechische  mit  Anknüpfong  von  BemeAungen  zur 
Befestigung  und  Erweiterung  einer  noch  nicht  vorhandenen  Kennt- 
nis der  Grammatik,  nämlich  der  Syntax,  vorgenommen  werden; 
vielmehr  hat  der  Unterricht  im  Obergymnasium  durdiaus  auf 
Befestigung  der  Formenkenntnis  sowie  auf  firzielung  und  Siehe- 


Ober  die  Behandlung  der  grieeh.  Graniaaatik  u.  8.  w;,  v.  A,  WilAeim.    4S5 

nag  der  nöthigen  Gewandtheit  in  der  gewöhnlichen  Satzbildung 
nelwt  fortschreitender  Vermehrung  des  Vocabel-  und  Phrasen- 
inarrathes  sorgfaltigo  Röcksidit  zu  nehmen  und  aalserdeBA  auf 
Beibringung  und  verhältnismälsige  Einübung  der  wichtigsten 
syntaklischen  Regeln  hinzuarbeiten.  Dies  alles  hat  der  graii'^ 
■mtische  Unterricht  nur  in  einem  solchen  Hafse  m  leisten,  als- 
es  cur  Sicherung  einet  gründUcben  Verständnisses  der  Lectün 
ertorderlicii  ist;  und  nur  in  einem  solchen  Mafse  hat  er  der 
Lee  iure,  die  im  Obergymnasium  vorzüglich  und  fast  aus- 
scUieblieh  die  Beschäftigung  der  Schüler  in  Anspruch  nimmt, 
zur  Seite  zu  gehen  (Org.  Entw.  S.  1 1 7).  Die  gramRialisckrn 
Obungen  haben  sich  daher,  um  dieser  Forderung  zu  entsprechen, 
nach  der  Leetüre  zu  richten  und  soUen  demnach  nicht  als  eine 
(Ihr  sich  abgesonderte  Aufgabe  mit  einem  selbständigen  Zwecke, 
sondern  in  enger  Verbindung  mit  der  Leetüre  behan- 
delt werden.  Darauf  weist  auch  der  Lectionsplan  S.  180  dra 
Org.  Entw.  und  ymn  10.  September  1855,  Z.  10811  hin,  indem 
er  für  die  7.  und  8.  Classe  ««zuweilen  ein  an  das  Gelesene  ^ck 
anschliefsendes  Pensum^'  vorschreibt. 

Die  gramimtischen  Übungen  können  und  sollen  mit  der 
Lecture  auf  eine  zweifache  Arl  in  Verbindung  gebracht 
werden.  Die  ersiere  Art  besteht  in  der  Verwerthung  der 
Leciüre.  Es  sind  nämlich,  wie  schon  an  andern  Orten  gezeigt 
worden  ist,  zu  richtiger  und  vollständiger  Behandhing  der  latei« 
nisehen  sowol  als  der  griechischen  Leetüre  zwei  Hauptrück« 
siditen  zu  unterscheiden:  directe  Vermittelung  des  Verständ- 
nisses und  mittelbare  Förderung  desselben.  Zur  zweiten  Haupt«« 
rücksicht  gehört  die  Verwerthung  der  Leetüre  durch  Heraus- 
hebung von  Phrasen  und  Anknüpfung  von  Cbungsen  im  Rück- 
übersetzen geänderter  Satzformen.  Diese  Gbuagfn  haben  den 
Zweck ,  Gewandtheit  und  Leichtigkeit  in  der  gewöhnlichen  Satz«- 
hüduBg  zu  erzielen  und  die  erzielte  inuner  mehr  zu  fördern  und 
zu  sichern;  und  indem  dadurch  die  Schüler  zugleich  zu  einer 
eindringenderen  Präparation  genöthig^  werden,  um  den  Forde- 
rungen der  Schule  auch  in  Bezug  auf  diese  Obungen  zu  ent» 
sprechen,  gewinnen  sie  sowol  an  tieferem  Verständni^e  des 
Textes  ^ak  an  Spradimateriale  und  iGeubtheit  im  Ausdrucke.  Es 
ist  leicht  zu  eehen ,  dass  eine  solche  Verwerthung  der  Lectüro 
in  einem  bezüglich  der  einzelnen  Sätze  nach  und  nach  verhält- 
üismäfeig  erweiterten  Umfange  sehr  nutzbringend  in  den  Kreis 
der  müiiudlichen  grammaitischen  Obungen  eintreten  wird,  und  ge* 
«risse  Abschnitte  aus  <ler  Lectüre  zu  diesem  Zwedce  für  jede 
grammatische  Stunde  den  Schülern  voraus  bezeichnet  werden 
können,  die  dann  von  selbst  die  Absdinitte  zu  Hause  lesen  und 
auf  diese  Art  sich  einer  Präparation  unterziehen  werden,  die 
nicht  hoch  genug  angeschlagen  werden  kann,  einer  Präpanitiop 
welche  zugleich  den  Erfolg  der  Lectüre  nachhaltig  sichert. 

80* 


4M    Gbdr  die  Behandlung  der  griecL  Grammatik  u.  s.  w.,  v.  A.  WHhelmi 

t)ie  s weite  Art  der  Verbindung  der  grammatischen  Übuiw 
gen  mit  der  Lectüre  ist  diese:  dass  die  Beispiele  für  die 
syntaktischen  Regeln  aus  der  behandelten  Lectüre  ge« 
nommen  werden.  Dies  ist  eine  Nothwendigkeit.  Manche  Regeln 
der  Syntax  (s.  B.  aus  der  Tempus-  und  Modusflehre)  lassen  sich 
durch  einzelne,  wenn  auch  die  fraglichen  Beziehungen  vollständig 
unrfassende  Sätze  doch  nicht  so  gründlich  erklären  und  anschau- 
lich darlegen,  wie  dies  durch  Sätze  im  Zusammenhange  ihrer 
Stellen  möglich  ist;  und  es  fet  ein  ganz  änderer,  lebendiger  und 
anregender  Unterricht,  der  auf  dem  Boden  der  Lectüre  steht  und 
von  dem  frisch  belebenden  Hauche  derselben  durchweht  wird, 
als  der  sich  in  vereinzelten  Sätzen  langweilig  hindehnt.  Die 
Beispiele  hat  der  Lehrer  zu  wählen;  in  vielen  Fällen  wird  er 
auch  hier  die  Abschnitte  voraus  bezeichnen  können,  in  deneii 
Beispiele  über  diese  oder  jene  Regel  zu  finden  sind,  und  dies 
vrird  für  die  Schüler  abermals  eine  Veranlassung  zu  einer  in 
Bezug  auf  Förderung  der  grammatischen  Kenntnis  sowol  als 
Sieherung  des  Erfolges  der  Lectüre  sehr  fruchtbringenden  Prä- 
paration sein. 

Es  lässt  sich  einwenden,  dass  die  behandelte  Lectüre  nicht 
Ittr  alle  syntaktischen  Fälle  Beispiele  darbieten  und  namentlich 
die  Dichterlectüre  weder  für  diesen  Zweck  noch  für  den  Zweck 
der  Verwerthung  zureichenden  Stoff  liefern  könne.  Dies  wird 
nicht  bestritten;  und  es  muss  allerdings  der  Lehrer,  wenn  nicht 
alle  zur  Vollständigkeit  für  diese  oder  jene  Regel  erforderlichen 
Beispiele  in  der  Lectüre  sich  darbieten,  die  fehlenden  Beispiele 
aus  andern  Schriften  hinzuthun;  was  aber  die  mindere  Brauch- 
barkeit oder  die  Unzulänglichkeit  der  Dichterlectüre  für  beide 
Arten  von  Übungen  betri^,  ist  zu  bemerken,  dass  in  den  Hän- 
den der  Schüler  von  der  5.Classe  an  doch  Xenophon,  von  der  7.  De- 
mosthenes  sich  befindet  und  die  Benutzung  dieser  zwei  Schrift- 
steller zu  grammatischen  Übungen  während  der  Homer-  und 
Sophokleslectüre  für  fortwährende  Üebung  in  der  attischen  Prosa 
wie  fQr  tieferes  und  zu  weiterer  Privatlectüre  reizendes 
Bindringen  in  die  Schriften  der  beiden  Attiker  nur  sehr  erspriefs- 
lich  sein  kann. 

Bs  mag  femer  eingewendet  werden,  dass  wol  die  Verwer- 
thung der  Lectüre  ohne  Anstand  stattfinden  könne,  die  Forderung 
der  Heranziehung  von  Beispielen  aus  der  behandelten  Lectüre 
rar  Verdeutlichung  und  Einübung  syntaktischer  Regeln  aber  einen 
Widerspruch  enthalte,  da  man  nicht  vorher  die  Stellen  übersetzen 
und  die  Erklärung  der  darin  vorkommenden  Regeln,  ohne  deren 
Verständnis  die  Übersetzung  nicht  möglich  sei,  auf  spätere  Zei- 
ten schieben  könne.  Darauf  ist  zu  erwidern,  dass  die  Erklärung 
für  das  Bedürfnis  zum  Verständnisse  der  vorliegenden  Stellen 
allerdings  sofort  bei  der  Lectüre  ganz  kurz  zu  geben  ist 
und  ohne  Zeitverlust   gegeben   werden  kann,  diese  gelegenheit-^ 


Ober  die  Behandlang  der  grlech. Grammatik  u.a.  w.,  v.i.  Wiikeim.    437 

Uche  Erklärung  bei  der  Leetüre  aber  weeeutlich  verschieden  ist 
von  der  in  die  grammatischen  Stunden  gehörenden  eingehenden 
Behandlung  syntaktischer  Partien  in  planmaisigem  Zusammen- 
hange und  daher  auch  nicht  die  Stelle  der  letzteren  vertreten 
kann.  In  den  grammatischen  S  tunden  soll  das  bei 
der  Lecture  zerstreu  t  vorgekommene  unter  den 
entsprechenden  Gesichtspun  cten  zusammenge- 
fasst  und  ergänzt  den  Schülern  in  überschauli- 
chem Zusammenhange  vorgeführt  und  zu  bleiben- 
dem Eigenthume  derselben  gemacht  werden.  Und 
weil  auch  die  für  die  grammatischen  Übungen  verstattete  Zeit 
in  Betracht  kommen  muss,  so  ist  es  oflfenbar^  dass  dieselben, 
abgesondert  behandelt,  in  der  7.  und  8.  Classe  gar  nicht  wür- 
den Platz  finden  können,  weil  von  den  zwei  grammatischen  Stun- 
den im  Monate  die  eine  für  die  Composition,  die  andere  wenig- 
stens gröfatentheils  für  die  Verbesserung  derselben  zu  verwenden 
ist  und  nur  in  dem  Falle,  wenn  statt  der  (Tomposition  ein  Pen- 
sum gegeben  wird,  eine  Stunde  für  mündliche  Übungen  sich 
gewinnen  lässt  Dagegen  wird  für  die  grammatischen  Übungen 
in  der  bezeichneten  Verbindung  mit  der  Leetüre  in  dem  Falle, 
wenn  die  zwei  grammatischen  Stunden  für  die  Composition  und 
deren  Verbesserung  verwendet  werden,  dennoch  eine  oder  die 
andere  Viertelstunde  gewonnen,  nämlich  von  der  Zeit  für  die 
Leetüre  abgebrochen  werden  können,  weil  dadurch,  wie  so  eben 
gezeigt  worden  ist,  der  Leetüre  selbst  kein  Abbruch  geschieht, 
sondern  Vorschub  geleistet  wird. 

Es  mag  scheinen,  dass  die  bezeichnete  Verwerthung  der 
Leetüre  in  den  grammatischen  Stunden  für  den  Zweck  nicht 
nothwendig  sei,  da  sie  nicht  Einübung  bestimmter  Regehi  der 
Syntax  beabsichtigt.  Es  ist  aber  gezeigt  worden,  wie  sehr  die 
Verwerthung  an  sich  der  Leetüre  förderlich  ist;  aufserdem  kann 
nur  durch  die  Verwerthung  jene  Geübtheit  in  den  elementaren 
Formen  und  Constructionen  erzielt  und  gesichert  werden,  welche 
für  den  weiteren  Unterricht  und  namentlich  flkr  die  Übungen 
über  syntaktische  Fälle  unerlässlieh  ist;  denn  von  diesen  Übun- 
gen läset  sich  kein  sicherer  Erfolg  erwarten,  so  lange  die  Schü- 
ler durch  hemmende  Rücksichten  auf  Bildung  einzelner  Formen 
und  einfacher  Constructionen  gehindert  werden,  ihre  Aufmerk- 
samkeit dem  einzuübenden  syntaktischen  Falle  zuzuwenden.  Die 
Verwerthung  muss  daher  unter  allen  Umständen  gefordert  werden» 

In  welcher  Ordnung  die  syntaktii^chen  Regeln  zur  Übung 
kommen  sollen,  dafür  ist  eine  besondere  Vorschrift  weder  mög- 
lich noch  nöthig,  weil  die  Beispiele  zunächst  aus  der  Leetüre  zu 
nehmen  sind  und  diese  jedenfalls  allmählich  Beispiele  über  alle 
wichtigeren  Regeln  bieten  wird.  Selbstverständlich  wird  der 
Lehrer  nicht  sofort  alle  in   der  Leetüre  vorkommenden  syqtidir 


4dB    Ober  die  Behaadiuiig  d4r  gtimh*  GrMDiDatiL  u.  s.  w.»  ? ^  A  WfikBim. 

ttoclieB  Pille  in  die  Lenrnufgibe  ziehen,  sondern  nach  einer  pk»- 
Inlftigen  Ordnung  die  Auswahl  IreflFeii. 

Die  Beiepiele  för  die  Regeln  der  Sjnlax  aas  der  bebandel-' 
len  Lectüre  zu  nehmen  und  nölhigeniaUs  andere  Beispiele  hinzu-' 
zUthun^  ist  allerdings  eine  mulevolle  Arbeit,  uud  es  liegt  die 
Präge  nahe^  ob  ni^  B Acher  mit  den  erforderlichen  Beiapiekii 
den  Schülern  in  die  Binde  ii  geben  wären« 

Gegen  den  Gebrauch  von  Büchern  im  aUgnneinen  sprechen 
swei  Gründe.  Erstlich  werden  die  Schüler  durch  mündliche  Vor-* 
k^ang  der  Beispiele  genötUgr)  sich  an  gesammelte  Aafmerhsam- 
heit  zu  richtiger  und  Fester  Erfassung  des  mündlichen  Unter- 
richtes und  des  lebendigen  Wortes  des  Lehren  zu  gewöhnen, 
w^l  sie  sich  nicht  darauf  terlassen  hönnen ,  da»  durch  Unacht^ 
samkeit  augenbiicUich  Verlorene  nachtriglich  im  Buche  wiederzu-* 
finden.  Dim  wichtige  Rücksicht  wird  beim  Gymnasialanterrichle 
überhaupt,  namentlich  beim  Sprachunterrichte ^  bei  weitem  zu 
wenig  beachtet.  Was  der  Unterricht  zu  geben  hat, 
seil  man  den  Schülern  nicht  in  Büchern  darbieten. 
«—  Zweitens  wird  durch  freie  mündliche  Obongen  mehr  Leichtig*« 
keit  und  Gewandtheit  im  Gebrauche  def  Sprache  innerhalb  der 
votfezeichneten  Grenzen,  daher  auch  albnihlich  ein  rascherer 
Fortschritt  erreicht,  als  durch  Obersetzung  aus  Büchern,  die  den 
Schüler  nte  zu  dem  Bewusstsein  der  Krirft  für  freie  Bewegung 
gelangen  lisst. 

Die  Bücher,  welche  gebraucht  werden  könnten,  waren  ent-> 
weder  die  bereits  vorhandenen,  nämlich  die  Schulgrammatik  und 
das  Lesebuch  för  die  4.  Classe,  oder  besondere  Übungsbücher 
für  das  Obergymnasium»  Die  Erklärung  und  Einübung  der  syn- 
taktischen Regeln  nach  der  Schulgranunatik  mit  Benutzung  der 
Beisniele  aus  dem  Lesebuche  für  die  4.  Classe  hann  nicht  be- 
friedigen; denn  es  ist  dies  ein  leerer,  langweiliger  und,  wenn 
auch  fQr  den  nächsten  Zweck,  Beibringung  des  Wichtigsten  aus 
dfT  Syntax,  nothdürftig  und  augenblicklich  genügender,  doch  im 
ganzen  wenig  leistender  Unterricht.  Es  fehlt  demselben  rasches 
Fortschreiten  wegen  der  zur  Berichtigung  von  Fehlem  noth- 
wendigen  Bemerkungen,  und  ans  dies^  Ursache  sowol  als  wegen 
des  reizlosen  Obungsstoffes  belebende  Kraft  und  lebendige  Be- 
wegung, daher  auch  ein  nachhaltiger  Erfolg,  da  das  Gelernte 
bei  aller  Langsamkeit  des  Unterrichtes  dennoch  nur  flüchtig  ein- 
geübt ist  und  als  isoliertes  Wissen  ohne  Zusammenhang  mit  der 
Lectüre  nur  selten  zufällige  Anwendung  findet  und  in  dem  Er- 
kenntniskreise der  Schüler  keine  sicheren  Anknüpfungspuncte  zu 
fester  Verbindung  mit  der  vorhandenen  Kenntnis  hat. 

Besondere  Übungsbücher  würden  ei^en  nicht  mehr,  ja  für 
den  Zweck  des  griechischen  Unterrichtes  noch  weniger  leisten. 
OaSB  von  ahnlichen   Übungsbüchern,  wie  für   das  Lateinische, 


Ober  die  Bebandluiig  der  grieeb.  GrammaÜk  u.  e.  w.,  v.  i.  WHkeim.    4^ 

welken  der  mangelnden  Vorbildung  der  Scbüter  für  den  GebraMh 
derselben  keine  Rede  sein  kann,  ist  adbon  togedeulet  worden; 
«ach  würde  zu  einer  so  ausgedehnten  Behandlung  der  Dbung«Q 
wie  im  Lateinischen  beim  Unterrichte  im  Griechiseheu  die  Zeit 
nicht  ausreichen,  selbst  nicht  in  der  ^  und  6.  Classe,  wo 
wöchentlich  eine  Stunde  den  Übungen  zu  widmen  ist.  WoUte 
man  aber  der  Leetüre  einen  Theil  der  Zeit  abbrechen  und  den«* 
selben  der  Grammatik  widmen ,  auf  die  Ansicht  ge^^tütst ,  dasa 
durch  Sicherheit  in  der  Grammatik  ein  rascherer  Fortschritt  in 
der  Leetüre  ermöglicht  werde  und  dieser  raschere  Fortschritt 
Ersati  für  jenen  Abbruch  an  Zeit  biete^  so  würde  man  sich  sehr 
täuschen.  Sicherheit  in  der  Grammatik  hilft  die  Schwierigkeittn 
der  Sprache  im  allgemekien  überwinden,  ein  rasches  Fortsehrei- 
ten der  Leetüre  aber  wird  nur  durch  Eindringen  in  den  Schrift- 
steller ermöglicht.  Was  wollte  man  s.  B.  CIr  Förderung  der 
Leetüre  eines  Demosthenes  und  Plato  von  der  Obersetzung  ein- 
zelner Satze  über  syntaktische  Regeln  oder  von  der  Rücküber- 
setzung einiger  Bruchstücke  aus  andern  Schriftstellern  erwarten  1 
Der  Verlust  an  Zeit  für  die  Leetüre  würde  daher  durch  den 
Gewinn  an  grammatischer  Kenqtnis  nicht  ersetzt  werden,  um  so 
weniger,  da  durch  die  Übungen  nur  eine  sehr  beschränkte  Lei* 
stung  sich  würde  erzielen  {ßosen.  Lehrt  ja  doch  die  Erfahrung, 
dass  auch  im  Lateinischen  die  grammatisch-stilistischen  Übungen 
nur  langsam  von  statten  gehen;  weichen  Fortschritt  wollte  man 
von  einer  ähnlichen  selbständigen  Behandlung  der  grammatischen 
Übungen  im  Griechischen  erwarten,  wo  aufser  der  Syntax  auch 
die  Rücksicht  auf  die  Formenlehre  niemals  aus  dem  Auge  ge- 
lassen werden  darf?  —  Bin  Aufgabenbuch  für  grammatische 
Übungen  im  Griechischen  am  Obergymnasivm,  wie  solche  Übun- 
gen dem  Bedürfnisse  der  Schüler  im  altgemeinen  ent^prä* 
chen,  müsste  enthalten:  1)  für  die  5.  und  6.  Classe  Beispiele 
in  einzelnen  Sätzen  mit  Einmischung  verhältnismäfsig  leichter 
zusammenhangender  Stücke  über  die  wichtigsten  Regeln  der 
Syntax;  2)  für  die  7.  und  8.  Classe  einige  zusammenhangende 
Slücke,  worin  namentlich  die  schwierigsten  syntaktischen  Fälle 
zur  Widerholung  kämen.  Aber  auch  durch  ein  solches  Auf- 
gabenbuch würden  die  erwähnten  Schwierigkeiten  und  Übel  nicht 
beseitigt  werden;  den  wirklichen  Bedürfnissen  der  Schüler 
würde  es  ebenso  wenig  entsprechen  wie  irgend  ein  anderes 
Übungsbuch,  weil  die  Bedürfnisse  der  Schüler,  abgesehen  von 
andern  Umständen,  nach  dem  Gange  des  Unterrichtes  und  vor- 
nehmlich der  Leetüre  verschieden  sind  und  sein  müssen  und 
diesen  Bedürfnissen  nur  der  mündliche  Unterricht  wirklich  ge- 
nügen kann.  Dass  demnach  auch  ein  solches  Übungsbuch  dem 
Unterrichtszwecke,  Sicherung  eines  gründliehen  Verständnisses 
der  Leetüre,  nicht  entsprechen  würde^  ist  offenbar. 

Der  entsprechende  und  sichere  Erfolg  wird  sich  schwerlich 


440       Ober  EriiebuDg  und  Ünlerriebt  u.  s.  w.,  v.  G.  lAndtur. 

ainders  «rreichto  lassen ,  als  durch  die  angedeutete  enge  Ver- 
bindung der  grammatischen  Übungen  mit  der  behandelten  Lee- 
tftre,  nämlich  durch'  die  bezeichnete  Verwerthung  der  Lectdre 
ttnjl  durch  Heranziehung  der  syntaktischen  Beispiele  aus  der 
Leetüre.  Den  Schölern  wird  bei  dieser  Verbindung  des  gram- 
matischen Unterrichtes  mit  der  Leclfire.^ain  einem  ihnen  bekannr 
tcüi  und  für  sie  interessanten  Stpflh  jGS^ftnheit  zur  Übung  ihrer 
KrSfte  und  zu  freier  Anwendung.  dbL^^lemten  geboten,  sie 
werden,  zumal  wenn  sie  bereits*  durcJi  richtige  Behandlung  der 
Leclure  selbst  einige  Gefibtbeil.  erlangt  haben,  immer  mehr  an 
Gewandtheit  im  (n>er8etzen  der  vorgelegten  Sätze,  und  hiemit 
an  Vertrauen  in  ihr^  Kräfte  und  an  Arbieitslusl  gewinne» ,  der 
Unterricht  wird  rasch  fortschreiten  und  der  Erfolg  sowol  eben 
durch  den  Unterricht  selbst  als  durch  die  Wechselbeziehung 
desselben  zu  der  Lectflre  gesichert  sein. 

Kr a kau.  A.  Wilhelm. 


Erziehung  und  Unterricht  mit  Rucksicht  auf 
Gymnasien. 

;  (Zweiter  Artikel  '.) 

Der  im  11.  Hefte  des  vorigen  Jahrgangs  dieser  Zeit- 
schrift unter  obigem  Titel  gebrachte  Artikel  hat  sowohl  von 
Seite  der  verehrlichen  Redaction  dieser  Zeitschrift,  als  auch  von 
S^ite  des  schulmännischen  Publicums  eine  solche  Beachtung  ge- 
funden, dass  ich  glaube,  tfUf  den  dort  angeregten,  für  das  in- 
nerste Wesen  der  Gymnasialbildung  so  hochwichtigen  Gegen- 
stand noch  in  einem  zweiten  Artikel  zurückkommen  zu  dürfen. 

Die  Stellung  der  Hittelschule  gegenüber  der  Hoch- 
schule kann  durch  nichts  marquanter  bezeichnet  werden,  als 
durch  die  Bemerkung,  dass  in  der  Hittelschule  das  erziehende 
Moment  dem  didaktischen  das  Gleichgewicht  halt,  während  die 
Hochschule  von  eigentlich  erziehender  Thatigkeit  als  solcher  gar 
iiichts  weifs,  indem  sie  die  Förderung  der  Wissenschaft  um 
dieser  selbst  willen  ab  ihren  letzten  Beruf  ansehen  muss.  Der 
Gegensatz  zwischen  Schule  und  Universität  ist  kein  anderer,  als 
jener  zwischen  dem  rein  wissenschaftlichen  Vortrage  und  dem 
ergehenden  Unterrichte  ').    Dieser   Gegensatz  gibt  sich  schon 

*)  S.  österr.  Oymn.  Ztschrfl.  1859.  Hft.  11.  S.  849  ff. 

-  *)  Dieser  Gegensati  überwiegt  sogar  den  anderen  der  systematischen 
Strenge.  So  wird  z.  B.  die  Mathematik  am  Obergymnasium  mit 
einer  Wissenscbaftlicbkeit  gelebrt,  welche  in  Bezug  auf  Schärfe 
der  Beweisführung  der  Universität  nur  wenig  nachgibt,  allein  sie 
wird  eben  gelehrt,  nicht  blofs  vorgetragen,  und  hierin  Hegt  allei^ 

'         dings  ein  erheblicher  Uotericbied. 


Ober  Eniohuog  und  Dnterricht  o.  s.  w.,  t.  G,  LindMer.       441 

dalserlich  in  der  Verfassmig  dieser  Lehranstalten  kund,  indem 
der  Lehrer  an  der  Universität  eine  gewissermafsen  selbständige, 
von  seinen  CoUegen  unabhängige  StdUung  besitzt;  der  Verband 
der  Lehrer  unter  einander  auf  gewisse  mit  dem  Unterrichte  nur 
mittelbar  zusammenhängende  Verhältnisse  beschränkt  bleibt,  ohne 
das  unabweisliche  Element  tftr  das  Gedeihen  des  Unterrichts  zu 
bilden  —  während  der  Lehrer  am  Gymnasium  seiner  eigen  thüm- 
lichen  Stellung  nach  nicht  anders  erfaisst  werden  kann,  denn  ab 
Glied  eines  größeren  und  untheilbaren  Ganzen,  des  Lehrkörpers, 
welcher  in  ununterbrochener  Wechselbeziehung  an  der  gemein- 
schaftlichen Aufgabe  des  Gymnasiums,  der  Erziehung  mitteb  dea 
Unterrichts  arbeitet.  Der  Universitätslehrer  geht  seinen  eigenen 
geraden  Weg  weiter,  einzig  und  allein  geführt  von  dem  leuch- 
tenden Sterne  der  Wissenschaft  und  unbekümmert  darum,  was 
für  andere  Wissenschaften  seine  Zuhörer  noch  überdies  betreiben, 
oder  ob  und  wie  sie  dasjenige,  was  er  ihnen  bietet,  sich  aneignen ; 
der  Gymnasiallehrer  würde  seine  Stellung  wesentlich  verkennen, 
wenn  er  seine  didaktische  Thätigkeit  isolieren  wollte  von  den 
Ganzen,  an  welchem  er  lehrt,  oder  wenn  er  bei  derselben  nicht 
reflectieren  würde  darauf,  in  welcher  Wechselwirkung  die  von 
ihm  dem  Zöglinge  beigebrachten  oder  beizubringenden  Kenntnisse 
stehen  mit  der  Gesammtbildung  des  Schülers. 

Die  Erreichung  paedagogischer  Erfolge  ist  überall  an  die 
Einheitlichkeit  der  pcedagogischen  Einflüsse  geknüpft.  Diese  Ein- 
heitlichkeit ist  bei  der  Vielheit  und  dem  natürlichen  Gegensatze 
der  lehrenden  Persönlichkeiten,  zu  welchem  noch  derGegensats 
der  Lehrfächer  hinzutritt,  nicht  anders  zu  erzielen,  ab  durch 
gegenseitige  Verständigung  und  durch  Organe,  welche  eine 
solche  Verständigung  vermitteln.  Diese  Organe  sind  der  Gym- 
nasialdirector  ab  der  natürliche  Einheitspunct  der  6ym«> 
nasialverfassung  und  die  Lehrerconferenz  als  die  Einheit 
sämmtlicher  Lehrer.  Das  Verhältnb  dieser  beiden  Factoren  zu 
einander  und  zu  der  Erziehung^aufgabe  des  Gymnasiums  erscheint 
mir  so  wichtig,  dass  es  erlaubt  sein  wird,  bei  demselben  etwas 
länger  zu  verweilen.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  wir  bei 
Besprechung  dieses  Gegenstandes  die  Auffassungen  und  Bestim- 
mungen des  0.  E.  unverrückt  im  Auge  behalten. 

Die  Persönlichkeit  des  Directors  und  die  Art  und  Webe, 
wie  dieser  seine  Stellung  crfasst  und  handhabt,  ist  für  das  Ge- 
deihen der  Gymnasiallehranstalt  von  unberechenbarem  Belange. 
Wahrhaft  beherzigenswerth  ist  der  Standpunct,  von  welchem  der 
0.  E.  diese  Stellung  auffasst  und  normiert.  ^<Der  Wunsch,  jedem 
Lehrer  den  ungeschmälerten  Einfluss  seines  Wissens  und  Könnens 
auf  die  Anstalt,  an  welcher  er  beschäftigt  ist,  zu  sichern,  und 
den  Geistesmuth,  welchen  seine  Arbeit  erheischt,  ihm  ungekränkt 
zu  erhalten,  könnte  zu  dem  Gedanken  führen,  dem  Lehrkörper 
selbst  die  unmittelbare  Leitung  anzuvertrauen,  stritte  nicht  die 


14%       Ober  Erhebung  und  Uutcrricfal  lu  t.  w.,  v.  G.  Urnkter. 

Natnr  dieser  Lehranstalteil  dagegen  «od  hätte  nichl  die  Erfüb^ 
nuig  die  Nolhwendigkeit  einer  einheitlichen  starkes  Leitung  in 
solcher  Weise  dargethan,  dass  ein  Zweifel  dagegen  in  weiteren 
Kreisen  gar  nie  Raum  gewann* . .  .  Um  aber  jedem  Lehrer  sein 
Recht  und  seinen  Kräften  den  ihnen  gebührenden  Binfluss  zu 
aichem,  reicht  es  hin,  wenn  der  Directqr  je  nach  der  Wichtig- 
keit oder  sonstigen  Beschaffenheit  der  Angelegenheiten,  welche 
eine  Verfügung  erheischen,  entweder  an  die  Zustimmung  des 
Ldirkörpers  gebunden  oder  verpflichtet  ist  denselben  wenigstens 
zo  hören,  und  wenn  zugleich  die  Lehrer  in  regelmä£sig  wieder-* 
kehrenden  Conferenzen  die  Gelegenheit  haben,  über  jeden  Gegen- 
stand ihre  Ansichten  und  Wünsche  oder  auch  Beschwerden  in 
ein  ProtoooU  niederzulegen,  welches  in  kürzester  Zeit  vor  die 
Augen  der  vorgesetzten  Behörde  kommt*^  S.  0.  E.  Vorbemer- 
kni^  S.  11  f. 

Durch  diese  aflgemeine  Erörterung  ist  das  Verhältnis  jener 
beiden  Organe  didaktisch-psedagogischer  Einheitlichkeit  mit  kur- 
zen, aber  treffenden  Strichen  so  gezeichnet,  wie  man  es,  wenn 
man  sich  auf  den  Boden  der  Erfahrung  stellt,  nur  irgend  wün- 
schen kann.  Allerdings  ist  die  Sendung  des  Lehrers  eine  mora- 
lische und  der  eigentliche  Erfolg  dieser  Sendung  beruht  fast 
ausschliefslich  auf  dem  Geiste,  von  welchem  getragen  der 
Lehrer  an  die  Lösung  seiner  Aufgabe  hinangeht.  Dieser  Gei^t 
und  die  Erfolge,  welche  er  zeitigt,  bedingen  einander  wedisel- 
weise.  Das  Gefühl  gelingender  Thätigkeit,  welches  den  Werk- 
mann beim  Anblicke  der  fertigen  Resultate  seiner  Wirksamkeit 
erhebt  und  durch  die  Freude  des  Gelingens  seine  Nerven  und 
Muskebi  zu  ausdauernder  Fortarbeit  stählt,  ist  auch  des  Lehrers 
vornehmster  Lohn.  An  dem  Anblick  der  Geistesblüten  und  Geistes- 
früchte, welche  sein  belehrendes  Wort,  seine  erziehende  Mafe- 
regel  in*s  Dasein  rief,  schöpft  er  den  Geistesmuth  zur  Ausdauer 
in  seiner  stillen,  aber  consequenten  Wirksamkeit,  wienn  auch  die 
Talentlosigkeit  seiner  besten  Bemühungen  spottet,  wenn  Unfleifs 
und  sittliche  Verwahrlosung  seine  besten  Malsregehi  durchkreu- 
zen. Soll  nun  dieser  Geistesmuth,  dessen  Nothwendigkeit  zum 
gedeihlichen  Wirken  im  Lehrerberufe  der  0.  E.  so  sehr  aner- 
kennt, dem  Lehrer  nicht  entsinken,  soll  die  sittliche  Ideenslärke, 
welche  seine  Wirksamlieit  einzig  und  allein  zu  befruchten  ver- 
Hiag,  ihm  nicht  abhanden  kommen  und  seine  geistige  Mission 
nicht  zur  Niedrigkeit  handwerkmäbigen  Treibens  herabsinken: 
^0  muss  ihm  der  Einfluss,  den  er  vermöge  seines  Wissens  und 
Könnens  auf  die  Anstalt  auszuüben  berufen  ist,  und  den  er  nicht 
aufgeben  kann,  wenn  er  nicht  seine  eigentliche  Stellung  auf- 
geben will,  ungeschmälert  gewahrt  bleiben,  und  es  dürfen  seiner 
Berufswirksamkeit  keine  willkürlich  herbeigezogenen  Hindern itise 
und  überhaupt  keine  anderen  Schranken  in  den  Weg  gelegt 
werden,  als  diejenigen  sind,  welche  aus  den  gleichen  Ansprächen 


über  EciicbuDg  und  üot«rhcbt  u.  s.  w.,  v.  6,  Umlner,        44S 

der  lehrenden  IndiYiduen  auf  diesen  Einfluss  and  aus  der  Ver- 
antwortlichkeit des  DirectOTs  ffir  den  Ge^ammtzustand  der  Gym- 
sasinllchranstaU  naturgemäß  bicb  ergeben.  Das  Verhältnis  dea 
Lehrers  zum  Direclor,  welches  nach  dem  Auswege,  den  der 
0.  B.  aus  dem  oben  angeführten  Dilemma  zu  nehmen  sich  ge-* 
zwungen  sah,  allerdinga  ein  Verhältnis  dienstlicher  Unterordnung 
ist  und  sein  muss,  wird  nur  dann  auf  seiB  richtiges  Mafs  zu-^ 
rückgeführt  werden,  wenn  2sa  der  aufs  er  liebten  Autoritil 
der  dienstlichen  Stellung  auch  noch  die  innere  Autorität  gei«^ 
stiger  und  didaktisch-pasdagogischer  Präponderanz  von  Seite  dea 
Directors  hinzutritt,  und  wenn  dieser  so  viel  collegialen  Sinn 
besitzt,  dass  er  den  eigentlichen  Erfolg  seiner  amtlichen  Mals- 
regeln weniger  auf  das  Gewicht  seiner  Amtsgewalt,  welche  auf 
diese  Weise  gebraucht  der  Gefahr  baldiger  Abnutzung  preisge- 
geben würde,  als  vielmehr  auf  das  Gewicht  innerer  Grunde  zv 
basieren  gewohnt  ist.  Nur  auf  diese  Weise  wird  er  sich  nicht 
blofs  den  Willen,  sondern  auch  die  Überzeugungen  der  Lehrer 
unterwerfen  und  den  letzteren  ihr  Geistesmuth,  die  sittliche  Af^ 
mosphäre  ihres  Wirkens  ungeschmälert  gewahrt  bleiben.  Es  wäre 
eine  arge  Verkennung  der  hier  in  Betracht  kommenden  Dinge, 
wenn  man  sittliche  Erfolge  durch  rein  äulserliche  Maisregeln  er-* 
zielen,  und  die  Thätigkeit  des  Lehrers  durch  ein  System  rein 
äufserlicher  Controlmittel  zu  fördern  gewillt  sein  könnte.  Da- 
durch würde  man  ihm  nur  den  Boden  entziehen,  auf  dem  er 
steht.  Nie  darf  man  vergessen,  dass  das  Geschäft  des  Erziehers 
eine  Kunst  ist,  und  dass  die  eigentliche  Atmosphäre  der  Kunst 
freie,  durch  keinerlei  Hemmnisse  eingeengte  Beweglichkeit  bleibt. 
Vergeblich  wäre  daher  jeder  Versuch,  die  Lehrer  in  die  Stel-« 
lung  der  Räder  einer  Maschine  zu  verurtheilen,  an  deren  Kurbel 
der  Director  steht;  dies  wäre  vielmehr  der  sicherste  Weg,  um 
dem  Lehrer  die  Lust  am  Lehren  zu  benehmen,  und  seine  Thätig- 
keit auf  das  Minimum  gewisser  äulserlich  controlierbarer  Lei- 
stungen herabzusetzen.  Nicht  die  todle  Maschine  —  den  leben- 
digen Organismus  muss  die  Gynmasialverfassung  nachahmen; 
den  Organismus,  in  welchem  jeder  einzelne  Theil,  z.  B.  das 
Auge  dem  Ganzen  dadurch  dient,  dass  es  frei  und  ungehemmt 
seine  natürliche  Function  ausübt. 

Es  ist  leicht  zu  zeigen,  dass  Auffassungen  der  hier  ange- 
führten Art  zugleich  jene  des  0.  E.  sind.  Auf  S.  207  (Instruc- 
tionen Nr.  XV.  B.  7)  wird  bei  Gelegenheit  der  Bemerkungen, 
die  der  hospitierende  Director  dem  Lehrer  allenfalls  zu  machen 
hat,  ausdrücklich  bemerkt,  der  Director  habe  zu  erwägen^  <(dass 
der  wirkliche  Einfluss  dieser  Erinnerungen  weniger  von  seiner 
amtlichen  Stellung  an  sich,  als  von  dem  Gewichte  abhängen 
wird,  welches  gereifte  Erfahrung,  Übersicht  des  Ganzen  und 
treffender  Blick  für  das  Einzelne  seinen  Überzeugungen  und  An-* 
sichten  zu  geben  vermag.'^ 


444       Ober  Erziehung  und  Unterricht  u.  8.  w.,  v.  G.  LMbnier. 

Wenn  man  abo  zugeben  wird,  dass  bei  der  moralucka 
Natur  des  Lehrerbenifes  die  Einhelligkeit  didaktisch -pasdagogi- 
schen  Wirkens  nicht  zu  erzielen  sein  werde  durch  eine  rat 
aurserliche  Unterordnung  der  Meinungen  und  Verschiedenkeflea 
des  Wollens  unter  eine  einzige  Meinung  und  ein  einziges  WoUei: 
so  folgt  daraus  unmittelbar,  dass  das  gegenseitige  Verstindniiy 
wovon  jene  Einhelligkeit  abhangt,  nur  herbeigerührt  werden  köaai 
durch  den  Austausch  der  Meinungen,  woraus,  wem 
dieser  Austausch  innerhalb  der  logischen  Schranken  gefuhrt  wird, 
die  vernünftigste  Meinung  nothwendigerweise  als  die  Siepm 
hervorgeht.  Das  Organ  dieses  gegenseitigen  Meinungsaustauoei 
ist  vor  allem  die  Lehrerconf  erenz,  in  welcher  der  Dinctor 
den  Vorsitz  führt  und  die  Lehrer  Sitz  und  Stimme  haben,  ^ 
deren  Competenz  zwar  durch  das  Gesetz  eingeschrinkt  ist,  ii 
welcher  aber  nach  $•  HI9  Abs.  3  des  0.  E.  jeder  lekrer  das 
Recht  und  die  Pflicht  hat,  Gegenstande ,  welche  du  Wohl  te 
Schule  und  einzelner  Schüler  betreffen ,  in  Anregung  und  nr 
Discussion  zu  bringen. 

Der  Unterz.  kann  sich  nicht  enthalten,  es  hier  oBea  ad 
freimüthig  auszusprechen,  dass  nach  seiner  unerschütterlich 
Überzeugung  und  nach  den  Erfahrungen  einer  zehnjährigen  f 


mancher   Beziehung   noch    nicht   dasjenige    thut,   was  sie 
und  kann. 

Es  wird  vielleicht  für  die  Erreichung  obiger  Aufgabe  er- 
spriefslich  sein,  auch  diei>en  Gegenstand  in  den  Kreis  der  öllieBt- 
lichen  Bei>prcchung  zu  ziehen.  Vielleicht  werden  sich  durch  ii- 
regung  diei^es  Gegenstandes  auch  andere  Beobachter  veraiM 
fühlen,  mit  den  Resultaten  ihrer  Beobachtung  vor  die  ÖOBaÜicfc- 
keit  zu  treten,  und  durch  den  also  geweckten  Meinuaplli- 
tausch  zur  Förderung  der  guten  Sache,  die  uns  allen  geMB- 
schafllich  am  Herzen  liegt,  beizutragen. 

An  Gegenständen  einer  conferenziellen  Besprechung  wffd  • 
bei  einem  geweckten  Schulleben  niemals  fehlen ,  und  überall,  w 
sich  das  Bedürfnis  einer  solchen  Besprechung  in  erhöhtem  GrtM 
kund  gibt,  wird  man  dasselbe  für  das  untrügliche  Zeichen  eil» 
gehobenen  predagogischen  Sinnes  im  Lehrkörper  nehmen  könaci. 
Wo  dagegen  dieses  Bedürfnis  nicht  gefühlt  oder  durch  grok 
Misstände  nicht  seiner  Befriedigung  zugeführt  wird,  wo  nua  A 
Conferenzen  nur  deshalb  abhält ,  weil  sie  angeordnet  sind ,  nai 
man  sich  mit  den  Protocollen  derselben  ausweisen  muss:  dl 
werden  die  Meinungen  und  vielleicht  auch  die  Grundsatze  dK 
einzelnen  Lehrer  unvermittelt  neben  einander  fortbestehen ,  jeder 
Lehrer  wird  unbekümmert  um  das,  was  um  ihn  vorgeht,  seiaea 
\f^%   ruhig   fortgehen ,   die   Organicität   und   EinheUigkeit  aller 


Clier  Erziehung  und  Unlerriclit  u.  g.  w.,  t.  G.  Undner,        445 

ieder  dos  erziehenden  Unterrichtes  blofser  Schein  bleiben.  Die 
iUheilungen  aber  den  Stand  des  Unterrichtes  und  der  Zucht 
i  einzelnen  Schülern  und  in  einzelnen  Classen,  die  der  Lehrer 
der  Conferenz  zu  hören  bekommt,  sind  für  ihn  ein  sehr 
Ulzenswerlhes  Material,  welches  er  nicht  missen  kann,  wenn 
ii  Urtheil  über  die  Classe  und  seine  pnedago^sriscbe  Behandlung 
•raelben  nicht  einseitig  bleiben  soll.  Diese  Hitlheilungen  müssen 
loch,  falls  sie  ihren  Zweck  nicht  verfehlen  sollen,  diejenige 
mn  annehmen,  die  im  J.  111,  Ab.  2  des  0.  E.  ihnen  gesetz- 
;k  Torgezeichnet  ist,  und  welche  darin  besteht,  dass  der  Direclor 
tch  Beendigung  des  allgemeinen  Urtheils  über  die  einzelne  Classe 
B  Namen  der  Schüler  dieser  Classe  verliest.  Nur  auf  diese 
ciM  kann  das  Verhalten  der  einzelnen  Classen  und  Schüler  zu 
kn  der  Lehrer  gegenseitig  confrontiert  und  einer  summari- 
ben  Schlussfassung  entgegengeführt  werden,  was  offenbar  der 
vedc  der  Conferenz  ist.  Wo  man  jedoch,  wie  es  an  einzelnen 
ihranstalten  vorkommt,  alle  Schüler  einer  Classe  und  alle  Classen 
tcheinander  zunächst  mit  Bezug  auf  einen  einzelnen  Lehrgegen- 
nd  durchnimmt,  d.  h.  die  Conferenz  nach  Fächern^  nicht  nach 
iHen  leitet:  da  wird  die  natürliche  Ordnung  der  Sache  um- 
fahrt und  eine  Vergleichung  eines  und  desselben  Schülers  in 
mg  auf  die  Totalität  seiner  Leistungen  beinahe  unmöglich  ge- 
acht,  abgesehen  davon,  dass  die  Verhandlungen  dadurch,  dass 
a  Lehrer  in  einem  Alhemzugc  über  die  ganze  Schülerzahl  einer 
laaae  oder  gar  über  mehrere  Classen  nacheinander  referiert, 
id  die  übrigen  Lehrer  während  der  ganzen  Zeit  ruhig  zu- 
ken,  schleppend  werden  und  ein  lebendiges  Eingreifen  der  Hei- 
mgen  in  einen  und  denselben  Gegenstand  und  somit  auch  eine 
laeilig  durchgreifende  Ventilierung  desselben  erschwert  wird, 
n  i^ube  ja  nicht,  dass  durch  die  Befolgung  des  gesetzlichen 
orgingca,  nämlich  durch  die  Namenablesung,  die  Konferenzen 
tanaehr  in  die  Länge  gezogen  würden,  im  Gegentheile,  sie 
erden  in  raschem  Flusse  vorwärts  gehen,  sobald  die  nothwen- 
igen  Bennerkungen  über  einzelne  Schüler  mit  charakteristischer 
Ane  und  mit  Vermeidung  alles  nicht  zur  Sache  gehörigen  ab- 
egeben  werden,  und  man  sich  bei  jeder  Monatsconferenz  nicht 
■f  Wiederholung  des  bereits  in  früheren  Conferenzen  bespro- 
benen  oder  anderweitig  bekannten  einlässt,  sondern  nur  auf  Hit- 
leilang  der  thatsächlichen  Veränderungen,  die  sich 
a  dem  betreffenden  Blonate  ereigneten,  beschränkt. 
JBe  grobe  Anzahl  von  Schülern  ist  so  beschaffen,  dass  sie  auf 
er  Linie  der  aurea  mediocrUat  stehend  mit  von  Monat  zu 
bwat  sich  gleichbleibendem  Erfolge  in  allen  Fächern  gleichmäfsig 
rheitet,  ohne  dass  an  ihrer  gesammten  Haltung  etwas  zu  mab- 
rgeln  oder  zu  bemerken  wäre.  Sie  leisten  so  viel  oder  nahe  so 
id,  ab  man  nach  Mafsgabe  ihres  Talentes  und  unter  Berück- 
idbtigung  aller  Umstände  von  ihnen  billigerweise  erwarleu  k^Mi^ 


44€        Ober  Erziehung  uml  Unlcrricht  u.  s.  w.,  v.  G,  Lindner, 

sie  genMgen.  Über  die  Namen  dieser  Sdiüler  kann  die  Conferenz, 
wenn  kein  besonderer  Grund  hinzutriU,  kurz  hmweggehcn,  ebenso 
über  die  nicht  unbedeutende  Anzahl  jener  guten  Schüler,  deren 
Forlgang  gegtn  den  vorigen  Monat  nicht  die  geringste  wahr- 
nehmbare Veränderung  nachweist,  weil  man  sonst  nur  dasjenige 
wiederholen  musste,  was  im  vorigen  Monate  gesagt  wurde« 
Länger  verweilen  wird  die  Verhandlung  blois  bei  jenen  Schülern, 
bei  4enen  die  Disharmonie  zwischen  Talent  and  Leistung  oder 
die  Uagleichheit  der  Leistungen  in  den  einzebien  Fächern  oder 
den  einzelnen  Monaten  zu  einen  längeren  Verweilen  herausfordert. 
Auf  diese  Weise  wird  die  Zeit,  welche  dea  Erwägungen  der 
CoBfereoi  gewidmet  wird,  keine  verlorene  sein;  an  die  ouimiig-* 
Gachen  Erscheiftuogen  des  Fortganges  in  einzelnen  Classen  und 
Fächern  und  bei  einzelnen  Schülern  werden  sich  Bemerkuagen 
über  Unterricht  und  Methode  knüpfen,  welche  fn*  die  einzelnen 
Lehrer  wichtige  Atiregungspuiicte  eines  weiteren  fruchtbringen- 
des Nachdenkens  bilden  können. 

Insbasondere  wird  es  aber  der  Zustand  der  Sittlichkeit 
nad  Zucht  sein,  der  zu  mannigfachem  Gedankeaanstansche  und 
au  viel&chen  Besdblussen  des  Lehrkörpers  führen  wird.  Die  Auf- 
rechthatlung  der  Disciplin  und,  was  mehr  noch  ist  als  dies,  die 
Förderung  einer  reUgiös-moralischen  Gesinnung  unter  der  Schüler-» 
sdkaft  dl«  Gynmasiums,  ist  ein  Gegenstand,  dem  das  einm&ihige 
SiusamBienwirken  aller  Lehrkräfte  ununterbrodien  zugewandt  sein 
sollte.  Durch  alle  Maf^^regeln  der  Schule,  welche  zur  Aufrecht- 
haltung eines  religiös-moralischen  Zustandes  eingeleitet  werden, 
muss  sich  der  rotbe  Faden  einer  unerbittlichen,  unerschütterlichen 
Gonsequenz  hindurchziehen,  welche  Conseqaenz  nur  dann  hervor- 
treten kaim,  wenn  die  leitenden  Grundsatze,  nach  denen  sich  die 
disdplinare  Behandlung  der  Schüler  richtet,  in  der  Hauptsache 
bei  ;allen  Lehrern  dieselben  sind.  Bei  der  Durchfuhruag  dieser 
Grundsätze  muss  sich  der  individuelle  Taot  der  letzteren  zeigen, 
welcher  in  der  glpichmäl]Bigen  Berücksichtigung  aller  Verhältnisse 
der  ünterricfatsanstalt  und  ihrer  Pflegebefohlenen  seinen  wahren 
Ausdruck  findet.  Es  gibt  nicht  zwei  Gymnasien,  in  denen  in 
Bezug  auf  Begabung,  Vorbildung,  häusliche  Unterbringung  der 
Sehüler,  Einflüsse  der  ÖiTentbchkeit,  Mischung  der  Nationalitäten 
und  Confessionen  die  gleichen  Verhältnisse  wiederkehren  aiöchten. 
Die  erziehende  Aufgabe  der  Schule  drängt  zur  gleichmäCägen 
Berücksichtigung  aller  Verhältnisse,  in  welche  der  Schuler  gestellt 
Ist,  und  was  de«  einen  Lehrer  entgangen  ist,  wird  vielleicht  dem 
andern  aufgefallen  sein.  Soll  der  Einzelne  den  Sehatz  seiner 
Beobachtungen  fOr  sich  selbst  behalten?  Es  wäre  dies  »ne  arge 
Versündigung  an  der  Wohlfahrt  der  Gymnasialzöglinge,  deren 
geistige  Zukunft  oft  durch  eine  einzige  ptedagogisch- kräftige 
MaCsregel  zum  Heäe  derselben  abgeändert  werden  kann.  Jeder 
gewissenhafte   fidirer  wird  also  £ese  seine  Beobachtungen  den 


über  Erziehung  und  Unterricht  u.  8.  w^  v.  €.  Littäner.         447 

GoOegen  mn  «o  lither  millheikn,  j«  mehr  ^  bei  ihnen  beeuglicb 
«elcher  Mittheihingen  auf  ein  empföngliches  Ohr  rechnen  darf. 
Oberhaupt  iM  eine  gegenseitige  Verständigung  und  ein  «orgfü- 
ÜgcB  Berücksichtigen  der  Parlialurtheile  einzelner  Lehrer  nir- 
gends so  unabweislich  geboten  als  dort,  wo  es  sich  iiin  die 
endgiiiige  Feststellung  des  Urtheils  ober  den  Sittlichkeitszustand 
eines  Schdlers  und  dessen  Ausdruck  in  der  Sittennote  handeh; 
denn  die  Fehler,  welche  eine  einseitige  Beurtheilung  des  Schülers 
nach  sich  ziehen  könnte,  können  nur  dadurch  eliminiert  werden, 
^ss  man  BÜe  einzelnen  Urtheile  glekhmalsig  berücksichtigt  und 
in  die  Wagschale  der  Beurtheilung  legt.  E»  gibt,  um  concreter 
zu  reden,  Temperaments-  und  Brziehungsschwächen,  welche  in 
einzehien  Fäßen  den  Schein  efn«r  groben  «ittlichen  Verletzimg 
annehmen  mid  leicht  für  eine  solche  gehalten  werden  können; 
der  finstere  Blick,  das  mürrische  Wesen,  das  herbe  Wort  könne» 
ebensogut  Wirkungen  eines  schwarzgalligen  Temperamentes  als 
eines  bösen,  in  den  Grund  Terdorbenen  Herzens  sein.  Wenn  ait 
nun  auch  in  keinem  Falle  ungeahndet  bleiben  dürfen,  so  wird 
doch  die  disciplinare  Behandlung  des  Schülers  in  beiden  Fallen 
eine  ganz  enigegengetzte  sein  müssen» 

Allein  wie  l^ei  jeder  menschlichen  Einrichtung  auf  das 
<<Wie^  der  praktischen  Durchführung  sehr  viel  ankommt,  so 
hangt  auch  bei  den  Conferenzverhandlungen  der  eigentliche  Brfdg 
-von  dem  Geiste  ab,  in  dem  sie  gepflogen  und  geleitet  werden. 
Hier  kommt  es  nach  unserem  Dafürhalten  zuvörderst  auf  zwei 
Umstände  an:  erstens,  dass  jedem  einzehien  Mitgliede  die  volle 
Freiheit  der  Heinungsaufserung  und  Abstimmung  gewahrt  bleibe, 
und  zweitens,  dass  dieser  Freiheit  ungeachtet  der  geschdftsord* 
nungsmäbige  Fortgang  der  Verhandlungen  energisch  aufrecht  ge* 
halten  werde.  Nach  der  einen  Seite  ebeneowol  wie  nach  der 
anderen  sind  Ausschreitungen  denkbar,  welche  für  daa  gedeih- 
liche Wirken  des  Instituts  der  Lehrerconferenzen  von  gro&em 
Nachtheile  sind,  ja  den  Zweck  dieses  Instituts  geradezu  gefährden. 
Wo  der  einzelne  Lehrer  in  seiner  ruhigen  Meinungsabgabe  ent- 
weder durch  die  ausgiebigeren  Stimmen  stärkerer  Kehlen  oder 
durch  die  auf  das  Prädicat  der  fnfallibiiitat  Anspruch  eitcibende 
Meinung  des  Vorsitzenden  terrorisiert  wird :  dort  wird  man  sich 
vergebens  nach  jenen  Bedingungen  umsehen,  welche  ein  gegen- 
seitiges Abwägen  der  Meinungen  und  eine  Schlossfassung  nach 
objectiven  Gründen  ermöglichen.  Diese  letztere  wii^  vid- 
mehr  von  jener  Partei  dictiert  werden,  auf  deren  Seite  sich  ent- 
weder die  Stimme  des  IMrectors  oder  die  kräftigsten  Kehlen  be- 
finden. Ein  solcher  Vorgang  wäre  allerdings  in  hohem  Grade 
beklagenswerth.  Wenn  in  einer  beratbenden  Versammlung  nicht 
mehr  das  Gewicht  innerer  Gründe,  sondern  das  Zusammentreffen 
rein  zufälliger  Umstände  die  Entscheidungen  leitet,  wenn  die  Mei- 
nungen der  Hitglieder  im  bunten  Wirrwar  durcheinander  fliegen^ 


448        Ober  EniehuDg  und  üntenriGht  u.  s.  w.^  v.  G,  LfndHer. 

Äußerungen  und  Beschlüsse  nach  den  Eingebungen  des  Augen  ^ 
blickes  in  einer  und  derselben  Sitzung  abwechselnd  hingestellt, 
abgeändert  und  zurückgenommen  werden,  und  man  nach  mehr- 
stündigem Hin-  und  Herreden  genau  dort  angelangt  ist,  wo  man 
arsprünglich  ausgegangen  war;  da  wäre  es  viel  erspriefslicher, 
wenn  man  in  einem  solchen  Falle  das  Princip  der  Berathung 
überhaupt  fallen  Hesse  und  die  am  Conferenztische  verschwendete 
Zeit  nützlicheren  Beschäftigungen  zuwenden  würde.  Es  wäre 
odios,  das  hier  aufgerollte  Bild  durch  thalsächliche  Belege  spe- 
eialisieren  zu  wollen;  wichtiger  scheint  es  uns,  auf  ein  Mittel 
hinzuweisen,  was  nach  unserem  Dafürhalten  dazu  angethan  ist, 
Obelständen  dieser  Art  zu  steuern.  Dieses  Mittel  ist  ganz  ein- 
fiich;  es  betrifft  die  Aufstellung  einer  förmlichen  Ge- 
schäftsordnung für  die  Conferenzverhandlungen* 
Eine  solche  Geschäftsordnung  wird  gegenwärtig  noch  vermisst, 
denn  dasjenige,  was  der  0.  E.  in  den  $$.  HO  bis  114  darüber 
enthält,  sind  nur  die  äulsersten  Umrisse  einer  solchen  und  lassen 
sehr  viele  Bestimmungen  über  das  Verfahren  bei  Conferenzver- 
handfaingen  offen»  Wir  sind  weit  entfernt  davon,  die  Conferenz 
zum  Schauplatze  parlamentarischer  Vorgänge  machen  zu  wollen; 
glauben  jedoch  gleichwol,  dass  einige  detailliertere  gesetzliche 
Bestimmungen  über  verschiedene  Modalitäten  dieser  Coi^ereazver- 
hlndlungen  zur  Wahrung  eines  ruhigen,  geregelten  Fortganges 
derselben  nur  beitragen  könnten.  Wir  meinen  hier  Bestimmungen 
über  die  Art  der  Wortergreifung,  über  den  Verlauf  der  Debatte, 
über  die  Beilegung  von  ordnungswidrigen  Vorfeülen,  über  die 
Abstimmung  und  Beschlussfassung,  über  die  Wahrung  von  Mino- 
ritätsgutachten, insbesondere  aber,  wovon  wir  das  meiste  Heil 
erwarten  würden — Bestimmungen  über  die  ProtocoU- 
führung.  Hier  sollte  der  Grundsatz  entschieden  an  die  Spitze 
gestellt  werden,  dass  das  Protocoll  Aie  Bestimmung  habe,  den 
wesentlichen  Gang  der  Conferenzverhandlungen  sammt  allen  im 
Schofse  der  Conferenz  vorgefallenen  Zwischenfallen  zu  consta- 
tieren,  die  wesentliche  Meinungsabgabe  der  einzelnen  Conferenz- 
nitglieder  in  möglichst  getreuer  Fassung  aufzunehmen  und  da- 
durch ein  Bild  der  Conferenz  zu  liefern.  Unter  diesen  Voraus- 
setzungen virürden  die  Conferenzprotocolle  ihre  gegenwärtige, 
meist  dürftige  und  monotone  Fassung  abstreifen  und  von  dem 
Charakter  unbedeutender  Schriftstücke  zum  Range  interessanter 
und  hochwichtiger  Documente  erhoben  werden,  in  denen  die  innere 
Bntwickelungsgeschichte  einer  jeden  Lehranstalt  niedergelegt  wäre. 
Solche  Protocolle  dürften  der  Oberbehörde  den  Geist  einer  jeden 
Lehranstalt  besser  bezeichnen,  als  es  durch  die  besten  geheimen 
Berichte  nur  möglich  ist.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  ein 
solches  Protocoll  unmittelbar  während  der  Sitzung  aufgesetzt, 
nicht  etwa  nachträglich  erst  zusammengestellt  werden  dürfte; 
ebenso  ist  auch  leicht  abzusehen,   dass  durch  eine  solche  Pro- 


über  Rraiebung  und  rntcrricbt  u.  8.  w.,  v.  €,  Undner.        449 

locoliräRrung,  wo  jedes  Conferenzmilglied  es  sich  gefallen  lassen 
mflsste,  seine  Äuf^erungen  auch  prolocoljiert  zu  sehen,  alles  im- 
nutze  Hin-  und  Herredrn  beseitigr,  die  Conferenz  der  Gefahr,  in 
eine  rebultatlose  Discussion  verwandelt  zu  werden,  am  besten  ent- 
rückt ^ein  wurde. 

Alterdings  kann  das  hier  in  Anregung  gebrachte  Mittet  den 
ruhigen  und  ordnungsmafsigen  Fortgang  der  Conferenzen  nur 
innerhalb  gewisser  äufserster  Grenzen  aufrechlhalten;  seine  volle 
Wirkung  wird  es  erst  dann  erreichen*,  wenn  es  von  dem  Tacte 
des  Vorsitzenden  und  der  Häfsigufig  alter  Conferenzmitglieder 
unterstützt  wird.  Die  Mäfsigung  im  Aufstellen  und  Verfechten 
von  Meinungen,  von  denen  man  auf  das  lebhafteste  überzeugt 
i^ein  kann,  welche  aber  dessenungeachtet  nur  Meinungen  bleibt, 
ist  diejenige  Bedingung,  an  welche  die  segensreichen  Wirkungen 
des  Meinungsaustausches  geknüpft  sind.  Wer  von  seiner  einmal 
gefassten  Meinung  so  eingenommen  ist,  dass  er  es  nicht  über 
sich  bringen  kann,  den  Auseinandersetzungen  der  gegnerischen 
Meinung  zu  folgen ,  dessen  Meinungen  werden  den  Charakter  der 
Einseitigkeit  niemals  ganz  abstreifen,  für  ihn  werden  die  bedeu- 
tenden Vortheile,  welche  das  menschliche  Nachdenken  ans  der 
wechselseitigen  Mittheilung  und  Vergleichung  mannigfacher  An-'' 
sichten  schöpft,  verloren  gehen.  Wer  dagegen  von  dem  uner- 
schütterlich feststehenden  Grundsatze  ausgeht,  dass  jede  Ansinh, 
so  begründet  und  in  sich  vollendet  sie  auch  sein  mag,  einer  viel-« 
fachen  Berichtigung,  Erläuterung,  Ergänzung  fähig  ist,  der  wird 
auch  jeden  Augenblick  bereit  sein ,  die  eigene  Meinung  durch 
eine  be.«sere,  wenn  auch  gegnerische,  zu  berichtigen.  Wenn  nun 
alle  Conferenzmitglieder  von  diesem  Geiste  der  Mfifsigung  durch- 
drungen in  dem  gemeinschaftlichen  Streben  nach  Briielong  paeda- 
gogischer  Einhelligkeit  einander  die  Hände  reichen,  dann  und 
nur  dann  werden  die  Debatten  über  einzelne  Controversen,  so 
lebhaft  sie  auch  sein  mögen,  nur  zum  Besten  und  Frommen  der 
erziehenden  Aufgabe  des  Gymnasiums  ausschlagen.  Wir  wissen 
recht  wohl,  dass  jene  leidenschaftslose  Ruhe  der  Erörterung, 
welche  wir  hier  postulieren,  bei  Personen,  denen  ein  menschlich 
erregbares  Herz  im  Busen  schlagt  und  in  deren  Adern  heifses^ 
oft  auch  jugendliches  Blut  rollt,  eine  ideale  Forderung  ist;  wir 
wissen  aber  auch,  dass  jeder  gebildete  Mann,  sobald  er  einmal 
die  Überzeugung  gewonnen  hat,  dass  diese  Bedingung  für  das 
Gedeihen  der  Schule  eine  unerlassliche  sei,  so  viel  sittliche  Stürk» 
und  Aufopferungsfähigkeit  besitzt,  um  seine  persönlichen  Gefühle 
der  guten  Sache  unterzuordnen. 

Die  Verständigung  zwihchen  den  einzelnen  Lehrern  wird 
natürlicherweise  auf  die  Conferenz  keineswegs  beschrftnkl  Meibeui 
sie  wird  vielmehr,  sobald  ihr  Bedürfnis  einmal  geweckt  ist^  man- 
nigfache Wege  sich  eröffnen.    Je  mehr  der  einzelne  Lehrer  seinen 

Zaitsahrift  f.  d.  dttvrr.  Gyma«s.  1860.  VI.   Haft.  31 


450         Über  Erxithung  und  Unterriebt  o.  s.  w.,  v.  C,  UmlHer. 

Blick  von  der  Specialilät  deg  Faches,  das  er  verlrilt,  über  das 
Ganze  der  bumanen  Bildung,  dem  die  Gymnasien  dienen,  ver- 
breitet,  je  allgemeiner  jene  pbilosopbiscbe  Bildung  wird, 
welche  das  in  einzelnen  Richtungen  erstarrte  Wissen  in  leben- 
dig»*n  Fluss  bringt :  det^to  vollkommener  wird  auch  die  Einheit- 
lichkeit des  Zusammi'nwirkcits  aller  Lehrkräfte  werden,  wie  dies 
in  den  Zusatzbemerkungen  delr  verehr!.  Redaction  zu  dem  I.  Ar- 
tikel im  11.  Hefte  des  v.  J.  dieser  Zeit^chrifi  auf  treffende  Weise 
dargethan  wurde.  Nach  Allgemeinheit  der  Bildung  drängt 
der  Mahnruf  der  Zeit-,  dif«er  allgemeinen  Bildung  dienen  insbe- 
sondere die  Gymnasien,  welche  die  breite  Basis  legen^  auf  wel- 
cher die  Universität  das  Gibäude  des  Wissens  in  die  Höhe  und 
tiefe  fortzufuhren  bestimmt  ist  —  dadurch,  dass  die  Lthrer  der 
Gymnasien  selbst  auf  der  Höhe  die^^er  allgemeinen  Bildung  stehen 
und  von  ihr  aus  den  umschauenden  Blick  über  alle  Felder  der 
letzteren  frei  schweifen  lassen,  wird  jene  Einhelligkeit  der  ver- 
schiedenen Factoren  der  Gymnasialerziehung  herbeigeführt,  welche 
wir  in  diesen  Artikeln  einer  genaueren  Untersuchung  unterzogen 
haben. 

Ea  sei  nun  gestattet,  die  Reihe  der  hier  angeführten  Be- 
merkungf'n  und  Andeutungen  mit  einer  allgemeinen  Betrachtung 
zu  »chlieC^en. 

#  So  wie  das  wahre  Wissen,  des  Menschen  geistiges  und 
ünveräulserliches  Eigenthum,  welches  nach  allen  Seiten  erfasst 
und  nach  allen  Richtungen  verarbeitet  zu  einem  Bestandtheile 
des  eigenen  Ich  wird  und  den  Geist  mit  jener  eigenthümlichcn 
Macht  umgibt,  auf  der  die  Überlegenheit  des  wahrhaft  Gebilde- 
ten beruht,  himmelweit  verschieden  ist  von  der  äuCserlichen 
(auswendigen)  Aneignung  angelernter  Kenntnisse,  welche  nur 
durch  die  Anstrengung  des  mechanischen  Gedächtnisses  zusam- 
mengehalten werden  können,  ohne  den  Geist  wahrhaft  zu  be- 
reichern und  mächtig  zu  machen:  so  ist  auch  die  Sittlich- 
keil,  wie  sie  sich  als  selbsteigene  Schönheit  der  Menschen- 
natur auf  ihrer  höchsten  Offenbarungi>sIufe  in  den  harmonisch 
vollendeten  Zögen  des  sittlichen  Charakters  ausprägt,  unendlich 
yerschieden  von  den  guten  Sitten,  in  dienen  der  junge  Mensch 
Hnler  dem  Malsregeluiigssystcm  seiner  Erzieher  in  heuchlerischer 
Einfalt  dahinwandelt.  Was  diese  «guten  Sitten^^  bedeuten,  zeigt 
sich  nur  allzubald,  wenn  der  Zögling  der  Disciplinargewalt  seiner 
Erzieher  entrückt  wird^  wenn  beispielsweise  der  Abiturient  mit 
dem  Zeugnis  der  Reife  in  der  Hand  von  der  Lehranstalt  scheidet, 
um  in  der  ungewohnten  Atmosphäre  äufserlicher  Freiheit  seine 
geistigen  Schwingen  zu  versuchen.-  Gibt  es  doch  noch  Schüler, 
<)ie  Tom  Gymnasium  scheiden,  ohne  es  für  nothwendig  zu  finden, 
den  Männern,  die  mit  jahrelanger  Selbstaufopferung  und  mit 
einem  Aufwand  unbezahlbarer  Mühe  an   ihrem   geistigen  Wohle 


Ober  Erziehung  und  Unterricht  u.  s.  w.,  v.  G.  Undner.         451 

gearbeitet  haben,  eine  Formel  des  Dankes  zu  sagen!  oder  die 
gar,  Schlangen  vergleichbar,  welche  die  Lehranstalt  an  ihrem 
Busen  wärmte,  den  sittlichen  Giflschaum  thatsachlicher  Verhöh- 
nung gegen  sie  ausspritzen !  . . .  OiTenbar  hat  in  solchen  Fällen 
die  Erziehung  nur  äufserlich,  nicht  innerlich  gearbeitet; 
sie  hat  es  unterlassen,  die  Anständigkeit  und  Gesetzlichkeit  des 
äulseren  Verhaltens  auf  den  Unterbau  sittlicher  Grundsatze,  die 
Gesittung  auf  Sittlichkeit  zu  stützen.  Allerdings  ist  es 
eine  unthunliche  Sache,  dem  Zöglinge  in  das  Herz  hineinzu- 
schauen und  ihm  sittliche  Grundsätze  unmittelbar  beizubringen, 
und  wahr  bleibt  es,  dass,  so  wie  die  Kenntnisse  den  Mafsslab 
des  Wissens,  so  auch  die  Sitten  das  Mafs  der  Sittlichkeit  ab- 
geben werden ;  allein  den  eim  n  Grundsatz  sollte  die  Schule  nie 
aus  dem  Gesichte  verlieren,  sondern  vielmehr  in  der  Gesammt- 
heft  ihrer  Mafsregeln  und  im  bestundigen  Verkehr  mit  dem 
Schüler  offen  und  frei  zur  Schau  tragen ,  den  Grundsatz ,  daisä 
in  ihren  Augen  das  Wissen  höher  stehe,  als  Kenntnisse 
die  Sittlichkeit  höher  als  die  Sitten! 

C  i  1 1  i.  Gustav  L  i  n  d  n  e  r. 


31 


Zweite  Abtheilung. 


Literarische  Anzeigen. 

Covneliiu  Nepo8,  erklärt    von   J.  Siebeiis.   3.  Auflage,  gr.  8. 
(XIII  u.  197  S.)  Leipzig,  Teubner,  1859.  ^  i%  Ngr. 

iüöer  Aepoi  ai$  SeJtuileetüre.) 

Es  ist  in  neuester  Zeit  fast  Modesacbe  geworden,  gegen  Nepos 
als  den  Anctor,  durch  den  unsere  Gymnasialjugend  in  die  Lecture  latei- 
nischer Schriftsteller  soll  eingeführt  werden,  anzukämpfen.  Dass  solchen 
Anpriffsn,  wie  er  sie  zu  erfahren  halte  und  noch  hat,  bestimmte  Thal- 
Sachen  zu  Grunde  liegen,  ist  von  selbst  verstandlich  und  besonders  durch 
Nipperdey's  Ausgabe  klar  geworden,  aber  dennoch  lohnt  es  sich  noch 
einmal  die  Frage  zu  untersuchen,  um  so  mehr  als  man,  wie  uns  scheint, 
bei  dem  ganzen  Streite  allmählich  die  Frage  immer  schiefer  stellte,  indem 
man  den  psedagogisch- didaktischen  Gesichtspunct ,  von  dem  die  ganze 
Differenz  ausgieng,  nämlich  den,  ob  Nepos  für  unsere  Tertia  (resp.  IV.) 
drr  geeignete  Schriftsteller  sei,  nach  und  nach  aus  den  Augen  verlor  und 
unvermerkt  die  Frage  nach  der  literarischen  Bedeutung  des  Nepos  über- 
haupt substituierte.  So  wenig  natürlich  geläugnet  werden  soll,  dass  die 
Schnllectüre  eines  Schriftstellers  auch  von  seinem  literarischen  Gehalt 
abhänge,  so  springt  doch  ebenso  sehr  jedem  unbefangenen  in  die  Augen, 
dass  bei  Knaben  von  12  Jahren  noch  gar  manche  Rucksichten  aufser 
diesem  in  Betracht  kommen.  Wenn  die  folgende  Untersuchung  sich  zu- 
niobst  an  den  Aufsatz  Wagler's  im  vorjährigen  Augustheft  der  Mützell- 
sehcn  Zeitschrift  für  Gymnasien  hält,  so  glauben  wir  dadurch  gerecht- 
fertigt zu  sein,  dass  derselbe  alles,  was  gegen  Nepos  bis  jetzt  vorge- 
bracht ist,  berücksichtigt  und  durch  seine  mafsvolle  Haltung  am  ehesten 
la  einer  ruhigen  Erörterung  geeignet  ist.  Die  gegen  Nepos  vorgebrach- 
ten Gründe  sind  nun  folgende:  1.  eine  ziemliche  Anzahl  der  von  ihm 
geschilderten  Männer  ist  nicht  bedeutsam  genug,  dagegen  fehlen  höchst 
wichtige  Erscheinungen,  so  die  exceifenies  ducei  Romanorum;  2.  die 
einzelnen  Biographien  sind  in  der  Regel  keine  Lebensbilder,  sondern 
^88^8^^  ^^^  allerlei  Anekdoten,   daher  denn  3.  Ausführlichkeit  in  Be- 


Ober  Nepos  als  SchunBctOre,  v.  L.  fUtlMer.  4llS 

Randlinig  zur  Bedeutsamkeit  der  Fersonen  In  ieinem  VerfaSRdls  stellt^ 
unwichtiges  des  Breiten  gegeben,  Wichtiges  übergangen  Ist;  4.  Nep^s  ist 
in  Beurtheilung  seiner  Helden  nicht  nnbefangen  genng;  5.  ttiU  seiher 
historischen  Glaubwürdigkeit  steht  es  sehr  schlecht;  6.  In  fSormaler  Bl^ 
Ziehung  ist  sein  Latein  vielfach  nicht  nachahmenswerth ,  und  7.  HiAttL 
steh  der  logisch-grammatischen  Vcrstöfse  wie  Anakoldthey  dem  Gedan- 
kenzusammenhange  nicht  entsprechende  Satzyerbindangen ,  Tautologlcln 
u.  s.  w.  in  nicht  geringer  Zahl. 

Was  nun  den  ersten  Punct  betrifft ,  so  geben  wir  gerne  zu,  dsife 
es  für  unsere  Schulzwecke  noch  besser  wSre,  Wenn  statt  des  Dion> 
Ghabrias,  Timotheus,  Datames,  Eumenes  u.  s.  w.  uns  Biograplrien  rMf- 
scher  Feldherren  erhalten  wSren.  Indessen  kann  die  Schule  selbst  'dfe> 
welchen  man  «eine  nur  sehr  relative  Bedeutung  zugestehen  kann*,  «ehr 
gut  verwerthen.  Biographien  wie  die  des  Dion,  Iphikrätes,  Chabflas, 
Timotheus,  Phocion,  Timoleon,  behandeln  Partien  der  griechischen '  Qo> 
schichte,  die  bei  dem  Unterrichte  in  alter  Geschichte,  wie  er  der 'Lee- 
türe des  Nepos  regelmäfsig  vorangeht,  aus  guten  Gründen  müssen  utibA- 
rücksichtigt  bleiben.  Liest  nun  den  Nepos  ein  Lehrer,  der  so  viel  Ge- 
schick hat,  bei  der  Leetüre  selbst  den  historischen  Zusammenhang,  Hi 
dem  die  einzelnen  dieser  Personen  mit  ihrer  Zeit  stehen,  kürz  hetVoN 
zuheben  und  diese  Zeit  selbst  in  wenigen  Strichen  an  die  dhi  Knaben 
schon  bekannten  Puncte  der  griechischen  Geschichte  anzukiiupflsni'  so 
hat  er,  dachten  wir,  eine  höchst  wünschenswerthe  Erginzung  des  gel^ 
schichllichen  Unterrichtes  in  seiner  Hand,  um  so  wünüchenswerther,  wette 
man  bedenkt,  dass  das  Untergymnasium  die  Aufgabe  hat,  nach  und  ttkcli 
zu  dem  in  der  II.  Classe  gegebenen  geschicbllichen  Wissen  wettere  Daten  tu 
fügen,  die  dann  durch  den  historischen  Unterricht  im  Obergymhasium  zti 
einer  Geschichte  Griechenlands  zu  vereinen  sind.  Dasselbe  gilt  von  dea 
zwei  MSnnern,  die  zwar  den  Geschicken  des  hellenischen  Volkes  etwas 
femer  stehen,  uns  aber  in  die  Verhältnisse  der  mit  Griechenland  In  so 
vielfacher  Wechselbeziehung  siehenden  persischen  Monarchie  und  in  die 
auch  für  Hellas  entscheidenden  Kämpfe  der  Diadochen  einführen.  Dazu 
kommen  noch  zwei  beachtenswerthe  Umstände.  Der  Geschichtsunlerrieht 
in  II.  wird  sich  aus  wol  allgemein  anerkannten  Gründen  biographiseh 
zu  gestalten  haben.  Man  sehe  nun  Geschichtsbücher  nach,  die  entweder 
förmlich  Biographien  enthalten,  wie  das  von  Schwarz,  oder  doch  das 
biographische  Moment  sehr  hervortreten  lassen,  wie  das  von  Welter  u.  a., 
fso  wird  man  finden,  dass  im  Grunde  wenig  von  Miltiades,  Themistokles 
u.  a.  erzählt  ist,  was  nicht  auch  im  Nepos  steht.  Es  fragt  sich,  ob  es 
gerathen  ist,  in  materieller  Beziehung  die  Lateinlectüre  der^llL  rein  zur 
Wiederholung  des  historischen  Unterrichtes  in  11.  zu  machen,  wir 
glauben  vielmehr,  dass  dem  lebhaften  Geiste  der  Knaben  etwas  neues 
manchmal  soll  geboten  werden.  Das  geben  die  getadelten  Blogniphieo» 
Hiebet  haben  wir  den  zweiten  Punct  schon  vorausgesetzt,  utalieh  dasa 
die   erste   zusammenhangende   Leetüre  eines   lateinischen  Behriftstdlers 


4H  Cbw  Nepos  aU  Schulleoiüre,  y.  L.  Vieihaber, 

hUlovischen  Inhaltes  sein  muss,  ans  dem  wol  nicht  zu  bestreitenden 
^nde,  dass  kein  anderer  Stoff  der  Fassungskraft  zwölf-  bis  vierzehn- 
jähriger Knaben  entspricht,  und  zwar  historischer  Inhalt  in  möglichst 
^lacber,  Kindern  fassbarer  Form,  also  wo  möglich  ebenso  wie  der  Ge- 
qobiehlsunterricht  in  H.  in  biographischer.  Diese  Forderungen  erlülU 
Qfeposdoch  so,  daas  man  zufrieden  sein  kann;  wenn  also  noch  durch 
das  oben  Gesagte  die  Biographien  von  nicht  so  sehr  hervortretenden 
MSnnern  als  für  die  Schule  brauchbar  nachgewiesen  sind,  dürfte  der 
crsCit  Einwand  so  ziemlich  sein  Gewicht  verlieren. 

An  das  zuletzt  Gesagte  knüpft  der  zweite  Einwand  an.  «Lebens- 
biidec  kann  m^n  die  meisten  dieser  Vitae  gar  nicht  nennen.'  «Nicht 
schritt-,  sondern  sprungweise  wird  von  einem  Gegenstande  zum  andern 
übergegangen,  und  nur  auf  grammatikalischem  Wege  für  eine  ganz 
Sulserliche  Verbindung  des  bunten  Inhaltes  nolhdilrfüg  Sorge  getragen.' 
Gewiss  wire  es  sehr  wünschenswerth ,  wenn  Nepos  vollendete  Lebens- 
biider  geliefert  hatte,  ob  aber  füir  die  Schule  ganz  entsprechend,  das  ist 
fraglich.  Es  bat  seinen  guten  Grund,  dass  die  für  den  ersten  Unterricht 
bestimmten  Handbücher  für  den  biographischen  Geschichtsunterricht,  von 
40nen  manche  recht  belobt,  häufig  gebraucht  und  in  mehrfachen  Aus- 
gaben wiederholt  sind,  ebenso  wenig  «eigentliche  Lebensbilder'  enthal- 
ten als  die  Sammlung  des  Nepos.  Die  Knaben  sehen  ja  an  einem  be- 
cieutandea  Manne  nicht  die  eine  Persönlichkeit  und  verstehen  sie  gar 
nicbt,  sie  sehen  nur  einzelne  Thaten  und  Schicksale  derselben;  die  Zu- 
sammensetzung der  einzelnen  Züge,  die  sie  z.  B.  von  llannibal  hören, 
SU  vollziehen,  dazu  ist  ihr  Geist  ebenso  wenig  reif  genug  als  zur  syste- 
Qiatischen  Zusammenfassung  der  botanischen  Species  zu  Genera,  der  Genera 
zu  Familien  u.  s.  w.  Wer  in  der  II.  Glasse  Geschichte  gelehrt  hat,  hat  wol 
fUe  Erfahrung  gemacht,  dass  die  der  Natur  der  Sache  nach  anekdotenhafte 
Darstellung  des  Herakles  oder  des  trojanischen  Krieges  die  Knaben  viel 
mehr  fesselte  und,  was  ein  sicherer  Mafsstab  ist,  viel  fertiger  und  si- 
cherer reproduciert  wurde,  aN  eine  noch  so  verständlich  gehaltene  Er- 
zählung über  Miltiades  und  den  persischen  Krieg.  Auf  der  Stufe  der 
Neposlectüre  dürfen  wir  vollkommen  zufrieden  sein,  wenn  die  Jugend- 
lieben Geister  eine  Reihe  einzelner  Züge  einer  bestimmten  Person,  die 
aur  dur(;h  die  Beziehung  auf  diese  Persod  verbunden  sind,  sich  merken; 
daa  Coustituieren  4er  Persönlichkeit  gehört  einer  zweiten  Dnterrichts- 
stufe  ap. 

...Ferner  ist,  so  wendet  man  weiter  ein,  die  Ausführlichkeit  der  ein- 
zelnen Vitae  in  keinem  Verhältnis  zur  Bedeutung  der  betreffenden  Männer. 
Dusf  hierin  etwas  wahres  liegt,  ist  nicht  zu  läugnen;  aber  wenn  auch 
Gfiinde,  duroh  die  der  Schriftsteller  Nepos  zum  Theil  entschuldigt  werden 
könnte, .  hier,  wo  wir  es  mit  dem  Schulautor  Nepos  zu  thun  haben,  nicht 
apgeführt  werden  dürfen,  so  soll  doch  nicht  übersehen  werden,  dass  bei 
minchen  kurz  behandelten  Männern  eine  vollständige  Darstellung  gerade 
PtiMte  hinzufügen  müaste»  die  Knaben  unverständlich  sind.  Dem  Schrift- 


ober  Nepos  aU  SchuUectüre,  v.  Z.  Vielkaber,  4M 

steller  Nepos  ikiuss  es  zum  Vorwurf  gemacht  werden,  dass  er  des  Art* 
stides  staatsmannische  Wirksamkeit  mit  Ausnahme  seiner  Sehatimeisler- 
thätigkeit  unbeachtet  liefs,  bei  dem  Scbulautor  wird  man  sie  nicht  T6f^ 
tnissen.  Ebenso  ist's  beim  Gimon  und  Pbocion.  Dagegen  manche  dcü 
Breiten  erzählte  und,  legt  man  den  Afafsstab  der  künstlerischen  BeurtUel- 
iung  an  die  Vitae,  ungehörige,  unwichtige  Anekdote  für  Rnaben  wiö 
geschaffen  ist.  Die  Vertheidigung  des  Epaminondas  c.  7  ist  gewiss  im 
Verhältnis  zu  ihrer  Wichtigkeit  viel  zu  ausführlich,  aber  wir  zweifelA 
nicht,  dass  die  Ankläger  des  Nepos  ebenso  wie  wir  von  kaum  einer 
Stelle  der  Biographie  mehr  angezogen  wurden.  Hannibal  gegen  Eumenes 
ist  im  Verhältnis  zu  Hannibal  in  Italien  ganz  unverhältnismäfsig  aiisge|- 
dehnt  geschildert,  aber  gar  viel  mehr  als  Nepos  c.  4— 6  über  letztereb 
sagt,  wird  auch  der  Geschichtsichrer  im  Unterg.  seinen  Schülern  nicht  er:- 
zählen  (iongum  e»t  omnia  enumernre  proelia)  ohne  sie  schlaff  zu  finden, 
während  die  echt  Hanni baiische  List  gegen  Eumenes  des  Interesses  der 
Knaben  sicher  ist  und,  wenn  man  sie  vielleicht  auch  in  der  Geschiefati^ 
stunde  der  II.  absichtlich  übergeht,  als  ein  sich^gelegcntlich  darbietender 
Strich  zu  dem  später  auszuführenden  Bilde  des  an  Listen  unerschöpflidheii, 
stets  eigenlhümliche  Wege  gehenden  Puniers  willkommen  sein  muss. 

Der  weitere  Vorwurf,  Nepos  sei  in  der  Beurtheilung  seiner  Heldeh 
nicht  unbefangen  genug,  ist  gegründet,  hat  aber,  wenn  unsere  frühere 
Auseinandersetzung  über  den  einem  Knaben  von  13  Jahren  zu  bicteDdön 
historischen  Stoff  richtig  ist,  wenig  Bedeutung,  zumal  bei  dem  OmstUdd, 
dass  unser  Schriftsteller  mehr  zum  Loben  als  zum  Tadeln  geneigt  ist. 
Für  Lysandcr  und  Paus»nias  mag  der  Lehrer  durch  ein  paar  Worte  d«is 
besonders  bei  dem  ersten  schiefe  Urtheil  richtig  stellen.  —  Bevor  wir  weiter 
gehen,  wollen  wir  kurz  betrachten,  was  man  statt  des  verbannten  Nepos 
der  Schule  bietet.  Es  sind  entweder  Sammlungen  von  allerlei  histori- 
schen, mythologischen,  moralischen,  biographischen  Stücken,  oft  aus  den 
mannigfachsten  Schriftstellern  unter  dem  Namen  von  Chrestomathien  zu-  ' 
sammengelesen,  oder  Sammlungen  von  kleineren  Ganzen  aus  verschie- 
denen Schriftstellern  besonders  mythologischen  und  historischen  Inhalts; 
oder  man  versucht  es  endlich  aus  Nepos,  Justin,  Eutrop,  Valcrius  Ma- 
ximus,  Caesar,  Livius,  Plorus  einen  kurzen  Abriss  der  alten  Geschichte 
zusammenzustellen.  Mit  der  ersten  Art  von  Büchern  sollte  man  die  Rnaben 
in  III.  doch  endlich  verschonen  ,  sie  haben  in  II.  schon  genug  hievon 
verkostet,  um  der  kurzen  Notizen  aus  den  entgegengesetztesten  Gebieten 
satt  zu  sein.  Die  zweite  Art  hat  scheinbar  etwas  für  sich,  es  hat  aber 
noch  nicht  recht  gelingen  wollen,  tüchtige  Bücher  der  Art  herzustellen, 
weil  die  Stücke  aus  Cicero  z.  B. ,  die  man  auswählen  zu  dürfen  glaubt, 
in  den  wenigsten  Fällen  so  sich  herausschneiden  lassen,  dass  das  gebo- 
tene Kopf  und  Fufs  hat,  weil  endlich  die  sprachliche  Schwierigkeil  der» 
selben  für  Tertianerkräfte  zu  grofs  sind.  Dazu  kommt,  dass  das  Leichtere 
und  Beste  meist  von  den  Übungsbüchern  für  IL,  die  nicht  blofs  ein- 
zelne Sätze  bringen  können,  weggenommen  ist,  von  der  Auswahl  leichter 


4M  tibet  Nopos  als  Schulleeiiirei  v.  L  Vi^hab^r. 

£«waruni<cher  Stellen  wol  die  Erwäguog  abhalten  musa,  daa9  für  die 
den  Schulern  leicht  eiofbrmig  werdende  und  sie  ermüdende  Leetüre  des 
gallischen  Krieges  ohnehin  der  ganze  folgende  Jahresours  bestimmt  ist. 
Die  Bucher  der  dritten  Art  unterliegen  von  der  sachlichen  Seite  dem  Be- 
denken^  dass  sie  su  leicht  den  Charakter  trockener  Breviarien  annehmen, 
xUtfs  historische  Ungereimtheiten  kaum  zu  vermeiden  sind ;  von  der  for- 
malen Seite  dem,  dass  es  gewiss  nicht  paedagogisch  ist,  heute  eine  einfach 
onahlte  Partie  aus  Nepos  oder  Justin,  morgen  eine  unerträglich  schwuU 
jtige  aus  Florus  oder  in's  mafslose  übertriebene  aus  Curtius  den  Knaben 
.vorzulegen,  dass  die  sprachlichen  Schwierigkeiten  solcher  Stücke  fiast 
regelmafsig  über  die  Kräfte  der  Tertianer  gehen ,  dass ,  wie  man  auch 
.über  Nepos  Sprache  urtheile,  sie  doch  der  des  Cicero  und  Caesar  weit 
niher  steht,  als  Justin  oder  gar  spätere.  Kurz  vergleicht  man,  was  bisher 
statt  des  Nepos  geboten  wurde,  mit  Nepos  selbst,  so  wird  man  immer 
.wieder  sagen  müssen,  für  die  Bedürfnisse  der  Schule  sei  er  immer  noch 
besser  als  das,  was  ihn  ersetzen  soll.  Wirklich  als  Ersatz  für  ihn  könn- 
ten wir  nur  eine  Art  von  Büchern  betrachten,  nämlich  von  einem  mo- 
dernen Philologen  geschriebene  Biographien  bedeutender  Männer  aus  dem 
Alterthume,  die  mit  der  einem  G.  Hermann  oder  F.  A.  Wolf  eigenen 
Herrschaft  über  die  lateinische  Sprache  und  mit  dem  tiefen  Verständnis 
der  kindlichen  Geister,  wie  es  Fr.  Jacobs  besafs,  abgefasst  wären.  Aber 
solche  Bücher  haben  wir  nicht  und  werden  sie  wol  nicht  bekommen. 
Wjir  haben  diese  Yergleichung  vorausgeschickt,  weil  wir  für  den  nun 
folgenden  Punct  der  Anklage  allerdings  von  anderswoher  Unterstützung 
brauchen.  Hätten  wir  ein  Buch ,  das  nach  den  bis  jetzt  besprochenen 
Gesichtspuncten  den  Nepos  überträfe  oder  ihm  nur  gleichkäme,  so  mü$s- 
ten  wir,  sobald  die  Frage  auf  des  Nepos  historische  Verstöfse  kömmt, 
dasselbe,  wenn  es  deren  nicht  hätte,  allerdings  ohne  Weiteres  in  die 
Schule  einführen.  Die  historischen  Unrichtigkeiten,  wie  sie  besonders 
Nipperdey's  Fleifs  aufgedeckt  bat,  sind  zahlreich,  und  wir  wollen  nicht 
versuchen,  einen  oder  den  andern  zurückzuweisen,  da  doch  noch  immer 
eine  reiche  Menge  bleibt.  Noch  schreckeucrregcnder  sieht  die  Zusam- 
menstellung  im  Wagler'schcn  Aufsatz  aus,  und  Zahlen  sprechen,  wie  man 
sagt,  laut;  aber  doch  nur,  wenn  man  alle  hiebei  zu  beachtenden  Mu> 
mente  in  Betracht  zieht.  Ein  solches  ist  die  Natur  vieler  solcher  Un- 
richtigkeiten; sie  betreffen  oft  Nebendinge  oder  doch  solche  Puucte,  die, 
so  wichtig  sie  an  sich  sind,  bei  der  Weise  wie,  und  dem  Mafse,  was 
Knaben  auffassen  und  festhallen,  ziemlich  ungefährlich  sind  auch  bei 
unrichtiger  Darstellung.  Zu  letzteren  rechnen  wir  eine  grofsc  Zahl  der 
chronologischen  Verstöfse,  besonders  wo  sie  nicht  in  zusammenhängenden 
Ereignissen  vorkommen,  sondern  die  Aufeinanderfolge  in  keinem  Zusam- 
menhang stehender  Ereignisse  betreffen.  Der  Grund  für  unsere  Ruhe  in 
Betracht  solcher  Dinge  liegt  in  dem  schon  oben  Ausgeführten,  wie 
Knaben  Gelesenes  festhalten,  nämlich  nur  als  einzelne  Thaten  oder  Schick- 
sale,  denen  im   Grunde   nur   der   Name   der   thätigcn    oder  betruffenen 


ßbef  Nq>08  als  Scbolieclüre,  v.  Z.  ViefMer.  4M 

PcjetOD  2iM«aiiieob«ng  MhL  DaEu  noch  Falgendes.  Mab  liM  in  «aaeifi 
Jabre  Dicht  sämmUiche  Biographien,  über  6—10  dürAe  man  in  im 
wenigsten  Fällen  hinauskomoien.  Liest  man  nun  Milt.,  Arist.»  GioMn» 
Lysand.y  Epain.,  Pelop.,  Ages.,  Timol.,  Phoc.  und  Gato  oder  AtticM, 
so  wird  die  Zahl  der  historischen  Onrichtigkeiten  iwar  noch  immer  grok 
genug,  aber  doch  nicht  so  grors  sein,  als  man  auf  den  ersten  Anblifk 
einer  Zusammenstellung  glauben  möchte,  besonders  wenn  man  die  ebmi 
geltend  gemachte  geringe  Bedeutung  einer  ziemlichen  Zahl  derselben 
für  den  Schulzweck  mit  in  Betracht  zieht.  Wie  der  Lehrer  in  Betreff  der 
nach  Abzug  dieiier  noch  übrigbleibenden  zu  yerfahren  habe,  muas  dam 
individuellen  Taote  desselben  und  der  gröfseren  oder  geringeren  Rtife 
seiner  Schuler  überlassen  bleiben ;  wir  halten  für  unsere  Person  ein  Dar- 
legen derselben  für  gerathener  als  ein  Übergehen;  nur  muss  und  kann 
dieses  in  einer  Weise  geschehen,  dass  der  Lehrer  weder  sich  noch  seine« 
Schriftsteller  etwas  vergibt. 

Ein  weiterer  Vorwurf  ist  davon  hergenommen,  dass  des  Nep^i 
Sprache  vielfach  nicht  nachahmenswerth  ist;  das  heifst  eigentlich  nioliti 
anderes  als:  Nepos  ist  nicht  €icero.  Für  die  Versuche  der  Modernen  Im 
Lateinischen  ist  mit  Recht  Cicero  als  Muster  hingestellt,  aber  will  B|an 
darum  alle  anderen  Schriftsteller  von  der  Schule  entfernen?  Schon  ^bT 
reinste  Schriftsteller  nach  Cicero,  Caesar,  wird  oft  genug  Anlass  geben  pi 
bemerken :  diese  Construction,  dieser  Gebrauch  des  Wortes  ist  vollkomnan 
lateinisch  und  an  der  betreffenden  Stelle  ganz  begründet,  aber  dariNB 
noch  nicht  nachzuahmen.  Das  Factum  ist  anerkannt,  dass  Nepos  LaloMp 
im  Ganzen  rein  ist,  jedenfalls  viel  reiner  als  das  aller,  die  man  mit  Avtr 
nähme  Gaesar's  und  Cicero's  an  seine  Stelle  setzen  könnte.  Es  köunls 
da  jemand  einwenden :  warum  versucht  man  es  nicht  mit  einer  ckr$U$T 
tnathki  Ciceroniana,  vielleicht  lassen  sich  die  oben  gegen  solche  Bücbar 
erhobenen  Bedenken  vermeiden?  Wir  rathen  jedem,  der  etwa  nach  saiaer 
Erinnerung  an  die  zahlreichen  Episoden  in  den  philosophischen  SchriRoii 
oder  in  den  Verrinen  das  für  möglich  hält,  entweder  selber  eine  solohf 
Zusammenstellung  zu  versuchen  oder  eine  von  andern  versuchte  sich 
durchzugehen,  er  wird  wol  finden,  dass  es  gar  nicht  so  leicht  ist,  eii^ 
halbes  Hundert  kleiner  nur  nothdürflig  verwendbarer  Stücke  aufzutreiben» 

Endlich  wendet  man  ein,  finden  sich  im  Nepos  nicht  wenige  grain- 
matisch-logische  Verstöfse.  Von  Anakoluthien  ist  kein  alter  Schriftstetter^ 
Cicero  und  Caesar  so  wenig  als  andere,  frei;  Nepos  hat  deren  wenige, 
auffällig  nur  eine  Cim.  4,  1.  Tautologien  werden  ihm  mehrfach  zur  Last 
gelegt,  und  allerdings  finden  sich  deren  einige,  aber  von  den  circa  Ih^ 
die  man  anführt,  sind  etwa  die  Hälfte  nur  von  einem  mit  sehr  guter  Loupo 
bewaffneten  Auge  zu  entdecken,  ein  paar,  wie  Milt.  1,2,  schwinden 
bei  genauer  Interpretation.  Wie  viele  würde  man  aus  Caesar  hervor- 
suchen können ,  wenn  man  wirklich  ein  maiacia  et  tranguiiiUat  u.  a. 
für  Tautologien  erklären  wollte.  Dass  die  Satzverbindung  mehrfach  ein- 
förmig und  UDgelenkt  ist,  dass  hie  und  da  sehr  eigenthümliche  und  ein 


^458  Ober  Nepos  als  Scbullectore,  v.  L.  Viethaber, 

ptrmal  wol  nicht  zu  rechtfertigende  Conjunctionalverbindungen  ange- 
wandt sind  (manches  übrigens,  was  hieher  gezogen  ist,  lasst  sich  durch 
aufmerksame  Interpretation  als  ganz  richtig  erweisen,  so  z.  B.  Ages.  4,  8) 
ist  wahr,  aber  für  den  Zweck,  den  wir  hier  zunächst  im  Auge  haben, 
iiOchte  er  selbst  Cicero  und  Caesar  vorzuziehen  sein.  Seine  Sprache  ist 
«iofach,  eine  reiche  periodische  Gliederung,  die,  so  sehr  sie  die  Meister 
der  romischen  Literatur  auszeichnet,  doch  bekanntermafsen  den  Knaben 
tiniiberwindbare  Hindernisse  in  den  Weg  legt,  fehlt  ihm;  die  Gedanken- 
^rbindung  ist  in  der  Regel  durch  die  einfachsten  Mittel  hergestellt,  kurz 
¥011  dieser  Seite  betrachtet,  möchte  nicht  ein  Schriftsteller  so  sehr  zur 
ersten  Leetüre  sich  eignen  als  gerade  Nepos.  Was  man  endlich  betreffs 
tief  Schwierigkeit  einer  guten  Obersetzung  und  der  Gefahren,  die  für 
4ie  Muttersprache  darin  liegen,  anfuhrt,  heifst  ungehöriges  berbei/iehcn. 
•flor  um  tadeln  zu  können.  Dass  in  einem  echt  lateinischen  Schriftsteller 
S£tze  vorkommen,  die  für  eine  Überlragung  schwierig  sind,  ist  natürlich, 
dtonn  wir  haben  es  eben  mit  den  Sprachen  zweier,  in  ihrer  ganzen  Ent- 
wiekelung  heterogener  Völker  zu  thun ;  ein  Latein,  das  Satz  für  Satz  ohne 
Miwierigkeit  könnte  in's  Deutsche  übersetzt  werden,  wäre  eben  ein  Deutsch- 
^Latein,  aber  kein  römisches;  oder  glaubt  man  Caesar,  Cicero,  Sallust 
Irfeten  keine  Cbersetzungsschwierigkeiten  ?  Zudem  ist  Nepos  Verhältnis- 
ttiiafsig  auch  in  dieser  Beziehung  noch  der  leichteste  lateinische  Schrift- 
•leller.  Das  ganze  Bedenken  könnten  wir  überhaupt  nur  gelten  lassen, 
Wenn  Nepos  ohne  Lehrer  sollte  gelesen  werden,  und  wenn  es  nicht  Aus- 
gaben gäbe,  welche  gerade  dieser  Seite  mit  sehr  viel  Sorgfalt  ihre  Auf- 
merksamkeit schenken,  z.  B.  die  gleich  zu  besprechende  von  Sicbelis. 
Wo  der  Knabe  nicht  allein  sich  zurechtfindet,  da  tritt  ja  erst  so  recht 
eigentlich  die  Thatigkeit  des  Lehrers  ein,  dessen  Aufgabe  doch  nicht 
Ist,  nur  abzuhören,  wie  gut  der  Schüler  sein  Pensum  verstanden  hat. 
sondern  hauptsächlich  die  ,  ihn  das  Verstehen  durch  stets  fortgesetzte 
Thitigkeit  zu  lehren.  Ebenso  ist  die  Gefahr  für  die  Muttersprache  eine 
erträumte,  es  müsste  ja  jede  Übertragung  aus  einer  fremden  Sprache  für 
dieselbe  gefahrlich  sein,  während  die  Erfahrung  das  gerade  Gegentheil 
leigt,  dass  eine  volle  Herrschaft  über  die  eigene  Sprache  erst  dadurch 
gewonnen  wird,  dass  sie  in  einen  Wettkampf  mit  einer  fremden  tritt. 
Aber  freilich  auch  hier  gehört  zur  Schule  eben  auch  der  Lehrer,  nicht 
Moßi  die  Schüler. 

Als  Resultat  unserer  barlegung  ergibt  sich  nun  folgendes:  Lnler 
den  auf  uns  gekommenen  Schriften  des  römischen  Alterthumes  ist  keine 
fSr  den  ersten  Unterricht  so  geeignet  als  die  Vitae  des  Nepos,  nach 
Inhalt  und  Form;  von  den  gegen  dieselben  erhobenen  Bedenken  ver- 
schwindet ein  grofser  Theil,  wenn  man  den  Standpiinct,  dass  es  sich 
iim  den  zuerst  im  Zusammenhange  zu  lesenden  Autor  hnndrll.  also  den 
Standpunct  der  Tertia  consequent  festhält  und  nicht  in  eine  scheinhar 
tön  diesem  Standpuncto  ausgehende  Untersuchung  die  mit  demselhen 
nur  entfernt  zusammenhängende  Frage  nach  dem  absoluten  Werthc   der 


Com.  Nepos>  erkl.  y.  7.  SieMi9,  ang.  t.  L  Vfeika^n        4M 

ViUe  stillsehweigend  eiomiscbt;  die  Surrogate,  die  man  an  die  Stelle  der- 
selben gesettt  hat,  unteriiegeu  noch  gröfseren  Bedenken;  daraus  folgte 
das8  wir  für  die  Tertia  die  Beibehaltung  desselben,  wo  er  noch  Schal* 
buch  ist,  die  Wiedereinführung  dort,  wo  man  ihn  entfernt  hat,  für  wün- 
schcnswerth  halten. 

Indem  wir  uns  nach  diesen  einleitenden  Bemerkungen  lu  der  3-  Am* 
gäbe  des  Nepos  von  SiebeUs  wenden,  sprechen  wir  das  uneingeschränkt* 
ürtheil  aus,  dass  dieses  Buch  die  beste  Schulausgabe  des  Nepos  ist, 
Schulausgabe  namentlich  in  dem  Sinne  genommen,  dass  zur  Schule  Tor 
allem  die  Schuler  gehören.  Dass  es  so  genau  auf  die  Stufe  berechnel 
i«t,  auf  der  in  unseren  Schulen  Nepos  gelesen  wird ,  dass  es  also  fik 
Tertianer  (resp.  Quartaner)  und  nicht  für  Septimaner  oder  OetaYaner 
pas^t,  gereicht  ihm  nicht  nur  nicht  zum  Tadel  ,  sondera  begründet  tbeu 
unser  obiges  Lob.  Man  m<>ge  übrigens  ja  nicht  glauben,  dass  nicht  aaeh 
andere  als  Tertianer  daraus  lernen  können;  so  ist,  um  nur  eines  am»» 
führen,  gleich  durch  die  Art  der  Anmerkungen  zur  Praefatio  dem  Lehr«r 
der  sehr  beachtenswerthe  Wink  gegeben,  mit  der  Praefatio  nicht  die  Nepos* 
lectüre  zu  beginnen,  sondern  zu  scbliefsen.  Während  der  Herausgeber 
es  sonst  sich  zum  Gesetz  gemacht  hat,  nur  Rackcitate  zu  geben  (nur  eia 
paar  Male  sind  noch  Citate  nach  vorwärts  geblieben:  Arist.  3,  t.  Giin* 
4.  2.  Lys  2.  Ep.  1,  4.),  enthält  die  Praefatio  viele  grammatische  Citate 
auf  die  Biographien.  Gines  weiteren  Eingehens  auf  die  Vorzüge  des 
Buches  halten  wir  uns  überhoben,  da  wol  kein  Schulmann  mit  des  Ver<» 
lassers  Weise  unbekannt  ist;  dafür  wollen  wir  einige  Kleinigkeiten  an* 
führen,  die  uns  beim  Durchgehen  desselben  auffielen.  —  MilL  1,  1,  3  Itf 
si  fecissentj  incepta  prospera  fiUnra,  Es  ist  bemerkt,  dass  die  Deutsehen 
oft  ein  Imperf.  brauchen,  wo  der  genauere  Lateiner  das  Plusquamp.  setzt* 
Es  wäre  zur  Erklärung  dessen,  worin  die  Versehiedenheit  liegt,  gut 
darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass  in  solchen  Fällen  der  Deutsche  das 
erzählende  Imperf.  anwendet,  aho  im  Grunde  derselbe  Fall  vorliegt, 
wie  wenn  der  Lateiner  poMtqiuim  mit  dem  histor.  Per  f.  construierL  Zu 
vergleichen  ist  die  Weise ,  wie  die  Sprache  des  gewöhnlichen  Lebens 
für  allePraeterila  unterschiedslos  das  Praeteritum  Perfectum  gebraucht. — 
Milt  1,3,  1  ist  daran,  dass  quo»  secum  ex  lonin  et  AeoUite  duxeraif 
guidus  singulis  ipsaruin  urblum  perpelua  üeilerat  imperia,  beides 
«über  die  Städte  eben  dieser  Landschaften*  kaum  zu  glauben; 
dazu  steht  ipsaruin  doch  zu  unmittelbar  vor  urbiwn.  Da  anderseits  ip^ 
iarum  urbium  verbunden  keinen  irgendwie  erträglichen  Sinn  gibt,  ist 
ip$turuin  doch  wol  zu  ändern.  Ob  mit  Nipperdey  in  iunrum  oder  in 
iUaruin  ist  indifferent.  ^  MiU.  1,3,  4  Uberas  a  Persarum  futuro»  do^ 
miHftHone  et  pericuto  soll  Pennrum  zu  domintUione  Gen.  subject,  lu 
pertcuio  Genit  objectivus  sein.  Dass  Persaruin  auch  zu  pericuto  au 
construieren  ist,  zeigt  das  Fehlen  der  Präposition,  aber  Persarum  peri-i 
cuinm  heifst  «die  von  den  Perseni  ausgehende  Gefahr*  also  Gen«  aubjoct«. 


um       Gorn.  Nepos,  erkL  y.  L  SMeHi,  aog.  t.  L.  Y^Jkaktr. 

tue  folgende  Bemerkmng  2u  i^faeik  wfßei  p9t$ey  daes  auch  <9  snwetten 
Jls  Subj.  des  Aoe.  c.  Ini.  fehle,  wo  es  Bich  leicht  ergibt,  passt  hier  nicht, 
4a  Kier  das  SubJ.  der  Torige  Sats  nmn  Mi  —  et  perictUo  ist ,  Tgl.  Tac. 
<Agr.  Z  Id.  —  Mit  ^  6  ei  eiPiätu  tminrnm  mcceseurum,  cd  er  Muth 
wachst  mir*  ist  nicht  ganz  der  eDtsprechende  Ausdruck.  Da  es  eigeot- 
lich  ist  «Muth  kömmt  zu  dem  schon  vorhandenen  hinzu,'  wäre  treffen- 
der: .«iiiehr  Math  bekownen.*  —  Blilt.  5,  5  nuiia  enim  umquam  tarn 
•Jrtipiw  wumm  imUoM  $pe9  pr&9iriwfi  fasst  S.  nuiia  als  Abi.  {jßMgntt)^ 
.wirdo  aber  da  wwftuww  stehen?  Es  ist  wol  Nomin.  zu  mamte.  fibeo 
"^ort  ist  vpeg  mit  «äriegsmaoht*  abersetzt;  das  ist  wol  zu  speciell, 
indea  weht  Uofs  an  die  Soldaten ,  sondern  an  die  gesammten  Macht- 
miiltel  der  Perser  zudenken  ist.  Vgl.  ;|r^«oo9d9fliy  Mr^^mv  iaxo^ 
Tffmm  Mvapkip.  -^  Milt.  7,  5  guoä  cum  Parum  expU09are  possei,  a 
€w§9  emrsmius  inf^seiis  rebus  discessissei  ist  riehtiger  eoneessit  als  rein 
MmsponA  zb  fassen.  —  Them.  %,2  Mkenienses  aedifieanies  prohi- 
dm  MM  eamüi  wird  wegen  der  Auflösung  des  Partie,  durch  ein  Ver- 
i«isiibstMit  auf  Milt.  t,  1  ktrkMranm  eopiis  disi'eviis  toia  repiaue 
ßfHiim  Torwieaen,  aber  das  pridicative  nediUeanies  ist  von  diesem  doch 
«Kit  Tvrsehieien.  —  Them.  8,  4  verdiente  nm  prtus  egressus  esi,  guum 
fffr  ismm  daiu  äsxint  im  pdem  rectperet^  so  regelrecht  das  Pronomen 
aMl^  .doeh  wegen  der  ungenauen  Passung -der  Regel  über  die  Re&exiva 
in  ^nsen  Grammatiken  Erwähnung.  —  Arist  2,  1.  Ob  wirklieh  dem 
M«pos  der  Satz  quo  Murdaniits  /Usus  barbarorumque  exercitus  fHierfectus 
€9t  zar  Last  lilltf  oder  ein  confuser  Abschreiber  die  Stelle  der  Partie, 
verwechselt  hat  ?  ^  ib.  %,  t  in  factum  est,  ui  ist  ui  nicht  consecutiv, 
\i«ndem  Gonjunctiou  der  immanenten  Abhängigkeit.  —  Paus.  2,  4  in  kis 
ide  rebus  st  quid  pertvoiueris,  certum  homtnem  ad  eum  mittas  face  ist 
kis  de  rebus  nicht  allein  auf  si  quidperi  poiueris,  sondern  anch  zu  mittas 
ko  beziehen.  —  Paus.  5,  3  war  zu  dem  bekannten  Satze  dicitur  eo 
mwkpare  mairem  Pausuniae  vixisse  nicht  blofs  vor  der  Nachahmung  zu 
4Ninieii,  sondern  auch  anzugeben,  in  welchem  Sinne  Nepos  so  schrieb, 
WodHWh  die  Gonstruction  vollkommen  wSre  gerechtfertigt  worden.  Vgl. 
Fromm  Sohulgr.  Synt.  g.  30,  t.  —  €im.  f,  2  ist  in  huius  canubii  cu- 
pidUs  CUiUas  qufdam  wol  kuius  ebenso  wenig  wie  oben  Mill.  3,  1 
t^arum  vom  zweiten  Genitiv  abhängig,  sondern  nach  einer  bei  Pro- 
UMMn  bSnflgen  Erscheinung,  fcf.  Lys.  S,  1  qutf  doiare  incensus)  so  viel 
als  *na<A  dieser  Ehe  begierig/  Blume,  prakt.  Schulgramm.  S«  480.  —  Gim. 
S,  1.  Dass  iucimt  lu  eandem  inpidiam,  quam  pater  suus  eeterique 
iMenieusium  princ4pes  nicht  ^euus  mit  Nachdruck'  gesetzt  ist ,  zeigt 
vehon  die  Stellung,  die  dann  suus  pater  sein  mussle.  und  die  g&nzliche 
tftigereimtheit  eines  *sein  eigener  Vater.'  Es  ist  vielmehr  derselbe  Sprach- 
gebraneh  anzuerkennen,  nach  dem  die  Seinigen,  die  Ihrigen  immer  sui 
hfifsen.  Cf.  Meiring.  lat  Gramm.  §.926  a)  3.  —  Lys.  3,3.  Muiium 
eum  auiistiies  iasis  fefeiteruui.  Man  sollte  doch  einmal  in  Grammatiken 
iMid  Gommentaren  aufhören^  jeden  neutralen  adjocti  vischen  Inhaltnaocusativ 


Gore.  Nepos,  erkl.  ▼.  L  SMHU^  ang.  v.  L  YHiktiker.        4%t' 

«nbeMTgl  für  eil  Adrerb  lu  erkliren.  im  Griee)ii9eh«n  ist  man  a» 
iiemlich  darüber  hinaua«  ^  Lya.  4»  2  fln.  vevditnl«  eiin  amtritUm  per» 
fUUamqme  aecusarai  eine  Bemerkimg.  —  Alo.  8»  &  ^/IM  m&99e0,  Imxtm^ 
Meiern  eastra  habea$  nanUem;  petienium  eü  tnim,  ne  tmmäniUt 
miiUum  peürorum  occasio  deiur  Lysarndfö  wesiH  apfrimenäi  ertr- 
ctiUM  wird  gedeutet:  «Er  ermahnt,  weil  er  dem  Feinde  so  naiM  aei,  em 
Schiflslagar  anzulegen.*  Aber  abgesehen  daTon,  dass  emtra  wmH$a  niehl, 
wie  es  weiter  angedeutet  wird,  bedeuten  kann  x  «Zum  Sohulaedar  Sehiflb 
am(!)  Lande  Befestigungen  mit  einer  Besatzung  anfEustellen^*  daaa  ma»' 
nicht  sieht,  was  bei  einer  Seeschlacht  die  Besatzung  auf  dem  Lande,  weiche 
die  yerfugbaren  Kräfte  nur  schwachen  wurde,  eigentlich  soll;  dass  ütf- 
bea»  kaum  ohne  localeu  Zusatz  zu  construieren  ist:  so  wurde  Nepoa, 
wenn  er  iuxta  hoUtm  causal  hätte  genommen  wissen  wollen,  diesev 
gewiss  durch  eine  andere  Wendung  bezeichnet  haben.  Die  sonstige,  Ton 
Nipperdey  treffend  dargelegte  Erklärung  ist  zu  behalten.  —  Ttaraa.  1 ,  %■ 
fe€U  iucri  war  der  Gen.  zu  erklären.  —  Dion.  1,  3  Hu$fue  emuUlm 
nmitum  9UH>€baiur  tyratmus.  ntsi  qua  in  re  mai^r  ipwittM  eupkhim 
Mereesterai  ist  statt  *eine  eigene  zu  mächtige  Leidenschaft'  zu  erkllnni 
*eine  Leidenschaft  von  ihm  allzumächtig.'  —  Dion.  4,  t  aüquU  moh  Jl 
n«  ä.  ist  nicht  sowol  unser  *irgend  welcher'  als:  dereine  nnd  andere.  -— 
Timoth.  2,  3.  Die  €itate  aus  Sali.  u.  Gas.  sind  nberflissig.  —  Dat  3*  1r 
Zu  Tkuun^  kominem  umximi  corifwrir  terribiUgue  fatit  Itefis  sick  redit 
leicht  die  in  den  Schulergramroatiken  fehlende  VetchiedenMt  des  Gen. 
n.  AbL  quäl,  nachweisen.  Vgl.  Fromm  lat.  Gramm.  Synt  %.  936*  —  Dat 
4,3  ferriy  teki  u.  ä.  lassen  sich  geradezu  als  Deponentia  betraehten.  ^- 
Epam.  2, 1  in  nemo  TAeöantßs  u.  ä.  ist  wol  nemo  Sahst,  und  der  Vel- 
kemame  Adject  —  Epam.  4,  6  qtumiam  une  koe  toiumine  wiian^  exe$§^ 
kniium  virorum  compturium  concludere  cenitiMmme  war  enf  den 
Singul.  aufmerksam  zu  machen.  —  Pelop.  2,  5  das  bekannte  eune  MkmUo 
interdhi  exiteent,  ui  vesperascenie  coeto  Tkebat  poeeeni  perpewite^  eum 
eanibui  venaUci»  ieruni^  das  dem  Nepos  öfter  aufgemutzt  wird,  war 
zu  besprechen.  Vielleicht  ist  des  Nepos  Sünde  doch  so  arg  nieht^  wenn 
man  nur  nicht  glaubt,  dass  die  Verschwornen  Jagdhunde,  Game  etc. 
schon  von  Athen  aus  mitgenommen  haben  ,  sondern  erst  von  der  böo- 
tischen  Grenze  an  sich  zu  Jägern  herausstaffiert  haben.  —  Ages.  4,  8 
eorum  ist  nicht  Neutrum  in  Beziehung  zu  iinmiäerm  araeipte ,  sonder»: 
Maac.  auf  tempia  deorum.  —  Ag.  3,  2  namgue  ilia  mmHiiuäine 
euppiieitim  Persae  dare  poiufue  ist  wol  nicht  au  deuten  *mit  dem  Opfer 
von  10,000  Griechen'  sondern,  wie  es  der  Zusammenbang  zunächst  for- 
dert, so  dass  Agesilaus  diese  10,000  als  Heer  gegen  Peraien  wfinscht. 
Waren  ja  doch  seine  Truppen  in  Asien  geringe  genug  gewesen,  mit 
denen  er  solche  Vortheile  errungen,  und  dachte  er  ja  doeh  niebt  an  eise' 
Eroberung  ganz  Persiens  wie  Alezander.  —  Ag.  3,  4  das  Fat  ezaet  im. 
Hauptsatze,  deutet  nicht  eine  gleichzeitige  Vollendung  der  Haupt«  uiid 
Nebenhandlung  an— was  hier  bei  ei  eoi  extinguere  eoiuerimue .  .noemei 


4ß%      Voff€t$  geographische  Bilder  etc.,  ang.  V.  i.  SieMlauser. 

ip9i  n&s  expugnaverimui  sinnlos  ist  — ,  sondern  stellt  den  Leser  auf 
den  Standpunet  na  eh  dem  Eintreten  der  Handlung,  lässt  ihn  das  Resultat 
derselben  öberbliekeny  etwa:  *so  wird  dann  die  Folge  sein,  dass  wir  uns 
selbst  werden  vernichtet  haben,  ebenso  Hannib.  2,  6.  —  Ag.  %y%  kann: 
ui  eorum  mr$uUu$  non  modo  in  ki»  regem  neminem  eignißcarei  weder 
dem  Zusammenhange  nach  noch  wegen  der  Wortstellung  heifsen  *  keinen 
EOnig'  Es  ist  nämlich  schon  Rücksicht  genommen  auf  die  königlichen 
Gesandten,  die  ja  wussten.  dass  Agesilaus  darunter  sei.  Es  ist :  Niemanden 
als  König  kenntlich  machte.  —  Eum.  7«  %  ist  intidla  nicht  sowol  Neid 
als  Gehässigkeit  ^  Eum.  10  2  eed  ianta  fuü  mnnuUorum  PirMis  ob- 
trectaiio  hangt  nonnultorum  nicht  von  obtrectaiio  allein,  sondern  von  ob* 
ireciatio  tiriuih  ab.  —  Phoc.  3,  2  ist  Nipperdcy's  Erklärung  des  capiii» 
ämmmatoß  patrin  propuiit  ungenau  wiedergegeben.  —  Timol.  3,  5  nam 
qmod  eeieri  reges  imperio  potuentni,  hie  benivoientia  ienait  passt 
die  Erklämng  *als  Könige'  zu  eeteri  nicht.  Es  ist  vielmehr:  Die  übrigen 
Ktoige  »*'  die  übrigen,  nämlich  die  Könige,  nach  der  bekannten  auch 
ifli  Lat  nicht  seltenen  Kürze.  —  Hann.  7,  1.  Die  Weglassung  des  et  zwi- 
schen den  Namen  der  Consuln  ist  nicht  blofs  *häuiSg',  sondern  Regel.  — 
Bann.  10t  6  ^  in  unam  Eumenis  regis  concurrani  navem,  wozu  Eum. 
3, 1  «mnee  eoncurrerum  ad  Perdiccan  opprimendum  citiert  wird,  ist 
nidik  recht  abtoseben,  da  in  der  Stelle  des  Eumenes  concurrere  im  über- 
tragenen Sinne  gebraucht  ist  —  Att.  2,  5  nam  neque  indnigendo  inve- 
Urmtcere  eorum  ae$  aiienum  patiebaiwr^  neque  muiäpiicandi»  uiurfs 
ereseere.  Da  das  erste  sich  unzweifelhaft  auf  das  vorhergehende  ni,, 
neque  iongiue  quam  dictum  eeset,  debete  passue  sU,  mura  zumal  nach 
quod  ntrumque  erat  M$  eahtiare  das  zweite  neque  muitiplicnndis 
uturii  ereuere  sich  ehiastisch  auf  ut  neque  usuram  infquam  ab  his 
aeceperU  besiehen,  d.  h.  es  darf  nicht  von  Darlehen  anderer ,  sondern 
muss  von  denen  des  Atticus  verstanden  werden.  ~  Att  18.  6  ist  der 
GonjuQCtiv  in  quod  Pix  credttndnm  sie,  lantns  res  tarn  breriter  po- 
Mtee  deeiarari  kein  anderer  als  in  quod  fnihi  qnidem  tidentur.  qnod 
meminerim.  quod  sctam  u.  a. 

Salzburg.  f..  V  icl  h  abe  r. 


Dr.  VogeTs  geographische  Bilder  zur  Länder-  und  Völker- 
Physiognomik.  Erste  Lieferung:  Polarländer  ~  Brasilien  ^  Schweiz. 
Royal-Folio.  Carlsruhe,  J.  Veilh,  lg59.  ~  4  Rtblr.  Einzelne  Blätter 
1  Thlr.  16  Ngr. 

Die  guten  Folgen  der  Einführung  des  Anschauungs-Unter' 
rieht  es  in  den  Schulen  haben  eine  lange  Reihe  von  Bestrebungin 
WACh  gerufen,  den  Anforderungen  dieses  Princip's  in  Beziehung  auf  die 
Erdbeschreibung  thunlichst  zu  genügen,  und  es  entstanden  jene  Samm- 
Imigen  von  Schilderungen  durch  Wort  oder  Bild,  und  Vereinigung  bei- 
der, mit  und  ohne  Hinzutreten  der  Karte.    Mehrere  hieher  gehörige  Gn- 


Vogels  geographische  Bilder  ctc,  ang.  v.  A,  SielnhaUitr,        49^ 

lemehmungen  sind  in  diesen  Blattern  bereits  besprochen  worden,  ihnen 
schiieCst  sich  mit  dem  obenerwähnten  Werke  ein  neues  an,  das  durch 
Anlage  und  Ausführung  die  Vorgänger  lu  überbieten  trachtet  Dr.  Vogel 
war  in  Deutschland  der  erste,  der  vor  20  Jahren  durch  seinen  Atlat 
mit  Randzeicbnunjren  und  die  denselben  spater  begleitendcii  Natur«; 
Landscharts-  und  Geschichtsbilder  den  ersten  Anstofs  gab*  An  ihn,  den 
allbekannt  gewordenen  Meister,  wandte  sich  der  Verleger  J.  Veith, 
um  den  Yon  Dr.  Fr.  Haupt  (damals  Oberlehrer  an  der  Gantonsschule 
in  Zürch,  nun  Pfarrer  zu  Gronau  in  Hessen)  im  J.  1844  gefassten,  aber 
nach  dem  Beginnen  der  Ausfuhrung  nothgedrungen  aufgegebenen  Pias 
einer  Länder-  und  Völkerphysiognomik  fortzufuhren  und  in's 
Leben  treten  zu  machen.  In  der  Textbeigabe  wird  die  Widmung  f&r  die 
Schulen  («für  welche  sie  recht  eigentlich  bestimmt  sind'  lauten  Dr. 
V^gel's  Worte)  deutlich  ausgesprochen;  die  Blätter  sollen  Illustrationen 
zu  allen  erdkundlichen  Schilderungen  sein,  eine  «geographische, 
naturgeschichtliche  und  enth  nographische  Bildergal- 
lerie  nach  den  Anforderungen  eines  recht  lebendigen 
Unterrichts  in  der  Erdkunde,*  eine  «malerische  Zim« 
merreise*  für  die  Gebildeten.  Wer  die  weite  Erde  nicht  selbst  sehen 
kann  und  mit  dem  Hören  sich  nicht  begnügt,  zu  dem  sollen  die  Bildor 
sprechen,  richtige  Vorstellungen  an  die  Stelle  der  Phantasie  setzen  und 
belehrend  unterhalten. 

Es  ist  keinem  Zweifel  unterworfen,  dass  Bilder  höchst  anregend 
wirken,  indem  sie  den  geeigneten  Lehrstoff  in  Kürze,  im  Zusammenhange 
und  auf  einmal  bieten  und  daher  zweckmäfsig  verwendet  beim 
Unterrichte  in  der  Erdbeschreibung  vom  gröfsten  Nutzen  sein  können. 
Auch  der  Schreiber  dieser  Zeilen  erinnctt  sich  lebhaft,  wie  sehr  die 
Bilder  auf  den  Homann'schen  Karten  ihn  ansprachen  und  gesteht  gerne, 
dass  die  seit  früher  Jugend  nicht  mehr  erkaltete  Liebe  zur  Geographie 
der  zweckentsprechenden  Methode  seines  ersten  Professors  zuzuschreiben 
ist,  welcher  es  verstand,  seinen  Vortrag  durch  Karte  und  Bild  gehörig 
zu  unterstützen,  und  das  Interesse  seiner  kleinen  Zuhörer  stets  wach  su 
erhalten.  Und  doch  gab  es  dazumal  noch  so  wenig  Hilfsmittel,  müh- 
sam musste  man  einzelnes  und  zerstreutes  zusammenstellen!  Nun 
aber,  wo  eine  Auswahl  zu  Gebote  steht,  fast  in  jedem  Formate  und 
Umfange,  in  Umrissen  und  ausgeführt,  schwarz  und  farbig,  wäre  es 
Sünde,  nicht  so  viel  davon  zu  nützen,  als  dem  Zwecke  zusagt  und  den 
Verhältnissen  der  Erreichbarkeit,  des  möglichen  Aufwandes  u.  s.  w.  ent- 
spricht. Vor  allem  wird  es  darauf  ankommen,  dass  das  gewählte  Mittel 
nach  Stoff  und  Anordnung  geeignet  ist,  beim  Anschauungs -  Unter« 
richte  den  beabsichtigten  Zweck  zu  erfüllen,  dass  es  zeige,  dass  die 
Hand  des  tüchtigen  Künstlers  —  denn  nicht  umsonst  sagt  ein  altes 
Sprichwort:  für  die  Schule  ist  nur  das  Beste  gut  genug!  —  mit  dem 
maCsgebendem  Urtheile  des  bewährten  Paedagogen  sich  verbündete,  dass 
sonach  nicht  das  entbehrliche  statt  des  nöthigen  vorhanden ,   nicht  He* 


401-      K0#0l^  geographische  Bilder  etc.,  ang.  v.  Ä.  Siefn/üituer, 

teragimefl  siisaniiieog^wfirfelty  nichts  wesentfiches  ausgelassen  sei,  ab- 
fggmkkn  von  mkiern  Rucksiehteiiy  die  nooh  Beachtung  Terdienen.  Schwer 
liig  KQW^llefe  die  Wahl  fatten  zwisehen  gleichberechtigten  Gegenstand 
dmi,  -dt  oelbBl  bei  BesohrSoltong  auf  einen  mäfsigen  Baum  oft  so  vieio 
darflfflltensw^efthe  Objecto  aus  dem  Gebiete  der  Landschaftscharakteristik, 
dos  Volkslebens ,  der  historischen  Monumente  sich  aufdrängen ,  von 
wetchen  %ur  wenige  Aufhahme  finden  können.  Was  nun  das  vorliegende 
lltfl  anbelangt,  so  wXre  es  vergebliche  Mühe,  es  im  allgemeinen  beiug- 
lioh  paedagogischer  Eignmg  und  möglicher  nützlicher  Verwendung  für 
Mnfle  xnA  Raus  prüfen  zu  wollen,  da  der  Nutzen  des  gelegenbeitlichen 
«DgeoMBsenen  Bildergebrauchs,  unbestritten  feststeht,  mid  von  einem  AK* 
miäsM  Im  geographischen  Dnterrichtsfache,  wie  Dr.  Vogel,  voransgesetzt 
weiden  kann,  dass  er  seinen  wohlverdienten  Ruhm  durch  Befürwortung 
unwirdiger  Erzeugnisse  und  Theilnahme  an  unbedachten  Unternehmun- 
gen nieht  untergniben  werde.  Es  mnss  sich  mehr  darum  handeln,  ob 
diireli  di^  neue  Erseheimmg  ein  Fortschritt  in  dieser  Gattung  illu- 
strierte!^ ErtIbeecbreibuDg  bekundet  wird,  und  wte  das  neue  Gewand 
beeebiffe«  ist,  in  welches  der  alte  Gedanke  nun  eingekleidet  erscbeint. 

Noch  liegt  das  Werk  nicht  ganz  vor,  auch  keine  Andeutung  seines 
viNli«daehten  Umfanges.  Nur  beilSufig  erfährt  man,  dass  der  ursprüngliche 
fSaXwwrt  auf  218  Blatter  berechnet  war.  Es  scheint,  als  ob  bei  der  Ver- 
theilung  nicht  zu  sehr  gekargt  worden  sei,  auch  lüsst  die  gewählte 
AmfühniBg  in  grOlstem  Pormate  genügende  ReiehhaUigkeit  hoffen.  — 
Die  erste  Lieferung  umfasst  Darstellungen  aus  allen  Zonen  1.  der  pola- 
ren, tt  der  tropisehen  (Brasilien),  8.  der  gemäfsigten  (Schweiz).  Die 
schon  angemeldete  zweite  wird  Südamerika  vervollständigen  (Peru, 
BoÜvra,  ChiB),  Australien  vermuthlicb  mit  einem  Blatte  abeebliefsen  und 
vo«  Europa  die  pyrcnäische  Halbinsel  bringen.  Und  nun  wollen  wir 
die  drei  fertigen  Blätter  näher  betrachten  und  ihren  Inhalt  ein  wenig 
zergUedem.  Auf  einer  Fläche  von  beiläufig  ^V.  DScbuh  sehen  wir  ein 
Mittelbild  umgeben  von  einer  ungleichen  Anzahl  von  Randbildern  (10 
bit  18)  bald  im  geschlossenen  Rahmen,  bald  sinnig  ineinander  und 
übereinander  gebaut,  und  (bei  Brasilien  und  der  Schweiz)  begleitet  von 
Srtrelfed  mit  den  Gbarakterthieren  und  Pflanzen.  Die  Darstellungen,  den 
besten  Reisewerken  entnommen  und  dem  Kundigen  angenehme  Rückerin- 
nerungOB,  sind  tbeils  Landschaftsbilder  mit  und  ohne  Staffage 
ana  der  Tbier«  und  Pflanzenwelt,  meist  mit  volkstbümlichen  Scenen  be- 
lebt, tbeils  fahren  sie  in  das  Innere  des  Volksthumes,  in  die  Hütten 
der  OOmadiseben  Wilden  und  des  eulti vierten  Bodenbebaners,  in  die 
Sladte  und  au  den  Monumenten  der  Vorzeit.  Was  so  nicht  Platz  findet, 
ist  in  die  geeonderten  Randbeigaben  verwiesen.  Der  Farbendruck 
macht  einen  Schritt  weiter,  nicht  nur,  weil  die  Farbe  zur  vollen  Auffassung 
beiträgt»  sondern  auch,  weil  durch  seine  Anwendung  die  Möglichkeit 
geboten  wurde,  durch  das  Zusammendrängen  der  vielerlei  Bilder  auf 
einem   Räume   und   somit   viellacbe  Ersparung   der  Druckkosten  die 


VogetB  geographische  Bilder  etc;,  ang.  ¥.  L  Steiukmuer.      4ii 

möglichste  Wohlfeilbeit  bu  ersielen.  Seine  unabweislichen  ünvoUkom- 
meDheiten  yersch winden  gegen  solche  Vorlheiley  so  wie  auch  ein  slren* 
geres  Gericht  über  den  Knnstwerth  hier  nicht  am  Platze  wäre,  wo  efi 
sich  in  erster  Linie  um  geschickte  Nachahmung  gegebener  Vorbilder, 
und  erst  in  zweiter  Linie  um  cesthetische  Anordnung  und  Harmonie 
handelt.  Ebenso  wäre  es  zu  hart ,  einzelner  Stellen  wegen,  wo  der  Na« 
tur  oder  Perspective  etwas  Gewalt  angethan  wird,  das  Gesammtver- 
dienst  zu  übersehen ,  kurz  den  höchsten  Matsstab  der  Kunstkritik  anzu- 
legen, wo  die  Kunst  nicht  der  Zweck,  sondern  nur  die  Vermittlerin  ist 
Die  Bilder  wirken  weniger  durch  den  Totaleindruck ,  vielmehr  erfordert 
ihr  zerstreutes  buntes  Wesen  ein  langsames  Detailstudium,  dann  aber 
gewähren  sie  auch  mehr,  als  sie  anfanglich  versprechen  und  werden 
manchem  eifrigen  Beschauer,  der  sich  in  der  Erdbeschreibung  bereits 
Erhebliches  zutraut,  t>ei  Bestimmung  der  Thiere,  Pflanzen  u.  s.  w.  durch 
ihre  Reichhaltigkeit  in  Verlegenheit  setzen.  Wer  bei  solchen  Versuchen 
sich  auf  Lucken  seines  Wissens  ertappt,  wird  von  der  Wirkung  der 
Worte  ohne  Bild  Proben  erleben ,  insofern  ihm  gar  manche  Dinge ,  di« 
ihm  dem  Namen  nach  wohl  bekannt  sind,  im  Bilde  unerkannt  vorüber- 
gleiten  werden,  nicht  weil  sie  schlecht  getroffen  sind ,  sondern  weil  er 
zum  Namen  keine  Vorstellung  in  sich  trSgt  Daraus  ergibt  .sich  im 
Gegensätze  der  Nutzen  der  Bilder,  und  es  mag  bei  ihnen  ergehen  wie 
bei  den  Landkarten,  man  vergisst  zuweilen  den  Namen,  aber  seltener 
das  Bild,  weil  die  Eindrücke  desselben  zahlreicher  und  lebhafter  sind 
und  daher  langer  haften.  Nicht  umsonst  empfiehlt  Dr.  Vogel  dem  Be- 
schauer ein  «Hineinleben*  in  die  Darstellungen,  und  zwar  in  jedes  ein- 
zelne Bild  für  sich  allein,  denn  nur  auf  diesem  Wege  hofft  der  Autor, 
dass  die  Beschauung  eine  wahrhaft  belehrende  und  der  Zweck  der  Bit« 
der  erreicht  werde.  Auch  setzt  er  als  natürlichen  Stufengang  voraus, 
dass  das  Sehen  dem  Hören  folgen  muss. 

Die  Anordnung  der  ausgewählten  Pflanzen-  und  Thierbilder  nach 
der  absoluten  Höhe  des  Vorkommens  (nur  auf  dem  Schweiserblatte ,  bei 
den  beiden  übrigen  fällt  diese  Rücksicht  hinweg)  muss  als  sehr  zweck- 
mäfsig  anerkannt  werden,  und  wird  hoffentlich  wieder  erscheinen,  wo 
die  Gelegenheit  dazu  vorhanden  sein  wird.  Ob  einigen  Landschafts- 
bildem  aus  der  Schweiz,  darunter  dem  Haupt-Mittelbilde,  eine  wirkliche 
oder  ideale  Gegend  zu  Grunde  liege,  klärt  der  Text  nicht  auf,  es  steht 
jedoch  zu  hoffen,  der  Zeichner  werde  bei  dem  übergrofsen  Reichthum 
an  den  schönsten  Gebirgsscenerien  seine  Auswahl  in  der  Natur  getroffen 
haben.  Bei  der  Rundschau  von  Rigi  wird  die  weifse  Farbe  des  Boch- 
gebirgs  ungern  vermisst.  Dass  ein  oder  das  anderemal  aus  Raumerspa- 
Tung  getrennte  Naturbilder  verschmolzen  wurden,  ist  bei  Darstellungen, 
die  mehr  den  allgemeinen  Begriff  verkörpern  sollen,  als  ein  individuelles 
Portrait  liefern ,  nicht  von  Wesenheit  Mehr  Bedenken  dürfte  erregen, 
dass  bei  den  historischen  Momenten  der  Schweizergesohichte  wirkliche 
ThaUachen  mit   der   Sage  (von   Wilhelm  Teil)   vermengt  erscheine^, 

Zeiuchrift  f.  d.  ottarr.  Gymu»%.  1860.  VI.  Haft.  32 


4^    ff.  Barik,  Reisen  u.  Entdeckungen  etc.,  ang.  v.  JT.  B,  ffeiier, 

ohne  da88  dieses  Onterschiedea  in  den  Begleitworten  ErwSbnnng  ge- 
sebieht  Ungeili  ficht  der  Patriot,  der  ROnstler  solche  PerstfnNcbkeiten 
Y<nr  der  Strenge  der  Geschichtsforschung  verschwinden,  aber  die  Wahr- 
heit mnss  ihm  doch  theurer  sein,  als  der  Irrthum. 

Der  Text  ist  ein  notbwendiges  Anhingsei  Eur  ErkISrung  der  auf 
dta  Bildern  vorkommenden  Zahlen;  bequemer  wäre  wo)  ein  Anbringen 
im  untern  Rande  gewesen.  Ritte  man  die  Quellen  angeben  wollen, 
welchen  die  Bilder  entnommen  wurden,  so  würde  damit  der  Vortheil 
erreieht  worden  sein,  ober  die  benutzten  Materialien  Kunde  zu  erbalten 
mid'zu  weiterer  Forschung  AnsfQhrlieheres  in  den  Original  werken  selbst 
auftnehen  zu  können. 

Der  Verleger  hat  die  Kosten  nicht  gescheut,  entsprechendes  zu 
•dhaffen,  und  Im  Verbiltnisse  zur  Leistung  ist  der  Preis  von  zwei  Silber- 
gidden  IGr  ein  so  grofses  Blatt  im  kostspieligen  Farbendrucke  nicht 
übenpannt,  und  da  die  Lieferungen  schwerlich  rasch  ersoheinen  werden, 
kOlinen  auch  ärmere  Schulen  nachkommen.  7ur  Betheilung  daran  sind 
alle  berufen,  keine  ist  zu  nieder,  keine  zu  hoch,  um  nieht  naeh  Um- 
sllnden  guten  Gebrauch  davon  machen  zu  können,  desto  besseren,  je 
weniger  lahlreieh  die  Classen  sind.  Vielleicht  wird  in  der  Zukunft 
einmal  versucht  solche  Wandbilder  im  grofeen  und  wohlfeil  mit  öl- 
(kfbendruck  herzustellen,  wenn  anders  die  in  Vergessenheit  gerathene 
Erfindung  des  Gemildedrucks  diese  praktische  Höbe  erreichen  kann. 
Gehört  eine  solche  Sammlung  geographischer  Bilder  auch  nicht  in  die 
Reihe  jener  absolut  indispensablen  Hilfsmittel,  wie  z.  B.  die  Landkarten 
sind,  so  gehört  sie  doch  zu  denjenigen,  mit  welchen  der  versündige 
Lehrer  des  Faches  bedeutende  Erfolge  bei  seinen  Schülern  erzielen 
kann  durch  Erweckung  richtiger  Vorstellungen  und  geläuterter  Begriffe. 
Dnd  aus  diesem  Gesichtspuncte  ist  dem  löblichen  (jnteraehmen  ein  ge* 
deihliches  Fortschreiten  und  eine  nicht  zu  ferne  und  gluckliebe  Been- 
digung zu  wünschen. 

Wien.  A.  Steinhäuser. 


Dr.  H.  Barlb,  Reinen  und  Entdock^ngen  in  Nord- uud  Cenlrnl- 
Africa  in  den  Mktfn  1849— 1S&5.  Im  Auszug  bearbeitet.  2  Bande 
myjt  vielen.  Holzschnitten,  vier  Ansichten  in  Farbendruck ,  dem  Por- 
trait des  Verfassfirs  und  einer  Übersichtskarte  von  Dr.  A.  Peter- 
mann.  Gotha,  Justus  Perthes,  1859— fgeOi  (1.-6.  Lief,  des  L  Bds. 
gr.  a  608  &  7-^tt.  Lief,  des  IL  Bds )  —  77.  Sgr  fir.  Lieferung, 
pr.  eompL  3  Thlr, 

Es  gibt  wenige  Reisen,  die  durch  den  Erfolg,  welchen  die  eiserne 
Beharrlichkeit  und  Ausdauer  eines  Einzelnen  möglich  machte,  eine  so 
allgemeine  Bewunderung  und  eine  so  gerechte  Anerkennung  in  allen 
Kreisen  der  Gebildeten  gefunden  haben,  als  die  unseres  berühmten  Lands- 
mannes Dr.  R.  Barth.  Neben  Cook  und  Humboldt,  den  Entdeckern  und 
Erforschern  des  Wellmeeres  und   Amerlka's,   steht   Barth  unübertroffen 


B*  Barth,  Reisen  u.  EnldeckuDgCD  etc^  ang.  v.  K,  B,  BeUer.    4tff 

als  Entdecker  Inner-Afrioa's  da,  ein  Slolz  Deutschlands,  eine  Zierde 
unseres  Jahrbunderts !  Nicht  iron  Tiden  einer,  sondern  der  Einsig e, 
ist  es  ihm  gelungen  das  Dunkel,  \ielches  über  diesen  Erdtbeil  lagerte» 
SU  erbellen.  Richardson,  Overweg,  Vogel  und  andere  in  Africa  reisende 
Zeitgenossen  haben  dort  ein  frühes  Grab  gefunden ,  anderer  Manner  nicht 
KU  gedenken,  die  wie  Mungo  Park,  Denham  Clapperton,  Laing  u.  t. 
schon  lingst  Yorher  ihr  kühnes  Cnternehnen  mit  dem  Leben  besaUten 
und  uns  um  so  hohen  Preis  kaum  mehr,  als  eine  wirre  Kenntnis  eines 
Landes,  toU  der  bewunderungswürdigsten  Verhältnisse,  binterliefsen. 
Rarth's  Reise  ist  daher  ein  Ereignis  von  ganx  aulserordenllicher  Art 
und  der  allgemeinsten  Würdigung  vollkommen  werlh.  Dm  den  Werth 
der  Forschungen  Barth's  besser  ersichtlich  zu  machen,  wollen  wir 
seine  ^\»t  und  den  Plan  und  Inhalt  seines  Reisewerkes  hier  nach 
jenen  Daten  skizzieren,  die  sich  in  Dr.  A.  Petermann's  geographischen 
Mitiheilungen  Jahrg.  IBM,  S.  230  und  307  ausführlich  niedergelegt 
finden. 

Am  8.  December  1849  schiffte  sich  Dr.  Barth  in  Begleitung  Dr. 
Overweg's  nach  Tripoli  ein  und  bewerkstelligte  mit  diesem  im  Laufe 
des  Monats  Februar  1850  eine  genaue  Aufnahme  des  Ghurian-Gebirget. 
Am  23.  Mars  traten  sie  in  Gemeinsdiaft  des  Tcrstorbenen  James  Ri« 
ehardson,  dem  die  Leitung  der  Expedition  anvertraut  war,  ihre  Reis» 
in  das  Innere  an.  Sie  nahmen  ihren  Weg  über  Hamida,  Mursuk  uiul 
Serdaltts  und  langten  den  16.  Juli  am  Kasr  Dschanun  oder  dem  Teufela«- 
schlosse  in  der  Nahe  von  Ghat  an.  Hierauf  passierten  die  Reisenden 
Ghat,  überschritten  das  hohe,  felsige,  öde  und  unbewohnte  WüsteiH 
plateau  von  Adschundscher  und  Tadschetterat  und  gelangten  am  21.  Au« 
gust  an  die  Grenze  des  nie  zuvor  von  einem  Europäer  besuchten 
Tuareg-Königreiches  Air  oder  Asbeo.  Nur  Barth's  Energie  war  es  su 
danken,  dass  die  Expedition  hier  eine  schmachvolle  Umkehr  nach  Nor- 
den wieder  aufgab.  Seine  Gefährten  blieben  später  in  Tin-tellust,  et 
selbst  aber  unternahm  vom  4.  October  bis  6.  November  allein  die 
Reise  nach  der  Hauptstadt  Agades  und  erzielte  dadurch  wichtige  Re« 
sultate. 

Am  1.  Jänner  1851  zogen  die  Reisenden  im  Sudan  ein  und  trenn- 
ten sich  alle  drei  zu  Taghelel  am  11.  Jänner,  um  sich  in  Kukaua  wie- 
der zu  treffen.  Barth  reiste  zunäctist  über  Katsena  nach  Kano,  wa  et 
höchst  wichtige  Nachrichten  über  ganz  Central-Afirtca  einsammelte.  Mitt- 
lerweile (am  29.  Februar)  starb  Richardson  zu  Nghurutua,  etwa  sechs 
Tagreisen  westlich  von  £ukaua  und  Barth  lenkte  in  grölster  Eile  nach 
diesem  Orte  ab,  um  seinem  Gefährten  den  letzten  Dienst  zu  erweisen, 
für  ein  anständiges  Grab  zu  sorgen  und  seine  Papiere  und  Effecten  zu 
retten.  Alles  diese  geschah  in  der  wackersten  und  umsichtigsten  Weise 
und  Barth  traf  schon  am  2.  April ,  noch  vor  Overweg ,  in  Kukaua  ein. 
Abermals  war  jetzt  die  Expedition  nahe  daran  ein  frühzeitiges  Ende  zu 
nehmen,  denn  die  pecuniären  Mittel  waren  nicht  nur  erschöpft,,  sondern 

32* 


4«B    B.  Barth,  Reisen  u.  Enlileckiingen  de,  ang.  y.  K  B  Beller. 

Riehardson  hatte  überdies  nicht  unbedeutende  Schulden  hinterlassen. 
Barth  allein  schaCFte  Rath,  indem  er  leihweise  von  dem  Vesir  von  Borna 
Geld  erhob  und  die  Weiterreise  ermöglichte.  Am  29.  März  1851  unter- 
Babm  Barth  seine  denkwürdige  Reise  nach  Adamaua,  auf  welcher  er 
den  machtigen  Binue-Strom  entdeckte ,  der  als  schiffbare  Strafse  uns 
das  grofse  und  so  lange  unerreichbare  Herz  Africa's  sicher  erschliefsen 
wird.  Barth  kam  bis  Tola  und  war  dem  Puncto  nahe,  den  im  Ter- 
gangenen  Jahre  die  Dampfboot-Expedition  erreicht  hatte.  Am  %t.  Juli 
kebrle  er  nach  Rukaua  zurück  und  erforschte  von  da  aus  io  Gemein- 
schaft mit  Overweg  wahrend  der  Monate  September,  October  und  No- 
Tember  das  Land  Kanem,  nordostlich  von  Kukaua;  dann  drangen  sie 
sttdOstlich  von  da,  bei  Mandara  vorbei,  durch  Musgu  hindurch  bis  zum 
10.  Grade  nördlicher  Breite  vor,  durch  jene  grofse ,  vom  Tsad-See  siid- 
lidi  sich  erstreckende,  fast  horizontale  Alluvial-Ebene.  —  Ende  März 
bis  Ende  August  führte  Barth  allein  die  wichtige  Reise  nach  Baghirmi 
aus»  auf  welcher  er  den  Schari  überschritten,  die  Hauptstadt  Messeiia 
erreicht  und  ausgedehnte  Forschungen  über  die  Linder  Ostlich  und  süd- 
östlich vom  Tsad-See  bis  zum  Nil-Bassin  angestellt,  so  wie  die  erste 
genaue  und  umfiissende  Beschreibung  der  zwei  wichtigen  Königreiche 
Baghirmi  und  Wada7  geliefert  und  eine  Karte  davon  construiert  hat. 

Am  S6.  September  1862  verlor  Barth  auch  seinen  zweiten  Reisc- 
gefihrten,  seinen  einzigen  Freund,  Dr.  Overweg,  welcher  an  den  Ufern 
des  von  ihm  zuerst  befehrenen  Tsad-Sees  leider  einen  zu  frühen  Tod 
starb.  Aber  selbst  dadurch  nicht  abgeschreckt,  fasste  Barth,  auf  den 
Wunsch  Lord  Palmerston's,  den  heroischen  Entschluss,  die  gröfste  und 
berühmteste  seiner  Reisen,  die  nach  Timbuktu,  zu  unternehmen.  Diese 
Reise,  seine  Rückkehr  nach  Europa  mit  eingeschlossen ,  nahm  nahe  an 
drei  Jahren  in  Anspruch:  er  verliefs  Kukaua  am  85.  November  1852, 
erreichte  Katsena  im  Februar  1853,  S6koto  im  April  und  hielt  am  7. 
September  als  Gesandter  des  Sultans  von*  Stambul  seinen  feierlichen 
Einzug  in  Timbuktu.  Nach  einem  fast  einjährigen  Aufenthalte  daselbst, 
trat  er  seine  Rückkehr  nach  dem  Sudan  an,  erreichte  Kano  am  17.  Oc- 
tober 1854  und  traf  unerwartet  mit  dem  jungen  und  kühnen  Reisenden 
Dr.  Vogel  (der  nun  langst  schon  in  Wadaf  als  neues  Opfer  für  Africa 
gefallen  ist)  am  1.  December  auf  dem  Wege  zwischen  diesem  Orte  und 
Kukaua  zusammen.  Erst  am  17.  Mai  1855  konnte  Barth  das  Bomu-Reich 
verlassen  und  durch  das  Reich  der  Teda's  nach  Mursuk  ziehend,  er- 
reichte er  von  da  aus  am  27.  August  Tripoli  und  am  8.  September 
wurde  ihm  das  seltene  Glück  zu  Theil  in  Marseille  nach  einer  Ab- 
wesenheit von  fast  sechs  Jahren  seinen  Fufs  wieder  auf  europaischen 
Boden  zu  setzen,  in  dieser  seiner  letzten  unvergleichlichen  Reise  nach 
Timbuktu ,  welches  vor  ihm  nur  zwei  Europaer ,  der  englische  Major 
Laing  1826  von  Tauat  aus,  welcher  aber  auf  der  Rückreise  ermordet 
wurde,  und  der  Franzose  Rone  Caillie  1828  von  Sierra  Leone  (an  der 
Westküste)  aus,   glücklich   erreicht  hatten,    entdeckte  und    erforschte 


M.  Barth,  Reisen  u.  £otdeckuDgen  elc,  ang.  v.  H  #.  IMkr^    4f9 

Barth  zwei  grolse  Reiches  Oando  und  Hamdallahi,  die  nicht  einmal  dem 
Namen  nach  bekannt  waren,  er  lernte  die  Geschichte,  BevölkemngHikl 
alle  Beaiehungen  der  «Königia  der  Wüste*  kennen,  wie  die  Eingebomen 
Timbuktu  mit  Recht  nennen,  machte  die  erste  genaue  Aufnahme  des 
grofsen  Stromes  Kuara  (Kwora,  Niger)  von  Ssai  bis  Timbuktu  und  sam- 
melte femer  die  umfangreichsten  und  genauesten  Nachrichten  über  Nord- 
Africa.  Nichts  spricht  aber  so  deutlich  für  den  Dmfang  und  die  Wich- 
tigkeit dieser  Reisen,  als  die  Vergleichung  der  Zahlen,  die  sich  bei 
genauer  Bemessung  der  von  verschiedenen  Reisenden  in  Afrioa  lurfiek- 
gelegten  Routen  ergeben.  Diese  sind  in  englisch-geographischen  lleiltD 
(60  auf  einen  Grad): 

Bruce's  Reisen  1769—1779 tSOO  Meilen,^ 

Mungo  Park's  Reisen  1795—1797 1600       « 

Galton*s  Reisen  in  Damara-Land  1851 ItSO       « 

Livingston's  Reise  von  Kolobeng  bis  Loando    .    .     .  tOOO       « 

Barth*s  Reise  nach  Timbuktu  und  zurück  (1849—1854)  12000       «  . 

so  dass  gegenüber  dieser  enormen  Strecke  alle  anderen  in  den  Hintar- 
grund treten.  —  Barth  halte  das  grolse  Glück,  das  sammtliche  reiche 
in  Tagebüchern,  Karten  und  Zeichnungen  gesammelte  Material  vollst&ndig 
in  Europa  vorzufinden  und  konnte  sofort  zur  Bearbeitung  und  Veröffent- 
lichung desselben  schreiten.  Es  erschienen  bis  zum  Jahre  1859  alle  5  Binde 
seines  grofsen  Werkes ,  das  mit  16  Karten ,  60  Bildern  und  154  Holz- 
schnitten geziert  ist  und  alle  Ergebnisse  der  Reise  voUstSodig  enthalt. 
Er  versprach  «das  jedesmalige  Land  und  seine  Bewohner  in  innigster, 
lebendigster  Verschmelzung  darzustellen  und  die  Oberflache  des  Bodens 
in  ihrer  feinsten  Gliederung  und  mit  allen  ihren  Eigenthümlichkeiten 
ebenso  zu  beschreiben,  wie  er  den  Menschen  in  seiner  jedesmaligen 
Nationalitat,  in  allen  Beziehungen  seines  Lebenskreises  darstellen  wiixi,* 
und  er  hat  redlich  Wort  gehalten,  aber  dieses  grofse  Werk  ist  unge- 
achtet seiner  starken  Verbreitung,  des  hohen  Preises  wegen  (30Thlr.) 
nicht  so  in*s  Publikum  eingedrungen,  als  es  überhaupt  zu  wünschen  ist, 
und  Barth  entschloss  sich  daher,  bald  nach  dem  Erscheinen  des  letzten 
Bandes  seines  grofsen  Werkes,  zu  einer  Bearbeitung  desselben  im  Aus- 
zuge seine  Einwilligung  und  Mitwirkung  zu  gewahren,  um  die  Anschaf- 
fung dieser  Ausgabe  einem  jeden  zu  ermöglichen,  der  sich  für  eine  der 
merkwürdigsten  Reisen  unserer  Zeit  interessiert. 

Dieser  Auszag  ist  es,  den  wir  hiemit  allen  Freunden  der  Lander- 
uud  Völkerkunde,  allen  Lehrern  und  Schülern  unserer  Lehranstalten  auf 
das  wärmste  empfehlen.  Er  enthalt  alles  wesentliche  und  wissenswerthe, 
und  bietet  manche  Einzelnheiten,  die  Barth  verhindert  war  im  grofsen 
Reisewerke  mitzutbeilen ;  dabei  erscheint  die  Darstellung  des  erlebten, 
weil  die  Tagebuchform  nicht  beibehalten  wurde,  zwar  gedrängter,  ab«r 
deshalb  um  so  lebendiger  und  anziehender. 


4t0    ff.  tnfik,  Reihen  n.  EntdeckuDgen  e(c.;  ang.  v.  AT.  B.  Beiler, 

8elb8l  ^s  bedeutende  lingaistische ,  naturwissenschaftHohe  und 
hiatPiiscfae  Material,  das  dem  groften  Werke  in  ÄDhfingcD  und  tabellari- 
sehen  Obersichten  beigegeben  ist,  wurde,  so  weil  es  dienen  konnte  ein 
anschauliches  Bild  des  Landes  zu  geben,  in  die  Reiseerzahlung  ange- 
•ehm  bineingewdi>t,  und  es  genügt  dieser  Auszug  daher  jedem,  der  nicht 
als  Fachgelehrter  gerade  an  besonderen  Binz^elnfaeiten  dag  grtffste  In- 
teresse findet. 

Der  1.  Band  des  Auszuges  entspricht  dem  Inhalte  nach  den  zwei 
ersten  Bänden,  der  %  Band  den  übrigen  Binden  des  grofsen  Reisewerkes. 
Die  Austattüiig  ist  elegant  und  der  Preis  (3  Thlr.)  ein  verbfitnismafsig 
sehr  billiger.  Das  Buch  verdient  daher  mit  Recht  eine  aUgeineine  Ver- 
breitung und  wird  diese  sicher  um  so  mehr  finden,  als  Barth's  Werke 
durchaus  so  geschrieben  sind»  dass  sie  ohne  Bedenken  der  reiferen  Ju- 
gend in  die  Hand  gegeben  werden  können,  und  der  tiefe  christliche 
Sinn,  den  der  VerCasser  mit  Heldenmuth  selbst  den  wildesten  Völkern 
gegenüber  mit  Offenheit  bekannte,  auch  aus  allen  seinen  Arbeiten  be- 
scheiden hiTYortritt 

Wien.  Karl  B.  Heller. 


Dritte  Abtheilung. 


Verordnangen  f  Ar  die  Asterrelclilscheii  CSym- 
naslen;  Statistik« 

Personal-  und  SchulDoüzen* 

(Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen,  Ava- 
seichnungen  u.  s.  w.)  ^  Die  Gonceptsadjoncten  im  Ministerium  IQr 
Cultus  und  Unterricht,  Hr.  Franz  Rohrweck,  Hr.  Karl  Sykora  und 
Hr.  Dr.  Martin  Schenker,  sind  zu  Ministerialeoneipisten  in  diesem 
Ministerium  ernannt  worden. 


—  Der  Supplent  an  der  k.  k.  Oberrealschule  zu  Innsbruck^ 
Hr.  Martin  H  u  b  e  r ,  zum  wirklichen  Lehrer  an  dieser  Anstalt. 

—  Der  Lehrer  und  provisorische  Director  der  k»  k.  Oberreal- 
schule in  K  a  s  c  h  a  u ,  Hr*  Dr.  Hermann  T  a  u  s  c  h ,  zum  wirklichen 
Director  dieser  Lehranstalt. 

—  Der  supplierende  Lehrer,  Hr.  Eduard  Erben,  zum  wirkliohoi 
Lehrer  an  der  k.  k.  Oberrealschule  zu  Kaschau. 

—  Der  bisherige  Supplent  der  Lehrkanzel  lur  Physiologie  und 
Mikroskopie  an  der  Krakauer  Universität ,  Hr.  Dr.  Gustav  P  i  o- 
trowski,  zum  wirklichen  Professor  dieses  Lehrfaches. 


—  Se.  k.  k.  Apost.  M^gestat  haben  mit  Allerhöchster  EntschUelning 
vom  28.  April  L  J.  den  Director  am  Gillier  Gymnasium,  Benedictiner 
Ordenspriester  Ehrenbert  Fettinger,  auf  Ansuchen,  von  seiner  bis- 
herigen Dienstleistung  zu  entheben  und  demselben  in  Anerkennung  seiner 
vieljährigen  erspriefslichen  Wirksamkeit  im  Gymnasiallehramte  das  gol- 
dene Verdienstkreuz  mit  der  Krone  Allergnädigst  zu  verleihen  geruht 

—  Se.  k.  k.  Apost.  Majestät  haben  mit  Allerhöchster  Entschliefsung 
vom  11.  Mai  L  J.  dem  Schulrathe  und  Gymnasial-lnspector  in  Agram, 
Dr.  Anton  Jarz,  die  Propstei  S.  Pauli  de  Nyir  Päiyi  in  der  Grolt- 
wardeiner  Dioecese  Allergnädigst  zu  verleihen  und  den  dortigen  Sdml- 
rath  und  Volksschulen-Inspector  Franz  S 1  a  d  o  v  1  d  zum  Ehrendomherm 
des  Agramer  Gapitels  Allergnädigst  zu  ernennen  geruht. 

—  Der  Professor  der  Moral-  und  Pastoraltheologie  am  bisohO^ 
liehen  Seminar  zu  Goncordia,  Se.  Hochw.  Hr.  Anton  Bel^rado,  ist 
zum  Ehrendomherm  am  dortigen  Katbedralcapitel  Allergnädigst  ernannt 
worden. 


4Tt  Personal-  und  Schulnotizen. 

^  Der  Majoratsherr  Johann  Ritter  von  Mirossewski  hat,  von 
der  Absicht  geleitet,  die  Bildung  der  vaterländischen  Jugend  zu  fördern, 
dem  Minister  des  Innern  die  Erklärung  überreicht,  für  die  Stiftung  von 
drei  Studentenstipendien  am  Gymnasium  zu  Krakau  die  Summe  von 
1S.(H>0  fl.  CM.  in  Grundentlastungs-Obligationen  widmen  zu  wollen. 

—  Bei  der  am  14.  und  16.  Mai  1.  J.  in  Prag  abgehaltenen  Triennnl- 
vertammlung  des  Ordensdicasteriums  der  Böhmisch-Mäbrisch-Schlesi- 
sohen  Piaristen-Provinz  wurden  Hr.  P,  Pankraz  Newald,  Director  der 
Prager  Neustadter  Unter-Realschule,  und  Hr.  F,  Rupert  Pohl,  Director 
des  Prager  Neustädter  Obergymnasiums ,  zu  Gonsultoren  des  Ordenspro- 
viDcials  gewählt. 

(Concurse,  Erledigungen,  Sti  ftu  ngsplätie,  Stipen- 
dien n.  8.  w.)  —  Am  Sclassigen  katholischen  Staatsgymnasium  zu 
,  0  n  g  h  V  A  r  fünf  Lebrerstellen  für  classische  Philologie  (bei  Kenntnis  der 
deutschen  und  ungarischen  Sprache  als  Dnterrichtsspracbe) ,  jede  mit 
dem  Jahresgehalte  von  736  fl.,  eventuel  840  fU  ö.  W.,  dann  Anspruch 
auf  die  systemmäfsigen  Decennalzulagen.  Termin:  Ende  Juni  1.  J«,  bei 
der  k.  k.  Stalthalterei-Abtheilung  Kaschau.  (S.  Amtsbl.  i.  Wr.  Ztg.  v. 
4.  Mai  1.  J.,  Nr.  108.) 

—  An  der  städtischen  Oberrealschule  zu  Pest h  die  Lehrerstelle 
fSr  Arithmetik  und  Geometrie,  mit  dem  jährt  Gehalte  von  1060  fl.  0.  W. 
Termin  t  Binnen  4  Wochen ,  bei  dem  Magistrate  der  k.  Freistadt  Pestb. 
(8.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  6.  Mai  1.  J.,  Nr.  109.) 

. —  An  dem  k.  k.  Staatsgymnasium  zu  Neusohl  mit  deutscb- 
slavischer  Unterrichtssprache  3  Lehrerstellen  für  classische  Philologie. 
Termin:  16.  Juni  1.  J.,  bei  der  k.  k.  Prefsburger  Statthalterei-Abthei- 
lupg.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  11.  Mai  1.  J,  Nr.  114.) 

—  Am  k.  k.  akademischen  Gymnasium  zu  Lemberg3  ond  am 
zweiten  Gymnasium  daselbst  %  Lehrerstellen  für  classische  Philologie  an 
ganzen  Gymnasium,  oder  für  dasselbe  Fach  im  Unlergymnasium  in  Ver- 
oindung  mit  Philosophie  und  einer  der  in  Galizien  gangbaren  Sprachen 
(der  deutschen,  polnischen  oder  ruthenischen)  am  ganzen  Gymnastun, 
mit  dem  Gehalte  jähriicber  046  fl.,  eventuel  1060  fl.  ö.  w'.  Termin: 
20.  Juli  1.  J. ,  bei  der  k.  k.  galizischen  Statthalterei  in  Lemberg  (S.  Amtsi>l. 
s.  Wr.  Ztg.  V.  19.  Mai  1.  J.  Nr.  120). 


—  Ober  einen  an  der  k.  k.  Theresianischen  Akademie 
in  Wien  in  Erledigung  kommenden  freiherrlich  Teuffenbach'scben 
Stiflungsplatz,  so  wie  über  einen  zweiten  freiherrl.  Teuffenbach  'sehen 
ebendort,  mährischer  Abtheilung,  s.  Amtebl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  3.  Mai  l  J., 
Nr.  107. 

—  Ober  mehrere  erledigte  Universitäts-Handstipendien,  als  1  En- 

gelhart'sches,  1  Salze r'sches,  1  Scheuermann'sches  und  1  Gold- 
er g'sches,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  6.  Mai  1.  J.,  Nr.  109. 

—  Ober  die  Erledigung  von  9  Stipendien  des  Flu  man  er  Con- 
▼Icts-  oder  Stipendienfonds,  s.  AmtsbL  z.  Wr.  Ztg.  v.  17.  Mai  L  J., 
Nr.  119.  _^ 

(Todesfälle.)  —  Am  4.  April  L  J.  zu  New-York  Hr.  James 
Rirk  Paul  ding  (geb.  am  VL  August  1779,  zu  Pawling  am  Hudson), 
einer  der  fruchtbarsten  americanischen  Schriftsteller  auf  den  Gebieten 
der  Geschichte,  Touristik  und  Poesie  («TV»«  dutchmam  Fireiide,* 
^Weitward  ffo,*  «Biographie  Washingtons  für  die  Jugend,*  saltriscbe 
Gedichte  u.  s.  w.). 


Personal-  und  Schulnofizen.       "  4t3 

—  Am  5.  April  ).  J.  xu  Genf  der  General-Major,  Hr.  Ortando 
Felix,  als  Aegyptolog  rühmlich  bekannt 

—  Am  17.  April  ).  J.  in  Berlin  Hr.  Dr.  Hugo  Hagendorf,  als 
Dichter  bekannt. 

—  Am  20.  April  1.  J.  zu  Brüssel  Hr.  Charles  de  Brouckert, 
gewes.  Professor  der  Staats-  und  Volks wirthschafl  an  der  DniversilSt 
dortseJbst  (geb.  zu  Brügge  1796),  seit  1848  Bürgermeister  von  Brüssel. 

—  Am  23.  April  1.  J.  zu  Wien  Se.  Excellenz  Hr.  Karl  Ludwig 
Freiherr  von  Brück,  Finanzminister  (geb.  am  1&  October  1798  lu 
Elberfeld). 

—  Am  24.  April  in  Darmstadt  der  grofsherzogl.  hessische  Land- 
richter, Hr.  Karl  Ludwig  Reh  (geb.  1796),  durch  seine  Kriegslieder  zur 
Zeit  des  Befreiungskampfes  bekannt 

—  Am  26.  April  1.  J.  zu  Heidelberg  der  ord.  Professor  der  Theo- 
logie an  der  dortigen  Universität  und  Senior  der  theologischen  Faeultal, 
geh.  Kirchenrath,  Hr.  Friedr.  Wilh.  Karl  Dm  breit,  ausgezeichneter 
Orientalist,  im  Alter  von  66  Jahren. 

—  Am  1.  Mai  1.  J.  in  Dänemark  der  Geheimrath  und  Ex-Minister, 
Hr.  Andreas  Sandö  Oersted  (geb.  am  21.  December  1778  zu  Rudkjö- 
bing,  ein  Bruder  des  1854  verstorbenen  Naturforschers),  unstreitig  unter 
den  dänischen  Schriftstellern  der  Gegenwart  der  erste. 

—  Am  3.  Mai  L  i.  in  Friaul  Hr.  Dr.  A.  E.  Sellenati,  Secretar 
der  Friauler  Landwirthschaftsgesellschaft,  durch  seine  Bestrebungen  im 
Unterrichtswesen,  so  wie  im  landwirthschaftlichen  Fache,  um  seine  Hei- 
mat verdient 

—  Am  4.  Mai  l.  J.  zu  Bostock  Hr.  Consitorialrath  Dr.  Gust  Friedr. 
Wiggers,  Professor  der  Theologie  an  der  dortigen  Universität ,  im 
Alter  von  82  Jahren. 

—  Am  10.  Mai  1.  J.  zu  \(ien  Hr.  Karl  Wilh.  Koch,  borgl. 
Handelsmann,  Senior  des  k.  k.  pr.  Handelsstandes,  emer.  Gemeinderatb, 
Ehrenbürger  von  Arad,  Besitzer  der  grofsen  goldenen  Salvator-Medaille 
ü.  s.  w.,  der  Schwiegervater  des  verstorbenen  Dichters  Deinhardstein, 
«elbst  als  dramatischer  Dichter  und  Belktrist  bekannt,  im  75.  Le- 
bensjahre. 

—  Am  13.  Mai  L  J.  zu  Tubingen  Hr.  Dr.  Christian  Gmelin, 
(geb.  1792),  seit  1817  ordentlicher  Professor  der  Chemie  an  der  dortigein 
Hochschule,  als  Fachschriftsteller  bekannt 

—  In  der  Nacht  vom  16.— 16.  Mai  1.  J.  zu  Meiningen  der  herzog- 
liche Cabinetsbibliothekar  u.  Uofrath,  Hr.  Ludwig  Bechstein,  (geb. 
zu  Weimar  am  24.  November  1801),  als  fruchtbarer  SchriftsteUer  auf 
dem  Gebiete  der  Belletristik,  bekannt 

—  Am  16.  Mai  I.  J.  zu  München  der  quiscierte  Bibliotheoar ,  Hr. 
J.Georg  Krabinger,  Mitglied  der  kön.  Academie  der  Wissenschafttfn, 
im  Alter  von  76  Jahren. 

—  Im  Mai  1.  J.  zu  London  der  berühmte  Sanskritist,  Hr.  Pro- 
fessor Horau  Haymnn  Wilson,  in  dem  Alter  von  76  Jahren. 

—  Im  Mai  l  J.  zu  Venedig  Hr.  Joseph  Dala  (geb.  1788),  als 
Kupferstecher  durch  ausgezeichnete  Leistungen  («Madonna  mit  dem 
Kinde*  nach  Sassoferrato,  ^St.  Katharina's  Trennung'  nach  Paolo  Vero- 
nese,  die  Porträtsammlung:  «Panteone  Veneto'  u.  m.  a.)  bekannt 

—  Im  Mai  1.  J.  zn  Warschau  Hr.  Michael  Schubert,  Professor 
der  Botanik,  längere  Zeit  an  der  ehemaligen  Warschauer  Universität  be- 
schäftigt und  Begründer  des  dortigen  botanischen  Gartens,  im  Alter  von 
73  Jahren. 

—  Inii  Mai  1.  J.  zu  Antwerpen  Hr.  Johann  Geefs,  Professor  an 
der  königlichen  Akademie  daselbst,  einer  der  ausgezeichnetsten  Bildhauer 
Belgiens,  in  der  vollsten  Blüte  des  Lebens. 


Vierte  Abtheilung. 


nUdcellen» 

=Ber  geographische  und  historische  Unterricht. 

Das  Daeenberheft  1859  ätos  «Gentralblatt  lur  die  geeanunte  Cnterrichte- 
Verwaltung  in  Prtmlsen*  yeröffenllieht  eine  vom  Minitter  der  geistUcbeo 
elo.  AngelegenheiteD  unter  dem  M.  August  iS60  genehmigte  Instruetion 
für  den  gescbicbtlichen  und  geographischen  Unterricht  an  den  Gymnasien 
udA  Bealsehulen  der  Provinz  Westpbalen,  bestehend  in  16  SS.»  deren 
weseiBlKcber  Inhalt  hier  im  Auszuge  folgt 

Der  Unterricht  in  der  Geschichte  und  Geographie  ist  unbeschadet 
der  Selbständigkeit  beider  auf  allen  Stulen  in  enge  Beiiehung  zu  setzeu. 

A.  CeMcAicAie. 

1«  Omferg  BUdungiMiufei  Der  historische  Dnterrieht  propaedeutisch? 
lur  Vorbereitung  auf  den  spfitem  zusammenhangenden  Vortrag  uud  zur 
Weckung  des  Interesses  für  geschichtliche  Dinge. 

Sexta  und  QuMa:  Biblische  Geschichte  des  a.  und  n.  Testamentes 
im  Rdigionsunterrichte;  die  wichtigsten  und  schönsten  Sagen  des  Alter- 
thums  und  der  germanischen  Völker  im  deutschen  Unterrichte  dureh 
■indliche  und  schriftliche  Gbungen. 

II.  Mutiere  Bttdmi§ittufe  i  l^et  historische  Unterricht  ethnographisch. 
Griechen,  Römer,  Deutsche,  Anknüpfung  desjenigen  aus  der  allgemeinen 
Geschichte,  was  mit  denselben  in  Verbindung  steht 

Owtrtai  Geschichte  der  Griechen  bis  auf  den  Tod  Alezander's  des 
tiiofiMn,  hiezu  eine  Übersicht  über  die  auf  die  Diadocbenzeit  folgenden 
Staatenbildungen.  Geschichte  der  Römer  bis  auf  Titus;  Erscheinung  des 
Cbristenthums  und  Ausbreitung  desselben,  Auftreten  der  Deutschen,  ihre 
K&mpfe  mit  den  Römera 

ttUer-Terttai  Geschichte  der  Deutschen  von  der  Völkerwanderung 
bis  1648.  Hierin  die  Ausbreitung  des  Christenthums,  die  Entwickelung 
der  Hierarchie,  die  wichtigsten  Kreuzzüge,  die  Eroberung  von  Constati- 
tinopet  die  Er6ndung  des  Schief  spul  vers  und  der  Buchdruckerkunst,  die 
Entdeckung  des  vierten  Welttbeiles  und  des  Seeweges  nach   Ostindien. 

Ober-Tertia :  Anscfalielsung  der  deutschen  Geschichte  an  die  bran- 
denburgisch-preufsische  Geschichte  mit  kürzerer  Berührung  der  französi- 
schen Revolution  und  der  daraus  hervorgegangenen  Kriege,  zu  beendigen 
mit  den  deutschen  Befreiungskriegen.  Der  geschichtlichen  Darstellung 
geht  auf  dieser  ganzen  Stufe  jedesmal  die  geographische  Obersicht  der 
Länder  voran. 


Miseellen.  475 

111.  &bere  BUdungMitufe ^  Der  historische  Unterricht  universalhi- 
storisch.  Darstellung  des  pragmatischen  Zusammenhanges  und  der  Entwicke- 
liing  der  Verfassungen,  letztere  bei  der  griechischen ,  römischen  und 
deutschen  Geschichte.  Literaturen  der  wichtigsten  Völker,  übersichtlich 
und  durch  Mittheilung  von  Proben  zu  charakterisieren.  Erörterung  der 
Epochen  in  der  Geschichte  der  bildenden  Künste  an  Abbildungeni  Mit- 
theilungen aus  dem  Gebiete  der  Wissenschaft ,  der  Religion,  der  Erfin- 
dungen, des  Verkehrs,  des  Handels,  der  Sitten  und  Einrichtungen,  die 
geeignet  sind  ein  möglichst  anschauliches  Bild  von  der  Individualitat  der 
einzelnen  Völker  und  dem  Fortschritte  in  der  Entwickelung  der  gesammten 
Menschheit  zu  erzeugen.  Beachtung  des  teleologischen  Zusammenhanges 
der  Weitgeschichte  und  Anerkennung  der  ewigen  Gesetze  Gottes  nnd 
das  letzte  Resultat. 

OMer-Seeunda:  Orientalische  und  griechische  Geschichte,  letztere 
abschliefsend  mit  der  Geschichte  der  Diadochenreiche,  welche  als  ein 
innerlich  zusammenhängendes  Ganzes  zu  behandeln  ist 

Oöer-Setunda:  Römische  Geschichte  bis  zum  Untergänge  des  west- 
römischen Reiches. 

Onier-Fttmai  Geschichte  des  Mittelalters,  neuere  Zeit  bis  xum 
Ende  der  Regierung  Carl  V.  oder  zum  Anfang  des  30jährigen  Krieges. 

Ober-Pfima:  Geschichte  der  neueren  Zeit  bis  1815;  kurze  Ober- 
sicht der  politischen  Geschichte  von  1815—1830  oder  1840. 

Methode.  Weise  Mafshaltung  in  der  Auswahl  des  Stofles,  gröbere 
Rücksichtsnahme  auf  das,  was  dem  Bedurfhisse  des  Schtilers,  als  was 
den  Anforderungen  der  Wissenschaft  als  solcher  entspricht.  Einfaehe, 
natürliche  Diction  im  Vortrage  des  Lehrers  ohne  Benützung  eines  Hilfs- 
mittels während  der  Lehrstunde.  Die  Quellen  sollen,  wo  thunlich,  dem 
Inhalte  und  Ausdrucke  nach  produeiert  und  zuweilen  die  Gewährsmänner 
selbst  redend  angeführt  werden.  Vorzeigen  bildlicher  Darstellungen  von 
Personen,  einzelnen  Begebenheiten,  Gegenständen  der  Kunst,  des  privaten 
und  öffentlichen  Lebens. 

Die  wissenschaftliche  Kritik  kann  nur  zuweilen  und  zwar  auf  der 
oberen  Stufe  aber  immer  mit  Vorsicht  und  Begründung  des  Urtheils  eis- 
treten.  Bei  sittlicher  Beurtheilung  der  Zustände  und  staatliehen  Einrieb- 
tungen  muss  der  Unterschied  zwischen  Inhalt  und  Form,  Wesentlichem 
und  Vorübergehendem  hervortreten,  das  Vaterlandsgefühl  in  dem  Schüler 
gestärkt  werden;  bei  Beurtheilung  der  Personen  und  einzelnen  Hand- 
lungen muss  der  christlich-religiöse  Mafsstab  angelegt  aber  dabei  ra- 
gleich  die  Anschauungen  und  Verhältnisse  der  betreffenden  Zeit  berüek- 
sichtigt  werden. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  sind  die  Wiederholungen  in  der  Sehol- 
stunde,  bestehend  theils  im  Wiedererzählen  ganzer  Abschnitte ,  theils  im 
Recapitulieren  des  Faktischen  nach  Zahlen  und  Namen,  theils  in  einer 
mehr  selbständigen  Umarbeitung  des  Lehrstoffes  und  dies  auf  der  oberen 
Stufe.  Der  Geschichtslehrer  soll  die  Schullectüre  der  Schriftsteller  (na- 
mentlich der  griechischen  und  römischen)  berücksichtigen,  die  Privat- 
lectüre  deutsch  geschriebener  Geschichtswerke  aus  der  Schülerbibliotbek 
empfehlen  und  beaufsichtigen;  nur  ausnahmsweise  ist  der  Schüler  in 
seiner  Leetüre  auf  die  Quellen  selbst  zu  verweisen. 

Zu  den  Hilfsmitteln  gehören  Karten,  ein  Lehr-  oder  Handbuch 
für  je  zwei  Classen  und  nach  Umständen  eine  chronologisch-tabellarische 
Obersicht,  welche  entweder  gedruckt  in  den  Händen  der  Schüler  ist, 
oder  unter  Anleitung  des  Lehrers  von  den  Schülern  entworfen  wird. 

B.   Geographie, 
I.  untere  BUdungsitufe:  Topische  d.  i.  oro-  und  hydrographische 
Verhältnisse. 


476  Miseellen. 

Sexlat  Verständnis  des  Globus  und  der  Landkarte  (das  letztere  am 
besten  nach  der  nächsten  Heimat);  das  Wichtigste  aus  der  mathematischen 
Geographie.  Topische  Verhältnisse  von  Africa,  Amerika,  Asien,  Australien. 

^tf/Ji/ä.*  Wiederholung  der  Elemente  der  mathematischen  Geogra- 
phie; topische  Verhältnisse  YOn  Europa. 

Anmkg.  Zur  Belebung  des  geographischen  Bildes  an  geeigneten 
.Stellen  Mittheilungen  über  die  wichtigsten  Naturproducte  aus  dem  Pflan- 
.zen-  und  Thierreiche  und  die  Art  ihrer  Bearbeitung;  die  hauptsächlich- 
sten politischen  Namen  der  Hauptländer  und  Hauptstädte  und  derjenigen 
Städte,  welche  an  bezeichnenden  Stellen  des  topischen  Bildes  sich  ein- 
f&gen  lassen;  relative  Ausführlichkeit  bei  Deutschland.  Einzelne  Notizen 
.mit  Jahreszahlen  über  den  Schauplatz  wichtiger  Thaten  im  Krieg  und 
Frieden,  kurze  Darstellung  von  den  Entdeckungen  fremder  Länder  und 
den  Ansiedlungen  darin  und  anderer  bedeutenden  Begebenheiten. 

U.  Mutiere  BUdungistufe:  Die  gegenwärtige  politbche  Eintheilung 
nach  ihren  wesentlichen  Theilen. 

Quarta:  Politische  Eintheilung  '  der  aufser europäischen  Länder. 
Der  Grad  der  Ausführlichkeit  richtet  sich  nach  der  politischen  oder  hi- 
storischen Wichtigkeit  der  Länder  und  Städte  und  nach  der  räumlichen 
Entfernung  vom  Vaterlande. 

Onter^Tertia :  Politische  Eintheilung  der  europäischen  Länder  mit 
Ausnahme  Deutschlands  und  Preufsens. 

Ober-'Tertia:  Politische  Eintheilung  Deutschlands  und  Preufsens, 
am  tpeciellsten  bei  Preufsen  und  Westphalen. 

Anmkg.  Der  politischen  Geographie  der  einzelnen  Erdtheiie  und 
.Lvider  wird  jedesmal  eine  Wiederholung  der  topischen  Verhältnisse  vor- 
^i^eschickt  Das  oft  dürftige  Bild  ferne  liegender  Länder  ist  durch  Mit- 
theilungen über  Volksverwandtschaft,  Religion,  Staatsverfassung,  Sitten 
und  Gebräuche  möglichst  zu  ergänzen  und  zu  beleben  und  die  früher 
erworbene  Productenkunde  in  dem  Mafse,  wie  sich  die  Darstellung  nähert, 
zu  erweitem. 

IH.  Obere  Bitdungatüfe  t  Repetition  und  gelegentliche  Erweiterung 
.des  früheren,  besonders  des  politischen  Theiles  (alle  14  Tage  eine  Stunde). 

Secundas  Geographie  der  aufsereuropäischen  Länder. 

Prima:  Geographie  der  europäischen  Länder. 

Anmkg.  Es  bietet  sich  manche  Gelegenheit  früher  gemachte,  cul- 
lurbistorische  Mittheilungen  über  entlegene  Länder  zu  vervollständigen, 
ferner  geschichtliche  Daten  anzuknüpfen,  welche  sich  z.  B.  auf  das  Ver- 
.hä|tqis  der  Colouien  zu  deren  Mutterlande  und  auf  die  räumliche  Aus- 
dehnung des  deutschen  und  preufsisctfen  Landes  zu  verschiedenen  Zeiten 
beziehen,  ebenso  auch  einen  geschichtlichen  Überblick  über  die  Erdan- 
.flchauung  von  den  ältesten  Zeiten  an  zu  geben,  endlich  auf  den  Handel, 
d^n  Verkehr  und  dessen  Mittel,  überhaupt  auf  solche  Dinge  einzugehen, 
welche  die  äufsem  Beziehungen  der  Völker   zu   einander  kennen  lernen. 

Methode.  Das  wesentlichste  Erfordernis  für  den  geographischen 
Unterricht  ist  die  Anschaulichkeit  Hiernach  ist  als  Grundsatz  festzu- 
halten, dass  unter  den  Hilfsmitteln  die  erste  Stelle  überall  die  geogra- 
phische Karte,  nicht  das  Lehrbuch,  einnehme.  Sorgfältige  Behandlung  der 
im  topischen  Cursus  vorkommenden  hydro-  und  orographischen  Begriflfe 
Dicht  durch  Beschreibung  sondern  durch  Hinweisung  auf  Erscheinun- 
gen, die  in  der  Umgebung  des  Schülers  vorliegen. 

Damit  das  topische  Bild  dem  Schüler  auch  ohne  Karte  gegen- 
wärtig  sei,  so  erscheint  als  ein  sehr  wirksames  Mittel  das  Kartenzeichneu. 
Die  Wiederholungen  in  der  Stunde  sind  so  oft  als  möglich  anzustellen, 
60  dass  die  häusliche  Arbeit  des  Schülers  sich  auf  ein  Minimum  rcduciert. 

Als  Hilfsmittel  dienen  Globus,  Wandkarte,  ein  Handallas  und 
da  die  Benützung  eines  geographischen  Lehrbuches,   wenn   auch   nicht 


Miscellen.  477 

nothwendig,  doch  wuDschcnswerth  ist,  um  die  Fühning  eines  Heftes  über- 
flussig zu  machen,  so  wird  ein  «Leitfaden*,  der  sich  auf  die  nothwen- 
digsten  Angaben  beschränkt  und  wo  möglich  für  beide  Lehrstufen  aus- 
reicht,  genügen. 

Der  wissenschaftliche  Vortrag  der  mathematischen  Geographie  fült 
dem  physikalischen  Unterrichte  der  Prima  zu;  die  Benützung  wenigstens 
eines  kleinen  Planetariums  ist  nothwendig. 

Die  im  Auszuge  mitgetheilte  Instruction  ruht  auf  einer  Grund- 
lage, welche  durch  ein  Gircular-Rescript  des  kOnigl.  Ministeriums  der 
etc.  Angelegenheilen  communiciert  unter  dem  18.  October  1830  an  sammt- 
licbe  königl.  ProYinzial  -  Schul -Gollegien,  ausschlielslich  derjenigen  zu 
Münster  geschaffen  worden  ist  ')•  Eine  Erfahrung  von  nahezu  30  Jahren 
stand  also  hier  zu  Gebote  und  lieferte  Anhaltspuncte ,  um  die  entspre- 
chenden Modificationen  in  der  alten  Instruction  vorzunehmen.  In  wie 
weit  Wünsche  und  Forderungen,  welche  der  Unterricht  in  diesem  langen 
Zeiträume  laut  werden  liefe,  in  dieser  neuen  li  struction  ihre  Berück- 
sichtigung fanden,  werden  die  Schulmanner  Preufsens  am  besten  zu  be- 
urtheilen  im  Stande  sein.  Ref.  beschrankt  sich  darauf  ein  paar  Puncto 
hervorzuheben,  welche  den  Unterschied  zwischen  der  alten  und  neuen 
Instruction  charakterisieren  und  von  allgemeinem  Interesse  sind. 

Die  wesentlichste  Modification  besteht  in  der  vollständigen  Aufhe- 
bung des  g.  16  der  alten  Instruction  (diese  zählt  17  gg.),  worin  dem 
Lehrer-Collegium  ein  freierer  Spielraum  gestattet  war  um  Modificationen 
in  der  Vertheilung  des  geographischen  und  historischen  Pensums  unter 
die  einzelnen  Glassen  nach  seinem  Ermessen  eintreten  zu  lassen.  Die 
Folge  der  Aufhebung  dieses  g.  16  ist  nun  die  bestimmte  Abgrenzung 
und  Anordnung  der  Aufgaben  in  den  einzelnen  Glassen,  wie  dies  in  der 
neuen  Instruction  zu  Tage  tritt.  Als  erwähnenswerthe  Änderungen  anf 
historischem  Gebiete  erscheinen: 

1.  Die  Verlegung  der  Geschichte  des  Alterthums  in  die  zwei  Glassen 
der  Secunda;  nach  g.  16  der  alten  Instruction,  konnte  die  alte  Geschichto 
auch  in  Prima  behandelt  werden.  Irren  wir  nicht,  so  wurde  von  dieser 
Modalität  weitaus  am  häufigsten  Gebrauch  gemacht  und  über  die  Zweck- 
mäfsigkeity  ja  absolute  Nothwendigkeit,  die  alte  Geschichte  in  der  ober- 
sten Glasse  des  Gymnasiums  zu  behandeln,  hat  sich  eine  Ansicht  gebildet, 
die  viele  Verfechter  bat.  So  hat  z.  B.  Campe  seine  kürzlich  herausge- 
gebene Sammlung  historischer  Aufsätze  unter  dem  Titel:  «Geschichte  und 
Unterricht  in  der  Geschichte',  mit  dem  Satze  geschlossen:  «Mein  Plan 
kann  im  Einzelnen  manche  Modificationen  erleiden.  Aber  die  beiden 
Puncte  stehen  fest,  dass  der  Unterricht  mit  der  alten  Geschichte  beginnen 

und  mit  der  alten  Geschichte  schliefsen  muss. . Man  wird  sich  noch 

lange  sträuben;  aber  die  Sache  selbst  wird  sich  Bahn  brechen.  Campe 
glaubt,  «dass  das  Alter,  welches  bei  Secunda  durchschnittlich  voraus- 
zusetzen ist,  d.  h.  das  von  15—17  Jahren,  eines  wirklichen  Verstehens 
der  griechischen  noch  mehr  aber  der  römischen  Geschichte  noch  nicht 
fähig  sei»"). 

2.  Eine  andere  Modification  besteht  darin,  dass  in  der  Ober-Tertia 
vom  westphälischen  Frieden  an,  die  deutsche  Geschichte  an  die  bran- 
denburgisch-preufsische  Geschichte  anzuschliefsen  ist,  während  nach  der 
alten  Instruction  «die  deutsche  Geschichte  den  Mittelpunct  bildete,  und 
die  Geschichte  des  preufsischen  Staates  entweder  bei  einzelnen  Veranlas- 
sungen in  der  deutschen  Geschichte  oder  zum  Schlüsse  als  ein  Ganzes 
behandelt  werde.*    Ref.  übergeht  diesen  Punct  mit  Schweigen  und  wenn 


')  Neigebauer's  Sammlung  der  Verordnungen.   S.  167—172. 
')  Campe,  S.  246. 


478  Miscellen. 

et  hier  einige  Worte  beifugt,  ao  sind  es  Worte  eines  preufsischen  Schul- 
maiinei^  dessen  Ansicht  über  Stellung  und  Behandlung  der  Geschichte 
des  deutschen  Reiches  beachtenswerth  erscheint  ^Mag  es  nun»*  so 
sdireibt  Prof.  Heydemaun  über  den  Osterreichischen  Lehrplaa  für  Geo- 
grapliie  und  Geschichte"),  «um  ohne  Rückhalt  ku  sprechen,  in  mancher 
Rexifhung  für  unser  deutsches  Gefühl  verletzend  sein,  dass  man  In  einem 
Staate,  dem  Deutschland  doch  wahrlich  nicht  ein  fremdes  Land  ist,  und 
der  SQ  vielfach  seine  Absicht  bekundet  hat,  von  ihm  sich  nicht  tu 
tfennea  oder  getrennt  zu  werden,  dennoch  die  deutsche  Geschichte  eben 
nur  so  nebenher  und  in  ihrer  Beziehung  zu  —  hier  muss  Ref.  statt 
«Osterreich*  jetzt  «zu  der  brandenburgisch-preufsischen  Geschichte'  sub- 
stituieren —  behandelt  wissen  will* ;  denn  bekanntlich  ist  der  ursprüng- 
liche Plan  bereits  1850  modificiert  worden. 

3.  Endlich  erscheint  die  erste  Unlerrichtsstufe  dem  Inhalte  wie 
der  Form  nach  in  der  neuen  Instruction  wesentlich  modificiert.  Wahrend 
nSmUch  nach  der  alten  Instruction  auf  der  ersten  Stufe  «das  ganze  Feld 
der  Geschichte  vom  biographischen  Standpuncte  ^us  zu  durchlaufen 
war*9  eoU  jetzt  der  geschiehtliehe  Unterricht  propffideutisch  behandelt 
werden,  eine  Änderung,  die  so  unscheinbar  sie  ist|  doch  von  durch- 
greifenden Folgen  begleitet  ist 

Dadurch  nämlich,  dass  der  propädeutische  Unterricht  auf  die  Be- 
bandlung  der  biblischen  Geschichte  des  a.  und  n.  Testamentes  und  der 
wichtigsten  und  schönsten  Sagen  des  Alterthums  und  der  germanischen 
Vttlker  beschränkt  ist,  wird  das  Princip  der  dreifachen  Gliederung  in  der 
Bekaodlung  der  Geschichte  aufgegeben  und  es  gibt  von  nun  an  nur  zwei 
Stafbii  für  den  geschichtlichen  Unterricht ,  vom  ethnographischen  und 
unireiffalhiatorischen  Standpuncte,  ein  Factum,  das  der  g.  2  der  neuen 
hislmction  auch  constatiert:  «Der  geschichtliche  Unterricht  geht  als  be- 
sonderer Fachunterricht  nur  durch  die  mittlere  und  obere  Bildungsstufe 
des  Gymnasiums  und  der  Realschule*. 

Wichtiger  jedoch  als  die  Einrichtung  dos  propaedeutischen  Unter- 
richtet muss  uns  die  Thatsache  erscheinen,  dass  der  biographische  Un- 
terricht als  solcher  fallen  gelassen  ist  ^).  Warum .  drangt  sich  hier  die 
Fkage  unwillkürlich  auf,  ist  eine  so  beliebte  Modalitat ,  die  bekanntlich 
bis  nur  Stunde  viele  energische  Verfechter  hat  *)  und  der  zu  ihrer  ge- 
deihlichen Entwickelung  eine  so  lange  Periode  zu  Gebote  stand,  jetzt 
aufgehoben  Y  Diese  Modalitat  hat  —  und  das  ist  die  natürliche  Annahme  — 
den  hieran  geknüpften  Erwartungen  nicht  entsprochen;  Beweis  dafür  ist 
das  Fallenlassen  des  biographischen  Unterrichtes,  Beweis  daßr  die  in 
der  9euen  Instruction  aufgestellte  Ansicht  in  Betreff  des  ethnographischen 
Unterrichtes:  «Die  Thaten  des  Volkes  stellen  sich  wesentlich  als  die 
Tba&eii  seiner  Führer  dar,  so  dass,  wie  es  sich  namentlich  in  der  alten 
Geschichte  von  selbst  ergibt,  der  Vertrag  zugleich  ein  biographi- 
sches Element  enthält*,  eine  Ansicht,  die  in  den  Blättern  dieser 
ZeitsehKft  ihre  Vertretung  hat 

Die  Instruction  für  den  geographischen  Gnterricht  enthält  beacb- 
teiwwerthe  Momente  und  dürfte  bei  uns  ein  um  so  gröfseres  Interesse 
erwecken,  als  bekanntlich  unser  Org.  Entw.  gerade  in  dieser  Partie  viel- 


*)  Mulzell  Zeitschrift  für  Gymnasial wesen,  S.  192. 

*)  Bekanntlich  wurde  auch  bei  uus  seiner  Zeit  der  Antrag  an  das  h. 
H inisterium  gestellt,  die  Geschichte  vom  biographischen  Standpuncte 
in  der  1.  und  $.  Classe  des  Untergymnasiums  zu  behandeln,  ein  Antrag, 
den  das  h.  Ministerium  in  Festhaltung  der  aufgestellten  Principien 
nicht  acceptirt  hat,  v.  Zeitschrift  für  öst  Gymn.  1851.   S.  88%  ff. 

')  Vergl.  Campe's  Geschichte  und  Unterricht  in  der  Geschichte,  6.  der 
biographische  Unterricht,  S.  115—149. 


Miseellen.  479 

lache  Anfechtung  erfahren  hat ').  Ihr  wesentlicher  Vorzug  besteht  nun  darin, 
dass  sie  in  bündiger  Weise  jeder  Classe  eine  bestimmte  Aufgabe  zuweist. 

Ref.  kann  es  nur  billigen»  wenn  die  Instruction  an  der  herkömm- 
lichen Bezeichnung  «Geographie*  festhSlt  und  von  Oesicht^puncten,  die 
entweder  zu  unbestimmt  lauten,  wie  z.  B.  «populäre  Vaterlandskunde,* 
oder  die  dem  Bereich  des  Gymnasiums  nicht  angehören,  wie  «Statistik*, 
völlig  Umgang  nimmt  Dadurch  hat  sie  der  Schule  einen  wesentlichen 
Dienst  erwiesen  und,  soweit  eine  legislatorische  Verfugung  im  unter- 
richte Ordnung  schaffen  kann,  ihre  Pflicht  erfüllt;  wenigstens  ist  die  In- 
struction sichergestellt  vor  Anklagen,  Vorwürfen,  als  lasse  sie  den  Gegen- 
stand verkümmern;  als  überlasse  sie  ihn  der  Willkür  oder  Bequemlichkeit 
der  Lebrer^-Erseheinun^en,  die  in  unserm  Schulleben  nur  zu  bekannt  sind. 

Mit  Bezug  auf  die  ältere  Instruction  ist,  so  weit  es  sich  um  den 
Stoff  und  dessen  Verthellung  handelt,  eine  wesentliche  Änderung  nicht 
eingetreten ;  nur  was  dort  mehr  ein  Vorschlag  war  und  eine  Modification 
nicht  ausschloss,  ist  in  der  neuen  Instruction  genau  begrenzt  und  be- 
stimmt, so  z.  B.  ist  die  wissenschaftliche  Behandlung  der  malhematischen 
Geographie  defhaitiv  dem  physikalischen  Cnterrichte  der  Prima  zugewie- 
sen worden. 

Dagegen  ist  in  der  methodischen  Anleitung  ein  wesentlicher  Fort- 
schritt geschehen*).  Unter  den  praktischen  Vorschlägen  verdient  die 
Aufstellung  des  Grundsatzes,  dass  unter  den  Hilfsmitteln  die 
erste  Stelle  überall  die  geographische  Karte  nicht  das 
Lehrbuch  einnehme,  gewiss  den  ungetbeilten  Beiftill,  and  es  bleibt 
nur  zu  wünschen,  dass  man  dort  in  der  Durchfuhrung  dieses  Grundsatzes, 
zumal  die  Benützung  eines  Lehrbuches  als  blofs  wünschenswerth  nicht 
als  BOthwendig  bezeichnet  wird,  glücklich  sei  und  wachsam,  wenn 
es  gilt  ein -Lehrbueh  als  solches  anzuerkennen.  Denn  mit  dem  Einwan- 
deni  der  sogenannten  wissensehafHiohen  Gompendien  werden,  man  täusche 
sieh  nicht,  die  Karten  in  den  Schulstuben  wol  hängen,  aber  Staub  und 
Spinnengewebe  werden  sie  überziehen:  der  durch  den  unermüdlichen 
Eifer  der  Kartographen  In  ihren  Werken  niedergelegte  Schatz  wird  nur 
dann  gehoben  werden,  wenn  der  Weg  in  den  Schacht  offen  und  rein 
gehalten  nicht  aber  durch  dickleibige  Compendien  verbaut  wird. 

Im  ganzen  bildet  die  Instruction  einen  unverkennbaren  Fortschritt 
in  der  Anordnung  nnd  meHiodischen  Beleuchtung  der  Aufgabe  i  sie  hat 
zugleich  den  Vorzng  einer  auf  historischer  Basis  gewordenen  Bntwieke» 
luDg  und  soweit  RdT.  hier  ein  Urtheil  sich  eriauhen  darf,  ist  sie  bemüht 
gewesen,  den  auf  psedagogischem  Gebiete  sich  geltend  machenden  Orond-^ 
Sätzen  Rechnung  zn  tragen.  Möge  die  Instruction  die  erwünschten 
Früchte  tragen! 

Wien.  i.  Ptaschnik. 


^)  Dass  man  die  Lücken  und  Unebenheiten,  welche  der  Organ.  Entw. 
in  der  Instruction  Ar  den  geographischen  Unterricht  zeigt,  bei  uns 
nicht  übersehen  hat,  beweisen  die  Propositionen  für  den  geographi* 
sehen   Unterricht  in  der  Pqblioation  der  ModifieationsvorsotiUlge. 

*)  Als  üeitrag  zur  Würdigung  dieses  Punctes  diene  9.  14  der  alten 
Instruction :  «Die  Wandkarten  begründen  einen  entschiedenen  PeH» 
schritt  jenes  Unterriehte»,  indem  sie  Ansohanliehkeit  nach  groben 
Mafsstahe  und  in  gleichem  Mal^stabe  für  alle  Schüler  und  das 
Übersehen  gröüserer  Landmasseo  gewähren  und  zugleich  den 
Lehrer  ndthigen  von  seinem  Hand  buche  abzusehen, 
sich  selbst  zu  ori  enti  ren,  zu  übe»  und  Gewandt- 
heit zu  erwerben  und  eben  dieses  ist  das  Mittel,  dass  auch 
die  Schüler  das  AUes  erwerben. 


4M  ^         lIlBeeUen. 

Zn  Herodia n. 

In  meiner  Abhandlung  über  Didymus  (Triest  1859)  S.  7  C  habe 
ich  dem  Didymus  einige  Schollen  tugetheilt,  die  mit  dt^^ff  beginDeii 
und  sich  auf  die  Prosodie  beziehen;  diese  sind  nicht  too  ihm,  sondern 
wahrscheinlich  Ton  Herodian.  Seh.  Harl.  d  tft  dt2«>ff  n  yo^'Vn  (79«- 
yffrci  uai  i^i%Q09  %al  l^iy'Of  d.h.  naxmßgoititw  und  naxm- 
pf«{ci<v  wie  wir  aus  SchoL  E  sehen.    Bari  ij  140   diims   mtgi- 

''**Siik   j*-.S**'  *«^  MiQixtvs.    Harl.  ^  365  di2«>ff  ivdi^ia  %tU   ivSt^ia. 

'^.-  Mm  sind  die  drei  Schollen,   ich  habe   jedoch  schon  damals  in  Betreff 

'''**^^,  der  beiden   letzteren   mein   Bedenken  geäufsert     Dazu   fuge   ich  noch 

folgende:  Seh.  Pal.  d  311  diy^ff  magiiBv  «ol  «a^rtsv.  P.  E.  Q. 
•  %40  Six^Q  MBQinfila  *ai  mbqI  %^la,  Q.  x  39  di^^ff  Sttmv 
Md  mtBrnw'  Ix^Ti^s  dl  St§m9  M^tMtm^oitnovmg.  Dass  letzteres  Ton 
Herodian  ist,  wird  jeder  zugeben,  der  sich  auch  nur  ein  wenig  mit 
ihm  beschäftigt  hat  Dass  Herodian  auch  anderwärts  derartiges  be- 
merkt, sehen  wir  aus  Schol.  A  zu  Z  260  tovto  dijiK  i9ajiy9m€MST€u, 
niadich  di  %'  uMs  und  dl  noMg, 

TriesL  J.  LaBoche. 

Literarische  Notiz. 

Adolf  Planck,  G>iaconus  zu  Heidenheim  an  der  Brenz.)  Melrnmek- 
/Jmi»  wrmeeplar  Cermamtoe.  Eine  Denkschrift  zur  dritten  Sicularfeier 
seines  Todes.  Nördlingen  1860.  C.  H.  Beckseber  TerUg.  IV,  183  S.  8.  — 
Man  wird  das  vorliegende  Schriftchen  eines  wärttembergischen  CTange- 
liseben  Geistlichen  gern  durchlesen:  in  anspruchsloser  Fonn  bringt  ts 
reiche  Belesenheit  und  ein  gediegenes  ^'issen  zn  Tage,  Der  Hr.  Verl 
betrachtet  sich  aU  einen  spätgebomen  Schüler  Melauchthon's,  und  seine 
Schrift  soll*  ein  Zeichen  und  Zeugnis  des  Dankes*  sein  (S.  IV).  Über  die 
Angemessenheit  der  Anordnung  des  Stoffes  (L  Melanchtbon's  Leben  S.  9 
bis  46  II.  M.'s  Arbeiten  46—85,  111.  M.'s  Bildungsideal  86—154)  liefse 
sich  streiten:  die  Momente  in  M/s  Stellung  zur  Interimsfrage  z.  B.,  eine 
der  bedeutendsten  Episoden  seines  Lebens,  mnssten  durch  die  äufser- 
liehe  Disposition  des  Gegenstandes  an  drei  oder  vier  Terschiedenen  Stelleu 
(S.  37,  55,  118,  Ul)  behandelt  werden.  Auch  soll  nicht  unbemerkt 
bleiben,  dass  das  Einschieben  lateinischer  und  griechischer  Citate  (hier 
nicht  nur  in  den  Text,  sondern  mitten  in  deutsche  Sätze)  jede  Darstellung 
Teranstallen  muss  und  heutzutage  mit  Becht  als  etwas  Teralletes  ge- 
mieden wird;  denn  ein  Schriftsteller  zeigt  durch  solche  centonenartige 
Einschiebsel  immer  einen  gewissen  Mangel  in  der  Beherrschung  seines 
Stoffes.  Sachlich  hat  Bef.  bei  Erwägung  des  Verhältnisses,  in  welchem 
M.  zn  den  früheren  Humanisten  steht,  eine  Beziehung  auf  die  Besultate 
▼ermisst,  welche  D.  Strauss  in  Hütten 's  Leben  niedergelegt  hat.  Zu  S.  1t^ 
wire  noch  zu  bemerken ,  was  Bänke  (Französ.  Gesch.  1.  180)  bereite 
•ebarf  lietont  hat,  dass  Calvin  selbst  in  Michel  Serret  ein  für  die  mensch- 
liehe Gesellschaft  gefährliches  Wesen  erkannte,  so  dass  M.  die  Verdam- 
mung desselben  von  einem  äholichen  Gesichtspuncte  billigen  konnte; 
seine  *peripatetische  ünentschiedenheit*  in  der  betreffenden  dogmatischen 
Frage  hebt  Hr.  Planck  überdies  selbst  hervor  (S.  147  fll).  —  Diese  kleinen 
Aasstellungen  mögen  mindestens  zeigen,  dass  der  Bef.  das  Schriftchen  mit 
Interesse  gelesen  hat:  der  soliden  Arbeit,  ausgebreiteten  Kenntnis  und  ge- 
wissenhaften Überlegung  des  Hrn.  Verl 's,  welche  ihn  auch  lu  einer  mafs- 
vollen  Beurtheilung  seines  Helden  geführt  bat,  wird  kein  Leser  wanne 
Anerkennung  versagen. 

(Diesem  Hefte  sind  zwei  literarische  Beilagen  beigegeben.) 


Erste  Abtheilung. 


Abhandlansen. 

Zur  Erklärung  des  Horatius. 

Cann.  IV.  4,  13—16. 
Qualemve  laetis  caprea  pascuis 
Ini^nta  füivae  matris  ab  ubere 
lam  iacie  depulmm  leonem 
ßerUe  novo  peritura  Pidit 

In  dieser  Strophe  sind  die  Worte  fulvae  matri»  ah  ubere 
iam  iacte  depuleum  leonem  der  Gegenstand  mannigfacher  Er- 
klärungsversuche. Bis  auf  Hofmann  Peerlkamp  fasste  man  aie 
zusammen  als  nähere  Bestimmung  des  Objecles  leonem  und  zwar 
so,  dass  man  ubere  entweder  als  Substantivum  oder  als  zu  laete 
attributives  Adjectivum  nahm.  Letztere  Auffassung  hält  Dillen- 
burger  fest  nach  dem  Vorgänge  des  Xylander  und  Chabotiua, 
erstere,  von  Orelli  (Döring,  ßraunhard  und  andern)  repräsentiert, 
ward,  da  man  dabei  das  Verhältnis  zwischen  ab  ubere  und  laete 
in  Bezug  auf  depuUum  misverstand,  seit  Benlley's  mane  und 
eponte  die  Quelle  vieler  Conjecturen,  durch  welche  das  als  ver- 
meintlicher Pleonasmus  störende  lacle  beseitigt  werden  sollte. 
Neben  diese  beiden  Erklärungen  stellte  Peerlkamp  eine  dritte, 
indem  er  die  Worte  fulvae  matris  ab  ubere  zu  intenta  con- 
struiert,  so  dass  dieselben  mittelbar  zur  bestimmteren  Ausmalung 
des  Subjecisbegriffes  caprea  dienten;  ihm  folgt  mit  einiger  Mo- 
dificalion  Nauck.  —  Ich  erlaube  mir  hier  eine  neue  Interpre- 
tation vorzuschlagen. 

Die  Worte  fulvae  matris  ab  ubere  sind  nicht  auf  intenta^ 
sondern  auf  depulsum  zu  beziehen ,  und  ab  ubere  gehört  nicht 
als  Adjectivum  zu  laete,  sondern  beide  Begriffe  müssen  jeder 
für  sich  als  Substantiva  aufgefasst  werden.  Auf  dieser  Grund- 
lage will  ich  meine  Erklärung  zu  entwickeln  versuchen,  wobei 
ich  von  der  Bedeutung  und  dem  Gebrauche  des  Verbalbegriffes 
depellere  in  Verbindungen,  wie  die  vorhegende  ist,  ausgehe.  In 
solchen  Verbindungen  nämlich  (s.  Bentley  und  Orelli  zu  unserer 

Zeitschrift  f.    d.  dtterr.  Gymnas.  1860«  VlI.  H«ft.  33 


4aS  i^tir  Krklärung  dos  Horatius,  v.  W.  äloutek, 

Stelle)  bcdeulel  dieses  Verbum  das  deutsche  '(behufs  der  Ent- 
wöhnung) ulselzen,  abslellen  und  wird  in  der  Regel  nur  von 
Kindrrn  und  von  den  Jungen  der  Hauslhiere  gebraucht.  Dabei 
veriungl  es  die  Nennung  eines  terminus  a  quo  seiner  verbalen 
Thäligkeil,  der  durch  die  Ausdrücke:  a  lade  oder  blols  lacie^ 
mb  ubercy  a  mamma  oder  wohl  auch  a  malre  angegeben  zu 
worden  pflegt;  manchmal  inde^  bleibt  er  als  selbstverständlich 
weg.  Der  Urheber  der  Thäligkeit  d«*s  depelUre  ist  in  der  Sphäre 
der  G«*8ohöpfe ,  auf  welche  dasselbe  angewendet  wird ,  für  ge- 
wöhnlich der  Mensch,  welcher  die  Jungen  der  Hauslhiere  ge- 
waltsam i^daher  bisweilen  auch  raptre)  von  den  Müttern  ent- 
fernt^ und  versteht  sich  in  den  passiven  Wendungen:  depuisi  a 
Imtte  iiffii\  porci  u.  s.  w.,  in  denen  ausscUielslich  dieses  Ver- 
bum vorzukommen  scheint,  von  selbst  —  Betrachten  wir  nun 
die  Horatianischc  Stelle.  Dort  wird  das  äepuisMm  esse  von  einem 
jungen  Löwen  ausgesagt.  Den  terminus  a  quo  dieses  Znstandes 
brauchte  Horaz^  da  sicJi  als  H>lchtT  natürlich  nur  die  mkerm  der 
Löwin  dniken  lassen,  nicht  auszudrucken;  nicht  $%x  den  Urheber, 
wv'lcher  hier  genannt  werden  mnssle;  denn  äl^purdl  nM  einem 
Lö^i'en  pr^diciert  gestattet  nicht,  wie  bei  seiner  sUirv^typirti  Be- 
tiehnng  auf  die  Hausthiere,  den  Mrnschen  ab  V^rBilllfr  des 
Al^tzens  vorzustellen.  Def  Dichter  hat  beide  Moawcte  bezeich- 
net: das  Von\ittweg  durch  fuit^e  sMiAnü  •§  mkere^  das  jenen 
Zustand  veranlassende  oder  bewirkende  durch  den  cansalen  Ab- 
lativ tocfe  Die  HUch«  deren  der  junge  Löwe  in  drs  Entern 
der  dnr<^  langes  Sangen  ei^chöpflen  Mutter  nur  Tfodi  wenig 
indel^  also  der  Mangel  an  Milche  treibt  iki  v<*n  d«- Löwin 
wefT^  gleichs4iHi  ihn  so  abstellend»  und  nöthigi  ihn  andt-rer  Nah- 
rung naohzugt^hen.  Es^  is4  hier  aUo  von  Horaz  d^e  res  pro  rei 
deSectu  gesetzt,  wtis  bcC;$nerhisdKn  und  lateinisrlien  Djdilem 
land  TVais^eni  nicht  acltcii  fttsdiirht :  5s.  Haase  zu  ReisigV  Vorl. 
&  S#T.  Aaai.  Sä4  b,  der  Ovid.  Met  Vll,  ^ts  c^tjcrt:  "pr^ 
w1»inf:  Mf  at  jMnahtMir  ra««K«i:«rr  rire#«   cmrpmrm  äit*&itmu( 

Ihirch  umaere  AufTa^UT^  erhaH  das  ^mUm  in  Anfange  d-r 
Slrhphe  erst  den  von  de«  Vergl  irhe  gpfordtrtrn  Siim:  wild. 
»em  der  lüynala  reum»  r^Ms»  g«7iiar^«  w^e  oben  t.  1*  dei 
A4)er   mm^r  äspis   iO^me  |njnai    treibt,    sJtm    der    L^WT 


'")  Hitmt  5:«^bst  h^M  «Df  r»niUt4e;  6pxm  die  Kt^DJimc  Catil  IJL 
3L  tl  14.  «:  SPMrmii/  ilem  wterreäe  pmrsm  LmnmeOmi  i.rir.»£  du 
fk»n(«r  «i»  d*»!  «iKi^i)uiLCt'ii(*ti  lolit.  »jiL  mti.L  n«4L  lurir.  maßr^ 
^^d*  pmi^m  as  •!)>  hiu  unc!  äemm^re  tür  sicl.  alitji  n.  aih^it- 
U^aSikiu  iu*hi»ri.  miU  nur  dorrl)  Anncihiiif  f.iit'r  it»ii.»rhfL  Va- 
itunc  drr  Tt^  fvc»  ri  defer4ii  erklirticli  ss^  ^^ryya^  MKSa  mepue 

lea  LfMNH^  I  wt$ 


2ur  Erklärung  des  üoratius,  v.  IK  Kiou^k.  483 

auf  die  heiftersehnte  Beute,  die  in  dieser  Wildheit  das  unent- 
rinnbare Verderben  sieht  und  zittert. 

Die  gegebene  Erklärung,  welche  dem  bisher  so  anstöüsigen 
lacte  wie  auch  der  Absicht  des  Dichters  ohne  Zwang  vollkommen 
gerecht  wird^  schlie&t  die  Widerlegung  der  drei  oben  erwähnten 
in  sich.  Peerlkamp'.s  Verbindung  intenta  fulvae  matris  ab  ubere 
verbietet  der  Gebrauch  des  depeilij  da  man  hier^  wo  sich  de^ 
puisms  auf  einen  Löwen  bezieht,  das  dabeistehende  lacCe  nicht 
als  tenninus  a  quo  (^^=  matris  ab  ubere)  gelten  lassen  kann, 
weil  dann  bei  lacCe  depuUum  leonem  nach  dem  sonstigen  Usus 
der  Mensch  als  Urheber  des  depulsum  e$»e  gedacht  werden 
müsste.  Oder  sollte  Horaz  dem  gewöhnlichen  Gebrauche  zuwider 
an  die  Löwin  denken?  Diese  Annahme  wäre  an  sich  betrachtet 
nicht  ganz  unmöglich,  wenn  auch  die  Vorstellung  einer  Löwen- 
nmlter,  die  ihr  Junges  durch  unwillige  Bewegungen  von  sich 
stöbt,  in  aesthetischer  Hinsicht  einem  Dichter  nicht  eben  nahe 
liegt,  wird  es  aber,  wenn  andere  Grunde  uns  zwingen,  die  Worte 
fuivae  mairie  ab  ubere  zu  depuleum  zu  ziehen,  wegen  der  als- 
dann eintretenden  Nothwendigkeit  das  lacte  neben  ab  ubere 
als  Ausdruck  des  causalen  Momentes  anzusehen.  Solche  Grfinde 
sind  in  der  That  vorhanden.  Denn  einerseits  hat  Peerlkamp  den 
Gebrauch  von  ab  dem  griechischen  ano  für  ait&d^ev  gleich,  dem 
zufolge  ab  ubere  matris  so  viel  als  procul  a  maCre,  separaia 
a  maire  bedeuten  würde,  durch  die  Qitnte  aus  Plaut.  Poen.  III9 
8,  77,  Val.  Flacc.  VI,  204,  Jul.  Cap,  in  vita  Ant.  Phil,  cp,  7, 
Appul.  Apolog.  T.  II,  pag.  617  für  Horaz  und  die  classischen 
Dichter  überhaupt  nicht  erwiesen  —  näher  als  a6  ubere  matrie 
stünde  jenen  Stellen  vielleicht  a  maCre  — ,  anderseits  spricht 
der  Gebrauch  des  Adjectivums  /Ulcus  ebenso  sehr  dafür,  unter 
fiilva  maCer  die  Löwin  zu  verstehen,  al9  es  sich  nur  wenig  zur 
Bezeichnung  einer  Hindin  eignet,  f  Ferner  ist  der  Löwe  das  lo- 
gische Subject  des  Vergleiches  m\\  Bekug  auf  Drusus;  daher 
wird  der  Dichter  den  Begriff  /eo,  wie  in  dem  ersten  Gleichnisse 
den  Adler^  mit  mehr  näheren  Bestimmungen  ausgeschmückt  haben 
als  capreaj  auf  das  es  ihm  hier  weniger  ankommt.  Durch  die 
Vorstellung  eines  er.«t  entwöhnten,  noch  schwachen  Rehes  einem 
Löwen  gegenüber,  welche  Nauck  abweichend  von  Peerlkamp  in 
die  Worte  fuloae  malris  ab  ubere  hineinlegt ,  verliert  bei  dcgon 
so  gesteigerten  Gegensatze  der  Vergleich  etwas  von  seiner  Wur4e. 
Die  gekünstelte  und  nichtssagende  chiastische  Antithese  'das  «at- 
wöhnte  Reh,  den  bereits  entwöhnten  Löwen'  aber,  die  von  Nauck, 
wie  es  scheint,  zur  Anempfehlung  seinT  Auffassung  der  Peerl- 
kamp'schen  Verbindung  geltend  gemacht  wird,  konnte  ein  Horaz 
nicht  beabsichtigen.  Was  nua  Orelli  s  Erklärung  betrifft,  welche 
ab  ubere  von  dem  zu  einem  Begriffe  verschmolzenen  l€i€le  de'- 
puUum  abhängen  oder  in  einer  anderen  Modification  durch  Imeie 
genauer  erklärt  werden  lässt  (gleichsam  ab  ubere  malris  lacle^ 

88  ♦ 


484  Zur  Erklärung  des  Horatius,  v.  W.  Kkmtek, 

gue)j  60  ist  diese,  zugegeben  auch,  dass  die  oben  festgestellte 
Gebrauchsweise  des  depellere  eine  solche  Manipulation  mit  dem 
Worte  lacte  erlaubte,  im  ersten  Falle  als  unlaleinisch  zu  be- 
2ieichnen,  da  sie  dem  Verbum  depellere  zumuihet  die  Worte  ab 
ubere  durch  das  Medium  eines  lacce  regieren  zu  können,  was  sich 
wol  im  Griechischen,  kaum  aber  irgendwo  im  Lateinischen  findet, 
und  belastet  im  zweiten  den  dichterischen  Ausdruck  mit  einem 
bei  Horaz  auf  keine  Weise  zu  rechtfertigenden  Pleonasmus.  Jene 
Auffassung  aber,  nach  welcher  ubere  Adjectivum  zu  laete  sein 
soll,  wäre  nur  unter  der  einen  Bedingung  möglich ,  wenn  man 
zu  depuhum  im  Gedanken  ein  insito  tarnen  vigore  (s.  Dillen- 
burger)  supplierte,  eine  Vorstellung,  die  etwas  zu  fern  zu  liegen 
scheint,  als  dass  Horaz  sie  zum  Verständnis  seiner  von  dem  ge- 
wöhnlichen Gebrauche  abweichenden  Wendung  beim  Leser  sup- 
poniert  hätte.  Aufserdem  dürfte  in  Erwägung  der  Thatsache, 
dass  die  freiere  Wortstellung  im  lateinischen  Verse  gerade  bei 
Horaz  durchaus  nicht  willkürlich  odet  für  den  Sinn  gleichgiltig 
ist,  der  ganz  besondere  Nachdruck,  den  das  Wort  lacte  durch 
den  auf  seiner  ersten  Silbe  ruhenden  Versictus  empfängst,  neben 
dem  schwach  betonten  ubere  ^  dessen  Begriff  doch  in  der  Ver- 
bindung ab  ubere  laete  im  Gegensalze  zu  dem  vorschwebenden 
in$Uo  tarnen  vigore  den  Höchlon  des  Gedankens  tragen  müsste, 
beweisen,  dass  lacte  für  sich  einen  selbständigen  Sinn  beansprucht, 
wodurch  ubere  frei  wird  und  sich  als  von  ab  abhängiges  Sub- 
stantivum  darstellt. 

Leitmeritz.  W.  Kloudek. 


Anmerkung. 

Ad  den  Worten  fülvae  mairii  ab  ubere  lam  iacte  depultum  ieo- 

nem  schciDeu  alle  Mittel  der  interpretatioD  bereits  erschöpft  zu  sein; 
dass  keines  der  bisher  angewendeten  befriedigen  kann,  wird  man  dem  Hrn. 
Vf.  des  vorstehenden  Aufsatzes  gern  zugestehen,  wenngleich  zum  Theil 
aus  anderen  als  den  von  ihm  geltend  gemachten  Gründen;  ebenso  leicht 
wird  man  in  die  Verwerfung  der  Vorschläge  mane  und  sponte  einstim- 
men, die  übrigens  von  Beutley  selbst  nicht  mit  der  Zuversicht  einer 
Emendation  ausgesprochen  werden,  sondern  nur  als  ein  Zeichen  für  die 
Nothwendigkeit  einer  Änderung  und  für  den  wahrscheinlichen  Sitz  der 
Gorruptel.  Ein  neuer  Versuch,  in  die  dunkeln  Worte  Licht  zu  bringen, 
kann  daher  an  sich  nur  erwünscht  sein;  aber  ob  der  vorliegende  Ver- 
such besser  gelungen  ist,  als  die  bisherigen,  ist  eine  davon  ganz  ver> 
scbiedene  Frnge.  Mich  haben  die  Argumentationen  des  Hrn.  Verf.'s  nicht 
überzeugen  können;  ich  erlaube  mir,  zugleich  mit  Hrn.  Kl.'s  Interpreta- 
tion meine  Gegengründe  gegen  dieselben  in  möglichster  Kürze  der  Er- 
wägung der  geehrten  Leser  vorzulegen. 

Grundlage  für  den  von  Hrn.  Kl.  eingeschlagenen  Gang  der  Inter- 
pretation ist  die  Bc  hau  p  tung:  zu  depelli,  wo  es  von  einem  Löwen 
gesagt  wird,  muss  der  Urheber  bezeichnet  werden:  «denn  depelli  von 
einem  Löwen  prädiciert,  gestaltet  nicht,  wie  bei  seiner  stereotypen  Be- 
ziehung  auf  die   Haustbierc,    den  Menschen   als  Vermittler  zu  denken" 


Zur  Erklärung  des  Horatius,  v.   IP.  Alouiek,  485 

(S.  .  •  .  .)•  Ich  neuDO  diesen  Satz  eine  blofse  Behauptung,  denn 
weder  aus  dem  Sprach  gebrauche,  den  der  Hr.  Verf.  nach  den  durch 
Bentley's  Belesenheit  dargebolencu  Sammlungen  bezeichnet,  noch  aus  der 
Natur  der  Sache  ist  ein  Beweis  dafür  gegeben,  es  wird  auch  nicht  mög- 
lich sein  einen  Beweis  dafür  zu  geben.  Über  den  Urheber,  oder  rich- 
tiger gesagt  über  die  Ursache  und  die  Art  des  Absetzens  werden  bei 
anderen  als  den  Hausthieren  die  Beobachtungen  schwerh'ch  so  reichlich 
und  so  allgemein  bekannt  sein,  dass  eine  Bezeichnung  derselben  zur 
sprachlichen  Sitte  hätte  werden  können,  und  in  der  Form  des 
Passivs  äepeiii  wird  niemand  die  Nöthigung  finden,  an  einen  bestimm- 
teo  Urheber  zu  denken  oder  ihn  zu  bezeichnen. 

Von  dieser  Behauptung  ausgehend,  die  mir  als  ein  ngatov  tpsvdog 
erscheint,  findet  der  Hr.  Verf.  eben  in  dem  bisher  die  Conslruction  stie- 
renden Ablativ  iaete  die  Ursache  des  depetli  bezeichnet;  die  Redeform 
res  pro  rei  defectu  wird  dazu  verwendet,  um  in  lacie  den  Sinn  lo 
legen  «durch  den  Mangel  an  Milch.'  Die  Belege  für  diese  Redeform 
scheint  der  Hr.  Verf.  nicht  glücklich  gewählt  zu  haben.  Das  von  ihm 
selbst  aufgefundene  Beispiel  aus  Horatius  ex  quo  deatituii  deot  Mercede 
pacia  Laamedon  wird  sich  schwerlich  jemand  entschiicfscn,  mit  ihm  auf 
res  pro  rei  defectu  zurückzuführen;  destUuH  hat  mit  der  Bedeutung  von 
fraudari  auch  dessen  Construction  angenommen.  Das  Ovidische  Beispiel 
hat  der  Hr.  Verf.  der  Bemerkung  Uase's  zu  Reisig's  Vorlesungen  ent- 
lehnt ;  aber  sollte  denn  in  dem  prohibent  comiitere  vires  wirklich  res 
pro  rei  defectu  stehen,  oder  bezeichnet  nicht  vielmehr  in  solchem  Falle 
vires  ebenso  allgemein  das  Mafs  der  Kräfte,  wie  so  häufig  valetudo  den 
Gesundheitszustand?  Nun  gibt  es  allerdings  für  die  fragliche  Redeform 
bessere  Belege,  deren  einige  Reisig  a.  a.  0.  darbieten  konnte.  Aber  an 
derselben  Stelle  deutet  Reisig  auch  an,  dass  dieser  Gebrauch  seine  engen 
Grenzen  habe.  Nach  Beispielen,  welche  den  von  dem  Hrn.  Verf.  voraus- 
gesetzten Falle  ähnlich  genug  wären,  habe  ich  bisher  vergeblich  gesuchL 
Bedenkt  man  überdies ,  dass  dem  depelii  ab  ubere  im  thatsächlichen 
Sprachgebrauche  depetli  a  lade  vollkommen  synonym  ist,  so  wird  ein 
iac  depellU  ab  ubere,  d.  h.  a  iucte  vollends  unglaublich. 

Aber  gibt  man  dem  Hrn.  Verf.  die  uncrwiesene  Behauptung  zu 
und  glaubt  ihm  was  wenig  glaublich  ist,  welcher  Gedanke  ist  das  Er- 
gebnis aller  dieser  Concessionen  ?  Wir  erhalten,  denn  anders  wüsste  ich 
die  Worte  nach  des  Hrn.  Verf.'s  Anleitung  nicht  zu  übersetzen,  «einen 
jungen  Löwen ,  der  bereits  durch  den  Mangel  aYi  Milch  von  dem  Euter 
seiner  Mutter  vertrieben  ist,*  der  also  so  lange,  als  es  nur  irgend  mögr 
lieh  war,  sich  die  mütterliche  Nahr>mg  in  Ruhe  hat  behagen  lassen  und 
nun  endlich  durch  den  Mangel  zum  Versuche  der  eigenen  Kräfte  getrie- 
ben wird.  Wie  ganz  anders  wird  uns  in  dem  vorausgehenden  parallelen 
Bilde  der  junge  Adler  gezeichnet,  den  iuventas  et  patrius  rigor 
Mdo  laborum  propulit  insciuml  Man  mag  über  die  sprachliche  und 
handschriftliche  Wahrscheinlichkeit  der  von  Lachmann  einmal  ausgespro- 
chenen Conjectur :  /am  nutete  l  denken  wie  man  will;  die  Färbung,  welche 
das  ganze  Bild  hiedurch  erhält,  ist  richtig,  während  die  vorliegende 
Erklärung  in  das  Bild  einen  entstellenden  Gedanken  hineinbringt ,  und 
nur  von  neuem  die  Überzeugung  Bentley's  bestätigt,  dass  dieser  Stelle 
nicht  durch  Künste  der  Interpretation,  sondern  nur  durch  eine  glückliche 
Emendation  wird  zu  helfen  sein.  Dass  man  jedoch  mit  Gruppe  gegen  die 
ganze  Strophe  das  bequeme  Universalmittcl  der  Athctcse  anwende,  um 
sich  mit  einem  Schlage  aller  Schwierigkeiten  zu  entledigen,  dazu  sehe 
ich  in  den  überlieferten  Worten  noch  keine  Berechtigung. 

Wi  üu.  H.  Bonitz. 


486  Über  den  lulerr.  i.  d.  ^aturgescb.,  v.  0*  Schmidt. 


Über  den  zoologischen  Unterricht  im  Ober- 
gymnasium^). 

Durch  h.  Ministerialerlass  vom  10.  September  1855  ist 
der  zoologische  Unterricht  im  Obergymnasium  auf  einen  einjäh- 
rigen Cursus  in  der  6.  Ciasse  mit  wöchentlich  zwei  Stunden  der- 
art festgesetzt,  dass  eine  systematische  Übersicht  über  die  Wirbel- 
und  Gliederthiere  gegeben,  die  übrigen  grolsen  Abtheilungen  der 
thiere  aber  nur  beiläufig  ganz  summarisch,  mit  Hervorhebung 
besonders  wichtiger  und  interessanter  Puncte  berücksichtigt  wer- 
den sollen. 

Wir  sind  vom  Anfang  an  mit  dieser  Beschränkung  einver- 
älAnden  gewesen;  eine  Umschau  unter,  den  für  das  Obergymna- 
sium allenfalls  passenden  Lehrbüchern  zeigte  aber,  dass  alle  ohne 
Ausnahme  auf  eine  gröisere  Zahl  von  Unterrichtsstunden  ange- 
legt waren  und  eine  solche  Masse  von  Detail  darboten  ^  wie  sie 
unmöglich  bei  den  Verhältnissen  des  Gymnasiallehrplanes  be- 
wältigt werden  konnte.         <*  ;•• 

Die  anerkannte  Schwierigkeit  einer  Einführung  in  die  wis- 
aenschaflliche  Zoologie  liegt  einmal  in  dem  Wesen  des  thieri- 
schen  Organismus  an  .sich,  welcher  .weit  compliciei^ter  ist  als  der 
der  Pflanze,  und  im  Zusammenhange  damit  in  der  unerschöpf- 
lichen Mannigfaltigkeit  der  thierischen  Formen  oder  Arten,  womit 
wiederum  die  Menge  dar  Pflahzenarten  keinen  Vergleich  aushält. 

Je  bt'schränkter  nun  aus  dieser  Fülle  von  Thatsachen  die 
Auswahl  für  das  Gymnasium  und  —  können  wir  ohne  Weiteres 
hinzufügen  —  für  die  Realschule  sein  muss,  um  so  gröiser  ist 
die  Gefahr,  auf  Kosten  der  Wissenschaftlichkeit  deutlich  zu  wer- 
den. In  diesen  Fehler  verfallen  fast  alle,  man  darf  wol  sagen 
alle  Lehrbücher  der  Zoologie  für  das  Untergymnasium;  es  kann 
auch  kaum  anders  sein.  Hingegen  scheitern  die  auf  das  Bedürfnis 
junger  Leute  von  16  bis  18  Jahren  berechneten  Handbücher  an 
der  oben  berührten  Massenhaftigkeit,  wobei  nicht  wenige,  auch 
renommirte  Wf^rke,  selbst  den  wissenschaftlichen  Erfordernissen 
durchaus  nicht  gerecht  werden. 

Die  Herstellung   eines    nach   beiden   Seiten   befriedigenden 

'j  Der  vorstehende  Aufsatz  nimmt  zwar  eingehend  Bezug  auf  das  so 
eben  erschienene  Schulbuch  des  Hrn.  Verfassers:  ^ Leitfaden  der 
Zoologie.  Zum  Gebrauche  an  Gymnasien  und  höheren  (Jnterrichls- 
Anstalten  Mit  188  Holz^schnitten.  Wien,  Gerold,  1860.  Vlll  u. 
%%K  S.  8.*.  und  kann  insofern  die  Stelle  einer  doch  nur  für  den 
Lehrer  bestimmten  Vorrede  zu  jenem  Schulbuchc  vertreten.  Da  es 
indessen  dem  Hrn.  Verf.  in  diesem  Aufsalze  wesentlich  darum  zu 
thun  ist,  über  die  Grundsätze  und  die  Methode  des  nalurhislori- 
schen  Unterrichtes  am  Obergymnasium  eine  Verständigung  herbei- 
zufuhren, so  glaubten  wir  den  Aufsatz  in  die  erste  Abthetlung  auf- 
nehmen zu  sollen.  A.  d.  Red. 


Ülicr  den  Uulcrr.  i.  d.  Naturgesch.,  v.  0,  Schmidt,  487 

Handboches,  woran  der  Unterricht  in  jener  von  dem  neueren 
zweckmäGsigen  Lehrplane  vorgezeichneten  Ausdehnung  angeknüpft 
werden  kann,  ist  daher  gewiss  eine  sehr  verdienstliche  Sache. 
Ich  habe  den  Versuch  unternommen,  wie  ich  versichern  darf, 
nicht  ohne  reifliche  Vorbereitung,  Überlegung  und  Besprechung 
mit  praktischen  Schulmannern,  zu  denen  ich  mich  auch  zähle; 
und  ich  gestehe,  dass  mir  diese  scheinbar  kleine  Arbeit  schwerer 
geworden  ist,  als  schon  vor  Jahren  die  Abfassung  eines  ausfuhr- 
Uchen  Lehrbuches  der  Zoologie,  und  nachdem  ich  das  ganze  Be- 
reich der  Zootomie  in  den  wi(*derholten  Auflagen  eines  weit  ver- 
breiteten Handbuches  der  vergleichenden  Anatomie  durchgearbeitet. 

Ich  will  nun  die  Einrichtung  des  neuen  kleinen  Werkes  be- 
sprechen und  die  Gedanken  darlegen,  welche  mich  bei  der  Aus- 
arbeitung geleitet  haben. 

In  der  Einleitung  sind  nur  fünf  Puncte  behandelt:  I.  Um- 
fang undAufgabe  derZoologie.  —  2.  Einige  Haupt- 
puncteausder  Geschichte  der  Zoologie.  —  8.  KünBt- 
iiches  und  natdrliches  System.  —  4.  Die  Lebens- 
thätigkeiten  und  ihre  wichtigsten  Organe.  —  5.D|e 
thierischen  Grundformen  oder  Typen.  Diese Reilnen- 
folge  dürfte  eine  natürliche  aein.  Von  den  Autoren,  welche  erst 
eine  Einleitung  zur  Einleitung  für  nothig  erachten,  und  zur  gröfs- 
ten  Plage  der  Schüler  eine  ganze  Bncyklopadie  der  Naturwissen- 
schaften geben,  weichen  wir  völlig  ab,  indem  wir  gleich  mit  der 
Sache  selbst  beginnen  und  sie  limitieren.  Gleichsam  eine  Fort- 
setzung des  ersten  Capitels  ist  das  zweite,  worin  einige  hervor- 
ragende Bestrebungen  angedeutet  werden,  die  Aufgabe  der  Zoo^ 
logie  sich  klar  zu  machen  und  jxk  bewältigen.  Da  das  Ziel  di^ 
wissenschaftlichen  Zoologie  das  natürliche  System  ist,  so  musa 
im  dritten  Capitel  eine  Verständigung  über  dasselbe  und  aeiu 
Verhältnis  zu  den  künstlichen  erfolgen.—  Schon  die  erste  vor- 
bereitende Übersicht  über  die  Gliederung  des  Thierreiches  basiert 
auf  inneren  Abänderungen  der  Organisation,  daher  )yar  im  vierten 
Capitel  ein  Abriss  der  Organsysteme  des  thierischen  Körpers  zu 
geben.  Hier  hat  der  Lehrer  sich  sehr  zu  hüten,  von  Einzel- 
heiten zu  sprechen,  die  erst  im  Verlaufe  des  Unterrichtes,  wo 
es  sich  um  bestimmte  Formen   bandelt,  erörtert  werden  können. 

Wir  müssen  bei  diesem  Puncte  einen  Augenblick  verweilen. 
Es  gibt  Pasdagogen,  welche  bei  dieser  Materie  gerade  den  ent- 
gegengesetzten Weg  einschlagen  und  rein  synthetisch  zu  Werke 
gehen,  alles  schematische  vermeidend.  Am  consequenlesten  hat 
dies  Eichel berg  in  seinen  Lehrbüchern  durchgeführt.  Abge- 
sehen von  den  Bedenken,  welche  an  und  für  sich  dagegen  gel- 
tend gemacht  werden  können,  ist  wohl  zu  merken,  dass  diese 
Methode  einen  in  mehreren  Jahrgängen  sich  wiederholenden  Cursus 
und  eine  ansehnliche  Stundenzahl  voraussetzt.  Man  kann  auf  den 
Cursus  im  Untergymnasium  hinweisen,  allein  wir  befürchten,  und 


488  Über  den  Unterr.  i.  d.  Naturgoscb.,  v.  0,  Schmidl, 

eingezogene  Erkundigungen  bestätigen  es,  dass  an  die  im  Unter- 
gymnasium vor  mehreren  Jahren  gelegte  Grundlage  der  Unter- 
richt im  Obergymnasium  sich  direct  nicht  wird  anschlieCsen 
lassen.  Kann  er  es  aber,  so  werden  die  Schüler  des  Obergym- 
nasiums um  so  eher  befähigt  sein,  einen  in  etwa  zwei  oder 
drei  Stunden  abzuhandelnden  Abriss  über  die  Organe  und  or- 
ganischen Systeme  des  thierischen  Körpers  ganz  im  AilgemeineB 
zu  verstehen. 

Das  Abstracte  dieses  Capitels  ist  auch  nur  scheinbar,  in- 
dem es  unmittelbar  seine  erste  praktische  Anwendung  im  Folgen- 
den findet,  welches  die  thierischen  Typen  oder  Grundformen  fest- 
setzt. Dieses  Capitel,  so  kurz  wir  es  im  Leitfaden  behandelt 
haben^  ist  von  der  allergröfsten  Wichtigkeit;  es  erfordert  von 
Seiten  des  Lehrers  alle  Lebendigkeit  und  Anschaulichkeit  der 
Demonstration,  und  der  Schüler ,  der  hier  ist  gefesselt  worden, 
dessen  Interesse  ist  in  der  Regel  für  den  ganzen  Cursus  gewonnen. 
Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  dem  Schüler,  auch  wenn  er  sich 
specieller  nur  mit  den  Wirbelthieren  und  Gliederthieren  zu  be« 
schäftigen  hat,  doch  die  Bedeutung  der  Würmer,  Weichthiere  und 
Strahlthiere  schon  hier  klar  gemacht  werden  muss. 

Wir  schlie&en  dieses  Capitel  und  damit  die  ganze  allge- 
meine Einleitung  mit  wenigen  Bemerkungen  über  das  Verhältnis 
der  Classen  zu  den  Typen.  Der  Lehrer  wird  bisher  vielfache 
Gelegenheit  haben  zu  weiteren  Ausführungen,  wenn  sie  nicht  zu 
zeitraubend  sind. 

Andere  Fragen  in  der  Einleitung  zu  behandeln,  z.  B.  All- 
gemeines über  den  Winterschlaf,  Wanderungen,  geographische 
Verbreitung,  halte  ich  für  unzweckmäßig,  weil  sie  nicht  unbe- 
dingt als  Vorbereitung  nothwendig  sind  und  Kenntnisse  antici- 
pieren,  welche  erst  erworben  werden  sollen.  Sie  werden  bei  der 
specielleren  Systematik  bei .  den  einzelnen  Thieren  berücksichtigt, 
am  Ende  des  Cursus  aber,'  wenn  hinreichende  Detailkenntnis  an- 
geeignet worden,  erst  dann  wird  man  mit  Nutzen  diese  allge- 
meinen Verhältnisse  zusammenfassen,  namentlich  ist  dies  mit  dem 
Überblick  über  die  vorwel Hieben  Thiere  und  über  die  geogra- 
phische Verbreitung  der  Fall. 

Der  specielle  systematische  Theil  behandelt  zuerst 
die  Wirbelthiere.    Als  Einführung  gebe   ich   eine  ^<Db  er  sieht 
über   die   wichtigeren    Organe    des    menschlichen 
i  Körpers,  namentlich  des  Skeletes.'^    Dies  geschieht  je- 

I  doch  nur  unter  der    ausdrücklichen  Voraussetzung,    dass   nicht 

1  nach  Abbildungen,   sondern  an  einem  wirklichen  Skelct   demon- 

,  slriert  wird.  Leider  wird  dies  oft  mangeln.     Die  Erfahrung  zeigt, 

dass  man  die  jungen  Leute  hiermit  aufcerordenllich  fesseln  kann; 
\  sie  bekommen   von  vorn  herein  einen    interessanten  Mafsslab  für 

die  Beurtheilung  der  thierischen  Organisation  in  die  Hand. 

Ist  kein  menschliches  Skelet  da,   so  wird    der  Lehrer  sich 
} 

1 


über  den  üntcrr.  i.  d.  Naturgesch.^  v.  0.  SckmidL  489 

wenigstens  ein  Säugethierskelet ,  gleichgiitig  welches,  wenn  es 
nur  nicht  zu  klein  ist,  zu  verschaiFen  suchen  und  gleich  mit 
der  Naturgeschichte  der  Säugethiere  beginnen.  Das  Lehrbuch 
kann  hier  von  den  allgemein  betretenen  Pfaden  kaum  abweichen; 
nur  über  das  Mafs  des  zu  gebenden  ist  man  nicht  einig.  Dem 
Lehrer  sind  an  literarischen  Hilfsmitteln,  die  auch  wir  benutzt, 
sehr  zu  empfehlen,  GiebeTs  Naturgeschichte  der  Säugethiere 
und  das  meisterhafte  Werk  von  B 1  a  s  i  u  s ,  die  Säugethiere  Deutsch-* 
lands.  Sehr  gute  Dienste  werden  auch  die  von  Lüben  neulich 
herausgegebenen  Abbildungen  leisten. 

Schon  die  Classe  der  Vögel  kann  nicht  mit  der  Ausführ- 
lichkeit behandelt  werden,  welche  für  die  Säugethiere  zulässig 
und  wünschenswerth  ist;  immerhin  aber  gibt  das  tägliche  Leben 
so  viele  Anknüpfungspuncte,  dass  die  Schilderung  bis  zu  den 
Familien  herab  und  von  einer  ganzen  Anzahl  Gattungen  und 
Arten  den  Schulen  angenehm  gemacht  werden  kann.  Ich  glaube^ 
man  wird  mit  mir  übereinstimmen,  wenn  ich  sage,  .dass  in  der 
Naturgeschichte  der  Erfolg  gerade  nur  so  weit  reicht,  als  der 
Schülers  eine  aufrichtige  Lust  am  Unterricht  hat.  Griechische  und 
lateinische  Paradigmata  müssen  eingelernt  werden,  sie  sind  nie 
amüsant:  Naturgeschichte  muss  anziehend  sein,  sonst  schadet 
der  Unterricht. 

Daher  erfordern  die  Reptilien,  Amphibien  und  Fische  die 
gröfiste  Beschränkung.  Ich  würde  es  für  baren  Unverstand  hal-» 
ten,  wenn  man  im  Gymnasium  z.  B.  das  Dutzend  höchst  schwie* 
rig  zu  unterscheidender  Familien  der  Eidechsen  auch  nur  nennen 
wollte.  Keine  Universiläts-Vorlesung,  wenn  sie  nicht  gerade  auf 
eine  solche  Speciaütät  gerichtet  wäre,  kann  sich  auf  solches 
Detail  einlassen.  Die  Fische,  wie  g<*sagt,  bieten  ähnliche  Schwie- 
rigkeiten in  gewissen  Partien,  während  andere  handlicher  sind« 
Berechnen  vrir  die  Zahl  der  auf  das  ^Winterh^j'fhr  fallenden 
Stunden  auf  vierzig,  so  werden  übrigens  für  die\ Fische  kaum 
drei  bis  vier  übrig  bleiben.  Unser  Leitfaden  gibi  von  ihnen 
eine  bis  zu  den  Hauptfamilien  hinabgehende  Übersicht,  wobei  die 
systematische  Vollständigkeit  im  Auge  behalten   werden  konnte* 

Ich  habe  mich  nach  häufigen  Verseuchen  im  Vortrage  über- 
zeugt, dass  das  Müller'sche  System,  obwohl  mehr  als  andere  auf 
anatomische  Merkmale  gegründet,  doch  wegen  seiner  strengen 
und  verhältnismäfsig  einfachen  Durchführung  dem  Lernenden  noch 
am  meisten  zusagt.  Der  Lehrer  muss  aber  an  einem  frischen 
Fische  die  wichtigsten  Organe  zu  anatomieren  und  zu  demon- 
strieren im  Stande  sein. 

Von  den  Gliederthieren  gibt  der  Leitfaden  auch  noch  eine 
eingehendere  systematische  Übersicht.  Behält  man  im  Auge,  dass 
im  Sommersemester  nicht  nur  die  Gliederthiere  tractiert  werden 
sollen,  sondern  daneben  auch  von  den  übrigen  wirbellosen  Thie^ 
ren  einige  der  wissenswürdigsten  Seiten  hervorzuheben  sind,  dies 


490  Über  den  (juterr.  \.  d.  Naturgoscb. ,  v.  0.  Schmidt. 

alles  in  kaum  mehr  als  einigen  dreifsig  Lehrstunden,  wovon  doch 
auch  etliche  auf  die  Repelilion  des  Winterpensums  zu  verwenden, 
60  wird  man  es  gerechtfertigt  finden,  dass  der  Leitfaden  sich 
der  grö&ten  Sparsamkeit  befleifsigt.  Ich  bin  von  dem  Grund-^ 
satz  ausgegangen,  wo  immer  möglich  nur  das  und  so  viel  in 
das  Buch  aufzunehmen,  als  wirklich  berührt  und  bewältigt  wer- 
den kann»  Es  imponiert  dem  Schüler  gar  nicht,  wenn  er  eine 
Menge  von  Namen  und  Diagnosen  verzeichnet  findet,  die  über- 
schlagen werden.  Im  Buche  verwirren  sie  nur.  Dass  die  Na- 
tur unendlich  reicher  ist,  als  die  dürftigen  Aufzeichnungen  des 
Leitfadens  nachweisen,  davon  zu  überzeugen  bedarf  es  jenes  un- 
pcedagogischen  Mittels  nicht,  dass  man  den  Schüler  ein  möglichst 
dickes  Buch  in  die  Hand  gibt.  Der  Reich thum  der  Natur,  die 
Achtung  vor  der  Naturwissenschaft  drängt  sich  theils  von  selbst 
auf,  theils  wird  es  eines  geringen  Geschickes  des  Lehrers  be- 
dürfen, den  Blick  über  die  Grenzen  des  Leitfadens  hinaus  zu  lenken. 

Wir  schildern  von  den  Insecten  auüser  den  Ordnungen  im 
Allgemeinen  nur  wenige  Familien,  notleren  aber  besonders  merk- 
würdige Gattungen  und  Arten  entweder  kurz,  oder  widmen  ihnen, 
z.  B.  der  Biene,  dem  Seidepschmetterling,  ausführliche  Beschrei- 
bungen. Andere  Gruppen,. an  denen  dem  Entomologen  und  Phy- 
siologen sehr  viel  gelegen  ist,  z.  B.  die  Strepsiptera,  haben  wir 
gar  nicht  erwähnt.  Wur-jzvreifeln  nicht,  dass  der  eine  und  an- 
dere Lehrer  der  Nalurgeachichte  auch  diese  und  andere  merk- 
würdige Thiere  kennen ,  die  meisten  aber,  hofl'en  wir ,  werden 
es  mir  Dank  wissen,  dass  solche  ungeläufige  Namen  aus  dem 
Leitfaden  und  mithin  aus  dem  Unterrichte  entfernt  sind.  Das 
uns  allen  bekannte  Schmarda'sche  Lehrbuch  hat  in  solchen  Fäl- 
len fast  immer  den  entgegengesetzten  Weg  eingeschlagen;  es  ist, 
was  Namen  und  Abtheilungen  angehl,  systematisch  vollständiger, 
aber  —  soweit  meiqe  Erfahrungen  und  Erkundigungen  reichen, 
zum  Nachtheile  des  Unterrichtes.  Man  muss  sich  nur  klar  machen, 
dass  ein  solcher  Leitfaden  der  Naturgeschichte  kein  Werk  zum 
Bestimmen  und  zum  Nachschlagen  ist.  Wozu  ali^o  jene  illuso- 
rische Fülle  in  elementaren  Schulbüchern?  Ein  Lehrbuch  der 
Zoologie,  das  eine  absolute  Vollständigkeit  erreicht  hätte,  auch 
nur  in  Aufzählung  der  Familien  des  gesammten  Thierreiches,  gibt 
es  überhaupt  bis  zum  heutigen  Tage  nicht« 

Nach  diesen  Grundsätzen  sind  nun  noch  mehr  die  folgen- 
den Abschnitte  ausgearbeitet.  Einige  Ordnungen,  z.  B.  diejenige, 
für  welche  der  Flusskrebs  ein  Repräsentant  ist,  sind  ausfuhrlicher 
berücksichtigt;  andere  erwähnen  wir  kaum,  die  der  Anschauung 
des  täglichen  Lebens  total  fremd  bleiben,  auch  ohne  minutiöses 
Eingehen  in  die  Morphologie  der  Segmente,  Mundlheile,  Fühler 
und  Beine  nicht  klar  gemacht  werden  können.  Die  Anleitung 
dazu,  wie  die  Zoologie  hierin  zu  verfahren  hat,  ist  bei  der  Sy- 
stematik der  Insecten  gelehrt  worden. 


über  den  (Jnterr.  i.  cL  Naturgesch  ,  v.  0,  Schmidt,  491 

Nur  wenigen  Lehrern  durfte  es  passend  erscheinen,  auf  die 
Spinnen  und  Myriopoden  mehr  als  zwei  bis  drei  Stunden  zu  ver- 
wenden. Wer  aus  dem  Gymnasium  oder  der  Realschule  genü- 
gende Begriffe  über  eine  ordinäre  Spinne,  einen  Scorpion  und 
eine  Kratz-  oder  Käsemilbe  mitbringt,  hat  meiner  Ansicht  nach 
sehr  viel  erreicht.  Die  Aufzählung  von  acht  Familien  der  Mil- 
ben, welche  im  Schmarda'schen  Buche  sich  findet,  die  Aufnahme 
der  Diagnosen  der  Pycnogoniden  und  Arctiscinen  vermag  ich  in 
keiner  Weise  zu  rechtfertigen.  Ich  habe  diese  Gruppen  nicht 
ausgelassen,  weil  sie  mir  unbequem  wären  —  ich  kenne  sie  im 
Gegentheile  recht  sehr  gut — ;  sondern  weil  ich  weils,  dass  selbst 
mancher  Universitätslehrer  nicht  in  der  Lage  ist,  sie  den  Zuhö- 
rern klar  zu  machen. 

Wie  soll  nun  der  Leitfaden  AnRnupfungspuncte  geben  für 
die  vorgezeichnete  Aufgabe:  ^Atm  Schüler  eine  Torstellung  zu 
verschaffen  von  dem  unendlichen  Reichthum  der  übrigen  Thier* 
welt?'^  Ich  halte  diese  Aufgabe  für  uni  so  schwerer,  als  in  der 
Regel  die  in  mehreren  Fächern  zugleich  thätigen  Gymnasialleh- 
rer nicht  so  sehr  in/ dem  Detail  der  Wärmer,  Mollusken  und 
Strahlthiere  bewandert  sein  werden,  wie  es  nölhig  erscheint,  um 
fesselnde  Resum^'s  zu  geben«  Man  könnte  sagen,  der  Leitfaden 
solle  sich  zunächst  mit  dieser  Aufgabe  g^ar  nicht  befassen,  sowie 
es  bei  den  vorhergehenden  Classen  ge$ch^hien,  die  Systematik  aus«» 
einandersetzen  und  das  Zusammentraten  zu  übersichtlichen  Re- 
sümees dem  Lehrer  überlassen.  Dieser  Weg  wäre  für  den  Ver- 
fasser allerdings  der  bequemste;  nichts  leichter,  als  den  Leit- 
faden so  um  einige  Bogen  stärker  zu  machen.  Ich  billige  aber 
den  Unterrichtsplan  auch  in  diesem  Theile  so  vollkommen^  und 
nicht  etwa  erst  seit  neuerer  Zeit,  wie  meine  seit  1855  in  dieser 
Zeitschrift  niedergelegten  Äufserungen  beweisen  können,  dass  ich 
ihm  auch  in  dieser  Partie  gerecht  zu  ^werden  den  Versuch  ge* 
macht  habe.  '  ' 

Der  Leitfaden  unternimmt  es  also,  in  den  den  genannten 
Abtheilungen  der  Wirbellosen  gewidmeten  Capiteln  die  grö&em 
Gruppen  nach  ihren  hervorragenden  Eigenthümlichkeiten ,  der 
Verbreitung,  nach  ihren  zum  Theil  sehr  wichtigen  Beziehungen 
zum  Menschen  mit  möglichster  Vermeidung  systematischen  Bal- 
lastes zu  schildern.  Ich  hoffe,  dass  diese  Darstellungen  so  ge- 
halten sind,  dass  sie  den  Schüler,  auch  wenn  er  sie  nur  priva- 
tim liest,  mit  positiven  Kenntnissen  bereichern,  namentlich  aber 
zum  weiteren  Nachdenken  anregen,  und  femer,  dass  für  den  Leh- 
rer viele  der  dort  ausgesprochenen  kurzen  Sätze  Themata  zu  be- 
deutenden Excursen  sein  werden.  Ich  habe  jedoch  noch  die 
Mollusken  \n  ähnlicher  Weise  wie  die  Weichthiere  behandeil,  na- 
türlich auch  eklektisch,  ohne  der  Wissenschaftlichkeit  etwas  m 
vergeben,  soweit  nämlich  die  Bedingungen  für  die  wissenschaft- 
liche Darstellung  vorhanden  waren. 


493        Ober  die  Anordnung  d.  lat.  Gramm,  otc. ,  v.  i.  Wilhelm. 

Den  Schluss  des  Leitfadens  bilden  zwei  Capitel,  in  welchen 
eine  Menge  von  Einzelheiten,  die  zum  Thcil  schon  während  di*8 
Jahrescurses  vorgekommen ,  unter  allgemeinen  Gesichtspuncten 
und  Gesetzen  zusammengefasst  werden.  Das  eine  handelt  von 
dem  Verhältnis  der  vorwel tlichcn  Thiere  zu  den 
jetzt  lebenden,  das  zweite  und  letzte  über  die  geogra- 
phische Verbreitung  der  Thiere.  Nicht  in  der  Ein- 
leitung, wo  die  Anhaltspuncte,  das  ABC  für  diese  Capitel  noch 
fehlen,  sondern  hier,  nach  Ansammlung  von  zahlreichen  That- 
Sachen,  auf  deren  gesetzlichen  Zusammenhang  vorübergehend 
schon  hinzuweisen  war,  ist  der  Ort  dafür. 

Noch  ein  Wort  über  die  Holzschnitte.  Die  Verlagsbuch- 
handlung war  in  Besitz  der  Gliche's,  welche  zum  gröfsten  Theile 
ans  einem  verbreiteten  französischen  Werke  stammen  (Cours 
dl^mentaire  d'histoire  naturelle.  Zoologie,  par  Milne  Edwards) 
und  für  die  Heransgabe  des  Schmarda'schen  Handbuches  ange- 
kauft wurden.  Sie  konnten  .mit  einiger  Auswahl  jetzt  wieder 
benutzt  werden,  ohne  den  Preis  meines  Buches  zu  vertheuern. 
Sie  sind  daher  eine  dankenswerther  und  zweckmäCsige  Zugabe. 

Gratz.  Oscar  Schmidt. 

i,  ^ 

Ober  die  Anordnung  des  Lehrstoffes  der  lateini- 
schen Grammatik  an  dem  Gymnasium. 

Richtige  Anordnung  des  Lehrstoffes  ist  in  jedem  Gegen- 
stande eine  Hauptbedingung  eines  sicheren  Unterrichtserfolges. 
Ohne  sie  würde  schon  die  Auffassung  im  Einzelnen  schwierig, 
Aneignung  einer  zusammenhängenden  Kenntnis  des  Ganzen  aber 
unmöglich  sein. 

Für  den  Unterricht '  im  Latein  an  dem  Gymnasium  werden 
drei  Hauptslufen  unterschieden:  I.  Die  zwei  untersten,  2.  die 
zwei  mittleren,  8.  die  vier  oberen  Classen.  Dieser  Unterschei- 
dung entsprechend  ist  dem  grammatischen  Unterrichte  auf  der 
untersten  Stufe  die  Formenlehre,  auf  der  zweiten  die  Syntax, 
auf  der  dritten  Ergänzung  der  Grammatik  mit  Rücksicht 
auf  stilistische  Form  als  Aufgabe  zugewiesen.  Dem  Unterrichte 
ist  in  der  ersten  und  zweiten  Classe  entweder  ein  Elementarbuch 
(Lesebuch  mit  einer  Elementargrammatik  zu  einem  Ganzen  ver- 
bunden) oder,  was  der  Uebersichtlichkeit  wegen  vorzuziehen  ist, 
ein  Lesebuch  neben  einer  Elementargrammatik  (Org.  Entw.  S.  103, 
104),  in  der  3.  und  4.  Classe  eine  passende  Schulgrammatik 
(S.  28)  zu  Grunde  zu  legen. 

Schwierigkeiten  hatte  bisher  die  Anordnung  des  Lehrstoffes 
für  die  zwei  untersten  Classen,  weil  hier  nebst  der  For- 
menlehre auch  die  Syntax  nach  Erfordernis  berücksichtigt  wer- 
den muss.     Die  Schwierigkeiten   beheben  sich,    wenn  man   fest- 


Ober  die  Anordnung  d.  lat.  Gramm,  etc.,  v.  A.  Wiiäelm,        493 

hält,  was  als  bestimmte  Vorschrift  des  Org.  Entw.  nicht  über- 
sehen werden  kann :  dass  der  syntaktische  LehrstoflF  nicht  abge- 
sondert zu  behandeln,  sondern  in  Verbindung  mit  der  Formen- 
lehre vorzunehmen  ist.  Die  hieher  gehörigen  Steilen  sind :  $.  24, 
S.  22:  {(Grammatischer  Unterricht  und  Leetüre  sind  (in  der  1. 
Classe)  nicht  getrennt,  sondern  derselbe  Lehr-  und  LemstoflF 
dient  für  beides  u.  s.  w.  Um  dieses  möglich  zu  machen,  wird 
bei  der  Formenlehre  des  Verbum  der  Gebrauch  des  In- 
finitivs   und  der  Gebrauch  des  Conjunctivs  nach  einigen 

Conjunctionen gelernt  und  eingeübt.**    —  S.  104;   «Wie 

hiemach  aus  didaktischen  Gründen  — >  —  von  der  systematischen 
Anordnung  der  Formenlehre  abgewichen  werden  muss^  so  muss 
auch  die  völlige  Trennung  der  Syntax  von  der  Formenlehre  auf- 
gegeben und  vielmehr  in  das  Erlernen  der  Formenlehre 
das  Verständlichste,  zur  Satzbildung  Unentbehr- 
lichste aufgenommen  werden,  und  zwar  an  den  Stellen, 
wo  es  sogleich  in  Gebrauch  kommt;  z.  B.  mit  dem  Erlernen 
der  Declination  des  Nomen  muss  sich  sogleich  die  Kenntnis  eini- 
ger besonders  häufigen  Präpositionen  verbinden,  sammt  ihrer  Rec- 
tion,  mit  dem  Adjectiv  die  Lehre  von  der  Congruenz  desselben 
u.  s.  w.**  —  S.  106:  «In  derselben  Weise  —  verfahrt  die 
zweite  Classe  bei  der  Erlernung  des  Unregelmä&igen  —  aus 
der  Formenlehre,  und  verbindet  .dfi mit  zugleich  die  fernere 
AuflFassung  syntaktischer  Formen  u.s.  w.»  —  S.  108:  «Für  die 
grammatischen  Aufgaben  der  8.  und  4.  Classe  ist  übrigens  durch 
die  in  der  1.  und  2.  befolgte  Methode  schon  ein  reichliches  Ma- 
terial vorbereitet,  da  die  Schüler  die  Casusconstruction  vieler 
Verba  und  Präpositionen,  die  Modusconstruction  vieler  Verba  und 
Conjunctionen  kennen.  Dies  bereits  Gewusste  wird  nunmehr  ge- 
sichert und  vervollständigt,  indem  es  in  bestimmter  Ord- 
nung unter  die  Rubriken  allgemeiner  Regeln  tritt.'^ 

Die  Behandlung  des  syntaktischen  Lehrstoffes  nach  den  an- 
gezogenen Stellen  des  allgemeinen  Lehrplanes  und  der  Instruction 
ist  aber  nur  dann  möglich,  wenn  die  Lehrbücher  darnach  ein- 
gerichtet sind.  Die  Elementargrammat ik  soll  nichts  ab 
die  für  die  zwei  untersten  Classen  gehörende  Formenlehre 
enthalten;  der  mit  der  Formenlehre  zu  verbindende  syntak- 
tische Lehrstoff  muss  aus  den  Übungsbüchern  zu  ent- 
nehmen sein.  Wer  die  Richtigkeit  dieser  Forderung  Inicht  schon 
in  dem  Lehrplane  und  der  Instruction  für  die  zwei  untersten 
Classen  erkannt  hätte,  der  könnte  doch  die  zuletzt  angeführte 
Stelle  nicht  misverstehen.  Die  Forderung,  dass  der  syntaktische 
Lehrstoff  in  Verbindung  mit  der  Formenlehre  beigebracht  und 
somit  weder  beim  Unterrichte  abgesondert  behandelt,  noch  in  die 
Elementargrammatik  aufgenommen  werde,  ist  demnach  in  der 
Vorschrift  gegründet. 

Sie  hat  aber  auch  ihre  Begründung  in  sich  selbst. 


494       Über  die  Anordnung  d.  lat  Gramm,  etc. ,  v.  A.  Wilhelm. 

Es  ist  nämlich  zu  beachten,  dass  der  für  die  zwei  untersten 
Classen  gehörige  syntaktische  Lehrstoff  nicht  als  selbständiger 
Theil  der  Unterrichtsaufgabe,  sondern  hauptsächlich  aus  Noth- 
wendigkeit  für  die  Einübung  der  Formenlehre  auf  dieser  Unter- 
richtsstufe vorzunehmen,  und  demnach  die  Formenlehre  Haupt- 
aufgabe, die  Syntax  Nebenrücksicht  (jedoch  keineswegs  unwich- 
tige Nebenrücksicht),  wie  in  der  8.  und  4.  Classe  die  Syntax 
Hauptaufgabe,  die  Formenlehre  (Wiederholung  und  Ergänzung 
derselben)  Nebenrücksicht  ist.  Nun  aber  ist  os  ein  grofser  Un- 
terschied, ob  der  syntaktische  Lehrstoff  in  Verbindung  mit  der 
Formenlehre  oder  als  abgesondert  fortlaufendes  Ganzes  behandelt 
wird.  Im  ersteren  Falle  bleibt  die  Thätigkeit  stets  vorzugsweise 
der  Hauptaufgabe  zugewendet  und'  der  .Rücksicht  auf  die  Syntax 
ihre  bestimmte  Grenze  gezogen ;  im  letzteren  wird  die  Aufmerk- 
samkeit für  zwei  selbständig  hingestellte  Aufgaben,  von  denen 
jede  die  ungetheilte  Aufmerksamkeit  erfordert^  gelheilt  in  Anspruch 
genommen,  daher  weder  der  einen  noch  der  andern  Genüge  ge- 
leistet« Das  mit  der  allgeiieinen  Anordnung  des  grammatischen 
Unterrichtes  gegebene  Yeffiiittnis  der  Syntax  zur  Formenlehre 
darf  nicht  verrückt  we'rdeR,  wenn  nicht  der  Erfolg  in  Frage 
gestellt  oder  preisgegebrc^  werden  solL  -  Auch  würde  sich  zu 
abgesonderter  Behandlung  der' Syntax  die  erforderliche  Zeit  nicht 
finden  lassen ,  weil  für  die  Formenlehre ,  wenn  feste  Aneignung 
und  sichere  Einübung  erzielt  werden  soll,  die  Unterrichtszeit 
nicht  verkürzt  werden  darf,  damit  ein  Theil  derselben  für  die 
Syntax  gewonnen  werde. 

Es  lässt  sich  einwenden,  dass  aus  der  Forderung,  den  syn- 
taktischen Lehrstoff  in  die  Übungen  über  die  Formenlehre  auf- 
zunehmen, keineswegs  die  Nolhwendigkeit  der  Ausschliefsung  des- 
selben aus  der  Elementargrammatik  folge;  und  dass  vielmehr 
eine  geordnete  Zusammenstellung  des  syntaktischen  Stoffes  im 
Lehrbuche  zur  Erteichterung  und  Sicherung  des  Unterrichtes  bei- 
tragen müsse« 

Dagegen  ist  zu  bemerken,  dass  eine  dem  Unterrichtsbe- 
dnrfnisse  entsprechende  Zusammenstellung  überhaupt  unmöglich 
ist,  und  wenn  sie  möglich  wäre,  auf  viel  längerem  Wege  als 
durch  das  Beispiel  zum  Ziele  fähren  würde.  Die  Zusnammenstel- 
lung  würde  nämlich  nur  dann  dem  Unterrichtsbedürfnisse  ent- 
sprechen, wenn  in  derselben  der  Lehrstoff  sowol  nach  den 
zwei  Classen  als  auch  nach  den  zwei  Semestern  der  ersten  Classe 
getrennt  würde;  eine  Forderung,  deren  Unerfüllbarkeit  am  Tage 
Uegt.  Bleibt  aber  diese  Forderung  unerfüllt,  so  mangelt  der 
Zvsammenstellung  eine  wesentliche  Bedingung  praktischer  Brauch- 
terkeit« 

Anfserdem  bringt  es  der  Zweck  der  Zusammenstellung,  einen 
Überblick  des  syntaktischen  Stoffes  zu  geben,  mit  sich,  dass  man- 
ches aufgenommen  werden  muss^  was  die  Schüler  ohnehin  wis- 


Ober  die  Anordnung  d.  laU  Gramm,  etc. ,  v.  A.  Wilhelm,       495 

sen,  und  dass  bei  aller  Kürze  der  Darstellung  an  sich  eine  ge- 
wisse Weitläufigkeit  dennoch  nicht  zu  vermeiden  ist,  theils  weil 
die  Regel  doch  in  relativer  Vollständigkeit  gegeben  werden  moss, 
Uieils  weil  Bemerkungen  von  geringerer  Wichtigkeit  für  die  Stufe 
eich  aufdrängen,  die  bei  etwa  (nicht  nothwendig)  vorkommen- 
den Fällen  sich  in  kürzester  Andeutung  mündlich  beibringen 
lassen. 

Diese  Rücksicht  bei  Seite  gelassen,  kann  der  Gebrauch  eines 
Lehrbuches  für  den  syntaktischen  Stoff  den  Fortgang  des  Unter- 
richtes nur  hemmen^  nicht  fördern.  Deutlich  erkennt  und  über- 
blickt der  Schuler  die  in  dem  Beispiele  angeschaute  gerade  auf 
den  vorliegenden  Fall  beschränkte  Regel  und  er  bedarf  zu  sicherer 
und  fester  Aneignung  denselben  keines  anderen  Mittels  als  der 
Durchübung  der  Sätze  im  Lesebuche;  das  Nachlesen  der  Regel 
in  der  Sprachlehre  zerstreut  die  Aufmerksamkeit  schon  durch 
die  Ablenkung  von  einem  Buche  auf  das  andere,  und  dazu  kommt 
noch  das  weitere  Hemmnis,  dass  die  Regel  in  der  Sprachlehre 
meist  erst  von  den  dieselbe  umgebenden  Bemerkungen  abgeson- 
dert werden  muss;  daher  dann  itkA  die  Oberblickung  des  Ge- 
lernten erschwert  wird,  weil  vireder  flas  Lesebuch  noch  die  Sprach- 
lehre einen  einfach  leitenden  Fadca  für  den  Unterricht  darbietet. 

Dabei  ist  noch  eines  zu  beächten.  Der  Fehler  nämlich, 
dass  man  nicht  selten  das  Lehrbuch  sprechen  lässl,  wo  nur  der 
Lehrer  sprechen  sollte,  und  die  Schüler  zu  wenig  gewöhnt,  detoi 
lebendigen  Unterrichte  achtsam  zu  fofgen,  ist  schwerlich  überall 
gründlich  beseitigt.  Diesem  Fehler  aber^  der  überdies  leicht  zu 
Bequemlichkeit,  häufig  zu  mechanischem  Auswendiglernen  führt, 
wird  durch  den  Gebrauch  eines  Lehrbuches  für  den  syntaktischen 
Stoff  gerade  auf  einer  Stufe  Vorschid)  geleistet,  wo  er  am  mei- 
sten schadet 

Wenn  endlich  weitläufiges  Regelwerk  überhaupt  als  ein 
Hemmnis  des  Unterr ich Iser folge»  bezeichnet  werden  muss,  so  gilt 
dies  um  so  mehr  und  ganz  besonders  von  dem  Elementarunter- 
richte. Die  Regeln  müssen  in  jedem  Gegenstande  auf  das  ge- 
ringste Mafs  beschrankt  werden. 

Als  leitender  Faden  für  die  Hittheilung  des 
syntaktischen  Lehrstoffes  soll  allein  das  Lese-  oder 
Übungsbuch  dienen,  und  zwar  vor  allem  durch  besondere  Übungs- 
stücke, welche  an  passenden  Stellen  eingereiht  werden,  dann 
durch  Noten  zu  einzelnen  Beispielen. 

Besondere  Übungsstücke  werden  über  jene  streng 
zur  Aufgabe  gehörigen  syntaktischen  Partien  gegeben ,  die  einer 
besonderen  Einübung  bedürfen.  Die  Regel  für  jedes  Übungsstück 
wird  entweder  1.  durch  die  bloise  Überschrift  angedeutet,  z.  B. 
Congruenz  des  Prädicates;  oder  2.  durch  die  Überschrift  mit 
einem  ganz  kurzen  Beisätze  bezeichnet,  z.  B.  das  Adjectiv  als 
Substantiv  (multi  Viele  =  viele  Menschen;    muUa  Vieles,   viele 


496        Über  diu  Anordnung  d.  lat.  Gramm,  etc.,  v.  A.  Wilhebn. 

Dinge) ^  dativus  commodi  (a)  wem?  für  wen?  b)  wozu?);  oder 
8.  durch  ein  bearbeitetes  Beispiel  vertreten,  z.  B.  participium 
futuri  passivi  mit  9um  (man  muss  einen  Brief  schreiben,  ein  B. 
muss  geschrieben  werden,  ein  B.  ist  zu  schreiben  episCola  teri'- 
benda  esc)'^  oder  4.  in  kürzester  Fassung  angegeben,  z.  B.  die 
Städtenamen  (stehen  ohne  Präposition  auf  die  Fragen:  a)  wol 
im  Genitiv  die  Singularia  der  1.  und  2.  Declination,  im  Ablativ 
alle  übrigen;  für  die  deutschen  Präpositionen  in,  zu;  b)  wo- 
hin? im  Accusaliv,  für  nach;  c)  woher?  im  Ablativ);  oder: 
Accusativus  c.  infinitivo  —  steht  1)  nach  den  Verben  und  Aus- 
drücken, die  ein  Empfinden,  Wahrnehmen,  Denken,  Glauben, 
Wissen  andeuten  (verba  senliendi) ;  i)  nach  den  Verben  und  Aus- 
drücken, die  eine  Anzeige,  Nachricht,  Behauptung  bezeichnen 
(verba  declarandi) ;  8)  nach  den  unpersönlichen  Prädicatsaus- 
drücken:  eanstat^  palet^  apparetj  manifestum  est  u.  s.  w.  Alles 
übrige  hat,  hier  wie  überall,  der  Lehrer  hinzuzuthun. 

Die  Noten  zu  einzelnen  Beispielen  sind  auf  wenige 
wegen  ihres  häufigen  Vorkommens  nicht  zu  übergehende  Fälle 
zu  beschränken.  Dahin  gehört  z.  B.  der  Gebrauch  des  Ablativs 
auf  die  bekannten  Fragen,  Ab  sich  in  zwei  Abtheilungen  trennen 
lassen.  Zu  dem  ersten  vorkommenden  Satze  (z.  B.  mit  den  Au- 
gen sehen  wir)  werde  die  Note  beigefügt:  ^^der  Ablativ  steht 
auf  die  Fragen:  womit  (Mittel, Werkzeug);  wodurch  (Mittel, 
Werkzeug;  Ursache);  wann?*^  Diese  Note  wird  nicht  sogleich, 
und  überhaupt  nicht  eigens  gelernt,  sondern  dadurch  allmählich 
ohne  Mühe  gemerkt,  dass  in  der  Folge  bei  jedem  hieher  gehöri- 
gen Beispiele  auf  dieselbe  zurückgewiesen  wird.  —  Die  zweite 
ebenso  zu  behandelnde  Abtheilung  der  Ablativfragen  ist:  wo- 
von (abhalten,  befreien,  frei  sein,  entfernt  sein) ;  woraus  (be- 
stehen); woran  (übertieffen,  reich  sein,  Überfluss  oder 
Mangel  haben  an  — );  wornach  (beurtheilen,  bemessen);  wo- 
rauf (sich  stützen,  sich  verlassen,  vertrauen);  weswegen, 
worüber  (sich  freuen,  sich  betrüben;  aus  Furcht,  aus  Hass); 
wofür  (kaufen,  verkaufen).  —  Hieher  gehören  ferner:  der  ob- 
jective  Genitiv  nach  einigen  ausdrücklich  zu  nennenden  Substan- 
tiven (Erinnerung  an,  Furcht  vor,  Liebe  zu  u.  dgl.) ;  der  Abla- 
tiv bei  utor^  fruor^  das  Supinum  auf  tim;  und  einige  andere 
leicht  fassliche  und  leicht  zu  merkende  Fälle,  für  welche  daher 
die  Aufnahme  besonderer  Übungsstücke  nicht  nothwendig  ist. 

Aufser  diesen  zur  Beibringung  des  syntaktischen  Lehrstof- 
fes nothwendigen  Noten  sind  auch  für  vorgreifende  Fälle,  die 
sich  in  Übungsbüchern  für  die  untersten  Classen  kaum  je  gänz- 
lich werden  vermeiden  lassen^  ganz  kurze  Noten  erforderlich,  die 
jedoch  nur  das  Verständnis  des  vorliegenden  Satzes  zu  vermit- 
teln beabsichtigen  und  mit  der  Lernaufgabe  in  keinem  Zusam- 
menhange stehen.  Je  seltener  solche  Noten  nothwendig  sind, 
deslo  besser. 


Ober  die  Anordnung  d.  lat.  Gramm,  etc.,  v.  A.  Wilhelm,        497 

An  welchen  Stellen  der  in  besondern  Übung^sslücken  zu 
behandelnde  syntaktische  Lehrstoff  in  dem  Übungsbuche  für  die 
erste  Classe  anzubringen  ist,  lässt  sich  aus  den  wenn  auch  nur 
allgemein  gehaltenen  Andeutungen  des  Org.  Entwurfes  entnehmen. 
Bei  der  Conjugation  ist  vor  dem  ersten  Übungsstücke  über  den 
Conjunctiv  die  Regel  über  den  Gebrauch  dieses  Modus  in  den 
gewöhnlichsten  Fällen   kurz   anzugeben:    ^<Der  Conjunctiv  steht: 

1.  in  Hauptsätzen  die  2.  Person  statt  des  Imperativs  (Jega$y 
iegatiM  st.  lege,  legile)  und  die  1.  Pers.  Plur.  bei  Aufforderungen 
(legamuM  lesen  wir,  lasset  uns  lesen,  wir  wollen  le^en);  IL  in 
abhängigen  Sätzen:    1.  in  indirecten   Fragesätzon> 

2.  mit  ue  a)  in  Absi.c^htssä tzen  (dass,  damit,  auf 
dass)  und  b)  in  Folj^esätzen  (so  dass,  dass  also; 
nach:  so,  so  sehr,  so  gfofo,  solcher,  von  der  Art;  machen,  be- 
wirken, streben,  sorgen,  bitten,  ermahnen,  auffordern,  aufmun- 
tern, antreiben,  rathen,  befehlen);  8.  mit  ne  nach  verhüten- 
den Sätzen  (dass  nicht,  nach:  verhüten,  verbieten,  verbitten, 
widerralhen,  abmahnen),  daher  auch. in  verneinten  Absichts- 
sätzen (dass  nicht,  damit  ttJchl).  Dazu  die  allgemeine 
Regel  über  die  Zettfolge.  —  Die 'weit  verbreitete  Unrichtigkeit, 
von  den  Verben  bitten,  ermahnen  u.  s.  w.  abhängige  Sutzo 
Absichtssätze  zu  nennen,  die  aufser  der  falschen  Auffassung  auch 
zu  unrichtigem  Gebrauche  des  damit  für  dass  führt,  sollte 
endlich  aus  den  Sprachlehren  entfernt  werden.  Die  Unrichtig- 
keit liegt  vor  Augen,  wenn  man  einen  wirklichen  Absichtssatz 
beifügt,  z.  B.  ich  bitte  dich,  zu  mir  zu  kommen,  damit  ich  dir 
das  Buch  zeige ;  ilague  ut  (damit)  caedes  manifesla  aliquo  ta-^ 
men  piaculo  luerelur  (Absicht),  imperafum  patri^  ut  (dass,  kei- 
neswegs :  damit)  filium  expiaret  peeunia  publica  (Livius).  Ge- 
nau genommen  sind  die  meisten  dieser  Sätze  Objectssätze ,  sie 
können  aber  ebensogut  als  Folge^sätze,  nie  als  Absichtssatze  auf- 
gefasst  werden«  —  Die  allgemeine  Regel  über  den  Gebrauch  des 
ne  ist,  dass  es  nach  verhütenden  Sätzen  steht;  denn  auch  die 
verneinten  Absichtssätze  lassen  sich  als  Sätze  der  Verhütung  auf- 
fassen, indem  man  einen  vorausgehenden  bejahten  Absichtssatz 
hinzudenkt,  z.  B.  gallinae  pennis  foeent  pullos',  (ut  eaceant\ 
ne  frigore  laedantur. 

