ZEITSCHRIFT
FUE
DEUTSCHE PHILOLOGIE
BEGRÜNDET vox JULIUS ZACHER
HERAUSGEGEBEN
VON
HUGO GERING UND FRIEDRICH KAUFFMANN
VIERUNDDREISSIGSTER BAND
HALLE a. S.
VERLAG DER BUCHHANDLUNG DES WAISENHAUSES.
1902.
3 'oo 3
t: 3 s
INHALT.
Seite
Über das Verhältnis der mittelniederdeutschen Übersetzung des Lippifloriunis zu
den verschiedenen lesarten der originaldichtung. Von H. Ältliof . . . 1
Die Heidelberger handschrift G41 und die St. Florianer handschrift XI 284 der
predigten des Nicolaus von Strassburg. Von R. Neber t 13
Zur Chronologie der gotischen brechung. Von E. A. Kock 45
Eine alemannische fronleichnamspredigt. Von R. Xebert 50
Karl Weinhold. Von Fr. Vogt 137
Die rhythmik der ljoctahattr. Von H. Gering 162. 454
Zur Gottesfreundfrage. I. Das Neunfelsenbuch. Von Ph. Strauch . . . . 235
Zu den handschriftenverhältnissen des Niebelungenliedes. Von E. Kettner . 311
Über einige namen im Waltharius. Von H. Althof 365
J. Engerds Übersetzung v. J. Aurpachs 'Odae Anacreonticorum '. Von A. En giert 375
Wilhelm Hertz. Von W. Golther 396
Beiträge zur kritik und erklärung der Gudrun. Von Fr. Panzer 426
Beiträge zur niederdeutschen syntax. Von 0. Mensing 505
Miscellen.
Zum Clermonter runenkästchen. Von E. Wadstein 127
Neue predigthandschriften. Von K. Schi ff mann 127
Zu Fischarts Flöhhaz v. 1341 — 1350. Von ,T. Bleyer 132
Zu Hnvamül str. 100. Von H. Gering 133
Zu Theobald Hock. Von M. H. Jellinek 413
Zu den Kleineren Schriften der brüder Grimm. Von R. Steig 550
Citharoedus. Von Fr. Kauffmann 560
Zu v. d. Hagens Gesamtabenteuer. Von R. Sprenger 561
Der diebsfinger. Von R. Sprenger 562
Berichtigungen 421. 563
Litteratur.
P. Wessel, Mhd. lesebuch; von 0. Mensing 63
P. Wessel, Geschichte der deutschen dichtung; von 0. Mensing 65
J. Seiler, Heliand; von 0. Mensing 66
H. Zwingli, Von freiheit der speisen, hrsg. von 0. Walther; J. Vogelgesang,
Ein heimlich gespräch von der tragedia Job. Hussen, hrsg. von H. Holstein;
von 0. Clemen 67
F. Detter, Deutsches Wörterbuch; A. Braun. Deutscher Sprachschatz; von
H. Wunderlich 68
IV INHALT
Seite
F. Seiler, Die entwicklung der deutschen kultur im spiegel des deutschen lehn-
worts; von G. Binz 70
A. Buss, Deutsche Sprachinseln in Südtirol und Oberitalien; von J. Schatz . 73
Kunz Kistener, Die Jacobsbrüder, hrsg. von K. Euling; von Fr. Panzer . 74
F. Zöllner, Einrichtung und Verfassung der Fruchtbringenden gesellschaft; von
G. Witkowski 81
K. H. v. Stockmayer, Das deutsche Soldatenstück des 18. Jahrhunderts; von
G. Witkowski 82
E.Müller, Schillerregesten; von H.Fischer 84
U. Gaede, Schillers abhandlung „Über naive und sentiment. dichtung"; von
G. Witkowski . . 80
A. Leitzmann, Karol. v. Humbolds briefwechsel; ders., seclis ungedruckte
aufsätze Wilh. v. Humboldts; von G. Witkowski 87
A. Waag, Bedeutungsentwickelung unseres Wortschatzes; von R. M. Meyer . 88
R. Petsch, Beiträge zur kenntnis des volksrätsels; von A. Häuften . . . . 89
R. Lehmann, Der deutsche Unterricht; von H. Wunderlich 95
K. Mortensen, Studier over »Idre dansk versbygning; von Finnur Jönsson 96
K. Geuther, Studien zum liederbuche der Klara Hätzlerin; von Fr. Panzer . 97
A. Kopp, Deutsches volks- und studentenlied ; W. Uhl, Das deutsche lied;
J. W. Bruinier, Das deutsche Volkslied; von Fr. Panzer 100
G. v. d. Gabelentz, Die Sprachwissenschaft'-; von H. Oldenberg 107
J. Ranftl, L. Tiecks Genoveva; von R. Steig 108
G. Züricher, Kinderlied und kinderspiel; von J. Meier 110
E. A. Boucke, Wort und bedeutung in Goethes spräche; von R. M. Meyer . 112
A. Walde, Die germau. auslautsgesetze ; von Y. Michels 114
R. Baier, Briefe an G. F. Benecke; von Fr. Kauft mann 400
K. Müllenhoff, Deutsche altertumskunde IV; von Fr. Kauffmann .... 405
H. Hirt, Der indogerm. ablaut; von L. Sütt erlin 408
W. Deetjen, Immermanns Kaiser Friedrich II; von R. M. Meyer 411
E.Castle, Nicol. Lenau; von R.M.Meyer. 412
Fr. Kauffmann. Aus der sehule des Wulfila; ders., Balder; von Fr. Kauff-
mann 515
W. Braune, Die handschriftenverhältnisse des Nibelungenliedes; von Fr. Panzer 529
J. M. Nassau Noordewier, Willehalm; von E. Bernhardt 542
Neue erscheinungen 134. 421. 503
Nachrichten 424. 504
Register von W. Beese 565
ÜBER DAS VERHÄLTNIS DER MITTELNIEDERDEUTSCHEN
ÜBERSETZUNG DES LIPPIFLORIUMS ZU DEN VERSCHIEDENEN
LESARTEN DER ORIGINALDICHTUNO.
Das in der zweiten hälfte des 13. Jahrhunderts von dem Lippstädter
raagister Justinus verfasste Li ppif 1 ori u m , welches in lateinischen distichen
das wechselvolle leben des westfälischen Odysseus, Bernhards II. zur Lippe
(c. 1140—1224), verherrlicht, wurde im jähre 1487 auf veranlassung
der nonnen des Lippstädter Augustinerklosters, einer Stiftung Bernhards,
von einem unbekannten in niederdeutsche gereimte verse gebracht und
diese umdichtung, dat Lippeflorer, von den klosterjungfrauen als ein
zeichen ihrer dankbarkeit dem damals regierenden landesherrn, Bern-
hard VII. , gewidmet.
Dem vorletzten herausgeber des Lippifloriums, G. Laubmann, ist
es entgangen, dass die in einigen hss. zusammen mit der lateinischen
dichtung überlieferte, allerdings freie Übersetzung uns mitunter gute
dienste zu leisten vermag in fällen, wo der lateinische text verdorben
oder von den quellen1 in verschiedener weise überliefert ist.
Ich habe bereits in meiner ausgäbe der lateinischen dichtung
(Leipzig 1900) wiederholt bei solcher gelegen heit, besonders in bezug
auf v. 17, 143, 259. 483 fg., 415, 629, dat Lippeflorer herangezogen
und will nunmehr, wo ich zum zwecke der herausgäbe eine vollständige
abschrift der noch ungedruckten nd. Übersetzung angefertigt habe, noch
einiges nachtragen und frühere ausführungen näher begründen.
Ich bemerke, dass im folgenden W die ausgäbe der lateinischen
dichtung von Winkelmann (Riga 1868), L den von mir revidierten text
Laubmanns, ndL. die nd. Übersetzung (nach der Überlieferung in A), X
die vorläge derselben bedeutet. Es lässt sich aus den unten angeführten
1) Die älteste hs. des Lippifloriums ist die Detmolder A aus dem anfange des
16. Jahrhunderts, auf welche die jüngeren BCDE trotz einzelner auffallender ab-
weichungen zurückgehen. ABDE enthalten auch die Übersetzung. Die hs. M, nach
der H. Meibom sen. die editio princeps des Lippifloriums, Frankfurt 1620, herausgab,
ist verschollen , ebenso P, aus der J. Piderit eine reihe von citaten für seine Lippische
chronik (Rinteln 1627) bezog.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 1
citaten nicht immer klar ersehen, wie der Übersetzer las; oft aber, z. b.
v. 118, 174, 219, 236, 267, 309, 312, 344, 394, 456, 462, 493, 673,
683, 708, 749, 768, 776, 806, 833, 950, 1010 des Originals, ist seine
wiedergäbe so frei, dass eine gegen überstellung des lateinischen und
des niederdeutschen textes zwecklos sein würde.
Die Überschrift Lippiflorium Magistri Justini haben A ndL..
nicht M.
v. 8 Simon MWL, Symon A (vgl. v. 13 und 961) ndL. 9 (vgl.
v. 16 und 1726).
v. 23 Nobilis ingenuus dominos servos venerar is; ingenuos P;
ndL. 36 fg.: dyn volck vormerstu, eddel here, — — Eddel, fr ig.
v. 25 Tu cum jocundis jocundus ludicra träctas; lubrica P; ndL.
41: mit den froliken bistu frolick Und spelich mit en.
v. 50 mens in tenero corpore cana patet. Scheffer -Boichorst nahm
früher sana an; ndL. 83: Eynen olden sin.
v. 52 Hildensemensis A1, die zweite band hat das erste n ge-
strichen, also Hildesemensis A2L; Hildesieusis MW; ndL. 87: tho Hil-
densem. Förstemann und Österlejr verzeichnen neben Hildessem folgende
formen mit n: Hildinisheim , Hildeneshem , Hildinshem , Hildensim und
Hildensent.
v. 82 hie citior nulla sagitta volat AL; dtius MW; ndL. 147:
Mer dusse helt over de banen fläch Sneller dem van dem schotte eyn
pyll; vgl. unten s. 9.
v. 87 Omnes lassantur crebris impidsibus L; Omnes X, Omnia
MW; ndL. 161: Se ivorden alle des steckens müde.
v. 89 Lucio finis adest AL; QuandoM.W\ ndL. 165: Do nam ock
dat spei eyn ende.
v. 94 modico vino vim recreare parant L; vino B2M, vicio AB1;
recreare AB, reparare MW. ndL. 173: Den ivyn brachtmen ene en-
tegen, Dat se xvat kreffte weder kregen.
v. 113 aurea vasa propinant Vina: liquor nullus clarior esse
potest L; ndL. 212: So schenckede men dar den klaren tvyn In gülden
vaten. W hat propinant: Vino etc. „Sie reichen goldene gefässe dar:
kein nass kann funkelnder als wein sein"; vgl. darüber Laubm. s. 156 fg.
v. 115 Nulla eibi species vel potus deficit illic; eibi M, tibi A;
ndL. 213: vort neyn gebreck Noch eiliger spyse daf getreck Noch ge-
dranckes hadde hinder.
v. 125 Hie salit et vario motu sua membra fatigat; modo P.
ndL. 235: Und drifft syner lede taelheit vel. Vgl. das. 242 taelheit =
mobilitas L. 130 = motus 125.
ÜBER DAS VERHÄLTNIS DES L1PPEFL0RERS ZUM LIPPIFLÖRlUM 5
v. 136 Iste dies: transit cum breviore mora; mansit P. ndL. 251:
Busse grote dach so eyn ende nam.
v. 137 Munera, quos sanguis praefert, eques atque sateUes Larga
manu larga dant LW; quos M, quas A, quae B, profert A. Letztere
lesart scheint dem nd. Übersetzer vorgelegen zu haben; vgl. v. 253: Bar
na dat molk in dem hudel read, Gaff he do gare mit milder haut,
Dat wer ritter offte kriecht.
v. 143 Ante bonus melior fit et optimus esse relegat; Dedecus,
illicitum spernit, honesta sitit L; esse AM, a se W, ense Laubm. Ich
habe mich an dieser vielgedeuteten stelle einer mir privatim mitgeteilten
meinung A. Pannenborgs angeschlossen, der relegare in der bedeutung
„versprechen" auffasst: Bernhard verspricht, der beste zu werden. Doch
bin ich später bedenklich geworden wegen L. 865: simulacra relegat
Latria sacra; es ist anzunehmen, dass relegare auch v. 143 die näm-
liche bedeutung hat. Nach einer mitteilung K. Streckers (Anz. f. d. a.
27, 244) hat P. v. Winterfeld aus den in meiner ausgäbe s. 94 Girierten
worten des ndL. 226: Erst was he gut, na better und ivorth best,
Wente alle undogede, als inen van emme lest, Was van emme rer-
fromedet ver — geschlossen, dass statt esse zu lesen sei omne, und
angenommen, dass oe zu ee verlesen wurde. Damit ist auch meines
erachtens das richtige getroffen.
v. 145 Strenuus ante studet plus streuuus esse, teuere Certat
suprenium strenuitate gradum L; Certa MW. ndL. 272: He wolde sgn
de flijtigeste her.
v. 163 Nullt fortuna sie Candida , quod nihil atri Incidat L. Das
fälsche acri A lag auch dem Übersetzer vor; vgl. ndL. 303: Want nü
gelucke was so schön, Dar en wer wat scliarpes in tho düu.
v. 170 (fortuna) ab eis lucra reeepta rapit L; capit MW. ndL.
319: Want dat wert emme weder entogen.
v. 171 Si dives, potes esse miser , si sospes es, aeger; Fortis et
inftrmus est status iste tuus L; Fortis es, infirmus: est status ille MW.
Letzterem entspricht ndL. 321: Bistu nu ryke, arm werstu to haut;
Hefstu ge?wch, kumer wert dg behaut; Bistu nu starck, krauck machstv
werden. Bus vorwandelt seck up ausser erden Dyn stät usw.
v. 185 IÄvor edax, animae virus letale M; cirtus A. ndL. 347:
Quaet fengn.
v. 186 (livor) ruina boni M, bonis A; ndL. 349: Alle gu dt maket
haet snöder. Wegen der drei vorhergehenden genitive ist boni vorzu-
ziehen.
v. 222 pleraque damna facit AL; pluraque MW. ndL. 415: So
Valien ser hinderlich js; vaken deutet auf pleraque.
v. 239 Praecipit indigenas ad se properare colonos , Mandatumque
ligai aspera poena necis, Secum quisque ferens sua vomera, rastra,
ligones; Hos quoque non maculet ulla rubigo jubet L. ndL. 451: Se
solden bringen na sgnem rade, Dat wer plöchjseren , sehnte offte spade,
Und mähen dal ran dem roste blande. Str. nennt mit recht ferens
eine kühne, bei Justinus beispiellose construetion; allein das wort wird
von allen quellen überliefert und würde als Schreibfehler etwas auffallend
sein. Sollte ferens dem fruens ende v. 238 oder dem metuens v. 237
seine entstehung verdanken oder hier etwa wie nach v. 244 etwas aus-
gefallen sein? Se sohlen bringen würde wörtlich einem ferat der vor-
läge entsprechen, was man erwartet. Dem von Laubm. vermuteten
Haec v. 242 statt Hoc AM, Hos BW scheint dat ndL. 453 zu entsprechen
v. 263 Praedam praedo petit volucris ceu tnrba cadaver etc.; vgl.
gegen Ws. deutung Laubm. s. 159fg. Hierzu stimmt ndL. 486: Want
den roeff soehet de gyrige hant, Dat aes wert den vogelen snel
behaut .
v. 275 Dax MW, Dum A, ndL. 511: De hertoge.
v. 281 Pars inimica dolet, hujus quod tanta lyrannis Praevalet;
tyranni A. ndL. 522: Mer syne viande hedde?i des smerte, Dat he se
so hadde vorunmnen; se lässt auf lyrannis M schliessen.
v. 287 Si placet, insidiis hostem defraudet ut hostis L; hostem
A. hostes MW. ndL. 531: Se hedden em gerne schaden gediin.
v. 301 Vendicat ablatas res insiituitque colonos AL, restituitque
MW. Str. empfiehlt letzteres, da das land ja schon vorher bebaut ge-
wesen war. Damit stimmt überein ndL. 557: He satte syn volle wahr
by de plöch. Ein ursprüngliches restituit kann aus euphonischen gründen
wegen des vorhergehenden res in A geändert worden sein, aber auch
bei restituit unwillkürliche assimilation an res vorliegen.
v. 342 Felix tum Hymenaeus adest MW, hie hynieneus (ohne
felix) A, Felix hie hymenaeus Laubm. vgl. s. 160. ndL. 636: Wat xeliger
echtschop mochte dat syn.
v. 403 Postera lux oritur ML; Postea A; ndL. 746: Des dages
dar na.
v. 425 u I proprio liceat mihi condere fundo Oppidulum M, fun-
dere fundo A; ndL. 792: Buiven eyne stat.
v. 433 (oppidulum), quod provida pal nun Fundavit ratio rebus,
amore, fide MWL; fides A = ndL. 805: De de vorsichtig^ rede, Dyr
vaders gelove hefft gestichtet, Mit (jade und leyffte uthgerichtet.
VBER DAS VERHÄLTNIS DES L1PPEFL0RERS ZUM LIPPIFLORIU.M 5
v. 455 Praeside te gens si vigeat, domineris et illa Serviat L;
si A. sie MW. ndL. 843: Heuet se eynen beschermer koen, Heyn viant
mach er schaden dö?i. So blijfstu here, und se deynt d/j.
v. 479 Convention statuit Christi sub honore suaeque Matris, ut
in f'/nen/ glorificei/tur ibi AL; ghrificetur MW. ndL. 889: Eren namen
tho benedyenn; eren kann sing, und plur. sein.
v. 489 Plebs e diversis huc partibus confluit orbis AL; adfluit
MW; ndL. 911: Hyr quam tho samen uth allen landen Grollt volclc.
Es ist wahrscheinlich, dass eonfluit. wie Str. nieint, aus v. 475 plebs
confluit stammt. Jedenfalls aber ist diese form meines erachtens des-
wegen zu verwerfen, weil sie metrisch falsch ist und ihre Verwendung
dem gebrauche bei Justinus nicht entspricht; vgl. v. 462 Mentis coneep-
tu/u. v. 943 industris corpore.
v. 492 quam (plebem) Jioste tuetur M, tcuetur A; ndL. 916: und
vordan Beschermede se de eddell man.
v. 507 Gens fem conspirat domino, genti ferus heros BM, herus
(metrisch falsch) A; ndL. 941: I)at rolle in der wreitheit vel ein tho
Und vordroch mit den/ wreden heren so usw. Ob here dem dominus
oder dem herus der vorläge entspricht, ist nicht sicher.
v. 515 Ambo necem tolerant pro Trajectensis honore Ecclesiae,
pleni laudibus ambo cadunt L; necem AW, mortem M; v. 516 fehlt in
A; ndL. 952: De eyn bysscliop was de?' kereken fyn To Utrecht; beyde
sloech se dar doeth Bat böse volck in vyandes nöth.
v. 535 Huic infert morbos, alii dispendia rerum AL; aliis MW;
ndL. 988: den eynen mit krancheit , Dem anderen syn gut to rugge geit.
v. 559 (Conficitur sporfaj Haec binis gestatio- equis AlWL; Hie
AB1, Hac B-'; ndL. 1025: makeden sc dar Eynen horff eu tho raren
openbär Tusschen twen perden. eu = Hie, doch ist Haec vorzuziehen,
denn es ist zunächst von der sporta, dann v. 561 fg. von dem insassen
die rede.
v. 637 nerris arentibus humor Infinit AL (vgl. v. 549: Marce-
seunt nervi): membris MW. ndL. 1163: De xenen vuehticheit — —
iVedder rorkregen.
\. 643 n/ei cordis pars maxima AL; mei oculis MW. W ver-
mutete meis. ndL. 1176: Myns Jurte// eyndeil.
v. 658 color ejus (floris) hebet AL; habet M, labet (gegen das
metrum) W. ndL. 1203: Ere rarrc de <>/ darf nicht lanck.
v. 661 qua AM. Laubmanns ausfiihrungen gegen AY (qaia) werden
bestätigt durch ndL. 1204fg.
v. 682 (cassare salubre) Non audens votum MWL; audiens A;
ndL. 1237: dorste se nicht, Dar entegen sprechen jchtes jcht.
Die in M fehlenden v. 685-686 standen in X; vgl. ndL. v. 1250-1254.
v. 698 ad vitam provehit ille ratam AL; provehet MW. Zu
letzterem scheint zu stimmen der conj. ndL. 1274: De my gheve dal
leven myn.
v. 703 Quicquid aget, vestro faciet moderamine L; vestro M, verbo
A, faciat MW. ndL. 1282: All dingk do he mit juwem rade. Vgl.
unten s. 9.
v. 709 De rebus tibi possessis quodcunque necesse Sitsibi (=matri),
provideas sedulitate pia AL. Sit ei W; Sit tibi BM1 = ndL. 1290:
Wat dy ankompt van den guderen dyn, Dar salstu stedes vorsichtich
jn syn.
v. 721 Subjectos tibi promoveas; mihi W. ndL. 1308: helpen den
undersaten dyn.
v. 751 Se totum domino mactat; solum P; ndL. 1351: vorth genck
he seck selves gentxlich uth.
v. 753 Scripturas relegit M; relegat AP; ndL. 1355: De hilligen
schrifft he weder umme las.
v. 767 esse salubre Pins putat L; esse A, ipse MW; ndL. 1391:
Dat wer em zeliger.
v. 769 A pastore suo fas impetrat et mare transit MWL; ut A;
ndL. 1392: bath orleff dar tho Van synem abte, tho trecken so — —
over mer.
Die in M fehlenden v. 771 — 772 2 standen in X.
1) Hier haben wir ein beispiel (vgl. v. 94, 456, 507 und 919), dass B, eine
abschritt von A, sei es infolge einer conjectur, sei es, weil eine andere hs. zu rate
gezogen ist, mit M stimmt. Ähnliche fälle finden sich auch bei den anderen jüngeren
hss. Daher habe ich in einigen kritischen bemerkungen meiner ausgäbe ABCDE
„der reihe nach aufmarschieren" lassen, was Str. auffällig ist.
2) Meine erldärung dieser verse:
770 bitrat humum; fuit haee continuata muri.
Quae non inproprie Livonia dicihir, in qua
Gens fera Cliristicolis proelia multa movet —
nennt Str. „eine starke entgleisung". Nach Laubmann s. 154 leitet Justinus das wort
Livonia wahrscheinlich von livere (lioidtis, livor) ab. Pannenborg, dem diese ety-
mologie nicht gefiel, meinte (GGA 1872, s. 1335), es sei in hinblick auf v. 772
eher an litem movere zu denken, während Str. wieder auf Ls. erklärung zurückkommt
und den „beweis" für dieselbe in v. 495 fg. finden will, wo von den auf Bernhards
macht eifersüchtigen westfälischen berren gesagt wird: dominos terrae xelus livoris
acerbat. Abgesehen davon, dass man bei den unterdrückten Livländern eher von hass
als von neid und missgunst den Deutschen gegenüber reden konnte, ist Ls. erklärung
ÜBER DAS VERHÄLTNIS DES LIPPEFLORERS ZUM L1PPIFLORIUM 7
v. 779 Dunemunde AL, Dunemünde MW, /o Dunemunden
ndL. 1410.
v. 831 unus ab Jiis est filius ejus; est AL, ei MW; ndL. 1495:
y«H de« bisschopen eyn Syn sone /ras.
v. 849 Mars furit et dubio eventu eertatur utrimque. v.W. ändert:
Mars furit: evenht dubio etc., in der annähme, rfwfo'o eventu sei ein
Schreibfehler und etf eine interpolation. Bereits Laiibm. macht s. 144
anm. mit recht darauf aufmerksam, dass hier weder die hss. eine Va-
riante haben noch auch grund vorhanden ist. an der richtigkeit der
Überlieferung zu zweifeln. Dass Justinus gleich anderen mittelalterlichen
dichtem in der regel die elision und den hiatus meidet, rechtfertigt
die änderung des verses noch nicht. Ein hiatus, wie Str. meint, liegt
aber hier gar nicht vor, denn auch bei den klassischen dichtem ist es
erlaubt, dass dem elidierten vokale noch ein vokal vorhergeht; vgl. Aen.
2, 359: Vadimus haud dubiam in mortem; 6,837: Capitolia ad alta.
Übrigens scheint auch der nd. Übersetzer et gelesen zu haben: v. 1530:
To beyden syden weren se hastich Unde ivorden na gevalle ser tnech-
ticJt. Nu de cristen und nu de heyden.
v. 859 Blanditiis quos sire minis trahit a si/uulacris; sine B.
ndL. 1550: nu mit drouwen, nu mit smeken.
v. 917 Tu quoque rirtute polles, Hermanne, paterna APL: pollens
MW. ndL. 1645: jn den dogeden fyn Bist// ser säuerlich des raders dyn.
v. 919 Res patrias bene conservans AL; patrias AP. patrie MW,
conservas BPMW. ndL. 1649: bewarst dyn lant scheint mit M zu
stimmen.
v. 943 industris corpore AP (vgl. v. 522: Industrie corpore)-,
illustris MW = ndL. 1690: ran licham ser luchtich.
v. 945 subjeetis initis ML; subjeetus AP; ndL. 1696: Sachtmodich
dy)ien undersaten.
(gleich der Pannenborgs) schon aus dem gründe unwahrscheinlich, weil man annehmen
muss, Justinus habe die begrüudung für non inproprie dieitur an ort und stelle aus-
gesprochen, nicht aber 276 verse vorher. Dieser annähme entspricht meine deutuug:
das land zieht sich am meere hiu und wird daher nicht unzutreffend Livonien ge-
nannt, d. i. sandland, küstenland (vom esthnischeu live sand; vgl. hd. und nd. sauf
= Strand, gestade, und den namen „Eandalist" [= Strandleute] für Liven). Ich halte
daher meine auffassuug der stelle mindestens für nicht unwahrscheinlicher als die bis-
her vorgebrachten und kann auch die annähme, Justinus habe von einem der gegend
kundigen westfälischen Livlandfahrer von der beschaffenheit des landes (vgl. v. 773 fg.)
und der bedeutung seines namens kenutnis erhalten, gar nicht so „abenteuerlich" finden.
8 ALTHOF
v. 949 Tu forti capis arma mann; tuet sedula claret Strenuitash;
Tu MW, Tunc AP, tua sedula claret P, tua claret A, tua claret ubivis
MW; vgl. Laubm. s. 147. ndL. 1705: Du sterekedest dy mit ivapender
haut. Wie der letzte teil des verses in der vorläge hiess, geht leider
ans der Übersetzimg nicht klar hervor: Dyne flijticheit is dar jn bekant.
v. 953 absit ut unquam Vincaris WL; utrumque AP, utrinque M.
ndL. 1712: Vorwannen to werden sy ver van dy.
v. 955 Sab te Lippensis possessio crevit M; cernis AP. ndL. 1715:
Jn dyner tydt so is gewassen ser Bat lippesche lant.
v. 960 Vos quoque prosperitas continuata beetf AL; posteritasWW .
ndL. 1723: Undkomen, ivan gy mötet sterven, To der ewighen zalicheit.
v. 963 — 966, die in M fehlen, waren in X vorhanden, vgl. ndL.
v. 1729 — 34. Str. meint, es würde ein natürlicherer gedankenfortschritt
erzielt, wenn man v. 963 für egregie schriebe egregiae (vgl. v. 36: san-
guinis egregii), da sonst diceris et digne v. 964 sehr matt sei. Man
kann dem beistimmen. Die worte des ndL. 1729: Dyns Stammes bisiu
eyn hovet. Temlick wert dat gesecht, o bisschup guth, Van dy lassen
uns im unklaren.
v. 967 Tu flos pontificum i, flos nobiliiatis, odorem Floris diffundis
undique, mentis apex MWL; diffundit (auf mentis apex bezogen) A.
Dies stimmt zu ndL. 1737: Wyde vorbreydet dyn hoghe sin Den rocke
der blomen, war ick bin. Da die zweite person vorher und nachher
gebraucht ist (eris, vis), ist diffundis wol vorzuziehen. Die änderung
diffundit ist wahrscheinlich erfolgt, weil man den vocativ verkannte.
v. 993 Vos ego nunc — — saluto M; ergo A; ndL. 1785: Ick
grote juw uu.
v. 995 Vos ego siueero complector corde; salute Exopto vitae vos
utriusque frui MWL; ergo A, saluto A, Excepto A. ndL. 1788: Ick
grote jw van herien vorwair. Got spare juw hyr und hyr na. Es
scheint, als ob der Übersetzer das falsche, aus dem ende von v. 993
stammende saluto (vielleicht auch Excepto) vor sich hatte und daher
mit v. 996 nichts rechtes anzufangen wusste.
v. 1021 Post hanc qui dicet A, Post liunc MW, Posthac L, dicit
MW. ndL. 1830: Mer we hir na spreckt. Dicet ist wegen des folgenden
erit 1023 vorzuziehen.
An den oben citierten stellen stimmte X niemals allein mit P,
aber ziemlich ebenso oft mit A wie mit M überein, auch in offenbaren
fehlem; vgl. v. 163 acri AX, 995 saluto AX, 172 es MX, 710 tibi
MX. v. 143 und 485 hatte X das richtige, während AM die gleiche
falsche lesart überliefern; vgl. unten s. 9 fg. Die in A und M fehlenden
ÜBER DAS VERHÄLTNIS DES LIPPEFLORERS ZUM LIPPIFLORIUM U
verse standen iu X. Die in AM (und den übrigen quellen) vorhandene
lücke nach v. 244 befand sich auch in X (vgl. meine ausgäbe s. 98),
was auf gemeinsame abstammung schliessen lässt, und zwar scheinen
AM auf X-hss. zurückzugehen.
Das wichtigste ergebnis der obigen vergleichung ist die heilung
von v. 143, wo omne kursiv zu drucken ist. Von den direkt überliefer-
ten lesarten glaube ich, ausser v. 489 adfluit: nur v. 52 Hildens&mensis
aufnehmen zu müssen; die position ens kommt bei dem deutschen worte
nicht in betracht. Dagegen ist v. 301 instituitA. und restituitM streitig,
ebenso v. 776 iste (vgl. v. 41, 136, 172, 727, 780) A und ante M. v. 82
kann man mit Str. den naheliegenden abl. hoc statt hie der hss. als
conjeetur aufnehmen, zumal auch v. 473 in A hie statt hoc geschrieben
ist; auch ist v. 241 ferat, 242 Haec und 963 egregiae empfehlenswert,
wie schon bemerkt wurde. Dagegen stimme ich Strs. vorschlagen in
bezug auf v. 703 und 716 nicht bei. v. 703: Quicquid aget, vestro
fadet moderamine AL; MW haben faciat, was Str. für besser hält (vgl.
v. 702 sit tutus); aber faciet entspricht dem in allen quellen überlieferten
aget. Ähnlich ist es v. 716: sit ratio praevia, quicquid agas AL. Hier
stimmt agas zu sit, während das von Str. bevorzugte ages MW aus
v. 703 in den text gekommen zu sein scheint.
Auf v. 483 fg. des lateinischen gedichtes muss ich etwas näher ein-
gehen und dabei noch einmal auf einige früher bereits besprochene
citate zurückkommen.
In Justinus' berichte über die gründung des Lippstädter Augustiner-
nonnenklosters zu St. Marien durch Bernhard IL heisst es:
Sanxit in hoc popido jus spirituale, quod kujus
Ecclesiae pastor cum ratione regat;
Praesit et ecclesiae, quarum proventus ad ipsum
Collegium speetant, huic alimenta ferat.
So überliefern die quellen; doch ist zu bemerken, dass M spectet statt
speetant d. übr. bietet.
Die erklärungsversuche Laubmanns und Pannenborgs kann ich
hier übergehen. Wattenbach (Gesch. -qu. 2. bd. V. § 12) hat ecclesiis,
quarum spectet — — ferat vorgeschlagen, wogegen ich auf grund
des ndL.1 ecclesiae, cujus spectet- ferat lese. Strecker meint
1) Hier heisst es v. 896 fg. :
Eyn geystlich gerichte he dar lechte
Dem volke"2, dat. dar sy)i sähe brechte.
-) D.i. den nonnen; vgl. ndL. 1601: Bat voll; der kereken to Dunemunde und
mein lat. L. s. 111.
]n ALTHOF
dagegen, dass wir in clor Übersetzung zwar eine treffliehe controle hätten,
aus der man in vielen fällen erkennen könne, welche lesart der Über-
setzer vor sich hatte, dass sie jedoch nur eine dritte Überlieferung neben
A und M repräsentiere, aber nicht mehr; sie sei demnach wertvoll, um
eine lesart von A oder M zu stützen, doch könne von einer sicher-
stellung keine rede sein. Trifft das aber auch in diesem falle zu, wo
AM imsinn bieten, dagegen der mit hilfe der Übersetzung von mir re-
konstruierte text einen guten sinn gibt? Aus dem von mir noch ein-
mal geprüften urkundlichen materiale ergibt sich aber mehr als dies,
nämlich, dass Wattenbachs erklärung „entschieden falsch", die meinige
dagegen allein richtig ist.
Ich mus szunächst bemerken, dass ich früher (s. 110 meines Lippi-
tloriums), durch AVattenbachs ansieht und die ungenaue fassung einiger
Lippischer regesten (her. v. Preuss und Falkmann, 4 bde. 1860 — 68)
veranlasst, fälschlich von einem propst der Lippstädter marktkirche ge-
sprochen habe. Einen solchen hat es nicht gegeben; der praepositus
de Lyppia, L. R. nr. 1496 v. j. 1230 (vgl. auch u. a. nr. 1721 n. 1812),
ist lediglich propst des Marienklosters und Vorsteher der klosterkirche,
hat aber über die anderen kirchen in der sfadt und ihre geistlichen
nichts zu sagen. Daher Urkunden auch in nr. 841 v. j. 1343 neben dem
propst Wilbrand des nonnenklosters die rectoren der Nicolai- und der
Jacobikirche, sowie der propst Heinrich der Augustinereremiten in Lipp-
stadt. Das zum nonnenkloster gehörige, öfters genannte clusorium extra
imtros ist keine ecclesia.
Zu Justin us' zeit erscheint als propst des nonnenklosters Thegen-
hard, und zwar in nr. 1496 v. j. 1230, sowie in nr. 220 u. 477 v.j, 1240.
In nr. 220 tritt als zeuge neben ihm auf herr Lutfried, der auch in
nr. 479 v. j. 1246 als priester unter den zeugen aufgeführt wird. In
nr. 324 v. 26. juni 1264 wird unter den zeugen preposüus Hermannus
de Zdppa, nobüis de Lippa junior (vgl. auch nr. 3146 anm.) genannt,
De riehter solde syn de fictstor
In (/er selven kerclcen vor dem kör1
Und brühen dar der rede" syn.
I 'nrth solde der kerclcen der sehe man
Vor syn, und diu vor all dal dar van quam,
Und all, dal he dar van up bürde.
Dal dal all tho dem (dosier hörde;
Mit host solden se en besorge/in.
') Dem chore des klosters; vgl. a. a. o. s. 111.
*) = ratio.
ÜBER DAS VERHÄLTNIS DES LIPPEFLORERS ZUM LIPPIFLORIUM 1 1
der in nr. 329 v. 23. febr. 1265 als regierender herr die Privilegien von
Lippstadt bestätigt. Dann fangiert Lntfried als propst in nr. 496 v. j.
1266. nr. 349 v. j. 1269. nr. 380 v. j. 1277 und nr. 507 v. j. 1280,
wahrend in nr. 515 v. j. 1290 und nr. 518 v. j. 1293 propst Johann
genannt ist.
In nr. 2374 v. j. 1470 beanspruchen priorin und klosterschwestern
nach alter gewohnheit das recht der wähl und Präsentation ihres propstes
in vacanzfällen und bitten den erzbischof von Köln, ihren kandidaten. den
Hildesheimer scholasticus Simon von der Borch. zu bestätigen, während
fast gleichzeitig (vgl. ebendas. anm.) papstPaulII. den nonnen anzeigt, dass
er einem anderen, Bernhard Duster, die stelle verliehen habe; vgl. auch
nr. 2387. Nach nr. 2398 v. j. 1471 ist auf Bernhards VII. vermittelung
das abkommen getroffen, dass Simon die praislye (propstei) erhalten,
der päpstliche kandidat aber dessen nachfolger werden soll, und ist
zwischen den damaligen gemeinsamen besitzern von Lippstadt, den
regen ten von Lippe und Cleve, ausgemacht worden, dass künftig die
Verleihung der propstei zwischen beiden abwechselnd ohne zuthun des
anderen erfolgen soll.
Die Stellung des Lippstädter propstes, wie sie Bernhard IL ge-
schaffen oder wie sie sich im laufe der zeit entwickelt hatte, entspricht
dem, was Raumer (Gesch. d. Hohenstaufen 6, 256) über die propstei
sagt: „In den nonnenklöstern finden wir -einen propst für die-
jenigen geschäfte, welche frauen nicht übernehmen konnten, also für
gottesdienst, beichte u. dergl. Dass sich von diesem punkte aus sein
einfluss leicht erweiterte und allmählich wol auf alles und jedes er-
streckte, ist leicht einzusehen. Gewöhnlich wurde der propst von den
nonnen und der äbtissin gewählt, dem bischofe vorgestellt und, sofern
nicht befrei ungen stattfanden, von ihm bestätigt. Er versprach dem
bischofe, und die übrigen geistlichen (seines klosters) versprachen ihm
gehorsam.1' Nach einer bestimmung despapstes Alexander III. v.j. 1179 (?)
sollte die zu einem kloster gehörige gemeinde (und mancher hielt es
für heilbringend, im kloster zu beichten, taufen und begraben zu lassen)
durch einen vom bischofe abhängigen geistlichen verwaltet werden; vgl.
a. a. o. s. 272 fg.
Auch der propst des Lippstädter nonnenklosters hat nach den Ur-
kunden und dem Lippiflorium weltliche und geistliche fnnktionen. In
nr. 2581 v.j. 1478 ist von der Vereidigung des oben genannten Bern-
hard Duster auf die hergebrachten Verpflichtungen die rede und u. a. der
bestimmung gedacht, dass jeder propst zugleich priester sein oder es im
nächsten jähre werden solle.
12 ALTHOF ÜBER DAS VERHÄLTNIS DES LIPPEFJ.ORERS ZUM LIPPIFLORIUM
Justinus sagt von dem propste:
1. regat jus spirituale; er soll also auf die befolgung der das
kloster betreffenden kirchenrechtlichen Verordnungen achten, dasselbe in
weltlichen angelegenheiten, recbtsgeschäften usw. beraten und vertreten.
Dies geschieht in den Urkunden nr. 220 v. j. 1240, nr. 477 v. j. 1240,
nr. 479 v. j. 1246, nr. 481 v. j. 1248, nr. 496 v. j. 1266, nr. 849 v. j. 1269,
nr. 380 v. j. 1277, nr. 507 v. j. 1280, nr. 515 v. j. 1290, nr. 516 v.J. 1291,
nr. 518 v. j. 1293 usw.
2. praesit et ecclesiae: ausserdem soll er der klosterkirche vor-
stehen. Str. nimmt an diesem et anstoss und meint, dass die werte
nur einen sinn haben, wenn sie eine erweiterung seiner befugnisse an-
deuten. Dies letztere ist auch in der tat der fall, doch ist die erwei-
terung nicht so zu verstehen, „dass er später propst der noch im bau
begriffenen kirchen l (Wattenbach: praesit et ecclcsi is) werden soll", sondern
sie besteht darin, dass er nicht nur kurator der nonnen, sondern auch
hauptpastor der klosterkirche ist. Dieser Stellung entspricht in nr. 2374
v.j. 1470 (vgl. auch nr. 2581 v. j. 1478) die bezeichnung praepositus et
archidiaconus. Als letzterer hat er nach nr. 299 v. j. 1258 an gewissen
hohen festen den nonnen servida delicatissima zu ministrieren. Ihm
sind die anderen priester an der klosterkirche unterstellt; sie werden er-
wähnt in nr. 299 und in nr. 518 v.j. 1293 (zwei kaplane). Wenn, wie
wir oben gesehen haben, zeitweilig ein laie, Junker Hermann, die stelle
eines propstes bekleidet, so ist dies eine ausnähme.
3. Bezüglich der Verwendung des proventus ist zu berücksichtigen,
dass kloster und klosterkirche zwei juristische personen sind und als
solche besondere siegel führen; vgl. L. R. abb. der Siegel nr. 21 u. 21a
v. j. 1291. Die einkünfte des klosters kommen allein den nonnen zu
gute; die der kirche sollen nach Justinus (cujus proventus ad ipsum
Collegium spectet, huic alimenta feratj zum teil den nonnen, zum teil
dem propste (bezügl. dessen priestern) gebühren.
Dies wird die ursprüngliche bestimmung gewesen sein; eine Ur-
kunde darüber besitzen wir nicht. Oder bezieht sich huic nicht auf
den propst, wie der nd. Übersetzer annimmt, sondern auf das collegium
der nonnen, und hat Justinus die ihm sicher nicht unbekannten Ver-
hältnisse seiner zeit im äuge gehabt? Ist letzteres der fall, so würde
sich daraus ergeben, dass sein epos nach dem 20. September 1258 ver-
fasst ist. Da nämlich die einkünfte des klosters im 13. Jahrhundert noch
geling, die der klosterkirche aber infolge anwachsens der gemeinde
1) Dio klosterkirche ist offenbar das älteste gotteshaus in der Stadt.
NEBERT HANDSCHRIFTEN DES NIKOLAUS VON STRASSBURG 13
offenbar vermehrt waren, so sahen sich nach nr. 299 an genanntem
tage Bernhard III., sowie die consuln von Lippstadt und der convent
des Marienklosters zu der Verfügung veranlasst, dass die eeclesia clau-
stralis mit allen einkünften den nonnen dienen solle, mit ausnähme
der zweiten messe, welche für die erforderlichen kirchenbauten zu dienen
bestimmt ist. Dagegen sollen die dem kloster gehörigen korngefälle
jährlich in angemessener weise zwischen dem propste und seinen priestern
und den nonnen geteilt werden. Überdies wird bestimmt (und deswegen
Urkunden die städtischen consuln), dass die cibaria, que offerentur ad
ecclesiam beute Marie in foro (die städtische marktkirche) halb dem
propste und seinen priestern, halb den nonnen gehören sollen usw.
Einige jähre später überweist in nr. 496 v. j. 1266 propst Lutfried „um
der not und des mangels der nonnen willen" diesen die ertrage einiger
der klosterkirche (nicht der marktkirche, wie ich früher irrtümlich an-
nahm) gemachten Schenkungen an getreide und renten.
In der folge ist es nicht ohne Streitigkeiten zwischen propst und
kloster wegen der beiderseitigen kompetenzen abgegangen. Daher werden
in nr. 2576 vom 1. märz 1478 von herzog Johann von Cleve und Bern-
hard VII. zur Lippe angesichts der von ihren vorfahren gemachten
Schenkungen und Stiftungen alle zinsen, renten und guter verzeichnet
und zwischen dem propste und den Jungfrauen mit beider Zustimmung
verteilt. Der erstere soll u. a. die pfarrkirche zu U. L. Fr. mit allen
renten und aufkünften, die geistliche Jurisdiktion und sendwroge haben.
Aus obigem geht hervor, dass v. 485 die lesart der von dem nd.
Übersetzer benutzten hs. des Lippifloriums in jeder hinsieht unanfechtbar
ist und allein der geschichtlichen Überlieferung entspricht.
WEIMAR, IM OKTOBER 1901. HERMANN ALTHOF.
DIE HEIDELBERGER HANDSCHRIFT 641 UND DIE
ST. FLORIAXER HANDSCHRIFT XI 284 DER PREDIGTEN DES
NIKOLAUS VON STRASSBURG.
Von den beiden haupthandschriften der predigten des Nikolaus
von Strassburg, der Heidelberger A nr. 641 und der St. Florianer C
XI 284 hat Pfeiffer (Deutsche mystiker des 14. Jahrhunderts bd. I) nur
die Heidelberger vollständig, von der St. Florianer dagegen nur die erste
predigt benutzt, welche Hoffmann von Fallersleben in den Altdeutschen
blättern 2,167—172 veröffentlicht hatte. Der gebrauch der handschrift
selbst ist ihm versagt geblieben. Im folgenden werden nun zum ersten
14 NEBBRT
male alle lesarten der St. Florianer Handschrift, welche vom Pfeifferschen
texte verschieden sind, abgedruckt, und zugleich werden die ergebnisse
einer erneuten vergleichung der Heidelberger Handschrift bekannt ge-
macht. Pfeiffer hat zwar, wie er a. a. o. einleitung s. XXIV sagt, nur
selten veranlassung gefunden, von A abzuweichen, aber sein text zeigt
doch, dass er diesem Vorsätze nicht treu geblieben ist. Für die beur-
teilung des textes und für eine neue ausgäbe der predigten werden
deshalb auch diese Varianten von nutzen sein.
Den lesarten sollen einige bemerkungen über die beschaffenheit,
den dialekt, das alter, den wrert und das Verhältnis der beiden Hand-
schriften vorausgeschickt werden.
1. Über die beschaffenheit der Heidelberger Handschrift A berichtet
Pfeiffer S. XXII fgg. das wissenswerte. Die Handschrift C, welche sich
in der Stiftsbibliothek zu St. Florian bei Linz in Oberösterreich befindet,
trägt die Signatur XI 284, hat das format kl. 4° und enthält 95 perga-
mentblätter. Sie ist sehr sauber und sorgfältig geschrieben und viel
gebraucht, was man aus den rechts unten abgegriffenen blättern schliessen
muss. Unsere predigten stehen darin auf 48 gespaltenen blättern, jedoch
ist von dem 48. blatt nur die erste seite und davon wieder die erste
spalte ganz und die zweite nur mit drei zeilen beschrieben. An dem
ran de des ersten blattes ist ein lesezeichen aus leder befestigt. Den
predigten des Nikolaus von Strassburg geht voraus Der veter bnoch,
welches von Palm nach einer Breslauer handschrift Stuttgart 1863
(Litterarischer verein 72) herausgegeben ist, es folgt ihnen eine fronleich-
namspredigt mit der Überschrift: Dis ist ein bredie von ünsers herren
fronlichamen. Über beide stücke werde ich mich ein anderes mal äussern.
2. Beide handschriften sind alemannisch (vgl. Zeitschr. 33, 466),
C im besonderen ist wahrscheinlich in Südalemannien entstanden. Darauf
scheinen mir hinzuweisen: dien (dat. pl. von der), welches 16 mal auf-
tritt (vgl. Zeitschr. 33, 468 und Weinhold, Alem. gr. § 419) und die
formen vom verbum stein mit ä: xe ivider stände , xe widerstänne, xe
verstenne, stände (vgl. Zeitschr. 33, 472 und Weinhold, Alem. gr. § 35).
3. Beide handschriften stammen aus dem 14. Jahrhundert. Die
frage, welche die ältere sei, lässt sich auf folgende weise entscheiden:
a) C hat den wandel von ä>6 niemals, A nur 10 mal und davon
8 mal in dum ortsadverbium da, welches mit dem temporalen dö leicht
verwechselt werden konnte. Da nun das Alemannische und im be-
sonderen die Urkunden von Freiburg i. Br. erst um 1350 mit dem
Übergang von ä>ö beginnen (vgl. Zeitschr. 33, 472 und Weinhold,
Alem. gr. § 44), so wird die handschrift A, worauf die beschränkte aus-
HANDSCHRIFTEN DES NIKOLAUS VON STRASSBURG 15
dehnimg des lautwandels hinweist, bald nach 1350, die handschrift C
dagegen vor 1350 entstanden sein.
b) In der 1. pl. praes. und praet. hat die handschrift C nur 1 bei-
spiel mit sekundärem t am ende, die handschrift A dagegen 18, in der
3. pl. praet. hat die handschrift C 3 beispiele mit sekundärem t am ende,
die handschrift A dagegen 8. Daraus geht hervor, dass die handschrift A
aus einer zeit stammt, wo diese sekundäre entwicklung schon weiter
vorgeschritten war, als es in C der fall ist. Die handschrift A muss
also jünger sein als die handschrift C (vgl. Zeitschr. 33, 483 fg.).
c) Zu demselben ergebnis führt schliesslich die betrachtung des
sekundären d. Die handschrift C hat das sekundäre d im gen. und dat.
des gerundiums in der regel nicht, es treten nur 9 fälle mit d auf, die
handschrift A dagegen hat dieses d fast durchgehends. Daraus muss
analog dem punkte b) geschlossen werden, dass A jünger ist als C
(vgl. Zeitschr. 33, 482).
4. Den wert und das Verhältnis der beiden handschriften zu ein-
ander wird folgende vergleichung der wichtigsten lesarten zeigen:
A C
261, 20 fg. Nu meint si dax er Nu meinet si dax er ir süne
ir süne set\e in die vereinunge setze in die vereinunge gotlicher
göttelicher nature und mensch- und menschlicher nature wan dar
licher nature und sprach do da inne werdent siu alle selig in der
miuuent si in etc. vereinunge gotlicher und mensch-
licher nature und sprach da
minnent siu in etc.
C hat die richtige lesart, denn der Schreiber von A hat infolge flüch-
tigen abspringens vom ersten nature auf das zweite die begründung
ivan — nature ausgelassen.
261, 25 fg. Wir sint in der Wir sien i)i der kleinen schule
kleinen schule gelert und rat uns etc. er leret und ratet uns etc.
C hat die richtige lesart, A gibt keinen sinn.
261, 29fg. Du dritte schule ist Die dritte schule ist dax ewige
dax ist dax ewige leben. teben.
C hat die richtige lesart, in A ist ist dax doppelt geschrieben;
ebenso verhält es sich desgleichen bei den auslassungen:
264, 2 fg. lihent mirs er verseil lihent mir es run > rehter xime-
mir wol von rehter ximelicheit lichi enmag er siner swester nit
mag er siner swester nüt versagen versagen so er mir wol zimlich
so er mir wol ximlich verseit. verseil.
1 6 NEBERT
262, 23. niena den in himel- niene denne in deme himel-
riche. riche.
262, 34. und deste heinlich und deste bas dir heimlich
muhte bi dir sin. mShte sin.
264, 19 fehlt. hinter flammen steht Und im
antwürt abraham.
266, 2. Ja sprach er ich bekenne
üch wol inirf weis ivol wer ir sint. . . und weist du wol teer ich bin.
Die lesart von C, mit der B übereinstimmt, macht den dialog
lebendiger.
268, 32 fehlt. nach xal steht: aber uns ist
gegeben über masse der xale.
C hat die in A fehlende notwendige Vervollständigung des ge-
dankens.
269, 36. er sprach ia er kumet Er sprach ia er tut reht als
inen xe helfe und tuot rehte als du muter etc.
diu muter etc.
In A ist er kumet inen xe helfe überflüssig, da es kurz vorher
schon gesagt ist. B stimmt mit A überein.
270, 1. ander der bürdi. dar under.
271, 1. dax dax ist. dax da ist.
272, 38 fehlt. hinter lichamen steht: ane allein
du gehörde.
Die lesart von C drückt die durch den Zusammenhang geforderte
ausnähme aus.
272, 40. hinter gehörde steht: fehlt.
die huret.
In diesem falle verdient die lesart von A den vorzug.
273, 4. unsern herren. unser s herren fronlichame.
C hat die genauere und bessere lesart, die sich auch in B findet.
273, 25fg. wenne ein mensche wenne ein mensch ein tötsünde
eine tötsünde getüt und so er wider tut so ist edles das tot, dax er ie
nf gestat so werdent die guten gutes getet und so er wider ufge-
werg wider lebende. stat so werdent etc.
C hat die richtige lesart, weil in ihr die folge der tötsünde zum
ausdruGk kommt.
274, 36 fg. lihte als mit eime licht als mit eime gedanke in
vwi/vel ald mit andern linsen ge- einen xivivel.
denke ii.
HANDSCHRIFTEN DES NIKOLAUS VON STRASSBURG 17
Die lesart von C entspricht 274, 36.
275, 4fg. fehlt. Er weis wol dax er eine tot-
sünde nüt da ist.
Die lesart von C ist notwendig, ähnlich B.
275, 36fg. min man din kneht min man diu kneht der ist
ist tot min man der dir dienen tot min man der min consciencie
solte. rihten solte din kneht der dir
dienen solte.
Die scheidung_ von man und kneht macht die lesart von C klarer,
sie verdient deshalb den vorzug; ähnlich B.
277, 15 fg. wie sont ir tun wie sülen wir tun Das sag ich
haut ir war geseit uf in so soltu dir Hast du war geseit solt du
gan etc. doch gan etc.
C hat die richtigen pronomina wir und du, Das sag ich dir leitet
die auf die vorhergehende frage folgende antwort ein und macht dadurch
die ganze stelle zumal für den hörer verständlicher, doch drückt das
zwischen den beiden sätzen bestehende konzessive Verhältnis aus.
279, 18. doch der nach. och dar nach.
C hat in Übereinstimmung mit B die richtige lesart, denn doch
in A gibt keinen sinn.
280, 26. mit edlen den dingen. mit midenne aller der dingen.
A drückt gerade das gegenteil von dem aus, was ausgedrückt
werden soll.
280, 35. mit hienger mit durste mit frost fehlt.
mit frost mit smeichcite etc.
Die lesart von C verdient den vorzug, da Christus unter frost
nicht gelitten haben mag und der zusatz altformelhaft ist,
281, 8 fg. Man git im sinen teil
eds dem der da bi dem vatter was hi dem vedter /ras iran
als sin geelingeter kneht. Also ist er sin natürlicher sun was dar
es etc. umb wart im sin erbe aber meng-
lich strichet dax es dem ximlicher
werde der da bi deine vatter was
eds sin gedingeter kneht also ist
es etc.
In A fehlt der grund, weshalb der söhn, der in die fremde ge-
gangen war, sein erbteil erhielt. Der Schreiber von A ist wahrschein-
lich von dem ersten bi dem vatter ivas auf das zweite übergesprungen.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 2
18 NEBERT
281, 30 fg. daz wax ein ver- daz was alles ein verdienen und
dienen und wax alles ein verdienen was alles unser.
und ivaz alles unser.
In A liegen wieder dittographien vor.
282, 26. Er sprach herre ivaz du Er sprach Meister nu sag Unser
ivilt. Er sprach etc. herre sprach.
Die lesart von C ist deutlicher, auch B hat maister.
282, 32 fg. hinter vergeben heisst Unser herre sprach Du hast
es: Sich da von hei disiu vil ge- reht gesagt Sihe davon wem disü
minnet da von ist ir och vil ver- vil geminnet hat davo7i ist ir och
geben. vil vergeben.
C hat die klare und bessere lesart.
284, 2. wart der bihter ist ein wart der priester ist, ein kenel.
kener.
285,22 fehlt. hinter ir tünde steht: und iver-
dent merü tünde.
Die lesart von C ist unentbehrlich, Aveil die folgenden worte darauf
bezug nehmen.
286, 19 fehlt. hinter bekant steht: denne er-
ror ie keiner kreature bekant wurde.
Der vorhergehende komparativ vernünfteklicher bekant macht die
lesart von C notwendig.
290, 4. und einen vernünftigen und einen redlichen oder ver-
willen. uünftigen willen.
Dass C die richtige lesart hat, zeigen 290, 19. 30, wo A und C
übereinstimmend dem natürlichen willen den redlichen gegenüber-
stellen.
290, 28 fg. und in disem under- und in dem undergange ünsers
gange unsers natürlichen willen lit natürlichen willen lit uns och ewig
in uns och ewig leben. leben.
Der sinn des satzes erfordert „für uns" nicht „in uns".
290, 34. doch gar wening. doch bor vil oder nüt.
Die in den Worten von C liegende ironie hat der Schreiber von A
nicht verstanden.
290, 34 fehlt. hinter gewaltig steht: Und denne
sin wir ir gewaltig so dir natür-
liche etc.
HANDSCHRIFTEN HKS NIKOLAUS VON STRASSBURG 19
C hat die notwendige folgerung zu dem folgenden bedingungssatz.
291, 15. Die ander sacke von Die ander sacke von der Sant
der er seit daz waz dax Kristus Augustinas seit du Kristo sin liden
ein fürste wax etc. swerote dax was dax er ein fürste
was etc.
C hat die deutliche und bessere lesart, während es nach A nicht
nur für den hörer, sondern auch für den leser unklar bleiben kann,
wer mit er gemeint ist. Zwar heisst es am anfang dieser (X.) predigt:
Aber sünderlieh von xwein dingen sprach saut Augustinus, diu im
sin liden swereten, aber das liegt weit zurück.
291, 19. dax got der obersten dax got die frode der obersten
kraft also uf enthielt. kraft also uf entkielt.
In A fehlt das akkusativobjekt.
292, 3. Der wurde ir von ireu Der wurde ir vor ir Ögen er-
ougen ertötet. tötet.
Die lesart von A beruht auf einer verschreibung.
292, 11 fg. underlas in der got- uuderhix in der gotheit iewirs
heit nach der obersten kraft in also im wart ivan sin sele du spilet in
grosser rickeit und frode etc. der gotheit nach der obrosten kraft
in als grozer rickeit etc.
Die lesart von C ist richtig, weil sie in ie wirs im wart das
notwendige korrekt zu ie mer er bekunde (292, 8) enthält. Der Schreiber
von A oder der seiner vorläge ist wahrscheinlich von dem ersten gotkeit
auf das zweite übergesprungen und hat so ie ivirs — gotheit ausgelassen.
294, 35 fg. Als der einen Spiegel Der einen Spiegel breche in tu-
breche in tuseut stücke so sehe der sent stücke so sehe sich der mensch
mensche sich in eime ieglichen ivol in eime ieklicheu stuk sun-
stücke so sehe sich der mensche derlich.
sünderlich ivol.
Die lesart von C ist besser, weil sie die beiden sätze in A, die
einen einheitlichen gedanken ausdrücken, zu einer einheit zusammen-
gezogen hat.
295, 31. Und als vil ir ück von zu
im ßgent. im fügent.
A sagt das gegenteil von dem, was gesagt werden soll.
297, 3fg. Wein als vil wir im Wem als vil als wir im kie ere
hie eren bietent in unser xit und bieten in diser xit und ime danken
im duulwu nach unser müglicheit nach ünserre muglicheit als eil
20 NEBKRT
als vil sün ivir eweklich deste nie sühn wir ewklick deste me von
von im geeret werden des helfe uns im geeret werden Daz ivir in hie
got amen. also geeren daz wir eivlüich von
im geeret iverden des helfe uns
got Amen.
Der Schreiber von A scheint auch hier vom ersten geeret werden
auf das zweite übergesprungen zu sein.
298, 20fgg. Do er daz ivasser Er zierte do daz wasser do er
zierte daz waz do er sinen i ungern, sincn iungern die fasse tvüsch in
die fasse wusch us dem ivasser. dem wasser und do zierte er den
Do er den luft zierte daz waz do luft do er in sinen lieiligen fron-
er inen sinen heiligen fronen li- lichamen gab.
chamen gap.
Der zu gründe liegende gedanke wird allein in C in korrekter
form ausgedrückt.
298, 39. der kleidet sine knehte der kleidet sine Jcnehte mit dem
mit dem sune ze eren. sun dem sune ze eren.
Das in A fehlende dem sune ist unentbehrlich.
300, 37. in die stat. stat fehlt.
A hat hier die richtige lesart.
300, 39. daz du pfert als als daz du pferit als unmaterilich
unmaterüich wereu und daz ir iveren daz irü bilde etc.
bilde etc.
A hat als zweimal und und ohne sinn geschrieben.
301, 3fg. so sehe er in im selben so sehe er in im selber weler
keren so sehe er weler hande crea- liand kreature er wölte.
iure er ivolte.
Die lesart von A giebt keinen sinn; der Schreiber hat keren der
vorhergehenden zeile noch einmal geschrieben und dann wieder mit so
sehe er angefangen.
302, 12 fehlt. iverde.
C hat die richtige lesart.
304, 25. sin geivant was als sin geivant ivis als der sne (als
der sne. prädikat aus dem vorhergehenden
satze wart zu ergänzen).
was in A ist offenbar aus wis verschrieben.
304, 34. dex dunkel es sich un- fehlt.
wirdig durch got ze lidende.
HANDSCHRIFTEN DES NIKOLAUS VON STRASSBURG 21
Die in A überlieferte stelle stört den sinn des satzes. B ist A
ähnlich aber stark erweitert.
305, 18fg. Qolöbestu dax die hinter lebende heisst es: Do
sunnedax mag geivürken. und edlen sprach er Globest du eleix du sunne
dingen dax der me müge gewürken dax mag gewürken und globest
war nmbe xtvivelst du. nüt daz der der der saunen ir
kraft gif und alten dingen d<t\
der die toten mug erkicken war
umb xivifelcst du.
Der Schreiber von A hat einen ganzen satz ausgelassen. B ist
C ähnlich.
305, 33. geruch. gar ruh.
Schreibfehler in A.
Ausser diesen lesarten gibt es noch eine grosse anzahl, bei denen
man C ohne bedenken den vorzug geben muss, obwol A an und für
sich gelten könnte. Dass A die bessere lesart hat, gehört zu den sel-
tenen ausnahmen. Wir haben somit das ergebnis, dass die handschrift C
viel wertvoller ist als die handschrift A; bei einer neuen ausgäbe der
predigten wird sie die grundlage des textes bilden müssen.
Was das Verhältnis der beiden handschriften zu einander betrifft,
so ist es sicher, dass A aus C nicht direkt abgeschrieben ist, beide
scheinen verschiedene vorlagen gehabt zu haben. Die gleiche anzahl
der predigten in beiden handschriften erklärt sich aus der tatsache, dass
beide dem original an alter nahe stehen.
I. Handschrift C.
Überschrift: Dis sint bredien brüder Nielaus von Strasburg des lesmeisters bredier
Ordens (rot).
261 (nach Pfeiffer, .Mystiker 1, 261fgg.).
2 Wan, hütte, unser 3 heimlich, und 5 verdampnende , geislende, krüxi-
yende 6 verspiende, sri 7 töde,1 h'n 8 fröice. iohänes, iacobs 9 unser, fronen,
hies, maria, ünserm 10 spch,\und, herr, das, siine 11 rechten, hand 12 ant-
tvürt, unser, uii. enivissent 13 sü 14 das 15 unser, herr. 16 hand, uii, das
(erstes in der zeile), ich es äch 17 es, bereitet. Was 18 hand, xü ds linggen,
da (für dax), liand 19 die, hand, und, die menscheit, si die lingge hand 20 got-
lieher un meschlicher nature 22 hinter selig steht: in di vereinunge gStlicher und
menschlicher nature. da 23 Unser h'r 24 nam sine iung'n x/i im alder sine
Schüler, sien 25 drier hand schäle, sien 26 uns 27 uns 28 die grox schule,
die helle 29 Die dritte schule 30 ewig" 32 uns 33 nit
1) Die länge wird nur an den stellen bezeichnet, wo sie handschriftlich be-
zeugt ist.
22 NEBRRT
262.
1 (lerne neide, Strasse, es 3 gegenwürtkeit , eigennen 4 enbin, aber fehlt
6 <7</.v 7 form, es 8 mV, eigenen forme 10 sülcnu 11 vorhfe. n/t, xe ruggen,
sü In), uns 12 x inilich' 13 s*Ae£, dorfman (für gebure), ns einem dorfe 14 «sse£,
tische isset 15 cimlich, Stilen, uns 16 ünserm , die, uns 17 se tnonde fehlt,
ihiserm 18 /r'e« (für /veri/i) 19 sülen, unser, unser 20 f/«s 21 ^'».s-. natürlich
22 ^s 23 Z>as 25 der se/6 26 eivekliche, bi inte, starb 27 schämlichen, todes,
1/rr: 30 andr/'t, von ussen, dis 32 £oefe 33 hetti, schenxli 34 glichte, bas,
heimlich 36 xe kosenne, glich 37 allein 38 fZ«s, mugest, sag' mir, es, ime
40 se/o
263.
1 dankberlceite, machte andacht 3 unmessiger, ximberman Adas 5 s ander ine,
hitxigen 6 vergesse 7 «r so»/ wissen, sitxet 8 obrosten, throne, alse bid'beman
9 iügsten 10 richtet, Wem do sunt Paulus 11 unser 12 t öde 13 /nit inen, gexüge,
urstendi 14 re&£ gexüge, es 17 altaren 18 gewer got 19 ^rroxe w<m anders (für
wwd anders) 20 raa& 21 7(7« sprich (ich, /ins 22 r/e)?, gotxhus, das 23 saera-
mente, uf deme altare 24 dnser, geturren 25 i'inseren gebresten 26 geturren
27 jms, wie wir in enphange habe (iüv so wir in etc.) 28 mugen , mugen , betrachten
30. unser, unser, unser, Ja er ist da unser ratter 31 unser bnlder 32 geturstig
33 <*ms, rechter, ximlicheit 34 i'iuscr 35 od* (für o/<7) 36 Frankrich, ein swester
hette im er hetti ein hus 37 *'cA ermnn üch 39 m*r es, kun/ct 40 spricht,
264.
1 icA ermane üch 2 »m* es, enmag, nit 4 gerechtikeit 5 rfres 6 »&, ^oer
dwzes vatter 7 s«/e« 8 unmessiger . ximberman 9 #*o, f/as, lebenes 10 ewklich
Es folgen noch die worte: D?-'se begirde un bekenne wirdikeit des sacramentes
mag von minnen als gröxlieh enxundet werden so der mensch gedenket der minne,
in der er sich gegeben hat in des priesters huud under dem sehine des brotes und
den nutx, der uns davon kumet, so mochte der mensche wol von minne xerfliessen
und ist nüt muglieh dax da ichtes rerxigen /verde. Nu sülent ir selten was ir
groxer minne schuldig iverent gegen diser minne. Und von uns hie eins rehten
leeres des willen und der minne gebristet dax si xe klein ist dax muox erfülle!
/verde/) in dem reg füre mit unsere eigenen koste. Wan minne der mttx eint/veder
gebresten oder aber ent/virten Ende der I. predigt.
Anfang der II. predigt. Am anfang steht: Brüder Nielaus (rot).
12 habe, /vortlin, us 13 n/an. h'n 14 Abrahams, schoxe, starb 15 helle,
sah, ivüne, fröde 16 gestatte es, das 17 minsten, stosse, nasser 18 lasse, nim
19 verbrinne, idmerliche, hinter flammen stellt: Und im antwürt abraha/n , es
21 aber (für und), nit 22 es, umbe gekeret, bist du 23 fröde, und mag 24 und
dir mag niemer me, beschehen, es, enx/vüschent 25 üch, dax von uns nieman xü
üch komen mag //och von üch xü uns 26 ml/van 27 deme minsten 28 tropflin,
minsten, vröde, sü, Itaheut, allü 29 w'e, lebenes 30 da 31 der mit, lustiger,
//au er hatte si dike genomen 33 gisset, geschiftet 34 was, saget, geschach es och.
umb den riehen man 35 niuran, überflüssikeit 36 und an kleidem, dar umbe
37 klegte, umb, unerbarmherxikeit
265.
3 ime, erbermde, /ran sine Kunde 4 nit 5 Pfenning unrecMutiges , hetti,
nur fehlt, dafür steht: er behielt es aber unreht 6 sont, /rissen, got, hinter ist
HANDSCHRIFTEN DKS NIKOLAUS VON STRASSBURG 23
steht: an ims, crbarmherxikeit 7 an uns fehlt, ist (für enist), uns, unerbarm-
herxikeit 9 ein xungen, /ran (für und), hat 10 .Das, 8*c&, Es 11 #i£W,
krcften . ir/i werk, dien, sü sehet/t 12 gehorch (für ffev s* hoerent) spehx
14 lcumet, so (für das erste noch}, enhSrt er nit noch enspriehet nit 15 mensch,
Mite, (jesihct 16 icol fehlt 17 e»M£, c/ikeins, doch fehlt, hinter o?/</e// fehlt diu
er vor hat 18 und allü du gelider 19 die. hatte, kamt, die geistlich kraft 20 /W.
f/as, oVs rd/es. Aa#e 21 ricA man, ein tungen 22 rfze in der tungen wa%, die
lebet, in ewiger pine 23 oder (für ald) fröde, es 24 ach, ein rede, hefte 25 en-
neme, oder (für ald). eine anhabe 26 D/s rede, eitnc briefe 27 e??»e hsren, alse.
erbarmherxig , das 28 keinen armen sinem 29 lebenne, mit 30 Zie& sm erbarm-
hsxkeit 31 £#», W/ es 32 m7 we (für nüme) 33 «wser aZweff (für allewent), cr-
barmherxigen 35 schlafe, lies, dingen 36 aZs, gemaehct 37 a/Ve*. erwachet, hatte.
es 38 tfrSra, enachtet, hubschliche 39 getromet Unser, lassen, ime 40 aYe
266.
2 hinter //-o/ steht: ?///d we*si dw /red wer w?A fei« (für w«d weis woZ wer «V
.sv'///} 3 /a. de» 4 andren, nacht, /reist du dax irol dax ich es hin 0 hörest du
mich 7 /reist du 8 /reis es. /ras fast du irtxc 9 /ich. /reist du dax wol dax du
mit mir gast, ja, fehlt, /reis 10 es. /ras 11 sü 12 slaffent. /ras t/'h/t dinu oren,
s/i liörent mit. /ras 13 beschlosse?i , mV, was 14 /}?sse, »SVr, wwd engant nit
15 hinter re«2 ist eingeschoben : Er sprach, schuld, das1 16 licham 17 schlöffet,
Sih. als, hat. ü//scr. umb din erbarmh'xkeit 18 gexeiget 19 dis, geistlich kraft
20 kumt, mit 21 xSigie, die schoenen guldinen stat 22 raaeA, süsseste 23 sma&,
ws, d üchte, solichs 24 befunde 25 ai/es, schönsten 26 ^Wi» 27 ?asse, ///d
28 5iA, es, e/as, paradys, helias 29 s/ilent, iungsten 30 erbermde, nit me (für
uünii] 32 vrSden, Dis. erwarb, erbarmherxikeit 33 unser, unglöben, umb, gern
34 erbarmherxig , wi, anders fehlt, gepinget 35 danne (für ?/•«;?), wwfe, unerbarm-
herxikeit , was , abrahams 36 schösse, unser, hat 37 e/cklich. iügsten, das (zweites)
38 regfür, unser 39 starp, mit 40 erstarb, es, was, u/anige, tot
267.
1 m&, im 2 xe ersterbene 3 fe'r, es, /'/>/. ancVest (für anderwarbe) 4 xe
ersterbene 5 xe gerichte sas, es 6 se gerichte, gesessen, gerihten 7 rehteten,
alle fehlt, iungste 8 erstarb 9 w«te, mensch 10 es, &e himelriche, möchte, sü,
füren, die stat, der vorhelle fehlt 11 oder (für a/d), s« 12 gebessert, edse, s/i2
13 i« das hinielrich 14 abrahames . schoxe 15 gegeben fehlt 16 em seeA w/d/e
i/rnirn, als 17 iwe, opher, einbornen 18 des fehlt 19 die die darnach stürben,
alder, sü, gebessert 20 /V/r sie/i fehlt, schösse 21 »0/ gebessert hattent, in das
reg für 22 gebessert hatten, abrahams 23 schösse, regf/ir, das 24 s« do i« //'//.
schösse 25 xerganklich, gebrochen, vegfür, dax- fehlt 26 mtf /ran (für ni/nre/it)
27 /ediö, iungsten, so (hinter fogre) fehlt 28 es 29 «oa« (für /raa»), c/rklich (für
allewege) 30 kant (für enhant) 31 s/i 32 sw (erstes) , haut [im enhant), keinen (für
deheinen), sü-, /rissen, sü3 33 red/'e. s// 34 Aefti, stürbe 35 Frankrieh , wurde,
weis 36 es. ;//d. //»/-de es «feer 37 weis 38 es, es 39 die?*, AeZ/e, niüssc/i
40 /rissent, sü, wurden, getoffet
26S.
1 i??e«, lichte, sü, das 2 bissen, consciencie , //ei« 3 »/d. Etlich, s/i s/m.
des enist nit {/rar fehlt) 4 s/?, lichtes und fehlt, /r?7«e, «md is/ ///'// afe «W
2 1 NEBERT
5 in irem natürlichem Hechte, das 6 wart (für enwart), sü. als 7 xe glichene.
sü wissent, sti 8 inen, verdampneten 9 iungsten, in das himelrieh, pin, dest
10 Es. enxwuschent 1 1 uns, inen, Es, enxwüschent 12 &, vielent, s/i 13 ü//si ,-.
machete 15 ansah, mit einem wolgevallene 16 höffart, undanknemikeit 17 es,
.7/Y. widerwertigest 18 Verstössen 19 me, dankberkeit 20 müsse//, ewklich
21 bliben, engele, beliben, die (hinter und) fehlt 22 dankberkeit, dien 23 re/z/ a/s
/•// afe p*7 ieklich' von natur, mochte 24 wesliches, wesliches 25 ieklicher, inrlich'
26 l/ol/er. den 27 ewklich, klärlieh* 28 engele, natur, dtn, unser, hat, uns
29 wirdekeit 3<> mugen an nunc 31 begirde, engele 32 nüwan, nach der masse,
nach '.«/ steht: aöer ^;?s *si gegeben über masse der zale 33 nitwan (für niuwen),
d'o mugen 3-1 e*wer mer /*/. f.?, alweg 35 i/tngslc, mer, minne 30 gnad, enwahset,
merem. denn 37 we loachsen, minne 38 denn, dero mugen uns 39 n/nijen wir
40 über wesliche steht: %nvallende, einer
269.
1 vierzig oder sechzig iar, unser 3 wahset (für enwahset), minne. und au
ernste (für «ocA «. f.) 4 hundert fehlt 5 tuseng , /e»/ 6 a« xürallende/// lone
7 menschen, glicher, stundin, das. wurkte 8 werke, wurdi 9 rf« 10 irurhiin,
glichü, das, hetti 11 «/se, wurde 12 minne, Also, uns, gnade 13 wesentlichen,
werke 14 Aoä /e//. <7e/> engein, das wirdige verdienen 15 /insers. enkam, ertrich
16 allein, de; 17 wwd dar »/////. ?"s/ fehlt, «//es e/as. hinter Äerre steht: ?7rV a;pc
18 oder, geleid 19 mit demütkeit , iamerkeite, das. alles 20 unmessiger wirdekeit,
/ins, %e sämne 21 griffen und gelten unser schulde (es fehlt s/illen'2) 22 minste,
kSndest, es 23 hoehgültet wirdig , unser* 24 mit minne und mit begirde, es wurdi
vollemechtig 25 besserende 26 sSltist, vegfure, /ins 27 /insers. ledig 28 //e//", zires
Ende der II. predigt.
Anfang der III. predigt: am rande steht: BriüV Niclaus. 30 ilfaw /«'se/
//"//<? ?'« e/ewi heiligen etrangelio das unser h>r sprach Die /reit die wirt üeh
31 hassende Ich sprich da% unser herrc sine lieben 32 fründe dike h/t vollen i//
anvektunge und in bekorunge des 33 tievels, su, krankheit, bas 34 sw 35 wellent,
mugent bestan 36 st« hand, kumt1, in. hinter helfe: Er spracli in er tut reht eils
tl/i muter die leit dem kinde ein
270.
1 c«/yu burdi, xe tragenne, das. dar under (für under dir bürdi) 2 es //(///'
dVe b/trdiu. treit si dir müter 3 Jiso, &V, zms 4 &e lidenne, hilfet /ins es trage//
5 uiiiean. hurdi/i. als du muoter tili 6 swindlen, es, unser h>r 7 uf dem mer
wol sinken 8 darumb, vergessen, üeh 9 uf sendet, Nein er! fehlt, konieut . sü
10 or/s 11 als, sü sien swie böse s/i. alle 12 es, dinem, daruffenüt 13 hübest.
es, es, etls 14 6(5s, ////reis. mSeht 15 su sien, sü mugen , oder 16 es, es, enschadet
///'/. es, es 17 leid, laxe sü, oder mit 18 dar nach, wan ein mensch 19 oder,
trSmte, nachtes 20 vallet, wen . es gnÜg 21 imd aVr ?e«7 /s/ fehlt, es 22 laxe es
varn bis, ledig, wirdest fehlt. l)</\ wir also ledig werden aller schulde des keif uns
got amen. Ende der TU. predigt.
Anfang der IV. predigt. 25 spicke, und spricke. unser 26 lige, luste
27 unser, süsxen, unmessigen, enphindenden 29 engelen, unsers 30 kein wir,
unmessiger fröden 31 süssikeit, das, dar -,ü xe glichenne, hat 32 ieklich, ein
(für ?we), sunderlich, enphangen 35 gelobet, mit, dien verdampneten 37 siixse//
HANDSCHRIFTEN DES NIKOLAUS VON STRASSBORG 25
271.
1 allrs das, und wol smacket, da% da ist 2 als wol , selbsfröde 3 dero als vil
ist 4 gras, mere 5 //ahnt wir so vilfrSden, tuseng tusentstunt me, vrSden 6 wurme,
kette, arme vrbwe 7 seiti, ein hörne, unser 8 künges, haben wir 9 ie (vor »ze)
fehlt 10 einem hohem, und also wachset unser Ion, war sülen wir, diser 11 vröde,
hbpt lone, als kleine 12 oder 13 avemaria, oder, oder aplax,, hob mies 14 dingen,
luisf du, vrSden 15 ewklich 16 «'/?s. orfer, s« vms, minsten 17 getöffet 18 a7s
/r/.sv. es, kreature 19 mere es «Ws, minsten 20 «si (für sfo£), «Zs #ro:& 21 seZ,
unser. da% fehlt 22 dferaw, allein, ensien 23 ais ?««>/ spriehx 24 es. wns, s*ew,
rechte, Ich sprich 25 rnegtlieher , und spriche , wan sol 26 strSwin man der striten
solle 27 was, deme, %e tünne 28 fkihe, oder, wurde, mit ime, also sülen wir
29 wellen wir 30 stark pfeffer , wan, menigem 31 ursach, ze valle, es. unorden-
lich 32 rerlusseu. Halü. unwises, gnadlos 33 Das , gefliehen Behelf uns. Ende
der IV. predigt.
Anfang der V. predigt. 36 wörtlin, us 37 boxlich, verxeret
272.
1 gedachte, besseren wSlt und wölte gan iS sinem votier und sprechen 2 ich
hab 3 zmd ewftw« w« ;z// wirdig, heisse 4 knechten 5 umbviejig 6 Meid, gab
7 a« sine band, schlug, reisses halb 8 uii/rau 9 w«7 10 und mit einem minnen-
den herxen sprichx 11 das erbe 12 n/üt , heisse 13 knehten, unser, sihet 14 grössi,
dar iuur er gewesen ist 16 unmessiger, ein schepher aller der weite, läwü 17 l/itxig,
ernsthafte, lijffet 18 unser, enphahet, vergibt 20 aWes, aoe, //o/e. meinet 21 s^w,
riugerli 22 &awd 23 schlehet ime, kalb, unser 24 hinter krefte steht: der seZe,
«7s peäa . s« erf/illef mit gnaden gütliches trostes 25 gotlicher 26 s^ aZ/es
27 nuiran. hungerte 28 z/z tf>.>-o 29 hinter erfüllet fehlt wn£, me« 30 unlustig
alhs das. alse ein 31 sm, aW« götlich 32 enwellent das. tts 33 zma" z-o// saeoö
mfer 34 erstgeborner 35 rfas, ysaae 36 alleine die gehörde, diu 37 ysaac, es,
unser 38 unser, hinter lichamen steht: <me allein du gehörde 39 enphindet nit
wan, nut wan 40 rcwZ waw, alleine, diu kSret fehlt
273.
1 «//«;• 2 sprichx, von dero, ünsers 3 fgg. lautet: Er sprach Seh Dax kumet
in minen koph nit der ünsers herren fronlichame ie einest wirdeklich enphieng
nach siner muglicheit dax der mensche iemer verlorn werde. 5 vallet, unser
6 e/lich. im, kumet 7 oYe« sünden, hette, einveltigoste 8 f/r»/z 9 /eisest, geleret,
das 10 koment, gebi ', ?m£, ami, s*w ftzmsZ 11 unser, demütkeit 12 weß .EV
sprach ow-h das 13 were, o/s ^errae 14 &me, «/s lustig, umb, ist es dax, meistt
werk 15 himelrich, irti 16 sünden 17 (///,-. teeret, hette 18 tötsünde, im es
alles zemal, hat echt er 19 o/w «md da« er 20 enkein sünde welle Hin und
sunderlich tötsünde 21 «//7. hinter gi halbierter /rille steht: ><W ewz starker wille
nit ein zitternder wille als ich eniccis 22 es, enmein 23 es, zms 24 denn. /ins.
pinige, uns 25 2ma" *r so«£ ocA wissen, mensch, ein tötsünde 26 r7^ so ?s< «7/es
r/as <o< «Y^ er /e gutes getet und so er wider ufgestat usw., wer& 27 werk, die2,
totsünden 28 e-ms, über totü ist eine rasur vorhanden, wahrscheinlich ist der haken "
wegradiert, ertStü 29 w?er&, werk, tbtsünd 30 lebent 31 weA, ^y/s. tötsünde
32 gedenk ich, das golt, tbts/inde 33 gedenk ich, es 34 so gedenke ich es mag dir
mit werden ich wil einen gesellen xü mir nemen 35 «7/s #oW. unmüssig, das gold
20 NKBKRT
36 das totsünde 37 Jcumet. hinter beseheidenheit steht din consciencie, wilt du stein
38 totsünde, du es 39 ein totsünde 40 es totsünde, es
274.
2 rergibet im es, wem 3 ?m7, fee#», %e bihtenne 4 e/d er die wile (nie
totsünde, was, werken 5 würkx darübe 6 geben, er es aber e, sicherre, dest be-
reiter 7 tugend, xe äbenne, hinter übende fehlt: und götliche gnade xe enpfähende
8 «e iciderstände 9 d« s« #or (für a7so rfo si vor), groxer, nüt achtete 10 si,
achtende 11 schier bichtet, gebotie 12 so fehlt. m*£: aa» xü dem iare einest %e
bichtenne 13 es, trotte , oder ?0<5ß* /a??^ e'ara 14 selbs sorgti, oder wolte ansers,
enphahen, oder 15 wolte fehlt, xe der e grifen, sölt biehten, sin nüt 16 xe dem
iare. xe bihtende fehlt, echt, rehte 17 hat, ze bichtenne 19 tag , iccrk, rollet.
20 totsünde, werk, aber (vor /o<) fehlt, /ö7 21 totsünde, einem 22 .Das 23 £67-
sünde, würke, xiren, werk 24 solicher 25 /öde, totsünde 26 werken, iut fehlt, d*'e,
totsnnden, hat 27 minsten, den du die teile ie 28 gedächte 29 ZTad ?'r s<mf
wissen, ans 30 ate re&£, dennoch, ein d«e fehlt 31 piniget, denn 32 Ae^e,
mensch, totsünde 33 ieklich, sölti 34 reg für 35 r/o/ vergibt im es alles xe male,
vallet, tode 36 oder, <ode, totsünd, lieht als mit eime gedanke in einen xwivel
37 oder1, andren, oder was es ist, da mit 38 ro» fehlt, hinnen 39 unser h'r,
ieht 40 totsünde, abe hatte geleit, einem
275.
1 nü/ran, umb die einen 2 s/ras, enpiniget 3 «$ ?ae, wissent, es, kun/t,
manig mensch 4 tievel, nüt, enweis, /rar umb, weis 5 totsünde nüt da ist, /ras,
die sünde, enweis 6 wem, «-eis ?rs gewürket 7 £/«d (für Wcnne) /ras, einen/,
hinter riuicen steht: und mit einte rehten ker des /rillen 8 abe geleit und fehlt,
was 9 bekant, mensch, ledig 11 als, bfisse 12 a'/e aber der r/i/re sülle sin
13 als grox 14 s/?/e hau, Wollust 15 /?a£, könde 16 getr/i/rlich, minne, das
hochgültige 17 ünsers, überflüssekliche , uns 18 gebessert, und könde wislich ge-
he/sehen, möchti uns nit 19 vergultin, unser, trurdin 20 innerlicher gnade,
lebennes 21 Das, m de«« &*Y der gnaden 22 unser, //elf uns Ende der
Y. predigt.
Anfang der YT. predigt. 24 Wan liset, hätte, in der epistel, ein /rite/re
25 helyseo, sih , h'r 26 tot, irellent, min 27 x/ren, sien, hast du 28 wenig öles
29 ras, umb din 30 /ras mit dinen x/rein sünen und gässe das Sie, ras 31 gute
din schulde, ledige, wite/re 32 tot, obroste, sele 33 die niderosten krefte, sele
34 mensch in totsünde vallet tot 35 ein fehlt, irit/re, /ras, raffet, rechten 36 ünsern,
liimelrich, sprichx, h'r 37 der ist tot, min man der min consciencie rillten solte
diu I: u cht der dir dienen solte
276.
1 scl/uldnere, min x/ren säne, in selber xe eigen 2 machen (für hau), dis
xwen säne 3 so (für /renne), mensch in totsünde vellet 4 schuldnere 5 sü, von
inen, sä, dien werken 6 sinnen, da von /rille und Vernunft geneiget wirt 7 alles
das, inen, sä 8 sinnen, s/t, dien volgent, sä 9 ron ine//, sä 10 eigen 11 sprichx,
hast du in dinem huse ät 12 öles, /reuig 2 13 hat, bekennet, schuld 14 ist, vas, umb
15 das2, gilt litte 16 leben nr, dir (für din) 17 ünsern, ledig 18 d«e, götlichen,
gehinderten (für unwirdig gemähten) 19 ir soi/t wissent, sprichx 20 Bitte, hinter
■/aad/ steht: oder gedenke min, Wissent, es, xe 21 #ro* sünde, hetti 22 umbe,
HANDSCHRIFTEN DES NIKOLAUS VON STRASSBURG 27
vergibt 23 ersten, enmag 24 hinter ist steht: und in tötsünden ist, gut tüte,
müssen, im fehlt, ünsem 25 selben, Herr, sülen wir 26 uns. es 27 es 28 dnser,
sprichx . y« fehlt , m ins 29 laxen gemessen, sin, vergeben, ir sont wissen 30 unser
31 getar 32 seZier 33 betin. etwar 34 hSrent dan 35 rfw? s»'»e, güsse, das öle
36 mz rfw fere« rasgilte . s«, (fr/s o/e 37 ingöx, nüwan, tröphli, dar in, es
38 «>V »ee, lern ras, das öle, nit me 39 das öle, nit nie, enphenklicheit 40 nüt.
ledig ist aller der bilden arnl der manigvaltikeit
277.
1 gütlichen , in mir irrent, xe würkenne 2 das öle, nit nie, ras 3 tcurdi,
götlich, ihn- inne 4 nüwan, trSphli, dar in rieli. wurde 5 es, es, Übergusse,
Wahset, die 6 anderen 7 si, nit arm, au rem, ernste, da fehlt 8 sprich ich.
rordert 9 an uns, klein. gro% schuld 10 sien, schuldnere, xcm minsten, teglieher
11 wir werden xweneweg schuldig unserem 13 min kappen, wan 14 n/in kappen,
dis 15 beschehen. unserm , wie sülen wir 16 hinter tuon steht: Das sag ich dir,
Hast du aar geseit, solt du doch gan 17 du es, macht, solt du 18 us minem
bösen herzen boxlich, geredet 19 ir sont 20 ein gut mensche sin. Hast du aber
21 solt du 22 boxlich, bist da 23 Herr, es veraltet und verachtet ist, vergessen
24 sol ich sit sin dorne 25 vergessen, solt du sü sin nit ermanen 26 es, dinem,
helfest und ratest 27 es Bist du, aber fehlt 28 er, oder, glich, solt du, getrüw-
lich, es 29 sime 30 bist du. es. alles 31 hie oder dort, mensch 32 brinnenne,
reg füre. die. eine/n 33 mit gebette und mit rasten ne and wachenne 34 und aplas
holende, ledig, kämet, einem 35 töde, es 36 sprichx, ich getrü/ven gotte dax ich,
ledig 37 groxer vorhte. regfüre 38 sprichx er Behöbe . dind hundert iar 39 die1,
ii im du mine nünd hundert, die2 40 gebessert, gute, stirbt
278.
1 im dax himelrich. mensch 2 icht engelten, gab, es 3 iungste, lebt 4 es,
vastenne mit wachenne und aln/üsen gebenne 5 und aplax holende, aas. getiit,
ledig 6 er es, regfür 7 besseren, gebessert, hat fehlt 8 in dax himelrich. unser,
umb 9 dem menschen, were es mitglich 10 es wSlti noch gerne, vegfür 11 vröden.
wurde, umb 12 sprich, teglich , enkeins 13 gnad 14 si enmag, Nu wil ich üch
sagen teie 15 Wurdi, totswnden, hetti 16 als kreftig 17 schuld, b/'/sse 18 lebti,
mensch, were es mutglich, tag 19 ab neme and lä/rer und lewer wurde an minne
und an ernste 20 vallet, totsünde sechxig 21 gelebt hat, stirbt, das vegfür, besseret
22 Idiriheit, do fehlt, hat geübt, es. alles 23 gebessert, vert er in dax himelrich
24 läwekeit 25 an dem töde 26 inrlichostem , x/'i 27 gekerte, weslichem, mensch
28 in das reg für. uf dax ertrich 29 in das himelrich. möchtint, h'r 30 geben,
ine>i 33 andrü 34 kein, nütz, sin xe ewigem tone 35 in tötsünden, deste
36 umb, macht, als minneklicke 37 x/i gotte kau neu fügen, schuld, büsse 38 le-
bennes. Sihe, gist du 39 us, helle, hast, diner 40 sint fehlt, pine
271».
1 Ä7* (für Reht), leiti 2 vast. brunnin. schiebt , eins ab, es. (lest 3 bat
in der helle 4 santi, ivarneti 5 iht . kemin. uns, sü 6 mere. wurdi, mSehtint
7 es 8 s?£ enmugen, gunnen, helle 9 es nüwan, dur, selbs, pine, mit 10 wurde,
geschihet dien, helle, me helle brende 11 kumt. sü, brünnent 12 in das himel-
rich, Das 13 uf ertrich aln/üsen. in maniger /eise 14 werke)/, erber n/de, oder
15 gibest 16 lebenne , es, manig mensch 17 xe einem, lebenne, unbekant 18 S'cA,
28 NEBERT
dar nach 19 dar bi, als manig, dinem 20 leben, oder. \>i gröxerm 21 dinem
22 hitxigerme, so fehlt, davon sin Ion wirt gemeret 23 menigen, liier 24 hast,
siest lebend, tot, man ig 25 hast, gist du, in dax himelrich 26 manig, iverk,
oder, andechtig gedank, oder 27 kumet, mit dinem guten leben und bilde 28 en-
phahest du, wunne von in ewiger selikeit 29 ivan fehlt, ire 30 sprichx, alles
himelseh, frSwe 31 bekeret, mer, enphahent, eines 32 wahset, in dax 33 vegfür,
sih in dem vegfür da sint arm und riche 34 gelassen, inen, vast 35 einem,
andern 36 enn/ohten selb, geben, inen 37 müssent, selben, nüt 38 Die dritten
die sint, am, kein, nüt wan 39 sü, oder 40 globig
280.
1 su, dar von, inen, niht, %e einer 2 us 3 besser, uns, xe gotte, leere
4 das, enphenklieh, dex, bereitet hat 5 uns. Ende der VI. predigt.
Anfang der VII. predigt. 7 han , wörtlin , us 8 hetlieh x/ä gotte 9 Vtjfent,
xile, das 10 xile, näher 11 besessen 12 «6er die die in dem vegfüre, xile
13 xilloffer 14 mensch, allein, Die andern 15 eint/reder, xilloffer, oder 16 ogen-
bilce, enphangen, /rax 17 obrosten, als groxer ivunne und in als groxer wisheit
18 als er hüt dix tages ist 19 als selig, obrosten, hätte 20 als wol, ere 21 tode,
wax 22 ogenblike, enphangen 23 verdiente 24 alles dax dax er, sinem lebenne,
hinter lebenne stellt: unx dax er an detne krüxe starp, alles 25 mit, verdienet,
Ir sont, wissen 26 mit midenne aller der dingen, ximliehe 27 mochte, es. mit
28 verdiente, nüt, wir bedürften 29 sprich, enphangen 30 Hb, hette er als wol
sine// lip gekleidet 31 ere, nah, urstendi, Dis hette, ximlich, gehebt 32 icolt,
einen tätlichen lidlichen Hb 33 verdienti, dem selben ersten ogenblike, enphangen
34 alles das, dax, herre ih'c xpe, oder leid 35 turste mit smaeheit mit demütkeit
36 drissig iar nie g fiten tag ge/van von grundloser minne 37 unx er, starb,
schamlichen todes
281.
1 alles, minste 2 werk, glich, verdiente 3 selber, Nt'iwan von einer xim-
licheit, notdurfte 4 do hate er enkein, es alles 5 unser, hette, x/re// 6 füre, blibe, im
7 k/tmt 9 auf dem vatter /ras folgt: wan er sin natürlicher sun/casdarumb wart i/n
si// erbe aber menglich sprichet dax es dem ximlicher werde der da bi deine vatter
icas als sin gedingeter kneht , es 10 enkeins rerdienens, alles 11 dax der himelseh,
natürlicher 12 eigenschaft. natürlicher, glich 13 /ras verdiente do 14 Dax tet
er dax der himelseh, lieite 15 ere, für ieklieh, ein sunderlicli 16 nüwan 17 sin
bedorfti, wir bedürften, sont ivissen 18 enphangen, bekunde, in einem. 19 scl/o-
ivenne, was 20 tode, bekunde, in einem scl/oweune 21 es, do er es leit, enphint-
liclieit 22 ieklieh sunderlich, es. enphunde, in einem 23 bekunde es nüwan in
einem scl/öwenne, fragt/' 24 sprech 25 ünserm, iveis, schö/renne, hein 26 kum,
bekunde 27 schöwenne 28 bekunde, enphangen 29 erstarb, eins schäntlichen tödes
30 alles dax er, geleid, drissig, dax was edles ein verdienen und -was altes unser
32 wörtlin, miiicm 33 das, rollen, xe besserenne 34 unser, tusentwerbe tuseng
weite, vil tuseng 35 in einem, weiten, were es 36 gebessert, der persone 37 der
fehlt, besseren 38 dien lüten, hat, nüt 39 im, sprich^, besseren, es 40 es, es,
besser, es, es
282.
1 besser, einem keiser edler b< st V , unser 2 die wirdigest, die 3 küng, aller
Lungen, was, minste 4 unser 5 Dar umbe, überflüsseklich, drissig 6 froste,
HANDSCHRIFTEN DES NIKOLAUS VON STRASSBURG 29
turste 7 alles, us, giessen 8 allerhand, xe iungste, schamlichen tot 9 da, hat,
uns, hord, xe sämen. da wir Stilen in griffen 10 und sülen gelten, unser, ia und
konden, toislich 11 des unseren, dar xü, nit ein 12 eigenen 13 und mit frömder
koste trol mShte gelten, uns, keiften 14 wirdig, ünsers, ledig 15 unser, helf uns
Ende der VII. predigt,
Anfang der VIII. predigt. 17 hiitte, pkariseus ünsern herren lud in sin
hus 18 sünderin 19 ungelat, unser 20 fassen, trehnen, trückente 21 sü ime,
irem, sü, kostber salben 22 höpt, das, murmelte 23 gedachte, irere, wissag , wisti
24 Unser Wr, weis 25 antwürte, gedanken, hab, et /ras (für eimvenig) 26 redenne,
Er sprach Meister nu sag Unser herre sprach 27 Es, xiven schuldnere, der ein
solte 28 Xu kau/ der h're dem sü 29 sin gülte, Sil 30 uns, gnedig, he in, xe
gebenne 31 /-ergab in beiden alle ir schulde, Wedre von disen 32 vergebe» Unser
hsre sprach Du hast reht gesagt Sihe davon tvan disü vil geminnet lud davon ist
ir ijc// vil vergeben. 34 frbtr2 35 Was, Es 3ü abgescheidener. oder, gesimderter
37 D/'s, obersten, sele, abegescheiden
283.
1 gesündcrt, oberste 2 unser», ime, haben 3 gut lüte dik setxent in ire
aiululit. welleut 5 dien, engelen, schSwenne, sü 6 ünscrut , kämet 7 schlichende,
sprichz war nach 8 was, u/enseh 9 sprich^, sih, hast das; da xe wenig
10 murmelt, oberste, sele 11 sprichz, Dis 12 haben, ünscrut, etlicii 13 wellen
wir 14 Nein geselle nein, echt, rüger ine// , ivissent 15 si, merem 16 trüg.
imserm, oder 17 trüg nützen, dannen, ein nutx, 18 schuld ab leite, nutz fehlt
19 gereitxet, merer, und xe 20 hitxigerme schötvenne, Dis 21 si, abe 22 ire
Nu wir sie// alle scliulduere. xü dem minsten 23 tegt icher, /ich, gelobet, unser
24 h'r vordert, sin, mit 25 Wan, leere 26 ane allü ünsrü oder usserü werk
27 gehalbiert oder gex/reiet, mit, und (vor dax) fehlt 28 enkein, sunderlich tot-
sü/uIp 30 schepfer, lü/cü. mache 31 als 32 sin, macht dich als kreftelclich heften,
wirdig 33 ünsers, hettist cht 34 totsünde, vergibet, die (vor schulde) fehlt, büsse
35 schuld, büsse, dir 36 einem 37 xü dinem bichtere, alles 38 ivas 39 solt du
284.
1 nit wan, gebessert 2 totsünde, priester, kenel, das 3 unser schulde xe
vergebenne 4 kenel 5 unseren •vessen/, loSltin wasser schepfen, kein ich 6 vas wol
wir
und eben, kenel, es, einet/t 7 Setxen ich es, es nüivan, habs dar in 8 müssen,
es, wir es 9 nüivan, lange, trophlin dar in kämet 10 müssen, es, das wirdig
11 Verdienern ünsers 12 sin büsse, geknüphen und geheften kan und eben haben
13 under und' den, unmessigen 14 besserunge, wie klein denne du büsse ist
15 unser 16 unn/essiger 17 mit den ich dich dick und unbi/lich dich 18 Misse
19 xe xellenne 20 dins 21 verdienens, lassest 22 xü miner kleiner büsse, un-
messigen, besserunge 23 dines verdienens, xe legenne 24 xe vergeltenne, es ver-
geben 25 ogenblike, nüivan, darxü 26 Und kerest du dich aber als /renig 27 der\ü,
nit iran 28 trophlin, vallet 29 s/ras, uns, minne 30 müssen, vegfür, trän
31 schuld, %e tünne 32 wan, xe vastenne, fünf 33 sol man fehlt, alles, wirdige
fehlt, tinsers 34 minne, wan, abe. da mit, unser 35 oder 36 oder mir ver-
brinuet min hus, oder ich wird siech, oder s/ras 37 als, enpkahen, und alles
heften 38 das minneklich, ünsers 39 büsse, rechte 40 einer, tusrug ntet reite,
sprich^
30 NEBKRT
285.
1 schuldnere, ttiseny mark 2 ledig, merkent, also 3 acht tage 4 siechtagen,
oder, oder tvas es si, macht du 5 gnade, minne 6 dar für, sehleht, des du
br innen soltist 7 vegfüre, unser, klein gülte, grox 8 alles, allü 9 minsten, be-
reitet hat, Das 10 unser, uns Ende der VIII. predigt.
Anfang der IX. predigt. 12 Won, hütte, in dem heiligen ewangelio,
unser h'r 13 sprach Vatter kläre 14 klere, im hast gegeben 15 Dax ist aber
16 sti, gewären 17 gesant, habe, gekläret 18 habe, werk, die du, unser 19 h'r
20 vater 21 hab, bliben, werk die 22 merü, mochten 23 mere tun, hies, doch
toten 24 Messen, toten, Sant 25 nuwan, des sü 26 merü, sü, es, nit wan
27 sii, ünsers 28 oder . bis, mohten sü 29 ünsers, aber xpe swas der tet 30 eigenen
32 rufte 33 us, ivitwun sprach er 34 iungling, es 35 alles, es fehlt: Aber die
jungern täten ex allex in gebettes ivise 36 gephlegen, dero
286.
1 verlorn denn der sun, Dar umbe 2 klere, In dir fehlt 3 wurde, machen.
4 glich, meinde 5 dax er in uns gekläret wurde, dax der sun, klere; Macht
6 klärer machen 7 geklar -z, wurde, Es 8 glich, unser frow 9 die, Mocht unser re
fröiven 10 machen, es, xe verstenne 11 mer, denn, alles, Were 12 nu dax es
Dinglich were dax ein seil hienge in der sannen, das 13 das seil, min hancl,
klumme 14 näher, kerne, si wurdi in minen ögen 15 nein es, es, schuld'2, das
16 ire genähet, es unser, fröicun, sprichz 17 mag selben, nüt 18 ireni, ver-
min ftekl icher, und vollekonienUcher fehlt 19 keiner kreature bekant wurde 20 und
es enkam nie enkein kreature gotle so nahe, unser frbicc 21 mocht 22 sprichz,
hast 23 mensch, alles, hat 24 dem steine, und fehlt 25 Dis meinet 26 das, sü
27 gewären, gesant 29 bildelich 30 gedenk 31 umb, es, nit min, Were, das
golt, unmaterilich 32 vereint were 33 das golt, selber, minem 34 und dax were
galt besitzen, unser 35 lebennes, nuwan, sehenne 36 uns, im 37 minem, alse
ein 38 dar iune, selb 39 sprichz, kläre 40 wurde, höret dis
287.
1 abe, uns, uns 2 die weit wurde 3 vielin, hat, uns ewklich 4 iich,
bredigen, Uns 5 geleit ist 6 werden, schuld abe, büsse 7 Wan, fritag, xe
vastenne 8 anders, oder, fritag, xe vastenne 9 anders, Leu es 10 abe, es, xe
besserenne dine schulde, das 11 abe gequetxet und gedrucket 12 künftig, xe
hchiitenne, dir es ein anders 13 der mitte, xe legenne, es 14 dir es, anders,
su-as, oder 15 wellent, sont, bihtere, sont es 16 keissen setxen für üwer schulde,
es, abe 17 legenne, alles, irirdig, ünsers 18 mugent, ir bedurfent 19 mit üwer
eigener koste , wellent cht ir , hulfin, allü 20 du 21 totsünde, solte, denn 22 sten
23 mensch, sacramente, unser 24 konde , gemessen, uns 25 regfür, funde, (inen
menschen da ligendc und brinnendc 26 sprich, ligest du, es 27 spreche 28 eigener,
weist du nüt, das, ünsers 29 herreu ih'u xpi, /ins, gebessert, /reis es 30 Oder,
es, es, es 31 als kreftig, es, es ist wisch grüne 32 es, icht, beschlossen, oder
iceret es 33 nein nein es 34 es, dine schuld, ligest, eigener 35 eintweder, du
es. mit, kondest 36 oder, als träge, du es, nüt, nüwan 37 xireu, mochtint, h^r
38 von unwissentheit , vegfür, menschen, möchtin 39 deme vegfür, von unwisheii
40 wissende wurde, geschehe)/, einem
HANDSCHRIFTEN DES NIKOLAUS VON STRASSBURG 31
288.
1 Frankriche, hetti, als groxen 2 gemainen, einer 3 gemeine, allen menschen,
hat us gcheisscn raffen 4 stile, eigener 5 nuwan, wenig hat , hinter schulde heisst
es: er giltet nit (Mein sin schulde er wirt och geriehet dar vo?i und weret es nie-
man dem andern. 6 kumet 7 er sprichz 8 gute, min schulde 9 eigener, einer,
torehier was 10 giltest du . us dinem, weist du nüt 11 weret hat 12 us, geheissen,
sül. eigenen 13 sprich ich, /reis es trol, bist du 14 dax du dar nit enkanst
komen oder als trege 15 nüwan, vwen, ane 16 es gemaln. und darf man es nüt
hSwen, trän 17 niaran dar in 18 ünsers 19 tins, als, als 20 mittue, darxu
21 dar in. frSmder 22 mit, schuld, ab. dttr von 23 inrlieher, nüt darx-ä nüt ein
aut maria 24 alles daz dax min lieber, oder geleid, drissig 25 alles unser,
bedurfte sin nit wir In durften sin 26 ?ninstc smdhe wSrtlin, minem 27 vollen,
xe bessere7ine, unser 28 tuseng tuseng weite, als ril tuseng, einem 29 mag ob
sä weren, es. gebessert, Stilen wir 30 lieber herre 31 dich dicke, unbillich dielt
32 hau 33 bftsse, xe lellenm 34 die fehlt, hohgiiltikeit, verdienens 35 unmessigen,
besserunge 36 xü miner Ideinen bilsse. dins verdienens 37 xe legenne, xe ver-
geltenne 38 unser büsse und unser besserunge 39 an das wirdig , ünsers 40 wfter-
■ßüssekliche , uns, gebessert, hinter wislich steht: grifen in
289.
1 unmessigen, besserunge, wurdin ledig 2 eigener 3 möchte. Dax wir uns
also heften und griffen 4 mi rfisen untnessigen. niinne. begirde 5 aKe tiuser, helf
uns 6 -EV sprach och. mensch, gelassen 7 fefo", mochte, oder, gedulteklick lidet
S (/t7v>. enphahet, sei 10 a/s schone Ende der IX. predigt.
Anfang der X. predigt. 12 hüt, dem passion, lidenne ünsers herren
ilt'r xpi 13 ich sprieke fehlt, tras ünserm, s/n rufe und ich spriche, nüt 14 stur/n .
15 berg bettenne. hinter bettenne heisst es: Ich sprich tras unserm herren st/t liden
swerote. Dax, was 16 bas gebornest und geordnotest mensche was und der xartest
mensche der ie gebom wart 17 keinem 18 mensch, alles, sunderlich 19 sprichz
20 siveroten, Das ein. einem, gemacheten libe und einte lütxeligen lustlichen Übe
ril l;tt mer scheidet 21 denn , andern 22 Dis. unser hsr 23 unschuldigest 24 aller
schönste mensch und der lustlichoste und minneklichest mensch 25 ertrich, schied.
sei, als ktttne 26 gemacheten . als tre beschuh 27 usser, icölte, ivölte 28 kriegten
sü 29 sweis, seite, das, hette. er es 30 mensch, fttl hand, oder 31 gelid das.
sprichz. redlich 32 gelid, laxen abe sehiahen, Hb. sprichz 33 natürlich. Itatut.
xttket die hand 34 sprichz. vernünftig. Behob ich das 35 gelid, es, Hb, stirbe,
Aber fehlt, natürlich 36 e er dax gelid abe 37 schlahen Dis xiren. tra/t
290.
1 hbpt, gelidern, umb 2 schlahen teil, dttr das höpt, hand 3 das höbet
4 xiren, und eine// redlichen oder vernünftigen willen. 5 Aber fehlt, vernünftig,
troll trilleklich sterbe//, unser 6 unser, gefristi, siitetu sterbenne, unser 7 unser
hupt sien, sittü. natürlich S hette. gelebt, alles 9 selb 10 hete, gehebt, und fehlt
11 und hette vil gerner geliebt, denn, und vil lieber fehlt 12 gemach lieber denn
ungemaclt. lictti. gelebt 13 als 14 v/n/ /in ff ige . ein, alse 16 getrttrkte, us, und
tra. natürlich11 17 üt us teuft lügen, begirde, eigen Schafte, kein lustlich 18 so
was er, schlug 19 redlichen 20 votier, und sin redlich tcille 21 lebenne, ster-
benne. es u-cre 22 mug es. überheb, tödes 23 naturlich, vernünftig 24 nüt
32 NEBERT
25 mer 20 sines 27 uns, bedorße nüt, Sterbens, bedürften 28 dar inne gefriet,
in dem 29 linsers, lit uns och. xwen 30 uns, redlich 31 wissen, dis xwen, ans
32 uns klein, bekandensü, einer, oder 33 sü iemer bekandin , hülfe, uns 34 cfoe/*
/jo>- /■// oc/ry mt£, iceriii , //r, denn, gewaltig Und denne sin wir ir gewaltig soder
natürliche 35 redlichen 36 natürlich us, wölte, eigensehaft 37 keines, redliehe
38 were, gotlichen 39 sweme 40 «« rft>>// redlich, deine gotlichen
291.
1 vatters 2 dgenblik nid 3 leberme, sterbenne 4 jms 5 ir sow£, erschrieken,
gern hetti 6 «« gehöret, du diser begirde lustlich, und ir begert 7 redlich, als
gewaltig 8 da& er i« zonale nider schieltet 9 ms würkenne, es uch 10 «e fristenue,
oder /ras es ist 11 ajjpe rfer, gelebt hette, allein 12 r/r/r «yfe 13 «7« (/erwe sm
feie« fristet, bill icher 14 edeler was und sin leben icirdiger was, unser 15 fo«s£-
l icher was der bi xe sinde, Die, von der Sant Aug9 seit du xpo sin liden swerote
16 dax er ein fürste, unmessiger wirdekeit 17 gelassen, sinem, aller der wunne
18 obroste kraft der sei vereint und got sch&wet 19 volkomenheit , des wart, dax
got die fr öde der obersten 20 wideren 21 vereint, trophlin, obrostem 22 allem
dem , geleit 23 nit ein mit 24 luit dis 25 obrosten, als groxer 26 dis 27 nuwan,
■nideren krefie 28 were geflossen, obrosten, linderen 29 mbht, gab 30 unser,
inrlicher, süssikeit, gStlichs 31 sü, dax, uswendig 32 der 33 inwendig, ussern,
■icc ii ig 34 ein, swerot och sin liden 35 das liden 36 nierer denn henken und
bgen us boren und schinden und vil dinges nie dax alles niere ist denne henken,
Aber nach ivirdekeit 37 persone, xenemenne, geleid, mensch, swarlicher 38 wan
so vil du persone 40 s icerote
292.
1 ivirdekeit, persone 2 klingen, Das swerote, üch, glichnt'tsse geben 3 frbic,
hette, wurde, vor 4 ir bgen 5 sesse, der sun , tanxetin 6 sungin, Sprüngen fehlt,
und hettin ane n/axen vil fröden 7 mereti, ir ir leid, nie 8 es umb, me, bekante
9 oberste, schbwete 10 volkomenheit, lustliche ankapfen hatte 11 hinter gotheit
heisst es : ie wirs im ivart wan sin sele du spilet in der gotheit nach der obrosten
kraft in als groxer richeit 12 dis 14 ein tropfe nie xe helfe kam 15 hast du,
gelaxen, Das nierote 16 und (vor dax) fehlt, leid, inen 17 oucli fehlt, swerote
18 das, inen, selben 19 sas 20 selben, lies uns, minneklick 21 fruntlichosten,
mit inen die er mit inen ie gerette, bevalh 22 sinem, getrüwlich 23 da ich bin,
sien, nachvolgere 24 ein machest mit iins, eins sin 25 was, und (vor wie) fehlt
26 verspien solte, gedaclite 27 beschall, als we 28 da\ im der blutig sweis durch
ganx lud trang dax es, erde 29 es nit nie 30 enphahen mohte 31 umb, stürbe,
was 32 suchte, hetti uns 33 tot der were, geborn wart, uns xe erlbsenne 34 drissig,
es were als loblich nit gewesen 35 ivere als grox, geachtet, unseren 36 hettin
dar xii 37 ninvan, starb, wenig 38 es, es eniveis, lebennes 39 vollcomen, tot
40 wurdi, siner
293.
1 mensch, das, kumet 2 sei, Hb, kunie , oder 3 inen, weis 5 tili inen
der ruijije, die Ugen, achtent 6 icenig, wolt 7 das 8 mölttin, es, loblicher, dest
me, geachtet 9 ouch (vor <o<) fehlt, <o/\ enhette, uns 10 ?ro//f er 11 wws, w-
dienti, das minste werk 12 o^Ar, afe kreftig 13 were, imser, es «/fo'cA rAw »Wer
meisten 14: Nu sülen wir 15 iVeles, Das 16 niener 17 denne, unsers 18 sinem
19 wcA, glichnisse sagen, Es giengen, ein fuchs und ein katxe 20 mä einander
HANDSCHRIFTKN DES NIKOLAUS VON STRASSBURG. 33
über velt, frÖw katxe 21 was kunnent, dükatxe die sprach 22 fuchs, was künste
ist das uf die leimst achte ich wenig 23 kunnent, Entruwen 24 grox,, sah vol
künste 25 enlcan, glichen 26 endran, hon 27 sa&, es 28 fron- katxe ich achtete
üwerrt kunst nit 29 ellä . Was 30 ich nu hie, xä 31 Was kunnent, oder was
ist ihnr gewerb 32 kunnen ünsers 33 der künste achte ich wenig, das leg
34 spreehent och die guten lüte \ ä dien weltwisen Was kunnent ir 35 Entruwen
spreehent sü wir kunnen alle die liste 36 sak vollen künste 37 uns, glichen, Und
so sä, tod 38 sü, dar nider, si (für n/Vi. eZ/u 39 die Laust, sä, sä müssen
40 and enwissen denne nüt /cur sü endrinnen sahnt, endrünnent
294.
1 bbn, ünsers, alles 2 sü, spacieren, minne, süssikeit 3 sü, abe 4 mit
vorhie des todes und der pine, so spreehent sü Ach enbindent den sak, es ist xit
6 achteten 7 denn ellü da kaust. Da: wir nu hie also geklimmen 8 böu . ünsers, and
fehlt 9 weit 10 ans Ende der X. predigt.
Anfang der XI. predigt. 12 hütte in den/ ampte, sacramente ünsers
herren lichamen und ich spriehe 13 irar muh. unser uns 14 verwandelte, eins
öphels 15 oder, anderen, das, ein wandlunge, sekin, Das 16 darüb, unser glöbe,
unser 17 und unser IS inhitxig 19 es 20 selber, kumet, unser 2] mensch,
uns 22 und da% er sich selber uns da geben wil, selb 23 da (für das erste do),
eweklich, da 24 starb, sont wissen 25 kelch, hoslie, selb 20 mensch 27 so/// /V
28 linsers 29 s£w&, ieklichen stuk, mensch 30 £ötfe 31 /"//'/ fehlt, Enphienge
32 menseh, du stak, hette. nüwan 33 enpkangen, Enphahet, nüwan, hat 31 ew-
pkangen 35 wc&, glichnisse, Als fehlt 36 seAe s*cä efer mensch wol in eime
ieklichen stuk sunderlich. Möchte man aber
295.
1 were es, «?7 /r«//, es 2 //a^, enphangen, einer 3 tuseng stucke, stuckin
4 einem, als in der ganzen hostie, uns 5 wölte 6 enphahen, hat, %/imlieh
7 mugen 8 iius>r. nid're 9 vergessen, uns, sahn, ünsern 10 enphahen, sülen
wir, adelars 11 were, esse, stürbe 12 wurde, fluge 13 enphahen, als unser
herre sprach xü sant Augustino 16 solfin. klä/m, mSht 17 a&e gevallen hau. Ich wil
üeh leren (für Und seite oueli). was, mensch, so er 18 enphienge, Er sol gedenken
also 19 was, wSltist han, wSlt, Was 20 *e tiinm . es got von im getan wölt haben
•_M künlieh, -ii 22 were, enphienge, denn 23 Hesse, wan ir sunt wissen, ünsers,
wirdeklich 24 enphahent, nah muglicheit, koment äch 25 teglich 26 schulde,
hat, totsünde, enweis 27 orfe/- s«, v erkennen geben 28 &e widerstdnne 29 //W
mW rfer mensche niemer ane alle sünd wan so er ünsers 30 fronlichamen enphahet
wan von der gegenwürtikeite ünsers herren, so ist er der xit ane alle sünde 31 &$
«ra fügend 32 som< m" ewkliche 33 äusers 34 «-«r (für m«7), M>, eivklieh, iungsten
35 a/>< /V. herbergent in üwerre sele 36 eivklieh 37 wil si mit im also vereinen,
ir sont wissen 38 liusers enphahent, enphahent 39 enphahen 40 was
296.
1 *m m ine >n libe, in min sele 2 Ü7n bispel sage ich üeh, Wan, \n deme
füre, das 3 Nein, Die kraft des füres du gat 4 re&£, glüiende, ünsers 5 /row-
lichame, Die gotlteit gässet ir kraß 6 eföe menscheit 7 inrlicher, ünsern 8 fe«r-
bergent, sont ir ewklich, inrlicher 9 ff«ft '/" glichnisse 10 hette, tode, hetti'2
11 sinem, küngriche Nu füget es sich 12 kumet. land, arm /nun. es 13 armen
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 3
34 NEBRRT
man geseit, deute töde hat 14 wan sprichet er ist, einer, innre 15 mit. Was.
//iure 16 n/H . es . er kam . sinem 17 kantet 18 nüt laxen, sprichz. laxe 19 Nein
frünt sprichz er es, hein 20 küngrich, solt du. Were 21 es, butte 22 mSht
23 wie gedanketi, muglicheit . das er im hat 24 /ins töde hat 25 unser, uns
26 dis, eii/e/u. hat. uns 27 hat, mugen 28 sien, /'ms 29 sprichz, teilet, liet/de
30 mugen, mit 31 Hechte üi/ser 32 als vil wir dien volgen, alsevil, /ins 33 Was
sülen wir tun, Wir son, und sülen 35 da% ist dax wir s/ilet/ ünsern lip und die
liplichen sinne töten au alten Iren werken 36 sü, als vil alse 37 dis hie nie be-
schult au tins 38 in imserm bekentnisse, sülen ivir 39 lasse AQantlüt, sprichtz, /nacht
297.
1 sehen, hein 2 küngrich, solt du 3 als wir im hie ere bieten in diser
xit, inte 4 imserre muglicheit, sülen wir ewklich 5 Dax wir in hie also geeren
dax wir ewklich von im geeret werden des helfe /ins got Amen. Ende der XI. predigt,
Anfang der XII. predigt. Davor steht, rot geschrieben: An dem oster-
abende 6 h/it, lectxien, das, da mit an 7 das, kreature, nichte machte 8 sechs,
machete 9 machte, das erstgerüste 11 kleine, merer, alles, enkeine 12 bi dem
andern so nahe stände, verre ron dem andern 13 ieklicher tuset/g milen dik
14 machte, schied 15 wasser, ertrich, es, wurde , rihte 16 wasser, das. Und fehlt,
n/achte 18 machte, Es 19 luchte 20 us, wurde, gemachet 21 das wasser, rogeln
22 machte, die Her 23 xe iungste 24 rntvet, Weder ist nu dax mere 25 ellü ding
von nihte machte oder, sü 26 machete, Sü, beid/i , gedieh, ell/i. ron uihtc machete
27 es, gewalte, sti 28 machete, sü, xögte 29 alles 30 warumb 31 dem sun , deute
heiligen 32 Das sag ich üch, Wan. alt tüte 33 mechtig sien. dar ttmb 34 man,
/(iimeehtiger, Wan 35 getrüivet. alt l/ite, hinter alt litte steht: trau sti vil gesehen
und gehöret hant, davon
298.
1 gibt, dem sun. wäne 2 der vatter, Wan, etlich 3 als biestig oder hessig,
spz, der geist 4 oder, man nu nit, dax der heilig geist minre gut 5 denn, oder
6 si sint, glich 7 hat, ieklicher, gewurket, machte 8 von nihte, hat 9 machete,
palmtage, xe 10 da mit dax man in smahte und ere bot. 11 machte er, machte
12 brachte, hatte 13 schied, wasser. ron deme 14 t/s, treib, geislen die da kSften
15 mines, hus dax heisset ein iethus 16 xe einem köfl/tts gemachet, machete
17 heilig 18 das1, mensch stürbe denn ellü <lie weit 19 verdürbe, den Infi und
das wasser 20 Er xierte do dax wasser do er sine// iungern die fasse wusch in
dem toasser 21 und do xierte er den luft do er in sinen heiligen fro/tlichamen
gab 23 einem vorsmake, leben nes 24 machte 26 xe iungste machte 27 erstarb
28 sines 31 iungsten, mensch nit enist 32 sprechin, mensch nüt nie ist 33 sien,
mit me, du demente 34 du da, unser Das, alles dax 35 dax unlustig, reht
36 alles daa dax unreines .'!7 als luter als ein glas "der ein kristalle 38 unser
39 sine leuchte mit dem sun dem sune xe eren
299.
1 rüwet 3 heilig, hat 6 xe erkennen, was 7 dax fehlt, helle, geben 8 ma-
cl/ete in von got, mit Iceiner sünde 11 schied, wasser 12 wurde, rihte. wasser
13 mensch, ernst, xesamen alles das. das zweite dax fehlt 14 in sine 15 herx,
mug, götlieher 16 gedenken, werken 17 wasser, us güsset von minnen und denne
HANDSCHRIFTEN DES NIKOLAUS VON STRASSBTTRS 35
von sinte herzen usgüsset vor sin&m biktere alles daz den er ie getet und im denne
der bikter 19 appelaz spriehz 20 lebennes 21 unmessiger 22 da mit, dih
23 hau 24 titseng stunt tiesent stunt 25 gedultklieh, miner 26 ze zellenne 27 hoh-
gültikeit, dins. verddenens 28 umessigen, besserunge 29 lassest, kleiner 30 ver-
dienens, besserunge. abe xe legenne 31 xe rergeltenne . alle mine schulde und mine
s tinde , machte 32 mensch 33 nacht , gnade 34 lebennes. meine 35 nacht , lebennes
36 mensch 37 w??7 genner dankberkeit 38 c?o zierte, vögeln, wasser 39 mensch
40 bekentnisse, lebennes
300.
1 tinser it. enphahet 2 «/so, vereinet ivirt mit im, niht enteeis 3 a^e <w7,
betreihfet. götlichen und himelschliehen 4 wasser, mensch, gotlicher 5 alles, un-
lustig, kumet ß alse ejrox, reht, minne 7 trehnen, süle 8 A«Z. rorsmake. lebennes
9 machte 10 xe iungste 11 götlich, als ril 12 gotlicher 13 hirxe , hat, koment
14 wasser sülent, einer, nit über mag 15 einer, höbt, ruggen 16 a/so ??6er, a/se
der vorderest 17 A§pZ, ruggen 18 «/so «<&er, rf*rre mensch, von gotlicher minne
19 a/Ze» menschen, arbeit, de siechen 20 betrübten, geveingen gesihet 21 do rüwet,
mensch 22 perfid AaZ, rawZ we. fcZtf 23 gottes, er gesetxet 24 usseriieher. machet
25 kreaturen . es, einem 26 ögenblike, Ja er tet ex irol in eim ougenblicke fehlt,
«w einem nu 27 bedorfte nit. wir Stilen, gWben, es 28 das xitlich, als nu, hüt
29 ems machte, oder. es. geistlich, wer in 30 ze wissenne oder xe glöbennc. es, tag
31 sont ir gWben und wissen, Es moht 32 /?«/ 33 vernünfteklich, in ime , kreature
34 m*Z eime, moht es unser 35 e«ws 36 JeA ^/6 e/// glichnisse, Alse 37 Aa/ie
aw ew icant, steif, fehlt, brechti 38 »«7 pferide, macht 39 pherit, unmaterilich
teeren daz ini bilde 40 sw, clannen
301.
1 «//er t/er Jianele. hüb 3 Spiegel verininftklich zu im selber keren 4 selber,
weler hand, wSlte 5 selber, sihet, selber 6 vernünfteklich, welcher hande, kreatur,
Nu nemen wir 8 nüivan, anderen, das 9 s«AeZ er vernünfteklich 10 kreature,
in einem, eleis morgen 11 da* fehlt. 12 mohten, deme enget 13 sihet1 das abent
lieht 15 icA spriclt och nu Nicodemus, ünsern 16 a/>e, e«?i ^ar kostber salbun
17 ti/tsrrn. dar mitte, ivisses 18 wwd /f//r/> 1« r/r/s //rai, gemachet 19 gemartert,
hand 20 ce, ZaZe, vwischent, und so mein 21 wenig, eins teil, so schlug mein
nebent sich in. elet 22 der garte und in einen vels ein kemerlin gehöwen 23 kemer-
lin. viereggeht grab 24 tinseru 25 Zwre, aZs arox &os/e 26 nüivan 27 phellor
oder, üch, Es 28 salbeti, allein er 29 bedorfte, es besser 30 so«/ ir wis.<<i/.
mensch 31 es, verxarti. ietze fehlt, markier 32 tefee fehlt, etwenne. ein pfenning
33 s*ras, a7?eea s??«f/e 34 Das, a/scv Ze&ew, d*s< r w7. e//« 35 notdürfte, nah, keif
uns. Ende der XTT. predigt.
302.
Anfang der XIII. predigt. 2 //«/>. ivörtlin. us dem eivangelio 3 />/'/. Zoa,
da 4 ünsers 5 wwser 6 s". streifet, sti 7 r/ex . leissent 8 sira 9 Müxte, es
10 es, Das. ?7eA 11 ftreAfe 12 a/s. reaA 13 möchte, küng, mit allem sinem küng-
riche 14 feeZ/e, m'ewa 15 rerkouffen. ivein. enist, in der stat2 16 riebest 17 darüb
xe gebenne 18 «aA s«we 19 w«d dwrcA r//e wissagen, mensch walte, wölte
20 himelrich nah ufertrieb. 21 möchte, nach sine werde, oder, machte 22 mensch.
geboru wurde, er fehlt 23 m>g7/ 24 S?7 »?/ nirmeni nach wirdikeit dis Schatzes
3*
36 NKBERT
wirdig mag werden 25 meiste, te gebenne, demütkeit 26 nah simc. got 27 minne,
grundloser demütkeit 28 kreatur wirdig 29 unser , demütigest 30 selber sprichz,
hat 31 demütkeit, siner 32 sii/nn. wirdigest, mensch 33 wurde, die minne
34 x.« deme, die betwang in darxü 35 wa d«e /'/vWr ewiger selikeit wellen wir denne
komen in die fröde ewiger selikeit ane liden nit 37 TTaw s/renne, etwas, ze lidenne
38 r*eA, so er sm schulde heischet 39 klein, groz
303.
1 k/innen 2 Dis, werd 4 strafte er si'i 5 reife w*Y «wen, se$ 6 schrift,
herxe reht enxünt und o/braut, in irem 7 inen, gesehrift und mit den wissagen
8 es, mengen tuseng der vor 9 hatten, um sie 10 sin fröde, untK, were ccpc doch
Wol 11 Sgenblilce 12 kamen gegen, unser herre furo wSlte gan 13 bi inen, als
er es nit tun wSlte, Sü 14 uns 15 sihe die sunne 17 sü xwiveleten 18 erzöget,
were, in inen erlösche)/. Sü 19 bi inen müxte, Also sollen wir tun 20 werden,
die göttlich, /h/s, so sülen 21 ünsern 22 uns, dik, uns 23 /ins, unser ernst
nach im 24 üt, xe gut. sont 25 n/it, ivüt du, enbissen, oder sust daz almüsen
nemen 26 Ir sont, enbissen, es 27 als ob es, gern, sont ir es, si es müssen
28 sont, als gütliche gegen dem armen, es 29 ir es, fünf, iunger betwungen ünsern
30 sü gesassen, essen 31 segnete, es 32 es gebrach, was es als es 33 messer
34 das brot brach, vor ir ögen, sü 35 es, unser, uns, bekanden 36 unser herxe
begondc , uns rette do ivir giengen uf ilem /rege 37 uns dike, unser h'r, uns, in-
wendig 38 oder uswendig 39 fründe (Im kreaturen) wenig, nemen, unser herze
40 brinnet, uns, kumet
304.
1 am, mugen 2 uns, unser 4 bekanden, sahent, nit n/e 5 töde 6 eigen-
schefte, als stiel 8 ögenblike, als 9 durch ein stählin, als 10 hettin tuseng,
mSchtin 11 n/it ein har han geritzet, Dis 12 viere eigenschefte , urstendi, darnach
oder 13 als h/U dis tages, bewiste, sin snelli oder behendikeit 14 berg abe wollen
han gestossen 15 trukte 16 ein, die 17 bewiste er do er von siner müter geborn
wart als der ein kint us deine vinger %uge 19 unlidlicheit , erzögte, iungeren sas
20 selber, hand, selber 21 ime, moht 22 Klarheit die erzögte er, und (vor sunt)
fehlt, 23 Jacobe, Johansen , vor dien verwandlete, unser 24 do er dennoch uf ert-
rich 25 antlüte schöner denn die sunne, ivis 26 swer, ünserm 27 vier ding oder
dis viere eigenschefte, daz der lip 28 als, nit verdrösset was 29 geheissen, sül
tun dax tut er alles von gütlicher minne 30 als 31 als, als, geachtet in sinem
herzen 32 enkein ere, in menglich 33 Er wirt 34 ze lidenne es si von den
kreaturen oder von mangel götliches trostes oder was es ist daz dunket in alles ze
klein und lidet es gerne von gütlicher minne 37 Er wirt, als, daz er 38 sinem,
icilles in allen 39 Dis vier eigensehe ften, enphahet 40 iungsten, sele dero die
305.
1 wissent, Hb 2 obersten 3 sele, krügli machet an einen grossen krug
4 massen oder, schutti 5 in den grosse// krug daz er über gusse in das klein
krügli 6 /ibergusse wurde, klein krügli/n 7 deme iungsten 8 n/it gelich wart, wan
9 gegossen hat, das güsset, us 10 daz er geklarif, leieret wirt mit ir und gekleit
mit ewiger ere 11 sü enmugen volkomen , Hb 12 koment, Ich sage ü eh, was, einem
13 lang, leben, zwiflete 14 unser, eelle 15 was, «s 17 wurde 18 hinter lebende
steht: Do sprach er Olhbest du du; du sunne <la; mag gewürken und glöbest
HANb.HHKIFTLN DKS NIKOLAUS VON STKASSBÜRG
37
nut da* der der der sunnen ir kraft git 19 dingen: da* der die toten mug erkicken,
war urnb xwifelest 20 es, gegenwürtkeit 21 xwiflete, unser 22 unser, Jesus
Kristus fehlt 23 celle stände, vermaehete 24 Fr sprach aber Was tust du Do
sprach er 25 Ich vermachen, mit dem glase 26 der für, es 27 die minste. an-
seilen und besitzen die ierret 28 gütlich, es. ihiser. hinter mag steht: Er sprach
and glühest du da* d</\ du sunne 30 gantx, and glbbest nüt dax der der elln ding
reraiag 31 u/aget moht. gut us 33 gar ruh. \r grifenne. kumt, grünet 34 Weitest
du nit dax der der dax us eime 35 bSme gexthen mag 36 mögt 37 uns 38 rehte
kristame glöben, ewklieh bi got 40 de* helf uns got Amen. Ende der XIII. pre-
digt. Am rande des Schlusses steht in roter schritt, mit roten linien in der form
eines reehtecks umrändert:
hie sint
us brüder
Nielaus
bredien
II. Handschrift A.
261.
4 Do 6 %e jungest 7 her 9 hies 10 süne 11 linken 12 entarte, emeissent
13 mügent, Si 14 Dast 16 linken, üchs 17 dem es 18 linken, rehte hant
19 linke, die rehte hant . die menscheit 20 linke, meint 21.22 mensehlihernature
und sprach do da minnent si in 23 eigin 24 sin scliuler. sint 25 liet. sint
26 in der kleinen schule gelert und rat uns 27 wort, lerte, förhten 28 schul',
grosser, meint, die helle 29 strenglieh, hertiklieh, du dritte schule ist da* ist dax
ewige leben 31 dem, si 32 Nu fehlt, minnet, im
262.
1 sinre. strasxe, es 2 alxemal, eiginen forme 3 vor ieme alter eiginen
forme 4 niena . prior 5 tormenter 6 im capitel Iius. als wit als dax 7 eiginen
forme, niena. es 8 eiginer 9 alxemal mit gewalt 10 förhten 11 sin fSrhten,
und sSnt uns schemmen ximelieher dinge 12 die 13 ettewenne, usser 14 sehemmet,
isset 15 sollen, schemmen 16 unserme, dinge, die 17 weren, unserme 18 lebende,
ob fehlt 19 soh^ 20 werdent, hertxen 23 niena den in himelriehe 24 sacrament
25 aföer, #e«-er 26 (Zo 27 kratze 28 zerfiiessen 29 w-vm 30 efee, ussen, dis
31 grosxer 32 ?mrf fehlt, grosser 33 klimmen, ein giplin fehlt 34 6as d?> (vor
heinlich) fehlt, mohte bi dir sin 35 /.-///?/. /</>•/><. ungetürster 36 «e kosende mit
im 38 es, (feste m'rs ȣ bieten 39 Aei
263.
1 grosxer dangberkeit , grosxer 2 grosxer 3 unmesxigcr, ximerman at der
weite 5 fem 6 vergesse, durch 7 also verkleinest , wissen, sitzet 8 dex Obersten,
simc . hiderman 9 jüngsten 10 »»7 11 bekert. xögte 12 jungern, erstunt
14 //>">-, es 15 >/"/ W2 c/'/y^ himelriehe 16 eiginen 17 altaren 18 gewer, gewer-
38 NEBERT
liehe als in dem himelriehe 19 als2 fehlt, crütxe 20 mit 21 niena 22 müs
23 gegenioHig , enpfahen 24 mit. getürrent, uf steht vor getürrent 25 unserme,
mit 26 getürrent, an riiffen 27 körnen, hä 28 grosxer 29 gegenioHig , gewer
31 er fehlt 32 oeste getürstig xe bildende 34 bräder norden ist, bettest du umbe
35 bettest 36 Äe^e, Ae#c 37 &owe »w im 38 *'cä manen üch, ein fürste und ein
herre sint, uwers 39 mirs, kunt
264.
1 «cä ermanen üch, uwers 2 mir* er verseit mir wol von rehter ximelicheit
mag er siner swester nüt versagen so er mir wol ximlich verseit 4 *n fehlt
6 ximelicheit, umb 7 oder, betest, sollen 8 umesxiger 9 lebens, da inne 10 ew?e&-
7ic#, schowende, mit den
Es folgt: Z)ise begirde und bekennen wirdikeit des saeramentes mag von
minnen als gröslich enxündet werden so der mensche gedenket der minnen in der
er sich gegeben hat in des priesters hant under den schin dex brotes und den nutx
der uns da von kunt So mühte der mensch wol von minnen xerfliessen und ist
nüt müglich dax dax da üt verxigen m/ige werden Nu sönt ir selten wax ir grosxer
minnen schuldig werent gegen dirre minne wati wax uns hie eines rehten keres des
willen und der minnen gebristet dax si xe klein ist dax müs erfüllet werden in
dem vegefüre mit unser eiginen koste ivan minne du müs entweder gewerden ald
aber enticerden Amen. Ende der I. predigt.
Anfang der II. predigt. 12 us dem ewangelio genomen genomen 13 Lasar o
14 abrahämes Helios 16 ivax 17 stox, toasser 18 lasxe 19 es 21 hertxen 22 es
23 und mag 24 dir mag, es 25 und och, von (ich 26 x/i üch, nuwen 31 lüstlicher,
wan er hat si dicke genomen 32 und man denne 33 gisset 34 es umb 35 nuwent,
sin überflüsxikeit 36 spise und kleidern 37 sin unerbarmehertxikeit
265.
5 pfennig (über dem -strich befindet sich ein grosses N), er (für mer), es
6 wissen 7 erbarmehertxikeit, uns, unerbarmehertxikeit 9 eine (für nine) 10 üch
es, geistliche 11 die, kreften, iverk 12 und den oren gehörde, spricht; 13 dise
kraft 17 enkeins, het die, (igen die 18 die selben, die gelide 19 die er vor hat
20 dis alles 22 die in der, wax 23 es 24 üch, ein rede, hette 27 wax 28 lies
29 nüt 30 erbarmehertxikeit 31 tun, ivils 33 erbarmehertxigen 35 schlaffe
36 die wax 37 ivax, es 39 nüt 39 nüt 40 fürte lies, die schönen
266.
2 weis 4 es 8 weis es 9 üch, teeistu dax wol, er sprach ich weis es wol
11 dine (igen 12 slaffent, gehör ent 13 beschlossen 14 füsxe 15 nüt 17 schlöffet
18 erbarmehertxikeit 19 dis 20 nüt 21 guldin stat 22 Da süsxeste 23 us
24 die büni 25 wax alles, tvax 27 las, nüt 28 es, paradgs 31 dr issig 32 di
gnade, erbarmehertxikeit 35 unerbarmehertxikeit, abrahämes 36 schos, hatte 37 eivik-
lich, untx 38 wax die »or Ae/fe 39 crütxe, nüt 40 hinter c?er erste fehlt ^<;as, es zoa*
267.
1 nüt, wax 2 wax 3 es 4 wax 5 wax, nüt, sas, es wax 6 gesessen
8 crwfoe 9 untx 10 es, füren, die stat, der vorhelle fehlt 11 sunde 12 gebessert
13 ms, «Ve füren fehlt 14 abrahämes schos, wax 15 die gelübde 17 ei« bornen
HANDSCHRIFTEN DES NIKOLAUS VON STRASSBUR8 39
18 des fehlt 19 gebessert 20 abrahämes schos 21 nüt vollebessert, ins 24 abra-
hämes schos, dise stat wax 25 nuwent 26 xitliche pin, die 28 es xe mal, die
helle die 29 da1 fehlt, da dir 30 Die hant 31 pin nüt 32 Si haut enhein,
wissent 33 nüt. töffe, nüt 34 AeWe 35 da fehlt. weis 36 nüt, es. nüt 37 es,
weis 38 es, es 39 müssent 40 wissent, geborn irarent und getoft icarent
268.
1 es, gröste pin 2 bissen, dise kint nüt 3 nüt 4 nüt, si hant so vi/
f rollen und uimnc 6 grosxem 7 wissent 8 »"/ 9 ?e??/^, ms, ;>//? 12 vielent
13 waw d«*, mähte, schöneste 14 creatur 15 si?« ao?e£ 17 es, dYe 18 creatur,
verstosxen 20 »«/. woltent, müssent 23 iegeliehe, enpfahen, möhte 27 schotvet
29 rehtcn 32 nuicen, masxe 33 nuwen 34 es was 36 m«£, nierrrn 40 drissig
269.
3 m*i 4 hundert fehlt S werke 9 werke, nüt 10 geliehe, hette 11 grossi
13 werke 15 w7. ertrieh 17 aZtes 18 drissig 19 m// demutikeit . wax, alles
20 unmessiger het. grosxen 21 «■//• s<5»tf /«■ griffen und sönt 22 es 24 es
25 besserende 26 fegefiir. Ende der IL predigt.
Anfang der III. predigt. 31 hassen 33 ftos, demütig 35 m*i 36 er
sprach ia er kumet
270.
1 grosse 2 ex. treit sü du 5 marin 6 es, »/'/ 7 foes, ///'/ 8 mrir. ver-
gessen, i'ich 12 es. dar w/", »«/ 13 es, ?m£, es 14 mtreis 16 es 17 liertxen,
nüt 19 getromet 20 es. ff««<7 21 ««/ 22 /«*. 6i's, wirdest fehlt. Ende der
III. predigt, es folgt fortlaufend:
Anfang der [V. predigt (nicht durch initiale ausgezeichnet). 25 und sprach
ihr. unserm herren xüvallender Ion lege an ere 27 sitssru unmesxigen 30 cfo, ?m-
mesxigcr 31 süsxikeit 32 sünderliehe 34 griffe 35 ra*d M7 siis-un . heiigen,
himelrieh
271.
1 a//es, da* äa* is/ 3 heiigen 5 tusent tusent stunt nie 6 iruuurn. hette,
arme 7 ei« borner 8 grösxer 11 f roden 13 ai/rts 15 heiigen 17 getdffet 18 es
19 es weis 20 drissig 22 ensint nüt 23 sprich^ 24 es, »»7, wir sint 26 strowin
30 starke pfeff er , mengen 31 es 32 verlassene 33 hertxe. Ende der IV. predigt.
Anfang der V. predigt. 36 st'ine, us 37 /W
272.
1 besserem 3 mzd £i?i n«7 wirdig, heisse 4 ei« 6 e/aö 7 e«m ringrrliu.
schlug, tristes 8 nunen 9 io*7, ru/eeuf 10 Iuri\en 12 m&, heisse 14 grösxi
15 sprich? 16 unmesxiger, : imerman, lewi 17 /ü'//W 20 «//es 23 re/s 2-1 pe*s
26 gerihlet . alles, dise weit 27 nuwent 29 das /s/ 30 «//es 31 die «vr/,- die
32 24s 33 epystel und von Jacob 34 «;a& 35 gsaac 36 di« stimme 37 di» Awtf
38 ysaae, es 39 d/e ö#e«, nuwent 40 griffent, nuwent, gehSrde die
273.
1 die ?<w/ die 3 ZcA sprich oueh da% kern in minen köpf mit der ie einest
unsem herren irirdekliclie 7 Ae//e 9 ewigf 10 kamen 12 sprich bch 15 /m/
40 NEBEKT
16 müs 17 hette 19 ruwen 21 gantxer, mit 22 enweis, es, »ift 23 es müs,
wille sin fehlt 24 pinige 25 wisset! 26 <//e 27 cfo'e werdent 28 ems, /ofc, er-
tSttete 29 werp d«e, rt7e werdent 31 //'•// 33 es, m<tf 34 es 35 unmüszig 38 c/ie,
aws 39 mitf 40 es, ruwet es
274.
2 es 3 //e/te 5 würket, er (hinter würket) fehlt 6 es 9 afeo fehlt, grösxer,
dinge fehlt, >///7 aMete 10 kleine 11 </e6c7 12 eristenheit, mit 13 es, iewa
15 griffen, mit 17 ra«'e 18 eristenheit 19 o//e swe ww&, «jwte 20 after2 fehlt,
«7e er 22 m*Y /'/' 23 <7$fe //v /■// 25 de« 26 rf«e 29 /rissen 30 /ie/j /*e^ %\ hellen
32 Äe#e 33 iegliehen 34 vegefür 35 es, sc m2 37 es 38 ruwet 40 Zw
275.
1 nuwent 2 rwet'e 3 wissent, es 4 m& enweis, Er wei% wol da* er ane
tötsünde da nit ist fehlt 5 d*e sünde, enweis, mit (_> weis, ?«s 7 m<£, rm/e/t
8 ////Vs, fti 9 ruicen 10 rmoe 11 «/s gros, &«2s«e 12 m«?e 13 grosxe 15 frowe
16 getruwelieh 17 überßüsseklieh 18 gebesserot, ivislich, möht 19 wurde 21 m
rfe«j *?'# 22 des, am schluss steht Sermo (rot). Ende der V. predigt.
Anfang der VI. predigt. 24 o«e 25 Hehjse9 27 ei^m 29 ms 30 giis.
die vas 31 Ä»ie leint, dise wittewe 33 /rowe 35 frowe, rüffet 36 himelrich
276.
1 e?<//>/ 7 /7//V.V. von den gevangen 12 wening 14 wa», lere vas 15 heiigen
18 foVtfe rtVe 19 /rissen, nütx 20 wissent, es 21 grosxe 22 ruwen 23 rt7' rrs/r.
re«*i 24 müssent 26 es 27 es, grosxer 29 geniessen 30 ivissen 32 m«£, wwer,
wwer 34 uwern, uwern 35 </ms 36 rtVe ras 37 ^os, macent, es 38 ras 40 wm£
277.
1 aVe cfc'e götlich 2 pas, rfes 3 <//> gStteliche 4 nuwen 5 es, es, güsse,
die gnade 9 grosxe 14 rfts 15 «>*e so?^ //• /^» 17 rfws 18 ws, minem hosen
hertxen 19 grosser 22 hertxen 23 es, vergessen 24 entruwen 25 vergessen , nüt
26 es 27 helfet, es 28 es, a?-». getruwelieh, es 30 es ?m2s a$es 32 vegefür die, ab
34 ai/as 35 sprieh§, es 36 getruwe 37 grosxen, vegefür 38 <7/< hundert 39 rär
(fo'e, »mw die mine, hundert die 40 gebessert
278.
1 ms, »m*s 2 engelten, die hundert, es müs 3 M«fes 4 es 5 ai/as 6 ers,
w^s 7 besseren, die hundert, gebessert 8 ins 9 es 10 vegefür 12 tegeliche
14 raitf, s^yr// i«cA 15 ein mensche, hette 16 deswillen 17 &«*s&e 18 es 20 ?m£,
die sehxig 21 besserot, do 22 es /res?s aKes 23 gebesserot, hat fehlt, ins 25 an
de/» fode 26 7<?v. /ritten 27 fte&eri 28 ms 32 worden worden bist 33 <//de//
36 ruwen 37 fo2s*e 38 de* 39 «s 40 M>e/-&
279.
2 entruwen, schiel/ 1 . eins 2 es 6 p*« 7 es, ////7 9 es, //u/ren, nüt 10 ie
me 12 ms 15 guten bilde 16 es 20 grosserem 23 s*n /om 25 ö'e/j //ie almüsen
ins 26 #/de begirde 28 wmpe 30 aWes, himelsche, frowe 32 ms. 33 gelassen
34 getruwer 37 müsxeut, nüt 38 arw, ////wen
HANDSCHRIFTEN DKS NIKOLAUS VON STRASSBUKO 41
280.
2 ns 3 besser. Ende der VI. predigt.
Anfang der VII. predigt. 7 ns & heinlieh 9 l offen f 11 besessen 12 vege-
f/ir. loffent IS xü löffer 15 **7 fö^er 16 wa« 17 noch, seien, grosxer 18 grosxer,
i/is. wax 21 wax 22 wax 23**7 /ö/fe>- 2i alles, trat, olles 25 wissen 26 dingen
dit 27 es 28 »///. fore, bedurften sin 31 ere, oYs, des- 32 woW 34 «?», «Wes
36 drissig 37 unt\ . crutxe
281.
1 «7/1 «//es, unmessiger, hochgultigkeit 2 wax 3 nuwent. mit 4 es
«//es 5 Aette 9 es 10 alles 11 himelsehe 12 wa* 13 verdienet 14 himelsehe
16 Nuwent 17 m#, bedurften sin. wissen 19 sehowende 20 schoivende 21 es,
ers /e«/ 22 ««7. es 23 es nuwen, schoivende 25 weis, sehowende 27 sehowende
28 «»/; 29 crütxe 30 «■«? «/«.<. drissig, wa% 31 was aWes, ivissent 33 besserende
35 es 36 gebesserot 37 besseren 38 »«7 39 besseron, es 40 es, besser
282.
1 besser, es 2 «v/;. tfü 3 was 4 was 5 überflüsseklich, drissig 7 «//es.
ws giessen 9 grosxen 10 griffen, und sSnt gelten, griffen 12 .Es. Ende der
VII. predigt,
Anfang der VIII. predigt. 17 sunderinne 19 rfo unser. wax, hinter wax
steht: i« (7/7 -v fou 20 f&sxen, fäsxe 24 rtYse. sunderiu. alle ding weis 25 entwrte,
wening 26 wax 27 es. soft 31 «ca* 34 frowen, frowe 35 sMw/e verlassen, es
37 du
283.
1 die /ade/ 3 m //• andaht 5 woltent 6 du rügerin 7 seh/ichende 9 ae-
/«« und da da% und da :e >il 11 rf/s 12 «77// 11 //«/. wissent 15 du schowerin
16 £r% 17 /n«/ IS «•«." 19 gerne rt . gereisxei 20 ■'. " hitxigore sehowende,
Dis 21 rügerin die 22 ZV« /vir sin alle 23 weA 26 gantx, nüt 27 »«7 29 im-
mesxiger 30 Jew* 31 des willen 34 /«/.v, e 35 6«ss.e 36 aawfo 37 aawfe «//es
38 fauxe 39 Messe, grosxiu ding
284.
1 nuwen, er teere, gebessert 3 flusxet 5 unsrrrn vasxen, woltent wasser,
Entruwen 6 ms, es, w«V eo/ 7 es. murin S uuts\rn. es. icirs 9 nuwent,
lang 10 müsxen, ex 12 6«sxe 13 griffen, unmcsxigen 14 besserunge, busxe
16 unmesxiger 18 m innen lieben, büsxe 19 grosheit 20 grosheit, hochgidtigen
21 lasxest 22 busxe. unmcsxigen . besserunge 23 kreftig werden, ab xe 24 es
25 nuwen 27 nuwen 28 hertxe 30 müsxen, vegefür 33 so/ wa« fehlt, «//'*
37 hertxen 39 busxe, ab nimet
285.
6 drissig, schleht, dex du brinnen 7 vegefür, grosxe 8 a//es, ««7 9 des;
minnesten. Ende der VIII. predigt.
Anfang der IX. predigt. 13 s«wew 14 a/s d« «m gewalt best gegeben
15 den #eoe 18 <2ü wera, vollebraht die 19 mw //e/To/ 21 du werdent 22 hinter
£r fwwde fehlt w«d werdent mer tnnde 23 Aus, doeA /o/ew 24 hiessen, und saut
42 NEBERT
peters 25 nuwen, wrden 26 es nuiven 27 nämen 29 dex nämen 31 nämen
32 /«'es 33 ^<s, witteivon sun 34 es aWes 35 wis, es alles 36 wis
286.
4 «■?*£, es wax 6 claror, wax, de% vatters 7 näiue, geleiert, wde, es 8 frowe
9 #ros 10 es 11 aWes 14 grosxer 15 es 16 es, frowen 17 «d< grosxer
19 hinter bekamt fehlt: dorne er rar ie deheiner kreatüren wurde, frowe 21 «d>M
23 aZ/es, ereaturen 25 7>«s, de menschen 26 et«%e leben1 29 ww£ 31 w///oe «'s
#i*w mttf 33 so z^ere rfa* »70^ min und dax wer galt besitzen 35 nuwent 36 geist-
liche 37 g?«s 40 efo's
287.
1 hier 4 mcä 5 uns machet mit unklar denne schulde ab geleit So wurden
wir klar 6 büsxe 8 anders , xe vastende 9 anderstes 10 es , besserende 12 d*rs,
anders 13 es 14 r/zVs, anders 15 uwerm, es 16 heissen, uwer, es 17 aWes
20 ivrden, nut 21 fo'es 24 gemessen 26 es 28 «d< 29 gebessert, weis es 30 es,
wx 31 es, *'s£ frisch grüne 32 crütxe, es. beslossen 33 es 34 es 35 d* were
36 c?ms wwtf, nuwan 37 m?5s 38 unwissent, das vegefür 39 regefür, Unwissen-
heit, nut 40 da er wissent wurde
288.
1 Äe^e, grosxen 3 amd /?'•/ ws geheisxen raffen 5 nnivent 6 geriehert, es
7 Ngclaus 10 ?*s, mttf 12 jts, geheissen rüffen 13 we*s 14 «d£ 15 nuwan
16 es, darf man es nut, howen, griffet nuiven 18 griffet 21 griffen 22 «atf
23 de* sinen nut 24 a//es, da* da* ?//m 24 dr issig 25 «?a*, m<£, wissent
27 besseren 28 /ar tusent tusent weit 29 es, gebesseret 33 büsxe, minre sünden
grosheit 34 ivol hochgültikeit 35 unmesxigen, besserunge 36 lasxest , büsxe , krarft
39 büsxe, besserunge 40 überflüsseklieh, gebessert, konden
289.
cf. 288 ende: da konden wir wislich griffen in disen unmessigen schatx
I besserunge 3 griffen 4 unmesxigcn 5 Z)a* mV vergelten unser schulde amen
6 gelasxen 9 ertrich. Ende der IX. predigt.
Anfang der X. predigt. 12 m dem passion 13 swerot, nut 14 wax
15 wa* 16 &as, w» 17 dekeinen 18 aWes 20 d«* w;a* da* sic/i ew se/e
22 maeh%, wax 23 wa« 27 ««sser 28 lasxen 29 sweis, hette es 30 eine ful hant
32 schlan, sprich^ 33 ««de 35 es 37 schlahen
290.
2 schlahen 3 //rd oe// 7 natürliche wille 8 Ae^e, «Wes 10 de« arnuit
II gehebet 12 Ae^e 13 was 14 de* vatters 15 «vr* 16 gewürgte us 17 «s
18 «ra*, schlug 19 mftste lasxen 20 wa*, müsle. lasxen 21 es 22 es, de* fodes
23 "Yf* 24 sehlüg, nüt 27 iV«#, w«tf 31 wissen 31 /•/< d»s 35 de* redelichen
36 ws 38 lasxen 39 de* vatters, dex
291.
1 vatters 2 «d£ 3 m$s lasxen in leben 5 ««£, uwer. hette 7 gewaltig
8 alxemal, sehleht '.» rawtf, j*s, es ttcA «/d 10 wer 11 //e//r. rd/e/^ er 14 a-a*
HANDSCHRIFTEN" DES NIKOLAUS VON STRASSBÜRG 43
15 de bi ivax, die ander 16 na; . unmesxiger 17 gelasxen ivax 18 ica:,
schowet 19 dex wart 22 er /ixe, ivax 23 mit. er /ixe 24 ivax . dis 25 grosxer
26 oYs 27 nuwent 28 geflosxen 29 m*£: heiigen 30 süsxikeit 31 f/ex vergasxen,
dex si ussewendig 33 e/e;s ttsseren 34 t/ex- enivart. n/it. s/veret. hinter swi fehlt,
/«/e« 35 »«#, grSsxer 36 heiigen 38 cfo'e persone
292.
1 sweret es xpc liden wirdikeit siner personen, ivax 2 stieret, lieh 3 rf/e
Ae?7e 4 ertötet, hetten 5 sesse 6 masxe. heften 7 »&er£, /e wie s/\ «vn 8 es, me
9 «m. schowet 11 underlas, grosser, rieh$ 12 fi/s. e;vr.e 13 froden 15 ?-e/--
lasxen 17 gelasxen 18 selben 19 sr/s 20 iVes 22 getridich 24 ems 2S sweis,
durch gantxe hut 29 es 31 m«£ 32 AeWe 34 drissig, es 35 m<£, gröslich
36 heften mit . grosxe 37 nmven 38 es, ^ce^s 40 wm
293.
3 n'e/s 5 foätf m r/er rwj/Ae 8 es 9 ?ra.i . enkette, mit 12 «;«* 13 es zras.
14 crütxe 15 we/s 16 niena 17 niena, den an dem crutxe 19 wcA, Es, xe einen
male 21 können ir 23 entn/ivcnt 24 grosxe 27 es 28 «wer 29 uwer, die wis-
heit 31 fl/s tt?a* /s/ uwers 32 ■«•//• knmient. crutxe 35 enfruiven , wir ktinnent
38 «We efo'e fctftsft 39 gelernetent , müssent 40 wissent, mit
294.
1 cruxes 2 süsxikeit 5 uivern. es 6 «wer 7 gelernetent 8 criixes. Ende
der X. predigt.
Anfang der XL predigt.. 14 w«2 17 gereisxet 18 grosser 19 es 23 e?7-
r*eÄ 24 erm.e. /rissen 26 er/ixe 28 wissent 29 in eim 31 froiven 32 u/i/vent,
Jtefte 34 ganixen 35 «c/z 37 gantx
295.
1 es, nuwen 2 Aej" 3 «nrf e?e/" st /icke/ in 4 gantxen 5 crutxe 9 »er-
messe« 11 esse 13 enpfahent 14 /<y?7 20 es 22 enpf/engen 23 liesxe. wissent
24 i/ircr. kummet, /ich 26 w?f7 enweis 30 enphahet uan von der gegenwertikeit
unsers Herren so ist er der xit 32 uwers 34 utcern 35 z^re/- 37 m*f ime, xe
>»<7/\ /rissen 39 utvern. uwer
296.
2 ma» ZeiY eine einen stein, xü einen füre 3 es, dex füres 4 c/a& 5 giisset
6 rf«'e menseheit 7 güsset 8 herbergent 10 Aefte, Äefte 11 es 14 spricht;, grosxen
15 m*tf 16 m*£, es 18 «v7, sprich^, las 19 es. «»?". ^»te 20 koment 23 rfe^
«/«res 26 cfo's 27 «»7 28 die ivil 30 dex sacran/entes, nut 31 dex glöben, grosxiu
32 volgent 35 s/e«f 37 d«s 38 unser, grosxer
297.
1 nut^untx BJbietent. Ende der XL predigt.
Anfang der XII. predigt. 8 cfei ersten 10 mö* 11 o/7es, z'»eA fehlt
14 tfe* dritten 15 /vc/SKer. es 16 ivasxer, dex vierden 18 es 20 ws, c/e^ fünften
21 xierte er nasser 22 die Her 23 dex sibenden 24 nhrer 26 alle ding 29 n7/es
a//es (/«-. 32 itcA 33 »»f 34 ««< 35 »«<
44 NEBERT, HANDSCHRIFTEN DES NIKOLAUS VON STRASSBURG
298.
nüt 4 uskueken, usblast, man nu nüt 6 gute 7 alle ding 8 dex ersten
10 dex andern 11 wax 12 frowen 13 (lex dritten, wasser 14 wax, do er die us
dem 15 heisss; 16 de* vier den 17 «;a* 19 d*e ?*-eft, de* fünften, wasser
20 wasser. wax . fasse 21 j*s de»? wasser, wax 23 de* ewigen, dex sehsten
24 «?a* 26 wax 27 crhtxc 33 dea willen, so sint 36 fl/isset 39 ?mY rfew s«me
299.
1 de* sibendcn 3 oe/<t 4 De* ersten 5 grosxen 8 de* andern 10 i'o« <7of,
de* dritten 11 ivasxcr 12 wasxer 13 grosxen/ 14 hertxen 15 hertxc 17 rmee,
wasxer, us gt'tsset 18 se*7 fehlt 19 ablas, dex eivigcn 20 grosxer 21 unmesxiger,
22 grosheit, dich dicke 26 busxen, grosheit 28 unmesxigen, besserunge 29 lasxesi,
büsxe, si mir kraft 30 besserunge 31 G?es vierden 33 de* ewigen 35 des ervigen
37 grosxer, dex fünften 38 wasser 40 de* ewigen
300.
1 verwandelt in sich 2 aWe*, enweis 3 a//e trabtet 4 wasser 6 süsxikeit
fliesxende 7 de* er 8 De* sehsten 9 d«V fo'er, hirtxe 13 /«77* 14 f« ander
wasser, nüt 17 de* hindern 19 deft siechen 20 de* sibendcn 22 zmd «m< 23 gottes,
es 24 usserlicher 25 es «/// 26 es 27 es 29 e««s, es 30 de* s«, m££ 31 wissen,
es 32 vern/rnf/eklichc 33 mt£, de?ze 34 wo/d 35 de* engeis, eins 36 mcä, glieh-
nüsse, grosxen 39 ods «/s unmaterilich
301.
4 so seAe er »n «Vra selben leeren so sehe er weler hande ereature er
wolte 8 nincen 9 vernünftekliche 11 em morgen 16 cr/lxe 17 Ws 18 wa*
19 wa« 21 fem 22 ?ra*. der garte, kemerlin gehoioen 23 «;«*, f/o leiten
24 grosxen, dex kcn/erlins 25 grosxen 26 nn/cent. mit 27 pfellor, /ich, es ivax
28 «d£ 29 wa%, »«7, es besser 30 tvissen 31 es, rcrxarte 33 wa* 34 de* ?'s/,
a//e dwy 35 de* ÄeZ/e, am schluss steht rot: Sem/o. Ende der XII. predigt.
302.
Anfang der XIII. predigt. 2 ms 3 giengent 6 straffete 7 de* glöben,
/risse///, mit 8 mi%ste 9 »W/ 10 es, n/i/sfe^ üch 11 brecht 12 werde fehlt
13 a//ew 14 fee^e 15 verköffen 18 /<a^e 20 wo*, himelrieh, er/ rieh 26 crea/nr
28 creatur 29 frowe, wax- 32 ?ra* 33 müste 35 de* 37 rrt/^e/1 38 r*cÄ
39 grosze, le/i
303.
1 w^s 2 D/s 3 wa* 4 straffet 5 urstende 8 es 10 wd* 12 kon/cnl
13 «d/ 14 ///</.s7 16 die sunne , dex glöben , hat geneiget 17 urstede, kette 18 m«d
21 grosxer 24 Zdfe 25 rat£, enbissen 26 enbissen, es 27 es, «d/. irs, es ///i/ssc///
28 es 29 *Vs 30 n/iisle, gesassen, essen 31 gesegnot, es 32 «ra* es 33 einen,
messer 35 wa*, mt£ 36 hertxen 38 des heiligen, ussewendig 39 de* wening,
hertxen
304.
2 ^»a*, hertxe 3 de* w-di 4 -«;«* 6 wa* 7 wa* 8 er cnbedorf/e 10 kettent,
gehoioen 11 «d/ 12 «/d fd.s /<d/e 13 d/.-; tat/es 14 gestosxen 16 die forme
E. A. KOCK. ZUR CHRONOLOGIE DER GOT. BRKCHTJNG 45
17 (/ro.<\i. bewiset er, wasser 18 us 19 sas 24 tri rieh 25 die sunne, >ru\
27 dise vier 28 tra^, verdrüsset 29 geheissen 32 enkein ere 32 m mengelieh
33 es 34 r/e* dunket . es 36 es 40 d«e rfo
305.
1 irissent. urstende 3 grosxe 4 masze 5 grosze, güsse 6 «6e>- gusse
7 jungesten tage 8 m<2 9 gegosxen. güsset, us 11 /m£ 12 sprich och 13 //■</•..
urstende 15 ms 16 gelassen, die sunne 18 GolÖbestu dax die sunne dwx mag
gevmrken. vn allen dingen dax d' me muge gewurken tvar umbe xwivelst du
21 h//7 24 fajsi« </o 26 es 27 c?/e minneste 28 gStlieh lieht, es. hertxe , «,«&
29 gantx 30 w?^. a//t> tf?'»</ 33 griffende, grauet 34 «^. «sse/- 35 durnu.
Ende der X1IL. predigt.
NAUMBURG (SAALE). DR. NEBERT.
ZUK CHRONOLOGIE DER GOTISCHEN „BRECHUNG".
Urgerm. e [*gebon-, *reht-] erscheint im gotischen teils als i
[giban]: teils — vor urgerm. -got. h und r — als ai [raiht]. Praktisch
ist die regel sehr einfach. Theoretisch lässt sich über den verlauf des
lautwandels streiten.
Vorausgesetzt, dass das got. i (i) überall einen i-laut bezeichnete,
sind zunächst die beiden alternativen denkbar:
1. Alle urgot. e>i, später i vor h, r>ai;
2. Vor h und r hat kein gotischer Übergang e>i stattgefunden.
Die näheren umstände kann man sich im letzten falle in dreierlei weise
denken: a) urgot. e ausser vor h, r>i; später e und i vor h, r>al;
b) urgot. e in den verschiedenen Stellungen geht bei derselben generation
in i resp. ai über; gleichzeitig urgot. i vor h, rxä; c) urgot. i, e
vor h, r>ai; später übrige e>i. Bevor man ohne vorbehält einer
von diesen alternativen den Vorrang gibt, muss für die Chronologie bezw.
den umfang der betreffenden Übergänge ein beweis vorliegen. Ein
solcher beweis existiert aber, soweit ich sehe, noch nicht.
A. Bezzenberger (1874) äussert in seiner schrift „Über die
A-reihe der gotischen spräche" s. 19 fussnote: „dass die got. brechungen
ai und aü aus got. i und u entstanden und mit dem e und o der andern
deutschen dialekte gar nichts zu tun haben, wird völlig durch den um-
stand erwiesen, dass sie sich an stellen finden, wo jene nie gestanden
haben". V\r. Streitberg (1896) befindet sich in seiner Urgerm. gram-
matik s. 57 auf demselben Standpunkt: „da im gotischen auch idg. i
vor h, r als ai erscheint.., so hat man daraus zu schliessen, dass auch
das unter denselben bedingungen auftretende ai = idg. e auf älterm got. i
beruhe, also das ergebnis einer rückverwandlung, nicht die unmittelbare
46 E. A. KOCK
fortsetzung des idg. e sei". R. Bethge (1898) bei Dieter, Laut- und
formenlehre der altgerm. dialekte s. 26, W. Braune (1900) in seiner
Got. gramm.5 s. 11, H. Jantzen (1900) in seinen Got. sprachdenkm.2
s. 15 stellen den verlauf der Übergänge in ähnlicher weise — ohne
irgend eine alte oder neue begründung, also als eine einfache tatsache
— dar.
Anders stellt sich E. v. Borries (1887) in seiner abhandlung „Das
erste Stadium des i-umlauts im germanischen" s. 70. Er meint, h und
r haben (sogar seit urgerm. zeit) wegen ihres „dunklen timbres" die
kraft gehabt, den wandel von e zu i zu hemmen. Im Gotischen seien
sie von dieser negativen Wirkung zu der positiven übergegangen, „den
wandel von i zu e hervorzurufen, während doch in dieser spräche im
übrigen alle e zu i wurden". Ähnlich E. Mackel (1898) im Archiv
f. d. stud. d. n. spr. 101,402, in einer anzeige von H. Jantzens oben
erwähntem buch. Jantzen sagt s. 15: vai steht . . vor h und r, wo es
idg. e oder i entspricht, die beide in allen andern fällen im got. zu i
wurden, hier aber wieder zu e 'gebrochen' sind". Obschon der aus-
druck 'wieder' für den fall indoeur.- urgerm. £>got. e nicht wol gewählt
ist, versteht man ja leicht wie er es meint (vgl. oben). Hierzu bemerkt
Mackel: „Ich glaube nicht, dass ai und aü ( = e und 6) vor h und r
aus i and u 'gebrochen' sind; ich meine, vor diesen konsonanten seien
e und o überhaupt nicht zu i und u geworden". Bethge hat den
knappen parenthetischen zusatz für eine angäbe des lautwerts der zeichen
ai und aü genommen und erklärt daher im Jahresber. f. germ. phil. 20, 27
(für 1898) die ganze bemerkung für „unverständlich". Mackel meint:
„got. ai und aü, insofern sie urgerm. e und Ö entsprechen". Er be-
trachtet, wie Streitberg u.a., den a-umlaut (i, u>e, 6) als ur-(gemein-)
germ. und meint, im gegensatze zu Streitberg u. a., dass vor h und r
kein got. Übergang e(o)>i(u) stattgefunden habe. Bethges zusatz:
„aber ai und aü stehen doch auch, wo - - selbst für diejenigen, die.,
den a- umlaut für gemeingermanisch halten — in vorgotischer zeit nie
etwas anderes als i und u gestanden hat" steht folglich mit Mackels
ansieht nicht in Widerspruch.
Mit der frage nach der relativen Chronologie des got. Übergangs
e>i und der „brechung" stehen auch die divergierenden ansichten
über den ältesten *'-umlaut und den a-umlaut in Verbindung.
Was den Übergang * ßebiz? > * aiMz u. ä. betrifft, betrachtet man
ihn wol allgemein als (spät)urgermanisch. v. Borries' ansieht, dass ein
h oder r auch hier schon „umlauthindernd" gewirkt hätte (also zwar
*ßebix,i->*ßiMz-, aber *beriz ohne umlaut) hat keinen anschluss gefunden;
ZUR CHRONOLOGIE DER GOT. BRECHUNG 47
hier gelten wol 0. Bremers worte (Zeitschr. 22, 250 fussnote): „die all-
gemeine Wahrscheinlichkeit spricht vielmehr dafür, dass ai erst auf goti-
schem boden für germ. i (<idg. e) eingetreten ist".
Über den a-umlaut äussert Streitberg a. a. o. s. 58: „Dass der
a-umlaut gemeingernianisch ist, trotz des durchgehnden u, i des wul-
filanischen gotisch, dass also auch das ältere gotisch ihn gekannt hat,
lehrt der gotenname selbst. Tacitus schreibt Gotones Gotkones.., ebenso
Flavius Vopiscus. ., Idatius und Apollinaris Sidonius . . . Man sieht, die
Schreibung des Tacitus, die den a-umlaut des u aufweist, ist offenbar
traditionell geworden, daher o zu einer zeit, wo got. nur noch u be-
standen hat. Auf dieses deuten die Gutones des Plinius, Gutpinda des
got. kalenders und Gutanio des goldrings von Pietroassa; vgl. auch
roiTcoveg (Strabon)".
Bethge bei Dieter a. a. o. s. 12: „die annähme, dass der a-um-
laut gemeingermanisch, im got. aber infolge eines jüngeren lautgesetzes,
wonach betontes o wieder zu u, e wieder zu i geworden sei, nicht mehr
nachweisbar sei, ist unbegründet. Gotisches o<a soll durch lat. Got(Ji)ones
(seit Tacitus fast allgemein . .) gegenüber Gutones (Plin., roizcoreg Strabo)
bewiesen werden, indem Gotones die ältere, Gutones die jüngere
gotische form sei. Aber gerade die form mit u ist ja früher bezeugt
(Strabo! Plinius!); den Gotennamen haben die Römer natürlich nicht
zuerst aus dem munde der Goten selbst, sondern von Westgermanen
gehört, und zwar zu einer zeit, wo auch im westgerm. u rein erhalten
blieb; die seit Tacitus herrschende form mit o zeigt durchgedrungenen
umlaut".
Bethge hat die darstellung des fachgenossen nicht ganz richtig
gefasst. Streitberg glaubt an eine entwickelung u~>o>u>p. Die
formen bei Plinius, bei Tacitus und auf dem goldringe spiegeln, nach
Streitberg, die entwickelung urgerm. u > späturgerm.-got. o (a-um-
laut) > u (jüngeres lautgesetz) wieder. Die form Gut - ist nach ihm
sprachhistorisch sowol älter wie jünger als die andere.
Wenn man nun den Übergang *berizi>*Mriz als vorgotisch be-
trachtet, aber die verschiedenen ansichten über den a-umlaut und die
got. „brechung" in rechnung zieht, kann man folgende tabelle auf-
stellen (wo ich die got. „brechungs"- laute mite, p bezeichne; ich denke
mir dieselben offener als e, o, analog mit der mutmasslichen qualität
der ai, au, verglichen mit e, ö; wenn man sich die „brechungs "-laute
als mit e, o gleichklingend dächte, so müsste natürlich diese tabelle und
schon die darstellung s. 45 entsprechend modifiziert werden):
48
A
(Streitberg, Jantzen)
B
(Mackel)
C
(Bethge)
D
1. Urgerm. i und u vor ^, ä, ö>spät-
urgerm. e, o (a-umlaut).
(Der «-umlaut gehört nicht zu der ur-
germ.-got. entwickelung).
2. Späturgerm. e' u.
o2>got. i. u.
3. Got. il und w1 vor
2. Übrige späturg.
i und u samt e1
und o5 vor/i, r>
got. e, o; übrige
got. (i u. w blei-
ben und) e und
1. Urgerm. c> go-
tisch i.
2. Got. i1 und ic*
vor 7t, r><?, o.
Urgerm. », e und u
vor 7j, r>got. e, o;
e in übrigen Stellun-
gen > i.
1) altes und nach vorhergehendem motu, entstanden. -) nach vorbeigehendem
mom. entstanden. 3) altes.
Streitbergs entwicklungsreihe i~> e> i~> e und u> o > w> q
sieht von vornherein verdächtig- aus. In einem verhältnismässig kurzen
Zeitraum sollte eine Verwandlung, eine rückverwandlung und wiederum
eine rückverwandlung stattgefunden haben. Wenn historische tatsachen
es unbedingt verlangten, so müsste man ja trotzdem daran glauben.
Aber die theorie, nach welcher der a-umlaut urgermanisch wäre, kann
man wol mit Bethge u. a., besonders nach den ausführungen A. Kocks
(Beitr. 23, 484) ruhig aufgeben.
Bleibt dann übrig, zwischen den alternativen C und D die wähl
zu treffen. Einen beweis für die entwicklung *bero/i->*hi?-an> bairan
u. ä. habe ich", wie gesagt, nirgends gefunden. Bezzenbergers und
Streitbergs oben angeführte Schlüsse sind unlogisch. Die tatsachen,
dass einerseits urgerm. i vor /), r als cd erscheint, und dass andrerseits
urgerm. e gewöhnlich zu got. i wird, berechtigen an und für sich mit
bezug auf das Verhältnis des urgerm. e zu got. ai zu keinem andern schluss,
als dass got. ai überall zunächst auf älterem got.«' beruhen kann (ai<i<e).
Möglichkeit und Wirklichkeit sind aber zwei verschiedene kategorien.
Einen beweis für die direkte entwicklung *beron-> bairan kann
ich auch nicht zuwege bringen. Nur will ich einige erwägungen heran-
ziehen, die vielleicht früher mit der beurteilung der vorliegenden frage
nicht in direkten Zusammenhang gebracht worden sind.
1. F. Wrede Avill in seiner schrift „Über die spräche der Ostgoten
in Italien" s. 162 in gewissen ostgotischen namen aus dem 6. jahrh.
das späturgerm., nicht zu i umgelautete e bewahrt sehen. Er weist darauf
hin, dass in den ostgot. namen ein (indoeur. oder durch urgerm. i-um-
laut entstandenes) urgerm. i „durch konstantes/ reflektiert" wird, während
dem urgerm. e bald die Schreibung e, bald die Schreibung i entspricht.
ZUR CHRONOLOGIE DER GOT. BRECHUNG 49
Sollte wirklich in jenen ostgot. namen ein alter verbleichender unter-
schied noch schwach durchschimmern, so würde man wol, wenn man
an eine dialektische Verschiedenheit des Bibelgotischen und der spräche
jener namen glaubt, geneigt sein, sich das zusammenfallen der beiden
laute auch im Bibelgotischen als ziemlich spät vorzustellen. Hält man
dagegen die spräche des Codex argenteus usw. für ungefähr identisch
mit der spräche der Ostgoten, so müsste man sogar annehmen, dass
das i- zeichen Vertreter zweier laute wäre (/ und sehr helles e); vgl.
schon W. Scherer, Zur gesch. d. d. spr.2 s. 51.
2. Im ahd., altn. usw. findet man noch in gewissen starken verben
den sogenannten grammatischen Wechsel ganz regelrecht, in andern be-
gegnet er fakultativ, in wieder andern ist er schon in den ältesten
quellen beseitigt. Hiernach zu urteilen, muss das vollständige fehlen
des doch einst vorhandenen wechseis in den gewöhnlichen starken verben
des gotischen einen sehr frühen beginn der ausgleichung voraussetzen.
Dass die 'brechung' jünger sein muss als die aufhebung der Wirkungen
des Vernerschen gesetzes — da formen wie taihum, tcültans sonst als
■lihum, *tihans erscheinen müssten — braucht also nicht gegen ein
relativ hohes alter der brechung zu sprechen. Ferner: sollte die von
K. B rüg mann, Bethge u. a. vertretene theorie richtig sein, dass die
gestalt des vokals in der reduplikationssilbe (ai) hauptsächlich dem h in
haitan, lialdan usw. zuzuschreiben wäre, indem alle übrigen reduplizie-
renden verben ihren vokal danach umbildeten, so müsste — nach jener
erwägung, dass das vollständige durchführen einer analogischen aus-
gleichung innerhalb eines grammatischen gebietes doch eine geraume
zeit in anspruch nehmen muss — in haihait usw., von wo der analogische
einfluss zu emanieren hatte, der Übergang ziemlich alt sein.
3. Durch die annähme einer entwicklung /, e vor h, v> e erhalten
wir kein alleinstehendes entwicklungsschema. Im ags. z. b. treten i und e
vor />, r beide als io oder eo auf. Und im Gotischen bildet der mut-
massliche Übergang w, ö vor vokal ><? eine parallele. Sehr einfach ist
ja auch jenes Schema und erscheint a priori verlockend, wenn man
bedenkt, dass in der alten got. spräche, die noch kein buntes Vokal-
system aufzuweisen hat, die andere entwicklung (urgerm. -got. e>i>e)
das einzige beispiel für eine speziell got. vokalverwandlung
mit darauf folgender rückverwandlung abgeben würde.
Kann nun auch dies alles nicht beweisen, dass die brechung der
ältere und e>i der jüngere Übergang sei, so ist es doch avoI genügend,
um die auf der ersten seite dieses aufsatzes gemachte behauptung zu
rechtfertigen: solange keine wirklichen beweise für das höhere alter des
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE FHILOLOGIE. VST). XXXIV. 4
f>0 NEBERT
Übergangs e~>i geliefert sind, ist man nicht berechtigt, in den dar-
stellungen des got. Vokalsystems die entwicklungsfolge e~>i>e
dogmatisch und ohne vorbehält aufzustellen.
UND IM OKTOBER 1901. ERNST A. KOCK.
EINE ALEMANNISCHE FKONLEICHNAMSPKEDIGT.
In der St. Florianer handschrift XI 284 folgt den predigten des
Nikolaus von Strassburg auf 12y2 pergamentblättern eine namenlose und
unvollständige fronleichnamspredigt, die nach der ansieht des herrn
Professors dr. Strauch, der die gute hatte meine abschrift durchzusehen,
sehr wahrscheinlich noch nicht veröffentlicht worden ist.
Der lautstand der predigt ist kurz folgender:
1. Vokalismus.
Der umlaut des a ist nicht bezeichnet in unxallichen 49b, gevank-
nisse 55a, unxallich 57a.
Für e findet sich ie im d. pl. dien 60a, ü für i in gegenwärtig 57a
und 6 für e in fromde 57 a. 58 a, gefrömdet 58 a.
Bewahrung der ahd. vokale in den endungen: güti (n. sg.) 49 b,
(d. sg.) 49a. 51b, (a. sg.) 49b. 55b (zwei mal). 56a. 57a, liebi (g. sg.) 50a.
50b, (d. sg.) 52a, (a. sg.) 50a. 51b (zwei mal), lembli (n. sg.) 55a, glich-
scimi (a. sg.) 57 b (drei mal) bei Graff nicht belegt, wusti, wüstin (d. sg.)
58a. 5Sb, volli (n. sg.) 58b, rilichi (g. sg.) 58b bei Graff nicht belegt, bi
nüti, mit nüü 52a. 54a. 60b, obroste, obrosten, obrostü 51b (zwei mal).
52 b (zwei mal), hinnan 52 a, dannan 59b, dero (g. pl. von der) 49b. 58b
und folgende opt. praet. : liexi 50 a, manti 50 a, vergessin 50 a, dient in
56 b, werin 59 a, gemacheti 50 b, phlegin 56 b.
Der umlaut des o fehlt in gütlichen 51a.
Im d. pl. uns und im possessivum unser ist u stets zu u ge-
worden. — Der umlaut des u ist nicht bezeichnet in iungern 49 a. 55 b.
57a (zwei mal), iungsten 49b. 50a. 53b, muglich 51b, wüneklich 57b,
wurde 52b. 59a. 59b. 60a, wurden 57b.
Der umlaut des ä ist bezeichnet durch ä in gnädklich 55b,
nähste 57 b, gewäres 60b, er ist nicht bezeichnet in naher 5(5b und cer-
raters 59b.
ö findet sich für langes o in tot 54a. 55a. 59a, töd 54b, töde 54b.
55 b (drei mal). 56 a. 57 a — der umlaut des ö fehlt in groxlich 49 b. 56 b,
schim bei t 53 a.
EISE ALEMANNISCHE FRONLEICHNAMSPREDIQT 51
Als umlaut des ou ist 6 geschrieben in erzogen 51b, erzöget 49 b.
50». 52a. 521'. wgten 57a, verlSggenen 54a, verloggente 54b /hftfe 52b.
55a. 56b (zwei mal). 58a; o/ in erxöiget 51b; z<%fe 54a.
uo~>u in />• fwwi 57a, xe famne 52a. — Der umlaut des no ist
nicht bezeichnet in füret 501'.
2. Consonantismus.
Inlautendes l ist assimiliert in son, sont (3. pl. ind. praes.) 53a (drei
mal). 53b.
m>n in heinlicher 58 a, heinlichest 57* '.
Im inlaut ist 6 geschwunden in #/7 49b. 51 a. 51b. 53a, zu jj ist
es geworden in lepten 60 a (zwei mal) {lebten 60 a), im auslaut findet sich
in der regel j;, b nur in #e#öß 56 a.
Schwund des g im inlaut ist eingetreten in se£tf 49b. 50a, leit 50b,
leite W\ 54a. 54b, foY 51» 55a.
Schwund des /*: dwr 49b. 50a (zwei mal). 51b (zwei mal). 52 b. 53a.
54b. 55b. veten 59a.
t ist verdoppelt in hütte 59 b u. a., sekundär an die endung ge-
treten in cntxicisehcnt 57 b. enxwisehent 58a.
Altes d ist erhalten im anlaut von dürstig 50a.
d(==got.j&) ist anlautend zu / geworden in tütschen 49 b, betütet
53 b. 60a, auslautend erhalten in £&ü 54b, fesä 55 a. 55 h (zwei mal), Syn-
kope ist eingetreten in rette 55 a.
s>s in beschlossen 50b, schlief 54a. geschlehten 58b, das ver-
allgemeinernde (aus so entstandene) s ist überall erhalten, z. b. swas
50b (zwei mal). 54b (zwei mal), swene 51». 52b. 53b. 55b. 58b. 59b, swie
51 b. 56 ».
3. Flexion.
Die endung -ent in der 2. pl. praes. und imp. ist regel, z. b. ir
sehefit 49b. 51b. 52a. 59b, ?V ac«efii 55b, ?r heissent 57a, nement (imp.)
58b, /^Zferc* (imp.) 58b, gehaltent (imp.) 58b.
In der 1. pl. praes. und 3. pl. praet. findet sich -i! in wir s**Zerc2
58a und si muget 51a. 60b.
In den gen. und dat. des gerundiums ist noch kein sekundäres d
eingedrungen.
In der 1. sg. ind. praes. ist altes n bewahrt in minnen ich 56 b.
Bemerkenswert sind die formen wir verstanden (ind. praes.) 53 b,
wir bestanden (ind. praes.) 53b, xergange (3. sg. conj. praes.) 51 a. spriche
(2. sg. imp.) mit unechtem endvokal, gehebt (part. perf. von haben) 51 b,
wir sien {= stgen) (ind. praes.) 53 b 57b. 58» (drei mal).
52 NEBERT
Aus dien (Weinhold, AI. gr. §-119), den alten ahd. endungsvokalen,
dem umlaut 6 und öl (Weinbold §§ 45. 69), den formen son, sont
(Weinhold § 379), m>n (Weinhold § 203), -ent in der 2. pl. (Wein-
hold § 342), minnen ich (Weinhold § 361), wir sien (Weinhold § 353)
geht hervor, dass die predigt, wie sie uns in der handsehrift überliefert
ist, nach Alemannien weist. Dass auch das original in Alemannien
entstanden ist, darf noch nicht aus der spräche der handschriftlichen
Überlieferung geschlossen werden, denn der Schreiber der handsehrift
könnte die predigt in seinen heimischen dialekt umgeschrieben haben;
das ergibt sich erst aus der beobachtung des Wortgebrauches, welcher
der änderung durch die abschreiber in der regel nicht unterworfen war.
Einige in der predigt vorkommende Wörter sind nach den angaben
der Wörterbücher bisher nur in solchen Schriften bezeugt, die dem
schwäbisch -alemannischen dialektgebiete angehören. Diese tatsache be-
weg mich dazu, diesen Wörtern in einigen Sammlungen von Urkunden
und weistümern aus dem genannten gebiete nachzuforschen:
1. unverwertsalet 51 a, verwertsalet 59a.
Im ahd. nicht belegt, ähnlich wartisal, wartsala, wartsali, un-
wartasali, wartasalic, unwartesalig , unwartasaligi , vgl. Graff I 959 fg.
Lexer III 305 unter verwerxeln führt für unverwerxelöt als beleg
an Schmid, Schwäbisches Wörterbuch s. 529. Diese stelle bezieht sich
auf eine Ulmer Urkunde vom jähre 1329, wo es heisst: und dar wmb
(dle\ da\ statt und unverwerxelöt zu behalten. In den nachtragen
III 394 bringt er noch das Zeugnis einer Überlinger Urkunde vom
jähre 1308 bei: also dm die müre der Jcilchun unverwerxolot alle-
wege belibe, vgl. Alemannia I 158. — verwerxeln belegt Lexer mit
folgenden stellen: J. E. Kopp, Geschichte der eidgenössischen bünde
III 109, wo eine im jähre 1301 zu St. Gallen ausgefertigte Urkunde des
abtes Heinrich abgedruckt ist. Hier steht: aller der giwonhet und
aller der hilf da mit dax da vor gischribin stat: alt ir dl/eines, moeht
bikrenket ald virwerxalet werdin mit dheinerslaht sack. — Bei Ernst
Theodor Gaupp, Deutsche stadtrechte des mittelalters 1 141 in dem rechte,
welches die stadt Winterthur 1297 der stadt Meilingen mitteilte, heisst
es: Und das disä genade und disii reht, die wir gelihen Itaben der
vorgenanden stat and den burgerren, die darinne wonhaft sint, bi uns
und (dien unseren nachkomen stete beliben und niit veriverxalot
snlint noch werden mugint hernach. — In der oben angeführten Über-
linger Urkunde vom jähre 1308 (Alemannia I 158): also da\ sin dehain
ivix die innre brechen ahlr verwerxolerön.
EINE ALEMANNISCHE FRONLEICHNAMSPREDIGT 53
Ich füge hinzu eine stelle aus dem Urkundenbuch der Stadt und
landsehaft Zürich (bearbeitet von Escher uud Schweizer) bd. Y s. 332,
wo es in einer am 26. mai 1287 vom rate der stadt Zürich ausgestellten
Urkunde heisst: Allen, die disen brief sehent aide hörent lesen, künden
wir der rät von Zuviel), der namen hie nach geschriben sint, daz
wir der burger brief von Strasburg sahen, ganzen, unvelschen uud
in allen weg unverwertseileten und mit ir offen ingesigcl be-
sigilten.
2. beneimt 51a, beneimet 60 '■'.
Nach Grraff II 1087 kommen im ahd. neimjan und seine derivata
nur in alemannischen denkmälern vor, die nach St. Gallen und Ein-
siedeln weisen.
Lexer I 179 führt als belege an: Martina von Hugo von Langen-
stein 16 c, 73. 74 (ausg. des Lit. ver. s. 40), wo es heisst: Der magtuome
sweimet Als im got hat beneimet. Der dichter der Martina, der wol
aus dem in der nähe des Bodensees im Badischen bezirksamt Stockach
gelegenen Langenstein stammte, war wahrscheinlich deutschordenskomthur
auf der insel Mainau.
Ich füge hinzu aus einer alemannischen predigt (Wackernagel,
Altdeutsche predigten und gebete l,84fgg. s. 5): In divve werlte niuox
man die latc benamen nemmin oder nieman newei% wen mau n ei mit.
— Urkundenbuch der Stadt und landsehaft Zürich bd. Y s. 125 in einer
zu Zürich ausgefertigten Urkunde vom 23. october 1280: dis gutes in
der A. <ht\ hie vor geneimet ist. — S. 138 in einer zu Neu-Regens-
berg (nördlich von Zürich) am 15. juli 1281 ausgestellten Urkunde: Allen,
die disen brief sehent aide iiovent , künden wir Lütolt kern Lütoldes
sun und Lütolt hern Ulriches seligen sun von Regensberg , das Ulrich
von Sunnirikon vvou Mehthilte siner ivivtin gelobt hatte unde beneimet
\e machenne xe libgedinge. — S. 326 in einer zu Luzern am 8. mai 1287
ausgestellten Urkunde: Ich Rudolf von Sehowense künde allen, die es
vernement, daz ich duv min, mines vattevs, miner muter und aller
miner vorder sele min gut beneimet habe mit miner erben willen
und ivusscndc goteshüsevn und geislichen Uten nach miner Itevvon rate.
3. gliehsami 53a.
Lexer I 815 weist hin auf Wackernagel, Altdeutsche predigten
53, 286 fg. (s. 119): also gent auch die meistir ein gliehsami. Die
predigt ist überliefert in einer Züricher pergamenthandschrift des M.Jahr-
hunderts, die früher im besitz des frauenklosters zu Adelhausen bei
Freiburg i. Br. war (Wackernagel a. a. o. s. 453).
54 NEBERT
Dazu bemerke ich, dass ahnliehe bildungen in den Sammlungen
St. Galler Urkunden (bearbeitet von Wartmann) häufig sind, z. b. gemein-
sami, gewarsami, gewaltsami, genossami, gloubsanti.
4. behügde 55 b.
Ahd. bihueiida ist belegt in der interlinearversion der Benedictiner-
regel, vgl. GrafflV 796.
Lexerl 157 hat zwei belege: Wackernagel, Altdeutsehe predigten 50
(s. 108), wo die Überschrift lautet: Von dem nutze ünsers Herren be-
flügele. Die Sammelhandschrift, in der diese predigt enthalten ist, ist
von dem pfarrer Albrecht Kolbe von Sygävis (Goefis) für die ehefran
des stadtamtmanns Johannes Stöcklin von Feldkirch (Vorarlberg) ge-
schrieben. Sie gehört also dem alemannischen dialektgebiete an. -
Monumenta Zollerana, Urkundenbueh zur geschichte des hauses Hohen-
zollern bd. I, Urkunden der schwäbischen Knie s. 402, aber an dieser
stelle findet sich bchügde nicht, sondern s. 272 in einer vom grafen
Ostertag von Hohenzollern zu Hechingen am 6. juni 1386 ausgestellten
Urkunde, in der es heisst: mit aller behugd, frort und werk.
Benecke- Müller I 726 b führt aus der aus der Schweiz stammenden
minnesingerhandschrift C an: ein guot behagete ist bexxcr elernne si
des balsmen trör.
Ich füge noch folgende Zeugnisse für das vorkommen des Wortes
in alemannischen quellen hinzu: Bei J. E. Kopp, Geschichte der eid-
genössischen bünde IIa (1847) s. 738 steht in einer im jähre 1291 vom
abt Volker und dem convent des gotteshauses zu Wettingen (Aargau)
ausgestellten Urkunde: Und xeiner behugede dirre dinge so ist dirre
brief besigelt mit unserm ingesigle. — Im Urkundenbueh der stadt und
landschaft Zürich bd. V s. 348 heisst es in einer am 7. october 1287
zu Kaiserstuhl (Aargau) ausgefertigten Urkunde: Und zeiner behugede
und xeiner steti dirre dinge so gibe ich disen brief. — Urkundenbueh
der abtei Sanct Gallen, bearbeitet von Hermann Wartmann IV s. 322
in einer am 31. märz 1386 vom abt Cuno von St. Gallen ausgestellten
Urkunde: Und wen dis also beschehen ist mit aller behngt, Worten
und werken. - - Urkundenbueh der abtei Sanct Gallen IV s. 491 in
einer Urkunde des abtes Cuno von St. Gallen vom 26. november 1395:
Und ist dis alles beschuhen und vollefurt mit allen den Worten, werken
und behügten.
Im anschluss an das substantivum behügde bemerke ich, dass das
dazu gehörige verbum behügen bisher ^nur in alemannischen denk-
mälern belegt ist. Benecke-Müller I 725b führt an betrüget an iuwer
EINE ALE.MANXISCHR FRONLEICHXAMSPREDIGT 55
vorder leben MinneSingerhandschrift C 2, 174 und behüget sin Lieder-
saal her. von Lassberg 1, 120.
Ich füge hinzu: obe uns die xivene vettache vor edlen dingin
behugit sint in einer alemannischen predigt bei Wackernagel a. a. o.
2, 52 (s. 8) und sg ivax och ivol behügt Liedersaal her. von Lassberg
XXIV, 128 vgl. Schmid, Schwäbisches Wörterbuch s. 290.
Auch die belegstellen, die Graft* IV 791 fg. unter bihugjan für das
ahd. anführt, weisen mit der einen ausnähme Otfrid II 8, 12 alle nach
St. Gallen.
5. behiiglicken 55a.
Dieses wort ist für das mhd. hier zum ersten male bezeugt. Im
ahd. kommt pihuctliltho vor in der interlinearversion der Eenedictiner-
regel, vgl. Graff IV 796.
Nach den angeführten belegen sind unverwertsalet , beneimt, cjlich-
setn/i, behügde und beküglichen bisher nur als eigentum des Schwäbisch-
Alemannischen bekannt, und deshalb muss auch das original unserer
predigt dem schwäbisch -alemannischen dialektgebiete angehören.
Der Verfasser der predigt ist unbekannt. Die zeit der abfassimg
ist auf der einen seite begrenzt durch das alter der von einer band
geschriebenen handschrift, die vor 1350 (Zeitschr. 34, 15) und nach
1325 (abfassungszeit der in derselben handschrift stehenden predigten
des Nikolaus von Strassburg, vgl. Zeitschr. 33, 467) entstanden ist. Auf
der anderen seite weist das fehlen des sekundären d im gen. und dat.
des gerundiums und die bewahrung des verallgemeinernden s (sej) nach
Weinhold, AI. gr. §§ 321. 351 darauf hin, dass die predigt der zeit
vor 1300 angehört. Doch lässt sich darüber nichts sicheres aus-
machen.
Überschrift rot: Dis ist ein bredie vö 'ns's h're fronlichaine.
(Bl. 49a) Memoriam freit mirabiliü suorum mis'icors x mis'ator
ilns. eseam dedit timentibus se1.
Dis/i irort sprichst der wissag dauid 7 dem saW vn hSrent gar eigelick x/ä dem
lobliehe Iiochgexit de got vnser herre die xpe vö siner frien güti sich dar xü irolt
gor iniigen de er sin selbs Itcren lickame ins gap \c einer spise vn sin heilig
bliit \e eime (ranke, des er xem ersten do begonde do er mit sine lungern xe tische
sas an d! (49b) längsten wirtschafte des abendes do er vö ine scheiden wolle, vn
sprecltent also xe tatschen. Der erbarmh'xig herre d* hat gemachet ein gehügde
siner wund' vn hat gegebe ein essen den die in fürhtent. An disen Worten git vns
der wissag xe v'stenne xem ersten die groxe rädle vnxallichen erb'mde ünsers h'ren
gottes die merken wir an dem worte de er sprich^. ds erbarmh'xig h're d* vö sin'
eigener nature erbarmh'xig ist d'hat gegeben ein essen. Reht als er spreche- sin
1) Rot unterstrichen.
56 NEBERT
natürliche erbermde du geneigte in dar tu de er so gro?. güti denie menschen er-
löget hat. wä niemä möht es kan v'dienet. vn davö spz, d'wissag Seh anderswo,
vö im an dem salter. Mis'aciones ei9 super oxa opaci0'. Sine erbermde sint
vi/ ellü sinü werk, vn spek§ Seh. Ml~a dni plena e t'ra1. Alles ertrich ist erfüllet
vö sin1 ertymde. Als dar nach dene so seil er rns an dem and'n worte nie d* selb
erbarmh'xig got ein gehügde gemachet hat sin' wund*, die sin erb%<mde vn sin güti
an rns vn da ruh ins getan hat de wir d'o nit v'gessen. vn rekt ;c glieher wise
als ir sehent de ein misch tut d' einen reht lielii7 frünt hat dem er lange vn vil
gedienet hat vn groxlich dar sin nunc sich (50a) gearbeit hat so d' dene vö im sich
scheide teil so lat er im g'ne etwas kleinodes de in ermane sin* liebi vn sin- trüwe.
rn im ein gehügde si d' dinge die er dur in getan im erlitten hat. Also tet vnser
h're do er rns gedienet uf ertrich dni vn drixig iar mit alle den tr ihren so ie kein
frünt dem and ' m gedienen mohte vn ins sin ewige götliche nunc als völleklich er-
lögt liatte de er loch mit versumet hatte d' dinge die zu vnser m heile horten, do
er do vö rns scheide wolte wä er do wol erkande de vnser gehügde gar krank ist
vn wir schier v'gessen vüruarner dinge do sah er wol de im dürftig aas de er
etwas hiuder im liexi de ins an in manti de wir sin* mtne vn sins dienstes nit
vergessin. vn wc was ab' da% de er %e ein1 gehügde laxe wolte. De seit ab'1 öns
d' wissage an dem iügsten worte vn speh$. Er hat gegebe ein essen den die in
fürchtent. vn an disem essenne süle wir merke wie gar türlieh od' kostlich icic
eilet vn wie vbertreffenlich es an aller wirdikeii sin mir, für alle and* spisc de da
ist vn sol sin ein gehügde vn ein manüge alse maniges groxen und wund'lichen
dinges de got vö himelrich dur vnser liebi getan hat. (50b) wanw'e es' ein gemeinü
od' ein einueltigü spise die möht rns nüt eil groxer liebi noch wüdHich' trüwe an
got ermanen. vi darumb so wolt er allen sinen flis und sin meisterschaft dar an
Leren wie er si wirdeklich vn wol gemacheti. vn davö so wolt er enkein koste da
ror sparen, vn swas er gutes vnd edels vn kostb'es hatte de leite er alle-, sinne ut
dar an. /ras mohte er bessers hau dene er selb. Dar rmb sin gotheit die des aller
besten ist vn sin sei vn sinen lip teil er an dise spise. vn da vö müste si wol gut
vn edel vn nur wünneklich w'den. vn davö mag si och vö billich heissen vh, wesen
i in gehügde die ins ermanen sol aller c/s /rund1 die got vö himelrich ie gewurkte
umb den n//f\ vnsers heiles. Aber wie disü spise vnser sele spise/ m geistlich füret
reht als Seh die liplich spist den lip. de m'kent. Drie krefte sint in d' sele an
den si glich ist got vö himelriehe. vn. davö man spricht; vn spreche mag de si ge-
bildet ist nach d$ heilige driaa/tikeit. Die erste kraft ist ein hügendü kraft du hat
in ir beschlösse bilde aller dinge de cV mesch gedenken mag s/ras er wil. an du
ding dir er nit sihet muh höret m du (51a) vervarn sint od' v're von im sint.
Die and' kraft ist ein v'nünftigü kraft, die erkenet eh vnd'scheidet beidü gut rn
übel. AIS die dritte kraft heisset 'in beg'ende kraft du minnet ab' vn begert al-
iregc gute'. An disen drin kreften Ut die edelkeit des gStlichen bi/des da mit got
ms* sele nach im selb1 gebildet, vnd streue die wol gege gölte geordent sint so ist
de gollii-h bilde in </' sele luter vnd vnuerwertsalet. Wä ab' daz vö ir selbs kraft
mit mag geschehe nun allr kreature geschafft sint also de s/i vö in selber nüt
bestan mugent mich sich an ir selbes kraft enthalten wä dos ieklichü von wislich'
ordenüge habe mnx de ding de si enthaltet de ir kraft iht gebreste rn zergange.
Du vö hat vnser h're d* sei also dis edelen spise beneimt vn gegebe de si si sterke
1) Bot unterstrichen.
EINE ALBMANNISCHE FRONLEICHNAMSPREDIGT 57
ni die edelkeit des gotliehen bildes an ir behalte, vn hat si also wi-slich geordent
r
vn gegeben den drin kreften ieklieher sunderlich nah ir masse. als es ir aller
beste f> vn si ordenet gege gote. vn da mit d' sele lebe all* beste in sin' widikeite
bestan mag. vn wie ab' da: si de m'kent. Da erste kraft die da git de ds mesch
mag gedenken swes er wil d' reht ist allereigenlichest de (51b) si vor allen dinge
ir vnmüsse vn ir betrachtüge an got wende, vn wan si vö ir selb' nüt volbringen
mag so hat ir ms' h're dis spise gegeben ;e ein' gehugde die si an in ermanet so
si sin v'gessen wil. vn du gehugde git ins -.c gedenken vn :e bc/rah/enc au vnserm
h'ren dr/i dlg. Das erste ist. sin gotliehen mlne die er von sin' giifi ewklichen
;n vns hat gehebt die er vns an dirre selbe sjiisc uSlleklieh' rnd bas beweret hat
dene mit keinem dinge de er ie getet. ivan swie da\ war si de er gar eil vn groxii
dlg dar vns getan habe doch da\ all' gröste de er ie getet od* getan mohtc de >rrr.
de er sieh selbe vns gap xe ein' spise. vn Hgte ins da mit die grSsten rnd die
obrosten minne du sin mag. wan der. sehent ir wol so ein mensch die obrosten
liebi sime fr/inde mit worte künde /eil so mag er nit fürbas gespreehe da: gütlicher
müg sin dene so er spehz, Ich hau dich als liep were es möglich de ich dir minen
lip gebe n/oht xe ein' sj/ise de iriilt ich gern dur diu liebi tun. ni also vinde nie
de vnser h're die grasten m/nc erzSiget hat mit den werken die ein fnint dem
and'n erzogt (52*) /,""/ mit den u-orte. rnd hie vö spehz, och sant joh'es an sime
eicägelio. ('um dilexisset s/ms xcsi. Do vnser h're die sinen geminnet hatte
die in (V icclte /rare do minnet er sii nn\ af das ende, vn de ist rehl als er spreche.
Du er sine mn/e an dirre weite den sinen mit manig' /eise m maxe erzögt hafte
do er i/o n) hinnan scheiden wolte do ögte er da erst die obersten minne die an im
was nl/t an ir ende, /ran das meinet er mit de worte de er speh$. In finem
dilexit cos1. Fr minnete sü vn: an de ende. De ist. er minie sii als ril de
er sä nit me gemimte mohte. wä sin mme /ras rehf komen an ir ende vn enn/oht
nit für bas. end vö dirre mtne redet er och selbe in dem wissagen dauid vn spz,
also. \i Ins dorn9 tue comedit nie1. Mensch du man mlnc d/ns huses die hat
mich gessen. vn m'kent nur umb er spehet du man mlne. rehf als ir sehen/ da
ein man ein reht liep husfrii/ren hat d'mag bi nüti lide de si ieman and'n liep
liabe wan in allein, vn vö rehf liebi so ist er all/'/ \it in sorgen vn in pisse wie
er ir wol gek&te vor all1 mengliche, also de niemä mit ir te Idnne habe wä er
allein, vn da-, keisset ein man (52b) mtne. vn also xeglich' wise geistlich ie
v'stäne so hat vnser h're die selben mlne \l'i vns. /eil sin obroste wille an vns ist
de wir vnser herze im gebe gan\ vn vngeteilet als er /vol dicke erzöget hat mit
maniijcm groze vn starken dienste den er vns dar umb hat getan da\ er vnser mlne
da mit gar an sich geziehe mähte, was meinet er aber da mit de er spehet. D/ns
huses. Nit and's wä die sele dir nemet er ein hus da er selb sine wonüge vn si//
riiiec inne habe /eil vn da sin obrostü kurxwil inne ist. als er selb spekz}. Delit ie
mec ee eü filijs hoiu/\ Min fröde vn min Kartnisse ist de ich irone bi dem
mesche. rn hie vö spehz, er. Die man minne dins huses du hat mich gessen. De
ist als eil gesproche. Die minne die ich :il di/ier sele han du hat mich gemachet
\e ein' spise mesch de da mich esse mäht, m dis ist gewixlich ein ding de vnser
l/".e wol ' n: anden sol %u sin' mine. vn ins' begirde sol uf wecke mit aller andaht
:ii sime lobe vn :ii sime dienste swene ivir ansehen dis groze wund' de gut dur
vnser n wille getan ha/, u-ä de w'e wol ein h'te h'ze de vö d> betrachtüge dirre
1) Rot unterstrichen.
58 HEBERT
gütete nit erlindet lourde. vn hie vö stat öeh gesehribe l dem (53 a) wissagS Osee.
da spchet er. Comitent* sedentes sb' vmbra ei9, uiueni t'tieo1. Die da
sitzet mds sinem schatten die sont bekeret iv'den vn son blüiende w'den als du rebe.
wä sin gehügde ist als d' win vö lybano. An disen Worten git er fns xe m'kene
die groxen gnade die vns wid'varni vö dem fronlichame vnsers h'ren den er nis
hat geyebe :e ein' gehügde siu' minne. xem ersten speh§ er. Die da sitxent vnd1
sinem schatten. Dirre schatte de ist d> fronlichame vnsers //'reu. ni dar uvo
sache nemet er in eine schatten. Ein suche ist ivan vns1 h'rc got sin Schönheit hat
bedecket vnd' dem schine d' ouclaten de man da mit gesehen mag wä die glichnisse
des brotes. daran so heisset er irol ein schatte. Er heisset och davon ein schatte
wä er schirmet vn killet den menschen vor d' hitxe all1 anuehtunge vn bekoruge des
lieuels d' weite vn dex fleisehes rcht als d' schatte kniet ds sunne hitxe. Dar nach
so spchz, er. si sület bekeret ir'den die vnder disem schatten sitxent. xem erste
vö sünden vnd vö süntliehem lebenne. Darnach son sü bekeret w'den in got de ist in dir
gliehsami gottes. vn de gesehiht mit d' nüne. du hat die kraft de si den minnende
vhvandelt in dax gemile. Ab* darnach (53b) so spchz, er. Sa sülent leben des
weissen. Bi deine weissen betütet man den fronlichame. wä du ouelate ist gemachet
vö luterm weissen, vfi dax er speh§. sü son leben des weissen. Da bi v'standen
wir de wir vö im gesterket vn bestetiget w'den an d' gnade vnsers hsre. wä wir
n> vns si Ihr als krank sien de wir bestan noch uolhHen mugen so sterket vns d>
fronlicham de wir in d' gnade vnsers h'ren bestanden. Darnah speh% er dene. sü
sülent uf ivachsen vn blüien als du rebe. vn da bi merk'7 wir vsnemunge od* zünemüge
d* tagende, ira, reht xe glich* /eise als das gewürme alles flühet vö d' reben so si
blüiet also fliehen! alle unlugede vn d' ticnrl swene er gewar ivirt des edeln smakes
des heilige fronlichaiiieu so müx er fliehe rh mag den mensche nitangeuehtenm.it
untugende. Dar nach spch§ er denne :<■»/ iungste male, sin gehügde ist als d*
win von lybano. vn /ras meinet er ab' hie mitte. Nüt and's wan die starken vn
die üb'kreftigen mtne gottes du in als harte üb'want vn ime als vyre angesigte dax
er ioch sin selbs vngeicaltig wart, ru darxi'i als groxü vn als ungewSnliehü dig
an im fürbrahte du nie ine gehört ivurden noch (54a) v'nome. ru davö so sprich^
er. sin gehügde ist als der win vö lybano. Dax. ist du gehügde sin1 nüne die ist
stark als d> win vö lybano. Ir wisseni wol ds win von lybano d' ist als stark vnd
als kreftig vö natwr surr in trinket de ds trunken wirt. Also xe glich' irise tet
bch die nüne du machetc vnsern h're vö himclrich trunke. vfi darxü alle die die
bi im saxen te d' wirtschafte da er disen win schankte die wurde alle tranken do
sü des /eines /-'suchte. Nu m'kent /ras t/h/t trunken tüte. Et/ ich mensche so es
trunke wirt so ist es sw'e vn slafct gerne. Also geschah Sant Johnsen, do d' an
diser wirtschafte von dem tvine gottes nüne tränke teart do leit er sich xehant nid1
in vnsers h'ren sehoxe vnd schlief, wä er enmohte mit nüti gebeite rntx er afge-
stünde vö dem tische, vn da bi »Sigte er wol de er trunken uns. So sint and'
lüte so die trunke w'dent so w'dent sü gar küurs und freches mntes. also geschach
ab' sant pet'n do er trunke wart an d' selbe wirtschafte do wart er als Min vn als
freche de er getürstekliehe xu vnserm h're sprach, h're ist ioch de ich i den tat
mit dir sol gan so wil ich diu niem' v'löggene. vn ab' darnach do er (54b) wid>
\it im selb' kam do was er als tages luxen de er dur einer dirne rede gottes v'lög-
gente. So iv'dent etlieh lüte als miltes mutes so si trunken sint de sü gar lichtekliche
1) Rot unterstrichen.
EINE ALEMANNISCHE FHONLEICHNAMSPBEDIQT 59
hin gebent swas sü haut. Also geschah ab' dem wirte selbe vnserm k're. wä er
minne trunke was do was er als miltes mütes de er hin gap swas er halle, er gap
hin sinen lip beidü fründe vn vienden. sinen fründen gap er in .<■ ein' spise. aber
sinen viende gap er in xe mart'enne vn xe tote. Sin gewant gap er och hin vn
stünt er nakent vn blox ein deine krüxe. nl de Ist vns ivol bezeichnet in d' alten
c bi h*n Noe do di eins males getrank nuwe win do wart er trüken vn leit sieh
nider vn slief. vn in dem slafe do warf er vor vnsinne ab ime edles sin gewant
vn lag er gar blox vn naeket. vn also te glieh' wise tet ims' h're vö himelrieh do
er utlnc trunke wart do ivarf er vö im sin genant, elc ivc do er an. da\ krüxe
ivolte gan vn den tbd lide für vns. icä do stünt er eil nackent vn blox-. vn do gap
er beh hin sin liebes lebe mit einem bitt'en tbde. vn sin sele (jap er te seheidenne
vö sime reinen tugenthaften libe. vn dis alles mochte denoeh siner mvne nit (55a)
begnügen, vn darumb sin edelen gotheit die gap er vns and' da ellü selde vn ellü
frSde vfL ere lit vn alles gut. do emohte er mit fürbas gebe, vn a/sus habe wir
dene ein sache wie d' heilig fronlichame vns ein gehügde ist d' grossen arme mit
d' ins got von himelrieh ewklich geminnet hat. Er ist och xem äd'n male ein ge-
hügde vns're erlSsunge. als wir bexeichnunge rinden in d' alteebi dem osterlambe
da mit die iude begienge den behügliehen tag do sü got loste vö egypten laude, vö
dem reite vnser h're ut moysen vn s'ßch also \i) im. Iicde mit dem uolke vn spriche.
An d iseut taye sol ein ieklich man künde sinem kinde vn sol sprechen, Sih dis
ist de mir got gegebe hat xe einer gehügde do er mich us fürte vö egypto. de sol
beh dir sin als ein xeichen in din' Im ml. wä er hat dich erlöset von der geuank-
nisse mit d' hand des starken, vn also dem reht te glich' wise alse das opher des
lambes den iude do ein gehügde uns de sü got hatte erlöset vö egypto also ist vns
nu dis opher heilig d' fronlichame vnsers hsre d' da für vns' sünde den tot leid an
dem krüx. vn beh wol mag heissen ein lembli de da ist aue allen /lecken, vn de
mit (55b) sinem unschuldige tbde hat vertilget aller der weit sünde. das ist vnd
sol billich sin ein behügde vns're erlSsunge. wie ins got vö himelrieh erlöset hui
vö dem ewige tbde mit d' muri' die er dar vns leid an dem krüxe. wä dax ico/t
er selbe bew'en sinen iüg'n do er ietxe bi in sas au ds uirfschefte do er sü gespiset
hatte mit sime heiligen fronlichame. Do spch er also :u inen. Dis sol vch ieud
u/c ein gehügde sin. also, swene ir dax brot exxent m inen lichamen vn min bli'd
trinken! de ir dene gedenket min- marV. lieht als er spreche. De ir gedenken!
tele ich ich erlöset hau von deine ewige tbde mit min* bitten niarP che ich für
üw' sünde leid an dem krüxe. vn an diser gehügde mag ein mesch wol lerne er-
kenne die gl/ti vn die erbermde vnsers h're gottes vn die wirdekeit des menschen.
Die güti vii die erbende gottes m'ke wir dar an de er vns so reht gütlich vn so reht
gnädklich hat erlöset vö so gro\er freise der wir inne teuren, vnd die erb'mde sah
d' wissage wol an do er spch. Mia tuet dö magna e sup nie x esl. 0 h'r din
erb'mde ist grox üb' mich wä du hast min sele erlediget vö ds helle. Aber die
wirdekeit des mesc-he m'ken wir dar an dax in (56a) got mit uichte and's losen
icolte ica mit sin selbs blute vn mit sinem bitt'u töde. eil darö spchz, beh sät
auf/'. Agnosce o ho dig'tate tuam1. 0 kristan' nieselte erkenne dine wirdekeit.
du bist nit erlöset mit silb' noch mit golde od' mit keinem irdensehe gute, de gelt
da: für dich gegebe ist de ist de blüt vnsers h're. vn, spchet öc/t. Sit ich eines/
erlöset bin mit so kostb'em schatxe mit gottes blute so toil ich mich selben niem' me
1) Rot unterstrichen.
60 NBBERJ
verkbffen. vn ist dis dene die and' gehügde die wir süle haben an dem fronlichame~
vns's h're. Ab' xü dem dritte male so ist er vns bch ein gehügde die 6ns leret er-
kennen wie r Hielt wie kostb' vnd wie edel disü gäbe ist die ms got vö himel gerückte
gebe an dem selbe do er sie// selbe ins gap %e ein' spise. wä stvie dax war si de
er ins gar vil gut' vn edel' gäbe gebe habe beide an im selben rn an den kreaturen
ic doch die lobliehest vn da rilichest gäbe die er gegab an kreaiure od> ein im selbe
de was disü vfi moht ins mit nute and'm als uöllekliehen hon geoffenet vn beweret
die miltekeit vn die güti sins miauende h'xe als mit diser gäbe. Och ist si vns die
aller nüxxest gäbe die er vns gebe muhte, rn ist frölieh' rn lustlicher dene (56b)
alle die attd'n gäbe die er vns gegebe hat. rn ivavö ab' das si de m'kent. Ir wissent
wol. vö nattir so mittne ich all' meist de ding de mir aller glichest ist. vn so mir
dax ic naher bi ist vn mir ie heimlieh' vn inrer ist so min fröde ic gröxer ist.
rn so ich dene des selben dinges bch ie gewaltig' rn ic sich'r bin de er mir blibc
so ab' min frude ie uolkomn' vn ic steter ist. vn alsus ist es umb die edelen gäbe
den heilige fronliehame. Dax. ist wol war. Got hat vns groxlieh vn in manig wise
gemeinet mit sinen gäbe. Er hat vns gegebe xem erste vnbescheiden oder vnu'nünftig
kreatxen als himel rn erde vn alles dax- de dar ine ist de solte vns edles vnd'tenig
sin gewesen tv'en wir im nit vngehorsam worde. Als d' wissag spchz,. Omia
sb'iecisti sab pedibx ei9. 0 h're du hast dem 'mensche ellü ding geioorfe vnd'
sine fasse. Darnach gajt er vns sine heilige engele de sü vnser phlegin vn vns
dientin. rn ab' darnah xem dritte male do gap er vns sich selbe, in manig'wise.
Er gap vns xem erste sich, selbe xe einem bruder. dax /ras do er ins' nature an
sieh nam. vn darnach \c einem geselle, de a-as do er geborn wart an dis /reit ein
kint. Ab' darnah (57 a) do gap er sich rns xa einem meist' rn xe eime lerer, dax
a-as an sin' bredie vn an sin' lere. Dato spch er \ii sitzen iüg'n. vos uocatis
tne tnagr x c'1. Ir heissent mich meister vn h're vn spreehent wol wä ich bin
es bch. Ab' dar nach do gajt er sieh vns \e einem leitet-, de /ras a dem gute bilde
de er rns vor trüg an sitae tugetlichen leben. Da vö sßch er lieh \ä sine iüg'n
Exem/t/a dedi t/ob* x c'1. Ich hob reit ein vorbilde gegebe de ir taut als bch
ich getan hob. rn dam spch$ bch d' wissage. Dux faisti x c'1. h'r da
bist ein leit' geivese in diu' erb'mde ditne uolke de du erlaset hast. Afr hie
nach do gap er sieh :e w'de für rns. de was an sin' mart' rn an sinte tbde
da mit er rns wider hoffe rn erlöste vö des tieuels gewalte vn, vö sine hreftigen
bände. Dis /rare alles gar grox vn r Hielte gäbe die vns xbgtett im offeneten
sin millekeile vn, sin güti de die groxe vn rnxallich sint. Aber doch do /rare
si vns ndt gar mincklieh noch frölieh. wä si rns nit glich, /rare, noch /raren vns
n/'it gar lustlich trat/ sü rns nit gegetrntiig wäre. Sü /rare rns och nit als gar
tt/i/xe noch als beheglich trä sä wäre vns frbtndc. vn /rare ir n/sich'. Ab' da rns
vnser h're sich selbe gap xe ein' spise vn xe eine franke (f>7b) do wart dis alles
uolbraeht. wä er wart rtts gar mmekliek vn gar gi flieh vn bch gar nütze, vn
tibllekliclte frölieh. vn toüneklich. Er wart vns davö gar mlneklieh vn wünneklich
wä er wolt vns da, glich w'de vn /rolle rns als gar v'wandlen in sin glich sami dax
wir r'eht ein ding wurden 1 ime rn mit im. Das bewarte er wol mit deme getiefte
de er sinen vatt' bat. raff ich bitte dich als ich vn da ein ding sien de bch s/i,
tin il/g w'de mit rns. vn die v'einunge wirt entxwisehent vns vn gotte vö d' edlen
sjjise so wir die icirdeklich messen so to'den wir in got verwandlet. Als vnser
h' spch xü sant Augnstino. Nee tu nie x c'1. Du ensolt mich nit in dich r'tran-
1) Rot unterstrichen.