Das  unvermeidliche  quum  kann  beim  ersten  Vorkommen 
mit  folgender  Bemerkung  abgethan  werden:  ^.Quutn  steht  a)  als 
Causalpartikel  (da,  da  doch,  weil,  indem)  immer  mit  dtm 
Conjunctiv;  b)  als  Zeitpartikel  in  der  Bedeutung  als,  da  meist 
mit  dem  Conjunctiv  des  Imperfects  und  des  Plusquamperfects,  in  der 
Bedeutung  wenn,  so  oft  als,  damals,  als  gerade  stets 
mit  dem  Indicativ.'^ 

Für  nachdem  genügt  die  Note  (beim  ersten  Vorkommen): 
^«Mit  nachdem,  sobald  als  steht  im  Deutschen  das  Plusquam-^ 
perfecl,  das  im  Latein  gewöhnlich  durch  dasPerfect  gegrben  wird.'^ 

Zeitschrift  f.  d.  cltterr.  Oyrnn««.  1860.   VH.  Ifcrt.  34 


4$6       Ober  die  Anordnt^ug  d.  lat.  Gramm,  etc.,  v.  i.  Wilhelm. 

In  dem  Obun^sbuche  für  die  zweite  Classe  darrte  die 
Anordnung  des  gerammten  Lehr-   und  Lern8toffe.s  folgende  sein. 

K  Verba  anomal a.  Diese  sind  vorauszuschicken,  damit 
.Gelegenheit  zur  Einübung  derselben  in  möglichst  vielen  Beispielen 
und  zugleich  zu  freierer  Bewegung  überhaupt  gewormen  werde. 
Auf  ähnliche  Rücksichten  gründet  sich  die  folgende  Einreihung 
<l«8  syntaklischen  Lehrstoffes. 

S.  Congruenz  des  Prädicates  (mit  Übergehung  der  im  Übungs- 
iHiche  für  die  1.  Classe  vorgekommenen  Fälle  einfacher  Congruenz> 

8.  Erste  und  zweite.Declination  (Ausnahmen  in  Fleiion 
und  Genus). 

4.  Doppeller  Nominativ  (des  Subjecis  und  des  Prädicats)  — 
siiht  auGser  Bum  bei  den  Verben:  1.  flo^  evada,  maneo^  nascor; 
2.  genannt  werden;  3.  zu  etwas  erwählt,  gemacht  werden;  4.  für 
etwas  gf'halten  werden« 

5.  Dri  t  te  Deel ina t  io  n.  —  6.  Apposition  (wie  2.  Congruenz). 

7.  Vierte  und  fünf4e  Declina tion.- 

8.  Das  Pronomen  man  (jf^enn  es  nicht  schon  in  der  ]. Classe 
vorgekommen  ii$t).  Statt  der  J^egel :  man  lobt  mich  ==  ich  wcrdt^ 
gelobt  /atiilor;  man  lobt  die  Tugend  virluß  laudalur  ^  virtutem 
imudamus^  lauäani, 

9.  Anomala  substantiva  (ohne  die  griechischen). 

10.  Nominativus  c.  inf.  —  steht  bei  den  verbis  passivis 
u.  s.  w.  Dazu  Beispiele  mit:  dicor,  diceHSy  dicitur  (soll),  es 
scheint,  dass  (als  ob)  wir  =  wir  scheinen  —  als  Ei^ilärung  voraus. 

11.  Unregelmäfsige  Comparalion. 

12.  Die  Conjunctionen  ut^  ne^  qua^  quo  minus ^  %U  nouj 
guin^  qtiod^  in  5  Cbungsstücken :  1.  «/  (Absicht,  Folge)  sieht 
auber  den  bereits  bekannten  Fällen  (Zurückweisung  auf  die 
I,  Classe)  auch  nach  fic^  aceidil,  conUnyity  eoenit;  2.  n«  (Ver- 
hütung, verneinte  Absicht);  uC  dass  nicht,  ne  dass  nach 
den  Ausdrücken  der  Furcht,  Besorgnis,  Gtfahr;  3..  quo  damit 
desto  (st.  uC  eo)  vor  einem  Comparaiiv;  quo  minus,  dasa 
nicht  nach  Ausdrücken  des  Verhindorns;  4-  ut  non,  dass 
nicht  (verneinte  Folge);  quin  a)  dass  nicht,  ohne  dass, 
ohne  zu  (für  ui  non^j  welcher  nicht  (für  qui  non)  nach 
verneinendem  Hauptsatze,  b)  dass  nach:  nicht  zweifeln;  &.  quod 
dass  (weil  indem)  in  erklärenden  oder  begründenden  Sätzen,  ge- 
wöhnlich in  Beziehung  auf  ein  im  Hauptsatze  vorausgehendes 
oder  verstandenes  Demonstrativ  (dies,  darin  u.  dgl.);  der  Con- 
junctiv  steht  mit  quod,  wenn  der  Redende  die  Erklärung  oder 
Begründung  nach  der  Meinung  eines  andern  angibt*  Dazu  ein 
sedistes  Übungsstück  über  el^el  u.  s.  w.  autem  u.  s.  w.  ne-quidem. 

13.  Pronomina  und  Nunieralia 

14.  Accusativ  —  zwei  Stücke:  1.  Ausdehnung  (a)  Zeitmafs: 
wie   lange  quam  diuf  b)  Raummafs:    wie  lang    quam  lonßttm 


über  di€  AnofduUng  <t.  fot.  Grämni«  etc./v.  A.  WiiMm.       %M 

u.  8.  w.);  2.  Doppelter  Accus,  mit:  nennen;  zü  etwas  erwählen, 
machen;  für  etwas  halten;  haben,  erkennen,  beweisen  als  — ^ 

16.  Adverbien. 

16.  Genitiv  —  6  Stücke:    1.  objectiver  nach  Substantiven; 

2.  objectiver  nach  adjectivis  relativis:  avidus^  cupidua  u.  s.  w.; 
8.  Gen.  der  Eigenschaft,  statt  der  deutschen  Präposilon  von  — 
nach  einem  Substantiv,  das  jedoch  im  Prädicate  meist  fehlt; 
4.  partitiver,  für  die  deutschen  Präpositionen  unter,  von,  aus 
nacli  uter  u.  s.  w. ,  dann  nach  Comparativen,  Superlativen  und 
Ordinalzahlwörtern ;  5.  Gen.  der  Quantität ,  nach  Substantiven,  die 
eine  Menge,  ein  Mafs,  Gewicht  anzeigen,  <]ann  nach  lantum^  mulhum^ 
nihii^quid^  »aH$  u.  s.  w.;  6.  Gen.  bei  etae  es  ist  Eigenthum;  Sache, 
Gewohnheit^  Zeichen,  Beweis,  Pflicht;  meum  (oficium)  est. 

J7.  Prä posi tonen,  dann  Städtenamen  (wenn  sie  nicht 
schon  in  der  I.  Classe  vorgekommen  sind). 

18.  Ablativ  —  6  Stucke:  I.  der  Ursache:  wodurcht 
weswegen?  worüber?  (Zurückweisen  auf.die  1.  Classe,  hier 
und  weiter);  2.  der  Rücksicht:  worant  wornach?  (an,  nack; 
re^  nomine  u.  s.  w.);  8.  der  Art» und  Wei8^:*wie?  mit  oder 
ohne  ct«m,  ohne  Adjectiv  stets  mit  cum^  dazu  modo^  more^  ''^); 
4.  der  Trennung:  wovon?  5.  der  Eigenschaft  (wenn  dieser  Fall 
nicht  sogleich  beim  Genitiv  berücksichtigt  worden  ist;  6.  des 
Mafses,  beim  Comparativ:  um  wie*  viel?  Daher  auch:  wie 
lange  vorher,  nachher  («■  um  wie  viel  früher,  später)? 
wenn  nicht  dieser  Ablativ  schon  beim  Comparativ  und  den  Nif* 
meralien  vorgekommen  ist. 

19.  Verba  i  mperson  ali  a. 

20.  Dativ  —  doppelter  auf  die  Fragen :  wem?  für  wen?  und 
wozu?  bei  eae,  ducere^  vertere.  Est  MM  tas  ich  habe.  Nur  ein 
Stück,  dessen  Stelle  jedoch  zwei  g^egenheilliche  Noten  vertreten 
können. 

21.  Perfecta  und  Supina  der  1.  Conjugatlon.- 

22.  Accusatrvus  c.  infinitivo  bei  ju^eo  und  peio.  VoraBB: 
z.  B.  paCer  jussU  ms  libras  emere  (befahl  mir  zu  kaufen,  befahl 
dass  ich   kaufe,  b.efs  mich  kaufen),  jussit  iibro»  emi   n.  s.  w. 

23.  Perfecta  und  Supina  der  2.  Conjugation. 

24.  Acc.  c.  inf.  oder  uC  nach :  wollen,  wünschen,  erlauben, 
zulassen.  Acc.  c.  inf.  oder  ipsod  nach:  sich  freuen,  sich  beird* 
ben,  sich  wundem. 

2*^.  Perfecta  und  Supinn  der  8.  Conjugation. 

26.  Gerundium  —  6  Stücke:  I.  Genitiv  steht  u.  s.w.;  2.  Dativ; 

3.  Acoxsfttiv ;  4.  Ablativ ;  5.  Geiundivum.  Bei  zwei  oder  drei  Belsf»:e- 
len  über  das  Gerundivum  ist  in  Parenthesen  das  Gerundium  beizuriigon. 

27.  Perfecta  und  Supina  der  4.  Conjugation. 

28.  Auslassung  des  qui  und  einige  lateinische  Stöcke  über 
die  Auflösung  der  Participien. 

29.  Die  Verba  depo nentia. 

34* 


509        Ober  die  Anordnung  d.  lat.  Gramm,  etc.,  v.  A.  Wilheim, 

80.  Einige  lateinische  Stücke  über  die  Auflösung  der  Abla- 
tlvi  absolut!*  Voraus  die  Bemerkung:  «Der  Ablativ  des  Particips 
(oder  stall  dessen  eines  Adjectivs  oder  Substantivs)  mit  seinem 
Substantiv  verlrill  oft  eine  adverbiale  Bestimmung  der  Zeit,  des 
Grundes,  der  Bedingung,  des  Zugeständnisses.  Dieser  von  der 
Conslruction  des  Satzes  unabhängige  Ablativ  heissl  ablativus  ab^ 
solutus  oder  consequentiae. 

Die  Einreihung  der  Partien  aus  der  Syntax  in  die  Formen- 
lehre an  den  bezeichneten  Stellen  ist  keine  noihwendige,  und  kann 
es  auch  nicht  sein  oder  durch  irgend  eine  Änderung  der  Ord* 
nung  werden,  yreW  die  Formenlehre  nirgends  besondere  Anknü- 
pfungspuncte  für  die  einzelnen  syntaktischen  Fälle  darbietet.  Wollte 
man  die  Fälle  aus  der  Casuslehre  bei  der  Declination,  den  Nom. 
c.  Inr.  beim  Verbum  anbringen  u.  dgL,  so  wäre  dies  doch  nur 
eine  ganz  äufserliche  Verbindung,  die  sich  auf  einige  Partien  be- 
«chränken  musste,  während  dann  Tür  andere  (z.  B.  Congruenz, 
Apposition)  keine  passende  Stelle  sich  finden  und  eine  dem  Unter- 
richtsbedurfnisse entsprechende  Anordnung  unmöglich  sein  wurde» 

Es  könnte  scheinen,  dass,  da  eine  engere  Verbindung  des 
syntaktischen  Lehrstoffes  mit  der  Formenlehre  nicht  möglich  ist, 
die  Zerstückelung  desselben  lieber  aufzugeben  und  die  Übungs« 
Stucke  über  die  syntaktischen  Fälle  wo  nicht  ganz,  doch  zum 
gröberen  Theile  nach  der  Formenlehre  anzubringen  wären.  Nichts 
weniger  als  dieses.  Denn  dadurch  würde  die  Syntax  aus  ihrem 
untergeordneten  Verhältnisse  hervorgehoben  und  als  zweiter  Theil 
der  Classenaufgabe  neben  die  Formenlehre  so  hingesielll  werden, 
dass  im  ersten  Semester  oder  doch  in  nicht  viel  längerer  Zeit 
diese,  im  zweiten  Semester  jene  vorzunehmen  wäre.  Die  Formen  - 
lehre  ist  aber  Aufgabe  für  das  ganze  Jahr,  und  muss  das  ganze 
Jahr  hindurch  behandelt  werden ,  weil  —  man  lasse  sich  ja  nicht 
durch  augenblicklichen  Erfolg  täuschen,  dessen  Nachtheile  nicht 
ausbleiben  —  feste  und  sichere  Einübung  derselben  in  kürzerer 
Zeit  nicht  erreicht  werden  kann.  Durch  diese  Ausdehnung  der 
Formenlehre  wird  zugleich  für  die  syntaktischen  Fälle  der  Vor- 
theil  gewonnen,  dass  diese  im  Laufe  des  Schuljahres  nach  und 
nach  vorgenommen,  sicherer  eingeübt  werden,  als  wenn  sie  in 
ununterbrochener  Folge  rasch  nach  einander  behandelt  würden. 
Endlich  ist  es  offenbar,  dass  ununterbrochene  Beschäftigung  mit 
der  Formenlehre  ermüdend  auf  Schüler  und  Lehrer  und  erschlaf- 
fend auf  die  Schüler  wirken  müsste. 

Dass  es  nicht  angeht,  die  syntaktischen  Übungsstücke  im 
Bache  nach  der  Formenlehre  anzubringen  und  Einreihung  der- 
selben in  die  Formenlehre  beim  Unterrichte  zu  verlangen,  braucht 
nur  erinnert  zu  werden. 

Hinweisungen  auf  die  Grammatik  sind  nicht  statlhaft:  für 
die  Formenlehre  nicht,  weil  die  Formen  für  das  jedesmalige 
Übungsslück  voraus  gelernt  und  durchgeübt  sein  müssen,  übrigens 


Ob€r  dio  Anordnung  d.  lat.  Gramm,  ctc  ,  v.  A.  Wllheim.       501 

erfahruugsmäfsig  der  fleifsige  Schüler  im  Falle  eines  Zweifels  von 
selbst  in  der  Grammatik  nachschlägt  (und  nach  den  Dberschriflen 
der  Übungsstücke,  das  Gesuchte  sogleich  findet),  der  minder 
fleifsige  aber  auch  durch  die  Hinweisung  nicht  zum  Nachschlogen 
bewogen  wird;  für  die  syntaktischen  Falle  nicht,  weil  die  nötht- 
gen  Andeutungen  hierüber  das  Übungsbuch  geben  und  die  Ele*- 
mentar-Grammatik  keine  Syntax  enthalten  soll. 

Für  die  dritte  und  vierte  C lasse  bedarf  es  über  die 
Anordnung  des  grammatischen  Stoffes  an  sich  keiner  Worte, 
wol  aber  über  die  Lehrbücher.  Es  erheben  sich  hier  zwei 
Fragen:  1.  darf  und  soll  in  der  8.  Classe  ein  neues  Lehrbuch 
der  Grammatik  in  Gebrauch  genommen  werden,  und  2.  darf  und 
soll  dieses  Lehrbuch  nur  für  die  3.  und  4.  Classe  eingerichtet 
sein  oder  zugleich  für  den  weiteren  Gebrauch  im  Obergymnasium? 

Die  erste  dieser  Fragen  ist  sowol  nach  dem  Org.  Entwürfe 
las  nach  dem  dargestellten  Unterrichtsbedürfnisse  zu  bejahen.  Da 
die  Lehrbücher  für  die  zwei  untersten  Classen,  mögen  es  Übungs* 
bücher  mit  einer  Elementargrammatik  oder  Elementarbücher  sein, 
nur  den  Lehrstoff  für  die  zwei* untersten  Classen  enthalten  dürfen,, 
so  muss  in  der  3.  Classe  nach  der  bestimmten  Andeutung  des 
Org.  Entwurfes  S.  28,  S.  107  Annierkung,  S.  110  ein  neues  Lehr- 
buch der  Grammatik,  eine  Schulgrammatik  (S.  23),  in  Gebrauch 
genommen  werden.  Dies  darf  geschehen,  weil  in  der  8.  Classe 
der  in  geordnetem  Zusammenhange  fortlaufende  syntaktische  Un* 
terricht  erst  angefangen,  die  bereits  gelernte  Formenlehre  abef 
nicht  zugleich  mit  der  Beseitigung  der  Elemenlargrammatik  be- 
seitigt, sondern  den  Schülern  auch  in  der  neuen  Grammatik  dar- 
geboten wird.  Für  die  Kenntnis  der  Formenlehre  sind  von  dem 
Wechsel  des  Lehrbuches  keine  Nachtheile  zu  befürchten;  im  Ge- 
gentheile  ist  es  gerade  und  nur  die  Formenlehre,  welche  den 
Wechsel  ohne  Nachtheil  für  den  Unterricht  gestattet.  Denn  in 
der  Formenlehre  sind  nebst  der  Einth^ilung  nach  den  bereits  aus 
der  Elementargrammatik  bekannten  Capiteln  die  in  die  Augen 
springenden  Paradigmen  die  Wegweiser,  nach  denen  sich  die 
Schüler  von  selbst  so  zurecht  finden  müssen,  dass  sie  in  der 
neuen  Grammatik  sogleich  das  alte  und  bekannte  wiedererkennen ; 
und  Anlässe  zum  Zurückgehen  auf  die  Formenlehre  bringt  der 
Unterricht  mit  sich,  der  nicht  nur  das  Gelernte  zu  ergänzen, 
sondern  auch  überhaupt  zugleich  rückwärts  und  vorwärts  zu 
schauen  hat. 

Was  die  zweite  Frage  betrifft^  kann  kein  Zweifel  sein,  dass 
die  neue  Grammatik  nicht  blofs  für  die  3.  und  4.  Classe,  sondern 
zugleich  für  das  Obergymnasium  eingerichtet  sein  darf,  weil  die 
Aufnahme  des  Lehrstoffes  für  das  Obergymnasium  ohne  Eintrag 
für  den  unbehinderten  Gebrauch  des  Buches  in  der  8«  und  4. 
Classe  möglich  ist;  dass  sie  so  eingerichtet  sein  soll,  ist  ebenso 
wenig  zweifelhaft. 


faa       Ober  die  AQorflnuiig  d.  Ja(.  Gramm,  elc,  V.  A»   Wilhelm. 

■  Mit  der  4.  ClaJ=se  wird  nämlich  der  ordenlliche  Unlerrichl 
in  der  Grainmalik  äb^<>schlo>8en  ^  und  an  dci^iien  Stelle  tritt  im 
Oberg  y  mnasiuin  d^r  gra  mma  lisch-sl  ilistische  Un- 
lerrichl, der  den  Zweck  hat,  ^«die  grammatische  Kenntnis  zu 
Ixwahren  nnd  zu  erweitern  und  den  Sinn  für  die  Eigenthfimlich- 
keit  des  lateinischen  Ausdruckes  in  Hinsicht  auf  Worte  und  Satz- 
biidung  zu  erwecken,  hauptsächlich  durch  Übungen  im  Übersetzen 
in's  Laleini.^che,  an  welche  sich  »m  angemessensten  die  allge- 
meinen grammatischen  und  stilistischen  Bemerkungen  anschliefsen. 
I£iu  Vortrag  über  lateinische  Stilistik,  wenn  dieser  zuweilen 
slatlfindel,  kann  nur  die  Absicht  haben,  die  im  Laufe  der  Übun- 
gen und  der  Leclüre  vorgekommenen  Bemerkungen  unter  etwaH 
allgemeinere  Gesichtspunct^  2U  sammeln.'^ 

Die  Erfahrung  stellte  heraus,  dass  die  in  diesen  Bestim- 
mungen des  Org.  Entwurfes  (S.  25,  114,  115)  vorausgesetzte 
grammatische  Sicherheit  nicht  in  dem  erforderlichen  Mafse  bei 
den  Schülern  anzutreffen  war,  und  es  ist  daher  nachtraglich  auch 
für  das  Obergymnasium  eine  Grammatik,  jedoch  nur  als  Hilfe-* 
und  Nnchschlagebuch  zur  Ergäneung  und  Befestigung  der  giam* 
malischen  Kenntnis  zugelassen  worden. 

Ein  Haupthindernis  dea  (Jnterrichtserfolges  hat  man  in  un- 
sur«ichender  Aneignung  und  Einäbitng  der  Formenlehre  gefun- 
den; die  Zulassung  einer  Hilfsgrammatik  für  das  Obergymnasium, 
war  zugleich  eine  Hinweisung  auf  das  vorhandene  zweite  wenig- 
sliMis  eben  so  grof^e  Hindernis,  auf  mangelhafte  Kenntnis  und 
Durchubung  der  Syntax.  Es  fragt  sich,  ob  durch  das  gebotene 
Mittel  das  letztere  Hindernis  beseitigt  werden  könne. 

Eine  Grammatik,  blofs  zum  Nachschlagen  bei  dargebotenen 
Anlassen  ist  nur  für  den  von  wirklichem  Nutzen,  der  eine  in 
d<'U  Uaupipuncten  vollständige  grammatische  Kenntnis  bereits  als 
sicher«^  Biginthum  besitzt;  wo  diese  Sicherheit  noch  mangelt, 
kann  das  Nachschlagen  nur  dahin  führen,  dass  an  die  Stelle  der 
geordneten  Kenntnis  ein  zusammenhangsloses  Wissen  zerstreuter 
Einzelheiten  tritt.  Soll  dies  verhütet  werden,  ^o  muss  die  Hilfs- 
grammatik dem  Schüler  zugleich  wirkliches  Lehrbuch  sein ,  das 
seinem  Wissen  die  Grundlage  bietet  und  Bindung  sichert.  Das^ 
ihm  hiebet  die  Schule  zu  Hilfe  kommen  soll,  ist  in  dem  Org. 
Entwürfe  durch  das  ^«Sammeln  der  vorgekommenen  Bemerkungen 
unter  ellgemeine  Gesichtspnncte^'  angedeutet;  denn  von  den  zer- 
streuten Bemerkungen  aus  Anlass  der  Übungen  und  der  Lecture 
werden,  wenn  die  Zusammenfassung  unterlassen  wird,  manche 
behalten,  viele  vergessen,  und  die  jedesmalige  Hinweisung  auf  die 
Grammatik  kann  dann  nur  dazu  dienen,  die  Verwirrung  zu  ver- 
mehren. Aber  auch  die  Zusammenfassung  kann  nicht  leisten,  was 
»ie  soll,  wenn  sie  auf  alles  und  jedes,  was  vorgekommen  ist, 
lOhne  Unterschied  und  Wahl  sich  erstreckt;    sie   muss    in  plan- 


über  die  Ai»ordi)ung  d.  tat.  Gramm,  ete.,  ?.  A.  IVMeim*       M9 

mafsiger  Ordnung  auf  Berestigang  und  Erweiterung  der 
vorhandenen  zusammenhängenden  grammatischen  Kenntnis 
gerichtet  sein,  daher  stets  an  Bekanntes  anknüpfen,  näm- 
lich an  Begeh),  die  der  Schüler  aus  seiner  Grammatik  kennt  und 
sofort  in  derselben  zu  finden  weifs.  Wie  daher  einerseits  die 
Thätigkeit  des  Lehrers  bei  der  Mittheilung  der  grammatischen  Be-* 
merkungen  durch  die  Bäcksicht,  nicht  auf  die  Grammatik  über- 
haupt oder  auf  die  Beihenfoige  der  Lehrpartien  in  derselbcHi 
sondern  auf  zweckmäßige  Anordnung  der  Bemerkungen  für 
leichte  Überschaulichkeit  nach  der  von  den  Schülern  gebrauchten 
Grammatik  geleitet  werden  muss,  so  ist  es  anderseits  zur  Siche- 
rung des  Erfolges  unerläfslich,  dass  äxfd  Schüler  mit  der  Gram- 
matik, auf  die  sich  der  Unterricht  bezieht,  vollkommen  vertraut 
und  in  derselben  sicher  heimisch  sind.  Ob  dies  der  Fall  ist  Uud 
sein  kann,  wenn  ihnen  m  der  5.  Classe  eine  neue  Grammatik  in 
die  Hände  gegeben  wird,  braucht  kaum  erörtert  zu  werden. 
Die  Aneignung  der  Syntax  zu  festem  und  sicherem  Besitzthume 
ist  schwieriger  als  die  der  Formenlehre,  weil  die  Mannigfaltigkeit 
des  Lehrstoffes  wegen  der  mannigfaltigen  Beziehungen  der  Worte 
im  Satze  und  der  Satze  in  der  Rede  eine  gröfsere  ist  und  die 
Auffassung  nicht  vrie  bei  der  Formenlehre  zugleich  theilweise 
durch  mechanische  Gedächtnisthätigkeit  erleichtert  wird.  Es  kann 
daher  auch  nicht  befremden^  wenn  die  Schüler  —  einige  ausge- 
nommen, die  gegen  die  Gesammtzahl  nicht  in  Betracht  kommen  — 
nicht  die  erforderliche  Sicherheit  in  der  Syntax  in's  Obergym- 
nasium mitbringen.  Schon  aus  dieser  Rücksicht  muss  es  wun- 
schenswerth  erscheinen,  dass  die  in  der  8.  und  4.  Classe  ge- 
brauchte Grammatik  den  Schülern  auch  im  Obergymnasium  be- 
lassen werde.  Dazu  kommt  noch  eine  zweite  Rücksicht.  Die 
Syntax  bietet  keine  so  äufserlich  hervorspringende  und  leicht 
überschauliche  Einlheilung  und  Darstellung  des  Lehrstoffes  dar, 
wie  dicj«  bei  der  Formenlehre  der  Fall  ist;^  es  kann  daher  auch 
nicht  leicht  erwartet  werden,  dass  bei  einem  Wechsel  der  Gram- 
matik die  Schüler  sich  in  der  neuen  Syntax  gehörig  zurecht 
finden  Und  sicher  heimisch  tnachen. 

Demnach  erscheint  es  als  eine  richtige  Forderung,  dass  die 
Grammatik  für  die  3«  und  4.  Classe  zugleich  für  den  Gebrauch 
im  Obergymnasium  eingerichtet  sein  soll. 

Diese  Forderung  liegt  auch,  wenn  gleich  nicht  in  den  Wor- 
ten, doch  desto  gewisser  in  dem  Sinne  der  Verordnung  '),  welche 


')  In  der  ministeriellen  VerordDuug,  auf  welche  der  Hr.  Verf.  Bezug 
nimmt  (vom  10.  luni  1654,  Gymn.  Ztschr.  1854,  S.  567),  lauten 
die  den  vorliegenden  Gegenstand  betreffenden  SteUen  wörtlich: 

«Wenn  im  Üntergymnasium  eine   bestimmte  lateinische 
oder  griechische  Sprachlehre  einmal  gewählt  ist,  so  darf  diese  fuir 


5#i      Ober  die  Anordnung  d.  lat.  Gramm,  etc. ,  v.  A.  Wilhelm. 

den  Grullds^alz  festgehalten  ivictsen  will,  dass  im  Obergymnasium 
ala  Uilfabuch  keine  lateinische  Sprachlehre  benutzt  werden  soll, 
die  einen  von  der  im  Unlergymnasium  benutzten  Sprachlehre 
Terschiedenen  Verfasser  hat.  Es  ist  bekannt,  dass  die  Festhal- 
tung dieses  Grundsalzes  dem  Wortlaute  nach  bisher  nicht  von 
dem  erwarteten  Erfolge  begleitet  war. 

Dass  eine  lateinische  Grammatik  für  das  ganze  Gymnasium 
zu  den  nie  erfüllbaren  Wünschen  gehört,  ist  gewiss.  Denn  eine 
solche  Darstellung  des  gesammten  für  das  Gymnasium  gehörigen 
Lehrstoffes  in  einer  Sprachlehre,  dass  daraus  der  für  die  unter- 
sten Classen  bestimmte  Tbeil  von  den  Schulern  ohne  Beirrung 
erlernt  weidrn  könne,  bleibt  undenkbar,  wie  man  auch  immer 
den  Lehrstoff  nach  Stufen-  unterscheiden  wollte,  abgesehen  von 
der  Fassung  der  Regeln.  In  den  Elementarlehrbüchern  muss  den 
Schulern  nur  das  geboten  werden,  was  für  sie  Lernaufgabe  ist; 
alles  übrige  stört,  hemmt,  beirrt,  verwirrt.  Es  müssen  daher 
die  Wünsche  sich  auf  eine  Grammatik  für  die  sechs  Classen  von 
der  dritten  an  beschranken ;  und  sie  dürfen  es  auch,  denn  durch 
dieselbe  wird  vollkommen  erreicht^  was  von  einer  Grammatik 
für  das  ganze  Gymnasium  erwartet  wird:  dass  die  Schüler  mit 
ihrer  Grammatik  genau  vertraut  und  in  derselben  sicher  hei- 
misch seien. 

Hit  dem  Gesagten  ist  zugleich  nachgewiesen,  dass  Darstel- 
lung des  grammatischen  Stoffes  in  zwei  Sprachlehren,  von  denen 
die  eine  für  das  Untergymnasium,  die  andere  für  das  Obergym- 
nasium bestimmt  ist,   nicht  zweckmäfsig   genannt  werden  kann* 

Krakau.  A.  Wilhelm. 


dieselben  Sctiüier   bis   sum   Schlüsse    des    Untergymna- 
s  i  u  m  s  niclit  mehr  gewechselt  werden.* 

«Von  Lehrern  und  Schülern  ist  der  Grundsatz  feslzuhalten, 
dass^  im  Obergymnasium  als  Hilfsbuch  keine  lateinische  GrammatitL 
benutzt  werden  soll,  die  einen  von  der  im  Lnlergymnasium  be- 
nutzten Spraolilebre  verschiedenen  Verfasser  hat.* 

Mit  dem  ersten  der  beiden  angeführten  Sätze  steht  die  vom  Hrn. 
Verf.  für  die  im  Unlergymnasium  anzuwendenden  lateinischen  Sprach- 
lehren empfohlene  Einrichtuuf?  in  unverkennbarem  Widerspruche. 
Es  wäre  su  wünschen,  dass  dieser  Gegensatz  gegen  eine  unseres 
Vyissens  noch  bestehende  Verordnung  ausdrücklich  bezeichnet  wäre. 
Die  (Überzeugung  übrigens,  aus  welcher  bei  dem  Hrn.  Verf.  der 
Gegensatz  hervorgegangen  zu  sein  scheint,  nämlich,  dass  unmög- 
lich dieselbe  lateinische  Grammatik  für  das  ganze  Gymnasium 
zweckmäfsig  sein  könne,  ist  bei  den  Schulmännern  nicht  so  all- 
gemein, wie  der  Hr.  Verf.  vorauszusetzen  scheint. 

A.  d.  Red. 


Ober  schriftl.  griecb.  Obungen  etc.,  y.  ä.  Schenkt,  50S 


Über   die  schriftlichen   Übungen   im   griechischen 

Unterrichte  am  Obergymnasium 

und  über  den  Gebrauch  commentierter  Schulausgaben  von  griechischen 

und  lateinischen  Glassikern. 

L 

Das  vorhergehende  HeA  dieser  Zeitschrift  enthält  zwei  Auf-* 
satzc  des  Hrn.  Schulrathes  A.  Wilhelm,  in  welchen  zwei  Fragen 
von  hoher  Wichtigkeit  für  unseren  Gymnasialunterricht  berührt 
werden.  In  dem  zweiten  spricht  nämlich  der  Hr.  Verfasser  über 
die  Behandlung  der  griechischen  Grammatik  in  den  oberen  Classen 
des  Gymnasiums  und  über  die  Übungen  im  Übersetzen  aus  dem 
Deuttüchen  in's  Griechische;  der  erste  Aufsatz  enthält  in  seinem 
dritten  Abschnitte  ein  entschiedenes  Verwerfungsurtheil  gegen 
commentierte  Schulausgaben  griechischer  und  lateinischer  Clas« 
siker.  Je  wichtiger  nun  die  hier  angeregten  Fragen  für  den 
Gymnasialunterricht  sind,  desto  mehr  glaubt  der  Unterzeichnete 
im  Interesse  des  Unterrichtes  zii  kandeln,  ivenn  er  es  unternimmt, 
die  aufgestellten  Sätze  und  vorgebrachten  Gründe  einer  einge- 
henden Erwägung  zu  unterziehen.  Er  glaubt  auch  gleich  im 
Eingange  bestimmt  aussprechen  zu  müssen,  dass  die  Gründe^ 
welche  Hr.  W.  für  seine  Behauptungen  vorbringt,  ihn  nicht  über* 
zeugt,  sondern  vielmehr  in  seinen  schon  früher  gefassten  An- 
sichten bestärkt  haben.  Nach  diesen  einleitenden  Bemerkungen 
geht  nun  der  Unterzeichnete  unmittelbar  zur  Sache  und  zwar 
zunächst  zur  Besprechung  der  Frage  über  die  schriftlichen  Übun- 
gen im  griechischen  Unterrichte  am  Obergymnasium. 

Hr.  W.  deutet  gleich  anfangs  mit  Recht  darauf  hin,  dass 
der  grammatische  Unterricht  im  Obergymnasium,  was  die  grie- 
chische und  lateinische  Sprache  anbetrifft,  verschiedene  Zwecke 
verfolge.  Dies  zeigt  sich  ganz  besonders  darin,  dass  den  schrift- 
lichen Übungen  in  der  lateinischen  Sprache  ein  ganz  anderes 
Ziel  vorgesteckt  ist,  als  denjenigen,  welche  auf  dem  Gebiete 
des  griechischen  Unterrichtes  zur  Anwendung  kommen.  Denn 
bei  ersicren  kommt  hauptsächlich  die  stilistische  Seite  in  Betracht; 
der  Schüler  soll  nicht  blofs  die  Regeln  der  Grammatik  und  Syntax 
genau  kennen  und  anwenden  lernen,  sondern  er  soll  auch  aus 
dem  Schatze  der  Sprache  die  für  seine  Arbeiten  erforderlichen 
Wörter,  Ausdrücke  und  Phrasen  selbständig  auswählen,  und  über 
Salzstellung,  Satzverbindung  u.  s.  w.  nach  eigenem  Urtheile  ent- 
scheiden. Dagegen  können  die  Übungen  im  Übersetzen  aus  dem 
Deutschen  ins  Griechische  blofs  den  Zweck  haben,  den  Schüler 
in  der  Kenntnis  der  grammatischen  Formen  zu  befestigen  und 
ihm  die  Regeln  der  Syntax  durch  lebendige  Übung  zur  klaren 
Anschauung  zu  bringen  und  bleibend  anzueignen.  Die  stilistische 


M$  Ober  schriftl.  ^ciecb.  Übungen  etc.,  v.  K,  Schenkt. 

Seile  wird  hiebei  nicht  berücksichtigt;  es  müssen  somit,  mag 
man  nun  ein  Übungsbuch  gebrauchen  odor  mag  der  Lehrer  die 
Ut«saufg«ben  andictieren,  die  ungewöhnlicheren  Bedeutungen  und 
Phrasen  den  Schülern  angegeben  und  auch  über  Satzverbindung 
und  Satzstellung  das  Nolhwendige  bemerkt  werden.  Natürlich 
wird  man  derlei  Bemerkungen  anJfänglich  im  reicheren  Mafse  ge- 
ben müssen;  späterhin  aber,  wenn  sich  die  Kenntnisse  der  Schüler 
befestigt  und  erweitert  haben,  wird  man  dieselben  immer  mehr 
be«diranken  können.  Solche  Übungen  dürfen,  wie  mich  daucht, 
Hiebt  hintangesetzt  werden,  wenn  nicht  die  gründlichen  Kenntnisse 
itt  der  Formenlehre  schwinden  und  an  ihre  Steile  eine  seichte 
Oberflächlichkeit  treten  soll.  Und  auch  zur  Befestigung  und  Er-^ 
weilening  der  Kenntnisse  in  <Ier  Syntax  werden  solche  Übungen 
sehr  viel  beitragen;  denn  es  ist  etwas  ganz  anderes  einen  syn- 
toklischen  Fall,  dem  man  in  einem  griechischen  Schriftsteller 
begegnet,  zu  beurtheilen  und  zu  erklären,  als  bei  einem  in  der 
Muttersprache  vorgelegten  Satze  zu  entscheiden,  welche  Construc-* 
tioii  hier  im  Grieehischen  anzuwenden  wäre.  Nur  durch  solche 
Übungen  kann  der  Schäler  ein  sicheres,  klares  Verständnis  der 
syntaktischen  Regeln  erlangen,  und  man  wird  ungescheut  behaup* 
ien  können,  dass  die  richtige  Beurtheilung  eines  solchen  Falles 
den  Schüler  mehr  in  seinen  Kenntnissen  fördert,  als  wenn  bei 
der  Leetüre  eines  Schriftstellers  dieselbe  Conslruction  mehrmals 
hervorgehoben  und  erklärt  wird.  ^  Was  ferner  die  Wortstellung, 
den  Gebrauch  von  Präpositionen,  von  satzverbindenden  Partikeln 
u.  dgl.  anbelangt,  so  kann  eine  sichere  Kenntnis  dieser  Partien 
eben  wieder  nur  durch  solche  Übungen  vermittelt  werden.  Es 
genügt  nicht  allein  bei  der  Leclüre  die  richtige  Erklärung  zu 
geben,  sondern  es  muss  auch  noch  die  praktische  Anwendung 
hinzukommen,  wenn  anders  ein  lebendiges  Wissen  erzielt  werden 
soll.  Durch  mündliche  Übungen,  sei  es  bei  der  Leetüre  oder  in 
eigenen  Stunden,  wird  man  nie  das  Gleiche  erreichen,  wie  durch 
schriftliche  Übungen.  Denn  abgesehen  davon,  dass  bei  ersteron 
nie  volle  Correctheit  erzielt  werden  kann,  wie  dies  z.  B.  in  Be- 
Biehung  auf  die  Accentlehre  jedermann  klar  sein  wird,  so  muss 
die  fortwährende  Wiederholung  derselben  Dinge  in  den  oberen 
Clsssen  das  Interesse  an  der  Leetüre  nothwendig  verkümmern,  um 
so  mehr,  als  ja  nicht  alle  Schuler  einer  Clas^ie  auf  denselben  Stufen 
stehen  und  die  vorgerückteren  bei  derlei  Übungen  keine  entspre- 
chende geistige  Beschäftigung  finden.  Bei  schriftlichen  Übungen 
aber  wird  die  Thatigkeil  aller  Schuler  der  Classc  \n  Anspruch 
genommen,  durch  sie  werden  die  Schüler  genöthigl  ihre  Gram- 
matik fleilsig  zur  Hand  zu  haben,  bald  diese,  bald  jene  Partie 
SU  wiederholen  und  sich  selbst  so  in  beständiger  Übung  zu  er- 
halten. Der  Unterzeichnete  weifs  aus  Erfahrung,  wie  auf  solche 
Weise  auch  bei  Schülern,  Welche  keine  ganz  genügende  Vorbe- 
reitung genossen  haben,  in  kurzer  Zeit   die   Lucken  ergänzt  und 


Öltor  sehriJU.  grieotu  Obungeii  etc.,  t.  M.  SeketM.  M7 

bedeutende  Fortschritte  erzielt  werden  können;  er  weils,  wie 
solche  Cbungen,  weit  entfernt  eine  Last  für  die  Schüler  zu  wer-*- 
den,  vielmehr  mit  Lust  und  Liebe  von  denselben  betrieben  wur-i* 
den  und  sie  zu  einem  eifrigen  Studium  der  in  der  Schule  gele- 
senen Autoren,  ja  auch  zu  einer  ziemlich  umfangreichen  Privat* 
lectüre  anreglen.  Darum  wird  auch  an  allen  deutschen  Gym-t> 
nasien  diesen  Übungen  eine  sorgfällige  Berücksichtigung  zuge- 
wendet und  bei  den  schriftlichen  Maturitätsprüfungen  in  den 
meisten  Studieneinrichtungen  die  Anforderung  gestellt,  dass  der 
Examinand  ein  sogenanntes  griechisches  Scriptum  correct  ausar-? 
bellen  könne;  auch  zeigen  die  wiederholten  Auflagen  der  Über«^ 
Setzungsbücher  von  Rost,  Pranke,  Blume  u.  a.,  welches  Gewicht 
man  diesem  Theiie  des  griechischen  Unterrichtes  beilegt. 

Der  Unterzeichnete  ist  nun  weit  entfernt  von  dem  Gedanken^ 
l^ine  gleiche  Ausdehnung  von  derlei  Übungen,  wie  an  den  deut«* 
sehen  Gymnasien,  auch  für  unsere  Schulen  zu  beanspruchen; 
Dagegen  spricht  schon  der  Umstand,  dass  die  dem  griechischett 
Unterrichte  an  unseren  Gymnasien  zugemessen^  Zeit  eine  bedeu- 
tend geringere  ist.  Auch  kann  man  wol  nicht  läugnen,  dass  an 
manchen  deutschen  Gymnasien  das  Bhifs  der  Nothwendigkeit  bis- 
weilen überschritten  wird,  wie  wenn  man  z.B.  statt  sich  an  ein 
bewährtes  Übungsbuch  mit 'einem  entsprechenden  Wörterverzeich- 
nisse zu  halten,  anderweitige  Stücke  den  Schülern  vorlegt  und 
so  dieselben  nöthigt,  eiii  ausführliches  deutsch-griechisches  Wör-» 
terbuch  zu  gebrauchen.  Dass  dieses  geschieht,  dafür  zeugt  die 
Existenz  und  Verbreitung  solcher  Wörterbücher,  wie  der  von 
Rost,  Franz,  Pape,  Jacobitz,  Seiler  u.  a.,  welche  zum  Theiie  in 
wiederhotten  Auflagen  erschienen  sind.  Doch  in  einem  Mafse^ 
welches  der  Ausdehnung  des  griechischen  Unterrichtes  an  un- 
seren Gymnasien  entspricht,  müssen  diese  Übungen  betrieben 
werden  und  ihre  Vemachlässigong  wird  überall  nur  traurige  Re* 
sultate  aufweisen.  Zeigt  ja  doch  die>. &fahrung,  dass  da,  wo 
diese  Übungen  mehr  hintangesetzt  werden,  der  griechische  Unter- 
richt sich  nur  kümmerUch  dähinschleppt,  während  er  da,  wo 
man  dieselben  ernstlich  berücksichtigt,  schnell  zur  Blüthe  gedeiht. 
Auf  Grund  dieser  Beobachtungen  und  ermuntert  durch  den  Rath 
hochgeachteter  Schulmänner,  hat  der  Unterzeichnete  ein  Übungs^ 
buch  zum  Übersetzen  aus  dem  Deutschen  und  Lateinischen  in*8 
Griechische  für  das  Obergymnasium  verfasst,  welches  im  vor* 
hergehenden  Jahre  im  Drucke  erschienen  ist.  Ob  dasselbe  seiner 
Aufgabe  entspricht,  mögen  Andere  beurtheilen,  der  Verfasser  hat 
es  wenigstens  als  eine  Herzenssache  betrachtet,  durch  dieses  Buch 
eine  sichere  Grundlage  für  die  bezeichneten  Übungen  darzubieten 
und  ihre  wirkliche  Ausführung  zu  fördern. 

Herr  W.  spricht  sich  dagegen  entschieden  gegen  jeden  Ge- 
brauch eines  Übungsbuches^  aus ,  indem  er  einerseits  das  nied- 
rigere Ziel,  welches  dem  grammatischen  Unterrichte  in  der  gnt'^ 


ۥ6  Ober  scbriftl.  griech.  Cbungcn  clc ,  v.  K,  SohenhL 

chi^chen  Sprache  am  Obergymnasium  vorgesteckt  ist,  die  be- 
schrankte Unterrichtszeit  und  den  Umstand  betont,  dass  bei  den 
noch  geringen  Vorkenntnissen  der  Schüler  in  den  ersten  Classen 
des  Obergymnasiums  derlei  Übungen  im  Übersetzen  zusammen- 
hängender Stücke  schwerlich  Platz  greifen  können,  anderseits 
auf  den  Organisationsentwurf  (S.  180,  Min.  Erlass  vom  10.  Sept. 
1855,  Z.  10,  312)  verweist,  welcher  für  die  siebente  und  achte 
Classe  «zuweilen  ein  an  das  Gelesene  sich  anschliefsendes  Pen- 
sum'^ vorschreibt.  Wenn  nun  auch  dem  granmia tischen  Unter- 
richte im  Griechischen  am  Obergymnasium  ein  niedrigeres  Ziel 
gesetzt  und  die  ihm  zugewiesene  Zeit  eine  beschränktere  ist,  als 
dies  bei  der  lateinischen  Sprache  der  Fall  ist,  so  kann  man 
doch  daraus  nicht  den  Schluss  ziehen,  dass  deshalb  der  Gebrauch 
eines  Übungsbuches  ausgeschlossen  werden  müsse.  Denn  schrift- 
liche Übungen  sind  angeordnet,  und  zwar  für  die  fünfte  und 
sechste  Classe  alle  vier  Wochen  ein  Hauspensum  und  zeitweilig 
eine  Schulcomposition.  Soll  nun  der  Lehrer  zu  zeitraubenden 
Dictaten  seine  Zuflucht  nehmen,  welche  jetzt  und  zwar  mit  gu- 
tem Grunde  beseitigt  sind,  während  sie  in  dem  früheren  Stu- 
dienwesen eine  so  grofse  Rolle  spielten,  oder  soll  er  sich  an  ein 
gutes  Buch  halten,  aus  welchem  er  je  nach  Bedürfnis  der  Schü- 
ler entsprechende  Stücke  auswählen  kann?  Ich  glaube  die  Frage 
ist  nicht  schwer  zu  entscheiden.  Was  weiterhin  die  für  die 
siebente  und  achte  Classe  vorgeschriebenen  Übungen  anbelangt, 
so  können  die  Worte :  «ein  an  das  Gelesene  sich  anschließendes 
Pensum'^  wol  nichts  anderes  bezeichnen,  als  dass  der  Lehrstoff 
für  solche  Aufgaben  benützt  werden  solle.  Der  Unterzeichnete 
erlaubt  sich  nun  hierüber  eine  bescheidene  Ansicht  auszusprechen. 
Dass  die  Verarbeitung  von  gelesenen  Stellen  zu  Compositions- 
sloiTen  ein  vortreffliches  Mittel  ist,  um  zu  erproben,  wie  die 
Schüler  die  Leclüre  aufgefasst  und  sich  angeeignet  haben,  und 
dieselben  durch  den  Hinblick  auf  derlei  Übungen  zu  gröf^erem 
Eifer  anzuregen,  bedarf  wol  keiner  weiteren  Auseinandersetzung. 
Aber  abgesehen  davon,  dass  solche  Bearbeitungen  die  Zeit  des 
Lehrers  sehr  in  Anspruch  nehmen  und  einen  bedeutenden  Takt 
erfordern,  möchte  ich  sie  doch  nicht  ausschliefslich  als 
Stoffe  für  Compositionen  anempfehlen,  da  es  doch  auch  wün- 
schenswerth  sein  muss  zu  sehen,  wie  der  Schüler  sich  auf  einem 
ihm  unbekannteren  Felde  bewegt.  Es  dürfte  daher  nicht  un- 
zweckmäfsig  sein  solclie  Übungen  mit  anderen,  welch<i  mit  der 
Leetüre  in  keinem  directen  Zusammenhange  stehen ,  abwechseln 
zu  lassen,  und  zwar  so,  dass  den  Schülern  bei  den  ersteren  nur 
eine  kürzere,  bei  den  letzleren  hingegen  eine  längere  Frist  zur 
Ausarbeitung  der  Aufgabe  geslaflet  würde.  Viel  weniger  aber 
eignen  sich  Verarbeitungen  des  LesesiüfTcs  für  häusliche  Auf- 
gaben, da  hier  dasjenige  wegfällt,  was  ihnen  als  Schulaufgaben 
einen  so  grofsen  Werth  verleiht,  nämlich  dass  der  Schüler,  was 


Ober  schriftl.  griech.  Übungen  etc.,  v.  K.  Schenki.  d09 

die  Wahl  der  Bedeutungen,  der  Constructionen  u.  s.  w.  anbe- 
langt, lediglich  auf  sein  Gedächtnis  angewiesen  ist.  Dazu  kommt^ 
dass  der  Inhalt  solcher  Übungen  eben  nur  eine  blolse  Repro- 
duction  des  Gelesenen  sein  kann  und  sich  somit  wol  für  halb- 
stündige Compositionen,  aber  nicht  für  Pensa  eignet,  welche  für 
mehrere  Wochen  aufgegeben  werden.  Endlich  durfte  auch  jene 
Bestimmung  des  Organisationsentwurfes  kaum  im  buchstäblichen 
Sinne  auszuführen  sein,  da  in  zwei  Semestern  der  obersten  Clas- 
sen  Tragoßdien  des  Sophokles  gelesen  werden,  deren  Inhalt  sich 
schwerlich  zu  solchen  Übungen  verarbeiten  liefse,  und  die  Lec- 
türc  des  vorhergehenden  Semcstersi,  Demosthenes  oder  Piaton 
hiezu  zu  verwenden  wird  auch  nicht  angehen,  weil  derlei  Auf- 
gaben nur  da,  wo  das  eben  Gelesene  und  Erklarte  noch  im  fri- 
schen Gedächtnisse  ist ,  mit  Nutzen  angewendet  werden  können. 
Es  dürfte  sich  somit  auch  für  die  obersten  Classen  der  Gebrauch 
eines  Übungsbuches  als  eine  Nothwendigkeit  herausstellen.  Dabei 
erlaubt  sich  der  Unterzeichnete  noch  die  ganz  unmafsgebliche 
Bemerkung,  dass  es  mit  Rücksicht  auf  die  Nothwendigkeit  und 
Nützlichkeit  solcher  Übungen  wol  dicht  unzweckmäfsig  erschei- 
nen dürfte,  wenn  dem  Lehrer  des  Griechischen  in  der  fünften 
und  sechsten  Classe  gestattet  würde,  je  nach  der  Vorbildung 
und  den  Fortschritten  der  Schüler  alle  vierzehn  Tage  oder  alle 
vier  Wochen  ein  Hauspensum  von  sehr  mäfsigem  Umfange 
zu  geben,  in  den  beiden  obersten  Classen  aber  für  jeden  Monat 
eine  häusliche  Aufgabe  vorgeschrieben  würde.  Auch  könnte  man 
bisweilen  statt  die  Reinschrift  eines  Pensums  zu  verlangen,  die 
Schüler  sich  auf  ein  Übungsstück  zu  Hause  vorbereiten  und  dann 
dasselbe  in  einer  für  die  grammatischen  Übungen  bestimmten 
Stunde  mündlich  übersetzen  lassen.  So  würde  jede  Überbür- 
dung der  Schüler  vermieden  und  das  oben  bezeichnete  Ziel  sicher 
erreicht. 

Hr.  W.  wendet  weiter  gegen  den  Gebrauch  eines  Übungs- 
buches ein^  dass  die  Schüler  beim  Eintritte  in  die  fünfte  Classe 
noch  nicht  die  Vorbildung  haben,  um  mit  ihnen,  wie  im  Latei- 
nischen, selbständige  Übungen  im  Übersetzen  von  Aufgaben  ins 
Griechische  mit  Anknüpfung  von  Bemerkungen  zur  Befestigung 
und  Erweiterung  einer  noch  nicht  vorhandenen  Kenntnis  der 
Grammatik,  nämlich  der  Syntax,  vorzunehmen.  Auch  dieser  Grund 
ist  nicht  stichhaltig.  Wie  solche  Übungen  im  Griechischen  von 
denen  im  Lateinischen  verschieden  sind,  ist  schon  früher  ausein- 
andergesetzt worden.  Dazu  kommt,  dass  man  beim  Unterrichte 
in  der  griechischen  Formenlehre  nach  ganz  anderen  Grundsätzen 
verfahren  kann,  als  bei  dem  in  der  lateinischen  Formenlehre. 
Die  Schüler  sind  nämlich  nicht  blofs  im  Alter  weiter  vorgerückt, 
sondern  sie  haben  schon  wahrend  der  ersten  zwei  Jahre  des 
Unterrichtes  eine  Anzahl  von  Hauptsätzen  der  lateinischen  Syn- 
tax kennen  gelernt,    welche  Kenntnisse  bei  dem  fortschreitenden 


6t0  .Über  »chiTJflU  gritclu  ßbunge ii  etc. ,  v    A,  SrhtukL 

Unlerrichle  in  der  driUni  und  vielUn  Cla^;st'  immer  mehr  er- 
>ieilerl  werden.  Auf  Grundlage  dieser  Vorkenntnisse  lassen  sich 
ihnen  nun  gar  manche  Regeln  der  Syntax  schon  bei  der  Ein- 
übung der  Formenlehre  auf  die  einfachste  Weise  beibringen,  in- 
dem man  dieselben  an  die  ihnen  bekannten  Satze  der  lateinischen 
6yntax  anknöpft.  Darum  hal  auch  der  Unterzeichnote  in  seinem 
Elementarbucbe  überall^  wo  es  angieng,  auf  syntaktische  Regeln 
Rücksicht  genommen.  Bedenkt  man  noch,  dass  in  dem  zweiten 
Semester  der  vierten  Classe  die  in  dem  Elementarbucbe  enthal- 
tenen Lesestückt^  mit  den  dazu  gegebenen  Bemerkungen  durch- 
genommen werden  und  man  auch  ganz  füglich,  wie  dies  an  meh- 
reren guten  Gymnasien  geschieht,  mii  der  Leclöre  des  Xenopbon 
beginnen  kann,  so  dürfte  sich  soviel  herausstellen,  dass  dem 
Schüler  bei  seinem  Eintritte  in  die  fünfte  Classe  eine  grofse  An- 
zahl von  Regeln  aus  der  Casuslehre  und  die  wichtigsten  Haupt* 
Sätze  der  Tempus-  und  Moduslehre  bekannt  sind.  Ich  vermag 
somit  nicht  einzusehen,  warum  es  unter  solchen  Verhältnissen, 
tumal  bei  dem  Fortschreiten  des  syntaktischen  Unterrichtes,  nicht 
möglich  sein  sollte,  die  Schüler  der  fünften  Classe  leichte  zu« 
sammenhängende  Übungsstücke  aus  dem  Deutschen  ins  Griechische 
übertragen  zu  lassen.  —  Doch  wir  haben  bis  jetzt  nur  gehörig 
dass  Hr.  W.  den  Gebrauch  eines  Übungsbuches  verwirft,  und 
müssen  nun  die  Frage  stellen,  wie  er  selb^t  derlei  Übungen  eia-* 
gerichtet  wissen  will.  Hierüber  bemerkt  er  nun  folgendes:  ^fiie 
grammatischen  Übungen  können  und  sollen  mit  der  Leetüre  auf 
eine  zweifache  Art  in  Verbindung  gebracht  werden.  Die 
erstere  Art  besteht  in  der  Verwert  hu  ng  der  Leetüre  durch 
Heraushebung  von  Phrasen  und  Anknüpfung  von  Übungen  im 
Ruckübersetzen  geänderter  Satzformen.^^  Und  nachdem  er  noch 
des  Weitern  über  den  Zweck  solcher  Übungen  gesprochen^  fährt 
er  also  fort:  <,Es  ist  leicht  zu  sehen,  dass  eine  solche  Verwer- 
thung  der  Leetüre  in  einem  bezüglich  der  einzelnen  Sätze  nach 
und  nach  verhältnismäfsig  erweiterten  Umfange  sehr  nutzbrin- 
gend in  den  Kreis  der  mündlichen  granmiatischen  Übungen 
eintreten  wird.'^  Wir  sehen,  es  ist  hier  blofs  von  mündlichen 
Übungen  die  Rede,  die  schriftlichen  sind  gar  nicht  berück- 
sichtigt. Aber  auch  solche  mündliche  Übungen,  wie  sie  Hr.  W. 
vorschlägt ,  dürften  kaum  ihrem  Zwecke  entsprechen.  Im  Ele- 
mentarunterrichte wird  man  solche  Umstellungen  von  Sätzen  in 
den  Plural  oder  das  Passivum,  Umänderungen  des  Indicatives 
in  den  Optativ  oder  Imperativ  u.  dgl.  mit  Nutzen  anwenden,  in 
den  oberen  Classen  des  Gymnasiums  können  sie  dem  entwickel- 
ten Verstände  der  Schüler  nicht  mehr  zusagen.  Man  vergesse 
nur  nicht,  dass  die  fünfte  Classe  des  Gymnasiums  durchaus  nicht 
mit  der  dritten  Classe,  wo  im  lateinischen  Unterrichte  noch  ein 
ahnliches  Verfahren  befolgt  werden  kann,  auf  gleicher  Linie  steht. 
Bei  der  Lee  Iure  wird  der  Lehrer  allerdings  auch  in  den  oberen 


über  sohrlfll.  griecb.  Übungen  ete.,  v..  Jt.  SchenkL  611 

Cla^8fn  mauclies  der  Art  vornehinen;  er  wird  Verse  dos  Homer 
in  die  attische  Sprache  tiberlragen  las&en,  um  die  Eig^entbumlich- 
keiten  des  epischen  Sprachgebrauches  zu  veranschaulichen ,  er 
wird  einzelne  synlaklische  Constructionen  umändern  lassen ,  um 
eben  dadurch  die  Wesenheit  des  vorliegenden  Falles  klar  zu 
machen  ^  und  derlei  Übungen  hat  wo!  kein  tüchti»er  Lehrer  je 
bei  der  Leetüre  unterlassen;  aber  ganze  Stunden  mit  derlei  in- 
kallKieeren  Variationen  zuzubringen,  das  ist  etwas,  was  meiner 
didaktischen  Überzeugung  entschieden  widerstreitet.  Dazu  kommt, 
das8  derlei  Übungen,  wo  der  Scbüler!  den  ihm  vorgelegten  deut- 
schen Satz  alsogleich  griechisch  wiedergeben  soll,  sich  nur  auf 
einfache  Satzforinen  erdirecken  können,  alles  Schwierigere  abei 
ausgeschlossen  bleiben  nriuss.  Der  Söhüler  kommt  also  nie  dazu, 
mehrere  Satze  im  Zusammenhange  zu  übersetzen  und  die  Lehre 
von  der  Satzstellung  und  Satzverbindung  irgendwie  praktisch 
anzuwenden.  Ganz  etwas  anderes  ist  es,  wenn  der  Lehrer  den 
StofT  der  Leclüre  mit  geschickter  Auswahl  zu  einem  zusammen- 
hangenden Übungsstücke  verarbeitet  und  dieses  den  Schülern  zur 
scbriflllchen  Übersetzung  vorlegt.  Bei  mündlichen  Übungen  aber 
wird  man  nie  in  dieser  Weise  vorgehen  können;  denn  es  gehörl 
doch  viel  Idealität  dazu,  um  anzunehmen,  dass  alle  Schüler  einer 
Classe  ein  ganzes  Übungsstück  ohne  alle  schriftliche  Aufzeich- 
nung im  Kopfe  behalten  werden;  auch  müsste  man,  wenn  maa 
so  vorgehen  wollte,  consequenter  Weise  dahin  kommen,  von  dea 
Schülern  eine  gewisse  Fertigkeit  im  Griechischsprechen  zu  ver-> 
langen,  was  unmöglich  die  Aufgabe  des  griechischen  Unterrich-' 
tes  sein  kann  und  selbst  beim  lateinischen  Unterrichte  nur  ia 
einem  beschränkten  Mafse  ei'strebt  werden  soll.  Übrigens  setzen 
solche  Übungen  von  Seile  der  Lehrer  einen  sehr  feinen  Takt  und 
eine  volle  Beherrschung  nicht  blois  der  eben  gelesenen  Schrift,, 
sondern  der  Sprache  überhaupt  voraus,  Eigenschaften,  welehe 
sich  gewiss  nicht  bei  allen  Lehrern  im  gleichen  Mafse  vorfijiden 
werden.  Es  muss  Wunder  nehmen,  dass  Hr.  W.  hier  solche 
Voraussetzungen  macht,  während  er  doch  in  dem  anderen  Auf- 
satze weitläufige  Instructionen  über  die  gewöhnlichsten  Dinge 
Ae&  elementaren  Unterrichtes  gibt.  Bei  solchen  Verhältnissea 
dürfte  in  der  Praxis  nicht  selten  nur  das  Zerrbild  dessen  zu» 
Vorschein  kommen,  was  in  der  Theorie  mit  so  schönen  Farben 
gemalt  wird,  abgerissene  Sätze  ohne  eigentlichen  Inhalt  in  uo- 
gefügtem  oder  gar  schlechtein  Griechisch,  bisweilen  auch  getreue 
Rockubersetzungen ,  bei  welchen  sich  der  Schüler  durch  einen 
geschickten  Blick  in  ^m  griechischen  Text  hilft  und  so  die  be- 
queme Folgerung  macht,  dass  derlei  Übungen  doch  nicht  ernst- 
lich gemeint  seien.  Und  gesetzt  auch,  dass  durch  solche  Übun- 
gen wirklich  das  angedeutete  Ziel  erreicht  werden  sollte,  so 
könnten   doch   dieselben,   wie  schon  oben  bemerkt  wordea,   die 


ht2  Ober  schrifll.  griech.  Übungen  etc. ,  v.  A".  SchenkL 

übrigens  gesetzlich   angeordneten  schriftlichen  Übungen 
durchaus  nicht  entbehrlich  machen. 

Als  die  zweite  Art  der  Verbindung  der  grammatischen 
Übungen  mit  der  Lectüre  bezeichnet  Hr.  VV.  das  Verfahren,  das8 
die  Beispiele  für  die  syntaktischen  Regeln  aus  der  behandelten 
Lectüre  genommen  werden.  Allerdings  wird  nun  jeder  Lehrer 
darauf  Gewicht  legen,  dass  der  Schüler  treffende  Beispiele  für 
syntaktische  Regeln  der  Lectüre  entnehme  und  dieselben  zugleich 
mit  einer  genauen  Übersetzung  memoriere;  er  wird  ferner  da, 
wo  ein  syntaktischer  Fall  vorkommt,  den  der  Schüler  bereits 
kennen  gelernt,  auf  das  frühere  Beispiel  verweisen  und  wenn  sich 
mehrere  einzelne  zu>ammengehörige  Fälle  ergeben,  dieselben  un- 
ter eine  allgemeine  Regel  zu.'^ammenfassen ,  z.  B.  die  verschie- 
denen Constructionen  von  icqCv^  mdte  u.  dgL  Dieses  alles  muss 
man  bei  der  Lectüre  leisten ;  hier,  wo  die  Stellen  eben  übersetzt 
ond  in  ihrem  Zusammenhange  betrachtet  worden  sind,  muss  die 
genaue  Erklärung  gegeben  werden;  den  grammatischen  Stunden 
bleibt  blois  überlassen,  gröfsere  Partien  der  Syntax  übersichtlich 
durchzunehmen.  Übrigens  mu.^'s  der  syntaktit^che  Unterricht  sei- 
ner Hauptsache  nach  in  der  fünften  und  sechinten  Classe  beendet 
werden;  in  den  beiden  obersten  Clai^sen  wird  nur  noch  eine  Er- 
gänzung mancher  Einzelheiten  und  nach  Bedürfnis  die  Wieder- 
holung der  einen  oder  der  anderen  Partie  slaltzufinden  haben* 
Mag  man  nun  aber  der  hier  bezeichneten  Methode  folgen  oder 
sich  der  von  Hrn.  W.  vorgeschlagenen  anschliefsen,  nach  welcher 
man  sich  bei  der  Erklärung  auf  das  Noihwendigsle  beschränken 
und  das  Weitere  in  grammatischen  Stunden  behandeln  soll,  so  viel 
ist  gewiss,  dass  alle  mündlichen  Übungen  der  Art  doch  schrift- 
liche Übungen  nicht  entbehrlich  machen  können.  Der  Schüler 
muss  die  syntaktische  Regel  nicht  blofs  verstehen,  sondern  auch 
anwenden  lernen.  Das  aber  wird  nie  im  vollständigen  Mafsc 
erreicht  werden,  wenn  man  dem  Schüler  blofs  einzelne  Satze  vor- 
legt, die  natürlich  in  ihrer  bestimmten  Fasf'ung  hinlänglich  an- 
zeigen, welche  Constructionen  angewendet  werden  müssen,  und 
sich  somit  wol  für  Vorübungen,  aber  nicht  für  eigentliche  syn- 
taktische Übungen  eignen.  Diese  können  nur  an  gröfseren  zu- 
sammenhängenden Stücken  nutzbringend  vorgenommen  werden, 
weil  die  einzelnen  Sätze  erst  im  Zusammenhange  einen  wahren 
Inhalt,  eine  bestimmte  Bedeutung  erhalten.  Ob  z.  B.  in  einem 
Bedingungssatze  idv  oder  ei  mit  Optativ  anzuwenden  sei,  das 
kann  man  gar  häufig  nicht  aus  dem  Satze  selbst,  sondern  nur 
aus  dem  Zusammenhange  entscheiden.  Wir  sehen  somit,  dass 
man,  weder  was  Formenlehre  noch  was  Syntax  anbetrifft,  schrift- 
liche Übungen  entbehren  kann.  Und  damit  scheint  mir  auch 
die  Nothwendigkeit  des  Gebrauches  eines  Übungsbuches  hinläng- 
lich erwiesen.  Hr.  W.  hat  in  seinem  ganzen  Aufsalze  über  die 
schriftlichen,  vom  Gesetze  angeordneten  Übungen  nicht  ge- 


Ober  schrifU.  gricch.  Übungen  elc,  v.  K.  Sehenki,  AI3 

sprochen,  er  hat  b]o&  die  mündlichen  Cbungen  und  ihre  Ein- 
richtung berührt  und  dennoch  entschieden  über  jedes  Obungs* 
buch  den  Slab  gebrochen. 

Es  erübrigt  nur  noch  einige  Bemerkungen  am  Schlüsse  des 
Aufsatzes  des  Hrn.W.  in  näheren  Betracht  zuziehen.  Er  bringl 
hier  gegen  den  Gebrauch  eines  Übungsbuches  noch  zwei  Grunde 
vor.  Erstlich^  sagt  er,  würden  die  Schüler  durch  mündliche 
Übungen  genöthigt,  sich  an  gesammelte  Aufmerksamkeit  zu  rich- 
tiger und  fester  Erfas&ung  des  mündlichen  Unterrichtes  und  des 
lebendigen  Wortes  des  Lehrers  zu  gewöhnen.  Was  der  Unterb- 
richt zu  geben  habe,  solle  man  nicht  den  Schülern  in  Büchern 
darbieten.  Zweitens  würde  durch  freie  mündliche  Übungen  mehr 
Leichtigkeit  und  Gewandtheit  im  Gebrauche  der  Sprache,  daher 
auch  alimählich  ein  rascherer  Fortschritt  erreicht,  als  durch 
Übersetzung  aus  Büchern,  die  den  Schüler  nie  zu  dem  Bewusst- 
sein  der  Kraft  für  freie  Bewegung  gelangen  lasse.  Was  den 
ersten  Grund  anbetrifft,  so  müssle  derselbe  so  ziemlich  gegen 
alle  Schulbücher  gelten;  man  müsste  darnach  ganz  folgerichtig 
ein  Rechenbuch  mit  Beispielen,  eine  Geometrie  mit  Entwickelung 
der  Corollarien  verwerfen,  beim  Unterrichle  in  der  Geschichte 
sich  auf  blofse  Tabellen  beschränken  u.  dgl.  Ich  überschätze 
gewiss  nicht  die  Bedeutung  eines  Schulbuches,  glaube  aber,  dass 
ein  gutes  Buch  in  den  Händen  eines  Lehrers,  der  es  geschickt 
zu  benutzen  weifs,  ungemein  reichen  Nutzen  stiftet.  Und  was 
die  Schuler  anbelangt,  so  huldige  ich  durchaus  nicht  idealen 
Anschauungen  und  will  daher  Mittel,  welche  dazu  dienen  die 
Aufmerksamkeit  des  Schülers  festzuhalten  und  dem  schwächeren 
Schüler  eine  verständige  Nachhilfe  zu  gewähren,  nicht  vom  Un- 
terrichte ausgeschlossen  wissen.  In  Betreff  des  zweiten  Grundes 
habe  ich  nach  dem,  was  ich  früher  auseinandergesetzt,  nichts 
Weiteres  zu  bemerken.  Hr.  W.  wendet  sich  nun  zu  der  Frage, 
welche  Bücher  in  dem  Falle,  dass  man  sich  überhaupt  zu  dem  Ge- 
brauche eines  Buches  entschliefse ,  angewendet  werden  könnten. 
Er  spricht  zuerst  von  dem  Lesebuche  für  die  vierte  Classe  und 
erklärt  sich  gegen  die  Methode  die  syntaktischen  Regebi  nach 
der  Schulgrammatik  mit  Benützung  der  Beispiele  aus  dem  Ble- 
mentarbuche  durchzunehmen.  Der  Unterzeichnete  hat  dies  auch 
bei  der  Abfassung  des  Buches  nicht  im  Geringsten  beabsichtigt, 
sondern  diese  Beispiele  nur  nach  der  Folge  der  Grammatik  in 
gröfseren  Abschnitten  zusammengestellt»  Daraus  wird  nun  der 
Lehrer  der  vierten  Classe  nach  Mafsgabe  der  Leetüre  diejenigen 
Beispiele,  welche  sich  für  die  mündlichen  und  schriftlichen  Übun- 
gen dieser  Classe  eignen,  auswählen,  wiewol  man  einige  Übungs- 
stücke auch  im  ganzen  übersetzen  last^en  kann,  z.  B.  die  über 
die  Präpositionen.  Einiges  wird  dann  auch  noch  in  der  fünften 
Classe  seine  Verwerthung  finden  können.  Weilerhin  spricht  sich 
Hr.  W.  nochmals  gegen  den  Gebrauch  eines  besonderen  Übungs- 

ZciUehrift  f.  d.  Sttorr.  Oymn«*.  l860.  Vll.  Haft.  35 


614  Ober  schriftl.  griech.  Übungen  etc.,  v.  K,  SchenhL 

huc\m  für  die  oberen  Clas^sen  aus,  indem  er  auf  die  bescliränkle 
Zeit  des  griechischen  Unterrichtes  hinweist,    worüber  ich  schon 
oben  gesprochen  habe.     Er  polemisiert  ferner    gegen  einen  Salz 
in    der   Vorrede   zu   meinem   Übungsbuche,    wo   ich   bemerkte: 
^Sollte  man  vielleicht  noch  das  Bedenken  hegen,    dass   dadurch 
bei  der  ohnehin   nicht   reichlich  zugemessenen  Zeit   der  Umfang 
der  Leciüre  geschmälert  werde,  so  wolle  man  erwägen,  dass  die 
Festigkeit  und  Sicherheit   im  Gebrauche  der  Formen  und  Hand- 
habung der  syntaktischen  Regeln,  welche  durch  solche  Übungen 
erzielt  werden  muss,  gewiss  einen  schnelleren  Fortschritt  in  der 
Leetüre  un(i  «o  einen  reichlichen    Ersatz   darbietet. ^^     Hr.  W. 
wendet   dagegen    ein:    «Sicherheit   in  der   Grammatik    hilft   die 
Schwierigkeiten    der    Sprache    im    allgemeinen    überwinden,    ein 
rasches  Fortschreiten    der  Leetüre   aber  wird  nur   durch  Ein- 
dringen in  den  Schriftsteller  ermöglicht.     Was  wollte  man  z.  B. 
für  Förderung  der  Leetüre  eines  Demosthenes  und  Plato  von  der 
pbersetzung  einzehier  Sätze   über   syntaktische  Regeln  oder  von 
der  Rückübersetzung   einiger   Bruchstücke   aus   anderen  Schrift- 
stellern  erwarten?'^     Allerdings    können    solche   Übungen    nicht 
gerade  die  Leetüre  eines  bestimmten  Schriftstellers   fördern, 
wiewol  man  dies  von  der  Leciüre  attischer  Prosaiker  im  all- 
gemeinen recht  gut  behaupten  könnte,  aber  sie  fordern  die  Lee- 
töre  überhaupt,  indem  sie,  wie  schon  früher  bemerkt  ist,  die  gram- 
matischen Kenntnisse   befestigen,    die  syntaktischen   Regeln    zur 
klaren  Anschauung  bringen  und  bleibend  aneignen,  endlich,  was 
die  Lehre    von    der  Satzstellung,  dem    Gebrauche   der  Partikeln 
u.  dgl  anbetriift,   überall   dem  Schüler  ein  tieferes  Verständnis 
erschliefsen.     Jedermann   wird   zugeben,    dass    die    schriftlichen 
lateinischen  Übungen  die  Leciüre  der  Classiker  fördern,  ohne  zu 
verlangen,  dass  sie  gerade  der  Lectüre  eines  bestimmten  Schrifl- 
stelhTs  Vorschub  leisten  iiojlen.  —  Endlich  gibt  Hr.  W.  noch  einige 
Grundzuge  an,   wie  ein  Übungsbuch,    das  den  Bedürfnissen  der 
Schüler   am   Obergymnasium    im    allgemeinen    entsprechen 
könnte,  eingerichtet  sein  sollte.     Es  mü^sle,  sagt  er,    1)  für  die 
fünfte  und  jsechste  Classe  Beispiele  in  einzelnen  Sätzen   mit  Ein- 
mischung  verhältnismäßig    leichter    zusammenhängender    Stöcke 
über   die  wichtigsten   Regeln    der   Syntax,   2)  für    die    siebente 
und  jichte  Classe   einige  zusammenhängende   Stücke,   worin  na- 
mentlich die   schwierigsten  syntaktischen  Fälle  zur  Widerholung 
kämen.    Doch,   fügt   er   weiter  hinzu,   würde   ein    solches  Buch 
den   wirklichen    Bedürfnissen    der    Schüler    eben    so    wenig 
entsprechen,  wie  irgend  ein  anderes  Übungsbuch,    weil   die  Be- 
dürfnisse der  Schüler  nach  dem  Gange  des  Unlerrichles  und  vor- 
nehmlich   der   Leciüre    verschieden   sind   und   sein    müssen    und 
diesen  Bedürfnissen  nur  der   mündliche  Unterricht    wirklich   ge- 
nügen kann.     Was  die  Übersetzung  einzelner  Salze  zur  Einübung 
der  syntaktischen  Regeln  anbelangt,  so  habe  ich  mich  schon  oben 


Schulausgaben  m.  Commenlarcn  elc. ,  t.  L,  Vieihaöer.  515 

darüber  ausgesprochen  und  bemerkt,  dass  ich  dieselbe  nur  als 
leichte  Vorübung  betrachten  kann,  die  eigentlichen  Übungen  aber 
nur  mit  zusammenhangenden  Stucken  vorgenommen  werden  können. 
Daher  habe  ich  in  mein  Übungsbuch  nur  derartige  Stücke  auf- 
genommen und  zwar  für  die  beiden  unteren  Classen  kleinere  und 
leichtere  mit  reichlichen  Bemerkungen,  während  in  den  für  die 
beiden  oberen  Classen  bestimmten  Übungsstücken  der  Umfang 
vergröfsert  und  die  Anmerkungen  mehr  beschränkt  sind.  Daraus 
mag  nun  der  Lehrer  diejenigen  Stücke  auswählen,  welche  für 
die  von  ihm  behandelten  syntaktischen  Regeln  Beispiele  darbieten, 
und  welche  sich  für  seine  Schüler  nach  dem  Grade  ihrer  Vor- 
bildung eignen.  Selbständig  derlei  Übungsstücke  zu  bildet]  und 
gewisse  syntaktische  Fälle  in  dieselben  hineinzuzwängen ,  dazu 
konnte  ich  mich  durchaus  nicht  entschliefsen  und  bin  der  voIlen^Über- 
zeugung,  dass  mein  Verfahren  entschiedene  Billigung  Gnden  wird. 
Wenn  ich  aufser  den  deutschen  Übungsstücken  auch  lateinische 
gegeben  habe,  so  kann  ich  mich  dabei  auf  den  Vorgang  der  be- 
deutendsten Schulmänner  berufen.  Es  gibt  gewiss  nichts  so  be- 
It'hrendes  für  den  Schüler,  als  die  Eigenthümlichkeiten  der  bei^ 
den  Sprachen  durch  eingehende  Vergleichung  kennen  zu  lernen, 
und  dazu  gibt  es  wol  kein  besseres  Mittel,  als  solche  Übersetzun- 
gen «16  dein  Lateinischen  in  das  Griechische. 

Soviel  nun  über  den  einen  Punct;  über  den  andern  werde 
ich  im  folgenden  Hefte  sprechen.  '  ^ 

Innsbruck.  Karl  Schenkl. 

b 

Schulausgaben  mit  Commenlaren. 

EinBettungsversucb.  ; 

Herr  Schulrath  Wilhelm  in   Krakau   veröffentlichte   Im    6;' 
Hefte  dieser  Zeitschrift  einen  Aufsatz  'über   die  Behandlung  def 
Lateinischen  und  griechischen  Leetüre  an  dem  Gymnasium;'    l^'xit 
Erwarlung  von  einem  so  gewiegten  Schulmanne,  wie  Hr.  Seh.  W: 
es   h{^   reiche   Belehrung   durch   Mittheilung   einer  nmfassenderi^ 
Beobachtung  zu    finden,    ist  auch    in   diesem  erfüllt  und -es  isf- 
der  Ausdruck  aufrichtigen  Dankes,  wenn  ich  ohne  irgend  w^lchett* 
Rückhalt  erkläre,  vieles  aus  demselben  gelernt,  und  wo  ich  auch  nicM^ 
glaube   beistimmen  zu  können,    doch   vielfach   angeregt  worderiT 
zusein.  Und  gerade  weil  ich  mir  dessen  bewusst  bin,  fQhle  icfr 
mich  veranlasst,   meine  abweichende  Meinung  ebenso   offen  aus-^ 
zusprechen,  sei  es  auch  nur  zu  dem  Zwecke,  andere,  denen  vn^' 
chere  Erfahrung,  ausgedehnteres  Wissen,  gröfserer  Scharfsinn  als 
mir  zu  Gebote  steht,  zur  näheren  Prüfung  zu  veranlassen.  -  Zwar 
bin    ich   fast  ein  Neuling   auf  diesem  Gebiete,  jedoch   mag   zui^ 
Entschuldigung  dieser  Entgegnung  der  Umstand  dienen,  dtJss  ieK 
einen  Gesichtspunct,  den  Hr.  Seh. W.   ausführlich  bespricht,  IS«»* 

35* 


516         Scbiüausgabeu  m.  Commcntaren  etc.,  v.  Z*  Vielhaber, 

gere  Zeil  im  Auge  habe  und  denn  wenigstens  einige  Erfah- 
rung besitze.  Es  ist  dieses  gerade  der  Punct,  der  in  Hr.  W's. 
Aufsatz  am  meisten  hervortritt:  die  Frage,  ob  in  den  Schulaus- 
gaben der  lateinischen  und  griechischen  Autoren  Comnientare  und 
Einleitung  nothwendig,  zulässig,  unnölhig,  ifchädiich  sind. 

Meine  Ansicht  ist  nun,  um  gleich  von  vorneherein  meinen 
Standpunct  zu  fixieren,  dass  so  gewiss  auf  demGebiete  des 
Unterrichtes  es  allgemeine  Grundsätze  gibt,  auf 
welche  die  ganze  Thätigkeit  des  Lehrers  sich  stützen  muss,  es 
der  Wege,  durch  die  man  diesen  Grundsätzen  ge- 
recht wird,  sehr  viele  gibt,  dass  es  nicht  selten  geradezu 
unmöglich  ist,  einen  als  allein  giltigen  aufzustellen,  sondern  in 
dem  einen  Falle  der,  in  dem  andern  jener  besser  und  schneller 
zum  Ziele  führt,  dass  die  Auffindung  des  jedesmal 
passenden  Weges  ein  Resultat  mehrer  wohl  in  Be- 
tracht zu  ziehender  Factoren  ist.  Auf  unseren  Gegen- 
stand angewandt  heilst  das:  1.  Mit  blofsen  Texten  und 
mit  Commentaren  ist  das  Ziel  zu  erreichen.  Daraus  folgt 
aber:  die  Frage  darnach  hat  keine  principielle  Wichtigkeit,  wie 
ihr  Hr.  W.  beimisst,  sondern  nur  eine  secundäre.  2.  Die  Be- 
urtheilung  im  einzelnen  Falle  hängt  besonders  von  vier  Factoren 
ab:  a)  vom  Lehrer,  b)  von  den  Schulern,  c)  von  dem  zu  lesen- 
den Schriftsteller,  d)  von  der  Beschaffenheit  der  bis  jetzt  vor- 
handenen Commentare. 

Soviel  zur  Orientierung  über  meinen  Standpunct;  ich  wende 
mich  nun  zu  Herrn  Schulrath  Wilhelm,  und  zwar  will  ich,  da 
derselbe  commentierten  Ausgaben  überhaupt  die  Berechtigung  zum 
Schulgebrauche  abspricht,  nur  die  Gründe  beleuchten,  die  er  für 
diese  seine  Überzeugung  ausspricht. 

Die  Argumentation  des  Hrn.  Seh.  W.  zerfällt  in  zwei  Theile. 
Der  erste  behandelt  die  Einleitungen,  die  den  Ausgaben  mit  Com- 
mentaren meist  vorgedruckt  sind,  der  zweite  die  Noten  unter 
dem  Texte.  Was  den  ersten  Punct  betrifft,  so  befand  sich  Hr. 
Seh.  W.,  als  er  den  Aufsatz  schrieb,  wol  unter  dem  frischen  Ein- 
druck der  Einleitungen  meiner  werthen  Freunde  A.  Ludwig  zur 
Apologie  und  zum  Crito,  E.  Jahn  zum  Protagoras  und  Gorgias«  Die- 
sen gegenüber  unterschreibe  ich  das  Urtheil:  'solche Einleitungen, 
welche  sich  auf  Angabe  des  Inhaltes  der  zu  lesenden  Schrift  in 
was  immer  für  einer  Form  und  Ausdehnung  erstrecken, 
aind  schwerlich  zweckmäisig,'  bis  auf  die  gesperrt  gedruckten 
Worte  vollständig.  Auch  ich  bin  der  Ansicht,  dass  eine  so 
weitläufige  Inhaltsangabe,  wie  sie  besonders  Jahn  gibt,  nicht  in  der 
Ausgabe  schon  stehen  darf,  sondern  der  Thätigkeit  des  Schülers 
überlassen  bleiben  muss.  Aber  eine  wesentliche  Frage  ist  dann 
noch  übrig:  Ist  der  Schüler,  natürlich  nicht  der  ideale,  den  Hr.  Seh. 
W.  wol  zu  sehr  im  Auge  hat,  sondern  der,  der  auf  der  Schulbank 
sitzt,   im  Stande,   ohne    Anleitung    in  einem   Piaionischen 


Schalausgaben  m.  Gommentaren  ete«,  v.  L  VMhaöer,         Ai7 

Dialoge  von  dem  Umfang  des  Gorgias  "bder  der  Mannigfalligkeit 
des  Protagoras  den  Gang  jeder  einzelnen  Erörterung,  den  Zu- 
sammenhang der  einzelnen  Erörterungen  im  ganzen  Gespräche 
festzuhalten,  zumal  wenn  man  bedenkt,  dass  die  Lectüre  des 
Gorgias  sich  leicht  durch  einen  ganzen  Semester  hinzieht?  Wird 
diese  Frage,  wie  von  selbst  klar  ist,  verneint,  so  ist  eine  wei* 
tere  die:  Die  nölhige  Anleitung  kann  vom  Lehrer  allein,  durch 
die  Ausgabe  allein,  oder  durch  das  Zusammenwirken  beider 
kommen;  welcher  der  drei  Falle  ist  vorzuziehen?  Den  zweiten 
Fall  brauchen  wir  nicht  weiter  zu  betrachten,  er  ist  bis  jetzt 
woi  einstimmig  verneint ;  desto  wichtiger  ist  die  Betrachtung  des 
ersten,  und  hier  müssen  wir  auf  einen  Mangel  in  dem  Aufsatze 
des  Hr.  Seh.  W.,  der  sich  sowohl  hier  als  bei  der  Frage  nach 
den  Noten  fühlbar  macht,  *  eingehen,  nämlich  den,  dass  eine  scharfe 
Unterscheidung  dessen,  was  die  Schule  und  was  die  der  Unter- 
richtsstunde vorausgehende  Präparation  zu  leisten  hat^ 
fehlt.  Das  Hauptargument  des  Hr.  Seh.  W.  gegen  die  Inhalts- 
angaben liegt  nämlich  in  folgender  Stelle:  Veil  durch  dieselben 
nicht  nur  der  Reiz  der  Neuheit,  sondern  auch  Reiz  und  Nöthi- 
gung  zu  ernstlichem  Streben  aufgehoben  wird/  Man  muss  von 
dem  Schüler,  der  auf  ein  Lesestück  praeparirt  zur  Schule  kömmt, 
nicht  nur  verlangen,  dass  er  das  gelesene  im  Ganzen  übersetzen 
und  erklären  kann,  sondern  auch  dass  er  im  Ganzen  es  ver- 
standen hat.  Oder  glaubt  Jemand  im  Ernste,  'der  Reiz  und 
die  Nöthigung  zu  ernstlichem  Streben'  wachse,  wenn  trotz  des 
besten  Willens  zu  genügen,  es  dem  Schüler  unmöglich  ist,  z.  B. 
im  Platonischen  Protagoras  c.  35  ff.  in  der  Erörterung  über  r^dv 
und  aya^ov  den  Gedankengang  oder  im  selben  Protagoras  den 
Zusammenhang  der  Erklärung  des  Simonideischen  Gedichtes  mil 
dem  übrigen  Gange  des  Dialoges  zu  gewinnen  ?  Wird  es  für  ihn 
ein  Sporn  zur  Thätigkeit  oder  Faulheit,  wenn  er  sich  mehrere 
Male  bei  seiner  Präparalion  sagen  muss,  ich  bin  nicht  im  Stande, 
das  Verständnis  zu  gewinnen,  ich  werde  eben  warten,  bis  der 
Lehrer  mirs  morgen  eröffnet?').  Allerdings  sucht  man  wie  Hr. 
Seh.  W.  sagt,  Schwierigkeiten  nicht  auf,  sondern  vermeidet  sie, 
aber  er  hätte  noch  hinzusetzen  sollen:    Durch   die   öfter  eintre- 


')  Vgl.  die  trefflichen  Worte  Krüger's  im  Braunschweiger  Programm 
1848  S.  12.  Dazu  noch  ein  anderer  Umstand.  Hr.  Seh.  W.  verlangt 
den  Umfang  der  Leclure,  wie  ihn  der  0.  E.  beieichnet,  z.  B.  im 
ersten  Semester  der  VI.  6  Gesänge  der  Uias.  Kann  man  bei  sol- 
cher Masse,  bei  dem  Umstände,  dass  die  andern  Unterrichtsgegen- 
stände auch  Zeit  in  Anspruch  nehmen,  von  den  Schülern  (ein  paar 
eminente  Köpfe  kommen  nicht  in  Betracht)  verlangen,  dass  sie  alles 
und  jedes  ohne  Hilfe  finden?  Plan,  Gedankengang  einer  Schrift 
im  Ganzen  richtig  zu  finden,  braucht  Zeit  'Wird  ferner  bei  einer 
Lecture,  die  sich  ein  paar  Monate  hinzieht,  der  Schuler  doch  gar 
nichts  vergessen,  'was  für  den  späteren  Zusammenhang  von  Vi^ich- 
tigkeit  ist? 


518         Sebulaasgaben  m.  Cummcntaren  etc.,  v.  L.   Vielhaber. 

Ivnde  Unmöglichkeit  Schwierigkeilen  zu  überwinden,  durch  die 
Nolhwendigkeit,  sie  erst  vom  Lthrer  iiberwindi^n  zu  lai^sen,  wird 
der  Schüler  leicht  dazu  kommen,  auch  überwindbares  für  an- 
überwindbar  zu  halten,  weil  er  eben  denkfaul  geworden  ist.  Gibt 
man  dagegea  nicht  die  Lösung  der  Schwierigkeit  selbst,  aber 
den  Wegzeiger  zur  Löi^ung,  dann  wird  nicht  nur  vom  ersten 
und  zweiten  sondern  von  der  Mehrheit  der  Classe  verlangt  wer- 
den können,  dass  sie  auf  dem  angedeuteten  Weg  selbständig*^ 
d  b.  eben  bei  der  Präparation,  die  Schwierigkeit,  die  dem  gt)- 
nügenden  Verständnis  entgegensteht,  lösen.  Also  ein  Yf^g  zur 
Lösunis:  muss  wol  nicht  selten  angegeben  werden;  soll  ihn  nun 
etwa  der  Lehrer  in  der  Stunde  vor  der  Präparation  an- 
deuten? Gewiss  wird  das  niemand  wollen,  denn  die  Schüler  wer- 
den ihn  einfach  nicht  verstehen.  Es  muss  also  der  Schüler  irgend 
eine  Anleitung  zur  Hand  haben,  die  er  unmittelbar  bei  der  Prä- 
paration  zu  Rathe  ziehen  kann.  Diese  ist  denn  doch  am  ein- 
uicbsten  mit  seinem  Texte  des  Schriftstellers  vereint,  in  welcher  Form 
iat  ziemlich  Nebensache,  wenn  sie  nur  dem  Zwecke,  nicht  voll- 
ständig zu  lösen,  nicht  eine'schon  gemachte  Entdeckung'  vor- 
i;ttführen,  sondern  zur  Lösung  anzuleiten,  wirklich  entspricht. 
Bs  kann  das  eine  kurz  gehaltene  Inhaltsangabe,  die  nur  die 
Bavptpuncte  der  Erörterung  als  solche  kennzeichnet,  sein.  Wenn 
z.  B.  der  Schüler  für  die  zweite  Unterredung  zwischen  Prola- 
foras  und  Sokrates  die  Inhaltsangabe  in  Sauppe's  Ausgabe  des 
Protagoras  $.  15  vor  sich  hat,  so  hat  er  die  Hauptmomente  der 
Brörlerung,  die  wenigstens  der  gröfste  Theil  der  Classe  gewiss 
für  sich  allein  nicht  herausgefunden  hätte;  aber  er  hat,  um  der 
Forderung  der  Schule  zu  genügen,  noch  genug  zu  thun,  um 
dieses  Skelet  mit  Fleisch  und  Blut  zu  versehen.  Oder  Hör.  c. 
1,  12,  obgleich  an  sich  lange  nicht  das  schwerste  fürs  Verständ- 
nis, ist  zum  genügenden  Verständnis  des  Schülers  zu  schwer. 
Der  Schüler  muss  sichs  im  günstigsten  Fall  genügen  lassen,  die 
Folge  der  Gedanken  ziemlich  mit  Horazens  Worten  sich  zu  merken. 
Wird  er  nicht  den  Text  mit  ganz  anderen  Augen  ansehen,  wenn 
er  bei  Nauck  liest:  'Den  Ziel-  und  Gipfelpunct  aber  bildet  der 
Schluss,  Jupiter  im  Himmel,  Augustus  auf  Erden.'  Man  vergleiche 
noch  Hör.  c.  4,  16.  u.a.  Noch  lieber  sehe  ich  für  meinen  Theil 
einen  andern  Weg  eingeschlagen,  den  Krüger  in  der  Ausgabe  der 
Horazischen  Satiren  und  Episteln,  theilweise  Deuschle  in  seiner 
Ausgabe  des  Gorgias,  am  entsprechendsten,  freilich  da,  wo  es  am 
wenigsten  nölhig  war,  der  gewiegte  Praclicus  Ameis  in  der  Odyssee 
verfolgt  haben,  nämlich  den,  dass  von  Abschnitt  zu  Abschnitt 
auf  Inhalt  und  Gedankengang  aufmerksam  gemacht  wird.  Es 
ist  für  den  Schüler  nicht  möglich,  Hör. Sat.  i,  1  ohne  Weisung 
zu  verstehen.  Slatt  ihn  jedesmal  auf  den  folgenden  Tag  zu  ver- 
trösten, gebe  man  ihm  Krüger's  Bemerkungen  (ich  rede  jetzt  nicht 
vom  eigentlichen   sprachlichen  Commentar)  und   beobachte  ohne 


Schulausgaben  m.  Gommentaren  etc.,  v.  Z.   Vieihaber,         b\^ 

irgend  welche  Voreingonommenheil,  ob  wirklich  nur  'anlernen' 
von  aufsen/  nur  'Oberflaehlichkeil/  ob  gar  kein  Virkliches  an- 
eignen durch  Selbstthäligkeit'  stattGndet.  —  Aber  die  Inhaltsangabe 
ist  meist  nur  Nebensache  und  fehlt  in  den  Einleitungen  zu  histo- 
rischen und  rhetorischen  Schriften  meist  ganz.  Dagegen  gibt  es 
gar  manches,  was  der  Schäler  zum  Verständnis  der  betreffenden 
Schrift  wissen  muss,  nicht  weniges,  dessen  Kenntnis  nicht  un^ 
umganglich  nothwendig,  aber  doch  sehr  wünsch ensWerthf 
ist,  und  zwar  sind  das  Dinge,  die  der  Schüler  nicht  selbst  Gndeir 
kann,  sondern  solche,  die  er  erfahren  muss.  Zu  den  ersten 
gehören  die  politischen  Verhältnisse,  unler  denen  Demosthenes  und 
Cicero  Staatsreden  gehalten,  die  Veranlassungen  zu  den  Priyat« 
reden,  Stand  des  Processes  u.  ä.,  die  Zeit,  in  der  Tacitus  Ge- 
schichtswerke geschrieben,  mehrere  Daten  aus  dem  Leben  des 
Horaz,  Ovid  u.  ä.  Zu  letzteren  gehören  biographische  und  litera- 
rische Nachrichten  über  die  Schrif (steiler  u.  ä.  Ist  es  nun  bes- 
ser, dass  solche  Gedächlnisdaten,  die  memoriert  sein  wollen,  vom 
Lehrer  vorgesagt,  vom  Schüler  entweder  ungenau  gemerkt  oder 
gewöhnlich  nicht  sehr  genau  nachgeschrieben,  dann  wieder  abge- 
fragt werden?  Es  ist  wol  nicht  nöthig  darüber  weiter  zu  spre^ 
chen,  ganz  abgesehen  vom  Zeilaufwand;  denn  dieselben  Gründe, 
die  es  nothwcndig  machen,  dass  beim  Geschichtsunterricht  ein 
Lehrbuch  zu  Grunde  gelegt  werde,  walten  hier  ob,  ja  selbst 
einige  Ausführlichkeit  besonders  in  dem  Theile,  den  ich  als  wün^ 
schenswerth  bezeichnet  habo,  halte  ich  nicht  für  schädlich.  Jeder 
Lehrer  wünscht,  dass  die  Hauslectüre  des  Schülers  sich  im  Kreiscf 
des  Unterrichtes  bewege,  warum  nun  eine  so  gute  Gelegenheit 
von  der  Hand  weisen?  Dieser  Theil  der  Weidmannischen  Samm- 
lung wurde  auf  der  Wiener  Philologen-Versammlung  selbst  von 
Männern  anerkannt,  die  dem  ganzen  Unternehmen  gerade  ntehl 
günstig  sind.  Die  Gefahr,  die  Herr  Seh.  W.  glaubt  fürchten 
zu  müssen,  dass  ein  Dünkel  von  eingebildetem  Wissen  erzeugt 
werde,  diese  zu  paralysiefen  hat  de?  Lehrer  ganz  in  seiner  Hand« 
Was  der  Leetüre  vorausgehen  muss,  das  lasse  er  als  histori-^ 
sches  Material  lernen,  was  aus  der  Lectüre  selbst  sich  ergeben 
kann,  das  lasse  er  eben  nur  daraus  sich  ergeben').  So  hoch 
ich  sonst  Nipperdey's  Einleitungen  zum  Tacitus  schätze,  so  halte 
ich  sie  wie  die  ganze  Ausgabe  nicht  für  ein  ganz  entsprechen- 
des Schulbuch;  aber  was  dort  über  Tacitus  Philosophie  nnd  Le^ 
bennansicht  gesagt  ist,  das  so  zu  behandeln,  dass  kein  eitles 
Schwatzen  herauskömmt,  ist  dem  Lehrer  möglich;  er  halte  nnr 
in  der  Schule  strenge  darauf,  dass  keine  Sentenz  aus  Nipperdey 
gebracht  wird,  die  der  Schüler  nicht  schon  aus  seiner  Lectüre 
des  Tacitus  belegen  kann.    Am  Schlüsse  der  Lectüre  würde  dann 


')  Vgl.  die  treffende  Auseinandersetzung  Krüger's  im  Braunschweiger 
Programm  1849  S.  tS  fg.  ■    * 


h90        Schulausgaben  m.  Commenlarcn  etc.,  v.  L  Vieihaber^ 

eine  Äusammenhängende  Übersicht  nicht  ohne  Nutzen  gegeben 
werden.  Es  könnte  dies  in  der  Form  sein,  dat^s  eine  solche  Ein- 
leitung prüfend  durchgenommen  wird.  Doch  will  ich  das  Ge- 
sagte nicht  so  verstanden  wissen,  als  wollte  ich  der  Schule  die 
Einleitungen  aufdrängen;  es  genügt  mir,  wenn  ich  gezeigt 
habe,  dass  sie  recht  behandelt  nicht  schaden,  sondern  nutzen; 
im  übrigen  muss  der  Individualität  des  Lehrers,  den  Fähigkeilen 
und  dem  Bildungsgrad  der  Classe  so  viel  Spielraum  gelassen  werden, 
dass  die  Frage  hierüber  als  für  jedesmal  neu  zu  beantwortend 
offen  bleibt.  Nirgends  schadet  ein  Einschnüren  in  allzustarre 
Fesseln  mehr,  als  auf  dem  Gebiete  des  Unterrichtes,  der  es  ja 
nicht  mit  stets  gleichen  Gesetzesnormen,  sondern  mit  dem  gestal- 
tenreichsten der  Natur,  dem  Knabengeiste  zu  thun  hat. 

In  ein  eigenthümliches  Verhältnis  hat  Hr.  Seh.  W.  den, 
der  die  Commentare  retten  will,  dadurch  gesetzt,  dass  er  an- 
fangs mit  aller  Entschiedenheit  der  Überzeugung  gegen  Noten 
unter  dem  Texte  auftritt,  hinterher  aber  Noten  realen  Inhaltes, 
wie  z.  B.  zum  bekannten  ro  ^qvXoviisvov  note  aicoQQrixov 
ixBtvo  der  zweiten  Olynth,  'am Platz'  Gndet,  auch  erklärt,  dass 
'Noten  zur  Aufklärung  besonderer  grammatischer  Schwierigkeiten 
gestattet  werden  könnten';  denn  hiemit  gesteht  er  mir  eben  zu, 
was  ich  erweisen  will,  dass  Noten  bestimmter  Art  und  Fassung 
gestattet  werden  können,  doch  wol  nur  darum  gestattet,  weil 
sie  eben  einen  Nutzen  haben  oder  haben  können.  Doch  die  Sache 
iat  zu  wichtig,  um  hiemit  abgethan  zu  sein,  ich  will  vielmehr 
den  angedeuteten  Passus  als  nicht  geschrieben  voraussetzen,  und 
nur  an  die  Einwände  des  Hrn.  Seh.  W.  gegen  die  Noten  mich 
halten.  Diese  sind  aber  hauptsächlich  folgende:  1.  Die  Noten 
gollen  den  Unterricht  des  Lehrers  fast  entbehrlich  machen;  das 
können  sie  nicht,  denn  an  verschiedenen  Schulen  sind  die  Be- 
dürfnisse sehr  verschieden,  in  verschiedenen  Ausgaben  stehen  ver- 
schiedene Noten.  2.  Die  Vertheidigung  der  Noten  damit,  dass  sie 
die  Schwierigkeit  erhöhen,  ist  unwahr.  3.  Sie  schwächen  das 
Interesse  am  Unterrichte,  denn  der  Schüler  verlässt  sich  häufig 
auf  seinen  Commentar  und  gibt  nicht  acht.  4.  Die  Übersetzungen, 
die  sich  in  denselben  finden,  sind  absolut  zu  verwerfen.  5.  Sach^ 
liehe  Notizen  sind  unnöthig,  da  sie  der  Lehrer  geben  kann. 
6.  Grammatische  Noten  beweihen  nur,  dass  der  Schuler  die  Gram* 
matik  m'cht  inne  hat.  Der  Antrieb  zur  Thätigkeit,  der  in  ihnen 
liegt,  ist  schädlich,  da  die  Thätigkeit,  die  sie  hervorrufen,  zer- 
streuend ist.  7.  Noten  über  Gedankenzusammenhang  greifen  der 
Thätigkeit  des  Schülers  vor  und  rauben  ein  sehr  bildendes  Mo- 
ment 8.  Kritik  ist  immer  schädlich,  sie  führt  zum  Absprechen. 
9*  ParaHelen  sind  überflüssig  oder  zerstreuend.  Daraus  wird  ge- 
folgert: Noten  fordern  nur  verflachtes  Wissen,  drücken  das  Un- 
terrichtsziel herab ;  stehen  mit  demO. E.  in  Widerspruch;  wo  ein 
Scbriftsteller  ohne  Noten  nicht  kann  gelesen  werden,  da  sind  die 


Schalaasgaben  m.  Commentaren  etc.,  v.  l.  Vielkaber,         52t 

Schuler  in  Sprachkcnntnis  und  geistiger  Entwickelung  noch  nicht 
80  weit,  da<«s  man  den  Schriftsteller  lesen  darf.  10.  Zur  Privat* 
lectüre  taugen  sie  ebenfalls  nichts. 

Man  sieht  es  den  Binwänden  des  Hrn.  Seh.  W.  an,  dass 
sie  unter  dem  Einfluss  der  Debatten  auf  der  Wiener  Philologen- 
Versammlung  und  von  Ausgaben  wie  der  Protagoras  und  Gor- 
gias  von  E.  Jahn  entstanden  sind.    Prüfen  wir  denn  dieselben. 

1.  Allerdings  sind  die  Bedurfnisse  jeder  Schule  anders,  aber 
gewisse  Bedürfnisse  gibt  es,  die  jede  Schule  hat.  Ich  führe  nur 
ein  sachliches  und  ein  sprachliches  Beispiel  an:  Hör.  c.  1,  2,  88 
quem  iucai  eitunor  galeäeque  leves  \  acer  et  Mauri  pedilis  cruen- 
tum\fDoltus  inhostem  versteht  kein  Schüler;  was  zieht  man  vor, 
dass  der  Schüler  sich  tröste  damit,  dass  er  morgen  Aufschluss 
erhalte,  oder  durch  eine  Note  auf  den  rechten  Weg  geführt 
werde?  Stellen  der  Art  finden  sich  in  den  Oden,  der  Satiren  und 
Episteln  nicht  zu  gedenken,  zu  Dutzenden.  Der  Taciteische  Agri- 
cola  ist  häufig  gelesen,  kein  Schüler  wird  c.  6  ohne  Anleitung 
verstehen:  vixeruntque  mira  conrordia  per  mutuam  cariiaiem 
ei  invicem  se  anteponendOy  ni»i  guod  in  bona  uxore  tanto 
maior  iaus^  quanto  in  mala  plus  eulpae  eeC;  denn  er  kennt  den 
der  silbernen  Latinität  eigenthümlichen  elliptischen  Gebrauch  von 
nisi  quod  nicht.  Ebenso  sicher  nicht  Tac.  A.  2,  59  proßciscitur 
eognoecendae  antiquitatis.  Solche  gewisse  Bedürfnisse  hat  jede 
Schule  und  solchen  trägt  jeder  Commentar,  der  für 
Schulen  bestimmt  ist,  Rechnung,  vielleicht  den  von 
Schultz  zu  den  Ciceronis  orationes  XI Y  ausgenommen.  Dass  in 
der  einen  Ausgabe  derselben  Schrift  etwas  steht,  was  eine  zweite 
nicht  enthält,  ist  denn  doch  kein  Beweis  dafür,  ^dass  die  Noten 
in  beiden  Ausgaben  entbehrt  werden  können'.  Oder  was  wollte 
man  etwa  zu  dem  Schlüsse  sagen:  der  Lehrer  A  findet  eine 
Bemerkung  nöthig,  die  der  Lehrer  B  zur  selben  Stelle  unnöthig 
findet;  ergo  beide  Bemerkungen  können  entbehrt  werden,  und  da 
dieses  sich  in  jedem  Capitel  wiederholen  wird ,  auch  die  Lehrer 
selbst.  Ich  kann  darin  nur  sehen,  dass  der  Verfasser  des  Com- 
mentars  unter  dem  Eindruck  einer  bestimmten  Schülerart  ge- 
schrieben hat,  und  die  Aufforderung  für  den  Lehrer,  den  Com- 
mentar zu  empfehlen,  dessen  Standpunct  dem  seiner  Schüler  am 
nächsten  steht.  Die  Noten  sollen  den  lebendigen  Unterricht  nicht 
unnöthig  machen,  sondern  vorbereiten.  Z.  B.  der  Schule r- 
commentar  kann  (aber  nicht  muss)  sich  Tac.  A  2;  59  genügen 
lassen  zu  sagen,  der  Gen.  Ger.  stehe  bei  Tac.  allein  oft  in  dem- 
selben Sinne  als  stünde  cauea  dabei,  denn  nun  versteht  der 
Schüler  den  Sinn  der  Stelle;  nicht  so  der  Lehrer.  Der  muss 
den  Ursprung  und  die  Analogien  dieser  Construction  klar  ma- 
chen. Dass  die  Noten  nicht  genau  das  individuelle  Mafs  treffen, 
ist  klar;  wer  von  uns  wagt  denn  zu  behaupten,  dass  er  nie  zu 
viel|  nie  zu  wenig  erklärt  habe  und  täglich  erkläre?  Das  sollen 


49f  Schulausgaben  m.  Gomm^ntaren  eta,  v.  L,   \ielhaber. 

sie  nicht  Wenn  sie  nur  das  angedeutete  Allgemeine  treffen,  dass 
sie  die  wirklichen  Schwierigkeiten  zu  lösen  anleiten,  so  ist  ihnen 
die  Schule  viel  Dank  schuldig;  die  individuellen  zu  lösen,  das 
ist  Aufgabe  des  Lehrers;  und  desto  besser  die  Schule,  je  we- 
niger von  letzterer  sie  hat,  und  die  beste  die,  in  der  der  Lehrer 
nur  die  Controle  zu  führen  hätte,  dass  die  Noten  richtig  ver- 
wendet worden  sind. 

2.  Dass  die  Bestimmung  der  Noten  sei,  die  Schwierigkeiten 
zu  erhöhen,  diese  Vertheidigung  ist  allerdings  unwahr  und  wol 
nur  einem  Sprecher  auf  der  18.  Philologen-Versammlung  in  der 
Hitze  der  Discussion  entfahren.  Dagegen  zu  polemisieren  war 
kaum  der  Mühe  werth. 

8.  Die  Noten  schwachen  das  Interesse ^  heifst  der  dritte 
Vorwurf.  Daran  ist  etwas  wahres,  aber  kaum  in  der  Weise  wie 
Hr.  Seh.  W.  es  darstellt.  Die  Gefahr  nämlich,  dass  die  Schuler, 
statt  in  der  Schule  aufzumerken,  sich  auf  die  Noten  verlassen, 
hätte  einen  Grund,  wenn  der  Schüler  seine  Noten  dann,  wenn  er  zur 
Schule  kömmt,  nicht  schon  kennte,  oder  wenn  der  Lehrer  gar 
nicht  Rücksicht  auf  die  in  den  Händen  aller  oder  doch  vieler 
Schüler  befindlichen  Noten  nähme.  Geschieht  aber  beides,  dann 
merkt  der  Schüler  gleich^  was  zu  dem,  was  er  aus  den  Noten 
kennt,  noch  neues  hinzutritt^  und  er  wird  sich  bemühen,  dieses 
Neue  dem  Grundstamm,  den  er  schon  hat,  anzufügen').  Einigen 
Grund  hat  der  Vorwurf  in  anderer  Form,  die  aber  Hr.  Seh.  W. 
nicht  berührt  hat.  Sie  können  das  Interesse  schwächen,  zumal 
wenn  der  Lehrer,  nicht  in  der  Voraussetzung,  derselbe  Com- 
mentar  sei  in  aller  oder  doch  der  meisten  Hunde,  es  unlerluss', 
an  sie  anzuknüpfen,  weil  der  Schüler  vieles  schon  bekannte 
hört.  Aber  denselben  Vorwurf  könnte  man  und  hat  man  (z.  B. 
Jacob)  der  Präparation  überhaupt  gemacht,  und  zwar  träfe 
er  um  so  sicherer,  je  besser  und  gewissenhafter  die  Präparation 
ist.  Hiegegen  wollen  wir  nur  auf  das  schon  angezogene  Programm 
Krüger's  1848  verweisen,  S.  14  ff.  Ist  die  Unlerrichlsslunde, 
wie  sie  Jacobs  so  treffend  verlangt,  'eine  fortgehend  e  be- 
lehrende Prüfung,'  so  ist  die  Gefahr,  dass  das  Interesse  für 
die  Schulstunde  ermatte,  sehr  gering. 

4.  Dass  die  Commentare  häufig  auch  Übersetzungen  ein- 
zelner Worte  und  Stellen  geben,  ist  schon  öfters  gerügt,  so  von 
F.  Schultz  in  der  Vorrede  zu  den  Cicoronis  oraliones  XIV.  Die 
Commentatoren ,  die  ihre  Anmerkungen  mit  sorgfälliger  Über- 
legung der  Schulbedürfnisse  abfassen,  haben  guten  Grund  dazu. 
Man  sehe  doch  unsere  gewöhnlich  in  Schülerhanden  befindlichen 
Lexica  durch!  Dazu  sind  gerade  solche  Noten  oft  sehr  anregend, 
wenn  sie  durch  die  blofse  Übersetzung  ein  Stück  Sprachverglei-* 
chung  geben.     Scheinbar  kleinlich  ist  Nauck's  Bemerkung  zu  Hör. 

*)  Vgl.  Worte  von  Fr.  Jacobs  bei  Krüger.  Brauuscbw.  Frogr.  1848.  S.  2(K 


Schulausgaben  m.  Commentaren  etc.,  v.  L.  Vielhabtr,  62^ 

Od.  4,  4,  30  t%t  in  iuveneig  est  in  equis  patrum  vtrtu»  'für 
iuveneis,  equi$  sag'en  wir  umgekehrt :  Stieren,  Füllen/  und  doch 
reizt  sie  ganz  eigens  zu  weiterem  Nachdenken  an  nach  ähnlichen 
Fällen.  Ähnliches  ist  bei  Nauck  und  in  Halm*s  Commentaren  zu 
Cicero's  Reden  nicht  selten  zu  finden. 

5*  Dass  'sachliche  Notizen  für  das  grammatische  Verständnis 
nicht  schlechterdings  nothwendig'  sind,  kann  in  dieser  Allgemein- 
heit keinesfalls  behauptet  werden.  Man  denke  nur  an  Schlacht- 
berichle,  z.  B.  an  die  Nervierschlacht  im  2.,  die  Kämpfe  um 
Gergovia  im  7.  Buche  von  Caesar's  Commentaren  des  Gallischen, 
an  die  Kämpfe  bei  Dyrrhachium  im  3.  Buche  des  Bürgerkrieges. 
Wird  ferner  mit  dem  blolsen  Lexicon  der  Schüler  dazu  kommen 
Hör.  Sat.  2,  3  auch  nur  halbwegs  richtig  zu  übersetzen?  Und 
doch  muss  das  der  Präparation  möglich  sein,  weiln  sie  anders 
einen  Sinn  haben  soll.  Denn,  was  Hr.  Seh.  W.  hinzufügt,  dass 
das,  was  'für  das  volle  Verständnis  des  Sinnes  nöthig  sei, 
wenn  es  der  Schüler  nicht  findet,  der  Lehrer  hinzuthut,'  läofi 
auf  das  schon  früher  gelegentlich  der  Inhaltsangaben  gesagte 
hinaus.  Wenn  eine  etwas  längere  Satire  durch  vierzehn  Tage  be- 
handelt wird;  so  ist  bei  fünf  Sechsteln  der  Schüler  anzunehmen, 
dass  sie  Stunde  für  Stunde  nicht  nur  das  volle  Verständnis, 
sondern  überhaupt  das  Verständnis  erst  von  der  Schule  er- 
warten müssen.  Die  Lust,  mit  der  sie  an  die  Präparation  gehen, 
dürfte  da  sehr  gering  und  die  Aussicht  auf  'ernstliches 
Streben'  doch  wol  Täuschung  seia  Der  Schüler  wird  sich 
präparieren,  weil  er  muss,  aber  er  wird  es  ohne  Liebe  und  Lust 
thun  und  so  eilfertig  wie  möglich.  Man  kann  sagen,  das  Reale 
muss  eben  der  Schüler  anderwärts  sich  zusammensuchen,  und  hat 
es  auch  gesagt.  Da  jedoch  Hr.  Seh.  W.,  wie  aus  einer  andern 
Stelle  seiner  Abhandlung  her^^orgeht,  nichts  als  Lexicon  und 
Grammatik  in  den  Händen  der  Schüler  wissen  will,  so  fällt  dieser 
Einwand  von  selbst  weg.  Anderseits  begreife  ich  überhaupt 
nicht,  was  denn  für  ein  Gewinn,  darin  liegen  soll,  dass  der 
Schüler  antiquarische,  historische,  mythologische,  biographische 
Daten  nicht  unmittelbar  mit  seinem  Texte,  zu  dessen  Erklärung 
sie  dienen  sollen,  verbunden  haben,  sondern  autf  anderen  Büchern 
sich  verschafften  soll,  die  ihm  entweder  schwer  zugänglich,  oder, 
da  sie  in  einem  anderen  Zusammenhang,  als  er  sie  eben  braucht, 
abgefasst  sind,  schwer  benutzbar  sind;  oder  liegt  im  Herum- 
blättern und  Indicesdurchsuchen  auch  ein  bildendes  Moment! 
Selbst  für  den  Schulgebrauch  gearbeitete  Realencyklopädien,  wie 
die  von  Lübker  oder  KrafTt,  geben  oft  genug  nicht  das,  was  man 
für  eine  einzelne  Stelle  braucht. 

6.  Nicht  überzeugend  ist  das  schlechthin  verwerfende  Ur- 
theil,  welches  Hr.  Seh.  W.  über  die  grammatischen  Noten  fällt« 
Allerdings  mit  solchen  Hinweisungen  auf  die  Grammatik,  wie  sie 
Jahn's  Ausgaben  des  Gorgias  u^  Protagoras  bieten,  als  ob  zwi-> 


624         Schulausgaben  m.  Commentaren  etc.,  v.  L,  Vielhaber, 

ßchcneinemOuinlaner,  der  SchenkrsXenophonchrestomathie  liest,  und 
einem  Oclavaner,  den  man  für  fähig  hält,  ein  Platonisches  Gesprach, 
wie  Gorgias  es  ist,  zu  verstehen,  gar  kein  Unterschied  bestünde, 
))in  ich  auch  nicht  einverstanden,  sowie  überhaupt  mit  dem 
ganzen  System,  fortlaufend  die  $$.  der  Grammatik  zu  citieren« 
Wo  keine  grammatische  Schwierigkeit  ist,  soll  auch  keine  gram- 
matische Erklärung  gegeben  werden,  und  es  ist  verkehrt,  den 
Text  nur  als  Beispielsammlung  zur  Grammatik  zu  machen.  Aber 
Hr.  Seh.  W.  setzt  voraus,  dass  die  Grammatik  alles  gebe,  was 
die  Lecture  eines  Schriftstellers  braucht  Zwar  die  griechischen 
Grammatiken  sind  in  Folge  dessen,  dass  Meister  wie  F.  A.  Wolf, 
G.  Hermann,  Lobeck,  der  griechischen  Grammatik  ihre  Haupt- 
tufmerksamkeit  zuwendeten,  sowie  des  Umstandos,  dass  sie  nicht 
wie  die  lateinischen  zweien  Herren  dienen  sollen ,  dem  Bedürfnis 
der  Lecture  und  der  eigenen  stilistischen  Versuche,  besser  be- 
stellt;  aber  wie  sieht  es  mit  den  lateinischen  aus?  Nicht  als  ob 
ich  dickleibigen  Grammatiken  wie  Zmnpt  und  Schultz  das  Wort 
reden  wollte,  man  reicht  mit  kleinen  und  mit  grofsen  zur  Lecture 
der  Dichter  und  Prosaiker  wie  Livius,  Tacitus  nicht  weit.  Es 
ist  eben  deren  Sprache  von  dem,  was  mit  Recht  dem  Schüler 
als  mustergiltig  hingestellt  wird,  zu  verschieden.  Verlangt  man, 
dass  die  Schüler  auf  die  Lecture  des  Tacitus  sich  gleich  vom 
Anfang  an  präparieren,  so  wird  es  fast  nöthig,  ihnen  entweder 
die  vorhergehende  Stunde  immer  die  Hauptschwierigkeiten  des 
folgenden  Abschnittes  zu  erklären  —  wie  wenig  wirklich  nutzbar 
dieses  Mittel  ist,  habe  ich  schon  früher  angedeutet  —  oder  ihnen 
einen  Commentar,  der  ihnen  das  nothwendigste  an  die  Hand  gibt, 
zu  gestatten.  Es  ist  nicht  blofs  meine  Beobachtung,  dat^s  Ocla- 
vaner trotz  des  Interesses,  das  sie  an  dem  gröfslen  aller  römi- 
schen Schriftsteller  nehmen,  nur  sehr  allmählich  zu  einiger  Ver- 
trautheit mit  ihm  kommen;  der  grö&te  Theil  der  Schuld  fällt 
auf  die  sprachlichen  Schwierigkeiten.  Hätten  wir  eine  Ausgabe, 
die  neben  den  unentbehrlichen  sachlichen  Notizen  grammatische 
der  Art  böte,  dass  sie  die  eigenthümlichsten  Abweichungen  von 
der  mustergiltigen  Prosa  in  einfachster  Form  erklärten,  so  würde 
nach  meiner  Überzeugung  die  Tacituslectüre  viel  eher  zu  relativer 
Sicherheit  und  zu  festem  Gewinne  kommen.  Vielleicht  dass  uns 
die  von  Junghans  bei  Teubner  angekündigte  Ausgabe  des  Agricola 
ein  Bedürfnis  befriedigt.  Hr.  Seh.  W.  meint,  Hinvveisungcn  auf 
die  Grammatik  greifen  der  Thätigkeit  des  Schülers  vor,  indem 
'sie  den  Weg  zum  Verständnis  der  Steile  zeigen  sollen'.  Es 
mag  sein,  dass  ich  diese  Worte  nicht  ganz  verstehe,  soll  ge- 
meint sein^  der  Schüler  darf  z.  B.  Prot.  809  B  nicht  durch  den 
Commentar  auf  C.  625,  2  für  ovr^-T^  verwiesen  werden,  son- 
dern soll  selber  den  J.  finden,  so  ist  das  so  indiiTerent,  dass  es 
sich  nicht  lohnt  davon  zu  reden.  Versteht  er  die  Stelle,  so  wird  er 
ohnehin  nicht  nachschlagen,  versteht  er  sie  nicht,  so  darf  man  ihm 


Schulausgaben  m.  CommeDlaren  etc. ,  v.  L,  Vieiha^er,         526 

eine  Abkürzung  des  rein  mechanischen  Geschäftes  des 
Nachschlagens  wol  gönnen,  da  er  dann  ohnehin  genug  zu  thnn 
hat«  Die  Besorgnis,  es  könnten  die  Schuler  zu  dem  Wahne  yer* 
leitet  werden,  grammatische  Kenntnis  sei  überhaupt  nicht  nöthig 
und  die  Grammatik  nur  zum  Nachschlagen  da ,  stellt  sich  durch 
den  einfachen  Umstand  als  unbegründet  heraus,  dass  ja  zwei 
Jahre  nur  Grammatik,  Lccture  aber  gar  nicht,  (grammatische 
Übungsbücher  wird  man  nicht  dahin  rechnen)  getrieben  wird, 
und  auch  in  den  folgenden  der  Grammatik  besondere  Stun- 
den gewidmet  sind.  Darin  liegt  ja  doch ,  sowie  in  der  steten 
Forderung  grammatischer  Erklärung  der  Leetüre,  für  den  Schüler 
der  stärlute  Beweis  von  der  Nothwendigkeit  der  Grammatik. 
Endlich  wird  eingewendet  in  grammatischen  Noten,  d«h«  wol  in 
der  bestimmten  Form  als  Citaten  einer  Grammatik,  liege  die  Auf- 
forderung ^zu  ausgedehnter  aber  zerstreuender  Thätigkeit,' 
und  dagegen  eine  Stelle  des  O.E.  S.  112,  113  angeführt.  Das 
Citat  zeigt  schon,  worin  das  Unzulässige  dieser  Behauptung  liegt. 
Der  O.E.  spricht  dort  nicht  von  der  Vorbereitung,  für  die  er, 
wie  später  zu  erweisen  sein  wird,  Commentare  empfiehlt, 
sondern  von  der  Schulstunde.  Dass  der  Lehrer  bei 
der  Sache  zu  bleiben  hat,  ist  eine  nothwendige  psedagogische 
Forderung,  anders  steht's  mit  der  Vorbereitung  zu  Hause.  Der 
Lehrer  der  Naturgeschichte  und  der  Physik  wird  es  billigen, 
wenn  der  Schüler  aufser  dem,  was  von  Naturerscheinungen  in 
seinem  Handbuch  verzeichnet  ist,  oder  in  der  karg  zugemessenen 
Zeit  vom  Lehrer  abgegeben  wurde,  diesen  oder  jenen  Nalurge- 
genstand^  dieses  oder  jenes  Phaenomen,  sei  es  selbst  beachtet 
oder  durch  seine  sonstige  Leetüre  kennen  lernt.  Dem  philologi- 
schen Lehrer  soll  eine  solche  Thätigkeit  verhasst  sein?  In  dem 
Sinne,  in  welchem  Hr.  Seh.  W.  das  Wort  'zerstreuende  Thätig- 
keit' fasst,  darf  und  soll  bei  der  Vorbereitung  die  Thätig- 
keit des  Schülers,  i)esonders  der  obersten  Classen,  bei  denen  der 
unteren  ist  allerdings  Beschränkung  nöthig,  zerstreut  sein,  er 
soll  die  Grammatik  nachschlagen  —  Dinge,  die  er  zu  wissen 
überzeugt  ist,  wird  er  ohnehin  nicht  nachschlagen — ja,  er  soll 
nicht  blols  die  einzelne  Regel,  sondern  die  Reihe  verwandter 
Fälle,  in  welche  die  jeweilige  Stelle  fällt,  durchgehen.  Hat  ihn  die 
Einzelheit  von  der  Betrachtung  des  Satzes  abgezogen,  so  wird 
er,  zumal  wenn  der  Unterricht  in  der  Schulstunde  darnach  ist, 
von  selbst  das  Bedürfnis  empfinden,  sich  den  Satz,  die  Gedanken- 
reihe als  Ganzes  nochmals  durchzugehen.  Wer  wollte  das  zer- 
streuende Thätigkeit  nennen?  Wünschen  wir  doch,  dass  recht 
viel  solch'  zerstreuende  Thätigkeit  in  den  Schülern  sei !  Und  end- 
lich, was  will  Hr.  Seh.  W.  an  die  Stelle  derselben  setzen  ?  Dbi>8 
ein  Schüler  der  Grammatik  entralben  kann,  wird  man  nicht  be- 
haupten wollen,  braucht  er  sie  aber,  ist  es  dann  nicht  auch 
ebenso  zerstreuend  in  ihr  suchen  zu  müssen?   Der  ganze  Unter- 


$%6         Schulaufgaben  m.  GommeDtareu  etc. ,  v.  L.  VieiAaöer, 

schied  zwischen  Note  und  bloCsem  Texte  läuft  dann,  wie  schon 
oben  gesagt,  darauf  hinaus,  dass  die  Note  dem  Schüler  einiges 
Herumblättern  erspart«  Der  ist  denn  doch  wol  so  gering,  dass 
er  keinen  Grund  zu  einem  Vorwurf  abgeben  kann. 

Übrigens  schwebten  Hrn.  Seh,  W.  hiebei  wol  ganz  be- 
stimmte Ausgaben  vor,  wie  die  erwähnte  des  Protagoras  oder 
Gorgias  von  E.  Jahn.  Die  grammatischen  Bemerkungen  dieser 
überschreiten  allerdings  alles  Mafs;  denn  so  sehr  der  FieiDs  an- 
zuerkennen ist,  der  auf  die  Abfassung  dieser  Commentare  ver- 
wendet ist,  so  ist  doch  klar,  dass  mit  Schülern,  die  man  für  ro 
inayysXfia  o  inayyikXo^ai,  oder  für  avayxri  ohne  iöxCv  und 
so  unzähligemale  auf  die  Grammatik  verweisen  muss,  eben  nicht 
Protagoras  lesen  soll ;  daraus  folgt  aber  eben  nur,  dass  für  einen 
grofsen  Theil  der  österreichischen  Gymnasien  solche  Ausgaben 
nicht  passen,  und  dass  an  den  Gymnasien,  an  denen  das  Grie- 
chische auf  so. schwachen  Füfsen  steht,  dass  solche  Citate  nöthig 
^ind  (dass  es  deren  gibt,  daran  brauche  ich  Hrn.  Seh.  W.  am 
wenigsten  zu  erinnern),  die  Leetüre  von  Plato,  Demosthenes, 
Sophokles  einfach  ein  grober  paedagogischer  Schnitzer,  und 
nur  Xenophon  in  der  Schenkl'schen  Auswahl  der  einzig  mögliche 
Schriftsteller  isl.  Darüber  braucht  es  keiner  weiteren  Bemerkung. 
Ferner  kann  ich  aus  anderen  Gründen  mit  der  Form  der  Noten 
nicht  einverstanden  sein.  Es  ist  reine  Papierverschwendung,  die 
grammatische  Regel  hinzusehreiben  und  dann  noch  den  §.  der 
Grammatik,  in  dem  eben  dasselbe  steht,  zuzufügen.  Das  eine 
oder  das  andere,  oder  vielmehr  nur  das  eine,  keine  oder 
sehr  sparsame  Grammatikeitate;  denn  Ausgaben,  wie  sie  C.  W. 
Krüger  von  der  Anabasis  und  Herodot  geliefert  (Thueydides  unter- 
scheidet sich  wesentlich)  leiden  als  Schulausgaben  an  einem  Haupt- 
fehler. Es  kommt  einem  beim  Gebrauch  derselben  vor,  als  sei 
Herodot's  Geschichtswerk  eben  nur  da,  um  Belegstellen  zu  des 
Verfassers  Dialektgrammatik  zu  liefern.  Wie  die  grammatischen 
Lehrbücher  das  Posterius  sind,  so  ist  das  Bedürfnis  an  der 
grammatisch  schwierigen  Stelle  zunächst  Erklärung  dieser  Stelle, 
die  allerdings  unter  ein  bestimmtes  Spraehgeselz  füllt,  aber  doch 
in  der  Regel  ihre  ganz  specielle  Besonderheit  hat.  Aus  der  Stelle 
ist  die  Stelle  zu  erklären,  und  Commentare  dieser  Art  gibt  es 
gottlob  mehr  als  der  ersten  Art;  gegen  diese  musste  sich  viel- 
mehr Hr.  Sch.W.'s  Polemik  richten,  statt  sie  zu  ignorieren. 

7.  Über  Bemerkungen  zu  dem  Zwecke,  die  Beziehungen  und 
den  Zusammenhang  der  Gedanken  aufzuweisen,  habe  ich  schon 
gelegentlich  der  Einleitungen  gesprochen.  Ich  will  hier  nur  noch 
auf  ein  paar  Einzelheiten  aufmerksam  machen.  Wird  selbst  die 
beste  der  wenigen  Classen,  mit  denen  Sophokles  zu  lesen  über- 
haupt fruchtbringend  ist,  den  Zusammenhang  der  einzelnen  Stro- 
phen und  Antistrophen  eines  Chorgesanges,  die  Bedeutung  des 
ganzen  Chorliedes  für  die   betreffende  Stelle   der   Traguidie  auf- 


Schulausgaben  m.  Commenlaren  etc.,  ▼.  Z.  VieUMer.         6f7 

faßsen?  Unter  den  Iforazischen  Oden  sind  viele,  deren  Gedanken« 
Zusammenhang  und  kunstvollen  Bau  der  Schuler  ganz  aus  eigenem 
nie  auch  nur  annähernd  erfassen  wird.  Ja  selbst  die  Beziehung 
asyndetisch  nebeneinander  gestellter  Sätze  bei  den  Dichtern  und 
den  poetisicrenden  Historikern  kann  oft  so  sein,  dass  der  Schuler 
sie  nicht  aus  sich  selbst  findet.  Bel(*ge  geben  z.  B.  die  drei  An- 
fangscapitel  der  Agncola.  Warum  ihm  nicht  Winke  geben, 
wie  deren  in  der  Nauck'schen  Ausgabe  hie  und  da  recht  treffend 
stehen?  Vgl.  Kruger  Braunschweiger  Programm  1849.  S.  17, 18« 
8.  Das  Feld  der  Kritik  als  solches  gehört  nicht  dem  Gym- 
nasium an,  aber  so  unrecht  haben  die  Schulmanner  denn  doch 
nicht,  die  kritischen  Fragen  der  Art,  dass  Schäl  er  sie  ent- 
scheiden können  und  die  irgendwie  anregend  wirken,  behandelt 
wissen  wollen,  naturlich  wenn  die  Classe  darnach  ist;  und  soll 
der  Schüler  sich  solche  nicht  zu  Hause  überlegen  dürfen?  Ob 
z.  B.  eine  Bemerkung,  wie  sie  Nauck  zu  Hör.  Od.  1,  12,  57 
ie  minor  laetum  reget  aequus  orbem  zur  Verlheidigung  der 
Lesart  laetum  gegen  latum  macht:  'Die  einer  solchen  Regierung 
frohe  Welt«.  Schiller  hat  sich  wol  gehütet,  die  Gotter  Griechen- 
lands anzurufen:  Da  ihr  noch  die  weite  Welt  regiertet',  den 
jugendlichen  Geist  nicht  übt,  ist  denn  doch  nicht  so  stricte  za 
entscheiden.  Aber  entweder  'nimmt  der  Schüler  die  in  der  Note 
•Ui^gesprochene  Ansicht  als  gegebene  Erklärung  auf,  oder  er 
prüft  und  verwirft  sie  und  lernt  absprechen/  Wenn  die  Ansicht 
richtig  ist,  warum  nicht?  Nimmt  er  nicht  die  Angabe  des  Le- 
xikons, des  Lehrers  ebenso  auf?  Und  doch  hat  man  darin  noch 
keine  Gefahr  erblickt.  Aber  darin,  dass  er  prüft?  Ja,  wenn  man 
mit  Quartanern  Kritik  treiben  wollte,  aber  Octavaner,  die  viel- 
leicht in  einem  halben  Jahre  als  Universilä Issludenten  so  zu  sagen 
in  eine  neue  Welt  hinaustreten,  wo  es  gar  viel  zu  prüfen  gibt, 
haben  doch  wol  ein  Recht  darauf,  dass  auch  ihr  Urtheil  geübt 
wird.  Ist  der  Lehrer  nur  sich  vollkommen  klar,  und  behandelt 
er  in  den  Fallen,  wo  er  das  kritische  Feld  betritt,  es  mit  Ernst 
und  Würde,  so  wird  weder  die  Prüfung  vor  der  Schule,  noch 
die  Behandlung  des  Lehrers  zum  Absprechen  führen.  Auch  hier 
gilt,  was  C.  Nauck  treffend  sagt:  'Der  Lehrer  glaube  an  die 
sittliche  Macht  und  denke  sich  die  Jugend  nicht  schlechter  als 
sie  ist.'  Und  —  ist  denn  bei  blofsen  Texten  und  der  Voraus- 
setzung, dass  der  Lehrer  keine  Kritik  treibe  (obgleich  dieses 
Verlangen  manchmal  heifsen  kann:  er  soU  als  wahr  ausgeben, 
was  seiner  Überzeugung  nach  falsch  ist)  am  Ende  nicht  dieselbe 
Gefahr  denkbar,  wenigstens  bei  Schülern ,  die  recht  sorgfältig 
präpariert  sind?  Ist  denn  der  Fall  nicht  möglich,  dass  ein  den- 
kender Schüler  eine  Ansicht  über  eine  Stelle  sich  gebildet  hat, 
die  mit  der  Erklärung  des  Lehrers  nicht  stimmt  und  die  er  für 
treffender  hält.  Er  ist  nicht  überzeugt,  trägt  dem  Lehrer  privatim 
seine  Zweifel  vor,  wie  nun ,  wenn  .  er  noch  nicht  überzeugt  ist? 


528         Schulausgaben  m.  Commenlaren  etc.,  v.  L   Vielhaber, 

So  sehr  er  Achtung  vor  der  Autorität  des  Lehrers  hat,  wer 
kann,  wer  will  ihn  von  genauerem  Prüfen  abhalten?  Es  mag 
sein,  dass  Fälle  derart  selten  sind  ,  aber  möglich  sind  sie ,  und 
je  besser  und  tüchtiger  die  Schüler,  desto  öfter  können  und  wer- 
den sie  vorkommen.  Wollen  wir  etwa  deshalb  wünschen  nur 
miltelmäfsige  Köpfe  auf  den  Schulbänken  zu  haben? 

9.  Was  die  Parallelstellen  betrifft,  so  bin  ich  allerdings 
auch  der  Ansicht,  dass  sie  häufig  in  Schulausgaben  unnützer 
Spitzenbesatz  sind  (was  soll  z.  B.  ein  Quartaner  mit  den  Samm- 
lungen in  Kraner's  bell,  gall.?)  und  halte  Citate  aus  fremden 
Schriften  oder  Verweisungen  auf  spätere  Stellen  derselben  Schrift 
in  der  Regel  (mehr  möchte  ich  nicht  behaupten,  da  nicht 
so  selten  eine  treffende  Parallele  mehr  als  lange  Erklärungen  er- 
klären, man  vergleiche  z.  B.  zu  Tac.  Agr.  39^  3  id  sibi  maxime 
formidolosum  cet.  A.  6,  39  nullam  ob  eximiam  virlutem  sed 
quod  par  negoClis  nee  supra  erat.)  für  unnütz,  obgleich  auch 
hier  die  verschiedenen  Stufen  und  die  oft  grofse  Verschiedenheit 
derselben  Classen  an  verschiedenen  Anstalten  gar  mannigfach  mo- 
dificierend  einwirken  können.  Etwas  zu  viel  scheint  Krüger  Progr. 
1849  S.  22  zuzugestehen.  Aber  darf  man  dem  Schüler  wirklich 
ein  solches  Gedächtnis  zutrauen,  dass  er  an  jede  Einzelnheit,  die 
er  im  Laufe  eines  Jahres  gelesen  hat,  im  gegebenen  Falle  sich  wirk- 
lich erinnert?  So  wenig  man  die  Jugend  schlechter  machen  darf 
als  sie  ist,   so  wenig  darf  man  sie  sich  auch  besser   vorstellen. 

Hiemit  sind  Hr.  Seh.  W.  Einwendungen  gegen  die  Cora- 
menlare,  wenigstens  soweit  sie  die  SchuUectüre  betreffen,  beendet; 
gegen  das  Resultat,  welches  sodann  aus  ihnen  gezogen  wird,  dass 
durch  Commentare  'Bequemlichkeit  und  Flüchtigkeit  gefördert,  ver- 
flachtes Wissen  ohne  Bindung  und  Halt  unter  dem  Schein  gründlicher 
Kenntnis  erzeugt  und  das  Lehrziel  Ihatsächlich  herabgedrückt'  werde, 
noch  weiter  zu  sprechen  ist  überflüssig,  wenn  meine  Entgegnungen 
gegen  Hr.  Seh,  W.  begründet,  vergeblich,  wenn  sie  unbegründet 
sind,  aber  gegen  eine  specielle  Behauptung  muss  ich  noch  mich 
erklären.  Hr.  Seh.  W.  argumentiert  so:  derO.  E.  verlangt,  dass 
der  Schüler  die  für  das  Gymnasium  bestimmten  Schriftsteller  ohne 
Commentar  verstehe.  Der  Gebrauch  commentierter  Ausgaben 
aber  gesteht  Ihatsächlich  zu,  dass  das  Ziel  niedriger  gesteckt 
sei,  drückt  also  grundsächlich  das  Lehrziel  herab,  und  erweckt 
nur  in  den  Schülern  den  Wahn,  als  hätten  sie  das  gesteckte  Ziel 
schon  erreicht.  Was  Hr.  Seh.  W.  den  0.  E.  sagen  lässt,  sagt  er 
nirgend,  wol  aber  das  Gegentheil.  S.  lil  u.  113  ist  überhaupt 
keine  Stelle,  die  hierauf  bezogen  werden  könnte,  §.  23  wird  als  Ziel 
im  Unlergymnasium :  'Fertigkeit  und  Übung  im  Übersetzen  eines 
leichten  lateinischen  Schriftstellers'  bezeichnet.  Es  ist  hier  wiederum 
schwerlich  zu  verkennen,  dass  Hn  Seh.  W.  Präparation  von  Schul- 
unterricht nicht  scharf  genug  sondert :  der  betreffende  Passus  sagt 
nur:  ^«Am  Ende  des  Untergymnasiums  muss  der  Schüler 


Schulausgaben  m.  Commcntaren  etc. ,  v.  L.  \ielhaber,         629 

,Cte8ar  und  Nepos  im  allgemeinen  übersetzen  können'%  natürlich 
,den  Text  des  Schriftstellers,  über  die  Wege,  wie  das  erreicht 
;wird,  ist  gar  keine  Andeutung.  Auch  das  'ohne  Commentar' 
ist  aus  dem  0.  E.  ungenau  herübergenommen,  denn  wenn  S.  11 1 
über  die  Ltctüre  der  lateinischen  Autoren  gesagt  ist:  'Hiedurch 
(nämlich  durch  Präparation)  allein  erstarkt  der  Schüler  allmählich 
zu  selbständiger,  ihn  erfreuender  Leclüre,  ohne  Hilfe  von 
Lehrer,  Commenlar  und  Übersetzung,'  so  heifst  das 
soviel  als:  nur  dadurch  wird's  möglich,  dass  der  Jüngling  nach 
seinemAbgangvom  Gymnasium  lateinische  Autoren  ohne 
Commenlar  und  Übersetzung  lesen  kann.  Ob  dieses  Ziel  mit  oder 
ohne  Commentare  im  Gymnasium  erreicht  werden  soll,  davon 
steht  kein  Jota.  Dass  sich  die  Forderung,  keinen  Commentar 
zu  dulden,  'nach  dcmgesammten  Gymnasialplan'  doch  nicht  'von 
selbst  versteht,'  das  spricht  zum  Glück  dir  0.  E.  selbst  klar  aus 
S.  112,  Anm. :  'Unter  den  zahlreichen  mit  erklärenden  Anmerkun- 
gen versehenen  Ausgaben  der  auf  den  Gymnasien  gelesenen  latei- 
nischen Schriftsteller  mögen  hier  einige  erwähnt  werden,  welche 
die  Lehrer  mit  Nutzen  gebrauchen  können,  und  deren  An- 
schaffung auch  Schülern  empfohlen  werden  kann, 
wenn  sie  in  dem  Falle  sind,  auf  Anschaffung  ihrer 
Bücher  mehr  als  das  unbedingt  nothwendige  zu 
verwenden.'  Daraus  ergibt  sich  die  Unrichtigkeit  der  angeführ- 
ten Behauptung,  dass  die  Commentare  das  thatsächliche  Zuge-» 
ständnis  des  niedriger  gesteckten  Lehrzieles  seien.  Das  Lehrziel 
ist  und  bleibt  dasselbe,  die  Commentare  sind  ein  Hilfs- 
mittel zur  Erreichung  desselben.  Zu  erproben,  wie 
weit  man  im  Augenblicke  von  diesem  Ziele  noch  ist,  dafür  gibt 
es  noch  gar  mancherlei  Wege;  freie  Übersetzungen,  sei  es  aus 
der  commentierten  Ausgabe  oder  einem  blofsen  Texte  u.  ä.  Auch 
für  die  äufserliche  Verwendung  der  Commentare  lässt  sich  ebenso 
gut  wie  über  ihre  äufsere  Form  eine  Verschiedenheit  denken. 
Der  eine  Lehrer  mag  es  vorziehen,  in  der  Classe  nur  Texte  zu 
dulden,  während  er  den  häuslichen  Gebrauch  der  Commentare 
gestallet  oder  empfiehlt,  ja  es  haben  darauf  schon  manche  Her- 
ausgeber Rücksicht  genommen  durch  die  Trennung  des  Commen- 
tares  vom  Texte. 

10.  Auch  von  der  Privatlectüre  möchte  Hr.  Seh.  W.  die 
Commentare  so  viel  als  möglich  ferne  gehalten  wissen.  Er  be- 
trachtet nämlich  die  Privatlectüre  ganz  auf  derselben  Stufe  mit 
der  Schullectüre  stehend ,  und  den  Lehrer  im  selben  Verhältnis 
zu  dem  Privatlectüre  treibenden  Schüler  wie  zu  ihm,  wann  er 
von  der  Schullectüre  Rechenschaft  gibt.  Gewiss  hat  der  Lehrer 
die  Privatlectüre  zu  controlieren ,  gewiss  wird  er  gerne  bereit 
sein  Auskunft  zu  geben;  wird  aber  doch  nicht  seine  Zeit  zu 
sehr  in  Anspruch  genommen,  wenn  mehrere  Schüler  Privatlectüre 
treiben  und  für  jede  ihnen  aufstoßende  Schwierigkeit  seine  Hilfe 

ZeiUohrift  f.  d.   dttarr.  Qymnat.  IS«0.   VlI.   Haft.  ^^ 


530         Schiilaiif gaben  in.  Commentnrrn  elc,  v.  L  Vieikabef. 

in  Anspruch  nehmen?  wird  es  der  Schüler  nicht  öfter  vorziehen, 
sich  bei  nur  halbem  VerslAndnis  zu  beruhigen,  als  den  Lehrer, 
dem  die  Zeit  auch  Worth  hat,  zu  sehr  zu  beiästigen  ?  Dazu  kömmt 
noch  ein  sehr  wichtiges  Moment.  Die  Schwierigkeit  ist  meistens 
der  Art,  dass  augenblickliche  Hilfe  nölbig  ist,  um  überhaupt  das 
Weiterlesen  möglich  zu  machen,  anderseits  ist  es  eben  oft  für  den 
Schüler  nicht  möglich,  den  Lehrer  augenblicklich  zu  fragen.  Es 
kann  leicht  sein,  dass  hiedurch  der  Schüler  von  der  Privatlec« 
türe  überhaupt  abgeschreckt  wird,  was  nicht  geschehen  würde, 
wenn  er  aus  einem  Commentar  sich  die  nöthige  Auskunft  holen 
könnte.  Die  Forderung  strengerer  Dbemachung  ober  die  Schu- 
ler, die  Commentare  benutzen  zumal  zum  Zwecke  der  Privatlec- 
türe,  würde  nur  vom  Übel  sein.  Gute  Bucher  zu  letzen  aus  den 
verschiedensten  Wissenszweigen  ist  dem  Schüler  doch  noch  nic- 
«als  verboten  worden,  muss  vielmehr,  soviel  in  den  Kräften  der 
Schule  liegt,  soweit  der  unmittelbare  Schulzweck  nicht  beein- 
trächtigt wird,  gefördert  werden,  und  gute  Commentare  gehören 
ja  doch  auch  untet  die  nützlichen  Bücher.  —  Bigenlhümlich  ist 
endlich  ein  SchloßS  des  Hr.  Seh.  W.,  durch  den  er  die  Unzviässig- 
keit  der  Commentare  anch  zur  Prtvatlectöre  darthun  will:  com- 
menlierte  Texte  werden  selbst  für  die  Schulleclüre  von  manchen 
Schülern  (doch  w*ol  nur  von  faulen  oder  die  mit  Commentaren 
nicbt  umzugehen  wissen,  oder  endlich  von  solchen,  deren  Bildung 
über  die  Stufe,  für  die  ein  bestimmter  Commentar  passt,  schon 
hinaus  ist)  verschmäht ;  um  so  mehr  können  und  sollen  sie  ferne 
gehalten  werden.  Mit  eben  dem  Recht  schliefse  ich:  Übersetzun- 
gen werden  von  den  meisten  Schülern  gesucht,  also  sind  sie  ein- 
zuführen. 

Als  eine  Art  von  Grund  geg^en  die  Verwendung  der  Com- 
mentare zum  Schulgebrauch  wird  auch  der  Umstand  geltend  ge- 
macht, dass  unter  den  bisher  erschienenen  keiner  den  Forderun- 
gen entspricht,  und  dass  noch  niemand  ein  genau  prae^isiertes 
Programm  einer  entsprechenden  derartigen  Schulausgabe  mit  einer 
Probe  der  Ausführung  geliefert  habe.  Aber  diese  Behauptun- 
gen sind  denn  doch  ^iel  zu  apodictisch  hingestellt.  Um  von  der 
zweiten  zh  beginnen,  so  kennt  Hr.  Scb.  W.  unzweifelhaft  das 
Programm  der  Weidmännischen  Sammlung.  Fast  überall  2kistim- 
mung  verdient  auch  G.  T.  A.  Krüger's  Programm:  Die  Ein- 
richtung der  Schulausgaben  der  griechischen  und  lateinischen 
Classiker.  Braunschweig  1849.  Ferner  gibt  es  denn  doch  Com- 
mentare, welche  die  allgemeinen  Schnlbedürfnisse  und  auch  viele 
der  Specialbedürfnisse  berücksichtigen  und  befriedigen,  ich  rechne 
dahin  den  Nepos  und  die  Metamorphosen  von  Siebeiis,  den  Cav^^ar 
von  Doberentz,  von  SeyfTert,  die  Anabasis  von  Vollbrecht  (wenn 
diese  auch  im  einzelnen  manchem  Tadel  unterliegt),  den  Horaz 
von  Nauck  und  Krüger;  Apologie  und  Crito  von  Cron,  Demo- 
sthenes  Staatsreden  von  Doberentz  und  so  noch  gar  manche  andere. 


Schulausgaben  m.  CommciitarcD  etc.,  v.  L   Vielhaber,         531 

Was  Hr.  Seh.  W.  über  den  Gebrauch  der  Commentare  von 
Seile  der  philologischen  Lehramtscandidaten  sagt,  böte  zwar  eben- 
falls Anlass  zur  Entgegnung,  doch  kann  es,  da  es  aufserhalb  des 
Kreises  liegt,  den  ich  mir  aus  Hr.  Seh.  W.  Abhandlung  zur  Ent- 
gegnung gewählt  habe,  unberücksichtigt  bleiben.  Nur  gegen 
ein  hartes  Urtheil  über  die  Lehrer  glaube  ich  noch  im  Namen 
aller  Fachgenossen  protestieren  zu  müssen.  Hr.  Seh.  W.  sagt: 
'  Die  Ursachen  der  Schwierigkeilen ,  die  sich  dem  ungehemmten 
und  sicheren  Erfolge  der Leclüre  entgegenstellen,  sind  nirgends 
anders  zu  suchen,  als  entweder  in  unrichtiger  Behandlung  der 
Praparalion  oder  in  fehlerhafter  Behandlung  der  Leetüre  oder, 
was  am  häufigsten  der  Fall  sein  wird.  In  beiden  zugleich.'  Hie- 
bei  ist  denn  doch  ein  sehr  wichtiger  Factor  ganz  aufser  Acht 
gelassen;  dass  nämlich  der  Lehrer  nicht  eine  homogene  Wachs- 
masse, die  er  nach  Belieben  formen  kann,  sondern  Menschen 
vor  sich  hat,  deren  Geist  sich  zwar  lenken  und  bilden  lässt^  ab^ 
doch  nur  innerhalb  gewisser  durch  die  natürlichen  Anlagen  und 
durch  die  aufserhalb  der  Schule  liegende  Erstehung  bestimmter 
Grenzen*  Sollte  sich  Hr.  Seh.  W.  nicht  aus  seiner  Lehrerfahning 
auf  Fälle  besinnen  können,  dass  es  trotz  des  redhehsten  Strebens, 
trotz  der  besten  Methode,  mit  einzelnen  Schülern,  ja  mit  ganzen 
Classen  nicht  so  recht  vorwärts  wollte? 

Mit  der  nochmaligen  Erklärung,  dass  es  sich  bei  gegenwär- 
tigem Aufsatze  nur  darum  handelte,  die  Zulässigkeit  der  Com- 
mentare darzutbun  und  auf  die  Nolhwendigkeit  einer  gewissen  Frei- 
heit der  Bewegung  für  den  Lehrer ,  soviel  unbeschadet  des  End- 
zweckes angeht,  hinzuweisen,  und  mit  dem  Wunsche,  es  mögen 
sich  sowohl  hierüber,  als  auch  über  einen  anderen  von  Hr.  Seh. 
besprochenen  Puncl,  die  Frage,  ob  zwei  Schriftsteller  zu  gleicher 
Zeit  zu  lesen  rälhlich  sei,  noch  mehr  Stimmen  vernehmen  lassen, 
scheide  ich  von  Hr.  Seh.  W.  mit  dem  Ausdrucke  des  Dankes 
für  die  Anregung  dieser  nicht  oft  genug  zu  ventilierenden  Fragen 
und  für  die  manm'gfaehe  aus  seinem  Aufsalz  mir  gewordene  Be- 
lehrung. 

Salzburg.  L.  Vielhaber. 


36^ 


Zweite  Abtheilung. 


Literarische  Anzeif^en. 

Cmrmina  Hameriea.  Immanuel  Bekker  emendabat  et  adnotabat, 
2  voll.  F/,  694.  480,   Batmae,  Marcus  i8S8.  —  4  Rthlr,  {8  fi.) 

Das  Erscheinen  dieser  neuen  Ausgabe  des  Homer  mit  Anmerkun- 
gen von  dem  Jiiewahrtesten  Kritiker  der  Neuzeit,    der   sich   schon    über 
ein  halbes  Jahrhundert  mit  unserem  Dichter  beschäftigt ,  wurde  gewiss 
Yon  jedem  Freunde   der  griechischen  Literatur  freudig  begrOrst ,  denn 
man  durfte  mit  Recht   etwas  bedeutendes   erwarten.    Mit  ihr  tritt   die 
•Homerische  Kritik  in  ein  ganz  neues  Stadium;  denn  während  keiner  der 
neoesten  Herausgeber  des  Homer  selbständige  Kritik  geübt  hat,   sondern 
sie  sSmmtlichy  der  eine  mehr,  der  andre  weniger  von  Bekker  abhängen, 
hat  dieser  einen  bisher  noch   unbetretenen  Weg  eingeschlagen  und   die 
Analogie  zur  Fuhrerin  gewählt,    so  dass  sein  Text  mehr  als  irgend  ein 
anderer  von  der  Deberlieferung  abweicht     Es  ist  freilich  schon  ein  alter 
Grundsatz,  den  Homer  aus  dem  Homer  zu  erklären  und  in  vieler  Hinsicht 
wird  man  damit  immer  zu  dem  sichersten  Resultat  gelangen,  aber  bei  der 
strengen  Durchfuhrung  desselben  stöfst  man  auf  unüberwindliche  Schwie- 
rigkeiten: diese  wäre  nur  dann  möglich,  wenn  die  Homerischen  Gedichter 
das  Werk  eines  einzigen  Dichters  oder  wenigstens  einer  und   derselben 
Zeit  wären,    nicht  aber  das  Product  von  mehr   als   einem  Jahrhundert, 
während  dessen  sich  Sprache  und  Sitte  der  Griechen  bedeutend  geändert 
haben;  denn  woher  kämen  sonst  die  grofsen  Verschiedenheiten  in  beiden 
Gedichten?  Die   bedeutendste  Änderung    Bekker's   ist  die  Aufnahme  des 
Digamma  in  den   Text,  worüber  sich  dasselbe  sagen  lässt,  was  von  der 
Analogie  im  allgemeinen:  sie  ist  nicht  vollständig  durchführbar.    Bekker 
gieng  dabei  viel  behutsamer  zu  Werke  als  Bentley  (er  sagt  selbst  caute 
pedetentimgue  reduxi)  und  hat  gewaltsame  Änderungen  nur  selten  ge- 
wagt: hier  ist  eher  zu  wenig  als  zu  viel  geschehen,  denn  er  hätte  bei- 
spielsweise recht  gut  ^232  ov  anBvSovra  ^idoi,  ^516  fisd^iivta  J^idotxo, 
H  277  aif^ntQOv  a%i&B  feine  schreiben   können   und   dadurch  weniger 
geändert  als  £683,  792;   Z  72,  101,  283,  289,  493.     Dass  die  Alexan- 
driner sich   vielfache  Änderungen  erlaubten ,  wodurch  die   Spuren  des 


Bomeri  carm.  ed.  J,  Behher,  ang.  y.  /.  Em  Rocke.  533; 

Digamma  verwischt  wurden ,  darf  mit  Sicherheit  angenommen  werden, 
und  eben  deshalb  lässt  sich  das  ursprungliche  nicht  mehr  überall  her- 
stellen; es  scheint  aber  auch  festzustehen,  dass  viele  Theile  beider  Ge- 
dichte in  eine  Zeit  fallen,  wo  manche  Wörter  in  der  Aussprache  schon  das 
Digamma  eingebüfst  hatten,  welches  um  so  leichter  möglich  war,  als 
die  beiden  Gedichte  erst  lange  nach  ihrer  Entstehung  aufgeschrieben 
wurden,  wobei  das  Aeolische  Schriftzeichen  nicht  berücksichtigt  wurde. 
Die  Athetesen  haben  sich  in  der  neuen  Ausgabe  im  Vergleich  zu  der 
früheren  bedeutend  vermehrt;  vielleicht  siüd  ihrer  noch  lange  nicht  ge- 
nug, vielleicht  auch  schon  zu  viele,  doch  hängt  diese  Sache  so  enge 
mit  der  noch  nicht  erledigten  Homerischen  Frage  zusammen,  dass  eine 
Entscheidung  hier  vor  der  Hand  unmöglich  ist. 

Die   bedeutendsten   und   zahlreichsten  Änderungen   Bekker's   fallen 
in  den  Bereich  der  Orthographie  und  hier  ist  die  Analogie  eine  sichere 
Führerin.    Was  den  Versbau  anlangt,   so   gibt   Bekker  im   ersten   Fufs 
dem  Spondaeus,  im  fünften  dem  Dactylus  den  Vorzug  (B  409,  723 ;  F  iöO» 
B  718 ;  Z  150),  das  syllabische  Augment  fallt  nach  der  Arsis  des  zweiten 
und  vierten   Fufses  (ri07,  360;  E  37.  A  199,  357,  414.)  und  nach  der 
weiblichen  Cacsur  des  dritten  und  fünften  Fufses  (if464;  B317;  £99. 
Ä  108,  251,  266.)  weg.   Getrennt  werden  das  affirmative  ^  zoi  von  dem  dis- 
junctiven   ^to»,   der  Artikel  6  vom  Pronomen  o,  so  schon   Eustath.  zu 
A  9,  pg.  23,   während  sich    Buttmann   A.  Spr.  1,  299,    A.  5.   gegen  die 
Trennung  erklärt,     co?  schreibt  Bekker  nicht  blofs  nach  %a£  und  oidi^ 
sondern  überall,  wo  es  gleich  ovrcoff  ist,  ebenso  axaxijTa  und  ftritihu, 
während  die   Alten  andnrita  und   (iritiBta  betonten;  vgl.  Schol.  A  175, 
508,  540;  Gram.  A.  P.  111,  126;  141,  ebenso  iXto  und  oUovde  während 
die  Alten  iXto  und  oImv  ds  schrieben.    Was  Accentuation   betrifft,   so 
dürfen  wir  von  den  Regeln  der  alten  Grammatiker  nicht  abweichen,  die 
vor  uns  das  voraus  haben,  dass  sie  das  Griechische  als  lebende  Sprache 
redeten,   mithin   hierin   für  uns  mafsgebend  sein  müssen.     Bei  den  Im- 
perfecten  der  Verba  auf  fn   schreibt   Bekker   überall   den  langen  Vocal 
statt  des  Diphthongs,  also  ididm,  iti&ri,  itpiri:  wir  finden  auch  Formen 
wie  itpl'n,  wiewohl  selten,  in  den  Handschriften  (z.  B.  £  280,  880;  Z523)y 
welche  Verwechslung  schon  wegen   der  Aussprache   leicht  möglich  war, 
nie  aber  ididm,  überhaupt  dürfte  dieser  Punct  schwer  zu  erledigen  sein, 
ebenso  ob  noU,  Svvaiki,  vtiiiaai  zu  schreiben  ist  oder  die  jetzt  üblichen 
Formen  auf  et:  Buttmann  A.  Spr.  1,  191,  A.  6  glaubt,  dass  hier  ursprüng- 
lich Einheit  geherrscht  habe.    Wo  es  der  Vers  forderte,    schrieb  Bekker 
stog  für  £00$,  änderte  an  vielen  Stellen  fi^iv  und  di  in  iii^v  und  ^if,  wo 
es  der  Sinn  zu  erheischen  schien,  und  ersetzte  überall  aP  und  (mv  durch 
sl  und  fiTjy.    Statt  der  synthetischen  Composita  setzte  ßk.  vielfach  para- 
thetische,  so  svqv  (iav,  svqv  nQBioov,  iv  (pqovmv,  iv  vaiofiBvog,  doch 
hätte  er  consequent  auch  iif  utifisvog   schreiben    sollen.     Die  Compositi^ 
mit  tv  und  Verbaladjecliven  behandelt  er  synthetisch  und  betrachtet  sie 
ab  Adjecliva  dreier  Endungen.    Für  oßQitiog  schreibt  Bk.  aus  metrischen 


534  mmeri  earm,  ed.  /  Behker,  ang.  v.  J.  La  Roche. 

Gründen  mit  einem  Theile  der  Handschriften  oiißgtfiogj  ^vv  statt  avv 
am  Versanfange  und  nach  einem  v,  und  setzt  abweichend  von  Aristarch 
(▼gl.  meine  Abhandlang  über  Didymus  S.  13,  12.)  vor  Wörter,  die  mit 
muta  cum  llqnida  beginnen,  das  paragogische  v  z.  B.  x£v  T^ooeg,  %bv 
tfkalri,  &f8P  tqbCq,  ebenso  zieht  er  die  seit  Wolf  üblich  gewordenen  volleren 
VersaosgSnge  vor,  setzt  also  das  paragogische  v  überall  am  ßnde  auch 
in  Plasquamperfectformen  wie  avmyBiv  ßBßi^%HVf  ebenso  ovtoDg  für  ovrto, 
Rathsamer  durfte  es  sein  in  diesem  Falle  den  Handschriften,  namentlich 
dem  Tenetus  A  zu  folgen,  worin  sich  mit  seltenen  Ausnahmen  das  para- 
gogische V  nur  dann  findet,  wenn  der  nächste  Vers  mit  einem  Vocal 
beginnt;  so  schreiben  auch  Clarke  und  Heyne. 

Dies  sind  die  hauptsächlichsten  Änderungen ,  die  ßekker  fas 
sSmmtlich  in  seiner  diesmal  über  drei  Seiten  langen  Vorrede  anführt 
Auch  eine  ziemliche  Anzahl  Conjecturen  hat  Bk.  in  seinen  Text  aufge- 
nommen, >;<roVon  die  meisten  wirkliche  Besserungen  genannt  werden 
d&rfen:  aber  diejentgett,  die  dies  nicht  zu  sein  scheinen,  wollen  wir 
iHeht  voreilig  urtheilen,  sondern  erst  das  versprochene  peculiare  libellum 
abwarten,  das  uns  gewiss  hinl^gtich  darüber  belehren  wird.  Pricdlän- 
der  hat  bei  der  Besprechung  des  Bekkerischen  Homer's  in  den  Jahn 'sehen 
JlihrbtÜchera  1859,  lt.  Heft,  S.  827  f.|  die  meisten  davon  erwähnt  und 
dieselben,  sowie  auch  die  übrigen  von  mir  eben  berührten  Pnncte  seiner 
umsichtigen  Kritik  unterzogen,  so  dass  ich  mich  darüber  kurz  fassen 
könnte,  um  mich  desto  länger  bei  der  AdnoUUio  aufzuhalten,  welcher 
FVIedländer  nur  wenige  Zeilen  gewidmet  bat. 

Bekker  lässt  gerne  im  Dunkeln»  wie  er  es  auch  hier  gelhan  hat. 
die  Varianten  sind  zwar  ziemlich  vollständig  angeführt,  aber  das  beein- 
trächtigt den  Nutzen  der  Angabe  derselben  wesentlich,  dass  die  Quellen 
att  einer  bedeutenden  Zahl  von  Stellen  verschwiegen  oder  nur  durch 
ein  V  (penn  äilquU  grarnmaiicus)  oder  R  (auctor  recentior)  allgemein 
bezeichnet  sind,  so  dass  es  oft  viel  Mühe  macht,  ja  manchmal  sogar 
unmöglich  ist,  dem  wahren  Urheber  auf  die  Spur  zu  kommen.  An  man^ 
dien  Stellen  fehlt  auch  das  gewöhnliche  R  oder  V.  Eigene  Besserungen 
bezeichnet  Bk.  mit  einem  Sternchen  (*),  doch  hat  er  dieses  oft  wegge- 
lassen ,  wie  auch  anderseits  zu  Lesarten  gesetzt ,  die  vor  ihm  schon 
andere  in  denTett  aufgenommen  hatten,  oder  die  sonst  irgendwo  schon 
eiistierten.  teberhaupt  sieht  man  es  den  Noten  an,  dass  sie  für  Bk. 
ein  MpwiestUm  ttegotium*  waren,  womit  er  dieselben  in  der  Vorrede 
Entschuldigt  Ich  habe  die  Mühe  nicht  gescheut,  die  Varianten  dreier 
Bücher  der  llias,  soweit  meine  Hilfsmittel  reichlen,  genau  zu  vergleichen, 
um  einestheils  zu  sehen,  wie  weit  der  Apparat  Bekker's  vollständig  ist, 
namentlich  aber  zu  sehen.  Welche  Quellen  Bk.  mit  V  und  K  bezeichnet, 
und  glaube  vielen  damit  einen  t)ienst  zu  erweisen ;  denn  wenn  irgend 
etwas,  so  ist  eine  Zusammenstellung  dos  kritischen  Apparates  bei  Homer 
eine  sehr  lästige  und  mühevolle  Arbeit. 


tttmert  carm.  eä,  J.  Behlter,  ang.  v.  y.  ta  Boche.  535 

Uias  z/. 
%''Hpil^^''liQiq  ApoH.  Lex.  unter  f&m.  3  f;  t^vozosiz  ivatwo- 

fin  2euodotu8.  fiach  ScboL  A  o.  EusL  sohrieb  Hefodian  itpvox»^,  so 
auch  die  mei«tea  Mcs»  u«  Ausgaben.  Dass  ArisUrch  ^ipöx^t  schrieb^ 
erwILhat  Didymut  ausdrücklich  zu  J  598  und  ol41  (Seh.  Ilarl.) ;  dort 
ist  es  leicht  möglicfay  weil  das  Wort  am  Versaufang  steht,  hier  aber 
kooute  Aristareh  nuf  die  augmeulierte  Form  schreiben,  da  er  das  Di« 
gamma  nicht  kannte.  Bekker  aber  mussle  /•n^d^on  setzen,  worauf  das 
UigauHBa  Üihrt  und  wobei  auch  der  Spomiavu«  im  ersten  Fufsc  gewahtt 
bleibt ;  io  bat  auth  Faesi  in  dvf  zweiteu  Auflage ,  während  er  in  der 
diitten  sur  Vulgata  Burfickgekehrt  i$L  Ob  Zeuodot  ivmvox^u  schrieb 
ist  nicht  gtwise,  wenigstens  Ifisst  uns  Didymut  darüber  im  Zweifel, 
während  Eustath.  es  för   sicher  angibt.  Varianten   wie   ^Bidinut^ 

(Vrat.  a)  eü  4,  itaQa%XTidrj9  (Lip8%)  zu  6,  (pUo/Midij^  (Eust.  Lips.  Flor. 
Akl.  3)  tu  10,  #eoMMxt  (Barn.)  zu  7,  wtr^  (iarn.)  tu  11  bat  ßk»  nicht 
erwähnt,  die  meisten  gans  mit  Recht,  sie  werden  im  folgenden  Varian- 
ten Verzeichnisse  auch  sieht  bvräckiiehtigt  it  ai  nm^  Aristarchus, 
ov  T«ff  Yd  avr«g  Aristophanes  Bk.  mavm%  Ist  die  Vulg^ta,  die  auch  der 
Veneius  bietet,  und  so  schrieb  Aristophanes  nach  Didymus  {ivzni  bei 
Villoisson),  während  in  den  Bekkerisobea  Scholien^  ich  weifs  nicht 
wofa«r>  ai  tag  stdit,  -Welches  M.  Schmidt  geirealich  nachgesehriebenr 
hat  IQfihwi  %tP  R  (1  Vhid.)«  Wiiiifi^itiv  bei  Gram.  A.P.  III, 
37S,  31*  21  nXiic{9lf  Codi  Eton.  sup^asor.  9»  ij  ^oi  —  tj  ftikp 
1  Viad.  S3  *  iifHPi  «y^«  fehlt  bei  «k«  24  "'H^^;:  '"Hqii  ▼ 
(Schol.  Y)»  m  if$inBs  —  J»«^«rg  Cod.  Mor.  VrAt.  a;  auch  in  dem 
gleichen  Verse  A  552  und  an  den  meisten  übrigen  8tellen  haben  einige 
Handschriften  die  Form  auf  «f  >  welob«  die  Attisch«  ist«  Dass  Aristareh 
slnag  scfarieb>  erwäfanl  Didymus  zu  A  106  und  108.  ob  er  es  aber  überall 
schrieb,  lässt  sich  nicht  ermitteln,  jedoch  ist  m  bei  seiner  bekannten 
Consequenz  wabrschdntioh.  27  fjr*oie  r«r«oi  R  (Cod.  Cantabr.  8choL 
V  zu  A  7i6).  Wichtiger  ist,  das«  Eustatlik  eine  Lesart  inafiov  9i  p,oi 
Zkxoi  anfahrt)  die  eich  jedoch  in  keiner  Handschrift  findet.  Vielleicht 
durfte  die  VermUthmig,  dass  dies  die  urspsthngtiche  Lesart  war  und  tob 
Zenodot  umgeftudert  wvrde,  inn  den  Hiatus  lu  vermeiden  (der  aber  an 
dieser  Stelle  sTtatthafi  ist),  nioht  ^  gewagt  erscheinen,  wenn  man  folgende 
BeiHpieie  veri^leichti  r4i^9  schrieb  Zenod.  dn^httov  (vielleicht  ist 
auch  Q  186  av^^tiinte  zu  schreiben)  für  aittftivnB,  wofür  die  meisten 
Herausgeber  anoTipipL9i^  gesetzt  haben,  S  öOd  ifponXCisad'ov  für  i^nU- 
tfOfteeO-tt,  O  847  ini€^s4$c^p  für  tniwiisa^ki  (?  iinWBVBaes)^  E  28t 
^B%6^tl9^op  für  «ene^t/eO'e,  '9*251  naiMoxop  für  nai§ixte,  ferner  Z  fl2 
ifivvevov  für  aftv^tte,  iV  627  ofx^^^op  fär  o^xta^s,  wofür  wir  jetft 
ftreilioh  ganz  andere  Leearten  im  text  haben,  nämlich  (tvi^aaa^t  dh  ^o«- 
ifiSoq  ulHrjg  und  otx^€^  »pdyovtig,  welche  mir  keineswegs  die  ur- 
sprüuglicben  zu  sein   scheinen.     Vielkficht   schrieb  auch  Zenodot  £660 


536  Üomeri  carm.  ed.  J,  Behkery  aiig.  v.  J,  La  Roche, 

(itvsa^vSTOv  für  (isvsaivBtB,  welches  nach  Heyne^  Ahrcns  und  Bekker 
die  richtige  Lesart  ist  und  wofür  man  jetzt  fast  überall  [iBveaivifisv 
liest.  Man  sieht,  dass  die  alten  Grammatiker  an  diesen  beiden  Stellen, 
der  Caesur  des  dritten  Fufses  und  der  bukolischen  Caesur,  den  Hiatus 
für  unerlaubt  hielten  und  ihn  durch  Emendation  wegzuschafifen  suchten, 
wobei  Zenodot  für  die  Pluralform  des  Imperativs  die  Dualform  substi- 
tuierte, während  Aristarch  den  Inßnitiv  gesetzt  zu  haben  scheint.  Einige 
dieser  Fälle  führt  Ahrens  de  Malus  U.  leg.  quib.  legibus,  Hannover 
1851  an,  eine  genauere  Untersuchung  wird  noch  manche  derartige  Fälle 
ermitteln.  41  iyy Byauaiv  —  l%ysyaaaiv  vuig.  46  nzQl  —  niqt 

Clarke,    Heyne,    Wolf,    Dindorf.  49  Tivlarig  —  nvlaarig  Cl.  H. 

53  äianiQaai:   diansQaov  R  (3  Vindd.)  54  ov  xi  (vulg.):    ov  xoi 

U  (Codd.  Yen.  Town.  Eton.  Mose.  1,  3.)  66,  71  xcv  Tqmeq  —  x« 

Tpcocg  die  meisten  Mss.  und  Herausgeber,  der  Yen.  hat  zwar  hier  das  tr, 
aber  an  den  meisten   übrigen  Stellen    fehlt  es.  67  fehlt  *  aq^atavi 

iq^taai.  vn\Q  OQHia  —  vnsQOQxut  Yen.  Mor.  86  nazsdvat^'  i  xa-r- 

BÖvaa^'  R  (Yrat,  a,  Mor.  Cl.  W.),  hingegen  Yen.  Town.  Yrat,  b.  xata- 
dvas&\  92  pro  his  ngoaetpri  ylav%mnig  'AQ"riv7i  R  (3  Codd.  Benll.). 

95  xev  —  X6  Eust.  Yen.  und  die  meisten  neueren  Ausgaben,  x£y  haben 
2  Yralt.  und  die  allen  Ausgaben. 

109  *  nBtfV¥,Biv  —  nBvpvuLBi»  112  nozl  —  nqoxl  H.  113 

iynLXlvag  —  iyuXlvag  Li ps.  Yrat  a,  Eton.  115  'AxQsog  v£6v:  iQX09 

'Jxaimv  R  (II.  Cl.  aus  vielen  Mss.  deren  einige,  darunter  der  Yen.  Ambros. 
2Yin(ld.  'Ax^iog  vtov,  andere  beide  Lesarten  haben).  116  sIbx:  bIbv 

R.  (1  Yind.).  117  fiBXaivicov  —  fiBlaivciv  Cl.  II.  Edd.  vett.,  {iBlai^ 

vufov  Schol.  A,  Eust.  Apoll.  Lex.  u  a^li\xa.  118  xarexo^fies  R  (Caiit. 

Lips.) :  xarffxo(Jfi£t  alle  übrigen  Mss.  und  Ausgaben.  129  xoi  Xristarcb, 

andere  <Fot,  1  Yind.  yc.  131   ^Bf^yQ   (Yen.   Town.)    —    U^yBi  H.  >V. 

Xi^Bxai  die  Codd.  —  Xi^axo  Edd.  vett.  Cl.         137  *  itpoQBiv  —  iipoQBi. 
139  iniyQarf)BV  -^  ^»«y^a^e  Aristarch  vgl.  Did.  S.  13,  12.  142  ?««» 

Aristophanes:  tnntov  cf.  145  Bk.  Das  Scholion  des  Didymus  gibt  andere 
Aufklärung  darüber:  nach  ihm  schrieben  Aristophanes  und  Aristarch  in 
der  ersten  Reoension  tnnm  {Tnnoiv'i)  9v'i%(og,  Aristarch  in  der  zweiten 
Recension  tnnmv  nXrid^vxinmg,  da  aber  tnnco  unmöglich  ist,  so  wird 
wol  tnnq)  zu  schreiben,  sein  vgl.  Grashof,  Fuhrwerk  S.  39,  und  das 
Scholion  müsste  dann  gelautet  haben  Sizdog  xal  tnnm  (Cod.  tnnto) 
Bv^nmg  (Cod.  dv'uSg)  xal  tnnmv  »Xi^^i/Ttxcog,  iv  dl  xfj  xaira  'Aq^oxo^ 
(pdvri  ikovoag  ivtuSg  (Cod.  öv'inäg).  Wie  das  Scholion  bei  Yilloisson,  Bekker, 
Schmidt  und  mir  Did.  S.  7  steht,  ist  es  entschieden  falsch.  143  xb  ftivi 

di  fiiv  R.  (1  Yind.),  147  xb  Idi  Yen.  2  Codd.  Bentl.  —  x'  ^dh  Cl.  H. 

Sp.  D.  Edd.  vett.  und   die  meisten   Codd.  151  dl  Cdsv:  $'  bIöbv  Y. 

Hie  letztere  Lesart  führt  Herodian  zu  diesem  Yerse  an,  erklärt  sie  aber 
für  unstatthaft:  jedenfalls  las  auch  Aristarch  $1  t^BV  und  so  haben  die 
besten   Mss.    der  Ven.    Town.   HarL    Lips.  Yrat.  a.  1.j3  hier    scheint 

die  Yariante   xovg  dl  ßa^v   üxBvi%<ov   nqooBtpri   bestanden  zu  haben.  2 


Bomeri  corm.  ed,  J,  Behker,  ang.  v.  7.  üi  Rocke.  W9< 

Codd.  BentK  u.  1  Vind.  haben  nämlich  nQoaitprj  und  Seh.  \  zu  A  H% 
Tovff  iifts(pfi,  doch  könnten  das  auch  blofse  Versehen  sein,  vgl.  B  795; 
2  69.  155  (fÜB  Barnesius:  (piXs,  so  Bk. ;  letztere  Lesart  steht  in  den 

BIss.,  u.  die  Schollen  enthalten  nichts,  aber  Eustathius  zu  £359  pg.  55S 
erwähnt,  dass  Ptolem.  Ascal.  €piX8  accentuiert  habe,  statt  Barnesius  war 
also  V  zu  schreiben.  161   ix  Sh:    i%  zb  letzteres  alle   Mss.  u.  Aus- 

gaben, ix  di  scheint  Bekker   aus  eigener  Vermuthung   gesetzt  zu  haben 
und  nicht  ohne  Grund:  eine  derartige  Variante  ist  mir  nicht  bekannt. 
MZ  XinoiykBv •— XinoiBv  Cant.  Lips.  Eton.  176  eod'  iqini^^  fsgiet. 

Hoffmannus  (Quaest.  Hom.  II,  pg.  101).  181  vrjval:  x^Q^^  B  (Cod. 

Gant.).  —  182  tots  fioi  —   tot    igioi  Apoll.    Lex.  u.  altpa, 

183  ini^aQOvvav  —  ini^a^aiiaas   Vrat.  c.  Flor.  191  navajicit 

navaij  as   R  (1  Vind.)  195,  205  'Jt^ios  vtovx   igxow  'Axaimv  V 

(Seh.  A  zu  195).  Bk.  schreibt  an  beiden  Stellen  'Atgios  viov^  die  mei- 
sten anderen  Herausgeber  ap^ov  *AxaimVy  Heyne  und  Clarke  205  'Atgio^ 
vtov,  so  an  der  ersten  Stelle  Ven.  Town. ,  während  beide  und  aurserdem 
Eton.  2  Vindd.   an  der   letzteren  igxov  *Axam9  haben.  195  otpgu 

td^i  0(pQ  Btdji,  so  scheinen  Ven.  B,  Town.  Hart,  gehabt  lu  haben,  wo 
wir  jetzt  lesen  otpq   Cdjj, 

203  nQoarivda :  ayoifBVBv  (so  Schol.  A,  es  fehlt  also  wohl  V). 
210  Txavov  •—  t%avBv  Bentl.  229  naf^iüxiy^Bv  —  naQccaxifiBv  3  Codd. 

Bentl.  Vrat.  A,  Mose.  1.  230  dia  noiQuviovta  (wohl  wegen  der  bu-* 

koiischen  Caesur)  —  dianoiffaviovta  Ven.  Gl.  H.  Xdßfi  —  idßoi  Harl.  1 
Vind.  Thiersch  Gr.  g.  321,  8.  236  vnhff  o^xta  —  vnBQOQnia   Eust. 

und   mehrere   Codd.   darunter  Ven.   Gant.  242  ilByx^^S  —  iXiyxBa 

Ahrens  de  hiat.  etc.  pg.  33.  245  yiyvBxai  —  ylvBxat  Edd    vett.  u. 

einige  Mss.  darunter  (wenn  auch  nicht  hier)  der  Veuetus,  der  auch 
meistens  yivmana  für  ytyvoiaxat  hat.  260  xBQcivtai  (Eust.) :  »i^coy- 

tat  V  (Schol.  L,  Eustath.  Hesych.).  257  vbqI  —  niifi  vulg. 

263  ivtoyrii  ivmyoi  vel  avoiyBi  Bk.  ivmyoi  ist  die  vulgata,  die  auch 
in  den  besten  Mss.  steht,  ävoiyBi  haben  VraL  a  u.  b,  letzterer  von  zwei- 
ter Hand  und  Eustath.  ivdyg  scheint  Gonjectur  Bekker's  zu  sein,  doch 
fehlt  das  übliche  Zeichen  *.  264  Bvx^ai  R  (Ven.  Gant.  Harl.  2  Vratt. 

2  Vindd.  Aid.    2,  3,  Junt):   bvxbo,  279  (Cyn^iv  tBi    (iyriOBv  di  R 

(nicht  gefunden). 

301  yäg  —  iilv  Ven.  Gant.  Harl.  2  VratL  301  *  avoiyBiv  — 

avdysi»  310  £tqvvb  —  ozqvvb  HarL  320  ad'BXBitaiy  im  Venetus 

steht  der  Obelus  dabei.  331,  334  ictaaav  —  iaxaaav  Ven.  Gl.  H. 

351,  52  folgt  Bk.  der  gewöhnlichen  auch  von  Nikanor  anempfohlenen 
liiterpunction,  Döderlein  Emend.  Hom.  (Erlangen  1858)  pg.  5  tilgt  mit  Recht 
nach  (tsd'iinBv  das  Fragezeichen  und  setzt  es  hinter  'AQria.  353  ^v 

—  Tjv  %    Veu.  361    ^^vBa:   fii]8Ba  R  (1  Vind.)  363  liBtaftoiviä 

Apoll.  Sophista  (Eustath.  Ven.  Eton.):  fistocfioaXia  (Eust  1  Vind.  vulg.) 
367  IcFrifxn  Aristarch  —  «fari^xe»  \ulg.  368  xal  tov  ft^y  Ven.  Lips. 

Eton.  Vrat.  a,  Mose.  1,  3  —  xal  (ihv   tbv  vulg.  375  hbqI  —-  ni(fs 


M8  Odmeri  earm.  $a.  J.  Bekker^  ang.  v.  /.  La  RoeMe. 

GL  II.  Yulg.  377  aytl^iBv  —  aj^i^aq  Vch.  378  oT  (er:  oT  ^i  R 

(Ven.  Vind.)  381  iroe^a^ur  —  na^odaiyM  llesych.  Schot.  D. 

38t  ^xovxo  191  —   Ätov^  ri9\  H.  D.  384  im  II.  W.  Schol.  A  — 

ini  das  nllein  richtige,  da  ccyyMrit  hier  nicht  Botschaft  bedeutet 
388  BMpktCoiniv  —  KüoäyisifMCi  Bentl.  00  auch  £u8Uth.  395  Ho- 

l9fpivtiriqi  Av%&ip6vtfii  V  (Scho).  A,  Eilst.  1  Vind.) 

kittitta  (Ven.  tdtyu),  oian^  i{*o  —  xitliMdt  ciyij  ^*  ^#0  ftentl. 
415  l^tttti  --  l^er«»  ed.  ftotn.  Barn.  424  t»  «^Mta  Ven.  Vral«  c 

-^  ««  «9«t«  die  mrisften  Mss.  Cl.  II.  W.  D.  485  inf^ovotu  Ven. 

-^  ihtovoatM  vulf.  436,  449  *  i^difHv  ^  öpm^n.  438  ylmv^ 

iliifii7iz9  —  yitoDtftftt  f&ifu««ro  Vrat.  h,  H.  450  ^t^Oa  ^   ^  hf^dif 

1  ViAd.  fi.  405  Ti}A4Nf»  ^  Yi}Xd^  Schol.   6,   H^ri,  46t,  5«6 

jkrcft  iiaio^»r  -^  oirfl^  ikaJl«i^ll^  vulg.  Tgl.  Grashof,  Augnftf  i)t  S  «9. 
459  *  ^alfir  ^  |||}«l«.  468  *  #Attßey  --  I^Xa/)e,    Gant«  «Ue. 

467  yfl^  A  (To>vn.  Harl.  Lips.  Etmi.  edd.  Flor  Aid.  1.  11.):  ytiq  f. 
469  |iNrv^  --  a^olic^  Gant.  47%  idvondltiwp  *^  idvoTtdliisw  ApoU. 

Lex*  Vr«t.  a.  496  ^BJ#   -^^  Uw  Schol.  B.  L. 

518  onfiotMt.^  <K9vo«i^  1  Vind.  Edd.  vett.        690,  59d  llt/^ 
900g— 77e/^(0ff  Ven.  Gl.  H.  vulg.        524 ^£9:  fiipH  (Gant.  Vind  H.). 
539  oiivhi  Ptolem.   Ascal.  beim   Schol.  Sopti.  Trach.  19  —   9JI  %i   tt 
Sobol.  A.  649  ilov(f^  uvtä^  -^   ilovaa,  atd^   fiastath.  od*  Flur. 

Dies  ist  die  einzig  riobtige  Lesirtj  V|fl.  Ahreus  de  hiat»  pg.  11. 


3  yivoito  Idi  Godd,   —   yivoit    ^dl   Dentl.  4  ßuttm   Schol. 

pag.  589>  a  2  glaubt  eine  andere  Lesart  sei  gewesen  dais  di  ot  «o^. 
ohne  tny  welches  allerdings  eher  entbehrlich  ist  als  di,  doch  führt  auch 
Eustath.  pag.  514  die  Lesart  daia  di  ot  in  hoq.  Die  auch  der  Ambros. 
bat,  an,  und  scheint  auch  die  Lesart  datev  ot  gekannt  zu  haben,  indem 
er  bemerkt  xtoQlf  xov  v  iv  noXXoig  avtiyQa(poig  (psgofisvov ,  was  er 
aus  Üidymus   geschöpft  haben   mag.  5  iczig    oncoQivtp  —  aatigi 

ontoQiv^  Eust  8  %koviovxoi  xal  o^MJTOi  U  (nicht  gefunden). 

10  vtiBq  f^oxriv  —  vtiB  ^aav  Vit.  Ilom.  l'seudo  IMut.  12  ««ox^tv- 

9ivxB  die   meisten    Godd.   —   ino%qiv&ivxBq   Eust  Marl.,   aTcox^t^crce 
Ambros  Lips.  ed.  Born,  ivavxim  (die  meisten  Godd.):  ivavxiov  K  (Schol. 
Vy  Viüd.  Lips.   suprascr.   ed.   Rom.),    ivavxloi   Eustath.   (OQfirid'iixfiv   2 
Vratt.  Mose.  1,  Eton,    —   offfiri&iixTiv  Ven.  Town.   Ilarl.  Lips.  etc. 
14  lovxsg  —  iovxe  Aristarch,  vgl.  zu  Z  121.  32  ovx  Sv  drj  Tgtaag 

nlv  —  ov%  av  d^  xal  Tqmag   ed.   Turn.  33  oqi^Bi   aufser   Schul. 

BLV  zu  H  171  noch  Vrat.  c  und  1  Vind.  45  ftax^oo:  zceZxco  H  (nicht 

gefunden).        49  ^xafiavd^tov  —  iTafiavd^ioy  mehrere  Mss.  wie  auch  77 
KcciidvÖQOv  und  sonst,  vgL  SchoL  A  zu  i4  1.  Eustath.  pg.  449,  20. 
70  ixQatp»   Towul.  71  noas'i  —    xinsi  Aid.  2,  3,  Juut.  75  iv 


fff^meri  earm.  ed,  J.  Bekkery  ang.  v.  /  La  Roehe.  539 

%fivi'^   —    IC0W17?  Von.  Schol.  A.  77  Kccfiavd^ov  \\    (Mss.  Vral.  b, 

edd.  Aldd.    Rom.    Jiint).  86  ofiiXioi  —  ofiiXhi   Eiist.  Yrat.  ». 

87,  96  all  nfdioif  —  apLU^lop  Yen.  vul/^.  vgl.  Schol.  Pal.  zu  s  329. 
89  r»  om   Viiiil.   tt  Na«gelsbachus    (Anm.    tut   llias   S.  37). 

104  ivifxii^eüd'cct  Aristarchus  fton  aexyi<fsod'ai,  Tgl.  Did.  S.  14.  Die 
Lesart  9i]9u  tf^T^fffCFdirt  haben  Eust.  und  Schol.  br.  dif^'  aytttf^ifffetf^a»  Lips. 
wld.  Aid.  %  3,  Junt.  Rom.  109  Spao  —  o^<F£t>  Ven.  Vrat  a,  c,  Mose. 

8,   SifüB  Cant.   Vrat.  A.  116  i^sv  R  (Cant.  Harl.   1  Vind.)j  jiot  die 

meistet)  Mss.   darm^tcr  Ven   Town.  Lips.  Edd.  vett.  Ct.  H.  Sp.  117 

avt  i(i^  tpiXtci  -^txirifit  Cant.  Lips.  ^  Vratt.  Mose.  1 ,  Flor.  Aid.  1. 
avti  fit  Eustath.  fpClcci  Eust.  Gl.  H.  Sp.  tpiXs  Mor.  3  Vratt.  Vindd.  Mose. 
3,  EusL  US  ti  fi   ^  -^  i(i   Apoll,  de  synl.  pg.  243   ed.  Bk.    128 

Yiyv(6<i%fis  t  yifvmöuoi^  R  (Vrat.  c),  yivaanotg  Ven.  Mose.  %  Vindd. 
Schol.  BL  KU  128  und  451.  ISS  ov^^:   ov  d^  Schacferu«   (app.  ad 

Bast  ep.  criL  pg.  130),  tpcdafi  —  XQ^^*-  Eustath.  SotfiCiaüfj  —  da- 
pkoiü9H  Eust.  Town.  Vrat.  A,  letzterer  mit  einem  tf.         141  ayxvottvai 

—  ctyxn^'^^^^''  Schol.  BL,  Seh.  V  in  ö  131,  ApoU.  Lex.  Ven.  Vrat.  c, 
Edd.  vett.  iyxi'^iftn  Apoll,  de  pröB.  pg.  109  ed.  Bk.  und  Knstath.  gar 
iyxfiatrivax,  i^'Tnddövtc  —  ' TÄ^/^opOf  Edd.  vett  Cl.  ü.  148 
TloXvtSov  Vou.  Lips  Edd.  vett.  —  Itölindw  Cl.  H.  D.  aus  einigen 
MsS.  153  •  ifhttpsto  (so  schon  Eust.  edd.  Steph.  Turn.  Cl.):  91 
zBiQito  Ven.  3  Vratl.  Plor.  Aid.  1.  164  tintv  H  (nicht  gefunden 
vgl.  Z 154).          155  huQ^  —  hixQtit  Caut.  3  Vratt.  Mo«(5.  1,  3. 

166  ißtpotiQöiP  Aid.  %,  3,  Junt.  Cl.  natiQi  9h :  ^itcctQl  piv  y«  H  (nicht 
gefunden).  167  Ae^offtijtfttmp*  Ven.  —  fii  poatiiaartt  vulg.  158 

9atiovto  —  9atiovt€ii  Heraklides,  Vgl.  Osann  Quaest  Hom.  IV,  20. 
160  iovtctg  —  ^o»t8  Ahrens  de  hiat.  pg.20.  162  natu  px>ö%ofisvdtov 

—  nataßoßnoftivdmp  Eust.  174  ftpsg  —  Sqfsg  Vral.  a,  Aid.  2,  3> 
Junt.  178  tni  fiiitii  Aristarchus,  dieser  las  jedoch  impiijvis  vgl. 
Scholl.          185  i  y  —  89*  Eustaih.         191  ti^i  totB  (1  Vind.). 

198  ivi:  ev  R  (Vrat.  a). 

205  ^(ibXXbv  Eust  Ven.  Vindd.  21 4  nu^ti  —  hAq^v  Vindd.  221 
iX^  ay    —  dXXi  y    Flor.  ^%  tpfaviiGavxtg ,  ßdvxeg  —  qxov-q^uPtB, 

ßdvts  Vindd.  Mose.  1,  welche  Lesart  Ahrens  de  hiat.  pg.  12  u.  17  för 
die  richtige  erklärt,  ebenso  wie  pag.  20  ix^vt^  (v.  246),  welches  3  Codd. 
haben  der  Harl.    Mose.  1 ,  Vrat  b.  255  cevtcos :  ov-ttog  Town.  Lips. 

Aid.  2,  3,  Rom.  Junt  Turn.,  avttog   Eust   Ven.   Flor.   Aid.  1.  25« 

ivtCov  —  avxCog  Cant  if  —  icc  Ilcrod.  Eust  Aid.  2,  3,  Junt.;  von  iä 
sagt  Eustathius  ^oits^  Jlyitota  iv  totg   naXaiotg  sS^titai.^  261  fihp 

mTLiag  —  naXXitgixccg  Schol.  Vrat  b.  270  yBVs^Xri  Eust  Ven.  u.  andere 
Mss.  —  ysvi^Xjj  Lips.  2  Vratt  Vindd.  edd.  Plor.  Äld.  1,  Argent,  yBvi^Xai 
1  Vind.,  ysvi&Xrig  Aid.  2,  Rom.  Stcph.  Ct  ü.  273  «€v  Codd.  Cant 

Barocc.  Lips.  3  Vratt  Town.  2  Mose.  1  Vind.  Edd.  velt.  —  its  Ven.  u. 
andere  nebst  den  meisten  neueren  Ausgciboii.  ditonaiaBod'ai  —  inonav- 
oaa^cu  fabt  alle,  darunter  die  besten  Mss.  U.  Flor.  Aid.  1,  avanavcaa&at 


540  Homer i  carm.  ed.  J,  Bekker,  ang.  v.  /  La  Roche. 

Town.  297  anoqovaB  die    besten    Codd.  —  inoQOvas  1  Viiid.  und 

die  Ausgaben  bis  auf  Heyne. 

300  ndvzoG  itaT^v  —  ndvroös  tariv  Town.  u.  der  Venetus  an  allen 
Stellen  mit  Ausnahme  von  dieser  und  ^61;  N  ib7 ,  160,  405,  welcher 
Schreibart  auch  Grashof,  Fuhrwerk  S.  31  A.  28  den  Vorzug  gibt.  301 

avT^og  die  besten  Mss.  —  avz^ov  Eust.  Aid.  2,  Rom.  Cl.  il&oi>  —  il9ji 
Vrat.  A.  306  loxCqt  —  IvCtp  =  vsvqtp  Gram.  A.  0.  11,  372,  28.         308 

ano  Herodian  —  uno  Ptolem.  Asc.  Heyne.  310  d\id'  aq    Bentleius, 

di  z   Heyne,  <Ji  ol  Eust.  314^  l^hv  (d*  Vov  Gl.  H.  Bk.  1. ,  D.  F.  aus 

den  besten  Mss.) :  ^^  ov  Gant  Vind.  Sp.  317  ix:  ano  R  (1  Vind. 

vulg.).  324  *  i^iXaßiv  —  i^iXaas  die  Mss.  und  übrigen  Ausgaben. 

329  *  (li&Bnsv  —  (uid'BnB   die  Mss.   und   anderen  Ausgaben.  334 

('  l%C%avB  —  (a  %liavB  H.   aus  1  Vind.  336  dovqCixaX%m   apud 

PMarcäum  (Symp.  Qu.  IX,  4)  aufserdem  3  Godd.  Bcntl.  u.  die  altea 
Ausgaben  aufser  der  Florentiner.  337  aßlrjxQriv :  aiißXTjxQiiv  R  {a^- 

ßXiixQ^^  schrieb  bei  Gram.  A.  0. 1,  95. 11  Heraklides  aus  Milet,  vgl.  auch 
Os.iun  Quaest.  Hom.  iU,  5,   doch  nach  Eust.   und  Uerod.  zu  9  178  las 
er  aßXi]xifflv;  eine  Variante  ifißXrjxQ'n^  ^Sihe  ich  nicht  gefunden). 
343  nafirßaXev  Vindoöon.   duo  (erwähneswerther  war,    dass   der  Ven.  so 
hat) :  HaßßaXsv  die  meisten  Godd.  344  iqvoaazo  —  iqvaaxo  Eust. 

die   Godd.    u.  Edd.   vett.  H.  346  Uoito  —  eXrizat  Aid.  2,  3,  Junt 

Rom.  Gl.  350  si  d^  av  y  :  bI  dl  xal  V  (Schol.  L  V).  352  inB- 

ßriGBzo  —  unBß-qaazo  die  besten  Mss.  auch  der  Venetus,  der  aber  sonst 
überall  die  Form  ßr^OBzo  hat,  die  auch  Aristarch  für  besser  hält,  vgl. 
Schol.  A  zu  r  262,  aber  doch  an  einigen  Stellen  wie  £35,  T  262 
beibehält.  352  dXvova  —  aXvova    Plol.  Asc.  359  q>CXB  :  tpiXs 

vgl.   zu   J  115.  363  d'   (Ven.    nebst  den   besten  Mss  ) :  d'  ig'  R 

(5  Mss.).         366  *  afB%ovzB  {iBnovzB  schon  H.  aus  2  Mss.) :  a%ovzB. 
374  y^.  hini  V  (Seh.  L  V).  387  d*  deest  R  (nicht  gefunden). 

Z^^^Eqy^iri cum  Barnesio  ThierscMus  (Gramm.  §.  178,  28,  auch  Spitzner): 
'£^ft£a  vulg. 

402  *  y«  xBzvnzo  (schon  fl.  aus  Vrat.  A,  1  Vind.) :  y  izizvHzo.  406 
vi^nios  i  VT^ntov  R  (1  Vind.).  406  Tvdiog  vtog  —  xal  xara  d^fiov 

Eust.  407  (idxrizM   Eust.   Harl.   Lips.    Ambros.  t  Vrat.  2  Vindd.  — 

fucxotzo  Ven.  u.  andere  Gl.  H.  408  ovdi  zl  ^iv,  dLX(os  xal  ovdi  xb 

liiv  Schol.  V.  412  firj  d^v:fiij  nmg  R  (l  Vind.).  413  iyB^gy  — 

dys^QTj  Lips.  Mose.  1.  416  Ix^  Ven.  Ambr.  Mor.  Eusl.  Et.  M.  —  ix^Q 

Gant.  ed.  Rom.,  ix^oQ  1  Vind.  Flor.  Aldd.  Gl.  Gloss.  im  Ambros.  422 

dvifCaa  —  iviBtaa  Ambros.  423  *  Sfia  cnsc9'ai   (so  schon  11.  aus  3 

guten  Mss.  Town.  Harl.  Mor.  auch  der  Syrische  Palimpsest  hat  Af  350, 
363  afi-a  aniad^oa  statt  dfi  iania&to)  :  ufi  Bania^ai  Eust.  Veu.  Lips. 
u.  a.  425  igvoBTn  —  %Qva^    Eust.  Lips.    Edd.  vett.  428  ov  rot, 

xB¥,vov  ifiov  —  xEKvov  ifiov,  ov  TOi  Gicero  ad  Attic.  XIV.  13,  2.  444 

aXsvdiiBvog  —  äXsvofiBvog  H.  aus  den  besten  Mss.  Ven.  Town.  GauL  Lips. 
2  Vratt.  Mose.  1.  445  indxBgd'Bv  —  andvBvd^sv  Ven.  Gant.  vgl.  Did. 


Bomeri  carm,  ed,  /.  Behker,  ang.  v.  J.  La  Roche.  641 

SU  9  10  anavw^s,  iv  t^  ^AQiatotpdvovg  iitdtsg^Sy  Zrivodorog  (itto- 
ma&s,  446  *  ya  titvato  (schon  11.  aus  1  Vind.) :  y  ixitvxto.  450 
Tofoy  :  xoio  R  (Mor.  1  Vind.)*  452  <rT})^e<r(n  :  (mf&eirqpi  R  (Vrat.  b, 

aueh  M  425  in  dem  gleichen  Verse  ebenso  M  151 ,  401  und  oft  wech- 
seln beide  Lesarten).  461  fehlt  die  Angabe  der  Lesarten  Tgadg 
Lobeck  Paralip.  pg.  88  u.  Dindorf  und  TQtoav  Vcn.  A,  Schol.  br.  Aid.  %, 
Steph.  463  niXsvBv  :  nilsvasv  R  (Ven.  Town.  Canl.  Lips.  3  Vratt. 
Mose.  1,  Flor.).  466  nach  der  Angabe  des  Schol.  ist  es  wahrschein- 
licher, dass  Aristarch  ev  3f oti^TOter»  schrieb,  parathetisch,  und  nicht  tvnoiri' 
Toici.  468  in  2  Mss.  findet  sich  nach  diesem  derselbe  Vers,  der 
schon  248  steht  six^tat  iny,  %xX.  aber  auch  dort  wahrscheinlich  nicht 
echt  ist.  470  äxQWB  —  Sxqvvb  Vrat  b.  472  «^  (andere  nrj)  — 
not  Vrat.  b,  Mose.  1.  475  iym  —  iymv  Eust.  Barn.  478  *  Tx«: 
ii%at  letzteres  alle  Mss.  u.  Ausgaben,  jetzt  aufser  dieser  Stelle  nur  noch 
V  325,  während  2;406  (Ven.  Tkcd)  u.  o  328  schon  von  Wolf  die  richtige 
Lesart  hergestellt  wurde;  denn  Homer  schrieb  überall  ßc«  (8id  xov  0> 
so  nach  Choeroboscus  in  seiner  o^^oy^a^^a  bei  Gramer  A.  0.  II,  222,  30  ff. 
und  im  Etym.  M.  Dasselbe  sagt  Eustath.  II.  pg.  109,  Od.  pg.  1432  (ot^ 
dh  x6  tnsi  dvxl  xov  iq%ixay  ael  o  notrixiig  Sia  ro«  i  ygatpH,  i£  ov 
nal  x6  tndvm  yivsxai,  ov%  iaxiv  avxnnstv)  und  Maximus  Planudes  bei 
Bachmann  Aneed.  II,  55.  25;  erst  die  Altiker  führten  die  Schreibweise 
mit  71  im  AcÜv  ein  und  behielten  die  mit  t  im  Medium  bei.  483 
ftax^oaa^ai  Aristarch  —  iLa%iaaa(t^ai>  Herakleon  nach  Schol.  B  L  zu  il  298, 
Gram.  A.  P.  III,  5,  11  vgl.  Did.  S.  5.  Beide  Lesarten  wechseln  fortwäh- 
rend in  den  Mss. ,  die  letztere  hat  der  Ven.  487  Uvov  nov  aXovxB 
Glarke.  488  yivria^B  —  yivoia^e  1  Vind.  491  xriXsulsixäv  — 
xrjXtHXfixmv  Ven.  Vind.  Gl.  H.  492  KQaxsgriv  :  x^cXenriv  R  (Ven.  Canl. 
2  Vratt.  1  Vind.).  498  *  ovSh  (poßri^iv  (schon  H.  aus  Vrat.  c, 
Mose.  1)  :  ovd'  iqtoßrj^sv. 

500  oxs   X8  :  evx   av  V  (lUolem.    Asc).  601  ngivtj :  hqivh  R 

(Eust.  Turn.  Gl),  hq^voi,  1  Vind.,  hq^vs  edd.  Aid  2,  3,  Junt.  Rom.  503 
vneQ0''  iyivovxo  R  (Vrat.  c,  Mose.  1,  Vindd.  hsLVn.) :  vnsQ^s  yivovxo  Ven. 
u.  andere.  509  *  avoiynv  —  avcayst.  511  i^riyog  1  Vind.         516 

ov  T*  —  ov  xot,  Ven.  Aid.  2,  Gl.  520  äxqvvov  —  mxQvvaVy  1  Vind. 

Mose.  2,  Aldd.  Rom.  Junt.  ot  &l  —  '^dh  Town.  Harl.  Mose.  1.  525  £«- 

XQV^v :  taxQSimv  R  (Apoll  Lex.  Eust.  Ven.  GL  U.).  527  *  ovdh  tpißovxo 

schon  H.  aus  2  Vratt.  528  noXXä  —  yg.  (lanQoi  Eust.  538  x^^' 

%6g :  xal  xijg  R  (H.  aus  mehreren  Mss.).  540  dovTCfjaiv  X8  nscatv  — 

f}^i7tB  dl  nqrjvrig  Harl.  Mose.  1.  546  xinex'  —  xi%ev  Mose.  2.    'OqcC- 

Xoxov i'OqxlXoxov  V  (so  schrieb  549  Zenodot  nach  Schol.  Q.  H.  zu  y  489, 
vgl.  dazu  die  Anmerk.  v.  Buttmann,  an  unserer  Stelle  hat  auch  der  Town. 
'O^xCXoxov),  559  SafnivxB  —  SafiivxBg  Godd.  Mor.  Barocc.  560 

io^xoTeg  die  meisten  Mss.  —  ioi%6xB  1  Vind.  Mose.  1  und  wenn  wir  dem 
Schol.  V  Glauben  schenken  dürfen  auch  Aristarch,  was  ich  indess  be- 
JKweifle ;  dass  der  Dual  hier  die  richtige  Lesart  sei,  zeigt  Ahrens  de  biat. 


H2  B^meri  carm.  ed.  y.  Bekker,  ang.  v.  J.  Ui  Bache. 

pg.  24.  561  *A^T\Upilo^ :  ßo^v  aya^os  V  (ich  linde  keinoH  allen  Gram- 

matiker, ckr  so  geschrieben  hätte,  die  Scholien  u.  Eiistath.  schweigen 
gänElicby  wol  aber  stebl  so  im  Cod.  Lips.  u.  den  altcu  Ausgabeu  auch  bei 
Cl.  u.  H.  es  muss  also  wol  heirseo  R.)  563  tov  —  %^  Mose.  1.        667 

7ii^9%  1  Vind.  —  sa^]}   alle   übrigen  Mss.   Edd.    vett.   Cl.   H.  579 

YLuzk  X  ncLQOL  R  (Town.  HarL).  582  %Bt,Qav  —  z^*^Q^S  Vrat.  A.        583 

9iaovi  ndasv  R  (1  Vind.).  587  itaxiquBi  Schol.  B.  Eust.  Yen.  Vindd.  — 

iaxiiTLU  Aristarch,  Did.  S.  9*  yiQ  q'  apMdi>io:Y^Q  ipafid^^io  R  (Vindd. 
Aid.  2f  Rom.  Junt  Steph.).  589  to^s  :  %wiq  d'  R  (die  meisten  Mss.) 

male,  dies  wird  sieb  wol  nidit  auf  die  Lesart  tovg  d'  beziehen ,  die  ja 
Bekker  selbst  im  Text  hat,  sondern  auf  tov^,  welches  der  Ven.  Hart.  u. 
mehrere  Vind.  haben.  595  pott.  595  R :  aXlats  d'  amov  ia»  dvvtv 

Qsog  SvSqa  noQvaaiov :  diesei  Vers  steht  in  keiner  Handsehrift,  ist  aber 
unter  den  Fragmenten  des  Homer  bei  Ernesti  angeführt,  aus  welcher 
Quelle,  gibt  er  nicht  an, 

608  xazinxavsv  «-  Twzinzav  £o  Edd.  vett.       625  i  —  xol  Ven. 
640  09  —  mg  Ambros.         641  ofjps  cvp  -^  oCffai  Mose.  1,  oi^yciv  Thiersch 
Gramm.  %,  164,  6.        644  zi  die  meisten  Mss.  —  ts  Lips.  Edd.  vett.        646 
i^ol  t  i^ov  R  (einige  llas.   n.  die  Edd.  vett.).  650  SiQ^aina :  f^ 

tavxa  R  (Vrat  a).  651  ip  —  wv   Ven.    t  Vind.  662  d'  hi  ^ 

Si  T»  Vindd.  Edd.  vett  671  t^e^fiiigiSe  R  (Vrat  b,  1  Vind.).         697 

dass  Aristarch  iiinvvv&ti  schrieb   ermähnt  Did.   ausdrücklich  zu  X 475. 

709  KnvtciSt  -^  KtiV^o^CSt  Ven.  Vindd.  Eust,  aber  JB  522  f.  hat  der 
Venetus  nur  ein  ff.  722  oxitaai-^  hihatpi  Ven.  Towu.  2  Vratt  2  Mose. 

Vindd.,   ijfOi   i^ktplq  o%B6(pL  3  Codd.    BentL  725  yQ.  oniaamxQa  V 

(Schol.  A).  729  nilBv  —  nsXti    BenÜ.  738  alyCda  —  aanlSa 

Codd.  Mor.  Barocc  am  Rande  vgl.  Schol.  A  zu  $  400  xar'  aanida  *  y^a- 
ipixat,  %ax  alyldcc,  *  d'vaavoeaaav :  &vaaav6eaaav  Aristarchus;  dass  Ar. 
so  geschrieben  habe,  6nde  ich  nirgends  ausdrücklich  angegeben,  doeh 
halte  ich  es  für  gewiss ,  da  das  Metrum  zwei  ca  verlangt ,  vgl.  B  448, 
AI8I.  Die  Schreibweise  &vaav6ia6av  findet  sich  bei  Eust.  Lips.  Flor., 
doch  liefsen  sich  viele  Beispiel«»  anführen,  in  welchen  dort  der  einfache 
Consonant  statt  dc8  doppelten  unrichtig  gebraucht  wird ,  wie  ^10, 
£  375  9Uo|M»dijs  ,  zi  324  ulxfkdaovoi ,  J  445  ofpilovaa ,  d  498  axovxi- 
C€Cvxoej  z/  535  2<y<^£y^6)  £  344  igv^axo,  E  725  imaongu.  744  «o- 

Xi»v  —  woUmv  Seh.  B  L  V,    Scb.  A  zu  zi  308  ,    vulg.  747  tgaoai^: 

otaiv  R  (nicht  gefunden).  756  mqachtMBv  —  ijuxinns  Eust    1  Vind. 

Mose.  2.  iieigno  —  i^OQ^'^o  Lips.  Edd.  veU.  757  1*^/  aidiiXa  ScboL 

A,  Apoll.  Lex.  C&nt  Hart :  luigxega  igya  Aristarch ;  dass  Apollonius  hier 
m  u.  09C09  schrieb,  beruht  bei  ihm  anf  der  Verwechslung  dieses  Verses 
mit  872,  wo  auch  in  unserem  Text  ogav  steht.  763  i^anodia^aL  — 
l{  inodlatpMh  Ven.  die  moisten  neueren  Ausgaben.  768  ai%ovx9  R 

(Heyne  aus  Vrat  a).   p^aoxiiBv  —  ^düxiiiv  Lips.  774  ^xl  Aristarch, 

Sidonius  nach  Schot  A  zu  il  607,  Cr.  A.  P.  III,  6,  29  —  ^t*  ^g*-  Cr.  A.  O.  I, 
185,  13.    h&cc  Schot  Q  zu  «  15.  778  «3  (alle  Codd.)  :  tcd   Schot 


/f»meri  earm.  eä,  J,  Bekker,  ang.  v.  y.  La  Ro€ke.  549 

Soph.  El.  (997,  OccL  Col.  1676,  Burip.  Ale.  924,  an  leUhrer  Stello  aucb 
Ofioio»),  781  ^axaaan  —  htaaav   Ch  H.  785  iiaafiivfi :  $i^a- 

nivfj  R  (Gant.  Vrat.  b).  791  S'  Fxa^cy  ArUtarchus,  öh  i%ig  Aristo- 

phanes  et  Zenodotus   (so  Did.  su  dem  gleichen  Verse  N  107).  797 

9v%vnXov  —  i(iq>ißQQxi]g  Eust.  vgl.  B  389,  M  kO%,  7  281.  798  ^»o* 

lU^yvv  —  insfiQQyvv  Eust.  Vindd.  Edd.  vett. 

802  noXtfiitipLSP  Bk.  aus  1  Vind.  —  noXBfi^nv  i!6e  anderen.         81 1 
a9vi68  R  (nicht  gefonden),  didvHBv:  liXvxiv  R  (1  Vind.).  813  Ixyo* 

9og  —  §yy9vog  Vrat.  b,  1  Vind.  vgl.  Schol.  A  u.  BustatK  81«  €ia}v  — i- 

en9  Eust.  Edd.  vett.  821  Aristarch   Si^xag  rq^  '/  omdfifP  u.  t^i^ 

oircSf»«r,  Zeoodot  tiqv  y  ovtdaai,  Didymos  cu  £  132.  824  yivoiani» 

Apoll.  Lex.  Q.  ^ya,  Eust.  Ven.  avd  xoiQovioitxa  —  ivti%oi.Q€ivivrwa  Eust. 
Mor.  Cant.  V>ndd.   Flor.   Aid.  1.  827TOre  Vind.  (aufserdem  Ven.  A, 

B,  Mor.  Baroce.  2  Vratt.  2  Mose.)  v69Yf  Town.  VraL  a ,  Eust.  SXXo9  — 
aXXmv  Cant.  Vrat.  a.  833  ftaxiiosed-ai  -<-  fLUxiioat^at,  Vrat.  A,  Mose.  3, 
A)d.   2,   3,   Junt.    Rom.    XiXaatai  t  XiXrjatai  fi  {i  y\nd,}.  830  if»(Ktt- 

Tiimg  —  yq.  iiifiefiaeif  Vrat.  b  am  Rande.  844  iiivi^it»,  soll  wol 

heifsen  ivagt^s  R  (Cant.  Harl.  2  Vratt.  Lips.  1  Vind.  Flor.  Aid.  1.  H.). 
846  91 198  —  9'  Mb  Vrat.  b.         848  nq^xop  tenivM^  i  it^mta  ntB^vag  R 
(f  Vind.).  853  to  ye  —  toxs  Town.  Harl.  1  Vind.  854  vx^x  — 

vn^Q  Ven.  862  vno  :  vno  (Spitzner  aus  Seh.  A).  874  9'  amiite» 

banialU  (Eust.  Town  Cant.  Uarl.  Mose.  2,  Wolf,  Aristarch  schrieb  ^'). 
880*ffy^i7^   (so   Apoll.   Lex.   unter  dviaaifti  u.   Lips.  suprascr.) :  ayi^ri; 
vulfr.  883  Tcqata  R  (Vrat.  b,  1  Vind.).  887«»  —  ««v  Schol.  V 

£u  9  11 1 ,    Apoll.    Lex.    Eust.    Et.  M.  Lips.  Edd.  vett.  892  htW  — 

cellv  Et.  M.  1,  80.  898  MffxtQog  —  ivigtatog   Zenod.  nach  Aristo- 

ntcus.  Dass  Aristarch  ivi^rsgog  geschrieben  habe  scheint  mir  unwahr* 
scheinlich,  ich  glaube  er  schrieb  vBQTBQog ,  auch  nach  SeboK  Lips.  W^ 
TfQog,  ovxmg'jQioragxog,  o  91  Zfjv69oiog  higxBQOg  {^ivigxatog);  dies 
ist  das  Zeugnis  des  Didymus,  das  im  Ven.  fehlt.  T57  schrieb  Aristarch 
vigd^  Cianag)  statt  ivsQd^,  O  225  Zenodot  nach  Arislon.  vigtaxot,  nach 
Seh.  V  ivigxavot,  wahrscheinlich  das  letztere  u.  Aristarch  vigtegoi,  wenn 
es  bei  solcher  Confusion  überhaupt  jioch  möglich  ist  einen  Schluss  zu 
ziehen.  Heyne  vermuthet,  dass  Ar.  geschrieben  habe  fjir^d  yg  vig^ 
tegog.  899  uvmytiv  Townlelanus :  avtiyst  (Ven.  awmytv  Eust.). 

901  *  ys  thvnro  (schon  B.  aus  Cant.).         902  in$iy6^svog ;  ^i- 
yofkivoif  R  (Eust«  Vind.).  905  9\  —  r»  Vrat.  a.    907 — 9  stehen   im 

Lips.  von  zweiter  Hand.  W^^^Agr^v  Herodian  —  "Agif  Cant 

Z. 

9  j'  ißttXs :  (d  ßdXB  1  Vind.  ßk.  ißaXiv.  11  oa(f  indXvipsv  die 

Mss.  aufser  Ven.  Mor.,  Edd.  vett.         15  ya^ —  filv  SchoL  2:305.         21 

Ilr^ducov  :  Ur^gfxov  vel  Tr^gBxov  V  (Aristarch).  27  fi^f  R  (Mose.  1): 

filv.  Z^^AßXrigov  i  ayi^ßXrigov  R  (nicht  gefunden).  34  ox^ag  — 


544  Oomeri  carm.  ed,  J.  Becker,  ang.  v.  y.  La  Boche. 

ox^tiig  Sirabo  XIII,  pg.  903.  35  ^vlaxov  —  Zx^SCov    Herod.  mqX 

fiov.  X££.  18  pg.  56  Lebrs.         47  nBtxui :  hbCvtcii  K  (Barocc.  1  Vind.)- 
56  nsnoir^zai — nsnoirjvtai  Town.  59  (psQOL  —  tpigfi  Schol.  A.  62 

ino  ^d'sv  —  tivlg  iisxayQcitpovaiv  ^anal  sd'sv^  Eustath.  69  xcv  — 

UV  Eust.  Rom.  72  mxQvve  —  oxQvve  Vrat.  a,  Lips.  pr.  man.  77 

viLi^i  —  viiiii  Veu.  1  Vind.  Flor.  87  äh  i  d^  K  (Mor.  Barocc).  91 

Eust.  hat  nicht  (ksyaQOis  sondern  iLiyccQoiaiy  da  für  ihn,  der  das  Digamma 
nicht  kannte,  xal  vor  folgendem  Vocai  kurz  war,  fisydcQOig  haben  die 
Edd.  vett.    aufser  Flor.  Aid.  1.  94  rjniatag  —  aHsarccg  K  (nicht  ge- 

funden).        96  anoaxji  —  anoaxot.  Vrat.  a.         99  y  fehlt  im  Vrat.  b,  Lips. 
100  i^sniiBvai  — 1£   ifiyksvai.   Eust  Sp.  i05  (laxiooca^ai  — 

liaxhc0'aiEusi,  Flor.  Aid.  1,  Rom.  106  ivavxioi  —  ivavtiovK  (hier 

finde  ich  keine  Variante,  auch  nicht  in  dem  gleichen  Verse  £  497,  ^214, 
vgl.  Did.  S.  5,  3).  111  rrjle^XBixoi  —  xriXsHXrixoC  l\.  W.  aus  einigen 

Mss.  auch  Apoll.  Lex.  121  es  wird   ausdrücklich   angegeben  .   dass 

Aristarch  Uvxe  schrieb  u.  bei  Schol.  L  zu  £630  heifst  es,  dass  Aristarch 
iovxM  u.  lovxsg  geschrieben  habe:  so  hätten  demnach  (vgl.  Did.  S.  7) 
Zenodot,  Aristophanes  u«  Aristarch  a  lovxs ,  Aristarch  b  lovxsg  gehabt, 
letzteres  steht  in  allen  Mss.  u.  Ausgaben,  nur  1  Vind.  zu  ^816  u.  Aid.  3 
zu  N  604  haben  den  Dual,  der  nach  Ahrens  de  hiat.  pg.  16  vorzuziehen 
ist.  125  vvv  ysivvv   [ihv  R  (Vrat.  b),    es    muss   aber   heifsen    filv 

vvvivvv  iiiv  R.  iZO  v[6g  —  naig  Vit.  Hom.  Pseudo-Piut.  134 

Kaxix^vav — naxixevov  Barocc.  1  Vind.  143  aaaov  —  Scaov  Hero- 

dian  ns^l  {tov,  L  pg.  129  Lehrs,  Eust.  pg.  112  u.  zu  dieser  Stelle.         148 
d*  iniyiyvexaiioxB  ylyvBxai  R  (1  Vind.)  nliU9  insys^vaxo  (Vrat.  a). 
159  ot:^tv  V  (Seh.  A,    Ven.    Vrat.  a,    Mose.    1).  160  BlfAvxuai 

Jidvxna  V  (Schol.  B  L,  1  Vind.).  165  l'-O'fXfv  tpiXoxrixi  ^  E^bI*  iv 

(piX6xfixi\raLa  u.  Cr.  A.  0.  IV,  316,  23  wie  JB232;  S  314,  331,  360; 
Ä  130;  -fr  313;  Hym.  IV,  263,  287;  VI,  57;  Will,  4;  XXXIII,  5.  Diese 
Lesart  hat  sogar  den  Vorzug  vor  der  anderen,  denn  das  blofse  tptXoxrixi 
lit^yrivat  findet  sich  bei  Homer  viel  seltener  und  fast  nur  in  dem  üemi- 
8tichion  iit^yri  tpiXoxrixL  xal  svvj.  Wenn  hier  die  Präposition  iv  aus 
dem  Text  verschwunden  zu  sein  scheint,  so  gibt  es  ein  paar  andere 
Stellen,  wo  sie  in  den  Text  hineingekommen  ist,  deren  ich  zwei  Did. 
S.  13  angeführt  habe,  S  337  wo  Aristarch  "Etixcsq  8h  TtQoaxoiat  für  S'  iv 
nqüixaiaiy  und  £8  wo  er  ilasv  8h  Zx^q^jj  für  8'  iv  Zjijf 9^17  schrieb.  Zur 
Vervollständigung  fuge  ich  noch  folgende  hinzu:  ^202,  303  ot  fi^'  iv 
atpotai  so  Aristarch  nach  SchoL  V,  welche  Angabe  ich  aber  für  falsch 
halte;  denn  zu  303  heifst  es  bei  Schol.  A  yq.  oV  fi'  iv  acpotai  ohne  dass 
Aristarch  genannt  ist;  ich  glaube  vielmehr,  dass  Aristarch  geschrieben 
habe  of  f&e  atpoiai  und  finde  jetzt  eben,  indem  ich  zufällig  bei  Villoisson 
nachschlage,  zu  meinem  grofsen  Erstaunen  und  zu  weiterer  Rechtfertiguug 
der  von  mir  Did.  S.  13  aufgestellten  Behauptung  ein  Schol.  des  Didymus 
^ot  [IS  aq>oiai  '  ovxmg  'Aqloxaqxog ,  aXXoi  8'  of  ft*  iv  acpotai'',  welches 
unverzeihlicher  Weise  weder  bei  Bekkcr  noch  bei  Schmidt  steht;  ersterer 


Bomeri  carm.  ed,  J,  Behher,  ang.  v.  J,  La  Boche.  545 

bemerkt  zu  &  202  yk  h   Aristarchus ,  non  [li,  TI  469  nad'  d*  insa'  iv 

xovCjjaiy  der  Vrat  d  hat  insatv,  ebenso  steht  bei  Gram.  A.  0.  1,  253,  9; 

18  .  281»  17  imcB  nov^'^ai,  dies  könnte   möglicherweise  die  Lesart  Ari- 

starch's  sein,  wie  auch  xl63)  <r97,  r454.   Es  findet  sich  zwar  nCnxHv 

noviffoiv  nicht  weiter,  sondern  immer  iv  novitjai  {J  482,  £  683,  Z  453, 

-4  425,  N205,  508,  620,  617,  AT  418.  452,  O  423,  n741,  P316,  428, 

V437,  <r398)  aber  die  Construction  von  ninxto,  die  bei  Homer  aufser- 

dem  nur  noch  E82  vorkommt,    ist   wohlberechligt   (Matth.  §,  401,  ZX   _^     ^ 

findet  sich  auch  bei  Aeschylus  u.  Sophocles  und  ist  analog  der  Constr.       '""^^ 

anderer  Verba  mit  dem  blofsen  Dativ;  auch  iay,aCy  das  öfter  bei  nCnrm 

steht  (£583,  i\r630,  678,  617,  <£7418,  71741,  803,  a  397)  ist  eine  alte 

Dativform.    1^296   xal  Xova'  iv  norafuß ,    Schol.   L  V    zu  £905  hat  xal 

Xovae  fcotaiifß,   statt  dessen  lovaev  zu  schreiben  ist.    »315  findet  sich 

neben  noXXm  Sh  (oCim  die  Variante  d'  iv  (oCi<p  offenbar  um  durch  Po^ 

sition  eine  lange  Sylbe  zu   bekommen,  die   hier  unnöthig   ist.  169 

nxvMx^  —  nvHx^  Apoll.  Lex.  Schol.  Harl.  zu  ß  141,  Gant  2  Vratt.  2  Mose. 

2  Vindd.  Lips.  Flor.  Aid.  1.        184  ftaxiftraro—  (laxioaaxo  Eust  Yen. 

187  96Xov :  Xoxov  R  (Yen.  2  Vindd.).  191  ylvmOM  Eust.  viele  Mss. 

u.  die  Edd.  vett. 

200  xal  x£tVoff  Aristarch   vgl.   Did.  S.  10  —  K^%Btvog  Lips.  Edd. 
vett.  Gl.  H.    xal  ovtog  Aristot.  Probl.  30,  1.  201  nannsiCov  Eust. 

Yen.   Lips.   Edd.   vett   Schol.  Find.   Ol.  XIII,   130.  20Z ''laavdqov  i 

TIsCaavdQOv  Strabo  (pg.  573 ;  630).         206  ^  ifi  —  di  ft  Eust.  Gl.  ü. 
217  ^B^viö'  ivli^tCviaiv  iv  Seh.  A,   Yen.  Mor.  i^CviaJ  iv  1  Vind. 
227  ifiol  Tqmsq  —  Tqmg  iftoX   Harl.    1  Vind.  Aid.  2.   %XhxoI  —  xli^ro/ 
Mor.  Barocc.  Vrat  a,  2  Vindd.  228  noqri  —  noQOi  Eust.  Harl.  Gant. 

Lips.  1  Vind.  Rom.  xe  R  (Gant.):ye.  230  inaiLsitffOfi'ev :  ifcaiiBiipO' 

/*€«■'  R  (2  Vindd.).  237  tprjyov  (Seh.  Dinvgyov  Apoll.  Lex.  unter  mg 

und   die    meisten    Mss.  241  naaagznäai   iidX'  (Seh.   A).  *i47 

ivavxiot  —  ivavxiov  Vrat.  b.  24»  ivd'a  dh  —  iv^d  ye  Vrat.  b ,  iv- 

»ddB  Gl.  H.  251  ivavxCri  —  ivavxCov  Mose.  2.  260  9^  %avxog : 

9b  %  avxog  Ptolemaeus  Ascolonita  (nach  Uerodiau);  wichtiger  wäre 
die   Angabe   gewesen,    dass  Aristarch   di  %  avxog  schrieb,    dies   sehen 

wir  aus  Aristonicus  zu  T311   ^  dinXrjy    oxi   nBQiaaog  6  %bv ij 

9h  dvatpOQcc  ngog  tag   xoiavxag  dvayvoiaBig,  oxi  ^nQtSxov  [ibv,  inBtxä 
9b  n  avxog  ovi^OBai^  (Z  260),  «^aXtffra  9i  n  avxog  avByvo)»  (N  734). 
266  9'  omitta  ApoUanfus  SapMUa  cum  Yeneio:  dass   dies   die   Lesart 
Aristarch's    ist,    erfahren    wir    aus    Eustath.    pg.   641,    auch   fehlt   9 
in  den  meisten  und  besten  Mss.  271  nknXog  Codices  duo  (Mose,  f, 

3,  Vrat.  b,  aufserdem  ed.  Flor.  Aid.  1,  3),  ninXcav  tertiui  (Barocc. 
Harl.  Mose.  2 ,  Vrat.  a ,  2  Vindd.  Lips.    suprascr).  277  anociri  — 

an6c%oi  Barocc.  Mor.  1  Vind.  282  ixqB(pB\  ixqaipB  R  (Eust.).  281 
%Bv  Eust.  Lips.  Edd.  velt.  —  xe  Yen.  Gant.  Mor.  Mose.  1,  xal  Town. 
Mose.  2,  9h  Bk.  2.  284  y«  Wotf^^  —  y  e»oifi*  Mor.  286  i%XB- 

Xa9ia^ai  —  iniXa^ia&ai   Vrat.   A.  293  aBi^afiBvii  —  aBigoiiivfi 

Zaitachrifk  f.  d.  ösUrr.  Gymoat.  IgOO.  VH.  Heft.  37 


546  üfmßfPf  fßrtß,  ed,  y.  B€Mkr,  a^ig.  v.  /,  Iß  MofAfi, 

IJikrl,  295  ßnilap^tv  —  iU^cjimßv  1  Vi^d.  Jl»7  a?  d'  $  all' 

CSch.  W.  3^98  T^t  —  wff  ye  1  Vi^cl 

7c4nntv  B#ra<^eon,  Aie^iPP).  32;?  fp|a  fpimvjt^  V  C54>.  l.  V).  ;äJa 
/»#T  «e«  »^,^«f»  ^  Eu8^  fian*-  Ä0I9.  333  P»^'  —  f^%  Vr^i.  b,  33» 
ovS\  —  pvTjB  TqwpI  ^«ff.Wt   EJL  M.   pupi  ü  (V/jo.  l^ips.).  .34?  /aw^ 

'^otatf'  ^lifCßßjo  iCa  yvvm^^p  Capt  351  P^  ^9^  (Yen  Tx)Wtt,  llurl. 

Mor.  V/-at.  a,  J  Yipd,). :  h  i'  i^n  f^mpiures  ()Li|)3.  ^d^.  y^tl.).  353 

^^4  Yep.  U^rl,  yr^t,  l>,  1  Yiftd-  l*o.»C,  1  -^  1W  gust,  I,ip^^.  yMJg,  3J&6  fy^jv : 
4^^(49  ApoUfn^m  4e  ßl/moßi  m,  18  f^.  133  B|^.  aufferd^  Yrat.  <;,  Flor. 
414,  J);  n^  ArisUojcuÄ  ;^U  T \(^  ^ri#b  4prt  4jrist4riib  aqgii^.  it-- 
nodot  «rijg^  vgl.  Sohol^  A  zai  i^J8  jffi^^  *  h  SIX9  iQZVS  M-  3<:bpl.  V 
«Tijff,  i?^x^5  V^^^Wx^lOff,  r  IPO  bajl  (}ex  Yen.  fif x^f  »»  4^P  J)ei4ep  ap^ 
(IfifeD  Stellep  aFi}^  iMiul  ,>Q  scbripb  ;(^brjspbc|plic|i  ajieb  Ari8t4rcbf  357 
im4  -^  »€f  C94  364  ^' :  (i  Oarn,  P),  90^  Oipga  tSa^i^m,  EH»t, 

Yen.  Qab*.  MV.  Al9«9  J  —  P9>j?'  fl?»  f?«M**  Lips.  1^^  audere  M»s.  Hr  die 
E.d^.  VPH-  Die  |-ewl  Mhovde  ilsvapfAfti,  yieboD  fnit  R^ecjit  vor  Abr^m 
de  hiat.  pg.  22,  Kayser  Progr.  Sagan  1857,  pg.  11.  ß73  nvgytp  — 

^fi^ffoif  iSra$J?p(  l^iOii-werk  S,  16,  A.  11,  3ß|  ai^'  :  4xv  JUlips.  Kdd. 

v/Btt.).  393  Tj  y^f  —  ^ö*'  «v'  C^«l.  Vi#t,  a  T^a^  Vpn,  Harl.  Mprapc, 
¥9^.9f  }j  3ÖÖ  ^«^  /7^K9  — 'T^OT^a^ax^  l,ips.  fidd.  velt 

j^  ^n\  f^hn9    y«fl-  ¥Q8C,  1  -  ^W  xpijTfio  Eu^.   ßarppp.   Yjp^d, 
l«l  xpA^fpv  Ljps.  B()d,  vell.  Cl,  fl.  «vrcotf  r-  ptv^«)^  Vci|.  Eust,  40« 

^ftdvdgiqr  g  VjndiJ.  AU«.  ^^  3,  Junt.         iQ3'*JE»f fl?^  -.-  Ti^jjy  3arpcp. 
413  P^^i   (10^  —  oyd'  iiiol  Sc^ol.    Soph.   Ai.    ^)4.  414  «fipy  Apoll, 

dp  pro«,  pg.  141^  ejt.  Yen  —  i^ov  tips.  Cant  EiJ(J.  veU.  nßtiQ^i  Vd» 
Yf^l.  A,  «ftpv  Gl.  H.  418  xaxixijff  :  ^ßxi^^9  R  (nicht  gefypden), 

431  nvgyqt  -r-  ipvffYOv  Qrashof  FMbrwerJt  S.  16.  A.  ^1.  435  f^  y  : 

T»#'  (pchQl.   A  >    ypp.    TQwnl.).  438  ^sqn(fo^ii^v  ;  ^ip^r^o^lVf  ß. 

CLips.),  ^«QÄjjfl?«©v  NaucJtJM».  it^qTfgpff^Sfs  ß^fPPe.  Mp»-.  ^43  ff s  —  9 

^list,  vgl.  Soft.  L.  4H  ovd^  fiB-^ßpf  ii^h  Si-n,  TowPt  Mftsp,  ?. 

W7  ya^  <yai  p^st  Yeq,  ^pwp.  JlafL  Pftpt,  —  i^hv  y^q  Lips.  Edd  vetl. 
I^hv  iym  Vr^f.  ^),  JJP3P,  ?,  yjpdd,  '46»  ^f  ''Aqys'i  ovga  Y  (Sphftl.  A, 

Yen,  9,  TP^«.  Vr^t,  A,  ^losp,  t,  2.  «fXiqg  r^  i^l^g  Ven.  2  ViocM,  i^«/-, 
f oiff  —  iygfiVflg  J-ip?.  pr,  in^n.  ^#p,?,  1  Yjad,  457  «»p^f^i«  ^  fp^^ 

fßfig  1  yind.  46|1  af^g?.€ffflEj|OVTp -r  ^^i^pl  i^<)fK91^fP  Yrat,  c,  Äl08C.  3. 
F|pr.  41d.  I,  ?,Jupl.  4^*;p^>n  (^o  sp^on  ^poll.  Lex.  Eus^p  Yindd. 

Flor,  41dr  U  h  f^l^^^)'XVTfl  464  rs^ytipziit  Ari^l^rpb,  Yra|.  b,  t  VinU. 

Flor.  Aid.  1,  Rom.  —  n^vaiattn  Yef^.  Ef^ß\,  Lips.  |j;dd.  veU.  46^  ^l-. 
itij^po*>  :  llifti^fioro  a  (jMor.  Barocc.  2  Mogp.).  {^9  t«  /di  1  t  li^h 

Yind.  (aufserdem  TQ^p.  Benlj.  H.  YY.),  t  ^4'  aiS  Vit.  Hom.  Pueurio. 
P|ul.  479  anEfvtßv  —  «f&f/yo»  Scbql.  iV  352.  484  iXirjat  i  iliai^t 

R  (llarl.  Mose.  1,  Lips.  1  Yipd.).  ^^  zn^ite  i^iv  Titctigs^B -Jv  z  igm 

9f  9V  X«*?^  fi  lp\cb\,  gefunden).  488  nstpvyiiivQv  —  mtpBvyfj^ivoM 


Bimtfi  €turm.  Mf.  /.  BMufT^  ahg.  y.  /,  iM  itnche,  h\r 

AfH>)l.  Lex.  unter  fm^m^  ^^ni,  493  lyyvffiamv  —  licyfyaairt  Mose.  «, 

Vrat.  b  pr.  nan. 

607  #M^  «nr^^^ifttfv  — ^sfffic^  ^itt^pifeaff  Et.  M.  61,  13»  «la/ff  *^ 
de^M  Eust.  Lips.  Edd.  vett.  613  S9  t  ^  ng  Ups.  Edd.  veU» 

614  Sl  jrodtff  *-  d'  i  n^is  MOr.  I  Viod.  Baril.  619  4uiX$üet  ^  ixi- 

l€V6ag  i  VkMi.  621  toi--«Oi  Bk.  Aneod.  177,  1.  522  tov^7«lr 

Vrat.  b.  5a3*fUJ»^i9g  (so  schofi  Eust.  Vrat.b,  Lips.  1  Vind.)        53« 

<rfi7<rfttftei  —  unftfMrtwt  Eust.  Et  M.  3«ö,  52.  VraU  b,  Aid.  2,3,  Junt. 
629  ilttotantcs  ^  iliica9%9q  Lips.  Edil.  vett. 

Aus  TOdtefaeudem  wird  sich  wol  über  dl«  kritischen  Anmerkungen 
ein  hinlSeglich  sicheres  Drtbeil  lallen  lassen.  Dass  die  Varianten  nicht 
vollständig  v^rseichiiet  sind^  dürfen  wir  fiekker  uitht  twt  Last  legen,  er 
wollte  eich  der  listigen  Arbeit  nicht  unteniehen:  wir  sind  ihtn  viel- 
mehr für  das,  was  er  uns  darin  neues  geboten  hat,  cu  grofsem  Danke 
verpflicbtei.  Was  nun  die  Benennungen  viäu  fffwnmaUcm  und  €meUMr 
receniior  betrifft,  so  ertiebt  man  leicht,  doss  Bk.  su  den  ersteren  die 
Alexandriner  und  ihre  Nachfolger  reebnet  bis  auf  die  Zeit«  in  welche  die 
Abfassung  der  Scholiensammlung  des  Venetus  A  fallt»  zu  den  sweitea 
Eustathius  und  die  sümmtlichen  Handschriften.  Ans  den  übrigen  Büchern 
derllias  und  aus  der  Odyssee  hebe  ich  nur  das  heraus »  was  mir  gerade 
bei  der  Durchsicht  besonders  aufgeftillen  ist. 

A  8  Dass  Zeuodol  e^AM  u.  Seleucus  9900  las,  versichert  ApoU.  de 
synt  pg.  167,  6  Bk.  A  120  la^<re»rt  t  ItioBxt  V.    Wenn   wir  dem 

Sehol  A  Glaubea  sehenken,  so  schrieb  Aristardi  swei  tfe,  doch  beisst  es 
bei  Gramer  A.P.  111,  332»  16  in  dem  sonst  gans  gleichen  Mio\/Aqlctuqioq 
^  9  Y^atpsi.  und  ebenso  bei  Gram.  Epimerism.  262,  19  und  109»  3t 
ebendaselbst  heifst  es  ovdinoxe  ngo  xmv  dvo  aa  svQlansttti  iitp^oyyoi. 
Ferner  steht  bei  Eust.  pg.  64  ozt  l§v»  i^hf  Xevam  w  li^d$»  B%'  Mg 
yqdtpixiu  c  vofi^  f^ilXovzogf  Uvaam  9h  to  ßXinto  h  dvA  n^o^igstai 
96  %al  nifig  duiatöXriP  k%§iiwü  x«l  mg  hBütmg,  d  tmI  aXlmg  oidiitott 
mQ9  %mv  dvo  00  BVQldnsteu  Si^^'oyyog  nX^p  tovtov  %ai  nXifp  to« 
%Qsia6m9  »«l  tov  i^  avtoi  (i^pLmtog  tov  KQuaem,  Wenn  es  nun  im 
Schol.  B  L  keifst  'A^ütta^x^g  [liXXoptu  919^9,  so  kann  er  umnOgiicIi 
xwei  0»  geschriebeB  haben,  auch  hat  das  Schollon,  welches  Sehmidi 
dem  Didymus  sutheilt,  wie  es  bei  ihm,  Bekker  u.  ViUoisson  steht,  gar 
keinen  8ian,  lasst  sich  aber  mit  Hilfe  von  Gr.  A.P.  111,  332«  16  u.  A.0. 1, 
262,  19  leicht  emendieren  ^A^laxamog  y^dtpu  8ta  xov  ivog  tf.*  Das 
folgende  gehofft  nicht  mehr  dem  Didymus,  aoodero  wahrsibeinlieh  ilero- 
dian.  if  176  wird  verworfen,  siehe  Bekk.  Anecd.  pg.  737.  A  203 

Idjig  Zenodot  (vgl  Did.  S.  11),  so  SchoL  V  zu  N  449  u.  Gram.  A.  0.  1, 
209i  16  Znvodoxog  y^f^n  «099a  CB^*  (r  163)  nai  c^«  vß^tP  CdfiQ* 
{A  203),  'AfiatoQxog  Sh  ^o^qu  Cdji*  (denu  ao  ist  statt  I9ig  u.  idirig  z« 
achreiben),  ^umti^mg  dl  at^^H'qv  i%9u  19  ^^  Zr^podoxov  ß'  iogicto9, 
il  dl  'AQiaxaQXOv  (i4c0v  ioqUxoiV  m,  «ov  «a>  yii^  xoiovg  Cdop  ivigag 
ßvdh  tdmpai^   iA  262),  %al  x6   diiktgop  fdp, .  %ak  1}  ^p  Zi^PQdoxim 

87* 


548  Bmneri  earm.  ed.  J.  Bekker,  ang.  v.  J,  La  Rocke. 

7a«i},  17  ^^  'Aqiata^%ov  noivi^,  ovdinots  oStm  xoivod  xQtitaiy  aXX* 
InBXQatfiasv  rj  'A^iatd^x^v,  ^^  Herodian.  il  218  «vxov  —  ai  xov 

DöderleiD  Emend.  Hom.  1858»  pg.  11.  Ai7i  inagidfikevot  —  inaff- 

XOfiivoi  Gram.  A.  0.  I,  107,  27. 

B  1  aXloii  mXXot  {mXXoi)  Zenodotas,  vgl.  Schol.  X  B  i  u.  K  i. 
Apoll,  de  synU  5^  27;  38,  15.  Philemon  pg.  217,  316  (Osann),  Gram. 
A.P.11I,  146.  Lebrs  Arist  377.  fil39  ^yo  (nicht  iymv)  Btna  Scliol. 

BLV  u.  Eust   zu  Z71.  B  670  wird  verworfen  bei  Schol.  Find.  Ol. 

VII,  62*  B  772  anoiiffviaag  —  inipffviaag,  so  soll   Aristarch    gc 

flcbriebeD  haben,  wenn  wir  dem  Schol.  V  zu  H  230  glauben  wollen,  zu 
vergleichen  ist  Osann  Qu.  Hom.  lY^  pg.  19,  Philemon  pg.  271,  59  (ed. 
Osann).  B  795  *  ngooiipfi,  so  hat  schon  der  Venetus. 

ri53  nvgyat  —  nv^fov  Grashof,  Fuhrwerk  S.  16,  A.  11. 
r273  vgl.  Gram.  A  0.  I,  239,  1.  IV,  329,  4.  r406  über  die  Lesart 

mnosmB  xiXivdavg,  die  auch  der  Venelus  hat,  vgl.  Philemon  pg.  269, 
57.  r4ll  %i{vav  —  *si9tß  Grashof,  Hausgeräthe  S.  19,  A  16. 

F  424— 426  werden  verworfen   bei   Bekk.   Anecd.  pg.  737.  F  459 

iftotivifiLtVf  CM  ist  zu  schreiben  dnoxivtxt. 

H  239  ist  zu  schreiben  to  (loi  hxty  so  auch  Faesi. 

9  37  TBoio  vgl.  Apoll,  de  pron.  pg.  1.18,  de  synt.  pg.  163.  Dass 
Zenodot  diesen  Vers  in  seiner  Ausgabe  nicht  hatte,  sehen  wir  aus  Schol. 
V,  dort  ist  zu  bessern  ovSh  h  r^  Zi^voSotov  itpigsto,  to  yaff  xsoCo 
üvfxei  tov  Xoyov.  B  206  Aristarch   schrieb  Z17   und   begann    den 

folgenden  Vers  mit  v'  nach  Schol.  A  zu  Sl  331,  so  hat  auch  der  Venetvs 
und  an  den  beiden  anderen  Stellen  ^265,  Sl  331  der  Syrische  Palim- 
psest,    vgl.   Villoisson    Proleg.  IV,    adn.  1.  9  530  vn    tioIti  Bekk. 

Anecd.  573,  8. 

/  634,  636  iXX'  6  und  dsiafiivip  bei  Schol.  Soph.  Elect.  210. 

ÜT 159  Eust.  scheint  noch  einen  anderen  Vers  nach  diesem  gekannt 
zu  haben,  er  sagt  zu  E  40  pg.  519  Sio  %al  6  NiartoQ  tm  JioiiiiSff 
minivqi  %ov  tprialv.  iyqeo . . . .  /L117  x£g  toi  %a&8vdovti  (?)  iLStatpgiv» 
h  dogv  n'niv  ^gl-  ^  05.  K  200  u.  201  sind  späterer  Zusatz. 

K  252  schrieb  Aristarch  naQoixo>%Bv,  K  428  aQyvgoto^oi  (?)  Gram. 

A.  0.  II,  458,  12.        K  515,  iV  10,  S  i^  hat  der  Venetus  aXaog  isxonl^v, 

A  363  i^vocato  —  iqvoato  Ven,  vgl.  Grashof,  Augment,  Progr. 
Düsseldorf  1852,  S.  21,  A.  35.  A  388  taQöov  —  tdqam  Apoll.  Lex. 

unter  ygantig, 

M  243  i^vvao^ai  Schol.  Eurip.  Phoen.  902.  M  260  ^ioring 

—  iiBaiiyvg  A.  Goebel  epithet.  in  tig  pag.  42  (Progr.  Wien  1858). 

N  6  ißiatv  Ven.  Ap.  Lei.  3,  17.  Nie.  Damasc.  bei  Slob.  flor.  V, 
73  (1, 130  ed.  Meinecke).  iV^275  wird  statt  otog  zu  schreiben  sein  mg 

vgl.  X  336,  wo  bei  wmg  ebenfalls   der   Beziehuugsaccusativ   sieht. 
iV470  hier  ist  ip6pog  XdßB  ein  unhomerischer  Ausdruck  und  statt  dessen 
ist  ein  Substantiv  zu  substituiren,  welches  «Furcht*   bedeutet:   das  ge- 
eigneUte  ist  «^o>09  vgl.  r  34,  9  452,  A  170,   E  862,  T  14,  X  136 


Bomeri  carm.  ed  J.  Bekker,  ang.  v.  J.  La  Rocke,  549 

und  es  ist  zu  sehreiben  'iSopttviia  tqo^og  Idßi,  oder  wono  tq  nothwen- 
dig  Position  bildet  'Idofitv^  tgofikog  iXlape.  Wenn  Aristarcb  zu  diesem 
Verse  die  Diple  setzte  Ott  aatpmg  ipoßog  ayrl  xov  9^717,  so  musste  er 
zuerst  nachweisen,  dass  der  Ausdruck  <pvyri  Xanpdvsi  tiviy  die  Flucht 
ergreift  einen,  möglich  ist,  oder  sollte  hier  90^09  unhomerisch  «Furcht* 
bezeichnen  ? 

X  182  ip  (f  aga  —   ip  di  ot  Pal.  Syr.  SS  288  /tfrax^OTavi} 

—  pMnqotix^  Pal.  Syr.  oder  sollte  a%qozatji  zu  schreiben  sein,  da  ohne- 
hin schon  mq^furflLBtov  vorhergeht? 

O  126  statt  eHcTo  ist  bUbv  zu  schreiben,  da  das  Medium  nur 
dann  gebraucht  werden  kann,  wenn  das  Subject  die  Handlung  an  sich 
selbst  vollzieht.  O  306  'Axatmv  aitoviovto  —  ino  atqcttov  insviopto 

Schol.  Find.  Pyth.  II,  86.  O  9Z9  ai^Xmv  Schol.  Find.  (Ol.  III,  60). 

27  12  ni(pda%Bai  Apoll,  de  synt.  pg.  137,  4.  17  31  t/  tftv . .  • . 

o^lyovoQ  —  t(gc'...  o^ifovatv  Gram.  A. 0.  III,  389,  21 ;  390, 14. 
72  68  ffr'  f^Xno  Doed.  Emend.  Hom.  pg.  11.  77  88  nviog   —  Kvdi 

Gram.  A.  O.  II,  363,  18.  77  169  die  ursprungliche  Lesart  muss  ge« 

Wesen  sein  naQfjta  und  tpoivd,  welches  die  Alexandriner  in  den  Sin- 
gular umänderten,  um  den  Hiatus  zu  vermeiden,  der  aber  hier  statthaft 
isU  77  213  ßiag  —  ßiav  Tzetzes  in   Uermog.  Gram.  A.  0.  IV,  117, 

13.  77  431  da  tovg  nicht  von  ISnp  abbSngen  kann,  indem  das  be- 

stimmende Parti  cip  nie  den  Gasus  regiert,  sondern  das  Hauptverbum,  so 
ist  tov  zu  schreiben  d.  b.  Zagntiiova  vgl.  O  12,  44;  P  441 ;  T  340; 
A  332.  77  660  muss  statt  der  fehlerhaften  Goiijunctive  ^v^Ofi  und 

Uritai  der  Optativ  gesetzt  werden ;  es  ist  nur  Schade  um  die  Muhe,  die 
man  sich  genommen  hat,  dergleichen  Stellen  künstlich  zu  erklären. 
77  736  onqioev^'  opi   die  Elision,  die  Bentley  dem  Digamma  zu  Liebe 
in  den  Vers  hineingebracht  hat,  ist  an    dieser   Stelle   nicht  zu  dulden 
und    die   Lesart  der    Mss.   onqiotpta  top   beizubehalten.  77  867 

hat  Bk.  ein  neues  Wort  iqtü'qxa  statt  ipdqotiitcc  oder  i&QOtijta  gebildet 

P  46  aan^'  ipi  —  äanidt  h  Ven.  P324  »i7>tm  'HnvxtB^ 

<-  Nif^tm»  'HnvxCdy  Herodian,  vgl.  Gram  A.  0.  I,  233,  17;  111,  286,  3, 
so  auch   der  Ven.  P  660   ipiMovaiP  —   aninavoip  SchoL    Find. 

Pyth.  IV,  650  P  672  U%updtf  --   liapdtf  a  Hermann  zu   Aesch. 

Suppl.  816.  P  609  9üpQ0v  Orashof,   Fuhrwerk  S.  16,  A.  11. 

P  748  titvxfimg  Reraclides,  vgl.  Osann   Quaest  Hom.  IV,  pg.  21. 

S  231  diitpl  otpoig  —  dfiktplg  olg  Grashof  Fuhrw.  S.  27»  A.  22. 

T23lT^cooff  —  T9(0lGr.A.  0,  I    404,29.  T261  vgL  Apoll 

de  pron.  pg.  97,  de  synt.  pag.  163,  8.  T  486  vgl.  Orashof  Fuhrw. 

8.  28,  A.  23. 

X  308  u.  CD  638  iipinmitig  —  vipmottiHg  Ooebel  epitb.  in  Big  pg.  43. 

W  43  oaxtg  te  —  Sex  iotl  Grashof  Fuhrw.  S.  26,  A.  21. 
V  300  Iciapomaap  —  Ixapomaap  Herm.  zu  Aesch.  Suppl.  816. 
^  651  nsiiop  Sa^lop  Aristarch  nach  Apoll.  Lex.  11,  14. 

A  62   yd(kov  »eo£  Schol.  Find,  Pyth.  111,  165.    Die   Umstellung 


IMM^  M$meri  airm.  €d.  J,  Jfeä&er,  aug.  v.  J.  La  Kocht. 

sch^iat  g<M9(lPht  t\\  $^in«  um  d«o  Hialn»  lu  eitfemen,  der  hier  sUtthaft 

«  y«  xvaec«»  -^  iniiki^ystt»  SehoL  Pinä^  Fyth.  111,  141. 

ot7  wwi  R:  •mwäi'  vgl.Apolk  de  prcÄ  pg.l31i.  d«  symt.  pg.  62, 
t0«  Kaysep  dei  vffM.  al  Hoi»  OdyssL  dm.  eciUca,  Sagan  1A64  pg.  10. 
a  36  vgl.  Schol.  AB  zu  T  30,  A  zu  B  155,   Pal.   zu  e  436,    ApoU.  Lex. 
160.18  Cü.  i.  0.  tt  419;  49^  «  SA  i«rqp^nt>  w.  trolv^fo»«»  Kayser 

1^  «.  (K  pag.  14.  «(119t  Haya^f  pg.  14.  m  12»   ö^ifi^ei^   — 

sroiijTOto    Pal.  a  225  Sh  —   ^«t  Ap^l.   de   ayaL,  pg^  T8,  2. 

«  337  ^gl.  Cr.  A.  Q  IL  4«.  4- 

^  lia«-^T«v4ff  0  SidIk  QarU  |Si  lU  no^-^wnt  Hatl. 

jl  21310  ir6(i^«MM'  «ya«o«  f«  iMei  Do^d«  Bm^ad.  Hom.  pg.  12 

y  lOi  QefOdiMk  MhiioljL  i^tcM  luxAttyovTo.  tf '  soodern  maayawz 
.n9'.  dftsd  ev^tQPe  Lesart  di«  ri«Wig^  >s^  beswetifeU  oÄra^nd ;  was  Hcro- 
diaii  M  Artstar9U  sclptiFicbfny  sind  SQ9aenMg«v«raitcbe,  udx  den  (liab^a  s« 
QI^MijrDea.  y  6l9  (V«^v'  — •  j«^  t'  hm.  y^  182  JDroeo«»  —  fmaat» 

Ah».  «A7  ??»«»  --  «Jn»«v  y  267  ^'  «9'  -  r^  $cK  EQ,  ^^ 

^:  7%X,  21.  y  304   t  vgl.   S0I1OI,   S9^,  fil  261^  Kayaer   Progf. 

«•«99:  18^7  PAg.  5,  i  y  36a  q(  ^  «f^ioi.  ^  if^t  &kiaa  Sek  Pal. 

#  29  94;}<riBi  Affi«^rfb.  Kaywr-  ».  ai.  OL  pg.  t^  ^^  244  aixi^ 

-^  c|itv<ifi  Apoll,  de  pr«ik  Ml.  10^  ItO^s  ^30A  ^Iwff  ^  dKO^  SchoJ. 

R.  im  erskven  Falle  ipMiB»  iMycf^ctt^  geschrieben  wenden  däl4  Ir*- 

fiHff  1-  lK¥Vrfr  S<^  0,  4  371  WffMwoi»  0^94.  Sm.  Hon.  pg.  12 

f.  4  46a  4«if8(y^f  ^r^MAf^bk  9  379,    466   Imwa  Zenodol   vgl. 

Biu^e«  pg.  61 .  d  466  «ffToUs^Qt' —  iyo^Bv^iqit  Scbol  Paj.  HarL 

d  618  a^'  fofi  -   ftff»  Jff  P^k 

»  27  fo  Tqfff  it)  'i^t«A».  (Q  372  ff.)  Niqxo^^q  avj^  /mtck^s^u- 
«ü».  9  281  aufsoT'  di^  SiebQll.  imiVf  103^  II8  aiiid  doksI»  au  vergjbeich«n 
St^,  i  zu  e  ^28,  P4Kpby4iu«  he^  Ciaou  A.  P.  lU,  17^  9  e  ^34  ««< 

^^'itfiFqk  TT.  onAiif^a«  v^.  lM^»r  d.  ü^mu  Q^i^i^t^r  de«,  (irimefrr   und 
McMehengie9^I(Ji?chJtSj   GöttingeA  18A9>  &   19^  ff.  »  a7ft  ovi^irctf^cM 

Craoi^  A.  a  I,  440|  18, 

t  t  2leood04  saheieb  nioh4  iMx^etf^a^  souderu  hi^Bv^M  vgl  Seh. 
A  M  i<i61t,   Ha^l.  y.  46^,  DOnlzer,   pg.   66.  i  38    ye<e<P«'<tff.  Pal. 

dabei  muv  aber  ts.  weg/alleo.  f  160«  Koto^ofr  —  Toiowd«:  Aipv. 

9^  29-  ^.  ^  AriatopbaaAj,  naob  Sohol  Pv  II.  ArüstaDohi,  i|  167 

Koi^aaidpKAfistarcli*  17- 146  «^s^aarcv  u.  «e^Aj^v««  Did;.  S.  8. 

iy.!|22  Sftqv^M^aif  ich  Yeraiiilhe,  da&s  Zenod<)tt  nicht  av^^^vs^r^v,  welches 

.di»  sichtige  Lesart  iat|  sondern  OMi^thnMO^oit^  geciQhrieben    hjaijb|ü,  vgl.  9u 

^27.  n  235    It€v|8   Seh.  P.  2ö0  ^ilffffff    —    ilo^OKXff,    4i(^aa«« 

-w   hiABtWB  ^Q\   Pv    H.. 

6(  63  ^<M  qpAifffa  Apolh  de  aynt.  pg.  V%kb,  20»  ^266  vgl. 

Schol.  Ansbdpb.  Pax  788.  %"  26ft  Ao^mm^iv  :    anoK^o«  Sehok   dabei 

ist  jedoch  zu  benuM-ken ,   dasa  der  Soholiaal  den   fiolgende»  Vers  aus7.M^ 
alofsau  achciul,   denn  «r  sagt  %  OfiiiTa(ig   icn^  sa  3«^^   fiiyqaav  iv 


Bmeti  eatm.  ed.  J.  Bekktt^  ang.  v.  J,  La  ttoche.  551 

Zif  i  %mi  hea^iXfi'tpiv y  die  letilen  Worte  «eigen,  dass  *HfpaCcxoio 
uvanttoi  einmal  ausgd^flott  ist :  ffdüth  abriebt  gegen  die  Annahme  einer 
ßptmaltpjts  d^  B^efkung  Aristatich'r,  das«  Bimtfäiei)[)8en  hr  der  Ahts 
häufig  seien,  in  (fev  Myssee  sfoft  äher  nur  t^  einzrgitf  (ä  23)  dnde. 

»  10  tpoqiff&t  ^  nccpixuäi  Atfaett.  prg.  513.  »  IM  vgf.  t)o^(f. 

Emend.  Hoiitf.  pg.  8.  ^  2^   Tottnr  &p.Biftv  SchoT.  »  dS4^  ^tffi 

—  «r^fTD  Scbor.  Söf^h^  Ocd.  Cbl.  fl^J^.  i  456  n&tt  fptiv^^  (loehel 

epith.  in  tüg  |)g.  4Sf. 

«  fl  vgl.  äayrfcf  a*^  Äy  0.  pg.  14.  ir  74  og;  %t  ^  Jaif»  Doed. 

EoMudr.  ifoim  p^.  14.  H  f^  0vitit!tsatt  ^chfieb  Wedkr  Arisftopfiäncft 

noch  Aristarch  (Schol.  Harl.) ,  sonderu  Aristoteles  vgl.  Sichol.  P  Q  tf  £ti 
c334,  WO  atlfsdrüc^lieH'erwihift^wfrtf,  dasrAr^fophanesctid^effira  schrieb: 
die  Vef wetihslmig  dicmr  dkti  Namtiti'  fst  Bvkanni^.  4^  Sh-^f  i¥  Am. 

X  1  fyftftor  SI<A.  Harri.  X  Itß  X^^^  Zenorfot.  1 58  ns[$g 

l(ov  Schol.  Harl.  9ie»  ist  «fte  einzig*  ifeftfige  Lesart,  Tfiö  ich  in  diesen 
Mäftern  18^,  Ul.  H%IV,  S.  ttf  nMWg^^kseti  thrh«^.-  1 11^  «ori^oisir 

9ch.  Harl.  zw  ß  9ft,  X  ^m  ^Rol.  ApoTF.  Rhod.  Ifl,   99?  ^ifv  nott 

BflitBvg  fiifiag  0^  ^feSvfttff,*  Dilsif  deT' Versr  393  einv^scHoben  s^i 
(sicher  von  efn«m  Altikefr)  Stfgt  der*  StcHolSist  gant  detitfich  9t»  d\  &St9 
Mfvws  cw^x^V^^^  ^  7Ki»o#  'A^ui&vfjt  €fSx^  ^"äf^  et^t^v  Big 
'A0"rfVag    GfiCBvg  "Ofn^^og   tpfj&i   ffjtSg.  X  ^nh  n&XXong 

Aristartfr,    noXttt  2feneKl<^¥  vgl.   IWd.  91  25*.  X  39^  &^  hk  Doed. 

Ea».  H'om.  pg.  13^.  l  SW  indvxwf  ^  ftiaist&g  ?  vgl'.  K  ZWy  N  19, 

«  597:  X  5641  4n^wf  vgK  SisHoH.  A  557,   r  83,   £  83%,  ^  24^, 

2:  191«,  4aöi  #  4Ö6.  X  ffe«  vgl.  SdwiR.  -^  «,  B  905,  2}  117. 

X  699^  itff^ofliif(op  9ch.  IftirL  iP  649^  »^etfl^  Am.  attr  Cifsf. 

ffr  70  nact,y,iXovaa  vgl.  Hef odlan  M  6l'52P7.  fi  ÜsO*  3vc(ir9>'  j[^ 

M  —  es  ist  zu   schreiben  wiirta  io"  A^:  fi^  tSiSC  ihNxi^:   HvaWii 

vgl.  Gram.  A.  P.  III,  37$,  4.  A.  0^.  f,  9W,  8.  |i^  SW  «>fo/  urid  v^09 

Ari^thTCh  vgl:  Did.  S.  6. 

V  152  afkfpi%aXv^(a  Aristarch,   eine  andere  Lesart  scheint   af&^ft- 
xaXv^cD  gewesen  zu  sein.  v  419  ^Sovciv  —  i&mciv  Am. 

{  112  Aristarefr  fltMeil)*  nicht  h^hdf  <riev<pDv;   sondern  auch   mit 
AriKtopbanes  wttütßo^  Did;  S.  7.  t  IM  futtswijvBntm^  in  tcBv  ££^1; 

(V  304>)«  if  PTß  Msistütth  snhriel^  töv'  nach*  Aristomei»  zu^  dieser 
Steilier  bei  6ram.  A*.  P.  UT,  488;  6,  weltihes  Sfchol.  ungefShr  so  herzustellen 
sein  dürfte  «TOf  S£  tig:  [17  dixXijf  oti]  h  cxri^uxi  {Bt^finBv]  &g  xo 
^fwaikuTB  9^aattr>iMt6v*\Si' SS)  xol'  ^otV  AeiX"^  {Cbdl  ötg  täxstX^g) 
aVii  awaXixM^cfvxai^  (^*  iti),   vgl.  Firiedl:   Arist   pg:  20.'  (  299 

aufsrt:r  6iram.  A.  CT;  r,  fl^f,  C^sind'nocli  z\i  vergteicbfen  A  O.  H,  451,  9,  Rt. 
Anecd.  pg.  25,  24;  600.  26:  £  ZW  «tatV  (fot  ist  fftS  zu  si?U^n,   dk 

dlT  Dativ  unUomeri'sTh  isf,  vgl.   das  von   mir  in  diesen'  ßlattti*n  18^, 

nt.  MVrt;  s:  21 6  gBsagtfc. 


&bz      oneoti.  Uhungsbucher  v.  Bäumlein  u.  a.,  ang.  v.  J  ß^nlatu, 

o  118  od-'  iog,  so  Aristarch  nach  Apoll,  de  pron.  pg.  135,  andere 
ots  OS  welches  die  allein  richtige  Lesart  ist.  o  120  x^^Q^  —  X^9^^  ^^b- 
Harl    ebenso  130.  o  128  a^ix^at  —  atpCyioio  Vind.  56.  o  172 

Havxsvaofiai  —  f^vd^oofiai  Scb.  Harl.  o  181  ^ocl  xct'O'i  —  %a%eC^i 

Seh.  H.  0  314  nsQ^ipQOvi  —  dattpgovi,  Kayser  pg.  18. 

n  42  wenn  Aristarch  xarafAvforo,  inivi^vtov  u.  vnooBUto  schrieb, 
80  schrieb  er  auch  wohl  vnoH^sv  und  nicht  vnhi^Bv^  wie  es  in  dem 
Scbolienfragmcnte  des  Harl.  heifst.  «106  %  h  —  mv  Seh.  H. 

q  29  vgl.  Did.  S.  26,  Kayser  pag.  12.  q  30  avtog  f  —  ccvxceQ 

0  Apoll,  de  synt.  pg.  8,  27.  9  118  nolXoi  Seh.  Vind.  133. 

n  6  ysvstfjg  u.  ysve^g   Aristarch   dixtog    Seh.  H.  ff  58  ind^ 

(iLvvov   Schol.  ß  H   Vind.  133,    Did.  S.  26.  <t  178  %7ido(iiVTj  p^Bta 

xov  i  Seh.  Harl. 

T  215  ieiv'  it    Doed.  Em.  Bona.  pg.  14,   welche   Conjectur  eine 
verunglückte  genannt  werden  muss,  wahrscheinlich  ist  y  zu  streichen. 
X  341   xo^rct  Vind.   56   gebilligt   von   Grasbof,    Hausgerälhe   S.    14,  A. 
13.  X  389  in   —  an   Grashof  a.  a.  0.  S.  6,  A.  5. 

V  133  Si  X  agsiov  —  d'ixsgov  Schol.  Find.  Ol.  VHI.  30,  let«. 
leres  unstreitig  richtiger  als  die  jetzt  gangbare  Lesart,  da  die  Elision 
vor  der  Caesur  des  dritten  Fufses  hier  nicht  zulässig  ist,  es  liefse  sich 
auch  aQsCm  schreiben.  v  204  mg  c*  ivoijtfa  Doed.  Em.  Hom.  pg  tl. 

9  151  axqinxovg   Gram.  A.  0.  Hl,  244,  24.  7  306  intiximg 

Aristarch  nach  Apoll.  Lex.  72,  2. 

X  69  als  Beweis  dafür,  wie  wenig  man  sich  bisher  getraute,  in 
den  Text  des  Hoqier  eine  Conjectur  aufzunehmen,  kann  dieser  Vers  gel- 
ten, da  es  noch  kein  Herausgeber  gewagt  hat,  gegen  die  Ceberlieferung 
das  sprachlich  unrichtige  ngoasqxovss  in  nsxeqxovss  zu  ändern;  bei  Amcis 
hoflfe  ich  letzteres  sicher  zu  ßnden.  x  ^97    nag*   —   an'  SchoL  V 

zu  T  1,  möglicherweise  die  richtige  Lesart. 

iff  206  avayvovö'g  Kayser  a.  a.  0.  pg.  7. 

00  133  ima^idvia  —  iisxaiimXia  Schol.  Harl. 

Triest.  J.  La  Roche« 


Griechische  Übungsbücher. 

I.  Thnnata  zur  griechischen  Composition  nfiit  granfimatischen  und 

lexicalischen  Anmerkungen  für  obere  Classcn  herausgegeben  von 
Wilh.  Bäum  lein,  Carl  Holz  er  und  J.  Rieckher.  8.  Stuttgart, 
J.  B.  Metzler,  1859.    XVI.  u.  219  S.  —  24  Ngr. 

Es  ist  eine  wahre  Freude,  unter  der  Flut  von  griechischen  Übungs- 
büchern, mit  denen  in  neuester  Zeit  der  Büchermarkt  überschwemmt 
wird  und  von  denen  sich  in  der  Regel  wenig  Gutes  sagen  lässt  (vgl. 
z.  B.  Zeitschr.  f.  d.  ösL   Gymn.  IX,  3  u.  4,  S.  277—297  u.  IX,  10  und 

II,  S.  862—867),  doch  auch  wieder  Werke  von  unverkennbarem  VVerthe 
auftauchen  zu  sehen;   zu  diesen  gehört  zweifelsohne  das  von  Bäumlein, 


Griecb.  Obungsbucher  v.  BäumMm  u.  a. ,  ang.  ¥•  J.  JMiaia.      MS 

Itolzer  und  Rieckher  herausgegebene.  Es  schliefst  sich  an  die  1867  von 
Holser  und  Gaupp  zu  BSumlein's  Grammatik  gesammelten  c^^A^^rialien 
zur  Einübung  der  griechischen  Grammatik*  an  und  ist  in  drei  Curse 
getheilt,  von  denen  der  1.  von  Holzer,  der  2.  von  Rieckher,  der  3.  von 
BSumlein  bearbeitet  ist.  Der  erste  ist  für  die  mittleren  Classen  des 
Gymnasiums,  die  zwei  anderen  sind  für  die  oberen  bestimmt. 

Ober  die  Zweckmäfsigkeit,  ja  Nothwendigkeit  des  Übersetzens  in's 
Griechische  hat  Bäumlein  (Programm  des  Seminars  zu  Maulbronn  1851) 
so  treffliches  gesagt,  dass  es  sehr  zu  wünschen  ist,  die  daselbst  ent* 
wickelten  Gründe  möchten  aHgemeine  Würdigung  finden.  Man  glaube 
ja  nicht,  dass  Übersetzungen  in's  Griechische  nur  so  lange  anzustellen 
seien,  als  der  Schüler  mit  dem  Erlernen  der  Formen  und  der  syntakti- 
schen Regeln  beschäftigt  ist  und  dass  man  dann,  wenn  die  Leetüre  der 
Schriftsteller  beginnt,  diese  Obungen  als  unnützen  Ballast  über  Bord  wer- 
fen könne.  Nur  von  der  YemachlSssigung  dieser  Obungen  rührt  es  her, 
dass  sich  so  häufig  bei  den  Schülern  der  oberen  und  obersten  Classen 
Unklarheit  des  syntaktischen  Wissens,  ja  oft  sogar  Unsicherheit  der  For- 
menkenntnis einstellt,  während  man  eine  immer  wachsende  Fertigkeil 
und  Sicherheit  erwartet.  Der  Schüler  erräth  nach  und  nach  beim  Lesen 
der  Autoren  zuweilen  instinctmässig  und  mechanisch  den  Sinn  der  ein- 
zelnen Stellen,  und  selten  findet,  wie  das  die  Erfahrung  lehrt,  ein  oder 
der  andere  der  gexvrissenhafteren  und  strebsameren  Schüler  es  für  nöthig, 
die  Grammatik  nachzuschlagen,  um  sich  gröfsere  Klarheit  der  Einsicht 
zu  verschafiTen  —  kurz,  es  ist  eine  traurige  Thatsache,  dass  da,  wo  nar 
die  Leetüre  der  Schriftsteller  betrieben  und  das  griechische  Componieren 
ganz  vernachlässigt  oder  nur  lau  betrieben  wird,  die  Gefahr  der  Ver- 
flachung des  grammatischen  Wissens  sehr  nahe  liegt.  —  Anderseits  ist 
es  nicht  in  Abrede  zu  stellen ,  dass  es  nicht  gleichgiltig  ist,  welches 
Obungsbucb  der  Lehrer  anwendet,  wenn  er  nur  überhaupt  eines  anwen- 
det In  den  oberen  Classen  soll  und  muss  der  bei  weitem  grösste  Theii 
der  für  den  griechischen  Unterricht  bestimmten  Zeit  der  Leetüre  gewid- 
met werden,  und,  was  das  griechische  Componieren  betrifft,  so  müssen 
hiebei  mit  dem  möglichst  geringen  Zeitaufwand  möglichst  grofse  Resul- 
tate erzielt  werden.  Dies  ist  natürlich  aber  nur  dann  zu  erwarten,  wenn 
ein  zweckmäfsiges  Übungsbuch  zu  Grunde  gelegt  wird ;  denn  vom  Lehrer 
lässt  es  sich  nicht  verlangen,  dass  er  jedesmal  selbst  derartige  Übungs- 
stücke aussuche  und  zweckmäCsig  einrichte;  zudem  würde  auch  durch 
das  Dictieren  viel  Zeit  versplittert  werden. 

Mit  um  so  gröfserer  Freude  muss  daher  das  vorliegende  Buch  von 
jedem,  der  der  guten  Sache  gedeihlichen  Fortschritt  wünscht,  begrüfst 
werden;  denn  das  Prädicat  eines  zweckmäfBigen  Übungsbuches  verdient 
es  in  vollem  Mafse  ')• 


*)  Freilich  müssen  wir  aber  dies  Urtbeil  auf  die  zwei  ersten  Curse 
beschränken,  wie  sich  weiter  unten  zeigen  wird. 


154      Qri«MK  Ohungsbocher  v.  BäumMtk  u.  a.,  ang.  v.  J,  AficaUL 

(  itoepkenMing  verdient  ersüich  da»  Strebe«,  eki  giufenmäCsiges  ForU 

sebreiteii  von  lekkleren  Aulgaben  m  scbwierigtren  ckirchiufubreH.  Der 
erstä  Cutbus  beginot  mil  etoig/eft  kk^htercn  Siockea,  die  der  Schuler  so 
nemlKch  in  dieselben  FassuRg^  die  im  dettUchen.  oder  lateiniseheD  Test 
«ngcwa&dt  iat>  wird  übertragjsn  kttnoen}  ec  braucht  nkhAersI  dasThena 
sich  für  die  Obersetzung.  in's  Gridcbisehe.  durch  eine  andere  Wendung 
tuiieeblaulegen«  (kiecbisebe  B«deiitüBgen  für  ernieLoß  Wörter  und  ganze 
Phrase»  stndi  im  de»  ARffieffkAngeii  im.  aUen  Übongsatucken  lelcbiich  vor- 
hüAdea,  dach  so,  dass  du»  tichligi»  IMUtie  a^wi^ben  dem  zu  viek  und  zu 
Mseoi^  kut  überall  eiagefoalles  istj.  auf  die  GraHuaaiik  (roik  ßäumlcin) 
.wirdi  sefac  häufig  Kermiesen. 

ijucb '  den  zweite»  Gursus.  sindi  zahkeicbe  Anmerkauig^  baigegeben. 
IWf  F«rUichrin  besteht  hUx  einerseifcs  scboa  daria:,,  dass  der  gewäblte 
^off  gröf^ef e  Scbwieriglteiten  dariM&tet,  daSB  der  Schüler  sieb  d^oeeibeu 
;ittin  ftehiifö  das  Obdrsetoeos.  oll  erst  zarecbt  legßn  und  drmsclbea  ein« 
aadece:  Faasunif  geben  lauasu  an  zabiaeicben.  Stellen^  nämlich,  da ,  wo 
dies  (ür  dett  S«buler  eiaA«  zw  scbwierig^  Au/gabe  wäre,  wird  in  der  Aat 
merkung:  der  dmitäcbe*  oder  lateüischa  Text  in,  gräsisierender  Fassung 
hiageslatttii  utid  durah  AAmerkungeik  dieset  Art  wird  der  Schüler  in  Stand 
gesetat^  «Mb  eimgec  Zeit  dies  in.  ander»  Fällen^,  wo  ibm  die  Anmerkun- 
gen^ keine  AasiiUfo  darbieteo,  selbst  macbeo)  zu  können.  —  Anderseits 
JbkSsM^  disr  Farlscbcitl.  dario^  dass  die  g^wöhnUchen;  syntaktischen  Reg^eLn 
biet  ata  bakanat  vagausgßMUt  werdan,  und  dass  au£  die  Grammatik  nur 
in  saUbe&.  Fäjyien  veswieaea  wird.t  in*  denea  scbw/ierigera  oder  doch 
miiDdefl  bokanole  Hegeln  zur  AAwenduag  kommeo.  Auch,  ist  hia  und 
wieden  ek)&  knrzat  grammatische  Bemerkuiig.  beigjegeben  und  zwar  da, 
wo  diie  ScbuigcammatiL  aiehti  auszureichen  schien.  —  Endlich,  ist  es,  ein 
Fortsebritt  aum  subiweiwreai,.  das&  die  Phrasen  oft  nicht  einfach  hinge- 
alalll,.  sondiacn  ela^scdke  Stellao  angeführt  werden,  ausi  denen  der  Schüler 
d<itfah<  eigeaesi  IHaefadienlLaa  das  fiii  seioeu  Zweck  Bcauchbaüe  heraus- 
^iiduoi  muae^ 

Dtm  dsittcik  (SMVsiia«  endlich,  sind,  zijemlich  wenige  Anmerkungen 
l»etgegebeo>  BedeuUmgiBn.  noA  setärlichangcfühoty,  aul  die  Grammatik  wird 
stlbenoff  iiecv^S€Hu 

Über  die  EiarijQbtuogi  der  erstea  zwei  Curse  kann  »icb  Ref.  nur 
büligesod  uad.  aseriiennend  aosspcechea;  was  aber  die  Themata  d^ 
driUtem  Gursus.  betri/Tt^  so  hält  Ret.  die  Schwierigkeiten,,  die,  der 
Schüler  beim  übersetzen  derselben  übeswindea  müsste,  für  viel  zu  grols, 
•la  datisi  Ae  EjoriAbtuag  dieses  Gursus.  zweckmässig  genannt  werden 
Uiniita.  Est  b^UaJi  in,  den  v;orredaf  S^  XU.:  «Das  Verhältnis  dei»  zweiten 
Guraus.  zum  diitlsnt  betreffend,,  so,  gij}t  der  driUe  im.  Allgemeinen  nicht 
eine  höhere  Stufe  gegen  den  zweiten  weder  im  Gedankeninhalt,  noch  in 
der  Schwierigkeit  der  Stücke,  wol  aber  in  dem  Mafs  der  dargebotenen 
Erleicbtecung^.,  die  imi  drittea  Gursusi  sich  aul  ein  Minimum  beschrän- 
ken und  darum  gfiäbteire  Schüler  vorarosaetzen^  denea  der  zweite  Cursus 


Ori^h.  ÜhungsMcher  v.  JcftMuArAi  u.  a.,  ang.  t.  A  äBi6attL       ftflüi 

noch  mi  Tfe(  Vorschub  leistm  würdt.^  Unsttfrs  Etachteit  hatten  aber 
dit>  (l^rgebolfettefli  EyleidHaruageB  nidit  s*  spärltofa,  bemessen,  nicht  aitf 
ein  Mimmun  hesobrinkt  wvrftao  aolle»;  und  wir  swi-Üoln  aehr,  ob  sclbat 
talentvolle  9eha)er  der  oberateo  Classoo,  wenn«  «ie  auch  die  VornbuDg 
^et  zwei  ersten  CUfiie  dttrobgefiiaellt  haben,  es  so  weit  brii^en  können, 
un  die  sieb  it^sf»  bler  entgegensteilendleu:  Schwierigkeiten  obnoi  unver- 
btttnlsfiiSfsigen  Aafwand  vo»  Zeit  und  Kvaft  zu  besiegen.  Xoat  zwdten 
SU1B  drHilen  Gursua  iai  keifn  Übergang,  sondern  ein  Sprung.  In  diur  Kegel 
sind  in  den  Anmerkungen  mir  gan9  wenige  und  nnir  die  allerschwierig«- 
sten  Bedeutungen^  z.  B.  tickniaali«  Ausdrucke»,  deren  keintiiis  bei  Al'U 
'Sehulera  (Kirchana  nicht  \K)rau8gesstzt  wenfoui  kann.  aBgefu^t;t  bezug- 
lieh der  Satvslruotur  sind  böehat  selten  Winke  gegeben  9  tob  elassiscben 
Stellen.  cKe  im  zweiten  Gupsus  reichlich  angeführt  werden-»  und  die  so 
ungemein  inelructiv  sind,  Ihidet  dth  hier  auch  nicht  etue  «iasigcv  —  £s 
Hegt  bei^  dieser  Bisrüeh9i»ng  diiS'Mbbi^  s«^  nahic>  d!ii»>derScbiier,.  wcnA 
er  sich  lange  abgemüht  hat,  das  Thema  gut  und  docb  aueb  wintes  nicbt 
altzu  trei  m'ii  6rJeeh4M)he  tu  (Hersetzen,  scbüelalieb.  skh  begnageft  dürfte, 
den  deutcoben  odvp  kiteini^oben  Wortlaut  nur  ao  bejlävfig  undi  ««näbenid 
und  oft  oberilSebliel^  iv-4ederzugebeD>  kuri?,  gtndei  das  Stiwbca  de?  Ver- 
ftMser»,  ättk  Siebdltm  d^  Saob^  nfebt  au  Msht  ai»  Hifteheit,  dürftfi  sie 
verteile«,  sieb  durch  oberflichlicke  und  nur  im  Allgemeioen  an  den  Te4t 
sieh  bauende  Hbersetzanj^  übe»  die  Schwiatigkeitea  hinwcgztiheMMi. 