EINE ALEMANNISCHE FRONLEICHNAMSPREDIGT 61
delen als die spise dines libes. mer du so/f in mich verwandelt w'den. vn reht
xe glich' ivise als vnser h're vnser glichsami an sieh nain do er nieselt wart, also
neme wir sin gliehsami an ins so wir sinen lichamen enpkahe. vn lue vö so ist
vns disü gäbe aller minneldi ehest wä si vns all' glichest ist. Si ist ins öch aller
girlichest vnd aller frSliehest wä si ist vns aller heinliehest vn aller ndhste bi ins.
vn ist ins ioch als gar nahe de si mit vns vn wir mit ir gar v'eint w'den. vnd
dax si ons're sele noch heinlieh1, vn inrer ist dene si ir selb' si. vn hie vö
so ist si vns Seh aller nützest wä si all' eigelichest vns* ist. vn ire aller beste
geniesse tauge vn ist vnser fröde daran uolkomen wä wir sicher sien de si niemä
mag vö ins geneme. vn alsus ist es nit wmb kein attd1 gäbe, sü sint alle vö vns
geuerref vn gefrSmdet. vn sint vns vnbekätlich vn sien ire vnsich'. vn da vö reht
lieh '.e sprechetie so ist enkein gäbe die vns got ie gap als eigenlieh ins' als
tlist't. Was bestat mich m in brüd' vn tnin g< seile, od' trn\ bestai mich min
meist' rü min lerer, vn min leit' od' min erloser. Es ist alles hie engege nit \e
biet' )>p. wä es ist olles ein frömde dittg vn ist gesund't vn geuerret rü mir. ab'
distl gäbe mit dem de si vns gegebe ist so sien wir mit dein gebenden vn mit en-
thaltene abgäbe in ein einikeit xe samt7 v'einet dax enkein sund'unge enxwischent
vns ist. rü dis ist dene die edel vn die rilich gäbe die vns got gebe hat die
wir billieh alle %it trage sülent in vnser gehügde de loir ir nieti/1 v'gessen.
wan de ist bexeichent in <V alte e bi dem himelbrote da mit vnser h're die
itnh u spiste in d' ivüsti. de Itiex (58lj) er sü gehalten den künftigen gesehlehten
die nach inen honte solten rü sßch also. Netnet üw* mes de da heisset Gomor
vn füllent es himelbrotes vn gehaltent es in du künftigen geschieht Bi dem
messe Gomor ist bezeichet vns1 h'r ih's xpc. ab* bi d* müsse da dar in gieng
ist bexeichent der glöbe d' heilige drmaltikeit. vn du uÖlli Gomor sol behalte
w'den in t'ti künftige geschieht. dax ist de <!' glöbe sol behalte wsden. vm an da\
ende <!' trelt. ab' de himelbrot da bi ist bexeichent die heilikeit v'nsers h're fron-
lichame den ins* glöbe da erkenne so/ de er ein brot ist da mitte vns got spiset
in d' wüstin dix eilende lebens. vn also han wir dene gem'ket wie du edel spise
goltes lichame ds gelingende kraft vns're sele ist ein gehügde gottes mute vn vns're
erlösüge im och d' rilich i sin1 w'den gäbe. Ab' xcni and'n male so ist ins tlist't
spise gegebe xe einem iv,und'. de du and' kraft vns'r sele du da heisset v'nunft
iem'me gespiset w'de mit tound'e. trän als ril ist des si sich rindet an ir %e
wund'enne de ire ds spise niem' gebristet swene si si an ir stielte teil. Ab*
suud'lich so sint xwei trüd' d'o sich vnser v'nunft iem'me wund'en mag. De erste
ist. warumb sich vns' h're (59a) vö himelrich d' gewaltige got vns arme menschen
wolle xe ein' spise gebe. Dax ist ein ding de trol \e wund'enne ist. wä es wart
nie i/üt gehöret de wund'lich' macht sin den de got selbe ein spise icordc ist. Ab'
war umbe er fürbas wolte ein spise w'den dene iht anders do er sich vns wolle
geben. Dax tet er davö wä sin gStlichü wisheit trol erkäde de er ins enkeinen weg
als reht nütxe moht gesiti als in den weg de er vnser spise wurde. Ab1 wa vö wir
diser spise notdürftig treriu vn in treten weg si ras nütx' den iht and's de tra\
durch dri suche. Die erste suche ist. wä mensehliehü nature des ersten wart
rerirertsulet vn totlich vö ein' spise. davö fügte sich dax aller beste do si got
te'ft tauche trotte de er dax tele öeh mit einer spise. vn nlse die erst spise du ins
da den tot brachte als du gewachsen was uf dem honte d* wisheit du da erkätnisst
gap beidü gutes vn vbels. also ist och disü spise die vns das leben hat wid' brüht du
ist geuuehsen uf deme bbme d' ivisheit du da got selb' ist d' ewig sau in d' driualt-
62 NEBKRT, EINE ALEMANNISCHE FRONLEICHNAMSPREDIGT
keit d> da mesch ist worde rn sich gegebe hat ins %e ein* spise. vn also hat er es
geordnet reht als der alt vient anschlich (59 b) Jcünne hatte ertötet mit ds spise de
er ins also hat wid'gegeben dax heil des ewige lebens och mit ein' spise. vn davö
so singet Seh du kristenheit also. Hoc op9 nr'e salutis or. depo. x cA.' Die
ordenüge vns's heiles vord'te dis werk vn de d' list des kundigen Kraters wurd mit
disem liste betröge, vn de er dannan dise arxenie brehte da och d' riet hatte ver-
seret. Di and'- saehe davö ivir och diser spise bedorften de was d1 gebresie vns're
nature. wä ins' natur also gescJtaffen ist de si ane spise nüt were mag rn nit
allein des libes nature mer bch der sele. wä reht als ir scheut de des libes natur
v'derbe m/r, sinne ir gebristet tiplich'spise also möht (ich (V sei natur niem' bestem
in ir kreftig1 tugent hette ir got dise edelen spise niht gegebe, vn du sterlcet si vn hilfet
ir de si in ir leraft blibet. vn davö bitte wir bch got alle tag diser spise so wir
sprechen. Panem, nostrü eottid ianil da nob' hodie.1 H'r ins' teglich brot
gib ins hatte, vn de selb ist ins bch bexeichent in dem ewangelio da inser Irr
spch Mich erbarmet das uolk wä es ist mir iexe drie tage naehgeuolget rn enhat
nüt de es esse, laxe ich sü alsus vö mir (60a) ane spise so gebristet inen uf dem
wege. Bi disem uollce sint betütet die lüte die hie vor wäre vor insers h'ren ge-
barte, ab' bi dien drin tage sint bezeichet dr drd gexit die da liine gegange wäre
e rnser h're mesch wurde. Dax erste xit de ioas ein xit % dem lepten die lüte
nüwä nach d' e ir nature. Die and1 xit l dem lepten die Jute nach d1 geschrib'n
e. Ab' de dritte xit was % dem die lüte lebten nach d* wissage lere, rnd in diso/
drin xite do hatte sü nit xe essene. wan got hatte denoch dise spise dem mensche
nit gegebe, aber nach disen drin xite do wolt er den mensche nit nie laxe ane
spise in dem xite der gnaden de im ich/ gebreste uf dem wege. Die dritte sache
davö wir bch wol bedorften diser spise de /ras du. wä mensekliehü geschephde ist
ein bescheiden Jcreature. so enfüget ir kein spise eigen//'/-//' dene de gottes wort de
füget ir natur aller best xe füre, vn dax bew'et rnser h're selbe da er spch§. No
/ solo pane ui. hö. % e'. D' mensch lebt nit allein des brote9 suncV bch vö eime
iekliche //orte de da für gat vö dem munde gottes. rn davö wä dene dem menschen
enkein spise als icol noch als eigenlich füget als gottes wort so //at ins fnss h're de
selb (60 b) wund'lich geordnet vnd beneimet xe ein1 spise vn m'kent wie. Gut d1
hat geschaffen xiveierhand bescheiden Jcreature. de ist d' enget vn df mesch. den
enget hat er geschaffen einen lut'en geist ane lij>. ab1 den mensche hat er also ge-
schaffen de du sele in gelibet vn h/gefüget ist zfi dem libe vn mit im vereinet- vn
disen xwein kreature hat rnser h're beneimet vn geordent de si beide ir spise
rn ir füre habe an dem eivigen gottes wort de got selbe ist. vn doch nit glich
wä ietwed're nach ir masse als es ir aller beste füget. D' enget wä d' ane
lip ist nüwä ein tut' geist davö so wirt er gespiset mit dem worte gottes
als es ist nach ds götliche ewikeit an ime selbe ane lip. ab' dem mesche
wä d' liplich ist dem ist de selb gottes wort ein spise nach dem als es
mesch vn fleisch worde ist. vn davö spch er bch. Caro mea u'e % cib9.1 Min
fleisch ist ein geiverü spise vn min blül ist ein gewäres trank, vn dis ist denne
ein wund' warumbe sich got wolte gebe xe einer spise. Wir vinde bch and' suchen
d' wir ins bch sere wund'en muge. de ist de er sich hat gegebe a/s gar v'dccket
de in mesehlich smne mit nüti begrifen muget noch r'stan. wie od' was es si//
mug wä nach des glbbe sage, vn dax ist ins wol l/excic/i/'/it bi
1) Rol unterstrichen.
NAUMBURG (SAAI.K). DR. NEBERT.
MENSING CBER WESSEL , MIID. LESEBUCH G3
LITTEEATUE.
1. Mittelhochdeutsches lesebuch für die obersekunda höherer lehran-
st alt en von P. Wessel. Gotha 1898 (Perthes). 3°. 92 s. 1 m.
2. Geschichte der deutschen dichtung für die oberen klassen höherer
Lehranstalten. Von P. Wessel. Bis zur reforniation. Für obersekunda. Gotha
1898 (Perthes). 36 s. 0,60 in.
3. Heliand nebst einem anhange über Otfrieds evangelienbuch, ausgewählt.
übersetzt und erläutert von J. Seiler (Denkm. d. älteren deutschen litteratur,
herausg. v. Bötticher u. Kinzel II, 3). Halle 1900. VIII, 83 s. 0,80 m.
In welchem mnfange und in welcher weise den schülern unserer höheren lehr-
anstalten die ältere deutsche spräche und ihre denkmäler zugänglich zu machen seien,
darüber gehen die meinungen in den beteiligten kreisen seit langem stark auseinander.
Die preussischen lehrpläne von 1892 ' beschränken die belehrung über dieses gebiet
auf die obersekunda, der sie ausserdem noch manche andere aufgaben, wie die
lektüre des Wallenstein, des Egmont oder Götz, zuweisen. Sie bestimmen für diese
klasse „einfuhrung in das Nibelungenlied unter mitteilung von proben aus dem urtext,
die vom lehrer zu lesen und zu erklären sind", und schreiben ausserdem ..einzelne
sprachgeschichtliche belehrungen durch typische beispiele" vor. Man kann den wert-
laut dieser bestimmung nicht wol anders verstehen, als dass die schüler die mhd.
spräche nur aus den vom lehrer vorgetragenen und erläuterten proben ohne eigene
Versenkung in den stoff kennen lernen sollen, jedenfalls also ohne selbst den Original-
text in bänden zu haben. Wenn trotzdem weiterhin vortrage der schüler „über den
inbalt bedeutenderer rnhd. dichtungen" gefordert werden, so können diese bei dem
mangel sprachlicher kenntnisse nur nach Übersetzungen, oder — was noch schlimmer
ist. aber auch vorkommen soll — nach den umfassenden inhaltsangaben in den
grösseren litteraturgeschichten, also als excerpte von excerpten angefei"tigt werden.
Ein bedenkliches verfahren; denn jeder weiss, wie wenig gutes wir gerade auf dem
gebiete der Übertragung aus dem mhd. besitzen, und wie eng gerade '"'im mhd. de'
form mit dem inhalt zusammenhängt. Der verzieht auf sie bedeutet zugleich den
verzieht auf ein inneres erfassen des Stoffes. Im laufe des letzten Jahrzehnts bat
sich denn auch immer mehr die ansiebt bahn gebrochen, dass ohne erlemung der
mhd. spräche das ziel nur unvollkommen erreicht wird. Dass diese erlernung nicht
wie die einer fremden spräche vor sich gehen soll, dass sie nicht auf erwerbung
grammatischer kenntnisse ausgehen, sondern das Verständnis der sprachlichen form
und dadurch des inhalts unserer grossen mhd. litteratur erstreben soll, ist selbst-
verständlich und bis zum überdruss betont. Man soll dabei nur nicht übersehen,
dass auch sprachliche belehrungen an sich wert und berechtigung haben, wenn sie
in einer den schüler anregenden und ihm verständlichen form gegeben werden.
Nirgend auf der schiüe ist es sonst mit so geringer mühe möglich, verschiedene
stufen derselben spräche miteinander zu vergleichen und die gesetzmässige entwicklung
sprachlicher Vorgänge zur anschauung zu bringen. Es wäre unrecht und undankbar,
diese gelegenheit zu versäumen. Niemand denkt daran, auf der schule germanisten
heranzubilden. Aber soviel sollte doch jeder von seiner muttersprache erfahren, dass
er über die hauptgesetze ihrer entwickelung aufgeklärt wird und einen leichten mhd.
1) Inzwischen sind zu ostern 1901 neue lehrpläne erschienen, in denen ein
teil der oben zum au-dnvk gebrachten wünsche erfüllt i-t.
64 MENSING
text ohne chwierigkeh1 verstehen und gemessen kann. "Wie die sache heilte
steht, gehen noch immer viele schaler ins leben, ohne je das wort lautverschiehnng
gehört oder eine Vorstellung von dem unterschiede der sprachstufen und dialekte
auch nur in den gröhsten zügen gewonnen zu hahen. Und das ist um so eher der fall,
als selbst in der einzigen Masse, in der eine etwas ausführlichere hehandlung sprach-
licher probleme möglieh ist. in der obersekunda, der deutsehe Unterricht oft in den
Händen germanistisch nicht oder ungenügend vorgebildeter lehrer liegt. Es wäre an
der zeit, hier wände! zu schaffen. Vor allem müssen die schüler den mhd. text in
die hände bekommen; bei den blossen „proben" und beim vorlesen durch den lehrer
kommt nichts heraus. Wer erfahren hat, mit wie lebhaftem Interesse die schüler
der erklärung mhd. texte folgen, und weiss, dass hier mit verhältnismässig geringer
mühe in kurzer zeit achtbares erreicht werden kann, wird den bedenken, die gerade
aus germanistischen kreisen gegen diesen unterrichtszweig erhoben worden sind, nicht
zustimmen können, als ob es sich dabei um verwerfliches halbwissen oder gar
stümperei handle. Weiter aber wäre es sehr wünschenswert, dass die obersekunda
ganz für die beschäftigung mit der älteren deutschen spräche und litteratur freige-
geben würde. An wertvollem bildungsstoff ist doch wahrlich kein mangel und eiu-
seitigkeit nicht zu befürchten, zumal wenn man wie billig beim Nibelungenliede
au --er der nordischen Überlieferung auch die neueren bearbeitungen des Stoffes durch
Geibel, Hebbel und Jordan zum vergleich heranzieht; dadurch wird dann auch der
von manchen Seiten befürchteten schmälerung der neueren litteratur begegnet. Dass
den schillern dabei ein klassisches drama weniger interpretiert wird, halte ich für
kein so grosses Unglück; die masse bringt es auch hier nicht, und der Wallenstein
seheint mir ohnedies mehr für die prima geeignet. "Will man sich amtlich zu einer
so durchgreifenden änderung nicht entschliessen, so steht es doch in der band jedes
lehrers, ohne den Wortlaut der Verfügungen zu verletzen, die lektüre der modernen
dramen so zu beschränken, dass dreiviertel des jahres auf die ältere zeit verwendet
werden; dies halte ich aber auch für das mindestmass.
Seit die erkenntnis von dem bildungswerte der mhd. spräche und litteratur
immer weitere kreise ergriffen hat, ist — wie das bei der blühenden schulbuch-
industrie unserer tage nicht anders zu erwarten war — eine wahre flut von hilfs-
mitteln für die band der schüler und lehrer hereingebrochen. Berufene und unbe-
rufene haben gewetteifert, durch herausgäbe von sprachproben, Inhaltsangaben und
leitfäden der älteren litteraturgeschichte sich auf dem neu erschlossenen arbeitsfelde
zu bethätigen, und neben manchem brauchbaren ist viel minderwertiges entstanden.
Die hier kurz zu besprechenden Schriften gehören zu den besseren in ihrer gattung.
W esseis lesebuch bietet zunächst eine etwa 500 Strophen umfassende aus-
wahl aus dem Nibelungenliede. Jede auswahJ hat naturgemäss ihr missliches. Sie
beschränkt den lehrer in seiner freiheit und bindet ihn in oft unliebsamer weise an
den geschmack des herausgebers. Was man schön, was wichtig, was unerlässlich
findet, darüber werden stets quot capita tot sensus sein. So kann ich es von meinem
tandpunkte aus nicht billigen, dass W. die erzählung von dergewinnimgdeshortesundvom
drachenkampf unterdrückt; denn dieser abschnitt erweist sich beim vergleich mit den
entsprechenden stücken der Edda als besonders fruchtbar für die hehandlung im
Unterricht. Viel zu gross ist mir auch die lücke, die zwischen str. 985 und 1596
klafft und die nur durch andeutende prosaerzählung ausgefüllt wird. Seilen denn
die schüler von diesem teile des liedes wirklich nichts weiter erfahren oder sollen
sie hier etwa doch wieder die Übersetzung zur band nehmen? Dann aber hat ja auch
ÜBEK WESSEL, MHD. LESEBUCH 65
die dürftige inhaltsangabe keinen zweck. Die fehlenden abschnitte bieten zur Charakte-
ristik Kriemhildens und Hagens so wichtige beitrage, dass sie schwer entbehrt werden
u: manchem besonders lehrreichen aufsatzthema wird dadurch der boden ent-
. Ich stehe überhaupt auf dem Standpunkte, dass es besser ist, wenige denk-
mäler gründlich zu lesen als viele oberflächlich, und niuss mich oft genug wundern,
wenn ich beim durchblättern der Jahresberichte sehe, welche fülle von stoff an
manchen anstalten im laufe eines jahres den schillern dargeboten wird, z. b. ausser
Nibelungen, Gudrun und Walther noch drei, vier, ja fünf klassische dramen! Eine
wenig beneidenswerte Vielseitigkeit! ich will damit natürlich nicht sagen, dass man
das Nibelungenlied in seiner ganzen ausdehnung strophe für Strophe lesen und be-
handeln müsse; jeder weiss zur genüge, wie viele öde und trockene partien sich
finden, die dem schüler erspart bleiben müssen. Die auswabJ von Wessel aber ge-
nügt meinen bedürfnissen nicht. So vermisse ich noch aufs schmerzlichste die
prachtvolle Schilderung von "Wolfharts tod, um so mehr als doch der beginn des
kampfes der Amelungen ziemlich ausführlich gegeben ist. Die letzten abschnitte des
liedes sind übrigens in erfreulicher Vollständigkeit geboten.
Die Gudrun kann sich für die unterrichtliche behandlung an wert mit den
Nibelungen nicht von ferne messen. Sie bietet nicht annähernd jene psychologischen
Probleme dar, deren aufdeckung und lösung die behandlung des Nibelungenliedes so
reizvoll und gewinnbringend macht. Auch mahnt die zeit zur beschränkung. So
mag die knappe auswahl, die W. hier getroffen hat, genügen. Ton der lektüre und
behandlung des Armen Heinrich, aus dem W. einige 600 verse gibt, würde ich ganz
absehen. Lernen die schüler genug mhd.. um ihn privatim lesen zu können, so mag
man eine stunde der zusammenfassenden besprechung widmen oder den stoff zu den
vorgeschriebenen vortragen ausbeuten; sonst drängt die zeit zu wichtigeren aufgaben.
Walther von der Yogelweide darf von ihr ein gutes teil beanspruchen. Was W. aus
ihm ausgewählt hat, ist recht hübsch geordnet und vollkommen ausreichend, tun den
Schülern ein bild von dieser dichterpersönlichkeit zugeben. Nur wären als einleitung
ein paar lieder aus Minnesangs frühling willkommen gewesen.
Dass "W. sein lesebuch absichtlich ohne lexikon gelassen hat, dünkt mich kein
vorteil. Ich vermag beim besten willen nicht einzusehen, warum den Schülern nicht
hin und wieder abschnitte zur häuslichen Vorbereitung aufgegeben werden sollen,
natürlich nachdem die erste einfuhrung erledigt und die wichtigsten formalen Schwierig-
keiten aus dem wege geräumt sind. Fürchtet man etwa den schillern dadurch den
genuss zu verderben? Ich glaube, viele werden dieser Vorbereitung wesentlich mehr
geschmack abgewinnen als der allgemein üblichen präparation der antiken schriftsteiler.
Aber auch wenn man mit W. die lektüre ausschliesslich in die stunde verlegt, wird
ein kurzes glossar — etwa in der art wie Bötticher und Kinzel es ihrer ausgäbe des
Nibelungenliedes beigegeben haben — von grossem nutzen sein, da doch nicht jeder
schüler die bedeutung aller werter sich im unterlichte gleich zu eigen machen wird.
Um die „aneignung des Inhalts auf grund der klassenlektüre" wird es dann nicht
immer gut bestellt sein.
In enger beziehung zu dem lesebuche steht die Geschichte der deutschen
dichtung. die W. herausgegeben hat. Man kann ja darüber streiten, ob man den
scbülern überhaupt ein solches lehrbuch in die band geben soll. An sehr vielen
anstalten geschieht es nicht. Wo es geschieht, niuss jedenfalls mit Sorgfalt die
klippe vermieden werden, dass die behandlung der geschichte der litteratur vor
der einführung in die dichterwerke selbst in den Vordergrund trete. Die betrachtung
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 5
6G MENSING ÖBEE WESSEL. &ESCH. D. DEUTSCH. DICHTUNG UND ÜBEH SEILER, HELIAND USW.
der einzeldichtung als kunstwerk, ihre logische und ästhetische erläuterung bleibt für
die schule immer und unter allen umständen die hauptsache. — Wessels leitfaden
i-t ein brauchbares buch, klar und übersichtlich in der anordnimg, kurz und knapp
in der form. Nur weniges habe ich mir angemerkt. So halte ich es nicht für ange-
messen, als muster der Nibelungenstrophe gerade eine strophe mit cäsurrehn anzu-
führen; auch verstehe ich nicht, warum die kurze bemerkung über die Liederedda
unter dem abschnitte „Kudrun" erscheint, und nicht vielmehr, wo sie allein am
platze ist, beim Nibelungenliede. Wenn von Eeineke Yos gesagt wird, der stoff sei
in die form einer gerichtsverhandlung gekleidet, so kann das missverständnisse
hervorrufen.
Aufs entschiedenste aber muss ich gegen die behauptung Ws. (vorwort s. V)
Verwahrung einlegen, dass die nordische sage beim Nibelungenliede besser unberührt
gelassen werde, da das deutsche epos ohne sie verständlich sei, ja deren heranziehung
den schüler mehr verwirre als kläre. Ich bin genau der entgegengesetzten meinung:
ein wirkliches Verständnis des Nibelungenliedes ist nur bei heranziehung der nordischen
Überlieferung möglich. "Was soll sich denn der schüler bei dem Verhältnis Siegfrids
zu Brünhilde, bei ihrer ersten begegnung denken? Was will man mit stellen wie
Nib. 746 oder 106 fgg. — falls man sie nicht auslässt — anfangen? Wie soll sich
der schüler das völlige verschwinden Biunliildens aus der handlung nach Siegfrids
tode erklären? Diese und andere fragen beantwortet doch nur die Edda. Sodann
aber kenne ich kaum ein anregenderes und dankbareres thema aus dem ganzen Unter-
richt der obersekunda als einen eingehenden vergleich der nordischen sagengestalt
mit der deutschen. Schon die blosse darbietung der nordischen Überlieferung un-
mittelbar nach der quelle ist vom höchsten reize, zumal wenn man die Geringsche
Übersetzung zu gründe legt und reichliche proben aus ihr mitteilt. Der vergleich mit
dem Nibelungenhede aber ist vorzüglich geeignet, die schüler zu scharfem denken
zu zwingen und ihnen auf einem gebiete, das ihre fassungskraft nicht übersteigt,
eine Vorstellung von der behandlung wissenschaftlicher piobleme zu gehen. Jeder,
der einmal die lüsung der mannigfachen fragen, die sieh hier ungesucht darbieten,
in der schule versucht und die schüler bei der arbeit gesehen hat, wird diesem
stoffe nicht leicht wieder untreu werden.
Unter den hilfsmitteln für die schulmässige behandlung der älteren litteratur-
geschichte nehmen die von Bötticher und Xinzel herausgegebenen „Denkmäler",
obwol unter sich von verschiedenem weile, eine hervorragende Stellung ein. Ais
neusti s lieft dieser Sammlung ist die auswahl aus dem Heliand in hochdeutscher
Übertragung von Seiler erschienen. Da^ der Heliand wertvollen bildungsstoffe ge-
nug enthält, um der schullektüre zugänglich gemacht zu werden, soll gewiss nicht
geleugnet werden. Aber es ist mir unerfindlich, woher man bei der jetzigen läge
der dinge die zeit nehmen will, sich in der von Seiler beabsichtigten und befür-
worteten weise mit diesem epos zu beschäftigen. Ich fürchte doch, dass näher-
liegende aufgaben darunter werden leiden müssen, und meine, dass man sich bei
der jetzt zur Verfügung stehenden zeit auf eine kurze besprechung unter hervor-
hebung der besonders charakteristischen züge der dichtung wird beschränken müssen.
Dabei kann für solche, welche dem stoffe ferner stehen, die gut unterrichtende
einleitung von Seiler nützliche ebenste thun. Die Übertragung, in der die allit-
teration streng durchgeführt ist und zwar so, dass im zweiten halbvers der Stab-
reim stets auf der ersten liebung ruht, liest sich ziemlich leicht, sehr viel leichter
als das original, da der Übersetzer durch kürzungen des textes das übermässige
CLBMKN ÜBER ZWINGL1 F.D. WALTHER UND COCHLAEUS ED. HOLSTEIN 67
anschwellen der verse vermieden hat. Dabei bat freilich eine eigentümlichkeit des
Heliand, die reiche anwendung von nachgestellten appositionen und die häufung von
synonymen, zum teil geopfert werden müssen. Der ton ist sonst wol im allgemeinen
getroffen. Doch scheint mir die Übersetzung von Hei. 752 ni biscribim ioioikt durch
es scheerten sich garnicht die männer um den frevel (s. 30. 172) unangemessen; sie
ist wol auf ..allitterationsnot" zurückzuführen. Auf derselben Seite zeile 155 ist
übrigens später statt früher zu lesen. Auch kann ich es nicht billigen, dass Seiler
die epische formel dat gifragn ?'/.-. deren bedeutung er selbst in der einleitung her-
vorhebt, bei der Übertragung, soviel ich sehe, überall unterdrückt hat (z. b. III, 26.
IV. 79).
KIF.L IM DEZEMBER 1900. OTTO MENSTNG.
Huldrich Zwingli, Von freiheit der speisen. Eine reformationsschrift von — 1522.
Herausgegeben von Otto Walther.
Johann Vogel gesang (Cochlaeus), Ein heimlich gespräch von der tragedia Johannis
Hassen 1538. Herausgegeben von Hugo Holstein.
Neudrucke deutscher litteraturwerke des XVI. und XVII. Jahrhunderts nr. 173
bez. 174 = Flugschriften aus der reformationszeit XVI bez. XVIT. Halle a. S.,
Max Niemeyer, 1900. XII, 42 bez. VIII, 36 s. Je 60 pf.
Bekanntlich gibt es weder eine genügende gesamtausgabe von Zwingiis werken
noch eine handliche Sammlung seiner wichtigsten Schriften. So ist es dankbar zu
begrüssen, dass die redaktion der „Neudrucke" die erste reformatorische schritt
Zwingiis neu hat ausgehen lassen. Der herausgeber hat sich freilich seine aufgäbe
recht leicht gemacht. In der einleitung berichtet er im anschluss an Stähelins grosse
biographie über die entstehung der Schrift, zählt dann die ausgaben auf und rangiert
sie. Dabei citiert er Finslers Zwinglibibliographie, die übrigens 1897, nicht 1877
erschienen ist, hat sich aber keineswegs die Sorgfalt desselben zum inuster genommen.
Die titelcopien sind so ungenau, dass sie einfach unbrauchbar sind. Von Finsler
] d ex. auch auf der Zwickauer ratsschulbibliothek. Dem text sind keinerlei an-
merkungen beigegeben, nicht einmal die schriftstellen sind rectificiert. Leide]- ist auch
der abdruck selbst fehlerhaft.
Kulturgeschichtlich interessant ist das „Heimliche gespräch". über das schon
G. Kawerau, Job. Agricola (1881) s. 122 fgg. ausführlich gehandelt hat. Ist Cochlaeus
wirklich der Verfasser, dann drängt sich die frage auf, aus welcher quelle ihm die
unmenge "Wittenberger stadt- und universitätsklatsch zugieng. Es muss in Wittenberg
eine clique gegeben haben, die mit giftigen warfen gegen den allbeherrschenden ein-
fluss Luthers und seiner paladine ankämpfte und Verleumdungen ausstreute. Obgleich
die Unterhaltung der ehefrauen der reformatoren im 4. und 5. act „ von gemeinheit
und unsauberkeit strotzt." (Kawerau s. 125), so ist die gelungene Charakteristik doch
bewundernswert: Frau Käte, ein üppiges tier, dämm dass sie ein wenig adel ist, die
ihrem herrn doctor alles abschmeicheln kann, Melanchthons frau, die sich immer
zurückgesetzt fühlt, frau pröbstin, die unter der eifersucht ihres Jonas zu leiden hat
und schnell nach hause muss, damit er sie nicht verdächtigt, endlich die gnädige frau
bischofin von Altenburg, der ihr dürres, zappelndes männlein Spalatin alles kauft, was
sie haben will (s. 26 und 6), um sie für das, was sie sonst in der ehe entbehren
muss. zu entschädigen.
5*
68 WUNDERLICH
Die einleitung enthält das zum Verständnis notwendige. Bemerkt .sei noch, dass
von Agricolas „Tragedia Johannis Huss" ein nacbdruck bei "Wolfgang Meyerpeck in
Zwickau erschien (vgl. Archiv für geschichte des deutschen buchhandels XVI s. 167
nr. 533; ex. Zwickau VIII. IX. 2; hier auch ein ex. der 2. ausgäbe des Heimlichen
gespiächs).
Auch Holstein hat den text nicht commentiert. Zu s. 30: „Habt jr nit einen
guten starken Kötsperger?" sei bemerkt, dass liier wie bei Mathesius (Loesche in
der Zeitschr. für deutsche Wortforschung I 237) damit wein aus Kötzschenbroda bei
Dresden gemeint ist (vgl. Seidemann, Beiträge zur reformationsgeschichte 1 11 anm.
und 0. Meltzer, Die kreuzschule zu Dresden bis zur einführung der Information 1539,
Dresden 1886, s. 42 a. 67).
ZWICKAU. OTTO CLEMEN.
Deutsches Wörterbuch von dr. Ferdinand Detter. Sammlung Göschen 1897.
XXIII, 147 s. geb. 2 m.
Deutscher Sprachschatz für lehrer und freunde unserer muttersprache von
A. Braun. Leipzig, F. Brandstetter. VI, 212 s. 2,50 m.
1. In Detters Wörterbuch stehen, form und inhalt in seltsamem missverhältnis.
Die etymologie von mehr als zwei tausend deutschen worten wird auf grund einer
sorgfältigen nacliprüfung fremder forschung und auf grund zahlreicher eigener auf-
stellungen in den rahmen eingepresst, den die Sammlung Göschen ihren ausgaben
zieht. Dadurch ist zunächst eine auswahl innerhalb des Wortschatzes bedingt, die
der Verfasser jedoch nicht mit rücksicht auf seinen etwaigen leserkreis, sondern ganz
aus seinen wissenschaftlichen neigungen heraus trifft. Es fehlen z. b. in dem abschnitt
zwischen gewähren und gleich worte wie gewalt, gewerbe, genrJir, gewissen, gc-
witter, glaube; nicht einmal unter ivalten, iverben, wehren, ivisscn, weiter, glauben
ist auf diese viel verbreiteten bildungen aufmerksam gemacht, wählend Gewicht
wenigstens unter wägen erwähnt wird. Ein deutsches Wörterbuch aber, in dem nicht
einmal glaube und gewissen eine statte finden, schliesst die funktionell eines nach-
schlagebuches von vornherein aus.
Vielleicht rechnet aber der Verfasser mit einer zusammenhängenden lektiire
bei den lesern, vielleicht will er einen überblick über die wichtigsten erscheinungen
innerhalb des deutschen Wortschatzes, einen einblick in die gesetze geben, die das
werden und vergehen unserer worte beherrschen. Dann leidet die anläge an grund-
fehlern. Die wortangaben sind so knapp gefasst, dass sie meist nur dem verständlich
werden, der die geschichte der einzelnen Wörter schon kennt, vgl. z. b. zu lenx (s. 63),
In ■■// (s. 123) u.a., von einer herausarbeitung des typischen kann natürlich erst recht nicht
die rede sein. Vielfach leidet sogar die richtigkeit der aufstellung, das bild verschiebt
sich in der enge der formel, so wenn dem collectiv getregede (s. getreide) die grund-
bedeutung ertrag untergeschoben wird oder wenn zu alid. teeren (s. gewähren) nur
garantir in parallele tritt, vgl. auch aberglaube s. 1 u. a.
Noch weniger stimmt der allgemeine teil, der den einzelnen wortangaben
vorangeht, zu dem plan, den wir für das büchlein annehmen müssen. Die ergebnisse
der indogermanischen Sprachwissenschaft in einer „nuss" zu verabreichen, das ist
dem Verfasser allerdings in erstaunlichem grade gelungen, soweit wir die leistung
als solche ins äuge fassen. Aber als einleitung für ein Deutsches Wörterbuch scheint
uns dieser teil gänzlich überflüssig. Dagegen vermissen wir an denjenigen ausführungen,
ÜBER DETTER, DEUTSCHES WÖRTERBUCH U. ÜBER BRAUN. DEUTSCHER SPRACHSCHATZ 69
die in die Wortforschung übergreifen, die Zusammenstellung der wesentlichen züge. So
müsste vor allem die eine tatsache eindringlich betont werden, die jedem anfänger
und laien so schwer eingeht, dass die erscheinungen des wandeis und der Ver-
kümmerung, die uns die formenlehre aufdeckt, mit ähnlicher gesetzmässigkeit auch
in der bedeutungslehre wirksam sind. Die Jahrhunderte, die ein wort von mund zu
mund weiter leben lassen, zehreu an bedeutungsgehalt des wortes so gut wie au
dessen form; es ist bekannt, dass der anfänger beim lesen älterer texte nirgends so
leicht in die irre geht, als wenn er auf worte stösst, die er sich getraut, aus der
heutigen spräche zu deuten. Es ist das eine beobachtung, die sich selbst der Sprach-
forscher nicht oft genug in das gedächtnis rufen kann.
Unter solchem gesichtspunkte hätten eiuleitung und text für die leser der
Sammlung Göschen viel eher die belehrung geboten, die sie von einem Deutschen
Wörterbuch doch erwarten durften. Aus Detters Wörterbuch dagegen werden sie wol
respect gewinnen vor den kenntuisseu und dem kritischen urteil des Verfassers, im
übrigen aber werden sie gefähr laufen, mit kenntnissen zu prunken, die angelesen
sind, ohne innerlich erarbeitet zu sein, die die neugier mehr befriedigen als das
bildungsbedürfnis.
2. Den entgegengesetzten eindruck macht der Deutsche Sprachschatz von
Braun. Dieser Verfasser schöpft vorwiegend aus zweiter band und er ist nicht ein-
mal immer gut beraten in der wähl der gewährsmänner. Aber nach anläge und
auslese des Stoffes dient seine darstellung gerade den zwecken, die er verfolgt; er
versteht es, lehrern und freunden der muttersprache solche ausschnitte aus den er-
gebnissen der Wortforschung vorzuführen, die belehren und zu eigenem nachdenken
anregen.
Auch hier wird uns iu der einleitung ein kurzer abriss über die tatsachen der
vergleichenden Sprachforschung vorgeführt, aber bei Braun erwächst dieser aus dem
boden der wortkunde, er hält sich durchweg im rahmen einer einführung in das Ver-
ständnis der zusammenhänge, die einen teil unseres Wortschatzes mit den verwandten
sprachen verknüpfen (vgl. erbwort, lehuwort, fremdwort s. 1 fgg.).
Die eigentliche darstellung zerfallt in sechs abschnitte, die ihrerseits keine
innere gliederung anstreben, die vielmehr iu loser folge einzelne gruppen vorführen.
In der ersten gruppe wird abstammung und bedeutung einiger Wörter zum zweck der
„aufstellung des sinnlichen Hintergrundes" dargestellt. Braun hält sich hier durchweg
an Kluge, dessen ausführungen er jedoch im abgekürzten verfahren einige male ver-
schiebt, vgl. zu adel s. 12 u. a. Mehrmals hätte er sich besser an Pauls Deutsches
Wörterbuch angeschlossen, so bei aberglaube, blutjung, blutsauer, böhnhase u. a.
Fraglich ist es auch, ob die namen der Wochentage, feste und monate (s. 33fgg.)
gerade in diese erste gruppe passen, sie hätten in der sechsten gruppe (personen-
namen, familiennamen) wol einen entsprechenderen Zusammenhang gewonnen. Ausser-
dem wären neben der deutung auch einige worte über die rolle am platze gewesen,
die die einzelnen namen im leben und iu der dichtung spielten.
Die zweite gruppe behandelt die „verschiedenen bedeutungen" eines wortes
(gleichlautende Wörter verschiedener abstammung), zu der die fünfte gruppe mit den
synonymen das gegenstück bietet. Hier hat sich der Verfasser seine aufgäbe etwas
leicht gemacht. Eben jemand, der aus der schule für die schule schreibt, hätte liier
den versuch wagen dürfen, die grenzlinien zwischen dem gebrauch einzelner Syno-
nyma auf grund eigener beobachtungen abzustecken. Die dritte gruppe knüpft an-
sprechend au die „beuennungen der körperteile" au, die vierte trägt bildliche aus-
70 ßinz
drücke, redensarten und Sprichwörter zusammen. In der sechsten gruppe (den
eigennamen) ist der eiozelaufführung ein allgemeiner teil vorangeschickt, der die
Hauptergebnisse hübsch vorwertet. Erfreulich ist auch, dass nebeu deu rufnamen
die familiennamen berücksichtigt sind, die viel mehr als die ersteren zum nachdenken
anregen, weil sie in ihrer bildungsweise meist durchsichtiger sind.
HEIDELBERG, APRIL 1901. H. WUNDERLICH.
Friedrich Seiler, Die entwicklung der deutschen kultur im spiegel des
deutschen lehn wertes. IL Von der einführuug des Christentums bis zum
beginn der neueren zeit. Halle a. S., buchhandlung des Waisenhauses 1900.
X, 223 s. 8°. 2,50 m.1
Infolge einer geschickt geleiteten, energischen agitation ist heute die abueigung
gegen den gebrauch von fremd Wörtern im deutschen weit verbreitet; wenn auch die
puristischen bestrebuugen, wie Seiler in seinem sehr beherzigenswerten, von be-
sonnenem urteil zeugenden vorwort richtig betont, vielfach weit über das ziel hinaus-
schiessen, so ist doch unzweifelhaft, dass unter dem einfluss derselben die deutsche
spräche sich ablehnender gegen die aufnähme fremden gutes verhält als früher. Gerade
gegen die auswüchse der fremdwörterjagd und der Verdeutschungssucht gibt es aber
kein besseres mittel, als eine unparteiische, historische betrachtung desjenigen teiles
der deutschen Sprachgeschichte, welcher von den Schicksalen des aus anderen sprachen
herübergenommenen materiales handelt; sie lehrt uns nicht nur, wie völlig die
puristerei der ganzen bisherigen entwicklung des deutscheu, wie dem Organismus dei-
chenden sprachen überhaupt zuwiderläuft , sondern auch, wie törichtes ist, die äugen
absichtlich gegen die nicht unerheblichen vorteile zu verschliessen, welche der Sprache
aus der aufnähme von fremd Wörtern erwachsen. Darum ist bei der herrschenden
zeitströmuug ein so gut unterrichtetes und so augenehm lesbares büchlein, wie es
uns Seiler in seinem zweiten hefte über die lehuwörter im deutschen vorlegt, nütz-
lich und willkommen.
Hatte das erste heft die in vorchristlicher zeit aus fremden sprachen in das
deutsche eingedrungenen Wörter behandelt, so führt nun das zweite die darstellung
weiter bis zum beginn der neuen zeit d. h. ungefähr bis in die zweite hälfte des
15. Jahrhunderts. Dort hatte verf. auf die Sammlung des materiales, das wenig um-
fänglich und von andern schon bequem zusammengetragen war, nur geringe mühe zu
verwenden und konnte ein ziemlich vollständiges bild von den kulturellen beziehungen
der deutschen zu anderen Völkern, so weit sie sich aus sprachlichen kriterien er-
schliessen lassen, entwerfen. Im zweiten heft dagegen ist er in weniger vorteilhafter
läge. Mit der einführung des Christentums wird der einfluss des lateinischen, später
infolge der ausbreitung des ritterlichen weseus die einwirkuug des französischen und
gegen das ende des mittelalters durch die ungemein lebhafte entwicklung des handeis
und Verkehrs mit Italien diejenige des italienischen so intensiv und ausgebreitet, dass
an eine vollständige Vereinigung und Verwertung aller fremdwörter nicht mehr zu
denken ist. Seiler lässt uns aber diese Schwierigkeit kaum zum bewusstsein kommen;
wir stolien durchweg unter dem eiudruck, dass er seine immerhin nach möglichster
Vollständigkeit strebende auswahl aus dem reichen störte mit voller Sachkenntnis und
seinem zwecke angemessen getroffen hat.
L) Vgl. Zeitschr. 28, 377 fg.
ÜBEE SEILER, LEHNWÖRTER 71
Die vier kapitel, iu welche seine darstellung sich gliedert I. Kirchliche und
gelehrte büdung; II. Rittertum und Orient; III. Das ausgehende Mittelalter; IV. Die
halbcivilisierten völker des ostens, ergeben sich fast von selbst, die mit diesen ver-
schiedenen kulturströmungen hereingeflossenen fremd- bezw. lehnwörter unterscheiden
sich meistens sachlich und zeitlich deutlich von einander. Bei der ausfuhrung im
einzelnen aber macht sich doch der mangel an absolut zuverlässigen kriterien für
eine genauere zeitliche Scheidung der lehnwörter oft fühlbar; während iu dem früheren
abschnitt mit dem eintritt oder nichteintritt der sog. hochdeutschen Lautverschiebung
ein einfaches und nie versagendes mittel zur chronologischen sichtung vorhanden war.
sind wir für die im zweiten hefte behandelten perioden im wesentlichen auf die
datierungen der lexikalischen hilfsmittel angewiesen, die uns ja wol einen terminus
ante quem, aber keinen terminus post quem für die entlehuungen liefern; es ist zwar
kaum daran zu zweifeln, dass auch hier eine genaue vergleichung der lautlichen Ver-
hältnisse der lehnwörter mit denjenigen der fremdsprachen noch manche bestimmtere
Unterabteilungen durchzuführen gestatten wird, aber die Untersuchung darüber, die
nur ein mit der deutschen und der romanischen Sprachforschung vertrauter maun be-
friedigend auszuführen im stände ist, befindet sich meines wissens noch in den an-
fangsstadien. Es wäre verdienstlich gewesen, wenn Seiler auch im zweiten hefte in
kürze die wichtigsten in betracht kommenden momeute zusammengestellt hätte.
Der verf. schränkt ausdrücklich seine erörterungen auf die noch heute leben-
den fremdwörter ein: es ist mir nicht ganz klar geworden, was er dazu rechnet.
Meint er, wie es scheint, damit die in der hochdeutschen Schriftsprache noch leben-
digen fremdwörter — nur ausnahmsweise werden wir auf die mundarten verwiesen —
so hat er seinen kreis zu eng gezogen aus zwei gründen: einmal geht ihm damit eine
ansehnliche menge des lehrreichsten materiales. das in den heutigen, besonders den
süddeutschen und schweizerischen dialekten, manchmal freilich bis zur Unkenntlichkeit
verstümmelt und entstellt, noch weiter lebt, verloren; dann aber halte ich die be-
schränkung auf die Schriftsprache, die doch nur bei dem kleinsten teile der deutsch-
redenden etwas wirklich lebendes ist, priucipiell für bedenklich; nur die aufnähme
eines fremdwortes in die mundart garantiert uns die Volkstümlichkeit und mündliche
Verbreitung desselben, aus der allein oder doch fast allein wir Schlüsse auf grad, art
und umfang der einwirkung fremder kultur auf unser volk ziehen können. Hätte
verf. mehr auf die mundarten geachtet, so hätte er auch wrol mehr rücksicht ge-
nommen auf die socialen unterschiede, welche im gebrauch der fremdwörter sich
geltend machen. Freilich hat S. diesen gesichtspunkt, wie seine bemerkungen s. 2
zeigen, nicht ganz ausser acht gelassen, er ist ihm aber im weitereu verlauf seiner
darstellung nicht so fruchtbar geworden, als dies hätte der fall sein können.
Noch in anderer hinsieht sind Seilers ausführungen der ergäuzung fähig; die
entlehnuugeu aus der Judensprache sind zu sehr als quantite negligeable behandelt
worden, z. t. vielleicht allerdings nur auf spätere abschnitte verspart. Ferner ist eine
andere grosse gruppe von lehnwörtern völlig mit stillschweigen übergangen, trotzdem
gerade an ihr der wandel der kulturbeeinflussungen und des von diesen abhängigen
geschmackes sich deutlich verfolgen lässt: die undeutschen eigenuamen. Wie die
echten altdeutschen personennamen von den biblisch -kirchlichen verdrängt werden,
wie allmählich sich neben sie namen stellen, welche der französischen litteratur ent-
stammen usw., das hätte ebenso gut eine darstellung verdient als das eindringen
fremder sachwörter.
72 BIMZ ÜBER SKILER, LEHNWÖRTER
Es möge mir gestattet sein, diesen allgemeinen bemerkuugen einige noten an-
znfügen, die ich mir bei der lektüre des büchleins gemacht habe.
S. 34: Die volkstümliche form für lilia ist im oberdeutsch. -Schweiz, ilge oder
jilge; sie ist freilich im aussterben begriffen und wird immer mehr durch das schrift-
sprachliche Wie verdrängt.
S. 37: lat. caepulla lebt direkt mit Zurückziehung des accentes weiter im Schweiz.
xlbdh). — Dial. htbscka für ibschd zeigt im vokal noch nachwirkung alter kürze aus
lat. ibiscu/m neben sehriftspr. eibisch.
S. 42: Butter ist im schwäbischen nicht femininum, sondern masc, offenbar unter
dem eiufluss des von dem fremdwort jetzt verdrängten einheimischen anken. Die
Wanderung des wortes buttcr auch in solche gegenden, wo die alte zubereitungsuviM'
sich erhalten hat, beweist übrigens, dass ein fremdwort auch eindringen kann, ohne
dass der dadurch bezeichnete gegenständ bezw. die mit dem neuen wort angedeutete
Verbesserung des herstellungsverfahrens auch aus der fremde geholt ist. Die butter
ist im schwäb. die gleiche geblieben, nur der name dafür hat gewechselt unter dem
immer stärker werdenden einfluss der mitteldeutschen mundarten.
S. 43: In Schweiz, mundarten lebt das lat. oblata nicht nur in der gelehrten
form oblate fort, daneben existiert ein volkstümliches offleto als bezeichnung für eine
art von gebäck.
S. 44: Der altheimische fischname alant is im Schweiz, noch als alet erhalten.
S. 51 : Die fassdauben werden noch heute alem. dücjd genannt.
S. 54: Die popularisierte form marmul < marmor kennen die oberd. Schweiz,
mundarten noch als marmel, marbel, märmeli im sinne von spielkügelchen (baseld.
glueker, schwäb. stainis).
S. 55: Echt dialektisch entspricht dem lat. caminus im Schweiz, kemmi.
S. 56: Lat. sutor, ahd. sütdri ist heute als appellativ ausgestorben, aber in den
familiennamen Suter, Sanier noch weit verbreitet.
S. 57: Schwäb. Schweiz, pensei, bänsel führen die mhd. form weiter gegenüber
dem schriftsprach 1. pinsel.
S. 73: Gisterne wird im Schweiz, häufig volks- etymologisch zu sicksteme um-
gebildet.
S. 82: Kostj wird im Schweiz, noch als masc. singul. gebraucht, der plural
dazu lautet kösta.
S. 85: Klar ist noch heute den oberdeutschen mundarten eigentlich fremd;
echt volkstümlich müsste es klor lauten.
S. 96: Mhd. hunbel und Schweiz, lu/nimel sind zweifellos nicht nur lautlich,
sondern auch in der bedeutuug identisch, so wird man auch mhd. Iumbel — filet,
lendenbraten ansetzen dürfen.
S. 101: Zu den franz. bezeichuungen für tanze, tanzlieder usw. stellt sich auch
noch basl. stämpeneid macha = umstände, ausfluchte machen, sich störrisch be-
uehmen < mhd. stempeme, neben stampeme < afr. estampic.
S. 131: Die nelke hiess nicht nur, sondern heisst noch oberd. nägelein.
S. 138: Die alte form des namens des kameles ist, freilich heute nicht mehr
lebendig, bewahrt im zunfthaus zum Chämbel in Zürich.
S. 141: Dem arab. dschubba für einen langen, weiten mäunerrock entspricht,
in der bedeutung wenig geändert, Schweiz, tsgpa.
S. L55: Kür die puppe sagt man noch heute schwäb. nur duck.
SCHATZ ÜBER BASS, DEUTSCHE SPRACHINSELN 73
S. 161: Im Schweiz, ianzleistil ist rodel noch nicht untergegangen, mau spricht
von sehulrodel, gantrodel usw.
S. 180: Die hehauptuug. dass apfelsine in Deutschland Siegerin geblieben sei
über pomeranx-e und orange, gilt nicht für den süden Deutschlands und die Schweiz;
dort ist apfelsine ganz unbekannt.
S. 182: Auch die aprikose hat im Schweiz, kaum bürgerrecht erlaugt; echt
mundartl. wird dafür barelleli angewandt.
S. 187: Die mitteldeutsche bezeichnung uhr ist noch nicht in alle Schweiz,
dialekte eingedrungen, viele gebraucheu dafür noch xit oder x/tli. Im basl. ist uhr
als bezeichnung des instrumentes aufgenommen , nicht aber für die Stundenbezeichnung.
Mau fragt weh ut isehs, und antwortet s isch sechst: am sibeni = um sieben uhr.
S. 189: Die schriftsprachl. mütxe ist den oberd. dialekten nicht geläufig, kappe
ist der volkstümliche ausdruck dafür. Im Schweiz, findet sich allerdings das wort in
unum geläuteter form mit anderer bedeutung als mutx = jacke für mänuer.
S. 193: Altane ist noch jetzt oberJ. Schweiz, feminiuum.
S. 204: Habersack ist bis heute im Schweiz, gebräuchlich geblieben. Die
officielle bezeichnung für den tornister des Soldaten ist freilich jetzt einfach sack;
sie fängt an, das compositum zu verdrängen.
Hoffentlich lässt uns der verf. diesmal nicht so lange auf die fortsetzung seiues
trefflichen . anregenden und unterhaltenden büchleins warten.
BASEL, AUGUST 1900. BUSTAV BINZ.
Alfred liass, Deutsche Sprachinseln in Südtirol und Oberitalien. Eiue
volkskundlich - sprachwissenschaftliche Untersuchung. Leipzig, Selbstverlag des
Verfassers 1901. 8°. 104 s. (Mit abbildungen und eiuer karte). 2,50 m.
Bass hat den deutschsprechendeu Ortschaften des Ferseuthales, Luserua (oder
wie mit J. Bacher zu schreiben ist: Lusern), den sette und tredeci communi in Nord-
italien seine teilnähme zugewendet und stellt in dem schriftchen zusammen, was er
bei mehrmaligem aufenthalte in diesen gegenden beobachtet und aus der litteratur
darüber gelernt hat. Freilich hält der text nicht, was der titel verspricht; eine
volkskundlich - sprachwissenschaftliche Untersuchung ist es nicht. In den bereich der
Volkskunde gehöriges wird vielfach herangezogen und aufgezählt, von einer Unter-
suchung dieses Sammelstoffes ist aber keine rede; von einer sprachwissenschaftlichen
Untersuchung ist überhaupt nichts zu finden. Der mehrmalige hinweis darauf, dass
die deutsche spräche dieser gegenden dem bairischen dialekte angehöre und die an-
führung deutscher eigennamen geben noch keine Untersuchung ab. Mau würde doch
nach dem titel erwarten, dass B. die spräche und das Volkstum dieser Ortschaften in
der weise geprüft hätte, dass man sehen könnte, welche momente diese leute mit
den Deutschen im geschlossenen deutschen Sprachgebiet verbinden, zu welchem sie
in engerer Verwandtschaft stehen, oder in wieferne das sie umgebende italienische
Volkstum auf sie eingewirkt hat. Statt dessen findeu sich mehrfach sehr unnütze
angaben, wie die preise des flascheu- und fassbieres in Lusern und ähnliche dinge,
die allenfalls in einem reisehandbueh platz finden können. In der tat scheint B. es
darauf abgeseheu zu haben, durch seine Schrift freunde des deutschen Volkstums zu
einem besuche dieser deutschen gemeiuclen zu bewegen und damit zu einer wirtschaft-
lichen kräftigung des deutschen elemeutes inmitten des italienischen Sprachgebietes
beizutragen. "Wert hat das schriftcheu etwa durch die angäbe von persouen- und orts-
71 PANZER
namen, die ich freilich nicht nachprüfen kann. Als wissenschaftliche Untersuchung
kann aber die B.sche arbeit in keiner hinsieht gelten und der stolze Wahlspruch: Aus
eigener kraft, der an der spitze steht, ist schlecht gewählt; denn die eigene kraft des
Verfassers scheint für eine volkskundlich - sprachwissenschaftliche Untersuchung in
keiner weise hinreichend zu sein.
INNSBRUCK, 18. JUNI 1901. J. SCHATZ.
Die Jakobsbrüder von Kunz Kistener, herausgegeben von Karl Eulhig-. Bres-
lau, 1899. VIII, 130 s. 8°. = Germanistische abhandlungen begründet von
Karl AVeinhold, herausgeg. von Friedrich Vogt, XVI. heft. 5 m.
Das vorliegende buch verbreitet willkommenes licht über eine dichtung, die
bisher unter einer unverdienten nichtaehtung gelitten hatte. Über ihren Verfasser
wusste man nichts, die bestimmung ihrer heiiuat war nicht über ein haltloses tasten
hinausgekommen; vom texte selbst lag nur ein wenig zugänglicher abdruck der AVolffen-
büttler hs. und Gengenbachs bearbeitung vor. Durch Euling erhalten wir nun eine
kritische ausgäbe und in der vorausgeschickten einleitung eine sorgfältige und ergebnis-
reiche Untersuchung aller beziehungen des kleinen epos.
Der Verfasser bestimmt die mundart der hss. und des dichters als elsässisch;
speziell aber führt uns die AVolffenbüttler hs. durch ihren inhalt wie durch einen
eintrag ihrer früheren besitzerin nach Sfrassburg. in diese stadt weist nun auch
der name des dichters. Kistener ist in Strassburg die ortsübliche bezeichnung für
Schreiner, begegnet aber auch im 14. Jahrhundert mehrfach als personenname. In
Sonderheit ist ein Cuntze Kistener, seines Zeichens toinrüffer, für die jähre 1355
und 1372 urkundlich bezeugt, den man vermutlich mit unserem gewiss bürgerliehen
dichter identifizieren darf.
Geschichtliche momente — es bestanden in Strassburg zwei Jakobskapellon —
bestätigen diese lokalisierung ebenso wie die litterarische betrachtung des gedientes.
Sein stil wandelt in den bahnen Konrads von Würzburg, dessen auch stofflich ver-
wandter Engelhard besonders ausgeschlachtet wird, steht aber auch der gleichzeitigen
epischen litteratur des Elsass, und besonders Strassburgs, sehr nahe. Der Verfasser
hat das in der einleitung wie in zahlreichen anmerkungen zum text überzeugend
nachgewiesen und Leitzmann hat in dieser Zeitschrift 32 , 422 f gg. seine nachweise
noch wesentlich zu vermehren begonnen'; dass diese Verwandtschaft mit dem Stauffen-
berger, dem Rappoltsteiner Parzifal und Hans von Bühel nicht ohne weiteres mit
Euling als nachahmung von dieser oder jener seite gedeutet werden darf, ist dort
und sonst mit recht betont. Für die datierung des gedichtes gibt das interdikt, mit
dem 1306 die kirchen des erzbistums von Santiago belegt wurden, wol einen sichreren
terminus ad quem als die englische invasion des Elsass im jähre 1365.
Der dritte abschnitt der einleitung behandelt den stoff des gedichtes. Der
Verfasser gibt eine übersieht des materials, wie es besonders R. Köhler, Germ. 10,
I47fgg. und Sepp. Althayr. sagenschatz s. 652fgg. zusammengestellt haben und ver-
mehrt es durch den hinweis auf die lateinische erzählung einer AVolffenbüttler hs.,
die als zwischenform interessant ist. Freilich hätte man gerne die entwicklungsgeschichte
des stoffes etwas genauer dargestellt gesehen. Unsere erzählung ist ein zusammen-
gesetzter typus und es hätte sich vielleicht schärfer zeigen lassen, in welcher reihen-
1) Inzwischen ebd. 557 fgg. fortgesetzt.
t;BEK KISTENEB, JAKOBSBRÜDER ED. EULING 75
folge und auf grund welcher assoziationen sie aus mehreren ursprünglich getrennten
typen zusammengeschossen ist. Hier sei eine bemerkung nur in rücksicht auf einen
punkt gestattet, der wol manches beleuchten kann, die beziehung des heiligen
Jakobus zu den aussätzigen. In einem nachtrag zu seinen jüngst erschienenen Studien
über Heinrich Kaufringer merkt Euling s. 123 fg. an, dass Wackernagel gelegentlich
des Armen Heinrich von beziehungen des heiligen auf den aussatz gesprochen habe,
leugnet aber, dass solche vorhanden gewesen seien. Er hätte das wol kaum getan,
wenn er einmal das massenhafte material durchgegangen hätte, das Virchow zur
geschiente des aussatzes im mittelalterlichen Deutschland zusammengetragen hat; aus
ihm geht klar hervor, dass S. Jakob (d. ä.) vielfach patron der sondersiechen gewesen
ist. Zumeist allerdings sind ihre häuser (in Norddeutschland fast ausschliesslich)
S. Georg geweiht; daneben begegnen auch andere heilige, besonders oft S. Leonhard,
S. Nikolaus, S. Erhard, S. Bartholomaeus, Lazarus, 8. Gertrud u. a. Zweifellos aber
ist auch S. Jakoli früh zu dem aussatz in beziehung gebracht. Die leprosorien zu
S. Jakob in Basel und Zürich erwähnt Euling selbst, Jakobsspitäler bestanden aber
auch in Hagenau (Virchows Archiv 18, 283), in Rosheim (ebd. 18, 284), in Görlitz
(ebd. 18, 151. 320), in Danzig (ebd. 20, 466), in Trier (ebd. 20, 181) und in Meyen
(ebd. 20, 186) und für Trierer sieche wurde der gottesdienst in der Jakobskapelle zu
Biver gehalten. Wahrscheinlich haben wir es hier nicht bloss mit pilgerhospitälern,
sondern mindestens teilweise auch mit leprosorien zu tun. A"on dem Jakobsspital
in Wismar ist ausdrücklich bezeugt, dass es wie die Jakobsspitäler in Basel und Zürich
mit leprosen besetzt war (ebd. 19, 49. 55fg., 20, 503). Für das gutleuthaus in
hiesiger stadt, das heim der siechen uf dem rekle, wie sie in den Urkunden gewöhn-
lich heissen, ist S. Jakob als patron schon durch einen ablassbrief von 1284 bezeugt
(Schreiber, TJrkundenb. I, 100) und das sigel des hauses, wie es an einer Urkunde
vom 29. sept. 1315 (Veröffentlichgn. aus d. arch. der stadt Freiburg III, 447) schön
erhalten ist, zeigt den heiligen in ganzer figur mit den pilgermuscheln zur seite in
der Umschrift S(igillum) Leprosoritm de Friburg, wie er ja auch an dem Zürcher
leprosorium an der Sihl gemalt war. Es ist also nicht zu bezweifeln, dass S. Jakob
mindestens seit mitte des 13. Jahrhunderts nicht bloss patron der pilger, sondern
auch der aussätzigen gewesen ist, vermutlich weil hospitäler, die ursprünglich für
Jakobspilger bestimmt waren, späterhin öfter für leprose eingerichtet wurden.
Was nun aber die verschiedenen formen anlangt, in denen die geschieh te der
beiden Jakobspilger auftaucht, so scheint es eine wirkliche verSäumnis des Verfassers,
dass er es unterlassen hat, Kisteners gedieht mit den beiden zunächst verwandten
fassungen, dem Dit des trois pommes und dem predigtmärlein , das Pfeiffer im Alt-
deutschen Übungsbuch s. 197 fgg. aus einer Strassburger hs. abgedruckt hat, zu ver-
gleichen. Denn tatsächlich führt eine solche vergleichung zu sehr merkwürdigen
litterargeschichtlichen konseuuenzen.
Euling weist im 1. kapitel seiner einleitung die anschauung Goedekes zurück,
der in Kisteners gedieht die Überarbeitung eines werkes aus dem 13. (Jahrhundert
sehen wollte; er hatte dabei leichtes spiel, da Goedekes gründe in der tat haltlos sind.
Und trotzdem scheint eine Überlegung anderer art zu erweisen, dass Kisteners ge-
dieht keine originale Schöpfung, sondern nur die bearbeitung einer älteren vorläge
ist. Schon Leitzmann hat Zeitschr. 32, 429 (zu v. 450) auf die mehrfache Überein-
stimmung im Wortlaut zwischen Pfeiffers prosa und Kistener aufmerksam gemacht;
die Verwandtschaft ist aber durchgängig noch eine viel engere, wie die nachstehende
Zusammenstellung zeigen wird.
76
Sie beginnt mit der bestimmten erklärung des sohnes, die -wallfahrt antreten
zu wollen:
Prosa.
197, 2-4 Nu sprach der sun xü sinem vatter
vnd mvter, er wolle xü saute Ja-
cobe vam, do hatte er s ich h i n-
gelobct. Es wax in stirere vnd
leit.
Kistener.
Der vater spricht zum sühn:
294 ,wir hant . . gelobet eine Jacop-
vart . .
darumbe sol ich schicken dich
alleine af die verte hin.
dax besivert vast mitten sin.'
26 Sit sprochent vü jme, obe er sin
nit abe muhte sin. Er sprach nein,
er müste do hin.
28 Vnd do es n i t a n d e rs möhte
sin,
der ratter gap jtne sin xergelt.
29fgg. Lehre der mutter (den apfel
teilen).
38 Dirre jv'ngeling der sprach:
,dax wil ich, frn1 vnd neun vrlop
x£i sinem vatter vnd xü sitter mvter
vnd für eti /reg
40fgg. Ausführung der lehre.
309 vater und muoter baten in:
,sun, la dir mit xe gach sin..'
er sprach: ,lant üwer bitten sin:
ich blibe nüt, ich teil dahin1".
367 (heim abschied) dix ensol nüt an-
ders sin.
320 geltes gaben t sä im gnuog.
341 fgg. Lehre des vaters (ungeheissen
warten).
358 der söhn antwortet:
,Geme, herre, da\ tuon ich'
do wart ir scheiden t/ii/re . . .
. . ich rar dahin
Fehlt.
Ein treuer gefährte findet sich.
198, 13 Do gedohte er, dax jme der ge-
selle tenl fr g et <■ vnd geseihte sich,
do xü dem gesellen vnd gelobetent
die \u-cne gesellen ein ander
Ir/tire vnd worheit \/i leistende
vnd nit annander abe xe gottde, vntxe
sti irr vart geleistent vntxe sante
Jacobe.
17 Vnd do sii etswie lange mit-
te minder giengent, do wart der
eine geselle sich . . vnd starp.
I)u kette der ander geselle groß
leit rmh in. wanne sü grosse truwe
xesatnen hattent . . . vnd sprach vü
jme selber: ,nü wil ich mynem lieben
gesellen truwe leisten noch sime
tode vnd wil niemer erwinden, ich
bringe in danne mit mir xü
saute Jacobe, da% er ouch siner
verte ledig sy.
SSO ttf der steit kam sin gevuog
ein man getraue linde guot.
35 vnd trätre warheit gl ob et im,
er welle vam mit in dahin . .
409 die xwene trage nt überein,
ir bruodersehaft wart geniein.
111 Sü giengent unde ritten gemein-
liehe . .
do wart des herren suone we . .
-, eha it t er starp.
434 er sprach: ,din we ist mir sicer,
sist mir in ganxen trüwt n leit . .'
Der sterbende malmt den gefährten:
449 ,stirbe ich, euer mich tot dahin,
da ich der verte lidig bin.'
,Ja, ich gib dir die trüwe min,
ich teil dich r ii e r n mit mir
dahin.
ÜBER KISTEXER. .JAKOBSBRÜDER ED. ETJLING
Er legt den toten auf ein traggestell.
25 vnd trüg sinen geselle// mit
jme entreg vnd wanne er xü Her-
bergen harn, do er essen wolle,
so nam er sinen gesellen vnd
baut in vs dem refe vnd saste in
gegen jme xe tische vnd hies edle xit
s/nie doten geselle» also wol vä
essende /i/aehen als j/nc selber, r/nl
/res er ass. des saste er oh eh
sime doten gesellen sin teil
dar vnd gaj> danne sins gesel-
len teil durch got. Vnd wenne er
sloffen gie, so nam er aber sinen
gesellen vnd leite in nebent
sine site a n sin bette, als sü
do vor alle xit byenander gelegen
heitent, die teile er lebete . . .
IVan/te er des t/torgens rf stunt, so
nam er sinen gesellen vnd baut in
uf sein ref vnd trüg in aber fwrbas.
Dis det er alle tage vnd alle
naht, vntxc dax er xü sai/te
Jakobe kam.
38 Do er nv xü sante Jacobe
kam mit sime doten gesellen, do
ging er des morgens in sante Jaeobes
t/iinster . . vnd holete sinen ablas.
Unterdess wird der tote , den er in
der herberge zurückgelassen, lebendig
mit dem ausrufe: ,tvie ha// ich so
vnsanfte gcsloffen.'1 44
45 Dirrc geselle . . . nam sinen wurt
mit jme, vnd gingent in sante Ja-
eobes mvnster vnd seitei/t do, nie
ex ergangen tra-, vndtoax ie an-
ders do gescheiten ivcrc.
48 Do lutc man eil le die glocken
du do u'orent vnd gingent do alle
pfaffen vnd alles volck noch
dem man, der do lebende irax worden
vnd holtent in mit grossemc lobe
vnd mit grossen eren vnd fürtent
in in sante Jaeobes mvnster vnd
sasten in vf den altar.
Er steckt den toten in einen sack.
459 er vnorte unde truog in., h in.,
und stva er in die herber g kam,
den toten ie er mit im nam:
nein er die rehten mal a s -. .
des toten er nid vergasx,
er satte im die spise der
in trüiren, als er lebende wer,
und gap sü durch die sele s i n .
dax im got hülfe uxer pin.
und des naht es an der rast,
so //am er den toten gast
und leitn xuo im an das bette,
reht als er gelebet I/ette.
er truog in spat unde vruo
von dem pferde und darxuo
gnedeelieh den tuten man,
un% dax er gen Oumpostelle
k a m .
481 und do er v ü r d ie kirehen k a m .
er baut a// dein pfert den toten
mau . . .
,saut Jacob . . .
teile uns mit den abelosx'.
Der tote, den er in der kirebe neben
sich liegen bat, wird lebendig mit
dem ausrufe: ,wie unsanfte ich
geslaffcn habe! 510
523 ein Dütseher irürt drang xuo in der,
der ein seit i/u die rehte nter . .
518 w ax reichen da geschehen wer.
514 die glocken giengent selber an
und latent da selber sielt,
do kam geloufen mengelich . .
535 balde die pfaffen und die heren
diexwen brüedcr huobe/tt teren
hin uf den altar xc lobe
got unde sauf Jacobe.
78 PANZER
Den weiteren vollauf berichtet die prosa ganz kurz. Des „meisters" aussage
;iImt, dass der aussätzige nur dann geheilt werden könne, wenn ein vafter sin selbes
kinde die kele abe snitte vnd man ihr, btat neme vnd vch do mitte wüsche berührt
sich nochmals genau mit dem entsprechenden rate des einsiedlers hei Kistener v. 772 :
,swer im snit die kele abe mute dir des bluotes git, swa man dich bestrichet mit,
tltt icürstu allenthalben rein'.
Dass diese ebenso häufige als genaue berührung zwischen der prosa und dem
gediente nicht auf zufall beruhen kann, ist vollkommen klar. Sie zu erklären, bieten
sieh verschiedene möglichkeiten. Ausschliessen können wir dabei sofort die annähme,
dass das gedieht aus der prosa geschöpft habe; denn diese verbietet ebensowol seine
grössere Vollständigkeit (die mit dem französischen gedichte zusammentrifft), als die
tatsache, dass in der prosa noch allenthalben reime durchschimmern. Bleiben also
zwei möglichkeiten: entweder hat die prosa das gedieht oder beide haben eine ge-
meinsame quelle benutzt. Die erstere annähme ist gewiss die zunächst liegende und
so hat schon Leitzmann aus den von ihm bemerkten Übereinstimmungen geschlossen,
dass unser predigtmärlein aus Kistener geschöpft habe. Und doch muss diese an-
nähme bei genauer Überlegung ihre Wahrscheinlichkeit verlieren. Die prosa zeigt
abweichungen , die keineswegs willkürlich sein können. Es kommt da in erster linie
die apfelprobe in betracht. Kisteners erzählung ist hier unzweifelhaft schlechter als
die prosa. Er hat gleichfalls noch die dem ausziehenden erteilte lehre, aber das
motiv ist bei ihm blind geworden; es findet keine auflösung. Dass die prosa aber
ihre vorläge hier nicht selbständig verbessert hat, beweist ihre genaue Übereinstimmung
mit der französischen fassung unserer geschichto im Dit des trois pommes l, welche
die apfelprobe wie sie berichtet. So vergleicht sich auch der eingang der erzählung
in der prosa genauer mit dem Dit als mit Kistener; ferner führt der getreue den
toten gefährten in der prosa auf einem ref mit sich wie im Dit auf einer bahre, bei
Kistener dagegen in einem ledersack. Auch versteht man Kisteners andeutung von
der speise, die der Heigerloher dem toten vorsetzen lässt (v. 469: er gap sil durch
die sele sin), richtig erst aus der prosa (er schenkte sie weg an arme zum heil der
seele des verstorbenen), die darin wieder mit dem Dit zusammentrifft.2 Wer also
behaupten wollte, die prosa habe aus Kistener geschöpft, der wäre doch zugleich zu
der annähme gezwungen, dass ihr Verfasser daneben noch eine zweite, dem Dit ver-
wandte fassung der gesehichte gekannt und verarbeitet hätte. Und zwar hätte er sie
recht geschickt verarbeitet, indem er bei sonst genauestem anschluss an Kistener
doch dessen bericht, wo er lückenhaft oder dunkel schien, wirkungsvoll aus dieser
zweiten quelle ergänzt hätte. Sollte man aber wirklich geneigt sein, dem Verfasser
dieses anspruchslosen märleins ein so kompliziertes kritisches verfahren zuzutrauen?
Ich denke doch nicht, vielmehr ist die allein wahrscheinliche annähme die, dass er
seine erzählung, wie sie ist, aus einer quelle genommen habe. Diese aber kann,
wie die durchschimmernden reime zeigen, nur ein deutsches gedieht gewesen sein
und dies deutsche gedieht muss also auch Kistener gekannt und vielfach wörtlich
benutzt haben. Seine abweichungen aber, die zumeist Verschlechterungen sind,
möchten sich daraus erklären, dass er seine vorläge nicht geschrieben, sondern nur im
gedächtnis vor sich hatte, als er mit dem saueren fleisse durchwachter nachte (v. 11)
1) Da mir Trebutiens ausgäbe nicht zugänglich ist, bin ich auf den auszug
R. Köhlers, Genn. 10, 448 fg. (=K1. sehr. II, 105 fgg.) augewiesen.
2) Von der Wiederbelebung des toten an stimmt dagegen die erzählung des
Dit genauer zu Kistener als zur prosa.
ÜBEE KKTENER, JAKOBSBRÜDER F.D. EUUNG 79
sei»'- verse schmiedete. Seine angäbe (v. 1194), er habe den stoff xs tütsehe gebraht
ist also eine traditionelle phrase, die unserem Verfasser zusammen mit allen übrigen
gedanken seines prologs und epilogs wol ans Konrads Engelhard (v. 155 und 211 fg.)
zugeflossen ist.
Einen gereinigten text von dem gedichte herzustellen bot besondere Schwierig-
keiten. Da die Frankfurter bruchstücke nur 93 verse bieten, ist man im ganzen auf
die Wblffenbüttler hs. (A) und Gengenbachs bearbeitung (C) angewiesen. Nun steht
A ohne zweifei dem original zumeist näher als C mit seinen zahlreichen willkürlichen
änderungen; sehr oft ist aber auch der text von A verderbt. Hie und da lässt er
sich aus C korrigieren, in vielen fällen aber bleiben zweifei und der herausgeber ist
durchgehends mehr auf allgemeine erwägungen gewiesen, als dass er durch ein i
Verhältnis der hss. geleitet würde. Man muss Euling das lob zuerkennen, dass er
in diesen schwierigen Verhältnissen sehr sorgfältig, mit guter kenntniss und sicherem
takt verfahren ist: die wenigen stellen, wo man gegen seine herstellung bedenken
erheben muss, sind zumeist schon in den seither erschienenen besprechungen von
Leitzmann a. a. o., Helm Beitr. 20, 157 fgg. und Ehrismann Afda. 27, 39fgg. erörtert
worden, so dass hier nur eine unbedeutende nachlese bleibt.
v. 29 fgg. hat Leitzmann a. a. o. s. 423 fg. richtig hergestellt. Nur möchte ich
nicht mit ihm nach v. 30 punkt setzen, da die sich doch wol auf wort beziehen
muss; der satz ist als parenthese zu fassen: .wenn einer gottes Worten folgt — die
sind rein und gut — , wisset, das- einem solchen Jüngling gott alles gewährt, was
er gutes erbittet'.
v. 101 der. wir si)i bede bitten' situ dürfte statt sin wol mit C in zu lesen
sein, da hier aller nachdruck auf der person des angerufenen liegt, 'nicht auf der
Sache, die wol auch schon früher gegenständ ihrer gebete gewesen sein wird.
v. 205 führt die eizählung von 202 unmittelbar weiter; 203 204. die in A fehlen,
möchten also wol dem original nicht angehören.
v. 296 ist die einsetzung der hslichen lesart da* din diu munter swanger wart,
die Leitzmann und Helm empfohlen haben, bei Euling-; interpunktion , die ich nicht
mit Leitzmann ändern möchte, unbedingt notwendig; denn nur für den fall, dass
ein knabe geboren würde, war die fahrt gelobt, v. 122fgg.
v. 307 sit ich wol riten nid gon mag hat Leitzmann a. a. o. s. 427 richtig
hergestellt. Er hat auch richtig empfunden, dass der ausdruck hier einen allge-
meineren sinn hat, aber seine Übersetzung ,da ich im gesunden besitz meiner glieder
bin', trifft noch nicht ganz das rechte, da sinngemäss vielmehr zu übersetzen wäre:
,da ich im besitze der zur rechtsfähigkeit notwendigen manneskraft bin-. Denn das
bedeutet diese der rechtssprache sehr geläufige formel, s. Grimm, RA2. 95 fgg. ; hier
handelt es sich um ihre passive seite: erfüllung einer eingegangenen rechtsver-
bindlichkeit.
v. 467 hat wieder Leitzmann s. 430 richtig interpungiert , aber also lebete er
ist eine für den vergleichungssatz unmögliche Wortstellung. Man muss wol lesen als
er lebende teer, wie die vorläge von C (lebte nemendt war) offenbar gehabt hat.
Zum reim vgl. war: er 691, :her 643, 721, 727, mar .der 523. 531, :er 243, 737,
827, :ker 577, 605. 1115; sweer:der 433, 615, :er 1023; statte : gebete 111: Bastener
reimt auf -cer und (1195) -er.
v. 473 liest C vnd leit yn %ü jm an das bet. Dass dies das ursprüngliche ist,
wird durch die Übereinstimmung mit dem französischen gedieht und Pfeiffers prosa-
erzählunü erwiesen.
80 PANZER ÜBER KISTENEB, JAKOBSBRÜDER ED. EULING
v. 075 670 hat Euling ohne not gegen die hss. umgestellt. Nach 074 war punkt
zu setzen und fortzufahren: du solt des gelouben mir, da% du her wider Immest
schier; wir mugent din hie kume entbern. gelouben'h&t hier die bekannte hedeutung
(Zfda. 30, 365 fg.; Beitr. 12, 397fg.) von .nachgeben, willfahren'.
v. 726 ist das die man von AC kaum mit recht geändert. Es war wol von
dir ans C aufzunehmen.
v. 837 den huot er abe xoch ',e stunt hat Enling sichtlich wie AC (und schon
deren vorläge) verstanden, die den vers überladend schreiben: den huot er gegen
ime abe xoch. Das ist aber ein offenbares missverständnis. Der dichter konnte diese
leidenschaftlich stürmische begrüssung doch nicht durch ein ceremonielles hutabziehn
einleiten lassen; ausserdem hatte der junge graf, der, wie er gieng und stand, aus
der bürg herabgerannt war (v. 831 fgg.) wol überhaupt keinen hut auf. Aus AC
war eben nur das gegen zu tilgen und zu lesen: den huot erni abe xoch xe stunt,
nämlich den hut, den der freund als aussätziger trug (vgl. 744) und dessen breiter
rand die erkennung hinderte. Es ist bekannt, dass den aussätzigen die kleidung viel-
fach vorgeschrieben war: ihr hut zeigte nach Häser, Gesch. der medizin II2. 88 ein
breites, weisses band, doch werden auch andere abzeichen, in Nürnberg z. b. ein Christus-
bild auf dem breiten aufgekrämpelten rande erwähnt. Ihr Meid war gewöhnlich
schwarz, öfter mit verschiedenen abzeichen versehen; wenn in unserem gedichte ein
grouwe% Ideit genannt wird (v. 752), so stimmt das zu der Münchener leprosenordnung
von 1570, in der den aussätzigen ein schwarzer oder grauer mantel mit gleichem unter-
futter vorgeschrieben wird (Oberbayr. arch. 13, 75). Für die v. 744 erwähnte sog.
Lazarusklapper hat Goedeke Gengenbach s. 634 a. 8 bereits weitere nachweise gegeben,
die sich sehr vermehren Hessen.1 — Hält sich der dichter in diesen einzelheiten nach-
weisbar an die Wirklichkeit, so möchte man wol wissen, wie es nach dieser seite
mit dem befremdenden zuge unserer erzählung steht, dass der aussätzig gewordene
freund vom grafen gleiclrwol wieder in sein amt eingesetzt wurde, v. 859 fgg. Man
sollte glauben, class ein solches verfahren ebenso durch die natur der sac'he als durch
die landläufige anschauung der zeit, die sich gegen die erkrankten wenig tolerant
erwies, unmöglich gemacht sei. Zwar scheint man in Deutschland nicht mit so
radikaler härte verfahren zu sein wie in Frankreich, wo der vom aussatz befallene
symbolisch begraben und sogar ein requiem für ihn gelesen wurde. Die rechtsbe-
stimmungen (Schröder s. 200) schliessen ihn nur von der erbfolge aus, lassen ihm
aber die Verfügung über seinen bis zur erkrankung erworbenen besitz. Dass er aber
ein öffentliches amt hätte bekleiden können, wie unser gedieht annimmt, scheint un-
denkbar. Der Sachsenspiegel sieht (III. 54, § 3) ausdrücklich vor, dass der mesclseke
nicht zum könig gewählt werden könne. Der vom aussatz befalleue freiherr des
Almen Heinrich zieht sich ebenso wie der herzog von Brabant in Konrads Engelhard
sogleich in die einsamkeit zurück, um dort als richtiger „sonder- und feldsieche" zu
leben; von diesem wird ausdrücklich versichert (v. 5216), dass im wart entxücket sin
gewalt an Hüten unde an lande und oft denkt er traurig an irip und guot, Hut
unde laut, dax man im Jurte ü\ siner hant genomen allex bi der xit. Ein abt
von Schwarzach in Oberfranken wurde 1430 durch lepra genötigt sein amt niederzu-
1) Ein anderes requisit des aussätzigen, das aus dem Sebastiansaltar des älteren
Holbein wolbekanni ist, führt Ulrich von Lichtenstein bei seinem widerwärtigen aben-
teuer (Frauend. 329fgg.): den napfzux aufnähme der erbettelten speise. Seine kleidung
bezeichnet er nur ganz allgemein als swachiu Ideit (und ein rock und ouch ein
mäntelin, diu künden beeser niht gesin).
WITKOWSKI ÜBKR ZÖLLNER, FRUCHTBRINGENDE GESELLSCHAFT 81
legen (Virchows Archiv 18, 160). Es finden sich aber doch auch entgegengesetzte
fälle. Herzog Ottokar TT. von Steiermark siechte seit 1182 am aussatz dahin und
traf bei zeiten alle anstalten für seinen in häkle zu erwartenden tod, der den 29 jähr.
1192 erlöste; er übte aber doch auch in diesen jähren die herzogliche gewalt (Muchar,
Gesch. der Steiermark 4, 517 fgg.'). Und Balduin IV. wurde 1174 ,,auf einstimmigen
wünsch der grossen des reiches-' zum könig von Jerusalem gekrönt, obwol er als
knabe schon am aussatz litt und er trug sein unaufhaltsam fortschreitendes Siechtum
standhaft bis an seinen tod (1185), sogar in die schlachten Hess er sich auf einem
bette von zwei pferden tragen (Röhricht, Geschichte des königreichs Jerusalem
s. 361 fgg.). [Vgl. hierzu die Sammlungen Wackernagels A. Heinr. s. 172 fgg., die mir
nicht zugänglich waren als ich dies schrieb. Correcturnote].
v. 947 ist cor im durch die Übereinstimmung von BC gesichert.
v. 971 972, die in A fehlen, sind wol erst von C eingefügt, um die ausdrück-
liche einführung der rede zu gewinnen, die C auch sonst überall einsehaltet, vgl.
104, 170, 185, 289, 291, 327 u. o.
v. 1066 fgg. weichen in den hss. sehr stark ab. Euling hat sich C angeschlossen,
dessen lesung aber sehr dem verdachte sekundärer änderung unterliegt. A gibt einen
befriedigenden sinn, wenn man nur die geringe ändenmg sint> gesint annimmt:
als sä in der rede sitxen, so bringt die amme her der. leint, er sack wite umbe
da\ gesint: von grv/nde erschrack sin Jier.e guot. Der junge graf fürchtet, als er
sich rings von seinem gesinde umgeben sieht, sie würden ihn töten (vgl. 986), wenn
jetzt durch die amme sein verbrechen an den tag komme.
v. 1083 su-a\ sii rettent, dax er sneig ist für da% wol darxuo zu lesen uud
nach v. 1082 stärker zu interpungieren.
v. 1195 dax tot Kuon.e Kistener verlangt der sinn dax was und darauf führt
auch die lesung von A: dx urissent.
v. 1205 ist ich unpassend gegen die überlief erung eingesetzt; 1207 ist mit
A bat zu lesen.
Eulings buch hat F. Vogt als herausgeber der Germanistischen abhandlungen
noch zwei exkurse angehängt, deren erster die ausdeutung des Wallo>re bei Rudolf
von Ems auf das Eckenlied oder Hartmanns Erek überzeugend abweist, während der
zweite für den bekannten Tristanvers 12220 durch eine parallele aus dem Frank
furter passionsspiel Septimunt als die richtige lesart festlegt.
FREIBURG I. B. FRIEDRICH PANZER.
F.Zöllner, Einrichtung und Verfassung der Fruchtbringenden gesell-
schaft, vornehmlich unter dem fürsten Ludwig zu Anhalt -Cöthen. Berlin, Ver-
lag des Allg. deutschen Sprachvereins (F. Berggold) 1899. IV, 124 s. 1,80 m.
Aus einem vortrage im Leipziger zweigverein des Allgemeinen deutschen Sprach-
vereins ist die schrift Zöllners entstanden. Als eine rettung stellt sie sich dar. Bisher
war man gewohnt, der Fruchtbringenden gesellschaft bei aller anerkennung der tüch-
tigen gesinnung der führer und ihres strebens nach erhaltung und förderung des
vaterländischen sinnes im leben und im Schrifttum doch das leere spiel in der form
und den mangel an wirksamen mittein zum durchsetzen ihrer absiebten vorzuwerfen.
Nun sucht der Verfasser nachzuweisen, dass die gesetze der gesellschaft und das ver-
fahren ihres leiters wol geeignet gewesen seien, das deutschtum zu pflegen und aus-
zubreiten, zunächst die erste aufgäbe, die reinigung der spräche, zu erfüllen. In-
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 6
82 WITKOWSKI
dessen nmss doch einige gewalt angewendet werden, um in dem formonwesen, dem
pruukeu mit Sinnbildern, gesellschaftsnamen und devisen etwas förderliches zu ent-
decken. Auch bei der aufnähme ist auf deutsche gesinnung gewiss nicht so hoher
wert gelegt worden, wie Zöllner annimmt; denn wie wären sonst so viele ausländer
in die gesellschaft hineingekommen? Scheiut es doch auch den tüchtigsten und
eifrigsten unter den Fruchtbringenden an der nötigen tat kraft gemangelt zu haben,
diese gesinnung nach aussen hin zu beweisen; denn wir sehen sie in ihren briefen
mit ausnähme der an die genossen gerichteten ohne jedes bedenken das verwilderte
deutsch der zeit gebrauchen. Die ausrede können wir Zöllner nicht gelten lassen,
dass die muttersprache zur behandlung manches Stoffes noch nicht genügend erzogen
war; er vergleiche doch die politischen briefe des sechszehnten Jahrhunderts. Dass
die mitglieder unter einander sich eines reinen deutsch beflissen, will wenig bedeuten.
So lange nicht gezeigt werden kann, dass von dieser Übung ein nachweisbarer, wesent-
licher einfluss auf die deutsche prosa im allgemeinen ausgegangen ist, etwa so wie
Opitz die verse mit einem schlage von der hauptmasse der fremden Wörter befreite,
so lange wird man in dem treiben der Fruchtbringenden nur mit Herder ein zeuguis
dafür sehen, wie diese alten kinder sich freuten, dass sie auch eine spräche hätten,
in der sie schreiben und reimen könnten.
Darauf kommt es bei der beurteilung der alten Sprachvereine an; die fest-
stellung ihrer gebrauche und ihrer ehrenwerten absiebten erscheint daneben minder
wichtig. Zöllner, der offenbar den stoff vollkommen beherrscht, möge in der grösseren
arbeit über die Fruchtbringende gesellschaft, die er plant, nach dieser seite sein Haupt-
augenmerk richten. So erschiene dann die vorliegende schrift als geeigneter unterbau
einer bedeutsamen Untersuchung.
Im titel der beiden s. 1 anm. 2 angeführten Schriften sollte es palmbaum statt
palmeubaum heissen. Aus der form der anmerkung 3 auf s. 12 muss der unkundige
schliessen, dass ich die falsche behauptung aufgestellt hätte, Hüebner sei der erste
bürgerliche in der Fruchtbringenden gesellschaft gewesen, während ich gerade diese
frühere annähme widerlegt habe.
LEIPZIG, DEN 9. FEBRUAR 1900. GEORG WITKOWSKI.
K. H. von Stockmayer, Das deutsche soldatenstück des XVIII. Jahrhunderts
seit Lessings Minna von Barnhelm. [Litterarhistorische forschungen herausgegeben
von J. Schick und M. frh. von Waldberg. X. lieft.] Weimar, verlag von Emil
Felber 1898. XI, 125 s. 3 m.
Mit grossem fleisse hat der Verfasser die deutschen dramen durchmustert, die
in der zeit nach der Minna von Barnhelm Stoffe aus dem soldateuleben behandelten.
Sein Verzeichnis zählt 260 solche stücke auf, aber kein einziges von ihnen besitzt
höheren wert. Die Brandes, Stephanie d. J., Engel, 'Grossmann, Möller nutzen die
durch den siebenjährigen krieg neu erweckte teilnähme an kriegerischen taten und
gesinnungen in ihrer handwerksmässigen art aus und finden unter dramatikern des
gleichen Schlages und dilettanten zahlreiche nachfolger. Ein innerer Zusammenhang
mit der Minna ist so wenig zu bemerken, dass mau wol die frage auf werfen darf,
ob es methodisch richtig war, die Untersuchung von ihr ausgehen zu lassen.
Weit fruchtbarer hätte sich die sorgsame arbeit gestaltet, wenn der Verfasser
das soldatenstück der früheren zeit, das er gänzlich ignoriert, mit herangezogen und
ÜBER VON STOCKMAYER. SOLDATENSTÜCK DES 18. JHS. 83
dadurch klarer gezeigt hätte, wie sich eine neue auffassung des Soldatenberufes im
deutschen drama bahn bricht.
Es fehlt uns nicht an Zeugnissen aus dem unmittelbar vorhergehenden Zeitraum,
die da heranzuziehen wären. Nur auf eines, ebenfalls eine ausgeburt des sieben-
jährigen krieges, will ich hier hinweisen. Der titel lautet: „Dersoldat in den Winter-
quartieren. Eine operette von einem aufzuge. Der dachs im loche beisst den hund,
Soldaten macht der degen kund. Honall. (?) Quirlequitsch 1759." Das interessante
stück scheint völlig unbekannt zu sein, wenigstens erwähnen es die litteraturgeschichten
und bibliographien nirgends. Der Schauplatz ist in L**, das heisst Leipzig. In bunten
bildern wird das treiben der Preussen in der eroberten Stadt geschildert. Zuerst spielt
die scene vor dem tore. Zwei Überläufer, ein Hesse und ein Schwabe, die ebenso
wie später ein sächsischer bauer, ein Österreicher und ein Niederdeutscher im dialekt
sprechen, werden angenommen, die mannszucht der Preussen wird gegenüber den
Kroaten und Franzosen gelobt, der soldat liebelt mit einer dienstmagd, die seinem
leutuant die einladung zum Stelldichein mit ihrer herrin bringt. Lebendige lager-
scenen folgen, der leutnant entdeckt bei seinem Soldaten eine Leporelloliste und singt
ein gar bedenkliches französisches lied.
Eine Verwandlung zeigt die dame, die des leutnauts harrt und sich von ihrer
magd, die zu den geliebten des Soldaten zählt, schmücken lässt. Bei champagnerund
coufekt singt dann die dame dem leutnant vor, ihre Zärtlichkeiten werden sehr deut-
lich; aber der soldat unterbricht sie, um den leutnant abzurufen, weil zwei anver-
wandte von ihm aus Berlin zu besuch gekommen seien. Die dame bleibt allein, bis
der bauer eintritt, der sich nach seiner tochter erkundigen will, die bei ihr im dienste
steht. Der leutnant kehrt zurück und geht mit der dame ins seitenzimmer.
Die letzten sceneu spielen auf der Strasse. Kathrinchen und Lottchen sehen
den Soldaten arm in arm mit dem betrunkenen bauern, Kathrinchens vater, daher-
kommen. Ein korporal prügelt den bauer, indem er scheinbar den Soldaten meint,
der leutnant und die dame sehen der scene zu und trennen sich, da sie wegen des
bankerotts ihres mannes mit ihm nicht auf die assemblee gehen will, der soldat ver-
rät den beiden mädchen wider willen seine Flatterhaftigkeit, weiss sie aber durch list
zu beruhigen, und alle drei werden wieder äusserlich freunde.
Das stück ist in sehr gewandten freien versen geschrieben. Es enthält eine
reihe von hübschen gesangsnummern : liecler, arien, duette und terzette. Über den
Verfasser weiss ich nichts zu sagen, nicht einmal, wem man im jähre 1759 eine
solche reihe treffender dramatischer bilder aus dem leben der gegenwart zutrauen
könnte, noch dazu in der damals seltenen form des Singspiels. Etwa Standfuss?
Die soldatentypen, die hier vorgeführt werden, unterscheiden sich beträchtlich
von den entsprechenden gestalten der Minna und ihrer nachfolger, auf die Stockmayer
sein augenmerk richtet. Der söldner reist wie ein fleischerknecht und betätigt das
gefühl der Standesehre, indem er die friedlichen mitmenschen und die untergebenen
prügelt, frauen und töchter verführt. Noch Just leidet ja au solchen anwandlungen
(und in Wirklichkeit haben erst die Napoleonischen kriege ein humaneres verfahren
und höhere Sittlichkeit in den preussischen soldatenstand gebracht); aber die bühne
liebt es nach dem siebenjährigen kriege, auch im Soldaten die humanität des jahi-hunderts
darzustellen, ihm eine edle gesinnung, milde sitten zu verleihen. Gerade daraus ent-
springen am häufigsten die conflikte in den von Stockmayer behandelten dramen:
menschlichkeit und pflicht bringen den offizier in einen Zwiespalt, dem er zum opfer
fällt. Die durch Lessiug grossgezogene niedere art der tragik, die in der erregung
6*
84 H. FISCHER
mitleidiger triihneu ihr ziel sieht, herrscht hier durchaus vor. Wenn das Bedürfnis
nach rühruug ausgiebig befriedigt ist, darf dann die rettung durch fürstliche gnade
oder den friedensschluss alles wieder ins reine bringen.
Diese hauptergebnisse sind bereits knapp, aber völlig genügend in Hauffens
kurzer Übersicht derselben dramengruppe bei Kürschner (Das drama der klassischen
poriode I, XXXI fgg) vorweggenommen, die dem Verfasser unbekannt zu sein scheiut.
Es ist sonderbar, dass Stockmayer die Soldatenstücke des Sturmes und drauges
vollkommen unbeachtet gelassen hat; nur ein paarmal (s. 28. 50. 73) erwähnt er Lenz
flüchtig. Auch auf die reichsarmee des „Götz", die Soldaten in den „ Räubern", den
major Walther in „ Kabale und liebe" konnte hingedeutet werden, um den blick aus
der uiederung auch ein wenig zu den höhen der dichtung zu lenken. So erhalten
wir nur ein recht einförmiges bild. Die spräche der arbeit sollte sauberer sein. „Die
pointillöse strenge der militärischen gesetze " (s. 35) und ähnliches empfindet man,
auch ohne purist zu sein, als hässlich und störend.
LEIPZIG, DEN 23. FEBRUAR 1900. GEORG WITKOWSKI.
Regesten zu Friedrich Schillers leben und werken. Mit einem kurzen
überblick über die gleichzeitige litteratur. In tabellarischer anorduuug bearbeitet
von Ernst Müller. Leipzig, R. Voigtländer 1900. 8°. VII, 178 s. 4 m.
Der Verfasser dieses Werkes hat sich schon durch frühere arbeiten in sehr
anerkennenswerter weise um die kenntnis Schillers verdient gemacht, am meisten
durch die reichhaltigen und gründlichen zusätze zu der neuen ausgäbe von Schillers
kalender (1893). Regesten zu Schillers leben und werken können nur willkommen
geheissen werden, denn seit Saupes buch von 1855 sind keine mehr erschienen; die
sehr genaue Zusammenstellung bei Goedeke V. beschränkt sich auf die werke. Müller
hat sein buch in tabolleuform mit drei kolumnen augeordnet. Die erste enthält das
datum, die zweite die biographischen angaben, die dritte die angaben über die werke
nebst briefen. Eine zuerst geplante vierte kolumne „ Gleichzeitige litterarische er-
scheinungen und ereignisse " ist des raumes wegen an den fuss der Seiten verwiesen
worden und zwar in der art, dass am beginn jedes Jahres die dahin gehörigen notizen
gegeben sind. Der zweck, ein möglichst vollständiges chronologisch geordnetes bild
von Schillers existeuz zu geben, wird auf diese weise erreicht worden sein. Es muss
aber doch gefragt werden, ob die publikation sich nicht in gewissen punkten ihr ziel
hätte genauer setzen sollen. Ich rede nicht von der richtigkeit der einzelnen angaben.
Bei einem so genauen arbeiter wie Müller kann ich sie wol voraussetzen, und
andererseits: dass ein aus lauter einzelangaben zusammengesetztes buch nicht da und
dort der kritik verfallen sein sollte, ist schon deswegen nicht möglich, weil über die
aufnähme oder weglassung vieler einzelheiten, über das mass des wichtigen und un-
wichtigen jeder einzelne benutzer wieder anderer meinung sein wird. Hierher kann
man es rechnen, wenn schlechtweg der 10. november als Schillers geburtstag genannt,
die möglichkeit des 11. gar nicht erwähnt wird; worauf es beruht, dass zwar der
geburtstag der mutter Schillers, nicht aber der seines vaters angegeben ist, kann
man sich nicht wol denken. Es wäre zu wünschen gewesen, dass Müller absolute
Vollständigkeit in allen solchen angaben angestrebt hätte, welche ganz bestimmt
zahlenmässig zu belegen sind; denn mit subjektivem ermessen kommt man da nicht
durch. Ebenso wäre es richtig gewesen, nicht mehrere daten, die sachlich zusammen
ÜBER MÜLLER. SCHILLERREGESTEN' 85
gehören, der kürze und Übersichtlichkeit wegen unter ein einziges zusammen zu
bringen. Es ist das danu und wann geschehen. Wenn die betreffenden daten nicht
durch ein weiteres getrennt sind, kann man sich damit einverstanden erklären; es
schadet wenigstens nichts, wenn es s. 96 heisst: „11. und 17. [aug. 1795] über
Goethes Wilhelm Meister", denn zwischen dem 11. und 17. ist nichts verzeichnet.
Aber auf derselben seite steht: „8. 11. 18. 21. 25. [sept.] an Körner , Würde der
frauen', , Elegie' und andere gedichte zur kritik". Hier ist zunächst Unklarheit und
uuvollständigkeit zu tadeln: dass die „ Elegie" dasselbe gedieht ist, das später
„Spaziergang" heisst, durfte ein derartiges werk nicht als bekannt voraussetzen,
ausserdem ist in den genannten briefen an Körner zwar einmal allgemein von „einer
handvoll poesien" die rede, aber ausdrücklich genannt sind auch: „ Natur und schule ",
„Ideale", „Macht des gesanges ", „Pegasus im joche", „Tanz", „Reich der schatten",
„Stanzen an den leser"; warum führt Müller nur die zwei an, die gar nicht einmal
besonders ausführlich besprochen sind? Ausserdem aber gieng es doch nicht an, diese
daten alle zusammen zu fassen, da unterm 8., 9-, 13., 14., 18. sept. sich regesteu
aus andern briefen finden. Es scheint mir überhaupt nicht aDgängig, die briefe so
zu behandeln, dass, wie geschehen ist, unter jedem monat in der dritten kolumne
alle briefe des monats in einer notiz zusammen gefasst sind; z. b. eben sept. 1795:
.,18 briefe nr. 901 — 918. An Cotta (5), Humboldt, Körner (5), Goethe (3), Voigt,
F. L. W. Meyer, Erhard, W. Schlegel". Das führt mich auf ein weiteres desiderium.
Es sind gelegentlich, besonders zu anfang, die quellen für die einzelnen angaben mit-
geteilt; meistens aber ist das gar nicht geschehen, und das ist ein grosser mangel.
In einem regestenwerk sollte es selbstverständlich sein, dass zu jeder angäbe die
quelle angegeben würde; ich wüsste nicht, dass das in historischen regesteu je anders
gehalten worden wäre. Es ist auch ganz natürlich. Jemand kann eine tatsache und
ihr datum kennen, möchte aber finden, wo darüber berichtet ist. Ich kann genau
wissen, dass Schiller am 26. mai 1789 seine erste Vorlesung gehalten hat, und mich
auch seines oft citierten berichts darüber gut erinnern; aber hat er diesen au Körner
oder au Charlotte erstattet? Das finde ich ja rasch bei Jonas, aber noch rascher
sollte ich es bei Müller finden können. Dass über die Graubündner affaire Ferd. Vetters
aufsatz nachzulesen ist, weiss mancher; aber wo steht der aufsatz? Wo ist der
einzeldruck des gedichts auf Rieger publiciert? Manche werden wissen, dass beides
in Schnorrs Archiv für litteraturgeschichte steht, aber band und seite weiss ich nicht
auswendig, obwol ich selbst es gewesen bin, der das gedieht auf Rieger dort publi-
ciert hat. Alle solche fragen und noch ferner liegende rasch zu beantworten, das
ist eben die aufgäbe von solchen regestenwerken. Am besten wäre den quellen-
angaben eine eigene kolumue gewidmet worden; diese hätte dann auch die angabeu
über datum und adressaten der briefe aufnehmen können, die werke hätten eine eigene
kolumne bilden oder kurzweg in die biographische kolumne aufgenommen werden
mögen, denn sie sind von dem biographischen doch nicht zu trennen und es ist in
Müllers zweiter kolumne von ihnen alle augenblicke die rede. Mau hätte dann auch
nur drei kolumnen bekommen: zeit, gegenständ, bibliographische angäbe. Möglich
oder wahrscheinlich, dass das buch dadurch dicker geworden wäre. Aber das wäre
zu ertragen gewesen; denn sein umfang ist doch massig genug. Es hätte aber auf
anderem wege räum gespart werden können. Die gleichzeitigen litterarischen er-
scheinungen sind ganz angenehm und lehrreich, aber sie konnten mit weniger schaden
geopfert werden. Auch am text der regesteu selbst konnte gespart werden, wenn
der Verfasser den zweck eines solchen buches fest im äuge behielt. Tatsachen, daten,
86 WITKOWSKI ÜBER GAEDE, SCHILLERS NAIVE U. SENTIM. DICHTUNG
quellen sollen und zwar so vollständig und präcis als möglich mitgeteilt werden^
zum lesen ist so ein buch nicht da. Ästhetische urteile, moralische verdicte sucht
man nicht darin; ebenso nicht ausgeführte sätze, sondern kurze und klare Stich-
wörter. Was will ein eitat wie s. 6 „wider seines herzeus drang", wo die auführungs-
zeichen noch dazu die Vorstellung erwecken müssen, als ob das worte Schillers und
nicht vielmehr Uhlands wären? Oder s. 14 „doch geht er aus diesem kämpf der
sinne siegreich hervor"; s. 157: „herrliche trostbriefe " ? Auch ein gedankenstrich
wie s. 33: .. Dalberg lässt Seh. auffordern, zur — medicin zurückzukehren" ist ebenso
überflüssig wie der zusatz: „Er hätte den dichter gerne losgehabt". Solche urteile
gehören nicht her. Vielmehr möchte man möglichst alles tatsächliche und, da „alles"
in solchen fällen ein relativer begriff ist, das gegebene möglichst bündig und klar
finden. Dass der „alte Herodes" (s. 83) der herzog Karl von Württemberg ist, weiss
nur der kenner. Ein ausdruck wie s. 42: „Besuch Arnim's in Tharandt" ist un-
deutlich. Ebenso wäre s. 171 statt „Festspiel" besser „Huldigung der künste" ge-
setzt worden. — Nach Schillers tod ist begreiflicherweise nur eine auswalil von daten
gegeben; es ist natürlich subjeetive anschauuug, ob einer hier mehr, der andere
weniger wünscht. Aber Vollständigkeit innerhalb der einzelnen angaben und gleiche
behaudluug des gleichen musste auch hier gefordert werden. Wenn z. b. das jähr
der enthüllung des Stuttgarter, Weimarer. Berliner und Marbacher denkmals an-
gegeben wurde, so konnte und musste jedesmal auch der tag angegeben werden; es
musste bei dem Marbacher deukmai der künstler genannt werden, wenn er bei den
andern genannt wurde. — Ich habe mehrere desiderien, zum teil principieller art,
geäussert; ich füge den wünsch bei, es möge der fleiss des Verfassers durch eine
zweite aufläge belohnt, bei dieser aber die bedenken beseitigt werden, die sich gegen
anläge und ausführung der ersten noch haben erheben lassen.
TÜBINGEN, DEN 26. JANUAR 1901. HERMANN FISCHER.
Dr. U. Oaede, Schillers abhandlung „Über naive und senti mentalis che
dichtung". Studien zur entstehungsgeschichte. Berlin, verlag von Alexander
Duncker 1899. 72 s. 2 m.
Schillers abhandlung, das fundament unserer gesamten litterarischen kritik,
sieht der leser der Schrift Gaedes aus dem innern des philosophierenden dichters
hervorwachsen. Mit vorsichtigem schritte wird der entstehungsprocess verfolgt und
so zugleich die beste erläuterung der grundbegriffe gegeben. Die gründliche, ungemein
klare darstellung wird so zu einem vortrefflichen kommentar, der sich zwar in vielen
teilen auf die Vorgänger (namentlich Tomaschek und Kühnemann) stützt; aber doch
allenthalben selbständig das frühere zu verwerten und systematisch zu gruppieren ver-
steht. Der beweis, dass das wichtigste, die eintoilung des gesamtbereichs der dichtung
in die beiden grossen gebiete des naiven und des sentimentalischeu, erst dem jähre
1795 angehört, ist Gaede überzeugend gelungen. Ansprechend ist auch der hinweis
auf Wielands einfluss auf Schiller, der dazu beitrug, das abstrakte Rousseausche
ideal durch das konkrete des Griechentums zu ersetzen.
Das Verhältnis zu Goethe wird von Gaede als einzige Ursache der ästhetischen
Studien Schillers bezeichnet. Das ist eine einseitige auffassung. Ebenso wäre bei der
datierung des entscheidenden gesprächs der beiden männer auf den juli 1794, freilich
den wahrscheinlichsten Zeitpunkt, ein hinweis auf die mangelnde dokumentarische
W1TK0WSKI OBEH LE1TZMANK, HUMBOLDT
Sicherheit augebracht gewesen. S. 55 /.. 12 ist der störende druckfehler objekt statt
Subjekt stehen geblieben.
LEIPZIG. DEN 16. FEBRUAR 1900. GEORG WITKOWSKI.
Briefwechsel zwischen Karoline von Humboldt. Eahel und Varnhagen
herausgegeben von Albert Leitzmanu. Weimar, Hermann Böhlaus nachfolger
1896. IX. 221 s. 4,50 m.
Wilhelm von Humboldt, sechs ungedruckte aufsätze über das klassische altertum.
Herausgegeben von Albert Leitzmanu. Leipzig. G. J. Göschensche Verlags-
buchhandlung 1896. (Deutsche litteraturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts,
herausgegeben von A. Sauer nr. 58 — 62). LIV. 214 s. 3 m.
Erst vor kurzem habe ich von der redaktion die beiden im titel genannten
Schriften zugesandt erhalten, so dass also nicht mich die schuld der sehr verspäteten
besprechung trifft. Der inhalt beider entstammt zum grössteu teil den handschrift-
lichen schätzen Tegels. In der ersten führt zumeist Rahel in ihrer bekannten, jede
Stimmung unverhüllt aussprechenden art das wort. Sie drängt sich an die vornehmere
Karoline seit 1795 heran, beide tauschen ihre herzenserlehuisse aus und bleiben bis
1S01 in einem freilich nicht sehr lebhaften schriftlichen verkehr. Dieser ruht dann
völlig, während die Humboldts in Rom weilen, und wird erst 1813 wieder aufgenommen.