Wenn  sieb  nun^  Reit  mU  der  Biupi«blung  dca  dtttt&n  Qaraiia  nicltt 
Hnveratanden  erkUb^e»  kaMi^  so.  vocdieneifc  dalagen  die  zstci  erst«ft€H9ae 
volles  Lob-i  sowot  was*  die  Racsiuig  der  AnneckMrgen  aia  au A  w«a  die 
WaM  der  Tbemta  selbst*  beinffk  Gana  besondarsi  iek  der*  Hliiatend  hee^ 
v<|j9tihebef^  d)Kia  überall'  danunf  geoaken  iat^  dasai  der  ScbiUe»  au  erspffieit» 
Ncber'Se^batMl»gkei4  angelial^n«  weade.  Kcaen^cck  babesy  ii&wt  saboB 
oben  bemerkr  worden ,  die  angeführlea  okaasiseban  Stellea,  iodeM  der 
Sahülei»  daa  aum«  tt)«rsetzen  noUswendiigiß  MmleriaL  nicb^  schift  fertig  bc^ 
kommt,  a^udera  es  mit  beilsaaM«  inataengung  erat  aelbsk  gewinneii  mimBi 
deoeelbea  ZWeok  baben>  die  Verweisunge»  and  diC'  Gciamfiialik ,.  dcor* 
aelben  die  mannigfachen'  Wioba  ürber  Wortabellan^,  Saiaba«!  und  Yicff»- 
bindung'dsr Sätze  unter  eittaadefv  dieBemenkiingeniütMr  Wabl  dsaXcmpuAy 
Rlod««  u^  s.  w.;  häufig  wird  dev  Schüler  nur  duccb:  ein  Fcageaeichen 
aufinerkaam  gemaobt  (zl  1.  l,  1^  69  1,1»  16i|  h,  9^  18^  l.,  ^^  IB.UkS.  w.) 
und  das  Weitere  blaibi  ihm  überlasseiK 

Yide  von»  disn  foiapiele»  und  Anmarkungen;  sind  geea^fnet  ^  den 
St^bolerein  riobüges  V\srs^&ndms  derflabraticbaweiscnx«ianobaff^afAikelii, 
die  sich  ofir  so  sahwei«  daotlicb  machen  lasaen ,  nahe  zui  he^ui^  (z.  % 
1^  d%  90  und  56,  10;  Ih,  ^06,  9)9  vLete  Anmerkungen  maclran  den 
Schotet  auAaerksam  a«il  0cu|it*iisni  des  griechisobfln>  Spracbgii'bfvuiches» 
au/  Idiotu^aMiis  eudliab  ^Aitt  so  aianohea;,»  was.  io:  e'metr  SchuJgrammalil^ 
Rieht  Platz  ftudeo.  kani>  (vgl.  ftfr^  Mp;»  74i>.  ^  iOi^a,  3)«  UbaufaUs  zu. 
lobe»  ial,  dass  2««reilen>  auli  de«  Qu^molufid  gnwiaaea  Synonyma  biagflr 


154      Ork^fav  Ol^uiigsbncher  v.  BäumMm  uv  &,,  amg.  v.  J.  i^ncaUk 

I  ikterkeniiiing  verdient  eraüich  4MSireb€a,  ein  gtufenraäCsiges  F«rU 

sefareiten  von  ^ickteren  Au|gab«B  so  schwierigeren  durchiu fuhren.  Der 
erstö  CuTSua  begin&t  mil  eiokgfim  &ttchter«a  Slöckea,  di«  der  Schüler  so 
memlish  in  dieselben  FMSungv  die  im  dettticben«  oder  lateinUehen  Text 
juigewandt  iai,  wird  übftrtragisn  können}  er  braucht  akhkecsl  dasTbeau 
sich  für  die  Obefsetzang.  in's  Gpiöcbisehe.  durch  eine  andere  Wendung 
iiateebtoulegen.  Gfieehisebe  Bedeutungen  für  enadac  Wörter  und  ganze 
Ptmifleft  sind  ia  den  Inmerkjzngett  an.  aUen  Übungastücben  lelcUich  vor- 
bände», deefa  sOy  dass  die»  ticbtiger  Blirtl«  zwischen  dem  zu  viel  und  zu 
M«eni(g^  fgät  überall  eingebaltei'  ist;,  auf.  die  Grammatik  (von  ßäumlcia) 
.wird!  sehe  häufig  vier^ieeen. 

Ajucb  dem.  zweite» Curiu»  siadi  zahlreiche  AnmerJunig^  beigegeben. 
^Utf  PevtechriCI  besteht  bies  einerseits  sehoa  dari»,,  das«  der  gewählte 
^toff  gröf^ere^  Schwierigjutiten  darbieiet,  dal8  der  Schüler  sich  d^iwelbeu 
^um  ftebttfe  dits  OberBdtzenf«  o&  erst  z«recbt  iegpn  und  demselben  eine 
aadef»!  Faasunir  geben  muasii  An  aaUaedchen.  Stellen^  nämlich,  da ,  wo 
d*es  (uf  deik  S«huler  einA>  zu  scbcwierig^;  AulgaiiuQ  wäre,  wird  in  der  An.- 
üMerkaing:  der  dmiiscbei  oder  lateinische  Text  m.  gräisisierender  Fassung 
jkingesletttjL  und  dureh  AAmerkiBigen.  die&et  Axb  wird  der  Schükr  in  Stand 
^«s£t^t^  mah  einigec  Xek  dies  in.  andern  Fällen,,  wo  ihm  die  Aumerkun- 
gßft  keine  AAsiiUfo  dunbieteDy  selbst,  mftcken)  zu  können.  —  Anderseits 
jbeatebA  disr  Fortscbntl  daria»,  dass  die  g^wöbnUchen:  syntaktischen  Regeln 
biec  aftq  bcri^aDiit  venausg/asetot  werdisn,  und  dass  au£  die  Grammatik  nur 
in  soiehea.  FäJllsn  vsEwiesea  wird.,  in.  denen,  schwieriger»  oder  doch 
4Biindei  bekanoAe  Regeln  zur  Anwendung  kxMumen.  A>uchi  ist  hin.  uivd 
wiedec  einfr  kürzet  grammatische  Bemerkung,  hei(2;egeben  und  zwar  da, 
wo  düe  Sehulgcammatik.  nicht  auszureichen  schieu.  —  Endlich,  ist  es  eiu 
Fortscbritt  ^m  sahiwentren«,,  dass.  die  Phrasen  oft  nicht  einfach  hinge- 
sAsllI,.  sondiacn  eiassise2»e  Stella«  angeführt  werden,  ausi  denen  der  Schüler 
d«Mreh  eigenesi  IKacfadMali«!  das  0>  seinen  Zwecib  Brauchbace  heraus- 
fludüni  muWkr 

Dem  dirittcik  (fluisoA  endlich  sindv  zi^emlich  wenige  Anmerkungen 
heimgeht n>  BedmttuiigfBn.  sinil  spärlich. angefülmt,,  aul  di£  Grammatik  wird 
a^itenof  viec^^seiu 

aber  die  Eimiubluagi  der  erstea  zwei.  Cucse  kann  sich  Ref.  nur 
htUigood  und.  snerkemnend  ajisspcecben:;  was  aber  die  Themata  des 
driUteni  Cursus.  betrifft«  so  hält  Ret.  die  Schwierigkeiten,  die,  der 
Schüler  beim  Obersetzen  derselben  übeowinden.  müsste,  für  viel  vi  grod« 
a^  dassi  4ie  Eioriebtung  dieses  Gursus.  MreckmäTsig  genannt  werden 
kiünitte.  Est  MiaJk  m  den  Vorrede*  S-  lUl.t  «Das  Verhältnis  den  zweiteii 
Funsus,  zum  dritlan.  betreffend,,  so,  gibt  der  dnUa  im.  Allgemeinen  nicfati 
eine  höhere  Stufe  gegen  den  zweiten  weder  im  Gedankeninhalt,  noch  h^ 
der  Schwierigkeit  der  Stücke,  wol  aber  in  dem  Ma/s  der  dargeboten 
CrU'icbteuingfn,,  die  inb  dritten^  Gursusi  sich  aul  ein  Minimum  bescbräi 
keu  und  darum  geübtere  Schükr  voraosftetzmn^  denen«  der.  zweite  Gursu 


Orfeeti.  Übimgsl»^fk-r  v,  MmmAe^  u.  a*  ,  nn^.  y.  A  A^i^mim^      liS 


[dii^  dirg£i'botct}«ti  EviifichleruiigeD  tiiehl    90  ipü'Ucti  bemr^f^eu,  nichi  »f 
l^^riii  Mtnimutt)  bfschrinkt  wenleii  Atollen;  umL  wir  iwrifolii  si.hr  <»(j  ülliftt 

r Um  die  siüh  itlni^fi  hitff  4'iit^rgeii.steikndeii  Scb Widrigkeiten   obti«  im^vcr- 

I  hiltnbmnr^ij^Ei  AufwainJ  lan  Zrit  und  Kraft  lu  beilegen.    Yoia  zwi'iUu 

tum  üritli'D  Gureiü»  j»t  kt^in  üborgang,   sondern  ein  Sprung.  hi  djur  Ke^i4 

Mild  )t]  d<n)  Anmt'HLiiti^R  nur  g^n^  wmil^e  und  mir  di?  alitT^icbwit^ri^ 

nlcn  Ui'deutuugeti^  Xp  B.  Itdliiificli«  Ausd pikktf^i    icven   keniiiiiU  bei   ika 

Söhülem  durchiLYM  tiicbe  vorau^igeacUt  wotiltün  kann.    ais^^rüiJift;!   bumg- 

licb  dtv  Satx$Lruct(tf  shid  bdfbsl  gelten  Winke  ^«§^ben;  too  oIassi^^Im'« 

|*S(i  114^11^  die  HO  zweiten  Gursu^  reichlich  fiiifreführt    wenlLU  «    üihI    die  m 

^ tigern (.'jn  inäirucfiv  »lud,  iiidel  üth  hier  aucb  nicijt  cinü  i^ioilg«^  —  E^ 

Ht^gt  bet  dieser  fSiivH^htiitig  di«  4^^bp  m*^  nahv^  d^iw  diT  Scbikr,  «i«ft 

er  sijch  lange  abgemübi  bal,  das  Tbema  gut  und  docb  auetminAa  miM 

stfEK  frei  iu's  Griuehi^be  Au  tillerjieUeH.  s«liH«Mch  skb  beg 

deu  deuiiühün  oihf  lalüiiii^cben  Woftlaut  nur  «o  bdlävSK 

itti^^  oft  oberHiH^lifffi  ^ttfifvrzygvbcn,  kufii  itnde^  du 

f^aer»-,  dei^  Setvilkrti-  die  Sa«b&  oicill   sn  M:«ät 

verteitrn.  «icb  durch  obi^fnacbUcba  und  mur  im  Atigei 

[lieb  bidieiide  dbrnt^tzung  üb<>p  dio  Schwicrigkeiteft 

Wenn  ^irh  niin  IWH  miti  d«r  fiiumbtupf  dii» 

^MVer^iMiditn  erilarua«  kaan,  go  vatdieiiott  iipijTn»  iir  f 

Vollr^s  Lobj    «owol  waj  die  FMSitng  d«r  AüimiiMliiB  i^-« 

IfnW  der  Tbomta  stlbfl  bt^lffifft,     Gan»  ^»pivkr»  i«  äp^ 

(»r»ubebqn)  da^  uhcfail  darä«!  gestbnu  hi^  4mm§^^s^^^^ 

li^htr  84.4biaiMt>f^c^l  aDg^lviHen>  wevdc. 

'oi}€n  beroerkt  worden  «    iUe   Mig#f5brleii 

Sdbujer  da«  Mim  tn>iffsetiGn  noUiwotidi^ 

pkommli  »ondi^'nes  mit  beil&aititi» 

JHi4io|boii    l'm^ok    haben'  diu    Vcrwc 

in  di«    matiTirgfachen    Wirkkt   Q^cr  ü^ 

ung  dvrSälEe  i«iiUif  fiJ4nAiiderf  itli  lui»^  ^1^ 

D<ki«  u«  N.  <w  ;   bäy|ig>  wird   1^^ 
nfmfrksani  g^rttiüchl  (Jb^  i«  U  1,  «* 
jliid  dfii  Wettrre  blnibl 

Vivle    voti   d«»ii   Itoiifife^if 
rbülür  e4u  ri^b'  t^m  1^ 
lo  Hieb  ufl  so  Airh%ti0 
t^^»    tO  uod  d^.  1 
rbiilcr  AuAaifrkjttai 
Mtf  tdiolMiuAM^  enflt 
lieht   Platx  IMk*«! 
|»bt*f}  iidj  d« 


ilolUnd 


M6      Griech.  ObuDgsbücher  v.  BäutnUin  u.  a.,  ang.  v.  7.  KvüMa. 

iviesen  wird  (vgl.  11,  4  über  ^royog  und  iqyov\  11,  11  über  xi%vov  und 
«aiff;  16,  15  über  Syalfia  und  avdguigi  24,  6  über  dvvccftai  und  ofDg  t 
c^/i^;  24,  14  über  verde  und  ofißgog;  93,  2  über  avayxi],  dar,  x^if)»  worauf 
leider  häuGg  bei  dem  griechischen  Unterrichte  wenig  gesehen  wird. 

Was  den  Gedankeninhalt  der  Themata  betrifft,  so  ist  es  zu  billigen, 
dass  die  Übungsstücke  (sowol  die  deutschen  als  die  lateinischen)  in  der 
Regel  dem  Schüler  eine  an  und  für  sich  interessante  Leetüre  darbieten; 
denn  ohne  Frage  wird  der  Schüler  anziehende  Erzählungen  mit  mehr 
Lust  und  in  Folge  dessen  bei  übrigens  gleichen  Umständen  mit  mehr 
£rfolg  übersetzen,  als  trockenes  und  langweiliges  Material. 

Wenn  nun  Ref.  zum  Schlüsse  einzelne  Unrichtigkeiten  oder  Unge- 
uauigkeiten,  die  sich  hie  und  da  in  den  Anmerkungen  finden,  namhaft 
macht,  so  geschieht  es  nicht,  um  den  Werth  des  Buches  herabzusetzen, 
sondern  hauptsächlich  um  zu  zeigen,  dass  er  mit  Interesse  dasselbe  prüfte. 
Wir  heben  beispielsweise  einige  Anmerkungen  zu  den  Themen  des  zwei- 
ten Gursus  heraus. 

Sonderbar  ist  die  Bemerkung  117,  17  (zu  den  Worten  «durch  ihre 
Treue  gerührt  verzieh  der  Kaiser  um  der  Frauen  willen  auch  den  Män- 
nern*): «Dem.  19, 195:  mg  d'  anovaai  toifg  nuQOvtag,  xoaovtov  inaivov 
wagä  navxav  ysviad'My  Sati  xov  ^Uinnov  nad'eiv  xi  »al  dovvcu,  dass 
Ph.  gerührt  wurde  und  das  Geschenk  bewilligte.  Solche  Stellen  sind 
aber  gewiss  selten.  Der  Grieche  war,  scheint  es,  geneigter,  statt  der 
Rührung  die  Bewunderung  auszudrücken,  und  so  lässt  sich  auch  hier 
iyaad'at  setzen.*  Wir  glauben  nicht,  dass  der  Grieche  so  arm  an  Aus* 
drücken  für  die  Rührung  war:  warum  könnte  der  Schüler  nicht  über- 
setzen mvij^sig  (etwa  noch  mit  dem  Zusatz  xr^v  ipviriv)  oder  nad-tov 
«i  nach  der  vom  Hrn.  Verf.  angeführten  Stelle  oder  ovS*  avttta&ijxmg  bIxsv 
0  avxo%QdxaQ  ?  auch  ^lyydvsiVj  'tpaveiv  'fpvxfjg,  q>QSV(ov  (obwol  dies  ge- 
wöhnlich die  Bedeutung  «verletzen,  kränken'  hat)  wäre  wohl  anwend- 
bar. —  Anm.  136,  1  heifst  es :  «Hier  lässt  sich  B.  §.  589  anwenden  und 
der  Relativsatz  in  den  Infinitiv  setzen;  man  wird  dies  jedoch  nicht  leicht 
finden,  aufser  wo  der  abhängige  Satz  einen  Fortschritt  in  der  Erzählung 
enthält,  also  leicht  in  einen  Hauptsatz  verwandelt  werden  kann.'  Aber 
diese  Construclion  ist  auch  sonst,  wo  die  Verwandlung  in  einen  Haupt- 
satz nicht  wol  zulässig  ist,  etwas  gar  nicht  ungewöhnliches;  vgl.  die 
von  Kühner  (§  849)  gesammelten  Beispiele  (insbesondere  Thuc.  1,  91  ; 
Her.  VH,  148;  Thuc.  H,  102;  Xen.  Cyr.  V,  2,  4  u.  a.).  —  Anm.  173, 
17  (zu  den  Worten  des  Livius:  LabetUe  deinde  pauiUUim  discipUna, 
veitu  desidenies  primo  mores  seguatur  animo;  deinde  ut  tmigis  magU- 
gue  iapsi  eint;  tum  ire  coeperM  praecipUes)  bemerkt  d.  V.:  «Das  Bild 
zu  vervollständigen:  er  gebe  Achtung  auf  die  Sittlichkeit, 
die,  wie  ein  von  einer  Anhöhe  rollender  {nvltvdsiad'at)  Stein  zuerst  in 
eine  geringe  Bewegung  kam  (figiiut  luvBted'ai),  dann  schneller  fiel  und 
ftuletzt  in  vollsten  Lauf  gerieth  ((pigse^'ai).^  Aber  Livius  hat  ja  sein 
Bild  nicht  vom  Rollen  eines  Steines,  sondern  vom  Verfall  eines  Gebäude:» 


Griech.  Übungsbücher  v.  Bäumtein  u.  a.  j  ang.  ▼.  /  KHiala.      55T 

entlehnt!  —  Anm.  179»  4  (zu  den  Worten:  tempiu  guod  .  .  .  excideöai} 
sollte  nicht  a^iiyai,  sondern  na^iivat  angegeben  werden.  —  Anm«  176, 
3  ist  für  vis  in  ocuiis  die  Bedeutung  to  yo^yoy  angegeben  und  ebenso 
heifsl  es  186,  19  (zu  den  Worten:  sein  grofses  Auge  voll  Feuer):  q^Das 
Bild  wird  sich  schwerlich  wiedergeben  lassen ;  die  Griechen  haben  dafür 
yoqyog,^  Dieser  Ausdruck  ist  jedenfalls  unpassend,  da  yoQyog  den  Be- 
griff des  Schrecklichen,  Finsteren  nie  aufgibt;  vielleicht  liefse  sich  sagen : 
TO  Tc»y  6tp^ttl(iäv  tploysgov. 

Zum  Schlüsse  wollen  wir  noch  mit  einigen  Worten  die  abgeson- 
dert von  diesem  Übungsbuche  erschienene  Übersetzung  desselben  be- 
sprechen. Die  Verlagshandlung  hat  nämlich  gewünscht,  dass  auch  die 
den  Anmerkungen  zu  Grunde  liegende  Übersetzung  für  Lehrer  gedruckt 
werde.  Diese  erschien  zugleich  mit  dem  Übungsbuche  unter  dem  Titel: 
«Griechische  Übersetzung  der  Themata  zur  griechischen 
Composition  für  obere  Glassen  gefertigt  von  Wilh.  Bäum- 
lein, Carl  Holzer  und  J.  Rieckher,*  (8.  Stuttgart,  J.  B.  Metzler, 
1859.  121  S.  —  1  Rthlr.)  und  es  sind  alle  Buchhandlungen  gebeten  wor- 
den, dieselbe  nur  an  Lehrer  abzugeben. 

Wir  können  uns  über  dieselbe  kurz  dahin  aussprechen,  dass  die- 
selbe in  jeder  Hinsicht  für  eine  wahre  Musterübersetzung  anzusehen 
ist,  was  um  so  mehr  Anerkennung  verdient,  als  sehr  viele  Themata  (z.  B. 
die  aus  Sallust  und  Livius  oder  die  aus  den  Schriften  neuerer  Gelehrten 
entnommenen)  grofse  Schwierigkeiten  darbieten,  um  nur  eine  kleine 
Probe  davon  zu  geben,  wie  geschmackvoll  die  Übersetzer  bei  ihrer  Ar- 
beit verfuhren,  heben  wir  beispielsweise  einige  selbstgeschaffene  Bezeich- 
nungen hervor,  die  den  Griechen  fehlten,  weil  ihnen  die  Sache  selbst 
fehlte.  Nro.  140,  Z.  2.  ilcsld'ovTBg  dh  tag  ti  vivXag  nXs^ovet  nal  tag 
dvQ^ag  Ud'oig  anotpqaxtovci  d laat liiiata  S lali inovttg  o  ca 
110 vop  i^anovt^ieiv  (so  dass  nur  Scbiefslöcher  offen  blieben.) 
Nro.  145,  Z.  2  xal  fCQmtov  {ihv  r  äv  o  nlix  mv  oingdtiOtot  tat 
onla  i^svto  onia^e  xmv  toi%mVy  tÜ  ifinQtiad'ivtmv  xmv  nqoamlmv 
^eav  vnoXomoi '  bI%ov  dlnalaiiov  nvQ  o  ß  olov  hiaaxog  (zuerst 
stellten  sich  die  Janitscharen  mit  ihren  Handrohren  hinter  dem  Gemäuer 
der  zerstörten  Vorstädte  auQ*  Nro.  191  a.  E.  xov  dl  ZriQmov  notov 
(o<päv  %al  tov'AnsQt%ttvov  nanvov  lc%vqmg  fidexo^  atp'  ov  tlg  Bcnaßovg 
ane9ii(trjasv  (dagegen  war  er  (Heumann)  seit  seiner  Reise  nach  Holland 
ein  grofser  Freund  vom  Theetrinken  und  Tabak  rauchen). 

Fehler  finden  sich  in  dieser  Übersetzang  nur  selten;  so  heifst  es 
z.  B.  VI  Z.  12  f^ed'Blg  If  in\  tovta  (o  ovog)  inA  vattgov  not 8  anoyyovg 
tpigatv  notaftov  diißaive,  xo/,  el  naXiv  nieoiy  xal  tots  kXufpqoxBqog 
ivaati^aea^ai  oloftsvog  inmv  mXiad'sVf  wo  das  erste  %ai  wegbleiben 
muss.  In  derselben  Nummer  kommt  (Z.  6)  das  in  guter  Gräcität  unge- 
bräuchliche nQOoiQTpug  vor.  —  XIII,  Z.  3  ncddeg  yuQ  %aintq  xqjitstol 
ovtig  tu  fjd'fi  ietiv  0T£  n«Q«ivetioi>  (Knaben,  wenn  sie  auch  von  guter 
Gemüthsart  sind,  haben  bisweilen  eine  Erinnerung  nöthig).  wo  es  heif:M;n 


Sas       üri^ch  Oi)iwg^5cher  v.  MkenkiM.  a.,  aoK-  v.  J.  /fr/Ma. 

]«(iH:  ««fi^^ff  yag,  -uivitB^  tict  xqr^atol  %  x  X.  oder:  xal  yaQ  XQ^atai 
xm  {^if  naCStg  i0tiv  Zxb  umq,  ^  XVJII,  2.  14  sind  m  der  ÜberseUiiog 
die  Worte  ^acctiOi  MepeU^H^  au«gt^lassen. 

2.  ÜbuDfsbuch  zum  Übersetzen  aus  dem  Deutschen  und  Lateiniscbeii 
in's  Griechisclie  fär  d\»  Classen  des  Obergymnasium«  bearbeitet  yoa 
Dr.  Karl  Sehen  kl.  (IV.  u.  176S.)  Prag.  Tempsky,  1860.  —  80  Nkr. 

Der  Hr.  Verf. ,  rühmlichst  bekannt  durch  seine  eifrigen  Bemühiroi^eii, 
den  Gymnastalunterricht  in  Österreich  211  fordern,  wie  seioe  zahlreichen 
für  den  8chulgebrauoh  bestimmteD  Leistungen  bekunden,  liefert  hier  ei« 
für  das  Obergymoasium  bearbeitetes  griechisches  tlbungsbuch,  wie  er 
«aeh  dem  Erscheinen  der  Gurüus'acben  Grammatik  ein  griechisches  Ele« 
menlarbuch  verfassthaL  Es  verdient  das  vorliegende  Übungsbuch  volle  An« 
erkennungi  und  wie  sich  das  Biementarbuch  des  Hrn.  Verf. 's  in  der  Schul- 
praxis als  sehr  sweckmafsig  erwiesen  hat,  was  von  verschiedeneu  Seite« 
gemachte  Erfiahrungeo  beseugeo,  so  wird  sicherlich  auch  diese  neue  Lei* 
siung  dem  griechischen  Unterricht  nur  sehr  förderlich  sein  kennen. 

Das  Übungsbuch  zerfällt  in  zwei  Curse,  deren  zweiter  für  vorge* 
rücktere  Schüler  bestimmt  ist,  und  enthalt  deutsche  (1 — 75  und  106—139) 
und  lateinische  (76—165  und  140  —  17'')  Themen.  Dass  auch  lateinische 
ÜbungsstLLcke  aufgenommen  sind,  kann  nur  gebilligt  werden,  und  die 
Oberaeugung  von  der  Zweckmafsigkeit  solcher  Übungen  ist  jetzt  wohl 
eine  allgemeine,  wie  schon  der  Umstand  beweist»  dass  lateinische  Themen 
(ast  in  allen  neueren  Übungsbüchern  (Bäumlein,  Böhme,  Bauer,  Franke 
u.  a.)  Aufnahme  gefunden  haben.  —  Die  Übungsstücke  sind  meist  lehr- 
reiche und  interessante  Erzählungen,  die  eine  Chrestomathie  im  wahren 
Sinne  des  Worte«  bilden  und  mit  deren  lobait  sich  der  Schüler  gewiss 
auch  sonst  gern  vertraut  machen  wird. 

Die  jedem  Übungsstücke  beigegebenen  Anmerkungen  sind  zweck- 
mäfsig  eingerichtet  und  fast  durchweg  ist  die  richtige  Mitte  zwischen  dem 
i;u  viel  und  zu  wenig  eingehalten.  Besondere  Erwähnung  und  Anerkennung 
verdienen  die  den  lateinischen  Übungen  beigegebenen  Anmerkungen^  die 
von  der  umfassendsten  Belcsenheit  des  Hrn.  Verf.  s  zeugen  und  den 
Schüler  nicht  blols)  zu  richtiger,  sondern  auch  geschmackvoller  Über- 
setzung anleiten,  (Im  anzudeuten,  was  wir  damit  meinen,  führen  wir 
z*  B.  Anmerkung  79»  3  an:  «denn  obwohl  er  sich  durch  treffliche  Eigen- 
schaften auszeichnete  (la/ns^off  y/yvofica),  so  Ihaten  ihm  doch  Fehler 
Eintrag  UnLanoximy  (zu  den  Worten:  Nam  ui  virtuUhtis  eiuxit^  sie 
tUiU  e$t  QbruttU);  ebenso  Anm.  171.  ix  «bin  ich  so  viele  Nächte  in 
Sorgen  (qp^oi'T^o))  und  Gedanken  (Aoy/tpfia»)  wach  geblieben  icLygvnvioi)^ 
(zu  den  Worten:  in  quo  evigiiaverurU  curae  et  cogitutiones  meae); 
ebenso  Anm.  t73y  24:  nOi^ntQ  xon^QvxBg  xal  icgndSovxes  i^avtlijaovin 
tag  i«.»  (zu  den  Worten:  [tfimi$iiOH^  Höeriornm]  ad  feneramias  diri* 
piemiasgue  protincias)  —  Unter  den  /Anmerkungen  bcfiiHlen  sich  auch 
|(urze  historische  und  geographische  Augaben. 


1IVe{<eKtli<;h  trigt  jEor  Br«adhbarieii  des  Bochas  der  bei^eg^^ixpiie 
deutsche  uud  laieiuischt  InJei  bei«  in  welcben  die  deutsche«!  ^ind  latei«. 
üHcAien  Wörter,  far  wdehe  in  den  Aunerkiiogen  iieine  Bedeutung  ange-« 
geben  ist,  und  deren  iMhlige  Übertragung  in«^ieebi«cbe  he\  denSchu«« 
Wtn  nicht  ohne  weitei««  Taraaageftvtzt  werden  kano^  ver^icbnet  sind. 

Mfeno  wir  nun  zum  Sohiunsp  noch  angeben«  ^a9  wir  «n  dem  3uchn 
anders  wünschten,  ao  thun  wir  es  nicht  etwa  weil  wir  dar  Ansicht  i\'Bt 
ren,  ein  Recensent  müsse  unter  allen  Umständen  und  um  jeden  Preis  an 
jeden  Buche  etwas  tadein,  sondern  Ißdiglicb  nur  defibajb«  uio  für 
den  Fatl  «iner  sicherlich  bald  erfDnlerfilcben  ntum  Auflage  de»  Interessen 
des  Buches  selbst  förderlich  zu  sera. 

Dar  zweite  Curs  eftthSlt  Obangan  für  Vt^rgaruditera  Schüler*  Nun 
scheint  as  uns  aber,  daas  in  denaaelban  manohe  Übangaatücka  aufget)OiQ'«> 
man  sind,  die  besser  in  den  ersten  Cura  verwiesen  warden  iLÖonteSi 
da  sia  verhältntsmdfsig  »i  leieht  aind.  Ein  Mldiea  Stunk  iat  «,  B.  dia 
Nunmer  114  (das  Grab  des  Kfros),  die  aus  lauter  gaotS  9inf«4}hen  Sätzen 
undSälzchen  bestehe  und  überhaupt  viel  leiehter  iat,  als  sehr  vi^ie  dar 
im  ersten  Cursa  vorkaoimanden  fibungen.  -«^  Ferner  ist  en  eine  übH*- 
fldssige  Rrleichternng,  dasa  durch  das  ganze  Buch  hindurch  fast  jmmar« 
auch  wo  es  der  Beurtheiliingskraft  des  8ehüler«  anheimgestelU  werden 
könnte,  angegeben  wird,  wo  eine  Participialoonstruetion  anznwendeo  fio'i  % 
z.  B.  69,  S,  7,  24;  60:  I,  9,  16,  IB,  2t  n.  a.  w.  Dia«  macht  dem  Schü- 
ler die  Baeha  zu  bequem,  und  aa  würde  wohl  er^pri^(flich^  sein; 
ilin  einmal  oder  einig^ouil  auf  die  Vorliebe  dar  OHecben  für  Par^ 
tieipialeonstructionen  aufmerksam  zu  machen  und  hei  Wiederholung  der- 
selben Fälle  die  Anmerkung  wagzulassen  oder  dann  und  waPD  auf  ?ina 
frühere  Anmerkung  lu  verweisen,  -r-  Dasa^lbe  betrifft  dia  Avw^^nduiig 
von  iar  oder  ig  im.  Da  z.  B.  N.  3,  3  und  3»  16  der  Schüjer  ange- 
wiesen wird  og  an  und  imv  zu  gebraucli^qj  aQ  ist  q^  vollkoroman  übar^ 
flüssig  und  auqh  nicht  prakJiaeh,  wcm  nun  aiicb  f^  B.  4»  4;  4  14);  4» 
tS$  6,  16;  5,  20  und  sonst  aahr  oft  in  ganz  dtmnelben  Falle  (Mfmtlba 
Anmerkung  immer  wieder  gemacht  wird.  -^  Vberflüaaig  aind  femer  aiJCh 
solche  Anmerkungen,  wie  111,  12 1  114,  69  iH^  30  (Ygl.  M4>  1|2)4 
114,  26  (vgl.  114, 19);  116,  4  (vgl.  11$.  U)  und  Aonst.  —  Qnnt&thigar 
Weise  wird  auah  oft  bei  Adjeelivan  und  ParCioipien,  deren  genaue  i^aimt« 
nis  durehaua  vom  Sohüler  gafardert  werden  mviss,  dif  Zah)  der  Aue« 
*  gange  angegeben;  z.  a  84,  13  bei  f04erv«f ;  B7,  0  bei  «i^^fve^  1  B7» 
2  bei  iy^mfAfuno^  und  aonat.  -m-  Anah  köoneil  wir  ea  nioht  billigen, 
dass  die  allergewöhnliohaten  Verba  und  Adjeotiva  roptraota  nuc^ntra^ 
hiert  angegt^bea  «erden,  z.  B,  73,  29  XQtiQikW,;  76,  24  ffQ^imi  7A.  36 
itpo^amy  101,  14  mviwi  102,  43  fpoßin(ifH.  X^ch  ist  der  Mr.  V^rf, 
sich  dabei  nicht  consequenl  geblieben  ;  denn  daneben  findet  sieb  z.  H. 
74,  26  »otov^ixi;  76,  32  diccvQoüncn  i  85»  Z^  z^^^^^g^ 

Mit  der  vom  Hrn.  Verf.  angewandten  Sehreibung  griephiacher  Ei- 
gennamen können  wir   uns   nicht  einverstanden   erklaren  und  es  nicht 


1^        Orieeh.  Übungsbücher  v.  Böhme  u.  a. ,  aog.  v.  J.  Kvi^a, 

billigen,  wennz.  B.  geschrieben  wird  «Athenaier,  Syrakosier»  u.s.  w.  Warum 
sollte  man  z.  B.  Anstofs  nehmen  an  dem  von  «Athen'  vortrefflich  abgelei- 
teten Worte  «Athener*?  In  solchen  Dingen  hätte  dem  Usus  Rechnung  getra- 
gen werden  sollen,  und  zwar  um  so  mehr,  als  dem  Um.  Verf.  nicht  entgehen 
konnte,  dass  eine  consequente  Durchführung  seines  Grundsatzes  unmöglich 
ist  Er  schreibt  z.  B.  A  t h e n ,  Theben,  Karthager,  nicht  Athen ai, 
Thebai,  Karchedonier  oder  Karthaginienser. 

8.  Aufgaben  zum  Übersetzen  in's  Griechische.  Für  die  oberen  Classen 
der  Gymnasien.  Von  Dr.  Gottfried  Böhme,  gr.  8.  (Vill  u.  29((  S.) 
Leipzig,  Teubner,  1859.  —  24  Ngr. 

Auch  dieses  Übungsbuch  verdient  volle  Anerkennung,  da  überall 
sowohl  in  der  Wahl  der  Aufgaben  als  auch  in  den  stets  unter  dem  Texte 
hingestellten  Bemerkungen  und  Andeutungen  Sorgfalt  und  richtiger  Takt 
ersichtlich  ist  Es  zerfällt  in  zwei  Gurse,  von  denen  jeder  erstlich  Obungs- 
beispiele  zur  Syntax  und  dann  zusammenhängende  Stucke  enthält;  dem 
zweiten  sind  als  Anhang  28  lateinische  Übungsstucke  beigegeben.  Der 
Umfang  des  Buches  geht  über  das  sonst  bei  derlei  Übungsbüchern  gewöhn- 
liche Mafs  hinaus.  Wir  wissen  recht  wohl,  wie  wichtiges  ist  zu  verhindern, 
dass  einmal  fertige  Obersetzungen  sich  von  Glasse  auf  Classe  vererben  und 
dass  dies  Übel  am  besten  dadurch  beseitigt  wird,  wenn  den  Lehrern  eine 
reichere  Auswahl  von  Übungsstücken  zu  Gebote  steht:  es  scheint  uns  aber 
doch,  dass  der  umfang  des  Buches  ohne  Schaden  um  ein  Drittel  hätte  be- 
schränkt werden  können.  Diese  Bemerkung  gilt  ganz  besonders  von  den 
«Übungsbeispielen  zur  Syntax.'  Dem  Artikel  sind  z.  B.  zehn  Seiten  ge- 
widmet, dem  Genitiv  acht  u.  s.  w.  Ohne  Zweifel  kann  der  Lehrer  nur 
einen  verhältnismäfsig  kleinen  Theil  davon  zu  Aufgaben  bestimmen. 

In  einzelnen  Beispielen  hätte  auf  den  deutschen  Ausdruck  etwas 
mehr  Sorgfalt  verwandt  werden  sollen.  Sonderbar  ist  z.  B.  der  vierte  Satz 
des  zweiten  Übungsstückes:  «Das  Volk  in  Argos,  sich  in  Gruppen  zusammen- 
rottend und  neu  ermuthigt,  griff  die  Oligarchen  an,  indem  es  gerade  die 
Gjrmnopädien  der  Lacedämonier  abwartete.*  Der  zweite  Satz  in  Nro.  4  lau- 
tet: «Thrasylus  und  Alciphron  giengen  zum  Agis  und  sprachen  mit  ihm, 
dass  er  keine  Schlacht  herbeiführen  möge»  {iUyov  avtm  fAi}  noisiv 
f^axfiv  soll  übersetzt  werden).  Der  erste  Satz  in  Nr.?:  «Wenn  wir  den 
Philosophen  und  den  Arzt  betrachten,  welcher  von  beiden  dem  Staate 
am  meisten  nützt,  so  werden  wir  finden*  u.  s   w. 

Ebenso  ist  der  lateinische  Ausdruck  in  den  anhangsweise  hinzuge- 
fügten lateinischen  Übungsstücken  zuweilen  nicht  ganz  correct,  was  auf 
den  lateinischen  Stil  der  Schüler  keinen  vortheilhaften  Einfluss  üben  kann 
und  grundsätzlich  vermieden  werden  soll.  Die  Übungsstücke  251—254, 
die  dem  Platonischen  Protagoras  entnommen  sind,  enihalten  manches 
derartige.  So  heifst  es  z.  B.  S.  227,  Z.  7:  ^si^eriori  nocte,  profunda 
adhuc  äiiueuio,  Hippocratet, ..  oitium  meum . . .  puUavU^  {adhuc 
in  dieser  Bedeutung  ist  mindestens  ziemlich  selten).    Ebenso  Z.  16  «jcii- 


Griech.  Obungbucher  v.  Bauer  u.  a.,  ang.  v.  J,  Avi&a/a.  561 

öeito  contrectato  ad  pedes  meos  subsedil*  (Prot.  p.  310  C  imtpfj- 
latprioag  %ov  a%£tino9og).  S.  228,  Z.  15  ^IUppocratern  cognotninem 
Cdum.^  Ebenso  Z.  6  v.  u.  ^dic  miA(,  gualinam  homtni  Protagoräe  co- 
pUatit  pecuniam  erogare^  (un versländlich  stall:  qualem  hominem  Pro- 
iagoram  iudicantes  cog.  p.  er,). 

Die  äufsere  Ausstattung  des  Buches  ist,  wie  immer  bei  den  in 
Teubner's  Verlag  erscheinenden  Werken,  elegant;  Druckfehler  äufserst  selten. 

4.  Aufgaben  zu  griechischen  Slilubungen  für  die  oberen  Gymnasial- 
Classen  vonWolfg.  Bauer,  gr.  a  (Yill u.  162 S.).  Bamberg,  Buchner, 
1860.  —  22  Ngr. 

Der  Ur.  Verf.  hat  sein  Buch  hauptsachlich  nur  für  die  baierischcn 
Gymnasien  bestimmt  und  verweist  deshalb  bei  Citierung  grammatischer 
Regeln  nur  auf  die  Buttmann'sche  Grammatik,  die  in  Daiem  fast  an  allen 
Gymnasien,  in  andern  Ländern  an  manchen  Lehranstalten,  bei  uns  schwer- 
lich irgendwo  als  Schulbuch  gebraucht  wird.  Aber  auch  in  Baiern  wird 
man  sich  wol  überzeugen,  dass  dies  Übungsbuch  ans  mehr  als  einem 
Grunde  unpraktisch  ist.  Bekanntlich  kann  die  d:n  grinchischen  Stilübun- 
gen Eugemessene  Zeit  überall  nur  eine  verhältnismäfsig  beschränkte  sein 
und  der  Verfasser  eines  solchen  Übungsbuches  hat  daher  dafür  zu  sorgen, 
dass  die  Schüler  in  der  auf  diese  Übungen  zu  verwendenden  Zeit  mög- 
lichst viel  leistetk  Dies  ist  aber  unserer  Überzeugung  nach  hei  vorlie- 
gendem Obungsbuche  nicht  möglich.  Es  ist  unpraktisch  und  bemmand^ 
dass  gar  häufig  bezüglich  syntaktischer  Regeln  und  bezuglich  der  An- 
wendung einzelner  Phrasen  auf  die  Übungsbücher  von  Halm  verwiesen 
wird,  während  doch,  ohne  den  Umfang  des  Buches  irgendwie  wesentlich 
zu  vergröfjiern,  die  betreffende  Regel  kurz  hingestellt ,  die  betreffende 
Phrase  einfach  angegeben  werden  konnte.  Man  lä^st  sich  in  einem 
übungsbuehe  Verweisungen  auf  die  Grammatik  gefallen;  es  ist  aber  der 
Fall  noch  nicht  vorgekommen«  dass  in  einem  Obungsbuche  auf  ein  an- 
deres Übungsbuch  verwiesen  würde. 

Zu  rügen  ist  es  ferner,  dass  dem  Buche  kein  Wörterverzeichnis 
beigegeben  ist,  was  hier  um  so  nöthiger  war,  als  bei  vielen  Übungs- 
stücken (besonders  bei  den  angehängten  lateinischen)  die  Bedeutungen 
gar  zu  spärlich  angegeben  sind;  man  vergleiche  z.  B.  Kr.  CXXVl^  CXXVII. 
Ferner  ist  es  aus  paedagogischen  Rücksichten  uieht  zu  billigen,  wenn  ia 
den  Übungsstücken  solche  Sätse  vorkoranen,  wie  z.  D.  XUI,  1:  «Trotz- 
dem, dass  Apollo  ihm  (dem  Latus)  das  Orakel  gegeben,  er  solle  kein 
Kind  zeugen,  denn  der  Gezeugte  werden  (1.  werde)  seinen  Vater  tödtea, 
wohnte  er  dennoch  des  Götterspruches  uneingedenk  seiner  Gattin  bei.* 
Cad  weiter  unten:  «Der  Knabe  wuchs  heran  und  zeichnete  sich  unter 
ifeinen  Altersgenossen  dnrcfa  Stärke  aus,  weswegen  er  von  ihnen  aus 
Neid  den  Schimpfnamen  «Bastard*  erhielt*  —  Druckfehler  finden  sich 
aufser  den  am  Schlüsse  angegebenen  noch  ziemlich  hänfig. 

Prag.  Johann  Kvfdala. 

Zaittehrirt  f.  d.  .".«tarr.  Gymna».  iSdO    VII.   Haft.  38 


Dritte  Abtheilung. 


Verordnangen  für  die  Asterreieliidclien  Gym- 
nasien; Statistik. 

Personal-  und  Schulnotizen. 

(Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen,  Aus« 
Zeichnungen  u.  s.  w.)  —  Der  Gymnasiallehrer  am  Prefsburger  Gym- 
nasium, Hr.  Anlon  Madicra,  über  sein  Ansuchen,  in  gleicher  Eigen« 
tchaft  an  das  Gymnasium  zu  Pisek. 

•—  Der  Supplent  am  Kleinseitner  Gymnasium  zu  Prag,  Hr.  Ambros 
LiTsner,  zum  wirklichen  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Eger. 

—  Der  Katechet  an  den  vier  unteren  Classen  des  Gymnasiums  la 
Neuhaus,  Hr.  Joseph  Bumba,  Weltpriester,  über  Vorschlag  des 
bischöfl.  Ordinariates  zu  Budweis,  zum  Keltgionslebrer  für  alle  acht 
Classen  an  derselben  Lehranstalt. 

—  Der  Supplent  am  Iglauer  Gymnasium,  Hr.  Heinrich  Baumann, 
zum  wirklichen  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Znaim. 

—  Der  bisherige  Supplent  am  k.  k.  Gymnasium  zu  San  de  c,  Hr. 
Johann  Sternal.  zum  wirklichen  Lehrer  dortselbst. 

—  Der  gewesene  Supplent  am  Gymnasium  in  Bochnia,  der  grie- 
chisch-katholische Priester,  Hr.  Titus  Zegadlowicz,  zum  wirklichen 
Lehrer  am  Gymnasium  in  Rzeszow. 


—  Der  Professor  der  allgemeinen  Naturgeschichte  an  der  üniver- 
sitSt  zu  Innsbruck,  Hr.  Dr.  Joseph  Köhler,  und  der  suppl.  Lehrer  an 
der  k.  k.  Oberrealschule  zu  Brünn,  Hr.  Franz  Matzek,  zu  wirklichen 
Lehrern  an  der  k.  k.  Oberrealschule  zu  0 1  m  ü  t  z. 

—  Der  provisorische  Lehrer  an  der  k.  k.  (Jnterrealschule  zu  Zara, 
Hr.  Stanislaus  Milcovich,    zum  wirklichen  Lehrer  an   dieser  Anstalt. 

—  Der  Präparandenlehrer  zu  Colocsa,  Hr.  Joseph  Mennyei, 
zum  Director  der  dortigen  Hauptschuie  und  der  mit  derselben  vereinig- 
ten Lehrerbildungsanstalt. 

—  Der  Ehrendomherr  des  Tarnower  Kathedralcapitels  und  Professor, 
Hr.  Joseph  Wilczek,  zum  Professor  der  Pastoraltheologie  an  der  Kra- 
kauer Universität 

—  Se.  k.  k.  Apost.  Majestät  haben  mit  Allerhöchster  Entschlicf^ung 
vom  18.  Mai  1.  J.  dem  Rector  des  Piaristencollegiums  und  Direclor  des 
Gymnasiums  zu  Nikolsburg,  P,  Rudbert  Lopata,  iu  Anorkenuiuiir 


Personal-  und  Schulnotizen.  563 

seiner  vieljährigen  ausgezeichneten  Wirksamkeit  im  öffentlichen  Schul- 
dienste, das  goldene  Verdienstkreuz  mit  der  Krone  AUergnadigst  zu  ver« 
leihen  geruht. 

Se.  k.  k.  Apost.  Majestät  haben  mit  Allerhöchster  Entschliefsung 
vom  3.  Juni  1.  J.  den  beiden  Lehrern  an  der  Normalhaupt-  und  Cnter- 
realschule  zu  St.  Anna  in  Wien,  Anton  Weinzettel  und  Andreas 
Weifs,  in  Anerkennung  ihres  vieljährigen  und  yerdieustlichen  Wirkens 
im  Schulfache,  das  goldene  Yerdienstkreuz  AUergnadigst  zu  verleihen 
geruht. 

—  Dem  Director  der  k.  k.  Rechtsakademie  zu  Hermannstadt, 
llru.  Prof.  Dr.  Gottfried  Müller,  ist,  in  Anerkennung  seiner  Verdienste 
um  diese  Lehranstalt,  der  kaiserliche  Kathstitel  mit  Nachsicht  der  Taien 
AUergnadigst  verliehen  worden. 

—  Se.  k.  k.  Apost.  Majestät  haben,  in  Anerkennung  der  Verdienste, 
welche  die  Vorsteherin  des  Nonnenklosters  Praesentationis  B.  M.  V.  zu 
St.  Johann  in  Kr akau,  Gabriele  Gut  kowska,  und  ihre  Ordensgemeinde 
um  die  Hebung  der  mit  diesem  Kloster  in  Verbindung  stehenden  Mäd- 
chenschule und  Lehrerinnen-Bildungsanstalt  sich  erworben  haben,  der 
besagten  Vorsteherin  das  goldene  Verdienstkreuz  mit  der  Krone  AUer- 
gnadigst zu  verleihen  geruht. 

—  Dem  Dniversitäts- Pedell  iuLemberg.  Um.  Alois  Kaiseritz, 
ist  das  silberne  Verdienstkreuz  mit  der  Krone  AUergnadigst  verliehen 
worden. 

—  Die  Wiederwahl  Sr.  Excellenz  des  Hrn.  Andreas  Freiherrn  von 
Baumgartner  zum  Präsidenten  der  k.  Akademie  der  Wissenschaften 
und  des  Hrn.  Dr.'s  Theodor  Georg  v.  K  a  r  a  j  a  n  zum  Vicepräsidenten  der- 
selben ist  genehmigend  zur  Allerhöchsten  Kenntnis  genommen. 


•—  Das  Ministerium  für  GuUus  und  Unterricht  hat  die  Bestellung 
von  Prüfungscommissionen  für  Lehrer  der  Stenographie  beschlossen.  Eine 
solche  Commission  wird  zunächst  in  Wien  errichtet,  und  sodann  diese 
Mafsregel  auf  die  Hauptstädte  anderer  kronländer  ausgedehnt  werden. 
Die  Anstellung  eines  Lehrers  der  Stenographie  an  einer  öffentlichen  Lehr- 
anstalt kann  von  nun  an  nur  nach  Beibringung  eines  Befähigungs-Zeug- 
nisses,  welches  von  einer  dieser  Commissionen  ausgestellt  ist,   erfolgen. 

Sowohl  den  Prüfungen  der  Lehrer  als  dem  Unterrichte  der  Schüler 
wird  das  Gabelsberger'scbe  System  der  Kurzschrift  als  Grundlage  dienen, 
um  den  Nachlheileu  zu  begegnen,  welche  von  der  ungleichartigen  Aus* 
bildung  derjenigen,  die  sich  diese  Fertigkeit  aneignen,  unzertrennlich  sind. 

Damit  jedoch  das  Studium  anderer  Systeme  nicht  aufgeschlossen 
werde,  wird  es  unbenommen  sein,  an  Hochschulen  oder  höheren  tech- 
nischen Lehranstalten  andere,  von  dem  Gabelsberger  sehen  abweichende 
Systeme  der  Kurzschrift,  insoferne  damit  kein  Anspruch  auf  de6nitive 
Anstellung  erhoben  wird,  zu  lehren. 


(Concurse,  Erledigungen,  Stiftungsplätze,  Stipen- 
dien u.  s.  w.)  —  An  der  mit  der  Hauptschule  in  Verbindung  stehen- 
den 2classigen  UnterreaUchule  zu  S  t  a  n  i  s  1  a  w  o  w  die  neu  systemisierte 
technische  Lehrerstelle  mit  dem  Gehalte  von  525  fl.  ö.  W.  Termin:  Ende 
Juni  1  J.,  bei  der  k.  k.  Statthalterei  in  Lemberg.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg. 
vom  26.  Mai  I.  J.,  Nr.  126.) 

—  An  der  in's  Leben  tretenden  Land-  und  Forstwirthschaftsschule 
zu  Kreuz  die  Stelle  eines  Directors,  zugleich  ersten  Lehrers  der  Land- 
au* 


5M  Personal-  and  Schulnotizen. 

wirihsrhafN  mit  dem  Jahresgehalte  Ton  2000  iL  und  Freiwohnung, 
iK'hrrrii  für  {Naturwissenschaft,  mit  900  fl.  und  Anspruch  auf  Deeeeoal- 
zulagon  und  die  eines  Lehrassistenten  für  Mathematik  und  Physik  mit 
#00  11. ;  Aufserdem  mit  Antheil  am  Schulunterrichtsgelde.  Terrain :  30. 
Juttt  1.  i.  bei  der  k.  k.  croat  siav.  Statihaileret.  (S.  Amtsbl.  u  Wr.Ztg. 
V.  9.  Juni  L  J.  Nr.  136) 

—  Ao  der  neu  in's  Leben  tretenden  2cl«s8igen  ünterrealschule  m 
Petrinia  die  Stelle  eines  Glassenlehrers  und  zugleich  LoeaUohuldireo* 
tors  mit  dem  Jahresgehalt  von  735  fl.,  dem  Quartiergelde  von  89  iL  25  kr, 
und  dem  Schreibespesen-Pauschale  von  8  fl.  40  kr.  ö.  W.,  dann  eines 
technischen  Lehrers  mit  dem  Gehalte  von  525  fl.,  eventuel  630  fl.  ö.  W, 
Termin:  10.  Juli  1.  J.  bei  der  baoal-slavonischen  Grenzschulen-Commis- 
sion,  (S.  Amlsbl.  z.  \Vr.  Ztg.  v.  9.  Juni  I.  J.  Nr.  136.) 

—  An  der  zu  0  o  s  p  i  d  neu  zu  eröffnenden  Sclassigen  Dnterreal- 
üchule  die  Stelle  eines  grammatischen  Lehrers,  zugleich  liocaldirectoni, 
mit  dem  jährlichen  Gehalte  von  735  fl.,  und  eines  technischen  Lehrers 
mit  525  fl.,  nebst  den  systemmäfisigen  Emolumenton  mit  demVorrückungs« 
rechte  in  630  fl.  t>.  W.  Termin:  Ende  Juli  L  J.  bei  der  Grenzschulen* 
Commission  zu  fcarisiadL  (S.  AmtsbL  2.  Wr.  Ztg.  v.  12.  Juni  1.  J.  Nr.  138.) 

—  Am  k.  k.  Gymnasium  zu  Tri  est  die  Lehrerstelle  für  italieni- 
sche Sprache  und  Literatur,  mit  dem  Jahresgehalte  von  945  fl.,  eventuel 
1050  fl.  und  einem  Quartiergelde  von  126  fl.  ö.  W.  Termin:  Endo  Juli 
1.  J  .  bei  der  k.  k.  küstenländischen  Statthalterei  (S.  Amtsbl.  z.  \Vr.  Ztg. 
V.  15.  Juli  1.  J.  Nr.  141.) 

—  An  der  Dnterrealschule  zu  Steyr  die  Lehrerstelle  für  die  gram* 
matischen  Fächer  und  die  damit  verbundenen  Unterrichtsgegenständey 
tiiit  dem  Gehalte  jährl.  420  fl.  und  einer  Localzulage  von  105  fl.  ö.  W. 
Termin:  binnen  3  Wochen,  bei  der  k.  k.  Statthalterei  f.  OberOsterreich 
und  Salzburg  (S.  AmtsbL  z.  Wr.  Ztg.  v.  15.  Juni  1.  J.  Nr.  141.) 


— '  Über  die  Besetzung  von  zwei  neu  creierten  Man  naget  lauschen 
SliftungspIStzen  s.  Amlsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  3.  Juni  1.  J.  Nr.  132. 

—  über  erledigte  Kilbervillinische  Üniversitäts-Handstipcn- 
dien  s.  Amtsbl.  i.  Wr.  Ztg.  v.  9.  Juli  L  J.  Nr.  136. 

—  Über  die  Besetzung  einiger  k.  k.  Hofs  Sngerknaben  p  lätze, 
durch  Concursprüfung  am  2.  August  1.  J.  im  gräfl.  Löwenburg'schen 
Convicte  in  der  Josephsladt  in  Wien  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  17.  Juni 
1.  J.  Nr.  143. 

—  Ober  die  Aufnahme  von  Zöglingen  för  den  Lchrcurs  18*7» ,  an 
der  k.  k.  Forstlehranstalt  zu  Mariabrunn  nächst  Wien  s.  Amtsbl.  z. 
Wr.  Ztg.  vom  21.  Juni  I.  J.,  Nr.  146. 


(Todesfälle.)  —  Am  29.  April  1.  J.  zu  Kursk  der  durch  seine 
astronomischen  Forschungen  bekannte  Ur.  Tbeod.  Alexejewitsch  S  c  ra  e  n  o  f  f. 

—  Am  18.  Mai  1.  J.  zu  Zürich  Ur.  Dr.  J.  J.  11  o  1 1  i  n  g  e  r ,  Professor 
der  Geschichte  daselbst  und  historischer  Schriftsteller^  77  Jahre  alt. 

—  Am  23.  Mai  1.  J.  zu  Trautenau  in  Böhmen  Hr.  DfTo  Hörn,  als 
lyrischer  und  dramatischer  Dichter  vortheilhaft  bekannt,  im  43.  Le- 
bensjahre. 

—  Am  23.  Mai  L  J.  zu  London  Hr.  T.  H.  Glover,  Bibliothecar 
der  kön.  Privatbibliotheken,  durch  schätzenswerthe  antiquarische  Aufsätze 
bekannt. 

—  Am  25.  Mai  1.  J.  zu  Verona  Hr.  Prof.  Abramo  Massalongo. 
als  Naturforscher  in  gelehrten  kreisen  wohlbekannt,  im  36.  Jahre  seines 
Lebens. 


Personal-  und  SchulDOdsen.  505 

—  Am  30.  Mai  1.  J.  zu  Wien,  Hr.  Vincenz  Kollar  (geb.  am  15. 
Jänner  1797  zu  Kranowitz  in  Preurs.  Schlesien),  Ritter  des  k.  k.  ö.  Franz- 
Joseph-Ordens ,  k.  k.  Regierun gsrath,  Vorstand  des  k.  k.  zoologischen 
Hofkabinets,  und  Mitglied  der  k.  Akademie  der  Wissenschaften  u.  s.  w. 
als  Forscher  und  Schriftsteller  auf  seinem  Gebiete  ruhmlichst  bekannt. 

—  Anfangs  Mai  I.  J.  zu  Amsterdam  Hr.  Da  Costa  (geb.  1798 
im  Schoofse  einer  judischen  Familie,  deren  Vorfahren  aus  Portugal  nach 
Holland  eingewandert  waren,  1820  zum  Ghristenthum  übergetreten),  als 
Dichter  geachtet. 

—  Am  2.  Juni  I.  J.  starb  zu  London  plötzlich  der  preufsische 
Major,  Hr.  Leopold  v.  Orlich,  bekannt  durch  seine  Schriften  über  den 
grofsen  Kurfürsten  und  den  Krieg  in  Schlesien,  so  wie  durch  seine  in- 
dischen Studien. 

—  Am  2.  Juni  L  J.  zu  Böhmisch-Leipa  der  um  Schulwesen  und 
Volksbildung  hochverdiente  Hauptschullehrer,  Hr.  Anton  Rrehann. 

—  Am  6.  Juni  I.  J.  zu  Marburg  (Hessen)  der  Hofrath,  Hr.  Dr.  Ed. 
Fiat n er,  ordentl.  öffentl.  Professor  des  Römischen  Rechtes  und  Beisitzer 
des  Spruchcollegiums  an  der  dortigen  Hochschule  (geb.  am  30.  August 
1785),  als  Fachschriftsteller  rühmlich  bekannt 

—  Am  13.  Jnni  L  J.  zn  Sondershausen  der  lurstl.  OberstlientenanI 
a.  D.,  Hr.  A.  von  Blumröder,  als  Belletrist,  Verfasser  humoristischer 
und  popularphilosophischer  Schriften  u.  dgl.  bekannt,  in  einem  Alter  von 
beinahe  86  Jahren. 

—  Anfangs  Juni  1.  i.  Se.  Ilocbw.  Hr.  /'.Jobann  Hrusobka,  Br. 
der  Theologie,  Decbant  «u  Qosau,  früher  Pjrofessor  am  Bodweiser  bisohOA. 
Seminar,  u.  a.  w.  in  51.  Lebencyahre. 

—  Anfangs  Juni  1.  J.  «u  Pavia  der  bekannte  Mathematiker  und 
Physiker,  Hr.  Prof.  Belli,  und  zn  Florenz  der  Senator,  Hr.  Professor 
T  a  dd  e  i ,  durch  seine  ausgebreiteten  Kenntnisse  in  den  Naturwissenschaf* 
lea,  namentlich  in  der  Chemie,  bekamt 

—  Im  Juni  1.  J.  zu  Venedig  der  englische  Oeneralconsul,  Hr.  0« 
P.  B.  James,  als  belietrialiacher  Sobrifkstetter  auf  dem  <}ebiete  der  Er- 
zählung, bekannt 


Vierte  Abtheilung. 


niiscellen. 

Philologische  Preisaufgaben  der  kaiserl.  Akademie 
der  Wissenschaften, 

Die  kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  bat  in  ihrer  feierlichen 
Sitzung  vom  30.  Mai  I.  J.  die  Entscheidung  über  die  Bearbeitungen  der 
am  31.  Mai  1858  ausgeschriebenen,  die  Zeitfolge  der  Platoni- 
schen Dialoge  belreflfenden  Preisfrage  und  zugleich  die  Ausschrei- 
bung einer  neuen  Preisfrage  publiciert.  Wir  entnehmen  aus  dem  bei  der 
feierlichen  Sitzung  ausgegebenen  gedruckten  «Commissionsbericbte»  das 
Crtheil  über  diejenige  unter  den  eingelieferten  drei  Bearbeitungen  der 
Preisfragen,  welcher  der  Preis  zuerkannt  ist,  und  den  Wortlaut  der  neuen 
Preisfrage. 

Die  des  Preises  würdig  befundene  Abhandlung  trägt  das  Motto: 
Sine  ira  et  studio!  Nee  tarnen  sine  ira  nee  tine  studio! 

«Die  Abhandlung,  3f>4  Seiten  foL,  gibt  in  ihrem  ersten  allgemeinen 
Theily  S.  1—118,  eine  Geschichte  der  Forschungen,  welche  in  der  neueren 
Zeit  seit  Tennemann  über  die  Zeitfolge  der  Platonischen  Dialoge  ange- 
stellt sind;  die  Ontersuchungen  Schleiermacher's  und  Hermann's  werden 
am  eingehendsten  erörtert,  aber  alle  anderen  Forscher  auf  diesem  Ge- 
biete finden  an  geeigneterstelle  volle  Berücksichtigung ;  die  genau  charak- 
terisierende Darlegung  der  in  den  verschiedenen  Forschungen  leitenden 
Grundsätze  enthält  zugleich  die  principielle  Kritik  derselben.  Die  Kritik 
der  einzelnen  Ergebnisse  der  früheren  Forscher,  namentlich  Schleier- 
macher's und  Hermann's,  hat  der  Verfasser  mit  dem  zweiten  speciellen 
Theil  (S.  118—304)  verbunden,  der  seine  eigenen  positiven  Untersu- 
chungen des  Gegenstandes  enthält.  Nach  der  erforderlichen  Fixierung  eini- 
ger Hauptmomente  aus  Platon's  Leben,  8.119—135),  unterzieht  der  Ver- 
fasser die  Zeugnisse  über  die  Echtheil  der  Platonischen  Schriften  einer 
genauen  eingehenden  Prüfung,  S.  138—212.  Um  sodann  für  die  meisten 
derjenigen  Dialoge,  deren  Echtheit  erwiesen  ist,  die  Zeitfolge  mit  der 
erforderlichen  Sicherheit  festzustellen,  discutirt  der  Verfasser  zunächst 
die  äufseren  historischen  Zeugnisse,  und  zwar  nicht  nur  diejenigen,  welche 
unmittelbar  auf  die  Schriften  Platon's  sich  beziehen,  sondern  auch  solche, 
die  mittelbar  zu  giltigen  Schlüssen  über  die  Zeitfolge  derselben  berech- 
tigen, S.  213 — 236;  sodann  prüft  er  die  historischen  Daten,  welche  sich 
aus  Platon's  eigenen  Schriften  zur  Bestimmung  ihrer  Abfassungszeil  ge- 
winnen lassen,   S.  237 — 272,  und  zieht   endlich    einige  der  wichtigsten 


Miscellen.  567 

inneren  Beziehungen  in  Platon's  Schriften  in  Betracht,  die  entvv'eder  an 
sich  oder  in  Verbindung  mit  den  vorher  untersuchten  äufseren  Zeug- 
nissen einen  Schluss  auf  die  Zeitfolge  der  Abfassung  mit  Sicherheit  zu 
ziehen  gestatten,  S.  272—304. 

Die  Abhandhing  ist  in  einer  Weise  angelegt,  dass  dadurch  die  Un- 
tersuchung des  fraglichen  Gegenstandes  vollständig  umfnsst  wird ,  und 
zeigt  in  ihrer  gesammten  Durchführung  die  vollkomroeu  freie  Beherr- 
schung des  umfangreichen  Stoffes.  Der  erste  allgemeine  Theil  gibt  in 
strenger  Objectivität  ein  scharf  und  rein  gezeichnetes  Bild  von  der  charak- 
teristischen Eigenthümlichkeit  der  verschiedenen  Forschungen  auf  diesem 
Gebiete  und  entwickelt  ihren  Zusammenhang  unter  einander  und  mit 
den  Bewegungen  auf  dem  philosophischen  Gebiete;  dieser  Theil  wurde 
schon  an  sich  als  eine  treffliche  literar-historische  Monographie  zu  be- 
trachten sein.  Die  Prüfung  der  Zeugnisse  für  die  Echtheit  der  unter 
Platon's  Namen  überlieferten  Schriften  bildet  durch  die  Umsicht  und  dea 
Scharfsinn,  mit  welchen  sie  augestellt  ist,  einen  werthvollen  Zusatz  zu 
den  über  diesen  Gegenstand  vorhandenen  gründlichen  Arbeiten.  Die 
Untersuchungen  des  Verfassers  über  die  Zeitfolge  der  Platonischen  Schrift- 
ten  sind  unverkennbar  aus  dem  philosophischen  Interesse  für  eine  treue 
Reproduction  der  Gedanken  Platon's  hervorgegangen,  und  die  Frage  nach 
der  Zeilfolge  der  Schriften  wird  mit  diesem  philosophischen  Zwecke, 
dem  ihre  Beantwortung  zu  dienen  hat,  stets  in  genauem,  die  Sache 
wesentlich  förderndem  Zusammenhange  gehalten.  Dadurch  ist  aber  kei- 
neswegs eine  Zurücksetzung  des  literarischen  Apparates  der  Untersu- 
chung veranlasst;  vielmehr  ist  das  gesammte,  über  diesen  Gegenstand  vor- 
handene literarische  Material  verwerthet  (man  vermisst  fast  nur  die  Be- 
rücksichtigung des  von  Spengel  untersuchten  Verhältnisses  zwischen 
Isokrates  und  Piaton)  und  dies  mit  einer  Sicherheit,  dass  dadurch  der 
Selbständigkeit  der  eigenen  Forschung  nirgends  Eintrag  geschieht  — 
Vor  der  Publication  der  Abhandlung  durch  den  Druck  würde  allerdings, 
wie  der  Verfasser  selbst  im  Vorworte  bemerkt ,  eine  nochmalige  Über- 
arbeitung wünschenswerth  sein,  da  die  beschränkte  Zeit  den  Verfasser 
gehindert  hat,  manchen  Abschnitten  die  letzte  Feile  zu  geben.  Aber 
diese  unerheblichen,  leicht  zu  beseitigenden  Mängel  kommen  gegen  deo 
wirklichen  Werth  der  Arbeit  nicht  in  Betracht. 

Die  Gommission  hat  unbedenklich  und  einstimmig  die  vorliegende 
Abhandlung  als  eine  gelungene  Lösung  der  gestellten  Aufgabe  anerkannt 
und  darauf  angetragen,  dass  derselben  der  ausgeschriebene  Preis  zuer- 
kannt werde. 

Dieser  Antrag  der  Gommission  wurde  von  der  Akademie  in  ihrer 
Gesammtsitzung  vom  26.  Mai  d.  J.  zum  Beschlüsse  erhoben,  und  dem- 
gemäfs  der  Abhandlung  mit  dem  Motto:  ^Sine  ira  et  studio  etc.'  der 
Preis  zuerkannt.» 

In  der  feierlichen  Sitzung  vom  30.  Mai  1.  J.  wurde  der  mit  dem 
gleichen  Motto  bezeichnete  versiegelte  Zettel  vom  Präsidenten  der  Aka- 
demie eröffnet,  und  es  ergab  sich  der  Name  des  Verfassers:  Dr.  F.  Über- 
weg,  Privatdocent  an  der  Universität  zu  Bonn. 


Die  neue  von  der  kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  ausge- 
schriebene philologische  Preisaufgabe  lautet: 

«Von  dem  Vulgärlatein  oder  dem  sermo  plebeius  ist  in  Autoren, 
bei  Grammatikern  und  Glossographen  und  auf  Inschriften  eine  beträcht- 
liche Summe  von  Thatsachen  erbalten,  theils  in  eigenen  Wörtern,  theils 
in  Formbildungen  und  Structuren  solcher  Ausdrücke,  deren  sich  auch 
die  Schriftsprache  bediente.  Eine  umfassende,  quellenmäfsige  Samm- 
lung und   Bearbeitung   dieses   Materiales  dürfte  einen  erheblichen  Bm- 


M9  ftUsoelleiw 

trag  «ir  Bereiqberuiig  der  lateinisoben  GrAmmatik   und  des  lateiauchen 
Lexikons  ergeben. 

bi  der  Untersuchung  muss  der  Gesichtspunct  mi^glichst  strenger 
Sonderung  des  vulgären  von  dem  Schrift-Gebrauch  majTsgebend  sein; 
und  in  dem  Vulgären  selbst,  neben  dem  was  überhaupt  aJs  plebejisch 
lu  gelten  bat,  auch  Rucksiebt  genommen  werden  auf  das.  was  etwa  nur 
einzelnen  Provinzen  des  römischen  Reiches  eigenthumlich  war.  Als  Grenz- 
scheide  für  die  Heranziehung  von  Autoren  ist  die  Zeit  des  Justinian  zu 
nehmen. 

Eine  Umfassung  des  ganzen  hiebor  gehörigen  Materiales  würde 
für  die  Sache  selbst  am  wünscbenswerthesten  sein;  jedoch  kann  unter 
Umständen  auch  eine  nur  auf  die  Autoren  sieb  beschränkende  Bearbei- 
tung als  Lösung  der  Preisfrage  angesehen  werden.' 

Der  Termin  der  EiuUtferung  ist  der  31.  Deoember  1862;  der  Preis 
von  125  k«  k.  Munzducaten  wird  in  der  feierlichen  Sibeung  am  30.  Mai 
1863  zuerkannt. 


Bekanntmachung^. 

Mit  höchster  Genehmigung  wird  die  im  vorigen  Jahre  ausgesetzte 
neunzehnte  Versammlung  deutscher  Philologen,  Schulmänner  und 
Orientalisten  in  deo  Tagen  vom  26.  bis  zum  29.  September  d.  J. 
zu  Braunschweig  statlflnden.  indem  dio  Unterzeichneten  sich  be- 
ehren, zu  derselben  ganz  ergebenst  hiermit  einzuladen^  erklären  sie  sicU 
gern  bereit,  Anfragen  und  Wünsche,  die  sich  auf  die  Theilnahme  an  der 
Versammlung  beziehen,  zu  welcher  nach  g.  IV  der  Statuten  «jeder  Phi« 
Möge  und  Schulmann,  welcher  durch  bestandene  Prüfungen,  durch  eia 
öfifentliches  Amt  oder  literarische  Leistungen  dem  Vereine  die  nöthige 
Gewähr  gibt,  berechtigt  ist,*  entgegen  zu  nehmen  und  zu  erledigen. 
Zugleich  bitten  sie  um  vorläufige  Anzeige  der  von  einzelnen  Theilneh- 
mern  beabsichtigten  Vorträge. 

Braun  schweig  und  Wolfe  nbütlel,  den  6.  Juni  1860. 

a  T.  A.  Krüger.  J.  Jeep. 


Berichtigung. 

HfL  VI.  S.  473,  Z.  12  v.  w.  lies  afloraee  Hftymann»    sl.itl  „Horau 
Haymiiu.^ 


(Diesem  Hefte  ist  eine  liierarische  Beilage  beigegeben.) 


Erste  Abtheilung. 


Abliandlangen. 

Die  Construction  der  lateinischen  Zeitpartikeln. 

Nicht  leicht  ist  eine  andere  Conjunction  Iiei  den  lateinischen 
Schriftstellern  so  häuGg  angewendet  als  die  Partikel  cum,  und 
doch  herrscht  über  keine  andere  hinsichtlich  des  Modus ,  mit 
dem  sie  zu  construieren  sei,  im  ganzen  so  wenig  Klarheit,  wie 
gerade  über  cum.  In  allen  Grammatiken  ist  der  Satz  zu  lesen: 
^<ctim  cauaale  steht  mit  dem  Conjunctiv,  cum  temporale 
mit  dem  Indicativ,^'  und  doch  wenn  eine  Regel  ungenügend. ist 
und  den  historisch  vorliegenden  Gebrauch  nicht  erschöpft,  so 
ist  es  offenbar  diese,  wenigstens  in  ihrem  zweiten  Theile.  Zahlen 
sprechen  am  deutlichsten.  Wenn  man  bei  irgend  welchen  Schrift^- 
stellern  vorzugsweise  das  temporale  cum^  und  dieses  mit  dem 
Indicativ,  erwarten  müsste,  so  wären  dies  die  Historiker,  — 
aber  gerade  bei  diesen  bilden  die  Stellen  mit  dem  Indicativ  bei 
dieser  Partikel  die  kleine  Minderzahl  gegenüber  der  grofsen  Mehr- 
zahl, wo  der  Conjunctiv  angewendet  ist.  In  Caesar's  sieben 
Büchern  über  den  GaUischen,  und  den  drei  über  den  Bürger- 
krieg, findet  sich  cum  mit  dem  Indicativ  mit  Hinzurechnung  von 
fünf  Stellen,  wo  das  sogenannte  ^eum  des  Nachsatzes'  angewen- 
det ist,  im  ganzen  nur  85  mal,  wahrend  der  Conjunctiv  an  888 
Stellen  steht  0*    In  den  verbundenen  Conunentaren  in  dem  8* 


0  Bei  den  letzteren  sind  allerdings  aoch  dii^  Stellen  mit  cum  emt^ 
aale  gezählt,  aber  es  lassen  sich  auch  diese  schwer  sondern,  da 
cunif  auch  wo  es  nach  der  herkömmlichen  Auffassung  als  causal 
bezeichnet  werden  kann,  zunächst  doch  nur  eine  Handlung  mit 
obwaltenden  Umständen  irgend  welcher  Art  in  Verbindung  setzt, 
die  ihrer  Natur  nach  vielleicht  jene  Handlung  begründen  können, 
nicht  aber  nothwendig  auch  es  müssen.  Mehr  darüber  bei  der 
Behandlung  von  cum.  —  Ausgeschlossen  bei  der  Zählung  sind 
jedoch  11  Stellen,  wo  der  Conjunctiv  zunächst  durch  die  indirecte 
Aede  oder  dadurch  bedingt  ist,  dass  er  die  Meinung  eines  ande- 
ren enthält.  —  Die  Vertheilung  ist:  b.  6.  1 :  42  Stellen  mit  dem 
Conjunctiv  gegen  2  mit  dem  Indicativ ;  11 :  37  gegen  0 ;  111  :  26  —  3 ; 

Z«ittohrift  f.  il.  ötterr.  Ojmnat.  1860-  VIII.  Heft.  89 


570         Ober  die  Constr.  der  lal.  Zeitparlikehi,  v.  E,  Uo/fmann. 

Buche  des  Gallischen  Krieges,  den  Büchern  über  den  Alexandri- 
nischen  und  Africanischen  Krieg,  findet  sich  nur  einmal  der 
Indicaliv  bei  cum  primum  (b.  Alex.  48,  8),  zweimal  cum  im 
Nachsatze  (b.  AI.  74,  4.  b.  Afr.  61,  3),  gegen  238  Stellen  mit 
dem  Conjunctiv.  Der  Verfasser  des  bell.  Hisp.  braucht  den  In- 
dicativ  4  mal,  den  Conjunctiv  80  mal.  Rechnen  wir  die  Stellen, 
wo  cum  den  Nachsatz  beginnt,  ab,  da  diese  ersichtlich  anderer 
Naiur  sind ,  so  stehen  in  dem  ganzen  Corpus  der  Commentare 
über  Caesar'»  Kriege  702  Stellen  mit  dem  Conjunctiv  nur  86  mit 
dem  Indicaliv  gegenüber.  — »Bei  Cornelius  Nepos  kommen 
auf  mehr  als  300  Stellen  mit  dem  Conjunctiv  nur  15  mit  dem 
Indicaliv,  nebst  2  Stellen,  wo  cum  des  Nachsatzes  sich  findet. 
—  Bei  Livius  habe  ich  die  Zählung  in  20  Büchern  vorge- 
nommen*), und  auf  etwa  1735  Stellen  mit  dem  Conjunctiv  nur 
97  mit  dem  Indicaliv,  da2u  75  Fälle  von  ct/m  im  Nachsatze  ge- 
funden. —  Velleius  Paterculus  hat  auf  165  Stellen  mit 
dem  Conjunctiv  n^nr  2  Stellen  mit  dem  Indicaliv,  nebst  7  Stellen 
mit  cum  im  Nachsalze').  —  Bei  Sali ust,  der  sich  für  die 
temporale  Verknüpfung  vorzugsweise '  der  Partikeln  postquam  und 
uhi  bedient,  gestaltet  sich  das  Verbaltniss  für  cum  mit  dem  In- 
dicaliv günstiger,  indem  in  Cat.  und  Jug.  auf  etwa  40  Stellen 
mit  dem  Conjunctiv,  18  mit  dem  Indicativ,  nebst  7  Stellen  mit 
cum  im  Nachsätze  kommen.  Dabei  ist  itber  zu  beachten,  dass 
bei  Sallust  und  ebenso  auch  bei  deü  übrigen  aufgezahlten  Auto- 


IV  :  35—3;  V  :  44—  4;  VI,  14  —  11.  (Zu  beachten  ist,  dass  diese 
sä'mmtlichen  11  Stellen  in  den  langen  Excurs,  die  Schilderung 
Germaniens  und  die  Vergleichung  der  Germanen  mit  den  Galliern 
entbalteud,  von  c.  11—28  incl.  gehören,  also  nicht  in  die  eigent« 
liehe  Geschichtserzählung;  es  sind  dies  die  Stellen  12,  1.  13,  2. 
15,  1.  16,  5.  17.  3  (his?).  18,  3.  19,  3.  23,  4.  27,  4.  5.).  VII :  53 
—  2;  b.  c.  1:26  — 2;  11:17  — 1;  111:90  — 3. 

*)  Es  sind  dies  die  Bücher  I— X,  XXI— XXVI,  XXXI— XXXIV.  Die  Ver- 
tbeilung  ist:  l :  100  gegen  7;  II  :  86  gegen  3;  III :  121  gegen  7; 
lV:114gegen2;  V:91— 12;  VI:70~5;  VI1:81— 3;  VIII :  88-3  ^ 
1X:81— 7;  X:67  — 3;  XXI:93-4;  XXn:103— 6;  XXIII:90— 5; 
XXlV:79-3;  XXV:82  — 6;  XXVKungerechnetc. 41—43):  104-2; 
XXXI :  74  —  4;  XXXII  s  63  —  2 ;  XXXIII :  64  —  2;  XXXIV  :  84  — 11. 
Es  sind  bei  dicsej^ Zählung  die  Stellen  nicht  ausgeschieden,  vto 
der  Conjunctiv  durch  die  indirccto  Rede  etwa  oder  durch  Bezie- 
hung auf  die  Meinung  Jemandes  bedingt  ist.  Aber  wenn  man 
auch  für  solche  Stellen  und  für  die,  wo  noth wendig  ein  causales 
cum  angenommen  werden  miisste,  die  Hälfte  der  Conjunctiv-Stel- 
len  abrechnen  wollte,  so  bliebe  das  Misverhältniss  der  Stellen  mit 
dem  Indicaliv  doch  immer  noch  ein  eclatantes. 

•)  unter  den  Stellen  mit  dem  Conjunctiv  sind  die  zwei  mit  qnippe 
cum  (l,  2,  2.  II,  109,  2)  natürlich  nicht  gezählt.  Per  Indicaliv 
steht  I,  17,  5  icousas  cum  requirö),  und  11,  129,  3  {cum 
id  facere  potutt).  —  cum  des  Nachsatzes:  II,  28,  2.  47,  2. 
61,  1.  70,  3.  101,  1.  110,  1.  J17.  1. 


über  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  E,  Uollfnann,         571 

ren  die  Stellen,  wo  der  Indicativ  bei  cum  gebraucht  ist,  meist 
nicht  erzahlender,  sondern  beschreibender  oder  refleclierender 
Art  sind. 

Die  angegebenen  Zahlen  und  der  Satz:  ^cum  temporale 
steht  mit  dem  Indicativ,^  harmonieren  also  schlecht  miteinander, 
nnd  es  dürfte  demnach  wol  keine  überflussige  Mühe  sein,  den 
Gebrauch  dieser  Conjunction  etwas  genauer  zu  uniersuchen,  als 
es  bisher  geschehen  ist;  vielleicht  dürfte  es  sich  dann  heraus- 
stellen, dass  die  Grenzen  für  die  Zulässigkeit  des  Indicativs  doch 
wol  enger  zu  stecken  seien,  als  man  jenem  Satze  gcmäfs  zu 
glauben  gewohnt  ist. 

Für  diese  Untersuchung  ist  es  aber  nöthig,  dass  wir  zu- 
gleich auch  die  übrigen  Temporal-Partikein  hinsichtlich  des  mit 
ihnen  zu  verbindenden  jHodus  mit  in  Betracht  ziehen,  denn  ge- 
rade dies  ist  meiner  Ansicht  nach  der  Hauptgrund,  weshalb  es 
bis  jetzt  noch  an  einer  klaren  Einsicht  in  den  Gebrauch  des 
temporalen  cum  fehlt,  dass  man  nicht  auf  das  gemeinsame  in 
dem  Gebrauche  aller  lateinischen  Zeitpartikeln  geachtet  hat. 

Als  dieses  gemeinsame  aber'  in  dem  Gebrauche  der  Con- 
junctionen  posiquam  \p9»tea  quam]^  ubi  [ubi  primum]^  ui 
[uC  prhnum]y  simul  [simul  aCj  eimui  uC];  ferner  der  Conjunc- 
tionen  anCeguam^  priuequam;  endlich  dum^  donec, 
quoad^  ergibt  sich  aber,  dass  sie  sich  nur  mit  dem  Indicativ 
der  Hauptzeiten  verbinden,  sei  es,  dass  die  Nebenzeiten,  Im* 
perfect  und  Plusquamperfect,  überhaupt  ausgeschlossen 
sind  mit  Ausnahme  des  Falles,  wo  das  Imperfect  nicht  sowol  die 
relative  Gleichzeitigkeit  gegenüber  einem  anderen  Präteritum  be- 
zeichnen, sondern  vielmehr  ein  vergangenes  Sein  nach  Mafsgabe 
der  Beschaifenheit  desselben  als  Zustand  charakterisieren  soll,  so 
dass  es  in  gewisser  Weise  die  Geltung  eines  selbständigen,  nur 
besonders  qualificierten Präteritums  erhält,  —  oder  dass. nur  der 
Conjunctiv  jener  Neben  Zeiten  zulässig  ist.  Das  letztere  gilt 
für  aneequam  und  priusquamy  das  erstere  fär  alle  übri- 
gen aufgeführten  Partikeln. 

Daraus  folgt  somit,  dass  diese  Conjunctionen  eigentlich  nur 
dazubestimmtsmd,  selbs  tändiges  und  siohco^r  diniert  es 
in  temporale  Beziehung  zu  einander  zu  stelli^;  dass  sie  dagegen 
für  die  Beziehung  und  Verknüpfung  von  nichfco  ordiniertem, 
also  für  die  Verknüpfung;' eines  F actum s  mit  untergeord- 
neten Umständen,  die  ab  solche  in  den  relativen  Zeiten, 
Imperfect  oder  Plusquamperfect,  gegeben  werden  mössten,  sich 
entweder  gar  nicht  eignen,  oder  dass  sie  dann  den  Conjunc- 
tiv bedingen. 

Der  Verlauf  dieser  Abhandlung  wird  zeigen,  dass  in  dem 
eben  aufgestellten  Satze  zugleich  auch  die  Regel  über  den  mit 
dem  temporalen  cum  zn  verbindenden  Modus  ausgesprochen  ist ^ 
dass  nämlich  der  Indicativ  nur  zulässig  ist,  wo  cum  d^xa  T^^xV 


572         Cbcr  die  Constr.  der  lat.  Zcitparlikcli^  v.  E.  UoH^nanfL 

ausdrucknach  coordiniertes  verbindet;  dass  dagegen  bei  tem- 
poraler Unterordnung  der  Conjunctiv  eintreten  muas. 

I. 

Indem  wir  nun  daran  gehen,  die  Fälle  zu  untersuchen,  wo 
die  übrigen  Zeitpartikeln,  mit  Ausschluss  von  cum,  sich  mit  dem 
Indicativ  der  relativen  Zeiten  des  Präteritums 
verbunden  finden,  so  wcrden'^n^^^tiam  und  priu$guam^ 
da  sie  so  gut  wie  nie  mit  defä  Indicativ  dieser  ZHten  construiert 
sind'*)}  fiuch  weiter  nicht  in  Betracht  kommen  können-,  ebenso 
können  wir  auch  dum^  donec^  guoad  übergehen.  In  der  Be- 
deutung ,w§hrend,^  wo  sie  Pr^terita  auf  einander  beziehen, 
schliefsen  sie  nach  mustergiltigem  Sprachgebrauch  das  Imperfect 
aus  und  stehen  mit  dem  historischen  Präs^.  Dass  sie  in  der  Be- 
deutung ,80  lange  als'  unter  anderen  Zeiten  auch  mit  dem 
Imperfect  sich  verbinden  können,  kommt  hier  nicht  in  Betracht, 
da  wir  es  dann  nicht  mehr  mit  temporaler  Unterordnung  unter 
den  Hauptsatz ,  sondern  mit  der  yoUkommensten  Coordination 
zweier  in  der  Vergangenheit  parallel  qnd  glei  chlang  neben 
einander  existierender  Zustande  zu.  thya  haben  % 

In  Betracht  können  also  nur  die  Qonjvnctionen  postguam^ 
ubi,  ue,  simuly  simui  ac  kommen,  und  zwar  hauptsächlich 
hinsichtlich  ihrer  Verbindung  mit  dem  Indicativ  des  Plusquam- 
perfects;  denn  was  das  Imperfect  bei   diesen   Conjunctionen 


'«)  Wir  werden  auf  die  wenigen  Ausnahmen  von  dieser  Regel  später 

zurückkommen. 
*)  Die  natürliche  Zeitgebung  in  beiden  Gliedern  ist  das  Imperfecta 
doch  kann  in  dem  einen  wie  in  dem  anderen  oder  auch  in  beiden 
zugleich  das  Perfect  eintreten,  wenn  die  betrefifenden  Zustände 
-vom  Standpuncte  des  Sprechenden  aus  als  vollendet  und  nicht 
mehr  existierend  bezeichnet,  oder  schlechthin  als  Momente  in  die 
Erzählung  eingefugt  werden  sollen.  Cic.  Tuscl.  I,  42,  101:  fuiC 
haet  gem  fortis,  dum  Lycurgi  leges  vigebant,  —  ad  Att.  VII,  26, 
3:  biöngsio,  dum  exiatimabam  nos  vagoa  fore,  nolui  mo- 
iesius  esie:  —  Liv.XXVll,  27,  6:  tion  tarnen  omiaere  piignam 
deaerti  ab  EinücU  Fregeilani^  donec  UOegri  conaulea  hortando 
ipaique  ex  parte  pugnando  rem  auaiinebant.  XXXIll,  18,  16: 
Macedanea,  u$.gue  dum  orditiea  et  velnti  atipata  phalanx 
conatabai,  thoverinequiverunt,  —  Sali.  Jug.  14,  10:  Dum 
Carthaginienaea  incolumea  fuere,  iure  omnia  aaeva  patieba- 
mur.  —  Liv.  II,  49,  9:  et  donec  nihil  aliud  quam  in  popu- 
lationibua  rea  fuit,  nan  ad  praeaidium  modo  tutandum  Fabii 
aatia  erant,  aed  tota  regione,  qua  Tuacua  ager  Romano  adiacet, 
aua  tuia  omnia  fecere,  —  In  beiden  Sätzen  das  Perfect:  Cic.  in 
Verr.  IV,  3,  6:  C,  Claudiua ,  . .  uaua  eat  hoc  Cupidine  tarn 
diu,  dum  forum..,  äabuit  omatum.  —  p.  Rose  Am.  43, 
126.  p.  Sest.  8,  7.  17,  39.  60,  127.  p.  Lig.  10,  30.  Caes.  b.  c. 
I,  51,  6.  Liv.  IV,  39,  6.  u.  a.  m.  —  Alle  drei  Partikeln  dum, 
doneCf  quo  ad,  zur  Verbindung  solcher  im  Perfect  resümierten 
sich   parallelen  Zustande  finden  sich  bei  Tacit.  An.  VI,  57  (61.). 


Ober  dio  Constr.  der  lat.  Zeitparlikeln,  v.  B,  üolfinatm,         573 

betrifft,  so  kann  dies  ebenfalls  nur  als  selbständiger  Zeitausdruck 
eines  Zuständlichen  in  der  Vergangenheit,  nicht  aber  als  relative 
Zeit  in  Rücksicht  auf  die  Handlung  des  Hauptsatzes  aufgefasst 
werden.  Wie  ein  solches  Imperfect  als  Ausdruck  des  zuständ- 
lichen den  Hauptsatz  bilden,  und  hinsichtlich  seines  Eintretens 
durch  einen  Satz  mit  posiguam  etc.  und  dem  Perfect  be- 
stimmt werden  könnte  '),  so  kann  denn  auch  umgekehrt  der  Satz 
mit  poatquam  etc.  das  zuständliche  enthalten,  so  dass  das 
Ereigniss  des  Hauptsatzes  hinsichtlich  seines  Eintretens  bestimmt 
wird  durch  das  Eintreten  jenes  Zustandes.  Wie  indifferent  die 
Imperfect-Natur  des  Satzes  mit  poitquam  für  den  Hauptsatz  ist, 
zeigen  namentlich  die  Fälle,  wo  aulser  dem  Imperfect  auch  noch 
ein  Perfect  mit  posiquam  zur  Bestimmung  des  Hauptsatzes  ge- 
braucht ist,  so  dass  beide  Tempora,  Imperfect  wie  Perfect,  den 
Grund  ihrer  Zeitgebnig:  in  der  Beschaffenheit  ihrer  betreffenden 
Handlungen  haben,  für  den  Hauptsatz  aber  schlechthin  als  Prä- 
terita  gelten;  immer  ist  es  das  eintreten  des  einen,  wodurch  das 
des  anderen  bestimmt  wird.  Caes.  b.  c.  III,  60,  5:  postquam 
id  difficiliua  visumest  neque  faeultaa  perficiendi  dahatur.^.f 
ad  Pompeium  iransieruht  —  SalL  Cat.  12 y  1:  Posiquam 
dMtiae  honori  es$e  eoäpete  et  eas  gloria^  impenum,  po^ 
ieniia  sequehalur:  hebeaeere  virtus,  paUpertas prohro  haberi 
ceU.  eoepit.  —  Jug.  70,  6:  Ja  postquam  magnUudine  faci" 
noris  percuisus  ad  tempus  non  veniC  metusque  rem  impe^ 
diebae,  Bomilcar...  litteras  ad  eum  mieeie.  —  Liv.  II.  7,  8: 
Nam  postquam  illuxit  nee  quisquam  hosiium  in  conspeetu 
erat,  contul  spolia  legit...^  Romamrediit,  —  XXXV,  88,  2: 
postquam  resedil  terror  et  prodi  et  deseri  non  patriam 
modo  sed  etiam  Romanorum  socielatem  cernebant^,.  adie- 
cerunt  cett.  XXV,  88,  8:  Scipio  postquam  soeii...  retineri 
non  poterantj  nee  se  aut  parem  sine  iliis  hosti  esse  aut 
fratri  rursus  coniungi  vidit  posse^.,.   statuU  eett.  —  Vgl. 


*)  Cie.  p.  Ro80.  Am.  6,  16:  PosteaquamHetoriäeonsiituia 
est  ab  armisgue  recesstmus^,.,  erat  iiie  Romae  flrequens 
atque  in  foro  et  in  ore  omnium  eotittte  persabatur,  --  Caes. 
b.  G.  Vll,  82,  1:  posteaquam  proptus  (GalU)  successe- 
runt,  aut  se  stimuUs  induebantj^aut. . .  transfodie- 
baniur,  aut,..  interibant,  ->^.Gal.53,  5:  Sed  post- 
quam luxu  atque  desidia eipitas  corrupta  est,  rursus  res 
publica  magnitudine  sua  imperatorum  atque  magistratuum  vitia 
stutentabat.  —  Jug.  f4,  10:  Postquam  illa  pestis  ex  kfrica 
eiecta  est,  laeti  pacem  agitabamus.  —  Ebd.  52,  6:  Iiie, 
ubi  aceepit  komines  claros . , .  venisse,  primo  commotus,  metu 
atque  tubidine  divorsus  agit ab atur.  —  Liv.  XXlll,  49,  1: 
übt  ea  dies  venit,...  aderant,  VI,  32,  8:  etutsemei 
inclinavit  pugna,  iam  intoierabiUs  Romana  vis  erat.  — 
Cic.  ad  fam.  III,  10,  1 :  ut  me  collegi  cetera  milU  faciUima  vi- 
debantur. 


674         Ober  die  Gonstr.  der  lat.  Zcltparlikeln,  v.  E,  Hoffmann, 

Tac^An.  II,  82  Aucl.  bell.  Afr.  79,  1.  —  Sali.  Cat.  10,  1:  Sed 
uöi  labore  atque  iuititia  res  publica  crevit,  reges  magni 
hello  domiCij  naliones  ferae  et  populi  ingenCes  vi  $uhactiy 
Carthago.,  .  ab  stirpe  interiit^  cuncta  maria  terraeque  pa^ 
leb  an  t,  saeoire  fortuna  ac  miscere  omm'a  coepit.  —  Liv. 
IX,  3,  7:  Quae  ubi  apre  Ca  sententia  eaC^  iterumque  eodem 
remeante nuntio  consulebatury  cenauitceU.  Vgl. XXII,  5,  6. — 
Liv.  VI,  24,  7 :  ui  circumagi  sigfia  abverlique  aciem  viderunf 
in  h09tem  et  dux . . .  inter  prima  »igna^  ubi  plurimus  iabor  peri" 
culumque  erat^  se  offerebat^  increpare  singuU  se  quisque 
el  alios  cetL  —  XXII,  14,  3:  ut  vero  in  extrema  iuga  Maa^ 
aici  montis  ventum  et  hostessub  oculi»  erant  Falerni  agri 
colonorumque  Sinuesaae  tecia  urenfes^  nee  ulla  erat  mentio 
pugnae ...  inquil  cett^ 

So  \&i  denn  auch  die  SelbständigkeU  des  Iinperfects  gegen-* 
über  dtm  HaupUatoe  keinem  Zweifel  unterworfen,  wo  dieses  allein 
das  mit  poatquai^  etc.  gegebene  bestimmende  Glied  ausmachL 
Cfies«  b.  G.  VII,  87,  5:  Labienusy  postquam  neque  ag^ 
geres  neque  foaaae  vim  ho$tium  sustinere  poterant^  Cae^ 
sarem  facit  certiorem  cett.^)^  —  3&1K  Cat.  6,  3:  poatquam 
res  eorum»..  satis  prospera  aatisque poUens  videbatur^.., 
invidia  ex  opulftnlia  orta  est,  56,  .4:  postquam  Antonius 
cum  exercita  adventabat'^^  Catüina per  montes  Her  facere 
cett.  —  Ebenso Jug.  28,  2  und  36,  4:  postquam  comitionim 
dies  adventabat^  Albinus .  • .  Romam  decessit.  13,  5 :  posC- 
quam  omnis  Numidiae  potiebatur,  timere  cett,  —  58,  7  : 
postquam  nox  aderat  .* ,  revortitur^),  —  Liv.  I,  23,  6: 
postquam  structi  ulrimque  stabant^,..  duces  prodeunC. 


*)  Aufser  an  dieser  und  der  vorher  citierten  Stelle  b.  -c.  IH,  60,  5 
braucht  Caesar  das  Imperfeet  hei  pos/quam  nur  noch  b.  c.  111,  58,  5, 
von  welcher  Stelle  unten  noch  die  Rede  sein  w  ird.  —  Sonst  komml 
post,quam  mit  dem  Imperf.  noch  vor  bei  dem  Auct.  b.  Afr.  5, 
1.  78»  3.  7,  und  zugleich  mit  demPerfect  79,  1.;  —  in  den  übri- 
gen Gommentaren  nie.  —  ubi  mit  dem  Imperf.  bei  Caesar  nur  b. 
c.  II,  e,  5  —  7;  davon  unleoi  ferner  im  b.  Afr.  29,  4.  —  »/  mit 
dem  Imperfeet  nur  einmal,  wo  es  sich  um  Wiederholung  bandelt: 
b.  G.  111,  4,2s  Nostri...  ftrUter  repugnare,.,,  ut  quaeque  pars 
castrorum  nudata  d^ensortbus  premi  videbatur,  eo  occurrere  et 
auxtäum  ferre.  \  *• 

'J  Zu  diesem  lusiaodlioben  adwetUabat  »  «er  war  im  Anmarsch* 
vgl.  Sali.  Jug^.69,  It  equitalum  omnem  in  ea  parte,  qua  regis 
advenlus  erat,  pro  castrts  agttare  iuöet. 

*)  Sonst  noch  Jug.  63,  7.  iiist.  111,  fr.  37  ed.  Dictsch.  Das  Imperfeet 
bei  übt  bat  SalJust  Jug.  35,  6(?).  55,  4.  7.  99,  1.  106,  2.  iMit 
simul  ac  Cat.  7,  4:  iam  primum  iutentus,  simul  ac  belli 
patiens  erat,  in  caslris  miiitiam  dtscebal.  (Sonst  bei  Sallust 
keine  Stelle,  wo  simul  ac  überhaupt  angewendet  wäre;  —  ut  mit 
dem  Imperfeet  findet  sich  nie  bei  ihm,  mit  dem  Perfect  nur  eiiioial 
ut  primum  Hist.  IV,  28,  ed.  DieUch.) 


Cber  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikcln^  v.  E,  Uoffmann,        675 

54»  5:  postquam  sads  virium  coliecCum  ad  omnes  conalus 
videbaC,  tum  miUU  e.  q,  8,  —  56,  2:  postquam  ad  alia 
traducebanlur  opera.  58,  2:  postquam  satis  tuta  circa 
sopiti'que  omnes  videbantur^). 

Sehen  wir  nun,  wie  es  sich  mit  dem  Gebrauche  des  Plus- 
quamperfccls  bei  diesen  Conjunctionen  verhält.  Allerdings 
gilt  dieses  Tempus  als  ausnahmsweise  Zeitgebung,  doch  sucht 
man  seine  Anwendung  in  der  Art  zu  begründen,  dass  es  eintrete, 
einmal  ^<wenn  zwischen  dem  vorhergehenden  und  dem  folgenden 
Ereignisse  ein  längerer  oder  auch  bestimmt  angegebener  Zeitraum 
liege,  so  dass  der  Zusammenhang  der  Ereignisse  aufgehoben 
werde'^  (in  dieser  Art  Zumpt  J.  ö07,  b;  Madvig  J.  888,  b. 
A.  1;  Schultz,  $.  327,  2.  A.  2),  ferner  wo  es  sich  um  wieder* 
holt  Eingetretenes  handle. 

Was  das  letztere  betrifft,  so  soll  die  Richtigkeit  dieser  Ob- 
servation nicht  in  Abrede  gestellt  werden;  aber  es  ist  damit  doch 
nur  eine  Benennung  für  eine  gewisse  Art  von  Fällen  gegeben, 
eine  Begründung  dieses  Gebrauches  aber  kann  man  in  der 
Benennung  noch  nicht  finden;  eine  Begründung  wird  nur  erreicht 
durch  Vermittlung  der  Natur  des  Plusquamperfects  überhaupt 
mit  der  Anwendung,  die  es.  in  solchen  <<VViederhoIungsfullen^^  hat, 
und  ferner  durch  Vermittlung  eines  solchen  Plusquamperfects  bei 
postquam  mit  der  gesetzmäfsigen  Zeitgebung  bei  dieser  Partikel. 

Ebenso  wenig  kann  die  an  erster  Stelle  aufgeführte  Begrün-^ 
dang  des  Plusquamperfects  bei  postquam  als  wirkliche  Rechtfer- 
tigung gelten.  Abgesehen  davon,  dass  der  Annahme,  es  trete 
das  Plusquamperfect  in  solchen  Fällen  ein,  wo  ein  längerer 
Zeitraum  die  verglichenen  Ereignisse  trenne,  solche  Stellen  wider- 
sprechen würden,  wo  der  Hauptsatz  und  der  Satz  mit  postquam 
und  dem  Plusquamperfect  durch  tum  oder  selbst  s  tat  im  in 
engste  Zeitverbindung   gesetzt  sind'^),  während  umgekehrt   in 


*)  Andere  Stollen  bei  Livius  sind:  II,  25,  3.  52,  2;  111/88,  12.  46, 
9.  60,  4.  66,  5.  IV,  10,  1.  51,  8.  V,  10,  11.  12,  6.  30,  2.  VI,  10, 
4.  13,  3.  20,  15.  29,  1.  3.  6.  30,  7.  32,  1.  Vll,  2,  11.  7,  8.  37, 
7.  Vlll,  2,  6.  28,  3.  38.  7.  IX,  26,  16.  30,  7.  31,  IS.  9.  X,  14. 
16.  24,  4.  34,  1.  43,  6.   XXI,  12.  4.  28,  4.  33,  10.  51,  3.  59,  6. 

XXII,  6,  6.  40,  8.  XXIII,  27,  1.  33,  4.  42,  3.  XXIV,  31,  2.  36,  8. 
46,  6.  XXV,  10,  6.  33,  8.  36,4.  XXX  18,^  3.  XXXI,  36,  5.  45,  4. 
XXXII,  22,7.  23,  6.  24,  2.  39,  1.  XXXI II,  Ä,  3.  7,  9.  17,  4.  XXXIV; 
28,  7.  XXXV,  5,  12.  —  Das  Imperfect  bei  ubi:  1,  58,  4.  lll> 
62,  8.  VII,  17,  4.  1«,  45,  14.  XXII,  5,  6.  6,  7.  XXXI,  21,  11. 
27,  3.  —  Bei  utt  III,  20,   6.  X,  28,  12.  XXII,   14,  1.  3.  44,  1. 

XXIII,  8,  10.  XXIV,  1,6.  13,  7.  26,  11.  32,  5.  XXV,  26,  15. 
XXVI,  51,  11.  XXXIII,  8,  11.  XXXVI,  18,  6.  —  postquam  mit 
dem  Imperfeclom  bei  Taci  tus:  An.  I,  4.  39.  11,  23.  Hl,  21.  26.  IV, 
49.  72.  73.  VI,  21  (15).  31  (25).  57  (51).  XV,  45.  —  liisU  I,  22. 
26.  II,  19.  III,  45.  4a  u.  5.  — Bei  ubii  An.  II,  4.  69.  71.  VI,  48 
(42).    Ilist.  III,  10.  —  Bei  uti  llist.  III,  31. 

'^)  Liv.  XXII,  48,  4:  po  St  quam  omnium  animos  oculosque  pccu- 


576       Ober  die  Constr.  der  lal.  Zeitpartikeln,  v.  E,  Bo/Tmann, 

Fällen,  wo  die  verglichenen  Handlungen  in  der  That  durch  einen 
beträchtlichen  Zeilraum  getrennt  sind,  doch  das  Perfect  bei 
poÄ^ywam  gesetzt  ist  *');  abgesehen  also  von  diesen  Gegengründen 
rouss  man  doch  überhaupt  die  Motivierung  des  Plusquamperfects 
durch  den  gröfseren  oder  auch  bestimmt  gemessenen  Zeitabstand 
zweier  verglichener  Ereignisse  schon  an  sich  für  durchaus  un- 
gerechtfertigt erklären,  weil  für  die  Wahl  dieser  Zeitform  nur 
das  relative  früher  liegen  eines  Präteritums  vor  dem  anderen 
in  Betracht  kommt,  das  gröbere  oder  geringere  Mafs  des  Zeit- 
intervalls dagegen  volkommen  Indifferent  ist.  Insofern  nun  der 
Begriff  von  postquam  selbst  es  bedingt ,  dass  das  durch  diese 
Partikel  verglichene  Präteritum  als  ein  relativ  früher  liegendes 
zu  gelten  habe  —  ut^  ubi,  simui  vergleichen  der  Zeit  nach  con- 
gruierende  Ereignisse  — ,  so  müsste  eigentlich  das  Plusquam- 
perfect  das  regelmäfsige  Tempus  in  Sätzen  mit  postquam  sein. 
Sind  nun  aber  umgekehrt  die  regelmäfsigen  Zeiten  in  Sätzen  mit 
postquam  vielmehr  Perfect  und  (historisches)  Präsens,  oder,  wenn 
es  sich  um  Zuständliches  handelt,  das  Imperfect,  also  Zeiten,  in 
denen  selbstredend  die  volle  temporale  Selbständigkeit  des  be- 
stimmenden GUedes  sich  ausspricht,  so  sieht  man,  dass  das  re- 
lative früher  liegen  desselben;  eben  nur  durch  die  Partikel  aus- 
gedrückt wurde,  ohne  die  Selbständigkeit  der  Zeitgebung  selbst 
zu  behindern.  Man  darf  daher  auch  das  Plusquamperfect  nicht 
auf  Rechnung  des  die  beiden  Präterita  trennenden  Zeilraumes 
schieben ;  vielmehr  wird  man  in  diesem  Tempus  entweder  eine  will- 
kürliche Abweichung  von  dem  muslergiltigen  Gebrauch  erblicken, 
oder  man  wird  zusehen  müssen,  ob  denn  ein  solches  Plusquam- 
perfect wirklich  durch  die  Relation  auf  das  Präteritum  des  Haupt- 
satzes veranlasst,  oder  ob  es  nicht  vielmehr  gleich  dem  Imperfect 
in  gewisser   Weise   als  selbständige  Zeitform   gebraucht  sei. 

Zu  diesem  Zwecke  müssen  wir  uns  eine  kleine  Abschwei- 
fung über  die  Natur  des  lateinischen  Plusquamperfects  gestalten. 

Es  ist  klar,  dass  das  Verhältniss  des  Plusquamperfects  zur 
Vergangenheit,  die  man  im  Auge  hat,  dasselbe  ist,  wie  das  dos 
Perfects  zur  unmittelbaren  Gegenwart  des  sprechenden:  beide 
bezeichnen  das  von  dem  betreffenden  Slandpuncte  aus  bereits 
vollendete.  Wie  nun  aber  das  Perfect  in  die  beiden  Arten  des 
aoristischen   und  logischen  zerfällt,   je   nachdem   es   gebraucht 


paverat  eeriamen,  ium  arreptis  scuiis  e.  q.  s.  Vgl.  XXI,  33, 
10  u.  ö.  —  Auct,  b.  Afr.  37,  1:  CmsaVy  postquam  copias 
suas  ex  secundo  commeatu  auxsrat,  naves  aneranas  s  tat  im 
tuM  Ulybaeum  proflciscL 
*')  Gic.  p.  Rose.  Am.  43,126:  Posteaquam  ab  armis  rece ssum 
est,  in  sumtno  otio  rediensacena  Romae  occisus  est.  Den  da- 
zwischen Hegenden  Zeitraum  gibt  g.  127:  Atiquot  post  tnenses 
{post  Katendas  Junias,  dem  Sclilusse  der  ProscriptionslistcD)  et 
komo  occisus  est  ei  ötma  venisse  dicuntur. 


Ober  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  t.  £.  BoPnann,        577 

wird,  um  etwas  schlechthin  als  in  der  Verpngenheit  liegend  zu 
geben,  oder,  um  mit  ausdrücklicher  B<'ziehung  auf  die  Gegen- 
wart ein  Sein  oder  eine  Thatigkeit  als  bereits  abgeschlossen  und 
in  dieser  Abgeschlossenheit  und  Vollendung  in  der  Gegenwart 
dem  Resultat  nach  vorliegend  zu  bezeichnen :  ebenso  rouss  offen- 
bar auch  das  Plusquamperfect  eine  doppelte  Auffassung  zulassen : 
die  aoristische,  wenn  schlechthin  ein  Präteritum  als  seiner 
Zeit  nach  vor  einem  anderen  liegend  angegeben  wird,  —  die 
logische,  wenn  in  stricter  Beziehung  zu  einer  bestimmten  Ver- 
gangenheit eine  Thatigkeit  als  früher  begonnen  und  nun  —  in 
der  Gegenwart  jener  Vergangenheit  —  als  vollendet  in  ihrem 
Resultat  vorliegend  bezeichnet  wird.  Erhält  nun  das  Perfectum 
loo^icum^  als  gegenwartiges  und  (zuständlich)  vorliegendes  Re- 
sultat einer  abgeschlossenen  Handlung  den  Sinn  eines  Präsens^ 
so  muss  jenes  logische  Plusquampcrfecl  in  gleicherweise 
ein  Präsens  für  die  Gegenwart  des  verglichenen  Präteritums  wer- 
den, d.  h.  also  ein  Imperfectum.  Die  Form  des  Plusquam- 
perfects  im  Passivum  lässt  über  die  Möglichkeit  einer  solchen 
doppelten  Auffassung  dieses  Tempus  nicht  füglich  einen  Zweifel, 
indem  einfach  durch  Umgestaltung  des  Hilfsverbums  zur  Copula^') 
das  Particip  adjectivisches  zuständliches  Prädicat  wird. 

Aber  auch  bei  activer  Form  des  Plusquamperfects  gibt  es 
Fälle  genug,  in  denen  die  Imperfect-Natur,  falls  es  logisch,  nicht 
aoristisch  gefasst  wird,  nicht  füglich  zweifelhaft  sein  kann. 

Kaum  bedarf  es  der  Erwähnung  von  Plusquamperfecten  wie 
consueveraCy  assueveraC^^}  =  solebat.    (Der  Beginn 

*•)  Csesar  —  nicht  so  auch  Sallust  und  Livius  —  hat  in  solchen 
Fällen  erat  b\s  Copula  meist  dem  Particip  vorangestellt;  vgl.  tU 
erat  imperatum  —praeceptum  ~  dictum  —  constitutum  b.  G. 
I,  22,  2.  43,  2.  n,  11,  6.  Hl,  26.  2.  IV,  11,  1.  V,  7,  9.  48,  7.  — 
b.  c.  111,  93,  2,  u.  0.;  retiquum  erat  certamen  positum  in 
tirtute  b.  0.  111,  14,  8.  —  quod  egregia  virtute  erant  cogniti 
b.  G.  1,  28,  b.-—labore  erant  confecti  b.  o.  III,  97,  i.-^omneg 
itUroitus  erant  praecluii  b.  G.  V,  9,  5.  —  b.  c.  1.1.1 ,  92,  1: 
tantum  erat  relictum  epatit  Ebd.  88,  2:  in  dextro  comu 
erant  cotiocatae,^  Uia  erat  rebus  effectum  b.  c.  111,  84,  4.  — 
In  Ms  rebus  fere  erat  Fufius  oecupatus  ebd.  56,  3.  —  An- 
dere solche  FäUe  s.  b.  G.  111,  3,  1.  14,  3.  29,  1.  VI,  35,  6.  36, 
3.  38,  1.  40,  4.  7.  VII,  62,  1.  68,  3.  81,  4.  b.  c.  III,  95,  1.  2. 
u.  a.  m.  Die  umgekehrte  Stellung  findet  sich  zwar  auch  öfters 
(z.  B.  b.  G.  III,  13,  1:  naves  ad  hunc  modum  factae  armataeqiie 
erant),  doch  durfte 'sich  schwerlich  ein  Fall  finden,  wo  bei  aori- 
stischer Natur  das  Hilfsverb,  dem  Particip  vorangestellt  wäre. 

*•)  Cic.  inVerr.  IV,  12,  30.  Caes.  b.  G.  I,  22,5.  III,  1,  2.  IV,  6,  1.  V, 

1,  1.  VII,  18,  1.  33,  1.  49,  2.  50,  2.  65,  4.  88,  1.  —  b.  c.  I,  5, 

2.  44,  4.  75,  2.  II,  40,  1.  III,  18,  3.  36,  4.^37,  5.  HO,  5.  111,  3. 
Sali.  Jug.  47,  1.  84,  5.  —  Corn.  Ncp.  Ale.  4,  6.  10,  6.  Pelop.  2, 
2.  5,  1.  Dat.  3,  1.  Hann.  12,  5.  Vgl.  usu  venerat  ebd.  Ale.  4,  5. 
—  Caes.  b.  c.  III,  HO,  2:  Gaöiniani  mitfteSy  gut  iam  in  con- 
suetudinem  Atexandrinae  vitae  ac  ticentiae  r«iieran(.— 


578         Über  die  Constr.  der  lat.  Zeitpart ikcln,  v.  E.  Boffinann. 

des  coniuescere  liegt  vor  einer  durch  den  Zusammenhang  ge- 
gebenen Vergangenheit;  in  der  Gegenwart  dieser  Vergangenheil 
liegt  nun  das  vollendete  consuevisge  als  Resultat  vor  «»  solere.) 
Andere  solche  Plusquamperfecle  sind:  cognoveraC,  per^ 
spexerat^  perdidiceraC,  perceperat^^)  u.  a.,  die 
logisch  gefasst  gleich  kommen  einem  »ciebal.  Ferner  ataCue- 
rat^  consCiiueraif  decreveraC^  in  animum  indua^e-^ 
raC  u.  dgl.  =  in  animo  habebat^^)\  constiCerat^^)  sub^ 
sCiCeraC^'')  consederaC^^),  insbesondere  als  militärische 
iermini^  <=:  Fufs  gefasst  haben  auf  einem  Platze  und  diesen  nun 
inne  haben;  eircumsteterat  «*  circumdabal  '^).  Namentlich 
sind  es  Plusquamperfecte  von  Verbiß  der  Bewegung,  die  insofern 
die  Wirkung  eines  Imperfects  haben  müssen,  als  aus  der 
vollendeten  Bewegung  das  «sich  befinden  auf  einem  Puncte** 
resultirt:    venerat^    pervenerat^     convenerat^    ob- 


Im  Sinne  von  »olebai  Siuch  imtiluerat.  Sali.  Jug.  18,  9.  Caes. 
b.  G.  VI,  3,  4.  VII,  13,  1. 

'')  Cognoverat  Sali.  Cat.  53,  3:  Sciebam  saepe  numero  parva 
manu  cum magnis  legionibus hoitium  contendissey  cognoveram 
parvia  eopiii  bella  geita  cum  opuletuis  regibus,  —  Cic.  Verr. 
IV,  33,  73.  CaD5.  b.  G.  I,  19,  2.  HI,  14,  4.  V,  1,  2.  2,  J.  6,  1. 
u.  ö.  —  per$pexerat,  Caes.  b  G.  II,  11,2.  V,  6,  4.  —  per- 
didicerat.  Tac.  An.  IV,  33.  —  perc  eperat.  Cic.  Cat.  m. 
7,  21:  TAemiitoctei  omnium  civium  perceperat  nomina  ceii. 

*•)  Beachlenswcrth  ist  die  Stelle  Cic.  ad  Alt.  VI,  6,  3:  dum  impen- 
dere  Parthi  videbanlur ,  staiueram  fratrem  relinquere 
atU  etiatn  relpublicae  causa  contra  senatus  consuUum  remanere : 
qui  posteaquam  incredibiti  felicitate  diseesserunty  sublata  dubi- 
talio  est.  Hier  ist  mit  statueram  die  mit  dem  .  . .  impendere 
videbantur  gleich  lang  dauernile  Absicht  ,volebam^  gegeben.  Vgl. 
Caes.  b.  G.  IV,  17,  1.  V,  5,  4.  6,  1.  63,  2.  VI,  35,  1.  b.  c.  I,  59, 

3.  82,  5.  III,  44,  1.  6.  —  In  animum  induxerat.  Sali.  Cat. 
54«  4.  u.  ö. 

*•)  Caes.  b.  G.  I,  13,  7.  24,  3.  II,  2,  3.  1,  4.  26,  1.  III,  4,  4.  VI, 
40,  6.    VII,  42,  5.  49,  3.  —  b.  c.  I.  47,  5.  86,  2.   HI.  61,  6.  95, 

4.  —  Liv.  IV,  II,  4.  VI,  15,  3.  VlH,  38.  7.  IX,  27,  8.  XXII, 
46,  6.  XLII.  58,  11:    sie  regii  conatiter ant. 

")  Caes.  b.  c.  II,  41,  3.  Liv.  XXV,  19,  13.  XXXI,  10,  5.  XXXII,  7,  1. 

")  Caes.  b.  G.  I,  49,  1.  VI,  32,  4.  34,  2.  VII,  67,  5.  —  b.  c.  II,  38, 
3.  III,  98,  1.  Sali.  Jug.  öl.  3.  —  Liv.  I,  25,  2.  IX.  37,  7.  X,  4, 
11.  —  insederai.  Liv.  IX,  31,8.  Vgl.  iocum  ceperat  =  tenebat. 
Sali.  Cat.  61,  2.  —  Ebenso  obstiterat.  Sali.  Jug.  98.  1  :  Marius  . .  . 
tnodo suia aucurrera modo kostia,  ubi confertisstmi  obstiterant, 
invadere.  —  adatiterat  Tac.  Hist.  I,  27.  HI,  63,  68. 

'*)  Liv.  I,  25,  6:  Romanae  tegtonea  iam  spea  tota^  nondum  tarnen 
cura  deaeruerat,  exanimea  vice  uniua,  quem  tres  Cun'atii  cir- 
cumateterant.  III,  46,  1.  XXV,  34,  10:  anceps  proetium  Ro- 
manoa  circumateterai,  — -  Tac.  Hist.  I,  17:  circ  umate- 
terat  interim  paiatium  publica  exapectatio.  HI.  31.  IV,  79. 
Vgl.  Liv.  HI,  37,  6:  Et  decemvirij  qui  primo  tribunicios  homi- 
nea  . . .  circum  ae  oateniaverant  plebei,  patriciia  iutenibus  saep- 
aerani  ialera,    Eorum  catervaa  Tribwuttia  obaederant. 


über  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikelu,  v.  E,  HofTmann.        579 

venerat^  redieraCj  reverierat,  recesseraty  acces- 
seraty  exieraty  Cransieral^^)  u.  a.  ra.  Ferner  ver- 
leraly  mutaverat  (beide  intransitiv)^^),  descieraij  de- 
feeerat  **),  creverai,  eoaluerat^  inveeeraverae^^)^ 


••)  Caes.  b.  c.  I,  72,  1:  Caesar  in  eam  spem  venerat,  se  passe 
cett.  —  Liv.  II,  48,  5:  res  in  formatn  latrocinii  venerat.  IX, 
17,  10:  disciptina  mititaris  in  artts . . ,  tnodum  venerat.  — 
Uly  20,  5:  nondum  haec,  quae  nunc  tenet  saeculum  negtegentia 
deum  vener  at.  —  Caes.  b.  c.  1,  61,  1 :  fitmtiatur  Afranio  ma- 
gnos  commeatus  . ,  .ad  flumen  consii/isse.  Yenerant  eo  sagit- 
tarii  ex  Rutenis., .;  erant  praeterea  cett.  —  Caes.  b.  c.  I,  ö2, 
2:  Jamque  ad  denarios  L  in  singulos  modios  annona  pervene- 
rat  [et  miiitum  vires  inopia  frumenti  deminuerat,  'atque 
incommoda  in  dies  augebantur  etiam].  b.  G.  v,  46.  Ic  res  ad 
paucitatem  defensorum  pervenerat.  Liv.  XX1V%  90,  9:  dum 
Aaec  geruntur,  iam  Tarentwn  pervenerat  Uanniöal,  Cic.  in 
Verr.  V.  35,  91.  —  Caes.  b.  G.  III,  16,  1:  Quo  proelio  belturn 
Venetorum  .  . .  confectum  est,  Nam  cum  omnis  iuventus,  omnes 
etiam  gravioris  aeiatis . . .  eo  convenerani  [ytum  navium 
quod  ttbique  fuerat  in  unum  iöcum  coeg erant].  Ebd.  17,  4. 
VII,  48,  1.  55,  6.  Liv.  XXIII,  35,  13.  XXXill,  23,  2.  —  Ebenso 
conßuxerant  Sali.  Cat.  37,  5.  —  Caes.  b.  G.  II,  23,  1:  Nam 
his  ea  pars  Caciei)  ebvenerat.  VII,  81,  6.  —  evenerat  Tac. 
Ad.  vi,  22  (16).  —  redierat  Liv.  111,  32»  6.  XXI,  59,  2:  con- 
sut  —  iam  enim  redierat  ab  Roma  —  detrectavit  certamen. 
Anders  Caes.  b.  G.  V,  48,  1:  Cäsar...  etsi  opinione  trium  /«- 
gionum  deiectus  ad  duas  redierat,  tarnen  auxiiium  in  ceieri- 
tote  ponebaL  --  revorterat  {matum  muttos posf  atmos  in  civi- 
tatem.)  Sali.  Cat.  37, 11.  —  Liv.  XXVL  20,  6:  in  hibema  diversi 
concesserant.  —  reeesserat  Nep.  Chabr.  3,  4.  —  suc- 
<r^«««rar  Nep.  Dio,  10,  2.  —  accesserat  {ad  haue  corporis 
flrmitatem  plura  etiam  animi  bona  ace esse rant)  Nep.  Ep. 
3, 1.  —  fatna  exierat  —pervaserat  —  praevenerat. 
Nep.  Ages.  2,  1.  Liv.  XXIV,  21,  5.  Tac.  An.l,  69.  Hisi.  III,  68.  — 
exierant  indutiae  Liv.  1,  42,  2.  IV,  58,  1.  — iam  trans^ 
miserant  ad  vastandam  Italiae  oram  et  urbem  ierre- 
bant  Liv.  XXI,  51,  4.  —  transierat  superbia'  negtegentiaque 
ad  Aequos  Liv.  IV,  47,  1.  —  Caes.  b.  c.  III,  25,  1:  Mutti  iam 
menses  erant  et  Atems  praecipitaveraty  neqtie  Brundisio- 
naves  iegionesque  veniebant.  —  Tac.  An.  11,  17 :  Arminius  susteti- 
tabat  pugnam  incubueratque  sagittariis, 

")  Liv.  V,  49,  5:  iam  verterat  fortuna,  iam  deorum  opes  .  .  . 
rem  Romanam  adiuvabant.  —  Tac.  An.  VI,  12  (6):  adeo  fad- 
nora  atque  flagitia  sua  ipsi  quoque  in  suppticium  verterant. 
Hist.  III,  58:  ea  simuiatio  officii  a  metu  profecta  verterat  in 
favorem.  Ebd.  IV,  li  saevitia  verterat  in  avaritiam.  —  c.  27: 
vidi  —  quod  tum  in  morem  verterat  —  perfidiam  tegaii 
culpabani.  —  Liv.  XXIV,  19,  3:  Omnia  repente  mutaverant 
imperatore  mutato.  IX,  12,  3:  adeo  animi  mutaverant.  — 
Vgl.  Liv.  VI,  34,  2:  fama  et  corpore  iudicati  atque  addicticre- 
ditoribus  satisfiiciebant  poenaque  in  vicem  fldei  cesserat. 

")  Nep.  Timotli.  3,  1.  Defecerat  Samus,  descierat  HeUespon^ 
tusy  PAitippus  . . .  multa  motiebatur.  Ebd.  Con.  3,  1.  Sali.  Jug. 
61,  1.  Liv.  IX,  23,  2  u.  ö. 

")  Caes.  b.  G.  VII,  55,  10:  Liger  ex  nivibus  creveraL  —  Flor.  III, 


580        Ober  die  Constr.  der  lat.  Zcitpartikeln,  v.  E.  Boffmann. 

exarseraC**)^  descieraC^  remiserat  (inIrans.)  ^*)  u.  a.  m.,  bei 
denen  der  resultirende  Imperfect-Sinn  nicht  minder  ersichtlich  ist 
Wie  diese  Plusquamperfecle  logisch  gefasst,  den  Sinn  einer 
Zuständlichkeit  in  der  Vergangenheit  ergeben,  so  können  denn 
auch  die  Plusquamperfecte  activer  Verba,  logisch  gefasst,  als 
Äquivalent  eintreten  für  den  aus  der  betreffenden  Thätigkeit  für 
das  Object  derselben  sich  ergebenden  passiven  Zustand.  Es 
kommt  also  ein  Satz  mit  einem  solchen  Plusquamperfect  derje- 
nigen passiven  Fassung  desselben  gleich,  in  welcher  dem  Object 
der  activen  Handlung  als  nunmehrigem  Subjecte  durch  die 
Copula  erat  der  Zustand^  in  den  es  durch  die  an  ilim  vollen- 
dete Handlung  versetzt  worden  ist,  in  der  Form  eines  Partie. 
Perf.  pass.  als  Eigenschaft  prädiciert  wird.  Natürlich  kann  auch 
das  Imperfect  eines  eben  diesen  passiven  Zustand  bezeichnenden 
(intransitiven)  Verbums  für  erat  mit  jenem Parlicip  eintreten *•). 


10,  22:  hteme  creterani  Älpei.  —  Liv.  XXV,  18,  4:  cre- 
verat  eontueiudo,  —  I,  37,  1:  viribus  crev erat  Romanus 
exercitus.  11,27,7:  plebi  creveraut  animi.  —  Nep.  Ale.  7, 
4:  Qua  ex  re  creverat  cum  fama  tum  opihus  \magnamqne 
amicitiam  stöi  cum  quibusdam  regibus  Thraciae  pepererai], 
—  Liv.  XXllI,  35,  9:  brevigue  Santa  Concor dta  coaluerant 
animi,  ut  c'ett.  —  Anders  Sali.  Jug.-93,  4:  forte  in  eo  loco  gran- 
dis  Hex  coatuerat  inter  saxa.  -^  Caes.  b.  c.  111,  110,  6:  In- 
veteraverant  hi  omnes  compluribas  Atexandriae  bellis, 

■*)  Liv.  III,  30,  2:  adeo  exarser ant  animls.  Vcrg.  Aen.  Vlll, 
219:  Hie  vero  Alcidae  furiis  exarserat  atro  Felle  dolor ^  rapil 
arma  manu  cell.  Tacit.  An.  VI,  7  (1).  XII,  1.  Hist.  I,  68.  II,  27. 
Anders  An.  XI,  12:  in  C.  Silium  ila  exarserat  ceti.  —  Dazu 
incatuerat  vino  Liv.  I,  57,  8.  — 

'*)  Liv.  VI,  6,  6:  desierant  iam  Ulla  contemni  bella.  —  111, 
28,  8:  hie  instabat  nova  pugna;  Uta  nihil  remiserat  prior. 
XXVI,  20,  11:  annona  iaxaverat,  —  Dazu:  Sali.  Jug.  70,  2: 
omnis  res  exsegui  solitus  erat,  quae  Jugurtha  fesso  aut  maiori- 
bus  astricto  superaverant. 

'*)  Da  sich  später  wiederholt  Veranlassung  ergeben  wird,  auf  die  nach- 
steh'enden  Beispiele  zu  verweisen,  so  stelle  ich  diese  der  Bequem- 
lichkeit des  Citierens  wegen,  nach  der  ungefähren  Sinnverwandt- 
Schaft  der  Verba  in  Gruppen  zusammen. 

a)  Cic.  d.  imp.  Co.  Pomp.  9, 23 :  erat  etiam  alia  gravis  atque  tsehe- 
mens  opinio,  quae animos gentium  barbarorum  pervaserat.  — 
Sali.  Cat.  36,  4 :  tania  vis  morbi  uti  tabes  pterosque  civium  animos 
intaserat.  Jug. 32,  4 :  tanta  vis  avaritiae  animos  invaserat. 
Cat.  5,  6:  hunc  libido  invaserat.  Vgl.  Jug.  84,  3.  89,  6.  Liv. 
XXIV,  2,8.  —  Anders  Sali.  Jug.  20,  6:  totum  eius  regnum  animo 
iam  invaserat.  —  Tac.  liist.  V,  9:  Sitno  qnidam  regium 
notnen  invaserat.  —  Liv.  111,  59,  1:  Ingens  metus  ine  es- 
serat patres.  XXIV,  13,  6:  tpsum  ingens  cupido  incesserat. 
Vgl.  Caes.  b.  c.  lll,  44,  7.  Sali.  Cat.  7,  3.  Liv.  IV,  50,  7.  — 
Caes.  b.  G.  VI,  41,  3:  animos  timor  praeoccupaverat.  — 
Liv.  V,  38,  5:  pavor  occupaverat  animos.  IV,  57,  1: 
ilaec  conlentio  occupaverat  cogitationes  hominum.  XXXIll, 
32,  cxlr.!  nullius  nee  animi  nee  ocuti  speclaculo  intenti  erant: 


über  die  Conslr.  der  lat  Zeitpartikeln^  v.  E,  ffoffinann,         681 

Nur   bei   dieser  Natur   des    Plusquamperfects    wird    man 
es  erklärlich  finden^   dass   dasselbe   zu  dum  statt  eines  Imper- 


adeo  unum  gaudium  praeoccupaverai  omnium  aiiamm 
sensum  voluptatium,  —  Sali.  Jug.  40,  5 :  pieöem  ex  gecundia 
rebus  imoientta  ceperat,  —  Vgl.  defixerat  {ptuor  cum  ad- 
miratione  Gallos.)  Liv.  Vir,  10,  12;  incusserat  (lerrorem 
pleöi.)  Liv.  VI,  38,  9.  —  fldem  -  gloriam  -  terrorem  addiderat 
Tac.  H.  I,  14.  n,  11.  31. 

b)  Liv.  in,  20,  1:  mover at  piebem  oratio  eonsulis;  erecti 
patres  restitutam  credebant  rem  publicam,  —  Ebd.  VIII,  38,  9: 
auxerat  id  maxime  anlmos.  —  Sali.  Jug.  84,  4:  alla  huius^ 
cemodi  animis  traheban/,  ei  eos  non  pauilum  oratione  sua  Ma- 
rias arrexerai,  —  Ebd.  64,  4:  Quae  res  Marium  conira  Me^ 
ieUum  vehementer  accenderat.  — -  Liv.  vi,  18,  4:  iram  ac- 
cenderat  ignominia  .* .,  spiriius  dabat  cett. 

c)  Liv.  XXIV,  4>  1:  /n  Sicilin  Romanis  omnia  mutaverat 
mors  HifTonis,  VI,  33, 10:  adventus  Romanorum  mutav erat  utri- 
usQue  partis  animos:  Tusculanos  ex  ingenti  meiu  in  summa/n 
alucritatem,  Latinos  , ,  .in  exiguam  de  se  ipsts  spem  terterat, 
Tac.  U.  IV^  11:  civitas  .verterat  se  transluleraique,  — 
Liv. X, 29, 8 :  haec  in sinistro comu Romanorum foriuna variave- 
rat.  —  Ebd.  11,5,6:  Consuiis tiberi omnium  in  se  averierant 
ocutos,  miserebatque  cett,  XXVI,  h,  16.  —  VI,  23,  8:  Bis  ser^ 
monibus  toia  in  se  averterat  castra.  —  Vgl.  averterat 
Gaes.  b.  c.  ill,  79,  2.  —  flumina  averterat  b.  c.  Ill,  49,  4. 

d)  Sali.  Cat  7,  5:  non  tabos  tnsolitus,,non  locus  ullus  asper 
aut  arduus  erat  . . .  .*  virtus  omnia  domuerat.  Ebd.  U,  5: 
Loca  amoena  . . .  feroces  miHtum  animos  molliverant.— -Liv. 
XXV,  26,  10:  iia  efferav  erant  animos, 

e)  Prop.  V  (IV)  7,  7  ff.:  (schildert  Cynthia's  Schalten):  Eosdem 
habuit  secum  quibus  est  elata  capillos,  Eosdem  oeulos:  laier i 
vesiis  adusia  fuit\  Et  solitam  digito  beryllon  ad ed erat  ignis, 
Summaque  Leihaeus  triverat  ora  liquor.  —  Tac.  An.  I,  32: 
fiec  iegatus  (sediliosis)  obviam  ib  at;  quippe  plurium  vaecordia 
constantiam  exemerat. 

f)  Liv.  XXXIII,  7,  2:  tarn  densa  caligo  oecaecaverat  diem. 
(vgl  §.4:  dies  &6«r«r»i).  Verg.  Cul.  197:  timor  oecaecaverat 
[Wagn.:  timidos  caecaverat]  artus,  —  Vell.  Pat.  II,  118,  4:  At 
obstabant  iam  fata  consiliis  omnemque  animi  eins  ac lern prae- 
strinxerant,  —  Liv.  VI,  16,  8:  amotus  abdicatione  diclaturae 
terror  et  linguam  et  animos  tiberaverat  /dominum,  —  XXI,  62, 
11:  Jkaee  levaverant  religione  animos. 

g)  Liv.  III,  36,  4:  (Die  Decemvim  des  zweiten  Jahres  werden 
characterisiert):  centum  viginii  lictores  forum  impteverant,  et 
cum  fascibus  secures  intigatas  praeferebant.  Caes.  b.  G.  VII, 
69,  5 :  hunc omnem  tocum  copiae  Gallorum  compleverani. — 
Liv.  V,  37,  8:  omnia  hostium  plena  erant.  et  nata  in  vanos  tu- 
multus  gens  truci  cantu  ctamoribusque  variis  horrendo  cuncta 
compleverant  sono.  —  X,  46,  l:  nives  iam  omnia  oppie- 
verant  nee  durari  extra  tecta  poierat  —  repteverat,  Vell. 
II,   103,   1.   —  nix  adeo  pluleos  obruerat  Liv.  XXI,  61,  10. 

ä)  Sali.  Jug.  7,  7  :  tiuc  accedebat  muniflcentia  animi  et  ingenti 
solleriia,  quis  rebus  sibi  multos  ex  Romanis  familiuri  amiciiia 
coniunxerat,  Liv.  VUI,  16,  2:  Äusonum  gens  Cales  urbem 
incolebat.  Sidicinis  finitimis  arma  coniunxerat,   —   Nevi« 


582        Ober  dio  Conslr.  der  ]at.  Zeitpartikeln,  v.  E.  Hofftnofm. 

fecfs    tritt,   wie   Liv.  XXXII,  24,  6:   dum   in  unam  pariem 
oeulos    animosque    hoslmm   cer tarnen    averteraC,   pluribus 


Ale.  3,  4:  MaUos  enim  liberalUate  devinxerai,  plures  eiiam 
opera  faremi  suoa  reddiderat. 

0  Liv.  ly  66,  7:  comes  ii$  additiu  L.  Juntus  Brutus,  iuvenii 
kmge  alh  ingenio,  quam  cuiua  aimulatlonem  induerat.  *- 
Ebenso  in,  33,  7.  IX,  18,  %  Tac.  Ag.  9:  trUtitiam  cett.  exuerat. 
An.  VI,  14  (8).  50  (44).  Hist.  III,  42. 

k)  Sali.  Jug.  97,  5:  catervatim  uti  quotque  fora  congtoba- 
teraty  in  nostroa  ineurrunt.  —  Caes.  b.  G.  V,  43,  5:  ut  aese 
aub  ipao  taito  conatipaverant  receaaumque  primia  uUimi 
non  dabant. 

t)  Sali.  Jug.  57,  6:  Sed  ne  itloa  quidem,  qui  procul  manae- 
rani,  timor  animt  aatia  muniverat:  na/n  plerosque  iacula 
voinerabant,  parique  periculo,  aedfama  impari  boni  atque  ignavt 
erant.  —  Liv.  I,  38,  6:  tnuro  tapidao  urbem,  qua  nondum 
mu nierat,  etngere  parat.  —  Caes.  b.  c.  III,  49,  4:  flumina,.. 
magnia  operibua  obatruxerat ,  ^ ,  ,  vattea  aublicia  in  terra tn 
demiaaia  praeaepaerat  terramque  adiecerat,  ut  aquam 
conttneret,  —  Liv.  XXVI,  20,  7:  ciauaerat  omnia  ad  arcem 
adttua,  —  Tac.  Ilist.  V,  11 :  urbem  arduam  aitu  opera  tnolesque 
firmaverant,  quia  tei  plana  aatia  munirentur;  nam  duoa 
cotlea  in  inmenaum  edilos  claudebant  muri  cell.  —  Tac.  II.  IV, 
18:  nudaterat  ainiatrum  eomu  Batßcorum  ata transfUgiena. 

M)  Caes.  b.  c.  111,  79, 4:  tiaec  [fitma]  ilinera  infesla  reddiderat, 
haec  civitatea  nonnultaa  ab  eiua  amtcüia  averiebai.  —  Ebd.  111,  40, 
4:  molea,  quae  paene  inaulam  oppidum  effecerat  (Kraner. 
dem  dieser  Gebrauch  des  Plusquampcrfectums  nicht  klar  war,  setzte 
efflciebat  y  gegen  die  Handschriften,  da  es  sich  um  ein  «seiner 
Watur  nach  dauerndes  und  bestehendes  Verhällniss®  handle).  — 
Sali.  Jug.  37,  4:  circnm  munttn  planitiea  limosa  hieinaHöua 
aquis  pa ludern  fecerat.  (Vgl.  Tac.  An.  I,  76:  Tiberls  plana 
urbia  atagnaverat.)  —  Caes.  b.  G.  II,  17,  4:  rubla  aetuibus- 
que  interlectlaque  effecerant,  ut  instar  muri  hae  saepea 
munimenta  praeberent.  —  Liv.  II, 1,2:  Quae  libertas  ut  laetlor 
esset,  proxumi  regis  super bla  fecerat.  —  IX,  24,  13 :  quos 
retlquos  fortuna  ex  nocturna  cuede  ac  fttga  fecerat,  in  dedi- 
tionem  acciplunt.  Vgl.  ebd.  41,  9.  11.  42,  5.  III.  31,  6.  —  Tac. 
An.  XI,  5:  nam  cuncta  legum  et  maglatratuum  munla  tn  se 
trahens  prtnceps  materiam  praedandi  paiefecerat. 

n)  Wie  venerat,  convenerat  u.  s.  w.  das  Imperfect  a^^^ro/ vertreten, 
so  ersetzen  die  activen  Plusquamperfecte :  quem  miaerat,  ad- 
duxerat,  raduxerat  u.  dgl.  die  passive  Satzform:  qui 
erat  miasus  —  adduetua,  reductua.  Liv.  III,  43,  3:  datur 
negotium  mititibua^  quoa  mia erant  expeditlonis  eiua  comiies, 
ut  eum  ...  tfderflcerent.  (Dazu  bemerkt  Weissenborn ;  «die  sie 
zur  Begleitung  bestimmt  hatten.»)  —  VII,  31,  3i  ad  ea  princeps 
tegatlonis  •—  sie  enim  domo  mandatum  attuterant  —  ttiqult 
cett.  (—  «so  lautete  —  so  verlangte  es  der  erhaltene  Auf- 
trag»). —  re duxerat  im  Sinne  von  redegerat,  Caes.  h.  c.  I, 
62,  1;  tkuc  tarn  re  duxerat  rem.  Man  beachte  weiter  die  mil 
Imperfecten  abwechselnden  Plusquamperfecte,  mil  denen  Disposi- 
tionen z.  B.  für  dio  Aufstellung  des  Heeres  gegeben  sind :  Caes. 
b.  c.  111,  88,  3:  Citlcienaia  teglo  eum  cohorttbus  Hispanis  .  .  . 
in  dextro  cornu  erant  cottocntae.   Rellquas  inter  actem 


über  die  Constr.  der  lat.  ZcKpnrliLeJn,  v.  E.  Unffinainn,         583 

locis    ncaNs    capiCur  murus     armatique   in    urbem    tranncen^ 
derunC  *'). 

Solche  Plusquamperfecte  sind  es  insbesondere,  die  im  Nach- 
satze angewandt,  wo  ein  erzählendes  Tempus  erwartet  wurde, 
der  Bezeichnung  in  den  Grammatiken  zufolge  das  rasche  Ein- 
treten eines  Ereignisses  ausdrücken  sollen  **).  Ob  man  nun  so 
die  Wirkung  derarliger  Plusquamperfecte  fasst,  oder  ob  man  mit 
Haase  *^)  in  ihnen  ^<eine  gewisse  Gemülhlichkeit,  ein  naives  Staunen, 
über  das  Unerwartete*^  erblickt,  immer  doch  ist  der  Zweck  dieser 
Zeitgebung  nur  der,  gleichzeitig  mit  dem  Eintreten  eines  gege- 
benen Ereignisses  das  stattfinden  eines  Zustand  es  zu  setzen, 
und  insofern  dieser  unmittelbar  aus  der  Vollendung  entspringt, 
ist  stalt  seiner,  ako  statt  des  Imperfects  •") ,  die  denselben  her- 
beiführende Thüligkeit  als  bereits  in  der  Vergangenheit  des  Vor- 
dersatzes vollendet  gegeben,  und  sodann  das  Plusquamperfect 
gesetzt'*). 


fnedlam  ettmuaQtie  interiecerat  numeroQue  eohortet  CX  ex- 
pleperai.  Uaee  erani  milia  X L V,  etocatorum  circiter  duo 
. . .  tota  acte  diiperaerai.  ReUqua$  cohortea  . . .  praesidio 
disposiieral.  Dextrum  carnu  rUut. ..  muniebat;  ...  eguiia- 
tum  Ceti,  in  aintstro  ct^rnu  ob i teerat.  c.  89:  Ctesar , ,  .  de- 
ctmam  legtonem  in  dextro  carnu,  nonam  in  sinistro  coltoca- 
verat  .  . .  alter  am  alteri  praesidio  esse  iusserat.  Cohortes 
in  acte  KXXV  constitutas  ha bebat  , , .  cohortes  duas 
castris  praesidio  religuerai.  Slnistro  comu  Antonium  .  • . 
praeposuerat. 

*')  Vgl.Anm.  26,  c  Auch  Weissenborn  erklärt  ^averterat*  «  «i/r«r- 
(erat  et  aversos  tenebat,*  und  verweist  auf  Cic.  p.  Rose.  Am.  32, 
91,  "WO  wir  es  jedoch  mit  einem  reinen  Imperfecl  zu  thun  haben: 
dum  is  aliis  rebus  erat  ocaipalus, 

")  Weissenborn,  Syntax  g.  12,  Anm. ;  Zuropt  g.  508.  Madvig  §.  338, 
A.  6  *  spricht  nur  von  Plusquampcrfecten  überhaupt,  die  «^ungenau 
statt  des  Perfectums  in  der  Erzählung  durch  eine  anticipirende 
Beziehung  auf  einen  folgenden  Hauptpunct  der  Begebenheit  oder 
auf  das  endliche  Resultat'  gesetzt  sind. 

'*)  Uaase  zu  Reisig's  Vorles.  ü.  ).  Sprw.  A.  456,  S.  505. 

'*)  Dieses  Imperfect  ist  nicht  selten  auch  wirklich  gesetzt,  z.  B.  Vcrg. 
Aen.  VIII,  228:  [Cacus,,.  ui  sese  inclusit,  ruptisque  catenis 
deiecit  saxum . . .  fitUosque  emuniit  obice  postis:]  Ecce  furens 
animis  ad  erat  TürpniMius  omnetngue  Accessum  tustrans  huc 
ora  ferebal  et  iltuc. 

")  Zu  der  von  Haase  a.  a.  0.  aufgeführten  Stelle  Prop.  III,  27  (H,  22), 
1  ff.:  Extrema,.,  cum  potus  nocte  vagarer.  Nee  me  servorum 
dueeret  Ulla  manus,  Obvia^  nescio  quol  pueri ,  mihiturbami- 
ttuta  Yen  erat,  —  verweise  ich  auf  die  A.  20  gegebenen  Bei- 
spiele über  venerat «-  aderat.  —  Die  von  Zumpt  citiorten  Stellen, 
Curt.  X,  17:  JVec  muris  urbis  luctus  continebalury  sedproxitnam 
regionem  ab  ea,  deinde  magnam  partem  Asiae  eis  Euphraten 
tanti  mall  fama  pervaserat,  und  ebd.  X,  15:  Nobiles  pueri 
custodiae  corporis  eius  assueti  nee  doloris  magnitudinem  ea- 
pere,  nee  se  ipsos  inlra  vesttbutum  regiae  tenere  potuerunt,  vagi- 
que  et  furentibus  similes  totam  urbem  luctu  ae  maerore  e  o  m- 


5Si        Ober  die  Conslr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  E.  HoffnumaiL 

Dasselbe  logische  oder  imperfectische  Plusquamperfectam 
werden  wir  ferner  nachher  als  Yorderglied  eines  als  Nachsatz 
durch  cum  angeknöpften  Ereignisses  finden,  und  nur  dieses 
Plusquamperfect  ist  es,  mit  welchem  posCguam  und 
die  synonymen  Partikeln  construiert  sind. 

Vollkommen  zweifellos  müssen  diejenigen  Fälle  erscheinen, 
wo  das  Glied  mit  postquam  neben  dem  Plusquamperfect  zu- 
gleich auch  ein  Imperfect  enthält,  und  ist  obenein  jenes  Plus- 
quamperfect das  passive,  so  ergibt  sich  selbstverständlich  die 
Zerlegung  desselben  in  die  Copula  erae'\-äem  adjectivischen  Par- 
ticip.  Eben  darum  ist  auch  in  solchen  Fällen  die  Copula  meist 
weggelassen,  da  sie  sich  aus  dem  verbundenen  Imperfect  von 
selbst  ergibt  So  bei  Caesar^  b.  c.  III,  58,  5:  postquam 
non  modo  hordeum  pabulumque  omnibus  locis  herbaeque  de* 
sectae  [sc.  erantjj  sed   etiam  fructus  ex  arboribus  defi- 


p ieverani,  —  sind  zu  beurtheilcn  nach  A.  26,  a  und  g.  —  In 
der  von  Weissenborn  und  Madvig  citierten  Stelle  Sali.  Gat  24,  1: 
IffUur  comitiis  habitis  consutes  deelarantur  M.  Tultius  et  C.  An^ 
Umius.  Quod  factum  prtmo  poputaris  coniurationis  concus- 
serat,  ist  wie  oben  bemerkt  wurde,  die  activc  Handlung  in  ihrer 
zu  jener  Zeit  vorliegenden  Vollendung  statt  des  daraus  hervorge- 
gangenen Resultates:  concussi  er ant  populäres,  gesetzt  (Vgl. 
moverat  A.  26,  b.)  —  Die  zweite  von  Weissenborn  citierto  Stelle, 
Sali.  Cat.  36,  5:  tarUa  vis  morbt  animos  inv  aserat,  fand  schon 
A.  26,  a  ihren  Platz.  —  Für  verterat  in  der  letzten  von  W. 
citierten  Stelle  Liv.  XXXll,  12,  3:  postquam  muUis  tulneratls  in- 
terfectisque  recepere  se  regii  in  loca  aut  munimento  aut  natura 
tuta,  verterat  pericutum  in  Romanos  temer e  in  loca  in f qua 
proffressoSj  —  gibt  A.  21  entprecheude  Parallclstellen.  —  Ähnlich, 
doch  im  transil.  Sinne  verteral  bei  TibuU,  1,  5,  37:  Saepe  ego 
tentavt  curas  depellere  tino:  AI  dolor  in  lacrimas  verterat 
omne  merum.  (s.  A.  26,  c.)  —  Andere  Stellen  sind:  Liv.  III, 
24,  9:  quia  Silentium  de  lege  erat,  perculsos  magna  pars  cre- 
debant  tribumts,  At  Uli  —  etenim  exiremum  anni  iam  erat  — 
quartum  adfectantes  tribunalum  in  comitiorum  disceptationem 
ab  lege  certamen  averterant.  (s.  A.  26,  c.)  —  1,  29,  4:  ut 
vero  tarn  equitum  clamor  exire  iubentium  instabat, . . .  raptim 
quibus  qutsque  poteral  elatis ,  cum  larem  ac  penates  tectaque 
relinguentes  exirent,  tarn  continens  agmen  migratUium  imple- 
verat  vias.  (s.  A.  26,  g.)  —  Sali.  Cat.  49,  4:  Sed  ubi  consulem 
ad  tantum  facinus  impellere  negueunt,  ipsi  singulatim  circum- 
eundo  atque  etnentiundo,  quae  se  ex  Vollurcio  aut  Allobro- 
gibus  audisse  dicerent,  magnam  Uli  (CtBsari)  invidiam  c onf la- 
ver ant.  —  Noch  einfacher  sind  die  Stellen  mit  Inlransitivis:  Liv. 
XXIV,  32,  9:  confusoque  haec  omnis  multitudo  Uippocraten  atque 
Epicyden  creant  praetores;  Spracusaeque,  cum  breve  tempus  11- 
bertas  ad/Ulsisset,  in  antiquam  servilutem  reciderant.  —  VMA, 
VI,  25,  10:  tnter  cetera  tristia  eins  attni  consul  alter  App.  Clau- 
dius in  ipso  belli  apparatu  moritur ,  redierantque  res  ad 
Camillum,  —  wozu  Weissenborn  in  d.  Ausg.  die  lichlif^o  Bemer- 
kung macht:  ^redierant  schliefst  zugleich  den  Kr  folg  des 
redire  ein.* 


Ober  die  Constr.  der  lat.  ZeHpartikeln,  v.  E.  Boff^amu        583 

ciebat  eetl.  —  Sall.Jug.  106^  2:  uhi  cantra  locataet  diei  ves- 
per  erat.  —  Liv.  XXXI,  26,  13;  et  postquam  non  tarn  ira 
satiatG  quam  irae  exercendae  materia  deerat^  agro  ho^ 
stium  in  BoeoCiam  excessU.  —  Tac.  An.  III,  55:  postquam 
caedibus  saevitum  et  magnitudo  famae  exitio  erat.  Agric. 
38:  übt  incerta  fugae  foestigia  neque  usquam  conglobari 
hosles  c ompertum^  et  exacta  iam  aestate  spargi  bellum 
nequibat,.,.  exercitum  deducit. 

Ein  solches  in  erat  -{-  adject.  Particip  aufzulösendes  schein- 
bares Plusquamperfect  passiv  findet  sich  darum  auch  wie  andere 
Imperfecle  (s,  o.)  zugleich  mit  einem  Perfect  bei  postquam :  Liv. 
IX,  46,  II:  posteaquam  eam  lectionem  [senatus]  nemo  ra- 
tarn  habuit^  nee  in  curia  adeptns  erat  [Appius]^  quas 
petierat  opes  urbanaSj  humilibus  per  omnes  Cribus  dioisis  forum 
et  catnpum  corrupit. 

Falle  nun,  wo  das  acUve,  logische  Plusquamperfect  zu- 
gleich mit  dem  Imperfect  mit  postquam  construiert  ist:  Liv.  YII, 
2,  II:  postquam  lege  hac  fabularum  ab  risu  ac  soluto  ioco 
res  avocabatur  et.  ludus  in  artem  paulatim  verterat, 
iuoentus  • . .  ridicula  intexta  versibus  iactitare  coepit.  (Zu  p, 
perterat  vgl.  Anm.  21.)  Liv.  XXXIII,  7,  9:  postquam 
nuntii  instabant  et  iam  iuga  montium  detex  erat  nebula 
et  in  conspectu  erant Macedones  cett.  Ebd.  XXIV,  36,  8:  üi- 
milco  secutus  nequiquam  Marcellum  ...  postquam  [pugnandi 
occasio]  nulla  contigcrat  tutumque  ad  Syracusas  et  muni- 
mento  et  viribus  hostem  cernebat,  ne  frustra...  tempus  te- 
rerety  castra  inde  movit.  —  XXV,  10,  6:  postquam  lux 
certior  erat^  et  Romani,  qui  caedibus  suporfuerant^  in  arcem 
e  onfugerant^  conticiscebatque  paulatim  tumultus^  tum 
Hannibal  Tarentinos  si'ne  armis  conoocare  iübet,  —  I,  29,  4 : 
U t  vero  iam  equitum  clamor  exire  iubentium  instabaty  iam 
fragor  tectorum  quae  diruebantur  ultimis  urbis  partibus  audie- 
baturj  puloisque  et  distantibus  locis  ortus  oelut  nube  inducta 
omnia  impleverat:  raptim  etc,  (Über  impleoerat  vgl.  A.  26, g.) 

Was  nun  den  Gebrauch  des  Piasquamperfects  mit 
postquam  u.  s.  w.  bei  Cicero  betrifft,  —  abgesehen  zu- 
nächst von  den  Fallen,  wo  post  von  quam  getrennt  und  als 
Präposition  oder  Adverb  mit  einem  Accusativ  oder  Ablativ  des 
Zeilmafses  verbunden  ist,  und  abgesehen  auch  von  denen,  wo 
jene  Partikeln  (mit  Ausschluss  von  postquam")  die  Zeitbedingung 
für  wiederholt  eingetretenes  ^  geben  —  von  beiden  Fällen  wird 
unten  die  Rede  sein,  —  so  beschränkt  sich  dieser  Gebrauch  des 
Plusquamperfects  auf  einige  wenige  Stellen ,  in  denen  jedoch  die 
erörterte  logische  Natur  dieses  Tempus  unzweifelhaft  ist :  divin. 
in  Caecil.  2J,  69:  Cuius  consuetudinis  atque  instituti  patres 
moloresque  nostros  non  poenitebat  tum,»,  cum  P.  AfricanuSj 
hoff^o  virtute^  fortuna^  gloria^  rebus gestis  amplissimu^^  po^tea- 

ZeiUchrift  f.  d.  Ssterr.  Gvmnat,    1860.  Vlll.  Ueft.  ^^ 


68^        Ober  dio  Constr.  der  lat.  Zeitparlikeln,  v,  E,  Ilotfuißnn. 

quam  bis  eonaul  et  eensor  fueraty  L.  CoUam  in  uidieium 
ftoeabat.  Da  es  dem  Redner  darauf  ankommt,  das  gehässige  der 
gegen  Verrcs  übernommenen  Klage  durch  Verweisung  auf  be- 
rühmte Männer,  die  in  ähnlichen  Fällen  Ankluger  waren ,  zu  be- 
seitigen, so  liegt  das  Hauptgewicht  in  den  Eigenschaften,  die 
Scipio  damals  besafs,  als  er  gegen  Cotia  auftrat,  auf  eine  Zeit- 
bestimmung des  Prozesses  aber  kommt  es  ihm  nicht  an.  Mit 
posteaguam  wird  daher  nur  die  zuständliche  Charakteristik, 
die  mit  amplissimus  begonnen  ist,  fortgesetzt,  und  wenn  Cicero 
nicht  die  von  Scipio  bekleideten  Ehrenstellen  als  weitere  Be- 
gründung des  iiamplisstmus^  den  anderen  Gründen  für  dieses 
]^*ädicat  beifügt:  ,^rebus  geslis,  duplici  consulaCu  et  een- 
»ura  amplissimus,^^  so  geschah  es  eben  nur,  um  ausdrücklich 
zu  bezeichnen,  dass  ihm  damals  bereits  die  Eigenschaft  eines  ge- 
wesenen zweimaligen  Consuls  und  Censors  dinhsiHeie  ^sapoateaquam 
erat  bis  consuiatu  et  censura  fvnclus ^**)«  —  Ebenso  deutlich  ist 
eine  zweite  Stelle  in  Verr.  IV,  24,  54:  Posteaguam  tantam 
multitudinem  collegerat  emblematum^  ut  ne  unum  quidem 
euiquam  reliquisset,  instituit  offlcinam  Syracusis  sa  ^nachdem 
er  eine  solche  Menge  Verzierungen  b« i s ti m men  hatte«. •, 
errichtete  er  eine  Wcrkstälte'*  (um  diese  Verzierungen  auf  neu 
gefertigten  Gefäfjien  anbringen  zu  lassen).  —  Zu  der  Stelle  ad 
Att.  V,  10,  1:  Vt  Athenas  vener am^  expectabam  ibi  iam 
quartum  diemPomptinum^  genügt  es  auf  A.  20  zu  verweisen. — 
In  der  Stelle  d.  imp.  Cn.  Pomp.  9,  25 :  Nam  cum  se  in  regnum 
suum  recepisset  (^Mi(hridaCes\  non  fuit  eo  contenluSy  quod  ei 
praeter  spem  acciderat^  ut  illam  posteaguam  pulsus 
erat^  terram  umquam  altingeret,  sed  in  exercilum  nostrum 
darum  ac  victorem  impetum  fecit^  —  hier  ist  pulsus  erat 
reines  Imperfect.  —  Coelius  bei  Cicero  ad  fam.  VlII,  8,  2: 
M.  Sercilius^  postquam^  ut  coeperat,  omnibus  in  rebus  tur- 
baraty  nee  quod  non  vetuleret  euiquam  religuerat  maxi- 
maegue  nobis  traditus  erat  invidiae:  negue  Laterensis 
praetor  recipere  voluü  e.  g.  s.  Hier  zeigt  schon  das  zuständ- 
liche traditus  erat^  dass  turbar at  und  religuerat 
statt  ihres  Resultate  omitta  turbata  erant^  nihil  relic-- 
tum  erat  gesetzt  sind.  Der  gleichen  Auffassung  dürften  sich 
denn  wol  auch  die  sonst -noch  etwa  bei  Cicero  sich  findenden 
Plusquamperfecte  bei  postguam  fügen. 

Caesar  hat  das  Plusquamperfoct   weder   bei  postguam 
noch  bei  simut  ac,  einmal  dagegen  bei  übt,  b.  c.  II,  9,  eine 

•*•)  Die  beste  hitcrpretalion  gibt  Cic.  p.  Mur.  28,  58:  bis  consui 
fuerat  P.  Africanus,  et  duos  ter rotes  huius  imperii,  Kar- 
thaginem  Kumaniiamque  deteverat,  cum  accus avit  L.Cat- 

tam Saepe  hoc  maiores  natu  dicere  audici,  hanc  accn- 

satoris  extmiam  dignitatem  plurfmum  L,  Cottae pro- 
fuisse. 


Ober  die  Constr.  der  lat  Zcitpartikeln,  v.  E.  EofTmann,        587 

Stelle,  die  insofern  interessant  ist ,  als  hier  jene  Partikel  in  drei 
aufeinander  folgenden  Sätzen  mit  allen  drei  Zeiten,  dem  Perfect, 
dem  logischen  Plusquamperfect  und  dem  Imperfcct  construierl  ist, 
J.  6 — 7:  Übt  vero  ea  pars  lurris^  guae  erat  perfecta^  tecta 
atque  munita  est  ab  omni  ictu  hostium,  pluteos  ad  alia 
opera  abduxerunt ;  turris  tectum  per  se  ipsum  pressionibus  ex 
contignatione  prima  suspendere  ac  tollere  coeperunt.  Ubij 
quantum  sloriarum  demissio  paiiebatur ,  tunlum  elevarant^ 
inlra  haec  tegimenta  abditi  atque  muniti  parietes  lateribus  ex- 
struebant  rursusque  alia  pressione  ad  aedificandum  sibi  locum 
expediebant.  Ubi  tempus  aller ius  contignationis  vide^ 
batur^  ligna  item  Ut  primo  tecta  extremis  iatehbus  in-- 
struebant  cett,  Dass  tier  elevarant  statt  des  durch  das 
suspendere  ac  tollere  erreichten  Resultates  elevatum  erat  Coder 
ubi  altitudo  tanta  erat)  steht,  ergibt  sich  aus  der  Natur  der 
Sache,  da  das  Fortbestehen  jenes  Resultates,  der  Hebung  des 
Thurmdaches,  die  Bedingung  für  die  nun  folgenden  weiteren  Ar- 
beiten (parietes  lateribus  exstruere  cell.)  und  natürlich  auch  für 
die  Errichtung  des  folgenden  Stockwerkes  ist« 

Nach  ut  findet -sicLidas  Plusquamperfect  b.  c.  III,  63,  6: 
Nam  ut  ad  mare  nbstrai  cohortes  nonae  legionis  excubu- 
erant^  accessere  subita  prima  luce  Pompeiani.  Dass  hier 
excubare  in  dem  Sinne  unseres  «auf  Wache  ziehen,  einen  Posten 
beziehen^'  genommen  werden  muss,  so  dass  excubui  s=3  «ich  habe 
die  Wache  bezogen,  und  bin  nun  auf  Posten>>  ist,  leuchtet  wol 
ein«  Würde  excubare  in  dem  Sinne  «auf  Wache  s  e  i  n^  genommen, 
so  hätte  das  Plusquamperfect  überhaupt  keinen  Sinn  in  dem  obi- 
gen Zusammenhange.  Das  Plusquamperfect  excubuerant  ist  also 
zusammenzustellen  mit  den  A.  16 — 18  erwähnten  militärischen  Ter- 
minis :  constiterant,  eonsederant  cett.  —  An  zwei  linderen  Stellen 
legen  zwar  die  Herausgeber  der  Partikel  ut  comparativen.Sinn  bei, 
doch  dürfte  die  temporale  Bedeutung  wol  die  richtigere  sein: 
b.  G.  H,  19,  6:  Ubi  prima  impedimenta  nostri  exercitus  ab 
iis^  qui  in  sihis  abditi  latebant^  visa  ßunt^  quod  tempus  inter 
eos  committendi  proelii  conoenerat,  ut  ifUra  Silvas  aciem  or^ 
dinesque  constituerant  atque  ipsf  sSßöton  firm ave ran t 
subito  Omnibus  copiis prooolaverunt.  Ijier  W  mit  wie,  in  der 
Art  zu  übersetzen,  ist  namentlich  in  Bezug  auf  das  ut  sese 
eonfirmaverantiKrsiner:  «in  der  Art...  wie  sie  sich  ge- 
genseitig ermuntert  hatten,  nämlich  subito  omnibus  copiis  pro-- 
polare P^)  in  hohem  Grade  gezwungen.  Wie  ubi  ein  dem  pro^ 
volaverunt  Torangängiges  Ereigniss  angibt,  bo  werden  mit  ut 
Tollendete  und  nun  in  ihrem  Resultate  fortbestehende 
Handlungen  gegeben  ex  ^^ut  acies  constituta  erat^  ut  eonfir- 
mati  erant.^^  —  Eher  könnte  man  dies  vergleichende  ut  zu- 
geben in  der  anderen  Stelle  b.  G.  II,  23,  1 :  Legiones  nonae  et 
deeimae  mililes^   ut  in   sinistra  parte   aeie  con«<fCera%Kt^ 

\0* 


588         Ül)cr  die  Conslr.  der  lal.  Zeilpaiükiln,  v.  E.  Boffmann. 

pilis  emisisi» dursu  ac„.  lassiCudine  exanimatos  vulneribustque  con- 
feclos  Atrebates  {nam  his  ea  pars  obcenerat)  celeriter  ea:  loco 
superiore  in  flumen  compulerunt.  Kramer  erklärt:  ^^xU-con- 
stiterant:  demgemäfs,  dass  sie  diese  iSlellung  einnahmen,  hallen 
sices  mil  den  Alrebalen  zu  Ihun,  nam  his  ea  pars  obvenerae'^ — , 
doch  bei  der  damaligen  lumultuarischen  Aufteilung  von  Ca^sar's 
Heer  (s.  c.  22)  erscheint  es  nafu'rlicher  in  dem  ut  -  constiCerant 
die  Zeilbestimmung  für  den  Kampf  der  beiden  Legionen  zu  er- 
blicken =  «wie  sie  auf  dem  linken  Flügel  sich  aufgestellt  — 
und  60  diesen  nun  inne  hatten.'^ 

Was  den  Gebrauch  dieser  Zeilpartikeln  mit  dem  Plusquamper- 
fecl  '\n  den  übrigen  mit  Cäsar's  Commenlaren  vereiniglcn  büchern 
betrifft,  so  ist  zu  bemerken,  dass  Hirtius,  der  Verfasser  des  YIII. 
Buches  deb.  G.  dieses  Tempus  nur  einmal  bei  ul  angewendet  hat, 
80,  ],  doch  so,  dass  man  bei  der  Zeilunlerordnung,  die  seinerseits 
das  zugehörige  demonstrative  Glied  erfahren  hat,  nicht  weifs,  ob 
darum  auch  das  relative  Glied  in  das  Plusquamperfect  gesetzt  ist,  oder 
ob  er  bei  dem  Plusquamperfect  {defecerat)  die  daraus  resultierende 
Zuslandlichkeit  des  «in  Aufruhr  sein>>  im  Sinne  halle:  Qua  ex 
fuya  cum  constaret  Drappetem  Senone)n^  gui^  ut  primum  de- 
fecerat Qallia^  coUectis  undigue  'pirditis  hominibus^  servis 
ad  iiberiatem  vocatis  .  .  .  impediftidnta  et  commeattia  Roma" 
uorum  inCerceperaCj  non  amplius  hominum  milibus  ex 
fuga  guingue  coUectis  provinciam  petere  cetL  Jedenfalls  würde 
auch  bei  Aufhebung  der  Unterordnung  des  dcmonslraliven  Glie- 
des das  Plusquamperfect  in  dem  angegebenen  Sinne  dem  Sach- 
verhällniss  entsprechender  sein  als  das  Perfect:  Drappes ,  ut 
Qaliia  defecerat  (=  rebellabat)^ .  . .  interccpit.  (s.  Anm.  22). 

In  dem  Commentare  ^de  bello  Atex.^  findet  sich  das 
Plusquamperfect  bei  den  in  Rede  stehenden  Partikeln  nie;  dagegen 
wird  von  dem  Verfasser  des  ^belL  Afr}  postguam  an  drei 
Stellen  mit  diesem  Tempus  construiert,  doch  kann  die  eine  davon 
kaum  in  Betracht  kommen,  da  wir  es  daselbst  nur  der  Form 
nach  mit  einem  passiven  Plusquamperfect  zu  Ihun  haben,  in 
Wahrheit  aber  mit"  dem  Imperfecl  der  Copula  esse^  und  zwei 
adjeclivischenParticipien:  6,4:  Postguam  rcpnlsi  et  con- 
iecti  erant  intra  munitionesy  Caesar  Her  constilutum  ire 
ron/endit.  —  In  der  Stelle  37,  I:  Caesar^  postguam  legio" 
nibus  veteranis  duabus,  eguitatu  ieoigue  armatura  copias  suas 
ex  secundo  commeatu  auxerat^  naves  onerarias  statim  iubet 
Lilybaeum  proficisci^  —  kann  die  in  dem  Plusquamperfect  lie- 
gende Zuslandlichkeit  nicht  füglich  verkannt  werden.  Ebenso 
wenig  kann  der  Begriff  der  Zuslandlichkeit  zweifelhaft  sein,  wenn 
auch  der  Beschaffenheit  des  Verbums  wegen  das  Plusquamperfect 
auffallen  muss  in  der  Stelle  87,  4:  Itague  postguam  castra 
non  potuerant  potiri^  Uticam  se  in  oppidum  conivcerunt. 
Wir  würden  erwarten  postguam  non  potucre  od- r  pote- 


Cber  die  Couslr.  der  laU  ZcilpartikelD,  v.  E.  Uoffinann.        589 

rant'^  der  Schriftsteller  aber  fasst  das  non  posse  wie  irgend 
eine  andere  Tbatigkeit,  die  in  ihrer  Vollendung  zu  der  Zeit  vor- 
gelegen habe,  wo  das  Factum  se  coniecerunC  eintrat'*). — Der 
Verfasser  des  ^bellum  Hispaniense^  bedient  sich  dieser 
Zeitpartikeln  gar  nicht,  mit  Ausnahme  einer  Stelle  37,  2,  wo 
er  simul  (mit  dem  Perfecl)  gebraucht.  Sonst  wendet  er  nur 
cum  an. 

Bei  Salin  st  sind  es  im'  ganzen  neun  Stellen,  wo  post- 
quam  oder  ubi  —  nur  diese  beiden  Partikeln  —  mit  dem 
Plusquamperfect  verbundc^n  sind'.  Jug.  11,  2:  P osiquam  HU 
more  regio  iunta  magnifice  fe cerant^  reguli  in  unum  con- 
reneruntj  ut  inier  se  de  cunctis  negoliis  disceptarent.  Hier  ist 
das  Plusquamperfect  wohl  gewählt,  weil  jene  ^^iustä*^  keine  einzelne 
Handlung,  sondern  eine  Reihe  von  Ceremonien  waren,  wie  sie  der 
^mo8  regiu»^  bedingte:  ^<als  nun  alle  jene  schuldigen  Ehren  dem 
Todten  gezollt  —  und  nun  vorüber  waren.**  (Vgl.  A.  26,  m.) 
Jug.  44,  4:  Nam  Albinus,  Au/i  fratris  exercitusque  clade 
percuUus^  post quam  decrev  erat  non   egredi  pronincia^ 


')  Gerade  potuerat  findet  sich  öfters  so  angewendet,  dass  es  un- 
genau stritt  des  «Imperfects  gesetzt  zu  sein  seheint,  wie  in  der 
von  Haase  zu  Reisig's  Vorles.  Anm.  456  S.  505  citiertcn  Stelle  aus 
Vell.  II,  3,  2:  Gracchus  vitam,  quam  gloriosisaime  degere  po- 
iuerat,  immatnra  morte  ßnivit,  —  Daher  suchte  Reisig  g.  292 
in  der  Art  aus  potueram  den  Sinp  eines  Imperfects  zu  ent- 
wickeln, dass  er  es  gleich  setzte  mit  facuUatem  nactus  eram  d.  i. 
poler  am.  Mit  Recht  hat  sich  Haase  a.  a.  0.  gegen  diese  ller- 
leitung  des  Gebrauches  ausgesprochen  und  betont,  dass  überall 
eine  verglichene  Vergangenheit  ein  solches  Plusquamperfect  recht- 
fertigen müsse;  in  der  Stelle  des  Velleius  sei  es  die  Zeit,  ehe 
Gracchus  die  ihm  verderblichen  Unternehmungen  begann,  auf  die 
das  Plusquamperfect  sich  beziehe ;  doch  bei  einem  Autor  wie  dem 
Verfasser  des  bellum  Africae  dürfte  es  schwer  sein  überall  eine 
Ratio  herauszußuden.  Gerade  was  den  Gebrauch  des  Plusquam- 
perfects  betrilTt,  so  Gndet  sich  dies  wiederholt  in  auffallender 
Weise  bei  ihm  statt  des  Imperfects  gesetzt :  89,  j  :  Caesar  Us^ 
selam  pervenil,  ubi  Scipio  magnum  frumenli  numerum ,  arma- 
rum  telorum  ceterarumque  rerurn  cum  parro  praesUtio  habue- 
ral.  Id  adveniens  polilur  ^  —  somit  rausste  es  habebat 
heifsen.  —  Gleich  darauf  §.  2:  Quo  [kdrumelum]  cum  inlroisset 
,  ,  .  Q.  Ligario,  C,  Constdio  fttio,  qui  tum  ibi  fuerant,  viiam 
conceisit,  —  88,  3:  Calo  .  .  .  liberis  suis  L,  Caesari .  qui  tum 
ei  pro.  quaestore  fueratj  commendatis  .  .  .  Andere  solche 
Fälle  s.  bei  [Sipperdey,  Caes.  ed.  raai.  p.  22.  —  Das  Plusquam- 
perfect bei  postquam  dürfte  übrigens  noch  an  einer  anderen 
Stelle  dieses  Commentars  38,  4  herzustellen  sein.  Die  mafsgeben- 
den  Handschriften  nämlich ,  die  zweite  Pariser  (a)  und  die  von 
mir  verglichene  erste  Wiener  (/■),  wozu  noch  die  erste  Leidener  (^) 
kommt,  geben :  Qund  poslquam  Scipio  Labienusque  animad- 
verterant,  equilatu  omni  ex  castris  cducto  .  .  .  circiter  p/is- 
sus  mille  progrediuntnr  cell.  Das  Plusquamperfect  anlmadter- 
terant  ist  dann  zu  beurtheilen  nach  Anm.  14. 


590        Über  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikiln,  v.  S.  BoßTmaWL 

gitanium  temporis  aesiirorum  in  impen'o  fuU^  pltrumque  tnHi* 
ie»  statifiin  caMlris  habebat  ^  nisi  cum  odos  au£  pabuii  e§esta$ 
loeum  mulare  gubegeraL  Hier  fühlt  sich  leicht  heraus,  das« 
rs  nicht  füglich  heifäcn  konnte:  pos  tquam  deer^vii  — 
habebaC\  nicht  zwei  Ereignisse  werden  verglichen,  sonden 
das  neben  dem  gefassten  Beschlüsse  und  dem  daraus  nun  rasol« 
lierendcn  Willen  (vgl.  Anm.  15)  einhergehende  Verhalten  des 
Albiiius.  —  Kaum  bedarf  es  einer  Bemerkung  über  die  folgen- 
di^n  Stellen:  Jug.  79,  4:  Postguam  utrtmgue  legiones  Htm 
classes  saepe  fusae  fug ataeque  e£  aUeri  aiteras  mUquMn- 
tum  allrioerani^  verUi .  .  .  ,  per  induCias  spontionem  /«- 
chint,  —  Ebd.  88,  1:  Metellus  •  «  .  plebi  pafribusque^  poii^ 
quam  invidia  decesseraCy  iuxla  carus.  —  97,  1 :  Jm* 
gnrtha  posCquam  oppidum  Capsam  aliosque  iocos  mumt9$ 
et  »ibi  utilis  si'mul  et  magnam  pecuniam  omiserat^  id 
Bocchum  nuntiOB  miltit,  —  108,  1  :  Ibi  cum  Boccho  Xuwudn 
qitidam  Anpar  nomine  multum  et  familiariter  agebatj  praemiM' 
sus  ab  JugurlhGy  postquam  Sultam  aceitum  audierMt^ 
orator  celt,  (=  «seil  er  Kunde  halle,'*  vgl.  cognoveratn.%» 
A.  14.  Dazu  Stellen,  wie  Caes.  b.  G.  V,  1,  5:  in  lUyricum  pra- 
ficiscitur,  qnod  a  Pirustis  ...  vastari  audiebat.  Ebenso  b. 
G.  VI,  33,  3.  36,  1  u.  6.,  ferner  Stellen  wie:  postquam  viU-- 
bat  —  cernebat  bei  Liv.  I,  54,  5.  V,  39,  2»  XXXV,  38,  I. 
XXXVHI,  48,  12  u.  a.  m.)  —  Cat.  13,  4:  Haee  iuventuiem^  uki 
familiäres  opes  defeceranCy  ad  facinora  incendebani.{\gi 
A.  25)  —  16,  2:  posty  ubi  eorum  famam  aique  pudorem 
attrioerat^  maiora  alia  imperabat.  (A.  26,  e.)  —  114,  3: 
po»t^  ubi  aeian  tantummodo  quaestui  neque  iujturiae  modum 
fecerat^  aes  alienum  grande  conflaoerant  (s.  A.  26,  1.) 

Bei  Cornelius  Nepos   sind  im  ganzen  drei  Stellen,  die 
hier  in  Betrachl  kommen:  Lysand  4,3:  Hunc  {librum}  Lgun- 
der  domum   cum  redisset,  postquam   de   suis   rebu$  gestii 
apud  maxlmum  magistratum^  quae  rolueratj  dixeraty  testi» 
ffionii  loco  librum  a  Phamabazo  datum  tradidit.    Hier  kornffll 
es  nicht  auf  eine  Zeilbestimmung  des  tradidit  an,  dass  dies  nach 
Beendigung  der  Rede,   sondern  unter  welchen  Umständen  es  er- 
folgt sei.    Es  soll  der  Conlrast  hervorgehoben  werden,   in  wel- 
chem der  Inhall  —  das  Resultat  —  von  Lysander's  nach  Will- 
kur ausgestatteter  Rede  mil  dem  Inhalte   der  als  vermeinte  Be- 
glaubigung vorgelegten  Schrift  des  Pharnabazus  sland :  =  «bscIh 
dem  er  einen  willkürlichen  Bericht  abgestallet  hatte — und  di^ 
ser  Bericht  so  nun  zu  seinen  Gunsten   laulete.^   —  Zu  der 
Sli'lle  Alcib.  6,  2:    Neque  id  sine  causa   arbitrari  widtbantur 
[Atheniensea].     \am  postquam  excrcitui  praeesse  coept- 
raty  neque  terra  neque  mari  hostes  pares  esse  patueranty-^ 
bemerkt  Nipperdey:   «das  Plusquamperfect   hd  postquam  y  weil 
der  Hauplsalz  diese  Zeit  hat/^  —  doch  würde  auch  bei  anderer 


über  die  Gonstr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  E,  üoffmann.       591 

Zeitbeschaffenheit  des  Hauptsatzes  (potuerunt^  poteranl)  das 
Plusquamperfect  coeperant  gerechtfertigt  sein,  da  nichts  hin- 
dert^ es  in  dem  einen  wie  in  dem  anderen  Falle  als  bekanntes 
Imperfect  zu  fassen.  — -  Zu  diesen  beiden  Stellen  kommt  noch 
eine  dritte  mit  ut^  Dion.9,4:  r7//,  ut  limeti  eins  intrarant^ 
foribua  obseratis  in  leclo  cuhanlem  invadunt,  {intrarant 
=s  [intfa  limenj  erant^  vgl,  A.   15.) 

Dieselbe  Natur  hat  auch  das  mit  pottquam  u«  s.  w. 
verbundene  Plusquamperfect  in  den  Stellen,  die  ich  bei  Livius 
\\\  den  Büchern  I— X,  XXI— XXVI,  XXXI— XXXIV  gefunden  habe. 

II,  8,  7:  id  omnibus  modi»  impedire  conati^  po9tquam 
alia  frustra  temptata  erant^  poslem  tarn  tenenti  consuli 
foedutn  nuneium  incutiunt.  Derselbe  Satz:  poslquam  alia 
(Vustra  temptata  e r an ^  kehrt  wieder  X,  6,  4.  —  III,  23,  6: 
postguam  moenibus  iam  Romanis  puUo  hoste  periculum 
esse  desierat,  et  ipse  ab  Roma  profectus*  («*»  p,  non  amplius 
nderat  s.  A.  26.)  —  26,  3:  [Minucius]  nnlla  magnopere  clade 
(iccepta  castris  se  pavidus  tenebat,  Quod  ubi  senser ant 
hostesy  creoit  ex  metü  alieno^  ut  fit^  audacia^  et  noete  adorti 
rastra^  postquam  parum  vis  aperta  profecerat,  munitio- 
fies  postero  die  cireun^dant,  (Zu  senserant  vgl.  A.  14,  zu 
postquam  parum  profecerat  vgl.  Liv.  X,  84,  1 :  postquam  ea 
parum  procedebant;  XXXIII,  5,  3 :  postquam  nihil  con^ 
ceptae  temere  spei  suceedebat.)  —  44,  4:  hane  virginem 
. . .  pretio  ac  spe  perlicere  adortus^  postquam  omnia  pudore 
saepta  animadverterat^  ad  crudeiem  superbamqne  vim 
animum  convertit.  —  Für  die  Stelle  X,  45,  5:  ad  Aequos  inde 
.  .  .  foersa  arma  Romano^  quod  .  .  .  unioersa  prope  gens  .  .  . 
ad  hostes  descitferat ;  et  postquam  icto  Romac  cum Samniti" 
bus  foedere  feliales  vener  ant  res  repetitum ,  temptationem 
aiebant  esse  celt.  gibt  es  eine  doppelte  Erklärung;  einmal 
lasst  sich  venerant  in  dem  besprochenen  Imperfect «  Sinn  ade^* 
rant  fassen  (s.  A.  20,  und  äüzu  postquam  aderat 
oben,  bei  Sali.  Jug.  58,  7.  Liv.  XXV,  36,  4.),  da  bekannt- 
lich die  Fetialen  durch  dreissig  Tage  hindurch  {iusti  dies)  in 
der  feindlichen  Stadt  verweilten,  ehe  sie  mit  dem  Endbescheide 
derselben  nach  Rom  zurückkehrten,  so  dass  also  mit  postquam 
venerant  nicht  der  Termin  ihrer  Ankunft,  sondern  die  Zeit 
nach  ihrer  Ankunft  und  während  ihres  verweilens  bei  den 
Aequern  als  diejenige  bezeichnet  ist,  mit  der  die  —  wieder- 
holten •—  Äusserungen  der  Aequer,  aiebant,  zusammenfielen; 
—  oder  insofern  für  aiebant,  wenn  das  Moment  det  Zuständ- 
lichkeit  und  Wiederholung  unberücksichtigt  geblieben  wäre,  das 
Plusquamperfect  dixerant  (wie  desciveraty  als  vorhergängiger 
Grund  für  das  versa  arma  ad  Aequos)  hätte  eintreten  müs- 
sen, 80  liefse  sich  das  Tempus  bei  postquam  auch  aus  dieser 
Zdtunterordnung    des   Hauptsatzes    erklären.    —   XXI,  33,   10; 


592        Über  die  Constr.  der  laU  Zcitpartikcln,  v.  E.  Holtt/iann. 

po»lquam  liherata  iUnera  fuga  monlanornm  erant  \»X 
üben  A.  9  unler  den  Stellen  mit  dem  Iniperfecl  aufgezahlt.  — 
XXII,  48,  4 :  Ae  dum  proeUum  ab  omni  parte  conseriitirj 
quieti  manserunt:  postquam  omnium  animos  oculosque  oe~ 
cupaverat  cer tarnen^  tum  arrepfis  »cutis  .  .  .  aversam  ad" 
oriuntur  Romanam  ar.iem  (Vgl.  A.  26,  a.)  —  XXII,  28,  2; 
qnae  (^Fabii  runctatio)  ut  Hannibalem  non  mediocri  cura  sol- 
(icitum  habebat^  ita  coulempta  erat  inter  civis  armatos  parUer 
loyatosque^  utique  p  o  stquam  absente  eo  temeritate  magistri 
equitum  laeto  verius  dixerim  quam  prospero  enentu  pugna-^ 
tum  fuerat  (=  <<soildem  gekämpft  worden  war  und  nun  ein 
glucklicher  Erfolg  des  Magister  Equilum  gegen  Hannibal 
vorlag'^  •^). — XXIV,  36,  4:  postquam  ab  Eippocrate  oc- 
cupatae  Syracusat  erant.  —  XXV,  23,  8 :  aiia  ßubinde  spes, 
postquam  haec  ttana  eoaserat^  excepit  (=  postquam  haee 
vana  erat^  wie  XXIV,  32,  5:  ut  omnia  vana  erant)  — 
XXVI,  5,  17:  ceterum  postquam  iam  ad  Signa  pernenerat 
liispanorum^  tum  undique  in  eum  tragulae  coniectae.  (A.  20)  — 
17,  il:  postquam  pars  maior  emissa  exercitus  erat.  — 
40,  17:  quattuor  milia  hominum  erant^  mixti  ex  omni  collu^ 
rione  exules^  obaerali^  capitalia  ausi  pierique^  et  cum  in  civi- 
tatibus  suis  ac  sub  legibus  vixerant^  et  postquam  eos  ex 
variis  causis  fortuna  similis  conglobaverat  Agathyrtiam^ 
per  latrocinia  ac  rapinam  tolerantes  vitam,  (Vgl.  A.  26,  k. 
VVeissenborn  bemerkt  richtig:  ^^et- et  -  conglobaverat  gibt  die 
Zeit  an,  in  welcher  das  tolerare  ritam  cett.  stattfand...  post- 
quam^ seitde m.**)  —  XXXIII,  3,  1 :  Philippus  quoqne  primo 
rere ,  postquam  legali  ab  Roma  nihil  pacati  retul erant^ 
delectum  per  omnia  oppida  regni  habere  instituit.  (Vergl.  die 
zu  Anfang  aufgeführten  Stellen:  postquam  frustra  temptata 
erant;  ferner  Liv.  XXXIII,  17,  4:  postquam  pacati  nihil 
ostendebatur). 

Mit  ubi:  Liv.  XXIII,  27,  3:  Quam  ubi  ncglegcntiam 
ex  re,  ut  fit^  bene  gesta  oriri  senserat  Hasdrubal^  cohor- 
latus  milites  e.  q,  s.  (s.  A.  140  —  XXV,  36,  7:  ut  tamen 
aliquam  imaginem  valli  obicerent^  clitellas  inligaCas  oneribus 
pclut  struentes  ad  altitudinem  solitam  circumdabant  ^  cumulo 
sarcinarum  omnis  generis  obiecto^  ubi  ad  moliendum  clitellac 
defuerant,  {defuerant^  wie  «tipcr/'w^ra  ^  XXII,  2,  10  : 
elephanto,  qui  unus  super fueraly  vectus.  Vgl.  ebd.  58,  11.— 
Mit  ut:  XXI,  47,  3:  Iransire  pontem  non  poluit^  ut  extrema 


')  Wcisseiiborn  sieht  sich  im  Commcntar  zu  dieser  Stelle  zu  der 
Bemerkung  veranlasul,  dass  «Livius  oft  so  das  IMuscjuanipcrfccl 
nach  postquam  brauche,  ohne  gerade  bezeichnen  zu  wollen,  dass 
zwischen  der  Handlung  im  Haupt-  und  Nebensätze  eine  längere 
Zeit  verflossen  sei."  Diese  Bemerkung  ist  leider  nur  noch  zu 
eng  gefasst. 


über  die  Constr.  der  lat.  Zeiipartikcln^   v.  E,  Hoffinann,        593 

resolula  erantj  iota  rate  in  secundam  at/uam  labente,  — 
A'XVJ,  18,  10:  ut  tarn  reseder al  impetus  animorum  ardor- 
//MC.  (A.  25;  vgl.  XXVI,  19,  2:  ut  ardorem^  qui  resederai^ 
excUareC.)  —  XXXII,  31,  1:  consul  primo  peragrar^erat  ßnis 
Botorum^  deinde  ut  relictis  Insubribus  ad  sua  tuenda  rece- 
per  an  t  »ese^  castris  se  tetiuit.  (Vergl.  XXXIV,  28,  7:  poat- 
quam  nemo  hostium  contra  ewibat^*). 

Bei  Tacitus  finden  sich  30  Stellen  mit  dem  Plasquam- 
perfect'*),  doch  fügen  sie  sich  alle  der  von  uns  aufgestellten 
Regel  über  dieses  Tempus  hei  postguam  u.  d.  a. 

An.  I,  1 :  Tiber ii  Oaique  et  Claudii  ac  Neronis  res  /fo- 
rentibus  ipsis  ob  metum  fatsae^  postquam  occiderant^ 
recentibus  odiis  compositae  sunt.  —  c.  49:  et  quidam  bonorum 
caesi^  postquam  intellecto  in  quos  saeviretur ,  pessimi  quo^ 
que  arma  rapuerant.  —  II,  65:  postquam  dolum  in- 
tellexerat^  sacra  regni . , ,  obtestantem  catenis  onerat,  (s. 
A.  14.)  IV,  10:  ea  fraude  tum  sencm^  postquam  conmmum 
in  i  erat  eique  iam  int  er  erat  exceplum  poculum  Druso 
tradidisse.  —  IV,  54:  pernicitate  equi  profugusj  postquam 
salluostoa  locos  attigerat^  dimisso  equo  per  derupta  et  avia 
sequentis  frustratus  est:  (vgl.  A.  20.)  —  VI,  14  (8):  fate- 
bor  et  fuisse  me  Seiano  amicum  et  postquam  adeptus 
eram^  iaetatum.  —  c.  27(21):  Thrasulius,  postquam  per^ 
contantem  common  er  at^  imperium  ipsi  et  futura  solerter 
patefaciens^  interrogatur,  (Vgl.  A.  26,  b.)  —  XII,  12:  post" 
quam  adtßenerat\  —  c.  59:  postquam  revenerant 
(A.  20).  —  c.  15:  postquam  c ognoverat  (A.  14).  —  XIII, 
36:  Paccius  Orfitus . ,  ,  rupfo  imperio  ^  postquam  paucae  e 
proximis  castellis  turmae  advenerant  pugnamque  imperitia 


•*)  um  hier  eine  Bemerkung  über  den  Gebrauch  dieser  Zeitpartikeln 
bei  Velleius  Paterculus  einzuschalten,  so  wendet  dieser 
postquam  gar  nicht  an,  aufscr  wo  post  mit  dem  Accusativ 
eines  Zeitausdruckes  verbunden,  also  Präposition  ist.  (Davon  un- 
ten.) Die  andern  Partikeln  betrcCfend,  so  gebraucht  er  ut  im  gan- 
zen siebenmal  und  nur  mit  dem  Perfect  (!)  10,  2.  II,  49,  4.  52, 
3.  59,  5.  62,  1.  85,  3.  90,1.);  uöl  zweimal  mit  dem  Perfect  (II, 
3,  4.  85,  3)  und  in  verallgemeinerndem  Sinne  mit  dem  Coujunctiv 
Imperf.  oder  Plusqpf.  an  drei  Stellen  (s.  u.  A.  37  z.  E.) ;  simui 
findet  sich  nur  II,  88  an  zwei  Stellen,  beidemal  mit  dem  Conjunc- 
tiv  des  Plusqpf.,  g.  1,  weil  der  Satz  aus  der  Meinung  des  Sub- 
jedes  gegeben  ist,  §.  2.  verallgemeinernd,  (s.  Anm.  57.) 

**)  In  der  Germania  kommt  nur  die  Partikel  ut  vor,  und  diese  nur 
an  zwei  Stellen  c.  28  mit  dem  Plusquamperfect,  wo  es  sich  um 
wiederholt  eingetretenes  handelt,  c.  31  mit  dem  Perfect.  —  Im  Agri- 
cola  finden  sich  postquam,  ut  und  ubi,  von  diesen  aber  nur 
das  letztere  und  zwar  bei  Schilderung  von  wiederholten  Ereignissen, 
-^  lüit  dem  Plusquamperfect  c.  20.  Der  Fall,  wo  sich  nach  übt  ein 
Farticip  mit  Weglassung  von  fr a^  neben  einem  Imperfecta 
Satze  findet^  c.  38.,  wurde  schon  oben  erwähnt. 


594        Über  die  Gonstr.  der  lat.  Zeitpartikein,  v.  E,  UolTmann. 

poscebanlj  congre»su8  cum  hoste  funditur  (über  advene- 
ranC  =  aderant^  s.  A.  20).  —  c.  44:    postulatus   apud  con- 
suleSf  p  08  tquam   tribunatu  abier  a  t^  condemnatur.  —  c. 
o4:  postguam  audiveranC,  —  X1V,37:  legio  , . ,  posCquam 
propiuB 8uggres8us  hosti«  cerlo  iactu  tela  exhauserat^  velul 
tuneo  erupit  (=  ;>.  ho»U  non  amplius  tela  erant),  —  c.  39: 
poslquam  Oceanum  Cransmiserat  (sc,  et  in  Britannia 
erat).  —  c.  49:    postquam    discessionem  consul   permi- 
8 erat  (  =  />.  liceb  at  disceesionem  facere),  —  XV,   15:  [a 
Vologese]  fama  moderationis  quaerebatur^  postquam  super^ 
öiam  expleoerat  (A.  26,  g).  —  c.  20:  Paetus  Tärasea^  post- 
quam   de   reo  censuerat  Creta  depellendum ,  haec  addidit 
(=  ^^nachdcm  er  sein  Volum  abgegeben   hatte  und  dieses  dahin 
lautete^^  —  fugte  er  —  ImAnschluss  an  dieses  Votum  —  einen 
entsprechenden  Antrag  hinzu).  —  Hist.  I,  26:   Infecit  ea  tabe8 
legionum  quoque  et  auxiliorum  motas  iam  mentes,  postquam 
vulg atum  erat  labare  Oermanici  exercitus  fidem.  —  Hi^t.  11, 
68 :  igilur  duobus  militibus  altero  legionis  quirUae^  aitero  e  Oailis 
auxiliaribus  per  lascimam  ad eertamen  luctandi  accen8i8^  post-^ 
q ua m  legionarius  procideratj  insultante  Gallo  et  iss  qui  ad 
spectandum  conoenerant  in  studia  diductis^  erupere  legionarii  in 
perniciem  auxiliorum.  —  IIJ,  47:  Anieetus^  Polemonis  libertus^ 
praepotens  olim^  et  postquam  regnum  in  formam  provinciae 
»erterat  j  mtttationis  impatiens  (s.  A.  21).  —  111,  72:  Qtem- 
plumJovis  O  M.)  isdem  rursus  vesligiis  situm  est^  postquam 
interiecto  quadrittgentorum  quindecim  annorum  spatio   L,  Sei- 
pione^  C*  Norbano  consuUbus^   flag  rarer  at  (=s  igne  com- 
bu^Cum  erat).  —  IV.,  3:  Civilia  arma^  postquam  Aeggptum^ 
Judaeam^  Syriamque  et  omnis  prorincias  exercitusque  l  u  st  ra- 
rer an  t^  relut  expiato  terrarum  orbe  cepisse  finem  videbautur 
{=:  p,  orbis  terrarum  armis  cirilibus    iam  lustralus  [et  relut 
rxpiatus]  erat),  —  c.  39 :  dein  postquam  inanem  animum 
spe  et  cupidine  impleverat^  vires  aboiet  demissa  in  hiberna 
legione  septima  (s.  A.  26,  g.).  —  C  62:  duplicatur  flagitium^ 
postquam   desertis   Bonnensibus   castris   altera  se  legio  mi- 
scuerat  (s.  A.  26,  h.).  —  V,  9 :  mox  cioili  inter  nos  belfo^ 
postquam   in  dicionem  M.  Antonii  provinciae   cesserant^ 
rex   Parthorum    Pacorus    Judaea    potitus    est   (s.  A.  20).  — 
Mit  ubi:  An.  XIII,  40:    ubi   nihil    temeritate  sola  tum    nee 
amplius  quam  decurio  equitum  audentius  progressus  et  sagittis 
€onfixu8  ceteros  ad  obsequium  exemplo  firmarer  a  l^  [Tiri^ 
dates]  propinquis  iam  tenebris  abscessit  (A.  2Ö,  I.)  — XV,  10: 
ubi  adrersus  urgentes  casus  fir malus  erat*  —  Hist.  I,   (i6: 
Viennenses ,    velamenta    et    infulas  praeferenles ,    ubi  agmen 
incesseratj  arma^  genua ,  restigia  prensando  flexere  mili^ 
tum  animos  (i«.  A.  20).  —  111,  20:  ubi  aspeclu  et  auctoritate 
Silentium  fecerat  (==  e^  iam  Silentium  eral^  s.  A.  26,  ni. ). 


über  die  Constr.  der  laL  Zeilpartikeln,  v.  E.  Eofftnünn.        595 

Bei  Floras   findet  sich  das  Plusquamperfect  nach  po»t^ 

guam^^)  an   zwei  Stellen:   III,  8,  12:    Cimbri posC^ 

f/uam  retinere  amnem  frustra  eenCaveranty  ingetta  silva 
obrutam  transiluere.  (Vgl.  oben  die  Stellen  aus  Livius  11,  8,  7. 
X,  6,  4  und  die  zu  II,  26,  3  citierten  Stellen  von  poitq.  mit 
analogen    Imperfeclen.)  —    111,    5,   10:    Mox    subrulo    JPiraei 

porlu postquam   domuerat  ingratissimos  hominum^ 

famen  uC  ipse  dixiC,  in  honorem  morCuorum  ^  sacris  8uia  /a- 
maeque  donaoit*  (Statt  postquam  domuerat^  wozu  vgl.  A. 
26,  d. ,  hätte  können  auch  das  Particip  angewendet  werden: 
dornt  Co  8  sacris  suis  fämaeque  donamt.)  —  Eine  dritte  Stelle 
mit  postquam  coeperat  (IV,  2,  79:  Sane  et  ipse  ante 
aciem  moestior  non  ex  more  Caesar^  sive  respectu  fragililatis 
humanaey  sice  nimiam  prosperorum  suspeclam  Habens  conti'^ 
fiuationem^  vel  eadem  timens^  po  stquatn  idem  esse  coe^ 
perat^  quod  Pompeius\  kann  bei  der  anerkannten  und  schon 
oben  zu  Com.  Nep.  Ale.  6^  2  berührten  Imperfect-Natur  dieses 
Yerbums  kaum  gezählt  werden. 

Mit  diesen  Fällen  des  Gebrauches  der  Conjunction  post^ 
quam  mit  dim  Plusquamperfectum  hat  derjenige  nichts  gemein, 
der  in  den  Grammatiken  freilich  als  vollkommen  gleichartig  be- 
trachtet wird,  wo  post  von  quam  getrennt  und  entweder  als 
Präposition  mit  dem  Accusativ  oder  als  Adverb  mit  dem  Ab*« 
lativ  eines  Zeitmafses  verbunden  ist  Hier  haben  wir  es  eben 
nicht  mehr  mit  der  Conjunction  postquam  zu  thun,  die 
Ereignisi^e  ohne  Rucksicht  auf  den  sie  trennenden  Zeitraum  nur 
in  der  Aufeinanderfolge  ihres  Eintretens  vergleicht;  vielmehr 
handelt  es  sich  hier  um  eine  durch  post  nebst  dessen  Casus 
gegebene  adverbielle  Zeitbestimmung,  für  welche  ein  Satz  mit 
quam  ganz  wie  nach  jedem  anderen  Comparativ-Ausdruck  den 
S^'rgleichungspunkt,  hier  also  den  Anfangspunct  der  Zeitrechnung 
für  den  \x\  dem  Casus  gegebenen  Zeitraum  abgibt.  Ueber  die 
Zeit  dieses  Satzes  mit  quam  kann  es  dann  keine  anderen  Bestim- 
mungen geben,  als  die  für  die  Zeitwahl  überhaupt  feststehenden, 
dass,  je  nachdem  der  Anfangspunct   der  Zeitrechnung  für  einen 


^^)  Sonst  findet  sich  postquam  bei  Florus  noch  an  neun  Stellen  mit 
dem  Perfeck  (I,  12,  3.  II,  10,  3.  17,  4.  III,  8,  6.  18,  4.  9.  21,  13. 
IV,  2,  71.  12,  30),  an  einer  mit  dem  hislor.  Präsens  IV,  12,  50; 
an  drei  Stellen  mit  dem  Imperfect  (p.  non  poterat  I,  10,  4;  p. 
liquebat  1,  13,  14;  p,  dies  aderat  III,  14,  4).  —  ubi  mit  dem 
histor.  Präsens  findet  sich:  I,  3,  7.  I,  13,  14.  III,  5,  21.  14,  5  (au 
allen  diesen  Stellen  ubi  videt,  wie  bei  Sallusl  s.  A.  48);  ferner 
I,  10,  4.  III,  i,  16.  IV,  2,  28.  Mit  dem  Porfect:  II,  6,  9.  III,  6, 
13.  IV,  2,  Ö8.  il,  10;  mit  dem  Imperfect  II,  18,  13;  ferner  ein- 
mal mit  dem  Conjunctiv  dieses  Tempus  II,  2,  10  bei  Angabe  wie- 
derholter Handlungen,  worüber  unten  A.  47.  —  tt  /  mit  dem  Perfecl 
steht  II,  4,  2;  ein  audeTe&malut  primumW,  iZ,  Z%.^  simul 
iac)  kommt  nie  vor. 


596        Über  die  Conslr.  der  lat.  Zeitpartikcln,  v.  E.  Hofftnann, 

gegenwärtigen  oder  für  einen  vergangenen  Termin  zu  geben  isf, 
da8  Perfeclum  oder  das  Plusquamperfectum  eintreten  muss.  Dass  aber 
der  Satz  mit  quam  nur  einen  Theil  der  adverbielien  Zeitbestim- 
mung ausmacht^*«),  zeigt  sich  namentlich  in  denFäilen,  wo  ohne 
dass  po8t  gesetzt  wäre,  der  Satz  mit  quam  die  Beziehung  der 
in  einem  Zeitablative  durch  eine  Ordinalzahl  gegebenen  Zeitrechnung 
auf  ein  als  Anfang  dieser  Rechnung  betrachtetes  Ereigniss  gibt. 
Nep.  Arist.  1,  5:  nam  posCquam  Xerxes  in  Graeciam  descen- 
dit^  [Aristides]  sex  Co  fere  anno  quam  erat  expulms  po- 
puli  scito  in  patriam  restitiUus  est.  —  Liv.  HI,  8,  2:  teriio 
äie^  quam  interregnum  inierat.  —  Ebd.  83,  J  :  Anno  tre^ 
eentesimo  aller o^  quam  condiCa  Roma  erat.  Vgl.  IV, 
7,  1.  47,  6.  Vi,  29,  10.  VIII,  18,  I.  AXV,  13,  14.  XXIX, 
85,  10  u.  ö.  —  So  auch  bei  einer  Zeitbestimmung  durch  eine 
Cardin alzahl :  Vell,  II,  4,  2:  inlra  annum  ac  Iris  menses 
quam  eo  veneraL 

JVicht  also,  dass  das  Plusquamperfect  bei  dem  durch  einen 
Zeitcasus  getrennten  postquam  befremden  könnte,  muss  es 
vielmehr  umgekehrt  aufTailig  erscheinen,  wenn  einmal  der  den 
Zeilcasus  bestimmende  Salz  mit  quam  als  ein  dem  Hauptsalz 
selbst  coordiniertes  Ereigniss  behandelt  ist,  wie  Liv.  XXI,  32,  1 : 
P.  Cornelius  consul  triduo  fere  posC  quam  naunibal  a 
ripa  Rhodani  mooily  quadrato  agmine  ad  castra  ho»tium 
t^enerat^  nuUam  dimicandi  moram  facturus.  Hier  wird  man 
jedoch  triduo  als  Abi.  temp.  zu  fassen,  nicht  mit  po»t  zu 
verbinden  haben;  der  Salz  mit  postquam  aber  enthält  das 
Hauptereignis ,  an  welches  sich  zunächst  das  zusländliche  venerat 
(=  aderat)  anreiht,  bis  dann  rediit  in  dem  folgenden  Satze 
(ceterum  ubi  deserta  munimenta  nee  facile  se  tantum  pro- 
gressos  adnecuturum  videl,  ad  mare  ad  nares  rediil)  auf 
gleicher  Linie  mit  dem  mocit  die  Erzählung  weiter  forifuhrl. 

Was  nun  das  Plusquamperfect  in  den  Fällen  betrifft,  wo 
mit  tif,  ubi^  simul  {ae)  das  stetige  Antecedens  von  etwas 
wiederholt  eingetretenem  gegeben  wird,  so  muss  dieser  Gebrauch 
im  Zusammenhange  mit  dem  betrachtet  werden,  dass  das  mit 
jenen  Partikeln  gegebene  Antecedens  einer  in  der  Gegenwart 
sich  wiederholenden  Handlung  in  dem  Perfect  sieht.  Vgl.  Cic. 
p.  Mur.   10,  22:    »imul  atque   increpu  it  suspicio  tumul- 


■•»)  Wenn  es  bei  Cicero  Cat.  m.  12,  42  heifst:  Inriftts  feci  ut  for- 
iissimi  viri  T.  Flaminini  fratrem  L.  Flamininum  e  senatu  eiice' 
rem  Septem  annis  post  quam  consul  fui s sef,  sed  no- 
tandam  putari  libidinem,  —  so  erkennt  man  dcullicli,  dass  es 
hier  nicht  auf  eine  Zeitbestimmung  des  eiicere  ankommt,  sondern 
dass  durch  die  Zeitangabc  ySeptem  annis  post  und  den  ergänzen- 
den Relativsatz  ^quam  consul  fnisset  eine  Charakteristik  des  l.. 
Flamininus  (hinsichtlich  seines  Alters  und  seiner  Würde)  beab- 
sichtigt ist  1-  qui  Septem  annis  ante  consul  fuissct. 


über  dio  Gonsir.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  E,   Uofflnann.        597 

tu9^  arte»  illico  noHrae  conticescunt,  —  p.  Rose.  Am. 
8^  22 :  cum  tarn  muUi  occupalionem  eius  obsernenl  tempusque 
aucupentur ^  ut  »imnl  atque  Ute  despex erit^  aliquid 
huiusce  modi  moiiantur,  —  Sali.  Jug.  1,  4:  üb i  per  sO" 
cordiam  rirea ^  levipuH ^  ingenium  diffluxere^  naturae  in- 
firmitas  accusatur.  In  solchen  Fällen  haben  wir  es  mit  dem 
logischen  Perfecl  zu  thun;  das  Antecedens  liegt  in  seiner 
Vollendung  prasenlisch  und  zuständlich  vor,  während  das  Con- 
sequens  eintritt.  (Statt  des  Perfecls  kann  daher  auch  das  Prä- 
sens eines  entsprechenden  Verbums  eintreten.  Die  angeführten 
Beispiele  gestalten  leicht  eine  solche  Substiluierung.)  Überträgt 
man  nun  eine  derartige  Verbindung  zweier  in  der  Gegenwart 
wiederholt  cougruierender  Ereignisse  in  dio  Vergangenheit,  so 
müssen  die  vorher  im  Perfecl  und  Präsens  gegebenen  Glieder 
nun  in  das  Plusqua  mperfect  und  Imperfect  gestellt, 
werden;  in  dem  Zeitverhältnisse  der  Glieder  zu  einander  kann 
aber  nicht  füglich  eine  Änderung  eingetreten  sein;  vielmehr  muss 
auch  jetzt  noch  das  Antecedens  ein  in  der  Gegenwart  des  Con- 
sequens  vollendetes  und  in  seinem  Resultat  dauernd  vorhegendes 
sein:  das  logische  Perfect  setzt  sich  also  bei  jener  Über- 
tragung in  die  Vergangenheit  in  das  logische  Plusqua m- 
perfect  um,  und  dass  dieses  einem  Imperfect  gleichkommt, 
ist  in  dem  früheren  genugsam  bewiesen.  Wie  daher  bei  gegen- 
wärtig sich  wiederholendem  in  dem  Gliede  mit  ubi  das  logische 
Perfect  durch  ein  gleichbedeutendes  Präsens  ersetzt  werden  kann, 
so  denn  hier  das  logische  Plusquamperfect  durch  ein  entspre- 
chendes Imperfect.  Wenn  ein  Beweis  dafür  noch  nöthig  wäre, 
so  würde  er  sich  durch  Heranziehung  solcher  Fälle  geben  lassen, 
wo  in  beiden  Gliedern  das  Imperfect  steht  und  durch  An- 
wendung eines  entsprechenden  Verbums  sich  dann  ebenso  das 
Plusquamperfect  in  das  relative  Glied  setzen  liefse,  wie  umge- 
kehrt für  das  Plusquamperfect  das  Imperfect  eines  entsprechen- 
den Verbs  subsliluirt  werden  kann.  Vgl.  Sali.  Jug.  55,  4 — 7: 
übt  fruwenlo  aut  pabulo  opus  erat^  cohortes  cum  omni 
equilatu  praesidia  ag  itabant ^    exercitus  parlem  ipxe^  reli" 

quo»  Mariun  dncebat ,    duobns    locis  haut   longe  inter 

»e  caslra  fa  c  iebant'j  ubi  vi  opus  erat^  cuncti  aderant^ 
celerum  dicor»i  a gebaut.  Das  Zeilverhältnis  der  Glieder  zu 
einander  würde  vollkommen  dasselbe  bleiben,  wenn  etwa  die 
Sätze  mit  ubi  lauteton;  ubi  frumenti  aut  pabuli  egestas 
{exercitum  dieidere)  aubegerat  (vgl.  Jug.  44,  4),  und: 
ubi  occasto  pugnando  acciderat. 

Nach  dieser  Erörterung  bedürfen  die  nachfolgenden  Bei- 
spiele des  Plusquamperfects  in  Fällen  der  Wiederholung  keines 
weiteren  Commentars  ■^). 

'0  Zu  beachten  ist  ubrigenS;  dass  dieselbe  Zeitgebung   auch   eintritt, 
wo  die  wie  Antecedens  und  Conscquens  sich  verhaltenden  Glieder 


598        Ober  die  Conslr.  der  laU  Zeitpartikela,  v.  E,  Hoffinann. 

Instructiv  wegen  der  Verbindung  von  Plusquamperfecl  und 
Imperfect  ist  Nep.  Ale«  ],  4:  Idem  nimul  ae  se  remisera  f 
neque  causa  suherat  quare  animi  laborem  perferrelj 
luxun'osus  rep  eriebatur^ 

Cic.  in  Verr.  IV,  21,  47:  Qui  simul  atque  in  oppi- 
dum  quoppiam  i^eneratj  immitteb  antur  Uli  conUnuo 
Cibyratiei  cane$.  —  Ebd.  8,  5:  Messanam  ut  quisque  no^ 
strum  venerat^  haec  visere  aolebat.  (Über  venerat 
8.  0.  A.  20.)  —  V,  II,  27:  Deinde^  ubi  paulisper  in  cubi' 
eulo  pretio^  non  aequitate  iura  descripserat,  Veneri 
iam  et  Libero  reliquum  tempus  deberi  arbitrabatur.  — 
Ebd.  55,  143:  Ut  quisque  istius  animum  aut  ocuios  of^ 
fenderaty  in  lautumias  statim  coniciebatur.  —  p. 
Cluent.  19,  52:  ut  quicquid  ego  appr ehender am^  atatim 
accusator  extorquebat  e  manibus,  u.  ö. 

Sali.  Cat.  6,  5:    [Romani]   ubi  pericula  Pirtute  pro^ 

puler ant y  eoeiis  atque  amicis  auxilia  por tabant , 

beneficiis  amicitias  parabant.  —  Ebd.  9,  3 :  Duabue  Ais 
artibusy  audacia  in  bello^  ubi  pax  evenerat,  aequitate 
seque   remque  publicam  curab ant,  —  51,  33:    Namuti 

quisque  domum  aut  villam alicuius  concupiverat^ 

dabat  operam^  ut  is  in  proscriptorum  numero  esset.  — 
Jag.  60,  3 :  Uli  qui  moenia  defensabant ^  ubi  hostes  pau- 
lum  modo  pugnam  remiserant^  intenti  proelium  equestre 
p  ro  spe  ctab  ant. 

Liv.  II,  27,  2:  Quod  ubi  cui  militi  inciderat  (se. 
ut  nexus  traderetur  creditori) ,  collegam  [sc,  alternm  eon^ 
sulem)  app  ellabat.  Ebd.  48,  5:  res  proxime  in  formam 
latrocinii  venerat:  legionibus  Romanis  [Veientes]  cedebanl 
in  urbem;  ubi  abductas  senserant  legiones y  agros  in- 
eursabant  cett.  —  IV,  56,  7:  ut  ad  quosque  \jtopulos\ 
ventum  erat,  numerus  iuniorum  conscrib  ebatur. — 
IX,  31.  9:  dein  postquam,  ut  quisque  Itberav erat  se 
onere  aptavcratque  armiSy  ad  signa  undiquc  coibant^ 
consul  ex  equo  desilit  cett.  —  X,  35,  8:  circumeundos  ad- 
loquendosque    milites    ratus,     ut    ad    quosque    venerat 


nicht  durch  eine  jener  Partikeln,  sondern  durch  ein  ReLitivuin  ver- 
bunden sind.  Cic.  in  Verr.  V,  56,  145:  guaecumqne  natU  ex  Asia 
ex  Syritty  qnae  Tyro,  quae  Atexandria  venerat,  siatim  certis 
indiciöus  et  custodibus  tcneöatur;  tectores  omnes  in  lautu- 
mias conUiebatiittr  cett.  Vgl.  ebd.  §.  14«.  —  Caes.  b.  c.  I,  81,  3: 
quantum  apere processeranl  et  caatra protulcrant,  tnnto 
aber  ant  ab  aqua  long  ins  (  —  quantum  castra  prolata  er  ant, 
tantum  ab  er  ant).  —  Nep.  Dion  1,  3:  Aderat  inmagnis  rebus, 
eiusque  constllo  multuin  mov ebatur  tyrannus,  nisi  qua  in  re 
maior  ipsius  cupiditat  interc esserat  i  =  oögtfibot).  —  Sali. 
Jug.  74;  1:  itfi  qmcumque  intenderat,  res  advorsae  er  ant. 


über  die  CodsIt.  der  lat  ZeitparUkelo,  v.  £  tioffinaim,        599 

cunctantes  arma  capere,  iner epabat  eeU.  —  Ebenso XXI, 
42,  8.  XXIV,  15,  4.  XXVII,  49,  1.  —  Ein  Fall,  wo  zugleich 
auch  in  dem  Hauptsatze  das  Piusquamperfect  (eines  Verbi  der 
Thätigkeit)  statt  des  Imperfects  (eines  zuständlichen  Verbums) 
gewählt  ist,  Liv.  XXVII,  51,  4;  et  ut  quisque  audier at 
exereitum  hostium  Imperator emque  occisum,  legiones  Ro^ 
manas  incolume»^  salvoa  consules  esse^  exlemplo  aliis  porro 
impertierant  gaudium  8uum.  (Durch  Anwendung  des 
Passivs  durften  diese  Plusquamperfecte  am  leichtesten  klarwerden: 

et  ut nunttus    erat  auditus^    extemplo  gaudium 

erat  impertitum  Omnibus  (-s=  extemplo  omnium  commune 
erat  gaudium^, 

Tac.  An.  IV,  23:  priores  duces^  übt  impetrando  tri-' 
nmphalium  insigni  sufficere  res  suas  crediderant^  hostem 
omittebant.  —  XV,  10 :  [PaetusJ  ubi  a  tairis  militaribus  ad- 
versus  urgentes  casus  firmatus  erat^  rursus^  ne  alienae 
sententiae  indigens  videretur^  in  diver sa  ac  deteriora  tranS" 
ibat,  —  Hist.  I,  46:  [miles]  ubi  sumptibus  exhaustus  so- 
cordia  insuper  elangu  erat,  inops  pro  locuplete  et  iners 
pro  strenuo  in  manipulum  redibat.  —  Ebd.  III,  33:  faees 
in  manibus,  quas,  ubi  praedam  egesserant,  in  vacuas 
domos  et  inania  templa  per  lasciviam  iaculaban tur.  — 
Ebenso  Germ.  28.  Agr«  20. 

Horat.  Sat.  II,  1,  71:  Quin  ubi  se  a  volgo  et  scena 
secreta  remorant  Virtus  Seipiadae  et  mitis  sapientia 
Laeli,  Nugari  cum  illo  et  dis einet i  ludere soliti. 


Wenn  wir  somit  nun  gefunden  haben,  dass  alle  die  mit 
postquam  und  den  synonymen  Partikeln  verbundenen  Plusquam* 
perfecte  logischer  Art  sind,  d.h.  Imperfect-Natur  haben,  das 
Piusquamperfect  somit  nicht  durch  die  Relation  und  temporale 
Unterordnung  unter  den  Hauptsatz  bedingt,  sondern  der  Ausdruck 
des  aus  einer  abgeschlossenen  Handlung  resultierenden  Zustandes 
ist,  der  neben  dem  verglichenen  Ereignisse  oder  Zustande  fort- 
besteht: so  wird  sich  von  selbst  die  Folgerung  ergeben,  dass  in 
Fallen,  wo  wir  es  nicht  mit  diesem  logischen,  sondern  mit  dem 
aoristischen  Piusquamperfect  zu  thun  haben,  und  ebenso  auch  in 
Fällen,  wo  durch  Wahl  des  Imperfects  ein  Präteritum  nicht  so- 
wol  seiner  Natur  nach  als  Zustand  qualificiert,  sondern  nur  als 
relativ  dauernd  gegenüber  dem  verglichenen  Ereignisse,  somit 
als  subjective  Zeilbestimmung  desselben  gefasst  werden  soll,  — 
dass  in  diesen  Fällen  nach  der  am  Eingange  angedeuteten  Grund- 
regel über  den  Modus  der  Zeitpartikeln  auch  nicht  mehr  der 
Indicativ  zulässig  sei,  vielmehr  der  Conjunctiv  dieser  rela- 
tiven Zeiten,  des  Imperfects  und  Plusquamperfects  einzutreten 
habe.  Wenn  diese  Fälle  im  ganzen  nicht  sehr  zahlreich  sind, 
so  liegt  der  Grund  dafür  in  dem  bereits  am  Eingänge  bemerk- 


600        Über  die  Goiisif.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  £.  üoffinann^ 

ten,  dass  die  Zeitpartikeln  überhaupt  nur  dazu  dienen  sollten, 
Ereignisse  oder  Zustande  in  ihrer  temporalen  Selbständigkeit 
mit  einander  zu  vergleichen  und  diese  in  gewisser  Weise'  sich 
gegenseitig  durch  Correlation  bestimmen  zu  lassen. 

Beachlenswerlh  ist  es  jedenfalls,  dass  gerade  bei  Cicero 
eine  verhäitnismafsig  grofse  Zahl  von  Stellen  sich  findet,  \xi  denen 
postguam  mit  dem  Conjunetiv  des  Imperfects  oder  Plusquam- 
perfecls  construiert  ist,  —  und  wenn  auch  fast  allen  diesen  Stellen 
von  Seiten  der  Kritik  der  Krieg  erklärt  worden  ist,  so  war  es 
doch  nur  Misbehagen  an  dieser  Construction  überhaupt,  nicht 
aber  die  Beschaffenheit  der  handschriftlichen  Überlieferung,  welche 
diese  Stellen  verdächtigte. 

Diese  Stellen  sind :  d.  imp.  Cn.  Pomp.  4,  9 :  MUhridates . . . 
posCeaguam  maximas  aedificasset  ornassetque  clas" 
»est  exercUusque  permagnos  guibuscumque  ex  gentibns  potui*$et 
c  omparasaet  et  se  Bosporanis^  finitimia suis^  bellum  inferre 
simularet^  usque  in  Hispaniam  legatos  ac  lUteras  misU  ad 
eos  duces^  guibuscum  tum  bellum  gerebamus^  ut,..  vos  anci' 
piti  contttUione  districti  de  imperio  dimicaretis,  —  p.  Ctuent. 
64,  181:  Oppianicus  primo  recusavit.  Poateaquam  Uta  ab- 
ducturam  se  filiam^  mutaluram  esse  tesfamenlum  minitare- 
tuVy  mulieri  crudelissimae  sereum  fidelhsimum  non  in  quae- 
»tionem  tulit,  sed  paene  ad  supplicium  dedit.  —  p.  Deiot.  I3, 
36:  Elen  im  si  Antioc  hus  Magnus^  ille  rex  Asiae^  posteaquam 
a  L.  Scipione  dericlus  Tauro  tenus  regnare  iusaus  esset 
omnemque  haue  Asiam^  quae  est  nunc  nostra  proeincia^  ami- 
sisset^  dicere  est  soiitus^  benigne  sibi  a  populo  Romano  fac^ 
tum  esse  e,  q.  s.^^),  —  ad  div.  II,  19,  I:  posteaquam  mihi 
nihil  neque  a  te  ipso  neque  ab  ullo  alio  de  adoenlu  tuo  scri- 
beretur^  verebar^  ne  id  ita  caleret^  quod  etiam  nunc  vereor^ 
ne  ante^  quam  tu  in  procinciam  venisses  ^  ego  de  pronincia 
decederem  ■^).     Wie  an  dieser  Stelle,  so  dürfte  auch  ad  Att.  \I, 

*•)  Nur  so  glaube  ich,  muss  diese  Stelle  lauten  gegenüber  der  Vulgata: 
Elenitn  si  knliochns  M.  ille  rex  Asiae,  cum  posteaquam  a 
L.  Scipione  deviclns ,  Tauro  tenus  regnare  iusaus  esset  om- 
nemque hunc  Asiam  am  Isis  sei,  dicere  est  soiitus.  Wie  c  u  //i, 
das  offenbar  nur  als  Erklärung,  oder  als  lümendation  des  durch 
die  Construction  mit  dem  Gonjuncliv-Plusquamperfect  auffälligea 
fPOStea  quam'  in  den  Text  kam,  bis  jetzt  geduldet  werden  konnte, 
muss  billig  befremden.  Halm  suchte  cum  dadurch  zu  retten,  dass 
er  est  nach  devictus  einschob,  doch  die  Häufung  der  Conjunclionen, 
wo  das  Particip  devictus  die  eine  entbehrlich  machte,  spricht 
gegen  diesen  Emendationsversuch. 
'*)  Der  cod.  Medic.  (XI.  Jahrhdt.),  bekanntlich  die  Hauptquellc  oder  eigent- 
lich die  einzige  für  den  Text  jener  Briefe,  da  die  übrigen  jungen 
Handschriften  (XIV.  u.  XV.  Jahihdt.)  unmillelbar  oder  miltcibar  aus 
ihr  geflossen  sind,  g\hi,postea  quam*,  und  so  edierten  auch  die 
älteren  Herausgeber,  bis  Manutius  ,postea  quu  m*"  glaubte  emeiulicren 
zu  müssen,  was  dann  auch  die  späteren  gewissenhaft  beibehielten. 


Ober  die  Gonatr.  der  lat  Zeitpartikeln,  y.  ^5*.  Roffman»,        eoi 

12,  1  auf  Grund  der  Handschriften  posteaguam  mildem  Con- 
junctiv  des  Plusquamperfects  herzustellen  sein:  Posieague  quam 
mihi  liUerae  a  Balbo  Comeiio  minore  missae  easent  iilum 
exi^Ümare  Quintum  fratrem  lituum  meae  profeclionis  fuisse  — 
his  verbis  ad  Caesarem  scripgi  —  *^). 

In  de  legg.  II,  25,  64  hat  Feldhugel  wieder  die  durch 
Manutius  verdrängte  handschriftliche  Lesart  hergestellt:  posiea" 
fuaffi,  ul  scriöiC  PhalereuSj  mmpiuosa  fieri  funera  et  la* 
meniiahiiia  eoepisnent^  Soionis  lege  sublata  sunC*^). 

Wie  an  diesen  letzteren  Stellen,  so  därfte  vielleicht  auch 
noch  an  manchen  anderen  bei  Cicero  derConjunctiv  bei  postquam 
sich  finden,  wenn  erst  überall  die  handi^chriftliche  Lesart  wieder 
zu  ihrem  Rechte  gekommen  wäre.   Stellen  anderer  Autoren  sind: 

Auct.  b.  Afr.  91,  4:  Pos  iquam  Juba  ante  portas  diu 
multumque  prima  minie  pro  imperio  egieeet  cum  Zamen^ 
eibus ,  dein  cum  se  parum  proficere  inteUextaset,  precibus 
oraeeetj  utise  ad  suos  deoe  penatee  admilterent^  ubi 
eo8  perstare  in  sententia  animadvertit  y , , . .  petit  ab  eie 
ut  8ibi  coniugee  liberoeque  redderent  ^*). 

^*')  OrelU  ist  der  2.  Edlt.  Vict.  und  der  des  Bosius  gefolgt,  indem  er 
Posiea  QUUm  schrieb.  —  Von  Bosius  gesteht  aberOrelli  selbst, 
dass  Wenn  dieser  auch  einen  reichen  Apparat  bcsafs,  er  doch  viel- 
fach eigene  Gonjecturen  einmischte,  fPieraegue  autem  ipsius  Boiii 
coniecturae  iongius  tuni  peiitae,  eoniortae,  saepegue  toti  Ciee- 
rofUs  consueiudini  profMue  repugttant  (Ed.  pr.  p.  XXIU),  und  für 
eine  solche  Gonjectur  wird  man  wol  auch  das  ypoitea  quum*'  ku 
halten  haben.  Der  Med. ,  mit  welchem  die  Edit.  I.  (Ascens.)  so  wie 
die  1.  Victor,  übereinstimmen,  gih\  poetea  quam;  die  beiden 
Oxforder  Udschrft.  haben  potieaque  quam.,  was  auch  Manutius 
und  Lambin  edierten,  und  wie  ich  glaube,  mit  vollstem  Recht 
Dass  der  Satz  eine  solche  Anknüpfung  durch  que  verlangt,  zeigt  der 
Zusammenhang.  Voraus  gebt:  Nihil  opus  est  mihi  novo  ratione  (sc. 
profectionismeae,  quamCtesari  afftramy  Saepe  enim  ad  eum 
scripsi  muUisque  mandavi  non  potuisse,  cum  cupissem^  ser- 
mones  hominum  sustinere;  muUaque  in  eam  sententiam.  nihil 
enim  erat,  quod  minus  eum  vellem  existimare,  quam  me  tanta  de 
re  non  meo  conslUo usum  esse,  Posteaqucj  quam  mihiliterae . . . 
missae  essent,  ....  Ms  Peröls  ad  Ctesarem  scripsi  e.q.s. 

*')  Der  Art,  wie  Feldhugel  diesen  Conjunctiv  begründet,  p.  243, 
stimme  ich  freilich  nicht  bei.  Er  meint  posteaquam  könne  so  wie 
antequam  (/)  mit  dem  Conjunctiv  gesetzt  werden  ,«/  non  faclorum 
quaedam  successlo,  sed  talis  quaedam  sententlarum  necessltudo 
declaratury  quae  cogitatlone  tantum  comprehendatur,'  Diese 
Erklärung  mag  gelten,  wenn  antequam  mit  dem  Conjunctiv  einer 
Hauptzeit  steht;  der  Conjunctiv  der  histor.  Zeiten  dagegen  ist 
Gesetz,  nicht  willkürliches  Belieben. 

^*)  In  zwei  Stellen  desselben  Commentars  wird  das  an  die  Spitze  des 
Satzes  gestellte  postquam  nachträglich  durch  cum  ersetzt: 
40,  6:  Postquam  Sclplone  elusque  coplls  campo  colllöusqtte 
exturöatls  atqUe  In  castra  compulsls  cum  receptul  Cossar  cani 
iusslsset  equltatumque  omnem  Intra suas munltlones  rece»  ' 
pisset,  can^o purgato  anlmadsertit  mirlfica  corpora  GalUirtim 

Zcitaehrifl  f.  A.  dsterr.  Ojmaai.  1860.  VlU.  H«fl.  ^^ 


e09       Ober  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  E.  Hofflnann. 

Liv.  XXII,  1,  2:  Gallig  quoB  praedae  populationumque 
eoneit>erat  spes^  posCquam  pro  eo,  ut  ipsi  ex  alieno  agro 
raperent  agerentque^  stuts  terra»  sedem  belli  esse  premtfue 
utriusque  partis  exereituum  hibernts  viderenty  üer- 
terunt  retro  in  Bannibalem  ab  Romanis  odia. 

Vitruv.  II,  9,  16:  Postquam  flamma  circa  illam  ma- 
ieriam  vir  gas  eomprehendisset^  ad  coelum  sublata 
effecit  opinionem  uli  videreiur  iam  tota  moles  concidisse. 

Valer.  Max.  V,  7,  ext.  2:  postquam  filium  in  comu 
seribae  humiliorem  fortuna  sua  locum  obtinentem  con" 
spexisset ^  non  sustinutt  infra  se  collocatum  intueri^^. 

Tac.  An.  XU,  54:    Sane   praebuerant   Judaei   speciem 

motus  orta   seditione p  o  stquam  cognita  caede 

eins  (jCaligulae)  haud  obtemperatum   esset ^    manebal 
metus  ne  quis  principum  eadem  imperitaret  ^^), 

In  allen  diesen  Stellen  werden  nicht  coordinierle  Ereignisse 
oder  Zustände  in  Bezug  auf  ihr  Eintreten  verglichen,  vielmehr 
wird  ein  Hauptereigniss  in  Zeitbeziehung  gesetzt  zu  vorbereiten- 
den, untergeordneten  und  darum  nicht  coordinierbaren  theils  früher 
liegenden,  theils  gleichzeitigen  Umständen. 

Beachtenswertb  ist  insbesondere  eine  Stelle  des  Livius,  in 
der  postquam  zugleich  mit  Perf.  Indic.  und  Imperf«  Conj. 
verbunden  ist,  IV,  18,  10:  Quae  postquam  sunt  audita 
et  undique  primores  patrum  et  prioris  anni  consules  in 
er eparent y  quod  eas  largitiones  coetusque  plebis  in  pri- 
vata  domo  passi  essent  fieri^  et  novos  consules,  quod  ex- 
spectassenty  donec  a  praefecto  annonae  tanta  res  ad  sena- 
tum  deferretury  quae  consulem  non  auctorem  solum  deside- 
rar  et,  sed  et  iam  vindicem:    tum  Quinctius    consules    inme- 


Germanorumgue.  —  50,  4:  Cwiar  postquam  equitatu  ante 
praemisso  inscHss  insidianim  cum  ad  eum  locum  venisset, 
abditi  sive  obliti  praeceptorum  Labieni,  Site  veriti  cett.  Dazu 
bemerkt  Nipperdey  p.  17:  ^his  duobus  locis  mihi  quidem  veri- 
similius  videtur  scriptorem  prioris  particulae  oblitum  alteram 
superaddidisse^,  —  mau  konnte  jedoch  auch  vcrmulben,  dass 
cum  ebenso  wie  in  der  oben  besprochenen  Stelle  des  CicerO;  p. 
Deiot.  13,  36  als  Glosse  zu  postquam  mit  dem  Conjunctiv  in  den 
Texl  gekommen  und  somit  zu  streichen  sei. 

*')  conspexisset  für  die  Vulgata  conspexit,  hat  Kempf  aus  den 
Handschriften  hergestellt. 

**)  Die  Mehrzahl  der  Herausgeber  nimmt  eine  Lücke  nach  seditione 
an;  Haase  setzt  dieselbe  nach  postquam  und  ergänzt  (nach  Hist. 
v,  9)  postquam  [a  C.  Ctesare  iussi  erant  efflgiem  eins  in 
templo  locare;  et  quamquam]  coffnita  caede  e.  q,  s.  Doch  die 
Worte  postquam  cognita  caede  eius  haud  obtemperatutn  esset 
scheinen  im  richtigen  Verbände  zu  sein ;  die  Anknüpfung  durch 
quamquam  —  gewählt  von  Haase,  um  durch  das  Homoioteleuton 
den  Ausfall  der  Worte  nach  postquam  zu  motivieren  —  ist  jeden- 
IaIIs  mmder  entsprechend  als  die  darch  postquam. 


Ober  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  E,  Ba/finann.        4108 

rito  increpart  ait  e,  q.  8.  *•).  Die  ihrer  Aufeinanderfolge  nach 
verglichenen  Hauptpuncte  der  fortschreitenten  Erzählung  sind  mit 
Recht  coordinierl  gegeben :  postquam  sunt  audita  —  ait^  «auf 
diese  Kunde  (nämlich  von  den  Plänen  des  Spurius  Mälius) 
—  erklärt  der  Consul,  er  werde  einen  Dictator  ernennen ;''  ein 
untergeordneter,  und  wenn  man  will,  die  Rede  des  Consuls  zu- 
gleich motivierender  Umstand,  der  nicht  in  die  coordinierten  Mo- 
mente der  Erzählung  hineingehört,  ist  das  inzwischen  einge- 
tretene ^increpare^j  in  dessen  Zeit  das  ,atV  fallt. 

Den  ganz  gleichen  Fall  bei  ubi  finden  wir  bei  dem  Auetor 
b.  Afr.  78,  4:  Quod  ubi  coeptum  est  fieri  et  equis  eon- 
citatin  Juliani  impetum  fecissenty  Pacidiu$  muos  equt'Ces 
exporrigere  eoepit  e.  q.  s. 

Bekannt  ist  der  Conjunctiv  bei  ubi  in  der  Stelle  des  Tacitus, 
An.  n,  40 :  Celso  et  Paulino  abnuentibus  mitttem  itinere  fessum 

sarcinia  gravem  obieetare  hoeti ,  Titianue  et  Proeulue^  ti  6 1' 

consiliis  vineerentur^  ad  ius  imperfi  transibant ^^). 


**)  So  die  Leseart  der  mafsgebenden  Handschriften.  Aischefski  suchte 
den  Anstoss  zu  beheben,  indem  er  statt  ,el  undique  increpareni,' 
,cum  undique  increparent  schrieb,  ein  Auskunflsmiltel,  das  hof- 

*  fentUch  nach  der  hier  gegebenen  Darstellung  nicht  mehr  nöthig 
erscheinen  wird.  Die  seltsame  Erklärung  Madvig's  zu  Gic.  d.  fin. 
p.  249,  dass  man  aus  poüquam  ein  .quomf^  für  increparefU  heraus- 
zudenken  habe,  bat  wol  noch  nirgends  Glauben  gefunden.  Ebenso 
wenig  kann  die  von  M.  Haupt  (N.  Rh.  Mus.  1846,  IV,  S.  150) 
empfohlene  und  von  Weissenborn  in  den  Text  aufgenommene  Lese- 
art einer  jungen  und  sonst  auch  unbedeutenden  Handschrift,  des 
Harlei.  2.  (aus  dem  J.  1464,  wie  die  Unterschrift  zeigt,  s.  Draken- 
borch,  Stuttgart.  Ausg.  XV,  1,  p.  614),  Beifall  finden.  Nach  Tilgung 
des  et  vor  undique  soll  increparent  in  den  Infinitivus  histo- 
ricus  increpare  verwandelt  und  so  Hauptsatz  werden;  mit 
,tum  Qutnetfus .  . .  att^  aber  soll  ein  neuer  Satz  beginnen.  Lieber 
mit  Aischefski  cum  einschieben,  als  so  den  sacbgemäfsen  Fortschritt 
der  Erzählung  zerreifsen,  ein  untergeordnetes  Moment  in  die  Reihe 
der  Facta  aufnehmen,  und  das  ^ait  seiner  temporalen  Bedingung  be- 
rauben. So  muss  auch  der  letzte  Herausgeber  des  Livius,  M.  Hertz, 
geurtheilt  haben,  da  er  wieder  zu  der  Lesart  der  mafsgebenden 
Handschriften  zurückkehrte.  —  Das  anstössige,  das  die  gleichzeitige 
Verbindung  derselben  Partikel  mit  verschiedenen  Modis  etwa  hat,  kann 
nicht  so  hoch  angeschlagen  werden,  wenn  wir  ganz  denselben  Fall 
mit  ubi  bei  dem  Auetor  des  bell.  Afr.  (s.  oben)  finden,  und  wenn 
selbst  Cicero,  wie  wir  später  sehen  werden,  dasselbe  bei  cum  thut. 

'*>  Bötticher  im  Lexic.  Tacit.  p.  109  betrachtet  als  gleichartig  dieser 
Stelle  An.  III,  26:  Vetuetisiimi  mortalium  nulla  adhuc  mala 
libidine,  eine  probro  sceiere,  eoque  sine  poena  out  coercitioni- 
aus  agebant,  Neque  praemiis  opus  erat,  cum  honesta  suopte 
ingenio  peterentur,  et  ubi  nihil  contra  morem  cuper ent, 
nihil  per  metum  vetabantur.  Hier  ist  aber  ubi  ^hi  nicht  Zeit- 
partikel in  dem  in  Rede  stehenden  Sinne,  vielmehr  ist  es  einfaches 
correlatives  Adverb  zu  einem  zu  ergänzenden  ibi-.  Der  Conjunctiv 
aber  ist  gewählt,  um  die  Sache  als  Annabme  des  Schriftstellers, 
als  seine  Vermuthung,  nicht  als  etwas  factisohes  erscheinen  zu  lassen. 

41* 


604        Ober  die  Constr.  der  lat.  Zeitpariikeln ,  y.  E.  HoffinanH. 

Auch  Livius  scheint  ubi  &o  construiert  zu  haben,  da  we- 
nigstens für  die  nachfolgenden  Stellen  sich  als  Grund  des  Con- 
junctivs  nicht  jene  Verallgemeinerung  und  Ungewissheit  des  Ein- 
tretens eines  Antecedens  denken  lässt,  die  sonst  in  Fällen  der 
Wiederholung  diesen  Modus  veranlasst  hat*^).  XXI,  42,  8:  ut 
euiugque  sors  exciderat^  alacer  inter  gratulantes  gaudio 
exultans  cum  sui  moris  tripudio arma  capiebat,  ubi  vero 
dimicarenty  ia  habitun  animorum  erat  e.  q.  a.  Ebd. 
46,  6:  dein^  quia  turbabant  equo»  pedilea  intermixti^  mul" 
ii$  labeniibus  ex  equU  aut  deaHienlibuM  ubi  auoa  premi 
circumventos  vidisseni,  tarn  magna  ex  parte  ad  pedes 
pugna  venerat  cett,  —  I,  32,  18:  id  ubi  dixiaaet  (/2f- 
tialia%  haatam  in  finea  eorum  emittebat.  In  allen  diesen  Stellen 
ist  mit  ubi  ein  untergeordnetes  Zeitmoment  gegeben;  der  Ge- 
danke an  eine  Ungewissheit  des  Eintretens,  liegt  dem  Sinn  der 
Stellen  durchaus  fern,  und  würde  wol  auch  Niemandem  ge- 
kommen sein,  falls  cum  statt  ubi  gesetzt  wäre. 

Ein  Fall,  wo  ut  oder  aimul  mit  einem  solchen  Conjuncliv 
construiert  wären,  ist  mir  nicht  bekannt 

Solche  Conjunclive  nun  bei  poatquam  und  ubi  aus 
der  etwaigen  begründenden  Natur  der  betreffenden  Sätze  erklären 
zu  wollen,  muss  als  durchaus  ungerechtfertigt  erscheinen,  theils  weil 
es  unbegreiflich  wäre,  warum  dann  der  Conjuncliv  des  Imperfects 
und  Plusquamperfects  nur  so  selten  bei  diesen  Partikeln  in  der 
historischen  Erzählung  angewendet  ist^  da  doch  fast  die  Mehrzahl 
der  Stellen  von  der  Art  sein  dürfte,  dass  man  leicht  durch  ähn- 
liche Interpretationen,  wie  manche  Grammatiker  sie  für  die  Er- 
klärung der  zahllosen  Stellen  des  et/ m  temporale  mit  dem  Con- 
junctiv  der  relativen  Zeiten  des  Präteritums  geglaubt  haben  an- 
wenden zu  müssen,  irgend  einen  Causalnexus  zwischen  dem  mit 
poatquam^  ubi  gegebenen  Antecedens   und  dem  Hauptereignisse 

*V  Liv.  V,  25,  2:  nulla  rea  alia  maniöua  temperare  plebem  coge- 
bat,  quam  quodubi  rixae  committendae  causa  ctamor  ortua 
eaaet,  principea  aenatua primi  turbae  ofTerentes  aepeti  feriri- 
que  atque  occidi  iubebant.  Vgl.  ebd.  III,  65,  8.  VIII,  8,  9.  12. 
XXI,  36, 4.  XXII,  2,  7.  38,  3.  XXIII,  19,  13.  XXVI,  1 1,  3.  25, 7.  XXVIII, 
26,  6.  XXXI,  43,  2.  XXXII,  17,  13.  XXXV,  28,  ^  XLII,  65,  8.  Vel- 
leius  braucht  in  demselben  Satze  ubi  und  aimul  mit  solchen 
CoDJunctiven :  II,  88,  2:  C,  Maecenaa,,,,  vir  ubi  rea  vigitiam 
exigerei,  aane  exaomnia,  pravidena  atque  agendi  aciena, 
aimul  tero  aliquid  ex  negotio  remitti  poaset,  otio  acmol- 
litiia  paene  ultra  feminam  fluena.  Vgl.  ebd.  II,  29,  2:  civia  in 
ioga,  niai  ubi  tereretur,  ne  quem  haberet  parem ,  mode- 
atiaaimua.  —  hei  Tacitus  s.  An.  II,  2.  III,  21.  XV.  44.  68.  HisL 
I,  49.  79.  II,  63.  88.  III,  33.    Einmal   nach  ut,    Hist.  II,  27:  Co- 

,  hortea  Batat>orum  auperbe  agebant,  ut  cuiuaque  legionia  ten- 
toria  acceaaiaaent ,  coercitoa  a  ae  quartadecimanoa  cett.  iac- 
tantea,  —  Florus,  II,  2,  10:  Duilliua  Imperator,  per  vitam 
omnem,  ubi  a  cena  rediret,  praelucerc  funalia  et  prae^ 
cinere  aibi  ttbtaa  iuaait. 


über  die  Goiistr.  der  lat.  Zeitpartikcin,  v.  £.  HoffHumn,        605 

auffinden  könnte  ^"),  und  weil  man  ferner  auch  erwarten  müsste, 
dass  in  Fällen,  wo  po$tquam  und  ubi  mit  dem  Präsens 
oder  Perfect  etwas  in  der  Gegenwart  des  sprechenden  eintreten- 
des, oder  als  Resultat  eines  früher  eingetretenen  vorliegendes 
und  nun  fortwirkendes  in  Beziehung  auf  eine  dadurch  motivierte 
Handlung  setzen,  dass  in  solchen  Fällen  nicht  minder  der  Con- 
j  u  n  c  t  i  V  jener  Zeiten  wäre  angewendet  worden  *^). 


*';  um  nur  einige  derartige  Stellen  anzuführen:  Cic.  ad  div.  IH,  7,  6: 
PoMtea  vero,  quam  ita  et  cepi  ei  getsi  maxima  imperia, 
ut  mihi  nihil  neque  ad  honorem  neque  ad  gloriam  acquiren- 
dum  jmtarem,  superiorem  quidem  nunquam,  sed  parem  voöis 
(Appiity  Leniuiis)  me  sperari  esse  facium.  (Man  könnte  hier 
nicht  nur  das  vieldeutige  cum  causale,  sondern  selbst  quoniam 
substituieren).  —  in  Yerr.  IV,  19,  12:  posiea  vero  quam  in' 
tellexerunt  isti  virum  fortem,  quem  summe  provincia  eX' 
spectaöai,  Q.  Arrium  non  succedere,  staiuenmi  nihil  se  tarn 
clausum  neque  tarn  reconditum  posse  hadere  e,  q.  s.  —  Ebd. 
29,  66:  uöi  videt  eum  nihilo  mngis  minis  quam  precihus 
removeri,  repente  hominem  de  provincia  iubet  decedere.  Vgl. 
ebd.  20,  44.  66,  148.  —  Bei  Sallust  vgl.  insbesondere  die  Stellen 
miiposiquamvidei  —  iniellegii:  Cat.  21,  5.  40,3.  67,5. 
60,  7.  Jug.  6,  2.  15,  5.  20,  1.  53,  3.  61.  1.  76,  6.  79,  7.  86,  1. 
Ebenso  ubi  videt  —  intellegit  Jug.  2.3,  9.  51,  3.  52,  3. 
53,  1.  54,  5.  56,  1.  64,  1.  69, 1  u.  0.  Vgl.  weiter  Jug.  69,  4:  Tur- 
pilius  . . .,  iussus  a  Metello  causam  dicere ,  postquam  sese 
parum  expurgat,  condemnatus  verberatusque  e.  q.  s.  — • 
70,  5:  Is  postquam  magnitudine  facinoris  perculsus  ad 
tempus  non  venit  metusque  rem  impediebat,  Bomilcar 
....  anxius  litteras  ad  eum  mittit,  71,  5:  postquam  id 
frustra  fuit,  80,  1:  postquam  nihil  satis  flrmum  contra 
Metellum  putat.  Vgl.  84,  1.  5.  92,  i  u.  a.  —  11,  9:  Quae 
ubi  tardiusprocedunt,  neque  lenitur  animus  ferox,  sta" 
tuit  cett.  27,  3:  Sed  Ubi  senatus  delicti  conscientia  populum 
timet,  lege  Sempronia  provinciae  futuris  consulibus  Mmidta 
atque  Italia  decretae.  ~  Liv.  VI,  10,  ii:  postquam  obtineri 
non  poterat,  tarnen  labefactandae  legis  Treboniae  causa 
efTectum  est  cett.  —  VI,  10,4:  deinde  postquam  deditionis 
quam  societatis  fides  sanctior  erat ... ,  ductus  ad  moenia 
exercitus.  Ebd.  ii,  d:  postquam  inter  patres  non  quantum 
aequum  censebat  excellere  suas  opes  animadvertit ,  primum 
omnium  ex  patribus  popularis  factus  e.  q.  s.  Vgl.  VII,  40,  10. 
XXII,  40.  8.  XXIII,  17,  4.  XXIV,  14,  2.  XXXII,  23,  5.  XXXV,  38,  13. 
XXXVI,  18.  2.  XXXVII,  23,  9.  XL.  40,  9  u    a.  m. 

^*)  Es  sind  dies  Fälle  wie  der  bei  Terenz  Adel.  prol.  1:  Postquam 
poeta  sensit  seripturam  suam  ab  iniquis  observari , ,  •,  In- 
dicio  de  se  ipse  erit,  —  wodurch  Donat  sich  zu  der  Bemerkung 
veranlasst  fand:  postquam  pro  quoniam,  cuius reciprocum 
quoniam  pro  postquam  Plautus  in  Äulul.  [prol.  9]:  Quo- 
niam is  moritur,  ita  avido  ingenio  fUit  [nunquam  indicare 
id  fllio  soluit  suoj.  Als  solche  Stellen,  wo  postquam  begründenden 
Sinn  habe,  citiert  Hand  Tursell.  IV,  p.  498,  2.  Plaut.  Cure.  V, 
3,  5  (postquam  nihil  fit,  clamare  hominem  posco),  Truc. 
II,  3,  24  (postquam  scio  e,  q.  «.),  Tac.  An.  I,  38:  (postquam 
intutae  latebrae  cett);   wie  er  aber  unter  diese  Stellen  als 


606        Ober  die  Constr.  der  lat  Zeitpartikeln ,  v.  E,  ffeffimmm. 

Es  versteht  sich  natürlich,  dass,  wenn  der  Conjunctiv  Ober- 
haupt der  Modus  der  subjectiven  Aussage  ist,  er  diese  Natur 
auch  in  den  Fällen  haben  müsse,  wo  er  bei  postquam  und 
ubi  eintritt;  nur  darum  also  kann  es  sich  handeln,  die  Fälle 
zu  bestimmen,  wo  dem  Lateiner  die  Form  der  objectiven  Aus- 
sage unstatthaft,  die  der  subjectiven  nothwendig  erschien.  Wenn 
nun  in  den  Fällen,  wo  Facta  oder  Zustände,  gegenwärtige  wie 
vergangene,  in  der  ihnen  zukommenden  selbständigen  Zeitform 
gegeben  sind,  sei  es  im  Präsens  oder  Perfect,  im  Imperfect  oder 
imperfectischen  Plusquamperfect ,  der  Lateiner  der  Subjectivitat 
keinen  Raum  gegönnt  hat,  wenn  der  Conjunctiv  vielmehr  nur  bei 
den  relativen  Zeiten  des  Präteritums  eintritt,  so  müssen  doch 
wol  eben  die  Fälle  der  relativen  Zeitgebung,  wo  also  verglichene 
Ereignisse  oder  Zustände  nicht  mehr  in  ihrer  objectiven  Zeitform, 
sondern  in  der  durch  das  Urtheil  des  Sprechenden  bedingten  rela- 
tiven^ der  Zeit  des  Hauptsatzes  untergeordneten  Zeitform  gegeben 
sind,  —  eben  diese  Fälle  müssen  es  doch  wol  sein,  in  welchen  der 
Lateiner  auch  den  Modus  der  subjectiven  Aussage  für  nothwendig 
erachtete.  Von  welcher  Ansicht  er  dabei  geleitet  wurde,  was  ihn  be- 
stimmte, da  auch  den  Modus  der  subjectiven  Aussage  eintreten  zu 
lassen,  wo  er  an  Stelle  der  objectiven  die  subjective  Zeitform  an- 
wandte, das  kann  für  unseren  Zweck  zunächst  indifferent  sein,  da 
es  uns  nur  auf  die  Feststellung  des  Gebrauches  selbst  ankommt 

Als  Resultat  unserer  Untersuchung  können  wir  somit  die 
Regel  aufstellen :  ^^dass  postquam,  uhiy  ut^  simul  (ac)  zunächst 
nur  geeignet  sind,  Ereignisse  oder  Zustände,  welche  in  dieselbe 
natürliche  Zeit  gehören,  in  der  Form  der  Coordination  unter 
Bewahrung  der  ihnen  an  sich  zukommenden  Zeitgebung  ihrer 
Zeitlage  nach  zu  vergleichen;  dass  jedoch  postquam  und 
ubi  auch  untergeordnete,  relativ  gleichzeitige  oder  früher  lie- 
gende Umstände  in  Zeitbeziehung  zu  einem  (historischen)  Ereig- 
nisse oder  Zustande  setzen  können,  in  diesem  Falle  aber  den  Con- 
junctiv der  betreffenden  relativen  Zeit  des  Präteritums  bedingen.'^ 

Dass  für  den  Modus  bei  cum  das  vollkommen  gleiche  Ge- 
setz gilt,  soll  der  folgende  Abschnitt  zeigen. 

Wien.  E.  Hoffmann. 


gleicharlig  auch  die  folgenden  setzen  konnte :  Caes.  b-  G.  I,  27,  3 : 
eo  posig.  Caesar  pervenit,  obsides  poposcit ;  Liv.  XXXI,  7,  6: 
locus,.,,  haud  quaquam  prospere ,  postquam  ad  effectum 
operis  ventum  est,  coeptis  succedebat;  endlich  Tac.  An.  I,  68 : 
Cermani  postquam  haesere  munimentis,  datur  Signum  legioni- 
bus,  —  das  ist  schwer  einzusehen.  —  Vgl.  dagegen :  Ter.  Eun.  84 
(ed.  Fleckeis.):  tremo  äorreoque,  postquam  aspexi  Aanc, 
Cic.  inVerr.  V.  39,  103:  quae  omnia  nunc  intelligit  sibi  nihil 
prodesse,  posteaquam  cerlis  litteris ,  testibus  auctoritati- 
busque  convincitur.  —  Liv.  XXXI,  13,  4:  postquam  nee 
ab  Romanis  vobis  Ulla  est  spes,  nee  vestra  tos  iam  aut 
arma  aut  moenia  satis  defendunt,  pacem  adfero  ad  tos 
magis  necessariam  quam  aequam,  —  u.  a.  m. 


Ober  Interpretaüoo  der  Glassiker  etc. ,  v.  B.  ßanU»,  Wf 


Die  Interpretation  dergriechischen  und  römischen 
Classiker  an  unseren  Gymnasien. 

Wenn  der  philologische  Gymnasialunterricht  nach  der  ge- 
genwärtigen Einrichtung  seinen  Schwerpunct,  namentlich  für  die 
oberen  Classen^  in  einer  wohlgewählten  Lectüre  der  griechischen 
und  römischen  Classiker  hat,  so  ergibt  sich  daraus,  dass  die- 
jenige Lehrthätigkeit,  durch  welche  das  eingehende  und  nach 
der  jedesmaligen  Bildungsstufe  der  jugendlichen  Leser  vollstän- 
dige Verständnis  vermittelt  wird,  also  die  Interpretation  der 
Classiker,  von  entscheidendem  Einflüsse  auf  das  Gedeihen  oder 
das  Mislingen  des  Unterrichtes  ist.  Eine  Schullectüre ,  welche 
sich  einzig  darauf  beschränken  wollte,  dass  die  Schüler  den  auf- 
gegebenen Abschnitt  übersetzen,  ohne  dass  etwas  geschähe,  um 
das  Verständnis  da,  wo  es  erforderlich  ist,  zu  vermitteln, 
dürfte  sich  gar  nicht  für  einen  Theil  des  Unterrichtes  aus- 
geben wollen;  man  könnte  ja  dann  ebenso  gut  die  Schriftsteller 
den  Schülern  zur  Privatlectüre  überlassen  und  ihnen  etwa  zur 
Controle  für  ihre  Auffassung  eine  gute  Übersetzung  empfehlen. 
Der  guten  Interpretation  eines  Classikers  am  Gymnasium  ver- 
dankt mancher  den  Anfang  einer  Liebe  zu  dem  Schriftsteller, 
in  dessen  Verständnis  er  sich  wohl  eingeführt  fand;  aber  zahl- 
reicher sind  die  Erfahrungen,  dass  unpassende  und  verkehrte  Schul- 
interpretation einen  Unwillen  hervorruft,  der  sich,  wenn  nicht  auf 
die  Philologie  überhaupt^  so  doch  mindestens  auf  den  mishandel- 
ten  Schriftsteller  überträgt  und  die  Schulzeit  weit  überdauert, 
ja  in  vielen  Fällen  unverlöschbar  bleibt  und  allen  Gegengrönden 
trotzt.  Schon  die  Häufigkeit  dieser  Erfahrung,  in  welcher  ein 
wesentlicher  Grund  der  verbreiteten  Stimmung  gegen  die  Phi- 
lologie zu  suchen  ist,  kann  beweisen,  dass  der  Wichtigkeit  der 
Aufgabe  der  Interpretation  die  Schwierigkeit  ihrer  Ausführung 
mindestens  gleichkommt.  Zu  der  gründlichen  Kenntnis  des  Schrift- 
werkes, um  dessen  Erklärung  es  sich  handelt,  zu  der  genauen 
Bekanntschaft  mit  dem  Bildungsstande  der  Schüler,  ihrer  Lei- 
stungsfähigkeit, ihrer  Auffassungsgabe,  ihrer  Bedürfnisse,  zu  dem 
sicheren,  die  ganze  Thätigkeit  durchdringenden  Bewusstsein  von 
der  Aufgabe  der  Interpretation  —  Bedingungen,  die  schon  an 
sich  in  manchen  Fällen  nicht  gering  anzuschlagen  sind,  —  muss 
noch  jene  Kunst  der  Ausführung  hinzutreten,  die  es  ermögUcht, 
dass  der  Schüler  m'cht  auf  die  Erklärung,  sondern  fortwährend 
auf  das  Schriftwerk  selbst  hingelenkt  und  seine  Vertiefung  in 
dasselbe  wahrhaft  gefördert  wird*  Das  Bewusstsein  von  der 
Wichtigkeit  und  der  Schwierigkeit  der  Interpretationsaufgabe  hat 
in  neuerer  Zeit  Männer  von  ebenso  gründlichem  Fachwissen  als 
freudiger  Hingebung  an  den  Lehrberuf  ihr  Nachdenken  diesem 
Gegenetande   zuwende  hissen;    er  hat  in  so  eingehender  und 


008  Ober  InterpretatioD  der  Glassiker  etc.,  v.  B.  BonU%. 

treffender  Weise  Erörterung  nach  seinen  verschiedenen  Seiten 
gefunden,  dass  neues  und  iivahres  darüber  sich  nicht  viel  mehr 
dürfte  hinzufugen  lassen*  Insoweit  gedruckte  Commentare  ein 
verallgemeinertes,  der  Beziehung  auf  die  speciellen  Bedürfnisse  ge- 
rade dieser  Schüler  entkleidetes  Abbild  der  mündlichen  Schul- 
interpretation zu  geben  vermögen,  zeigen  die  commentierten  Schul- 
ausgaben, welche  seit  einem  Jahfzehend  in  rühmlichem  WetfeifM' 
verfasst  werden  und  umfassende,  dem  Unterricht  vielfach  forder- 
liche Verbreitung  finden,  schon  dem  flüchtigen  Blicke  einen  we- 
sentlichen Unterschied  gegen  solche,  die  ihnen  um  ein  oder  swei 
Jahrzehente  vorausgehen;  die  gröfsere  wissenschaftliche  Strenge, 
welche  für  den  Inhalt  der  ErUärung  erfordert  wird,  ist  ein&ch 
das  Ergebnis  der  gegenwärtigen  Gestaltung  der  philologischen 
Wissenschaft;  aber  die  Auswahl  dessen,  was  überhaupt  eine  Er- 
läuterung erhält,  das  beschränkende  Hab  der  Erklärung,  endlidi 
ihre  Form  legt  bei  den  gelungensten  Arbeiten  auf  diesem  Ge- 
biete Zeugnis  dafür  ab,  dass  sie  aus  bestimmtem,  klarem  Be- 
wusstsein  über  die  Aufgabe  der  Schulerklärung  und  aus  beson- 
nener Erwägung  der  Mittel  zur  Lösung  dieser  Aufgabe  hervor- 
gegangen sind*  Die  Programme  der  umfassenden  Sammlungen 
commentierter  Schulausgaben  haben  den  an  sie  zu  stellenden 
Forderungen  ihren  präcisen  Ausdruck  gegeben;  in  den  Vorreden 
zu  einigen  derselben,  in  Aufsätzen  der  didaktischen  Zeitschriften 
und  in  Schulprogrammen  finden  wir  die,  wenn  auch  in  einzelnen 
Nebenpuncten  differierenden,  doch  im  Wesentlichen  übereinstim- 
menden Erörterungen  und  Begründungen  dazu;  ich  erinnere  nur 
an  eine  einzige  dieser  Abhandlungen,  welche  durch  ein  genaues 
Eingehen  in  die  verschiedenen  Seiten  der  Frage  sich  ein  wohl- 
begründetes vorzügliches  Ansehen  erworben  hat^  die  vom  Di- 
rector  G.  T*  A.  K  r  ü  g  e  r  in  den  Programmen  des  Braunschwei- 
ger Gymnasiums  von  den  Jahren  1848  und  1849.  —  Wie  die 
Methode  gedruckter  Schulcommentare  zu  den  Classikem  in  ge- 
lungener wirklicher  Ausführung  sich  vollständiger  ausprägt  als 
in  der  genauesten  theoretischen  Abhandlung,  so  ist  für  die 
mündliche  Schulinterpretation  das  Vorbild  eines  Lehrers, 
durch  dessen  Erklärung  man  in  einen  Schriftsteller  wirklich  ein- 
geführt wurde  und  dauernde  Neigung  für  ihn  gewann,  ein- 
flussreicher und  bildender,  als  selbst  die  besten  Abhandlungen. 
Darum  verlieren  diese  jedoch  ihren  Werth nicht;  sie  können,  na- 
mentlich wo  Jemand  das  Glück  nicht  hatte  aus  einem  wirklichen 
Vorbilde  Belehrung  zu  schöpfen,  das  Nachdenken  und  die  stete 
Selbstprüfung  auf  die  wesentlichsten  Puncte  lenken  und  so  mittel- 
bar einen  günstigen  Einfluss  ausüben.  Es  genügt,  an  die  Ab- 
handlung eines  jüngst  verstorbenen  Mannes  zu  erinnern ,  dessen 
gründliche  und  sinnige  Auffassung  des  classischen  Allerthums  in 
seinen  geachteten  Schriften  niedergelegt,  dessen  segensreiche  Lehr- 
thätigkeit  in  der  dankbaren  Erinnerung  zahlreicher  Schüler  be- 


Ober  lolerprelaüon  der  Classiker  etc. ,  v.  B,  BonÜt.  609 

zeugt  ist;  die  Abhandlang  Nägelsbach 's  aber  die  Schul- 
interpretation der  Classiker ')  wird  schwerlich  einem  philologi- 
schen Lehrer  unbekannt  geblieben  sein;  die  treffenden  Weisun- 
gen, die  in  jedem  Satze  dieser  Abhandlung  das  klare  Bewusstsein 
über  den  Gegenstand  und  den  reichen  Schatz  wohlverwertheter 
Erfahrung  bekunden,  sollten  von  keinem  philologischen  Lehrer 
unbeachtet  gelassen  werden,  dem  sein  Lehrberuf  Gewissens- 
sache ist« 

Wer  möchte  es  wagen,  nach  einer  solchen  bei  aller  Kürze 
doch  in  den  wesentlichen  Puncten  vollständigen  und  erschöpfenden 
Entwickelung,  den  Gegenstand  sogleich  von  neuem  zu  behandeln  1 
Dennoch  kann  eine  didaktische  Zeitschrift  Anlass  haben,  ihn 
wiederholt  zur  Sprache  zu  bringen,  wenn  auch  in  der  Sache 
selbst  nichts  neues  hinzuzufügen  sein  sollte;  die  Rücksicht  auf 
besondere  Mängel  der  Ausführung  in  demjenigen  Kreise,  dem  die 
Zeitschrift  zunächst  sich  widmet,  rechtfertigt  es,  dass  eben  diese 
speciellen  Puncte  der  Aufmerksamkeit  der  Leser  wiederholt  em- 
pfohlen werden.  Solche  Erfahrungen  sind  es  unverkennbar  ge- 
wesen, welche  einen  geschätzten  Mitarbeiter  dieser  Zeitschrift, 
Hrn.  Schulrath  Wilhelm,  bestimmt  haben,  vor  kurzem  in  meh- 
reren Aufsätzen*)  seine  Überzeugungen  über  diesen  Gegenstand 
darzulegen,  und  möglichst  durch  Beispiele,  gewiss  mit  Rücksicht 
auf  wirkliche  Beobachtungen,  zu  erläutern.  So  unmittelbare  Er- 
fahrung über  die  wirklichen  Vorgänge  an  unseren  Gymnasien,  wie 
sie  unverkennbar  jenen  Aufsätzen  zu  Grunde  liegen,  stehen  mir  nicht 
zu  Gebote.  Die  Interpretationsübungen  in  der  griechischen  Ab- 
theilung  des  hiesigen  philologischen  Seminars,  die  schriftlichen 
Arbeiten  in  der  philologischen  Lehramtsprüfung,  selbst  einzelne 
gedruckte  Abhandlungen  in  Schulprogrammen  zeigen  allerdings, 
zu  welcherlei  Fehlern  und  Mängeln  in  der  ganzen  Weise  der  In- 
terpretation vorwiegende  Neigung  vorhanden  ist;  doch  entbehren 
jene  mündlichen  Cbungen  und  diese  schriftlichen  Arbeiten  eines 
bei  der  Schulinterpretation  wesentlich  in  Betracht  kommenden 
Momentes,  nämlich  der  Beziehung  auf  das  specielle  Bedürfnis  der 
Schüler.  Vertrauensvolle  Mittheilungen  jüngerer  Lehrer  über  ihr 
Verfahren  beim  Unterrichte  und  Anfragen  über  dessen  Zweck- 
mälsigkeit  ergänzen  zwar  einigermafsen  das  aus  jenen  Prämissen 
erschlossene  Bild,  bezeichnen   aber  doch  bei  vollster  subjectiver 


')  Eocyclopaedie  des  gesammten  Schul-  und  Cnierrichtswesons  von 
K.  A.  Schmid.  Bd.  1,  S.  800  ff.,  ein  Abschnitt  des  vortrefflichen 
Artikels  »Glassische  Schullecture»  S.  797  ff. 

')  Aus  dem  Aufsatze:  cOber  die  Behandlung  der  lateinischen  und  grie- 
chischen Leetüre"  S.  417  ff.  gehört  hieher  insbesondere  der  erste 
Abschnitt  S.  417 — 421 ;  mittelbar  bezieht  sich  auf^ diesen  Gegen- 
stand auch  ein  früherer  Aufsatz  desselben  Verf.'s :  «Ober  die  Mitbe- 
schäftigung der  Schuler  mit  dem  Gegenstande  des  Dnterrichtos* 
8.  835—888. 


6i0  Ober  loterprctation  der  Glassiker  etc.,  ▼.  B.  BaminL 

Wabrheil  immer  mehr  das  beabsichtigte  als  die  Wirklichkeit  der 
Ausführung.  Durch  die  Voraussetzungen ,  zu  denen  diese  man- 
nigfachen Data  führen,  würde  ich  mich  noch  nicht  bcstumat 
sehen,  den  Gegenstand  in  diesem  Organe  zur  Sprache  zu  bringei, 
wäre  nicht  mein  Mangel  an  unmittelbarster  Erfahrung  in  dieses 
Falle  ersetzt  durch  eine  Mitlheilung  von  entscheidender  Stelle^  an 
welcher  sich  die  Beobachtungen  aus  dem  weitesten  Bereiche  oon- 
centrieren.  Die  Erklärung  der  lateinischen  und  griechischen  Ol- 
siker,  so  lautet  ein  Ergebnis  dieser  Beobachtungen,  verliert  sich 
häufig,  und  zwar  nicht  am  wenigsten  bei  jüngeren ,  um  ihrer 
Kenntnisse  willen  achtbaren  Lehrern,  von  ihrer  eigentlichen  Aif- 
gabe  in  grammatische  Subtilitäten,  die  bei  manchen  mehr  des 
syntaktischen,  bei  andern  dem  etymologischen  Gebiete  angeköm. 
Es  würde  mir  von  dem  grölsten  Werthe  gewesen  scia, 
wenn  es  mir  möglich  gewesen  wäre,  statt  dieses  summarisch 
charakterisierenden  Tadels  oder  zu  demselben  die  bestimmten  di- 
zelnen  Fälle  kennen  zu  lernen,  die  in  ihm  zusammengefasst  siid, 
also  bei  welchem  Schriftsteller,  in  welcher  Classe,  welcheria 
Art  grammatischer  Spitzfindigkeit  es  war,  deren  Eintreten  aa  die 
Stelle  der  eigentlichen  Erklärung  den  Tadel  veranlasst  hat;  imd 
diejenigen  Männer,  welche  ihre  Beobachtungen  in  jener  swdmh 
rischen  Formel  präcisiert  haben ,  werden  durch  Hittheilong  der 
darin  enthaltenen  speciellen  Facta  der  Sache  einen  Dienst  leisten. 
Nur  eine  solche  Hittheilung  des  wirklichen  Einzelnen  würde 
es  möglich  machen,  in  das  Specielle  des  Gegenstandes  einzogehea; 
die  Beschränkung  auf  den  allgemeinen  Ausdruck  für  eiae 
Summe  von  Beobachtungen  muss  auch  die  Behandlung  des  CSegcn« 
Standes  auf  seine  allgemeinen  Momente  beschränken.  Unter- 
kennbar ist  nun  in  jenem  allgemeinen  Ausdruck  für  die  Beob- 
achtungen ein  zwiefacher  Tadel  über  die  Schulinterpretation  aos^ 
sprechen.  Erstens  ist  der  grammatischen  Erklärung  ds 
solcher,  deren  Verdienst  doch  in  klarer  Einfachheit  liegen  naas, 
der  Vorwurf  der  Subtilität  gemacht.  Es  ist  sehr  wohl  erklärlich, 
wenn  sich  zu  einem  derartigen  Vorwurfe  Anlass  findet.  Bis 
Sprachwissenschaft  hat  in  der  neueren  Zeit  die  grofsartigalei 
Fortschritte  gemacht.  Die  Formen  der  einzelnen  Sprachen  habet 
aufgehört,  vereinzelte  und  in  dieser  Vereinzelung  zufälUge  That- 
sachen  zu  sein,  sondern  sind  durch  die  vergleichende  Sprach- 
forschung in  den  weitesten  Zusammenhang  mit  den  Formen  ver- 
wandter Sprachen  gebracht,  und  für  diesen  Zusammenhang  iuihI 
bestimmte  Gesetze  theils  aufgefunden,  theils  werden  sie  erforscht; 
in  einem  Lande,  in  welchem  viele  charakteristisch  unterschiedeof 
und  doch  grofsentheils  verwandte  Sprachen  in  lebendiger  Friscke 
neben  einander  bestehen,  hat  das  sprachvergleichende  Studium 
eine  Anziehungskraft,  wie  kaum  irgend  wo  anders.  Anderweit« 
hat  auf  den  Zusammenhang  des  sprachlichen  Ausdruckes  mit  da 
psychologischen  Gesetzen   des  Vorstellens  und   Denkena»   eines 


Ober  Interpretation  der  Glassiker  etc.,  v.  B.  BalUa.  61  i 

Zusammenhang,  der  nie  hat  gänzlich  verkamit  oder  übersehen 
werden  können,  das  Nachdenken  von  Forschern  sich  eindringen- 
der und  consequenter  gerichtet  Dass  die  wirklich  gesicher- 
ten Ergebnisse  der  Wissenschaft  ihren  mittelbaren  Einfluss 
auf  die  Gestaltung  des  Unterrichtes  auszuüben  haben,  ist  eine 
vollkommen  berechtigte  Forderung;  aber  eine  schwere  Gefahr 
erwächst  dem  Unterrichte,  wenn  eine  noch  nicht  abgeklärte  Auf- 
fassung von  manchem  an  sich  noch  unsicherem  die  Schule  dazu 
benützt,  um  das  eigene  Interesse  mehr  als  die  Bedürfnisse  der 
Schüler  zu  berücksichtigen.  Dass  derartige  Fälle  vorkommen,  ist 
aus  bestimmten  zu  Tage  getretenen  Erscheinungen  wahrscheinlich. 
Gegen  einen  aus  schätzbaren  Studien  und  regem  Eifer  hervor- 
gegangenen Versuch,  den  ersten  Unterricht  in  der  lateinischen 
Formenlehre  in  linguistischer  Weise  auszuführen,  hielt  eine  an- 
erkannte Autorität  auf  diesem  Gebiete  sich  verpflichtet,  Ein- 
sprache zu  thun');  in  einer  erst  voriges  Jahr  zum  Schulge- 
brauche zugelassenen  Schulgrammatik  für  die  untersten  Classen  *) 
ist  das  Lehrpensum  der  neun-  und  zehnjährigen  Anfanger  im 
Latein  mit  zahlreichen,  übrigens  zum  Theil  unsicheren  und  schiefen 
Sätzen  aus  linguistischen  Werken  belastet,  welche  des  Verfassers 
Interesse  für  derlei  Studien  zeigen,  aber  dem  Unterrichte,  für  den 
sie  bestimmt  sind,  um  so  mehr  Gefahr  bringen,  je  mehr  bei  uns  an- 
erkanntermaßen die  gebrauchten  Lehrbücher  auf  die  Gestaltung  des 
Unterrichtes  selbst  Einfluss  haben.  Thatsachen  dieser  Art  machen  es 
höchstwahrscheinlich,  dass  in  dem  etymologischen  Theil  unseres 
philologischen  Gymnasialunterrichtes  gar  manchmal  in  der  besten  Ab- 
sicht eine  Verstiegenheit  vorkommen  mag,  die  dem  dauerhaften  Er- 
folge wesentlichen  Eintrag  thutund  zu  jenem  Ausdrucke  der  gram- 
matischen ^«SubtilitäV^  den  Anlass  gegeben  haben  kann ;  und  ähn- 
liches mag  sehr  wohl  in  verfrühten  und  unklaren  Versuchen  ra- 
tioneller Behandlung  des  syntaktischen  Theiles  vorkommen. 

Dies  erstere  Moment  in  jenem  allgemeinen  Ausdrucke  für 
Erfahrungen  bei  dem  philologischen  Unterrichte  an  unseren  Gym- 
nasien beabsichtige  ich  jetzt  nicht  zum  Gegenstande  der  Erör- 
terung zu  machen;  Prof.  Lange  hat  in  dem  Aufsatze,  auf  den 
so  eben  Bezug  genommen  wurde,  so  bestimmt  und  überzeugend 
darüber  gehandelt,  dass  ich  einfach  darauf  verweise.  Vielmehr 
möchte  ich  dem  zweiten  in  jenen  Beobachtungen  enthaltenen 
Momente ,  welches  sich  auf  die  Interpretation  be- 
zieht, die  Aufmerksamkeit  der  Leser  zuwenden.  Wenn  es  heifst, 
da^s  die  Interpretation  sich  von  ihrer  eigentlichen  Aufgabe  hin- 


')  Vgl.  die  eingehende  Recension  von  Prof.  L.  Lange  über  A.  Va- 

nicek's  lal.  Schulgrammalik,  in  dieser  Zeitschrift  1857,  S.36 — 63, 

129—152. 
*)  Vgl.    die  ReecnsioD    von    Prof.  K.  Reichel    über   die  erste  Auflage 

von  St.  Wolfs  lal.  Elementargrammatik,  in  dieser  Zeitschrift  1859^ 

S.  529—539,  und  zwar  besonders  S.  531—536. 


612  Ober  Inlerprckalion  der  CUMiker  elc,  y.  B. 

weg  in  grammatische  Subtilitäten  verliere,  80  ist  darin  logleid 
ab  Thatsache  ausgesprochen,  dass  der  grammalischen  ErkUnug 
ein  gröberer  Umfang  gegeben  sei,  ab  mit  der  wirklichen  Aaf- 
gabe  der  Interpretation  vereinbar  erscheint.  Es  kann  dabei  der 
Verdacht  gar  nicht  aufkommen,  ab  sollte  durch  diese  Bemerfcong 
einem  leichtfertigen  Errathen  statt  gründlich  grammatischen  Yer- 
standnisses  das  Wort  geredet  werden ;  wer  das  VeiBtindms  der 
gelesenen  Schriftwerke  auf  einen  anderen  Boden  gründen  wollte, 
ab  auf  die  gewissenhafte  Auffassung  der  Worte  und  ihres  gram- 
matbchen  Verhältnisses,  der  würde  den  philologbchen  Uoler- 
richt  an  unseren  Gymnasien  statt  zu  einer  strengen  Zockt  der 
Gedanken,  vielmehr  zu  einer  wissenschaftlich  und  sittlich  ver- 
derbenden Schule  des  Leichtsinnes  machen.  Aber  etwas  ganz  an- 
deres und  himmelweit  verschiedenes  bt  es,  die  Grammatik  so 
weit,  ab  es  die  jedesmal  vorliegende  Stelle  und  der  jedesmalige 
Bildungszustand  der  Schüler  erfordert,  streng  verwerlhen  zu  ge- 
nauer Auffassung  des  Textes,  und  den  vorliegenden  Text  an- 
wenden zur  Erörterung  syntaktischer  Regeln  oder  etymologiBcher 
Worterklärungen.  Dies  letztere  bt  es  offenbar,  was  ab  chank- 
teristbcher  Fehler  an  der  Schulinterpretation  der  griechbchea 
und  lateinischen  Classiker  bei  manchen  unserer  Gymnasien  beob- 
achtet ist  Man  mag  zur  Entschuldigung  eines  soldien  Ver- 
fahrens immerhin  mit  einiger  Wahrheit  sagen,  dass  es  doch 
besser  sei,  auf  Anlass  der  Leetüre  Grammatik  zu  behandeln,  ab, 
was  auch  zuweilen  vorkommen  soll,  auf  diesen  Anlass  sich  allen 
möglichen,  der  Sprache  und  dem  Inhalte  des  Gelesenen  gMch 
fremden  Expectorationen  hinzugeben.  Aber  das  Gewicht  eines 
Fehlers  wird  dadurch  nicht  vermindert,  dass  es  einen  anderen 
noch  gröfseren  und  noch  unverzeihlicheren  gibt.  Und  daes  jene 
Umkehrung  des  Verhältnisses  von  Zweck  und  Mittel  in  der  Er- 
klärung ein  Fehler  ist,  bedarf  keines  weiteren  Bewebes;  gewarnt 
ist  vor  demselben  bereib  im  Org.  Entw.  S.  111 — 118  und  dam 
in  der  Instruction  des  h.  Unterrichbministeriums  vom  ii.  Min 
1854,  Gymn.  Zeibchr.  1854,  S.  325  ff.  und  dem  ihr  beige- 
fügten Gutachten,  und  dies  in  so  unzweideutiger  Weise,  dacs  ei 
ein  unnützes  Unternehmen  wäre,  der  Enbchiedenheit  jener  Wei- 
sungen irgend  etwas  hinzufügen  zu  wollen.  Zweckmabiger  ist 
es  vielleicht,  auf  einige  Bedingungen  hinzuweisen,  die  noih- 
wendig  erfüllt  sein  müssen,  wenn  die  Erklärung  der  griechisdei 
und  lateinbchen  Classiker  soll  in  gelungener  Weise  ausgefttit 
werden  können;  der  Inhalt  der  ausgesprochenen  Beobachtungci 
und  die  thatsächlichen  Zustände  unseres  Studienwesens  werdet 
für  die  Auswahl  dessen,  was  ich  glaube  hervorheben  zu  soUci, 
leitende  Gesichbpuncte  sein. 

Der  beste  Interpret  eines  Schriftwerkes  bt  dieses  Schrift- 
werk selbst  in  seinem  ganzen  Umfange.  Es  bt  ein  thörichlei 
und  unfehlbar   mbUngendes  Unternehmen,  Abschnitte 


Ober  Interpretation  der  Classiker  etc. ,  v.  B,  AmÜM,  613 

Schririwerkes  anderen  erklaren,    andere  in  das  Verständnis  der- 
selben einrühren  zu  wollen,  wenn  man  nicht  selbst  in  4ein  gan- 
zen Schriftwerke  vollkommen  einheimisch  ist«    Es  sollte  daher 
der  Fall  nicht  vorkommen,  dass  ein  Lehrer  die  Erklärung  eines 
griechischen  oder  lateinischen  Schriftstellers  übernimmt  oder  zu- 
getheilt  erhalt,  mit  dem  er  sich  nicht  bereits   durch  wiederholte 
Lectüre  und  durch   eingehendes   Studium   vertraut   gemacht  hat. 
Und  wenn  dennoch,   wie  dies  bei   der  gegenwartigen  Lage  un- 
seres Gymnasialwesens  kaum  zu  vermeiden   sein  wird,  der  Fall 
einer  solchen  an  sich  zu   misbilligenden  Zutheilung  nicht  selten 
vorkommt,  so  hat  es  der  Lehrer  als  seine  Gewissenspflicht,  als 
die  unerlasslichste  Bedingung  für  den  Erfolg  seines  Unterrichtes 
zu  betrachten,    dass  er,    was  vorher  nicht  geschehen  war,    im 
Laufe  seiner  Lehrthätigkeit  selbst  ununterbrochen  auf  das  um- 
fangreichste nachhole.    Die  Erklärung  einer  Tragoedie  des  So- 
phokles durch  einen  Lehrer,   der  kaum   mit  der  eben  zu  lesen- 
den Tragoedie  vertraut  ist,  geschweige  denn  mit  Sophokles  über- 
haupt, eine  Erklärung  des  Homer  von  einem  Lehrer,  der  nicht 
Uias  und  Odyssee  vollständig  und  wiederholt  gelesen  hat  und  in 
ihnen  so   einheimisch  ist,    dass  die  wirklich  erklärenden  Remi- 
niscenzen  sich  ihm  von  selbst  darbieten  —  und  so   in  allen  an- 
deren Fällen  —  ist  für  den  Unterricht  und   für  die  Schüler  ein 
Unglück,  das  sich  durch  fleiüsige  und  geschickte  Benützung  der 
besten    für   die  Erklärung   vorhandenen   Hilfsmittel   dem    ober- 
flächlichen Blicke  verdecken,  dessen  nachtheilige  Folgen  aber  sich 
nicht   beseitigen   lassen.    Wer   anderen   noch    Unerfahrenen    ein 
Führer  sein  will,  muss  selbst  in  der  Gegend,   in  die  zu  führen 
er  unternimmt,  durch  häufigen  Besuch  sich  einheimisch  gemacht 
haben,  sonst  verscherzt  er  bald,  von  Schritt  zu  Schritt  unsicher 
und   auf  zufallig  sich  darbietenden  Rath  angewiesen,    das  Ver- 
trauen zu  seiner  Führung.    Auf  der  anderen  Seite  lässt  sich  die 
Förderung,  welche  die  Schullectüre  eines  Schriftstellers  dadurch 
erfahrt,  dass  der  Lehrer  in  ihm  vollkommen  zu  Hause  ist,  nicht 
hoch  genug  anschlagen*    Um  Interesse  an  einem  Gegenstande  zu 
wecken,  gibt  es  kein  wirksameres  Mittel^  ja  es  gibt  kaum  irgend 
ein  anderes,  als  die  Frische  und  Natürlichkeit  des  Interesses  bei 
dem,  der  uns  in  den  Gegenstand  einführt;   für  ein  solches  Ver- 
ständnis eines  Claissikers,  das  nicht  blofs  die  Worte  der  fremden 
Sprache  wohl  oder   übel  in  die  Muttersprache  umzusetzen  sich 
genügen  lässt,  liegt  —  und  darin  eben  besteht  ein  unersetzbarer 
Vorzug  des  mündlichen  Unterrichtes  —  das   wirksamste  Mittel 
in  dem  lebendigen  und  eindringenden  Verständnisse  des  Erklärers 
selbst.    Man  mag  lobende  Worte  über  ein  Schriftwerk  oder  eine 
einzelne  Stelle  desselben  nicht  ausschliefsen,  Erklärungen  des  Ge- 
dankenganges und   Gedankenzusammenhanges   sind   unzweifelhaft 
öfters  nöthig;   aber  jenes  ausdrückliche  Lob   des  Schriftwerkes 
bringt   bei   den  Zuhörern   leicht   die  entgegengesetzte  Wirkung 


614  Ober  Interpretation  der  Classiker  etc.,  v.  £r.  BonU». 

hervor^  und  bei  diesen  Erklärungen  will  das  Mafs  auf  das  iact- 
vollste  eingehalten  sein,  wenn  sie  die  Aufmerksamkeit  fortwäh- 
rend dem  Schriflsteller  zuführen ,  statt  von  ihm  abziehen  sollen. 
Die  eigene  Vertrautheit  mit  dem  Schriftwerke  und  das  eigene  ein- 
dringende, selbstthätig  gewonnene  Verständnis  sind  die  unerlässlichen 
Bedingungen  für  ein  Gelingen  der  Aufgabe  der  Erklärung,  und  sie 
üben  ungesucht  und  natürlich  eine  Wirkung,  die  sich  durch  kein 
anderes  Mittel  erreichen  lässt;  denn  eben  weil  jenes  Verständnis 
aus  der  Auffassung  des  organischen  Ganzen  hervorgegangen 
ist,  so  wird  es  dieselbe  auch  vermitteln,  es  wird  auf  die  Ele- 
mente der  Schönheit  und  Kraft  hinweisen  und  zeigen,  wie  sie 
anders  in  ihrer  Vereinzelung  und  anders  in  ihrer  Verbindung 
wirken,  wie  hieraus  sich  gröfsere  Partien  entwickeln,  und  wel- 
chen Werth  die  Elemente  und  Bestandtheile  für  das  Ganze  haben ; 
es  wird  dahin  drängen,  dies  nicht  blofs  zu  lehren ,  sondern  es 
dem  Genriüthe  nahe  zu  legen,  möge  es  sich  um  geschichtliche, 
rednerische  oder  dichterische  Darstellung  handeln.  —  Es  findet  sich 
leicht  Gelegenheit  genug,  die  Bedeutung  zu  beobachten,  welche 
die  eigene  Vertrautheit  des  Lehrers  mit  dem  zu  erklärenden  Schrift- 
steller für  den  Erfolg  des  Unterrichts  hat  Eine  der  kleineren  De- 
mosthenischen  Staatsreden  liest  mit  seinen  Schulern  hier  ein  Lehrer, 
der  selbst  kaum  mehr  als  eben  diese  Rede  gelesen  hat  und  aus 
den  trefflichen,  dazu  vorhandenen  Hilfsmitteln  sich  von  Stunde 
zu  Stunde  auf  das  gewissenhafteste  und  genaueste  vorbereitet^  es 
liest  dieselbe  Rede  mit  seinen  Schülern  dort  ein  Lehrer,  der  mit 
Lust  und  Freude  die  Demosthenischen  Slaatsreden  wiederholt 
gelesen  hat  und  mit  ihnen  vollkommen  vertraut  ist;  setzen  wir 
dabei  übrigens  die  gleiche  allgemeine  didaktische  Geschicklichkeit 
bei  beiden  Lehrern  voraus.  Es  kann  rocht  wohl  sein,  dass  in 
Folge  der  sorgfältigen  Einzelvorbereitung  jener  dasselbe  oder  fast 
dasselbe  zur  Erklärung  sagt,  wie  dieser,  und  doch  ist  der  Er- 
folg in  dem  letzteren  Falle  ein  ganz  anderer.  Die  eigene  Vertie- 
fung in  den  Schriftsteller  gewährt  eine  Fülle  der  Einsicht ,  die 
der  beste  Commentar  nicht  zu  geben  vermag,  und  befähigt  nicht 
nur  das  richtige  sondern  das  treffende  in  jedem  gegebenen  Falle 
zu  sagen;  der  Eindruck  des  selbstgedachten,  selbstempfundenen, 
selbstdurchlebten  lässt  sich  —  man  müsste  denn  den  Unterricht  zu 
einer  beständigen  Ausübung  der  Schauspielerkunst  machen  —  durch 
mchts  anderes  ersetzen;  Wärme  und  Klarheit  lässt  sich  anderen  nur 
von  dem  eigenen  Feuer  und  dem  eigenen  Lichte  mittheilen.  —  Ich 
weib  sehr  wohl,  dass  ich  hiermit  nur  wiederhole,  was  bereits 
tausendmal  gesagt  ist  und  wirksamer  gesagt  ist,  als  ich  es  hier 
wiederholt  habe;  aber  zwei  Gründe  bestimmen  mich,  dass  ich 
diese  Wiederholung  nicht  scheue.  Erstens,  Mangel  an  Vertraut- 
mit  dem  Schriftwerke  und  dem  Schriftsteller,  um  dessen  Er- 
klärung es  sich  handelt,  ist  in  vielen,  vielleicht  in  den  meisten 
Fällen  die  Ursache »    aus  welcher  der  eben  speciel   bezeichnete 


Ober  Interpretation  der  Classiker  etc.,  v.  B,  Btmii»,  615 

Fehler  der  SchulerklaruDg  hervorgeht.  Es  soll  eben  nicht  blofs 
übersetzt,  es  soll  auch  etwas  erklärt  werden ;  da  bieten  sich,  durch 
Unterstützung  von  Lexikon  und  Grammatik,  die  einzelnen  Wör- 
ter und  Constructionen  als  der  nächste  Gegenstand  dar,  und  diesem 
blolsen  Zerpflücken  und  Zerbröckeln  tritt  da  keine  Scheu  hin- 
dernd und  beschränkend  entgegen,  wo  nicht  die  Vertrautheit  mit 
dem  Schriftsteller  und  das  Interesse  für  ihn  die  ganze  Thätigkeit 
der  Interpretation  durchdringt.  —  Zweitens,  dass  nicht  selten 
die  Erklärung  von  Schriftstellern  an  Lehrer  übergeben  und  von 
diesen  übernommen  wird,  die  in  denselben  nicht  einheimisch  sind 
und  auch  während  der  Schullectüre  selbst  diesen  Mangel  nicht 
ersetzen,  ist  eine  Thatsache,  die  ich  sicher  weifs  und  auf  deren 
Tragweite  ich  daher  mit  dem  ganzen  Nachdrucke,  den  die  Wich- 
tigkeit der  Sache  erfordert,  hinzuweisen  mich  berechtigt  glaube. 
Viele  unserer  philologischen  Gymnasiallehrer  stehen  beim  Beginn 
ihrer  Lehrthäligkeit  erst  in  der  Mitte  derjenigen  Studien,  welche 
sie  für  den  Unterricht  unerlässlich  bedürfen.  Das  viel  mis- 
brauchte  Sprichwort  Docendo  discimus  erfahrt  dann,  und  dies 
ganz  vorzugsweise  bei  der  Interpretation  der  Classiker,  eine  An- 
wendung, die  vielmehr  im  Interesse  der  Lehrenden  als  des  Un- 
terrichtes und  der  Schüler  liegt. 

Zu  diesem  ersten  auf  das  zu  erklärende  Object  selbst  be* 
züglichen  Momente  füge  ich  ein  zweites  hinzu,  das  speciel  auf 
die  Thätigkeit  des  Lehrers  den  Schülern  gegenüber  sich  be- 
zieht: Kenntnis  des  Bildungsstandes  und  der  Leistungsfähigkeit 
der  Schüler  und  Aufrichtigkeit  auf  Grund  dieser  Kenntnis.  Frei- 
lich ist  auch  dies  ein  Erfordernis,  das  sich  von  selbst  versteht, 
ja  in  seinem  letzteren  Theile  enthält  es  eine  so  allgemeine  sitt- 
liche Forderung,  dass  schon  der  Gedanke  an  die  Möglichkeit  einer 
Vernachlässigung  verletzend  erscheinen  könnte.  Die  eigenthum- 
lichen  Verhältnisse  unserer  Gymnasien  geben  aber  dieser  For- 
derung eine  Bedeutung,  welche  ihre  Hervorhebung  erklären  und 
zugleich  zeigen  wird,  dass  sie  nicht  überall  leicht  zu  erfüllen  ist. 
Die  Gymnasien  des  österreichischen  Staates  haben,  wie  ein  gleiches 
Lehrziel,  so  im  wesentlichen  eine  gleiche  Einrichtung;  aberfdie 
wirklichen  Leistungen  der  verschiedenen  Gymnasien  sind  zur  Zeit 
noch  sehr  verschieden;  Schüler,  Lehrer,  Mischung  der  Sprachen, 
mannigfache  andere  Verhältnisse  tragen  das  ihrige  dazu  bei,  diese 
erhebliche  Verschiedenheit  selbst  über  ein  Jahrzchend  hinaus  nach 
dem  Beginne  der  Reformen  zu  erhalten.  «Die  im  Entwürfe  vor- 
liegenden Einrichtungen  werden  an  vielen  Lehranstalten  sich  rasch 
verwirklichen  lassen,  für  andere  werden  sie  aber  nur  das  Ziel 
bezeichnen,  dem  man  allmählich,  vielleicht  durch  eine  längere 
Reihe  von  Jahren^  sioh  zu  nähern  haben  wird,^^  diese  Worte  aus 
dem  Eingange  des  Org.  Entw.  haben  noch  jetzt,  nach  mehr  ab 
zehn  Jahren,  ihre  volle  Wahrheit;  von  einem  Durchschnitte,  einem 
Mittehnafse  der  Leistungen  zu  reden,  das  sich  fiberall  an  unseren 


616  Ober  Interpretation  der  Glassiker  etc.,  ▼.  H.  Bonita. 

Gymnasien  erreicht  fände,  würde  auch  jetzt  noch  übereilt  und  nii- 
gerecht  sein.    Nimmt  man  nun  hinzu,  dass  Versetzanrai  voa 
Lehrern  an  andere  Gymnasien  aus  nahe  liegenden  Gründoi  ftr- 
hältnismafsig  häufig  vorkommen,  so  begreift  sich,  dass  jene  genaue 
Kenntnis  der  Bildungsstufe  und  der  Leistungsfähigkeit  der  Sdiohr, 
ohne  welche  sich  kein  Unterricht  mit  Erfolg  geben,  und  ohK 
welche  namentlich  die  Erklärung  von  Schrinstellem  zwecfaBibig 
auszuführen  unmöglich  ist^   um  vieles  schwieriger  zu  erradm 
ist,  als  dies  bei  vollkommen  normalen  Verhältnissen  der  Fall  tm 
würde.  —  Hiedurch  erhält  auch  der  zweite  Theil  der  aiis|M|Nno- 
ebenen  Forderung:  Aufrichtigkeit  auf  Grund  der  wirklichen  KBUtBis 
der  Schüler,  seine  specielle  Bedeutung.  Nehmen  wir  an,  die  Er- 
klärung des  Sophokles  wird  dazu  verwendet,  um  bei  jeden  Vor- 
kommen  eines  bedingenden  oder  eines  finalen  Satzes  oder  eiaer 
indirecten  Rede  u.  ä.  m.  die  betreffenden  syntaktischen  Begeh 
in  Erinnerung  zu  bringen  oder  gar  ausdrücklich  m  erläutern,  oder 
die  Leetüre  einer  Rede  des  Demosthenes  wird   ab  Gelegenheit 
benützt,  die  Kenntnis  der  Formenlehre  bei  den  Schalem  m  er* 
ganzen  oder  sicher  zu  stellen  —  und  Fälle  dieser  Art  koanM 
allerdings  vor  — ,  so  ist  hiedurch  gewiss  eine  der  estrentlai 
Mishandlungen  bezeichnet,   welche  ein    Schriftsteller  durch  die 
Interpretation  erfahren  kann;  wer  so  interpretiert,  der  veriierl 
sich  zwar  nicht  in  grammatische   «Subtilitäten^,   aber  er  ver- 
wandelt einfach  die  Erklärung  des  Schriftstellers  in  eine  gran- 
matische  Lection,  für  welche  der  Schriftsteller,  der  zufällig  n 
Grunde   gelegt  wird,   der   vollkommen   gleichgiltige  Anlaas  ist. 
Nun  ist  aber  allerdings   in  manchen   der  angedeuteten  Fälle  fär 
die  Schüler,  mit  denen  man  den  Demosthenes  oder  den  Sopbokki 
liest,  die  Behandlung  jener  grammatischen  Partien  das  onerlitf* 
liebste,  wenn   sie  in  ihren   griechischen  Kenntnissen  nicht  dMr 
bodenlosen  Unsicherheit  sollen  preisgegeben  werden.   Fälle  diesff 
Art  sind  es  eben,  in  denen  ich  die  volle  Aufrichtigkeit  gegeattcr 
dem  Bildungstande  der  Schüler  als  Pflicht  der  Schule  benichM; 
ich  erwähne  sie  in  dem  gegenwärtigen  Zusammenhange  dcdialhi 
weil  ein  Hisverhältnis  zwischen   der  Aufgabe   der   Lectfire  la' 
den  wirklichen  Kenntnissen  der  Schüler,  abgesehen  von  den  soft- 
stigen  grofsen  Gefahren,  die  es  mit  sich  bringt,  auch  natürlick 
dahin   führt,  dass   die    Grammatik  aufhört  Voraasaetxnng  ni 
Mittel  der  Erklärung  zu  sein,  und  zu  ihrem  ausschließlichen  Zweck 
und  Inhalt  wird.    Für  Schüler,  welche  eine  solche  Umkehnaf 
der  Interprelationsaufgabe  rechtfertigen  und  bedürfen,  gehört  ckci 
die  Leetüre  des  Demosthenes  und  des  Sophokles  nicht;  man  sol 
dann  so  aiifrichtig  sein,  den  Demosthenes  und    vollends  den  So- 
phokles bei  Seite  zu  legen,  und  eine  Xenophonchrestomathie 
und  sich  freuen,  wenn  man  es  vermag,   die  Schüler  noch 
dies  im  Homer  einheimisch    zu  machen.    Das   Unrecht 
Mangels  an  Aufrichtigkeit  fällt  zuweilen   den  Lehrern  selbst 


Ober  Interpretation  der  Classiker  etc.,  ▼.  H,  BanÜM.  617 

Last,  welche  die  fraglichen  Schriftsteller  lesen;  in  anderen  Fällen 
findet  die  Hinweisung  der  Lehrer  auf  die  Nothwendigkeit,  in  der 
Lecture  um  eine  oder  zwei  Stufen  herabzusteigen,  bei  den  un- 
mittelbar oder  mittelbar  Vorgesetzten  einen  schwer  zu  beseitigen- 
den Widerstand;  man  mag  eben  nicht  eine  geringere  Leistungs- 
fähigkeit der  Schule  thatsächlich  eingestehen^  und  begünstigt  einen 
Schein,  der  nicht  nur  den  eben  vorhandenen  Schulern  verderb- 
lich ist,  sondern  auch  dazu  beiträgt  das  Cbel  zu  befestigen*  Der 
Nimbus,  den  man  der  Schule  durch  solche  Scheinlectüre  zu  ge- 
ben vermeint,  erhält  sich  nicht  bis  zum  Übertritte  der  Schüler 
an  die  Universität;  es  kommt  oft  genug  vor,  dass  von  Gymna- 
sien, die  aufrichtig  genug  waren  sich  auf  Xenophon  und  Homer 
zu  beschränken,  Schüler  mit  besseren  Kenntnissen  zur  Universität 
kommen,  als  andere  mit  gleich  günstigen  Maturitätszeugnissen 
von  Gymnasien,  welche  den  gesammten  durch  die  gegenwärtige 
Einrichtung  als  Ziel,  nicht  als  unerlässliche  Bedingung  vor- 
gezeichneten Umfang  der  Leetüre  erschöpft  haben.  —  Möchte 
dieser  Umstand  die  Beachtung  finden,  die  er  verdient;  so  lange 
die  Bedingungen,  unter  denen  eine  bestimmte  Lectüre  überhaupt 
erst  zulässig  ist,  nicht  von  allen  Seiten  die  gewissenhafteste,  un- 
befangene und  einsichtige  Erwägung  finden,  so  lange  ist  es  un- 
nütz, über  die  Behandlung  der  Lectüre^  über  das  Wie  der  Er-* 
klärung  sich  ernstlich  zu  ereifern. 

Neben  den  beiden  bisher  besprochenen  Momenten,  welche  in 
unmittelbarer  Beziehung  zu  dem  Gegenstande  unserer  Erörterung 
stehen,  möge  noch  ein  drittes  kurz  berührt  werden,  das  mittel- 
bar in  Betracht  kommt.  Es  ist  anerkanntermaßen  ein  an  unseren 
Gymnasien  noch  häufig  vorkommender  Brauch,  eine  Unterrichts- 
stunde, und  so  auch  eine  der  Interpretation  eines  Classikers  ge- 
widmete Stunde,  in  der  Weise  anzuwenden,  dass  vier,  fünf,  sechs 
Schüler  «geprüft»  werden;  ihnen  ist  während  der  ganzen  Stunde 
die  Thätigkeit  des  Lehrers  so  ausschließlich  gewidmet,  dass  man 
sehr  idealen  Phantasien  huldigen  muss,  wenn  man  das  ruhige  Sitzen 
der  übrigen  Schüler  für  Aufmerksamkeit  auf  den  Gegenstand  an- 
sieht. Auf  das  Unrecht  dieses  Vorganges  hat  vor  kurzem  (Hft.  IV, 
V.  S.  a35  fl".)  Hr.  Schulrath  Wilhelm  mit  jener  Bestimmtheil  hin- 
gewiesen, zu  welcher  die  häufige  Beobachtung  derThatsache  den 
umsichtigen  Freund  der  Jugend  treiben  muss;  ich  hatte  es  daher 
nicht  für  nöthig,  über  den  Gegenstand  im  allgemeinen  noch  ein 
Wort  hinzuzufügen,  sondern  nur  auf  die  nachlheiligen  Polgen 
hinzuweisen,  welche  speciel  bei  der  Interpretation  der  Classiker 
diese  Sitte  nothwendig  hat.  Freilich  liegt  in  der  Beschränkung 
der  Thätigkeit  des  Lehrers  auf  einige  wenige  Schüler  nicht  noth- 
wendig die  Versuchung,  die  Aufgabe  der  Erklärung  in  die  einer 
grammatischen  Lection  umzuwandeln;  aber  die  Folge  ist  von 
einem  solchen  Verfahren  nicht  wohl  zu  trennen,  dass  ein  zusam- 
menhängendes Interesse  für  den  Schrift&teUex  odL«t   d^iu^  €t^^xv  ^^^^ 

%»lt99hri{t  e.  «f.  BtUrr.  Ojmna*.  1860.  VlU.  H«ft. 


618  Über  Interpretation  der  Glassiker  etc. ,  v.  B.  BmUi%. 

lesene  Schriftwerk  gar  nicht  aufkommt,  der  Erklärung  also  An- 
fang und  Ziel  ganzlich  fehlt.  Wie  sollte  denn  auch  in  aolchea 
Falle  bei  den  Schülern  durch  den  Unterricht  ein  Interesse  f&r 
das  gelesene  Schriftwerk  aufkommen  —  wenngleich  glücklielier* 
weise  manchmal  trotz  der  Fehler  des  Unterridites  der  onyer- 
wüstliche  Werth  des  Gelesenen  diese  Theibiahme  erweckt  — ,  leigl 
ja  doch  der  Lehrer  durch  die  That  nicht  ein  Interesse  für  öm 
Gegenstand  und  für  seine  Auffassung  durch  alle  Schüler,  sondern 
nur  das  Bestreben,  die  häusliche  Praparation  von  ein  paar  SiM- 
lem  zu  controlieren ,  eine  allerdings  unerlassliche  Aufgabe,  die 
man  aber  viel  richtiger  und  in  Wahrheit  nur  dann  erfüllt,  weoa 
man  sie  nicht  zur  alleinigen  macht  und  noch  weniger  als  solche 
erscheinen  lässt.  Darf  man  sich  dann  wundern,  dass  auch  die 
Schüler  im  ganzen  nur  das  Interesse  haben,  wenn  sie  «geprifl* 
werden,  sich  eine  «gute  Classe'^  zu  verschaffen,  der  Gegen- 
stand selbst  aber  ihnen  fremd  und  fem  bleibt.  Man  kann  sick 
von  der  Wahrheit  dieser  Folgerung  leicht  überzeugen.  Man  köre 
Gynmasialschüler  kurz  nach  Beendigung  ihrer  Lectionen  mit  einuH 
der  von  dem  Unterrichte  sprechen;  sie  haben  über  geschichtlichen, 
geographischen,  naturgeschichtlichen,  mathematischen,  physikali- 
schen u.  a.  Unterricht  zu  erzählen,  was  darin  vorkam,  ob  ei 
schwer  oder  leicht,  interessant  oder  langweilig  war;  überlater* 
pretationsstunden  beschränken  sich  in  der  Mehrzahl  der  Fälle 
ihre  Hittheilungen  darauf,  ob  sie  selbst  geprüft  wurden  oder 
nicht,  ob  sie  mit  guter  Classe  durchkamen,  ob  andere  durch- 
fielen u.  a.  m.  —  Durch  das  bezeichnete  Verfahren  lässt  sich 
allerdings,  bei  gehöriger  Strenge  und  Vorsicht  von  Seiten  des 
Lehrers,  Pleils  für  die  Schulzeit  erreichen;  aber  die  Aufgabe  der 
Lectüre  der  Glassiker  und  ihrer  Erklärung  ist  verfehlt,  denn  ei 
ist  für  den  Gegenstand  selbst  kein  Interesse  geweckt,  das 
über  die  Grenzen  der  Schule  hinausreicht. 

Genug  und  vielleicht  schon  zu  viel  über  Dinge^  die  bereits 
oft  gesagt  wurden  und  die  allgemein  bekannt  sind  oder  es  doch 
sein  sollten;  auch  würde  eine  weitere  Ausfuhrung  des  Einzelnen 
unnütz  sein.  Meine  Absicht  war  nur,  den  Mangel  in  der  Schul- 
interpretation der  Glassiker,  der  in  zahlreichen  Fällen  beobachtet 
ist,  auf  einige  seiner  hauptsächlichsten  Ursachen  zurückzuführen; 
diese  hängen  wieder  mit  thatsächlichen  Zuständen  unseres  Stndien- 
wesens  so  eng  und  so  nothwendig  zusammen,  dass  selbst  die 
eingehendste  theoretische  Darlegung  daran  keine  sofortige  er- 
hebliche Änderung  würde  hervorbringen  können.  Wenn  die  in 
dem  obigen  bezeichneten  Momente  wirklich  als  Ursachen  des  ge- 
tadelten Mangels  anerkannt  werden,  und  wenn  sich  in  einem  oder 
dem  anderen  Falle  der  Blick  gewissenhafter  Selbstprüfung  den- 
selben zuwendet,  so  ist  alles  erreicht,  was  durch  eine  Erörte- 
rung dieser  Art  erreichbar  ist  So  wenig  ich  übrigens  daran 
denke,  dass  eine  Nachweisnng  wirklicher  Ursachen,  gesetzt  auch 


Ober  Interpretation  der  Classiker  etc. ,  ▼.  H.  BonUz.  619 

sie  habe  überall  das  richtige  getroffen,  auf  deren  Beseitigung 
sofort  einen  erheblichen  Binfloss  gewinne,  ebenso  weit  bin  ich 
von  dem  Gedanken  entfernt,  dass  im  obigen  auch  nur  die 
Haaptmomente  vollständig  bezeichnet  seien,  welche  für  eine 
wahrhaft  bildende  Schuterklärung  derClassiker  in  Betracht 
kommen,  vielmehr  bin  ich  mir  sehr  wohl  bewusst,  indem  ich 
zunächst  nur  auf  das  am  unmittelbarsten  Nothwendige  hin- 
wies, eine  andere  wesentliche  Seite  des  Gegenstandes  noch  gar 
nicht  berührt  zu  haben.  Es  sei  mir  gestattet,  dies  noch  in  mög- 
lichster Kürze  anzudeuten. 

Setzen  wir  bei  verschiedenen  Lehrern  die  volle  Vertraut- 
heit mit  dem  zu  erklärenden  Schriftwerke,  die  strengste  Rück- 
sicht auf  die  Bildungsstufe  der  Schüler,  ferner  die  gleiche  di- 
daktische Geschicklichkeit  voraus:  unter  all  diesen  Bedingungen 
wird  sich  die  Erklärung  des  einen  von  der,  welche  der  andere 
über  denselben  Schriftsteller  denselben  Schülern  gibt,  in  ihrem 
ganzen  Charakter  und  Geiste  wesentlich  unterscheiden.  Denn 
jede  Brkärung  ist  ja  nur  der  Ausfluss  derjenigen  Auffassung, 
welche,  der  Erklärer  selbst  von  dem  fraglichen  Schriftwerke  ge- 
wonnen hat;  sie  ist  nur  der  Versuch,  zu  dieser  Auffassung 
hinzuführen,  insoweit  es  die  Fähigkeil  derer  gestattet,  denen  die 
Erklärung  gegeben  wird.  Und  dass  in  der  Auffassung  der  Li- 
teraturwerke, bei  aller  Strenge  und  Gründlichkeit  des  Studiums, 
die  grölsten  Unterschiede  des  Grades  und  der  Art  stattfinden, 
ist  eine  Thatsache,  an  die  es  genügt  durch  ein  einziges  Beispiel 
zu  erinnern.  Die  Homerischen  Gedichte  können  für  den  einen 
das  älteste  Denkmal  der  griechischen  Sprache  sein,  in  welchem 
die  Grundlage  für  die  späteren  Entwickelungen  in  Formen  und 
Fügungen  und  die  schon  innerhalb  jener  Gedichte  selbst  erkenn- 
baren Unterschiede  aufzufinden  die  Forschung  nie  ermüden  wird ; 
dieselben  Gedichte  können  sich  dem  andern  als  ein  Moment  in 
dem  gesammten  geistigen  Leben  der  Hellenen  darstellen  und  in 
bestimmte  Beziehung  zu  den  übrigen  Entwickelungen  desselben 
in  Literatur,  Kunst  und  Sittlichkeit,  in  bestimmtes  Verhältnis  zu 
den  Gestaltungen  des  Epos  bei  anderen  Völkern  treten.  Aehn- 
liches  gilt  von  allen  Werken  der  Literatur;  die  Unterschiede  der 
Auffassnng  sind  um  so  bedeutender,  je  höher  in  ihrer  eigenen 
Bedeutung  diejenigen  Werke  stehen,  um  die  es  sich  handelt. 
So  wenig  nun  eine  Schulerkläning  der  Classiker  zu  der  einen 
oder  der  anderen  der  beispielsweise  bezeichneten  Auffassungen  un- 
mittelbar hinzuführen  unternehmen  kann,  so  macht  es  doch  schon 
für  die  Schulerklärung  einen  wesentlichen  Unterschied,  welcher- 
lei Auffassung  in  dem  Geiste  des  Erklärers  ihr  selbst  zu  Grunde 
liegt.  Niemand  kann  in  dem  angeführten  Beispiele  der  Homeri- 
schen Gedichte  die  wissenschaftliche  Berechtigung  der  ersteren 
Auffassung  und  die  unerlässliche  Nothwendigkeit  ihrer  vollstän- 
digsten DurchfQhning  verkennen;  aber  diese  AnSwMsaw^  uw^  «c^^ 


620  Ober  Interpretation  der  Glassiker  etc. ,  v.  H,  B0HU9. 

von  ihr  getragene  Erklärung  reicht  in  diesem  Falle  . —  und  das 
Entsprechende  überträgt  sich  leicht  auf  das  ganze  philologisch^ 
Gebiet  —  nicht  aus,  um  die  Stelle  zu  rechtfertigen,  welche  in 
den  Gymnasialstudien  dem  philologischen  Unterrichte  zugewiesen 
ist«  Die  Berechtigung  des  philologischen  Unterrichtes  zu  dem 
Umfange  und  der  Bedeutung,  die  er  in  der  Gesammtheil  der 
Gymnasialstudien  einnimmt,  beruht  wesentlich  darauf,  dass  er  in 
eine  Literatur  einfährt,  welche  durch  ihre  eigene  Hustergiltig- 
keit  an  sich  und  durch  ihr  Verhältnis  zu  den  Literaturen  der 
modernen  Culturvölker  einen  bedeutenden  bildenden  Einfluss  aus- 
üben kann;  der  bildende  Einfluss  aber,  den  dieser  Unterricht 
wirklich  ausübt,  ist  dadurch  bedingt,  dass  in  dem  Lehrer 
selbst  philologisches  Wissen  und  Können  zu  einem  Momente 
classischer  Bildung  geworden  sei.  Auch  ohne  weitere  be- 
griffliche Entwickelung  des  hier  angedeuteten  Unterschiedes  wird 
das  Gewicht  dieser  Forderung  anerkannt  werden;  und  der  Ein- 
fluss, den  ihre  Erfüllung  auf  den  Erfolg  des  philologischen  Un- 
terrichtes hat,  namentlich  auf  denjenigen  Theil  desselben,  der  nur 
als  die  reifste  Frucht  der  gesammtcn  classischen  Bildung  gedeiht^ 
nämlich  die  Erklärung  der  Literaturwerke.  Und  dass  in  dieser 
Hinsicht  der  gegenwartige  Stand  unseres  Studienwesens  noch 
weit  von  dem  zu  erstrebenden  Ziele  entfernt  ist,  das  kann  sich 
niemand  verbergen,  der  dies  Ziel  fest  im  Auge  behält  und  vor 
den  Thatsachen  die  Augen  nicht  verschliefsen  will.  Auch  liegt 
ein  guter  Theil  der  Ursachen  dieses  Mangels  offen  vor  Augen. 
Man  vergleiche  die  Vertretung  der  Philologie  an  unseren  Univer- 
sitäten mit  der  an  den  deutschen  Universitäten;  gegenüber  der 
auch  an  den  kleinsten  deutschen  Hochschuten  vorhandenen  mehr- 
seitigen Vertretung  dieses  Gebietes  ist  die  an  den  meisten  Uni- 
versitäten Österreichs  eben  nur  als  nothdürftig  zu  bezeichnen  — 
zu  grofsem  Nachtheile  der  Universitätslehrer,  an  welche  die  man- 
nigfachsten Forderungen  gestellt  werden,  und  der  Studierenden 
der  Universität,  die  sich  in  den  meisten  Fällen  auf  einen  oder 
zwei  Lehrer  angewiesen  sehen.  Auf  die  nachtheilige  Einwirkung, 
welche  anderseits  die  Hast  der  Studien  ausübt,  wurde  schon 
vorher  hingewiesen.  Von  einem  grofsen  Theile  unserer  Gym- 
nasien eben  nur  mit  nothdürftigen  und  kärglichen  philologischen 
Kenntnissen  zur  Universität  gelangend,  haben  die  meisten  Stu- 
dierenden der  Philologie  alle  Ausdauer  und  Energie  aufzubieten, 
um  den  nothwendigsten  Umfang  wirklicher  Kenntnisse  sich  zu 
sicherem  Eigenthum  zu  machen,  c^e  Aufgabe,  die  in  den  meisten 
Fällen  noch  dadurch  unberechenbar  erschwert  wird,  dass  die 
Sorge  für  die  Mittel  der  Existenz  der  Sorge  für  geistige  Bil- 
dung vorausgehen  muss.  Wenn  unter  diesen  Umständen  eine 
freudige,  zum  Beginne  selbstthätiger  Forschung  fortschreitende 
Vertiefung  in  die  classische  Literatur,  ein  Erweitern  des  geisti- 
gen Blickes  durch  eingehendes  Interesse  für  Kunst  und  für  Ge- 


Ober  Interpretation  der  Classiker  etc.,  v.  U,  ßtmiit.        .    621 

schiebte,  eine  Sicherung  der  aesthetischen  AuOassung  durch  Studium 
der  Nationalliteratur  eines  modernen  Culturvolkes  nur  ein  selte- 
ner Fall  ist,  so  darf  man  sich  darüber  nicht  wundern,  sondern 
hat  allen  Grund  in  vollstem  Mause  das  anzuerkennen,  was  unter 
so  ungünstigen  Umständen  solider  Fleilis  und  strenge  Ausdauer, 
gar  manchmal  mit  dem  Opfer  der  frischen  Jugendkraft,  dennoch 
wirklich  erreicht.  Die  Zeit  der  Amtsführung  kann  nur  in  sehr 
wenigen  durch  die  Umstände  besonders  begünstigten  Fällen  er- 
hebliches dazu  beitragen,  die  Bildung  zur  Reife  zu  bringen,  zu 
welcher  die  Universitätszeit  eben  nur  die  Keime  zu  legen  ver- 
mochte; der  nur  für  die  ersten  Jahre  ausreichende  Gehalt  zwingt 
für  den  weiteren  Verlauf  noch  nach  anderen  Erwerbsquellen  um- 
zublicken; die  Gymnasialbibliotheken  bieten  fast  nirgends  die  li- 
terarischen Mittel  dar,  welche  der  philologische  Lehrer  für  den 
Unterricht,  geschweige  denn  für  seine  eigene  weitere  Bildung  und 
Arbeiten  auf  seinem  Gebiete  bedarf;  und  selbst  die  Hoffnung, 
durch  Vorzüglichkeit  der  Leistungen  im  Wissen  und  im  Unter- 
richte von  diesem  Übel  der  literarischen  Isolierung  sich  zu  be- 
freien und  sich  den  Zugang  zu  Orten  mit  umfassenderen  litera- 
rischen Hilfsmitteln  lu  eröffnen,  findet  sich,  was  nun  auch  im 
einzelnen  Falle  die  erklärende  oder  zwingende  Ursache  sein  mag, 
nicht  selten  getäuscht. 

In  den  Beobachtungen  über  Mängel  der  Schulinterpretation 
der  Classiker  zeigte  sich  mittelbar  eine  Klage  über  die  unvoll- 
ständige philologische  Bildung  der  Gymnasiallehrer  enthalten.  Aus 
den  wenigen  so  eben  ausgesprochenen  Bemerkungen  —  ich  habe  da- 
bei absichtlich  auf  jede  Annäherung  an  Vollständigkeit  ver- 
zichtet und  mich  auf  solche  Puncte  beschränkt,  die  offen  und 
unbestreitbar  vorliegen  —  schon  aus  diesen  Bemerkungen  wird 
hervorgehen,  durch  wie  zahlreiche  Fäden  der  beklagte  Mangel 
mit  den  mannigfachsten  thatsächlichen  Zuständen  zusammenhängt. 
Meine  Worte  werden  keinem  Misverständnisse  ausgesetzt  sein. 
Ich  will  Mängel  nicht  rechtfertigen  dadurch,  dass  viele  ihrer 
Ursachen  klar  vorliegen;  ich  will  ihre  Beseitigung  oder  Minde- 
rung nicht  aufschieben  dadurch,  dass  ich  auf  ihren  Zusammen- 
hang mit  sehr  zahlreichen,  nur  allmählich  zu  hebenden  Ursachen 
hinweise;  nur  davor  will  ich  warnen,  dass  man  etwa  hoffe,  es 
sei  durch  irgend  welche  Vorschriften  oder  irgend  welche  einzelne 
Ma&regeln  dem  Übelstande  abzuhelfen.  Abgeholfen  wird  ihnen 
nur  durch  alles,  was  das  philologische  Studium  im  weitesten 
Umfange  auf  den  Gymnasien  und  den  Universitäten  positiv  för- 
dert, oder  Hindernisse  desselben  hinwegräumt.  Von  wie  mannig- 
fachen Seiten  zusammengewirkt  werden  muss,  wenn  dieser  Zweck 
erreicht  werden  soll,  ist  aus  der  bisherigen  Darlegung  schon  zu 
ersehen;  es  wird  kaum  nöthig  sein,  dass  ich  an  einige  der  Haupt- 
puncte  noch  ausdrücklich  erinnere. 

Es  wurde  früher  erwähnt,  dass  Mangelhaftigkeit  der  philo- 


628    .        Ober  Interpretation  der  Glaesiker  etc.,  v.  B.  Sanii^ 

logischen  Vorbiidung,  welche  Stadierende  von  den  Gymnasien 
zur  Universität  bringen,  die  Aufgabe,  welche  der  Universiiit  ob- 
liegt^  erschwere  und  bedeutend  herabdrücke.  Dieses  Übel  wird 
sich  allmählich  mit  der  Ausbreitung  eines  besseren  philologischen 
Unterrichtes  an  den  Gymnasien  mindern;  aber  es  wäre  ein  Irr- 
thum,  wenn  man  den  Gesammterfolg  des  philologischen  Unter- 
richtes ansschlielslich  von  den  für  Latein  und  Griechisch  be- 
stimmten Lectionen  erwartete,  es  wäre  ein  Unrecht,  wenn  man,  den 
Blick  nur  hierauf  gerichtet ,  den  Beitrag  übersähe ,  den  andere 
Unterrichtsgegenstände  dem  philologischen  Unterrichte  zu  geben 
vermögen  und  geben  sollen*  Der  Unterricht  in  der  Mutter- 
sprache, und  neben  dieser,  wo  sie  davon  verschieden  ist,  der 
in  der  deutschen  Sprache,  nehmen  in  dieser  Hinsicht  eine  beson- 
ders vrichtige  Stelle  ein.  Wer  nicht  an  der  Muttersprache  den 
Sinn  für  Correctheit  und  Schönheit  der  sprachlichen  Form  ent- 
wickelt hat,  wer  nicht  an  der  Literatur  der  Muttersprache  dazu 
gelangt  ist,  Kunstwerke  als  ein  Ganzes  aufzufassen:  wie  soll 
dieser  das  eine  oder  das  andere  da  erreichen,  wo  die  fremde 
Sprache  imd  der  Unterschied  der  Anschauungsweise  bei  jedem 
Schritte  Schwierigkeiten  entgegenstellt?  Für  den  Gymnasial- 
unterricht im  Deutschen  .ist  der  durch  die  gegenwärtige  Einrich- 
tung eingeschlagene  Weg :  wirkliche  Beschäftigung  mit  der  clas- 
sischen  Nationalliteratur  und  Übungen  der  Schüler  in  eigener 
Darstellung  der  Gedanken,  aber  nicht  Theorien  wie  Stilistik,  Rhe- 
torik, Poetik  zur  Grundlage  und  zum  Inhalte  des  Unlerichtes 
zu  machen,  allmählich  gegenüber  dem  anfanglichen  Widerstände 
als  der  einzig  richtige  anerkannt.  Dass  aber  die  wirkliche  Aus- 
führung beider  Seiten  dieses  Unterrichtes  noch  häufig  hinter 
mäfsigen  Erwartungen  zurückbleibt,  ist  wiederholt  in  Aufsätzen 
dieser  Zeitschrift  zur  Sprache  gebracht  und  liegt  jedem  Univer- 
sitätslehrer, der  mündliche  Übungen  der  Studierenden  leitet  und 
schriftliche  deutsche  Aufsätze  corrigiert,  in  evidenten  Erfahrun- 
gen vor.  Die  Fähigkeit,  das  selbstgedachte  in  correcter  Sprache 
und  klarem  Zusammenhange  mündlich  oder  schriftlich  darzulegen, 
hat  bei  vielen  in  die  Universität  eintretenden  Studierenden  — 
ich  meine  solchen,  deren  Muttersprache  die  deutsche  ist  —  bei 
weitem  die  Höhe  nicht,  welche  für  ein  gutes  Gymnasium  erreich- 
bar ist  und  von  ihm  wirklich  erreicht  wird.  Blicken  wir  in  die 
Programme  der  Gymnasien,  so  bemerken  wir,  dass  gar  manch- 
mal der  deutsche  Unterricht,  auch  in  den  so  wichtigen  oberen 
Classen,  Männern  aufgetragen  ist,  die  von  ihren  Studien  auf  die- 
sem Gebiete  keine  Beweise  gegeben  haben  und  es  wahrscheinlich 
als  eine  drückende  Last  empfinden,  sich  selbst  in  diesem  Unter- 
richte nicht  zu  genügen.  Ich  erwähne  dies  speciel  von  der 
deutschen  Sprache,  weil  nur  bei  ihr  die  mangelhaften  Ergebnisse 
des  Gymnasialunterrichtes  mir  in  bestimmten  Erfahrungen  ent- 
gegentreten; dass  im  allgemeinen  der  Unterricht  in  anderen  Lan- 


Qb«r  Interpretation  der  Classiker  eto. ,  v.  H.  BtmUz.  CM 

desfiprachen  nicht  in  höherem  Mafte,  als  der  deutsche,  auf  eine 
wahrhaft  dem  Zwecke  entsprechende  bildende  Weise  «rtheilt  wird, 
kann  ich  nur  aus  manchen  Umstanden  combinieren.  Es  kommt 
auch  hierbei  vor,  dass  Lehrern,  die  eine  Landessprache,  z.  B.  eine 
shivische  Sprache,  eben  nur  von  ihrer  Kindheit  her  sprechen, 
auch  nothdürftig  schreiben  können,  der  Unterricht  darin  selbst 
gegen  ihren  Wunsch  zugetheilt  wird.  Mögen  specielle  Umstände 
diese  und  die  vorher  bezeichneten  Fehler  in  der  Vertheilung  des 
Unterrichtes  an  die  Lehrkräfte  entschuldigen  oder  sogar  voll- 
ständig erklaren :  der  nachtheilige  Erfolg  bleibt  doch  derselbe ; 
es  fehlt  dann  der  unersetzliche  Beitrag ,  den  ein  zweckmäfsiger 
Unterricht  in  der  Muttersprache,  vornehmlich  wenn  diese  eine 
reiche,  mannigfach  gebildete  Literatur  besitzt,  der  Entwickelung 
des  philologischen  Interesses  gewähren  und  dadurch  den  philo- 
logischen Studien  auf  der  Universität  vorarbeiten  kann.  Möge 
niemand  glauben,  diese  Bemerkungen  über  den  Zusammenhang 
verschiedener  Unterrichtsgegenstande  seien  nur  Ergebnisse  einer 
Theorie  und  doctrinären  Hypothese;  es  liegt  erfahrungsmäfsig 
vor,  dass  jener  Mangel  im  Gymnasialunterrichte,  wo  derselbe 
nicht  eine  gebildete  Literatur  der  Muttersprache  zum  Gegenstande 
eindringenden  Interesses  ffir  die  Schuler  gemacht  hat,  das 
philologische  Studium  auf  der  Universität  empfindlich  hemmt, 
und  dass  anderseits  eine  günstige  Wirkung  des  Gymnasiums  in 
der  bezeichneten  Sichtung  den  Sinn  für  sprachliche  Form,  das 
Bestreben,  auch  in  den  chissischen  Werken  der  alten  Literatur 
durch  genaues  Verständnis  des  Einzelnen  zur  Auffassung  des 
Ganzen  zu  gelangen,  schon  geweckt  entgegenbringt.  Inwiefern 
Übungen  im  Vortrage  von  classischen  Mustern  der  alten  und  neuen 
Literatur,  welche  auiser  den  Schulstunden  unter  der  Leitung  von 
Lehrern  veranstaltet  werden,  die  humanistische  Aufgabe  der  Gym- 
nasialbildung zu  fördern  vermögen,  und  wie  sie  eingerichtet  sein 
müssten  um  ihren  vollen  Nutzen  zu  bringen,  dies  ist  eine  Fragfe, 
der  eine  weitere^)  specielle  Erörterung  von  Seite  hiezu  voll- 
kommen berufener  Männer  zu  wünschen  wäre.  Wir  halten  die- 
selben, namentlich  von  dem  Gesichtspuncte  aus,  den  wir  hier  ver^ 
folgen,  für  erspriesslich ,  vorausgesetzt,  dass  sie  recht  geleitet 
werden,  und  durch  Erfüllung  der  zu  ihrer  Einrichtung  unerläss- 
lichen  Bedingungen  zur  Entfaltung  eines  fruchtbringenden  Einflusses 
gedeihen.  Dieser  Binfiufs  der  Gymnasialunterrichtszeit  wird  auf 
den  Betrieb  der  Universitätstudien  sicher  nicht  ohne  heilsame 
Ruckwirkung  bleiben. 


*)  Auf  die  Wichtigkeit  dieser  Frage  ist  bereits  vor  längerer  Zeit  in 
dieser  Zeitschrift  hingewiesen  auf  Anlafs  der  lehrreichen  Schrift 
von  R.  V.  Raum  er  «Der  Unterricht  im  Deutschen'  (1.  Aufl.  1852, 
3.  Aufl.  1857),  Jahrg.  1852,  S.  816—823;  denselben  Gegenstand 
bat  neuerdings  (Jahrg.  1859,  S.  187  ff.)  unser  geschätzter  Mitar- 
beiter Prof.  K.  R)Biehel  eingehend  behandelt. 


€24  Ober  Interpretation  der  Glasaiker  etc. ,  ▼.  H.  BaMm. 

Eine  reifere  aus  dem  Gymnasium  mitgebrachte  Bildung 
wird  die  von  der  Universität  dargebotenen  Mittel  amfaMender 
und  mit  glücklicherem  Erfolge  zu  benützen  vermögen.  Dtnit 
dies  aber  wirklich  geschehe,  ist  einerseits  erforderlich ,  dass'  die 
Universitäten  eine  reichere  und  vielseitigere  Vertretung  darbieten, 
als  dies  bisher  grofsentheils  der  Fall  ist^  und  zwar  die  Univer- 
sitäten überhaupt;  denn  es  würde  ein  Unglück  sein,  wenn  nur 
ein  paar  Hittelpuncte  begünstigt  und  die  übrigen  Hochschulen 
in  dürftigem  Zustande  belassen  würden.  Anderseits  ist  Studieren- 
den der  Philologie  zu  ermögUchen,  dass  sie,  ohne  unter  ängst- 
lichen Sorgen  zu  erlahmen,  die  wirklich  erforderliche  Zeit  doi 
Studien  widmen.  Wie  grofses  in  dieser  Beziehung  die  Liberali- 
tät der  höchsten  Unterrichtsbehörde  fortwährend  zur  Mäfsiguog 
des  Übels  thut,  dafür  kann  nicht  lebhaft  genug  gedankt  werden; 
die  Unterstützungen,  welche  dieselbe  aus  öflfentlichen  Mittebi  reich- 
lich gewährt,  werden  sich  als  ein  gut  angelegtes  Capital  um  m 
bestimmter  erweisen,  wenn  sie  erstens  vornehmlich  in  den  Fallen 
gewährt  werden,  wo  Vorzüglichkeit  des  Talentes  und  des  FleiCses 
bereits  zu  guten  Leistungen  geführt  hat  und  die  gewährte  Unter- 
stützung einer  Verlängerung  der  Studienzeit  dient,  und  wenn 
zweitens  die  so  gewonnenen  tüchtigen  Kräfte  auch  wirklich  so- 
dann eine  entsprechende  Verwendung  finden. 

Soll  endUch  in  der  Amtsführung  nicht  ein  versumpfender 
Schlendrian,  sondern  ein  wirkliches  Fortschreiten  auf  Grund  wei- 
terer Studien  und  wohl  benutzter  Erfahrungen  eintreten,  so  ver- 
dienen, abgesehen  von  der  Nothwendigkeit,  den  Druck  der  äufseren 
Sorgen  zu  ermäfsigen,  zwei  Puncte  besondere  Beachtung*  Es 
muss  ermöglicht  werden,  dass  die  Gymnasiallehrer  in  ihrer  Gym- 
nasialbibliothek eine  ausreichende  Unterstützung  für  ihre  fortschrei- 
tenden philologischen  Studien  finden,  und  es  ist  dringend  wün- 
schenswerth,  dass  Bemerkungen  des  Directors,  welche  die  noch 
mangelnde  Erfahrung  angehender  Lehrer  zu  ergänzen  die  Aufgabe 
haben ,  nicht  blois  in  der  amtlichen  Stellung  des  Directors  ihre 
Autorität  suchen,  sondern  in  dessen  eigener  wissenschaftlicher  und 
didaktischer  Auszeichnung,  insbesondere,  was  wohl  zu  beachten  ist, 
auf  humanis  tis&h  e  m  Gebiete  sie  wirklich  besitzen.  Was  den  er- 
steren  Punct  anbetrifft,  so  ist  es  leicht,  über  das  Hindernis,  welches 
die  thatsächlichen  Zustände  den  philologischen  Studien  der  Lehrer 
während  ihrer  Amtsführung  entgegenstellen,  eine  genaue  Vorstel- 
lung zu  gewinnen.  Man  vergleiche  den  philologischen  Thcil  vie- 
ler Gymnasiatbibtiotheken  —  aber  nicht  nach  der  statistischen 
Zahl  der  Bände  und  Hefte,  sondern  nach  der  bestimmten  Einzel- 
angabe der  Werke  selbst  — ,  mit  der  Buchersammlung,  welche 
mancher  Studierende  der  Philologie  sich  als  den  unentbehrlichsten 
Bedarf  aus  dem  Erwerbe  durch  Privatstunden  während  seiner 
Studienzeit  zusammenbringt.  Eine  solche  Vergleichung  wird  den 
Contrast  zwischen  den  woblbegründeten  Forderungen  an  den  Gym- 


Ober  Interpretation  der  Glassiker  elo.,  v.  i7.  Boniit,  6S5 

nasialunterricht  und  den  dazu  vorhandenen .  Bedingungen  unwi- 
derleglich aufzeigen.  Bei  dem  zweiten  Puncte  aber  möge  die 
Andeutung  genügen ,  dass  die  Neugeelaltung  des  Unterrichts  an 
Hittelschulen  keinem  Director  gestattet,  die  ihm  übertragene  Aufr 
gäbe  zu  lösen,  wenn  die  wissenschaftliche  Begabung  mit  seinen 
sonstigen  persönlichen  Vorzügen  nicht  Hand  in  Hand  g^ht.  Es  idt 
nicht  zu  verkennen,  dass,  wenn  es  sich  um  Besetzungen  solcher 
Posten  handelt,  Rücksichten  auf  die  Örtlichkeit,  nicht  allzu  un- 
reifes Lebensalter  oder  sonstige  Verhältnisse  eintreten  können, 
welche  die  Wahl  erschweren.  Allein  da  hier  eine  wunde  Stelle 
des  Unterrichtet  berührt  wird ,  so  darf  eines  der  wesentlichen 
Mittel  zur  Heilung  derselben  nicht  mit  Stillschweigen  übergangen 
werden.  Es  ist  meine  begründete  Überzeugung,  dass  der  rechte 
Einfluss  auf  das  Verfahren  der  jüngeren  Lehrkräfte  beim  Unter- 
richte wesentlich  von  dem  Vertrauen  abhängt,  das  sie  in  die 
wissenschaftliche  Einsicht  des  Leiters  der  Anstalt,  setzen;  wo 
dieses  fehlt,  wird  im  besten  Falle  nur  unfruchtbare  legale  Nach- 
giebigkeit sich  erzielen  lassen.  Übrigens  dürften  die  angedeuteten 
Schwierigkeiten  jetzt  nicht  mehr  so  bedeutend  sein,  als  sie  in 
früheren  Jahren  gewesen  sein  mochten. 

Die  im  obigen  berührten  Momente,  sämmtlich  bestimmten 
Erfahrungen  entlehnt  und  einer  praktischen  Berücksichtigung 
fähig,  scheinen  mir  am  dringendsten  stete  Beachtung  zu  erfor- 
dern, wenn  das  philologische  Studium  gefördert  und  dadurch  die 
am  philologischen  Gymnasialunterrichte  beobachteten  Mängel  all- 
mählich gemindert  werden  sollen.  Die  Beseitigung  derselben  ist  nur 
von  einem  ununterbrochenen  consequenten  Einwirken  zu  hoffen; 
am  wenigsten  würde  es  nützen,  den  Mangel,  dessen  Beobachtung 
den  Anlass  zu  diesen  Bemerkungen  gegeben  hat,  durch  specielle 
Vorschriflen  bekämpfen,  das  heifst  das  Symptom  statt  des  Übels 
heilen  zu  wollen.  Bei  einem  Studium,  dessen  Pflege  bei  uns  erst 
seit  der  jüngsten  Zeit  erneuert  ist,  wolle  man  nicht  die  Früchte, 
welche  am  langsamsten  und  schwierigsten  reifen,  schon  in  der 
Zeit  der  Aussaat  erwarten;  man  darf  sie  überhaupt  nicht  er- 
warten, wenn  nicht  alle  die  mannigfachen  dazu  erforderlichen 
Bedingungen  sich  allmählich  günstig  gestalten. 

Wien.  H.  Bonitz. 


«M  Zur  VerstaodigUDg »  v.  A.  WUkelm. 

Zur  Verständigung. 

Etwas  rasch  haben  auf  meine  im  6.  Hefte  der  Gymnasial- 
Zeitschrift  8.  428  ff.  und  488  ffl  veröffentlichten  Ansichten  über 
commentierte  Classikerausgaben  und  Behandlung  der  griechischen 
Grammatik  in  den  oberen  Classen  des  Gymnasiums,  zwei  Herren 
im  7.  Hefte  S.  505  und  515  ff.  ihre  Gegenansichten   entwickelL 

Ich  habe  weder  die  Absicht  noch  die  Zeit,  sofort  darauf 
XU  erwidern,  was  sich  erwidern  Usst;  und  ob  ich  überhaupt  an 
dem  Streite,  wenn  er  fortgeführt  werden  sollte,  weiter  Iheil- 
nehmen  werde,  wird  nicht  nur  von  dem  Gehalte  der  Gegen- 
äulserungen,  sondern  auch  von  der  Haltung  derselben  abhan- 
gen. Nicht  darum  handelt  es  sich,  wer  recht  hat,  sondern  was 
recht  ist. 

Die  gegenwärtigen  Zeilen  hat  mir  der  Aufsatz  des  Hm.  Prof. 
Dr.  SchenU  abgenötUgt.  Derselbe  sagt  8.  518  mit  Bezug  auf 
die  von  mir  8.  488  angedeutete  Unzulänglichkeit  des  Lesebuches 
für  die  4.  Classe  zur  Behandlung  der  Syntax  am  Obergymnasium, 
er  habe  dies  auch  bei  Abfassung  seines  Baches  nicht  im  gering- 
sten beabsichtigt.  Zu  dieser  Entschuldigung  gibt  mein  Aufsatz 
nirgends  eine  Veranlassung.  Ich  habe  nicht  gesagt:  ^«Das  Lese- 
buch von  Dr.  K.  Sch.^,  sondern :  {<Da8  Lesebuch  für  die  4.  Classe'^, 
das  heilst  dasjenige  Lesebuch ,  welches  an  diesem  oder  jenem 
Gymnasium,  das  man  sich  denken  will,  för  die  4.  Classe  ge- 
braucht wird. 

Hr.  Dr.  Seh.  sagt  femer  S.  514:  ich  hätte  gegen  einen  Satz 
in  der  Vorrede  zu  seinem  Obungsbuche  polemisiert  Gegen  den 
angeführten,  seit  je  häufig  misverstandenen  und  besonders  seit  zehn 
Jahren  vielfach  vernommenen  Satz  gibt  es  nichts  zu  polemisieren; 
er  ist  bis  zu  einer  gewissen  Grenze  wahr,  und  auf  diese  Grenze 
habe  ich  hingewiesen.  Dass  aber  der  Satz  und  seine  allzuweite 
Ausdehnung  viel  älter  ist  als  die  Vorrede  zu  dem  Übungsbuche 
des  Hrn.  Dr.  Seh.,  kann  aus  der  Stelle  S.  482  ersehen  werden. 

Ich  habe  eine  allgemeine  Frage  in  den  allgemeinsten  An- 
deutungen bebandelt,  und  wenn  ich  auch  von  Büchern  im  allge- 
meinen sprechen  musste,  so  steht  es  jedem  Leser  frei ,  dabei  an 
dieses  oder  jenes  bestimmte  Buch  zu  denken,  weiter  nichts. 

Hr.  Dr.  Seh.  spricht  endlich  mehreres  über  die  Nothwen- 
digkeit  schriftlicher  Übungen,  und  sagt  S.  512,  ich  hätte  in 
meinem  ^<ganzen  Aufsatze  über  die  vom  Gesetze  angeordneten 
schriftlichen  Übungen  nicht  gesprochen.''  Ich  habe  von  den  schrift- 
lichen Übungen  S.  485  und  487  genug  gesprochen,  um  dem 
Misverständnisse  zu  begegnen,  als  hielte  ich  dieselben  nicht  für 
nothwendig. 

Krakau.  A.  Wilhelm. 


Zweite  Abtheilung. 


Literarische  Anzeigen. 

Pindar  8  Siegesgesanf^e.  Deutsch  in  den  Versmaben  der  Urschrift 
von  J.  J.  G.  Donner.  8.  (VIII  u.  341  S.)  Leipxig  und  Heidelberg, 
C.  F.  Winter.  1860.  -  1  Thlr.  15  Ngr. 

Minder  vollständig  als  die  Thierseh'sche  und  Mommsen'sche,  auch 
die  Fragmente  umfassende  Obersetsung  Pindar's  zeichnet  sich  die  neue 
des  um  manches  classische  Kunstwerk  hochverdienten  Übersetzers  durch 
maffi volle,  nirgends  gezwungene  Sprache  und  fast  durchweg  richtige 
Auffassung  des  Originals  aus.  Wenn  man  die  grofsen  Schwierigkeiten  be- 
denkt, die  sich  der  Übertragung  von  Kunstformen  aus  dem  Griechischen 
in's  Deutsche  überhaupt  entgegenstellen,  die  bei  Pindar  insbesondere  das 
gröfstmöglichste  Mals  erreicht  haben  durften,  so  kann  man  dem  Ober- 
setzer den  ZoU  einer  gerechten  Anerkennung  und  Bewunderung  nicht 
versagen.  Nirgend  findet  man  jene  verzweifelten  Sprünge  um  das  hoch 
sich  erhebende  Original  zu  erreichen,  welche  den  ungeübten  Übersetzer 
so  sicher  bekunden;  es  flieüst  alles  in  ruhiger  Strömung,  keine  Ver- 
renkung des  Sprachbaues  verrith  Mühe  des  Nachringens. 

Die  Frage ,  ob  man  Kunstformen  der  Griechen  in  derselben  Form 
wiederzugeben  habe,  oder  ob  eine  andere  Form,  oder  endlich  gar  keine 
Form  das  vorzuziehende  wäre,  ist  yielleicht  im  allgemeinen  gar  nicht 
zu  entscheidea  Sicher  ist,  dass  mit  der  Form  des  Kunstwerkes  auch  das 
Kunstwerk  selbst  verändert  wird,  und  dass,  wenn  man  die  Form  aufgibt, 
auch  das  Kunstwerk  aufgegeben  ist.  Das  sicherste  ist  also  jedesfalls 
Beibehaltung  der  Form.  Anders  gestaltet  sich  freilich  die  Sache,  wenn 
die  Frage  gestellt  wird:  ob,  was  im  Griechischen  Form  ist,  es  auch  im 
Deutschen  ist  oder  sein  kann,  d.  h.  ob,  da  die  Form  immer  etwas  zu- 
gleich geistig  und  sinnlich  aufzufassendes  ist,  bei  Übertragung  eines 
bestimmten  Gebildes  aus  dem  Griechischen  in's  Deutsche  die  Auffassung 
auch  gleich  bei  der  Hand  ist.  Erst  mit  der  Lösung  dieser  Aufgabe,  das 
Metrum  nicht  nur  wiederzugeben,  sondern  in  einer  Weise,  welche  un- 
mittelbare Auffassung  desselben  ermöglicht,  ist  die  änfserste  Grenze  des 


628       Pindar,  übersetzt  v.  J.  J.  C.  Dmmerj  ang.  v.  i.  Ludwig. 

wünschenswerthen  erreicht,  ein  Resultat,  das  freilich  auch  wieder  von 
dem  Grade  der  Fasslichkeit  abhängt,  die  die  verschiedenen  griechischen 
Metra  für  uns  haben.  Auch  hierin  hat  die  Donner'sche  Übersetzung  an- 
erkennenswerthes  geleistet. 

Einige  einzelne  Bemerkungen  mögen  noch  folgen,  theils  gegen  die 
Obersetzung,  theils  sonst  gelegentlich  sich  uns  aufdrängendes. 

1  Ol.  V.  81  folgt  der  Obersetzer  der  Lesart  ^evrara  x^sioy,  was 
gewiss  nicht  zu  billigen  ist,  noch  viel  weniger  aber,  dass  er  es  mit^Schluss 
des  Mahles*  übersetzt.  Es  ist  klar,  dass  weder  dies  noch  die  andere 
Auffassung  von  dtvtttxu  HQBmv  passt  Es  kommt  in  beiden  Fällen  etwas 
der  Stelle  fremdes  hinein,  das  auch  nicht  deutlich  gemacht  werden  kann. 
Dagegen  steht  dsvfLata  in  unmittelbarer  Beziehung  zu  dem  kurz-  voi- 
hergehenden  vdatog  nvQi  ^ioiaav  a^Ltp  ixfiav.  —  V.  83  ifiol  fino^a^ 
'fem  sei's  von  mir',  Warum  nicht:  'fern  ist's  von  mir?'  —  V.  131. 
o  ykiyag  dl  %Cvdvvog  avuX%iv  ov  qxora  laitßdvei,  'grofscr  That  Gefahi 
begeistert  nie  den  Schwachen,  das  müsste  wol  sein  avalniog  ov 
ipmtog  XaiißavBtai,    Es  kann  hier  nur  sein :  recipU, 

4  Ol.  V.  11.  'Typhons  stürmische  Bürde',  so  wird  Inog  allerdings 
gegeben,  wir  glauben  nicht  ganz  entsprechend.  Man  vergleiche  In-vig 
Ofen,  tn-vri^  Baumhacker,  In-iSy  ein  bohrender  Wurm.  Es  herrscht 
überall  der  Begriff  des  Bohrens  vor;  txzBO&ai  und  Inovad'at,  die  man 
mit 'pressen,  drücken  übersetzt,  widersprechen  keineswegs;  sie  lassen 
sich  alle  als  quälen  auffassen,  gerade  so  wie  zeigm  von  der  Wurzel  uq 
'bohren'  abgeleitet  'quälen'  heifst.  Von  'bohren'  zu  'drücken'  ist  der 
fibergang  leicht.  Inog  wurden  wir  mit 'Schornstein'  übersetzen,  an- 
schließend  an  Invog,  Ofen.  Dass  die  Griechen  Schornsteine  kannten, 
weifs  jedermann,  wenn  nicht  anderswoher,  so  doch  aus  den  Wespen.  — 
V.  16.  xQOvioitcetov  q>ttog  Bvqvad'Bvimv  agstäv  'das  unendlich  dauernde 
Licht'  ist  ganz  unrichtig  aufgefasst;  es  ist  vielmehr:  'das  endlich  (spät) 
erschienene'.  —  V.  37 — 42.  Während  der  tJbersetzer  sonst  die  Reden  An- 
derer in  Anfuhrungszeichen  schliefet,  ist  dies  hier  nicht  geschehen.  Der- 
selbe lässt  also  die  Streitfrage  unentschieden;  aber  im  ganzen  ist  doch 
das  wahrscheinlichere,  dass  die  letzten  drei  Verse  nicht  zur  Rede  des 
Erginos  gehören,  sondern  Reflexion  Pindar's  sind.  Wundern  muss  man 
sich  über  die  durchweg  herrschende  Beziehung  von  ioi%6ta  als  Acc.  sing. 
zu  x^ovov.  Nimmt  man  dies  an,  so  entsteht  eine  Tautologie,  denn  was 
in  nuqii  top  iXtniag  loixora  xQOvov  liegt,  ist  bereits  in  vioig  iv  av- 
d^utti  enthalten;  aber  abgesehen  davon,  würde  die  Steigerung  bei  iden- 
tischen xal  na^a  t,  a,  etc.  nicht  passend  sein.  Wir  fassen  hi%6xa  als 
neutr.  plur.  und  als  verallgemeinernden  Zusatz  zu  noXial:  'Es  zeigen 
sich  auch  bei  jungen  Männern  oft  graue  Haare  und  überhaupt  Erschei- 
nungen, die  mit  der  Altersstufe  im  Widerspruche  stehen*.  naqU  ist  zu 
iotnotu  das  negative  Element. 

6  Ol.  V.  11.  'Den  Göttern  sechs  Doppelaltäre  geweiht';  'geweiht' 
ist  nicht  richtige  Cbersetzung  von  ifi^a^sv. 


Pindar,  übenetst  v.  J,  J.  C.  Donner,  ang.  t.  i.  Ludmig.       €99 

6  Ol.  V.  14.  auMvvot  iffstai  sind  nicht  *der  gefahrlos  winkende 
Ruhm',  sondern  *die  in  Gefahren  nicht  erprobte  Tüchtigkeit'  —  V.  47. 
iv  Sq(f,  Weder  Mommsen^  noch  Thiersch,  noch  der  Verf.  der  voidie- 
genden  Übersetzung  übersetzen  richtig  mit:  *zur  Stunde'  oder  *  schleu- 
nig'. Der  Hinweis  in  der  Schneidewin-Dissen'schen  Ausgabe  Pindar's 
auf  Herod.  I,  31  musste  auf  das  richtige  zu  führen  hinreichen,  wenn 
überhaupt  der  Sinn  zu  verkennen  möglich  war,  nämlich  auf  *zur  rech- 
ten Zeit  (noch)'.  —  V.  103.  'Mit  völkerbeglückendem  Ruhme'  gibt  das 
Griechische  sehr  unvollkommen  wieder.  Tifia  ist  hier  dem  Homerischen 
yi^aq  gleichbedeutend,  und  statt  Xaoxqitpov  wird  man  wol  doch  schrei- 
ben müssen  Xa6%qotpüin  *ein  vom  Volk  zu  bestreitendes  Ehrenamt'.  Fast 
komisch  klingt  in  der  Schn.-D.'schen  Ausgabe  die  Warnung  zu  der 
Stelle:  eave  vero  ex  schoi.  cum  qutbusdam  ßaatXiniiv  aqxriv  eredoi 
poHuiatanL  —  V.  123.  Ganz  dem  Original  fem:  *  jeder  glänzt  durch 
eigne  That'.  —  Nicht  minder  falsch  V.  171  *Heil  bringt  es  fürwahr  in 
stürmischer  Nacht,  wenn  an  dem  schnell  hineilenden  Schiff  zwei  Anker 
haften' ;  ayad'al  dh  nilovt^  iv  %H\tBql(f  w%xl  ^oäg  i%  vaos  inecnif^^M 
dv*  Sy%v(fai.  awoaninntBU^at  steht  hier  vom  Hinabfahren  des  Ankers 
auf  den  Meeresgrund;  denn  nur,  wenn  derselbe  am  Grunde  der  See 
haftet,  gewährt  er  Heil  dem  Schiff;  wieviel  am  Schiff  hängen  ist 
gleichgiltig. 

8  Ol.  v.  18.  Zrivl  yiviJ^XC^^  unrichtig:  Zeus,  dem  erzeugenden 
Gotte.  —  Ebenso  v.  28 'das Verwickelte,  das  vielfältig  schwankt, 
Ott  yaQ  noXv  xal  noXXa  (i%H,  statt:  'was  nach  vielen  Seiten  Beziehungen 
hat'.  —  Zu  den  unbegreiflichen  Dingen  gehört  die  bisherige  Auffassung 
von  60—61  ^a  itoXBfiov  iUL%av  xs  naaap  x^9^9  i^avitoip.  Durchweg 
bezieht  man  a^avdtmv  auf  x^9^9  anstatt  auf  7e6Xe(i,op  [laxctv  ts,  im  Sinn 
'Streit  und  Kampf  mit  Angriff  auf  die  Götter'.  Thiersoh  lässt  den  Sinn 
dadurch  unklar,  dass  er  den  genet.  obiect  mit  dem  genet.  übersetz^ 
was  unzulässig  ist.  Der  Zusammenhang  lässt  über  die  Richtigkeit  unserer 
Constrüction  keinen  Zweifel.  —  Ganz  unzulässig  und  feherhaft  ist  am 
Ende  des  Hymnos  die  Transscription  von  'OiXevg  mit  Oeleus ;  dies  reicht 
auch  zur  Beurtheilung  der  griechischen  Leseart  aus. 

10  Ol.  ist  gleich  der  Anfang  willkürlich  geändert,  ictiv  av^^cinoig 
avifimv  Sts  nXitisxa  Zifn^ig:  oft  erscheint  den  Menschen  belebender  Wind- 
hauch heilsam. 

11  Ol.  V.  17.  18.  ona  ts  %oivhv  Xoyov  tpiXav  tiöoftsv  ig  ti^iPi 
*  wohin  bezahl  ich  den  Dank  des  Lieds  allen  zu  süfser  Lust?'  Es  heifst 
vielmehr:  wohin  zahl'  ich  die  Erzählung  (die Geschichte,  das  Lied),  das 
ja  allen  gemeinsam  ist,  dass  es  als  Liebesgabe  aufgenommen  werde? 
d.  h.  das  Lied  gilt  für  alle  Menschen ,  einer  aber  wird  dem  Dichter 
Dank  wissen.  —  V.  32.  I^yotr  nf^o  Tcivtatv  ßiotip  (puog^  *dle8  Lebens- 
licht heller,  denn  jede  That' ;  aber  nf^a  heibt  hier  'vor',  denn  ^anz  des 
Lebens,  ehe  sie  noch  Mühen  bestanden  haben.  Dies  bereits  Hermann's 
Auffassung.  —  V.  96  finden  wir,  dass  der  Verfasser  nicht  der  unstreitig 


iM       Pindar,  überseUt  ▼«  J.  J.  a  ihnmer,  ang.  v.  A.  LwhUg. 

besseren  Leseart  evv  9 '  ivuy%ai^  folgt,  sondern  der  L.  <sv9  d '  awiyn^  fup ; 
dass  dies  letatere  gani  unpassend  ist,  sollte  man  meinen,  liege  auf  der 
Hand.  Mit  9V9  yt  fulrr  tap  d^do»Ti}t«o  dlwtv  elc.  geht  der  IMebtar 
Bcm  Vergleich  mit  Philoktet  über,  ein  Obergang,  den  die  attgemeine 
Senteac  Termittelt,  dass  selbst  ein  OroÜBbeniger  sich  oft  einen  ron  der  Noth- 
wendigkeit  aufgedrungenen  Freund  muss  gefallen  lassen.  Jedoeh  gans  ab- 
gesehen davon  ist  die  im  anderen  Fall  eintretende  Besiehong  de«  fM- 
fulapmQ  auf  den  nothgedningenen  Freund  Hieron's  für  diesen  nichts  weni- 
ger als  schmeichelhaft  ^V.  122.  itfxop  ist  nicht  *baun'.  —  V.  16S.  wöUü 
^ftv^sg  ifk^ati^o^g  mnxoiy  *  viele  sind  untrügliche  Zeugen  jeglicher 
That'.  Sehr  ungenau.  Allgemein  nimmt  man  &i/^ffo%iq9iq  für  die  guten 
und  biteen  Thaten;  schwer  xu  glauben:  erstens  stunde  dann  aptpoti^mPt 
Bweitens  würde  die  Bexiehung  su  wenig  klar  sein,  «^^rc^»  können 
hier  nur  Personen  sein  und  zwar  Hieron  und  die  von  ihm  Beherrschten. 
Mommsen  übersetst:  *  Vieles  bezeugt  Beides',  und  in  der  Anmerkung: 
Absichtlich  dunkel.  Wir  wissen  nicht,  bezieht  sich  dies  auf  seine  Ober- 
setiung  (dann  ist  es  anerkennenswerthe  Offenheit),  oder  auf  Pindar.  — 
V«  146.  *Denn  wie  der  Kork,  wo  das  andere  Oeralh  im  Meeresgrund 
arbeitet,  noch  oben  schwimmt,  schwinune  ich  unversenkbar  über  dem 
Zaun  der  Fluthen\  af  ji^  tiwaXtop  96pov  i%oia«g  ßa^  (ßa^vp^) 
euBväg  Mf^ag  ißafniatog  c/fft»,  tpeXlog  äg  inl^  F^xog,  alfurc  Bas 
Gleichnis  und  das  Verglichene  treffen  in  ulfuxg  gewissermaÜMn  wie  in 
einer  Spitxe  susammen.  Dies  macht  die  Beziehung  zu  aßanxiatog  nO- 
thig.    MQ%og  ist  überdies  dann  Netz. 

4  Pyth.  V.  77  *denn  des  Tags  erhoben  sich'  statt  *  erheben  sich. 
lfk%%m»UtainM  vielleicht  Druckfehler.  —  v.  398  *«a/  xtva  olpov  tömfu 
ß^Zvv  '  noXlot^^  d*  aff^ftat  öQipiag  M^oig  *wol  weiCs  ich  auch  kür- 
zere Pfade  zu  gehn,  bin  vielen  andern  Führer  in  weisem  Gesang.'  Mit 
merkwürdiger  Hartnackigkeit  halt  man  die  Deutung  des  noXXoig  Mffag 
auf  Menschen  fest.  Wir  können  keine  andere  Beziehung  als  durch  den 
Zusammenhang  gewährleistet  anerkennen,  als  die  auf  ol(iog:  auf  noch 
viel  anderen  Wegen  der  Weisheit  bin  ich  Führer. 

6  Pyth.  V.  20* und  dein  Auge  sieht,  wie  hochgeehrt  sei  dieses 
KönigthuniT;  abgesehen  von  dem  Soloecismus  *sei'  ist  6(p&alß6g  ganz 
fslsch  aufgefasst.  cvyyip^g  otp^aXuog  ist  angeborner  Glanz,  angebomes 
Glück.  Schon  Thiersch  und  neuerlich  Mommsen  fassen  die  Stelle  richtig, 
wenigstens  in  Bezug  auf  oip^aliUg. 

In  dem  ersten  Nemeischen  Hymnus  bilden  v.  64—59  eine  aner- 
kannte Schwierigkeit;  Boeckh's,  Hermann's,  Heimsoeth's  Scharfsinn  scheinen 
hier  nicht  das  rechte  getroffen  zu  haben.  Bissen  dagegen  verdankt  man 
die  vollkommen  richtige  Schreibung  fM^f»  und  die  eben  so  tactvolle 
Zurückweisung  einer  Beziehung  auf  Nessos.  Ober  die  gänsliche  Dnbe- 
rechtigtheit  einer  solchen  Beziehung  ist's  eigentlich  überflussig  ein  Wort 
zu  vertieren,  da  auch  der  Hr.  Obersetzer  dieselbe  verworfen  hat  Nur 
über  ipd^mw  wollen  wir  bemerken,  dass  es  nicht  zu  xiva  sondern  zu 


Pindar^  überaeut  v.  /  J,  C.  Dmmer,  ang.  v.  i.  iMdmig.       SSI 

ictf^o)  2u  sieben  ist;  Titrcf  übrigens  kann  wie  der  Artikel  rovbei  i^d'^otu- 
T9P  beweist,  nur  ein  bestimiiter  gemeint  sein,  den  wir  in  xc/iroo,  das 
sieh  nicht  auf  Herakles  besiefaen  kann,  wieder  finden.  Es  ist  offenbar 
Porphyrion  gemeint,  vgl.  Äpollod.  Bibl.  1,  6,  2.;  damit  fällt  die  wunder- 
liche Ansicht  Heimsoeth's,  xofia  beziehe  sich  auf  y«^«,  die  wir  in  vor- 
liegender Übersetzung  befolgt  finden.  Daher  üvv  nXayitp  av9^6v  %6qm.  Er 
verachtete  Herakles  als  sterblichen^  daher  <nBl%09xa  den  heranschreitenden. 

S  Nem.  54—57  *Pel6us,  der  Held»  obwol  ergraut  im  Kampf,  freut 
sich  doch  an  der  riesigen  Lanze  Schwung.'  naXaiatci  d'  h  i^itaig  yi- 
ya^t  üfiliig  iniffoXlav  al%^v  xa^mif.  Die  Obersetzung  verfehlt,  wie 
uns  scheint,  den  Sinn  vollständig.  Man  erinnere  sich  des  vorhergehenden : 
ovd'  iXlot^imv  iQtotsg  ipdQl  tpii^Btv  n^icaovtg '  oAco^sy  (Mitmc.  Der 
Sinn  ist:  Peleus,  der  eine  von  keinem  ubertroffene  Lanze  sich  abgeschnit- 
ten hat,  bat  seine  Freude  in  uralt  ererbter  Tüchtigkeit ;  d.  i.  obwol  Pe- 
leus durch  Thatkrafl  und  Starke  so  hervorragte,  war  es  doch  nur  er^ 
erbte  {otno^sv)  Tüchtigkeit,  deren  er  sich  freute.  Ziemlich  so  Tbierscb, 
nicht  ganz  so  Mommsen,  der  namentlich  in  der  Anmerkung  grundlialsches 
hineinbringt 

8  Nem.  51  ff.  ganz  falsch:  Doch  schlugen  sie  wahrlich  dem  Feind 
nicht  wie  Aias  Wunden  in's  warme  Herz  etc.;  schon  Tbierscb ,  deutiicher 
aber  Mommsen  konnten  auf  das  richtige  weisen,  dass  der  Gegensatz  zwi- 
schen Aias  und  Odysseus  gemeint  ist. 

Auffallend  ist  im  1  Jsthm.  v.  65  *denn  aller  Lohn  aus  allen  Be- 
strebungen ist  den  Menschen  sufs'  ptuidvg  ycr^  SXXoig  SXXog  itp  l^y- 
lucctp  ivd'^mnoig  yXvnvg. 

Störend  ist  nur  manchmal,  dass  der  Hr.  Obersetzer  zuweilen  das 
einfache  Wort  des  Originals  ohne  Noth  durch  ein  gesuchtes  schön  klin- 
gendes ersetzt,  hie  und  da  wirklich  mit  Einbufse  des  Charakteristischen. 
So  3  Ol.  59  *bei  der  Rennbahn  zwöl/knal  umflogenem  Ziel*,  warum 
nicht  *  zwölfmal  umbogenem'  da^twiyvanfnov.  5  Ol.  32  *von  Unthatig- 
keit  auf  zum  Licht  schwingend  dies  rege  Volk  der  Stadter.'  aymv 
ist  einfach  führend.  7  OL  Ende  iv  dl  füa  fioi^q^  xqopov  ist  ungenau 
und  unpassend  übersetzt  *mit  Eines  Pulses  Schlag'.  Dasselbe  gilt  vom 
Schlussvers  des  achten  Ol.  aXX*  ainffftarrotr  ayap  ßünov  avtovg  %  i,i\oi 
%ai  noXiv:  *ohne  Leid  lass'  er  ihr  Leben  entfliehen  . . .',  im  Text  steht 
hiervon  nichts.  Am  Anfang  des  10  OL  ist  *bel  eben  der  Windhauch' 
ein  wenig  pkssender  Luckenbülser.  Warum  hat  ferner  der  Hr.  Obersetzer 
3  Pyth.  31  flg..igeschrieben:  Onter  den  Sterblichen  ist  am  tbörichsten  jenes 
Geschlecht,  das  der  Heimat  Schatze  verachtend  zur  Ferne  stets  den 
Blick  lenkt,  und  nach  Eitlem  nur  in  ungestilltem  Sehnen  hascht  *  Schätze' 
kommt  im  Original  nicht  vor,  nur  inixoSquc^  also  warum  nicht  beschei- 
dener Mer  Heimath  Güter,  warum  'hascht'  statt  *iagt'?  V.  50  'längere 
Weile'  unpassend  für 'längeres  Weilen.  V.  227 'unserer  Zukunft  Heil  zu 
bauen ,  warum  nicht  wie  im  Original  'weben  ? 


«82   Pindar,  Auswahl,  erklart  v.  IF.  FurtwängleTy  ang.  v.  A.  EmA^. 

Doch  genug.  Im  ganzen  und  grofsen  wird  man  anerkennen  müssen, 
dass  diese  Übersetzung  gegen  die  bisherigen  ein  angeheurer  Schritt  vor- 
wärts ist,  und  Laien  werden  aus  ihr  begreifen  lernen  y  warum  Pindar 
für  einen  Dichter  gilt 

Wien.  Alfred  Ludwig. 

Die  Siegesgesange  des  Pindaros  in  einer  Auswahl  nach  den  wesent- 
lichen Gesichtspuncien  erklärt,  von  Wilh.  Furtwängler,  Professor  zu 
Freiburg  im  Breisgau.  gr.  8.  (VI  u.  399  S.)  Freiburg,  Wagner  1859.  — 
.    IV,  Rlhlr. 

Voraus  geht  eine  24  Seiten  starke  Vorrede,  wir  hätten  fast  gesagt 
Abhandlung^  die  sehr  mannigfaltiges  behandelt,  worauf  einzugehen  hier 
zu  weit  führen  würde.  Ein  Hauptpunct  der  Vorrede  ist  die  Erörterung, 
dass  man  bei  der  Betrachtung  der  Dichtungswerke  vorzüglich  von  den 
Werken  der  bildenden  Kunst  ausgehen  müsse;  ein  anderer  handelt  von  der 
Wichtigkeit  der  Mythen  im  Pindar.  Ober  beides  zu  sprechen ,  wird  uns 
der  Gommentar  Gelegenheit  geben. 

Das  Buch  ist  so  eingerichtet,  dass  bei  der  Besprechung  jedes  Hymnus 
zuerst  die  demselben  zu  Grunde  liegende  Idee,   dann  sein   Organismus, 
hierauf  die  Veranlassung,  endlich  die  Erklärung  des  Hymnus  selbst  kommt. 
Freilich  könnte  man  gegen  diese  Anordnung  manches  einzuwenden  haben. 
Man   würde   lieber  gleich  zuerst   die  Veranlassung  wissen,   dann  den 
Hymnus   selbst,   dann  dessen  Organisation ,   die   übrigens   zugleich  im 
Laufe  des  Commentars  könnte  behandelt  werden,  endlich  nach  erbaltenem 
vollständigem  Überblick  das  kurz  gefasste  Abstractum  des  Inhaltes,  das 
man  Idee  zu  nennen  beliebt.    Wir  können   zu  Gunsten   unserer   Ansicht 
auch  des  Hrn.  Verf.'s  eigene  Worte  anfuhren ;  er  sagt  (S.  27  unten),  der 
Dichter  spreche  seine  Ideen  nicht  aus,  er  stelle  sie   dar:   dies  ist   voll* 
kommen  richtig;  aber  es  folgt  hieraus  unmittelbar,  dass  die  Darstellung 
die  Hauptsache,  d.  h.  das  künstlerische  Moment  ist.   Die  blofse  Idee  ist 
nichts  künstlerisches,  so  lange  sie  sich  nicht  in  einer  Form  verkörpert  hat. 
Doch  genug  davon.   Wichtiger   ist  die  Frage  über  das,   was   der 
Hr.  Verf.  Organismus  der  Hymnen  nennt.    Von  den  Formen  der  grie- 
chischen Tempelbauten  ausgehend,  findet  der  Hr.  Verf.  in  dem  Eingange 
des  Hymnus  den  Pronaos  des  Tempels,  in  der  Mitte,  wo  meist  der  Mythos 
seine  Stelle  hat,  die  Cella,  in  dem  Ausgange  den  Opisthodomos.  Zuweilen 
findet  sich  vor  dem  einem  Pronaos  entsprechenden  Theile  etwas,  was  der 
Hr.  Verf.  den  Propyläen   der  grofsen  Tempel  vergleicht.    Anderseits  er- 
innert die  Entsprechung   einzelner  Strophen   und   Strophengruppen   den 
Hrn.  Verf.  an  die  Gruppen  der  Giebelfelder«  Strophe  und  Antistrophos  mit 
der  Epodos  repräsentieren  ein  Säulenpaar  mit  dem  Epistylion,  das  Ober- 
greifen aus  einer  Strophe  in  die  andere  die  Juncluren  der  Baukunst  etc. 
Außerdem  theilt  der  Hr.  Verf.  jede  Strophe  in  drei  Theile,  die  in  Strophe 
und  Gegenstrophe   sich  dem   Inhalte   nach  entsprechen   sollen.    Zu    der 
bisher  erkannten   äufserlich  sichtbaren  Zerfällung   der   Hymnen  Pindar's 
in  Strophen triaden  fügt  der  Hr.  Verf.  zwei  hinzu,  die  ersterc  hat  er  zwar 


Pindar,  Avswahl,  erkllrt  t.  W.FuHwängUty  ang.  v.  i.  Udmlg.   SSS 

mit  der  Strophentrias  in  Eioklang  gebracht,  die  xweite  aufterlicb  aach; 
nicht  aber  haben  die  innerhalb  zweier  Strophen  oorrespondierenden  Drit- 
tfaeile  die  gleiche  Ausdehnung.  Diese  Dritttheile  sind  also  nicht  Porsi. 
Es  kommen  aber  noch  folgende  Erwägungen  hinzu  i  Die  GreBMB  des 
Mythos  nach  vor-  und  rückwärts  schlieCsen  weder  noch  begiMMD  sie 
mit  einer  Strophentrias,  wie  der  Hr.  Verf.  uns  überreden  will,  die  vom 
Hrn.  Verf.  geiogenen  Grenaen  sind  also  rein  willkürlich  und  dem  wirk- 
lichen Sachverhalte  widersprechend.  Man  braucht,  um  sich  davon  su 
überzeugen,  nur  des  Hrn.  Verf.'s  eigene  Darlegungen  der  Organismen  bei 
den  verschiedenen  Hymnen  au .  lesen.  Ebenso  wenig  bestätigt  sich  die 
behauptete  und  zum  Schein  durchgeführte  Dreitheilung  der  Strophe. 
Mit  aller  Willkür,  allen  Kunstgriffen  ist  nur  ein  schwacher  Schein  einer 
Dreitheilung  erreicht;  um  dies  darsuthun  sollen  einige  Beispiele  folgen. 

So  zerfallt  der  Hr.  Verf.  gleich  Str.  und  Oegenstr.  a  der  1  Ol.  in 
folgender  Weise: 

Str.  «'.  Oegenstr.  «'. 

a)  Der  herrlichste  Gegenstand  der        «)  Herrliche  Vorzüge  Hieron's* 

Lobpreisung. 
fi)  Die  Olympischen  Spide  die  er-        f)  Anhub  zur  Verherrlichung  seines 

sten.  Ruhmes, 

y)  Der  Olympische  Siegesruhm  be-        7)  Sein  Rossesieg  zu  Olympia, 
geisternd  die  Sänger  an  Hieron's 
Hoflager. 

Dies-  Beispiel  kann  hinreichen  zu.  zeigen,  wie  durch  die  Zerstücke- 
lung die  Auffassung  des  Oanzen  erschwert,  —  und  gerade  die  90  kunst- 
volle Verknüpfung  des  vielen  in  eines  (eine  Haupteigenschaft  der  grie- 
chischen Sprache)  ignoriert  wird.  Wollte  man  wirklich  eintheilen  ohne 
vorgefasste  Meinung  und  eintheilen  so  weit  es  eben  miiglich,  so  müsste 
man  dem  zweiten  Theile  zwei  (Jnterabtheilungen  zufügen  t/  d*  Sa^Xa  ^ 
apffni^'  aXiav  -r*.  ß  ikvfi*  OX.\  aber  was  ist  der  Gewinn  einer  solchen 
Zerstückelung?  Uns  ist  er  nicht  klar  geworden.  Eine  neue  Form  etwa, 
beschränkteren  Umfanges  als  die  umscbliefsende  Strophenform ,  hat  sich 
dabei  nicht  herausgestellt.  In  der  Oegenstr.  sind  die  Theile  a)  f)  voll- 
kommen gleichartig  untereinander.  Ein  Entsprechen  mit  den  ersten  Tbei- 
len  der  Strophe  mögen  wir  auch  nicht  finden.   Epodos  a: 

a)  Olympia,  eine  Colonie  des  Lyders  Pelops. 

ß)  Pelops  schon  bei  der  Geburt  von  den  Göttern  beschützt  und  zu 
Gröberem  ausersehen. 

y)  Das  Wunderbare  oft  durch  die  Sage  entstellt 

Der  Theil  a)  ist  iv  tiapoQi  Avdov  JliXoMog  inoinfy,  also  ein 
PräposiUonal-Ausdruck  (dergleichen  wird  öfters  angenommen). 

Für  S(r.  4  finden  wir  folgende  Abtheilung: 

a)  Sieg  und  unsterblicher  Ruhm  des  Pelops ;  der  erste  unter  den  Heroen. 

ß)  Erhabener  Ruhm  der  Sieger  auf  der  Pelopsbahn. 

y)  Unverwelkliche  Siegeakrone  der  Olympioniken. 

Z«iUe1irift  f.a.  6»frv,  Ojmmm;  18S0.  Vm.  H«ft  ^"^ 


6S4   Pindar,  Aaswahl,  erUfirt  y.  IF.  FUrnDänffler,  ang.  v.  i. 

Zwischen  ß)  und  y)  vermögen  wir  keinen  Unterschied  au  finden. 
Für  Str.  2.  Gegenstr.  2. 

«)  Berückender   Zauber  der       «)  Entrück ung  des Oelieblen 
Dichtkunst;  doch  siegreich  im-  aum  Olymp, 

mer  die  Wahrheit 

Für  Str.  3.  Gegenstr.  3. 

7)  Der  blühende  Jüngling  sinnend         y)  Die  blühende  Jungfraa  entm- 
auf  die  erwünschte  Hoch*  gen    den     verwünschten 

leit.  (mittelst  Conj.)  Freiera. 

Derlei  kann  doch  wol  für  nichts  anderes  als  für  müfsige  Spielerei 
gelten.    Epodos  f : 

«)  Ursprüngliches  Glück  des  Tantalus. 

ß)  Obermuth  auf  der  Höhe  des  Glücks. 

y)  Sturs  des  Frevlers  in  den  Abgrund  des  Verderbens. 

Dabei  ist  ein  gutes  Stück  der  Epodos  vergessen  worden:  iia^l  d*  as#^ 
yaatQ£(ia(fyop  fiaua^^mpuv'  elneüv  *  atpicxuiLUi.  iniqdsta  liloyxBv  ^cifuva 
naiuxyo^og,  ein  Stück^  das  an  und  für  sich  so  aiemlich  ein  Drittel  der  Epodos 
ausmacht.  Auch  die  versuchte  Zurückführung  der  Compositionsweise  Pin- 
dar's  auf  Denkmale  der  bildenden  Künste  ist  nur  unfruchtbare  Spielera. 
Denn  was  wird  für  die  Einsicht  in  den  Bau  der  Lieder  Pindar's  ge- 
wonnen, wenn  wir  statt  der  allgemein  bisher  üblichen  Ausdrücke  von 
Propyläen,  Pronaos  etc.  sprechen  ?  Ist  denn  Entsprechung  der  FUNrm  eine 
der  Dichtkunst  fremde  Erscheinung,  dass  wir  sie  durch  ein  ans  der 
Ferne  geholtes  Beispiel  uns  deutlich  machen  müssen?  Und  hat  der  Hr. 
Verf.  irgend  etwas  gebracht,  was  sich  nicht  in  letzter  Instanz  überall  auf 
dem  Gebiete  der  Poesie  der  Griechen  nachweisen  liefse?  Hat  er  bestimmte 
Zahlen  Verhältnisse  nachgewiesen?  Aufser  jener  unhaltbaren  Dreithei- 
lung  der  Strophen  nichts.  Wir  müssen  daher  den  Versuchen  des  Hrn. 
Verf.'s  in  dieser  Richtung  jede  innere  Berechtigung  absprechen.  Aus  den 
bei  Pindar  zerstreut  vorkommenden  Vergleichen,  Anspielungen,  Tropen, 
die  von  Gebäuden,  Tempeln  hergenommen  sind ,  kann  man  nicht  sofort 
auf  Grundlagen  der  gesammten  Formenanschauungen  des  Dichters  schUefren. 
Da  Pindar  auch  vom  Schiff  hergenommene  Ausdrücke  in  gleicher  Weise 
verwendet,  so  könnte  mit  demselben  Rechte  oder  Unrechte  ein  anderer 
Erklärer  Pindar's  Liederbildung  ans  der  alten  Schiffsbaukunst  herleiten, 
und  von  einem  Vorderbug,  Verdeck  etc.  des  Hymnus  reden.  Gab  es  doch 
auch  heilige  Schiffe. 

Was  die  mythologischen  Erörterungen  des  Hrn.  Verf.'s  betrifft,  so 
befinden  wir  uns  in  einem  ähnlichen  Gegensatze  zu  ihm.  Dieselben  sind 
ein  Gemisch  von  altem  Euhemerismus,  neuerem  Forchhammmsmus,  ver- 
setzt mit  Ahnungen  einer  neuesten  vergleichenden  Mythologie,  die  mehr 
bösen  Träumen  gleichen.  Dies  gewürzt  mit  den  neckischesten  Etymologien, 
die  frischer  lebendiger  Witz  nur  erfinden  kann.  Denn  wir  zweifehi  keinen 
Augenblick  einen  Scherz  darin  erkennen  zu  müssen,  wenn  der  Hr.  Verf. 
Jii^na  auf  ein  vermuthetes  f^ina  und  das  nordische  Frigga  zurückführt, 


Pindar,  Aaswahl,  erkl&rt  v.  IT.  Purtwängler,  ang  v.  4.  Ludwig,    «S5 

und  dabei  auf  Sanscrit  vrip  verweist,  welches  zufallig  vrith,  vnh  heifst, 
also  nicht,  wie  nöthig  wäre  um  des  Hm.  Verf.'s  Vermuthung  zu  best&- 
ttgen,  auf  vare,  sondern  auf  vari  zurückgeht.  Zugleich  wird  Irmin  mit 
'JaiiTivog  zusammengestellt.  'lofirivog  ist  offenbar  19  -  (trivog,  eine  alte 
mediale  Participform  *  der  Wissende',  während  Irmin  durch  die  Zwischen- 
stufen Irimin,  Ariman  auf  Aryaman  zurückgeht. 

'Dionysos',  heifst  es  ein  andermal,  'ist  ein  Sohn  von  Thorr-Thonar. 
Das  V  scheint  mir  zum  Stamme  zu  gehören,  -cos  zur  Wurzel  su  er- 
zeugen, aus  der  sich  auch  griech.  vtog  (goth.  sunus)  gebildet  (hat), 
th,  wahrscheinlich  als  Zischlaut  gesprochen,  ging  in  das  verwandte  (!) 
9i  über.'  Nach  diesen  kostbaren  Bereicherungen  über  Runde  der  Laat- 
veränderung  fügt  der  Verf.  hinzu:  'jedenfalls  können  die  bisherigen  Ety- 
mologien nicht  genügen.'  Wir  begreifen!  der  Hr.  Verf.  scheint  einer  et- 
was starken  Kost  zu  bedürfen. 

S.  191  wird  der  Name  der  Hyperboreer  erklärt.  *Dass  die  Hyper- 
boreer dem  Namen  nach  die  über  dem  Boreas  hinauswohnenden  {om^tp 
ßoQi» ,  wie  Pindar  sagt)  gewesen  seien ,  ist  wol  erst  spatere  Deutung. 
Das  Wort  bezeichnet  sie  vielmehr  als  solche,  die  über  die  Sphsere 
der  Vergänglichkeit  {vnhQ  ßiffn - ßiß^danm ' ßQorog)  und  des  ir- 
dischen Jammers  hinaus '  wohnen.  Ebenso  werden  die  Cttara  Kum  ah 
die  nördlichen  (uttarader  obere  nordliche)  gedeutet;  es  kann  aber  aadi 
an  uttaram  (iniff)  und  gri  (pers.  Khurden,  ßoqm  -  ßißQmanm)  gedacht 
werden.'    Eine  Widerlegung  solcher  Scherze  ist  wol  unnöthig. 

Eine  der  unglückseligsten  Erklärungen  ist  die  des  gewaltigen 
Helden  Bellerophontes.  Dieser  soll  der  Seewind  sein,  der  in  den  Mor- 
genstunden eintritt.  Der  Wind  dürfte  weniger  in  der  Gestalt  des  Belle- 
rophoD,  als  in  des  Hm.  Verf.'s  Erkifimng  selbst  stecken. 

Wir  glauben  derlei,  wenn  es  auch  meist  nur  als  Beiwerk  gegeben  ' 
ist,  nicht  übergehen  zu  dürfen.  Seichtes  Gerede  ohne  Sachkenntnis  hat 
der  Mythologie  schon  genug  geschadet;  nirgend  finden  wir  in  Werken, 
die  von  Philologen  blofs  der  classischen  Sprachen  herrühren,  eine  auch 
nur  annähernd  richtige  Auffassung  der  Mythen,  nirgend  ein  klares  Be- 
wusstsein  über  den  Umfang  und  inneren  Zusammenhang  derselben.  Überall 
herrscht  noch  die  lächerliche  Ansicht,  die  Menschen  hätten  der  Reihe 
nach  alles  personiflciert,  Baum,  Fluss,  Meer,  Bach  etc.  Von  dem  Aus- 
gangspuncte  und  der  inneren  Verkettung  alles  dessen,  was  man  mythisch 
nennt,  fehlt  jede  Vorstellung.  Wohin  sich  die  classische  Philologie  zu 
wenden  habe,  ist  längst  kein  Geheimnis  mehr;  längst  weifs  man,  dass 
man  Jak.  Grimm's  deutscher  Mythologie  den  ersten  Einblick  in  das 
wahre  Wesen  derselben  verdankt.  Längst  weifs  man,  dass  aus  der  ver- 
gleichenden Sprachkunde  die  Mythologie  in  einer  neuen  Gestalt  und  zwar 
in  ihrer  echten  wirklichen  sich  entwickelt  hat.  Wer  also  über  Mythologie 
sprechen  will  und  vorzieht,  statt  sich  an  diesen  Quellen  das  ürtheil  sa 
schärfen  und  Methode  anzueignen,  leeres  Geschwätz  in  die  Welt  zu 
schicken,  darf  nicht  hoffen,  entschuldigt  oder  ungestraft  davon  zukommau« 

4Ä^ 


«M         Sr.  W0if,  Lat  Elem.  Grammatik,  anges.  v.  fl  Beiekel 

Ein  erquicklicheres  Bild  kömien  wir  von  dem  Commentar  des  Hm. 
Verf.  bieten.  Ein  bischen  Breite  abgerechnet,  finden  wir  manches  recht 
hübsch.  Zahlreiche  Belegstellen  Eeugen  nicht  nur  von  der  Vertrauthdl 
des  Verf.  mit  seinem  Auetor,  sondei'n  helfen  auch  sehr  wesentlich  den- 
selben aus  sich  selbst  su  verstehen.  So  finden  wir  gleich  das  a^Mver 
fkH  vdmff  X.  t,  X.  vollkommen  richtig  aufgefasst,  und  durch  alles,  was 
in  Pindar  sich  auftreiben  lasst,  aufgehellt.  Diese  reiche  allseitige  Be- 
leuchtung durch  Parallelstellen  ist  die  beste  Seite  des  Buches;  denn  das 
phrasenhafte  überwiegt  im  ganzen  doch  auch  hier;  man  vermisst  ein- 
tache,  klare,  bestimmte  Sprache,  überall  stötst  man  auf  Oberschweng- 
lichkeit  Dies  erschwert  die  Leetüre  sehr,  was  in  Anbetracht  des  mannig- 
fachen darin  enthaltenen  Guten  zu  bedauern  ist. 

Warum  der  Hr.  Verf.  nicht  tpittip,  l,  v.  28.  billigt,  sehen  wir  nicht 
ab.  Sein  ngictv  befriedigt  nicht,  tpitig  lieCse  sich  ganz  gut  als  *  Meinung' 
auffassen.  —  Mislungen  ist  die  Deutung  der  t^iav  novmv ,  dieselbe  ist 
auch  unverstandlich.  —  Bezeichnend  für  die  Stellung  der  meisten  Phi- 
lologen in  Fragen  der  Formlehre  ist,  was  über  ^ieauv  v.  64  einstimmig 
gesagt  wird.  Wir  wissen  natürlich  nichts  über  die  Quelle  der  Leseart; 
sie  kann  allerdings  unrichtig  sein,  aber  sie  muss  es  nicht.  Die  Form 
^a-ea-v  geht  auf  die  Wurzel  ^te  zurück,  wovon  ^ta-ito-g,  ^ie-ipatw 
ausgesprochene  Satzung';  aber  auch  T^-^ft-fiiOi  geht  darauf  zurück 
und,  o  Wunder,  Nem.  V,  10  finden  wir  ^ieeano  ganz  unbehelligt  Auch 
bei  Hesiod  kommt  ^seaaii^Bvog  vor. 

Es  ist  uns  nicht  möglich  hier  alle  Einzelnheiten  darzulegen,  in  denen 
wir  von  dem  Hrn.  Verf.  abweichen  zu  müssen  glauben  (z.  B.  Ol.  VI,  61  u.  ff. 
S.  261 —65).  Aber  im  allgemeinen  können  wir  nicht  verbergen,  dass  wirnar 
zu  häufig  strenge  Methode  in  der  Exegese  vermissen;  oft  wird  nicht  dem, 
was  der  Dichter  gesagt  hat,  der  Vorzug  gegeben ,  sondern  dem ,  was  er 
gesagt  haben  konnte  (S.  261  AnnL  2),  und  im  Jagen  nach  den  Höhen 
und  Tiefen  des  Dichters  das  in  der  Mitte  liegende  Wahre  verfehlt.  Trotz 
dieser  Mängel  ist  aber  das  Buch  nicht  ohneWerth  durch  Sammlung  von 
vielem  Material  und  Erledigung  mancher  bisher  zweifelhafter  Stellen. 
Wien.  Alfred  Ludwig. 

Lateinische  Elementargrammatik  für  die  I.  u.  IL  Classe  d.  österr. 
Gymnasien  von  Stephan  Wolf,  k.  k.  Direclor  des  Gymnasiums  in  Czer- 
nowitz.  2.  Auflage,  gr.  8.  (X  u.  179  S.)  Wien,  L.  W.  Seidel,  1859.  — 
72  Nkr. 
Sehr  schnell  ist  der  Ausgabe   dieses  Buches   eine  neue   und  zwar 
vielfach  veränderte  Auflage  gefolgt,  deren  Verbesserang  der  H.  Verf.  ^der 
theilnehmendsten  Freundschaft  und  den  eingehenden  Bemerkungen'  zweier 
um  das  österreichische  Schulwesen  hochverdienter  Männer  dankend  zu- 
erkennt   Da   auch  wir  das  Buch   einer  ausfuhrlichen   Besprechung  in 
dieser  Zeitschrift  (Bnd.  X,  p.  529  ff.)  unterzogen  haben,  und  die  meisten 
unserer  Ausstellungen  in  dieser  neuen  Bearbeitung  ihre  frühere  Begrün- 
dung nun  verloren  haben,  so  können  wir  uns  die  Genugthuung,  mit  jenen 


Si.  W0(f,  Lat  EHem.  6ramiii«Uk,  aoges.  v.  JT.  R^kkei.         eS9 

MäDDern  in  unseren  Ansichten  gröCiteniheils  zusammengetroffen  su  sein^ 
durch  das  ahsichtlich  scheinende  Schweigen  des  IL  Verfs.  über  dieseii 
Punct  doch  nicht  verkümmern  lassen.  Die  Wichtigkeit  und  der  Ernst 
der  Sache,  um  die  es  sich  hier  handelt,  fuhrt  uns  zu  dem  Buche  zurück, 
wie  anderseits  die  Debereinstimmung  mit  solchen  Männern  uns  er- 
muthigen  darf,  mit  einer  neuen  Reihe  von  Bemerkungen  vorzutreten, 
die  vielleicht  auch  noch  zu  denen  gerechnet  werden  können ,  « welche 
zur  Vervollkommnung  des  Buches  beitragen  durflen.' 

Wir  beginnen  diesmal  mit  der  Syntax,  die  in  der  neuen  Gestalt 
bedeutend  gewonnen  hat,  bei  der  alle  unsere  Bedenken  in  Erwägung 
gezogen,  und  der  Text  vielfach  geändert,  zum  Theil  gebessert  worden 
ist.  Ausgenommen  von  dieser  Berücksichtigung  blieben  nur  vier  von 
uns  angeregte  Puncte,  die  Lehre  vom  prädicativen  Zusätze  g.  151  und 
162,  die  Regel  vom  ausgelassenen  gtutm  bei  Gomparativen  §.  163,  die 
über  quomimu  nach  impedire  etc.  S-  170,  und  die  angeführte  (schein« 
bare)  Doppelfrage  mit  tmm  —  ne.  Der  Terminus  prädicativer  Zusatz, 
meint  der  U.  Verf.  in  derVorredf,  sei  «nicht,  wie  von  mancher  Seite 
geglaubt  wird,  eine  Neuerung  des  Verfs. ,  sondern  der  deutschen  Sprach* 
Wissenschaft  entlehnt  (vgl.  Heyse's  deutsche  Schulgr.'  18.  Aufl.  p.  359).* 
Indem  wir  zunächst  unsere  Freude  darüber  aussprechen,  dass  wir  nicht 
allein  an  diesem  Terminus  Anstofs  genommMi»  bemerken  wir  dagegen, 
dass  wir  dem  Hrn.  Verf.  die  Erfindung  desselben  nicht  zugeschrieben,  son- 
dern einfach  die  Onzweckmäfsigkeit  dieser  Bezeichnung  an  zwei  Bei* 
spielen  des  Buches  dargetban  tuben  (vgl.  Zeitschr,  X,  p.  638)  und  noch 
immer  der  Meinung  sind,  .dass  die  Bezeichnung  jener  Erscheinung  durch 
Prädicatsnomen  besser  sei.  Gegen  die  Regel  vom  ausgelassenen  umm 
und  den  Ersatz  desselben  durch  den  Ablativ  müssen  wir  unsere  Bedenken 
aufs  nachdrücklichste  wiederholen«  Eine  so  mechanische  ErUärungs- 
weise  gehört  in  unsere  heutigen  Gymnasien  nicht  mehr«  Zudem  ist 
auch  die  Regel  sehr  unglücklich  ausgedrückt,  es  heifst:  2)  «Ohne  quam. 
Wenn  die  verglichenen  Gegenstände  im  Nominativ  (oder  beim  Acc  o. 
inf«  im  Accusativ)  stehen,  so  ist  es  sehr  gQH'Ohnlich ,  dass  man  quam 
weglässt  und  das  darauffolgend»  Nomen  oder  Pronomen  in  den 
Ablativ  setzt*  Demnach  könnte  d^r  Ablativ  des  Vergleiches  bei  vergli- 
chenen Gegenständen  immernur  die  zweite  Stelle  einnehmenf 
Da  ferner  dieee  Art  den  Vergleich  auszudrücken  ohne  Zweifel  die  ältere 
war,  al«  die  Casus  noch  eine  grössere  Kraft  hatten,  so  ist  sie  der  spä- 
teren Umschreibung  durch  quam  gewiss  ebenbürtig,  und  die  Regel  sollte 
wol  so  lauten:  %)  statt  (der  Umschreibung  mit)  quam:  Wenn  die  ver- 
glichenen Gegenstände  im  Nom stehen,  so  tritt  die  Bezeich- 
nung des  Gegenstandes,  der  beim  Vergleiche  das  Mafs  zu 
demselben  abgibt»  in  den  Ablativ.  Die  von  uns  beanstandete  Regel 
über  den  Gebrauch  von  quomkiUi  und  ne  nach  den  Verben  impMre  etc. 
8«  170  hat  zwar  eine  leise  Änderung  erfihren ;  denp  in  der  ersten  Fas- 
sung hie£B  es  (p.  129).    «Nach  den  Verbis  verhindern,  abhalten  u.  ä. 


€38         Si.  Wolf,  Lat.  Elem.  Gramtnalik,  aogez.  v.  JT.  Reiekel 

wird  das  blofse  dass  oder  der  Infinitiv  mit  zu  durch  qwminM$  ausge- 
drückt. In  diesem  Falle  geht  im  Hauptsätze  eine  Negation  voraus^*  In 
der  zweiten  (p.  138):  «Im  Hauptsatze  geht  gewöhnlich  eine  Negation 
voraus.'  Aber  in  der  Vorrede  zur  zweiten  Auflage  sagt  der  H.  Verf.: 
«Die  Lehre^  dass  nach  den  Verbis  des  Hindems  quominus  besonders  dann 
stebty  wenn  der  Hauptsatz  negativ  ist,  dass  aber  gewöhnlicher  ne  (blgl, 
wenn  dieser  affirmativ  ist,  ist  nicht  der  Beobachtung  eines  Einzelfalls 
entlehnt,  sondern  stützt  sich  auf  eine  bedeutende  Summe  von  Beobach- 
tungen, welche  der  Verf.  an  einem  andern  Orte  mittheilen  wird.*  Bis 
zu  dieser  Mittheilung  halten  wir  die  Regel  in  der  vorliegenden  Gestalt 
für  falsch,  und  glauben,  dass  der  Hr.  Verf.  jedesfalU  besser  gethan  bitte, 
eine  Behauptung,  die  erst  noch  des  wissenschaftlicheD  Beweises  bedarf, 
einem  Schulbuche  ferne  zu  halten.  Was  endlich  die  Form  der  Doppel- 
frage mit  num  -^  ne  betrifft,  so  waren  wir  für  die  Weglassung  derselben, 
weil  der  an  und  für  sich  den  Schülern  schwierige  Gc/;enstand  durch 
Beseitigung  einer  solchen,  die  von  den  drei  Formen  der  wirklichen  Dop- 
pelfrage wesentlich  verschieden  ist,  vereinfacht  würde.  Der  Hr.  Verf.  ist 
darauf  nicht  eingegangen. 

Da  uns  bei  der  erneuten  Durchsicht  des  Buches  noch  einiges  frü- 
her nicht  berührte  aufgefallen  ist,  so  wollen  wir  auch   das   nachtragen. 
Es  ist  bekanntlich  sehr  schwer,  Knaben   den  Unterschied  von  Atisichts- 
latzen  und  Folgesätzen  geläufig  zu  machen,  schon  um  deswillen,    weil 
unsere  Sprache  in  beiden  Fällen  th«ilweise  dieselben  Gonjunctionen  an- 
wendet.   Das  Buch  macht  auch  auf  diese  Schwierigkeit  aufmerksam,  und 
sucht  die  Sache  zu  erleichtern,  (g   166  Anm.  1):  ^Ob  ein  Satz  mit  dass 
eine  Absicht  oder  Folge  ausdrückt,  erkennt   man  auch  daran,    wenn  im 
Hauptsätze  gewisse  Verba  vorkommen.*    Diese  worden  dann  unter  a,  b, 
c  angeführt,  aber  nicht  so  unterschieden,  dass  der  Schuler  sogleich  weifs, 
welche  Abtheilung  der  einen,   welche  der  andern  Kategorie  zufallen.  — 
Bei  der  Angabe  der  Gonstruction   der  Verba  des   Fürchtens  mit  ne  und 
tu  (g.  167),   vermissen  wir  neben   ui    die  sehr  gangbare  Gonstruction 
mit  ne  nan.  —  Die  früher  ganz   unklare  Definition   des  Genitivus  subj. 
und  obj.  ist  nun  abgeändert,   dk   fehlerhaften  Beispiele  beseitigt;   aber 
die  Erklärung   hätte   vielleicht  in  fdtgender  Fassung  an  Schärfe  gewon- 
nen: der  Genitivus  subj.  bezeichnet  die  Person  oder  Sache,  von  welcher 
etwas   veranlasst  wird  oder  ausgeht,    oder  in  deren  Gewalt  oder  Besitz 
etwas  steht  etc.  —  g.  212  wird   ein   Parallelismus  des  Gebrauches    der 
Tempora  im  Lateinischen  und  Deutschen  behauptet,  der  in  Wirklichkeit  nicht 
besteht.    Lassen  wir  eine  öftere  Übereinstimmung  im  Präsens ,    Pcrfcct 
und  Plnsquamperfect  auch  gelten,  so  ist  dies  doch  beim  Futur  und  beim 
Futurum  exactum   sdten  der  Fall.    Die   deutsche   Sprache  entbehrt  des 
Futurums  und  hat  diesen  Mangel   seit   den  ältesten  Zeiten  zum  Theile 
durch  Anwendung  des  Präsens  ersetzt ;  das  Futurum  exactum  ist  in  der 
zusammengesetzten  Form  so  hässlich,  dass  es  fast  nie  angewendet,  und 
dafür  wieder  durch  eine  Art  Perfeclum  (d.  h.  die  Zusammensetzung  des 


Si.  IPMK  Lau  Elem.  Grammatik,  aagex.  v.  JT.  Mekkei.         eS9 

Part,  mit  haben  oder  sein)  angedeutet  wird.  Da  nun  diese  Elementar-* 
grammatik  überall  auf  den  dSutschen  Sprachgebrauch  Riickaicht  nimmt, 
so  wäre  es,  scheint  uns,  angemessen  gewesen,  auf  diese  Verschiedenheit 
aufitnerksam  su  machen,  und  besonders  heryorzuheben ,  wie  das  Latein 
hierin  genauer  sein  kann  und  muss,  und  überall  ein  solches  futurales 
Paesens  durch  ein  Futurum  zu  übersetzen  hat.  Das  gegebene  Beispiel» 
dimee  eri$  fiUx  nrnttot  numerabU  amicoM,  übersetzt  ja  der  Deutsche  a 
so  lange  du  glücklich  bist,  wirst  du  viele  Freunde  haben;  und  das 
andere:  ui  temeniem  fieerii,  Ha  meies,  wie  du  gesaet  hast,  wirst 
du  ernten.  Ein  zweimaliger  Gebrauch  der  umschriebenen  Formen  in 
demselben  Satze  wäre  unserem  Ohre  unerträglich.  —  Endlich  noch  eine 
Bemerkung  über  die  Regel  vom  Gebrauche  des  Gonjunctivs  Praes.  statt 
des  Imperativs  (g.  216).  Für  die  dritte  Person  Singul.  und  die  erste 
Pluralis  ist  bekanntlich  dieser  Gebrauch  unbedenklich,  nicht  so  für  die 
zweite  Singul.;  diese  wird  vorwiegend  nur  gebraucht  in  der  allgemeinen 
Anrede  mit  man,  also  faeias,  dicas,  man  thue.  man  sage,  (wie  ja  auch 
die  zweite  Pluralis  in  diesem  Sinne  gilt).  Dagegen  ist  es  ein  von  Ge-^ 
schlecht  zu  Geschlecht  sich  fortschleppender  Wahn,  dUas  sei  artiger  zu 
sagen  als  die,  und  der  gute  Imperativ  kommt  dadurch  bei  der  Jugend 
ganz  auCser  Gebrauch.  Das  vorliegende  Buch  hat  nun  auch  diesem  Wahne 
Vorschub  gethan,  indem  es  (g.  216)  die  beiden  Ausdrucksarten  als  völlig 
gleichbedeutend  erklart« 

Auch  in  der  Laut-  und  Formenlehre  ist  nicht  unerheblich  geändert ; 
die  Vorrede  zur  neuen  Auflage  weist  selbst  sogleich  auf  vorgenommene 
wichtige  Umwandlungen  hin,  und  es  ist  natürlich  auch  im  einzelnen 
vieles  anders  geworden,  dessen  Aufzählung  einer  Vorrede  nicht  zukommt 
Vergleicht  man  die  beiden  Ausgaben,  so  wird  sich  in  den  meisten  Fäl-^ 
len  eine  Anerkennung  unserer  früher  gemachten  Ausstellungen  ergeben. 
Daher  ist  die  Lautlehre  sehr  bedeutend  zusammengeschrumpft,  und  würde 
sogar  noch  immer  Kürzungen  vertragen.  Die  Eintheilung  der  Gonsonan« 
ten  nach  den  Organen  der  Uervorbringung  ist  nämiich  stehen  geblieben, 
ohne  dass  doch  in  der  Formenlehre  Bezug  auf  dieselbe  genommen  würde« 
Dadurch  werden  die  Schüler  das  aus  diesem  Paragraphe  gelernte  alsbald 
ganz  vergessen  haben,  und  es  bleibt  nicht  einmal  der  Vortheil,  dass  sie 
das  hier  ohne  Noth  mit  erlernte  in  der  grieoh.  Formenlehre  würden  ver- 
werthen  können.  Ein  offenbarer  Fehler  ist  es,  J  unter  die  Dentalen  zu 
zählen,  da  es  vielmehr  den  Gutturalen  angehört  —  Wir  haben  uns  auch 
dagegen  erklären  müssen,  dass  ei,  9/,  tri,  ^  als  uneig entliche  Diph- 
thonge bezeichnet  werden;  denn  ei,  oi,  $u  sind  als  altlateinische  Diph* 
thonge  nachgewiesen  (vgl.  Corssen  i.  164  IT.),  ui  kommt  fort  und  fort 
in  emi,  kuiCj  namentlich  im  Verse  als  Diphthong  gebraucht  vor,  und  es 
sollte  die  Bemerkung  daher  etwa  so  heifsen:  ei,  oi,  ui,  eu,  altlatei-* 
nische  Diphthonge  finden  sich  nur  noch  in  Interjectionen  und  dichteri- 
schen Formen  spärlich  erhalten.  —  In  den  natürlichen  Genusregeln  g.  II 
ist  die  falsche  Folgerung :   «männlich   sind  die  Namto  der  Männer  und 


€40         St.  Woif,  Lat  Elem.  Grammatik»  angex.  v»  JT.  JUiekei. 

männlichen  Wesen,  daher  anch  der  Völker*  stehen  gehlieben.  Es 
konnte  ja  einfach  «und  der  Völker*  gesetzt  werden»  um  so  mehr». da 
auch  die  Besiehuog  der  Namen  der  Flüsse,  Winde,  Monate  ohne  weitere 
Begründung  unter  dieselbe  Regel  stattfinden  konnte.  Zu  den  nun  we^ 
gelassenen  unpassenden  Ausnahmen  von  dieser  Regel  dürften  auch  noch 
LM€  und  air«  su  werfen  sein,  die  dem  griechischen* Geschlechte  loi- 
gen^  und  sich  dann  in  der  dritten  Glasse,  wie  die  früher  angefihrte  mm 
gleichfalls  ausgeschiedene  griechische  Declination,  von  selbst  orgeben 
müssen.  Übrigens  findet  der  Hr.  Verf.  seine  Anordnung  der  Qenusregahi 
der  dritten  Dedination  eine  «sprach-  und  naturgemäCse,*  eine  Ansicht» 
die  wir  auch  im  entferntesten  nicht  theilen.  —  Zur  Onhalibarkeit  und 
Grundlosigkeit  der  Regel,  dass  die  Adjectiva  eines  Ausganges  und  die 
Comparative  im  Ablativ  swaT  e  und  i  annehmen  können,  dass  im 
allgemeinen  jedoch  die  Endung  i  vorsusiehen  sei  (g.  44,  1),  liefert  das 
Buch  selbst  den  Beleg,  da  es  in  demselben  Paragraphen  (§•  44  S,  c) 
Wörtlich  heifct:  die  Gomparative  haben  weit  lieber  e  als  i.  Da  das  nim- 
lieh  eine  Sache  ist,  die  für  den  einseinen  Schriftsteller,  mindestens  aber  für 
jede  Periode  der  Literatur,  durch  genaue  Beobachtungen  festgestellt  werden 
musst  so  genügt  es  für  eine  Schulgrammatik,  auf  den  doppelten  Gebrauch  hin« 
Buweisen.  —  Ferner  hat  unsere  Anfechtung  einer  Bemerkung  über  AU,  Aaee, 
ä§e,  eine  seltsame  Änderung  des  Textes  veranlasst  In  der  ersten  Bearbei« 
tung  hatte  nämlich  der  Hr.  Verf.  unter  die  Dedination  die  Anmerkung  gesetst: 
An  alle  Casus  dieses  Pronomens  kann  die  Sylbe  ce  zur  Verstärkung  an- 
gehingt  werden,  als:  Aoeee,  Aniawc^,  Aisee.  Obwol  jene  Regel  gerade 
durch  diese  drei  Beispiele  scheinbar  Bestätigung  findet,  so  ist  sie  den- 
noch falsch,  und  der  Hr.  Verf.,  durch  das  Entgegenhalten  der  Form 
Aonm^ce  bedenklich  gemaeht,  hat  nun  so  geändert:  «An  die  Casus 
dieses  Pronomens*  u.  s.  w.  Nun  ist  zwar  auch  diese  Fassung  noch  immer 
irrthümlich,  und  wir  wollen,  da  es  vielleicht  auch  zur  Vervollkommnung 
des  Buches  beitragen  könnte,  den  gansen  Sachverhalt  der  Frage  kurz 
andeuten.  Dieses  Pronomen  ist  bekanntlich  ein  zusammengesetztes,  aus 
dem  Pronominalstamme  Ai,  Aae^  Aed  und  ee,  einer  irürzung  der  Locativ- 
form  cei  vom  demonstrativen  Pronominalstamme  co  —  (vgl.  Corssen  1.  219). 
Das  schon  gekürzte  ee  wird  nun  in  der  Zusammensetzung  wieder  zu  c 
'gekürzt  und  es  entstehen  die  Formen  Aie^  neben  Ai-ce,  Aaec,  Aaect, 
AoCf  Aocee  (weil  dieser  gleich  Aoä-ee,  alsod  dem  folgenden  c  assimi- 
liert). Es  stellt  sich  demnach  die  Regel,  dass  überall  neben  dem  ge- 
kürzten €  die  volle  Form  ee  zulässig  sei,  und  dass  diese  Form  ce  auch 
an  solche  Casus  angefugt  werden  kann,  wo  sie  im  gewöhnlichen  Ge- 
brauch« geschwunden,  also  Auius-ce,  Ais-ce  und  für  den  Plur.  Fem. 
Atu-^ce  und  Aaee  neben  Aae.  Nie  mit  ce  verbunden  wurden  Aonm, 
Amrum,  Aerumi  eine  scheinbare  Verdoppelung  &ber  gibt  nur  das  Neu- 
Souli  Aeece,  aus  Aedce  entstanden.  In  gleicher  Weise  verhält  es  sich 
denn  auch  mit  Aluc»,  iiUme,  UUmce  neben  Alnc,  idiincy  isüm.  Da  nun 
jedoch  eine  solche  Ausführung  der  Sache  einer  Elementargrammatik  fremd 


SL  VMf,  Lat.  Elem.  Grammalik,  aoges.  v.  H  JMcM.         MI 

bleiben  muss ,  so  wird  es  bei  der  früher  vorgescblagenen  Bemerkung 
sein  Bewenden  haben  müssen,  dass  die  auf  9  auslautenden  Formen  und 
das  Neutrum  Singul.  ee  anfügen  können  (also  kufUB-ee,  Msee,  hoe€e) — 
damit  doch  nichts  falsches  gelernt  wird,  was  spater  auszumerzen  wäre.  — 
Dass  Mer  im  Genitive  allein  ein  kurzes  i  habe,  also  aiierht»^  findet  sich 
zwar  noch  behauptet,  allein  man  macht  uns  doch  das  Zugeständnis,  dass 
nun  §.  82  in  der  Reihe  aller  derer ,  «die  wie  Uie  dediniert  werden*, 
aUeriUM  steht,  wo  in  der  ersten  Ausgabe  (g.  90),  aUerha  geschrieben 
war,  indes  freilich  die  Anmerkung  «das  i  des  Genitivs  dieser  Wörter 
ist  lang,  nur  in  aUerkti  ist  es  kurz*,  als  wunderlicher  Widerspruch 
auf  seinem  früheren  Posten  ausdauert  g.  53  ist  femer  das  Wort  aedei^ 
aedi$,  das  Gotteshaus,  aedei,  ium^  die  Gotteshäuser,  zweitens  das  Haus 
übersetzt,  eine  Erklärung,  die  das  Wesen  der  Sache  nicht  berührt  und 
das  Zusammentreffen  der  verschiedenen  Bedeutungen  im  Plural  ganz  un- 
begreiflich erscheinen  lässt.  Es  müsste  heifsen  aidet^  die  Kammer,  das 
Gemach,  überhaupt  der  abgeschlossene  Raum,  also  auch  der  Tempel, 
aede$  tum,  die  Kammern,  die  Gemächer,  also  das  Haus. 

Den  gerügten  nichtigen  Prunk  in  einzelnen  Anmerkungen,  die  über 
den  Gesichtskreis  dieser  Glasse,  überhaupt  des  Dntergymnasiums,  hinaus- 
geben, hat  die  neue  Auflage  gleichfalls  beseitigt,  nur  von  prikUus  (8.  89) 
konnte  sieb  der  Hr.  Verf.  nicht  trennen.  Erwägt  man  jedoch,  dass  Varro 
wahrscheinlich  gar  nicht  t^odUu  geschrieben  hat,  sondern  dass  dafür 
prapiui  in  jenem  Gitate  gelesen  werden  muss,  dass  ferner  nur  allge- 
mein anerkannte  Resultate  der  WissenschafI  in  die  Schule  und  besonders 
für  diese  Altersstufe  gehören,  so  kann  es  keinen  Augenblick  zweifelhaft 
sein,  dass  auch  diese  Anmerkung  zu  entfernen  ist.  —  Zur  Bekräftigung  end- 
lich unserer  früher  ausgesprochenen  Behauptung,  dass  die  Verdeutschung 
der  grammatischen  Termini  unnütz,  ja  oft  geradezu  verwirrend  sei,  re- 
gistrieren wir  noch  zwei  solche  Verdeutschungen  aus  g.  87,  nämlich  die 
«Vorzukunft*  für  das  Fut  eiactum,  unter  welchem  Worte  sich  schlech- 
terdings gar  nichts  denken  lässt,  und  die  Obersetzung  des  Gonjunctivus 
mit  «verbindende  Art*,  die  zu  Irrthümem  führen  muss.  Die  Erklärung 
des  badicativus  (st  anzeigende  Art)  als  Aussage  eines  Wirklichen,  facti* 
sehen,  des  Gonjunctivus  als  der  Aussage  eines  Vorgestellten,  bioCs.  Ge- 
dachten nennt  das  Wesen  der  Sache,  und  baut  dem  späteren  Begreifen 
der  ganzen  Lehre  vom  Gebrauche  des  Gonjunctivs  eine  gute  Grundlage. 

Schliefslich  noch  zum  Besten  des  Buches  einige  angemerkte  stö- 
rende Druckfehler,  wie  p.  36  r9btn  als  abl.  singul.  st  rtf;  p.  4$,  g.  (M^,  1, 
mit  Stamme  st  dem  Stamme,  p.  47  tma,  a,  um  st.  $mu9  a  um,  p.  ST 
aecurnm  st  occursum,  p.  87,  g.  106  das  Supinum  äium  st,  äium  und 
die  Bemerkung,  dass  (las  Buch  auch  in  der  neuen  Gestalt  mit  einer 
unseres  Wissens  nicht  aufgehobenen  gesetzHohen  Qqistimmung  im  Wider- 
spruche steht;  wir  verweisen  in  dieser  Beziehung  auf  die  Anzeige  der 
ersten  Auflage,  in  dieser  Zeitschrift  1859.  S.  629  f. 

Wien.  Dr.  K.  Reiehek 


64t      AT.  Simmer,  Lehrbuch  der  Physik,  nng.  v.  £.  BeUUmer. 

Lehrbuch' der  Physik  von  Dr.  Karl  Stamm  er.  2  Bde.  gr.  8. 
Lahr,  Schaueoburg  u.  Comp.,  1868,  1859.  —  %V.  Thir. 

In  der  Wahl  der  behandelten  Gegenstande  folgt  der  Hr.  Verfasser  dem 
beut! utage  gewöhnlichsten  Sprachgebrauche,  indem  er  Chemie  aus  seinem 
Lehrbucbe  der  Physik  völlig  ausschliefst.  Wenn  man  aber  auch  an  ein 
solches  nicht  die  Forderung  stellen  kann,  wie  an  ein  System  der  Ma- 
thematik, dass  es  sich  an  jedem  Puncto  nur  auf  Früheres  zu  bezieben 
habe,  so  ist  doch  unbestreitbar  diejenige  Ordnung  die  beste,  bei  welcher 
man  sich  an  jedem  Puncto  des  Lehrgebäudes  möglichst  wenig  auf  Spa- 
teres bezieht  Die  Ordnung,  in  welcher  Licht,  Wärme,  Magnetismus  und 
Elektricitat  besprochen  werden,  richtet  sich  nach  dem  Stande  unserer 
wissenschaftlichen  Kenntnisse  über  deren  wechselseitige  Beziehungen 
und  Analogien.  Die  wichtigsten  neueren  Forschungen  betreffen  den  Zu- 
sammenhang dieser  vier  Gegenstände,  und  bei  einem  neuen  Lehrbuche 
der  Physik  wünschen  wir  eine  Anordnung  unter  völliger  Berücksichti- 
gung der  neueren  Portschritte.  Noch  vor  kurzem  war  es  ziemlich  glelch- 
giltig,  ob  man  Licht  vor  oder  nach  Elektricitat  lehrte,  aber  seit  die 
Spectra  der  elektrischen  Lichterscheinungen  einen  wichtigen  Gegenstand 
der  Forschung  bilden  und  doch  wegen  ihres  Zusammenhanges  mit  den 
Entiadun^fen  nur  im  Al>8chnitte  über  Elektricitat  besprochen  werden 
können,  ist  kein  Zweifel,  dass  es  zweckmSfsiger  ist^  Licht  vorauszu- 
schicken, damit  man  in  Betreff  der  Vorstellung  Spectrum  sich  nicht  auf 
spateres  zu  beziehen  braucht  Aber  ist  die  Frage,  ob  Licht  oder  Elek- 
tricitat früher  zu  behandeln  sei ,  eine  erst  durch  die  neueste  Zeit  ent- 
schiedene, so  ist  es  doch  unzweifelhaft,  dass  der  speeielle  Fall  der 
Wärmestrahlung  erst  nach  der  allgemeinen  Wellenlehre  an  der  rechten 
Stelle  ist,  und  da  der  gröfste  Theil  der  Lehren  von  der  strahlenden  Wärme 
durch  Analogie  mit  dem  Lichte  gefunden  ward ,  so  ist  die  strahlende 
Wärme  am  zweckmäfsigsten  nach  dem  Lichte  zu  behandeln.  Die  sonst 
sehr  verschieden  eingetheilten,  trefflichen  Lehrbücher  von  Etlingshausen, 
Kunzek  und  Müiler-Pouillet  stimmen  in  diesem  Puncto  völlig  überein. 
Indem  der  Verfasser  diese  Ordnung  v^rliefs,  ist  er  Bd.  1,  S.  110  gleich 
am  Anfange  seiner  Behandlung  der  Wärmestrahlung  genöthigt,  selbst  zu 
bemerken:  «Sie  (die  Wärmestrahlung)  entspricht  der  geradlinigen  Fort- 
pflanzung des  Lichtes,  und  die  Wärmestrahlen  zeigen  ganz  ähnliche  Er- 
scheinungen und  Eigenschaften,  wie  die  Lichtstrahlen,  welche  wir  noch 
später  kennen  lernen  werden.*  Man  sieht  auch  nicht  ein,  warum  die 
Wellenbewegungen  fester  und  flüssiger  Körper  nicht  gleich  nach  den 
übrigen  Bewegungserscheinungen  folgen,  sondern  erst  nach  der  «Anwen- 
dung des  Elektromagnetismus.*  Die  Ordnung  des  Hrn.  Verfassers :  Wärme- 
lehre, Magnetismus,  Elektricitat,  Wellenbewegung,  Akustik,  Licht  ist  also 
aus  den  angedeuteten  Gründen  nichts  weniger  als  zweckentsprechend. 
Jedenfalls  müsste  die  strahlende  Wärme  den  Wellenbewegungen  und  dem 
Liebte  folgen.   Doch  glauben  wir  wegen  der  Fortschritte  der  Lebren  vom 


K.  Stammer,  Lehrbueh  der  Physik,  ang.  v.  E.  ReUihiger.      643 

elektrischen  Liebte  und  der  durcb  Etektricilät  entwickelton  Warme,  den 
künftigen  Verfassern  von  Lehrbnebem  die  folgende  Ordnung  der  obigeil 
Materien  empfehlen  zu  sollen:  Wellenbewegung,  Akustik,  Licht,  Wärme, 
Magnetismus,  Elektricität,  wie  sie  Kunzek*s  trefflich  zusammengestelltes 
aLehrbuch  der  Physik  mit  mathemalischer  Begründung*  besitzt. 

Noch  viel  mehr  als  die  allgemeine  Reihenfolge  lässt  die  Anordnung 
der  sich  auf  Elektricität  beziehenden  Abschnitte  zu  wünschen  übrig. 
Die  Elektricität  wird  in  drei  Abschnitten  behandelt,  deren  Oberschriften 
Elektrostatik ,  Elektrodynamik  und  Anwendung  des  Elektromagnetismus 
sind.  Der  letzte  Abschnitt  nimmt  eine  isolierte  unsystematische  Stellung 
im  Lehrbuche  ein,  indem  die  öbrigen  Anwendungen  neben  ihren  theore- 
tischen Grundlagen  angeführt  werden ,  z.  B.  Galvanoplastik  bei  Behand- 
lung des  Galvanismus,  die  Anwendungen  des  Elektromagnetismus  aber 
einen  eigenen  Abschnitt  bilden.  Die  Wichtigkeit  der  elektrischen  Tele- 
graphie  scheint  den  Verfasser  hierzu  veranlasst  zu  haben.  Verwundert 
findet  man  den  chemischen  Telegraphen  (8.  268)  in  der  «Anwendung 
des  Elektromagnetismus.'  Wie  der  Verfasser  selbst  erwähnt  (Bd.  I, 
S.  169)>  vermag  er  kein  unterscheidendes  Merkmal  für  die  Gegenstände 
seiner  Elektrostatik  und  Elektrodynamik  aufzustellen.  Er  verfährt  hier 
ganz  willkürlich ,  indem  er  z.  B.  den  Galvanismus  mit  Inbegriff  der 
Elektrolyse  zur  Elektrostatik  zählt.  Am  meisten  erstaunten  wir,  «die 
Wirkung  des  Erdmagnetismus  auf  elektrische  StrOme*  (Bd.  I,  S.  259) 
vor  der  «Wirkung  der  Magnete  auf  die  elektrischen  Ströme'  (Bd.  I, 
S.  263)  abgehandelt  zu  sehen. 

Aber  nicht  nur  in  der  Anordnung,  auch  im  Inhalte  findet  maft  in 
Dr.  Stammer's  Buch  wesentliche  Gebrechen.  So  wird  die  Erregung  des 
Magnetismus  im  Eisen  unter  dem  Einflüsse  eines  Magnetes  nach  der  älteren, 
durch  den  Diamagnetismus  widerlegten  Ansicht  erklärt.  Hören  wir,  was 
die  neueste  Auflage  des  vortrefflichen  Lehrbuches  von  Ettingshausen  in 
dieser  Hinsicht  sagt :  «Vor  Entdeckung  der  diamagnelischen  Erscheinungen 
konnte  man  sich  immerhin  der  Ansicht  hingeben ,  dass  der  Grund  der 
Erregung  des  Magnetismus  im  Eisen  unter  dem  Einfluss  eines  Magnetes 
in  der  Anziehung  zu  suchen  sei,  welche  zwischen  ungleichnamigen 
Magnetismen  besteht,  der  zufolge  die  Scheidung  der  Magnetismen  in  den 
Elcmentartheilchen  des  Eisens  bewirkt  wird.  Die  diamagnetischen  PhaB- 
nomeiie  gestatten  nicht  mehr  diese  Ansicht  festzuhalten  und  mit  ihr 
fällt  duch  die  Voraussetzung  zweier  eigenthümlichen  entgegengesetzten 
magnetischen  Stoffe,  welche  man  zur  Erklärung  der  magnetischen  Phae- 
nomene  mit  der  Beschränkung  zu  postulieren  pflegte,  dass  die  magne- 
tischen Materien  von  einem  magnetischen  Elemente  in  ein  anderes  nicht 
übertreten,  sondern  sich  nur  innerhalb  des  ihnen  angewiesenen  Elemen- 
tes  bewegen  können* ').    Diese  durch   den  Diamagnetismus   widerlegte 


')  Anfangsgründe  der  Physik  von  A.  Ritter  v.  Ettingshausen.  4.  Aufl. 
Wien  1860.  S.  396—397. 


644      ü  mammer,  Lehrbuch  der  Physik,  ang.  v.  E.  BeiiUtiftr. 

VorautseUuDg  finden  wir  aber  von  Dr.  Stammet  seinen  ErkJinii^en 
Bd.  I,  8.  15i  sn  Grunde  gelegt  und  mit  folgenden  Worten  empfokien: 
«Die  Richtigkeit  dieser  Annahme  einer  unwägbaren  magn^tisohen  nässig- 
keit,  welche  doppeller  Natur  ist,  lasst  sich  swar  weder  diirch  ein  Ei* 
periment  noch  durch  eine  Schlussfolge  mit  Gewissheit  nachweisen,  alleio 
es  kiVnnen  mittelst  dieser  Annahme  alle  bis  jetst  beobachteten  Erschei- 
nungen cur  Genüge  erklart  werden  und  es  widerspricht  dersel* 
ben  bisher  noch  keine  einsige  Thatsache.'  AU  ob  der  Dia- 
magnetismus keine  Thatsache  wäre.  Als  solche  wird  er  ja  im  Buche 
selbst,  Bd.  1,  S.  167,  mitgetheilt.  Je  weniger  aber  der  Leser  eines  Lehr- 
buches durch  dessen  gekürzte  Fassung  in  der  Lage  ist,  das  gesagte  za 
prüfen,  desto  mehr  soll  der  Hr.  Verlasser  bemuht  sein,  für  die  BiehÜgkcit 
seiner  Behauptungen  einstehen  zu  können. 

Wir  unterlassen  es,  noch  andere  kleinere  Mangel  des  vorliegeadei 
Buches  anzuführen  und  glauben  vielmehr,  noch  auf  einige  recht  scbaticM- 
werthe  Seiten  desselben  hinweisen  zu  sollen«  Die  EinschaltuAg  yob 
Aufgaben  zur  eigenen  Berechnung,  um  «ein  klareres  und  aicberera  Ver- 
ständnis der  physikalischen  Gesetze  zu  erzielen*,  ist  allerdii^  gM>80^ 
diesen  trefflichen  Zweck  zu  fördern.  Ferner  scheint  uns  die  verfaillDis- 
mafsig  ausfuhrliche  Behandlung  der  Wirmelehre  zu  den  Vorziigea  dei 
Buches  zu  gehören.  Endlich  glauben  wir  noch  die  Sorgfalt  erwihoei 
SU  müssen,  -die  der  Hr.  Verfasser  den  physikalischen  Anwendungen  widiMtei 
Diese  zeigt  sich  sowol  in  der  Behandlung  einzelner  AnweadwigeB,  sb 
auch  in  dem  Streben,  keine  der  wichtigeren  zu  übergehen,  wie  er  i.]!. 
S.  SM  den  Augenspiegel  bespricht 

Wien.  Ed.  Rsitlinger. 


Dritte  Abtheilung* 


Verordnungen  fflr  die  Osterreieliischen  <*yin- 
nasien;  Statistik. 

Personal-  and  Schalnotizen. 

(Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen,  Aus- 
leichnungen  u.  s.  w.  —  Der  Gymnasiallehrer  in  Laibach,  Hr. 
ßtofg  Vonbank,  Wellpriester,  lum  Lehrer  am  k.  k.  Gymnasium  su 
Inpsbrock. 

—  DerSupplent  am  evang.  Gymnasium  tu  Teschen,  Hr.  Rudolf 
Bartelmus,  zum  wirklichen  Lehrer  an  derselben  Lehranstalt 

—  Der  Supplent  am  evang. Gymnasinm  zu  Teschen,  Hr.  Imma- 
mul  Rasehke,  zum  wirklichen  Lehrer  an  derselben  Lehranstalt. 


—  Dem  Religionslehrer  am  Gymnasium  zu  Bger,  Se.  Hochw. 
Hm.  Ignaz  Schuster,  Weltpriester,  ist  anlasslioh  seiner  nachgesuchten 
YeneUmig  in  den  bleibenden  Ruhestand  in  Anerkennung  seiner  vieljSh- 
rigen  ausgezeichneten  Wirksamkeit  im  Gymnasiallehramte  das  goldene 
¥erdieiislkreuz  mit  der  Krone  AUergnadigst  verliehen  worden. 

— -  Se.  k.  k.  AdosL  MajestSt  haben  dem  fursterzbisch.  Consisto- 
rialralhe,  SchuldistrlAs-Aufreher ,  Rector  des  Josephstadter  (Piaristen-) 
Collegtums,  Provincial-Assistenten  und  Pfarrer  zu  Maria  Treu  in  der  Jo- 
•epbstadt  zu  Wien,  Anton  Krottenthaler',  in  Anerkennung  seines 
Yieljahrigen  sehr  verdienstvollen  Wirkens  das  Ritterkreuz  des  Pranz- 
lotepb-Grdens  Allergnidigst  zu  verleihen  geruht 


(Concurse,  Erledigungen,  Stiftungsplatze,  Stipen- 
llen  u.  s.  w.)  —  An  der  k.k.  Dnterrealschule  in  Salzburg  die  mit  dem 
Lchnunte  der  Arithmetik  und  Physik  verbundene  Directorsstelle  mit  630  fl., 
ereiitael  840  fl.  und  1050  fl.  ö.  W.  und  einer  Remuneration  von  316  fl. 
6.  W.  Termins  binnen  vier  Wochen;  bei  der  k.  k.  Statthalterei  für 
OberOsterreich  und  Salzburg  zu  Linz.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  26.  Juni 
L  J^  Wr.  150.) 

—  Am  k.  k.  Staatsgymnasium  zu  Prefsburg  mit  deutscher 
Ihitcrricbtssprache,  eine  Lehrentelle  der  dassischen  Philologie.  Termin: 
lt.  loU  1.  J. ,  bei  der  Ofener  k.  k.  SUtthalterei.  (S.  Amtsbl.  s.  Wr.  Ztg. 
r.  S.  iDli  1.  1.,  Nr.  155.) 


646  Personal-  und  Schulnotizen. 

—  Am  k.  k.  Waisenhause  iu  Wien  die  Stelle  eines  paddago- 
gischcn  Stipendisten  (zur  Aushilfe  im  Zeichnen  und  in  den  tcchnischcD 
Fächern)  mit  einem  Jahresbeiträge  von  126  fl.  Ö.  W.  Termin:  5.  ku^. 
1.  J.y  in  der  fursterzbisch.  Gonsistorialkanzlei  in  Wien.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr. 
Ztg.  V.  3.  Juli  1.  J.  Nr.  166.) 

—  An  der  k.  k.  Oberrealschule  zu  Lemberg  eine  Lehrerstelle 
für  deutshe  Sprache  als  Hauptfach  in  den  oberen  Glassen,  mit  dem  Jah- 
resgehalte von  630  Am  eventuel  840  fl.  ö.  W.,  und  dem  Vorruckungs- 
rechte  in  1060  und  1260  fl.  ö.  W.  Termin:  Ende  Juli,  bei  der  k.  k. 
galiz.  SUtthalterei.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  vom  5.  Juli  I.  J.,  Nr.  157.) 

—  An  dem  neuerrichteten  Sclassigen  städtischen  Franz-Josephs- 
Gymnasium  zu  Drohobycz  (Samborer  Kreises  Oaliziens)  4  Lehrer- 
stellen für  classische  Philologie  nebst  Befähigung  zum  Dnlerricbte  im 
Deutschen ,  Polnischen  oder  Ruthenischen  für  das  Obergymnasium ,  mit 
dem  Jahresgehalte  von  736  fl.,  eventuel  840  fl.  ö.  W.  Termin:  Ende 
Juli  1.  J.y  bei  der  k.  k.  galiz.  Statthalterei  in  Lemberg.  (S.  Amtsbl.  z. 
Wr.  Ztg.  V.  8.  Juli  1.  J.,  Nr.  160.) 

—  An  den  Gvmnasiea  Btthmen's  u.zw.:  am  Gymnasium  zu  Pisek 
eine  Lehrerstelle  für  allclassische  Philologie,  am  Gymnasium  zu  Leit- 
meritz  eine  Lehrerstelle  für  die  böhmische  Sprache  und  das  geogra- 
phisch-historische Fach  und  am  Gymnasium  zu  Pisek  eine  Lehrerstelle 
für  die  böhmische  Sprache  mit  Aushilfe  in  der  classischen  Philologie 
oder  im  mathemathiseh-physikalischen  Fache,  jede  mit  dem  Jahresge- 
halte von  735  fl.  ö.  W.  und  dem  Vorruckungsrechte  in  840  fl.  ö.  W. 
Termin :  binnen  6  Wochen,  bei  der  k.  k.  Statthalterei  in  Prag.  (S.  AmtsbL 
z.  Wr.  Ztg.  V.  8.  Juli  I.  J.,  Nr.  160.) 

—  Am  k.  k.  Gymnasium  zu  Gratz  eine  Lehrkanzel  für  Geschichte 
und  Geographie,  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Marburg  eine  Lehrkaazel 
für  die  lateinische  und  griechische  Sprache,  jede  mit  dem  Jahresgehalte 
von  736  fl.,  eventuel  840  fl.  ö.  W.  und  dem  Ansprüche  auf  alle  übrigen 
den  Lehrern  an  Staatsgymnasien  zustehenden  Emolumente.  Termio: 
31.  1.  J.y  bei  der  k.  k.  Statthalterei  zu  Gratz.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  ?, 

11.  Juli  1.  J.,  Nr.  162.) 

—  An  der  Dnterrealschule  zu  Gr.  Kikinda  eine  Lehrerstelle  für 
Geographie  und  Geschichte,  für  deutsche  Sprache  und  Naturgeschichte 
mit  dem  Jahresgehalte  von  525  fl.  und  einem  Quartier-  und  HoUpau- 
schale  von  168  fl.  ö.  W.  Termin:  20.  August  1.  J.,  an  die  Districts- 
Oekonomie-Verwaltung   zu  Gr.  Kikinda.   (S.  Amtsbl.  z.   Wr.  Ztg.   vom 

12.  Juli  LJ.,  Nr.  163.) 

—  Am  Kleinseitner  Gymnasium  zu  Prag  eine  Lehrerstelle  für 
classische  Philologie,  mit  dem  jährl.  Gehalte  von  945  fl. ,  eventuel  1050  fl* 
ö.  W.  Termin;  binnen  6  Wochen,  bei  der  k.  k.  Statthalterei  in  Prag. 
(S.  AmtsbL  z.  Wr.  Ztg.  v.  !^6.  Juli  l.J.  Nr.  175.) 

—  An  der  Agramer  katholischen  Musterhauplschule  und  der  mit 
ihr  vereinigten  Lehrerbildungsanstalt,  die  neu  systemisierle  Dircctorsstelle 
mit  dem  Jahresgehalte  von  800  fl.  ö.  W.  u.  der  Decennalzulage  von 
50  fL  ö.  W.  Termin:  15.  August  L  J.  beim  Agramer  crzbischöfl.  Ordi- 
nariate. (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  25.  Juli  1.  J.  Nr.  174.) 

—  Ober  die  Aufnahme  von  Zöglingen  in  die  k.  k.  mediciniscb- 
chirurgische  Josephs-Akademie  für  das  Schuljahr  18*7.,  s.  Amtsbl. 
z.  Wr.  Ztg.  V.  3.  Juli  1.  J.,  Nr.  155. 

—  über  die  Aufnahme  von  Zöglingen  an  der  k.  k.  höheren  land- 
wirthschaftlichen  Lehranstalt  zu  Üngarisch-Altcnburg  s.  Amtsbl. 
z.  Wr.  Ztg.  v.  14.  Juli  L  J.,  Nr.  165. 

—  Über  einen  erledigten  Kall  münz  er 'sehen  Sliflungsplats  im 


Personal-  und  Schulnotizen.  €47 

grafl.   Löwenburg'schen  Convicle   s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.   vom  %Z,  Juni 
1.  J.,  Nr.  148.) 

—  Über  den  Genuss  der  vom  verstorbenen  k.  k.  Ministerialconci- 
pisten  Joseph  Fr  Inder  gegründeten  Stiftungen  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg. 
vom  7.  Juli  1.  J.,  Nr.  159. 

—  Über  die  Erledigung  von  drei  Stipendien  der  Ursula  Gräfin 
Thanhause n 'sehen  Stiftung  (Stipendium  des Fiumaner Gonvicts,  nun- 
mehr Stipendienfondes)  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  8.  Juli  1.  J.,  Nr.  160. 

~  Über  einen  an  der  Wiener  Handelsakademie  erledigten 
Stiftungsplatz  seitens  des  Gomite's  der  Credit-Theilnehmer  der  Nieder- 
österreichischen E«compte- Gesellschaft  s.  Intelligenzblatt  der  Wr.  Ztg. 
V.  11.  Juli  i.  J.,  Nr.-  162,  S:  2836: 

—  Über  einen  erledigten  gräflich  Millesimo 'sehen  Stiftungs- 
platz s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  14.  Juli  1.  J.,  Nr.  165. 

—  Über  eine  Valentin  Andreas  v.  Adamovics'sche  Stipendien- 
stiftung s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  18.  Juli  1.  J.,  Nr.  168. 

—  Über  2  erledigte  Jahresstipendien  aus  den  Interessen  der  Sa- 
lomon  Maurer  Freih.  v.  Rothschild'schen  Stiftung  s.  Hptbl.  d.  Wr. 
Zig.  v.  24.  Juli  1.  J.  Nr.  173  (im  aufseramtl.  Theile). 

—  Über  ein  erledigtes  Christ  an  isches  Handstipendium  s.  Amtsbl. 
z.  Wr.  Ztg.  V.  27.  JuU  1.  J.  Nr.  176. 

(Todesfälle.)  —  Zu  Komotau  am  17.  Juni  1.  J.  .8e.  Hochw.  Hr. 
F.  Adolf  Waller,  Priester  des  Gistercienser-Ordens,  Director  des  Ober- 
gyronasiums  und  Rector  des  ProfessorencoUegiums,  bischüfl.  Notar  u.  s.  w. 

—  Am  21.  Juni  1.  J.  zu  Kupa  (Ungarn)  der  hoflTnungs volle  ma- 
gyarische Dichter,  Hr.  Jgnaz  Somogi,  20  Jahre  alt. 

— -  Zu  Krzeszowice  am  26.  Juni  1.  J.  Hr. Dr.  Ludwig  Bierkowski, 
0.  ö.  Professor  der  theoretischen  und  praktischen  Chirurgie,  Director  der 
Chirurg.  Klinik,  an  der  k.  k.  Universität  zu  Kr  a  kau,  Mitglied  mehrerer 
Gelehrten-Gesellschaften  u.  s.  w. ,  im  Alter  von  60  Jahren. 

—  Im  Juni  1.  J.  zu  Liboume  (DeparL  de  la  Gironde)  Hr.  Karl  G  i  r  s  c  h- 
ner,  früher  Professor  am  Conservatorium  zu  Brüssel,  als  deutacher  Com- 
ponitty  namentlich  von  Männerchören,  bekannt,  im  57.  Lebensjahre. 

—  Im  Juni  1.  J.  zu  Dover  Hr.  Georg  Roberts,  Mayor  der  klei- 
nen Stadt  Lyme  in  Dorsetshire,  früher  Archivar  daselbst,  als  Verfasser 
mehrerer  historischer  und  geologischer  Werke,  sowie  dadurch  bekannt, 
dass  er  dem  berühmten  Macäulay  schätzbares  Materiale  zugeführt. 

—  In  Laufzom  bei  Grünwald  am  1.  Juli  1.  J.  der  kgl.  bayr.  Ge- 
heimrath,  Hr.  Dr.  Qotthilf  Heinrich  von  Schubert,  Mitglied  der  Aka- 
demie der  Wissenschaften  und  Professor  der  Naturgeschichte  in  München 
(geb.  in  dem  Schönburg'schen  Städtchen  des  Königreichs  Sachsen  Ho- 
heustein  am  26.  April  1780),  als  fruchtbarer  populärer  Schriftsteller  auf 
dem  Gebiete  der  Naturwissenschaften,  der  Naturphilosophie  und  ver- 
wandter Zweige  allgemein  bekannt. 

—  Am  4.  JuU  1.  J.  zu  Prag  der  hochw.  Prälat  und  Archidiakon 
des  Metropolitaocapitels  bei  SL  Veit,  Hr.  Dr.  Joseph  Adalbert  Ritter  von 
Rauch  (geb.  zu  Prag  am  23.  April  1781),  wegen  seiner  Verdienste  um 
das  Schulwesen  durch  Verleihung  des  Ordens  der  eisernen  Krone  3.  Gl. 
ausgezeichnet. 

—  Zu  Darmstadt  am  7.  Juli  1.  J.  der  Präsident  des  Oberconsisto- 
riumsy  Hr.  Freiherr  v.  Lepel,  auch  als  staatsrechtlicher  Schriftsteller 
bekannt,  im  Alter  von  70  Jahren. 

—  Am  7.  Juli  L  J.  zu  Poppeisdorf  bei  Bonn,  Hr. Dr.  Lach  mann, 
Lehrer  der  Naturwissenschaften  an  der  dortigen  landwirthschaftlichen 
Lehranstalt,  in  der  Blüte  seiner  Jahre. 


Vierte  Abtheilung. 


Mtocellen. 

Zar  Krasis  in  Hyperides'). 

Franke  bat  in  seinen  Lectiones  Aeschineae  (1.  Supplbd.  desPbilolo- 
gusy  Heft  4.  S.  430)  den  Satz  aufgestellt ^  dass  Aeschines,  wenn  in  ir- 
gend etwas,  so  in  der  Anwendung  der  Krasis  sich  constant  geblieben 
sein  mussei  und  dass  demnach  alle  Formen,  die  anderen  ähnlichen,  von 
den  Codices  mit  Krasis  überlieferten,  widersprechen,  su  corrigieren  seien. 
Da  Franke  sonst  in  seinen  Lectiones  den  Hyperides  fast  erschöpfend^  be- 
rücksichtigt hat,  bei  der  Krasis  ihn  aber  nur  an  zwei  Stellen  berührt, 
so  schien  es  nicht  überflüssig,  den  Thatbestand  etwas  vollständiger  su 
verseichnen. 

Vollzogen  ist  die  Krasis  s 

I.  6.  22  tidinfiiueta,  6.  15  towfavtlovj  13.  19  und  17.  14 
xavoptltt,  8.  13  riXiiiiif  9.6    iv  tüvtm  tm  iprjtpieaaTt.    12.  2  TcrXl«. 

II.  24.  11  tiXXa,  23.  18  %6%Bt^sp\  30.  6  TiapLi. 

lü.  §.  28.  10  —  Cob.  188  und   §.  29.  7  =  Cob.  197   %i%stpoi. 

Nicht  vollzogen  ist  sie  z.  B«: 

I.  3.  9,  4.  17,  6.  20,  13.  16,  13.  22,  13.  24,^  14.  3,  17.  3, 
Tff  &^i9ta,  7.  6  ical  iyci,  12.  3  (tiXla  navxa)  xa  «Nolov^a,  12.  13 
xn  instt  12.  7  xa  i^xliffiora. 

(11.  26.  11  dvotv  x6  hs^ov)  27.  3  «ol  iiil 

Betrachten  wir  diese  Stellen  näher.  Zuerst  xä  a^iexa.  Pur 
Aeschines  schliefst  Franke  wol  mit  Recht  p.  431 : '  übtque  xaXXa^  xuXri- 
9if,  xiXfi&ii  ^^  Tffya^a  icNpium  est.  Quidni  igitur  x&giaxa  (3,  49.  101. 
237)  seriöamus?*  In  Hyperides  dagegen  scheint  es  denn  doch,  dass^  man 
xä  iqitnn  nicht  ändern  dürfe,  obgleich  sich  xiXXuj  xaXri^ri,  xadi%r{ftctta 

findet.    Denn   es   steht  in    der   Oesetzformel  I.  5.  19 :  ^olv   xi.q 

jijroop  äv  fi4  ^hv  ''^  Affioxei  xm  difiim  xm  'A9'rivai(ov  xQi^ficeta  licfft- 
ßoivmv ,  oder  an  Stellen ,  wo  Bezug  auf'  dieses  Gesetz  genoBUnen  wird. 
Zudem  bietet  der  Codex  an  allen  acht  Stellen  nicht  ein  einziges  Mal  xagiaxa. 

Dagegen  stimme  ich  L  12.  3  Gobet,  der  xinoXovdtt  cmendiert 
(cfr.  Caesar  in  den  Noten),  bei.    Auch  IL  27.  3  wird  xal  iiki  in  %etfLi 

')  Benützt  wurden  für  die  Reden  vnl^  Ev^ivUnov  (I)  und  in^Q 
iltmJqp^oiroff  (II)  Schneidewin's  Ausgabe.  Güttingen  1863  und  Julius 
Caesar's  Ausgabe.  Marburg  1857;  für  den  £pitaphios:  Cobet's 
Ausgabe,  Leyden  1858  und  die  treffliche  Ausgabe  von  H.  Sauppe 
im  I.  Supplementbande  des  Philogogus.  Hfl.  4.  Ich  citiere  für  I. 
und  11.  nach  Schneidewin,  für  III.  nach  Sauppe  und  merke  bei 
letzterer  Rede  die  Zeilen  in  Cobet's  Ausgabe  an. 


Miscellen.  &4^ 

EU  verbessern  seio,  wie  es  II.  30.  G  der  fiOdcx  richlig  hat.  Ein  Glei- 
ches gilt  von  I.  12.  7.  Betreffs  I.  7.  6  xoi  iya  und  I.  12.  13  ta 
inst  Anden  sich  in  Hyperides ,  aurser  11.  23.  18 ,  IL  30.  6  und  1,  13. 
19  y  I.  17.  14  keine  Anhaltspuncte.  Ersteres  lautet  nach  Franke  in 
Aescbines  stets  xaydy  letzteres  2.  114  xanei^j  obwol  in  tinsivav  die 
Codices  schwanken.  Eine  von  unseren  Stollen  11.  26.  12  dvoi^v  x6 
IhsQov  hat  auch  Franke  berührt.  Er  will  sie  unbedingt  in  dvoiv  Q'd- 
zfQov  corrigieren :  'aui  qui$  $emel  biu>e  dvoiv  tö  ^tbqov  dictum  credai 
(Hyp  26.  11,  Andocid.  1.  57)«  quum  aexcenties  Svoiv  &d'csQov  se  le- 
gere meminerU\  Man  wird  nicht  umhin  können,  trotz  des  Alters  des 
Codex,  Franke  beizustimmen. 

Ferner  emendiert  Franke  in  Aeschines  iyoiv  statt  6  aydv  3.  189, 
1.  89  und  1.  9!iy  zdymvog  1.  It6,  arij^  und  ccdBltpog  einzig  aus  dem 
Grunde,  weil  3.  189  drei  Codices  dyrnv  statt  6  aymv  der  anderen  Go> 
dices  bieten.  In  Hyperides  dagegen  steht  unzweifelhaft  1.  14.  13  und  II.  23.  4 
6  dycivf  I.  4.  11  rov  aymvos.  Man  wird  daher  dies  unangetastet  lassen 
müssen,  sowie  andere  Stellen,  in  denen  zwar  die  Krasis  eintreten  konnte, 
aber  der  Codex  auf  keine  Spuren  einer  früher  vorhandenen  Krasis 
schliefsen  lässt. 

Egcr.  Johann  Lif 8 ner. 


Das  germanische  Nationalmuseum  in  Nürnberg'). 

Seit  dem  16.  Jahrhundert  tauchte  im  Kreise  deutscher  Gelehrten 
wiederholt  der  Gedanke  auf,  einerseits  die  vorhandenen,  aber  weit  zer- 
streuten Reste  deutscher  Vergangenheit  als  Geschichtsquellen  zu  ver- 
zeichnen ,  anderseits  die  bedeutendsten  schriftlichen  Denkmäler  kritisch 
zu  würdigen  und  durch  Herausgabe  allgemein  zugänglich  zu  machen. 
Aber  der  Ruf  der  Einzelnen  verhallte  wie  die  Stimme  in  der  Wüste,  das 
Volk  war  für  ein  wissenschaftliches  und  zugleich  vaterländisches  Unter- 
nehmen noch  nicht  reif  genug.  Erst  die  gewaltige  Bewegung  der  Frei- 
heitskriege in  unserem  Jahrhundert,  die  das  Volk  in  seinen  Tiefen  auf- 
regte, war  im  Stande  die  Ausführung  groüsartiger  patriotischer  Ideen 
vorzubereiten.  Die  Noth  der  Zeit  mahnte  den  Volksgeist  zur  Einkehr 
in  sich  selbst  und  die  vaterländische  Wissenschaft  nahm  einen  nie  ge- 
ahnten Aufschwung;  die  Brüder  Grimm  schufen  mit  einer  begeisterten 
Schar  von  Jüngern  die  deutsche  Philologie,  die  echte  «Wissenschaft  vom 
deutschen  Volke»  und  auf  Anregung  des  grofsen  Patrioten,  Freih.  von 
Stein,  trat  1819  zu  Frankfurt  a/M.  ein  Verein  in's  Leben,  der  bald  eine 
für  die  deutsche  Geschichtswissenschaft  unendlich  segensreiche  Thätig- 
keit  entfaltete.  —  Die  von  ihm  ausgehende  national-wissenschaftliche  Be- 
wegung sezte  sich  in  allen  Breiten  und  Tiefen  des  Volkes  fort,  und  allent- 
halben, von  der  Schweiz  bis  zu  den  Ostseeprovinzen,  von  den  südöst- 
lichen Grenzmarken  deutschen  Lebens  bis  Friesland  hin,  bildeten  sich 
in  kurzer  Zeit  Vereine  znr  Erforschung  der  Geschichte  der  engern  Hei- 
math. —  Diese  sogenannten  historischen  Vereine  blieben  aber  nicht  bei 
der  Aufgabe  des  Frankfurter  Hauptvereins,  der  Aufsuchung  und  Bekannt- 
machung schriftlicher  Quellen,  stehen,  sondern  dehnten  unter  dem  Ein- 
flüsse der  frisch  auflebenden  deutschen  Philologie  ihre  Forschungen  auf 
alle  Gebiete  der  Culturgeschichte  aus.  —  Sollten  die  Resultate  dieser 
Einzelbestrebungen  nicht  durch  Zersplitterung  für  die  allgemeine  deutsche 


')  Vergl.  die  orientierenden  Aufsätze  über  das  germanische  Museum 
in  der  «deutschen  Vierteljahrschrift»  1859  und  im  «Weimarer  Jahr- 
buch för  deutsche  Sprache  und  Literatur*'  18^. 

Seittehrift  f.  <l.  dcUrr.  O/mnai.  IMG.  VIU.  HeCX.  ^^ 


«50  Miscellen. 

Alterthumsliunde  ▼erloren  gehen,  so  musste  ein  neuer  Einigungsptinct 
geschaffen  werden.  —  Man  fühlte  bald  dies  Bedtirfnis^  und  der  BegrCmder 
des  ersten  deutschen  Specialgeschichtvereins,  Paul  Wigand  in  Westfalen, 
beschloss  (1831)  Jahrbücher  herauszugeben,  die  für  sämmtliche  Vereine 
ein  Vermittlungsorgan  werden  sollten.  Bald  darauf  (1832)  wurde  dieser 
Gedanke  vom  Freih.  von  Aufsess  in  Nürnberg  weiter  ausgebildet.  Er 
gründete  einen  „Verein  für  Erforschung  upd  Bewahrung  der  Denkmäler 
deutscher  Geschichte  und  Kunst*  stellte  die  Zeitschrift  «Anzeiger  för 
Kunde  der  deutschen  Vorzeit*  allen  Geschichtsvereinen  als  GxsntralorgM 
zur  Verfügung,  und  sprach  die  Absicht  aus,  Generalversammlungen  vob 
Abgeordneten  sämmtlicher  Vereine  zu  veranstalten.  Zugleich  sollte  auf 
Begründung  eines  Institutes  hingearbeitet  werden ,  das  als  Central- 
m  u  s  e  u  m  einen  factischen  Einigungspunct  abgeben  könnte ,  indem  es 
alle  Theile  der  deutschen  Geschichtswissenschaft  in  S»chrift  und  Bild,  in 
Original  oder  Copie  zu  umfassen  bestimmt  sei.  Hartnäckiger  Wider* 
stand  in  nächster  Nähe  vereitelte  die  Ausführung  dieses  Planes  und  be- 
weg Freih.  von  Aufsess  sogar,  vom  Vereine  und  der  Zeitschrift  sich  zu- 
rückzuziehen. Doch  wurde  er  seinem  grofsen  Plane  nicht  abtrünnig, 
sondern  versenkte  sich  immer  mehr  in  den  nationalen  Gedanken  und 
machte  seine  Durchführung  zur  Aufgabe  seines  Lebens.  —  Mittlerweile 
waren  andere  mit  ähnlichen  Gedanken  hervorgetreten,  ohne  jedoch  durch- 
zudringen. 1846  kam  endlich  auf  einer  Germanistenvcrsammlung  zu 
Frankfurt  a/M.  ein  Verein  deutscher  Forscher  zu  Stande,  der  sich  die 
Aufgabe  stellte,  eine  organische  Verbindung  zwischen  den  einzelnen  Ver- 
einen herzustellen  und  zu  wahren.  Hier  trat  auch  Freih.  von  Aufsess 
mit  seinem  Vorschlage  zur  Errichtung  eines  Centralmuseums  wieder  auf; 
doch  nochmal  predigte  er  tauben  Ohren,  man  hielt  das  Unternehmen  für 
unausführbar.  —  Die  weitere  Verfolgung  des  Planes  unterbrachen  die 
Stürme  des  Jahres  1848.  Erst  nachdem  sich  die  Wogen  des  politischen 
Lebens  wieder  gelegt  hatten,  fand  die  Idee  eines  germanischen  National- 
museums auf  einer  Versammlung  deutscher  Altertbumsforscher  zu  Dres- 
den (1852).  die  unter  dem  Vorsitze  des  damaligen  Prinzen,  jetzt  Königs 
Johann  von  Sachsen  tagte,  den  lebhaftesten  Beifall;  der  vorgelegte  Plan 
wurde  mit  einstimmigem  Beschluss  genehmigt ,  Freih.  von  Aufsess  zu- 
gleich zum  Vorstande  gewählt  und  so  das  Nationalinstitut  begründet. 
Da  Aufsess  sicherbot,  seine  reichhaltigen  Privatsammlungcn  dem  Museum 
auf  20  Jahre  zur  Verfügung  zu  stellen,  und  vorläuGg  die  geeigneten  Lo- 
calitäten  zu  überlassen,  so  wurde  Nürnberg  der  Sitz  des  neuen  Institutes. 
Die  Aufgabe  des  Nationalmuseums  ist  nach  dem  von  der  Dresd- 
ner Versammlung  genehmigten  Plane  eine  zweifache:  1.  Soll  es  durch 
seine  vielgegliederten  Organe  überall  nach  den  Spuren  forschen,  welche 
der  germanische  Volksgeist  als  sichtbare  Zeugnisse  seines  Bildungsganges 
hinterlassen  bat,  sei  es  in  Kunst  oder  Wissenschaft,  in  Sitte  oder  Sage, 
im  häuslichen  oder  öffentlichen  Leben;  das  Museum  dient  also  der  Wis- 
senschaft vom  deutschen  Volke  in  der  weitesten  Bedeutung.  2.  Was 
die  Forschung  da  und  dort  zu  Tage  fördern  mag,  soll  in  diesem  Mu- 
seum gesammelt  werden,  indem  es  entweder  im  Original,  in  Abbildung 
und  Abschrift  oder  wenigstens  durch  einfache  Verzeichnung  in  seine 
Räume  übergebt  —  So  wird  das  Institut  alles  in  sich  aufnehmen,  was 
in  einzelnen  Vereinen  und  Sammlungen  zerstreut  ist,  und  wird  dem  For- 
scher entweder  die  Quellen  unmittelbar  bieten,  oder  ihm  wenigstens  die 
sichern  Wege  zu  denselben  weisen.  —  Diese  doppelte  Aufgabe  ist  aller- 
dings zu  grofsartig  und  umfassend,  als  dass  sie  in  wenig  Jahren,  ja  in 
einem  Menschenalter  ausführbar  wäre;  aber  an  der  Gröfse  der  Aufgabe 
wächst  ja  die  Kraft,  und  der  immer  vorwärts  schauende  Blick  lässt  die 
Thätigkeit  nie  erschlaffen.    Nur  zaghafte  Naturen  können  aus  derGrofs- 


Miscellra.  «51 

artigkeit  des  Zweckes  dem  Museum  einen  Vorwurf  machen ;  wer  weifs, 
was  Begeisterung  leisten  kann,  wird  ihm  vom  Herzen  ein  «Gluck  auf»  zurufen. 
Eine  so  vielverzweigte  Thatigkeit  erfordert  auch  einen  vielglied- 
rigcn  Organismus.  —  Es  sollen  die  mannigfaltigsten  Kräfte  in  Be- 
wegung gesetzt,  in  harmonischem  Zusammenwirken  erhalten  und  das 
Resultat  ihres  Strebens  für  die  deutsche  Wissenschaft  in  ausgedehntester 
Weise  nutzbar  gemacht  werden.  —  Die  Leitung  der  ganzen  Anstatt  liegt 
in  den  Händen  eines  DirectOriums  mit  dem  Sitze  in  Nürnberg;  ihm 
zur  Seite  steht  einVerwaltungsausschuss,  der  sich  jährlich  ein- 
mal versammelt  und  sich  ständig  durch  einen  engern  Localausschuss 
vertreten  iässt.  Zur  Besorgung  der  Kanzleigeschäfte  werden  zwei  Se- 
cretäre  angestellt  und  die  verschiedenen  Sammlungen :  Archiv,  Bibliothek, 
Kunst-  und  Alterthumssammlung  sachkundigen  Männern  als  ständigen 
Beamten  anvertraut.  —  Die  Thatigkeit  aller  Museumsbeamten  sammelt 
sich  zu  einem  Brennpuncte  in  der  Abfassung  eines  Generalreperto- 
ri  ums  sämmtlicher  Quellen  deutscher  Geschichte  in  allen  ihren  Zweigen. 

—  Dadurch  gewinnt  das  Museum  eine  höhere  Bedeutung,  als  die  einer 
Schaustellung  gewisser  interessanter  Dinge,  die  einer  Arbeitsstätte 
im  antiken  Sinne,  in  welcher  eine  nie  ruhende,  stets  vorwärts  schrei- 
tende Thatigkeit  ein  weitgestecktes  hohes  Ziel  anstrebt.  —  Zur  Errei- 
chung dieses  Zieles  bedarf  die  Anstalt  aber  allseiliger  Unterstützung  in 
allen  deutschen  Gauen,  die  zunächst  durch  den  Geiehrtenausschuss 
geboten  werden  soll.  Er  besteht  aus  einer  unbestimmten  Anzahl  von 
Männern  der  Kunst  und  Wissenschaft,  die,  über  alle  Länder  zerstreut.  Je 
einen  Zweig  der  in  das  Bereich  des  Museums  fallenden  Wissenschafteh 
vertreten  und  die  Aufgabe  haben  die  Anstalt  sowol  mit  ihrem  geistigen 
Fonde  und  Ansehen,  als  auch  wenn  nöthig  durch  Arbeit  zu  unterstützen. 

—  Zur  Vermittelung  des  Geschäftsverkehrs  werden  eine  möglichst  grofse 
Anzahl  von  Agenten  (Pfleger  genannt)  bestellt,  die  der  nationalen  Idee 
die  erforderliche  Zeit  und  Mühe  zum  Opfer  bringen.  —  Ihre  Hauptauf- 
gabe besteht  darin,  die  Sache  des  Museums  dem  Laienpublicum  gegen- 
über zu  vertreten,  das  Verständnis  des  nationalen  Onternehroens  zu  ver- 
breiten und  die  Tbeilnahme  des  Volkes  zu  wecken.  Denn  das  Mu- 
seum soll  nicht  eine  Angelegenheit  des  Gelehrtenstandes  bleiben,  es  soll 
im  ganzen  Volke  Wurzel  fassen;  es  bedarf  zu  seinem  Gedeihen  nicht 
blofs  der  geistigen,  sondern  auch  materieller,  und  sogar  bedeutender 
Kräfte,  die  ihm  nur  durch  rege  Beiheiligung  aller  Volksdassen  zugeführt 
werden  können.  Das  Mafs  der  Unterstützung  ist  nicht  festgestellt,  son- 
dern dem  Belieben  der  Einzelnen  überlassen.  Die  Gaben  sind  entweder 
Geschenke  ein  für  allemal,  oder  jährliche  Beiträge,  oder  Actien  zu  100  fl., 
die  dem  Museum  aul  10  Jahre  zur  Nutzniesung  überlassen  werden. 
Aufserdem  steht  es  nocb  in  jedermanns  Belieben,  die  Sammlungen  durch 
Urkunden,  Drucksachen,  Werke  der  Kunst  und  des  Gewerbsfleifses  zu 
bereichern.  —  So  soll  die  Anstalt  durch  das  Volk  gedeihen,  und  für  sei- 
nen Gemeinsinn,  seine  Achtung  idealer  Güter  ein  lebendiges,  achtungge- 
bietendes Zeugnis  abgeben. 

Das  Museum  muss  aber  auch  mit  all  seinen  wissenschaftlichen 
Schätzen  dem  Publicum  zugänglich  gemacht,  die  Benützung  derselben 
möglichst  erleichtert  werden.  Dazu  ist  ein  eigenes  Anfragebureau 
eingerichtet,  das  auf  Wunsch  über  jede  Specialität  nach  Mafsgabe  des 
gesammelten  oder  verzeichneten  Materials  und  des  im  Geiehrtenausschuss 
repräsentierten  Fondes  von  Kenntnissen  bereitwillig  Auskunft  gibt.  —  Ein 
rcgelmäfsiger  Verkehr  mit  der  gelehrten  Welt  wird  durch  die  Zeitschrift 
«Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit*  als  Organ  des  Museums  her- 
gestellt und  in  den  zeitweilig  erscheinenden  «Denkschriften*  werden  die 
wichtigsten  Resultate  des  Wirkens  des  Nationalinstitutes  niedergelegt, 
über  die  der  «Jahresbericht*  regelmäßig  Auskunft  gibt. 

44* 


6ft2  MiflCeUen« 

Das  germanische  Nationalmuseum  wurde  am  15.  Juni  1853  in 
Gegenwart  der  Nolabilitaten  der  Stadt  Nürnberg  und  der  Universität  Er- 
langen feierlich  eröffnet.  Die  sechs  Jahre  seines  bisherigen  Bestehens 
können  für  eine  glänzende  Feuerprobe  gelten ,  denn  sie  bewährten  die 
Lebensfähigkeit  des  Institutes;  rascher  als  man  es  erwarten  konnte, 
wuchs  die  Theilnahme  des  Publicums,  der  Regierungen  wie  der  Privatea. 
und  unter  dem  Segen  des  allgemeinen  Antheiis  gediehen  die  Arbeiten 
des  Sammeins  und  Ordnens.  Der  deutsche  Bundestag  nahm  die 
patriotische  Anstalt  in  Schutz,  empfahl  sie  der  Unterstützung  der  einzel- 
nen Regierungen  mit  Nachdruck  und  überlicss  ihr  die  für  einen  bedeu- 
tungsvollen Zeitabschnitt  der  Geschichte  des  Vaterlandes  höchst  wich- 
tigen Acten  der  Frankfurter  Nationalversammlung.  — 
Seither  wird  das  Museum  von  42  regierenden  Häusern  und  Staatscassen 
mit  Geld  im  Betrage  von  7600  fl.  unterstützt,  wozu  Se.  Majestät  der 
Kaiser  von  Oesterreich  1200  fl.  beiträgt.  Ebenso  haben  im  Laufe  der 
Zeit  90  fürstliche  Häuser,  257  Städte,  politische,  militärische  und  wis- 
senschaftliche Corporationen  dem  Institute  ihre  Theilnahme  zugewendet, 
indem  sie  seine  Zwecke  entweder  durch  namhafte  Geldbeiträge  oder 
durch  Schriftenaustausch  fördern.  Der  Gemeinderath  von  Wien  z.  B. 
spendet  jährlich  100  fl.,  380  deutsche  Buchhandlungen  haben  ihre  ein- 
schlägigen Verlagsartikel  der  Bibliothek  zugesagt;  bei  300  Männer  der 
Wissenschaft  (davon  50  aus  Oesterreich)  schlofsen  sich  als  Mitglieder 
des  Gelehrtenausschusses  dem  Museum  freundschaftlich  an,  und  200  Agen- 
ten vertreten  die  Sache  desselben  in  allen  Gegenden  Deutschlands.  — 
Die  Theilnehmer,  d.  h.  jene  Private,  welche  durch  einen  regelmäfsigen 
Beitrag  irgend  welcher  Art  das  Museum  unterstützen,  haben  die  Zahl 
von  40.000  fast  erreicht  und  es  geht  durch  dieselben  der  Anstalt  eine 
nicht  unbedeutende  jährliche  Summe  zu,  die  im  Vorjahre  aliein  um 
7000  fl.  zugenommen.  —  Das  Nntionalmuseum  besitzt  demnach  bereits  ein 
Grundeigcnthum  von  100,000  fl.,  Sammlungen  im  Werthe  von  160*000  fl. 
und  eine  Jahresrente  von  etwa  16,000  fl.  In  Nürnberg  hat  es  sich  durch 
dem  Ankauf  der  Karthause  grofsartigc,  dem  Zwecke  entsprechende  Ge- 
bäulichkeiten  und  eine  bleibende  Stätte  erworben.  Es  besitzt  bereits 
eine  deutsch-historische  Bibliothek  von  30,000  Bänden,  ein  Archiv  von 
mehr  als  14,000  Urkunden,  eine  Kunst-  und  Alterthumssammlung  von 
39,000  Stücken.  Vom  General repertorium  sind  bereits  472,000  Blätter 
zum  Handgebrauche  angefertigt  und  in  häuGgen  Fällen  war  das  Anfrage- 
bureau bereits  in  der  Lage,  von  Behörden  oder  Privaten  gestellte  An- 
fragen in  befriedigender  Weise  zu  erledigen.  —  So  steht  das  Institut  be- 
reits als  ein  freier  und  lebensvoller  Organismus  innerhalb  der  deutschen 
Welt;  doch  ist  es  von  seinem  hohen  Ziele  noch  weil  entfernt,  seine 
wahre  Bedeutung  liegt  in  der  Zukunft,  wenn  die  Unterstützung  des  Pu- 
blicums noch  nachhaltiger  und  kräftiger,  dec  Anthcil  der  Gelehrten  noch 
reger  und  allseitiger  geworden  sein  wird. 

Lehrer  ah  Mittelschulen  sind  in  der  Lage  die  Sache  des  Museums 
in  mannigfacher  Weise  zu  fördern.  Wollen  sie  ihre  Theilnahme  nicht 
in  Form  eines  kleinen  Geldbeitrages  an  den  Tag  legen,  so  sind  sie  zu- 
nächst berufen  als  Agenten  die  Nalionalanstalt  dem  Publicum  gegenüber 
zu  vertreten,  oder  durch  Anfertigung  von  Localrepertorien,  Beiträge  für 
den  «Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit"^  die  Bestrebungen  der 
lluseumsbeamten  zu  unterstützen.  Nach  dem  sechsten  Jahresberichte 
(über  1869)  sind  bereits  7  Gymnasien  und  eine  Realschule  in  Oester- 
reich mit  dem  Museum  in  Verbindung  getreten;  auch  findet  sich  unter 
den  Beiträgem  eine  grofse  Zahl  von  Lehrern  an  österreichischen  MiUcl- 
sehulen  und  von  den  Agenten  in  Oesterreich  gehören  eilf  dieser  Sphäre  an. 

Wien.  A.  Egger. 


Erste  Abtheilung. 


Abliandlangen. 

Die  Constrnction  der  lateinischen  Zeitpartikeln. 
(Fortsetzung  von  Hft.  VIII,  S.  569  ff.) 

II. 

Seiner  Natur  gemafs  bezeichnet  cum^  mag  man  es  nnn 
für  identisch  halten  mit  der  Präposition,  oder  es  strict  nur  als 
correlative  Partikel  za  dem  demonstrativen  tum  betrachten,  die 
temporale  Verbindung  und  Zusammengehörigkeit  zweier  Hand- 
lungen, Urtheile  u.  s.  w.  Beide  Handlungen  müssen  der  Zeit  nach 
zusammenfallen;  die  Zeit  der  einen  muss  zugleich  auch  die  der' 
anderen  sein ;  sie  müssen  coincidieren,  wenn  auch  nicht  in  ihrem 
Verlaufe  sich  vollständig  decken.  Sollen  wir  Beispiele  für  die 
Gnindanwendung  des  temporalen  cum  geben,  so  brauchen  wir 
nur  die  Stelle  des  Grammatikers  Charisius*^  herzusetzen, 
der  den  Gebrauch  von  cum  mit  dem  Indicativ  vollkommen 
richtig  durch  Beispiele  präcisiert,  p.  200  P.(p.  226  Keil):  it[cum] 
finitims  iufigitur  ^  quotiens  ad  id  iempus  quo  agebam  r«- 
fertur :  ycum  de  clamo  v  enit^ ^  id  est  ipso  tempore  quo 
declamo ,  yCum  de  clamabam^ ^  [id  est  ipso  tempore  quo 
declamabam]^  ut  apud  Vergilium  [Aen.  1,  697]  ^eum  venit, 
aulaeis  iam  se  regina  süperb is  aurea  conpo- 
suit  sponda^y  id  est  tempore  ipso  quo  veniebat;  et  apud 
Ciceronem  [in  Cat.  I,  10,  27]  ^tantum  profeci  cum  te 
a  c onsulatu  reppuli^^  [id  est  ipso  tempore  quo  rep^ 
pult]  profeci.  sie  quoque  et  futuro  iungitur  finiCivorum^  ut 
apud  Vergilium  [Aen.  I;  687]  jcum  dabit  amplexus 
atque  oscula  dulcia  figet^^  quod  est  ipso  tem" 
pore  quo  dabit  amplexus  et  figet  oscula;  sie  et  Cicero  [in 
Cat.  I,  11,  29]    yun    cum   bello    vastabitur   Italia^ 


*®)  Das  gleiche  gibt  Diomedes  p.  386  P.  (392  Rcil.)« 

Z«iuchrift  f.  d.  Stterr.  Gfinoai.  1S60.  IX.  Heft.  ^^ 


654       Ober  die  Gonstr.  der  lat  Zeitpartikeln,  y.  E.  Boffttunm, 

vex  abunCur  urbesy  teeta  ardebunt^  Cunc  te  non 
existimas?'  significat  enim  illo  tempore  esse  invidia  con- 
flagraturum  quo  vastabitur  Italia^  tecta  ardebunt.'^^ 

Wenn  demnach  fär  das  temporale  cum  mit  dem  Indi- 
caiiv  die  noihwendige  Forderung  Gleichheit  der  Zeit  ist, 
80  liegt  die  Folgerung  nahe,  dass,  wo  ^ixit  solche  Gleichheit 
nicht  stattfindet^  der  Conjunctiv  einzutreten  habe.  Aber 
wenn  von  Gleichheit  oder  Ungleichheit  der  Zeiten  die  Rede  ist, 
so  kann  damit  zunächst  nur  die  Beschaffenheit  der  natürlichen 
Zeiten,  nicht  aber  jenes  relative  Verhalten  zweier  in  demselben 
natürlichen  Zeitraum,  in  der  Vergangenheit,  liegender  Hand- 
lungen gemeint  sein,  welches  Charisius  allein  nur  im  Sinne  hat, 
indem  er  fortfahrt:  hoc  pacto  [eum\  iungilur  flnieivis;  #u6- 
iunctMs  verOy  cum  post  factum  aliquid  significat^  ut  ^^eum 
vent'ssetf  deelam-avi^^.  sigmficat  enim  prius  venisse  et 
Sic  se  coepisse  declamarcy  ut  apud  Ciceronem  [in  Caf.  11, 
6,  13],  f^cum  nie  homo  audaeissimus  conscientia 
convictus  reticuissetjpatefeci.^^namprimum  Catilina 
tacuit  et  tunc  Cicero  patefecit.'  Wie  es  mit  der  Anwendung 
von  cum  bei  solcher  relativen  Zeitungleichheit  sich  verhalte, 
werden  wir  bald  nachher  sehen;  zunächst  werden  wir  noch  den 
Fall  in's  Auge  faj«sen  müssen,  wo  Handlungen  von  natürlicher 
oder  absoluter  Zeitungleichheit  zu  einander  in  Relation  treten 
sollen.  Da  ergibt  sich  nun  aber  von  selbt,  dass  zwischen  so  be- 
schaffenen Handlungen,  von  denen  die  eine  in  die  absolute  Ge- 
genwart, die  andere  dagegen  in  die  absolute  Vergangenheit  (der 
Ausdruck  dafür  ist  das  aoristische  oder  historische  Perfect)  oder 
in  die  Zukunft  gehört,  keinerlei  Zeilberührung  stattfinden  kann, 
und  dass  somit  eine  objective  Correlation  derselben  durch  Ver- 
mittlung von  cum  ganz  undenkbar  ist.  Es  hieße  dies  eben 
nichts  anderes,  als  das  nicht  mehr  seiende  oder  das  noch 
nicht  seiende  für  gleichzeitig  mit  dem  jetzt  seien- 
den erklären.  Falls  nun  überhaupt  eine  Beziehung  zwischen 
dem  Eintreten  solcher  durch  ihre  natürliche  Zeillage  auseinander 
gehaltener  Handlungen  stattfindet,  so  kann  diese  nur  subjectiver 
Art  sein,  und  es  wird  ganz  von  der  Beschaffenheit  der  betreffen- 
den Handlungen  selbst  abhängen,  wie  in  den  einzelnen  Fällen  diese 
subjective  Beziehung  und  Verbindung  etwa  näher  zu  formuliren 
wäre.  Das  ist  nun  aber  dann  das  Terrain  des  sogenannten  cum 
eausalCj  das  sich  nur  insofern  noch  weiter  ausdehnt,  als 
Handlungen  von  jedweder  Zeitbeschaffenheit  hinsichtlich  ihres 
Eintretens  in  subjective  Beziehung  gebracht  und  so  durch  cum 
mit  dem  Conjunctiv  verbunden  werden  können. 

Handlungen  von  ungleicher  natürlicher  Zeit  wird  man  nicht 
leicht  durch  cum  mit  dem  Conjunctiv  zur  blofsen  temporalen 
Bestimmung  der  einen  durch  die  andere  verbinden;  wir  haben 
ja  eben  die  absoluten  Zeiten  im  Auge,  und  diese  bestimmen 


Ober  die  Constr.  der  Itt  2ei^artikelii,  t.  E.  Bofiiumik       US 

8ich  selbst.  Um  die  unmittelbare  Gegenwart  zn  erkennen,  be- 
darf es  nicht  der  Zeitbeziehang  auf  die  Vergangenheit«  Wenn 
es  sonach  scheinen  könnte,  als  ob  überhaupt  das  Eingehen  auf 
die  Frage  über  die  durch  cum  auszudrückende  temporale  Re- 
lation von  Handlungen  in  absolut  ungleicher  Zeit  ganz  mulsig 
gewesen  wäre,  so  wird  sich  doch  später  die  Gelegenheit  finden, 
von  diesen  allgemeinen  Sätzen  praktische  Anwendung  zu  machen, 
wenn  wir  zur  Erörterung  des  Gebrauches  von  cum  interea 
(im  Zusammenhange  mit  dem  Gebrauche  des  sogenannten  ^cum 
des  Nachsatzes^  kommen  werden«  Es  wird  sich  da  nämlich  die 
Nothwendigkeit  herausstellen,  manchen  Herausgebern  entgegen  zu 
treten,  die  den  Indicativ  bei  cum  interea  auf  alle  Fälle  für 
gerechtfertigt  und  wol  gar  für  nothwendig  erachten,  unbeküm- 
mert um  die  Zeitbeschaffenheit  des  anderen  Gliedes. 

Einige  Fälle,  wo  scheinbar  heterogene  Zeiten  durch  cum 
mit  dem  Indicativ  in  objective  Relation  gestellt  sind,  werden  wir 
bald  zu  erwähnen  Gelegenhrit  haben. 

Was  bis  jetzt  über  die  Unmöglichkeit  einer  objectiven  durch 
eum  vermittelten  Relation  von  Handlungen  von  ungleicher  Zeit- 
beschaffenheit gesagt  wurde,  galt,  wie  in  vorhinein  bemerkt 
vnirde,  nur  von  ihrer  Lage  in  der  natürUchen  Zeit;  anders  da- 
gegen verhält  es  sich,  wenn  zwar  der  grammatische  Zeitausdruck 
verschieden  ist,  gleichwohl  aber  2^itidentität  zwischen  den  ver- 
glichenen Gliedern  stattfindet« 

Von  diesen  Fällen,  wo  die  grammatische  Zeitform  im  Wi- 
derspruche zur  objectiven  temporalen  Relation  zu  stieben  scheint, 
wollen  wir  zunächst  den  betrachten,  wo  Präsens  und  Futur*') 
durch  eum  verbunden  sind. 

Die  beiden  möglichen  Formen  dieser  Verbindung  sind,  dass 
entweder  das  Präsens  oder  das  Futur  in  dem  relativen  Gliede 
steht. 

Steht  das  Präsens  im  relativen  Gliede,  so  bedeutet 
es  nicht  mehr  die  unmittelbare,  absolute  Gegenwart  des  Spre- 
chenden, sondern  eine  beliebig  mögliche,  also  logisch  noch 
in  der  Zukunft  liegende  Gegenwart,  in  welche  hinein  die  an- 
dere, vom  gegenwärtigen  Standpuncte  aus  als  zukünftig  bezeich- 
nete Handlung  des  demonstrativen  Gliedes  fällt.  Durch  die  hy- 
pothetische Beschaffenheit  des  relativen  Gliedes  ist  es  dann  nahe 
gelegt,   eum  mit  ,wenn^  zu   übersetzen.    Cic.   p.  Rose«  Am. 


**)  Z^^ischen  dem  Futarom  simplex  und  exactum  brauchen  wir  far 
unseren  Zweck  keinen  Dnterschied  zu  machen,  da  beide  Formen 
nicht  besondere  Arten  von  Zukunft  bezeichnen,  sondern  nur  eine 
besondere  Art  des  Seins  als  zukunftig  setzen.  Das  Futur  simplex 
gibt  die  Zukunft  eines  Seins  in  der  Bedeutung,  wie  sie  das  Prä- 
sens enthalt;  das  Futurum  exactum  dagegen  gibt  die  Zukunft  in 
der  Bedeutung,  wie  sie  in  dem  Perfect,  d.  h.  in  dem  Prisens  rei 
perfectae,  vorliegt. 


656       Ober  die  GoDstr.  der  lat.  Zeitparükeln,  v.  E.  BaffinamL 

40,  116:  ad  cuius  igilur  fidem  eon fugtet  [fVr,  qui  cum  al" 
tero  rem  communicavit] -  cum  per  eius  fidem  laeditur,  cui 
ae  committeric?  —  in  Verr.  V,  69,  177:  AC  quo  tempore  fu- 
turum  est  [de  te ,  Q.  Hortensie  iudicium]?  nempe  eo  [$e, 
tempore  futurum  est],  cum  populus  Romanus  aliud  genus 
hominum  atque  alium  ordinem  ad  res  iudicandas  requirit^ 
lege  de  iudicii»  iudicibusque  nom  promulgata,  —  p.  Flaca 
17,  40:  Qui  de  tabulis  publicis  recilat  iis,  quae  ith  aecusaioris 
potestate  fuerunt,  non  debet  habere  auctoritatem : ....  cum 
vero  iSf  quem  nemo  veslrum  vidit  unquam^  nemo  ^  qui  mor^ 
iaiis  esset ^ audit^ity  tantum  dicit  , dedi ^ :  dubitabiliSy  iudi^ 
ces,  quin  ab  hoc  ignotissimo  Phryge  nobilissimum  cicem  rt«* 
dicetisi^^), —  d.  legg.III,  10,  24:  cum  deni  ereanCur,  iton- 
nutlos  in  omni  memoria  reperies  pemiciosos  tribunoa. 

Insofern  das  logische  PerTect  Präsensbedeutung  an- 
nimmt, findet  sich  auch  dieses  zuweilen  im  relativen  Gliede  ge- 
genüber einem  Futur  im  demonstrativen,  —  jedoch  nur  bei  Dich* 
tern  •*).  Verg.  Aen.  XII,  206 :  Ut  sceptrum  hoc . . .  Numquam 
fronde  levi  fundet  vir  gutta  nee  umbras^  Cum  semei  in  silvis 
imo  de  stirpe  recisum  Matre  caret^  posuitque  comaa  ei 
bracchia  ferro,  (posuit  kommt  in  seiner  Bedeutung  dem  Präsens 
caret  gleich). 

Steht  dagegen  das  Futurum  in  dem  relativen  Gliede, 
in  dem  demonstrativen  das  Präsens,  so  bezeichnet  das 
letztere  die  Gleichzeitigkeit  mit  jener  in  dem  relativen 
Gliede  gegebenen  Zukunft.  Cic.  Lael.  22,  82:  In  laiibus..^ 
stabilitas  amicitiae  confirmari  polest^  cum  homines  primum 
cupiditaCibus  imperabunt^  deinde  aequitate  iustitiaque  gau- 
debunt  e,  q,  s.  —  Ebd.  22,85:  cum  iudicaveria  diligere 


**)  Es  ist  wol  kaum  iiölhig  zu  bemerken,  dass  in  einem  Falle  wie 
Cic.  ad  Att.  111,  22,  1 :  Sed  tum,  cutn  adventare  miUtes  dlcun- 
tur .  faciendam  nobis  erit,  ut  ab  eo  discedamus  —  nicht  fa- 
ciendum  erit  das  demonstrative  Glied  bildet,  sondern  dass  dieses 
vielmehr  in  dem  iam  (— ^o  tempore,  cum,,,)  involviert  ist. 
Vgl.  Liv.  XXXVl,  7,  2:  67  adhibitus  essem  in  consitium  . . . ,  ean- 
dem  sententiam  dixissem,  guamhodie,  cum  de  TAessalis  agi- 
tur,  dicam. 

••)  Nach  Orclli  fände  sich  freilich  eine  solche  objeclivc  Zeitrelation 
zwischen  Perfecl  und  Futur  auch  bei  Cicero,  Phil.  XIV,  IJ,  30: 
Sed  id  quldem  restat  victoribus,  quibns  senatiis  fldes  praesfaiur; 
quam  cumdifftcHUmo  rei  pubUcne  tempore  secuti  suntn  cos 
nunqum  oportebtt  consilii  sui  poenitere,  —  allein  hier  kann 
man  den  Indicaliv  ,^««1  seculi  sunt'  nur  monströs  nennen,  da 
das  Perfecl  kein  logisches,  vielmehr  ein  historisches  ist,  etwas 
absolut  vergangenes  angiebt.  Ernesli  und  Wernsdorf  haben  daher 
mit  richtigerem  Gefühl  ,sint'  gesetzt,  doch  ist  die  ganze  Stelle 
zweifelhaft,  da  die  Handschriften  und  ältesten  Ausgaben  theils 
quamquam  id,  theils  quam  quia,  quontam  u.  dgl.  statt  quam 
cum  geben. 


Ober  die  GoDStr.  der  lat.  ZeitpartilLeld^  v.  E.  Hoffmann.       657 

oportet^  non  cum  dilexeri$  iudicare.  —  ad  Att.  I,  7: 
Omnem  spem  deleclationis  nostrae,  quam  cum  in  otium  ve- 
nerimusy  habere  volumus,  in tua humanitate  posHam habe^ 
mun.  In  diesen  drei  Stellen  erleichtert  es  die  Natur  der  eine  Disposi-* 
tion  ausdrückenden  Yerba  posse^  oportere^  velle^  das  demonstrative 
Glied  in  die  Zukunft  zu  räcken.  Seltener  sind  Fälle,  wo  andere  Prä- 
sentia das  demonstrative  Glied  bilden.  Cic.  Orat.  55, 183 :  quos  (ver- 
8us)  cumcanCu  spoiiaveris^  nuda  paene  rem  an  et  oratio. 
—  Val.  Max.  IV,  8init. :  Nam  cum  ab  his  [fontibug]  orietur 
[liberalitas]^  tunc  demum  ei  ratio  consta  t.  —  Vielmehr  ist  zu  be- 
achten, dass  in  den  seltensten  Fällen  das  demonstrative  Glied  im  Prä-^ 
sens  schlechthin  gegeben  ist ;  dass  es  meist  in  einer  oder  der  anderen 
Art  der  Bedeutung  eines  Futurs  nahe  gebracht  ist,  sei  es,  1.  dass 
es  durch  Anwendung  des  Conjunctivs  das  Gepräge  der  Ungewissheif^ 
der  (in  der  Zukunft  liegenden)  Möglichkeit  erhalten  hat,  oder  2.  dass 
es  als  Imperativ  oder  imperativischer  Conjunctiv  gestaltet  ist,  oder 
8.  dass  es  als  Final-  oder  Consecutivsatz,  abhängig  von  einem 
Präsens,  auftritt^  oder  4.  dass  es  ein  Infinitiv  Präsens  ist,  der 
nach  Beseitigung  der  Abhängigkeit  als  Futur  gegeben  werden 
müsste. 

Belege  für  diese  vier  Fälle  sind: 

1.  Cic.  ad.  Att.  IV,  17,  1 :  Credo  enim  te  putasse  tuas 
muUere»  in  Apulia  esse:  quod  cum  seciis  erit^  quid  ie 
Apulia  moretur'i  —  Ebd.  IV,  9,  1:  et^  opinor^  usquequaque 
de  hoc  \Pompeiö\  cum  dicemusj  sit  hoc  quasi  xal  rode 
OoxvkCdov,  Or.  18,  41:  minume  mirum  fiUurum  sit^  si 
cum  aetate  processerit^  ,,*  retiquis   omnibus  praestet^ 

2.  Cic.  p.  Rose.  A.  20,  67:  deinde  si  voleti'Sj  etiam  /um, 
cum  veri  simile  erit  aliquem  commisisse^  latratote.  — 
in  Verr.  V,  59,  164:  Cum  ego  P.  Oranium  testem  pro-- 
duxero^  refellito^  si  poteris.  —  p.  Mur.  81,  65:  resi- 
stito  gratiaCy  cum  officium  et  fides  postulabit,  —  p.  Marc. 
9,27:  tum  tCj  si  voles^  cum  et  patriae  quod  debes  solceris 
et  naturam  ipsam  expleceris  satietate  .vivendi^  satis  diu  vixisse 
dicito.  —  ad  div.XVI,  4:  Cum  valetudini  tuae  consulueris^ 
tum  consulito  navigationi.  —  ad  Alt.  III,  8,  4 :  Quare^  cum 
me  afflictum  et  confectum  luctu  audies^  existimato  me 
stultitiae  meae  poenam  ferre  gravius  quam  eventi.  —  p.  Flac« 
8,  19.  —  Liv.  XXIV,  38,  7:  cum  toga  Signum  dedero^  tum 
clamore sublato  turbam invadite  ac  sternite  omnia  ferro.  — 
Tac.  An.  I,  22:  Cum  oculis^  cum  tacrimis  dolorem  meumim- 
pleveroj  me  quoque  (rucidari  iube.  —  Cic.  in  Verr.  IV, 
22,  48:  Cum  testes  ex  Sicilia  dabOy  quem  volet  iile  eli" 
gat.  —  de  off.  I^  34,  122:  cum  relaxare  animos  volenti 
eaveant  intemperantiam^  meminerint  verecundiae.  —  Ebd. 
III,  10,  46:  Cum  autem  in  amicitia,  quae  honesta  non  sunt^ 
postulabuntur^   religio  et  fides  anteponatur  amici^ 


«56       Ober  die  Gonstr.  der  lat.  ZeiKpartikeln,  t.  M. 

Üae.  —  Phil.  XIV,  1, 2.  ad  Ali.  V,  1,  6.  10,  2,  6.  —  LiT.  III,  25,  8 : 
»acrata  quercu»  et  quidquid  deorum  esC  audiatU  foedu9  m  «o« 
bi9  rupium  noslrisgueee  nunc  guereiis  ad  Mini  et  mow  mrmä$y 
€%tm  deorum  honUnumque  eimul  vioiata  iura  eareeguemmr» 
Ebenso  V,  64,  8.  IX,  16,  16.  —  Verg.  BcL  10,  4:  Sie  Mi 
CUM  fluciu»  »uhteriabere  Sicanosj  Doris  amara  euamnon 
intermieceat  undam.  —  6eo.  IV,  2K  Aen.  I,  685.  IV,  618. 
XII,  76.  821.  —  Tibull.  I,  1,  69:  Te  epe eiern,  ntproma 
mihi  cum  venerii  hora. 

8.  Cic*  ad  Att«  VI,  8,  4:  Formam  ißitur  mihi  loiius  rei^ 
publieme^  ei  iam  ee  Romae,  aut  eum  eriej  veiim  miitae. 
Ebd.  IV,  10,  2:  ea  veiim^  eum  poierie^  inüisme. 
Ebenso  1, 10, 8.  II,  7, 2.  IV,  1  ],  1.  ad  dir.  lU.  1,  2.  V,  2, 4.  OraL 
84, 120:  eumque  iUa  dMna  eognoverity  volo  ne  igmo^ 
rei  ne  haee  qtMem  humana.  PUL II,  6, 10 :  eimui  iiiud  or»,  ne  am 
hodie^  eum  isH,  ui  provoeavii,  responderoj  obiitum  eeee 
puteiis  mei.  —  Sali.  Cat.  68,  8:  qua  propier  voe  maneo, 
Uli  eum  proelium  inibitis,  memineriiie  eett.  —  Cic. 
ad  div.  I,  7^  4:  eeae  ei  iuae  ei  noeiri  imperii  dignUaÜM^  t§ 
eum  eiaese  proficieci  Alexandriam^  ui  eam  cum  pace  prao* 
eidioque  firmaris^  Ptolemaeus  redeat  in  regnum.  —  PhiL 
II,  6,  10^  aiterum  ipee  effieiam  ui^  eonira  iUum  eum  die  am, 
ailenie  audiaiis.  —  p.  Quint.  2,  8.  18,  43.  in  Verr.  Ad.  L 
18,  64.  p.  Flac.  27,  66.  ad  div.  I,  7,  6.  9,  19.  III,  10,  8.  ad 
AU.  II,  14,  1. 

4.  Cic.  in  Verr.  V,  71,  188:  O^am  ob  rem  mihi  opta- 
tum  ilhtd  esi^  in  hoc  reo  finem  accueathdi  facerCj  cum  H 
populo  Romano  »aiisfacium  et  recepCum  officium  Sictüis 
erit  pereoiuCum.  (Ohne  die  Abhängigkeit  des  demonstra- 
tiven Gliedes  von  optatum  eet  s=>  finem  aecusandi  faciam, 
eum  erit  satisfaetum  —  pereoiutum.)  —  Sali.  Cat  12,  3: 
Operae  pretium  est^  cum  domo»  atque  villas  cognoveris, 
in  urbium  modum  exaedificata»,  visere  iempla  deorum  eetL 
—  61,  24:  qui  convenii  in  minore  negotio  legem  timere, 
eum  eam  in  maiore  neglexeris?  —  62,  17:  quare  cum 
de  P.  Lentulo  eiatuetie^  pro  eerto  habelote,  vo»  eimui  de 
exereiiu  CaUlinae et  de  omnibu» coniurati»  decernere.  —  68, 
16:  Nam  in  fuga  aalutem  eperare,  eum  arma^  qui»  c&r^ 
pu»  tegitur,   ab   hosUbu»  avorieri»,  ea  vero  dementia  e»i. 

Ganz  dem  entsprechend,  dass  das  Präsens  in  Zeitrelation 
za  einem  Futurum  sich  nur  auf  die  Gegenwart  des  letzteren  be- 
sieht, die  Gleichzeitigkeit  mit  diesem  ausdrückt,  bezeichnet  auch 
das  Präsens,  wenn  es  durch  cum  in  Zeitrelation  zu  einem 
Perfect  gesetzt  ist,  stets  nur  eine  Gegenwart,  die  gleichzeitig 
liegt  mit  der  Vollendung  der  im  anderen  Gliede  gegebenen  Hand- 
lung.   Dabei  ist  es  im  Grande  gleichgiltig,   ob  dieses  Perfect 


Ober  die  CoD8tt.  der  lat  Zeirpartikeln,  t.  S,  Bat^nmm.       659 

ein  historisches  ist,  oder  ob  es  logisch  zu  fassen  ist  als  Prä- 
sens actionis  perfectae:  das  Zeilverhilrniss  der  verbundenen  Giie« 
der  zu  einander  bleibt  dasselbe.  Wenn  wir  jedoch  beide  Arten 
von  Perfect  sondern,  so  werden  sich  vier  Fälle  anterscheiden 
lassen : 

1.  Im  relativen  Gliede  steht  das  historische 
Präsens^  im  demonstrativen  das  historische  Per«* 
fect.  Cic.  p^Rosc.  A.  41,  120:  Cum  oeeidilur  S.  Ro$eimßj 
[servil  ibidem  fueruni.  Zweifelhaft  wegen  der  Formgleich- 
heit von  Präsens  und  Perfect  ist:  in  Yerr.  II,  62,  ISO:  Bero^ 
äoCuß  cum  Roma  revertilur^  offendit  eum  mensewk,  qui 
comequilur  m^nsem  eomitialem.  —  Terent^  Euo.  792  Fl.  : 
guom  iiöi  do  ietam  virginem,  Dixtin  ho$  mihi  dies  sali 
dare  /«?") 

Zwei  scheinbare  Ausnahmen  werden  wir  mit  diesem  Falle 
in  Verbindung  zu  bringen  haben ,  je  nachdem  nämlich  dem  h  i- 
storischen  Präsens  des  relativen  Gliedes  ein  logisches 
Perfect  im  demonstrativen,  oder  dem  historischen  Per* 
fect  im  demonstrativen  ein  wirkliches,  absolutes  Prä- 
sens im  relativen  GUede  gegenüber  zu  stehen  scheint.  Beide 
Fälle  sind  aber  nur  scheinbare  Verstöfse  gegen  die  Forderung 
der  Zeitgleichheit.  In  dem  ersteren  Falle  ist  das  Perfect  ent- 
weder in  resümirender  Art  an  die  Stelle  eines  zuständlichen 
beschreibenden  Imperfects  getreten,  oder  es  wird  über  etwas  in 
der  historischen  Vergangenheit  liegendes  vom  Staadpuncte  des 
Sprechenden  aus  ein  Urtheil  gefallt:  immer  aber  gibt  das  hi- 
storische oder  aoristische  Präsens  ein  Ereigniss  oder  einen  Um«* 
stand,  der  genau  in  dieselbe  2^it  fällt,  in  welcher  jenes  vom 
StandpunctQ  der  Gegenwart  aus  resümierte  oder  beurtheilte  liegt. 


*)  Weissenborn  bat  im  Hinblicke  auf  diesen  Oebraueh  des  Präsens 
bist,  nach  cum  diese  Conjunetion  an  einigen  Stellen  des  Livius 
statt  der  gewöhnlichen  Lesart  dum  aufgenommen:  XXlll,  39,  1( 
Cum  haee  Romant  parani  aguntgue,  ad  PMlIppum  cnpiiva 
navis  una  refugit;  XXIV»  17,  1:  Cum  haec  ad  Benepentum 
fferuniur,  Bannibal  ad  Noiam  castra  movei.  An  der  ersten 
Stelle  geben  die  Handschriften  übereinstimmend  dum,  wenigstens 
erwähnt  Drakenborch  keine  Variante;  an  der  iweiten  Stelle  findet 
sich  cum  zwar  in  einigen  Handschriften  Drakenborch's  (ob  es 
auch  im  Puteanus  steht,  dessen  Varianten  Weissenborn  im  Anhange 
miltheilt,  lässt  sich  aus  dem  Schweigen  desselben  wol  noch  nicht 
mit  Sicherheit  entnehmen);  die  grofse  Zahl  von  Stellen  aber,  in 
denen  bei  Livius  durch  dum  mit  dem  Präsens  die  voranstehenden 
Ereignisse  resümiert  werden,  und  daran  die  Erzählung  dessen  ge- 
knüpft wird,  was  inzwischen  auf  einem  anderen  Schauplatze  der 
Ereignisse  sich  augetragen  hat,  muss  die  Änderung  von  dum  in 
eum  um  so  bedenklicher  erscheinen  lassen,  als  letiteres  mit  dem 
historischen  Präsens  immer  nur  ein  einzelnes  Factum  in 
Zeitbeziehung  zn  einem  anderen  setzt,  nieht  aber  wie  dum  die 
ganze  Zeitiage  resümiert 


660       Über  die  Goiistr.  der  lat  Zeitpartikeln,  v.  M,  Bofinmm^ 

Cic  CaU  Dl«  4,  11:  Tarenium  vero  qua  vigUantia^  quo  eoN- 
9iHo  recepit!  cum  quidem  me  audiente Saiinaiorij  qui  atHii$§ 
oppido  fugerat  in  arcem^  glorianti  aCque  ita  dieenii:  ^tmea 
opera^  Q.  Fahi^  Tarenium  recepisti,'  ^certe,  inquit  ridenij 
nam  nisi  tu  amisisses^  nunquam  recepi$sem'.  —  Flor.  1,  18y 
1 9 :  Quae  autem  eorum  (»c.  veCerum  Romanorum)  in  repa- 
rando  exercitu  festinatio  [fuil]!  Cum  Pgrrhus  idem  ,o  «^ 
inquit^  plane  BercuHs  »idere  procreatum  e.  q.  s.^ 

Was  den  anderen  Fall  betrifft,  dass  das  Präsens  des  re- 
lativen Gliedes  sich  auf  die  unmittelbare  Gegenwart  zu  beziekei 
scheint,  während  in  dem  demonstrativen  der  Aorist  steht,  so 
ist  auch  hier  die  Ungleichartigkeit  der  Zeit  nur  eine  scheinbare. 
Mit  dem  Präsens  ist  dann  nur  ein  wiederholt  in  der  Vergangen- 
heit und  auch  jetzt  noch  möglicher  Fall  gemeint,  bei  dessen  \m* 
herigem  Eintreten  jedesmal  die  in  dem  Perfect  des  demonstrati- 
ven Gliedes  enthaltene  Folge  stattgefunden  hat.  Cic.  ad  Att  IV, 
18,  1:  Pulo  te  existimaro,  me  nunc  ohlilum  consuetudinii  $t 
instittUi  mei  rarius  ad  te  scriberej  quam  eolebam;  sed  cum 
loca  et  itinera  lua  nihil  habere  certi  video^  neque  in  Bpi* 
rum  neque  Athenas  neque  in  Aeiam  neque  cuiquam  nid  ad 
te  ipeum  proficiscenti  dedi  litera».  (Das  cum  Video  hier  abo 
sssB  quoUen»  video,)  —  Verg«  Geo.  III ,  457 :  Quin  eäam  ima 
dolor  balantum  lapsu»  ad  oesa  Cum  furit  aique  mrtue 
depascitur  arida  febris^  Profuit  incenso»  aesiu»  avertere 
et  inter  Ima  ferire  pedi»  »alientem  sanguine  venam.  —  Ebd. 
I,  287:  Mulla  adeo  gelida  melius  ee  nocte  de  der e^  Aut 
cum  eole  novo  terrae  inrorat  Eous, 

2.  Im  relativen  Gliede  steht  das  historische 
Perfect,  im  demonstrativen  das  Präsens*  Letzteres 
kann  natürlich  nur  das  historische  sein.  Cic.  in  Yerr.  II,  25, 62 :  Ciiai 
L. Melellus in promnciam profectus  est,  tum  isti . . .  ti na p r •- 
ficiscuntur.  — Nep.  Dat>  11, 1 :  Id^odium)  cum  satis  se  eei^ 
firmasse  arbitratus  est^  certiorem  fa c i t Datamem  e. q. s, — 
Auct.  b.Hisp.  3, 6:  Cumad eum  vener unt^  iubetcett,  Etwu 
seltsam  nimmt  sich  das  Präsens  aus  in  der  Stelle  8,  6:  Nam  cum 
inter Ateguam et  Ucubim Pompeius habuit  castra  eonstituta  ia 
conspectu  duorum  oppidorum^  ab  suis  castris  eirciter  wUlia  pes^ 
suum  quatuor  grumus  est  excellens  natura^  qui appellatur  castra 
Postumiana  •*).  —  Zweifelhaft  wegen  der  Form  des  Verbums 
ist  Liv.  IV,  44,  10:  nihilo  demissiore  animo  cum  dies  venit^ 
causa   ipse  pro   se   dicta  . .  .  .    damnatur.  —   Plaut.  Most 


**)  Die  Lesart  dieser  Stelle  ist  übrigens  nicht  ganz  sicher,  cum  stttt 
der  Vulgala  ubi,  ist  jedenfalls  durch  die  Aactoritat  der  besten 
HandschrifteD  gesichert ;  aufser  der  zweiten  Pariser  und  der  erstM 
Leidenergibt  es  auch  die  erste  Wiener  Handschrift;  dagegen  schiebt 
die  Pariser  \or  kabuit  ein  ut  ein,  wihrend  die  Wiener  den  Cod- 
junctiv  des  Plusquampcrfects  kaöuisset  gibt. 


Ober  die  Constr.  der  lat.  Zeitparti^elD>  v.  E.  ffa/fintmiL        661 

1050  R.:  Quam  eum  (ßenatum)  eonvocavi^  alque  Uli  me 
ex  »enatu  segregant. 

8.  Im  relativen  Gliede  steht  das  Präsens,  im 
demonstrativen  das  logische  Perfect.  Je  nachdem  das 
Präsens  des  relativen  Gliedes  sich  auf  die  unmittelbare  Ge- 
genwart bezieht,  oder  eine  beliebig  angenommene  bezeich- 
net, lie&en  sich  noch  zwei  Unterarten  aufstellen,  doch  sind  die 
Beispiele  für  beide  nicht  sehr  zahlreich.  Ein  Fall  der  ersteren  Art 
ist  Ter.  Hec.  482  F.:  haud  invito  ad  auris  sermo  mi  accessiC 
luo$^  Quam  tc  po8tpula»se  omni»  res  prae  parenCe  i  nie  Heg  o. 
Der  Causalnexus,  der  zwischen  beiden  Gliedern  stattfindet,  ist 
indifferent;  ganz  ähnliche  Fälle  mit  entgegengesetzter  Zeitbeschaf- 
fenheit der  Glieder  werden  wir  bald  nachher  bei  dem  vierten 
Falle  kennen  lernen.  Wie  in  diesen  muss  auch  hier  das  ac- 
e  es  sie  als  reines  Präsens  rei  perfectae  genommen  werden,  so 
dass  der  Sinn  des  Satzes  gleichkommt  der  präsentischen  Fassung 
beider  Glieder:  graCus  mihi  est  sermo  tuus^  quom  intel^ 
lego.  —  Ein  Beispiel  der  zweiten  Art  gibt  Livius  VIII,  8,  11 : 
inde  rem  ad  triarios  redisse^  cum  laboratur^  prooerbio 
increbuit.  Nach  Beseitigung  der  Abhängigkeit  würde  der  Satz 
lauton:  cum  laboratur^  res  rediit  ad  triarios, —  Andere 
Stellen,  in  denen  die  beiden  Glieder  das  angegebene  Zeitverhält- 
niss  haben,  weichen  insofern  ab,  als  die  Anordnung  der  Glieder 
nach  Analogie  der  Fälle  ist,  wo  cum  den  Nachsatz  beginnt* 
Und  es  begreift  sich  auch  leicht,  dass  diese  Anordnung  bei  so 
beschaffenem  Zeitverhältnisse  vorzugsweise  in  Anwendung  kam,  da 
der  Anschluss  einer  eben  geschehenden  Handlung  an  eine  bereits 
vollendete,  in  ihrem  Resultate  gegenwärtig  vorliegende,  jeden- 
falls naturgemäfscr  erscheint,  als  das  umgekehrte  Verhältniss. 
Vgl.  Verg.  Geo.  III,  420  ff.:'  Cape  saxa  manu,  cape  robora, 
paslory  Tollenlemque  minas  et  sibila  colla  tumentem  [viperam] 
Deice,  Jamque  fuga  timidum  caput  abdidit  alte  ^  Cum 
medii  nexus  extremaeque  agmina  caudae  Solvuntur  tar^ 
dosque  trahit  sinus  ullimus  orbis, 

4.  Im  relativen  Gliede  steht  das  logische  Per* 
fect,  im  demonstrativen  das  Präsens«  Hier  werden 
wir  nicht  umhin  können,  die  beiden  möglichen  Fälle  zu  sondern, 
je  nachdem  a)  das  Perfect  des  relativen  Gliedes  in 
seiner  Vollendung  sich  auf  die  unmittelbare  Ge- 
genwart des  sprechenden,  oder  6)  auf  eine  beliebig 
angenommene  Gegenwart  bezieht,  —  oder,  was  dasselbe 
ist,  je  nachdem  das  Präsens  des  demonstrativen  Gliedes  die  un- 
mittelbare Gegenwart  des  sprechenden,  oder  eine  beliebig  ange- 
nommene bezeichnet. 

Unter  a)  werden  Stellen  zu  bringen  fein,  wie :  Cic.  ad  Alt. 
II,  15,  8:  Hoc  estHomae  decedere?  quos  ego  homines  effugi, 
cum  in  eos  incidi?  —  III,  23,  4:   Quo  maior  est  suspicio 


6$9        Ober  die  Constr«  der  lat  Zeitpartikelo^  y.  S, 

malUiae  aUcuiui^  cum  idy  quod  ad  ip$09  nihil  periinebaij  ermt 
autem  contra  «le,  scripserunt^  uC  e,  q.  s.  —  ad  div. 
VI,  3,  8:  Idque  cum  opiime  penpexi^  iaie  video^  niäii 
ut  maii  videatur  futurum  e.  q.  s.  Besondere  Beachtung  ver- 
dienen aber  Stellen,  die  man  ganz  ebenso  wie  die  unter  8.  be* 
sprocbenen  gewöhnlich  als  Fälle  nachlässigen  Gebrauches  des 
causalen  cum  zu  betrachten  pflegt,  während  für  uns  das  schwie- 
rige einzelner  Stellen  nur  darin  liegen  könnte,  dass  das  in  re- 
lativen Gliede  stehende  Perfect  nicht  sowol  das  präsentische  als 
vielmehr  das  historische  Perfect  zu  sein  scheint.  Die  Beschain- 
heit  der  meisten  dieser  Stellen  ist  aber  von  der  Art,  dass  sich 
das  demonstrative  Glied  als  (logische)  Folge  oder  als  Urtheil 
an  die  in  dem  relativen  Gliede  enthaltene  vergangene  und  voll- 
endet vorliegende  Handlung  anschlielst.  Dasa  das  relative  Glied 
die  Bedingung  für  das  demonstrative  enthält  ^  bleibt  uiAcachtel; 
nur  der  temporale  Anschluss  der  in  der  Gegenwart  eintrelodea 
Folge  oder  des  gefällten  Urtheils  an  das  in  der  Gegenwart  vor- 
liegende Besultat,  an  den  Ausfall  und  den  Erfolg  jener  Handluig 
ist  ausgedrückt.  Man  könnte  in  solchen  Fällen  cum  im  deut- 
schen umschreiben  mit:  «unter  diesen  Umstanden  —  bei  der 
Sachlage,  dass^  u.  dgL  —  Von  der  Art  ist  die  Stelle:  Cic  ad 
div.  XIII,  24,  2:  tibi  maxima*  graUas  agOy  cum  OmiAmi 
Ulerae  meae  poCuerunCy  ut  ii$  iecHt  omnem  ogemtiomtm 
»U9pMoni9,  quam  habuera»  de  Lysone^  depontres  (as  «wenn  es 
die  Wirkung  —  das  Verdienst  meines  Briefes  ist,  dass  a.&  w.»)^ 
—  Ebd.  VII,  15,  2:  Cum  vero  in  C.  Matii  wuavüiimi  dec^ 
tisiimique  hominis  familiaritatem  venisiij  neth  diei  päteat, 
quam  valde  gaudeam  (=  cum  in  MaCii  familiariiaiem  9$* 
nisti  et  iam  amicu»  es,  gaudeo).  Vollkommen  überflüssig 
ist  die  zuerst  in  der  Edit.  Neap.  (1474)  sich  findende  und  daaa 
von  der  Mehrzahl  der  Herausgeber  beibehaltene  Corredir 
^quodK  — .  So  dürfte  es  denn  auch  zweifelhaft  sein,  ob  Dietscl 
recht  that,  indem  er  Sali.  Jug.  102,  5:  Rew  Boeci^,  magm 
laetitia  nobis  est,  cum  te  talem  virum  dei  monuere^  M 
aliquando  paeem  quam  bellum  malles  e.  q.  «.,  auf  Grund  dd 
einzigen  cod.  Vatic,  in  wekhem  die  Reden  bei  Sallost  ezcerpierl 
sind,  quod  setzte,  während  alle  übrigen  Handschriften  es« 
geben.  —  Liv.  VIII,  33,  10:  ybene  agit^j  inquily   jcum  is 


'*)  Man  beachte  den  Zusammenhang:  IIa  enlm  scripsit  ad me  [l9»i 
sibi  meam  commendetionem  maximo  adinmsnto  faisss,  qmä  ei 
te  delaium  diceret,  sese  contra  dignitaiem  tuam  Mamae  de  H 
Ufgui  sotitutn  esse.  De  quo  etsi  pro  iua  fmeiiitaisit 
humanitate  purgatum  se  tibi  scribii  esse,  umm 
primum  ut  debeo,  tibi  maximas  grattas  ago^  cum  iamtum  ü- 
ierae  meae  potueruni  ceU.  Es  bildet  d\90  .cum  toHtam  Ih 
terae  meae  poluerunf  den  GegensaU  m  ^eHi  pra  IM  /MÜ- 
iale  es  kumanOaie  purgaius  tibi  est.* 


Ober  die  Gonslr.  der  kt.  Zeitpartikeln»  v.  E.  MoffHunm.  6C3 

n09  deduei  iussisti^  unde  et  prioati  vocem  mittere  posie^ 
mu$.'  (<<Du  thu8t  wohl  daran,  wenn  dein  Befehl  derartig 
ist,  dass  man  uns  dahin  führe  u.  s.  w.'^.  —  Terent.  Andr. 
770  F.:  Dis  pol  habeo  gratiam^  Quom  in  pariundo  aliquot 
adfuerunt  Hberae.  —  Heaut.  881:  Edepoi  ie  mea Anliphila 
iaudo  et  forlunatam  iudico^  Id  tu  quom  »tudui$tiy 
fortunae  ui  mores  consimiles  forent,  —  Verg.  Aen.  IX,  246: 
yon  tarnen  omtUno  Teuer oe  delere  parotis^  cum  talie 
animo^  iuvenum  et  tarn  certa  tulistis  Peetora  (»s  cum 
[pro-]  lata  euni  et  ad  sunt).  —  Unerträglich  ist  der  Indi-^ 
cativ,  den  Aischefski  aus  den  Handschriften  aufnabiiL,  in  der 
Stelle  Liv.  V,  £,  4:  quid?  illud  quod  proprie  ad  milites  per-* 
tiuety  quibus  boni  tribuni  plebie  cum  Stipendium  ex tor quere 
voluerunty  nunc  conßultum  repente  voiunty  quäle  e$t1 
Hier  wäre  es  nicht  mehr  ein  logisches  Perfect,  sondern  ein  Ao  r  i  s  t, 
der  objectiv  durch  cum  mit  einem  wirklichen  Präsens  verbunden 
und  so  diesem  gleichzeitig  gesetzt  würde  *^).  —  Eher  lasst  sieh 
der  Indicativ  rechtfertigen  in  der  Stelle  bei  Tacitus  An«  XIY,  4S 
nach  Haasens  Lesart,  die  am  engsten  sich  an  die  Überlieferung 
des  Medic  anschlielst:  ^ieeemite  hercule  inpunitatem^  ut  quem 
dignitae  $ua  defendmiy  cum  praefectura  urbi»  non  pro-* 
fuit!  quem  numerus  »ervorum  tuebüur  cum  Pedanium  seeun^ 
dum  quadringenti  non  protexerint? 

Klarer  ist  die  Zeitrelation  bei  dem  oben  mit  b)  bezeich-« 
neten  Falle:  mit  dem  Vollendetsein  der  im  relativen  Gliede  ge-> 
gebenen  Handlung  tritt  die  Handlung  des  demonstrativen  Gliedes 
ein.  Sa  also  die  Vollendung  der  einen  Handlung  die  temporale 
Bedingung  für  das  Eintreten  der  anderen  ist,  so  begreift  sich^ 
dass  dies  die  Zeitgebung  für  Handlungen  sein  muss,  die  sich 
ihrer  Natur  nach  zu  einander  wie  das  stetige  temporale  Ante« 
cedens  zu  seinem  stetigen  temporalen  Consequens  verhalten.  Es 
ist  dies  also  ganz  derselbe  Fall  wie  der,  den  wir  früher  bei 
u^,  ti6t,  eimui  ac  besprochen  haben,  wenn  diese  Partikeln 
mit  dem  Perfect  das  Antecedens  einer  in  beliebiger  Gegenwart 
eintretenden  Handlung  geben«  Cic.  ad  div.  IX,  16,  1:  omnia 
sunt  incertaj  cum  a  iure  diseeseum  e»t.  —  p.  Deiot* 
6,  18:  inpunius  fit^  quod  cum  est  factum^  negari  pa* 
test.  —  d.  orat.  I,  88,  158:  ut  condtato  namgio  cum  re- 
miges  inhibuerunt^  retinet  tamen  ipsa  navis  molum  ei 
cursum  suum.  Ebd.  II,  64,  260:  ex  quo  cum  quawi  de* 
eepti  sumus  exspectatione ^  ridemus,  —  in  CaeciL  5,  18: 
civibus  cum  sunt  ereptae  pecuniae^   eivili  fere  actione  ei 


'}  Ich  sehe,  dass  auch  Madvig  in  seinen  eben  erscbieDeoen  .Emen- 
dationes  Usianae*  p.  112  den  lodicativ  ootuerunt  nach  cum 
für  einen  Solöcismus  erklärt,  und  deshalb  die  Aufnahme  des  von 
einigea  Handsobriltem  gebotenen  tum  statt  cum  vorscU&gt* 


684       Cber  die  Consfr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  E,  Boffmaim. 

prioaCo  iure  repetuntur,  —  in  Cat.  IV,  6,  12:  cum  vero 
mihi  proposui  regnantem  Leniulum^  purpuralum  esse  huie 
Qahinium  • .  .  tum  lamentaHonem  matrum  familias^  tum  fugam 
Hrginum  cett.^  perhorresco.  —  p.  Süll.  16,  47:  Quod  si 
esses  usu  atque  aelate  robustior^  essem  idem  gui  soleo^  cum 
sum  lacessitus.  Vgl.  p.  Quiiit.  14,  47.  in  Caecil.  7,28.inVerr. 
AcU  I,  18,  55.  —  II,  13,  32.  p.  Mur.  26,  63.  p.  Flac.  5,  11.  p. 
Plane.  12,  29.  25,  62.  p.  Sest.  46,  99.  p.  Lig.  2,  4.  p.  Deiot.  2,  4. 
p.  Marc.  9, 27.  Phil.  II,  28,  68.  —  Brut.  4,  16.  24,  93.  —  Oral.  9, 
82.  27,  94.  55,  184.  —  ad  div.  IX,  14,  1.  16,  4.  ad  Att.  I,  6,  2.  17, 
6.  III,  16.  — TuscI.  I,  11,24.  —  d.Iegg.  I,  8,  9.  6,  18.  7,  22.  17, 
47.11,4,  10.  — d.  nat.  d.  II,  20,  51.—  d.  divin.  II,  15,86.22,  49. 
84,  72.  —  Cat.  m.  15,51.  19,  68.  Lael.  19,  70.25,94.27, 100.— 

d.  oflf.  I,  8,  26.  17,  55.  20,  66  (?).  27,  94.  II,  6,  19.  15,  54.  III,  8, 
15.  8,  85.  36.  21,  84.  —  Caes.  b,  6.  IV,  83,  1 :  Cumse  inter  equi- 
iumturmas  insi'nuaveruntj  ex  essedis  desiliunt^  et pe» 
dibus  proeliantur.  — Ebd.  V,  21,  8:  Oppidum  autem  Bri^ 
ianni  v  oc ant^  cum  Silvas  impeditas  vallo  atque  fossa 
munierunt.  —  VI,  15,  1:  Hi  {ßquites^  cum  est  usus 
atque  aliquod  bellum  incidity  amnes  in  hello  versan- 
tur.  —  VI,  16,  5:  Supplicia  earum^  qui  in  furto  aui 
iatrocinio  aut  aliqua  noxia  sinC  Comprehensi ,  gratiora  die 
immortalibus  esse  arbitrantur;  sed  cum  eius  generis  copim 
defecit,  etiam  ad  innoeentium  supplicia  descendunt,  — 
S.  ebd.  17,  8.  18,  3.  19,  3.  27,  4.  5.  —  Liv.  XXII, 
9,  8:  pervicity  ut  quod  non  ferme  decernitur^  nisi  cum 
tetra  prodigia  nuntiat a  suntj  decemmri  libros  Sibyl- 
linos  adire  iuberentur,  —  XXXIV ,  31,  4 :  nunc  cum  vos 
intueor  Romanos  esse  video^  qui  rerum  divinarum  foe- 
deruj  humanarum  fidem  socialem  sanctissimam  habeatis \  cum 
me  ipse  respexi^  cum  esse  spero  cett.  S.  ebd.  XXXII, 
20,  8.  XXXIV,  7,  10.  —  Tac.  An.  III,  30  extr.:  an  gatias 
eapit  aut  illos  cum  omnia  tribuerunty  aut  hos^  cum 
iam  nihil  reliquum  est  quod  cupiant.  Ebd.  c.  54  extr.: 
sin  aecusare  ritia  voluntj  dein^  cum  gloriam  eius  rei  adept i 
aunty    simultates  faciunt   ac  mihi   relinquunt^    credite 

e.  q.  s,  —  Germ.  14:  Cum  ventum  in  aciem^  turpe  prin- 
dpi  virtute  vinci.  Ebd.  c.  21:  pro  fortuna  quisque  apparatis 
epülis  excipiiy  cum  defecerCy  qui  modo  hospes  fueratj  mon- 
strator  hospilii  et  comes,  —  c.  24:  aleam  .  .  .  exereent  tanta 
lucrandi  perdendive  temeritate^  ut  cum  omnia  defeceruntj 
extremo  ac  novissimo  iactu  de  libertate  ac  de  corpore  con^ 
tendant  *®).     Zahlreiche  Beispiele   liefsen   sich   aus   Dichtern 

**)  Die  bei  Csesar  und  Tacitus  sich  fiDdenden  Stellen  sind  vollständig 
angegeben;  ebenso  sind  die  vier  aus  Livius  beigebrachten  Stellen 
die  einzigen,  die  sich  in  den  bezeichneten  zwanzig  Büchern  finden. 
Nepos,  Sallust,  Yelleius,  Florus  haben  kein  Beispiel  dieses  Ge- 
brauches von  cum. 


Ober  die  Constr.  der  lat  Zeitpartikeln^  v.  S.  Uoffmann.        665 

beibringen,  namentlich  in  Vergleichen  mit  ut-  veluCi-  ceu^ 
qualis^  non  secus  ac"  cum.  Verg.  Geo.  I,  612.  II,  279* 
HI,  196.  237.  Aen.  I,  148.  II,  223.  496.  XII,  587  u.  a.  m, 
Horat.  Sat.  I,  9,  20  u.  ö. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  den  Fällen,  wo  die  durch  cum 
in  Relation  gestellten  Handlungen  derselben  natürlichen  Zeit  an- 
gehören. 

Wenn  wir  oben  als  Grundsatz  aufstellen  mussten,  dass  der 
Conjunctiv  bei  cum  dann  einzutreten  habe,  wenn  eine  objective 
Zeilbestimmung  einer  Handlung  durch  eine  andere  in  Form  der 
Correlation  und  Coordination  durch  die  natürliche  Zeitungleich« 
heit  dieser  Handlungen  unmöglich  ist;  so  werden  wir  auch  da 
den  Conjunctiv  für  nothwendig  erachten  müssen,  wo  zwar  hin- 
sichtlich der  Zeitbeschaffenheit  eine  solche  objective  Correlation 
und  Coordination  möglich  wäre,  darum  aber  nicht  angewendet 
werden  soll,  weil  man  den  in  ihrer  Zeitlage  aufeinander  bezo- 
genen Handlungen  nicht  gleiche  Geltung  einräumen,  sondern  die 
eine  nur  in  untergeordneter  Weise  als  Zeitbestimmung  der  an- 
deren heranziehen  will^  so  dass  sie  auch  nicht  mehr  in  der  ihr 
objectiv  zukommenden  Hauptzeit  sondern  in  derjenigen  JVebenzeit 
zu  stehen  hat,  die  ihrer  relativen  Zeitlage  zu  der  anderen  über- 
geordneten Handlung  entspricht.  Verzichtet  man  also  in  solcher 
Art  auf  die  Form  der  objectiven  Correlation  und  Coordination, 
so  muss  nicht  minder  der  Conjunctiv  nölhig  erscheinen  als  in 
jenen  Fällen,  wo  die  Zeitbeschaffenheit  der  Handlungen  eine  Be- 
ziehung in  objectiver  Form  unmöglich  machte.  Damit  sind  wir 
aber  wieder  bei  der  Regel  angelangt,  die  wir  früher  für  die 
Hoduswahl  bei  den  Zeitpartikeln  im  allgemeinen  aufgestellt  haben, 
dass  die  Bedingung  für  Anwendung  des  Indicativs  die  Wahrung 
der  Zeitselbständigkeit  der  als  Bestimmung  herangezogenen  Hand- 
lung sein  mü^se.  Diese  Zeitselbständigkeit  des  bestimmenden,  re- 
lativen Gliedes  hört  aber  auf,  sobald  an  die  Stelle  seiner  objec- 
tiven Zeit  die  relative,  aus  der  Unterordnung  unter  das 
demonstrative  Glied  sich  ergebende  Zeit  tritt. 

Relative  Zeiten  in  demselben  natürlichen  Zeitraum  hat  die 
Sprache  nur  in  Bezug  auf  die  Vergangenheit  ausgeprägt;  nur 
im  Bereiche  dieser  sondert  sie  die  relative  Glei  chz ei tig- 
keit  und  das  relative  Früher-liegen  gegenüber  einem  an- 
deren Präteritum«  Somit  wird  selbstverständlich  auch  nur  für 
das  Präteritum  der  Fall  eintreten  können,  dass  Handlungen,  die 
in  derselben  natürlichen  Zeit  liegen,  unter  Anwendung  der  rela- 
tiven Zeitgebung  durch  cum  in  Beziehung  zu  einander  gesetzt 
werden  können. 

So  erklärt  es  sich  dann,  dass  cum  temporale  gerade  in 
seiner  häufigsten  Anwendung,  wenn  ein  Präteritum  zur  Bestim- 
mung seiner  Zeitlage  in  Beziehung  gesetzt  wird  zu  8ubordüi\&^- 


•M  Ober  die  Ck)D6tr.  der  lat  Zeitpartikeln^  v.  M. 

ten  Ereignissen  und  Umständen  vorangängiger  und  gleicbzeitiger 
Art,  also  wenn  der  bestimmende  Sata  mit  ctim  im  Plusquam<»> 
perfect  oder  Imperfect  zu  stehen  hat,  dass  dann  cum  stets 
nur  mit  dem  Conjunctiv  dieser  Zeiten  construiert  ist« 

Was  also  nach  der  herkömmlichen  Formulierung  der  Regel 
aber  den  mit  dem  temporalen  eum  zu  verbindenden  Modus  ab 
vninderliche  Anomalie  erscheinen  musste,  die  man  sich  vergeh* 
lieh  mühte,  durch  Aufsuchung  irgend  welchen  Causalzusammen* 
banges  erklärlich  zu  machen,  das  wird  nach  der  hier  gegebeaen 
Darstellung  nur  als  consequente  Durchfährung  des  Grundgesetxes 
im  Modus-Gebrauche  bei  den  Zeitpartikeln  erscheinen  müssen,  und 
wir  werden  somit  nur  ebenso  wie  früher  bei  pottquam  u.d.  a. 
die  wenigen  Fälle  zu  untersuchen  haben,  wo  cum  mit  des 
indicativ  der  relativen  Zeiten  des  Präteritums  cos- 
struiert  ist. 

Wie  wir  nun  aber  bei  Erörterung  der  Verbindung  ynm 
poniguam  und  den  synonymen  Partikeln  mit  dem  Indicativ 
des  Imperfects  oder  Plusquamperfects  gefunden  haben ,  da»  ii 
solchen  Fällen  die  Wahl  dieser  Zeiten  nicht  durch  die  Unicrord* 
nung  unter  das  Tempus  des  Hauptsatzes  bedingt  war,  dass  viet» 
mehr  Imperfect  wie  Plusquamperfect  ihre  Berechtigung  in  sieh 
trugen  und  als  selbständige  objective  Zeitgebung  des  betrefleidca 
Vergangenen  Seins  zu  betrachlen  waren,  indem  sie  dasselbe  als 
Zustand  entweder  unmittelbar  charakterisierten  (Imperfect),  oder 
mittelbar,  insofern  der  Zustand  das  Resultat  des  in  der  belref* 
fanden  Vergangenheit  bereits  vollendet  vorliegenden  Seins  ist 
(logisches  Plusquamperfect):  ganz  dieselbe  Erscheinung  wieder- 
holt sich  denn  auch  bei  dem  Gebrauche  von  cum. 

Die  Form  der  objectiven  Zeit-Correlation  ist  aber  nur  be- 
dingt durch  die  gleiche  Zeitlage;  die  Qualität  der  verglicheaei 
Präterita  kommt  dabei  nicht  in  Betracht.  Wie  zwei  Prälerila 
schlechthin,  so  können  denn  auch  zwei  Zustände,  femer  Zu- 
stände einerseits,  Ereignisse  anderseits  in  Form  der  Correlatioa 
sich  gegenseitig  bestimmen. 

Der  erste  Fall,  die  objective  Zeit-Correlation  zwischia 
Präteritis  schlechthin,  bedarf  zwar  keines  Beleges,  doch  mögca 
einige  solche  Stellen  hier  ihren  Platz  finden,  in  welchen  dasPer^ 
fect  in  dem  einen  oder  dem  anderen  oder  auch  in  beiden  Glie* 
dern  anstatt  eines  Imperfects  gesetzt  ist,  indem  es  eine  Zustand* 
lichkeit  involviert,  die  entweder  vom  Standpuncte  des  Spreebes« 
den  aus  als  nicht  mehr  existierend  bezeichnet,  oder  schlechtUii 
als  Moment  in  der  Reihe  der  historischen  Ereignisse  gegebci 
werden  soll.  Cic.  in  Cat.  I,  5,  11:  Cum  prowiwäB  cowUtUt 
consuiaribus  me  consulem  in  campo  et  conpetitores  iuos  inU^ 
fieere  voiuisii^  conprei»i  conaiun  tuo»  nefarioM  teU.  — 
P.  Süll.  29,  61:  Cfii  cum  adfuit  po$e  delaUm  md  mm  prkmm 
iiiam  eoniuraiionem,  indieavii  9e  audi$§e  nUquoS^  mm^er§^ 


Ober  die  CoDstr.  der  Ui  ZeitparUkelii,  r.  B*  Bcffimmn.        €67 

didhse.  —  Nep.  Iph.  2,4:  Cum  Artaxerxei  Aegyptio  regi 
hellum  inferre  tfoluiC,  Iphieratem  ab  Alheniensibus  ducem 
petiviC.  —  Ebd.  Pelop.  4,  3:  Spartam  cum  oppugnavit 
[Epaminonda9\  ^  [Pelopidas]  a Herum  tenuit  carnu.  —  Liv« 
II,  40,  7:  non  [£ibi]  cum  in  contpeelu  Roma  fuiCj  stic- 
cesserie  e,  g.  8,  —  XXXIV,  8,  7:  procul  abest  abHtque 
semper  iaU$  fortuna  rei  publicae:  sed  tarnen  cum  fuit^ 
n  egas ti»  hoc  piis  precibuM  e.  g,  e.  —  Cic.  p.  MiL  14, 
36:  Quid?  egOj  iudices^  cum  maerenlibuB  vobia  urbe  ecMsij 
iudiciumne  timui?  —  15,  40:  Cum  in  Cn.  Pompeium  pro 
Milane  dicentem  impetus  f actus  est,  quae  tum  non  modo 
oceasio  sed  etiam  causa  illius  {Clodii)  opprimendi  fuiti  — 
Li\.  XXXIY,  81,  12:  de  nomine  hoc  respondere  possum^  me, 
guoiiscungue  sum^  cum  esse,  qui  fui,  cum  tu  ipse  mecum 
socielatem  pepigisti,  —  Tac.  An.  XI,  24:  tune  solida  domi 
quies,  et  adoersus  externa  floruimus,  cum  Transpadani 
in  civitatem  recepti  cum  specie  deductarum  per  orbem  terrae 
legionum,  addi/is  provincialium  validissimis,  fesso  imperio  sub^ 
ventum  est,  cf.  Bist«  I,  11.  —  Liv.  VI,  40,  17:  si  hodie 
bella  sint,  quäle  Etruscum  fuit,  cum  Porsena  laniculum  in* 
sedit,  quäle  Oallicum  modo,  cum  praeter  Capitolium  atque 
arcem  omnia  haec  hostium  erant. 

Auch  der  zweite  Fall,  wo  gleichzeitige  Zustände  in  ihrer 
Zeitlage  auf  einander  bezogen  sind,  in  beiden  Gliedern  also  das 
Imperfect  steht,  braucht  nur  flüchtig  erwähnt  zu  werden,  da 
hier  die  volle  Zeit-Congrueiiz  ersichtlich  ist.  Cic.  Brut.  85,  298: 
risum  9ix  tenebam,  cum  comparabas  ^«fi  «•-— Ebd.  14» 
15:  Appio  Caeco  comilia  contra  leges  habente^  cum  de 
plebe  consulem  non  accipiebat  e.  q.  s.  (ss  eomitia  contra 
leges  habebaty  cum  non,..  accipiebat.^  —  Or.  13,  41: 
cum  a  nostro  Caione  laudabar,  vel  reprehendi  me  a  CC" 
teris  facile  patiebar.  —  div.  in  Caecil.  21,  69:  Cuius  con- 
suetudifiis  alqtse  instituH patres maioresque nostros non  paeni^ 
tebat  tum  cum  P.  Lentulus  ...  accusabat  M' Aquilium, 
aut  cum  P.  Afiricanus...  L.  Cottam  in  iudicium  vocabat  — 
In  Verr.  Act.  L  15,  4A:  tribuniciam  potestatem  cum  posce- 
bat  Ipopulus],  rerbo  illam  poscere  videbatur^  re  vera 
iudicia  poscebaL  —  Ebd.  Act.  II.  I,  14,  Z6,  46,  112« 
II,  6,  18.  10,  26.  11,  29.  18,  38.  III,  48,  115:  Id  cum 
impetrabatury  hoc  videlicet  impetrab atur  e.  q.  s.  — 
IV,  21,  46:  Credo  tum,  cum  Sicilia  florebat  opibus  et 
copiis,  magna  artificia  fuisse  ( tss  e r an t)  in  ea  insula.  — 
S.  ebd.  24,  68.  85,  77.  59,  138.  62,  188.  —  V,  20,  51: 
cum  hoc  munus  imponebatur  tam  grave  civilati,  in-* 
erat  nescio  quo  modo  in  illo  foedere  societatis  quasi  nota 
quaedam  seroitutis,  —  21,  54:  ütrum  tobis  consilium  tandem 
praetoris  recitari  videbatur ^  cum    audiebatis  nomina 


668       Ober  die  Constr.  der  lat  Zeitpartikeln,  v.  E. 

e.  q.  s.  —  Vgl.  24,  60.  48,  127.  68,  163.  68,  176.  —  p.  imp. 
Cn.  Pomp.  17,  53:  An  tibi  tum  imperium  esse  hoc  videba" 
tur^  cum  populiRomani  legatiy  quaeslores  praeloresque  co- 
piebantur?  cum  ex  omnibus  protoinciis  commeatu  et  pri' 
vato  et  publica  pr ohibebamur?  cum  ita  clausa  nobis 
erant  maria  omnia  e.  q,  «.  S.  ebd.  14,  41.  18,  55«  —  p. 
OuinL  19,  60.  61.  —  in  CaL  I,  3,  7.  HI,  2,  8.  7,  16.  —  p. 
Flac.  1,  1.  4,  9.  13,  80.  25,  61.  31,  76.  83,  83.  41,  103.  — 
p.  Süll.  6,  19.  10,  31.  —  p.  Arch.  4,  7.  5,  10.  —  p.  Sest.  11, 
26.  21,  47.  32,  69.  48,  108.  —  in  Pis.  1,  2.  11,  26.  18,  29. 
24,  56.  57.  —  p.  Mil.  12,  33.  21,  55.  —  p.  Lig.  6,  18.  — 
p.  Deiot.  1,  8.  8,  23.  —  Phil.  I,  15,  36.  II,  18,  45.  30,  76.  89, 
101.  V,  17,  47.  VI,  4,  11.  XIII,  8,  17.X1V,  10,28.—  ad  div.  I,  |, 
1.9,  6.111,7,3.10,  2.11,1.4.  13,  1.2.  IV,  14,2.  V,  12,  2.  VI,  I, 
3.  5.  2,  2.  4,  1.  4.  21,  1.2.  VII,  1,  4.  VIII,  3,  1.  IX,  3,  1.  16,  7.  24, 
2.  —  ad  Att.  I,  11,  1.  II,  7,  4.  III,  21.  IV,  8,  2.  6.  V,  2,  1.  15,  8. 
—  de  oflf.  III,  10,  40.  22,  88.  27,  100.  —  Cat.  m.  6,  15.  — SalL 
Jug.  81 ,  20.  Hist.  1 ,  48 ,  6.  D.  —  Nep.  Alt.  9,6.  —  Liv. 
III,  68,  6:  At  hercules^  cum  stipendia  nobis  consulibus 
non  tribunis  ducibuSj  et  in  castris  non  in  fbro  faciebatis^ 
ei  in  ade  vestrum  clamorem  hostes  non  in  conlione  p«- 
ires  Romani  horrebant^  praeda  parta,  agro  ex  hoste 
capto ,  pleni  fortunarum  gloriaeque  simui  pubticae  simul  pri- 
vatae  triumphantes  domum  ad  pßnates  redibatis.  —  S. 
ebd.  VI,  40,  17.  VllI,  8,  13.  XXV,  6,  14.  XXXIV,  4,  10.  — 
Bei  Florus  und  Tacitus  findet  sich  nur  je  ein  Beispiel,  Epit  I, 
24,  1  und  Hist.  I,  62;  beide  Stellen  jedoch  werden  passender 
mit  den  Fällen  zu  verbinden  sein,  y,'0  cum  den  Nachsatz  beginnt. 

Der  dritte  Fall  ist  der,  dass  Zustände  einerseits  und 
Ereignisse  anderseits  in  Zeit-Correlation  gesetzt  werden.  Die 
Selbständigkeit  des  relativen  Gliedes  unterliegt  keinem  Zweifel, 
sobald  in  demselben  das  Factum  gegeben  ist,  bei  dessen  Eintritt 
der  in  dem  demonstrativen  Gliede  enthaltene  Zustand  vorlag.  Ist 
letzterer  das  Besultat  einer  zur  Zeit,  wo  das  Factum  des  rela- 
tiven Gliedes  eintrat,  bereits  vollendeten  Handlung,  so  wird  das 
demonstrative  Glied  auch  im  Plusquamperfect  gegeben  werden 
können.  Hinsichtlich  des  relativen  Gliedes  ist  noch  zu  bemerken, 
dass  das  Factum  statt  im  historischen  Perfect  natürlich  auch  im 
historischen  Präsens  gegeben  sein  kann. 

Caes.  b.  G.  VI,  12,  1:  Cum  Caesar  in  Oalliam  venie, 
atterius  factionis  principes  erant  Haedui^  alterius  Sequani. — 
Cic.  Brut.  48,  161:  haec  Crassi  cum  edita  oratio  esty  quat- 
tuor  et  triginta  tum  habebat  annos  totidemque  annis  mihi 
aetate  praestabat.  —  in  Verr.  V,  69,  178:  Cum  primo 
agere  coepimus ,  lex  non  erat  promulgata,  —  p. 
Flacco  13,  30:  praedones  tum,  cum  Uli  bellum  marilimum 
gerendum   datum    esly   toto   mari  dispersi  vagabantur. 


Ober  die  Conslr.  der  lat.  Zeitpartikcin,  v.  E.  Boffmmn.        699 

—  in  Pis.  ],  2:  nam  tUy  cum  quaestor  es  faciutt,  eliam 
qui  te  nunquam  viderant^  tarnen  illum  honorem  nomini  man* 
dabant  tuo,  —  Phil.  II,  21,  62:  Quid  cupide  a  senatUj 
quid  temere  fiehat^  cum  tu  unus  aduiettcens  Universum 
ordinem  decernere  de  salute  reipublicae  prohibuisti^  we- 
que  semel^  sed  saepius^  neque  tu  ttcum  de  senatus  auctoris 
täte  agi  passus  es*}  Quid  autem  agebatur^  nisi  ne 
deleri  et  ererti  rem  publicum  funditus  veliesj  cum  te  ne- 
que principcs  civitatis  roganao  neque  maiores  natu  monendo 
neque  frequens  senatus  agendo  de  vendita  atque  addicta  sen- 
tentia  movere po tu $t?  —  Ebd.  III,  4^  II.  VII,  4,  1 1.  ad  div.III,  10, 
l:  Cum  est  ad  nos  all  a  tum  de  temeritate  eorum^  qui  tibi  ne- 
gotium facesserent , .  • .  cetera  mihi  facillima  videbantur^.,.. 
multaque  mihi  veniebant  in  mentem  e.  q.  s.  —  SalK  CaU 
51  ,  52:  Sulla  cum  Damasippum  .  .  •  iiigulari  iussitj  quis 
non  factum  eius  laudabat?  —  Jug.  71,  1:  Sed  cum  hae 
litterae  allatacy  forte  Nabdalsa  in  lecto  quiescebat  — 
Liv.  II,  5],  1:  Cum  haee  accepta  clades  estj  iam  C,  Ho- 
ratius  et  T.  Menenius  consules  erant,  —  XXIII,  49,  5:  Cum 
hi  commeatus  venerunty  Iliturgi  oppidum  ab  Hasdrubaie 
oppugnabatur. 

Verg.  Aen.  VIII,  560:  O  mihi  praeteritos  referat  si  Jup- 
piter  annos^  Qualis  eram^  cum  primam  aciem  Praeneste  suh 
ipsa  Stravi  scutorumque  ineendi  victor  acernos^  Et  regem 
hac  Erulum  dextra  süb  Tartara  misi. 

Cic.  p.  Mur.  28,  58:  Bis  consul  fuerat  P.  AfrieanuSj 
et  duos  terrores  huius  imperii^  Karthaginem  Numantiamque^ 
deleverat^  cum  aceusatiit  L»  Cottam,  (Vgl.  oben  Anm. 
81  a,  und  das  zu  der  Stelle  in  Caecil.  21,  69  daselbst  be- 
merkte.) —  Caelius  bei  Cic.  ad  div.  VIII,  6,  5:  Hoc  nondum 
feceraty  cum  prior em  partem  epistolae  scripsi,  — 
Sali.  Jug.  62,  7:  pauci,  cum  primum  deditio  cepitf  ad 
regem  Bocchum  in  Mauretaniam  abierant,  —  Liy.  I,  41,  7: 
And  liberi  iam  tum^  cum  conprensi  sceleris  ministri  suntj 
ut  vivere  regem  et  tantas  esse  opes  Servii  nuntiatum  est^ 
Suessam  Pometiam  exsulatum  ierant.  (So  nach  Heerwagen; 
andere:  iam  tum^  conprensis  sceleris  ministris^  ut  e,  q,  «.)  — 
XXI,  39,  4:  cum  Placentiam  consul  venitj  iam  ex  stativis 
moverat Hannibal,  Taurinorumque  vnam  urbem  ...  vi  ex^ 
pugnara  t. — XXXIV,  16,  6:  cum  Tarraconem  venit^  iam 
omnis  eis  Hiberum  Hispania  perdomita  erat^  eaptivique  . . . 
donum  consuli  a  barbaris  reducebantur,  —  Ebd.  31,  15: 
iam  feceram  haec  qualiacumque  sunt,  cum  societatem 
mecum  pepigistis  et  auxUia  in  bello  adversus  Philippum  ac^ 
cepistis, 

Cic.  in  Verr.  IV,  14,  32:  Eo  cum  venio^  praetor 
quiescebaty    fratres  iVi   Cibgratae   inambulabani.  — 

Zoitiohrifc   f.  d.  Ösierr.  O/oinai    1860-  IX.  Heft*  46 


€70       Ober  die  Constr.  der  lat  ZeitparUkelo,  t.  B,  Bogimmm, 

ad  Alt.  X,  16,  5:  Seif  cum  redeo^  Hortensms  venerat 
et  ad  Terentiam  salutatum  deverterat\  sermone  erat 
usus  honorifico  erga  me,  —  Terent.Eun.  342  F.:  ^ifo«  kuc 
respicio  ad  tfirginem^  lila  sese  interea  commodum  hue  ad- 
vor t erat  In  hanc  noetram  plateam  .  • .  •  Hue  quom  ad-» 
veniOj  nulla  erat.  —  Ebd.  725:  quom  inde  abeo^  iam  tma 
ineeperat  Turba  inier  eo$. 

Wie  in  diesen  Füllen  die  verglichenen  Praterila  onabhäDgif 
von  einander  in  ihrer  objectiven  Zeitgestalt  und  als  Ereignifie 
oder  Zustände  characterisiert  in  Relation  gestellt  sind,  so  brancU 
sich  an  der  objectiven,  coordinierten  Fassung  der  Relation  nichts 
zu  ändern,  wenn  das  zuständiiche  in  das  relative,  das 
alsFactum  schlechthin  gegebene  in  das  demonstra- 
tive Glied  gestellt  ist 

Zur  besseren  Übersicht  mögen  die  Beispiele,  je  nachden 
im  relativen  Gliede  als  Ausdruck  der  Zustandlichkeit  dat  Im- 
perfect  oder  logische  Plusquamperfect  gebraucht iil| 
demgemäfs  gesondert  werden. 

1.  Cum  mit  dem   Indicativ  des   Imperfecta. 

Der  beste  Beweis ,   wie  solche  im  relativen  Gliede  stehende 
Imperfecta   ihre  Begründung  in  der  Beschaffenheit  des  betreffen- 
den Seins  haben ,    nicht  aber  durch  die  Beziehung  auf  das  de 
monstrative  Glied,  als  relativ  dauernd  neben  der  Handlung  des- 
selben veranlasst  sind ,  geben  Stellen ,   in  welchen  —  ganz  so, 
wie  oben  bei  postquam  —  der  Indicativ  des  ImperfecU 
zugleich   neben  einem  Perfect  in   dem  relativen  Gliede  gesetxt 
ist,  so  dass  also  das  eine  wie  das  andere  Tempus,  je  nach  der 
Qualität  des  Seins,  nicht  im  Hinblick  auf  das  demonstrative  Glied 
gewählt  sein  muss.    So  Caesar,  b.  c.  II,  17,  8:   Postea  ter^^ 
cum  [Varro^  Caesarem    ad   Maesiliam    delmeri   eognotit^ 
copias  Petrei  cum   exercitu  Afranii   esse   coniuncta$y  ms§M 
auxHia    conoenisstej    magna    esse   in    spe  afque  exspectsri  H 
consentire  omnem  cileriorem  provinciam  quaeque  postea  acei' 
derantf  de  angustiis  ad  llerdam  rei  frumentariae  ^  accepitj 
atque  haec  ad  eum  latius  atque  inflatius  Afranius  perscrh 
bebaty   se  quoque  ad  molus  fortunae  moeere  coepiL    Du 
Imperfect  perscribebat  —  von   dem  (bleibenden)  Wortlaote 
des  dem  Varro  vorliegenden  Schreibens  —  rangiert  also  in  Toliig 
gleicher  Linie  mit  dem  schlechthin  als  Factum  gegebenen  eogno- 
Vit  und  accepit.  —  Eine   ähnliche  Stelle  Gndet  sich  bei  Ta- 
citus,  An.  15,  64:   Nam  cum  secum  seroilis  animus  praemie 
perfidiae   reputavit   simulque   inmensa   pecunia  et  polenUe 
obversabantur^   cessit  fas  et  salus  palroni  et  aecepUa 
Hberialis  memoria  *®).     Will  man  hier  eine  Relation  für  das  ta- 


**)  Aufser  der  oben  citiertcn  Stelle,  llist.  1^  63»  wo  im  relativen  osd 
demonstratiTcn   Gliede   das  Imperfect  steht,   ist  dies  die  einiisc, 


Ober  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  £.  Ikß^namL       671 

perrect  ohver$ahanlur  suchen,  so  kann  eine  solche  nttr  zu 
repulavit^  zu  welchem  sich  der  mit  que  angeknüpfte  Sats 
epexegelisch  verhall,  nicht  aber  zu  cessit  angenommen  werden. 
—  Wenn  ferner  Caesar,  b.  G.  I,  40,  6  selbst  mit  Vernachlässi- 
gung der  Forderung  der  indireclcn  Rede  cum  mit  dem  Indi- 
cativ  des  Imperfects  setzt;  so  kann  man  darin  nur  den  Be- 
weis erblicken,  wie  angelegentlich  er  es  zu  vermeiden  suchte, 
dass  jenes  relative  Glied  als  untergeordnete  Bestimmung  für  das 
Eintreten  des  im  demonstrativen  Gliede  gegebenen  Factums  auf- 
gefasst  würde *°):  Factum  [e89e\  eius  hontis  periculum  />fl- 
irum  no$troritm  memoria^  cum  Cimbri»  et  Teulonis  a  Gaio 
Mario  puUin  nan  minorem  laudem  exercilus  quam  ipse  im-- 
perator  meritus  videbalur.  Hätte  Caesar  in  der  directen 
Rede  ^cum  . .  . .  viäerelur^  gesetzt,  so  wäre  dies  factisch 
unrichtig,  da  in  dieser  Unterordnung  das  relative  Glied  die  Zeit 
bezeichnen  würde,  in  welche  das  ^factum  est  periculum^  hinein- 
fiel; es  würde  dann  also  die  Folge  des  Ereignisses,  das.  Urtheil 
über  dasselbe,  als  schon  bestehend  angenommen,  ehe  dieses  Er- 
eigniss  selbst  noch  eintrat  Sachgemälser  wäre  es  vielleicht  ge- 
wesen, wenn  videbatur  ceit.  das  demonstrative  Glied  gebildet, 
das  relative  aber  gelautet  hätte  ^cum  factum  est  periculum 
cett.';  dass  aber  Caesar  in  anderer  Weise  die  Glieder  anordnete, 
hat  darin  seinen  Grund,  dass  aus  der  Veranlassung  der  Rede 
selbst  sich  die  Nothwendigkeit  ergab,  zum  Haupttheil  des  Satzes 
den  Gedanken  zu  machen,  «dass  die  Römer  sich  schon  mit  den 
Germanen  einmal  versucht  haben.»  Daran  ist  dann  das  vide- 
batur  als  ein  ganz  unabhängiger  und  selb^andiger  gleich* 
zeiliger  Zustand  angeknüpft**). 


wo  Tacitus  den  Indicativ  dieses  Tempus  bei  cum  bat.  Abge- 
rechnet sind  naturlich  Stellen,  wo  cum  mit  dem  Iroperfect  den 
Nachsatz  bildet.  (An.  I,  61.  VI,  5  (V,  10),  XI,  26.)  Den  Indicativ 
des  Plusquamperfects  bei  cum  hat  Tacitus  nie.  —  Sallust  und 
Nepos  haben  ebenfalls  nur  den  Indicativ  des  Imperfects  da,  wo 
auch  das  demonstrative  Glied  im  Imperfect  sieht  (s.  o.);  den  In- 
dicativ des  Plusquamperfects  haben  beide  zweimal ;  ersterer  nur, 
wo  es  sich  um  wiederholt  eingelretenes  handelt.  Die  Stellen  s.  u.  — 
Florus  hat  cum  mit  dem  Indic.  Imperf.  nur  einmal  und  zwar 
im  Nachsatze  I,  24,  1.  —  cum  mit  dem  Indic.  Plsqpft.  hat  er  nie. 

'*)  Vergleichen  lässt  sich  die  ähnliche  bei  Caesar  sehr  häufig  vor- 
kommende Goncession  an  die  Deutlichkeit,  dass  nicht  selten  in 
der  Oratio  obliqua  insbesondere  hypothetische  Sätze  in  dem  Tempus 
der  directen  Rede  gegeben  sind,  um  nicht  durch  Anwendung  der 
für  die  Orat  obl.  historischer  Art  gesetzmäfsigen  Gonjunctive  des 
Imperf.  oder  Plsqpft.  die  Qualität  der  Bedingung  zweifelhaft  er- 
scheinen zu  lassen.  S.  b.  6.  I,  8,  3  (wo  Kraner  gegen  die  Hand- 
schriften conarentur  statt  conentur  setzt);  14,  6.  17.  18 
(in  beiden  Gapiteln  ist  die  durchgehends  präsenlische  Gonstruction 
durch  diese  Rucksicht  bedingt)';  31, 11  ff.  34, 2. 40, 15.44.  II,  14, 5u.ö. 

')  Sehr  ungenügend,  um  von  Doberenz,  Hinzpeter  u.  a.  abzusehen, 
ist  die  Bemerkung   über  dieses  ^cum  videöafur*  bei  Krancr:  ,ein 

46* 


672        Ober  die  Conslr.  der  lat.  Zeitpartikcln,  v.  E,  liofftnann. 

Noch  weniger  aber  kann  in  den  Fällen  die  Selbständigkeit 
und  Unabhängigkeit  des  relativen  Gliedes  zweifelhaft  &t\ii ,  wo 
das  demonstrative  Glied  zwar  durch  Anwendung  des  Perfects 
als  etwas  schlechthin  vergangenes  charakterisiert  ist,  im  Grunde 
aber  eine  Zuständiichkeit  bezeichnet,  die,  so  lange  sie  bestand, 
parallel  lief  mit  der  im  relativen  Gliede  gegebenen  Zuständiich- 
keit. (Vgl.  das  A.  4  über  das  Perfect  bei  dum^  donee^  quoad^ 
in  der  Bedeutung  <<so  lange  als^  gesagte.)  Wenn  also  nicht  der 
Sprechende  das  Perfect  in  dem  demonstrativen  Gliede  darum  an- 
gewendet hätte,  um  den  in  demselben  ausgesprochenen  Zustand 
entweder  schlechthin  als  ein  in  der  historischen  Vergangenheit 
liegendes  Moment,  oder  als  in  seiner  Gegenwart  nicht  mehr  exi- 
stierend zu  bezeichnen  —  ebenso  konnte  dieser  Zustand  auch 
von  einem  in  der  Vergangenheit  liegenden  Standpuncte  aus  als 
nicht  mehr  existierend  bezeichnet  und  dann  in  das  Plusquam- 
perfect  gestellt  werden : — so  hätten  beide  Glieder  als  sich  pa- 
rallel laufende  Zustände  in  Imperfeclform  gegeben  werden  mCbsen« 
Von  dieser  Art  ist  der  gröfsere  Theil  der  Stellen,  in  denen  Ci- 
cero cum  mit  dem  Indicativ  des  Imperfects  gegenüber  einem 
Perfect  oder  Plusquamperfect  angewendet  hat.  de  invent.  I,  2, 
2:  fuit  quoddam  tempun^  cum  in  agris  homines  passim  be- 
sti'arum  more  pagab  antur  et  sibi  vicCu  fero  vitam  pro^ 
pagabant,  nee  ratione  animi  quidquam  sed  pleraque  niribui 
corporis  administrabant.  Die  relativen  Glieder  geben  die 
Beschaffenheit  der  Zeit  an,  von  der  es  im  demonstrativen 
Gliede  heifst  fuit.  Diese  Zeit  kann  natürlich  nicht  kürzer  als 
ihre  zuständliche  BeschaiTenheit  gedauert  haben.  —  de  erat.  I, 
30,  185:  ratio ^  qua  quondam  Uli  sum  solitus^  cum  mihi 
in  isto  versari  adoiescenCi  lic eb  at  {=  xiti  so  l ebatn  oder 
utebar  ^  cum  l  icebat),  —  Ebd.  II,  37,  1 5  4 :  referia  qnon- 
dam  Italia  Pylhagoraeorum  fu i t  tum^  cum  erat  in  hac  gente 
magna  illa  Graecia, —  p.  Quint.  17,  54:  Ego  pro  te  nunc  hos 
consuiOy  post  tempus  et  in  aliena  re,  quoniam  tu  in  hia  rc, 
cum  tempus  eraty  consuiere  oblitus  es  (=  ^<so  lange 
es  Zeit  war,  so  lange  dachtest  du  nicht  daran>^).  —  in  Verr. 
I9  43,  112:  Quam  po»tea  tibi  tu  defensionem  relinquebas^  in 
ea  maxime  offendisti^  cum  tuam  auctoritalem  tute  ipse 
edicto  proüinciali  repudiabas.  (In  dem  Satze  mit  cum  ist 
nur  die  Erklärung  des  offendisti  enthalten,  worin  dieses  be- 
stand.) —  in  Verr.  V,  37,  97:  quo  (sc,  usque  ad  forum  Sg^ 
racusanum)  [accedere]  ueque  Carthaginienxium  gioriosissimae 
ciasses  cum  mari  plurimum  poterant^  multis  bellis  »aepe 
conatae    unquam   adspirare  potuerunt  e.  q,  s,  —  p.  Mur. 

auffallender  Übergang  in  die  direcle  Rede.  Slali  die  Sache  als  ein 
Argumente?)  indirecl  anzuführen,  gibt  er  den  wirklichen  Tbal- 
bestand  mit  dem  temporellen  cum  »  quo  tempore,'' 


über  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikcln,  v.  S,  ffoffinann,  678 

3,6:  Quod  si  tum,  cum  res  publica  vim  et  seceritatem 
desiderabat,  vici  naCuram  et  tarn  vehemens  fui,  quam 
cogebar,  non  quam  volebamx  nunc  cum  omnes  me  causae  ad 
mitencordiam  atque  ad  humanitatem  vocent^  quanto  tandem 
studio  debeo  naturae  meae  consuetudinique  aereire?  —  p. 
Flac.  7,  17:  Quod  ni  haec  Athenis  tum,  cum  illae  non  so- 
tum  in  Graecia.  sed  prope  cunctis  yentibus  enitebanty  ac- 
cidere  sunt  solila  e,  q.  s.  —  Ebd.  22,  53:  Vidi  ego 
in  quodam  iudicio  nuper  Philodorum  testem  TralUanum,  Pidi 
Parrhasium^  vidi  Archidemum ,  cum  quidem  idem  hie  mihi 
Maeandrius  quasi  ministrator  aderat,  subiicienSy  quid  in 
suos  cioes  cimtatemque,  si  vellem,  dicerem.  —  Ebd.  40,  102: 
O  nox  illa,  quae  paene  aeternas  huic  urbi  tenebras  aCtU' 
iisti,  cum  Qalli  ad  bellum^  Catiiina  ad  urbem,  coniurati  ad 
forum  et  flammam  vocabantur:  cum  ego  te,  Ftacce,  ob- 
testabar^  cum  tuae  fidei  salntem  urbis  et  cieium  commen- 
dabam.  Die  Exclamation  ,0  nox  illa'  kommt  natärlich  gleich 
dem  fragenden  Ausruf  ,quae  fuit  nox  illa!^,  und  die  Sätze 
mit  cum  geben  nun  im  einzelnen  die  BeschafTenheit  jener  Nacht. 

—  Ganz  ähnlich  p.  Pianc.  42,  lOl :  Memmi  enim,  memini,  neque 
unquam  obli'm'scar  noetisilliusy  cum  tibi vigUanti,  assi^ 
denti^maerentty  vana  quaedam,  miser,  atque  inania  pollice- 
bar.  —  Vgl.  in  Verr.  11^  6,  18:  O  praeclare  coniectum  a  vulgo  in 
illam promnciam  omen  communis  famae atque  sermonis !  cum  ex 
nomine  istius,  quid  in  promncia  facturus  esset,  perridicule  ho- 
minesaugurabantur.  —  p.  Sull.  17,  49:  At  nero,  cum  honos 
ag  eb  atur  familiae  vestrae  amplissimus ,  hoc  est  consulatus 
parentis  tui,  sapientissimus  vir  familiarissimis  suis  non  suc- 
censuit  pater  tuus^  cum  Sullam  et  defenderent  et  laudarent : 
intelleg ebat  hanc  nobis  a  maioribus  esse  traditam  disri^ 
plinam  e.  q^  s.  —  p.  Plane.  18,  45:  Isto  in  gener e  et  fui- 
mus  ipsi,   cum   ambitionis  nostrae  tempora  postulabant, 

—  p.  Sest.  52,  112:  Cum  de  dignitate  mea  ferebatur,  nemo 
sibi  nee  valetudinis  excnttationcm  nee  senectufis  satis  iustam  ul- 
lam  putaeit;  nemo  fuit,  qui  »e  non  rempublicam  mecum  simul 
reeocare  in  suas  sedes  arbitraretur.  —  Vgl.  51,  109.  —  in  Pis. 
] 3,  31:  An  cum  proficiscebamini  paludati  in  procincias 
rel  emptas  rel  ereptas,  consules  vos  quisquam  putavit?  — 
p.  Lig.  7,  20:  Atque  ille  eo  tempore  paruit,  cum  purere 
senatui  necesse  erat,  ros  tunc  paruistis,  cum  paruit 
nemo  nisi  qui  ooluit.  (Mit  paruit  ist  nicht  ein  einzelner  Fall 
des  Gehorisam  leisten  gemeint,  sondern  das  andauernde  Verhallen 
des  Ligarius.  Dem  Redner  kommt  es  aber  auf  das  Resultat  des  bei- 
derseitigen Verhaltens  an,  darum  wählte  er  das  Perfect.  Dass  er  die 
beiden  Glieder  des  Vordersatzes  nicht  gleichmäfsig  als  Perfecte  gab: 
ille  eo  tempore  paruit,  cum  purere  senatui  necesse  fuit,  hat 
seinen  leicht  erklärlichen  Grund  in  der  Scheu  vor  der  Folgerung,  zu 


674        Cber  die  Conslr.  der  lat.  Zeitpartikcln,  v.  E,  üoffimam. 

welcher  ein  solches  Perfect  Veranlassung  geben  könnte.)  —  PhiL 
II,  9,  22:  quod  igilur^  cum  re»  agebatur,  nemo  in  me  df- 
wit^  id  tot  annispoft  tu  es  inventus  qui  diceres?  —  XIII,  20, 
47:  gut  (Pansa  et  Hirtiu»)  quasi  cornua  duo  te$iuerunt 
Caesaris  lum^  cum  illae  vere  partes  vocabantur.  —  Ebenso 
d.  prov.  cons.  18,  43.  addiv.  VU,  14,  1.  ad  Alt.  VIU,  9,  1. 

Liv»  VII,  82,  13:  Fuit,  cum  hoc  dici  poterat^  y^pa^ 
tricius  enim  eras  cett^  Nunc  iam  nobis  patribus  robisque 
plebei  consuiatus  patet^*).  —  XXI,  18,  4;  praecepM  restra 
et  prior  leyatio  fuil,  cum  Hannibaiem  Camquam  suo  consiÜB 
Saguntum  oppugnantem  deposcebatis,  (Der  Satz  mit  cum 
gibt  das  Wesen  jener  Gesandtschaft  an.)  —  Terent.  Hec.  420  F.: 
Die»  triginta  aul  plus  eo  in  naoi  fui^  Quom  interea  semper 
mortem  exspectabam  miser.  —  Verg.  Ed.  10,  9:  Quae 
nemora  aui  qui  vos  habuere^  pueliae  Naides^  indigno  cum 
Gaiius  amore  peribat?^^)  —  Acn.  IV,    696:  Infeliw  Dido! 


•')  Weissenborn  erklärt  richtig,  ^fuit,  die  Zeit  ist  vorüber;*  vie 
er  aber  zu  poterat  bemerken  konnte:  «gewöhnlicher  ist  der 
ConjuDctiv,*  und  wie  er  zur  Erklärung  des  Indicativs  es  Hir  pass- 
end finden  konnte  auf  Zumpt  g.  518,  also  auf  solche  Fälle  zu 
verweisen,  wo  der  Lateiner  bei  posse  ebenso  wie  bei  oportet,  9f- 
cesse  est,  dcbeo  u.  dgl.  den  Indicativ  setzt  (aber  doch  nur  in 
einem  freien  Satze!),  statt  des  nach  deutscher Construetion  erwar- 
teten Conjunctivs,  das  muss  nicht  wenig  befremden.  —  Das  fuit 
gleicht  in  seinem  Verhältnis  zu  dem  relativen  Gliede  ganz  dem 
{tetnpus)  fuit  in  der  oben  aufgeführten  Stelle  Cic.  d.  invent  I, 
2,  2.  Während  in  ,cum .,  .poterat*  die  Zeit  ihrer  Beschaffen- 
heit nach  gegeben  ist,  ist  sie  in  fuit  abstract  gcfasst  und  als 
bereits  verflossen  hingestellt.  Somit  findet  zwischen  beiden  Glie- 
dern logisch  die  vollständigste  Zeitcongruenz  statt. 

*')  Wagner  in  der  Annot.  crit.  zu  dieser  Stelle  sucht  in  eigenthüm- 
licher  Weise  die  Differenz  der  Construetion  von  cum  mit  dem  In- 
dicativ oder  Conjunctiv  des  Imperfects  zu  formulieren:  ,Quum 
subiecto  Conjunctivo  Jmperfecti  simpliciter  indicat  rem  guandam 
eo  tempore  evenisse,  quo  aiterum  a/iguam;  sequente  indicatiro 
eiuidem  temporis  hanc  saepe  habet  tim ,  ut  duas  res  nee  tess- 
pore  diversas,  et  ipta  natura  sua  ita  comparaias  st- 
gniflcet,  ut  mutua  quaedam  inter  ipsas  intercedat 
ratio.  Beträfe  diese  Erklärung  die  Verbindung  von  cum  mit 
dem  Conjunctiv  des  Imperfects,  so  könnte  sie  nicht  eben  be- 
fremden, da  sie  nur  eine  Wiederholung  der  vielfach  aufgestellten 
Ansicht  wäre,  dass  wo  cum  temporale  mit  dem  Conjunctiv  stehe, 
zwischen  den  Sachen  selbst  nicht  blofs  ein  äufserlicher  temporaler, 
sondern  auch  ein  innerer  causaler  Nexus  gedacht  werden  müsse; 
dem  indicativ  aber,  dem  Modus  der  objcctiven  Aussage,  der  seiner 
Natur  nach  keinerlei  subjectives  Urtheil  in  sich  einschliefst,  ge- 
rade im  Gegensatz  zum  Conjunctiv  eine  solche  Wirkung  beilegen 
zu  wollen,  das  heifst  die  Begriffe  auf  den  Kopf  stellen.  Vielleicht 
schwebte  Wagner  etwas  ähnliches  vor,  wie  das,  was  wir  wieder- 
holt zu  den  oben  aufgeführten  Stellen  aus  Cicero  und  Livius  be- 
merkt haben,  dass  der  Satz  mit  cum  und  dem  Impf.  Indic.  nicht 
selten  seinem  Wesen  nach  identisch  ist  mit  dem   demonstrativen 


Dber  die  Constr.  der  lat.  Zeitparlikeln^  v.  E.  ffoff>nann.         075 

nunc  te  facta  impia  tangunt ?  Tum  decuity  cum  seeplra  d n* 
bas,  —  Tib.  I,  10,  7:  Nee  belia  fuerunt^  Faginus  ad-^ 
stabat  cum  Mcyphu»  ante  dapen^  Non  arce»,  non  vallut 
erat^  9omnumque  petebat  Securut  varias  dux  gregis  inter 
oves.  —  Ebd.  V.  19:  Tunc  melius  tenuere  fidem^  cum  pau-^ 
pere  eultu  Stabat  in  exigua  ligneus  aede  deut. 