Die briete aus diesem und dem folgenden bedeutungsvollen jähre bilden den haupt-
teil der Sammlung. Rahel, die in Prag sich mit allen kräften der fürsorge für die
verwundeten widmet, veranlasst die Wiener freundin dazu, in ihren kreisen geld und
kleidung zu sammeln, daneben verfolgt sie aber andauernd die weniger selbstlose ab-
sicht, Varnhagen die gunst Wilhelms von Humboldt durch Vermittlung der gattiu zu
verschaffen. Varnhagen selbst unterstützt dieses bestreben durch seine briefe vom
kriegsschauplatz, die in ihrer süsslicheu geschwätzigkeit nirgends den kräftigenden
hauch der grossen zeit atmen und den Schreiber nur bemüht zeigen, sich auf jede
weise, selbst mit hilfe der abscheulichsten indiskretion (s. 135), bei der nach, seiner
ansieht vielvermögenden frau einzuschmeicheln. Als er im hafen der sicheren lebens-
stellung gelandet ist, verstummen seine früher so beredten huldigungen und auch
seine gattin Rahel hat der „vielgeliebten verstehenden freundin'1 nichts mehr zu sagen.
Nur noch ein letzter, durch drei jähre von seinen Vorgängern getrennter brief Karo-
linens bezeugt durch das Sie, das an die stelle der frühereu vertrauten anrede ge-
treten ist, die entfremdung.
Es wird wenige briefwechsel, zumal von weiblichen bänden, geben, die so un-
sympathisch berühren und so wenig tatsächliches enthalten. Nirgends ergibt sich eine
irgendwie wesentliche Vermehrung unseres bisherigen wissens von den äusseren Schick-
salen der drei beteiligten, auch in ihrem charakterbilde werden nur die bisher be-
kannten züge hier und da vertieft. Höchstens Hesse sich in dem besten litterarischen
porträt Raheis, Walzels skizze in der Allgemeinen deutschen biographie, auf gruud
der Prager briefe der satz einschränken, dass Raheis herz nach 1804 für alle Zeiten
stumpf und müde geworden sei. Denn sie zeigt noch mit 43 jähren eine wahrhaft
erstaunliche entzündbarkeit und liebesbedürftigkeit.
Aber auch das ist uns doch schon so vielfach durch die unermüdliche Ludmilla
bezeugt, dass nicht einzusehen ist. weshalb die paarhalme, die sie absichtlich liegen
liess oder nicht in ihre scheuern einfahren konnte, noch zu einer magern garbe ge-
SS MEYER ÜBER WAAG . BEDEUTUNGSKNTWICKLUNG UNSERES WORTSCHATZES
bunden werden müssen. Solches leere stroh wie nr. 18 oder nr. 39 oder gar das
fragmentarische sätzchen am Schlüsse von nr. 58 braucht wahrlich nicht gedroschen
zu werden. Hätte Leitzmanu die paar stellen, die von iuteresse sind (wie etwa die
entrüstete äusserung Varnhagens über die verse Goethes an Marie Luise s. 61) au
geeignetem orte veröffentlicht, so wäre in bezug auf diese briefe das nötige und
nützliche geschehen.
Einen weit höheren wert besitzt die zweite im titel genannte publikation, deren
stoff Leitzmanu ebenfalls dem handschriftenhort Tegels verdankt. Wilhelm von Hum-
boldt ist der reifste sohu der zeit Schillers und Goethes. Jedes wort, das er hinter-
lassen hat, durchdringt die frühzeitig abgeklärte ruhe, der angeborene und erworbene
Charakter des edlen mannes. Das ideal der ästhetischen erziehung sucht er durch
intensive beschäftigung mit dem klassischen altertum zu verwirklichen, dessen wert
für die gegen wart der erste der sechs aufsätze, „Über das Studium des altertums und
des griechischen insbesondere" 1793 in knapper philosophischer deduktion zu be-
weisen sucht. Friedrich August Wolf, Schiller und dem coadjutor von Dalberg wurde
die skizze vorgelegt. Die beiden letzteren versahen sie mit interessanten rand-
bemerkungen, die der abdruck wiedergibt; AVolf benutzte sie für seine „Darstellung
der altertumswissenschaft " im jähre 1807. Der zweite, unvollständig erhaltene auf-
satz (aus dem dezember 1 795) enthält eine Charakteristik Pindars, als ersten versuch
einer Charakteristik des griechischen dichtergeistes , der dritte höchst merkwürdige
„Betrachtungen über die Weltgeschichte", die sich nicht bestimmt datieren lassen.
Er gehört streng genommen nicht in den durch den titel der Sammlung begrenzten
rahmen; doch ist er als frühes Zeugnis für die grosse geschichtsauffassung Humboldts
wichtig, die mit der geltenden ideenlehre positive naturwissenschaftliche grundsätze
verbindet. Der spanischen reise vom winter 1799 auf 1800 verdankt der umfaug-
reiche, an Goethe gerichtete beiicht über das antike theater zu Sagunt seine ent-
stehung, ausgezeichnet durch die schärfe der beobachtung und die anmut der Schil-
derung. In Rom endlich entstanden die beiden letzten, grössten arbeiten des bandes.
Die erste, „Latium und Hellas oder betrachtungen über das klassische altertum",
schliesst mit einer fragmentarischen betrachtung über das Sprachstudium als ausgangs-
punkt für die eikeuntnis der nationalen eigenart, die zweite ist der ausatz zu einer
geschichte des Verfalls und Untergangs der griechischen freistaaten, um von diesem
punkte aus den allgemeinen gaug der Weltgeschichte zu beleuchten und speciell die
entwicklung Deutschlands bis zur gegenwart und darüber hinaus abzuspiegeln. In
ihrer gesamtheit geben diese unvollendeten arbeiten ein klares bild der grossen
interessen Humboldts und stellen zugleich den geist der grossen zeit ihrer eutstehung
in seinem Übergang von reinen ästhetischen bestrebuugen zur teilnähme an den
politischen und sozialen fragen der gegenwart dar.
LEIPZIG, UEN 3. AUGUST 1900. GEORG WITKOWSKI.
Albert Waag, Bedeutungsentwicklung unseres Wortschatzes. Auf grund
von II. Pauls „Deutschem Wörterbuch" in den haupterscheinuugen dargestellt.
Lahr i. B., M. Schaueuburg 1901. XVI, 200 s. 3 m.
Unter „bedeutungslehre" oder „Semasiologie" verstehen wir in unserer an-
spruchslosigkeit die Zusammenstellung einiger empirischer kategorieu des bedeutungs-
wandels unter beigäbe einiger beispiele. Es muss also als ein wesentlicher fortschritt
ILA IT FEX ÜBER PETSCH, VOLKSRÄTSEL ÖV
angeseheu werden, wenn mau bei principiellem verzieht auf systematische durch-
arbeitung jener kategorien mindestens durch erschöpfende aufzahlung der jeder ein-
zelnen zugehörigen fälle über den zufallscharakter der meisten semasiologischen Studien
fortzukommen sucht. Hierin liegt der wert von Waags buch: es ist überhaupt der
erste versuch, die bedeutungsentwicklung eines bestimmten Zeitraums — ungefähr
von der ahd. zur nhd. Sprachperiode — vollständig darzustellen. "Wenn das buch
deshalb auch als rein wissenschaftliche leistung nicht so hoch gestellt werden kann
wie Liebichs interessantes (hier ebenfalls von mir gewürdigtes) experiment, so ist,
dafür seine praktische bedeutuug um so grösser. Denn Kluge in seiner höchst an-
erkennenden recension (in der Deutschen literaturzeitung 1901, sp. 665) rühmt ihm
mit recht klarheit, durchsichtigkeit und sichere beherrschung eines umfangreichen
materials nach.
Wir erhalten so im gegensatz zu Liebichs mit der analogie der botanik spielen-
dem werk eine art von geologie der gegenwärtigen Wortbedeutungen: sie werden jedes-
mal bis ungefähr an die letzte unter der Oberfläche liegende bedeutungsschicht ver-
folgt und wir erhalten also gleichzeitig, allerdings nur nebenbei, eine chronologische
Übersicht der deutschen wortinhalte. Die zahl der kategorien ist nicht eigentlich ver-
mehrt, aber um wertvolle Unterabteilungen bereichert. Neu, nicht an sich, aber in
diesem Zusammenhang ist die mit vielem glück durchgeführte beobachtung gewisser
so zu sagen rein gesprächsmässiger Umwandlungen der bedeutuug: durch Übertreibung
(s. 113), litotes und euphemismus (s. 125 fg.), ironie (s. 132; die s. 133 angeführten
beispiele würde ich aber eher als metaphorisch auffassen). Wirklich neu scheinen
mir die sehr beachtenswerten ausführungen über den bedeutungswandel von wort-
gruppen (s. 166 fg.). Die schwächsten teile sind wol die kapitel über metonymie (s. 85 fg.;
doch hübsch der abschnitt über symbolische handlungeu und dgl. s. 91 fg.) und über
anpassung an die kulturverhältuisse (s. 177 fg.), wo fruchtbare gesichtspunkte etwas
dürftig durchgeführt sind und gelegentlich sich sogar ein etwas oberflächliches Schön-
geistern einstellt.
Im ganzen wird das buch gute dienste tun und nicht bloss — was Kluge be-
sonders wünscht — der schule, sondern auch der forschung erfreuliche anregungen
geben. Die Vollständigkeit der beispiele — die natürlich keine absolute, aber eine
völlig ausreichende ist — reizt schon den leser zum weiterarbeiten und wird wol
auch den verf. selbst reizen, durch vergleichende Übersicht über alter, häufigkeit,
kraft der verschiedenen kategorien des bedeutungswaudels die bald zu erhoffende
zweite aufläge seines werkchens zu ergänzen.
BERLIN, 8. APRIL 1901. RICHARD M. MEYKR.
Neue beitrage zur kenntnis des volksrätsels. Von Robert Petsoh. (Palaestra.
Untersuchungen und texte aus der deutschen und englischen philologie. Heraus-
gegeben von Alois Brandl und Erich Schmidt IV.) Berlin, Mayer *.V Müller,
1899. Vlir, 152 s. 3,60 m.
Nach einer kurzen einleitung über die bisherige wissenschaftliche beschäftigung
mit dem volksrätsel und über die älteren deutschen rätselbücher tritt P. an seine
eigentliche aufgäbe, die stilistische beschreibung der deutschen volksrätsel, heran.
Er hat hierfür den ganzen heimischen bestand, so weit er litterarisch fixiert ist, ge-
prüft, die beispiele für Norddeutschland zumeist der grossartigen, über 2000 stück
90 • IIATJFFEB
enthaltenden Sammlung mecklenburgischer rätsel von Wossidlo1, für Süddeutschland
der Zusammenstellung Tiroler rätsel von Renk- entnommen, doch auch rätsel aus
anderen deutsehen landschaften, ferner aus englischen, schottischen, nordgermanischen,
romanischen u. a. Sammlungen zur eiiäuterung seiner theoretischen ausführungen
herangezogen. P. kommt es hierbei nur auf die volksrätsel an, im gegensatz zu
den kunsträtseln, die von meist bekannten dichtem in reimen abgefasst wurden.
Auch solche kunsterzeugnisse der jüngeren zeit können aus der deutschen oder
fremden litteratur in das volk eindringen und zu „volkstümlichen rätseln" werden.
wie deren mehrere auch "Wossidlo (s. 138 fgg.) abgedruckt hat. Die Verhältnisse liegen
hier ähnlich wie beim Volkslied, kunstlied und volkstümlichen lied. Als volksrätsel
kann man demnach m. e. nur solche rätsel bezeichnen, die (gleichviel ob im volke
seihst entstanden oder von einem dichter oder aus der fremde entlehnt) seit alters
in den breiten schichten des volkes gedächtnismässig überliefert, der eigenart des
volkes entsprechend umgestaltet, in seine anschauungs- und ausdrucksweise über-
tragen wurden und daher auch (nicht immer, aber häufig) in der mundart erzählt
werden. Die kennzeichen des echt volksmässigen gegenüber dem kunsterzeugnis wird
man beim rätsel, wie beim liede, am sichtbarsten im stile erkennen. Darum legt P.
mit recht Schwergewicht auf die Stiluntersuchung.
Aber auch innerhalb der volksrätsel ist noch eine weitere sichtung notwendig.
Man hat schon früh zwei gruppen unterschieden, die Scherzfragen, bei denen der
scherz an sich, und die wirklichen rätsel, bei denen die lösung die hauptsache ist.
Wossidlo in seiner vielberufenen Sammlung unterscheidet die eigentlichen oder sachen-
rätsel, wo es sieh immer um das erraten der (wenn auch in unbestimmten oder
dunklen andeutungen) positiv charakterisierten sache handelt, und die scherzrätsel
(fragen, komische aufgaben, Wortspiele), halslösungsrätsel und rätselmärchen , die alle
gar nicht gelöst werden können (vgl. auch E. H. Meyer, Deutsche Volkskunde s. 333).
Hier hat P. weiter gearbeitet und die sonderungen, begriffsbestimmungen und be-
schreibungen auch für die Unterabteilungen besorgt. Da mir seine ergebnisse richtig
und von entschiedenem werte für kommende forschungen und Sammlungen auf dem
gebiete des rätseis zu sein scheinen, gebe ich sie in knapper übersieht wieder.
P. stellt zwei gruppen auf. I. Die unwirklichen volksrätsel. Das sind
fragen, die meist gar nicht gelöst werden können, weil der gefragte in die kenntnis
der hierbei waltenden zufälligen umstände, der willkürlich angenommenen bedeutung
der worte usw. nicht eingeweiht ist. Sie suchen den hörer zum besten zu halten.
abzulenken. Sind also keine wirklichen rätsel. Der fragesteller gibt die lösung selbst
und erheitert oder überrascht damit den hörer. Drei Unterabteilungen sind in dieser
gruppe zu unterscheiden. 1. Weisheitsproben, die eigentlich gar keine rätsel sind,
denn sie wenden sich zunächst nicht an den kombinierenden verstand, sondern an
das erlernte wissen , sie verlangen nicht vom hörer, dass er raten, sondern dass er
auf grund seiner kenntnisse antworten soll. Vieh' von diesen proben aber spielen
durch die art ihrer fragestellung in das gebiet des rätseis über. 2. Halslösungs-
rätsel, die meist Verbrechern unter dem galgen in den mund gelegt werden und
unter normalen umständen überhaupt nicht zu lösen sind, weil sie dunkle beziehungen
zu einem ganz außergewöhnlichen Vorkommnis oder zu der zufälligen Situation des
fragestellers enthalten. Dadurch, dass zu ihrer erläuterung das betreffende ereignis
1) Mecklenburgische Volksüberlieferungen. 1. Rätsel. Wismar 1897.
2) Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, V s. 147— 160.
i'ni'.i; PETSCH, VOLKSRATSEl 91
erzählt werden muss, nahem sie sich der besonderen klasse der rätselmärchen, die
aber je nach der ausführung wirkliche rätsei enthalten können. 3. Scherzfragen.
Diese können auf Verwechslungen grammatischer oder logischer art beruhen. Die
namenrätsel, rechenaufgaben und Zweideutigkeiten gehören auch hierher.
Nach der ausscheidung dieser gattungen schafft sich P. freien räum für die
wichtigere grappe II, die wirklichen volksrätsel. Es ist nicht leicht, die uner-
schöpfliche fülle von formen, die sich hier darbieten, nach festen grundsätzen sicher
zu beurteilen und zu scheiden, "^"ossidlo hatte bereits versucht die wirklichen rätsel
nach dem auf bau, nach der art der anschauung und beschreibung des zu erratenden
gegenständes in Unterabteilungen anzuordnen. Er unterscheidet dreizehn klassen.
1. Gesprächsrätsel. Die zwei zu erratenden dinge halten miteinander ein ihr wesen
bezeichnendes gespräch. 2. Rätsel, in denen von mehreren tieren die rede ist.
3. Mit erdichteten oder wirklichen orts- und ländernamen. (Für 2 und 3 scheint
der einteilungsgrund äusserlich gewählt, doch besteht auch hier innere Verwandtschaft.)
4. Mit dem eingang: ..da oder dort steht... ". 5. Ichrätsel, worin das zu erratende
ding über sich selbst auskunft erteilt. 0. Verschiedenartige dinge werden als vogel
oder hund vorgestellt. 7. und 8. beginnen mit onomatopoetischen benennungen.
!). Die verwandtschaftliehen Verhältnisse und 10. Das äussere der betreffenden diu-.'
wird im einzelnen beschrieben. 11. Aus wenigen Worten bestehende rätsel.
P. hingegen gewinnt Unterabteilungen, indem er vom einfachen zum verwickel-
ten aufsteigend, unterscheidet, ob ein einzelner gegenständ, oder die einzelnen teile
eines gegenständes, oder mehrere ein ganzes ausmachende einzelgegenstände oder
mehrere dinge neben- oder gegeneinander im rätsel beschrieben werden und auf-
treten. Es kommt nun aber zunächst darauf an. wie der betreffende gegenständ ge-
schildert wird. Diese darstellung ist der kern des rätseis. Die formein am anfang
und schluss des rätseis aber, die nur unser interesse für den zu erratenden gegenständ
erregen sollen , sind der rahmen. P. unterscheidet danach rahmen- und kernelemente.
So dass ein normalrätsel etwa folgende anordnung zeigen müsste: a) einführendes
rahmenelement; b) benennendes kernelement; c) beschreibendes kernelernent; d) hem-
mendes element; e) abschliessendes rahmenelement. Diese elemente. die sich freilich
nur bei wenigen rätseln vollzählig einfinden, -werden nun im einzelnen besprochen. Die
einführenden rahmenelemente enthalten etwa die aufforderung zum raten, bezeichnen
die örtlichkeit, schildern die Situation, erhöhen die Spannung. Auch die abschliessen-
den rahmenelemente fordern zum raten auf. verweisen auf die Schwierigkeit der lösung
und versprechen hohen lohn, wenn sie 'gelingen sollte. Also diese rahmenelemente
gehören nur zur ausschmückung. Sie wollen die aufmerksamkeit des ratenden erregen,
berühren aber nicht den kern des rätseis. Sie könnten ohne schaden wegfallen.
Die beachtung der art und weise, wie die kernelemente durchgeführt werden,
ermöglicht es aber auch, bei den wirklichen volksrätseln eine reihe von Unter-
abteilungen anzusetzen, die sich theoretisch fein säuberlich voneinander sondern lassen,
in dem bunten 'gewirr der tatsächlich vorkommenden formen freilich vielfach inein-
ander überfliessen. Zunächst unterscheiden wir in der art der bestimmung des zu
erratenden gegenständes A. benennung, B. beschreibung. Es gibt aber auch
rätsel, die diese beiden arten verbinden (C). Die rätsel mit benennenden kernele-
menten allein (A) zeigen diese entweder in isolierter Stellung oder in gegen-
sätzlicher form (so z. b. bei den gesprächsrätseln in "Wossidlos erster giuppe)
während in der gruppe C die art der benennung entweder bedeutungslos sein
kann (klangworte, Umschreibungen mit ding, stück, etwas u. a.) oder bedeutsam
92 IIAIHKN
(bild, appellationen u. a.). Die reichste mannigfaltigkeit zeigen die beschreibenden
kernelemente. Nach der art der beschreibung muss man in der gruppe B und C
folgende fälle unterscheiden: 1. Ein zu erratender gegenständ (vorgang u. a.) wird
als ganzes durch einen beschreibenden zug bestimmt; 2. Durch mehrere beschreibende
züge; 3. Ein gegenständ wird in seinen teilen, seinen entwicklungsstufen, seinem
verhalten unter verschiedenen umständen usw. beschrieben und zwar entweder a) das
ganze ist benannt, die einzel teile sind von dieser benennung beeinflusst oder b) das
ganze und die einzelteile sind benannt, aber nicht mit zügen desselben bildes oder
c) nur die einzelteile sind benannt oder d) das ganze sowol als die einzelteile bleiben
unbenannt. Ferner 4. Mehrere gleichartige gegenstände werden gemeinsam benannt
und beschrieben. 5. Mehrere gegenstände sind zu erraten. — Die hemmenden ele-
mente behandelt. P. nicht besonders, sondern gleichzeitig mit der beschreibung, aus
der sie gewöhnlich gezogen sind. — Der anhang bringt einen abdruck des alten
Rockenbüchleins, sowie vorschlage für künftige ausgaben von volksrätseln , wobei P.
die anordnung nach dem gegenstände empfiehlt.
P. bedauert im verlaufe seiner Untersuchungen wiederholt, dass ihm aus Mittel-
und Oberdeutschland nicht so reiche beispielsammlungen zur Verfügung standen, wie
aus Niederdeutschland. "Wir können es auch aus dem litte raturverzeiehnis Wossidlos
s. 261 fgg. leicht ersehen, dass in niederdeutschen landschaften weit mehr rätsei auf-
gezeichnet worden sind, als in hochdeutschen. Wahrscheinlich ist das (eine nüchterne
scharfe verstandesthätigkeit voraussetzende) rätsei der norddeutschen geistesart ge-
mässer und darum in Mittel- und Oberdeutschland überhaupt nicht in so reicher
mannigfaltigkeit im volke vorhanden. Mir sind z. b. bei meiner aufsammlung der
deutsch -böhmischen Volksüberlieferungen gegenüber der erdrückenden fülle von
kinderliedern, Vierzeilern, Sprüchen, volksreimen u. a. verhältnismässig wenig rätsel-
typen untergekommen und die meisten von ihnen sind Varianten zu den Tiroler rätseln
Renks. Ich möchte hier aus meinen handschriftlichen aufzeichnungen deutsch -böhmi-
scher rätsei nur einige bemerkenswertere parallelen zu den von P. besprochenen
beispielen anführen, wobei ich die mundartlichen stücke, als die bodenständigeren
fassungen, bevorzuge. Zunächst unwirkliche rätsei. Zu dem von P. s. 18 fg. behandelten
halslösungsrätsel nenne ich die fassung nr. 1 aus Neuern im nördlichen Böhmerwalde:
Einmal ist einer zum tod verurteilt worden. Die richter sagten ihm er sei frei, wenn
er ihnen ein rätsei aufgebe, das sie nicht lösen können. Er gieng hinaus auf den
friedhof, weil er vom fenster aus daselbst alte Spatzen ab und zufliegen sah, nahm
sechs junge spatzen aus einem totenkopf und kam wieder. Dann sprach er sein rätsei :
„Bin aussegongan, bin einakoman
Hob die sechs aus'n tode gnoman,
Und die sechs mochent den si(b)entn frei,
Verstehts es wol, wos dieses sei?"
(Hier: „Meine hearn rot's, wos dieses sei!1'
Die richter konnten es nicht lösen. Er zeigte ihnen die Spatzen und den
schade] und wurde frei. ("Wörtlich gleich aus dem Adlergebirge überliefert.)
Ein beispiel ferner zu den von P. s. 19fgg. behandelten rätselmiirchen und
aufgaben. Kaiser Josef spielt hier eine ähnliche rolle, wie der alte Fritz in den
niederdeutschen Volksüberlieferungen.
nr. 2. Aus schloss Bösig im mittleren Nordböhmen. Ein invalid aus dem sieben?
jährigen kriege erblindet und wird von seiner frau zum kaiser Josü geführt, um
eine aul'besserung seines invalidengeldes zu erbitten. Kaiser Josef erwidert: wenn
VBET? PETSCH. VOLKSRÄTSEL 93
ihr das rätsei auflöset, das ich euch gebe, soll eurem ansuchen -willfahrt werden, und
er sagte zum mann: „Ihr kommt nicht bei tag und nacht, nicht nackend und nicht
bekleidet, nicht zu fuss und nicht zu pferd!" Der mann wurde nun von der frau
nackend in einen sack gesteckt, sie nahm ihn auf den rücken und trug ihn an einem
mittwoch zu kaiser Josef, welcher auf diese lösung des rätseis hin ihre bitten er-
hörte. (Vgl. Grimm, EHM. nr. 94 und die parallelen dazu Wossidlo s. 328 nr. 988).
Zu den Scherzfragen bei P. s. 24 f gg. einige beispiele:
nr. 3. "Welcher heilige ist in der kirche der gescheiteste? Der heilige Paulus,
denn er hat das buch zu, weil er schon alles auswendig weiss.
nr. 4. "Welcher versteht in der kirche das meiste? Der die grössten stiefel anhat,
nr. 5. Wos is's best am backuafuV Da(ss) 'r 's brout net selwa frisst.
nr. G. Wöfhas is da graisst haliga? Da wischbam (wiesbaum), der auf dem
haa (heu) liegt.
nr. 7. Zwe väta und zwe söhne
Die schossn drei hasen schene
A jeda trug en ganzn
Im ranzn.
(Es waren nur drei: grossvater, vater und sobn.)
nr. 8. Wos is's grisste wunder? Der heibge Elias is auf em feuricha wagen
ei a himmel gefohrn, on bot sich ne n orsch verbrannt (P. s. 35).
nr. 9. Wie viel paar stiefel brauchen neun heilige und der küster? Nur ein
paar, weil die heiligen keine stiefel tragen.
Nim die wirklichen rätsei. Zu P. s. G9 „flohrätsel".
nr. 10. Es gingn fünfe jo(g)n
Zweje brachten 'n getro(g)n
Dou schlopptn s'n noch Wälgerwitz
Denn bruchtn s'n noch Knickerwitz (oder: Xaglwitz)
Dart hon s'n erseht derschlo(g)n (oder: hingericht).
nr. 11. Zu P. s. 70 „Taschenmesser". IM it zweideutigen anspielungen.
Es ist so klein und schlank,
Es macht sich nochmal so lang, (AYenu mans aufmacht.)
Fleisch und bein dazwischen
Is gut wischen.
Es hat den bauch gefüllt,
Und den appetit gestillt. (Man benutzt es beim essen.)
's legt sich wieder
In das enge gassl nieder, (Beim zuschnappen.)
Bis sichs gar verkroch
Ei (in) das enge housnlouch. (In die hosentasche.)
nr. 12. Zu P. s. 79 die kuh.
Yia(r) gengant, via(r) hängant, zwej stenant, zwej lusnt (hören),
zwej schauent, oann(r) traigt no.
(Füsse, zitzen, hörner, ohren, äugen, schweif).
nr. 13. Zu P. s. 97 die uhr.
Geht immer und ammer
Auf meiner schlafkammer
Mit wippen und wappen
Und eisernen zappen.
04 HAUFFEN IBER PETSCH, VOLKSRATSEL
nr. 14. Zu P. s. 98 der bahn.
's geht ums haus,
Hot a sichl im oarsch.
nr. 15. Zu P. s. 99 z. lfg. mehrere Varianten:
's hängt aj der wand
Und hout a rruarkschnitte aj der band. Kalk.
nr. 16. 's hängt an der wand
Und singt Marienlieder. Geige,
nr. 17. Wos hängt on der wand
Und haut zwa gackala (eier) in da händ?
Schnitzmesser.
nr. 18. 's hängt an der mauer
Und hot 77 zahne. Säge,
nr. 19. Zu P. s. 104 die glocke.
I hin tauft und bin ka Christ,
I geh speise, die niemand isst,
I hob niemals auf a sünd g'denkt
Und bin doch g'hängt.
Zu dem bekannten altüberlieferten rätsei vom seh nee.
fluigt und hot koi(n) flügl, es sitzt und hot koan oarsch,
beisst und hot koi(n) zahn.
>. 90 und 115 das ei. Mehrere fassungen.
's bot a fassla und zweierlei wein drin.
I bou a fassla zerschlej'n on kej bin der kons onrichta.
Ei glatz, dort hots en turne
Dort hots en gale blume
War will die gale blume sahn
Muss a weissa barg uffha(u)n.
nr. 24. Zu P. s. 94fg. Knoblauch oder zwiebel.
's steckt im acker
's hält sich grün und wacker
's hat neun häute,
On beisst alle leute l.
In den bemerkungen Petschs hierzu s. 96 z. 15 v. u. muss es statt G. Sachse
natürlich Hans Sachs heissen. Gemeint ist dessen schwank: Die neunerley hewt
eines poesen weibs (Hans Sachs, Schwanke ed. Goetze 1 nr. 54). Vgl. auch meine
ausführungen Zeitschr. 27, 340 fg.
1) Von den mitgeteilten rätseln wurden aufgezeichnet nr. 1, 3, 4, 12, 20 von
lehrer J. Blau in Silberberg (Westböhraen). nr. 1 (Variante), 15, 21 fg. lehrer E. Botha
in Zöllnei (Ostböhmen), nr. 2 Oberlehrer Eduard Stamm, nr. 5, 6, 17 oberlehrer
Hans Uhl in Absroth bei Eger. nr. 7, 9 Heinrich Ankert in Leitmeritz. nr. 8, 23
Oberlehrer J. Pausewang in Wiehstadtl (Ostböhmen), nr. lOfg. Oberlehrer Karl
Lichtenfeld in Sobenitz (mittleres Nordböhmen), nr. 13 lehrer J. Stolle in Maischen
(mittleres Nordböhmen), nr. 14, 18 Oberlehrer J. Micko in Haselberg (Westböhmen),
nr. 16 oberlehrer O. Schubert in Schüttarschen (Westböhmen), nr. 19, 20 (Variante)
Oberlehrer J. Schramek, Böhmerwald. nr. 24 oberlehrer .1. Schöberle in Nieder -
Ullersdorf (Ostböhmen).
l'RA<i. AÜOLF HAUFFEN.
nr.
20.
Es
Zu
P.
nr.
21.
nr.
22.
nr.
23.
•WUNDERLICH ÜBER LEHMANN, DER DEUTSCHE UNTERRICHT 95
Der deutsche Unterricht, eine methodik für höhere lehraustalten, von Rudolf
Lehmann. Zweite durchgesehene und erweiterte aufläge. Berlin, Weidmann 1897.
XIX, 460 s. geb. 9 m.
Die neue aufläge von Lehmanns „Deutschem Unterricht" kann ich natürlich
nicht vom Standpunkt der pädagogischen litteratur aus beurteilen; ich muss mich viel-
mehr auf die frage beschränken: wie wirken die neuen ergebnisse unserer Wissenschaft
auf den erfahrenen schulmanu zurück, welchen bildungswert misst er den fort-
schritten der Sprachforschung und litteraturbetrachtung in bezug auf unsere heran-
wachsende Jugend zu? Und auf diese frage gibt uns das buch von Lehmann so an-
regenden und anschaulichen bescheid, wie er an anderer stelle nicht leicht geboten
wird. Der Verfasser kennt, wie wenige, die anschauungsweit, die fassungskraft
und die neigungen der einzelnen altersstufen , er trifft die entscheidenden züge mit
denen die reife des Jünglings gegenüber dem knabenalter einsetzt, so feinfühlig bis
in das einzelne, dass wir uns getrost diesem führer anvertrauen und unter seiner
leitung einen reizvollen weg durchmessen. Mancher wird vielleicht hinter das reiz-
voll ein fragezeichen setzen, mancher wird es als eine Zumutung empfinden, dass
der gesichtswinkel, unter dem eiue primitivere stufe der erkenutnis die ergebnisse
der forschung aufnimmt und erfasst, für den forscher selbst wieder interesse bieten
sollte. Dem gegenüber möchte ich hervorheben, dass die verschiedenartigkeit der
jugendlichen auffassungsgabe, wie sie der erfahrene Schulmann hier enthüllt, vor
allem für denjenigen belehrend ist, der bei literarischen oder sprachlichen problemeu
mit dem auffassungsvermögen früherer epochen,' tiefer stehender schichten der gesell-
schaft, weniger entwickelter individuen zu rechnen hat. Und dann gilt doch auch
für die Wissenschaft gerade wie für das leben als grundgesetz, dass gedeihen und
eutwickluug nur für diejenigen keime andauern, die in nahrhaftem boden wurzel
schlagen. Die alexandrinische Verkümmerung droht diesem und jenem zweig des
wissens auch heute immer wieder aufs neue.
Deshalb täte es gerade dem gelehrten not, auch vom schulmann zu lernen,
und ich halte die eben bezeichnete aufgäbe mit büchern wie diesem lange nicht er-
schöpft, das beste muss immer der persönliche verkehr geben.
Dass der schulmann des gelehrten nicht entbehren kann, um auf der höhe
seiner aufgäbe zu stehen, um den bewegungen innerhalb der forschung nahe zu
bleiben, scheint eine wenig bestrittene tatsache, die freilich in neuerer zeit an wirk-
licher geltung einbüsst. Um so mehr ist das vorliegende buch von diesem be-
streben erfüllt. Ja man glaubt hier sogar durchzufühlen, wie der Verfasser da und
dort ursprünglich auf anderer grundlage gestanden habe, wie ihm erst allmählich durch
anregungen von aussen die richtung unmerklich gewandelt worden sei. Und diese
Wandlung scheint in einer befreiung aus dem bann antiker anschauungen zu bestehen,
die sich unter dem einfluss germanistischer forschung vollzog — gewiss ein zeugnis
für die werbende kraft der deutschen philologie.
Am wenigsten berührt von dieser Wandlung ist die anschauung über den haupt-
gewinn, den die deutsche jugend aus der lectüre unserer nationalen dichtwerke ziehen
soll. Lehmann setzt diesen in zwei grunderfahrungen, die vielleicht mit dem geist
unserer klassischen periode, niemals aber mit dem ertrag aus unserer mittelalter-
lichen blütezeit in Übereinstimmung stehen: erstens „die nationale kraft eines kultur-
volkes zeigt sich nicht in der neigung, fremde einflüsse abzuwehren, sondern in der
fähigkeit, sich dieselben zu assimilieren" (vorwort s. VI); zweitens „das glück, soweit
es für den einzelnen oder für ein volk erreichbar, ist nicht in äusseren Verhältnissen,
96 FIN'XUR J0NSS0N FßER MORTKNSEN, DANSK VERSBTGNINÖ
sondern im geistigen lebeu zu suchen und zu finden". Das sind leitsätze, die an
unseren meisterwerken eine seite hervorkehren, in der sich die dichtung von dem
Zusammenhang mit der gesamtentwicklung deutschen lehens und deutschen Schaffens
abwendet. Das sind leitsätze, die an und für sich bedingte geltung haben, die aber
der heranwachsenden Jugend höchstens als gegengewicht gegen andere stärkere ein-
tlüsse heilsam sein können.
Der einfluss der klassischen sprachen ist in fragen der deutschen grammatik
noch durchzufühlen. In beziehung auf den mittelhochdeutschen Unterricht allerdings
bricht Lehmann ganz mit der altsprachlichen methode, er gibt hier winke, die bis
ins einzelne beherzigenswert sind und die auch für den lehrbetrieb auf der hochschule
beachtuug fordern. Aber in der auffassung der erscheinungen der neuen deutschen
spräche überschätzt er die formenlehre, die er allein in den Vordergrund stellt.
Dem gegenüber scheint er weder die mundartlichen färbungen der ausspräche noch
die mannigfachen gegensätze in syntax und Wortschatz nach ihrer hedeutung für den
deutschen Sprachunterricht in anschlag zu bringen. Ja für die deutsche syntax glaubt
er, dass sie durchweg mit der lateinischen und (!?) griechischen übereinstimme und nur
im gebrauch der tempora und modi beachtenswerte abweichungen zeige. Eine solche
auffassung erinnert aber bedenklich an die alte gewohnheit, die deutsche syntax ebenso
wie die griechische durch die brille der lateinischen grammatik anzusehen; eine ge-
wohnheit, von der sich auch die Betrachtungen über die deutsche Satzlehre von
F. Kern (vgl. s. 120 fgg.) nicht ganz frei machen.
Lehmanns stärke liegt mehr auf dem literarhistorischen gebiete des deutschen
Unterrichts. In dem überblick über die denkmäler, die für die schule bedeutung
haben, gibt er eine treffende und warm empfundene Würdigung der einzelnen werke
und der gesamten epoche, der sie entstammen. Es ist ein selbständiger, mit den
quellen wie mit der fachlitteratur längst vertrauter beobachter, der uns hier ent-
gegentritt, und der mit recht auch einzelne richtungen in der forschung bekämpft,
wenn diese von der hochschule aus in den Schulunterricht überdringen (vgl. s. 25).
Nur in einem punkt möchte ich widersprach erheben, wenn nämlich die lieder der
älteren Edda als eine art Vorgeschichte für das Nibelungenlied gelesen werden sollen.
Die heutige generation ist durch "Wagners Nibelungeudrama und durch den Ibsenkultus
schon zur genüge darauf vorbereitet, die nordische anschauungsweit für den reineren
Spiegel unserer eigenen anzusehen. Wenn also die Eddalieder im Zusammenhang mit
dem Nibelungenlied gelesen werden sollen, so ist es notwendig, dass der lehrer die
neueren forschungen über das Verhältnis zwischen beiden dichtungen zu rate zieht
und dass er sich immer vergegenwärtigt, wie weit das trennende gegen das gemein-
same in der auffassung der Völker vorwiegt. Hier wäre namentlich Unlands ent-
wurf zu einem Nibelungendrama heranzuziehen.
HEIDELBERG, MAI 1901. H. WUNDERLICH.
K. Mortensen, Studier over seldre dansk versbygning. I. Kobenhavn 1901.
207 s. 3,50 kr. = 3,95 m.
Der inhalt des vorliegenden buches gliedert sich in drei abschnitte: Die stab-
reimende dichtung, der epische reimvers im mittelalter und der epische reimvers
zwischen der reformation und Arrebo (der dänische dichter 1587 — 1637). Jeder dieser
abschnitte zerfällt wieder in verschiedene kapitel; der inhalt ist überhaupt sehr ge-
schickt und übersichtlich disponiert. Der verf. behandelt den stoff historisch, indem
PANZER ÜBER GEUTHER, STUDIEN ZUM LIEDERBUCHE DER KLARA HÄTZERLIN 97
er nach einigen kurzen bemerkungen über die alliteration bei den alten Lateinern usw.
die nordischen quellen und zwar zuerst die ältesten ruueninschriften durchmustert.
Er betont hier mit z. t. schlagenden gründen die contiuuität zwischen der spräche der
älteren innen und der in den jüngeren dänischen inschriften ; namentlich widmet er
der Wortstellung eine eingehende behandlung. Für die metrik sind die älteren in-
schriften bekanntlich von geringem belang, da sie z. t. sehr kurz, z. t. schwer ver-
ständlich sind. Anders und besser verhält es sich mit den jüngeren inschriften. Hier
finden sich oft unverkennbare verse und das princip ihres baues liegt klar zu tage.
Sie fügen sich meist ungezwungen den regeln, die für die ältesten handschriftlich
erhaltenen nord. lieder (die Eddalieder) ermittelt sind. Natürlich darf man nicht
voraussetzen, dass diese kleinen verse sämtlich von wirklichen dichtem, also auch
nach den strengsten regeln, verfasst sind; man darf also nicht in den forderungen
an sie zu streng sein. Im grossen und ganzen urteilt der verf. richtig, aber einige
male drückt er sich etwas reserviert, z. t. allzu vorsichtig aus. Auf der andern seite
nimmt er verse an, wo kein grund dazu vorliegt z. b. auf dem Tryggevrelde- steine
(s. 45). — Darauf untersucht er Saxos latein. verse, wobei natürlich nichts heraus-
kommt. Und nicht besser geht es mit der Untersuchung des Stabreimes in den alten
gesetzen. Der verf. konstatiert zwar hier den Stabreim — in vielen fallen gewiss
unrichtig, wenn die „ Stäbe ^ allzu weit von einander stehen, oder wenn sie in minder
stark betonten Wörtern stehen — , aber keinen einzigen wirklichen vers. Trotzdem
meint er, dass die alten germ. gesetze ursprünglich metrisch gewesen sind, eine
ansieht, die mir gänzlich verfehlt erscheint. Metrisch ist kein germ. gesetz jemals
gewesen; wol aber sind die einzelnen sätze öfters rhythmisch gegliedert und mit
allitterierenden form ein reichlich gespickt; verse aber sind es nicht, und jeder ver-
such, solche herauszuschälen, ist verlorene mühe. — In den übrigen teilen steht der
verf. auf festerem bodeu, und hier ist es ihm geglückt, die historische entwicklung
richtig nachzuweisen. Die Untersuchungen zeichnen sich durch Sorgfalt, erschöpfende
benutzung des vorhandenen materials und rationelle methode aus. Wir sehen daher
der föitsetzung mit den besten hoffnungen entgegen.
KOPENHAGEN IM APRIL 1901. FINSUR JONSSON".
Studien zum liederbuch der Klara Hätzlerin von Karl Geuther. Halle a. S..
Max Niemeyer, 1899. 166 s. 8°. 3,60 m.
Als Haltaus 1840 das sogenannte liederbuch der Hätzlerin herausgab, musste
seine einleitung es beklagen, dass die vaterländischen gelehrten das 14. und besonders
das 15. Jahrhundert im vergleich zu den früheren so stiefmütterlich behandelten. Das
Verhältnis hat sich in den sechs decennien, die seither vergangen sind, nicht wesent-
lich geändert und so heissen wir auch heute jede bemühuug doppelt willkommen, die
einer mit unrecht vernachlässigten periode zu hilfe kommen will. Sind ihr denn frei-
lich keine glänzenden und ewigen kunstwerke gelungen, so hat doch auch sie ihre
eigentümlichen bluten getrieben und mindestens für den historiker liegt immer eine
fülle des anziehenden in einer zeit, die eine grosse tradition noch in vollen aecorden
ausklingen lässt, während daneben schon in form und inhalt ein fruchtbares neue
sich mit allerlei zeichen kräftig vorausverkündigt.
So ist es denn sehr zu begrüssen, dass in der vorliegenden arbeit zum ersten
mal der versuch gemacht wird, geschichtliches licht über jene von Haltaus veröffent-
ZEITSCHRIFl F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 7
98 PANZER
liebte handschrift zu verbreiten, die, laut eintrag 1471 von Clara Hätzlerin in Augs-
burg geschrieben, eine grosse reihe namenloser lieder und spruchgedichte überliefert.
Der Verfasser spricht in einem ersten teil, s. 1 — 29, eingehend über „kompo-
sition und entstehung des liederbuch.es". Er handelt zunächst von der persönlichkeit
der schreiberin und ihrem anteil an der Sammlung, die eigentlich mit unrecht unter
ihrem namen segelt. Dass die Klara Hätzlerin nicht nonne gewesen ist, wie Haltaus
als zweifellos hinstellte, sondern eine Augsburger bürgerstochter, die das abschreiben
von handschriften gewerbsmässig betrieb, ist aus den nach Weisungen bei Barack, Die
handschriften der Fürstenberg, hofbibl. zu üonaueschingen s. 563 fg. bekannt. Geuther
stellt die ihr zuzuweisenden handschriften nochmals zusammen (vergessen ist ein
Schwabenspiegel: LCbl. 1900 sp. 989); zeigt sie sich dort überall als blosse kopistin,
so ist von vornherein zu vermuten, dass sie auch bei dieser Sammlung keine andere
rolle gespielt habe, also auswahl und Zusammenstellung der gedichte nicht etwa von
ihr herrühren. Dass dem wirklich so ist, wird durch eine Untersuchung der parallel-
überlieferung vollkommen bestätigt.
Es handelt sich einmal um die schon von Haltaus herbeigezogene Becbstein-
sche handschrift (B) vom jähre 1512, die jetzt leider verschollen scheint, wenigstens
vom verf. trotz mannigfacher bemühung nicht aufgetrieben weiden konnte; dazu kommt
die sog. Ebenreutersche handschrift (E) vom jähre 1530, jetzt als Ms. germ. fol. 48S
in Berlin bewahrt. Beide handschriften bringen dieselben stücke wie die Augsburger
Sammlung (H) in derselben reihenfolge, z. t. mit gemeinsamen fehlem gegenüber H,
die auf nähere Verwandtschaft deuten. Da nun E nicht aus dem älteren B ab-
geschrieben sein kann , weil sie öfter in echten plusversen und echten lesarten mit H
gegen B zusammentrifft, so ist also eine gemeinsame vorläge für BE anzunehmen,
die Geuther b nennt. Indem nun sowol b als H für sich nachweislich echtes haben,
das der andern handschrift fehlt, können sie nicht auseinander abgeleitet werden,
sondern entstammen offenbar einer gemeinsamen vorläge (x), die selbst schon einige
fehler aufwies, also nicht das origiual war. Man gewinnt demnach das Schema:
0
I
x
H~~ "™ b
A
B E
Daraus geht nun schon mit voller evidenz hervor, dass die Hätzlerin ihre Sammlung
nicht erst zusammengestellt, sondern lediglich eine ältere vorläge copiert hat.
Geuther selbst führt s. 17 fgg. aus, dass obiges schema noch nicht den genauen
historischen ablauf der einzelnen abschriften widergibt. H hat gegenüber BE eine
reihe von zutaten, aus denen besonders zwei gruppen am Schlüsse der lyrischen, wie
der epischen abteilung der Sammlung, I. 61 — 85 und IL 120 — 133, sich durch sich
selbst schon deutlich als jüngere zutaten charakterisieren; denn man vermisst in
ihnen die sonst festgehaltene anordnung nach dem inhalt, auch sind hier alle stücke
leicht auf bekannte Verfasser zurückzuführen. Die Hätzlerin als blosse abschreiberin
wird diese zutaten nicht gemacht haben, es ist also zwischen H und x noch ein
Zwischenglied y einzuschieben. Geuther möchte dies y genauer identificieren. Neben
der Unterschrift der Hätzlerin mit der Jahreszahl 1471 findet sich auf dem letzten
blatte der handschrift bekanntlich (Haltaus s. IX) ein eintrag, der „das buch" als
eigentum eines nicht näher nachzuweisenden Jörg Roggenburg bezeichnet, daneben und
ÜBER GEUTHER, STUDIEN ZUM LIEDERBUCHE DER KLARA HÄTZERLIN. 99
darüber die Jahreszahl 1470. G. hält diesen Roggenburg für den auftraggeber der
Hätzleriu und besitzer der handschrift y, der vorläge der Hätzlerin; er habe die zu-
taten zu x gemacht. Das ist schon möglich, nur nicht zu erweisen. Und jedenfalls
bietet H auch in der mitte einige grössere zutaten, die nach anderen grundsätzen ein-
und angeordnet scheinen (Geuther s. 19 fg.) als die am Schlüsse beider abteilungen
der handschrift, also wol auf einer anderen stufe der entwicklung der handschrift
vorgenommen sind, so dass wir zwischen x und H nicht eines, sondern mehr Zwischen-
glieder ansetzen müssten, was übrigens auch durch das Verhältnis von H zu anderen
Handschriften als BE, die z. t. dieselben stücke bieten, nahe gelegt wird. Ebenso
hätte das Schema wol auch auf der anderen seite einer erweiterung bedurft. Ab-
gesehen davon, dass es möglich war, auch andere handschriften hier anzugliedern
(wie Cgm. 713, Geuther s. 60 fg.), verlangt das Verhältnis von B und E doch eine
etwas andere definition als im obigen schema. Aus den bemerkungen des Verfassers
zu nr. lü der 1. abteilung von H (s. 108) geht hervor, dass die fassung dieses ge-
dichtes im 2. teile der Regensburg- Münchener handschrift Cgm. 5919 (von Geuther
RH genannt), in einem auffälligen fehler, der in H, und ex silentio des Verfassers
zu schliessen, auch in E nicht begegnet, mit B zusammentrifft. Sonach muss zwischen
b und B noch ein Zwischenglied gestanden haben, denn direkt aus B kann RH schon
darum nicht geflossen sein, weil der Cgm. 5919 bereits 1510 entstanden ist. "Wir
bekämen also den erweiterten Stammbaum
0
y &
H * ^
A
B RH
Genauere erforschung der gesamten Überlieferung würde vermutlich auch dies Schema
noch modifizieren und erweitern, besonders statt des einen y mehrere glieder einführen.
Der zweite teil von Geuthers buch untersucht nun eingehend die von Haltaus
versehentlich an zweiter stelle gedruckte, in der handschrift an erster geschriebene
Sammlung von spruchgedichteu. Vorausgeschickt wird eine sorgfältige, sehr dankens-
werte Übersicht über die gesamte Überlieferung der einzelnen stücke, zuerst nach den
nummern in H geordnet, dann nochmals (s. 47 fgg.) nach den einzelnen handschriften.
Zum Schlüsse aber wird in ausführlicher einzeluntersuchung nummer für nummer der
Sammlung durchgegangen, die Überlieferung charakterisiert und das Verhältnis der
jeweiligen handschriften geprüft, endlich der Verfasser festzustellen gesucht. Hier ist
Geuther vielfach zu schönen und wertvollen ergebnissen gelangt. Eine grosse reihe
dieser spruchgedichte bleiben immer noch anonym , bei vielen aber konnte der Schleier
gelüftet werden. Neben den früher schon bekannten autoren, Konrad v. Würzburg,
"Walther v. Grieven, dem mönch v. Salzburg, Rosenblüt usw. treten einige neue heraus,
indem hier zuerst bisher Undefinierte stücke auf Suchen wirt, Teichner und besonders
Hermann v. Sachsenheim zurückgeführt werden, dem eine grosse zahl von dichtungen
sich zuweisen Hess. Wo die anonymität blieb, konnte doch sonst manches förderliche
vorgebracht werden. Teilweise war es möglich gruppen zusammenzufassen, die ver-
mutlich einem Verfasser gehören; zu einzelnen nummern wie 52 (Vom üblen weib),
07 (Betzen hochzeit) werden genauere nachweisungen und erörterungen gegeben,
-*
100 PANZER
Kaltenpach, der sich als Verfasser von ur. 73 nennt, wird als dichter der Hunds-
mücken im Cod. Pal. 313, bl. 406 (s. 41) nachgewiesen u. a. m.
Die schwäche von Genthers beweisführung liegt darin, dass er bei der Identi-
fizierung der einzelnen stücke sich, fast durchweg nur auf stilistische beobachtungen
stützt. Wo es sich nun um ausgesprochen individuelle züge handelt, mag dies rao-
meut ausreichen; bei den Hermann v. Sachsenheim zugeschriebenen stücken ist das
mehrfach der fall. Und hie und da gibt auch die Überlieferung in anderen hand-
schriften ein moment ab, das als zeugnis für die angenommene Verfasserschaft wenig-
stens mit zu verwerten ist. Öfters aber beschränken die stilistischen parallelen sich
auf gemeinplätze und können darum wenig oder nichts beweisen. Infolgedessen haben
auch die nachweisungen des Verfassers sich meist nicht über ein gewisses, manchmal
recht geringes mass von Wahrscheinlichkeit zu erheben vermocht. Er hat von ver-
schwindenden anlaufen abgesehen, nirgends den versuch gemacht, jenes beweismittel
herbei zu ziehen, das für Untersuchungen dieser art vor allem Verwendung finden
mufs: die spräche, wie sie iu den reimen der einzelnen stücke festgelegt ist. Freilich
war dies gerade hier nicht leicht. Der text von H ist an vielen stellen so verderbt,
dass eine subtilere Untersuchung sich auf ihn allein gar nicht bauen lässt. Es hätte
also vorher eine kritische herstellung oder mindestens eine kritische revisiou der texte
stattfinden müssen, die von G. nirgends durchgeführt ist, obwol er für manche stücke
das gesamte Überlieferungsmaterial in der band hatte. Eine entschuldigung mag der
verf. auch darin finden , dass von manchen autoren , denen stücke zuzuweisen waren,
keine kritischen ausgaben vorliegen, ihr Sprachgebrauch also auch nicht im einzelnen
bekannt ist. Aber gerade für den hauptsächlich iu betracht kommenden mann, Her-
mann v. Sachsenheim, galt diese Schwierigkeit nicht und hier wenigstens hätte das
problem unbedingt auch von der sprachlichen Seite gepackt werden müssen.
Geuthers arbeit bedeutet also zunächst nur einen anlauf, Ordnung und licht in
das dunkel unseres Liederbuches zu bringen. Vielfach förderlich ist sie trotzdem ge-
worden und wir wünschten wol, dass der verf. seine tüchtige erstlingsarbeit, deren
anregung wir übrigens Phil. Strauch zu danken haben, weiter ausbauen und vertiefen,
endlich auch über den lyrischen teil der Sammlung ausdehnen möge.
FREIBURG I. B. FRIEDRICH PANZER.
Deutsches volks- und studentenlied in vorklassischer zeit. Im anschluss
an die bisher angedruckte von Crailsheimsche liederhaiidschrift der königl. biblio-
thek zu Berlin quellenmässig dargestellt von Arthur Kopp. Berlin, vorlag von
Wilhelm Hertz (Bessersche buchhandlung). 1899. 286 s. gr. 8°. 6 m.
Das deutsche lied. Acht vortrage von Wilhelm Uhl. Leipzig, Eduard Avenarius.
1900. VI II, 314 s. 8°. 3 m.
Das deutsche Volkslied. Über werden und wesen des deutschen volksgesanges.
Von J. W. Brumier. Leipzig, druck und verlag von B. G. Teubner. 1899.
= Aus natur und geistesweit. Sammlung wissenschaftlich -gemeinverständlicher
darstellungen aus allen gebieten des wissens. 7. bändchen. 155 s. 8°. 1,15 m.
Die Berliner hs. Ms. germ. -1°. 722, im 18. jh. geschrieben, aus Meusebachs
nachlass an die königl. bibliothek gekommen, überliefert auf 589 Seiten 321 lieder.
Die hs. ist den freunden des deutschen Heiles nicht unbekannt, da 1888 bereits Bolte
die älteste Eassung des Gaudeamus aus ihr mitgeteiLI und einige nachrichten über sie
ÜBER KOPP, DEUTSCHES VOLKS- USD STUDENTENLIED IX VORKLASSISCHER ZEIT 101
gegeben (Viertelj. f. litg. 1. 248f.. 528f.), später auch ,,Die Altenburger baurenlrirms"
aus ihr abgedruckt hatte (Acta germ. 1. 262 f.). Jetzt hat ihr Kopp in dem vor-
liegenden buche eine gründliche bearbeitung angedeihen lassen, die sie wol verdiente.
Schon die geschiehte der hs. hat ihr besonderes interesse. Auf der innenseite
des deckels nennt sich als besitzerin „fräulein Christiane Wilhelmina Carolina Louisa
barone de Crailsheim zu Rügland" (bei Ansbach) mit der bemerkung, dass ihr das
buch von ihrem „Bapa zu einen breseud gemacht" worden sei. Als „Bapa" dieses
fräuleins lässt sich feststellen der freiherr Albert Ernst Friedrich von Crailsheim, geb.
1728 zu Jochsberg im fürstentum Ansbach, k. k. kämmerer, ritterrat und truhen-
meister des kantons Altmühl. r 1795. In ihm darf man vermutlich nicht bloss den
ersten besitzer, sondern auch den Schreiber der handschrift erkennen; denn der frei-
herr besass litterarische Interessen und ist selbst litterarisch hervorgetreten als Ver-
fasser eines — kochbuchs und der nach und nach erschienenen „Zehnmal hundert und
eine kunst", in der er eine „Sammlung allerhand nützlich- auch lustiger und scherz-
hafter curiositäten" aus den edlen künsten des trinkens, essens und rauchens zu-
sammengetragen hat.
Die hs. ist nicht datiert. Kopp meint (s. 26 f.), sie sei mit Sicherheit in die
jähre 1747 — 49 zu setzen. Ersteres jähr ist damit gegeben, dass die hs. gleich zu
anfang, auf s. 24, als „Aria von gespenstern" Lessings lied „0 Jüngling sey so ruch-
loss nicht" enthält, das zuerst 1747 im natmiorscher erschienen ist. Die Sammlung
könnte also frühestens 1747 begonnen sein. Nach Kopp wäre sie spätestens zwei
jähre nachher abgeschlossen, weil sie gerade in ihrem letzten teile eine reihe stu-
dentenlieder enthält, also wol während der burschenzeit des freiherrn aufgezeichnet
sein muss, die vermutlich nicht über 1749 sich erstreckt hat. Allein darüber wissen
wir nichts und der ansatz wird dadurch bedenklich, das- die hs. als nr. 60 eine aria
enthält, die nach Kopps nachweis (s. 77) von Aminth herrührt und erst 1755 gedruckt
i-t: seine datierung zu retten muss der herausgeber annehmen, dass dem freiherrn das
lied vorher schon vom dichter persönlich mitgeteilt sei. wozu eine reihe von unsicheren
hilfskonstruktionen notwendig wird. Auch darauf wäre hinzuweisen, dass die hs.
schon ungefähr in ihrer mitte Fzens lied „Die eigenschaften einer geliebten" enthält,
da- erst 1749 in den Lyrischen gedichten erschienen ist. Es ist nun allerlings früher
entstanden (Uz sendet es im jan. 1747 an Gleim: Sauer, Sämtl. werke von J. P. Uz
s. 62 anm.) und Kopp könnte vielleicht auch hier für frühere mitteilung des dichters
an seinen fränkischen Iandsmann plaidieren, sicherer aber wird man doch gehen, wenn
man die entstehung der hs. in die jähre 1755 — 1777 einschliesst. Letzteres jähr ist
damit gegeben, dass die spätre besitzerin die Sammlung noch als mädchen geschenkt
erhielt; 1777 aber ward sie. sechzehnjährig, an einen herrn v. Streit vermählt.
Die tatsache dieser Schenkung ist merkwürdig genug und kulturgeschichtlich
bedeutsam. Uns möchte es heute wol unglaublich scheinen, dass ein vater seiner
noch nicht sechzehnjährigen tochter eine Sammlung von liedern schenken konnte, in
der nach Kopps Versicherung (der die stücke in semer ausgäbe unterdrückt hat) viele
sich befinden, die „von beispielloser lüsternheit, pöbelhafter gemeinheit und geradezu
viehisrher wollust zeugnis ablegen. u Dass das mädchen diesem inhalte gleichwol nicht
ohne Verständnis gegenüber stand, beweisen mehrere randschriften ihrer band, in
denen sich eine mitunter recht derbe Sehnsucht nach liebesgenuss und ehefreuden
verrät. Und zwar hat das fräulein seine gedanken bereits auf einen bestimmten
mann gerichtet, der in diesen randkritzeleien mehrfach als „erwehlter zukünftiger"
genannt wird; dieser mann aber ist kein geringerer als Heinrich Friedrich Karl von
102 I'ANZKR
St. 'in. nachher Preussens grosser minister. Seine hand ist dieser frühen Verehrerin
Ereilich versagt geblieben.
Der inhalt der hs. ist ziemlich einförmig. "Weitaus im Vordergründe stehen
erotische lieder verschiedenster art und färbung, daneben machen noch studenten-
heder eine grössere gruppe. Die texte sind vielfach sehr stark, oft bis zu völliger
Sinnlosigkeit entstellt. Dass neben gediuckten auch geschriebene quellen benutzt sind,
beweisen einzelne fehler, die sich nur als mangelhafte widergabe einer schwer les-
baren vorläge verstehen lassen ; auch aus mündlicher tradition scheint einiges geschöpft.
Diebedeutung der hs. liegt einmal darin, dass sie mit ihrer masse von liedern.
die hier zum privaten gebrauche aufgezeichnet sind, einen guten einblick in den
Liederschatz gibt, der damals volkstümlich gewesen ist. Da zeigt sich denn, dass er
weit überwiegend aus sehr moderner wäre zusammengesetzt ist. Ins 16. jh. geht fast
nichts zurück, aus dem 17. stammt ziemlich wenig, weitaus die hauptmasse hat das
Jahrhundert des Schreibers geliefert. Am öftesten sind mit liedern vertreten Günther,
Hoffmannswaldau und Sperontes; dann kommen der zahl nach Menantes, Stoppe,
Zigler, Picander und Neukirch, vereinzelt begegnen Greflinger, Voigtländer, Weise,
Bostel und einige andere; als jüngste Geliert, Uz und Lessing. Daneben stehen eine
reihe namenloser lieder und die hs. erhält dadurch besonderen wert, dass sie mehrere
derselben allein oder doch zuerst oder mit interessanten Varianten verzeichnet.
Kopp geht nun die hs. stück für stück durch, verzeichnet die liedanfänge,
Strophen- und verszahl, druckt auch viele ganz ab und weist, so weit es gehen
konnte, für jede nr. den Verfasser, sowie die übrigen drucke nach. Am Schlüsse ist
noch ein alphabetisches register sämtlicher liedanfänge gegeben.
Der Verfasser verdient für seine Untersuchungen alles lob. Die Identifizierung
dieser masse von liedern war keine leichte aufgäbe; er ist aber mit grosser sorgfall
und gründlichkeit verfahren und beherrscht ein weitverzweigtes material mit ausge-
breiteter gelehrsamkeit. Ausser den landläufigen alten und neuen Sammlungen sind
eine grosse reihe alter drucke aus den schätzen der kgl. bibliothek in Berlin allent-
halben herangezogen und so gelang es, die geschichte der meisten stücke der hs. in
helles licht zu stellen.1 Mehrfach finden sich auch lehrreiche exkurse eingeschoben,
s. 74 fg. über die morgenrotstrophe, s. 197 fg. zur geschichte des gaudeamus, s. 229 fg.
zur geschichte des landesvaters und auch sonst fällt manches für die litteraturgeschichte
ab. Namentlich konnten für die dichtungen von Sperontes mehrfach über Spittas
nachweise hinaus Vorbilder aufgezeigt werden. S. 245 wird Günthers andenken von
einem flecken befreit; der verf. weist nach, dass das unanständige lied „Lass mich
schlafen liebste seele", das in die erste aufläge von Günthers Gedichten sich einge-
drängt hat, in Wahrheit von Corvinus verfasst ist. Auch über das leben des volks-
und volkstümlichon liedes geben die ausführungen des Verfassers manche prinzipiell
ressante aufklärung; es ist lehrreich zu verfolgen, wie aus bruchstücken ver-
schiedener Heiler ein neues zusammengeschweisst wird (vgl. s. 93fgg. , llöfgg.) oder
Varianten desselben typus sich durcheinanderschieben (s. 94), auch wol bei münd-
licher fortpflanzung die grundstimmung des Originals völlig umschlägt, die geschlechter
verschoben werden (s. 139, 157) u. a. m. Die mitgeteilten dialektgedichte wie der
Wortschatz einzelner studentenlieder liefern auch der Sprachforschung material.
1) Inzwischen hat der verf. noch reiche nachtrage veröffentlicht. Euphorion
8, 353 fgg.
t'ßEK DHL-, DAS DEUTSCHE LIED 103'
Als „anhang" hat der Verfasser noch zwei alte Sammlungen behandelt: das
liederbuch eines gewissen Friedrich Keyher, der 1743 — 48 erst Kieler, dann Jenischer
Pursche gewesen ist und 131 lieder sich aufgezeichnet hat, sodann die auf beige-
hefteten blättern des Berliner exemplars der „Singenden lnuse" von einem unbekannten
zwischen 1740 und 1760 aufgezeichneter 48 lieder. Für beide hss. werden die lieder-
anfänge verzeichnet und sorgfältige nachweisungen über Verfasser mid drucke ge-
geben. Ausführlicher ist über die letztere Sammlung inzwischen von Kopp gehandelt
in den monatshheften f. musikgesch. bd. 31, über das Reyhersche liederbuch von
Fabricius in den Akad. monatsheften 1899 Nr. 181 fgg.
Nicht ganz klar ist mir geworden, nach welchen grundsätzen der Verfasser
beim abdruck der texte aus seiner haupthandschrift verfahren ist. Dass nicht wider-
gegeben ist, was in gelehrten Sammlungen der neueren zeit oder den bekannten
originalwerken allgemein zugänglich ist, versteht sich. Auch dass die zahlreichen
zotenlieder der hs. unterdrückt sind, wird kaum einen Verlust für die Wissenschaft
bedeuten Aber bei anderen stücken, die sonst entweder nur in seltenen und schwer
zugänglichen drucken oder überhaupt nicht oder wenigstens nicht so vorhanden
sind, wäre konsequente mitteilung am platze gewesen, da sie bei weiterer durch-
forschung dieser litteratur. die sehr zu wünschen ist, doch nicht entbehrt werden
kann. Der verf. hat hier aber bald abgedruckt, bald nicht, ohne erkennbare gründe.
Weiter hätte die eiuleitung wol etwas besser geordnet werden sollen, besonders die
geschichte der hs. und ihre]- besitzer ist störend in widerholt unterbrochenen anlaufen
behandelt. Und auch die nachweisungen des ganzen buches hätten an Übersichtlich-
keit gewonnen, wenn der verf. die zahlreichen von ihm beigezogenen alten drucke
von oft nur wenigen liedern, all die „neu entsprossenen liebesrosen" und „lustrosen",
„schönen lieder" und „guten gesänge" in der eiuleitung zusammengestellt und biblio-
graphisch und inhaltlich beschrieben hätte; es konnte dann späterhin einfacher mit
Ziffern oder Schlagwörtern auf sie verwiesen werden, während jetzt die beschreibungen
den text immer wider störend unterbrechen. Vielleicht hätte sich im anschluss an
eine solche Zusammenstellung auch ein versuch machen lassen, Zusammenhang und
etwaiges abhängigkeitsverhältnis der einzelnen Sammlungen ins licht zu steilen. Doch
wollen diese ausstellungen wenig bedeuten gegenüber der trefflichen arbeit im ganzen,
für die wir dem Verfasser aufrichtigen dank schulden.
Wo Kopps arbeit zeitlich aufhört, setzt die darstellung in Uhls buch ein. Er
hat sich die schöne aufgäbe gestellt, die geschichte des deutschen liedes seit der
mitte des 18. Jahrhunderts ungefähr vorzuführen unter vorzüglicher betonung dessen,
was davon bis heute volkstümlich geblieben ist, noch in unseren tagen gekannt, und
gesungen wird. Der gegenständ ist frisch und verständlich behandelt; mit der aus-
führung im einzelnen wird man sich freilich nicht durchweg befreunden können.
Schon die anordnung des Stoffes lässt zu wünschen übrig. Er ist in acht
kapitel eingeteilt, die acht vortrügen entsprechen. Dabei ist im allgemeinen geschicht-
liche anordnung beabsichtigt und naturgemäss gegeben; die einzelnen richtungen
sollen sich auseinander entwickeln. Wunderlich wird aber im ersten kapitel, das
„Der Strassburger kreis" überschrieben ist, au eine kurze Charakteristik der litteratur
des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts die Schilderung der bemühungen Herders
und Goethes um die widererweckung des deutschen Volksliedes angeschlossen, im
nächsten kapitel aber erst die anakreontik behandelt. Die geschichte der ballade und
romanze muss zwischen zwei kapiteln geteilt werden, im dritten schiebt sich dann
104 PA'N'ZF.R
I eine Charakteristik der dichtung Klopstocks dazwischen usw. Es mag
sein, dass diese übelstände bei den vortragen weniger hervorgetreten sind als jetzt,
wo mau im gedruckten buche vor- und zurückblätternd vergleicht und ein folgerechtes
und einheitliches ganze verlangt.
Auch in seinem positiven inhalte abei gib! das buch zu mancherlei ausstellungen
anlass. Der kern der jeweilig die dichtung beherrschenden ideen und die geschicht-
liche entwicklung als solche treten nicht klar genug In Taus, da die darstellung un-
ruhig zwischen allerlei äusserlichkeiten hin- und herfährt und viel«, gelehrte ootizen
einschiebt, die mit dem gegenständ in keinem inneren zusammenhange stehen. Ver-
wirrend tritt dazu, dass in jedem kajritel die Charakteristik der jeweiligen kunst-
dichtung, sodann die erzählung von den bemühungen um die alten Volkslieder nebsi
der oft rein bibliographischen beschreibung hieraus entstandener Sammlungen und
endlich die Charakteristik des Volksliedes selbst nach verschiedenen seiten oder
gattungen, wie sie gerade hervortreten, bunt durcheinandergehen.
Avi<-h in den einzelheiten ist nicht überall mit der nötigen Sorgfalt verfahren,
so dass eine ganze reihe zum teil erstaunliehe)- flüchtigkeiten unterlaufen sind. Am
schlechtesten ist wol das eiste kapitel weggekommen, wo man auf wenigen seiten
die seltsamsten behauptungen aufgetischt bekommt. S. 25 heisst es, Goethe habe
noch kein englisch verstanden als er nach Strassburg kam, so dass für unseren verf.
dichtung und wahrheil ebenso srergeblich geschrieben wie die briefe aus Leipzig ver-
öffentlicht zu sein scheinen. Nach dem s. 32 gesagten muss der leser annehmen.
dass Herder an Goethes Strassburger mittagstiseh teilgenommen habe. Auf derselben
seite wird kühnlich behauptet, dass Joh. Heinr. Jung ..nach dem vorbilde von dichtung
und wahrheit sein leben beschrieben hat"; Jungs Selbstbiographie hat aber einige
30 jähre vor der Goethes zu erscheinen begonnen. S. 34 heisst es, Herder hatte als
er nach Strassburg kam, eben den preis der Berliner akademie für seine abhandlung
über den Ursprung der spräche davon getragen; bekanntlich aber wurde diese ab-
handlung erst in Strassburg ausgearbeitet und den preis dafür erhielt Herder erst im
juni des nächsten jahres zuerkannt. Auf der nächsten seite ist wider ein irrtum,
dass Herder vom „Strassburger kreise" der dechant genannt wurden wäre; vgl. dar-
über Dichtung und Wahrheit Hempel 3. 67 und v. Loepers anmerkung s. 309 nr. 444.
Auf derselben seite heisst der Strassburger stud. jur. Goethe „der junge licentiai der
Jurisprudenz aus Frankfurt". Die Übersetzungen aus Ossian s. 36, nach Fhl „wo!
nach dem italienischen des Melchior Cesarotti", sind nicht erst für den Werther ent-
standen. Goethe, heisst es ebenda „reitet mit jungen medizinern in die umgegend;
oft fünf meilen weit, bis ins pfarrhaus zu Sesenheim". Tn Sesenheim ist Goethe
dem theologen Weyland eingeführt worden; auf der lothringischen reise aber
waren dieser und der Jurist Engelbach seine begleiter. „Von einem alten miitterchen,
von landleuten überhaupt, erlauschen sie die alten elsässischen Volksweisen" steht
zwei /.eilen weiter: ..aus denen kehlen der ältesten mütterchens" habe er die lieder
aufgehascht, schreib! Goethe an Herder im herbst 1771.
So viel falsches, wie auf diesen ersten seiten findet sich im folgenden nicht,
aber des missverständüchen und schiefen ist leider allenthalben recht viel. Auch
sind ton und urteil durchgehends allzu salopp und der würde des gegenständes nicht
immer angemessen. Über Klopstock wird beispielsweise s. 89fgg. in einer art ge-
sprochen, die bei einem autor, der als bistoriker auftritt und wissenscha||jich genommen
will, scharfe missbilligung verdient. Der eeschmack unserer zeit hat sich von
ÜBER BRUINTER DAS DEUTSCHE VOLKSLIED 105
öopstocks muse so gründlich abgewandt, dass gefade der historiker es bei aller kritik
als seine besondere aufgäbe betrachten müsste, unserem voike 'Ins hewusstsein
lebendig zu erhalten, wie unendliches es für seine dichtung wie für sein geistesleben
überhaupt diesem einen manne verdankt.
Gelten die arbeiten von Kopp und Uhl der geschichte des sogenannten volks-
tümlichen liedes, so hat Bruinier sich vorgesetzt, das deutsche Volkslied im weit
sinne zu beschreiben und in seiner geschichtlichen entwicklung darzustellen und er
hat seine aufgäbe so angefasst. dass niemand sein büchlein ohne teilnähme und ver-
gnügen wird lesen können.
Das erste kapitel schildert „des deutschen Volksliedes pflege in der gegenwart"
mit manchem schönen und treffenden wort. Der Verfasser findet den grund für den
gegenwärtigen niedergang des volksgesanges in den sehr gut charakterisierten sozialen
Verhältnissen unserer zeit. Tn der stadt ist er zunächst erloschen, weil „das volk
der städte infolge der wirtschaftlichen entwicklung und ihre]' seelischen begleit-
erscheinungen den abendfrieden mit seinem Stimmungszauber nicht mehr voll auf
sich wirken lassen kann: der triebe es von seihst zum liede, mit dem es sich des
tages staub vom halse sänge. Mehr und mein- zerfällt die persönlichkeit auch des
handwerkers, kaufmanns und beamteten wie schon längst die des fabriklers in eine
nur noch arbeitende und eine nur noch lebenwollende hälfte. wodurch sowol das
werk, wie die erholung ihr persönliches und damit auch volkstümliches wesen ver-
lieren." „Wie das werk den volkstümlichen hauch abgestreift hat. weil keine in sich
geschlossenen persönlichkeiten, nur arbeitsmaschinen es anfertigen, so verrät auch
die erholung nicht mehr, dass sich der ganze mensch ihr hingibt, wie abstammung,
leben, beruf ihn heranbildeten . . . Darum kann das volk der städte nicht mehr
fröhlich singen, darum muss es die Vergnügungsstätten aufsuchen, wo wol Hunz und
Kunz aus "Welschland oder Pulen, aus dem nahen osten und dem fernen westen ihre
triebe weiden, der Deutschen schönstes erbteil aber, ihr gemüt, verdorrt" Von der
stadt aber verbreitet sich dieser missstand aufs Iand. „"Wo der bauer zum Hand-
arbeiter wird in werk und haus; wo er im akkord auch säet und erntet, ohne dass
seine gedanken dabei hoffnung und dank begleiten; wo er tagaus tagein nur immer
wider denselben span zu einem nie in der Vollendung geschauten unverstandenen
ganzen schnitzt, ein ,erzeuger von werten' wie der erste beste chinesische kuli auch,
nicht mehr ein deutscher bauer, der sein werk mit sinnigen und klugen gedanken
durchdringt" usw. (s. 23), da erstickt das Volkstum und mit ihm das Volkslied.
Für die geschichtliche betrachtung der nächsten kapitel schafft der Verfasser
durch eine erörterung über wesen und Ursprung des deutschen volksgesanges die
grundlage. Er leugnet mit recht einen prinzipiellen unterschied zwischen volkstüm-
lichem und Volkslied und weiterhin, wenigstens für den jetzigen stand unserer ein-
sieht, die mögliehkeit. das Volkslied aus inneren merkmalen zu definieren. Verfasser
und entstebungsart können keine brauchbaren kriterien abgeben, da manches von
einem manne aus dem volke verfasst und für das volk bestimmt ist, was sich nicht
als Volkslied qualifiziert und umgekehrt. „Volkston" aber ist ein schwer fassbarer
und jedenfalls kein konstanter begriff, da der volkston sich mit dem volksgeschmack
durch die Jahrhunderte ändert. Venu der verf. daher als Volkslied dasjenige be-
zeichnen möchte, „was in einem von der sitte zusammengeführten chore als lied
erklang und erklingt", so mag diese rein äusserliche definition wol als die richtigste
bisher aufgebrachte gelten. Dass ein Volkslied auch von einem einzelnen gesungen
106 PANZEB ÜBER BRUIN1ER, DAS DEUTSCHE VOLKSLIED
werden kann, lässi sich doch wo! nicht (mit Prahl, unsere volkstüml. lieder s. V) als
erschütternder einwand dagegen erhehen, da solcher ein zel Vortrag doch immer aus
dem chorgesange entnommen ist und nur sozusagen einen notfall darstellt, dem das
bewusstsein Weiht, dass das lied eigentlich für den chor bestimmt ist und nur dort
seine innere art und wahres leben entfalten kann. So singt der einzelne ja wol auch
einen choral, dessen ausdrückliche bestimmung doch bleibt, von der versammelten
gemeinde gesungen zu werden.
In der anschliessenden geschichtlichen Schilderung stellt der verf. mit guter
kenntnis die Zeugnisse für den deutschen volksgesang zusammen und sucht daraus
mit umsieht und energie seine entwicklung zu rekonstruieren. Man folgt seinen dar-
legungen überall mit interesse, an mehr als einem punkte hätte ich allerdings leb-
hafte einwendungen zu erheben. Allzu einseitig wird gleich alle poesie aus dem
kultus abgeleitet. Dass der germanische seo/t, aus dem priestersänger hervorgegangen,
sieh zuerst bei den Goten gebildet habe und erst von diesen zu den übrigen germa-
nischen stammen gewandert sei, ist nicht überzeugend und den tatsachen gegenüber
kaum durchführbar. Nach Bruinier wäre selbst die Burgundensage von diu gotischen
Sängern ausgebildet und von ihnen erst den deutsehen stammen zugetragen worden;
nach dem Untergang des Goten volkes hätten dann die hier inzwischen nach gotischem
muster entstandenen scope die Stoffe weitergepflegt. Der einheimische priestersänger
sei dagegen bei den Franken infolge der äusserlich starren bekehrung dieses Stammes
und der frühen ausbildung des lehenswesens rasch zum volkssänger herabgesunken
und so mit dem mimus auf eine stufe geraten. Von diesem halte er den reim über-
nommen, der also auf solche art in unsere poesie geraten wäre. Als dann bei den
Franken jenes entlehnte institut des skops um 800 untergieng, hätte der volkssänger
seine lieder übernommen , zunächst die alliterierende form mit reimen durchsetzt und
nur langsam ganz in den reim übergeführt, eine annähme, die man trotz der berufung
auf das Muspilli schwer glaubhaft finden wird, wie denn diese ganze construetion
luftig und bedenklich erscheinen muss.
Recht gut wird dagegen der scopgesang charakterisiert, auch über entstelmng
und ausbildung der heldensage manch treffendes gesagt, sein Untergang und das auf-
kommen neuer richtungen anschaulieh dargestellt. Sehr hübsch sind grossenteils die
ausführungen über das Volkslied, wie es sich zunächst neben und dann nach dem
alten skopgesang herausgebildet und mit manchen Wandlungen bis auf unsere tage
erhalten hat in geschichtlichen liedern und mären (balladen) und jenen zahlreichen
gattungen, in denen, nach der Überschrift des letzten kapitels, „leben und liebe" ihre
poetische Verklärung finden. Nur das Verhältnis der ritterliehen zur einheimischen
Volksdichtung scheint s. 126 f. einseitig und anfechtbar ausgeführt.
Indessen möchte gerade dies buch verlangen dürfen, weniger auf seine einzel-
heiten angeredet, als vielmehr als ganzes gewürdigt und genossen zu werden. Eine
gewisse einseitigkeit mag man sich von ihm umso eher gefallen lassen , als allenthalben
eine starke persönlichkeit hervortritt, die das ganze problem von grossen gesichts-
punkten aus als einen teil des gesamten geistes- und gemütslebens unseres volkes
behandelt mit einer tief innerlichen begeisterung für die nationale art, die woltuend
berührt, wenn sie vielleicht schon hie und da in eine Übertreibung verfällt. Jeden-
falls macht in der darstellung des Verfassers kein leeres phrasentum sich breit; er
kennt seinen gegenständ und kennt sein volk in süd und nord und ost und west und
hat es verstanden, in seiner seele zu lesen. Er beschreibt ihm wissenschaftlich, doch
mit wärme und in schöner form, in einer kräftigen, an angeschauten hildern reichen
OLDENBERG ÜBER V. D. GABELENTZ, SPRACHWISSENSCHAFT 107
spräche einen der intimsten und liebenswürdigsten ausschnitte aus seiner geschiente
und so bleibt nur der wünsch, dass das büchlein recht viele leser finden und für
seine gute Sache erwärmen möge.
FREIBURG I. B. FRIEDRICH PANZER.
Die Sprachwissenschaft, ihre aufgaben, methoden und bisherigen ergeb-
nisse von Cr. v. d. Gabelentz. Zweite, vermehrte und verbesserte aufläge, hrsg.
von di-. Albr. Graf v. d. Schulenburg. Leipzig, Tauchnitz, 1901. XXI und
520 s. gr. 8. 15 m.
Xach des Verfassers hiugang, der einen so schmerzlichen Verlust für die Sprach-
wissenschaft bedeutete, hat seiu in verwandten bahnen der forschung tatiger neffe die
zweite aufläge dieses Werkes, zehn jähre nach dem erscheinen der ersten, heraus-
gegeben. Man wird es ihm dank wissen, dass er nicht vor den im gründe unüber-
windbaren Schwierigkeiten der aufgäbe zurückgeschreckt ist, das buch in einer gestali
an die öffentlichkeit treten zu lassen , welche nicht die des herausgebers seiu soll und
auch nicht überall die des hingegangenen Verfassers sein kann und darf. Die Ver-
hältnisse, unter denen eine solche neuauflage entsteht, legen dem berichterstatter die
äusserst« Zurückhaltung darin auf, aus irgend einem mangel der arbeit oder dem, was
ihm als solcher erscheint, einen Vorwurf herzuleiten. Aber jene umstände entheben
ihn doch nicht der pflicht , so gut er kann, das Verhältnis des buchs, welches uns
jetzt vorliegt, zu seiner früheren gestalt objektiv zu beschreiben.
Im wesentlichen nun ist das werk durchaus geblieben was es war, und als
was ich es einst in dieser Zeitschrift (XXV, 113 fgg.) zu charakterisieren versucht
habe.1 Den Standpunkt, die anordnung, die ganze so persönliche weise des verfs.
sich den grossen wie den kleinen ihm begegnenden problemen gegenüberzustellen,
findet der leser unverändert wider. Im einzelnen hat der text eine reihe von berich-
tigungen und namentlich von Zusätzen erhalten, welche doch das aussehen des ganzen
kaum modifizieren. Zum nicht geringen teil bewegen sich diese zusätze ausserhalb
des gebietes der indoeuropäischen Sprachwissenschaft: ich muss mich hier, wie früher
bei der besprechung der ersten aufläge, inkompetent erklären und mich auch jetzt
wider darauf beschränken, allein die behandlung des indoeuropäischen gebiets und der
Prinzipien fragen, auf welche man von hier aus geführt wird, mit einigen kurzen be-
merkungen zu charakterisieren.
Niemand wird finden, dass die zeit zwischen dem erscheinen der ersten und
der zweiten aufläge des werkes für unsern zweig der linguistik arm an wichtigen er-
folgen gewesen sei. Man denke — um nur einiges hervorzuheben — an die von
Rousselot angebahnten fortschritte der phonetik und der dialektforschung, an die Ver-
feinerung der erforschung des accents der indoeuropäischen sprachen mit allem, was
sich von konsequenzen daran knüpft, au Delbrücks darstellung der vergleichenden
syutax, welche den Brugmaunscheu grundriss von jenem Vorwurf entlastet, den
Gabelentz (s. 137) gegen die grammatiken „von vorwiegend linguistischer tendenz" er-
hebt: dass sie da aufhören, wo die syntax anfangen sollte. Es lässt sich kaum be-
haupten, dass sich die neue aufläge den anregungen, welche von diesen — und selbst-
1) Es sei bemerkt, dass sich mit dieser kritik v. d. Gabelentz, insonderheit
s. 170 fg. , in seiner ebenso vornehmen wie liebenswürdigen weise auseinander zu
setzen sucht.
108 STEIG
verständlich nicht nur von diesen — seiteu ihr hätten zufliessen können, geöffnet
habe. Die durchgreifenden neuerungen, welche so herbeigeführt worden wären, sind
uu vollzogen geblieben. Und wo dem alten inhalt eine Überarbeitung zu teil geworden
ist, hat diese in den prinzipiellen fragen das alte schwanken , in nicht wenigen einzel-
heiten denselben mangel an schärfe der auffassung und an ausreichender Informiert-
heit übrig gelassen. "Wer sich etwa über v. d. G.s Stellung zur frage nach der aus-
nahmslosigkeit der lautgesetze unterrichten will, wird sich in den abschnitten s. 185 fgg.
ähnlich hin und her geworfen fühlen, wie es dem lescr der ersten aufläge widerfuhr:
er wird ebenso wie jener eine schritt für schritt sicher vorwärts sich bewegende dar-
legung vermissen. Steigt er dann zu einzelheiten herab, werden sich ihm auch jetzt
fortwährend ähnliehe, zum teil dieselben bedenken aufdrängen wie damals. Kann
nach dein, was wir über die Schicksale der indoeuropäischen Zischlaute im altindischon
wissen, wirklieh der gedanke in frage kommen, dass aind. edhi „sei" auf eine „in
indogermanische]- urzeit" vorhandene neigung zurückgehe, s in i übergehen zu lassen
nach art des italienischen noi, voi (s. 191, fand sich schon in der 1. auf!.)*? Ist wirk-
lich fliehen neben got. ßliukan eine so rätselhafte Singularität wie man nach s. 195
annehmen sollte? Oder lat. quintus neben junctiis punctum (s. 190)? Ist wirklich
uhd. xicerch nach langen Jahrhunderten nachträglich von der althochdeutschen laut-
verschiebung erfasst und beweist es so, dass lautversehiebungen „nicht nur in ört-
licher, sondern auch in sachlicher hinsieht" nur allmählich um sich greifen (s. 190)?
Wenn episcopus franz. als eveque erscheint, steht dies wirklich auf einer linie damit,
dass man für „zwei krüge bairisch hier1' wol sagt, „zwei bairisch" (s. 206)?
Missgriffe dieser art werden denen, deren Studien sich auf dem gebiet indo-
europäischer sprachen bewegen, kaum viel schaden bringen: diese wissen, woran sie
sich zu halten haben. Aber ein buch wie das vorliegende sollte, meine ich, eine
seiner vornehmsten aufgaben darin finden , denjenigen , die es mit den ferner liegenden
zweigen der Sprachforschung zu tun haben, die anregungen zu vermitteln, welche
ihnen aus der innerhalb des indoeuropäischen forsch ungskreises erreichbaren und
erreichten Vervollkommnung der methodeu erwachsen können. Es muss befürchtet
werden, dass einem solchen ziel die zweite aufläge nicht wesentlich nähergekommen
ist als ihre Vorgängerin.
KIEL. H. OLDENBERG.
Ludwig Tiecks Genoveva. Als romantische dichtung betrachtet von dr. Johann
Kauft I. [Grazer Studien zur deutschen philologie. Herausgegeben von Anton
E. Schönbach und Bernhard Seuffert. VI. lieft.] Graz, k. k. universitäts -buch-
druckerei und verlags -buchhandlung „Styria", 1899. XII u. 258 s. 8. 5 mark.
Die denkmäler der romantischen dichtung, aber nicht diese allein, stehen gegen-
wärtig zum teil unter dem zeichen der literarhistorischen monographie. Von den ver-
schiedensten Seiten her treten derartige arbeiten jetzt hervor. Meist jüngere gelehrte,
von ihren lehrern angeregt, beginnen mit ihnen ihre wissenschaftliche bahn. Was
sich sowol für wie gegen diese arbeitsform sagen lässt, scheint überall gleichmässig
empfunden zu werden. Bei Ranftl ist der erste absatz des Vorwortes der behandlung
dieser frage gewidmet. Fällt aber eine arbeit im ganzen so zufriedenstellend aus wie
die Ranftls über Tiecks Genoveva, so ist damit für sie die berechtiguugsfrage praktisch
und glücklich entschieden,
ÜBER RANFTL. GENOVEVA 109
Rauftl verfolgt mit sicherer methode die richtung weiter, die Seuffert zuerst in
dem buche über deu maier Müller angegeben hat, bringt das später über die Genoveva
gesagte hinzu uud arbeitet all dies mit geschick zusammen. Er leitet die Untersuchung
mit den ausser und in Tieck gegebenen Vorbedingungen für die entstehung der roman-
tischen Genoveva -dichtung ein, vergleicht damit das volksbuch und erörtert das Ver-
hältnis zwischen maier Müller und Tieck. So eng sich Tieck an das volksbuch hält,
so weit und eigenartig entfernt er sich von seinem Vorgänger maier Müller, dessen
dichtung eingestandener und erweislicher massen nicht ohne einfluss auf ihn geblieben
ist. Die für Tieck günstige entscheidung fliesst aus dem ganz verschiedenen geiste
beider dichtungen, den Eanftl gegen den schluss seiner arbeit recht gut, und zwar
voller als an einigen früheren stellen, charakterisiert. Auch ich stelle maier Müllers
Genoveva, als dramatische leistung. viel höher als die Tiecks, freue mich aber, dass
die letztere durch Ranftls aufdeckung des in ihr waltenden contrastiereuden priucips
innerlich gewonnen hat. Weiter erörtert Ranftl den einüuss Shakespeares, Calderons,
Jakob Böhmes und geht dann zur Umgrenzung der inneren eigenschaften der Tieck-
schen Genoveva über. Der epische aufhau des romantischen dramas, die religiöse
durchdriugung, das nicht streng historische costüm der menschen und dinge, das
schwelgen in dämmerhaften naturgef üblen, die unbestimmt zerfliessende charakter-
zeichnung, der stil, die prosa, die metrik werden nach einander besprochen, und in
welchem umfange es dem Verfasser nötig scheint, mit beispielen belegt. Die urteile
der Zeitgenossen über Tiecks Genoveva erscheinen im letzten capitel. das mit einem
ausblick auf die weitere künstlerische und litterarische behandlung des Stoffes schliesst.
Wie man sieht, ist das vorstehende nicht eigentlich eine recension, sondern
eine anzeige des buches geworden. Das beruht, wie ich es auffasse, auf einem Vor-
züge des buches. Denn es gibt uns positive aufschlüsse, vermehrt, begründet oder
sichert unsere kenntnis. Es ist durchweg sorgfältig und umsichtig gearbeitet. Das
gymnasium jedoch, das "Wackenroder und Tieck in Berlin besuchten, nennt mau nicht
gut das ,, Gedickesche gymnasium", sondern richtig das Friedrichs -Werdersche gym-
nasium, an dem noch eine "Wackenroder - Stiftung besteht. Die von Friedrich Schlegel
in die Europa aufgenommenen gespräche über Tiecks Genoveva rühren (s. 244) von
Helmine von Hastfer her. derselben, die (s. 246), seit ihrer zweiten ehe, Helmine
von Chezy hiess. Dies wenige will gegenüber der allgemeinen sorgsamkeit des
Verfassers nichts besagen; ich habe noch keine schrift, kaum sogar eine recension
gelesen, die ganz ohne fehler oder anstoss gewesen wäre.
Man kann in dieser monographie mit vergnügen das ineinauderspielen zweier an
sich verschiedener entwicklungsreihen beobachten. Ranftl nimmt zug um zug das
einzelne durch, um allgemeine resultate zu gewinnen. Die so erarbeiteten resultate
decken sich nun aber mit auschauungen und urteilen, die seiner zeit teils von Tieck
selbst, teils von seinen Zeitgenossen ausgesprochen wurden, und die jetzt durch Ranftl
gleichsam wider die bewährung im einzelnen erfahren. Beides dient sich gegenseitig
zur eontrolle und wertverstärkung, und trägt sehr wesentlich zu dem wissenschaft-
lichen vertrauen bei. das Rauftls arbeit im ganzen wie im einzelnen dem leser einllösst.
BERLIN -FRIEDENAU. REINHOLÜ 8TEIG.
110 JOHN MEIER
Gertrud Züricher, Kinderlied und kinderspiel im kanton Bern. Nach müudl.
Überlieferung gesammelt (= Schriften der Schweiz, ges. für Volkskunde 2). Zürich
1902. 2,50 fr.
Die vorliegende arbeit verdankt ihre entstehung der anregung, die die Ver-
fasserin in den volkskundlichen Übungen professor Singers empfangen hatte und stellt
sich somit darin der arbeit Zahlers über Die krankheit im Volksglauben des Simmen-
thals (Bern 1898), wie kleineren Studien anderer an die seite. Es ist erfreulich, wie
liier die von kundiger band gepüanzten, verschiedenartigen keime aufgehen und sich
kräftig entwickeln. Und wir hoffen, dass Singer darin die Veranlassung sehen wird
auch weiter auf diese gebiete seine lehrtätigkeit zu erstrecken.
Gertrud Züricher hat mit grossem fleiss und geschick, wie schönem erfolg
ein reichhaltiges material zusammengebracht und durchaus verständig geordnet. Es
ist sicher der Verfasserin nicht entgangen, dass der abschnitt „Versehen und lieder
der erwachsnen im kindermund" nicht sämtliche derartigen poesien ihrer Sammlung
umfasst und sie wird selbst nicht meinen, dass in den sonstigen partieen ihres werkes
keine solchen enthalten seien (es gehören hierher noch z. b. nr. 77, 79, 84, 85, 91,
229, 226, 243 — 248, 624, 625, 651 u.a.). Vielleicht aber wäre dies besser noch
besonders betont worden.
Die verf. hat offenbar ihren hauptzweck mit der materialsammlung erfüllt ge-
sehen und es lässt sich gegen diese beschränkung auch nichts einwenden. Nur wäre
die benutzung und Verarbeitung des gesammelten Stoffes wesentlich durch ein register
erleichtert worden, das in allen derartigen Sammlungen keinesfalls fehlen dürfte.
Darin , dass die verf. die verweise meist auf sonstige schweizer Sammlungen beschränkt
hat, wird man ihr nur beipflichten können: entweder umfassende systematisch an-
gelegte Sammlungen oder beschränkung auf das nächstliegende.1 Büer allerdings sollte
sie dann auch Vollständigkeit anstreben und es dürften wenigstens nicht so naheliegende
verweise, wie auf die sonst auch citierten von M. E. Marriage und mir herausgegebenen
Berner Volkslieder mitunter fehlen: nr. 397 f. vergl. Schweiz, archiv f. volksk. 5, 46;
nr. 797 vergl. Archiv 5,43 nr. 65.
Mitunter sind doch wol bei aller lobenswerten knappheit in der Vorführung des
materials für die nichtgelehrten, wie für die Nichtberner und NichtSchweizer kurze
erkläruugen nötig, um den sinn der verse oder einzelner Worte verstehen zu können:
so z. b. nr. 462 f. das Do, re, mi, fa, sol, la, si, 540 die bedeutung des chindli-
früssers und 711 die des gryt&imoos. Es dürfte weiter kaum allen lesern bekaunt
sein, dass nr. 204 Sclmijpp schnapp schnorwn rex basilorum eine redensart in
einem kartenspiel und dann das kartenspiel selbst ist (vergl. noch D. Wb. 9, 1169).
Ein paar kleinigkeiten zu einzelnen nummern möchte ich nachtragen, nr. 79
lautet: I bi-n-e bueb
u tue nid guet
u ha's o nid un sinn;
nie geseht' mer's a de fädera-n-a,
was vogels, das i bin.
1) Einige male wird citiert in einer art und weise, die das eitleren illusorisch
macht. "Was heisst z. b. zu nr. 639 „Schauenburgs commersbuch 628"? Welche auf-
läge? Ist seite oder numnier gemeint? Man kann nicht nachkommen und sieht des-
halb nicht, ob die verf. mit dem eitat den nachweis gegeben hat, dass der Vierzeiler
dem studentenlied .Studio auf einer reisu nachgebildet ist.
ÜBER G. ZÜRICHBR , KINDERLIED 111
Diese zeileu sind altes gut uud gehören noch heute zu den verbreitetsteu versen.
Die „Sieben lächerliche geschuältz" von 1610 (diese Zs. 15, 55 nr. 14; ebenso der
Newe grillenschwarm Weim. jahrb. 3, 132 nr. 61), die nach Kopp Euphorion 8, 128 f.
in dem hier in betracht kommenden fünften teil aus Melchior Francis zweiter
Sammlung von Quodlibeten 1605 geschöpft haben, kenneu sie in der fassung:
Ich hab meine tag kein gut gethau
habs auch noch nicht im sinn;
und wo ich einmal gewesen bin,
da darff ich nimmer hin,
nimmer hin, ey ja hin,
[schlotfeger , hoderlumpen, hoderlumpen.]
Der Fase, quodl. des Melchior Franck vom jähre 1611 (nr. 6; bei Erk-BöliniL-
Ldh. 2. 359 nr. 532 gibt ihn:
Hab' ich mein tag kein gut gethan,
das weiss mein freundschaft wohl:
drum habn sie mich ins elend geschickt,
dass ichs erfahren soll.
Endlich hat Jakob Vogel in seineu "Wandersregeln vou 1017 i F. Eichler, Cen-
tralis, f. d. bibliothekswesen 13 [1896], 394):
Ich hab mein tag kein gut gethau,
habs auch noch nicht im sinn,
man sieht mirs an meinn federn an,
was für ein vogl ich bin.
Heute ist der Spruch, soweit mir bekannt ist, aus Bayern, Österreich, Kärnten,
Hessen, Lothringen, Schlesien, Böhmen und dem Vogtland aufgezeichnet worden.
Nr. 84 stellt neben häufigem Jüngern vorkommen als Vierzeiler schon iu einer
Trierer liederhandschrift aus dem 18. jahrh. s. 96 und wie Birlinger und Crecelius in
ihrer ausgäbe des Wunderhorn 2. 344 augeben auch in eiuem Fl. bl. „um 1780".
Der text der handschr. ist dem von Birlinger uud Crecelius mitgeteilten ähnlich.
Nr. 624 lautet: (Der) waldbrueder im hüttli
het ds stübeli gwüscht,
het ds bäseli la falle
u ds jümpferli küsst.
Das Schweiz, idiotikon 4, 1834 gibt als Wortlaut aus dem Bartlispiel 1767:
Der waldbrueder in der hütte"
hed d's bätti üfg'henkt,
hed d' kutten la" g'hie"
uud d's wibe" erdenkt (andre fassungen aus dem Aargau
und Zug ibid.)
und bezieht den Vierzeiler als spottvers darauf, dass der waldbruder Job. Ivümer von
Arth die kutte am 7. februar 1767 abgelegt uud sich verheiratet hatte. Es ist dies
somit der Zweitälteste überliefert Vierzeiler in der Schweiz, da der älteste von Lau-
renz Zellweger aus Trogen 1754 an Bodmer mitgeteilt wurde.
Das spiel nr. 958 ist vermutlich das französische kinderspiel vom Grand cltäteau,
von dem allerdings die refrainartige widerholuug uatte watte loylewo das einzige
französisch im wortmaterial ist; ursprünglich va-t'-en vis-ä-vis, vergl. die refrains
Kassel watta watta wiawi, Hannover wattawattawirawo (Lewalter, Volksl. aus
Niederhesseo 2, 5 f. nr. 3; s. 72). Die beschreibung, die Du Mersan, Chansons et
112 R. M. MEYER
rondes enfantines (nach Mannhardt, Germ, mythen s. 512 [Lewalter 1. c.]) davon gibt,
stimmt zu dem von <;. Züricher beschriebenen spiel.
Die vorliegende arbeit hat als zweite nummer eine reihe von neuen zwanglos
erscheinenden publicationen grösserer selbständiger arbeiten zur schweizerischen Volks-
kunde eröffnet, welche die rührige Schweizerische gesellschaf't für Volkskunde von
nun an erscheinen lassen wird und dio eine sehr wünschenswerte ergänzung zu dem
vereinsorgan, dem Schweiz, archiv für Volkskunde, bietet. Wir wünschen dem verein,
dass er immer so fleissige und brauchbare mitarbeitet- findet, wie es die Verfasserin
des vorliegenden werkes ist.
BASBL (SCHWEIZ) AM 23. DEZEMBER 1901. JOHN MEIER.
Ewald A. Boucke , "Wort und bedeutung in Goethes spräche. (Litterarhistor.
forschungen, hrg. von J. Schick und M. frhr. v. Waldberg XX). Berlin,
Felber 1901. IX, 338 s. 5 m.
Diese vortreffliche arbeit hat mir in dreifachem sinn grosse freude gemacht:
zunächst an sich, als eine wirklich fördernde und lehrreiche Untersuchung; dann
symptomatisch, als ein weiterer beweis dafür, wie die Goetheforschung immer ent-
schiedener von Spekulation und Spitzfindigkeit zu sachlicher, exakter forschung (die
freilich nie ganz gefehlt hat) übergeht; und endlich noch persönlich, weil der verf.
gerade auch Untersuchungen des ref. erfolgreich benutzt und weitergeführt hat. Doch
lässt B. in seinem Vorwort viel zuwenig hervortreten, worin seine arbeit über meine
., Studien zu Goethes wortgebrauch'1 und verwandte Schriften herausgeht. Wir hatten
wesentlich doch nur die eigentliche interpretation im äuge, während B. mit glück aus
zusammenhängenden wortkreisen und wortketten beitrage zur kenntnis der individuellen
Psychologie des dichters zu gewinnen sucht.
Damit ist die eigentliche aufgäbe des Werkes charakterisiert. B. meint selbst,
er hätte es auch „ Goethes denkweise im Spiegel seines typischen Wortschatzes "
taufen können.
Das buch zerfällt in zwei teile: „der individuelle Wortschatz" (s. 8 fg.) und
„theoretisches" (s. 190 fg.). Der erste legt in fesselnder weise bezeichnende aus-
drücke Goethes zur beleuchtung seiner weit- und kunstanschauung zusammen. Seine
lehren von der „beschränkung" (s. 20 fg.), von der perfektibilität (s. 37), von der
Überwindung des reinstofflichen (s. 62) und moralisch falscher tendenzen (s. 81 fg.) und
vieles was sonst noch hieher gehört, wird am faden des Wortgebrauches klug und klar
vorgelegt. Dabei weiss der verf. überall die psychologische und die philologische
beobachtuug zu vereinigen. Er achtet ebensowol auf die ausdehnung der prägnauz
von einem ausdruck auf seine ableitungen (s. 98; ein sehr wichtiger punkt), auf das
alter der idiotismen (s. 163) oder die grenzen von G.s altersstil (s. 238 anm.), wie auf
typische vorstellungskreise (s. 95) oder auf das sprachpsychologische „gesetz der
intensiven nutzuug" (s. 209). Freilich führt auch beides bei dem Studium G.s zu
demselben ziel: zu der auerkennung der mit immer neuem staunen erfüllenden gesetz-
mässigkeit Goethes (s. 39).
Doch auch allgemeine ergebnisse fehlen nicht. Dahin rechnen wir den guten
hin weis auf „latente prägungen " (s. 293) oder die treffenden bemerkungen über indivi-
duellen und generellen wortgebrauch (s. 34 i. Vor allem aber enthält die beobachtungs-
reihe au sich und in sich allgemeine bedeutung, weil eben Goethe ein so unschätzbar
ÜBER BOUCKE, WORT UND BEDEUTUNG IN' GOETHES SPRAOBE 113
lehrreiches „ Objekt " ist. Seine typische anschauungsweise (s. 234) bildet sich in einer
grossen einheit des wortgebrauchs (s. 217) ab; sein streben zum mass in der haltung
seiner ausdrücke (s. 45), seiner anreden (s. 51), seiner rügeworte (s. 122 fg.). Stetiger
als ein anderer lässt G. begriff an begriff anschiessen (s. 25 anm.); sorgfältiger schafft
er jeder anschauung eine dienende wortschaar: dem „streben'1 und „steigern" (s. 35),
der „reinheit" (s. 81), der „ beschränkung " (s. 20fg.), dem „erhalten" (s. 137) und
„fördern" (s. 147). Eben deshalb macht es nicht viel aus, dass B. auf ältere belege
nicht ausgeht und z. b. Stracks „Liederbuch" oder Pomeznys „Grazien" nicht
benutzt hat. Nur ausnahmsweise schädigt das ein wenig, wenn z. b. der begriff der
„ perfektibilität " (s. 37. 304) jenen speciellen beigeschmack verliert, den er durch
seine anwendung in der populärphilosophie (z. B. bei Lichtenberg) besitzt. Übrigens
zeigt sich B. auch hier durchaus unterrichtet und lässt etwa über das Verhältnis des
dichtere zu Kant (s. 82) und Spinoza (s. 99), sowie besonders zu Winckelmann (s. 13.
20. 23. 40) treffendes eiufliessen.
Eine ganze fülle von ausdrücken erhält durch diese methodisch sichere Unter-
suchung neues licht: parallelstellen, antithesen, Interpretation helfen einander und
arbeiten sich in die hände, um ..gemäss" (s. 22), „beschränkt" (s. 32), „falsch"
(s. 62), „gelten lassen" (s. 113), „erschrecken" (s. 132) mit neuer prägnanz aus-
zustatten.
Der verf. geht dann (s. 190 fg.) dazu über, aus diesen tatsachen theoretische
folgerungen zu ziehen. Der individuelle bedeutungswandel (s. 192 fg. vgl. s. 110) ist
noch so wenig studiert, dass wir diese erorterungen über „usuelle prägnanz" (s. 195 fg.
321), Ursachen des wandeis (s. 201), euphemismus (s. 203), intensiven und extensiven
betrieb (s. 208), über Sprachschöpfung (s. 209), Scheinprägnanz (s. 219) und konkre-
tisierung (s. 223) mit höchstem dank entgegennehmen, obwol sie naturgemäss meist
nicht viel mehr sein können als interessante belege zu schon anerkannten Sätzen.
Aber diese belege selbst sind eben immer lehrreich. Wir achten bei den minnesingern
längst auf das. was hier (s. 245) „gleichniscyklus" heisst; aber wie viel neues sagen
uns doch diese konkreten beispiele! Wie hübsch sind die Zusammenstellungen
über „ litterarische masken " (s. 252 fg.) und über typen aus G.s eigenen dichtungen
(s. 254 fg.)!
Den eigentlichen abschluss des werkes bilden vollständige Zusammenstellungen
von G.s eigenen sprachtheoretischen äusserungen (s. 266), Worterklärungen und wort-
kritiken (s. 280); angehäugt sind (s. 328 fg.) solche lieblingsworte , die eine eigene
psychologische oder sprachgeschichtliche bedeutung nicht besitzen (vgl. die formein
s. 239 fg.).
Nur als einen anhang fasse ich auch das kapitel über „ nachwirkung " (s. 291 fg.)
auf. Gewiss enthält es wertvolle bemerkungen zu „Stetigkeit" (s. 298) und „dumpf"
(s. 296), „Wahlverwandtschaft" (s. 302) und „innere form" (s. 310. 322). Auch was
über eine im wortgebrauch sich abspiegelnde Verwandtschaft mit den Stürmern und
drängern (s. 294), mit Herder (s. 298), Immermann (s. 308), Hebbel (s. 312), G. Keller
(s. 333), oder über den einfluss G.s auf die Sprechweise von H. Meyer (s. 301). Vischer,
Laube, Scherer (s. 303) u. a. bemerkt wirkt, ist fein und beachtenswert. Im ganzen ist
doch die auswahl sowol der autoren als der belege zu unvollständig, als dass man
von hier aus über den individuellen wortgebrauch der Zeitgenossen und epigonen G.s
viel schliessen dürfte. Es sei denn dies, dass jene wunderbare einheit von wort
und Vorstellung, die bei G. herrscht (s. 315. 319), bei jenen fehlt, nur etwa Novalis
(s. 303) ausgenommen. (Vgl. auch zu Novalis in „Goethes gesprächen" von Bieder-
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCBE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 8
114 MICHELS
mann s. 324). Anregend wird immerhin gewiss auch dieser teil, den B. seihst nur
als ersten anhieb gibt, wirken.
Ein genaues register macht den beschluss und ermöglicht es uns, dies ebenso
gründliche als anregende, ebenso klar geschriebene wie umsichtig geordnete buch von
aufang bis zu ende zu loben.
BERLIN, 29. JANUAR 1902. RICHARD M. MEYER.
Die germanischen auslautgesetze. Eine sprachwissenschaftliehe Untersuchung
mit vornehmlicher berücksichtigung der Zeitfolge der auslautveränderungen von
Alois Walde. Halle a. S., M. Niemeyer, 1900, V, 198 s. 5,40 m.
Die mit Scharfsinn und umsieht verfasste schritt liefert den erfreulichen be-
weis, dass sich seit der durch Hirt und Streitberg angebahnten beachtung der
accentqualitäten bei der beurteilung der germanischen auslautgesetze die ansichten
allmählich zu klären beginnen. Die meisten der in den letzten jähren entstandenen
Probleme wird man hier in sehr verständiger weise erörtert und in der regel er-
heblich gefördert finden.
Die darstellung ist sehr geschickt und in elf kapiteln scheinbar zwanglos
aufgebaut.
Ich nehme auf ihren gang weiter keine rücksicht, sondern suche die ergeb-
nisse Waldes mehr systematisch und chronologisch zu ordnen: das wird die nach-
prüfung erleichtern.
Als den ältesten prozess auf dem von ihm behandelten gebiete betrachtet
W. den ab fall ungedeckter kürzen a, e, i im urgermanischen auslaut, den er,
die alte Sieverssche theorie erneuernd (s. 110 fgg.), wiederum zu ansehen zubringen
sucht. Er widerlegt zunächst mit glück (s. 111 fgg.) die auch von Streitberg ver-
worfene ansieht van Hertens, dass die aofries. präterita 1. und 3. klasse skref, bigrep,
wet; wan, baut, sang, fand, Lau ihren vokal dem umlaut durch abgefallenes i <C
urgemi. e zu danken hätten, e ist als lautgesetzliche entwicklung des urgerm. ai in
geschlossener silbe zu betrachten, ebenso ist an, wie schon Günther, Die verben
im aofries, Leipziger dissertation , 1880, s. 16 erkannte, in geschlossener silbe erhalten.