Im  demonstrativen  Gliede  das  PJusquamperfect :  Cic.  p.  Mil. 
33,  88:  Senatu9j  credo,  praetorem  cum  circumscripfinset,  Ne 
cum  volebat  quidem  id  facere  in  prieato  eodem  hoc^  ali'* 
quid  profecerat  —  d.  off*  II,  24,  84:  At  vero  hie  nunc 
Victor y  tum  quidem  tictu»  quae  cogitarat,  cum  iptiu»  in- 
t  er  erat  j  ea  perfeeit^  cum  eiut  iam  nihil  int  eresset  ^*),  — 
Liv.  X,  7,  2 :  qui  cum  eadem  ferme  de  iure  patrum  ae  pfe^ 
biSy  quae  pro  lege  Licinia  quondam  eontraque  eam  dicta 
erantf  cum  plebeis  consulatus  rogabatur,  disseruissenC 
e,  q.  8. 

In  anderen  Stellen,  wo  das  demonstrative  Glied  nicht  den 
Sinn  einer  Zastandlichkeit  involvirt,  gibt  cum  mit  dem  Itidicativ 
des  Imperfects  die  objective  Beschaffenheit  der  Zeit  an,  welcher 
das  Factum  des  demonstrativen  Gliedes  angehört,  Cic.  in  Yerr. 
III^  90,  210:  ab  Ulis  hovkinibus^  qui  tum  v  er  sali  sunt  in 
re  publica^  cum  et  optinU  mores  erant^  et  hominum  existi-^ 
matio  gravis  habebatur^  et  iudicia  severa  fiebant  cetf,  — 
Ebenso  II,  70,  172,  lU,  82,  215.  —  p.  Sest.  26,  66:  re- 
ducti  [sunt]  exsules  Byzantium  condemnati  tum  cum  in-* 
demnati  cioes  e  civitate  eiciebantur.  —  Phil.  II,  36,  90: 
tum^  cum  Optimum  teputabant,  me  quidem  dissentiente^ 
funer i  t grannig  ti  illud  funun  fuU^  sceleratissime  praefuisti^ 
—  Ebd.  44,  114:  Tarquinium  Brutus  bello  est  persecutus^ 
qui  tum  rex  fuil,  cum  esse  Romae  licebat.  —  Ebd*  III,  13, 
33.  Caelius  bei  Cic.  ad  div.  VIII,  5,  2.  d.  orat«  1, 14,  62.  —  Liv. 
XXXIII,  34^  3 :  iis  (regis  Antiochi  legatis)  eadem  fere  quae  Romae 
egerant  verba  sine  fide  rerum  iactantibu»  nihil  iam  perplexe 
ut  ante,  cum  dubiae  res  incolumi  PhiUppo  erant,  sed 
aperte  denuntiatum^  vt  excederet  Asiae  urbibus  e.q,s^  (■»  cum 
dubiae  res  erant,  perplexe  denuntiatum  est.)  —  Verg. 


Gliede,  indem  er  das  in  seinem  zustandlichen  Verhalten  gibt,  was 
in  dem  Demonstrativ -Satze  schlechthin  als  Präteritum  hinge- 
stellt ist. 
**)  Den  Satz  yCum  ipsius  intererat'  gibt  zwar  nur  die  dritte  Bemer 
Handschrift,  doch  gerade  im  11.  B.  d.  ofif.  bietet  sie  allein  eine 
Anzahl  Lesarten,  über  die  noch  nicht  das  letzte  Wort  gesprochen 
ist.  Wäre  ^cwn  ipsius  inlererat^  ein  blofser  Erklärungszusatz 
eines  Reccnsenten,  so  muss  es  jedenfalls  befremden,  den  Indicativ 
intererat  gesetzt  zu  finden,  wo  die  grofse  Mehrzahl  äufserlich 
ähnlicher  Fälle,  namentlich  aber  das  unmittelbar  darauf  folgende 
yCum  . . ,  inieresset'  zur  Setzung  des  Conjunctivs  hätte  ver- 
leiten müssen. 


676        Ober  die  Constr.  der  lat.  Zeitparlikeln,  v.  E,  HoffmamL 

Aen.  VII,  148:  Poslera  cum  prima  luttrahat  lampade  terra» 
Oriadie»^  urbem  et  finis  et  litora  gentis  Diver ni  explorant. 

%.  cum  mit  dem  Indicativ  des  Piuequamper- 
fects.  Hier  wird  es  zunächst  nöthig  sein,  solche  Stellen  aus- 
zuscheiden, in  drnen  das  Plusquamperfect  in  dem  relativen  Gliede 
nur  darum  gesetzt  ist,  weil  auch  das  demonstrative  Glied  durch 
temporale  Unterordnung  unter  ein  anderes  Präteritum  in  dieses 
Tempus  gerückt  ist.  Dabei  ist  jedoch  zu  bemerken,  dass  eine 
solche  temporale  Unterordnung  des  Demonstrativ-Satzes  nur  dann 
auch  die  des  relativen  nach  sich  zieht,  wenn  letzterer,  wie  wir 
dies  eben  bei  Beispielen  von  cum  mit  dem  Indicat.  Impf,  gegen- 
über einem  Perfect  fanden,  seinem  Inhalte  nach  identisch  mit 
dem  Demonstrativ-Satze  ist,  indem  er  den  zustandlichen  Verlauf 
oder  das  Wesen  desselben  enthält^  namentlich  aber  dann^  wenn 
das  demonfiitrative  Glied  nur  durch  ein  Adverbium  der  Zeit  an- 
gedeutet ist,  und  in  seinem  Wesen  dann  durch  das  relative  Glied 
erläutert  wird.  Cic.  p«  Sest.  16,  37:  ad  suam  enim  quandam 
magi»  ille  gloriam  quam  ad  pernpicuam  rei  pubUcae  tum 
»p  ectaraty  cum  unu»  in  legem  per  vim  lat  am  iurare 
noluerat,  —  ad  Att.  III,  18,  1:  Ex»pectationem  nobis  non 
paroam  attulera»^  cum  scripseras  Varronem  tibi 
pro  amieitia  confirmasne  causam  nostram  Pompeium  eerte 
»uscepturum.  —  p.  MiL  22,  59 :  Proxime  deoe  acces»it  ClO'" 
diue^  propiua  quam  tum^  cum  ad  ipsot  p  enetraratj 
cuius  de  morte  tamquam  de  caerimoniis  violatis  quaeritur. 
—  Liv.  V,  28,  1:  CamHlus  meliore  multo  laude y  quam 
cum  triumphantem  albi  per  urbem  vexerant  eqiiiy  in^ 
»ignisy  iustitia  fideque  hostibus  victis  cum  in  urbem  re- 
disset  cett. 

Auch  in  dem  Falle  wird  das  relative  Glied  mit  in  die 
Unterordnung  des  demonstrativen  Gliedes  hineingezogen,  wenn 
beide  Zustände  ausdrücken,  die  in  ihrer  Dauer  vollkommen  con- 
gruent  sind  ,  so  dass  wenn  der  eine  als  abgeschlossen  und  vol- 
lendet vom  Standpuncte  eines  Präteritums  aus  bezeichnet  wird, 
nothwendig  auch  der  andere  abgeschlossen  sein  muss.  Liv.  XXVI, 
40,  17:  quattuor  milia  hominum  erant,  mixti  ex  omni  con- 
luffione  exsules^  obaeratiy  capitalia  ausi  plerique  et  cum 
in  cipitatibus  tuit  ac  »üb  legibu»  vixerant  et  postquam 
eo»  ex  varii»  cau»i»  fortuna  »imili»  conglobaverat  Aga^ 
thyrnam^  per  latrocinia  ac  rapinam  to  le  r  ante»  vitam. 
Aus  tolerante»  ist  zu  cum  —  vixerant  herauszunehmen 
toter  averant*^). 


**)  Vgl.  dagegen  die  schon  oben  citierte  Stelle  Cic.  p.  Mil.  33^  88: 
Senafu»,  credo,  praetorem  cum  eircumscripsistet.  Ne  cum 
V olebat  quidem  id  facere  in  privato  eodetn  hoc,  aiiqufd  profe- 
cerai.  —  p.  Sest.  7,  15:  Fuerat  ilie  annus  iam  in  re  pu~ 
blica,  cum  in  magno  motu  et  multorum    timore  intentu» 


Ober  die  Gonstr.  der  lat  Eeitpartikeln,  v.  £.  ffoff>naim,       677 

Die  Fälle  nun,  wo  mit  cum  der  Indicativ  eines  Io- 
nischen Plusquampe  rfects  in  dem  Sinne  eines  zuständ- 
iichen  Imperfects  construiert  ist,  sind,  wenn  wir  von  denjenigen 
absehen,  wo  cum  mit  dem  Plusquamperfect  das  stetige  Ante- 
cedens einer  wiederholt  in  der  Vergangenheil  eingetretenen  Hand- 
lung gibt,  nicht  eben  zahlreich. 

Cic.  de  invent.  I,  3,  4:  ämc  nimirum^  cum  ad gubernacula 
r  ei  public  ae  temer  arii  atque  auäacea  homines  accesser  ant^ 
maxima  ac  miserrima  navfragia  fieban  t.  (=  cum  guber^ 
nacula  tenebant.)  —  Ebd.  II,  42, 1 24 :  (i>),  qui  cum  leXy  gui^ 
bu8  diebus  in  legationem  proficiseeretur ,  praestituerai^ 
guia  sumptum  quaesior  non  dedit ,  profeetus  nan est,  — 
in  Verr.  IV,  13,  80;  [Tiepolemus  et  Hiero]  quod  Verrem  arti'^ 
ficii sui  cupidum  cognoverant  tum,  cum iste  Cibyram  cum 
inanibus  syngraphis  v  eneraty  domo  fugientes  ad  cum  se 
exsules,  cum  iste  esset  in  Asia ,  contuierunt.  (Über  venerat 
.=  aderat  s.  o.  A.  20 ;  der  Sinn  ist :  ^<sie  hatten  ihn  kennen  gelernt 
zu  der  Zeit,  wo  er  in  Cibyra  sich  aufhielt.'*)  —  Ebd.  V,  69, 
178:  Itaque  cum  primum  agere  coepimusy  lex  non  erat  pro^ 
mufgala;  cum  iste  vestra  severitate  permotus  multa  signa  dC'» 
deraty  quam  ob  rem  responsurus non  videretur,  mentio  de 
lege  nuila  fiebat:  postea  quam  iste  recreari  et  confirmari 
Visus  esty  lex  statim  promulgata  est.  (Mit  cum  signa  dC'* 
derat  [=  cum  signa  aderant]  ist  der  Zeilraum  gegeben, 
mit  welchem  vollkommen  con^nient  war,  ^fiebat  nulla  men^ 
tio  de  lege  [Aurelii  Cottae]^).  —  de  imp.  Cn.  Pomp.  7,  19: 
tum ,  cum  in  Asia  res  magnas  permulti  amiserantj 
scimus  Romae  solutione  impedita  fidem  concidisse,  (Vgl. 
oben  bei  postquam  Sali.  Jug.  97,  1:  po  st  quam  oppidum 
Capsam  celt.  et  magnam  pecuniam  amiserat  e.  q.  s,J 
—  ad  div.  III,  7,  5:  Cum  ea  consecutus  nondum  eram, 
quae  sunt  hominum  opinionibus  amplissima,  tarnen  ista 
vestra  nomina  numquam  sum  admir  atus:  viros  eos,  qui 
ea  robis  reliquissenf,  magnos  arbitrabar,  (Das  *  nondum 
er  am  consecutus  ist  reines  Imperfect;  neben  ihm  in  voll- 
kommen congruenler  Zeitausdehnung  bestand  das  —  vom  gegen- 
wärtigen Standpuncte  des  Schreibers  aus  als  vollendet  gegebene 


est  areus  in  me  unum  traductione  ad  plebem  fiiribundt  ho- 
tninU  e.  q,  s.  —  ad  Alt.  VIII,  11,  D,  6.  Liv.  VII,  16,  2:  Falisei 
quoque hoiies exortiy  quod eos  qui  Falerios perfugerant,  cum 
male  pugnatum  est^  repetentibus  fetialibus  Romanis  non  red- 
diderant,  —  Ebd.  1.  41 ,  7.  —  Ovid.  Met.  VI,  148:  Ante  suos 
Mobe  ihalamos  cognoverat  iliam^  tum  cum  Maeoniam  virgo 
Sipyiumque  c olebat.  In  allen  diesen  Fällen  findet  nur  Zeit- 
gleichheit, nicht  zugleich  auch  jene  innige  Zusammengehörigkeit 
der  Glieder  statt,  wie  sie  oben  als  Bedingung  für  die  Ausdehnung  der 
temporalen   Unterordnung   auf  das  relative  Glied  hingestelU  wut<&A« 


678        Über  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v^  E.  Bofffnanm. 

—  numquam  aum  admiratu9^   und  das   arhitrabar\ 

—  In  der  Stelle  de  legg*  III,  20,  48:  Quamobrem^  si  de  Ma-^ 
crorum  aiienatione  dicendum  putasti^  cum  de  religiane 
leges  propotucras ^  faciendum  tibi  esty  ut  magistraUhu» 
lege  conntitutie  de  potestatum  iure  disputes.  (^Das  Verhält- 
ni&s  von  cum  proposueras  zu  putasti  ist  ganz  dasselbe 
wie  es  das  des  präsentischen,  ^cum  prop  oeuiet^  zu  *pu^ 
tai  sein  würde) •^j. 

Bei  Caesar  findet  sicK  eine  Stelle:  b.  G.  VII,  85,  4: 
Cum  tarn  ex  diei  tempore  coniecturam  ceperat  in  caetra 
perventumy  iedem  »ublicisy  quarum  pare  inferior  remane^ 
baty  pontem  reficere  eoepiC»  (Über  coniecturam  ceperat 
es  einem  zuständlichen  exietimabat ^  vgl.  die  ahnlicheii 
Plusquamperfecte  o*  A.  14);  ebenso  auch  nur  eine  Stelle  bei 
Nepos,  Dat.  6,  5:  Hoc  re  probata  exercitum  educii,  Me^ 
trobarzanem  pereeguitur  tantum\  qui  cum  ad  hoetes  per^ 
veneratf  Datame»  signa  inferri  iuesit. 

Bei  L  i  V  i  u  8  findet  sich  in  den  bezeichneten  zwanzig 
Büchern  so  gut  wie  keine  Stelle,  in  der,  ohne  dass  es  si<£ 
um  wiederholt  eingetretenes  handelte,  cum  mit  dem  Indi- 
cativ  des  Plusquamperfects  verbunden  wäre.  Hinsichtlich  der 
Stelle  XXII,  60,  25 :  haec  vobis  istorum  per  biduum  militia 
fuit,  cum  in  ade  etare  ac  pugnare  d-eeuerat^  tum  in 
castra  refugerunt\  cum  pro  vallo  pugnandum  erat^  ca* 
8tra  tradiderunty  —  ist  es  bekannt,  dass  decueraC  Con- 
jectur  der  Ed.  Ascens.  1513  ist,  während  die  Handschriften 
decuerit  (eine  decrev  erit)  geben.  Ob  nun  decuit  zu 
setzen  sei,  wie  Weissenborn  vermuthet,  oder  ob  mit  Rücksicht 
auf  das  zweite  relative  Glied  'cum  pugnandum  erat^  viel- 
mehr decebat  zu  emendieren  wäre, — als  Livianische  Schreib- 
art kann  das  Plusquamperfect  decuerat  auf  keinen  Fall  gel- 

**)  Es  darf  jedoch  nicht  unbeachtet  bleiben,  dass  nur  in  den  schlech- 
teren Handschriften  ausdrücklich  cum  oder  quom  sicht^  während 
die  besseren,  darunter  Voss.  A.,  Gud.  2  und  cod.  Perizon.  ^ zugeben, 
was  die  jüngeren  zu  derselben  Familie  gehörigen  Handschriften  in 
quoniam  auflösen.  Da  letztere  Partikel  dem  Sinne  der  SteUe 
durchaus  angemessen  ist,  so  durfte  die  Eintragung  von  cum  troti 
der  grammatischen  Richtigkeit  des  Indio.  Plusqpft.  doch  um  so 
mehr  bedenklich  sein,  wenn  man  die  Seltenheit  der  Fälle,  in  denen 
Cicero  selbst  ein  logisches  Plusquamperfect  im  Indicativ  mit  cum 
verbindet,  berücksichtigt  Die  oben  angeführten  Stellen  sind  nämlich 
die  einzigen,  die  sich  im  Bereiche  der  nachstehenden,  von  mir  zu 
diesem  Zwecke  vollständig  durchgesehenen  Schriften  Cicero's  fin- 
den:  in  40  Beden  (p.  Quint ,  p.  Kose.  A.,  inCaecil.,  in  Verr.  Act. 
I  u.  n.  B.  1— V;  d.  imp.  Cn.  Pomp.;  in  Cat.  1— IV:  p.  Mur. ;  p. 
Flacco;  p.  Sulla;  p.  Archia;  p.  Plancio;  p.  Sestio ;  d.  prov.  cons. ; 
inPison;  p.Milone;  p.  Marc.;  p.Ligar.;  p.Deiot. ;  Phil.l— XIV.); 
ferner  dcinvent.;  d.  orat. ;  Brutus;  Orator;  d.  opt. gen. orat ;  Epist« 
ad  div.  I— X;  ad  AtL  I— X;  d.  legib. ;  de  offic;  Gato  m. ;  Laelius. 


Ober  die  CoDstr.  der  lat  Zeitpartikeln,  v.  £.  Boffhfumn.        679 

ten.  *cum  —  de  euer  at^  würde  heissen:  ^<als  es  sich  ge- 
ziemt hatte  und  nun  nicht  mehr  ziemte.'^  —  Eine 
zweite  Stelle  IX,  33,  3:  Permultt  anni  tarn  eranCj  cum 
tuter  patricios  magittratua  tribunoaque  nulla  certamina 
fuer  an  t  ^  cum  ex  ea  familia ,  cui  velut  fatalU  Hb  cum 
tribunis  ac  plebe  eraty  cerfamen  orilur^'')^  —  liefse  sich  in 
gewisser  Weise  den  vorher  besprochenen  Fällen  beizählen  ^  wo 
das  relative  Glied,  wegen  seiner  innigen  Zusammengehörigkeit 
mit  dem  demonstrativen  Gliede,  dessen  Erklärung  es  enthält, 
mit  in  die  Unterordnung  des  demonstrativen  Gliedes  hineinge- 
zogen ist.  Nun  steht  hier  allerdings  das  Imperfect  eranty 
aber  selbstverständlich  vertritt  dieses  erant  seinerseits  nur  ein 
(logisches)  Plusquamperfect  ^  die  vom  Standpuncle  des 'cer^amen 
oritur*  aus  vollendeten  Jahre  sind  in  ihrer  Summe  zu- 
ständlich  gesetzt.  Wie  es  also  vom  Standpuncte  der  unmittel- 
baren Gegenwart  aus  hätte  heilsen  müssen :  permulti  anni  tarn 
8unty  cum  inter  patriciOB  magi$tratUB  Iribunosque  nulla 
certamina  fuerunt^^\  —  so  sind  durch  Beziehung  auf  das 
historische  Präsens  oritur  die  beiden  Glieder  in  die  ganz  ent- 
sprechenden Formen  des  Präteritums  gerückt  worden:  erant 
—  fu  erant. 

Dass  Sallust^  Velleius,  Florus,  Tacilus  kein  Bei- 
spiel des  Plusquamperfect-Indicativ  bei  cum  haben,  ist  früher 
schon  bemerkt  worden. 

Bei  Dichtern  findet  sich  das  logische  Plusquamperfect 
öfters.  Ennius  bei  Cicero,  Brut.  18,  71  (v.  221,  sqq.  ed. 
Vahl.) :  scrfpnere  alH  rem  Voraibua  quOM  olim  Faunei  uate$^ 
que  caneb ant ^    cum  neque  Muaarum   sropuloä  quUquam 

*'j  Die  Worte  ,cui  velut  fatalis  li§  cum  tribunis  ac  plebe  erat, 
nach  Madvig's  Emendaliori;  a.  a.  0.  p.  183  statt  der  gewöhnlichen 
Lesart  .fatalis  ad  lites^.  Die  Handscbrifleo  geben:  guae  vettU 
fatales  cum  tribunis  e.  q.  s. 

**)  Vgl.  Cic.  d.  off.  II,  21.  75:  Nandum  centum  et  decem  anni  sunt, 
cum  de  pecuniis  repetufidis  a  L.  Pisone  tata  lex  est.  (£ine 
Stelle,  die  seltsamer  Weise  in  den  Grammatiken  als  Beispiel  für 
die  Anknüpfung  des  Nachsatzes  durch  cum  citiert  zu 
werden  pflegt,  Madvig  §.  358,  Anm.  1.  Schultz  g.  365,  B.  y.)  — 
ad  Att.  IX,  11.  A,  2:  aliquot  enim  sunt  anni,  cum  tos 
duo  de  legi,  quos  praecipue  coterem,  —  In  beiden  Gliedern  das 
Präsens:  Pbil.  XII«  10,  24:  Vigesimus  annus  est,  cum  omnes 
sceierati  me  unum  petunt.  —  Orat.  51,  171:  Etapud  Graecos 
quidem  iam  anni  prope  quadringenti  sunt,  cum  hoc  proba- 
tur,  —  Verg.  Aen.  III,  645:  Tertia  iam  Lunae  se  cornua  lumine 
conplent,  cum  vitam  in  silvis  inier  deserta  ferarum  Lustra 
domosque  traho  cett,  —  Vgl.  ebd.  V,  626.  —  Bedingt  durch  die 
Eigenthümlichkeit  der  Zeitgebung  im  Briefstil:  Cic.  ad  Att.  111,  21 : 
Triginta  dies  erant  ipsi,  cum  has  dabam  litter as,  per  quos 
mitlas  a  vobis  acceperam,  (Für  die  Gegenwart  des  Schreibenden 
mussle  es  heifsen :  triginta  dies  sunt  ipsi,  cum  has  do  titteras, 
per  quos  nultas  a  tobis  accepi.) 


680       Ober  die  GoDstr«  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  E,  Hoffmann. 

super araC  Nee  dicCi  studioms  erat.  (Das  relative  ond 
demonstrative  Glied  sind  in  ihrer  Dauer  sich  vollkommen  con- 
gruent.)  —  Terent.  Andr.  517:  quom  intellex era»  Id 
consilium  capere,  quor  non  dixtiextemplo  Pamphilo.  (Vgl. 
A.  14.)  —  Verg.  Aen.  V,  42:  Po$lera  cum  primo  Stellas 
Oriente  fugarat  Clara  dies^  socios  in  coetum  litore  ab 
omni  Adv  ocat» 

Es  bleibt  nun  nur  noch  der  Fall  zu  erwähnen  übrig,  wo 
cum  mit  dem  Indicativ  des  Plusquamperfec  ts  das 
stetige  Antecedens  gibt  für  eine  in  der  Vergan- 
genheit wiederholt  eingetretene  Handlung,  die 
darum  ihrerseits  in  das  Imperfect  gestellt  ist.  Da  dieser 
Fall  durchaus  derselbe  ist  wie  der,  den  wir  oben  bei  utj  übt, 
simul  {ae)  bereits  erörtert  haben,  indem  auch  hier  das  Plus- 
quamperfect  ein  1  o  g  i  s  c  h  e  s  ist  ^%  welches  sich  zu  dem  Imper- 
fect des  demonstrativen  Gliedes  genau  so  verhält,  wie  sich  das 
(logische)  Perfect  zu  dem  Präsens  in  den  Fallen  verhält, 
wo  für  eine  wiederholt  in  der  Gegenwart  eintretende  Handlung 
die  Vollendung  einer  anderen  als  Zeitbedingung  gesetzt  ist,  so 
können  wir  unmittelbar  an  die  Anführung  von  Beispielen  gehen. 

Cic.  in  Verr.  I,  46,  120:  a  qua  mutiere  cum  erat  ad 
eum  ventum  et  in  aurem  eius  insusurr atum,  alias  re- 
voeabat  eos^  inter  quos  iam  decreoerat^  decrefumque  mu^ 
tabatj  alias  intef  alios  contrarium  sine  ulla  religione  de^ 
cernebat j  ac  proximis  paulo  ante  decreverat,  —  III,  9, 
23:  nie  erat  in  tribunali  proximuSj  in  cvbiculo  solus,  in 
convieio  dominus^  ac  tum  maxime ^  cum  accubante  prae^ 
textato  praetoris  filio  in  concivfo  saltare  nudus  coeperat. 
—  Ebd.  67,  156:  Quis  istuc  Apronio  attribuebat^  cum 
aratorem  aliquem  eaerterat?  aut  Timarchidi^  cum  ob 
iudicandum,  aut  decernendumy  aut  imperandum  aliquid,  aut 
remittendum ,  pecuniam  acc  e  p  er  at?  aut  Sextio  Uctori^ 
cum  aliquem  innocentem  securi  percusserat?  —  Ebd. 
IV,  61,  137:  Itaque  Syracusis  cum  cicibu»  Romanis  eram: 
eorum  tabulas  exquirtbam,  tniurias  cognoscebam:  cum  diu- 
tius  in  negotio  curaque  fueram^  ut  requiescerem  curamque 


••)  Wie  bei  Uöi  u.  d.  a.  auf  solche  Fälle  von  wiederholt  verbunden 
eingetretenen  Handlungen  aurmcrksam  gemacht  wurde,  wo  statt  des 
logischen  Plusquampcrfects  das  Imperfect  im  relativen  Glicdc 
sich  findet,  so  findet  sich  auch  bei  cum  diese  Zeilgebung:  Cic. 
in  Verr.  II,  13,  34:  Ex  lege  Rupilia  sortilio  nulla  [sc,  fieöat], 
nisl  cum  nihil  inier  erat  islius.  —  Cajs.  b.  c.  I,  79,  2:  Si 
mons  erat  ascendendus,  facile  ipsa  loci  natura  periculum  re- 
pellebat,  —  cum  talits  aut  locus  dec litis  suberat,  neque  ii, 
qul  antecetierant ,  morantibus  opem  ferre  poler ant,  equites 
vero  ex  loco  superiore  tela  coniciebanl,  tum  magno  erat 
in  periculo  res.  Ebenso  b.  c.  HI,  44,  6. 


über  die  Constr.  der  Jak.  Zeitpartikeln,  v.  E,  Hoffmann,       681 

animi  remUCerem^  ad  Carpinatii  praeclaras  tabulas  rever^^ 
(ebar  e,  g.  8,  —  Ebd.  V,  10,  27 — 29:  Cum  auCem  ver 
esse  coeperat  —  cuius  initium  iste  non  a  Favonio  neque 
ab  ali'quo  astro  notabat ^  sed  cum  rosam  viderat^  tum 
incipere  ver  arbitrab  atur  —  da  bat  se  laboribus  atque 
itineribus . . . .  Sic  confecto  ilinere^  cum  ad  aliquod  oppidum 
veneraty  eadem  lectica  usque  in  cubiculum  defereba^ 
tur  ..,.  Cum  vero  aestas  summa  esse  coeperat^  pul^ 
cherrimo   Syracusarum   loco   stativa   sibi  eastra  faciebat. 

—  In  Catil.  III,  7,  16:  Neque  vero  cum  aliquid  manda^ 
rat,  confectum  putabat.  —  p.  Flac.  7,  16:  Cum  in 
theatro  imperiti  homines  consederant^  (um  bella  inutilia 
suscipiebant\  tum  seditiosos  homines  rei  publicae  prae^ 
ficiebant;  tum  optime merito»  e  civitate  eiciebant.  Ebenso 
10,21.  p.  Sest.  59,  126.  Phil.  V,  6,  18.  —  Oral.  32,  113:  Zeno 
manu  demonstrare  solebat  ^  quid  inter  has  artes  inter esset. 
Nam  cum  conpr esserat  digitos  pugnumque  fecerat^ 
dialecticam  aiebat  eiusmodi  esse;  cum  autem  diduxe" 
rat  et  manum  dilataveraty  palmae  illius  similem  elO" 
quentiam  esse  dicebat.  —  d.  orat.  I,  20,  90.  d.  legg.  11,25, 
63.  d.  off.  III,  9,  38. 

Caesar,  b.  G.  III,  14,  6:  Eis  (falcibus)  cum  funesj 
qui  antemnas  ad  malos  destinabant^  comprehensi  ad" 
ductique  erant^  navigio  remis  incitato  praerumpc" 
bantur.  —  Ebd.  15,  1:  disiectis  antemnis  cum  singulas 
binae  ac  ternae  naves  cir cumsteterant^  milites  summa 
vi  transcendere  in  hostium  naves  cont endebant.  -* 
Ebd.  IV,  17,  1:  Haec  (tigna)  cum  machinationibus  immissa 
in  flumen  de  fix  erat  fistucisque  adegerat,...  Ais  item 
duo  ad  eundem  modum  iuncta  ,,,  ab  inferiore  parte  contra 
vim  atque  impetum  flumini»  statuebat,  —  Y,  19,  2: 
cum  equitatus  noster  liberius  praedandi  vastandique  causa 
se  in  agros  eiec  erat ^  [Cassiveilaunus]  omnibus  viis  $e* 
mitisque  essedarios  ex  silvis  emittebat  e.  q.  s.  —  Ebenso 
V,  85,   1.   3.  VU,  22,  2.  —  b.  c.  I,  58,  2. 

Sallust,  Jug.  44,  4:  quantum  temporis  in  imperio 
fuitj  plerumque  milites  in  stativis  castris  habe  bat y  nisi 
cum  odos  aut  pabuii  egestas  locum  mutare  subegerat  ^% 

—  Ebd.  92,  8 :  Vineae  cum  ingenti  periculo  frustra  agc'^ 
bantur;  nam  cum  eae  paullo  proces serant,  igni  aut 
lapidibus  corrumpebantur, 

Cornelius  Nepos,  Epam.  8,  6:  eam  summam  cum 
fecerat^    priusquam   acciperet   pecuniam^    adducebat 


'*)  Vgl.  die  ganz  ähnliche  Stelle  Jug.  18»  2:  Vagi  ßalantes,  qua  fiox 
coegerat,  sedes  habebant. 


$S2        Ober  die  Gonstr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  E.  ffn/pnanH. 

eumy  qui  quaerebaty  ad  eo9y  qui  conferehant^  eique  ut  ipti 
numerarent  faeiebat  cett. 

Bei  Li  vi  US  findet  sich  in  den  Büchern  I — X,  XXI — XXYI, 
XXXI— XXXIV  kein  Beispiel;  ebenso  wenig  bei  Plorusund 
Tacilus.  

Nachdem  wir  nun  die  Bedingungen  erörtert  haben,  unter 
denen  cum  m\X  dem  Indicativ  der  relativen  Zeiten 
des  Präteritums  construirt  werden  kann,  und  als  Resultat  ge- 
funden haben,  dass  dieser  Modus  nur  da  gestattet  ist,  wo  voll- 
ständige Coordination  der  Glieder  stattfindet,  wo  also  die  An- 
wendung des  Imperfects  oder  Plusquamperfects  nicht  durch  die 
Unterordnung  unter  das  demonstrative  Glied,  sondern  durch  die 
Beschafl^enheit  des  betrefi'enden  Seins  selbst  bedingt  ist,  insorern 
dieses  ajs  ein  mit  einer  bestimmten  Qualität  behaftetes  Prä- 
teritum ausgeprägt  werden  soll,  so  bleibt  nur  noch  übrig, 
auf  die  verschiedene  Wirkung  hinzuweisen,  welche  die  Zeit- 
bestimmung durch  cum  mit  dem  Indicativ  gegenüber  der 
durch  cum  mit  dem  Conjunctiv  hat.  Diese  Wirkung  nun  ist 
selbstverständlich  schon  in  der  grammatischen  Form  der  Coor- 
dination oder  Subordination  ausgesprochen:  cum  mit  dem  In- 
dicativ nennt  und  beschreibt  die  Zeit,  welcher  eine  Hand- 
lung oder  ein  Zustand  angehört,  cum  mit  dem  Conjunctiv  da- 
gegen gibt  dieZeftgrenze  dieser  Handlung  oder  dieses  Zu- 
standes  entweder  durch  Beziehung  auf  ein  früher  liegendes  Sein, 
welches  also  nach  rückwärts,  nach  der  Vergangenheit  zu  die 
Bedingung  für  die  zeilliche  Lage  des  anderen  abgibt,  oder  durch 
Beziehung  auf  ein  gleichzeitiges  Sein,  welches  den  Zeitpunct  um- 
schliefst, in  welchem  das  andere  eintrat  oder  stattfand. 

Es  hindert  nichts,  dass  nicht  ein  und  dasselbe  Sein  gleich- 
zeitig beide  Arten  von  Zeitbestimmung  zu  sich  nehmen  könnte: 
es  kann  einmal  durch  cum  mit  dem  Indicativ  die  Zeillage  cha- 
rakterisiert werden,  durch  Nennung  eines  gleichzeitigen  Ereig- 
nisses oder  Zustandes;  es  kann  ebenso  auch  die  Handlung  oder 
der  Zustand  selbst  charakterisiert  werden,  indem  mit  der  Angabe 
ihres  Statlfindens  durch  cum  mit  dem  Indicativ  ihr  eigenes  der 
Zeit  nach  natürlich  vollkommen  paralleles  und  congruentes  eigen- 
schaftliches Verhalten,  ihre  innere  Natur  und  Wesenheit  in  Ver- 
bindung gesetzt  wird;  —  anderseits  kann  aber  auch  zugleich 
eine  engere  Zeitbestimmung  durch  cum  mit  dem  Conjunctiv 
hinzugefügt  werden,  indem  ein  anderes  früher  liegendes  oder 
gleichzeitiges  Sein  herangezogen  wird,  um  in  untergeordneter 
Weise  eine  Zeilgrenze  der  besprochenen  Art  abzugeben. 

Cic.  ad  div.  II,  8,  3:  Ego  cum  Athenis  decem  fpstos 
dies  fuissem^  mulCumque  mecum  Gallus  noster  Caninius, 
proficiscebar  t'nde  pridie  Nonas  Quintilesy  cum  hoc 
ad  ie  litterarum  dedi.  —  p.  Plane.  36,  89:  Ergo  ille  cum 


Ober  dio  Gonstr.  der  lat  Zeitpartikeln,  v.  E.  Boffhumn.       683 

$uum^  non  cum  senatus  factum  defenderety  cum  per-- 
severantiam  senlentiae  auae^  non  salutem  rei  publtcae  re-' 
tinuisael^  tarnen  cum  illud  voluntarium  vulnus  acce- 
pity  iU9CiMsimos  omnium  Metellorum  et  clarisaimos  tnum- 
pho8  gloria  et  laude  super av it.  —  de  imp.  Cn»  Pomp« 
20,  59:  Qui  (Catuluä)  cum  ex  vobis  guaereret,  $i  in 
uno  Cn,  Pompeio  omnia  poneretisy  si  quid  eo  factum  esset, 
in  quo  Bpem  essetis  habituri^  cepit  magnum  suae  virtutis 
fructum  ac  dignitatis^  cum  omnes  una  prope  voce  in  ipso 
vos  spem  habituros  esse  dixistis.  (Hier  gibt  i; um  quae- 
reret  kein  selbständiges  gleichzeitiges  Ereignisse  sondern  es 
ist  nur  eine  untergeordnete  Zeitbestimmung  für  das  fructum 
cepit  \  mit  diesem  aber  musste  coordiniert  werden,  was  demsel- 
ben seiner  Natur  nach  durchaus  coordiniert  und  congnient  ist, 
da  es  identisch  mit  demselben  ist,  sein  Wesen  ausmacht,  der 
Zuruf  des  Volkes*  Stunde  cum  diceretis^  so  wäre  mit 
diesem  nur  eine  weitere  untergeordnete  Zeilbestimmung  für  das 
fructum  cepit  gegeben,  nicht  aber  das  Zusammenfallen  beider 
ausgesprochen).  —  d.  orat.  II,  67,  272  :  Est  huic  finitimum 
dissimulationi  y  cum  honesto  verbo  vitiosa  res  appellatur: 
u  t  cum  Africanus  censor  tribu  mov  eb  a  t  cum  centuriO" 
nemy  qui  in  Paulii  pugna  non  adfuerat y  cum  ille  se  cu^ 
stodiae  causa  di  cer  et  in  castris  remansisse  quaere^ 
retquCy  cur  ab  eo  notaretur :  ,\on  '' amo ,  in  qui t y 
nimium  diiigentes.^  —  Ebd.  70,  282:  Huic  similis  est  etiam 
admonitio  in  consilio  dando  familiaris:  uty  cum  patrono 
maiOy  cum  vocem  in  dicendo  obtudissety  suadebat 
Granius ,  ut  mulsum  biberet ,  simulac  domum  redisset : 
yVerdamy  inquit,  vocem,  si  id  fecero^  ^Melius  est ,  inquit, 
vocem^  quam  reum.' 

Bekanntlich  ist  in  einer  Stelle  bei  Cicero,  auf  die  bereits 
oben  A.  45  hingewiesen  wurde,  de  fin.  II,  19;  61  cum,  ohne 
wiederholt  zu  sein ,  gleichzeitig  mit  dem  Conjunctiv  und  dem 
Indicativ  verbunden:  num  etiam  P.  DeciuSy  cum  se  devo^ 
veret  et  equo  admisso  in  mediam  aciem  Latin orum  ir~ 
ruebaty  aliquid  de  voluptatibus  suis  cogitabat?  Die 
Wahl  des  Modus  in  beiden  Zeitbestimmungen  ist  vollkommen 
gerechtfertigt.  Mit  cum  se  devoveret  ist  die  Zeilbedingung 
für  das  eogitabaty  m\{  cum  irruebat  dagegen  ein  dem 
cogitabat  paralleler  Zustand  ^  das  gleichzeitige  eigenschaftliche 
Verhallen  des  Subjects  gegeben  ^^). 


'')  Wenn  zu  ändern  wäre,  so  könnte  am  ehesten  die  Gonjectur  von 
Dayisius  gebilligt  werden:  ,ettm  se  devoverat  et ,  ,  ,  irruebat,* 
Dann  würde  auch  das  logische  Plusquampcrfect  ebenso  wie  das 
Imperfect  eine  Charakteristik  der  Lage  des  Decius  geben^  mit  der 
das  jCogitaöat*  gleichzeitig  war. 


684        Über  die  Gonstr.  der  lat  ZeitparUkeln,  v.  E,  BoffmoMü. 

Es  bleibt  nun  noch  der  Gebrauch  des  sogenannten  ,cum 
im  Nachsätze^  zu  erörtern  übrig. 

Das  Eigenlhümliche  dieser  Construction  besteht  bekannt-^ 
lieh  in  einer  gewissen  Umkehrung  der  Glieder,  insofern  das, 
was  durch  cum  als  Zeilbestimmung  entweder  in  der  Form  der 
Coordination  oder  der  Subordination  mit  einem  anderen  Ereig- 
niss  oder  Zustand  hatte  in  Verbindung  gesetzt  werden  sollen, 
in  Form  der  selbständigen  Aussage  und  mit  der  seiner  Qualitit 
entsprechenden  Zeitgebung  auftritt,  während  das  Hauptmoment 
der  Erzählung  äufserlich  durch  das  wieder  zum  verknüpfenden 
Adverb  gewordene  cum  daran  angereiht  ist. 

Es  liegt  in  dieser  äufserlichen  Nebeneinanderstellung  eine 
gewisse  Naivetät,  insofern  der  Schriftsteller  darauf  verzichtet, 
die  vorbereitenden  untergeordneten  Facten  oder  Umstände  auch 
in  diejenige  syntaktische  Form  zu  bringen,  welche  ihrem  Ver- 
hältnisse zu  dem  übergeordneten  Momente  der  Erzählung  ent- 
spricht. Indem  man  femer  nicht  schon  in  vorhinein  durch  die 
Conjunction  und  wol  auch  durch  den  Modus  auf  den  Zusammen- 
hang vorbereitet  wird,  in  welchem  der  schlechthin  als  bestehend 
ausgesagte  Zustand  oder  die  als  bereits  vollendet  berichteten 
Ereignisse  mit  einem  nachfolgenden  Ereignisse  etwa  stehen,  so 
muss  diese  Satzanordnung  insbesondere  da  als  wirksame  Ein- 
kleidung erscheinen,  wo  bei  dem  Hörer  oder  Leser  derselbe  Ein- 
druck des  Unerwarteten,  Oberraschenden  soll  hervorgebracht 
werden,  den  in  der  Wirklichkeit  das  unter  dem  Obwalten  jener 
Umstände  plötzlich  eintretende  Ereigniss  ausübte. 

Demgemäfs  ist  auch  die  am  häufigsten  vorkommende  Zeit- 
gebung  bei  dieser  Anordnung  der  Satzglieder  die,  dass  an  die 
Schilderung  eines  Zustandes  im  Imperfectum,  oder  insofern 
der  Zustand  aus  der  Vollendung  einer  Handlung  resultiert,  im 
Plusquamperfectum,  die  Erzählung  eines  Ereignisses  im 
historischen  Perfect  oder  historischen  Präsens  mit- 
telst cum  angeknüpft  wird.  Zur  Verstärkung  des  Eindruckes  des 
plötzlichen  und  unerwarteten  tritt  zu  cum  meist  noch  repenle 
oder  subito''^)   hinzu,    während   in  dem  Vordersalze   meist 


'')  Statt  dieser  Adverbia  treten  auch  die  entsprechenden  Adjectiva  re- 
pens,  repentinus  y  subitu»  ein.  Liv.  XXXIII,  15,  6:  iam 
hnud  procul  castrU  aber  an  t  peditesque  equitesque  et  Thracum 
quidam in  vagoa patatosque  per  agroi  hostis  impetum  fecerant, 
cum  repem  terror  castris  infertur.  —  XXIII,  3Ä,  7:  erant 
qui  Magonein  cum  ctnsse  copitsque  omissa  llatia  in  Hispaniam 
averterent,  cum  Sardiniae  recipiendae  repentina  spes  ad- 
futsit.  —  Verg.  Aen.  II,  679:  Taiia  vociferans  gemitu  tectum 
omne  replebat,  cum  subitum  dictuque  oritur  mirabile 
monitrum.  —  Geo.  IV,  488. 


Ober  die  Gonstr.  der  lat  Zeitpartikeln,  t.  S.  HoffKnanM,        685 

iam^  nondum,  und  bei  Anwendung  des  Plusquamperfecla 
viXy  aegre^  oder  tantum''^^  steht 

Cic.  in  Verr.  II,  29,  72:  Non  duhitabat  Minucius^ 
quin  iate,  quoniam  consilium  dimisisset^  illo  die  rem  iliam 
quaetiturus  non  esset :  cum  repente  iubetur  dicere, 
—  III,  14,  36:  Ferebat  hanc  quoque  iniquitatem  Septi^ 
Cius^  et  imbri  frumentum  corrumpi  in  area  patiebaturi 
cum  illui  edictum  repente  uberrimum  et  quaestuosissi'^ 
mum  nascitur  celt.  —  Vgl.  ebd.  34,  79.  IV,  40,  ^6.  V,  7, 
16.  62,  161.  in  Pis.  5,  II.  p.  Sest.  14,  32.  Phil.  V,  8^  23* 
XIII,  9,  19.  ad  div.  IX,  7,  1.  ad  AU.  IV,  2,  3.  IX,  I2,  1. 

Caes.  b.  G.  VII,  26,3:  Jamque  hoc  facere  noctu  ap" 
parabantj  cum  matres  familiae  repente  in  publicum 
procurrerunt.  —  Ebd.  VI,  7,  2:  iamque  ab  eo  (LU'- 
bieno)  non  longius  bidui  via  aberantj  cum  duas  veniase 
legiones  missu  Caesaris  cognoscunt. 

Ebenso  Sallust  Jug.  101,  8.  106,  5.  —  Livius  I,  86, 

I,  50,  1.  II,  10,  10.  12,  2.  23,  14.  25,  8.  46,  5.  63,  2.  65, 
6.  III,  28,  7.  30,  4.  44,  8.  49,  5.  IV,  48,  5.  55,  1.  59,  7« 
V,  7,  1.  16,  8.  VI,  8,  7.  14,  1.  17,  6.  24,  8.  VII,  86,  5. 
VIII,  1,  1.  38,  12.  IX,  38,  3.  37,  5.  XXI,  38,  2.  XXII,  1,  1. 
21,  6.  XXIII,  82,  7.  XXIV,  5,  9.  XXV,  3,  19.  19,  4.  87,  IK 
XXXI,  39,  1.  XXXII,  4,  7.  XXXIII,  37,  2.  XXXIV,  47,  1.  — 
Velleius  If,  28,  2.  47,  2.  61,  1.  110,  1.  —  Florus  I,  11, 
13.  18,  4.  III,  17,  7.  IV,  10,  8.  —  Tacilus  An.  I,  16,  51. 
III,  1.  IV,  1.  27.  VI,  5  (V,  10).  8  (2).  66  (50).  XI,  26.  37. 
89.  XIII,  20.  XIV,  14.  26.  34.  61.  —  Hisl.  I,  29.  48.  54.  69. 

II,  41.  54.  III,  16.  32.  IV,  28.  57.  66.  71.  75.  V,  18.  — 
Agr.  26.  29.  33. 

Vergil,  Aen.  I,  36.  223.  509.  II,  567.  589.  680.   730. 

III,  18^7.  345.  622.  V,  328.  867.  VII,  27.  VIII,  28.  IX,  872. 
895.  XI,  783.  XII,  249.  941. 

Im  Vordersatze  das  ImperTect  zugleich  mit  dem  logi- 
schen Plusquamperfect,  im  Hauptsatze  das  historische 
Perfect  oder  Präsens: 

Livius  III,  59,  1:  Ingen»  metus  incesserat  patres 
vuUusque  iam  inde  tribunorum  eranty  qui  decemvirorum 
fuerant:  cum  M.  Duillius  .  .  .  inquit  cett.  —  Ebenso  III, 
60,  9.  IX,  43,  17.  XXII,  29,  6.  XXXIII,  15,  6.  —  Tacilus 
An.  XIII,  54:  iamque  fixer ant  domosj  semina  arnis^ 
intuierant   uique  patrium  solum   exercebanty   cum 


")  Letzleres  bei  Cic.  ad  dlv.  VII,  23.  1:  Tantum  quod  ex  Arpinatl 
venerum,  cum  mihi a  te  litterae  redditae  sunt,  —  Vellei. 
II,  117,  1:  Tantufn  quod  uitimam  imposnerat  Pannonico 
ac  Delmatico  hello  Cxsar  mamim,  cum  fnnestae  ex  Germania 
epiitulae  caesi  Vari...  [nuntium  attulerunt], 

Zeittehrift  f.  d.  dttarr,  Oymnat.  1860.  I>.  Haft.  47 


6S6        Ober  die  Gonstr.  der  laL  Zcitpartikoln,  t.  B.  HolMamn. 

DubiÜM  Avitu»  minitando  vim  Roman  am  perpulit  Ver- 
ritum  et  Malorigem  preces  susa'pere^  —  Ebenso  An.  XV,  69. 
.i—  Verg.  Gco.IV,  485:  Jamque  pedem  referent  casus  eva- 
serat  omnis,  Redditaque  Eurydice  superas  veniebat  ad 
auras  .  .  .  Cum  subita  ineautum  dementia  cepit  aman' 
tem.  —  Ebenso  AenJII^  5^8.  IV,  8.  V,  838.  IX,  i08.  XI,  904. 

Im  Vordersatze  das  logische  Piusquamperfec t,  im 
Hauptsalze  das  historische  Perfect  oder  Präsens: 

Cicero  in  Verr.  II,  88,  93:  Vix  ille  hoc  diofermt^ 
e^m  iste  pronuniiat  celt.  —  p.  Ciuent.  9,  28.  d.  ortt. 
II  ,  21,  89.  ad  Air.  II,  12,  2.  IV,  8  b.  1.  V,  19,  1.  IX,  2  A, 
8.  X,  16,  1.  ad  div.  IX,  26,  I.  Caelius  ebd.  VIII.  12^ 
8.  —  Caes.  b.  6.  VI;  8 ,  1 :  Vix  agmen  novissimum 
extra  munitiones  proe&s  serat,  cum  Galli  cohor" 
tati  inter  se  e.  q.  s.  —  "Sallust,  Jug.  60,  6.  —  Nepos 
Eum.  9,  1.  —  Livius  I,  2J>  8.  III,  18,  8.  IV,  33,  1.  VII,  24, 
4.  33,  11.  36,  2.  VIII,  38,  2.  IX,  24,  13.  X,  41,  5.  XXI, 
25,  2.  XXII,  19,  10.  XXIII,  16,  13.  XXIV,  32,  5.  33,  8. 
XXV,  24,  1.  XXVI,  17,  12.  45,  6.  XXXIV,  60,  8.  60,  1.  — 
Velleius  11,70,3:  Deeiderat  Cassi  caputy  cum  eoocO' 
tus  advenit  nuncians Brutum  esse  victorem.  —  Ebd.  101, 
1.  117,  1.  — 'Florus  III,  19,  9.  —  Tacilus  An.  I,  19.  II, 
8.  52.  IV,  64.  Vlj-8I  (25).  XI!,  32.  49.  —  Hist.  I,  66.  II, 
36.  III,  21*  IV,  88.  V,  8.  —  Vergil  Aen.  I,  586.  II,  323.  IIL 
656,  V,  84.  69S.  VI,  45.  190.  372-  VII,  104.  VIII,  98.  276. 
XII,  154. 

Neben  diesen  Hauptarten  der  Zeitgebung  in  Vordersatz  und 
Nachsalz  finden  sich  noch  mancherlei  Variationen,  je  nachdem 
entweder  in  dem  durch  ctim  angeknöpften  Nachsatze  zustand- 
liches  gegeben  ist,  oder  umgekehrt  in  dem  Vordersatze  Facta 
(oder  auch  die  einzelnen  Momente  eines  Zustandes)  aufgeführt 
werden,  mit  denen  gleichzeitig  das  im  Haupt  satze  gegebene  statt- 
findet. Danach  ergeben  sich  folgende  Möglichkeiten  der  Zeit- 
gebung  für  beide  Glieder : 

1:  im  Vordersatze  dasimperfect  oder  logische 
Plusquamperfect,  im  Nachsatze  a)  das  Imperfect,  b) 
das  Plusquamperfect. 

I,  a.  Cic»  in  Verr.  Act.  I.  6,  17:  Libelli  nominum  ve- 
strorum  conciliique  huius  in  manibus  erant  omnium.  nulla 
notaj  nullus  color ,  nullae  sordes  videbantur  his  sen^ 
tentiis  allini  posse:  cum  iste  repente  ex  alacri  atque 
laeto  sie  erat  humilis  atque  demissus  cett.  —  II.  Act.  II, 
36,  89:  Una  nox  intercesserat ^  cum  iste  Doroiheum 
Sic  diligebaty  ut  e.  q.  s.  —  Tac.  An.  I,  51,  XI,  26.  — 
Verg.  Geo.  IV,  425 :  Jam  rapidus  torrens  sitientis  Sirius 
IndosArdebat  caelo  et  medium  soi  igneus  orbem  HaU" 
serat]  arebanC  herbae  et  eava  flumina  siccis  Faucibus 


über  die  Gonstr.  der  lat  Zeitpartikeln,  v.  S,  ffoff>naim,       687 

ad  li'mum  radii  tepefäeta  eoquehant:  Cum  Proteus  con^ 
Mueta  peten»  e  fiuctibus  antra  Ibat.  —  Aen.  V,  S70. 

b)  Hieher  wäre  die  bekannte  Stelle  VergiFs  zu  ziehen,  Aen. 
II,  254  (F.,  die  den  Interpreten  so  viel  Mühe  gemacht  und  manch 
unnölhigen  Emendationsversuch  veranlasst  hat:  Et  iam  Argiea 
phalanx  instructis  navtbus  ibat  A  Tenedo,  tacitae  per 
amica  »ilentia  lunae  Litora  nota  petens:  fiammas  cum 
regia  puppis  Ex tulerat  fatinque  deum  defensu$  iuiquis 
Inciusos  utero  Dariaoe  et  pinea  furtim  Laxat  ciaustra 
Sinon.  Fasst  man  extulerat  logisch  (als  anticipiertes  Re- 
sultat, s.  0.  A.  31)  =  ,da  hatte  das Admiralschiff  die  Signal^ 
fackel  ausgesteckt^  (=5,da  war...  die  Signalfackel  ausge- 
steckt') so  sindsich  ex  tulerat  und  laxat  insofern  voll- 
kommen coordiniert,  als  beide  etwas  geben,  was  eintrat,  als  der 
im  Vordersatze  ausgesagte  Zustand  bestand;  nur  sind  beide  in 
ihrer  Qualität  verschieden,  indem  das  erstere  seiner  Natur  nach 
etwas  zuständliches,  das  andere  dagegen  ein  Factum  schlechthin 
ist.  (Vgl.  übrigens  das  unten  unter  2,  b.  gegebene  Beispiel  aus 
Livius.) 

2.  Im  Vordersatze  steht  das  historische  Perfect 
oder  historische  Präsens,  im  Nachsatz  entweder  a)  das  hi- 
storische Präsens  oder  Perfect,  oder  b)  das  Imper- 
fect  oder  logische  Plusquamperfect. 

a)  Cic.  p.  Sest.  87,  79:  Itaque  fretue  »anctitate  tribu^ 
natu»  venitin  templum  Caetoris ^  obnuntiavit  eoneuli: 
cum  »ubito  manu»  Ulm  Clodiana  exclamatj  incita^ 
tur^  invadit  cett.  —  Phil.  U,  29,  73:  Itaque  excu»»is 
tuis  vocibus  et  ad  te  et  ad  praede»  tuo»  milite»  mi»it: 
cum  repente  a  te  praeclara  illa  tabula  prolata  e»t. 
—  ad  Att.  IV,  1,  3:  cum  pontifices  decressent  ita..,,y  mihi 
facta  »tatim  est  gratulatio:  cum  subito  ille  in  con^^ 
cionem  ascendit.  —  Cses»  b.  c.  II,  11  ,  4  (im  Vordersatze 
das  histor.  Perfect  zugleich  mit  dem  Imperfect):  Compluribu» 
iam  lapidibus  ex  ea  quae  suberaty  turri  subductis  repen^ 
tina  ruina  pars  eius  turris  concidit^  pars  reliqua  con-^ 
sequens  procumb  ebat,  cum  hoste»  urbis  direptione  per^ 
territi  inermes  cum  infulis  se  porta  foras  unieersi  p  rori^ 
piunty  ad  legatos  atque  exercitum  supplices  manus  tei^^'^' 
dunt,  —  Auct.  b.  Afr.  61 ,  2.  —  Liv.  V,  7,  5.  XXIV,  29, 
1.  —  Verg.  Aen.  I,  534:  Hie  cursu»  fuit:  cum  subito 
adsurgens  fluctu  nimbosus  Orion  In  vada  caeca  tulit  cett. 

Hirtius,  b.  G.  VIII,  29,  1 :  Cum  aliquamdiu  summa  con- 
tentione  dimicaretur,  Dumnacus  instruit  aciem^  ...cum 
repente  confertae  legiones  in  conspectum  hostium  veni- 
unt.  —  Liv.  IV,  32,  1:  Romae  terror  ingens  erat,  accito 
exetcitu  a  Veiis  eoque  ipso  ab  re  male  gesta  perculsOj  ca^ 
stra.lo  e  antur  ante  portam  Collinam  et  in  muri«  armaVi 

41* 


e88        Ober  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  ▼.  E,  Baginmv^ 

di8p09iti  et  iustitium  in  foro  Cabernaeque  elautae^ 
fiuntque  omnia  castris  quam  urbi  iimiliora:  cun^  irepi" 
dam  civitatem  dictator  increpuit  cett.  —  XXIII,  18,  3. 
XXVI,  18,  7.  —  Verg.  Aen.  VII,  160:  lamque  Her  ementi 
turri»  ac  tecta  Latinorum  Ardua  eernebant  t'uveneß  mu^ 
roque  »ubibänt\  Ante  urbem  pueri  .  •  .  Exercentur 
equis  domitantque  in  pulvere  curruSj  Aut  acn's  ten* 
dunt  arcusy  aut  lenta  laeerti»  Spicula  contorguenl 
cursuque  ietuque  lacessunt:  Cum  praevectus  equo  ian-' 
gaevi  regis  ad  auris  Nuntius  •  ••  reportat  e.  g.  m.  — 
Ovid.  Met.  X,  479:  Perque  novem  erravit  redeuntis  eor^ 
nua  lunae,   cum  t andern  terra  requievit  fessa  Sabaee. 

b*  Liv.  II,  46,  3 :  vix  explicandi  ordines  spatium 
Etruscis  fui  t^  cum  pifis interprimam  trepidationem  abiee» 
tis  temer e  magis  quam  emissiB  pvgna  iam  in  manus,  iam 
ad giadios^  ubi Mars  est  ätrocissimus,  venerat  (=>  ^kaain 
halten  die  EtruskerZeit  ihre  Reihen  zu  entwickeln,  da  war  das 
Gefecht  bereits  Handgemenge  und  Schwertkampf  geworden.^) 

3.  Eine  weitere  Variation  entsteht  endlich  dadurch,  dass 
in  dem  einen  oder  dem  anderen  Gliede  der  Infinitivus  hislo- 
ri^cus  eintritt  (Stellen,  in  denen  in  beiden  Gliedern  dieser  Iq'* 
finitiv  gesetzt  wäre,  sind  mir  nicht  bekannt.) 

a«  Der  Infinitivus  historicus  im  Vordersatze:  Lir. 
V,  46,  1 :  ,  Romae '  interim  plerumque  obsidio  segnis  et 
utrimque  Silentium  esse^  .  ..  cum  repente  iuvenis  Ro^ 
manus  admiratione  in  se  cives  hostesque  convertit.  — 
Yerg.  Aen.  V,  654:  At  matres  primo  ancipites  oeulisque 
malignis  Ambiguae  sp  ectar  e  rates  .  .  .  ;  Cum  dea  se 
paribus  per  caelum  sustulit  alis  Ingentemque  fuga  «e- 
cuit  sub  nubibus  arcum, 

b.  Im  Nachsatze:  Liv.  II,  27,  1:  Fusis  Auruncis  vieler 
Romanus  promissa  consulis  fidemque  senatus  exspectO" 
bat:  cum  Appius  quam  asperrime  poterat  ius  de  creditis 
pecuniis  dicere.  —  Tac.  An.  II,  31:  cingebatur  interim 
milite  domus,  atr epebant  etiam  in  vestibulo^  cum  Libo 
vocare  percussorem^  prensare  servorum  dextrasy  in-* 
serere  gladium.  Ebd.  c.  40.  VI,  LO  (44).  XI,  84.  XIV,  5. 
Hist.  III,  31. 

Tacit.  An.  IV,  60  :  ingruebat  nox  nimbo  atrox^  ho- 
st isque  clamore  turbido\  modo  per  vastum  Silentium y  in-' 
certos  obsessores  effecerat:  cumSabinus  cir  cumire^ 
hortari  cett.  —  Flor.  III,  II,  8:  Itaque  vixdum  rr- 
nerat  Carras^  cum  undique  praefecti  regis  ostendere 
Signa  cett. 

Bei  cum,   wenn   es   so   den  Hauptsatz  anknüpft,   ist  die 
Frage  nach  dem  Modus  eine  völlig  müssige,   da  beide  Glieder 


über  die  Constr.  der  lat  ZeitparUkeld^  v.  S,  W^iflnaim,        689 

in  vollkommen  freier  SatzForm  auftreten,  und  die  Zeitgleichheit 
selbstverständlich  ist,  da  cum  nach  Art  eines  addierenden 
Adverbs  (etwa  s=  simul)^  zu  schon  bestehendem  oder  eben 
geschehendem  neu  entstehendes  hinzufügt. 

Anders  verhält  es  sich  dagegen,  wenn  bei  gleicher  Anord- 
nung der  Glieder  der  Vordersatz  auch  wirklich  der  Hauptsatz 
ist,  während  durch  cum  nachträglich  ein  untergeordnetes  oder 
beigeordnetes  Moment  der  Erzählung  angeknüpft  wird.  Hier 
müssen  natürlich  wieder  die  allgemeinen  Regeln  über  cum  in 
Kraft  treten  '*),  und  es  wird  demnach  nur  dann  der  angeknüpfte 
Satz  in  freier  Zeit  und  Modusform  auftreten  können,  wenn  die 
Grundbedingung  objpctivcr  temporaler  Vergleichung  zweier  Hand- 
lungen stattfindet,  nämlich  Gleichheit  ihrer  natürlichen  Zeit. 

Da  nun  cum  in  den  Fällen,  wo  es  zu  einem  Hauptsatze 
noch  ein  Moment  der  bezeichneten  Art  hinzugefügt,  meist  mit 
den  Adverbien  interea^  inierim,  etiamtum  verbun- 
den ist,  so  ist  es  sehr  erklärlich^  dass  da  diese  Adverbia  über 
die  volle  Zeitgleichheit  keinen  Zweifel  lassen,  der  Indicativ  als 
iTgelmässige  Construction  erscheinen  muss,  falls  nicht  irgend 
welche  subjective  Nüancirunof  des  Gedankens  durch  Setzung  des 
Conjunctivs  beabsichtigt  wird  '*).  Aber  trotz  der  Setzung  von 
interea  kann  zuweilen  doch  die Zeitgleichbeit  nicht  vorhanden 
hein,  falls  nämlich  interea  sich  nicht  sowol  auf  die  Zeit  der 
Handlung  des  Vorder-  und  Hauptsatzes  bezieht,  als  vielmehr 
auf  eine  dem  Verbum  desselben  beigegebene,  eine  Zeitrechnung 
enthaltende  adverbielle  Bestimmung.  Ein  Beispiel  der  Art  U\ 
die  Stelle  Cic.  p.  Rose.  A.  5,  11:  Longo  int erv  allo 
iudicium  inter  $icarios  hoc  primum  committituvy  cum 
interea  caedes  indignissimae  maximaeque  faetae  »int. 
Hier  bezieht  eich  interea   nicht  auf  die  Zeit  des  commit-* 


'*)  Die  aufsere  Ähnlichkeit  mit  den  Fallen ,  ViO  cum  den  Hauptsatz 
anreiht,  war  es,  die  Livius  an  zwei  Stellen  auch  einen  mit  cum 
inter  im  angereihten  Satz  als  Hauptsatz  behandeln  und  in  den 
Accus.c.  Inf  in.  stellen  liefs:  IV,  51,  4:  iacere  tarn  diu  inri- 
ias  satictioMs  quae  de  suis  commodis  ferrentur ,  cum  inte- 
rim  de  sanguine  ac  supplicio  suo  latam  legem  confestim 
exerceri  et  tantam  rim  habere.  —  VI,  27,  6:  eam  iudiß" 
cationem  plebis  triöuni  ferendam  negabant:  fugere  senatum  testes 
tabultts pubilcas  census  cuiusgue , . . .  cum  interim  obaeratam 
piebem  obiectari  aliis  atque  aliis  hostibus. 

'*)  Cic.  in  Verr  Act.  I.  6, 15:  Simulat  se  eorum  praesidio  conßderet 
cum  interea  aliud  quiddam  iam  diu  machinetur,  —  Ebd. 
11.  Act.  II,  9, 25.  —  III,  25,  62:  Statuitur  eques  Romanus  prope  annos 
XC naius,  in  Apronii cönvitio,  cum  interea Äpronius  Caput  atque 
OS  suum  unguento  perfricaret.  —  p.  Sulla  6,  16:  Qiiod  fla- 
gitium  Lentulus  non  cum  Autronio  concepil?  quod  sine  eodem 
Uta  CiUiiina  facinus  ndmisit?  cum  interim  cum  eisdim  Ulis 
non  modo  noctem  solitudinemque  non  quaerer  et,  sed  ne  me- 
dtocri  quidem  sermone  et  congressu  coniungereCur. 


«90       Oter  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  E.  Bofftiunm. 

tituTj  denn  diese  ist  die  unmittelbare  Gegenwart  des  sprechen- 
den, sondern  auf  den  Zeilablativ,  ^longo  intervallo^^  eine  ob- 
jective  Beziehung  der  Glieder  auf  einander  ist  somit  unmög- 
lich^*). —  Wirkliche  Zeilgleichheit  ist  also  die  Grundbedingung; 
im  übrigen  kann  die  Zeilgebung  der  beiden  Glieder  noch  man- 
nigfacher sein,  al^  bei  dem  ^cum  des  Nachsatzes.^  Der  Raum- 
ersparniss  wegen  ^tzen  wir  nur  die  Zahlencitate. 

1.  In  beiden  Gliedern  a)  das  wirkliche  Präsens:  Cicp.Clu. 
SO,  82.  —  Sali  Hist.  I.  fr.  48,  17.  II;  f.  41,  7.  III,  f.  61,  6 
ed.  D.  —  Liv.  V,  54,  6.  —  b)  das  präsentischc  Perfecl  mit 
dem  Präsens  abwechselnd:  Cic.  d.  prov.  cons,  S,  5.  ^^) 

2.  In  beiden  Gliedern  das  historische  Perfect  oder  histo- 
rische Präsens :  Cic.  in  Pis.  88,  98.  ad  Att.  V,  2,  2.  Piancus 
b.  Cic.  ad  div.  X,  24,  4.  —  Nepos  Ages.  7,  1.  —  Sali.  Hisl. 
IL  f.  96,  2.  —  Tac.  Hist.  II,'  76.  —  Verg.  Aen.  X,  ee^.  — 
[cum  tarnen  Cic.  in  Verr.  V,^29,  74.  in  Pis.  12,  27.  —  Lir. 


*')  Es  muss  daher  befremden,  dass  Halm  in  zu  äusserlielier  Berfick- 
sicbtigung  des  sonst  mit  ^cum  interea*  verbundenen  Indicati?« 
auch  hier  diesen  Modus  fCum  interea  .  .  .  ,  faclae  sunt* 
gesetzt  hat.  Dass  in  den  Handschriften  der  Indicativ  stQnde ,  ist 
mir  nicht  bekannt.  —  In  Betracht  kommt  noch  eme  Stelle  bei 
Valerius  Maximus  11,  9,  1 :  Accedit  Ms  quod  eltam  fortuma  Im- 
pam  praestandt  Autusce  [sc.  paretUum]  mtmeris  adtocationem 
estis  4idsfcuti\  cum  interim  consumpti  sint  anni 
V  es  tri  ei  ti^aritt  et  patris  nomine  vaciti.  Kempf  hat  den  In- 
dicativ gesetzt,  cum  consumpti  sunt,  und  bemerkt  darüber,  in- 
vitis  optimis  iibris  indicalivum  restitui,  quem  \alerins 
constanier  cum  particuiis  cum  interim  coniunxit,  elimn  u^ 
iemporaiis  notio  a  sententia  prorsus  aiiena  est/  Aber  eben  der 
Cmstand,  dass  sonst  die  Handschriften  den  huiicativ,  hier  dagegen 
übereinstimmend  den  Conjunctiv  geben ,  musste  zur  Berücksichti- 
gung des  Zeitverhältuisses  der  beiden  Sätze  auffordern.  Dies  ist 
aber  meiner  Ansicht  nach  von  der  Art,  dass  der  Hauptsatz  Aorist, 
der  mit  cum  interim  angeknüpfte  Satz  dagegen  reines  Prä. 
sens  ist:  ,durch  das  Gluck  erhieltet  ihr  (das  Glück  wies 
euch  zu)  eine  lange  Frist,  diese  Pflicht  zu  erfüllen,  während  in- 
zwischen eure  Jahre  verstrichen  sind  u.  s.  w.'  Der  Con- 
junctiv scheint  mir  darum  nicht  nur  gerechtfertigt^  sondern  allein 
richtig. 

*0  Der  Nachsatz  in  dieser  Stelle  ist  ein  abhängiger  Infinitiv 
Praes.:  (JUacedonid)  nunc  consuiari  imperio  atque  exercitu 
itft  vexntaestj  vix  ut  se  possit  dluturna  pace  tecreare: 
cum  interea  quis  vestrum  hoc  non  audivit ,  quis  ignorat, 
Achaeos  ingentem  pecuntam  p ender e  L  Pisoni  quotannis? 
Ein  Beispiel,  wo  im  Vordersatze  das  logische  Perfec  t  zugleich 
mit  dem  wirklichen  Präsens,  in  dem  mit  cum  [tarnen]  an- 
gefugten Satze  das  logische  Perfect  steht,  ist  Cic.  Brut.  36, 
138:  Quam  mutti  enim  iam  oratores  commemorati  sunt  et 
quam  diu  in  eorum  enumeratione  versamur,  cum  tarnen 
spisse  atque  Pix,  ut  dudum  ad  Demos fhenem  et  Hyperidem,  sie 
nunc  ad  Antonium  Crassumque  pervenimus! 


Ober  die  Constr.  der  lal.  Zeitpartikelo^  v.  ß,  Bofituum.       d9i 

VI,  42,  10.  —  cum  nihil 0  magis   Nep.  Dat.    10,  3.   — 
cum  quidem   Cic.  in  Pis.  9,  21.  34,  84.] 

3.  Im  Hauptsätze  das  historische  Perfect  oder  Präsens, 
im  Nachsatze  das  Imperfect:  Caelius  bei  Cic*  ad  div.  VIII,  9,  2. 
Flor.  II,  15,  15.  IV,  2,  69.  12,  33. 

4.  Im  Hauptsalze  a)  das  Imperfect  oder,  b)  das  logische 
Plusquamperfect,  im  Nachsalze  das  historische  Präsens  oder  Per- 
Tect:  Cic.  ad  div.  III,  6,  8.  —  Auct.  b.  Alex.  74,  4.  —  Tac. 
Hist.  I,  60.  V,  23.  Agr.  25.  [Ohne  inierea  Cic.  in  Pis.  5, 
ll.  p.  Lig.  1,  3.  —  cum  quidem  Cic.  Phil.  IX,  4,  9.  — 
cum  tamen  Verg.  Aen.  IX,  512]    —  b.  Tacit.  Hist.  IV,  42. 

5.  Im  Hauptsatze  a)  das  Imperfect  oder  b)  das  logische 
Plusquamperfect,  im  Nachsatze  das  Imperfect  a.  Cic.  in  Verr.  V, 
62,  162.  ad  div.  III,  6,  4.  —  [cum  tamen  Tac.  Hist.  I,  62. 
Flor.  H,  15,  11.]  —  b.  Cic.  in  Verr.  V,  84,  88.  SalL  Jug.  51, 
S.  (In  beiden  Stellen  cum  eliamtum.)  —  [cum  allein  Cic. 
p.  Cluent.  26,72.  r.  tarnen  Flor.  1,24,1.]  ^•). 

6.  Im  Vordersatze  der  historische  Infinitiv,  im 
Nachsalze  das  historische  Präsens  oder  Perfect:  Sali.  Jug. 
12,5.  49,4. 

7.  Im  Vordersalze  das  Imperfect  oder  logische 
Plusquamperfect,  im  Nachsatze  der  historische  In- 
finitiv: Liv.  111,35,4.  —  [cum  tamen  SalL  Jug.  98,  2.] 

Bis  jetzt  ist  noch  nicht  von  dem  pariitiven  cum  —  tum 
die  Rede  gewesen  ^^  *).  Natürlich  können  für  unseren  Zweck  nur 
die  Fälle  in  Betracht  kommen,  wo  das  Object  der  Partition 
Handlungen  sind,  und  beide  Glieder  somit  ihr  besonderes 
Verbum  besitzen.  Fragen  wir  nun,  wann  bei  einer  solchen 
Partition  der  Conjunctiv  bei  cum  eintreten  müsse,  abge- 
sehen natürlich  von  allen  den  Fällen,  wo  durch  irgend  welche 
subjective  Nüancierung  des  Satzes  dieser  Modus  veranlasst  sein 
könnte,  —  so  wird  auch  darauf  die  Antwort  in  Gemäfsheit  zu 
der  Grundregel  über  die  Modus-Wahl  bei  cum  lauten  müssen: 
dass  der  Conjunctiv   nothwendig   d  a  eintreten   müsse ,   wo   die 


")  Ein  Fall,  wo  der  mit  cum  angereihte  Satz  im  logiseben  P 1  u  s q  u  a  m- 
perfectsteht:  Liv.  XXVUI,  2^  1  x  Triamiiiaferme  aber  at,  cum 
h auddum  quisgtLom  hostium  » em e r a i,  —  In  b  e  i  d  e  n  Gliedern 
das  Plusquamperfect  ebd.  XLV,  34. 11 :  Yer  primwn  ex  domo 
excivU.  iamque  Synnada  pervenerant,  cum  Eumenes  ad 
Sardet  undiQue  exercUum  contraxerai.  —  Zuweilen  sind  Salze, 
die  sich  in  gleicher  Weise  zu  einander  verbalten,  asyndetisch  neben 
einander  gestellt:  Verg.  Aen.  X,  146:  ////  Inter  sese  duri  ceria- 
minabeiU  Contuleranl:  media  Aeneat  freta  nocie  eecahoL 

'"*)  Die  Stellen  mit  diesem  cum ^ tum  sind  von  der  am  Eingang 
dieser  Abhandlung  gegebenen  Zählung  der  SteUen,  wo  cum  mit 
dem  Indic.  oder  Gonj.  verbunden  ist,  ausgeschlossen  geblieben. 


$9t        Ober  die  Constr.  der  lat.  Zcitpartikcln/  v.  £.  Bo/finaim. 

Handlung^en,  welche  die  Theile  der  Partition  bilden,  absolai 
verschiedenen  Zeiten  angehören«  Ein  solcher  Fall  ist  Cic 
ad  div.  XV,  9,  1:  Nam  cum  te  a  pueritia  iua  unfee  di^ 
lex  er  im  tuque  me  in  omni  gener  e  semper  amplteeimum 
esse  et  volueris  et  iudicarit:  tum  hoc  vel  tuo  facto 
vet  populi  Romani  de  te  iudicio  multo  acriue  ffehemen-' 
tiusque  diligo.  Hier  wird  das  frühere  Verhalten  des  Cicero 
gegen  Marcellus  (so  wie  das  Benehmen  des  Harcellus  gegen 
jenen)  dem  Verhalten  in  der  unmittelbaren  Gegenwart  gegen- 
übergestellt;  es  sind  also  ein  historisches  Perfect  und  ein 
wirkliches  Präsens  auf  einander  bezogen,  somit  ist  auch  d^ 
Indicativ  nicht  zulässig  ^').  Ganz  gleich  ist  ad  div.  IX,  14^  4: 
Nam  cum  te  eemper  tantum  dilexerim^  quantum  tu  t'n^ 
tclligere  potuisli,  tum  hie  luie  f actis  sie  incensue  äum^  ut 
nihil  unqum  in  amore  fuerit  ardentiua. —  Ein  Beispiel,  wo  der 
Conjunctiv  gesetzt  ist,  weil  die  Zeit  des  relativen  Gliedes  die  u  n- 


**)  Reisig,  Vorles.  u.  lat.  Sprw.  g.  308  vergleicht  diese  Stelle  mit  der 
ad  div.  XV,  7,  1:  Nam  cum  te  semper  amavi  dilextquey 
tum  mei  amantissfmwn  cognovi  in  omni  varietate  rerum  me- 
arum  ceU,^  und  ßudet  den  Grund  für  den  Conjunctiv  in  der  oben 
aufgeführten  Stelle  in  der  Gleichheit  des  Verbums  in  beiden 
Gliedern:  dilexirdiligoi  der  Conjunctiv  sei  gesetzt  «ans  dem 
Grunde  der  Zierlichkeit;  denn  sonst  könnte,  wenn  beide  iMale  der 
IndicaUv  stände,  das  eine  ganz  weggelassen  werden,  da  beiden 
Sätzen  der  Begriff  gemein  sein  soll.'^  Von  einer  Gleichheit  des 
Verbums  in  beiden  Gliedern,  und  der  Möglichkeit,  dasselbe  nur 
einmal  zu  setzen,  könnte  aber  nur  dann  die  Rede  sein,  wenn  der 
Relativsatz  nicht  noch  ein  zweites  Glied  hätte  ,vumgue  tu... 
volueris  et  iudtcaris/  —  Der  Grund  aber,  weshalb  iu  der 
Stelle  XV,  7,  1  der  Indicativ  steht,  ist  nicht,  wie  Reisig  meint,  die 
Verschiedenheit  der  Verba,  sondern  die  Gleichheit  der 
Zeit  der  durch  diese  Verba  ausgedrückten  Handlungen.  —  (Zwi- 
schen logischem  Perfect  und  dem  Präsens  findet  naturlich 
Zeilgleichheit  statt,  daher  Cic  Orat.  16,  52:  Afim  cum  est  oratio 
mollis  et  tenern  et  Ha  flaxibilis,  ut  sequtttnr  quocumque  torqueas, 
tum  et  na/urae  turiae  et  voluntales  muitum  inter  $e  dittantia 
effecerunt  gencra  dtcendi.)  —  Im  graden  Gegensatz  zu  Reisig 
wird  man  den  Indicativ  auch  bei  wirklicher  Zeilverschiedenheit 
•  der  Glieder  da  für  zulässig  finden  müssen ,  wo  entweder  dasselbe 
9der  ein  synonymes  Verbum  ste|it,   und   somit   nicht  sowo]  ver- 

.  schiedcnc  Handlungen  durch  cum- tum  sich  entgegengestellt 
werden,  als  vielmehr  dieselbe  Handlung  zu  verschiedenen 
Zeiten,  so  dass  es  eigentlich  die  in  einem  solchen  Falle  stets 
dabei  stehenden  adverbiellen  Zeitbestimmungen  sind, 
welche  die  Theile  der  Partition  ausmachen.  Cic.  ad  div.  XII,  30, 
2:  Nam  cum  antea  disttnebar  mnximis  occupatfonibus, 
ptoffferea  quod  omnibus  curia  rem  pubUaun  mihi  tuendam  co- 
gitabam :  tum  hoc  t  empor  e  multo  distineor  vehement  ins, 
—  Ebd.  VII,  1,  4:  nam  tne,  cum  antea  tue  de  bat,  cum  et 
aetas  et  ambitio  me  hortnbatur  et  ticebat  denique,  quem  noiebam, 
non  defenderci  tum  vero  hoc  tempore  vita  nutia  est. 


über  die  Constr.  der  lat  Zcitparlikeln,  v.  £,  Eoffmaim.       €93 

mittelbare  Gegenwart,  die  des  demonstrativen  dagegen  die 
dieser  Gf'genwart entgegenstehende  Zukunft  ist,  gibt  Velleius II, 
48,6:  Barum praeter Üarumque  rerum  ordo  cum  iustis  aliO" 
rum  voluminibus  promaeur^Cum,  uti sperOy nostris  exp li^' 
eabitur.  Ebenso  muss  die  andere  Bedingung  eingehalten 
werden,  dass  das  relative  Glied  in  seiner  objectivcn, 
nicht  in  der  durch  Unterordnung  unter  das  demonstrative 
Glied  bedingten  relativen  Zeit  gegeben  sei«  Von  den  zahl- 
reichen Fällen,  wo  aus  diesem  Grunde  der  Conjunctiv  gesetzt 
ist,  nur  einige  wenige  Beispiele:  Cic*  p.  Rose.  Am.  6,  16:  1$ 
cum  omni  tempore  nobilitatis  fautor  fuiise  t^  tum  hoc 
tumultu  proximoj  cum  omnium  nobilium  dfgnita$  et  salus 
in  discrimen  veniret^  praeter  ceteros  in  ea  vicinitate  eam 
partem  causamque  Opera,  studio,  auctoritate  defendit.  — 
p.  Deiot.  4,  12:  eins  t>iri  auetoritati  rex  Deiolarus  cessit, 
quem  nos  omnes  »ecuti  sumus,  ad  quem  cum  di  alque 
hominea  omnia  omamenta  eongessissent,  tum  tu 
ipse  plurima  et  maxima  [sc,  eonge$ 8i$ti],  —  ad  div, 
IV,  4,  2:  Consilium  tuum  cum  iemper  pro  b  av  i»  semj 
tum  multo  magi9  probavi  lectis  tuis  proximis  h'tteris, — 
Auct.  b.  Alex.  11,8:  proelium  commissum  ett  magna  con^ 
tentione  Rhodiorum;  qui  cum  in  omnibus  dimicationibus 
et  »cientia  et  virtute  praestitis $enty  tum  maxime  illo 
tempore  totum  onus  sustinere  non  recusarunt. 

Fassen  wir  nun  das  Resultat  unserer  Untersuchung  über 
den  Gebrauch  des  temporalen  cum  zusammen,  so  wird  die 
Regel  lauten  müssen: 

«cum  temporale  kann  in  den  Fällen  mit  dem  Indicativ 
construicrt  werden,  wo  es  Handlungen,  Ereignisse,  Zustände 
mit  einander  verknüpft,  die  in  derselben  natürlichen 
Zeit  liegen,  jedoch  unter  der  Bedingung,  dass  das  mit  cum 
als  Zeilbestimmung  gebrauchte  seine  volle  Zeitselbstän- 
digkeit bewahrt;  wobei  zu  bemerken  ist,  dass  auch  Imper- 
fectund  logisches  Plusquamperfe  c  t  als  selbständige 
Zeitgebung  zu  gelten  haben,  wenn  sie  zusländliches  in  der 
Vergangenheit  als  solches  ausprägen  sollen :  dagegen  muss  der 
Conjunctiv  eintreten,  wo  cum  Handlungen  u.  s.  w.  von 
absolut  ungleicher  Zeitlage  zu  einander  in  Beziehung 
setzt,  oder  wo  das  zur  Zeitbestimmung  gebrauchte  nicht  in 
seiner  selbständigen  objectiven,  sondern  in  derjenigen  rela- 
tiven Zeitgestalt  gegeben  wird,  welche  durch  die  Unterord- 
nung unter  das  zu  bestimmende  Satzglied  bedingt  ist.  Hinsicht- 
lich der  Fälle  aber,  wo  man  bei  Gleichheit  der  natürlichen  Zeit 
die  Wahl  hat,  die  objective  oder  relative  Zeitgebung  und  da- 
nach den  Indicativ  oder  Conjunctiv  anzuwenden,  ist  zu  beach- 
ten,  dass  bei  Anwendung  des  Indicativs,   also   bei   AaV:^^^^^^^%, 


ed4       Ober  die  Constr.  der  lat.  Zeitpartikeln^  v.  S,  Bt^nawL 

der  correlativen  und  coordinierten  Satzform,  der  Satz  mit  cum' 
die  Zeit  der  Hauplhandlung  durch  Nennung  eines  gleichzeitigen 
Ereignisses  oder  Zustandes  beschreibt,  dass  hingegen  eine 
wirkliche  Bestimmung  des  Zeilpunctes,  den  historische  Hand- 
lungen oder  Zustände  eingenommen  haben,  nur  durch  Ver- 
gleich un^.()er  bezuglichen  Zeit  anderer  Ereignisse  oder  Zu- 
stände, also  darodi  Anwendung  der  relativen  Zeitgebung 
und  somit  des 'Conjunctivs  erreicht  wird.'^ 

Indem  wir  nun  am  Schlüsse  unserer  Untersuchung  über 
die  Zeitpartikeln  angelangt  sind  und  darin  nachgewiesen  zu 
haben  glauben,  dass  für  alle  diese  Partikeln  ein  und  dasselbe 
Grundgesetz  in  Bezug  auf  die  Zulässi^keit  des  Indicativs  be- 
stehe, nämlich  Bewahrung  der  objecliven  Zeilgestalt  des  bestim- 
menden Gliedes,  —  und  wenn  unsere  Aufgabe  insbesondere  die 
war^  die  selbständige  Natpr  der  Imperfecte  und  Plusquamper- 
Cecte  in  .solchen  Fällen  nachzuweisen,  wo  post quam  und 
dessen  Synonyma  so  wie  cum  mit  dem  Indicaliv  dieser  Zeiten 
auftraten:  so  müssen  wir  schlürslich  noch  einmal  auf  die  am 
Eingange  dieser  Untersuchung  nur  vorübergehend  berührten  Par- 
tikeln dum^  apteguam^  priu squ  am  zurückkommen, 
um  der  Frage  zu  begegnen,  woher  es  komme,  dass  nicht  auch 
diese  Partikeln  unter  der  gleichen  Bedingung  wie  die  vorher 
genannten  mit  dem  Indicativ  des  Imperfects  und  logischen  Plus- 
quamperfects  verbunden  worden  sind. 

Bei  dum  begreift  es  sich  leicht,  dass  es  in  seiner  Bedeu- 
tung ^^während'^  nicht  fuglich  mit  einem  Imperfect  gege- 
ben werden  konnte,  ohne  dass  nicht,  eben  der  Bedeutung  der 
Conjunction  wegen,  diese  Zeilform  der  Zuständlichkeit  in  der 
Vergangenheit  zunächst  als  Ausdruck  der  relativen  Dauer 
gegenüber  der  Handlung  des  Hauptsatzes  und  als  dessen  Zeit- 
grenze hätte  erscheinen  müssen.  Nur  da,  wo  zugleich  auch  der 
Hauptsatz  etwas  zuständliches  ist,  wird  es  möglich,  das 
mit  dum  gegebene  Imperfect  als  selbständigen  Ausdruck  einer 
Zuständlichkeit  zu  fassen;  es  wird  dann  besagt,  dass  <<während 
das  eine  bestand,  neben  demselben  das  andere  bestanden 
habe,^^  und  so  entwickelt  sich  von  selbst  die  Bedeutung 
.'Wührend'  zu  der  Bedeutung  'so  lange  als,'  von  der  be- 
reits oben  die  Rede  gewesen  ist.  Sollte  nun  aber  ein  Ercigniss 
oder  ein  Zustand,  während  dessen  stattßnden  etwas  anderes  ein- 
trat, mit  dum  in  einer  Zeitform  gegeben  werden,  die  beiden 
Forderungen  gerecht  würde,  indem  sie  einmal  das  Ereigniss  oder 
den  Zustand  in  selbständiger  Zeitform  und  zweitens  als 
etwas  in  der  betreffenden  Vergangenheil  noch  nicht  abge- 
schlossenes hinstellte,  so  blieb  für  die  Wahl  fuglich  kein 
anderes  Tempus  übrig  als  das  historische  Präsens.  Sollte 
dagegen  in  dem  Satz  mit   dum  die  relative  Gegenwart  und 


Ülyer  die  Gonfttr.  der  lat  Zeitpartikeloy  v.  B,  ffoff^amL        6E95 

Dauer  als  solche  gegenüber  dem  Präteritum  des  Hauptsatzes 
durch  das  Imperfect  ausgedrückt  werden,  so  musste  —  nach 
dem  von  uns  nachgewiesenen  Grundgesetze  —  noth wendig 
der  Conjunctiv  eintreten.  Den  Schriftstellern  stand  also  die  Wahl 
frei,  i^um  entweder  mit  dem  In  dicativ  des  hist.  Präsens, 
oder  mit  dem  Conjunctiv  des  Imperfects.zu  construieren  ;, 
Cicero,  Caesar,  Sallust,  Florus,  Tacitus  haben  sich 
für  das  erstere  entschieden;  Livius,  Velleius,  Valerius 
Maximus,  Justin  u.  a.,  ebenso  auch  die  Dichter  ge- 
brauchen beide  Constructionen. 

Der  Indicativ  des  Imperfects  dagegen  muss  als 
Solöcismus  gelten,  und  aulser  der  Steile  bei  Nepos,  Hann.  2,  4: 
Quae  dMna  res  dum  confi eiehaturj  guaesivtt  a  me 
e.  q.  ».,  wüsste  ich  auch  keine,  wo  diese  Ze.lform  stünde,  ohne 
dass  nicht  das  Tempus  des  Hauptsatzes  einen  Zustand  invol- 
vierte, der  dem  mit  dum  und  dem  Imperfect  gegebenen  pa- 
rallel ist  »"). 

Beispiele  von  dum  mit  dem  Conjunctiv  des  Imperfects: 
Liv«  I,  40,  7:  dum  intentu»  in  eumtfe  rex  totu»  avcr^ 
teret^  alter  elatam  securtm  in  caput  deieeit  cett^  — 
II,  47,  6 :  in  quae  i^casträ)  haud  magno  certamine  impetu 
facto ^  dum  praedae  magi$  quam  pugnae  memores  tere^ 
rent  tempus ,  triarii  ad  praetot*ium  redeunt  cett,  — 
IV,  25,  9:  Interim  Romae  principe»  plebis  iam  diu  nequi- 
quam  inminentes  spei  maioris  honoris^y  dum  foris  otium 
esset ^  coetus  indicere' in  domos  trihunorum  plebis ;  ibi 
secreta  consilia  agitare  cett.  —  X,  1 8,  1 :  j9  u  m  ea  in  Sam- 


^^)  Ober  Stellen  wo  angeblich  bei  Cicero  und  Tacitus  das  Imperfect 
mit  dum  ia  der  BedeutuDg  »während'  gebraucht  sein  soll  s. 
Haasc  zu  Reisig  g.  288,  A.  450.  —  Vgl.  o.  A.  4.  —  In  den  Stellen 
wo  bei  Livius  dum  mit  dem  Indic.  Imperf.  sich  findet,  besagt 
auch  der  Hauptsatz  einen  parallelen  congruenten  Zustand:  V,  47,  1: 
Dum  haec  Vei»  affebantur,  Interim  arx  Romae  CapitoUumgüe 
in  ingenti  periculo  fuit.  —  X,  36,  16:  dum  haec  in  Apulia  ge- 
rebantur,  altera  exercitu  Samnites  Interamnmn  coloniam  oc- 
cupare  conati  urbem  non  tenuerunt.  Ebd.  40,  9 :  dum- kis 
internus  imperator  eratj  altere atio  inier  pullarios  orta  de- 
auspicio  eius  diei  cett,  («  puilarii  altercabantur)  -^ XXI, 
63,  6 :  stimulabat  et  tempus  propinguum  comiUorum,  ne  in  novos 
consutes  bellum  diffierretur,  et  occasio  in  se  unum  vertendae 
gloriae,  dum  aeger  conlega  er al.  {occasio  vertendae  gloriae 
und  dum  aeßer  conlega  erat  congruieren  selbstverständlich  voll* 
kommen.)  Von  gleicher  Art  ist  XXXI,  4^,  5.  Ebenso  Sali.  Uist. 
1,  f.  10  D.:  Postquam  remolo  metu  Punico  simullates  exercere 
vacuom  fuit,  plurnmae  turbae,  seültlones  et  ad  postremum  bella 
civllia  orta  sunt,  dum  pauci  potentes ., .  dominaltones  ad^ 
fectabant,  —  Ebd.  IV,  61,  5:  dum  a  Carthnginiensibus  pre^ 
mebaniur y  amicitiam  [cum  Phiitppo]  simulantes. 


€96       Cber  die  Gonstr.  der  lat.  Zeitpartikeln,  v.  B.  BofftnantL 

nio.,.gererentur^  Romanis  in  Etruria  int  er  im  bellum 
ingens  concitur.  —  Auch  die  Stelle  XXI,  34,  8  scheint  auf 
Grund  der  HandgEchriflen  lauten  zu  müssen:  nam,  dum  eune* 
lurefur  (die  Herausgeber  setzen  theils  cum  cunctaretur^  theib 
dum  eunctatur)  Bannihal  demiteere  agmen  in  angustias 
e,  p,  «.  *')  -^  Veli.  I,  2,  3:  sed  hie  {Medon)  insequentesque 
arcAonte»  usque  ad  Charopem  dum  viverent  eum  hono- 
rem  usurpabant.  —  Yal.  Max.  III,  3,  2:  Dum  iegationis 
ofpicio  fungeretur^  a  Oentio  rege  interceptus.  (Kempf 
edierte,  gestützt  allein  auf  die  Epilome  de»  Paris  ^dum,. .  fun^ 
gitur>)  —  IX,  12,  7:  Consimili  impetu  mortis  C,  Licinius 
Macer  repetundarum reus^  dum sententiae  diriberentur^ 
in  Maenianum  conscendit.  In  dieser  Stelle  und  so  auch  in  der 
des  Cornelius  Nepos  Timol.  I,  4i  Nam  dum  res  conficere^ 
iurj  procul  in  praesidio  fuit^  ne  quis  satelles  posset  suc" 
currere^  —  ist  die  gewöhnliche  Auffassung  des  ^dum''  ss  ^bis^ 
das  beabsichtigte  Ziel  ausdrücHend,  in  hohem  Grade  gezwungen, 
und  auch  von  Seiten  des  Tempus  nicht  eben  wahrscheinlich.  — 
Justin.  IX,  6,  3:  ad  quorum  (ludorum^  spectaculum  Philippus 
dum  sine  custodibus  corporis  medius  int  er  duos  Alexandros 
eontender  et^  Pausanias  occupatis  angustiis Phiiippum  in 
transitu  obtruncat,  (Die  Vulgata  ist  natürlich  wieder  ,  eumeon" 
eenderet^)  -^  Zweifelhaft  ist  G  e  1 1  i  u  s  (nach  Ennius)  N.  A.  II,  29, 
6:  Dum  igitur  ipsa  (cassitä)  iret  cibum  pullis  quaesitum^ 
monet  eo»  cett.  —  Vcrg.  Geo.  IV,  457:  lila  quidem^  dum  te 
fug  er  et  per  flumina  praeceps  ^  tnmanem  ante  pedes  hy^ 
drum  moritura  puelia . .  •  non  vidit  in  herba.  (Stünde  nicht 
per  flumina  praeceps  dabei,  dann  könnte  man  allenfalls  dum 
im  Sinne  von  ^dummodo^  nehmen.  Diess  hat  Wagner  nicht  be- 
achtet, indem  er  bemerkt  ^dum  fuger  et  /.  e,  prae  fugiendi 
studio^  und  auf  ^dum  conderet  urbem'  Acn.  I,  5  verweisl.) 
Ebenso  Aen.  X,  799:  so cii  magno  clamore  sequuntur,  Dum 
genitor  nati  parma  protectus  ab  iret. 

Was  endlich  antequam  und  priusquam  betrifft,  so 
musste  ihre  Verbindung  mit  dem  zuständlichen  Imperfect  oder 
Jogischen  Plusquamperfect  ebenso  überflüssig  sein,  wie  die  \er- 
)>.indung  dieser  Tempora  mit  den  Partikeln  dum^  donec, 
qu»0:ad  in  der  Bedeutung  ,bis^  Indem  antequam  und 
priusquam  die  Lage  eines  Seins   als  vor  einem  anderen  be- 


•')  stellen,  wo  sonst  noch  die  Handschriften  zwichcn  dum  und  cum 
schwanken,  s.  bei  Drakenb.  z.  Liv.  1,  40,  7.  —  Ganz  nnf^laublicli 
ist  jedoch  dum  mit  dem  Conj.  IMusqpft.,  wie  Drakenborch  \XI, 
43,  1  ediert:  Dum  sie  aliquot  spectatis  paribus  ad/eclos  dimi- 
sisset,  concione  inde  adcocata  cell.  Stünde  dum  sie,.,  ad- 
fecti  essen t,  so  wäre  dies  überciu^timmeud  mit  den  oben  ge- 
gebenen Steilen. 


Ober  die'Constr.  der  lat  Zeitpartikeln,  t.  E.  ffcglmam.       €97 

findlich  bezeichnen,  so  kommt  dieses  andere  Sein  schlechthin  nur 
in  seiner  —  objecliven  oder  relativen  —  Zeitlafein 
Betracht  (in  letzterem  Falle  wird  natürlich  stets  der  ConjunctiY 
des  Imperfect  oder  Plusqnamperfect  gesetzt  werden  müssen):  da- 
gegen muss  die  0  D  a  1  i  t  ä  t  desselben  ab  vollkommen  gleichgiltig 
erscheinen.  Wie  daher  bei  ifi/m,  donecy  quoad  in  der  Be- 
deutung ,bis^  das  die  Zeitgrenze  bildende  Sein  nicht  leicht  als 
etwas  zuständliches  im  Imperfect  wird  ausgeprägt  werden '^, 
so  denn  auch  nicht  der  mit  aniequam  und  priusfuam 
gegebene  Zeitpunct,  vor  welchem   ein    anderes  Sein  eintrat 

In  dem  Bereiche  der  von  mir  Tür  die«e  rntersichnng  spe- 
ciell  berücksichtigten  Autoren  habe  ich  auch  nur  drei  Stellen 
finden  können,  und  zwar  bei  Livius,  wo  au  i equ  am  und 
prtusquam  mit  dem  Indicativ  des  Imperfecta  ver- 
bunden sind.  YII,  34,  1:  Corneiius  eonsvl  exercitum  in  9al^ 
tum  induxit  nee  p  riu$  quam  recipi  tuio  9i§na  non  p  o- 
i er  ani ,  inminentem  capili  ho$iem  vidit.  —  XXIll,  80,  3: 
postremo  cor  üb  herbnque  ei  radieibus , . «  nix  er  e^  nee  ante 
quam  vire»  ad  siandum  in  muris  ferendaque  arma  de^ 
eranty  expngnaii  eunt.  —  Ebd.  48, 1 :  nee  ante  [con9ul\ 
violarit  agrum  Campanum^  quam  iam  altae  in  segetibus 
herbae  pabuium  praebere  poterant.  Weissenborn  bemerkt 
zu  der  zweiten  Stelle,  der  Indicativ  sei  wol  durch  die  Trennung 
des  ante  von  quam  veranlasst.  Doch  factisch  sind  nur  in  der 
dritten  Stelle  die  Partikeln  getrennt,  in  der  ersten  Stelle  dagegen, 
über  welche  W.  ganz  schweigt,  ist  die  Trennung  reine  Willkür, 
—  und  ob  mit  der  Annahme  einer  Trennung  überhaupt  etwas 
für  die  Zulas^igkeit  des  Indicativs  bewiesen  wäre,  würde  eine 
weitere  Frage  sein.  —  Der  Grund  des  Indicativs  liegt  vielmehr 
in  dem  nec^  welches  in  allen  drei  Stellen  den  Partikeln  voran- 
geht: indem  verneint  wird,  dass  vor  dem  Eingetreten- 
sein eines  gewissen  Seins  die  im  Hauptsatze  gegebene 
Handlung  stattgefunden  habe,  entwickelt  sich  selbstverständlich 
der  Sinn,  dass  erst  nach  dem  Eintritte  dieses  Seins  die  Haupt- 
handlung stattgefunden  habe.  Indem  so  durch  diese  Verneinung 
die  Partikeln  antequam  und  prtusquam  in  den  positiven 
Sinn  von  postquam  übergehen,  muss  es  denn  auch  möglich 
sein,  dasjenige  Sein,  welches  bereits  vorhanden  war, 
bevor  das  andere  eintrat,  als  Zustand  zu  charakterisieren  und 
80  im  Indicativ  des  Imperfecta  zu  geben. 

Wien.  B.  Hoffmann. 


")  Ein  Imperfect,  welches  den  Zustand  anlicipiert,  den  die  mit  dum 
donec  als  Zeilgrenze  gegebene  Handlung  nacti  sicli  zieht,  findet 
man  in  der  Stelle  des  Tacitus,  Hist.  1,  9:  inferioris  Germantue 
legiofies  diutlua  tine  comulari  fuere  j  donec  missu  Gaibae  i. 
VUelUus  aderat. 


698  Ober  scbrifU.  griech.  Übungen  etc.,  v.  R.  SchenkL 

Über  die  schriftlichen  Übungen  im  griechischen 

Unterrichte  am  Obergymnasium 

und  über  den  Gebrauch  commentierter  Schulausgaben   you  griechischen 

und  lateinischen  Classikcrn. 

.:-^?-^  •         II. 

Der  zweite  Tbeil  dieses  im  siebenten  Hefte  begonnenen  Auf- 
i^atzes  erscheint  in  wesentlich  anderer  Gestalt  als  urs^prüngUch 
•beabsichtigt  war.  Der  unterzeichnete  hatte  sich,  wie  dies  aus 
den  Eingangsworten  des  ersten  Theiles  erhellt,  zur  Aufgabe  ge- 
macht, die  vom  Herrn  Schulrath  Wilhelm  aufgestellten  Ansichten 
einer  eingehenden  Prüfung  zu  unterziehen,  und  somit  sollte  dieser 
«weite  Theil  eigentlich  eine  ausführliche  Vertheidigung  des  Ge- 
l)rauches  von  commentierten  Schulausgaben  enthalten.  Inzwischen 
ist  in  demselben  siebenlen  *  Hefte  ein  umfangreicher ,  denselben 
Zweck  verfolgender  Aufsal^^.von  Herrn  Leopold  Yielhaber  er- 
schienen, welcher  mit  solcher.  Gewandtheit  und  solch  überzeugen- 
der Kraft  geschrieben  ist,  dass  es  fast  überflüssig  erscheint,  die 
;Sache  einer  weiteren  Erörterung  zu  unterziehen.  Ich  glaube 
daher  nur  im  Interesse  der  Leser  zu  handeln,  wenn  ich  mit 
Vermeidung  jeder  unnöthigen  Wiederholung  mich  blofs  darauf 
beschranke,  einige  wenige .  Gesichtspuncte  nachträglich  hervorzu- 
heben und  die .  Erfahn^ngen ,  welche  ich  durch  meine  Schul- 
praxis gewonnen  habe,  in.  aller  Kürze  darzulegen. 

Als  auf  der  Philologenversammlung  zu  Witn  diese  Streit- 
frage angeregt  wurde,  da  machte  der  Vorsitzende  mit  richtigem 
Tacle  den  Vorschlag,  die  Discussion  der  T/||täsit  in  der  Art  zu 
theilen,  dass  zuerst  die  zweckmäfs  ige  Einrichtung  von 
Schulausgaben  mit  Anmerkungen  zur  Erörterung  kommen  ,  so- 
dann ihr  Gebrauch  mit  dem  der  blofsen  Textausgaben  in  Ver- 
gleichung  gestellt  werden  sollte.  Der  Umstand,  da^s  man  auf 
diesen  ganz  praktischen  Vorschlag  nicht  eingehen  wollte ,  hatte 
£ur  Folge,  dass  die  ganze  Discussion  schliefslich  kein  bestimmtes 
Resultat  erzielte,  sondern  die  beiden  Ansichten  unvermittelt  neben 
einander  stehen  blieben.  So  lange  die  Gegner  von  commentierten 
.£[ehjulausgaben  sich  als  Object  ihres  AngriiTes  eine  solche  Aus- 
jgabe.tdenken  können,  welche  mit  allen  möglichen  Fehlern  be- 
.  haftet  ist,  so  lange  kann  die  Discussion  unmöglich  eine  wahrhaft 
unparteiische  sein ;  denn  unter  diesen  Verhältnissen  wird  man 
in  solchen  Verkehrtheiten  immer  hinreichende  Gründe  finden,  um 
iQberhaupt  Commentare  von  dem  Gebrauche  in  der  Schule  aus- 
zuschlieisen.  Es  dürfte  daher  nicht  unbillig  sein,  wenn  wir  von 
unseren  Gegnern  verlangen,  dass  sie  im  Eingange  ihrer  Erörte- 
rung aus  den  vorhandenen  Programmen  von  ganzen  Sammlungen 
oder  einzelnen  Ausgaben   diejenigen ,   welche   ihnen    am  meisten 


über  schrill},  griecb.  Gbungen  etc.,  t.  K.  Schenkt  699 

gelangen  zu  sein  scheinen,  auswählen  und  dieselben  bei  der 
-  Entwickelung  ihrer  Ansichten  fortwährend  in  Betracht  ziehen^ 
Nur  so  kann  das  unstäte  Schwanken  in  der  Discussion  vermie- 
den und  eine  feste  Grundlage  für  dieselbe  hergestellt  werden. 
Hr.  W.  hat  dies  nicht  für  nothwendig  erachtet;  sein  Aufsatz 
bewegt  sich  mehr  in  allgemeinen  Bemerkungen,  ohne  aus  dem 
reichen  Yorrathe  der  in  den  Schulen  gebrauchten  Ausgaben 
nähere  Beweise  für  die  aufgestellten  Ansichten  beizubringen. 
Nur  am  Schlüsse  desselben  erfahren  wir,  dass  alle  oder  wenig- 
stens fast  alle,  welche  dergleichen  Ausgaben  für  eine  Nothwen- 
digkeit  halten,  darüber  einig  seien,  dass  unter  den  bisher  er- 
schienenen keine  den  Forderungen  entspreche,  welche  man  an 
commentierte  Schulausgaben  stellen  müsse,  und  ein  genau  präci- 
siertes  Programm  einer  entsprechenden  derartigen  Schulausgabe 
mit  einer  Probe  der  Ausführung  noch  von  niemand  geliefert 
worden  sei.  Wir  vermögen  nun  durchaus  nicht  zu  ersehen, 
durch  welche  Thatsachen  Hr.  W«  diese  Aussprüche  begründen 
könnte.  Haben  denn  nicht  die  Herausgeber  der  Weidmännischen 
Sammlung  vor  dem  Beginne  derselben  ein  klar  und  bestimmt 
abgefasstes  Programm  ausgegeben?  Und  sind  denn  nicht  gar 
viele  Ausgaben  dieser  Sammlung,  ich  will  hier  Jiur  an  den 
Schneide win'schen  Sophokles  und  Cicero'«  Orator  oder  Brutus 
von  0.  Jahn  erinnern,  weit  und  breit  als  gute  Schulbücher  be- 
kannt? Freilich  ein  Programm,  das  bis  in  alle  Einzelnheiten 
genau  bestimmt  wäre,  das  wird  man  bei  einer  solchen  Samm- 
lang nie  erwarten  können,  da  ja  für  die  einzelnen  Ausgaben 
auch  die  Stufe,  für  welche  sie  bestimmt  sind,  und  die  Eigen- 
thümlichkeit  des  :3chriftst ellers  mafsgebend  sein  muss.  Bei  Au- 
toren, weiche  iiT.iiiejderen  Classen  gelesen  werden,  können  die 
Anmerkungen  umfangreicher,  die  Verweisungen  auf  die  Gran|i- 
matik  zahlreicher  sein,  bei  solchen,  welche  den  Gegenstand  der 
Leetüre  für  höhere  Classen  bilden ,  wird  man  die  Noten  auf  ein 
knapperes  Mafs  zurückführen  müssen  und  grammatische  Citate 
nur  bei  schwierigen  Fällen  anführen  dürfen.  Anderseits  werden 
natürlich  Herodot  und  Caesar  bei  weitem  weniger  Erklärungen 
in  Anspruch  nehmen,  als  Tacitus  oder  Demosthenes  u.  dgL  Dass 
übrigens  auch  die  beste  Schulausgabe  noch  immer  etwas  zu 
wünschen  übrig  lässt,  das  wird  niemand  befremden ,  der  be- 
denkt, wie  überhaupt  unter  dem  Monde  eine  absolute  Vollkom- 
menheit nirgend  zu  finden  ist.  Und  insbesondere  schwer  ist  es 
wol  für  den  Verfasser  einer  Schulausgabe,  allen  Anforderungen 
gerecht  zu  werden.  Solche  Ausgaben  müssen  nämlich  Resultate 
einer  Schulpraxis  sein.  Wer  nie  in  seinem  Leben  als  Lehrer  in 
einer  Schule  thätig  gewesen,  der  wird  auch  nie  ein  gutes  Buch 
dieser  Art  zu  Stande  bringen.  Gerade  aber  in  der  Schulpraxis 
ist  der  Individualität  der  weiteste  Spielraum  geöffnet.  Jedes 
Schulgesetz  begnügt  sich  damit,  blols  allgemeine  Normen  (üx  ^vt 


700  Ober  scbriflL  griecb.  Übungen  etc.,  v.  K,  Schenki, 

Methode  aufzustellen  und  höchstens  vor  einzelnen  Ausschreitungen 
zu  warnen.  Darin,  dass  das  übrige  dem  Ermessen  des  Lehrers 
überlassen  wird,  liegt  die  Anerkennung,  wie  unmöglich  es  ist, 
durch  genaue  Bestimmungen  die  Individualitäten  zu  regeln.  In- 
dem nun  aber  in  jeder  Schulausgabe  sich  die  individuellen  An- 
schauungen des  -Verfassers  über  die  Lehrmethode  ausprägen ,  so 
kann  es -nicht  anders  kommen^  als  dass  der  eine  Lehrer  diese, 
der  andere  jene  Schulausgabe  vorzieht,  wie  nämlich  dieselbe 
mit  der  von  ihm  als  richtig  erkannten  und  im  Unterrichte  be- 
folgten Methode  übereinstimmt.  Weit  entfernt  darin  einen  Nach- 
theil  zu  sehen,  freue  ich  mich  im  Gegentheile  der  reichen  und 
mannigfaltigen  Entwickelung,  die  dadurch  auf  dem  Gebiete  des 
Unterrichtes  hervorgerufen  wird,  und  bin  der  festen  Überzeugung, 
dass  dieselbe  dem  Ganzen  nur  zum  Heile  gereichen  kann.  Aus 
dieser  ganz  unbefangenen  Darstellung  möge  man  ersehen,  in- 
wieweit das  unbedingte  Verwerfungsurtheil  des  Hrn.  W.  be- 
gründet ist. 

Ebenso  wenig  richtig  scheint  mir  das,  was  Hr.  W.  über 
das  Verhalten  der  Schüler  gegenüber  den  commentierten  Aus- 
gaben bemerkt.  Hr.  W.  scheint  in  dieser  Beziehung  viel  zu  sehr 
idealen  Anschauungen  zu  huldigen,  wodurch  der  Standpunct  für 
eine  richtige  Bcurtheilung  des  fraglichen  Gegenstandes  nicht  un- 
bedeutend verrückt  wirdi  Wir  wollen  diesen  Anschauungen 
gegenüber  die  durch  die  Erfahrung  festgestellten  Thatsachen  in 
aller  Kürze  darzulegen  versuchen.  Man  denke  sich  einen  talent- 
vollen und  fleifsigen  Schüler  des  Gymnasiums,  der  mit  Gram- 
matik und  Lexikon  allein  ausgerüstet  daran  geht,  seine  Präpa- 
ration zu  arbeiten.  Es  wird  ge\^iss  nicht  lange  dauern,  so  wird 
er  auf  eine  dunkle  Stelle  stofsen,  welcher  er  mit  seinen  Hilfs- 
mitteln bei  allem  Nachdenken  nicht  Herr  werden  kann.  Derlei 
Stellen  finden  sich  in  jedem,  auch  dem  leichtesten  Schriftsteller. 
Wo  der  geübte  Philologe  gezweifelt  oder  wol  gar  sich  ver- 
griffen hat,  wie  soll  da  ein  Schüler  sich  zurecht  finden?  Wie 
oft  hat  die  Kritik  gesunde  Stellen  angetastet  ^  welche  durch  eine 
richtige  Erklärung  von  allem  Verdachte  befreit  worden  sind ; 
wie  oft  hat  man  sicher  verderbte  Stellen  durch  alle  möglichen 
'Künste  der  Erklärung  zu  verlheidigen  gesucht,  und  wie  vieles 
bleibt  noch  übrig,  worüber  die  Acten  auch  jetzt  nicht  ge- 
schlossen sind,  wo  vielleicht  nie  eine  sichere  Entscheidung  mög- 
lich werden  dürfte.  Man  erwäge  ferner,  wie  oft  ein  leichter 
Wechsel  der  Construction ,  eine  kleine  Änderung  der  Wortstel- 
lung u.  dgl.  auch  eine  an  sich  leicht  verständliche  Stelle  in  ein 
geheimnisvolles  Dunkel  hüllt  und  für  den  Schüler  zum  Räthsel 
macht.  Man  erwidert  wol  hierauf,  dass  der  Lehrer  eben  nur 
das  von  dem  Schüler  fordern  könne  und  auch  fordern  werde, 
was  er  nach  seiner  Individualität,  seiner  Leistungsfähigkeit  und 
Aer  Schwierigkeit   der  Aufgabe  zu   fordern   berechtigt   sei-,    er 


Ober  BchrifU.  grieeh.  Obungeo  etc.,  t.  K.  SekenMi.  701 

werde  sich  damit  begnägen ,  dass  der  Schüler  nach  einem  Ver- 
stündniase  gesfrebt  hat,  wettn  auch  dieses  Streben  nicht  voll- 
kommen das  Ziel  erreicht  hat.  Das  lasst  sich  allerdings  gani 
gut  hören;  in  der  Wirklichkeit  aber  ist  die  Sache  ganz  anders« 
Wenn  man  bedenkt,  wie  wichtig  oft  eine  Stelle  für  das  Ver- 
ständnis des  Ganzen  ist,  wie,  wenn  man  eine  Stelle  nicht  er- 
fassen kann,  auch  der  Sinn  eines  Capitels  verschlossen  bleibt,  so 
wird  man  zugestehen  müssen,  dass  auf  diese  Weise  die  Prapa- 
raiion  öfters  zu  einem  blolsen  Mechanismus,  zu  einer  gramma- 
tischen Analyse  herabsinkt,  welche  fähige  und  sirebeitde  Schüler 
gewiss  nicht  befriedigen  wird.  Auch  werden  derlei  Schüler  sich 
nicht  so  leicht  damit  begnügen,  dass  sie  die  Auflösung  der 
Rathsel  morgen  durch  den  Lehrer  erhalten  werden ,  zumal  sie 
auch  schon  der  Ehrgeis  antreibt,  nicht  mit  einem  blofs  mecha- 
nischen Verständnisse  des  Abschnittes  vor  den  Lehrer  hinzu* 
treten.  Wenn  nun  derselbe  sie  nicht  auf  gute  Schulausgaben 
hinweist,  und  diese  ihnen  unbekannt  bleiben,  so  werden  sie  zu 
einem  Mittel  greifen,  das  ihnen  zu  jeder  Zeit  zu  Gebote  steht, 
nämlich  zu  gedruckten  Obersetzungen.  Sind  aber  diese  einmal 
in  den  Händen  der  Schüler,  dann  ist  gewiss  auch  die  Verlockunf; 
da,  dieselben  immerfort  zu  gebrauchen*  Der  Schüler  findet  et 
so  bequem,  zuerst  die  Übersetzung  durchzulesen  und,  nachdem 
er  so  das  Verständnis  erlangt  hai,  das  Capitel  mit  Hilfe  seiner 
Grammatik  und  seines  Wörterbuches  zu  analysieren.  Ich  brauche 
kaum  darauf  hinzuweisen,  wie  dadurch  das  Stadium  ganz  ver- 
loren geht,  und  an  die  Stelle  desselben  ein  rein  handwerksmäfsi- 
ges  Arbeiten  tritt.  Wenn  nun  dies  am  grünen  Holze  geschieht, 
was  soll  man  erst  vom  dürren  erwarten?  —  Zwei  anderweitige 
Vorschläge,  welche  man  zur  Vermeidung  der  Cbelstände  bei  dem 
Gebrauche  blofser  Textausgaben  empfiehlt,  verdienen  kaum  eine 
ernstliche  Prüfung.  Man  sagt,  es  könne  ja  auch  der  Lehrer 
am  Ende  einer  Stunde  die  schwierigen  Stellen  bezeichnen  und 
das  zur  Erklärung  erforderliche  in  aller  Kürze  mittheilen;  auch 
stehe  es  dem  Schüler  frei,  sich  an  den  Lehrer  selbst  zu  wenden 
und  von  ihm  die  noihwendige  Aufklärung  zu  verlangen.  Was 
den  erifteren  Vorschlag  anbetrifft,  so  bemerken  wir  nur,  dass  der 
Schüler  die  Stelle  eben  noch  gar  nicht  kennt  und  somit  auch 
eine  vorläufige  Erklärung  nicht  erfassen  kann;  will  aber  der 
Lehrer  den  Schülern  einige  kurze  Bemerkungen  andicticren,  die 
sie  dann  bei  der  Präparation  verwenden  sollen,  so  muss  man 
doch  fragen,  worin  sich  ein  solches  Verfahren  von  dem 
Gebrauche  commentierter  Schulausgaben  unterscheidet,  und  wie 
man  bei  einem  derartigen  Vorgange  gegen  den  Gebrauch  solcher 
Ausgaben  eifern  kann.  Fast  möchte  man  vermuthen,  dass  hinter 
einem  solchen  Vorschlage  nichts  steckte,  als  das  Bestreben,  dem 
ew  cathedra  dictum  die  gehörige  Achtung  zu  wahren.  Der 
letztere  Vorschlag   beruht   auf  einer  Verwechselung  dft%  ^tv«^- 

Zeittohrilt  t,  «i.  d«t«rr.  Gymiiat.  iSdO.  IX.  B«CC  \% 


703  Ober  sehriftl.  griech.  Dbungen  etc.,  y.  M.  SckeuhL 

und  Schulunterrichtes.  Wenn  ein  Lehrer  nur  einen  oder  ancb 
zwei  Zöglinge  zu  unterrichten  hat,  dann  kann  er  mit  denselben 
in  einem  so  lebendigen  Verkehre  stehen,  wie  ihn  dieser  Vorschlai^ 
voraussetzt.  Im  öiTentlichen  Schulunterrichte  aber  wird  ein  8ol« 
ches  Verfahren  auch  da,  wo  die  Classen  schwach  besetzt  sind, 
kaum  Platz  greifen  können,  zumal  da  ja  der  Unterricht  nicht  in 
den  Händen  eines  Lehrers  vereinigt,  sondern  unter  mehrere  Per- 
sonen vertheilt  ist.  Jeder  Lehrer  wird  sich  gerne  bereit  erklären, 
Schülern,  die  nickt  das  volle  Verständnis  des  Lehrstoffes  in  der 
Lehrstunde. erfeiobt  haben,  einiges  zur  Erklärung  zu  wiederho* 
len,  er  wird  *  schwächere  Schüler,  deren  Kenntnisse  lückenhaft 
sind,  zu  Privatarbeiten  ermuntern  und  dieselben  prüfen;  aber 
keiner  wird  den  Ansprüchen  aller  Schüler  einer  Classe  in  dieser 
Weiiee  zu  genügen  vermögen. 

Hr.  W.  behauptet,  dass  fähige  und  strebsame  Schü  er  öfters 
commentierle  Texte  verschmähen;  ich  kann  nach  meinen,  freilich 
nicht  langjährigen,  Erfahrungen  gerade  das  Gegenlheil  versichern. 
In  den  Classen,   in  welchen  ich  Unterricht  ertheilte,    griffen  die 
fähigsten  Schüler  mit  besonderer  Vorliebe. zu  Commentaren  und 
bewiesen  in  ihrer  Präparation,  dass  sie  die  Anmerkungen  wohl  er- 
fasst  und  verwendet   hatten.     Minder    flcifsige  Schüler   benützten 
wol  die  Erklärungen,  aber  nur  mit  Auswahl;  sie  begnügten  sich 
eben  mit  dem  nofhdürftigsten  und,  wo  an  eine  Stelle  eine  gröfsere 
Erörterung  geknüpft  war^  übergiengen  sie  dieselbe.    Die  Hefe  der 
Clause  bekümmerte  sich  gar  nicht  um  die  Commenlare.  Wie  reimt 
sich  mit  solchen  Erfahrungen,    die  wol  nicht  ich  allein  gemacht 
haben  werde,  der  Vorwurf,  dass  durch  den  Gebrauch  von  Com- 
mentaren   die    Selbständigkeit    und  Lernlust  geschmälert  werde? 
Auch  das  kann  ich  durch  meine  Erfahrung  k^aläligcn,  dass  der 
Gebrauch  von  guten  Schulausgaben  die  Schüler  zu  einer  umfang- 
reichen Privallectüre  anregte.     Hr.  W.    selbst    gesieht  zu,    dass 
seit  dem  Gebrauche   commentierter  Ausgaben    die  Übersetzungen 
bei  Weilern  nicht  mehr  in    dem    Mafse    gebraucht   werden ,    wie 
früher,  und  gleiche  Äufserungen  sind  auf  der  Philologenversamm- 
lung   laut    geworden.     Warum    will    man    also    die    aufgeführte 
Schranke  niederreifsen,  ohne  doch  dem  Schaden,  der  dann  wiederum 
sich  einschleichen  müsste,  ein  wirklich   praktisches  Mittel  entge- 
genhalten zu  können'?    Man    sagt,    dass    die    Schüler  durch  den 
Gebrauch  solcher  Bücher  über  ihren  eigentlichen  Bildungszustand 
getäuscht    und    zu    dem    Wahne    verleitet    werden,   als   befan- 
den   sie   sich   schon    auf  der   Hoho ,   die  sie  doch  nie  erreichen 
werden.    Könnte  man  nicht  eben  so  gut  sagen ,    dass  durch  den 
Gebrauch  blofser  Textausgaben  in  ihnen    der  Wahn  ri^e  werde, 
als  ob  sie  durch  eigene  Kraft  das  Verständnis    der    Bücher  ge- 
winnen   könnten ,    auf  deren  Erklärung    so   viele  hochbedeulende 
Männer  die  besten  Jahre  ihres  Lebens  verwendet  haben  ?  In  Wahr- 
heit wird  wol  weder  das  eine  noch  das  andere  eine  Selbstüber- 


Ober  schrifU.  griech.  Übungen  etc.^  v.  K,  Schinhi,  708 

dchätzang  bei  den  Schülern  hervorrufen.  Diese  Gefahr  könnte 
nur  dann  wirklich  eintreten,  wenn  ein  Lehrer  nichts  anderes  den 
Schülern  vorzubringen  vermöchte,  als  was  eben  in  der  commen- 
tierten  Ausgabe  steht,  weiche  die  Schüler  benutzen.  Und  wenn 
die  Schüler  vor  einem  solchen  Manne  nicht  die  gleiche  Achtung 
haben,  wie  vor  einem,  der  ihnen  in  seiner  Lehrstunde  tüchtiges 
zu  bieten  weiss,  haben  sie  denn  wol  so  Unrecht?  Für  den 
Schüler  kann  es  wahrlich  nur  heilsam,  sein,  wenn  er  aus  der 
Einleitung  und  den  Anmerkungen  seiner  Ausgabe  erfahrt,  dass 
der  ihm  vorliegende  Cofnmentar  die  Frucht  «6  vieler  mühsamer 
Studien  ist.  Wenn  er  dtes  erkennt  und  wenn  iba  der  Lehrer 
noch  besonders  darauf  verweist,  so  wird  er  vor  den  Bestrebun- 
gen dieser  Männer  und  vor  der  Wissenschaft  selbst  Achtung  ge- 
winnen. Möge  dies  nur  in  allen  Unterrichlszweigen  den  Schü- 
lern zum  lebendigen  Bewusstsein  gebracht  werden ;  es  wird  dies 
für  die  allgemeine  Bildung  nicht  ohne  bedeutenden  Nutzen  blei-» 
ben.  —  Dass  übrigens  der  Organisationsentwurf  durchaus  nicht 
wider  den  Gebrauch  commentierter  Ausgaben  spricht,  hat  Hr. 
Vielbaber  hinreichend  erwiesen.  Man  müsste  auch  wirklich  sonst 
eine  seltsame  Anschauung  von  dem  Verfahren  dir  höchsten  Unter-»- 
richtsbehörde  gewinnen,  da  dieselbe  derlei  Schulausgaben  theila 
für  zulässig  erklärt,  theils  ausdrücklich  empfohlen  hat. 

Von  den  anderweitigen  Puncten  will  ich  hier  nur  noch  einen 
hervorheben,  nämlich  die  grammatischen  Noten  und  Citale  in  den 
Commentaren.  Ich  stimme  Hrn.  Vielhaber  vollkommen  darin  bei, 
dass  derlei  Anmerkungen  in  den  für  die  oberen  Classen  bestimm-r 
ten  Schulausgabea  möglichst  zu  beschränken  sind  und  nur  dann 
angewendet  werden  ..dürfen,  wenn  eine  wirkliche,  in  den  früher  ge- 
lesenen Autoren  nicht  behandelte  grammatische  Schwierigkeit  vor- 
kommt. Dagegen  kann  ich  mich  nicht  mit  dem  Urlheile  befreun- 
den, welches  er  über  die  Krüger'sche  Ausgabe  der  Xenophonti- 
schen  Anabasis  fällt.  Allerdings  sind  der  Citate  bei  Krüger  hie 
und  da  zu  viel,  und  manche  Anführungen  muss  man  geradezu  als 
kindisch  bezeichnen;  im  ganzen  genommen  aber  halte  ich  die 
Methode,  durch  die  Ausgabe  eines  leichteren  Schriftstellers  mit 
solchen  forllaufenden  Citalen,  wobei  aber  ganz  bekannte  Dinge 
nicht  berührt  werden,  die  Schüler  in  das  Studium  der  Gram- 
matik einzuführen,   für   eine  ganz  treffliche'*).    Der  verzeichnete 


•)  Sollten  nicht  eben  diese  Worte  beweisen,  dass  die  beiden  geschätz- 
ten Herren  Mitarbeiter  unserer  Zcitsclirift  in  ihrem  üiiheile  auch 
über  diesen  ganz  speciellen  Punct  nicht  soweit  von  einander  ent- 
fernt sind»  als  es  für  den  ersten  Blick  erscheint?  Prof.  Schcnkl 
hebt  den  Nutzen  hervor,  den  die  Krüger'sche  Ausgabe  der  Anabasis 
thatsächlich  gebracht  hat,  in  allen  den  Fällen,  wo  man  diese  Lec- 
türe  dazu  benutzte,  ein  das  Studium  der  Grammatik  einzu- 
führen.* Prof.  Vielhaber  verwirft  das  Verfahren  jener  Ausgabe  nur 
in  dem    Sinne,    dass  es  als   eine  Methode   det  E.t>kV^t>\\v^  ^^^ 


704  Ober  schrifU.  griech.  Übungen  etc.,  v.  K,  Schenkt. 

Paragraph  ist  für  den  Schüler  ein  Merkzeichen,  da88  er  nicht 
oberflächlich,  mit  einem  halben  Verstandnisse  über  den  syntakti- 
schen Fall  hinweggehen  darf,  sondern  dass  er  dem  Lehrer  die 
genaue  und  präcise  Kenntnis  der  betreffenden  Regel  ausweisen  miis& 
Er  weils,  dass  es  hier  keine  Entschuldigung  gibt,  sondern  der 
Lehrer  mit  unerbittlicher  Strenge  fordert,  dass  er  das  Citat  be- 
nützt und  den  viui^uhrten  Paragraph  sich  zu  eigen  gemacht 
habe.  So  ist  rain  ein  solches  Buch ,  um  mich  der  Worte  Sin- 
tenis'  zu  bedienen,  für  den  strebsamen  und  eifrigen  ein  Sporn, 
für  den  trägen  und  faulen  ein  heilsames  Kreuz.  Durch  das  fort- 
währende Nachschlagen  wird  der  Schüler  mit  seiner  Granunatik 
so  vertraut,  dass  er,  wie  der  Jurist  den  Paragraphen  seines  Ge- 
setzbuches, so  den  Paragraphen  seiner  Grammatik  nennen  kann, 
in  welchem  sich  diese  oiimjf^V^gA  findet  Ja  man  wird  sicher- 
lich dem  alten  Schulmanne  nicht  Unrecht  geben  können,  der  da 
verlangte,  dass  der  Schüler  dasselbe  von  seiner  Grammatik  sagen 
solle,  was  Cicero  von  der  Xenophontischen  Kyropädie,  nämlich: 
paene  contriveram  leg  endo.  Die .  Kruger'sche  Anabasis  hat 
als  Schulbuch  sehr  groben  Nutzen  gestiftet,  und  dasselbe  wird 
man  wol  auch  von  Büchern  sagen  können,  die  nach  denselben 
Grundsätzen  bearbeitet  sind.  Man  bedenke  sich  doch  wohl  das, 
wofür  die  Erfahrung  spricht,  aufzugeben,  bevor  man  nicht  etwas 
besseres  hat,  das  man  an  die  Stelle  desselben  setzen  könnte. 

Schliesslich •  möchte  ich  noch  auf 'dfe  gehaltvollen  Worte 
aufmerksam  machen,  welche  Herr  Geh.  H^th  Wiese  bei  der 
Erörterung  dieser  Frage  auf  der  Philologenversammlung  zu  Wien 
gesprochen  hat.  Sollen  solche  coromentierte  Ausgaben  etwas 
nützen,  so  ist  ein  unerlässliches  Erfordernis,  dass  alle  Schüler 
derselben  Classe  auch  dieselbe  Ausgabe  benützen.  In  diesem  Falle 
habe  ich  den  Brauch  beobachtet,  dass  demjenigen  Schüler,  der 
eben  zur  Erklärung  aufgerufen  worden  war,  ein  Text  ohne  alle 
Anmerkungen  vorgelegt  wurde,  der  aber  mit  dem  Texte  der  ge- 
brauchten Ausgabe  vollkommen  übereinstimmte.  Ich  wollte  mich 
Bimlich  überzeugen,  dass  der  Schüler  nicht  blofs  die  Anmerkun- 
gen gelesen,  sondern  auch  in  sich  aufgenommen  und  für  seine 
Prfiparation  verwendet  habe.  Da  es  aber  nicht  immer  möglich 
iat,  dass  eine  ganze  Classe  sich  eine  commentierte  Ausgabe  an- 
schaffen kann,  so  genügt  es,  wenn  man  für  die  ganze  Classe  eine 
und  dieselbe  Textausgabe  einführt  und  daneben  eine  Schulausgabe 
mit  Noten  empfiehlt.    Die   wohlhabenderen   Schüler   der    Classe 


Schriftstellers  betrachtet  werden  will.  Offenbar  sind  die 
Gesichtspuncte  der  Beurtheilung  nicht  dieselben.  —  Über  die  Weise, 
wie  sich  zweckmäfsig  die  Einführung  der  Schüler  in  die  Elemente 
der  griechischen  Syntax  an  die  erste  Prosalectüre  derselben  an- 
schlielsen  lässt,  hat  unterz.  schon  früher  in  dieser  Zeitschrift  (Jahrg. 
1857.  S.  462  ff.)  sich  ausgesprochen. 

H.  Bouitz. 


Ober  schriflL  griech.  ODungen  etc.,  ▼.  K.  Sckenki.  705 

werden  sieb  natürlich  diese  Ausgabe  anscbaOen,  und  werden,  falls 
nicbt  aller  coUegialer  Sinn  in  der  Classe  erstorben  ist,  die  fir- 
meren Schüler  ihre  Exemplare  benützen  lassen.  Der  unterzeich- 
nete weils  aus  Erfahrung,  dass  auch  auf  diese  Wei^e  die  Be- 
nützung einer  guten  Schulausgabe  von  Seite  einer  ganzen  Classe 
ohne  Schwierigkeit  ermöglicht  wird. 

Dieses  sind  die  ganz  unmaisgeblichen  BemMrangen,  welche 
ich  zu  dem  Aufsätze  des  Hm.  Vieihaber  :lljwn|ZiifBgen  hatte. 
Mögen  sie  dazu  beitragen,  diese  für  uns  nicbt  unwichtige  Frage 
in  das  gehörige  Licht  zu  stellen. 

Innsbruck.  Karl  Schenkl. 

Nachträgliche  Bemerkung. 

Herr  Schalrath  Wilhelm  haj^wp  TOrlgen  Hefte  dieser  Zeit- 
schrift (S.  626)  einige  Zeilen  untei^'SPPnMlrsehrifl:  «Zur  Verstän- 
digung* mitgetheilt,  welche  ihm,  wie  er  selbst  sagt,  mein  Aufsatz  in 
dem  siebenten  Hefte  S.  505  ff.  abgenöthigt  habe.  Ich  hatte  nämlich  mit 
Rucksicht  auf  die  Bemerkung  des  Um.  Seh.  W.  S.  438:  «Die  Erklärung 
und  Einübung  der  syntaktisehen  Regeln  nach  der  Schulgrammatik  mit 
Benutzung  der  Beispiele  aus  dem  Lehr'buche  für  die  vierte  Classe  kann 
nicht  befriedigen;  denn  es  ist  dies  ein  leerer,  langweiliger  und,  wenn 
auch  für  den  nächsten  Zweck ,  Beibringung  des  wichtigsten  aus  der 
Syntax,  nothdürftig  und  augenblicklich  genügender,  doch  im  ganzen 
wenig  leistender  Unterricht'  S.  513  meines  Aufsatzes  gesagt,  dass  ich 
dies  auch  bei  der  Abfassung  des  Buches  nicht  im  geringsten  beabsich- 
tigt, sondern  diese  Beltpiele  nnr  nach  der  Folge  der  Grammatik  in 
gröfseren  Abschnitten  xusammengestellt  habe.  Hr.  Seh.  W.  entgegnet 
nun,  dass  zu  dieser  Entschuldigung  sein  Aufsatz  nirgend  Veranlassung 
gebe.  Er  habe  nicht  gesagt:  «das  Lesebuch  von  Dr.  K.  Schenkt,*  son- 
dern: «das  Lesebuch  fiir  die  4.  Classe«*  das  heifst  dasjenige  Lesebuch » 
welches  an  diesem  oder  jenem  Gymnasium ,  das  man  sich  denken  will, 
für  die  4.  Classe  gebraucht  wird.  Nun  enthalten  aber  einmal  nur  sehr 
wenige  Lesebücher  solche  Beispiele  zur  Einübung  der  syntaktischen 
Regeln,  und  anderseits  ist  die  Voraussetzung  berechtigt,  dass  Hr.  Seh.  W. 
in  dieser  für  österreichische  Gymnasien  bestimmten  Zeitschrift  und  in 
einem  Aufsatze,  in  welchem  uberaU  die  Bestimmungen  des  österreichi- 
schen Organisationsentwurfes  zu  Grunde  gelegt  werden,  doch  haupt- 
sächlich diejenigen  Bücher  berücksichtigen  werde,  die  an  unseren 
Gymnasien  eingeführt  oder  doch  weit  verbreitet  sind.  Ond  mag  nun 
diese  Bemerkung  im  allgemeinen  oder  besonderen  ausgesprochen  sein, 
immer  liegt  in  ihr  ein  gewisser  Vorwurf  auch  für  mich  als  den  Verr 
fasser  eines  solchen  Lesebuches;  es  war  daher  allerdings  die  Veran* 
lassung  dazu  gegeben,  dass  ich  mich  gegen  einen  solchen  Vorwurf  in 
ruhiger  Weise  zu  vertheidigen  suchte. 

Das  gleiche  gilt  von  dem  anderen  Puncte,  welchen  Hr.  Seh.  Vf. 
berührt.  Die  Worte,  deren  sich  Hr. Seh.  W.  S.439  bedient:  «Wollte  man 
aber  der  Lecture  einen  Theil  der  Zeit  abbrechen  und  denselben  der 
Grammatik  widmen,  auf  die  Ansicht  gestützt,  dass  durch  Sicherheit  in 
der  Grammatik  ein  rascherer  Fortschritt  in  der  Leetüre  ermöglicht  werde 
und  dieser  raschere  Fortschritt  Ersatz  für  jenen  Abbruch  an  Zeit  biete, 
80  würde  man  sich  jehr  täuschen,*  stimmen  mit  den  Worten  aus 
der  Vorrede  meines  Übungsbuches:  «Sollte  man  vielleicht  noch  das  Be- 
denken hegen ,  dass  dadurch  bei  der  ohnehin  nicht  reichlich  zugemes- 
senen Zeit  der  Umfang  der  Leetüre  geschmälert  werde,   %q   '«^>&a  \&s:sl 


TM  Ober  schriflU  grieeh.  Übungen  etc.,  v.  h\  SekMki, 

erwSgcDy  dass  die  Festigkeit  und  Sicberheit  im  Gebrauche  der  FqrmM 
und  Handhabung  der  syntaktischen  Regeln,  welche  durch  solche  Obun« 
gen  erzielt  werden  muss  ,  gewiss  einen  schoelleren  Fortschritt  ^in  der 
Leclüre  und  so  einen  reichlichen  Ersatz  darbietet,'  so  vielfach  uberein, 
dass  sich  der  Gedanke  an  eine  ausdrückliche  Beziehung  auf  meine 
Worte  nicht  leicht  abweisen  lässt.  Dazu  kommt  noch:  mein  Obung9- 
buch,  in  dessen  Vorrede  jene  Stelle  sich  findet,  war  nicht  lange  vorher 
erschienen,  und  Bra.- Schul rath  Wilhelm  hatte  bei  seiner  eingehenden 
Sorge  besonders  fGr  den  philologischen  Unterricht  unzweifelhaft  die  Frage 
beschäftigt,  ob  mein  Buch  zum  Gebrauche  an  österreichischen  Gym- 
nasien geeignet  sei;  ferner,  obwohl  Hr.  Seh.  W.  in  seinem  Aufsatze  den 
Gebrauch  eines  gedruckten  Übungsbuches  zum  Übersetzen  aus  dem 
Deutschen  in's  Griechische  für,  das  Ober-Gymnasium  entschieden  ver- 
wirft, so  stellt  er  doch  für  den  Fall,  dass  ein  solches  gebraucht  werden 
sollte,  gewisse  Gruudzüge  für  dessen  Einrichtung  auf,  Grundzüge,  welche 
von  der  Einrichtung  meines  kurz  vorher  erschienenen  Buches  in  einigen 
wesentlichen  Puncten  abweichen.  Es  ist  hiernach  gewiss  eine  nicht 
unberechtigte  Voraussetzung,  dass  Hr.  Seh.  W.  an  jenen  Stellen  eine  in- 
directe  Kritik  gegen  mein  Buch  geübt  habe.  Unzweifelhaft  stand  es  Hm. 
Seh.  W.  ebenso  gut  zu,  indirect,  wie  direct  und  ausdrücklieh  seine 
Kiitik  über  mein  Buch  auszusprechen,  und  ich  bin  weit  entfernt,  dies 
Recht  zu  bestreiten;  nur  sollte  auch  mir  kein  Vorwurf  daraus  erwachsen, 
dass  ich  dem  gegenüber  meine  in  jenem  Übungsbuch  durchgeführten 
Oberieugungen  in  ruhigem  Tone  zu  begründen  unternommen  habe. 

Hr.  Seh.  W.  bemerkt  weiterhin,  dass  die  Worte  meines  Aufsatzes 
(S.  512):  «Hr.  W.  hat  in  seinem  ganzen  Aufsatze  über  die  schriftlichen, 
vom  Gesetze  angeordneten  Übungen  nicht  gesprochen*  eine  Unrichtigkeit 
enthalten.  Denn  er  habe  S.  435  und  437  genug  von  den  schriftlichen 
Übungen  gesprochen,  um  dem  Misverständnisse  zu  begegnen ,  als  hielte 
er  dieselben  nicht  für  nothwendig.  Allerdings  wird  S.  435  erwähnt, 
«dass  der  Organisaiions-Entwurf  für  die  7.  und  8.  Classe  zuweilen  ein 
an  das  Gelesene  sich  anschliefsende  Pensum  vorschreibe,'  S.  437,  «dass 
von  den  zwei  grammalischen  Stunden  im  Monate  die  eine  für  die  Com- 
Position,  die  andere  wenigstens  gröfstentheils  für  die  Verbesserung  der- 
selben zu  verwenden  sei  und  nur  in  dem  Falle,  wenn  statt  der  Com-* 
Position  ein  Pensum  gegeben  werde,  eine  Stunde  für  mündliche  Übungen 
sich  gewinnen  lasse,'  aber  wie  die  schriftlichen  Übungen  überhaupt 
eingerichtet  werden  müssen,  in  welchem  Verhältnisse  sie  zu  den  münd- 
lichen Übungen  stehen  sollen,  eine  Frage,  die  doch  nothwendig  erörtert 
werden  musste,  davon  wird  nirgend  gesprochen;  wir  erfahren  nur, 
dass  Hr.  Seh.  W.  sich  entschieden  gegen  den  Gebrauch  eines  Übungs- 
buches erklärt.  Dnss  sich  darauf  meine  Bemerkung  bezog,  erhellt  ganz 
bestimmt  aus  den  unmittelbar  folgenden  Worten:  «Hr.  W.  hat  blofs  die 
mündlichen  Übungen  und  ihre  Einrichtung  berührt  und  dennoch 
entschieden  über  jedes  Übungsbuch  den  Stab  gebrochen.' 

Endlich  muss  ich  noch  den  Vorwurf  berühren,  dass  ich  in  meinem 
Aufsatze  nicht  diejenige  Haltung,  welche  bei  solchen  Erörterungen  noth- 
wendig erfordert  wird,  beobachtet  habe.  Denn  etwas  anderes  können 
wol  die  Worte  des  Hrn.  Seh.  W.,  dass  die  Fortführung  der  Discussion 
nicht  nur  von  dem  Gehalte  der  Gegenäufserungen,  sondern  auch  von 
der  Haltung  derselben  abhängen  werde,  nicht  bedeuten.  Ich  glaube 
die  ganze  Discussion  in  ruhigem,  leidenschaftloscm  Tone,  aber  auch  mit 
derselben  Scharfe  und  Bestimmtheit  und  mit  demselben  Freimuthe  ge- 
führt zu  haben,  wie  dies  in  dem  Aufsätze  des  Hrn.  Seh.  W.  geschehen 
ist.  Hr.  Seh.  W.  wusste  gewiss,  dass  seine  Aufsätze  Entgegnungen  her- 
vorrufen werden ;  er  hat  sie  auch  sicherlich  aus  keinem  and ereir Grunde 
veröffentlicht,  als  um  seine  Ansichten  von  Anderen  eingehend  beleuchten 


Liier  die  BehandluDg  der  Jat.  u,  gneco.  teeidro,  y.  a.  Jl^ieisekma$m.  707 

und  prQren  zu  lassen.  Das  geht  klar  aus  den  Worten  seiner  Gegenbe- 
merkungen hervor:  «Nicht  darum  handelt  es  sich,  wer  recht  hat,  son- 
dern was  recht  ist.*  Ich  erlaube  mir  also,  so  lange  ich  nicht  eines 
Bessern  belehrt  worden  bin,  diesen  Vorwurf  einfach  zurückzuweisen. 

Ich  brauche  hier  kaum  mich  darüber  auszusprechen,  dass  ich  die 
Verdienste,  welche  Hr.  Seh.  W.  sich  um  unser  önlerrichtswesen  er- 
worben hat,  von  ganzem  Herzen  anerkenne  und  demselben  diejenige 
Achtung  zolle,  welche  dem  verdienstvollen  Manne. gebührt.  Erörterungen 
streitiger  Puncte  haben  mit  Persönlichkeiten  nichts  zu  Jthun.  I3ro  90  mehr 
glaube  ich  berechtigt  zu  sein,  die  Überschrift  der  Gegenbemerkungen 
des  Hrn.  Seh.  W.:  «Zur  Vers t  and  i  gun  g*  dahin  aufzufassen,  dnss 
da,  wo  nur  der  Gedanke  mafsgebend  ist,  den  Cnterricht  in  jeder  Weise 
zu  fördern,  durch  freimuthige  Erörterung  gewiss  eine  freundliche  Ver- 
ständigung erreicht  werden  wird. 

Innsbruck.       .'  Karl  S  c  h  e  n  k  I. 


Einige  Bedenken 

gegen  die  Abhandlung  «Über  die  Behandlung  der  lat  u.  der  gricch.  Lecturc* 

(Ha.  VI,  8.  417— 433.) 

Abhandlangen  Ober  die  Methode  des  Unterrichtes  mui>sen 
jedem  Lehrer  willkommen  sein,  zumal  wenn  sie  von  Mannern 
kommen,  welche  sich  in  einer  langjährigen  Ausübung  des  Lehr- 
amtes einen  Schatz  von  Erfahrungen  erworben  haben  und  über- 
dies in  ihrer  amtlichen  Stellung  das  Verfahren  vieler  Lehrer  und 
die  Resultate  desselben  kennen  lernen.  Eine  solche  Abhandlung 
hat  die  Gymnasialzeitschrift  im  sechsten  Hefte  d.  J.  unter  dem 
Titel:  ^^Über  die  Behandlung  der  lat  und  grieclkc Leetüre  an  dem 
Gymnasium^^  gebracht.  Es  finden  sich  darin  Wahrheiten,  die  es 
im  höchsten  Grade  verdienen,  dass  wir  daran  erinnert  werden. 
So  ist  es  ein  Verdienst  der  erwähnten  Abhandlung,  dass  sie  auf 
die  im  Org.  Entw.  gegebene  Instruction  für  den  Unterricht  im 
Lateinischen  und  Griechischen  überall  eingehend  Bezug  nimmt 
und  so  dem  Leser  dieselbe  in's  Gedächtnis  zurückruft.  Die  In- 
structionen des  Org.  Entw.  sind  nicht  nur  durch  ihren  Inhalt 
für  den  angehenden  Lehrer  reich  an  IreiTenden  Weisungen  und 
für  den  älteren  Lehrer  durch  Vergegenwärtigung  der  sämmilichen 
Momente  dos  Unterrichtes  von  Werlh ;  der  darin  herrschende  Ton 
der  Achtung  und  des  Vertrauens,  welches  die  Regierung  den^ 
Männern  bezeigt,  denen  sie  das  wichtige  Amt  des  Unterrichtes 
übergeben  hat,  gibt  zugleich  die  erhebendste  Ermulhigung  in  Er- 
füllung der  Pflichten  dieses  Amtes*  Wahr  und  wichtig  ist  auch 
ferner  z.  B.  was  in  dem  angeführten  Aufsatze  über  die  Unzu- 
lässigkeit der  Compendien  der  philologischen  Hilfswissenschaften, 
über  die  Noth wendigkeit  der  Verwerlhung  der  Leclüre,  über  die 
Mifsbräuche  bei  der  Erklärung,  über  die  in  einer  bestimmten  Zeit 
ununterbrochene  Leclüre  Eines  Schriftstellers,  über  die  Verwen- 
dung der  Unterrichtszeit  gesagt  wird. 

Aber  auch  manche  Bedenken  hat  diese  Abhandlung  in  uns 
rege  gemacht. 


tos  Ober  die  Behamllung  der  Ut.  u.  grlech.  Lecture,  v.  L  Fleiickmk. 

Unter  I  ist  eine  Erläuterung  der  Instruction  für  die  Lectfire 
enthalten«  Da  heilet  es  in  dem  Abschnitte  von  der  mit  dem 
grammatischen  Unterrichte  zusammenfallenden  LectQre  in  den  zwd 
untersten  Classen:  ^Jn  der  zweiten  Classe  werden  die  Dbungen 
im  Cbersetzen  und  Rückübersetzen  geänderter  Satzformen  fort- 
gesetzt  Die  Übungen  sollen  ferner,  wo  es  sich  um  Binfiboag 

der  Declination  handelt,  nicht  auf  das  Verbum  beschränkt  werden; 
daher  sind  z.  B.  an  den  Satz:  laudamuM  militem  foriem^  nicht 
laudo,  taudaiitiy  laudant  miiiiem^  sondern  iauäamu»  miiiie» 
fortes^  iaudaiur  mUe$  forcig  u.  s.  w.  als  Übungen  anzuknüpfen«* 
Natürlich,  wie  etwa  die  arithmetischen  Übungen,  wo  es  sich  um 
Einübung  der  Division  handelt,  nicht  auf  die  Addition  beschränkt 
werden  können.  Allein  sollte  eine  solche  Belehrung  nothwendig 
sein?  Ist  sie  nicht  geeignet,  wenig  schmeichelhafte  Vorstel- 
lungen von  dem  geistigen  Zustande  des  Gymnasiallehrstandes  zo 
erzeugen? 

In  derselben  Abtheilung  wird  von  der  Verwerthung  der  Lee- 
türe durch  Hervorheben  der  Phrasen  and  Rückübersetzangs- 
Übnngen  gesprochen  und  ab  Beispiel  dieser  Hervorhebung  ange- 
führt: Inier ea  et  DaHuSj  guum  bettum  (neiaurarei^  in  ip»o 
belli  apparatu  deceesii,  relictie  mulUe  fiiiie  —  bellum  insiaw 
rarey  bellum  in*(auratum  esi^  Dariue  b.  inelauralurus  eraty 
belli  apparatu*^  Darius  in  ipso  belli  apparatu  deeeseitj  Dariue 
multos  filioe  religuU,  der  letzte  Sats  passiv  gegeben«  —  Einer 
möglichen  Einwendung  wird  begegnet  mit  den. Worten:  ^Die  Ent- 
schuldigung, es  fehle  für  die  verlangten  Übungen  an  Zeit,  heitt 
nichts  anderes  als:  es  fehlt  an  Geschicklichkeit.''  Sollten  aber 
diese  Übungen  wirklich  eine  ungewöhnliche  Geschicklichkeit  er- 
fordern? Und  wäre  die  ^«Entschuldigung^'  wirklich  ganz  unge- 
gründet, zumal  wenn  die  Hervorhebung  bei  den  meisten  Sätzen 
und  in  so  reichem  Ma&e  geschähe?  Würde  nicht  die  Leclur- 
stunde  gröfätentheils  zur  grammatischen  Stunde?  Und  würde  das 
Interesse  an  der  Leetüre  des  Plato,  Sophokles,  Horaz,  Homer 
durch  solche  Übungen  gesteigert?  Eine  reichliche  Hervorhebung 
der  Phrasen  in  der  griech.  Leetüre  des  Obergymnasiums  und 
Yariierung  der  Phrasen,  scheint  uns  auch  mit  der  Instruction 
wenig  im  Einklänge  zu  stehen;  denn  wenn  nachdem  Org.  Entw. 
S..  117  im  Obergymnasium  die  Beschäfligung  der  Schüler  mit 
dem  Griechischen  fast  ausschliefslich  der  Leetüre  gewidmet  ist, 
' und!  der  grammatische  Unterricht  nur  in  solchem  Ma£»e  der 
Leetüre  zur  Seite  zu  gehen  hat,  um  zu  sichern,  dass  das  über- 
setzen niemals  auf  einem  unsicheren  Ralhen ,  sondern  auf  einem 
gründlichen  grammatischen  Verständnisse  beruhe ,  so  lallt  natür- 
lich die  Übung  im  mündlichen  Ausdrucke  weg,  die  Kenntnis  des 
lexikalischen  Theiles  der  Leetüre  ist  weniger  durch  Hervor- 
hebung desselben  während  der  Leetüre,  als  durch  wiederholtes 
Memorieren  zu  befestigen,   die  Formenlehre  und  Syntax  sind  in 


Ober  die  Betiandhing  der  Ut.  tt.  grieclt  Leetfire,  ▼.  i.  Fkinkmmm.  709 

den  grammatischen  Stunden  und  durch  achrifkliche  Cberselzungen 
zu  üben.  Auch  wird  in  der  Abhandlung  selbst  die  Nolhwen- 
digkeit  der  Cbung  im  lateinischen  Ausdrucke  betont,  und 
doch  wird  die  Verwerthung  des  gelesenen  durch  Hervorhebung 
von  Phrasen  und  Rückübersetzungen  in  den  mittleren  und  obe- 
ren Classen  ohne  alle  Einschränkung  als  unentbehrlich  behaup- 
tet. Wir  glauben  daher,  dass  eine  derartige  Verwerthang  der 
Leetüre  nützlich,  aber  dass  sie  in  ausgiebigerem  Malse  nur 
in  den  unteren  und  mittleren  Classen  vorzunehnien  ist;  dass,  wenn 
die  Hervorhebung  unmittelbar  nach  der  Erklärung  und  Über- 
setzung eines  Satzes  geschieht,  nur  diejenigen  Phrasen  hervor- 
gehoben werden  sollen,  welche  bei  der  Erklärung  nicht  bespro- 
chen wurden;  dass  die  hervorgehohenen  Phrasen  nicht  weiter 
variiert  werden  sollen;  dass  diM^  Hervorhebung  minder  zweck- 
mäfsig  unmittelbar  nach  der  Übersetzung  eines  jeden  Satzes  ge- 
schieht, weil  in  diesem  Falle  die  Reproduction  in  den  mittleren 
Classen  mit  keiner  Schwierigkeit  verbunden^  die  Aufmerksamkeil 
nicht  sonderlich  zu  spannen  geeignet  ist,  sondern  dass  sie  mit 
gröDserem  Nutzen  bei  der  Wiederholung  eines  gröDseren  Ganzen 
vorgenommen  werden  dürfte;  endlich  dass  die  meisten  der  ange- 
führten Vortheile  auch  durch  fleilsiges  Memorieren  erlangt  wer- 
den. (Vgl.  Ouint.  IL  .7.) 

Nach  U  lässt  sich  der  Misbrauch  fertiger  Übersetzungen 
so  wie  die  Beschränkung  der  Präparation  anf  die  Übersetzung  nur 
daraus  erklären,  dass  die  Schüler  mit  der  Übersetzung  alles  ge- 
than  zu  haben  meinen  und  die  Schule  diesem  Wlhne  wider  Wissen 
und  Willen  Vorschub  leistet.  Aber  gewiss  gibt  es  auch  solche 
Lehrer^  welche  diesem  Wahne  nicht  Vorschub  leisten,  sondern 
ein  gründliches  Verständnis  der  Leetüre  bei  den  Schülern  zu  er- 
zielen streben;  und  doch  müssen  auch  solche  Lehrer  über  den 
Gebrauch  fertiger  Übersetzungen  von  Seite  mancher  Schüler  kla- 
gen. Also  dürfte  es  nicht  richtig  sein,  dass  dieser  Misbrauch  nur 
in  jenem  von  dem  Lehrer  genährten  Wahne  des  Schülers  gegründet 
sei.  Nein,  die  Schüler  wissen  recht  wohl,  dass  mit  der  Über- 
setzung nicht  alles  gethan  ist ;  aber  Trägheit,  Leicht»nn,  die  von 
dem  Ehrgeize  eingeflölste  Begierde,  eine  elegante  Übersetzung  zu 
geben,  Mangel  an  Selbstvertrauen  und  die  Furcht,  die  Lectftm 
nicht  überall  richtig  aufzufassen,  Verführung  durch. Mitschüler 
und  selbst  durch  Hauslehrer  können  die  Schüler  bestimmen,,  sich 
fertiger  Übersetzungen  zu  bedienen.  Zwar  können  auch  die  ge- 
nannten Gemülhszustände  durch  den  Lehrer  verschuldet  worden 
sein,  aber  nichts  desto  wem*ger  enthalten  sie  Erklärungsgründe 
des  besprochenen  Misbrauches,  die  von  dem  in  der  erwähnten 
Abhandlung  ausschUefslich  anerkannten  verschieden  sind.  Der 
Hr.  Verf.  selbst  sagt  (III  init.):  «Fertige  Übersetzungen  werden 
nur  von  dem  trägen  Theile  der  Schüler  als  verbotenes  Hilfs- 
mittel gebraucht.'^ 


TIO  Ober*die  Behandlung  der  Ut.  u.  griech.  Lecture,  v.  A,  fielsekmam. 

Was  die  coromentierten  Schulaa8ga1)en  betrifft,  so 
glaube  ich,  dass  der  Rettungsversach  im  7«  Hefte  dieser  Zeit-» 
Schrift  gelungen  ist. 

Ich  will  nur  noch  bezüglich  des  Umfanges  der  Lee- 
tfire  bemerken,  dass  es  nicht  thanlich ist,  an  alle  Gymnasien 
der  Monarchie  dieselben  Forderungen  zu  stellen.  Es  ist  sicher, 
dass  Gymnasien  mit  deutscher  Unterrichtssprache  aber  mit  Schalem, 
von  denen  ein  grofser  Theil  eine  andere  Muttersprache  hat,  min- 
der rasch  in  der  Ldctüre  fortschreiten  können,  als  jene  mit  Schü- 
km  deutscher  Muttersprache.  Aber  auch  die  letzteren  könnten  die 
Aufgabe  aus  Livius,  wie  sie  im  Organisationsentwurfe  S.  25  ge- 
stellt wird,  nicht  bewältigen,  wenn  sie  in  dem  Sinne  aufzufassen 
wäre,  dass  die  dort  genannten  Partien  gani  gelesen  werden 
sollen.  Das  I.  Buch  nimmt  ntfchGrysar's  Ausgabe  67  Seiten  ein; 
nehmen  wir  nur  vier  wichtige  Partien  aus  den  Kämpfen  der  Pa-* 
Iricier  und  Plebejer  ».  B.  II,  23—38.,  II,  33—43.,  IV  und  VI, 
so  sind  das  41  Seiten;  die  Geschichte  des  Kampfes  Roms  gegen 
Haiinibal,  erstreckt  sich  von  dem  Anfange  das  zweiten  Bandes 
wenigstens  bis  Seite  275;  demnach  müssten  383  Seiten  gelesen 
werden.  Da  nun  Livius  ungefähr  20  Wochen  je  5  Stunden,  also 
ungefähr  in  100  Stunden  gelesen  wirdf  so  müssten  in  einer  Stunde 
beinahe  4  Seiten  gelesen  werden.  Da.  djeses  aber  nicht  möglich 
ist,  so  kann  jene  Vorschrift  nicht  in  dem  Sinne,  dass  diese  Partien 
ganz  zu  lesen  seien,  gefasst  werden;  •.. 

Wien.  -^A.  Fleischmann. 


Zweite  Abtlieilung. 


IÜterari8che  Anmigen. 

Aeschyli  quae  Bupermnt  Irägmdiaet  Vol.  L  Sect.  11  Choephari^ 
recensuit^  adnoUUionem  criiicam  ei  exegeücam  adiecH  Henricu» 
Weil,  in  faeuüaie  lUerarum  Veeoniina  profeuor.  8.  132.  S« 
Gissae,  Rielter,  iSeo,  —  1  fl.  34  kr.  ö.  W. 

In  der  Vorrede  handelt  der  Hr.  Herausgeber  ausfuhrlich  über  das  toq 
ihm  entdeckte  Gesetz  der  Abfassung  der  Tragoedie  nach  sich  entsprechen- 
den Vcrszahlen.  Bei  aller  Ajbsfuhrlichkeit  herrscht  aber  solche  Kurze, 
dass  einen  Auszug  daraus  zu  geben  nicht  möglich  ist.  Es  ist  dies  gewiss 
eine  Entdeckung  von  ungeheurer  Wichtigkeit;  sie  enthüllt  uns  die  ganze 
Formgewaltigkeit  des  Diesters.  Ein  Kriterium  jedoch  für  Echtheit  oder 
ünechtheit  dieses  oder  jenes  Verses  kann  sie  nicht  immer  unbedingt  ab- 
geben. Schon  in  den  Chöeph.  werden  wir  in  einzelnen  FSllen,  wie  Re«* 
ferent  meint,  im  Stiche  gelassen. 

Die  dem  Texte  beigegebenen  Anmerkungen  sind  ausfuhrlicher  ge- 
halten als  beim  Agamemnon,  und  zeichnen  sich  durch  Uerbeischaffung 
reiches  Materiales  aus.  Da  nun  bei  den  Choeph.  das  interessanteste  die 
Textesänderungen  und  das  Verständnis  zweifelhafter  Stellen  sind,  so 
werde  ich  unmittelbar  daran  gehen«  wie  sich  versteht,  nur  das  wichtigst^ 
mitzutheilen ;  denn  wollte  ich  alles  besprechen ,  so  musste  ich  eine 
Ausgabe  verfassen.  Da  ich  aber  in  einer  vor  kurzem  in  den  Sitzungs-- 
berichten  der  kais.  Akademie  erschienenen  Abhandlung  eine  grofse  An-., 
zahl  Stellen  der  Choephoroe  behandelt  habe ,  so  wird  es  begreiflich  er- 
scheinen, wenn  ich  fortwährend  theils  einfach  verweisend,  theils  aus- 
führlicher erörternd  auf  diese  Abhandlung  Rücksicht  nehme. 

Vollständig  weiche  ich  in  Auffassung  und  Herstellung  der  Verse 
61  — 65  ab: 

(onri  9*  iniayiOTiBt  9CyLaq 

xaxiia  xovg  filv  iv  (pdsi, 

xa  d*  iv  iiBxccixiiloii  a%6xov 

axrj  XQOviiovta  ßgvHv. 

zovs  9'  a'KQavtOi  ^x^^  *'^S' 


7t3    AeHkifH  quae  sufiersuni  iragteMie,  ed.  Weit,  ang.  v.  i.  £mkrt^ 

Hier  Terwirft  der  Hr.  Herausg.  die  Ansicht,  es  seien  hier  drei 
verschiedene  Menschengenera  gemeint.  *al  sententiarum  nexus  äame  Mi- 
milesgue  inierpretattone$ retpuitf  verba iptc suadetu,  cum  %ovg p^,.. 
xa  9\.,.  xovg  9\,,.  te  exctpiani,  iiiud  ad  kominei ,  aiierum  ad  reit 
tertium  ad  tOMdem  Mos  homtnei  referre;  ut  öreviter  rem  ab$ai9am^ 
hoc  dicü  ckarmt  Ne  admireris  improborum  pro$perUatem.  iuBiiUme 
Impreisio  nAita  iceleüoi  invenit  in  luce  tenantei^  $naia  {guae  iiüM 
raerpantur)  im  tem^brarum  conflmiis  iam  iam  eruptura  $ed  tardemiia 
impeium  iuum  aigue  horae  momenio  ueletH  profunda  tenentttr  necte. 
haec  imaginem  exhibent  tere  Aackpleam  etc.*  Die  Worte  maim  quae 
bis  conftniii  sind  uns  ein  Rathsel,  so  unverständlich  wie  die  Änderung 
im  Texte;  aber  im  höchsten  Grade  befremden  muss  die  Zumuthung,  im 
letzten  Oliede  toig  9*  cjfx^arrog  l^n  vv^  (abgesehen  von  dem  ungenau 
übersetzten  azri  und  dem  nicht  vorfindlichen  Aorae  momento)  das  erste 
wieder  finden  zu  sollen.  Wenn  man  liest  tovq  filv  iv  tpan  —  xa  d'  h 
p^ai%iU«p  o%6xov  —  Tovg  9*  S»^9xog  i%H  vvi^  so  muss  es  gewiss  ganx 
gerechtfertigt  erscheinen»  wepn  man  drei  verschiedene  Glieder  darin  er- 
blickt, die  sich  auch  auf  verschiedenes  Cwir  woUen  noch  gar  nicht  ent- 
scheiden was)  beziehen  müssen,  indem  id. den  Ausdrucke  eine  offenbare 
Steigerung  liegt.  Hatte  der  Dichter  das  nicht  beabsichtigt,  so  hätte  er  sich 
einer  unbegreiflichen  Verkehrtheit  de?  Ausdrucks  schuldig  gemacht,  und 
jede  Möglichkeit  eines  geregelten  Versljin^nines  musste  aufhören.  Dass 
nun  mit  xovg  plkv  iv  tpaet'  und  Tovg  d'  anqap%os  i%n  vvi  verschiedenes 
gemeint  ist,  darauf  weist  die  Form  find  ^i^  sehr  auch  der  Inhalt 
Es  fragt  sich,  was  ist  xa  i*  iv  f^ixii^i^  etc.f  Däss  der  Hr.  Herausg. 
Pqvbiv  behält,  und  fii^nweglässt,  is^  uns  als  Folge  seiner  falschen  Auf- 
fassung erklärlich.  Pqvhv  hat  sich  aber  ganz  offenbar  aus  v.  63  ein- 
geschlichen.   Wir  haben  bereits  gebessert: 

xä  9*  iv  iiSTaixii>itp  ctiOTOV 

l^ivei  x^ovCiovcav  am  ((oni^v), 
*In  der  Mitte   zwischen   Nacht  (Verderben)   und  Tag  (Rettung) 
schwankend  erwarten  die  Leiden  die  zögernde  Entscheidung  des  Rechts*. 
0le  Leiden  sind  naturlich  die  Leidenden. 

(onrf  9'  inicxonst  dCuriq 

xa%Bia  Tovg  ftly  iv  tpdsi. 
•  .  *Die  Rechtsentscheidung   trifft  schnell   die  im  Lichte  (im  Glücke) 
wap^elnden  (Bösewichter).'    Natürlich!   Für  die   Glücklichen  kommt  die 
Rache  früh,  die  für  die  Leidenden  spät  kommt. 

xoifg  9*  a%Qcexog  i%H  vv^. 
*Für  die  dritten  ist  alles  vorbei.   Kein  Wechsel   ist  mehr  für  sie 
zu  erwarten;  unveränderliche  Nacht  umfängt  sie.' 

Da  nun  mit  xovg  (ilv  —  xoifg  91  -^  unzweifelhaft  Personen ,  mit 
xovg  fihv  —  die  im  Glücke  lebenden,  mit  xovg  9h  —  die  allem  fernem 
Wechsel  der  Leiden  entruckten  gemeint  sind,  so  ist  unmittelbar  klar,  dass 
das  Mittelglied  der  Steigerung  auch  Personen  und  zwar  weder  glückliche 


änekißU  gaae  wßemm  tr^mHäe,  ed.  Well,  ang.  ▼.  A.  lÄtd»l§.    713 

noch  rettungslos  verlorne  beieichoet.  Auf  welche  Persönlichkeiten  diese 
Sebilderang  nun  passt,  brauche  ich  wol  nicht  des  weiteren  auseinander 
lu  setzen. 

V.  68a/a9ifg  furdiolyifg,  weil  der  Schol.  17  diaimvCiovaaux'ri,  Aber 
der  Schol.  wollte  wahrscheinlich  das  ftia  in  dtaXyif  e  erklären.  —  V.  73  wun- 
dem wir  uns^  wie  der  Hr.  Herausg.  die  ganz  sinnlose  Gonjectur  Bam- 
berger's  n^ofaivovxMg  aufnehmen  konnte;  dergleichen  Ändferüngen  ent- 
behren aller  inneren  Wahrscheinlichkeit.  —  Gelungen  Ist  dagegen  V.  145 
xuvx*  h  fki^Bi  t{4hifu  trig  «.  a.  —  V.  191  würden  wir  schreiben  ovdafimg 
i'  iuiiwfiop  tpQOTfiiia  ituiül  ävü^tog  mncciiirri.  Vgl.  V.  525. 

Die  Verse  tt60— S96  behalt  der  Hr.  Herausg.  bei,  mit  einigen  Än- 
derungen, die  sie  nicht  tohderlich  annehmbar  machen,  und  Annahme 
des  Ausfalls  von  drei  Versen  nach  284»  einer  wenn  auch  nicht  unwahr- 
scheinlichen so  doch  nfcfat  zwingendetf  Annaliiarfe.  Vgl.  unsere  Abhandlung 
Zur  Kritik  des  Aeschylos/  das  Gapilel  «ber  Ibtert^lationen  und  Glosseme.  — 
Treffend  scheint  uns  305  4  ^'  ^f^^  ^  ^'^  f^4*  "^  ^^^^  unglücklich  ist 
die  Unterscheidung  nach  318  IWte  J  Ijch^W'  ttifal;  es  ist  schlechter- 
dings nicht  begreiflfeh»  Wie  die  Erklärung  des  Scholiasten  zu  a%6tip 
». T.  1.  Moki  xo  fftffrat«  «üi^t^rroy  »al  xB^hnpioxmVy  die  Billigung  des 
Hm.  Herausg.  haben  kann.  Die  RScksicht  auf  die  gleiche  Interpunction 
in  der  Gegenstrophe  kann  dufchävs  hiebt  mafsgebend  sein.  —  V.  362 
wie  jemand  mit  seinen  Hltide^h  das  ihm  zugewiesene  Loos  erfüllen 
könne,  ist  Referenten  wenigstena  ^  Räthsel;  das  mSsste  der  ;Tezt 
nach  des  Hm.  HcrausgL  fiberibtibüg  besagen ;  denn  er  constraiert 
ßaailivg  nutXavxMw  *reX'-€0ht0  fuf^  repium  muma  adHnplebani! 
Bei  dieser  Obersetzung  wird  jeder  üeinen,  de^llr.  Heraus^,  tasse  jre^orir 
als  Dativ.  Dagegen  erklärt  er  es  selbst  als  Genitiv,  ohne  hinzuzufügen, 
von  welchem  Nomen  abhängig.  Zu  fiOQifiop  Xaxog  getogeti  hat  es  keinen 
Sinn;  zu  ntialfQ.  ßanx,  ist  es  nur  mit  Gewalt  gegen  die  Stellung  er- 
reichbar, und  immer  bleibt  die  sinnlose  Beziehung  von  nmXavxmp  zu 
ßanxQov,  —  V.  367  fallt  die  Form  nxavopxeeüiv,  wie  der  Hr.  Herausg. 
schreibt,  auf. 

Die  Behandlung  von  V.  376—379  genügt  nicht  äovuog  t%vHx9t^ 
soll  heitsen  * iamenialio  In  Oreum  penetrai'.  x^odt  muss  sich  aber 
auf  das  Folgende  beziehen,  wie  das  Asyndeton  x£v  fihp  zeigt  —  V.  389 
bis  390  construiert  der  Hr.  Herausg.  tpQBPog  olov  fyitag  noxaxai  mit 
Verweisung  auf  Agam.  932;  allein  dort  steht  9irfia  ngoaxuxii^tiöp  nm^' 
düxg  x8Qa0%6xov  Moxäxati  also  offenbar  n(foax€exiiQio9  noxaxM  zusaiD*- 
mengehörig;  ungenau  ist  feraei  tfoxSxm  mit  *aä  tolat*  wiedergegeben. 
V.  423— 428.  Da  es  im  folgenden  heifst  avta-nsv^ficixav  hlag 
ivolfimxxov  av9qa  »dtpaiy  glaubt  der  Hr.  Herausg.  einen  Widerspruch 
zu  finden,  wenn  man  wie  gewöhnlich  fxo'^a. .«  liest.  Er  ändert,  um 
diesem  Widerspruche  zu  entgehen,  die  ganze  Strophe  in  die  Frageform 
{'»o^a...;  allein  diese  ganze  Frage  ist  ungemein  schwerfällig,  und  die 
Form  sowohl  als  der  Inhalt  unpassend;  denn  bei  einer  rhetorischen  Frage 


714    AeichpU  gtioe  tupenunt  trafftediae,  cd.  Weii,  ang.  v.  A.  Ittäm/g. 

tritt  immer  eine  Herabdruckung  ein;  das  passende  wäre  beiläufig  in  der 
Weise :  Durfte  ich  auch  nur  das  geringste  Zeichen  der  Trauer  geben,  niebt 
aber:  Zerschlug  ich  Haupt  und  Brust  etc.  Endlich  die  lange  fast  über* 
baufte  Schilderung  passt  am  wenigsten  zur  rhetorischen  Frage?  Was 
nun  den  Widerspruch  betrifft,  so  löst  sich  dieser  gar  leicht.  Die  Todten- 
klage  war  keine  Jusla  lameniatio^  wie  sie  von  der  Gattin  selbst  su  aller« 
erst  musste  angestimmt  werden.  Hier  fehlte  der  richtige  Anfang.  Es  war 
also  eine  Klage;  die  weiter  keine  Wirksamkeit,  keine  religiöse  Bedeu- 
tung hatte,  es  war  der  zufällige  für  den  Todten  gleiehgiltige  Ausdruck 
des  Schmerzens.'  Daher  konnte  Aeschylos  ganz  richtig  Elektren  yod  EL 
sagen  lassen  ixlaq  d'  avoCykmuxov  ivdga  ^dfpa^  Ja  die  lebhafte  Trauer 
des  Chores  musste  ihr  den  Gegensatz  um  so  schärfer  hervortreten  lassen, 
und  sie  zu  dieser  Äufserung  bringen.  Wie  die  Betheiligung  der  nächsten 
Blutsverwandten  an  den  Leichenfeierlichkeiten  von  Wichtigkeit  war,  gebt 
daraus  hervor,  dass  die  den  Todten  zunächst  berührenden  Handlungea 
nur  von  diesen  vollbracht  werden  durften»  nicht  blutsverwandte  geradezu 
von  der  Betheiligung  daran  ausgeschlossen  waren« 

Nicht  billigen  können  wir  die  Versetzutig  ion  V.  434 — 438  nadi 
455.  Ober  die  Anordnung  der  Strophen  siefasr'^Von  unserer  Abb.  *Zur 
Kritik  des  Aeschylos'  das  Cap. ,  das  über  diesen  Kommos  handelt 

Den  Ghorgesang  585^661  haben  wir  tbeil weise  in  unserer  Abband« 
lung  besprochen.  Der  HauptgegeflsatSc  i  in  dem  Referent  zu  dem  Hm. 
Herausg.  steht,  ist,  dass  Referenl^^^ossfeme  ent^ckt  zu  haben  glaubt 
aufser  dem  bereits  anerkannten  ßXketivat/'^&t  W.  Herausg.  aber  nicht 
nur  dies,  sondern  überhaupt  alles  ll^lässt,  ja  sogar  überdies  nicht  weni- 
ger als  vier  Wörter  einsetzt.  Bei  den  beiden  ersten  und  der  fünften 
Strophe  üt(f  /  hat  uns  der  Hr.  Flerausg.  nicht  überzeugt ;  aber  da  wir 
bereits  über  diese  ausführlich  gehandelt  haben ,  so  geben  wir  lieber  zv 
atQ.  9\  und  zwar  zum  dritten  und  vierten  Vers  derselben  V.  641,  642. 
Der  erstere  ist  mit  einem  unbegreiflichen  Überflusse  von  Negationen  ge- 
segnet, der  geradezu  unsinnig  ist  Der  Hr.  Herausg.  emcndiert  to  /i^ 
^ifitff  yaq  ov%  iot  Xa^  nidoi  nocroviiBvov  und  bezieht  naQeKßävvag  zu 
ovt^  V.  640.  {ri^C%ri  ovn  iqi  x6  {iri  ^iiiig  nidoi  natovusvov:  ein  in  der 
Tbat  unfassbarer  Gedanke).  Es  ist  aber  zu  schreiben:  -to  d'  17  ^ifiig  yaq  ovv 
lii  ni9oi  natoviiivTi'XO  näv  Ji6$  oißag  nagsTißdvTag  nzi  mit  Ausstos- 
'  sung  von  dial^  Ebenso  wenig  ist  die  vom  Hrn.  Herausg.  aufgestellte  Bezie- 
hung zu  ovtqi  haltbar;  dass  9ucl  unsinnig  ist,  liegt  auf  der  Hand.  Es  ist 
offenbar  durch  Dittographie  entstanden.  Zunächst  wird  es  heiisen  müssen» 
To  6'  iyxt,  nvsvfiovtov  i^q>og 
diavzaCttv  6ivnBv%\g  ovtqi 

/iC%ag'xo  8*  ij  ^iyng  ydq  ovv  Aa{  niSoi  7Caxov[iivri 
x6  näv  Jiog  asßag  nagiußavxag  ov  d^s(i,iaxtog. 

In  der  Bemerkung  des  Scholiaslen  zu  dem  letzten  Verse  ist  so  viel 
richtig,  dass  eine  Ellipse  des  Verbum  finitum  sich  findet,  eine  Ellipse 
von  noisl,  diwxg  hängt  natürlich  von  i^og  ab.    I^  der  nächsten  Strophe 


M^Wi  Quae  ßupeniaU  tragiBdiae^  ed.  WM^  ang«  v.  i.  LutMg.     716 

verdirbt  der  Hr.  Herausg.  das  Original  n(^o%aX%BVBi  d*  Mau  tpaayuv^ 
pvQyog  durch  die  Hinzugabe  der  Wörter  viov  ^itpog.  Das  poetische  in 
der  Ausdrucksweise  des  Originals  liegt  offenbar  darin,  dass  da  man  aus 
nQOZ€iX%svsi  und  q>acyavovQyo9  (der  Accent  der  Überlieferung  hat  sprach- 
liche Berechtigung)  das  Object  mit  Nothwendigkeit  im  Gedanken  ergänzen 
muss,  die  directe  Ausdrucksweise  vermieden  ist.  Es  ist  eine  arge  Ver«» 
kennung  des  poetischen,  es  durch  ein  so  triviales  Anhängsel  lächerlieh 
zu  machen;  denn  das  ist  der  Eindruck,  den  die  Gon/ec^ur  dem  Original 
gegenüber  macht 

V.  684  schreibt  der  Hr.  Herausg.  ganz  richtig  vvv  9'^icsq  ^p 
do^.  Für  nuQOvaav  aber  gefällt  fftiJsoT'  ovaccv  keineswegs.  Es  ist 
vielleicht  zu  schreiben  ov%  a^*  ovaav.  Für  ßauxB^tcg  xaX^;,  dessen  Un- 
richtigkeit der  Hr.  Herausg.  anerkennt,  wüssten  wir  nur  zwei  zu  billi« 
gende  Abhilfen.  Entweder  das  von  ihm  vorgebraphte  iXfjg,  oder  vielleicht 
wahrscheinlicher  calrig,  -.     o    . 

vvv  3  *  ^nsQ  f^v  doiLOia^  Pa%%ȟ[i  aalrjf 
latQog  iiMig  ov%  a^'  ovaa»  iyyf^tpa, 
664.    i^8l9hm  %$$    demdtav    teXsatpoQog ,    fvvii   r '  av   a^xog 
avdga  d'  BvxqsnictBq^mi,'  Diese  sonderbare  Schreibung  rechtfertigt  der 
llr.  Herausg.  in  folgender  noch  sonderbarerer  Umschreibung  i   yvv^  %iv 
ciQxos  i^BX^ovau,  si  yvpfi  iqx^S  nccffBirj,    Nicht  einmal  diese  Umschrei- 
bung ist  erträglich.    Küonte  mai^  vagen  .gpvf  if  y  ^avaqxmv  (Satfuitav)  ? 
V.  756  Hegt  doch  difi  isniM^mg  Bi^XiiUg  ^  .ditpii  viv  ^  XiipovQÜt 
^XBi  nahe  genug.  —  HP  W^Bi7« :  M  wdrda  uns  zu  weit  fuhren ,   auf 
des  Hrn.  Herausg.  Behaodlang  "dieüt«  Ckorliedes  einzugehen.    Derselbe 
lässt  alles  als  Text  gelten,  wihre^d  wir  bedeutende  Glosseme  darin  ge- 
funden zu   haben  glauben.  —  Dasselbe  gilt  ypn  936—972.    Nur  erlau-^ 
ben  wir  uns  hier  zu  fragen,  wie  der  Hr.  Herausg.  die  Worte  dvaoifiov 
tvxecg  v.  945  construiert    Uns  ist  dies  weder  a  priori  klar,  noch  auch 
durch   die   Anmerkung   klar   geworden.  -^  V.  965   halten  wir  navtBX^g 
ZQovog  als  Subject  für  unmöglich;  weil  die  Kraft  der  Zeit,  wie  schon 
au  und  für  sich  begreiflich,  nicht  eine  rasche,  plötzliche,  sondern  nur  eine 
allmähliche  sein  kann.  —  Die  letzte  Änderung  t^i^toitsv  Sg  tdatv  axov- 
cai  xBy  bezogen  auf  die  Ennnyen  und  die  Bedeutung  von  nBCoi^v%«%  alft 
i%TCBaovvtai,,  sind  das  gerade  Gegentheil  von  dem,  was  man  anspreehendi^ 
Änderungen  nennt 

Das  Hauptinteresse  concentriert  sich  bei  dieser  Ausgabe  natürlich 
hauptsächlich  auf  die  vom  Hrn.  Hrsg.  gemachte  Entdeckung  der  symmetasctten 
Composition  der  Epeisodien.  Dieser  gegenüber  nimmt  die,  wenn  auch  nicht 
unbedeutende  Anzahl  glücklicher  Besserungen  doch  nur  untergeordnetes 
Interesse  in  Anspruch«  Von  der  verbal tnismäfsig  groCsen  Anzahl  von 
Versumsteliungen  kann  man  nur  sagen,  dass  sie  mindestens  eben  so  sehr 
zum  Vorlheile  des  Sinnes  als  zur  Herstellung  einer  Entsprechung  dienen. 
Nicht  gilt  dies  allerdings  von  v.  670  %al  ^bqihc  Xovxq«  %al  novmv 
»iXux^Qiu,  den  der  Hr.  Herausg.  nach  714  versetzt.  Der  Sinn  ist  untadel- 


716    itftrJ^r/i  guae  wpermmt  iragmtüae,  ed.  Weiiy  ang.  v.  i.  tmimti. 

h&ft,  wenn  man  ^%X%Tii^\o%  schreibt.  Die  umfangreichen ,  Ton  Dlndorf 
ausgeschiedenen  Stellen,  besonders  y.  269  — 296 ,  behält  der  Verf.  beL 
Doch  sind  die  zu  diesem  Behufe  gemachten  Aenderungen  nicht  geigDet, 
die  ausnahmslose  Echtheit  der  Verse  glaublich  zu  machen. 

Diese  Reihe  von  Verandemngen  wollen  wir  jedoch  hier  besprechen, 
weil  sie  von  besonderer  Wiehtigkeit  ist  für  die  vom  Herausg.  aufgetteUta 
Eintheilung;  nicht  etwa  für  das  Princip,  denn  dieses  halten  wir  für  hin- 
ISnglich  gesichert,  sondern  nur  für  die  vom  Hrn.  Herausg.  angenommene 
Gestaltung  desselben  an  den  Stellen  v*  269—296  und  973—1043.  Die 
Form  an  der  ersten  Stelle  ist  2  +  3  +  ^  +  %  (--  279)  5  +  6,  5  +  • 
(—  296)  2  +  3+^  +  2  (—  305).  Dies  han  gt  nun  ab  erstlich  von  der 
Anerkennung  der  Echtheit  der  ganzen  Stelle,  zweitens  Ton  der  Annahme 
eines  Ausfalles  von  drei  Versen  vor  y.  285  (dasi  ein  Ausfall  stattge- 
funden hat,  durfte  nicht  ganz  unzweifelhaft  sein),  drittens  von  verschie-. 
denen  Veränderungen,  um  das  unverständliche  verständlich  zu  machen, 
das  unzusammenhangende  in  Zusammenhang  zu  bringen.  Der  dritte 
Punct  muss  der  Natur  der  Sache  nach  zuerst  besprochen  werden,  und 
zwar  gleich  die  Umstellung  von  v.  275,  der  sonst  nach  577  stund.  Ab- 
gesehen von  den  auffallenden  i%o%^yMxoi  tfifiiM  passt  das  Ganze  auf 
ixag  bezogen  nicht;  y.  271,  272  besagen  nur  so  viel,  dass  Apollo  den 
ohnehin  schon  Ergrimmten  antrieb.  Wai  aber  der  Grund  dieser  ^t^- 
ftoTijff  war,  das  muss  man  allerdings  aus  dem  „Ganzen  entnehmen,  nicht 
aus  anox^fk,  t-  ««t'^-  i  wie  unzart  wQrde  ••  «ein ,  wenn  der  Dichter 
sowol  Orest  als  auch  den  Gott  darin  ein  eptseheMandes  Motiv  erblicken 
liefsen !  damit  stünde  das  folgende  im  Widerspnfeh.  Wenn  der  Herausg. 
sich  auf  V.  301  beruft,  %al  nqog  niitn  z^pmtmp  izrjwiaj  der  durch 
die  Dmstellung  von  v.  275«  an  eine  zu  diesen  symmetrische  Stelle  kommt, 
so  können  wir  nur  eine  Verschiedenarligkeit  der  beiden  Verse  fühlen, 
eine  Verschiedenartigkeit,  die  freilich  auch  an  des  Verses  bisheriger 
Stelle  sich  geltend  macht.  Vers  301  spricht  von  dem  Mangel  an  Mitteln 
offenbar  als  von  einem  nur  sehr  untergeordneten  Beweggrunde;  die  ersten 
und  vorzuglichsten  sind  ^sov  %  *  itpstnul  %cä.  natQog  niwd'og  fi^iya ,  und 
nun  sollte  gerade  dieser  Umstand  im  Eingange  dieser  nachdrücklichen 
Rede  oitoi  ngoSoiasi  Ao^lov  x.  t,  A. ,  so  besonders  in  den  Vorder- 
grund treten? 

Im  folgenden  waren,  um  das  überlieferte  behalten  zu  können, 
naturlich  bedeutende  Äuderungen  nöthig.  Wir  können  (y.  305  ausge- 
nommen) weder  mit  den  Änderungen,  noch  mit  der  Auslegung  derselben 
stimmen.  Zunächst  276,  277  schreibt  der  Hr.  Herausg.  aitov  d' itpacnt 
Tjf  tpilTj  "iffvxi  tdda  fM}';cofrTa  (ist  wol  zu  schreiben  fiif^o*^«)  ^n^Hw 
nolXa  dvatSQuij  «axa.  Nun  soll  «eithv  auf  Agamemnon  gehen,  was 
offenbar  unmöglich  ist  aitov,  das  hier  ipsum  sein  muss,  kann  ohne 
weiters  nur  entweder  Orest  oder  Apoll  bezeichnen.  Sollte  es  auf  Aga- 
memnon gehen,  so  müsste  noch  ein  Pronomen  hinzukommen.  Auch  die 
Änderung  eines  «  in  ^  bat  keine  g  rolse  Wahrscheinlichkeit.  Endlich  wird 


AeMckifU  quae  sttpersuni  iragadiae^  ed..  WeU^  ang.  y.  i.  Ludwig,    717 

der  Ausdruck  %i  tp^jj  '^vxv  durch  die  Auffassung  tod  aitov  als 
Agamemnon  in  seiner  Bexiehung  'befremdlich.  —  V.  278.  ta  phv  yaq 
i%  yijg  dvstpQOvmw  fietX^/fiara  ßQOxoi^g  ni(pavc%(ov  Bim  xag  dstXnv 
(der  Herausg,  für  dh  v£v)  vocovg ,  ctcQ%6v  inBftßaziJQag  x.  t.  l.  Ja 
diesen  und  den  folgenden  Versen  sucht  der  Hr.  Herausg.  einen  ganz 
allgemeinen  Inhalt :  Nam  cum  praeciperet  mnrtalibUM  quomodo  mamium 
ex  inferii  ira  plaeanda  e$$et  (eidelieet  fortUer  in.  Merfeetorei  ani- 
madvertendo)  igfutvorwn  {videlicet  pericuia  expaventium  xmv  anodsi^ 
Xiivxmv)  praedicavU  tnorboi.  Ond  dazu  beruft  sich  der  Ur.  Herausg, 
auf  ein  Scliolion:  al  %QXaang  xdv  udinovvxap  iisiUfftaxd  tici  täw 
aSi^fjd'ivxov,  Allein  v/ie  unbestimmt,  wie  undeutlich  wäre  hier  der 
Ausdruck  gegenüber  der  Weitläuflgkeit  der  folgenden  Schilderung.  Da| 
Vieldeutige  (tsiUyitaxa  haben  wir  uns,  bei  der  Undeutlichkeit  des  vor- 
ausgehenden, noch  nicht  zurechtgelegt»  so  kommt  diiXnw^  das  gleich 
anodBiXK09X(09  xr^p  xi(tmQia9  sein  soll,  f^e  weder  grammatisch  noch 
stilistisch  zu  billigende  Auffassung»  wahrend  die  Omgebung,  die  sonstige 
Weise  der  Wortstellung  und  Fugung  fast  gebieterisch  die  Constructioi^ 
von  9hX£v  zu  aa^xaiv  Teriangen»  Nicht  besser  passt  das  allgemeine 
hier;  denn  in  welche  Beziehung  würde  diese  allgemeine  Belehrung  (^^o- 
tofff  ni<pu'oc%mv ,  v.  279)  zu  dem  Orest  ertheilten  Ausspruche  stehen« 
War  sie  darin  enthalten,  so  ist  fqotoig  verkehrt;  an  andere  Ausspruche 
überhaupt  aber  zu  decken,  ist  «io  Ausweg,  zu  dem  man  sich  wol  zwin- 
g  en  kann,  den  man  aber  kaoni;  ^wUlig  einschlagen  wird. 

Der  Annahme  soKsNlMCalles  von  Versen'  nadi  284  kann  man  bei- 
stimmen. DerHrsg.  scUUbtVi285  ^^nvva  Xufkm^ov  iv  anottgt,  vm^k^vx* 
itpQvv  und  übersetzt?'  jUßfMtdam  ntitio  quam  specieht  (was  im  vor- 
ausgebenden ausgefallenen  Verse  mussle  gestanden  sein)  ciaram  per  iene* 
brae  videre,  ocuioe  circnmagenteM  (7  circumageniem).  Ganz  unnölhig 
und  unmöglich  ist  die  Trennung  von  iv  anoxtp  von  vaitmvx'  oipQvv» 
Diese  Auffassung  ist  ganz  gut  möglich,  zwingend  dazu  ist  die  Gestalt 
des  Verses  nicht,  ogmvxa  XaitJtQOv  lasst  sich  ganz  gut  auffassen  als 
einer  der  *klar  aussieht',  das  heifst  epeciem  praebei  ciare  tideniie^ 
aber  doch  seine  Augen  im  Dunkel  bewegt.  Freilich  wäre  bei  dem  Man- 
gel an  bestimmten  Anhaltspuncten  auch  möglich  bf^civ  xb  Xaii^n^bp  tp 
anoxm  v(o(t<ov  t^6(pQvv,  Doch  hatte  eine  solche  Vermuthung  weder  si* 
cheren  Vortheil,  noch  bestimmtes  klares  Ziel. 

Im  folgenden  Xvcaav  xb  xal  yMxuiov  in  vvnxtov  tpoßov  ilivbCv 
taQuacBiv,  ... 

Wir  müssen  also  gestehen»  dass  trotz  des  grossen  Aufwandes  von 
Scharfsinn  die  Bedenken ,  die  gegen  die  Echtheit  einzelner  Theile  dieser 
Rede  sich  dem  Leser  aufdrängen,  weder  durch  die  Textesänderuugen, 
noch  durch  die  Interpretation  uns  gehoben  erscheinen  können. 

Das  letzte  System  symmetriscb-correspondierender  Perioden  um- 
fasst  V.  973—1076.  Zunächst  erregt  Bedenken,  dass  die  zehn  ersten 
Trimeter   dieses  Systems   den   zehn  Schlussanapästen  1064 — 74  entspre- 

ZeiUekrift  f.  d.  5«Urr.  Gyaiaa«.  1860.  IX.  Haft.  \^ 


tl8     F.  F.  ilmkj  Allgemeine  u.  Hindelsgeographie,  ang.  v.  t.  ^ffmkäudek 

eben  sollen.  Zwar  ist  die  Zerfallüng  der  beidno  Stucke  dieselbe  %  +  % 
4-2  +  3  und  3  +  t  +  S  +  t ;  allein  bei  den  Anapeesten,  die  eine  kun* 
gefasste  AufsSblung  der  Unglücke  des  Hauses  enthalten,  fallt  diesdoeh 
minder  schwer  in's  Gewicht«  —  Die  acht  Verse  997—1004,  die  den  Zn^ 
sammenhang  der  Rede  unterbrechen,  versetzt  der  Hr.  Heraoag.  nach 
T.  1013.  Für  diese  Stelle  macht  derselbe  zwei  Grunde  (abgesehen  tob 
der  dadurch  erzielten  Responsion)  geltend:  dass  nqoatpmißwf^  y.  1016« 
sreh  auf  «pogetvo»*  beziehen  müsse,  und  dass  Orest  das  Badegewand 
doch  nicht  eher  ansprechen  könne,  als  bis  es  auseinander  gefaltet  ist  Was 
den  letzteren  Grund  betrifft,  so  lasst  sich  darauf  entgegnen,  dass  es  gana 
passend  ist,  wenn  Orest  in  der  steigenden  Aufregung  in  der  er  sieh  be- 
findet, erst  nach  kurzer  Schilderung  des  Mordgewandes  sagt:  *nun  breitet 
TS  aus  nnd  zeigt  es  u.  s.  W.'.  Ebenso  wenig  ist  der  andere  Oniad 
Schlagend;  die  Anrede  ist  ja  kaum  vorüber,  und  die  wenigen  dazwischen 
gesprochenen  Worte  kann  man  doeh  nicht  f&r  ein  ernstliches  Hindernis 
halten.  (Die  Umstellung  von  v.lOlS  vor  1014  ist  wegen  des  ^ß^  ganz 
tnzulSssig.)  Dies  wSre  über  Versverstellung.  —  Ebenso  wenig  können 
wir  mit  der  Behandlung  der  Verse  991—996  einverstanden  sein.  Diese 
Verse,  die  schon  vielfachen  Anstofs  erregt  haben,  belisst  der  Hr.  Heransg. ; 
er  interpungiert  mit  Bamberger  994  ifpv\  und  996  tpi^ov^ifunog ,  und 
schreibt  ^lyova*  £9  tnutvog.  Construiert  wird  991  ijtis  —  994  ti  eo< 
Sü%it.  —  Durch  die  Interpnnction  iipv;  soll  der  Sdiein  verhindert  wer- 
den guoii  muraenae  et  vfperae  per  nefarlum  animum  m^rdemUi 
dies  wird  aber  keineswegs  erreicht^  denn  Vers  99d  geht  so  gut  auf  die 
pLVQotiva  wie  auf  Klytiemnestra ,  und  kann  folglich  v.  996  nicht  allein 
auf  letztere  bezogen  werden.  —  Der  Vers  993  tpilov  xias,  vvv  d^  ix^gaw, 
mg  tpttivBi,  nccnov,  der  sich  offenbar  nur  auf  Orest  beziehen  kann,  ist  hier 
vollständig  unpassend  und  selbst  in  seiner  Fassung  ((pikov  ximg  bis  jetzt) 
hier  auf  Orest  nicht  recht  anwendbar.  —  Endlich  ist ,  wie  uns  scheint, 
klar,  dass  v.  996  tolitrig  llnati  x.  t.  l.  keine  andere  erträgliche  Bezie- 
hung haben  kann  als  auf  v.  991  fing  9'  krt  uvdql  tovz*  ifiiiffceto  ovvyog^ 
woraus  folgt,  dass  das  zwischenliegende  nicht  echt  sein  kann. 

Wien.  Alfred  Ludwig. 

Allgfemeine  und  Handelsgeographie.  Ein  Lehrbuch 
für  commercielle  und  technische  Lehranstalten,  für  Kaufleute  und 
Industrielle ,  von  Dr.  V.  F.  K I  u  n ,  Prof.  der  Geographie  und  Sta- 
tistik an  der  Wiener  Handelsakademie  etc.  Erster  Theil.  Allgemeine 
Geographie.  Wien,  C.  Gerold's  Sohn,  1860.  XIV  u.  540  Seiten.  8.  — 
4  fl.  50  kr.  ö.  W.     • 

In  einem  kurzen  Vorworte  entwickelt  der  Verfasser  die  Grundsätze, 
nach  welchen  er  den  Stoff  gesondert,  behandelt  und  dem  Zwecke  gemäfs 
verarbeitet  hat  Er  rechlfertigt  damit  die  analytische  Form,  die  Hervor- 
hebung der  physischen  und  technischen  Cultur,  die  Herrichtung  des  Ma- 
terials zur  Obung  der  Selbstthätigkeit  der  Schüler  und  das  Gewicht,  das 
er  mit  Recht  statt  auf  eine  Anhäufung  von  Einzelheiten  auf  ein  gedrängtes 


Fi  f.  ikm,  Allgomeloe  u.  Handebgeographio,  ang.  v.  i.  ßtHnkam^r.  7iSt 

CuUurbild  von  Land  und  Leuten  und  auf  eine  xur  Vergicichung  taug- 
liche Charakteristik  der  bedeutendsten  Besiehungen  der  Staaten  legt  — 
Das  Lehrbuch  zerfällt  in  swei  selbständige  Theiie,  die  als  Vorbereitung 
zur  Uandelsgeographie  dienende  allgemeine  Geographie  und  die 
(erst  zum  Drucke  kommende)  eigentliehe  Bandoisgeographie. 
Erstere  hat  einen  Wirkungskreis,  der  über  die  Fachschule  hinausreicht, 
indem  auch  die  Realschulen,  welche  für  das  künftige  praktische 
Leben  und  für  höhere  technische  Studien  vorbereiten  sollen,  davon  Nutzen 
ziehen  können,  und  zwar  die  Oberrealschulen,  weil  sich  Form 
und  Darstellung  nur  für  eine  vorgeschrittenere  Onterrichtsstufe  eignen. 
Dr.  Klun  gliedert  sein  Lehrbuch  in  die  astronomische  Geographie 
(10  8.)»  in  die  topische  Geographie  (65  S.)»  in  die  physische 
Geographie  (t5  S.)  und  in  die  politische  Geographie,  In  dieser  um- 
iasst  die  Einleitung  7  S.,  Oesterejch  97  S.,  Deutschland  79  8.,  die  übri- 
gen europäischen  Staaten  173  S. ,  die*  Staaten  der  anderen  Erdtheile; 
79  8.  Die  scheinbar  stiefmütterliche  Behandlung  der  physischen  Geo- 
graphie seheint  ihre  ErklaroDg  darin  zu  finden»  dass  der  Verfitisser,  als 
für  höhere  (blassen  schreibend»  eine  Grundlage  schon  vorausznsetzen  be- 
rechtigt war,  und  daher  mit  der.gedräi>gten  Obersicht  der  wichtigsten 
physikalischen  Verhältnisae  mehr  .  eine  theilweise  bcrichligte  Wieder- 
holung in  der  Wesenheit  schon, bekannter  Gegenstände  bezweckte,  als 
eine  Erweiterung  der  Wissenschaft  s  überdies  bedingte  der  2weck  ein 
gewisses  Mafs  in  jene«  Pai;tieDy  welche  vom  Standpunct  ^der  allge- 
meinen Bildung  nicht- ignöcicfftwei^den  können.#nd  ei^e.gröfsere  Ver- 
breitung in  dem  Theilev  4er  aur  praktisehan  Tendenz  die  gröfsere 
Verwandtschaft  zeigt. 

Die  kosmische  und  tellurisehen  HauptverbäUnisse  sind  klar  und 
richtig  hingestellt,  von  Zahlen  und  Beispielen  ist  ein  mäfsiger  und  ent- 
sprechender Gebrauch  gemacht;  nur  bei  der  Messung  der  EnMernungen 
zweier  Orte  scheint  das  gesagte  im  Verhältnis  zu  dem  nicht  erwähnten 
zu  relehhaUig.  Denn  die  FäUe«  wo  Orte  unter  demselben  Met  i  diso 
oder  auf  demselben  ParaUelkreise  liegen,  sind  sehr  selten  gegen  jene, 
wo  sie  in  anderen  Biehtungen  auseinander  liegen,  und  von  dieser  grolseu 
Mehrzahl  der  Fälle  schweigt  der  Verfasser.  So  compliciert  die  Lösung 
mit  dem  Beehensüft  ist«  so  einfach  ist  das  für  oberflächliche  Besuitat^ 
hinreichende  praktisiche  Verfahren  der  Abn«ihme  der  Entfernung  mit  dem 
Zirkel  und  das  Ablesen  der  von  den  Zirkelspilzen  auf  dem  Aequator  um- 
fassten  Länge.  Manchen  Globen  ist  zur  Lösung  solcher  Fragen  ein  gra- 
dierter Meridian  aus  dünnem  Messingblech  beigegeben,  welcher  an  die 
beiden  Objecte  angelegt  wird  und  au/  dem  die  Entfernung  in  Graden 
sogleich  abgelesen  werden  kann. 

Über  die  Correcturen,  die  fortwährend  neue  Entdeckungen  von 
Planetoiden  und  Planeten  nöthig  machen,  kann  hinausgegangen  werden; 
ein  Buch ,  das  Monate  zum  Erscheinen  braucht ,  kommt  immer  zu  spät, 
um  dem  Stande  am  Tage  der  Ausgabe  haarscharf  zu  entsprechen. 


TtO    F.  F,  äUatf  AlIgemdDe  u.  UandclBgeögraphio,  ang.  ▼•  i.  SieMkmueti 

Bei  der  Angabe  des  Vertaaltnisses  zwischen  Land  und  Wasser  auf 
der  Erde  findet  man  gerade  die  Extreme  der  continentalen  und  ooeani- 
sehen  Hälfte  nicht  in  Ziffern  ausgedrückt.  Auf  ersterer  überwiegt  das 
Wasser  das  Land  nur  um  10Vo#  &uf  letzterer  aber  stellt  sich  das  Ver- 
h&Unis  auf  1  zu  16!  —  In  der  Tabelle  der  Fläohenräume  d6r  Gontioente 
8.  iZ,  kommen  durch  ein  Obersehen  bei  Amerika  5000  DM.  Inseln  yor,  statt 
25,000  (Grönland  wird  ja  allein  auf  20,000  DM.  angeschlagen);  weshalb 
die  Summe  der  Inseln  auf  119,900,  die  Summe  für  Amerika  auf  088,000 
und  die  Haoptsummo  auf  2,444,000  zu  erhöhen  ist  Dadurch  andem 
sich  auch  die  Percente,  bei  Welchen^  die  Bruchtheile  so  grofs  werdeo 
f^V, »  OV«  und  85%) .  dass  in  ganzen  Zahlen  richtiger  5  V«  för  di« 
Itiseln,  10  V«  für  die  Halbinseln  und  85  7«  für  die  Conlinente  anzutielh- 
sind.  Das  Verhältnis  der  Gröfse  der  Erdlheile  unter  sich  ist,  wenn 
Europa  als  Einheit  angenommen  wird,  für  Australien  0,95,  öder  'Vm* 
für  Afrika  3V«,  für  Amerika  4  und  fär  Asien  ft'/^,  yerändert  sich  jedoch 
nach  Abschlag  der  Inseln  für  die  dann  entstehenden  Summen  ton  138,000 
(Austr.),  160,000  (Eur.),  534,000  (Afr.),  663,000  (Amer.)  iind  830,000 
(Asien)  in  %«  1,  S'/,,  4'/«  und  57«»  Werden  Süd-  und  Nordamerika 
getrennt  und  bleiben  die  Inseln  weg,  so  löset  sich  die  Verhältnis- 
zahl 47«  für  Amerika  auf  in  27«  ^r  Nordamerika  Und  2  für  Süd- 
amerika. Graphische  Darstellungen  wirken  besser  auf  die  Vorstellung 
als  Zahlen.  Gonstruiert  man  auf  eiser  in  100  Theile  getheilten  Linie 
Quadrate  über  die  Längen  37,'  40,  57,  59,  73  und  91 ,  so  hat  man  das 
Verhältnis  der  Gröfse  der  Erdtheile  (ohne  Inseln)  durch  die  augenfällig 
wachsende  Gröfse  der  Gevierte.  Für  das  vereinte  Amerika  (ohne  Inseln) 
würde  die  Länge  82  genommen  werden  müssen.  Solche  Cbungen  schei- 
nen Tändeleien,  aber  sie  haben  für  Schüler  das  gute,  die  Selbsttbätig- 
keit  rege  zu  erbalten  und  das  Gedächtnis  durch  öftere  Beschäftigung  mit 
dem  Gegenstande  zu  unterstützen. 

Bei  dem«  Abschnitte,  der  «Beschreibung  der  Meere*  über- 
schrieben ist,  scheint  die  Absicht  des  Verfassers  gewesen  zu  sein,  die 
geringen  Elementarkenntnisse  der  Schüler  durch  Hinzufugung  eines  aus- 
führlicheren Materials  zu  erweitern.  Die  dazu  bestimmten  7  Seiten  des 
Buches  sind  nicht  viel  mehr  als  eine  Anhäufung  von  Namen,  zu  wenig 
niärquiert,  um  auf  einer  Karte  ohne  Schrift  immer  zweifellos  gefunden 
zu  werden,  und  entbehrlich  für  diejenigen  Schüler,  die  bereits  gelernt  haben 
Karten  zu  lesen,  und  sich  den  darauf  beschränkten  Theil  der  topisehen 
Geographie  selbst  zu  machen.  Freilich  kann  ein  Lehrer  der  höheren  Classen 
auf  so  vorbereitete  Schüler  mit  Zuversicht  jetzt  noch  nicht  rechnen,  und 
das  mag  die  Ursache  sein,  warum  die  Verfasser  von  Lehrbüchern  für 
spätere  Stufen  noch  immer  nöthig  finden,  herabzusteigen  und  so  wenig 
als  möglich  vorauszusetzen.    • 

In  dem  Abschnitte  «Beschreibung  der  Erdtheile^  begegnen 
wir  den  Fläcbenverhältnisseniwischen  Stamm  (unrichtig  innerer  Gon- 


P.  F.  Mim^  Allgemeine  u.  Sandelsgeographie,  4mg.  v,  i.  SteManset.  lt% 

t  i  n  e  n  t  betitelt),  Gliedern  und  Inseln »  der  Küstenentwickelung  and  den 
bekannten  einfachen  geometrischen  Gestalten  der  Rumpfe, 

In  den  Zahlen  der  Quadratmeilen  finden  sich  grofee  Abweichungen 
gegen  bewährte  Quellen.  Vergleicht  man  z.  B.  die  angegebenen  Gröbeii 
der  Inseln  mit  Engelhardt's  fleifeig  bereobneten  Angaben  (Berlin  lB59y, 
so  ergeben  sich  einige  bedeutende  unterschiede,  z.  B.  Candia,  K.  I99» 
E.  145;  Sicilien,  K.  495,  E.  477;  GrofsbriUnnien,  K.  3900,  E.  4188; 
Irland,  K.  1400,  E.  1526.  Wahrscheinlich  hat  Dr.  Klun  eine  Quellt«,  wo 
die  geographische  Quadratmeile  bei  der  Umrechnung  bekannter  Flachen- 
inhalte zu  klein  angenommen  war.  Man  darf  solche  Versehungen  i^icbt 
hoch  anrechnen 9  auch  Engelhardt's  Zahlen  sind  von  der  imaginären 
tiröfse  der  geographischen  Meile  abhängig,  und  ^ir  wissen  ja  noch  gar 
nicht,  wie  grofs  sie  eigentlich  ist!  Durch  des  russischen  Generalmigolb 
Schubert  Berechnung  scheint  mit  Wahrseheinlichkeit  hervorzugehen,  dass 
die  mittlere  Aequatormeile  (denn  et  gibt  dann,  wegen  der  Ellipsen^ 
gestalt  des  bisher  als  Kreis  angenommenen  Aequators  eine  grofse  und 
«ine  kleine  Aequatormeile)  3807*7 1%  Toisen  grofs  ist,  etwa  V,  Tpise 
gröfser  als  Bessel's  Bestimfoungen  ergaben.  So  unsicher  die  geogr. 
Meile  (bezüglich  auf  ToUe  Schärfe  des  Werthes)  ist,  muss  doch  au  ihr 
festgehalten  werden,  da  kein  anderes  bestimmtes  und  iiberaU  ange- 
nommenes EinheitsmafiB  besteht. 

Die  elliptische  Qestalt  Alirika's.ist  wohl  dae  ärgste,  was  die 
geometrische  Zwangsjacke  einer  Ecdtheilform  anzuthun.  vensag.  Cui 
bonof  möchte  man  dabei  ausrufen  ^.  denn  grofe  kann  «um  sich  den 
Nutzen  nicht  vorstellen  f  ^eo  •  solche  ^waltmadaregeln  auf.  die  Repro- 
duction  des  Bildes  ausüben  'sollen.  Kommen  die  On^risse  nicht  durch 
öfteres  Zeichnen  oder  sehr  häufiges  Ansehen  in's  Gedächtnis,  die  Hilfs- 
mittel der  Geometrie  werden  dies  V^under  nicht  bewirken. 

Der  Abschnitt  der  verticalen  Gliederung  ist  mit  Rucksicht  auf  die 
höhere  Stufe  des  Onterrichtes  entsprechend  durchgeführt  und  die  Trocken- 
heit der  Anfuhrung  so  vieler  Eigennamen  durch  zweckmäfsige  bild- 
gebende Beiworte  gemildert.  Die  Zahlen  der  absoluten  Höhen  erscheinen 
bei  den  Gipfeln  und  Sätteln  im  österr.  Kaiserstaate  in  W.  Fufsen,  bei 
den  übrigen  in  Pariser  Fufsen  angegeben,  was  einen  genauen  Vergleich 
schwierig  macht,  weil  von  den  W.  Fufsen  zuvor  2V4  V«  abgezogen  wer- 
den  müssen,  um  sie  den  Pariser FuCsen  gleich  zu  stellen.  Geht  man  ins 
Detail  ein ,  so  finden  sich  hie  und  da  Anlässe  zu  Bemerkungen ,  welche 
aber  nur  kleine  Mängel  betreffen  oder  vermeintliche  Verbesserungen. 
Statt  der  Einsattlung  am  Katschberge  würde  Dr.  Klun  besser  die  Ari- 
scharte gewählt  haben,  welche  gerade  vor  der  Theilung  des  Hauptzuges 
liegt.  Der  südliche  Ast  sinkt  zwischen  Mur  und  Gurk  zu  niederen  Sät- 
teln herab,  die  sich  nahe  wiederholen.  V^eit  zusammenhängender  ist 
der  grofse  Gebirgsbogen  vom  V^echsel  bis  zum  Bacher,  der  nur  im  Mur- 
und  Draudurchbruche  tiefe  Einschnitte  zeigt ,  sonst  nur  auf  ziemlich 
hohen  Sätteln  überschritten   werden   kann.    Dieser  Bogen  hat  eine  i  n- 


722    V.  F.  MUm,  Allgameine  n.  Handeltgeograpliio^  ang.  y.  i. 

nereParallelei  die  sprungweise  die  Tbaler  der  Raabraflosite  über^ 
setzt  und  zu  welebcr  der  Scböekel  gebort,  den  der  Verfasser  als  TheO 
des  Hauptbogens  auffubrt  Aeufsere  Parallelen  bilden  die  Zwischen- 
glieder bis  zurOnrk  hin,  wo  der  abgebrochene  Haupttug  erreidil  wird. 
Schneidet  man  die  steirischeb  Gebirge  etwa  bei  der  Waldgrenze  ab^  so 
tritt  der  Uauptbogen  in  seinem  Zusammenhange  unverkennbar  heraus,  und 
es  kann  kein  Zweifel  mehr  walten,  dass  man  denselben  als  Haoptglied  und 
aicht  als  untergeordneten  Zweig  zu  betrachten  bat.  —  Die  Lage  des  Oetsdier 
ist  bezeichnet  durch  Erlaf-  und  Traisenquelle.  Statt  letzterer  sollte  eher 
Ipsquelle  stehen,  bbwol  aueh  das  toicht  scharf  genommen  werden  darlL 

Die  Benennung  Gruppe  g^^miucht  Hr.  Dr.  Khin  unter  Verhilt* 
nissen,  welche  es  zweifelhaft  machen,  in  welchem  Umfange  er  diesen 
Begriff  nimmt.  Strenge  definiert  sollte  er  einer  Mehrheit  zerstrenter  Borge 
lukommen,  die  keinen  gemeinschaftlichen  Stock  durch  Zusammenwachsen 
bilden,  die  sonach  zu  Inseln  werden,  wenn  man  sich  das  Meer  bis  auf 
Ihre  halbe  Höhe  gestiegen  denkt  Eine  verwachsene  Gruppe,  deren 
Gipfel  und  hohe  Joche  sich  durch  den  Schnitt  in  halber  Höhe  nicht 
trennen,  verdient  den  Namen  Stock.  Der  Hochschwab  mit  seiner  Um- 
gebung ist  z.  B.  so  betrachtet  ein  Stock,  wSbrend  die  Berge  zwischen 
Mariazeil  und  der  Mürz  zusammen  eine  Gruppe  bilden.  Stock  und  Gruppe 
verhalten  sich  dann  wie  Kette  und  Reibe  |  Masse  und  Stock  jedoch 
müssen  für  synopjAm  genommen  werden.  —  Es  ist  ein  kühner  Schritt, 
voh  den  Gebirgen  der  Bretagne  zu  jenen  der  Auvergne  überzugehen; 
die  Verbindung  beider  ist  viel  zu  lose,  weil  das  Flachland  an  der  Loire 
als  Zwischenglied  angenommen  weiden  müsste.  —  Die  Eistbaler  Spitze 
in  der  Tatra  ist  zu  niedrig  angegeben,  nach  übereinstimmenden  Aussagen 
aller  Besteiger  der  Lomnitzer  Spitze  ist  sie  höher  als  diese« 

Der  Name  Li p tauer  Gebirge  wird  von  Hm.  Prof.  Klun  für  den 
nördlichen  Theil  (die  Tatra)  gebraucht  und  zwar,  wie  es  scheint, 
für  die  westliche  Fortsetzung  des  Rohacz,  während  andere  Geographen 
unter  den  Liptauer  Alpen  die  südliche  Kette  verstehen,  in  welchen 
der  Djumbir  die  höchste  Spitze  ist  und  die  im  Osten  mit  der  Kralowa 
Hora  (dem  Königsberge)  endet,  gerade  gegenüber  der  hohen  Tatra,  wes- 
wegen man  auch  den  Namen  niedere  Tatra  eingeführt  bat.  —  Der  Höhenzug 
'Von  den  Pisoquellen  biszurSzamos  scheint  übergangen  zu  sein,  oder  er  ist, 
was  nicht  zulässig,  im  neu  auflauehenden  Borszeker  Gebirge  enthalten.  Die 
in  der  Regel  flcifsig  geübte  bildliche  Schilderung  des  Hauptcbarakte» 
der  Gebirge  vcrmisst  man  zuweilen,  doch  wird  bei  späterem  nochmali- 
gem Vorkommen  das  früher  mangelnde  ersetzt.  —  Bei  den  Höhen  des 
Himalaja  erscheint  eine  dritte  Maf^ieinheit:  englische  Fufse,  von  welchen 
6'6  V«  abgezogen  werden  müssen ,  um  sie  in  Pariser  Fufse  (des  Ver- 
gleiches wegen)  umzuwandeln,  z.  B.  M.  Everest  29,000  E.  F.  —  (1740 
+  174)  =»  27,086 ,  oder  in  runder  Zahl  27,100  P.  F.  —  Der  Ausdruck 
Parallel  kellen  wird  zuweilen  (s.  B.  beim  iUukasus)  das  Befremden 
der  Scbüier  erregen,  welche  (iiese  P«raUelketten  auf  ihren  KaHon  suchen 


fi  F.  ilm,  AUkemeiiia  ^*>  HaadeUgeograpbi^  Mig.  v.  i.  eißfmkaitur.  79% 

and  nicht  finden  werden.  Ohne  nähere  Beseichnong  werden  sie  sicl^ 
eine  ähnliche  Vorstellung ,  wie  bei  den  Alpen  machen»  wenn  nicht  er«i 
klart  wird,  dass  es  sich  beim  Kaukasus  nicht  um  solche  Parallelketten 
handelt,  die  der  Centralkette  weuig  nachgeben,  sondern  um  unter- 
geordnete  Höhenzuge,  die  nur  selten  zusammenhangen,  sondern  deren 
Anschwellungen  eine  Vorreihe  bilden«  Bei  Beschreibungen  im  ganzen: 
und  grofsen  sollte  man  den  Begriff  von  Parallelketten  nur  dann  ein-» 
iübren»  wenn  das  Vorhandensein  von  bedeutenden  Langentbalern  (dior 
beim  Kaukasus  so  selten  sind)  dazu  die  vollste  Berechtigung  gibt*  — * 
Der  Verfasser  nimmt  in  Afrika  ein  Drittel  als  Tiefland  an,  nach  einer 
veralteten  Schätzung  Roon's,  die  «iner  sehr  bedeutenden  Minderung, 
bedarf,  aufser  man  wollte  das  Tiefland  über  1000'  Höhe  ausdehnen! 
Gerade  die  neuesten  hypsometrischen  Aufklarungen  durch  Barth,  Vogel 
etc.  sollten  Veranlassung  werden,  die  einer  alteren  Periode  angehörigeu 
Angaben  Roon*s  einer  kritischen  Dntersuchutog  zu  unterziehen.  Es  dürft« 
sich  ergeben,  dass  das  afrikanische  Tieflands-Drittel  zum  Sechstel  oder 
gar  Siebentel  wird.  Hr.  Dr.  Klun  schliefst  die  Plateauerhebung  Sud» 
afrika's  mit  der  Ebene  des  Oranjestromes ,  wir  kennen  jedoch  seither 
noch  mehr  Stufen,  s.  Er  das  Tafelland  der  Wüste  Kalihari  etc.  —  Mit 
einer  Art  Vorliebe  behandelt  der  Verfasser  die  Gebirge  Amerikas,  und: 
man  erfahrt  genaueres  von  den  Anden  als  vom  Himalaja,  dessen  cha« 
rakteristische  totale  Durohbrüche  (durch  jenseits  entspringende 
Flüsse)  unerwähnt  bleiben.  —  Bei  den  Pampas  it^  ein  Qjbarakterzug 
übersehen  worden;  sehr  .wenige  Flüsse,  dafür  viele  Lachen.,  —  Im  gaur 
zeu  ist  die  Schilderung  der  -verticalen  Gliederung  zufriedenstellend  durch 
richtige  Charakteristik,  4urcb  sachgemäße  Gliederung  und  sichtliches 
Studium  neuester  Quellen.  Gut  wäre  es  übrigens  gewesen,  wenn  Hr* 
Dr.  Klun  dem  Abschnitte  über  vertieale  Gliederung  statt  des  ungenSgen* 
den  §.  23  eine  dem  Inhalte  des  späteren  8*  42  ähnliche  Einleitung  hätt« 
vorhergehen  lassen.  Erachtete  er  die  Vorbegriffe  aus  den  unteren 
Classen  nicht  für  hinreichend«  um  ohne  eine  Erneuerung  oder  Vervoll» 
släodigung  derselben  die  Hydrographie  einzuführen,  warum  hielt  er  das- 
selbe für  die  Orographie  entbehrlich?  Es  wäre  um  so  mehr  gerathen 
gewesen,  darauf  einzugehen,  als  auf  eine  dieslaliige  tüchtige  Grundlage, 
mit  Sicherheit  jetzt  noch  nicht  gerechnet  werden  kann. 

Die  Hydrographie  ist  genügend  vertreten,  da  sie  in  der  Form  und!, 
so  weit  es  die  Kürze  zulief«,  auch  im  Geiste  Roon's  durchgeführt  wiirde 
und  nur  wenige  Gelegenheiten  zu  Bemerkungen  bietet  Der  Ursprung  det 
Rheins  wird  bezeichnet:  «aus  dem  kleinen  Tomasee  des  St  Gotthard.* 
Hier  würde  richtiger  stehen  in  der  Umgebung  des  St  Gotthard,  wenn 
man  an  diesem  Sattel  als  bequemsten  Orientierungspunct  festhalten  wül, 
denn  jener  Ausdruck  verleitet  den  Unkundigen,  der  keine  grofse  und 
genaue  Karte  der  Schweiz  zur  Hand  hat,  zur  Annahme,  der  Tomaseo 
liege  auf  dem  St.  GotthacdspaCs,  während  er  eine  Meile  weiter  hinter 
dem  zweiten  .Queraste  nach  dem  St  Gotthard  liegt,  getrennt  durch* 


i24    F.  F.  Khm,  Allgemeine  u.  Handelsgeographie,  ang.  y.  i.  SieHUbmiBetl 

das  Unteralpthal ,  und  gespeiset  durch  die  Gletscher  des  SixmoduD,  de« 
Rofshodenstoks  und  des  Badus.  Die  Scbiffbarkeit  des  Rheins  erstreekt 
sich  weiter  als  der  Verfasser  angibt,  da  durch  die  grofsartigsten  Waner* 
bauten  und  Durchstiche  von  Seite  Badens  und  Frankreichs  sein  Bett  re* 
guliert  worden  ist.  Wie  würden  Mannheim  und  Ludwigsbafen  sich  so 
heben,  wenn  der  Strom  bis  Bingen  selbst  «für  die  Tbaifahrt  nur  wenig 
schiffbar*  wäre  ?  Der  Verfasser  schreibt  Canal  la  Manche ;  entweder  (ätt 
Canal  schlechtweg,  oder  der  englische  Canal,  oder  das  Ärmelmeer  (la 
Manche),  die  Zusammensetzung  beider  Namen  würde  in  Baltische  Ostseo 
einen  Pendant  finden.  —  Den  Namen  £  t  s  e  h  führt  schon  d^r  Bach,  der 
aus  dem  Reschensee  in  den  Mittersee  abfliefst,  dieser  aber  empfangt  den 
Bach,  der  vom  Langtauferer  Ferner  kOmmt,  und  Karlinbach  beifst  In 
den  Reschensee  ergiefst  sich  der  Roienbach,  sonach  ist  der  Reschenseo 
als  der  eigentliche  Etschursprung  su  bezeichnen.  Die  grofse  Kürze  macht, 
dass  Hr.  Prof.  Klun  auf  die  interessante  Beckenbildung  der  fliefsenden 
Wasser  nicht  eingehen  kann  und  sein  Augenmerk  mehr  auf  die  dem 
Zwecke  des  Buches  viel  naber  liegende  Schüfbarkeit  richtet.  —  Bei  dtt 
Angabe  der  Innquelle  hat  wahrscheinlich  (wie  oben  bei  der  RheinqueUe) 
die  leichtere  Orientierung  dem  Verfasser  bewogen  zu  schreiben  auf  dem 
Septimer;  der  Septimer  ist  ein  Pals,  der  durch  denPiz  Lunghin  von  dem 
Silsersee  getrennt  ist,  in  welchem  die  Bache  lusammenkommen,  die  beim 
Abflüsse  den  Inn  bilden,  darunter  «neh  jener  aus  dem  sehr  kleinen  Lung* 
hin-See.  Die  ailergröfste  Genauigkeit  solcher  Angaben  kann  aber  (je  nach 
dem  Zwecke  eines  Buches)  eben  so  zum  Fehler  werden ,  wie  es  der 
Mangel  aller  Genauigkeit  durch  höchst  oberflaeUiche  Ang«iben  ist,  die  man 
jeder  Sohulkarte  entnehmen  kann.  —  Die  reichhaltige  und  ausgezeichnete 
Seegruppe  von  Finnland,  die  keinen  einzigen  Repräsentanten  (z.  B.  den 
Saima  S.)  in  der  Tabelle  erhalten  hat,  ungeachtet  ihre  Gesammtfläche 
760  D  Meilen  übersteigt,  b&tle  schon  in  der  Einleitung  Erwähnung  ver- 
dient, später  kommt  sie  wol  vor.  —  Statt  der  Anführung  des  einzelnen 
Traunsee's  würde  vielleicht  die  Tollständigo  Anführung  der  Seen  des  Salz- 
kammergutes angezeigt  gewesen  sein,  sonst  hätte  der  doppelt  so  grofse 
Attersee  den  Vorzug  verdient.  -^  Bei  den  hinterindischen  Strömen  fällt 
auf,  dass  Hr.  Prof.  Klun  Anstand  nimmt,  den  Brahmaputra  und  Dzangbotsiu 
als  zusammengehörig  zu  betrachten,  während  die  Gründe  der  Identität 
noch  schlagender  sind,  als  sie  beim  Djoliba  und  Quorra  waren,  um  ihn 
als  einigen  Niger  anzuerkennen ,  wenn  auch  bis  auf  den  heutigen  Tag 
Stellen  seines  Laufes  noch  punctiert  werden  müssen.  Die  Stelle  ist  über- 
haupt etwas  verworren.  Der  Verfasser  wollte  sagen,  der  Dzangbotsiu  soll 
der  Oberlauf  des  Brahmaputra  oder  des  Irawaddy  sein,  drückt  sich  aber 
dabei  sehr  undeutlich  aus.  Diese  Ansicht  einst  durch  Klaprotb  hervor- 
gerufen, ist  zwar  nicht  vollständig  als  Irrthum  erwiesen,  allein  so  un- 
wahrscheinlich, dass  weder  Ritter  noch  sonst  ein  bewährter  Geograph 
(den  in  solchen  Dingen  etwas  vorschnellen  Ur.  Berghaus  ausgenommen) 
es  gewagt  hat,  auf  Karten  dieser  Meinung  Folge  zu  geben.  Don  Ursprung 


f. F. Mäm,  Allgemeioe  u.  Handelsgeograpbie,  aiig.jr.  i.  SleMUaUer^  785 

des  DzangboUiu  kennt  man  so  genau ,  als  es  zur  richtigen  Orientierung 
nölhig  ist,  während  die  Drsprijnge  der  anderen  indischen  und  chinesi«* 
sehen  Flusse  uns  meist  völlig  unbekannt  sind,  und  wir  seit  Jahrhunder- 
ten darüber  keine  Aufzeichnungen  haben  als  die  alten  Karlen  der  Je« 
Suiten.  Unter  den  Zuflüssen  des  Indus  hatte  der  Beas  (im  Oberlaufe 
Sutletsch)  eine  besondere  Rücksicht  verdient,  weil  er,  so  wie  der  Indus 
und  einige  andere  Flüsse  Indiens,  hinter  den  llimalajaketten  entspringt, 
und  sie  sämmtlich  durchbricht.  Die  Erscheinung  von  Querthälem  gleich 
Spalten  durch  das  g  a  n  z  e  mehr  kettige  Hochgebirge,  kommt  aufser 
diesem  colossalen  Randgebirge  Hochasiens  auf  der  Erde  in  so  ausgezeich- 
neter Weise  nirgends  mehr  vor,  es  ist  daher  der  Mühe  werth,  auf  solche 
seltene  Verhältnisse  aufmerksam  zu  machen.  —  Der  Gambia  ist  nicht 
unter  die  Flüsse  mit  Mündungsdelta  zu  rechnen. 

In  der  physischen  Geographie  behandelt  Hr.  Prof.  Klun  nur  das 
nöthigste,  aber  mit  wenigen  Ausnahmen  klar  und  dem  jetzigen  Stande 
der  Wissenschaft  gemäfs.  Unbedeutend  sind  die  Lucken,  die  meist  durch 
zu  grofse  Kürze  entstehen,  oder  einzelne  Mängel  an  Präcision  des  Ausdruckes» 
So  z.  B.  hätte  es  dem  Verfasser  nur  wenig  Worte  mehr  gekostet  und 
wäre  noch  mehr  Licht  auf  die  Sache  geworfen  worden,  wenn  er  auf 
das  Wandern  des  Gewittergürtels  zwischen  den  Tropen  mit  dem  senk- 
rechten Stande  der  Sonne  deutlicher  hingewiesen  hätte.  Der  Anfänger 
wird  diesen  regelmäfsigen  Schraubengang  des  Gewitterringes  aus  dem 
gesagten  schwer  herausfinden»' »-«Die  Gezeiten  sind  etw»s  zu  kurz  ab- 
gethan,  und  einige  AusUuteluigeM  dürften  ohne  Ergäozung  beim  Vortrage 
die  schnelle  und  richtige  Aiiffiasung  TersOgem.  Prot.  Klun  schreibt:  «Die 
höchsten  Fluten  (Springfluten)  finden  deshalb  auch  zur  Zeit  des 
Voll-  und  Neumondes  statt  etc.*  und  lässt  den  Grund,  auf  den  er  des* 
halb  hinweiset,  unerwähnt,  nämlich  das  Zusammenwirken  von  Sonne 
und  Mond  in  einer  Richtung,  zuweilen  sogar  in  einer  Linie,  während 
zur  Zeit  der  Tag-  und  Nachtgleiche  wegen  des  rechtwinkeligen  Ausein- 
anderstehens der  drei  Körper,  Erde,  Sonne  und  Mond  die  (niedrigen)  Nipp*« 
fluthcn  eintreten,  also  kein  verstärkendes  Mitwirken  der  Sonne 
stattfindet,  sondern  die  fremden  Kräfte  sich  gegenseitig  stören.  Dieser 
kurze  Absatz  ist  einer  der  undeutlichsten  im  Buche  und  wichtige  Erschei- 
nungen, z.  B.  die  gleichzeitige  Flut  und  Ebbe  in  180*  Entfernung^ 
die  Unterschiede  der  Hafenzeit  u.  m.  a.  bleiben  unaufgeklärt.  —  Der 
g.  60  ist  ein  kurzes  Lexicon  einiger  der  bekanntesten  Seemannsausdrüoke 
und  mit  Rücksicht  auf  den  Endzweck  des  Buches  am  rechten  Platze.  — 
Bei  dem  Abschnitte  über  die  Erdrinde  gebt  der  Verfasser  kurz  über  die. 
schwankende  Hypothese  der  Geogonie  hinweg  und  beobachtet  im  wei- 
teren Verfolge  eine  angemessene  Kürze.  Im  §.  63  (vulkanische  Thätig- 
keil)  wird  auf  den  hypothetischen  glühenden  Erdkern  der  Vulkanisten 
viel  zu  bestimmt  hingewiesen,  und  es  wäre  gut  gewesen,  wenn  der  Ver- 
fasser auch  die  Meinungen  der  Gegner  zuvor  einer  Prüfung  unterzogen 
halte.    Lobenswerth  sind    die  Abschnitte   über    Pflanzen-    und   Thier-« 


786  V:  K  Om,  Allj^emeine  u.  Handelsgeognphie^  ang.  ▼.  i.  SUhMnmr'. 

geographie  bearbeitet,  nur  wenige  Stellen  lassen  einen  Wunsch  nach  Ver- 
besserung aufkommen.  So  x»  B.  werden  die  Sandwich-Inseln  als  Haopt- 
stationsort  des  Wallfischfanges  angegeben »  ohne  dass  dies  in  dem  vor- 
hergebenden  seine  Begründung  findet;  denn  es  fehlt  die  Angabe,  dasa 
der  Streifen  im  grofsen  Ocean  um  den  SSsten  nördlichen  Parailelkreis 
eine  günstige  Fangregion  ist 

Auch  die  sechs  Paragraphe,  welche  die  Einleitung  cur  politischen 
Geographie  bilden,  enthalten  das  n&thige  für  die  Oberschule  im  recbtaa 
Mabe  und  guter  Darstellung.  Im  ganzen  kann  man  simmtliebe  vier 
Abschnitte  zu  den  gelungenen  und  brauchbaren  Gompilationen  rech- 
nen, welche,  mit  den  besten  Mitteln  ausgerüstet,  dem  Zwecke  genügend 
lu  entsprechen  vermögen  und  bei  einer  wiederholten  Auflage  von  d^n 
noch  anklebenden  Onvollkommenheiten  befreit  werden  können.  Nun  er- 
ibHgt  noch  die  Hast  V«  des  ganzen  einnehmende  Staaten beschreibuQg, 
Welche  einer  genaueren  Durchsicht  nicht  minder  werth  ist 

Fast  hundert  Seiten  sind  der  österreichischen  Monarchie  gewidmet, 
davon  ein  Sechstel  der  allgemeinen  Obersicht  Die  Schilderung  der 
Ebenen  lasst  einiges  zu  wünschen  übrig.  Ebene  und  Flachland  wird 
^eichgestellt,  auch  Thalsolen  von  unbedeutender  Entwickelung  werden 
•ingerechnet,  z.  B.  das  Lavantthat  Bei  dieser  Ausdehnung  hatten  noch 
Tide  Specialiliten  erwähnt  werden  müssen,  z.  B.  das  Etsohthal,  das  Lum« 
feld,  das  Turopolyerfeld  u.  y.  a.  Die  Ebeaen  Böhmens  wären  besser  an 
^c  Elbe  und  Lusdinitz  angeschlcs^n  werden,  als  an  die  politische  Ab- 
^enzung,  wobei  aveh  der  Ji6iner  und  fiunzlauer  Kreis  als  Theilnehmer 
hätten  genannt  werden  müssen ;  man  kann  jedoch  darüber  hinweggehen, 
weil  bei  der  Beschreibung  der  Kronländer  nochmals  Platz  zur  Ergänzung 
und  Berichtigung  ist  —  Zu  den  Kronländern,  welchen  schiffbare  Flüsse 
ganz  oder  gröfstentheils  mangeln,  hätten  auch  Mähren  und  Schlesien  ge^ 
zählt  werden  können.  —  Der  Wiener-Neuslädter  Canal  wird  als  abge- 
leitet aus  derLeitha  angegeben,  während  er  seinen  Anfang  jenseits  der 
Leitha  hat  und  dieselbe  überschreitet;  bekanntlich  sollte  er  bis  zum 
adriatischcn  Meere  geführt  werden.  In  den  Abschnitten  «pol i tische  Ein- 
theilung*,  findet  man  die  Hauptorte  (mit  ßevölkerungsangabe)  und  eine 
Anzahl  Namen  anderer  Orte  ohne  die  geringste  nähere  Bezeichnung.  Es 
scheint  als  dienten  diese  Namen  hier  nur  als  Mittel  zum  Aufsuchen  auf 
der  Karte,  denn  die  daran  sich  hängenden  Memorabilien  folgen  im  Ab- 
schnitte Gultur Verhältnisse.  Bezüglich  der  Verhältnisangaben  zwischen 
Ackerland,  Wald,  Grasland  etc.  wäre  erwünschter  gewesen,  wenn  Hr. 
Prof.  Klun  die  Percentantheile  beibehalten  hätte,  statt  der  zum  Ver- 
gleiche minder  tauglichen  Brüche  '/,,  Vn»  V»  etc.  —  Richtiger  sollte  Erz- 
herzogthum  Österreich  als  Gemeintitel  für  die  zwei  Theile  Land  unter 
und  Land  ob  der  Enns  gebraucht  werden;  es  ist  ungeschichtlich,  wenn 
zwei  getrennte  Erzherzogthümer  aufgeführt  werden,  obwol  dies  durch 
zahlreiche  amtliche  Übung  in  der  Neuzeit  entschuldigt  werden  könnte. 
Aus  den  Worten  über  den  Aufschwung  der  Landwirthschaft,  der  Industrie 


K  F.  ääm,  AUgenekie  u*  Oandelflgeognipliie,  ang.  t.  A.  ßUinkamer,    7tf 

uDd  des  Verkehrs  im  Lande  ob  der  Eons  könnte  man  sohlierscn,  es  sei 
auch  die  Landwirthschaft  weniger  cultiviert  gewesen  i  das  wäre  aber  ein 
falscher  Schluss,  denn  von  jeher  war  der  ob  der  Ennser  Bauer  gezwun- 
gen, seinen  weniger  guten  Boden  mit  desto  gröfserer  Sorgfiilt  su  bear* 
beiten,  um  ihm  den  möglichsten  Ertrag  abzulocken,  und  noch  heut  114 
Tage  könnte  der  niederösterreichisehe  Landmann  bei  dem  oberöster* 
reichiscben  in  dieser  Beziehung  in  die  Schule  gehen.  Steyr  und  Bir«^ 
mingham  stehen  wohl  ziemlich  weit  auseinander,  und  Sheffield  würde 
vielleicht  noch  zusagender  gewesen  sein,  doch  handelt  es  sich  hier  mehr 
um  das  qualitative  als  quantitative,  und  so  mag  auch  der  Vergleich^ 
trotz  einiger  Nullen  Differenz,  gelten«  Könnten  wir  die  grofeen  Eisenwerke 
von  Maria  Zell»  Neuberg,  Pr&vali  u.  a.,  die  Maschineniabriken  Wien'« 
u.  8.  f.  auf  einen  Punct  vereinigen,  so  wurden  wir  allerdings  von  einem 
österreichischen  Birmingham  (mit  Soso)  mit  Recht  sprechen  können.  *^ 
Pas  obere  Murlhal  ist  nicht  überall  Engthal;  man  darf  nur  an  da§ 
Eichsfeld  bei Knittelfeld  erinnern,  um  einen  modifioierenden  Zusatz  rätb** 
lieh  zu  finden.  —  Die  Hoffnungen  auf  den  Rarstbewaldungsverein  durfeii 
nicht  hoch  gespannt  werden,  und  die  angeblich  «gelungenen*  Versuche 
bei  Optschina  u.  a.  0.  gewähren  ein  trauriges  Bild  gröbster  Vemach-' 
lässigung.  —  Einer  Verbesserung  bedarf  die  Stelle  bei  Tirol ,  wo  vom 
Jaufen-Obergange  die  Rede  ist»  indem  das  Fürwort  «derselben*  auf 
die  unmittelbar  vorhergehendeo  Oletscher  bezogen  werden  miM% 
wihrend  nur  die  Alpenkette  Im  allgeiheinen  gcmdilii  sein  kam.  Dem 
Unterrichteten  hilft  schon. der  Ausdruck  Saumpfad  vior  dem  Misverstehenv 
aber  der  Schüler  mit  sefoen  dürftigen  Karten  ist  einer  solchen  Vorstellung 
leichter  zugänglich.  —  V^arum  macht  Hr.  Prof.  Elun  die  Isar  (Isara  Vin- 
deliciens)  mannlich,  ebenso  die  Eisaek  (etymologisch  richtiger  Eis« 
ache)  ?  —  Als  nicht  gelungen  wird  der  Topograph  die  Terrainbeschrei-. 
bung  von  Mahren  bezeichnen,  wie  überhaupt  die  Stärke  des  Verfassers 
nicht  in  einer  festen  Terminologie  der  Terrainformen  und  ihrer  Gliede<- 
rung  zu  suchen  ist  Solche  Stellen,  wie  «erhebt  sich  —  bis  zum 
Thale*,  statt  senkt  sich,  oder  «^hü gel  förmige  Verzweigungen  bilden 
das  Gebirge*  etc.  werden  dem  Kundigen  in  der  Terrainlebre  immer 
anstöfsig  bleiben.  —  Die  böhm.-mähr.  Platte  scheidet  das  Querthal  der 
Sazava,  oder  die  Furche,  in  der  die  Brünn-Prager  Eisenbahn  läuft,  vom. 
Adler-  oder  Erlitzgebirge ,  nicht  die  March;  diese  aber  scheidet  es  vOn 
dem  hohen  Gesenke.  —  Bei  der  Schilderung  der  Oncbenheiten  der  Militär-; 
grenze  ist  an  das  isolierte  Gebilde  der  Titler  Platte  nicht  gedacht  worden, 
dessen  Abgeschiedenheit  freilich  mehr  eine  strategische  Wichtigkeit  bat, 
als  eine  handelsgeographische.  Auch  die  Sandsleppc  bei  Alibunar  wird 
vermisst  —  Man  kennt  allerdings  einige  starke  Abflüsse  an  der  croatt- 
schen  Meeresküste,  nur  ist  noch  nicht  die  Identität  mit  den  verschwin- 
denden Flufschen  des  Innern  festgestellt  Deber  die  Verhältnisse  dec 
Militargrenze  wird  manches  angeführt,  dem  ein  Fragezeichen  angehängt 
9¥erden  konnte ;  es  wäre  jedoch  zu  weitläufig ,   auf  ein  kleinliches  Ab«. 


iZS    V.  F.  Jfiun,  Allgemeine  u.  Handelsgeographie,  ang.  y.  i.  SUHükmuer^ 

^agen  gebrauchter  Ausdrucke  oder  angegebener  Ziffern  einzugehen.  <— 
Wie  kommt  Hr.  Prof.  Klun  dazu,  die  kleine  ungarische  Ebene  nodi  zum 
Wiener  Becken  zu  rechnen?  Noch  niemand  hat  dieser  Benennung  so 
grorsen  Umfang  gegeben,  und  mit  Recht,  da  das  Wiener  Becken  (aus 
zwei  getrennten  Theilen  bestehend)  das  kleinere  ist,  und  auch  sonst  in 
Tielen  Beziehungen  von  zu  yerschiedenem  Charakter.  —  Es  ist  eine  herge- 
brachte Gewohnheit,  den  Bakonyerwald  als  ein  Vorgebirge  der  Alpen  an- 
zusehen, während  ein  genaueres  Betrachten  eine  weit  innigere  Verwandt* 
Schaft  mit  den  Karpathen  herausstellen  dürfte,  so  dass  man  mit  mehr 
Recht  sagen  könnte,  er  sei  ein  Vorgebirge  der  Karpathen.  Er  yerhSlt 
sich  zu  diesen  mittels  der  eog  anschliefsenden  Zwischenglieder  (Vertes, 
Pills)  ähnlich  wie  der  Bacher  zu  dem  Halbkreise  der  Mittelalpen.  Durch 
einen  kurzen  aber  tiefen  Schnitt  getrennt  vom  Neograder  Gebirge,  schei- 
det ihn  dagegen  ein  meilenbreites,  mehrfach  quer  gespaltenes  Hügelland 
yon  den  letzten  Ausläufern  der  Alpen.  Die  Ansicht,  Flussbetten  müssen 
Gebietsgrenzen  der  Gebirge  sein ,  ist  nicht  durchaus  stichhaltig ;  bald 
ist  es  der  Zusammenhang,  bald  die  ganz  gleiche  Formation,  welche  Aus^ 
nahmen  bedingen.  Erst  wenn  kein  entscheidender  Grund  yorhanden  ist, 
bleibt  die  Verlheilung  einer  isolierten  Gebirgsinsel  der  Willkür  überlassen. 
Man  denke  sich  z.  B.  Ungarn  bis  900'  abs.  Höhe  mit  Wasser  bedeckt,  dann 
wird  der  Bakonyerwald  eine  durch  eine  schmale  Meerenge  yon  den 
Karpathen  getrennte  Insel  sein  und  ein  breiter  aber  seichter  Meerbusen 
mit  zerstreuten  kleinen  Inseln  wird  ihn  yon  den  Vorhöhen  der  Alpen  im 
Plussgebiete  der  Mur  und  Raab  trennen.  —  Bei  Venezien  ist  in  einer 
Note  die  Aussprache  italienischer  Eigennamen' erklärt,  ein  Verfahren,  das 
auch  an  anderen  Orten  erwünscht  wäre,  z.  B.  bei  öcchischen,  polnischen« 
magyarischen  Namen.  Angenehm  überraschen  die  den  Namen  aufge- 
setzten Accente,  die  zur  richtigen  Betonung  sehr  wichtig  und  nöthig 
sind.  Bei  englischen  und  anderen  Eigennamen  ist  die  Aussprache  in 
einer  Klammer  beigesetzt  —  Alle  Beschreibungen  der  Kronländer  haben 
billig  ihren  Schwerpunct  in  den  Culturverhältnissen  (Bodenwirthschaft, 
Viehzucht,  Bergbau,  Industrie,  Handel  und  geistige  Cultur);  diese  Be- 
ziehungen sind  möglichst  gleichförmig  und  dem  Zwecke  entsprechend 
durchgeführt,  indem  nicht  nur  auf  Quantität  und  Qualität  der  Er- 
zeugnisse die  gehörige  Rücksicht  genommen  wurde,  sondern  auch 
bei  Örtlichen  Gegensätzen  diese  gebührend  hervorgehoben  erscheinen. 
Sind  die  Angaben  zum  Vergleichen  absolut  verwendbar  oder  dazu  leicht 
adaptierbar,  so  ist  der  grofse  Vortheil  gewonnen,  durch  zweckmäfsige 
Vbungen  die  Schüler  nützlich  zu  beschäftigen,  das  Memorieren  des  Kerns 
zu  erleichteru  und  zu  gesunden  Ansichten  einen  Grund  zu  legen.  Hr. 
Prof.  Klun  hat  gute  Quellen  gut  zu  benützen  verstanden,  und  seine  Arbeit 
gehört  zu  dem  besten,  was  über  diese  Partie  und  in  diesem  beschränk- 
ten Umfange  geschrieben  wurde. 

Nach  gleichem  Grundsatze  der  Anordnung  des  Stoffes  wie  bei  den 
österreichischen  Kronländem,  sind  auch  die  deutschen  Staaten  behandelt; 


F.  /V  Mtun,  Allgemeine  u^  Handelsgeograpble,  wag.  v.  i.  Sieinkauter    729 

eine  kurze  Wiederholung  der  physischen  Verhaltnisse  (Bodei^  Gewässer), 
eine  Übersicht  der  politischen  Eintheilung  mit  Angabe  des  Flächenin-* 
halts,  der  Bewohnerzahl ,  der  Hauptorte  und  eine  ausfuhrlichere  Schil- 
derung der  Culturverhältnisse  mit  der  scharf  ausgeprägten  stetigen  TeiH 
denz  einer  Handelsgeographie,  lösen  einander  folgerichtig  ab,  und  wenn 
dabei  ein  Unterschied  aufTällt,  so  ist  es  die  weit  gröfsere  Sparsamkeit  der 
Zahlenangaben,  wodurch  selbstverständlich  manche  Gelegenheit  zu  einem 
bestimmten  Vergleiche  verloren  geht.  Die  Kleinheit  der  Staaten  lässt 
einige  Restrictionen  zu  und  überhaupt  möchte  man  geneigt  werden  zu 
glauben,  es  wurde  mit  einer  Zusammenziehung  dieser  durch  den  Zoll-« 
verein  in  Handelsbeziehungen  geeinten  Staaten  in  gröfsere  Gruppen 
mancher  Vortheil  erzielt  worden  sein.  Später  hat  der  Verfasser  unter 
ähnlichen  Verhältnissen  (bei  Italien)  von  der  Verschmelzung  Gebrauch  ge« 
macht,  ungeachtet  dort  kein  solches  Bindemittel  besieht,  und  der  Par-* 
ccllen  viel  weniger  sind.  Der  Zollverein  als  ganzes  ist  wahrschein« 
lieh  der  eigentlichen  Handelsgeograph io  vorbehalten  worden,  hier  wir4 
seiner  nur  fluchtig  gedacht  Dass  vorzügliche  Industrieländer  (z.  B« 
Sachsen)  eine  gebührende  Detailbehandlung  erfahren  haben,  ist  beinahe 
überflüssig  zu  erwähnen. 

Die  schon  erwähnte  Form  der  Darstellung  ist  auch  bei  den  übrigeq 
europäischen  Staaten  beibehalten,  die  einzelnen  Abweichungen  davon  bei 
dem  Beginne  der  Schilderung  der  übrigen  Erdlhcile  werden  durch  die 
Sachlage  gerechtfertigt,  sind  jedocfai  nie  so  bedeuten^  i^  um  auf  die  Har-^ 
monie  des  ganzen  störeDd  einzuwirken.  Oberall  wird  hochculti  vi  erteil 
Staaten  und  deren  Colonien  die  gehörige  Aufmerksamkeit  geschenkt  und 
in  ihre  Produclions-  und  Handels  Verhältnisse  so  weit  eingegangen,  aU 
es  der  allgemeine  Gesichtspunct  gestattet,  so  dass  auch  kleinere  Staaten^ 
z.  B.  Schweiz,  Belgien  entsprechend  gewürdigt  werden.  Consequent 
verfolgt  der  Verfasser  seinen  Hauptzweck :  Production  und  Verwerthung, 
mit  vielleicht  zu  grofser  Auschliefsung  aller  sonstigen  Andeutungen 
(z.  B.  über  Kriegsmacht  in  der  ganzen  Ausdehnung  (Landheer,  Flotte, 
Festungen)  Finanzen  etc.),  nur  die  Verfassungen  werden  in  Kürze  be- 
rührt Manches  der  Gesammt-Tendenz  analoge  Object  wird  wahrschein- 
lich dem  zweiten  Theile,  der  eigentlichen  Handels-Geographie  vorbehal- 
ten sein,  z.  B.  Handelsverträge  zwischen  Staaten,  bezüglich  ihrer  Wir- 
kungen' auf  Industrie  und  Absatz  der  Erzeugnisse  u.  s.  w.  Ich  unterlasse^ 
weites  zu  weit  führen  würde,  das  weitere  Eingehen  in  Details,  und  bemerkii, 
blofs,  dass  (Druckfehler  abgerechnet)  die  spätere  Hälfte  des  Buches  sehr 
wenig  Stoff  zu  Berichtigungen  liefert,  und  diese  geringfügiger  Natur  sind, 
Im  allgemeinen  muss  daher  anerkannt  werden,  dass  der  Hr.  Verfasser 
seine  Arbeit  von  bedeutenderen  Fehlern  rein  zu  halten  verstand;  kleinere 
Gebrechen  im  Obersehen  von  Einzelheiten,  im  Ausdrucke,  auch  bezüglich 
mancher  Zahlenangaben,  beeinträchtigen  den  günstigen  Eindruck  des 
ganzen  nicht  Man  lernt  aus  dem  Buche  zwar  nur  eine  Seite  genauer 
kennen,  diese  aber  dem  Räume  entsprechend  gründlich  und  vollständig. 
Die  Hervorhebung  dieser  einen  Seite   lag  im  Principe;  da^«  E>\^^  %^^ 


tso     F.  P.  ithm,  AUgcmeine  u.  Handelsgeograpbie,  ang.  v.  i.  Stehtkamer. 

eine  Orandlage  zur  H  a  n  d  e  1 8  -  Geographie  bilden,  daher  die  vorzng»- 
weise  Begünstigung  der  einschlagenden  Partien;  die  Beschranknng  der 
physischen  Geographie  auf  eine  skizzierte  Grundlage ;  die  namentKcfae 
Hervoriiebung  technischer  und  Handelslehranstalten,  wahrend  die  anderen 
Hochschulen  zuweilen  kaum  einzeln  genannt  werden;  die  Nennung 
aller  für  Handel  und  Industrie  wichtigen  Orte  bis  zu  den  kleinsten  herab, 
wenn  sie  Erwähnung  verdienen,  wahrend  Orte  von  anderweitiger  Wich- 
tigkeit oder  von  blofs  geschichtlicher  Berühmtheit  übergangen  sind.  Alle 
diese  Folgen  des  einmal  festgesetzten  Schwerpunctes  müssen  hingenommen 
werden,  wenn  derselbe  von  vornherein  gebilligt  ist;  die  Bauptenttchei* 
düng  über  die  Güte  und  Brauchbarkeit  des  Lehrbuches  fürOber- 
ftealschulen  hangt  daher  von  der  Ansicht  ab,  ob  für  das  Bedürfnis 
derselben  nach  dem  Geiste  ihrer  Organisation  durch  Masse,  Auswahl  und 
Anordnung  des  Stoffes  entsprechend  gesorgt  wurde.  Dass  der  Hr.  Verf. 
den  Standpunct  der  Bearbeitung  gekannt  und  in  reife  Überlegung  gezogen 
hat,  erhellt  aus  der  Vorrede,  in  welcher  er  auch  die  Gründe  entwickelt, 
warum  er  für  Oberrealschulen  und  Handlungsschulen,  mit  anderen 
Worten ,  für  die  r e i f e r e  Altersstufe  die  analytische  Methode  der 
Darstellung  gewählt  hat.  Seine  Ansichten  über  die  Verarbeitung  des 
Materials,  welches  dasLehrbuch  bietet,  durch  dieSchü- 
ler  zeigen  den  Praktiker,  der  gemachte  Erfahrungen  zu  nützen  weifs, 
und  sind  Winke  für  den  Lehrer,  wie  durch  den  Inhalt  des  Buches  die 
Selbstthätigkelt  der  Schuler  angeregt  und  gefördert  werden  kann, 
ohne  sie  zu  überbürden,  oder  gar  ihnen  den  Gegenstand  zu  verleiden. 
Auch  die  von  dem  Lehrplane  geforderte  besondere  Berücksichtigung 
Öesterreichs  wurde  im  Auge  behalten,  und  wie  obige  Obersicht  ge- 
zeigt hat,  in  keiner  Beziehung  vernachlässigt.  Über  den  praktischen 
Werth  des  Lehrbuches  für  die  Specialschulen  mögen  sich  die  competentcn 
Fachlehrer  aussprechen,  ihnen  kommt  es  vor  allem  zu,  es  zu  prüfen 
und  zu  untersuchen,  ob  und  was  in  gewissen  Hinsichten  davon  noch 
ab-  oder  zuzuthun  wäre. 

Gewiss  geht  daraus  hervor,  dass  Hr.  Prof.  Dr.  Elun  an  eine  Han- 
delsgeographie eine  weit  umfassendere  Anforderung  stellen  muss, 
als  dies  bisher  geschehen  ist,  da  er  als  Vorbereitung  zu  derselben 
ein  Lehrbuch  lieferte,  welches  gar  manche  bei  minderer  Schätzung  der 
Aufgabe  wegen  der  überwiegenden  Betonung  der  physischen  und  tech- 
nischen Cultur  schon  für  eine  vollendete  Handelsgeographie  würden  ge- 
halten haben.  Das  jetzige  Buch  spannt  die  Erwartungen  auf  die  nach- 
folgende eigentliche  Handelsgeographie  um  so  mehr,  je  weniger  dem 
Verfasser  die  Eignung  zur  Lösung  einer  so  schwierigen  Aufgabe,  wie 
das  Brechen  einer  fast  neuen  Bahn  immer  ist,  abgesprochen  werden 
kann,  indem  er  zur  Bewältigung  des  klar  vorschwebenden  Entwurfes  den 
Bienenfleifs  des  Sammclns  von  Materialien  mit  dem  Talente,  sie  entspre- 
chend zu  ordnen  und  zu  verarbeiten,  vereinigt. 

Wien.  A.  Steinhauser. 


LiedersammluDgen  v.  T/ppnuum  u.  a.,  ung.  v.  S.  ikmtUek.    731 

Liedersammlangen  und  Gesangschulen. 

1.  Tippmann,   Liederbuch  für  mittlere  und  höhere  Schulen. 

3  Hefte.  Quer-8.  Wien,  k.  k.  Staatsdruckerei,  1858.—  1  fl.89kr.ö.W« 

2.  Geifsler,  Hundert  Jugend-  und  Volkslieder  für  Schule  und 

Haus.  Dritter  Stereotyp- Abdruck,  gr.  8.  (VHI  u.  104  S.)  Leipzig,  Bock« 
—  «7  kr.  ö.  W. 

8.  Schletterer,  Zwölf  Psalmen  für  dreistimmigen  Hännerchor; 
zum  Gebrauche  für  Kirchen  und  Schulen.  (Op.  8.)  Lex.  8.  (32  S.) 
Stutlgart,  J.  B.  Metzler,  1857.  —  geh.  67  kr.  ö.  W. 

4«  Kothe  Bernhard.  Katholische  Mannerchöre  für  alle  Zeiten  des 
Kirchenjahres.  Zum  Gebrauche  für  Kirchen,  Glerical-  und  Lehrer- 
seminare, Gymnasien  und  Realschulen.  (In  (Kommission  bei  W.  Clar 
in  Oppeln.)  4.  (Ä  BL  79  S.)  —  80  kr.  ö.  W. 

5.  B  r  0  s  i  g  Moriz.   Choralbuch   für   den  kathoL  Gottesdienst. 

(Op.  8.)  qu.  gr.  4.  2.  Auflage.  Breslau,  Leuckart  —  2fl.8kr.  Ö.W. 

6.  B  r  0  s  i  g  Horiz.  Gesangbuch  für  kathoL  Gymnasien.  Breslau, 

Leuckart,  1854.  —  40  kr.  ö.  W. 

7.  Hühlbrecht  Theodon  Theoretisch-praktische  Gesangschule 

für  Gymnasien,  Volksschulen  und  Gesangvereine.  4«  (72  S.)  Han« 
noTer,   Hahn,  18S5.  —  83  kr.  ö.  W. 

8.  Gantter  Ludwig.   Volksgesangschule,  zum   Gebrauche   der 

Schulen  und  Singvereine  Deutschlands.  2  Hefte.  8.  (170  S.)  Stutt- 
gart. Metzler,  1854.  —  1  fl.  20  kr.  ö.  W. 
Es  ist  nicht  lange  her,  seit  in  den  Gymnasien,  namentlich  den  öster- 
reichischen, der  Gesang  systematisch  gepflegt  wird.  Seitdem  jedoch  die 
Berechtigung  dieses  Zweiges  im  Gymnasialunterricht  überhaupt  anerkannt 
ist,  scheint  die  tlberzeugung  Ton  dessen  Wichtigkeit,  ja  Dnentbehrlichkeii 
mit  Riesenschritten  vorzuschreiten  und  in  einer  erhöhten  Thaligkeit  so^ 
wol  der  Ijntcrrichtsbehörden  als  der  einzelnen  Lehrer  Ausdruck  zu  gewinnen« 
Es  war  im  Jahre  1809,  als  Wilhelm  von  Humboldt  dem 
König  von  Preufsen  einen  (kaum  nach  Verdienst  bekannten  und  gewür- 
digten) «Vorschlag  zur  Organisation  der  Musik  im  ganzen  Lande*  über- 
reichte. Der  erleuchtete  Staatsmann  und  Gelehrte  nennt  darin  die  Ton- 
kunst «ein  natürliches  Band  zwischen  den  unteren  und  höheren  Glassen 
der  Nation*  und  meint,  dieses  Band  sei  es,  «was  ihr  (der  Musik)  vor« 
zügUch  beim  Gottesdienst,  dessen  ganzer  Zweck  es  ist:  alle  Glieder  der 
Nation  nur  als  Menschen  und  ohne  die  zufalligen  Unterschiede  der  Ge- 
sellschaft zu  vereinigen,  einen  so  grolsen  Einfluss  verschafft.*  Humboldt 
schlagt  die  Errichtung  einer  ordentUchen  musikalischen  Behörde 
vor,  indem  es  unlSugbar  sei,  «dass  die  öffentliche  Erziehung  der  Musik 
nicht  entbehren  kann,  theils  um  der  ao  leicht  einreiüsenden  Bohheit  ent- 
gegenzuarbeiten,  noch  mehr  um  das  Gemüth  früh  an  Wohlklang  un4 
Rhythmus  zu  gewöhnen.* 

An  der  Richtigkeit  dieser  Ansicht  dürfte  heutzutage  kaum  mehr, 
jemand  zweifeln.  Der  Zweck,  den  man  bei  dem  musikalischen  Onter-r 
rieht  in  Volks-  und  Mittelsdiulen  im  Auge  hat,  ist,  genau  betrachtet» 
ein  doppelter,  wenn  er  auch  in  seinem  endlichen  Resultate  grö(sten- 
theils  als  Einheit  sich  darstellt  Der  allgemein  humane ,  höhec«  <H- 
jBicbt^uDCly  wie  ihn  die  Worte  UumboVdVs  bei^uXuMiik,  v^&äiaX  vg^  ^'«^ 


722    LiedtrsammluDgcn  ▼.  Tippmann  u.  a.,  ang.  v.  B.  ffamUeM. 

musikalischen  Coterricht  ohne  weiteres,  ja  oft  ausschliefslich  die  gemuths* 
veredelnde,  psychisch  «reinigende*  Wirkung,  abo  das  Moralische. 
Dies  ist  allerdings  das  höhere,  aber  deshalb  auch  erst  das  vennittelte 
in  weiterer  Ferne  stehende  Ziel.  Das  erste  und  unmittelbare  bleibt 
k uns  tleri  scher  Natur:  die  Verbreitung  der  allgemeiosteo  musi- 
kalischen Kenntnis  und  Fertigkeit.  Erhält  auch  diese  Bildung  eines 
bestimmten  S  i  n  n  e  s ,  des  Ton  sinnes  und  einer  bestimmten  sesthetischen 
Anlage  (der  musikalischen)  ihre  höhere  Weihe  durch  den  Ausblick  auf 
eine  dadurch  zu  gewinnende  allgemeine  Veredlung,  so  bleibt  doch 
jener  erste  und  unmittelbare  Zweck  auch  für  sich  betrachtet  wichtig 
genug.  Vor  allem  pflege  man  mit  ganzer  Kraft  und  Einsicht  das  artistische 
Element  im  Musikunterricht,  dann  wird  das  (oft  allzu  unklar  und  ein- 
seitig hervorgehobene)  moralische  selten  ausbleiben.  Wenn  man  sich 
weislich  hütet,  allzu  sanguinische  und  handgreifliche  Wirkungen  des 
Musikunterrichtes  auf  die  Sittlichkeit  zu  erwarten,  wie  es  in  Erinneruog 
griechischer  Schilderungen  noch  häufig  Paedagogen  Ihun,  so  wird  man 
anter  günstigen  Verhallnissen  immerhin  auch  in  dieser  Richtung  Resul- 
tate wahrnehmen,  welche  Plato's  Rath  «es  solle  jede  gute  Erziehung 
mit  Musik  beginnen'  nicht  Lugen  strafen. 

Der  Musikunterricht  in  den  Schulen ,  so  bescheiden  er  auch  sei« 
übt  unvermerkt  sehr  wichtige,  concrete  Einwirkungen,  die  man  über 
dem  höheren  Ziel  der  allgemeinen  MoralitSt  nur  allzuoft  übersieht.  Er 
füllt  z.  B.  eine  wesentliche  künstlerische  Lücke  in  unserer  allge- 
meinen musikalischen  Bildung  dadurch  aus ,  dass  er  sich  auf  die  Pflege 
des  Gesanges  beschränkt.  Aufserhalb  der  Schule,  in  der  häuslichen  Er- 
ziehung, ist  das  Klavier  in  einer  Weise  vorherrschend,  ja  alleinherr- 
schend, welche  zwar  den  Einzelnen  einer  höheren  Kunstbildung  zuzu- 
führen, nicht  aber  die  Gesammtheit  zu  fördern  geeignet  ist.  Die  viel  schnel- 
leren Resultate,  welche  der  Gesangs  un  terr  ich  t  erreicht,  kommendem 
Ganzen  weit  mehr  zu  statten;  es  wird  dadurch  ein  bescheidenerer  Ge- 
winn erzielt,  aber  er  ist  sicherer.  Man  könnte  sagen  ,  das  Klavier  bilde 
Musiker,  der  Gesang  musikalische  Menschen.  Bei  der  Bedeutung,  welche 
wir  dem  Gesangunterricht  in  Gymnasien  beilegen,  können  wir  die  Rüh- 
rigkeit, welche  sich  in  der  Literatur  di  eses  Faches  kundgibt,  nur  freudig 
begrüssen.  Aus  einer  Reihe  einschlägiger  Werke  heben  wir  die  ihrem 
Titel  nach  oben  angeführten  hervor,  freilich  weniger,  um  sie  eingehend 
zu  kritisieren  (denn  dazu  sind  offenbar  musikalische  Fachblätter  berufen), 
als  um  darauf  im  praktischen  Interesse  aufmerksam  zu  machen. 

Wir  nennen  zuerst  das  «Liederbuch*  von  Franz  Tipp  mann  nicht 
blosy  weil  dem  Hrn.  Verf.  als  österreichischem  Schul  manne  hier  der  Vor- 
tritt gebühren  dürfte,  sondern  weil  seine  Arbeit  sich  bereits  praktisch 
auf  das  erwünschteste  erprobt  hat.  Als  Lehrer  an  der  «Wicdner  Ober- 
realschule* in  Wien  hat  nämlich  Hr.  Tippmann  mit  seinem  «Liederbuch* 
die  besten  Resultate  erzielt  und  ie  bei  mehr  als  einer  Schlussprufung 
öffentlich  vorgeführt:  seine  Zöglinge  singen  die  Lieder  ebenso  mühelos 
und  correct  als  mit  sichtlicher  Lust.  Die  Anordnung  der  in  drei  Abthci- 
iuogen  zerfallenden Sammlunf^  ist  sehr  praktisch:  das  erste  Heft,  für  klei- 


Licdenammlungen  v.Tifiimimm  a  a,  ang.  v.  S.  Ban$liek\     733 

nere  Schuler  berechnet,  enthSlt  leichtere,  ein-  und  iweiRtimmige  Gesfingo, 
das  zweite  Heft  enthalt  drei-  und  vierstimmif^e  Lieder  für  Sopran-  und  Alt- 
«timmen,  das  dritte  endlich  schreitet  zu  vier-  und  funfstimmigrn  Chören 
(sowol  «g<>mi8cbtcn*  als  Männerchöreu)  fort.  Während  sich  sonnch  das 
erste  lieft  besonders  für  Volksschulen ,  dann  für  die  erste  Classe  der 
Gymnasien  und  Realschulen  eignet,  ist  das  zweite  den  uuteren  Classen 
der  Mittelschulen ,  das  dritte  den  oberen  Classen  derselben ,  endlich  den 
Lehrerseminarien  und  kleineren  Singvereinen  zugedacht  Bei  aller  An- 
spruchslosigkeit ist  die  Tippmann'sche  Sammlung  ungemein  reichhaltig. 
Der  Hr.  Verf.  hat  der  Versuchung  widerstanden  ^  4MI»  lelbir 
ponist  bemerklich  zu  machen  und  wählt  nilf  lobenswerthem  Tacte  diiT' 
beste  und  passendste  aus  den  Gesingen  unterer  Meister  Mozart,  H  a  y  dn, 
Beethoven,  Weber  sowie  der  verdienstlicheren  modernen  Compo- 
nisten.  Das  weltliche  Element  steht  entschieden  im  Vordergrund,  was 
beitragen  dürfte ,  dieser  Sammlung  bei  den  jugendlichen  Sangrrn  den 
Vorzug  vor  anderen  zu  sichern,  welche  auf  die  frische  Lebenslust  der 
Jugend  oft  zu  wenig  Rucksicht  nehmen.  Die  nette  Ausstattung  des  Tippmann - 
sehen  «  Liederbuches*  (aus  der  k  k.  Staatsdruckerei)  und  der  billige  Preis  darf 
hier  im  Interesse  seiner  wohlverdienten  Verbreitung  nichtunerwähnt  bleiben. 

Eine  verwandte  Aufgabe  löst,  nur  mit  weit  knapperen  Milteln,  llr. 
Carl  Geifsler,  Cantor  zu  Zschopau,  in  seinen  «Hundert  Jugend-  und 
Volksliedern.*  Sie  sind  durchaus  zweistimmig  und  zwar  gröfstenlhcils 
auf  bekannte  ältere  Texte  und  Melodien  gesetzt 

Für  die  Pflege  des  religiösen  Gesanges  hat  Hr.  Schletterer 
(Univorsiläts-Musikdirector  und  Gesanglehrer  am  theologischen  Seminare 
zu  Heidelberg)  durch  seine  «Zwölf  Psalmen*  verdienstlich  mitgewirkt. 
Ohne  sich  gerade  durch  begeisterten  Schwung  oder  ungewöhnliche  Tiefo 
auszuzeichnen,  gewinnen  diese  für  dreistimmigen  Mäiuiergesnng  compo- 
Bierten  Psalmen  durch  ihre  klare,  schlichte  Melodie,  ihre  mafsvoUe  Em- 
pfindung und  leichte,  lohnende  Ausführung. 

Das  «Ghoralbuch*  von  Moria  Bros  ig  (Kapellmeister  an  der  Kathe- 
drale tu  Breslau)  schlieft  lich  verdienstvoll  den  Versuchen  an,  den 
Choral  auch  in  der  katholischen  Kirche  zu  neuem  Leben  zu  er- 
wecken. Bekanntlieh  steht  der  Choral  zur  katholischen  kirche  in  einem 
ursprünglich  innigen,  nur  allmählich  sehr  gelockerten  Verhältnis.  Viele 
der  tehOnsten  protestantischen  Chorale  sind  auf  die  Melodien  katholiKcher 
Kirchenlieder  gesetzt,  und  wiederholt  haben  die  Concilien  uns  den  kiiob- 
lieben  Oemeindegesang  anempfohlen.  Freilich  haben  in  dem  Mafs,  als 
dl«  Protettanten  sieb  den  strengen  Choral  als  musikalisches  Glaubens- 
aymbol  aneigneten  und  fbrmlieh  damit  verwuchsen,  die  Katholiken  mehr 
dm  eigentliche  Kirchenlied  gepflegt  Erat  im  vorigen  Jahrhundert  ge- 
aduhen  durch  erleuchtete  Manner  neue  Anstrengungen,  den  gänzlich  in 
Vemaeblitsigung  gerathenen  Choral  in  der  katholischen  Gemeinde  wieder 
tu  lebendiger  Wirksamkeit  tu  bringen.  Seither  ist  durch  manche  Samm- 
lung Erhebiichet  für  diesen  Zweck  geschehen.  Auch  Hrn.  Brosig's 
«Choralbueh*  dürfte  in  den  rechten  Händen  segensreich  für  die  Auffri- 
schung des  katholischen  Volksgfsanges  wirken»  namentlich  wenn  die  im 

%m\\%tkt\fi  t.  4.a»l«rr.  OjmmM.  1160.  IX,  Hcfk.  ^Q 


734    LiedersAinmluDgeo  v.  Tlimmatm  u.  a.»  #ng.  ▼.  B.  Bamiiek, 

«Vorwort'  enthaltenen  Winke  rucksichtlich  des  Vortrages  befolgt  werdea 
J)enn  das«  die  schwerfällige ,  ausdruckslose  und  rohe  Weise,  in  welcher 
man  den  Choral  so  häufig  singen  hört,  jede  erhebende  Wirkung  des- 
selben vernichtet,  wird  jeder  nicht  ganz  unmusikalische  Hörer  einräumen. 
Eine  nothwendige  Zugabe  des  cChoralbuches»,  welches  den  vollständigen 
vierstimmigen  Satz,  aber  keine  Textworte  enthalt,  ist  desselben  Hrn.  Verf/s 
«Gesangbuch  für  katholische  Gymnasien*,  ein  kleines  Heft,  das  ober  der 
einstimmigen  Melodie  den  vollständigen  Text  der  Kirchenlieder  bringt 
Eine  sehr  lobenswerthe  Absicht  ist  auch  in  der  Sammlung  zu  er- 
kennen,  welche  der  Chorregent  und  Gesanglehrer  Hr.  Bernhard  Kot  he 
unter  dem  Titel  cKatholische  Männerchöre  für  alle  Zeiten  des 
Kirchenjahres'  mit  Genehmigung  des  hochwurdigen  Breslauer  General- 
Vicariatamtes  herausgegeben  bat  Diese  Chöre  sind  vierstimmig  für  einen 
eigentlichen  Sängerchor  und  auf  lateinische  Aitualtexte  gesetzt,  verfolgen 
also  einen  viel  exolusi?eren  Zweck,  als  die  deutschen,  für  die  Gemeinde 
bestimmten  Chorale  von  Brosig.  —  Die  Aufnahme  alter ,  classischer  Kir- 
chencompositionen  von  Palestrina,Lotti,  Gallus,  Caldarau.  a. 
macht  die  K  o  t  h  e'sche  Sammlung  empfehlenswerth.  Weniger  einverstan- 
den können  wir  mit  einigen  Bearbeitungen  und  den  eigenen  Compositionen 
des  Herausgebers  sein,  welche  in  ihrer  modernen  Melodie  und  Harmoni- 
sierung mehr  an  die  Liedertafel  als  an  die  Kirche  mahnen.  Wir  nennen 
beispielsweise  die  Nummern  1,  9  und  12,  denen  freilich  auch  andere  in 
die  Sammlung  aufgenommene  Chöre  von  Schnabel  (Nr.  21),  Schu- 
biger (Nr.  11)  u.  a.  an  Weltlichkeit  nichts  nachgeben.  Wir  setzen 
also  eine  einsichtsvoll-wählerische  Hand  voraus,  wenn  wir  gleichw(| 
dies  gut  ausgestattete  und  sehr  billige  Werk  empfehlen. 

Der  häufige   Misbrauch ,    dass    den   Schülern  die  Lieder  nur  dem 
Gehör  nach  mechanisch   eingeübt  werden ,   bat  die  beiden   obgenannten 
Gesangschulen  an's  Licht  gerufen.  Hr.  G a n 1 1 e r ,  Professor  am  Poly- 
technicum  und  Gymnasium  zu  Stuttgart,  macht  in  seiner«  Volksgesangschule' 
den  Versuch,  die  Gesangmethode  von  W  i  1  h  e  m  und  H  u  1 1  ah ,   welche  in 
französischen  und  englischen  Schulen  so  überraschende  Erfolge  hatte,  nadi 
Deutschland  einzuführen.  Die  Erklärungen  sind  bündig  und'so  anschaulich 
als  möglich,  die  beigefüii(ten  Obungsstücke  mit  und  ohne  Text  sehr  zahlreich. 
Noch  gedrängter  ist  die  «Theoretisch- praktische  Gesang- 
schule'  von  Theodor  Mühlbrecht,   Chordirector  und  Gymnasial- 
Gesanglehrer  in  Braunschweig.    Eine  kurze,  fassliche  Anleitung,    welche 
den  Schuler  in  die  Elementarbegriffe  des  Tonsystems  und  der  Harmonie- 
lehre einführt,   geht  darin  Hand  in  Hand  mit  einer  reichen  und  zweck- 
mäfsigen  Auswahl  von  Beispielen.    Eine  sehr  praktische  Beigabe  ist  die 
auf  einem  grofsen  Bogen  verzeichnete  Ciaviertastatur,  welche  auf  Pappe 
oder  Leinwand  gezogen,  im  Onterrichtsiocale  aufgehängt   wird   und  das 
Demonstrieren  des   Tonsystems  wesentlich   erleichtert.    Übrigens  dürfte 
dies  verdienstvolle  Werk  doch  weniger  einer  grofsen  Scbülermenge,  als 
einzelnen  begabteren  Schülern  nützen,  welche  sich  angeregt  fühlen,  einen 
tieferen  Blick  in  ^%m  Yfettu  dtt  ¥L\isiV  «a  ^«cfen.    Wir  können  es  lu 
diesem  Zwecke  beslena  em^\t^\efu 


Dritte  Abtheilung. 


Terordnnngen  fttr  die  Asterreichischen  Gym- 
nasien; Statistiii. 

Personal*  und  Schulnatizen. 

(Ernennungen,  Beförderungen,  Verse tzungen,  Aug« 
teicbnungenu.  8.  w.)  —  Der  Gymnarialdirector  xu  Agfam,  Hr.  Joseph 
Premru,  zum  Director  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Gilli. 

-^  Der  Weltpriester  Hr.  Johann  Kruschitz,  über  Vorschlag  dM 
Lavanter  furstbischöfl.  Ordinariates,  zum  wirklichen  Aeligionslehrer  am 
k.  k.  Gymnasium  zu  Gilli. 

—  Der  Gymnasiallehrer  zu  Fiume,  Hr.  Dr.  Franz  Bfefsneri 
zum  Lehrer  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Laib  ach. 

—  Der  Gymnasiallehrer  zu  Agrara,  Hr.  Joh.  Macun,  zum  Lebref 
am  k.  k.  Gymnasium  lu  Laibach« 

—  Der  Supplent  am  Gymnasium  zu  Olmutz,  Hr.  Franz  NovotH^i 
zum  wirklichen  Lehrer  am  k.  k.  Gymnasium  zu  I  g  I  a  u. 

**  Die  Gymnasiallehrer  y  Hr.  Anton  Vaiek  zu  Raschau  und  Hr. 
Franz  W  i  n  z  e  n  z  zu  Rzeszow  zu  Lehrern  am  Gymnasium  in  T  r  o  p  p  a  u. 

—  Der  Gymnasialsupplent  zu  Laibach,  Hr.  Valentin  KermaTuer, 
zum  wirklichen  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Czernowitz. 

—  Der  Gymnasiallehrer  zu  Brunn ,  Hr.  Dr.  Joseph  M  a  r  e  k ,  zum 
provisorischen  Director,  und  die  Lebramtscandidaten ,  Hr.  Dr.  Blasius 
Knauer  und  Hr.  Joseph  Bohr  mos  er  zu  wirklichen  Lehrern  an  dem 
neu  errichteten  griechisch  nicht-unierten  Obergymnasium  zu  Suosawa. 


—  Der  Lehrer  an  der  Dnterrealsehule  bei  St  Thekia  in  Wien,  Hr. 
Karl  Schubert,  tum  Lehrer  an  der  Dnterrealschule  bei  UU  Anna 
in  V^ien. 

—  Der  Lehrer  an  der  Ofener  Oberrealschule,  Hr.  Dr.  Joseph 
Krist,  zum  wirklichen  Lehrer  an  der  k.  k.  Schottenfelder  Ober- 
rcalschule  in  Wien. 

—  Der  provisorische  Director  der  böhmischen  Hauptschule  und 
der  damit  vereinigten  Lehrerbildungsanstall  zu  Prag,  Hr.  Dr.  Karl 
Amerling,  zum  wirklichen  Director  dieser  vereinigten  Lehranstalten. 

—  Der  Supplent  an  der  Oberrealscbule  in  OVtnvL\%)  %t.^«cA^A 
Zirownicky,  zum  wirklichen  Lehrer  an  dieaat  Mm^x.« 


736  Personal-  und  Schulnotizen. 

—  Der  Katechet  und  provisorische  Director  der  llauptscbule  und 
der  mit  derselben  vereinigten  Duterrealscbule  in  Rokycan,  Hr.  /*. 
Wenzel  Sv^tlfk,  zum  wirklichen  Director  dieser  vereinigten  Lehr- 
anstalten.   

—  Der  ordentliche  Professor  der  allgemeinen  Welt-  und  öster- 
reichischen Staatengeschichte  an  der  Universität  Lemherg,  Hr.  Dr.  Anton 
Wacholz,  in  gleicher  Eigenschaft  an  jene  zu  Krakau. 

^  Der  ordentliche  Professor  an  der  Prefsburger  Rechtsakademie, 
Hr.  Dr.  Julian  Dunajewski,  zum  ordentlichen  Professor  der  österr. 
Verwaltungsgesetzkunde,  des  Bergrechtes  und  der  politischen  Oekonomie 
an  der  Universität  L  e  m  b  e  r  g. 

—  Der  Conceptssdjunct  •  beim  bestandenen  Handelsministeriuro, 
Hr.  Hugo  fif^a^b  All^y  *zuÄdi  lofcifi^r^/deAllien  unentgeltlichen  Professor 
der  Statistik  am  Wiener  polytechnischen  Institute. 

—  Der  aufserordentliche  Professor  der  Seroilischen  Sprachen  und 
des  Kirchenrechtes  an  der  theologischen  Facultäl  der  Pesther  Uni- 
versität,  Hr.  ,Dr.  -J^baiuit  RMCftc^ka,  zum  ordentlichen  Professor 
aieier  FadäUif.  "    '  *  ' 

-—  Se.  k.  k.  Apost  Majestät  haben  die  beim  k.  k.  zoologischen 
Hofcabinete  erledigte  Stellendes  Vorstandes  d^m  bisherigen  ersten 
Custos-Ac^uncten  dieses  €abitteU  Dr.  Ludwig  fiedtenbacher  Aller- 
gnädigst  zu  verleihen  geruht 

:-r  Ober  die  Aufnabme  von  ZOgHngen  für  die  theoretiscben  und 
praktischen  Studieaan  der  k.  k.  Montan  lehrans  tal  t  zu  L«oben 
In  Studienjahre  1861,  s.  Amtsbl.  s.  Wr.  Ztg.  v.  8.  August ).  J.,  Nr.  186. 

(Concurse,  Erledigungen,  Stiftungsplätze,  Stipen-* 
dien  u.  s.  w.)  — *  In  dem  vereinigten  gräfl.  Lo dron 'sehen  Collegium 
Mariano-Rupertinum  die  Präfeclenstelle  mit  dem  jährt.  Gehalte 
von  315  fl.  ö  W.  aus  dem  einen  und  810  fl.  ü.  W.  aus  dem  anderen 
Fonds,  nebst  mehreren  Emolumenten.  Termin:  20.  August  1.  J.,  beider 
Primogenitur«- Inspection  des  genannten  Colleeiums  in  SaUburg.  (S.  Amtsbl. 
1.  Wr.  Ztg.  V.  «5.  Juli  I.  J..  Nr.  178.) 

—  An  der  k.  k.  vollständigen  Cnterrealschule  zu  Kremnttz  eine 
Lehrerstelle  für  Geometrie  nebst  geometrischem  Zeichnen  und  Baukunst 
(mit  Benlcksichtigung  der  Nebenbefähigung  für  den  Unterricht  in  den 
naturwissenschaftlichen  Fächern  oder  in  der  Geographie  und  Geschichte)* 
mit  dem  Jahresgehalte  von  630  fl.  und  dem  Vorrückungsrechte  in 
840  fl.  und  1050  fl.  ü.  W.  Termin:  20.  August  I.  J..  bei  der  k.  k. 
StaUhalterei  lur  Ungarn.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  4.  August  L  J., 
Nr.  1830 

—  An  dem  böhmisch  -  ständischen  polytechnischen  Institute  zu 
Prag  die  neu  errichtete  prov.  Lehrkanzel  der  mechanischen  Techno- 
logie, mit  einem  Honorar  von  jälirlich  1000  fl.  ö.  W.  Termin:  30.  Sep- 
tember L  I.,  bei  dem  Direeiorate  des  böhmisch-ständischen  polytech- 
nischen Institutes.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  11.  August  I.  J.,  Nr.  189.) 

—  An  der  Unterrealsehule  zu  Raab  %  Lehrerstellen,  und  zwar 
eine  für  deulsehe  Sprache,  Arithmetik,  Geometrie  und  geometrischen 
Zeichnen,  die  andere  für  Naturgeschichte,  Phvsik  und  Chemie  mit  vor- 
wiegender ungarischer  Dnterricbtsspraebe ,  jede  mit  dem  Jahresgehalt 
von  630  fl.  n.  e.  Quartierpaoacbale  von  84  fl.  ö.  W.,  gegen  Vorrückung 
in  dio  böberen  Gehaltsstufen  voo  736  fl.  und  840  fl.  ö.  W.  Termin : 
tt.  AofttMJ«  J*9  bei  den.biaeiiOfl.  Ordinariate  in  Raab.  (S.  Amtsbl.  z. 
Wr.  2lg.  T.  14.  Attfunt  V  I«.  ^i.  V%\.\ 


Pei«oiiil*  Mad'  SobOlnotixeiL  7M^ 

•^  Ad  dtfr  k;  L  OWrealscbule  tu  B  r  ii  n  n   eide    LehrbrsteHe  für 
derstelkad«  Geometrie  und  Masohinenlehre,   mit  den  jahrl.  Gehalte  Von*  > 
630  fl.y  eventuel  a40  fl.  ö.  W.    Termin:  Sl.  Aogust  1.  J.,  bei  der  k.  k.' 
Siattballerei  in  Brunn.    (S.   Amtsbl.   i.  Wr.  Ztg.    y.  15.  August   1.  J., 
Nr.  192.) 

—  Am  k.  k.  Obergymnasium  zu  Agram  eine  Lehremtelle  für 
classisehc  Philologie  (nameotlich  griechische  Sprache»  dann  nebst 
Kenntnis  der  deutschen  Sprache  auch  der  des  illyrisohen  oder  einer 
verwandten  slavischen  Sprache),  mit  dem  Jahresgchalte  von  945  fl., 
eventuel  1950  fl.  0.  W.  und  dem  Ansprüche  auf  Decennalzuhgen. 
Termin:  12.  September  L  J.,  bei  dem  k.  k.  croatiseh*slavonischen  Statt- 
halterei-Präsidium  zu  Agram.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  22.  August 
I.  J.,  Nr.  197.) 

-*  Am  k.  k.  Gymnasium  zu  Brunn  eine  Lefarerstclle  für  deutsche, 
lateinische  und  griechische  Sprache,  mit  dem  Jahresgehalte  von  945  fl., 
eventuel  1050  fl«  ö.  W.  und  dem  Ansprüche  auf  Decennalzulagen. 
Termin :  Ende  September  1.  J.,  bei  der  k.  k.  Statthalterei  zu  Brunn. 
CS.  AmUbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  2t   August  I.  J.,  Nr.  197.) 

—  An  der  k.  k.  Oberrealschule  zu  Agram  S  Lehrerstellen,  und 
zwar  a)  für  Geographie  und  Geschichte  als  Haupt-,  und  deutsche  Sprache 
als  Nebenfach;  b)  für  Naturgeschichte  als  Hauptfach  in  Verbandunji^  init' 
einem  der  im  S.  4  der  Prufungsvorsebrift  für  vollständige  Realschulen 
angeführten  Fächer  aus  dem  mathematisch-natunj^iftsensehaflliehen  Oe* 
biete;  c)  für  darstellende  Geometrie  und  Maschinenlehre,  jede  mit  dem 
Jahresgehalte  von  630  fl.,  eventuel  735  fl.  5.  W.  und  dem  Quarti^irgekr- 
beitrage  von  105  fl.  ö.  W«  Termini  15.  September  1.  J..  bei  der  k.  k.< 
croatiscb-slavonischen  Statthalterei.  (S.  Amtsbl.  b.  Wr.  Ztg.  v.  24.  Au-- 
gust  L  J„  Nr.  199.) 

—  An  der  stand.  Joaoneums-Bibliothek  lu  Oratx  eine- 
Amanuensisstelle  mit  Jährl.  315  fl.  ö.  W.  Termin:  15.  September  I.  J.^: 
beim  st.  st.  Ausschussrathe  zu  Oratz.  (S.  Amtbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  30.  Au- 
gust 1.  J.,  Nr.  204.) 

—  An  der  durch  Errichtung  einer.  2.  und  3.  Glaase  zur  Selbständig- • 
kejt gelangenden  evang.  ünterrealschule  zu  Biellti  S Lehrerstellen,  l.für 
deutsche  Sprache.  Geschichte  u.  s.  w.,  2.  für  Naturwissenschaften  o;  s.  .w  , 
3.  (unter  besouderer  BerocksiohliguDg  der  Befähigung  tum  Onterricht  in 
der  französischen  Sprache)  für  Zeichnen  u.  s.w.,  jede  mit  dem  Anspruch' 
auf  700  fl.  ö.  W.  Gehalt  nebst  6  Klaftern  Brennholz  jiSidicli;  Termin :' 
28.  September  1.  J.,  an  den  Vorstand  der  dortigen  Gemeinde. 

-*  An  der  neuzuerriclitenden  selbständigen  CommifnaKünlerreaU 
schnle  zu  Feldkirch  (Vorarlberg)  1.  die  Stellereines  Direotorst  de#' 
mit  Hilfe  2.  eines  ordentlichen  Lehrers  die  deutsch«  8|>rachet  Geographie- 
und  Geschichte ,  Naturgeschichte  und  Naturlehre  zu  lehren  hat ;  3.  die 
eines  ordentlichen  Lehrers  für  Geometrie^  geometr;  und  flreies  Zeiehtoen,- 
Modellieren  und  Bauktinat;  4.  die  eine«  Nebenlehrers  für  die  französische 
und  italienische  Sprache  Die  Gehalte  vorläufig  im  1.  Jahre  (ür  den 
Director  800  fl.,  für  einen  ordentl.  Lehrer  ad  2  600  fl.,  für  jenen  ad  3 
400  fl.,  eventuel  500  fl. ,  für  den  Nebenlehrer  ad  4  800  fi.,  eventuel 
350  fl.  ö.  W.  Termin :  20.  September  L  i.,  bei  dem  SUdlmagistrate  Feld- 
Urch.  (S.  AmtsbL  z.  Wr«  Ztg.  v.  6.  September  L  J  ,  Nr.  210.) 


—  Über  einen  erledigten  Vir gili an i sehen  Sliftungsplatz  in  der 
Theresia nischen  Akademie  in  Wien,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v. 
2.  August  I.  J..  Nr.  181 

—  Über  einen  erledigten  Anton  Joseph  von  Radler'schen  Fa- 
milicnstiflungsplatz,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  S.  ^vl^wA  V  \.,^^.  V^?^* 


faa  Personal-  und  SchnlBOtiseii. 

(TodesffiUe.)  —  Anfangs  Jali  in  Jena  der  geheime  Hofrath, 
Hr.  Dr.  Sckulie,  ordentL  Professor  in  der  philosoph.  Facultat,  Lehrer 
fiir  Staats-  und  Gameral wissenschalten  an  der  dortigen  Universitit  u.  s.  w. 

—  Am  7.  Juli  ].  J.  zu  Poppeisdorf  Dr.  Dr.  Johannes  Lacbmann 
(geb.  am  1.  August  1832),  Lehrer  der  Naturgeschichte  an  der  land- 
wirthsehafUichen  Lehranstalt  alldort. 

^  Am  9.  Juli  I.  J.  za  Tubingen  der  Professor  der  Chemie  an 
der  dortigen  UniTersitat^  Hr.  Dr.  Schlofsberger,  im  Alter  Ton 
41  Jahren. 

—  Am  10.  Juli  l.J.  zu  Prag  Hr.  Joseph  Orois,  Lehrer  des  Frei- 
bandzeichnens an  der  dortigen  k.  k.  Oberrealschule,  als  Lehrer  und  auch 
als  Maler  geschätzt. 

—  Am  23.  Juli  1.  J.  zu  Roznau  (Mahren)  Hr.  L.  Julius  Sem- 
lltsohy  als  Schriftsteller  auf  dem  Gebiete  der  Belletristik  und  Kritik 
bekannly  im  Alter  Ton  33  Jahren. 

—  Am  24.  Juli  1.  J.  in  Roznau  (Mahren)  Se.  Hochw.  Hr.  /^ 
Theobald  Neuwirth  (geb.  zu  Wien  im  J.  1832),  Capitular  des  Bene> 
dictinerstiftes  zu  den  Schotten,  Doctor  der  Theologie,  Assistent  am  k.  k. 
Obergymnasium  zu  den  Schotten. 

—  Am  29.  Juli  1.  J.  zu  Kumlosen  der  geh.  Medicinalratb,  Hr.  Dr. 
Karl  Wilhelm  ideler  (geb.  zu  Berlin  1795),  Professor  an  der  Berliner 
Hochschule,  dir.  Arzt  an  der  Irrenabtheilung  der  Charite,  durch  gedie- 
gene Fachschriften  bekannt. 

—  Am  29.  Juli  1.  J.  zu  Venedig  der  Geschichtsforscher  und  Phi- 
lolog,  Hr;  Andreas  M  ust oxidi,  ein  Freund  und  Landsmann  Gapodistrias*, 
als  Öbersetier  des  Herodot  und  durch  andere  sprachwissenschaftliche 
Leislungen  bekannt,  im  75.  Lebensjahre. 

—  Am  31.  Juli  1.  J.  Hr.  Graf  Leon  Lubienski,  der  Gründer 
der  tiBiölioieMa  WartMOWiMä*  (Warschauer  Bibliothek) ,  im  Alter  von 
48  Jahren. 

—  Im  Juli  L  J.  zu  Pesth  Hr.  Ludwig  Hegedus,  als  Verfasser 
mehrerer  preisgekrönter  Dramen  bekannt,  welche  zu  den  besten  der  un- 
garischen Buhnenliteratur  zfihlen. 

—  Am  2.  August  L  J.  zu  Gleichenberg,  Hr.  Dr.  Theodor  Schid- 
1er,  als  Schriftsteller  und  Arzt  bekannt 

—  Am  3.  August  1.  J.  zu  Rremsmunster  Se.  Hochw.  Hr.  Thomas 
Mi  tt  er n dorfer,  Abt  des  dortigen  Benedictinerstiftes,  k.  k.  Ralh, 
Ritter  des  k.  ö.  Leopold-Ordens,  Mitglied  des  Prälatenstandes,  stand. 
Ausschussrath,  wirkt.  Coosistorialrath.  Director  des  Stiftsconvictes  u.  s.  w. 

—  Am  7.  August  1.  J.  la  Würzburg  der  Hofrath  und  Professor, 
Hr.  Dr.  Gajetan  von  Textor,  ausgezeichnet  als  Lehrer  und  Schrift- 
steller, wie  als  praktischer  Arzt,  im  78.  Lebensjahre. 

^  Am  10.  August  I.  J.  in  Wien  Hr.  Georg  Holzgethan,  Dr. 
der  Rechte  und  der  Philosophie,  Ritter  des  k.  k.  ö.  Leopold-Ordens, 
k.  k.  pens.  Ministerialrath  im  h.  Ministerium  für  Cultus  und  Unterricht 
u.  8.  w.,  im  61.  Lebensjahre 

—  Am  10.  August  I.  J.  zu  Constanz  Se.  Hochw.  Hr.  Ignaz  Heinrich 
Freiherr  von  Wessen b er g  (geb.  am  2.  November  1774  zu  Dresden), 
seiner  Zeit  Verweser  des  Bisthums  zu  Constanz,  als  Verfasser  philosophi- 
scher und  religiöser  Schriften,  so  wie  als  Dichter  («Sammtliche  Ge- 
dichte.» 6  Bde.  Stuttgart  1834—1844)  bekannt 


Vierte  Abtheilung. 


Miscellen. 

Literarische  Notizen. 

The  iife  and  timet  of  DtmU  hy  R.  de  Vericour,  Pro/etior 
of  modern  langungeM  and  IHerature  in  the  QueenfM  OniverMitp ,  ire- 
land  etc.  London,  J.  F.  Hope,  1858.  8.  (X  u.  388  S.)  —  Die  Be- 
rechtigung einer  neuen  Biographie  Dante's  zu  bestreiten,  wird  keinem, 
der  sich  mit  dem  Studium  des  grofsen  Diehters  beschäftigt,  einfallen. 
Nur  mu8.«r  sie  eben  neu  sein:  unbekannte  Thatsachen,  wo  möglich,  zu 
Tage  fördern,  die  bekannten  in  ihrem  richtigen  Verhaltnisse  darstellen, 
daraus  gründliche  und  wahre  Kriterien  zur  Beortheilung  des  Dichters 
und  seiner  Werke  ziehen.  Allen  diesen  Anforderungen  entspricht  das 
Buch  des  H.  Vc.  nicht  im  geringsten;  es  entzieht  sich  vielmehr  fast 
ganzlich  der  Kritik,  da  der  bei  weitem  gröfste  Theil  desselben  nichts 
ist,  als  eine,  gewöhnlich  sehr  treue  Obersetzung.  Die  Enttäuschung 
wirkt  um  so  unangenehmer  ein ,  je  reger  die  Hoffnungen  durch  das 
Vorwort  gemacht  werden.  Da  heifst  es  *):  «Our  residence  in  Italy  has 
enabled  us  to  consult  original  documents  —  to  listen  to  the  traditions  of 
the  people  ^-  and  study  on  the  monuments,  in  the  eities,  as  well  as  the 
rural  scenes  the  traits  of  the  national  charaeter  immortallsed  by  tho 
poet. .  .We  have  collected  all  our  reminiscences  and  notes  of  many  years, 
and  have  endeavoured  to  give  a  failhfül  account  of  the  advenlures,  la- 
bours,  sufferings  and  of  the  influence  of  that  lofty  unearthly  figure  of 
Dante  Alighieri...*  Und  dennoch  ist,  wie  gesagt,  fast  das  ganze  Buch 
nur  aus  Abschnitten  anderer  Werke  zusammengetragen.  Zwar  bekennt 
Hr.  Vc,  er  habe  «not  hesitated  to  prefer  useful  compilation  to  worthless 
originality  ;*  er  scheint  aber  zwischen  'nützlicher  Compilation'  und 
*  treuer  Obersetzung'  keinen  grofsen  Unterschied  zu  machen.  Seine 
Quellen  liegen  sehr  nahe:  Fauriel  für  die  historischen,  zum  Theile  auch 
für  die  sesthetischen  Abschnitte,  Ozanam  für  die  philosophischen. 

Gegenüberstellungen  und  Zahlenangaben  dürften  hier  am  besten 
die  Rolle  einer  Recension  übernehmen.  Ich  lasse  also  ein  paar  Proben 
solcher  nützlicher  Compilation  folgen. 


"*)  Man  wird  mir  das  viele  Englische  wol  nachsehen.  Erstens  ist  es 
mir  ziemlich  unerquicklich,  aus  einer  fremden  Sprache  in  die  an- 
dere zu  übersetzen;  zweitens  liegt  mir  zu  viel  daran v^<^  ^^\V^ 
des  H.  Vc.  ganz  freu  anzuführen. 


740 


Miscelleo. 


Au  point  d'exasperation  oü  en 
eUient  arrives ...  les  partis  des 
blancs  et  des  Noirs,  il  ne  fallait 
qu'  une  occasion  pour  les  meltre  aux 
prises;  et  cette  occasioii  nc  tarda 
pas  ä  se  presenter. 

J'  ai  dejä  parle  des  rejouissances 
qui  avaient  licu  tous  les  ans  ä  Flo- 
retice  au  relour  du  prlutemp.*'.  La 
Foireo  du  1.  mai  1300,  la  place  de 
1a  Sainte-Triiiite  se  trouvait  pleine 
d'bommes,  d'enfanls,  de  femmes 
et  de  jeunes  filles  (|ui  b'  ebatlai^ntf 
cbantaient  et  dausaient.  Au  milieu 
de  cette  foule  joyeuse  viennent  k  se 
rencontrer  deux  nombreuses  et  bril- 
laDles  cavalcades,  composees.  V  udc 
de  jeunes  gens  de  la  famiire  des 
Cerchi,  cbef  du  parti  des  Blaues, 
Tautre  de  jeunes  gens  des  Doüätii 
chef  de  la  faction  des  Noirs.  Les 
deux  banden  s'  irriteol  k  la  vu^ 
r  une  de  1'  autre  $  clles  passent  des 
menaces  aux  coups,  «t  il  y  a  bienlöt 
de  part  et  d'  autre  des  mutiles  ^t 
des  bles$6s.  Au  premier  t>ruit,de  la 
querclle,  Ißs  adliereots  dci  ohaque 
parti  preni^ent  les  armes ;  ils  s'  eta-« 
blissent  et  se  retrancbent  dans  leura 
postes  accoutumesy  et  Florence passe 
i\ii  la  softe,  cn  un  clin  d'  oeil,  des 
joies  d'  une  kie  populaire  ä  la  guerrc 
civile. 

Boni  face  VilL  informe  parscsafrenlg 
de  la  rupture  cntre  les  deux  fnctions, 
et  voyanl  le  peril.  dans  lequel  les 
Noirs  venaicnt  de  se  jeter,  se  hAta 
de  les  secourir.  11  cnvoya  ä  Flo* 
rence  lo  cardiiml  M.  Acqiiasparla, 
personnage  consideie  pour  soo  sa- 
voir  et  sa  piet^,  avec  1' ordre  d' y 
reUblir  ia  pnix,  et  d'  y  n'former  le 
gouvernemeut  de  maniäre  ä  ce  que 
les  honneurs  et  les  emplois  publica 
fussent,  comme  auparavant,  egale- 
mcnl  partages  entre  les  d«iux  partis. 

Le  Cardinal  arriva,  et  fut  bien 
accueilli.  Mais  les  Blancs,  qui  se 
deflaient  des  intentions  du  pape  ä 
leur  egard  ctaient  re^oius  ä  ne  point 
admettre  1'  iiilervention  de  son  legat, 
et  ä  ne  point  lui  aecorder  le  pou- 
voir  de  reformer  le  gouvernement. 

Les  partis  restaient  donc  en  pre* 
sence,  les  armes  ä  la  main.plus 
que  Jamals  mecontents ,  irritcs  et 
entraines  fc'  ttrminer*  leiif  difft^reDd 


Tbe  Wbites  and  the  Blacks  were 
in  tbe  higbest  state  of  exasperaiioo. 
A  mere  spark,  tbe  slightest  occa- 
sion  would  suffice  to  cause  a  con- 
flagration  ;  and  it  is  what  happened 
very  soon  afler. 

May  day  was  formerly  a  day 
of  great  rejoicings  and  public  festi- 
vals  in  Tuscany.  In  the  evening 
of  the  l.st  of  Alay  1300,  the  square 
of  San  Trinita  was  crowded  with 
roen,  women,  children—  all  singing 
an4  dancing  with  southern 
m  e  r  r  i  n  e  s  s.  Two  brilliant  caval- 
cades  happened  to  meet,  in  tbe 
midst  of  this  joyfui  crond;  oue 
constsied  of  young  men  of  the  fa- 
mily  of  the  Cerchi  ,  the  olher  of 
young  men  of  tbe  Donati  family. 
Tbe  cavalcades  cast  upon  each 
other  glances  ofscornfui  hatred  and 
soon  after  came  to  blows.  The  ad- 
berent  of  each  party  seised  on  Iheir. 
arms  and  entrcuched  Ihemselvea 
in  their  osual  posts,  so  tbal  Flo- 
rence ceased  in  a  few  hours  to  be 
a  acene  of  revelry  to  become  oue 
of  bhoodsbed. 


ßonilace  soon  informed  by  bis 
agents  of  the  rupture  at  Florence 
and  of  the  danger  of  the  Blacks, 
sent  immediateiy  on  the.  spot  Card. 
Acquasparla,  highly  eslcemed  for 
bis  learning  and  picty,  with  \he 
mission  to  restore  peaco  and  oblain 
ibat  the  public  ofTiccs  should  bc 
equally  divided  betwcen  the  two 
parlies,^  as  formerly. 


The  Cardinal  was  well  received; 
bul  the  Whites  took  umbrage,  aud 
rejccled  bis  Intervention  as  well  as 
bis  pretension  to  reform  the  go* 
verument. 


Botli  parties  continued  in  a  slatc 
of  still  greater  Irritation ,  armed, 
ready  to  settle  their  diirerences  with 
the    sword;   the   cardinnl    baving 


liisocttfin? 


741. 


lalled  iD  his  efforl« ,  be  oftly  re- 
mained  in.  the  ciiy  in  Order  to  tfup- 
port  the  Blaoks,  by  secret  intrigaesi 
and  coDspirations,  but  watcbed  by 
the  Whites  whose  wratb  and  aus* 
picioD  were.  tbus  e:tcited  to  the 
bighest  degree. 

Such  w&H  the  State  of  things  in 
June,  1300,  whcn  the  six  Priors  or 
governors  of  Ihe  republie,  wbose 
funotioDs  were  expiring  had  to  ap- 
point  their  successors. 


par  la  force.  Le  <wliDal  d'  Ac.  Teou 
k  Florenee  pour  remettre  leaNoirs 
en  parlage  du  gouvemement ,  n'y 
restait  plus  que  pour  les  soutenir 
en  secret  par  des  coQspirations  et 
des  intrigues,  s'  exposant  de  la  sorte 
k  toutes  ies  consequences  dela  colöre 
des  Blancs. 

Teile  ^tait  la  aituation  de  Flo- 
rence  au  commencement  du  moia 
de  juin  t300,  au  moment  oü  les 
six  prieurs  ou  gouferneurs  de  la 
republlque,  dont  les  fonelions  al- 
laient  expirer  le  15.  du  möme  mois 
de  juin,  eurent,  selon  Tusage,  h 
designer  leurs  successeurs. 

Daus  un  moment  si  critique  leur 
choix  devenait  beaucoup  plus 
grave  et  plus  difficile  qu'  h  l'or- 
dinaire.  Us  allaienl  laisser  k  leurs 
rempla^ants  un  gouvernement  peril* 
leux,  celui  d'  une  ville  excommu-^' 
iiiee,  d'  une  ville  qui  avait  irr^a- 
rablement  offense  1'  irascible  et  fou- 
gueux  Boniface  VUI..  et  oü  la  gutrre 
civile  suspendue,  comme  par  mh-. 
racle,  ctait  ä  chaque  instant  aar  lo 
point  d'  eclater. 

Dcfs  six  prteurs  qui  fürest  ^lus 
en  cetle  occasion  il  n'y  en  a  que 
cioq  dOQt  les  noms  nous  soient  par- 
veiius ;  et  sur  les  cinq  il  y  en  a 
quatre  de  si  obseurs  qu'  il  serait . . . 
itopossible  de  dire  un  mot  d'eux. 

Le  ö*"»«  seul  est  connu,  o' eist 
Dante ;  il  semble  qu'  en  le  plannt 
Ik,  au  milieu  de  eoll^gues  aana  ea- 
pacit^f  comme  sans  reuom,  on  tut 
voulu  coucentrer  sur  sa  t^e  toute 
la  respon8abilitc  des  evenements  qui 
approcbaient. 

Fauriel,   Dante  et  les  origities 
de  la  iaugue  et  de  la  literature 
italiennes.  Paris,  Durand  1854 
(2  Voll,  in  8"")  1.  163—165. 
Jemand,  der  die  eine  Sprache  gut,  die  andere  wenig  kennt,  dürfte, 
um  sich  in  der  letzteren  zu  befestigen,  keine  bessere  Übung  wünschen. 
Zu  beachten  ist  jedoch  der  Zusatz  «wich  southeni  merriness'.    Man  be- 
merkt es;  Hr.  Vc.  war  nicht  umsonst  in  Italien;  er  hat  Land  und  Leute 
studiert.  —  Wenn  nun  bei  der  Darstellung  historischer  Thalsachen 
diese  bequeme  Abfassungsweise  hingehen  mag,  so   wird   das  Verfahren 
dort ,   wo  es   sich  um  ästhetische  oder  literar-hislorische  Bemerkungen 
Uandell,  die  doch  das  Resultat  eigenen  Denkens,  eigener  Forschung j  im 
schlimmsten  Falle  eigener  Darstellung  sein  sollten,  geradezu  unerklärlich. 
Als  Beispiele  mögen  dienen:  die  dem  Fauriel  entnommenen  Bemerkungen' 
über  die  zwei  Episoden  von  Franeesca  und  ügolino,   so  wie  di.<&  ^^^V- 
Weisungen  über  die  Visioneuliteratur  vor  Dan\«. 


The  Position. was  oritical;  they, 
were  resigning  their  authority,  when 
the  oity  wna  uuddr   tbe  weight  of 
exoommunication   —  the    irascible 
Ponliff  had  been  ofifended  — ,  when 
the  civil  war  suspended  by  Chance 
for  a  momeoty  was  ou  the  point  of^ 
break ing    out   a^ain.     (Inder   such: 
circumstanoea  the  ohoice  was  dif- 
ficult  and  a  «ubject  of  anxiety. 


.  The  pew  priorg  were  eJected; 
tbe  names  of  flve  of  th.pm  aloo« 
have  been  presefved;  and  out  of 
tbese  fivet  four  are  so  obscure  and 
unknown,  that  nothing  remains. 
aboiH  tbem. 

Dante  was  the  tifih;  thui,  as  bis 
collegues  were  witboot  fame  and 
capacity,  it  seems  evident  that  the 
intenlion  was  to  concentrate  upon 
him  all  the  authority,  as  well  as 
tbe  responsabilily  of  the  approa* 
cbing  evenls. 

Vc  87-88. 


Ttt 


lllaeen«nJ 


Mit  gleicher  Oogeffwimgeiibeit  wurde  Ozanäm  beoütit 


Deux  Toies  ouvertes,  l'nne  au 
midi,  1'  autre  au  nord  pouTaient  con- 
doire  Dante  aux  sources  du  vieil 
Orient :  e'  etaient  les  relations  alors 
fr^uentes  de  V  Europe  avec  les  Sar- 
rasins  et  les  Mongols. 

On  a  dejä  vu  comment  au  ml- 
Heu  du  choc  de  la  ehretient^  et  de 
rislamisme  en  Espagne  et  en  Pa« 
lestine,  les  sciences  placeea  sous 
une  sauvegarde  bospitali^re,  avaient 
passe  d'  un  camp  k  V  autre,  et  forme 
une  active  correspondance,  qui  de 
Bagdad  et  de  Cordoue  s'etendait 
dans  toutes  les  contr^es  catboliques, 
et  turtout  en  Italic. 

Les  traductions  d^Aviceune, 
d'  AverrboSs  circulant  dans  toutes 
les  mainsy  n' avaient  pu  manquer 
de  tomber  dans  Celles  de  Dante;  des 
öitaüons  flr^quentes  en  fönt  foi  dans 
•es  Berits. 

-  Cne  connaissance  exacte  des  doc- 
trines  musulmanes  se  reconnalt  par- 
ticuli^rement  dans  le  jugement  qu'  il 
en  porte... 

Or  ces  mdmes  Sarrasins . . .  tou- 
cbaient ...  ä  1'  antique  sagesse  in«* 
dienne,  qui  paratt  avoir  r^pandu 
des  ^manations  fecondes  sur  la  Ferse 
et  r  Egypte. 

Elle  se  retrouvait  aussi  avec  ses 
dogmes  fondamentaux  dans  la  reli- 
gion  de  Boudha,  qui,  cbassee  de 
la  P^ninsule  hindostane  apr&s  des 
lüttes  sanglantes.  avait  envabi  l'Asie 
septenthonale  et  entrafne  sous  ses 
loix  les  bordes  mongoles  eparses 
entre  T  Altai  et  le  Caucase. 

Ces  peuples  s' cbranlörent ;  de 
redoutables  irruptions,  vers  le  mi- 
lieu  du  13.  si6cle,  desol^rent  les 
contrees  slaves  et  germaniques.  Plus 
tard  la  politique  savante  du  sainU 
si^ge  les  arrMa,  des  rapports  paci- 
fiques  s'  etablirent  eutre  les  princes 
cbr^tiens  et  le  petits  -  fils  de  Gengis- 
Khan. 

Ond  so  gebt  es  fort  mit  der 
östllcber  und  westlicber  Weisbeit.    Dann  in  Bezug  auf  die  Cberdüstim' 
mung  der  Gedanken  zwiscben  den  Indiern  und  dem  floreulinischen  Dichter. 

Les  brabmes  representent  le  mont  Tbe   Bramas   represent   Mount 

M^rou  comme  le  pivot  du  monde;  Merou  as  tbe  pivot  of  the  world^ 
k  ses  pieds  rayonnent  les  contrees  with  all  tbe  regions  inbabiled  by 
babitees  par  les    homm^H  et  \«%     men  an!  ^eniuses  teeming  at  tbe 


The  antique  Eastem  sources  were 
accessible  to  D.  tbrough  the  frequeot 
Communications  of  Europe  with  Uie 
Sarraxins  and  Mongols. 


It  is  well-known,  tbat  in  cob* 
sequence  of  tbe  contaet  of  Ghristen- 
dom  witb  tbe  Islamism  of  Spain 
and  Palestine,  tbe  scientific  know- 
ledge  tben  existing,  passed  from 
one  camp  inlo  tbe  otber,  and  that 
active  Communications  and  corre- 
spondences  were  carried  on  between 
Bagdad  and  Cordova  and  Christian 
Europe,  but  more  especially  with 
Italy. 

Translations  of  Avicennes  and 
Averrboes,  extensirely  circulated  at 
that  period,  must  all  bave  beeo 
known  to  Dante,  as  be  frequently 
qnotes  tbem  in  bis  writings. 

His  judgements  evince  a  very 
aecnrate  knowledge  of  the  Mnsul- 
man  doctrines. 

Tbe  Sarrazins  were  imbued  with 
many  portions  of  the  aiicient  In- 
dian  wisdom,  whicb  had  exercised 
a  benefical  influence  over  Persia 
and  Egypt. 

Tbis  Indian  wisdom  reappeared 
subsequently,  witb  its  fundamental 
dogmas,  in  tbe  religion  of  Boudha, 
which,  beeing  banisbed  from  Hin- 
doustan,  after  sanguinary  struggles, 
had  established  itself  in  Nortbem 
Asia,  and  subjected  to  bis  laws 
tbe  scattered  Mongolian  bordes. 

Towards  tbe  middle  of  tbe  13. 
Century  these  tribus  ravaged  the 
Slavonian  and  Germanic  regions; 
and,  after  sanguinary  conflicts,  the 
policy  of  the  Roman  pontiCf  suc- 
ceeded  in  checking  them ;  pacific 
relations  were  established  between 
the  Christian  princes  and  tbe  poste- 
rity  of  Jangez  Khan. 
Darstellung   der  Berübrungspuncte 


MisoaUea. 


74t 


genies ;  au  somniet  est  üxie  It  de- 
meure  terrestre  des  dienx. 

Ainsi  la  moQtagne  du  PurgaUrfre 
d^rite  dans  ta  divine  Gomediey  tat 
le  ceotre  du  continent  primitivement 
destine  h  \*  habitation  de  I'  homme ; 
eile  eat  couronn^e  parles  delicieux 
ombrages  du  Paradis  terrestre. 

Le  sombre  empire  d'  Yama, 
comme  le  royaume  de  Satan,  est 
creuse  dans  les  profondeurs  souter- 
raines,  compose  de  plusieurs  cereles, 
qui  descendent  V  an  au  dessous  de 
1  autre  en  d' intermiDables  abfmea, 
et  dont  le  nombre,  diversemont  rap- 
porte  par  les  mythologues,  est  sou- 
vent  de  neuf  ou  d'un  multiple  de 
neuf. 

Les  tortures  s'  y  reneontrent  pa- 
reilles  et  affecteea  aux  mames  cri- 
mes:  ten^bres,  sables  enflammes, 
oceans  de  sang  oä  les  lyrans  sont 
plonges,  regions  brülantes  auxquel« 
les  suceödent  des  regions  gtaciales. 

Au  delk  de  ees  points  de  eon- 
tact  superficiel,  on  decouyre  des 
rapports  plus  intimes.  Teile  est 
Topinion  singuli&re  de  D.  d'aprte 
laquelle  les  ames,  d^tacb^es  par 
la  mort  du  eorps  qu'  elles  habitaieHt, 
sont  revdtues  d'  nn  corps  aSrien. 
Gette  hypolh^e,  plusieurs  fois  re- 
nouvel^e  daos  la  pbilosophie  obrö- 
tienne  • . .  ne  se  trouve  nulle  pari 
avec  des  d^veloppements  plus  com* 
plets  et  de«  traits  de  ressemblanee 
plus  constanis  qu«  dans  les  syst^ 
mes  de  l'Inde. ... 

D'  autres  fois ...  les  idees  orien- 
tales  se  presentent  k  la  pens6e  du 
po^te  chr^tien,  mais  pour  Mre  oom- 
battues. 

Ozanam  (Dante  et  la  pbilos.  cath. 
3ime  Edition.  Paris.  Jacques  Le- 
coffre  1855.  8'.  6.  Band  der 
Oeuvres  complötes)  p.  t57-261. 

Nach  den  vorangescbickten  Citaten  genügt  es  hinzuzufügen  ,  dass 
8. 3— 2%  u.  24—47  aus  Pauriel  85—63  u.  78  ff.  dass  S.  48—49  aus  Ozanam 
368—369;  50  aus  Ozanam  36t$  57-63  aus  Pauriel  493—503  u.  s.  w. 
genommen  wurden,  dass  gegen  hundert  Seiten  der  unvermeidlichen 
Beschreibung  der  drei  ewigen  Reiche  gewidmet  sind,  dass  die  ganze 
Darstellung  des  philosophischen  Systemes  obigem  Muster  ähnlich  ist,  um 
jedermann  die  Oberzeugung  tu  verschaffen,  dass  für  Hm.  Vc.  unent- 
behrlich ist,  den  Schutz  des  Gesetzes:  *La  recherehe  de  la  paternit6  est 
interdite*  bezüglich  seines  Geisteakindes  in  Anspruch  zu  nehta«^. 

Eben  so  leuchtet  es  ein>  dass  eine  ao\oYie  Kt\^«iX  ^«t  ^«^^«m^^^^ 


foot  of  it;  tke  earthly  dwelling  of 
the  Gods  beeing  fixed  on  its  summit. 

Thus,  in  the  D.  G.  the  mountaio 
of  Purgatory  is  described  as  the 
centre  of  the  continent  originally 
destiued  to  be  inhabited  by  man  — 
itis  crowned  by  the  sweet  shades 
of  the  earthly  Paradise. 

The  dismal  realm  of  the  Indian 
evil  spirit  is,  like  the  empire  of 
Satan^  carved  in  the  bowel»  of  the 
eartb,  consisting  also  of  various 
cirdes  which  descend  successively 
in  endless  abysses  and  their  number, 
variously  reporled,  is  frequently 
thal  of  nine  or  one  of  its  multipli- 
cates. 

The  same  crimes,  the  same  tor- 
tures —  buming  sands ,  oceans  of 
blood  in  which  the  tyrants  are  plun- 
ged,  scorching  regions  succeeded 
by  frozen  states  and  compartments, 
are  also  to  be  foünd  in  the  Indian  Hell. 

There  are  still  more  intimate 
points  of  resemblance  to  be  met 
with,  for  instance :  —  the  singular 
opinion  of  Dante,  that  the  souls 
severed  by  death  firom  the  bodies 
in  which  they  were  dwelling,  are 
clothed  in  an  aerial  form.  This  hy- 
pothesis  often  renewed  ...  in  Chri- 
stian Philosophie  .  •  .  is  nowhere 
to  be  met  wilh ,  more  completely 
developped,  and  with  greater  ana- 
logies  than  in  the  Indian  Systems. 


In  other  cases  the  eastern  ideas 
are  solely  introduced  by  D.  in  Order 
to  be  refuted. 

Vc.  862-365. 


lu 


MiBe^ilcnr 


eigenllkh  kei[)eti  Anhatt^tpUiLci  LicteL.  ÜqjH  Faurfel  üie  mancbeo  On-r 
jionaui|EkeiteTj  in  der  DaPstellung  der  Begöbt^nhciten  —  besonders  defj 
Jahre  1300 — 1302  —  vorwerfen  ^u  wollen»  lags  üichX  our  aufstfr  d*^in 
Ueri^tche  metner  Aufg.ibe,  ftoudcrn  war«  §^eradt:j^a  uugerecbt.  da  scini; 
Vorträge  ersi  nach  scinPin  Tod^,  und  gewiüS  nicht  in  der  Redtictiom  die 
der  bökanitilicli  sehr  schwer  tu  befri  eilig  endo  Vtjrfflsser  gewünscht  hätlen, 
beraiiif^eisebtn  würdon,  DiiviTzt-iblich  i«l  t's  aber,  dass  Hr,  Vc ,  d&r 
emin  lUlbo  benchuldigt,  nicht  genügend  hei  Üino  Compagni  und  ViNaiii 
cescböpft  EU  haben,  der  dm  vortrdnicbe  Werk  Wegele«»  mit  etaem 
'bearinÄ  tio  Iraces  of  local  re^earcht^s  nor  uf  tbe  mafe  fecent  Italian 
dcc  umeßts'  abferltgt,  selbst  nichbj  andere  tu  Ihun  wus^te,  als  den 
FaurJti  tu  überaotBeo, 

UasäcLbe  mus$  von  dem  wjchtig^l^n  Puncto  einer  Biographie  Dan  1««'» 
gesagt  werden  ^  der  Darsitclluog  nätnlich  aeiner  püliliächen  Apsicbkti. 
Da  heisst  e»  t,  B,  (S.  tOi)  D/  wäre  von  tai>2— 1310  theilwer<$e  eio 
Welfo  ^ebliebea,  1310  aber  bei  der  Ankunlt  Meiuricbs  Vli.  (.S.  t&T)  an 
enthusiastischer  L'Ura-Ghibellioe  geworden:  dessen  ungeachtet  winl  bd 
der  Era^ablung  vom  AuTenthrdte  de«;  Uiehttrr!^  bei  Moroelio  Alalaspina  im 
Jahre  1307  folgende!  Bemerkung  gemacht.  ^M.  Mal,  had  becn  a  great 
auxiiiary  of  Ihe  tilacka,  the  mortal  foea  of  ibo  poet,  and  the  commpn- 
Demc^tit  of  thc  latter  H  fricud^liip  may  ben  conjiidered  ad  tlie  i\rai  tu* 
dlcatign  Ol  the  great  chaiige,  that  was  takiug  place  in  bis  politieal  ideaa 
towardM  Ihh  periüd°  (S.  144.)*  Freilich  und  et  sich  Dhk  Aiki  Ud 
Fauriel;  wie  aber  der  Aufenthalt,  bei  einem  Lltra -Weifen  die  Keigung 
de^  gemäfHigieu  Weifen  lum  enlbusiaätij^cben  Gbibellint^niua  andeuUn 
soll,  ist  kaum  zu  begreifen.  Wol  nimmt  Hr.  Vc,  S.  104 — 107  den  Au- 
lauf  XU  einer  richtigeren  Auff^issinttg  des  politiscb-religiOieii  Sy^atem^ 
Daote's,  verirrt  ^ich  aber  allsogleich  wieder. 

Eine  andere  Un2iikünii£tiGhlieit,  welche  bei  Vorträgen^  dio  nicht 
vom  Verfasser  selbst  eu  eimm  fi^rtigen  Ganzen  umge4chmoUen  wurden, 
kaum  zu  vermeiden  ist,  i»t  die  [Jngieicbarügkeit  der  Bebviudlung.  üiea 
gilt  he^oudera  vom  Buche  FaurieF»:  und  in  noch  gröf^trt'tii  Mali^tabe 
zeigt  ea  uicb  in  der  Copie  des  Hrn.  Vc.  Ein  Beispiel  mOge  diese  Be- 
merkung unterslüt£en.  W'enn  Faur.  bei  der  Erklärung  de»  5*  und  33. 
Oesanges  der  Hölle  aeincn  Hörern  die  Geschichte  der  Francesca  und  den 
Grafen  Ugolino  sehr  urnntändl^cli  erzählte,  und  daun  ieslbelisclie  Betnef^ 
knn;:;fn  ülier  die  Arl  und  Weisse  hinzufügte  ,  wie  l)ante  den  StoIT  tn^ 
hj^mlelt  bat,  so  war  dies  ganz  in  der  Ordnung ,  und  wir  aind  dem 
n««rausgeber  dafür  dankbar,  das^  er  uns  ala  Anhang  ^^r  Biugraphic 
iiWes  millbeiltef  was  er  von  dic^sen  gelegentlichen  Erörterungen  rette» 
konnte*  Wenn  aber  Kr.  Vc.  ilieielbtiu  in  ihrer  ganzen  Aujidehuuni; 
Ächon  bei  der  D^trsteliung  der  ötTenlUchen  Ereigrsisset  die  wahrend  dtt 
Jugend  defi  Dichters  slati fanden,  einschiebt,  so  wirken  mc  dadurch,  das» 
sie  alle  Grenzen  einer  Biogr.iphie  uherachreiten^  höchst  störend  ein. 

Dass  das  Verfahren  des  Hrn.  Vc.  sich  durch  manche  anderen 
Ühelstände  zugleich  verrälh  und  »Eraft^  hl  m  erwarten.  Solche  waren 
die  bautlgen  Wiederholungen;  dic^  VernacblasHigung  buchst  wichtiger 
Momenie  —  z.  B.  der  Anfänge  der  italienischen  Literalur  vor  Dante  — ; 
endlich  Widersprüche  und  Schwankungen »  unter  welchen  »m  ergöte- 
lichsten  die  sind,  wi^lche  bei  der  Erklärung  der  Allegorien  vorkomm^n^ 
ru  kann  sieh  einmal  llr.  Vc,  zwischen  dem  ni^chtürnen  Fauriel  und 
ihm  Eur  Mystik  geneigten  Ozanam  unmOÄlieh  »n recht  Hndeii,  Ich  halte 
c«  aber  für  ganz  unnothig  mich  des  wt^iteren  darüber  auszula^iseii  s  wol 
«tber  darf  ich  nicht  die  mvmnigfachen  Misgriffe  unerwähnt  lasaea  «  auf 
die  man  nur  zu  haulig  im  Btiche  des  ti.  Vc.  atbist  Zwar  komtueu 
manche  von  die*^en  wieder  auf  llechnung  Fauriel^,  und  es  kiinutvi  un* 
gtjr^ehi  crs>eheit>cn}  den  Ahschrvitier  ^  wenn  man.  ihm   schon  «iumAl  da« 


I 

j 


Abäcbreiben  Torgeworlsn  bat,  wieder  fSr  die  Mangel  seinei^  Atilors  ver- 
antwortlicb  zu  machen;  allein  es  gehörte  zu  deren  Beriefatigung  so 
wenig  Fferfs  im  ConiroUieren  tter  ^Citate  und  eine  so  geringe  Bekannt- 
schaft mit  dem  gegenwärtigen  Standpnncte  Dante'scber  Studien,  dasi 
man  auch  in  dieser  Beziehung  Um.  Vc.  gegründete  Vorwürfe  zu  macbeü 
gendtblgt  ist 

Geringerer  Gattung  wären : 

S.  53.  Nach  dem  Tode  der  Beatrice  «he  wrote  to  all  tbe  princes 
of  the  uni Verse*  (Ozan.:  princes  de  runivers);  S.  67  gar  «to  tbe  kings 
«kl  princes  of  tbe  earth*  (Paur. f  aux  rois  et  aux  princes  de  la  terre). 
Bekanntlich  bedeuten  die  italienischen  Worte  *principi  della  terra'  nichts 
weiter  als  'die  vornehmsten  der  Stadt,'  welche  Erklärung  von  fast 
allen  besseren  Auslegern  -—  z.  B.  Fraticelli,  Witte,  Wegele  —  geboten 
-wird, 

S.  112  ,Garlino  de'Pazzi  is  to  be  found  in  one  of  the  most  bor« 
ribles  circles  of  the  Inferno.*  Auch  Faur.  sagte  seinen  Hörern:  «nous 
rencontrerons  un  jour  G.  de'P.  dans  un  des  cercles  les  plus  borribles 
de  rEnfer.'  Indessen  konnte  G.,  dier  1304  die  Weitsen  verrieth.  im 
Jahre  tSOO  dieses  Verrathes  wegen  nicht  in  der  Httlle  getroiHen  werden} 
jtr  wurde  blob  von  einem  seiner  Verwandten,  der  als  Verdammter  die 
Zukunft  vorhersieht,  angekündigt 

Sappi  ch'i'fui  il  Gamicion  de'Pazzi, 
£  aspetto  Garlin  die  mi  scagioni. 

Befremdender  sind  folgende: 

S.  123  wird  dem  Fauriel  nachgesagt  die  1.  Ganzone  des  Gonvito 
«Voi  ch'  intendendo  il  ierzo  ciel  movete*  wäre  schon  in  der  Vita  nuova 
enthalten.  Hätte  Hr.  Vc.  kein  so  unbegrenztes  Vertrauen  auf  seinen  Ge- 
währsmann gehabt,  so  wurde  ihn  die  einlache  Durchsicht  des  Inhaltes 
letzteren  Werkes  überzeugt  haben,  dass  dies  durchaus  nicht  der  Fall  ist 

Bei  Pauriel  lesen  wir:  «La  premiöre  chose  ecrite  par  D.  ce  fut 
une  epiire  en  italien  addressöe  k  toutes  les  puissances  de  Tltalie.* 
Hr.  Vc.  begnügt  sich  nicht  (S.  158)  «an  Italien  epistle*  zu  übersetzen, 
sondern  wiederholt  einige  Zeilen  unten  «This  epistle  written  in  Italien, 
as  we  have  seid,  and  not  primitevely  in  Latin,  as  often 
ass  erted.  • ..' 

Wenn  man  dann  (S.  164)  folgenden  Satz  aus  Faur.  übersetzt  liest 3 
«About  this  time,  Dante  wrote  against  the  Florentines  a  virulent  satire, 
n  0  w  1 0  s  t ,  but  which  Leobardo  Aretino  bad  under  bis  eyes  etc.'; 
womit  der  schon  seit  beinahe  20  Jahren  bekannte  Brief  an  die  Floren- 
tiner gemeint  wird,  so  kann  man  sich  kaum  des  leisen  Zweifels  er« 
wehren,  ob  Hr.  Vc.  jemals  eine  Ausgabe  von  Dante's  Episteln  durcbge« 
sehen  habe. 

Auch  das  Gedächtnis  spielt  Hrn.  Vc.  manchen  bösen  Streich;  denn 
sobald  er  es  versucht  etwas,  was  er  Anderen  ganz  richtig  nachsagte^ 
auf  eigene  Faust  zu  wiederholen,  sagt  er  gerade  das  Gegentheil. 

S.  27|  42.  251  heifst  es  ganz  richtig  die  Weifen  seien  1260  bei 
Monte  Aperti  geschlagen  worden ;  um  so  befremdender  klingen  S.  243 
folgende  Worte:  «Farinata  bad  twice  eipelled  the  Guelfs  from  Florencc, 
and  bad  been  defeated  bei  them  at  Monte  Aperti  near  the 
Arbia  (!!!). 

Ebenso  hören  wir  (S.  151)  von  dem  Briefe,  den  der  Möncb  Ilario 
dem  Uffuccione  della  Faggiuola  geschrieben  haben  soll.  Dies  hindert 
aber  Hrn.  Vc.  nicht  S.  332  bei  der  Anführung  einer  Stelle  aus  diesem 
Briefe  ihn  dem  Dante  selbst  zuzuschreiben.  «It  was  a  corrent  traditio» 
«••that  D.  bad,  wben  very  young,  commenced  a  rough  outline  of  bis 
poem.  There  is  an  allusion  on  the  subject  in  bis  leitet  1<^  ^x^W^x 
Ilario,  the  monk  of  khe  aUbey  of  Corvo.^ 


940 


Miscellen. 


6.  05   wird   Buoneonte  da   Montcfellro   snun   Bbchofe   oder   En^j 

liischofe  voD  Montefdlro  gcstempelf. 

S.  191  bekommt  man  zu  Jejcn:    ,At  Agubbia,   in  Ih  e^  Fri<»ii|| 
raaidence  of  Bosone,*  eine  geographische  Angahe  ^   die  einem  ^  der  fioi| 
lange  Zdl  in  Italien  auflüelt,  eu  keiner  grofäen  Bhre  gereicht 

Lie^t  man  nutit  ilass  die  ViU  Nuova  von  DnDte  in  seiaeo]  %%^  Jahn] 
(abo  drei  Jahre  vor   dem   Tode    ßcatriee's)    vcrfasat    wnrde;  —  daas 
Oeotucca  mehrere  Muh  im  F«§!reuer  erwähnt^    und   £war   so:   «as 
impfest  the  reader  wifb    the    conviction   thal  &h&  had  made  a  prc^founil 
Impression  on  bis  imAginationj  proroitnd  euougb  Xo  awaken  in  him  aflcc^l 
wardä  feelings  of  contriliOQ,    Tor   having  praHaned    ibe  metnory  er  ße 
Irice,"    lauter  Worte ^    die   «ich  nur  auf  die  Worte  B.'s  im  30 — 3L  (km^ 
des  Fegefeuers  beziehen  künneu  ;    also    im  Jahre  1300    über    ^ine 
\on  1314;  —  dass    endlich    im    9.  Gesänge    des    Parf^dieses    «Folcd 
prenses   the   sorrow   and   indignation    on   heholding  tlie  ponti6cal  eon 
contintiinj^    to    remain    at    Avignon    (im   Jahre    !30€l)»    thiit] 
abandoning  the  tomb  of  Saint  Peter  and  the  tnetropoljs  of  tbe  Chrisüa 
church.*  90  i!*;t  man  wahrlich  unschhlssigj   ob    man  sich  der  HeilerkeE| 
oder  dem  Unwillen  hingeben  soH. 

Jedoch  überwiegt   der    Unwille    bei    dem  Gedanken«    dass  Ilr*  Va| 
seine  DnkcimhiiSt    sowie  seine   Rucksiehtlosigkeit   gegen  andere  Schrifl 
steiler  und  gegen  die  Leser  unter  dem  IVIantet  einer  boch trabenden  Vörw| 
rede,  tind  dem  nocb  iL-quemeren  und  lockenderen    üllraJiheraler  Redens 
arten  tu  verdecken  sucht,     Narhdem  nämlicb  Hr.  Vc.  durch  Erwähnung] 
seiner  Reisen  und  Studien  Vertrauen    in    seine  Einsicht  einiufldfsen  be 
möhl  war,    will   er  auch  durch  Anwendung  schwungvoller   Pbrajien  dlf 
Überzeugung  von  seiner  innigen  Liebe  tn  Italien  hervorrufen.     Da  wfi^l 
er  gilegentlich  von  «Austrian    fallacy,»   von    «loathsome  dust  of  despo*! 
tigm,*  von  «Iftmentahly  pro^lralc  Venise^   und    allerlei    noch    £u    redeni 
und  wenn  er  sich  dann  und  wann  bei  kommen  lasat,  den  Seiten  Paurirri 
einige  Worte  auf  eigene   Fausl-hiuiuEufügen*    ao  geschieht  ea  um  aui^ 
zurufen:    «Oh  inserutable  Providenco  l   the    thirteenlh   Century    was    the 
toa^l  magnifieent,  rei^plendent  age  of  the    FEorentin  republic,    and   what 
speclaele    have   we   in   Ihe  Florence  of    the  nineteenlh  Century*  (S.  93) 
oder  gtAgain,  Italy  wair  on  Ihe  point  of  heeing  tbc  victim  of  her  et^mil 
fsmpire,  the  Teutonic  emperor"  (Sp  155), 

Wäre  Hr.  Vo,  wirklich  von  ho  grofser  Liebe  und  Achtung  Jff 
Italien  beseelt,  so  hätte  er  sie  durch  eine  würdigere,  gewisiiienhaA^ 
Behandlung  seines  Stoffes  wirksamer  bewiesen.  Da  nun  sfchwülsUfi 
Worte  nur  Eti  hluBg  bestechen,  so  frommt  es  an  einer  Stelle  dio 
Leere,  die  sieb  unter  denselhen  birgt ^  auffudecken^  um  auch  über  dia  ! 
andere  Verdacht  zu  erregen.  Dies  war^  ich  bekenne  es,  der  bauplaacb^  1 
liehe  Orund ,  warum  ich  mich  entschtofs  einige  Seilen  der  wichligerea 
OegenBtanden  gewidmeten  Zeitschrift  für  ein  aolches  Buch  in  Ansprueli 
zu  nehmen. 


Wien. 


A,  &1  u  sxafia. 


Se/iemfTii$mni  der  ÖMierreie Micken  G^mnttiien  und  Retiisekuim 
für  duM  Schuijnhr  IS**/*,^  Bermitgegtten  tym  älois  Vanitek,  k.  k, 
Gtfmn.  LeArer  in  Qimül%.  IL  Jahrgang,  172  S.  8.  Prag,  Tempik^  iS€&> 
—  1  Ö.  ü.  W.   ^ 

Ein  vollständiges,  luverlässlicbes^  durch  übefsichÜiche  Ordnung 
leicht  EU  gebrauchendes  Verzeichnis  des  jeweiligen  Pergonalitandei  der 
Mittehchulen  des  österretchischea  Kai^terstaates  ist  für  lahireiche  Falle 
des  amilichen  und  üherKaupt  des  g f seh ä filichen  Verkehres  ein  dringen- 
des Bedürfnis.  Diesem  Bedürfnis  suchte  vor  einigen  Jahren  die  Arbeit 
eines  Beamten  dea  k,  k.  \lnlcTT\d\u-Nl\t!L\%UT\Mm^  abiuhelfen,  über  weld^ 


MiscelleD.  74T 

jder  unten,  in  diesen  Blattern  1854»  S.  506^510  berichtet  bat.  Wenn  es 
als  ein  werthvoller  Umstand  bervorzubeben  war,  dass  dem  Bearbeiter 
jenes  Verzeichnisses  die  amtlichen  Quellen  offen  standen,  so  durfte  doch 
nicht  verschwiegen  werden,  dass  jenes  erste  Verzeichnis,  bei  groCser,  dem 
Gebrauch  nicht  förderlicher  Raumverschwendung,  eben  nur  die  An- 
sprüche eines  Namensverzeichnisses  erfüllte,  dagegen  zahlreiche  Fragen, 
über  welche  man  in  einem  derartigen  Schematismus  Aufschluss  erwarten 
darf,  unbeantwortet  liefs.  Der  unterz.  hielt  es  für  seine  Pflicht,  in  der 
oben  erwähnten  Anzeige  unter  aufrichtiger  Anerkennung  der  übrigens 
sorgfaltigen  Arbeit»  anzudeuten,  was  sich  ohne  gröberen  Raumaufwand, 
ja  auf  viel  mafsigerem  Räume  vollständigeres  würde  leisten  lassen.  Es 
gereicht  dem  unterz«  zu  lebhafter  Freude,  in  dem  II.  Jahrgange  des 
vorliegenden  «Schematismus*  (der  I.  Jahrgang  war  dem  unterz.  nicht 
zugegangen)  eine  Arbeit  anzeigen  lu  können,  welche  durch  besonnene 
Überlegung  in  der  Auswahl  des  Materials,  durch  compendiöse,  sehr 
zweckmafsige  Zusammenstellung  sich  den  Dank  aller  derer  erwerben 
wird,  welche  in  den  Fall  kommoi  es  zu  gebrauchen.  Das  Buch  enthalt 
in  sehr  deutlichem  und  dabei  compressem  Drucke,  nach  Angabe  des 
Personalstandes  des  Unterrichtsministeriums  und  der  Landesschulbebör- 
den,  S.  1 — 7,  ein  Verseichnis  der  Lehrer  an  sämmtlichen  Gymnasien, 
S.  8—107,  dann  der  Lehrer  «o. sämmtlichen  selbständigen  und  einem 
grofsen  Theile  der  unselbständigen  Realschulen,  S.  108—155,  dann  ein 
Orts-  und  ein  Personen-Re^tister ,  S.  152—170  (auf  4spaltigen  Seite« 
von  56  Zeilen),  endlich  Nachträge  über  die  während  des  Druckes  eingetre- 
tenen Veränderungen,  S.  170— 172.  Zu  den  Namen  der  Lehranstalten  ist  in 
zahlreichen  Fällen  eine  kurze  Notiz  über  die  Zeit  der  ersten  Gründung  und 
die  seitdem  vorgegangenen  wesentlichen  Veränderungen  in  wenigen  Zei- 
len gegeben.  Zu  den  Namen  der  Lehrer  ist  grofsentheils  bezeichnet  der 
Zeitpunct  und  Ort  der  Geburt,  die  Multerspruche ,  die  Zeit  der  ersteQ 
Anstellung,  ob  der  betreffende  Lehrer  noch  nach  den  früheren  Einrich- 
tungen angestellt  oder  ob  er  nach  der  gegenwärtigen  Prüfungseinricbtung 
approbiert,  oder  ob  keines  von  beiden  der  Fall  ist;  im  Falle  der  Approba- 
tion nach  der  gegenwärtigen  Einrichtung,  findet  man  die  Bezeichnung  des 
Prüfungsgebietes  und  der  Höhe  der  Lehrbefähigung,  in  den  andern  Fällen 
die  Angabe  des  Gebietes  der  Verwendung.  Diese  sämmtlichen  Angaben  sind 
durch  zweckmäfsige,  leicht  verständliche  Einrichtung  in  der  Weise  ge- 
geben, dass  sie  nur  zwei  Zeilen  füllen.  Durch  diese  Angaben  wird  das 
vorliegende  Büchlein  noch  etwas  ganz  anderes»  als  ein  blofses  Namens- 
verzeichiiis;  wer  mit  den  eigepthümlichen  Schwierigkeiten  unserer  Un- 
terrichtszustände  bekannt  ist ,  dem  zeigen  diese  compendiösen  Notizen 
in  voller  Anschaulichkeit  die  gröfste  Verschiedenheit  in  solchen  Gym- 
nasien, welche  ohne  diese  näheren  Angaben  vollkommen  gleiche  Farben 
tragen  würden.  Für  aufmerksame  Leser  der  Vorreden  unserer  jährlich 
erschienenen  statistischen  Obersiebten  ist  es  nicht  nöthig,  diese  An- 
deutungen weiter  auszuführen;  alle,  die  sich  für  das  österreichische 
Schulwesen  interessieren,  sind  dem  Hrn.  Verf.  für  den  aus«1auerndei| 
Fleifs  und  die  sachkundige  Einrichtung  dieses  Buches  zu  dem  aufrich- 
tigsten Danke  verpflichtet.  —  Ein  Wunsch  ist  allerdings  bei  diesem 
Buche  unerfüllt  geblieben,  aber  ohne  die  Schuld  des  Hm.  Vf. 's.,  näm- 
lich die  gleichmäfsige  Vollständigkeit  in  jenen  charakteristischen  An- 
gaben. Der  Hr.  Vf.  verdankt  die  Originalangaben  für  seine  Zusammen- 
stellung der  Gefälligkeit  der  Herren  Directoren.  Wie  schwer 
es  in  solchem  Falle  ist,  zu  unbedingter  Vollständigkeit  zu  gelangen» 
ist  dem  unterz.  aus  eigener  Erfahrung  zur  Genüge  bekannt.  Auf  S.  V 
sind  diejenigen  Gymnasien  (nur  121)  verzeichnet,  welche  der  Bitte 
des  Hrn.  Vf.'s  um  Aiittheilung  der  Nachrichten  «gütigst*  erkt&^\^Oci^\w 
haben.  HoffenUicb  lassen  sich  die  DirecUonen  aAUt  ^«t  Qkim\v^\«<B^>  ^^^^^ 


"IfAB  Miscelleil. 

Namen  in  diesem  Verseichoisse  npohi  vcnnisst  werden,  durch  die  vor> 
sügücbe  Branehbarkeik  des  Buches  dazu  bestimmen,  einem  folgenden 
Jahrgange,  der  für  diis  Sehtiljahr  IS*'/««  in  Aussicht  gestellt  ist,  ihre 
Mitwirkung  nicht  tn  entziehen. 

H.  B. 


Statistisches. 

Das  Krakauer  Verwaltungsgebiet  hatte  im  Schuljahre  18*7»,  i  dem 
ersten  lahre  des  selbständigen  Bestandes,  6  Gymnasien:  %  achlclassige 
in  Krakau  und  Tamow,  2  sechsclassige  in  Rkeszow  und  Sandec,  1  vier- 
«lassiges  in  Bochnia.  An  diesen  5  Gymnasien  wirkten ,  aufser  den  Re- 
ligion.«lehrem,  44  Lehrindividuen  für  die  obligaten  Profan- Gegenstände: 
1  wirklicher  Director.  4  provisorische  Directoren.  10  wirkliche  Lebrer« 
t  Nekienlehrer  Tur  obligate  Ffiober,  26  ungeprüfte  Supplenten.  Von  den 
10  wirklichen  Lehrern  waren  7  nach  dem  provisorischen  Prüfungs- 
geselze  vom  30.  August  1840  approbiert,  darunter  2  für  Lateinisch  und 
'Orieehisoh  (am  Unlergymnasium).  Im  Laufe  der  fünf  nächsten  Jahre, 
Tom  October  186/S  bis  Ootober  1869  sind  2  wirkliche  Lehrer  und  19 
Supplenten  behufs  der  Vollendung  ihrer  Vorbereitungsstudien  für  die 
Lehramts-,  beziehungsweise  Ergänzungsprüfting  auf  Kosten  der  Regie- 
rung nach  Wien  und  Prag  entsandt  worden,  und  zwar  die  Lehrer  mit 
dem  Bezüge  ihres  vollen  Gehaltes .  die  Supplenten  mit  einer  jahrlichen 
Dnterstützung  von  je  400  bis  420  fl.  GM.  Von  den  19  Supplenten  haben 
10«  und  anf^er  diesen  noch  4  andere  Supplenten  die  Lehramtsprüfung 
bestanden  und  sind  zu  wirklichen  Lehrern  ernannt  worden.  9  Lehrer 
'sind  in  das  Lemberger  Verwaltungsgebiet,  4  Lehrer  aus  dem  Lemberger 
in  das  Krakauer  Verwallunftsgebiet  versetzt  worden. 

Im  Schuljahre  18**/.»  beträgt  die  Zahl  der  Gymnasien  6: 
8  achtclassige  in  Krakau ,  Tamow  und  Rzeszow,  1  8echsciassige<<  in 
Sandec,  2  vierelasAigo  in  Krakau  und  Itochnia.  An  denselben  sind  für 
die  obligaten  Profan-Gegenstände  58  Lehrindividuen  angestellt:  3  wirk- 
liche und  S  provisorische  Üirectoren ,  26  wirkliche  Lehrer,  1  Neben- 
lehrer für  obligate  Fächer,  21  ungeprüfte  Supplenten.  unter  den  26 
Lehrern  befinden  sich  15  Polen.  5  Deutsche,  5  Böhmen,  1  Schlesier. 
Für  Lateinisch  und  Griechisch  sind  7  Lehrer  (6  für  das  Unter- 
gymnasium. 1  für  das  Obergymnasium  approbiert)  und  14  Supplente« 
vorhanden;  unter  den  7  Lehrern  sind  S  Polen,  2  Deutsche,  2  Böhmen; 
unter  den  14  Supplenten  sind  9  Polen,  1  Deutscher,  4  Böhmen.  Drei 
Lehrkräfte  für  Lateinisch  und  Griechisch  sind  abgängig,  drei  Parallel- 
elassen konnten  wegen  Mangel  an  geeigneten,  d.  i.  der  polnischen 
Sprache  kundigen,  Cnndidaten  nicht  eröffnet  werden. 

Zur  vollständigen  normalen  Besetzung  der  Stellen  für  Lateinisch 
und  Griechisch  an  allen  6  Gymnasien  ohne  Parallelclassen  sind 
t$  Lehrer  erforderlich. 

Krakau.  A.  Wilhelm. 


CDiesem  Helle  md  Am  \\VcrKd%fiVt  ^^\\^%^ti  W^e^eben.) 


Erste  Abtheilung. 


Abhantfiingen. 

Ober  den  Hiatus  und  die  Elision   in  der  Cäsur   des 
dritten  Fufses  und  der  bukolischen  Diaerese  bei 

Homer. 

An  einer  ziemlich  bedeutenden  Anzahl  von  Stellen  im  Ho- 
mer findet  sich  noch  jetzt  der  Hiatus  in  der  Cäsur  des  dritten 
Fufses  und  der  bukolischen  Diaerese,  weit  weniger  ist  dies  der 
Fall  bei  Hesiod  und  in  den  Homerischen  Hymnen.  Die  Stellen 
sind  nach  Dindorfs  Ausgabe  folgende: 

ä)  in  der  Casur  des  dritten  FuTses: 
A  24,  114,  16],  155,  208,  2S0,  2S9,  851,  S68,  878, 
418,  565,  569,  598.  B  6,  95,  188,  202,  211,  216,  229,  289, 
254,  268,  815,  895,  471,  514,  515,  528,  571,  621,  625,  690, 
707,  722,  728,  793.  T  122,  125,  201,  2j8,  238,  849,  876» 
882,  415,  428,  429,  445.  ^  91,  96,  134,  187,  175,  258, 
295,  805,  807,  412,  412,  488.  £5,  12,  97,  158,  209,  244, 
270,  822,  825,  888,  848,  888,  400,  424,  446,  448,  488,  576, 
687,  686,  856,  857,  861,  896,  898.  Z  8,  87,  160,  175,  225, 
811,  815,  886,  845,  890,  412,  501,  524.  H  68,  148,  176, 
806,  810,  888,  469,  478.  9  13,  16,  24,  40,  164,  199,  229, 
288,  285,  855,  878,  479,  488,  503,  514,  556.  I  56,  57, 
127,  149,  160,  187,  192,  226,  291,  845,  888,  889,  891,  426, 
487,  555,  556,  618,  620.  JS:  55,  61,  103,  285,  874,  505, 
542,  568,  570.  A  47,  158,  174,  187,  222,  281,  254,  256, 
297,  878,  878,  480,  689,  640,  672,  782,  774,  796,  880,  846. 
M  78,  84,  129,  188,  212,  215,  252,  279,  452.  N  88,  40, 
80,  121,  176,  242,  819,  876,  464,  465,  496,  526,  577,  611, 
618,  710,  718,  728,  797,  815,  821,  828,  884.  S  6,  149, 
154,  209,  228,  290,  887,  498,  499.  O  10,  25,  26,  81,  106, 
288,  892,  402,  447,  567,  614,  626,  681,  685,  695,  698,  705. 
i7  76,  109,  115,  150,  889,  859,  870,  885,  418,  461,  512, 
516,  572,  579,  612,  648,  724,  782,  749,  848.     F  &^  \4>  \iv 

Z«iiackrirt  f.  a.  Ihfn.  0?mB«a.  ISSO.  X.  Il«n.  ^\ 


A  578.  J3  3,  6,  218,  2M.  jd  1S8,  410.  £  60,  215, 
2ftl,  484,  ^%»^  442,  556,  668,  728.  Z  422.  tf  11,  \W. 
9  66,  105,  120,  514.  I  288,  690.  £  12,  70,  93,  MI,  472. 
^  76,  B4^  461,  554,  79K  M  180,  329.  ^  130.  O  21, 
161,  172,  232,  586,  559,  742.  i7  226,  408.  f  868,  518, 
584,  668.  Z  849.  T  22,  170,  284.  <b  234,  9^  195,  224, 
441^,  465.     ßi  72)  207,  641. 


Ober  Hiatus  u.  Elision  etc.  bei  Homer,  v.  J.  La  Rocke.       75t 

n%y  60,  61,  263.  /3  46,  57,  230,  232,  335,417.  ;/ 8, 
293,  435.  d  141,  831.  ^  8,  10,  81,  87,  255,  391.  17  6, 
25,  70,  122.  ^  138.  i  56,  159,  215,  438.  x  44,  337, 
360,  403,  404,  458,  526.  ^  75,  168,  252,  829,  874.  v  114, 
289.  i  67,  352,  432.  o  83,  425,  466,  500.  tt  356.  q  301, 
536,  572.  x  1&4,  233,  380,  403.  v  24,  166,  306.  9»  51, 
433.     X  386,  408,  426.     id  215,  227,  271,  2  78,  466,  524. 

Hym.  II,  12,  278.  Hes.  Op.  838,  550,  792;  Scuf.  108. 

Dazu  kommen  noch  diejeoigen  Stellen,  ao  welchen  4a8 
Digammt  den  Hiatus  aufhebt  : 

a)  in  der  Cäsur  des  dritten  Fufses: 

Ä  4,  108,  172,  330,  365,  419.  B  198,  275,  284,  419^ 
484,  648.  r  88,  152,  191,  197,  204,  225,  286,  267,  385, 
398,  419.  ^  43,  92,  14»,  228,  349^890,. 411  467,  ^530« 
£8,  88,  110,  128,  170,  281,  298,  811,  450,  476,599,684^ 
724,  808,  823,  854.  ZS8,  148,  258,298,  805,  1I3Q.  &.189, 
197,  282,  293.  &  340,  wo  Ahrens  das  Digamma  in  Abrtdo 
stdtt.     /  96,  L63,  246,  677,  69T.     K  14,  86,  98,  202,  307, 

471.  ^  88,  99,  298,  614,  701,  719,  843.  AT  74,  190. 
N  41,  179,  234,  330,  446.  A  75,  76,  83,  92,  108,  122,232, 
235,  348,  407,  496.  O  9,  206,  281,  820,  ^%^  566,  638, 
654,  674«  740.  iT  660,  804.  P  167,  226,  817,  441,  667, 
695.  2772,  121,  872,  87^,  880,  884,  423,  482,  524.  Tl,46, 
172,  199,  340.  T  250.  9  11,  116,  178,  200,  356,  409, 
427,  495,  571.  X  12,  215,  228,  292^  367«  9^  359,  ^%%^ 
468.     a  80,  332,  852,  491,  586,  607,  699. 

ft  17,  46,  69,  86,  163,  397.  ^112,  362.  J  8,  19« 
124,  125,  226,  230,  260,  825,  874.  d  61,  99,  119,  185, 
141,  289,  558,  618,  655  ,  704.  e  22,  80,  38,  448.  \  8, 
118,  166,  194,  254,  801.  9  224.  *  141,  194,  2U,  291, 
328,  889,  408,  427.  i  800,  876,  426.  %  126^  192,  980, 
319,  391,  824,  877,  418,  535.  X  24,  48,  51,  56,  87,  154, 
247,  271,  295,  321,  826,  887,  361,  895,  897,  418,  4^7, 

472,  542.  ft  192,  202.  v  228:  %  29,  52,  68,  120,  181, 
157,  222.  o  118,  505,  530,  532,  536.  %  U,  60,  162,  168, 
206,  231,  378,  389,  457.  q  31,  40,  73,  142,  144,168,311, 
818.  CT  166,  24flr,.338,  874.;  r:309;  862,  380,  402,  415, 
475,  492,  565.  v  28,  111,  286.  ^>  168,  208.  l%^^%  278^ 
^  102,  170,  183,  289.     6>  87^  ftO,  238,  822,  391,  494. 

Hym.  I,  27,  45,  50,  IH,  140;  11,  20,  79,  24»,  282} 
lY,  10,  48,  189;  V,  2«,  81,  IUI,   112,  JK47. 

Hes.  Op.  21,  71,  ^97,408,545,624,641,  7t)7s  Theog. 
19,  07,  182,  411,  572,  660;  Scut.  58,  166,  244,  855. 
Fragm  %Z^  4;  94,  2;  201,  2« 

5)  in  der  bukolische!  Dieerese: 

A  34,  88,  157,  807,  j^78,  409,  452.  J8  77,  2;16,  J249, 
261,  270,  292,  485,  492,  510,  689,  613,  67»vT4ft..      C  ^IVv 


752        Ober  Hiafus  u.  Elision  eto.  bei  Homer,  v.  J.  La  Rock$> 

98,  130,  310,  404,  422.  ^  17,  46,  164,  212,  251^  263, 
273,  416^  428,  466.  E  1],  484^  600,  682,  761,  771,  787, 
876,  905.  Z  15,  75,  %6^  96,  258,  261,  277,  824,  348^408, 
448,  500.  H  82,  %S^  115,  207,  221,  269,  281^  887,  418, 
429  0  18,  130,  228,  801,  807,  810,  505,  518  551^  561. 
1  128,  145^  211,  270,  284,  287,  824,  890^  898^  406,  489, 
579.  K  lOy  848;  860.  A  295,  297,  810  ^  472,  604^  644, 
647,  788.  M  40,  60,  210,  221,  271,  276,  880.  N  8,  260, 
809,  830,  '886,  424,  489,  657,  664,  725,  802.  ^  175,  281, 
501.  O  98,  501,  591,  681.  11  261,  265,  892,  445^  595, 
682,  670,  680,  769.  P  27,  188^  144,  159,  168,  198,  211, 
181,  404,  406,  581,  608,  680.  Z  154,  420,  469,  517.  T  181, 
150,  245,  417.  r  46,  80,  81,  84,  201,  216.  O  208,  292, 
81i,  889,  442,  508,  515.  X  184,  870.  V  53,  67,  I4S, 
155,  201,  268,  816,  871,  569,  684,  677,  784,  828.  A  27, 
IdO,  117,  145,  218,  287,  805,  819,  876,  Z^Z^  508,  701, 
718,  788. 

a  4,  88,  148,  824,  880.  ß  48,  59,  114,  212,252,421. 
Y  164,  285,  275,  286,  290,  808.  d  474,  489,  520,  555,  669, 
717,  750,  750,  798.  s  67,  182,  215,  221,  229,  280.  (  58, 
61,  64,  111,  144,  170,  234,  259,  278.  i}  26,  97,  182,  188, 
284,  288,  250,  265,  296.  »  101, 105,251,  324,  581.  i  168, 
208,  241,  869,  874,  505,  581,  538«  x  61,  108,  128,  208, 
228,  292,  804,  856,  457,  519,  542,  543,  555..  k  27,  117, 
191,  219,  429,  610.  (i  19,  116,  281,  322,  327,  888.  v  6t, 
69,  90,  109,  218,  276,  296,  852,  878.  S  73,  84,  182,  154, 
177,  195,  210,  820,  841,  365,  896,  424,  448,  501,506,516. 
o  200,  286,  828,  888,  868,  418,  505,  507.  n  11,  79,  107, 
158,  192,  210,  444.  p  25,  48,  51,  55,  58,  60,  208,  254, 
80ä,  308,  821,  888,  448,  527,  588,  550.  CT  8,  57,  156,  228, 
278,  805,  806,  408.  t  72,  84,  172,  190,  195,  197,  216, 
287;  274,  891.  v  51,  59,  69,  72,  75,  98,  124,  288,  817, 
829,  858.  q>  5,  52,  144,  204,  804,  815,  889,  S9S^  411. 
X  117,  240,  867,  487.  if  57,  95,  110,  115,  138,  187,  158, 
161,  267,  804,  345.  o  59,  104,  156,  158,  210,  272,  278, 
865,  455. 

Hym.  I,  187;  II,  78,  216;  III,  12,  224,  250,  454;  IV, 
11,  64;  VII,  7. 

Hes.  Op.  20,  48,  167,  281,  852,  495,  498,  582,  585, 
611,  622,  695,  778;  Theog.  66^  89,  126,  259,  264,  524, 
608,  677,  692, 767,  828,  965,  1020;  S  c  0  t.  38;  Fragm.  125, 1. 

Es  ergeben  sich  also  mindestens  —  denn  ich  iivill  nicht  in 
Abrede  stellen,  dass  mir  einiges  entgangen  sein  könnte  —  684 
Fälle,  an  denen  sich  in  der  Cäsar  des  dritten  Fufses  der  Hiatus 
findet,  davon  kommen  882  auf  die  Ilias,  252  auf  die  Odyssee; 
in  der  bukolischen  Diserese  kommt  der  Hiatus  186mal  vor,  63mal 
io  der  Ilias,  78mal  in  der  Odyssee.  Aufgehoben  vrird  der  Hiatus 


Ober  Biatus  u.*  Elidon  eic.  bei  Homer,  v.  /  La  Bo^ke.       7&9 

durch  das  Digamma  in  der  Cäsur  des  dritten  FuTses  289nial 
(lölinal  in  der  liias,  188mal  in  der  Odyssee),  in  der  buko- 
lischen Diaerese  408mal  (I97mal  in  der  Ilias,  206aial  in  der 
Odyssee). 

Ohne  aus  diesen  Zahlenverhältnissen  andere  Schlösse  ziehen 
zu  wollen,  wozu  man  sich  leicht  verleiten  lassen  könnte,  glaube 
ich  jedoch  das  festhalten  zu  müssen^  dass  durch  die  zahlreichen 
Stellen  die  Zulassigkeit  des  Hiatus  an  diesen  beiden  Versab- 
schnitten hinreichend  sicher  gestellt  ist  Schon  Vofs,  Her- 
mann, Spitzner  und  Hoffmann  haben  dieses  anerkannt, 
neuerdings  auch  Ahrens  ^^de  hiaiuM  Hotderiei  iegiÜmiM  qui'^ 
buBdam  generibuB^  Hannover  1851,  und  I.  Bekker  ^«Sitzungs- 
berichte der  k.  preuls.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Berlin, 
März  1859,  S.  265.^'  Diese  beiden  Versabschnitte  genielsen  die 
Freiheit  von  Versenden,  deswegen  ist  der  Hiatus  statthaft  und 
die  Elision  nicht  zu  dulden,  da  sie  dem  Versende  widerstrebt. 
Elision  am  Versende  findet  sich  nur  bei  dem  Accusativ  Zigfv' 
S  206;  S  265;  i2  831  und  vielleicht  auch  Theogonie  884,  wo 
Aristarch  Z^-  abtheilte  und  das  v  an  den  Anfang  des  folgenden 
Verses  setzte,  der  an  allen  diesen  Stellen  mit  einem  Vocal  beginnt, 
vgl.  die  Scholl,  und  Villoisson  Proleg.  pg.  IV,  adn.  1.  Doch 
dürfte  es  gerathener  sein  Z/qv  ohne  Apostroph  zu  schreiben. 

Dass  an  den  Homerischen  Gedichten  im  Laufe  der  Zeit  von 
ihrer  Entstehung  an  bis  auf  die  Alexandriner,  denen  wir  unsern 
jetzigen  Text  verdanken,  Veränderungen  vorgegangen  sind,  viird 
wol  niemand  in  Abrede  stellen ,  da  sich  an  sonst  ganz  gleichen 
Stellen  bald  Hiatus  bald  keiner  findet,  bald  das  Digamma  spur- 
los verschwunden  ist,  bald  wiederum  deutliche  Spuren  seiner 
einstmaligen  Existenz  zurückgelassen  hat.  Das  Digamma  ist  hier 
ein  vollkommen  sicherer  Wegweiser.  Da  dasselbe  zur  Zeit  des 
Pisistratus  und  der  Alexandriner,  wenigstens  für  die  epische  Dich- 
tung, nicht  mehr  existierte,  sondern  von  ihnen  als  ausschliels«* 
liches  Eigenihum  der  Aeoler  angesehen  ward,  so  bestand  für 
sie  auch  der  Hiatus  an  solchen  Stellen,  wo  das  Digamma  den- 
selben aufhob.  Wenn  wir  nun  finden,  dass  an  solchen  Stellen 
der  Hiatus  durch  allerlei  Mittel  entfernt  vtrurde,  wo  in  Wirk- 
lichkeit gar  keiner  bestand,  so  mag  es  wol  auch  an  anderen 
Stellen  geschehen  sein,  wie  es  in  der  That  jetzt  noch  nachweis- 
bar ist.  Vielleicht  geschah  dies  schon  durch  die  vortragenden 
Rhapsoden  noch  ehe  die  Gediohte  aufgezeichnet  wurden,  vielleicht 
auch  zum  Theil  durch  die  von  Pisistratus  zur  Zusammenstellung 
der  Homerischen  Gedichte  niedergesetzte  Commission;  dass  es 
aber  auch  durch  die  Alexandrinischen  Grammatiker  geschehen 
ist,  was  von  Christ  «(Grundzüge  der  griechischen  Lautlehre'^ 
S.  204  f.  in  Abrede  gestellt  wird,  darüber  geben  uns  die  Schollen 
hinlängliche  Aufklärung,  wenn  auch  nicht  in  dem  Malse,  wie  es  zu 
wünschen  wäre.  Man  vgl.  auch  Thie  rsch  <<Urgestaltder  Od.'^  S.i€. 


f64       Über  Viittiis  Ur  £lfoiMi  etc.  bei  Homer,  V.  J:  La  MoeJüä 

A.    paV  Digaipma. 

Die  BM^tung  des  Digämma  für  die  flomeriscbe  Kritik 
kann  wol  heutzutage  nach  den  Forsohungen  eines  Bentley^ 
Heyne,  Thie'rsch,  Hoffmann,  Bekker,  W«  Christ  u.  a.  niemand 
mehr  unterschätzen.  Unter  den  epischen  Gedichten  sind  hier  vor 
allem  in  Betracht  zu  ziehen  Ilias  und  Odyssee,  bei  weitem  weai- 
ger  die  Heeiodischen  Igya  xul  fj^i^QUi  und  die  übrigen  dem 
Sftnger  von  Askra  zugeschriebenen  Dichtungen,  was  um  so  auf- 
fallender erscheinen  muss,  da  die  Boeoter  doch  Aeoler  waren. 
Von  den  Hoiüerischen  Hymnen  verdienen  hier  eine  besondere  Be-> 
achtung  die  beiden  auf  Apollo,  ii  denen  mit  Ausnahme  von  11 
Stellen  (I,  22  [för  unecht  gehalten],  46,  102,  163,  177;  II,  3 
|[ffir  unecht  erklärt],  9t,  98,  269, 328,  857)  das  Digaroma  fiberall 
gewahrt  ist,  an  den  ubrigeii  sich  durch  leichte  Emendation  her* 
stellen  Usst,  dann  die  beiden  auf  Aphrodite  (IV  und  VI),  beson- 
ders der  erstelle,  wo  es  überall  gilt,  da  die  7  Stellen,  an  denen 
es  vernachlässigt  zu  sein  scheint  (6,  85,  147,  169,  232,  256, 
278),  nur  einer  geringen  Emendation  bedürfen  ^  während  es  in 
den  beiden  anderen  gröfeer^it  Hymnen,  an  Hermes  und  Demeter 
nicht  mehr  beobachtet  ist,  weün  es  sich  auch  noch  hier  und  da 
herstellen  lässt.  Die  Stellen,  an  denen  es  noch  gewahrt  ist,  z.B. 
III,  12,  16,  26,  80,  117,  127,  164,  177,  250,  265,  ^81  tt.  s.  w. 
V,  25,  26,  46,  51,  53,  65,  105,  188,  190,  191  U.  d.  können 
mehr  als  Nachbildungen  angesehen  werden,  denn  eine  ziemliche 
Anzahl  von  Stellen,  z.  B.  111,  46^  92,  114,  143,  154,  179,  180, 
199,  218,  239,  266,  806,  348,  382,  449,  464,  466,  493, 
500,  509,  531;  V,  87,  49,  66^  75,  117,  140,  174,  206,  246, 
302,  315,  347,  851,  371,  413,  430,  440,  458,  492  beweisen, 
dass  die  beiden  Gedichte,  besonders  der  wahrscheinlich  in  Attika 
gedichtete  Hymnus  an  Demeter,  in  einer  Zeit  entstanden  sind, 
wo  kein  Digamma  mehr  gesprochen  wurde.  Auch  hat  die  Ver- 
nachlässigung des  Digaroma  im  allgemeinen  mehr  Beweiskraft 
als  das  scheinbare  Vorkommen  desselben,  das  meist  auf  Nach- 
ahmung beruht,  denn  man  weift,  wie  sehr  die  späteren  Epiker 
von  Homec  abhängen.  Auch  bei  ApoIIonius  Rfaodius,  Aralns, 
Nikander,  Quintus  Smyrnaeus,  Manetho,  ja  sogar  auch  bei  Non- 
nus,  bei  letzterem  jedoch  wie  es  scheint  nur  bei  dem  Pronomen 
der  dritten  Person,  findet  sich  dieser  traditionelle  Hiatus,  ohne 
dass  dieselben  das  Digamma  im  Homer  auch  nur  ahnten,  und  in 
den  Orphicis  sind  dergleichen  Fälle  sogar  recht  häufig. 

Die  Mittel,  welche  angewandt  wurden,  um  den  vorgeblichen 
Hiatus  zu  beseitigen,  sind  vorzugsweise  folgende: 

1.  fMan  tcähUe  eine  andere  Wertform^  die  statt  auf  einen 
Vocai,  auf  einen  Coneonamten  aus^ieng ,  namentlich  andere 
DeelinationB"  und  CcmjugatiotMfarmen^  verwechgeite  die  Caeusy 
Modi^  Numeri  und  Tempora j  der  Fälle  nicht  zu  gedenken,  au 


OUr  aiatos  n.  Cliaioo  IHc.  l>ci  Honer«  t.  /  Zu  goeAä^      755: 

deden    da$  parägogi«ch«  p  oder  ein  änderer  beHveglicheir  End- 
coBsonant  den  HUtus  entfernte; 

2.  man  ioählte  eine  andere  längere  Wartform  y  «p  daee 
man  Elision  eintreten  iaesen  lfounte\ 

8.  man  echo^  kleine  Worte^  besondere  Partikeln  ein^  so 
di^  liiv^  «ifa^  xiy  yi  oder  wählte  ein  Compositum  statt  des 
Simplew\ 

4.  man  stellte  die  Worte  um,  oder  nahm  eine  andere 
leichte  Aendemng  des  Textes  eor^  indem  man  einzelne  Worte 
«^nrecÄ»«/^)  bedeutende  Textesändeningen  scheinen  nicht  statt-" 
gefunden  zu  haben. 

Da  eine  ausgedehnte  Untersuchung  über  d&e  Aendemngen^ 
die  wegen  des  Digamma  stattgehabt  haben,  zu  umfongreich  wer-* 
den  und  schließlich  doch  nicht  mehr  beweisen  würde,  so  sind 
hier  blols  diejenigen  Stellen  in  Betracht  gezogen,  an  denen  auch 
ohne  Digamma  der  Hiatus  zulassig  wäre:  diese  haben  natüHich- 
für  unsere  Untersuchung  auch  eine  viel  stärkere  Beweiskraft. 

L  £  160  ot;  yaif  nm  TOiovvov  Idov  ß^otov  otp^ai-* 
(lotöiVy   so    schreiben   Dindorf  und  Baumlein ,   wahrend  Bekkef. 
und  nach'  ibni  Fasi  roroi^  ildov  in  ihren  Text  aufnehmen :   die 
richtige  Lesart  stellte  Ameis  her  ot;  yaQ  nm  voiovds  fldov^  -  ~ 

d  677;  H  408,  428;  k  %  liest  man  in  allen  Ausgjibien  t^a 
^Iv  Sq  nd(AXfC9T0v  i(fv66aiisv^  wofür  Bekker  mit  Becht- 
schrieb  näfingana  j:$(fv0öaii6V'^  schreibt  man  auch  ä  780 
v^a  nhv  ovv  xiifi gegast cc  aXog  ßiv^oöie  jigveöav^  da  der 
Hiatus  an  dieser  Stelle  statthaft  ist,  so  wird  ninLnqmxov  gänz- 
lich aus  Homer  getilgt,  da  es  augenscheinlich  nur  deshalb  später 
in  den  Text  g^ebracht  wurde,  um  den  vermeintlichen  Hiatus  zu 
entfernen,  vgl  Ahrens  a.  a.  0.  pg.  22»  Hym.  I,  71  fi^ 
oxotav  iro  nQätov  Idfj  tpdog  i^sX£qu>^  dafür  ist  zu  achrei- 
ben ta  9Qmu  fCd'Q.  H  162;  V  288  igxo  xolv  gcQäxog 
filv  aval  dvdQ(3v  ^Ayai^iiivmv,  Dies  änderte  Bekker  in  arjrcD- 
xicxa  jx(i/a£;  wenn  dies  aber  wirUich  die  ursprüngliphe  Leseart 
war,  so  ifit  es  unbegreiflich,  warum  sie  nicht  in  XQcixiöxoi* 
anstatt  in  ngmoe  ii4v  umgeändert  wurde,  st  469  ist  zu  schrei^ 
benx^Qvij  og  dq  nifeixa  finog  6^  fiijr^l  ij^nkßv  für 
XQcSxog  iaog. 

ipAl  schrieb  Bekker' j^^mct'  ivl  fLsyäQoiCPy  ipog^t  Si 
ff  ^VS  M  yaifiß  statt  8i  n^v  179,  P  27   setzte  Arlstarch 
ovdi  xi  fpriiLi  für  ov9i  fi  qn/fi^  oITenbar   um    den  Hiatus  zu . 
entfernen. 

Ob  Hynu  III,  674  ovr0  Mmadog  via  javui  itpUrfiBip 
dTtokkmv  für  vtQV  uval  zu  schreiben  ist,  lasse  ich  dahjn«- 
jrestellt:  im  Homer  findet  sich  eine  solche  Änderung  4  2I9/WO 
tatt  aio^voi  ^iQ6  vCov  SxijfioXov  '^ffo>Ueiv(v  mit  Bekker 
via  jsxi>iß<iXov  geschrieben  werden  niuss. 


756       Ober  Hiatuf  «.  Elision  etc.  bei  Homefi  t.  i/.  In  Boeke. 

A  2S2  ist  statt  mal  ^'  ovg  ^\v  6«svdov%ag  tdoi 
^avaäv  xa%vnmk(ov  mit  Wakefield  zu  schreiben  ov  fihv  ömbv- 
iovtcc  fCdovy  ebenso  ^  240  ov  tiva  9^  av  (is^tivta  j^ldoi 
für  ovg  rivag  av  iied'Uvtag  tdoLj  besonders  da  hier  die  Ad- 
versativpartikeln durchaus  nöthig  sind.  Auch  ^516  isl  o^t 
lis^Uwa  fCdoi,xo  statt  des  Plurals  (is^tivtag  zu  setzen,  vgl 
M  268  ov  tiva  nayxv  (läxtS  firid'vivta  fCdoisv^  wo  die  Än- 
derung in  den  Plural  nicht  leicht  möglich  war,  da  ovg  xivag 
nicht  in  den  Vers  passt;  auch  N  22^9  lesen  wir  od*»  fiBd%ivta 
fldrim^  welches  jedoch  Zenodot  in  o  xi,g  fAS^£ji6L  xovoio  än- 
derte. Der  Wechsel  des  Singulars  und  Plurals  ist  'durchaus 
nicht  auffällig,  ^da  das  Relativ  mit  dem  Optativ  einen  sich  wie- 
derholenden, mit  dem  Conjunctiv  einen  allgemein  angenommenen 
Fall  bezeichnet,  wie  das  lateinische  qtticungue  mit  dem  Indi- 
cativ.  Beispiele  daPQr  durften  nidit  so  selten  sein,  ich  führe  nur 
an  T  454  vvp  av  rovg  allovg  imBt^oiucij  ov  xb  xtxBi» 
und  dazu  Aristonicns  ^^  dixl^  iCQog  xo  ^zi^fioc,  ox^  Idltog 
xlfi^vxixtp  ivixov  ixijvByxBVj  ov  xb  xi^xBCm ^  denn  der 
Dichter  hätte  recht  gut  sagen  können  wg  xb  xi,%BCm ,  so  auch 
Z  227  f.  und  229. 

£  787  schrieb  Aristarch  nach  Didymus  alicigj  ^Aqy^UKj 
xax*  ilBYxiBg^  sldog  äytfxoi  offenbar  um  den  Hiatus  weg- 
zuschaffen« Das  Adjectiv  iXByxvs  ist  aber  nichts  weiter  als 
eine  Fiction  des  sonst  so  besonnenen  Kritikers,  wie  auch  an  den 
beiden  anderen  Stellen.  Die  neueren  Herausgeber  schloffen  sich 
ihm  deshalb  auch  nicht  an  und  schrieben  xax^  iliyx^a^  um  so 
mehr,  da  ^stiog  darauf  folgt.  Auch  in  dem  gleichen  Verse 
S  228  schrieb  Aristarch  gewiss  iXsyxisg^  obgleich  es  nicht 
ausdrücklich  bezeugt  ist.  9^748  schrieb  Bekker  xal  xov  ^Ax^k- 
ÜBvg  ^ilxBv  ai^kia  fov  ixagovo  statt  des  handächriftlich 
überlieferten  ai^li,ov  ov;  doch  lieCse  sich  auch  aa^kov  schrei- 
ben, vgl.  V  658,  wo  die  Handschriften  zwischen  aed-Xov  und 
aa^ka  getheilt  sind. 

Zu  1128,278  hat  uns  Didymus  überliefert,  dass  Aristarch 
die  gewöhnliche  Leseart  dm6m  a  ixxa  yvvatxag  d^iv^ova 
J=d(fya  jpidvCag  in  afAViiovag  änderte,  während  er  iV  179  ^r' 
opeoff  xo(fvq>^  jiixad'Bv  nBQiq>aLvo(iivoio  den  Singular  sieben 
Jiefs,  andere  schrieben  xoQvqygg. 

H  108  schrieb  Bekker  dal^xigriv  Sks  x^^9^  j^ixog 
X*  itpax*  ix  r'  ovofia^BV  statt  der  überlieferten  Leseart  d^Si- 
X  iiffig  ikB  x^^Q^S  i^og,  gewiss  mit  Recht. 

A  438  ist  entweder  mit  Benlley  zn  schreiben  ix  d'  ixa^ 
x6  (Aßfiv  ßfj6B  jpBXfißoktp  ^Axokkmvt  statt  des  überlieferten 
ß^öav^  und  dann  wäre  'OdvuUBvg  Subject  dazu,  oder  der  Vers 
ist,  wie  Heyne  vermuthet,  später  eingeschoben ;  denn  eine  Ände- 
rung war  gar  nicht  nöthig,  wenn  man  an  die  Singularform  das 
pädagogische  i^^treten  lieb.    Dass  der  Singular  zur  Vermeidung 


Ober  Hiatus  IL  Elision  etc.  bei  Homer,  v.  J.  La  Boek§.       757 

des  Hiatus  in  den  Plural  umgeändert  wurde,  sehen  wir  aus 
H  277,  wo  anstatt  ^xrJTttifa  0%i^ov  sine  zu  schreiben  ist 
uiööp  d*  diig>oriif(ov  öx'^TftQOv  6%i^B  ^Btns  äh  (iv^ov  xiqQvi 
ISatog^  so  dass  dieser  zu  beiden  Verben  Subject  ist 

O  458  schrieb  Bekker  mit  Recht  vnsgmicuv  di  j:oi  fsr- 
noi  xsCv*  o%Ba  xQotiovtB'  j:ävai  d*  ivorjös  ta%i,6xu  statt 
xifoxiovxBQ.  —  Schwerlich  aber  dürfte  tf  419  geändert  werden 
o^Qa  6%Bi6avtBQ  KBctaxBiBTB  fotxaÖ*  totrcBg  statt  xarU" 
otBiofiBv^  obwohl  sich  auch  das  folgende  iäfiBv  in  iatB  ändern 
liebe,  da  sich  Amphinomos  selbst  unter  diejenigen  mitbegreifen 
muss,  die  nach  Hause  gehen  sollen;  auch  Bekker  liefs  die  Vul- 
gata  unangetastet.  —  E  606  ist  zu  lesen  fBCxstB^  iii^dh  ^Botg 
(iBVBaivBtB  j:tq>i  ^XBö^ai  sMi  (iBVBatvifiBVy  der  Leseart 
Aristarch's,  wie  ich  in  der  Zeitschrift  für  die  österr.  Gymn.  1860, 
S.  585  f.  wahrscheinlich  gemacht  zu  haben  glaube.  So  schrieb 
Bekker,  vgl.  auchAhrens  a.  a.  0.  pg.  81.  —  ^  287  avtd  yicQ 
fuila  Xaov  ivmyBtov  lq>t  (laxBö^ai,  dafür  setzten  Bentley 
und  Bekker  avciyBZB  j^t^i^  ebenso  ist  M  367  iötaozBg  ^o- 
vaovg  oxffvvBXB  ftq>^  fkd%B6^M  für  otQvvBtov  zu  schrei-* 
ben. — X  460  8bvxb^  dvm  fioi  SxBöd'ov*  ISmfi^  ottv  Igya 
titvxtai:  diesen  arg  entstelUen  Vers  verbesserte  Bekker  in 
BXBö^B'  fCdm  xCva  s-igya  xixvnxai.  —  V  40  besserte  Bekker 
ebenfalls  mit  Recht  qcSd'ev  9^  oxqvvs  ^dvai  dvi(fäv  jiyu" 
fiilivav  für  oxqwov. 

Manchmal  wurde  auch  in  der  Weise  geändert,  dass  man 
einen  Diphthong  an  die  Stelle  eines  kurzen  Vocales  treten  liefs 
oder  ein  Wort  um  eine  Silbe  vermehrte,  so  X  802  Zrivl  xs 
xal  ^iog  vtBl  ixrißoktp  *An6XXmv$y  wofür  Bekker  vh  fBXij^ 
ßoXp  schrieb,  auch  ^21,  488  sind  vor  jiBXfjßiiXog  Änderun* 
gen  eingetreten.  Hes.  Op.  412  schrieb  Bentley  (ibUxti  di  xb 
fiqyov  6q>dXXBi  für  di  xot  Sqyov.  A  864  ist  zu  ändern 
fpQadiog  voov  i(fya  xixvoctai  in  vov  jpiffya^  ebenso  ü^  617 
xal  fBtUB  nuQMxdg  für  xal  isinB  naffaöxdg;  es  wäre  zwar 
auch  xal  I^blxb  statthaft,  aber  die  Vorliebe  für  die  bukolische 
Diaerese,  die  sich  bei  Homer  findet  (vgl.  Bekker  Sitzungsberichte 
der  preufs.  Akad.  d.  Wissensch.  Berlin,  März  1859,  S.  265  f.)^ 
lusst  die  erstere  Änderung  rathsamer  erscheinen. 

Z  170  schrieb  Aristprch  ist^a^  d'  v^vBiyBiv  p  nBv^ 
&BQ^j  oq>Q*  dnoXono  und  mit  ihm  die  Mehrzahl  der  neueren 
Herausgeber,  Heyne  und  Bekker  nach  Euslathius  vivdyBi  J^p. 

iyci  ist  zu  iydv  geworden,  namentlich  vor  ^Binstv  und 
einigen  anderen  mit  Digamma  anlautenden  Wörtern,  so  in  dem 
bekannten  Verse  dXX'  ayB^\  ag  dv  iya  fBCnm  B  189^ 
/  26,  704;  M  75;  /S^74,  370;  0  294;  2^297;  fi213;  v  179; 
Hym.  II,  808;  Schol.  BLV  und  Eustathius  zu  Z  71  haben  iy6 
und  80  schrieb  Zenodot  nach  Schol.  A  zu  M75.  An  den  meisten 
Stellen  haben  auch  die  besten  Handschriften,  der  Veaeiu&  ü.^'^x^ 


T59       C^  Biafiis  u.  E\imm  6tö»  })ei  B(HOßt,  V«  J.  La  MoeM 

mber  M  7tf,  iym\  wsidies  toq  den  Herausgebern,  DamoitliGh 
Barnes,  wiliküriich  geändert  wurde,  iy^v  steht  ferner  noek 
vor  Wörtern  mit  Diganuna  ^76;  £73;  Z  365;  H  5a;  Jl03, 
814;  iV^  785;  9  841;  a  212,  897;  e859;  A  628,  552;  f«  88; 
^  147;  o  484;  «  259;  ir  185;  %  262;  ^  180;  es  darf  des- 
halb keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  auch  /  H7;  JL  378; 
A  374;  r  60,  88,  192;  0  872;  i2  487;  /)294,  357;  «818; 
A  197;  ft  156;  S  166,  250;  o  272,  470;  p  6,  101;  tf  64; 
X  594  ^T'iD  für  ^oV  zu  schreiben  ist.  iy^  hat  auch  I  167 
Anstarch  nach  Didymus  und  der  Venelus,  andere  iyiiv  und 
«17  haben  die  besten  Haadschriften  und  sogar  auch  Dindorf 
ifw^  andere^  darunter,  auch  Bekker  2  iyAv.  - 

Aus  j:ijiv(iog  hat  Aristarch  vYfiv^^  gemacht,  vgl  Aristo^ 
nicus  zu  £  2;  iC  187;  iS*  242;  J7  454;  ^63  und  Buslathius 
EU  JS  2,  der  hier  aua  Aristonicus  geschöpft  hat.  An  der  ersten 
SteHe  erwähnt  Aristonieus ,  dass  .bei  Antimachus  und  Simooidea 
das  Wort  fjdv^og  vorkomme,  aber  die  Stellen,  die  er  zum  Be«« 
weise  für  die  Richtigkeit  seiner  Behauptung  vorbringt,  beweiseii 
gerade  das  Gegentheil,  es  ist  nämlich  zu  lesen  II  454  «ifixuv 
fuv  Quvarov  %b  ^dpsiv  xal  j:tjSvfiov  "Txcvov  und  fi  S66  xal 
%6tB  fiOi  ßX€q>ttQG}v  i^i6if VTO  fffidvpLog  VKvog^  ebenso  v  79 
tiul  tfi  fijdvfiog  vnvog  iul  ßXstpaQoiöiv  itciaxBv.  £2;  £91; 
IS  242;  d  798  und  ff  811  entscheiden  nichts,  da  das  vorher- 
gehende Wort  das  bewegliche  v  haben  kann,  ebenso  wenig 
K  187;  ^68;  S  258,  854.  Zu  vergleichen  ist  vor  allem 
Buttmann  Lexilogus  I,  S.  179  tt, 

2.  p.  479  ^17  C£  vioL  öuc  dcifiat*  iQV66tafi\  oV  dyo^ 
ifeve^g.  Bekker  stellte  die  richtige  Leseart  her  öia  doifia  j^eQvö^ 
C(a6i  und  so  findet  sich  auch  der  Singular  in  den  Plural  ver- 
wandelt /)258;  <y  428  ia  XQog  dd^a^t  exaötog  statt  d^v 
XQog  dw(ia  jiixMzog^  nicht  j:£oV,  wie  Bekker  (vgl.  Ahrens  pg.5, 
Anm.),  da  der  Hiatus  öxidvavzo  ifov  statthaft  isL  Ebenfalb 
zu  andern  sind  m  188  xaxa  dcifiad''  exactog  und  Sl  166 
^yatigag  d'  ava  dofiaz*  iid.  —  V  809  olö&a  yäg  ei 
xbqI  tiQfiad''  iXiOöd^ev^  dafür  Bekker  tsQfia  j:ili0ödfjt£v^ 
während  er  wol  mit  Recht  820  dnl  noXXov  iJUoösra^  stehen  lieCs. 

P  233  cSg  lipat\  Aivaiag  d'  dxartjßoXov  'AnoXXava 
änderte  Bekker  mit  Recht  in  öh  j:6Xfiß6Xov,  sonst  ist  in  ixa- 
tiißdXog  das  Digamma  überall  gewahrt.  Zwei  andere  Stellen 
im  Hymnus  auf  Hermes  liefsen  sich  leicht  ändern  509  Cijfiat* 
ixä  xid'agiv  fiiv  dxr^ßokfp  dyyvdXi^ev  in  xC^clqlv  j:8xat7j- 
/loAcD  und  522  fLij  nox*  daoxXBifecVj  00'  ixijßolog  dxreäzKfta^ 
in  a  fexrißoXog^  doch  ist  in  diesem  Hymnus  das  Digamma  so 
oft  vernachlässigt,  dass  die  Änderung  nicht  gerathen  erscheint, 
noch  weniger  lässt  es  sich  herstellen  Theogon.  94 ;  Hymn.  AXV,  2 
ht  yaQ  Mov6amv  xal  ixrißolov  ^A%6kk(ovog. 

2?522£vd'  aga  toi  y*  Xlovx'  iUviiivoi  at^oni  %alxS^ 


ivofüir  Bekker  richtig  Itov  j^Hlvf^evoi  berstelRe.  —  r260;452 
IhqketS^^  firj  dij  [i  inie^^C  ya  vtinvxisyy  ag^  daffir  Bekket 
lis  fiji€if0ty  wie  auch  T  Sil  ov  yaQ  ipfnii  finae^i  fux 
9)i7fi'  ijtii06$  zu  schreiben  ist.  -— -^  365  ofa^a,  t^i;  to^  ravir' 
sidv^jl  navx^  ayop£t;cD  muss  geändert  werden  m  xavzm  fiSvCji^ 
ebenso  A  608  " Hfpai^ütoq  nolrics  fiivifiöi  nQa%CS^60^^ 
wofür  SchoL  A  ao^ijö*  iidv£jjöi  hat. 

/i269;  £117;  17286;  ^442,  4t60;  vSk90;  ^34;  O  8d, 
89,146;  Hym.  V,  820  (?)  liest  man  aUgeniein  xai  (n^/  xpv^vri^. 
0aö*  inea  mBQOBvxa  scQociqvda.  Da  das  Oigamoia  kein^ 
Eh'sion  duldet,  so  ist  mit  Bekker  xu  schreiben  ^0v^6aca  j:insuj 
so  dass  letzteres  Wort  zweisilbig  ausgesprochen  werden  muss^ 
da  j:ditr}  onhomerisch  ist.  So  ist  ferner  zu  schreiben  X  Sl 
daKQvxdovöa  finaa^  Scut.  826  d'agcvvovaa  j-inau^  445  fi^. 
Sovca  fixBou  Dass  j:i7taQL  an  dieser  Stelle  immer  das  Digammn 
hat,  sieht  man  aus  den  Stellen,  an  welchen  es  eine  vorhergehende 
kurze  Silbe  verlängert,  z.  B.  if  356;  O  48;  O  867;  9^557; 
X  265,  324,  418;  A  154,  616;  n  1\  9  391,  543,  591;  r  it 
%}hO^  811,  843,  866,.  435;  ^  112  und  m  494,  sogar  '0Sv6^ 
Offa  j-iitaa.  —  B  828  ist  statt  äg  '^^atg  to00avt*  ix$ak 
xtolaii^ofjLBv.  au&t  zu  schreiben  toa^avxa  j:ivaa^  welche« 
ebenfalls  wie  jidTtea  in  der  Aussprache  zweisilbig  istt  1 

t£  Idi  ist  bei  Homer  ein  stabiler  Hiatus,  vgl  Aqieis  zu 
ä  604,  so  dass  Bekker  annahm  idd  habe  das  Diganuna,  wetdiee. 
zugegeben  werden  mag,  obgleich  kein  zwingender  Grund  dafür 
angefahrt  werden  kann*  Bei  Dindorf  ist  es  nur  stehen  gebliebeü 
A  837;  0  249;  ^  289,  an  den  übrigen  Stellen  mit  Ausnahme, 
von  £  3;  ^  348  ist  der  Hiatus  bei  ihm  durch  Eltsion  entfernt» 
denn  er  schreibt  r'  i^di  ^  147;  Z  469;  ®  162;  K  578; 
M  311;  P  584;  ^851;  X  i69i  d  6^04.  Die  Handsdiriften 
und  Ausgaben  schwanken  zwischen  beiden  Schreibweisen  9  niur 
der  Venetus  A  hat  überall  mit  Ausnahme  von  P  584,  wo  der 
Cod<;x  von  anderer  Hand  geschrieben  ist,  ts  lad;  die  SchoUen 
geben  keine  Aufklärung,  nur  zu  X  469  haben  sich  zwei  kurzem 
Bemerkungen  des  Aristonicus  und  Didymus  erhalten  ix  atliiQOvg 
Q  xi  0vvda0(iog^  xQtjdaiivov  xsj  ovxcag  ana^ai.  Auch 
Theog.  19  ist  xa  idi  zu  schreiben  und  an  den  übrigen  Stellen 
lasst  sich  der  Hiatus  leicht  herstellen,  vgl.  Ahrens  pg.  10.  So 
ist  B  697  mit  dem  Venetus  zu  schreiben  iyxiukov  x  Wt^- 
x^äva  Idh  Ilxakaov  kaxaicoCr^v  für  Wt/rpcoi/'  ifd«';  /^  882 
ol  d*  iical  wv  ^lovxo  idl  n(f6  odov  fyavovxo  für  mxovx* 
v^da  und  E  171  auch  gegen  die  Autorität  des  Venetus  IlavSaga^ 
xov  xov  ro^a  18%  nxagoavxag  olöxot  für  ro^ov,  da  Homer 
mit  Vorliebe  den  Plural  gebraucht.  Auch  9  56  ist  To|a  jxi-- 
vaxxog  i^x  xo^ov  zu  setzen  und  möglicherweise  ist  to^oi/,  das 
sehr  oft  vor  der  trochaeischen  Cäsur  des  dritten  Fufses  steht, 
noch  öfters  aus  x6%a  corrumpiert.    Ob  auch   E  706  avT4d€<m 


760       Ober  Hiatus  q.  Elision  eto.  bei  Homer,  v.  7.  La  Roche. 

Tavd'Qavta  Idh  xXij^iieieov  *OQ66tijv  fär  Tsv^ifetw*  iwl 
ih  m  schreiben  ist,  lasse  ich  dahingestellt«  Es  bleiben  nun 
noch  zwei  Stellen  übrig,  an  denen  das  ursprüngliche  idS  durch 
Emendation  von  den  Alexandrinern  entfernt  worden  ist,  worüber 
ans  ein  glücklicher  Zufall  die  Angaben  der  Scholiasten  aufbe- 
wahrt hat.  y  10  schrieb  Aristarch  ot  d*  l^vg  xaxayov 
xol  d*  l6tCa  vriog  iiörigj  vgl.  Schol.  Harl.  bei  Cramer  An.  Par. 
III,  432,  I  *A(f{6taQx^S  xatayov  slta  toi  d*  (Cod.  to  U*) 
Ustla^  6  dh  ^HQmSucvog  xardyovto  ofiotov  xal  ixl  tov 
vtiov  ij  XQOt i^evto  Idh  (Cod, ij  dh)  xgea  xolXa  datsvvt^ 
(a  112).  Die  andere  Stelle  ist  a  112,  wo  wir  annehmen  mÜAsen, 
dass  Aristarch  vC^ov  xal  XQori^sv  toi  di  schrieb,  welches 
Buttmann  für  die  richtige  Leseart  hält  und  Bekker  und  Dindorf 
in  ihren  Text  aufnahmen,  Herodian  vC^ov  xal  nQot£^6vto  idh 
(nicht  tf  nffott^svto^  ^  vgl.  Eustath*  und  Schol.  E  «fiSivov 
^6tv  Hfaducvog  avaytyvoiaxHV  ^^xal  XQOttd'evto.^  Aaa 
Schol.  Vulg.  vC%ovi  avdvmtov.  Idi:  avtl  tov  xal.  sr^o- 
xl^Bvtoi  nQotid'cöav  schliefst  Buttmann  aus  der  Reihenfolge 
der  Glossen  auf  die  Schreibweise  vi^ov  Idh  xgoti^ev  und  dies 
nahm  auch  Ameis  in  seinen  Text,  indem  er  sie  für  die  Ari- 
starchische  erklarte«  Vgl.  auch  K  a  y  s  e  r  de  vers.  al«  Hom.  Od. 
diss.  critica,  Sagan  1854,  pg.  14. 

8.  9  146  st  tiva  ftov  dBddijxag'  loiXB  di  6*  tdfisv 
ai^Xovg.  Bekker  hat  keinen  Versuch  gemacht  das  Digamma 
herzustellen,  so  leicht  auch  die  Änderung  ist;  denn  die  Ad- 
versativpartikel kann  hier  nicht  blofs  wegfallen,  sondern  durch 
Ausstoßung  derselben  gewinnt  der  Ausdruck,  und  deshalb  dürfte 
als  ursprüngliche  Leseart  angenommen  werden  ijiotxi  ös  fidfiiv 
did'kovg. 

Hes.  Op«  610  ovQavoVj  ^ÄQXtovQov  #'  iaCdij  ^odo- 
dmxtvXog  ^Hdg^  dafür  dürfte  zu  schreiben  sein  dh  j^id jjj  ob- 
gleich auch  bei  Homer  das  Digamma  in  den  Compositis  nicht 
selten  vernachlässigt  ist;  auch  Hym«  II,  77,  163  muss  i}  d* 
iöidovöa  in  17  dh  fidovöa  geändert  werden. 

4.  O  189  tQ^x%d  dh  Tcavta  didaötccij  Sxa6tog  d* 
tfifiOQB  tifiijg^  Bentley  schrieb  unrichtig  dddaöto,  ^ixaatog, 
Bekker  versuchte  keine  Änderung;  mir  scheint  di  eingeschoben 
und  Umstellung  eingetreten  zu  sein,  so  dass  die  ursprüngliche 
Lesart  war  tgi^xd-ä  didaatai  navta^  fixaötog.  —  Hes.  Op.  440 
ainap  ro  dh  iQyov  itoiötov  av^i  XCnouv^  auch  hier  halte 
ich  TO  für  eingeschoben  und  die  Worte  für  umgestellt;  auch 
Bentley  schrieb  schon  a^Hav  figyov  dh  j^Btdaiov.  —  S  235 
schrieb  Aristarch  ubC^bv  iym  di  xb  toi  xaQiv  sldim 
^(ucta  xdvta,  die  ursprüngliche  Leseart  ist  iym  di  xb  toi 
pkdi&  x^Q^'^j  80  •*»*  ^®r  Venelus  und  ccC  dijficidBig.  — Scut«  185 
dfifpl  ^iyav  IlBtQatov  Id'  "AaßoXov  oi&vtüt'qVj  dafür 
ist  zu  schreiben  IlexQtüov  fiiyav  tifMpL  id'  "j^ßoXov.  —  6  182 


Ober  Bialos  u.  Elision  ete.  bei  Homer»  y.  J.  La  Rocke,       761 

iv^a  i'  in*  iöxatiji  67t iog  sldofiBV^  ay%^  ^aAaWijg 
mus8  umgestellt  werden  iöxattjj  j:idon€v  6Miog,  schwerlich 
darf  man  aber  so  weit  gehen,  Verse  umstellen  zu  wollen ,  wie 
£1  283  ayxCaoXov  H  6q>*  il^' 'Exäßij  tsufjon  ^vfi^  in 
rotg  d'  ^kd"    ayxCaoXov  j:s%afifi. 

y  iO  däxB  6  iga  önHyx^^^  V^otQag^  iv  d*  olvov 
iXBvsv  xQ^^^ip  dixal^  so  hat  auch  Bekker.  Aus  Schol.  HarL 
2U  41  i<X9^^ip  iv  Sinai:  x^Q^S  ^ov  iv  at  ^AQiötdgxov 
9cal  6xb86v  Snaecu  x^vtffi/f»  (Cod.  xf^^^fO  9inat^  lässt 
sich  die  wahre  Leseart  ermitteln  %al  fotvov  Ixsvsv  XQ'^^^V 
iv  äinat.  Dieses  iv  brachte  Aristarch  und  nach  ihm  der  ganze 
Chor  seiner  Nachbeter  in  den  Yorhergehenden  Vers,  wodurch  er 
den  Hiatus  entfernte.  Durch  dasselbe  Verfahren  haben  wir  S  77 
ein  doppeltes  iv  in  unseren  Text  bekommen  iv  d'  olvov 
iXBvsv  aöxp  iv  alysip^  aber  auch  hier  ist  herzustellen  xal 
f  olvov  IxBVBVj  dadurch  wird  zugleich  der  Hiatus  rCft^i  iv^ 
den  Aristarch  oder  wer  immer  in  den  Vers  brachte,  entfernt; 
ebenso  muss  v  260  geschrieben  werden  xal  folvov  Ix^vsv  iv 
dinal  XQ^^^P  statt  iv  d'  olvov,  Thiersch,  Urgestalt  der 
Odyssee  S.  48,  schreibt  iv  folvov. 

ji  19  las  man  bis  auf  Bekker  2  ixniQöa^  Il(fidfiOio  noXiv 
Bv  d'  olxad*  Uiötai^  dafür  Bekker  wd  j:oC%ad*  Uiö^ai,. 
N  609  muss  geschrieben  werden  lyt^^^  ^  ^^  q^QBöl  jyQ6i  x^QV 
xal  fiXneto  vixfjVy  Aristarch  schrieb  xal  iilnetOy  Zenodo% 
fiiya  d*  fjXnsto,  ein,  wie  mir  scheint,  deutlicher  Beweis,  dasa 
beide  geändert  haben.  •»  Sl  820  de^tog  diiag  vnh(f  aötsog^ 
ot  dl  liovxBg^  so  hat  auch  der  Venetus,  Heyne  und  Bekker 
schreiben  mit  SchoLAund  einigen  Hss.  dia  faöxBog.  —  E7S7^ 
872  Zsv  naxBQj  ov  VBfisöCif]  "j^qh  tads  xaQtBQa  Igya*^ 
so  haben  nach  Aristarch  die  meisten  Handschriften,  vfl.  Didy- 
mus  zu  757  ffXaqxBQa  iffya^  ovrcag  'AgC^ragxx^g  ^  aXXoi  di 
igy'  aCdrila'»  und  SchoL  LV  zu  872  yQ.  l(fy'  aCdfiXa.  Die 
richtige  Leseart  xaÖB  fSQy*  afCdrika  haben  an  ersterer  Stella 
Schol.  A,  Apoll.  Lex.  unter  aiörikov^  Codd.  CanU  HarL,  an 
letzterer  SchoL  LV.  Cant.  und  danach  Bekker  2.  —  u^  850  schrieb 
Aristarch  drv'  iq>*  aiog  noki'^g,  oQomv  in*  ansigova 
novxov  für  ixl  foCvona  novtov^  welches  die  ursprüngliche 
Lesart  ist.  —  ikr68  ist  die  Vulgata,  die  auch  derVenetus  hat, 
Zsvg  vifiß(fBiimjg,T(f(6B66^  dh  ßovXBt*  di^y^^v,  wofür  an- 
dere j:iBt*  dfijyBiv,  welches  ich  vorziehe;  ovtmg  näöat  Didy« 
mus.  —  iV  196  dfrol  'A^valmvj  xoiuöav  fiBzä  Xaov, 
*AxMävj  SchoL  A  iv  aXX^  i(^vog\f  welches  das  Digamma 
hat.  JV  107  schrieb  Aristarch  statt  dh  fixag^  wie  auch  Zeno- 
dot  und  Aristophanes  haben,  natürlich  ohne  Digamma,  d'  ixa^BVj 
man  sieht  also ,  dass  er  an  dem  Hiatus  Anstols  nahm.  —  i;  26 
besteht  neben  der  Leseart  dv^Qcinanf^  ot  tijvdB  noXiv  xal 
ßBQya  vii$ovta^  eine  andere  yalav  Ixov^w^  yi^isä^s^^  ^«^. 


i€^       Ober  Hiatss  u.  fiUsion  et€.  bei  Homcr^  >../  £a  MoeäA 

Hiatus  beseitigt,  und  zu  r  1725  wo  wir  jetzt  lesen  t^öv-  avti  q 
Syst  xBip/qkiM  icoXla  h^X  ia^la  hat  sidi  die  Bentrhang' 
eines  Scholiasten  erhalten  j^^.sro  Ar A«  d'  üyn  luiiifjlia  f6vd9 
iofißvds^  natflrlich  ohne  das  Digaimna. 

Dies  sind  die  Fälle,  in  denen  an  beiden  Versstelfen  der 
Vermeintliche  Hiatus  diirdi  Emendatioa  beseitigt  wnrde^  ninl  wir 
dörfen  annehmen5  dass  die  Leseart,  wo  derselbe  sich  erhsdtcn  hi(f, 
die  ursprünglichef  und  allein  richtige  ist.  Es  fragt  sich  auo^ 
wer  ändertet  die  Rhapsoden,  die  Außseichner  oder  die  AlexaiH 
driner?  Möglicherweise  alle  drei,  doch  sind  wir  iber  das  Ver- 
ehren der  ersteren  nicht  unterrichtet,  wol  aber,  w^nn  smch 
dürftig,  über  die  letzteren,  namentlich  Aristarch :  dahu  fthdriQ 
die  oben  berührten  Fälle  ^350;  Eni,  787,  879;  Z  1711; 
iV^ie7,  609;  er  112;  y  10,  40;  ebenso  änderte  Aristarch  /78 
xoAsöiv  yccQ  mvd^sig  für  icoXsöiv  dh  ^aimf^t^^  wofür  man 
jefat- liest  leoXiefföi.  d'  dvdöösig  und  auch  V  4S4  ist  statt 
jhifetdBQi'  icvrog  yä(^  ixmv  fiel^ifixiv  ilavvsiv  zu  schreiben 
9^  jrexmv.  Hat  nUu  Aristarch  selbst  geändert,  oder  die  von  ihm 
Aergeslellte  Leseart  schon  vorgefunden  und  in  seine  Recension 
aufjgenommen  ?  Wir  sind  darüber  läpht  weiter  unterrichtet,  doch 
bin  ich  jgeoeigt,  das  erstere  anzunehmen,  sonst  würde  Didymus 
Wel  an  einer  odelt!.  der  anderen  Stelle  anfahren,  dass  die  Leseart 
Aristareh^s  sich  schon  in  einer  der  von  ihn  benutzten  Ausgaben 
vorgefunden  habe,  wie  er  dies  an  anderen  Steilen  tfaul.  Wir 
werden  im  folgenden  sehen,  dass  die  Recensionen  de6  Zenodot 
utad  Aristopbanes  manchmal  noch  die  ursprüngUchc  Lesoart  mit 
dem  Hiatus  erhalten  haben,  während  bei  Aristarch  schon  ge- 
ändert ist. 

B.   Hiatus. 

Auch  hier  finden  wir  dieselben  Mittel  angewandt,  mir  mit 
dem  Unterschied,  dass  der  Hiatus  kein  schein^er,  sondern  ein 
wirklicher  ist,  und  zwar:  1.  eime  eansomnUimsä  mu»iaui€md4 
Wortform  tritt  an  die  Sielte  einer,  die  auf  einen  kurzen 
Voeat  endetf  2.  wirkUehe  Textänderun^en ;  die  beiden  anderen, 
wobei  die  Elision  zu  Hilfe  genommen  wurde,  werden  im  dritten 
Abschnitte  besprochen. 

1.  Eines  der  gewöhnlichsten  Mittel  ist  hier  die  Ändermg 
der  Numeri  oder  Casus,  namentlich  die  des  Duals  oder  S  i  n  g  u- 
fars  in  den  Plural,  während  das  umgekehrte  weit  seltener 
der  Fall  ist.  Eine  grofse  Zahl  solcher  FäHe  hat  Akrens  io  maer 
mehrfach  erwähnten  Schrift  erörtert. 

a  85  sehrieben  Zenodot  und  Arisfophanes  mich  Schol.  Q 
Ebrl.  'Eq(1€Ücv  nifit^avte  ivöxonov  agyettpovtfiv,  dies  war 
gewiss  die  ursprüngliche  Leseart,  vgl.  Ahrens  pg.  81,  und  es 
unterliegt  keinem  Zweifel,   dass   Aristardi   xifufmvteg  schrieb. 


Ober  Hiatus  u.  Elision  ete.  bei  Homer,  v^  J,  La  Rache.       7<S 

Der  Dual  i&V  freilich  unerUariich,  wenigstens  befriedigen  die 
Erklärangsversache,  welche  die  Scholien  enthalten^  nicht;  audi 
die  Ausgabe  toh  MaseiUa  halle  den  ]>ual\  der.  :&weite  Theil  dea 
Verses  aber,  wie  ihn  SchoL  Harl.  angibt  Maiug  iqAXvSiaq  (t> 
dylaov  viov^  dürfte  sich  schwerlich  so  herstellen  lassen,  daaa 
er  mit  dem  ersleren  in  den  Vers  passt :  Hym.  UI,  SO,:  hiO  findet 
sich  da«  Henistichion  Maii^g  i^ixvdsog.  vCog ,  doch  lasst  sich 
dies  so  Weftig  mit  der  ersten  Vershälfte  vereinigen,,  wie  ilfa^ofdo^ 
iyXaov  vtovy  ans  deren  Vereinigung  die  verunstaltete  Lesart, 
die  SchoL  HarL  anföhrt^  entstanden  zu  sein  scheint.  —  s  477 
ig  ofLod'sv  XB^vmxB  6  iihf  ^vXirig  o  S*  ilair^g^  so  SchoL 
BLV  KU  £^4«  statt  ff^^mnra^,  Ahrens  pg.  12.  —  £12  iesei^ 
wir  jelzi  td  ot  ccTtoxQtv&evzs  ivavxifD  mQftti^tfiVf  Eu-* 
sfalh.  hat  dxoxQtv^ivzsg  ^  Drako  aaoxQt&ivreg.  —  ^  Sil 
eiv%£x^  ttvat%avxB  6  ^v 0Q^xrpfd6  ßsßi^HHj  dafür  1  Vind*. 
ivatiavteg.  —  E  239  £g  äga  qxavijdavrs  ig  SfifMtta 
%oi9Uku  ßdvtSj  so  Codd.  Yin4d.  und  1  Mos<^.  statt  des  Plu- 
rals, Ahrens  pg.  12,  17.  —  B  245  Iv^  aniXitQOV  i%ovxBy 
o  ^v  toiow  iv  elimg^  mo  HarL  Hose.  1,  VraL  b  für  Ijpvxsg^ 
Ahrens  pg.  20.  —  iflOS  elv  ivl  düpgp  iivta*  o  ^\v  vi^o^ 
^ivtoxBVBVy  so  Aristophanea  nach  ßidymiis,  Aristarch  alaa 
i6vtag]  gleicherweise  ist  zu  schreiben  A  \%7  bIv  {vi  d^(pQp 
iovxBy  6(iov  d^  Ijpv  mnktg  ixnovg  und  E  160  bCv  mit 
iüpQp'  iovxB  *E%itkp,ovd  xb  X^o^ov  xb  statt  des  Plurals, 
Ahrens  pg.  12,  20.  —  E  660  xunnBöhfi^^  ilivffliv  iot^ 
xoxB  vinil'j0ntj  so  1  Vind.  und  1  Hose,  und  wenn  wir  dem 
SchoL  V  Glauben  schenken  wollen  auch  Aristarch  atatt  iotocoxBg^ 
Ahrens  pg.  30.  Doch  dürfte  hier  eine  Nanwoaverwechselung  statt« 
gefunden  haben  und  ^^(Ettfro^avi}^  alall  W^<yt»cp%o^  zu  schreibeil 
sein.  Ebenso  möchte  ich  Ahrena  pg.  19  beistimmen,  dasa  i  176. 
iovxBy  ^  814  ßdvxBj  X  579  dwotfXB,  S  840  neiovxB  anstatt 
der  entsprechenden  Pluralformen  geschrieben  werden  musa.  — 
S  878  yfi^öBL  %ifo^>uvivxB  avd  moXifioiO  fBffWQag^  80 
schrieb  Aristarch  nach  SchoL  AV,  nach  Schol.  BL  nQo^avBC^Uy 
welche  Dualform  bei  Homer  sonst  nicht  nachweisbar  ist,  Zeno- 
dot  und  Herodian  sc^fOfpavBCöag  und  ersterer  dazu  iitmv  ig 
dovjtov  dxovxavj  sowohl  wegen  der  Vernachlässigung  dea 
Digamma,  als  wegen  der  Verkürzung  der  langen  Endsilbe  ag 
unstatthaft.  Hier  ist  es  deutlich  zu  ersehen,  dass  ttuf  geändert 
wurde,  um  den  Hiatus  wegzuschaffen.  Nach  dem,  was  ich  «Di* 
dymm  etc.''  S.  7  bemerkt  habe,  ist  es  nicht  ünwahrsoheinlicfay 
dass  Aristarck  in  der  ersten  Recension  mit  Ariatopbanes  nfo^ 
q)avivxBj  in  der  zweiten  iCQOfpavBCaa  achrieb.  —  A  262  haben 
alle  Handschrifiai  den  Plural  ^  doch  dürfte  es  nicht  zu  gewagt 
sein  den  Dual  zit  setzen:  tv^*  'Avx^vofog  vIb  v%*  'AtQ&tiy 
ßBtöxXij^  xaxfbOP  dvaxl^ßavxB  idvv  d6\uyy  "Atiog  Bt6BK 
«^  A  628  dg    nXtßhf^  iA^ovxs    üA  pfA^tf^fiC&    ^mMi^m^ 


7€4       Ober  Hiatus  u*  Elision  ele.  bei  Homer,  v.  J.  La  itarAe. 

Blatt  il^ovtigy  vorher  geht  der  Dual  Ctdvts.  —  ^767  v&i 
di  t'  Ivdov  iovxB  iya  xal  itog  *OdvMBvg  stall  iowsg. — 
üf  127  v^iuoif  iv  dh  xvl^6i  dv  aviifs  €Vfav  agtcxm^ 
80  schrieben  Zenodot  und  Aristophanes ,  den  Plural  ako  Ari- 
atarch,  da  sonst  Didymus  es  nicht  unerwähnt  gelassen  hatte; 
ebenso  ist  zu  schreiben  185  &g  Sfa  td  xsi(fi66t  xsxoi^ots 
fjäh  ßCKiipw  und  158  laotöiv  uttOvxßQ^e  ubtcoi^otb  iqdi 
ßCfiq>iVj  vgl  Ahrens  pg.  80.  Wenn  wir  aber  üf  145, 146, 148 
den  Dual  haben,  so  kann  er  149  nur  deshalb  in  den  Plural  ge- 
ändert sein,  damit  der  Hiatus  entfernt  werde,  dort  ist  za  schrei- 
ben XQVfiv^v  ixtdiivovtSj  vjtal  di  t$  KOfixog  odovxm» 
yiyvstm,  Ahrens  pg.  12.  —  AT  422  iiitQ*  iv  x^qöIv  ixovte 
iMiivvp  iv  dffovgji^  statt  ixovtsgy  vorher  geht  dv'  dvipe 
dfiQidaa^ov  und  nachher  folgt  ebenfalls  der  Dual  iifC^rgtov^ 
Ahrens  pg.  19.  —  P  108  «ffi^o  %*  aitig  lovxs  iiunvifiul- 
fLS^a  xcfpfii}^,  so  Zenodot,  andere,  darunter  gewiss  auch  An- 
starch  iovtsg^  Ahrens  pg.  12.  —  P720  hov  diifiov  ixovtSy 
oumvvfioi,  ot  to  xd(fog  xbq^  da  Aristophanes  721  lUvovrs  für 
lUvovtsg  schrieb,  so  dQrfte  er  auch  im  vorhergehenden  Vers 
den  iDual  beibehalten  haben,  vgl.  Ahrens  pg.  15,  19.  —  0  288 
XBiffl  dh  x^^Q^  laßovts  iniöraöavto  ixB06iv^  für  Xaßov^ 
Tfg,  vorher  geht  lovts  und  iixvfjvj  Ahrens  pg.  19.  -^-^  3?  158 
Offwitivav  afivdig.  ivo  i*  dvi(fs  ^oj'  dgi^ta  statt  des 
Plurals,  darauf  folgt  awttijv  iisfucmtSj  Ahrens  pg.  81.  — 
V  689  xlfjd'st  ngoö^s  ßalovtSj  dyaöCaiiivm  xbqI 
vixfig^  nach  Schol.  A  schrieben  einige  für  dyaö^dfisvoi  den 
Dual,  dadurch  dürfte  denn  auch  die  Änderung  von  ßaXdvxsg 
gerechtfertigt  erscheinen,  Ahrens  pg.  19.  —  ff  59  i^iö^v 
oQviötv  ioixots  alyvmotöiv^  und  256  avv  ^'  ixeöov^ 
ketovöiv  ioixots  dfiofpdyoiiStVj  statt  iüixotsg^  vgl.  Ahrens 
pg.  80,  doch  halte  ich  beide  Stellen  für  nicht  ursprünglich. 

Dies  sind  die  Stellen,  an  denen  der  Plural  den  ursprüng- 
lichen Dual  verdrängt  hat:  sie  sind  hier  nur  kurz  berührt  wor- 
den, da  Ahrens  über  diese  Fälle  ausführlich  gehandelt  hat  Das 
umgekehrte  Verfahren,  den  Plural  in  den  Dual  zu  verwandeln, 
findet  sish  ungleich  seltener  angewandt  und  nur  bei  einzelnen 
Verbalformen : 

F  279  dvd'ifdxovg  tCvv^^B^  o  tCg  x'  ixioQxav 
6ii6ö6jj^  so  ist  zu  schreiben  statt  tiwöd'ov^  welches  Aristarch 
auf  Aides  und  Persephone  bezog;  doch  ist  der  Dual  uner- 
klärlich und  auch  im  folgenden  steht  der  Plural.  —  Hym«  II, 
823  Big  o  X8  jrcSpoi/  Zxijöd'Sy  Zv*  i^BXB  ntova  vt/ov^  für 
txfi6^ov]  hier  ist  der  Dual  noch  weniger  zu  rechtfertigen  und 
auch  sonsi  steht  überall  der  Plural.  —  W  485  äBVfo  wv  igf 
TQ^nodog  XBQ&ddfiB^a  i^h  lißrfcog^  so  ist  zu  schreiben  statt 
der  ungewöhnlichen  Dualform  XBQiddfLB^ovj  vgl.  Ahrens  pg«  81  •  — 
F459  ixdoTB  xal  nn^v  dxotivstB  fjv  xiv'  /oixbvj  so  bt 


über  Hiatus  u.  Elision  etc.  bei  Homer,,  v.  J.  La  Bocke.       765 

zu  schreiben  statt  dnotivitov^  welches  Zenodol,  und  änoti'^ 
vi(i€Vy  welches  Aristarch  setzte,  vgl.  meine  Anzeige  des  Bekker% 
sehen  Homers  in  dieser  Zeitschrift  1860,  S.  535  f.  Ahrenspg.  81. 
—  0  186  vvv  /iot  T^v  Hoiitdfjv  axotlvBXB^  ijv  ^aXa 
Ttokkiqv  für  ittoxCvBxov^  im  vorhergehenden  Verse  werden  vier 
Rosse  erwähnt  und  es  ist  kein  Grund  vorhanden,  blols  diesen 
einzigen  Vers  für  eingeschoben  zu  halten,  sondern  die  ganze 
Stelle  ist  unecht,  auch  191  dürfte  vielleicht  der  Plural  herzu* 
stellen  sein,  3^414  steht  indes  der  Dual  mit  Recht  von  dem 
Zweigespann.  —  @  508  doQna  d*  iq>on kiöo fieö^a*  itaQ 
xakXitQixttg  Txjtovg,  dafür  Zenodot  iq>03cXiiecd'0v.  —  O  847 
vtivölv  isitö0£vs6^€y  iav  d'  ivccga  ßgoto^vraj  dafür 
liest  man  allgemein  ini66€Vi6d'aLj  vielleicht  auch  nicht  mit  Un- 
recht. Das«  aber  Zenodot  ixiööevea^ov  schrieb,  macht  es 
wahrscheinlich,  dass  die  Pluralform  des  Imperativs  die  ursprüng- 
liche Lesart  gewesen  ist.  —  £  287  '^  ov  nto  xixoiffiiSd'a 
ielfiivoi  Ivdo^i  nvgye^Vj  dafür  Zenodot  xsxoQfiö^ov.  Auch 
^251  änderte  Zenodot  ncUöats  in  nai0atov\  ebenso  scheini 
die  Schreibweise  Zenodot's  Z  112  und  N  627  dem  ursprüng- 
lichen Texte  näher  zu  stehen  als  unsere  jetzigen  Lesarten,  die 
wir  Aristarch  verdanken.  —  f;222  soll  Zenodot  geschrieben  haben 
v(i€ts  d*  otQvveö^s  £[1^  i^ot  q>aiV0fidv7iq>iVy  Aristarch  nach 
Aristonicus  (vgl.  Did.  S.  24)  otQvviö^ai'^  dies^  Angabe  aber 
ist  entschieden  falsch,  denn  Zenodot  schrieb  otQvvsa^ov  ^  oder 
er  ist  sich  nicht  consequent  geblieben,  was  wir  nicht  berechtigt 
sind  anzunehmen.  Es  gibt  noch  andere  Stellen,  an  denen  durch 
Verwandelung  des  Duals  in  den  Plural  Hiatus  entstünde,  z.  B. 
q>86,  87;  P444,  452,  doch  da  keine  zwingenden  Gründe  vor- 
liegen, so  wäre  ein  solches  Vorgehen  im  höchsten  Grade  un- 
wissenschaftlich, wobei  zugestanden  werden  muss,  dass  das  «bis 
hierher  und  nicht  weiter^  bei  solchen  Untersuchungen  schwer 
festzustellen  ist.  Noch  bleibt  eine  Stelle  übrig,  wo  die  Ande«^ 
rung  unbedenklich  erscheint,  nämlich  T  205  v^istg  d'  ig  ^po-. 
Tvv  6tQVVB%€.  17  r'  av  lyays ^  statt  ozfvvstov^  wacher- 
Dual  sich  zwar  noch  erklären  lässt,  wenn  man  Agamemnon 
und  Odysseus  darunter  versteht,  aber  V.  200  steht  der  Plural 

Oq)Hl€TB. 

Zu  weit  würde  man  ebenfalls  gehen,  wenn  man  dem  Hiatua 
zu  Liebe  andern  wollte  jr82  xofiiööov  in  xofuis^  £658,  2^171 
iicäfivvov  in  ixdfivvSj  O  875  Siivvov  in  afivve.,  Z  840, 
T  142  inifisivov  in  ini(Ai^v6,  obgleich  ähnliche  Änderungen 
sich  nachweisen  lassen,  vgl.  auch  /3118. 

/)  45  dXX*  ifiov  avtov  XQBtog^  o  fioi  xaxä  IfixsöBV: 
otxp  öoiäj  so  schrieb  Arislophanes  und  nur  auf  diese  Weise 
lasst  sich  öoid  erklären.  Dass  Aristarch  xaxov  schrieb,  er- 
sehen wir  aus  Schol.  E.  Harl.  ^AQtötaQXog  to  äoia  dvrl  toV' 
äiXtSg.     Schol.  E  zu  46   doui'    6    (ihv  T^pufroqxiciniv^  mi.'w.Ä«^^ 

Zeitschrift  f.  d.  5tterr.  Q^moat.  IMG.  \,  Uctt.  ^\ 


fM       Oiicr  Uiabis  u.  Elision  etc.  bei  llomcr,  v.  /  l»  tioeke. 

n^&wTtxtig  yffätpsh  ist  auf  45  zo  l>ezielien  und  naxiSg  in 
xaxa  zu  ändern ,  denn  die  übrigen  schreiben  ja  auch  9oid  (cv 
KOicdig)* 

An  einigen  SteHen  (vgl.  Abrena  p.  22)  ist  der  PIvral  ar^o- 
tiata  in  den  Singular  geändert  MrDrden,  offenbar  uub  keiae« 
anderen  Grunde,  als  weil  man  den  Hia4us  unstatthaft  fand,  vml 
es  ist  zu  schreiben:  u  462  oroi^  ors  »Qcit^örm  iX^xen 
%ax(flöa  yatav.  v  60  ^AfftB^ktii  nifvitiöra  AuWlcrvo  dta 
fvvaixäv.  %  491  ^VQ  vvv  [lo^  n  gciri^TX  ivl  ^yaffouti 
yspüd'99.  Auf  diese  Weist  Terachwiadet  das  adverbiale  irpo- 
tiOtoVy  ebenso  wie  ndftaeQwtop.  Auch  X  29&  iat  nicbl  mit 
Arislarch  n^mov.nsQ  zu  schreiben,  sondern  ^oi^  ota  mpm^ 
tiöta  ifkiayi6%7nv  €fik6trixv.  Jedoch  dfirfen  |  820^  g  44S, 
17  6^6  nQdxitxog  und  sr^arnter^»  nicht  in  XQwtiöx«  geändert 
werden,  ygl.  x  447,  B  228.  —  XQtSxov  steht  noch  ai  eini- 
gen Stellen  Yor  der  Casur  des  dritten  Fufses,  vor  einem  voca- 
lisch  anlautenden  Worte,  so  x  104,  188;  ^214;  A  80,  819; 
T  158,  doch  ist  dies  allein  kein  hinreichender  Gmnd  zur 
Änderung. 

n  169  danxovöiir  näöiv  ii  xaifijta  aüfutri^  9)04ifa, 
so  ist  zu  schreiben  statt  des  Singulars  xagijtov^  der  gramma- 
tisch nicht  zu  rechtfertigen  isV.  —  W  687  dXX'  uye  dij  ot 
diS\uv  did-lia^  tog  ixuixig^  ikvxsQa,  so  änderte  Ahrens 
hiat.  pg.  82  mit  Recht  für  aVMtoi/,  vgl.  VHS.  —  27  128 
val  ö^  xavxa  ys^  xixvov^  ixi^xv^iw  ov  xaxov  iiSxiv  Ahrems 
pg.  83  für  ixi^xvfLOV.  —  /  398  lud-a  di  fiot  fuiia  xolXa 
iniaövxo  d^iiog  dyiivag  statt  nokXov  Ahrens  pg.  22,  denn 
Homer  gebraucht  in  dieser  Weise  nur  iidXa  xoXXa  und  nicht 
den  Singular.  —  £  196  fiij  xt  xoX(o6d(i6vog  ^^g  xaxa  vlag 
*A%aLäv^  so  ist  statt  xaxov  zu  schreiben,  da  sonst  immer  bd 
^il(o  der  Plural  xaxa  steht  T  854;  ^31;  A  370;  ß  72,  vgl. 
auch  r361;  £175;  77424,  gleichfalls  ist  der  Singular  jworoV 
in  den  Plural  zu  andern  tf  15  dam6vi\  ovxb  xi  ös  -i^tai  xaxa 
ovt    ayoQeva. 

if  252,  X  640  könnte  man  den  Plural  iiByä(fOijg  in  den  Sin- 
gular (leyaQp  ändern,  noihwendig  ist  es  jedoch  nicht. 

^242  ^Agystoi,  lo^oQoi,  iXiyxBa^  ov  vv  öißsö^s, 
wofür  Aristarch  iXayxhg  setzte,  vgLDidymus  zu£787,  ebenso 
mus8  i2  289  geschrieben  werden  Iqqbxb  X&ßtfxi^QBg^  iUyx^a* 
ov  vv  xal  viUv^  vgl.  £787;  ^228,  ferner  JI  285 ;  ßMO; 
Theog.  26  und  Ahrens,  hiat.  pg.  83. 

Auch  die  Casus  wurden  verwechseil,  namentlich  Genetiv 
und  Accusativ,  seltener  der  Dativ. 

F  198  fietcDV  [ilv  xsq>aX7J  ^Ayaiiiiivovog  'AxQetiao^ 
dafür  setzte  Aristarch  den  grammatisch  ebenso  gut  zulässigen 
Beziehungs-Accusativ  x£q>aXi]v  j  aber  gerade  dieser  Umstand 
spricht  dafür,  dass  XBq>aXfi  die  ursprüngliche  Leseart  ist.  —  A  480 


Ober  Hiatus  u.  Eliskm  etc.  bei  Homer,  v.  J.  La  Rocke,       Wi 

t^v  ^a  ßiy  aixovta  iictivQmv'  caitaQ  'OdtMOfösv^  und 
d  646  iy  6e  ßijj  adxovta  ditnv^  v^m  (^Haivav:  so  nmss 
geschrieben  werden  statt  dixovxog^  Tgl.  Ahrens  pg.  21,  da 
ßttf^  zLvog  "wider  Willen  Jemandes'  erst  spätere  Ausdrucksweise 
ist,  wofür  Homer  andere  Wendungen  gebraucht  Vgl.  a  408 
[i'q  yaff  o  y*  H^oi  dv^Q  5g  tlg  a*  (für  </«)  äixovxa 
ßiij^iv  xt^fMct*  dnoQQaCtssu  H  l%7  ov  yuQ  zCg  fi8  ßi^ 
ya  inmv  dixovta  ä2iirai.  O  ISß  st  fi'  Oftoriflov  iovtu 
ßijl  uiuovta  ua^il^Bi.  N672  llldsiv  ovk  iftiXovxa 
ßiy  diiacepTsg  Sy&vö^v. 

i  102  otri  4'  'jii/vs{iig  d6&  mkz*  ovfsa  io%ica4^a  sfatl 
ovfBog^  nach  Seh.  Hari.,  welches  hinzufügl  o  xsq  a^ewov^ 
vgL  Ahrens  pg.  Sl« —  Sl^l  ^dawto  ih  i^iv^  inazov  d'v^d* 
votg  dfafvücj  so  Aristarcfa  statt  ißivf^v.  —  IT  414  vmta  nu-- 
Qtttööovta^  S^t  iaötfjifog  ox^^S^  so  ist  zu  schreiben  statt 
des  Arislarchischen  Tco^fdtööoptog^  vgl.  Ahrens  hial.  pg.  21.  — 
ff  428  vBK(fovg  xvQxaSy  ixsvrjvsov  dxvv^uvoi  x^q^  $o 
schrieb  Zenodot,  statt  dessen  Aristarch  xvgxat^g-^  ersteres  von 
Didymus  für  %a^iötiQov  erklart.  —  9^  864  lexx'i  ^triifivft^ 
d^öBv  xoda^  ^g  Sq*  dvdyii^  so  Sehol.  A,  derVcnetus  nodog. 

27385,424  ttma  Sin  tavvxsxis  txdvug  ^fiiteffov 
dä^  so  Yen.  AB,  Sknodot  Sivig  tavwenlog.  -—  0  420  oq>^ 
idygj  rXavxdixi,  ot^  äv  iffi  not  gl  {Mxqat  haben  der  Ye- 
netiis  und  einige  Handschriften,  andere  riavxäxis.  —  ji  671 
schrieb  Aristarch  dfifpl  ßoffXmifiy^  or^  iym  xtavov  *Itv^ 
fiov^a^  andere  ßoijJUuJ^jig. 

JE  $9S  fcaixev  d^  Tcdha  ijad-a  ivi^eqog  OvQotvimvwVj 
dafür  Spitzner  aus  dem  Venetos  if<Tdag,  eine  «benso  verwerfliche 
Form  wie  oldmgy  wenn  Aristarch  viftßfog  geschrieben  hat,  so 
ist  wohl  Heyne^s  Yermufhung  richtig,  dass  er  ijif^d  ys  viifts^ 
(fog  in  sanem  Text  gehabt  habe. 

E  899  äg  q>dto  xal  IIcuijov'  dvüiyBi  iijöaö^aij  so 
auch  der  Venetus,  Bustath.  avmyev.  Aristarch  wird  wol  dvvi- 
yeip  geschrieben  haben,  vgL  Z170,  £661  und  (f  869,  wo  zu 
schreiben  ist  €vd'*  6  dadsmv^xsi^  6  d'  ijtavaxo  ^etog 
doidogj  ebenso  ;S  412  öt^&og  ßsßXifxei  vxiQ  Svtvyog^ 
wozu  Didymus  bemerkt,  dass  Aristarch  ßsßkiixHj  Zenodot  und 
Aristophanes  ßsßXijxsiv  geschrieben  hätten,  wenn  das  Scholion 
nicht  vielmehr  zu  ändern  ist  ovtag  i^co  tov  v  ßsßXjxet  xal 
avBV  TOV  B  Z7]v6dotog  xal  ^AQLaxofpdvqg*  övv  xä  v  ßsßlij^ 

0887  ^vv  d^  ixsöov  f^sydi^  ofidd^j  ßO^X^  9*  ^v^ 
^Bta  xd'&Vj  so  die  besten  M^  mit  Ansaahtte  des  Yen.  A  statt 
Txccxdyfij  Schol  A  and  Enstath.  ervifiUinen  beide  LaBarten.  — 
M382  x^^^  Y^  ^V  ^^^99  ^X^^  dv^if  ovdi  li^X*  igßtSp^  so 
aC  xoLvoxsifaij  Aristarch  xßff^^'  df^^xi^fj^g  ixot  und  Yen.  6^ 
der  Ytn.  A  falsch  ixi^xi  viQoi,, 


798       Ober  Hiatus  u.  Elision  etc.  bei  Homer,  v.  /  La  Roehe^ 

S  228  (indijött^a  d*  ineixa  iä  iyxdt^sro  xokna^  dafür 
nach  Schol.  A  Aristarch  ft^cTf},  welche  Angabe  mehr  Glauben 
verdient  als  die  des  Schol.  V,  wonach  Zenodot  ^i^iö^j  Aristarch 
£j9  geschrieben  haben  soll:  doch  ii^t  nicht  mit  Bekker  ^£p, 
sondern  i^tp  zu  schreiben  mit  euphonischem  f  wie  ij:dXdoiua 
n.  a.  —  77228  ^x*  inl  vriog  lovti  iv  fcX^aaCa  xixmvavj 
nach  Zenodot  und  Aristophanes ,  dafür  Aristarch  aysa^cu.  — 
£  89  Ivd'*  ag*  it^v  FXavxfi  rs  "AXblu  ts  Kviiodonvi  re 
Aristarch,  andere  0äX€ia.  —  £571  i)(fvstag  r'  iviaovxo 
^Agaid'VQiijv  r'  iQcctsivijv^  dafür  Zenodot  IlaQai^vgiriv.  — 
F244  iv  Aaxsöa^iiovL  av^t  i^g  iv  xtngidi  yaiy^  so  Zenodot 
für  q>(Xi]  iv  ncct(fidi*  —  3^180  navxa  yccQ  fjdti  toi  zsts^ 
Xiöfidva  ßöxsQ  vniötfiv^  nach  Schol.  A  für  %BXim  xa 
näpoi^ev  vxiörijv,  —  B  144  xivij&fj  d'  ayoif^  mg  «vfuera 
(laxgä  ^aXdööfjg  Aristarch  und  Eustathius,  Zenodot,  dem  die 
meisten  neueren  Herausgeber  gefolgt  sind,  9^  xvfiata.  —  Xl97 
ot;d^  öi  y*  i^Qiyivsitt  ax'  iixsdvoio  ^odcov^  nach  Schol.  V 
zu  T  1  statt  naQ\  —  fi  297  EvqvXox\  17  (idXa  dif  fia  ßia^Bze 
olov  iovxa:  diese  Lesart  ergibt  sich  von  selbst,  wenn  man 
die  heutige  Yulgata  ßtdiere  fiovvov  iovxa  und  die  Schreibweise 
Zenodot's  ßiatsöQ'*  olov  iovxa  zusammenstellt.  —  V  600  mg 
aQaöoij  MeviXae^  ivl  q>(fB6l  d'VfjLog  Idv^  statt  i^axd  q>Q€6{: 
für  diese  Änderung  sprechen  eine  grofse  Anzahl  von  Stellen,  be* 
sonders  .Q  821,  o  165.  Ferner  ist  fiexd  nach  der  Casur  des 
dritten  Fufses  in  ivi  zu  ändern  2:463;  d  825 ;  x488;  A  428 
(vgl.  454,  Jt74);  v  862;  ä  436;  cd  876,  435.  —  x  110  schrieb 
Aristarch  oöxig  xcSvd*  strj  ßaöiXevg  Tcal  xotötv  dvdööoi^ 
Schol.  Harl.  i^d'  oüiv^  dafür  dürfte  zu  schreiben  sein  ocal  oUfiv 
dvdo6ov,  —  r  221  ilo%og  ^Agysiav  XBtpaXriv  xal  svQsag 
£(iovg,  dafür  Aristophanes  und  Aristarch  xstpaii^v  xe  xaL 

Aus  den  hier  angeführten  Stellen  ergibt  sich,  dass  die  drei 
grofsen  Alexandrinischen  Kritiker  den  Text  der  Homerischen  Ge- 
dichte bald  mehr  bald  minder  geändert  haben,  um  den  Hiatus 
zu  entfernen,  bald  wieder  denselben  beibehielten:  eine  Conse- 
quenz  lässt  sich  nicht  wahrnehmen  ^  doch  scheinen  sich  Zenodot 
und  Aristophanes,  namentlich  letzterer,  getreuer  an  die  Ober- 
lieferung gehalten  zu  haben  als  Aristarch. 

C.  Elision. 

Dass  die  Elision  dem  Versende  und  somit  auch  jedem  Vers- 
abschnitte vnderstrebt,  ist  oben  gesagt  worden,  man  sollte  sie 
deshalb  weder  in  der  Cäsur  des  dritten  Fulses  noch  in  der  bu- 
kolischen Diaerese  erwarten,  am  wenigsten  an  beiden  Versab- 
schnitten zugleich,  wie  z.  B.  ^  808,  £841;  wenn  sie  sich  nun 
dessenungeachtet  sehr  häufig  findet,  so  ist  damit  noch  keines- 
wegs erwiesen,  dass  sie  auch  an  allen  diesen  Stellen  Ursprung- 


über  HUlos  tu  EUsIod  elc.  bei  Homer,  v.  J,  La  Rocke.       769 

lieh  gewesen  ist.  Sie  überall  zu  verbannen  isl  nicht  möglich^ 
da  eine  Menge  von  Stellen  jedem  Emendationsversucbe  wider- 
steht, auch  nicht  nothwendig,  da  der  Vers  den  einen  oder  den 
anderen  Abschnitt  nicht  dringend  erfordert;  aber  es  gibt  Stellen, 
die  zu  der  Annahme  berechtigen  und  so  zu  sagen  auffordern, 
dass  hier  durch  Elision  der  ursprüngliche  Hiatus  beseitigt  wurde, 
und  worüber  die  beim  Digamma  angeführten  Beispiele  jeden 
Zweifel  heben.  Die  Mittel  zur  Entfernung  des  Hiatus  sind  die- 
selben wie  die  beim  Digamma  angewandten. 

1.  Man  geizte  den  Plural  elaU  des  Singulare: 

^259  fiVfj^t^Qsg  d*  ig  itofia  töav  ^sü>v  *Odva^og 
statt  d(6fAar\  vgl.  Sl  166;  ß  268;  Q  479;  ((^428;  cd  188.  Die 
übrigen  Stellen,  an  welchen  statt  ddfiat*  das  ursprüngliche 
ddfia  wiederherzustellen  sein  dürfte,  sind:  /}  288,  881,  394; 
d  621,  720,  799;  t  60;  17  82;  x  646;  o  238,  813,  388,  429, 
489;  9  176,  230,  402,  681;  0  314,  417;  t  194;  v  162,  248^ 
298,  326,  381 ;  x%2',  a  183,  271 ;  Z313;  77  190.  Es  bleiben 
noch  zwei  Stellen:  y  i27  ol  d^  aXiot  fidvez'  avtov  [dolXdsgj 
BtTtaxs  d'  atöm  dfiaygöiv  xata  dcifiat*]  dyaxlvta  iatxa 
nivBö^at,^  hier  dürfte  es  gerathener  sein  mit  Grashof,  Hausge- 
räthe  S.  4,  Anm.  4,  das  eingeklammerte  für  unecht  zu  erklären, 
als  iäi^a  für  idfiat  zu  setzen,  auch  ist  das  Digamma  bei 
stnaxs  vernachlässigt.  Die  andere  Stelle  ist  £  381  17 Av^'  i^i^u 
nQog  dcoftar''  iyd  di  iiiv  äfLq>ayanatov  y  dazu  Schol.  ygä- 
q>ara&  ^Jfiov  XQog  ifradftoV,'»  der  deutlichste  Beweis,  dass  die 
ursprüngliche  Lesart  ifAov  xgog  däfia  war. 

if  9  dürfte  die  Änderung  xijdBöxov  Tcal  xr^fia  idov 
ßioavxo  XB  natda^XM  xxfjfiat'  nicht  gerechtfertigt  erscheinen: 
der  Hauptabschnitt  des  Verses  ist  hinter  Idov. 

if  226  vvv  d*  ixBl  ijdfi  öijitax*  a(fiq>ifadiS  xaxi" 
iB^ag  fällt  schon  die  unnatürliche  Länge  des  a  vor  xazikBl^ag 
auf,  ich  schlage  deshalb  vor  zu  ändern  tfigffAa  a^MpQadifog  oder 
besser  <T^/ia  aQi^Qadlg  sv  xaxiXsiag.  —  TV  27  ^q  d'  iXdav 
ixl  xvf^a'  Sxaile  dh  xijxe*  vn*  avxov  für  xvfiar',  9^  61 
aber  möchte  es  etwas  gewagt  sein,  statt  des  Plurals  den  Sin- 
gular zu  setzen  iv  xataQ^  ^  odi  xvfka  in*  ijtovog  xXv- 
iBCxev. 

Theog.  66  haben  alle  Mss.  mit  Ausnahme  eines  einzigen 
iv  d'aUjjg-  igax^v  dh  diä  öxo  iita  oööav  [stöaij  für  öxo^iax*; 
auch  G.  Hermann  billigt  den  Singular.  —  Hes.  Op.  777  ziehe 
ich  unbedingt  den  Singular,  obwol  er  sich  in  keiner  Hand- 
schrift findet,  dem  Plural  vor,  rjj  ydf  xoi  vbI  v^fia  aBQöi" 
noxrfxog  dgaivrig.  A  226  darf  aber  oiifiax'  i%(ov  nicht  in 
oi^ika  oder  o66b  geändert  werden.  Hes.  Op.  626  ist  zu  schrei- 
ben navxod'Bv^  oq>Q*  t6xjl  dvifiiov  iisvog  vyQov  äivxov 
statt  taiio6%  da  vorher  der  Singular  v^a  geht. 

Manchmal  änderte  man  den  Numerus  nicht,  nahm  aber  eine 


tTD       Ober  Hialutf  u.  CUaioii  etc.  bei  üomor»  v.  X  Xa  Roekä^ 

lingere  disionsfUiige  Worlform,  sO  y  92;^  802',  S  4&7  vov^ 
vfxa  f/vy  T(K  tf0  YovvatKiivo(Atti^  at  %  ^ik^^a  slaU 
yovvax\  dock  ist  hier  die  Äaderung  nicht  80  nothwendig,  da 
die  bukolische  Diaerese  den  Hauptversabschnitt  bildet^  wie  auch 
a  449;  i}  147,  wol  aber  an  den  drei  anderen  Stellen:  tf  SI2 
VIDI/  d'  atiroi;  Itiro  yovvaj  i(fp  d*  aga  ^vfiov  i^aXj^^sp. 
H%7i  ßkätIfB  de  ot  fpCka  yovva'  od'  vxrtog  iis%awö&^ 
ui609  vvv  oVoi  mgl  yovva  i(iä  cx'^öBO^ai,  ^ji%atovg.  — 
ff  861  ofpQ*  ttv  ^dv  HSV  iovQU  iv  dgiKwi^öiv  a^(^  und 
X  260  avrip  ixstd^  dovga  dlswxvto  ßvijötiJQGiv  f&r  dovQat\ 
^809  £g  aga  nvxvm  ««^i}i/a  vq>*  "Extoifi  ia^Lvaxo  laov 
für  xaq^a&\ 

2.  Man  foerwechseite  die  Tempora ,  meiaiens  den  Aoriel 
mU  dem  Imperfectum. 

/S416;  y\%  av  (ixy  d'  a(fa  Tr}kifi,axog  miog  /S^,  ^p%B 
d*  *A^vii  für  ßatv\  welches  Inperfect  hier  durchaus  unstatt- 
haft ist,  da  das  Ein-  und  Aussteigen  etwas  momentanes  »t, 
dem  jeder  Gedanke  an  eine  Dauer  ferne  liegt ,  während  das  da- 
mit gleichzeitige  Vorangthen  d^  Göttin  nur  durch  das  Imper- 
fect  ausgedruckt  werden  kann,  auch  y  9  steht  ix  d'  ißav.  — 
IT  206;  ^85  fo$  q>ayLBviq  »atißij  vnaQma  für  nax£ßaiv\ 
auch  hier  kann  an  keine  Dauer  gedacht  werden,  vgL  damit 
Z288;  AI91;  o99;  «880;  /3  887,  wo  überall  die  Aeriatforre 
iMxsßi^OBto  steht.  ^  —  0  802;  x  600  ^  (t^i^  inBix*  avißf^ 
VTtSQma  statt  dveßatv\  wie  ^  1  dveßijosxo^  vgl.  ^  497; 
V  132,  852;  y  481;  doch  steht  auch  das  Imperfect  d  760; 
X  142,  vgL  ^  492;  o  145,  190. 

.^  71  xal  tnjsöö'  qy^Tro  WxaecJv  "ßtov  «Afoi  anslalt 
ijyijöttx^]  doch  ist  hier  der  Aorist  grammatisch  recht  gut  zu- 
lässig und  der  Hauptabschnitt  des  Verses  vor  ''IXiOv.  —  Af  lOl 
2k(QXijScaiv  d*  fjystxo  dyccx^eixtov  imxovgavy  so  auch  Ah- 
rens  für  das  grammatisch  unzulässige  i^^ijVar';  auch  vorher 
gehen  lauter  Imperfecte,  vgl*  88»  91,  93,  98.  —  O  lli  ^i^ 
vvv  iiQv  vsiABöäxs  ^OXvfinia  öciiiax^  i^ovxsg  für  vbiae- 
0ijöBx\  —  P4  /J^  für  ßatv'  und  O  596  »pftaro  für  wQfA^- 
öax*  zu  schreiben,  halte  ich  für  unstatthaft. 

Es  bleibt  noch  ein  Fall  zu  erwähnen,  in  welchem  zwar 
das  Tempus  nicht  geändert  ist,  wol  aber  die  Wortform,  dies  in 
dem  fünfmal  vorkommenden  Verse  xotöc  dh  xal  iiBXBBtq>*  Ce^fi 
tg  TijXBfidxoio  ß  409;  6  60,  405;  g>  101,  130;  dafür  ist 
lABXBtpij  ZU  schreiben,  welches  Aoristbedeutung  hat:  /i^rifig)' 
kcmmt  weiter  nicht  vor. 

3.  State  eines  einfachen  Wortes  ^  meist  Verbume,  nahm 
man  ein  Compositum  und  elidierte  den  Endvocal  des  vorher^ 
gehenden  Wortes, 

Z  865  xal  ycLQ  iyd  oIxovSb  Hbvöo  p^cci  otpQct, 
iSafiai,   für   olxovä*   iöBlBvöop^av  ^  vgl.   Ahrens  hiat.   pg.  22 


Ober  Hiaias  u.  EUaiou  tU.  Lei  Uomer>  v.  J.  Uk  fißcMi,       771 

Kayser  Progr.  Sagan  1857.  pg«  II.  So  haben  auch  Codd.  Cant 
Harl  2  Vratt«  Yen.  und  hn  tips.,  den  allen  Ausgaben  und  Eu* 
slath.  fehlt  ebenfalls  die  Präposition.  Danach  ist  auch  zu  andern 
a  88  avraQ  iyav  ^I&äxr^vde  iXsvito(j^ui^  Sg>(fa  ot  vUv 
statt  ^I^dxfiv  iüsXswsofAat  ^  oder  wie  der  Harl.  hat  'I^axfivd\ 
vgl.  Schol.  Harl.  yg,  xal  %iaQlg  %ov  äs  ^I^ax-qv  iaeXavcoiuci, 
—  p  52  schrieb  Arislophanes  nach  Seh.  BarL  avtäg  iymv  ayo-- 
Qfjvds  ikivöofia^y  oq>Qcc  xalüöa  für  dyoif^v  i^sksvao" 
fioi.  A  169  schwankt  die  Leseart  zwischen  O^iriv  und4^^i^i/d' 
und  wir  werden  unten  sehen,  dass  O^ifivds  ImbI  das  richtige 
ist,  zugleich  sei  auch  bemerkt,  dass  Si  764  nicht  TQotf^\ 
sondern  TqüCtiv  zu  schreiben  ist. 

/3I03;  01138  dürfte  wahrscheinlich  ebenfalls  der  Hiatus 
ursprünglich  gewesen  sein  äg  iq>a^\  fjfitv  ö*  avte  imC-* 
&8T0  ^vfiog  iy^viOQ  statt  avr*  inBieei^exo  ^  r  148  toloiv 
dl  ineC^BTO  für  #'  insneC^sto^  ebenso  x466,  500;  ft28, 324 
und  X  406,  475  coV  i^^«^'  avtag  ifioi  ye  iuil%B%Q  %v^6g 
ayijvwQ  statt  ifioi  y '  ixaxst^ito :  hier  wäre  auch  i^ol  iut^ 
xfi^sto  denkbar. 

y  371  mg  &(fa  q>c9vijöa6iic  ißfi  yXavxtSms  'A^vij 
statt  ^Qivrfiaö*  duifitj^  ebenso  a  319;  (  41 ;  17  78;  o  43,  454; 
^428;  27  202;  3^212;  ferner  £l83;  ^426;  ji  210;  £1  188 
^  (liv  UQ^  £g  Bixovöa  ißij  vXavxmmg  'A&ijvfi  für  Bixov^' 
dnißfj^  E  352  äg  iq>a^\  ij  d  dXvovöa  ißfjöBtOy  xst" 
IfBto  ö*  alväg  für  dXvovö'  dscB&ijöBto  und  Ä  694  'Ep(iBiag 
Hhv  SxBvta  ißf]  XQog  fMrx(N>v  vAvfiflToi/  für  ixBit^  dxißfj. 
6  197  ^  ftlv  Sq'  äg  igla^a  ißijösto  für  Iq^oö*  dxBßfi" 
öBTO  und  iff  1  y(^vg  Ö*  Big  v%BQ^a  ißij€Bto  für  vxbq^' 
dvBßijöBro.  Hynu  IV,  129  dd'avdton/  furd  g>vXa  Ißfi  für 
q>vl*  dnißri.  Hes.  Fragm.  174,  4  ''Iq>i,xXog  d*  inl  vmta 
ifiaiBto  für  ixl  vciz*  IxBiuzlBto^  welches  ebenso pleonastisch 
wäre  wie  olxovd*  iöBlBvöoiiai.  0  254;  £  629  og  ^  'Ttcbqti^ 
öifivÖB  ivdööaro  für  ^ TxBiyrfiCrivd*  dxBvdwftto ^  daa 
Compositum  findet  sich  weiter  nicht,  wol  aber  S  119  das  Sim- 
plex vdöd^. 

X  297  Svd'a  6v  ii^xit*  i^Btta  dvi^vaö^at  d'sov 
BVV1JV  für  ln$ir*  dxatnjvaa&M.  —  Hym.  11,  184  q>oiv6v 
dxozvB^ovöa*  6  d'  fiviaxo  Ootßog  ^AicoXkfav  für  a^ro- 
tcvbCovö*'  6  d'  inijviato» 

r  277;  A  109;  ^  828  'ff^Atog,  Sg  ndvx'  itpoQa  xal 
stdvt*  ixaxovBt  in  xavta  6q§  zu  ändern,  dürfte  nicht  mehr 
rathsam  sein. 

X  9SZ  noQtpvQBa  xad'vHBQ&Bj  ivBQ^B  dh  Xtd"*  vni" 
ßaXXiv ,  so  muss  geändert  werden  statt  des  pleonastischen  xa- 
^vXB(f»\  vTcivBQ&B  Öl  Ar»'  vxißaljiBv.  —  Scut.  347  xäv 
LJtxoi  fiBv  ixBita  ivavtioi  aXXijloi6iv   für  iicBi,^^  vxb^ 


77i       Ober  Hiatus  u.  Elision  etc.  bei  Homer,  v.  y.  £a  Böcke. 

vavxlQ%\  die  Präposition  steht  hier  ganz  bedeutungslos  und 
könnte  nur  sehr  künstlich  erklärt  werden« 

4*  Der  Hiatus  wurde  entferni^  indem  man  ParliMn 
%U9et%U^  die  dann  elidieri  wurden^  namentlich  di^  vd^  yi 
und  agcc^  vgl.  tf  896  o  dh  foivo%6ov  ßäXs  x^^9^  für  tf' 
Sq*  olvo%6ov. 

i  451  laxQBfpiag^  ndöag  dl  in^x^ro^  Xixxo  d* 
d^i^HOv  für  **  &q'  inpxero.  —  s  225  Sg  igxtt*,  ijäXiog  ii 
Idv  xal  inl  Hvi(pag  uMev  für  d'  Sq*  Idv.  —  £456  iv 
^topta  ts  (tvdg  ra,  o  *'  axvsvöTog  xal  avavdog  fSr 
^ig  ^%  6  8'  ag'  Snvevatogj  vgl.  Ahrens  pg.  23.  — d>450 
ig  f'  döttfiivd'ov  ßdvra^  6  a  dönaölag  tde  ^^(ip  für 
ßavd'^j  6  d'  Sq*  döxadiag.  —  (i  411  slg  avxXov  nav  ixvvxoy 
6  dl  XQviivjj  ivl  vrii  für  %ttrixvvd'\  6  d'  aQa  XQviivg^ — 
9r.85l  ov  it(o  näv  siprito  ox*  ^AyLtpCvoyiog  tds  vija  für 
sJ^ijd'*  or*  Sq*  'j^fifpivofiog^  vgl.  Ahrens  pg.  23.  —  v  57 
Xv{fi(idXijg ,  Sloxog  dh  iniyQsro  xedvä  Idvta  für  d'  Sq* 
iuivQBxo»  —  £886  x^^'Q^  xdXiv  iQvöaaa^  6  d*  iiLfianiag 
dnoQOvöB  für  igvöM^  od*  Sq*  ififiaxicDg.  —  Z  10  (!)  ^ 
ih  liexdnci  xijie^  adQfjoe  dh  oöxiov  stöo)  für  n^gt^öe  d* 
Sq*  oCxiov. —  if  188  ifcoi  vniöxe^e  x^^Q^y  o  d*  SikßaXev 
Syxf'  nuQaöxdg  für  j^ffp',  o  d*  Sq*  iiißaXev.  —  O  251  ot  d* 
ag  ovv  ij:Cd ovxo  ox*  ix  ^log  ijivd'sv  oQvig  für  sCdinfd'* 
ox*  So*  ix.  —  iy^I92  0(iBQdakiG)  xsxdkvnxo^  o  d*  döui- 
dog  ofJLfpaXdv  ovvcc  für  xsxdXvg)d'*j  6  d*  Sq*  dcnCdog.  — 
C^  246  BtöQi  ndo*  iQiXovöa^  6  d*  ix  divijg  dvoQov^ag 
für  iQvitovö*^  6  d*  Sq*  ix.  —  Z  426  x^v  iicBl  fryay  e  dBVQf> 
Sfi*  SXXoiiSi  xxBttXBöötv  für  ijiBl  Sq*  dsvQ*  iqyay*  au.*  dk- 
JioiöL.  —  Hym.  V,  20  '^y*  okotpvQoyLivriv^  idxv^^  ^^  OQ&ia 
q)G}vfj  für  d*  Sq*  oq^ux. 

Besonders  häuGg  findet  man  x*  und  y*  eingeschaltet:  1/814 
avd'L  [livav^  olxov  dh  iycj  xal  xx^fiaxa  doir^v  für  di  x* 
iyd^  Ahrens  pg.  23.  —  i/ 100  Ixto^bVj  ävxoa^Bv  dh  Svbv 
dB0(ioto  fiivovöi^v  für  di  x*  SvbVj  Ahrens  pg.  23.  —  tff  246 
Ad^Ttov  xal  Oa  id-ovxa,  oT  *HcS  nciXoi  SyovöLv  für 
OaB^opd"*^  ot  X*  *HcS.  —  K  362  x^^QOv  dv*  vXiJBvxa  ^  6 
dh  7iQo^iri<Si  (iB^irjxcig  für  vXijsv^*,  6  di  xs  iCQQ^erjöt,  Ahrens 
pg.  23.  —  27  106  iv  »oA^ftp,  dyoQjj  dh  dpLaivovig  ei6L  xai 
SXXoi  für  dyoQy  di  x*  d^sivovsg  —  Hym.  II,  15  BVQifiBvaL 
^avdxoio  Sxog  xal  ytjgaog  SXxaQ  für  ^avdzoio  x  Sxog. 
—  o  365  rg  oitoi;  itQBq)6in]v y  oXCyov  di  fis  ijöaov  irC^a 
für  di  xC  ,tt'  rj6iSov.  —  /  480  ig  JlrjX^a  Svaxxa^  oft£ 
nQOfpQcav  vjtidaxxo  für  Svax^\  6  di  ft£,  auch  der  Ven.  hat 
Svaxxa,  Schol.  A  yQ.  Svax^*- 

/)  51  xäv  dvdQ(Dv  tpCXoi  vlsg^  oT  iv^dds  bIöIv  Sqiöxov 
für  ivd'ddB  y^  BltsCv.  —  ^122  ^diy,  dxaQ  ^hv  xovxo  ivalöi- 
(lov   ovx   iv6fi0Bv  für  rovro'   y*  ivalmyLOV.  —  x  285  avxov 


Ober  Hiatus  u.  Ellsioii  etc.  bei  Homer,  v.  7.  La  Roeie^       773 

voörijasiv^  fisvisig  dh  öv  ivd'a  XiQ  Skloi  für  6v  y  lv9'a.  — 
A  204  äg  lq>at\  avtag  iya  id'sXov  g>QB6l  (isofJ^fiQC^ag  ffir 
iyd  y'  id'sXov^  —  |  172  iX^oi^  oxmg  fiiv  iyto  ibikca  oud 
nrjvsXoxBia  für  iyci  y^  i^ikm.  —  o  100  ovTt  olog^  S^a  rp 
^Elivri  x£s  xul  Msyaniv^g  für  %^  y*  'EUvrjy  besonders  da 
^EXivi]  ursprünglich  das  Digamma  hatte,  Christ  griech.  Lautlehre 
S.  235.  —  o  280  ov  (ihv  dif  a'  i^ikovxa  andöm  vrjog  diöfig 
für  i^iXovta  y'  aTCciam.  —  x  263  iö^Xd  toi  rovta  inaiivv- 
Topf,  xovg  ayoQsvsig  für  rovrm  y*  ixaiivvtoQs  ^  vielleicht  ist 
auch  statt  rovg  zu  schreiben  o  i;^.  —  q  9  xgiv  y*  avtov  fia 
tdijrai^  draQ  tfol  md'  inixiXkm  für  ßoC  y^  md*  inixiklm.  — 
p  454  iD  nojcoiy  ovH  aga  tfol  i%l  Btdit  tcccI  tpgivsg  tjöav  für 
6o£  y*  inl.  —  r  215  vvv  [ihv  dif  öev  ^stvsoia  nsiQijösa&ai 
für  ^Btvd  y'  oCm  Ahrens  pg.  24,  Döderlein  Emend.  Hom.  1858, 
p.  14  l^Btv  h'  6C(o.  —  r  331  £(d^,  axaQ  xed'VBäxi  ig>Brl;i6(ov- 
xai  aieavxBg  für  xB^vBmxC  y*  iq>B^$6(ovxtti,  —  ^296  öijfiaiv^ 
ov  yctQ  iyd  Art  aoi  ns(0B6^at  oica  für  iyd  y*  ht.  —  F  223 
ovx  av  Snstx*  'Odva^t  igiUöBis  ßgoxog  aXXog  für  'Odvö^i  y\ 
igtööBtB.  —  r  442  Ol;  yaQ  xd  noxi  f»'  £dB  iQag  fpgivag 
dfiq>BxdXvtl;BV  für  adi  y'  iQag^  Ahrens  pg.  23.  —  F  458 
ov  (liv  yaQ  q)U6xijxi  ixBV^avov  bI  tig  tdovco  für  q>LX6xfixi 
y*  ixBv^avov;  es  liefse  sich  auch  yB  xsvtavov  bessern,  wenn 
überhaupt  yB  nothwendig  wäre.  —  E  303  TvdBtirig  ^iya  igyovy 
o  ov  dvo  avÖQB  q>i(foiBv  für  ovo  y*  uvdQ.  —  Z  99  ovd* 
^AxiXiia  Ttod'*  äöB  idBCdiyLBv  OQ%aii,ov  dvigäv  für  ädi  y* 
iÖB^dtuBV^  auch  yB  dUdifiBv  wäre  möglich.  —  H  97  ^  (ilv 
d^  Xaßri  xdÖB  iöfSBxat  alvo^Bv  alväg  für  xdÖB  y  iööBxm. — 
Ml 6b  ndyxv  fidX\  ov  yuQ  iyd  iq>d(iriv  ^(foaag  ^Axatovg  fiSiT 
iyd  y'  iipd^ifjVy  wäre  ys  nothwendig,  so  müsste  man  mit 
Bekker  2  iyd  ys  g>d[iriv  schreiben.  —  iV  49  SXXy  fihf  ydf 
iyd  ov  ÖBidia  x^^9^9  ddnxovg  für  iyd  y*  ov  ÖBlÖLa.  — 
Ä 107  vvv  d*  Btri  og  x^ööb  d[iBivova  fiijxiv  iviönot  für  xiiööe 
y*  dfisivova.  —  P  CO,  3?  196  tfi^if^ff,  dXXd  6*  iyd  dvaxto- 
QTJaavxa  xjXBvm  für  iyd  y*  dvax(OQiiaavxa.  —  P  336  aiödg 
fihv  vvv  ijds  dfrittpiXcav  vjc^  ^Ax'O^^dv  für  ^d«  y*  d(frn<p(^ 
X(Ov,  —  X  298  2ltit(poßov  yd(f  iyd  ig)dfAriv  ijQtoa  nagstva^ 
für  iyd  y  itpdfiriVy  Bekfc  2  iyd  yB  g>dfiijv.  —  Hes.  Op.  650 
ov  ydg  nd  noxe  vrjl  inSnXov  Bvgsa  %dvxov  für  vtii  y* 
iicenXfov.  —  Hym.  I,  88  ßfDii,6g  xal  xifiBvog,  xCöbl  8b  « 
ilox»  für  ai  y'  l^oxee- 

B  112  xov  vvv  ö*  ijvdyBt  dTtoTtBiinifiBv  oxxi  xdxi^t» 
für  rjvdyBtv.  —  t  520  avxog  d'  at  x*  i^iXri  lijösxai  ovxs 
xig  aXXog  für  id'Blfjö'  iijöBxaL.  —  Theog.  ioOO  xa{  #'^  ^ 
yff  dfiri^Btöa  'lijöov^  xotfiSvi  Xadv  für  äfiijd'BM*  vn 
'iTJiSovi.  —  f  160  und  ^351  iv^a  für  ivd'dd^  zu  schreiben, 
dürfte  etwas  zu  gewagt  erscheinen ,  ebenso  d  526  y'  zu 
streichen. 


774       tlber  Biatua  u.  EUskm  eto,  bei  nmßx,  v,  J.  Im  ß0fitßk 

Der  Hiatus  wurde  auch  dadurch  entfernt,  daas  man  scbos 
Torhandene  PiEurtikeln  durch  allerlei  Zusätze  erweiterte,  so  wurde 
ixel  1}  aua  in^C^  uvxiif  aus  ixi^^  ov£  und  oxi,  aus  5  o*  dgL 

Albß  Hc^fmv  idvlij^avxo^  i^al^fuHa  xoJUa  fi^ 
ta^v  für  idtiXij(fixvx\  iml  ij.  —  -rf  ld9  vvv  d'  sliu^^ifivde^ 
ifcsl  tfoAv  q)iQX8(f6v  iöxi  für  9^Crivi\  inal  9,  Arktarcb 
schrieb  9%{riv.  —  A  h^  wx  avv&  ^>9oi^iov<sa^  imsl 
nolv  q>i(fX8if6^  iö^i  nt^^oviov€\  iael  1}.  —  K  567  ?««ov$ 
ioQ^^a^xo j  ixBl  9foXv  q>iqz9(Qoi  iliiv  Ixlt  d4»Q^öa$x\ 
ixsl  1/i.^x  556  ofAA]7  anoxlCv^vxa^  iz^i  ^  voi  otiiofi 
\)dv66ivg  fär  iuoTikivwt^y  inA  19.  —  *  88  scovrov  is 
<;(^tiO£vra,  ara^  #«aMKr|7  ixdfif^uav  für  ^x^^'^*^\  avt «y 
Ahreos  pg.  10,  Ameis*  ^-<-  9^694  ios  JtXfiyclg  aviMaXxo^ 
ixä  Q  iA8yddi}(iog  ^EiCMiog  für  ivijc<iLkx\  ft^raV^hrens,  Bekker  9. 
—  fi  189  tiiisv  yiif  TOi  navxm  oof'  iv  Tgo^y  svgdxi  für 
Mt^'  otf'  A/^,  vgl,  Kayser  Progr.  Sagan  1857,  pg.  13.  — 
V  180  Oaiipcsg  xoC  xig  X9  if^fiig  Si^i^i  ysvidXng  für  idg 
X0&  ift^g  Ameis.  —  v  814  xovxo  d*  iymv  iv  otda  5  |iai 
'nä(fog  iqxiti  rjö^a  für  oli^  oxc  fio^  —  ^  518  1}  dii  hdyuL 
iifya  S  n  ixfh}don^M  iq>ii^si,g  für  fgy*  oxs,  Bekkarl  0 
xi  li\  —  P2b  ^g  fjß^g  äxopfjxo  o  fi'  iSi/icto  xai  ^^ 
vicifLStvev  für  dnovn^*  oxe.  —  A  687  iqyvoCi^sv  {dQV0a 
o  o(  övi^^ifdöffaxo  ßovHag  für  iSovö*  ort  ol.  —  4>  488  o^ 
öov  ^SQxiQf}  BlikCj  o  fiot  iiivog  avxiq)SQitsig  für  «fjft'  ou 
f«ot.  —  p  855  Kft^  oC  nävta  yivoixo  06a  ^QUfi  ^01 
HBvoivä  für  yivot^*  o66a. 

Manchmal  liefe  sich  auch  der  Hiatus  ohne  jede  Ändeniog 
entfernen,  nur  brachte  man  statt  des  einen  statthaften  einea  un- 
statthaften in  den  Vers;  es  ist  also  zu  schreiben:  »574  ofp&al- 
ItotöL  tdoixo  ^  lv&*  ^  Sv^a  xCovxa  für  tdoix*  y  iv^\  da 
die  Länge  des  rj  in  der  Thesis  des  dritten  Fufses  nicht  gerecht- 
fertigt ist,  wol  aber  in  der  des  vierten  vor  der  bukolischen 
Diaerese*  —  to  405  voörijiSavxd  06  devQo  ij  ayyskov  oxgv- 
vm^BV  für  dBVQ*  fj.  —  A  21  rl  vvv  iri%"vv6vxa  ^  wxb- 
^v  avxig  iovxa  für  dtjd'vvovx'  ^.  In  W  882  ist  ebenfalls 
die  Elision  zu  entfernen  und  zu  schreiben  xai  w  nsv  igt  ara^- 
XuWBv  ^  ä(ig>iJQi6zov  idijxsv  für  xagikaM*  q,  welche 
Schreibweise  aus  der  Vorliebe  zur  Cäsur  nach  der  Arsia  sich 
erklären  lässt. 

5.  Die  übrigen  Stellen,  an  denen  durch  Beseitigung  der 
Elision  der  Hiatus  in  sein  Recht  eintritt,  sind  etwa  folgende: 

^a  164  nivxBg  X*  dQfJ0ai.vxo  ikaq)Q6TBQ0t xodag  alvai 
für  aQifi6aCax\  —  <y  248  riä^sv  d atvvvxoj  ixsl  nsgisöö^ 
yvvavxäv  für  dcctvvax\  vgl.  Sl  665  daivvxo.  —  B  492  -^vya- 
xiQBg  (iv'^0a  Lvxo  o0ol  vtio^IXiov  iJA-O-ov  für  (ivti0aiad'\  — 
Z  60  H^ov  i^UTC  6  Xo  Lvxo  dxijäs0xoi  xal  aq)avTO&  für 
iicc7toXoiax\  —  // 65  totac  ccqu   OtC%Bg    slvto   *Axccif3v  t« 


Ober  QiaiU9  u^  ElUion  elc,  bei  Bfimef,  v.  /.  Xd  fi^äe^       775 

Tpcioi;  T£  für  atat\  —  Hym.  I,  152  os  tot'  inavtia0tti^ 
or*  ^laovag  u^qooi  alsv  für  iTcnwiäöH**  —  %  85  o  xvves^ 
ov  [jt*  ix*  itpacQ'B  vnoTQonov  oCxaö*  txiö^ai  fixt  ig)(ioxe^\ 

—  Z  84  i^(i€tg  fth/  ^davaotöv  fiaxov  fis^a  ov^l  fidvovtsg 
für  fiaxTiöofied'* \  die  Form  des  Futurums  fiaxovfiM  findet  sieb 
bei  Homer  öfters,  T  %6  sogar  conlrabiert.  Auch  JEf  291,  377, 
396;  7  48  könnte  man  ändern.  —  2  450  ivd"*  avvdg  fihv 
insita  avaCveto  Xoiyov  dfivvai  für  insir '  iqvalvixo ; 
die  Form  ^vaCvsvo  {i^vgv^eto  bei  Eustatb.  u.  a.)  kommt  weiter 
nicht  vor,  ivaCvato  aber  Z585;  A  647;  ^^500;  y  265  immer 
an  derselben  Stelle  des  Yeri^es.  —  Hes.  Op.  268  tuiI  w  trad', 
al  X*  i^iXyj  dmddQxsrat  ovdi  £  Xijd'ek  für  i^iXy(s\  — 
Hym.  I,  158  ^  d'  Sga  d'Ufißi^oaöa  ogd^aro  xsgalv 
S(i^  aii<pa  für  d'a^ßijaM^  dgi^axp.  —  Hym.  V.  203  nolXa 
xaQaöxoint ov0a  irgi^axo  notvwv  ayv^v  für  ««e* 
QMxdmovc '  irfdifctto ,  in  Betreff  der  Kurze  der  ersten  Silbe 
von  ixQi^axo  vgl.  3**  84,  —  JS  252  ^i^  xig>6ßovd*  ayoQSVs. 
ijcsl  ovdi  ei  Tencdii^v  otm  für  dyoQ€v\  so  das«  djtal  ovSi 
per  gynize9iH  ausgesprochen  werden  muss,  wie  öfters.  —  £731 
xii  dßals  XQ^^^^'  vxo  tfi  ivyov  fjyayev  "Hqi^  (üv  XQv0€t\ 

—  o  497  tdaeagag  «fty*  ^OSvcij^  l{  d*  vUtg  ol  /lokioio 
für  '0öv6ii\  vgl.  ir  136;  O  889;  ^  884.  —  Hym- XXXII,  10 
döövadvag  nQotdgm  dXdöij  xaXlCxQvx'^g  Xunovg  für  ngotd-' 
<>a)<y%  vgl.  1192,  199;  2;887;  ?P'490;  tf  36;  «  91.  —  Theog. 
69^  xuioiidvrjj  Xäxs  d*  dfiwl  nygl  iidya  aöKatog  vXij  für 
y^yiX\  —  le  425  avxoX  d*  oxqvvsö^s  dfiol  a^a  xavxag 
Sxfifd'cci^  so  Ameis  aus  guten  Mss.  für  6xgvv969\  Iva  /io* 
d^n  ndvxeg  axri^^B^  vgl«  Ahrens  pg.  20. 

i7455;  @291;  v  181  ä  7c6xo&^  dvvocCyuLB  dQ^o^a- 
vlg  olov  Ss^Tgeg  für  dvvQcfyai*  £i;(>t;a^«t//ff,  welches  Epitheton 
nur  an  diesen  drei  Stellen  vorkommt,  dQ^ad'sv^g  dagegen  2V 54; 
T355;  0  184;  ^289,  zwar  immer  als  Attribut  des  Zeus, 
doch  kann  dasselbe  unbedenklich  auch  dem  Poseidon  gegeben 
M'erden. 

d382  cS^  dtpdfAfjv^  iq  d'  uvx^x^  dfia^ßito  liefse  sich 
leicht  andern  in  <xvx6  oder  avxigy  doch  möchte  ich  ersteres 
vorziehen  nach  Analogie  von  Versen  wie  a  178;  221,230,  806; 
17  298,308;  ^140,  400  und  ähnlichen.  Derselbe  Vers  findet  sich 
noch  d  398,  471,  491,  554;  ^  272,  368;  x  487,  503;  ^145,180, 
215,404,489,487;  Hym.  V,  146. 

Schwerlich  durfte  aber  das  37mal  vorkommende  Hemi- 
siichion  ixog  v  (tpax^  Ix  r'  ovoiaxtev  sich  ändern  lassen  in 
inog  <pdxo  ix  x^  ovoft^atBVj  da  das  x$  nicht  leicht  zu  ent- 
behren ist.  Auch  P  101  '^ExxoQi  ;i;<0(»if<yai/ira,  o^  dx  %66q>vv 
TCoXBitClei  für  x^Q'^^^'^'^*  ^^^^  zu  schreiben,  dürfte  schon  zu 
weit  gegangen  sein. 

Es  gibt  noch  andere  Stellen,  an  denen  sich  die  Elision  ent- 


776       Ober  Hiatus  u.  Elision  etc!  bei  Homer;  v.  7.  La  BiOCh§. 

feroen  lasst  und  entfernt  i^erden  muss,  ohne  dass  sie  in  dei 
Vers  gebracht  wurde,  uni  den  Hiatus  zu  vertreiben,  sondern 
vielmehr  aus  dem  Bestreben,  der  Cdsur  in  der  Arsis  vor  der  io 
der  Thesis  den  Vorzug  zu  geben,  zu  erklären  ist.  Dahin  ge- 
hören die  Falle,  wo  das  Augment  nach  dem  Vorgange  ^- 
starchs  in  den  Penthemimeres  wegfallen  muss,  an  welcher  SteDe 
es  auch  Bekker  in  seiner  neuen  Ausgabe  überall  gestrichen  hat. 
Demnach  ist  zu  schreiben: 

y  812,  895;  i;  184,  228;  a  427;  9  278;  I  177  öxet^ 
TS  nCov  für  r'  Imovj  so  Aristarch,  vgl.  Didymus  zu  /  177. — 
A  464;  B  427;  y  461  (ii^Qa  xdti^  so  Aristarch  nach  Didymns 
zu  ^464;  £427  statt  (i^q'  ixäij.  —  J492;  3^607;  d  95; 
6  223;  6-155  xoXXa  nd^ov^  so  Aristarch  statt  9roJi;i'  Ixa^ov^ 
vgl.  Did.  zu  1492.  —  /  127  dC%a  ßdto(isv  für  d^x'  ^ßdio- 
(iBV.  — ^  d  259  Uya  xmxvov;  s  196  dh  ti^n;  e  295  tb  7ii6i\ 
i  171  KVfia  q>6QH\  d'  470  ts  vdfiov;  X  628  iv^dda  xiai^e; 
fft  18  r£  xdfi;  V  181  ^Odvttrja  g>d(ii]v;  q  826  (lotQa  laßiv; 
p  458  di  %oXm6axo\  ip  488  xaXd  ßdXsg-^  (»284  ys  xiz^i 
5  817,  826  tixva  opay^;  r76;  fl  54  avts  ^cr^;  T  418  di 
Xdß*;  Theog.  680  ds  rii/aWero,  so  auch  6.  Hermann.  —  £20S 
Squ  (liXXov  in  der  bukolischen  Diaerese.  —  O  120  darf  aber 
nicht  Ivtsa  dvoato  für  Ivrs'  idvöato  geschrieben  werden,  da 
sonst  die  Cäsur  des  dritten  FuCses  ganz  verschwindet. 

Die  übrigen  Stellen,  die  noch  mit  einiger  Wahrscheinlich- 
keit sich  bessern  lassen,  sind  folgende: 

>^  11  ovvBxa  xov  Xqvötiv  iqrif^a(f€V  dprjz^ga^  so 
Bekker  2  für  i}r^ftij(y'  mit  Aristarch,  dem  Venetus  und  dem  Am- 
brosianus* Die  Leseart  rixCuaöBV  wird  aufserdem  noch  doca- 
mentiert  durch  Apoll,  de  Conj.  pg.  505,  18.  Bekker  Anecd. 
pg.  984, 18.  Apoll,  de  Synt.  pg.  66^  26.  Cram.  Anecd.  Par.  III, 
809,  1,  wo  zu  schreiben  ist  i^r£(iaösv  ix  tov  driggdto  für 
itifiriösvj  wie  pg.  117,  24  und  Aristonicus  zu  ^340,  wo  eben- 
falls ^vifiaösv  für  dtifiaö  *  gesetzt  werden  muss. 

ri5i  Oi  ä'  dg  ovv  sldov  ^EXivriv  ijcl  nvgyov  lovöav 
für  «Woi/^*  und  g  68  dXX'  oXsd'\  (05  ofpsXsv  'EJLivtjg  dxo 
tpvXov  oXiö^ai  für  ätpaXX^  denn  'EXivti  hatte  ursprünglich 
das  Digamma  (Christ,  gr.  Lautlehre  S.  285),  welches  bei  Homer 
noch5690;  r829;  H855;  ®82;  yf  869,  505  ;  iV766;  XlU; 
^184;  o  104,  106,123;  ^218  in  voller  Geltung  istundri2l, 
171,  228,  888;  7  339;  A  125;  ^121,  180;  o  100  wiederher- 
gestellt werden  muss,  während  die  übrigen  Stellen  ^161,  177; 
r458;  d  19,  174;  Z  292 ;  H350;  7140,  282;  T  82o;  *  12; 
X  487;  0  58;  (»118  weder  für  noch  gegen  das  Digamma 
sprechen;  in  dem  Eigennamen  '^EXavog  fordert  keine  Stelle  das 
Digamma. 

E304;  M449;  r287  olov  vvv  ßgoxoC  stöiv^  6  Sl 
^ia  xdXXs  xal  olog  für  e/itr',   0  dd  ^ivv  ^ea,  so  auch  M  883. 


Ober  Hiatas  u.  Elision  etc.  bei  Homer»  v.  J,  La  Roche.        777 

—-  9^642  ifijcsdov  '^vioxsvsv^  6  dh  udöziyt  xiksvev  für 
ilvi,6%Bv\  6  d*  aga.  —  B  342  uvtag  yuQ  iTCsoiv  ifidai-- 
vofisv  ovdi  XV  f^'^xog  für  yap  J*  ijtiaöö^  igidaivofisv.  — 
9212  ivd^a  Ofpiag  ixcxev  vCog  ^okCoio  MsXavd'evg  für 
ixixccv\  —  r71  daifiovii]^  tl  fioi  mg  i7ii%Big  xsxotfioti^  ^vfip 
für  ad'  i%i%Bi,g^  ebenso  ft  217  öol  dl  xvßsQvrjd''  äg  im- 
riXkofiai  für  ad*  ixitdxkofiai.  —  r  865  dsiafidvij  %BQ6lv 
orß  f^vv  nQmtov  xixB  (JifjrriQ  für  %aCQB6ö*  ote.  —  e  241  at;- 
tccQ  ijtsl  dat^BV  od'v  divdQBa  (laxQa  XB(pvxBi  für  iTCBidij 
dBt^'  o^L.  —  H27S;  P  630  xal  vv  xs  dij  llq>B0iv  uv- 
xo0%BdQv  ovxdtovto  für  ^itphöo'  avxocxBdov.  —  O  162  bI 
dd  ^01  ovx  in  Bö  IV  iniTCBiCBzai,  dXX*  dXoyi^öBi,  für  ixiBCO* 
ixiXBCCBxai,. 

O  823  forat  xvfißoxotig^  0x6  (iiv  d-djtxaaiv  W^aio^ 
so  schrieb  Grates,  Aristarch  xv(ißoxorjö'  als  infin.  aor.,  welche 
Leseart  auch  schon  aus  dem  Grunde  verivorfen  werden  muss, 
weil  sich  kein  einziges  sicheres  Beispiel  einer  Elision  des  ac  in 
den  activen  Endungen  nachweisen  lässt,  yfrl  Buttm.  A*  Spr* 
$.  SO,  A.  5  mit  der  Note,  Krüger  Di.  $.  12,  4,  A.  4.  Spitz- 
ner Excurs.  XIII^  pg.  XXXIII,  Lobeck  ad  Soph«  Aiac.  ]9I, 
ad  Phrynich.  pg.  498,  Matthiae  Gramm.  $.45,2.  Thiersch 
Gramm.  $.  164,  2,  A.  1. 

£1  326  xfj  0  inC  ot  (i  siiatog  IXaö*  lyx^t  dtog  W%U- 
XBvg^  so  Heyne  für  ftBfiatSx'.  —  JTSO  %aAxoi;  xb  x9^^^^  ^* 
djtoXv0o^BV ^  l0xi  yä(f  ivdov^  so  nach  Schol.  A  für  dito- 
Xvc6ftB%'\  doch  dürfte  die  Änderung  in  dnoXvifonav  vorzu- 
ziehen sein,  wie  d  61  dBixvov  naööaiidvm  BlQijöofittt  oZ 
xivig  ioxov  für  BtiftitfouBd'*.  —  v  183  ^c^^ovcr,  xov  d'  Sxb- 
Qov  dx^f^ififaif'  dnoTcifiXBi  nach  Schol.  Find.  Ol.  ¥111,80  für 
xov  di  X*  d(fBCov\  —  X  308  aXXoxs  iilv  täöiv  ixBQijfiB- 
Qoi^  ttXXoxB  d*  avxB  für  iciov6\  —  5  851  ot  Kvvov  x* 
bIxov  'ÖTtoBvxd  XB  KaXXtaQov  xb  für  x*  ivd(iovx\  vgl.  600 
oZ  x'  'Ekaäy*  bIxov  r^d'  "'TXtjv^  ebenso  JJ  674,  686,  684,  685. 
—  o  72  lifov  xot  xaxov  iöxi^v  og  ovx  id'dXovxa  viao^ai, 
für  iöd'*  og  X*  ovx.  —  r840  &g  stnmv  XChbv  avxovj 
inBl  du7ciq>QadB  ndvxa  für  avx6^\  ebenso  £1  707  äg  i(pax^ 
ovdi  xig  avxov  ivl  nxoXat  XlnBx  dvi^Q.  —  Sl  648  schrieb 
Aristarch  nach  Didymus  al^a  d*  £qcc  öxoqböuv  doim  Xixs* 
iyxoviovöai^  dafür  andere  wahrscheinlich  und  mit  Recht  nv- 
xLVov  Xi%og  nach  Analogie  von  1}  840.  —  £  H%  schrieb 
Zenodot  xal  ot  ndvx*  dyoQSvCat^  iyd  d*  ig  ^axQov 
^OXviinov^  die  anderen  dyo(fsvöax\  —  27  527  xm  xiv  fuv 
na^iXaööBv  ^  dfiw^Qiöxov  I^xbv  nach  Zenodot,  andere 
fcagiXaöö'  ovd*  dfitpijQiöxov.  —  Hes.  Fragm.  169,  6  xal 
xoxB  dii  KdXx^vxa  xiXog  d'avdxoio  xdXv^Bv  für  KdX- 
Xavd"*  vjcvog  zu  schreiben,  ist  allerdings  gewagt,  wird  aber 
durch  die  analoge  Ausdrucksweise  im  Homer  gestützt« 


778       Ober  Hiatus  u.  Elision  dtc  bei  Homer,  v.  J.  La  Boeke. 

An  einigen  Stellen  scheint  wkC  durdh  andere  Wendangen 
verdrängt:  die  Fälle,  an  denen  ich  eine  Änderung^  Torsefaiagea 
mochte,  sind  folgende: 

y228  ilnoaiva  tä  ydvoi.ro  xal  si  9-sol  tSg  494-- 
Aowv  für  yivon  ovd^  bL  —  r  866  xiova  [irKfC  Sxfie  xml 
iiaitovg  ixatofißag  für  Ixri'  ovd\  —  oi  160  ^i^ivijg  jr^o« 
q>avivta  xal  oi  TCQoy svd0t €Qoi  tjcav  twr  x^q>av4vr*  wid* 
ot.  -^  ^224  oväh  xataxrm^öovta  xal  ovn  i&ilovui 
fuixsG^a^  ßr  xavanvciööovt*  ovd*  ovx.  —  ö  22  Zijv'  vxu" 
Tov  fiijiftmQa  xal  si  ^dla  noXla  xdfLoiza  für  fiij^tof' 
ovd*  bI.  —  P899  tov  ya  Idovif'  ovoöaixo  Tial  si  iiaHm 
(iiv  xolog  Txot  für  ovoöait'  ovif  st. 

Es  gibt  noch  einzelne  Stellen,  an  denen  man  ändern  käanitj 
so  d  429,  474  ini  t'  in  xai,  A  480  äva  9'  in  xal^  n  88 
Sfia  d\  27  488  iv  S\  Hes.  Op.  889  ot  8'  und  a  125  ^  8" 
in  xal^  wodurch  die  vorhergehende  Elision  verBchvrände ,  aber 
soweit  darf  eine  besonnene  Kritik  nicht  gehen.  An  einer  ziem- 
lichen Anzahl  von  Stellen  lässt  sich  die  Elision  dadurch  besei- 
tigen, dass  man  anstatt  der  medialen  Form  die  active  setzt  na<A 
Analogie  von  2;  522;  F  154;  so  y  406  ix  i'  iX&tiv  xat* 
Sq'  liav  ixl  iiifToUfc  Xid-oufiv  für  ais%\  ebenso  q  602; 
(D  408;  1?  153;  &  290;  r  544:,  N  15.  b  195  xa£  ^'  o  fOv 
Sv^  xad'ttav  istl  d'Qovov  ivd'av  avicxri  und  A  586  Sg  o 
ft^i/  iv%a  xad-ttsv  iitl  ^poi^v,  ov9i  p.vv  "Hptf  für  xa^i- 
Ibx\  —  ^814  iJJ'  (og  ACokov  Ixsv^  o  (liv  nQoqy^tirp  mU- 
äaxro  für  Zxad''.  —  t  224;  A  168;  Hym.  II,  69;  Hes.  Op.458 
liefse  sich  an  die  Stelle  von  ngdti^^^  ^n^ärov^  setzen; 
d460;  k  585,  591  könnte  der  Artikel  vor  yi^cyv  entfernt  wer- 
den, wodurch  die  Elision  beseitigt  würde,  an  den  beiden  letzt- 
genannten Stellen  wäre  es  auch  möglich  Tcvifmi  6  ydgmv  und 
Id'vöai  6  yiQmv  für  xvfsv*  und  id"v0Bi'  6  yi^av  zu  schreiben, 
doch  wird  es  besser  sein  hier  nichts  zu  ändern.  —  ^148 
avTCLQ  ixsl  x6  y*  axovüsv  ivg  natg  ^AkxiwioLo  fnr 
axovö^  dyad'og  natg  zu  setzen ,  da  ersteres  der  Homerischen 
Sprachweise  angemessener  ist,  möchte  vielleicht  noch  angehen, 
aber  E  489  oC  äh  tax'  ixitigeovöiv  iv  xri  ^iviiv 
noUv  vii^  für  ixniQifovif*  iv  vaiofisvriv  zu  andern ,  halte 
ich  nicht  mehr  für  zulässig. 

Es  bleiben  noch  einige  Stollen  übrig,  an  denen  sich  durch 
Umstellung  die  Elision  beseitigen  lässt,  o  248  tov  d^  iyd- 
VOV&*  vCstg  *Akx(ia£(ov  *ApL^Ckox6g  ta  für  d'  vtatg  iyi- 
vovt \  —  A  740  nQBößvtdtriv  d'  bIxbv  ^vyatga 
^avd^v  ^Ayafirj&rjv  für  äh  d'vyatQ'  slxB,  —  O  857  "Htpatat 
ov  tCg  60  V  dvvatat  d' s  6  g  dtrcupsQl^SLv  für  <yo/  ys 
9'Bäv  dvvat\  —  O  468  äg  aQa  (p&viiaag  tgdxBro 
ndkiv^  atdato  ydg  ^a  für  ndkiv  ItQaxat  .  —  Hes.  Op.  24 
(S7CSV  d  ovt*    Big    atpavovy    dyadii    d*    iQig   ijde    ßifo* 


Ober  Hiatoi  u.  Eüsion  etc.  i>ei  Bcmer,  v«  J.  La  Jtoehe.       179 

tol6i  für  Big  Sifsvov  0itsvSovt*,  —  Hes.  Op.  348  ovd* 
dxolQit*  av  ßovg^  sl  [i^  ysirmv  xaxog  tü^  für  ovd* 
av  ßovg  äxoXoit .  —  Hym.  II,  206  xal  Jto^nöato  ßmf^pv 
iv  aköit  dsvdQwsvti  für  ßmaov  noiijaat  ;  ebenso.  Hym. 
II,  312  xal  Jtoi^ijaats  ßmiiov  iitl  fijyfLtvi  ^ald^öijg  für 

Indem  ich  nun  diese  Stellen,  von  denen  gewiss  manche  mit 
evidenter  Sicherheit,  andere  mit  gröfserer  oder  geringerer  Wahr- 
scheinhchkeit  gebessert  sind,  der  allgememen  Begutachtung  vorl- 
iege ,  kann  ich  nicht  umhin  den  Wunsch  auszusprechen ,  dass 
Minner,  die  in  solchen  Dingen  eine  gediegenere  Kenntnis  \ani 
ein  schärferes  Urtheil  besitsen,  die  für  Homerische  Textkritik  so 
wichtige  Frage  ^<in  wie  weit  es  gestattet  ist,  an  den 
so  lange  für  unantastbar  gehaltenen  Text  der  Ho- 
merischen Gedichte  denselben  Mafsstab  der  Kritik 
anzulegen,  wie  er  bei  den  übrigen  S^^hriftstellern 
in  Anwendung  gebracht  wird,^  einmal  einer  genauen 
Erwägung  zu  unterziehen.  Denn  so  viel  darf  man  mit  Gewiss- 
heit  annehmen ,  dass  die  Werke  sämmtlicher  Schriftsteller  des 
Alterthums ,  die  wir  noch  besitzen ,  uns  getreuer  und  unver- 
fälschter überliefert  sind ,  als  die  Homerischen  Gedidite ,  gchbn 
deshalb,  weil  diese  in  eine  frühere  Zeit  hinaufreidien ,  besonders 
aber ,  weil  sie  sich  anfangs  mir  durch  mündliche  Oberlieferung 
fortgepflanzt  haben.  Dass  sie  im  Lattfe  der  Zeit  i)is  zu  den 
Alexandrinern  Änderungen  erfahren  haben,  dafür  glanbe  ich 
Beispiele  angeführt  zu  haben  ;  es  handelt  sich  nun  darum ,  in 
wie  weit  wir  zu  ändern  berechtigt  sind  und  ob  wir  überhaupt 
über  den  Text  hinawgehen  dürfen,  den  die  Alexandriniscfcen 
Grammatiker  (estgestellt  haben. 

T  r  ie  s  t.  J,  L  a  R  0  c  h  e. 


780  fiber  lateiD.  Grammatik  etc.,  v.  A.  Wükeim. 

Nachträgliches    über    lateinische   Grammatik, 

commentierte  Classikerausgaben  und  griechische 

Übungen  am  Obergymnasium. 

L 

Die  verehrliche  Redaction  macht  zu  meinem  Aufsätze  über 
die  Anordnung  des  Lehrstoffes  der  lateinischen  Grammatik  im 
7.  Hefte  S.  504  die  Bemerkung:  dass  die  von  mir  empfohlene 
Einrichtung  der  am  Untergymnasium  anzuwendenden  lateinischen 
Sprachlehren  im  Widerspruche  stehe  mit  der  Verordnung,  nach 
der  die  im  Unlergymnasium  einmal  gewählte  lateinische  oder 
griechische  Sprachlehre  für  dieselben  Schüler  bis  zum  Schlüsse 
des  Untergymnasiums  nicht  mehr  gewechselt  werden  soll-,  und 
dass  dieser  Gegensatz  gegen  eine  noch  bestehende  Verordnung 
aus  der  Überzeugung  hervorgegangen  zu  sein  scheine ,  es  könne 
nicht  dieselbe  lateinische  Grammatik  für  das  ganze  Gynmasium 
zweckmäCsig  sein. 

Der  erste  Theil  dieser  Bemerkung  betrifft  eine  Frage,  auf 
welche  in  diesen  Blättern  auch  schon  bei  anderen  Anlässen  hin- 
gewiesen wurde  und  welche  zu  wichtig  ist,  als  dass  es  nicht 
wünschenswerth  sein  sollte,  einmal  darüber  in's  Klare  zu  kom- 
men.  Es  sei  mir  daher  gestattet,   meine  Ansicht  auszusprechen. 

Schon  in  der  Verordnung  vom  17.  Februar  1854  (Gymn. 
ZtschrfL  1854,  S.  245)  heifst  es  unter  Punct  4:  <<Ein  mit  Ap- 
probation einmal  eingeführtes  Buch  darf  mit  einem  anderen,  in 
keinem  Falle  im  Laufe  des  Schuljahres  und  überhaupt  nicht  bei 
denjenigen  Schülern,  mit  welchen  an  diesem  Buche  der  Unter- 
richt nicht  geschlossen  wurde,  umgetauscht  werden,  damit  diese 
Schüler  nicht  in  die  Lage  kommen,  an  einem  Buche  den  Unter- 
richt zu  beginnen  und  die  Fortsetzungen  desselben  Unterrichtes 
an  einem  anderen  Buche  von  ein  und  derselben  Lehraufgabe  zu 
versuchen,  diejenigen  Fälle  ausgenommen,  in  denen  das  Unter- 
richtsministerium selbst  ein  solches  Buch  unbedingt  aulser  Ge- 
brauch zu  setzen  anordnen  sollte. '^ 

Ich  vermag  mich  nicht  zu  überzeugen,  dass  mit  dieser  und 
mit  der  speciel  die  Sprachlehren  betreffenden  Verordnung  vom 
10«  Juni  1854  meine  Anordnung  im  Widerspruche  stehe;  wäre 
dies  aber  dennoch,  so  würden,  da  meine  Anordnung  den  For- 
derungen des  Org.  Entw.  entspricht,  die  erwähnten  Verordnun- 
gen mit  diesen  Forderungen  im  Widerspruche  erscheinen,  näm- 
lich mit  den  Bestimmungen  des  Org.  Entw.  S.  28,  103,  104, 
108,  109,  nach  welchen  in  den  zwei  untersten  Clussen  entweder 
eine  Elementargrammatik  (Formenlehre  ohne  Syntax,  wie  ich 
hinlänglich  nachgewiesen  zu  haben  glaube)  nebst  einem  Lese- 
buche oder  ein  Elementarbuch,  und  erst  von  der  dritten  Classe 


Ober  latein.  Grammatik  etc.,  v.  A,  Wiihelm.  781 

an,  wo  der  selbständige  grammatisch-syntaktische  Unterricht  be- 
ginnt, eine  Schulgrammatik  zu  gebrauchen  ist.  So  lange  diese 
Bestimmungen  Geltung  haben,  besiehe  ich  die  Verordnung  vom 
10.  Juni  1854  auf  die  von  der  dritten  Classe  an  zu  gebrauchende 
Schulgrammatik,  weil  diese  Auslegung  den  Unterrichtsbedärf- 
nissen  entspricht,  übrigens  nicht  anzunehmen  ist,  dass  die  höchste 
Unterrichtsbehörde  die  spätere  Verordnung  erlassen  haben  wurde, 
ohne  die  frühere  aufzuheben,  wenn  zwischen  beiden  ein  Wider- 
spruch bestünde;  und  ich  glaube  für  meine  Auffassung  auch  die 
Thatsache  anführen  zu  dürfen,  dass  eine  lateinische  Grammatik, 
die  von  M.  Schinnagl,  mit  dem  b.  Hin.  Erlass  vom  5.  August 
1858  zum  Gebrauche  beim  Unterrichte  von  der  dritten  Classe 
an  zugelassen  worden  ist.  Ich  lasse  mich  jedoch  gern  belehren, 
wenn  ich  irre*). 

Was  den  zweiten  Theil  der  obigen  Bemerkung  betrilTt,  ist 
CS  wahr,  dass  ich  eine  lateinische  Grammatik  für  das  ganze 
Gymnasium,  so  sehr  ich  eine  solche  vor  einigen  Jahren  auch  in 
diesen  Blättern  für  wünschenswerth  erklärt  habe  und  noch  als 
wünschenswerth  erkenne,  nach  reiflicherem  Nachdenken  nicht  für 
erreichbar  halte,  selbst  dadurch  nichts  dass  man  in  der  Formen- 

*)  Die  im  obigen  gegebene  Auffassung  der  h.  MinisteriaU Verordnung 
vom  10.  Juni  1854  zu  vertreten,  überlassen  wir  dem  geehrten 
Hrn.  Vf.  und  begnügen  uns,  kurz  zu  bezeichnen ,  worauf  sich  die 
Bemerkung  der  Redaclion  gründet,  auf  welche  der  Hr.  Vf.  Uetug 
nimmt. 

Die  erwähnte  h.  Verordnung  vom  10.  Juni  1854  (denn  die  vom 
17.  Februar  1854  hat  für  diese  Frage  keine  entscheidende  Be- 
deutung) lautet  a.  a.  0.  S.  567:  «Zu  2  bis  7.  Wenn  im  Unter- 
gymnasium  eine  bestimmte  lateinische  oder  griechische  Sprach- 
lehre einmal  gewählt  ist,  so  darf  diSse  für  dieselben  Schüler  bis 
zum  Schlüsse  des  Untergymnasiums  nicht  mehr  gewechselt  wer- 
den.» In  dem  durch  denselben  h.  Erlass  ausgegebenen  Verzeich- 
nisse der  für  die  Gymnasien  zulassigen  Lehrbücher  sind  für  den 
lateinischen  Unterricht  im  Untergymaasium  nur  eine  für  das  ganze 
Untergymnasium  bestimmte  Grammatik  und  dazu  Sammlungen  von 
Übersetzungs-Beispielen  und  ein  Lesebuch  für  die  zweite  Classe, 
nicht  ein  für  die  beiden  ersten  Classen  bestimmtes,  Grammatik 
und  Cbungsstoff  verbindendes  Elementarbuch  genannt.  Wir  finden 
uns  daher  nicht  berechtigt,  in  dieser  Verordnung  dem  Ausdrucke 
«im  Untergymnasium'  für  den  lateinischen  Unterricht  eine 
auf  die  dritte  und  vierte  Classe  beschrankte  Bedeutung  zuzu- 
schreiben. —  Gegen  den  Org.  Entwurf,  der,  mit  bestimmten  Aus- 
nahmen, durch  das  a.  h.  Handschreiben  vom  d.  December  1854 
zu  gesetzlicher  Geltung  gelangt  ist,  steht  die  angezogene  h.  Ver- 
ordnung nicht  im  Widerspruch,  da  die  Erwähnung  eines  für  die 
beiden  ersten  Classen  zu  gebrauchenden  Elementarbuches  sich 
nicht  in  dem  Org.  Entwürfe  selbst  findet,  wie  man  nach  dem 
Citate  von  S.  ^  vermuthen  müsste,  sondern  ausschliefslich  in 
der  Instruction,  welche  ihrer  Natur  nach  nie  zur  Geltung  einer 
gesetzlichen  Verordnung  erhoben  ist. 

Anm.  d.  ^*<i, 

Zaitiehrifl   f.  d.  Sttarr.  Oymnat.  1860    X.  ll«tt.  ^^ 


7ö8  Ober  laiein.  GcammaÜk  etc.,  v.  L  U'üAe/m. 

li*hrc  die  für  höhere  Stufen  gehörigen  Bemerkungen  durch  einen 
Querstrich  von  dem  Lehrstoffe  für  die  zwei  untersten  Classen 
abgesondert  darböte^  Erscheint  aber  einmal  eine  gelungene  la* 
teinische  Grammatik  für  das  ganze  Gymnasium,  desto  besser. 
Die  von  mir  dargelegte  Anordnung  bezweckt,  von  dieser  Frage 
unabhängig,  die  Beseitigung  der  zwei  (S.  502)  angedeuteten  Hin- 
dernisse des  Unterrichtserfolges. 

Ich  erlaube  mir  bei  dieser  Gelegenheit  eine  Bemerbug 
über  das  Mals  des  Lehrstoffes  für  die  zwei  untersten  Classeo 
beizufügen.  Man  begegnete  sonst  häuGg  und  begegnet  noch  heote 
zuweilen  der  Ansicht,  das  Mafs  des  Lehrstoffes  lasse  sich,  wie 
überhaupt,  so  namentlich  bezüglich  der  lateinischen  Grammatik 
in  den  zwei  untersten  Classen  nicht  durch  eine  allgemein  nnd 
unüberschreitbar  einzuhaltende  Grenze  bezeichnen;  es  komme  auf 
die  Bedürfnisse  der  Schüler  an,  und  man  müsse  es  dem  Lehrer 
überlassen,  die  Grenze  jetzt  enger,  jetzt  weiter  zu  ziehen«  Wohin 
diese  Ansicht  fähren  kann  und  führt,  ist  bekannt;  auch  braucht 
kaum  erinnert  zu  werden,  dass  durch  genaue  Begrenzung  der 
richtig  bemessenen  Unterrichtsaufgabe  die  Freiheit  des  Lehrers 
in  Berücksichtigung  der  Bedürfnisse  der  Schüler  durchaus  nickt 
beschränkt  wird.  Ob  man  den  Umfang  des  lateinischen  Lehr- 
Ktoffes  für  die  zwei  untersten  Classen  um  ein  weniges  erweitere 
oder  um  ein  weniges  beschränke,  mag  an  sich  gleiobgiltig  sein ; 
dass  aber  für  jene  Partien,  welche  streng  zur  Unterrichtsauf- 
^be  gehören,  eine  aligemein  einzuhaltende  Grenze  gesogen  wer- 
den muss^  wird  Jeder  zugeben ,  der  Übereinstimmung  der  Gym- 
nasien in  dieser  Beziehung  für  wünschenswerth  und  Verhütung 
von  Verirrungen  über  das  Ziel  hinaus  für  nothwendig  hält.  Da- 
gegen wird  ein  Mehr  oder  Weniger  bezüglich  jener  kurzen  Be- 
merkungen, welche  aus  Anlass  einzelner  Übungsstücke  beizu- 
fügen sind,  aber  nicht  zur  strengen  Lernaufgabe  gehören,  daher 
auch  nicht  nothwendig  sämmilich  gemerkt  werden  müssen ,  ohne 
Bedenken  gestallet  werden  können. 

IL 

Die  Frage  über  die  Zulässigkeit  commcntierter  Clas- 
sikerausgaben  ist  insofern  ohne  praktische  Bedeutung,  als 
Hilfsmittel,  schlechte  wie  gute,  so  lange  es  solche  gibt,  bei 
der  Jugend  oder  einem  Theüe  derselben  stets  Aufnahme  und 
Benutzung  finden  werden.  Nach  meiner  Überzeugung  können 
dieselben,  zweckmäfsig  eingerichtet  und  richtig  gebraucht,  nur 
vorzüglichen  uud  strebenden  Schülern  von  Nutzen  sein  (6.  Heft* 
S.  429).  ' 

Hr.  Pr.  Vielhaber  findet  in  dem  Satze  S.  428:  «Die  Ur- 
sachen der  Schwierigkeiten,  die  sich  dem  ungehemmten  und 
sicheren  Erfolge  der  Leetüre  entgegenstellen,  sind  nirgends  an- 
ders zu  suchen  als  entweder  in  unrichtiger  Behandlung  der  Prä- 


Ober  lateiD.  Gfanmialik  elo.y  t,  A.  fM/leii9^  t8% 

paration  oder  in  fehlerhafter  Behandlung  der  Leetüre  oder,  was 
am  häufigsten  der  Fall  sein  wird,  in  beiden,^  ein  hartes  Unheil 
über  die  Lehrer  ausgesprochen  (7.  Heft,  S«  681).  Ich  erkläre 
gern,  dass  beim  NiederschreitK«  jenes  Satzes  die  Angabe  der 
Voraussetzung,  unter  welcher  er  richtig  ist,  in  der  Feder  ge- 
blieben ist.  Er  ist  richtig  unter  der  Voraussetzung  völliger 
Reife  der  Schüler  für  die  Stufe  und  namentlich  vollkommen 
zureichetider  Sprachkenntnis»  Wo  diese  Voraussetzung 
fühlt,  yrird  wirkliche  Lust  bei  den  Schölem  wid  ehi  vollständig 
entsprechender  Erfolg  durch  keine  Anstrengungen  der  Lehrer 
und  durch  keinerlei  Hilfsmittel,  demnach  auch  nicht  durch  Dar- 
t^ietung  commentierter  Ausgaben  erzielt  werden  können.  Ist  aber 
die  Voraussetzung  vorhanden ,  dann  genügen  nackte  Texte  und 
als  Hilfsmittel  zur  Präparation  Wörtenmch  und  Grammatik  gar 
wohl.  Wir  hatten  ja  vor  einigen  Jahren  durchaus  nackte  Texte^ 
und  auch  heute  haben  wir  nur  zu  vier  DialogAi  von  Plato  In- 
haltsangaben und  Noten,  zu  Horatius  (leider!)  Inhaltsangahen, 
während  für  alle  anderen  Schulelassiker ,  Sophokles  etwa  alisge* 
nommen,  den  manche  Schüler  fn  der  Ausgabe  Von  Scbneidewin 
besitzen ,  nackte  Textausgafoen  (für  die  Reden  des  Demosthente 
eine  Aufgabe  mit  Einleitungen)  gebraucht  werden.  Man  kann 
sich  durch  eigene  Anschauung  übefzevger!,  dass  gut  geleitete 
Schüler  aus  Sophokles,  Demoelhenes,  FIftto,  Virgilius,  Iforatius, 
Tacitus  nach  verhältnismäfsig  vorgerückleir  Schullectüre  vorg««» 
legte  Stellen,  beziebongsweise  Oden,  versieht  sich  nicht  aHna 
schwierige,  zur  Befriedigung  aus  dem  Stegreife  zu  übersetze» 
und,  was  sich  ebenfalls  von  selbst  versteht ,  nach  Sinn  und  Zü-^ 
samraenhang  zu  erklären  wissen.  Diese  Leistungen  —  und  dabei 
wird  man.  sollte  ich  meinen,  kein  Verlangen  tragen  nach  einer 
Schule,  wie  äie  S.  522  als  die  beste  bezeichnet  wird  -^  beweisen 
wenigstens  so  viel,  dass  oonimentierte  Ausgäben  nicht  noth-^ 
wendig  sind,  wenn  man  auch  von  den  Gründen,  welche  gegen 
dieselben  sprechen,  abseben  vriü. 

Wenn  es  wahr  wäre,  dass  die  Stelle  in  Hör.  c.  I,  2,  38 
quem  iun0t  ctmfnor  gaieaegue  lete$  acer  et  MawH  peäiU»  emefh' 
tum  TUÜU9  in  Msiem  kein  Schüler  verstehe,  dann  würden  dem 
tiefer  liegenden  Cbel  auch  commentierte  Ausgaben  nicht  abhelfen, 
und  die  heutigen  Schüler  der  achten  Classe  niedriger  stehen  als 
die  der  ehemaligen  sechsten,  unter  denen  wenigstens  die  besse- 
ren in  ähnlichen  Sätzen  keine  titAberwindlichen  Schwierigkeiten 
fanden.  Aber  die  heutigen  Schüler  der  aehten  Classe  wissen 
sich,  wenn  nicht  etwa  die  obige  Voraussetzung  fehlt,  auch  bei 
noch  schwierigeren  Stellen  ohne  Nachhilfe  zurechtzufinden. 

Da.^,  wenn  in  einer  Ausgabe  dieses,  ih  einer  anderen  jenes 
erklärt,  und  bier  dieses,  dort  jenea  übergangen  ist,  die  Noten 
in  beiden  Ausgaben  entbehrt  werden  können,  ist  eine  Be^ 
haufptung,   die  durch  das  S.  591  Gesagte  ti\«i\  viV^-^xV^X  ^Vt^ 


784  Ober  Utein.  Grammalik  ete.i  v.  A.  Wilhelm. 

und  mit  dem  dort  angefahrten  Schlosse,  auch  abgesehen  toi  der 
Frage  wegen  ihrer  Richtigkeit  oder  Unrichtigkeit,  nichts  femeia 
hat.    Alle  Noten  sind  entbehrlich,  welche  nicht  unbedingt  nolli- 
wendig,  sondern  nur  unter  Voraussetzung  bestimmter  besondtrar 
Fälle  branchbar  sind ,  in   denen  die  Erklärung  dem  mündlickM 
Unterrichte  zusteht.    Dass   ein   für  die  Öffentlichkeit  bestimmter 
Commentar   «unter  dem  Eindrucke  einer  bestimmten  Schfil««rl 
geschrieben'^  sei  und  der  Lehrer  aus  mehreren  für  Schüler  ge- 
schriebenen (Kommentaren  den  zu  wählen  habe,  dessen  StandponcI 
dem  seiner  Schüler   am  nächsten  steht ,   sagt  wenig.     Für  jede 
Unterrichtsstufe  wird  von   den  Schülern  ein   gewisses  Haft  tq« 
Bildung  und  Wissen  gefordert«    Dass  zur  Leetüre  eines  Scfcrifl- 
steliers  bei  den  Schülern  die  erforderliche  Geistesreife  und  sichere 
Sprachkenntnis,  ohne  welche  der  Schriftsteller  nicht  gelesen  wer- 
den könnte,  vorausgesetzt   werden   muss,  ist  oben   angedeutet 
worden ;  und  was  unter  dieser  Voraussetzung  die  Schüler  wi»en 
oder  finden  können  und  sollen,   lässt  sich   allgemein    beetimmea 
und  gehört  nicht  in  Commentare.  Sollen  aber  auch  die  specieUea 
Bedürfhisee  der  Schüler  in  Commentaren  berücksichtigt  werden, 
so  ist  es  gar  m'cht  möglich,  dass  ein  Commentar  für  eine  Classe 
ausreiche;    denn  er  wird  für  einen  Theil  der  Schüler  ra  viel, 
für  einen  anderen  zu  wenig  enthalten. 

Wenn  ich  in  einigen  von  den  S.  680  angef&hrten  comuieQ- 
tierten  Ausgaben,  die  mir  zur  Hand  sind,  nachblättere,  wenn  ich 
ferner  in  Recensionen  anderer  ahnlicher  Ausgaben  lese,  es  werde 
noch  hier  diese,  dort  jene  Note  vermisst:  so  frage  ich  mich 
vergebens,  was  doch  die  Schüler  lernen,  für  die  man  solche 
Dinge  unter  den  Text  setzt  und  denen  man  nicht  die  Fähigkeit 
zutraut,  nahe  liegende,  ja  ganz  gewöhnliche  Beziehungen  selbst 
zu  erkennen  oder  durch  Nachdenken  aufzufinden?  Wenn  aus 
den  Lehrbüchern  auf  die  Schuler  und  aus  den  Commentaren  auf 
die  Leistungen  der  Commentare  zu  schliefsen  ist,  so  hegt  in  den 
commentierten  Ausgaben  selbst  keine  Empfehlung  derselben. 

Ich  fuge  noch  eines  bei:  der  Lehrer  soll  stets  mit  einer 
nackten  Textau^gabe  in  der  Schule  erscheinen  oder  höchstens, 
wenn  eine  commentierte  Ausgabe  sich  in  den  Händen  der  Schü- 
ler befindet,  mit  dieser. 

III. 

Gegen  die  von  mir  S.  489  allgemein  angedeutete,  von  Hrn. 
Dr.  K.  Schenkt  S.  614  nicht  gut  gebeifsene  Einrichtung  eines 
Aufgabenbuches  für  grammatische  Übungen  im  Grie- 
chischen am  Obergymnasium  lässt  sich  schwerlich 
etwas  erhebliches  einwenden.  Nach  einem  bestimmten  Plane  ist 
doch  ein  solches  Aufgabenbuch  anzulegen  und  für  diesen  Plan 
kann  wol  nichts  anderes  malsgebend  sein  als  die  Rücksicht  auf 
die  einzuübenden  Re^^ln.    Sdi^n  wir  \a  sogar  für  die  lateinischen 


über  latcln.  Grammatik  etc.,  v.  A.  Wliheim.  785 

Übungen  in  der  ersten  Abtheilung  des  zweiten  Theiles  von 
Süpfle's  Aofgabenbach  (fär  die  fünfte  Classe)  diesen  Grundsatz 
befolgt,  nur  dass  die  Aufgaben  in  zusammenhangenden  Stücken 
bestehen,  während  für  die  griechischen  Obungen  bis  zur  Volten- 
dung der  fraglichen  grammatischen  Partien  mit  Rücksicht  auf 
die  Vorbildung  der  Schüler  vorherrschend  einzelne  Beispiele,  die 
nicht  nothwendig  durchaus  in  kurzen  Sätzen  bestehen  müssen, 
sich  empfehlen.  Auf  eine  ähnliche  Einrichtung  weist  auch  die 
Inhaltsangabe  des  Aufgabenbuches  zum  Übersetzen  in*s  Grie- 
chische von  Dr.  G.  Böhme  (Leipzig,  Teubner  1869)  hin.  Und 
dabei  ist  nicht  zu  übersehen,  dass  an  den  Gymnasien^  für  welche 
dieses  Aufgabenbuch  geschrieben  ist,  die  Forderungen  im  Grie- 
chischen höher  gestellt  sind  als  bei  uns. 

Die  Übungen  sind  sowol  schriftlich  als  mündlich  vorzu- 
nehmen. Zu  schriftlichen  Übungen  im  Lateinischen  wurden  meines 
Wissens  anfänglich  und  durch  mehrere  Jahre  in  der  Regel  Auf- 
gaben aus  den  zugelassenen  Übungsbüchern  gewählt.  Als  die 
Übungsbücher  durchgemacht  waren,  fieng  man,  weil  die  Hefte  sich 
vererbten,  hie  und  da  an,  die  Aufgaben  namentlich  zu  Compo- 
sitionen  theils  selbst  zu  verfassen,  theils  anderen  Büchern  zu 
entnehmen.  Den  Schülern  ihre  Hefte  nach  dem  Schlüsse  des 
Schuljahres  wegzunehmen,  schien  einerseits  hart,  zumal  da  manche 
Schüler  ihre  Arbeiten  gern  aufbewahren;  anderseits  wurde  da- 
durch dem  Vererben  der  Hefte  doch  nicht  vorgebeugt  worden 
sein,  da  solche  Schüler,  welche  ihre  Arbeiten  einzelnen  ihrer 
Nachfolger  zu  hinterlassen  beabsichtigen,  auch  ein  zweimaliges 
Abschreiben  nicht  scheuen.  Die  lateinischen  Übungsbücher  wer- 
den, ich  will  nicht  behaupten  überall,  hauptsächlich  zu  münd- 
lichen Übungen  benutzt. 

Vor  einigen  Jahren,  da  die  Frage  bezüglich  besserer  Lei- 
stungen im  Lateinischen  Gegenstand  besonderer  Aufmerksamkeit 
war,  konnte  man  häufig  die  Aulserung  vernehmen,  es  mochte  die 
Zahl  der  Compositionen  vermehrt  werden;  weniger  sei  an  den 
Pensen  gelegen,  deren  Zahl,  da  sie  ohnehin  meist  unselbständige 
Bearbeitung  verriethen ,  zur  Ausgleichung  verringert  werden 
könne.  Die  Malsregel  hatte  dort,  wo  sie  durch  einige  Zeit  ver- 
sucht wurde,  wie  vorauszusehen  war,  nicht  den  erwarteten  Er- 
folg* Wenn  die  schrifllichen  Arbeiten  nicht  entsprechen ,  kann 
nicht  schlechthin  durch  Vermehrung  der  Aufgaben  abgeholfen 
werden;  die  Ursache  des  Übels  liegt  dann  jedenfalls  in  mangel- 
hafter Vorbildung  der  Schüler,  sei  es  dass  die  Unterrichtsauf- 
gabe nicht  in  jeder  der  vorausgegangenen  Classen  mit  vollstän- 
digem Erfolge  vollendet  wurde  oder  dass  sich  der  Unterricht  in 
jeder  Classe  nur  hauptsächlich  auf  die  Classenaufgabe  beschränkte 
und  es  unterliefs,  das  Gelernte  durch  kurze  und  treffende,  so- 
wol gelegenheitliche  als  absichtliche  Rückblicke  zu  sichern  und 
zu  befestigen.  Aus  Mangel  an  zureichender  Vorbildung  entft^ü^ 


784  Ober  latßio..  QraaKPatiJi  oic.,  v.  i.  WUMm. 

weh  das  Streben  mch  Benutzung  fremder  Arbeiten  bei  den  In»- 
ttohen  Aufgaben^  Wie  ungemein  wichtig  die  häuslichen  Aurgaben 
eind,  und  wie  gegen  das  Abschreiben  und  die  Benutzung  frem* 
der  Arbeiten  bei  denselben  zu  wirken  ist,  weils  jeder. 

Damit  die  schriftlichen  Übungen,  im  Lateinischen  wie  im 
Griechischen,  mit  einem  den  berechtigten  Erwartungen  entspre* 
ehenden  Fortgange  und  Erfolge  vorgenommen  werden  können, 
mössen  die  Schüler  für  dieselben  durch  den  gesammten  Unterrichl 
und  namentlich  auch  durch  Aneignung  sicherer  Fertigkeil  in 
richtigem  Obersetzen  gewöhnlicher  Sätze  mittels  zweckmäkiger 
mündlicher  Übungen  gehörig  vorbereitet  sein.  Ist  diese  Yorbe* 
xeitung  nicht  in  zureichendem  Mafse  vorhanden,  so  iU^ersteigi 
die  Aufgabe  die  KraftQ  der  Schuler.  Was  die  Folgen  davon 
sind,  ist  bekannt;  es  ist  dies  dann  der  gleiche  Fall,  wie  wenn 
ift  eiuer  Oasse ,  die  nur  für  Xenophon  und  Homer  nolhdürflig 
vort)ereitet  ist,  Demoslhenes  und  Sophokles  gelesen  werden«  Die 
Leistungen  bssen  sich,  wenn  die  Bedingungen  dazu  nicht  vor- 
banden sind,  Biem  erzwingen,  und  der  Lehrer  piagl  sieb  und 
martert  die  ßchuler  umsonst. 

Dasselbe  gilt  von  Am  in  gleicher  Höhe  mit  den  achrift- 
liehen  Übungen  gehaltenen  mQndlichen  aus  Aufgabenbücbem. 

Die  Aufgaben  zu  schriftlichen   Übungen   im    Griechischen 

fibt  der  Lehrer  nach  den  Bedürfhissen  seiner  Schüler.  Er  mag 
azu  auch  ein  Au(gabenbuch  benutzen,  wenn  ihm  dasselbe  die 
dem  Standpuncle  seiner  Schüler  angomesscnen  Aufgaben  dar- 
bietet. Aber  neben  diesen  schriftlichen  Übungen  sind  solche 
mündliche  oothwendig^  welche  auf  Erlangung,  Förderung  und 
Bewahrung  der  unerlässlichen  Sicherheit  in  sogleich  ferti- 
gem richtigen  Übersetzen  jeder  vorgelegten  Form  und  jedes  vor- 
gelegten verhältnismafsig  nicht  allzu  schwierigen  Satzes ,  von 
Leichtem  zu  Schwierigeren  fortschreitend^  abzielen;  vi^eil  die 
Schuler,  einzelne  vorzügliche  etwa  ausgenommen,  diese  Sicherheit 
nicht  in's  Obergymnasiuni  mitbringen  und  die  erlangte  wieder 
verlieren,  wenn  sie  nicht  in  dieser  Richtung  fortwährend  weiter 
geübt  werden.  Und  für  diese  mündlichen  Übungen  bietet,  nicht 
nur  was  Erfolg,  sondern  auch  was  Sprachrichtigkeil  betrifft, 
den  angemessensten  Stoff  die  Lectüre.  Dabei  wird  es  niemanden 
einfallen,  anzunehmen,  dass  (S.  511)  ^^alle  Schüler  einer  Classe 
ein  ganzes  Übungsstück  ohne  alle  schriftliche  Aufzeichnung  im 
Kopfe  behalten'^  sollen.  In  jeder  Classe  befuidet  sich  eine  Tafel, 
und  dass  diese  beim  Unterrichte  im  Griechischen  nicht  blofe  am 
Untergymnasium,  sondern  auch  durch  alle  Classen  des  Ober- 
gymnasiums nach  Erfordernis  benutzt  werden  muss,  auch  ohne 
aUen  Zeitverlust  benutzt  werden  kann,  ist  bekannt» 

Die  Forderung  (S.  488),  dass  man,  was  der  Unterridit  zu 
geben  hat,  den  Schülern  nicht  in  Büchern  darbieten  soll,  ist 
vollkommen  richtig,  und  das  S.  513  Gesagte   i6teht  mit  ihr  in 


Obe  r  tectore  der  Clessiler  ti.  8.  Vf.,  y,  Si,  Ckaiata,         78V 

keinem  Zugammenhange.  Der  Unterricht  hat  z.  B.  die  Erklärung 
za  dem  Lehrbuche  zu  geben,  die  sich  nach  den  Bedürfnissen  det 
Schüler  richtet;  ist  den  Schülern  das  im  Lehrbuche  Stehende 
ohne  Erklärung  versländlich,  so  hat  der  Unterricht  nichts  weiter 
zu  geben,  sondern  nur  das  im  Lehrbuche  Vorhandene  zu  benutzen. 

Unabhängig  von  der  behandelten  Frage  ist,  was  noch  be- 
merkt werden  muss,  dass  nämlich  Pensa  nicht,  wie  S.  509  an« 
gedeutet  wird,  ^<für  mehrere  Wochen»  aufzugeben  sind.  Im  Org. 
Entwürfe  heifst  es :  «alle  1 4  Tage ,  alle  8,  4  Wochen ;»  nicht 
auf  oder  für  14  Tage,  8,  4  Wochen.  Eine  längere  Zeit  zur 
Bearbeitung  einer  häuslichen  Aufgabe  zu  gestatten,  als  die  von 
einem  oder  einigen  Tagen,  ist  nicht  räthlich,  den  Fall  ausge- 
nommen, wenn  die  Schüler  zur  Erlangung  des  Stoffes  für  einen 
Aufsatz  auf  eine  Leetüre  hingewiesen  werden,  welche  mehr  Zeit 
erfordert. 

Krakau.  A.  Wilhelm. 


Über  die  Ordnung  der  Lecture  der  Prosaiker  und 
der  Dichter  am  Gymnasium. 

In  welcher  Ordnung  in  einer  Glasae  des  Gymnasiums  die 
Prosaiker  und  Dichter  gelesen  werden,  ist  eine  für  die  Didaktik 
am  Gymnasium  nicht  unwichtige  Frage.  Während  natürlich  alle 
darüber  einig  sind  oder  doch  in  der  Hauptsache  übereinstimmen, 
was  Zweck  der  Leetüre  ist,  herrscht  in  den  Mitteln^  deren  man 
sich  zu  dessen  Erreichung  bedient,  ziemlich  viel  Mannigfaltigkeit. 
Diese  wird  auch  so  lange  bestehen,  als  es  Individuen  gibt,  und 
kann  zur  völligen  Einförmigkeit  nie  gebracht  werden.  Doch  finden 
sich  unter  den  einzebien  Mitidn  auch  solche  Unterschiede  der  Zweck- 
mälsigkeit,  die  von  der  Individualität  unabhängig  auf  objective 
Geltung  Anspruch  haben.  Auf  solche  Gesichtspuncte  in  Betreff 
der  obigen  Frage  hinzuweisen,  am  dadurch  Verständigung  zu 
erreichen,  ist  die  Absichl  der  nachfolgenden  Bemerkungen. 

Die  thatsäohiiche  Praxis  an  unseren  Gynmasien  ist  eine 
ziemlidi  verschiedene.  An  manchen  Gymnasien  besteht  der  Brauch, 
dass  man  den  Prosaiker  das  ganze  Jahr  hindurch  in  einer  Classe 
liest,  und  etwa  eine  oder  zwei  Stunden  in  der  Woche  dem  Dich- 
ter widmet;  an  anderen  ist  die  empfohlene  Einrichtung,  dass, 
wenn  man  etwa  mit  einem  Dichter  begmnt,  die  Leetüre  desselben 
durch  ungefähr  drei  Monate  ununterbrochen  fortgesetzt  wird, 
darauf  die  Leetüre  des  Prosaikers  kömmt,  welche  bis  zum 
Schlüsse  des  ersten  Semesters  dauert,  im  Anfange  des  zweiten 
und  weiter  eine  Zeidang  fortgeführt  wird  und  man  gegen  Ende 
wieder  zu  der  unterbrochenen  Lecture  des  Dichters  übergeht. 
Wie  viele  Combinationen  man  sonst  noch  hat,  weils  ich  nicht, 
und  es  bleibt  mir  nur  noch  der  allereinfachste  We^  itsl  ^t^^^- 


766  Ober  Lectiire  der  Qassiker  u.  8.  w.,  y.  St,  CkoUam. 

nen,  semesterweise  die  Lectiire  des  Prosaikers  und  Dichters  zu 
treiben,  oder  wenigstens  das  durchzunehmende  Pensum  in  einen 
Zuge  abzuthun. 

Was  die  erste  Weise  anbelangt,  so  ist  nicht  einzuseboi, 
warum  denn  der  Dichter,  wenn  man  ihm  nur  eine  Stunde  wöchent- 
lich gibt,  gegenüber  dem  Prosaiker  so  stiefmütterlich  bebandelt 
wird.  Das  Gesetz  bietet  dafür  keinen  Anhaltspunct,  die  Lecture 
des  Dichters  und  Prosaikers  soll  einen  gleichen  Zweck  verfolgen 
und  es  hat  der  Dichter  nicht  unter,  sondern  neben  dem  Pro- 
saiker zu  stehen  und  einen  gleichen  Beitrag  zur  Bildung  des 
Schülers  zu  liefern.  Dass  die  subjective  Ansicht  des  Lerere 
bald  dem  Prosaiker,  bald  dem  Dichter  in  betreff  des  Bildongs» 
elementes  den  Vorrang  zusprechen  wird,  lasst  sich  leicht  cfenken, 
aber  dies  ist  Privatsache  so  lange,  als  allgemein  irgend  ein 
Princip  Geltung  hat.  Der  Nachtheili  der  mit  einer  solchen  Ein- 
richtung des  Unt^richts  verbunden  ist,  spricht  auch  gegen  diese 
Praxis*  Nur  ein  continuierlicher  Unterricht  vermag  das  ange- 
strebte Ziel  zu  erreichen,  die  Unterbrechung  rückt  den  Erfolg 
in  die  Ferne  und  macht  denselben  problematisch.  Denn  nicht 
eines  jeden  Gedächtnis  hat  eine  solche  Starke,  um  das,  was 
blofs  für  eine  Stunde  der  Woche  gelehrt  und  gelernt  vnirde, 
für  die  entsprechende  der  nächsten  zu  behalten.  Eine  länger 
dauernde  Wiederholung  des  früheren  bleibt  somit  bei  dieser  Un- 
terbrechung immer  nolhwendig,  soll  der  Unterricht  nicht  illu- 
sorisch werden.  Man  bedenke  also  den  unnölhigen  Zeitverlust 
und  die  den  Fortschritt  hemmende  zweckwidrige  Wiederholung 
der  Anstrengung  der  Kräfte  des  jungen  Menschen  für  einen  und 
denselben  Gegenstand  des  Lernens.  Und  hat  man  sich  mit  einer 
oberflächlichen  anscheinend  übersichtlichen  Angabe  des  Inhaltes 
des  früheren  begnügt,  so  wird  in  mancher  Beziehung  der  enge 
Zusammenhang  zwischen  den  einzelnen  Partien  vergessen  oder 
nicht  gehörig  gewürdigt,  die  Frische  und  Lebendigkeit  in  der 
Anschauung  des  ganzen  verwischt.  Die  Mängel  im  Erfolg  können 
nicht  ausbleiben.  Eine  schwankende  Auffassung  des  ganzen  muss 
eintreten,  der  Totaleindruck  desselben  geht  verloren.  Und  weil 
der  Schüler  in  der  Überzeugung  lebt,  den  Gegenstand  gelernt 
zu  haben,  macht  sich  in  ihm  auch  die  Meinung  geltend,  ihn  zu 
wissen,  und  daher  trägt  ein  solcher  Unterricht  nicht  wenig  dazu 
bei,  den  ohnehin  unter  der  Jugend  vorhandenen  Wissensdunkel 
zu  befordern,  der  auf  ihre  weitere  Entwickelung  und  ihren  ganzen 
Charakter  einen  so  schädlichen  Einfluss  übt.  Besser  geht  es 
schon  bei  zwei  oder  bei  der  Hälfte  der  Stunden,  aber  auch  dies 
scheint  mir  für  den  nothwendigen  Erfolg  im  Unterricht  dee  Clas- 
sikers  einer  fremden  Sprache  nicht  auszureichen.  Man  verweise 
hier  nicht  etwa  auf  die  Muttersprache  oder  einen  anderen  Ge- 
genstand, z.  B.  die  Naturgeschichte.  Das  sind  andere  Gebiete 
und  die  hierin  befolgten   Grundsätze  haben  Geltung  für  diese. 


Ober  Leoliire  der  CiaMiker  u.  s.  w.,  t.  SL  CkoUna.  im 

Oder  will  man  vieUeicht  durch  die  obige  Einrichtung;  bei  der 
Leetüre  der  Classiker  dem  Unterricht  eine  gröbere  Abwechselung 
geben,  und  hiemit  Reiz  zum. Lernen  wecken?  Eine  solche  Auf- 
fassung yergisst,  dass  sie  dem  gedeihlichen  Erfolg  nur  eine 
Klippe  mehr  in  den  Weg  stellt.  Die  Concentration  des  Unter- 
richtes ist  in  letzter  Zeit  eine  Lebensfrage  unserer  Anstalten  ge- 
worden, und  nicht  mit  Unrecht.  Alles  nun,  was  diese  zu  stören 
geeignet  ist,  muss  beseitigt  werden.  Nebstdem,  dass  die  sich 
entfallende  Wissenschaft  in  sich  ziemlich  viel  Wechsel  enthält,, 
bieten  die  an  unserem  Gymnasium  gelehrten  Gegenstände  des 
Mannigfaltigen  in  entsprechendem  MiSse,  und  würde  eine  Ver- 
mehrung desselben  über  das  gebührende  hinausgehen.  Selbst 
gegen  Kleinigkeiten,  die  auf  diesem  Gebiete  sich  Geltung  ver- 
schaffen wollten,  muss  man  sich  sorgsam  verwahren  und  auch 
den,  manchen  vielleicht  nidit  gar  zu  grols  erscheinenden  Unter- 
schied zwischen  dem  Prosaiker  und  Dichter  einer  Sprache  iu; 
dieser  Beziehung  nicht  als  gering  ansehen. 

Die  zweite  Vfe;)»^  hat  etwas  vortheilhafleres  gegen  die  erste, 
allein  auch  sie  entspricht  nicht  den  Forderungen  der  Didaktik 
an  unseren  Gymnasien.  Denn  auch  sie  unterbricht  den  Unter- 
richt und  lässt  nur  einem  Thelle  Recht  widerfahren,  während 
der  andere,  sei  es  nun  die  Leetüre  des  Dichters  oder  Prosaikers, 
an  dem  angegebenen .  Dbel  leiden  muss.  Es  wird  immer  eine 
geraume  Zeit  nöthig  sein,  bis  der  Schüler  in  der  neuen  Arbeit 
sich  wieder  zurechtfindet. 

Am  vortheilhaftesten  stellt  es  neh  somit  heraus,  denjenigen 
Theil  des  Dichters  oder  Prosaikers,  den  man  in  einer  Classe  zu. 
lesen  gedenkt,  in  einem  Zuge  durchzunehmen.  Diese  Weise 
theilt  mit  den  früheren  keinen  ihrer  Nachtheile  und  muss  ihnen 
gegenüber  vom  didaktischen  Standpuncle  aus  als  die  allein  be- 
rechtigte angesehen  werden.  Ist  es  nämlich  nach  Locke's  Be- 
merkung ein  Kunstgriff  der  Gelehrsamkeit,  einerlei  auf  einmal 
lange  zu  treiben ,  so  ist  es  auch  im  Gymnasialunterricht  bei  der 
Leetüre  der  Classiker  nicht  minder  ein  guter  Griff,  diejenige 
Zeit,  die  einem  Classiker  gewidmet  werden  kann,  ununterbrochen 
ihm  zuzutheilen.  Der  tüchtigsten  Männer  Beispiele  bestätigen  es, 
wie  viel  man  in  einem  Wissenszweige  zu  leisten  vermag,  mit 
dem  man  sich  eine  Zeitlang  vornehmlich  beschäftiget,  und  das 
Gymnasium  soll  in  seiner  Weise  diesem  Grundsatz  gerecht 
werden.  Wie  derselbe  in  betreff  der  Menge  der  Gegenstände 
durchzuführen  sei,  dies  richtet  sich  nach  der  Verschiedenheit 
des  Principes  beim  Unterricht  und  wird  sich  auch  schwerlich 
überall  auf  gleiche  Weise  entscheiden;  in  betreff  der  von  mir 
besprochenen  Frage  aber  kann  man  zur  Einigkeit  gelangen,  so- 
bald man  nur  die  Gesichtspuncte  gehörig  würdiget,  die  hiebe! 
in  betracht  kommen,  und  die  Nachtheile  erwägt,  welche  bei  den 
1)eiden  ersten  Wegen  sich  herausstellen.  Der  wesenlUclÄU  ^^^V 


aber  bd  den  ab  eiaztg  richlig  bezeidmeten  Wege  ist  die  Sleiig - 
keil  des  Unlorrichtes  und  die  mr  auf  diesem  Wege  moglicbe 
S<riiditflt  in  Erwerbung  des  Wiesene^  womit  kein  etwaiger  Rdz 
dee  Wechsels  sich  messen  kann. 

Es  sei  mir  hier  auch  verstattet,  in  betreff  der  Lectöie 
noch  auf  einen  anderrn  Punct  au&nerksam  zu  machen.  Die 
Leetüre  hat  nämlich  neben  dem  allgemeinen  auch  den  Neben- 
aweck,  den  Schuler  historisch  zu  bilden.  Er  sott  in  des  Geist 
des  Schriftstellers  and  dadurch  la  den  seiner  Zeit  dringmi ,  er 
soll  den  ganzen  Charakter  des  Amtors  and  hiemU  die  6mnd- 
brgen  der  weiteren  Bildungsgeschichte  erkennen.  Dies  geediiehl 
mm  durch  das  Studiuns  des  unverkärzten  SchriftslellerB,  das 
Gegentheil  muss  nothwendig  eine  nur  mangelhafte ,  wdl  onroil- 
altodige  Kenntnis  hervorbringen.  Und  darum  muss  der  Sdurifl- 
steiler  audi  abgesehen  daTon^  dass  eine  Terkurzung  desselben 
an  sich  eine  nicht  zu  rechtfertigende  Gewalt  ist ,  die  man  ihm 
anthut,  in  den  vorzunehmenden  Partien  ganz  geleäen  werden. 
WUt  man  aber  einmal  aus  besonderen  Gründen  aus  purgierten 
Ausgaben  lesen ,  sa  aoilte  man  dock  nicht  in  der  Schule  dnen 
noch  kleineren  Auszug  machen,  als  manche  dieser  Amgidien 
ohnehin  aus  grofser  Ängstlichkeit  darbieten.  Wenn  man  x.  B. 
der  Ansichi  wire,  dass  aus  Virgil  in  unserer  verkürzten  Aus- 
gabe statt  drei  oder  vier  Bücher  z«  lesea,  Auszüge  aus  aUen 
zwölf  gelesen  werden  könnten ,  so  Uelse  das  eine  Verflachuag 
des  Unterrichtes  herbeiführen,  und  bekundete  ein  Streben  nach 
Universalität,  das  als  Versündigung  an  der  Jugend  sich  bitter 
riehen  würde. 

K  r  a  k  a  u.  Steph.  C  h  o  1  a  v  a« 


Zweite  Abtheilung. 


I^itenurlsehe  AnKigen. 

Pkifottrßle^  tr^iUi  mr  Im  Gymma9Hqu0y  UsotU  gre^  aeeompOfni 
if  une  iraäucifon  m  r$gard  €i  de  note^par  €k.  i^arem^er^^^ 
miioMcairg  de  ia  ölöüolAigua  MazariMe,  Park,  Didoi,  i89S. 
gr.  8.  (XX!V  XL,  100  S.)  —  1  fl,  98  lu^»  ö.  W. 

PhiloMlrate  »ur  Ia  Oymnastique  ^  ouvraf^  decouverl^  carrigiy 
iradaii  en  pranfMii^  ei  pubiiä  potßr  lapremlire  foUpar  Minoide 
Mpnas,  ottteur  de  phuteurs  auürapeit  chepaifer  de  P  ordre  Im^] 
p&iHi  de  ia  i^ai%  d*  ktmneur,  (Mit  gegeouberstehendMii  griechi-^ 
sehen  Titel  und  der  basondenen  AufectiriA:  MofotSf^  Mlivjt^  «v^if^ 
nivmv  ZQ  jB.)  PariM,  ffector  Baesimge  e$  fi(s,  i^Sß.  qf,.  8.  4UYlit 
u,  143  S.)  —  2  ft  40  kr.  tt.  W. 

Dt  PhilQslrßti  UbeUß  w^^l  yvfkva^ux^^  r^eena  reperla  »eripmitf 
C,  J,  C^tieli  lUMÜmi  ßaUivorum^  S,  J^  §riU^l8S4l.  gr.  8.  ioaS> 
—  1  fl.  li  kr.ö.  W. 

Gar  manche  Werke  der  grieohisehen  Literatttr,  wefohe  bisher  fir 
immer  yerloren  gaRen,  bat  gerade  die^iieiteste  Zeit  wieder  an  dat  Tages- 
Rcbt  zurückgebraebt.  Feb  brauche  in  dieser  Hinstcbt  nur  a»  den  so 
wichtigen  Fund  der  Reden  des  Hypereides  su  erinnern,  welche  uns  bei- 
nahe wunderbarerweise  in  einer  Katakombe  Thebens  erhaRen  wordev 
sind.  Mit  Recht  komte  8ofaneidewin  in  seiner  Ausgabe  der  beiden  Reden 
für  Euxenippos  und  Lykophron  (Oöttingen,  1853,  Praef.  p.  VII)  von 
diesem  Funde  sagen:  ^Ver^  gfflrmare  postum,  id  quod  nwtc  iuue 
guemque  umt  doceNt,  poü  nuffamoo  die  Bep.  Uäroe  nikü  pfonut  ex 
Hörte  manu  eeripHe  prodHee,  quod  cum  hoc  oraiiomim  pari  poesit 
conietutere*  Und  damals  war  noch  nicbt  der  lAyos  imxi^Qg  desselben 
Redners  bekanni»  der  ecsi  18&8  in  der  aebi^neQ  Ausgabe  Babiagton's  an's 
Licht  gvtret«!  ist.  Zu  den  bedeutenderen  Funden  dieser  Art  gehört  nun 
auch  die  Schrift  des  Philostratos  n$ql  y^ftfraarMc^f,  über  deren  editiones 
principes  wir  im  Folgenden  berichten  werden. 


79S       Ausgaben  des  Pbilostrat.  n,  yvp^r.,  ang.  v.  IT,  SeAetM. 

Schon  aus  Suidas  s.  v.  ^il6<itqcnog  (p.  1491  >  ±t  Bernh.)  wusste 
tnan,  dass  unter  dem  Namen  des  Philostratos  ein  Buch  mit  dem  Titel 
rvfkvactinos  vorhanden  war,  über  dessen  Inhalt  der  Lexikograph  bemerkt: 
lati  Sh  nsQl  z&v  iv  'Olvy^icitf  imxelovf^hiov.  Freilich  irrt  Suidas 
darin ,  dass  er  diese  Schrift  dem  alteren  Philostratos ,  dem  Sohne  des 
Verus,  zuschreibt,  da,  wie  Rayser  in  seiner  gleich  zu  besprechenden 
Ausgabe  der  früher  bekannten  Bruchstucke  dieses  Buches  (Praef.  p.Xit; 
vgl.  VitrSoph.  Praef.  p.  XXXIII)  nachgewiesen  hat,  dieselbe  offenbar  den 
zweiten  und  als  Schriftsteller  bedeutendsten  Philostratos,  dem  Sohn«  des 
eben  genannten,  angehört  ^).  Bruchstucke  dieser  Schrift  fanden  sich  zu- 
erst in  den  Scholien  zu  Piatons  Politeia  338,  c  (S.  14,  Z.  10—18,  S.16, 
Z.  10  u.  11  edit  Daremberg)  ')  und  Protagoras  p.  835,  e  (S.  8,  Z.  5 — 10), 
von  welchen  Stellen  man  die  erstere  laut  ausdrücklichem  Zeugnisse,  die 
letztere  nur  nach  wahrscheinlicher  Vermuthung  dieser  Schrift  beilegen 
konnte.  Spaterhin  entdeckte  Kayser,  der 'sich  überhaupt  um  die  Textes- 
kritik des  Philostratos  grofse  Verdienste  erworben  hat,  als  er  die  Hand- 
schriftencataloge  durchforschte,  dass  sich  auch  in  zwei  MaDuseripten 
Bruchstücke  dieser  Abhandlung  erhalten  hatten,  nämlich  in  einem  Flo- 
rentiner (Plut.  LVIII,  c.  32,  vgl.  Bandini  II ,  478),  welcher  einsl  das 
ganze  Buch  enthielt,  der  Schluss  des  Werkes  (S.  94,  Z.  20  bis  zu  Ende) 
und  in  einer  Münchner  Handschrift  (CGXLII)  bedeutende  Excerpte,  welche 
theils  aus  gröCseren  Stücken ,  theils  aus  einzelnen  abgerissenen  Sitzen 
bestehen  (S.  66,  Z.  18-68,  Z.  9;  68,  Z.  14—70,  Z.  12;  70,  Z.  lö— 7«, 
Z.  6;  72,  Z.  9—76,  Z.  10;  78,  Z.  13—15  ;  78,  Z.  17-20 ;  80,  Z.  8—11; 
82,  Z.  9-86,  Z.  11;  88,  Z.  2-18;  90,  Z.  5  u.  6;  90,  Z.  14—16;  90, 
Z.  20—92,  Z.  8;  92,  Z.  19—98,  Z.  10).  Alle  diese  Bruchstücke  gab 
nun  Rayser  mit  einem  reichhaltigen  Gommentar  und  einem  Anhange 
welcher  einige  Schriften  des  Markos  Eugenikos,  eines  Theologen  des 
fünfzehnten  Jahrhundertes  und  eifrigen  Nachahmers  des  Philostratos  ent- 
halt, Heidelberg,  1840  (XVI  u.  192  S.),  heraus.  Ein  oder  zwei  Jahre 
später  ward  das  ganze  Werk  aufgefunden. 

Im  Jahre  1840  sandte  nämlich  der  damalige  französische  unter- 
richtsminister  Villemain  einen  Griechen  Namens  Minoides  Mynas  nach 
Griechenland  und  dem  Oriente,  mit  dem  Auftrage,  Handschriften  grie- 
chischer Schriftsteller  aufzusuchen,  und,  falls  er  etwas  derart  fände,  es 
anzukaufen  oder  eine  Abschrift  davon  zu  nehmen.  Nach  seiner  Ruckkehr 


0  Nichts  desto  weniger  spricht  Mynas  in  seiner  Vorrede  (S.  XXVII) 
von  einer  noch  nicht  herausgegebenen  Schrift  ^de  PhUosiraie  de 
Lemnot  (!) ,  te  seui  traü6  gui  nous  soii  parvenu  de  ce  sopa/U 
^crivain  et  auteur  dt  un  gratid  nombre  d'  auvrage» ,  dtmmiree 
par  Suidas  et  perdus  pour  nous*  (!). 

')  Dieselben  Bruchstücke  finden  sich  auch  in  den  Scholien  des 
Olympiodoros  zu  Piatons  Gorgias ,  welche  A.  Jahn  in  Jabn's 
Archive  Band  14  (Jahrg.  1848)  nach  einem  Baseler  Codex  zuerst 
veröffentlichte. 


Ausgaben  des  Philostrat  «.  ^fiv.,  ang.  ▼.  K.  Sehenki.        793 

erstattete  Mynas  Im  Monitear  (v.  5.  Janner  1844)  einen  Bericht  über 
die  Funde,  welche  er  gemacht,  und  erwähnte  unter  denselben  auch  eine 
Handschrift  von  32  Seiten  in  Quartformat,  welche  sehr  klein  und  gedrängt 
geschrieben   neben  Stücken  Ton  Philostratos  Heroikos  und  Briefen  auch 
die  ganze  Abhandlung  «s^l  yvf^vtxtftixrig  enthalte ').  Dieser  Bericht,  dem 
auch  eine  kurze  Inhaltsangabe  der   Schrift  beigefügt  war,  erregte  das 
Interesse  des  um  die  Erklärung  griechischer  Ärzte,  namentlich  des  Ga- 
lenos  und  Oribasios,  rerdienten  und  durch  seine  Ausgabe  des  A.  Com. 
Celsus  (Teubner,  1859)  in  den  weitesten   Kreisen  bekannten  Ch.  Darem- 
berg.    Derselbe   Tersuchte  daher   sobald  als   möglich  Einsicht  in   die 
Handschrift  zu  erbalten.    Aber   diese   war  weder   auf  der  kaiserlichen 
Bibliothek  noch  beim  Ministerium  niedergelegt  worden,  und  Daremberg 
erhielt  auf  seine  wiederholten  Anfragen  nur  den  Bescheid,  dass  sich  daa 
Manuseript  noch  in  den  Händen  des  Mynas  befinden  müsse.«  Von  1846 
bis  1S60  machte  nun  Daremberg  alle  möglichen  Versuche  den  Mynaa 
zur  Herausgabe  der  Handschrift  zu  bewegen,  aber  ohne  den  geringsten 
Erfolg.    Endlich  am  4.  November  1850,  als  Mynas  sich  zu  einer  neuen 
Reise  in  den  Orient  rüstete,  übergab  dieser  Oraeculus  dem  Ministerium! 
laut  eines  beigefügten  Schreibens  das  Manuseript  in  einem  versiegelten 
Umschlage.    Als  aber  derselbe  geöflbet  wurde,  da  fand  man  keineswegs 
die  Handschrift  selbst,  sondern  eine  von  Mynas  gefertigte  Abschrift  mit 
sehr  zahlreichen  Verbesserungen  und  Randbemerkungen,   welche  dann 
ohne  weiteres  Daremberg  eingehändigt  wurde,  mit  dem  Auftrage,  danach 
eine  Ausgabe   der  genannten   Schrift  zu  veranstalten.    Die  Echtheit  des 
Werkes  konnte  nicht  dem  geringsten  Zweifel  unterliegen;    aber  die  Ab- 
schrift enthielt  nicht  blöfs  eine  grofse  Anzahl  offenbarer  Fehler,  sondern 
es  fanden  sich  auch  sehr  viele  unklare  und  zum  Theile  sinnlose  Stellen  | 
auch  konnte  man  bei  den  vielen  Verbesserungen  und  Randbemerkungen 
gar  oft  nicht  unterscheiden,  was  denn  ursprüngliche  Leseart  der  Hand- 
schrift sei  und  was  von  den  Verbesserungen  dem  Schreiber  des  Manu- 
scriptesoder  dem  Mynas  selbst  angehöre.  So*  kam  es  denn,  dass  Darem- 
berg über  fünf  Jahre  mit  der  BeaiHbeitung  des  Textes  zubrachte  und  erst 
auf  die  Auihiunterung  mehrerer  Gelehrten  hinkam  16.  Jänner  1857  seinen 
Text  der  Buchdruckerei  von  Didot  übergab.    Zugleich  stellte  er  wider- 
holt an  Mynas  das  Ansuchen,  ihm  doch  Einsicht  in  das  Manuseript  zu 
gestalten,  mit  dem  Bemerken,   dass  ein  getreuer  und  sorgfältiger  Ab- 


')  Zufolge  seines  Berichtes  an  das  Ministerium  (vgl.  Daremb.  Praet 
p.  IX)  hatte  Mynas  diese  Handschrift  auf  dem  Berge  Alhos  ge- 
funden. Welche  Kenntnisse  übrigens  der  Grieche  besitzt,  möge 
man  daraus  entnehmen,  dass  er  in  seinem  Berichte  im  Moniteur 
sagt:  9,Ce  gut  präeide  (nämlich  der  Schrift  neffl  yv^v,  im  Manu- 
scripte)  eU  Wke  jßortie  du  dtalogue  de  Phoenix  ei  d  Ampelion.^ 
Er  wusste  also  nicht,  dass  dies  der  Schluss  des  Heroikos  des 
Philostratos  ist,  wo  sich  ein  phönikiscber  Kaufmann  und  ein 
Winzer  (afi9r9Xov(^yo()  unterreden. 


f  M       AuflgaboB  des  Philostrat.  n^  y«/A^*i  «»S-  ^:  ^*  SeäsmUi 

drack  der  Haodsdirift  auch  iur  -  den  .fiotdeeksr  derselbeB  «iae  lleneiis-^ 
Sache  sein  niisse.  Der  Grieche  antwortete  hieraul^  4a88  von  dem  Mann* 
sorgte  nur  noch  wenige  und  unkenntliche  Tfümnier  vorbamlen  teieo, 
nnd  in  Beuehung  auf  die  Yerhesserungen  und  RandbemerlouBgon  lienerkte 
er  einfach^  dass  sie  in  einer  zweiten  aorgfaltigen  l^sung  der  flandecbrift 
ihren  Grund  hatten.  Während  nun  der  Druck  des  Teaites  und  der  Über- 
setsung  seinem  Ende  zugieng  und  Daremberg  bereits  ao  die  Ausarbei- 
tung der  Einleitung  und  der  Noten  geben  wolUcy  erhielt  er  die  Nacb- 
licbt,  dass  auch  Mynas  eine  Angabe  der  genannten  8c)ftri(l  veranstalte, 
und  nicht  lange  nachher  ward  dieselbe  auch  wirklich  der  ÖSenMichkeit 
{^ergeben*  Da  nun  der  Text  dieser  Ausgabe  in  vielen  Pimctea  von 
dem  der  Abechrill  abwich  und  aus  der  HnndsobriA  gann  nndere  Lese* 
arlen,  als  in  der  Gopie  veneichnet  w«ren,  angeführt  wurden  |  so  blieb 
^aremberg  nichts  übrig,  als  den  mitlerweile  fertig  gewordenen  Tbeil 
seiner  Ausgabe^  namHch  den  Text  und  die  Übersetzung,  mit  einem  knr- 
i^n  Berichte  iiber  die  Schicksale  des  Buches  nnd  einena  VerzeicbBisse 
4er  Varianten  in  der  Ausgabe  des  Mynas  xu  veröffentlichen.  In  seinem  Mt 
qu  ieofeur  schildert  er  mit  viel^  Laune  das  Treiben  dos  Oraeculos  und 
4eckt  die  Widerspruoher  auf,  welche  xwischen  der  Abschrift  und  der 
Auagabe  des  Mynas  obwalten.  Die  Zweifel,  die  sich  hier  aufdrangen, 
queint  er,  werde  dereinst  die  Handschrift  «elbst  lösen ,  und  ao  scUie^ 
er  denn  seine  Einleitung  mit  den  Worten  9  «As  mtwndani  /  keurtwx 
op^nsmeni  äe  C€  numuMcrii,  fe  iivre  4§  texte  de  PMaetraU  emx  Be^^ 
Uy  da  dUx-neuviime  eidclt.^ 

Ehe  wir  nun  daran  gehen  dos,  was  in  dieser  Ausgabe  geleistet 
worden  ist,  einer  näheren  Prüfung  zu  unterziehen,  dirfte  es  wol  nicht 
unangemessen  sein  einige  Bemerkungen  über  den  Zustand  der  tJber- 
lieferung  des  Textes  und  über  den  Inhalt  «nd  die  Bedeutung  der  Schrift 
vorauszuschicken.  Es  kann  keinem  Zweifel  unterhegen,  dass  Mynas 
durchaus  nicht  die  nöthigen  paläograpbischen  Kenntnisse*  b«sitst|  um 
eine  schwierigere  Handschrift  genau  und  sicher  lesen  zu  kdnnen.  $0 
erklärt  es  sich  dann  leicht,  dass  er  viele  AbküreuBgen  und  Siglen,  be- 
sonders W8S  Präpositionen  und  Endsylben  anbetrifft,  nicht  richtig  ver- 
stand nnd  somit  in  seiner  Abschrift  Lesearten  darbietet,  welche  von 
denen  der  Handschrift  bedeutend  abweichen^  Dazu  kommt  noch,  dass 
Mynas  auch  nicht  mit  der  nothwendigen  Kenntnis  der  Sprache,  weder 
was  die  Formenlehre  und  Syntax,  noch  was  den  Sprachgebrauch  über- 
haupt und  den  des  Pbilostratos  insbesondere  anbelangt,  ausgerüstet  ist. 
Was  Wunder,  wenn  uns  somit  in  der  Abschrift  nnd  auch  hm  Te^te 
seiner  Ausgabe  überall  die  gröbsten  nnd  lächerlichsten  Fehler  Imgegnen ! 
Doch  das  würde  man  noch  leichter  hingehen  lassen  können,  da  sich 
solche  Fehler  von  selbst  verrathen  und  ihaeo  leieht  abgebolfen  werden 
kann.  Tiel  schlimmer  aber  ist  es,  dass  Mynas  da,  wn  er  die  vielleicht 
oft  verblasste  Schrift  nicht  lesen  konnte  oder  wo  ef  den  förni  der  Stelle 
nicht  erfasste  und  daher  ein  Verderbnis  vernuithete,  ohne-  weiteres  seine 


AugibeD  des  PhitetrdL  w^  T>fl^'t  «n&  V.  jT.  SekaM.        9M 

oigenen  BrgliiiiiDgeii  oder  Beseehmgen  in  den  Teil  sHite.  fio  eiUiren 
lieh  denn  die  gans  Tersdhiedeoeii  Lesearten,  welche  «r  in  «eifier  Gopie 
und  seiner  Ausgabe  vorbringt,  und  nir  sehe»,  dast  eS  überhaupt  mit 
dem  gegenwfirtigen  kriiisohen  Apparate  sehr  scblimm  bestellt  ist.  "Wir 
wollen  mr  n&hereii  Verdeutliohung  des  Gesagten  einige  Beispiele  an« 
fuhren,  wobei  wir  natürlich  ^nf  kleinere  Abweichungen,  wie  weni  s«  B. 
S.  %  Z.tt  die  Absehrift  iat^^POfkimgy  die  Ausgabe  ya  d^^wmp^laq  ohne 
aHe  AnmerkuBg  darbietet,  2.  4  in  der  ersteren  oisoeiv',  in  der  fiitzteren 
oei7  geschrieben  wird  u.  dgl.,  kein  Gewicht  legen  und  ins  iinr  an  die 
bedeutenderen  Varianten  halten  wollen*  So  gtbl  Myias  in  seiner  Ab^ 
Schrift  an,  dass  8.  36,  Z,  9  die  ursprängiiche  Leseart  laate?  mg  fiifff 
i  fvfkvmetiit  'f etf«9i^  «al  t^v  pi^i^  fuäktüp  w  iim9iuHa^  bemerkt 
aber  am  Rande:  if  f^ifra  i  j9^,ißttat^g  ^veweo  pi^M  if  pii^tip  ^fao«^e^i|. 
Ist  nun  die  erstere  Leseart  die  ursprängiiche  und  die  ftrigende  nur  eine 
Verbesserung  des  Mynas  oder  ist  die  erstere  eine  hlo£M  Bcgaatung  des- 
selben und  die  eigentliebe  Leseart  erst  später  aus  der  anfaa^ioh  un« 
leserllohen  Stelle  heKMiegebraoht  w^orden  ?  ^endeselbst  Z.  iB  lesen  wir 
in  der  Abschrift:  tois  yiQ  Srnna^ai  iStapo&vpdiUHg  fi^yOo  p^tf^pog 
pi$Xni^  olfun,  %h  pii  tacMtUü^ta^  n  der^ntgabei  to^t  yif  a«¥seda» 
diavoovpdvotg  9*t  wkvta  xoXp^v  Kpmun^dvttiov^iv ;  B.  56^  Z,  17  Stehen 
in  der  Ausgabe  die  Wortes  JtQXOMag  ^^v  H  ai%iv9  «o^  Mf^ije  <l) 
püt  §%miq»$<$9*  intß&omt  &k  toH  ipav  Mmtutatm  (sie)  M  %m  ^Sp$ 
Ppuitovl  TS  wA  Alhmq  ipw^immMtm  *  tXq  pU  d^  imnoUsMl  %i  Uch 
«erl  TOi  pitpio^  iiMßtiPiaz$p9U ,  •ht  lt%4p  t§  (sie)  «erp'  uihm9  a^ 
9vvtai  Httl  itidwtg  IdHw  Mm  <!)  ^Xifigg,*  welche  in  der  Abeehrift  fdb«* 
len  u.  dgl.  Übrigens  würde  man  sehr  irren,  wenn  man  das  Verseiohnia 
der  Abweichungen  der  Ausgabe  dee  Mynas  Yom  Teste  eetner  Abschrift^ 
welches  Daremberg  Praef.  S.  1II1-«*U  gegeben  hat,  als  ein  genauen  UBd 
sorgfaltiges  ansehen  woUlef  im  Oegentbesle  sind  in  dieser  eoUaikm 
mHMieui0i  wie  sie  Daremberg  8.  XII  neoal,  nicht  wenige  und  lum 
Theile  sehr  wichtige  Varianten  «diergan^en,  s.  B.  8.  2,  Z  4  ^t^wnUtP 
Apogr.,  etpathiv  Edit.,  Z.  9  iaalNif  fkiißaq  A^  fr  tfx.  pk,  B.|  S»  4,  Z.  2 
eopücv  X4fmiuv  A.,  üwpUtg  aiyofier  B.,  Z.  11  IfBitedvi  A.,  Sz^c^tu 
E  ;  S.  B,  Z.  13  und  8«  8,  Z«  1  #or^(pfi^oBi|  und  ovXl^aeBtin  k^  iwß  -- 
und  |vX-*E.;  S.  12,  Z.1  rmiUmp  aymwm  A^  «.  'tiw  dfmm  B.$  8. 14» 
Z.  8  fifvxop  A.,  s^fo«  S.;  8.  16,  l.  ^$  f9  ah  A^  rmm  E.)  &  18^ 
Z.  1  tpotf  iwp  A«,  §fLoif$  B.$  8.  28,  Z.  4  inthttmw  A.,  fcrrtra«  E«; 
8.  38,  Z.  6  iriK0«em  A.,  Jkoi^BUBg  B.,  Z.  ll  sie  A.,  fr  B.;  8. 48,  X  12 
nJnftmv  A.,  «orreiir  |i^  £.,  Z.  13  4ff«t^  A.,  M(fag  B«;  8.  40^  Z.  B 
wird  a^nnipnfitm  fSIscMkh  sAs  Letfsart  der  Abecbrifly  iwunipxttm 
als  die  der  Ausgabe  beseiehttiet,  während  gerade  das  umgekehrte  Verhältnis 
obwaltet ;  ebendaselbst  Z.  10  laaayxvXov  A.  peaayyvXov  E. ;  8. 80  stehen 
in  der  Ausgabe  die  Worte  ta  dh  vxo  tf  i^X^  « • « •  maXatoopv*.  nach 
den  Worten :   srlfv^  ....  vnmmphßOig  und  Z.  8   hat  A«  imoXtc^Qec, 


79«       Aufgaben  des  Pbilottrat«.  fo^v.,  AAg.  .v.  K.  ScAmki. 

E.  inaUct^u  u.  dgl/).  Es  müsa daher  jeder,  welcher  ^ch  mit  dieser. Sehrift 
nfiher  bescbSfllgen  will ,  neben  der  Ausgabe  Daremberg's  auch  die  dei 
Mynas  sur  Hand  haben ;  sonst  könnte  ihm  dasselbe  begegnen,  was  Gebet 
erfahren  hat.  Da  derselbe  nSmlioh  die  Ausgabe  desM|nas  niehl  verglicbsa 
hatte/ so  hat  er  nicht  selten  in  tiemlich  weitläufiger  Darst^^ng..ei•- 
lelne  Fehler  besprochen,  die  schon  in  der  Ausgabe  yon  Mynas  beseitigt 
worden  waren,  wie  s.  B.  8.  S5  tfr^ave^v.(S.  %j,Z.  4),  8.  $  ^^Mf» 
(a  4,  Z.  11),  a  63  %urta9  sUtt  noPtmw  i^h  (8.  46.  Z.  12>,  8.  67 
ffnoUaxa  (ß.  60,  Z.  8)  n.  dgl. 