Gerade die fries. wie die ags. formen der 3. sg. prät. sprechen mit ihrem mangelnden
umlaut gegen den erst einzeldialeküschen abfall eines zu i gewandelten germanischen
e, während anord. butt, wie schon Sievers sah, mit dem wandel von ausl. nd>tt
vornordischen abfall fordern, den auch die runischen unnam (Beistad), tvas (Tannin)
belegen. Ebenso zeugen ahd. noh, ags. peak mit ihrem vokalismus, anord. imp. bitt,
anord. fimm gegenüber fifl<i*ßmfl (vgl. s. 117 gegen Noreen Arkiv III, 39 fgg.) mit
dem konsonantismus für urgermanischen Schwund des, wie der ags. imp. nem und
die pronominalformen ags. mec, anord. mek u. a. dartun, wahrscheinlich nie zu * ver-
wandelten e. nem, halte ich nun freilich nicht für beweisend; es kann gerade sogut
analogieform sein, wie es nach Walde ahd. bir, nim sein müssen. Die Chancen
stehen ja gleich; aber mek wird man allerdings kaum anders erklären können.
Auch die 2. pl. ind. präs. auf ahd. -et, aonfr. -et, -it betrachtet Walde mit
van Herten und Jellinek gegen Bernecker bei Brugmann, Grundriss P, s. 287 fussnote,
als lautgesetzlich (s. 119), indem er leugnet, dass imbetontes e in letzter silbe
durchweg zu * geworden sei. Der Übergang sei nur vor x (in n. pl. *uahtiz usw.)
und vor k (in mik usw.; lautgesetzlich, vielleicht wegen des palatalen Charakters
ÜBER WALDE, DIE GERMANISCHEN AUSLAUTGESETZE 115
dieser laute; nicht nur vor r und s (g. sg. *da^es[o]) sondern, wie ahd.-frk. hauen
zeige auch vor n, sei e erhalten. Auffällig ist freilich, dass, wie auch Walde in
ganz anderem zusammenhange (s. 185 fgg.) zugehen muss, die 2. plur. auch im alt-
nordischen (binde]}, bindijj) wider erwarten den vokal bewahrt hat: Walde meint,
unter dem einfluss eines enklitischen Jjit, ßer, was doch nur ein notbehelf ist.
In niittelsilben, d. h. solchen silben, die nach Wirkung des in rede stehenden
gesetzes noch eine auslautsilbe hinter sich hatten, nimmt Walde dagegen den wandel
e > i, wenn ich eine dahin gehende bemerkung auf s. 120 richtig verstanden habe,
in grösserem umfang an: eine genaue abgrenzung nimmt er nicht vor.
Der abfall des ausl. vokals e (a) ist also wie ahd. 2. pl. beret (ahd. g. sg.
tages) zeigt, älter als dieser prozess; andererseits glaubt W. aus ahd. 3. sg. birit
<; * bhereti folgern zu dürfen , dass er jünger ist als die Wandlung von unbetontem e
zu i durch ein i der folgenden silbe. Walde nimmt also, um das ausdrücklich her-
vorzuheben, zwei verschiedene Übergänge von imbetontem e zu l an: 1. durch i der
folgenden silbe bedingt: vor dem abfall ungedeckter kürzen, z. b. * bhereti > *biri])i,
2. vor z, k in letzter silbe , sowie in mittelsilben, z. b. im n. pl. * kalbexö > * kalbixö,
nacb abfall der kürze. Noch jünger oder, vorsichtiger gesagt, noch länger wirksam
muss dann das gesetz gewesen sein, nach dem sich betontes e bei folgendem i zu i
wandelte, da, wie *mikila%, * irminax und andere beispiele zeigen, auch ein aus e
entwickeltes mittleres i diesen wandel hervorrufen konnte. Gegen diese ausfükrungen
muss aber doch bemerkt werden, dass es sehr wohl möglich ist, dass ein auslauten-
des i etwas länger bewahrt wurde als a und e, die 3. sg. also noch *bereßi lautete,
als man in der 2 pl. schon *berep sprach und *bereßi und * mekelaz gleichzeitig zu
ihrem mittleren (und schliesslich auch ersten) i gelangten.
Freilich gerade für den abfall des i glaubt Walde eine art chronologischer
fixierung gefunden zu haben. Kluge hat in Pauls grundriss I2, 454 darauf hin-
gewiesen, dass das suffix -* im loc. sg. zweisilbiger konsonantischer stamme und
ebenso das suffix -mi des alten inst. sg. in ags. milcum, meolcum, afries. melocon,
ags. cet hedfdum, ahd. %i houbitun, anord. at ho f 8 um keinen umlaut hervorgerufen
hat. Umlaut steht aber in den lokativen anord. menn, feör, brdßr, ags. breder,
anord. mö8r, dötr, ags. nieder, dehter. . Hier, wo demnach i noch in den einzel-
dialekten vorhanden gewesen sein muss, liegt sicher idg. betontes, dort wahrscheinlich
idg. unbetontes i zugrunde. Demgemäss nimmt Walde an: ungedecktes i sei im
urgermanischen nur dann geschwunden, wenn es im indogermanischen unbetont war.
Mit anderen worten die apokope von i (also jedenfalls auch die von e, a, für die
sich eine beschränkung freilich nicht nachweisen lässt), sei älter als der germanische
accent (s. 123). Die annähme hat zwar von vornherein etwas befremdliches, da man
gewöhnt ist, die vokalischen auslautsverkürzungen als eine folge der germanischen
stammsilbenbetommg zu betrachten; doch ist a priori die möglichkeit, dass die
apokope ungedeckter kürzen von den übrigen auslautserscheinungen zu trennen sei,
nicht zu verwerfen. Bedenklich macht jedoch, dass u, worauf Walde s. 123 selbst
hinweist, ganz anders behandelt, nämlich nicht synkopiert ist, und auch für ahd.
vicri, as. meri, ags. mere wird man nicht gern ein idg. *mori ansetzen, noch weniger
mit Walde a.a.O. die analogie der maskulinen i- stamme anrufen. Der gegensatz
zwischen der umgelauteten und nichtumgelauteten formen auf idg. * aber lässt sich
doch ganz gut als gegensatz von zweisilbigen und mehrsilbigen auffassen und die
lautregel so formulieren: auslautendes i blieb in zweiter silbe urgermanisch erhalten,
gieng in dritter (vierter usw.) verloren (nachdem es zuvor ein e der vorhergehenden
8*
116 MtCBßLS
silbe in * verwandelt hatte).1 "Walde hat allerdings zwei urgermanisch zweisilbige
formen bei der band, die nach ihm „von höchster Wichtigkeit" wären, weil sie sich
nicht auf dem wege der analogiebildung erklären Hessen, nämlich ags. 1 sg. ind. präs.
dorn und gäm, die bei erst einzel dialektischem Schwund des * unbedingt umlaut
zeigen müssten (2. 3. Sg. dest, deÖ lassen sich mit Sievers, beitr. 5, 109 a. als
thematisch flektiert fassen). Ich glaube aber nicht, dass dies fundament das gehäude
eines schon vorgermanischen vokalabfalls trägt, und hege meinerseits kein bedenken
anzunehmen, dass vielleicht urwestgerm. oder auch früher lautgesetzliches *döitti nach
analogie der verba wie *ßolöm[iJ, *spornöm[i], *ginöm[i], *kabem[i] mit regel-
recht abgefallenem * Umgestaltet wurde. Dass gerade im ags. diese musterformen
durch bildungen der thematischen konjugation ersetzt wurden, spricht doch nicht
dagegen, dass sie in älterer zeit für zwei isolierte bildungen vorbildlich wirken
konnten. Vielleicht ist auch urwestgerm. *im(m) für *immi *ixmi anzusetzen. Bei-
läufig will ich bemerken, dass ich got. haba für so wenig lautgesetzlich halte als
got. salbö. Beide stehen zunächst für *habam, ' salbom (letzteres vielleicht aus
mlbam umgestaltet): an „konjunkte endung" (Hirt, IF. I, 204) vermag ich nicht
zu glauben.
Hat so der urgermanische /-abfall, den auch ich annehme, mit der idg. be-
tonung nichts zu tun, sondern ist er auf dritte (vierte usw.) silben beschränkt, so
fragt sich, ob nicht auch der abfall des e in *bereße, des a in ' da^esa älter ist als
der immerhin noch urgermanische in *waita, *waite. Doch sehe ich kein mittel,
die frage zu entscheiden. Für ungedecktes u in dritter silbe mangeln die beispiele:
denn der lokativ auf -sti ist im germanischen nicht nachgewiesen. Die behandlung
des durch n gedeckten u lässt aber annehmen, dass n wie / geschwunden wäre.
Dass ein aus *werpezi, *werßedi entstandenes *wirpi%, wirpip im gotischen
nicht zu *wairps, wairpß wurde, erklärt "Walde mit Hirt. IF. 6. 72 und Streitberg,
"ürg. gramm. , s. 170 aus einer durch den vokalabfall hervorgerufenen ersatzdehnung,
die zunächst den konsonanten betroffen und dann auf den vorausgehenden vokal
influiert habe. Die präpositionen ahd. nun, upari, upiri, untari erklären sich
als inlautformen.
Lediglich in dritter (vierter usw.) silbe sind nach Walde durch s oder n
gedeckte kürzen geschwunden. Sehwund vor * in dritter silbe vertrat schon
Sievers, Beitr. 5, 156 fgg. W. meint, wenn sich keine hindemisse ergäben, hätten
wir wol ein recht, „ihre ausstossung für gleichzeitig mit der abwerfung ungedeckter
auslautender kürzen, also für urgermanisch zu halten" (s. 126). Jedenfalls fällt sie
aber nicht vor die germanische accentregelung : denn dass die dritte silbe anders
behandelt wurde als die zweite, beruht doch offenbar auf der grösseren zeitlichen
entfernung von der nach germanischer art accentuierten ersten silbe. Die eigentlich
beweisenden fälle sind der dativ - pluralis auf -mix (vgl. deabus Vatvims u. a. gegen
ags. tivcem <. :tn'( i )>//; ) und der genitiv-sg. auf es bei den »-stammen (runisch
Igivon, ßrawwan, ags. hanan ebne /-umlaut): die anderen formen sind weniger
durchsichtig. Mit got. dagam für dayams findet sich AValde, s. 127, a. 1 etwas
leichtherzig ab. Bei den umgelauteten pluralen zweisilbiger «^-stamme wie an.
fricmdr (s. 127) möchte er bewahrung des ausl. -ex > -ix wegen des starken neben-
tons auf der zweiten annehmen. Mag das nun- richtig sein oder analogiebildung
1) Ob das i der 3. silbe dabei direkte oder indirekte Ursache für den wände]
des e in zweiter war, lasse ich nach dem obenbemerkten dahingestellt.
ÜBER WALDE, DIE GERMANISCHEN AUSLAUTGESETZE 117
anzunehmen sein, jedenfalls halte ich urgerm. vokalschwund vor auslautendem -s
mit Walde für recht wo! annehmbar, und folge auch "Walde gern, wenn er diese
annähme nun weiter zu fruktifizieren sucht. Sie erleichtert ihm afr. dagar, ags. dagas
mit Möller, Hirt und van Helfen auf idg. -öses (= ved. -äsas) zurückzuführen, indem
er ein urgermanisches -öxix (richtiger -öxex?)> öx\ ansetzt (s. 129). Wichtiger ist,
dass er auf diese weise den nominativen singularis der ^- stamme, got. hairdeis,
(s. 133 fgg.) heizukommen sucht. Durch die bemerkimgeu von Thomsen, Beroringer
mellem de finske og de haltiske sprog und Sievers Beitr. 16, 567 fg. ist dem ansatz
eines idg. -ls als nominativausgang einigermassen der hoden entzogen. Das -ys von
ungurys muss als litauische kontraktion aus -ias aufgefasst werden. Walde stellt
denn auch die thesen auf: 1. „Es hat im idg. niemals einen sg. n. auf 7s gegeben"
(s. 135). 2. „Eine von der quantität der Stammsilbe unabhängige tiefstufe -is ist
nur für eine ganz beschränkte bedeutungskategorie , nämlich die gruppe der verbalen
adjektive wie brüks, hrains zu erweisen'1 (s. 147). 3. hairdeis usw. sind auf idg.
-/;</."•>- />>/-, zurückzuführen, das durch vokalsynkope regelrecht zu üx,>%% ent-
wickelt wurde. Diese entwicklung erklärt die zweizeitige, nicht dreizeitige länge, die in
hairdeis anzusetzen ist, das sich mit ahd. hirti vollkommen deckt, ebenso wie gasteis
(aus *gastiiix, < *gasteiex) mit ahd. gesti. Diese auffassung ist gewiss der durch Hirt,
Beitr. 18, 529 fg. vertretenen vorzuziehen. Über anord. Oymer, Ymer, Hymer usw.
urteilt Walde (s. 141) ähnlich wie Sievers, Berichte der sächs. gesellsch. d. wiss. 1894,
129 fgg. Für die endung des vok. häirdi bleibt wenigstens die möglichkeit sie auf
idg. - iie > urg. ii, T, das got. regelrecht verkürzt wurde , zuiückzuführen. sökei
muss dann freilich als neubildung nach sökeis. sokeiß betrachtet werden wie salbö
nach salbös usw.. Itabai nach habais usw. Dass urg. *söM < *sökii[ej zweizeitiges
i, nicht dreizeitiges hatte, schliesst Walde (s. 147 fgg.), meines erachtens mit recht,
aus ags. dem, aofr. rek, mere, anord. sttfr und einigen ähnlichen bildungen. Wol
oder übel muss man dann freiheh weiterhin die erhaltung der länge in nasei (für
zu erwartendes *nasi oder *nasji) dem einfluss von sökei zuschreiben, den nasjis,
nasjip nicht wett machten. Dass hier ein schwacher punkt ist, lässt sich nicht über-
sehen; doch scheint mir die beseitigung der grossen Schwierigkeiten, die Streitbergs
vortreffliche erstlingsarbeit und Hirts ausführungen noch in der io - deklination zurück-
gelassen hatten, so glücklich, dass ich die vorhandene Unebenheit in der konjugation
einstweilen gern mit in kauf nehme.
In neue bahnen lenkt Walde »-in durch die annähme eines vokalausfalls in
dritter silbe auch vor urgermanisch -n. -ia. Zwar hat auch Streitberg, Urg. gr.,
s. 254 im anschluss an Sievers hervorgehoben, dass sich der sehwund des n im anord.
infinitiv bera < idg. : bheronom nur unter der Voraussetzung erkläre, „dass kurze
vokale in dritter silbe schon vor der zeit, aus der die ältesten runeninschriften
stammen, geschwunden sind, mögen sie in absolutem auslaut vor ■. oder // stehen".
und dass mit bera auch der akk. hana = got. haiam aus urgerm. yu)ionum (am < aj)
in parallele zu setzen -ei. Aber man hat doch bei Streitberg den eindruck, als sei
er bei abfassung seines Werkes zwar ganz auf dem rechten wege gewesen, indes
über die hier waltenden lautlichen prozesse noch nicht in gleicher weise zur klarheit
gelangt wie jetzt Walde. Denn s. 177 nimmt er gotischen Schwund des u im akk.
der mehrsilbigen konsonantischen stamme an in *brößar „aus *brößaru = gv. q.oüTOQu,
nasjand aus * nasjandu vgl. gr. cpägovra u. a. in." An einer vorhergehenden stelle
aber, wo über diese Synkopen zu sprechen war (s. 170), gedenkt er nur der im ab-
soluten auslaut stehenden vokale und ausser! sich überdies sehr viel skeptischer als
118 MICHELS
an den späteren. In seinem buch Zur germanischen Sprachgeschichte , s. 75 wagte
er auch den got. inf. Itahan noch nicht direkt auf *%äbenon zurückzuführen, sondern
behalf sich mit der annähme wenig wahrscheinlicher analogiebildungen. Für Walde
bildet gerade die deklination der io- stamme den ausgangspunkt. Der acc. sg. got.
hairdi kann, ahd. hirti muss (wenn anders echter accusativ vorliegt) nach unseren
jetzigen kenntnissen von den germanischen auslautgesetzen auf urgerm. *MrSf mit
zweizeitiger länge zurückgeführt werden (s. 163). "Walde tut nun ,- mich überzeugend,
dar, dass nur die entwicklung von *hirdiiam, *hirdtian über *hirdiin, *hirdm zu
*hirSf, nicht aber über *hirtfiia zu *hir&f phonetische Wahrscheinlichkeit hat. Damit
sind die Synkopen in dritter silbe in eine sehr frühe zeit des urgermanischen ver-
legt, nämlich vor den eintritt der nasalierung an stelle auslautender nasale. Auch
*beranan ist zunächst zu * berann, *hanonun (s. u.), zu *hanonn, *menößun >
*menößn geworden; die weitere entwicklung der letztgenannten form zu got. menöß
ist vieldeutig. Ich füge hinzu, dass sich nun auch got. haban gerade so glatt auf
urgerm. *häbenn zurückführen lässt wie habands auf * habend s, und dass man, da
auch habam ein urgermanisches *htibem[i]% vertreten wird, für das so charakte-
ristische a der got. ai-konjugation nirgends mehr nötig hat, die analogie der starken
verba zu bemühen.
Urgermanische Synkope des unbetonten vokals in mittlerer silbe nimmt "Walde
für einen besonderen fall an. Er stellt (s. 9 u. fgg.) mit rücksicht auf die aecusative
got. ainnohun, anord. einn, minn, kann und die auf -n (statt -nan) bei den anord. ad-
jektiven auf -enn das lautgesetz auf: bei aufeinanderfolge zweier unbetonter mit n
anlautender silben wurde der vokal der ersten getilgt, also *ainanö oder *aminöi
> *amnö. Dieses lautgesetz, das wohl unter den begriff der ,haplologie' zu bringen
wäre, will "W. auch auf die flexion des wortes man angewandt wissen (s. 93).
"Was sodann die qualitativen Veränderungen der vokale in unbetonter silbe
anlangt, so sahen wir schon, dass "Walde den Übergang von r zu i einschränkt. Er
kann also ahd. f rank, hanen als lautgesetzlichen genitiv (< * hanen[e]%) erklären ; obd.
henin ist jedenfalls dativ (< * hanin [i]), möglicherweise aber auch zugleich genitiv.
infolge eines speziell obd. Übergangs von e > i. In ähnlicher weise beschränkt
er den Übergang von o> a, indem er zur erklärung der eigenartigen formen der mas-
kulinen «-deklination im westgermanischen, besonders im ahd., an die w-umlauts-
theorie van Heltens anknüpft, die er so umgestaltet, dass er den urgermanischen
wandel von o> a ausser vor m auch vor einem u der folgenden silbe unterbleiben
lässt. Mir scheint das ein sehr glücklicher gedanke. Danach hätte es einmal ge-
heissen: acc. sg. *%umonum, acc. pl. *^umonuns, dat. pl. * ^umonmi% [?] > * gumo-
mix[?J. Durch den systemzwang dieser formen sei dann auch im n. pl. *^umones
(statt *£umanes) bewahrt worden. Das gotische wandelte o zu a (wie auch vor m
im d. pl. dagam), ebenso das altnordische ausser vor m (vgl. d. pl. ormom). Im
westgermanischen wurde o zu geschlossenem q, welches im anglof riesischen den Über-
gang aller endungs-o zu a mitmachte, im nördlichen teil des deutschen Sprachgebiets
als o erscheint, im obd. aber zu u wurde (wie eventuell e vor n zu i).
Ist die Verkürzung der langdiphthonge urgermanisch ? fragt Walde s. 58 fgg.
Er antwortet (mit Streitberg gegen Hirt): in unbetonter silbe, nein. Für das ur-
1) Eine bemerkung Axel Kocks, Beitr. 23, 497 modifizierend, lässt Walde nach
einem anderen urgermanischen lautgesetz ein unbetontes a nach einer *'- haltigen
Wurzelsilbe, also durch eine art progressiven i-umlaut zu * werden; darauf beruhe
*haitina% = runisch haitinaB, *bitina% (vgl. ahd. gibixxan) neben *nemana% usw.
fRER WALDE, DIE GERMANISCHEN ADSLAUTGESETZE 119
nordische glaubt er noch länge annehmen zu dürfen, swestar (Opedal) lasse sich
nicht mit Streitberg als Verkürzung aus *sices(t)ör fassen, sondern sei als *swestär zu
lesen, da es als anord. syster erscheint, während nm. *vmlfaR i'dfr ergab, ein gegen-
satz, den schon Heinzel (Üb. d. endsilben der anord. spräche, s. 29) hervorhob. Die
ausf hiebt freilich, die ich nicht gerade vertreten möchte, dass das a in wulfaR (wie
das im ^astiR) als halbkürze zu fassen sei, ist nicht völlig abgeschnitten. W. hebt
aber ganz richtig hervor, dass ör bei verwandtsehaftswörtem im germanischen nirgends
erweislich ist. Zur erklärang von ags. bröcfor, moSor, dohior, sweostor knüpft er
an den gen. idg. pstfs = ai. pitür usw. (vgl. Kluge in Pauls Grundriss I2 460) und
eventuell den accusativ sg. (vgl. Xoreen, Grundriss I2 610) an.
Nicht ganz klar sind mir inbezug auf die frage nach der kürzung der lang-
diphthonge Waldes ansichten über die feminine « - deklination (s. 166 fgg.) geworden,
die ich aus ihrem Zusammenhang herausreisse und hier anfüge. Walde schliesst
sich, unter berechtigter ablehnung der von anderen geäusserten theorien, an Kluge
in Pauls Grandriss I2, 423 an, indem er das ii des acc. gen. dat. sg. n. acc. pl.
Kungün als das produkt einer lautgesetzlichen verdumpfung aus o vor tantosyllabischem
n ansieht, diese verdumpfung aber im gegensatz zu Kluge als westgermanische sonder-
entwickrang fasst — anord. tungu ist wegen runisch Iginon beiseite zu lassen — und
sie in parallele mit der von o zu g (woraus obd. u) in der masc. w-deklination setzt.
Das ags. an, das lautlich nur entwicklungsprodukt eines nicht verdiunpften ön sein
könne (etwa durch Übertragung aus dem gen. dat. pl.?), erkläre sich am besten als
entstanden durch Verdrängung des urwestgermanischen -im durch das masc. (gn>)
an. Hat nun aber Streitberg mit. seinen ausführungen (Zur germ. Sprachgeschichte
s. 103 fgg.) recht, dass das an, am von formen wie got. inf. walcnan, 1. pl. präs.
waknam, 3. pl. walcnand, part. waknands die lautgerechte entwickhmg des urgerma-
oiscben tautosyllabischen ön. öm in unbetonter silbe repräsentiere, so hätte man
im gotischen auch acc. dat. sg. *tuggan, gen. sg. nom. acc. pl. tuggans, d. pl.
tuggam zu erwarten. Freilich ist die annähme nicht allzu kühn, dass diese formen
"der ihre unmittelbaren Vorgänger tuggon, tuggons, tuggom das lange ö nach n. sg.
tuggö, g. pl. tuggöno restituierten. Hat -ün im westgermanischen überhaupt keine
kürzung erfahren, wie man doch auf grund von ahd. jung (< urg. *iimgax <
iuuungax) auf der einen und ahd. friunt auf der andern seite annehmen möchte?
Und ist auch ahd. xungöm. gebom rein lautgesetzlich zu erklären? — Diese fragen
bedürfen wol noch weiterer diskussion.
Yen den Wandlungen der konsonanten im auslaut ist die wichtigste die von
sin*, die Vorstufe des abfalls im westgermanischen. "Walde glaubt (s. 130) folgendes
„gesetz" vertreten zu können: „der s-laut fällt [im westgermanischen] unabhängig
vom Vernerschen gesetze, auf dem wege über % ab nach kurzem oder geschleiftem
langen vokale ursprünglich letzter Silben, sowie nach konsonant (n)\ er bleibt nach
gestossener länge und nach einem kurzen vokale, der erst durch schwund eines
auf den s-laut folgenden vokals in letzte silbe geriet." Die letzte annähme ist gewiss
richtig und vielleicht auch die erklärung, dass dabei die durch den vokalschwund
heiworgerufene auslautsdehnung wirksam war. Im übrigen fragt man sich zunächst
vergeblich nach einer phonetischen begründung. Denn dass der ton von silben mit
gestossener länge schärfer geschnitten gewesen sein soll, als der mit kürze (s. 131),
ist mir doch sehr zweifelhaft. Ausserdem spricht für die bewahrung nach gestossener
länge nur ahd. 2. sg. incl. prät. neritos, ahd. 2. sg. opt. prät. nämts; dagegen aber
die als isolierte form wichtige ahd. 2. sg. "///'. die nach Walde (s. 133) nicht gleich
120 MICHELS
got. wileis gesetzt werden darf, sundern eine neubildung nach der 2. sg. präteriti
starker verba wie bi%$i usw. sein soll: eine ganz unglaubliche annähme, da weder
eine formale beziehung vorhanden war, noch der begriff „du willst" irgend etwas
präteritales an sich hat! Etwas ganz anderes ist natürlich die Umformung von „ich
will" usw. nach den präteritopräsentien wie „ich kann", „ich muss", „ich soll": die
aber versagen gerade für die 2. sg. auf i. Ahd. hirti, gcsti kann man freilich aus-
schalten, wenn man mit "Walde annimmt, dass es schon *hirdiia%, *gasteie% hi«'ss,
der wandel von s>% also älter ist als die synkopierung der vokale in dritter silbe.
Anderseits protestiert gegen die beschränkung des % - abfalles auf die Stellung nach
schleifender länge ahd. opt. präs. nenies. Freilich heisst es ags. binde; aber es heisst
auch im prät. ags. bunde (statt * biux/es). Walde nimmt an, dass im ahd. der opt.
präs. nach dem prät. umgestaltet sei. Methodischer scheint mir einzugestehen, dass
sich auf die Optative eine theorie überhaupt nicht gründen lasse. Bleibt also neritos,
ags. neredes, dem aber wieder anord. safnaSer gegenübersteht. "Walde glaubt des-
halb, für das anord. „das gesetz so fassen zu müssen, dass auch die ins westgerma-
nische in tonloser gestalt hereingekommenen -s zu-*, -r wurden" (s. 133). Dem aber
widerspricht dann wieder g. sg. arms, das nach analogie von ßes(s) behandelt sein
soll. Nach alledem kann ich nicht finden, dass die frage durch "Walde gelöst ist.
Wie sie zu lösen, ist freilich schwieriger zu sagen. Ich für meine person bin (im
anschluss an Hirt, Beitr. 18,527) der meinung zugeneigt, dass jedes ursprünglich
auslautende -s im nordischen lautgesetzlich zu r geworden , im westgermanischen aber
abgefallen ist. Dann wäre s lautgesetzlich in arnis, r lautgesetzlich z. b. in 2. sg.
safnader, 2. sg. opt. präs. safner, skiöter u. a. Durch analogie müsste nur die 2. sg;
präs. ind. safnar (nach opt. safner, prät. safnader), skyto (nach opt. skiöter) ihre
endung erhalten haben, wahrscheinlich zu einer zeit, als sich noch s und %, gegen-
überstanden und das Sprachgefühl sich einer so zwecklosen differenzierung wider-
setzte. Diese annähme scheint mir ohne Schwierigkeiten. Andrerseits nötigt im
westgermanischen der gegensatz von ahd. bindes, as. bindes, ahd. bundis, as. bundis
und ags. binde, bunde von vornherein, mit analogiehildungen zu operieren, und da
scheint es mir am natürlichsten, die auf den ersten blick wegen der Übereinstimmung
mit der 1. 3. sing, so unzweckmässigen ags. formen als ererbt anzusprechen, für die
as. -ahd. aber anzunehmen, dass sie ihre endung nach bindis aufgefrischt haben, zu-
nächst wol der opt. präsentis (bindes), dann nach dessen muster der opt. präteriti
{bundis). Wie beim altnordischen könnte man auch hier geneigt sein, anzunehmen,
dass die neuerung stattfand zur zeit, wo % noch nicht abgefallen war, * bindez und
dann auch *bundi% also nach bindis ein s erhielten. Aber warum entstand dann
nicht auch in der 2. sg. ind. prät. "•'bundis aus *bimdi%,? Da man auf die frage
die antwort schuldig bleiben muss, so halte ich es für richtiger, anzunehmen, dass
die unmittelbar nach dem r. -abfalle (s.u.) vorhandenen *binde, *buncU als von den
dritten personen binde, *bund/t zu wenig unterschieden empfunden wurden und so
wenigstens auf sächs.-hd. Sprachgebiet dem Untergang preisgegeben waren, während
die indicativform des Präteritums schon durch ihr i hinlänglich charakterisiert war.
Vielmehr: es wird Brugmann gegen "Walde recht behalten mit der annähme, dass
ahd. biiinli, nanu, fiiiiri, riati usw. eben alte optativformen sind, die durch den
zusammenklang mit den aoristformen bixxi, %ugi usw. in den indicativ gelangten,
während im optativ an ihre stelle neubildungen traten. Die ungleich grössere
Schwierigkeit, die endlich ahd. neritos und ags. neredes bieten, lässt sich vielleicht
auch überwinden, wenn man sich vorstellt, dass hier die analogiebildung bei den
ÜBER WALDK. DIE GERMANISCHEN AUSLAUTGESETZE 1-1
schwachen verben 2. und 3. klasse einsetzte. Ich setze voraus, dass für die 2. sg.
die formen auf -de%x) und -dö(z), für die 3. sg. -dB und -dö eine zeit lang neben-
einander bestanden haben, mögen sie nun ererbt oder je die eine nach der 1. sg.
umgestaltet sein. Für die 2. sg. ist diese annähme ohnedies unumgänglich, für die
3. sg. wenigstens sehr wahrscheinlich. Nach der 2. sg. präs. *salbös wurde nun, wie
ich vermute, die neben der 3. sg. ungeeignete 2. sg. *salbödö zu salbödös umgestaltet,
gleichzeitig nach "habcs die neben der 3. sg. *ktibede zu *hab&des\ analogieformen
zweiten grades wären * salbödes neben * salböde, *habedös neben *habedö, ferner
*sökides, *söhidös neben *sökide, *sökidü. In das ags. as. sind dann die e- formen,
ins ahd. (abgesehen von chiminnerodes) die ö- formen übergegangen. Dass in dieser
form auch das ags. die analogiebildung durchsetzte, im opt. aber nicht, erklärt sich
daraus, dass im indikativ das bedürfnis nach Scheidung der personen etwas lebhafter
sein dürfte als im optativ.
Zur Chronologie der urgermanischen auslautgesetze sei endlich im anschluss
an "Walde noch folgendes bemerkt. Den eintritt der nasalierung in urgermanisch aus-
lautender silbe hält man bekanntlich für älter als den dentalabf all , da ja die endung
-hh aus -unß (= ig. -nt) den ererbten nasal bewahrte. Nun ist ferner nach der
herrschenden meinung der abfall des dentals älter als der des i in der jn'iniären
endung -nti, -npi, sodass man demnach synkope eines durch m (n) gedeckten a (in
dritter silbe) vor, synkope des ungedeckten i in dritter silbe nach dem dentalabf all
anzunehmen hätte. Diese annähme schiene mir übrigens nicht gerade ungeheuerlich.
Doch gestattet Waldes ersatzdehnungstheorie einen bequemen ausweg. W. schlägt
(S. 163) vor anzunehmen, dass unmittelbar auslautendes -np schon zurzeit der vokal-
synkope zu nS geworden war, -npi aber als -np bezw. -np (mit verstärktem J>) dem
dentalabfall trotz bot. Übrigens ist auch die annähme, dass die nasalierung dem
dentalabfall zeitlich vorausgehe, nicht unbedingt nötig, da ja -xnp über -un (mit
verschärftem n) zu -un geworden sein und die reduktion des nasals in die zeit von
-un fallen kann. —
Von den einzeldialektischen auslautprozessen erforderten die des gotischen
keine besondere behandlung. Ebenso besteht für das nordische und westgerma-
nische gebiet betreffs der behandlung der urgermanischen kürzen im wesentlichen
einigkeit. Ganz mit Walde einverstanden bin ich, wenn er erhaltung altnordischer
vokale unter dem einfluss eines angeblichen nebentons sehr energisch ablehnt (s. be-
sonders s. 185 fgg.). Dagegen kann ich nicht finden, dass die frage, ob im nordischen
ein i, u in einer durch vokalschwund vokallos gewordenen silbe vokalisierung erfuhr,
durch ihn gelöst sei. Walde glaubt (s. 182 fgg.), sie verneinen zu dürfen wegen
anord. jör = urgerm. *ehuax gegenüber fe = *fehu: analogiebildung nach dem einzigen
dativ plur. jöm (> *eot>i> *ehuom. vgl. Xoreen, Btr. 7,439) sei unwahrscheinlich;
man habe nur lautliche entwicklung von *ekuaR > *ehvR (mit spirantischem v) >
*e~VR> *euR> jör anzunehmen. Ebenso zeige nipR auf dem Eöksteine (aus ur-
germ. *nij)iax) neben sitiR mit altem vokalischen i (urg. *sitis), dass i bei vokal-
schwund nicht vokalisiert wurde, sondern schwand. Aber die inschrift des Eök-
steines wird meines wissens allgemein ins 10. jh. verlegt, und für diese zeit ist sitiR
als lebendige form nicht mehr möglich. Mit recht betrachtet es Xoreen (Aisl. Gr.2
§ 131, 1) als archaisch. Da schon die Björketorp- inschrift barutR (= anord. brytr) hat,
kann es gar nichts beweisen. Auch die entstehung von jör erscheint mir bei Walde
zu gekünstelt. Ein *ehvR wäre gewiss zu c/ir, eR geworden.
122 MK'HELS
Den schwund der kürzen (so weit er überhaupf stattgefunden hat) hält auch
Walde sowol im nordischen als im westgermanischen für den jüngsten der reduktions-
prozesse, welche die aüslautsilben erfuhren. Vorausgehen die quantitätsminderungen
der längen, die zum teil mit qualitätsveränderungen verbunden waren.
Für das nordische formuliert "Walde die sie betreffenden von Hirt und
Streitberg gewonnenen regeln folgendermassen (s. lOOfg.): 1. „Unnasalierte länge im
äüslaut schwand hei stosston, blieb (als kürze) bei schleifton". 2. „Dagegen ist nasa-
lierte länge, ob gestossen oder schleifend, durchaus (als kürze) erhalten geblieben.
Dasselbe gilt von durch r oder r gedeckter länge." 3. „Alle diphthonge, kurz oder
lang, gestossen oder schleifend, blieben als monophthonge und verkürzt erhalten"
(s. 109).
Die regel, dass ehemals gestossene ungedeckte und unnasalierte länge schwand,
ist ausnahmslos ; auch ein angeblicher nebenton konnte den vokal nicht retten (s. 185 fgg.)1.
Infolgedessen können (s. s. 72fgg.) die altnordischen „dative" auf -u bei den femininen
ö-stammen Kerlingu, Ingibiqrgu usw. und den adjektiven wie blindu, die sich von
den westgermanischen formen wie ahd. blintu, tagu, wortu, demu, bUntemit usw.
nicht trennen lassen, nicht nach der herrschenden theorie als instrumentale auf idg.
und ürgerm. ö erklärt werden (so z. b. Streitberg, Urg. gr. s. 187). Auch im west-
germanischen würden sich bei dieser auffassung nur die wortformen mit kurzer
Stammsilbe als regelrecht entwickelt betrachten lassen, die leider in der minderheit
sind. "Walde sieht keinen andern ausweg als ahd. tagu mit den bisher unerklärten
slavischen dativen wie abulg. rabu zu vergleichen, deren u Brugmann, Grundriss
II, 599 auf ig. ou zurückführte. Walde möchte aber lieber ig. öü ansetzen; er findet
den schleif ton bezeugt durch serbisch tomü, als einziger form mit erhaltener länge,
die freilich von den suffixbetonten formen übertragen sein muss. Sie setzt er (gegen
Hirt IF. 6, 53) dem ahd. demu unmittelbar gleich (während demo nach Jelliuek und
Hirt mit dem abl. ai. tasmat identifiziert werden darf). Gestossenes -öu freilich
(ebenso wie ou) ist im nordischen zu -a und im westgermanischen zu -o entwickelt
worden, wie an. dtta, ahd. as. ahto, ags. eahta (= got. aktau, idg. olctöu) zeigt.
Aber W. macht es in der tat wahrscheinlich, dass sich der geschleifte langdiphthong
anders, zu ü">u, entwickeln konnte. Denn auch für gestossenes öu in nichtletzter
silbe ist Übergang in ü anzunehmen, in betonte]' silbe, wenigstens wenn sie g
schlössen war2: ig. g aus ergibt urgerm. *fe&, woraus ags. cd. anord. kf/r (vgl. auch
Brugmann IF. 6, 90), während as. £o, ahd. kuo von Streitberg richtig auf den acc.
ig. *g öm zurückgeführt wird. Auch für mittlere silben bezeugt got. ahtuda diesen
Übergang. Zur erklärung der ig. form auf öü hat freilich W. nur die etwas vage
bemerkung: „Ich glaube, dass unser instrumentalis als soziativus mit den ou- formen
des dualis näher zusammen gehört, denen ja auch soziative Grundbedeutung inne-
wohnt. Über die entstehung des schleiftons . . . enthalte ich mich vorderhand lieber
des Urteils " (s. 87). So wird man denn von seinem versuch schliesslich nicht völlig
befriedigt sein: dass er ernste beachtung verdient und vielleicht von den irrwegen,
1) Die erhaltung des -e (ig. -et) in der 3. sg. anord. safna&e ist mit Streitberg
dem streben zuzuscb reiben, „in allen personen des paradigmas die gleiche silbenzahl
zu haben u*(vgl.',s. 15).
2) Walde mach! diese beschränkung nicht ausdrücklich. Für offene haupt-
tonsilben wird man wegen *slaut < *(se)slöutt (s. Streitberg, Z. german. Sprach-
geschichte s. 93fg.) doch wol Übergang in au annehmen müssen. Die differenzierung
muss dann ver dem abfall auslautender ungedeckter kürzen eingetreten sein.
ÜBER WALDE, PIE GERMANISCHEN ATJSLATJTGESETZK 123
die wir bisher gewandelt sind, ab- and auf den richtigen weg hinführt, lässt sich
nicht bestreiten.
Bei den nordischen femininen müssen die formen dann mit Walde als nach-
bildungen des masknlinnms betrachtet werden. Wie nach dem muster *da^,oi: getoi
zum instr. *f/agö ein gebö (an. giqf) gebildet wurde (s. Hirt IF. 6, 77 A.), so sei
weiter nach *f/agö :*gebö auch zum instr. *da^ü ein *gebü entstanden (s. 88).
Auf der anderen Seite ist geschleifte länge im nordischen unter allen umständen
(als kürze) erhalten. Darum können die endungslosen „dative", die, wie Walde
gegen die herrschende theorie in einer seiner gelungensten ausführungen feststellt,
im altnordischen gerade bei kurz silbigen stammen am häufigsten belegt sind und
von ahd. hüs, dorf, holx, ags. hdm, tl<<- nicht getrennt werden dürfen, nicht mit
den dativen auf -e (wie arme) identifiziert werden. W. sieht darin (s. lfgg.) alte
lokative auf -e, die er mit den — leider doch noch sehr umstrittenen! — lit. loka-
tiven wie ivilke gleichstellt: ich weiss wenigstens keine befriedigendere erklärung und
nehme meine früheren bemerkungen (IF. Anz. I, 31) gern zurück.
Die sprachhistorische entwicklung nun stellt sich Walde folgendermassen
vor. Er nimmt an, dass bis zur zeit der inschrift von Etelhem (nach Xoreen 6. jh.)
sämtliche längen erhalten blieben (s. 107). wrta (Etelhem), 3. sg. mit idg. -et, will
er als wurtm lesen: ebenso swestar (Opedal) als swestar (s. u.). Monophthongierung
der ai- diphthonge zu e. das W. als >r fasst, belegen schon die ältesten inschriften:
niwane (= in wave, anord. i Vange), Thorsbjserg, und das unklare, aber als n. pl.
des Superlativs sichere sijostcR oder si»osteR, Time. Entsprechend wäre auch
Übergang der </?/- diphthonge in 5 anzunehmen, iu (aus eu, bekanntlich schon in
Jcunimu[n]efiu, Tjurkö) ist später zu / geworden, worüber Walde eine besondere mir
nicht a'anz einleuchtende theorie entwickelt (s. 109), die mit seinen anschauungen
über isoliertes * in vokallos gewordenen auslautsilben zusammenhängt.
Als erste auslautkürz uny wird dann, um die wende des 6. jhs. , die Verwandlung
gesl ner unnasalierter längen im absoluten ausbaut in kürzen angesetzt, vgl. umrte
runoR (Tjurkö). „Ob gleichzeitig damit unnasalierte dreizeitige länge zu zweizeitiger
wurde [vgl. das westgermanische], lässt sich nicht bestimmen- (s. 107).
Um die wende des 7. jhs. erfolgte dann der hauptstoss der auslautkürzungen,
dem sämtliche noch erhaltenen unnasalierten längen zum opfer fielen. Ehemals
schleifende gedeckte länge ist im acc. pl. runan (Istaby, nach Xoreen etwas nach
700) verkürzt. So muss jetzt auch anord. glika aus urgerm. galllcö (got. galeilcö) ent-
standen sein, ferner * swestar aus *srvestär (mit gestosseuer länge), „was also nicht
unter den begriff der langdiphthongenkürzung, sondern unter den des gewöhnlichen
auslautgesetzes fällt" (s. 108). Die neu entstandenen kürzen sind aber entweder als
halblängen zu betrachten, oder es ist mit rücksicht auf die getrennte entwicklung
anzunehmen, dass die zur zeit des zweiten kürzungsaktes schon vorhandenen kürzen
eine reduktion erfuhren (zu halbkürzen wurden , vgl. s. 108 fg.). „Gleichzeitig ist auch
die ausstossung von a und i nach langer Wurzelsilbe vor -E belegt, sowie der Über-
gang von-« im absoluten ausbaut zum irrationalen vokal " (s. 108). Was die kürzung
nasalierter längen angeht, so ist jedenfalls die Verkürzung der ehemals schleifenden
noch etwas später anzusetzen wegen g. pl. ntno und h(a)ideRrunono auf den in-
schriften von Biörketorp und Stentofta gegenüber späterem runa. Man möchte für
die ehemals gestossenen dasselbe annehmen, aber das -edes schwachen maskulinums
dauäe auf dem stein von Biörketorp (um 700) gegenüber älterem wiwila u. dgl. scheint
1 2 1 MICHELS
schon kürze zu sein. Keine genauere Vorstellung lässt sich nach Walde über
die art and weise gewinnen, wie die nasalierung der längen schwand.
Im Zusammenhang mit diesen vokalwandlungen erfordern noch die Schicksale
der nasale eine Betrachtung, die ihnen Walde in einem besonderen kapitel gewidmet
hat (s. 88). Ich begnüge mich seine resultate kurz zusammenzustellen.
1. Die annähme runisch horna oder staina sei noch mit nasaliertem a gesprochen
worden (Noreen: Pauls Grundriss I2 563), ist mit Kluge (ebenda I2 419) abzu-
lehnen: denn der gegensatz indaf'R : tvulqfq erklärt sich gleich dem von sunR : sunii
daraus, dass — wie Noreen selbst hervorhob — vor konsonaut Synkope im alt-
nordischen früher eintrat als im absoluten auslaut (s. 99). — 2. In das urnordische
übernommenes ausl. -n blieb urnordisch nach kurzem vokal erhalten (3. pl. dalidun
mit urgerm. -im < idg. nt); dass es nach langem vokal in die nasalieruug übergieng
folgert AValde aus acc. pl. runo (Einang, Fyrunga, Torvik), das nach ihm aus *runönx
zu erklären ist, mit frühzeitigem Schwund des x, während Iginöä (Stenstad) aus
H Tginönx, *Iginö~nes (vgl. auch finnisch sunnuntai) das durch den vokalausfall ge-
dehnte n bewahrte. (Andere falle wie der dat. sg. witadahalaiban sind verschiedener
beurteilung ausgesetzt). — 3. In der nachurnordischen zeit ist ein in urnord. zeit
im auslaut stehendes n geschwunden, sowol nach langem als nach kurzem (unbe-
tontem) vokal (s. 96). — 4. Ein durch abfall gestossener länge auslautend gewordenes
-n blieb nach betontem langem vokal (min, ßin, sin = got. meinet usw.) und nach
unbetontem kurzen vokal (spahan : got. blindana, /itan = got. ütana) bestehen; nach
unbetontem langem vokal aber, wie A. Kock, Beitr. 15, 244 zeigte nur im aschwed.
(aisl. nom. pl. m. augu = aschw. öghon = got. augöna; aisl. 3. pl. konj. aisl. biopi,
fori = aschw. biupin, forin = got. biudaina, foreina)1. Für die Stellung nach be-
tontem kurzem vokal mangeln die beispiele (s. 89 fgg.). Auf dieselbe weise auslautend
gewordenes -nn blieb nach haupttoniger silbe (acc. einn usw.) und nach kurzer un-
betonter silbe (acc. bundenn usw.) erhalten. Für die Stellung nach langer unbetonter
silbe fehlen beispiele (s. 92 fgg.).
Für das westgermanisch e setzt Walde in ausführlicher darstellung (s. 1 fgg.)
zwei kürzungsakte an.
Bei dem ersten blieben (ebenso wie im gotischen nach Streitbergs überzeugenden
ausführungen IF 6, 142 fgg.) urgerm. durch x gedeckte längen, sowol die schleifend
betonten (z. b. urgerm. -öx im gen. sing, der femininen ä- stamme, -aus im gen. sing,
der M-stämme) als die stossend betonten (7s im n. sg. der ip- und n. pl. der i-
stämme) völlig intakt. Betroffen wurden aber neben den völlig ungedeckten auch die
nasalierten längen. Wenn sich aus den gestossenen nasalierten längen weiterhin kurze
vokale entwickeln, die erhalten bleiben, so muss ihre erhaltung auf einer dehnuug
beruhen, die die nasalierung hervorrief (s. 18). Es fragt sich, wann sie eintrat,
Walde führt nun aus, dass der Übergang von urgerm. -ö- zu -a z. b. im acc. sg. ahd.
ijeba sich am natürlichsten ais eine fortwirkung der schon urgermanisch vorhandenen
oeigung fassen lasse, unbetontes (offenes) o in a zu verwandeln. Er setzt demgemäss
als Vorstufe von a ein q an, das sich zunächst aus o entwickelt hat. Ist das richtig,
so muss wegen des gegensatzes von ahd. geba und tago altes (> uoch als länge be-
1) Anders freilich, aber mich nicht überzeugend, noch immer Noreen: Pauls
grundriss I2 613 u. 639 fg., vgl. *497 u. 517.
2) Ich bezeichne durch den untergesetzten haken hier wie überall die nasa-
lierung.
ÜBER WAI.DE, 1)IE GERMANISCHEN A rRT.AUTGESRTZK 125
standen haben, als altes ö verkürzt wurde (s. 21), sodass sich für eine erste periode
folgende entwicklung ergibt:
Aus: e ö (bezw. ö oder ü) 7> ö o öx %%
wurdou durch die erste westgermanische kürzung:
e 0 (bezw. u) q ö T> öx %%
daraus e g (bezw. u) et ö q öx vx,.
Erst nach diesem wandel kann q dehnung und eventuell zugleich nasalverlust
erfahren haben, der dann auch q~ betroffen haben wird.
Zwischen die erste und zweite kürzung muss ferner der »-Verlust fallen, der
die urgermanischen öx, aüx, tx nun ebenfalls der Verkürzung um eine more preis
gab. In ziemlich umständlicher darlegung, die ich hier nicht wiederholen kann
(s. 24fgg.), vermutet Walde als ergebnis dieser zweiten kürzung
'■' ü a (oder q) o o (oder q) ö i.
Mit anderen worten: die alten ungedeckten gestossenen längen wurden zu über-
kürzen, die dem abfall in derselben weise preisgegeben waren wie die urgermanischen
kürzen, oder, wie Walde seinerseits den verhalt ausdrückt, die alten ungedeckten
geschleiften längen wie die durch % gedeckten oder nasalierten gestossenen längen
wurden zu halblängen. Es folgte dann der Übergang von ö zu et (s. 28). Alle diese
prozesse sind wahrscheinlich urwestgermanisch.
Als ein urwestgermanischer Vorgang ist nach "Walde (s. 54 fgg.) ferner die
monophthongierung der unbetonten diphthonge zu betrachten. Sie muss sich bereits
vor dem «-abfall vollzogen haben, da ungedeckte diphthonge, gleichgiltig von
welcher betonungsart im ahd. durch kürzen vertreten sind, urgerm. -aüx aber in ahd.
frieloo durch länge. Es muss einmal neben einander bestanden haben *fridöx (mit
geschlossenem p, das nicht wie das offene ö von *geböx zu ä wurde) und aktö, was
bei der zweiten westgermanischen kürzung ahd. akto ergab. Da zweizeitige länge
nach der ersten westgermanischen kürzung wegen der späteren kürze sowol für ehe-
mals gestossene als ehemals schleifende ungedeckte diphthonge angesetzt werden muss,
so ist wahrscheinlich, dass für beide als Vorstufe dreizeitige länge gelten darf, es also
vor der ersten westgermanischen kürzung *ahtg hiess. Gen. sg. ahd. ensti, ags. bene
vermag Walde nicht als lautgesetzlich zu erklären: ein zu erwartendes *anste muss
hier durch deD dat-iv verdrängt sein.
Schwund des nasals und eine im übrigen der von ahd. gebet gemeldete ent-
wicklung nimmt W. s. 29 fgg. in ahd. acc. (= nom.) pl. taget, an. Idg. -ons habe sich
über qx zur zeit des *-abfalls zu q und weiter westgermanisch a entwickelt. Der
Schwierigkeit, die in der annähme besteht, dass *da^anx zu *da^qx wurde — ein
fall, der allerdings der genauen parallele entbehrt, aber an sich unbedenklich ist —
n. pl. hanonx (aus *hanonex) dagegen den nasal bewahrte, geht W. wiederum mit
der annähme aus dem wege, dass die durch den vokalausfall bewirkte dehnung des«
(also genauer * hanonx) noch zur zeit des nasalschwundes nachwirkte (s. 30 fg.).
Eine besondere Untersuchung ist endlich dem nominativ- acc. pl. der (7-feminina
gewidmet. Die formen auf -ä (ahd. gebet) sind, wie wir schon sahen, auch für W.
lautgesetzlich aus urgerm. -äs (idg. -eis) entwickelt, indem das durch «-abfall und
die zweite westgenn. auslautkürzung entstandene zweimorige 5 noch urwestgermanisch
zu ä wurde. Was aber sind die formen auf o: blinto, kebo? Als analogiebildungen
sind sie nicht zu erklären. Walde tut (s. 32 fgg.) die Hirtsche ansieht, dass sie einer
Übertragung des o von pronomen eleo, tlio ihr dasein verdankten, sehr gründlich ab;
ich kann mich nur einverstanden erklären: wir hätten blintio zu erwarten. Die form
L26 MICHELS ÜBER WALDE, DIE BERMANISCHEN ATJSLAUTGESETZE
deo selbst aber erklärt er, indem er ein urgermaniscb.es *fiiöz (entweder für Jdpx
aus idg. /««s nach Kögels lautgesetz Afda 19,243 oder für ße-öx, wie s. 37 fgg. aus-
geführt wird) zu jßioz, mit diphthongischem io werden lässt: eine nicht ganz strenge
parallele würde ahd. J "rinnt = got. frijönds bieten. Im acc. sg. urgerm. fiiq = ahd.
dea dia sei wegen des nasalierten ö zweisilbigkeit zunächst bestehen geblieben und
7) regelrecht entwickelt worden. "Weiter zeigt er dann, dass auch für ags. göSa sich
nur auf den ersten blick der analogiebildung nach Öu darbiete: bei näherer betrachtung
ergeben sich auch hier unüberwindliche Schwierigkeiten (s. 48 — 50). So stellt er
denn schliesslich um die doppelheit von ahd. gebä und gebo zu erklären, die alte
Mahlowsche erklärung auf den köpf: „westgerm. ä ist die ursprüngliche nominativform,
6z,, o die accusativform " (s. 51), die auf idg. -ans zurückzuführen wäre, falls es
nicht richtiger wäre, darin eine germanische neuerung zu sehen. Aus westgerma-
nischem qx wurde durch den x.-abfall v, das ebenso wie das durch die erste west-
germanische kürzung entwickelte zu o verkürzt wurde. Demgemäss erneuert Walde
eben auch für run. rv/no auf dem stein von Einang (= aschw. rund) die alte Brati-
sche erklärung aus *runox.
Man wird natürlich den hypothetischen Charakter aller dieser ausführungen
nicht verkennen können; doch lassen sich, soviel ich sehe, keine begründete ein-
wenduugen dagegen erheben.
Von den exkursen ist der über iii und die germanische Silbentrennung am
wichtigsten. AValde führt s. 149 fg., indem er an eine bemerkung Brugmanns anknüpft,
scharfsinnig aus, dass der gegensatz von got. mateis (< vorgerm. * matiiex, oder
*matiiix) und nasjis (aus * naxiiixi) — denn auf diese beiden formen allein kommt
es an — sich phonetisch nur so verstehen lassen, dass auslautendes -iiez- oder iii%
~> iho~>t%, wurde, mittleres iii aber erhalten blieb und später, je nach kürze oder
länge1 der Stammsilbe zu ji oder *'»>* wurde. Diese verschiedenartige behandlung
könne, wie van Helten ganz richtig sah, nur auf der Verschiedenheit der Silben-
trennung nach urgermanisch kurzem oder langem haupttonvokal beruhen. Es stand,
wie "Walde für das indogermanisch -germanische das Silbentrennungsgesetz formuliert,
i im silbenanlaut, ii im silbeninlaut. Da auf gesetzen der Silbentrennung auch der
bekannte gegensatz von u und w im gotischen beruht: tautosyl labisches u nach be-
tontem kurzen vokal, heterosyllabisches w nach betontem langem (oder unbetontem)
vokal, so stellt Walde (s. 15 fg.) das silbentrennuugsgesetz auf: „Einfacher konsonant
nach kurzem haupttonigen vokal gehört stets (also auch bei folgendem vokale) zur
ersten silbe, nach langem vokale stets zur zweiten. Bei zwei konsonanten liegt die
silbengrenze iu der mitte." Diese formulierung scheint auch mir zu den tatsachen
besser zu stimmen als die von Sievers, Streitberg u. a. Die ausführungen über die
germanischen kausativa, auf die einzugehen ich mir versagen muss, sind mir aber
allzu küustlich. Die behandlung des got. w erfordert eine neue Untersuchung.
1) Wie die betonte länge wirkt bekanntlich auch jede unbetonte silbe, was ich
im folgenden ignoriere.
JENA, DECKMBER 1901. VICTOR MICHELS.
WADSTKIN, ZUM CLERMONTER RTJNENKÄSTCBTSN 127
MISCELLEN.
Zum Clermonter rmieiikästehen.
In seiner besprechung der jüngst erschienenen abhandlungen über dieses denk-
mal stellt berr dr. Tb. v. Grienberger die sacbe in der weise dar, als ob icb es nicht
erwähnt hätte, dass die bedeutung der neuen vokalrunen von drei englischen gelehrten
gefunden und mir von dieser seite mitgeteilt worden ist. Um diese verletzende dar-
stellung zurückzuweisen, brauche icb bloss an s. 32 meiner abbandlung „The Clermont
Runic Casket" zu erinnern, wo icb selbst den betreffenden aufscbluss aus-
führlich gegeben habe.
Auch an anderen stellen bat der recensent gezeigt, dass er die Publikationen,
die er zu besprechen unternommen, nicht hinlänglich studiert bat. Ich will hier
nur auf das aufmerksam machen, was das aussehen der runen oder der bilder be-
trifft. Erstens ist zu erwähnen, dass die form drigijj, die der reo. teilweise für
eine konjektur hält und sehr ausführlich bespricht, eine ganz sichere lesung
wie mau mit bilfe der unteren, von dem rec. offenbar übersehenen, reste der runen,
die auf dem Florenzer brucbstücke zu sehen sind, konstatieren kaum
"Was die runeninschrift dieser seite ferner betrifft, ist zu bemerken, dass G.s
lesung sefo statt des von mir- und Xapier gelesenen sefa durchaus falsch ist. G. ist
hier durch einen schattenstrich verleitet worden, der rechts neben dem unteren seiten-
strich von ^ auf tafel VI bei Xapier zu sehen ist. Dass hier ff. nicht |tf steht, zeigt
übrigens in der deutlichsten weibe ein in meinem besitze befindlicher gipsabdruck
von dem originale (den berr prof. Pin Rajna in Florenz die gute gehabt bat, für mich
zu besorgen).
Zuletzt will ich nur noch eine beriebtigung zu G.s angaben mitteilen,
welche für die beurteilung der bilder von Wichtigkeit ist. Die mittlere von den
rechts stehenden figuren hält nicht, wie G. sagt, einen bogen in der linken band.
Was <i. für eine band gehalten bat, ist nur der obere teil des bogens (vgl. dass am
unteren ende des bogens ein ähnlicher runder knöpf zu sehen ist), was ebenfalls der
gipsabdruck ausser jedem zweifei stellt. "Wenn dieser bogen zu irgend eiuer der
figuren gehört, so gehört derselbe vielmehr zu der rechten. Der bogen braucht aber
hier überhaupt keine notwendige rolle zu spielen. Der künstler hat ihn vielleicht
nur deshalb angebracht um den sonst leeren räum auszufüllen; bat er ja auch an
anderen stellen — z. b. hinter dem köpfe dieser rechten figur und zwischen den
beinen des pferdes — aus diesem gründe kleine Schnitzereien gemacht.
GOTENBURG, DEN 4. FKBR. 1902. ELIS WADSTEIN.
Xeue predigthaudsehrifteu.
I. Zum Rusticanus de Dominicis.
G. Jacobs abbandlung über die lateinischen reden Bertholds (Regensburg 1880)
konnte zum Rusticanus de Dominicis nur eine vollständige hs. verzeichnen, nämlich
den Baumgartenberger cod., der sich jetzt in der öffentlichen bibbothek in Linz be-
findet (cod. Tp4, membr. IV. 174 fll. saec. XIII).
P. Ig. Jeder 0. S. Fr. machte in seiner besprechung des buches von Jacob
(Lit. rundschau 1881 n. 3) auf zwei neue codd. aufmerksam. Der eine befindet sich
in der bibliothek der Benedictinerabtei 8t. Peter in Salzburg (Cod. a. IV. 16, membr. 4°.
128 s( HIFFMAXN
59fll. saec. XIV. in.), der andere in der Stadtbibliothek m Zwickau (Cod. I. XIV. 37,
membr. 8°. 289 fll. saec. XIV). In beiden codd. geht dem Rusticanus de Dorninicis ein
prologus voran, der von Berthold selbst herrührt und bis dahin unbekannt war.
Jeder und nach ihm Unkel (Berthold von Regensburg, s. 20) druckten den prologus,
ersterer mit der bemerkung, dass er sich in den bibliotheken Deutschlands und
Österreichs sonst nirgends finde. Diese notiz Hess darauf schliessen, dass Jeder
noch von anderen liss. des Rusticanus de Dominicis wusste. Er begnügte sich aber
damit, in der erwähnten besprechung auf notizen aufmerksam zu machen, die sein
freund, P. Fidelis a Fauna, über Berthold- hss. gesammelt habe. Schönbach, der in
seinen , Studien zur geschichte der altd. predigt' (Sitzungsberichte der Wiener aka-
demie der Wissenschaften 142. bd. 1900) auch aus dem Rusticanus de Dominicis
, Zeugnisse Bertholds von Regensburg zur Volkskunde' schöpft, benutzte nur den
Linzer cod., macht aber (s. 4) auf eine bisher unbekannte hs. im Stadt- und bürger-
archiv zu Sitten, canton "Wallis (382 fll. saec. XIV) aufmerksam, von der ihm prof . dr.
Hilarin Felder o. cap. zu Freiburg in der Schweiz eine beschreibung gab.
Denifle machte (Zs. f. deutsches altertum 27, 303 fg.) mitteilung von einem
Rusticanus antiquus in der Biblioteca Colombina zu Sevilla. Dieser und der Sittener
cod. enthalten ebenfalls den prologus. Unklar ist mir, ob auch der von Schönbach
nach Keuffer (Beschreibendes Verzeichnis der Handschriften der Trierer stadtbibliothek,
3. lieft, s. 35, nr. 243) erwähnte Trierer Rusticanus die Sammlung de Dominicis mit
dem prologus in sich begreift.
Nach dieser revue über die bisher bekannten hss. des Rusticanus de Dominicis
muss ich von einem neuen cod. berichten, der in der bibliothek der Cistercienser-
abtei Wilhering in Oberösterreich verwahrt wird.
Ich verdanke die kenntnis davon dem herrn dr. Otto Grillnberger, capitularen
dieses Stiftes, der die Sammlung seinerzeit in dem von ihm verfassten handschriften-
kataloge (Die handschriften der Stiftsbibliothek zu Wilhering, Sonderabdruck aus den
Xenia Bernardina 2. abt, 2. bd.) als nr. 143 verzeichnete, aber erst später sie als
Bertholds eigentum erkannte.
Der cod. (membr. 8°. 197 fll. saec. XIII) enthält auf f. 1 — 140 den Rust. de
Dom., von f. 141 — 197 den Rust. de sanctis.
Auch in dieser hs. steht voran der prologus und zwar in einer teilweise
besseren fassung als die von Jeder gebotene.
Schönbach sagt, dass die hs. in Sitten und der Linzer cod. genau miteinander
übereinstimmen, und dass sogar eine gewisse Verwirrung ungefähr in der mitte der
Sammlung auf eine gemeinsame vorläge beider Überlieferungen zurückzuweisen scheint.
Zwischen diesen hss. aber und dem cod. in Sevilla bestehen, sagt Schönbach weiter,
unterschiede, wie sich aus dem vergleiche mit Denifles mitteilungen a.a.O. s. 304 ergebe.
In der reihenfolge der einzelnen sermones des Rust. de Dom. weicht der
Wilberinger cod. (W ) etwas vom Linzer ab. Bis nr. 32 stimmen sie überein. Die
nr. 33 (W) ist aber bei Strobl nr. 36 und Strobls nr. 33 folgt in AV als nr. 34.
nr. 40 (W) fehlt bei Strobl, der an ihrer stelle W nr. 41 bringt. Strobls nr. 42
und 44 fehlt in W und seine nr. 45 = W44. Von nr. 45 ab bleibt in W die Zählung
um eine nuninier zurück. Merkwürdig ist, dass auch die reihenfolge der sonntage
von da ali vorschoben ist. Bei Strobl ist nr. 45 für die Dom. X. post pent., in W
für die Dom. XI. post pent. bestimmt und so geht es dann analog fort. Im Wil-
heringer cod. tragen alle sermones rübricierte Überschriften, was im Linzer cod. nichtj
NEUE PREniGTHANDSCHRIFTEX 129
der fall ist. Aber auch sonst zeigt der Wilheringer cod. mehrfache abwei drangen
im texte.
Xur nebenbei bemerke ich noch zum Schlüsse, dass die öffentliche bibliothek
in Linz auch einen Rust. de sanctis (cod. Cc I 12) verwahrt, und dass der von Jacob
(s. 24) erwähnte Kjremsmünsterer cod. nur die rede Bertholds über das Ave Maria
enthalt, welche Joh. Schmidt in seinem programm 1870/71, s. 15 — 26 veröffentlicht hat.
II. Ein predigtf ragment des 12. Jahrhunderts.
Herr pfarrer Haherl in Biedau (Oö.) überliess mir freundlichst ein predigt-
f ragment, das er vom decket einer Martialausgabe (Tiguri, Froschauer 1544) abgelöst
hat, die sich im archiv des Schlosses Aurolzmünster (Oö.) befindet.
Das bruchstück ist auf pergauient (17,2x11,7 cm) geschrieben und stammt
der schrift nach aus dem 12. Jahrhundert. Die palaeographischen indicien werden
durch die sprachformen des denkmals gestützt, die alemannische herkunft desselben,
die sich aus der nmndart ergibt, durch den druckort des buches, von dem es ab-
gelöst wurde.
Das denkmal mnfasst den sehluss einer predigt auf das fest Mariae lichtmess
und einen teil einer anderen auf eben dieses fest nach dem texte Luk. 2, 21 fg.
Leider wurde das blatt vom buchbinder arg verstümmelt und litt auch sonst
stellenweise durch die Verwendung als deckblatt. Ich drucke es wortgetreu ab, löse
aber die abkürzungen auf. Von mir herrührende ergänzungen stellen in klammern.
1. seite.
e . . . . ie
// hex . . . . n teile ge
lie . . . . sinem1 g . . . .
nsern s(un)den
e an vns also ersehine dax wir von dem ewigen lihte lern
(liujhtet werdet!. Per dominum nostrum.
i sunt dies purgationis Mari' seeundum legem moysi tulerunt illum
(MJine <il lieben livt, (wir lesen) kivt au dem heil ige ewangelio
es eren do die (ta)g(e) (vol wojrden daz vnser vrvve ir svxen
nah der i kern moisis als ein iegelih vrwe solt tiine dir ei
(diu namen -<i Jesum daz heilige leint sine vrivnde vnd mir
a gut daxe temple enphvlhen vnd opfert2 cur in a
. oder xvei turteltubel ican ex, an der e also ivas gesprochen)
en lernt getrrge dax si an dem rierxigesten tage xe dem
(ii riu die solt opfern ein lafmp) oder ein schafe die armen
(xv)ei turtelt rbel. Nv sidt ir mine (lieben livt) (n)iht ivenen daz
von ii ihf ril riehen Inten tcolt b(ek)omen. Er komen darvm
alle riche machet3 der eiligen gnaden vnd dax wir die armit dirre vnst
. v?nbe den dem n ein armer men
vnd darvmbe dax ivir in disevi
1) Darüber 'hat gemachet'.
2) Hierauf ein buchstabe radiert.
3) Übergeschrieben.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 9
130 SCHIFFMANN
. sinen gnaden stellen. Von der edel
was des edeln geselehfes dbrah
. vil reine gesteht brakt v
2. seite.
xe der vinstcr der he
erloset nid ander s
sinen ivngern dar nah s
propkete uoluerunt uidere 7. Er sprak dir ■■gen dir sehen
um nie Icvnic gerne gesehen nid g
nid seilet AI sn Icome der selige simeon von des heiligen geistes
%e ierusalem et cvm inducerent puferum) n du da: heilige
brahten in dax tempel du natu er ex, an sine arme vnt s
tuum domine secundum verbum tu um. Er sprak xe dem vil gvaltigen \e dem dax e
in sine haut \e dem sr:em hindelin. Nr le(-.)estn herre vater1 mih
wort nah dinem geheixe wol mit vride (r)aren /ran min
ken den heilant dinen svn den dv hast gemachet rnd gese(xt)
aller livt xe einem liht rnd \e einer erschinvnge der diete
Volkes israel d t vns dax ewangelium disem tac
versten disiv wort (div sijmeon hat gesprochen. Er s .
er vns die heiligen drinvsse ofenbar xe dem gelvben gesex
sprah er disiv wort xe dem e . . g filio suo unige
. . . shi2 dv mih dinen kneht mit vride r
in dem eivangelio cjnod responsam acc
herin sgmeon geheixen da
sprah er
III. Ein predigtf ragment des 13. Jahrhunderts.
Das im folgenden wortgetreu angedrückte predigtfragnient steht auf einem blatte,
welches ich der gute des herrn grafen Montjoi auf schloss Krummnussbaum (Nö.)
verdanke. Seine grossen sind 20xl572 cm. Es stammt, wie mir graf Montjoi
sagte, aus dem archiv eines Schlosses in der ßhön. Der dialekt des denkmals be-
stätigt das. Die Schrift gehört dem 13. Jahrhundert an und ist sehr schön.
Am unteren rande des ersten blattes steht die cust. B. Die Zeilen sind liniert,
den rand grenzt ebenfalls eine linie ab.
Ausser einem rubrizierten buchstaben weist das blatt keinerlei schmuck auf.
Auch bei diesem texte löste ich die wenigen und leichten abkürzungen auf.
denne vnser gesellen sy. So ist der sibende phennig Dax wir alles des teil-
haff werden dax die heiigen noch, ie getoden So ist der achte phennig. Die gesel-
schaf vnser framven von himelriche die nemen wir an die hont vnde gen vber
tusent niile vnde vns nach alles himelische her. S<>?' ist der3 nunde phennig Dax
vns got von himilrich. sin riehe gibit. Dax wir an allen dingen vber rieh sint
also-' gewaltig alx er selber So ist der xehende phennig Dax er sich selber der
sele xu lone gibit vnde sprich-. \n ir l>i; wilkum min aller libeste [runde min.
1) Übergeschrieben.
2) Zweifelhafte lesung.
3) Hierauf rasur.
SCHIFFMANN, NEUE l'REDIliTHANDSCHRIFTK.N 131
Wan du dielt vf ertriehe mir gemäkelt hast Nu teil ich mich dir selber :u lone
geben vnde /eil mich dir mahelen Da; da von mir nummer sali gesekeiden1 werden2.
Egredimini filie syoyi et videte regem salomonem in diademate quo etc.
Qeit vx ir tochter von syon vnde sehet dm kunig salomon mit3 der cronen Do
mite in sin muter geeronet lud vnde an dem tage do ime1 sin brat geutahel wart
ende an dem tage do ime da ; grusle liep geschah vf ertriehe. Syon bedut alz
vil ah ein wort vnde bexeichent geistlich lute die sullen alle xit sprechen herre
wanne suln /vir dich vmmer selten, ende wan suln wir dich4 vmmer1 erschiue
vor diäte antlixxe vnde wan suln wir vmmer gesatet werden diner tmmexsich schone
vnde wan teilt du vns losen nm dem vinstern kerker also stein geistlich lute alle
\it au der wart sin. Syon betutet auch samen vnde bexeichent geistlich lute. Die
sint vnsers herre samen vnde er hat si dar vmme au sinen aclcer gesät Dax si vil
fruchi brengen der da; körn in da: ertriehe wirfit Da: brenget nicht allein dri.ig fall
frttcltt Ex brenget wol tusent faltig frucht also suln geistliche lute die ensuln alleine
nicht drixig faltig frucht breiigen dun wol tusent fall Dax sint di tugent vnde di guten
werg E; sprichet sanetus Augustinus Da: nicht so heiliges lebens sg noch7' so gutes vf
ertriehe also cloister lute die alle tage vfc stigen an irme gebet vnde leben vnde
da: nicht so bo;e,-s lebens sie also cloister lute die alle tage nider stigen an irme
lebene. Salomon betutet vnsern herren Jcsum Christum vnde hat virc betutvnge.
Zu dem ersten mol betutet Salomon ein6 rrideman. Dax ist vns wol erxeiget an
vnsem herren Jesr Christo e: tra; me dan fünf tusent ior vnfride xuschen god
vnde dem menschen vnde den engel Do quam solomon1 vnser herre Jesus Christus
vnde virsunt god vnde den mensche mit ein ander. Zu dem andern mol betudet
sulamo8 ah herre sinen frundeu mildem eivcgcti lone wol Ion kan. Zu dem tritten
mol betudet salomon also eil ab. ein herre der betrubete lute wol trösten kan Wan
sprachen dit die in der für9 helle woren sie sprachen o shixxcl Davidis rüde ein
ceptrum dex israhelis huses Du bist allein der da vf sluxxet vnde an dich mag
niatait beslixxen kum vnde lose die gebunden von dem huse dex kerkers vnde die
da sitxen in dem vinsternisse vnde i/t deine schatewen dex todex der der sloxxel
der wart in dax merc geworfen. Man liset von kvnig salomone da\ er ein tempel
hix eintüten n von marmelstein der ivax so harte dax man in nicht gewinnen moeht
do hatte er ein vogel der liic; ein strux Der hatte ein ivnges. Do hix kvnig
sedomon Dax hinge vir wirken in ein glescn Interne Do hat der strux gern sin
kint bg ime gehabet rüde ginc ;a dir laterne vnde sluc mit deme snabel an dax
<jhi; du eu a/oc/it er ex nicht :a brechen do floc der vogel in ein walt vnde brockt10
ein wormelin dax hie% da mir ende :a Uvi; dax mit dem snabel vnd strich dax11
sin Mut au dax glax vnde gewan dax lange dar /■-. Do dax der kvnig gesach do
na ta er alle die wurmelin Die dem glich waren vnde den mermel stein den man
da mit keyate ysen mocht gewinnen den gewan man da mit dex tiariuclin blute.
Bg dem wurmelin ist vns . . .
1) Hierauf rasur. 2) Hierauf eine Verzierung. 3) Hs.: mir.
1) übergeschrieben. 5) Mit 'noch' beginnt die andere seite des blattes.
6) Hierauf rasur.
7) Über dem ersten o steht ein kleines a von gleicher band.
8) Am rande. 9) Übergeschrieben.
10) Übergeschrieben. 11) Radiert.
UEFAHR. K. SCHIFFMANN.
9*
132 BLEYER, ZU FISCHARTS FLÖHHAZ
Zu Fischarts Flöhhaz v. 1341 — 1350.
(Haufens ausg., I. bd., s. 42.)
Die beiden letzten zeilen folgender verse sind dunkel:
Ain andre dort zu mittag as,
Vnd als der Fiizfloh jr hart mas,
Fuhr sie hinein mit schmutzig bänden.
Tapt so lang an den schmutzigen -wänden,
Bisz sie ertappet jren queler;
Da richtet sie in auf dem teller
Bey wein vnd brot, die man solt ehren
Vnd nicht mit plutvergusz vnehren.
Da dacht ich an den Tracula»/,
Der sein mal vntern toden nam.
Ad. Haufen schreibt in der aumerkung: „Traculam, mir unbekannt". Nun dieser
„Traculam* (nom. Tracula) ist niemand anderer als AVlad IV., woiwode der Walachei,
zubenannt drakul (d. i. teufel)1, oder tzepesch (d. i. henker). Er wurde 1456 von sultan
Mohammed IL zum woiwoden der Walachei ernannt und herrschte als solcher mit
unerhörter roheit bis 1462, als er von Mathias Corvin, dem könig von Ungarn, ge-
fangen genommen und in Ofen festgehalten wurde. 1476 wurde er jedoch neuerdings
zum woiwoden eingesetzt, regierte aber nurmehr ganz kurze zeit, einer seiner knechte
soll ihn trotz seiner milderen und christlicheren gesinnung ermordet haben (vgl.
J. Chr. v. Engel, Gesch. der Walachey, s. 172 — 181).
Den ausführlichsten bericht über leben und taten Drakuls finden wir in einem
noch ungedruckten, historisch wertvollen gedichte Michael Beheims, des bekannten
meistersängers (Cod. germ. pal. 334, 94 b — 104 b), welches auf den mitteilungen eines
barfüsser mönchs, namens Jacob, beruht, der vor der grausamkeit Drakuls aus der
Walachei nach Steiermark floh und dort mit dem dichter bekannt wurde. Der titel
des gedichtes lautet: Von ainem wutrieh, der hiess trakle ivaida non der ivalachci.
Hier wird nun unter anderem erzählt, Drakul sei einst in Siebenbürgen eingebrochen
und habe dort schonungslos alles verwüstet. Besonders Kronstadt hatte viel zu leiden
Zu kroustat in der uorstat ob
der kapein, haisset sant iacob,
liess trakel waida morden
und gansz auss prennen dy uorstat
und was er menschen funden hat,
dy im zu tail sein worden,
man und weib mit den kinden,
paide iung und alt, gross und klain,
nam er zusamen all mit ain,
wo er sy nur mocht uinden.
Vor tags an ainem morgen fru
eilt er mit diesen menschen zu
1) M. Wertner (s. die ung. zeitschr. „Szäzadok" XXXV. jahrg. , s. 686) führt
den namen „Drakul" auf den „ Drackenorden " zurück, den Wlad IL von kaiser
Sigismund zu Nürnberg bekommen hatte.
GERING, ZU HQVAMC1L STR. 100 133
dem perg ober der kirche
und Hess sy spisseu ümb und ümb
allentbalben des perges krümb
nacb der läng und acb zwirche.
bort von dem scbalk uil scbnöden,
da miten under in er sass,
ob seinem tiscb das mal er ass
zu seinen grossen fremden.
Es was saiu lust und gab im mut
wann er sach swenden menseben plut usw. (v. 150 — 172).
Dieses gediebt Bebeims mag seiner zeit sebon infolge der darin geschilderten
Grausamkeiten sehr beliebt und verbreitet gewesen sein, obgleich dasselbe, wie es
icheint, uns nur in der oben angeführten Heidelberger handschrift erhalten ist. Wir
jesitzen aber mehrere prosa- berichte, gedruckt und ungedruckt, welche — wie ich
in einem andern orte nachweise — unzweifelhaft aus dem gedichte Beheims geschöpft
iahen (vgl. auch Kertbeny, Ungarn betreffende deutsche erstlings- drucke 1454 — 1600,
3udapest 1880, s. 9 — 10). Eines dieser flugblätter in niederdeutscher spräche — es
»efindet sich in dem Ung. nat. museum in Budapest (I. ineunabula, nr. 705) — wurde
ron Engel (a. a. o. s. 75 — 80), von Kertbeny (a. a. o. s. 329 — 332) und am besten im
irch. des Vereins für siebenb. landeskunde (jbrg. 1896, s. 331 — 343) herausgegeben,
in letzterwähntem orte wurde ausserdem noch ein anderer prosa-bericht desselben
uhalts aus einer handschrift des Benediktiner klosters zu Lambach in Ober -Österreich
nitgeteilt. Fischart hat seine kenntnisse über die sebreckensvegierung Drakuls keines-
alls unmittelbar aus Beheims gedieht geschöpft, sondern wahrscheinlich aus einem
lieser flugblätter, die alle lediglich einen mehr oder weniger vollständigen auszug aus
lern Beheimschen gedichte enthalten. Aus Beheims gedichte, oder aber unmittelbar
ms den mitteilungen des genannten mönches scheint auch Thomas Ebendorfer ge-
ichöpft zu haben (s. Pribram, Thomas Ebendorfers Chronica regum Romauorum, mit-
eil, des inst. f. öst. geschf., III. erg.-bd. 1890, s. 202 — 203). Vgl. auch J. Gobellinus,
Dii Secundi Pontificis Max. Commentarii Eerum memorabilium, Frankfurt 1614,
i. 296 — 297.
SOPKON (UNGARN). BR. JACOB BLEYER.
Zu Hövainöl str. 100.
Auk neer morni, es vask enn of kominn,
Jxi ras saldrött of so/in:
grey eitt fannk J>ä ennar göfiu körnt
bundit bepjum d.
Ob diese Strophe von irgend jemand völlig richtig verstanden ist, vermag ich
licht zu sagen; jedesfalls ist sie von verschiedenen falsch aufgefasst worden, z. b.
mch von dem neuesten dänischen Übersetzer der Edda, herrn Karl Gjellerup, dessen
«ich Lorenz Frolich mit greisenhaft manierierten bildern 'geschmückt' hat. Gjellerup
jibt die verse folgendermassen wider:
Og ud päa morgen, da alter jeg kom,
sov huskarle i hallen;
en hnnd jeg fandt, som den hulde pige
liavde red lejet leenket,
134 NKUE ERSCHEINUNGEN
und auf dem zugehörigen bilde sieht man 'Billings mey' im bette liegend, während
ein am bettfusse angebundener huud (ein hund männlichen geschlechts!) dem ein-
tretenden Odin zähnefletschend entgegenspringt, demselben gotte, vor dem sonst —
offenbar den flammenden blick seines auges fürchtend (vgl. Fms. II, 174) — wie uns
die Grimnismql belehren, selbst die wildesten hunde scheu zurückwichen! — "Wäre
dies wirklich die von dem dichter angenommene Situation gewesen, so hätte Odin
zweifellos, wie in ähnlicher läge Ragnarr loöbrok (Saxo ed. Holder p. 301), die
bestie beseitigt und wäre zu seinem ziele gelangt. Aber bepjum ä bedeutet nicht
(ved lejet', sondern 'auf dem bette'; dort, an des mädchens stelle, die sich selbst in
Sicherheit gebracht hatte, lag — nicht ein hund, sondern — eine hündin (yrey) fest-
gebunden, und der grimmige höhn, die hqfiung, die die Jungfrau dem zudringlichen
werber antat, war natürlich die nicht misszuverstehende Zumutung, dass er an dem
tiere seine braust büssen möge. Dass ich mit dieser erklärung etwas fremdes und
ungehöriges in die eddische dichtung einführe, wird niemand finden, der es weiss,
wie oft die nordischen recken in ihren scheltreden auf perverse gelüste anspielen
(Helg. Hund. I, 41; Fas. III, 130 fg.; Olkofra pättr 21 9 u. a.).
KIEL. H. GERING.
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schaftliche etymologische erklärung derselben, sodass es auch für den Sprach-
forscher von dem grössten werte ist.
Ordbok öfver svenska spräket ntgifven af Svenska akademien. Haftet 19. 20. arfta-
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für deutsche spräche in Zürich, heft 6.]
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(Progr. des kgl. Marien -gymnasiums.)
Thurneysen, Rud., Sagen aus dem alten Irland, übersetzt. Berlin, Wiegandt &
Grieben 1901. XII, 152 s. 6 m.
Venantius Fortnnatus. — Meyer, Wilh. (aus Speier), Der gelegenheitsdichter V. F.
Berlin, AVeidmann 1901. [Abhandl. der kgl. gesellsch. der wissensch. zu Göttiugen.
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Huehdruckeroi des Waisenhauses in Halle a. S.
KAEL WEINHOLÜ.
Mit Karl Weinhold ist einer der letzten aus dem leben geschieden,
die noch aus Jakob Grimms und Lachmanns munde die wegweisung für
ihre germanistischen Studien empfingen, der letzte der noch in Grimms
geist und art das gesamtgebiet der germanischen philologie beherrschte
und bebaute. Weinholds forschungen reichen vom gotischen und alt-
nordischen bis zur deutschen litteratur des 19. Jahrhunderts, und er hat
sich in diesem weiten bereich als grammatiker wie als realphilologe,
als kritischer herausgeber wie als litterarhistoriker vielfach betätigt. Er
war kein mann der philologischen klein- und feinarbeit. Die bis zum
haarspalten scharfe textkritische und metrische beobachtung eines Lach-
mann, die bis zum klügeln tiefgründige altertums- und sagenforschung
eines Müllenhoff, der bis in die dunkelsten ecken jedes litterarhistorischen
Problems dringende Spürsinn eines Zarncke waren ihm fremd. Es war
ihm nicht bedürfnis, den ergriffenen gegenständ jedesmal völlig aus-
zuschöpfen und den fragen, die an ihm hängen, auf den letzten grund
zu gehen.
Aber eine gewaltige arbeitskraft und ein klarer ordnender verstand
ermöglichten es ihm, grosse stoffmassen schnell zu bewältigen, sie klar
und sicher zu disponieren. Dabei war seine forschung durchaus solid
und bei aller Vielseitigkeit fehlte ihr doch nicht die innere einheit.
Weinholds wissenschaftliches denken und streben galt der erfassung und
darstellung selbwachsener germanischer volksart in ihren mannigfaltigen
1) Als quellen für rneiue darstellung dienten mir in erster linie Weinholds
Schriften, von denen namentlich die nekrologe auf Jacobi, Zacher und Lexer, die ein-
leitung zu Strachwitzens gedichten und die vorreden viel persönliches enthalten. Ein
vollständiges Verzeichnis der schritten hat mittlerweile Eödiger seiner gedächtnisrede auf
"Weinhold, Zeitschr. d. ver. f. Volkskunde XI, 364 fg. angehängt. Handschriftlich lag
mir u. a. ein chronologisch -biographisches Schema vor, welches Erich Schmidt aus
Weinholds auf Zeichnungen ausgezogen hatte. Was ich sonst benutzen konnte, ist an
den betreffenden stellen vermerkt. Meine persönlichen berührungen mit Weinhold
reichen nicht über seine Berliner zeit zurück; doch konnte ich als sein amtsnachfolger
in Kiel und in Breslau manches über seine Wirksamkeit an diesen beiden Universitäten
beobachten und durch seine ehemaligen schüler und kollegen in erfahrung bringen.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 10
138 voot
lebensäusserungen. "Wo seine forschung über das deutsche gebiet hinaus-
griff, wandte sie sich fast ausschliesslich dem altnordischen zu, weil er
hier altgermanische eigenart am wenigsten von fremder kultur beeinflusst
fand; wo sie der neueren litteratur sich zuwandte, war es die stürm- und
drangperiode mit ihrem streben zum natürlichen und volkstümlichen, die
ihn vor allem anzog; den eigentlichen mittelpunkt seiner Studien aber
bildeten die alten von geschlecht zu geschlecht mündlich fortgepflanzten
Überlieferungen des deutschen volkes, aus denen seine art und seine
Stammeseigenheiten am unmittelbarsten uns ansprechen, seine mundarten,
sein dichten und sagen, sein glaube und brauch, mit einem worte die
deutsche Volkskunde. Aber nicht nur der reiz wissenschaftlicher pro-
bleme zog ihn gerade auf dieses feld. Ein tiefes nationalgefühl war für
die richtung seines forschens bestimmend und gab ihm leben und wärme;
dazu gesellte sich eine treue anhänglichkeit an die engere heimat, und
innerhalb des grossen kreises seiner sprachlichen, litterarhistorischen und
kulturgeschichtlichen forschungen hat er den Überlieferungen seines
Schlesierlandes von anfang bis zu ende seiner wissenschaftlichen tätig-
keit mit besonderem eifer und besonderer liebe nachgespürt.
Die Umgebung, in der Weinhold aufwuchs, war für seine neigung
zum heimischen Volkstum sicherlich von bestimmendem einfluss. Er
war am 26. Oktober 1823 in Reichenbach als predigersohn geboren. Yon
jugend auf wurde ihm dort in dem freundlichen bergstädtchen und in
dem nahen Eulengebirge, das er gern durchstreifte, mundart und dich-
tung, sitte und sage des schlesischen volkes vertraut. August Knötel
hat uns in seinem buch „Aus der Franzosenzeit" ein hübsches bild
von den altertümlichen zuständen entworfen, die in der ersten hälfte
des 19. Jahrhunderts unter den bewohnern des Eulengebirges noch
herrschten. „Ihre sitten und gebrauche, ihre spräche, ihre Vorstellungen
und ansichten gehörten verflossenen Jahrhunderten an." Was man dort
von unterhaltungslitteratur kannte, beschränkte sich auf die altfränkischen
Jahrmarktsdrucke der Volksbücher vom gehörnten Siegfried, von Till
Eulenspiegel, den Schildbürgern, Kaiser Oktavian, der schönen Mage-
lone u. a. Daneben hatte man einen schätz von märchen und sagen,
die in den familien mündlich fortgepflanzt wurden und durch immer
wiederholtes erzählen wörtlich im gedächtnis hafteten. Garnmänner,
fleischer und andere leute, die ihr gewerbe weit herumführte, sorgten
durch das erzählen von „neuen Zeitungen" und „getichten" für die
Vermehrung des bestandes" an sagen und Spukgeschichten. Allerlei ört-
lichkeiten auch in der Umgebung Reichenbachs waren von solchen tra-
ditionell umwoben. Hier blickte der knabe zum Herrlaberg hinüber, wo
KARL WEINHOLD 139
einst die herrlein, die zwerge hausten, dort zum Zobten, wohin sie aus-
wanderten, als ihnen die nähe der menschlichen Wohnungen lästig ge-
worden war und wo mancherlei anderes geistervolk sein wesen trieb.
Und wenn der sonnwendabend kam, sah er rings auf allen hügeln und
bergen bis hinauf zur Hohen Eule die johannisfeuer lodern und be-
neidete die jungen, die dort die pechgetränkten besen schwingen und
schleudern durften. Zur Weihnachtszeit aber zog das weissgekleidete
Christkind mit dem engel Gabriel, auch wol mit Petrus und dem Ruprecht
von haus zu haus, und am dreikönigstage kamen dann in weissen
hemden, mit bunten bändern und goldenen krönen die wunderlichen
gestalten der frommen könige und des bösen Herodes und sangen und
spielten jähr für jähr ihr altüberliefertes stück. Wie tief diese eindrücke
seiner kinderseele sich einprägten, zeigt Weinholds Schilderung der
heimischen johannisfeuer in den „Deutschen frauen" und vor allem die
poesievolle darstellung seiner weihnachtlichen kindheitserinnerungen in
der einleitung zu seinen „Weihnachtspielen", wo der einfluss solcher
Jugenderinnerungen auf seine wissenschaftliche richtung am deutlichsten
zu tage tritt.
Zunächst auf der schule der heimatstadt vorbereitet, kam Wein-
hold im herbst 1838 auf das Schweidnitzer gymnasium. Dort wurde
ihm in der prima durch den rektor Held der sinn für das klassische
altertum wie für die deutsche litteratur erschlossen, und seine ästhe-
tischen neigungen, die sich schon früh in dichterischen versuchen be-
tätigt hatten, gewannen durch eine reihe musikalisch- deklamatorischer
abendunterhaltungen, die Held einrichtete, besonders aber durch ein
poetisches kränzchen nahrung, zu dem sich einige primaner um den
jungen grafen Moritz von Strachwitz, den besten deklamator und
poeten des gymnasiums vereinigten. In seiner ausgäbe von Strach-
witzens gedienten hat Weinhold später ein lebendiges bild von dem
treiben dieses frischstrebenden kreises seiner jugendgenossen gegeben.
Ostern 1841 bezog Strachwitz die Universität Breslau, ein jähr
später folgte ihm Weinhold. Die poetischen bestrebungen wurden auch
in der neuen Umgebung fortgesetzt, und die beiden freunde gehörten
zu den 22 Breslauer Studenten, die im jähre 1842 den privatdocenten
Gustav Freytag mit der bitte angiengen, die erzeugnisse ihrer dich-
terischen begeisterung als „Musenalmanach der Universität Breslau auf
das jähr 1843" herauszugeben. Mehr als 40 jähre später berichtete
Freytag in seinen „Erinnerungen" (s. 150), er habe „mit trüben ahnungen1'
eingewilligt; mit vieler unnützer mühe habe er nichts weiter erreicht,
als dass seine stolzen knaben die freude hatten ihre verse gedruckt zu
10*
140 voai
kaufen, und gegen alle lyrischen Zusendungen, denen die bitte um ein
urteil beigefügt war, sei ihm seither ein tiefer groll geblieben. Damals
aber hat er die Sammlung mit einem frischen poetischen Vorwort an und
über die Studenten eingeleitet und als erwählter liederpräses die dichter-
knaben zu fröhlichem liederhospiz eingeladen. Freilich ist es gar wenig
reifes und bedeutendes was das kleine büchlein der 22 bietet; Strach-
witzens feuriges, tatendurstiges lied „Keine smecure" ragt stolz über
den grossen häufen überflüssiger gedanken der grünenden Jugend empor;
aber ein schöner idealismus, lebhaftes poetisches empfinden und mancher
hübsche einfall spricht uns doch hie und da an. Besonders in Wein-
holds beitragen findet sich ernster idealer sinn, und wenn er mit seiner
ehrlichen klage über die Zerrissenheit des Vaterlandes, mit dem fürchter-
lichen schwur tätlicher feindschaft gegen die philister und mit den
nebelhaften überschwenglichkeiten jugendlicher liebe sich ganz in dem
empfindungskreis seiner genossen bewegt, so tritt in seinem warmen
mitgefühl mit dem notbedrückten volk schon seine besondere richtung
bestimmter hervor:
„Des volkes not" steht auf der waffenbinde,
mit der die liebe mich geschmückt,
„Den armen trost" blinkt auf dem flammenkinde,
das ich zu kräft'gem streich gezückt":
So zieht der arme predigersohn in dem gedieht „Mein ritterturn"
stolz als ritter des geistes zum kämpfe. Und ein andermal lässt er vor
den palast, wo die grossen der weit im überfluss schwelgen, ein vom
elend verzehrtes weib mit den hungernden kindern treten und ein „fluch
der zeit, der grambeschwerten, fluch des goldes Tyrannei" zum himmel
emporschreien. Harte erfahrungen in der von mancherlei sorgen heim-
gesuchten, kinderreichen familie des Eeichenbacher pfarrhauses, vor
allem aber die liebe zum volk haben dem jungen Studenten solche
lieder eingegeben.
Der theologie ist Weinhold nicht lange treu geblieben. Schon im
jähre 1843 zog es ihn zu den altdeutschen Studien hinüber, die gerade in
Breslau schon seit der begründung der Universität gepflegt waren. Zu
der zeit als Weinhold die hochschule bezog, wurde freilich Hoffmann von
Fallersleben der ordentlichen professur für deutsche philologie enthoben
und fürs erste blieb das fach nur durch die privatdocenten Gustav Freytag
und Theodor Jacobi vertreten. Verständigerweise trat Weinhold an die
germanistischen Studien von der sprachwissenschaftlichen seite heran.
Auf eigene band arbeitete er sich zunächst durch Jakob Grimms deutsche
grammatik und durch Bopps sanskritgrammatik hindurch, um dann im
KAHL WK1NH0LÜ 14]
winter 1843/44 bei Jacobi, dessen Beiträge zur deutschen grammatik
gerade damals erschienen waren, die erste germanistische Vorlesung,
eine praktische einführung ins altnordische zu hören. Weinhold hat
dann nocli bei ihm einige Eddalieder gelesen und an seinen collegien
über litteraturgeschichte und vergleichende grammatik teilgenommen.
Noch mehr als in seinen durch kränklichkeit oft unterbrochenen Vor-
lesungen hat Jacobi im persönlichen verkehr auf Weinhold gewirkt. In
einem kleinen kreise, den Jacobi allwöchentlich um sich versammelte,
hat Weinhold mannigfache anregungen von ihm erfahren. Besonders
zeigte Jacobi, gleichfalls Schlesier von geburt, ein lebhaftes interesse
für die beschäftigung seines Schülers mit der schlesischen mundart.
Historiker und Sprachforscher zugleich, hat er avoI seinen anteil daran,
dass Weinhold über seinen linguistischen Studien die fühlung mit der
geschichtswissenschaft nie verlor. Dankbar hat Weinhold in ihm seinen
lehrer verehrt; seiner ablautstheorie hat er Verbreitung zu schaffen ge-
sucht und von seiner persönlichkeit als mensch und gelehrter hat er
später (Zeitschr. 5, 85) ein ansprechendes bild gezeichnet. Er nennt ihn
eine reflektierende natur, die nicht der tatsächliche bestand, sondern der
grund und das werden der erscheinungen reizte. Ohne es auszusprechen
hat er damit doch eine wesentliche Verschiedenheit zwischen der wissen-
schaftlichen richtung seines lehreis und der eigenen festgestellt.
Wie Jacobi einst in Berlin Lachmann mit Verehrung gehört hatte,
so beschloss auch Weinhold dort seinen Studien den abschluss zu geben.
Das sommersemester 1845 hindurch besuchte er Grimms und Lach-
manns Vorlesungen. Als er 45 jähre später in die akademie der Wissen-
schaften eintrat, hat er mit warmen, verehrungs vollen worten der beiden
männer als seiner lehrer gedacht und jeden in seiner eigenart kurz
charakterisiert. Lachmanns strenge wissenschaftliche methode ist auch
ihm zum segen geworden und in seinen „ Mitteilungen über Karl Lach-
mann" hat Weinhold erkennen lassen, wie er in ihm nicht nur den
grossen gelehrten, sondern auch den menschen schätzte, der unter harter
schale „ ein tiefes gefühl der liebe in der innersten kammer seines herzens
hatte". Aber die worte, die er im jähre 1863 in der aula der Kieler
Universität Jakob Grimms gedächtnis widmete, lassen doch erkennen,
wie er in diesem seinen eigentlichen meister ehrte, den fürsten, der
„mit der siegreichen arbeit seines gottgerüsteten geistes sich alle zu
leib und eigen gewonnen hat, deren herz am vaterlande hängt, deren
geist begreift, was deutsch ist". Zu ihm vor allem musste den lern-
begierigen die neigung zum volkstümlichen ziehen, die er schon aus
der heimat nach Berlin mitbrachte und durch die lehren und Schriften
142 VOGT
des meisters wurde sie jetzt zu zielbewusstem wissenschaftlichem streben
abgeklärt. Auch an anregungen von anderer seite fehlte es nicht. Vor
allem war es Julius Zacher, ein älterer schüler Jacobis, von dem er
in regem verkehr mancherlei belehrung dankbar empfieng. Der weitere
verfolg ihrer laufbahn hat die beiden später mehrfach zu konkurrenten
gemacht. Ihr gutes einvernehmen ist dadurch niemals gestört worden.
„In erinnerung vergangener zeiten und als denkmal bleibender freund-
schaft" hat Weinhold später seine Mittelhochdeutsche grammatik Zacher
gewidmet. „Zachers Zeitschrift" fand von ihrem ersten bände an in ihm
einen treuen mitarbeiter und der zwanzigste band brachte von seiner
band das verständnisvoll gezeichnete lebensbild ihres begründers.
Weinholds aufenthalt in Berlin war sehr kurz bemessen. Schon
am 14. januar 1846 wurde er in Halle auf grund seines Spicüegium
formularum zum doctor promoviert, Was Weinhold zu dieser Samm-
lung altgermanischer, vor allem alt- und angelsächsischer poetischer
formein angeregt hatte, war nicht das interesse für die formalen be-
sonderheiten germanisch-epischen stils. Die eindringendere beobachtung
der poetischen form als solcher lag ihm überhaupt fern; sie ist auch
in dieser dissertation zu vermissen. Die formein waren ihm von wert
als Zeugnisse von der macht der allgemeinheit im leben der alten
Germanen, die er wie in ihrem politischen und wirtschaftlichen leben,
so auch in dem typischen, traditionellen Charakter ihrer dichtung erblickte;
sie waren ihm zugleich durch ihren inhalt Zeugnisse für die gemein-
samen anschauungen und lebensgewohnheiten des germanischen alter-
tums und von diesem gesichtspunkt hat er sie gruppiert. So zog ihn
auch die Vojuspä als eine skizze altgermanischer Weltanschauung an,
und mit einer abhandlung über sie bewirkte er im nächsten jähre
(15. IY. 1847) in Halle seine habilitation, bei der freund Zacher als
Opponent auftrat. Die kleinen Beiträge zur kritik und erklärung der
VQluspä, die Weinhold später Zfda. 6, 311 fgg. drucken Hess, entstammen
wol dieser sonst nicht veröffentlichten arbeit. In der Zwischenzeit weilte
der junge doctor im eiternhause in Reichenbach; hier waren es die
alten schlesischen Volksüberlieferungen, denen er seine tätigkeit
vor allem zuwandte. Schlesische sagen, gebrauche und mundartliche
eigenheiten wurden eifrig gesammelt, Jacobi nahm von Breslau aus
lebhaften anteil und bei einem besuch in Reichenbach entwarf er mit
dem schüler und freunde zusammen den plan, ganz Schlesien zu diesen
Sammlungen aufzurufen. Weinhold setzte eine schriftliche anleitung für
die sammler auf, Jacobi wusste in dem kürzlich gegründeten verein für
geschichte und altertum Schlesiens, wie Weinhold sich später äusserte,
KAHL WEINHOLD 143
„eine augenblickliche teilnähme" zu erregen, und die vom 28. februar
1847 datierte aufforderung zum stoffsammeln für eine bearbeitung der
deutsch-schlesischen mundart wurde gedruckt. Aber kaum hatte Jacobi
mit der Verteilung begonnen, als den vielfach von krankheit geplagten
und gehemmten am 28. februar 1848 der tod hinraffte; die politischen
stürme des Jahres Hessen keine teilnähme an dem friedlichen werke
aufkommen.
Auch der sagensammlung war kein günstiges Schicksal beschieden.
Den Überlieferungen, die Weinhold selbst in Reichenbach zusammen-
gebracht hatte, strömte zwar vor allem aus Oberschlesien reichliche Ver-
mehrung zu durch den lehrer Lompa, der dort ergiebige quellen mit
umsieht ausnutzte. Briefe, die Lompa vom 26. juli 1846 bis 12. Januar
1847 an Weinhold gerichtet hat, lassen erkennen, wie er ihm einen
reichen schätz besonders an sagen und märchen in einzelnen heften
allmählich zugehen Hess. Baldige Veröffentlichung war in aussieht ge-
nommen, aber sie Hess sich damals nicht verwirklichen. Lompas Samm-
lungen haben schliesslich in den Originalaufzeichnungen auf der Bres-
lauer stadtbibliothek ein unterkommen gefunden, wo Nehring sie für
seinen bericht über aberglauben, gebrauche, sagen und märchen in
Oberschlesien in den Mitteilungen der schlesischen gesellschaft für Volks-
kunde, lieft 3,3fgg., gründlich ausnutzen konnte, nachdem Karl Bartsch
in den Schles. provinzialblättern 1864 und 1865 schon einiges aus den
abschritten mitgeteilt hatte, die er im frühjahr 1850 noch in Weinholds
besitz gefunden hatte. Wenige monate später sollte Weinholds ganze
Sammlung zu gründe gehen.
Den plan eine umfassende Sammlung der volkstümlichen Über-
lieferungen in Schlesien zu organisieren hat Weinhold seitdem auf-
gegeben. Aber die erhebungen und forschungen der Reichenbacher zeit
sind die grundlage seiner wissenschaftlichen Studien zur schlesischen
Volkskunde geworden, an denen er festgehalten hat sein leben lang.
Jacobis tod war auch für die akademische laufbahn seines schülers
ein bedeutsames ereignis. Nach dem amnestieerlass vom 20. märz 1848
hatte Hoffmann von Fallersieben beim ministerium die Wiedereinsetzung
in seine professur beantragt. So ergieng unterm 5. juni 1848 vom
minister grafen v. Schwerin die aufforderung an die Breslauer philo-
sophische fakultät1, sich vor allem über diesen punkt gutachtlich zu
äussern, eventuell aber einen andern tüchtigen gelehrten für die er-
ledigte professur in Vorschlag zu bringen. Die Breslauer hatten schon
1) Auf ihren akten beruht die folgende darstellung.
144 VOGT
vor empfang dieses briefes an Weinhold und Zacher gedacht und von
Jakob Grimm ein gutachten über sie erbeten. Grimms antwort lautete
folgendermassen :
Ew. Spectabilität
gefällige Zuschrift vom 31. Mai ist mir erst heute hier, wohin ich
zur Nationalversammlung abgeordnet worden bin, zu Händen ge-
kommen. Beide, Zacher und Weinhold, sind mir als fleissige mit
gründlichen Kenntnissen in der Literaturgeschichte und deutschen
Philologie ausgestattete Männer persönlich bekannt und ich traue
jedem von ihnen zu an Jacobis Stelle, dessen früher Tod mich sehr
geschmerzt hat, treten zu können, sollte ihn auch keiner völlig er-
setzen. Begreiflich aber möchte ich nicht gern für einen oder den
andern den Ausschlag geben; jeder wird eigentümliche Gaben und
Vorzüge besitzen. Von ihrem Lehrertalent weiss ich ohnehin nicht
zu urteilen.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
ergebenst
Frankfurt, 7. Juni 1848. Jacob Grimm.
Die fakultät berichtete darauf am 23. juni 1848 an den unterrichts-
minister, sie könne, wenn sie das interesse der Breslauer hochschule
ins äuge fasse, ihrerseits in der früheren lehrtätigkeit und in den seit-
herigen wissenschaftlichen leistungen des professors Hoffmann keinen
grund finden die zurückberuf ung desselben zu wünschen, wobei sie
indes die frage, in wiefern die art seiner absetzung ihm einen ansprach
auf Wiederanstellung gebe, unberührt lasse. Sie sehe sich demnach ver-
anlasst, andere ihrer ansieht nach geeignete vorschlage zu machen und
empfiehlt für die erledigte professur Weinhold an erster, Zacher an
zweiter stelle. Statt einer antwort wurde der fakultät unterm 10. august
vom minister die überraschende mitteilung, dass der bisherige Berliner
privatdocent Theodor Mundt zum ausserordentlichen professor für die
fächer der neueren litteratur und litteraturgeschichte in der Breslauer
philosophischen fakultät ernannt worden sei. Der erlass, der die ent-
fernung einer politisch unbequemen persönlichkeit aus Berlin bezweckte,
erregte in Breslau lebhafte unruhe.
Unterm 19. august erhob die fakultät die Vorstellung, dass schon
zwei ausserordentliche professoren für neuere litteraturgeschichte in
Breslau vorhanden seien, nämlich Guhrauer uud Kahlert, dass dagegen
der lehrstuhl für deutsche philologie in weitestem umfange seit Jacobis
tod unbesetzt sei; sie bat, auf diesen einen tüchtigen fachgelehrten zu
berufen und bezeichnete es zugleich im namen der gesamtheit der ordent-
KARL WEINHOLD
145
liehen professoren der Universität als höchst wünschenswert, dass vor
jeder berufung eines ordentlichen oder ausserordentlichen professors der
betreffenden fakultät gelegenheit gegeben werde, ihre gutachtliche mei-
nung über den zu berufenden gelehrten auszusprechen.
Die eingäbe hatte erfolg. Zwar konnte die auf Immediateingabe
Sclnverins erfolgte ernennung Mundts nicht rückgängig gemacht werden,
aber er wurde nach und nach bis zum sommer 1850 beurlaubt, wo er
ein extraordinariat in Berlin erhielt; und am 5. märz 1849 teilte der
minister v. Ladenberg der fakultät in wolwollendster form mit, dass er
ihrem Vorschlag gemäss auf den erledigten lehrstuhl für deutsche philo-
logie Weinhold berufen habe.
Nur zwei Semester sollte Weinhold des glücklich errungenen amtes
walten. Schon anfang Januar 1850 wurde ihm die ordentliche professur
der deutschen spräche und litteratur in Krakau angeboten, und da die
erfüllung der bedingungen, die er an sein verbleiben in Breslau knüpfte,
schliesslich scheiterte, so siedelte er im april 1850 an die polnische
Universität über.
Weinhold hat es stets verstanden, aus der jeweiligen Umgebung, in
der er wirkte, neue anregungen für seine Studien zu schöpfen. So suchte
er auch die nähere Vertrautheit mit der polnischen spräche, die ihm die
neue Stellung eintrug, für seine forschungen zur schlesischen mundart
zu verwerten. Er fasste ihre berührungen mit dem polnischen jetzt
näher ins äuge, wie er sich schon zuvor durch Lompa und Fiedler über
die schlesisch-polnische Sprachgrenze hatte aufklären lassen. Aber der
wissenschaftliche gewinn der Krakauer zeit war geringer als der Ver-
lust. Bei dem grossen brande vom 18. juli ging der grösste teil seiner
manuskripte zu gründe, darunter die ganze sagensammlung. Vergeblich
hat er nach langen jähren in der heimat versucht den verlust zu er-
setzen; die alten quellen waren versiegt. Aber seine damals grösste
wissenschaftliche arbeit wurde glücklicherweise den flammen entrissen:
das manuskript zu den „Deutschen frauen im mittelalter".