Was  nun  den  Inhalt  und  den  Werth  der  8chrift  selbst  anbetriAy 
so. können  wir  dieselbe  allerdings  nicht  als  ein  hochbedeutendes  Werk 
beieichneo.  Nach  einer  kursen  Sdiilderung  des  gegenwartigen  Yerfriles 
der  Gymnastik  ini  Oegensatse  zu  deren  Blute  in  den  früheren  Zeiten 
werden  die  einselnen  Arten  derselben  und  ihre  Unterschiede  besprodieDt 
und  die  Veranlassungen  su  ihrer  Entstehung  nebst  der  Zeit,  wann  sie 
in  Aufhahme  kamen,  angegeben.  Weiterhin  handelt  der  BchriflstcUer 
▼on  dem  VerhSltnisse  der  yvßwtcttniii  aur  Utwi^Mii  und  «u^or^i^B^', 
bezeichnet  den  Wirkungskreis  des  yv^voeriitf,  seine  Obliegenheiten  und 
Pflichten,  und  gibt  in  dieser  Besiehung  eine  ausfuhrliche  Anleitung. fir 
denselben,  bei  welcher  Gelegenheit  uns  manche  ganz  artige  Anekdoten 
nitgetheilt  werden.  Sodann  spricht  er  von  der  KörperbeschafTenheit  der 
Athleten,  die  f&r  die  Yersclüedenen  Arten  des  Wettkampfes  erfordert 
werde,  wobei  es  nicht  an  tadelnden  Bemerkungen  über  die  damaligi 
Verweichlichung  und  moralische  Versunkenheit  fehlt  Endlich  wird  aodi 
die  Gymnastik  als  Mittel  zur  Pflege  des  Körpers,  die  sogenannte  Heii- 
g3rmna8tik,  in  Betracht  gezogen,  woran  sich  eine  kurze  BeschreibuBg 
der  Werkzeuge  der  Gymnastik ,  wie  des  oItiJ^  ,  xovtg,  noigvKog  u.  dgl> 
schliefst.  Wir  sehen  aus  diesen  kurzen  Angaben,  dass  der  Inhalt  des 
Ruches  ziemlich  reichhaltig  und  interessant  ist;  Neues  wird  nun  frei- 
lich mit  Ausnahme  einiger  Bemerkungen,  die  unsere  Kenntnis  von  dem 
Wesen  der  alten  Gymnastik  ergänzen ,  nicht  finden ;  einige  Namen  ist 
Chronicon  des  Eusebius  lassen  sich  nach,  unserer  Schrift  Yorbessern  und 
auch  die  Lexika  werden  durch  sie  manche  Bereicherung  erhalten.  Da- 
gegen aber  darf  man  nicht  verhehlen,  dass:die  Berichte  des  Philostratos 
über  die  Sieger  in  den  olympischen  Spielen  nicht  blofs  einzelne  Fehler 
enthalten,  sondern  auch  im  Ganzen  unvollständig  und  ungenau  sind  und 
sich  in  keiner  Weise  mit  denen  des  Pausantas  oder  Africanus  bei  Eu- 
sebius im  Chronicon  vergleichen  lassen.  Es  genügt  in  dieser  Beziehung 
auf  die  reichhaltigen  Bemerkungen  zu  vorweisen ,  in  welchen  Cobet  am 
Ende  seiner  Schrift  (8.  63—84)  über  diesen  Punct  gehandelt  hat 

Nach   diesen   Vorbemerkungen   gehen  wir   nun  zur   Prüfung  der 


*)  Offenbare  Druckfehler  haben  wir  hicbei  nicht  berücksichtigt.  Dass 
an  solchen  in  der  Ausgabe  des  Mynas  kein  Mangel  ist,  wird  x.  B. 
S.  34  und  35  hinlänglich  beweisen. 


Ausgäben  des  Philostnt  sr.  yv^y.i  «ng.  v.  K.  S^lnM.       797 

genannten  Ausgaben  über.  Die  Daremberg^sche  Aasgabe  enthalt ,  ^ie 
schon  bemerkt  worden  ist,  nach  dem  ir/s  tm  lecteur  (S.  VII— XXIV) 
.den  Text  mit  gegenüberstehender  frantösischer  Obersetzung.  Untef  dem 
Texte  sind  die  Leseaiten  der  Gopie  des  Blynas  und  der  Handschriffen 
niitgetheiU,  In  welchen  uns  Bmchsticke  der  Schrift  erhalten  sind;  die 
Conjectoren  des  Herausgebers  werden  meist  einfach  ohne  alle  Motiv'e- 
rung  verseichnety  da  ihre  nähere  Begründung  fQr  die  Noten  vorbehalten 
ist,  welche  sammt  der  Einleitung  su  dem  Werke  selbst  spater  e^cheinea 
und  den  Besitzern  des  Buches  unentgeltlich  zugestellt  werden  sällei). 
Man  wird  nnn  nicht  laugnen  kiVnnen ,  dass  die  ganze  Besohaifenheit  des 
Textes  die  Schwierigkeiten  der  Kritik^  welche  bei  einem  Schriftsteller 
von  sd  äianieriertem  und  gekünsteltem  Stile/  wie  Philostratos >  immer 
grofs  sind,  noch  bedeutend  erhohen  musstei  aber  anderseits  Uisst  sich 
auch  nicht  verkennen,  dass  der  Herausgeber  seiner  Aufgabe  nur  unvoll- 
kommen gewachsen  war.  Zwar  hai  er  an  manchen  Stellen  augenscheia- 
tiche  Fehler  der  Abschrift  verbessert;  aber  er  hat  auch  an  nichl  wenl« 
.gen  Stellen  die  ursprüngliche  gesunde  Leseart  willkürlich  angetastet  nnd 
«ehr  vieles,  was  mit  leichter  llGhe  sn  heilen  war,  unberichtigt  gelassen. 
Aber  viel  schlimmer  als  alles  dieses  ist  >  dass'Daremberg  eine  grorse 
Aniahl  von  Stelleut  die  Mynas  unrichtig  gelesen  oder  auch  keck  über- 
arbeitet und  interpoliert  hatte ,  und  die  nicht  blols.fehlertiaft,  sondern 
öfters  geradezu  sinnlos  sind,  als  gesund  hinnahm  tmd  in  seiner  Ober- 
setzung durch  alle  Kunstgriffe  der  Interpretation  aius  ihnen  einen  Sinn 
herauszubringen  suchte.  Auch  darf  nicht  unbemerkt  bleiben,  dass  Darem- 
berg  da,  wo  ihm  der  codex  Monacensis  zu  Gebote  stand,  sehr  oft  die 
guten  Lesearten  desselben  und  die  Coiyecturen  Kayser's  verschmäht  hat, 
um  dafür  die  schlechten  Lesearten  d«  Abschrift  des  Mynas,  die  oft  nnr 
im  Gehirne  dieses  Graeculus  ihren  Ursprung  hatten,  beizubehalten.  So 
gibt  S.  68,  Z.  1  der  Mon.  %oitm  ifO0ijita»xi  ffnißvi  fi^v  tck  diiui,  tni- 
Smnt  xa  a^Mts^a,  während  die  Worte  tmißfi .  • . .  dtiui  in  der  Gopie 
des  Mynas  fehlen.  Der  Herausgeber  bemerkt  hiezu:  «A»  Premier  ab^rä 
r  addition  d  inißri  %tl,  par  Mtm.  paraii  aaet  iMtUiuUe%  maie  eUe 
e$i  intuimietiMe ,  pmefff  ii  «*  mgii  päu  Mn  dWM  edU  eain  e/  if  im 
€6U  malade,  et  qoM  dorne  ie  Sexte  de  ahm.  U  e*  aptrait  de  deax  e&tde 
uiaiadee.^  Hatte  er  nur  einen  Blick  in  die  lateinische  Übersetzung 
Kayser's  gethan,  der  inidtne  w  m.  richtig  durch:  ^einietra  eirOue 
creeerunt^  wiedergibt,  so  wurde  er  nicht  in  diesen  Irrthum  verfallen 
sein  und  hatte  diese  Worte,  welche  übrigens  aaeh  in  der  Ausgabe  von 
Mynas  stehen,  gewiss. nicht  I8r  eine  Interpolation  erklart  Ebendaselbst 
Z.  •  liest  der  Mon.  t» . « .  i^^isf^m ,  die  Abschrift  hat  t^  i^^,  was 
Daremberg  billigt;  und  doch  wird  sich  wol  niemand  bedenken  die  erster« 
Leseart  mit  Gebet  (8.  79)  anzunehmen.  Am  Ende  dieser  Seite  Z.  18 
finden  wir  im  Mon.  9i%iiunQ$,  in  der  Abschrift  «nn^Mtroi ,  was  der 
Herausgeber  in  den  Text  aufnimmt;  aber  svx«fiaTO»  entspricht  so  tretf- 
lieh dem  folgenden  tSevtoi,  dass  ina»  dieser  Leseart,  Wekbe  kich  ufafigeu« 

Ztittchrift  f.  a.  StUrr.  O^maat.  ISSO.  K.  H«Ct.  ^V 


^$98        AitHPiUn  des  Philostraft.  fr.  yv^.,  aag.  v.  Jf.  SiA^mML 

4uch.id  der  Aulgabe  von  Mynas  fiodel,  gewiss  den  Vonug  vor  der 
;  anderen  ertheilen  wird  Weitere  Beispiele  seke  man  8.  711,  2«  S«  &  71, 
Z.  12,  8.  74,  Z.  6,  &  7«,  Z.  6,  6.  84,  Z.  14,  8.  86^  Z.  2.  So  werin, 
wie  sehOB  gesagt,  auch  manche  treffliefae  Ganjeetnrea  Kayner's  niehl  be- 
achtet» wie  s.  Bw  8.  14.  Z.  16  vo«  arZifrvctr  st  ti  ml.  (t^.  Cohst 
.8.88)  oder  S.  74>  Z.  Ift  Mtshrovfiirotf  st.  «xssviff^^ie  (woflr  Darns- 
.  btirg  linMMti^nivotQ  schreibt ;  aber  das  Perfsctum  ist  hi«r  gar  nichl  an 
seinem  Plalie).  Freilich  wer  weder  mit  der  Formenlelwe  Bodi  mit  dsr 
.Santax  YOllkommea  yertrant  ist,  der  kann  auf  den  NamoB  eines  Kritiken 
keinen  Ansprach  machen.  Gewiss  nur  mit  Btauneft  wird  duub  faArsn, 
dass  der  Herausgeber  8.  8,  Z.  IS  imiifßmo  f§  fmi^pS  gleich  einem 
Mil^ov  c  p.  autrasst;  S.  10,  Z.  8  die  8teUang  ot  9pifgm,  »  <arlik» 
(st  af  dl  imUuu  d^iptoi)  ohne  alles  Bedenken  im  Texte  stelmi  iXssl; 
-8.  84,  Z.  8  ändert  er  das  richtig  «beriieferte  iw$^^  in  ^hrsf^l^^; 
^  88,  Z.  7  lesen  wir  im  Texte  imnmM^M  (st  Hqfi^a»),  Z.  18  d 
fifpmmf&to  (als  Medinm  st  fiyMene»);  8.  34,  I.  14  wird  iyißf^  II 
'Olvnmimv  Svtmw  fiberseist:  Zersy«*  W  äMem  ä0ä  präg  dF  OünKfk 
(als  ob  'OXvfMimg  im  Texte  vorlfige)|  8.  88,  Z.  8  liest  der  Hennsgebcr 
die  epische  Form  d»ooes«i>  welche  Mynas  in  ssiner  Absohrifl  gegebm, 
anberichtigt  n.  dgl.  m.  Was  die  Obersetsvng  anbetrilll,  so  ist  diemlks 
keineswegs  getrev,  vielmehr,  wie  dies  bei  fransösischen  Obersetnogm 
-gewöhnlich  der  Fall  ist«  eine  Paraphrase |  natOrlich  ist  «n  no  leieht 
möglich,  auch  dem  Binnlosesteo  einen  8iDn  abmgewinneii ,  wihrend  ba 
einer  getreuen,  wörtlichen  Obersetzung  sofort  alle  Tmggobilde  ent- 
schwinden müssten.  Indessen  wird  doch  Jedermann  gerne  den  achOnes 
Worten  Cobet's  am  Schlüsse  seiner  gleich  su  besprechenden  Abhandlong 
befsUmmen:  «Ai  EdUmrem,  quMmquam  nttetßi^  operi  imparem^  noäm 
quidqtiam  (mctemenUut  dicere.  Ctmsiai  HUer  omne$,  guaniopere  ermetm 
iUieroM  amei  et  s/  mimts  est  im  Us  exerc/UHtts,  nän  ipsi  mu^i$  U 
9/M  reriemium  esi  gtmm  Umporihm  Jaeeni  apmd  Gmiiot  9€Hn 
pktMögiae  Graecae  studia  H  itHque  U  quod  e&elert  0mmes  perMt 
peecami  tmi  exprobatur,^  Was  kann  man  auch  da  für  die  Beleb«]« 
•der  griechischen  Stadien  erwarten,  wo  solche  Schulbücher,  wie  di« 
lingst  antiquierte  Grammatik  von  Bournouf,  trotx  aller  BemiilioDgen  der 
wahren  Freunde  des  griechischen  Dnterrichtes  und  trots  der  Stimme  dtf 
öffentlichen  Meinung  durch  Gewaltmabregeln  von  oben  her  im  Gebranchs 
erhalten  werden?  Mögen  die  Bewunderer  des  Iransösischen  Schulwesens, 
die  sich  dorch  die  glänzende  Anfsenseile  der  SchulprfifuiigeD  blenden 
lassen,  hier  den  schlagenden  Beweis  sehen,  wie  wenig  der  Inhalt  dieser 
glänzenden  Hülle  entspricht  und  wie  Oberhaupt  ohne  wahre  Qrundlicb- 
keit  eigentlich  kein  Unterricht  denkbar  ist! 

Wir  wenden  uns  nun  zur  Ausgabe  des  Minoides  Mynas.  Dieselbe 
enthSlt  (S.  I— XIVUI)  eine  pfef0C€  dedUtsMre  an  den  Baron  8ina ,  in 
welcher  der  Verfasser  bei  der  Widmung  seines  Werkes  sieh  ingleicfa 
Mber  dessen  Inhalt  und  Bedeutung  ausspricht    Oi^se  Abhandlung  ist  eio 


ilbggaben  des  Pbilostrat  «.  fvfiv.,  ang,  v.  it.  ScknM.         f99 

hreites  Gewäsche,  mit  allen  möglichen  Citaten  angefüllt  und  ohn^  ricb- 
ligen  Zusammenhang,  so  dass  nicl^t  geringe  Geduld  dazu  erfordert  %ird 
tlieselbe  ruhig  bis  zum  Ende  durchzulesen.  Darauf  folgt  S.  1—68  der 
griechische  Text,  an  dessen  unterem  Rande  einige  kritische  und  lexi- 
kalische Bemerkungen  gegeben  sind;  dann  S.  $9 — 110  die  französische 
Obersetzong ,  welche  durchaus  tiur  den  beiläufigen  8imi  wiedergibt  und 
sich,  was  Treue  und  Richtigkeit  de«  Ausdruckes  anbetrifft,  mit  der 
Daremberg's  in  keiner  Weise  messen  kann.  Daran  schliefsen  sieh 
S.  111— 1116  einige  Noten,  unter  welchen  die  sachlichen  Bemerkungen 
die  Hauptmasse  ausmachen.  Hie  und  da  werden  auch  wirklich  zur  Er- 
klärung ganz  geeignete  Stellen  beigebracht,  wie  es  denn  dem  My- 
nas  weder  an  Belosenheit  noch  an  Scharfsinn ,  aber  um  so  mehr  an 
gründlichen  KenntiiisseB  fehlt,  weshalb  denn  auch  diese  Bemerkungen 
keinen  anderen  Werth  als  den  einer  blofsen  Stbffsammlung  haben. 
.8,  \Xt — 131  finden  vir  ein  Verzeichnis  der  X^^  nuA  Mfuna  wo^im- 
^9QUj  welches  aber  keineswegs  auf  VeUstandigfceit  Anspruch  machen 
kann.  Den  Schiuss  (S.  13!l^l4iS)  bildet  eim  in  griephisaher  Spraehe 
(mit  gegenüberstehender  fransttaiselMr  Obersreteong)  geschriebene  Invec- 
Üire  gegen  die  grieehisehe  RegleniDf,  webhe  die  Stiftung  das  Euangeles 
Zapas,  die  die  Erneuerung  der  o]|rmpiSohen  fipieie  bezweekte,  durch 
Decret  vom  10.  August  16S8  dalün  abfindertä«  dass  bei  dieser  Feier 
Matt  der  körperlichen  Obungen  eine  IndustrleausstcUung  die  Hauptsache 
bilden  solle*  Der  Vetf.  sucht  nun  nachzuweisen ,  daas  eine  solche  Aus- 
stellung bei  dem  gegenw^irtigen  Zustande  der  Industrie  in  Griechenland, 
wo  dieselbe  kaum  zu  erwachen  beginnet  geradezu  IScberlich  sei,  wäh- 
rend tm^  Bdebung  der  körpeHiohen  Cbungen  von  hoher  Wichtigkeit 
wire,  zu  welchem  Zwecke  er  daran  erinnert  ^  wie,  so  lange  als  die 
Natienaispiele  blühten ,  Hellas  seine  Maöht  und  Freiheit  bewahrte ,  wie 
aber  mit  dem  Verfaile  denelllen  «ipcli  der  physische  und  moralische 
Verfall  dieses  Landes  begann. 

Was  nun  die  Constituierung  des  Teiles  anbetrifft,  so  wimmelt  die 
Ausgabe  von  den  gröbsten  fehlern;  auch  die  aigenfiiligsten  Versehen 
der  Handschrift  sind  nicht  berneksichtigt,  die  Lesearten  des  oed.  Monac. 
.werden  in  den  Text  auljgenmnmen ,  rtme  die  Lesearten  des  eigentlichen 
MMMtoriptes  ancfa  nur  su  ^nrliBeni  ganze  Sitze  sind  augenscheiidieh 
ubembeitat  und  mterpoKaet  u.  dgl.  m.  Ailerdings  kat  itfynae  bei  einer 
zweiten  Lesung  des  If annicriptes  manches  itehtiger  erlisst^  und  der 
AriUher  darf  daher  seine  AnsgiiM  nicht  unberücksichtigt  lassen  $  de  er 
eher  nur  höchst  selten  die  Lesctften  feiner  Handschrift  anührly  eo^weifs 
man  nie,  was  der  Handschrift  odbr  ihm  eeibat  angehört,  md  enlbehii 
ßOaaX  jedes  fssteii  Anhaltapunetes.  Ob  die  Kenntnisse  dss  Heansgebers 
'«ehugermafsen  «m  charakteriMeren,  möge  die  Angabe  genüge«,  dass  wir 
S.  7  folgenden  dimetar  anapaest  lesen  i  Iffysft  p^  iy^f  i  (t)  ^mw 
mmlU$tmp^  dass  S.  %  uns  die  Lesearten  ki  .«eMr  und  popMtti  be- 
<0egnen,  dass  der  Verf..S.  1#  die  Leseart  K^atvt  (Craen)  st  *H^m¥&% 


«nbpriditigi  Ifisst,  dam  er  8.  5tA  die  ganz  sinnlos  überlieferte  6Mhi 
^twdifipM  p^hw  ycr^  vor  ftcttiQa  iXtyiv^  M  f^ivql  dh  aitwtn  %99  mhow 
a^QBPfi  (!)  tt  fuA  yvMtrxa*  frtflch  weg  übersetzt:  ^Mom  p^re,  em  amh 
rma,  diittii-U,  iaiism  woviM  im  direciion  de  ma  wUre  ia  mmis&m  §ti 
se  €4Nnp0saii  d  m  pwtpm  H  de  mm  mire  (/}»  o.  d^  m.  Ym  te 
Noten  nnter  den  Texte  mOgen  die  foigendeo  Beispiele  eioeii  Begtf 
geben.  8.  •  wird  die  Leseart  der  Handscbrift  of  adfOfio»  6\  osOlipai 
in  den  Text  aufgenommen  und  daiu  bemerktt  to  9\  i^QOi^o^  JJf^it  ti 
a  inirtttin&lf,  oi%l  otiQfftinop^  irü  to9  »olvd^oiUH  (1)|  8.  9  crkallm 
wir  zu  den  Worten :  «ii^  otg  ietip  ipo^  inHftovtog  Siaßwßl^m^m  t^w 
Smu^v^   ^  fii7    ev^x<^*   <li®   Eriilarung?    «Um   uipv%<Mß    d§  «fr 

Die  Abbandlung  Cobtt's  enthaU  eine  reiche  Aozalii  kritisebar 
Benerknngen  zu  der  genannten  8ohrifl  des  Pluloslralos.  Wenn  ma« 
MD  seboo  in  allem,  was  Cobel  geschrieben  hat»  den  grofMn  Seharttaa 
dieses  Gelehrten  bewundem  muss,  so  wird  man  gewiss  in  dieser  Hi»> 
sieht  der  vorliegenden  8chrift  den  Preis  zuerkennen  mSssen.  Man  mnss 
wahrhaft  staunen,  mit  welch  sicherem  und  feinem  Takte  Gebet  fibsial 
die  Entstellmigen  und  Interpolationen  des  Mynas  henrorhebt,  eine  trcienis 
Gopjectnr  an  die  andere  reiht  und  seihst  in  ganz  terworrene  SteHoi 
Licht  bringt.  Es  ist  nicht  ta  bezweiCsln ,  dass  der  bei  weitem  grflbili 
Theil  dieser  Besserungen  durch  eine  genaue  Tergleichung  der  ilmi 
Schrift  selbst,  wenn  gleich  diesdbe  von  keinem  hohen  Alter  und  liem- 
lieh  schlechter  Beschaifenheit  zu  sein  scheint,  best&tigt  werden  wifd, 
wie  denn  auch  jetzt  schon  manche  Conjecturen  Gobet's  in  der  Ausgabe 
des  Mynas  als  Lesearten  der  Handschrift  erscheinen«  Die  reichen  Be- 
merkungen fiber  den  Sprachgebrauch  des  Philostratos  und  den  Atlieis^ 
mus,  Ober  Palfieographie  u.  dgl.  irerbunden  mit  der  geistreichen  nai 
4aunigen  Darstellung,  welche  von  jeder  herben  Polemik  fem  ist,  werdcs 
gewiss  die  Leetüre  dieses  Büchleins  für  jeden  Philologen  interessait 
machen  und  wir  wollen  es  daher  allen  angelegentlich  empfohlen  wissea. 
Um  unser  Drtheil  über  diese  Schrift  zu  rechtfertigen,  wird  es  genoftea 
nur  einige  wenige  der  trefflichen  Emendationen  Gobet's  unseren  Lesen 
vorzuführen.  S.  96,  Z.  It^l5  ist  im  Godex  des  Blynas ,  wie  im  Mos. 
und  Flor,  überliefert:  «luxl  srccrva  o  a^Xi|Ti|g  vnontüf^m  tow  tutpt^m- 
%i9m  %i  6^^  BfSti.  Si^ovg  Sh  ot  (slv  i^a^itg  miti  w^cmorsfr  k 
MMuwt^  t^  4^^  ^^  9dni£i»  Gebet  yerbessert  (8.  19  ff.)  die  Steile 
vollkommen  überzeugend:  «stl  . . .  va  i^^a.  EtlfitB^ovm^  dh  sf 
Ikhp  afiflt^«9  . .  .  .iir  Swurg»,  ^U^  ual  9aptagf  8.  18,  2.  0  hsibt 
es  bei  Mynas:  «Jm  iUÜi$mta  i  ijXiog  s^ir  Slffp  (Aev  Dnremb.)  .<r 
moaji  'AquMSi^  ol^»;»  Cohet  schreibt  (8.  41} :  «ti}9  Aev  lr  «eAf 
"AXxtt,  ut^tii*  8.  68,  Z.  10  las  man  bisher:  «ile^l  ^  diy  «»fMKsec 
avaloytag  »ol  afTt  xüiocSb  ßiltimv  ihi  o  toUc99,  iici  woo  xcd  SittnA 
apalofüi^  na^i  totg  fii^  |eir  lo'y^  duamikfkhoig  Tema;»  Gebet  stellt 
dafür  (8.  69  ff.):    (ilf^l . .  »«l  f Art  i  totiüSi  , .  sM  sroe  icicl    ditwml 


Ailsgtbeii  des  Philostrali  «.  y«|iip.»  ang,  V.  K.  S^Jkißi:,      8tm 

ivt^.Xoyia*  ihrA.>    Diese  Beispiele  werden  sicberlich   unser  früber' 
ausgesprochenes  Urtheil  hinreichend  bestätigen.  \ 

Am  Schlüsse  dieser  Anseige  will  nan  Ref.  noch  einige  Stellen  deri 
besprochenen  Sehrift,  welche  Gobet  in  seiner  Abhandlung  nicht  behan- 
delt oder  doch  nicht  su  einer  yollkommenen  ETidens  gebracht  hat^  einer 
kurzen  Erörterung  unterziehen.  8.  4,  Z*  t  durfte  vielleicht,  theilweise 
mit  der  Ausgabe  von  Mynas ,  zu  schreiben  sein :  «IIspl  d}  yvp^wum" 
n^g  coipiap  liyonav  «vt^#  oiBtuucg  ihhtm  %ix9fig\  n^ti  inxL 
(st,  91g)  vifOlik9iqptat«  ^w^b^vui  totg  ßovXoiUvoig  yvfiira(Mir.»  Der  auf-, 
fordernde  Conjunctiv  Xdyaiup,  wie  ihn  die  Abschrift  und  die  Ausgabe 
Daremberg's  darbieten ,  laset  sich  nicht  mit  dem  folgenden  «irrt  ver--« 
einen;  das  Objeot  zu  Xiyöfikavi  aovnfr,  welcthes  hier  ergänzt  worden  iit^ 
kann  wol  nicht  fehlen;  ik  inopt,  {.  ist  ganz  unverständlich ,  wihrend 
durch  die  Änderung  luU  ein  ganz  entsprechender  Sinn  gewonnen  wird« 
—  Ebendas.  Z.  13  wird  überliefert  ^JwLit  di  f^oi  dtdaitu  fthp  tag 
tiltiag  ....  ivi^ß^tlic^M  dh  yvi^witovüi  tt  «ol  yvikvatofUwoig  oMdtt 
olda:*  Mynas  hat  in  der  Abschrift  bemerkt:  ii  finti  ivllaßi^^a^ ,  was 
auch  Daremberg  in  den  Text  aufnahm,  in  der  Ausgabe  aber  ist  er  wie^ 
der  zur  ursprünglichen  Leseart  zurückgekehrt.  Es  ist  auch  kein  ZwaifeU 
dass  dieselbe  die  richtige  ist;  osa#«  oll«  ist  Object  zu  ivp^faUeifht^ 
vgl.  S.  32 ,  Z.  SO  ino^a  dl  yvpiminai  Iwßißilovxo  i^Xigtai^g.  ^ 
Ebendas.  Z.  17  will  Gobet  (S.  36)  nach  den  Worten:  ^liovtag  «t  yif 
ßimiH  nal  9vp  fpuoloti^avg  9M9  noch  cdlir  titi  einschieben ,  wolehe 
Worte  vor  dem  folgenden  tm  rs  »tw«v  leicht  ausfallen  konnten.  Noth** 
wendig  scheint  dies  nicht»  da  man  den  Gomparativbegriff  sehr  leichjt 
aus  dem  vorhergehenden  risy  naXat,  im  Gedanken  erganzen  kann.  Z.  t^ 
wird  wol  zu  schreiben  sein:  mAtlfftmit  9\  %al  oso^o*  u.  s.  w.  ««^ 
S.^6»  Z.  11  ist  mit  der  Ausgabe  von  Mynas  hnUxfig  statt  des  onUgm 
der  Abschrift  herausteilen  |  mit  inlivug  wird  häufig  auch  ohne  den 
Beisatz  d^o^g  der  Waffenlauf  bezeichnet;  z.  B*  S.  12,  Z.8,  S.  IM,  Z.2^ 
&  52,  Z.  1.  -.  Ebendas.  Z.  16  lesen  wir:  «stl  vo  antipti^  ^^u  ^ 
wUfl,  was  Daremberg  übersetzt:  ««»  pemM  auui  rtmporier  Ja  rie^ 
Mre  ttPee  ie  i€UiJap$tat\*  aber  das  können  die  Worte  unmöglich  her 
deuten.  Mynas  verbessert  %i  ifU^%  richtiger  ist  wol  ig  xi^v  vi%fj^^ 
vgl.  Xen*  Gomm«  111,  3.  10.  ^  8.81  Z.  11  ist  überliefert:  ^vmi^xm^ 
*Hlii»w  o%6ca  irofi4Co«M  Siiniixo  {kkv  imX  tov  ßmiiov  xu  £tf  ci,  k^p  dl 
aixotg  ovixm  ivhmxo.  Da  aber  das  Opfer  nach  den  Worten  des  Schrili«' 
stellers  noch  unvollendet  war,  so  ist  wol  9v^pxm9  unrichtig  und  dafür 
^htovxmv  herzustellen.  —  Ebendas.  Z.  14  beifst  es:  «a«!  ctuvifitM.isftf 
ßixw  ü^tvg  Xufimadift  ß^nfivmw,*  So  wie  jetzt  die  Worte  stehen^ 
müsste  man  lafutaS^  mit  ßQoßsvmp  verbinden;  da  dies  aber  keine 
entsprechende  Erklärung  zulasst^  so  durfte  wol  cvv  lufmadiip  ß^th 
ßivmp  zu  schreiben  sein.  —  Ebendas.  Z.  18  will  Gobet  (S.  37)  in  den 
Satze:  «Ids^  ftihw  aal  ro«s  ixurtmrgag  *BXli|voir  %infß  i^Mi^Ws*  statt 
iinuvtnvxug :  inh  ndpxmv  hjcrstellen,  mit  dem  Bemerken,  dass  mnupwif 


80i       Ausgaben  des  l»llUo8tcal^  n,  pff^^'f  ang,  t.  M.  Mekmtkü 

hier  dem  Znsammenliange  und  dem  Spraohgebrauehe  wid^npreche.  Bei^ 
Martwrsag  ist  naturlich  ffg  ^Olffp^itiP  sn  ergamen^  waitna  ioll  dann 
iMavtav  hier  nicht  in  seiner  elgentliehen  Bedeotangt  «iusMunen- 
treffen,  ^  kommen»  am  Platte  sein?  -^  S.  iO,  Z.  11  Terdaefatigt  GoM 
(S.  88)  mit  Reehl  die  überlieferte  Leseart:  ^tieiyyiXm  &miym¥  t^g 
9i%ii9.^  Könnte  man  nicht  am  iiayyiUa  AnuyyiXlmp  t.  e*.  denke»  f-^-' 
Eine  Zeile  tiefer  wird  wol  statt  s  «duev«  9'  st^a'iüd  JtX^pmv  Tielmehr 
inoi»  dh  xavtic  «od  ^.  in  schreiben  sein»  «-~  8.  lH,  Z.  12  lesen  wirr 
««4x1  fti^p  %mi  dut  vDi'  i^fMHf  tiir  M  tpig  iym^uHßfUp^H  »eijart^s; 
ilg  frti^^««9  ^  J71«Tsr»«.»  Die  orspröngHehe  Leseart  war  ohne  Zweifel 
Off  r996pLiia¥  ii  JIL  --  Ebendas.  Z.  17  heifsl  est  !A^%€tm  «s  «dtf 
HolvdsÄnfs  ^f^ijto,  S#S9  or  ««ftiTSwi  uithiß  In  «o^so»»  iv'^«'  Xnerst 
ist  f^itfttf  di  heranstellen,  sodann  kann  wol  H  vovfOMr  niehl  riefalig 
sein;  ich  vermuthe»  dass  darin  ein  AdTerbium,  als  n&here  Besümmong 
SU  jddir  enthatten  ist  -^  S.  18>  Z.  19  bemerkt  Gobet  (8.  40)  lu  den 
Worten  i  «isrsfdii  i  vo^  ti^v  eouhrds  W«i}ir  ^|^  %9fxm^^t9  ^pi}tfi  vf 
jTv^  «nd  ritdaiMp^  «^Xf^s*  ^Pra$iirea  iv^ji  eiii  Vitium,  fmtd  mtim 
im  vuU  forma  ImäcA  fv^^.  fttuurmU  acutUres  mähiHim  jtImm 
Bn^ckkmo  VüQiu*  nalt^*  Dass  statt  yv^i :  fVQ^  benustelleD  iil, 
unterliegt  keinem  Zweifel;  was  aber  dann  noch  an  den  Worten  ausn- 
setzen  ist,  Termag  ich  nicht  einzusehen,  leh  meine,  dass  in  vf  yvff 
«cd;  tulamm^  nilji  uns  die  ausdr&cklieheD  Worte  des  Oeeelies  er« 
halten  sind;  darum  hat  Philosfratos  sehen  Z.  1%  das  fiomerisehe  iU* 
yitpii  (Od.  8,  126)  aur  Vergleiohung  beigebracht  und  sagt  8.  18»  Z.  )• 
fv^a  TS  BU6tag  ifpijTiri*  fvffov  ymq  niXriq  «erl  th  iq^ip»  —  8.  18, 
Z.  4  gibt  die  Handschrift s  ^Ta  fthß  oev  xmv  %ovtpmp  jvp^9a99tm  i 
9öXiiodg6iLog ,  0XT8D  Kov  ^  9i%a  üxaSui ,  «al  6  Ki9t€id'log'  «ro  dsiv 
a«^  «CO«  avvcofr  et  Sqoiiitg  dlavlov  ^  eviidtov  ij  «(i^« 
airo  T«y  Tpe<»y*  %cil97tQv  ino  tAv  toMVBtMf  ovdip'  o  yi^  TQoneg 
t»v  yvpLPaa^p  6  aitog ,  ijp  ts  'HUioi  Yi>i$pat<»&$p  l^p  xb  itB^oi* 
Was  die  durch  den  Druck  herrorgehobenen  Worte  anbetriflt,  so  sind 
sie  völlig  sinnlos  und  scheinen  ihre  jetzige  Gestalt  Torzüglich  dem  Myna^ 
ZQ  verdanken ;  aber  sie  als  eine  blofse  Glosse  zu  beseitigen,  wie  Darem- 
berg  will,  geht  nicht  an,  da  unter  den  «ov^ots^i  i^liftmi  nicht  bloi;» 
die  doiixod^ofioft  und  mipta^Ui,  zu  verstehen  sind,  sondern ,  wie  S.  6, 
Z.  11  beweist,  auch  noch  cxidiop,  d/iorvXoff,  onXhfig  zu  den  leichteren 
KampfartCD  gehören.  Diese  Bezeichnungen  müssen  also  in  den  ver* 
derbten  und  interpolierten  Worten  enthalten  sein.  Dagegen  scheinen  die 
Worte  OKTfl»  «oe  ^  dinu  ctäSm  eine  Olossse  zu  sein,  welche  die  Di<^ 
mensionen  des  doUxog  angeben  sollte,  uher  dessen  Lange  uns  gani 
verschiedene  Angaben  erhalten  sind  (vgl.  Krause,  die  Gymnastik  und 
Agonistik  der  Hellenen,  S.  347  ff.).  Zu  yviipaönm  fehlt  jedenfalls  eine 
nähere  Bestimmung,  wodurch  erst  der  richtige  Gegensatz  zudem  folgenden 
4  d*  ßtt^Qög  i^lfft^g  «Tl.  hergestellt  würde.  Im  folgenden  ist  ino 
top  xoiwtmp  wol  bedenklich   und  die  Präposition  wahrscheinlich  zu 


AuigAbeo  des  PbikMtrat.  «.  yfffip^  «ng.  V.  IT.  ScktnkL.      mn, 

streichen.  —  8.  SO,  2.  4  nuss  m  wol  heiraent  fa'  ofXXf»  ^^  (st  et) 
allo  iv^ionofLiiKi^.  —  EbeDdas.  Z.  17  lesen  wir:  19  il  ^9^^  ««( 
slnoatii  olviknimg  upSf^a  17^17  indUi  %vntii9.  Ob  wol  Dicht  9i€i*dln 
oder  vielmehr  f^^ixcUscre  bersustellen  ist?  Man  vergkeidie  Paus.  V,8, 9: 
ngtix^  dh  i%l  tccig  Tseea^axovra  ilv^nuiSt  mv*tmg  ItrswiAseirr  naif- 
dag.  —  S.  %%f  Z.  20  wird  era£hlt,  dass  der  Faustkampf  der  Knaben  in 
der  41.  Olympiade  begann  und  Philetas  aus  Sybaris  Sieger  war;  dann 
wird  hinzugefügt)  ot  Sh  inl  v^g  £iif%oüt^g  liyovci'  vipinifKi  wd 
^m^p  mvyn^p  (so  gibt  Mynas  in  der  Abschrift  die  ursprungliche  Lese- 
art  an;  am  Rande  aber  bemerkt  ert  tun'  (!)  ^V  mtfyp^^p  ivintfCB  und 
in  seiner  Ausgabe  lesen  wir:  M%vfi9  91  wrffkiip)  0  K^imw  i%  Kim 
t^g  viicöv.  Daremberg  will  schreiben:  X4yövci  «ttl  8ti  o  Kffimp  %xX.t 
was  in  keiner  Weise  befriedigen  kann.  Vielleicht  darf  man  vermuthenx 
liyovci  (nämlich  «f^laadiu  nvyp^tiw  ntUdnp)  nuä  ireireic3pciir«i  tpavk 
K^iopta  %tX.  —  8.  24y  Z.  3  berichtet  Philostratos,  dass  das  Pankration 
der  Knaben  mit  der  145.  Olympiade  begonnen  habe ,  und  bemerkt^ 
er  wisse  nicht,  warum  man  diese  KampfSsrt  so  spat  eingeführt- habe,  da 
sie  doch  bei  anderen  schon  lange  in  fibnng  gewesen.  Dann  fahrt  er 
fort:  «o^i  ya^  t»y  6lv(k%iMSmp  Mfvntov  fdi}  ttt^ptcp&vfUpfjg  ^^{«vo* 
ninBipfi  ti  ^  pinri  «ttl  Myv9%la  iyhtto.*  Biezu  bemerkt  Cobet(S.48)x 
^Edilur  Tff  in'o  yiq  ei  909t  pUn  sine  sensu  %ui  inserttur,*  Die  letztere 
Bemerkung  ist  richtig ;  aber  statt  ya^ ,  wie  Gobet  will ,  muss  jedenfalls 
di  hergestellt  werden.  Der  Gedanke  ist  oflTenbar:  Wie  den  Aegyptiern 
bereits  mehrere  Siege  zugefallen  waren  (s.  Krause  S.  800  fi.) ,  so  ward 
ihnen  auch  dieser  zu  Theil.  —  8.  26,  Z.  9  muss  es  wol  statt  «yv* 
fkpaev$%rig  (yviipaetui:$  hat  Mynas  in  seiner  Ausgabe)  ip  eotpltf  {ieti 
cotpla  Gebet  S.  44)'  heiCsen:  yv^pustw  iet^  eotpüip  was  durch  den 
strengen  Gegensatz  zu  mad^tqi^g  nothwendig  erfordert  wird.  Ebendas. 
Z.  16  will  Gobet  (8.  44)  statt  des  überiieferten  htmnlimpxsg :  imuo^ 
90vpt$s  herstellen;  aber  inapxloivxsg  (vgl.  Thes. Steph.  8.V.)  ist  ein  so 
gewöhnliches  Kunstwort  der  medicinisefaen  Sprache,  dass  man  gewiss 
nicht  daran  denken  kann,  dem  wenig  gebräuchlichen  inioopovpxBg ,  das 
noch  dazu  keinen  so  bestimmten  Begriff  in  sich  enthält,  den  Vorzug  zu 
geben.  —  Am  Ende  der  Seite  Z.  19  lesen  wir:  «19  iliü^eapta  %wa 
x£p  if^tqwß.*  Ich  schreibe  unbedenklich :  olM^eupta  t  *  entsprechend 
dem  vorausgehenden  (li^apti  n.  — -  8.  28,  Z.  19  webt  Philostratos 
nach  dem  Vorbilde  von  Plat.  Prot  320,  d.  seinem  Vortrage  ein  artiges 
Märchen  von  Prometheus,  dem  Erfinder  der  Gymnastik,  ein.  Kai  loyog 
dly  so  heilst  es,  ^9neU  %^,  ig  y^pam%^  ^\p  ovna  sfi^,  ÜQOiiii&ivg 
dh  efi}'  %al  yvftpactuto  fiiir  i  U^ofifj^tv^  9QävQg,  yvftpaciiM  dh  ip 
{nak  Gobet  S.  46)  M^ovg  *£9ft^g,  iyac^iin  X9  avxog  vo«  svpiJficrTog 
iMcl  nahUet^a  ys  'E^fkov  sr^ijvi},  %al  oC  nlae^iptBg  (yviipac^iptag 
Gobet  S.  46)  ye  in  ü^ofifid'imgf  op^^mnot,  9h  aga  ovto»  (Hp  schiebt 
Gobet  ibid.  ein)  s2sv,  %ip  fsijlyi  yv^pami(MPOi  {iyyvpkpaüafitpoi'  Meineke 
Pbilol.  XV,  1,  138)   ip  4    {eav,   %Xattte»ai   inb   wv    Uqüiifi^img 


804       Atttsabea  des  PhUoftrat;  |k  rH^p^  ang.  ▼•  Mi  aeämMi 

^ovcd,  in^Mi  w  mmyktnu  uitotg  4  yv|iMe«v»«9  hg^rif^nm  tff  ml 
|«fxf^ir«  IflM^.'  fif  mofs  WuDder  aehmen,  dtM  Gobet,  al*  et  tiim 
Ireflliche  Betserang  yvitvac^iwxtQ  machte,  niebt  an  deD  Wmieni  f«^ 
fivttMif  d)  «4x1  StiQovg  *£ef»^  Anstofg  Dahm ,  da  j*  diese  nit  dMi 
fvpvaa^htig  im  offenbaren  Wideraprnohe  alelieiL  Waa  sau  den 
ibrigens  dieser  Hermes  hier!  In  dem  Mirehen  soll  ja  Prametbeiu  die 
Hauptrolle  spielen  und  doeh  erfahren  wir  hier  nidits,  ala  data  er  sisli 
adbst  übte.  Ich  yermuthe  daher,  4ass  diese  Stalle  iDterpoliert  sei. 
Leicht  mochte  Jemand  es  befremdlich  finden ,  dass  die  BrOddaaiK.  drr 
Gymnasien  hier  dem  Prometheos  Engeschrieben  wird ,  wiliraiid  doek 
bekanntlieh  sonst  allgemein  Hermea.  als  der  Erfinder  derselbe»- angeaehea 
wurde,!  und  läodite  daraus  Veranlassung  nehmen  diesen  Namea  bler  eiiH 
suselüeben  und  danach  das  folgende  umsugestalten*  Erst  wenn  wir  lesen  ; 
«eel  YVfkPmöono  , ,  ,  «^oreg ,  fV|iira^M  d^  tuA  Ic^ovg,  «y«a#s^  .  • . . 
ea^iffMKf 00  aal  ntdaißtffttv  y«  n^mniv  %enaü%9vaifn9  «cd  aC  ya|ipa- 
0%hxH  atA.  erhSlt  die  Stelle  einen  befiriedigenden  Sinn  and  Gedaakea- 
sasammenhang.  —  &  30,  Z.  \%  enSblt  der  Schriftsteller  die  Oesehfehte 
Ton  der  Pherenike,  der  Tochter  des  berühmten  Wettkimpfers  Diagaras, 
welche  in  mSnnlicher  Kleidung  als  fvpponijg  ihren  Sohn  nach  Ötympia 
begleitete.  Da  heifst  es  nun  t  ««al  to  ifdoe  4  ^i^^winii  athm  «>  If- 
fCNTO,  mg  'HXiio^  ta  n^iStu  ivii^  do{c».*  Hiesu  bemerkt  nun  Gebrt 
S.  46 1  «aaaa  flsle  HUerpres  (nSmL  I>aremberg):  ^PMrän^n  mgmü 
iani  äe  ffree  de  earadire,  0te  ies  JtiSen»  in  prirmi  4t  abmrd  pmir  wm 
kommet  QuoBi  wer»  lila  wit  animi  ocuiis  cemaiur  ei  fhemitime,  ie 
^föus  magna  vis  at^mi  ei  comfaniia  intii,  corporis  qfwque  wirHe 
reöur  soieani  habere.  Repanendum  arbltrort  %ui  xo  ßdfLa  oivmn 
iQ^eno*  Aber  ^^g  bezeichnet  nicht  blofs  das  Innere  Wesen ,  aoodeni 
auch  den  Ausdruck  im  Xufseren,  z.  B.  Xen.  Conv.  VItl,  3  aiz  ^9^^ 
mg  0KOvdaim  (klp  aitov  at  6q>ifVBgy . . .  n^tutn  Sh  ^  ^^mt^ ,  tlm^ 
dh  TO  i^og^  ich  möchte  daher  übersetzen:  «sie  zeigte  in  ihrem  Wefn 
soviel  Entschlossenbeil.*  Yom  Körper  konnte  man  ja  ohnehin  bei  drt 
Umhüllung  des  Kleides  (s.  2.  14  it^z^ti  yt  aiv  vwi  «p/pisyO  fast  niebt4 
wahrnehmen.  —  Ebendas.  Z.  20  gibt  die  Abschrift:  viiiog  Sh  if^m^ii 
TOir  yv(ikV€i9tijp  inodvMß^i  «ol  fiijd^  rovtov  «WXfy«Tov  aitoig 
bIvm;  in  der  Ausgabe  setzt  Mynaa  das  avrorip  hinter  ly^cc^ii.  Es  hA 
wol  sehr  wahrscheinlich,  dass  aocerg  an  beiden  Stellen  nur  dem  MyaM 
seinen  Ursprung  verdankt  --  S.  34,  Z.  2  bezeichnet  Gebet  (S.  47)  die 
Wprte  ^inunovfktvop  h  *Olvy^iit^  x^w  arvyfi^y  x^  avxiwtUq^^  mit 
Recht  für  sinnlos,  ohne  jedoch  einen  Verbesserungsversuch  zu  maehei». 
^Corrupia  verba  p.  34,  %,  sagt  er  S.  70,  diu  ei  nmiiam  me  exereme- 
runi,  sed  firusira.  Atäii  exii,  gmd  iimtU  ienteniiae  ei  eraeeiiaii  iia 
saiis/üciai,  ui  ntm  nimis  a  tuigata  ieciione  discedaf*  Könnte  man 
nicht  vielleicht  an  anoyiyvaioxorxa  (st.  uniexov[itpo9)  denken  f  — ' 
Ebendas.  Z.  14  ermuntert  ein  yvikpaütiqg  einen  schon  tinterliegendeii 
Albloten   zum  Kampfe    mit  den  Worten;    ig   nalop  htuipiw  lo  h 


Adtgafcen  des  Pbilostrtt  n.  y<^^^  ang.  1r.  #.  SeUnkL'      MI 

OXvfknfy  fLfj  intimi'v.  Gobet  (S.  48)  nimmt  an  den  Worten  pti  inn^- 
'nstp  Anstofs,  indem  er  bemerkt,  dase  in  all^n  solcben  Auesprucbeiii  ^ie 
naXip  htatpiüP  ^  tvQ9C9pi£f  immer  htiipiop  notbwendig  mit  dem  Be- 
griffe des  Sterbens  verbunden  sei,  «iiaiM  9WU  imitpia ,  epinar ,  xmp 
xt^ffiiitmp,^  Daher  müsse  man  auch  hier  xt^vipai  oder  ano^mpihß 
statt  pri  amntitp  erwarten.  Nun  war  aber  i^HmtP,  inav9ap  j  &%•*. 
yiypm9%Bi9  (vgl.  Krause  S*  423)  der  gewöhnliche  Ausdruck ,  wenn  sich 
ein  Kämpfer  für  besiegt  erklarte;  somit  geht  ja  fi,f^  intintip  in  die 
Bedeutung  über:  «bis  zum  Tode  tu  kämpfen*  und  das  ist  ja  auch  durch 
das  vorhergehende:  tlq  i^mtu  4ta»at09  «erv^m^crsir  angedeutet.  —  S.Stf, 
Z.  10  lesen  wir:  ^AttaXog  Sh  i  Jiyvntiog  hinfi^i  (ÜXiitaUt^iP ergS^nMi 
Cobet  S.  48}*  iynwiadpkipog  tig  SmsffOP  inov  «ov  yvi^paotov  IniQ^ 
Qm9€ivxog  üHfiipov  naq*  tAxoVg  pofkov  Stuioci^  i%o^iia%MP  xow 
Ikixa  pinfip  ^TVMffttfroy*  pbxqop  yä^  po^t^c^m  (daf&r  Cobet  S.  49> 
09  yuq  kif^p  ai^gg  aymwitiü^M)  nqixw^op  ij  iyyviixicg  «oraar^craa 
xov  crnftmog'  oi^ipig  dh  iyyvm^hov  x6  ovxm  ^iyu  ini^nip  lovror 
o  yvpkPU0xrig  xip  poft^  %xl.  Cobet  meint ,  dass  Mynas  hier  manches 
eingeschoben  haben  möge;  indessen  ISsst  sich  die  Stelle  mit  geringeff 
Änderungen  herstellen,  wenn  man  schreibt:  aympiaa^^i  dh  dsvte^oi^... 
hi^Qfißetpxog  intz^hv^'*  ni^ikhov  4h  %xL  —  S.  S8f  Z.  12  hat  Cobei 
S.  34  die  sehr  verderbt  überlieferte  Leseart  trefflich  verbessert,  indem 
er  schreibt:  ^»i  ^»QaaXiog  nal  dulog^  oixoi  fiihp  tpQOPxiiov^tp  oidhß 
ovdk  ot  p6fko$  9q>UiP  v%%q  xovxmp  ducXiyopxui,^  Ich  möchte  nur,  in 
Anschlüsse  an  das  überlieferte  i  ^onxi  d  yiypacnoiip*  tftatt  ^^of^r^toir- 
«ey:  ytyyisMovtftir  beibehalten.  —  S.  48,  Z.  4  bemerkt  Cob«t  (S.  M), 
dass  in  den  Worten:  «x"^'*^  7^^  üvi^ßaipH  xi  i^ij  av  ^pxa*  tfvp* 
fittivii  verderbt  sei,  ohne  diese  Behauptung  nSher  zu  begründen.  Dass 
die  Leseart  richtig  ist,  beweist  Plat.  Rep.  I,  829,  d  y^Qag  lurl  ptixin 
XaXiitfj  xm  xoioixip  ^vpkptUPH.  Ebendas«  Z.  14  ist  tici  zu  streichen.  <*^ 
S.  62,  Z.  18  lesen  wir:  ^dutvlov  Sh  iymptaxid  KoxianBffacd'mp  i^^«K 
fitviexsffOi  phr  ot  xo  exaSiav,*  Eb  ist  zu  schreiben :  |ily  ij  xov  ox^ 
diov,  —  S.  54>  Z.  4  gibt  die  Handschrift:  «xotl  xop  Pqa%iopu  n^ripag 
avntp^i>yyiig  %a\  xfnfg  wiMvg,*  wofür  Mynas  in  der  Abschrift  ptlp  iwt^ 
Qinfig,  in  der  Ausgabe  pkfj  i^tpiyyiig  herstellte,  während  Daremberg  das 
(t!hv  ays^^ftinfff  der  Abschrift  in  fihf  iwa^i^iwig  änderte.  Cobet  ver-^ 
wirft  mit  Recht  diese  ^portenia  Burm^to  non  ituHpna,*  ohne  jedoch 
selbst  einen  Vorschlag  zu  machen.  Konnte  man  nicht  vielleicht  an  >4 
apwpiQiig  denken f  —  S.  68,  Z.  1  lesen  wir:  «i  naXa$üx^g  i  nuai 
Xoyofr  fvfiijici|ff  ftlp  in»  furlXov  19  {vfi^ar^oß.*  Ich  zweifle  sehr,  dass 
o  «.  o  %ata  Aoyov,  wie  Daremberg  will,  «/e  lui/eur  bUn  eofi/brme^ 
bedeuten  kann;  vielmehr  wird  man  h  streichen  und  %axi  loyaw  mit 
tvfftifxjjg  verbinden  müssen;  vgl.  S.  52,  Z.  18  x^Q'^S  ^^H  ^^^  l6yoP9 
S.  80,  Z.  7  wüaq%k[  MB^ixxoxiQa  xov  loyov,  S.  82,  Z.  10  fintqop  xav 
ivp,(iix^t9P  tipkfiTiioxiQOi,  *-  Ebendas.  Z.  4  können  die  Worte:  ^xOvxl 
yaQ  it^oo(pvhg  (kiPf  na^axlijcMv  dh  «SKoXatffifV^i  lUtXlop  ^  ytyvppct^ 
onipqt^  unmöglich  richtig  sein.    Vielleicht  UV  iw  «cXitViVvGkx    x«y«^  n«.^ 


äil  nffoü^vlg  Sv  mc^unln^t^v  %tL  --  S.  §8»  Z*  11^  Ut  htnostiUeii  r 
Nrntm  dh  %u^(w%m  fAv  v.ft  i^^u,  wie  dies  klar  4»   folgende:  79- 
f^vMxinmti^  dh  %u  «so'y«^  beweist   —   8.  TJI»  Z.  16   findet   Cekei 
(&  79)  in  dem  Satset    «o^ty  iifcoi  %§  {eitevff  %aL  6fpi  iyij^eceMe* 
den  Ausdruck  &ofeft  {enotw  verkehrt  und  fordert  daliir:   wotfM  te- 
piamr  oder  diftüotry.  leh  sehe  sieht  ein,  was  ao  den  ¥^«rteii  «aeiiisetseR 
ist.    Der  DiSt,  welche  sie  beobachteten,  hatten  es  die  Aihleten  m  veiw 
danken,  dass  sie ,  ohne  je  in  eine  Krankheit  an  verfiUen,  ihre  Otnugea 
lertsetsen  konnten  und  erst  spat  alterteni  d.  h.  su  Wettkimpfen  unlaag- 
Uch   wurden.    Daher  heiCil  es   w  felgendent   liffMfib^wzi   %a  oi  /Aw 
Swm  ilfffimmdag  tetl.  —  8.  78i  Z.  10  hat  Meineke  Philol.  XV.  1 ,  138 
die  überlieferte  Leseart  vortretnich  verbessert,  inde«  er  sehreibt:    «T^ 
(Ap  oi%  Sp  h  'Imwim^  tC  H  ow  ip  h  'OkopkfU^  yipofTo   in*  mi^pit^ 
ifmpag  (st.  aidvog).*    Ebenso  beanstandst  er  mit  A«dit  'immi/f^  da 
doch  dieser  sehniSde  Handel  nicht  in  Jonien,  sondern  nur  bei  den  helle- 
Bisehen  Wettkimpfen  begangen  werden  könne  •  und  überdies  schon  die 
Nebeneinanderstellung  dieses  Wortes  und  ip  "Üivf^s^  davon  übenoigea 
müsse,  dass  die  vorliegende  LeseiEurt  fehlerhalt  sei.  Wenn  aber  Meineke 
dafür  ip  *l^pkiif  vorschlagt^  mit  dem  Bemerken,  dass,  wie  bei  Diehten 
h  'Pod^,  ip  Suf/küf  gesagt  wint  ao  auch  Philostratos  recht  gut  des 
Ausdruck  ip  'le^/^r  gebrauchen  konnte^  so  streitet,  abgesehen  von  sb- 
deren  Bedenken,  der  ganae  Zusammenbang  dagegen«    Denn   im  vorans- 
gehenden  wird  ja  eben  von  einem  Factum  berichtet,  daa  bei  den  Isthmi- 
sehen  Spielen  vorkam,  vgl.  S.  76,  Z.  17«  78,  Z.  4  u.  9,  nicht  aber,  wie 
Meineke  meint,   bei  den  Nemeischen  Spielen.    Es  wird  daher  wol  stiU 
lü^li^^  vielmehr  NiiiiqL  hersustellen  sein,  da  Philostratos  offenbar  andeuten 
will,   dass  dergleichen  Dinge  nicht  blofs  bei  den  Isthmischen  Spielen, 
aondern  auch  anderswo  vorkommen  durften.  —  S.  92,  Z.  8  hat  Cobet 
(S.27ff.)  die  bisher  misverstandenen   Worte  trefflich    erklart    und   ge- 
schrieben:  ^anirnnve  to»  de-XritfiP  ip  ait^  z^  yv^va^np    äypo^^ag 
«ttl  nQonnovtog   u  yiypmoMiv  iün  %al  eii9x«yT0s.*    Ich  stimme  der 
ganxen  Anordnung   bei,   mit  der  Ausnahme,  dass  ich  die  überliefiwle 
Leseart  iypncitf.  (st.  ayporioug)  beibehalte.     Was   Cobet   gegen   die- 
ses Wort   einwendet,   dass  es  als   ein  vocabulum   priscum  und  poeti- 
cum  nicht  in  diese  Stelle  passe  und  auf  keine  Weise  mit  aypoia  gleich- 
bedeutend gebraucht  werden  könne,  ist  nicht  begründet    Man  braucht 
nur  in  das  nächste  beste  Wörterbuch  zu  sehen  und  man  wird  finden,  dass 
dieses  Wort  nicht  blofs  bei  Thukydides  und  Platon,  sondern   auch  bei 
Spateren,  wie  bei  Lucian,  im  Gebrauche  war  und  dass  es  so    gut  wie 
uyvoiu    die  UnwisseDheit  bezeichnet.    Dass   es  übrigens   ebenso,  wie 
tfyyoijtfaff,  einen  entsprechenden  Oegensatz  zu  dem  folgenden  yiypmcnuw 
bildet,  brauche  ich  nicht  weiter  hervorzuheben. 

Mögen  diese  Bemerkungen  als  ein  kleiner  Beitrag  aur  Kritik  des 
interessanten  Büchleins,  dessen  Leetüre  dem  Referenten  manche  ange- 
nehme Stunde  verscbsfft  hat,  freundlich  aufgenommen  und  demgemäfi 
bcurtheill  werden. 

Innsbruck»  '^»^^^Vji.^uVI. 


CMMIM,  msj^o^tion  tu  detttochen  kvMiutn,  ang:  ?.  Jt.  MeieJht^  89ff^ 


Dispositionen  und  Materialien  zu   deutschen  Aufsätzen  über  The-' 

mata   für  die   beiden   ersten  Classen  btf herer  Lehraofitalten  TOb  L. 

CholeTius,  Prof.  am  Knelph&fsohen  StadtgymDasium  zu  Königs-* 

.  berg  i.   Pr^    8.   (XXU  u.  200  8.)   Leipzig,    Teuboer,    1860.  *^'. 

1  n.  60  kr.  ö.  W.  , 

Nicbt  jeder  ist  gleich  frachtbar  im  AdfBadtn  passender  An/gabenr 
ja  diese  Fähigkeit  wird  selbst  za  verschiedenen  Zeiten  bei  einem  xinA 
demselben  eine  Terscbiedene  sein  ^  daher  ist  eine  solche  Sammlung 
von  Dispositionen  und  Materi^ien  ein  sch&tzbares  Mittel  der  Anregung.^ 
Zudem  ersieht  man  ans  dem  Buchlein  das  Verfahren  eines  eifrigen 
Fachgenossen  and  wird  sich,  wo  Obereinstimmung  mit  dem  eigenen 
Wege  sieh  zeigt,  erwünschte  Billigung  herauslesen ,  wo  Versobieden» 
heiten  auffallen,  zu  neuem  Nachdenken  erregt,  entweder  TOn  früheren  Ver- 
suchen sich  fossagen  und  dem  besseren  Vorgange  folgen  oder  erst  in  einend 
die  Gegensfitze  Termittelnden  dritten  das  richtige  oder  mindestens  besser« 
erreichen.  Deswegen  ist  der  Umstand,  dass  wir  in  unserem  Urtheile 
«so  selten  über  die  Brauchbarkeit  der  Themata  übereinstimmen*  allere 
dings  kein  Grund  eine  Samnlong,  wie  die  voriiegende  ist,  zurückzu- 
halten oder  ohne  weiteres  aus  der  Band  zu  legen.  Könnten  wir  anoH 
kein  einziges  der  hier  nifgetheilteo  Themata  selbst  brauchen,  Belehrung, 
würde  uns  das  Buch  Immerhin  geben »  immerhin  also  seinem  Zwecke 
mehr  oder  weniger  gerecht  werden.  Freilich  würde  mit  diesem  Zuge^ 
stSndnisse  auch  die  Kritik  einer  eingehenderen  Besprechung  des  Buches 
entsagen  müssen ,  drSngten  sich  nicht  ein  par  Principienfiragen  bei  Be* 
trachtung  der  hier  mitgeth eilten  Aufgaben  unabweisbar  hervor.  Der  Hr. 
Verf.  bemerkt  in  der  Vorrede,  dass  er  sich  bestimmt  fühlte ,  seinen 
Dispositionen  eine  andere  Gestalt  tu  gebeti,  als  er  sie  eigentlich  liebe 
(p.  VI),  weil  eine  auf  wenige  bezeichnende  Worte  besehrSnkte  oft  viek 
leicht  nicht  genugsam  dargethan  hatte,  was  in  dem  Thema  enthalten  sei» 
oder  was  er,  fögen  wir  hinzu,  mit  demselben  bezweckte« 
Wir  bemerken  nämlich,  dass  einige  Aufgaben  in  ihrer  Form  so  unbe^ 
stimmt  sind ,  dass  schon  durch  diesen  Mangel  der  Schüler  in  keine  ge^ 
ringe  Verlegenheit  gerathen  muss.  Es  heifst  z.  B.  eine  Aufgabe:  «Gber 
Hagen  im  Nibelungenliede.*  Damit  weifs  der  Schüler  um  so  weniger 
etwas  an£uf)ingen,  als  gerade  diese  Gestalt  in  wunderbarer  Mischung 
unseren  Abscheu  und  unsere  Theilnahme  erregen  muss,  ja  selbst  von 
verschiedenen  Gesichtspuncten  betrachtet  ^  zu  entgegengesetzten  Ergeb* 
nissen  wenigstens  den  Unkundigen  führen  konnte.  Viel  bestimmter  wim 
schon  die  Aufgabe  so:  «die  Treue  Hagens,*  die  sich  nun  in  ihrem  Ver» 
hSItnisse  zu  Günther  und  Brunbild,  zu  Sigfried  und  Rrimhild,  zu  Volker 
und  seinen  Leidensgenossen  darstellt.  Offen  bekannt  hat  uns  auch  die 
Disposition  unter  dieser  Aufischrift  wenig  genügt.  Wir  sprechen  aber 
hier,  wie  bekannt,  nicht  gegen  einen  einzelnen  Fall;  denn  sowie  die  in 
Rede  stehende  Sammlung  diesen  Fehler  Ollers  aufweist,  so  könnte  auek 


aea  CMMMi  DtipotiUon  la  deut^cheii  AabaUoo,  aog.  v^  JT.  MHiki. 

die  Erfahrung  der  Schule  reiches  Material  lur  BestattguDg  des  Getaglea 
aufweisen«  Es  genügt  also  eine  Disposition  durch  wenige  beieiobiMirfa 
Worte  aniudeuteuy  sicherlich  in  dem  Falle,  dass  die  Aul^gabe  bcstimit 
«uf  das  Ziel  binseigt ,  und  zweitens  die  gestellte  Frage  über  deo  Ge- 
sichtskreis des  Gymnasiums  nicht  hinausweist.  Letsteres  geschieht  abtr 
immer  da,  wo  die  Besprechung  eines  Schriftstellers  verlangt  wird,  dessn 
Kenntnis  nicht  bei  jeddm  Schüler  ohne  weiteres  yorausgeSeUl  wetdea 
kann,  also  i.  B.  Shakespeare's  •  mögen  die  Tliemata  sonst  aoeh  noeh  st 
sinnreich  gewählt  sein.  Nun  gibt  es  aber  auch  Werke  der  Literater, 
die  das  Gymnasium  lum  Ausgangspuncte  einer  schrifllieheo  Betradrtnsg 
«nch  nicht  nehmen  darf,  trotsdem  kaum  ein  Abiturient  sa  finden  sein 
durfte,  der  solche  Werke  nicht  eben  deswegen  gelesen  hUe.  Dahin 
gehört  Gothe's  FausL  Vorseitiges  und  unreifes  Absprechen  kisdaDsu- 
halten,  dem  sonst  Thur  und  Angel  geöffnet  würde,  muss  das  Qym» 
nasium  den  Grundsati  festhalten,  dieses  Werk  nicht  in  den  Bereich 
seiner  Besprechungen  lu  liehen;  es  darf  also  auch  nie  Aufgaben  in« 
lassen,  die  eine  genauere  Kenntnis  des  Werkes  bei  den  Schalem  voraus^ 
setsen,  wie  Nr.  56  und  noch  mehr  Nr.  73.  Dieses  Thema:  «die  Obsr* 
setiungen  der  ersten  Worte  des  Et.  Jobannis  in  GoBthe*s  Faust*  schdH 
uns  doch  auch  gar  lu  «TersUegen.*  Ja  auch  Wilhelm  Meister  wird  sa 
jenen  Büchern  lu  rechnen  sein,  die  ?on  Gymnasiasten ,  wenngMek 
ohne  VerstSndnis,  immer  und  immer  gelesen  werden ,  und  Ton  denn 
Leetüre  die  Schule  keine  Notii  nehmen  dar!  Nr.  83  t  «Wie  sehr  Gcetbes 
Harfner  in  dem  Liede:  *Wer  nie  sein  Brot  mit  Thranen  aus'  die  tünni- 
lisehen  Machte  verkennt*  ist  daher  schon  aus  jenem  Grunde  unstattbaflL 
Femer  aber  musste  für  eine  einigermafsen  lesbare  Beantwortung  d« 
Frage  der  anderwärts  von  dem  Verf.  glucklich  durchgeführte  Gmndsati, 
dass  man  die  Dichter  als  Dichter  lesen  und  sich  mit  ihnen  auf  ihres 
jedesmaligen  Standpnnct  versetzen  musse^  strengstens  durchgeführt,  d.  k 
das  allmähliche  und  folgerichtige  Werden  dieser  Anschauung  aus  des 
Schicksalen  des  Harfners  nachgewiesen  werden  (vgl.  die  feine  BeoMr- 
kung  Schiller's  in  seinem  Briefwechsel  mit  Gcethe  über  dieses  Schicksal 
und  die  Schuld  des  Harfners)  —  und  das  geht  doch  über  die  Qrensea 
des  Gymnasiums  hinaus.  Endlich  müssen  wir  uns  grandsitslich  gegca 
solche  Aufgaben  erklaren,  die  den  Schüler  veranlassen  unsere  groÜMS 
Dichter  lu  meistern.  Eine  armselige  Zeit,  in  der  man  geradesu  darauf 
ausgieng,  jenen  Männem  vermeintliche  Fehler  und  Blö&en  naohiuweisea, 
ist  Gottlob  im  Scheiden  begriffen;  in  den  Schulen,  in  den  Henen  der 
Jugend  h&tte  ein  solches  Streben  nie  einen  Nachhall  finden  sollen.  Die 
Früchte  jener  Methode  sind  uns  in  misgestalteten  Zerrbildern  entsetilieh 
vor  die  Augen  getreten  —  halten  wir  also  unsere  Jugend  fem  von  einer 
sich  überhebenden  hoblen  Kritik,  die  wie  Mehlthau  jede  Blüte  einer 
reinen  Freude  an  dem  GroCsen  und  Schönen  vergiftet.  Die  gestellte  F^raga^ 
«ob  der  Oberst  Buttler  von  Schiller  so  dargestellt  ist,  dass  sich  in  seinem 
Charakter  keine  Widersprüche  finden,*   verstdbt,  wie   die   Ausfühmng 


ykkiff  Bevölkerung  der  osterr.  JMonarehie,  tng.  t.  i.  SMnlUmm.    B0& 

^eigt,  gegen  jenen  Gmndsati,  und  möehte  den  Dichter  nur  enischuldi- 
gen;  die  geforderte  ErklSnmg  des  Gediehtes  von  Goethe:  «Gesang  der 
Geister  über  den  Wassern*  flndel  bald  dies,  bald  jenes  entbehrlich  n«s.  f. 
Nnn  wissen  wir  aber  doch,  dass  diese  Männer  nicht  so  gedankenk» 
gearbeitet  haben ,  dass  jeder  Primaner  sie  zu  belehren ,  su  tadeln  be- 
rechtigt sein  könnte,  obgleich  phrasenhaftes  Absprechen  aufserordentlioh 
leicht  ist.  Viel  schwieriger  ist  eine  reine  Aufnahme ,  ein  volles  Yer* 
stSndnis  des  gebotenen  Kunstwerkes,  welches  uns  manches  ürüher  getadelte 
erst  in  seinem  rechten  Lichte  und  als  Vorzug 'erscheinen  ISssL  Das  ist 
Unsere  schönere  und  höhere  Aufgabe,  dahin  wollen  wir  streben  — 
welche  Arbeit  aber  die  Erreichung  dieses  Zieles  voraussetzt,  das  spre^ 
eben  die  goldenen  Worte  GoDlhe's  über  die  Schwierigkeil  eines  reinen 
Kunstgenusses  in  Wilhelm  Meister  (8.  Buch  7.  Gap.  am  Ende)  in  be- 
herzigenswerther  Weise  aus. 

Nach  diesen  Ausstellungen  gestehen  wir  aber  auch  gerne  ein, 
dass  uns  mehrere  Themata  sehr  wohl  gefallen  haben,  so  Nr.  8,  8|  11. 
14,  18,  28,  30,  41,  44,  47,  63,  77,  78,  86,  88. 

Wien.  Dr.  K.  Reiche!. 


Dr.A.  Ficker  (k. k. Hinisteriakecretär),  Bevölkerung  der 
österreichischen  Monarchie  in  ihren  wichtigsten  Momen- 
ten statistisch  dargestellt.  36  S.  mit  12  (gebrochenen)  KIrtchen, 
kl.  4.  Gotha,  J.  Perthes,  1860.  —  28  Ngr. 

Das  kleine  Buchelchen  enthilt  die  Resultate  der  YolkszShlung  vom 
J.  1857  bis  zu  den  Summarien  der  politischen  Abtheiinngen  mittleren 
Ranges  herab,  mit  geschichtlichen  Rückblicken  auf  frühere  Zahlungen, 
auf  Vorschriften  darüber  u.  s.  w.,  nebst  den  Angaben  der  Flächeninhalte 
und  relativen  yolksmenge,  femer  die  weniger  detaillierten  Zahlenver- 
•haltnisse  der  Einwohner  bezüglich  des  Sexualverhfiltnisses ,  der  Alters- 
Abstufungen,  der  NationalitSt  (diese  ausnahmsweise  nur  in  runden  Haupt- 
summen), des  Religionsbekenntnisses,  des  Standes,  der  Beschäftigung 
und  der  Wohnorte.  Da  dem  Verfasser  die  Imtlichen  Quellen  dabei  zu 
Gebote  standen,  so  kann  von  einem  Zweifel  an  der  Authenticitat  der 
gebrachten  Ziffern  keine  Rede  sein ,  man  könnte  höchstens  wünschen, 
dass  die  Haupttabelle  noch  ausgedehnter  gegeben  sdn  möchte,  bis  zu  den 
letzten  politischen  Eintheilnngen  herab  (Bezirksimter,  Stuhlbezirke  u.  s.  t), 
um  den  numerischen  Verhältnissen  noch  weiter  nachgehen  zu  können, 
indem  die  Estreme  sich  mit  jeder  weiteren  Kategorie  von  einander  ent- 
fernen. Was  die  relativen  Zahlen  anbelangt,  so  würde  der  unterzeich- 
nete gerne  einen  Orundsati  in  Obung  wissen,  dessen  Annidime  und  Be- 
folgung beitragen  vrürde,  zum  Vergleichen  kleinere  und  daher  bequemere 
Zahlen  zu  erreichen.  Würde  nämlich  statt  der  deutschen  geographischen 
Huadratmeilt  (1  M.  ■-4'  und  13  M.  ^lO  die  geographische  DMinute 
^angenommen,  so  würde  der  Divisor  16mal  gröfser,  demnach  aucl^  der 


«eto    iVcAcr,  fieT61kffopg  dcrttsierr.  Aioiuucliie,  ang.  y.  A»  SMmhmm 

jQuotieDt  IGmal  kleiner  «umfallen  ^  und  gieDganuHi  üJb^dieii  in  der  Ta^ 
^\t  biB  auf  die  untente  Betirkt-Ablbeiluog  herab ,  so   wurden  aeUei 
inehr  4«i€frige,  ja  sogar  bl^ufig  nur  Sziffrige  r^laUve  Znhleii  Torki»- 
mmf  die  gewiss  cum  filerkeii  uad  OefeajibersteUep  taugUeber  sich  cr- 
^tfobeo  als  4si{rrige  eder,  wie  ee  oMiielima)  TorlUt^imi,  ^eitrige»    So 
.»»  B.  sieUen  sieh  Eitrei^  der  taodbevölkenug  im  datorr.  lUieefslaate 
^j^.  &  in  LeUmmtser  Kreise  und  'm  Jnplbale)  auf  111^,.  1054,  lO»?  V. 
und  41»  42,  44  M.  lur  die  geogr.  DMimite,  wabreod  wir  fiir  Irejse 
upd  deuUebe  DM.  die  Verbältoisudilen  7168  «n«!  ÜM)9  bekommen.  Ja 
^sten  Falle  sieben  die  ft%iittDfi  minder  gegenpber   wie    W:l^  im 
Ji Veiten  wie  7:1  Durcb  die  ZerfSllung  in  kleinste  Summaneo  gebt  so- 
/naeb  die  QngMcbbsit  der  Veribeil«ng  der  Bev^erung  nber  &i»  Ter- 
^ebiedenen  Rüume  viel  geaautr  heryor,  und  dur^  die  AnoabsM  eines 
kleineren  Quadrats  erbalt  man  niedere  Zahlen  von  dnrohecbniWicb  drei 
ZtlTem»    8o  %.  B.  verhilt  sieb  di#  Bevölkerunggdick^e   hi  d^  t9  Be- 
airken  Ton  Kjrntben  also : 

iSOVillacb  «9  4Kofen 

173  Völkermarkt  98  Ferlacb 

1 68  Klagenfurt  (ohne  Hptstdt.)  86  Ourk 


%    I 

"d 


168Ro8egg 
164  Arnoldstein 
166  Wolfeberg 
1628t.  Paul 
149Cbenidorf 
130  St.  Veit 
127  Bleiburg 
ll4E:ber8tein 
112Fe]dkircben 
ill  Spital 
105  Hermagor 
102  St  Leonhard 


80  Paternion 
78  Friesach 
76ilillstädt 
7t  Tarf  is 
68  dreifenborg 
62  ROtsehach 
66  kappel 
420berrellach 
42  Winklem 
40  Gmünd 


DieDurcbsobD|tt«aald  für 
ganz  Kardthen  ist  ohne 
Klagenfurt  106,  mit  der 
HaupUUdt  111  E.  aof 
1  Q'.  Bei  Hauptsladlcn 
soiUe  die  B#wobnertahl 
•durch  die  J  o  c  hsabl  des 
verbauten  Grundes  di- 
vidirt  werden,  um  die 
echte  Dicfateproportion  lu 
erhalten ,  a.  B.  bei  ILla- 
genfurt^JJi—  l7Einw. 
auf  1  Joch. 


Zur  Versinnüehung  der  relativen  Pereentveibaltnisae  sind  dem 
-Werke  12  Kartchen  beigegeben,  und  swar  etets  ein  nnd  dieaeJbo  Uruod- 
iuurte  (mit  der  politischen  Eiotheilung  ersten  und  sweiten  Rangoa  uad 
den  Hauptamtsorten),  auf  welcher  mit  einer  Farbe  Oi«f^  Schraffierung 
geschwächt  und  gestärkt)  oder,  so  oft  es  ohne  CoUision  tbunlioh  ist» 
mit  s  w  e  i  Farben  ein  oder  das  andere  Dichtigkeiliverhaitnia  nneb  Claasen 
dargeeteUl  ist  Die  Karfai  Nr.  I  enthalt  die  Bevölkern ngjs dichte 
in  sieben  Classen,  die  Karte  Nr^  %  das  Sexnalverbalton  in  fünf 
Oassea.  Fünf  Kariei  sind  der  Ethnographie  (>%\mwM gewidmet 
(Nr.  8  Deutsche  (vielet),  Nr.  4  £eoben,  Sloveaen  (rotb  «nd  grän)»  fit.  5 
Serben  und  Ruthenen  (roth  und  grün) ,  Nr.  6  WMtr  und  Ost-Rpfnanen 
.<roth),  Nr.  7  Magyaren  und  Polen  (roth  und  grfin)],  vier  Karten  der 
confessionellen  Proportion  (Nr.  8  Katholiken >  Nr.  B  Evangdiisohe 
und  UniUrier,  Nr.  10  N.  u.  Griechen,  Nr.  11  Uraeliten),  die  kftfte  Karte 
enthält  das  Verhältnis  zwischen  der  tandwirthsehAit  (reibenden  BevOike- 
Tung  und  der  von  der  Industrie  und  den  Gewerben  lebenden.    Han 


rUMr,  Bevölkeruog  der  flsterr.  Monaleiiia^  ang.  t.  A.  8t$inkmuer.    81i 

~  muss  d«r  Anlage  tfes  Oauen  eine  eoUprteheode  Klaffaeit  und  Coose- 
-quenc  zaerkeoDen,  und  eio  Bliek  «uf  ein  seUhat  Kfirteke«  Ifitft  tieles 
errathen^  was  man  den  Pere^nt-ZaMeii  eelbsl  nioM  so  deeUieh  und  noch 
weniger  so  schnell  absehen  könnte  9  denneoh  Ueibt  bei  einer  weiteren 
Ausdehnung  der  Fragen  nanebe  Karte  die  Antworten  wenigstens  zum 
Tbeile  sehuldig,  weil  eben  nur  eine  bestimmte  Orblse  ausgedr&ekt 
erscheint^  und  niefat  alle  Terkommenden  Quantititen  in  ihrer  Oesanunt- 
Wirkung.  So  «•  B.  zeigt  das  etfanographisdie  Kärtchen  über  die  Rfegya- 
ren,  dass  eine  geringe  Anzahl  von  Magyaren  .  in  der  Bukowina  wohnen 
muss  (twisohen  1  und  iVf  eller  Bewohner),  sie  weiset  aber  nioht,  wo 
dieses  Häuflein  wohnt,  ob  compact  oder  zerstriBut,  und  wenn  das  erste» 
im  Norden,  6uden  u.  s.  w.  oder  wo  sonst  im  Lande.  Man  nehme  daher 
diese  Kartchen  f8r  nichl  mehr,  als  sie  Torstellen  wotlen,  nämlich  fGr  In 
Zeichen  übersetzte  Verhftlt  niazablen,  nicht  als  cthno-' 
graphische  Karten,  welche  Sprachgrenzen,  OrhA>eiirdlkerung  u.  s.  w.  ent- 
halten. Zu  dem  eriteFen  Zwecke  reichen  die  gebrauobten  Mittel  bestens 
aus,  zur  Realisierung  der  anderen  Absiciit  müssten  andere  OrundsStze 
der  Darstellung  gewAilt  werden,  s.  B.  eine  naeh  der  Quadrat-  oder 
Kubikwurzel  foftschreflende  Seaia  der  Bevttlkerungssummen  der  Orte, 
deren  naeh  dieser  Seala  au%etrageae  Poncte  (iimlich  wie  auf  einer 
-Sternkarte  Sterne  I,  II,  IH  u.  s.  w.  bis  XX  Qrttbe)  die  epeeielle  Volks- 
dichte, noch  besser  aber  die  wechselnde  IntensitSt  auf  die  vollkom* 
menste  Art  ersichtlich  machen  wunden,  nicht  bk>ls  die  iJrtüche  Anliiu- 
fung,  sondern  auch  den  Charakter  im  Ganzen ,  einereeite  der  Sammlung 
in  gröfsere  Bremipuncte,  anderseils  der  Zerstreuung  bis  zur  ünausdröek*- 
baiteit.  Dazu  gehört  aiber  ei«  enispreehend  gnofser  Mabstab  und  ein 
Kirtchen  ¥on  der  GrOlse  jener  im  FldLer'sohen  Werke  wäre  zur  Auf- 
nahme solcher  Details  ganz  untauglieh.  Dem  Kundigen  wird  auch  gleich 
erhellen,  dass  die  erwJDmten  gradativen  Punete  auch  grell  Terschiedene 
Farben  haben  können,  und  doreh  'dieses  Mittel  und  das  Ineinander^ 
greifen  mehrer  Puncto  Tersehiedenen  Dnrehmessers  und  yerschiedener 
Farben,  Quantititen  und  Qualitftten,  nationel  oder  eonfessionel  ge- 
mischter Bevölkerungen  gegeben  werden  können.  Nur  um  die  Karten 
vor  Misverstandnissen  und  ungerechten  Vorwürfen  zu  bewahren,  schien 
esgerathen,  ihren  Zweck  und  ihr  diesfalliges  Verdienst  klar  zu  be- 
zeichnen. Sie  können  in  dieser  Weise  als  Muster  dienen,  wie  ein  ein* 
zelnes  Kronland  behandelt  werden  kann,  um  (die  zweckgemafse  Erwei- 
terung bis  zu  den  Gericbtsbezirken  heral^  T0r/iv9f;es(et]^t)  die  verschie- 
denen Beyölkerunj;sverbSltnis8e,  wie  mit  Jülfe  eines  Vergröfserungsglases 
.'feinere  Otjecte,  4etai]li^r)er  pnd  klarer  ßLi^tuiffkl^n,  als  dies  vom  all- 
gemeinen  Standpunete  ^m§  l^l4  ^f^f  dey^  bench^jfokten  R^uime  gescibehen 
-konnte.  •««-  Auch  die  angewendete  SchraflettirBcala  Verdient  aufinerksame 
Beachtung  und  Nachahmung,  denn  es  liegt  In  Ihr  das  Mittel,  mit  einer 
Farbe  oder  dpcb  I9ö^cb9t  wenigen  Farben ,  also  mit  gröfstmöglicher 
Pmekersparung  dem  jEwpcJ^e  genuig^n  zu  kOnue«;  1  weite,  schwache 


•Sit    fkker,  Bevölkerung  der  Meir.  M onarohie^  ang.  t.  ä. 

und  tchrige  Schraffe'nt  dann  11  etwas  engere,  illSrkere   und  hori- 
lontale  Schraffen»  111  noch  «ngere,  sUurkefe  und  v.ertioale  Sehia^ 
fen,  gekreuiie  Sdüraffen   abermid  in  drei  Abstufungen  Cb^^^^i  Hf 
horisontal  und  sehrSg  abw&rts,  Y  horisontal  und  schrig  aufwirtSy  n* 
gleich  etwas  dichter,  VI  horizontal  und  yerUcal,  eng  und  dieht),  e^d- 
lieb  Yll  die  volle  Farbe  und  Ylll  als  Yerstirkung  die   Uoteriegniof  im 
•gravierten  Schraffen,  bilden  eine  Unschwer  erkennbare  Stufenleiter ,  die 
den  damit  bedeckten  RSumen  gans  angeoiesifen  ist    YYBrden  dieee  be> 
deutend    kleiner  werden ,   so    wSro .  das    AbscbatieH    sehr    ersehwsfi 
(Weniger  glucklich  aeigt  sich  die  Verbindung  von  schwarft   mit  vieM 
.«taf  der  Karte  Nr.  2  und  12,  besonders  beim  Kenenlidite  and  vro  asrte 
'SChtaflierungen  aneibander  stolsen.    Die  Vereinigung  der  evai^ischiu 
.Confessionen  (nebst  den  Qnitariem)  auf  einem   Blatte   gewibrt  nicht 
•die  vollen  Aufschlüsse,  die  man  daraus  zu  entwickeln  TermOfAite,  wem 
-die  .Augsburger  und  Helvetische  Gonfession  wiren  getrennt  bdiandelt 
worden.    Ihre  Vertheilung  ist  h<^st  verschieden,  besonders  in  Cngua, 
die  Intensitäten  haben  bei  beiden  verschiedene  Bliltelpuncte,  eo  dassdis 
getrennten  Bilder  wesentlich  verschieden  von  den  suaammengesetatca 
sein  weirden.    Würde  es  sich  nicht  um  einen  Proportionsausdruek,  son- 
dern um  die  Localangabe  der  Verbreitung  handeln,  so  scheint  eine  Ver- 
einigung beider  Confessionen  auf  einer  Karte  mittels  zweier  Farben  in- 
sofern ausfuhrbar,  weil  nicht  gar  zu  bSufig  ein  Obereinandergreüsi 
stattftndcL  —  Der  Text  ist  nicht  blofse  Erklfirung  der  Karten  und  daher 
ihr  Begleiter,  er  bildet  die  Hauptsache  und  jene  die  Illustration.    Durch 
denselben  wird  auch  bei  allen  gebotenen  Veranlassungen  eine  Verbin- 
dung zwischen  den  Karten  angestellt  und  auf  solche   Art  der  Nutzes 
ihrer  OegeDuberstellung  dargethan.    Das  vorliegende  Werk   möchte  ich 
so  gerne  als  VorlSufer  einer  ganzen  Suite  ahnlicher   Darstellungea 
•über  andere  Zweige  der  österreichischen  Statistik  ansehen.    Die  reicbei 
Quellen,   die  Hr.  Dr.  Ficker  zu  benutzen  in  der  Lage  ist,  bieten  einer- 
*seits,  die  umfassenden  Mittel  der  Gotha'er  geographischen  Anstalt, .  ander- 
seits die  gunstigste  Gelegenheit  zu  solchen  Dntemehmungen ,    und  was 
bei  Vereinzelung  selbst  tüchtiger  Kräfte  oft  mislingt,  das  gelingt  rlr/^ai 
uUiiitf 

Wien.  Anton  Steinhauser. 


Anm.  der  Redaction. 

Gleichzeitig  mit  dieser  Recension  war  von  einem  geschätzten  Hit- 
arbeiter unserer  Zeitschrift  eine  zweite  Anzeige  desselben  Werkes  der 
Redaction  zugegangen,  welche  nach  kürzerer  Bezeichnung  der  Verdienste 
der  Arbeit  an  sich  das  Verhältnis  derselben  zur  Aufgabe  des  Gy  m  nasial- 
unterrichtes  in  Betracht  zieht  Wir  glauben  die  betreffende  Stelle 
dieser  zweiten  Anzeige  hinzufugen  zu  sollen. 

«Es  wäre  ebenso  unnöthig  als  unpassend,  wenn  wir  hier  über  die 
^naulgkeit  der  Daten  eine  Bemerkung  uns  erlauben  wollen.    Kau»  ein 


lorUuer»  batan.  Excursioiisbuch  etc^  tng.  y.  i:  BeUer.       81S 

anderer  als  der  Verfasser ,  über  dessen  streng  wissenschaftliche  und  ge-. 
diegcne  Arbeiten  das  Drtheil  in  dem  Kreise  der  Fachgenossen  langst 
feststeht,  wird  in  der  Lage  sein  so  zuverlässige  und  sichere  Daten  fu 
bringen,  und  bei  keinem  andern  wird  man  der  gröfsten  Punctlichkeit 
und  Sorgfalt  gewisser  sein  können.  Dagegen  wird  es  an  diesem  Ortt 
vom  gröfserer  Wichtigkeit  sein  darauf  aufmerksam  zu  machen«  welche 
Vortheile  für  den  Onterricht  aus  diesem  kleinen  und  billigen  Werke  tii 
ziehen  sein  könnten.  Der  Unterricht  in  der  Vaterlandskunde  hat  sich 
nämlich,  wie  es  scheint,  an  unseren  Gymnasien  noch  keineswegs  zu  einer 
festen  und  sicheren  Methode  consolidiert.  Das  Gebiet  der  Statistik; 
welches  vorherrschend  diesen  Unterrichtszweig  ausfüllt,  ist  ein  so  aus- 
gedehntes und  bietet  so  mannigfaltige  und  schwierige  Seiten  dar,  dasa 
es  ganz  erklärlich  bleibt,  wenn  bei  dem  eifrigsten  Streben  der  Unter- 
richt, der  sich  da  in  einer  wüsten  Masse  zerstreut,  keine  rechten  Fruchte 
ergibt.  Indem  wir  nun  das  vorliegende  Werk  durchgesehen  haben,  ist 
uns  unwillkGriich  der  Gedanke  gekommen,  dass  darin  eigentlich  das- 
Gerippe  dessen  kurz  zu  finden  ist,  was  der  Unterricht  in  der  Vater- 
landskunde vornehmlich  an  positivem  Wissen  dem  Gymnasialschuler  der 
achten  Classe  übermitteln  müsste.  Es  Ist,  wie  es  scheint,  ein  dringen- 
des Bedürfnis,  dass  sich  erfahrene  Stimmen  über  diesen  Gegenstand  ver- 
nehmen liefsen;  um  so  wünschenswerther  für  das  Gedeihen  des  Unter- 
richts wird  dies  sein,  als  dieser  gerade  in  eine  Zeit  fallt,  wo  mit  jeder, 
verlorenen  Stunde  ein  Theil  wichtiger  Arbeitszeit  verloren  geht.  So 
wichtig  es  aber  auch  sein  mag,  dass  der  Schüler  vom  Gymnasium  ein 
allgemeines  Bild  des  Zustandes  mitbringt,  in  welchem  sich  das  Vater- 
land befindet,  so  unzweckmalsig  wird  es  erscheinen,  ausgedehnte  Mit- 
theilungen über  einen  Gegenstand  zu  machen,  dessen  positive  Daten  bald 
vergessen,  dessen  wissenschaftliche  Benützung  dem  Nachdenken  dieses 
Lebensalters  ziemlich  ferne  liegt 

Was  nun  aber  gerade  das  Lernen  und  Vergessen  statistischer  Daten 
betrifft,  so  erinnert  uns  dies  an  den  Vorzug  des  vorliegenden  Werkes, 
den  wir  in  seiner  allgemeinen  Bedeutung  schon  hervorgehoben  haben, 
der  aber  für  die  Schule  ganz  besonders  nutzbringend  zu  machen  sein 
dürfte.  Das  sind  die  schon  erwähnten  Karten.  Die  Bilder,  die  dieselben 
geben,  prägen  sich  leichter  dem  Gedächtnis  ein,  als  die  dürren  Zahlen, 
und  werden  daher  dem  Unterrichte  als  die  beste  Stütze  dienen,  wenn  es 
sich,  was  doch  nicht  zu  vermeiden  ist,  um  das  Memorieren  handelt. 
Wir  sind  daher  überzeugt,  dass  das  vorliegende  Buch  von  den  Lehrern 
des  Faches  ungezwungener  Weise  mehr  und  mehr  zur  Unterrichtsgrund- 
lage verwendet  werden  wird.  Ohnehin  hat  dasseltte  schon  durch  die 
elegante  Form  und  die  schöne  Ausstattung,  mit  welcher  die  Verlagshand« 
lung  es  versehen  hat,  ein  Moment  in  sich,  welches,  wenn  wir  so  sagen 
dürfen,  etwas  einschmeichelndes  besitzt,  und  dieser  Umstand  verdient 
immerhin  auch  hervorgehoben  zu  werden,  wenn  es  sich  um  die  Arbelt 
eines  so  unermüdeten  anerkannten  Gelehrten  handelt,  welcher  sich  damit 
ein  hohes  Verdienst  um  die  Verbreitung  der  Kenntnis  unserer  heimischen 
Zustände  und  Verhältnisse  erworben  hat.* 

Dr.  Gustav  Lorinser,  Botanisches  Excursionsbuch  für  Axvt 
deutsch-österreichischen  Kronländer  und  das  angrenzende  Gebiet. 
Zweite  Auflage.  16»  (LX  u.  37Ü  $.).  Wien,  Tendier  &  Comp: 
(Pötzelberger  &  Fromme),  1860.  —  2  fl.  20  kr.,  geb.  in  Leinwand 
2  fl.  75  kr.  ö.  W, 

Das  vorliegende  botanisohe  Taschenbuch  hatte  sich  bald  nach 
seinem  ersten  Erscheinen  zahlreiche  Freunde  erworben,  uQ^«aA.VAftV  ^««^ 

Zfiuehrin  f.  A.  a«urr.  Ovmoa«.  IMO.  X.  Heft.  ti^ 


dl'4        Idriwter,  botan.  Exeursionsbuch  elc,  ang.  ▼.  A'.  Mener. 

selben  manche  Inconsequenzen  und  Mängel  vorgeworfen  wurden ;  eines 
war  aber  gewiss,  dass  nämlich  kein  ähnliches  Buch,  weder  in  Beiug 
auf  Vollständigkeit ,  Form  und  Preis,  noch  in  Bezug  auf  die  fassliche 
Bestiromungsmethode  für  die  österreichische  Flora  so  sehr  erwünscht 
kam,  als  dieses.  Vor  Koch's,  Kitters  und  Krentzer's  Taschenbuchern  bat 
es  jedenfalls  das  voraus,  dass  es  das  Bestimmen  der  Pflanzen  weit 
leichter  macht,  als  jene,  und  da  der  Hr.  Vf.  diesen  Zweck  zunächst  im 
Auge  hatte,  so  können  wir  nur  billigen,  dais  er  jedes  Mittel  für  erlaubt 
hielt,  welches  zur  Erreichung  dieses  Zieles  führte.  Er  benatzte  s.  B. 
mit  grofsem  Geschicke  bei  den  Gattungen  mancher  Ordnungen  die  Ge- 
stalt der  Blätter  und  die  Beschaffenheit  des  Stengels  zu  deren  Charakteri- 
sierung,  wo  Blüten  und  Früchte  nur  bei  sehr  genauer  Untersuchung 
mühsam  zu  demselben  Erfolge  fuhren,  kurz,  das  Buch  ist  durchaus  mit 
praktischem  Sinne  für  allgemeine  Brauchbarkeit  abgefasst.  Wir  wissen 
recht  gut,  welcher  gewichtige  Vorwurf  solchen  nach  analytischer  Me- 
thode abgefassten  Büchern  gemacht  wird,  nämlich  der^  dass  sich  die 
Anfänger  dabei  ohne  in  eine  allseitige  genaue  Betrachtung  der  Pflanze 
einzus;ehen,  gar  zu  leicht  an  eine  fast  nur  mechanische  Lösung  ihrer 
Bestimmungsversuche  gewöhnen.  Indessen  gilt  dieser  Vorwurf  doch 
nur  für  einzelne  Ordnungen,  Gattungen  und  Arten  ;  denn  in  den  meisteo 
Fällen  muss  die  Betrachtung  der  zu  bestimmenden  Pflanze  eine  ziemlich 
genaue  und  vollständige  sein,  wenn  der  Anfänger  selbst  hei  der  analy- 
tischen Anordnung  zu  einem  sicheren  Ziele  gelangen  will;  und  endlich 
müssen  wir  vor  allem  den  grofsen  Vortheil  in's  Auge  fassen,  den  es  bei 
der  spärlich  zugemessenen  Zeit  gewährt,  wenn  der  Lehrer  ein  Mitte^ 
besitzt,  die  Schüler  rasch  dahin  zu  fuhren,  da^^s  sie  sich  nach  Ablauf 
des  kurzen  Semesters  selbst  auf  dem  grofsen  Gebiete  der  Flora  etwas 
zurecht  zu  finden  und  fortzuhelfen  vermögen.  Auch  haben  wir  steU 
beobachtet,  dass  nichts  den  Eifer  der  «Anfänger  so  sehr  erhöht  und 
kräftigt,  als  wenn  er  sich  im  Besitze  durjenigen  Kenntnisse  fühlt,  die  es  ihm 
möglich  machen,  auch  ohne  unmittelbare  Hilfe  des  Lehrers,  eine  Pflanze 
zu  erkennen,  zu  benennen  und  einzureihen,  d.  i.  sie  zu  bestimmen. 
Kann  es  niemandem  einfallen,  ganz  abgesehen  von  der  baren  Unmöglich- 
keit, z.  B.  den  Schüler  des  Untergymnasiums  durch  schwierige  morpho- 
logische Studien  zu  diesem  Ziele  fuhren  zu  wollen,  so  kann  um  so 
weniger  ein  Behelf  hintangewiesen  werden,  der  bei  einigen  Nachtheilen, 
ganz  erhebliche  Vortheile  gewährt  und  dem  Unterrichte  jedenfalls  einen 
erfreulichen  Erfolg  sichert.  Wir  haben  datier  immer  gewünscht,  dass  des 
Hrn.  Vf. 's  mühsame  Arbeit,  die  eben  so  sehr  Zeugnis  gibt  von  seinen 
umfassenden  botanischen  Kenntnissen,  als  von  der  richtigen  Auffassung 
dessen,  was  den  naturgeschichtlichen  Unterricht  in  unseren  Mittelschulen 
fördern  kann,  nicht  nur  im  allgemeinen  anerkannt ,  sondern,  dass  sie  so 
viel  als  möglich  zweckmäfsig  benutzt  und  allenthalben  verbreitet 
werde.  Die  zweite  Auflage  würde  mit  Recht  die  Beiwörter:  ^vermehrt 
und  verbessert»  führen,    denn   der  Hr.  Vf.  hat  die  in  den  letzten  Jahren 


ScAräi$,  siebenstellige  Logar.,  aog.  v.  AV  ».  UUram.  8f5 

\n  unserem  Floragebiete  theils  neu  aufgefundenen/ (bei Is  neu  aufgestellt 
ten  PflanEcnarten  gewissenhaft  berücksichtigt,  die  deutschen  Pflanzen^ 
naroen,  wo  es  notbwendig  schien,  sweckmäfsig  geändert,  die  fieschrei« 
bungen  der  Pflanzen  in  besonderer  Berücksichtigung  der  Anfänger, 
möglichst  klar  und  fasslich  gegeben ,  tind  su  diesem  Zwecke  die  ana< 
ly tische  Darstellung  vieler  arienreicher  Gattungen  gfitiilich  umgearbeitet. 
Die  Flora  der  fünf  ungarischen  Qrenzcomitate  (d^s  Eisenburger,  Oeden» 
burger,  Wieselburger,  Prefsburger  Und  Ober^Neutraer}  wun&e  in  diese 
Auflage  mii  einbezogen,  und  so  derselbe!  ein  weilerer  Verbreitungsbezirk 
gesichert.  Ober  die  Auswahl  der.  aufgenoiumenen  Pflaozenärten  —  deren 
die  zweite  Auflage  an  hundeK  und  lünCzig  mehr  enthalt  —  spricht  sich 
der  Br.  Vf.  in  der  Vorrede  so  befriedigend  aus ,  dass  ihn  niemand  eine 
beifällige  Zustimmung  wird  versagen  können,  auch  hat  er  sich  das 
Ziel  seiner  Arbeit  zu  bestimmt  abgesteckt  und  sich  über  deren  Zweck 
SU  klar  ausgesprochen,  als  dass  ^er  es  nötbig  haben  sollte,  sieh  Ober  das 
I3rtbeil  einer  rigorosen  Kritik  g^eiehgiiti^  hinauszusetzen. 

Der  Druck  des  Werkes  ist  correet,  die  Ausstattung  sehr  anspre* 
ehend  und  der  Preis  ein  billiger.  Das  Bueh  seheinft  uns  für  unsere 
Schulen  der  w&rmsten  Aneittpfehliing  vertb  su  sein. 

Wien.  Karl  E  Heller. 


Sietenstellige  gemeine  Logarifbmen  der  Zahlen  von  1  bis  I0800Q 
und  der  Sinns,  Cosinus,  Tangenten  und  Cotangenten  aller  Winkel 
des  Quadranten  von  10  zu  10  Secunden  nebst  einer  Interpolations- 
tafel zur  Berechnung  der  Propbrtionaltheile,  von  Dr.  L.  S  e  h  r  ö  n , 
Director  der  Sternwarte  und  Professor  zu  Jena.  Stereotyp,  gr.  8. 
(784  $.)•  Braunschweig,  Vieweg  &  Sohn,  1860.  —  1  Thlr.  22V,  Gr. 

Logarithmentafeln  waren  bia  vor  kaum  aehn  Jahren  ein  halbes 
Säculum  hindurch  die  wahren  Helfer  in  der  Noth  fQr  diejenigen,  di^ 
Autoren  werden  wollten  ohne  eigene  Gedanken  aufzuwenden;  nait  sehr 
wenigen  Ausnahmen  wurden  die  Grundwerke  von  Vega,  Callet,  La-» 
lande  U.  a.  copiert,  einige  uBweaenÜiche ,  oft  nichts  weniger  als  wün* 
schenswerthe  Änderungen  angebracht,  und  so  der  Buchermarkt  mit  sehr 
überflüssigen,  daher  a«eh  gewöhnli^  kaum  in  Gebrauch  gekommenen 
Producten  überschwemmt.  Endlkh  hat  auch  hier  eine  wirkliebe  Ver^ 
besserung  sich  Bahn  gebroche»,  dem  Bedürfnisse  des  fiechners  Abhilfe 
gebracht,  und  lang  gehegte  aber  bis  dahin  immer  wieder  vereitelte  Wünsche 
erfüllt  Bremiker  trat  luerst  mit  seiner  sechsstelligen,  bald  darauf 
mit  einer  siebenstelligen  Talel  auf,  von  denen  man  sagen  kann,  dass 
sie  eine  neue  Epoche  in  diesem  Zweige  der  Literatur  begründeten. 
Aus  der  Vorrede  des  hier  zu  besprechenden  Werkes  ersehen  wir,  dass 
nur  aufsere  Zufälligkeiten  Um.  Director  Sehrön,  der  schon  seit  1838 
durch  seine  drei-  und  fünfstelligen  Logarithmen  auf  diesem  Gebiete 
rühmlich   bekannt   ist,   verhinderten,   wenigstens  gleichzeitig  mvV  ^«<» 


Sl«  MMH,  ttobaiitlemge  logßt.t  ang.  ▼.  Jt.  9.  Ummm. 

miker  den  ersten  Anstofo  lur  Eineeblagnng  neuer  Wege  stt  gebeo«  leien- 
Iklls  haben  sich  damit  die  Zeichen  gemehrt ,  dass  wir  io  Beiag  auf 
solche  Tafeln  einer  anderen  Zeit  entgegengehen ,  dass  wir  bald  Bfleber 
dieser  Art  eben  nur  nach  Bremiker's  oder  Schrön's  Mnstararboitea  sa 
besitzen  erwarten  können,  und  der  alte  Anssproch:  «Was  mm  in  der 
Jugend  entbehrt,  hat  man  im  Alter  die  Fülle,*  sich  auch  liier  wieder 
bewihren  werde.  Solche  Fülle  aber  ist  keineswegs  unnütz  ;  denn  ab- 
gesehen Too  den  eigentlichen,  unabindeiliehen  Prineipien,  ist  es  sdiwer, 
gans  allgemeine  Regeln  für  die  Form  dieser  Bücher  su  geben*  in  llebea- 
dingen  darf  der  indiTiduelle  OeschmadL  sich  geltend  aaoheD.  In  vnkmt 
Beziehung  kann  es  nicht  überraschen,  wenn  die  EinriehUn^ea  der 
Schrön'scben  Tafeln  mit  denen  der  Bremlker^schen  in  Tielea  Hn^gen 
susammenfallen.  Zunächst  waren  eben  in  beiden  Flllen  die  zuefst  von 
Babbage  und  i.  !•  Uttrow  hervorgehobenen,  Ton  uns  an  anderer  Btdle 
(Osterreichische  Blätter  für  Literatur  undl  Kunst  vom  90.  Februar  18(4) 
umständlich  angegebenen  Obelstinde  und  UnTollkommenheiten  der  fite- 
ren Tafehi  su  entfernen.  Hierher  gehören  t  die  Absonderung  der  Zahlen- 
reihen durch  horizontale  und  Tcrticale  weilse  Zwischenräume  in  einsehe 
leicht  zu  übersehende  Abtheilungen;  Bezeichnung  deijenigeQ  Maatissea. 
welche  in  Bezug  auf  ihre  ersten  Stellen  in  unrechter  Zeile  stehen; 
DiiTerenztäfelcben  für  die  trigonometrischen  Functionen,  und  aowohl  diese 
als  die  Proportionaltheile  für  die  Logarithmen  der  Zahlen  um  eine  Be- 
cimale  weiter  gehend  als  die  Tafeln  selbst  u.  s.  w.  Stimmt  das  SchrönMe 
Werk  in  diesen  Pancten  mit  Bremiker's  Tafeln  überein,  so  weichen  doch 
beide  Bücher  in  anderen  Rücksichten  wesentlich  Yon  einander  ab,  und 
bekunden  schon  dadurch  hinreichend  ihre  gegenseitige  Unabhängigkeit. 
Das  insbesondere  nach  der  Breite  gröfsere  Format  erlaubte  ▼ollstandigere 
Mittheilung  der  Differenztäfelchen  und  ganz  gleich  grofsen  Druck  der- 
selben mit  den  Ziffern  des  eigentlichen  Textes.  Ebenso  gestattete  die 
Wahl  unter  einander  gleich  hoher  Ziffer  eine  Vergrölserung  derselben, 
sq  dass  ihre  Ausnehmbarkeit  auch  weitsichtigen  Augen  völlig  genügen 
dürfte.  Der  Wechsel  der  ersten  Mantissen  ist  durch  ^  kenntlich  ge- 
macht Unter  die  letzte  Mantisse  ist  ein  Strich  gesetzt,  wenn  dieselbe 
wegen  der  weggelassenen  Stellen  um  V«  su  vermindern  ist ;  fehlt  der 
Strich,  so  hat  im  Gegentbeile  eine  Vermehrung  um  V«  stattzufinden,  wo- 
durch die  Grenzen  des  unvermeidlichen  Fehlers  der  Tafel  auf  die  Hilfle 
herabgesetzt  wird.  Für  die  Zahlen  100000  bis  108000  sind  aas  nahe- 
liegenden Gründen  die  Logarithmen  auf  acht  Stellen  angegeben. 

In  der  Tafel  für  die  trigonometrischen  Functionen  ist  der  Unter- 
schied mit  den  Bremiker'schen  Werken  am  auffallendsten.  Hr.  Prot 
Schrön  hat  es  nämlich  vorgezogen  die  Tafel  an  sich  durchaus  mit  dem- 
selben Intervalle  von  10"  und  möglichst  vielen  Differenztäfelchen  su 
geben,  hingegen  dem  Bedürfnisse  nach  umständlicheren  Tafeln  für  die 
ersten  und  letzten  Grade  des  Quadranten  durch  Zugaben  bei  der  Tafel 
der  Logarithmen   (trigonometrische   Hilfszahlen  S  und  7)   su   genügen. 


Sekrän^  siebenstellige  Logar.,  ang.  v.  M,  r.  Uiiraw.  817 

Für  die  auberate  Schärfe  ist  dadurch  allerdings  mancher  Vortheil  er- 
reicht; in  der  bei  weitem  gröfsten  Mehrzahl  Yon  Fallen  aber,  wo  es 
auf  diese  aufserste  Scharfe  nicht  ankommt,  'scheint  uns  das  dafür  ge- 
brachte Opfer  an  Bequemlichkeit  zu  grofs  gegen  die  sonst  übliche  Ein- 
richtung mit  wechselnden  Intervallen.  Indessen  gestehen  wir  gern,  dass 
wir  damit  eben  das  oben  erwähnte  Gebiet  individuellen  Bedürfnisses 
und  Geschmackes  berühren,  und  der  Charakter  des  Schrön'schen  Werkes, 
die  Genauigkeit  so  weit  zu  treiben ,  als  es  bei  siebenstelligen  Tafeln 
überhaupt  möglieh,  solche  Abweichung  von  der  gewöhnlichen  Anordnung 
rechtfertigt 

Sehr  vielen  Rechnern  willkommene  Beigaben  sind:  die  Inter- 
polailonstafel  in  der  letzten  Abtheilung  des  Werkes,  eine  Tafel  zur  Be- 
rechnung der  gemeinen  und  natürlichen  Logarithmen  auf  sechszebn 
Stellen,  femer  eine  Tafel  zur  Verwindelnng  der  gemeinen  in  natur- 
liche Logarithmen  und  umgekehrt,  endlich  eine  Tafel,  welche  die  Länge 
der  Kreisbogen  für  den  Halbmesser  1  gibt.  Umständliche  Einleitungen 
lehren  den  Gebrauch  der  verschiedenen  Tafeln. 

Die  tadellos  schöne  Ausstattung  des  Buches  und  die  offenbare 
Sorgfalt  für  die  Gorrectheit  desselben  lassen  den  Preis  (1  Thlr.  22V,Gr.) 
als  ungemein  billig  erscheinen.  In  der  Verkäuflichkeit  jeder  einzelnen 
der  drei  Abtheilungen  (Tafel  der  Logarithmen,  Tafel  der  trigonome- 
trischen Functionen  und  Interpolationstafel)  sehen  wir  einen  früher  bei 
ähnlicher  Veranlassung  von  uns  ausgesprochenen  Wunsch  erfüllt,  und 
glauben  damit  die  Nützlichkeit  und  Verbreitung  des  trefflichen  Werkes 
wesentlich  gefördert 

Wien.  K.  ▼.  Littrow. 


Dritte  Abtheilung* 


Verordiinngen  fOr  die  Aster reicliischen  Gym' 
iiasien;  Statistik. 

Personal  urtd  Schulnotizen. 

(Ernennungen^  Beförderungen,  Vers  e  tzungen,  Aut- 
xeichnuQgep  u.  s.  w.)  —  Se.  k.  k.  ApQst.  Majestät  haben  durdi 
Atlerhöchstet  Handsehreiben  an  den  Ministerpräsidenten  Grafen  Rech- 
berg  unter  denk  20.  Ootobefj  itn  Zosammeiibange  mit  deü  gleiebceitig 
erlassenen  Entschlitf^ngen  Aber  die  definitiven  staatsfechtlifibe  Gestal- 
jtung  der  österreichischen  .Monarchie  zu  verfugen  geruht,  dass  dai 
Ministerium  des  Cultus  und  Unterrichts  als  allgemeine  Ceutralbebörde 
aufgehoben  Werde. 

Q[Die  admibistrAtiVeti  Adgclegehheiten  des  MinisteriuoCis  für  Gultos 
und  Unterricht  werden  dem  Staatsministerium  und  den  betreffendeo 
Kanzleien  zugewiesen.  Doch  soll  gleichzeitig  ein  Rath  des  öfiTenllicheo 
Unterrichtes  gebildet  werden,  welcher  die  wissenschaftlichen  und  didak- 
tischen Aufgaben  zu  verhandeln  und  zu  vertreten  haben  und  dem  Mi- 
nistcrrathe  so  wie  allen  administrativen  Behörden  in  dieser  Beziehung 
als  ßeirath  zu  dienen  haben  wird.* 

Gleichzeitig  mit  dieser  Entscheidung  über  die  zukünftige  Leitung 
des  Unterrichtswesens  haben  Se.  k.  k.  Apost.  Majestät  au  den  bisheri- 
gen Minister  für  Cultus  und  Unterricht  nachstehendes  Handschreiben 
gerichtet : 

«Lieber  Graf  Thun.  Ich  finde  Mich  bestimmt,  Sie  von  der  Lei- 
tung des  Ministeriums  für  Cultus  und  Unterricht  in  Gnaden  zu  entheben 
und  Sie  in  Meinen  ständigen  Reichsrath  zu  berufen.  Zugleich  verleibe 
Ich  Ihnen  in  Anerkennung  Ihrer  vorzüglichen  Dienste  das  Grofskreui 
Meines  Leopold-Ordens  taxfrei.* 

Die  Leitung  des  Ministeriums  für  Cultus  und  Unterricht  für  die 
Zeit,  während  der  es  interimistisch  bis  ziir  Verwirklichung  der  neuen 
Organisationen  seine  Amtslhätigkeit  fortzuführen  hat,  ist  durch  Aller- 
höchstes Handschreiben  dem  Hrn.  Unterstaatssecretär  dieses  Ministeriums, 
Hrn.  Freiherrn  A.  von  Helfert,  aufgetragen. 

Bei  dem  Scheiden  des  Grafen  Thun  aus  seinem  hohen  Amte  hat 
die  öffentliche  Überzeugung  von  den  segensreichen  Erfolgen  der  zehn- 
jährigen Wirksamkeit  dieses  Unterrichts-Ministeriums  in  der  gesammten 
politischen  Presse  VVien's  ihren  Ausdruck  gesucht.  Mehrere  Universitäten 
und  Gymnasien  haben  in  besonderen  Adressen  ihre  Gesinnung  der  Dank- 
barkeit und  Ergebeuheit  ausgesprochen.  Indem  wir  darauf  verzichten 
müssen,  diese  8*dmmV\\c\\  a\iiu\\t\xc>k^Tv^  %v\iviw  Vvt  \\si  wa^Wolgendcn  dcu 


Pefsönal-  und  Scbuloothen.  ^81 9 

Worllaut  der  zuerst  übergebencn  Adresse,  welche  von  einer  grofsen  Zahl 
von  Profestioren  und  Docenten  der  Wiener  Dniversitat  unter- 
zeichnet ist. 

«Ew.  Exe!  Die  Nachricht,  dass  die  höchste  Leitung  des  öster- 
reichischen Dnterrichtswesens  fortan  nicht  mehr  in  den  HSnden  Ew.  Exe. 
liegen  wird,  fordert  jeden  denkenden  Freund  des  Vaterlandes  auf,  den 
gegenwärtigen  Zustand  des  Onterrichtes  mit  dem  zu  vergleichen,  den 
Ew.  Exe.  von  der  Vergangenheit  übernahmen. 

Die  Hochschulen  Österreichs  haben  aufgehört  blofse  Fachschulen 
für  einzelne  Berufszweige  zu  sein,  sie  haben  die  Pflege  der  Wissen- 
schaften selbst  zu  ihrer  Aufgabe  erhalten,  und  aus  der  ihnen  gewährten 
Lehr-  und  Lernfreiheii  die  Kraft  gesohöpll,  diese  Aufgabe  lu  erfüllen. 
Die  Gymnasien  Österreichs  sind  nicht  knehr  durch  eine  weite  Kluft  von 
den  berechtigten  Forderungen  der  Zeit  getrennt ,  sondern  sind  Pflanz- 
stätten einer  gediegenen  allgemeinen  Bildung.  In  der  Gründung  zahl- 
reicher Realschulen  ist  der  gewerblichen  ThStigkeit  jene  Förderung  der 
Intelligenz  geworden,  deren  sie  bedurfte. 

Diese  Neugestaltungen  haben  sich  aufserhalb  Österreichs  achtungs- 
volle Billigung  errungen,  innerhalb  des  Vaterlandes  dankbare  Anerken- 
nung gefunden  und  so  feste  Wurzeln  geschlagen,  dass  ihre  Triebkraft 
iinverloren  bleiben  wird. 

Die  geistigen  Interessen,  als  gleichberechtigt  anerkannt  mit  den 
höchsten  Factoren  des  Staatsorganismus,  fanden  ihre  Vertretung  in  einem 
Manne,  der  den  selbständigen  Werih  der  Wissenschaft  und  die  Bedeu- 
tung des  geistigen  Lebens  in  vollem  Mafse  würdigt  und  mit  der  Sicher- 
heit einsichtsvoller  Oberzeugung  die  ruhige  Besonnenheit  der  Ausführung 
verbindet. 

In  der  Geschichte  ö^terreietis  wihrend  des  letzten  jahrzehends  bil- 
den die  Fortschritte  des  Unterrichtes  einen  leuchtenden  Punct,  und  die 
Verdienste  Ew.  Exe.  auf  diesem  Gebiete  werden  die  gerechte  Würdigung 
der  Nachwelt  Qnden.  Den  Unterzeichneten  aber,  die  sich  glücklich 
schätzten^  in  ihrer  Lehrthätigkeit  an  der  Wiener  Hochschule  unter  der 
Fürsorge  Ew.  Exe.  zu  stehen,  ist  es  eine  heilige  Pflicht,  den  ehrer- 
bietigsten Dank  für  den  Segen  auszusprechen,  den  Ihre  Wirksamkeit 
der  heranwachsenden  Generation  Österreichs  gebracht  hat.  Möge  zum 
Heil  des  Vaterlandes  der  ausgestreute  Same  reichliche  Früchte  tragen. 

Wien,  2t.  October  1860.» 

—  Dem  Sectionschef  im  Ministerium  für  Cultus  und  Unterricht, 
dem  hochwürd.  Hrn.  Bischof  Andreas  Meschutar,  ist  die  angesucbte 
Versetzung  in  den  wohlverdienten  bleibenden  Ruhestand  unter  Bezeugung 
der  besonderen  Allerhöchsten  Zufriedenheit  mit  dessen  vieljähriger  aus- 
gezeichneten Dienstleistung  Allergnadigst  bewilligt  worden. 

—  Der  Professor  an  der  Präger  Hochschule,  Hr.  Franz  Hocb- 
egger,  zum  wirklichen  Director  des  akademischen  Gymnasiums 
in  Wien  mit  Belassung  seines  bereits  erworbenen  Dienstranges. 

—  Die  Gymnasiallehrer,  Hr.  Joseph  Ampferer  zu  Pesth,  Hr. 
Wilhelm  Biehl  und  Hr.  Joseph  Steger  zu  Marburg,  zu  Lehrern  am 
k.  k.  Gymnasium  zu  Salzburg. 

—  Die  Gymnasialsupplenten ,  Hr.  Joseph  Schumann  zu  Mar- 
burg und  Hr.  Philipp  Klimscha  zu  Salzburg ,  zu  wirklichen  Lehrern 
am  k.  k.  Marburger  Gymnasium. 

—  Der  Lehramtscandidat,  Hr.  Joseph  Maschka,  zum  wirklichen 
Lehrer  am  Gymnasium  zu  Trient 

—  Mit  Allerhöchster  Entschliefsung  der  Schulrath,  Hr.  Vincenz 
L  a  u  k  o  t  z  k  y  in  Triest  zum  inspector  der  Volksschulen  und  Gymnasien 
in  Dalmalien  nach  Zara,  der  Schulralh,  Hr.  Dr»  K\ö\ft  VtiN\%»<\Ox 


8f0  t^ersonal-  und  Schulnotuen. 

an  dessen  Stelle,  so  wie  als  Inspector  der  Volksschulen  Rraiu  s,  too 
Klagenfart  nach  Tri  est,  ferner  der  Schulrath,  Hr.  Dr.  Franz  Modnik, 
als  Inspector  der  Volksschulen  von  Steiermark  und  Kirnthen, 
•  Ton  Laibach  nach  6 ratz. 

—  Der  Gymnasiallehrer  zu  Ji6in,  Hr.  Joseph  Ghljf ,  zum  Lehrer 
am  Kleinseitner  Gymnasium  zu  Prag. 

—  Der  supplierende  Direclor  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Pisek. 
Hr,  Friedrich  Klee  mann,  zum  wirklichen  Direclor  dieser  Lehranstalt. 

—  Die  Gymnasialsupplenten  ,  Hr.  Johann  Vaclena  zu  Saaz  und 
Hr.  Joseph  Zahradnik  zu  Böhmisch-Leipa ,  zu  wirklichen  Lehren 
am  Gymnasium  zu  Pisek. 

—  Der  SuppJent  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Eger,  Ur.  Johann 
KoYäfik,  zum  wirklichen  Lehrer  daselbst. 

—  Der  Sopplent  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Leitmeritz,  Hr. 
Audolf  Prodi,  zum  Lehrer  an  derselben  Lehranstalt. 

—  Der  Gymnasiallehrer  zu  Warasdin,  Ur.  V^enzel  Kfiiek,  zum 
Lehrer  am  Gymnasium  zu  Leitmeritz. 

—  Der  Schulrath  in  Galizien,  Hr.  Andreas  Wilhelm,  zum  Schu\- 
r.ithe  und  Gymnasial-Inspector  bei  der  Stalthalterei  für  Mähren. 

—  Der  provisorische  Director  des  Brunn  er  Gymnasiums,  Ur. 
Vineenz  Hofmann,  zum  wirklichen  Director  dieser  Lehranstalt. 

—  Der  Gymnasiallehrer  zu  Kaschau,  Hr.  Joseph  Schön,  zum 
Lehrer  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Brunn. 

—  Dem  Director  des  k.  k.  Gymnasiums  zu  Znaim,  Um.  Franz 
Budalowski,  ist  aulasslich  der  von  ihm  nachgesuchten  Versetzung 
in  den  bleibenden  Ruhestand  die  Allerhöchste  Zufriedenheit  mit  seiner 
eifrigen  Diensteslcistung  Allergnädigst  zu  erkennen  gegeben  worden. 

—  Der  Lehramtscandidat,  Hr.  Ignaz  Prammer,  zum  wirklichen 
Lehrer  am  Gymnasium  zu  Znaim. 

—  Der  bisher  provisorische  Director  des  Gymnasiums  zu  R  zeszow, 
Hr.  Andreas  Oskard,  zum  wirklichen  Director  dieser  Lehranstalt. 

—  Der  bisherige  Supplent  am  Gymnasium  zu  R  z  e  s  z  o  w ,  Hr. 
Karl  Po  oho,  zum  wirklichen  Lehrer  an  demselben  Gymnasium. 

—  Der  bisherige  Gymnasialsupplent  zu  Lemberg,  Hr.  Ferdinand 
Tabeau,  zum  wirklichen  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Sambor. 

—  Der  Gymnasiallehrer  zu  Bochnia,  Hr.  Andreas  Karpi^ski, 
über  sein  Ansuchen,  zum  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Tarnow  und  der 
Supplent,  Hr.  Joseph  Zegestowski,  zum  wirklichen  Lehrer  am  Gym- 
nasium zu  Bochnia. 

—  Der  Gymnasiallehrer  zu  Neusohl,  Hr.  Johann  Kf  ii,  zum  Lehrer 
am  kathol.  Gymnasium  zu  Prefsburg. 

—  Der  griechisch  -  katholische  Weltpriester ,  Ur.  Nikolaus  H  o- 
micsko,  über  Antrag  des  bischöfl.  Ordinariates,  zum  wirklichen 
griechisch-katholischen  Religionsiehrer  am  Gymnasium  zu  Cnghvar. 

—  Die  Gymnasialsupplenten,  Hr.  Franz  Herzig  in  Czernowiti 
und  Hr.  Johann  Woldficb  in  Eperies,  zu  wirklichen  Lehrern  am 
katholischen  Gymnasium  zu  Schemnitz. 

—  Der  Supplent  am  Staatsgymnasium  zu  Hermanns  t  ad  t,  Hr. 
Joseph  Hillebrand,  zum  wirklichen  Lehrer  an  derselben  Lehr- 
anstalt. 

—  Dem  Direclor  des  Gymnasiums  zu  F  i  u  m  e ,  Hrn.  Stephan 
Viditz,  ist  bei  dem  Anlasse  der  von  ihm  angesuchten  Versetzung  in 
dcu  bleibenden  Ruhestand  die  Allerhöchste  Zufriedenheit  mit  seiner  viel- 
jährigen und  eiferigen  Wirksamkeit  im  Lebramte  Allergnädigst  ausge- 
sprochen worden. 

—  Der  Gymnasiallehrer  zu  Essegg,  Hr.  Johann  Jurkovi6,  zum 
Lehrer  am  Gymnasium  zu  Agram. 


Petsoiial-  und  Schulnoticeiu  8tl 

—  Der  Gymnasialsupplent  su  Neuhaus,  Hr.  Eduard  Streer, 
zum  wirklichen  Lehrer  am  Gymnasium  su  Warasdin. 

—  Der  Schulralh  und  Gymnasiali ospector  in  Venedig,  Hr. 
Abate  Natale  Concina,  mit  Belassung  seines  Banges  und  Charakters, 
zum  Vorstande  der  UniTersitatsbibliotbek  in  Padua. 

—  Der  geprüfte  Gymnasial  -  Lehramtscandidat ,  Hr.  Ferdinand 
Guesotto,  zum  wirklichen  Lehret  mit  der  Bestimmung  für  das  Staats- 
gymnasium zu  Treviso.      

—  Der  Lehrer  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Tamow,  Hr.  Joseph 
Wögerbauer,  zum  wirklichen  Lehrer  und  provisorischen  Director  an 
der  k.  k.  Unterrealschule  zu  Salzburg. 

—  Der  Supplent  für  darstellende  Geometrie  und  Maschinenlehre 
an  der  böhmischen  k.  k.  Oberrealschule  in  Prag,  Hr.  Dominik  BySavy, 
zum  wirklichen  Lehrer  dieser  Fächer  an  derselben  Anstalt. 

—  Der  wirkliche  Lehrer  an  der  k.  k.  Oberrealschule  zu  Olmuts, 
llr.  Franz  Matzek,  in  gleicher  Eigenschaft  an  die  k«  k.  Oberrealschule 
in  Brunn. 

—  Der  Supplent  an  der  k.  k.  Oberrealschule  in  Olmütz,  Hr. 
Joseph  Scholz,  zum  wirklichen  Lehrer  an  derselben  Anstalt. 

—  Der  Lehrer  an  der  k.  k.  Oberrealschule  in  Kascbau,  Hr.  Jo- 
seph Wurm,  in  gleicher  Eigenschaft  an  die  k.  k.  Oberrealschule  zu 
Troppau. 

—  Der  Lehramtscandidat ,  Hr.  Adalbert  Leieticky,  zum  wirk- 
lichen Lehrer  an  der  k.  k.  Oberrealschule  zu  Troppau. 

—  Der  Lehrer  an  der  k.  k.  Unterrealschule  in  Pirano,  Hr.  David 
Kolarsky,  zum  wirklichen  Lehrer  an  der  k.  k.  Oberrealschule  in 
Lemberg. 

—  Der  provisorische  Lehrer  an  der  Unterrealschule  in  Neu-Sandee, 
Hr.  Stephan  Waremski  und  der  Lehrer  des  Freihandzeichnens  an  der 
Communal-Unterrealschule  zu  Zombor,  Hr.  Jos.  Schittawans,  zu 
Lehrern  an  der  k.  k.  Dnterrealschule  zu  TarnopoL 

—  Die  beiden  Lehramtscandidaten ,  Hr.  Karl  Schindler  und 
Hr.  Joseph  Wurm«  zu  wirklichen  Lehrern  an  der  k.  k.  Oberrealscbule 
zu  K aschau. 

—  Der  Priester  Hr.  Stephan  Richtariö,  im  EinTemehmen  mit 
dem  erzbischöfl.  Ordinariate  zu  Agram,  zum  wirklichen  Religionslehrer 
an  der  dortigen  Oberrealschule. 

—  Der  provisorische  Lehrer  an  der  Oberrealschule  zu  Agram, 
Hr.  Paul  2uli6,  zum  wirklichen  Lehrer  an  dieser  Lehranstalt. 

^  Der  Director  der  Haupt-  und  Unterrealschule  in  Warasdin,  Hr. 
Franz  Rlaiö,  zum  Director  der  Muster^Hauptschule  sammt  Lehrer- 
Bildungsanstalt  zu  Agram. 

—  Der  Lehrer  am  k.  k.  Gymnasium  zu  Warasdin ,  Hr.  Peler 
Matcoviö,  Weltpriester,  der  Präfect  an  der  k«  k.  Theresianischen 
4kademie  zu  Wien,  Hr.  Franz  Erjavec  und  der  Assistent  am  k.  k. 
polytechnischen  Institute,  Hr.  Georg  Kosak,  zu  wirklichen  Lehrern  an 
der  k.  k.  Oberrealschule  in  Agram. 

—  Der  Supplent  an  der  nunmehr  aufgehobenen  unteren  nautischen 
Schule  in  Zara,  Hr.  Heinrich  Ger  man i,  zum  wirklichen  Lehrer  an  der 
unteren  nautischen  Schule  in  Lussin  piccolo. 

—  Der  Professor  der  Mathematik  und  Nautik  an  der  nunmehr 
aufgehobenen  nautischen  Schule  in  Ragusa,  Hr.  Jakob  P  od  ich,  in 
gleicher  Eigenschaft  an  die  nautische  Schule  in  Spalato. 

—  Bei  den  in  Gemafsheit  der  Gesetze  vom  2.  October  1^4^ 
(Reichsgcsclzblatt  Nr.  172)    und    vom  16.  k^x\\  i%«%  V^'^AO^%%%^'«da\^»^x 


62t  Penotud-  und  Schulooüxen. 

Nr.  54)  in  Wien  voriunehmenden  theoretischen  Staatsprüfungen  werdea 
im  Studienjahre  18*7«,  fungieren: 

I.  Bei  der  rech  tsbisto  rischen  Staatsprufungs^Commissioi: 

Als   Präses:    Dr.   Franz  Haimerl,   k.  k.  ordentlicher  Professor. 

Als  erster  Vice-Präses:  Dr.  Leopold  Neumann,  k.  k.  Regiemngi- 
ralh  und  ordentlicher  Professor. 

Als  zweiter  Vice>Präses:  Dr.  Karl  Kramer,  Hof-  und  Geridilt- 
advocat. 

Als  PrufungscommissSre :  Dr.  Ludwig  Arndts»  k.  k.  Regierungs- 
rath  und  ordentlicher  Professor;  Dr.  Joseph  Dworiak,  k.  k.  an£Mr- 
ordenllicher  Professor;  Dr.  Joseph  Fefsler,  k.  k.  Hofcaplan .  ordent- 
licher Professor  und  Studicndirector  im  höheren  Bildungsinstitut  für 
Weltpriester  zum  heiligen  Augustin;  Dr.  Joseph  Hornig,  k.  k.  ordent- 
licher Professor;  Dr.  Johann  Kutschker,  k.  k.  Ministeriafratb  im 
Unterrichtsministerium  und  infülierter  Abt;  Dr.  Theodor  Fachmann, 
k.  k.  ordentlicher  Professor;  Dr.  Georg  Phillips,  k.  k.  Hofralh  und 
ordentlicher  Professor;  Dr.  Vincenz  Seback,  k.  k.  ordentlicher  Pro- 
fessor; Dr.  Heinrich  Siegel,  k.  k.  aufserordentl icher  Professor;  Dr. 
Moriz  V.  Stubenrauch,  k.  k.  ordentlicher  Professor ;  Dr.  Johano 
Tomasch ek,  Concipist  im  geheimen  Haus-,  Hof-  und  Staalsarchif 
und  Privatdocent  an  der  Universität,  und  Dr.  Joseph  Unger,k.k. 
ordentlicher  Professor. 

H.  Bei  denjudiciellen  Staatsprufungens 

Als  Präses:  Dr.  Jgnaz  Grafsl,  k.  k.'  Begierungsrath  und  ordent- 
licher Professor. 

Als  Präses-Stellvertreter:  Joseph  v  Schulheim,  k.  k.  Ober- 
Landesgerichtsrath. 

Als  Prufungscommissäre:  Dr,  Anton  Beck,  k.  k.  Sectionsntli; 
Dr.  Joseph  Dworiak,  k.  k.  aufscrordentlicher  Professor;  Dr.  Franx 
Edlauer,  k.  k.  ordentlicher  Professor;  Dr.  Franz  Egg  er  und  Dr. 
Joseph  Ellinger,  Hof- und  Gerichtsadvocaten ;  Dr.  Julius  Glaser, 
k.  k.  ordenlllcher  Professor;  Ludwig  Freiherr  v.  Haan,  k.  k.  Minsteriil- 
fath  im  Justizministerium;  Dr.  Franz  Haimerl,  k.  k.  ordendicher  Pro- 
essor;  Dr.  Franz  Kalessa,  k.  k.  Ober-Finanzrath ;  Dr.  Gustav  Keller, 
k.  k.  Ober-Landesgerichtsrath  und  Obcr-Staalsanwalt ;  Dr.  Wenzel  ko- 
lisko  und  Dr.  Karl  Kramer,  Hof-  und  Gerichtsadvocaten;  Eduard 
Krenn,  k.  k.  Ober-Landesgerichtsrath  ;  Dr.  Joseph  Kre  u  z  b  erger, 
Hof-  und  Gerichtsadvocat;  Dr.  Eduard  List,  k.  k.  Lahdesgerichtsratb; 
Dr.  Michael  Melkus,  k.  k.  Notar;  Dr.  Eugen  v.  Muhlfeld,  Hof- 
und  Gerichtsadvocat;  Dr.  Leopold  Neumann,  k.  k.  Regie ningsrath 
und  ordentlicher  Professor;  Dr.  Theodor  Fachmann,  k.  k.  ordent- 
licher Professor;  Dr.  EmAnuel  Baindl,  Hof-  und  Gerichtsadvocat; 
Johann  Salomon,  k.  k. Ober-Landesgerichtsrath;  Dr.  Leopold  SchiestI, 
Hof-  und  Gerichtsadvocat;  Dr.  Moriz  v.  Stubenraoch  und  Dr.  Joseph 
Unger,  k.  k.  ordentliche  Professoren;  Dr.  Wilhelm  Wahlberg, 
k.  k.  ordentlicher  Professor;  Dr.  Joseph  Weifsl  und  Dr.  Eduard  v. 
Wiedenfeld,  Hof-  und  Gerichtsadvocaten. 

III.    Bei  den  staatswissenschaftlichen  Staatsprüfungen: 

Als  Präses:  Dr.  Eduard  Ritter  v  Tomasch  ek,  k.  k.  Ministerial- 
rath  im  Unterrichtsministerium. 

Als  erster  Vice-Präses:  Dr.  Johann  Springer,  k.  k.  Regierungs- 
rath  und  ordcntliclier  Professor. 


Personal-  und  SobulnoliMD.  B9S 

Als  zweiter  Vice-Prases:  Dr.  Moris  v.  Stubenraii'cb,  k.  k. 
ordentlicher  Professor. 

Als  Profungs-^Gommissare :  Dr.  Hermann  Blöd  ig,  k.  k.  Professor 
nm  Polytechnikum;  Dr.  Joseph  D\^oriak,  k.  k.  anfserordentlicher 
Professor;  Dr.  Adolf  Ficker,  k.  k.  Ministerial-SecreUr;  Dr.  Otto 
Freiherr  v.  Hin  gen  au,  k.  k.  Ober-Bergrath  und  aufserordentlicher 
Professor ;  Dr.  Gustav  H  5  f  k  e  n  ,  k.  k.  Sectionsratb;  Dr.  Franz  K a  1  es sa, 
k.  k.  Oberßnanzralb ;  Dr.  Leopold  Neumann,  k.  k.  Regierungsrath 
und  ordentlicher  Professor;  Dr.  Lorenz  Stein,  k.  k.  ordentlicher 
Professor. 

—  Die  aufserordenUicben  Professoren  des  StraAreehts  an  der 
Wiener  Universität,  Hr.  Dr.  Wilhelm  Emil  Wablberg  und  Ur.  Dr. 
Julius  Glaser,  zu  ordentlichen  Professoren  dieses  Lehrfaches. 

—  Der  ordentliche  Professor  des  Römischen  Rechtes  an  der  Inns- 
brucker Universität,  Hr.  Dr.  Friedrich  Bernhard  Maafsen,  zum  ordent- 
lichen Professor  des  Römischen  und  Kirchenrechtes  an  der  Universitit 
zu  G  r  a  t  z. 

—  Der  aufserord entliche  Professor  der  österreichischen  Geschichte 
an  der  P r  a  g  e r  Universität,  Hr.  Wenzel  Wladiwoj  Tome k  ,  lum  ordent- 
lichen Professor  desselben  Faches  an  dieser  Hochschule,  und  der  Privat- 
docent  an  der  Wiener  Cniversitfit,  Hr.  Alfred  Ludwig,  zum  aufser- 
ordentlichen  Professor  der  classisohen  Philologie  und  der  vergleichenden 
Sprachkunde  an  der  Prager  Hochschule. 

—  Der  anfserordentliche  Professor  der  Statistik  an  der  Prager 
Universität,  Hr.  Dr.  Eberhard  Jon^k,  zum  ordentlichen  Professor  dieser 
Hochschule. 

—  Der  bisherige  Professor  der  theoretischen  Medicin  an  der 
chirurgischen  Lehranstalt  zu  Klausenburg,  Hr.  Dr.  Eugen  Jendrassik» 
zum  ordentlichen  Professor  der  Physiologie  und  höheren  Anatomie  an 
der  k.  k.  Universität  zu  Pesth  und  der  bisherige  Privatdocent  der 
Histologie  an  der  eben  genannten  Hochschule,  Hr.  Dr.  Theodor  Margo, 
zum  Professor  der  theoretischen  Medicin^  an  der  chirurgischen  Lehr- 
anstalt zu  Klausen  bürg. 

—  Der  theologische  Professor  zu  Karlsburg,  Hr.  Dr.  Theodor 
Zerich,  zum  Professor  der  Pastoraltheologie  und  der  theologische 
Professor  zu  FGnfkirchen,  Hr.  Dr.  Frans  Laubheimer,  zum  Professor 
der  Rirchengeschichte  an  der  Universität  zu  Pesth. 

—  Der  ordentliche  Professor  an  der  Rechtsakademie  lu  Kaschau, 
Hr.  Dr.  Hermnnn  Biedermann,  zum  Professor  an  der  Rechtsakade- 
mie zu  Prefsburg. 

—  Der  habilitierte  Privatdocent  und  Scriptor  der  Lemberger  Uni- 
versitätsbibliothek,  Hr.  Dr.  Udalrich  Heyzmann,  zum  auberordent- 
liehen  Professor  des  kanonischen  Rechtes  an  der  rechts-  und  staats- 
wissenschafflichen  Facultät  der  Universität  zu  Krakau. 

—  Der  Professor  der  Slaatsarzneikundo  ander  Krakauer  Hoch- 
schule, Hr.  Or,  Anton  Bryk,  zum  Professor  der  Chirurgie  und  chirur- 
gischen Klinik  an  dieser  Hochschule. 

—  Der  prov.  Director  der  Krakauer  Spitäler  zu  St.  Lazar  und  zum 
heil.  Geiste.  Hr.  Dr.  Ferdinand  Kopczynski,  zum  ordentlichen  Pro- 
fessor der  Staatsarzneikunde  an  der  Krakauer  Universität. 

—  Der  bisherige  Supplent  der  Physiologie  und  höheren  Anatomie 
an  der  k.  k.  Universität  zu  Padua,  Hr.  Dr.  Maximilian  Ritter  v. 
Vintschgau,  tum  ordentlichen  Professor  dieses  Faches  mit  den 
norm almäfsi gen  Bezögen. 

—  Der  bisherige  Prag  er  Universilätsbibliotbekar ,  Hr.  De,  P%»k 
Joseph  §afafik  wurde,  in  Berücksichtigung  ae\u««  \«\<iATA»vi  ^^»^^^- 


•9SU  Personal*  und  Sobolootixen. 

heiUzustandes ,  in  den  wohlverdienten  Ruhestand  mit  dem  ansdruek- 
llchen  Allerhöchsten  Beisatze  versetzt ,  «damit  er  seine  ferneren  Lebeai- 
tage  seinen  wissenschafllichen  Arbeiten  zu  widmen  in  der  Lage  sei.' 
Gleichzeitig  wurde  der  Professor  Hr.  Dr.  Ignas  HanaS  Allergnadigil 
zum  Bibliothekar  der  Prager  GniTersität  ernannt 

—  Der  Gustos  der  Studienbibliothek  zu  Mantua»  Br.  Antonio 
IIa  in  ar  di^  zum  Vice- Bibliothekar  an  der  Universitätsbibliothek  su  Padas. 

—  Der  Ministerlalsecretär  im  Ministerium  für  Gultus  und  Ontar- 
rieht,  Hr.  Phil.  Dr.  Gustav  H  e  i  d  e  r ,  hat  die  Allerhöchste  Erlaubnis  er- 
halten, den  IQrstL  HohenzoUer'schen  Hausorden  3.  GL  annehmen  nnd 
tragen  zu  dürfen. 

—  Dem  Schulrathe  und  Gymnasialinspector  Hm.  P.  Franz  Effen- 
berger, ist,  anlasslich  seiner  nachgesuchten  Versetaung  in  den  bleiben* 
den  fiuhestand,  in  Anerkennung  seiner  vieljährigen  und  ausgeieichnetea 
Dienstleistung  das  Ritterkreuz  des  Franz  Joseph-Ordens  iülergnädigst 
verliehen  worden. 

—  Dem  Schulrathe  für  Mähren,  Hm.  Anton  &r41,  wurde,  bei 
Anlass  seiner  Versetzung  in  den  Ruhestand,  der  Ausdruck  der  Aller- 
höchsten Zufriedenheit  mit  seiner  langjährigen  und  verdienstvollen  Dienst* 
4eistung  Allergnädigst  zu  erkennen  gegeben. 

—  Dem  Priester  des  Benedictinerstiftes  zu  den  Schotten*  ebedca 
Professor  am  Sehottengymnasium  zu  V^ien,  dermalen  Pfamrerweser  n 
Jenöy  Hieronymus  Horb  au  er,  ist  in  Anerkennung  seines  verdienst- 
lichen V^irkens  in  der  Seelsorge  und  Schule,  so  wie  um  Hebung  der 
Landwirthschaft,  das  goldene  Verdienstkreuz  mit  der  Krone  Allergnädigst 
verlieben  worden. 

—  Dem  Universitätspedell,  Martin  Hofer  in  Innsbruck,  ist  is 
Anerkennung  seiner  mehr  als  fünfzigjährigen  treuen  und  eiferigen  DiensV 
leistung  das  silberne  Verdienstkreuz  Allergnädigst  verliehen  worden. 

—  Dem  Professor  an  der  evangelisch- theologischen  Facultät  id 
Wien,  Hm.  Karl  Kuzmany,  ist  die  Allerhöchste  Erlaubnis  zu  Tbeile 
geworden,  den  kais.  Russischen  St.  Stanislaus-Orden  3.  Gl.  annehmes 
und  tragen  zu  dürfen. 

—  Dem  Professor  der  Physik  und  Mechanik  am  P  r  a  g  e  r  stän- 
disch-technischen Institute,  Hrn.  Karl  V^  er  sin,  ist  in  Anerkennuag 
seiner  langjährigen  belobten  Dienstleistung  und  seiner  Verdienste  um  die 
Industrie  im  allgemeinen  der  kaiserliche  Rathstitel  mit  Nachsicht  der 
Talen  Allergnädigst  verliehen  worden. 

—  Dem  Professor  der  Kirchengeschichte  an  der  Universität  zu  L  e  m- 
b  e  r  g ,  Hr.  Dr.  Onufrius  v.  K  r  y  n  i  e  k  i ,  ist  aus  Anlass  der  von  ihm  erbetenes 
Vessetzung  in  den  bleibenden  Ruhestand,  in  Anerkennung  seiner  mehr  als 
vierzigjährigen  eiferigen  und  erspriefslichen  Dienstleistung  das  Ritler- 
kreuz des  Franz  Joseph-Ordens  Allergnädigst  verliehen  worden. 

—  Der  Doctor  der  Theelogie  und  Professor  der  Dogmatik  an  der 
P e s t h e r  Universität ,  Hr.  Franz  Lopufsny,  zum  wirklichen  Dom- 
herrn an  dem  Orofs  ward  einer  lateinischen  Domcapitel. 

—  Dem  k.  k.  Rathe  und  Professor  des  Kirchenrechtes  an  der 
Pesther  Universität,  Dr.  Franz  v.  Vizkelety,  ist  in  Anerkennung 
seiner  vieljährigen  treuen  und  ersprierslichen  Dienstleistung  im  Lehr- 
amte das  Ritterkreuz  des  Franz  Joseph-Ordens  Allergnädigst  verliehen 
worden: 

—  Dem  Professor  und  gewesenen  Decan  des  Pesther  medi- 
cinischen  Professorencoüegiums,  kais.  Rath,  Hr.  Dr.  Franz  von  Geb> 
hardt,  ist  in  Anerkennung  seiner  vieljährigen  treuen  und  erspricis- 
lichen  Leistungen  im  Unterrichts-  und  Impffache  das  Ritterkreuz  des 
Kranz  Joseph  Ordens  Allergnädigst  verlieben  worden. 


PersoDal-  und  SehukioUzeo«  8t& 

—  Den  Directoren  der  Rechtsakademie  tu  Agram  und  Orofs- 
wardein,  Dr.  Paul  Muhi6  und  Dr.  Alexander  von  Pawlowsky, 
ist  in  Anerkennung  ihrer  Verdienste  um  diese  Lehranstalten  der  kaiser- 
liche Rathstitel  mit  Nachsicht  der  Taxen  AUergnadigst  verliehen  worden. 

—  Dem  Hrn.  Prof.  Dr.  Joseph  t.  Ssabö,  Oirector  des  Karolinen- 
Landesspitals  und  der  Chirurg.  Lehranstalt  xu  Klausen  bürg,  ist  in 
Anbetracht  seiner  verdienstlichen  Leistungen  und  gemeinnützigen  Wirk- 
samkeit der  Titel  eines  kais.  Rathes  mit  Nachsieht  der  Taxen  AUer- 
gnadigst verliehen  worden. 

—  Den  gewesenenen  Provinzial-Schul-Inspectoren ,  Hrn.  Domenico 
Nob.  Angeloni-Barbiani  tu  Venedig,  Hm.  Biagio  Zadra  zu 
Padua,  Hrn.  Dr.  Giambattista  Nob.  C 1  e m e  n  t i  tu  Vicenza  und  Hrn; 
Marino  Nob.  Pagani  zu  Belluno  wurde  für  ihr  langes,  eifriges  und 
erspriefsliches  Wkken  im  Interesse  der  Schule  der  Ausdruck  des  Aller- 
höchsten Vl'ohlgefallens  zu  erkennen  gegeben. 

—  Dem  mit  der  Führung  der  Directoralsgeschane  der  rechts-  und 
staatswissenschaftlichen  Facultat  der  k.  k.  Universität  Padua  betrauten 
Professor  des  österreichischen  Civil  rechtes ,  Hm.  Johann  v.  Gicogna, 
ist  bei  seiner  Versetzung  in  den  bleibenden  Ruhestand  der  Titel  und 
Charakter  eines  k.  k.  Statthaltereirathes  mit  Nachsicht  der  Taxen  AUer- 
gnadigst verliehen,  und  zugleich  der  k.  k.  Statthaltereirath  und  gewesene 
Professor  der  DniversitSt  Pavia,  Hr.  Dr.  Anton  Vulpi,  zum  Direetor 
der  rechts-  und  staatswissenschaftlichen  Studien  an  der  CniversitSt 
Padua  AUergnadigst  ernannt 

—  Der  Gniversitatsbibliothekar  in  Padua,  Abate  Dr.  Ludwig 
v.  M  e  n  i  n  ,  wurde,  unter  Bezeugung  der  Allerhöchsten  Zufriedenheit  mit 
seinem  durch  Loyalitit  und  Berafseifer  ausgezeichnetem  Wirken,  ins- 
besondere im  Lehramte  und  in  der  Bekleidung  akademischer  Wurden, 
in  dem  Ruhestand  versetzt. 

—  Der  k.  k.  Rath  und  Universitfits-Professor ,  Hr.  Dr.  Anton 
Viroszil  ist,  in  Anerkennung  seiner  vieljährigen  sehr  ersprieislichen 
und  treuen  Dienstleistung  im  Lehrfache  in  den  Adelsstand  des  österr. 
Kaiserstaates  AUergnSdigst  erhoben  worden. 

—  Dem  Direetor  der  geologischen  Reichsanstalt,  Hm.  Dr.  Wilhelm 
Haidinger,  ist  die  Annahme  und  das  Tragen  des  Ritterkreuzes  des 
königlich  Schwedischen  Nordstern-Ordens,  und  dem  Landschaftsmaler, 
Hm.  Ludwig  L  i  b  a  y  ,  ein  gleiches  bezuglich  des  Ottomanischen 
Medschidje-Ordens,  AllergnSdigst  bewilligt  worden.  ' 

—  Die  kais.  Leopoldinisch  -  Carolinisch  -  Deutsche 
Akademie  hat  den  Präsidenten  der  kais.  Akademie,  Se.  Exoellenz 
Freiberra  v.  Baumgartner  mit  dem  Beinamen  «Volta',  den  Sccretär 
der  Oartenbaugesellschaft  Hrn.  J.  G.  Beer  mit  dem  Beinamen  «N.  L 
Jacquin*,  den  Hm.  Dr.  Jur.  Cajetan  Felder  mit  dem  Beinamen  «Gramer*, 
den  Hrn.  Prof.  Dr.  Karl  Damian  Schroff  mit  dem  Beinamen  «Quarin'; 
den  Freiherrn  v.  Wullerstorf-Urbair  mit  dem  Beinamen  «Ma- 
galhaes*  und  den  Reichsrath  Freiberra  Achill  de  Zigno  mit  dem  Bei- 
namen «Forbes  Royle*  zu  Mitgliedern  ernannt. 

—  Der  Professor  am  Gymnasium  zu  Kaschaiu,  Dr.  L.  H.  J eil- 
te les,  ist  von  der  Royal-Society  in  London  zum  corresp.  Mitglied  er- 
nannt worden. 

—  Se.  Hochwurden  Hr.  P.  Augustin  Reslhuber,  Capitular  des 
Benedictinerstiftes  KremsmGnster,  Direetor  der  dortigen  Sternwarte, 
corresp.  Mitglied  der  k.  Akademie  der  Wissenschaften  u.  s.  w.,  bei  der 
am  2.  October  1.  J.  stattgehabten  Wahl  des  Stiftsvorstandes  von  Krems« 
munster,  zum  Stiftsabte. 


816  PersoMl-  und  SchulootteeD; 

(Concurse,  Erledigangen,  8ti  ftuDg^platse»  Stipen- 
dien u.a.  w.)  —  Am  Gymnasiuiv  m  König grits  eine  LdirerstcUt 
für  classische  Philologie  und  deutsche  Sprache,  mit  den»  Jahr«fgebalte 
von  735  fl.,  eventuel  840  fl.  0.  W.  Termin:  Binnea  6  Wocheo,  bei  der 
k.  k«  SUtthalterei.  (8.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  16.  SepjteaiberL  J.,  Nr.  tl8.) 

—  Am  k.  k.  Gymnasium  zu  Schemniti  eine  Lehrkanzel  iar 
Physik  und  Mathematik.  Termin :  %5.  September  1.  J.,  bei  der  L  k. 
Statthallera  für  Dngam  in  Ofen.  (S.  AmtsbL  z.  Wr.  Ztg.  y.  20.  Stp- 
tember  1.  J.,  Nr.  221.) 

Am  k  k.  katholischen  Staatsgymnasium  zu  Kaschau  mit  deat- 
acher  Unterrichtssprache  eine  Lehrersteile  für  classische  Philologie,  nit 
dem  jährl.  Gehalte  von  945  fl.,  eventuel  1050  fl«  ö.  W.  nebst  der  ge- 
setzlichen Decennalzulage.  Termin:  16.  October  1.  J.,  bei  der  Obm 
böhmischen  k.  k.  StaUhalterei.  (S.  AmtsbL  s.  Wr.  Ztg.  t.  25.  September 
1.  J.,  Nr.  225.) 

—  Am  k.  k.  Staatsgymnasium  zu  Znaim  die  Directorsseel/e,  mit 
dem  Gehalte  von  840  fl.  und  einer  Functionszulage  von  315  (L  5.  W. 
Termin:  Ende  October  L  J.,  bei  der  k.  k.  SUtthalterei  für  Mähren  und 
Schlesien  zu  Brunn.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  25.  Sept.  1.  J.,  Mr.  225.) 

«—  An  der  neuerrichteten  mit  der  4clas8igen  HaupUchule  vereinig- 
ten 2da8sigen  Dnlerrealschnle  zu  Sümegh,  nach  der  1.  und  2.  Pni- 
fungsgruppe,  und  eine  Adjunctenstelle  für  das  ungarische  und  deotscbe 
Sprachfach  und  für  Kalligraphie  (mit  ungarischer  Onterrichtssprache), 
mit  deren  jeder  ein  Gebalt  von  jährl.  525  fl.  ö.  W.  und  6  Klafter  barlei 
Brennholzes  •  für  den  Adjuncten  ein  Gehalt  von  jährlich.  420  fl.  ö.  W. 
verbunden  ist.  Termin:  21.  October  L  J.,  bei  dem  bischöfl.  Ordinariate 
in  Vesprim.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  30.  September  L  J.,  Nr.  230.) 

—  In  der  kön.  prov.  XYl.  Zip^er  Kronstadt  L  u  b  1  a  u  eine  Lehrer- 
steile  (vorzüglich  für  Musik  und  Zeichnen)  mit  dem  Jahresgehalt  tm 
262  fl.  50  kr.  ö.  W.,  freiem  Quartier  sammt  Garten  und  6  Klaflero 
Brennholz.  Termin:  10.  November  1.  J.,  bei  der  k.  k.  Statthalterei  ia 
Ofen.    (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  5.  October  1.  J.,  Nr.  235.) 

—  Am  k.  k.  evang.  Gymnasium  zu  T eschen  2  Lehrerstellen for 
Mathematik  und  Naturwissenschaften  mit  dem  Jahresgehalte  von  je  735, 
eventuel  840  fl.  ö.  W.  Termin:  20.  November  L  J.  ,  bei  der  k.  k. 
schles.  Laudesregierung.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  6.  October  1.  J^ 
Nr.  236.) 

—  An  den  k.  k.  Slaatsgymnasien  zu  Fiume  und  Esseg; 
2  Lehrerstellen  für  classische  Philologie,  erstere  mit  840  fl ,  letztere  mit 
735  fl.  ö.  W.  Jahresgehalt,  mit  dem  systemmäfsigen  Vorrückungsrechtf 
und  Anspruch  auf  Decennal/.ulagen.  Termin:  20.  November  1.  J.,  bei 
der  croatisch-slavonischcn  Slatlhallerei.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  14. 
October  1.  J.  Nr.  243.) 

—  An  dem  neuerrichteten  grichisch>nicht--unierten  Gymnasium  za 
Suczawa  (Bukowina)  5  Lehrerstellen,  und  zwar:  3  für  das  philolo- 
gische, 1  für  das  historisch-geographische  und  1  für  das  matbematiscb- 
naturwissenschaftliche  Fach,  jede  mit  945  fl.,  eventuel  1050  fl.  ö.  W. 
Gehalt  und  dem  Anspruch  anf  Decennalzulagen.  Termin:  Ende  Novem- 
ber 1.  J.,  bei  der  k.  k.  galiz.  Statthalterei.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  vom 
14.  October  l  J.,  Nr.  243.) 

—  Am  k.  k.  Slaatsgymnasium  zu  Posth,  mit  deutscher  Unter- 
richtssprache, eine  Lehrerstelle  für  classische  Philologie,  mit  dem  jährl. 
Gehalte  von  945  fl.,  eventuel  1050  fl.  ö.  W.  und  Anspruch  auf  die  ge- 
setzlichen Decennalzulagen.  Termin :  30.  November  L  J..  bei  der  k.  k. 
Statthalterei  für  Ungarn  in  Ofen.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  21.  October  1.  J., 
Nr.  249  und  v.  7.  November  1.  J.,  Nr.   262.) 

—  An  der  Piaristen-Haupt-  und  Unterrealschule  bei   St.  Thekla 


PersoiMd«  und  SchuluoÜzen.  827 

auf  der  Wieden  in  Wien  eine  technische  Lehrerstelle  mit  dem 
Jahresgehalte  von  525  fl.  ö.  W.  nebst  einem  Quarliergelde  von  105  fl.ö.W. 
Termin :  30.  November  L  J«,  bei  der  furslerzbischöfl.  Consistorialkanilei. 
(S.  Amtsbl  z.  Wr.  Ztg.  t.  25.  October  1.  J.,  Nr.  252.) 

—  Am  k.  k.  Obergymnasium  zu  Krakau  eine  Lehrerstelle  für 
claasische  Philologie  mit  dem  Jahresgehalte  von  945  fl.,  eventuel 
1050  fl.  ö.  W.  und  dem  Ansprüche  auf  Decennalzulagen.  Termini 
Ende  November  1.  J.,  bei  der  k.  k.  galizischen  Statlhalterei  in  Lemberg. 
(S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  26.  October  1.  J.,  Nr.  253.) 

—  An  der  mit  der  Hauptschule  in  Verbindung  stehenden  3classi- 
gen  Uuterrealschule  zu  Warasdin  eioe  grammatische  Lehrerstelle  mit 
dem  Jahresgehalte  von  630  fl.  und  dem  Quartiergelde  von  ]05fl.  6.  W. 
Termin:  25.  November  1.  J„  bei  dem  Schuldblrictsaufseher  zu  Visku- 
pec  nächst  Warasdin,  Blasiua  Svellc.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  7.  No- 
vember 1.  J.,  Nr.  202.) 

Am  k.  k.  Gymnasium  zu  Ji6in  eine  Lehrerstelle  für  classische 
Philologie  als  Hauptfach  im  Vereine  mit  der  Befähigung  für  die  theil- 
weise  Verwendung  im  deutschen  Sprachunterrichte,  mit  dem  jährl.  Oehalte 
von  735  fl.,  eventuel  840  fl.  ö.  W.  Termin:  Binnen  6  Wochen.  (S. 
Amtebl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  18.  November  1.  J.,  Nr.  271.) 

—  An  der  mit  der  Uauptsohule  in  Verbindung  stehenden  Sclassi- 
gen  städtischen  Unterrealscbuie  zu  Fiume  eine  Lehrerstelle  mit  dem 
jährl.  Gehalte  von  630  fl.  und  einem  Quartiergelde  von  105  fl.  ö.  W. 
Termin :  15.  December  L  J.,  bei  der  SchuldistricUaufeicht  in  Fiume« 
(S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  21.  November  1.  J.,  Nr.  273.) 


—  Über  2  im  gräfl.  Löwenburg'scben  Convict  in  Wien  erledigte 
Baron  Rilmannsegg'sche  8tiftungsplälze ,  s.  AmtsbL  s.  Wr.  Ztg.  v, 
16.  September  1.  J.,  Nr.  218. 

—  Über  einen  an  der  k.  k.  Theresianischen  Akademie  in  Wien 
erledigten  freiherrL  v.  Sc  hellen  bürg 'sehen  Süftplatz,  s.  Amtsbl.  i, 
Wr.  Ztg.  V.  20.  September  1.  J.,  Nr.  221. 

—  Ober  ein  erledigtes  Anton  Tuskan'scbea  Schulstipendium, 
8.  Amtsbl.^  z.  Wr.  Ztg.  v.  20.  September  L  J.,  Nr.  221. 

^  Ober  die  Erledigung  von  2  Bar.  Code lli- Fahnen  fei d'schen, 
2  Bar.  Pia p  per  t 'sehen  Stipendien  und  einem  Jakob  Anton  d'  Ales* 
sio 'sehen,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  2J.  September  1.  J.,  Nr.  222. 

—  Über  einen  an  der  Wiener  Handelsakademie  zu  ver- 
gebenden Freizöglingsplatz,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  28.  September 
1.  J.,  Nr.  228. 

—  Über   ein   erledigtes    Prandis-K  örber'sches    Stipendium, 

8.  Amtebl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  7.  October  1.  J.,  Nr.  237.) 

—  Über  einen  an  der  k.  k.  Theresianischen  Akademie  erledigten 
Frhr.  v.  Teuffenbach'schen  Stiftplatz,    s.  AmtsbL  z.  Wr.  Ztg.  vom 

9.  October  1.  J.,  Nr.  238. 

—  Über  einen  erledigten  Lö wenburg'schen  Stiftungsplatz  für 
Adelige  ungar.  Nation,  s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  vom  12.  October  L  J., 
Nr.  241. 

•—  Ober  ein  Fortuna!  E  b  r  m  a  n  n  von  F  a  1  k  e  n  a  u  'scbes  Stipen- 
dium, 8.  AmUbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  12.  October  1.  J.,  Nr.  241. 

^  Über  die  Erledigung  von  2  Pocksteiner 'sehen  Stipendien, 
1  Dr.  Jos.  Stadler 'sehen  Familienstipendiums,  1  freiberrlich  S  c  hel- 
le nburg 'sehen  Stiftungsplatzes  und  der  Alt-Weifs'scben  Stiftung, 
8.  Amtebl.  z.  Wr.  Ztg.  v,  26.  October  1.  J.,  Nr.  253. 


B2S  Pertonal-  und  Sehulootixen. 

—  Das  h«  Ministeriom  für  CuUos  und  üoterri^il  bat  die  mit  der 
Hauptscbale  vereinigte  Unterredsebule  xuGzaslau  al«  eine  ToUflia. 
dige  Sclastige  Onterrealschole  (Bargeredrale)  mit  der  Berechtigung  nr 
Ausstellung  staaUgiltiger  Zeugnisse  definitiv  genehmigt. 

—  Ober  die  Eröffnung  des  Onterrichtes  an  der  k.  lu  montaDistiscbei 
Lebranstalt  zu  Pfibram  im  Studienjahre  18*V«|>  «•  Amtsbl.  s.  Wr.  Zig. 
V.  28.  August  L  J.,  Nr.  202. 

^  Zu  Königgrats  bat  am  29.  September  l.  J.  die  feierliche 
Einweihung  des  Knabenseminars  Borromaum  stattgefunden. 

—  Ober  die  Vorlesungen  am  k.  k.  polytechnischen  Insti- 
tute in  Wien  im  Studienjahre  18*V«i>  9.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.l. Sep- 
tember 1.  J^  Nr.  206.) 

—  Ober  die  Eröffnung  der  Collegien  an  der  k.  k.  Berg-  und  Forst- 
Akademie  zu  Schemnitz  im  Studienjahre  18*V«i  >  8.  AmItU.  z.  Wr. 
Ztg.  V.  2.  September  1.  J.,  Nr.  207. 

—  Ober  den  Beginn  des  1.  Studieneurses  18*V«i  an  der  k.  k. 
Akademie  der  bildenden  Künste  in  Wien,  s.  Antsb.  z.  Wr. 
Ztg.  V.  11.  September  1.  J.,  Nr.  213.  S.  3562. 

(Todesfalle.)  —  Um  die  Mitte  des  MonaU  Mirz  L  J.  wurde 
der  Reisende,  Hr.  Dr.  Albert  Röscher  (geb.  zu  Hamburg  am  27.  Au- 
gust 1886),  nachdem  er  bei  seiner  wissenschaftlichen  DurchforschoBg 
Afrika's  bis  zu  einem  der  grofsen  Seen  westlich  von  Zansibar  vorge* 
drungen  war,  zu  Hisanguny,  in  seinem  Zelte,  von  zwei  Eingebomci 
mittels  vergifteter  Pfeile  ermordet. 

—  Am  14.  August  1.  J.  zu  Paris  Hr.  Andre- Marie -Constant  Do- 
me ril  (geb.  zu  Amiens  am  1.  Janner  1774),  als  Zoolog  berühmt 

—  Am  16.  August  1.  J.  zu  Tübingen  der  Senior  der  dortiges 
DniversitSt,  Hr.  Professor  Dr.  Eduard  v.  Schrader  (geb.  1779  zu  Hil- 
desheim), seit  1810  in  Tubingen  thatig. 

—  Am  18.  August  1.  J.  zu  Greifswalde  Hr.  Job.  Gottfr.  Ludwig 
Kosegarten,  Dr.  dreier  Facullaten,  Professor  der  Theologie  und  der 
orientalischen  Sprachen  an  der  dortigen  Cniversilät  (geb.  zu  Altenkirchei 
auf  der  Insel  Rügen,  am  10.  September  1792.) 

—  Am  22.  August  1.  J.  zu  Rom  der  Commandeur  Hr.  Giuseppe 
de  Fa bris  (geb.  zu  Bessano  1700),  Generale! irector  der  papstlicheo 
Galerieen  und  Museen,  einer  der  bedeutendsten  italienischen  Bildbaacr 
der  Jetztzeit. 

—  Am  22.  August  1.  J.  auf  der  Jagd  zu  Fontaineblao  Hr.  Aleiao- 
der  Gabriel  Decamps  (geb.  zu  Paris  am  3.  Mai  1803),  als  Genre- 
und  Landschaftsmaler  bekannt. 

—  Am  25.  August  1.  J.  zu  Kopenhagen  dor  als  dramat  Dichter 
und  Kritiker  bekannte  k.  dfin.  Etatsralh,  Hr.  Job.  Ludw.  Heiberg 
(geb.  am  14.  December  1791). 

—  Am  26.  August  1.  J.  zu  Königsberg  der  kön.  preufs.  geh.  Re- 
gierungsratb  ,  Hr.  Dr.  Christ.  Aug.  L  o  b  e  c  k  (geb.  ru  Naumburg  am 
7.  Juni  1781),  Professor  an  der  Universität  zu  Königsberg,  als  Philolog 
und  Archseolog  rühmlichst  bekannt.  (S.  dessen  Nekrolog  in  Nr.  207  der 
Wiener  Zeitung  v.  2.  September  I.  J.  S.  3461.) 

—  Am  26.  August  1.  J.  zu  Tubingen  Hr.  Dr.  Friedrich  S  i  I  c  h  e  r 
(geb.  im  Remsthal,  am  27.  Juni  1789),  Musikdirector  an  der  Hochschule 
zu  Tübingen,  Ritter  des  Friedrichs-Ordens  u.  s.  w ,  als  Liedercomponist, 
Sammler  und  Paraskeuvast  von  Volksmelodieen,  hochgeschätzt.  Hienach 
berichtigt  sich  die  angebliche  Nachricht  von  dessen  Tode  nro  20.  Jän- 
ner I.  J.  (S.  Zlschrft.  f.  die  öst.  Gymn.  1860.  II.  Hft.  S.  141.) 

—  Am  30.  August  1.  J.  wurde  zu  Neustadt  an  der  Metlau  der 
k.  k.  Professor  Hr.  Jos.  Banmgartl  zur  Erde  bestaltet. 


reraonai-  und  bcbulnouzen.  829 

—  Mitte  August  1.  J.  zu  Pavia  der  namhafte  Gelehrte ,  Hr.  Dr. 
Alois  Lanfranchi;  emerit.  Professor  der  Rechte  an  der  dortigen 
Hochschule. 

—  Am  1.  September  1.  J.  zu  Dusseldorf  der  ausgezeichnete  Land- 
schaftsmaler Hr.  Werner  Holmberg,  im  besten  Mannesalter. 

—  Am  3«  September  1.  J.  zu  Baden  bei  Wien  Se.  Hoehwurden  Hr. 
Friedrich  Bau  mann,  Dechant  und  Bibliothekar  des  Chorherrnstiftes 
Klostemeuburg. 

—  Am  5.  September  1.  J  zu  Berlin  der  hoffnungsvolle  dramatische 
Dichter  Hr.  Burghardt  («Johanna  Gray,*  «Iphigenia'),  in  gröfster  Noth. 

—  Am  6.  September  1.  J.  zu  Darmstadt  der  wirkl.  geh.  Ralh  und 
Oberconsistorial-Präsident  a.  D.,  Hr.  Dr.  Heinrich  Karl  Jaupp  (geb.  am 
27.  Septemb.  1781),  als  Schriftsteller  und  durch  seine  Betheiligung  an 
den  deutschen  Germanisten-Versammlungen  bekannt. 

—  Am  7.  September  1.  J.  zu  La  Chine  (bei  Montreal)  Sir  George 
S  i  m  p  s  o  n  9  Gouverneur  der  Hudsonsbai-Gesellschafl,  auch  auf  dem  Felde 
der  Literatur  (^Narraüpe  of  an  OwcrlMd  Jcumey  Round  tke  Worid^) 
bekannt. 

—  Am  8.  September  1.  J.  zu  Faloise  (Dep.  der  Somme)  Hr.  Mer c  ey, 
Mitglied  der  Akademie  der  schötNm  Küntie. 

—  Am  9.  September  1.  J«  su  Pei«iiig  bei  Wien,  Ur«  Ml  Evang. 
Horsalka  (geb.  su  Trieseh  in  Miliren  179S)i  als  Pianist  und  Gompo- 
siteor  vortheilhafl  bekannt 

—  Am  11.  September  I.  J.  auf  einer  ..itriaseDsehaflllehea  Reise  zu 
Paris  Hr.  Dr.  Siegfried  Hirsch,  t.  0.  Professor  an  der  Dnitetntät  und 
an  der  Kriegsakademie  zu  Berlin  (geb.  daseiest  1816)»  durch  gesohiebt- 
liehe  Werke  bekannt 

—  Am  11.  September  L  J.  zu  Inasbmok,  8«.  Hochw.  Hr.  David 
Moritz,  k.  k.  emerit  Professor  «md  IQrstbiachöfL  Gonsistorialrath,  im 
78.  Lebensjahre,  als  Religionslehrer  und  Priester  gesohfitzt 

—  In  der  Nacht  zum  IS.  September  1.  J.  zu  Berlin  der  geh.  Justiz- 
rath  und  Professor  der  Rechte,  Hr.  Dr.  Keller  von  Steinbeck. 

^—  Am  12.  September  L  J.  zu  Prag  der  Pramonstrateuser-Ordenft- 
Chorherr  und  Prior,  Se.  Hochve.  Hr.  Lohelius  Joseph  Zdiarsky,  inaf 
70.  Lebensjahre. 

—  Am  14.  September  L  J.  zu  Pesth  Hr.  Med.  Dr.  Martin  Csaufs, 
k.  k.  Rath  und  pens.  Professor,  im  Alter  von  64  Jahren, 

—  Am  16.  September  1.  J.  tu  Königsberg  der  kön.  preufs.  geh. 
Medicinalrath  und  Professor  der  Zoologie  an  der  dortigen  Universität, 
Hr.  Heinrich  Rathke,  im  Alter  von  69  Jahren. 

—  Am  16.  September  L  J.  zu  Gilli,  Se.  Hoehw.  Hr.  Johann  Gra- 
se hitsch,  jub.  Religionslehrer  am  k.  k.  Obergymnasium  zuCilli,  (Qrst- 
bischoflicher  Lavanter  geistlicher  Rath  und  Ehrenbürger  der  genannten 
Stadt,  im  66.  Lebensjahre,  nachdem  er  36  Jahre  als  Lehrer,  44  Jahre 
als  Priester  gewirkt  und  sich  die  Liebe  Aller,  die  in  näherer  Beziehung 
zu  ihm  gestanden,  zu  erwerben  und  su  erhalten  gewufst  hatte. 


Z«it«chtifl  r.  A.ö%t0rr.  Grmnat.   IMO.   X.  lieft.  ^^ 


Vierte  Abtheilung. 


Rllscellen. 

Prdparatianen  %u  Bom&*i  Odyaee,  ton  einem  SeMuUmmmi, 
eeamg  /—  F;  gr.  8.  IV  und  138  S.  Köln  und  Neufe  ,  Verlag  der  L 
Schwann'schen  VerlagsbaDdlung.  18^0*  —  Referent  hat  im  vorbergeho- 
den  Jahrgange  dieser  Zeitschrift  S.  918  ff.  über  die  Schulerbiblivthck 
des  Hrn.  W.  Freund  berichtet  und  nachgewiesen ,  dass  wir  es  hier  Bit 
einem  auf  blofse  Speculation  gelieferten  Fabricate  zu  thun  haben,  dn 
gleiche  gilt  von  den  vorliegenden  « Präparationen',  deren  Verf.  sich  gm 
einfach  als  einen  Schulmann  bezeichnet.  Nun,  wenn  der  Mann  wirklich 
ein  Schulmann  ist,  so  muss  es  traurig  genug  um  seine  Schule  bestellt 
sein ;  denn  abgesehen  von  den  eigenthümlichen  Ansichten  über  Paedagogil» 
welche  derselbe  überhaupt  durch  die  Abfassung  dieser  Schrift  und  Boeb 
insbesondere  in  dem  Vorworte  darlegt,  enthält  das  Buchlein  so  viele, 
aus  grober  Unwissenheit  hervorgegangene  Fehler ,  dass  man  darin  vol 
eher  die  Arbeit  eines  unreifen  Schülers,  als  eines  Mannes  »  der  seine 
Lehramtsprüfung  mit  Ehren  bestanden  hat,  erblicken  könnte.  Das  Vor- 
wort bewegt  sich  in  ähnlichen  Phrasen,  wie  der  Prospectus  zur  Schüler- 
bibliothek des  Hrn.  W.  Freund.  Es  ist  nichts  anderes  als  ein  Aushängeschild, 
das  dem  Fabricate  selbst  einen  honetten  Anstrich  leihen  soll.  «Mit  vor- 
liegender Arbeit*,  so  lautet  der  Anfang,  «soll  dem  Schüler  ein  Mittej 
an  die  Hand  gegeben  werden,  ohne  lästige  und  zeitraubende  Schreiberei 
sich  in  der  Odyssee  des  Homer  so  vorzubereiten,  dass  er  genau  in  das 
Verständnis  der  Sprache  dieses  Dichters  eindringt  und  alles  Sprachliche, 
das  dahin  einschlägt,  lernt,  dass  er  zugleich  an  die  früher  gelernten 
Wortformen,  insbesondere  an  die  Formen  der  unregelmäfsigen  Verba  stets 
erinnert  wird,  die,  wie  die  Erfahrung  lehrt,  trotz  Pensa  und  Exte mporalia, 
nur  zu  leicht  vergessen  werden.*  Nachdem  nun  der  Verfasser  sich  noch 
weiterhin  darüber  ausgesprochen,  wie  man,  und  zwar  nicht  mit  Unrecht, 
über  das  zeitraubende  Schreiben  bei  den  Präparationen  klage,  wobei  der 
Schüler  blofs  mechanisch,  aber  nicht  geistig  beschäftigt  werde,  bemerkt 
er,  dass  Specialwörterbücher,  deren  Gebrauch  man  zur  Abhilfe  vorge- 
schlagen, die  Cbelstände  nicht  beseitigen  können,  «denn  jene  Wörter- 
bücher sind  zu  sehr  darauf  berechnet,  den  Schuler  jedes  langen  Nach- 
sinnens zu  überheben  (!)  und  doch  wiederum  insofern  nicht  ausreichend, 
als  sie  dem  Schuler  das  Aufschreiben  von  Vocabeln  nicht  ersparen  und 
ihn  dadurch  veranlassen,  zu  einem  anderen  und  zwar  verderblichen 
Wil*cl  seine  Zuflucht  zu  nehmen,  nämlich  zu  Übersetzungen,  die  sie  iiU) 
sich  hinter  dem  Rücken  des  Lehrers  zu  verschaffen  suchen  und  daraus 
auf  Kosten  des  Sprachverstäadms«««  svcU  v^ä^^^^^^n'*    ^^f«  braucht  wol 


Miscellen.  83  f 

nicht  hervorzuheben,  welch  seltsame  Logik  sich  in  diesen  Worten  offen- 
bart; sieht  ja  doch  jedermann  ein,  wie  es  sich  hier  nur  darum  handelt, 
wenigstens  den  Schein  der  Ehrenhaftigkeit  zu  retten  und  den  eigent- 
lichen Zweck,  so  gut  es  gehen  mag,  zu  yerbergen.  Wollte  fief.  hier 
nachweisen,  wie  der  Werth  und  Nutzen  der  Praparation  eben  darauf  be- 
ruhe, dass  der  SchOler  sein  Wörterbuch  und  seine  Grammatik  immer 
Kur  Hand  habe  und  durch  fortwährenden  Gebrauch  mit  diesen  Hilfsmit- 
teln ganz  vertraut  werde,  so  könnte  man  ihm  mit  vollem  Hechte  ent- 
gegnen, dass  er  Eulen  nach  Athen  trage.  Darum  wollen  wir  hier  lieber 
abbrechen  und  nur  noch  die  Scblussworte  der  Vorrede  in  Betracht  ziehen, 
(Jm  den  genannten  übelstanden  zu  begegnen  und  das  Studium  des  Homer 
zu  fördern,  hat  der  Verf.,  wie  er  sagt,  die  Ausarbeitung  dieses  Band» 
chens  unternommen,  von  dessen  Aufnahme  es  abhangen  wird,  ob  ihm  noch 
andere  folgen  sollen.  Jeder  Gesang  ist  für  sich  als  ein  Ganzes  behandelt, 
damit  dem  Schüler,  mag  der  Lehrer  anfangen  mit  welchem  Gesänge  er  will, 
alles  zur  Leetüre  erforderliche  dargeboten  werde.  Endlich  spricht  der 
Verf.  noch  seine  Überzeugung  aus,  man  werde  wol  diesen  Präparationen 
nicht  den  Vorwurf  machen  können,  dass  darin  der  Sprachstoff  des  Dich-* 
ters  dem  Schüler  gleichsam  auf  dem  Teller  präsentiert  werde,  um  ihn 
jeder  Anstrengung  zu  überheben.  «Denn  diese  Präparalionen  werden 
nicht  in  der  Art  geboten ,  dass  keine  geistige  Thätigkeit  dabei  nothwen- 
dig  wäre.  Ein  Blick  in  dieselbe  muss  zeigen ,  dass  darin  dem  Schüler 
der  Stoff  in  einer  gewissen  Menge  zur  Auswahl  dargereicht  und 
dass  nur  in  schwierigen  Stellen  auf  das  nöthige  hingewiesen  wird.' 
Man  erkennt  auch  in  diesem,  zum  theil  ganz  sinnlosen  Gerede  die 
Absiebt,  den  eigentlichen  Zweck  dieser  Arbeit  so  viel  als  möglich  zu 
verhüllen  und  zu  beschönigen.  Denn  nach  diesen  Worten  sollte  man 
erwarten ,  dass  nur  das  wichtigere  in  diesen  Präparationen  berührt  und 
erklärt  ist.  während  man  doch  in  der  That  jedes  Wort  darin  verzeichnet, 
Verbalfomen  analysiert,  Obersetzungen  gegeben  findet  u.  dgl.  Um  dies 
zu  erweisen ,  wird  es  genügen,  die  Praparation  zu  den  ersten  drei  Versen 
des  ersten  Gesanges  mit  den  nolhwendigen  Bemerkungen  von  Seite  des 
Ref.  vorzulegen. 

V.  1.  ^Svdga,  avife.  Mann,  bei  Homer  auch  die  Form.  gen.  ivi- 
Qog  u.  s.  w.  —  fiot,  kurz  gebraucht,  weil  es  in  der  Thesis  (Senkung) 
und  vor  einem  Vocale  steht.  —  ipven»^  imper.  von  ivvinm  (dichte- 
rische Verlängerung  von  Mxm)  ansagen ,  verkundigen ;  in  Prosa  nur 
aor.  2.  slnov'.  Aber  Mn0  ist,  wie  Ebel,  Zeitschrift  für  vergl.  Sprachf. 
Bd.  H,  S.  47,  dargethan  hat,  auf  die  Wurzel  ctn^  in  (vgl.  das  lat.  in- 
sece)  zurückzuführen,  aus  welcher  sich  eben  so  gut  iv-cin-m  (mit  As- 
similation: ivvinai),  wie  iv-ix-m,  entwickelte.  —  ^noXvtQonov  t  noXv- 
tf^onog  (tgino,  wenden),  viel  hin  und  her  gewendet,  viel  in  der  Welt 
umhergetrieben,  reich  an  Erfahrung  und  Klugheit;  Beiw.  des  Od.  viel- 
gewandt, vielgewandert.*  Man  sieht,  dass  hier  zwei  Erklä- 
rungsarten mit  einander  vermengt  sind;  man  vgl.  nur  die  Bemerkungen 
von  Nilzsch  z.  d.  St.  —  ^xoXld,  die  Neutra  Adj.  werden  auch  in  Prosa 
adverbialisch  gebraucht.'  Eine  feine  syntaktische  Bemerkung!  —  «f*aXa  «. 
sehr  viel.  —  nXayxd'rjf  aor.  2.  ohne  Augment  st  inXayxd'rj  v.  nXdta 
(man  erinnere  sich  der  Verba  xXatm ,  ich  jage  umher ,  nXu^m ,  töne, 
caXn^a,  trompete  ,  und  ihres  Charakters  yy).  —  nXdiatf  von  der  Bahn 
bringen,  irre  föhren,  pass.  umherirren.'  Wir  empfehlen  dem  Hrn.  Verf. 
hinsichtlich  der  Grundbedeutung  von  nXdta  Curtius'  Grundzüge  der 
griecb.  Etym.  S.  242  nachzuschlagen.  —  ^TQoirig,  gen.  abhäng,  von 
ntoXUd'i^oVf  ähnlich  wie  im  Hör.  Troiae  moenia'  (!).  Es  genügt,  auf 
Reisig's  Vorl.  über  lat.  Sprache  S.  635  zu  verweisen.  —  «fc^or  nxoX,\ 
heilig  werden  bei  alten  Dichtern  Städte  genannt,  weil  sie  unter  Anwen- 
dung heiliger  Gebräuche  gegründet  worden  sind;  Tco\«l  \%V  \i\^«c^\^^  ^^\w 


838  JkfiseeUcn. 

OöUern  erbaut;  der  Ktfiiig  Laomedon,  soll  mit  Hilfe  des  Apollo  und  Neptun 
die  Mauren  von  Troja  erbaut  haben.'    Der  Hr.  Verf.  hatte  doch  11  ?II« 
452   (vo  %'   iyn   Kcd   (^oißos  'JxaXXmv   ^^9>   Aao^Udowxi,    M9U99m^ 
a^XricoareB)  genauer  ansehen  sollen;  übrigens  heiisen  Städte ,  sowie  In- 
seln, Lander^  «heilig,'    insofern   sie  besonderen  Schirmgittern  geweiht 
sind  und  deren  Heiligthumer  enthalten.  —  ^oXit^qov^  der  Form  lucb 
ein  Dimin.  von  »voU(  —  noXig,    Stadt,    aber   mit  gleicher  BedeutiiDg 
wie   das  Stamm w.    Zu   beachten   ist  die  Länge   des  a  in  der  Arsis  vor 
^9,  muta  \0T  äguida.*  moXU^qov  ist  kein  DiminutiTuniy  üherdasSolfii 
vgl.  man  0.  Cartius :   de  nominum  Graecorum  formatione ,    S.  3S»  Aom. 
160.  —  «Isrs^My  von  niq^vi  (lat.  perdd) ,   aor.  %.  hgQa4to9,  tut  med. 
ni^oo^ai  mit  pass.  Bedtg.,  verwüsten,  serstören;    bei  Hom.  ge- 
wöhnlich von  Städten.'    Was*  die  Angabe  der  Tempora  anbekrifR,  so  ist 
sie,  wie  der  erste  Blick  in  ein  Lexikon^rweiaen  kann,  sehr  unvollstän- 
dig ,  die  Zusammenstellung  von  ni^4^m  und  per-do  entschieden  onricb- 
tig  (vgl.  Z.  f.  vgl.  Spr.  Bd.  IV,  S.  13)«  ~  «^^  aber,    dagegen,    oft 
auch:  und,   ferner'  (?).  —  «£9«»  ohne  Augm.  von  tlSov,  aor.  t.  von 
eJ9ai,  oder  mit  Digamma  ^eldn  {pideo)j  sehen;   tldov  und  aor.  %  med 
ttdo^HVy  Idictuy  sind  Aor.  zu  iqam.  Das  med.  Mofkcu,  aor.  ilcapkfgw  hat 
theils  pass.  Bedtg.  gesehen  werden,   scheinen  »>  videre ,  theils  intr. 
ähnlieh  sein.'    Wir  wollen   hier  nichts  über  die  ungeschickte  Fassnog 
dos  Artikels  bemerken,    sondern  begnügen  uns  darauf  hinzuweisen,  das 
Mov  aus  ifidov  entstanden  ist  und  somit   die  Annahme  eines  Präsess 
ttdm   zu  den  Cnmöglichkeiten  gehört;    das  Präs.  M.  (nicht  F.)  el9o^ 
ist  erst  nach  dem  Aoriste  kXdov  gebildet.     Wie  übrigens  dasselbe  me- 
diale und  passive,    transitive  und  intransitive  Bedtg.  in  sich  vereinigeB 
soll ,   bleibt  mir  schlechterdings  unerklärlich.  —  ^Sctia ,    in  Att.  Pro» 
aovrf.  von  atfw,  das  die  Attiker  (wie  die  Römer  aUu,  z.  B.  Nep.  Tb.  4) 
im^Sing.  ^ew.  v.  Athen   gebr.'    Eine  wahrhafte  Bettelgelehrsamkeit ! - 
9iv6ov^  voog,   bei  den  Attik.   immer  vovg,    bei  Hom.  nur  Od.  10,  241. 
Gesinnung,  Sinnesart,  Sitten  (?),  Herz,  Seele.'     Wir  rathen  de« 
Hrn.  Verf.   bei   ferneren  Arbeiten  sich  mit  Nägelsbach  Homer.  Theologie 
(vgl.  S.  337)   bekannt   zu   machen;    er  wird  dann   jedenfalls  im  Slacde 
sein,  richtigere  Begriflfsbestimmungen  aufzustellen.  —  Jyvm,  aor.  sync, 
von  yvyvma%m  (cognasco),  St.  yvo,  kennenlernen,  einsehen,  meinen.' 
Jlyvmv  ist,    wie  man  aus  G.  Curtius,   die  Bildung  der  Temp.  und  Modi 
S.  148,  ersehen  kann,  durchaus  nicht  eine  synkopierte,  sondern  eine  gani 
und  gar  ursprüngliche  Form.  —  Wir  wollen,  um  das  Mafs  voll  zu  ma- 
chen,   nur   noch  eine  Bemerkung   zu   v.  5   a^yt^fisro^    anführen.     Dort 
heifst  es :  «Man  beachte  die  Länge  von  oq,  wegen  der  Arsis  darauf  and 
des  ( ,   das  sich   in  der  Aussprache  verdoppelt.'    Also  hat  der  Hr.  VeK 
nicht   einnial    die   neue  Bekker'sche  Ausgabe   bei   seiner  Arheit  vor  sich 
gehabt ;  denn  sonst  hätte  er  doch,  da  dort  aqvvyLtvoq  fr^v  %b  geschrieben 
wird,  nicht  eine  so  verkehrte  Erklärung  geben  können. 

Diese  Bemerkungen  werden  genügen,  um  das  oben  ausgesprocbcne 
Drtheil  zu  rechtfertigen. 

Innsbruck.  Karl  Schenkt. 


(Diesem  Hefte  sind  sieben  Beilagen,  eine  kritische  und  sechs  literarische. 

beigegeben.) 


B  e  I  I  a  gr  e 

zur 

Zeitschrift  für  die  österreichischen  Gymnasien. 

(XI.  Jahrgang,  X.  Heft.) 

Berichtigung. 

Karzlich  hat  in  Ihrer  geschStiten  Zeitschrift  Herr  Joh.  Kvi6ala 
in  Prag  über  meine  cOriechisohen  Sdlübungen  far  die  oberen  Oymnasial- 
classen*  abgesprochen.  Da  die  gemaehten  Ausstellungen  alle  principieller 
Nater  sind,  so  wQrde  ich  es  natariich  mit  Stillschweigen  hingenommen 
haben,  wenn  derselbe  gesagt  hStte,  ihm  komme  das  Buch  unpraktisch 
vor,  oder  meinetwegen,  für  die  österreichischen  Gymnasien,  für  die  es 
natürlich  auch  sunSohst  nicht  geschrieben  ist,  sei  es  unpraktisch.  Denn 
wie  sollte  ich  es  einem  Anderen  verargen,  wenn  er  in  Dingen,  worüber 
eben  die  Ansichten  getheilt  sind  und  wol  noch  lange  bleiben  werden, 
anders  denkt  als  ich  und  tausend  Andere  mit  mir?  Wenn  aber  Hr.  K. 
meint,  auch  in  Bayern  werde  man  sich  wohl  überzeugen,  dass  das  Buch 
unpraktisch  ist,  so  muss  es  mir  erlaubt  sein,  hier  das  Gegentheil  zu 
constatieren. 

In  Bayern  findet  man  es  nicht  unpraktisch  oder  hemmend,  dass 
auf  die  Übungsbücher  von  Halm  verwiesen  wird  (nach  einer  Recenslon 
in  den  Jabn'schen  Jahrbüchern  vom  März  1.  J.  auch  anderswo  nicht); 
in  Bayern  ist  die  Verweisung  auf  diese  Obungsbücher  nicht  nur  zu- 
lässig, sondern  dermalen  sogar  geboten,  wenn  das  Buch  nicht  unprak- 
tisch sein  soll.  Diese  Bücher  enthalten  nSmlich  die  Lehre  von  den  Pra« 
Positionen,  von  der  Syntax  des  Nomens  und  des  Verbums  in  einer  Dar- 
stellung, welche  vieUeicht  von  der  Mehrzahl  der  bayer.  Gymnasien  der 
in  der  Buttmann'schen  Grammatik  vorgezogen  und  darum  auf  der  ent- 
sprechenden Unterrichtsstufe  statt  einer  Grammatik  oder  als  Gram- 
matik benutzt  wird.  Wie  kann  man  es  nun  tadeln,  wenn  man  auf  ein 
Buch  verweist,  aus  dem  der  Schüler  einen  grofsen  und  sehr  wichtigen 
Tbeil  seiner  grammatischen  Kenntnisse  geholt  hat,  zumal  da  mein 
Übungsbuch  nach  seiner  ganzen  Anlage  nicht  neben  den  Ualm'schen 
Übungsbüchern  stehen  kann,  sondern  sich  an  dieselben  anschliclsen  soll, 
wie  der  Schüler  diese  absolviert  hat?  Soll  man  auf  einer  höheren  On- 
Icrrichtsstufe  nicht  mehr  auf  das  Vorausgehende  verweisen  dürfen  ? 


]q  Bayern  kann  man  ferner  darin  keinen  Misatand  erkeDnao»  wie 
Ilr.  Rec,  dass  das  Buch  kein  Wörterverzeichnis  hat.  unter  allen,  nickl 
blob  deutsch-griechischen,  sondern  auch  deutach-laleinischen  Obiin|9- 
büchem,  die  hier  zu  Lande  im  Gebrauche  sind,  ist  wol  kaum  «Bes. 
das  mit  einem  Wörterverzeichnisse  versehen  wäre.  Abgesehen  davoa, 
dass  unsere  Schüler  ohnehin  deutsch-griechische  Wörterbücher  in  Hil- 
den haben,  die  natürlich  auch  für  das  Obungsbuch  ausreichen  ,  aind  sie 
auch  nicht  so  arm  an  Wörtervorrath,  als  sich  Hr.  K.  vielleicht  vonteltt, 
da  er  die  Phraseologie  zu  spärlich  findet;  sie  dürfen  es  auch  gar  nicht 
sein,  wenn  sie  die  von  der  höchsten  Stelle  bei  der  Absolutorialprufung 
vorgelegten  Aufgaben  (vgl.  meine  Vorrede)  sollen  ausarbeiten  kOnneD. 
Und  doch  macht  ihnen  dies  im  allgemeinen  keine  Schwierigkeit 

Auch  an  den  Wörtern  «zeugen,*  «beiwohnen*  und  «Bastard,*  die 
absichtlich  nicht  vermieden  wurden,  nimmt  man  in  Bayern  keinen  An- 
stofs.  Die  Übungsstücke  sind  für  die  oberen  Gymn.  Glassen,  also  für 
Schüler  zwischen  16  und  20  Jahren  bestimmt,  die  reif  und  naebtern 
genug  sind,  um  natürliche  Dinge  b^i  ihrem  Namen  nennen  zu  hören.  Es 
schadet  dies  auch  sicher  weniger  als  jene  gezierte  Ängstlichkeit,  die  den 
jungen  Menschen  reizt,  das  Verhüllte  zu  entschleiern  und  in  seiner  Phan- 
tasie sich  behaglich  auszumalen.  Wer  schon  an  Solchem  sich  ärgert, 
der  darf  auch  nicht  einen  alten  Classiker  in  die  Hand  nehmen ,  ja  tf 
muss  selbst  das  heiligste  Buch,  er  muss  die  Bibel  fliehen. 

Zum  Schlüsse  noch  die  Bemerkung,  dass  meine  «Oriech.  SÜl- 
Übungen*  schon  wenige  Wochen  nach  ihrem  Erscheinen  an  einer  ziem- 
lichen Anzahl  bayerischer  Gymnasien  eingeführt  und  vom  k.  Staats, 
ministerium  für  Cultus  und  Unterricht  auf  den  Antrag  competenter  Fach- 
männer in  das  Verzeichnis  der  an  den  Anstalten  des  Königreiches  zu 
benutzenden  Lehrbücher  aufgenommen  worden  sind.  Und  doch  wird 
man  den  bayer.  Schulmännern  kaum  absprechen  können,  dass  sie  ihren 
Beruf  erkennen  und  ihre  Aufgabe  jedenfalls  so  gut  erfüllen ,  als  dies 
irgendwo  in  deutschen  Landen  geschieht. 

München  im  Juli  1860.  Wolfg.  Bauer, 

Prof.  am  k.  Wilhelms-GjmnaiiBai. 


E  r  w  i  d  e  r  u  n  g. 

(Vergl.   die    Recension  des   Bauer'schen   Übungsbuches,    XL    Jahrg., 
7.  Heft,   S.  561.) 
Von  dem  Gesichtspuncte  ausgehend,   dass   den  griechischen  Stil- 
übungen eine  verhältnismäfsig  nur  geringe  Zeit  zugewendet  werden  kann , 
und  dass  daher  der  Verfasser  eines  Obungsbuches  dafür  zu  sorgen  bat, 
dass  die  Schüler  in  der  auf  diese  tibungen  zu  verwendenden  Zeit  mög- 
lichst viel  leisten  können,  habe  ich  das  Übungsbuch  des  Herrn  Prof.  Wolfg. 
Bauer  besprochen.   Auch  jetzt  bin  ich  noch  derselben  Ansicht,    die  ich 
in  der  Recension  über  den  Werth  dieses  Buches  ausgesprochen  habe  und 


sehe  mich  deshalb  geiwungen,  der  «BerichtigoDg*  des  Hrn.  Verf.'s  fol* 
gendes  eDtgegensastellen : 

1.  Ohne  die  Vorzüge  des  Halm'schen  Übungsbuches ,  die  ieh  sehr 
wohl  kenne,  irgendwie  berabsetsen  eu  wollen ,  behaupte  ich  auch  jetzt 
noch,  dass  es  unzweckmalsig  ist,  wenn  Hr«  B.  ^  unzähligen  Stellen 
den  Schüler  auf  dies  Übungsbuch  verweist ,  welche  Zeitraubende  Mühe 
flr.  B.  dem  Schüler  sehr  gut  hätte  ersparen  können,  wenn  er  die  betref- 
fende Regel  selbst  kurz  hingestellt,  die  betreffende  Phrase  einfach  ange- 
geben hatte.  Ich  billige  es  nicht,  wenn  dem  Schüler  die  Sache  zu  be- 
quem gemacht  wird;  aber  eben  so  wenig  bin  ich  mit  unnölhiger  Er- 
schwerung und  Verschleppung,  aus  der  kein  merklicher  Vortheil  erwäcbsl, 
einverstanden.  In  wichtigeren  Fällen,  und  wenn  man  annehmen  kann, 
dass  eine  sprachliche  Erscheinung  wenigstens  manchen  Schülern  nicht 
ganz  geläufig  ist,  ist  eine  grammatische  Verweisung  am  rechten  Orte» 
aber  auch  nur  dann;  und  in  diesem  Falle  soll  der  Schüler  auf  seine  Gram- 
matik, die  er  bei  seinen  griechischen  Studien  überhaupt  gebraucht  (also 
in  Baiern  auf  die  Buttmann'sche),  verwiesen  werden;  denn  er  soll  mit 
seiner  Grammatik  möglichst  vertraut  werden,  und  in  derselben  so  zu 
sagen  zu  Hause  sein.  Da  nun  Hr.  B.  selbst  sagt,  sein  Übungsbuch  könne 
seiner  ganzen  Anlage  nach  nicht  neben  den  Halm'schen  Übungsbüchern 
stehen,  so  wird  er  mir  wol  die  Richtigkeit  des  Gesagten  zugeben* 

2.  Auch  jetzt  noch  erblicke  ich  einen  Übelstand  darin,  dass  Hr. 
B.  seinem  Obungsbuche  kein  Wörterverzeichnis  beigegeben  hat,  ohne 
damit  den  Wörtervorrath  der  baierischen  Schüler  gering  anschlagen  zu 
wollen.  Ich  verweise  bezüglich  der  ZweckmäÜBigkeit  eines  Wörterver- 
zeichnisses Hm.  B.  auf  das,  was  Franke  im  Vorwort  zu  seinem  Übungs- 
buche gesagt  hat;  ich  wiederhole,  dass  die  Phraseologie  in  dem  Buche 
des  Hrn.  Verf.'s  zu  spärlich  ist,  da  man  nicht  blos  die  fähigsten,  son- 
dern auch  die  gewöhnlichen  und  mittelmälsigen  Schüler  bei  Abfassung 
eines  Übungsbuches  vor  Augen  haben  soll.  Was  femer  die  Bemerkung 
betrifft,  dass  die  baierischen  Schüler  ohnebin  deutsch-griechische  Wörter- 
bücher in  Händen  haben,  so  kann  ich  darauf  nur  entgegnen ,  dass  ich 
dies  bedauere,  da  meiner  Ansicht  nach  (die  übrigens  nicht  paradox  ist, 
sondern  wol  von  den  meisten  Schulmännern  getheilt  wird  —  vgl.  die 
Vorrede  zum  Übungsbuche  von  Bäumlein,  Holzer,  Rieckher  S.  XI.)  ein 
deutsch-griechisches  Wörterbuch  für  den  Schüler  ein  unnötbiger, 
oft  sogar  schädlicher  Luxusartikel  ist. 

3.  Was  endlich  das  dritte  wegen  pädagogischer  Rücksichten  von 
mir  erhobene  Bedenken  anlangt,  so  sind  wir  hier  nicht  so  weit  ausein- 
ander. Auch  ich  billige  nicht  die  gezierte  Ängstlichkeit,  über  die  sich 
Hr.  Bauer  so  ereifert;  aber  ich  denke  «besser  ist  besser,*  und  wenn 
man  von  diesen  Dingen  in  der  Schule  nicht  zu  sprechen  braucht,  soll 
man  es  auch  nicht.  Ich  sehe  nicht  ein,  wamm  der  Hr.  Verf.  in  einem 
Übungsbuche  die  ganze  grauenvolle  Geschichte  von  Laius,   Oedi* 


pu8  und  der  lokaste  (XID.  1.)  in  behagUeber  Aiisluhrllckkeil  dea 
Schulern  darbietet  Konnte  er  denn  nicht  anderweitig  paasradere  Mb 
finden f 

Naeh  diesen  Bemerkangen  kann  ich  getrost  den  Leeem  die  EaU 
Scheidung  überlassen,  ob  der  yom  Hm«  Yerf.  fStt  aeine  Entgegnung  ge- 
wählte Titel  «Berichtigung*  der  richtige  ist. 

Prag.  Jobann  KTi^ala. 


Erste  Abtheil  11  ng. 


Abliandlangen. 

Zur  Erklärung  des  Sophokles. 

534  f.:  shv,  dCda^ov  dii  ii8,  rov  z^9^^  tivmv 
id'vasv  avtr^v,  notiQOv  'Aqyiimv  iifBtg. 

Schneidewin  bemerkt:  «Yulg.  TotJ,  xaQiv  tivog;  pro 
qua  rej  cuiu$  gratia^  wie  wol  Mg  tqox^  d'*  osco^p 
verbunden  wird ,  PhiL  1029  r/,  tov  ja^ti/.  Besser  Laur. 
pr.  TiVcoi/,  dxodidovg.  Klyt.  behauptet,  Ag.  sei  nicht  den 
Argivern  für  irgend  etwas  zu  Dank  verpflichtet,  vielmehr  ihr 
Rücksichten  schuldig  gewesen.'^  Mir  scheint  tov  laQiv  t/- 
v(ov  in  dem  Sinne  wie  Seh«  nach  dem  Scholiasten  erklart, 
nicht  richtig  zu  sein.  Dies  heilst  nämlich  nach  dem  gewöhn- 
lichen Sprachgebrauch  ,»Dank  abstatten  für  etwas. '^  Nun  wird 
aber  in  dem  nachfolgenden  jcoxbqov  'Agysiav  igstg^  welches 
die  vorhergehende  allgemeine  Frage  specialisiert,  die  Person  zur 
Sprache  gebracht,  welcher  Agamemnon  zum  Dank  verpflichtet 
sei,  somit  das  Verhältnis,  in  welchem  diese  Frage  zu  jener 
stehen  muss,  aufgegeben  und  darin  wieder  statt  des  Dativs  der 
der  ursprünglichen  Rection  angehörige  Genetiv  beibehalten.  Die- 
ser Genetiv  scheint  auch  der  Grund  zu  sein,  dass  das  ursprüng- 
Uche  tivog^  welches  unter  anderen  auch  der  Codex  F  hat,  in 
xivmv  als  Genetiv  verwandelt  wurde ,  während  der  Scholiast  es 
irrlhumlich  gleich  dnodidovg  auffasste.  —  Dann  aber  ist  nicht 
zu  meinen,  dass  die  beiden  Pronomina  so  gebraucht  wären  wie 
etwa  Phil.  1029  ti  fi  Syso^Bi  tov  x^V^;  verbunden  wird, 
vielmehr  sind  jene  Fälle  zu  vergleichen,  in  welchen  die  beiden 
Fragewörter  verschiedenes  bezeichnen.  Cber  diesen  Gebrauch 
der  Fragewörter  vgl.  Bonitz,  Beitr.  z.  E.  d.  Soph.  II,  S.  16. 

ZffiUehrift  r.  d.  StUrr.  Gjmn««.  I8S0.  XI.  Hvft.  ^1 


834  Zur  Erklärung  des  Sophokles,  v.  Si.  Choiava. 

550  f.:  il  ^^  9o\  do%£  tpffontp  %a*£g, 

yptipLfiP  dixaüxp  axovüa  %ovg  nilag  ^iye. 

«J  c  h  bereue  die  That  nicht :  scheint  d  i  r  aber  meine 
Ansicht  verwerflich,  so  erwirb  dir  erst  die  richtige  Ein- 
sicht und  dann  tadle  die  Nächsten,  d.  h.  lass  dein  änberech- 
tigtes  Tade'n,  bis  du  erst  zu  der  wahren  Ansicht  der  Dinre 
gekommen  bist.»  So  Schneidewin.  Bei  diesem  Verständnisse  der 
Worte  aber  würde  Klyt.  unlogisch  sprechen;  denn  die  Worte 
st  dh  aol  dox(o  ipQovetv  xaxmg  heif&en  ebensoviel  als  :  «Wenn 
du  aber  die  Ansicht  hast,  dass  ich  schlecht  denke^',  —  und  dann: 
«{^0  erwirb  die  Einsicht.»  Allerdings  heifst  es  bei  Schneid,  noch 
«die  richtige  Einsicht»,  allein  soll  auf  diesem  Begriffe  ein 
Nachdruck  liegen  und  die  temporale  Bestimmang  ^c  rs  t»  hinein- 
gebracht werden,  so  erwartet  man  im  vorigen  ein  CausaWerhällnis 
des  Sinnes:  Da  du  aber  nun  eine  unrichtige  Ansicht  von  meiner 
Gesinnung  hast,  so  u.  s.  w.  Und  Klyt.  spricht  es  wiederholt  aus,  dass 
Elek.  bereits  eine  Antiicht  gefaasi  hat;  547:  ei  ocai  ai^s  diia 
yvci^ijg  A^yo.  Man  vergleiche  auch,  wie  Chrys.  zur  Elektn, 
die  sie  in  Unwissenheit  wahnt,  sich  ausdrückt  889  f.  u.  1055  f. 
Richtig  ist  wol  nur  die  andere  Auslegung :  «Tadle  nur  die 
Nächsten,  da  du  einmal  die  richtige  Einsicht  gerassi  hast,  wie 
du  wähnst». 

743  ff.:  insita  Ximp  riviav  iQiöTtQocv 

%d(inTOvrog  tnnov  Xav9'dvti>  ati^lriv  anQaw 
naiaag,  i^gavöe  8*  a^ovog  iticag  yvoag 
xa£  a9tvy(ov  äXi9^i^ 

Die  Erklärung  von  Xvan/  durch  den  Scholiaslen  in  der  Bf- 
deutung  von  xavvwvj  dia  ro  avfiitsnXix^ai  passl ,  wie  Ton 
einigen  bemerkt  wird,  nicht,  weil  von  einer  Verwickelung  der 
Zügel  nichts  angegeben  ist.  Darum  schlug  man  vor  dvilxQv 
oder  igvxcDv^  also  gerade  dasjenige,  wodurch  wol  kein  Fehler 
beim  Herumfahren  um  die  atijXri  und  das  Unglück  nicht  würde 
entstanden  sein.  Ein  solches  Verfahren  empfiehlt  ja  Nestor  dem 
Antilochos  bezüglich  des  linken  Handpferdes  II.  23,  238,  und 
der  Piedagogos  spricht  722  f.,  dass  auf  diese  Weise  Orestes 
glücklich  herumfuhr.  Man  erwartet  also,  dass  Orestes,  da  er 
Schaden  litt,  nicht  dies,  sondern  das  Gegentheil  that.  Das  Ge- 
gentheil  von  sCgysiv  aber  besteht  gerade  in  Xveiv  oder  wie  es 
in  der  Ilias  heifst  fZgat,  was  der  Scholiasl  durch  j^crAorcrai  er- 
klärt, und  722  hat  elgye  zum  Gegensatz  avetg.  Es  ist  somit 
schlechtweg  nicht  anzunehmen,  dass  dasjenige,  was  sonst  immer 
das  Richtige  ist,  auf  einmal  ohne  irgend  eine  besondere  Be- 
stimmung das  Fehlerhafte  bezeichnen  sollte.  Dadurch  dass  Orestes 
sich  jetzt  nicht  so  wie  früher  genau  hütete  Ud^ov  d'  aliac^ak 
iTtccvQstVj  sondern  aus  Unvorsichtigkeit  oder  sonst  wie  die  Zü- 
gel frei  liefe,  gerieih  er  an  die  <rrifAi7,  worauf  das  Unglück  eintrat. 


Zur  Erklärung  des  Sophoi|i$s,  v.  Si.  C/w/ata.  835 

10,*19  IT  :  HA.  ij  dsivov  sv  Xiyovaav  i^afiaQxdvHv. 

XP.  siQTjTiag  OQ^dog.  ^  av  TCQoaiitiaai  TitaTi^. 
HA.  xC  o  ;  ov  SohiS  aoi  xavxoL  avv  9£nij  Xiynv ; 
XP,  all*  ioxiv  iv^a  xv  dUjj  pid§riv  tpigsi. 

Sclind.  erklärt:  «(Fürwahr  ein  Jammer  das  Richlige  zu 
In  (Ten  und  fehlzugehen,*^  d.  h.  bei  dem,  welchem  man  gulen 
Ralh  ^ibt,  nichts  auszurichten.^^  Dass  i^eifiaQxdvsiv  diesen 
Sinn  nicht  haben  kann,  beweisen  die  Verse  1017 — 18:  angoodc- 
xr^rov  ovdiv  itgi^xag'  xakag  S*  ydij  a*  d^tOQQvtpovoav 
antiyyakkoiLriv.  Dort  bereits  war  die  Unterredung,  in  wel- 
cher Chrys.  zur  Mitwirkung  aufgefordert  werden  sollte,  ab- 
geschlossen und  V.  1031  wiederholt  nochmals  den  obigen  Ge- 
danken der  Elektra.  Es  ist  nun  nicht  anzunehmen,  dass  sie  da, 
wo  es  sich  um  den  Wcrth  der  That  handelt,  jenen  Gedanken 
wieder  vorbringe.  Dazu  kommt,  dass  bei  obiger  Auffassung  die 
folgenden  Worte  Elektra's  mit  den  ersten  nicht  übereinstimmen 
würden.  El.  fragt  nämlich  1041,  ak  Chrys.  gegen  sie  den  Vor- 
wurf gekehrt  halle,  ob  denn  ihr  liysiv  nicht  6vv  äixfj  sei, 
was  also  offenbar  als  der  Gegensatz  des  i^cciiaQtdvHv  gilt  und 
dies  als  x^Q^S  Sixrjg  slvai  bezeichnet,  so  dass  der  Sinn  ist: 
<<Schlimm  ist  es,  gut  zu  sprechen  aber  irre  zu  gehen*\  Da 
Chrys.  wiederholt  zum  verständigen  Mafshalten  ermuntert  hat 
und  eben  wieder  £i;  q)QovsLV  im  Munde  führte,  greift  El.  dieses 
€v  auf  und  meint,  die  Rede  der  Chrys.  sehe  wo!  verständig 
aus ,  aber  sie  sei  doch  fern  vom  Recht ,  weil  sie  nicht  zur  ge- 
meinschaftlichen That  sehreiten  will.  Was  El.  auf  die  Richtigkeit 
der  Ansicht  bezog,  deutet  Chrys.  dazu  auf  den  Erfolg  der  Hand- 
lung,  wie  ihre  Worte  ausdrücken  dkX*  löttv  Iv^a  rq  dCxf^ 
ßXißriv  tpBQU  (siehe  auch  A^ß  f.).  Dass  zu  den  WÄten  der 
El.  nicht  verglichen  werden  kann  die  Stelle  aus  Soph.  Antig.  32S, 
darüber  Bonilz  a.  a.  0.  S.  43  f. 

1439  f.:  ^i'  mxog  av  navgd  y'  mg  iqniag  ivvsnsiv 
nQog  ävdffa  xovdn  avf/npiQOi. 

dl*  (or6$  bezieht  Sehn,  auf  die  Verstellung,  weil  jeder  gerne 
höre  Xad'QTjSä  xal  Jigog  td  ovg  Xsyofisva.  E«  ist  aber  bei 
dieser  Erklärung  nicht  einzusehen,  wie  Elek.  nach  der  Ansicht 
des  Chors  auf  einmal  so  sehr  ihre  Natur  hätte  verändern  kön- 
nen, dass  sie  ihrem  gröfsten  Feind  etwas  ins  Ohr  flüstern  könnte, 
ohne  zugleich  durch  eine  solche  Handlungsweise  bei  Aigislho« 
selbst,  der  ihren  feindlichen  Sinn  genau  kannte,  Verwunderung 
und  Argwohn  zu  erregen,  was  eben  verhütet  werden  sollte,  dt' 
citog  braucht  ja  nicht  gerade  zu  heifsen  ^(heimlich  ins  Ohr^% 
wie  andere  Beispiele  hinlänglich  zeigen.  Man  vergleiche  nur  737: 
o^vv  de'  üSrcav  xiXaöov  —  Svdxsiy  und  Antig.  1187  —  xaC 
^s  q)d'6yyog  olxsiov  xaxov  ßäXXsi  di  cötcjv.  —  Das  Werk- 
zeug der  Wahrnehmung  oder  Thätigkeil  wird  miliinler  auch  dort 


836         Ober  das  9  itpiXnvatixw  in  Hyperides,  v.  y.  Uftmer. 

gesetzt ,  wo  das  einfache  Verbum  genügen  würde ,  wie  «otfl 
%iHv^  livai  und  ähnliches.  Nicht  anders,  meine  ich,  ist  es  ir 
unserer  Stelle  zu  nehmen :  ««ins  Ohr  zu  sagen^  oder  «zu  den 
Ohren  gelangen  zu  lassen^^ ;  von  etwas  heimlichem  hat  man  aoch 
im  folgenden  keine  Spur,  sondern  der  Aufforderung  des  Chon 
gemafs  scheinbar  freundliche  Worte  der  Elektni  C^^^^  f.),  wm 
sie  auch  in  der  That  dem  Aigisthos  anders  gellen  sollen.  Da- 
rum ist  es  auch  nicht  nöthig,  die  Stelle  für  verderbt  zu  halleo 
und  wie  6.  Wolff  doJiovvtog  zu  vermuthen. 

Krakau.  Steph.  Cholava. 

Über  das  v  iq>BXxv6xixov  in  Hyperides. 

Der  Zweck  der  folgenden  Zeilen  ist  keineswegs  neue  Auf- 
schlüsse über  diesen  auf  den  ersten  Blick  so  überflüssig  schei- 
nenden Buchslaben  zu  geben,  sondern  blofs  den  Th»tbesland  in 
den  erst  unlängst  aufgefundenen  Reden  des  obbenannten  Scbrifl- 
stellers  zu  verzeichnen.  Dazu  ladet  einerseits  das  Alter  der 
Handschrift  des  Hyperides ,  anderseits  das  Vorgehen  der  Heraus- 
geber in  diesem  Puncte  ein. 

1«  In  Setzung  des  beweglichen  v  vor  V  o  c  a  1  e  n  zeigt  der 
Codex  mit  Ausnahme  weniger  Stellen  ein  sorgfältiges  *^  Vorgehcfi. 
So  findet  sich  in  oratio  I.  nur  eine  Stelle  p.  9.  14.  dyaxtitov 
ycLQ  riv  avtatSj  bI  ta  xov  ^eov  dnodoicfovcfiv  xal  giij  xqoö- 
anoriöovöL  dgyvQiov^  wo  das  v  vor  Vocalen  nicht  gesetzt  i»t, 
während  es  27  Stellen  regelrecht  zeigen.  Caesar  und  Babingtoa 
haben  hier  einen  Schreibfehler  gesehen  und  v  eingesetzt.  Schnei- 
dewin  liest  im  Texte:  dnoioöovöi  xal  ^rj  nQOöanoxCöovöiv 
agyvQioVy  in  den  Addendis  dagegen  will  er  die  Leseart  des  Co- 
dex hergestellt  wiesen.  Dies  kann  doch  wol  nur  in  so  fern  Bil- 
ligung verdienen,  als  er  überhaupt  in  seiner  Ausgabe  uns  ein 
genaues  Bild  der  Handschrift  geben  wollte.  In  der  oratio  IL 
haben  es  alle  (26)  Stellen.  In  111;  abgesehen  vom  Epilog,  den 
uns  Stobceus  erhalten  hat,  wo  es  fünfmal  erscheint,  zeigen 
11  Stellen  den  gewöhnlichen  Gebrauch.  Es  fehlt  dagegen  t-23. 
6  =Cob.  149  dia  tovrovg  iir^xigeg  nsglßkrimoi  rotg  noXCzaiq 
ysydvaöL  ^  adsktpaC  und  $.  28.  7  =s  C.  18S  xoöovxov  dir^" 
veyxB^  Saxs,  An  beiden  Stellen  haben  Cobet  und  Sauppe  dasselbe 
hergestellt. 

2»  Die  Fälle,  wo  das  bewegliche  v  vor  einer  gröfseren 
Interpunction   steht,   sind   schon   an  und   für  sich  weniger 

*)  Hiermit  soll  nicht  etwa  gesagt  sein^  dass  der  Codex  auch  sonst 
sorgfältig  und  genau  geschrieben  sei.  Vgl.  deshalb  Sauppe  und 
Cobet  zu  III. 


Cbcr  das  v  ltpil%v6u%6p  in  UyperideSi  v«  J,  Lifiner.        837 

zahlreich.  In  II.  findet  sich  kein  Beispiel,  in  I,  wenn  man  nicht 
p.  4.  1  hieher  rechnet,  ebenfalb  keines.  Doch  zweifle  ich  nicht, 
dass  Caesar's  Inlerpunction  richtiger  ist.  Nachdem  nämlich  der 
Redner  eine  Anzahl  Fälle  angeführt,  in  denen  man  sich  früher 
der  Eisangelie  bediente,  fahrt  er  fort:  vvvl  dl  x6  yiyvo^evov 
iv  ty  nokat  navv  Kaxayikaöxov  iauv,  ^layvidi^g  fihv  .  .  . 
liifayy^XXstai  xtL  Ich  glaube,  dass  wirklich  beim  Vortrage 
eine  Pause  eintrat,  ehe  das,  was  vvvl  xatmyilaötov  ist,  näher 
erörtert  wurde.  Dann  hi  der  Punct  und  das  v  hinlänglich  ge- 
rechtfertigt. In  III.  finden  sich  4  Stellen^  und  zwar  $.11  fin.  a» 
C.  69  iXaßBv.  Zvvißn  Ö'  avtp  .  .  §.  S8  fin.  »  C.  154 
elovaiv^  Ei  ya(f  .  .  $.  9.  8  =  C.  49^xal  totg  äXXoig  "EX- 
Xri6iv.  ''j^Q^ontti  S.  12.  5  sBs  C.  74  totg  '^EXXr^öiv.  ixl  yaq  . . . 
(Sauppe  setzt  nur  ein  Colon.) 

Hieran  reihen  sich  passend  aus  III  folgende  2  Stellen: 
S.  28.  10  BS  C  187.  (01/  ovro^  aÖBXq^ag  ngd^Big  iv6ttj6d^€vog 
toiSovrov  diijveyxsvy  mözB  oC  uiv  (iBzä  nd^rig  t^g  ^EXXddog 
fiiav  TCoXiv  bIXov  ,  o  dl  fifta  tilg  iavtov  xatgidog  uovijg 
:td6av  trjv  r^g  EvQmxtig  xal  t^g  ^AöCag  aQ%ovaav  dvva^iv 
itanBCvm6Bv.  KdxBtvoi  filv  ...  ii^vvavj  6  Öh  xtX.  §.  29. 
o  =s  C  197.  wv  ovtog  to6ovtov  vnii^B^XBv  avÖQBla  xal 
(pgovijaEi,  o6ov  ot  ^Iv  ixsXd'ovöav  t^v  tmv  ßagßaQmv 
ÖvpafLiv  i^^vvavtOj  6  dh  urjd*  iitaX^atv  izoiriösv.  KdxBtvoi 
lihv  . . .  inBtdovj  ovtog  dh  xtX.  In  beiden  Fällen  setzt  Sauppe 
ein  Komma  und  streicht  das  v.  Dennoch,  meine  ich,  lässt  sich 
da^elbe  hallen,  wenn  man  mit  Cobet  interpungiert  und  den  fol- 
genden Salz  nicht  mehr  von  &6xb  oder  o6ov  abhängen  lässt, 
sondern  als  selbständige  Ausführung  auffasst.  Cobet  hat  das  v 
beibehalten,  ob  er  aber  noch  derselben  Meinung  ist,  davon  wei- 
ter unten. 

Dagegen  ist  in  I  an  2  Stellen  das  v  vom  Codex  vernach- 
lässigt. P.  5.  6  und  6 :  xagdvoad  tig  iv  jty  xoXbi  ygd^Bi* 
d'Böiiod'Btmv  övviÖQtov  iati.  anaymytjg  al^ia  xout.  dpxi 
täv  SvdBxa  xad'iatfixB.  tov  avtop  Öh  xqoxov  xtX.  An 
ersterer  Stelle  liest  Caesar  gewiss  mit  Recht  lötiv^  wie  auch 
Schneidewin  in  den  kritischen  Noten  vermuthet,  ohne  es  in  den 
Text  zu  setzen.  P.  5.  6  lassen  Schneid,  und  Caes.  xad'iötiixa 
stehen,  Cobet  dagegen  conjicirt  xa^iötijXBV*  Mir  scheint  mit 
Recht.  Vgl.  111.$.  11.  fin  »C.  69  und  die  Bemerkung  Caesars: 
in  eodiee  mediae  liCerae  b  finaii»  Imea  ionpus  produeiiur. 

3«  Aber  auch  vor  Consonanten  erscheint  in  einer  Reihe 
von  Stellen  das  bewegliche  v  und  zwar: 

I.   10.  1  dsivd  yd(f  inotri^BV  xsqI  tijv  fpidXriv ....  14.  9  . 
iCaixav  iXaßBv  xal  aXXag  touivtag  xattiyoQtag.   9.  14  dxo- 
äcitfovöiv  xal  fii}  xQOöaxotiöovötv  dqyvffiov.  6.  1  olg  löttv 
xal  to  yQdq>Biv. 


838        Ober  das  9  jkpü,*vatin69  in  ilyperidc«,  y,  J.  Li/U$i^. 

IL  22.  %f^  i%a%&if  XQ  iuctittov,  28.  10  atpCfiötv  ^  jco  i' 
afyvQiO^.  24»  10  «/  i^tiv  ravta  dXijd'^.  24.  12  Sri  i\ 
Tovr'  ovM  liStiVy  ^itov  vofi^c»  slvai  (tesar :  or»  äi  t^ 
iöxiVy  44^iov  olfuu  slvai).  24.  17  o  ^ysv  tijv  yvpmtm. 
26.  18  ilaftßdvlBp]  yvvatxa  (vgl.  Schneidewin  in  den  Adda- 
dis  und  Giesar  in  den  Noten).  26.  10  ilui<fiv  %^g  dnoJiofü^. 
26.  16  dXii^  itftiv  t(x  BlM^iva.  27.  8  ^  i^xtv  xi  .  •  tf^fM- 
TixiAtsfov.  80.  It  tovto  49t iv  xolq  oQ^äg  Xoyiioßdvois. 

III.  S.  12.  8  «■  C.  71  iüuciov  d'  kfxlv  iik^iiovovj  mw 
ixifalsp  AeoHfd'jltnig.  §.  12.  f  sa  C.  76  ixl  yuff  xotg  wo 
Mma^ivovg  ts9st6iv  d'HfikilUoig.  %.  17.  6  <=  C.  107  MaCi9 
KKtid'Söav.  $•  20.  2  aa  C.  126  iq>dvi6sv  fiaAAov.  §.  22.  4 
P9  C.  142  ovth  ixl  rotg  99olaxBvov6tv  rovg  dmaatag  naL 
diaßdXXovCiv  rovg  noklxag.  §.27.  8  ^^iM8f»Mr(ovtfiV  wg 
Toviraiv  xaffxsfflag  (C.  174  vfkvovciv  xdg  xoiavxag  fut^B^ 
Qüig).  S^  27.  7  «»  G.  178  «iV«AiiW«tr  futXXov.  $.  28.  12  » 
C.  190  vßQStg  indXvasv  fisxd  xtSv  .  .  dvigäv^ 

Unter  diesen  Stellen  zeigt  sich,  wenn  man  den  nachfolgn- 
den  Buchstaben  berücksichtigt,  eine  auffallende  Ähnlichkeit  darin, 
dass  in  der  II.  Rede  von  dun  11  angeführten  Stellen  9  das  v 
vor  X  zeigen.  Auch  in  III.  erscheint  es  4nial  vor  r-Lanteo. 
I  bietet  kein  Beispiel.  Dagegen  ist  an  anderen  Stellen  vor  r-Lai« 
ten  die  kürzere  Form  gesetzt,  z.  B.  II.  28.  5  xoiovxo  yif 
ioxi  x6  jlfi9xmfH)g,  28^  14  didm6i  xovtp.  25.  11  ditdxxBin 
xov  Xiyovxn.  27.  l  noxsif*  ov  [xdXXi^zov  i\6xi  xotg  xfivoiii- 
voig.  III.  §.  16.  9  BS  C.  95  xaifetxs  xoXfiav.  Ebenso  verhilt 
es  sich  mit  den  Gutturalen  und  fi.  In  I  findet  sich  v  uater 
4  Stellen  8mal  vor  «e,  in  II  ist  p.  25.  18  nicht  ganz  sicher,  in 
III  unter  10  Stellen  einmal.  Vor  (i  ist  das.  v  eingetreten  mir 
in  III  unter  lO  Stellen  4mal.  Auf  der  anderen  Seite  erwähne 
ich  von  Stellen,  wo  vor  Gutturalen  und  (i  kein  bewegliches  v 
i^leht,  folgende:  I«  7.  14  iicöxi  xal.  8.  2  t«  nsnQayjf^hm 
dsivd  iöx^  xal,  11.  6  toaöi.xaC.  11.  11  oxav  x^ocia^i  xaL 
13.  1  iaxl  xa£.  —  II.  26.  8  XiyovfU  xal,  26.  18  JCQoduL- 
ßdXXovov  tulL  —  IIL  §.  23.  7  SS  C.  150  xexvxTjxatfi  xal. 
§.  24.  8  ■:>  C.  162  xdifv  xal.  $.  7.  4  «>  36  oixovci  yivog; 
ferner  III.  8.  10.  11.  es  C.  60.  ivlxrfle  {Laxo^uBvog. 

Nur  je  einmal  findet  sich  das  v  vor  A,  sc  und  p,  ersteres 
in  III,  das  mittlere  in  1,  und  das  letztere  in  II.  Vom  Gegentheil 
wird  es  genügen,  folgendes  anzuführen:  I.  5.  3  tpavXog  iöu 
n(fdg  . .  III.  §  24.  2  =3  C.  155  yiyovB  ,  näg.  Betreffs  q  und  X 
t>teht  mir  kein  Beispiel  zu  Gebote  und  dürfte  sich  auch  kaum 
eins  finden. 

4»  Das  Verfahren  der  Herausgeber  in  diesem  Punclc  ist 
ein  sehr  verschiedenes.  .  In  I  und  II  folgen  Schneidewin  (wegen 
I.  10.  1  und  I.  10.  6.  1  vgl.  die  Addenda)  und   Caesar    (über 


über  das  v  itpslnvatiMv  in  Uyperides,  v.  /.  Iffsmr.        839 

I.  9.  14  vgL  Corrigenda)  genau  dem  Codex.  Ck)bet  dagegen 
^t^eichl  überall  in  I  das  v,  Babinglon  hat  es,  so  weit  man  aus 
dem  Slillschwergen  Schneidewin*s  und  Ctesar*s  schliefsen  kann, 
1. 14.  9  und  IL  23.  10  gelassen,  sonst  überall  getilgt.  In  III  hat 
Sauppe  an  8  Steilen  das  v  gestrichen,  2mal  (%.  12.  7.  und  $.  17.  6.) 
aber  ist  es  wol  nur  aus  Versehen  stehen  geblieben.  Dagegen 
Folgt  Cobet  in  dem  Texte  seiner  Ausgabe  genau  der  Leseart  des 
Codex.  Als  er  aber  seine  Annotationes  hiezu  schrieb,  war  er 
i>c\\on  anderer  Meinung  geworden.  S.  21  meint  er  noch,  dass 
FO  ein  V  imporfunum^  da  man  es  bei  Dichtern,  wo  es  das  Metrom 
verletze,  sorgfältig  corrigiere,  bei  den  Rednern  zu  entfernen  sei, 
wenn  es  das  Ohr  beleidige,  und  föhrt  als  solches  Beispiel  v.  142 
esS.  22.  4  an.  Nach  S.  SO  hat  es  aber  den  Anschein,  als  ob 
IT  alle  beweglichen  v  vor  Consonanten  streichen  wolle.  Er  be- 
merkt nämlich  zu  v.  178  =  §.  27.  7:  Quod  ciipsJLijöHsv  yMklov 
retinui,  nunc  factum  nollem.  Scribarum  arbitralu  haec  omnim 
ronsUtuta  sunt  etc.  und  corrigiert  v.  71,  75,  142,  174  mit  dem 
Zusätze  et  alibu 

Zum  Schlüsse  möge  es  mir  verstattet  sein,  meine  Ansicht 
hierüber  kurz  darzulegen.  Da  wir  wissen,  dass  auch  sonst  in 
der  Prosa  vor  Consonanten  das  bewegliche  v  gebraucht  worden 
(vgl.  Butimann  §.  26.  S.  Anmerkung  1.),  und  nicht  wohl  annehmen 
können,  es  habe  der  Schreiber  des  Codex  ohne  allen  Grund  24- 
oder  25mal  das  v  eingeschoben,  so  wird  man  schwerlich  irren^ 
wenn  man  diese  v  als  schon  vor  der  Abfassung  unseres  Coder 
im  Hyperides  vorhanden  ansetzt.  In  wiefern  nun  jedes  dieser  v 
(über  III.  §.  22.  4  s  v.  142,  vgl  Cobet's  Urtheil)  dem  Wohllaute 
<liente  (Butimann),  das  zu  untersuchen  muss  ich  kundigeren  Ober- 
tassen. Und  selbst  wenn  sich  Erzielung  des  Wohllautes  nicht  als 
Grund  dieser  Erscheinung  erweisen  liefse,  würde  ich  dennoch  an 
dem  V  festhalten,  als  an  einem  Reste  des  Gebrauches  des  beweg- 
lichen V  vor  Consonanten ,  der  uns  in  einem  Codex  aus  so  weit 
entlegener  Zeit  durch  wunderbare  Fügung  überkommen  ist. 

Auch  von  sprachgeschichtlichem  Standpuncte  aus  wurde  die 
Erhaltung  solcher  v  geboten  sein,  indem  sie  den  unwiderleglichen 
Beweis  liefern,  dass  jenes  v  nicht  blofs  als  metrischer  Behelf 
eingeschoben  wurde.  Die  Entstehung  des  v  itptXxvötixov  hat 
neulich  Hr.  Dr.  Friedrich  Müller  in  den  Sitzungsberichten  der 
k.  Akademie  der  Wissenschaften  phiUhist.  Classe,  84.  Band,  1.  Heft, 
S.  5 — 7,  erklärt  und  nach  meiner  Meinung  bis  zur  Evidenz 
nachgewiesen,  dass  jenes  t^,  wo  es  an  historischen  Temp.  oder 
Formen  auftritt,  welche  die  Perconalendungen  der  bistor.  Temp. 
annehmen,  aus  ursprünglichem  t  entstanden  sei. 

Eger.  Johann  Lifsn er. 


840    Cber  die  Lautvermittelung  im  Poloiscbeu,  v.  B.  Tr%a9komM. 

Die  Lautvermittelung  im  Polnischen. 

Dass  es  in  der  menschlichen  Sprache  Laute  gebe,  die  Bor 
in  gewissen  Verbindungen  leicht  und  deutlich,  in  anderen  dage- 
gen entweder  gar  nicht  oder  nur  sehr  schwer  je  nach  Bescbaf- 
^nheit  der  Sprachorgane  einzelner  Völker  hervorgebracht  wer- 
den können,  das  weifs  ein  jeder,  der  die  Beachaffenheit  der 
Sprachldute  auch  nur  auf  empirischem  Wege  verfolgt  hat.  Die 
volle  Kenntnis  davon  erlangt  aber  der,  welcher  über  die  Art 
und  die  Bedingungen  der  Lautentstehung  directe  Versuche  an- 
gestellt hat  und  hiedurch  zur  Einsicht  in  ihre  Natur  und  ihre 
Attribute  gelangt  ist.  Diese  Unverträglichkeit  der  Laute  ist 
meines  Erachtens  nicht  nur  eine  der  wichtigsten  Erschemongoii 
der  Sprache  und  die  Quelle  vieler  Gesetze,  die  in  der  Gramma- 
tik unter  den  Namen :  Assimilation,  Dissimilation,  Verschiebung, 
Einschaltung,  Ausstofsung  der  Laute  und  dgl.  vorkommen,  son- 
dern auch  die  Hauptursache  jener  mannigfachen  Veränderungen, 
denen  die  verschiedenen  Sprachen  im  Laufe  der  Zeit  oft  bis  zur 
Unkenntlichkeit  der  Urformen  unterlegen  sind. 

Wir  unterscheiden  eine  allgemeine  und  eine  besondere 
Unverträglichkeit  der  Sprachlaule.  Allgemein  unverträglich  sind 
z.  B.  die  tönenden  Consonanten  mit  den  ihnen  entsprechenden 
tonlosen:  Gruppen,  wie  6/i,  dt^  gk^jch  u.  dgl.  sind  entweder 
in  keiner  fleclierenden  Sprache  zu  finden  oder  werden  vorkom- 
menden Falls  anders  ausgesprochen.  Die  besondere  Unverträg- 
lichkeit, die  blols  in  einzelnen  Sprachen  vorkommt,  ist  entweder 
eine  absolute,  d.  i.  eine  solche,  die  sich  unter  allen  Umstän- 
den in  der  Sprache  geltend  macht,  oder  eine  relative,  die  nur 
unter  gewissen  Umständen  hervortritt.  Absolut  unverträglich 
sind  z.  B.  im  Polnischen  die  concreten  und  concrctzusaromen- 
gesetzten  Consonanten  sz^  i,  cz^  di^  r%  mit  dem  Vocal  iy  oder 
k  und  g  mit  e  u.  dgl.  Relativ  unverträglich  erscheint  im  Pol- 
nischen z.  B.  e,  das  sich  mit  dem  vorhergehenden  Consonanten 
in  einigen  Wörtern  unmittelbar  und  leicht  verbindet,  z.  B.  ien^ 
in  anderen  dagegen  den  vorhergehenden  Consonant  afficiert, 
z.  B.  r/tfn  von  der  Wurzel  ten  (lat.  ten-do). 

Wir  übergehen  hier  sowol  die  verschiedenen  Fälle  der 
Lautunverträglichkeit  im  Polnischen,  als  auch  die  mannigfachen 
Gesetze,  die  daraus  geflossen  sind,  als  für  unseren  nächsten 
Zweck  entbehrlich,  und  machen  blofs  auf  eine  Erscheinung  auf- 
merksam, die  ihren  Grund  ebenfalls  in  der  Unverträglichkeit  der 
Laute  hat,  aber  bis  jetzt,  so  weit  wenigstens  unsere  Kunde 
reicht,  noch  nicht  gehörig  beachtet  wurde,  ja,  bevor  nicht  die 
Physiologie  der  Sprachlaute  als  eine  conditio  sine  qua  non  der 
Sprachforschung  zu  gelten  anfieng,  auch  nicht  gehörig  beachtet 
werden  konnte.  Es  ist  die  Lautvermi  ttelung,  die  nicht  nur 
im  Polnischen  und  den  anderen  Slavinen,   wo  sie   eigentlich  zu 


Ober  die  LautvermitteluDg  im  Polnischen,  v.  B,  Tttoikowiki,    841 

Hause  ist,  sondern  zum  Theil  auch  in  anderen  Sprachen  der 
indo-europäischen  Familie  eine  wichtige  Rolle  spielt.  Wir  wollen 
hier  die  wichtigsten  Fälle  dieser  Erscheinung  im  Polnischen 
durchgehen. 

1.  Die  dentalen  Verschlusslaute  d^  e  sind  mit  dem  palatalen 
Reibungsgeräuschlaute  J  im  Polnischen  so  unverträglich,  dass 
i^ich  der  letztere  an  die  ersteren  unter  keinem  Umstände  unmit- 
telbar anschlieCsen  kann.  Als  Vermitteler  treten  hier  jedesmal  die 
dentalen  Reibungsgeräusche  %  und  $  auf,  und  zwar  z  zwischen 
if  und  j\  $  zwischen  /  und  j.  So  wird  aus  dem  Stamme  brat 
der  Vocat.  Sing,  brae-s-je  (in  der  polnischen  Transscription  braeie) 
statt  braf^je;  dass  e  dem  t»  gleich  ist,  und  i  in  diesem  polni- 
schen Worte  statt  j  irrthümlich  geschrieben  wird,  steht  übrigens 
in  der  Physiologie  der  Sprachlaute  fest.  Aus  wod-a  entstand 
der  Dativ  wod~z~je  (gewöhnlich  wod%ie)  statt  wod-je.  Ebenso 
ist  die  Endung  des  InGnitivs  -d  (physiologisch  gleich  IsJ)  aus 
-ii  ''tj  nur  durch  Vermittelung  des  ir  zu  erklären ;  ähnlich  ent- 
stand sCracidy  d.  i.  8tral~s^ji6  aus  tirae-Jid  (9iraf~a)j  eiesad^ 
d.  i.  C''S'jesa<f  aus  ijes-ad  (ias^ak),  dzi'en,  d.  i.  d-z^jen  aus 
djeuj  gw6zdz\  d.  i.  gwözd-z-j  aus  gwozdj  (ßwozdk)-^  »wUzcze^ 
d.  i.  sioi[sch]e[seh]e  aus  9wi$t^$rje  statt  iwist-je^  wobei  übri- 
gens das  tönende  j  nach  dem  tonlosen  s  in  das  entsprechende 
tonlose  cA,  und  das  einfache  «  vor  dem  concreten  cz  («■  Uck) 
in  »z  (=  seh)  nach  dem  Assimilationsgesetze  verwandelt  wurden; 
gwiidiej  d.  i.  9wi[zjJd[iJ]e  (das  concrete  i  ist  bekannter- 
mafsen  aus  »J  entstanden)  aus  gwizd-z-je  statt  gwizd-je.  Ähn- 
lich ptaczßy  d.  i.  ptae[9ch]e  aus  plat^'i^je  statt  ptai-je  von 
dem  Stamme  pliak.  Der  Übergang  des  wurzelhaften  Ar  in  ^  so 
wie  des  ^r  in  if  ist  übrigens  nicht  nur  im  Slavischen,  sondern 
auch  in  anderen  Sprachen  nicht  selten,  roczekj  d.  i.  rot[seh]ek 
aus  roC^s^jek  ftatt  rol^Jek,  rok-jek  u.  s.  w. 

Diese  Lautvermittelung  findet  in  der  Physiologie  der  Sprach* 
laute  folgende  Erklärung.  Die  CCnsonanten  /,  d  sind  vom  Con- 
sonanten  j  nicht  nur  bezüglich  ihrer  ganzen  Genesis ,  sondern 
auch  bezuglich  des  Organs,  m\i  dem  sie  hauptsächlich  hervor- 
gebracht werden,  wesentlich  verschieden.  Denn  während  jene 
durch  den  Verschluss,  welcher  aus  der  Berührung  des  vor- 
deren Theiles  der  Zunge  mit  den  Zähnen  und  dem  Gaumen 
entsteht,  gebildet  werden,  entsteht  dieser  durch  das  Geräusch, 
welches  durch  die  in  der  Mittellinie  des  Zungenrückens  gebildete 
Rinne  gegen  den  Gaumen  anfällt.  Der  Obergang  von  il,  l 
zu  j  ist  demnach  für  einen  Polen  nach  der  natürlichen  Beschaf- 
fenheit seiner  Sprachorgane  ein  zu  jäher,  und  er  sucht  und  findet 
einen  Vermittelungslaut  in  5K,  «,  welche  dem  dentalen  d^  e  in  Be- 
zug auf  das  Sprachorgan ,  dem  j  in  Bezug  auf  das  Geräusch, 
wodurch  sie  hervorgebracht  werden,  nahe  stehen  und  so  die 
vermittelnde  Rolle   leicht   übernehmen   können.     Diese   Ax\.  4^x 


848    Ober  die  LiutYennittelung  im  PoloiicheD,  t.  B.  TtUtwkomMkL 

LaulvermitteluDg  findet  aber  nlchl  blofs  im  Slavischen  slair,  dis 
Schwedische,  das  Italienische  and  andere  Sprachen  haben  ähn- 
liche Erscheinungen  aufzuweisen.  So  wird  in  einigen  Gegenden 
Schwedens  z.  B.  das  Wort  kjik  wie  t9ehek  ausgesprochen,  das 
ist  aber  nur  durch  den  Übergang  des  k  in  t  (d.  i.  ijek)  and 
durch  die  Vermittelung  des  s  (d.  i.  i'^-Jek)  zu  erkifiren.  Wann 
übrigens  auch  J  in  eh  übergangen  ist,  das  haben  wir  »choa 
oben  gesehen.  Desgleichen  Idsst  sich  das  italienische  iiadimu 
(nach  der  Aussprache),  d.  i.  Mad[%j]enia^  aus  dem  ursprnag- 
Ucben  Mmgenla  nur  durch  die  Verwandlung  des  §  in  d  (Jf«- 
äema^MadJerUa)  und  durch  die  Vermittelung  des  %  (Maä^z- 
jenia)  erschlieisen.  So  kann  auch  z.  B«  die  Entstehung  des  la- 
teinischen CfßruMy  d.  i.  Tfynis,  aus  dem  griechischen  Kvgog  nur 
durch  Lautvermittelung  erklärt  werden. 

Die  einzige  Ausnahme  von  dieser  Regel  im  Polnischen  bietet 
das  Wort  ^abei^  wofür  aber  einige  ganz  regelrecht  dzjaM 
sprechen.  ^Man  hört  aber  auch  oft  in  diesem  Worte  ein  ver- 
mittelndes y,  nämlich  dnjttbeij  ebenso  wie  in  popadjffa  statt  popm^ 

2  In  ähnlicher  Weise  vermittelt  %  zwischen  r  und  /  Am 
mor-je  entstand  im  Polnischen  morxe,  d.  i.  mor[aißJej  aus  0rfei 
orzet,  d.  i.  or[%j]et^  aus  wier-j  (statt  fo/er-O  ^oier%^  d  i. 
wier[%jjn  aus  kor-jid  kor%ff6^  d.  i.  k9r[%j]y6  u.   dgl. 

8.  Zwischen  Ip,  g  und  4  vermittelt  im  Polniscten  regei- 
mäCsig  j.  Der  Pole  sagt  nicht  Qerwa%g^  Kekropg^  ger^  M 
u.  s.  w.,  sondern  nur  OJerwazy^  Kjehrops,  gjer^  ^je^.  Auf  diese 
\yei8e  entstand  aas  der  Wurzel  gen  (sanskr.  gan)  g^j-^en/^ 
später  zjed  (der  Obergang  des  g  in  »  findet  auch  sonst  häoig 
htall);  aus  ger  (IW,  ger~ti  trinken)  sJer-^yd^  später  ^Jer^gd,  wor- 
aus [^Jer-'ydy  d.  i.  ier-^yd,  ir-yd'^  aus  keiyr  (sanskr.  kaimr) 
entstand  k^j-etyr-y  y  e-j-eCyr-y^  e^s-j-eCyr-y^  ^-a-cA-er^r-^, 
e-[sch]^eiyr''y^  d.  i.  cfsetyr^y,  cztyr-y.  In  dem  letzten  Beispiele 
Tand  eine  doppelte  Vermittelung  statt,  nämlich  dasj  zwischen  k 
und  e,  dann  das  s  zwischen  ^  und  j.  Die  Nothwendigkeit  dieser 
Art  der  Lautvermittelung  liegt  in  der  Genesis  der  Laute  kj  g^  e 
einerseits  und  des  Lautes  j  andererseits.  Bei  Ar  und  g  wird 
nämlich  der  sogenannte  Kehlraum  bedeutend  verengt,  bei  e  da- 
gegen bedeutend  erweitert;  j  ist  aber  ein  Laut,  der  in  dieser  Be- 
ziehung zwischen  ihnen  so  ziemlich  die  Mitte  hält. 

4.  Auch  eine  Art  Lautvermittelung  ist  es,  wenn  zwischen  i 
und  den  vorhergehenden  einfachen  Consonanten  ein  J  tritt,  z.  B. 
pan—panic%j  d.  i.  pan-j-icz^  Uoi-stolik^  d.  i.  Mtc^^j-ik^  u.  s.  w. 

5.  Ob  dem  j,  welches  zwischen  e  und  einem  vorhergdien- 
den  einfachen  Consonanten  mit  Ausschluss  des  g  und  k  gesetzt 
wird  (z.  B.  hos-a^  Dativ  kos-Je)^  dieselbe  vermittelnde  Rolle  zu- 
zuschreiben ist,  oder  ob  es  etymologische  Bedeutung  hat,  darüber 
kann  ich  nichts  sagen,  wus  für  alle  Fälle  maßgebend  wäre. 

Drohobvcz.  B.  Trzaskowski. 


Zweite  Abtheilung. 


Literarische  Anzeigen. 

Sonae  lertione 9^  fm'bus  contineiifur  obsernaiioncs  crUicme 
in  scriptores  gruecot^  McripsH  C,  J.  Cobet  {repeiilae  €X  Mnemo- 
spney  bibliotlieca  philologica  Batava).  gr.  8.  XXIV  u.  800  S.  Leydcu, 
E.  J.  Rrill,  1858.  —  1  Frc.  25. 

Unter  den  hoUändisdieti  Philologen  der  Gegenwari  nimmt  Cobet 
als  Kenner  der  griecbucbeo  Spracbe  uoslreitig  die  hervorragendste 
Stelle  ein.  Mit  grofeem  Scharfisinoe^  dem  feinsteo  Sprachtacte,  einer 
bewunderungswürdigen  Belesenheit  ausgerüstet,  ist  er ,  wie  nicht  leicht 
ein  anderer,  zu  einem  Kritiker  im  wahren  Sinne  dieses  Wortes  berufen. 
Dafür  geben  auch  alle  seine  Schriften :  die  CommenfaiiMes  pMlolagicae 
tre$  (Amsterdam  1853),  die  Variae  lectionei  (Leyden  1854^,  die  uns 
vorliegenden  Novae  iectioneiy  die  Ausgaben  des  liyo^  imtd^>ii)g  des 
Hypereides  (1858)  und  des  Philostratos  «sfi  fvpLv^catniLfig  (1859)  hin- 
länglich Zeugnis.  Si«  enthalten  neben  einer  beträchtliehea  AüEafal  treffen- 
der Conjectureo,  durch  weiche  iler  Text  der  meisten  griechischen  Sohrifk- 
Hteller  gefördert  wird,  sehr  feine  Bemerkungen  über  4ta  Sprtboh^^rauch 
im  Allgemeinen  und  den  der  eimekien  Autoren,  über  2iel  und  Methode 
der  Kritik,  Palseographie  u.  dgl.  So  glänzend  nun  auch  diese  Vorzuge 
sind,  so  darf  man  sich  doch  nicht  verhebleo,  dass  sicih  »ebeli  ihnen  gar 
manche  Schattenseiten  offenbaren.  Nicht  selten  muss  man  die  Bemer- 
kung machen,  dass  die  Torgesdüagenen  Besserungen  nicht  das  Ergebnis 
einer  reiflieben  Erwägung  der  SteMe  in  ihrem  Zusammenhange,  sondern 
das  Spiel  einer  geistreichen  Laune  sind,  wekhe  auch  das  gesunde  will- 
kürlich antastet,  und  vielmehr  4en  Schriftsteller  selbst,  als  die  Fehler 
seiner  Abschreiber  verbeaseri.  Bisweikü  finden  wir  auch  absprechende 
ürtheile  über  den  Gebrauch  vou  einzelnen  Wörtern,  Wortformen  und 
Redensarten,  wo  doch  eine  sorgfältigere  Erforschung  des  Sprachge- 
brauches, eine  genaue  Benützung  der  vorhandenen  Commentare  und  In- 
dices  eines  Besseren  bätle  belehren  können!  Spateren  Grammatikern 
und  Scholiasten   wird   eine   höhere  Autorität  beigelegt  als  de^SL  ^^V&V5N^ 


844  Co  bei  nopae  leciianes,  ang.  v.  i;  Sekenki. 

steller  selbst  und  danach  in  den  Änderungen  ohne  Weiteres  vorgegangeo. 
Endlich,  und  dieser  Vorwurf  wiegt  schwer,  ignoriert  Cobel  baufig  die 
Leistungen  seiner  Vorgänger  auf  diesem  Gebiete  oder  polemisiert  gegen 
dieselben  mit  scharfen ,  ja  mit  herben  Worten.  Wir  sind  weit  dafon 
entfernt,  darin  eine  iiLi%^oipv%la  zu  erblicken  und  erkennen  in  dieser 
Hinsicht  die  Verlheidigung  Cobet's  in  dem  vorliegenden  Buche  (praef.  p.  XXI) 
als  vollkommen  begründet  an.  Aber  darin/ dass  Cobet  nur  mit  den  Meistern 
in  seiner  Kunst,  mit  Meineke,  Bergk,  0.  und  L.  Dindorf  «e/  9i  gui9  aihu 
esi  Ms  iimiltä*  ')  rechten,  dagegen  auf  die  anderen,  welche  er  als 
magiitelU  bezeichnet,  von  seiner  Hübe  keinen  Blick  werfen  will ,  lie^t 
jedenfalls  eine  gewisse  Selbstüberhebung.  Wenn  man  bedenkt,  wie 
schwer  es  ist,  sich  nur  in  einen  Schriftsteller  hineinzuleben,  nein  Wesen 
und  seine  Eigenthümlichkeiten  vollkommen  aufzufassen,  so  wird  man 
nicht  anders  sagen  können,  als  dass  auch  der  gröfste  Kritiker  die  Ar- 
beiten solcher  Männer,  die  öfters  den  Fleifs  eines  ganzen  Menschen- 
lebens auf  e  i  n  e  n  Autor  verwendet  haben,  freudig  und  dankbar  auf- 
nehmen und  bdnützen  muss.  Indem  nun  Cobet  diese  reichen  Quellen 
verschmäht,  überall  selbständig  suchen  und  finden  will,  schadet  er  sich 
selbst  und  muss  noth wendig  in  so  manche  Irrtbümer  verfallen.  Denn 
niemand  hat  wol  jemals  ungestraft  die  Erfahrungen  seiner  Vorgänger 
unbenutzt  gelassen.  Ref.  kann  daher  nicht  umhin  das  scharfe,  bisweilen 
allzuscharfe  Urtheil,  welches  L.  Herbst  in  seiner  Schrift:  «Cobet's  Emeo- 
dationen  im  Thukydides*  (N.  Jahrb.  für  class.  Phil.,  Jahrgang  1857, 
3  Suppl.,  S.  1  fl.)  ')  über  die  Kritik  dieses  Gelehrten  gefällt  hat ,  in 
vielen  Punctcn  als  richtig  anzuerkennen.  Wie  weit  übrigens  Ref.  davon 
entfernt  ist,  die  glänzenden  Vorzüge  Cobet's  zu  verkennen,  das  wird  wol 
aus  der  vorhergebenden  Erörterung  zur  Genüge  erhellen. 

Was  nun  die  uns  vorliegenden  Aopoe  lectiones  anbetrifft,  so  sind 
sie  eigentlich  eine  Sammlung  einzelner  kritischer  Aufsätze,  welche  früher 
in  der  philologischen  Zeitschrift  «Mnemosyne*  erschienen  waren.  Der 
Verf.  beobachtet  hier,  weder  was  die  einzelnen  kritischen  Fragen  noch 
was  die  behandelten  Schriftsteller  anbelangt,  eine  bestimmte  Ordnung; 
er  bespricht  bald  eine  einzelne  Stelle  eines  Schriftstellers,  an  welche  er 
dann  ähnliche  Stellen  aus  anderen  Autoren  anschliefst,  bald  nimmt  er 
wieder  eine  Schrift  in  ihrem  Zusammenhange  durch  und  behandelt  alle 
Stellen  derselben,  welche  ihm  zu  kritischen  Bedenken  Anlass  geben.  So 
erfahren  denn  die  meisten  griechischen  Schriftsteller  die  bessernde  Hand  des 
Verf.'s.,  die  einen  mehr,  die  anderen  weniger.  Als  diejenigen  Autoren,  welche 
am  meisten  bedacht  sind,  erscheinen  Demosthenes,  Euripides,  Herodotos, 
Lysias,  Thukydides,  besonders  aber  Xenophon  (Anabasis  und  HcUenika). 
Wir  wollen  daher  aus   dieser  Zahl  einen  Dichter  und  einen  Prosaiker, 


')  Vgl.  noch  praef.  p.  XXlIf :  ^Coniendam  cumprincipibus,^  non  iuvat 

difflaäiari  XQog  tov  dsiva  nal  %ov  diiva  ovtas  ovdiv6$  atiovg  (!).* 

')  Auch  im  besonderen  Abdrucke :  Leipzig,  Teubner,  1867  erschienen. 


Coket  novae  ieeiianes,  ang.  t.  K.  Schenkt.  845 

und  Ton  diesen  wieder  eine  einzelne  Sebrirt  auswählen ,  um  durch  eine 
genaue  Besprechung  der  einzelnen  Besserungen  ein  sicheres  Urtheil  über 
die  Kritik,  welche  Cobet  in  dem  Torliegenden  Werke  geübt  hat^  zu  er- 
möglichen. Demgemafs  wählen  wir  die  Helena  des  Euripi  des  und 
Xenophons  Anabasis  und  werden ,  was  die  genannte  Tragoedie 
anbetrifft,  sammtliche  Conjecturen  Gobet's,  was  aber  das  letztere  Werk 
anbelangt,  nur  die  ziemlich  zahlreichen  Bemerkungen  zu  dem  ersten 
Buche  einer  eingehenden  Erörterung  unterziehen. 

Der  Text  der  Helena  beruht,  wie  bekannt,  auf  dem  einzigen  Co- 
dex Flor.  C.  (plut.  XXXII,  n.  2),  aus  welchem  die  beiden  Pariser  Hand- 
schrinen  (E.  2887/S,  G.  2817)  abgeschrieben  sind.  Der  Codex  C.  ist  Ton 
de  Furia  für  die  Ausgabe  von  Matthia,  aber  sehr  nachlassig  ver- 
gliehen  worden,  so  dass  eine  nochmalige  Collation  dringend  wünschens- 
werth  erscheint;  die  Lesearten  der  beiden  Apographa  Paiisina  hat  Fix 
in  der  Didot'schen  Ausgabe  (Paris  1843)  sehr  sorgfältig  mitgetheilt. 
Daraus  ersehen  wir,  dass  der  cod.  Flor.  C.  uns  einen  Text  darbietet, 
der  nicht  blofs  durch  Fehler  der  Abschreiber,  sondern  auch  durch  will- 
kürliche Besserungen  und  Ergänzungen  später  Grammatiker  und  Metriker 
bedeutend  entstellt  ist.  Es  ist  somit  hier  der  Conjecturalkritik  ein  sehr 
weiter  Spielraum  geöffnet  In  den  Gesammtausgaben  des  Euripides  ward 
die  Helena  weniger  bedacht;  erst  0.  Hermann  förderte  durch  seine 
Ausgabe  (Leipzig  1837)  den  Text  dieses  Stuckes,  obgleich  er  auch  für 
seine  Nachfolger  genug  zu  thun  äbrig  liefs.  Seitdeni  hat  diese  Tragoedie 
besonders  durch  die  geistreiche  Kritik  K.  Badham's  (Eur.  Iph.  T.  et  HeL 
London  1851)  und  durch  die  scharfsinnigen  Besserungen  Nauck's  und 
RirchhofiTs  sehr  viel  an  Reinheit  und  Gorreetheit  des  Textes  gewonnen. 
So  viel  nun  über  die  kritische  Grundlage  und  die  Einzelausgaben  dieser 
Dichtung. 

Cobet  leitet  S.  185  seine  Bemerkungen  mit  folgenden  Worten  ein: 
c^/»  et  mulium  me  EiiripIdU  Helena  ienuit,  in  qua  fabula  emendanda 
hoiid  Ha  pridem  C  Bad/kam  pertUUem  operam  posuit,  quum  IpkU 
ffeniam  in  Taurie  et  Hetenam  Umdini  ederet.  Itaqne  primum  om- 
nium  hanc  fabutam  hie  ittic  emendatiorem  reddere  conabor ,  tum  de 
nannutlie  iocii  retiguarum  Euripidit  faöutarum  pa^ca  ediseeram*  — 
Gleich  T.  21  nimmt  C.  Anstofs  an  den  Worten:  bI  oatprig  oitog  loyog^ 
und  bemerkt:  mNam  quid  tibi  vutt  oitog?  quod  ita  demum  recte  ad- 
ditum  erit,  $i  qua  atia  fama  opponatur.^  Indem  er  nun  so  in  lAtog 
eine  spätere  Ergänzung  des  unTollständig  überlieferten  Verses  erblickt, 
schlägt  er  zu  lesen  vor :  dtayfika  tpivymp  ärj^sp,  §1  aatp^g  loyog.  Doch 
warum  soll  man  ovtog  nicht  ganz  gut  so  erklären  können ,  dass  dazu 
im  Gedanken  der  entsprechende  Gegensatz  ergänzt  werde:  «Wenn  näm- 
lich diese  Sage  richtig  ist  und  nicht  eine  andere?*  Helena  überwältigt 
der  Zweifel,  ob  wol  ein  Gott  auch  Leidenschaften  unterworfen  sein 
könne,  gleichwie  Ion  den  Worten  seiner  Mutler  mistraut  (t.  1488» 
1520  ff).    Dass  sie  aber  den  Gegensatz  nicht  bestimmt  ausspricht,   das 


816  Coääi  navoe  Ueikma,  ang.  i^  M>  fiektmiA 

Ui  wiedorum  in  ihrer  Scheu  Tor  der  geheiligten  Oberlieferung  begründet 
Dergleioimi  Widertyiudie  indm  sioli  ja  oA  bei  EuripM^ :    am  «airi- 
lenditen   iet  wol  die  Stolle  im  Here.  Für.  v.  1841  ff.     Was  ükrigtm 
in'   uUt9v  im  Torbg.  Verse  aobetrifft,   so  hangt  dieser  l.uadruck  to» 
dimy^  ab,   welches  Tcrbale  Subilantiv  die  Gonstmofion  des  Vefbni 
beibehalt;  man  TgL  Thuc.  II,  65,  PL  Phaed.  9^  h,  Ueou  Cyr.  IlL  S»  %, 
Gomm.  U,  i,  34  und  mehr  Beispiele  bei  Bemhardy  griech.  SynL  SL  tig. 
Der  in  einen  Schwan  Terwandelte  Gott  liefe   sich  wirklich   durch  einen 
Adler  verfolgen ;  es  ist  daher  ebenso  wenig  die  Cinsebiebung  Ton  d^^tw^ 
als  die  Veränderung  des  in    in  «g,  welche  Naaek  Yorschlagt,    noih- 
wendig.    —     Zu   t.  61    inA   d\   y^g   anit^   nhtQwntu    bemerkt  Ci 
^äiMpikebU  yije  9%.  %.,  quod  de  iuna  äeßeienU  opitme  diceiar.  de 
martuo  ei  eepuUOf   quem  terra  tegU,  mm  item.    Corrtgetutitm  nee 
eeneeo  inü  dh  y^g   %a%m  ninqvnxai.*    Ober   den  localen  Ba&lv  ^er- 
I  X  gleiche  man  Del.  1043,  Suppl.  643»  for  die  Bedensart  selbst  Hee.  tO» 

I  ycee  inonifinofikhav  eKOtov  und  man  wird  wol  augeben,  dasa  ein  Grund 

au  dieser  Äoderung  nicht  vorliegt    Wenn  femer  C.  auf  die  Autorität 
des  Porphyreios  (au  II.  S»  533»  Od.  ^,  166}  ievXog  ^  ya^mw  schreiben, 
I  und  wie  auch  schon  Elmsley  wollte,  überall  bei  den  alteren   Atlikem  ia 

I  der  ersten  Persfn  das  Imperfeetum  n  statt  i^v  herstellen  will,  so  aeheial 

mir  audi  dies  nicht  gehörig  begründet.  Die  Form  nif  statt  ^9aw  (Sskr. 
äettm^  altlat.  eetm\  TgL  Bopp  vgl.  Gr.  Bd.  II,  S.  406,  2te  AulL)  ist 
ebenso  alt  wie  n  statt  Ik  iUealfi])  und  grammatisch  ebenso  berechtigt 
Wenn  wir  nuo,  was  G.  yerschweigt,  Eur.  Ale.  655,  ArisC  Plut.  2B  die 
Form  iiß  durch  das  Metrum  gerechtfertigt  finden,  wie  soll  man  dazu 
kommen  dieselbe  den  älteren  Attikern  überhaupt  abiusprechen  ?  —  Da« 
gegen  ist  die  Besserung,  welche  G.  v.  78  {xi  9\  i  xakcUn»q* ,  Seta 
£9  fi*  ifcsarffcetpfig)  Torschlägt ,  nämlich  oetts  sl  statt  oexig  wv,  eine 
gans  eatsprechende,  und  hat  jedenfalls  den  Vorzug  Tor  den  Teracbrobc- 
nen  Erklärungswelsen,  durch  welche  man  die  Stelle  in  der  ubcrliefer/en 
Gestalt  zu  retten  Tersuchte,  und  Tor  der  Gonjectur  Härtung  s:  v^  i'  J 
xalatnnff';  ig  xtg  äv  p,*  a«.  ^  Ebenso  begründet  sind  die  Bedenken, 
welche  C.  gegen  t.  98:  xo9  üiiXing  xip'  ohf^'  'JxMki  yovop  erbebt 
Denn  es  bleibt  nicht  nur  die  Verbindung  Ton  xov  n.  mit  xi^ä,  sonderu 
auch  die  Stellung  Ton  yopop  höchst  auffällig.  Ob  übrigens  C.  mit  seinem 
Vorschlage:  'A%tXiia  xip'  ole^a  Ilfiliag  yovov  das  Bichtige  getroffen, 
muss  freilich  dahiogestellt  bleiben. 

T.  118  will  C.  das  überlieferte:  äantQ  ei  y',  Qv^Uß  ^eeop, 
6ip^X(U}tg  o^mr  (eig.  oqm\  denn  o^coir  ist  nur  eine  Besserung  Her- 
mann's)  in  äexe^  e*  iyn  oidh^  '^aeov  oip^aXikoig  o^  umäadera. 
Diese  Vermuthung  geht ,  wie  wir  sehen ,  Ton  irrigen  Voraussetaui^en 
aus;  zudem  ist  die  Hervorhebung  des  Subjectes  des  Satvea  durch 
das  Pronomen  iym  durchaus  nicht  am  Platze,  ei  yt  aber  durch 
den  Gegensatz  zu  x^9  dvextfvov  hinlänglich  gerechtfertigt  -^  Zu 
T.  122   avtog   yaq   Seeoig   tUofUfiP ,    ig   vvw   e*   oqm  wird  bemerkt: 


Cobet  novae  lecUones,  ang.  v.  At.  Schenkl.  947 

^offendo  in  slSofiriv  pro  iJdov  in  stnario  posito ,  quam  ob  rem 
faciii  correctione  scriptum  maiim  t  aivog  ya^  oanotS  nldov ,  ig 
Gk  vvv  oq£,^  Dieselbe  Bemerkung  findet  sich  bei  Härtung;  aber  beide 
Kritiker  haben  Aesch.  PeVs.  178  («AA*  ovxt  nm  toiovd'  hecgylg  bISo- 
Hfiv)  und  Soph.  Phil.  ^1  (ßn<o^  tSoifk  i^amov  •  ov-  yaq  slSofiif^y 
übersehen.  —  v.  136  tptasiv ,  ßgoxm  y'  arpaaav  Bvyev^  I^qtjv  wird 
§9^X9  'va^aaav  vorgeschlagen.  Diese  nothwendigo  Besserung  ist  schon 
längst  von  Reisko  empfohlen  worden. 

V.  267  u.  268  octiq  filv  ovv  elg  (liav  inoßlintov  tvxrjv  ngog 
d-scav  Hanovxaif  fiaQv  i^iv^  oloziov  d'  ofioag  bemerkt  C:  ^eievare  de* 
bei  Helena  aliorum  miserias,  quo  melius  suorum  malorum  magniludo 
appareatx  dixerai  igiluri  ßagv  ^iv  {6x\  olczov  d'  oftoos.*  Auch 
PIlugk  sprach  sich  dabin  aus,  dass  an  dieser  Stelle  durchaus  der  Be-r 
griff:  «man  kann  es  doch  ertragen*  erfordert  werde.  Er  sagt: 
^olatiov  äaud  scia  an  hoc  loco  non,  ut  »olenl  UtliOt  iigniflcet  feren- 
dum  est,  sed  tale  esl,  guod  ferri  possit.*  Da  aber  die  Ver- 
baladjective  auf  -tiog  nie  eine  solche  Bedeutung  haben,  so  muss  man 
doch  den  Versuch  wagen,  ob  die  hier  vorliegende  Stelle  nicht  die  An- 
nahme der  eigentlichea  Bedeutung  gestattet.  Helena  sagt:  «Wenn  über 
Jemanden  von  den  Göttern  nur  e  i  n  Unglück  verhängt  wird ,  so  ist  dies 
wol  eine  harte  Sache,  aber  man  muss  es  tragen;  es  bleibt  nichts  übrig 
als  geduldig  fortzuleben;  wenn  man  aber  von  so  vielem  Cnglücke 
heimgesucht  wird ,  wie  ich ,.  was  soll  man  da  noch  leben  (v.  293) ;  ist 
es  da  nicht  das  beste  zu  sterben?  (y,  298).*  Durch  diese  Erklärung 
sind,  wie  mich  däueht,  alle  Bedenken  beseitigt  --  v.  277-*-27i^ 
Synvga  d'  17  fiov  (so  Sealiger  statt:  di{  ftov)  tig  xvxccg  ^%n  (so 
Musgrave  statt  i%it)  fiovri  \  itooiv  no^'  tj^hv  mal  f*'  iwuXli^nn 
%cL%Av  I  ovxog  xi&vtiTisv,  ovxog  oiuix'  inxt  dif  erwähnt  C;  die  Con- 
jectur  Badham's:  itp'  ov  xi&vfinsv  ovxog,  schlägt  aber  selbst  su 
lesen  vor:  ixsl  xi^vtjnBv  ovxog.  Es  scheint,  dass  die  Verderbnis 
von  d*  ^  (lov  in  di]  iiov  auch  die  willkürliche  Omändcrung  der  ein-. 
leitenden  Partikel  zur  Folge  hatte.  Hermann  hatte  bereits  richtig  er- 
kannt, dass  das  Subject  von  oi%ix'  iaxi  di^  nur  ayuvQa  sein  könne,  und 
wollte  daher  iÜmg  xidvfj%ip  oixog  schreiben ,  worin  ihm  Härtung  bei- 
stimmte. Dagegen  bemerkte  Badham  richtig,  dass  Helena  an  dem  Todo 
ihres  Gatten  nicht  zweifle  (vgl.  290  ffJ.  Man  wird  hiebei  zugeben 
müssen^  dass  der  Vorschlag  Gobet's  t^^nei^  dem  Sinne  nach  mehr  ent- 
spricht, als  der  Badham's;  denn  ein  iip'  ov  will  nicht  recht  zu  dem 
folgenden  ovTiix'  icxi  dij  stimmen,  durch  inst  aber  wird  eine  ganz 
passende  Gedankenverbindung  hergestellt.  Wenn  übrigens  C.  von  äbri 
meliores  spricht,  die  inaXXciitiv  (cod.  G.  ap.  Par.  A.)  statt  anaXXiiai 
(ap.  Par.  ß.  Aid.)  darbieten ,  so  ist  dies  nach  dem  im  Eingange  dieser 
Besprechung  Bemerkten  ebenso  irrthümlich,  als  wenn  er  die  Conjeclur 
äxH  dem  Scaliger  zuschreibt. 

V.  310  xcrl  xafinaXtv    yt   xcövd'  aXri&etag  aatp'^  bespricht  C.  die 


848  CBket  nö9ae  ieManei,  ang.  v.  f.  Sekemki. 

CoDjeclur  Bergk's  (oder  vielmehr  Heath's)  ilfi^Ua  M^ifg,  welehe  aidi 
Bailbam,  freilich  mit  der  Bemerkung.:  c/i^«r  mairiemm  iieemUmm  aä- 
mUlat*  aDgenommen  hatte»  und  aubert  eich  dabin ,  daes  diese  Sefcwic^ 
rigkeit  behoben  werden  könnte,  wenn  man  itl'ti^Ut  wie  af^lüt^  tbrn- 
ßiu  u.  dgl.  schriebe.  Es  icbeint  aber  nicht  noChwendig  sa  eeiii  neb 
solchen  Mitteln  zu  greifen ,  da  die  leichte  Änderung  RirchbolTa:  elf- 
^8i^  autpii  einen  gani  entsprechenden  Sinn  heratellt  —  t.  316  ifc 
woiop  ÜQ^Hg  fkv^op  ^  naqai9Bai9\  bemwkt  G. :  Je§mm  in^  t  ätair 
me  guii  doeuerU  t^Qnttw  atU  9%9t%H9  aui  ßad^w  im  imii  fv  keae 
dlei  passe.*    Wir  verweisen  einfach  auf  Gycl.  4t8  tuA   ^i|   w^  ^Mg 

V.414  090^  dh  x^9«9  V^^  f^*  ^  ^^  I  o^  olda  eebreibi  C 
nal  le«;  eine  treffliche,  auch  von  Nauck  empfohlene  Beuemng.  — 
T.  445  i'  f»4  nqoaiüii  x^Q^  n^'  ^^'*  ß^  ^ii^  «^oedla  vorge- 
schlagen ,  was  übrigens  schon  Badham  als  nothwendig  beielchnet  hatte. 
Ref.  vermag  nicht  einzusehen,  warum  nicht  sÜLim  und  Hl«,  welche 
doch  aus  derselben  Wurzel  fsl  (vgl.  Benfey  griech.  Wursellez.  Bd.  H, 
8.  299)  hervorgegangen  sind,  auch  dieselben  Bedentungeii  haben  sotten, 
nimlich  urspr.  «drehen,  wälzen,'  dann  allgemeiner:  «drangeu,  treiben, 
stoCBcn?*  Ist  dieses  der  Fall,  dann  ist  wol  n^onUn  ebenso  gut,  all 
M^oaMs  berechtigt.  Dass  die  beiden  Verba  von  verschiedenen  Wmich 
gebildet  sind,  hat  Badham  wol  behauptet,  aber  keineswegs  erwieaoL 
Denn  wenn  er  fUm  bei  Nicandr.  Ther.  478  für  gleichbedeutend  mit 
^c/p»  halt,  so  hat  er  offenbar  nicht  die  Worte :  tptvyi  d'  äsl  oxoltijy  t' 
oo»  Mav  ar^ttvoy  HXmv  (vgl.  perplexwn  iUr  retaivenM  Verg.  Aea. 
IX,  39!)  in  ihrem  Zusammenhange  betrachtet;  es  ist  hier  nSmlich  die 
Rede  davon,  wie  man  durch  Windungen  einer  Schlange  entgehen  kaaa. 
Bei  Plut.  Symp.  VIII,  8,  1  ')  soll  iXloiikivfiw  mit  na^tt^yo^iviiw  syno- 
nym sein;  aber  dort  wird  es  zum  Bebufe  der  Etymologie  voo  lUef 
angeführt,  welches  Wort  durch  iXlofiivtiv  t^v  ona  nal  nae-stQyo^iw^w 
M%m9  erklärt  wird,  und  hat  somit  dieselbe  Bedeutung,  wie  so  oft  ^Um 
oder  Mm,  nämlich:  «zusammendrängen,  einscbliefsen.'  Soph.  Act  341 
bedeutet  iXlofkivatv  i^ixQmv  nicht  ^äepressis  (/8  ierram)  vameri^us,* 
sondern  das  Wort  bezieht  sich  auf  die  Windungen,  welche  die  Pfluge 
durch  ihr  Eindringen  in  die  Erde  und  dann  wieder  durch  ihr  Empor- 
tauchen beschreiben.  Wir  sehen  also,  dass  das  Wort  überall  dieselbe 
Grundbedeutung,  wie  iUim  hat  —  v.  488  mid^i  ya^  aidhw  mv  liym. 
€v  9'  ahiog  schreibt  G.:  av  9*  ahiog*  ntC^n  yaq  ovdlw  m9  liym. 
Die  Conjectur  ist  gewiss  trefflich  und  nothwendig,  aber  sie  ist  auch 
schon  längst  von  Dobore  in  Vorschlag  gebracht  worden. 

V.  604  Mtpilaog   ov%   Sypmatog   h   nacff   %8w/  erklart  G.  lur 

*)  Es  bleibt  auffällig,  dass  Badham  nach  einer  in  grauer  Vorzeit 
üblichen  Manier  blofs  den  Namen  des  Schriftstellers  und  Werkes 
angibt  (wie:  Nicandr.  Ther.,  Plut.  Symp.),  ohne  die  Zahl  der  Bü- 
cher, Capitel  oder  Verse  beizufügen. 


Cobei  novae  ieeiianes,  ang.  v.  H  Schenkt.  849 

eine  Interpolation ,  mit  dem  Bemerken ,  dass  für  diese  Ansicht  sowol 
andere  Gründe  sprechen,  als  ganz  besonders  der  Umstand/  dass  iyvm' 
cxog  bei  den  Attikern  nie  mit  iyvdg  gleichbedeutend  ^i,  sondern  durch 
^gui  Metligi  non  poiesl*  erklärt  werden  müsse.  Es  genagt  blofs  Iph. 
Taur.  94  Syvmctov  itg  y^v ,  u^ivov  anzuführen,  um  die  Nichtigkeit 
dieser  Behauptung  zu  erweisen.  Warum  soll  übrigens  Menelaos  hier 
nicht  seinen  Namen  mit  eben  dem  stolzen  Bewusstsein  nennen,  mit 
welchem  Oedipus  (Oed.  Tyr.  8)  von  sich  sagt:  o  näct  %XHv6g  OM- 
novg  x€dov(isvog^  Auch  diesen  ganz  sicher  echten  Vers  wollte  Wunder 
für  eine  Interpolation  erklaren.  —  Zu  v.  590  iBittfetg  yiiQ  ^ii^ägy  tä  Sl  xh' 
i^dt&g  Xixri  bemerkt  G. :  mfion  UMum  werbt  i^aytiv^  sed  itaytad-ai  re- 
qtiiroy  qiutmobrem  iiaiu  scribam,*  Dass  das  Medium  ganz  gut  stehen 
könnte,  unterliegt  wol  keinem  Zweifel,  dass  aber  das  Activum  ebenso 
gut  berechtigt  ist,  zeigt  Troad.  457  cd;  (kiav  xQimv  'Eqivvv  tiiadi  fi' 
i^a^oav  2<&oyoff. 

V.  607  Xmovca  C6(iv6v  ivxifov  ov  ctp'  iaatofiBv  beanstandet  C- 
mit  Recht  das  Epitheton  esi^pov;  denn  wenn  Euripides  diese  Grotte  als 
eine  heilige  hatte  bezeichnen  wollen,  so  würde  er  wol  noch  einen  näh^r 
bestimmenden  Genetiv  hinzugesetzt  haben.  Aber  viel  näher ,  als  dje 
von  ihm  vorgeschlagene  Besserung  «l^i^f^oy,*  liegt  jedenfalls  die  Con- 
fectnr  von  Schneidewin  und  Nauck  ^iQtptvov ,'  welche  daher  auch 
Nauck  mit  Recht  in  den  Text  aufgenommen  hat.  —  v.  613  to  ii6(fap' 
fiop  cdaaaa  naxif^'  ig  ov(fav6v  ansifii  wird  nuliv  ig  ovgavov  vor- 
geschlagen mit  dem  Bemerken:  ^guii  ferat  xectiif'  ig  ovffavov  pro  ig 
xov  ovQavov,  od-iv  inXic^v,*  eine  Conjectur,  die  schon  Nauck  in  der 
ersten  Ausgabe  empfohlen  hatte.  Da  es,  aber  v.  583  u.  584.  heifst:  M. 
%al  xig  ßXinovxa  adykdx*  i^i Qy  ataxai;  E.  a/^i}^,.  o&iv  ev  ^£0- 
novrjx*  ix^ig  Xixrjj  so  möchte  wol  ein  Ausdruck,  wie  ntixBff'  ig  ov- 
(favovy  nicht  zu  den  Unmöglichkeiten  gehören. 

V.  700  u.  701  schreibt  G.  also:  MiviXccB,  na(Ml  n(foadoxbv  (dtf 
cod.G.  nQoedoxi  xi)  x^g  ^8ov^g,  \  ijv  (iuv9dva  ptlv  navtog,  ov  acupmg 
Si  na  (cod.  G.  S'  iim).  Was  die  erstere  Änderung  anbetrifft,  so  ist 
die  Gonjectur  Elmsley's  n(fOcdoxiu  viel  einfacher;  die  letztere  Änderung 
aber  erscheint  überflüssig ,  da  auch  die  überlieferte  Leseart  sich  ganz 
gut  rechtfertigen  lässL  —  v.  75i  ii^xoig  iv ,  ovvtx  o.  ^Bog  oi%  ^ßov  - 
Xtxo  erklärt  G.  für  unecht  mit  dem  Bemerken:  ^gui  autpiciorutn  pa- 
trocMum  tuscipiebaif  de  suo  HuuUam  banc  defentionem  imporiuno 
ioco  fmerufi*  Allerdings  trifft  vieles  zusammen,  um  diesen  Vers  ma 
verdächtigen,  die  Form  der  Anrede  aPxoig  av,  während  doch  diese  Worte 
allgemein  gehalten  und  nicht  an  Menelaos  gerichtet  sind ,  die  seltsame 
Ergänzung  von  eiKi'^vtu  €eixovg  aus  dem  vorhergehenden,  endlich  das 
folgende  x£  S^xa  napxivons^a,  welches  nicht  recht  zu  dem  besprochenen 
Verse  stimmen  will ,  während .  durch  Streichung  dieses  Verses  ein  gaqz 
richtiger  Zusammenbang  hergestellt  wird.  Unter  solchen  Verhältnissen 
wird  man  dem  Urtheile  Gobet's  nur  beipflichten  können, 

Zeitschrift  f.  a.    a«t«rr.   O^mnai.  1850.  XI.  H»ft.  ^^ 


830  C9tei  m^ae  iectiane»,  ang.  t.  W.  SehemM. 

V.  808  Svttpd^*  «^'  ihcttg  'iXiov  t'  o4n  m^ut  sebreibt  C 
a9«p9^«  y'  tJnmgy  was  aueta  von  Naii(^  in  Aer  zweiten  Aasgab«  tot- 
geschlagen  wird.  VieOeiefat  al>er  Iflsst  sieh  die  fiberlieferte  Lesurt 
dennoeh  festhalten ,  wenn  man  den  ganxen  Zasammenhang  in's  An^ 
fasst.  Belena  rSth  dem  Gatten  ohne  Scheu  aus  dem  Lande  bu  Ißtbe», 
worauf  er  mit  der  Frage  antwortet:  «dich  Terlassend?  and  bab'  dock 
Troia  deinelhalben  zerstört?  »Helena  entgegnet:  «Ist  es  ja  doch  hesser. 
als  dass  mein  Besitz  dich  morde.*  Darauf  Menelaos:  «Daraus  erkeoie 
ich,  wie  dein  Rath  unmännlich  und  unwürdig  ist  des  Kampfes  Tor  IIion.> 
—  T.  810  ovtm  tfi9iJ99  r^mtov  ov«  igti  iNpu^  beanstandet  C  Bit 
Recht  die  Stellung  der  Negation;  denn  mit  der  BemeilLilng  HermaoD'sr 
^Faulio  in$&leniiu$  ioftnaüi  eti,  nhi  txwpeciaret  oStm  eid^of 
6t(fmt09  fx9i  Sfyag*  kann  man  sich  nicht  zufrieden  sieUea,  Aber  dk 
Besserung,  welche  Cobet  TorsehlSgt:  oitog  wtdijifp  «rrl.,  iKl  nül  einem 
anderen  Obelstaade  verbunden,  indem  die  nachdrückliebe  Stellung  tod 
evreg,  zumal  da  es  durch  kein  Fragewort  hervorgehoben  ist,  sehr  ud- 
wabrscheinlich  bleibt  Wir  werden  uns  also,  bis  neue  Hilfe  kommt,  mit 
der  Bemerkung  Nauck's:  ^oSta  nupeetum*  begnügen  müssen. —  j,&i 
fff  nmg  Shf  iwaxiCeuiyk^v  txittiovxi  W9  bezeichnet  C  mit  Recht  troti 
der  Bemerkungen  llermann's  ad  Vig.  p.  830,  Ändr.  771  die  Verbindnng 
«r  itng  h  als  eine  ungriechisehe  ;  aber  seine  termutbung  cf  nmg  w 
ivaneiwuif^ip  tnmvorta  vtp  ist  doch  viel  gewagter,  als  die  einfacbe 
und  leichte  Besserung  KirchhöiTs :  tcmg  Sv  %tX.  —  v.  S65  und  W 
überliefert  die  Handschrift  in  folgender  Gestalt:  9etav  81  acfipov  ^s^ar 
ul^iffog  iiv%m9,  |  wg  nvtüfia  xa^affov  ov^avov  ^f£a^a^a.  Was  Heatb 
und  Reiske  zur  Herstellung  der  Verse  vorschlugen ,  verdient  keine  Be- 
achtung; auch  die  Gonjectur  Hermann's  9siov  öl  as(i,v69  ^BCfiov  «- 
J^i^g  (ivxav,  was  bedeuten  soll :  ^Sui/Ure  pnrffa  tenctam  legem  eh- 
tervans  (¥)  omnem  aetherä^  ist  eine  unglückliche  und  verdiente  nicbti 
wie  Nauck  und  Klotz  gethan  haben,  in  den  Text  aufgenommen  zu  wer- 
den. Dagegen  haben  Härtung  und  Badham  richtig  erkannt,  dass  der 
Fehler  in  ^iefiav  liegen  müsse ,  und  ersterer  schlagt  deshalb  ^tioir  61 
ecfftf^off  ^Ig  nffog  al^i^og  (tvxow  vor,  freilich  kaum  glaublich,  da  doch 
J^ig  unmöglich  hier  am  Platze  sein  kann.  Ganz  anders  gestaltet  sieb 
die  Sache,  wenn  wir  9.  Sl  cif^vov  Stptg  ^^o;  ald:  ^.  schreiben,  wo- 
durch ein  ganz  befriedigender  Sinn  hergestellt  wird.  Cobet  lehnt  es  ab 
auf  eine  Herstellung  des  Verses  865  einzugehen ;  er  bescballigt  sich 
blofo  mit  dem  folgenden  Verse,  wo  er,  ohne  sich  an  die  überlieferuog 
zu  kehren,  »s  nvtvfia  &oX9(f6v  ov(fec90v  *Z«£(Df»e^a  vorschlagt,  eioe 
vollkommen  überflüssige  Besserung,  da  die  gewöhnliche  Leseart:  ms 
npi^l^u  nu^affov  ovQavov  Seiaiiiid'a  (vgl.  Bäumlein,  Cntersuehungen 
über  die  griech.  Modi  S.  273)  eine  in  jeder  Hinsicht  entsprechende  Er- 
klärung zulasst.  ~  V.  899  noctv  tovS'  elg  itiicg  {xoyra  ^iXxaxag 
ti^ocg  schreibt  G.  tpiXtatot  z^^S  t  sehr  wahrscheinlich ,  da  sich  dtr 
Superlativus  nie  in  einer  derartigen  Redensart  findet. 


CBket  Mvae  ieeiianes,  ang.  y.  iT.  Schenkt.  8&1 

T.  1022  «ixoi  ft\v  owß  x^9  Hiodov  y*  ^^io%9tBm\\\  G.  also  schrei, 
ben:  aitol  (ilv  oiv  xiv  iioäov  luctwewt,  lliebei  ist  lu -bemerken^  daas 
Ytfr'  scboo  ISngst  von  Fix  vorgeschlagen  und  audh  von  mehrereQ  Her- 
ausgebern aufgenommeR  worden  ist,  femer,  dass  schon  Hermann  in  tv(^/tf- 
Kita  eine  Glosse  Termuthete  UnMfMe  sif^ianita  pro  aUo  Mräoicrfp- 
tum  e$t*),  worauf  dann  Härtung  Ifodor  ßovlBvttc  herstellte.    Am  ein- 
fachsten dürfte  es  wol  sein,  um   das  unpassende  yh  hin  wegzuschaffen, 
itpavifioxm  statt  wgicnBte  su  schreiben,   welches   Wort   sich   oft  bei 
Euripides  flndet.   So  entgehen  wir  den  willkQrlichen  Umänderungen  und 
Versetzungen,  welche  Ton  verschiedenen  Seiten  her  in  Vorschlag  gebracht 
worden  sind.  ~^  V,  1034  notviip  cv^axtetv  iktixavtiv  cmtfKfütg  bemerkt 
C:  ^miäi  guUiem  %QtPi  meiiui  nidetur.^   Nauck  fuhrt  diese  Gonjectur 
unter  den  kritischen  Anmerkungen   an,   fugt  jedoch  bei:  «omcoii^ijs?* 
Wenn  nun  KOitr^g  in  Vorschlag  gerächt  wird,  warum  sollte  notvriv 
nicht  richtig  «ein ,  da  es  sich  ganz  gut  auf  die  beiden  «u  einem  Be- 
griffe verbundenen  Worte  y^nz^^^  emti^lqiq  beziehen  kann  ?  Vgl.  Lobeok 
XU  Soph.   AI.   8.  72  ff.  —  v.  1050  foiXu  KiyMC^ai   fAig   9aimv   %iym 
^ifBiv.  Schon  Musgrave  erkannte  richtig»  dass  die  Worte  loy^  &^Hv 
ihren  Ursprung  einem  Irrthume  des  Abschreibers  verdanken,  der  beim 
Lesen  zu  den  folgenden  Worten  (v^  1062  hoiikog  bIim  ^19  ^avmp  Xiff? 
i^avBtv)  abirrte,   ^fkm  kene  enim»  sagt  er,  *i  modern  V0r$u  C0nsi$nuu 
Uysc^ai  et  iloy^,  (Sßorum  atterutium  cerie  mperfimm  ##/.*  Dieser 
Ansicht  sind  Nauck  und  Kirchhoff  beigetreten  •  und  ebenso  auch  Gobeit, 
der  den  Vers  also  herzustellen  versucht:   ßovXn  Xiycv^m  piii  ^uvmv 
t9^fini9«h  wodurch,  :wie  nicht  zu  leugnen  ist,  eip  ganz  entsprechender 
Sien  gewonnen  wird.   Wenn  dagegen  Cobet  v.  1051  (««nog  (i^hv  iit^K' 
tt  dl  ntQStufn  UytMß)  sich  mi  der  GoBJectur  von  Sarnes  «;i4y0y'  be- 
gn&gt,  so  ist  dies  nicht  zu  billigen ,  da  ja  nicht  Menelaos,  sondern  He- 
lena dem  Könige  die  Kunde  yon  dem  Tode  ihreß  (»atteii  mijttheilt,  wie 
dies  auch  schon  durch  il^se^«»  ipi  vorhergehenden  Verse  angedeutet  ist. 
Ich  mochte  deshalb,  ehe  ich  noch  zu  dem  Mittel  Nauck's  greife,  Uyuv 
für  ein  Einschiebsel  zu  erklären,  lieber  voc^chlagen:  erd^  n$Q9aväi  Ko- 
yois  zu  lesen«  -—  v.iOS3  und  1064  «»g  9p  %6d'  $IiMfg  nl^v  St^-  bI  t^9^ 
xatpie^  I  d'tt^voi,  umUvh  c\  ovSIp  if  cw^i^ig  tpiifH  nimmt  Gebet  erstlich 
an  «s  AnstoCs,  welches  er  als   mt9»tHc.tum'  betrachtet  und  deshalb  t  9v 
To»  tod*  ahuig  so|ireibeD  will;  sodann  stellt  er  im  folgenden  Verses  nf- 
tofesi  (nach  L.  DindorO>  *e  ov^  17  #»«  ^.  her.   Was  das  etstere  Be- 
denken anbetrifft,  so  bat  hier  m  exelamative  Bedeutung  (vgl.  Krüger, 
8.  58,  8,  -1) ;  im  folgenden  steht  ntXaii^  wie  ß^ifh  »^^^  ^^  Futurion 
durch  eine  lebhafte  Vergegenvmtigung  der  Zukunft  (Krüger  S.  63, 1,  8), 
und  die  Redensart  oMk^  ^e»  wird  dufoh  die  von/Pflogk  i^e|u)ifte 
Stelle  Suppl.  696  «^tfij  ä'  0M9  yd^«»  ^^ofoftfir  hiplÜASiieh  gerecht- 
fertigt —  V.  1676  l9t€u  *  nopovg  fig  MftovH  naiaov^i  pov  bemerkt 
C.:  mfredo  ßraeßeru  reqtärt  «avotfe».   ^atii  me  iiii  exercuertmti  iam 
äant  mtlU  tnhorum  ftnem,  mm  äeöUHt.*  Im  Gegentheile,  Meuelnos 


852  Co  bei  notae  lectianei,  ang.  v.  K.  SckemML 

vi\\\  sagen:  «So  wird  es  sein;  denn  die  Gotter  werdeo  meiae  Mohea 
enden  und  mir  gunstigen  Fahrwind  verleihen.* 

T.  1105  d  S'  fjc^  ittt(fütj  xSlXa  y*  i^dürtfi  ^cmr  beanstandete 
die  Femininform  ptstifüt  und  will  dafür  f/kivQiog  hersiellen.  Wie  wenig 
aber  seine  Behauptung  begründet  ist,  dass  Euripides  gM^dTgiog  als  Adjee- 
tivum  zweier  Endungen  tu  gebrauchen  pflege,  zeigen  folgende  SteO«: 
pLiTQiag  980V  Iph.  Aul.  543,  efrj  di  f*oi  (tn^ia  fklv  zagtg  ibid.  W, 
fkrtgias  uviyLmv  avffag  Med.  839  (Y),  {HtQ^ag  9pMu£  Bipp.  US,  lutgk 
fiiotd  Fragm.  885  (Nauck).  —  t.  1168  Ssonlvp^Bvog  ^tttg  idB  ««o«- 
ivvinei,  natiQ  bemerkt  C:  ^ei  ob  aiiai  cauMOi  ei  ob  jPTMrtttai 
i^aipa  getminam  iecikmem  arbUror  fliisse  ^Qoctit^inmy  mm  wfo^ttnrf- 
TtBi*.  Diese  nolhwendige  Besserung  ist  schon  langst  von  Hermaan  yor- 
geschlagen  worden. 

y.  1236  ^B^ifiiii  9it%og  x6  cov,  hm  9*  vjrdsrra^ov  nimml  Cobet 
Anstofs  an  der  Kürze  des  •  in  truii ,  die  im  Trimeter  der  Tragiker  und 
Komiker  niemals  vorkomme,  weshalb  er  iisdiina  herstellen  will.  Aber 
wir  lesen  doch  Aeseh.  Sept.  474  Twpäv\  tivxa  nmQig^oov  9ul  cto^. 
Eur.  Heo.  338  tp^o^yoLg  titca  fii}  cte(ffi^pai  ßiov  und  fpb.'Talir.  S98 
naiei  atSfiifip  Xayovag  iig  nleoQag  lüg  (welcher  Vers  freilich  in  maneber 
Hinsicht  bedenklich  bleibt,  Badham  schreibt:  i%  KlBv^äg  ov^slg),  Da 
nun  bei  den  Tragikern  sich  bei  so  manchen  WOrtem  Schwankungen  hi 
der  Quantität  finden,  so  möchte  wol  auch  der  Wechsel  von  Lange  onl 
Kurze  des  i  in  Ti^fü  wenigstens  nicht  zu  den  Onmtfglichkeiten  geboren.  - 
V.  1217  vmvxai  c<p  *avetlov  ivxvxopxeg^  wg  XiyBi  verlangt  C.  das  Me- 
dium ivtiiovt.  Allerdings  findet  sich  sonst  bei  den  Attik^rn  in  derki 
Stellen  das  Medium ;  aber  es  bleibt  doch  nach  dem  zu  v.  590  Bemerkten 
sehr  bedenklich  alles  in  eine  bestimmte  Form  pressen  zu  wollen. 

V.  1560  0  d"Elhrjg  noeig  |  i%dXiCiv'  m  nigaavreg  *IUov  soIjv 
schreibt  G.  ixiXevffsv,  sehr  wahrscheinlich,  da  naliio  niemals  in  der  Be- 
deutung «ausrufen*  vorkommt.  —  v.  1581  o  9'  ilqf''  Slig  fioi  .  9eitä 
S'  iimv  iiqfog  bemerkt  C:  «^'llov  leviier  esi  depravaium  ex  9'  iimw, 
ul  rede  iegitur  v.  1606  M^vil^ng  9'  ixmv  onXa,*  Doch  wenn  man 
V.  1563  in's  Auge  fasst,  wo  Duport  und  Musgrave  richtig  ^tpaayttrow 
9*  afioc  nQoxBigov  co^c»*  geschrieben  haben,  so  werden  wir  an  der  über- 
lieferten Leseart  keinen  Anstofs  nehmen,  indem  Menelaos  seinen  Genossen 
befiehlt  den  Stier  zu  packen  und  auf  das  Verdeck  zu  werfen,  ruckt  er 
das  Schwert  an  dem  Wehrgehenke,  um  es  zur  Opferung  bereit  zu  halten ; 
dann  als  das  Schiff  sich  schon  eine  ziemliche  Strecke  vom  Lande  ent- 
fernt, fasst  er  das  Schwert  mit  der  Rechten  und  schreitet  zur  Opferung.  ~ 

V.  1664  nlii^v  ivw  ntau  cm  schreibt  G.  nlsi  {•  %.  c,  eine  nolh- 
wendige, auch  von  Nauck  und  Kirchhoff  gebilligte  Besserung. 

Nachdem  min  Gebet  diese  Reihe  von  Gonjecturen  mitgetbeilt  hat, 
fShrt  er  (S.  205)  also  fort:  ^Praeter ea  magnue  ineti  locorum  mtmems 
n  icribti  et  correctoribui  tarn  male  corruptorum ,  ni  omnts  propemo- 
dum  tpes  emendanäi  abiicienda  videatur,  —  Tarquent  (amen  seee  in- 


Cobei  nav&e  Jectionei^  ang.  v.  AT.  Schenkt.  853 

(erpreUi  in  iaiibu»  ei  obiunäuni  tibi  iudieium  aui  eomminitamiur: 
aiiquod,  intq  iff^rjtov  SfLHvov.  Quit,  ui  hoe  uiar^  unguam  sibi  saiis- 
tticiei  in  v.  432  sqq.  iXnlg  8*  i%  yn  (Musgrave  st.  des  überlieferten  Ik  xb, 
Nauck  iaxi)  Xaßiiv  ti  vccvtaig,  ix  9h  ^^  'livtav  ßlop,  oi9*  tt  ^iXoiBV^ 
(otpiXtiv  ixoup  Sp.  Quae  scabriiies  oraiianie  eti  in  verbit  i*  dl  ^17 
'^«^vay  u.  s.  w.  Dici  ei  inieiiegi  potesi  ot  &h  fiij  *%ovxBq  ßiov\  sed 
iktec  ipta  senieniia  quam  flUiUi  ei  ineuiea  eti.*  Ref.  war  ebenfalls 
selbständig  auf  dieselbe  Vermuthung  gekommen,  dass  das  i^  9h  fiij  'top- 
x(09  ßiov  seinen  Ursprung  dem  vorausgehenden  i%  7s  nXovefav  Sonav 
verdanke  und  dafQr  ot  dh  f*ij  "xopxbq  ßiov  hergestellt  werden  mpsse. 
Freilich  bleibt  auch  dann  der  Ausdruck  matt  und  schleppend,  aber  dieser 
Tadel  trifft  ja  nicht  etwa  eine  oder  die  andere  Stelle ,  sondern  fast  das 
ganze  Drama,  welches  überhanpt  weit  unter  der  Mittelmäfsigkeit  bleibt 
Hingegen  kann. ich  durchaus  nicht  Badham  und  Gobet  beistimmen,  welche 
den  Gedankeninhalt  dieser  Verse  als  vollkommen  abgeschmackt  und  un- 
passend bezeichnen*.  Menelaos  sagt  mit  bitterer  Ironie:  «Nunwol!  Wenn 
denn  gebettelt  sein  muss,  will  ich  an  das  Thor  eines  Reichen  pochen, 
sollte,  man  mir  auch  nicht  freundlich. begegnen;  denn: was  hilft  mir  die 
Gutherzigkeit  der  Armen,  die  keine  Unterstützung  gewahren  können?*  — 
C.  fahrt  fort:  nPöii pauca  anciUa.  veiuia  Meneiaum  minie  absierrei  a 
feribue  haee  fere  dieHiane  sermöne  popuiari:  xiq  iexi  «90  t^s  ^gag; 
OV71  axH;  nii  ngayf/^axa  nuQt%i  x^  dsanoxji  ngog  xifp  ntvXiiov  ^qup 
fucQSCxng  iisinoXii  "EXXfiv  äv^  otg  ov%  icx^v  imfLiiia.*  Nun  ver- 
gleiche man  die  Verse  437 — 440  bei  Enripides  mit  der .  prosaischen 
Fassung  des  Gedankens,  welche  C.  hier  gegeben  hat^  und  sage  dann,  ob 
sich  nicht  eine  bedeutende  Verschiedenheit  der  beiderseitigen  Ausdrücke 
herausstellt..  Wenn  übrigens  Euripidos  die  Rede  der  Greisin  der  gewöhn- 
licheft  Sprache  des  Volkes  annäherte,  so  wird  er  wol  deshalb  ebenso 
wenig  Tadel  verdienen,  als  wenn  Aeschylos  oder  Sophokles  ihre  Wächter 
im  Volkstone  sprechen  lassen.  ^CUif  so iheiUi  es  weiter,  Meneiemei  «<» 
YQtita,  xavxa  napx'  (Stephanus  st.  xavx*)  inti  »oZafs  Ziyng..*  Saiin 
sanus  pideaiur,  qui  iOis  Maec  reepondeai?  Eiiam  abmr^iora  adäiii 
fieexi,  »e/ffoftcei  yaQ.  iXX'  Spig  loyoy.*  Dass  die  beiden  Verse  stark 
verderbt  sind,  haben  schon  Badham,  iUrchboff  und.  Nauck. bemerkt;  aber 
ihre  Vermuthungen  sind  theils  sehr  willkürlich,  theils  sind  sie  vom  Stand- 
puncte  des  Sinnes  aus  nicht  lu  rechtfertigen.  Auch  ich  vermag  hier 
nichts  zu  bieten,  was  auf  einige  Sicherheit  Anspruch  macht,  will  aber 
doch  wenigstens  einen  Versuch  zur  Herstellung  der  Verse  machen.  Dass 
xavx'  nach  xavxa  eine  Dittographie  ist ,  wodurch  das  echte  Wort  ver- 
drängt wurde,  unterliegt,  wöl  keinem  Zweifel.  Wol  eben  so  sicher  ist 
es,  dass  iitaxi  im  folgenden  Verse  nicht  absolut  stehen  kann,  sondern 
Xiytigt  wie  auch  Badham.  und  Kirchboff  erkannt  haben,  in  Xiytip  ge- 
ändert werden  muss.  Könnte  man  nun  nicht  schreiben:  00  yqa(a,  xavxa 
coi  y'  inti  naXmg  Xiytiv  iiiüxij  wo  dann  naXäg  ironisch  aufgefasst  wer- 
den. müs3te,  wie  denn  überhaupt  Menelaos  in  dieser  ganzen  Scene  mit 


8U  Co'bei  nopoe  ieetiones,  ang.  v«  M,  BckemkL 

bitterer  Ironie  gpricht.  Im  folgenden  Verse  kann  S^h  tif^  nnr,  «w 
Mnsgrave  wollte,  durch:  ^permUti $ermtmem,  $enmnU9  faeuUmi^mi^ 
eri^Srt  werden;  wSre  dies  nicht  möglich ,  dann  bliebe  ntchu  andera 
übrig  als  iXlk  9o^  iloyo^  heruistellen.  —  Gobet  beoi^tl  weiterbii: 
«Poü  pauea  Herum  MeneUiUB  wtpet  ▼.  449,  cui  mm^t  mm^m^  äp  d- 
liai  y'  ttyyaAf^  tois  eo^  Xoyovg,  In  quo  teriU  H  quid  ew^emOmi  99- 
ieti  %i%^o^  erU  praöaudum.  8sä  quid  qmte$q  $ie  pr^ßetmu»?  neque 
iyytUtv  iv  uUo  modo  iomm  eoio  poteH  neque  y  mopiiooimo  Mir- 
poottum*  Die  Conjectar  %iu(fo4s  ist  schon  Ton  Hirsohig  Torgeachlagea 
und  von  Badbam  mitgetheilt  worden.  Was  ap  mit  dem  InfinlliT  des  Fa- 
tnmm  anbetrifft,  so  kann  man  wol  nach  dem,  was  B&ainleiii  8. 35i  dsr- 
über  bemerkt  hat,  die  Gonstraotion  nicht  unbedingt  Terwerfen;  bat  ja 
doch  Thiikydides  dieselbe  an  vier  Stellen  t,  80,  8.  5,  82;  5.  e,  M,  f. 
8,  t5,  6,  und  swar  immer  so,  wie  dies  auch  hier  der  Fall  ist,  dasa  nch 
tfy  unmittelbar  an  ein  vorhergehendes  Adveitinm  ansclüleftt.  Bndlidi 
oiputi  ye  findet  sich  gana  in  Ähnlicher  Weise  Plat  Rep.  M7,  4.  Nadi- 
dem  nun  Gobet  über  die  ^infeiUes  HUerpreiationei  ei  iepieeimme  couieo- 
turae  edtionm^  sich  des  Weiteren  ausgelassen,  führt  er  noch  einige 
Verse  an,  die  so  verderbt  überliefert  sein  sollen,  dass  eine  Herslellang 
ganz  und  gar  unmöglich  sei^r  Zuerst  t.  )I90  s^s  Iv^oX'  iX»6w%9^  S  fs- 
vi^u  pküPoi^  Sv  ^y,  wo  nicht  blolis  ein  bestimmtes  metrisehea  Gesdi 
verletzt  werde,  nämlich,  dass  bei  einem  Daktylus  im  dritten  Fulae  eioei 
Trimeter  die  erste  Silbe  in  der  G&snr  stehen  müsse ,  sondern  «neb  «r 
gegen  allen  Sprachgebrauch  gesetzt  sei.  Das  erstero  hat  scbon  Porsoi 
bemerkt  und  deshalb:  il^owO''  S  tpctviq'  St  novoi^  aw  ^p  geschrie- 
ben; was  das  letztere  anbetrifily  so  wird  man  nicht  umhin  können  der 
Bemerkung  Cobets  sich  anzusobliersen.  Es  genügt  auf  Kruger  64,  M,  • 
zu  verweisen,  um  die  Unmöglichkeit  einer  Setzung  von  &p  m  einem 
solchen  Falle  darzuthun.  Da  nun  Gobet,  wie  wir  von  Badfaam  erfahRB; 
früher  il^ov^'  agiKpaw^  f»ovoi(  Sv  fjv  vorgewblagen  hatte,  wamai 
sollte  man  nicht  durch  die  Änderung  ykovoMiv  ^#*)  den  Yers  TollkoB- 
men  herstellen  können?  *-  v.  9  B9o%Xvii9vov  SqcBP  on  &^  ^aov^  d- 
ßnr  bezeichnet  Gobet  mit  Recht  als  ^plane  afutgog*  Er  bemerkt  aber 
nicht,  dass  sich  noch  aufserdem  viele  ÜbelsUnde  in  diesem  Verse  ver- 
einigen. Hat  ja  doch  schon  Hermann  nachgewiesen,  dass  Zxt.  ^  durch- 
aus nicht  erklärbar  sei :  «A%Ma  F/luffkU  iuierpretaiiOi  oitm  %ctXav(i§paw 
oxi  ^if,  indicat  magis  guUi  fl§erU  dUendum^  quam  Uöeroi  repteäeu- 
sione  tum  Ua  iogmstum*  Dazu  kommt,  dass  die  Erklärung  von  SBonlv- 
lievog  durch  Sri  d-Bfrvg  aißmp  ßlov  dn^vey%99  über  alle  Malsen  albern 
ist.  Endlich  mag  wol  eine  Erklärung  bei  dem  Namen  Theonoe  am 
Platze  sein,  da  die  Trägerin  desselben  früher  Eido  hiefs  und  diesen 
Namen  erst  ihrer  Sehergabc  wegen  erhielt,  nicht  aber  bei  Theokl3rmeno8, 
da  dieser  den  Namen  bei  der  Geburt  erhalten  hatte.    Unter  solchen  Ver- 


*)  Schon  Härtung  hatte:  a  tpupiq'  Sv  (lovoieiP  i}f  vorgeschlagen. 


C^tei  nrnnie  iedUmet,  ang«  v.  JT.  ScketM  ^iS 

haltnissen  muss  man,  wie  schon  Nauok  uiid  Kirchboff  erkannt  haben, 
ia  den  Worten:  «oti  ^^  ^covs  oifmv  ßiow  d»i|irfy»'*  d|M  Machwerk 
eines  Interpolators  erkennen ,  der  dea  liamen  Theokljrm.enos  auf  gleiche 
Weise,  wie  dea  folgenden  Theoooe,  erklaren  woHta.  —  Weiterhin  he» 
ceichnet  €obet  noch  vier  Verse  unserer  Tragcedie  aU  YoUkonunen  un- 
heilbar, V.  125,  ^1,  Soft,  560.  Ia  dei»  «rsten  derselben:  alai'ntenov 
x6d*  ilnmg  olg  mt^mv  Uysig  wollte  nun-  ofg  wmiov  lijng  mit:  «gultaf 
M  maä$m  epeniue  dicis*  ubersetseo ,  welcher  Gedanke  jedeqfalls  hier 
erfordert  wird,  aber  unmöglich  in  den  Worten  liegen  kann.  Dieser  Sinn 
wird  nun  hergestellt,  wenn,  man  mit  Nauck  «oxov  to»  Ijysw  als  aus 
di;m  früheren  wenniv  entstandea  ansieht  und  dafür  9VfkßStff  schreibt  — 
V.  280  und  281  lauten:  li^Titrj(f  d'  oXaXt  ««I  ^f999vg  avtilg  iym  \  iO' 
mf»g  fkivj  alla  %a9wop  zovt  ict*  ifUv.  Im  ersteren  Verse  ist  jeden- 
falls statt  iym,  wie  dies  audi  schon  Badham  wollte  nXnm  lu  schreiben; 
der  folgende  Veia  lasst  sich  viellsicht  erklareUt  wenn  map  hier  ein  Wort- 
spiel annimmt,  das  sich  ähnlich  im  deutschen  wiedergeben  liefset  «mit 
Unrecht  wol;  doch  dieses  Unrecht  haftet  an  mir.*  —  t.  30ft  e^w^o« 
d*  i  Tuu^ig  off  v'  iwmXiiiai  §199  haben  Badham  und  KeU  mcht^  ciu%^og 
und  »9««*  hergestellt.  —  v.  560  i  ^9l '  ^«6f  fUQ.  wcl  th  y^yM»«»»» 
ffiiXovg  bleibt  doch  Q^g  höchst,  bedenklich  und  wird  keineswegs,  wie 
rflugk  will,  durch  Aesch.  Cho.  57  geschützt»  in  welcher  SIelle  «o  mw- 
Z^Cv  (19  wtvxfa)  als  Gottheit  personificiect  wird^  Vielleicht  könnte  Inan 
statt  ^80(:  ^Mv  herstellen,  wo  dann  der  Genetiv  so  aufsufasseu  wäre, 
wie  Gycl.  285  ^*ov  to  n^äyiuL'  f^dh*  tdtm  ß^(9Ühn  —  Endlich  be- 
spricht C  noch  eine  Stelle  v.  467  nop  ^*  ip  sAri  imefoir  in^g 
^  *v  dofiots;  welche  er  schon  früher  (9»  86)  gelegenbeitlich  behandelt 
hatte.  Er  nimmt  Anstofa  aa  «00  d^*  Sv  sAj ;  welche»  nur  von  Jemen* 
den  gesagt  werden  könne,  der  einen  Anderen  schon  lange  gesucht  habe, 
und  will  noch  Arist.  Thesip-  SSL  («mos  M  Hi^i^^wg  IWdov  ht*  ^ 
'iointog)  den  Vers  so  umgeslallen:  ovtog  äi  sroie^or  ipdop  Iff'  i|  '{«- 
mag.  Die  Worte  mw  d^*  Sw  ^in  sollen  wol  das  Drangende  der  Frage 
bezeichnen;  so  fragt  Aigistbos  in  Soph.  EL  1450  9qv  ^*  av  ahw  o£ 
tip9t.  Was  ferner  die  Parodie  dea  AristAphanes  anbelangt,  so  ist  die- 
selbe durchaus  frei  gehalten;  die  \et9e  871^879,  874^  877,  885,  889 
sind  gar  nicht  ans  unserem  Drama  genommen»  sondern  nach  der  Manier 
der  Tragiker  von  Aristophanes  gedichtet.  Warum  sollen  wir  als«  nicht 
annehmen,  daas  Aristophanes  v.  881  statt  der  Worte  i%tog  ijf  *«  do^«ff, 
um  das  von  Euripide«  neu  gebildete  und  öfters  gebrauchte  Wort  (Med. 
624,  Ale.  546>  Suppl.  1098)  lacherUoh  zu  machen^  Mop  ktt  ij  'ieimog 
setzte  ?  Ebenso  scheint  er  y.  878  das  Euripideische  oi*  niMXmat  i^a 
(461)  in  of  nBnXmta^up  geändert  zu  haben«  um,  wie  Buttmann  Gr.  Gr. 
II,  S.  220  bemerkt,  dea  Gebrauch  der  ionischen  Form  xu  verspotten, 
welche  sich  v.  532  (iro9^otP0  d*  aXac^ai  fkv^iavg  nanlmnota)  findet. 
Wir  eraehen  aus  dieser  Darstellung,,  welche  hoffentlich  auch  fiir 
tite  Kritik  der  Tiagmdle  nicht  ohne  Früchte  geblieben  iat,  dasa  das  oben 


8M  Co  bei  novae  iecHanes,  ang*  v.  it.  ScMemäi. 

ausgesprochene  Urtheil  voilkommen  begründet  ist  Neben  wirklich  trcS- 
lieben  und  scharfsinnigen  Conjecturen  begegnen  uns  nicht  wenige,  die 
theils  überflüssig,  theils  ganz  und  gar  yerfehlt  sind;  der  Earipideisehe 
Sprachgebrauch  ist  nicht  immer  gehörig  berücksichtigt;  manche  Besse- 
rungen, die  nicht'  ohne  Ostentation  mitgetheilt  werden,  sind  schon  lingil 
von  Anderen  in  Vorschlag  gebracht  worden;  endlich  haben  gar  mancke 
Stellen,  wo  Gebet  seine  Kräfte  versucht,  schon  durch  andere  Kritiker  ihre 
ehdgiltige  Herstellung  gefunden.  Auch  darf  hier  wol  nicht  unerwäbit 
bleiben,  dass  keine  einzige  der  hier  besprochenen  Stellen  den  cboriscfafB 
Partien  der  Tragcedie  entnommen  ist,  welche  doch  unstreitig  am  meiitn 
der  kritischen  Hilfe  bedürfen,  und  daher  eine  für  einen  grofsen  Kritiker 
nicht  unwürdige  Aufgabe  bilden. 

Nach  diesen  Bemerkungen  gehen  wir  nun  zu  dem  zweiten  Theile 
unserer  Recension,  nämlich  zur  Besprechung  der  Conjecturen  über,  wekVie 
Gebet  für  das  erste  Buch  der  Anabasis  in  Vorschlag  gebracht  hat.  Der 
Text  der  Anabasis  beruht  bekanntlich  auf  den  zwei  Pariser  Handschriften 
ß  und  r,  von  denen  der  Godex  C  als  die  Hauptquelle  zn  betrachten  iit, 
dann  auf  dem  Vaticanus  i,  wozu  noch  für  das  erste  Buch  der  Ozoniensif 
D  kommt  Keine  dieser  Handschriften  geht  Gber  das  14.  Jahrhundert 
zurück ;  alle  sind,  wie  Dindorf  in  der  Vorrede  zu  der  Ozforder  Ausgabe 
(1855),  S.  8  ff.  nachgewiesen  hat,  durch  Fehler  und  Gorrecturen  der 
Abschreiber  vielfach  entstellt.  Wenn  nun  gleich  sich  daraus  ergibt,  da» 
man  hier  der  Oberlieferung  nicht  den  Glauben  beimessen  könne,  wie  bei 
anderen  Schriftstellern,  welche  sich  auf  ältere  und  bessere  Handschrifteo 
stutzen,  so  wird  man  sich  doch  anderseits  hüten  müssen ,  die  Autorität 
der  Handschriften  wieder  zu  gering  anzuschlagen;  man  wird  vielmehr 
bei  der  Kritik  dieser  Schrift  mit  grofser  Vorsicht  vorgeben ,  und  iosbe- 
sonders  den  Sprachgebrauch  einer  sorgfaltigen  Er^'ägung  unterziehfo 
müssen.  Die  nachfolgende  Erörterung  wird  zeigen,  dass  es  durchaus 
nicht  überflüssig  war,  diese  Bemerkungen  vorauszuschicken.  Gleich  in 
den  ersten  Zeilen  des  Buches  (I,  1,  1)  will  Gobet  (S.  685)  ißovlexo  oi 
T»  naide  ifKpotiqa  na^stvai  herstellen,  indem  er  sich  auf  die  Bemer- 
kung Bornemann's  bezieht,  dass  dieses  Pronomen  öfters  von  den  Ab- 
schreibern ausgelassen  werde,  z.  B.  1,  2,  8,  Hl,  1,  5,  Vll,  1,  38.  Er 
hätte  sich  noch  eher  auf  Aristeides  vol.  11,  p.  506,  503  berufen  können, 
wo  in  der  Anführung  dieser  Stelle  ißovXtxo  ot  oder  iß.  avxip  erscheint, 
wenn  überhaupt  auf  solche  Gitationen  ein  Gewicht  zu  legen  wäre.  Warum 
sollte  aber  nagiipai  nicht  absolut  sieben  können,  da  doch  seine  Ergän- 
zung sich  ganz  klar  aus  dem  Zusammenhange  ergibt?  Die  angeführten 
Stellen  beweisen  nichts;  I,  2,  8  fehlt  of,  das  hier  nothwendig  erfordert 
wird,  blofs  im  Par.  B;  MI,  1,  5  sind  die  Worte  ftif  xi  n(f6g  r^g  noltns 
inaixtov  eCrj  KvQOi  (pCXov  ysviüd'on  nicht  blofs  mit  Beziehung  auf  Xeno- 
phon,  sondern  allgemeiner  zu  fassen,  und  somit  die  Leseart  der  schlech- 
teren Handschriften  nolttog  oi,  wo  ol  überdies  statt  avtm  stehen  müsste, 
keineswegs  beacbtungswertb;  endlich  Vll,  1,  38  haben  die  besten  Hand- 


C0bei  nopoi  ieeiianes.  hn§.  y.  it.  Sckenhl.  857 

fichriften  MXtvs  i'tanQuiai  nnd  nur  die  schlechteren  i%iXBviv  ot  dia- 
itqalaiy  was  durchaus  nicht  nothwendig  erscheint  —  I9  1,  2  (S.  399) 
erklart  C.  nach  dem  Vorgange  von  Bisschop  (Adnot  crit.  in  Xen.  An. 
Leyden  1851,  S.  1)  die  Worte:  xal  axQatfiyov  dl  aixow  iitüetii  ndv- 
xmv  oaoi  ttg  Kaütalov  jcBdiov  id^Qoiiovtai  für  ein  blofses  Glossem» 
das  aus  I,  9»  7  und  Hell.  I,  4,  3  entstanden  sei.  Und  mit  diesem  Ur- 
theile  stimmt  auch  Dindorf  in  der  Vorrede  zur  vierten  Auflage  der  Teub- 
ner'schen  Ausgabe  (1857),  S.  VIII  ubercin.  Allerdings  finden  wir  auch 
I.  9,  7,  wo  derselbe  Gegenstand  berührt  wird,  dieselben  Worte  gebraucht, 
wie  an  unserer  Stelle ;  doch  beweist  dieses  noch  nichts  gegen  ihre  Echt- 
heit, da  Xenophon  bei  wiederholter  Besprechung  derselben  Sache  öfters 
die  gleichen  Ausdrucke  gebraucht.  Auch  vermag  ich  nicht  einzusehen, 
warum  diese  Bemerkung  an  unserer  Stelle  überflussig  und  unzeitig  er- 
seheinen soll.  Xenophon  will  eben  hier  hervorheben,  dass  Kyros  nicht 
Mofs  zum  Satrapen  einer  Provinz,  sondern  auch  zum  Commandanten 
(xagavog)  des  ganzen  königlichen  Heeres,  welches  in  den  Landschaften 
an  der  Seeküste  stationiert  war.  ernannt  worden  war.  Und  das  war  ein 
umstand,  der  bei  den  Streitigkeiten  des  Kyros  mit  Tissaphernes  und 
seinen  Rüstungen  zum  Zuge  gegen  den  König  gewiss  von  grofser  Wich- 
tigkeit war.  —  I,  1.  6  (S.  416)  und  I,  4,  4  (S.  517)  will  C.  statt  des 
überlieferten  afp({tp)B<nfi*eaav  :  itp{itp)iatecü(iv  herstellen ,  indem  er 
die  Form  ^cracav  als  die  eigentlich  attische  betrachtet,  iii  IdTifxftfa« 
«iber  eine  von  den  späten  Griechen  eingeführte  Form  erblickt.  Da  aber 
iaTii*iaav  (oder  ttati^niifav)  sich  bei  den  attischen  Prosaikern  eben  so 
häufig,  wie  die  kürzere  und  altere  Form  ftfTa<ra«r,  und  zwar  in  den 
besteh  Handschriften  findet  (vgl.  Buttmann  ausf.  Gramm.  II,  S.  208) ,  so 
raüsste  doch  der  Beweis  dafür,  dass  diese  Form  unattisch  ist,  nicht 
durch  eine  blofse  Behauptung,  sondern  durch  eine  genaue  und  sorgfäl- 
tige Nachweisung  geführt  werden.  —  ),  1,  7  (S.  399)  will  C.  nach  dem 
Vorgange  von  Wolf  (Demosth.  in  Lept.  p.  323)  die  Worte  inoet^vat, 
nffog  KvQOv  auswerfen  und  zugleich  nach  9(focctü(^6(i9vog :  tivdg  ein- 
setzen. Was  den  epexegetischen  Infinitiv  inoof^vai  anbelangt,  so  ist 
vT  freilich  dem  Sinne  nach  überflussig;  aber  solche  Häufungen  und  Wie- 
derholungen sind  der  Sprache  Xenophon's  keineswegs  fremd.  Die  Ein- 
schiebung  von  tivag  aber  würde  meiner  Meinung  nach  einen  anderen 
und  nicht  so  passenden  Sinn  hervorbringen.  Denn  so  wie  die  Worte 
jetzt  stehen,  müssen  wir  übersetzen:  «dass  man  in  Miletos  mit  dem- 
selben Plane  umgieng,*  während  durch  ttvag  eine  Partei  einer  anderen 
gegenüber  gestellt  würde.  —  1, 1,  8  (S.  400)  schreibt  C.  statt  äv  Ticcet' 
(pigvrjg  hvy%avt9  i%iov  :  mv  Tieccttpigvovg  it.  I^nv,  indem  er  bemerkt: 
ar (diente  eniin  nss.  Was  urbet,  quae  ab  eo  ad  Cyruin  defecerani^ 
habere  dicUur*  Die  Conjectur  Tiaoatpigvovg  ist  schon  längst  von 
Krüger  vorgeschlagen  worden;  wiewol  dieser  zugibt»  dass  man  auch  die 
überlieferte  Leseart  halten  könne,  wenn  man  das  Imperfectum  auf  den 
dauernden  Zustand  in  der  früheren  Zeit  bezieht,  in  welchem    Falle  wir 


838  Cobei  noNie  iecikmei,  ang.  ▼.  i;  SckenkL 

im  Deutschen  das  Plusquamperfectum  gebrauchen.  Eben  so  steht  du 
Imperf.  1«  2,  22$  10,  1;  10,  10  und  an  mehreren  andereo  Stellen,  die 
Kühner  in  der  gröfseren  Ausgabe  S.  &  zusammengestellt  hat.  —  I,  i,  9 
(S.  40  ff.)  streicht  G.  nach  dem  Vorgange  Hirschig's  oluLovat  nach  *JSUi9#- 
9109X09.  Allerdings  kann  man  eben  so  gut  totg  Bg^t^  tro^  vslf 
*EXliicM09tov  wie  toig  B.  t.  i,  *£.  oUowft^  sagen ;  dasa  aber  deshalb 
oUovai,  ein  Glossem  sein  muss,  das  Termag  ich  nicht  einzunehen.  Warna 
findet  sich  dieses  Glossem  nicht  auch  II,  6,  2  und  ¥11,  ft,  1,  wo  die 
Abschreiber  es  doch  eben  so  gut  einfügen  konnten  ?  Übrigens  lesen  wir, 
wie  auch  Dindorf  (p.  XVI)  bemerkt,  Hell  IV,  8,  2^  tag  vmq  tj  BQtnjf 
oUovaag  «dXstg,  wo  auch  olnovaat  zu  entbehren  w&re. 

I,  2,  9  (S.  407)  beseitigt  G.  das  Wort  fpvyag  noch  i  Aionudagi^iog 
als  eine  alberne  Wiederholung  aus  I,  1,  9;  Dindorf  (p.  XV)  slimmt 
diesem  Vorschlage  bei  und  will  auch  o  AanBdaifi^viog  ausscheiÄea. 
Auch  Ref.  kann  nicht  umhin  in  diesen  Worten  eine  blofige  Bandbemer- 
kung zu  erkennen  und  sich  für  die  Entfernung  derselben  zu  erUireB.  — 
1,  2^  22,  (S.  511)  geben  die  besten  Handschriften:  dipdgmm  ««fvo- 
äoMav  üviLxXBmnf  welches  Wort  sich  nach  den  Bemerkungen  Din- 
dorf's  im  Thes.  Steph.  noch  bei  Hippokrates  p.  296 ,  35  und  bei  Theo- 
phylact  Simoc.  Epist.  8^  findet  Gobet  verwirft  das  Wort  irofislMfi 
überhaupt  als  ungriecbisch ;  nie  habe  man  je  im  Griechischen  cvf^uMtmu 
gesagt,  bei  der  Gleichheit  der  Zeichen  von  h  und  099  sei  eins  Ver- 
wechselung leicht  möglich  gewesen  und  somit  müsse  nicht  nur  bd  Xeno- 
phon,  sondern  auch  an  den  beiden  anderen  oben  erwähnten  Stelleii 
^fjLfüii€9g  hergestellt  werden.  Ref.  vermag  nicht  einzusehen,  warum  evfi- 
nU<og  ein  ungriechisches  Wort  sein  soll,  da  doch  das  ganz  auf  gleiche 
Weise  gebildete  aviinliiQ^g  mit  der  Bedeutung  «ganz  voll,  gans  ange- 
fulll*  bei  (PI.it.)  Epinom.  p.  958,  a  und  Theoph«  Hist.  Plant  IV^  11,  10 
vorkommt.  —  1,  2,  26  (S.  408)  streicht  G.  die  Worte  toig  ToQcovg 
nach  Tif y  te  noXiv,  indem  er  bemerkt :  ^^rguit  ftauäem  Hiam  arUeuiUi 
male  addilus,^  An  dem  Artikel  möchte  ich  wol  keinen  Anstofa  nehmea, 
man  vgl.  Krüger  §.  50,  7,  3;  aber  die  Wiederholung  des  Namens  bleibt 
liier  so  auffällig,  dass  man  in  tovg  Taifcovg  wol  mit  Becht  eise  Glosse 
vermuthen  kann.  —  I,  2,  27  (S.  408)  beanstandet  0.  die  Leseart  der 
besten  Handschriften  xal  triv  ji^opai/  (i,ri%hi  oupa(fnti^a99u  ^  und  zwar 
mit  Recht,  da  aq)«Q7cdi<o  sonst  nur  in  der  Bedeutung :  «herabreilsen*  er- 
scheint. Er  schlägt  dafür  ducgnatsa^ai.  vor,  was  ebenso  1»  2^  19  ge- 
braucht wird ;  vielleicht  dürfte  das  eiofacbe  a^srafeff^ca  vorxuziehen 
sein,  welches  in  der  Anführung  dieser  Stelle  bei  Demetrius  de  t^öc  139 
erscheint  und  aus  dem  durch  eine  Dittographie  leicht  afpaQne^mf^ai 
entstehen  konnte. 

I,  3,  7  (S.  406)  wird  statt  nogsvsad'ai :  no(fSV6Büd'ai  geschrieben, 
lilbenso  will  G.  I,  3,  19 ;  1 ,  7,  5  (S.  405)  den  Inf.  Fut  ißovlevci^^uiy 
fiS(Lviia€c&ai)  statt  des  Inf  Präs.  oder  Perf.  herstellen.  Ref.  verweist 
oiüfach  auf  die  Anmerkung  kübner's  zu  11,  3,  27,  in  welcher  eine  ganze 


C9bet  no9Me  iectiimet,  ang.  v.  JT.  SekmIU.  8J9 

Reihe  von  Beispielen  für  diesen  Gebrauch  baigebracht  wird,  und  darunter 
auch  solche,  wo  man  nicht  durch  so  leichte  Änderung,  wie  au  den  bei* 
den  hier  erwähnten  Stellen,  das  Futurum  herstellen  könnte«  -^  Ebenda- 
selbst ändert  G.  fS.  408)  das  überlieferte  ira^a  KUuqx/^  in  %a^  KXiaf^ 
%ov  Jn  ClewcM  ca$ira  tratuieruni.^  Warum  soll  aber  die  öberiieferle 
Leseart  nicht  beibehalten  werden,  da  sie  doch  einen  ganz  entsprechenden 
Sinn  gibt?  Die  Soldaten  des  Xenias  und  Paaion.  lagerten  sich  bei  dem 
Ileerestheile  des  Klearchos  und  gaben  eben  dadurch  su  erkennen,  dass 
sie  unter  dessen  Oberbefehl  stehen,  wollten.  —  I,  S»  14  (S«  408) 
vcrtheidigt  G.  die  Leseart  der  schlechteren  Handschriften  ^QManotsg 
gegen  die  der  besseren  ivti^nctnotBg ,  mit  dem.  Bemerken ,  dass  a^a^ 
naißiv  nur  bedeuten  könne:  ^repenUm  ac  eeleri  impetu  op§nrimere*  ^ 
und  somit  für  diese  Stelle  nicht  passe.  Die  Bemerkung  ist  richtig 
und  es  mag  hier  wol  ein  ähnlicher  Irrthum,  wie  I,  9,  %7  obge- 
waltet haben.  —  1,  3,  1&  (S.  408)  streicht  G.  nach  dem  Vorgange 
AOn  Bisschop  (S.  6)  die  Worte  t  ftdUcta  iv^^toxmv^  wobei  er  xur 
Begründung  hhizuligt,  da«  «a  Ausdruck  wiet  ot»  %uk  i^xio^ai 
inicttmcci  äs  tbg  wd  alXog  iiaXuna  aw^^^mmmv  «inem  Ifamie,  wie 
klearchos ,  der  schon  so  viele  Jahre  an  der  Spitze  von  Truppen  geatoi- 
den,  nicht  wol  anstehe,  und  dann  fuiXiata  ivd'Qtinmp  sich  recht  gut 
mit  «r  Tig  Kffl  Sllog^  aber  nicht  mit  »g  ug  %aX  SXkag  verbinden  lasse. 
Was  den  ersteren  Grund  aabetrifit,  so  bemerkt  C  Matthia  in  seiner  Aus* 
gäbe  der  Anabasi»  i%  Aufl.  1850)  ganz  trefifend:  «mit  stark  aufgetra- 
genen Farben,  weil  dem  Kl.  Alles  daran  liegt,  dass  Niemand  an  seinem 
Gehorsam  zweifle;*  in  Beziehung  auf  den  letzteren  genagt  es  auf  die 
von  Hertlein  angeführte  Stelle  Gyrop.  111,  2,  26:  iyn  dmcm  Seor  tig 
xorl  SiXog  nXsictop  di^ora  idmu  zu  verweisen,  welche  8telle  auch 
Dindorf  (p.  X)  angezogen  bat  —  h  Zy  18  (S.  40^  will  G. ,  wie  dies 
schon  Bisschop  (S.  6)  vorgeschlagen  hatte,  (pXvaf^üig  in  tpXvuQÜiv  andern, 
mit  dem  Bemerken :  mJ^s  ntMus  preiii  appeUmUur  tpXvaifiai  luA  Xtiffoi, 
oralio  vana  ei  nug^toria  Xi^qog  ata  q^Xva^ia  dieUwr.*  Aber  dieser 
Unterscheidung  widerspricht  die  bereits  von  Kruger  angefahrte  Stelle 
Demosth.  20,  101:  s/  9\  tavxu  Xoyovg  ical  tpitvaQÜxg  eluoi^  q>iicit^  — 
L  3,  20  (S.  408}  schreibt  G.  sUtt  «an  fUr  f  ^«^i  ^^^  keinen  richtigen 
Gegensatz  zu  dem  folgenden  ^«^  Sh  ^vyf  bilde,  «icar  ithw  {tipfi  inai,^ 
Ref.  vermag  nicht  einzusehen,  warum  die  beiden  Gedanken:  «wenn  er 
wirklich  dort  stehe*  (mit  Beziehung  auf  das  vorausgehende:  btl  t^ 
Evipifdtfj  notafi^  alpat)  und:  «^enn  er  aber  auf  der  Flucht  sei*  niohi 
in  einem  richtigen  Gegensätze  zu  einander  stehen  sollen. 

1,  4,  2  (S.  408)  verdächtigt  G.  die  Worte :  ot»  (die  besten  Hand-> 
schriflen  haben  Sfs)  Ticeecipiqvn  9/I12  fjvj  tmL  avvBnoXinst  Kiqqt  xQog 
aixir.  ^Dieendi  ff€mt$,  so  beifst  es  dort,  frawdem  reUgii  in  ^üaq  ^w 
ei  i  Tctp^mg  9vv§woXi(ik8i  Kiqt^;  pueUa  öene  dicitnr  tpiXfi  sTr«»,  ei 
regee  aui  cMtaiee  arma  eoHioeianiee  cvitxoXef^Biw  rede  dicuniyr* 
(vgL  Dindorf  p.  X).    Allerdings  ist  tpikn  hier  befremdlich,  da  man  kein 


060  C9h€i  nopoe  ieeiionei,  ang.  t.  Jt,  ScAemJkü 

anderes  Beispiel  eines  solchen  Gebrauches  nachweisen  kann;  ehe  ■» 
aber  daran  denkt,  deshalb  die  ganze  Stelle  als  unecht  aussaseheidei, 
dürfte  es  doch  geratbener  sein  anzunehmen,  dass  hier  eine  Verderboig 
der  ursprünglichen  Leseart  stattgefunden  hat.  Nun  finden  wir  in  des 
Handschriften  öfters  fpilog  und  tpiXiog  verwechselt,  s.  B.  Cyrop.  V,  8, 
19,  wo  nur  der  cod.  Ouelf.  uns  in  seiner  Leseart  fpltm^  eine  Spur  dei 
ursprünglichen  fpOiiop  erhalten  hat;  dagegen  hat  dieselbe  Handschrift 
%.  23  ip^09,  w&hrend  die  anderen  Codices  das  richtige  fptliaw  darbietes. 
Ich  vermuthe  daher,  dass  fpiXri  ähnlich  aus  tpiXla  entstanden  sei,  wel- 
ches dem  Sinne  unserer  Stelle  vollkommen  entsprechen  durfte.  Was  aber 
owBKöXiyLH  anbetriflft,  so  kann  ich  es  durchaus  nicht  anstößig  fiadeii. 
Tamos  war  früher  Dnterstatthalter  des  Tissaphernes  (Thnc  VJfJ,  Jl,  87) 
und  daher  eigentlich  dem  Kyros  nicht  untergeordnet  Wenn  er  nun  von 
Tissaphernes  abfiel  und  mit  einigen  Schiffen  auf  die  Seite  des  IL^ro« 
trat,  so  konnte  doch  wol  Xenophon  mit  Recht  von  ihm  sagen:  «cd  «vr- 
iiioXiltn  KvQfp  sr^oc  avxov,  —  I,  4,  3  (S.  409)  streicht  G.  die  beiden 
Wörter:  ^Z^w  und  %ai,  so  dass  der  Sats  folgende  Gestalt  erhalt:  aso- 
ctdvxig  naffu  Kvqov  avvBCVifatBvo9xo.  Mir  will  die  Verbindung:  h- 
Tttv^a ....  inoatavxBg  ....  üvPBaz(fat8vovto  durchaus  nicht  als  entspre- 
chend erscheinen ;  man  vergleiche  nur  2,  9  u.  12,  4,  2  und  man  dürfte 
wol  kaum  umhin  können  die  überlieferte  Leseart  gegen  den  Vorschlag 
Cobet's  in  Schutz  nehmen.  Es  sind  ja  doch  hier  zwei  Momente  n 
unterscheiden,  nämlich,  dass  diese  Söldner  zu  Kyros  übergiengen  und  da« 
sie  sich  entschlossen  auch  den  Zug  mitzumachen.  Dagegen  unterliegt 
e8  keinem  Zweifel,  dass  die  Leseart  schlechterer  Handschriften  IdßQonofutj 
welche  schon  Krüger  in  den  Text  aufgenommen  hatte,  vor  der  der  bes- 
seren Codices  'Aßf^oxon^  unbedingt  den  Vorzug  verdient.  —  I,  4,  7 
(8.409)  verwirft  C.  cxQaxriyog  nach  'Jgxdg  als  eine  Glosse,  die  von 
lUnde  in  den  Text  eingedrungen  sei.  Ref.  stimmt  hier  vollkommen  bei, 
da  die  Bemerkung  Dindorfs  (p.  H),  dass  eine  solche  Bezeichnung  doch 
bei  den  beiden  Namen,  Xenias  und  Pasion,  hStte  beigefugt  werden 
müssen,  schwerlich  zu  widerlegen  sein  dürfte.  —  I,  4,  8  (S.  409)  be- 
spricht G.  die  Imperativformen  auf  —  itmcuv  und  —  ic^mecLv ,  über 
die  er  schon  früher  S.  327  ff.  gehandelt  hatte.  Er  stimmt  hiebei  gaiis 
dem  von  Elmsley  im  Mus.  Grit.  Jahrg.  1816  ausgesprochenem  Drtbeile 
bei,  wornach  diese  Formen  erst  dem  Makedonischen  Zeitalter  angehören 
und  daher  in  allen  Schriflstellem  vor  dieser  Zeit  ohne  Weiteres  zu  be- 
seitigen sind.  Allerdings  sind  die  Formen  auf  —  izmcav  oder  ic^meav 
viel  jünger,  als  die  auf --  ovzav  und  —  iod-avi  es  sind  periphrastiscbe 
Formen,  die  mittelst  eines  Hilfsverbum  aus  der  dritten  Person  des  Sin- 
gulars (.^<D,  -ic^m)  gebildet  sind  (vgl.  Gurlius^  die  Bildung  der  Tem- 
pora und  Modi,  S.  273  ff.)*  Bei  Homer  finden  sie  sich  noch  gar  nicht, 
im  dorischen  Dialekte  verhältnismäfsig  spät  (Ahrens  S.  296).  Aus  den 
Sammlungen,  welche  Matthiä  in  seiner  Grammatik,  I,  S.  442  und  463, 
angelegt  hat,  erhellt,  dass  diese  Formen  wol  bei  den  besten  attischen 


CBbet  nppae  ie€iione$,  ang.  v.  A,  SckenkL  861 

Prosaikern,  aber  im  Ganzen  doch  \iel  seltener  als  die  alteren  erscheinen. 
Wenn  nun  diese  Formen  wirklich  blofs  von  Abschreibern  eingeführt  sein 
sollten,  so  mussien  sie  doch  in  einer  weit  grttfseren  Zahl  erscheinen  und 
die  älteren  Formen  müssten  sich  nur  zufallig  in  einzelnen  Beispielen  er- 
halten haben.  Denn  warum  hätten  die  Abschreiber  blofs  eine  oder  die 
andere  Form  umgeändert  und  die  anderen  ruhig  an  ihrer  Stelle  gelassen  ? 
Wie  kommt  es  ferner,  dass  die  Handschriften  an  fast  allen  diesen  Steilen 
übereinstimmend  die  jüngere  Form  darbieten?  Bevor  nicht  diese  Zweifel 
auf  eine  entsprechende  Weise  beseitigt  sind,  kann  ReL  unmöglich  die 
Überlieferung  preisgeben.  —  I|  4,  9  erklärt  Bisschop  (S.  8)  die  Worte: 
üi9\  Tas  ««^iaTC^«(  für  die  Randbemerkung  eines  Lesers,  der  aus  an- 
deren Zeugnissen  (z.  B.  Stob.  Flonleg.  97,  31)  wusste,  dass  die  Syrer 
nicht  bloCs  die  Fisehe,  sondern  auch  die  Tauben  für  heilige  Thierc 
hielten,  und  bemerkt,  dass  Xenophon,  wenn  er  etwas  der  Art  hätte  be- 
richten wollen,  jedenfalls  äansQ  ovdh  t,  n,  gesagt  haben  würde.  Cohet 
bringt  (S.  409)  dieselben  Gründe  vor,  ohne  jedoch  den  Namen  Bisschop's 
zu  nennen.  Nun  lassen  sich  die  bezeichneten  Worte  noch  zur  Noth 
durch  die  Annahme  eines  Oberganges  aus  der  relativen  Satzverbindung 
in  die  demonstrative  erklären;  aber  man  dürfte  wol  nirgends  ein  ganz 
adäquates  Beispiel  einer  solchen  Gonstruction  auffinden.  Dazu  kommt, 
dass  diese  kurze  Erwähnung  der  mqiotiqul  jedenfalls  einen  befremden- 
den Eindruck  hervorbringen  muss,  da  Xenophon  sich  sonst  bei  seinen 
Berichten  in  gemülhlicher  Breite  ergeht  —  1,  4,  12  (S.  409)  billigt.  C. 
die  Gonjectur  Schneider's  xot^  ngotagop ....  ivaßaci  statt  des  überlie- 
ferten: totg  nifOtiQOig,,..avaßäai.  Es  genügt  auf  Cyrop.  VIII,  7,  .9 
tiß  nQoxi(^(p  ywo^ivqty  An.  I,  5,  14»  VI,  3,  5  und  Sturz  Lex.  Xen.  T.  lU, 
pag.  743  zu  verweisen,  um  die  ül>eriieferte  Leseart  zu  vertheidigen. 
Dagegen  hat  G.  wol  Recht,  wenn  er  ebendaselbst  die  Worte  na^a  %Q9 
nati^a  tov  Kvqov  als  ein  Glossem  ohne  Weiteres  beseitigt  —  I,  4, 13 
(S.  409)  verdächtigt  G.  nach  dem  Vorgange  Bisschop 's  (S.  9)  die  Worte : 
MotiQov  iipopxM  Kvgqt  ^  ov,  mit  dem  Bemerken:  «imim  pMÜtrqumn 
quod  frlgidiuima  iuni,  non  nmi  Aaee  more  Graeco  f^rwmta  negne 
apte  composUaJ*  Dasselbe  behauptet  auch  Bisschop  und  meint,  da»s 
Xenophon  jedenfalls  oitots^ov  hffotpto  geschrieben  haben  würde.  Ref. 
vermag  nicht  einzusehen,  was  denn  in  diesen  Worten  ungriechisch  sein 
soll;  dass  die  Form  der  directen  Frage  auch  nach  einem  die  Frage  ein- 
leitenden Satze  beibehalten  werden  kann,  hat  Kruger  in  seiner  Ausgabe 
erwiesen;  wenn  aber  in  dem  Subjectsatze  die  directe  Form  beibehalten 
wird,  so  kann  wol  auch  im  appositionellen  Satze  keine  andere  Frage- 
form eintreten.  Wollte  man  übrigens  alle  Epexeges«n  in  den  Schriften 
Xenophon's  beseitigen,  so  würde  man  dieselben  auf  ein  bedeutend  ge- 
ringeres Volnmen  beschränken.  —  1,  4,  14  (S.  409)  will  G.,  wie  dies 
auch  schon  Bisschop  (S.9)  vorgeschlagen  hatte,  statt  «surd^TS  :  «^^ijff^a 
herstallen  und  ebenso  g.  16  insid-owto  in  ini^wxo  umändern.  Was 
hindert  uns  aber  iav  ykoi  nBtcd^xB  zu  Übersetzern  «wenn  ihr  euch  vpn 


mir  übeneagen  lasset*,  wodurch  sowol  das  PassivuBii  als  der  Dtfnr 
seine  entsprechende  Erklärung  findet?  Auch  an  dem  >Imperf.  Aw/^mto 
möchte  ich  festhalten;  es  hebt  gegenüber  dem  folgenden  ^Mfiifcmw  her- 
vor, dass  diese  Folgeleistung  nicht  ein  momentaner  Act  ^ar,  soDÖen 
erst  nach  einiger  Überlegung  erfolgte.  —  i,  4,  17  (S.  410)  sireieht  €. 
nach  dem  Vorgange  Bissehop's  (S.  11)  die  Worte  in6  t&v  «ofvjMv, 
die  allerdings  ganz  das  Aussehen  eines  Olossemea  haben. 

1, 5, 2  (S.  410)  wird  die  Conjectur  Porson's  «r  ^avctcmv  alall  des  btoftcn 
Eotcca€i9  empfohlen«  Dass  Sv  hier  stehen  kann,  unterliegt  wol  keinem  ZwdM ; 
aber  eben  so  gut  kann  wo]  auch  der  blofse  Indioativ  eines  PriteritiiiD 
vorkommen.  Die  Partikel  av  drückt  ja  nicht,  wie  man  früher  annabB, 
die  Wiederholung  der  Handlung  aus  (dies  wird  vielmehr  doreb  das 
Tempus  angedeutet);  sondern  «ie  bezeichnet  bloCs,  dass  diese  Wieder- 
holung unter  gewissen  Bedingungen  stattfand.  Weiterbin  nimmt  G.  IS.%12) 
mit^Recht  Anstols  an:  sroililol  dh  in^ov^ol  oi  peytilot,  da  später- 
hin deutlich  das  Femininum  gebraucht  wird:  ^evyovera,  «fj^ootfce,  29*~ 
fiivi}.  Offenbar  verdanken  die  Masculinformen  der  Adjeeliva  einem  br- 
thume  der  Abschreiber  ihren  Ursprung  und  man  wird  unbedenklich  sai- 
Itd  91  ax^,  at  fieyaXai  herstellen  können.  Dagegen  geht  C  viel  zu  weit» 
wenn  er  sogar  td  pkBjiXui  ungriechisch  nennt,  da  es  vielmehr  xSv  pt- 
filnp  lauten  müsse.  Dindorf  (p.  X)  verweist  mit  Reeht  auf  V,  4,  tf: 
Kaffva  ^v  noXli  tu  ^Xatia.  Auch  darin  «irrt  G. ,  daas  er  behauptti, 
CT^ot^os  sei  nie  als  Masculinum  gebraueht  worden,  da  wir  doch  bei 
Arist.  de  part.  anim.  IV,  14  atifov^og  6  Atßvxog  lesen.  Endlieh  be- 
rührt G.  noch  die  Worte:  Sucdszoiievoi  toig  tnnotg  und  erklärt  t«^ 
tnnoig  für  eine  Glosse.  Da  sich  diese  beiden  Wörter  im  Par.  C.  sor 
von  dritter  Hand  unter  der  Zeile  geschrieben  finden  und  Demetr.  de  eloc. 
93  unsere  Stelle  ohne  diese  Worte  anfuhrt,  so  werden  wir-nicht  ansteben 
dieselben  zu  beseitigen.  —  1, 5, 9  (S.  412)  verdächtigt  G.  hta^iitxoy  da  in  die- 
sem Satze  ein  Verbum  nicht  nothwendig  und  tcd^eftatei  nicht  das  passeiide 
Wort  für  diese  Stelle  sei.  Allerdings  kann  in  solchen  Nebensätzen  das  Verbmn 
fehlen ,  da  man  es  aus  dem  Verbum  des  Hauptsatzes  leicht  ergänzen 
kann;  aber  ebenso  häufig  wird  man  auch  im  Nebensätze  ein  beaondereä 
Verbum  finden.  So  steht  auch  hier  K«^i£c«tei  synonym  .dem  voraus- 
gehenden Biatifißav,  vgl.  Gyrop.  IV,  6,  41;  V,  ^,  ft5.  —  WeiterhiD 
beanstandet  G.  ana(fa9%tvaetoTi(fip  und  ^xolaMViQOv ,  wofür  er  «hm- 
^aaiisvotiifc>  und  cx^laitiifov  bersteilen  wilL  Die  letztere  'Beeserung 
unterliegt  keinem  Zweifel  und  ist  auch  schon  von  Dindorf  in  den  Text 
aufgenommen  worden ;  die  erstere  'ist,  wenngleich  auch  Dindorf  (p.  XX) 
dieselbe  billigt,  entschieden  zurückzuweisen.  Warum  soll  nicht  l^eno- 
phon  die  beiden  Wörter  anaf^Mwiecvog  und  iiM^amiß^s  neben  eiti- 
einander  gebraucht  haben?  Ersteres  findet  sich  aufser  dieser  Stelle  noch 
An.  n,  3,  21,  Gyrop.  0,  4,  16,  letzteres  An.  1,  1,6,  Gyrop.  V,  4,  49, 
VII,  6,  Ä5,  Gomm.  111,  4,  11 ;  Gyrop,  V,  4,  42  ist  die  Lesearl  unsicher. 
Endlich   will    C.   noch   am    Ende   dieses    Paragraphes   inanaö^i   in 


C^ket  tiopue  ieetianeit  ang.  v.  Jt.  SchenlU.  8^3 

du9wi^M  Sadeni,  indem  er  bemerkt :  «dt«0M0dtti  öme  diewUur  t« 
K^MQQw  avptatmv«  %td  avwii^oMfikiva  postquam  quseumque  4ie  cama 
dUiecitt  et  dUiipiBta  tuni,  tU  iaepiu»  aeiet  vsi  ordimes  äictmiur 
di9€ni9^ai,  QnUra  guae  eoßiae  divenii  tocis  in  late  putenie  HH- 
periQ  Pergamm  ermU  äitpertae  Hiicnu^hui  ^<rafr,  ut  iasulae  in 
wUiri  pa$io,*  Nun  beatand  das  Heer  des  Königs  aus  mehreren  Armee- 
Corps,  welche  aus  den  Trappen  der  einzelnen  Satrapien  gebildet  wur- 
den. Zu  diesem  Bebufe  waren  gewisse  Platze  bestimmt,  wie  z.  B. 
KtaitmXov  %Mov  (l,  i,  ft) ,  wo  sich  dieselben  zu  versammeln  hatten. 
Die  Truppen  der  Satrapien  waren  wieder  als  Garnisonen  in  die  ein- 
seinen  festen  Platze  und  Gestelle  irerlegt.  Erwägen  wir  diese  Verhält- 
nisse, so  wird  uns  der  Ausdruck  äiMneps^m  gewiss  nicht  befremdlich 
erscheinen«  —  I,  5,  10  (S.  413)  schreibt  G.  nach  dem  Vorgange  von 
Bisschop  (S.  11)  hf9ft£fiinla9tnf  statt  des  überlieferten  iniiinXetaav ,  in- 
dem er  sich  auf  die  Leseart  bei  Suidas  s.  v.  xap^ij :  ifininXaeecv  be- 
ruft, welche  sich  auch  im  Vat  A.  und  Oxon  B.  findet.  Aber  das  ver- 
bum  Simplex  findet  sidi  nicht  blofii  bei  Herod.  I,  194,  sondern,  wie 
auch  Gobet  selbst  bemerkt,  bei  Plat  de  rep.  ^,  686,  b,  Gorg.  493,  a. 
Warum  also  soll  es  bei  Xenophon,  der  doch  in  seiner  Sprache  so  viel 
Eigenlhumliohes  hat,  nicht  geduldet  werden?  Die  LesearX  ifininlMav 
aber  ist  niehts  als  ein  blofser  Schreibfehler.  —  I,  5,  16  (S.  413)  wird 
statt  des  überlieferten  ««Tciiuxo^t<r<&at :  «aronco^cir^ai  (d.  i.  Kutrimd- 
ttiia^c^tu)  Yorgeschlagen ,  da  der  Sinn  nothwendig  Üieses  Tempus  er- 
fordere. Ret  meint,  dass  diese  Besserung  nach  dem,  was  Kruger  und 
EQhner  über  die  StHle  beikierkt  haben,  keiner  enrttlfchen  Widerlegung 
bedürfe.  —  I,  6,  17  (8.  413)  will  G.,  wie  dies  schon  Bisschop  (S.  12) 
vorgeschlagen  hatte,  statt  iv  ktvx^ih  iavtov  herstellen.  Auch  hier 
vermag  ich  nicht  einzusehen,  warum  denn  die  beiden  Redensarten  iv 
Ittoto«  oder  h  iaw^  yCyvc^ai  lilvai)^  welche  beide  vom  Stand- 
puncto  der  Grammatik  aus  als  vollkommen  richtig  erscheinen,  nicht 
selben  einander  bestehen  können.  Wie  an  dieser  Stelle,  so  lesen  Wir 
.  auch  bei  Soph.  Phil.  960  ulXa  wp  h'  h  eavt^  fBvov, 

1,  69  11  (8.  414)  bemerkt  G.,  wiederum  nach  dem  Vorgänge  von 
Bisschop  (8«  13):  4*iiM^ow  9\  orUot  aXXn^y  em^ndandum  esi  SXkog 
aXXmg,  0t§niam  §^in§ulorum  in  taii  re  eoniecturae  eue  soteni.* 
Denkt  man  sich  jede  der  verschiedenen  Meinungen  durch  eine  gröfsere 
Anzahl  von  Personen  vertreten,  so  ist  der  Plural  vollkommen  berechtigt. 
Ebenso  lesen  wir  VI,  Z,  7  SXXoi.  dh  SZXu  imti^Bvto. 

1,  7,  3  (8.  414)  spricht  G.  über  die  Elisionen  und  Krasen  in 
attischer  Proea,  welche  die  Abschreiber  gewöhnlich  vemachlfissigt  haben 
soUen.  Man  mfiase  daher  ^ne  Scheu  auch  gegen  die  Handschriften: 
a9»*  C9fr,  ««9*  *J»ffpaio£  u.  s.  w.  herstellen.  Ref.  meint,  dass  diese 
Frage  so  leicht  nicht  abzuthun  sei.  Allerdings  wurden  derlei  Vocale  im 
Sprechen  unterdrückt;  aber  daraus  kann  man  noch  nicht  den  sicheren 
Söhluss  ziehen  y   dass  alle  Formen   der  Aussprache  immer  auch  in  der 


«64  Cokei  nottae  ieeUones,  aog.  v.  AT.  Sdkemki. 

Schrill  dargettellt  wurdeiu  Diese  Frage  kann  nur  nach  morgfSiügtt  &- 
fonehttog  der  Schreibweise  auf  Inschriften  und  der  besten  Handschrif- 
ten einigermafsen  gelöst  werden.  —  I,  7,  4  (S.  414)  wird  statt  ttl^ji- 
vsc^aix  aicxvviic^cu  vorgeschlagen:  mit  Unrecht,  da  man.  obeiseliiB 
muss:  «es  wandelt  mich  ein  Qefuhl  von  Scham  an  bei  dem  (Mia- 
ken,  wie  u.  s.  w.'  —  1,  7,  6  (S.  414)  will  C,  wie  dies  aneh  ichm 
Bisschop  (S.  14)  empfohlen  hatte ,  die  Worte  tov  tuwBw^av  s^oMviag 
streichen,  was  auch  Dindorf  (p.  IX)  billigt.  Auch  Bet  kann  nicht  oahb 
diese  Worte  anstöfsig  xu  finden;  mag  man  nua  nit  Poppo  abersetsea: 
^guod  in  taU  pericuio  tis,  quippe  guod  oßpr^Uffuef  oder  mag  naa 
die  Worte  als  absoluten  Genitiv  mit  causaler  Bedeutung  fassen,  so  hMt 
doch  der  Ausdruck  immer  so  gezwungen  und  unnaturlich ,  dass  man 
recht  wohl  auf  die  Vermuthung  kommen  kann,  es  sei  der  Text  durch  ein 
erklärendes  Glossem  entstellt  worden.  Ebenso  wird  man  Cobel  darin 
Recht  geben  mfissen ,  dass  er  (S.  824)  die  in  diesem  Paragrapbe  von 
allen  Handschriften  dargebotene  Optativform  (liiikifoio  als  eine  Cnform 
verwirft  Der  Ursprung  dieser  Leseart  wird  sehr  begreiflich,  wenn  mso 
sich  die  Schreibweise  MEMNOIO  vor  Augen  stellt  Dagegen  dürfte 
C.  entschieden  im  Irrthume  sein,  wenn  er  die  Form  ii^iLw^pLiiv  ver- 
wirft und  blofs  die  freilich  gewöhnlichere  ntfuf^fijiv  gelten  lassen  will 
Es  genügt  in  dieser  Beziehung  auf  die  eingehenden  und  scbarlsionigeD 
Erörterungen  Buttmann's  Ausf.  Gramm.  I,  S.  426  ff.  zu  yerweisen.  — 
1,  7,  9  (S.  415)  wird,  wiederum  nach  dem  Vorgange  Bis8ohop.'8  (S.  ISK 
statt:  ofa  yaQ  aoi:  oUsi  yocQ  av  geschrieben,  und  zwar  mit  Recht,  da 
das  folgende  m  Kvqs  eine  Erklärung  des  aoi  geradezu  unmöglich  maehl 
—  I,  7,  13  (S.  416)  werden  die  Worte  (i(tä  x^v  iJ^dirjp  als  unecht  be- 
zeichnet Gewiss  eine  sehr  wahrscheinliche  Vermuthuog ,  da  sonst  das 
folgende  sicher  echte  vatsQov  vollkommen  überflussig  wäre.  Es  ^ird 
dies  um  so  glaublicher,  als  auch  die  Worte  ix  xav  nolefi^mv  von  kiel 
und  Mehler  Mnemos.  vol.  I,  p.  209  als  ein  blolses  Glossem  naclige< 
wiesen  worden  sind.  —  1,  7,  18  (S.  416)  streicht  G.  ar^drf^oy  nach 
^liigag,  was  auch  Dindorf  (p.  IX)  billigt,  der  übrigens  nach  den  Spuren 
der  ursprünglichen  Leseart  im  Codex  C. :  xy  ivdtnarii  an*  ixtivrii 
ifiiQOi  herstellt.     Beiden  Vorschlägen  stimmt  Ref.  vollkommen  bei. 

Die  Worte  1,  8y  6  HysTai  dh  xttl  tovg  allovg  lÜQaag  ^iXaii 
xaig  netpalaig  iv  xm  noXifim  dtauLvdvvsvfiv  sind  schon  von  Wytteii- 
bach  und  Weiske  als  unecht  bezeichnet  worden,  welchem  ürtheile  Din- 
dorf und  Cobet  (S.  416)  beistimmen.  Ref.  hatte  früher  die  Echtheit  der 
Stelle  zu  vertheidigen  gesucht  (vgl.  diese  Zeitschrift,  1857,  S.  623): 
aber  die  Bemerkung  Cobet's,  dass  iv  x^  noXifi<p  bei  Attikem  nie  gleich 
einem  iv  xaig  fidxccig  gebraucht  werden  könne,  spricht  entschieden 
dafür,  dass  wir  hier  ein  Glossem  vor  uns  haben.  —  I,  8,  13  (S.  416) 
meint  C,  dass  die  Antwort  des  Klearchos:  ort  avx^  (liloi  anmalseod 
klinge,  und  daher  wol  ftfXifaot  herzustellen  sei.  Nun. haben  wir  aber 
für  die  überlieferte  Leseart  das  Zeugnis  des   Plutarchos  Artox.  cap.  VIII 


Cßäii  mmae  ieeiianeif  aog.  v.  H  SekenkL  865 

6  ^  avt^  [kiletif  tlnrnv y  onmq  S£m  utiXXwta^  xh  %&0  Bikp^Hf^iv; 
dann  erkenne  ictr  in  den  Worten  i    «ich  sorge  söbon  dafür ,  dass  ...  * 
nicht  80  sehr  eine  AnmaTsung,  als  ein  zu  starkes  Selbstgefühl,   welches 
auch  Plutarehos  in  der  eben  angeführten  Stelle   strenge  tadelt  —  I,  8, 
18  (S.  417)  yerdachtigt  C.  die  Worte:    Xiyovci.  di  %i.v9q   iq  «al  xaZ^ 
icniai  HQog   %a   doQota   idovnfiactp   tpofiov   noiovneg    tol^g    tnnoig* 
Er  nimmt  zuerst  Anstofs  an  liyovci,  das  doch  von  Xenophon,  als  einem 
Augenzeugen,    nicht  geschrieben  sein  könne,    dann  an  dem  Ausdrucke 
xaig  icnici  nQog  xä  d.  dovmtv,  da  Xenophon  An.  IV,  5,  18  tag'  acni- 
dag  nQog  xä  doifaxa    ixQovcav    sage,  endlich   an   tpoßov   notBtiß  T*y«, 
wofür  hei  den  Attikem  icaQi%uv  oder  iiunou^v  gebraucht  werde.    Nun 
haben  wir  aber  auch  für  diese  Stelle  ein  sicheres  Zeugnis  in  einer  von 
Hutchinson  bezeichneten  Nachahmung  des  Arrianos  Anab.  1,  6,  4  o  dl 
«al  inaXaXu^at  i%iX$vas  xovg   Mansdoifag  %al   xotg  dogaüi  dovnijcai 
VQog  xäg  acnidag,  das  um  so  gewichtiger  ist,   als  Xenophon  das  poe- 
tische dovnog  noch  II,  %,  10  gebraucht.    Hiermit   ist  wol  das  zweite 
Bedenken  erledigt.    Was  die  Redensart  tpofov  noietv  xiin  anbetrifft,  so 
wird  sie  durch  xiQtpiv   noiitv  xivi   Comm.  111,  10,  8  hinlänglich  ge- 
schützt   Endlich   wird  man  die   Bemerkung  Krüger's  ife  oi^A^iil.  Xrfi. 
Anaö,  p.  6  und  de  Ken,  vüa  p.  13  >   dass  Xenophon  absichtlich  solche 
Ausdrücke  gebraucht,  um  seine  Autorschaft  zu  verbergen,  nicht  so  leicht 
hinwegdisputieren  können  $  man  vergleiche  nur  1,  10,  1 ;  V,  4,  34.  Will 
man  aber  durchaus  diese  Erklärung  verwerfen,'  so  kann  man  sich  ja  an 
die  von    Bornemann   vorgeschlagene   Interpretation   halten:    ^Sed  fleri 
eiiam  potuUy  ut,  dum  in  Xenophonits  ticinia  Marti  eurreniei  aectne- 
bantf   in  alin  exereilus  parte  id  ipsutn  fitcereni  miiitet,  quod  hie 
feciae  perkiöentur.*  —  I,  8,  2«  (S.  417)  sehreibt  C.  nach  dem  Vor- 
gange von  Bisschop  (S.  16)  h  rigiütn  av  XQ^^Vt   welche  Vermuthung 
Uertlein  und  C.  Matthiä  billigen  (Letzterer  schreibt  imiön  av  iv  XQovmy 
vgl.  sein  Programm  über  die  kritische  Behandlung  der  Anabasis,  Qued- 
linburg 1853  >   S.  7  9   Anm.  12).    Da  aber  sich  noch  mehrere  derartige 
Dative  in  attischer  Prosa  finden.,    wie  Hell.  I,  5,  1   oi  noXXm   tq^inp, 
II,  3,  15  x^  nqmxtp   x^ovip,  PlaU  Euthyd.  303,  e  oXtytp   X9^^9  (wo 
Heindorf  h  o.  x^»  schreiben  wollte),  so  wird   doch  die   Oberlieferung 
festzuhalten  sein.  —  1,  8,  26  (8.  418)  schlägt  G.  vor:  mg  tpriat  Kxriatag 
6  laxQog ,    o  g   %al  (so  auch  schon  Buttmann)    laaaa^'ai   avrog   x6 
XQavftä  tpriciv.    Die  erstere  Vermuthung  ist  bereits  von  Bornemann  und 
Kühner  mit  triftigen  Gründen  widerlegt  worden;    die  letztere  gewinnt 
an  Wahrscheinlichkeit,  wenn  man  Flut  Artox.  c.  XVIII  lacaa^ai  dl 
Kai  xovxo  (fTiaiv  o  Kxticiag  vergleicht    —    1,  8,  27  (S.  418)  wird  zu 
den    Worten:    onocoi   fihp    xmv    afttpl    ßaöiXia  inid^e%ov    Kxrjetag 
Xiyet  folgendes  bemerkt:  ^Apertum  est  Xenophontem  hoc  dixiaes  ti 
gnii  reguirat  numerum  ^orum ,  gut  ex  copiis  regiii  (7)  oeci$i  eint, 
iHiUi  ret  notitiam  a  Ctesia  esse  petendamy  namgue  iiium  apud 

Zeiituhrifl   f    d.  S^terr.  O^mnit.  1860    XI.  llafr.  59 


a«g  eobii  mmae  inikmei.  Mg.  v.  M.  SekemML 

tigern  ium  fili$9i.  Bane  ieniefUitun  sie  reüUmes,  ui 
Xiyi%m,  gma  fiMmß  dUmdi  m  UtUäu$  usUaSa est,  mi  i 
Ref.  yerm/ig  »ichl  mbzvsiAmii»  warum  die  übeiliefMte  Leseart  t  cdaim 
berifshtet  ^fteeias  (und  somit  IbIi  Dicbt),^  keinen  befriedigeadeo  Bim 
geben  eolL  -r-  I,  8,  S8  (6.  418)  wird  wiederati  naeb  dem  Veigaagi 
Yon  Bisscliop  (8.  17)  ^qinmw  nach  pi^ntev^^mw  §e«trielieB.  Eine  tehr 
wabrecheinlicbe,  aueb  von  Dindorf  gebilljgie  Vermathnng. 

I,  9>  i5  (S.  418)  scbwankte  man  Insber  bwiscImb  den  Leeetrteii 
a|iow  und  ^iteve^tu,  welcl^e  letztere  Dindorf  maa  dem  8piim  im  eed. 
Q.  eruierl  batte;  unstreitig  aber  trift  Qobet  mit  seiiieF  YermntlNing: 
iiimf  das  riebtige.  ^  Ebendaselbst  will  €.  mt^  naeh  J^ihpim  als 
eip^  plqsse  beseitigen ,  da  es  mit  dem  folgenden  Xö^mw  tdeht  stimme. 
VieUeicbt  aber  laset  es  sieb  doeh  Mi<n,  wenn  wir  amebmeB,  dass 
Kv^9P  nur  mit  paebdrucklicber  HerYorfaebung  des  Namens  (y§1.1\,8,8^ 
stittt  des  entsprejBbenden  Nomens  gesets^  sei.  r^-  i ,  9 »  M  (8.  419)  will 
C.  ^Wfi  Ißi^V  1t  ^Q  ^^ov  bersteUeni  da  der  Spraehgebrauch  der  Attiker 
tfiese  Pertpkel  erfordere.  Wir  verweisen  einfscb  auf  die  Bemerkungro 
Sübiwf*s  und  auf  Kruger  g.  67,  10,  18. 

I,  (8,  1  (8.  *80)  verdaebUgt  C.  die  Worte  t  nml  ot  eim  mitd, 
in^m  er  Annimmt,  dasf  sie  ans  g.  2,  wp  sie  am  Platze  seien,  filscl»- 
(i^b  in  4iose  zuteile  übertragen  worden  seien  $  ebenso  will  er  g.  ! 
tßi^ßavH  beseitigen  nnd  das  entspreehende  Verbum  duroli  ein  Zeugsu 
aus  di^^frcfjfotf  t  ergünzen.  Was  die  erstere  Vermutbung  Anbetrifft,  so 
konnte  man  sie  nopb  eber  als  wahrscheinlich  bezeichnen,  wiewol  Kfibner 
und  Krüger  mehrere  Beispiele  derart  nachgewiesen  haben  und  auch  die 
Wiederholung  desselben  Ausdruckes  bei  Xenophon  nicht  befk^emden  kaoo. 
Die  letztere  Vermutbung  aber  ist  ganz  unwahrscheinlich ;  denn  eiDBul 
bringt  ein  solches  Zeugma  eine  Härte  in  die  Construfttion ,  die  mit  drr 
breiten  und  bequemen  Schreibweise  Xenopbon's  nicht  recht  verträglirh 
erscbfipts  dann  dürfte  wol  lufj^pn  sich  gans  gnt  erklären  lass<>B, 
wepn  wir  Mbersetzen :  «er  nahm  diese  Frau  bei  der  Plünderung  des 
Lagf rs  als  Seuteanlheil  für  sich.'  Dass  gleieh  darauf  ktm^^ieic»  in  eimt 
etwas  i^i^deren  Bedeutung  erscheint,  kann  i^o)  nicht  befvemden,  da  sieb 
für  einep  derartigen  Wechsel  genug  Beispiele  beibringen  lassen. 

So  haben  wir  denn  nun  alle  Conjeelusen,  welche  Cobet  in  seioen 
Novae  ieciianee  für  das  erste  Buch  der  Anabasis  mitgetbeilt  bat,  aus- 
führUft^  l^esprQcben.  Pas  Resultat  dieser  Onlersucbung  ist«  wie  man 
sieh^,  dass^l)^,  welche^  sich  am  Ende  unserer  Besprechung  der  Beitrage 
zi^r  gr^^k  d«r  Helena  herausgestellt  bat.  Auch  hier  trafen  wir  so 
manche  Besserungen,  die  von  dem  glimzenden  Talente  dreses  Kritikers 
Zeugnis  geben  f  vieles,  was  wir  zurückweisen  mussten,  ist  doch  geist- 
reich versucht  und  scharfsinnig  begründet.  Daneben  aber  zeigen  sieh 
auch  dieselben  Maogel,  die  wir  früher  weiUauBger  besprochen  haben, 
besonders  muss  es  noch  auffallen,  dass  Cobet  die  Gonjecturen  BisscbopN 
so  oft  als  die  seinigen  erwahni,  den  Namen  dieses  geistreichen  Kritikers 


/iftfffArr,  Lat-dentsehes  8cfaulW0H«rlmcli,  ang»  V^  IL  BMkr.    967 

oirgeiidB  erwähnt»  ein  üiisUk>d>  d«r  dein  Tadel  ühMtTn  (p.  Yilt)  niehl 
entgangea  üt  Auf  ^nndlage  4t€  in  dtn  NM^  MtioiuSy  und »  wie 
obeil  gesagt  wordea  iit>  aolion  firolMr  in  ^er  üfnamdsyBe  gegebene« 
kritiseiien  Bedietkungen  xn  Xenophons  Anabasia  hat  Gobei  eino  niedliche 
TextaiMgabe  diea«r  Schrift  erscheinen  lassen  {Xmapkonili  ^xpedtiio 
Cifri  in  Mium  Hhoktnm  ememknrti  C  C.  CoM,  Leydeil»  Brlil,  I859i 
kL  g.,  VI  und  MS  Selten,  ton  denen  184-^296  elDcn  imkx  ma^nmm 
enthalten  $  Preis  1  Fr.  20),'  in  deren  Vorrede  er  verspricht,  falls  diese 
Ausgabe  Beifall  finden  solltf ,  alicb  eine  ittinliche  der  hellenika  und  der 
Reden  des  Lysias  an  Teranstalten.  Daaa  wir  von  ünseretn  codserirativeil 
SlandpmMtte  ans  mit  d^lei  Aasgaben  nicht  dUTerstanden  dein  können, 
erhelli  rar  Genüge  aas  dem  bereits  gesagten. 

Schon  die  LSnge  dieser  Anaelge  beweist  hinlinglieh,  Welchen 
Werth  Ret  auf  das  eben  besprochene  Bach  legt ,  und  auch  der  Inhalt 
derselben  hat  dies  gewiss  hinreichend  dargethan.  Ed  bedarf  somit  kauai 
der  Versicherung,  dass  wol  kein  Philologe  dieses  Buch  entbehren  kann, 
nnd  es  datier  aaeh  für  die  Bibliotheken  der  Gymaasieü  eine  schitzensi- 
werfhe  Acquisition  sein  wird. 

Innsbruck.  Karl  Sdhenkl. 


Lateinisch -deutsches  Schultvörterbach  YOn  C.  P.  In^efslet, 
Prof.  und  Rector  des  Gymnasiums  zu  Kolding.  Zweite  verbesserte 
Auflage.  XII  u.  945  6.  8.  Braunsobwelg,  P.  Vieweg  u.  8ohil|  1865^ 
—  i  Thir.  25  Sgr.  oder  3  fl.  85  kr.  ö.  W. 

In  dem  vorliegenden  Lexikon  ist  die  Aufgabe  eiiiei  Schul-' 
Wörterbuches  su  bestimmterer  Begrenxung  gelangt,  ata  dies  gewöhnlich 
SU  geschehen  pflegte.  Der  Verf.  hat  es  nfimlieh  aoadrüekllch  aufgege«^ 
ben,  den  geaammten  Wortsehata  der  römfsehen  S^^riftstellifr  xti  ver-* 
seiehnen,  sondern  hat  sieb  auf  den  Woilschalit  d^eidg^tt  Atftdfeu  be^ 
achriakt)  welche  für  die  Schul«  wirklich  in  Betradit  koinikien  köttfen, 
also  im  WesentHchen  auf  die  ScbrSflstdler  dea  goldenen  uitd  sffbemen 
Zeitalters ;  für  diesen  Bereich  aber  bat  er  tu  t\t\k  tdf  Aufgabe  gettiacht, 
eine  vollkommen  ausreidiende ,  durch  tweckmfifeige  Attordnung  txxHa 
Verstlndnis  der  Worte  fahrende  Recheuschalt  zu  geben.  IHt  Raütn  also, 
welcher  durch  Binweglassung  einer  Mettge  VOn  Worten  gewonnerd  wird, 
welche  für  die  Schule  biober  Ballast  sind,  soll  im  eingehenderer  Be- 
bandlung  des  für  die  Schule  wirklich  erförderlichen  benützt  werden. 
Man  bat  es  wol  diesem  treffenden  Gedanken  znzosifbreiben ,  dairs  dieses 
Lexikott  sogleich  bei  seinem  Erscheinen  iit  der  (feutsbhefl  Schnfweft  dfä 
gunstigsfe  Aufnahme  und  bereits  durch  Obersefkung  Xtt  aridere  lebende 
Spraehen  (a«  B.  in  die  hoHIndische,  Leiden,  1858,  in  die  magyaritfdie, 
KUrasenburg  1856)  Verbreitung  atich  über  dei^  8reü  der  deutschefi  Gym- 
nasien hinaus  gefunden  ha«.  Aber  tiiaif  kant»  deA  Begriff  des  Schulwörter- 
buches, von  dem  der  Ve#f.  ausgegangen  ht,  als  rifhtig  anerk elften  utii 


8$6    IngeriUVf  Lat-deutsehes  SehulworUrbuch,  ang.  ▼.  X.- BaMet. 

die  BedentuDg  ToUkommen  würdigen,  welche  die  gediegene  AuslQliraBii 
desselben  für  die  Helrstellang  eines  durchaus  xweckmäfsigen  Schnlbiicka 
haben  würde,  ohne  darum  diejenige  Ausfuhrong  zu  billigen,  weMi« 
jener  Gedanke  in  dem  vorliegenden  Werke  gefunden  hat.  GegenGbei 
den  Beurtheilungen  in  mehreren  Zeitschriften ,  welche  bei  manebeo  bf- 
richtigenden  oder  tadelnden  Bemerkungen  su  dem  einzelnen  das  ganu 
lobend  anerkennen,  hat  der  um  lateinische  Lexikographie  .wohlTerdieoie 
Dr.  Georges  in  der  Vorrede  sur  eilften  Auflage  'seines  Handwörter- 
buches die  Bemerkung  ausgesprochen,  dass  logerslev  nur  einen  flfiek- 
tigen  Auszug  aus  der  sehnten  Auflage  des  genannten  Werkes  gegebei 
habe;  dass  diese  Bemerkung,  abgesehen  von  der  Anordnung  der  Wort- 
bedeutungen in  dem  lngerslev*schen  Lexikon,  richtig  ist,  h^t  sieh  Bef. 
bei  eingehender  Vergleichung  überzeugt.  Nicht  dies  ^nadizuweisen  ist 
die  Absicht  der  gegenwartigen  Anzeige;  wer  das  Verhältnis  der  btiden 
Wörteribücher  kennen  lernen  will,  kann  leicht  durch  eigene  Ver^eidiuDg 
ein  sicheres  Drtheil  in  der  Sache  gewinnen ;  vielmehr  will  Ref.  auf  einige 
wesentliche  Mangel  in  der  gesammten  Bearbeitung  dieses  Wörterbuches 
hinweisen ,  und  zwar  in  der  Art ,  dass  das  einzelne  anter  die  hanpl- 
sachlichsten  allgemeinen  Gesichtspuncte  geordnet  wird. 

1.    Sprachvergleichung    und    Etymologie.     Ingerslff 
meint,  clepo,  clueo,  ncaetus,  ihm,  tremo,  ttis,  pix,  indtio^  tcapuiut, 
fumiicui,  crapuia,  cera,  clatU,  circa,  ceier{us),  semf^,  nae  n.  a.  seieii 
aus  dem  Griechischen  entlehnte  Formen,  wenigstens  ist   diese  MeioDii; 
durch  die  Bofeichnung  angedeutet.   Dagegen  ist  zu  bemerken,  dass  nun 
mit  eben  so  guten  oder,   besser  gesagt,  ebenso  scblechien  GrundeD  bt 
angnhiSt  fero,  genui,  pater.  iinqno,  sus,  nehvlOy  iisto,  antmus,  go<h. 
hliftuiy  hliuma,  fadar,  Uihtan^  ansfs,  neuhochd.  Leumund,  Vater,  enge, 
fahren,  Gunst,  leihen,  Nebel,  stehen,  König  u.s.w.,  und  überhaupt  einen 
erheblichen  Theil   der  Worte   anderer  indogermanischen    Sprachen  an$ 
dem  Griechischen  herleiten  könnte.    Die  auch   zu  obiger   Ansicht  (wie 
es  scheint)  verführende  Ansicht,   das  Latein  stamme  vom    Gn'eehisdien 
ab,  hatten  bekanntlich  schon  die  alten  Griechen  und  Römer«  und  obwol 
sie  im  Lichte  der  neueren  Philologie  als  ein  grofser  Irrthum  erscheint, 
so  wird  ihr  theilweise  noch  heutigestages  zum  nicht    geringen  Schaden 
der  Sache  beigepflichtet.    Man  liest  z.  B.  in  dem  übrigens  höchst  ver- 
dienstvollen Handwörterbuch   von  Georges:   ciueo  stamme   von.  »lo». 
tempus  von  xiikva,  otis  von  oig,  tiola  von  Tov,  9omo  sei  digammiert 
aus  iitim,  sus  sei  assibiliert   aus  vg ,   serpo  aus  ^Qnm ,   siiva   aus  5IJ^ 
öeto  stamme   von   ßtjfii,  (diese  griech.  Form   existiert  nicht!),    popina 
von  ninm  (existiert  nicht!),  domus  habe  einen  griech.  Stamm,  iacrima 
stamme  aus  dax^vfia,  animus  und   anima  stammen  von  im  (existiert 
nicht!),  umbiUciis   sei  aus  oyLtpalog  verlängert,   Mo  sei  abgeschwächt 
aus    KASl   u.  dgl.    m.    Die    Verfasser   von    Grammaliken    und    Wörter- 
büchern sollten  endlich  einmal  sich  mit  den  einfachen  und  sicheren  Er- 
gebnissen   der   geschichtlich  -  vergleichenden    Sprachforschung    bekannt 


I4§enle9f  Lat-deuteches  Schulwörterbuch,  aog.  v.  iT.  MaUMr.   869 

machen,  und  nicht  fortwährend  derlei  verkehrte  Dioge  selbst  der  Schule 
noch  aufdringen  wollen.  Ingerslev  hatte  zwar  den  löblichen  Willen,  die 
Entlehnung  griech.  Worte  von  der  ursprunglichen  Seitenverwandtschaft 
latein.  Worte  mit  griech.  su  scheiden ;  aber  sur  Ausführung  des  Willens 
fehlten  ihm  theils  die  Kenntnisse ,  thdls  hatte  er  hier  wie  anderswo 
keinen  eigentlichen  Plan  gemacht  Dass  animuM  mit  «ycfioff,  cajnU  mit 
ütipaXri ,  ab  mit  ano ,  uto  mit  didm^i ,  doeeo  mit  didu6%a  /  caniM  mit 
nvav,  cum  mit  ivv ,  edo  mit  Sda ,  eo  mit  9lfii> ,  eguus  mit  tnnog  und 
epona^  fori  mit  ^ceyoi,  fero  mit  9^^»,  /fuo  mit  nlitoy  ftango  mit 
fijyifVfUf  forii  mit  ^^a,  /K^c/d  mit  «I^»,  /Xe^ro  und  fi^geo  mit 
9Aiya>,  /feM?  mit  Jliimo^,  fna^HUt  mit  f*iyaff,  partut  mit  «av^off,  .^11^ 
mit  tsvywfn,  tida  mit  £](»,  «//PH  mit  vli^,  «m^im*  mit  td^mg,  sonmui 
mit  «avyog,  super  mit  vofi^,  terminus  mit  vi^fia,  re«l/«  mit  itf^ff, 
rtf/Mj  mit  ixog,  vUa  mit  ßiODf,  9oa?  mit  inog.votPO  mit  s£ll»,  OcuiUM 
mit  otftfs.  und  o^»ff%  QUaUuor  und  quinque  mit  T^o^sg  und  «iws» 
fAi//^  mit  ^/^b«!  ^/^  mit  f^0>  qualiM  mit  «i^l/xoff,  ror^  mit  ^iß^o^iMK 
giaui  mit  ßalayoff,  grwii  mit  ßagvg,  $eguor  mit  Firofia*  u.  s.  w* 
stammverwandt  seien,  davon  steht  im  Ingerslev'scbeo  Wörterbnche  keine 
Silbe ;  der  Verfasser  hat  die  griech.  Formen  eben  beigesetzt  wie  sie  ihm 
«ler  Zufall  entgegen  brachte.  Ferner  lasst  das  Buch  selbst  bezüglich 
der  auf  das  Gebiet  der  latein.  Sprache  be&chrSnkten  Etymologie  manches 
zu  wünschen  übrig.  Es  wird  nicht  bemerkt,  dass  sto  und  deiUtHQ,  th 
und  danum,  topio  und  smnmu,  fori  fateor  inßliat,  memini  und  mem, 
iuo  und  tuöuUi,  lendo  (Wrz.  ta-)  und  taöuim  (cf.  fori  und  faäuiä)^ 
iHceo  iuna  iumen,  dipus  Diama  Jamu  Jupiter  y  poena  paenilei  paene 
$puo  und  tpuma,  modus  und  meddus,  alius  aUer  uitra,  iäbor  und 
iuöricus,  coquo  und  papa,  deciino  deciipis  ciHms,  flagro  ßammm 
flamen,  gigno  und  (p)  naseor,  midie  und  miieSy  mans  und  mumio, 
seguor  und  socius^  disco  und  doeeo,  rado  und  rasirum,  preeor  und 
proeo,  narro  und  gnarus,  eoUts  und  euimen,  duo  bis  beiium^  ve-^dis  de^ 
uto  adoiesco  oiuSy  nex  neco  noceo,  coiumba  paiumbes  etymologisch 
zusammengehören ;  es  wird  nicht  bemerkt ,  dass  Judex  aus  den  Stam- 
men von  Jus  und  dieo,  Juppiier  aus  dem  Stamme  von  Jovis  und  paier, 
credo  aus  dem  Stamme  von  efeo  und  dOj  debeo  aus  de  und  AabeOf 
dodrans  aus  de  und  quädraus,  semper  aus  dem  Stamme  von  semei 
und  per,  nuper  aus  dem  Stamme  von  nmms  und  per y  mmc  aus 
fuwum-ce,  non  aus  ne  und  dem  verkürzten  Stamme  von  luiif« 
(»rmue  +  umtm)  u.  s.  w.  zusammengesetzt  seien;  ohne  allen  Grund  wird 
die  Stammverwandtschaft  bezweifelt  zwischen  iiie  und  olim,  pu/a 
(nämlich)  Und  puio,  parum  und  nav^ov^  tango  und  couiamino,  inier- 
poiis  und  poHo,  sagus  und  «11^10,  und  wird  sogar  gefragt,  ob  sciOeei 
aus  set'e  und  iicei  gebildet  sei;  Abtheilungen  wie  co-g-naseo  statt 
co-guasco  sind  falsch,  weil  g  bekanntermafsen  der  ursprüngliche  An-, 
laut  des  veralteten  gnosco  ist;  nomen  hat  sicherlich  keinen  Bezug  auf 
gnosco  (man  sagt  griech«  nicht  yy^fta,  sondern  owfiay  goth.  nicht 


67»    iil00r$ie9,  LaU-äeutselttt  SelmlwOrteriMMl^  Mig;  v.  AI 

Aaimo,  sondern  näm§^,  vaA  in  tnOehiteD  Qnui«  «mrahrMlMinliiil  kt 
die  Vemranduehaft  xwiichco  tom  und  cmmiettm  (f  ««IwidKcK  udi  lidil 
aus  A  y  «Dd  Bwisobtt  «fliMi/  und  «#Am»  (gehOrl  Tieteehjr  n  Wiüi); 
cmM  (man  telireilbe  nicht  eomkl)  ist  weder  ans  cnteUm  aoch  an 
€§9^-40  entatandc»»  sondern  eine  eootrahierto  Form  afaiU  e^iny^Mif^  wie 
OHir/MM  stall  e^ulfameiutf  ganz  verkefart  sind  dio  TenMilhelen  Etj- 
taiologteo  Yon  murara  {awem  kmfMif)f  von.  aetuuQ  (««ffu^7«^»9)y  tsb 
«fMMr  (M  ovooY)»  die  Etymologien  ¥on  rMim  (es  noH  mit . 
und  d9$0  verwandt  sei»),  TOp  sapter«  («tf^AruorX  «»^  A'e  \ 
Stellung  TOD  peio  M?  e»t  die  Form  M^rllM  srhlirt  nick  nMl  av 
we-ekrhUy  soodem  ans  s^^Mm,,  ^imnAMi  nicht  amp  ^^amms  um,  sa»> 
dem  aus  f«Mi  Jim« ....  üß  f oUte  in  einem  WMeilmeh»  we  mfligMch 
aogedeutel  werden,  welche  Fotm  den  Dfich^U»  Stuna  oalhallsv  ud  oh 
«ine  Form  unmitlelhar  vqid  einer  anderen  sicfi  abl^eile  (wie  Jirtti  von 
iCfr»),  oder  ck  dio  Fonne»  in  ejnem  enifamteven.  Yeihatnis  der  ^9tr* 
waadtscliilft  stehen  (wie:  J«ytf0  nv  My«x).  Auch  da^egcB  hat  Ingenief 
gefehlt,  indem  er  &  fr.  €immimre^  von  owor  statt  von 
von  iueot  «tati  w>n  M»«,,  mvAST'  von  me/üpr  statt  von 
paiU  voft  «MwMjpiAMi  Sinti  vew  mumieep^!.  atoawuwsftwm  vo»  i 
statt  von  moM0  ^  s/Mmi  von.  siaäta  statt  von  jll9  ^  dmcMm»  vo»  dhv» 
statt  von  äitm,  f^o  von  /IvAn  stall  ^ia  von  A^w,  ipfwcau  von  fnn 
(ist  firliMi  A»MSln«linMi>  slall  jwvro  von  jpfvrii» ,  womiOw  tm 
memiro  statt  mons/no^  von  «ona/nMi  u.  s*  w.  ahlcitet  Foraer  wm 
man  sich  auch  in  solchen  lüogen  der  Consequenz  hefleilseii ,  und  nidil 
hald  guüeiiura  von  quatHoTj  hald  cemwra  von  cem$eo  ableiten  f  - 
raiHo  stammt  nicht  von  rmtcntj  sondern  raueuB  ist  mit  rofftf«,  wewi 
das  Verhum,  stammverwandt.  —  Worte  verschiedenen  Stammes  iric 
pöNö  (Trank>  und  pötfo  sollten  nicht  unter  I)  und  t)  angelChrt  wer- 
de», so  wenig  ein  deutscher  Lexikograph  mittelhocIideutBch  t)  «dti 
{jrtn§ere),  ty  mäim  (moiere)  oder  ein  magyar.  Lexikograph  1)  iv, 
1>  kär  sobpeihen  darf;  ^  potmt  und  potu$  stamme»  »iciit  vo»|S# 
(ihr  Stamm  ist  nicht  p^to),  Ihr  Stamm  isl  vielmehr  pa,  dhsaon« anka»- 
tendo  Temris  im  rcdupüciefte«  PrSsens  zur  Media  gosohwiSisht  ist  (el 
%lioq  und  glorio,  jwstfo  und  f6c%m)^\  GrammatilKep  »nd  Loxikofraphe» 
soUten  Mo  MW^  nicht  als  verb.  defect.  (ohne  snpinunr),  oondeni  ab 
verb.  anomalem  ölbo  äiH  poium  (MUum)  auffuhren,  hingegen  ßßHm 
nicht  mehr  als  Nebenform,  zn*  poumm  steUen;  Mo  MM  paimm  (M#- 
Umi^  und  poto^potmi^poMnm  19X^9  eins^  richtige  Zusammenstelhwg. 

%,  Silbenmafs  and  grieoh;  Biet04inng.  Wer  irge»#  mmt 
der  indogermanisoheni  S)MracheB  grandlidi  kenrnev  lernen  willy.  4sr  moss 
siöU  sowo^  mit  der«  ^uantitätt  alb  der  Qualität  dto  V^eale ,  or  moss  sich 
überhaupt  mit  dem  gesammten  Yooalismus  und  miEli  dbmi  gilbenmafji 
jener  Sprache'  vettrauti  ■»ehen>^  und  je  verwiohsllar  «d  dmikler  eis 
>^bo(rf8y8leni|  wrei  diu  der  toi.  Sprache,  wegen*  der  allnnihlicbso  Bntfir- 


hHf^mep,  La(t.-d^ütsüfitfif  SetmlwOfMfafttd»»  äug.  t.  g.  »Mtit:    871 

nuDg  von  der  urspfüiigllcheft  ISiofaohlMik  geworden  iaii  desto  schSrfer 
baft  der  Pfaikrtogcr  fn  die^^r  mtn^t  die  niä^cAüdn  Spfacfaf^di^  ItN 
Auge  XU  fassen 9  damit  er  «io  der  Erscheinungen  Fltft  deti  ^oli^nded 
Toi'  wieder  finde.  Mit  einem  Worte,  die  Quantität  der  lat.  Vocale  and 
das  lat«  mibeiBiaii  bat  nleht  no»  Ott  did  SchuM,  $^MMt  heütigeö  Tages 
aaeh  Or  die  WUseuMhall  eitte^  wesentliohe  Bedenfiliig.  tSm  s^  imhe-i 
greifliober  tsi  dalMT  die  gorgidiigli^il ,  ftitt  wdeher  Mcücfi  Jngehler 
diese»  QegenftaM  selbst  bei  der  i#ei(«Bf  keüäge  «eine*  Wdrkes  bo- 
baWel«^  hat  Da«  IngeMel^sdb»'  B«ob  i^  beiügli^  d^  Q^Aütäsbeseich- 
ming  grolientbeil#  inbraiiohba//  Güridhlig  ist  iee  SiKeMäU  in'  togen- 
deir  Formen  angf^dbens  mdÜÜHf  («HA  iMI  0)^  imm^i  {nfi  Mi  ä)i 
Imiermceo  (st*  iui»  «X  H^V^fk  (TJ,  i(U  (jimi  ifit),  M#/^  (ay,  äe^ui- 
piAtm  nmägMmuf  {tium  g),  imiämi  (ä),  äBi^M  Wi  i^MiM  iif), 
9A9io  W,  pmtkim  tä}^  ß/äeetUd  (äh  PläeiMa  {&),  hettf^Üiei  (#), 

imos  (TOft  fMMiP^  alsor  t^eOmiffi  M  m,  iäm  {ii,  mMe§  (äfi  ipöcii 
(gern  tem  f«r);  Hiifir§r  0yi  itääm$  wüäiäk^  Ott,  tmtUti  (H^,  fö^ 

pentämißier  {äl^  nMfimiffUmtilm  9i9ff  vHfHItM^i  (i),  MHHä  (11} ,  di-^ 
riöea  {iy,  p&Utjftkm  {ß%  mcm  (l>,  pedMtui  («),  pHHürh  päthüti'h 
setuptwriö  ^)i  e§im9i0  (^),  ptdünam  (^  Mi^  (^,  äimätiae  if),  jdf- 

äönm$  (^y,  Mpmia  (fi,  tmUin  (üi  Mmnä  m,^HSetä  w  ef6.  ^ 

selten  beseidniel  isl  die  Qyantflil  des  V6cald  Y6i  mtM  (Mm  H^kkii 
als  ttfäkre  i&y,  HtMuerum  (Of,  ieMbr^  (^},  $äkkitae  (i),  lä»^  (äy, 
Mfffro  (iy,  emkMabnm  (4)  elc.,  auch  mehr  bds^Mlttcft  m  lüifse  der 
penvKima  griecb.  Wort»  w\t  pkmeopkiäj  OUtg&Mi ,  tkir&mmim, 
ckirurpim,  MtpkMkHÜP  tti-  iy  tir.,  obwol  hier  theils  tu  m^lriseheD 
Zwecken,  tbeil»  t^  bitter  rtebtigen^  prosaische  Aufspräche  {tüM^ 
Umtum  mA  aroht  tm^MMmdy  flkUe^fpkia  und  aieb»  pkiin&piMy  das 
Süb^nmdb  gebMü  tkAtt  w»fc^  ^  IMsfeiMbeiM  rersalsblisslgtiist  die  Be- 
setcfailQng  hl  einsUbigen  noMüibiup  «Od  idf^rbiis  urie  jltal'y  Ivf ,  >«f, 
mag,  tat,  äai  (haben  laageiin  ¥bcal} ,  dillli>  os  (B^i*  naä,  iwättuy,  cor, 
9it^  M  0>«beiii  knnien  Yocal) >  iiiMtl  gehörig  dwchgefihft  ist  dieselbe 
an  den  Endvoetfeit>  s.  B.  tfHidf  6^/  ii»trüs  (%>  pOfMt^  (^  Mi*  (df), 
uU(iyi>fMa  (4rc«c. 

Nbs'  diMh  (ßlMke  AccenM  ^Mhlcm:  #Mg  AdfSiN»k«)ilhVdll  te^^ 
wendet  word^iiöged  IbiJijMlB  Wft)piM41  zc^gen^  AU^^stpmViKgt^H^iiiji, 

fp(th>g  (iue.)^  K^f0t^  f0tfi0^Ji  YiaffkSj/bii(0Npiari»:y,'idM  (jimtm.), 
%if^&lßWß  (jNMto)^  tia^fwOfM  (tktm»^)i  t^f^Q^op^  (plfl^.^,^  9dp^ 
^tf  (mt.y,  ifiMfie}^  fP^^Jy  i^ga^p^g  (pär&a^y,  tUiiug>  (pllf»a^.>y 

ipäMx.yi'  «WJioy«^  OteiM.>,  cM^#^  (fHr^.)i  W#sef4r»^  (#ii>,  #^ 


87a    lBg$r9U9y  LaL-deoUcfaes  Sebulwörlerbueby  ang.  v.*  A:  BaUet. 

fiMiui  iparox.),  %atipa^fiog  (OZ.)»  Uifftuu  Qßoraz.) ,  ^Uont^t^ 
iparox)  u.  8.  w.,  imnqatrig  hatte  aU  nom.  propr. 'Biu%^axfig  gesohrie- 
ben  werden  sollen, 

8.  Orthographie.  Ingeralev  schreib!  M^lMlclif«  (-üKt),  i». 
dailehu  {rUtU)j  colUUiciut  i-ihti),  obwol  die  eingeklammerte  Eodsag 
uulateinisoh  ist  —  pimUciet  ist.  ebenfalls  eine  Dnform  (sL  piamiUei)  — 
pediiieguui  ist  falsche  Leseart  statt  jm/lt^titM,  und  die  Kone  der 
anUpenulHma  durch  Verse  aus  Terens  und  Piautas  erwieaen  —  asa 
schreibe  nicht  conelo  und  fiUHCius,  sondern  eoMo  und  tamtiuij  wie  es 
nicht  nur  die  Etymologie  {conüo  aus  ea{fOpeiUia  und  mmiiuM  ans  m^em 
iiui)f  sondern  auch  die  Inschriften  und  die  besten  Codices  reiJaogen; 
ebenso  inäutiae  und  nicht  fnduciae,  infitia$  und  ja  nichC  mit  Ingenlev 
inflciai  (cf.  faleqr)  —  reda,  reäariui,  RmUmu$  sind  bekannüic^  gd- 
lische  Worte  und,  streng  genommen,  also  nicht  mit  logersleT  rktäm  ele. 
SU  schreiben  (vgl.  Die  bei  Caesar  vorkommenden  keltischen  Eigennamen 
Yon  6.  W.  Gluck,  München  1857,  8.  143  ff.);  gans  falsch  iat  die  Schrei- 
bung epirrkedium  für  epirediumf  tmch  pAilorAomaeuM  für  pAUor§mmMi 
ist  zu  meiden  —  das  Lexikon  lasst  die  Wahl  swischen  iims  und  üttMtf 
causa  und  cautsa,  moundimmo,  JupHer  nnd  JuppUer,  bietet  aber  nv 
paulus,  miUe,  soHemnis^  soi/ers,  guaiuor,  iUeroj  Wico,  catmi9e0,  €Mh 
mibium,  anutui,  viiUctü  etc.,  obwol  die  andere  Schreibung  theiis  dea 
Vorzug  verdient  (guaituar,  iiUera)  theiis  mehr  oder  weniger  gebriodk 
lieh  und  nicht  sprachwidrig  ist,  daher  in  einem  Wörterbuche  angemerkt 
werden  muss  imiiey  tolen,  pauiias,  coniveo^  conubhtm^  annuäu)  — 
man  findet  in  unserem  Buche  negligo  und  neciegOf  coeium  (caeium^ 
maereo  imoereo),  paene  (pene)^  claudo  {ciodOy  cittdo) ,  aber  nur  Mei' 
ifgoy  sepio,  poenitef,  piaudo,  coena  —  man  findet  prektnäo  und  premb, 
aber  nur  veäemens^  i^icht  zugleich  tement  —  die  Formen  o^icio,  abicis, 
reicio,  eicio,  Ceieiiy  reice,  re/cITwerdendurchSynadresesogarzweisillug) 
etc. ,  obwol  so  richtiger  als  mit  J  geschrieben  wird,  sind  nicht  beachtet, 
und  umgekehrt  fehlen  die  dichterischen  Formen  oöjex,  oöjicis  etc.  — 
gtiaiiii,  als  alterthumliche  Form,  ist  übersehen  —  man  liest  reperi 
trepperOy  repuU  ireppuK),  aber  nicht  rettudi,  reUuti,  obwol  diese  Ge- 
mination selbst  für  die  Prosa  vorzuziehen  ist  —  reiUguiae,  niligiOf 
redduco,  reccido  sind  nicht  ersichtlich  gemacht  —  ebenso  wenig  reii- 
cuuSf  cotidie  icoUüüe)f  toUenij  guotiem  —  zu  haud  wird  bemerkt, 
dass  bei  älteren  Schriftstellern  auch  haut  geschrieben  werde,  was  min- 
destens ungenau  ist.  Das  Alter  der  Schriftsteller  kömmt  zunächst  gar 
nicht  in  Betracht,  sondern  das  Alter  der  Handschriften;  die  besten  Codd. 
nun,  z.  B.  des  Virgil,  schwanken  fortwährend  zwischen  d  u.  /,  und  zwar 
nicht  blofs  bei  haud,  sondern  man  liest  ied  und  9ei,  apuä  und  apuif 
ad  und  at,  quid  und  quU  u.  s.  w. ,  und  ähnliches  findet  sich  bekannt- 
lich auf  Inschriften.  Auch  in  unseren  Ausgaben  der  Glassiker  aus  der 
sogenannten   vorclassischen   Periode  herrscht  in  diesem  Puncto  nichts 


In§er$te9f  Lat-deutsdies  8cfaiilwörteri)Q'ehy  aiig.  v.  K.  Bäkler.    87S 

weniger  als  ÜbereinstiäimiiDg;  so  hat  Bentiey  in  seinem  Terens  Jkautf 
apuif  sei  drucken  lassen,  während  in  der  Fleckeisen'schen  Ausgabe 
(Leipzig,  1867)  die  media  steht  —  das  Zeichen  p  gebrauche  man  nie- 
mals xur  Schreibung  echt  lat.  Worte;  manschreibe  lacrima  {iaeruma\ 
iiiva,  SHiüif  ineUius  iineiuius)y  stilus  (das  Wort  ist  nicht  aus  dem 
griech.  entlehnt),  und  meide  iacrpma,  stpiut,  spipa,  oder  gar  oejfUil 
u.  8.  w.  —  Aus  den  beigebrachten  Beispielen,  die  sich  bedeutend  ver- 
mehren lieOsen,  geht  hervor,  dass  logerslev  auch  die  Rechtschreibung 
ohne  geeignete  Vorstudien  behandelte,  so  dass  er  sich  nicht  einmal  um 
K.  L.  Schneider's  äufserst  schätzbare  Elementargrammatik  bekümmert  hatte. 

4.  Umgrenzung  des  lex.  Stoffes.  Formen  wie  dixtij  mr- 
rexe,  ietfosso,  peccasso,  fttxim,  UceuH,  sciöam,  iervibo,  edim,  duUa, 
perduitttj  iiem,  fUam  u.  s.  w.  findet  man  allerdings  in  Ermanglang  eines 
Lex.  in  jeder  ausfuhrlichen  Grammatik;  aber  wenn  ein  Lexikograph  ein- 
mal die  alterthümliche  Sprache  eines  Plaulus,  Terenz  und  Lucrez  zu  er- 
klaren sich  vorgesetzt  bat,  dann  sollte  er  derartige  Archaismen  und 
Seltenheiten  lieber  gleich  mit  einer  gewissen  Vollständigkeit  geben,  als 
nur  einzelnes  wie  escii,  autim,  repoitutj  posM,  composiviy  famiilai^ 
fnmul^  ienatt,  periclum  da  und  dort  einstreuen ;  jedenfalls  würden  jene 
Formen  in  einem  Schulwörterbuche  einen  geeigneteren  Platz  behaupten, 
als  z.  B.  die  von  Ingerslev  aus  anderen  Lexicis  flüchtig  ausgeschriebenen 
Fragmente  einer  metrischen  und  rhetorisch-poetischen  Terminologie,  oder 
als  falsche  und  beseitigte  Lesearten,  z.  B.  das  ehemals  Plautinische  /ül- 
muniflcui  behaupten.  —  Was  nun  die  poetisch-rhetorische  und  die  me- 
trische Terminologie  betrifift,  so  war  entweder  eine  gewisse  Vollständig- 
keit zu  erzielen,  oder  es  mussten  derlei  Kunstausdrücke  beinahe  gSnz- 
lieh  aus  dem  Lexikon  ausgeschlossen  bleiben.  Mögen  auch  Worte  wie 
choriamlnu,  cataieciicus,  penlAemimerii,  gipconew,  bucoiica  tome  bei 
Cicero  und  Quintilian  nicht  vorkommen,  sie  müssen  dennoch  in  ein 
Wörterbuch,  das  sich  mit  Metrik  befassen  will,  aufgenommen  und  lexi- 
kalisch erklärt  werden.  Obrigens  finden  sich  bei  Quint  die  Kunstworte 
bacchiui  und  cretictUj  aber  Ingerslev  hat  sie,  wie  so  vieles,  nicht  be- 
achtet. Was  kann  es  femer  einem  studierenden  Jünglinge  nützen,  wenn 
er  Erklärungen  liest  vriei'epicMrema  eine  Art  Schlussfolge  —  elevatio 
Verminderung  (das  ist  aber  die  eU^alio  nicht!)  —  immiUatio  eine 
rhetor.  Figur  »-Metonymie  (die  Metonymie  selbst  aber  wird  nirgends  er- 
klärt !)  ~  metaphora  « tramUUio,  und  anderswo  transUUio  «  metaphora 
aber  weiter  nichts !  u.  s.  w. 

5.  Bedeutung  und  Gonstruction.  Wenn  es  zu  griech. 
Worten,  namentlich  zu  l^unslworten  wie  perioduSy  comma,  epiphora^ 
apoproegmena,  enikpmemoj  aposicpetis,  kpperbatan  u.  s.  w.  classisch- 
lateinische  Übersetzungen  gibt,  als  eomprehmuio  verbontmy  incMo, 
deüiUuiiOj  remata  und  r^ecta^  eammen/aiiOy  retieeniia,  veröt  tram^ 
ffreuiOf  dann  müssen  diese  gehörigen  Orts  bekannt  gegeben  werden. 


874    iM^TtkP,  Ut-fkmUtfael  StbirtwiffbilmlDl^  w^  v^  M, 

jünd  umgekefavt  alnd  4ie  grleehisehto  Worte  MstiMt^eo  ^  wofioni  *, 
ohne  selbfli  m  den  lat  SprtelMohutt  diör  betr.  P«^io4»  Itortalieh  aii%i- 
nomoMA  ZV  MiD#  Iftt  NeukMuflgcB  oder  Obdraet^vngeii  ▼rtruBlateuf  iMki; 
man  stelle  deshalb  lif«tyMf  itt  mmimiUf,  iräaMttfofM»  md  yerfüfciwb 
|M»  «1  Jmwnart  Ka^Xixod  zu  perpetumÜBj  iptix^mg  svr  arÜßHaUi  wA 
ut9%vog  SU  UrnFtifieiaUi,  nötitfii  su  quäiM^f  ♦inf  stt  ^iÜMi.  Jr^ 
z« mMaUOf  M^iut  tm  epidtnaa^  amm^  m  mßmUio  ^%.w.^ mat 
jUdemüta  verli$nm  tvird  akhl  blolii  ttaMttd»  gelifaucli%  ---  Mlirv 
liaDd  l&r  sieh  iMete  «krank  eeiiP  bdd«iitiO-^l^#  iol  fN>e«.  Meh  erfüei 
und  BcbiUeB*  -^  r^lMfe'  gibt  hf  delr  BeÜilMg  «cSuffidktrMMi»  deta  ie- 
griff  der  «Präposition*  nicht  auf  —  der  Sinn  der  Horaüaniaebeo  iw- 
drfieke  tmni  tenlenteij  k^iperHtm  eH^üe,  &po  pro^mtibu  e$dm  and 
itee  pemUw  belUmt  Ttitfamm  m'äiiut  ab  avoj  femer  das'  Lneret 
amii  wirtf  ron  Ingeirslev  nicht  etifart  —  das  Horat.  Mf^rMtia 
rammoäa  (Ep.  2,  t,  70)  wird  unflc&tig  mit  «beqnem^  wie  das 
rfcfae  beqtiem  fst*  erkfte,  und*  gesagt,  dass  iumime  hier  iroittNiiea 
Sinn  habe,  was  bei  einer  solchen  ErUSruhg  der  Steife  offenbar  ni^ 
der  F'afI  ist  —  bei  tMdte  War  swischen  der  vermudieten  Insd  dies  Pj- 
theas  und  der  bei  späteren,  u.  a.  bei  l'aöitos  Yorkommendfen  Insel  dieM 
t^ainenr  tn  untemcheiden  —  die  von  Ouintüian  gebraucfiten  metrisches 
Kunsttfusdr&cke  sMtäUö  und  pötUid  werden  unrichtig  durch  den  Zossli 
Mli  erklfirt  Bei  Quintilian  ist  unter  poiUio  nocb  def  scibwere  and  wriff 
i^iattö  der'  sehwacbe  ITacttlitefl  zu  Tersteben ;  die  Ausdrucke  «^s^  nid 
9i(Sii  sind*  von  der  OrchesOt  entlehnt,  so  dass  man  sich  eine  patU» 
und  sUbÜUto  pedi$j  und  niebt  dne  Senkung,  und  Hebung  der  Stimae 
z(r  denken  bat.  Erst  später,  afs  der  Accent  die  Quantität  aus^  dem  Yersi 
mehr  und  mebr  verdrängte,  hat  sich  der  Sinn  von  ar9i9  und  tkeiU  ii 
der  Weise  umgekehrt,  wie  wfr  gegenwärtig  die  Worte  ~  anwenden.  Mii 
vcrgl.  über  diesen  wichtigen  Gegenstand  die  Metrik  von  Rolabach  vd 
Wesiphal'  l.Thl.  g.  4.  Nicht  berücksichtigt  sind  die  Constructioneo  üf 
ame$  dlcipaUr,  receptio  vir  um   meumj  der  unpersönlich  GebrMeh 

von  mehreren  Verbiß  intrans.  {veniOr  tto,  migro >;  Infinitiv  oder  «I 

fiei'  mo9  etty  mori$  est,  contuetudo  est,  par  est,  rectum  e^t;  pernio  nii 
dem  Inf-,  mit  dem  Accus,  ohne  Präposition;  dtgnar  mit  dem  Aceos 
cum  Inf.  f  und  die  passive  Bedeutung  von  dignor  u.  s..  w. 

6.  Auswahl  und  Zusammenstellung  der  Wortbedeo« 
tun  gen.  Es  lässt  sich  nicht  läugnen,  dass  Ingerslev  in  dieser  Hinsieh 
sich  Verdienste  erworben  hat;  wenn  er  auch  keine  eigentlichen  lexikalischei 
StiMlien  BUc  dem  Zweck  zu  raaeheir,  sdndbm  wissetiiscbafUiehe  Werk« 
wie  das  von  Oeorgea  nur  aoszuxiehen  branohte^  so  hat  ef  denilo^  wsm 
grOfseren  Theile  das  Lob  veidient^  das  ihm  von  sehr  vielen  Recensentei 
(l«s  Buches  gespendet  worden  ist.  Mfir>  Bestreben,  die  Bedenfungeii  nichi 
ohne  Nolh.  zu  vervielfachen,  und  sie  übersichtlich  einander  bei-  und 
uuler«uordnon,  will   auch  Hief;  mit-  gebührendem  Lebe-  li«PVOrg«bebei 


tn0er$te9y  Lat-^eufsoHai  SdialiHMerMRAi,  aig.  v.  JT.  IHilder.    875 

habe»;  aber  avcih  nur  tfa»  Bi^tTtsbeiiy  da  Ingenlev  die  Sitcfre  fm  Ver- 
gteieh  mit  anderen  Letilograpbeii  bSitfig  niebt  gebessert  bat.  So  ist 
(um  die  Riebligkeil  der  gemadrleii  Ansnalime  bo  beweisen)  den  Spraeb* 
forsebern  bekannt,  dasa  atis  Adverbien  PriTposhlODeir,  vnd  niebt  aus  Pf S-« 
l^Hlonen  Adverl^e»  entstanden  sind;  xm^e,  hartCöv,  €frtitrti,  HtttäTf 
nüebst,  wegen  fr.  s.  w.  sind  prime  loe»  Adrerbten  «der  adverbiefle  casnsy 
altero  )ooo  PrSposWenen ,  ntchV  vmgekebrt.  GetMrgea  Ist  dieser  BegrHfs* 
entwiekelung  ricbllg  gefolgt^  indem  er  ptne^  pfaeNr,  prope^  pfüpur 
ti.  s.  w.  aueret  als  Adverfiien  tfnd  bemacft  aVa  Prfiposillrotten  Bebindelt 
Dagegeo  aelgt  ons  Ingersler  jedeanal  die  Prlpesition  vor  dem  JIdverb, 
weil  er  eine  eben  so  klar«  als  wiefilige  SpraeberscbemiBg  «iebt  er- 
kannl  bat« 

7.  »ei^e'vebnvng  dea  Varkemme^a  ^tt  Formen,  com" 
prmmtfr^  HtfMM&i  HmiefkcfUtf,  iMereepm,  iitktp&r,  mttf^tm^iBuiiim^ 
iniemtw  Im^i^'h  HUPoaueiio,  imirmmtfo,  ftun^reOrör,  rmio^  dM#- 
fißfpm,  iHfOätM, . . .  komme»  mir  an  je  einer  einsigen  StefVa  "^or^  wer- 
den aber  nioM  als  8>al€l^  F^rwe»  (sag.  Ararg  Jayipnnfc^  mit  einem 
Slemcben  bezeicbnet  —sanüßki,  welebes  Wori  bar  Tae-.  vnd  fl^aieren 
▼orkoannt,  ist  ala  aHgamaiH  M.  bezeiefancl  --  peretipi»  kdmmt  niebt 
hMif  bei  Vkmt,  aondefb  ämtt  bei  Tir.  nnd  L«er.  tm*  —  iOnarml»  ist 
paetiaob  —  dntenH  mN?  der  Vsdenittng  einer  grefse«  2abf  st  nickt  all- 
gemein laVr  -^  cmnmuf  iaf  poetisch  —  §eNäi&r  eg$a$r  steCtf  niebt  blela 
bei  Diebten^  es  sCeM  auek  iar  #er  Gertoaaai^  dea  Tac.  -^  «fie  ffedlratQng 
«ansammefisebnffren^  tos  Httnpo  ist  mebt  bMi  poetiseb-;  lAerbaupl  ist 
bei  d^em  Terbun  die*  Qktteraebeidung  ütf  Stifgatttittgeir  verfehll ,  nnd 
Herna-  sagv  nfeb«»  raifv  pMfam  aondem  praeetsnmf  rem  HtH^ta-^  ire 
M  laermmf,  Ire  ttag^  narmr ,  Hque  redüt^m^  tfanf  m  r.  w:  wetdcn  ton* 
Ingerslev  niebt-  dir  poalisclle  Recbwciaefr  bezeiehnef  —  peffekm  ietium 
sind  nieht  allgemein,  sondern  nur  bei  Dicbtern  gebraucMieb«  —  Ea 
liefsen  sich  noch  manche  Belege  beibringen  um  su  zeigen,  dass  die 
Warte  «nd  l^e  Gamtnicifoawn  ntteb  8|vaebepoelMn ,  SÜgattiingeii'  und 
fHofigkelt  dbv  OebnwreHe»  niebt  mitf  entsprechender  Sargf^l^  gescfafeden 
sind.  Ganz  unzweckmälsfg ,  Tasfig  und  (wfe  obea  bemerEtX  tfiailweise 
sogar  ialsch  ist  die  Bezeichnung  der  «aus  fremden,  hauptsächlich  der 
griiBcfiL  SpUDofae*  aa%eM>aamenan>  Waato..  WHuk  m»  eina«a  Woale  bei 
richtiger  SabaeÜHing  p-y  ek^pA,  Af  M,  odet  in»  Anlkute  x^.  pm^  cl,  pf^ 
tm^  iä  atiBia.  (ayaiftt>.  ekmmk^  plOhMopktUf  nmotkmmy  am»,  aifa/lff,. 
ptaUa  XL  a;,  w^^  an  iatt  dio  ftamde  HiniLuiift  im  dfeB  Bagek  hiaUiigXieh. 
aBeadanItotp  waan  da^nacfr  das  ZaictteK-f^  t  HtfcbateMi  kana  tum  «»• 
gekafiri  a^  Bi.  bei*  puiekte  baaasifcc»,  dass^  dier  Eaanc  aogaacbM  daai  rJk 
imM.  aua:  einer  fremden  Sfrariha  anthetmi  ad.«  Oad  asf.  dia«  grtaah^  Ab^ 
kaott  detr  Namen  MHUädePy  FmMkPy  äoiMnm  u..  &  w..  baauobt«  dbeh. 
wahrfich  nicht  enk  auüBMiksam  gamacbt.  vl  werJen.  Die^  Beseäabnung 
iit  ubafdiea  niaht  einmal  aoMetpieiikdurdigefukrtf  bekanmiick  iatiM» 


876  Mtieöiiuekf  Musteratucke  etc.,  ang.  ▼.  JC.  Be$e*eL 

mida  i'POftag)  griech.,  Carihago  semitUofaen,  redo  and  peianiütm  nd 
celüscheo,  Sigimenu^  Tuisco,  CAeruscus,  Ckatti  germanischen  ünprup» 
und  gleichwol  haben  sie^  wie  viele  andere,  den  Schmuck  dee  Kreues 
nicht  erhalten.  Statt  den  Raum  eines  Lezikona  mit  derlei  Zeichen  ▼oD- 
xustopfen,  könnte  man,  um  ein  Beispiel  zu  geben,  su  niclit  unerheblicher 
Förderung  des  Sprachstudiums  jedem  Buchstaben  das  wicliligste  ans  dir 
Lautlehre  vorausschicken,  und  etwa  beim  Buchstaben  9  bemerken:  Ist 
9  entspricht  dem  griech.  spir.  a$p,  {ßocer  und  inv^g,  9ex  and  H\ 
dem  griech.  9  in  roia  ifodQif),  dem  griech.  t  im  entlehnten  Sagtmäm 
{Zanwdvg),  SS  im  Inlaut  dem  t  entlehnter  Worte  (cf.  arxim^m  und 
aiiicisso,  %a(uiim  und  camissor) ;  es  ist  abgefallen  in  manchen  Eodui^gen 
(cf.  igv^Qog  und  ruder,  ayQog  und  Offsr),  im  Inlaute  (jnmo  sL  pasms, 
Tiden,  remus  st.  resmus,  diripio);  in-  und  auslautend  geht  es  oft  in  r 
über  ißiribeo  aus  dis-äabeo,  homris  aus  Manosis,  arbar  ans  crftesV 
ist  aus  t  entstanden  in  Formen  wie  morosus,  anima9U9  (cf.  ayc|»otvToc) 
(ensus,  pulsus;  wird  von  alteren  Dichtern  in  den  kursen  Endungen  b 
u.  &s  elidiert  {UUerali*  dolofy  lapsu*  repenU);  Jf  ist  aus  x  entstandeo 
in  lassus  (cf.  iaxus);  us  macht  den  vorhergehenden  Vocal  lang  {cimst 
lautet  griech.  ni^vcaQ,  patens  lautet  notrivg). 

Die  obige  Beurtheilung  des  Ingerslev'schen  Schulwörterbuches  ist 
aus  dem  zweifachen  Gründe  streng  ausgefallen,  weil  der  Verfasser,  ohoe 
eigene  Vorstudien  zu  machen,  aus  den  muhevollen  und  vieljahrigen  Ar- 
beiten Anderer  seinen  Gewinn  gezogen  hat,  und  weil  sein  Buch ,  obwol 
OS  zum  Schulgebrauch  bestimmt  ist,  dennoch  die  Spuren  der  Fluchtigkeit 
nicht  verkennen  lässt.  Hätte  Ingerslev  selbständig  geforscht,  dann  wäre 
es  billig,  die  Mängel  der  Forschung  mit  Schonung  anzudeuten;  da  dies 
aber  nicht  der  Fall  ist,  so  wird  der  ausgesprochene  Tadel  um  so  ge- 
rechter, ja  um  so  nothwendiger  sein,  als  ein  Theil  der  Gelehrten  und 
Schulmänner  dem  Buche  ein  übermäfsiges  Lob  zugesprochen  bat 

Wien.  E.  Haider. 

Husterstucke  und  Erläuterungen  für  die  Hittelstufe  des  Sprach- 
unterrichtes von  K.  Tb.  K  r  i  e  b  i  tz s  cb  ,  Seminar-Lehrer  in  Halber- 
stadt. 8.  (245  S.)  Glogau,  Karl  Flemming,  1859.  —  20  Sgr.  oder 
1  fl.  40  kr.  ö.  W. 

Wir  haben  wenige  Bucher  gesehen,  die  in  so  schlagender  Weise 
den  Lehrberuf  des  Verfassers  darstellten  wie  dieses.  In  einer  wahren 
Flut  von  derartigen  Erzeugnissen,  die  die  Aufgabe  des  deutschen  Un- 
terrichtes um  keinen  Schritt  der  Lösung  näher  bringen,  dagegen  wol  dem 
Auge  des  Suchenden  eine  werthvoUere  Erscheinung  verdecken  könnten, 
verdient  das  vorliegende  Werk  eine  besondere  Beachtung  und  die  freu- 
digste Anerkennung.  Es  ist  offenbar  für  die  Bildung  des  jungen  Lehrers 
bestimmt,  wie  denn  die  amtliche  Stellung  des  Hm.  Verfs.  ihm  gerade 
diese  Aufgabe  zu  stellen  scheint:  natürlich  kommen  dann  die  Früchte 
der  Jugend  selbst  zu  Gute.  Wir  haben  in  dieser  Zeitschrift  (X.  p.  187  ff.) 


.  Briebiiuek,  Musterstucke  etc.,  angv  v.  iT.  BHekei.  877 

über  das  \ewa  der  deutschen  Classiker  auf  Gymnasien  einige  Bemer- 
kungen und  Beobachtungen  niedergelegt  und  finden  in  diesem  Buche  die 
gelungenste  Ausfuhrung  des  dort  nur  angedeuteten.  Ja  noch  mehr,  der 
Verf.  macht  es  uns  durch  seinen  Vorgang  klar,  durch  welches  Verfahren 
wir  Oberhaupt  im  Stande  sind,  die  Schätze  unserer  Nationalliteralur  den 
jungen  Oeroüthern  recht  eigentlich  xuzuführen  und  in  ihnen  die  Empfin- 
dung für  das  wahrhaft  Schöne  zu  wecken  und  zu  fördern,  d.  h.  nach- 
zuweisen, worin  allemal  die  besondere  Schönheit  eines  Gedichtes  liegt, 
oder  durch  welche  Mittel  der  Dichter  auf  uns  zu  wirken  sucht.  Wir 
wissen,  dass  dies  auf  recht  pedantische  Weise  geschehen  kann,  die  dann 
aber  auch  gerade  zum  entgegengesetzten  Ziele  fuhrt  Hier  lernen  wir  i 
die  wahre  Methode,  die  eben  nur  auf  der  besonderen  Fähigkeit  des  Lehrers 
beruht,  sich  in  die  Herzen  seiner  jugendlichen  Zuhörer  hinein  zu  denken. 
Schon  die  Auswahl  ist  eine  ganz  vortrefifliche ,  und  die  Anordnung  so, 
dass  gewöhnlich  mehrere  Musterstucke  gleichen  oder  verwandten  Inhaltes 
zusammengestellt,  sich  gegenseitig  erklären  und  erginsen.  Dann  folgen 
jedesmal  Erläuterungen,  die  dem  Lehrer  die  Methode  zeigen,  wie  das  vor- 
gesetzte Musterstuck  erklärt  werden  könne,  wie  man  es  ferner  für  den 
deutschen  Unterricht  verwerthen  mag,  so  dass  also  namentlich  überall 
Themata  zu  schriftlichen  Aufgaben  abgeleitet  oder  auch  Winke  gegeben 
werden,  durch  welche  Abänderungen  des  Stoffes  oder  des  Standpunctes 
der  Betrachtung  eine  neue  Erzählung  zu  gewinnen  ist,  mit  welchen  Va« 
riationen  man  also  etwa  die  Nacherzählung  des  gelesenen  veranlassen  könne ; 
endlich  finden  sich  oftmals  biographische  Notizen  Ober  die  Verfasser  der 
Gedichte  angeschlossen ,  wie  ober  Lessing,  Bückert,  die  Brüder  Grimm, 
Hölty,  W.  Moller,  Dhland,  W.  Wackernagel,  J.  Kerner,  Heine,  Hebel,  Geliert, 
Schenkendorf,  Hauff,  Claudius,  Burger,  G.  Schwab,  L.  Schefer,  Platen, 
J.  Moser,  Klopstock,  Lenau,  Schiller,  Goethe,  Freiligrath  etc.  Da  nun 
solche  Notizen  zugleich  mit  dem  genossenen  Gedichte  dem  Schüler  ge- 
boten und  öfter  wiederholt  werden,  so  gewinnt  er  auf  diese  Weise  ein  ganz 
hübsches  literar-historisches  Material,  das  aber  darum  kein  todtes  wird, 
weil  es  sich  immer  mit  lebendigen ,  tiefgehenden  Eindrücken  verbinden 
kann.  Hin  und  wieder  finden  sich  auch  andere  Nachrichten  über  Ent- 
stehung oder  besondere  Schicksale  eines  Gedichtes  mitgetheilt,  wie  zu 
den  beiden  köstlichen  «Nachtliedern*  Goethe's  die  Erzählung  des  Besuches 
des  82jährigen  Dichters  auf  dem  Gickelhahn  bei  Ilmenau,  wie  er  noch 
einmal  das  dort  mit  Bleistift  geschriebene  Gedicht  lesen  und  all  das  ver- 
gangene sich  vergegenwärtigen  wollte.  Kurz,  es  ist  überall  gerade  das 
gewählt  und  darauf  hingewiesen,  was  echte  Nahrung  für  die  Jugend  ist 
und  bleibt,  die  Poesie  der  Jugend  ist  glücklich  empfunden  und  auf  die 
rechten  Wege  geleitet,  und  es  muthet  uns  aus  dem  Werkchen  ein  warmer 
herzlicher  Ton  an ,  der  den  Lehrer  selbst  für  seine  Aufgabe  begeistern 
kann.  Diesem  wird  das  Buch  unmittelbar  für  den  Unterricht  in  den  Dn- 
tergymnasien  dienlich  sein  können,  insofern  es  gerade  den  für  diese 
Altersstufe  abgemessenen  Lesestoff  behandelt,  mittelbar  ist  es  aber  auch 


%7&        PiM$eMih  %9Qgt.  Lei.tWco,  ang.  v.  i.  fiMUmutfr. 

der  iH^m  im  Qbergymn^tuni  UMniith  4iirfh  ^to  awvgead«  «d 
dvoUu«  gKiekUcba  B^bAiidluog  dei  w  Grunde  getegleft  8to0e«.  Om 
sind  di«  erslü»  der  EfUutemog  gewidoietin  AJ^aehnttte  aück  bis  nid 
wieder  etwM  breit,  so  binde!  uns  ja  niebte » auch  nneere  ErklanagiireiN 
80  einauricbteif  dea  guten  und  wahrhaft  brauchbaren  iai  troUdeoi  rechl 
Tiel  in  dem  ftuohe  au  finden  uud  wir  wüoaeben  ihm  deshalb  eine  rcebi 
weile  Verbreitung  und  fleilaige  BenuUung. 

Wien.  I>r«  K.  ReiebeL 


Leitfaden  beim  Lesen  der  geographischen  Karlen. 
Für  die  erate  Classe  der  Gymnasien  entworfen  Ton  h  Ptatcbaik, 
Lehrer  am  Gymnasium  der  k.  k.  Theresianischen  Akademie.  Zweita 
Auflage.  VII  u.  7t  S.  kl.  8.  Wien,  Fr.  Beck,  1S61.  —  18  kr.  ö.  W. 

In  den  aeeba  lehren»  welche  swiachen  der  ersten  (in  Jahrgange 
1864.  &  785  angezeigten)  und  der  sweiten  Auflage  verflossen  sied,  hat 
der  vorliegende  Leitfaden  im  Lehrstande  sich  einen  Grad  von  Anerkes* 
nung  erworben>  der  aeine  Einführung  an  mehreren  Schulorten  aur  gutes 
Folge  gehabt  hat  Pie  entsprechende  Behandlung  der  topineben  Gce- 
graphie,  die  kein  trockenes  Anhäufen  von  Namen  acägt,  sondern  des 
besohreibenden  Tone  sieh  angemessen  nihert,  ist  sicher  eine  der 
Hauptursachen  seiner  wohlbegrundeten  Anwendung  in  der  Pniii. 
Die  Gebrechen,  auf  welche  der  Veriasser  theils  durch  die  Bemerknsgea 
der  Fachgenossen,  theils  auf  dem  Wege  der  eigenen  weiteren  Erfob> 
rung  aufimerkaam  wurde,  erscheinen  gröfstentheils  behoben,  so  di« 
die  nunmehrige  Ausgabe  eine  wesentlich  verbesserte  genannt  werdes 
kann.  Wenn  noch  Stellen  vorhanden  sind»  welche  der  Schreiber  dietir 
Anxeige  gelungener  gegeben  wünschte,  se  sind  es  gewisse  Definitieoei 
in  den  Einleitungsabsohnitten,  besonders  in  Beaiebuag  auf  die  Ausdriek« 
für  die  Bodengestaltung,  Zum  näheren  Verständnisse  nttgea  ein  paar 
Stellen  angeführt  werden.  «Die  einfachste  Form  der  £rbebunf'i 
schreibt  Hr.  Ptaschnik,  «ist  der  Berg  etc.'.  Hier  würde  richtiger  ssA 
wahrscheinlich  dem  Sinne  des  Hm.  Verfassers  entspreeheMkr  statt  «eia« 
facbste*  gewi^hnliohste  su  setxen  sein,  denn  ein  Ber^  bann  eben 
so  gut  eine  einfache  (KegeU,  Halbkugel-,  Rücken-  ete.)  Fonn  haben,  als 
eine  zusammengeaetate,  und  die  letzte  ist  sogar  die  Regel,  wahrend  eine 
einlache  Gestalt  zu  doi  Ausnahmen  gehört.  --  «Eine  Reihe  neben- 
einander liegender  Berge  beifst  Bergkette,  Gebirgakelte»  Gebirgt- 
sug*.  Eine  solche  Reihe  nebeneinander  liegender  Berge  ist  eben  sieht 
mehr  als  eine  Bergreihe,  die  Kette  aber  entsteht  durch  eine  Reihe 
mit  einander  v e r b u n d e n e r  (d. i.  verwachsener)  Berge,  se  wie 
aus  der  Berggruppe  (einer  Anzahl  zerstreut  neben  einander  liegender 
Berge)  durch  Verwachsung  der  Stock  oder  die  M  a  a  s  e  hervorgeht  — 
Geht  man  von  der  Elymologie  des  Namens  Alpen  (»  weiCse  Berge) 
aus,  so  sollte  man  statt  einer  bestimmten  absoluten  Höhe  (Sr.  ftaacbnik 


Piateknik^  geogr«  Leillad««,  ang.  t.  A,  Steinkauser.         879 

DiflHDt  lOytOO'  an)  die  BHitbniig  Inner  die  ^nme  des  ewigen  Schnee« 
#1«  cfaArAkteri80he9  Medimal  feetseCxe«.    i«  unseren  Gegenden  gebraudit 
mm  scIuMi  l>ei  der  Erhdl^img  ii  die  KrammMcreglon  den  Ffamen  Alpen, 
und  würden  bei  uns  erst  Gebirge  fiber  10,00(^  das  Alpen  1  and  aus- 
maeben,  so  konnte  man  s.  B.  Oesterreieh,  Steyennark,  Krain  nidil  als 
Al^nlander  ansehen,  was  der  faelisehen  Benennung  gana  zuwider  wäre. 
—  Der  Ausfiruok  Niederung  ist  rein  relativ  und  hat  in  der  Nomen- 
clatur  der  Bodenplastik   keine  Bedeutung.  —  Warum   darf  ein   Land-* 
r  ü  e  k  e  n   nur  aus  einer  Tief  ebene   auf  s  t  e  i  g  e  n  ?    Es  ist  dies  der 
Ausdruck  für  jene  Erhebung  eines  flachen  Bodens ,  die  im  DurchschniUc 
einen   sehr  shimpfen  Winkel  macht  und   daher  nur  durch  den  Wasser- 
ablauf merklich  wird.  Ob  diese  Form  auf  einer  Tiefebene  oder  auf  einer 
Hochebene  erseheint,  ist  ganx   gleichgfltig.  —   «Eine  Hochebene  erhält 
(schreibt  Hr.  Ptaschnik  einlf;e  leiten  später)  m%  Pezpg  auf  die  Form 
ihrer  Oberfläche  noch  ai^lere  Kamep:   al<  ISügeUand,  Bei^landi  Plateau 
(Tafelland),  Hochland.*  Hier  findet  sich  eine  Begriffsverwirrung,  in  so  fern 
Ausdrücke  für  die  absolute  Erhebung  (Hochland)  Ausdrucken  für  das 
allgemeine  Gepräge  (Hügelland,  Bergland  etc.)  gleichgestellt  wer« 
den.  Wie  kann  eine  Hoeh  ebene  zugleich  ein  B  e  r  g  1  a  n  d  sein  Y  Jede 
Hochebene  ist  ein  Hochland,  aber  nicht  umgekehrt    Das  Hochland  von 
Seandinavien  ist  keine  Hooh  ebene.    Die  eben  angedeutete  Trennung 
der  BegrifilB  schliefet  die  Zusammensetzung   nicht   aus;   die  Ausdrücke 
Tiefland,  Stu£enland,  Hochland  lassen  sich  mit  den  Namen  für  die  Plastik  9 
Ebene,  Flachland,  Hügelland,  Bergland,  sehr  gut  verbinden,  und  es  wird 
dann  nebst  der  eharakterisehen  Form  des  Gepräges  auch  die  Erhebungs- 
stuüs    angedeutet    Hoehebene  und  Tiefebene   unterscheiden    sich    (alle 
Nebenerscheinungen  aufser  der  Grundform  abgerechnet)   nur   durch   die 
Vefvehiedenheit  des  Niveaus.    Ist  manche  Zusammensetzung   nicht   ge- 
bräuchlich und  getraut  man  sieh  nicht   einen  ungewöhnlichen  Ausdruck 
einsufiikren,  so  Jässt  sich  der  Begriff  mit  ein  paar  Worten  umschreiben, 
obne  duß  System  umzustoßen.  Auch  in  der  Hydrographie  kommen  noch 
einige  Mängel  in  der  Schärfe  der  Begriffsbestimmungen  vor.  Eine  Menge 
kkkioer  Gebirgsseen,  welche  weder  Zu-  noch  Abfluss   haben,   m&ssten 
naeh  des  Vor fiissers  Definition  zn  den  Steppenseen  gerechnet  wer- 
den, "m-.  Die  Nehrungen  sind  Gebilde  der  Meeresströmungen,   nicht 
der  riüfse }  welchem  Flasee  wäre  die  kurlsche  Nehrung  zu  verdanken, 
Od^  der  Putziger  WyokI  -^  Der  BegvilP  der   Lagunen    ist    einer 
SpeeialC^rm  entnommen  und  passl  nicht  auf  diese  Ersoheinung  im  Grofsen, 
z.  B.  den  Pamlioo  Sund.    Lagunen   sind  Strandseen   (oder  Strand- 
sümpft),  die  mit  dem  Meeee  durch  ölfoungen  der  Dünen  in  Verbin- 
dung stehen. 

Zum  Sehhisse  kann  ich  nicht  umbin ,  das  hei  der  ersten  Anzeige 
des  Werkt»  ansgesproehene  Bedauern,  dass  das  hier  vorliegende  Büch- 
lein ziemlieb  allos  umfasst,  was  im  Ontergymnasium  Ober  Geographie 
gelehrt  wird,  nun   nach   sechs    Jahren   zu   wiederholen,  um  so 


880  Crmaof*9  geogr.  TabeUeo»  äug.  %.  J.  ^üückmik. 

mehr,  als  milUerweile  gegründete  Hoffnung  ▼örhanden  war,  dem  Ge^i 
Stande  die  allseitig  erwünschte  gröüsere  Betheilnog  sugeweadet 
sehen;  allein  die  Verbindung  mit  einer  lurüekgesogenen  anderweitii 
Änderung  im  Plane  hat  auch  das  Untertauchen  jener  Verbessenmg  u 
sich  gesogen;  nun  steht  es  dahin,  ob  und  wann  der  Versuch  genta 
werden  wird,  aus  der  versunkenen  Oallone  den  prameditierten  Anthdl  ( 
geographischen  Unterrichtes  heraufxufördem  upd  damit  dem  praktisel 
Bedürfnisse  Genüge  xu  thun. 

Wien.  Anton    SIeinhaos er. 


H.  Grautoff's  geographische  Tabellen  für  Gymnamn  m 
Bürgerschulen.  Neu  herausgegeben  von  Dr.  Ernst  Deecke,  ?n 
fessor  am  Gatbarineum  zu  Lübeck.  Siebente ,  durchaus  benehligj 
und  vermehrte  Auflage,  gr.  8.  (68  S.)  Lübeck,  Priedr.  Asscbe 
feldt.  1869.  —  18  Sgr.  oder  1  fl.  26  kr.  ö.  W. 

Die  Einrichtung  dieser  Tabellen  (32  Tafeln)  ist  folgende:  Zue 
geht  eine  allgemeine  Einleitung  voraus  und  enthalt  auf  Tafel  i  in  d 
Rubriken :  der  Erdkörper ,  die  Erdoberfläche,  die  Erxeugnisse  der  En 
die  Bewohner  der  Erde,  in  kursen  leicht  lesbaren  Sätzen  das,  i 
man  gewöhnlich  unter  der  Bexeichnung  «Vorkenntnisse  aus  der  6c 
graphie*  in  den  Compendien  xu  finden  pflegt  Tafel  %  stellt  eine  i 
gemeine  Obersicht  der  Weltmeere  (Namen  der  Weltmeere,  Lage,  ei 
xelne  Theile)  und  der  Welltheile  (Namen  und  Lage  der  fünf  Welttbeü 
Qröfse,  Einwohnerzahl  und  allgemeine*  Eintbeilung)  xusammen. 

Mit  Tafel  3  beginnt  eine  Übersicht  von  Europa  nach  den  Rubrike 
Meere,  Meerbusen  und  Meerengen ,  Gewässer  des  Inlandes ,  Höhen  m 
Tiefen,  Klima,  Producta,  Einwohner,  europäische  Staaten  und  HaB|i 
Städte.  Daran  reiht  sich  eine  specielle  Beschreibung  der  einzels 
Staaten  Ton  Europa  nach  den  Rubriken:  Grenxen,  GröCse,  Boden  n 
Klima,  Gewässer»  Producte,  Einwohner,  Industrie,  Verfassung  (Regicna 
Staatskräfte),  Landestheile  und  Städte;  dieser  Beschreibung  sind  i 
Tafeln  3  bis  14  gewidmet  In  derselben  Weise  wie  Europa  sind  Asi< 
Tafel  15  bis  19,  Afrika  Tafel  20  bis  24,  Amerika  Tafel  25  bis  30  b 
handelt;  Australien  hat  die  Tafel  31  mit  den  Rubriken:  Lage  nnd  G 
Wässer,  Boden  und  Klima,  Producte,  Einwohner,  Industrie ,  Haopt^eiJ 
Tafel  32  enthält  die  merkwürdigsten  Seeörter  in  und  nahe  bei  EofOf 

Offenbar  ist  der  Stoff  in  den  Tabellen  in  dner  Weise  geordi 
und  behandelt,  welche  einen  selbständigen,  von  dem  naturgeschid 
liehen,  physikalischen  und  historischen  Cnterrichte  gans  unabhaDgi|i< 
Lehrgang  in  der  Geographie  voraussetzt;  dies  glauben  wrir  anck  ai 
der  in  der  Vorrede  beigefugten  Eintheilung  in  drei  Lehrcurse  xa  e 
kennen,  wonach  für  den  ersten  Tafel  2  bis  4,  für  den  xweiten  Tafel 
bis  14,  für  den  dritten  die  übrigen  bestimmt  sind.  Denselben  W< 
schlagen  bekanntlich  die  meisten  Compendien  ein,  und  Lehrern,  weld 


Graui^$  geogr.  Tabellen,  ang.  ▼.  J.  PiaHJMk,  861 

nach  dieser  Methode  vonugehen  haben ,  ist  hier  die  Wahl  gestellt 
zwischen  diesen  Tabellen  und  den  Compendien.  Ref.  bedauert ,  dass  in 
dieser  Auflage  die  Grunde  nicht  angegeben  wurden ,  welche  den  ver- 
storbenen Grautoff  veranlasst  hatten  die  Form  der  Tabellen  zu  wählen. 
Es  müssen  rein  psedagogische  und  methodische  Rücksichten  ihn  hierbei 
geleitet  haben,  da  er  der  sogenannten  wissenschaftlichen  Methode,  welche 
sich  in  den  Compendien  geltend  macht ,  so  schroff  entgegentritt.  Wie 
dem  auch  sein  mag,  eine  unbefangene  Prüfung  der  gewöhnlichen  Com« 
pendien  und  dieser  Tabellen  wird  jeden,  der  einige  Erfahrungen  im 
Schulleben  hat,  zu  dem  Geständnisse  fuhren,  dass  diese  Tabellen  einen 
evidenten  Vortheil  haben,  nämlich  den  der  leichten  und  bequemen  Ober- 
sicht des  Stoffes.  Was  nun  die  Diction  betrifft,  deren  dürre  Form  man 
beanstanden  könnte,  so  dürfte  eine  genaue  Erwägung  der  Sache  am 
Ende  dahin  fuhren,  dass  beide,  Compendien  und  Tabellen,  einander 
hierin  nicht  viel  vorzuwerfen  haben,  und  wenn  die  Compendien  auf  ihre 
sogenannte  wissenschaftliche,  streng  logische,  in  Hauptstücke,  Abschnitte» 
Capitel,  A,  a,  tt  g.  etc.  eingeschachtelte  Systematik  pochen,  so  können 
die  Tabellen  in  ihren  anspruchslosen  Rubriken  mit  der  Versicherung 
zufrieden  sein,  dass  ihre  Rubriken  in  der  Praxis  einige  Bedeutung  er- 
langen, während  die  logischen  Divisionen  jener  vollständig  ignoriert 
werden  müssen ,  damit  kein  logisches  Onheil  der  Jugend  widerfahre. 
Mit  Berücksichtigung  dieser  Omstände  gebührt  diesen  Tabellen  sogar 
der  Vorzug  vor  den  Compendien.  Dass  bereits  eine  siebente  Auflage 
derselben  erscheint,  beweist,  dass  sie  in  den  Händen  der  Lehrer  sieb 
als  zweckmäfsig  bewährten.  Und  in  der  That  sowol  in  Betreff  der  Aus- 
wahl des  Stoffes,  als  auch  was  die  Richtigkeit  der  Daten  im  allge- 
meinen betrifft,  verdienen  diese  Tabellen  lobende  Erwähnung  und  die 
Bezeichnung  «berichtigte  und  vermehrte  Auflage'  ist  ganz  gerechtfertigt 
durch  die  Sorgfalt,  welche  namentlich  den  aufsereuropäischen  Ländern 
gewidmet  ist. 

Ref.  wollte  vor  allem  durch  die  Oegenüberstollung  der  Tabellen 
und  Compendien  auf  den  relativen  Werth  der  ersteren  hinweisen ;  die 
Frage  über  die  absolute  Brauchbarkeit  derselben  mit  Rücksicht  auf  die 
bedeutenden  Leistungen  in  der  Kartographie  und  die  hierdurch  vielfaoh 
modificierte  Methode  mögen  diejenigen  beantworten,  welche  mit  diesen 
Er^oheinungen  vertraut,  diese  oder  ähnliche  Tabellen  bei  ihrem  Unter- 
richt zu  Grunde  gelegt  und  Erfahrungen  gesammelt  hatten.  Ref.  muss 
demnach  von  Fragen,  z.  B.  in  wie  weit  die  in  diesen  Tabellen  einge- 
haltene Methode  geeignet  sei,  die  Anschauung  und  Einprägung  des  pla- 
stischen Reliefs  der  Erdoberfläche  zu  fördern,  ob  und  wie  das  plastische 
Relief  benützt  werde,  um  die  Erlernung  der  vielfach  schwierigen  poli- 
tischen Eintheilung  (wir  erinnern  beispielsweise  an  unsere  35  Bundes- 
staaten) zu  erleichtern  und  zu  sichern  u.  s.  w.  ganz  absehen,  und  fügt 
schliefslich  bei,  dass  an  den  Gymnasien  Österreichs  auf  solche  Tabellen 

ZeiUchrin  f.  4.  5»t«rr.  O/miiAt.  IgSO.  XI.  H«fk.  60 


889    UmiiB,  Synopsis  der  Pfalurgesdiiehtc,  ang.  v.  A!  B   Beller, 

i«  jenem  Stadiatt  des  geograpliiseheD  Onterrichtes  iq  reflectieren  \ 
wo  e«  sieh  darum  bandelly  die  Ergelmisse  des  hlstoriBchen  and 
graphischen   Unterrichtes  so   einer  Obersieht  des    gegeDwSrilgen 
Standes  eq  vereinigen. 

Wien.  J.  Ptaachnt 


Dr.  Job.    Leunis,    Synopsis    der  Naturgescliiclile  des  Tb 
reiches.    Ein  Handbuch  fÖr  höhere  Lehranstalten  u.  s.  w.    Zw« 
gffnilich   umgearbeitete  nnd   vermebrle  Anflago   mii   nahe  an  1 
Abbildungen,    gr.  8.    LXVi  «.  1014  S.    HaMOTer,  Habn'seha 
buchhandliuig,  1860.  —  4  Tblr.  20  Sgr. 

IHe  zoologischen  Werke  des  Hrn.  Vf's.  haben  allenthalben  und 
sonders  in  Osterreich  eine  Tcrbreilung  gewonnen,  die  aAein  ic\MKi  l 
reichend  ist  imsere  ganze  AufmerlKsamkeit  für  sie  In  Anspruch 
nehmen.  Die  «Schul-Naturgesehfcbte*  und  der  «Analytische  Leitfa^ 
sind  vorzugsweise  in  unseren  Schulen  verbreitet,  vireil  sie  wiedeiboll 
branchbare  Grundlagen  für  den  toologtscben  Unterricht  beieic 
wurden ,  nnd  es  wird  sich  wol  der  Mühe  lohnen ,  die  Ursache  d 
Brauchbarkeit  hier  naher  tu  untersuchen.  Für  ans  liegt  sie.  bei 
diesem  Gegenstande  in  den  oberen  Classen  zugewiesenen  Zeit,  zuol 
in  der  zweckmafsigen  GedrSogtbeit  und  Obersichtlichkett  des  Lehrsti 
Ohne  wesentliche  Lücken  im  Allgemeinen  bietet  diese  dem  Lehrer 
Schuler  verlässliche  Anhaltspuncte,  das  Gebiet  des  Thierreicties  nach  ( 
bestimmten  Methode  zu  durchwandern,  und  lässt  Spielraum  genug, 
sich  der  Lehrer,  an  die  Schlagworle  des  Leitfadens  haltend,  in  Ein; 
hciten  ei^ebe,  die  zum  Verständnis  des  Ganzen  nöthig  sind.  Das 
auch  der  Grund,  warum  Schmarda*s  Grundzuge  der  Zoologie,  denen 
in  wissenschaftlicher  Beziehung  unbedingt  vor  Lcunis  den  Vorzug  g 
wurden,  ganz  abgesehen  von  den  wol  nur  durch  die  übereilte  Abfas 
und  rasche  Herausgabe  entstandenen  Fehlern,  an  unseren  Gymnasien 
mit  Vortheil  verwendet  werden  können.  Sic  sind  zu  weitläufig  in 
Beschreibung  der  Classen  und  Ordnungen  gehalten  und  gehen  auf  e 
mit  Anschauung  verbundenen  Unterricht  in  der  Kenntnis  der  Oattui 
und  Arten  gar  nicht  ein.  Des  AusYassens  und  Hinzufügcns  war 
Ende,  wollte  man  mit  diesem  Lehrbuche  einen  nur  einigermafseD 
friedigenden  Erfolg  erzielen.  Nach  Entfernung  von  Burmeister's 
Schmarda's  Lehrbucher  aus  den  Schulen  wurde  Leunis  und  Giebel's  Zoo) 
in  unseren  Gymnasien  als  Leitfaden  gestattet,  und  obgleich  Gieb 
systematischer  Anordnung  und  in  einer  richtigen  Beschränkung  des  L 
stoflfes  Leunis  nicht  nur  gleichkommt,  sondern  ihn  in  ersterer  Beziel 
bei  weitem  überlriflfl,  konnte  dem  Lehrer,  welcher  sich  mit  der  an 
seren  Gymnasien  zu  lösenden  Aufgabe  vertraut  gemacht  hatte,  kaum 
Zweifel  bleiben,  weJches  Buch  er  wählen  solle;  denn  Giebel  hall 
seinem  Lehrbuche  die  Naturgeschichte  des  Menschen  wegzulassen  für 


leuniij  Synopsis  der  Natargescbichte,  «og.  v.  iC,  ß,  ßiUer.    883 

befunden,  und  doeh  kann  delr  wohlmeinend«  Lebfer  bei  dem  Emstaudei 
dass  sicherlicb  kaum  6  Procent  aller  Gymnasiaetea  naturbistorischa  Stu- 
dien später  an  der  Boiehschule  matshen,  dieses  wiobUge  Capüel  billiger- 
Weise  flieht  übergehen,  und  was  ersetzt  ihm  dae  Prolotyp  eines  orga- 
nischen Wesens,  wenn  er  vom  MeMcben  oicbt  ausfubrlicb  reden  soll?  — 
Wir  begreifen  hsebl  gut,  warum  bedeutende  Fachmänner  so  oft  sich  ge^» 
gen  Jeden  anderen  Unterricht  als  den  elementaren  in  der  Naturgeschichte 
an  Gymnasien  ausgesproehen  und  wiederholt  darauf  hingewiesen  haben» 
dass  sie  an  der  floehschule  dann  gegen  Irrlhümer  su  Felde  zu  ziehen 
und  falsch  geiebries  sa  berichtigen  hSUen;  aber  wir  sind  dennoch  nie 
ganc  ihrer  Meinung  gewesen  und  haben  auch  nie  so  schwarz  gesehen^ 
dass  wir  diesen  Ansiobten  hätten  unbedingt  beistimnen  können.  Denn 
einerseits  sind  die  Lehrer  der  Gymnasien  meist  doch  die  Sohüler  dieser 
Hockechulea  und  werden,  wenn  sie  rechtes  gelernt  haben,  nicht  dann 
fUscbes  lehren;  und  nehmen  wir  an^  ee  sei  im  schümmsten  Falle  am 
Gymnasium  gesagt  worden,  die  Bewegung  werde  nur  durch  Muskeln  be* 
werksteUigt,  ohne  der  Sarkode  und  der  Flimmerorgane  zu  gedenken,  oder 
man  hätte  mit  Leunis  die  Rädefthiere  bei  den  Infusorien  statt  bei  den 
Gliederthieren  oder  Würmern  abgehandelt,  so  sehen  wir  noch  immer  niclit 
ein,  warum  dies  schon  ein  gänzliehei  Verwerfen  des  naturgescbicbUicben 
Onterrichtes  an  Gymnasien  wünsohenswerih  erscheinen  lassen  sollte.  Um 
aber  auf  das  Oapitel:  Der  Mensch»  zurückzukommen,  so  fragen  wir: 
Darf  nur  der  Medidner  oder  der  Candidat  für  ein  naturhistorisches  Lehr^ 
amt  wissen,  wie  schön  ihn  der  gütige  Schöpfer  gesohaffen  und  was  er 
elwa  tu  thun  und  zu  meiden  habe,  um  dieses  schönste  aller  Gotteswerke 
Igehörig  au  würdigen?  Darf  der  Priester»  der  Jurist»  der  Beamte  nicht 
wissen,  wie  die  Wohnstätte  der  unsterblichen  Seele,  die  er  so  oft  richtig 
verstehen  und  beurtheHen  soll»  aussieht?  Kann  er  mit  der  Seele  ^wa 
allein  yerkehren,  und  wird  der  Riehter  den  Labioen  verurtlieilen »  weil 
dieser  ein  Unglück  niobi  verhütete^  wozu  er  ein  Paar  gesunde  Beine  ge- 
bravcbt  hätte?  Wir  sind  wenigstens  der  fest^  Dbeneugung»  dass  man 
^er  zum  Leben  beranreifendea  Jugend  keinen  gröCiereo  Dienst  erweisen 
kaon»  als  wenn  maa  sie»  so  wie  es  ihr  Alter  erladbt»  den  Menschen  ken- 
nen lehrt  Tausend  Verkehrdieiten  im  Leben  der  niit  der  Natur  ihres 
Korpen  ganz  Unwissenden  werden  unterbleiben»  und  die  Fruebt,  dieser 
wem  auch  spärlioheB  Saeit  kann  keine  «ndsre  als  eine  gute  sein. 

Deshalb  haben  wol  auch  viele  und  gewiss  nicbt  die  minder  be- 
rulenen  Lehner  der  Naturgeschichte  an  Gymnasien  zu  Leunis'  Leitfaden 
gegriffen*  Gewiss  kennen  sie  die  Mängel  dieses  Buches,  aber  wekbe 
Wahl  bUeb  ihnen  twiseheii  Giebel,  Leunis  o4er  vielleicht  Eichcjlberg;? 
Letzteres  ein  Bueh,  das  für  unsere  Schulen,  uogeaebtei  grofeer  Vorzüge» 
in  einem  Gapitel  zn  vid»  in  dem  andern  m  wmig  für  uns  enthiä^  ^^ 
Welche  Wahl  baHen  sie?  Fast  keine.  —  Dies  ifk  also  der  ttrund«  warum 
Leunis  bei  uns  so  sehr  verbreitet  ist,  und  weil  er  es  ist,  so  wollen  wir 

60* 


894    IfMri^f  Synopdfl  der  Naturgescbiehte,  ang.  y.  H  A  Aelter. 

mm  anf  die  Grandleee  aOer  feiner  loologiselien  Werk«,  auf  aetae  Sy- 
Dopsia  elwaa  nilier  eingeheD. 

Tor  aDeal  bedauern  wir,  daaa  der  Br.  VC.  die  froiiere  Beapredmg 
setner  Sdmlnaliirgeaöliielite  in  dieaer  Zeilaelirift*)  nidit  geleaen  od« 
Qieht  beachtet  hat  |<  denn  mit  AosnahaM  deaien»  daaa  er  dem  Hydrardna 
in  dieaer  neuen  Anagabe  aeine  richtige  Stellung  bei  den  Cetaoeen  aawicf 
nnd  die  Ridcrtiiiere  heranf  in  den  Würmern  nahm,  iat  allen  andere  nn- 
haldMtfe  atehen  gdilieben.  fan  Schnlbnche  war  ea  einfadi  sa  tadein,  weil 
ea  nichts  fidsches  lehren  airil,  in  der  Synopsis  aber  iat  ca   doppelt  n 
laddn,  weil  ein  WerlK  dieaea  Umfuigea  aich  nicht  mehr  aut  der  gdbo- 
tasen  Kirae  entschuldigen  kann,  weil  ea  eben  ala  Handbuch  den. If ach- 
selilagenden  fiber  nichta  im  Zweifel  lasaen,  noch  weniger  aber  in  einen 
imhnm  befugen  aoH    Der  Crzengang  a.  B.  spricht  am  Br.  ?£  noch 
immer  daa  Wort  nnd  fragt  auch  hier  wieder  t  Wie  koaual  die  Krita- 
milbe  nnter  die  HantY  ProL  Dr.  0.  Schmidt  hat  anf  dieae  Frage  berdia 
geantwortet  —  Was  uns  aber  an  der  Synopsia  am  meialen  eine  Mia- 
bilHgung  au  Terdienen  acheint,  iat  die  von  Leunb  in  allen  adaen  Wer- 
ken featgehaltene  Syatematik.    Er  selbst  rechtfertigt  sie  auf  S.  IX  der 
Yorrede,  aber  wie  wir  leider  geatehen  müaaen,  nicht  befiriedigend ;  dena 
dea  Beatimmena  wegen  brauchten  die  Ergebniaae  der  neueaten  Forschoa- 
gen  nicht  aufgegeben  an  werden  und  ein  analytischer  Schlusael  Usat  sieb 
noch  immer  anbringen,  ohne  daaa  Mollusken,  Badiaten,  Polypen  und  In- 
fusorien unter  sehr  vagen  gemeinaamen  Merkmalen  in  einea 
Kreia  auaammengedringt  werden.    Der  Hr.  Vi  legt  in  aeinen  Arbeitea 
daa  grolate  Gewidit  auf  deren  Werth  Inr  beackreibende  Nator- 
geschichte  (Vorrede  S.  Q  und  Niemand  wird  diesen  Terkennen  wottea; 
er  Terzichtet  gleiehaam  aelbat  auf  den  Namen  eines  Syalematikera,  naä 
doch  geht  er  aeinen  eigenen  Weg  auf  die  Gefahr  hin,  mit  den  neueataa 
Forschungen  in  Widerapruch  au  gerathen.    War  der  Hr.  VIL  der  rvA^ 
filtigen  Gliederong  neuerer  Systematiker  abgeneigt,  warom   folgte  er 
nicht  Guvier'a  berühmtem   und  für  alle  Zeiten   werthYollem  Syatemf 
Alles  dieaea  erwAhnen  wir,  weil  die  grofse  Brauchbarkeit  der  Sy- 
nopsia und  der  begrSndete  Ruf  des  Hm.  Vf's.  dadurch  entachieden  ge- 
wonnen bitten,  indeasen  geatehen  wir  doch  mit  Vergnügen  ein,  daae  wir 
deraeit  kein  Werk  kennen,  daa  trota  alledem  aich  durch  aolche  VoO- 
atandigkeit  auazeichnete  und  daa  ein  so  Tortreflliches  Nachachlagebock 
wäre,  als  eben  diese  Synopsis  von  Leunia.   Wer  nicht  über  eine  grolie 
Bibliothek  verf&gen  kann,   dem  ist  dieaea  Werk  sieber  ein  zoologischer 
Hausacbats,  und  Lehrern  der  Naturgeschichte  dürfte  ea  in  den   mdttca 
Faien  ziemlich  unentbehrlich  aein.  Der  Hr.  Vf.  hat  mit  unaa^iekcr 
Muhe  die  Brauchbarkeit  dea  Buches  dadurch  au  erhöhen  geaucht,  da« 
er  die  etymologische  Erklining  aUer  zoologischen  Namen  beifügte,  wo- 
durch er  sich  viele  Lehrer  aioher  zu  grofsem  Danke  Torpflichten  wiid, 

*)  iahrgang  1856,  Seite  IM  u.  f. 


B.  BarMi,  die  Tropeniv'ett ,  ang.  v.  JT.  A  BeUer.  as5 

und  dass  er  in  seinem  Thierkalender  und  in  '  seinen  Obersiehten  der 
Thiere  nach  ihrem  Nutzen  und  der  schSdIichen  Insekten  nach  ihren 
Nahrungspflanzen  werthvolle  Zusammenstellungen  machte,  welche  die 
näheren  Beziehungen  zwischen  Thieren  und  Pflanzen  ansehanlioher  dar- 
stellen. Nicht  minder  werthvoll  Ist  der  literarische  Naefaweiser  mit 
kurzen  biographischen  und  bibliographischen  Anmerkungen.  Die  Aus- 
stattung des  Werkes  ist  schön  und  die  zahlreichen  Bolssohnitte  sind 
meist  vortreflflich.  Demnach  glauben  wir  wohl  dessen  gewiss  sein  zu 
können,  dass  Leunis'  Synopsis  bald  noch  mehr  an  Verbreitung  unter  -den 
Lehrern  unserer  Mittelschulen  gewinnen  und  dass  der  Hr.  Vf.  darin  die 
wohlverdiente  Anerkennung  seiner  mühevollen  Arbeit  in  noch  höherem 
Grade  finden  werde,  als  in  den  wenigen  Worten  des  Lobes  und  In  der 
warmen  Anempfehlung,  die  wir  hier  seinem  dankeswerthen  Werke  zu 
spenden  vermögen« 

Wien.  Karl  B.  Heller. 

Dr.  Georg  Hart w ig ^  Die  Tropenwelt  im  Thier-  und  Pflanzen- 
leben, gr.  8.  XII  u.  488  S.  mit  6  Abbildungen  in  Irisdruck.  Wies- 
baden, Kreide!  &  Niedner,  1860.  *-  8  Thhr. 

Man  kann  sich  wirklich  Gluck  wünschen,  wenn  man  unter  der 
groben  Menge  von  Werken,  welche  bestimmt  sind,  «dem  grofseren 
Kreise  der  Gebildeten'  oder  «den  Gebildeten  aller  Stande*  das  wissenK^ 
wertheste  aus  der  Natur-,  Länder-  und  Völkerkunde  in  gedrfingter  Ober- 
sicht zu  bringen,  auf  ein  solches  stöfst,  das  nicht  mit  seinem  verlocken- 
den Gewände  in  Druek  und  Ausstattung  eine  schale  Nuss  ohne  Kern 
bietet  und  den  strengeren  Beurtheiler  in  Zweifel  lasst,  ob  die  Bilder  für 
den  Text  oder  nicht  vielmehr  der  Text  für  die  so  beliebten  Abbildungen 
in  Irisdruck  gemacht  worden  seien.  Ein  Werk,  welches  in  dieser  Be- 
ziehung eine  lobenswerthe  Ausnahme  macht,  ist  Hartwig's  Tropenwelt 
im  Thier-  und  Pflanzenleben.  Der  Hr.  Vf.,  der  unlSngst  noch  mit  seinen 
Lesern  im  «hohen  Norden'  herumwanderte,  führt  sie  nun  in  die  Tropen- 
welt ein  und  durchzieht  mit  ihnen,  den  Fuhrer  machend,  alle  Regionen 
der  heifsen  Zone  mit  ziemlich  sicherem  Schritte.  Eine  gewiss  sehr  ver- 
dienstliche Sache  für  einen  Führer,  der  den  Weg  nur  nach  der  Beschrei- 
bung anderer  kennt  und  daher  grobe  Gefahr  ISuft  sich  zu  verirren.  In- 
dessen ist  nicht  zu  laugnen,  dass  der  Hr.  Vf.  vieles,  wenn  auch  nicht 
alles  studiert  hat,  um  durch  Belesenheit  zu  ersetzen,  was  an  eigener  Er- 
fahrung mangelte,  und  selbst  deijenige,  welcher  aus  eigener  Anschauung 
die  Tropenwelt  kennt,  muss  eingestehen,  dass  der  Hr.  Vf.  mit  grobem 
Geschicke  sich  auf  dem  weiten  Gebiete  derselben  zurecht  findet. 
Allerdings  ist  er  besser  in  der  neuen  als  in  der  alten  Welt  zu  Hause; 
denn  während  Humboldt,  Schomburgk,  Tschudi,  Pöppig  und  andere  be- 
rühmte Reisende  häufig  als  Gewährsmänner  für  Amerika  genannt  sind, 
vermissen  wir  für  Asien  und  Afrika  sehr  viele  hervorragende  Namen  der 
Neuzeit,  als  da  sind :  Heuglin,  Browne,  Du  Chaillu,  Livingstone«  BuHo^« 


886  Q.  OitMf,  die  TrepenWfU,  ang.  t.  JT.  A  BeHer. 

Speke,  Hotehen  SobtogintwcSt  u.  a.,  und  selbst  Bartb's  und  VogeT 
bellen  sind  nur  fai  sehr  bescbränktein  llafse  benüut,  was  naoc 
dem  Capitel  über  die  grofw  Woste  som  Nacbtbeiie  gereicht.  Allel 
nuiss  dieses  Capitely  so  wie  jene,  welche  mits  «die  Puna*,  «dieU 
ond  «der  Riesenstrom  der  Tropenwell*  fibersehrieben  aiDd,  als  «a 
gäbe  betrachtet  werden ,  denn  sie  passen  nicht  mehr  in  den  Rah 
die  Tropenwelt  im  Thier-  nnd  Pflanienleben,  oder  wenn  der  Hr.  V.  i 
Arbeit  schon  eine  Ausdehnung  in  dieser  Richtung  hatte  geben  wi 
dann  hfitle  er  mindesfens  anch  den  Gebirgen ,  Vnlkanea  o.  s.  w.  < 
Abschnitt  widmen  müssen,  weil  sie  ebensogut  die  merkwürdigen  T 
einer  eigenen  Thier«-  und  Pflansenwelt  sind,  wie  die  Poat  oder 
Riesenstrom.  AHes  dieses  glaubten  wir  erwähnen  txk  soUeo,  weii 
einem  an  und  I8r  sich  schon  schönem  Werke,  das  gewiss  eine  gi 
Verbreitung  gewinnen  wird,  jede  erreichbare  Vollendung  gewünscht 
ten  und  weil  wir  hiebt  zweifeln ,  dass  aus  warmer  Theilni^me  IQi 
Werk  entspringende  Bemerkungen  dem  Hm.  Vf.  willkommen  sein  we 
So  müssen  wir  der  Ansicht  des  Arn.  Vfs.  (S.  16).  dass  das  Werltn 
fremden  ROrpers  mit  der  Absicht  su  Terietzen  oder  sich  zu  vertheu 
keinem  Tbiere  sukoramt,  entschieden  entgegentreten,  denn  gerade 
Affen  gehen  darin  so- weit,  dass  sie  in  Ermangelung  eines  anderen^ 
gegenständes  ihre  Feinde  sogar  mit  ihren  eigenen  Hxcrementen  bew< 
Faule  oder  weiche  Früchte  sind  den  Affen  besonders  erwünschte 
theidigungsmittel ,  und  der  Reisende  hat  oft  viel  Unangenehmes  zi 
tragen,  wenn  er  nicht  mit  einem  Flintenschuss  das  kecke  Volk  susei 
der  treibt.  S.  96  ist  der  Verbreilungsbezirk  des  Tapirs  zu  klein  aD| 
ben,  denn  er  geht  nicht  blols  bis  Nicaragua,  sondern  bis  Tabasco, 
wenigstens  bis  zum  18^  n.  B.  —  Dass  das  Ichneumon  dem  Crocodi 
den  Hals  springt  und  diesen  zerfleischt  (S.  179),  ist  eine  zien^ich  f 
hafte  Bemerkung;  wir  wären  wenigstens  nicht  in  der  Lage»  für 
einen  verlfisslicben  Gewährsmann  su  neimen;  ebenso  sonderbar  und 
Zoologen  unwürdig  ist  es,  wenn  er  sagt:  die  rötblichbraunc  Brille  z 
net  sich  bei  der  INaja  auf  der  Nase  ab  (S.  199).  —  Die  Schreibe 
Tlaouilli  (S.  275)  ist  unrichtig,  denn  der  Mais  heibt  aztekisch  Tlaoll 
Dass  die  Pisangfrücbte,  roh  gegessen,  bei  den  Europäern  leicht  Ruhr 
vorrufen  (S.  285) ,  kann  für  den  Fall  unmäfsigen  Genusses ,  wobei 
manche  einbeimische  Frucht  auch  schaden  kann,  wahr  sein»  vübrigeo 
es  gewiss,  dass  keine  tropische  Frucht  in  dieser  Beziehung  weuigei 
fährlich  ist,  als  gerade  die  Pisang,  und  uns  ist  kein  Fall  bekanut, 
durch  die  Bemerkung  des  Hrn.  Vfs.  eine  Bestätigung  fände.  Das  Zu( 
röhr  wird  in  der  Regel  nicht  nach  der  Blute  (S.  298) ,  sondern 
geschnitten,  wenn  die  ersten  ßlütenrispen  zum  Vorschein  kommen, 
aller  Saft,  welchen  die  Pflanze  zur  Entwickelung  der  Blüte  bra 
gebt  sonst  unnütz  verloren,  und  der  Zuckerrohrpflanzer  nennt  ein 
geblütes  Feld  mit  Recht  ein  überreifes.  —  Die  Zubereilungsweisc 
Cacao,  wie  sie  der  Hr.  Vf.  nach  Wagner,  S.  319,  gibt,  weicht  wesen 


G,  ffartwiff,  die  Tropenwclt,  ang.  v.  ä,  ß.  Heller,  887 

von  jener  des  eköstlichen  Soconusco'  ab  (S.  318).  LeUtere  findet  der 
Hr.  Vf.  im  XI.  Heft ,  1856  ,  p.  399  der  Petermann'schen  geogr.  Mit- 
theilungen beschrieben;  ebendaselbst  ist  über  die  Blauholzwälder  und 
über  die  Blauholzgewinnung  manches  zu  finden ,  was  Dampier's  Schil- 
derungen (S.  346)  erganzen  oder  auf  das  rechte  Mafs  zurückfuhren  dürfte. 
Den  geschichtlichen  Notizen  gegenüber  (S.  346)  müssen  wir  mit  Be- 
stimmtheit versichern,  dass  weder  bei  Campeche  noch  in  Tabasco  jetzt 
englische  Holzfallereien  bestehen.  Die  Engländer  sind  auf  Baliz  in  der 
Honduras- Bai  be8chrankt,  breiten  sich  da  allerdings  allmählich  mehr  und 
mehr  aus,  kommen  aber  übrigens  mit  den  Besitzern  der  Nordküstc  in 
gar  keine  Berührung. 

Die  Beschreibung  der  Pulque- Bereitung  in  Mexico  (S.  398)  ist 
mangelhaft  und  theilweise  unrichtig.  Der  Hr.  Vf.  würde  in  den  Münchener 
Gelehrten  Anzeigen  Nr.  44—61, 1844,  eine  AbliiDdlung  von  Martins  über 
die  Agaveen  gefunden  haben,  die  diesen  Gegenstand  vollständig  erschöpft. 
—  Was  die  stilistische  Behandlung  des  Gegenstandes  betrifft,  so  können 
wir  nicht  umhin  zu  bemerken,  dass  der  Hr.  Vf.  zu  sehr  nach  Effect 
liascbL  So  ist  z.  B.  votf  der  Apostro^  als  Redefigur  geradezu  Mis- 
brauch  gemacht,  wir  verweisen  nur  auf  8. 10  und  8. 148,  ohne  unzähliger 
anderer  Ansprachen  an  den  Leser  zu  gedenken.  —  «Stockdummer*  Ne- 
ger (S.  4),  Vitzli  putzli  (S.  318),  statt  Huitzilopuitli,  sind  #ines  solchen 
Werkes  unwürdige  Ausdrücke  t  derErnat  des  Gegenstandes  erlaubt  keine 
Spässe.  — 

Im  ganzen  genommen  ist  Hartwig's  Werk  eine  mit  seltenem  Fleisse 
durchgeführte»  sehr  belelirende  Arbeit.  Wir  hatten  sie  namentlich  für 
die  reifere  Jugend  als  sehr  anregend  und  empfehlenswerth.  —  Die  Aus- 
stattung ist  pracbtvoll 

Wien.  Karl  B.  Holler. 


Dritte  Abtheilung. 


Verordnongen  fflr  die  Asterreichteehen  Gym- 
nasien; Statistik. 

Personal-  und  Schulnotizen. 

(ErnenDungen,  Beförderungen,  Vers  e  tsungen,  Ans- 
xeichnungen  u.  s.  w.)  —  Der  Supplent  am  Jidiner  Oymnanuoi,  Hr. 
t homas  N 0  V  tf  k ,  zum  wirklichen  Lehrer  am  Gymnasium  zu  KöniggriU 

—  Dem  bisherigen  Lehrer  des  Staatsgymnasiums  zu  San  Procoto 
in  Venedig,  Bm.  Ernst  Gnad,  ist  die  specielle  Lehrkanzel  für  deatscbe 
Sprache  am.k.  k.  Obergymnasium  zu  Padua  verliehen  worden. 

—  Dem  Director  des  Staatsgymnasiums  zu  Ddine,  Hm.  Abale 
Jakob  Piro  na,  wurde  aus  Anlass  seiner  Versetzung  in  den  bleibeDdeo 
Ruhestand  für  seine  vieljährige  zufriedenstellende  DieDsileistung  im 
Öffentlichen  Lehramte  die  Allerhöchste  Zufriedenheit  bekannt  gegeben. 


—  Der  Supplent  an  der  Joachimsthaler  Gnterrealschule,  Hr.  Auguit 
Wejmann,  zum  Lehrer  an  der  Cnterrealschule  zu  Eger. 

—  Der  Adjunct  an  der  Oberrealschule  zu  Elbogeo,  Hr.  Joseph 
Vosyka,  zum  Lehrer  an  der  Unterrealsehule  in  Pilsen. 

—-  Der  Professor  am  Josephs-Pojylechnicum  zu  Ofen ,  Hr.  I>r. 
Anton  K  e  r  n  e  r  ,  zum  ordentlichen  Professor  der  Naturgeschichte  an  der 
Universität  zu  Innsbruck. 


—  Der  Lehrer  der  italienischen  Sprache  an  der  Wiener  Uni- 
versität, Ilr.  Adolf  M  US  safia,  zum  aufserordentlichen  Professor  der 
romanischen  Sprachen  und  Literaturen  ebendaselbst. 

—  Dem  Profepsor  der  theoret.  Medicin,  Hrn.  Dr.  Leopold  Spatzen- 
egger,  ist  das  Lehramt  der  praktischen  Medicin  und  die  damit  ver- 
einigte Primararztstelle  im  St.  Johann-Spitale  zu  Salzburg  Allerguä- 
digst  verliehen  worden. 

—  Der  Wcltpriesler  Hr.  Dr.  Lucas  Ritter  von  Solecki,  zum 
ordentlichen  Professor  des  Bibelstudiums  alten  Testamentes  und  der 
orientalischen  Dialekte  an  der  theologischen  Faculläl  der  Lemberger 
Universität. 

—  Se.  k.  k.  Apost.  Majestät  haben  mit  Allerhöchster  Entschliofsun^ 
Tom  17.  November  I.  J,   die  Wahl   des   geheimen   Rathes    und  Reichs- 

ithes  Leo  Grafen   Thun-Hohcnstein   zum    inländischeu    Ehrenmil- 


Personal»  und  Scbulnotizeu.  88f 

gliede  der  kftis.  Akademie  der  Wissenschaften  Allergnädigst  zu  geneh* 
migen  geruht.  Mit  Allerhöchster  Entschliersung  vom  gleichen  Tage  wur- 
den nachstehende  akademische  Wahlen  AllergnSdigst  bestätigt,  nämlich 
för  die  philosophisch-historische  Classe:  Des  Professors  der 
deutschen  Sprache  und  Literatur  an  der  Oniversitfit  lu  Wien  Dr.  Frani 
Pfeiffer  zum  wirklichen  Mitgliede;  dann  des  Professors  der  deutschen 
Kunstgeschichte  und  KunstarchsBologie  an  der  Universitfit  zu  Wien  Ru- 
dolf Eitel  berge  r  von  Edelberg,  des  Professors  der  allg.  Geschichte 
an  der  Cniyersität  zu  Innsbruck  Dr.  Julius  Pick  er  und  des  Professors 
der  Philosophie  an  der  Dniversitat  zu  Wien  Dr.  Franz  Lott  zu  cor- 
respondierenden  inlandischen  Mitgliedern  und  des  Professors  der  Orient. 
Sprachen  an  der  Dniyersität  zu  Berlin  Franz  Bopp  zum  auslandischen 
Ehrenmitgliede ;  für  die  mathematisch- naturwissenschaft- 
liche Classe:  Des  Professors  der  Zoologie  an  der  Cniversität  zu 
Wien  Dr,  Rudolf  Kn er,  des  Bergrathes  Franz  Ritter  v.  Hauer  und 
des  Professors  der  Physiologie  und  Direetors  des  physiologischen  Insti» 
tutes  zu  Prag  Dr.  Johann  PurkynS  zu  wirklichen,  dann  des  Vorstan- 
des und  Gustos  im  Hof-Mineralien-Cabinete  Dr.  Moriz  Börnes,  des 
Custos-Adjuncten  Dr.  Eduard  Suefs,  des  Oberrealschullehrers  und 
Privatdocenten  an  der  Cniversität  zu  Wien  Dr.  Joseph  Stephan,  des 
Linienschiffs-Gapitans  Bernhard  Freiherrn  v.  Wüllersdorf  und  U r- 
bair,  des  Professors  der  Ghemie  an  der  Universität  zu  Innsbruck  Dr. 
Johann  Hlaiiwetz  und  des  Drs.  der  Medicin  Johann  Czermak  zu 
inländischen  correspondierenden  Mitgliedern,  endlich  des  Jean  BapUste 
Biot,  Mitgliedes  des  Irutiiui  de  Ftance  in  Paris,  zum  auslfindischen 
Ehrenmitgliede. 

—  Der  Ministerialsecretar  im  Ministerium  des  kais.  Hauses  und 
des  Äufsem  Alfred  Arneth  ist  zum  Vice-Director  des  Haus-,  Hof-  und 
Staats-Archives  unter  gleichzeitiger  Verleihung  des  Titels  und  Gharakters 
eines  kais.  Regierungsratbes ,  der  bisherige  Archiys-Concipist  Joseph 
Fiedler  zum  3.  Archivar  im  Haus-»  Hof-  und  Staats-Archiy  Aller- 
gnadigst  ernannt  und  dem  k.  k.  Trucbsefs  und  dermaligen  ersten  Ar- 
chivar, Andreas  Edlem  von  Meiller,  der  Titel  eines  kais.  Rathes  taxfrei 
AUergnädigst  verliehen  worden. 

—  Dem  Director  des  General- Archives  in  Venedig,  Hm.  Fabio 
Nobile  Mutinelli,  ist  anlasslich  seiner  Versetzung  in  den  bleibenden 
Ruhestand,  in  Anerkennung  seiner  vie^ahrigen,  eifrigen  und  ersprieCs- 
lichen  Dienstleistung  das  Ritterkreuz  des  Franz  Joseph-Ordens  AUer- 
gnädigst verliehen  worden. 

—  Der  Professor  der  Moraltheologie  Hr.  Johann  Gyurcsekzum 
wirklichen,  der  Professor  der  Dogmatik  zum  Ehrendomherrn  am  Neu- 
traer  Kathedralcapitel ,  der  Ehrendomberr  und  Professor  an  der  theolo- 
gischen Lehranstalt  zu  Szathmtfr,  Hr.  Joseph  Nemethy,  zum  Ka- 
thedraUArchidiakon  am  dortigen  Kathedralcapitel. 

—  Der  Scbulrath  und  Graner  Dioecesanpriester,  Hr.  Joseph 
Bar  ton,  zum  Titular-Abte  de  Gasar. 

—  Der  theologische  Professor  und  suppl.  Rector  am  bischöfl.  Se- 
minar zu  Rosenau,  Hr.  Jobann  Ssekeres,  zum  Domherrn  am 
Kathedralcapitel  daselbst. 

—  Der  Rector  des  bischöfl.  Seminars  zu  P  a  d  u  a ,  Se.  Hochw. 
Hr.  Lorenz  Sartori,  zum  Domherrn  für  das  Canonicat  di  S.  Maria 
an  dem  dortigen  Kathedralcapitel. 

^  Dem  Lehrer  an  der  Oberrealsehule  am  Schottenfelde  in 
Wien,  Hrn.  Karl  GlasI,  ist  die  Allerhöchste  Bewilligung  ertheilt  wor- 
den, das  Ritterkreuz  des  Brasilianischen  Rosen-Ordens  annehmen  und 
tragen  zu  dürfen. 

—  Dem  Schuldiener  am    Schotte n-Gymnasi^im  xm  ^^x^^-» 


890  PeriOMÜ«  und  SchulooUieD. 

Johann  De ch an t«  ist,  in  Anerkennang  seiner  awlir  als  fwmhifQSbn^ 
treuen  Dienste,  das  silbern«  Verdienstkreus  AUergnidigst  verliehen  worA 

—  Der  in  Wien  lebende  Dichler,  Hr.  Friedricb  Hebbel,  bst  d 
k.  bayrischen  Maximiliane-Orden  für  Wisaensolieft  und  htmut  (vd  n 
in  der  Abthlg.  f.  Kunst)  erhalten. 

<—  Der  Gemeinderath  iron  Laibach  hat  den  Beeeblvss  gtfas 
die  ünterrealscbule  mit  einer  jahrl.  Dotation  snr  AnschaHTung  von  Lei 
mittein  anssustatten  und  hat  überhaupt  die  Verhältoiaee  in  Betreff  diet 
Schule  einer  vollständigen  Regelung  unterrogen. 

(Goncurse,  Erledigungen,  Sti  flangsp  latse»  Slipei 
dien  U.S.  w.)  —  An  der  k.  k.  DniversitSt  jeu  Padua  die  Lehrtaas 
der  administrativen  Oesetzgebungskunde  und  der  Statistik  mit  dei 
j&hrl.  Gehalte  von  1S66  £L  ö.  W.  und  dem  VorräekangsreeAte  ie  f6$^ 
und  1995  fl.  ö.  W.  Termins  Monat  Nevember  L  J.^  bei  der  Dff«e(ioi 
des  polit.  Studiums  in  Padoa.  (S.  Amtsbl.  s.  Wr.  Zig,  .v.  1^  !Voveinbc 
L  J.,  Nr.  267.) 

—  An    der   Lemberger   Universitätsbibliothek    eine  Scripler 
stelle  mit  dem  jährl  Gebalte  von  625  fl.  tt.  W.    Termin:    8.  Ikeemb 
L  J..  bei  der  k.  k.  Statthalterei  in  Lcmberg.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg. 
17.  November  1.  J.,  Nr.  270.) 

—  Am  k.  k.  Staatsgymnasium  so  Fiume  die  DireetorsateHe  ■ 
dem  Jahresgehalte  von  945  fl.  und  einer  Functionsiulage  von  315fl.ö.1 
Termin:  25.  December  L  J.,  bei  der  k.  k.  croatiseh^slavonischen  Stil 
halterei.  (S.  AmUbl.  z.  Wr.  Zig.  v.  24.  November  1.  J-,   Nr.  27«.) 

■  —  An  der  mit  der  Haupisehule  in  Terbind^ng  stellenden  icUsi 
gen  städtischen  Unterrealsehule  tu  Piume  eine  tecbnieebe  Lebreratd 
mit  dem  Jahresgehaltc  von  630  fl.  und  einem  QuartiergeMbeitnige  n 
105  fl.  ö.  W.  Termin:  15.  December  1  J.,  bei  der  Schuld isirictjsaiifst« 
in  Fiume.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  vom  2t.  November  I.  J.,  ^r.  276.) 

—  An  der  deutschen  k.  k.  Oberrealsclmle  zu  Prai^  eine  Lehir 
stelle  für  Freihandzeichnen  mit  dem  Jahresgehalte  ton  840  fl.,  eventa 
1050  fl.  und  1260  fl.  ö.  W.  Termin:  Binnen  6  Wochen,  Im-i  dem  lüi 
reicbungsprotocoUe  des  böhmisch-ständisefai^n  Landcsaussehusses.  ( 
Amtsbl.  X.  Wr.  Ztg.  v.  27.  November  I.  J.,  Nr.  278.) 

—  Am  Sciassigen  Gymnasium  zu  Gürs  eine  LclirersteUe  /i 
Philologie  und  eventuel  auch  Mathematik  im  DntergynMasiuni ,  mit  Ir 
Jahresgchalt  von  945  und  dem  Vorröckungsrechte  in  lOM  fl.  ö.  W.  Te 
min:  15.  Februar  1861,  bei  der  k.  k.  Statthailerei  in  Triesi.  (S.  Amtsl 
z.  Wr.  Ztg.  v.  1.  December  1.  J.,  Nr.  282.) 

—  An  der  Prefs burger  confessionel-simultancn    Öffentl.   slad 
Oberrealschule   die   Lehrerstellc   für   Freihandzeichnen   mit    dem  Jahre 
gebaltc    von    840  fl.    und   dem    Anspruch    auf  Decennalxulagen    von 
210  fl.    ö.  W.     Termin:    Binnen    6  Wochen,   bei   der    Direction    dies 
Oberrealschule.  (S.  Amtsbl.  z.  Wr.  Ztg.  v.  7.  Derembcr  I.  J.,  Nr.  287. 

—  Über  ein  erledigtes  Hohe  n  bal  k 'sches  FamiUcnstipcmliuii 
s.  Amtsbl.  z.  Wr.  Zig.  v.  24.  November  1.  J.,  Nr.  276. 

—  Über  mehrere  in  Erledigung  kommende  Sttftplätzc  an  tU»r  k. 
orientalischen  Akademie,  s.  Amtsbl.  z.Wr.  Ztg.  v.  27.  Novin 
her  1.  J.,  Nr.  278. 

—  Über  fünf  erledigte  Stipendien  nus  dem  Bürge  r  ni  e  islc 
Stiftungsfonde  zur  Unterstützung  ordeiillich  matrictilieiicr  Schüler  a 
k.  k.  Pülvlechnicuni  zu  Wien.  s.  Amlsbl.  z.  \Nr.  Zig.  v.  28.  No>a 
her  1.  J.,  Nr.  27J). 


Personal-  uud  Schuiuotuen.  89t 

(Todesfall«.)  -*  Am  19.  September  1.  J.iuWien  Hr.  Friedricta 
Fi  rnhaber  (geb.  am  8.  Februar  1818  su  Wien),  k.  L.  ftath  und  geh. 
Ilaiw-,  Hof-  vod  StaalsarchiYar,  corr.  Blitgliedes  der  kait.  Akademie  der 
Wissenschafleo  und  zahlreicher  anderer  Gelebrtenvereine,  als  glücklicher 
Forscher  und  emsiger  Schriftsteller  auf  dem  Gebiete  der  vaterländischen 
Geschichte  bekannt. 

—  In  der  Nacht  zum  21.  September  1.  h  tu  Frankfurt  a/M.  Hr. 
Karl  Ballenberger  (geb.  xu  Ansbach),  ein  alt  treuer  Anhanger  der 
altdeutschen  Schule  bekannter  niid  gesehalzter  Maler,  im  Alter  von 
60  Jahren. 

—  Am  21.  Septrmber  L  J.  tu  Frankfurt  a/M.  Hr.  Dr.  Arthur 
Schopenhauer  (f^eb. xu  Danjug^  am  22.  Februar  178S),  der  bekannta 
Philosoph. 

—  Am  22.  September  1.  J.  xu  Berlin  Hr.  Prof.  Hermann  Stilke 
(geb.  SU  Berlin  1806),  als  einer  der  tüchtigsten  deutschen  HistorieiH 
maier  bekannt 

—  Am  25.  September  1.  J.  zu  Leipzig  Hr.  Karl  Zöllner,  der  Alt. 
mcister  des  deutschen  MäBnergesanges ,  verdieu&Uicher  Liidercomponist, 
im  60.  Lebensjahre. 

•^  Am  27.  September  1.  J.  zu  Wi^n  der  k.  k.  iandesgerichtsrath, 
Hr.  Ignaz  Mancher,  als  juriaüacber  SchxifUtellcr  bekannt,  im  61. 
Lebensjahre. 

•^  Mitte  September  ).  J.  «i  Pavia  Hr.  Dr.  Rudolf  Lamprecht, 
Ritter  des  Franz  Josep h- Ordens ,  Director  der  medic.  Facullät  an  der 
Universilat  zu  Pavia,  der  älteste  unter  den  dortigen  Professoren. 

—  Im  September  l  J.  der  bekannte  Thiermaler  Hr.  Eberle,  auf 
einer  Kunstreise  zu  Eberfing  bei  Weilheim. 

—  Am  1.  October  L  J.  xu  Berlin  der  geh.  Regierungsrath  und 
Bureauchef  des  Herrenhausea ,  Hr.  Franz  Fritze,  durch  seiue  Werke 
über  Thüringen  und  das  Fichtelgebirge »  so'  wie  durch  seine  metriselien 
Übertragungen  der  tragoedien  des  Euripides  u.  m.  a.  bekannt. 

—  Am  ].  October  k  J.  zu  Mie«  in  Böhmen  8e.  hoehw.  Hr.  Jo- 
seph Hof  mann,  Mitglied  dea  Kreuzherren-Ordens  mit  dem  rothen 
Sterne,  Prediger  in  Franzensbad  und  fürsters Lisch üfl.  Notar,  als  Numis- 
matiker und  Münzensammler  bekannt,  im  kräfti|rsten  Lebensader. 

—  Am  2.  October  1.  J.  zu  Heiligenstadt  nächst  Wien  Se.  Ezcel- 
lenz  Hr.  Dr.  Franz  Freiherr  v*  Sommaruga  (geb.  zu  Wien,  am  18b 
April  1780),  k.  L  wirkL  geh«  Rath,  pens.  zweiter  Präsident  di*e  obersten 
Gerichts-  und  Cassations  ho  fes ,  Ritter  des  Ordens  der  eisernen  Krone 
1.  Classe  und  des  SL  Sl«phaR->Ordens,  gewesener  Rector  magnißcus  der 
Wiener  Hochschule,  vom  27.  März  1848  bis  zum  22.  April  d.  J.  Minister 
des  Cnterrichtes  u.  s.  w.,  ein  in  allen  Wirkungskreisen,  denen  er  an- 
gehörte, hochgeehrter  Mann. 

—  Am  2.  October  1.  J.  zu  Klatlau  Hr.  Andrlik,  suppllereuder 
Professor  am  Gymnasium  aUdorL 

—  Am  6.  October  1.  J.  zu  Grofswardein,  Hr.  Joh.  Prikril,  Pro- 
fessor an  der  dortigen  Rechtsakademie,  im  33.  Lebensjahre. 

^  Am  9.  October  1.  i  zu  AUeaburg  (Herzogthum  Sachsen- Altea- 
burg)  der  Consistorialralh  und  Hofprediger,  Hr.  Dr.  YhcoL  Sachse, 
als  Kenner  der  vaterländischen  Geschichte  (Redaction  der  «Altenburgi- 
schen  Kirchengalerie,  des  Altcnburgischen  Goschichtskalenders ,'  «Die 
Fürstenhäuser  Sachsen-Altenburg*  u.  a.  w.) ,  Dichter  und  Kanzelredner 
bekannt,  im  75.  Lebensjahre. 

—  Am  14.  October  1.  J.  zu  Clm  llr.  Dr.  Goitlicb  Lucas  Friedrich 
Tafel  (geb.  zu  Bempflingcn  auf  der  schwäb.  Alb  am  6.  September  1787), 
vordem  Professor  zu  Tübingen,    Mitglied   der  kön.  liayr.  Akademie  der 


8f  9  Peraontl-  und  Sehulnotizeii. 

Wissenschaften  u.  s.  w.»  einer  der  gründlichsten  Kenner    des  byiai 
sehen  Griechenthums. 

—  Am  18.  Oclober  1.  J.  zu  Tharand  Hr.  Augnst  v.  Gotta,  P 
fessor  an  der  kön.  sacbs.  Akademie  für  Landwirthe  daselbst. 

—  Am  18.  October  1.  J.  zu  Laibaeb  Hr.  Dr.  Leopold  N  a  t  b  a 
emerit.  Professor  der  praktischen  Chirurgie  am  dortigen    k.  k.  Lyeea 

—  Am  20.  Oclober  1.  J.  zu  Dresden  Hr.  Adolf  Teichs  (geb. 
Braunsehweig) ,  als  Historienmaler  (Karl  V.  an  Luthers  Grabe,*  «1 
Henkermahlzeit  der  Girondisten'  u.  a.)  bekannt,  im  besten  Mannesalt 

—  In  der  Nacht  vom  20.  auf  den  21.  October  I.  J.  der  Prop 
und  Lateran-Abt  des  Chorherrenstiftes  Reichersberg,  Se.  Hocbw.  1 
Anton  Straub  (geb.  zu  Kolbingen  in  Württemberg  1780),  k.  k.  IUI 
Ritter  des  Leopold-Ordens  u.  s.  w. 

—  Am  24.  October  1.  J.  zu  Rom  der  tüchtige  Metallbildbaoer,  fl 
Wilhelm  Hopfgarten  aus  Berlin,  unter  den  in  Rom  sich  anthalteode 
Deutschen  derjenige,  welche  daselbst  die  längste  Zeit  verlebl»  als  hoch 
betagter  Greis. 

—  Am  25.  October  1.  J.  zu  Berlin  Hr.  Dr.  Strahl,  Sanitätsrat 
durch  seine  medicinischen  Schriften  bekannt. 

»-  Am  31.  October  I.  J.  zu  London  der  berühmte  britische  Sc 
held  Lord  Alexander  Thomas  Gochrane,  Graf  von  Dundonal 
(geb.  am  27.  December  1776). 

—  Am  31.  October  I.  J.  zu  Münster  der  Domcapitular  Hr.  N 
d ermann,  ordentl.  Professor  und  gewesener  Director  des  dortig 
Gymnasiums. 

—  Im  October  L  J.  zu  Rom  Hr.  Johannes  Riepenbaus< 
aus  Hannover,  Hannover'scher  Hofmaler,  durch^  seine  Skizzen  aus  fi 
fael's  Leben,  so  wie  durch  sein  einträchtiges  künstlerisches  Zusamme 
wirken  mit  seinem  am  3.  Jänner  1831  zu  Rom  verstorbenen  jünger 
Bruder  Franz,  bekannt,  im  Alter  von  ungefähr  72  Jahren. 

—  Am  3.  November  I.  J.  zu  Venedig  Hr.  Professor  Dr.  France* 
Filippi,  durch  Obersetzung  vieler  italienischer  Schriftsteller  in's  L 
teinische,  so  wie  GoBthe'scher  und  Schiller'scber  Werke,  bekannt. 

—  Am  6.  November  I.  J.  zu  Prag  der  k.  k.  Kreisrath  Hr.  Pa 
Alois  Klar,  Mitstifter  und  Director  der  Versorgongs-  und  Beschäftigung 
anstatt  für  erwachsene  Blinde,  Herausgeber  des  Taschenbuches  «Libu$a 
Ritter  des  Franz  Joseph-Ordens  u.  s.  w.,  durch  seine  Verdienste  um  d 
leidende  Menschheit  wie  um  die  vaterländische  Literatur  bekannt. 

—  Am  5.  November  1.  J.  zu  Wien  Hr.  Capellmeister  Karl  Bii 
der  (geb.  zu  Wien  am  29.  November  1816),  durch  zahlreiche  Comp^ 
sitionen,  von  denen  viele  im  Munde  des  Volkes  fortleben,  bekannt. 

—  Am  6.  November  1.  J.  zu  Merchiston-Hall  (Hampshire)  d« 
Admiral  Sir  Charles  Napier  (geb.  am  6.  März  1786  zu  Felkirk  i 
der  schottischen  Grafschaft  Stirling). 

—  Am  6.  November  1.  J.  zu  Wien  der  Ingenieur  und  Mechanik 
Hr.  F.  X.  Wurm,  ein  seltenes  Talent,  im  76.  Lebensjahre. 

—  Am  7.  November  1.  J.  zu  Gotha   der  bekannte  General  Hr. 
Rhaden,  auch  als  Schriftsteller  (< Wanderungen  eines  alten  Soldaten 
bekannt,  im  67.  Lebensjahre. 

—  Am  7.  November  1.  J.  zu  Berlin  Hr.  Dr.  Friedrich  Klotz  sc] 
Gustos  beim  Herbarium  und  wirkl.  Mitglied  der  Akademie  der  Wissei 
Schäften  u.  s.  w.,  im  besten  Mannesalter. 

—  In  England  am  8.  November  1.  J.  Sir  Charles  Fellows,  d 
Sammler  und  Beschrciber  der  im  britischen  Museum  befindlichen  c^a 
tbian  Marbles,'  im  Alter  von  61  Jahren. 

—  Am  10.  November   I.  J.   zu    München   Hr.   Dr.  G.  Thomas  v< 
udhart  (geb.  zu  Weismann  in  Obrrfranken),  Voisitaud  des  L.  Rcicl 


Personal«  und  Schulnotizen.  893 

archivs ,  ordenll.  Professor  an  der  kön.  Ludwig-Maximilians-Univer- 
sitat,  Secretär  der  bist.  Classe  der  kön.  Akademie  der  Wissenschaf- 
ten u.  8.  w. 

—  Am  10.  November  I.  J.  auf  einer  Villa  nächst  Florenz  der 
bekannte  Landschaftsmaler  Hr.  Carlo  Marko  (geb.  zu  Leutdcbau  in 
Nord  Ungarn),  im  Alter  von  67  Jahren. 

—  Am  11.  November  1.  J.  zu  London  Hr.  George  Scharf,  ein 
Bayer  von  Geburt,  als  Lithograph  und  Verbesserer  der  Lithographie 
wohlbekannt. 

—  Am  13.  November  1.  J.  zu  Munster  der  Gymnasial-Oberl ehrer 
Hr.  Dr.  K  ö  n  e .  durch  seine  Forschungen  auf  dem  Gebiete  der  alt- 
deutschen Literatur  (Obersetiung  des  «Heiland*  und  der  «AUsächs. 
Evangelien-Harmonie*)  bekannt. 

—  Am  15.  November  1.  J.  zu  Klagenfurt  der  prov.  Secretär  und 
Schriftführer  des  kamthn.  Landtagsausschusses,  Hr.  Paul  Renn  (geb. 
am  27.  November  1806),  als  Dichter  in  seinem  Vaterlande  und  ander- 
wärts bekannt 

—  Am  16.  November  L  J.  zu  Warschau  Hr.  Theod.  Lesinski, 
Professor  der  Chemie  an  der  medie.  Akademie  daselbst,  als  Gelehrter, 
Lehrer,  Apotheker  und  Mitglied  des  Medicinalconseils  thätig,  im  Alter 
von  39  Jahren. 

—  Am  20.  November  1.  J.  zu  Frankfurt  a/M.  der  israelitische 
Geschichtschreiber  und  Lehrer  an  der  dortigen  israelitischen  Realschule, 
Hr.  Dr.  Phil.  J.  M.  Jost,  auch  durch  Sohriflen  auf  dem  Gebiete  der 
Grammatik  und  Stilistik  bekannt,  im  Alter  von  67  Jahren. 

—  In  der  Nacht  vom  27.  zum  28.  November  1.  J.  Hr.  Ludwig 
Rellstab  (geb.  zu  Berlin  im  J.  1799),  als  Kritiker,  musikalischer 
Dramaturg,  Romanen-  und  Theaterdichter  bekannt 

—  Am  28.  November  L  J.  zu  Bonn  der  Geheimrath  Hr.  Christian 
Karl  Josias  Freiherr  ▼.  Bunsen  (geb.  am  26.  August  1791  tu  Kor- 
bach Im  Furstenthume  Waldeck),  als  Schriftsteller  und  Diplomat  bekannt. 


Vierte  Abt li eilung. 


niiseellen. 

Verhandlun  gen 

der  D«unzebiilen  Versammhing  deuticher  Philologen ,  ScfrolnaDiier  unJ 
Orienlalisteo  zu  Braunschweig  26~S9.  September  1860. 

Das  «Psdagogtsche  Arcfai?*  gibt  in  aeinem  neuettcn  Hefte  S.  7^  (L 
ewe«  ?o«  den  Herausgeber  des  Archivs  Prof.  Langbein  anf  Grund  aeiaer 
eigenen  Tbeilnahme  an  der  Versammlung  abgefasstea  gmauen  Bericht 
ober  die  Verhandlungen  de^  pädagogischen  Section  und  8.  828  ff.  eine 
Obereiefail  über  die  ia  den  ptiUolog Ischen  Versammlungen  gebalte neo 
Vorträge.  Der  (jnterz.  war  au  seinem  Bedauern  verhindert ,  im  gegea- 
wartigea  lahre  dies«  för  die  Gesammtioteixsssen  der  Mittelschulen,  ni- 
meallich  der  Oymnasrien  so  wichtige  und  verdiente  Versaaimlung  za 
besucheti;  er  beeilt  sich  daher  aus  dem  erwähnten,  sehr  eingehenden 
Berichte  den  Lesern  dieser  Zeitschrift  uher  den  hihalt  der  Verhand- 
lungen Nachricht  zu  geben  (wörtliche  Entlehnungen  aus  drm  Berichte 
Langbein's  sind  durch  «  "  bezeichnet).  Die  Verhandlungen  der  psda- 
goijisclien  Section  belreflfen  grofsentheils  Gegenstände  von  cinj^reifender 
Wichtigkeit  für  die  erziehende  oder  für  die  unterrichtende  Thätigkeit 
der  Gymnasien;  die  gedrängte  Nachricht,  welche  Ref.  hier  mittheilt, 
wird  jedenfalls  das  Interesse  wecken  für  die  vollständigen  Protoco/ie  der 
Verhandlungen,  deren  Erscheinen  in  nächster  Zeit  zu  erwarten  ist. 

Pfedagogische  Section. 

Der  paedagogischen  Seclion  waren  für  ihre  Verhandlungen  folgende 
Thesen  von  verschiedenen  Mitgliedern  der  Versammlung  vorgeschlagen. 

«1.  Von  Prof.  Dietse/i  in  Grimma:  A.  1.  Der  Geschichts- 
unterricht des  Gymnasiums  kann  nur  dann  befriedigende  Resultate 
gewähren ,  wenn  er  sich  dem  Wesen  des  Ganzen  möglichst  vollständig 
einordnet  und  sich  darnach  gestaltet. 

2.  Er  hat  sein  Ziel  nicht  sowol  in  einem  ausgebreiteten  Wissen, 
als  in  Weckung  des  Sinnes  und  Übung  des  Geistes  für  Auffassung  ge- 
schichtlicher Tbatsachen  zu  suchen  und  auf  das ,  was  sich  der  Schüler 
selbst  erarbeitet,  einen  höheren  Werlh  zu  legen,  als  auf  das  blofs  ge- 
dächtnismäfsig  Aufgenommene. 

3.  Sind  die  sicher  stehenden  Kesultate  der  historischen  Forschung 
natürlich  von  ihm  nicht  auszuschliefsen ,  so  hat  er  doch  vorzugsweise 
seine  Aufgabe  in  der  Kenntnis  des  Überlieferten  zu  suchen,  um  so  mehr 
als  ohne  diese  das  wissenschaftliche    Studium ,    auf  welches   das  Gym- 

Miiim  vorzubereiten  hat,  der  Grundlajie  ermangelt. 


Miscellen.  895 

4.  Er  bat  a)  nicht  Cniversalgeschicble«  tondvrn  di«  Gesebk^fate 
der  drei  Hauptvölker:  Griechen,  Römer  und  Deutsche  zu  leiireii,  wobei 
natürlich  die  ib  ihnen  eothaltenoi  oder  zu  ihoea  in  Beztelmng  stehenden 
universal-geschichtlicben  Momenta  nicht  übergangen  werden  dürfen  und 
können;  b)  nicht  Culturgescbicbte ,  wol  aber  eine  Heraushebung  und 
Zusammenfassung  d«r  aus  dem  eigenen  den  Literaturen  lugewandten 
Studium  des  Schülers  zu  gewinnenden  Anschanungen  zn  bieten;  c)  zur 
denkenden  Betracblnng,  namentlich  des  in  den  Ttiatsaefaen  und  Hand- 
lungen objectiv  erkennbar  gegebenen  Znsanmenbanges  and  der  daraus 
hervorspringenden  aJlgemeiaen  Wahrheiten  anzuleiten,  wodurch  die  reli- 
giöse und  sittliche  Bildung,  zu  weicher  der  Oenchiobtsunterriebl  vor* 
zugsweise  mitzuwirken  hat,  einen  sicherern  Grund  gewinnt,  als  durch 
Vortrage. 

§.  Auf  der  obersten  Stufe  hat  der  ^eechichtsunterricfat  Torzngs- 
weise  die  alte  Geschichte  zum  Gegenstande  za  nuhinen.  Eine  winschens« 
werihe  vertiefende  und  erweiternde  Repetttion  der  mittleren  und  neueren 
Gtaebichte  wird  dadureh  nicht  ausgetohlossein. 

6.  Auf  dieser  Stufe  hat  der  Outerricht  a)  das  to«  dem  Schüler 
bereits  in  den  alten  GesehichtschreibNem  Gelesene  zu  befestigen  und  zu- 
sammenzuordnen, b)  durch  Aufweinang  Ton  Gesteh tspancten  zu  fernerer 
Leclüre  anzuregen  und  vorzobereiten,  c)  aus  bezeichneten  Quellen  selbst- 
IMUige  Aneignung  zu  fordern.  <Wie  weit  dies  mit  der  dentsefien  Lite- 
ratur möglich»  ergibt  sich  vo«  selbst.) 

Aber  aueh  schon  auf  der  mittleren  Stnfe  sind  die  Schuler  sowol 
beim  Unterricht  als  insbesondere  bei  den  früher  gehabte  Abschnitte  um- 
fasaeoden  Repetitioaen  anzuhalten  a)  das  bei  ihrer  Leotöre  Gewonnene 
in  ihre  geschichtlichen  Kenntnisse  einzuordnen  und  b)  sich  durch  Leo- 
türe genauere  Kenntnis  wichtiger  Personen  und  Begebenheiten  zu  ver- 
schaffen. 

B.  Es  dürfte  froehtbar  sein  vpn  wianenschaftlichem  und  peedago- 
gischem  Standpunote  aus  die  Frage  zu  erörtern,  wie  viel  und  was  die 
lateinische  Schnlgrammat ik  von  den  Resultaten  der  Sprach- 
forschung aufzunehmen  habe. 

C.  Interesse  erregend  würde  eine  Autspraehe  undTMittheilungen 
darüber  sein,  was  die  Gjrnmasien  von  einem  Schulgesetze  erwaiten 

.und  was  sie  nicht  wünschen  können. 

H.  Von  Prof.  SüUfui$i  in  Rastenburg )  Wenn  man  dem  lateinischen 
Sprachunterricht  im  Gymnasium  als  Hauptzweck  die  formale  Bil-» 
düng  der  Schüler  zuweist,  so  ist  damit  der  Anspruch  auf  Bevorzugung, 
den  er  hat,  dem  Griechischen  gegenüber  nicht  gerechtfertigt,  und  selbst 
dem  Französischen  gegenüber  niäit  stark  genug  begründet,  denselben 
Hauptzweck  und  eine  nicht  minder  gründliche  Behandlung  der  letztge- 
nannten Sprachen  vorausgesetzt 

Der  Ausdruck  «formale  Bildung*  ist  hier  in  dem  Sinne  genom«- 
men,  in  welchem  et  nach  dem  Vorgange  von  Fr.  Thiersch  gewöhnlich 
gebraucht  wird. 

III.  Von  Prof.  Behdant%  in  Halberstadt:  Das  laute  Lesen  und 
Recitieren  der  Classiker. 

IV.  V^  Dr.  Owttrmann,  Gymnasiallehrer  in  Fulda:  Die  latei- 
nischen Vocabularien  für  die  unteren  Classen  der  Gymnasien 
müssen  in  engster  Verbindung  stehen  mit  entsprechenden  Obutigsbücbem 
und  müssen  ihr  Material  den  Autoren  entnehmen ,  welche  von  den 
meisten  Gymnauen  in  der  Quarta  und  Tertia  gelesen  werden,  dem  Cor- 
neiius  Ffepos  und  Julius  GüBsar. 

V.  Von  Studienlehrer  Uekner  in  Ertangeni  1.  Unterricht  im 
Turnen  sollen  wirkliche  G3rmaasiallehrer  ertheilen. 

2.    Studierenden  der  Philologie  und  SdiulamtseiLndxäaVciv  ^^^^<^ 


SM  Miseelleii. 

legenheit  geboten  Werden,  sich  für  denselben  die  nöthige  Vorbüduig 
EU  erwerben. 

8.  Die  Methode  soll  die  von  Adolf  Spiefs  begründete  sein. 

4.  Als  Ziel  des  Unterrichtes  soll  wieHiei  den  humanistischen  Sta- 
dien zunächst  allgemeine  formale  Bildung  gelten. 

5.  Zur  Tbeilnahme  sollen  alle  Schüler  yerpflichtet  sein,  weleba 
nicht  durch  Gebrechen  oder  Krankheiten  abgehalten  sind. 

VL  Von  Prof.  A/kwuum  in  Braunschweig  i  Es  ist  die  Oberseognng 
auszusprechen:  dass  unsere  Jugend  nur  durch  rationelle  TurniibuD- 
gen  zu  einem  kraftigen  Oescblechte  herangebildet  werden  könne,  und 
dass  eines  der  nothwendigsten  Mittel  für  diesen  Zweck  die  Errichtung 
von  Tumhausem  sei. 

VlI.  Von  Gymnasiallehrer  Dr.  LattmanH  in  Göttingen:  1.  We 
Einheitlichkeit  des  Gymnasiums  beruht  hauptsächlich  auf  einer 
gleichartigen  Ausbildung  des  Lehrerstandes. 

2.  Es  ist  zunächst  zu  wünschen,  dass  alle  (studierten)  Gymnasial- 
lehrer eine  gleichartige  humane  Grundbildung  durch  ihre  akademischen 
Studien  gewinnen  und  dass  erst  zu  dieser  Grundlage  ihrer  Ausbildung 
das  besondere  Fachstudium  (Mathematik  und  Naturwissenschaften,  neuere 
Sprachen,  Theologie,  gelehrte  Philologie)  hinzugefugt  werde. 

3.  Es  ist  zu  wünschen,  dass  die  philologischen  Universititslehrer 
einen  grofsen  Theil  ihres  Unterrichtes  so  gestalten,  dass  er  den  allge- 
meinen humanistischen  Studien  dient,  und  dass  gleichfalls  die  akade- 
mischen Lehrer  der  Philologie,  Theologie  und  Naturwissenschaften  durch 
einen  entsprechenden,  insbesondere  für  die  Bildung  des  Lebrerstandet 
berechneten  Cnterricht  Gelegenheit  bieten,  jene  humanistische  QnindlafS 
zu  einer  allgemeineren  humanen  Bildung  zu  erweitem.* 

Ertte  Sihumg.  27.  September,  S—iO  ükr. 
Prof.  Afsmann,  durch  die  einmüthige  Wahl  der  Versammlung 
mit  dem  Vorsitze  der  Verhandlungen  betraut,  empfiehlt  derselben  tlt 
besonders  dringend  die  Dtscussion  der  von  ihm  selbst  und  vom  Studien- 
lehrer L e c h n e r  gestellten  Thesen  über  den  Turnunterricht  Nach- 
dem die  Versammlung  einstimmig  den  Vorschlag  angenommen,  motiviert 
zunächst  Prof.  Afsmann  den  von  ihm  aufgestellten  Satz,  als  den  im 
Verhältnis  zu  den  Lechner'scben  Thesen  allgemeinerea  hi  eindringenden 
Vortrage  legt  er  den  Werth  dar,  welchen  der  Turnunterricht  für  däs 
Gedeihen  der  heranwachsenden  Jugend  habe.  «Das  Turnen  ist  fOr  uns 
alle  eine  heilige  Sache,  sie  betrifft  unsere  nächste  Pflicht  gegen  die 
heranwachsende  Jugend  unseres  Volkes,  das  Heil  des  Vateriandes  hängt 
von  ihrem  Gedeihen  ab.  Wir  sind  hier  versammelt«  Schulmänner,  denen 
die  Erziehung  der  männlichen  wie  auch  der  weiblichen  Jugend,  anver- 
traut ist,  Mitglieder  der  Behörden ,  welche  die  Richtung ,  in  der  die 
Schulen  wirken  sollen,  zu  bestimmen  haben.  Darum  lege  ich  einen 
Werth  darauf,  dass  Sie  Ihre  Oberzeugung  von  der  Ersprießlichkeit  und 
Unentbehrlichkeit  geregelter  Turnübungen  laut  und  einstimmig  aus- 
sprechen. Das  wird  einen  Erfolg  haben  bei  den  Regierungen,  wie  bei 
den  Gemeinden.  Und  zwar  wollen  wir  das ,  was  wir  für  ein  Gut  er- 
kennen, der  ganzen  Jugend  unseres  Landes  gleichmälsig  zuwenden,  den 
Gymnasien  wie  den  Burgerschulen,  den  Mädchenschulen,  den  Volks- 
schulen, den  Armenschulen;  Niemandem  sollen  die  Vortheile  rationeller 
Turnübungen  vorenthalten  werden.*  Die  Errichtung  von  Tumbäusem 
wird  als  die  nothwendige  Bedingung  für  einen  erfolgreichen  Unterricht 
hezeiehnet,  weil  nur  dadurch  die  Stetigkeit  des  Unterrichtes  nicht  allein 
für  den  Winter,  sondern  auch  für  die  häufigen  Fälle  ungünstiger  Witte- 
rung im  Sommer  gesichert  werde.  Die  Bedeutung  das  Ausdmekes 
«rationell*  durch  welchen  Prof.  Afsmann  die  von  ihm  geforderten  Tum- 


IfiHoeUeil.  8S7 

Übungen  n&ber  bestinmt  baU«,  erlliuitert  im  EiovonstaiKinif  mU  dem« 
selben  Dr.  Fraftk  iaiM  Brannschweig.  Durcb  Darlegiiog  der  äretlioben 
Erfahrungen  Aber  die  Naotatbeile»  welobe  die  gesteigerten  Anforde- 
rungen an  die  geialige  Auebildung  der  Jugend  da  babeq,  wo  ihnen  niebt 
die  gewiseenbafte.  Sorge  für  die  körperliche  Entwickeinug  aitf*  Seile 
gebt «  entwickelt  deradbe  die  Forderungen ,  welche  an  einen  m.etho- 
disoben  Turnunterricht  %u  atellen  aind ;  diesen  werde  in  xwei  neuei!- 
dinga  eingeacblagenen  Riebtungen  entsprochen  t  nämlicb  ip  der  paodie 
gogiscben  ^ynanastik,  welche  durch  den  Schweden  Lingg  begründet, 
jetat  durcb  Roth  st  ein  in  der  prenfsischcfn  Gentraltumanaalt  in  Berlin 
gepflegt  werde ,  und  in  dem  deutseben  Schulturnen  nach  S  p  i  e  f  s  '>. 

Die  Bemerkungen,  welche  hierauf  voa  mehreren  Mitgliedern  der  V4^r- 

sammlung  über  den  Gegenstand  gemacht  werden»  sind  sämmtlich  n]Uf  ein 

Ausdruck  der  allgemeinen  Oberzeugong  yovn  aeioe/ Wipbtiftkeit,umi^  n^i  einfr 

kleinen,  der  Deutlichkeit  dienenden  Änderung  in  der  Stilisierung,  «(bMlicb: 

«Es  iat  die  Oberzeugung  der  Versamv^lung,  dasa  unsere  4ugcnd 

nicht  obue   ralioneUe   Tumiibuagen   su    einefn   kprafUgen   C^- 

schlechte  herangebildet  werden  kbimei*. 

wird  die  Thesis  einstimmig  von  der  Vjersammlung . angenommen. 

Nachdem  bieduroh  der  allgemeine  Orundsat«  festgestellt  ist,  ge|pt 
die  Versammlung  auf  die  Discussion  der  Lecbpc.r'schep  Thesen  eiip, 
welche  die  praktische  Ausführung  des  als  nptb.wen^ig  anerkanplen  Unteir- 
riehtes  betreffen.  Wir  lassen  so^eich  naobeinauder  die  Begrüp düng. fol- 
gen ,  welche  der  Antragsteller  für  die:  einseinen  JPi^ncte  seiner  Tneiis 
gab,  deren  jeder  selbständig  von  der  Versammlung  .diacut^.  wurde. 

Zu  Punct  1:  «Es  ist  meine  Absiebt  gewesen,  e^ne  iBf^prccbung 
herbeizuführen  über  die  Art  und  Weise  des  Tumunterridttes^  Darum 
habe  ich  meine  Thesen  gestellt.  Ich  wünsche  zuerst,  dasa  die  Ver^ 
Sammlung  sich  dahin  ausspricht,  es  sollen  ordentliohe  Gymnasiallehrer 
sich  dem  Turnunterricht  unt^zieben.  Ich  will  den  Dnterricht  von  F!aeh- 
turnlebrern  picht  herabsetzen.  Indes  ist  doch  kein  Zweifel,  ob  ee  vor- 
zuziehen sei,  dass  etwa  ein  ausgedienter  Corporal  den  T^manterricl)! 
ertbeilt,  und  ein  Gymnasiallehrer  etwa  inspiciercnd  daneben  auf  deü 
Turnplatz  seinen  Spaziergang  macht;  oder  dass  ein  GymnfisiaUebrtir, 
der  auch  sonst  durch  wissenscbaftliohen  Unterricht  zu  den  .Schülern  in 
einem  näheren  Verhältnis  sieht,  auch  den  Turnunterricht  in  seiner  flaiyl 
bat  Gewiss  wird  die  Jugend  den  Onterricht,  welchen  ihr  einer  ihrer 
ordentlichen  Lehrer  ertheilt,  höher  achten,  und  schon  darum  wird  der 
Turnunterricht  etwa  des  Giassenordinarius  auch  förderlicher  sein.  An 
vielen  Orten  bat  sich  schon  die  Nothwendigkeit  ergeben,  dem  Turn- 
lehrer noch  anderen  Dnterricbt  in  der  Schule  zu  übertragen,  um  ihm 
einen  festeren  Puls  in  der  Schule  zu  geben.  Es  sollten  aber  die  Gym- 
nasiallehrer den  Segen,  welcher  auch  ihnen  aus  dem  Turnunterricht  zu- 
flielsen  würde,  sich  nicht  entgehen  lassen.  Der  Verkehr  mit  der  Jugend 
auf  dem  Turnplatz  gibt  dem  Lehrer  oft  die  sichersten  Fingerzeige  fi&r 
die  Erziehung,  ja  seibat  reichen  Gewinn  für  die  Methode  im  wissen- 
schaftlichen Unterrieht 

In  der  Voraossetsung,  dasa  durch  das  «soll'  in  der  Thesis  nur 
das  Ziel  beseiohnet  werde,  dessen  vollständige  Erreichung  zu  erstreben 
Pflicht  sei  und  dem  man  sich  sofort  «wo  immer  möglich*  zu  n&bern 
habe,  wird  der  erste  Satz  einstimmig  von  der  Versammlung  apgenommen. 

Zu  Ponct  2s  «Bin  Mangel  in  der  nöthigen  Vorbildung  schadet 
natürUcb  jedem  Lehrer  bei  seinem  Unterrichte.  In  allen  Gegenständen 
wird  von  Jedem,  der  an  öffentlichen  Schulen  unterrichten  will,  ein  Zeug- 
nis der  Befähigung  verlangt^  natürlich  muss  dies  auch  beim  Tumunter- 

'J  Ober  diese  Haapftricbtuqff  errichtes  bat  unsere  t^ 

schritt  186!K.  8.  490— ü^  «Via.^  ^^f^^Vk^ii. 

Zeil  sehr  in  t.  d.  Sft«rr.  Of  ■••■■•  ^V 


ms  Miaeellen« 

richte  der  Fall  sein,  da  vieUeichl  io  keinem  anderen  Unierriebte  e 
Kenntnis  und  Vorbildung  mehr  geschadet  werden  kann.  Wie  ond 
soll  nun  diese  Vorbildung  gewonnen  werden?  Das  Naturtichste  ist, 
Ausbildung  sum  Tnmlehramt  su  verleben  in  die  UniversitSts- oderC 
didatenieit  Es  müssen  also  Tumlehrerbildungsanstalten  eingerichtet  i 
den,  und  swar  muss  hier  unbedingt  der  Staat  hilfreii^  eingreifen, 
bestehen  in  Preuben  unter  Rothstein,  in  Sachsen  onler  Klofs  grolsarl 
Staatseinrichtungen.  Württemberg  ist  eben  im  Begriff,  durch  Herrn  El 
seine  Centralanstalt  organisieren  zu  lassen.  —  Aus  diesen  BildoB 
anstauen  sollen  nun  nicht  Tumkflnstler,  wol  aber  SachTerstfiidige  k 
vorgehen.  Braucht  der  Turnlehrer  auch  nicht  alle  und  jede  Obung  a 
fuhren  zu  können,  so  muss  er  doch  eine  Einsiebt  Ton  ihrer  Schwier 
keit  haben  und  vor  allem  eine  Sicherheit  in  der  Methode  derselben,  i 
Anstalt  muss  ihm  also  zweierlei  bieten ,  erstens  die  allgemeine  si 
tomisch-physiologische  Vorbildung,  dann  die  Kenntnis  io  der  Metho4 
und  der  GMchichte  des  Turnens.  —  Will  man  nun  auch  nicht  glth 
'  überall  so  bedeutende  Mittel  und  Krfifte  anwenden  wie  in  Bei\iQ ,  Ore 
den,  Stuttgart,  so  lasst  sich  auch  mit  Wenigerem  schon  das  Nothdürfti 
erreichen.  So  ertbeilen  z.  B.  in  Erlangen  für  die  Mitglieder  des  un 
Döderlein  stehenden  philologischen  Seminars  der  Prosector  ond  ich  il 
nOthigen  Unterricht.  Wir  kommen  immerhin  so  weit,  dass  eine  Einsn 
gewonnen  wird  über  den  Einfluss  der  Obungen  und  eine  Erkennt 
dessen,  welche  Obungen  unter  verschiedenen  llmstanden,  also  z.  B.  I 
die  verschiedenen  Altersstufen,  nothwendig  und  angemessen  sind*. 

Hierauf  wird  Punct  2  einstimmig  von  der  Versammlung  angenommi 

Zu  Punct  3  entwickelt  der  Antragsteller  die  Grunde,  wanim 
das  Spieis'scbe  System  des  Turnens  für  das  den  Oy^mnasien  angemessen 
halte.  Von  anderer  Seile  wird  die  Aufmerksamkeit  der  Versammhrog  i 
die  von  dem  Schweden  Lingg  begründete  und  seitdem  in  Berlin  weil 
entwickelte  Methode  des  Turnens  gelenkt  Die  Versammlung,  mde 
nur  die  psdagogischen  Gesichtspuncte  zu  würdigen  habe,  lehnt  es  %u 
beschadet  der  Anerkennung  der  Spiefs'seben  Verdienste*  ab,  über  du 
noch  streitige  Frage  ein  ürtheil  abzugeben  und  geht  über  den  dritt 
Punct  der  Lechnerschen  Thesis  zur  Tagesordnung  über. 

Zu  Punct  4:  «Dieser  Satz  ist  ausdrücklich  gerichtet  gegen  ei 
Einseitigkeil,  die  beut  dem  Gymnasialturnen  schadet,  nämlich  gegen  ( 
allzustarke  Betonung  der  Wehrhaflmachung.  Das  Gymnasium  bildet  üU 
haupt  nicht  für  einen  speciellen  Beruf  vor,  es  gibt  allgemeine  mensc 
liebe  Bildung.  Nicht  die  künftigen  Mediciner,  Theologen,  Juristen  hab 
wir  bei  unserem  Gymnasialunlerricbte  im  Auge,  wir  wollen  vielmehr  s 
geistigen  Kräfte  unserer  Schüler  ohne  Rücksicht  auf  ihr  künftiges  Psc 
Studium  ausbilden.  So  ist  es  auch  Aufgabe  des  Gymnasiums ,  die 
dem  menschlichen  Leibe  liegenden  Kräfte  allseitig  auszubilden,  die  bfll 
nische  Harmonie  von  Körper-  und  Geistesbildung  ins  Auge  zu  fas$( 
So  wird  denn  freilich  unsere  Jugend  auch  kraftiger  und  tüchtiger  wi 
den  für  den  Kriegsdienst ,  aber  unser  X^ymnasialturaen  soll  darum  nie 
schon  Wehrturnen  sein*. 

Unter  ausdrücklicher  Rücksicht  auf  den  vom  Antragsteller  bere 
vorsichtig  gewählten  Ausdruck  «zunächst*  findet  auch  dieser  & 
allgemeine  Beistimmung. 

Zu  Punct  5  wird  durch  des  Antragstellers  und  anderer  Mitgli 
der  Mittbeilungen  constatirt,  dass  keineswegs  in  allen  deutschen  Lände 
die  Theilnahme  am  Turnunterricht  bereits  allgemein  verbindlich  seif  u 
hiernach  der  Satz  von  der  Versammlung  einstimmig  gebilligt 

Nach  dieser  einhelligen  Annahme  der  sämmllichen  die  .^usführu 
des  Turnunterrichtes  betreffenden  Lecbner'schen  Thesen  (mit  Ausnahi 
des  unentschieden  gelassenen  dritten  Punctes)  kamen  Nebenanträge  z 
Discussion.   NfimUclv  tvwvÄeVv^l  d^t  n^^xv  Vtot.  Atsmann  mit  seiner  a 


Miscellen.  899 

gemeinen  Thesis  sogleich  in  Verbindung  gebrachte  Sali  über  die  Noth- 
wendigkeil  der  Errichtung  von  Turnhausem,  welcher  die  volle  Beistim« 
mung  der  Versammlung  erhielt.  Sodann  gab  der  vierte  Punct  der 
Lechner'schen  Thesen  Anlass  zu  der  Frage,  ob  der  Turnunterricht  an 
Schulen  nur  mittelbar  durch  die  allgemeine  körperliche  Bildung,  welche 
er  erzielt ,  die  Wehrhaflmachung  der  Jugend  zu  fördern  habe ,  oder  ob 
es  zweckmäbig  sei ,  namentlich  für  die  oberen  Classen  y  denselben  un* 
mittelbar  mit  militärischen  Übungen  zu  verbinden.  Von  manchen  Seiten 
wurden  Erfahrungen  zur  Empfehlung  der  militärischen  Übungen  im  Turn- 
unterrichte geltend  gemacht,  doch  zeigte  sich  in  dieser  Hinsicht  nicht 
eine  entschiedene  Überzeugung  der  Versamnolung. 

Zwei/e  Stivmg.  28.  Sepiemäer.  S-iO  ükr. 
Prof.  Rehdantz  aus  Halberstadt,  dessen  Thesis  Oll)  durch  Be- 
schluss  der  Versammlung  zunächst  zur  Verhandlung  kommt,  stellt  den 
Antrag,  dass  in  den  oberen  Classen  der  Gymnasien  das  übliche  Lesen 
der  Teite  vor  der  Obersetzung,  «wo  es  unnutze  Zeit  kostet,  unnöthig 
die  Energie  der  Auffassungskraft  bricht,  der  Leichtfertigkeit  und  Faulheit 
Vorschub  thut,  abgestellt*  und  statt  dessen  ein  lautes  Lesen  erst  nach 
dem  durch  Übersetzung  und  Erklärung  gewonnenen  Verstandnisse  ein- 
trete. Der  Vortragende  begründet  seinen  Vorschlag  aus  dem  Charakter 
der  alten  dassiscbcn  Sprachen  und  aus  der  Aufgabe  des  Dnterrichtes  und 
der  wahren  Bildung.  Der  Einwurf,  der  aus  dem  Mangel  an  Zeit  etwa 
entlehnt  werden  könne,  verschwände,  sobald  man  das  herkömmliche 
Lesen  vor  der  Übersetzung  aufgebe  und  das  geforderte  Lesen  und  Re- 
citieren  auf  ausgewählte  Stellen  beschranke. 

Der  Gegenstand,  den  Prof.  Rehdanta  hiermit  zur  Sprache  gebracht 
hat,  ist  nicht  neu ;  die  von  ihm  beantragte  Methode  ist  auch  anderwärte 
bereiU  empfohlen  (z.  B.  Org.-Entw.  für  die  österr.  Gymn.  S.  111)  und 
von  Lehrern,  welche  in  die  gelesenen  Schriflstellen  wahrhaft  einzuführen 
verstehen,  mit  gutem  Erfolge  angewendet  Die  Gründe  aus  der  Sache 
Kelbst  und  aus  dem  Interesse  eines  bildenden  Dnterrichtes,  welche  diesen 
Vorgang  empfehlen,  zu  vollständiger  Geltung  zu  bringen  und  zugleich 
auf  die  Bedingungen  hinzudeuten,  welche  bei  der  Ausführung  einzuhal- 
ten sind,  ist  Prof.  Rehdanta  durch  die  Richtung  seiner  Studien  und  sei- 
ner mit  Recht  sehr  geschätzten  literarischen  Arbeiten  vor  vielen  anderen 
berufen.  Die  vollständige  Publication  des  Vortrages  in  den  zu  erwarten- 
den gedruckten  Protocollen  wird  uns  sicherlich  noch  manche  treffende 
Bemerkung  über  den  Gegenstand  bieten.  Eine  Debatte  knüpfte  sich  an 
diesen  Vortrag  nicht  an. 

Hierauf  wurde  von  der  Versammlung  die  fünfte  der  von  Prof. 
Dietsoh  aufgestallten  Thesen t 

^Auf  der  obenien  Stufe  kai  der  eeeekiekimnierricki  warmtfe- 
weite  die  alte  Geeekicäte  fttm  Gegenetttnde  tu  nekmeu.  Eine 
wünschenswerthe  vertiefende  und  erweiternde  Repetition  der 
mittleren  und  neueren  Geschichte  wird  dadurch  nicht  aus- 
geschlossen* 
zum  Gegenstande  der  Verhandlung  gewählt 

Prof.  Dietsch  begründet  seine  Übeneugung  im  wesentlichen  fol- 
gendermafsen : 

«Die  Thesen  sind  von  mir  nicht  in  der  Absicht  aufgestellt ,^das8 
tlie  Versammlung  zu  allgemein  malsgebenden  und  bindenden  Beschlüssen 
gefuhrt  werde.  Wir  wollen  uns  hier  nur  gegenseitig  belehren  und  auf- 
regen, unsere  Erfahrungen  austauschen.  Ich  habe  in  meinem  Aufsätze  in 
der  Schmid'schen  Encyklopcedie  'J  ein  Princip  gesucht,  wodurch  sich  der 

*)  Encyklopndie  des  gesammton  Erziehungs-  und  ^lAiccd^Nas«^^'^ 
von  K. A.  Schmid,  Rcctor  des Oymu.  ^«^AV  ^.'VtW^« 


tOO  AlifoeUeo« 

Ortchichtsunterriclit  im  O^mnasiDiD  untersobcide  von  dem  io  aidfr 
iclialen.  Naeb  meiiier  Ansieht  ist  im  G^mnasiiim  der  Zweck  diei 
Unterrichtes,  durch  eigene  Arbeit  des  Schülers  ihm  eigene  Aoschawi] 
txt  versehaO^.  •  Daraus  resoltirt  der  Satz  6  in  meiner  ersten  Tha 
Obrigens  ist  es  keineswegs  etwas  Neues. 

Ich  forAire  also  für  die  oberste  Classe  des  Gymnasiums  bei  dr 
wöchentlichen  Stunden  und  iweijahrigem  Cursus  vorzugsweise  Cote 
rieht  in  der  allen  Geschichte.  Meine  Grunde  dafür  sind  diese  s  In  Prin 
erreicht  die  Kenntnis  des  Alterthnmes  für  den  Gymnasiasten  ihren  Höhl 
punet  und  einen  gewissen  Abschluss.  Der  Schaler  ist  befibigt,  dorc 
eigene  Leetüre  aus  den  Quellen  das  historische  Material  sieh  ansneignei 
Scheinen  nun  auch  die  mittlere  und  neuere  Geschichte  hieri>ei  sn  spii 
lieh  bedacht,  so  ist  zu  sagen,  dass  die  Gymnasien  den  Universitäten  doc 
such  Etwas  öbrig  hissen  sollen.  Die  Klagen  der  UniversitSsiehrar  übe 
Hanget  ad  Intsresse  für  Gesehiehte  werden  am  ersten  verstunnDeji^  wem 
Wir  'Hnseren  Schülern  nicht  schon  einen  vollen  Dnterrioht  nber  das  ganze 
Gebiet  der  Oeschiebts  von  der  Schule  her  mitzugeben  Tersocken  wcrAev 
Studien  in  der  mittleren  und  neueren  Geschichte  werden  auf  der  Qu 
versitXt  desto  lebhafter  betrieben  werden,  je  besser  vorbereitet  für  dm 
Studien  wir  unsere  Schuler  auf  die  Universität  entlassen.  Die  beste  Vsi 
bereitung  aber  geben  wir  ihnen ,  wenn  wir  ihnen  aus  den  Qaetten  hc 
tu  einer  klaren  Anschauung  des  Altertbumes  verhelfen.  Diese  aber  ii 
erreichbar,  weil  die  politischen  Yerhältnisse  des  Alterthumes  einfach^  4i 
Volkscharaktere  scharf  susgepragt  sind.* 

Gegen  die  von  Dietsch  vorgeschlagene  Eiorichtung  wird  von  andere 
Seiten  theils  die  entgegengesetzte  (z.  B.  Prof.  Afsmann,  Direeü 
H  0  f  f  m  a  n  n  aus  Lüneburg),  theils  vermittelnde  Anordnungen  (s.  6.  Recli 
Peter  aus  Sohulpforta)  empfohlen  und  begründet.  Die  gröCsere  2s 
gSngliehkeit  der  alten  Geschichte  durch  Einfachheit  der  Verhältnisse,  4» 
nahe  Beziehung  der  alten  Geschichte  zu  der  Lecture  der  Classiker  ti 
den  Gymnasien ,  anderseits  die  gröfsere  Schwierigkeit  der  neueren  Ge 
schichte  und  die  unläugbare  Nothwendigkeit,  eine  Auffassung  der  nenerei 
Geschichte  axif  den  oberen  Stufen  der  Gymnasien  anzubahnen  —  bildei 
einige  der  hauptsächlichsten  Gesichtspuncte,  von  denen  aus  die  eine  odc 
die  andere  Anordnung  des  Geschichtsunterrichtes  empföhlen  wird.  Bei 
unlerlssst  es  die  Debatten  über  diese  Frage  ausführlicher  auszuziehei 
da  dieser  Gegenstand  in  einem  der  nächsten  Hefte  dieser  Zeitschrifl  » 
besonderer  Erörterung  kommen  wird. 

AllgemeineSitzungcnder  Philo  logen -Versammlung 

Ref.  behält  sich  vor,  über  den  Inhalt  der  Vorträge  in  den  allge 
meinen  Versammlungen  nach  deren  vollständiger  Publication  su  berichten 
und  begnügt  sich  für  jetzt,  nur  den  Gegenstand  derselben  su  verzeichDeo 

Der  Präsident  der  Versammlung,  Direcior  Krüger  in  Brsuo 
schweig,  gibt  in  seiner  Begrufsungsrede  eine  Vergleichung  des  Schul 
nmtes  mit  dem  akademischen  Lehramte.  —  In  der  zweiten  Sitzung  hil 
Dr.  Eckstein  aus  llalle  einen  glänzenden  Vortrag  zur  Ehre  eines  Ver 
storbcncn.  Fr.  Thiersch,  in  welchem  er  seine  Verdienste  um  di 
Philologie  und  im  Besonderen  um  die  Philologen-Versammlungen  darlogt 
Dann  spricht  Prof.  Petersen  aus  Hamburg  «über  vorhomerische  1^ 
ligion  als  Quelle  der  Poesie  dos  Homer  und  HesiOd;'  hierauf  der  Gymn 
Lehrer  G.  L.  Kirch  hoff  aus  Altona:  «über  die  phonischen  Figurei 
in  der  Parodos  von  Sophokles  Antigene.*  •—  In  der  dritten  allgemeinei 
Sitzung  richtet  zunächst  Prof.  Dr.  Ernst  Curtius  aus  Göttingen  eine  An 
spräche  an  die  Versammlung ,  worin  er  dieselbe  ersuchte ,  durch  Sub 
scription  die  Herausgabe  der  noch  nicht  gesammelten  kleinen  Aufsäti< 
von  Otfr.  Müller  zu  unterstützen;  diese  Sammlung  solle  den  drittel 
Band  von  0.  MIüAUt'e  ^YWm^xi  -^^ittDX^OöVfai  ^i3ö.fv^wk»  V\Vku«    Der  Au- 


iiiseellea.  901 

trag  findet  die  ZuRtimmung  der  Versammloog.  Hierauf  hält  auf  An« 
suehen  des  Präsidiums  Dir.  Rein  aus  Crefeld  einen  Vortrag  über  rOmische 
«Phalerae,*  die  in  der  Nahe  von  Crefeld  aufgefunden  wurden,  und  legi 
der  Versammlung  einige  der  ausgegrabenen  Stacke  vor.  Dann  spricht 
Prof.  (Jrlichs  aus  Würsburg  über  ein  lycisches  Siegesdenkmal  aus 
der  Gegend  vbn  Xanthus,  das  sieh  gegenwärtig  im  British  Museum  in 
London  beßAdet.  Der  Vortrag  yeranlasst  den  Prof.  Merklin  aus 
Dorpat  zu  einigen  entgegnenden  Bemerkungen.  Zuletzt  hält  Bibliothekar 
Bethmann  aus  Wolfenbuttil,  auf  Anlass  der  von  der  Teubner'schen 
Buchhandlung  der  Philologenversammlung  zur  Begutachtung  vorgelegten 
«Probe  neu  geschnittener  griechischer  Typen*  einen  Vortrag,  in  welchem 
er  die  Entwickelungs^eschichte  der  griechischen  Lettern  bis  zu  ihrem 
Jetzigen,  der  urkundlichen  Gestalt  durchaus  unähnlichen  Charakter  be- 
spricht und  ein  Zurückgehen  zu  der  durch  die  Inschriften  und  ältesten 
Handschriften  documentierten  Gestalt  für  nothwendig  erklärt.  Die  Ver- 
sammlung, aufgefordert  ihr  Urtheil  über  den  Gegenstand  abzugeben,  er- 
klärt, da^s  sich  ein  solches  erst  nach  reiflicher  Erwägung  abgeben 
lasse  und  einer  späteren  Versammlung  vorbehalten  bleiben  möge;  in- 
zwischen könne  ja  der  Gegenstand  in  einer  philologischen  Zeitschrift,  z.  B. 
den  «lahrbüchem  für  Philologie  und  PaDdagogik'  allseitig  erörtert  werden« 

Ak  literarische  Gaben  wurden  an  die  Mitglieder  der  Ver- 
sammlung folgende  Schriften  vertheilti  Krüger,  Dr«  G.  T.  A.;  Die 
Primaner-Arbeiten  gegen  Ende  des  17.  und  im  Anfange  des  18.  Jahr- 
huiiderlir.  Ein  Beitrag  lur  Geschichte  des  Martineums  zu  Braunschweig 
und  des  Gymnasial wesens  überhaupt.  Der  19.  Versammlung  deutscher 
Philologen  etc.  gewidmet.  Braunschweig,  1860.  88  S.  4.  —  Jeep^ 
Jusiu»;  Aliquot  loci  ex  Oraiümtdui  Cleeranit  in  uium  sekoiarwn 
erhtiM !  Gertnaniae  pMiei&pis  Brumvigam  congreaiM  äae  quoMi  fenera 
hnepiMi  8,  D,  Spnmas.  Gueferä^tamtm  tnierprete  eeU,  GuelferinpH^ 
1860.  15  S.  4.  ^  ßaumeitier,  Au§,:  Päilo/agii  Germaniae 
trunaviffoe  c&nffregaiii  Carnmeniaittmem  de  Aipe  et  Adratto 
etmicriptam  effert.    Lipiiae,  Tmäner^  1860.  16  S.  4. 

Zum  Orte  der  nächsten  Versammlung,  Sept  1861,  ist  Frankfurt 
a.  M.  bestimmt  und  das  Präsidium  den  Herren  Director  Gl  aasen  und 
Professor  Flecketsen  übertragen.  Möchten  es  bei  dieser  folgenden 
Versammlung  die  Zeitverhältnisse  dem  österreichischen  Lehrstande  ermög- 
lichen, den  lebhaften  Wunsch  der  Theilnahmo  zu  reichicher  Verwirklichung 
zu  bringen.  H.  B. 

Literarische  Notizen. 

Zeiitchrift  für  exacte  Philotophie  im  Sinne  det  neueren  phito^ 
iOphitchen  Realismue,  In  Verbindung  mit  mehreren  Gelehrten  heraus- 
gegeben von  Dr.  F,  H,  Th.  Allihn  und  Dr.  T,  Zitier.  —  Band  L  Heft  1. 
(Vlll,  99.)  Leipzig,  Louis  Pemitzsch.  1860.  (Vier  Quartalhefte,  k  6—7  Bog. 
und  7«  Thlr.  bilden  einen  Band). 

Endlich  findet  sich  wieder  der  Muth  zu  einer  Zeitschrift  auf  dem 
Gebiete  der  Philosophie!  Der  Hegerschcn  Despotie  war  auf  diesem  Ge- 
biete im  gröfseren  Publicum  eine  solche  Anarchie  gefolgt,  der  übermü- 
thigen  Flut  eine  so  kleinmüthige  Ebbe,  dass  noch  vor  zehn  Jahren  nur 
die  längstbestehende  Fichte'sche  Zeitschrift  stille  fortscblich  und  ein 
neues  unternehmen  dieser  Art  so  gut  wie  unmöglich  war.  Der  Stand 
der  philosophischen  Bestrebungen  in  Deutschland  fordert  eine  Mannig- 
faltigkeit solcher  Zeitschriften;  auf  glänzenden  Erfolg  freilich  haben  sie 
nicht  Aussicht,  wol  aber  auf  ausreichende  Anerkennung^  elüft  ^SsiiK^- 
schafUiche  Pflicht  muthig  zu  erfüllen.  In  ^dc^'  ***  '  ^Ve^  ^fsfC^^^xw^^ 
ihre  k\iXgh\)e  fasst,  mag  sie  selber  bcTicbteu' 


902  Mueelleiii 

Sic  strebt  «die  eigentlicbeo  Aufgaben  der  Philosophie  Obcfkaop 
und  der  einxelnen  philosophischen  Wissenschaften  im  besoodern  deuHid 
darzulegen ;  sie  von  den  blofs  vermeinten  und  falaeben  sn  untersebeida 
und  zu  zeigen,  was  zur  Lösung  derselben  Torsiigtweise  in  Deutscbbi 
geleistet  worden  ist.  Sodann  einzehie  Fragen,  welche  ein  allgemeiac 
Interesse  in  Anspruch  nehmen,  theils  in  selbständigen  Abhandluogei 
theils  in  Becensionen  und  Besprechungen  beachlenswerther  literarische 
Erscheinungen  zu  behandeln.    Zu  diesem  Behufe  wird 

1.  der  naturliche  und  kunstliche  Zusammenhang  der  einftm 
reichsten  Irrthumer  alterer  und  neuerer  Philosopheme  den  Lesern  deut- 
lich dargelegt^  und  mit  Nachweisung  ihres  Verlaufs  im  modernen  Idei- 
lismus  von  Kant  bis  Hegel  der  Anfang  gemacht  werden; 

2.  soll  gezeigt  werden,  welche  Bestinunnngsgründe  des  Denkeni 
von  den  Irrthümem  des  modernen  Idealismus  sum  exacten  Bealismas  in 
der  theoretischen  Philosophie ,  und  zum  reinen  Idealismus  io  der  /vai- 
tischen  Philosophie  f&hren.  Eine  besondere  Auligabe  hierbei  \A  die,  ans- 
iuhrlich  darsuthun,  in  welcher  Weise  die  von  Kant  nur  erst  begonnene, 
von  seinen  Nachfolgern  theils  vereitelte,  theils  sur  Tölligen  Revdntio- 
nierung  des  wissenscbafUichen  Denkens  hinübergefuhrfe  Reform  der  Phi- 
losophie von  Herbart  zu  Stande  gebracht  ward,  und  welehe  Ergebnisse 
für  die  einzelnen  philosophischen  Disciplinen,  der  Metaphysik,  Psycho- 
logie, Moral,  Aesthetik,  Pädagogik,  Politik,  Religionslehie  und  endlich 
der  Logik  und  allgemeinen  Methodologie,  dadurch  gewonnen  sind.  Bierm 
ist  eine  Reihe  von  Abhandlungen  bestimmt,  welche  sich  etwa  durch  acM 
Hefle  durchziehen  wird.  Diese  bilden  dann  gleichsam  eine  Art  von  Ea- 
eyklopsedie  der  Philosophie  und  zugleich  eine  kritische  Obersicht  der 
philosophischen  Bestrebungen  des  laufenden  Jahrhunderts. 

Nachdem  auf  diese  Weise  durch  historisch-kritische  Berichterstit- 
tungen  über  die  einflussreichsten  Irrthumer  und  über  die  wichtig^ 
Leistungen  auf  dem  Gebiete  der  Philosophie  das  Nöthigste  geschehen  ist, 
und  schon  wahrend  dies  geschieht,  sollen 

3.  einzelne  philosophische  Fragen  vom  allgemeinsten  Interesse  ood 
von  durchgreifender  Wichtigkeit  in  besonderen  Aufsätzen  behandelt  wer- 
den.    Hierzu  kommen  dann  noch 

4.  Recensionen  und  Relationen  über  einzelne  literarische  Erschei- 
nungen und  endlich 

5.  Specialuntersuchungen  über  einzelne  interessante  Puncte. 

Auf  diese  Weise  trachtet  die  Zeitschrift  dahin,  nicht  blois  im 
flüchtigen  Leetüre  zu  dienen,  sondern  sich  für  den  Privatbesitz  wüa- 
schcnswcrth  zu  machen. 

Ihrer  wissenschaftlichen  Richtung  nach  schliefst  sich  die  Zeitschrift 
natürlich  an  die  von  Herbart  und  seiner  Schule  in  Gang  gebrachten 
philosophischen  Forschungen  an,  und  zwar  aus  einem  doppelten  Grunde 
Erstens,  weil  gerade  von  dieser  Seite  die  meisten  Fortschritte  im  Betriebe 
der  einzelnen  philosophischen  Wissenschaften  gemacht,  und  bei  Uerbarl 
selbst  noch  eine  Menge  wissenschaftlicher  Schatze  tu  heben  sind.  Zwei- 
tens, weil  gerade  in  dieser  Richtung  die  Anforderungen  an  ein  exactei 
Denken  (im  Gegensatz  zu  einem  nebulosen  Verschwimmenlassen  der  Be- 
griffe} aufs  bestimmteste  ausgesprochen  und  am  entschiedensten  geltend 
gemacht  wurden.  Dabei  sollen  jedoch  nicht  die  Behandlungen  philo- 
sophischer Fragen  in  verwandter  Richtung  ausgeschlossen  werden,  son- 
dern es  kommt  nur  darauf  an,  dass  bei  den  einzelnen  Leistungen  eine 
Übereinstimmung  in  ilen  Principien,  namentlich  aber  in  der  Respectierung 
jener  Anforderungen  an  das  Denken,  ohne  welche  eine  wissenschaftliche 
Einigung  nicht  möglich  ist,  stattfindet.  Einen  blofsen  Schaldogmatismus 
zu  pflegen,  liegt  dem  Geiste  derjenigen  Richtung,  welcher  die  Zcitschrifl 
folgt,  am  allermeisten  fem*  (S.  IV— VI).  «Ein  Gegensatz  gegen  die  posi- 
tiven und  80gcnauuVenEti«iit\xiv%%V\*^\Ä^V^^'«^^^^^\\fi^^^         vielmehr 


Miscellen.  903 

werden  sie  als  unsere  naturlichen  Verbündeten  betrachtet*...  «Politische  und 
kirchliche  Parteiinteressen  bleiben  natürlich  streng  ausgeschlossen*  (S.VII). 
Das  Probeheft  beginnt  nun  mit  einer  Abhandlung  über  die  Gnind- 
irrthümer  des  Idealismus  in  ihrer  Entwickelung  von  Kant  bis  Hegel ;  den 
Schluss  dieser  Abhandlung  bringt  das  nächste  Heft;  ihr  Verfasser  ist  E. 
A.  Thilo  y  dessen  Beleuchtung  «der  modernen  speculativen  Theologie  in 
ihren  Principien*  allen  Lesern,  die  auf  scharfgeschnittene  Gedanken 
Werth  legen,  im  besten  Andenken  ist  Wir  müssen  jedoch  an  die  Re- 
daction  die  dringende  Bitte  richten,  eine  derartige  Arbeit  sogleich  voll- 
ständig lu  liefern;  wer  die  Fortsetzung  erst  nach  einem  Vierteljahre 
lesen  kann,  muss  dann  den  in  diesem  Hefte  abgedruckten  Anfang  sicher 
wieder  lesen  oder  dessen  Lesung  bis  dahin  aufschieben.  —  Darauf  folgen 
von  einem  der  Herausgeber  (Dr.  Allibn)  «Nachrichten  über  das  Leben  und 
die  Schriften  Herbart's*,  eine  willkommene  Nachlese  nach  dem,  was  Her^ 
bart's  Werke  bieten.  —  Wir  sehen  dem  nächsten  Hefte  mit  Verlangen  ent- 
gegen und  wünschen  der  guten  Sache  fröhliches  Gedeihen.  F.  L. 

ReallexikoH  des  ciatsischen  AUerihums  für  Gpmnasfen.  Im 
Vereine  mit  mehreren  Schulmännern  herausgegeben  von  Dr.  Frdr.Lübker. 
Zweite,  durchgängig  verbesserte  Auflage.  Mit  zahlreichen  Abbildungen. 
Leipzig,  B.  G.  Teubner,  1860.  Xll  u.  1084  S.    gr.  8.   3  Thir.  10  Ngr. 

Die  erste  Auflage  dieses  Buches  erschien  im  Jahre  1854.  Dass 
nach  dem  Verlaufe  von  nur  sechs  Jahren  eine  neue  Auflage  erforderlich 
geworden  ist,  beweist,  dass  das  Buch  einem  wirklich  vorhandenen  Be- 
dürfnisse in  geschickter  Weise  entgegen  gekommen  ist.  Und  gewiss  ist 
ein  Lexikon,  in  welchem  aus  den  Gebieten  der  Literatur-  und  Kunst- 
geschichte, der  politischen  Geschichte,  der  Antiquitäten,  der  Mythologie 
des  classischen  Alterthumes  das  Nothwendi^ste  leicht  zu  finden  ist,  für 
Schüler  in  den  oberen  Glassen  der  Gymnasien  und  für  angehende  Stu- 
dierende der  Philologie  ein  sehr  erwünschtes  Nachschlagebuch.  Die 
Ausarbeitung  der  Artikel  aus  den  verschiedenen  Hauptgebieten  ist  von 
Schulmännern  übernommen,  die  denselben  ihre  speciellen  Studien  ge- 
widmet haben  (z.  B.  Artikel  aus  der  iiteiniscben  Literaturgeschichte  von 
Eckstein  und  von  H.  Keil,  sämmtliche  Artikel  aus  dem  mytho- 
logischen Gebiete  von  St  oll,  die  Artikel  aus  den  römischen  Rechts-, 
Staats-  und  Privatalterthümern  von  Rein  u.  s.  f.)  und  mit  Verwerthung 
der  neuesten  Forschungen  ausgeführt ;  dabei  ist  mit  Besonnenheit  ein  für 
die  Leser,  denen  es  bestimmt  wurde,  geeignetes  Mafs  eingehalten ;  das 
Ganze  ist  von  der  Verlagshandlung  in  der  trefflichsten  Ausstattung,  in  höchst 
compressem  und  doch  vollkommen  deutlichem  Druck  zu  einem  äufserst 
mälsigen  Preise  hergestellt.  Aus  allen  diesen  Umständen  ist  vollkommen 
begreiflich,    dass  das  Buch  eine  so  schnelle  Ausbreitung  gewonnen  hat. 

Ober  die  erste  Auflage  des  Lübker'schen  Lexikon  ist  in  dieser 
Zeitschrift  1864.  S.  36  ff.  unter  genauem  Eingehen  auf  einzelnes  refe- 
riert worden ;  es  wird  daher  hinreichen  von  dem  Erscheinen  der  zweiten 
Auflage  unseren  Lesern  nur  einfach  Kenntnis  zu  geben;  dass  dieselbe 
eine  «durchgängig  verbesserte*  ist,  glauben  wir  dem  Herausgeber,  auch 
ohne  deshalb  eine  Probe  im  einzelnen  anzustellen;  für  einen  aufmerk- 
samen, der  Sache  ernstlich  ergebenen  Herausgeber  ist  es  an  sich  un- 
möglich ,  die  Bogen  aufs  neue  zur  Druckerei  gehen  zu  lassen ,  ohne 
überall,  sei  es  auch  nur  in  Kleinigkeiten,  bessernde  Hand  anzulegen. 
Da  das  Lexikon  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  noch  für  einige  Zeit  seine 
Verbreitung  bewahren  und  ausdehnen  wird,  so  ist  angelegentlich  zu 
wünschen,  dass  für  folgende  Auflagen  die  Verbesserung  desselben,  ohne 
deshalb  den  eigentlichen  Charakter  des  Buches  aufzugeben,  in  metho- 
discher Weise  fortgeführt  werde.  Auf  einen  Punct  mag  zu  diesem  Zwecke 
noch  in  aller  Kürze  hingewiesen  werden,  nämlich  auf  die  «ct.c^'cv  \s.^^ 
dem  Erscheinen  der  ersten  Auflage  von  auAf«^*»  «i-»\ft  ä%  ^\«äöcävä- 
werth  bezeichnete  Anführung  litcrat\»cV  «i\^>\xv^^vv> 


904  MisceUen. 

natürlich  io  der  durch  den  Charakter  des  Buches  gebotenen  stresgcB 
Auswahl.  Der  Uerausgeher  erkennt  selbst  au ,  dasa  diese  Zugabe  bei 
Tielen  Artikeln  sehr  wunschenswertb  sei,  bemerkt  aber,  das«  die  Schwie- 
rigkeit der  Ausführung  ihn  für  diesmal  noch  abgehalten  habe.  £i 
ist  jedoch  nicht  wohl  abzusehen,  inwiefern  die  Eweckmäisige  AIk 
greoEung,  die  Einhaltung  des  richtigen  MaÜBes  bei  den  literarischa 
Nachweisungen  grOfsere  Schwierigkeiten  haben  solle ,  als  überhaupt  io 
dem  Gänsen  der  Arbeit.  Und  es  ist  gewiss  kein  unbilliges  YerlangeHt 
dass  man  ku  der  Darstellung  der  Dmrisie  eines  Gegenslaudes  auch  du 
oder  ein  Hauptwerk  genannt  erhalte,  in  welchem  das  nähere  und  die 
Begründung  zu  suchen  ist.  Die,  wie  es  scheint,  principielle  Ausschliefsung 
solcher  Angaben  führt  öfters  zu  den  auffallendsten  Sonderbarkeiten.  Cintrr 
den  umfassenderen  Artikeln  ist  mancher  an  ein  anerkanntes  Hauptwerk 
auszugsweise  so  angelehnt^  dass  man  selbst  an  den  Wortlaut  desseJbeo, 
nicht  blofs  an  die  Anordnung  in  der  Darstellung  erinnert  viird;  da  ge- 
hört es  sich  dann  doch  wol,  dass  z.  B.  nach  der  Darstellung  des  attischen 
Processes  das  Werk  von  Meier  und  Schönmann  genannnt  ^wiid.  Oder-- 
in  dem  Artikel  «Platon*  werden  Ansichten  von  Socber,  Ast,  SchWicr- 
machcr,  Stallbaum  erwähnt,  und  die  von  K.  F.  Hermann  indireet,  übri- 
gens in  ungenauer  Weise  kritisiert;  aber  die  Bücher,  in  deueii  die« 
Überzeugungen  begründet  werden ,  sind  nicht  erwähnt.  Bei  dieser  Ge- 
legenheit zugleich  der  Wunsch,  dass  in  einer  neuen  Auflage  manche 
geradezu  an  das  lächerliche  streifende  Inhaltsangaben  über  Plaloni<che 
Dialoge  beseitigt  werden,  z.  B.  «Parmenides  ,  das  System  desselben 
von  der  absoluten  Einheit  und  der  Entstehung  der  Welt,  dialektiseb. 
aber  nichf  vollständig  $  —  —  Pheedros,  Rede  des  Lysias  über  die  Liebe 
oder  die  Schönheit,  im  zweiten  Theile  Prüfung  der  sophistischen  Methode 
und  Grundsätze'  u.  s.  f.  S.  770.  Besser  gewiss  die  blofsen  Titel  der 
Dialoge  als  solche  Inhaltsangaben.  Oder:  in  dem  Artikel  «Homcros*  vini 
zwar  des  Gedankens  einer  Entstehung  der  llias  aus  kleineren,  ursprün£- 
lich  von  einander  selbständigen  Liedern  als  einer  unbegründeten  Hypo- 
these gedacht,  aber  vergebens  sieht  man  sich  nach  der  £r\%  ähnung  aur^i 
nur  der  Wolf 'sehen  Prolegomena  um.  Literarische  Nach  Weisungen  ^vi- 
den  besonders  da  erforderlich,  wo  sich  ein  Artikel  auf  noch  zweifeJhsfUD 
und  bestrittenem  Gebiete  bewegt;  da  die  Kürze  der  Abfassung  ciue  bi- 
gründung  nicht  gestattet,  wird  dann  durch  eine  wohl  gewählte  iitcrari>rhi 
Anführung  der  strengen  Objecllvität  genügt  In  Beziehung  auf  doriti 
noch  streitige  Pnncte  ist  übrigens  ein  ziemlich  verschiedenes  Verfahni: 
ersichtlich.  Bald  ein  Zurückhalten  über  alles  Mafs,  z.  B.  wenn  es  ici 
Artikel  «Herodotos*  von  dem  Tode  des  Geschichtsschreibers  heifst  ,f< 
ist  ungewiss,  wann;^  die  Ungewissheit  ist  doch  keine  absolute,  souticni 
es  lassen  sich  mit  einem  Worte  die  bestimmten  engeren  Grenzen  be- 
zeichnen, innerhalb  deren  die  Ungewisshoit  sich  noch  bewogt.  Dagegoi. 
beschränkt  sich  z.  B.  der  Artikel  «Tetralogie^»  nicht  auf  das  sicher  cor.- 
staticrte,  sondern  führt  als  «wahrscheinlich'*  Hypothesen  über  die  Ent- 
stehung und  Umbildung  dieser  Einrichtung  durch,  zu  denen  es  schwir 
sein  dürfte  einen  ausreichenden  Beweis  beizubringen.  —  Es  wäre  leiciit. 
die  Fälle  noch  zahlreicher  anzuführen,  an  denen  eine  für  die  Unter- 
suchung oder  für  die  Begründung  wichtige  literarische  NachweisuDs 
dringend  nothwendig  ist.  Der  Herausgeber,  der  ja  grundsätzlich  die  Be- 
rechtigung dieses  Anspruches  anerkennt,  wird  wol  in  einer  folgenden 
Auflage  dem  Übelstande  des  bisherigen  Mangels  abhelfen;  der  Gesammr- 
umfang  des  Lexikon  braucht  deshalb  kaum  um  einen  Druclbogen  tu 
wachsen.  —  Wir  haben  diesen  Msngel  betont,  um  zu  weiterer  Besse- 
rung des  Buches  Anlass  zu  geben ;  auch  in  seiner  jetzigen  Form  ist  ts 
für  den  Kreis  von  Lesern ,  dem  es  zunächst  gewidmet  ist .  ein  stbr 
schätzbares  Hilfsmittel,  dem  man  weite  Verbreitung  zu  wünschen  hat. 

(Diesem  UcUe  s\t\Ol  i^<i'\  WVwwwV^i  ^^i\vi,^\w  V^\%<^%^Vi«u.) 


STATISTISCHE  U 


UEBER  DIE 


OE8TERREICH] 


(lYMNASIEN  (liVD  E 


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SCHLÜSSE  DES  SCHI 


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lebt: werden. 


o*  dtsclu;  KeiüG.fecb 
6,  5ech>  iul.  cugL  frz. 

ffi  deutsch, 
6.  £cch. 


deat4cb. 
£ech. 


a.  deutseb. 
6*  £ecb,  franXi 

i$,  demticb, 

6,  ^Qcb,  itaL  fvünz* 

a.  detitBchp 
6,  £«ch. 

o-  deatecb. 
6t  £ech«  engU 

b*  öecb. 

a.  dlacb. ;  5ecb*Spr,  cech, 
fr«  £ecb. 

o.  deutacb^ 

b,  £e  eh. 

d.  d(4ch, ;  Eel«  c«b.  SpT,  öechn 
frt  £eeh« 

a*  deutsch, 
L  £ecb, 

a*  d«atieb. 
b.  £eeb« 

a^  deutseh, 
&.  äech. 


ffa1>eD- 
e;tg;eastaiidi 

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Un  tcrri  c  b£es 


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Klg,  Zehn. 

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Kl^,  Zehn. 
Gjig*  Gym, 

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Gsg. 

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Klr^    Zehn. 
Gsg.    Gjm. 

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K]g.   Zebu, 
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113 

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