Keines unter Weinholds werken ist so mit seinem herzensieben
verwachsen gewesen wie dieses. Als junger bräutigam hatte er in Halle
im Spätherbst 1847 den plan dazu gefasst; als er am 12. august 1850
Anna Eigner heimführte, war das werk rüstig fortgeschritten; mit dem
datum seines hochzeitstages unterzeichnete er im nächsten jähr in Graz die
vorrede. Er bezeugt schon in der ersten ausgäbe, dass er aus Verehrung
gegen deutsche frauen dies buch in seinen gedanken beschlossen habe;
die zweite bearbeitung hat er im jähre 1882 der mutter und der gattin
zugeeignet, und in der dritten aufläge von 1897 drängt sich dem greise
1 46 VOGT
noch einmal die dankbare empfindung für das Avas niutter, gattin und
freundinnen ihm waren und sind auf die lippen. Wie einen abglanz
seiner entsteh ungszeit breitet das buch einen idealisierenden poetischen
Schimmer über die deutschen trauen der vorzeit; den dichterischen
quellen ist ein einfluss auf die darstellung eingeräumt, bei dem nicht
selten das frauenideal jenes Zeitalters mehr hervortritt als die realen
Verhältnisse. Und doch ist das buch unter ausgiebiger Verwertung auch
geschichtlicher und rechtlicher quellen auf breiter und fester wissen-
schaftlicher grundlage aufgebaut, und vielseitige gelehrsamkeit eint sich
in ihm mit edler populärer form zu einem schönen ganzen. Der ein-
fluss Jakob Grimms ist unverkennbar. Seine Mythologie, seine Rechts-
altertümer, die kulturgeschichtlichen kapitel seiner Geschichte der deut-
schen spräche haben stoff und behandlungsweise beeinflusst. Wie der
meister so berücksichtigt auch der schüler neben den schriftlichen quellen
überall den volksbrauch der gegen wart. Aber er bewährt sich auch als
selbständiger forscher und schriftsteiler in der quellenbenutzung wie in
dem streben nach ästhetisch befriedigender gestaltung des Stoffes.
Wenn auch der aufenthalt in Polen nicht ohne frucht für Wein-
holds schlesische Studien blieb, heimisch konnte er bei seinem starken
nationalen empfinden in der fremden Umgebung nicht werden. Sein
wünsch an eine deutsch -österreichische Universität überzugehen wurde
bald durch die berufung nach Graz erfüllt. Ostern 1851 trat er das
neue lehramt an. Die zehn jähre, die Weinhold in Graz gewirkt hat,
bilden vielleicht die glücklichste, jedenfalls die wissenschaftlich frucht-
barste zeit seines lebens. Eine herrliche Umgebung, ein land, welches
volkskundlicher forschung reichstes material bot, ein fröhlich geselliger
kreis von freunden und kollegen, strebsame zuhörer, alles das vereinigte
sich, um die Schaffensfreudigkeit und Schaffenskraft des jungen gelehrten
anzuregen und zu steigern. So sind fast alle die werke, die seinem
namen einen dauernden platz in der geschichte der deutschen philologie
sichern, mit der Grazer zeit verknüpft.
Zunächst wurden die schlesischen faden noch weiter gesponnen.
Weinhold glaubte nicht, dass er noch jemals wieder in die alte heimat
zu dauerndem aufenthalte zurückkehren würde. Es drängte ihn, unter
verzieht auf die volle ausführung der alten plane das, was ihm von
seinen schlesischen Sammlungen verblieben war, wissenschaftlich zu ver-
werten. Einem kleineren aufsatze über Deutsches und Slavisches aus
der mundart Schlesiens, in dem er die polnischen einflüsse noch stark
überschätzte1, folgte im jähre 1853 „Über deutsche dialektforschung.
1) Zeitschr. f. vergl. Sprachforschung 1 , 245 fg.
KARL WEINHOLD 147
Die laut- und Wortbildung und die formen der schlesischen mundart".
Dankbar gedenkt Weinhold in dem vorwort des kürzlich verstorbenen
Schmeller, der mit seiner grammatischen darstellung der mundarten
Bayerns und mit seinem Bayerischen Wörterbuch die gruudlage für die
wissenschaftliche behandlung der deutschen dialekte gelegt hatte. Aber
auch Weinholds kleine schrift hat über die grenzen ihres nächsten gegen-
ständes hinaus fördernd und anregend gewirkt. Die anweisung zum stoff-
sammeln, welche hier aus dem druck von 1847 wiederholt wurde,
gab allgemeine gesichtspunkte für die deutsche mundartenforschung, und
die übersichtlich gegliederte darstellung der schlesischen dialektformen
lässt bei aller knappheit die beziehung zu verwandten erscheinungen in
anderen mundarten nicht ausser äugen. Weinhold zeigt hier zum ersten
male sein grosses geschick in der raschen und sicheren Ordnung eines
vielgestaltigen sprachlichen materials; wenn er auch die zahlreichen
einzelprobleme, die es dem forscher aufdrängt, nur mit flüchtigem blicke
streift, so hat er doch dafür gleich eine klare Orientierung über das
grosse und mannigfaltige gesamtgebiet der schlesischen dialekte geboten.
Und als solche ist das werkchen bis heute noch unentbehrlich, so vieles
sich natürlich auch jetzt bei einer erneuten behandlung des gegenständes
anders gestalten müsste. Das lexikalische seitenstück zu dieser gram-
matischen darstellung bieten die „Beiträge zu einem schlesischen Wörter-
buch", die Weinhold 1855 in den Sitzungsberichten der Wiener akademie
erscheinen Hess. Auch hier zeigt sich Weinholds weiter blick in der
quellenbenutzung wie in der anläge des ganzen. Ausser der mündlichen
Überlieferung ist auch die litteratur alter und neuer zeit, die historische
wie die poetische, gewissenhaft verwertet; die geschichte und Verbreitung
jedes einzelnen Wortes wird kurz und sicher bestimmt und sein Zu-
sammenhang mit dem leben des volkes durch reiche belege aus volks-
tümlichen brauchen und redensarten, Sprüchen und liedern veranschau-
licht. In allen diesen beziehungen stellen sich Weinholds Beiträge
würdig neben Schmellers grundlegendes Wörterbuch, und Weinhold hat
sein leben lang daran gearbeitet, sie auch allmählich zu einem ebenso
umfassenden werk auszugestalten. Zum abschluss hat er es nicht ge-
bracht; das stattliche manuskript, welches er der Breslauer stadtbibliothek
hinterlassen hat, bedarf noch mancher ergänzung aus den lebenden mund-
arten und der ordnenden bearbeitung, aber auch so verdient dieses
schlesische Wörterbuch einen ehrenplatz unter Weinholds werken wie
in der wissenschaftlichen dialektlitteratur.
Zu den alten schlesischen Sammlungen aber gesellte sich nun was
ihm an volkstümlichen Überlieferungen der Steiermark bei seinen streif-
I 18 VOGl
zügen durch das land, durch seine Verbindung mit dem historischen
verein und durch die bemühungen seiner Studenten zufloss. Er hielt
eine Vorlesung über Volkskunde, und die anregungen zum erforschen
der volkstraditionen, die er bei seinen zuhörern ausstreute wo sich die
gelegenheit bot, fielen auf fruchtbaren boden. Unter ihnen war ein
junger Kärntner, der, mitten unter dem alpenvolk aufgewachsen, mit
harter arbeit sich die mittel zum studium der deutschen philologie
erkämpfte. Mit lebhaftem anteil hörte er jetzt von der wissenschaftlichen
bedeutung der Volksüberlieferungen, die ihm in mundart, dichtung und
brauch aus Kärnten von jugend auf vertraut waren, zeichnete auf was
er kannte und sammelte dazu was sich ihm neues bot. Es war
Matthias Lexer, dessen Kärntisches Wörterbuch mit seinem volks-
kundlichen anhang eine unmittelbare frucht der anregungen ist, die er
damals von Weinhold empfieng. Als Lexer im jähre 1892 als professor
der deutschen philologie in München starb, gedachte Weinhold in einem
warmen nachruf des innigen Verhältnisses, das über 40 jähre zwischen
ihm und Lexer rein und schön gedauert habe, zuerst als das des lehrers
zum schüler, bald als das des freundes zum freunde1. Damals in Graz
hat der junge Student zu einem werke beigesteuert, in dem Weinhold
zum ersten male volkstümliche traditionen der alten schlesischen mit
solchen der neuen steirischen heimat und der kärntischen nachbarschaft
zusammen behandelte, zu den „Weihnachtspielen und liedern aus Süd-
deutschland und Schlesien", die 1853 in Graz erschienen. Dass Wein-
hold diesem ihm von Jugend auf vertrauten zweig der volkspoesie bei
seinen Sammlungen in Schlesien gebührende aufmerksamkeit geschenkt
hatte, war schon aus seiner Veröffentlichung eines „Glätzischen christ-
kindelspiels" im Jahrgang 1848 der Zeitschrift für deutsches altertum
zu erkennen. Dasselbe stück kehrte jetzt in den „Weihnachtspielen"
in kritisch verbesserter gestalt wieder, aber in Verbindung mit ver-
schiedenen texten des advent- und dreikönigspiels, wie er sie teils in
Reichenbach, teils aus anderen gegenden Schlesiens kennen gelernt
hatte, und dazu gesellten sich nun stücke alter und neuerer zeit aus
den österreichischen alpenländern. Weinhold hat das alles in eine
darstellung eingefügt, welche, einerseits von altheidnischen umzügen,
andererseits von den alten kirchlichen epiphaniasfeiern ausgehend, unter
ausblicken auf die verwandten romanischen und englischen erzeugnisse
die entwicklung und allmähliche ausgestaltung der gattung vorführt.
Freilich waren seine schlesischen und österreichischen stücke nur geringe
1) Zeitschr. 25, 253 fg.; Allgem. zeitg. 28. IV. 1892, beil. nr. 99.
KARL WEINHOLD 149
bruchteile des vorhandenen reichtums und es fehlte die eindringendere
philologische Untersuchung über das gegenseitige Verhältnis der ver-
schiedenen texte, über ihre örtliche Verbreitung und über die charak-
teristischen Wandlungen und mischungen, die sie in ihrer bald münd-
lichen bald schriftlichen Überlieferung zu erfahren hatten; auch hat die
erweiterte kenntnis des mittelalterlichen dramas seither neue wichtige
glieder in die historische kette dieser traditionen eingeschaltet und unsere
anschauungen über ihre beziehungen zu heidnischen brauchen und
mythen haben sich im einzelnen geändert. Aber bei alledem hat Wein-
hold doch in den wesentlichsten zügen das richtige bild getroffen und
auch hier fehlen nicht jene warmen farbentöne, die ihm bei der dar-
stellung der „Deutschen frauen im mittelalter" das lebendige nach-
empfinden deutscher volksart lieh. Das weite und fruchtbare gebiet
des deutschen volksschauspiels hat Weinholds buch zuerst der wissen-
schaftlichen forsch ung erschlossen und auch für die geschichte des mittel-
alterlichen dramas hat es auf längere zeit grundlegende bedeutung ge-
wonnen. Schon in den „Weihnachtspielen" hatte auch das Volkslied
berücksichtigung gefunden. Weinhold wandte ihm bei seinen Samm-
lungen steirischer traditionen besondere aufmerksamkeit zu. Im april
1858 hielt er in der generalversammlung des historischen Vereins für
Steiermark einen Vortrag über den wert der Volksüberlieferungen und
legte einen plan zu einer systematischen Sammlung der steirischen Volks-
lieder vor. Wieder wurde sein aufruf durch den historischen verein
gedruckt, und der Vorsitzende des Vereins, erzherzog Johann, der selbst
mit einem auch die Volkskunde umfassenden werk über Steiermark be-
schäftigt war, förderte ihn durch tätige teilnähme. Über den erfolg der
Sammlungen und über das was noch zu tun sei berichtete ein jähr
später Weinholds aufsatz über „Das Volkslied in Steiermark" im 9. bände
der Mitteilungen des Vereins. Mit seinem weggang von Graz geriet dann
das unternehmen ins stocken; erst nach vielen jähren wurde das sammeln
der steirischen Volkslieder von andern wieder aufgenommen1.
Durch seinen anteil am historischen verein wurde Weinholds
forschung auch auf die geschichte und die altertümer der Steiermark
gelenkt. Xicht nur sein Vortrag über den anteil Steiermarks an der
deutschen dichtkunst des 13. Jahrhunderts, den er, zum wirklichen mit-
glied der Wiener akademie ernannt, in deren feierlicher sitzung am
21. mai 1860 hielt, sondern auch seine aufsätze über den minnesänger
von Stadeck und über Hugo von Montfort gehen von der steirischen ge-
1) Vgl. Weinhold im Literaturbl. f. gern), u. roman. philologie 1881, 429 fg.
150 VOGT
schichte aus, und auch über gräberfunde berichtete er in den Mit-
teilungen des Vereins. Diesem archäologischen Interesse, das er auch
später in Kiel noch betätigte, erwuchs im jähr 1859 die auf ausgebreiteter
kenntnis der denkmäler ruhende reichhaltige schritt über die heidnische
totenbestattung in Deutschland, die in den Wiener Sitzungsberichten
gedruckt wurde.
Von den archäologischen denkmälern, den Volksüberlieferungen der
gegenwart und den litterarischen quellen aus nahm "Weinhold die ger-
manische altertumskunde in angriff. Schon für die Deutschen trauen
hatte er die altnordische litteratur, besonders die rechtsdenkmäler heran-
gezogen und in der vorrede die Überzeugung ausgesprochen, „dasswir
in dem nordgermanischen altertum stets die führende leuchte für unsere
deutschen zustände anzünden müssen."
So machte er sich nach Vollendung der Weihnachtspiele im winter
1853 an eine zusammenfassende darstellung der äusseren und inneren
zustände bei den Nordgermanen, und schon Weihnachten 1855 konnte
er den stattlichen band des „Altnordischen lebens" mit der vorrede
beschliessen. Es ist im wesentlichen eine anschauliche Schilderung der
skandinavischen privataltertümer aus den litterarischen quellen, den
gesetzen, sagen und liedern. Das öffentliche leben, auch der kultus, wird
nur gelegentlich gestreift. Und doch haben Weinhold die religiösen zu-
stände und Vorstellungen der Skandinavier lebhaft beschäftigt. Der
habilitationsschrift über die Yeluspä waren schon 1848 und 49 in der
Zeitschrift für deutsches altertum kleinere mythologische bemerkungen
und eine eindringende Untersuchung über die sagen von Loki gefolgt;
1858, zwei jähre nach dem erscheinen des Altnordischen lebens, brachten
die Sitzungsberichte der Wiener akademie (bd. 26) in einer umfänglichen
abhandlung über die „Riesen des germanischen mythus" eine darstellung
der nordischen traditionell dieses kreises. Es verdient beachtet zu werden,
dass Weinhold, der ja im allgemeinen die mythenwelt und ihre etwaigen
spuren in der gegenwart noch nicht mit dem realistischen blick unserer
tage betrachtete, hier doch schon mit scharfem spott und tadel die-
jenigen geisselt, die in teufein, hexen und gespenstern nur gestürzte
gottheiten und heidnische unholde, in beliebigen christlichen heiligen
nur einen verkappten Wuotan, Donar oder Ziu und in volksbräuchen
nur mythische Vorstellungen sehen.
Bei seinen altnordischen Studien empfand Weinhold einen gegensatz
zwischen ihnen und „dem boden auf dem er lebte, auf dem Roms
denkmale beginnen." Es zeigt sich immer wieder, wie es ihm doch
eigentlich bedürfnis war, aus dem boden, auf dem er zur zeit sein heim
KARL WEINHOLD 151
aufgeschlagen hatte, aus den Verhältnissen, in denen er jeweilig lebte,
stoff und anregung für seine arbeiten zu ziehen und wiederum durch
seine arbeit die besonderen aufgaben zu fördern, die ihm die jeweilige
heimat stellte. So wandte er auch den österreichischen unterrichts-
angelegenheiten seine aufmerksamkeit zu und suchte dem betrieb des
Deutschen im kaiserstaate nützlich zu werden. Schon in Krakau hatte
er sein „Mittelhochdeutsches lesebuch", welches dann bis zum jähr 1891
vier auflagen erlebte, für die deutschen gymnasien in Österreich ver-
fasst; der Zeitschrift für die österreichischen gymnasien hat er als fleissiger
mitarbeiter gedient, und in den recensionen, die er für sie schrieb, hat
er auch die deutsche schulgrammatik besonders berücksichtigt; in seiner
abhandlung über deutsche rechtschreibung, die im Jahrgang 1852 jener
Zeitschrift erschien, hat er behörden und lehrer gegen den Sprachverderb
aufgerufen und eine einheitliche, gründlich verbesserte rechtschreibung
zunächst für die österreichischen schulen zu schaffen gesucht. Sein ent-
schiedenes eintreten für eine reform der Schreibweise in historischer
richtung verrät den schüler Jakob Grimms und zeigt weniger praktischen
blick als die neigung, die errun genschaften der historischen Sprach-
forschung zu lebendiger geltung zu bringen; doch hat die gehaltvolle
kleine schritt wenigstens die kenntnis von der geschichtlichen ent-
wickelung der deutschen Orthographie gefördert.
Den stärksten anziehungspunkt für seine sprachlichen Studien
bildeten aber doch auch in Steiermark die deutschen mundarten.
Wie einst in Schlesien, so fasste er auch hier bei dem sammeln
und erforschen der volkstümlichen Überlieferungen die eigenheiten der
Landessprache scharf ins äuge. Aber ein viel umfassenderer und küh-
nerer plan stieg jetzt in ihm auf. „Ich will die dialekte der deutschen
stamme, der Alemannen, Bayern, Franken, Thüringer, Sachsen und
Friesen in einer reihe von bänden grammatisch bearbeiten, wenn mir
leben, kraft und mut bleibt". So schrieb Weinhold in Kiel pfingsten
1863 im vorwort zum ersten bände seiner „ Grammatik deutscher mund-
arten", der „Alemannischen grammatik". Es scheint, dass dieser plan
bis 1855 zurückreicht, das jähr, wo Weinhold seinen schlesischen dialekt-
studien mit dem erscheinen der „Beiträge" einen vorläufigen abschluss
gegeben hatte. Mit kühnem blick hatte er von dem ersten gipfel des
deutschen dialektgebirges, den er erklommen, gleich die höhen des
ganzen Umkreises überschaut und sie alle zu nehmen beschlossen. Aber
was auf den ersten blick so greifbar nahe scheint, zieht sich bei der
mühseligen Wanderung bergab und bergan in endlose weiten, und er
musste erkennen, dass das unternehmen über die kraft eines einzelnen
152 voot
gieng. Nur die beiden ersten bände, die alemannische und die bairische
grammatik, sind erschienen, beide in Kiel abgeschlossen und 1863 und
1867 herausgegeben; aber die alemannische war „nach dem gesammelten
stoffe und auch meist nach der darstellung eine f nicht der letzten Grazer
jähre", und für die bairische boten wenigstens die Sammlungen jener
zeit, in die seines Wissens „alles übergieng was damals über das steirische
aufgezeichnet war1', eine wesentliche unterläge. Aus dem plan der
fränkischen und thüringischen grammatik sind später die wichtigen
kapitel über die mitteldeutschen sprachformen in seiner „Mittelhoch-
deutschen grammatik" erwachsen, die in erster und zweiter aufläge
(1877 und 83) in Breslau ausgearbeitet wurde. Gedruckt ist in der
Grazer zeit von diesen Studien nur die kleine abhandlung über den
beilaut, ein ergebnis der arbeit an der alemannischen grammatik. Der
ausdruck beilaut, den Weinhold hier für gewisse dem i-umlaut ent-
sprechende aber nicht durch ihn zu erklärende erscheinungen schuf, hat
sich nicht eingebürgert, und die kombination der beobachteten tatsachen
unter einem gemeinsamen gesichtspunkt muss zum teil als verfehlt gelten.
Es zeigt sich schon hier, was auch als die schwache seite seiner grossen
grammatischen arbeiten bezeichnet werden muss: statt die gemeinsamen
Wesensbedingungen einzelner sprachlicher erscheinungen festzustellen und
diese danach zu gruppieren, werden die tatsachen allzu oft nur unter
einem symbolischen ausdruck zusammengefasst, der keine wirkliche er-
klärung enthält und darum auch nicht immer die richtige gruppen-
abgrenzung bietet. Als die saat, welche später Scherers buch Zur ge-
schieht^ der deutschen spräche ausgestreut hatte, aufgieng und als die
„Junggrammatiker" die zusammenhänge sprachlicher tatsachen schärfer
bestimmten, ihre physiologischen und psychologischen bedingungen exakt
festzustellen suchten, hat Weinhold der grossen sprachwissenschaftlichen
bewegung mit äusserster Zurückhaltung gegenüber gestanden und nur
zögernd und in spärlichem umfange hat er allmählich ihren ergebnissen
in seine Mittelhochdeutsche grammatik eintritt gestattet. Er hat aus
seinem Widerwillen gegen diese „linguistische" richtung kein hehl ge-
macht. Freilich hat der schüler Jacobis und Grimms die selbständige
bedeutnng der Sprachwissenschaft gerade in der schritt über den beilaut
mit aller entschiedenheit und wärme betont. Aber ebenso entschieden
hat er auch bekannt, dass er nicht auf der linguistischen, sondern auf
der philologischen seite stehe. Er gehörte eben doch nicht zu denen,
für die, wie für seinen lehrer Jacobi, in der Sprachwissenschaft grund
und werden der erscheinungen weit mehr reiz hatte als der tatsächliche
bestand. In der umsichtigen Sammlung und übersichtlichen gramma-
KARL WEINHOLD 153
tischen anordnung eines ausserordentlich reichhaltigen sprach materials
bewähren auch die drei grossen grammatiken wieder Weinholds be-
sondere begabung, und hierin liegt ihr bedeutender wert. In dieser
richtung haben sie Grimms werk weiter geführt, haben den dialekt-
studien reiche hülfe und anregung geboten und sind jedem germanisten
unentbehrlich geworden. Auch für die ältere litteraturgeschichte, be-
sonders für die zeit- und heimatsbestimmung mittelhochdeutscher denk-
mäler, haben sie bis auf den heutigen tag gute dienste getan, und die
Mittelhochdeutsche grammatik mit den ergänzungen, die man in der
alemannischen und bairischen findet, reiht sich den grossen Wörter-
büchern der Benecke- Müller- Zarncke und Lexer als nicht weniger be-
nutztes hülfsmittel an.
Doch die ausführung dieser arbeiten liegt schon weit über die
Grazer zeit hinaus. Scheinen die letzten Grazer jähre Weinholds Studien
ganz von der alten schlesischen heimat abgelenkt zu haben, so wurden
doch die beziehungen zu schlesischem leben und wesen auch in dieser
periode ununterbrochen fortgesetzt. Unter den Grazer freunden ist dem
Weinholdschen ehepaar keiner so nahe getreten wie ein Schlesier, der
die heimische volksart in seinen Schriften wie in seinem wesen am
lebendigsten verkörpert hat: Karl von Holt ei.
Als Weinhold nach Graz kam, war der alte fahrende poet dort,
am wohnort seiner verheirateten tochter, schon seit ein paar jähren sess-
haft geworden. Die gemeinsame liebe zur schlesischen heimat, gemein-
same schlesische erinnerungen , das gleiche interesse für die schlesische
mundart führte ihn mit Weinholds zusammen, und ein enges freund-
schaftsband knüpfte sich, das bis zum tode festhielt. Der verkehr mit
dem humorvollen dichter regte auch Weinholds humoristische ader an.
Holteis geburtsfag gab ihm gelegenheit zu einem dramatischen scherz
und zu einem bänkelsängerlied, das als ein „Schön new lied von einem
Juncker aus der Schlesien " in entsprechender ausstattung gedruckt wurde.
Zu ernsterer geselligkeit vereinigten gemeinsame klassiker - leseabende
die freunde, und an der ausgäbe von Holteis schlesischen gedienten
nahm Weinhold als sachkundiger berater für die Schreibung der mund-
art wie als Verfasser des seit 1857 angehängten giossars tätigen anteil.
Mit wie rührender treue seinerseits der weichherzige dichter an Wein-
holds gehangen hat, wie tief es ihn erschütterte, als er auf einer reise
durch Schlesien plötzlich die Zeitungsnachricht von der berufung des
freundes nach Kiel las, das konnte man schon längst aus Holteis auf-
zeichnungen über seine schlesische reise vom jähre 1860/61 entnehmen,
die er als anhang zu seinen „40 jähren" hat erscheinen lassen (s. 88 fg. u.ö.).
ZEITSCHRIGT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 11
154 VOGT
Ein ungleich lebendigeres bild aber von diesem Verhältnis gewinnt man
aus den briefen von Holtei an AVeinhold, die ans dessen nachlass jetzt
an die Breslauer stadtbibliothek übergegangen sind. Es ist der ganze
Holtei, der uns da entgegentritt, in seinem lebhaften empfinden, seinem
unterhaltenden geplauder, seinen ergötzlichen Schilderungen, seiner
derben 1 Listigkeit und seiner todessehnsüchtigen Sentimentalität; der
stramme deutsch -preussische patriot und der treue, warmfühlende freund.
Die briefe beginnen mit jener reise Holteis nach Schlesien, sie ziehen
sich durch Weinholds Kieler zeit, und auch als des dichters sehnen und
streben erfüllt ist, den freund nach Breslau zurückberLifen zu sehen,
tauscht er, vielfach und zuletzt dauernd ans ziminer gefesselt, briefe
mit ihm. Der letzte ist am 26. Oktober 1876 geschrieben, ein abschied
fürs leben an "Weinholds geburtstag und eine rührende danksagung „für
alle liebe, lehre, nachsieht und treue", die er von ihm erfahren hat.
Noch am 24. Januar 1878 konnte Weinhold bei der feier von Holteis
80. geburtstag, welche die Breslauer bürgerschaft beging, während der
Jubilar in sein stübchen im spital der barmherzigen brüder gebannt war,
die festrede auf ihn halten. Erst zwei jähre später ist Holtei gestorben.
In Westermanns monatsheften widmete ihm der freund einen nachruf.
Als Holtei sich im anfang november 1860 zur abreise von Graz
nach Schlesien anschickte, veranstalteten ihm die freunde ein abschieds-
fest. Weinhold sprach ein stimmungsvolles, von inniger heimatliebe
durchwehtes gedieht auf ihn, welches Holtei in seinem „Noch ein jähr
in Schlesien" hat drucken lassen (s. 4 fg.). Es klang in gedanken an
Holteis rückkehr im nächsten frühling aus. Aber der frühling brachte
Weinhold die berufung nach Kiel, und am 18. September 1861, ehe
Holtei heimkehrte, hat Weinhold Graz für immer verlassen.
Ein paar tage brachte er mit Holtei und einigen befreundeten
Professoren in Breslau zu1, dann siedelte er nach Kiel über. Er hat
dort fast fünfzehn jähre gewirkt, bis zum frühjahr 1876, wo sein alter
wünsch in erfüllung gieng, wieder auf den lehrstuhl der heimatlichen
Universität berufen zu werden, obwol man in Breslau nur Zupitza und
Friedrich Pfeiffer vorgeschlagen hatte. Für seine wissenschaftliche tätig-
keit kann man die Kieler jähre mit dieser zweiten Breslauer zeit zu
einer periode zusammenfassen. Neben der ausarbeitung der drei grossen
grammatischen werke widmet sich Weinhold mehr als bisher der be-
arbeitung alt- und mittelhochdeutscher denkmäler. So gibt er 1872 in
den Wiener Sitzungsberichten bd. 71 einen kritischen text der „Bruch-
1) Boltei, Noch ein jähr iu Schlesien, s. 209 fgg.
Karl weinhold 155
stücke eines fränkischen gesprächbüchleins" mit grammatischer Unter-
suchung; 1874 folgt die ausgäbe der Isidor- Übersetzung mit abhandlung
und glossar, 1876 die Wackernagels Altdeutschen predigten und gebeten
beigegebene Untersuchung über deren spräche, 1877 die kritische aus-
gäbe und erläuterung des Pilatusfragmentes (Zeitschr. 8, 253 fgg.), 1880
die ausgäbe des Lamprecht von Regensburg. Zugleich aber wendet
sich in dieser periode Weinholds forschung auch der neueren litteratur-
geschichte zu.
Schon gegen ende seines ersten Kieler Semesters entwarf er, noch
im dienste der alten heimatlichen beziehungen, die lebenskizze und
Charakteristik Martin Opitzens. Er trug sie zunächst in der Kieler
Harmonie vor, dann Hess er sie mit litterarhistorischen anmerkungen in
druck gehen. Beides sollte einem von Holtei mit eifer betriebenen unter-
nehmen, der errichtung eines Opitzdenkmals in Bunzlau zu gute kommen;
so ist das schriftchen auch dem alten freunde zugeeignet. Aber auch
für die Studien zur litteratur des 18. Jahrhunderts, die bald eine weit
stärkere anziehungskraft auf Weinhold ausübten, war sein Verhältnis zu
Holtei nicht ohne bedeutung. Holtei war ein leidenschaftlicher auto-
graphensammler l. Weinhold hatte in Graz seine schätze kennen gelernt
und die briefe, die der freund an ihn nach Kiel gerichtet hat, zeugen
davon, wie Weinhold sein interesse teilte, wie originalstücke ausgetauscht,
abschriften von brieten zur litteraturgeschichte des ausgehenden 18. Jahr-
hunderts zugesandt wurden. Die Kieler zeit bot Weinhold reiche ausbeute.
Dort lebten Heinr. Christ. Boies nachkommen, die ihm dessen brieflichen
nachlass zur benutzung anvertrauten. Die weitverzweigten beziehungen
des begründers des Göttinger musenalmanachs und des Deutschen
museums machten seinen briefwechsel zu einer reichhaltigen litterar-
historischen quelle, an der Weinhold sich nach der anstrengenden arbeit
der alemannischen und bairischen grammatik gern erfrischte. In seinem
buche „Heinrich Christian Boie. Beitrag zur geschichte der deutschen
litteratur im 18. Jahrhundert" (Halle 1868) hat er sie nach allen Seiten
ausgenutzt, unmittelbar aus ihr heraus ein ausführliches lebensbild Boies
geschaffen und die mannigfachen fäden, die ihn mit den litterarischen
bewegungen und den litterarhistorischen persönlichkeiten des Zeitalters
Klopstocks und des sturmes und dranges verbanden, sorgfältig bloss gelegt.
Im weiteren verfolg dieser quellenforschungen Hess er 1870 in
der Zeitschrift des Schleswig - Holsteinischen geschichtsvereins Gottlob
Friedrich Ernst Schönborns aufzeichnungen über erlebtes mit ein-
1) Vgl. bes. Holtei, 40 jähre 6, 383 fgg:
11*
156 voüt
leitung und beigaben, 1872 in Müllers Zeitschrift für deutsche kultur-
geschichte die studie über Matthias Sprickmann drucken, und dieser
lebensvollen Charakteristik eines echten Vertreters der Wertherzeit folgte
die grosszügige Zeichnung der ganzen stürm- und drangbewegung in
der akademischen kaisergeburtstagsrede von 1873. Unter den original-
genies, deren skizzen er hier mit wenigen kräftigen strichen hinwarf,
war ihm Maler Müller schon vertrauter geworden. Sein Verhältnis
zu Goethe hatte er 1872 in den Preussischen Jahrbüchern (30, 51 fg.)
behandelt, 1874 spendete er in Schnorrs Archiv für litteraturgeschichte
(3, 495 fg.) aus seiner und Holteis autographensammlung sowie aus den
an die Berliner bibliothek übergegangenen manuskripten aus Tiecks
nachlass wichtige beitrage zum leben und dichten des Malers. Yor
allem aber fesselte ihn Reinhold Lenzens tragische gestalt, die ihm
aus der litterarischen hinterlassenschaft des reichbegabten unglücklichen
mit wachsender deutlichkeit entgegentrat. Die herausgäbe und litterar-
historische erörterung von Lenz' dramatischem nachlass (Frankfurt 1884),
deren ergänzung durch die „Sizilianische vesper" (Breslau 1887) und
die „Gedichte von J* M. R. Lenz" (Berlin 1891) waren neben kleineren
Untersuchungen und ausgaben die fruchte dieses liebevollen Studiums.
Fand sich auch schon hier gelegenheit den Charakter und lebensgang
des dichters in aller knappheit zu zeichnen, so sollte doch erst eine aus-
führliche darstellung seines lebens und wesens diese Lenzforschungen
abschliessen. Der plan ist nicht zur ausführung gekommen; Erich Schmidt
hat versprochen ihn unter benutzung von Weinholds Sammlungen zu ver-
Avirklichen (Berliner Sitzungsber. 1901, 979 fg.). Nehmen wir zu diesen
arbeiten das lebensbild seines freundes Strachwitz, mit dem Weinhold 1877
dessen gedichte begleitete, die herstellung des Tasso-textes für die Wei-
marer Goethe- ausgäbe (1889) und eine reihe kleinerer Veröffentlichungen
verwandter art, so zeigt sich uns in dieser periode die neuere litteratur-
geschichte mit im Vordergründe von Weinholds wissenschaftlicher tätigkeit.
Natürlich musste unter solchen umständen die altertumsforschung
und die Volkskunde in der Kiel -Breslauer zeit etwas zurücktreten; dass
sie ihm nicht ganz aus dem gesichtskreis schwand, bezeugen in den
ersten Kieler jähren die kleinen Universitätsschriften über Deutsche jahr-
teilung (1862) und über Die deutschen Med- und freistätten (1864), so-
wie die reichhaltige abhandlung über Die deutschen monatsnamen (1869),
eine Begrüssungsschrift für die germanistische abteilung der Kieler
philologenversammlung, in welcher er den gegenständ des sechsten
kapitels von Grimms geschichte der deutschen spräche unter bereicherung
des materials besonders aus neueren quellen und in verbesserter grup-
KARL WETNHOLD 157
pierung behandelte. Der rezeption fremder kulturelemente bei den Ger-
manen galt auch die „seinem ehrwürdigen vater" zum 50. amtsjubiläum
gewidmete schrift über Die gotische spräche im dienste des Christen-
tums (Halle 1870), in der er die gotische wiedergäbe christlicher begriffe
in Wulfilas bibel systematisch zusammenstellt und erörtert, wrährend
wunderliche mischungen antiker und germanischer ethnologisch -geo-
graphischer Vorstellungen und historischer traditionen in der Wiener
akademieschrift „Über die polargegenden Europas nach den Vorstellungen
des deutschen Mittelalters" (1870) behandelt werden. Mit der provinzial-
geschichte und den vereinen, die sie pflegten, hat Weinhold auch in
Kiel fühlung genommen, und wie für seine literarhistorischen quellen-
studien so auch für die altertumskunde material und anregung dadurch
gewonnen; seine abhandlung über die personennamen des Kieler stadt-
buchs von 126-4 — 1288 im neunten bände der Jahrbücher für die landes-
kunde der herzogtümer Schleswig- Holstein und Lauenburg ist das be-
merkenswerteste ergebnis.
Natürlich knüpfte vollends in Breslau das interesse für die heimat-
provinz ein enges band zwischen ihm und dem verein für schlesische
geschichte und altertumskunde. Er hat ihm als tätiges und hoch-
geachtetes mitglied, später als ehrenmitglied, angehört. Sein aufsatz
„Zur entwicklungsgeschichte der Ortsnamen im deutschen Schlesien",
den er 1887 im 21. bände der Vereinszeitschrift erscheinen Hess, ist von
gleicher bedeutung für die schlesische landeskunde wie für die sprach-
wissenschaftliche seite der ortsnamenforschung. Solcher fruchtbaren Ver-
einigung eines soliden historischen und sprachwissenschaftlichen quellen-
studiums entsprang in demselben jähre auch die vortreffliche schrift über
die „Herkunft und Verbreitung der Deutschen in Schlesien". Mit um-
fassender kenntnis der landesgeschichte und ihrer quellen, der rechts-
verhältnisse, der bevölkerungsstatistik, der mundarten und ihrer histo-
rischen entwickelung eint sich hier wieder jene besondere gäbe Weinholds
zu knapper und klarer herausarbeitung der wichtigsten Seiten eines weit-
schichtigen und verwickelten Stoffes. Den alten plan einer systema-
tischen Sammlung der schlesischen Volksüberlieferungen hat er in Breslau
nicht wieder aufgenommen, nachdem er schon im jähre 1862 von Kiel
aus durch zwei kleine aufsätze in den neuerstandenen Schlesischen
provinzialblättern die landsleute noch einmal ohne erfolg ermahnt hatte
sich dieser traditionen anzunehmen1. Doch vereinigte er gelegentlich
einen kleinen kreis seiner schlesischen zuhörer zu einem privatissimum
1) Scliles. provinzialbl. u. f. (Rübezahl) 1, 193 fg. 2, 521 fg.
158 VOGT
über die heimischen mundarten, dem „pauemkolleg", wie es unter den
Studenten genannt wurde, und die Übungen und besprechungen ergaben
manchen beitrag zu seinen mundartlichen Sammlungen, besonders zum
schlesischen Wörterbuch.
Im gegensatze zur Kiel -Breslauer periode trat die volks- und
altertumskunde recht eigentlich in den mittelpunkt von Weinholds ge-
samter wissenschaftlicher tätigkeit, seit er ostern 1889 dem ruf auf
Lachmauns und Müllenhoffs lehrstuhl nach Berlin gefolgt war. Noch
an seinem lebensabend hat hier der unermüdliche eine führende rolle
übernommen in der frisch aufstrebenden volkskundlichen bewegung.
Schon im frühjahr 1890 trat er dem plan nahe, ein centrum für die
wissenschaftlichen Studien zur Volkskunde durch begründung eines Ver-
eins und einer Zeitschrift zu schaffen; im november desselben Jahres
wurde der plan verwirklicht und am 23. Januar 1891 konnte die erste
sitzung des Vereins für Volkskunde stattfinden. Lazarus und Steinthals
Zeitschrift für Völkerpsychologie wurde zur „Zeitschrift des Vereins für
Volkskunde" umgewandelt, und damit vollzog sich auch in ihr der
Übergang von der philosophischen betrachtung zur empirischen forschung.
Mit weitem blick stellte Weinhold im Vorwort begriff und umfang der
Wissenschaft fest, der sein verein und dessen organ dienen sollte und
entwarf das arbeitsprogramm, auf das er deutsche und ausserdeutsche
forscher zu vereinigen suchte. Wol haben sich nicht alle hoffnungen
erfüllt, die man an Weinholds unternehmen knüpfen konnte. Die philo-
logen von fach haben sich mehr als billig zurückgehalten, und aka-
demische prüderie steht der Volkskunde immer noch vielfach im wege.
Aber eine ansehnliche reihe wertvoller Untersuchungen und stoff-
lieferungen hat Weinhold gleichwol in den elf bänden seiner Zeitschrift
vereinigt und auch der lebhafte aufschwung landschaftlich begrenzten
sammelns und forschens zur deutschen Volkskunde seit den neunziger
jahren steht nicht ausser Zusammenhang mit der neubelebung des
interesses für diese Wissenschaft durch den geachteten gelehrten und
seine gründung. Mit welcher aufopfernden hingäbe Weinhold selbst
seinem verein und seiner Zeitschrift diente, hat dem verstorbenen sein
nachfolger in der Vereinsleitung, Max Roediger, mit warmen Worten
bezeugt.
Neben zahlreichen litteraturberichten ist eine stattliche anzahl von
aufsätzen und mitteilungen der Zeitschrift aus Weinholds feder geflossen
und gleichzeitig hat er als mitglied der Akademie der Wissenschaften an
der stelle wo einst sein meister Jakob Grimm stand die ergebnisse weit
ausgreifender forschungen zur deutschen volks- und altertumskunde vor-
KARL WEINHOLD 159
getragen. Grösstenteils strebten sie einem gemeinsamen ziele zu, einer
geschiente des heidnischen kuites der Germanen. Von diesem gesichts-
punkte behandelte er im jähre 1890 den „Mythus vom Wanenkriege"
(Sitzungsber. d. akad. XXIX), kehrte er 1891 in den „Beiträgen zu den
deutschen kriegsaltertümern" (ebenda) deren religiöse beziehungen, 1895
in der abhandlung über Die altdeutschen Verwünschungsformeln (ebenda
XXXI) den glauben an die zauberisch wirkende kraft des wortes hervor.
So verfolgte er 1896 die symbolische bedeutung der nacktheit durch
die deutschen volksbräuche wie durch die traditionell der verschiedensten
Völker und zeiten als beitrag „Zur geschiente des heidnischen ritus"
(abhandlungen der akad. 1896) und erörterte mit nicht minder reichen
nachweisen aus deutschen Volksüberlieferungen und fremden quellen
„Die mystische neunzahl bei den Deutschen" (abhandl. 1897) sowie die
„Verehrung der quellen in Deutschland1' (ebenda 1898). Auch die ab-
handlung über Den wettlauf im deutschen Volksleben (Zeitschr. d. ver. f.
Volkskunde 1893) spürte beziehungen zum heidnischen kultus auf, und
sein letzter grösserer beitrag zur Zeitschrift seines Vereins (1901) han-
delte „Über die bedeutung des haselstrauchs im altgermanischen kultus
und zauberwesen". Ein weit verbreitetes motiv der dichtung und der
bildenden kunst verfolgte er vergleichend in der akademischen abhand-
lung „Glücksrad und lebensrad" (1892). Das gebiet der vergleichenden
sagen- und märchenforschung betrat er in der akademieschrift „Über
das märchen vom eselmenschen" (sitzungsber. XXIX) sowie in den bei-
tragen zu seiner Zeitschrift „Über Goethes parialegende" (1892) und über
das märchen vom wolf mit dem wockenbriefe (1893).
Führten ihn diese Untersuchungen in die weiten fernen internatio-
naler kulturbeziehungen, so kehrte er dazwischen immer wieder gerne
zu den Volksüberlieferungen seiner schlesischen heimat zurück. Einzelne
schlesische sagen, brauche und lieder steuerte er zu seiner Zeitschrift
bei, der schlesischen mundart galten seine letzten arbeiten. Er liess
sich bereit finden, die ausarbeitung seines grossen Schlesischen Wörter-
buches in angriff zu nehmen und einige probeartikel im Jahrgang 1900
der Mitteilungen der schlesischen gesellschaft für Volkskunde zu ver-
öffentlichen, um zu zeigen, wie er sich die ausführung denke und „die-
jenigen, welche an der grossen vaterländischen aufgäbe mitarbeiten
wollen", zu nachtragen und berichtigungen anzuregen. Aus dem plan
einer umfassenderen behandlung der syntax der schlesischen mundart
erwuchs seine letzte akademieschrift „Die zeitpartikeln des schlesischen
dialektes" (Sitzungsber. XXXIX 1900), und noch am 11. märz 1901
setzte er die feder an zu einer abhandlung „Über die Wiederholung in
160 vom
der schlesischen mundart", die unvollendet wie das Wörterbuch mit
seinem handschriftlichen nachlass an die Breslauer stadtbibliothek über-
gegangen ist. Er zeigte, wie die Wiederholung als einfaches mittel natür-
licher rhetorik durch die Jahrhunderte fortlebe und darum auch in der
rede des unlitterarischen volkes bestehe. Auch an ihrer betrachtung
werde man erkennen, dass die erzählungs- und darstellungsart des in
seinem ererbten dialekt redenden sogenannten volkes gleich seinem Wort-
schatz gegenständ wissenschaftlicher philologischer forsch ung sei. Be-
stimmte arten der wortwiederholung, die für die schlesische mundart
charakteristisch sind, sollten dann auf grund reichlichen materials be-
handelt werden. — Die wissenschaftliche erforschung der mundart seines
geliebten heimatlandes war das ziel gewesen, dem die ersten selbständigen
Studien des Breslauer Studenten zustrebten; hier mündete auch das letzte
schaffen des meisters wieder ein. So schloss sich allmählich der ring
seines lebens.
Schon seit dem beginn des Jahres 1901 hatte Weinhold gekränkelt
und die Vorlesungen einstellen müssen. Aber an ein ausruhen zu denken
war dem siebenundsiebzigjährigen unmöglich. Wie seine feder nicht
rastete, so hoffte er immer wieder auch seine lehrtätigkeit von neuem
aufnehmen zu können. Noch am 30. juli schrieb er aus bad Nauheim
nach anfänglichem misserfolg der kur mit guter Zuversicht; aber ernster
als sonst schloss ein „gott befohlen" den brief. Es sind die letzten
worte die ich von seiner band erhalten habe. Am 15. august ist er
gestorben.
Es war ein reiches leben, welches da seinen abschluss fand; reich
an taten wie an ehren. Die achtung und anerkennung seiner univer-
sitätskollegen ist dem ernsten, klaren und festen manne stets in hohem
masse zu teil geworden. In Kiel, in Breslau, in Berlin hat er das
rektorat bekleidet; die Kieler kollegen entsandten ihn auch zu dem
grossen nationalen festtage der eröffnung der Strassburger Universität und
sie betrauten ihn mit ihrer Vertretung im herrenhause, wo er die erste
periode des kulturkampfes mit durchlebte. Weiteste kreise aber nahmen
lebhaften anteil an den ehrentagen, die sein lebensabend ihm eintrug.
Vor allem an seinem 50jährigen doctorjubiläum beglückte ihn, wie er
selbst es aufgezeichnet hat, „eine grosse, rührende und erhebende teil-
nähme". Drei festschriften wurden ihm dargebracht, in denen eine
stattliche anzahl von gelehrten zu beitragen vor allem aus Weinholds
stu diengebieten sich vereinigte 1. Die Zeugnisse einer so weit verbeiteten
1) Beiträge zur Volkskunde, dargebracht im namen der Schles. gesellsch. für
volksk. (Germ. abh. XII). Breslau 1896. — Festgabe an Karl "Weinhold, dargebracht von
KARL WEINHOLD 161
Verehrung sind umso bemerkenswerter, als Weinhold weder selbst eigent-
lich schule gebildet noch einer wissenschaftlichen fraktion angehört hat.
Er ist die wege seiner forschung einsam gewandert, den blick auf die
hohen ziele gerichtet, die durch Jakob Grimm seiner Wissenschaft ge-
steckt waren, ohne des kampfes der parteien rechts und links zu achten.
Er hatte etwas herbes in seinem wesen, was nicht wenige unter seinen
zuhörern abgeschreckt hat. Aber wo er ernstes wissenschaftliches streben
wahrnahm, da schloss sich sein herz auf zu persönlicher mitteilung,
ermunterung, belehrung, und er wahrte den schülern, die ihm so ein-
mal näher getreten waren, ein treues interesse fürs leben. Neben seinen
Vorlesungen, die das gesamtgebiet der deutschen grammatik und litteratur-
geschichte, mythologie und altertumskunde umfassten, hat er durch streng
geleitete Übungen, besonders seit er in Kiel und Breslau das germa-
nistische seminar begründet hatte, für eine gründliche Schulung seiner
zuhörer gesorgt. Von der Grazer zeit abgesehen ist seine einwirkung auf
die studierenden in Breslau zweifellos am nachhaltigsten gewesen. Das
gemeinsame interesse für das schlesische Volkstum bildete hier ein be-
sonderes bindeglied zwischen ihm und einer anzahl auserwählter schüler;
aber auch weitere ziele hat er ihnen gesteckt, und tüchtige arbeiten,
die seiner anregung entsprangen, veranlassten ihn zur begründung der
„Germanistischen abhandlangen". Banausentum und Oberflächlichkeit
waren ihm unter den studierenden und im wissenschaftlichen leben ebenso
verhasst wie streberei und Cliquenwirtschaft. Denn ihm war die Wissen-
schaft die hohe heilige göttin, welche die volle hingäbe eines reinen
herzens verlangt. So hat er ihr selbst gedient. Es klingt aus seinen
Schriften nicht selten ein feierlicher, ich möchte fast sagen: ein priester-
lich weihevoller ton, der für unsere realistische zeit etwas altmodisches
hat; aber er ist doch nur der wahre ausdruck einer von der hohen
idealen aufgäbe ihres forschens und lehrens erfüllten sittlichen persön-
lichkeit. Er bekennt selbst einmal, dass ihm „das bloss gelehrte heraus-
arbeiten aus dem stoffe'1 nicht der einzige zweck sei. Stets umfasst er
auch die ethischen und die gemütswerte der gegenstände seiner forschung
mit ganzer seele. Für die aufgäbe des Universitätslehrers erachtete er
es, nicht nur das wissen zu überliefern, sondern auch Charaktere zu
wecken; und er hoffte, dass an dem starken und mannhaften wesen ger-
manischen altertums sich eine charakterlose gegenwart aufrichten könne.
Fand er einmal gelegenheit, vor weiteren kreisen über einen gegenständ
aus seiner Wissenschaft zu sprechen, der unser sittliches und unser
der Gesellschaft für deutsche philologie in Berlin. Leipzig 189ö. — Festschrift zur
50 jährigen doctorjubelfeier Karl Weinholds. Strassburg 1896.
1 62 GERING
nationales empfinden berührt, so geschah es mit jener inneren ergriffen-
heit, die auch die herzen der hörer zwingt. Die rede über Luther und
das deutsche hans, die er bei dem 400jährigen Jubiläum des reformators
in Breslau hielt, hat auch auf katholiken einen tiefen, noch heute
lebendigen eindruck gemacht; und als er das denkmal einzuweihen hatte,
das die Tiroler herrn Walther von der Vogelweide in Bozen wie eine
nationale schutzwehr errichtet hatten, steigerten sich seine kurzen worte
zu hohem, aus voller seele quellendem pathos. Bei alledem aber war
ihm stets das oberste und unverbrüchlichste gesetz aller darstellung
strengste Wahrhaftigkeit. Ihr musste sich alles empfinden, auch das
gefühl persönlicher freundschaft unweigerlich beugen. So hat er sich
bei dem lebensbilde seines Jugendfreundes Strachwitz auch nicht die
leiseste Schönfärberei zu schulden kommen lassen, und selbst als er vor
die von froher festesstimmung bewegte Versammlung trat, die seines
treuen Holtei 80. geburtstag feierte, da bemerkte er von vornherein:
„Ich will über Holtei sprechen nicht in der weise eines panegyrikers,
der nichts grösseres und edleres kennt als den namen, über den er im
augenblicke handelt, sondern wie es einem Vertreter geschichtlicher
Wissenschaft gebührt, also wie ich es für wahr halte. Ob ich wirklich
wahr urteile, steht dahin; ich habe es nach meinen kräften gewollt". —
So habe ich auch das bild Karl Weinholds und seiner lebensarbwt
hier zu zeichnen gesucht.
BRESLAU. FRIEDRICH VOGT.
DIE RHYTHMIK DES LJODAHATTR.
Vorbemerkungen.
Da es an einer erschöpfenden behandlung der im IjöÖahätir ver-
wendeten verstypen gebrach, musste ich selber zum werke schreiten,
um mir für die mir übertragene bearbeitung der Hildebrandschen Edda
eine sichere unterläge zu schaffen. Natürlich konnte es sich hierbei
nur darum handeln, das von Sievers in seinen metrischen Schriften
gegebene material zu vervollständigen und in einzelheiten zu berich-
tigen — denn dass seine resultate in allem wesentlichen unverrückbar
sind, gilt mir als zweifellos, da sie ihre probe auch dadurch bestanden
haben, dass sie in zahllosen fällen Verderbnisse der Überlieferung er-
kennen Hessen und die heilung ermöglichten. In der anordnung des
Stoffes folge ich ebenfalls Sievcrs, meistens auch in der terminologie;
doch habe ich mir in der bezeichnung der untertypen — zu gunsten
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 163
einer consequenteren beobachtung des einteilungsprincips — einzelne ab-
weich un gen gestattet.
In der Verstellung bin ich von den neuesten herausgebern, die
meist auf Hildebrands ergebnissen fassen, zuweilen abgewichen: denn
diese ergebnisse, die in den hauptpunkten allerdings richtig sind, finden
im einzelnen ihr correctiv durch die von H. noch nicht gekannten ge-
setze des versbaus1.
Zur bezeichnung der alliteration verwende ich in der langzeile
die griechischen buchstaben a — d: a nenne ich einen halbvers, der nur
auf der ersten hebung den Stabreim trägt, ß einen halbvers mit doppel-
alliteration (zwei gleiche reimstäbe auf beiden hebungen), y einen
halbvers mit nebenalliteration (zwei verschiedene reimstäbe alliterieren
mit zwei entsprechenden reimstäben der anderen halbzeile) und d einen
halbvers, der nur auf der zweiten hebung alliteriert. Bei y unterscheide
ich y1 (reimstellung ab/ab) und y2 (reimstellung ab/ba); die letztere ist
weitaus seltener. — In der vollzeile sind verse mit alliteration auf
auf der 1. und 2. hebung mit 1. 2, verse mit alliteration auf der 2.
und 3. hebung mit 2. 3 und verse mit alliteration auf allen drei hebungen
mit 1. 2. 3 bezeichnet.
Den nachprüfenden und weiter forschenden glaube ich dadurch
einen dienst zu erweisen, dass ich das gesamte, nicht allzu umfang-
reiche material übersichtlich geordnet vorlege. Denn es wird noch
mancher detailuntersuchungen bedürfen, ehe alle probleme, die das
schwierige versmass stellt, ihre lösung gefunden haben.
Die eddischen lieder sind mit denselben abkürzungen bezeichnet,
die in meinem Wörterbuche angewendet sind; die übrigen quellen, die
ich citiere, sind die folgenden:
Eir: EiriksmQl (Wisen, Carmina norroena s. 15),
Gautr: die ljöSahättr- Strophen der Gautreks saga (hrg. von W. Ranisch,
Berlin 1900),
Herv: die Getspeki Heiöreks konungs in der Hervarar saga (hrg. von
S. Bugge, Norrone oldskrifter s. 235 fgg.),
Hgsv: Hugsvinnsmql (hrg. von H. Schcving, Vifieyjar Klaustri 1831),
Hkm: Häkonarm^l (Wisen, Carm. norr. s. 16),
Hkv: HaraldskvaeÖi (Wisen, Carm. norr. s. 11),
1) So ist z. b. Ls. 43 3 die versteilung der früheren ausgaben widerherzustellen,
da die grösste Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die beiden ersten mit m an-
lautenden Wörter zu der ersten halbzeile gehören; nach Hildebrands versteilung würde
molpalc an der alliteration gar nicht teilnehmen, was schwer glaublich ist.
164
Hl: die IjoÖahättr- Strophen im Hättalykill Rqgnvalcls jarls (Sn. Edda
ed. Svbj. Egilsson. s. 239),
Ket: die IjoÖahättr- Strophen in derKetils saga hsengs (FAS II, 109 fgg),
Rfn: die IjoÖahättr -Strophe in der Rafns saga Sveinbjarnarsonar (Bisk.
sogar I, 662),
Sl: SdlarljoÖ (hrg. von S. Bugge, Norr. fornkvaröi s. 357 fgg.
Erster teil.
Die langzeile (L).
A. Der erste halbvers (La).
Cap. 1. Typus A.
§ 1. Bei den A- verseil unterscheide ich die folgenden untertypen:
1. den gewöhnlichen, in der reget viersilbigen vers ohne neben-
heb ungen (AI);
2. denselben vers mit nebenhebung im ersten fusse (A 2) , und
z/ivar:
a) mit der ziveiten hebung auf laiiger silbe (A2h2l),
b) mit der zweiten hebung auf kurzer silbe (A2h2k),
c) mit der ersten hebung auf kurzer silbe (A2hlk);
3. denselben vers mit nebenhebung im ziveiten fusse (A3);
4. den erweiterten A-vers mit 3 silben im ersten fusse, von denen
die 2. oder 3. eine nebenhebung trägt (A*);
5. den A-vers mit auftakt (aA).
Anm. Der unter 2c verzeichnete untertypus ist eine seltene spielart, die
jedoch nicht übersehen werden darf.
I. Der gewöhnliche viersilbige A-vers ohne nebenhebungen
(AI: jlx\jlx).
1. Verse ohne silbenverschleifung.
§ 2. (a) afli deila Hgsv 61, afl ok heilsu Hgsv 773, allan dugnap
Hgsv 301, allra räpa Hgsv 161, allt es betra Hgv 1633, angr ok J)rsetur
Hgsv 1273, armar lystu Skm 63, är skal risa Hgv 581 591, astar firna
Hgv 921, ats ok drykkju Hgsv 771; auk nser morni Hgv 1001, aura
njota Hgsv 1073; aura pina Hgsv 521 583, aul)i betra Hgv 103, aub ne
heilsu Sl 81, eiga viljak [vilja R] Alv 73, eigur plnar Hgsv 393, eina
döttur Vm 471, einskis bipja Hgsv 451, cinskis prseta Hgsv 571, einu
dogri Skm 131, cinu nafni Grm 483, einu sinni FM 624; cyrum hlybir
Hgv 73; illa lata Hgsv 1231, illra kvenna Hgsv ll3, innan garpa Fj 43,
ian skal ganga Ls 31; jarla bägi Hkm 163; opt at haldi Hgsv 693, orpa
DIE RHYTHMIK DKS LJODHAHATTR 165
peira H$v 653, orpum skipta Hqv 12 14, Opni blöta Ket 341; ulfa dömi*
Em 291, ulfum glikir Sl 311, Ullar hylli Grm 421, unnins vitis Hgsv
1461, upp at hefja Hgsv 931, ürgar brautir Fj 23, ütan garpa Fj l3;
orna mselir Hgv 291, 0pri drykkju Skm 363, epri syslu Hgsv 1433; ql
vas drukkit Hgv 363, qllu golli i<m 343, qllum lengri Sl 471, qln ne
penning Ls 403, qlvi bergja Ls 93, qrr at kenna Hgsv 821, qprura heita
Hgsv 281;
barn at aldri Hl 2\ Barri heitir Skm 401 421, baug ek pikkak
Skm 22\ baztr sä pykkir Hgsv 1123, blipum orpum Hgsv 851, blut ne
sönir Hgsv 1141, blöpgar rünar ££ 613, blöpug hjortu Sl 583, blöp peir
vqkpu Ä/ 803, brjöst i gognum &Z 643, bröpur kvepja Em 121, bökr ok
rünar i/r/s?; II1;
draumuni slnura üft/sv 801, dreyrga steina Sl 581, drykks of purfi
Sl 31, dyggva fylgju ifcw 203;
fagrt skal msela JTpy 911, feigum munni Vm 553, fjqll oll skjalfa
.Ls 551, fjojp of viprir Hgv 736, fjor sitt lata Fm 223, fjqrvi ypru ifo» 73,
fröl)i pessi J7#sy 1033, fyrpa engi 5/ 833, futr hefr ätta Herv 443, fq
mun systir Em 103;
gättir allar 17pfl l1, glapr at mqrgu Sl 351, golli keypta Ls 421,
göpra doma Hgsv 921, göps of öpis i?£y 43, göpu dögri Hkm 19l, göpum
mqnnuni Hgsv 1013, gumnar margir üZfiy 321, gorpar värar Hkm 171;
hadda bleika** Herv 518, lieilla aupit Em 223, heima letja Vm 21,
lieimsku mala*** jEYr 31, heiptarorpa ZJi/sfl 1451, heipt at meiri Fm 19\
heipnar stjqrnur Sl 603, heigar meyjar Sl 731, helgir englar $Z 71, Heljar
meyjar Sl 383, her vit skiljumk Sl 821, heyri jqtnar Skm 341, hjalm ok
brynju Hkm 173, hjarpir sola Hgsv 1341, hörn hefr ätta Herv 553, horrium
fullum Sl 563, Hrafn ok Sleipnir FM 103, hreinir kyndlar 57 693, hrseva-
kulpi 6fy 123, hugr es betri Fm 281, hundar fagna Fj 443, hundrap
rasta Vm 183, hvilur peira Sl 723, hselins orpi jBjjfs«; 293, hqfpi slnu
Hm> 383, hqfpi skemra Fm 341 38\ hqfpi vepja Vm 193, hqvar reipir Sl 741;
klsepi peira Sl 663, kvsepi petta *SZ 811;
land es heilakt Grm 41, laug skal gorva Sd 341, lipnar heiptir
Hgsv 671, lips skal bipja Hgsv 951, Ijösir aurar Sl 343, ljöpa pessa Hgv
1623, Lyr hanu heitir Fj 321, lyj>i sinaf Herv 613, lqstu sina [slna om.
Schev.] Hgsv 613;
*) In R als 2. halbvers überliefert , doch ist die von Orundtvig vorgenommene
Umstellung zweifellos richtig.
**) Die versteilung bei Bugge ist natürlich falsch.
***) Die versteilung bei Wisen ist falsch.
f) Die versteilung bei Bugge ist falsch.
166 GERING
manna peira Fm 233 Sl 73 :i, manna bengill Grm 163, mat pü
villat Hgv 1 13% menn beim styra >S7 743. ineyjar orJ)um ifyv 831, meyjar
Qstum Alv 81, mey fm teygjat £d 32 3, mildir fröknir Hgv 48 x, mildr
af Jmrftum Hgsv 1093, niorgind(jggvar Vm 453, myrkt es üti Skm lO1^
mseki liggja Gtora 523, molum hlypir Hgsv 1191, inorgum orfum
Hgv 1033;
HQtt bü risat i/^ü lll4;
ranna beira Grm 243, raubu golli Rm 91, reipra gumna if^.sv 147 *,
rokb ok elska i7#si> 49 3;
sarma elsku Hgsv 503, sättir letusk Sl 213, sättir binar Ji?> 71,
seglum hennar Sl 773, sinna verka 5/ 491 i7#.s?; 1463, sinni optar ift/s^
401, sinu läni flgrsu 1293, sinum monnuni Sl 57 3, sibr bü hefnir ÄZ223,
sunr es betri Hgv 72 x, sveinn enn hviti Ls 203, svifmir fuglar Sl 533;
skarpar älar Ls 62 3, skyndi jotnar Alv 143;
stuttir sniglar Gautr 31;
tälardisir Rm 243, tqlum miklum ^4fe 353;
yal J)eir kjösa Fw 413, Tapir rainar Hgv 49 *, Teit-a gqrla Hgv 313,
Ter[)i betra Hgsv 553, Tigrar rjöba Hkv 213, Tind ek kyrri Hgv 1543,
Titka liki Ls 243, Topnum sinum Hgv 381;
Jmrra skiba i7^v 60 *, Jmrsa liki Alv 23, pokk mim grata i^Af 512;
(ß) afl ok eljan Hgsv 1121, allar ögnir Sl 68 *, annars ilsku Hgsv
263, auk nser aptni Hgv 97 *, einum ekka i}' 183, eldi JQtnar Alv 283,
engi öttask Sl 303, illra orba* Sfcm 21, jarblikt epli Hgsv 1373, joll ok
üfu Ls 33, opt beir eggja Hgsv 147 3? Öpinn asa 6rrm 443, Urbar orbi
J}' 47 3, a*ti JQtnar Alv 323, ©pi jqtnar Alv 203, ollum osutn Grm 453;
bekki breiba Alv l1, bjqrg 6r beinum Grm 403, blindr es betri
Hgv 713, brandr af brandi Hgv 57 *, bü es betra Hgv 361 371, byrbi
betri Hgv 101 ll1;
drukkna deila Sd 20 3, dQpruni dauba .R/w l3;
fötr vib föti Vm 33 *;
gjalti g'likir J3j5# 1285, GHabr ok Gyllir örw 301, grät at gamni
Skm 303, Grrimr ok Grimnir Grm 474, grottan gola Sl 263, gubs hann
gabi £Z43;
haufaj)** hqggva Skm 233, Heljar hrafnar Sl 67 3, liitt ek hug{)a
Hgv 98 3, hlätr vib hlätri Hgv 42 3, hold ok hjarta Hgv 95 3, liorskir
hrafnar /<}' 45 \ hrakldu hjarta 67 33, hugr mik hvatti Fm 61, hugr
*) Die langxeile hat vier gleiche rcimstäbe ; s. unten § 114, muri. 8.
**) Die handsehrifl hat hofujr, solltr diese lesart die richtige sein, so würde
der vers dem typus F angehören.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTK 167
peim kverfi Gg 93, hvergis liylli Hgsv 1023, hverr pik livatti Fiu 51,
hve pü heitir HHv 141 161;
kalda kjapta Fm 53 3;
lengi liggja Fm 271, leyndir lestir i?#s# HO3, liki leyfa Hjv 913,
litlu läni Hgsv 59 *, lypum ly'sir Herv 45 3, lQstum leyna Hgsv 841;
mar ok inseki Ls 121, inser vip ineyju üZe/-*; 48 3, liiörgum manni*
Ä'e* 19 l Herv 52 3;
rifja retti HHv 22 3, rsesis rekka HHv 18 3;
sinni s^slu i7</sy 1443, sitr ok snöpir Hyv333, sjaldan sitjaiJ/sy 91,
sötar syndir Sl 68 3;
skyldr at skemta Hl l1;
Ter pvi VQldum .#&/« 123, Yists ok väpna Sd 363;
Jmelum pinum Hgsv 511;
(y1) einn ek yissa (hversu alla Tega) Sl 38 *;
bqlvi kverju** (peir "belt hafa) 5/ 801;
för pä 0|)inn (at freista orpspeki) Vm 51, frip at kaapa (at pu
per Frey kvepir) Skm 193, füll skal signa (ok vip färi sea) Sd 75;
heilir afesir (heilar äsynjur) Ls ll1 Sd 31, hvers pu leitar (epa
hvers pu ä leitum est) Fj 21;
rlk pau v()ru (ßäpny ok Vebopi) SZ 161;
sumr af frsendum (sumr af fe omu) H&v 693;
Tegr vas undir (ok vegr yfir) Herv 32 3;
(d) pat es aunat Rm 213, sipr pü osum Ls 123, hvat verpr Opni
Vm 52 3;
alt es betra Hyv 1233, hvärt pser bjargä Fj 393, ek mim bregba
Alv 41, margar brüpir*** HHv 173;
pä skal freista Vm 93, peim es fyrpa H<jv 543;
peir pat gerva Hgsv 683;
pü vast häla HHv 181, opt sä hefnisk Hgsv 63 3, opt peir hefnask
Hgsv 883;
pä pat kyndisk Htm 18 *;
opt mer mQUUpr Äfcm 483;
pat pä reynisk Hgsv 913, sü skal ripa Vm^l3, her 'ru rünar /S/791;
heyri seggir Ä/sv l1, nü päu sitja <S7 163, hitt es synna i^/s?; 1383;
*) In der Hertarar saga liest die eine hs. anders.
**) Ixjlvi, das in den hss. fehlt, ist von Bugge zweifellos richtig ergänzt
worden. Natürlich muss aber Lxjlvi kverju gelesen werden, nicht, wie Bugge schreibt,
hverju bqlvi.
***) Es ist aber sicher umzustellen : forubir margar (bann let fra bui teknar).
168 GERING
opt pik tselir Hgsv 28 3;
enn es verra Rm 81, annars viti* Hgsv 92 3, ein pü vserir Ls 541;
sü mun Jmfask Hgsv 533.
Anm. Ohne alliteration überliefert ist der halbvers jaraa dreyri <$/ 763. Bugge
vermutet, dass der fehler der Überlieferung in dar xweiten vershälfte %u suchen ist.
§ 3. Öfter sind verse, die mehr als vier silben enthalten, durch
einführung des bragarmäl oder durch Streichung überflüssiger Wörter
auf das gewöhnliche mass zurückzuführen , wie in den nachstehenden
fällen, ivo die Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass die überschüssigen silben
durch die abschreibe?' in den text geraten sind. Die handschriftliche
lesart ist in eckigen klammern beigefügt.
(a) ärla [ärliga] verpar Hgv 33 \ Atli heitik [ek heiti] HHv 151,
eggjar cleyfik [ek deyfi] Hgv 1483, eitri fnostak [ek fnösta] Fm 181, ulf
sek [se ek] liggja Ls 411, uugr vask [var ek] forJ)um Hgv 47 \ üt ne
[pü ne] kvsemir Ls 27 x, oll mimt [muntu] lemjask HHv 213;
l)ert nü mselik [b. ek nü mseli] Hgv 90 \ Möpukt's [bl. er] bjarta
i7^y 373, Byggvir heitik [ek heiti] Ls 451;
far [far hü] nü seva Gg 15 *, fj^lh per [ek per] saghak (?m 52 x,
fl<$'s [flo er] per tunga Ls 311, fraknla [freknliga] lätip HHv 12s;
ganga's [ganga er] betra Sd 26 3, grey eitt fannk pä [ek pä fann]
Hgv 100 3, Grinmir hetumk [Grinmi mik hetn] Grm 49 :;
heill skalt [skaltu] Agnarr Grm 31;
mäl's [mal er] at pylja Hgv HO1, mey ne [bann ne] griötir Ls 37 2,
miklu'st [m. pü ert] hnugginn Grm 315;
nokpir [n. peir] urpn Sl 93;
reipr's [r. er] per betri Hgsv 1083;
säk [sä ek] ok pagpak Hgv HO3, seg [segpu] mer hverjum .F)' 61,
slita vildak [ek vilda] Sl 37 3;
stundir räpat [ei räpa] Hgsv 793;
[>angat [p. ek] aetlumk Sl 293;
(ß) emkak [emkat ek] alfa Skm 18 x;
Iberjask's [b. er] betra Sd 313;
gest ne [pü ne] geyja Hgv 1344;
handar [h. ennar] högri Ls 383, hendi [h. enni] högri Ls 613, hritt
[hrittu] ä hurpir Fj 431, kverr's [hv. er sä] enn hvelli Herr 341, hverr's
|hv. er sä] enn liQvi Ket 29 *;
räp's [r. er] per räpit .Fra 211;
snaupr munk [mun ek] snöpa Gautr33, svä'ru [eru] seggir Hgsv 1283;
*) Es ist aber wol unizustellen: Titi anuars (läti ser at varnapi).
DIE RHYTHMIK DES L.TODHAHATTR 169
Tel skalt [skaltu] yinna Hgsv 1441;
ßat's [p. er] et J>ripja Em 221;
(71) kvapk [kvap ek] fyr osum (kvapk fyr äsa sunum) Ls 641;
reipr's [r. er] per Opinn (reipr's per äsa bragr) £&ra 331;
(/2) seg [segpu] [tat hirpir (es ä haugi sitr) Skm ll1;
(d) fysat [fysattu] annan Hgsv 15 3, seg [segpu] pat annat Fm 221,
pat kaunk [kann ek] annat Hgv 1471, seg [segpu] pat Eldir Ls l1, veizt
[veiztu] pat Eldir Ls 51, mant [mantu] pat Opinn Ls 91, im [nü ek] vip
Öpin Vm 55 3;
munkak [munka ek] floja *Stö 211, |>ä namk [nam ek] frsvask
Hgv 1411;
munkak [munka ek] ganga HHv 23 \ par skalt [skaltu] ganga Skm
263, nü's [nü er] peim goldit Sl 183, pat skalt [skaltu] gorva Lfr/s?? 109 1;
vaskak [vaska ek] lieima Alv 43, pvi 'mk [fvi emk] her hröpugr
Ls 453;
nü skalt [skaltu] kjosa Sei 20 l;
betra's [b. er] lifpum Hgv 701;
pat pä reyndak [pat ek pä reynda] L^ 95 \ pä pat reyndak [pä
ek pat reynda] L7^ 10 13;
svä hefk [lief ek] studdan Fj 123;
ris [rlstu] pä Vlparr Ls IQ1;
ves [ves pü] sein pistill Skm 314.
Ein fehler der Überlieferung , ohne class die gewöhnliche silben-
utkl überschritten wäre, liegt auch vor: pik bipk [bipr, bipur] skilja
Sl 753.
An/m. Ohne alliteration sind folgende drei kalbverse überliefert: upp skalt
[skaltu] risa Ket 311 (vgl. § 114 (nun. 7). ris [rlstu] nü Skirnir Skm l1 (vgl. § 74 anm. 1),
reyndr est föstri Ket 33 x (vgl. § 116).
2. Verse mit silbenverschleifung.
§ 4. Zwei auf einander folgende silben können mit einander
verschleift werden, wenn die erste kurzen rocal hat und zwischen beiden
nur ein einfacher consonant steht. Ebenso können zwei unmittelbar
auf einander folgende vocale verschleift werden, und zwar innerhalb
eines Wortes ohne ausnähme; dagegen wird vocalischer auslaut mit
vocalischem anlaut nur dann verschleift , wenn der letztere in der
Senkung steht (Sievers, Altgerm, metrik § 39, 2). Elision des an-
lautenden vocals (bragarmäl) statt der verschleifung hat ivol nur bei
den echten encliticis: ek, es fconj.) es (verbum) , erum, erup, eru, -at
stattgefunden.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. ] 2
170 GERING
Im typus A sind die Verschiffungen fast gan\ auf den ersten
fnss beschränkt, tro sowol aufWsung der hebung (v^x x) als auflösung
der Senkung {+^x) stattfinden kann. Im zweiten fasse findet sieh
nur ein paarmal auflösung der hebung (s. unten anm. 3); die schluss-
senkung kann nach einer bereits von Sievers (Altgerm, metrik § 43, 7)
auf gestellten regcl niemals davon betroffen werden.
a) Auflösung der ersten hebung:
(a) ofarla bita Hgv 1171; Braga ek kyrri Ls 181, buinn vi])
nieinum Hgsv 741; fopur ek äkka Fm 23, fojmr ok möpur Hgsv 33
1021 108\ fqpur ne möpur Herr 593; glQpiun es betra Fm 293; liratat
of rasegi Air l3, hvQtum es betra Fm 291; Loka ek kvepka* Ls 181;
matar ok väpa Hgv 33, mikilsti snimraa Hgv 661; niu kvamk heima
Vm 434; sakar ok heiptir Sei 361; skua ok bröka Hgv 6l3; {>egi pii
Byggvir Ls 46 x;
(ß) Uni ok Iri Fj 341, yfir ok undir H(>v 1043; fei ok f jqivi
Fm 30 3 Sl l1; himinn ör hausi Fm 213, hofum ok horgum Vm 384,
hugi ek hverfi Hgv 1613, hverir 'u liojpar i^ift? 121; leti ok losta**
Hgsv 173; sakir at sokja Hgsv 67 3, Svipurr ok Sviprir Grm 50 *; tiu
hefr timgur Herr 42 3;
(y1) pegi pü Ipunn (pik kvepk allra kvenna) Lsl.71, pegi pü ÖI)inn
({)ü kunnir aldri) Ls 22 \ J>egi pü Beyla ([ni'st Byggvis kveen) Xs 56 x,
pegi pü Freyja (pik kannk fullgqrva; pü'st fordsepa) Ls 301 32 i, f>egi
pü Gefjon (J>ess munk nü geta) L.s 201;
(ö) munat bann falla Hgv 1583, vaki pü Helgi //i7r 241.
Anm. 1. Streichung einer überflüssigen silbe muss ein paarmal vorgenommen
werden: (gjafir skalt [skaltu] launa Hgsv 491, hafa bat vildak [ek bat vilda] Here Sl1,
sota ne [ek ne] mäkat*** FM216; (S) hverir'u J>egnar [beir b.j Herv Ol1.
b) Auflösung der ersten Senkung:
(a) ctki peir hugpu £Z 91, Ofnir ok Svafnir GVm 34 5 545, Öpni
at segja Hkm 133, üfar'u disir Grm 533, uppi ok nipri £7 523, osu at
bipja LsQ3- Döri ok Öri i^ 343, dylja peir vildu 67 233; fregna ok
segja iJ^ 631; gözku ok mildi ify.sy 1043; kemba ok perra Sd 343,
kostir'u betri Skm 131; visi pat heyrpi //£>« ll1, vsengi peir sköku
*) Sijmons streicht ek, setxt kvebak in den zweiten halbvers und nimmt vor
Loka eine Hielte an. Dass nichts ausgefallen ist, wird m. c. durch 103 und 163 be-
iciesen. wo ebenfalls (gegen Hildebrand) vor lastastofum die cäsur anzusehen ist.
) losta kann nicht richtig sein, da man ein synonym %u leti erwartet. Ich
vermute leti ok lQsku: das fem. loska ist einmal im cod. Ups. der Snorra Edda
(Sn. K. ff, 346) belegt. Vgl. Svbj. Egilsson und QuSbr. Vigfüsson s. v. löskr.
;**) So Bugge; mätta, mättak, 'maki' codd.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 171
Sl 543; dazu der von Sijmons durch conjectur zweifellos richtig her-
gestellte vers: yerpir'u qflgir [varpir ellifu] Fj 203;
iß) äsa ok alfa Hgv 1593 Slan 73 Ls 23 133 303, aura pü afla
Hgsv 391, oddi ok cggju -ffc/si' 101, orp mer af orpi Hgv 1413, Öski
ok Omi Grm 49 r', ütan ok innan ££ 52 x; hatri pü hafna Hgsv 81,
heimska ör horskum Hgv 933, Helgi hann heitir HHv 131; Möpi ok
Magni Vm 513; svartar ok sämar Herv633; vopnnm ok vqpum Hgv^l1-,
(y1) hröpi ok rögi (ef eyss ä holl regin) Ls 43; töpi ok öpi
(tjqsull ok öpoli) Skm 291; pser'u mep ösum (Jser'u mep qlfiim) 5c? 184;
(d) hversu er fagnip Hlw 20 2; hirpat at senna Hgsv 25 *; nEer
pu at pingi <S/c?ra 393; hierher vielleicht auch: dugnap pann veit pü*
i^sv 26 x.
J.///H. 2. Überschüssige silben sind vermutlich in folgenden versen zu be-
seitigen: hyggila [hyggiliga] letu Hkm ll3, seg [segpu] f»at et pripja (ätta) Vm 241
341; (ß) hverr's [hv. er] sa enn hvelli Herr 341, seg [segpu] pat et setta (sjaunda)
Vm 30 l 32 », tryggla [tryggligaj hann trupi 5/ 20 3; (cf) heitir [h. pü] hana eina
Ls 53 :!, hverr's [hv. er] sa enn eini Hervö9\ seg [segpu] pat et eina (fjörpa, finita,
tolfta) Vm 20 * 26 l 28 » 42 l, hverjar'u brubir [pfer br.] Herv 53 l, hverjar'u drosir
[pser dr.] Herv 49 ', seg [segpu] pat et hinzta Herv 66 \ hverjar'u leikur [pfer 1.]
fien> 50 ', hvat's [hv.er] pat et litla Ls 441, hverjar'u meyjar [pser m.] Vm 48 l Herv 52 x,
hverr's [hv. er] sa enn mikli Herv 35 ' 36 x, hverjar'u uornir [pfer n.] Fm 12 s, hverjar'u
rygjar [pfer r.] Herv 48 ', hverjar'u snötir [pfer sn.] i7e>7> 51\ betra's [b. er] at I>egja
Hgsv 21 1. — Ergänzung einer silbe scheint notwendig in dem verse: (S) pfer enar
JQrpu [pser om. eodd.J Herv 49 3.
Anm, 3. Mehrfache verschleifung innerhalb des einen halbverses ist selten.
Auflösung der ersten hebung und der ersten Senkung (v^_X ^J<) findet sich
nur einmal: {$) hinir'u ok aprir Hkv 241 ; auflösung der ersten Senkung und der
zweiten hebung ist ztveimal belegt (in beiden fällen muss wegen Überfüllung der
Senkung Streichung eines entbehrlichen Wortes vorgenommen werden) : («) seg [segpu]
pat et niunda Vm 36 x; (<f) seg [segpu] pat et tiunda Vm 38 '.
3. Verse mit zweisilbiger nicht verschleifbarer binnensenkung.
§ 5. Eine Senkung von xtvei nicht verschleifbaren silben ist als
gestattet anz usehen, wenn dieselben aus leichten flexions- oder ableitungs-
endungen, hilfsxeitivörtern, pronomina, praepositionen oder conjunc-
tionen bestehen. Die fälle sind jedoch nicht besonders zahlreich:
(«) aptarla hjarta HHv 203; ongum sa hugnar Hgsv 783; daprar
peim urpu 81 131; grip hann beim seldi Sl 211, gozku skal safna Hgsv
1401, (xondul pat mselti Hkm 101; kvärskis peir gopu Sl 121; kostum
*) Ein sehr schlechter vers, da das nomen an der allit. nicht teilnimmt. —
Die verschleifung auf der Senkung ist hier des/regen möglieh, weil von den beiden
zu ver schleifenden silben die erste mit p aus- und die zweite mit p anlaufet:
sicherlich ist bei der recitation nur ein [t gehört worden.
1 '2':
172 GERING
ja'i safna Hgsv 12 3; lik hans beir drögu 81 23 *; margan J)at sokir
Sl 83, meingar Jak urbu £Z 10 :i; nakj)ir peir urpu £7 93; rekkar bat
böttusk fljJw 493, rsesir bat ms§lti Ilkm 151; sattir beir vqiii /SV 1 11,
sverbum beir meiddu 67 22 3; (ß) Obinn mep osum Hqv 1433, üt af
hans aldni .F)' 163; flokkum J)eir föru >S7 633; Tel mä bat verpa
//<7.sr 223, Vlparr ok Väli Vm 513; (d) fyrr an beir oddusk Sl ll3;
trü til bess halt pu* üfr/sv 843, en ör hans heila Grm 413.
.äwm. 2. Beseitigung überschüssiger silben wird in folgenden versen vor-
■. it in Innen sein: öJh'u skalt [skaltu] msela JKetf 5 ;i; fogru skalt [skaltu] heita Hqv 129 6;
ruuar munt [muntu] finna Hqv 142 *; seg [s. pu] mer pat Skirnir <S7m 42 *, sifjum's
[s. er] pä Mandat Hqv 1231; (/?) snjallr est [ertu] i sessi Ls 151; (y1) Opino nü
heitik [ek nu heiti] (Tggr apau hetk) Gnu 54'; (d1) pö hafpak [hafpa ek pat] retlat
Skm 38 3; seg [seg pu] mer pat Fäfnir Fm 12 x 141, hins vilk [vil ek] pik fregna
Eirlz\ eigi skalt [skaltu] hlseja** Hgsv 881 1171; eigi skalt [skaltu] I>egja**
Jlgse di1. — O/^/e allitcration überliefert ist der vers : upp munk [mun ek] nü risa
Ket 32 J; *v/Z. §114, anm. 7.
An in. 2. Eine binnensenkung ran drei silben, von denen jedoch xicei ver-
sehleifbar sind, findet sieh in folgenden versen: (ß) niorgum hafa manni Herv 52 s;
J»jarka epa prseta Hgsv 50 x; (<f) vreipir'u per :6sir Z>s 31 ;i.
Anw. 3. Zweisilbige binnensenkung und verschleifung der zweiten hebung
ist durch ein beispiel belegt: («) Grlitnir's [Gl. er] enn tiuudi Grm 33 l.
IL Der gewöhnliche A-vers mit nebenhebungen.
1. Die nebenhebung steht im ersten fusse (A2).
§ 6. (A2h2l) («) andlit beira >S7 593, aupugr verpa Ls 53, aupugr
föttumk Hqv 473, ofröbr bykkisk i7#sv 53, orpstir haera Hgsv 703, oreign
blna i7#sy 361, erprifräpa üft/sy 1223; blipmseltr skaltu //c/.si' 71; (lag-
räbs leita .fft/sy 791, Dellingr heitir Vm 25 *; fläräps orpum Hgsv 411,
flärob tunga H$v 117 3, fröpr sä pykkisk üpi; 28 x; hrapmselt tunga
Hqv 293; liijqk fast kysrir Herv 343; sorg etr hjarta Hqv 120G;
skapker fylla Grm 253; Valgrind heitir 6V/« 221, yebr rsepr akri
H$v 873, Vindsvalr heitir T7?« 27 x; pakklatr skaltu ii^.si' 31; (ß) alheim
jQtnar Jfc 243, eyglö jqtnar Alv 163, fgrön jqtnar Alv 103, ofhlf jotnar
Alv 223, oljos JQtnar Alv 303, uppheim jotnar vl^> 12 3, rirvcjn JQtnar
Alv 183; BilrQst brotnar i^m 153, blindr reip blindum Herv 543; haltr
rlpr hrossi*** 7/^y 711, Hrsssvelgr heitir Fw 37 \ hugfullt hjarta Ket 303,
*) 7'.V// .vr///- schlichter vers, da das einzige nouieu nickt an der allitcration
teilnimmt.
i Vis läge nahe diese beiden verse durch die änderung: skaltat hkvja (pegja)
xu einfachen A %u machen^ aber ich scheue mich diese correctur vorzunehmen,
da der dichter vielleicht durch das vorausgestellte eigi das verbot eindringlicher
iimchcu in, Ute.
') hie lang-.cili hat vier gleiche rciu/s/iihe; s. unten § 102, anm. 8.
DIE RHYTHMIK DES LJÜDHAHATTR 173
Hobruk hauka Grm 445; likams lestir Hgsv 111"; yegnest Terra Hgv
ll3; (ö) baugeip Opinn Hgv 1091; opt fser hlögis Hgv 203.
4«m. i. Überschüssige silben werden mehrfach durch ei» fährung des brag-
armal xn beseitigen sein: («) Alviss heitik [ek heitij Alv 31; Fjqlsvipr heitik [ek
heiti] Fj-i1-, Gagnräpr heitik [ek heiti] Vm&x\ mapr's [m. er] her liti Sinn ■ 151; Sig-
vor|>r heitik [ek heiti] Fm 43, Svipdagr heitik [ek heiti] F/471; Vingporr heitik [ek
heiti] Alvö1; (ß) Hrimgerbr heitik [ek heiti] HHv 17 1; (;-1) Viüdkaldr heitik [ek
heitij (Yarkaldr het minn fabir) Fj 63. — Eine stärkere änderung ist in dem fehler-
haften verse: («) pess vold kenn bü ei ä/s^ 38 :! nötig , ico vermutlieh zu lesen ist:
hess vqld kennat.
J.»w. 2. Einmal ist auflösung der hcbung bexcugt: (y1) g'Qfukt dyr heitik
[ek heiti] (en ek gengit lief k) Fm 2 l.
§ 7. (Ä2h2k) (a) afhvarf mikit Hgv 34\ änaup pola Sfcm 241;
hjortr bitr ofan Grm 35 3, hundviss jotuim HHv 25 3; margsnotr gimii
ifysr 96 3; Tel keypts litar Hgv 106 '; (ß) Bürgst brua Grm 444;
GrunnlQp gofumk i?pz? 105 :; kaldrqp kona Hgsv 993; mälskap mikit
Hgsv 25 3; Suttimg svikinn Hgv 109 3.
jlw»i. Z>er untertypus A2hlk (s. § 1) ist durch, \u-ci beispiele vu belegen:
(«) Faraldr heitik [ek heiti] Rfn l1, gefendr heilir Höv 2l. Über die beton «ng
vgl. § 11.
2. Die nebenhebung steht im zweiten fusse (A3).
§ 8. Ich stelle die nachfolgenden verse hierher, obicol auch eine
andere auffassung möglich ist: man könnte sie nämlich auch als
schwellverse (katalektische AC) ansehen, vgl. Sievers, Altgerm, metrik
§ 57. anm. 2.
(a) Opinn pvi veldr Sd4?; geiri undapr Hgv 1383; hvitir fljrigendr
Herr 40 3; Vakr ok Skilfiugr Grm 543; iß) undr ok argskap Herr 67 *;
mal ok manvit Sd 33, mäls ok manvits Gg 143, mJQpr rie mungät
Herr 333; (ö) mjok es aupkent Grm 91 101, mapr es aupugr Hgv 743;
vas sii ein vsetr HHv 27 3; morg es göp mser Hgv 1011; heyrpu
Menglop Fj 441; ljöp ek J>au kann* Hgv 146 \
Anm. 1. Auflösungen kommen in dem ersten fasse mehrfach cur: a) auf
der hcbung: (a) J>egi bü Heimdallr Ls 48 \ hegi bü rcjg vietr Ls 57 * 59 ' 61 l 63 l;
(,i) esa mer ervsenfc HHr 23 '; (tf) esa mer g'olls vant Sinn 22 3 ^/. jedoch § 79,
anm. G).
b) auf der Senkung: («) heill bu nü Eirikr Eir 71; (ß) alt eru öskqp
Höv 97 3, eigi es aubgsett Hgsv 83 3; minni ok manvit fljjrs» 73; (tf) hvi bu bä
Gragnrabr F/h 91, heill bu nü Sigvqrbr Fm 23 l.
Anm. 2. Überschüssige silben sind vermutlich in folgenden versen xu be-
seitigen: («) olr est [ertu] Geirropr Grm 511; skQptum's [sk. er] raun rept Grm 93;
*) In diese,// verse ist vielleicht nebenalliteration beabsichtigt: (y2) ljop
ek hau kann | es kannat hjopans kona.
174 GERING
(ß) undr's [u. er] at öss ragr Ls 33 3; heyr [heyrnu] nü Hrimgerbr HHv 27'; sit [sit
bü] m'i SigvQrbr Fm 311; veiztu ef [ef bü] vin ätt Hqv 441 118* (verschleifung der
Senkung); (y1) dagf's [d. er] nü Hrimgerbr (en bik dvalba liefr) HHv 301; ($) veiztu
ef [ef bü] inn gengr Ls 4l (verschleifung der Senkung), betra's [b. er] oscnt* Hqv
145 3; seg [seg bü] mer Gagnrabr Vm ll1, seg [seg büj bat Gagnräbr Vm IS1 15 1 171.
J.mw. 5. Zweisilbige nicht verschleif bare Senkung findet sich in folgenden
versen: («) annarr of nsetr sefr i</ 22 3, huggask bü Sigrun HH II 2ll; (S) verbat** svä
rik skop Fm 39 l. — Überschüssige silben sind in folgenden versen zu beseitigen:
(«) glabr est [estu] nü SigvQrbr Fut 20 l, raebk [rseb ek] ber nü Sigvqrbr Fm 20 1-,
(d) seg [segbuj mer bat Älviss Älv 91 ll1 131 15 ' 171 191 211 231 25 ' 27 * 29 ' 311
33 \ seg [segbu] mer bat Fjolsvibr Fj 7' 91 ll1 131 15' 17 1 19 * 211 23 ' 25 * 27 •
291 311 331 351 371 39' 411.
Anm. 4. In dem halbverse: SvqI ok Gunubro (?>•>« 27 1 fehlt die alliteration ;
die xeile ist also fehlerhaft überliefert.
Anm. ö. Als ein A3h2k ist vielleicht aufzufassen der vers: (ß) lieitr est
[estu] hripupr Orm l1.
Anm. 6. Verse die in beiden füssen nebenhebung haben (A2.3) sind sehr
selten: nur in den Qrimnismql sind drei beispiele überliefert: («) Alfqpr Valfopi"***
Grm4S2; (ß) Bileygr Bäleygr Orm 47 \ Siphottr Sfpskeggr Orm 48 l.
III. Der gesteigerte A-vers (A* Sie vers).
§ 9. In den gesteigerten A - versen ist der erste fuss um eine
silbe vermehrt, indem der liebung zwei nicht verschleif bare silben folgen.
Von diesen beiden trägt entweder die erste (A*l) oder die zweite (A*2)
eine nebenhebung. Neben dem regelmässigen A*l (_£ a. x \jlx) gibt es
noch zwei Varianten: A*lhk (viixkx), in der die hebung, und
A*lnk fi^x i-ix) in der die nebenhebung auf kurzer silbe ruht.
§ 10. A*l. Mit Sicherheit sind zu diesem typus diejenigen verse
zu rechnen, in denen der erste fuss durch ein dreisilbiges nomen (meist
ein compositum) gebildet wird oder die mit einem zweisilbigen compo-
situm beginnen. Verse, die mit einem einsilbigen worte anfingen, sind,
ivenn die folgende silbe träger einer markanten bedeutung ist (also nicht
einem hilfsverbum angehört) besser als schivellrerse {DA) zu betrachten.
(a) ipröttir niargar Hgsv 1201, i]>röttum safna Hgsv 1181, ödyggra
manna Hgsv 611, ofdrykkju for])ask Hgsv Hl1, ot'raetnap drygja Sl 151,
ofsvefhi tsela Hgsv 171, ögsefu sinni Hgsv 106 3, ökynjan meira Ls 56 3,
ökynnismanna Hgsv 1381, ulfhebMiar heita Hiev 211, upptekna syslu Hgsv
1131, oröfi vetra Vm 291 351; büsifjar okkrar Ket 143; däsamligt früpi
) Wahrscheinlich ist hier nebenalliteration (y1) beabsichtigt : betra's 6-sent |
an se of-soit.
**) Besserung von Rask; verba E.
'**) So ist mit den Handschriften xu lesen; Alfapir Valfapif, wie Sijmons
schreibt, verstösst gegen die im § 3 aufgestellte rcgel.
DIE RHYTHMIK DES LJMDHAHATTR 175
Sl 831; fädömi verpa Sl 141, fegirni rangri Hgsv 701, ferligr sä bykkir
Hgsv 943, firam himdruj) golfa Grm 241, fornjösnar augu Sd 271, forvitni
mikla Vm l3; hyggindi {»Ina Hgsv 1431; meinlseti drygi ifysi- 1351,
MengloJ) of heitir Fj 81; Skinfaxi heitir Vm 121; prymgJQll hon heitir
2"}' 101; (/?) oreibum aiigura Sd 23, ösaf>ra orfm 2?m 43; Hrirafaxi
heitir Fra 141, hopungar hverrar i7^r 1015; (yl) Gfastropnir heitir (en
ek hann gorvan hefk) Fj 121; litilla sanda (litilla sseva) Hgv 53 *;
(<J) Käpveig en elzta Sl 793.
Aiun. 1. Zuweilen kömmt es vor, dass a/tch der xweite fuss eine nebenkebung
hat: (ß) Ärvakr ok Alsvibr OrmSl1; Lyngheibr ok Lofnheibr Rm 101; Raudgrip
ok Räbgnb Grm 36 5. Hierher wol auch: minnugr ok mölugr Eqv 102 3. — Der
rers: Bjugvor ok ListvQV Sl 7Gl hat keine alliteration, doch stecht der fehler ver-
mutlich in der xweiten halbxeile.
Anm. 2. Überschüssige silben sind vermutlich in folgenden rersen xu be-
seitigen: («) Ösköpnir [6. hann] heitir Fm 15 l; Hbligia's [1. er] hqnum Hgsv 1303;
Yibofnir [V. hann] heitir Fj 181.
i«m. 3. V er Schleifungen sind in A*l selten. Auflösung der ersten
hebung findet sich in den rersen: (ß) Mimameibr hann heitir* Fj 14'; Himinhrjötr
ok Apli FM ll5 (die xweite halbxeile ist verloren). — Auflösung der ersten hebung
und der binnen Senkung: («) Himinnjorg 'ru [eru] en qttu Grm 13'; aufläsung
der x /reiten hebung: («) Folkvangr's [F. er] enn niundi Grm 14*.
§ 11. A*lhk Dieser untertypus ist nicht häufig, aber für die
folgenden verse mit Sicherheit anzusetzen: (a) ofnnd ok hrsetur Hgsv
651; hamingjur einar Vnt 493; munugpar riki Sl 101. lunnugj) I>an
dryglm Sl 181; (y2) logondum hüfnm (liafask und linda) Hkv 24 ;.
Anm. 1. Zttr betonung vergleiche die fornyrbislag-^erse: vib konungi Sg 541,
sjau konnnga ö/*r 7 23 5, kumbl konunga GhrT-, af konungum GßrII?Al\ ags. oyninge
(Sievers, Altgerm, metrik § 85, 5). Altschwedische gedickte beweisen die betonung
konunger, peningar (A. Kode, Die alt- und neuschwedische accentuierung , Strass-
burg 1901, s.225): der starke nebenictus der xweiten silbe ist also zum hauptictus
geworden wie im neudän. gudinde, veninde, nhd. lebendig, forelle. (Vgl. § 7, anm.,
§ 8, anm. 4).
Anm. 2. Zweisilbige verschleifbare binnensenkung ist einmal überliefert:
(«) sofanda bat bykkir Hgsv 80 3. — Überschüssige silben sind vermutlieh \u ent-
fernen in dem verse: («) dulibr est [erhi nü] Atli HHv 19 \
§ 12. A*lnk. Hierher gehören folgende verse: (a) aldrlagi sinn
Hgsv 343 37 \ austrfQram bin um Ls 601, erfibi** drygja Hgsv 1203,
eyvitar firna Hgv 931, eyvitu leyna Hgv 2<s3, övinum bin um Sl 191,
:::) Dieser halbvers hat, /ras selten vorkommt, xwei reimstäbe in einem fusse
(auf der hebung und der nebenkebung).
**) Zur betonung vgl. die irötttiv&tt-xeilen: brestr erfibi Austra Sn. E. I, 316,
rit erfibi Iitit Ekr III, 102 6; sowie die C- verse Grm 35 ' prkQ1 10 1 EEv 51.
176 GERING
Ydalir. heita Grm 51; forlaga sinna Hgsv 641; tuttugu augu Herv 42 a;
(ß) athuga oilgan Hgsv 63, orlQgurn ykkrum Ls 25 \
Anm. 1. Eine überschüssige silbe ist xu beseitigen in dem verse: (y1) Andvari
heitik [ek heiti] (Oinn het minn fajiir) Bm 21.
Anm. 2. Zweisilbige r er schleif bare binnensenkung findet sich in denversen:
(a) lettari i medium Ls 521; (ß) SinmQru at selja Fj SO3.
§ 13. A*2. Nur drei beisjnele sind belegt: (a) kreina lQg JQtnar
Alv 343; Sökkvabekkr heitir Grm 71; Välaskjalf heitir Grm 63.
Anm. 1. Dax/u kommen jedoch, noch einige rerse, in denen überschüssige
silben xu entfernen sein werden: («) Lyfjaberg [L. bat] heitir Fj 36', Lsevateinu
heitir [h. kann] Fj 261.
Anm. 2. Ver Schleifung der nebenhebung kommt zweimal vor: («) eigin-
konu binni Hgsv 9:i, Mundilferi heitir Vm231.
Anm. 3. Nebenhebung in beiden füssen findet sieh in dem verse:
(yl) lit [littu] nü austr Hrimgerbr (en bik lostna hefr) HHr 29 '.
IV. A- verse mit auftakt (aA Sievers).
§ 14. Der auftakt in La besteht gewöhnlich nur aus einer silbe
(oder aus zivei verschleifbaren silben); jedoch ist zweisilbiger auftakt
immerhin so häufig belegt, dass es nicht geraten erscheint ihn überall
durch conjeetur zu beseitigen. Mehrsilbiger auftakt kommt so gut wie
gar nicht vor (s. unten § 16, anm. 1).
I. Gewöhnliche A- verse.
§ 15. a) Verse mit einsilbigem auftakt: (a) af afli binu Hgsv
141, af annars clausa Hgsv 341, at augabragpi Hgv 53 30 \ ä aura veizlu
Hgsv 1001, ä einni stundu Hgsv 1253, i einu brjösti Alv 351, ör Eliv(>-
gum Vm 311, J)6t [bö] orf>a ]Mnna Hgsv 243, af orbum kennask Hgsv
1193, at astt ok nafni Fj 46 3, fyr obrnm vsegja Hgsv 48 *, frä jotna
rünum Vm 42 1 43 1: {)vit [bvi] fleira lytir Hgsv 86 3; es greppa ferpir
Hkv 182, ä gub skal heita Sl 271, en Gylfar straumar Sl 423; es Häkon
bobu Hkm 183, ä kolm beir gengu Sl 143, at liyggnum monnum Hgsr
1221; i litlum polli Hgsv 593, i Ijöbum pessum Hgsv 1041; ä norna
stöli Sl 151; vib seggja engan Hgsv 193, vi]) systur binni Ls 363;
ä skalda reifu Hkv 181; of y(ipn sin djarna Ls 21; (ß) bar örar afettir
Fm 313, hverr Yngva settar Hkm l3; meb lireinu hjarta .fl^s« 16:!,
meb liglfum hleifi .Hj5fl 523; (y1) i hreinu lifi (Iiqu skal lifa) Sl 73;
vip meinum varna (ä inarga vegu) Hgsv 331; (y2) opt fä ä horskan
(es ;'i heimskan ne fä) H/v 923; ($) ok bess at fregna *S'A-m l3 23.
Anm. 1. Hierher gehören auch drei verse, deren Wortstellung, weil sir gegen
die reimgesetxe verstösst, geändert werden musste: («) ä a,ldri lettum ja 1. a.] Ket 33 8,
fyr eggjum bessum [f. [>. e.J Skm 25 8 fv^/. £ <S'- , emm. JV. af gazku beiri [af b. g.]
DIE RHYTHMIK DES LJuDHAHATTK 17.
Hgsv 48 3. — Durch Herstellung des bragarmäl ist eine überschüssige silbe zu ent-
fernen in den versen: («) eu orb baus [bau er] mseltir Herei57s; (ß) frä bvi's
[bvi er] at segja 5/ 33 * 53 l.
Anm. 2. Mehrfach ist, tro zweisilbiger auftakt überliefert ist, derselbe durch
Herstellung des bragarmäl oder durch einführung einsilbiger parallel formen km be-
seitigen: («) bvit [bviat] einu siuni Fm 10 3, bvit [bviat] opnir beimar Grm 42 '; und
[undir] hendi vaxa Vm 33 1; bvit [bviat] morgu landi Eir 53; (js) munk [mun ek]
aldri eiga Gautr 53.
Anm. 3. Zweisilbiger versehleifbarer auftakt ist selten bezeugt: («) ef at
holba lifi Hgsr 201; (tf) nema beim einni H<jv 163ä; en und beira bögum (jrm'Sl3.
Anm. 4. Xcbenhebung im ersten fusse (aA2l) kommt ein paarmal cor:
(«) at ösott minni Air G'J; en fegjavn sftir Hgsr 105 3; bvit [bviat] snotrs manus
hjarta Hör loa3; eba tvau her hengi* S?» (37 ;! (versehleifung des auftakts). Ver-
kürzung der zweiten Hebung (aA2H2k) kommt zweimal cor: («) en es 3Iüspells
synir Ls 42 3 (versehleifung des auftakts): i ssegjarns keri (?) Fj2ü'i. Nebenhebung im
zweiten fnssc ist einmal belegt: (8) bvit [bviat] aldar orlqg Ls 21 3.
Anm. 5. Versehleifungen innerhalb des verses sind innig beliebt: nur ein
paarmal findet sich versehleifung der binnensenkung : (a) vib hleiü niik sseldu Hör
1391; i vatni bü drukknax Fm 11 :!; i;«) fyr orbum ok eibuni Hgsv 10 3; ä fjalli eba
firbi (lies: ä fjallj eba firbi) fl?£ 1154; at häf>i nt hlätri Hör 1314. — Zter pers:
((f) ä landi ok ä vatni HHv 293 £s£ sicher corrumpiert ; s Sijmons \. st.
Anm. G. Zweisilbige nicht verschleifbare binnensenkung kommt in einigen
versen der Sigrdr. vor, in denen mit Sijmons eine silbe zu streichen sein wird :
(«) a horni (lofum, stafni, berkij skal [sk. bser] rista »SV/73 8:i 93 10 3.
§ 16. b) mit zweisilbigem auftakt: (a) siztu arma J)ina Ls 173;
sjaldan bautasteinar Hgv 72:!; hvat [»eir garmar heita Fj 193; hversu
mäni heitir AJv 133, hvärt se manna nekkvat Fj 2l3 413, hvat f>ser
meyjar heita Fj 37 3, hvärt se m?eta nekkvat iy 29 :'; [)eira Raubs ok
Hiefis FM IV; hvärt se väpna nekkvat Fj 253.
J.ram. 7. Dreisilbiger auftakt ist durch änderung einer überlieferten zwei-
silbigen form in die einsilbige zu beseitigen in dem verse: («) bvit [bviat] af illum
manni Hqv 1166 1221. Der einzige dann noch übrig bleibende rers mit dreisilbigem
auftakt: (u) es bü bä mobur kallar Gg22 ist zweifellos ebenfalls fehlerhaft über-
liefert (lies: es bü mobur kallar | bäs til moldar es komen).
Anm. 2. Versehleifung innerhalb des verses ist nur einmal auf der ersten
Hebung belegt: (ß) es bä Vea ok Tilja Ls 26 3. — Zweisilbige nicht verschleifbare
binnensenkung kommt ebenfalls nur einmal cor: («) bar bau Öbinn ok Saga GrmlK
2. Gesteigerte Ä-verse (aA*).
§ 17. Nur wenige beispiele sind überliefert, vier A*l: (a) mej)
Imnnondum ljösum Hqv 993; at hyggjandi sinni Hgv 61, af hyggjandi
sinni Hgsv 69 *; (ß) f>vit** Qmat] ä hverfanda kveli üTpy 83 3 f^w-
*) Sijmons setzt mit Hildebrand die cäsur nach Iah*, was ich für unrichtig
halte, da die zweite halbzeile dadurch x,u einem überaus ungeschickten verse wird.
**) bvit fehlt in den hss. der Föstbr. saga.
178 BERING
silbige nicht verschleifbare eingangssenkung) , ein A*lhk: (a) pvit [pvi]
ofundsamt hjarta Hgsv 653; und ein A*lnk: (a) at leikurum ok trü[>um
Hkv 22 J (verschleifung der binnensenkung).
Cap. 2. Typus B (xjl\xj.).
§ 18. Die eingangssenkung der B-verse in La bestellt in der
mehrzahl der fülle aus einer silbe oder ans xwei verschleif baren silben;
doch sind auch zweisilbige eingangssenkungen nicht ganz selten. Drci-
und viersilbige eingangssenkung ist nur je einmal überliefert.
Die binnensenkung kann durch eine nebenhebung ersetzt werden
/s. unten § 19 anm. 2; § 20 anm. 2; § 21 anm. 2).
Von den verschleifungen auf den drei letzten silben des verses
ist die der zweiten hebung häufig , wahrend auflösung der binnen-
senkung und der ersten hebung nur je einmal sich findet.
Was den Stabreim anbetrifft, so ist einfache alliteration auf der
ersten hebung (a) am häufigsten, doch ist auch doppelalliteration (ß)
uemlieh beliebt. Nebenalliteration (y) und einfache allitcration auf
der x weiten hebung (6) sind äusserst selten.
I. Verse mit einsilbiger eingangssenkung.
1. Yerse ohne silbenverschleifung.
§ 19. (a) i aldar rok Vm 393, pvit [pvi] allir raenn Hgv 533, hon
ein pvi veldr HHv 26ß, en elli gefr Hgv 163, at eyrum Freys Ls 443,
at ongum hlut Hgsv 1291; a bjargi stop Sl 141; enn fräni ormr Fm
191; siz Hakon för Htm 213, en Heljar grind Sl 393, ens liindra dags
Hgv 108\ til holts ek gekk 8km 32\ at horum pul Hgv 1334; ör
kattar dyn FM 86; (ß) hverr JQtna elztr Vm 283; et gjalla goll Fm
93 20 3; (y1) sva pumlr of reist (fyr pjöpa rok) Hgv 1455; (6) vip
pat bann fei 1 r Fj 143.
Anm. 1. Hierher gehört icol auch Hgsv 713, ivo in Sehevings text gedruckt
ist: bvi mqlugs reynask I margar SQgur. Offenbar ist xu emendieren: (ß) bvit mölugs
manns | reynask margar SQgur.
Anm. 2. Nebenhebung an stelle der binnensenkung ist zweimal belegt: («) en
ösvibr rnabr Hqv 21a, en ösnjallr niabr Hqv 48 :!.
§ 20. Beseitigung überschüssiger silben wird in folgenden versen
vorzunehmen sein: («) pö [pö ek] einn of kvamk Skm 18', h vi [hvi pti]
einn of kvami Skm 173, pvit [pviat] elska gups [gups elska Scheving
gegen die reimgesetze] Hgsv 1423, pat's [pat es] enn of pann Hgv 46 *;
ok [ok ekj drykk of gatk [gat] Hgv 140 3; hvat [hv. pü] fyrst of mant
DIE RHYTHMIK DES LJUDHAHATTK 179
Vm 342, J)vit [pviat] fsera veit* Hpv 123; J»vit [bvi atj hrisi vex Hgv
1186; und [undir] randir gelk [ek gel] Hgv 1563; (ß) ef [ef pü] eyri
ätt Hgsv 211; J>a's [bä er] GjQlp ok Grreip jPi/62G; (j/1) bvit [bvi at]
hjarta mitt (vas lieldr mJQk) 57 43 3.
.A«?«. i. Hierher iräre nach Sijmons' text auch Vm A33 %u stellen: (ß) bvit
[bviat] hverjan lieft [hefi ek] | heim of komit. Ich glaube jedoch, dass der vers als
rolheile (BB) ztt fassen ist:- bvit hveru hefk heim of komit. hveni (nicht hveijau)
■ist die lesung der handschrift.
Anm. 2. Nebenhebung an stelle der binnensenkung kommt einmal vor; («) bvit
[bviat J ösvibr mabr Sd 24 3.
Anm. 3. Verkürzung der ersten hebung und nebenhebung an stelle der binnen-
senkung findet sich in dem versc: («) alls konungs ferr Hkm 143 (s. §11).
2. Verse mit silbenverschleifung.
§ 21. a) V er Schleifung auf der eingangssenkung : (a) hvat it
aesir tveir Ls 25 3, hvi it sesir tveir Ls 191, hvapan JqvJ) of kvam Vm
203; hvapaü dagr of kvara Vm 243; pat ek fyrst of man Vm 353; hvi
of segjak per Sk?n 41; es enn skira dregr Vm 121; hvapan vetr of
kvam Vm 263, hvapan vindr of komr Vm 36 3; (y1) hvat at mo{)i verpr
(bess ens liipera vipar) Fj 153; (ö) esat mapr svä göpr i?^ 1323.
A«m. 1. Ohne alliteration überliefert ist der vers: hvaban Njcnbr of kvam
Vm 38 3. Der fehler steckt wahrscheinlich in der zweiten vershälfte (vgl. § 79,
anm. 8).
Anm. 2. Nebenhebung an stelle der binnensenkung ist auch liier einmal be-
zeugt: («) nema Svipdagr einn Fj 42 3.
Anm. 3. Beseitigung überschüssiger silben ist vermutlich in den folgenden
beiden versen vorzunehmen: («) es [er bu] ä Fäfni rautt Fm l3, ef [ef bii] ör heimi
kant** AlvSs.
§ 22. b) Ver Schleifung auf der xiveiten hebung: (a) enn mqtki
fapir Sl 75 J; hvat Jjrymr bar Bragi Eir 21; (d) en annarr Hati
Grm 393.
Anm. 1. Beseitigung überschüssiger silben wird in folgenden versen vor-
zunehmen sein: («) bvit [bviat] nugir samau S/cm 53, bvit [bvi at] {fesir vitu Ls8a;
bäs [bä er] horskr ok bogull Hqv 6;!; ef [ef büj sverbs oe nytir Fm 27 3; (ß) bvit
[bviat] eugi JQtun Vm 23; (j/1) fyr [fyrir] unnar sakar (skaltu aldri saka) Hgsv 1311;
(d1) bat eitt's [eitt er] sva matar i-}' 243.
§ 23. c) Verschiffung auf der binnensenkung findet sich nur
einmal in einem ohne alliteration überlieferten verse: at hoHu bann
kvam Vm 53.
*) Sijmons behält die hsl. Schreibung bei, weil er mit Bugge (wie ich glaube
mit unrecht) at im sinne von l desto' fasst.
**) Sijmons schreibt (mit Hildebrand) die langxeile: ef [bii] ör heimi | kant
hverjum at segja. Aber dass ef die hebung getragen haben sollte, ist nicht wahr-
scheinlich.
ISO GERING
§ 24. d) Verschleifung auf der ersten Hebung. Ebenfalls nur
ein beispiel: («) hvi Jegip er svä Ls 71.
Anm. Zweifache verschleifung innerhalb desselben halbverses kommt nur
einmal vor in einem verse, in dem beide Senkungen aus xivci silben bestehen:
(c.) hvapan Mani of kvam Yui 22 3.
IL Verse mit zwei- und mehrsilbiger eingangssenkimg.
§ 25. a) Verse mit zweisilbiger eingangssenhung : (a) par hann
upp of reis Hov 1456; hve sä bQra of gat Vm 323; nii 'ru HQva itiqI
Hgv 1371; ef per litla gjof Hgsv 351; ef pik rikir menn Hgsv 661;
opt ör sknrpum belg Hgv 136°; (ß) ef per göpan grip HgsvA1; fannkak
mildan mann Hpv 40 *. — Der vers (a) Iqsu heigar bökr Sl 70 'ä ist von
Bugge durch conjeetur hergestellt.
Anm. 1. Eine überschüssige silbe ist %u entfernen in dem verse: (ß) J>vit
[pviat] beir bäpir l)ro[jr Em 39 3. Ebenso in dem verse: («) J>vit [{ivi at] bik ä hjorvi
sluüu Ls493, <to ro« de« rfre« silben der eingangssenhung die beiden letzten ver-
schleift werden müssen.
Anm. 2. Nebenhebung an stelle der binnensenkung ist einmal bezeugt: («) hvi's
her Eiriks vnu* UVV 5l.
§ 26. Z>) Dreisilbige eingangssenhung (nebst verschleifung der
% weiten liebung) findet sich, nach entfernung einer überschüssigen silbe,
nur einmal: (y2) ef [ef pü] vilt per göpa konu (kvepja at gamanrünum
Uno 1294. — Viersilbige eingangssenhung ist ebenfalls nur einmal
überliefert: (ß) ser pü penna mseki mser Skm 23 i 251; dieser vers ist
auch dadurch auffallend, dass den beiden m zwei gleiche anlaute in
der 2. halbzeile folgen, so dass die langzeile vier gleiche reimstäbe ent-
hält, ivas sehr selten vorkommt und als ein Verstoss gegen die gesetze
der alliteration betrachtet werden inuss.
Cap. 3. Typus C (x^isfex).
§ 27. Die C- verse zerfallen in xwei untertypen, je nachdem die
ztveite hebung auf langer (Ol) oder auf kurzer silbe steht (C 2).
Silbenverschleifung ist soivol auf der eingangssenkimg als auf der ersten
hebung gestattet; dagegen dürfen die beiden letzten silben nicht auf-
gelöst werden. Zwei- und mehrsilbige eingangssenhung ist so oft be-
zeugt, dass mau sie nicht durchweg durch conjeetur beseitigen darf;
durchführung des bragarmäl auch gegen die handschriften ist natürlich
i Wisen stellt gegen die reimgesetxe um: hvi's J>er vqn Eiriks. Diese Stellung
wäre nur möglich, wenn der dichter noch v mit vocal gereimt hätte; die halbxeile
wäre dann ein G-vers mit doppeledlitcratiou (und Vernachlässigung des nebentones).
DIE RHVTHMIE DES LJODHAHATTR 181
unbedenklich. — Die alliteration ist auffallend häufig auf den zweiten
fuss beschränkt (d).
Anm. Sievers bexeichnet den von mir C2 genannten untertypus mit GS,
während er die bexeichnung C2 für diejenigen verse verwendet , die die erste hebung
verschleifen. Diese verse betrachte ich nur als eine Varietät von Gl.
I. Verse mit einsilbiger eingangssenkung.
1. Die zweite hebung steht auf langer silbe (C 1).
§28. (a) muri öbundinn Hhn 20 l; ör bergs rötum FM 8S; ör
fisks anda FM 87, at fesseln Hgsv 1153; sem grey norna Hm293;
a Höfvarpne FM 413; (ß) pess fogls fjoprum Hgv 133; a J>vi pingi
Sd ll5; (d) ne svä aupugr Hgsv 1243, en pa eptir 5/ 221, hvat her
inni Ls l3; en pü Fafnir Fm 213, ef pat forir /<)' 28 3; hverr pat
gorpi _F)' 333; ä pvi landi Orm 123, ne J>at lasta i?j/sz; 1233; a peim
meipi Hgv 1385; en pik sipa Ls 241, en pä sloknar iZjpi; 513; af hans
ygengjum Vm 373.
Anm. Eine auffallende Singularität enthält die langxeile Skm 31:!, in der
die beiden vershälften nur in sich selbst, nicht mit einander alliterieren: bik geb
gripi | bik niom morni.
§ 29. Überschüssige silben sind vermutlich in folgenden versen
xu beseitigen: (a) pvlt [pvi at] ofdrykkja Ls 47 3, pvit [pvi at] ösynt
es Rm 253, namk [nam ek] upp rünar Hgv 1393, hverr's [hverr er]
Orgati Ilkv 222- pat's [pat er] vo litil Ls 331; (ß) ef [ef pü] att annan
Hgv 451; (d) hvat's [hv. er] pat alfa Skm 17 \ hvat's [hv. er] pat undra
Herv 381 391 401 411 421 431 441 451 46\ hvat's [hv. er] pat bysna
Ret 141, hvat's [hv. er] pat drykkja Herv 331, hvat's [hv. er] pat dyra
Herv 551, hvat's [hv. er] pat fiska Rm l1, hvat's [hv. er] pat flagpa
Ket 17 1 Fj l1 31, hvat's [hv. er] pat lilymja [hlym hlymja RA] Skm U\
pvlt [pviat] peir liverfa Sl 153, hvat's [hv. er] pat manna Vm 71 Ket 51,
vaetr's [v. er] pat manna Fj 42 *, hvat's [hv. er] pat rekka Ah 51.
Anm. Wahrscheinlich gehört hierher auch der vers Hqv l4: (y1) bvit [pvi at]
ö-vist es (vgl. oben den vers Em 25 3J. Bei Sijmons lautet die xiveite hälfte der
strophe: bvit ovist es at vita hvar ovinir sitja
a fleti fyrir.
Aber die worte at vita, die in W fehlen, sind sicher interpoliert; ausserdem wird
sitja an den au fang der vollxeile %u stellen sein, die dann ihre regelrechten drei
Hebungen erhält (so schon Sievers, Altgerm, metrik § 57, 6 fg.). Es ist also xu
lesen: bvit ö-vist es hvar 6-viuir
sitja a fleti fyrir.
§ 30. Ver schleif ung en. a) auf der eingangssenkung:
(a) hvapan Aurgelmir Vm 303; en i prüpheimi Orm 43; (ß) nema einn
182 GERING
Agnarr Grm 23; en or hans* lieila Grm 4P, en af hans* hornum
Grm 26 3; (8) en af beim harmi Sl 133;
b) auf der ersten hebung: («) ör Ymis holdi Vm 213 Grm 401;
en sojmdolgar Sl 243; i Vanaheimi Vm 39 x, frä venm rainnm Ls 513;
(ß) 1 Grymis gQrpum Sftm 61; (y2) hvat lifir manna (päs enn msera
Ilpr) Fm 443; (d) ok hinn qpru Sl 333.
2. Die zweite hebung steht auf kurzer silbe (C2).
§ 31. Belege sind nicht häufig: (a) es ek hefik Ket 173; hver
bqzt eru Ttm 193; par YQrJ)r goj)a Grm 133; (d) hon svä gerir Hgv
1131; en pä Kjalarr Grm 493; af peim legi Sd 133.
Anm. Felilerhaft überliefert ist die reimlose -Keile Sl l3: of (yfir äss.) bä
gqtu | es bann vaibabi. Bugge ändert: yfir bann reg | es hann yarhahi; aber die
Verderbnis steckt ivol eher in der zweiten vershälfte (lies: (<f) of ba grttu | es bann
gaetti?). — Auch der vers Ket 17 3: («) es ek hefik | eugva eina ist kaum richtig,
da er gegen die reimgesetx,e rerstösst; da die lesart der hs. B (lief ek enga fyrr)
darauf schliesscn lässt, dass in dem. reeipierten texte ein fyrr ausgefallen ist, wäre
folgende emendation möglich: es eugva befk [ eina fyrr.
§ 32. Bragarmäl ist in folgenden versen herzustellen: (a) pvit
[pvfat] alfroj)ull Skm 43, pvit [pvi at] Oprorir fi^; 1063; bat's [pat er]
fär niikit ßm 241; {d) hvat's [hv. er] pat fira ^ 21.
§ 33. Ver Schleifung der eingangssenkung ist nur dreimal
belegt: (ß) en ept nsetr niii Skm 403 423; (d) po ek hitt oumk Skm
163; en ör bans** forQum Grm 411.
^ämw. Hierher gehört tvol auch Hqv 40 3: («) eha sins fear-. Fo?z der zweiten
vershälfte ist nur das erste wert svägi erhalten, doch ist die von den Herausgebern
vorgenommene ergänxung (svägi gj^flan) wahrscheinlich richtig.
IL Verse mit zwei- und mehrsilbiger eingangssenknng.
1. Die zweite hebung steht auf langer silbe (C 1).
§ 34. a) Ziv ei silbige eingangssenknng ist verhältnismässig
häufig: («) hve sä eldr heitir Alv 25 3, ef per erfingja Hgsv 42 *, hve sü
q heitir Vm 153, hve bat ql heitir Alv 333, hve sä jör heitir Vm 133,
hve sü jgrb heitir Alv 93; hvat pat barr heitir Fj 133, hvat pat bjarg
heitir Fj 353; opt sä fagrt mselir Hgsv 853, pä ver fegrst mseliim H(>v
90 3, margr bä fröbr bjkkisk Hpv 30 3; hvat sä garpr heitir Fj ll3,
hvat sü grind heitir Fj 93; hve pat logn heitir ^4Vz> 213; hve sä inarr
heitir Alv 232; hve sü nQtt heitir Alv 293; hvat sä salr heitir Fj 313,
hve bat säp heitir Alv 313, hve sü söl heitir Alv 153, eng es sott verri
*) Dieses wort, das Sijmons streicht, halte ich für unentbehrlich.
**) hans streicht Sijmons, dadurch entsteht aber ein unmögWeher vers.
DIE RHYTHMIK DE9 LJODHAHATTR 183
Hgv 943; hve pau sky heita Alv 173; live sä vindr heitir Alv 193,
hve s.i vipr heitir Alv 27 :!, hve sä voUr heitir Fw 17 3; (ß) hve sä
hestr heitir Vm ll3, hve sä holmr heitir Fm 143; (d) en fyr per eiuum
Ls 643, hvi pü sva gunni Hkm 121.
J.w?ra. Bragarmäl ?'s£ herzustellen in dem verse: («) bäs [ba er] ek 3Iibvituis
Gnu 50 3.
§ 35. Ver Schleifungen. Auflosung einer senkungssilbe ist
nur einmal in einem verse zu belegen, wo die 2. sähe der eingangs-
senkung tu verschleifen ist: (a) hvarts eru söttdaupir Sd 333. Auf-
lösung der ersten hebung ist öfter bezeugt: (a) hvärt se matar nekkv-
at* Fj 233; en nü Skapi byggvir Qrm ll3; (ß) hvat sä hani heitir
Fj 173, live sä himinn heitir Alv ll3; ok vip J>at et Jn'ipja Hqv 1306.
An»/. 1. Versehleifung der ersten beiden silben einer dreisilbigen eingangs-
senkung nebst versehleifung der ersten hebung findet sich in dem verse: (ß) erumk
i hebln hverjan [er mer i h. hvern R] Hqv 73 2; vgl. unten § 122.
Anm. 2. Als vers mit versehleifung der ersten hebung ist ohne uoeifel auch
Ls 16 3 zu bezeichnen. Bei Hildebrand und Sijmons lautet die langxeile:
at bu Loka kvebira lastastofum,
während m. e. die eäsur vor lastastofum anzusetzen ist (vgl. § 4, fussnote *). Der
so hergestellte vers irürde jedoch gegen die reget Verstössen, dass im typus C die
\iveite hebung nicht aufgelöst werden darf (§ 27). Es ist daher noch eine weitere
ander ung notwendig; man lese:
at bu Loka kvebjat lastastofum
{vgl. Vkv 35 4).
§ 36. b) Dreisilbige eingangssenkung ist selten und lässt sich
überall leicht beseitigen: (a) hve ek at andspilli Skm ll3 (Sijmons
streicht ek), at {)ü of oxl skjötir Gg 63 (Sijmons streicht \m); siz pik
at bröpr pinuni Ls 32 3 (Sijmons streicht siz); hveims [hveim er R]
paer knä öviltar Sd 194 (streiche prer). Der letzte vers hat neben der
alliteration auch endreim: hveims knä öviltar | ok öspiltar.
2. Die zweite hebung steht auf kurzer silbe (C2).
§ 37. a) Zweisilbige eingangssenkung kommt mehrmals vor
und ist kaum xu beanstanden: (et) hvat pü. arnapir Skm 413; en bar
Forseti Grm 153; en til göps vinar Hqv 343, ey sva hott forap Fj 403:
par per vilmegir Skm 36 :; (y1) opt hon pann hatar (es per es hollr)
Hgsv 233; (ö) at pvi firr megi** Gg 133.
Anm. 1. Versehleifung der ersten beiden silben einer dreisilbigen eingangs-
senkung ist zweimal belegt: («) esat mabr alls vesall Hqv 69 1; (8) esa sva brattr
breki Sd9\
*) nekkvat wird von Sijmons wol mit unrecht gestrichen.
**) Die versteilung bei Sijmons halte ich für unrichtig.
184 GERING
Anm. 2. Verschleifung der ersten hebung findet sieh in dem verse Ls 10 3,
der stehet- hierher xu stellen ist: («) si|>r oss Loki kvef>i | lastastofum. Sijmons
setzt die eäsur mit Ilildebr. unrichtig hinter Loki (s. § 35, anm. 2).
Anm. 3. Höchst auffallend ist der vers: (cf) hversu eininana (margir fara)
<S7 483, da in ihm nur das zieeite glied des compositum^ alliteriert. Offenbar liegt
Verderbnis vor.
Anm. 4. Die atrophe Hqv 162 3 — 6 ist offenbar verderbt überliefert und viel-
leicht folgendermassen herzustellen:
Ljojja pessa mundu, Loddfäfnir!
lengi vanr vesa,
pot per gu[) sei, ef geta msettir,
nyt ef {ni nemr,
I>Qrf ef pu piggr.
Der erste halbvers von xeile 3 würde dann hierher gehören: («) pot {»er göp sei.
§ 38. b) Dreisilbige eingangssenkung , die nur zweimal sich
findet, wird zu beseitigen sein: («) ves \m vij) ol varastr Hqv ISO0
(Sijmons streicht J)ü), ok pik i flets strai Ls 46 3 (Sijmons streicht ok).
Cap. 4. Typus D.
I. Der regelmässige viersilbige D-vers (_l|_lxx).
§ 39. Der regelmässige viersilbige D-vers, der im ganzen selten
vorkommt, zerfällt in zwei untertypen, je nachdem die nebenhebung
im zweiten fusse auf die hebung unmittelbar folgt (Dl) oder auf der
endsilbe ruht (D2 = Sievers D4). Im typus Dl darf die nebenhebung
verkürzt iverden (Dlnk = Sievers D2). Verkürzung der zweiten hebung
(Sievers D3) kommt nicht vor, dagegen ist auflösung der ersten hebung
ein paarmal bezeugt.
§ 40. Dl: (a) ill tlpindi Hgsv 601, oll tipindi Hgsv 271. Eine
überschüssige silbe ist zu beseitigen in dem verse: (ß) ill's [ill er] of-
drykkja Hgsv 1271.
Dlnk: (a) einn rammari Fm 163; (ß) askr Yggdrasils Grm 35 1
441. Dazu ein beispiel mit verschleifung der ersten hebung: («) ligfukt
erfi])i Hgsv 87 \
§ 41. D2: (ß) alls on se verpr Sl 283. — Dazu ein paar verse,
in denen eine überschüssige silbe durch her Stellung des bra garmal zu
beseitigen ist: (a) mar gef [gefpu] mer pä Skm 81; (ß) göp's [g. er] gäta
bin iZerv 31°; (y1) lifa tetlak [setla ek] mer (Iangän aldr) Ls 62 1 (ver-
schleifung der ersten hebung).
Anm. 1. Ein D 2 -vers alliteriert nur in sich selber, nicht mit der zweiten
halbzeile: |)rör piugum at Grm 49 4.
Anm. 2. Verse, in denen der sinn eine starke betonung des schliessenden ein-
silbigen Wortes verlangt, sind nicht hierher, sondern als sehwellverse zu typus DB
zu stellen.
DIE RHYTHMIK DES L.IODHAHATTR 185
IL Der erweiterte D-vers (D*: z x u x x).
§ 42. Zn dem typus D*, der aus einem zweisilbigen und einem
dreisilbigen fusse besteht, rechne ich nur diejenigen verse, die mit einem
dreisilbigen warte schliessen; die /ihrigen von gleichartigem bau sind
entweder unter AG oder AB gestellt: diese unterscheiden sieh von den
D-versen dadurch, dass an stelle der nebenhebung eine rolle kebung
tritt. Belegt sind nur T)*l: der vers mit der nebenhebung auf der
2. silbe des dreisilbigen fusses (zxkix), iind D*lnk: derselbe vers
mit verk/'iv.ung der nebenhehnng (zxUix). Auflösungen sind nie
bei J) gestattet.
§43. D*i: (a) Grisl ok Falhöfhir Grm 303 FM 1013; särar at-
gorjrir Hgsv 1353; tveir'u einherjar Hgv 731; iß) akri ärsQnum Hgv
87 \ allir einherjar Vm 41\ eik vip abbindi Hgv 136°, engi oftreysti
Hgsv 1331, lila äleitni Hgsv 831, jös ok arrabauga Ls 131, jofra öborna
Rm 83; drüpjm dolgärar Hlnn 23; Ijötu leikborpi Gg 31.
Anm. 1. Auflösung der ersten Senkung kommt ein paarmal vor: (ß) opt vitu
©gorla Hör 1321; beiti vip bitsottum Hqv 136s; (y1) bat eru bokrunar (bat eru
bjargrunar) .SV/191. Vgl. anm. 2.
Anm. 2. Überschüssigt silben sind in folgenden versen -,u entfernen: (a) beill
pü [pü nü] Vafprüpnir Vm 61; seg [segpu] pat et ellifta Tw40' (versehleifung der
1. senkimg); (ß) ätta 'ru [eru] jafnhQfgir Skm 213 (versehleifung der 1. Senkung) ,
eld säk [sä ek] upp brinna Hqv 70 3; (y1) sumar'u [eru] äskungar (sumar alfkuugar)
Fm 13 :5 (versehleifung der 1. hebung).
Anm. 3. Nebenhebung an stelle der ersten Senkung findet sich in dun
verse: («) bvimleip bümonnum Ket 18 3.
§44. D*lnk: («) eldi heitari* Hgv 511; köpir afglapi Hgv IV;
Valr ok Lettfeti FM 101; (0) epli cllifu 8km 191 201; Lif ok Lifprasir
Vm 451. — Z)a%« \n:ei verse mit anflösung der ersten kebung:
iß) braka q11 hekkbili Eir 23; (71) sumar ä vettrinium (sumar ä ral-
bQstum) Sd 63.
.4«?». J. überschüssige silben sind in den folgenden beiden versen %u be-
seitigen: («) mier's [m. er] mer tipari* Skm 71; (J) seg [s. pü] bat Andvari BntZ1.
Anm. 2. Z/reisilbigc nicht verschleif bare binnensenkung findet sieh in dem
verse: («) niatr se per leipari* Skm 27 3.
§ 45. Der typus D*2 (zxuxi) ist nicht vertreten, da verse,
die mit einem dreisilbigen compositum von der forin ± x a. schliessen,
zufällig nicht begegnen.
*) Zur betonung vergleiche %. b. den C-vers Yngl. saget, 20 '' (Heimskr. ed.
Finnur Jönsson I,4115): enu mjovara.
ZEITSCHRrFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 13
186 GERING
Cap. 5. Typus E (zxxu).
§ 46. Der E-vers zerfällt ebenfalls in zwei untertypen, je nach-
dem die neberikebung im ersten fusse auf die hebung unmittelbar folgt
(El) oder durch eine Senkung von ihr getrennt ist (E2). Im typus
El darf die nebenhebung verkürzt iverden (Elnk). Als eine sehr
seltene Spielart ist sodann noch der vers mit Verkürzung der ersten
liehung (^:lx| jl) anzusetzen, den ich mit Elhk bezeichne. — Auf-
lösungen der beiden hebungen kommen mehrfach vor, dagegen ist die
auflösung der Senkung selten und zweifelhaft.
§ 47. El: («) almanna lof Hgsv 1161, alpypu röm Hgsv 781,
änaupgan mann Hgsv 903, andspillis vanr Skml2s, ästsamlig r<£p Hgsv2i
1031, eggmöpan val Grm 53\ einherja grip Ilkm IG1, eyrindi min Sk?n
391, ipgnöga lieill Gg IG3, öaupugr mapr Vm 10 \ ofclrukkiim mapr
Hgsv 721, okunna menn Hgsv 131 461, okynnis pess Hgv 193, okyrrir
tveir Herv 39 3, omulngr skal Hgsv 181, gfetterni mitt A41, jarnborgir'ii
HHv 133; fagnandi mapr Hgsv 873, fämQlugr ser Hgsv 151 981, for-
kunnar syn i^'483, frostharpan mann Ket 293; gälauss pü verpr Hgsv 23;
härsipan mann Hgsv 1411, heilyndi sitt Hgv 68:!, heiptyrpi ein Em 91,
hugr einn pat veit Hgv 941; rettd^mr I>d ser Hgsv 121, reykelsis ihn
Hgsv 1343; SQgvisum hal .B^s«; 711; vinsamlig rQp $Z 321, vsengbräpir
tvser .?}' 241; (/?) illüpigr oss Hkm 153; marggollin maer HHv 261;
välapr sä verpr Hgsv 52 3.
J.«7W. /. Zweifellos gehör/ hierher nach der vers Hqv82: (k) odsella's [6. er]
vit. Das bat, welches in den ausgaben folgt, ist an den anfang der xiveitcu halb-
xeüe zu stellen oder zu streichen.
Anne 2. Der auffallende vers Hqv 58 3: sjaldan liggjandi ulfr | Iser of getr
ist vermutlich dadurch %u bessern, dass sjaldaii an den, anfang der ztveiten hedb-
zeile gestellt wird: («) liggjandi ulfr | sjaldan lser of getr. Die erste halbxeile wird»
dadurch \u einem regelrechten El. — Ohne alliteration (also verderbt) überliefert
ist die langxeile Frn 131: sundrbornar mjok | hykk [hygg ek] at norner se (so RUr;
W liest segi ek statt hygg ek, was mit Sijmons als misslungene eonjeetur :.a be-
trachten ist).
§ 48. Auflösungen in El: Für die vcrschleifung der ersten
hebung finden sieh fohlende belege: («) gamansamlig orp Hgsv 97 \
getit verpr oss sliks Ls 523; (ß) ara ptifu sl Skm 27 l, Ifing heitir 6
Vm 161. — Häufiger ist die auflösung der zweiten hebung:
(a) Ivalda synir Gnu 431, ofrmaelgi mikil Vm 10 3, fimm hundrup dura
Grm 23 '; Hermöpr ok Bragi Hkm 141; skösmipr pii vesir Hgv 1254;
(ß) Oulltoppr ok (jroti EM 105; missvefni mikit Ej 221; dazu noch
zwei verse, in denen überschüssige Silben zu sireichen sind: [S) pä
mundi [m. hann] fear Em 383; bar bap [b. hon] mik koma Gg 33. —
DIE RHYTHMIK: DES LJODHAHATTR 187
Auflösung beider hebungen kommt einmal in einem verse vor, in
dem bragarmäl herzustellen ist: (ß) varan bipk [bip ek] Jtik vesa fl^a
1304 (pik /.s7 von Rask ergänzt).
Am//. Auflösung der Senkung findet sieh in dem verse: («) ey manni pat
veitVmöö1; ein anderer, zweifellos fehlerhaft überlieferter vers würde, nach her-
stellung des bragarmäl ebenso gebaut sein: (a) tamsvendi [>ik drepk [ek pik drep]
Skm261. — Auflösung der Senkung und der x/weiten hebung -würde, wenn die Über-
lieferung richtig ist, in dem verse HqvlQ3 x,u eonstatieren sein: («) metnapr honum
broask; jedoch ist wol mit Sijmons hqnum zu streichen, wodurch die halbxeile %u
einen/ A-verse (A2k Sievers) umgewandelt würde.
§49. Elnk: (et) likama sinn Egsv 107 1; trünaparmanns Hgsv Hb1.
Elhk: (a) ofarla [ofarliga] flygr Herr 433; (ß) horundar hungr
Sl 501. Dazu ein vers mit auflösung der Senkung: (a) konungar'u
[eru] fimm Kir 81.
§ 50. E2: (er) oldum hann bergr Herr 363; liianvits vant verpr
Hgsv 983 (nichtberücksichtigung des nebentons); mottug hon leizk ££103:
(ß) brinnrat svä breitt Hgv 1523. Da; u einige verse, die durch her-
stellung des bragarmäl oder durch Streichung überflüssiger Wörter auf
das normale mass gebracht werden müssen: («) bang per pä gefk [baug
ek per pä gef] Skm 211, gull's [g. er] per nü reitt i&rc 61; mar per
pann gefk [ek per pann gefj Äftra 91; (d) räp [r. pü] mer nü Frigg
Fm l1; flygra [f. hann] svä stint Hgv 150 3.
§ 51. Auflösungen in E2. Auflösung der ersten hebung ist
nicht bezeugt, öfter dagegen die der ziveiten: (er) bäper vit komumk
Skm 104; fimbulljöp niu Hgv 110\ flestir pat vitu Hgsv 1213, fylkir
per truir IIHv ll3; hjarpir pat vitu Hgv 211; vel pü nü kominn
Fj -18 l; pinum kenn sunum i/r/st- 12 :;. — Streichung überflüssiger
Wörter ist in vier versen vorzunehmen: («) lieill ves [v. pü] nü Loki*
Ls 531; (;j) yaxat [v. pü] nü Vinmr FM <i:: (d) seg [segpu] mer pat
Hnikarr Em 191, eigi skalt [skaltu] latask] Hgsv 86 \
Cap. 6. Typus F.
§ 52. Der dreisilbige F-vers, der nächst A in La am beliebtesten
ist, zerfällt nach der anordnung der hebungen in drei untertypen: im
ersten (Fl) ruhen die hebungen auf der ersten und ziveiten silbe (nx),
im ziveiten (F2) auf der ersten und dritten (j.x±), und im dritten
(F3) auf der ziveiten und dritten silbe {xj.-l). Auflösungen aller
silben sind gestattet, doch kommt in Fl nur die verschleifung der
*) Sievers (Proben 78) streicht auch ves und will den vers entweder als F
oder eils A2k bezeichnen.
13*
188 GERING
ersten hebung vor, und in ¥3 wird die auflösung der zweiten hebung
gemieden. In Fl und W2 tritt an stelle der Senkung zuweilen eine
nebenhebung.
§ 53. Einfache Fl (ohne auflösung und nebenhebung): («) jihyggjur
Hgsv 561, Andhrimnir Grm 181, eins drykkjar Grm 33, ökurmum Hgsv
55 \ ökvipinn Hgsv 1361, ulfr gleypa Vm 531, umb litask Hgsv 76 :, upp
Uta H(,v 1284; fornkvsepi* Hl l3, fröpr pykkisk Hgv 311; glQggpekkinn
Hgsv Tii::. göps vsenta Hgsv 753; liendr peira S165S; mälsefnis Ket 313;
yargr hangir Gry«, 103, vindr pagpi 81 57 \ vin sinnm i7?v 421 431, vin
pinura ffp«? 1204; |>rär hafpar ZS}' 501, prüpgelmir Vm 293; (ß) jarls
ynpi IIov 963; mapr manni i7p?; 573; (ö) hans aldar 7//,»? 19:!; pä
merkir <S7 47 3.
Anm. 1. Hierher gehört wol auch der vers: («) dag hverjan Grm 29 3 305
fso Hildebrand und Sijmons an beiden stellen, während die liss. an der ersten
zwischen dag hvern, hverjan dag und kvern dag schwanken, an der zweiten hveru
dag bieten).
Anm. 2. Durch herstellung des bragarmäl ist einmal ein regelmässiges Fl
zu gewinnen: («) frurs ristk [rist ekj per Skm 37 1.
Anm. 3. Nebenhebung an stelle der Senkung (jlj. ±_) ist zweimal zu con-
statieren: («) hroprs 0rverj>r Hat 100 5; (ß) ill ipgjold Hqv 105 ::. Dazu ein vers,
dessen zweite hebung auf kurzer silbe ruht: («) viprgefendr** Hqv413 (die worte ok
endrgefendr sind mit Sijmons als mterpolation zu streichen).
§ 54. Auflösungen in Fl. Verschleifung der ersten hebung
kommt öfter vor: (a) opin rinna Vm 163; fei räpa Fm 10 *, freka JQtnar
Älv 263; Hymis raeyjar Ls 343; konu pinnar Hgsv 23 x 991; lapar
purfi Vm 83, lopi svipnar Grm l3; marir hristusk HHv 283, muni pina
<Sft?ra 51; niu rQstum HHv 16:!; Svalinn heitir Grm 381, syni pinuni
Rm 63; viku eptir <S7 253, yinir pinir Hgsv 38 \ vinum [»inuin Hgsv
303, yinum sirium Hgsv 893; (/?) himin hverfa Vm 233; priar ßjöpar
Fw 491.
Anm. 1. In zwei fallen ist durch herstellung des bragarmäl em regelmässiger
vers -xu gewinnen: («) forap heitik [ek heiti] Ket 18'; (y1) Kotill heitik [ek heitij
(kominn 6r Hrafnistu) Ket 301.
Anm. 2. Sehr auffallend ist der vers: (J) tramar gneypa /SftmSO1, efo es
V//;/ die reimgesetze verstösst , dass das dem nomen nachfolgende verbum allein
alliteriert. Sollte nicht das im. ley. tramar in gramir \u ändern sein?
§ 55. Einfache F2 (ohne auflösung und nebenhebung): (a) aldar
mg Hov 32 3, annars dags Sd 25 6, aptr ek hvarf Hyv 98 *, ätta nsetr
Grm 21, ätta votr Ls 233, aumlig norn Rm 23, aura tjön Hgsv 132 \
*) Die versteilung bei Srbj. Egilsson ist falsch.
**) Die betcniung zu erscheint mir wahrscheinlicher als dir natürlich eben-
falls mögliche j.^y. (<■').
DIE RHYTHMIK DKS LJOÜHAHATTR 189
au]»i frä Sl 493, eina n^tt HHv 24 3, eldr es baztr Hgv 681, elds es
porf Hgv 31, engan hlut Sl 123, englar gups /SZ 713, illan mann 7L^
116', inn Tni bju|) SV 43, optlig mein Hgsv 961, 6|)ins kvon £/ 771,
ulfa [>ytr FM 2m, upp hinn stop £7 51, tirgan stafn Äffy 153, ymisgjarn
i7</sT 191, JSgishjalm ^ 161, JEgishjalmr Fm 171, öpra krapt Hgsv 183,
olr ek varp Hgv 141, orr af per 7/j/sy 53 *, Jarpar burr Ls 58 *;
bang pü gef Hgv 135 3, Billings ruey L^v 96 *, blipr pü verp Hgsv
22 *, bragna hvern I/iysy 51, bröpir minn* Ket 32 3, bröpur minn F;« 25 3;
dröttinn minn Sl 823;
fätt pü msel Lft/sfl 1251, fleska bazt ft'm 183, fljöta raun Hgsv
HO1, fullar grindr 7/oy 75', fyrstr ok ofstr Ls 503;
ganga skal JLpy 35 \ Grjoll ok Leiptr Grm 28°, glapr ok reifr Hgv
lö:i, glyslig orp flijsfl 413, göpan mann Hgv 1194, gup veit bazt .fit/sy
643, gygjar söl >S7 513;
hafnarmark HHv 30 3, halfan val örm 143, harpan be{)** Um? 53 3,
haufup f>itt Ls 143 iüw l3, heimskr es sä Hgsv 1143, keljar reip Sl 37 x,
herpaklett Ls 573, kesta baztr Fw 123, Hildr ok I?rüpr Grm 36 :!, himna
gup 67 61, Hörn ok Rupr % 8:! (vgl jedoch § 82 a. 9), horsklig rop
Hgsv l3, hrisi vex Grm 17 *, Hrist ok Mist Grm 361, kvitan skjold
Herv 503, kygginn mapr Hgsv 733, hyggins manns flg'sv 1393;
kviks ne daups FM 514, KQrmt ok Qrmt Grm 291;
lauga vatn *S7 50 3, leysigaldr ## 103, litla stund JL<ysy 66 3, ljötlig
vomm Hgsv 441, lütr ek sat Sl 361, long es n()tt #ä»m 43 *;
mait of dvelr Hgv 593, uiat ok drykk Sl 41, metna[) pinn Hgsv
29 *, uiinnzk pü pess iir/sy 36 3, uiiskunsamr Hgsv 137 \ möpur orp
<fy 161;
norna dum Fm ll1;
riki sitt Zfyy 641, rongu versk Sjijsv 953;
sezktu nipr Skm 29 :;, Sip ok Vip Grm 27 x, sjalfr [»vi veldr 7^/sy
723, Slip ok Hrip Grm 284, solar hjort SZ551, Sölarljöp ,S7 813, svartan
gqlt** Lfery 413, söl bans bap Sl 241;
skugga sinn fl^st; 133 3;
tryggvan vin JSjjrs«; 1133, tunga min Sl 443, tvä pü litr Um 213;
vatns es porf Hgv 41, veita mapr Hgv 27 5 741, Vigg ok Stüfr
FM 107, vil ok dul Sl 341, yits es porf Hgv 51;
pä pät fipr iZ^y 253, pyn ok Vin Grm 27 6, pessi ljöp /L/sy 811,
pyrstr ek kom Ls 61;
*) Zh'e versteilung in den Fornaldar sögur ist falsch.
**) ZHe verstcilwKj bei Bugge ist falsch.
190 GEKIM.
(ß) annars eign Hgsv 143 43 3, arnar orp Grm 32 3, einn hann ät
S12\ opt es ulfr Sd 35 r'; bJQrg ok brim Grm 383, Bjort ok Bleik
F)'383; fjolp ek für Fw 31 441 461 481 501 521 541; gloggva grein
Hat 100 *; heil verpr hver Fj 363, her ok hvar Zfpv 67 \ hjartar hörn
Sl 783; litil lyf Gautr 23, Ijüfr verpr leipr üpt; 353, lopt ok l(?gr
Gg ll3; margan mann Sl 591, marga menn £/ CO1, möpir min Äffi;
193; ny ok nip Vm 253, Nyt ok Not Grm 283; sä es stell Hgv 91,
sifja silfr #d 283, sjalfan sik Hgsv 681, sjolfum ser Hgsv 513, söl ek sä
Sl 391 401 411 42 1 43 l 441 45 \ sveinn ok sveinn Fm 1\ synd hans
svall Sl 5H; sterklig strij) üfc/s?; 743; Tagna vers Alv 33, Tip ok V(>n
GVm 285, vreipiverk Sl 261;
(y1) hetuiuk Grimr (hetnmk Grangleri) Grm 46 *, hvat par flygr
(hvat par ferr) M48; lgng es f<jr (langir'u farvegar) Gg 41; pser of
rep (prer of reist) Sd 131, pser of vindr Qner of vefr) #d ll3; (y2) hon
her rsepr (ok riki hefr) i<)' 83, hverr her raepr (ok riki hefr) Fj 73;
(ö) svä es aupr Hgv 753; Freyr es haztr Ls 37 J, mJQk es bräpr
lh,c 23; pat pü fipr ifr/st' 203, pä bat fipr Ä 173, ne ek flygi^¥4u,
stattu fram FM" l3; opt hii gaft Ls 223, svä ek gel Hgv 1493; fär es
hvatr Fm 63; svä es mapr Hgv 50 3 62 3, äpr an möpr /S7 23, pä es
möpr I^y 233; pü pvi rett Fm 30 \ svä ek rist _£Z^ 157 3, ek pvi raVp
Ls 28 3; alt es senn Hgv 173, hinn es ssell Hgv 81; hat vas spell
Gautr 41; allt es vant Sd 251, nii pat varp Fj 493, einn ek veit Ls 543,
sä mik vekr FM 218, hrornar J>q11 £T^ 50 j.
Anm. 1. Hierher gehört auch ein vers, der ohne allitcration überliefert,
aber leicht zu heilen ist: (d1) hverr es karl | enn kopurmäli Ket 19 3 (die hss. haben
sjä statt karl); ferner der vers: (et) leysigaldr | Iretk per fyr legg of kvebinn Gg 10 3,
ico die bisherigen ausgaben unrichtig die cäsur hinter ber ansetzten: die beiden
einen begriff bildenden Wörter ltetk kvebinn (= kvepk) können natürlich nicht in
verseil irdenen cershälften steh/n. — Auffallend ist der vers: (ß) ek veit einn Hqv 77 3;
natürlicher /rare: («) einn ek veit (rgl. Ls 543). — Nach restituierung einer älteren
wortform wären dann endlich noch hierher xu stellen dieverse: («) hverjan [IivernJ
dag Hgsv 47 \ mjok fyrverpr [fyrir verpr] Sl 27 3.
Anm. 2. Öfter sind verse durch herstellung des bragarmäl auf das normale
mass zu bringen: («) upp ber verpk [u. ek ber verp] Ls 59 3; foru's [f. er] sü grind
Grm 22 3; heiman förk [ek för] Herv32\ henni lautk [ek laut] 5/ 4P; lengi satk [ek
sat] i^'491; menn säk [sä ek] pä Sl 611 G31 641 651 661 G7 l 691 701 711 721,
menn säk [sä ek] bar &Z621, meyjar säk [ek sä] Herr 63 *; ramt's [r. erj bat tre
Hqv 135 ' (oder: ramt es tre?); sibla kvamk [ek kvam] S/291; (yl) heill sa's [sä
er] kvaj) (heill sä's kann) Ilöv 137 3, live fyr-by[)k [ek fyrbyb] (hve fyr-banuak)
Slwi 344; lengi svafk [ok svaf] (lengi sofnub vask) SdA1; (<?) hvat's [hv. er] nu ant
Gg 21; |>at's []). erj Jjä reynt Hqv 78 l; nü's [nu er] bat satt Fj 503. — Eine ganze
anzahl von versen Hessen sich durch dasselbe verfahren xu G -versen machen, doch
ist es xweifelhaft , ob dadurch, der ursprüngliche text hergestellt würde. Jedesfalls
DIK RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 191
wird mau überall von dem bragarmäl absehen müssen, wo schwer spreehbare laut-
eomplexe oder unverständlichkeiten dadurch entständen.
Anm.3. Mehrfach sind auch Streichungen überflüssiger Wörter vorzunehmen:
(«) tit [üt bii] ne komr Vm7i; frobr est [estu nüj gestr Vm 19 '; gef [gef bu] hann
burt Hgsv 213; hsett [hsettu] nü Njorbr Ls 36 \ hott [h. at] hon flo -S7 463; biggja
[]>. bu] skalt Hgsv 35 3; (ß) opt es [es sä] aumr Hgsv 33 3; I>vi munt [muntu] ntest
Ls 41 *; (tf) margr es [es sä] illr Hgsv iß; bvärt est [estu] feigr £&»? 121, pa [bä
hauu] bat fibr ffic G4::, nü est [estu] haptr Fml'\ margr es [er sä] hvatr Fm 243.
Dazu noch ein vers, in dem zugleich bragarmäl hergestellt werden muss: («) veitk
[veit ek] at [at ekj hekk Hqv 138 K
§ 56. Nebenhebung in F2 (-l±-l) Jcommt mehrfach vor:
(a) aldrapr raapr Hgsv 891, Alfheim Frey Crnrc 53, algegn mapr 7i//.sr
911, algQrs verks iT/^s*' 933, alsnotr mapr //^r 541, ästr^p pin Äd 213,
aupranns pess i*)' 32 3; ödyggt lif Hgsv 823, ösnjallr niapr .Hj?« 161,
osnoti mapr Hqv 241 251 261 27 l 79\ ösvipr mafr% 231 Hgsv 453,
orlog Frigg Ls 293, orlog sin Hgv 56 3 Hgsv 1211; fäviss mapr Lfc/s*;
1301; gälauss mapr ify.st' 106 *, gr(»pugr halr fl^z? 201; hugsjükr mapr
Hgsv 1363; simals orp Hgsv 40 3.
§ 57. Auflösungen in F2. — 1) auf der ersten hebung:
(«) Loka pat veit Ls 193; yega J)ü gakk Ls 153; pegi X>ii NjQr|)r Ls
341, J»egi pü Tyr Ls 38 x 40'; (0) dugira dagr Hgsv 37 n\ gjafar pti
galt Tarn 71; Reginn mik rep -Fra 22 x; (y1) hvapan pü fort (hvapan
fQr gorpir) Ly 461; J>egi J)ü Frigg (pü'st FJQrgyns mser) Ls 26 *;
(;'-') hvapan komr söl (a enn sletta himin) Vm 463; ]>vegiim ok mettr
(ri|)i ma]>r Jnngi at) Hgv Gl1; (6) vasa sä herr i/Äv// 93;
Ann/. 1. Eine überschüssige silbe ist \u beseitigen indem rersc: (ß) ifi'ruink
[es mer] ä Hqv 107 *.
2j aw/ der zweiten liebung: (a) annars konu Hgv 1144, aptr
muri koma Fj 281, Arfi fa|)ir Sl 781, augna gamans /<)' 51, augimi fyrir
[fyrir augumj Hgsv 1261, aurgu baki Ls 48 3, illu feginn iT^v 127 \
Ur[>ar lokur % 73, yta* lemill Herv 313, sfesta dagir Sl 281, öpri speki
flgrsv 1403; bokr bann lesi Hgsv 54?; glygg bann oask flen;353, grimmar
limar £d 233; lieill pü farir Fm 41, holla speki Hgsv 1263, Hrungnis
bani Ls 633; kempr ok pveginn Ein 251; nott verpr feginn Hgv 733;
|hi't per (Inga Hgsv 1183; (/?) fengins fear Hgsv 581; garpar gloa
Fj 53, gjold af gupi Hgsv 1313; hitt bann hugi Hgsv 1323; ljösan lea
/',)' 301; Sapr ok Svipall Gm 471; pekkr ok pripi Grm 4.G3; (d) svä
raun gefask >SY 313, bverju gepi L7^; 183;
J.wm. 2. Durch Herstellung des bragarmäl, Streichung überflüssiger Wörter
oder sonstige geringfügige änderung sind in folgenden füllen die rerse auf das
*) So Bugge, um die allit. herzustellen; lyba eodd.
192 GERING
normale mass xu bringen: («) örr est [ertu] Loki Ls 211 29 ', olr est [ertu] Loki
Ls 47 *; bör's [b. er saj eua \n\\)i Orm GL; mjok ver}>r fyrir [fyrir verbrj >S7 27 3;
(/») bibk j.ik [bip ek] Bragi Ls 16»; lett's [Jett er] ber Loki L.s 491.
«5^ auf der Senkung: (a) axi vas skätt Gautr 43, engi pat veit
Hj?« 27 3; fjarri pri gekkt FVrc 261; göpu pü fylg JTi/sv 43, göpu pü heit
£Z 193, goria pau raun £/ 323; leip erumk fjoll FM211; sennur ok q1
Ärf 301, SQgn epa pQgn Sd 203; (/?) eiga pin oll Ls 653; (j/1) svä
hQnum gafsk (Sorla göpräpa) Sl 20 x; (tf) hitki bann fipr Ü£w 24:!, segpu
pat Freyr Äfcw 31; morg eru göp 12m 20 x; sü erumk likn Ls 35 \
hitki hann Yeit Hgv 22 3 26 3;
Anm. 3. Durch Herstellung des bragarmäl oder Streichung überflüssiger Wörter
ist in folgenden fällen ein normaler vers \n gewinnen: (ß) galdra mer [bu mer] gal
Og 51; veiztu ef [veizt ef bu] vex FM69; (y1) handar emk [ein ek] vanr (en bu
Hröb-vitnis) LS391; (<f) veizt [veiztu*] ef ek gaf Ls 231; eigi emk [ein ek] haptr
Fra 83.
4) aw/" beiden hebungen: (a) Gera ok Freka örm 191, Goinn
ok Moinn Orm 343; Huginn ok Muninn Orm 20 *; suapir ok gnapir
Hpv 62 x; pagalt ok hugalt Hgv 151; (£) Gipul ok Ggpul GVra 27 4;
(y1) simiura at bana (sumum at bQlstofum) Sd 303; vaki pü Groa (vaki
pü göp kona) Og l1;
Anm. 4. Einmal ist ein überflüssiges toort zu streichen: («) oumk [o. ek] of
Hugin ör*re 30 *. — Auffallend ist der vers: (ß) Dahin ok Dvalinn | Duneyrr ok
Dyrabror Orm 33 3, da in der langxeile vier gleiche reimstäbe stehen.
5) auf der Senkung und der %iveiten hebung: («) <Vbi per
dugi Vm 43; Gondul ok SkQgul Hkm l1; sessa ok stapi Ls 73 81;
(y1) ripa vit skulum (kvap en rikja SkQgul) Hkm 131.
Anm. 5. Die Streichung eines überflüssigen Wortes ist einmal vorzunehmen:
(ß) virbi [v. bat] ok viti SU81.
§ 58. Einfache F3 (ohne aufWsungen) : (a) hvärt aptr komr
Fj 27 3, en orpstirr Hgv 76 3, äpr jafngöpr Hkm 20 3; en göpr mapr
Hgv 1223; hvars katr vex Hgv 1533; en sä gat Sl 63; en pö leizk
Sl 17 3; (ß) hann rsepr rö Ls 55 3; (d) ne vit Freyr Skm 20 3; en sä
lialr Hgsv 813, ok pann lial Hgv 1513, en par Hroptr Orm 83; en par
liiQgr Orm 173; en sä rep Sl 363; ok pat sverp Skm 83 93; sä einn
yeit Hgv 181, ef pat yerpr ö^ 43, ek svä Yinnk Hgv 1553.
Anm. 1. Herstellung des bragarmäl oder Streichung überflüssiger Wörter ist
in folgenden fällen vorzunehmen: («) pvit [bviat] äsbru. Orm 29 5, bvit [bviat] ill r(jb
H<iv 9d, mJQk's [m. es] ösripr JW371, hvars [hvars jn'ij ol drekkr Höv 1364, bvi's [pvi
er] <{lbr bazt Hqv 14:l; hvars [hv. ]>uj bol kaut i/r^-1264; ef [efbü] viu ätt HgsvIV;
(y) svä af ristk [svä ek {tat af rist] (sem J>ät a reistk) Skm 37 :l, hvi [hvi bu] einn
*) veiztu streicht Sijmons, aber ef ek gaf ist ein unmöglicher vers.
DIE RHYTHMIK DBS LJODHAHATTR 193
sitr (endlanga sali) SkmS3\ (tf) bo hins g-etk [bo ek hins get] Skm24-3; ef [ef bu]
bat lygr i5'453; ef [ef bu] bat inant ß# l3.
An m. 2. Unmöglich ist der vers: ]>vit reipr | fyllisk rangs hugar Hgsv §7*
(Scheving setzt die cäsur unrichtig nach fyllisk); man lese: («) [lvit reibr maj>r. —
Ohne alliteratioii überliefert ist der vers: svä es sä mabr | sem hefir aub fear Hgsv
14P; vermutlieh ist \u lesen: (ß) svä's sä mapr | es he fr morb fear.
§ 59. Auflösungen in F 3. — ij m// der ersten hebung:
(a) enn yari gestr H$v 71, a yegum allr Gg 53;
J.mm. 2. Durch herstellung des bragarmal oelcr Streichung überflüssiger silben
sind in folgenden fällen die rerse auf das normale mass \u bringen: (a) bvit
[bviat] hvatan mann Fm 28 3, bars [bar er] Regina liggr Fw 37 ;!, j>6 [en bo] vita
far jfy433.
2J aw/" der Senkung: (a) pa ek mqg gat Ls 353; (d) esa svä
gott Hgv 12 x; esa I>at lirtft Km 123.
Ann/. 2. Eine überschüssige silbe ist zu entfernen in den rersen: (8) nema
einn [sä einn] oss Ls ll3; (d1) vesat [ver [)ü ei] svä aumr Hgsv 1241.
J.m». 5. Zweisilbige unversehleifbare Senkung ist einmal bezeugt: («) eu
vib vio eitt Grm 19 3.
Cap. 6. Typus G (^4
§ 60. Zu dem nur aus zwei gehobenen silben bestehenden G-
verse ist nur xu bemerken, dass auch hier aufWsung der ersten wie
der zweiten hebung gestattet ist.
§ 61. Einfache G-vcrse (ohne auflösung): («) ärstraumr Grm
213, aumr mapr Hgsv 105 \ eiskold Fm 313, ills manns Gaulr l8, ungr
sveinn Gautr 51; fripsamr Hgsv 631, fötr hans £7 553; gott rap Hgsv
901; höt pin 27w 93, Hugsvinns Hgsv 1391; mal hvert Hgsv 731;
(/J) langt lif £H 37 3, pytr pund Grm 211; fr1) deyr fe (deyja fnendr)
H(w 761 771 Hkm 211; heill dagr (heilir dags synir) Sd 21; (y2) vitr
mapr (es fyr nieinum verpr) .Hi/sü 751; (d) hver gJQld Em 33, ofr-
gjgld Rm 41.
J.«/«. 2. 2^'e beiden S-verse sind auffallend , besonders der letzte, in welchem
die alliteration auf dem zweiten gliede des compositums ruht. Ist etwa in der
zweiten halbzeile zu ändern: hojba synir, alda synir?
§ 62. Auflösungen in G. — 1) auf der ersten hebung:
(a) bana sinn Hgsv 10 11; dvalarheim Sl 35 3; fear sins Hgv 39 *; Glasir
stendr FMV; mepalsnotr Hgv 541 551 561, mikit eitt Hgv 521, mikit
vatn i27/sv 1281; rata munn IZj?t> 1041; skipa bazt Grm 433, skua tvä
Gautr l1; yesall mapr Hjfo 22 '; priar rytr Grm Sl1; {ß) fjoturr fastr*
*) Z)*e versteilung der ausgaben ist falsch.
194 GERING
Fj 103, Framarr fyrr* Ket 343. — Dazu ein vers, in dem bragarmäl
herzustellen ist: («) fara säk [ek sä] Herv 541.
Anm. Verderbt ist der vers: sumar hvar | es meim blöta f)?er; vgl. § 81,
anm. 4.
2) auf der zweiten Hebung: («) einn vita Hejv 633, JQrp bifask
Skm 143; heimsliga Qautr 21; meldropa Vm 14:!; (d) pess vipar
fl^to 60 3.
Cap. 8. SchAvellverse.
§ 63. Der dreihebige schwellvers, der mit der zweiten hebung in
einen zweiten beliebigen typus übergleitet, also gewisser massen aus
zwei gleichen oder verschiedenartigen typen zusammengesetzt ist, darf
bekanntlich als der normale vers der vollxeile gelten. Er kommt jedoch
auch, wenn auch nicht allzu häufig, in den beiden Hälften der lang-
weile vor. Die Überlieferung ist noch schlechter eds in den ungeschw eilten
typen A — O, daher müssen, um glatte verse zu gewinnen, kürzungen
(durch Herstellung des bragarmal und Streichung von überflüssigen
Wörtern) und Umstellungen häufig vorgenommen iverden.
Die alliteration ist in La meist einfach und ruht in diesem falle
gewohnlich auf der ersten Hebung (al), zuweilen auf der zweiten (a 2)
und sehr selten auf der dritten (S). Doppelalliteration (ß) und neben-
a/litcrafiou (y) sind jedoch auch mehrfach belegt; die reimstäbe fallen
dann entweder auf die erste und zweite hebung (ßl.2; y 1. 2) oder auf
die erste und dritte (ß 1. 3; y 1. 3) oder auf die zweite und dritte (ß 2. 3;
r 2. 3).
Die beispiele sind nach dem vorgange von Sievers nach dem mit
der zweiten hebung einsetzenden schlusslgpus des verses geordnet. Um
den bau der verse anschaulicher \u machen, ist der schluss des ersten
fusses durch einen über der zeile stehenden, der an fang des letzten
fusses durch einen unter der zeile stehenden senkrechten strich be-
zeichnet worden.
§ 64. A-verse. — 1) AA (jj.xl_ix._ix): (al) ormar fleiri liggja
llrm 341; gneggja mvndir [m. {>ü] Atli IIIIc 201; lifna mundak [munda
ek im] kjösa III [II 2 l3; reini munk per [man per ek] pykkja HHv2\i\
(ßl. 2) Fimbul-fambi heitir Höv 102r>; yeitk [veit ek] ef [ef pü] vaxa
nsepir Fm 71; (/?1.3) afli minu attak [atta ek] Fm 263, mergi stiuera
melpak [malpa ek]** Ls 433; 02 2.3) veizt [voiztu] ef [ef ek] epli afettak
Ls 43 *, veizt [veiztu] ef [ef ek] inui sfettak Ls 27 x;
*) Die Verstellung Fas. II, 13~> ist ganz unmöglich.
**) Die Verstellung l/ei Ilildcbrand und Sijmons halte ich für unrichtig.
DIE RHYTHMIK DES L.70DHAHATTR 195
Anni. 1. Ver Schleifung der x/weiten hebung ist zweimal bezeugt: («1) J>rinn-
ar niundir meyja HIIv 28 '; («2) veizt [veiztu] ef fQpur ne attat Fm 31. — Neben-
hebung im 7. fusse kommt zweimal vor bei gleichzeitiger auflösung der 2. Senkung :
(a 1) Grlabsheinir heitir eim firnti Qrm 81; prymheimr heitir enn setti Grm 11'.
Anm. 2. Zweimal 'findet sich zweisilbige nicht verschleifbare Senkung im
1. bez. 2. fusse: («2) veitk [veit ek] ef fyr ütan vaerak Ls 141; ((5 1.3) mäni heitir
mej) inqnnum Air 141.
2) A*A {.L x x I .L x ' x). Zter fa/pws A*1A (nebenhebung auf der
zweiten silbe) kommt zweimal cor: (a 1) öminnis hegri heitir i7pü 131;
das zweite beispiel hat verschleifung der ersten hebung find der ersten
Senkung: (« 1) Lopirin heitir es pik skal eiga HHv 251. - A*2A
(nebenhebung auf der dritten silbe) ist zweimal bezeugt: (« 1) Breipa-
blik'rü [eru] en sjaimdu Qrm 121; Sokkvabekkr heitir enn fjörpi Grm V
(verschleifung der zweiten Senkung).
3) BA (x j. I x j. x ' x). Nur ein beispiet: (et 1) of rünar heyrpak
[heyrpa ek] doma Hgv HO5.
4) CA (x-l I ±x 'x): («1) at undrsjönum verpir [pu verpir] SÄ»w
281; at Bolverki spurpu fl»eir sp.] Hgv 1084; ((01.3) pvit [pviat] jorp
tekr vip oldri üfyy 1365; til hrimpursa hallar Skm 353; (y 1.3) a jarp-
fQstnm steini (stöpk innan dura) Gg 153;
Anm. 3. Verschleifung der './reitet/ hebung kommt einmal vor: (<f) en [>ä
j>< .iir [m etki Ls 58 3.
oj DA (-ü \jlx.j-x): (a 1) inn bip [bip bii] bann ganga Skm 161;
(«2) brimr orpurn senna 7/ör 12-A4: (/?1. 3) all göl hann osum Hgv
1603, ol gorpir [g. pu] JSgir L.v 65 \ pat kann ek pripja Hgv 148 \ bat
raepk per pripja &/ 241; (/ 1. 3) Gifr lieitir annarr (en Greri annarr)
Fj 201, Hei byr und etnni (annarri Hrimpursar) Grm 313, pann gelk
[gel ek] per fyrstan (pann kvepa fjolnytan) Gg 61, pat kanuk [kann ek]
et setta (ef mik sserir pegn) Hgv 1511; (ö) pann gelk [gel ek] per annan
Gg 71, pat raepk [rsep ek] per annat Sd 23 *, pat kannk [kann ek] et
ätta fl^j 153 l, pö hafpak [hafpa ek pat] S&tlat Skm 383; hvat mselti
Opinn Vm 543 Herv 66 3; pvi bregpr [b. pü nü] mer Fäfhir Fm 81, pat
kannk [kann ek] et finita Hgv 1501, pat kannk [kann ek] et fjörpa
Hgv 1491, raargr reynisk hygginn Hgsv 62:!; hvi namt [namtu] hann
sigri Eir 61; pat kannk [kann ek] et tolfta Hgv 1571. — In dem verse:
pat kannk [kann ek] et sjaunda Hgv 1521 fehlt die alliteration , doch
steckt der fehler wol in der zweiten halbzeile.
Ann/. 4. Verschleifung der ersten hebung f///det siel/ in dem verse:
(S) hverir räba jpsir Vm 50 3. — Häufig ist auflösungder binnensenkung: («l)fe
lata |iik tsela Hgsv 431; sky heita me{i mQunum Alv 18 '; (ß 1. 3) bann gelk [gel ek]
ber enn Jnibja Gg 81; (<f) bann gelk [gel ek] ber enn ätta Gg 13 ', bat rsebk [rseb
ek] ber et ätta &Z 32 *, bann gelk [gel ek] ber enn finita Gg 10 x, bat nebk [rreb ek]
196 GERINO
per et fimta Sd 28 *•, ftann gelk [gel ek] ber enn fjorjia Gg 91, bat rsebk [ra?b ek] |ier
et fjörba Sd 26 ', bat rsebk [rsep ek] Jjer et fyrsta Sd 221, pann gelk [gel ek] [jer enn
setta Qg ll1, pat rsepk [rsep ek] [ter et setta &/291, ]>ann gelk [gel ek] [>er enn
sjaunda 6V/121, [tat raepk [rsep ek] per et sjaunda &"/ 311. — Verschleifung der
zweiten hebung lässt sich auch durch einige beispiele belegen: (S) |>at kanuk
[kann ek] et niunda Hqv 1541, jiat kanuk [kann ck] et tiuuda Hqv 155 '. — Ver-
schleifung der binnensenkung und der zweiten hebung kommt ebenfalls ein
'paarmal vor: {$) f>ann gelk [gel ek] per enn niunda Gg l±l, ]<at rgepk [rsep ek] per
et niunda Sd 33 \ pat reepk [rsep ekj [»er et tiunda Sd 35 K
Anm. 5. Zweisilbige nicht versehleifbare binnensenkung ist in
folgenden versen tu statuieren: (« 1) eldr heitir meb mQnnum Alv 26 \ 0,1 heitir mej)
monnum AZ# 341, jorb heitir meb monnum Ji/r 10 '; bygg heitir meb mQnnum Alv
32l; fagrt skalt [skaltu] vib bann msela Hör 45 :i; logn heitir mep monnum J.^321;
nött heitir meb mQnnum A/^301; sul heitir me|> monnum Ji^lö1, sser heitir meb
m<jnnum Alv 24'; vindr heitir meb mQnnum J.fe 20 ', vipr heitir nie]) mQnnum Alv 28 x.
iw s/re/ hierher gehörigen versen findet zugleich versehleifung der ersten hebung
statt: ((( 1) ge])i skalt [skaltu] vip pann blanda Hqv 443; (ß 1. 2) himinn heitir nie])
monnum Alv 12 *.
^1«>». 6. Verkürzung der -./reiten hebung vor einer nebenhebung ist ivol an-
zunehmen in dem verse: {ß\.2) skor's [sk. er] skapapr illa Hqv 125 6.
Anm. 7. Ein DA' mit verkürzter nebenhebung scheint vorzuliegen in dem
verse: (/S 1. 3) vipkunnari [v. pu] verjtir Skm 284.
§65. B-verse. — 1) AB U- x ' jl . x j) : (al) annan sömir ßer
Hgsv 443, annars purfi verpr fljjrsfl 1003, Atle gakk [g. pü] a land HHv
22 x, engan |>ü fyrlit Hgsv 62 \ ütar hverfa |>ess 7<J 163; disir bip [>u
|>er £7 251; hlaeja skalt [skaltu] vih beim 5j?v 46 3, sott ok daubi komr
Hgsv 47 3; (a 2) veizt [veiztu] ef fyrstr ok ofstr Ls 511; (/t? 1. 2) fjarra-
fleina bik Alv 53; (/ 1. 3) s0m])aror|)a lauss (hefr bü. seggr of lifat)
Fj 33; (d) vänarstjarna flaug Sl 461 (höchst auffallende alliteration!).
Anm. 1. Auflösung der dritten hebung ist dreimal bezeugt: (« 1) haldit
mapr ä keri Hqv 19 \ pinum kenn bü sunum Hgsv 42 3; (/iL 3) Silfrintoppr ok Sinir
FM 109; einmal in einem w emendierenden verse auflösung der ersten Senkung
und der dritten hebung : (« 2) veizt ef a hjmvi skulumk [veiztu ef mik a hj. skulu]
Ls 501. — Nebenhebung im ersten fusse kommt mehrmals vor: (ß 1. 2) Alsvipr
jotnum fyrir Hqv 143 8 (auflösung der dritten hebung), Heiprun heitir geit Qrm251\
(ß 1. 3) Yigripr heitir vollr Vm 18 1; (y-) VinQ heitir ein (ounar Vegsviun) Grm 28 l. —
Zweisilbige nicht v er schleif bare binnensenkung im ersten fusse ist drei-
mal bezeugt: (y 1. 2) veiztu live bibja skal (veiztu hve blota skal) Hqv 1443, veiztu hve
rista skal (veiztu hve rä[ia skal) Hqv 1441, veiztu hve senda skal (veiztu hve soa skal)
Hqv 144*.
Anm. 2. Verderbt (weil ohne alliteration) überliefert ist der vers Ls 39 3:
ulfgi hefr ok vel | es i bondum skal. Ich vermute, dass boudum durch JQrnum vu
ersetzen ist; vgl. Fms. XI, 288 : [ieir brcßbr satu bar i järnuin.
2) A*B (zixU,x4 Nur zwei belege: (ß 1. 2) Hrimgrimnir
heitir pars Skm 351; (/J2.3) Eikpyrnir heitir hjortr Grm 26l (höchst
auffallende alliteration !).
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 197
Anm.3. Ein vers A*B mit Verkürzung der ersten liebung vor nachfolgen-
der nebenhebung ist einmal überliefert: (« 1) gamalla oxna uofn EM\\'\
3) CB (x^.l^,x^): (al) J>vit [pviat] ägaetlig ljöp Hgsv 91 3, fyr
Eiriki glymr Mr 33, J>vit Qiviat] öbrigpra vin iJpy 65; enn fräneygi
sveinn Fw? 53; (a 2) of sik jptlar sä 7/^sy 323;
Anm. 4. Verkürzung der zweiten hebung kommt einmal vor: («) en
övinar sins Hör 43*. Dazu zwei verse mit versehleifung der Schlusshebung: («l)ok
andligar sogur 7//2;!; (/9 1. 3) es Häkoiii hafa* HkmlO3. Derselbe ty)>tts mit ver-
sehleifung der eingangssenkung und sehlusshebung ist durch leichte emendierung
eines offenbar fehlerhaft überlieferten verses \n gewinnen: («1) nema Griinnlapar
Dytak [ef ek G. ne n.] Hör 107 3.
Ann/. 5. Versehleifung der ersten hebung ist einmal bezeugt: («1) en
firinilla mser Skm 33 :; mehrere male versehleifung der sehlusshebung: («1) pat's
f J.at er] övist at vita Fm24\ pvit [pviat] ovist's [6. er] at vita Hqv383 Eirß3; opt
b<jlvisar konur Sd273\ Jivit [|>vi] himneska skipun Hgsvbö3. Ein hierher gehöriger
vers hat ausserdem (ine zweisilbige nicht versehleifbare eingangssenkung: (ßl.3)kalla
vindofni vaiiir Air 12 2.
4) DB (j.\ jl x j): (al) Skoll heitir ulfr firm 39', j>at kaupir sä
S7 623; (/S1.2) hjglp heitir eitt Hgv 1463, vaskr yerpa skalt Hgsv 83-
(y2) Hlif heitir ein (onnur Hlifprasa) I7 381; (<$) enn vill J)ü Frigg
Ls 281, svä kvam ek naest Hgv 991. - M/w/ ew? /rr^ w// versehlei-
fung der ersten hebung: (cd) svipum hefk [hefi ek] nü ypt Gnu
451; umhin vers mit versehleifung der sehlusshebung: (;>2.3) hitt
viljak yita Vm 33 f<Y«s storÄ betonte hitt ww&s unbedingt eine hebung
tragen) .
§ 1)6. C- verse. — ij JC (^xlz zx). Einfaches AG (ohne ver-
sehleifung und Verkürzung) ist nur durch wenige beispiele vertreten:
(ßl) allir f>ann lasta Hgsv 603; ungr skal \)\i venjask Hgsv 311: norJ)an
säk [sä ek] ripa Sl 561; vestan säk [sä ek] fljüga £2 541; (/? 2. 3) [»vi
emk [em ek] hör hiöfugr Ls 453. Daxu ein oft widerholter vers
der Hgvamgl mit zweisilbiger nicht verschleifbarer binnensenkung :
(al) rubumk ber Loddfäfnir Hgv 11 11 1121 1141 1151 1161 1181 1191
1201 1211 1241 1251 1261 1271 1281 1291 1301 1311 1341 1361.
Anm. 1. Ohne alliteration (also fehlerhaft) überliefert) ist der vers Sl 30 ':
syndir pvi valda | at ver hryggvir fyrum. Vielleicht ist zu emendieren : (« 1) syndir
|)\] valda | at sorgfullir forum (sehwellvers in jeder halbzeile).
Anm. 2. Auflösung der ersten hebung findet sieh in einem verse, der
dreifache alliteration zu haben seheint: (ß 1. 2. 3) hina vilt heldr Helgi HHc 20 l. —
Auflösung der binnensenkung kommt ebenfalls einmal vor: (« 1) hirtir'u [eru]
auk fjorir Grm 33 *. — Dreisilbige binnensenkung (mit versehleifung der
letzten beiden silben) hat der vers: (ß 1. 2) allar vora af skafnar Sd 18 x.
*) Zur betonung vgl. den drottkvaett-»ers des Qlümr Geirason (Hkr I, 22413) :
reyr Häkonar drevra.
198 GERING
Anm. 3. Verkürzung der dritten hebung kommt ein 'paarmal vor:
(« 1) üt af beim \qgam Hgsv L33; (ß 2. 3) heima glabr gxinii Hqv 1021; (j' 2. 3) betra's
|betra er] ö-be|>it (an se of-hlotit) Hqv 1451 (betra nimmt wol nicht an der alli-
teration teil). Dazu ein vers mit xweisilbiger binnensenkung : (« 2) hitt viljak
fyrst vita Vm 6 3.
Anm. 4. Katalektische AC sind wol %u statuieren in den versen: (/S 1. 2) heill
ves [ves bü im] heldr sveinn Skm S81; (yl. 2) vei'ztu hve faa skal (veiztu live freista
skal) ifyv 1444 (xweisilb. binnensenkung).
2) A*C (zixlz.^x): (al) bjargrünar skalt [skaltu] kunna $d 81,
Tbrimrünar skalt [skaltu] kunna Sd 91, hugiünar skalt [skaltu] kunna
Sd 121, limrtinar skalt [skaltu] kunna 6VZ 101, mälrünar skalt [skaltu]
kunna Sd ll1, sigrunar skalt [pii skalt] kunna Sd 61; Noatün 'ru [eru]
en elliftu GWra 16 * (verschhifung der ersten hebung und der binnen-
senkung); (ct2) l>at nepk per et ellifta Sd 37 * (verschhifung der binnen-
senkung): (ß 1. 2) annarra ögsefu Hijrsv 116 !, einmseli annarra Hgsv
321, Sigmuudr ok Sinfjgtli Eir 41; (/? 1. 3) jlvitulaust ella i^sy 313;
(y 1. 3) olrünar skalt [skaltu] kunna (ef pü vill annars kvren) Sdl1.
3) BC (x j.\ x -l j.y)\ (al) pvit [pvi at] fjallavgtn lukpusk S/453,
ä gorpum ser peira Hkv 191. D«,v.zt em vers mit Verkürzung der
letzten hebung (BC2): (ß 1. 2) vi]) haulvi k^rogi J9(5t> 1367; ein vers
mit ziveisilbiger unverschleif barer eingangssenkung: (al) siz
i kanzka pumlungi Ls 60:!; und ein vers mit v er Schleifung der
zweiten hebung: (ßl.2) enn aldna JQtun suttak [ek sötta] Hqv 1031.
4) ^'(xzlz^x): (al) put tvser geitr eigi Hqv 36 3; (a 2) ä sik
I>an trüpu* *S7 17 *
5j DO (-i I j. ' x). i\rw ein beispiel mit auflösung der zweiten
hebung: (d) opt sparir leipum Hqv 39 3.
§ 67. D-verse. — 1) AD* (zxlix.ixx). iVW £«m beispieh,
die beide die nebenhebung auf der zweiten silbe des dritten fusses
haben: (al) ßatatoskr heitir ikomi Grm 32 1 (verschhifung der ersten
hebung und nebenhebung im ersten fusse) ; (ß 1. 3) iltta kundrup ein-
herja Grm 233.
2) BD. Nur ein beispiel für BDlnk (x jl. I x 2. ' ^ x): (/? 1. 2) mep
jHirsi prikQfpupum Sforc 311.
3) DD* (zUx 'ix): (a) J>at kannk [kann ek] et fimtända
Hqv 1601; (0) Jmt kannk [kann ek] et prettanda Hqv 1581; (d) pat
kannk [kann ek] et ellifta (fjogrtända, sextända, sjautanda, ätjända)
llnr 156 ' 1591 1 G l1 1621 1631. — Dass diese verse hierher und nicht
zum tgpus C zu stellen sind, beweist WO1, wo das einleitende pat
*) Bugge halt -X für das reimwort!
DIE RHYTHMIK BUS L.ToDIIAHATTR
199
alliteriert (anders Sijmons x. st.); ich habe daher auch 1581 als vers
mit alliteration ß angesetzt.
§ 68. E-verse. — 1) AE. Nur zwei beisjnele für AE2
Uxl-tx *..->): («1) Blöpughöfi bot hestr FM 1011; QJ1.2) opt pat
ellibjügr man Hgsv 1173.
2) DE. Nur der tgpus BEI (_^l_^>_x ') ist einmal vertreten:
(a 1) fjolkuunigri konu Hgv 1 1 2 4 (auflösung der schlusshebung).
§ 69. Z«'e? laugzeilen sind verstümmelt überliefert und nicht
mit Sicherheit \u heilen: hvar ytar tünum i . . . F/« 40 :!, sumur hvar |
es nieim blöta pser Fj 401. Der visuhelmingr, zu dem der erste von
diesen verseu gehört, lässt sich vielleicht folgendermassen herstellen:
hvar yta synir Qplings timom i
hQggvask hverjan dag?
Der erste halbvers der langxeile iväre ein Ba tnii auflösung ihr zweiten
hebung.
B. Der zweite halbvers (Lb).
§ 70. Die charakteristische eigeutümliehkeit des zweiten halb-
verses ist seine Vorliebe für eingangssenkungen und auftakle: es scheint,
als ob die dichter einen tüchtigen anlauf für nötig ei'achtet hätten, um
den hauptstab, der in der regel auf der ersten hebung ruht, mit dein
gehörigen uachdruck herauszubringen. Daher sind die typen Bund C
am meisten verwendet, und zwar ist in beiden die xiveisilbige ein-
gangssenkung bevorzugt, die nicht beseitigt werden darf.
Cap. 9. Typus A.
I. Der gewöhnliche A-vers ohne nebenhebungen.
§ 71. Der regelmässige viersilbige A-vers ist i?i Lb nicht häufig:
(a) andalausir Herv 393; illt bann lmgpi Sl 51; foapmr ör häri Grm
408; dröttins mala Sl 25 *; Gestumblindi Herv 316, gott es annars Sl
193; handar vseni Hgv 732 (vgl. § 117), hellu Ijösta Herv 403, hinzta
sinni Sl 413, hvergi settisk Sl 463; minni pötti Skm 433, moldu glikar
Herv 631; seggr enn uDgi Skm 41, snimma kallapr Sl 29 J; purrum
tQruni FM 512.
Anm. 1. Hierher würde cuieli der verstümmelt überlieferte vers Hqv 40 3 ge-
hören, falls die ergänxnng der Herausgeber das richtige getroffen iiat : («) svägi
(gJQflan). — Der ß-vers ongva eina Ket 17 :; kann nicht richtig sein, da er gegen
die reimgesetxe verstösst; s. oben § 31, uhih.
200 GERING
Ami). 2. Ein paarmal kann durch Herstellung des bragarmäl oder durch
einführung kürzerer parallelformen der vers auf das normale mass gebracht werden:
(«) Siik [sä ek] og hugjiak Hör HO3; (y1) live fyrbarmak [ek fyrbanna] Skm 344;
(<f) risib suarla [snarliga] Eir 41.
§ 72. Ver Schleifungen. 1) auflösung der ersten hebung:
(a) mima J)er verpa Air 81; {y2) hafask und Linda Hiev 243.
Anm. 1. Der ß-vers Grm 49' alliteriert nur in sich selbst, nicht mit der
ersten halbzeile: (J)r6r bingum at) | Vibuir at vigum. — Ausserdem gehört wol
hierher der vers Hgsv 102 2: roki halir sva, der zweifellos durch Umstellung \u
he Um ist: («) halir sva roki.
2) auflösung der ersten Senkung: (a) illa at lasta Hgsv 443;
finna ne mottu Ls 463; liverjum at segja* Alv 8:!; Siekin ok Mkm
Grm 27 *; (y) J)ser'u me\) olfum Sd 18 4; (ö) mimt euum J>roska
Skm 39 3.
Anm. 2. Hierher gehört vermutlich auch der vers Sl 43: («) gobu honurn
beindi, wo gobu *« göbs ssw bessern ist.
II. Der gewöhnliche A-vers mit nebenhebungen.
§ 73. ij Nebenhebung im ersten fusse (A2) kommt öfter vor.
Nur einmal steht die zweite hebung auf langer silbe (A2h2l) :
(a) Bolverkr Fjolnir Grm 47 3; in den übrigen fällen ist die zweite
hebung verkürzt (A2h2k) : (a) fyr mer saman Sl 453 (auffallende
alliteration!); kann lezk trua Sl 33; hmd qü yfir Herv 453; menn bazt
Ufa H(iv 48 *; skir brupr go{>a Grm ll3.
Anm. 1. Ein überflüssiges ivort ist zu streichen in dem verse Vm 41 : («) heill
[h. Jiü] aptr komir.
Anm. 2. Auflösung der ersten hebung ist einmal bezeugt: («) skilin orb
koma Hqv 133 6; ebenso einmal auflösung der nebenhebung: («) Sigfabir Hnikubr
Grm48\
2) Nebenhebung im zweiten fusse (A3) ist ebenfalls ein paar
mal bezeugt: (ß) injövan mälfän Skm 23 l 25 * (vier gleiche reimstäbe
in der langzeile! !); (y2) onnur Vegsvinn Grm 28 *; (d) lättu hlip
rüm Fj 43 \
Anm. 3. Auflösung der ersten hebung findet sich einmal: («) lilfeat i maiin-
mergb Hgsv 81.
3) Nebenhebung in beiden füssen (A2.3) ist nur einmal be-
zeugt: («) Grlapsvihr Fjqlsvipr Grm 47 4.
III. Der gesteigerte A-vers (A*).
§ 74. 1) Ä:l. Nur ein beispiel: {yx) litilla sa:va Hqv 532.
*) Bild, und Sijmons ziehen kant aus der ersten halbxeile hierher, wodurch
ein A-vers mit auftakt entstände; rgl. jedoch oben die fussnote zu §21, anm. 3.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 201
2) A*lhk. Zwei belege: (a) ofund of gjaldir Ls 123, sofanda
myrbi Sl 53.
Anm. Über A*-verse mit auftakt s. unten § 76.
IV. A-verse mit auftakt (aA).
§ 75. Der charakteristischen eigenheit roti Lb entsprechend sind
A-verse mit auftakt sehr beliebt. Derselbe ist in den meisten fällen
einsilbig, doch kommen auch zwei- und mehrsilbige auftakle mehr-
fach vor.
1) verse mit einsilbigem auftakt: (a) ef afli ]>reystisk HHr
22 \ ok alla bley|>i Herr (37 \ at aptr of heimtir Hör 143, es einn skal
ra]>a Grm 2'\ en eldr vi]) söttum Hgv 1365, verb etki hrosinn Hgsv 141,
i eyra Baldri Herr 663, naer ulfr enn kosvi JE1/;- 63, ok unua ]>öttumk
//or 98\ svat [svä] ollum liki Hgsr 833; ])eims dau[ta kvi]>ir Hgsr 373;
veit flest at vinna Hgsr 87 3, sem fsera nennir Hgsr 863; es gö|)ir
]>ykkjask ifysr 68 :i. me]> gullnu laufi FM 76, äj)r gumnar vakna HHr
231, mimt gorla kunna Hkr 182, ef gorva kannar H(>v 1011: mim
hverjum ]>ykkja Air l3, es honum fylgja *S7 153: sas kappi bykkir
Hkm 143; til lands at halda Hgsv 1303; es margan hofbu Sl 641, es
mujiur hofbu Sl 721; en Nervi kenda 4fo 29:;: es salir VQru Sl 533,
hveim snotrum manni flj5fl 943; es skürum blandask Alv 173: an J>at
at segja Hgsr 27 3.
Anm. 1. Ohne alliteration überliefert ist der vers Skm l1: ris [ristu] nü
Skirnir | ok gakk at beiba. Die emendation von Uildebromd, der rab statt gakk
seh reibt, hat ohne Zweifel das richtige getroffen.
Anm. 2. Durch Herstellung des bragarmal oder Streichung überflüssiger
ivörter sind in folgenden fällen rerse auf das normale mass xu bringen: («) kvebk
[kveb ek] aldri verba Qautr l8, es [er ek] eigi mättak Sd 4:!, lezt [leztu] eigi mundu
Ls93, es [er ek] sfeva kennik Hqv 163 *; sas [sä er] fätt kann segja Hqv 1026, at
fleiri teljak [at ek fl. telja] Ls 28 l; ef [ef bü] geldr De vaerii HHr 201; säk [sä ek]
moldar gengna Sl 60 ' ; es [er bü] rlba serat Ls 28 3, es [er ek] riba skyldak F/h 30 ' ;
svä viba bottimik [jjotti mer] Sl 543; ef [ef bü] I>j6ta beyrir i?>» 22 K
Anm. 3. Zweisilbiger verschleifbarer auftakt ist zweimal belegt: («) De of
röjram {jogbu Hqv HO5; megut skatnar flyja IT</s^ 133 3.
Anm. 4. Auflösung der ersten hebung kommt einmal vor : («) i hugum
es ätti Hkm 9 3. Daxa ztveiverse, die durch geringfügige änderung xu bessern sind:
(«) beims [beim er ek] gefa De skyldak [skylda] Ls 23 *, beims gefa De skyldir [beiiD
er bü g. skyldira] Ls 223. — Auflösung der ersten Senkung findet sieh xweimal:
(«) at galli oe fylgi Hqv 132 3, es sjalfr Diebao vakbi flys» 803.
Anm. 5. Nebenhebung im ersten fusse ist mehrmals bezeugt, a) Die
xrveite hebung steht auf langer silbe (A2h2l): («) eo darrabr hristisk Hkm 2 \
til FegjarDS borgar <S7 633; oeoia haldeDdr eigi Hqv 29 3 (auflösung des auftakts);
en maDvit aldri [aldrigi] Hör 79 ::. b) Die zweite hebung steht auf kurxer silbe
(A2h2k): («) skalat atfer]) Dema Hgsv 61 ' (auflösung des auftakts), ef Eirikr sei
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 14
202 GERING
Eir 43, f)6t öknär sei fl^s» 62 *, of o|ilings flota HHr 133, skalk [skal ek] jartegn vita
Fj 463, bot harbefldr seit [ei se] Hgsv 623, ok J>akklatr vesa Hgsv 3b3; iß) fyr
Niflhel ne{>an Fm 43 :;.
2j Zweisilbiger nicht verschleifbarer auftakt ist ein paarmal
belegt: («) lät I»6r aldri vaxa flgrs«; 1261, hraebisk bragnar eigi flgrs«
1011, en vif.) bolvi rünar Hgv 136*, binn enn IVana mgeki Fm l3, drekkr
i Tseru ranni Qrm 133; at bik frjöfar ne leiki jöj??; 1306 (zweisilbige
binnensenkung) . — Hierher gehört auch, falls Svbj. Egilssons conjectur
richtig ist, der vers Hl 23: («) bykkjunik allar kunna.
Audi. G. Nebenhebung im ersten fusse kommt mehrmals vor. a) Die
zweite hebung stellt auf langer silbe (A2h2l): («) at ber ervsent ]iykki Hgsr 1243;
bj die zweite hebung siel/t auf kurzer silbe (A2h2k): («) es lsezk aldyggr vesa
Hgsv 46 3, sas [sä er] ä yrkjendr faa Hqv59l; borgit's [b. er] qblings flota HHr 29 3;
en bar Heimdali kveba örm 13 ' ; riba Myrkvib yfir 7v.s 42 :!; förtu verf)j6J> yfir Ls 243.
Ihi\u ,iii vers mit Verkürzung der ersten hebung: («) bryngr bann orofsamau Fj 18 3.
3) Dreisilbiger auftakt ist ziveimal durch herstellung des bra-
garmäl zu beseitigen: (a) es f)ü'st [f)ü ert] minu gengi Grm 513, sä's
[sä er] of rerbi glissir Hgv 313. — Versehlei fang der letzten beiden auf-
taktsilben ist dreimal bezeugt: (a) vorn ä lieitum steinum Sl 653, se
ber ä murin ok hjarta 6ty 143; verba at sorum. bötura Sl 68 3.
Anm. 7. Nebenhebung (A2h2k) ist dar eh zwei beispiele belegt: («) at uü
mun allvaldr koma Hknt 13 3, ef hann vill margfrobr vesa Hqv 102 :!.
4) Ein auftakt von mehr als drei silben kommt nur einmal
vor: (a) lätabu fiinum svefni räba Sd 283: vermutlich ist hier -bu und
bimini zu streichen.
§ 76. Gesteigerte A-verse mit auftakt (aA*) sind sehr selten.
Regelmässiges aA*l kommt nur einmal vor: (d) ok KreppvQr en yngsta
Sl 793. Der typus aA*lhk ist zweimal belegt: (a) ok J)akinna nsefra
Hgv 60 \ verbr vif» faranda hverjan [hvern] Fj 103 (zweisilbiger auf-
takt). Für den typus aA*lnk finden sich ebenfalls zwei beispiele:
(«) ok hjalmabar sotu Ilkm ll3, bäs [ba er] lQgskilum räba Hgsv 951.
Cap. 10. Typus B (xzlxz).
§ 77. Dem typus B gehören etiva die hülfte aller verse in Lb an.
Die eingangssenkung bestellt in der mehrzahl der fälle aus zwei nicht
verschleif baren silben, und da überaus häufig die reducierung auf eine
silbe nicht möglich ist, wird man die ziveisilbige form des einganges
als die normale oder besonders beliebte ansehen und sie meist auch da
beibehalten müssen, wo durch leichte ändern ngeu einsilbigkeit herzu-
stellen u-ärc. Verschiffungen kommen in diesem zweisilbigen eingange
öfter vor. Statt der einsilbigen eingangssenkung finden sich ebenfalls
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 203
häufig zwei v er schleif bare silben. Drei- und viersilbige eingangs-
senkung ist selten, lässt sich aber nicht überall ohne gewalttätigkeit
beseitigen. — Von den übrigen auflösungen ist besonders die der zweiten
hebung überaus beliebt; dagegen kommt die der ersten hebung so gut
wie gar nicht vor. Auch die verseilte ifui ig der binnensenkung ist ver-
hältnismässig sehr selten bezeugt. — Was die alliteration betrifft, so
ist die legung des hauptstabes auf die erste hebung (a) weitaus das
gewöhnlichste; neberialliteration (y) ist selten; doppelalliteration (ß), die
dein reinigesetxe zuwider ist, kommt einige male vor, lässt aber wol
überall auf Verderbnis der Überlieferung schliessen. Alliteration auf
der zweiten hebung (d) ist ganz vereinzelt und erregt bedenken.
I. B-verse mit einsilbiger eingangssenkung.
§ 78. 1) Verse ohne v er Schleifung: (a) veldr alda hvehn Ls
47 3, skal alda hverr Fm 10 3 Hgsv 65 \ at aldri deyr Hgv 773, deyr
aldrigi Hgv 76 3, ne amiarr skal Hgv 63 3, sein augabragb Hgv 75 3, meb
aura fJQlb Hgsv 91', es austan dregr Vm 13\ ä auba troj) Hkm 20 3,
ef eignask getr H$v 79 1, es einn of kann Hgv 1633, es [sä Schev.] einskis
spyrr Hgsv 53, bergr einungi Fm 17 l, getr engi mabr Hgsv 703, rääbr
engi mabr Sl 81 Hgsv 343, vibr engi mabr Fj 47 3, es innar sitr Ls ll3,
i okkarn sal Skm 161, |>as [bä Schev.] unnit es Hgsv > 933, skal yta hverr
Hgsv 1361, ä yta sJQt Hkm 201, kann a'vagi Hgv 213, es ollum es Hgv
153\ es ollum vill Hgsv 78 3;
ef berjask skal Em 193, vif foragna lib Hgsv 71, es foreibask of
Fj 13 3, es Ibsebi mä Hgsv 1123;
en dröttinn sä Sl 23 3;
es fengit hefr Hgv 39 *, ä f ir|)i staddr Hgsv 130 \ es fleira drekkr
Hgv 12 3, es fregna kann Hgv 28 *, skal fröbra hverr Hgv 63 \ hvat fylgir
ber Eir 73, skal fyrba hverr Fm 10 1:
äf>r gange fram Hgv l1, ef gleyma vilt Hgsv 2;!, vif) göban 1mg
Hgsv 49 \ af göbnm hug Sl 211, skal gumna hverr Hgsv 75 3;
til handa ber Gg 93, ineb heibin gob Hkm 213, ok himna skript
Sl 703, skal hirba vel 57.7« 173, es hJQr ne rybr .Fm 243, kvab Hröpta-
Tyr Hkm 141, en liunda Garmr Grm 445, es liverja dregr Vm 141, kyss
hverjan dag'. Grm 83, es hverjan dregr Vm ll3, hvi hvetjask lezt Fm 51,
ör liQfbi beim Sl 67 3;
hann klyfja mim Fw 53 3, es kvsemtki veit Gg 33 (conjeetur), skal
könna hverr iüw 251;
ef lengi sitr Hgv 35 3, es liggja skal Alv 213, ens Ijösa mans
Hgv 913;
14*
204 GERING
es uiangi veit Hpv 1385, an nianiia hveiin Skm 27 3, es manni
JjQrf Hpv 33, es niQrgu raVpr Herv 36 *;
es rinna skal Orm 321, es ri|)a skal flj?«; 135 *;
enn sanni gu|) ÄZ 241, n\'tr seggja hverr *S2 49 x, skal seggja hverr
Hgsv 1293, es ser of getr Hpv 81, verbr sjaldan glatt #<??? 55 3, es sjalfr
of ä iJpy 91, es shmginn es Fj 313, skalt sumbli at Hgsv 91, live ssell
ek vas Sl 331;
ne skeptismiftr J9pv 1254;
es s|)qit of vann Gautr 41;
es yelti ser (xrwz 63, fyr vestan dyrr Orm 10 !, enn yirki gnb
Sl 48 \ es vibast ferr 4fc 19 3;
es pessa heims Sl 623, es pjazi bjö Orm ll1.
Annt.l. In folgenden versen , wo die partikel es einein pronomen folgt, wird
unbedenklich durch das bragarmäl einsilbige eingangssenku/ng herxtistellen sein:
(a) säs [sä er] nunars vill Hqv 58 l, säs [sä er] enskis bibr *S7 28 3, säs [sä er] eptir
ferr Fj 27 3 28', |>eims [beim er] bij>ja skal Hqv S73, beims [beim er] blota [>ser
i-)' 39 :!, säs [sä er] flotta tekr Hqr 311, beims [beim er] ganga skal *S7 31 3, bäs [bä er]
gobir'ü [eru, s. anm. 2] Ggb1, bans [bau er] heibinn mabr Hgsv l3, |>eims [beim er]
libnir'u [eru, s. anm. 2] Sd 341, säs [sä er] mangi ann Hqr 50 3, {>eims [beim er] rögir
her Ls 55 3, bverrs [hverr er] segja rsebr Hqv 123 l.
Anm. 2. Statt des überlieferten eru in der Schlusshebung nach voraufgehen-
dem r ivird überall die verkürzte form 'rü mit verlängertem rocal (der durch wald-
reiche accentuierungen in der Stockholmer Homiliu-bök gesichert ist) herzustellen
sein, da das tvort in dieser form geeigneter erscheint eine hebung xu tragen: («) es
[sem Scher.] hlegnir'ru Hgsv 88 3, es libnir'rü HH II 21 3, es myrbir'rü Sl 743, bsers
ssettar'ru Hgsv 67 3, bäs [bä er] gobir'ru Gg5\ beims [beim er] libnir'rü *S$ 341.
Anm. 3. In (lern verse: («) es firum meb Ups» 943 *stf zweifellos firum durch
fyrbum &w ersetzen.
Anm. 4. Ein vers mit doppelalliteration (ß) ist zweimal in den Hqvamql
überliefert: hinns [hiun er] vsetki veit Hqr 27 5 741. Der sehr bedenkliche vers ist
vielleicht \u ändern: hinns veit etke (C).
Anm. 5. Nebenalliteration (y) kommt dreimal vor: (hverr - hon - her
rsebr) ok riki hefr Fj 73 83, (opt hon bann hatar) es per es hollr Hgsv 23 '\ (svä
|)undr of reist) fyr bjoba rok Hqr 145 5.
Anm. 6. Ohne alliteration in der zweiten vershälft e ist die doppelt über-
lieferte langxeile : (hü es betra) bot litit se Hqv 36 1 37 1. Ob Bugges änderung
(bükot statt litit) das richtige getroffen hat, steht dahin.
§ 79. 2) Ver Schleifungen, a) auf der eingangs Senkung:
(a) skylib aldrigi Ls 25 *, es ek annan fann Hgv 47 3, hvar at aptni
komr Em 25 *, es ä arfi läk Fm 181, es ek eigi mäk HHv 26 , liQiium
engi frij) H$v 163, dyli engi mabr ä/sj? 146 \ skyli engi mabr 5J50 433
921 Sl 151, trui engi mabr i/^ 87 *, J>u ätt inni her Hkm 163; skulnb
inni her Li- 191, ok i orbum stiltr Hgsv 181, es ek üti sä Herv 38 *
391 401 411 421 431 441 451 46 l, lutu ollum beim Sl 71»; geh daubum
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 205
rö Sl 823, enar dimmu nsetr Sl 131, es ek drakk i gser "ffer» 331, ok
ör fogla mjnlk i^l/87, epa fremst of veizt Fra 343; at ek ganga mä
Hqv 1493, skyli gumna hverr ZZ^h; 153; es ä haugi sitr Äre£ 291, en i
helju mjQ|) 4fo 343, es ek heyri til Skm 141, ok af hljö|>i lät Hgsv 843,
fyr et liorska vif Sl 143, lofa hyggnir menn Hgsv 1263, kvepin IiqIIu i
.Hj?« 1371; es ek kjalka drö Grm 493; es ek liggja se Grm 41, es ek
liggja veit Grm 123; skyli inanna hverr Hqv 541 551 56 \ es af mikluni
hug £7 701, es i niinura sal Vm 71, es at morni kemr Hqv 233; at en
nyta vas Hqv 99 *; ok i reipi stiltr üZt/sv 121, en ek ripa muri Fm 211,
ok i riinum fäk i7^- 157 3, es 1 i\>pum telsk Ah 51; es enn setti komr
Hqv 513; e|>a skapt se rangt Hqv 1256, es enn skira dregr Vm 121;
at ek stQpvigak i^?; 1503; gaf ek velli at Hqv 491, ef i yindi ror
Fm ll3, es af yipi korar FM 2]S; es at pingi kemr Hqv 25 3, skyli
pjöpans barn Hqv 151.
^lm«. 1. Durch einführung des bragarmal könnten mehrfach verse mit ein-
silbigem eingang gewonnen werden (es annan fannk, at ganga mak, es kjalka drök,
es liggja veitk usw.). Bei der Vorliebe von Lb, der ersten hebung zwei minder be-
tonte silben vorauszuschicken, ist es jedoch geratener diese änderungen zu unter-
lassen.
Anm. 2. Dagegen sind vermutlich in den folgenden Versen, um sie glatter
xu machen, überschüssige Wörter zu streichen, wodurch der eingang auf zwei ver-
schleifbare silben redimiert wird: («) at ek [ek hqnum] bjargigak Hqv 152 3, es ä
bjargi sek [es ek ä bj. se] Ket 141; vesa [vesattu] hefnisamr Hgsv 145', haf [baffm]
ä hofi bik Ls 36 1 ; es [es ek] i reyri satk [sat] Hqv 95 ' ; iimn ek [en ek mun] segja
per Skm 29 3. — Umstellung ist in folgendem verse vorzunehmen: es of drottiu sinn
[sinn dr.] Herr 49 b
Anm. 3. Nebenalliteration (y) ist nur einmal überliefert : (gofukt dyr heitik)
en ek gengit hefk Fm21; alliteration auf (Irr zweiten hebung (y) kommt nur ein-
mal vor: (ftä frvi's at segja) hvat ek fyrst of s;i Sl 53 l.
Anm. 4. Ohne alliteration überliefert ist der vers: (ulfgi befr ok vel) es i
bQndum skal Ls 39 :l. Statt bondum ist wahrscheinlich JQinum zu schreiben (vgl.
§ 65, anm. 2).
Anm. 5. Einmal ist der fall bezeugt, dass ein vers mit versehleifbarer
zweisilbiger eingangssenkung eine nicht aufzulösende zweisilbige binnensenkung
hat: i;'-'i (opt fä ä horskan) es ä heimskan ne fä Hqv 923 {lies: es a heimskan faat?) —
Verschleifung heider Senkungen findet sich in dem verse: (a) es ek hafpa i gser
Herr 31b
b) Verschleifung der binnensenkung ist nur einmal bezeugt:
{<() drap uxa fyr mer Gautr 51;
c) Verschleifung der zweiten hebung: (a) mun AldafQpur
Vm 53 *, ä alla vegu Hgsv 1181, en allir fyrir Skm 143, ok allra gopa
Vm 423 431, ne asa suna Skm 17 x 181, fra asa sunum Ls 273, en
augum skopar Hqv 73, fyr einni konu Sl ll3, ok jlla skapi Hqv 22 \
206 GERING
|)eims inn es kominn Hgv 31, mep ipjusemi Hgsv 39 *, sä fpugliga Hgsv
1003, nser öru komir HHv 23 3, ok orpa tetill Herv 313, i ungum syni
&d 355, hve yta synir Sl 333, hefr ytum komit Hgsv 693, mej) yta
sunum i^v 681, en olfum frama Hgv 1603, ä qfrum degi 5/ 221, vas
JQrJ) of skqpup Vm 211 ö/v« 40 *; enn baldni jotunn Vm 32 3, en barr
mej) go|mni ^4£y 32 *, ok benjar sugu Sl 80 3, ok bornuni vipi Hgv 99 3,
an brinna sei' #d 313; hefr dröttinn skapat Sl 353, ens dyra mjapar
Hgv 1403; of flesta Muti Hgsv 1251, mun flestan glapa Fj iS3, i flestum
stQpum 81 141, ketk [lset ek] fram of borin Hl l3, es fsestan varir Fj 143;
ok gagni feginn Fm 251, es gifrir rata" 7/)' 193, an gista sei &# 263,
til göpra hluta Sl 271; ok heldr til mikill 6?nw l1, fyr hildings skipnm
HHv 181, mep hildings sunum 77pv 1 5 3 3, ok hittask munum Sl 821,
verpr holpa sunum Fm 193, ok Iiqvu grasi 77r)y 1186 GVw 171; ä leyni-
gQtu Sl 231; ne manzkis gaman üZjpy 1133, hefr margan tregat Sl 101,
ä marga vegu 67 181 403 i7</sv 331, J»öt [pö] menn pik lofi TZi/s« 291,
es minst of varir Sl 83, es mQrgum gefit Hgsv 253, es myrgum hlutum
Sl 631; en njöl mep gopum JLfo 30 *; ok räpna stafi 7Jj5fl 142 J, en retti
nair Hgsv 953, af rettmn sipum Hgsv 1343, es ristit hafa Sl 791; hefr
seggjum verit Sd 30 *, es sjalft mun vegask Skm 9:!, es synask munu
Sl 813, vip syndum taka Sl 63, at saMir muni Hgsv 1383; ef yilja muni
Fj 43H, es vinna maat Hgsv 523, es yinnask megi Hgv 603, es vipa
ratar Hgv 18 *, ok VQngum skulu Ls 513, an Yorfr mep gupum /SA-/» 284;
fyrst J)inum gupi i/j/sv 31, es j>jö])ir skulu Sd ll5, sem juisund bifisk
Ä 21:
Anm. 6. Ferner sind unbedenklich folgende verse hierher vu stellen, in
denen die partikel es unmittelbar auf ein pronomen folgt, ohne dass elie enklise in
den hss. durchgeführt ist (vgl. aber oben den vers Hqv 3 ', wo das bragarmäl hand-
schriftlich überliefert ist): («) peirs [peir erj itinar skyli Fj IG ^ sas [sä er] seva
pegir H<?»291; paus [bau er] gi'Qpug eru Um 29 3; peirs [peir er] lengi felask Hgsv
HO3; panns [pann er] inaogi fiar Ls353; sas [sä er] nesti truir Hqv 73:l; peims
[penn er] vipa ratar Hqv b1. Eine einsilbige form wird ferner herxustellen sein in
dem verse: («) pvit [pviat] sniglar hafa Gautr 33. — Eine unentbehrliche conjunetion
fehlt im eingange von Hgsv 32*: («) (at) aprir tali.
Anm. 7. Zweimal ist doppelalliteration (ß) überliefert, /ras sicherlich fehler-
haft ist: (esa raer gulls vant) i g-orpum Gymis Skm 223; (nü bau sitja) ok sqrum
snua Sl 16 :i. In dem ersten falle ist die Verderbnis einfach durch Umstellung \><
*) Diese lesung von Sijmons ist jedoch bedenklich, da gifr nirgends im altn.
als adj. bezeugt ist. ich vermute, dass das gifr oder gifur der hss. aus der ersten
xeile der folgenden sfrophe stammt und daher zu streichen ist. Vielleicht sind
19 3l4 folgendermasse.n herxustellen:
hvat peir gannar heita es gorjium fyrir
lyndi lymsku rata.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 207
heilen: i gorpum Gymis | erumka gulls of vant; in dem -,/reifen verse wird srnia
durch ein anderes verbum xu ersetzen sein.
Ann/. 8. Ohne al/iferation überliefert ist der rers: bva|)au Njoipr of kvam |
niej> asa sunum VmSS3. Vielleicht ist \a ändern: mep iivtum qsum [vgl. nyt regin
Vm ;34 142 25 3).
Anm. 9. Zweimal findet sich in einem verse mit rerschleifter xiceitcn liebung
auch eine nicht auflösbare zweisilbige binnensenkung : («) en aunarr of daga Fj 22 :.
en hlyrnir mep gopum Air 121.
d) Ver Schleifung der eingangssenkung und xireiten
liebung: («) nema einir viti Hgv 97 3, viti engi fyrir Hgv 563 Hgsv 1211,
bera yta sunum Hgsv 973, megu yta synir Hgv 283; ok ä barri vipar
Sd 103, ok ör bjarnar sinum FJ/S8, ok of fjöruni tegum Grm 23* 241,
hvaparr fleira viti Vm 93, gat ens fröpa JQtuns Vm 333: lief ek gorla
fregit FM ll3, lief ek gort til bragar flatf 100 x; ok ä liandar baki
Sd 73, mim ek hiimar geta _Ls 383, gorir liQlpa sunu Hgv 933, skyli
holjiar taka Hgv 423; lief ek lengi farit Fm 83, megu lypir nema Hgsv
1041; skvli mangi trua ZZjft; 831, skala manni gefa Hgv 521, sä ek
meiddau fara Sl 591, skulu M/joUni hafa J'w 513, es ä iiiQrguiii degi
Sl 733, gerir lnorgnni skapa flgrsv 1281; ok ä stjörnarblapi Sd 93; at
ens tryggva vinar Hgv 67 3; {■/-) (hvapan komr söl) ä enn sletta himin
Vm 46 3.
Anm. 10. Ferner gehören icol folgende rerse hierher, die geringfügigen
änderungen \n unterwerfen sind: («) vQrumk [mer var] aldr of skapa|>r Sinn 13 3,
im emk [em ek] aptr of kominu Hör 103"; skulut [skulu ei] drottir trua Hgsv 801;
faa [fä] gumna synir Hm 3 ; 41; megut [mega ei] holpar vita Hgsv 56 3. — Auf-
fallend — wegen der schweren ableitungssilbe — ist der rers: kvap enu gopi
konungr II km 17 x.
Anm. 11. Nebenalliteration (y1) ist einmal überliefert: (ripa vit skulum)
kvap en rikja Skogul .H&w 13 \
e) Ver Schleifung beider hebungen ist nur ein einziges mal
bezeugt: (a) en liiylinn mep gopum Alv 141.
f) Ver Schleifung der binnensenkung und der zweiten
liebung kommt nur dreimal vor: {a) pöt eigi [pö ei] se gamall Hgsv
1331; en leegi niep gopum Alv 221; en sunna mep gopum Alv L61.
§ 80. Nebenhebung an stelle der binnensenkung ist nur drei-
mal bezeugt: (a) ek fjotrapr vask Hgv 133, säs [sä er] misgort hefr
Hgsv 1351, panns [pann er] saklanss vas >>'/ 223.
IL B-verse mit zweisilbiger eingangssenkung.
§81. 1) Verse ohne ver schleif ung: (a) es mep aldir komr
Hgv 271, en pii aldri munt Ls 65 \ fä pu aldrigi Skm 363, pü komr
aldrigi i<)' 43, faer mapr aldrigi Hgsv 183 1403, mättu aldrigi Hgsv 313,
208 GERING
mimdu aldrigi Hgv 1221, skaltu aldrigi Ls 60\ pü skalt aldrigi Hgv
1214 Grm 33 Hgsv 61, bregb bü aldrigi i^rsy 131, fter mabr aldrigi
Hgv 65, fser bu aldrigi iZ^v 1166, girnsk bu aldrigi i^st? 143, hetumk
aldrigi Grm 48 3, lättu aldrigi H$v 1164 77^si' 263, rök pü aldrigi ifysv
32 * 83 *, ek säk aldrigi .4fo 35 \ trüpu aldrigi &/ 191, verbr sä aldrigi
üft/sy 1223, verb bu aldrigi .fl^s« 191, ves pü aldrigi iZpv 1274, ek J)igg
aldrigi «S/cm 201, vamtu aldrigi Hgsv 341, bykkja alür peir *S/ 311, ek
kann allra skil i7py 1593, es mabr annan skal Hgv 93 *, es hann aptr
of kvam Hgv 1456, es mik armi verr Hgv 1635, ef J>ü ärna skalt 6ty 71,
es fyr aurum rs&pr i^sv 333 891, es til alltags komr Vm 101; es mabr
eiga skal Hgv 83, ef bü eiga vill Bm 31, ef Jm eigi matt Hgsv 1131,
ef bü eignask hefr Hgsv 1121, ef bü eignask vilt Hgsv 1161, ek sä
einum hal Hgv 1171, kvibi engl mabr Hgsv 37 \ vär fiik engi mabr
fi^p 193, bat vill engi mabr ÄÄrn 73, bykkisk engi major Hgsv 1073,
at hann etki kann Hgv 27 3, skaltu etki |>vi Hgsv 281, sömir etki per
Hgsv 931; es her inni es Ls 653; ef pü undan komsk üTd 53, skaltu
unna vel Hgsv 93, Jpaus [bau] bü unnit hefr Sl 26 *, ef bik üti nemr
6ty 131, at her üti se /S/cm 163; es bü ybra telr Ls 291; es mer &tlup
vas Sl 493; hygg bü qlluni vel Hgsv 103, en meb qsum björr Alv 341,
en meb qsurn fold ^1^ 101, skaltu qbrum gott Hgsv 82 *;
ek fann bebjum ä Hgv 961, ef pü bjarga vill Sei 81, skyldi bragna
hverr Hgsv 741, sitja brautu nser Sei 273, standa brautu nser Hgv 723,
nü skal brübr meb mer Alv l1, rendu brQgnum beim Sl 643;
lezk enn d?esti mapr 6Y 31, es hann döma ferr Gnu 293;
pess es Fäfnir rep .Fm 383, en pü fätt of mant Grm 52 *, es
bü fengit hefr $&m 333, es me|> fleirum komr Fm 173, byggvir
flestan dag Grm 153, es rinn flöbi i Bm l1, stöpu foldu ä Sl 553,
skaltu forpa ber Hgsv 701, en |>ar Freyja rsepr Crm 141, hveim enn
fröpi se »Sftm l3 23, es meb froknnm komr Hgv 643, Lättu fylgja ])er
Hgsv 1033, skyldi fyrba hverr Hgsv 631, raenti fyrba kind Sl l1, hvarrs
meb fvrbnm komr Hgsv 151, ef bü foti drepr jßm 241;
sendi Grautatyl* Htm l1, es ber gegnir vel Hgsv 109 \ ok vib gesti
reifr Hgv 102 \ hann es gulli studdr Grm 151, leiti gumna hverr //r/.sr
92 x, skyldi gumna hverr Hgsv 763, styrir gumna hverr Hgv 183;
es beim liafna vill Hgsv 813, es hann lialda mä Hgsv 1323, alls
bik heilan bipr r//v« 31, es mik lieipta kvebr Hgv 1513, visar heljar til
Herv 383, leystu helju 6r Bm l3, ek veik hendi til Gautr 2\ bap hann
hjalpa scr Sl 61, es byr hjarta nser ifpy 941, veit ek hlifa mer Ket 303,
nö vif» homigi //;"■ 1391, nein J)ü horsklig r$p -ff^st" 1221, es meb
DIE RHYTHMIK DES LJuDHAHATTR 209
horskum komr Hgv 203, en jati hvergi matt HHv 131, fljüga hverjan
dag Grm 20 *, hon kyss hverjan dag GV>ra 143, pü skalt hverjan dag
Sibrc 35 3, fyr {)ä hvitu mey Sl 121, teelir holpa opt S/501;
ef pü lasta vilt Hgsv 441, at hann leikinn es Ls 193, es mer leipast
vas Sl 50 3, en hann lengi man Fj 32 *, haldask lengi skip Hgsv 593,
gefr af lettnm hng Lfyst- 35 \ taela lypa hvern Hgsv lll3, fagni lypa
hverr Hgsv 59 *;
verpr af inäli kupr Bj?« 573, en hat mangi veit i^" 141, es fyr
ineinum verpr Hgsv 96 3, at pik möhir bar Hgsv 36 3, ok hefr mnnna
tvä Herv 343, es mep morgum komr Hgv 623, ef nie]) liiQrgum komr
Hgsv 1191, höt [pö] enn motki gup Sl 103;
ef mik naupr of stendr Hpv 1541:
es hann räpinn hefr Fm 'Sl3, ef pü reyna knätt HHv 211, letomk
rums of fä Hgv 1041;
es per sigli gaf* Ls 203, parf enn sjüki mapr Hj/s« L353, gaztu
slikan mog Ls 363, tynir slökinn mafr ////st 144 :, pykkja snotrum hal
Lfysr 40:!, laetr sein solginn so Hgv 333, hann let sumbli frä Hgv 1093,
ef hann sylg of getr Hov 17 3, es til ssevar komr Hgv 621, ef J>ik sokja
komr % 121:
at hann standa mnn Fj 12 3;
alls pü tiva rnk Fw 381, hvi hü ti'va r<»k Vm 42 ', ek kvep ta±ldan
|.ik Alv 353;
es stendr yelli ä Grm T2\ es pü velli heizt iLfow 123, es til verpar
komr Hgv 71, mim her yilja pins Sl 25 :;, pykkir vitrum hal ifyst" 553;
ef pü J)ekkjask vilt Hgsv Sl1, at pü ])ingi ä >V/ 2 1':
Anm. 1. Ferner gehören unzweifelhaft auch folgende verse hierher , /» / denen
geringfügige änderungen vorxunehmen sind: («) neyt pu aldri [aldrigi] svä Hgsv 77 *,
garpak g0rpa ek] aldrigi Ket 341, 14t p4k aldrigi [a. ]>. lättu] Hgsv 17 \ skaltu aldrigi
[a. skalt I • i \ • fl^s» 1381, teyg [teygjm] f»er aldrigi ffir 1144, viljak [ek vilja] aldrigi
Skm 24', hverrs [hverr er] ä aiman lygr Rm 43, telk [tel ek] bat einua bazt Hgsr Iß1,
svät [sväat] faü einugi Ls l1, verpr säs [sä erj etki kann Hqv 53; f>öt [{>6t hann] se
iila heill Hqv 691, sein [svä sem] fyr innan emk Ls ll1, es her inni 'rü [eru]** Ls23
133 303 //■///. >s' 78, anm. 2); bvit bviat] ek brüf>ar ä .!//• 4l, säs [sä er] ä brQndum
skal Hör -■'•, |ivit !|>viat] ek bsep4 veit Hi?» 901, hvars fhvar er] meh fyrfmm [firum]
komr iTjrsr 98 '; mättu g0rva [g0ra] £>er flgrs» 483; drepk [drep ek] per halsi af Ls
munk [mun ek, ek liiunj her halsi af Skm 23 3, bats [pat er] ör haugi bar Sl 78 3,
f)sers [hger er] i heimi 'ru [eru] F/«49:i, [)äs [ha er] her heitit vas Alv 4'', hann's
[hann er] ä hverjan reg Vm 183; verpr [>eims f>eim er) lengi sofr Hgsv 17 3; annk
i D«e ^o« »?//• .s'7/>.v7 vorgeschlagene Streichung des es j'stf doch wol lieher tii
unterlassen; es j'stf /'•''" anaphorisck wie Grm ÖQ1 v.o. (Wörterb. 2203sfg.).
■'i Die änderung des eru m 'ni /s/ /» diesen versen schon deshalb notwendig,
um die doppelalliieration tu beseitigen,
2 1 0 GERING
[arm ek| })er margau dag Ket 313, panns [pann erj of morgun sef'r Hqv 593, ef härm
[ef hann ow. Schev.f] reyna skal fl^s» 91 :;; säs [sä erj jiik rökja vill Ä/sr 108 :!, heita
[heit nu eij seggjum gjof Ä/sy 40 *; peims [heim er] til veipar komr Hqv 41; süs
[sü er] stendr porpi ä J/»f 50'. Endlich auch: es stendr hollu ä Grn/,251 26 \ wo
rfas de« pers überlastende Herjafofmr #cm Sijmons mit recht gestrichen ist.
Anm. 2. Doppelalliteration (ß) ist einmal überliefert: (kopir afglapi) es til
kynnis komr Hqv 171. koma til kyunis ist ein stellender ausdruek (Hqv 30* 332),
sodass 's wol möglich ist. dass dem dichter die geläufige redensart entschlüpft ist,
ahne dass ihm der rerstoss gegen das reimgesetx zum bcicusstsein kam ; aber ebenso
gut kann ein Schreiber die bekannte Wendung an stelle einer ihm minder vertrauten
eingesetzt haben. Eine besserung Hesse sich leicht bewerkstelligen, \. b.: es at
kynni sitr, vgl. Egils saga c. 78, 59 (ASB 3, 205).
Anm. ■')'. Nebenalliteration kommt ein paarmal rar: (j/1) (dagr's nü Hrim-
gerpr) en pik dval|>a hofr HHv 30 l, (lit nü austr, Hrimgeipr) en pik lostna hefr
HHr 291; ;■") (hvat lifir manna) päs |pä er] erm meera lipr Vm 44:!, (pat kannk et
setta) ef mik sserir pegn Hqv 151 '; (vitr mapr) es fyr meinum verpi Hgso 75 l.
Anm. 4. Ohne all Iteration sind die verse: sundrbornar mjok | liykk [hygg ek]
at nornir se Fm 13 i (vgl. §47, anm. 2); sumur hvar | es meun blota Jhit Fj A01
(Bngge conjieiert: bjarga svimiar | hvars nienn hlota pger).
§82. 2) Ver schleif ung en. a) In der eingangs Senkung
können, wenn dieselbe drei silben lählt, oft die erste und zweite oder
die zweite und drille verschleift werden: (1.2) (a) vakir of allar naetr
Hgv 231, komumk ens unga maus Skm ll3; epa okkr bäpa tekr Skm
104, epa [tat bipja man Hgv 1353, es ek se brüpi ä Fj 353, kvepu |)at
boM at Hgv 1264; es ek pik fregna mun fy' 71 91 ll1 131 151 171
191 211 231 251 271 291 311 331 351 371 391 411; munattu lengi svä
Ls 491, es ek pat loggra sek Ls 441; gefip okkr mserum tveim Sd 33;
velip mer sumbli at Ls 73; en ek pik temja mim Skm 26x; skala mapr
velli ä #pw 381; (2.3) («) fagna|>u aldrigi Hgsv 1163, lastapu aldrigi
Hgsv 781, vas su en cina n^tt 67 471, gaf hmium Opinn sigr Ket 333,
kuimi liaim onga pqkk fl^sv 243; vqru ä brjösti peim $/ 613; es pik
ifqgrum lsetr HHv W, alls pü a golfi vill Fm ll1 131 151 171; skal
nema gumna hverr Hgsv 901, pik skulu gorstan dag £7cm 301; es pu ä
haugi sitr -SA-;// ll1, pari skulu hverjan dag V»i 233, vit skulum liqllu 1
Fm 193, es per at hqndum komr Hgsv 871; heldr an at klokkva se
Skm 13 1; vaska par lengi a FM211; nein pu ä margan hätt Hgsvl3,
es mer i möti ferr Ket 51, es pik of myrkvan berr Skm 91, es pu at
rünum spyrr Hgv 78 x; liafpu per sjalfr i hug *SW 203; velja per sumbli
at Ls 81; vegra hann velli at flow ll3, at pu pinn vilja bipr Gg 43,
leztu per Vipris kvsen Ls 263;
Anm. /. Ferner sind, nach vornähme geringfügiger änderimgen, hierher %u
stellen: (1.2) («) mepan ä [ek ä] Fäfni raupk Fm2til; vqrumk [vas mei| en horska
in.' t Eqv 95 3; (2. 3) («) vestu [ves i>u] vi]) yta lrf -H^rs«? 53 l, skaltu of [skalt {m yfir]
DIE RHYTHMIK DKS LJuDHAHATTR 211
gngTim blut Hgsv 1231; berra [berrat] mabr brautu at HovlO1 ll1; toerak [baera ek]
i hendi mer Ls 14:1, barfa [barf ei] til hylli gubs Hysc 13-41, stöbu of [yfir] hofbi beim
S/603, vqru of [yfirj h<}fbi beim S169".
Anm. 2. Doppelalliteration (ß) /'st einmal überliefert: («) (fyr eggjum bessum)
hnigr sa enn aldni jotunn Skm 25 3 (vgl. § 15 a. 1). Es ist höchst wahrscheinlich
burs statt jotunn xu sehreiben.
Anm. 3. Nebenalliteration (■/) kommt zweimal vor: (1.2) (Gastropnir heitir)
en ek bann goivau hefk Fj 12 *; (2. 3) (qlrunar skalt kuuna) ef bu vill annars
kvasi Sd 7 l.
b) Ver Schleifung der binnensenkung ist nur einmal bezeugt :
(a) otu steina fyr mer Gautr 31.
c) Ver Schleifung der zweiten hebung: (a) liveini peir akla
skulu Ls S3, purfa akla synir Hgsv 1203 hh'fa alla daga Her«; 493,
hyggr ser alla vesa Hgv 241 251, kvQmu allar saman Vm 313, hefr ok
allra go|>a 6-Vw 421, Jȟ skalt allra hafa Wem 161, es [sem] per annarr
gorir Hgsv 301, ok vib annars konu //;ic 130\ at hann aptr ne
komi Grm 203; at bü eigi gair Ilgsr ]2i\ fser bü eigi vitat 67 681,
minum einga syni (7# 21, ef vit einir skulum Ls 51, at [>ü eip ne
sverir 6c? 231, rnättu etki hafa Hgsv 143:!, panns [»er etki stopar Hgsv
211; es pii illa truir Hgv -16'. panns pu illa truir Hgv 451, girnisk illr
at hafa Bf/st? 433, brinnr rae|) illum vinum ifyr öl1, es her inn of
kominn Ls 333, bipr pess ipugliga Hgsv 45'; skaltu 0[iinn konia Hgv
971, Jiykkir Opinn vesa ///.•>/> 153; sä hann upp of konia F) L3; mundu
ytar hafa Hgsv 823; bregzk es a'tlat hafa Hgsv 1253; hirp pu ongu
framar Hgsv 46 \ ef pitt öpi dugir F»? 201 221; en fyr olfum Dai'nn
Hgv 1431, firr pik ollu lagi Hgsv ll3, en nie}» osuin funi .l/V 261, es
barg Qblings skipum HHv 273, es mapr qbrum segir Hp« 653; ror ä
jarpar skipi 67 77 \ kvam mep JQtna sunum Fwz 303, stöpumk JQtna
vegir Hgv 1043;
hygg ek batna munu Ze2 143, es vit bäpir vitum Skm 42 \ bot
[pö] bik bragnar kvepi iTj^ 851, en mik bräpan kvepa Ls 451, es vit
b»pi vitum 67>-;>? 40 l;
ek nmn drengi vega Rfm l3, es peir döma fara Grm 305;
pöttu fagrar seir Sd 2S1. veit ek falla manu Ket 343, bot mik
feigjan vitir Sd 211. at til fjarri seak Fm 81, alls pik fröpan kveba
Fm261281 Fm 12' 141. vas svä fröpr of skapapr 67 83 3, ef mer fyrpar
bera Hgv 149 ';
es bau ganga skulu 6£ 183, hygg ek garpa taka Hgsv 1313, ennar
göpu konu #^ 100 3 1073, verbr sä gramr of borinn Hkm 191, es pik
gumna synir Skm 2 Gl verpa gumna synir Hgv 1285, mun pik gorva
raega Hgv 1223, ef vor gorva skulum Ls 52 3;
212 BERING
es rep hafnir skopa HHv 26 \ es gengr harpar gQtur Herr 341,
ef vill heilsu geta Hgsv 733, ef pu heilsu nair Hgsv 471, at pii hJQrvi
skylir Em 123, pykkir kloglikt vesa HHv 303, es iiht hrolla bupu 5/ 383,
ok rnep hollu keri i7^/r 523, kornr at kojpa sunum i*}' 403;
äpr i kistu fari Sd 343;
en pau leynask miinu Fm 451, pats hefr ljüfam hugat üZj?ü 393,
roki lypa synir JEZgrst; 1071;
hann es Mäna faj)ir Fm 231, reynask margar sqgur iTi/sv 713, pser
at meinu komit ZZerfl 52 3, at J)eim menn of gefi .F) 243, la fyr mildings
skipura HHv 193, vas peim mJQk of lagit i<} 221, bann hefr mseki ropit
Eir 53, vask ens insera burar Grm 50 3;
par mnn Njarpar syni Skm 40 3;
helzk mep rekka lij)i i/^sv 49 3, vas frä römu kominn Hkm 15 *;
pöt mep seggjum fari Sd 29 *, pöt se sip of alinn i7^y 72 \ skaltu
sjaldan trua Hgsv 711, es vit slita skulum 2*}' 503, hann stendr sola fyrir
Grm 381, leit ek sunnan fara £7 551, hyggjat svefngar vesa Sd 36 *,
estu sveinn of borinn i*}' 61, alls pik svinnan kvepa Vm 241 30 * 32 x
341 36 x 40 J, verpra ssela skqpup ifora 63:
hann es Vetrar fapir Vm 271, paer ä Tetrilin bera JBerw 50 3, at pser
Tillar fara fij$v 1553, tselir Tirpa sunu 5/ 341, ek hef vipa ratat Alv 61;
pat varp Jjinni konu Ls 40 *;
Anm. 4. Ferner sind, nach vornähme geringfügiger änderungen folgende
verse hierher %u stellen: («) hvars skalt [pü skalt] Aldafapir Vm 43, bark [bar ek]
of alda sunum Jm 16 \ lät per aldri [aldrigi] gora Hgsv 36 l, pöttunik [p. ek] alla fara
5/521, fßfrik [fori ek] äsa sunum Ls33, pottu [pott pü] eignask hafir Hgsv 120 l,
böttumk [potti mer| etki vesa Hqv 96 3, hykk [hygg ek] at illa geti Iw 10 :l, nü knätt
[knättu] Opin sea Grm 53 \ peims [beim er] til Opins koma Grm 91 101, hykk [hygg
ek] at unnit hafi Hqv 109 \ ef pü'st [pü ert] üt of kominn Rm 21', hykk at [hygg ek
at hon] oll of viti Ls 2l3, hugbumk [h. ek] olhun vesa Fml6\ säs [sä er] of qlbrum
prumir Hqv 13 *; veitk [ek veit] at brinna skulu GVm 38:!, bykkjumk [pykkir ek]
brognum vesa Hl 21; hykk [hygg ek] ens dokkva vesa 7/w20:!; hykk [hygg ek] at
Fäfnir myni Fm'22'. hykk [hygg ek] pik feiknum vesa Ket 29 :i, säk [sa ek] fyr
Fitjungs sunum H<ir 751; pottak [potta ek] gummim vesa S1351: nü 'mk [nü emk]
af gongu kominn Vm 81; ek sä [se] harpla [harliga] vega-FW283, mundak [ek munda]
Herjafopur Vm2\ säk [sä ek] mep liimuum fara Sl 74l, hefk [hef ek] nü hljöb of
kvepit Hgsv 139 ', drepk [drep ek] pik Hrungnis bana Ls 613, säk [sä ek] i holpä lipi
Hgsv 141'; alls per's [per er] kostr of bopinn Sd 20l; kvamk [kom ek] i inarga stapi
Hqv 66 \ skyldut [ei skyldu] margir vita Hgsv 73', hefk [hefik] til moldar snuit Ket
191; hykk [hygg ek] mik räpa muuu Rmd1; säk [ek sä] i sauri vapa Herv 413, hykk
[hygg ek] at sipla muni Sl 243; hykk [hygg ek] at [fehlt Schev.] standask megi
Hgsv 743, hefk [hefik, hefl ek] minn vilja bepit Fj 481.
Anm. 5. Nebenalliteration (y) ist mehrmals überliefert: (fyr unnar sakir)
skaltu aldri [aldrigi] saka Hgsv 131', (einii ek vissa) hversu alla vega Sl 38 *, (füll
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 213
skal signa) ok vip färi sea ä/75, (hvat af mobi verpr) pess ens ma?ra vipar Fjl53,
(somparorpa lauss) liefr pu seggr of lifat Fj 33.
Anm. 6. Oltne all Iteration ist der rers : syndir pvi valda | at ver hryggvir
forum SISO1 (vgl § 66, anm. 1).
d) Verschleifung der eingangs Senkung und der zweiten
Hebung. Es sind hier tvider wie unter a) zwei fälle zu unterscheiden:
verschleifung der ersten und zweiten (1.2) oder der zweiten und dritten
(2. 3) silbe einer dreisilbigen eingangssenkung : (a) (1. 2) skala mapr
arm an hafa Hgv 30 \ kvama mep äsa simum Ls 56 3, es ek vas enn of
kominn Hpv 1001; en ek ä fröpan sefa Fj 41, ef ek skal fyrpa li])i
IJnr 1591, skala mapr heitinn vesa Hat 1003, vom peim hjortu skopup
H<jc 833, skyJit rnapr hrösinn vesa la^v 61 Hgsv 691 [skyldit ScA^p.];
megut I>eir lengi fela fiijw 613, skalattu lengi muna Hgsv 67 *; skalattu
rögi trua Hgsv 141 1; es ek vi] snimraa hafa ifo 71; (2.3) drekka of
alla daga GVw 73, Ifsir of alla daga 8km 43, m^ttu |>eir annan muna
51 123, verpa of äsa sunum Grm 42 3, ganga ör ein um durum Grm 233,
lättu per elsku vesa Hgsv 1291, at pu vip illu seir ÄZ 37 *, skyldi mep
Opni fara Hkm l3, leitapak öpra vegar Sl 52 3, haldi per ollum megum
Gg 73, lättu bans ondu farit Sd 25°; ef pu vill borgit hafa Sd 91; vas
per i draumi kvepit Sl 831, pser enar dokku konur Sl 581; skyldup er
firpir vesa iura 73, es sa enn fröpi jotunn Vm 35 3; skaltu mep göpum
hlutum Sl 2G3, skaltu af greppum nema Hgsv 971; lättu at haldi koma
Hgsr 143 \ mundi mer heim of bopit H$v 67 \ kvomu 6r himni ofan
52 71, ef pu vill hverjum vesa &H21; ef pu vill lseknir vesa Sd 101,
verpa at longum trega Sl 343; verp pu 1 morgum hlutum ify*/- 1093;
hun skal ens skira mjapar Grm 253, pöttu per Skrymis vesa Ls 623;
hykk at ek verpa muna Gg 53;
Anm. 7. Ferner werden nach vornähme unbedeutender änderungin folgende
verse hierher zu stellen sein: («) (2.3) letk [let ek] hana eptir hafa Hqv 105 3, skala
majjr [skal m. ei] illa bera Hgsv 9G1 132 \ kjöstu [kjos Jju] per j aiparm egin Hqv
1364; skalta [skalattu] i fapmi sota Hqv 1124, kvepk [kvep ek] mer i fornum stofum
Vm l3; panns [bann er] mik of myrkvan beri Shn 81; muntu [pu mimt] fyr nesjum
hafa F/u ll1. — In der halbzeile Fm 241: päs komum allir saman ist die den rers
überlastende glosse sigtiva synir von den herausgehern mit recht gestrichen.
Anm. 8. Dreimal sind verse mit viersilbigem auftakt überliefert , in denen
doppelte verschleifung (der 1. und 2. sowie der 3. und 4. silbe) vorgenommen werden
kann: («) es ek sä ä fornu nesi Ä'e^lT1, skalattu enn horski Bragi* Eir 31, skalattu
vip pina lipa Hgsv 50 l. Wahrscheinlich aber ist in diesen versen eine Verkürzung
vorzunehmen: es säk ä, skaltat enn, skalta vip.
Anm. 9. Doppelalliteration findet sicli einmal: (Hörn ok Rupr) snuisk til
heljar hepan Gg 8y. Sicherlich ist dieser vers durch Umstellung zu bessern: til
heljar hepan | snuisk Hörn ok Rupr.
*) Die rersteilung bei Wisen ist falsch.
214 GERING
Amii. 10. Ohne alliteration sind die folgenden beiden langxeilen: |>at kannk
et sjaunda | ef ek se hQvari loga Hqv 1521, Bjugvor ok Listvor | sitja i Herpis dyrum
S17P)'. Eine Heilung der verderbten verse ist bis jetzt noch nicht gelungen.
e) Verschleifung beider Senkungen lässt sich nur zweimal
belegen: (a) (2.3) en hana möpir of gat Fj 81, f>öt [|>ö] komi strij) epa
hei Rgsv 793.
/) Verschleifung der binnensenkung und der zweiten
hebung kommt viermal vor: (a) an s6 brigpmn at vesa H(>v 1233, es
til moldar es komin 6ty 23, ef |)ü segja ne nair H$v 120''; parfat []>arf
eij hverju at trua i?(/sv 293.
III. B- verse mit dreisilbiger eingangssenkung.
§ 83. Dreisilbige eingangssenkung ist im ganzen wenig beliebt,
und es ist daher unbedenklich, an den überlieferten versen Verkürzungen
vorzunehmen, wenn dies ohne gewaltsamkeit geschehen kann. Dem-
gemäss sind oben (§ 82, anm. 1. 4. 7) mehrfach dreisilbige Senkungen
in zweisilbige umgewandelt worden. Die nachstehend aufgeführten
verse wird man jedoch in der überlieferten form belassen müssen.
1) Verse ohne verschleifung: (a) at myndak aldrigi SkmSS3, sömir
per annan pess Hgsv 45 \ ver |)ina ÖpalsJQrf) Hgsv 101; es sofr i qsku
grjä Herv 591; pot sseti forautu nser* Ket 323; hverjum hann giptu ann
Hgsv 643, pser falla gumnum mer Orm 286; en pat per hjalpa raun
Hqv 1463; letir pu lyngvi i JFVra 271, fellir hann niorgun hvern Vm 143;
es finnask Yigi at Vm 173 181, ok ripa vigi frä Vm 413; es ri|)a Jjingi
at iJerv 611.
^4«w. Ferner gehören wahrscheinlich noch folgende verse hierher, bei denen
geringfügige änderungen vorgenommen sind: («) satk [sat ek] milii elda her Qrm2\
es hykk [ek hygg] at orpnir se Orm 545; ef [ef bii] vilt [villi at mangi pur Sd ll1;
ef vilk [ek vilj ens svinna maus Hqv 1611, äbr [ä. fm] verpir sobli af mar SÄ-w 411 -
ef ätt [bu titt] i verkum hlut i£/s^ 1441.
§ 84. 2) Ver Schleifungen, a) In der eingangssenkung sind
öfter vier silben vorhanden , von denen jedoch zwei ver schleif bar sind:
(a) (2. 3) läti hann enn hära pul** Fm 341, drukku peir enn hreina
mJQp Sl 563; (3.4) hafpir pu pess aldrigi Ls 403, repi sa enn frani
ormr Fm 303, drekki po at höfi mjqp Hqv 191. Doppelte verschleifung
in einer fünfsilbigen eingangssenkung (auflbsung der 2. und 3. und
der 4. und 5. silbe) ist einmal nachzuweisen: (a) leitapi mer et liorska
man H$v 101°.
*) Die versteilung in den Fornaldar sögur ist falsch.
**) hann, das Sijmons streicht, ist kaum entbehrlich.
DIB RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 215
b) Verschleifung der \ /reiten hebuug: (a) es liggr fyr alda
sunum Air 93, parf mapr a alla vegu Hgsv 761, lätir mep äsa sunum
Ls 533, sömir per ipugliga Hgsv 48 ', sömir per opt at duga i/^rsy 551,
es purfa yta synir flj5« 147 \ kna hon hjä jofri sofa HHv 243, äpr vreri
JQrp of skQpup Fm 29 * 351; pcßrs g0rpu foragnar spakir Hgsv 543, en
pat hefr lengi verit Fj 361, fagna pvi lypa synir flgrsw 663; es ganga
margar [margar ganga Bugge] saman Herr 521; en peir mep riki fara
Hgv 1563; es kannat pjöpans kona Hgv 1461;
Anm. 1. Hierher sind firner icol auch f (Agende rerse, nach vornähme un-
bedeutender änderungen zu stellen: («) hykk [hygg ek] at bitt Atli sei HHr 20 ;. at
[atpü] skalt vib illu sea Sd 32 \ peirs [beir er] sitja inni fyrir üor 132'; ef sek [ek se]
af färi skotiun Hqv 150 \ bvi 'stu [hvi ertu] sva folr umb nasar Air 21, bykkjumk
[mer pykkja] of gullna sali F/ 5 :l, löetk [lset ek] her fyr legg of kvebinn* Og 10 s,
pykkjumka [{.ykkjumsk ek] lofpungs vita »SV/373, hykkak [hykka ek] sva mikla vesa
Skm 5 l.
c) Verschleifung der eingangs Senkung und der zweiten
Hebung: (a) (1.2) raegit pinu holdi fara Og 123; vitip minu lifi farit
Rm 101; kvepa hofp til lypa sona Oautr 21; (2. 3) hengu peim fyr
brjösti utan 81 583.
Anm. 2. Auch die folgenden beiden rerse sind /rol nach vornähme gering-
fügiger änderungen hierher tu stellen: («) (3. 4) ef [ef hann] vseri mep bondum
kominn Hör 108 4, namk [uam ek] af enom fraegja syni Hqv 140 '.
IV. B-verse mit viersilbiger eingangssenkung.
§ 85. Viersilbige eingangssenkung ist noch weit seltener als drei-
silbige und muss überall, wo es ohne gewaltsamkeit geschehen kann, be-
seitigt werden (s. oben § 84 a. 1. 2). Einige wenige fälle bleiben übrig,
in denen öfter auch noch verkürxungen vorzunehmen sind. 1) Verse
ohne verschleifung: (a) es setlar til hjälpar ser Hgsv 1143; kennik
[kenni ek] per minn einka sun Hgsv 21 1031.
2) Verse mit verschleifung. a) auf der eingangssenkung:
(a) (1. 2) skalattu (lies: skalta?) per vip Terra mann Hgv 1244; (3. 4) skaltu
bera fyr ongum hlut Hgsv 561; (4.5) es sitr 1 enum liQva vipi i^'173;
b) auf der zweiten hebuug: es deilir mep JQtna sunum Vm 153 161,
mseltak [mselta ek] mina forna stafi Vm 55 3.
Cap. 11. Typus C.
§ 86. Wie zu erwarten, sind auch die C-verse in Lb zahlreich
vertreten, und zwar ist widern m zweisilbige eingangssenkung besonders
beliebt. Drei- und viersilbige eingangssenkung ist seltener, lässt sich
*) Sijmons stellt lsetk her noch in die erste halhxeile, aber die Verbindung
leetk kvebinn darf doch wol nicht aust inander gerissen werden.
216 GERING
aber nicht überall ohne gewalttätigkeit beseitige)). Die verse mit ver-
kürzter zweiter hebung (C2) sind zahlreicher als solche, die diese
hebung auf einer langen silbe tragen. Verschlei fangen der eingangs-
senkung und der ersten hebung kommen häufig vor. Die alliteration
ruht in der weitaus überwiegenden mehrxahl der fälle auf der ersten
hebung.
I. C- verse mit einsilbiger eingangssenk img.
A) Die zweite hebung steht auf hinger silbe (Gl).
§ 87. 1) Verse ohne verschlei fung: («) es af drjüpa 8km 213,
ok äsynjur Ls 313, ok ospiltar Sd 194; ok fe bjö])a Hör 911, en flätt
hyggja Hgv 453; enn koprmäli Ket 19"; es mart hofpu Sl 671 691, pä
meinkr(»ku Ls 433, es minzt vildu Sl 651, es mJQk liof{»u Sl 711;
i solvipri Herv 633; en skin dvergar Alv 143; live Vafprupnis Vm 33.
Anm. 1. Naclt. Herstellung des bragarmäl ist ferner hierherzustellen der vers :
(«) beims [beim er] Hamskerpir FM413.
.4«?«. 2. Doppelalliteration (ß) ist einmal überliefert : (olr ek varp) varp
ofrolvi^Ä^ 141, f/oc/< istf //?e>- der Verstoss gegen die reimgesetxe sicherlich von dem
dichter selbst begangen. — In dem langverse Skm 313: pik g-ep gripi | pik morn
morni alliterieren die beiden halbxeilen nur in sich selbst.
Anm. 3. Nebenalliteration (y) ist vielleicht in dem verse Skm 314 anzu-
setzen: (ves sem pistill) s;is vas prungiun. Dass der hauptstab auf dem hilfsverbum
ruht, ist jedoch sehr auffallend, daher man icol eine Umstellung vornehmen darf:
sas prunginn vas (typus B).
Anm. 4. In drei versen ruht der hauptstab auf der zweiten hebung: (cf) ek
sä ganga Skm 6 \ bats [bat er] guj> maelti Sl 47 :!, en peir varpa Fj 20 3. Besonders
der zweite vers ist bedenklich, da der reget nach das voraufgehende nomen die
alliteration tragen rnüsste; man muss also tool umstellen: bats niiOlti gup (B).
Anm. 5. Unmöglich ist der vers HgsvSi1: (lostum leyna) skaltu sein lengst
matt. Ich vermute, dass der visuhelmingr auf folgende weise herzustellen ist:
lostum leyna, sem lengst mättu,
skaltu beim es veizt mep vinum.
§88. Verschlei fu?i gen. a) auf der eingangssenkung:
(a) mun ek üt ganga Ls 643; erusk gagnhollir Hgv 321, ok ä gullbaugum
Hkv 191, ne ä grind hrokkvir Hov 1344; ok of hug rasela Hör 463;
gerir äampykki Hgsv 50 3; unir pjöpvitnis Grm 211;
b) auf der ersten hebung (Sievers C2): (a) en joa Sleipnir
Grm 443, i JQtunheima Skm 413; es bera kv<$pu FM 10 u, en Bragi
skalda Grm 444, mep Brirais eggjar Sd 141; sein fair eigu Fj 283, en
fJQgnr augu Herv 443, pars [par] forap pykkir Gg 151, pöt fqpur missi
Rm 103; ok gefinn Öpni Hgv 1383, ok gJQium skipta Hgv 443, ok glata
aldri Sl 323, en guma eigi Herv 35 3, ef gnmar vissi Rm 20 *; i Hatafirpi
HHv 12 \ en liQiup etki Herv 55 3; es lekit hafpi Sd 13 3; ne niatar etki
Herv 333; a reginfjalli Herv 481; ä tai standa Rm 213; pat vita
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 217
pykkjuink Em 81, ok yiti bundin Sl 321, ä vipar röturn Skm 36 \ —
J.?/cä der vers Hgv 1625: (a) ef geta rnaettir würde hierher gehören, falls
meine emendation das richtige getroffen hat (s. oben §37, anm. 4).
Anm. 1. Bragarmäl ist herzustellen in dem verse: («) bäs [bä er] regin deyja
Vm 47 3.
Anm. 2. Nebenalliteration (y) kommt einmal vor: (Gifr heitir annarr) en Geri
annarr Fj 20 '.
c) auf der eingangs Senkung und der ersten hebung: (a) e])a
Tmis nipja Vm 28 3; munu fair kunna Ale 53; ef it (xymir finnisk
Skm 242; at ek hafa mynda Hgv 98 3, en ä klibu fünar Grm 35 3; ok
or konu sfceggi FM 86; ok of lipu spenna Sd 83; es af niikilketi Sl 661;
mepan saman drukku Sl 213; skulu vinir glebjask Hgv 411.
B) Die zweite hebung steht auf kurzer silbe (C2).
§89. 1) Verse ohne v er Schleifung: (a) en af baban Skm 63,
at aldrlagi Vm 52 3, berr alfrqpull Vm 47 \ es einn gorisk Hgsv 60 3, lsetr
opt kvepin Sd 243, vip orms megin Fm 26 3, paus upp korna Hgsv 27 \
ok orviti Ls 211, brinn oll loga Grm 295, ok qlmusur Hgsv 13 *; peir
l)elt hafa 5/ 80 *, es blip regin örw 61, an brendr sei' Ä^v 713; ä fimm
dQgum Hgv 73", ok fröpr vesa Hgv 14 11; at Oeirropar Grm 49 *, sem
gott kvepa Hgv 12\ sepr gunntamipr GWra 191; rann lieipt saman Sl 133,
meb her inikinn iZÄVM 103, ok hernuminn i<7« 78; ne manns konu
Ls 37 3 Sd 323, peims [peim] niart talar Hgsv 983, enn meinsvani Grm
163, es iiienn roa Alv 233, es inJQk ala Sl 611, es niold tropa Fm 233;
ok Sanngetall Grm 47 *, verpr sip hlapit ££ 77::, es sjalft vegisk Skm 83;
ok yegr yfir Herv 32 3, en vit syni Hgv 87 3; es parfr gorisk Hgsv 533,
vas J)ess fabir Vm 29 3, skal pörr vesa Grm 43.
Anm. 1. In folgenden versen, wo die partikel es unmittelbar auf ein pro-
nomen folgt, wird unbedenklich bragarmäl herxustellen sein: (a) beims [f>eim er]
grand varask Hgsv 101 :l, bats [bat er] menn hau FJ29'; säs [sa er] menn sea J./# 13 3.
J.?wra. 5. Nebenalliteration (y) ist einmal überliefert: (bvit övist es) hvar
övinir lL>r l4 fn//. %u diesem ferse oben §29, anm.).
§ 90. 2) Ver Schleifungen, a) auf der eing ang s Senkung :
(a) ok ä austrvega Ls 593, skal ä eld bera i<}' 161, es of eld skulu
Hkv 241, nema illt geri Sl 3.03, epa uppbiminn Vm 203, vil ek (ek vil
v.l.) oll bafa Sd2V\ vil ek oll vita Skm 391; skulu foräpliga Fm 393;
skala gestr vesa flj?«; 351, nema geps viti i^v 201, vqi-u kynliga S7 663;
es et räpspaka Hgv 1013, es ek rept vita Grm 243; epa yarmr sumarr
Vm 263, bef ek vel notit Hgv 106 \ kvepa vind koma Vm 37 *, es ek
ysett hefi Fj 49 3;
Anm. Nebenalliteration (y) ist einmal überliefert: (I>vi muut lifest) nema
[n. {)ü.] uü I>egir Ls 4P. Alliteration auf der zweiten hebung (tf) kommt einmal
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 15
218 GERING
vor: erusk lengst vinir Hqv 41 3. Der vers ist jedoch bedenklich, da der regel nach
das erste nomen den Stabreim tragen müsste; es ist also wahrscheinlich Umstellung
vorzunehmen: erusk vinir lengst (F3).
b) auf der ersten hebung; (a) sein fira synir Fm 23 31, at
Beginn skyli Fm 391, ok J)ria stufi Skm 37 x;
c) auf der eingangs Senkung und der ersten hebung. Nur
ein beispiel: (a) sat ek niu daga Sl 511.
IL C-verse mit zweisilbiger eingangsseukung.
A) Die zweite hebung steht auf langer silbe (Cl).
§ 91. 1) Verse ohne v er Schleifung : (a) heldr an annarra
Eir 51, skaltu är sitja 8km 271, lsetr i Eldhrimni Grm 181, lagpir
itrpvegna Ls 173, ef vill ipröttir Hgsv 541, hefr pü ofdrukkit Grm 511,
peirs i orrustum Hkv 211; bot kann fagrt mseli Hgsv 411, pot [pö] per
fagrt synisk Hgsv^S1, es ver fläst hyggjum Hgv 90 3, es pü fyrr reynir
Hgsv 203; studdisk geirskapti Hkm 101, an se glüpnanda .Fm 293, pot
per göpr pykki Hgsv 213, pars en gullbjarta Grm 81; ef pü Heiprekr
est Herv 66 *, gengu lirimpursar Hgv 108 *, kvQpu hrimpursi Vm 331,
kann rsepr liimdmQrgum Vm 38 4, drypr i Hvergelmi Grm 26 3, kvipir
hvivetna üfyw 1363; mundu Loddfäfnir Hgv 1623; per til liieins gerva
Gg 133; es peir ript kofpu Hgv 493; en pau seig vqru S1313, pess
es sjalfr gorpak F>« 273.
Anm. 1. Ferner sind, nach vornähme geringfügiger änderungen, folgende
cerse hierher zu stellen: (cc) her hefk [lieh ek] algullin Skm 19 *, hugpak [ek hugpa]
jafnramman Vm 23, at [at pü] vip frsendr pina »SV/221, at [at pü] pinn mog btepir
Cfy l3, ef skalk [ef ek skal] pegn ungan Hqv 158 l. Sicher gehört auch hierher Fjö1:
fysir aptr flestau (die hss. lesen unsinnig fän steü üestan); endlieh Hqv 58 3: sjaldau
lser of getr fs. o^e« ^^r, anm. 2).
Anm. 2. Nebenalliteration (y) ist zweimal überliefert: (betra's ö - bepit) au
se of-blutit Hqv 145 '; (haudar emk vanr) en pü Hropyitnis Ls 39 *. — Alliteration
auf der zweiten hebung (ä) kommt einmal rar: ef pü svä vserir IjS 541. -Es ts£
jedoch wahrscheinlich, dass Umstellung vorzunehmen ist: ef pü yserir sva (B).
Anm. 3. Auffallend ist der (durch conjeetur hergestellte) vers mit alliteration
auf der zweiten hebung (ß): (betra's lifpum) an se olifpum ['ok s^l liföom' B] Hqv
70 *, da doch dem sinne nach auf dem 6- der hauptton liegen müsste. Es darf
jedoch nicht geändert werden, da dieselbe seltsame alliteration auch sonst sich findet
{FmZV).
§ 92. 2) Ver Schleifungen, a) Bei dreisilbiger eingangs -
Senkung kommt es ein paar mal vor, dass die 1. und 2. oder die
2. und 3. silbe verschleift werden können: (a) (1. 2) hafa at olmqlum
Ls l3; (2.3) en hana prir gorpu Fj 101.
Anm. 1. Ferner gehören wol drei verse hierher, bei denen unbedeutende
änderungen vorgenommen sind: («) (2.3) paers [p;er er] vom ä ristuar Sd 18 l, ef
ser ä [ä ser] atvinuu Hgsv 105 *, ef [ef pü] vip enu naddgofga Gg 141;
DIE RHYTHMIK DE8 LJODHAHATTR 219
Ann/. 2. Mehrmals ist auch viersilbige eingangssenkung überliefert, in der
die 1. und 2. sowie die 3. und 4. silbe zu verschleifen sind: («) skalattu i orrustu
Hqv 1284, vcjru bau en harbmobgu Orm 41 3, skalu per ä hqm galga Fj 45 \ epa eru
ssedaubir Sd 33 3. — Dazu ein vers, in dem ein entbehrliches wort zu streichen sein
wird: (a) hafa enar [paer euar] livitfoldnu Herr 513 533.
b) V er Schleifung der ersten hebung (Sievers C2): (er) ek vil
etin lata Fm 313; ne svä blaar unnir Sd 95; alls rnik fara tipir Vm l1,
ef fjik fara tipir iJpy 1154, ef pik fiandr stauda Gg 91; at pü gair eigi
iJ^> 1131, ef ser geta msetti Hqv 43, leztu Grymis döttur Ls 42 x; bve
sä konungr bafpi Hkm 181; stop af monura peira i7iÄ' 283; at pü
llQiim bjargir Sd 33 x; ef {)ü sakar deilir $6? 311, pot peir sakar gervi
Sd 22 3; es bann vita pyrfti #0«; 22 3.
Anm. 3. Nach vornähme geringfügiger Änderungen sind ferner die folgen-
den verse hierher ku stellen: («) pvis [fjvi er] bei atalt bykkir Gg 6::, ättir [J»ü a.]
fojair bitran .Fw 5:i, at Jju trnir aldri aldri [aldrigi] Sd 35 \ svät [svä at] ek vita
bykkjumk Ls 54:;.
cj F rer "Schleifung der eingangssenk u n g und der erste n
hebung: (a) (1.2) vorn ä himingeislum Sl 723; epa svä matargöpan
Hqv 40 x; en ek mim sofa ganga i^ra 311.
Anm. 4. Nach Streichung einer überflüssigen silbe sind auch wol folgende
verse hierher zu stellen: («) (2. 3) äat enu [sä eun] feargjarui Herr 59 3, teyg [teygbuj
per at gamanrüuum Hqv 1194.
B) Die zweite hebung steht auf kurzer silbe (C2).
§ 93. 1) Verse ohne ver Schleifung : (a) neyttak alls megius
FM 624, pykkisk allt vita Hqv 261, peira Andapar Hkv 222, rninna
andskota Hqv 14S3, bann mim aptr koma Vm 393; at mer einn gefi
Ls 63, für ek einn saman Hqv 47 x, veldr bann einn saman Hgsv 1063,
|)öt pü einn vitir Hgsv 60 \ stnkku eitrdropar Vm 311, ef bann enn
sparir Fm 37 \ en dryg erfipi Hgsv lll1, drygir erfipi Grm 35 *; es
tii ills vinar ZZpv 341, put bann illt geri Hgsv 721, pat skal irm koma
(rrw 45 3; pykkir ofmikill Qrm 213, möpa ofti'egar Hgsv 653, litip okkr
pinig Sd 23, snmt vas ölagat Hqv 66:!, ek lief opt bnit HHv 153, hygg
ek opt vesa Hgsv 903, befr mapr opt pegit Hqv 93; ok lät ulfs fojmr
Ls 101, es nü upp kominn Hqv 1063; nii mun Yggr hafa Grm 531;
skaltu £ bafa Hgsv 1001, pat mim ae vesa Hqv 32 3, mundu (muntu) Sb
vesa Ls 131 443, pü mimt sb vesa Ls 483, pü skalt & vesa Skm 123;
bann es öztr vipa Grm 441; en par oll skulu Fm 15 \ beldr an on
vesa Alv 73; urput jafnspakir Hqv 533, en vip jorp sakask Herv 363.
allra baldripa Ls 37 x, befr pii benjapau i^w 25 3, kenn pii blipliga
Hgsv ll1, skaltu blipliga J2wi 12 *, fqlu blip regin Grm 37 3, gerpu blip
regln Grm 411, stöpu blip regin Ls 32 3;
15*
220 GERING
hann es Dags fapir Vm 25 *;
ligg i fJQrbrotum Fm 213, es hefr flätt hugat Hgsv 85 3, J)eims i
foli vapa Hkv 20 2, ef byr fordsepa Sd 26 *, unn pü fröphugapr ifysv
33 102 \ verp I)ü fröphugapr .H^s«; 1081, ef pü fröpr seir Vm 63, kjösat
[kjös ei] fulltrua Hgsv 1153;
liggja gagnvegir Hgv 343, skiptir GreirskQgul T/Äv« 121, es skein
grinnnliga Sl 513, lät 1 gegn koma Hgsv 413;
kv^mu harpliga 67 371, nser pser heim skulu -Hj5y 211, an se hJQrs
megin .Fm 28 \ ok til hräs vipar <S7m 32 *, hQf J>u kreinliga &/ 73 J;
hefk pik litt fregit Hkv 221;
her es uiapr korainn i5)' 44 *, ek se mins vinar Grm 52 3, es ferr
inold yfir Herv 35 *, ber pü liiQgr hepan ö^r 161;
sköpu nyt regin Vm 253;
döma rangliga Hgsv 66 \ fyllisk rangs hugar Hgsv 57 3, en pü
räp nemir Fm 201, en pü rop nemir Hyv \\Y 1121 1141 1151 1161
1181 1191 1201 1211 1241 1251 1261 1271 1281 1291 1301 1311 1331
1341 1361;
verpr sä samhuga Hgsv 193, pöt [pö] pü satt vitir Hgsv 251, skyldi
snotr gumi Hgsv 68 x, aflar sfns skapa i7</sv 513, ä|>r hon sqdi telisk
Jjjf 303;
bip pü tenapar Hgsv IIB3, vas til tres metin Sl 443;
byggva ve gopa Vm 511, sä skal Tel duga iTf/.st' 893, puttu vel
dugir Hgsv 303, panns pü yel truir Hör 441 1184, put per verr dugi
i?(/sv 38 a, es til vigs koma Hkv 213, panns [pann] per vildr sei üft/sv
241, ef pü yip pegir Sd 251, ef pü yreipr seir Ls 153;
ef per J)jöpaar Gg 81, es gel pjöprerir H{>v 160 \ falla porp yfir
Vm 49 1;
Anm. 1. Audi folgende verse sind, nach vornähme unbedeutender änderungen,
vermutlich hierher xu stellen: (a) ef mer's [mer er] alhugat HHv 21 3, inunk [mim
ek] i andsvorum Ls 53, hykk [hygg ek] pä enn vesa Em 8:!, pottnmk [mer putti] illr
vesa FM 2 1:!, hykk [hygg ek] at a> skyli Grm 345, svät pü'st [svä at pü er] orviti
Ls 47 ', pottumk [pottu mer] oll vesa Sl 59 3, hykk [hygg ek] at oll viti Ls 29 ;!, hykk
[hygg ek] at jafot hafi Hgsv 137 3, byk [by ek] fyr jqrp nepan Ah 31; säs [sä er]
ferr drott yfir Vm 24 :'; vask [var ek] at fjorlagi Ls 50 3, vast [vastu] ä fjorlagi Ls 51 l,
bot [|>. hann] i folk komi Hqv 1583, hykk [hygg ek] ä fyr vesa Ls 55 ]; vel skalt [skaltu]
her kominn Eir 7 ', ef vilt [pü v.] horskr vesa Hgsv 88 x 117 % nü 'mk [nu em ek] i holl
kominn TO// G1; nautkak [nautka ek] karls sonar FM51*, es per kent hefik [es ek per
k. hefi] Sl 811; es vask [ek v.] langt hepan Ls 35 \ ef vilt [pü v.J lif hafa ß/sw 86 *,
bot [p. ek] ä lopt herak Grm l8; pats [pat er] peim menn geh Fj 23 3, säs [sä er] ferr
menn yfir Vm 22 3, gefk [gef ek] per mins fear Ls 12 1; es [es pü] muut rekkr faa
HHv 22 3; ef vilt [pü v.] sigr hafa Sd G1, nü 'fr [nü hefr] pü sigr vegit Fm 23 *, bäs
(j)ä] pik [om. Schev.] sizt varir Hgsv 47 3, skalta [skaltatu] svä gora Ls 15 l; ef sek
DIE RHYTHMIK DES LJuDHAHATTR 221
[ek se] tunribur Hqv 1551; säs [sä er] ferr vag yfir F?«363, emk [ek em] ä vit
kominn Alv 33.
Anm. 2. Ferner gehören wol zwei vcrse hierher, in denen die herausgeber
mit recht grössere änderungen vorgenommen haben: («) ulfa dümi | hykkak okkr
vesa Hm 29 1 [ekki hygg ek ykkr vera | ulfa dömi R]\ bat's fq litil | {>6t ser vers
fai Ls 33 1 [bat er välitit | f>ött ser varbir vers fai R],
Anm. 3. Doppelalliteration (ß) liegt vielleicht vor in dem verse: (vin sinum)
skal mabr vinr vesa Hqv 42 ' 43 '; doch ist es icol wahrscheinlicher, dass der dichter
vesa nicht als reimstab betrachtet hat.
Anm. 4. Nebmalliteration (y) ist einmal überliefert : (betra's ö-sent) an se
of-soit Hqv 145 3.
Anm. 5. Alliteration auf der xiveiten hebung (6) kommt einmal vor und ist
schwerlich xu beanstanden (vgl. oben § 91, anm. 3): (hvotum es betra) an se 6-
hvotum Fm 29 l. Dem sinne nach ist allerdings 6 - die am stärksten betonte silbe.
Anm. 6. Ohne alliteration sind die folgenden beiden langverse überliefert :
of bä gQtu | es hann varbabi Sl l3; svä's sä mabr | sem hefir auf» fear Hgsv 1413.
Zu lesen ist wahrscheinlich in dem ersten falle: of bä gqtu | es hann gtetti (s. § 31,
anm.); im xiveiten: svä's sä mabr | es hefr morb fear (§ 58, anm. 2).
§ 94. 2) Ver Schleifungen, a) In dreisilbiger eingangs-
Senkung sind öfter die 1. und 2. oder die 2. und 3. silbe zu ver-
schleif en: (et) (1.2) munu of aldr hafa Fj 32 3, skyli mapr opt faa Hgv
331; skalat mapr frett reka Hgsv 641; stiginn af inars baki Skm 151;
nema ä njösn seir Hgv lll4; (2.3) hun skal of aldrdaga Vm 163, skaltu
of aldr hafa Gg 163, skaltu vip allt hafa Hgsv 63, parftu vip allt hafa
Hgsv 773, ärnapu aptr hepan Fj 23, hvat J>u i ärdaga Vm 55 \ es vit i
ärdaga Ls 91, gengu i ärdaga Grm 43 1, gqfu f ärdaga Grm 53, VQrum
i ärdaga Skm 53, drygpup i ärdaga Ls 253, hyggsk munu ey lifa Hgv
16 \ peir skulu upp hepan Grm 37 \ vastu fyr jorp nepan Ls 23 3; sem
muni Baldr koma Eir23, parfa til batnapar Hgsv 1141; parfa til dugnapar
Hgsv 791; skaltu vip flest hafa i7#sv HO1; skaltu i gogn hafa Skm
303; skaltu ä liann trua Hgsv 163, mim per i liel koma Ls 633, verpr
per af lijalmstofum i?w 22 3; skaltu 1 lüpr bera Fj 301; pau ser at
mat hafa Vm 453, skaltu vip inenn vesa iTj/sv 137 \ leitapu trüliga
fl</sy 1151; sköpu hann vis regin Fw 39 x.
Anm. 1. Einmal sind in viersilbiger eingangssenkung soivol die 1. und 2.
wie die 3. und 4. silbe xu verschleif en : (a) skalattu vip dolgvipu Sd 293.
Anm. 2. Nebenalliteration (y) ist einmal überliefert: (2. 3) (frib at kaupa)
at bu ber Frey kvebir Skm 19 3.
b) Verschiffung der ersten hebung: (a) hann skal ofan bera
Grm 323; en pat fair vitu Grm 183 223, purfu fira synir Sd 271, neyt
pü framarliga Hgsv 58 x, es hann freginn esat Hgv 30 3; es rnep gopum
SQut Fj 93 ll3; ef mapr hafa nair Hgv 68 3; es pü lofat hefir iJ^sz;
1233; en par svalar knegu Grm 71; säs [sä] pü truat hefir Hgsv 283.
222 GERING
Anm. 3. Bragarmäl ist herzustellen in dem rersc: («) lystak [lysta ekj
hugarspeki Hgsv 139 3.
c) Ver Schleifung der eingangssenkung und der ersten hebung.
Nur ein beispiel: («) (2. 3) standa ä pria vega Grm 311.
III. C-verse mit dreisilbiger eingangssenkung.
A) Die zweite hebung steht auf langer silbe (Gl).
§ 95. 1) Verse ohne ver Schleifung: (a) pä knä kann einn
räpa Fm 343; es stendr fyr forgarpi (forgQrpinn) Fj 31 l1, pü gorpir
frses mikla Fm 191; ok tak vij) hrimkalki 8km 38 * Ls 531; at mik
mun seint firrask Hqv 162 \ es ganga syrgjandi Herv 511.
Anm. 1. Bragarmäl ist dreimal durchzuführen: («) ef skalk [ek skal] til
orrustu Hqv 156 \ es hetk [ek het] at Sokkmimis Grm 50 *, ef sek [ek se] ä tre uppi
Hqv 157 \
§ 96. 2) Ver schleif ung en. a) Bei viersilbiger eingangs-
senkung kommt zuweilen verschleifung von zwei silben vor: (a) (1. 2)
epa estu framgenginn Skm 121; (2. 3) telr pu per i hvivetna Fm 91.
Dazu ein vers in dem Umstellung vorzunehmen ist: (3. 4) es ganga i
briinserkjum [brimserkjum i] Herv 53 l.
b) Verschleifung der ersten hebung: (a) hann let frä bui teknar
HHv 173; es sitr ä kimins enda Vm 37 *; aus mik pik yapa tipir FM 67,
nser verpr ä vegum üti Hqv 38 3, fyr pinna yina brjösti Fm 71.
B) Die zweite hebung steht auf kurzer silbe (C2).
§ 97. 1) Verse ohne verschleifung: (a) skopumk i ärdaga
Rm 23, ferrat hon ein saman Hgsv 127 \ es her mun inn koma Eir 33,
es her nü inn kominn Ls 58 1\ en stundum bräpskapapr Hgsv 22 *, es
peir ä brü fara Fm 153; ok lata fast vesa Hqv 1296, at manni flserpvQrum
Hgsv 1213; es blanda hjgrlegi Fm 143, at drekka Hröpts megir Ls 453;
at her se langt kominn Fj 45 3; es lipa lQnd yfir Herv 50 \ senda peir
lqnd yfir* Herv 613; es lipa mar yfir Vm 48 3, of lsezk af inars baki
Grm 173; liggr hann hja Sinmoru -F)'263, päs pötti snjallr vesa Eir 61;
pü pykkisk skil vita Hkv 18 1; en hann stendr veprglasi i')' 18 *, at
skipti vitr gepi Hgsv 223, hvat hann skal yip kvepa Hqv 26 3; per skal
minn Jmiphamarr Ls 57 * 59 * 611 63 1, ef mer verpr J)Qrf mikil Höv 148 *.
Anm. 1. Nach vornähme geringfügiger Linderungen sind ferner vermutlich
noch die folgenden verse hierher zu stellen: («) at vtvrak [ek vsera] enn kominn
Hqv 107 1, es skalt [du sk.| vip ulf vega Ls 58 {1; hykk [hygg ek] at per fremr myni
Ls 311; säs villat [sä ei villj gott nema Hgsv 106 '; pot vserak [ek vaera] hernumi
Fm83, vilk [vil ekj at mer hörn beri GrmSG1; hlypattu [hlyp pü ei] kveinstofum
*) Die Verstellung bei Bugge ist falsch.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 223
Hgsv 23 » 99'. es vildir [bü v.] Ron gefa HHc 18 3; bykkjumk fbykki mer] ä &er
vesa vifo23, reizkattu [reiztu ei] Jmugliga Hgsv 511.
Aw//. 2. Nebenalliteration (y) kommt einmal cor: (liropi ok rogi) ef eyss
[bu e.] ä koll regin Ls 43.
Anm. 3. Alliteration auf der xweiten hebung (cf) ist ebenfalls nur einmal
überliefert: (varau bibk |)ik vesa) ok eigi of-varan Hqv 1304. Der sinn erforderte
allerdings die betonung des präfixes; vgl. jedoch die gleichartigen verse Hqv 701
Fm 29 l.
Anm. 4. Ohne Stabreim ist der vers: (at bollu hann kvam) es ätti Ims fabir
Ym ö3. Die Verderbnis steckt ohne zweifei in dem eigennamen.
§98. 2) Ver schleif *ung en. a) In viersilbiger eingangs-
senkung sind öfter zwei silben zu ver schleifen: (a) (1. 2) inepan okkart
fjor lifir 8km 20 3, es ek lief til J)ins gamans Fj 50 1; (2.3) gangi per
i ltipr suman Gg ll3, p>t (es) knegi ä Menglapar Fj 413 42 \ standa
per ä tvser hlifar i2«? 24:;. läti ser at varnapi Hgsv 92 3; (3. 4) var|>
honum at fjorlagi Hqv 1173, liQfpu pik at klandtrogi is 343, es vilja
at sip Ufa Hgsv l1.
IV. C- verse mit viersilbiger eingangssenkung.
§ 99. Viersilbige ei?igangssenkung kommt sehr selten vor und ist
vielleicht überall durch Scheidung überflüssiger silben zu beseitigen:
(a) deildak mina or[>speki Vm 55 5 (mina streicht Sijmons), pöt peir of
hann far \esi Hqv 243(peir streicht Sijmons), pykkir hann niep Hreipgoturn
Fra 12 3 (hann streicht Sijmons), en hann gorpi Loptr rünum Fj 26 *
(hann streicht Sijmons, doch dürfte es sich dann empfehlen, en in es
\n andern), es pu skyldir neparr vesa iJ/ir 16 3 (pu streicht Sijmons).
— Einmal kommt fünf silbige eingangssenkung vor, in der die 4. und
5. silbe verschleifbar sind: honum vas su en sölbjarta Fj 423 (su streicht
Sijmons).
Cap. 12. Typus D.
§ 100. Über die einteilung der D -verse s. oben § 39. 42. — Der
einfache viersilbige D-vers kommt selten vor, etwas häufiger der er-
weiterte (D*) . Bragarmäl ist überall durchgeführt, doch die lesart der
hss. in eckigen klammern angegeben. Auffallend häufig ist die neben-
alliteration (y).
I. Der regelmässige viersilbige D-vers.
§ 101. 1) Dl: (a) peer ipröttir Hgsv 42 3; (yl) (pegi pu Freyja)
J)ü 'st [pu ert] fordsepa Ls 32 \ Einmal kommt auflösung der ersten
hebung vor: (y1) (sumar'u ilskungar) sumar alfkungar Fm 133.
2) Dlnk: (a) jafngöpligan Oautr 53, or|>s leitapi Hqv 1413; gestr's
[g. erj inn kominn Hqv 21; YQtn stQpvapi Sl 57 \
224 GERINCi
3) D2: (a) svä fjotti mer Sl 411; {yl) fl>egi fm Beyla) \ri\ 'st
[J)ii ert] Byggvis kvsen Ls 56 *, (pegi |)ü Frigg) J>tt 'st [Tni. ert] Fjqrgyns
niser Ls 26 x.
IL Der erweiterte D-vers (D*).
§ 102. ij D*i: (a) ax vif) fJQlkyngi Hgv 136°, uggir hotvetna
Hgv 48 3, liäla nägrQfmg f?i7v 16 *, halr enn äm<>tki ifflv 141, liendr
rner fulltyTni i^m 61, hestar ägsetir FM 103; marga öfegna *S7 621, sanna
dagstJQrnu Sl 39 *; (y1) (lieilir gfesir) heilar äsynj ur Ls ll1 Sd 31, (pegi
f)ü Freyja) pik kannk [kann ek] fullgQrva Ls 30 *.
J.wm. 1. Hierher zu stellen ist wol auch der vers: (y1) (svä liqnuru gafsk)
Sqi'la enum gopräpa 67 201, in /reichem das entbehrliehe enum zu streichen sein ivird.
Anm. 2. Doppelalliteration (ß) ist zweimal überliefert: (ma|>r es aufjugr)
annarr ö-aubugr Eqv 743, (keyri jotnar) heyri brimbursar Skm 341. Durch Um-
stellung der beiden halbzeilen könnte in dem zweiten beispiel der Verstoss gegen
die reimgesetze beseitigt werden, doch ist dies deswegen nicht unbedenklich, weil
gewöhnlich in der langze'ile der kürzere vers dem längeren vorausgeht. In dem
ersten beispiele wäre es möglich, dass annarr an der alliteration nicht teilnimmt
(C mit zweisilb. eingangssenkung?).
Anm. 3. Statt der Senkung im ersten fusse ist einmal nebenhebung bezeugt:
(to) Jafnhqr Biflindi Qrm 49 6.
Anm. 4. Verkürzung der zweiten hebung (D*lhk) ist einmal überliefert:
(«) alfar groandi Alv 10 3.
Anm. 5. Auflösung der ersten hebung kommt zweimal vor: (y1) (Ketill heitik)
kominn 6r Hrafnistu Ket 30 *; (surnar ;i vetrimum) sumar ä valbostum Sd 63; drei-
mal auflösung der binnensenkung : (a) slögir ok langboglir Hgsv 128s; (y1) |>at
eru bokrünar) kat erakjargrunar Sd 19 *, (kann gelk ber fyrstan) kann kveba fjoluytan
GgQ1; und einmal auflösung der binnensenkung und der zweiten hebung: (y2) (ef
vilt ber gopa konu) kvebja at gamanrunum Hqv 1294.
2) D*lnk: (a) alfar dagsefa Alv 22 3, alfar dynfara Alv 20a, alfar
fagrlima Alv 28 3, alfar svefhgaman Alv 30 3, alfar ve£rmegin Alv 183;
cinkum vandliga Sl 281; foldar moldbua Herv 541; gaftat [gaftattu]
ästgjafar Rm 71, Grler ok Skeipbrimir Qrm 301 FM 1013; hyggr fii
vandliga Hgsv 20 *; lei]? est [estu] manukyni iTLfo 25 *, lengi [1. ek]
liQllufmrnk Sl 36 J; setta dreyrstQfum /SZ401, sjaldan hryggvari Sl 441,
svä hon geislajpi 5/ 421; yas nie]) Sksevafü .PilflO7, yas fpar Tjaldari
FM 104; (/?) fJQlp ek freistajbak Fm 31 441 461 481 501 521 541;
{yl) (heill dagr) lieilir dags synir &Z 21, (hetumk Grlmr) lietumk Cfangleri
Qrm 46 1; (y2) (Hlif heitir ein) onnur Hlifprasa Fj 38 \
-4tm». 6. Doppelalliteration (ß) kommt einmal vor: (Hildr ok Prubr) Hlokk
ok Herfj^tur Qrm 36 3 (vgl. anm. 2).
Anm. 7. Auflösungen: a) der ersten hebung: (ß) G<jmul ok Geirvimul Qrm
27 4 (vier gleiche reimstäbe in der langzeile!); (y1) topi ok öpi) tjqsull ok 6poli
Skm 291, (sumum at kana) sumum at ktjlst^funi Sd 30 3; c) der binnensenkung:
(«) ganga at trygbrofi 5rf233, (y1) (l(?ng es f(jr) langir'u farvegar Qg 41.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 225
3) D*2: («) alfar lägastaf* Alv 243 32 3, liafpu aldrigi Hgv 1314,
hlaepu aldrigi Hgv 1334, sipan aldrigi 52 451. — Da*« em halbvers,
der nur in sich selbst alliteriert: (ß) FJQrrn ok Finibulpul Grm 271.
Anm. 8. Nebenhebung an stelle der Senkung des ersten fusses ist zweimal
xu belegen: («) Atripr Farmatyr (?/v» 48'-; (ß) hJQi'P rekr handarvanr S?» 71 * (Wer
gleiche reimstäbe in der langxeile!).
Cap. 13. Typus E.
§ 103. Der typus E ist in Lb wenig beliebt; über die einteilung
s. oben § 46.
1) El: (a) öpaudi namk [nam] Hgv 1393, brimreipar til Herr 543,
Hröpvitnis sunr Grm 39 3; (y1) (Öpinn nü heitik) Yggr äpan ketk
6r?7rc 541. — Auflösung der ersten hebung kommt einmal vor: (a) pular
stöli ä Äpv HO1; mehrmals ist auflösung der zweiten hebung bezeugt:
(a) ärösi fyrir Ls 411, folkvaldi gopa Skm 31, kvitamiri konu iZjft» 1613,
svipvisar konur Sl 57 3; (y1) (hvi einn sitr) endlanga sali Skm 33.
Hierher wol auch der vers Fj 47 *: (a) Sölbjartr ket fapir [minn fapir] ;
fZ«s niinn fea/ bereits Sijmons mit recht gestrichen.
2) Elnk. Nur ein beispiel: (a) hraunbua verstr HHv 25 3. Dazu
ein vers, in dem Umstellung vorzunehmen ist: (a) Geirropar dptr FM
626 (dötr Greirropar die hss. gegen die reimgesetze).
3) E2. Nur verse mit vcrschleifung der zweiten hebung sind
überliefert: («) fätt hykk [hygg ek] ypr seask HHv 12 3, Hildr hefr
[hefr pti] oss verit HH II 211, mal kvepk okkr fara Skm 10 *; (y1) (pegi
pü Crefjon) pess munk [rrmu ek] nu geta Ls 201. — Einmal kommt
auch doppelalliteration (ß) vor: eikenn für yfir Skm 173 183.
Cap. 14. Typus F.
§ 104. Über die einteilung der F- verse s. oben § 52. — Der
untertgpus Fl kommt in Lb selten vor; häufiger sind F2 und F3.
Verschleifungcu sind auf allen drei silben gestattet; statt der Senkung
ist in F2 auch einmal nebenhebung bezeugt.
§105. 1) Fl: (a) opt harpla Sl 2\ björreifan Ls 183. -- Auf-
lösung der ersten hebung kommt einmal vor: (a) yiuura pinum Hgsv 261.
§ 106. 2) F2: (o) aupit verpr Hgsv 421, einn pü veizt Herr 67 3,
Blip ok Frip Fj 383, gumna hverr Hgsv 1401, manna hverr Sl 273,
*) Das wort ist doch wol (gegen Qrundtvig) mit langem stammvoeal an-
zusetzen; andernfalls wäre der vers ein A mit auflösung der zweiten hebung und
nebenhebung im zweiten fusse.
226 GERING
niQg of getr Herv 483, Nquii ok HrQnn Grm 283, Sylgr ok Ylgr Grm
284, skirum Frey Grm 433, vägi ä Hgv 1543, Vcjnd ok StrQnd Gm 285,
peira hagr Sl 173, prungin gop Ls 71, pupr ok Uf>r Grm 46 3, poll ok
HqII Grm 276; (y1) (deyr fe) cleyja frsendr Hjv 761 771 Hkm 211,
(lieill säs kvap) lieill säs [sä er] kann H&v 1373, (hvat par flygr) livat
par ferr i^Y48, (lifa sfetiak mer) langan aldr Ls 621, (pser of rep) pser
of reist >SV/ 131, (pser of vindr) pser of vefr £d ll3; (($) pö ek fer
M4".
J.OTH?. Nebenhebung an stelle der Senkung findet sieh in dem verse: («) arnhljob
gellr Herv 43 3.
§107. Auflösungen in F2. a) auf der ersten liebung:
(a) Beginn ok Kyr FM IV] (d) mepan pü fregn FM l3;
ij auf der zweiten hebung: (a) eignnm gopa Vm 503, illra hluta
Ä/s-y 153, & mun vesa //&/« 193, fegrst at lifa Hgv 543, heilan koma
Hkm 183, lastastofam Ls 103 163 181 (vgl. oben § 4, fussnote*, § 35,
anm. 2 und §37, anm. 2), margir fara Sl 48 3, Nipja sonu Sl 56 1, Vänar
dreka Sl 541, yta hugir Hgsv 1193, pinum gnpi Hgsv 383; (y1) (i hreinu
lifi) kön skal lifa Sl 73.
Anm. 1. Hierher gehörte nach dem texte von Sijmons auch der vers: («) heim
of komit Vm 43 3, vgl. jedoch oben § 20, anm. 1.
c) Auflösung der Senkung: (a) langar'o tvser Skm 431.
d) Auflösung beider Hebungen: (a) Jari ok Bari Fj 341 (so
ist natürlich umzustellen; die hss. haben — den reimgesetzen zu-
ivider — Bari ok Jari).
§ 108. 3) F3: (a) pars [par er] Ullr hefr Grm 51, pöt brendr
se Skm 22 \ panns [pann er] krendr vas Skm 211, päs föddr vask [pd
vas ek f.] Sl 46 \ es rikr vas Sl 36 3, mun seggr hverr Hgsv 146 3;
(y1) (pvit kjarta mitt) vas heldr mJQk 57 43 3.
§ 109. Auflösungen in F3. a) auf der eingangs Senkung:
(a) es ä braut fipr Hgsv 51, ef [ef pü] ä sjö komr Gg ll1; b) auf der
ersten hebung: (a) es liropask tekr Fm 63, ok Reginleif Grm 365, es
skapat hefr Sl 753.
§ 110. Mehrmals ist in F3 zweisilbige, nicht versclüeifbare ein-
gangssenkung überliefert: (a) es pii üt komr Skm 281, en par Baldr
hefr Grm 121, es [es ek] fyr gar[) säk Fj 334, en pü gjold hefr Rm 61,
en par Njorpr hefr Crnra 161, ef hann svä drekkr Hgsv 723; (y1) (svä
af ristk) sein pat [ek ]>at] ;1 reistk Skm 37 3.
Anm. 1. Ohne alliteration überliefert ist der vers: vaskr yerba skalt) ves bü
nser staddr Hgsv 8 2. -Ek is< offenbar zu lesen : vesla vip staddr.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR
227
Anm. 2. Zweimal ist in verseil mit zweisilbiger eingangssenkung auflösung
der ersten hebung überliefert: («) ef ber fJQturr verbr Og 10 S es pik hafa skal
Sbm&b1.
Cap. 15. Typus G.
§ 111. Es sind m L& nur zwei G-verse überliefert, davon einer
mit verschleifung der zweiten hebung: (a) mseztr sunr 5/ 751; väpngQfugr
GVm 193.
Cap. 16. Schwellverse.
§ 112. Über die einteilung der schiuellverse s. oben § 63. — Die
der halbzeile Lb sonst eigentümliche Vorliebe für eingangssenkungen
(§ 70) erstreckt sich auf die schiuellverse nicht; vielmehr sind die
fallenden typen (AA, DA, AB, DB, AC, DC) ebenso zahlreich ver-
treten wie die steigenden (CA, BB, CB, BC, CG, BE).
§113. A-verse. — 1) AA (zxlix^x): (al) livatkis [hvatki
er] illt skal vinna* Ket 183; (yl.2) fl>egi pti, Ipunn) ]>ik kvepk [kvep
ek] allra kvenna Ls 171. — Dazu ein vers mit nebenhebung im ersten
und zweiten fasse und mit verkürzter dritter hebung (A2nlA2nk):
(y 1. 2) (Vindkaldr heitik) Värkaldr het minn fapir Fj 63; und ein vers mit
zweisilbiger nicht verschleif barer Senkung im ersten fusse: (a 1) lieiptum
skal mäna kvepja Hgv 1367.
2) GA (xjl\j.x ix): (al) en forbrenni dvergar Alv 26 3 (die
betonung des präfixes ist auffallend!), hvat yalkyrjur mseltu Hkm ll1.
Dazu ein vers mit verschleifung der eingangssenkung: (al) ok of
vigrisni sina Ls 21;
3) Di(Jzxzx): (a 1) pü kunnir aldri Ls 381 461; (y 1.2) (I>egi
pti Öpinn) pti kunnir aldri [aldrigi] Ls 22 *. — Zto* em vers mit
verschleifung der ersten hebung: (al) getit heyrpak Sota FM 105.
§114. B-verse. — 1) AB (ixlz,x z): (al) alfar fagra hvel
Ä 163, alfar fagra raefr Ä 123, einn per räpit hefk [hefi] ÄZ'781,
örum hQllum frä Fra 73, Öpins tünum i Fm41x; ferk [fer ek] of aldar kyn
Rfn l1; gollnum stöli ä Hgv 105 *; hrsepumk etki lyf Rm 93; Lyfjabergi
ä Fj 49 *; ssevar bepjum ä FM 21G; skammisk engi mapr Hgv 613;
Yindga meipi ä Hgv 138 x; pessar hallar til Ls 61, pvi mer heitit
vas Sl 293.
-d/wre. i. Doppelalliteration (ß) kommt ein paar mal vor: (ß 1. 2) (brandr af
brandi) brinu uuz brunninn es Hqv 57 *; (/Sl. 3) (inn skal gaDga) iEgis hallir l LsS\
(veiztu ef inn gengr) iEgis hallir i Ls 4\ (veizt ef inni afettak) iEgis hqllum i Ls 27 \
*) Die anordnung der xeilen in Fas ist falsch: xeile 5 und 6 müssen ihre
stelle tauschen.
228 GERING
Anm. 2. Nebenalliteration (y) ist zweimal belegt: (yl. 2) (lengi svafk) lengi
sofnub vask [ek sofnub var] Sd 41, (reipr's f>er Öpinn) reipr's [reipr er] per äsa bragr
Skm 33 *.
Ah?)/. 3. In dem verse Hqv 1204: vin pinum | vestu aldrigi reimen kaum
die beiden v, sondern vin : aldrigi (Beitr. 13, 204). Wir haben dann in der zweiten
halbzcile einfaches B mit zweisilbiger eingangssenkung.
Anm. 4. Nebenhebung im ersten fasse ist einmal überliefert: (u 1) Dellingr
at vas bar Fj 34 3.
Anm. 5. Auflösungen in AB: a) auf der ersten Senkung: (« 1) heyrpak
[beyrba ek] ä annan veg <S7 393; b) auf der dritten hebung: (« 1) auhgum nianni
fyrir Hqv 70 3, barna sifjar duga Ls 16 1, fMd vask [var ek] norbarliga [norbarla]
Ket 181; (yl. 2) (kvapk fyr qsuni) kvapk [kvab ek] fyr äsa sunum Ls 64 \ (Sigvorbr
lieitik) Sigmundr het minn fabir Fm 43 (zugleich nebenhebung im ersten fasse);
c) auf der ersten Senkung und der dritten hebung: («2) hverjum est festu]
sveinn of boriun Fm l1.
Unmöglich erscheint mir der vers HHv 26 3: (marggollin mrer) mer potti afli
bera. Es ist gewiss mit Ettmüllcr afli durch magni zu ersetzen und zu schreiben:
bottumk magni bera. Die zweite halbzcile wäre dann einfaches B mit ziveisilbiger
eingangssenkung und verschleifung der zweiten hebung.
Anm. 6. Zweisilbige nicht ver schleif bare Senkung im ersten fasse findet sich
mehrmals: (« 1) kynn [>ik vib goba menn Hgsv 12 3; (« 2) msslisk af golfi fyrir F/ttO1
(auflösung der dritten hebung); (y 1. 2) (veiztu hve bibja skal) veiztu hve blota skal
Hqv 1443, (veiztu hve faa skal) veiztu hve freista skal Hqv 144-, (veiztu hve rista
skal) veiztu hve räpa skal Hqv 1441.
2) A*B. Nur drei beispiele sind belegt, zwei A*1B (nxlz.xz):
(et 1) V<jfiil>r ok Hröptatyr Grm 541; svä heyrfmk [heyrjm ek] Fäks of
getit FM 10'J (verschleifung der dritten hebung); und ein A*lnkB
(.nix I ± x jl): (cd) grenjupu ä annan veg Sl 42 3 (auflösung der ersten
Senkung).
3) BB (xzlxz.xi): (a 1) korar heimisgarpa til Hgv 63; (a 2) en
hinn at t^lum varp Sl 203.
Anm. 7. Ohne alliteration sind zwei langverse in der Ketils saga über-
liefert, in denen die zweiten halbxeilen identisch sind: upp skalt risa | ok ganga
haugi af Ket 311, upp munk uü risa | ok ganga haugi af Kct 32 1. Da der hügel in
der prosa widerholt ärhaugr genannt ivird, so liegt es auf der band, dass dieses
wort auch in die verse eingesetzt werden muss; ivir erhalten dadurch beide male
einen vers nach typus CB (mit dreisilbiger eingangssenkung).
Anm. 8. Auflösungen in BB: a) auf der eingangssenkung: («2) ef
ek boti harma per HHv21x\ (y 1. 2) (hvers hü leitar) eba hvers [hv. du] ä leitum
est Fj 21; b) auf der dritten hebung: (u 1) ok östilt lostasemi Hgsv 127 3 (neben-
hebung an stelle der ersten Senkung*), en vallar fax meb gopum Alv 28 \ es vex fyr
alda sunum Alv 27 ■i; (u2) es brinn fyr alda sunum Alv 25*, es drekka alda synir
Alv 33 J; c) auf der eingangssenkung und der dritten hebung: (ß 1. 2) erumk
on at ykrum syni Skm 21 (lies: at pinum syni?).
*) Der vers Hesse sich auch auffassen als ein aA2B.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 229
4) CB (x jl I j- .x j). a) Verse mit einsilbiger eingangssenkung:
(al) es ungr veita til Hgsv 117 3, en gakk illu frä Hgsv 43, ok Kerlangar
tvser Grm 291, es nanpgQnglar'ü Fm 123, ok taugreptan sal Hqv 363;
(a2) hann pik räpa nmn* Fm 221. — Hierher würde auch der vers
Skm 71 gehören: (ß 1. 2) an man manni hveim. Das vow Sijmons ein-
gesetzte man scheint der sinn %u fordern, doch ist es immerhin be-
denklich, einen vers mit doppelalliteration durch conjectur herzustellen.
Anm. 9. Der typus C2B ist xiveimal überliefert : (« 1) sem Ingunar-Freyr .
es halloka verpr Hgsv 63 3.
Anm. 10. Auflösungen, a) auf der eingangssenkung : (« 1) ok et
globraupa fe Fm 93 20 3, skyli räbsnotra hverr Hqv 641; b) auf der ersten hebung :
(« 1) ok meginlitill gestr S123; c) auf der zweiten hebung: (« 1) ok aldyggir
sipir Hgsv 142 :i, til ö|>arira hluta Hgsv 147 :!, put fuüsselu hafi Hgsv 105 3, ens hrim-
kalda jqtuns Vm 213, ens hrimkalda niagar Ls 49 3 50 \ en skürvoa mej) gopum
Alv 18 1, en VQfubr nief) gof>um Alv 20 *; (/J 1. 3) es sä alda synir Alv 313, fyr sig-
tiva sunum Grm 45 1; d) auf der binnensenkung und der dritten hebung:
(« 1) en siliegja mef) gopum Alv 241; e) auf der ersten und der dritten hebung:
(ß\ — 3) es sea alda synir Alv 15 3.
b) Verse mit zweisilbiger eingangssenkung: (a 1) alls pü
livQrtveggja veizt Rm 191, peirs af liöfingar*** ä Grm 33 x, kvopn
Sämseyju i Ls 241, es mer Skamortungr gaf Gautr l1 (nsbenhebung im
zweiten fusse); (/1.2) (pveginn ok mettr) ripi mapr J>ingi at Hgv 611.
Anm. 11. Auflösungen, a) auf der eingangssenkung (2.3): (« 1) vastu
vip Laufeyjar sun Ls521-, b) auf der dritten hebung: («1) es [>arf aldrabr at
hafa Hgsv 31 *, kvepk [kvep ek] Jjör ökunnigt vesa Fm 41, skaltu öräbins blutar Hgsv
57 *, peir'u Grafvitnis synir Grm 343, hykk [hygg ek] at klokkvandi bibi Hgsv993;
es fyr Menglapar kneurn Fj 37 3 (C2B); c) auf der eingangssenkung und do-
li ritten hebung: («1) (2.3) f)ats knegi Yibofnir fyrir Fj 25 3, liggja i Vifjofnis lipum
-F)'241; (1.2; 3.4) skalattu til önytis hafa Hgsv 39* 52 \ skalattu til önytis spara
Hgsv 58 3.
c) Verse mit mehrsilbiger eingangssenkung. Viersilbige
eingangssenkung , von der jedoch die letzten beiden silben verschleif bar
sind, kommt zweimal vor: («1) pykkir pat i ökimnum stap Hqv 103;
skaut fyr mik en ljevisa kona GgS1. — Fünf silbige eingangssenkung
(von der jedoch einmal die 2. und 3. und einmal die 4. und 5. silbe
verschleifbar sind), ist ebenfalls zweimal überliefert (beide male mit
verschleif uug der ziveiten hebung): («1) lati hann pann enn hrimkalda
JQtun Fm 38 1, es fylgir enu skirleita gopi Grm 39 \
*) Der sinn erfordert, dass pik stark betont wird: 'er wird auch dich ver-
raten'.
**) Zur betonung vgl. %. b. Vell. 10 ': Yik Häkonar riki; ähnl. Sn.E.I, 340'-,
Sigurpardrupa 32 (CN26), Vikingarvisur 15 4 (GN4L0), Islend. dräpa 16b(CN80) u.ö.
'**) So ist wol mit Bugge (Sttcd. 473 a.2) statt hefingar %u lesen.
230 GERING
5) DB (.L I j. x j_). Nur verse mit verschleifungen sind belegt:
a) auf der dritten hebung: (yl. 2) (ä JQrpfQstum steiui) stöpk [stop
ek] innan dura Gg 15:!; b) auf der ernten und dritten hebung:
(al) atall skalk [skal ek] per vesa HHv 151, gefa hollir vinir Hgsv 41;
(ßl. 2) (Hrimgerpr lieitik) Hati liet minn fapir Ifflfl 17 * (wer gleiche
reimstäbe in der Imigxeile!) ; (y 1. 2) (Andvari lieitik) Oinn het minn
fapir Rm 21; cj «^/" der Senkung und der dritten hebung:
(of 1) vant's [vant er] jofri at faa Sd 36 3.
§115. G-verse. — 1) AG {jlx\jl ±x): (y 1. 2) (lieiman förk)
lieiman [h. ek] for gorpak .Hery 32 *; (sumr af frsendum) sumr af fe
ornu Hjv 693.
Anm. 1. Einmal ist auflösung der ersten hebung bezeugt: (y 1. 2) (kvapan
pu fort) hvapan pü fqv gorpir Fj 46 '. Zweisilbige nicht ver schleif bare Senkung im
ersten fusse findet sich ebenfalls einmal: (« 1) kennik per nafn allra Eir 81.
Anm. 2. Verkürzung der dritten liebung ist häufig: (« 1) äpr ä bäl stigi
Fm543, ör vas körn numit Gautr 43, oll of rok fira Alv 91 ll1 13 * 151 17 1 19 x
211 23 * 25 J 27 J 29 * 311 33 \ draums kvepk [kvep ek] per vesa HHi? 191, kus hefr
upp lokizk Fj 44:!, skjoldum's [er] sah- pakipr Grm93, po reip ein fyrir HHv 28 11
pottu tynt hafir IZ^sr 118 3, pu skalt as nara SA;»» 31 *, pii. vast austr bepan Ls 341. —
Dazu noch mehrere verse mit verschleifungen: a) auf der ersten hebung:
(yl. 2) (vaki pü Groa) vaki pü gop kona Gg l1; Z>J a«/" der binnen Senkung:
(« 1) farpu ä bekk JQtuns Vm 19 *, per vas i ardaga Ls 48 1; (/S 1. 2) (mqrgum oipnm)
(mseltak i minn frama* Hqo 103 3; c^ ö«// de>* zweiten hebung: tunga's [er]
bofiips bani Hqv 73 K Zweisilbige nicht verschleif bare binnensenkung hat der vers :
(« 1) knukpir pü einberi Ls 60 3.
Anm. 3. Ohne alliteration überliefert ist die langzeile Sl 76 s: jarna dreyri |
fellr 6r nosum peim. Falls die erste silbe den hauptstab getragen hat, ivürde der
zweite halbvers als katalektiscltes AG (mit auflösung der ersten liebung) hierher
gehören.
2) A*C. Unter den beispielen finden sich zweiA*lCl: (yl.2) (Hei
b^r und einni) annarri hrimpursar Grm 313, Unnarr ok Ssevaldi Sl 91;
und drei A*1C2: (a 1) üolltoppr ok Lettfeti Grm 30 3, SvQfupr ok
Skarthepinn Sl ll1; (yl.2) (rik pau TQru) Räpny" ok Vebopi Sl 161. —
Dazu kommen zwei katalehtische verse. mit auflösung der zweiten
hebung: (ß 1. 2) (Dainn ok Dvalinn) Duneyrr ok Dyraprör Grm 33 3
(A*1C); (yl.2) (veiztu hve senda skal) veiztu live soa skal Hqv 1444
(A*2C).
3) BC (xjl\xjl.£x). 1) BC1: (al) ok nsempir hvivetna Sl 93,
ä sjönum skjalfandi Sl 43 x; («2) ok bot vip Hriragerpi HHv 24};
*) .Es «s< jedoch wol wahrscheinlicher, dass mgeltak a« der alliteration
nicht teilnimmt, sodass ein einfaches G2 mit zweisilbiger eingangs Senkung zu
statuieren wäre.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 231
2) BC2: (öl) ok pöttusk ein vesa SllV; (/? 1. 2) (ormar fleiri liggja)
&md aski Yggdrasils Grm 341; (yl.2) (för |)ä Ofinn) at freista orpspeki
Vm 51.
An?}/. 4. Zweisilbige eingangssenlcung in einem BC2-verse kommt einmal
vor: (a 1) at bä vex mer äsmegia FM(59; ebenfalls einmal viersilbige eingangs-
senkung (mit verschleifung der 3. und 4. silbe): (« 1) skaltu bat et unga man bafa
Alv 6 3.
Anm. 5. Ein kataleläischcr BC-rers ist einmal bezeugt: (a 1) en gl&pa
vijirsjü Hgsv 1043.
4) CC (x j. I jl . ^ x). aj Der regelmässige typus CGI (dritte hebung
auf langer silbe) kommt nur einmal vor: (a 1) es drepr fe manna
fiert; 55 \ Ausserdem ist der typus nur noch durch einen katedek-
tischen vers mit auflösung der ersten hebung vertreten: (ecl) |)öt hafi
ärs sott Fj 36 3. b) Der typus CC2 (dritte hebung auf kurzer silbe)
ist ebenfalls nur durch ein beispiel belegt, in dem auflösung der ersten
hebung stattfindet: (cd) J>ats [[tat er] megi inn koma Fj 213.
5) DC (j. I -l .£ x). Nur ein beispiel mit auflösung der zweiten
und Verkürzung der dritten hebung: (a 1) J>öt [J)ött \m] beginn seir
//r/.sr 941 (auffallende aUiteration).
ij 116. E-verse. Als BE ist vielleicht zu fassen die zweite
halbzeile eines ohne aUiteration überlieferten verses: reyndr est föstri |
at ganga hervigis til Ket 33 * — falls man ganga durch rä|)a ersetzen
dürfte. Die Verderbnis kann aber natürlich auch in der ersten halb-
zeile stecken.
§ 117. Hoffnungslos verderbt ist die halbzeile: erakendi Alv ll3. —
Ein unmöglicher vers ist endlich Sl 41: mat ok drykk | veitti hanii
beim es möf>r vas. Ohne starke änderungen ist der vers nicht zu
heilen: dann aber gibt es der möglichkeiten viele, z.b.: bann mö[jum
veitti (aA).
232
Anhang.
Statistische übersieht über die typen der langzeile.*
I. Die häufigkeit der typen in den beiden halbzeilen.
AI
A2
A3
A2.3
A*l
A*2
aA
B
Gl
C2
Dl
D2
D*l
La
500
58
42
3
65
7
87
81
104
29
7
5
33
Lb
31
10
4
1
3
87
845
157
300
7
3
51
1021 1499
La
Übertrag 1021
D*2
El
E2
Fl
F2
F3
G
AA
BA
CA
DA
AB
BB
61
19
52
326
44
40
20
1
6
57
Lb
1499
7
13
6
3
43
22
2
4
5
4
36
10
1672 1654
La
Übertrag 1672
CB
DB
AG
BC
CG
DC
AD
BD
DD
AE
BE
DE
15
10
29
5
2
1
2
1
7
2
Lb
1654
46
6
26
10
3
1
1747 1747
IL Die combinationen der einzelnen typen
in der langzeile.
A1 +
A3 +
A*l +
B +
C1 +
C2 +
D2 +
E1 +
F2 +
AB +
AC +
AI
AI
AI
AI
AI
AI
AI
AI
AI
AI
AI
31
A1 + A2
3
A2.3 + A2
2
B + A2
2
C1 + A2
1
F2 + A2
1
BC + A2
1 10
41
Übertrag 41
A1 + A3 2
B + A3 1
AB + A3 1 4
A1 + A2.3 1
A 1 -f A* 1 1
A*l-j-A*l 1
F2 + A*l 1
AI +aA
A2 + aA
A3 4- aA
A*l +aA
aA -f- aA
B + aA
Cl + aA
C2-faA
D*l+aA
20
1
5
6
5
3
6
1
2
1
49
Übertrag 98
El +aA
Fl + aA
F2 + aA
F3 + aA
G + aA
AA + aA
BA-faA
CA + aA
DA + aA
AB + aA
CB + aA
DB-j-aA
3
1
17
1
4
2
1
1
2
2
2
1
DD
+ aA
1
38
AI
+ B
253
A2
+ B
24
A3
+ B
14
291
427
*) Nicbt mitgezählt sind verse, die in auf einander folgenden Strophen unver-
ändert sich widerholen, ebensowenig verstümmelte verse.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR
233
Übertrag 427
A*] -f B 40
A*2 + B 0
aA + B 50
B + B 29
Cl+B 51
C2 + B 13
Dl + B 2
D2 + B 2
D*l + B 12
El+B 3G
E2 + B 8
Fl+B 27
F2 + B 149
F3 + B 25
G + B 24
AA + B 6
CA + B 2
DA + B 29
AB + B 9
CB + B 9
DB + B 4
AC + B 14
BC + B 1
DC+B 1
AD + B 2
DD + B 2
DE + B 1 554
Al + Cl 44
A2 + C1 4
A3 + C1 4
A*l + Cl 2
A*2 + Cl 1
aA + Cl 4
B + Cl 10
Cl + Cl 14
C2 + C1 8
D*l + Cl 2
El+Cl 4
E2+C1 3
Fl + Cl 3
F2 + C1 22
F3 + C1 2
G + Cl 3
AA + Cl 3
DA + Cl 11 144
Übertrag 1125
AB + Cl 2
CB + Cl 2
DB + Cl 1
AC+Cl 3
BC-fCl 1
DD + Cl 3
AE + Cl 1 13
A1 + C2
84
A2 + C2
10
A3 + C2
9
A*l + C2
10
aA + C2
13
B + C2
16
C1 + C2
20
C2 + C2
3
D1 + C2
5
D*l + C2
4
E1 + C2
12
E2 + C2
5
F1 + C2
16
F2 + C2
61
F3 + C2
11
G + C2
2
AA + C2
3
CA + C2
1
DA + C2
5
AB + C2
2
CB + C2
2
AC + C2
5
DD + C2
1 300
Al+Dl
2
A2 + D1
1
aA + Dl
1
D*l + Dl
1
Fl + Dl
1
AB -f- Dl
1 7
A1 + D2
F2 + D2
Al + D*l 14
A2 + D*l 4
A3 + D*l 1
A2.3 + D*1 1
aA + D*l 1
B -f B * 1 2
23
1125
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV.
Übertrag 1471
B*l+D*l 5
Fl + D*l 1
F2 + D*l 17
G4-D*l 2
AA + D*1 1
BA + .Ü*1 1
DB + D*1 1 28
Al + D*2
1
A2 + D*2
2
A3 + D*2
1
aA + D*2
1
B + D*2
1
F2 + D*2
1 7
AI + E1
5
A2 + E1
3
B + El
2
C 1 + E 1
1
F2 + E1
1
F3 + E1
1 13
A1 + E2
3
A3 + E2
1
B + E2
2 6
Al+Fl
F2 + F1
A1+F2
A2 + F2
aA-j-F2
B + F2
C1+F2
C2 + F2
D2 + F2
E1 + F2
Fl + F2
1
F2 + F2
14
F3 + F2
1
G + F2
o
DA + F2
1
AC + F2
2
43
A1 + F3
3
A*l+F3
2
B + F3
1
C1 + F3
1
E2 + F3
2
9
1580
16
234
GERING, DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR
F2 +
F3 +
AA +
CA +
DA +
AB +
DB +
AC +
Übertrag
F3 3
1580
F3
F3
F3
F3
F3
F3
F3
B +
F3 +
A1 +
A2 +
D*l +
BC +
A1 +
aA +
F1 +
F2 +
AA +
CA
CA
CA
CA
CA
A1 +
E1 +
F2 +
AA 1
AA 1
AA 1
AA 1
DA 2
DA 1
DA 1
Al + AB
9
A2 + AB
5
A3 + AB
3
aA + AB
1
B + AB
2
D*1 + AB
<■>
13
1630
Übertrag
1630
Fl+AB
1
F2 + AB
8
G + AB
1
AA + AB
1
AB + AB
2
AC + AB
1
14
Al + BB
4
A3 + BB
1
B + BB
1
Cl+BB
3
DA + BB
1
10
Al + CB
12
A2 + CB
1
A*1 + CB
1
aA + CB
3
B + CB
3
Cl + CB
3
D*1 + CB
2
El + CB
2
E2 + CB
1
F2 + CB
7
G + CB
1
AA + CB
1
DA + CB
3
D B + CB
2
AC + CB
2
CC + CB
1
AE+CB
1
46
1700
Übertrag
1700
Al + DB
2
A2 + DB
1
A*1 + DB
1
B + DB
1
CA + DB
1
6
Al+AC
8
A3 + AC
2
A*1 + AC
1
D*1 + AC
2
El + AC
1
F2 + AC
7
DA + AC
2
AB + AC
1
BC + AC
1
BD + AC
1
26
Al + BC
4
aA + BC
1
F2 + BC
2
AA + BC
1
AB + BC
1
CC + BC
1
10
aA + CC
1
Cl+CC
1
F2 + CC
1
3
Al+DC
1
1
Al+BE
1
1
1747
(Schluss folgt.
KIEL.
H. GEKINti.
STRAUCH, ZUR GOTTESFREUND - FRAGE 235
ZITK GOTTESFREUND-FKAGE.
I. Das Neunfelsenbuch.
Dass in der Gottesfreundfrage noch nicht das letzte wort gesprochen
ist, wird auch derjenige zugeben müssen, den im wesentlichen Denifles
scharfsinnige lrypothese, die den grossen Gottesfreund aus dem oberland
ins reich der dichtung verweist, überzeugt hat. Es gilt zunächst die
persönlichkeit, die uns allein die bekanntschaft mit jenem mysteriösen
gottesfreunde vermittelt, den Strassburger bürger und späteren ersten
pfleger seiner Stiftung auf dem Grünen wörth Kulm an Merswin scharf ins
äuge zu fassen, insbesondere die frage zu erwägen, ob ihm die immer-
hin gross gedachte, wenn auch im letzten grade nicht consequent
durchgeführte fiction auf grund dessen, was wir sonst von ihm kennen
und wissen, wirklich zugetraut werden darf. Erst dann ist einer er-
spriesslichen Gottesfreund- forschung der boden bereitet. Der weg ist
also genau vorgezeichnet. Wir müssen uns in erster linie mit jenen
Schriften beschäftigen, als deren Verfasser Merswin sich selbst bekennt.
Nun wissen wir freilich längst, dass auch in ihnen es mit der arbeits-
weise, der Originalität Merswins eine besondere bewandnis hat. Es
heisst im Memorial des Strassburger johanniterhauses: Aber was er
(Merswin) schreip oder schriben muoste, das het er also gar verborgen
ander andere materiell und hei etteliche geschrift andern gottes fründen
und lerem xuo geleit und i)i ire buechere vermischet von grosser
grundeloser deiuuetikeit wegen, das er wolte von allen menschen un-
bekant sin und von niemane erhaben (Jundt, Histoire s. 211 anm.).
Sehen wir zunächst von Merswins bericht über seine bekehrung, von
.den Vier jähren seines anfangenden lebens ab, so handelt es sich bei
ihm stets um erweiterungen fremder vorlagen, vermischt mit sinen
inbrünstigen hitzigen xuogeleiten minneworten (a. a. o. ebenda). Die
quelle des Buchs von den drei durchbrüchen (Jundt s. 215 — 220. 227fg.),
dem der tractat von einem wol gelerten reichen pfaffen (Jundt s. 220
bis 227, vgl. Anz. für deutsches altertum 6,213; Zeitschr. für deutsches
altertum 24,514) sowie s. 228 — 230 stücke aus Seuse (Zeitschr. für
deutsches altertum 21, 118 fg.), bischof Albrecht, Tauler (QF 36,12 anm.)
ein- und angefügt sind, ist von Denifle (QF 36, 137 fgg.) nachgewiesen1
und mitgeteilt worden. Der auszug aus dem ersten und zweiten buche
von Ruisbrocks Geistlicher hochzeit lässt Merswins diction und zutaten
1) Zu den a. a. o. s 39 genannten Handschriften gesellen sich noch Ms. Berol
germ. 4° 171 f. 294" vgl. Iitteraturbl. f. germ. u. rom. phil. 1880, 363; Cod. Pal.
germ. 28 f. 102 d.
16*
236 STRAUCH
leicht erkennen, vgl. Schmidt, Tauler s. 189 anm., Nie. von Basel s. 73 n;
Ullmann, Vier Schriften von Joh. Kusbrock in nd. spräche s. XIX; Jundt,
Amis s. 22fgg.; Zeitschr. für deutsches altertum 24,509 anm. 2. Ful-
das Bannerbüchlein (Jundt, Amis s. 393 fgg.) und die noch nicht ver-
öffentlichten Sieben werke des erbarmens (aus eines Juristen buch, vgl.
Jundt, Amis s. 25 fg.) sind die directen quellen noch aufzudecken; auch
in ihnen liegen sicherlich nur Überarbeitungen fremder texte vor, ver-
brämt mit Merswinschen phrasen und Zusätzen. Vgl. noch Zeitschr. für
deutsches altertum 24, 523 fg.
Und nicht anders steht es mit der schrift, die neben den Vier
jahren bisher stets als die bedeutendste und verhältnismässig selbstän-
digste unter denen gegolten hat, die Merswin sich selbst zuschreibt:
mit den Neun felsen. Ich gehe zunächst nicht darauf ein, dass schon
die ältere häretische litteratur ein buch von den Neun felsen kennt,
an das zweifellos Merswins gleichnamiges werk dem titel nach anlehnt,
wenn wir auch im einzelnen über das ältere werk völlig im unklaren
bleiben, denn was wir aus einigen excerpten wissen1, bietet keinen
anhaltspunkt für Merswins buch. Man hat nun wol an seinen Neun
felsen die zerfliessende breite und redseligkeit mit recht gerügt, im
wesentlichen aber doch seine auslassungen als originale gelten lassen.
Dem ist aber nicht so. Der knapperen fassung des textes in den Seuse-
drucken von 1482 und 1512, auf denen Diepenbrocks erneuerung be-
ruht, schenkte man so gut wie keine beachtung; sie schien als kürzung
des Merswinschen textes für die kritik wertlos, während sich doch un-
schwer der beweis ihrer ursprünglichkeit, dagegen der abhängigkeit
Merswins von ihr erbringen lässt.
1. Die Überlieferung der kürzeren textgestalt.
Die kürzere textgestalt (D2) ist uns ausser in den beiden Seuse-
drucken in sechs hochdeutschen, zwei niederdeutschen und drei nieder-
ländischen handschriften sowie in einer handschriftlichen lat. fassung
erhalten.
M Cgm. 759 vom jähre 1446 (?). Auf das Buch der ewigen Weis-
heit Seuses folgt bl. 102 b — 152c der kürzere text der Neun felsen: I)x
1) S. unten den siebeuten abschnitt.
2) Ich citicre nach Diepenbrock , Heimich Suso's, gen. Amandus, leben und
Schriften. 3. aufl. Augsburg 1854. — Für die bereitwill igkeit, mit der die herren
bibliothek- und archivvorstände zu St. Gallen, Heidelberg, Königsberg, Magdeburg,
München, Strassburg, Stuttgart und Wolfenbüttel mir das im folgenden verwertete
handschriftliche material zugänglich gemacht haben, möchte ich auch an dieser stelle
öffentlich meinen dank sagen.
ZUR GOTTESFREUND -FRAGE 237
ist dz bilch von den nun reisen. Ein eingeklebtes bücherzeichen be-
sagt, dass der codex, ehe er nach München kam, den benedictinern zu
S. Ulrich und Affra in Augsburg gehörte. Die spräche ist alemannisch,
schwäbisch (au für ä; zahlreiche superlativformen auf o, auch lernoten,
gehailigot usw.; phendiclieh = behendieUch; gearwait; einmal derwegen-
hait neben verwegenhait) . Bemerkenswert ist, dass M am schluss (s.
Diepenbrock3 390, 22 fg.) sagt, das werk sei 1446 begonnen und 'aus-
geschrieben'. Wenn der Münchner hss.-catalog darnach die hs. ins
jähr 1446 setzt, so liegt ja dazu eine gewisse berechtigung vor, mög-
lich freilich auch, dass 1446 für 1346 verschrieben wurde, wie schon
eine bleistiftnotiz am rande vermutet.
m Cgm. 838 vom jähre 1471, der wie M von S. Ulrich und Affra
in Augsburg nach München kam, enthält bl. 60a — 138b die kürzere
textgestalt: Hie vahet an das buchlin von den neun velsen. Anfang:
Alle menschen nemend diser warnenden ler war usw.
P Die handschrift der Heidelberger Universitätsbibliothek Pal.
germ. 474 (Bartsch nr 254) enthält nach Seuses Buch von der ewigen
Weisheit bl. 78* — 118d den kürzeren text der Neun felsen: (rot) daz
ist daz buch von den nun velsen, geschrieben 1435 an sunt ■petters
und sunt puls tag d'hayligen XII bottcn (118d). Die spräche ist ale-
mannisch, schwäbisch. Beachtenswert sind Schreibungen wie ver-
nciuchtet (= vermutet, vernihtet); ireiw, baideiw; eiijnthaltet, e(ijn-
ziech; e (i) ugewiset (negation).
S Die handschrift der königl. öffentlichen bibliothek zu Stuttgart
Ms. theol. et phil. 4° nr 503, aus dem 15. Jahrhundert, früher dem
Monasterium Wiblingen (im jetzigen württemb. oberamt Laupheim) ge-
hörig. Der codex, dessen seiten nicht gezählt sind, enthält 1. das
Xeunfelsenbuch, 2. Dis is das buch der Inbildung des ewigen lebens
und ist gemacht nauch red und widderred der Vernunft und der sele,
z. t. eine auslegung des buches Hiob. S verdient deshalb beachtung,
weil es uns einen mischtext der Neun felsen bietet. Den ersten teil,
das Rügenbuch, gibt S in der kurzen textgestalt (Diepenbrock s. 330
bis 354,34), geht dann aber mit der eigentlichen Neunfelsen-vision in
Merswins fassung über: es folgt auf D. 354,34 die rote Überschrift Von
dem ersten felsen und siner Innhaltung , hierauf: Das wir hie wolleut
roden, daz ist ivie ain mensch ward gelassen sechen einen grulichen
grosen leiten berg (Merswin 64, 22fgg.). 65,6 lautet Die antwurt des
furers diß menschen sprach zu im usw. Merswins text bleibt bis
122,32; nachdem jedoch die einzelnen neun felsen behandelt sind,
nimmt S wider die kürzere gestalt auf und zwar Diepenbrock 382, 1
238 STRAUCH
bis 390,27: zitt, dann 330,2 wer das buch welle lesen, der hob es — 4
erst, und bessert er nicht sein leben, sicher so wirf gott ainen ewigen
fol lassen uf in fallen, vor dem behut unß die oivig tvarheit. Amen.
Die spräche ist alemannisch, genauer schwäbisch ; ich notiere Schrei-
bungen wie selichen (= solhen); mör (mare), horten (= herten), ver-
zort, roden, ödler; solen, oiviklich; strauß, maul, gaut, jau; gegen-
ivirtig; niem; gefiert, gemiete; blouß, nout; undertunen (= under-
tänen dat. pl.); volle vocale in ableitungs- und flexionssilben: obenan;
sy tetant; du habist, ivelchi; obrost, bitrosten, schemlichosten , wysosten,
hailigosten , undrosten , hindroste, schädlichosten ; gestatot (3 sg. praes.),
verachtot, verirroten (flect. part.); wundrun (inf.), si warund; — un-
künschlich, unkünschhait , die umdeutungen denmietikait , denniietig;
frowe (froh).
W Die handschrift der herzoglichen bibliothek zu Wolfenbüttel
nr 2886 (85. 3. Aug. fol.) aus dem 15. jh., vgl. von Heinemann,
Augusteische hss. IV" (1900), 90. Der kürzere text der Neun felsen
füllt bl. 1 — 44a und beginnt: Alle menschen nement dir' warnent lere
wäre mit einem zu kerenten g°ssen ernst. Der codex ist mit schönen
grossen buchstaben sorgfältig geschrieben, die capitelüberschriften sind
rot. Die worte aber, hievor, minne, schemlich, solch sind fast aus-
nahmslos durch mer, vor Zeiten, liebe, schentlich, senileich ersetzt.
w Die handschrift der herzoglichen bibliothek zu Wolfenbüttel
nr 2772 (78. 5. Aug. fol.) vom jähre 1473, vgl. von Heinemann,
Augusteische hss. IV (1900), 7. Nach Seuses exemplar folgt bl. 267 b
bis 322 der kürzere text: Hie vachett an das püctilin von den newn
velssen. Da die hs. nicht versendbar ist, stellte mir mit gütiger er-
laubnis des herrn geheimrat von Heinemann herr dr. Milchsack einige
Stichproben freundlichst zur Verfügung.
Der kürzeren textgestalt gehört auch das soeben von Schönbach,
Miscellen aus Grazer hss. 4. reihe s. lOOfgg. veröffentlichte fragment an:
es findet seine entsprechungen bei Diepenbrock s. 338, 18 — 25. 31 — 37.
339, 5-14. 20-30.
Ein kurzer auszug aus dem älteren Neun felsen -tractat steht auch
cgm. 843 bl. 131b — 133a: Von den neun felsen und iv(a)z ubung dar
auf sey, unmittelbar nach einigen excerpten aus Seuse. S. abschnitt 3.
Wahrscheinlich bot die kürzere textgestalt auch jene hs., auf die
cgm. 627 bl. 268 c mit den worten Disz stet am grünen puchlein vor den
newn velsen bezug nimmt: gemeint ist dort der von Merswin in seinen
Drei durchbrächen benutzte tractat (QF 36,137 vgl. 39). Und ebenso
war es wol die kürzere fassung, die man später im 15. jh. im Nürn-
ZUR GOTTESFREUND- FRAGE 239
berger Katharinenkloster als tischlectüre für den allerselentag neben
anderen tractaten verwendete. Vgl. Jostes, M. Eckhart und seine jünger
s. XXII. Dagegen lässt sich 'ein geschriben buch von den neun felsen',
welches ein bruder Mcolaus von Uri besass, nicht näher bestimmen.
Er lieh es dem in Luzern wohnenden Werner Rat von Zürich und als
es 1519 verloren ging, vermissten es mit diesem auch die von Uri nur
ungern. Vgl. Lütolf im Jahrb. f. schweizerische gesch. 1, 44; Anz. f.
schweizerische gesch. n. f. 1874, 57.
Ausserdem sind zu nennen:
Zwei niederdeutsche papierhandschriften in der Sammlung des
freiherrn A. v. Arnswaldt (jetzt in Berlin): nr 3130. 3148 aus dem 15. jh.;
sie enthalten beide die kürzere textgestalt; nr 3130 ist unvollständig und
bricht mit D. 385, 36 ab. Vgl. Jb. des Vereins für nd. Sprachforschung
9, 133. 139; Vier schritten von Joh. Eusbrock in nd. spräche s. XXXVI.
Drei niederländische handschriften : 1. der Friesch genootschap
van geschied-, oudheid en taalkunde (C, papierhs. aus dem 16. jh.),
2. der königl. bibliothek zu s'Gravenhage (B, pergamenths., unvoll-
ständig, aus dem 15. jh.; die hs. war im 15. jh. im besitz des Barbara-
klosters in Delft, das noch eine zweite hs. besass, vgl. Germania 31,341
nr 77; van Borssum Waalkes s. 9 anm. 2), 3. der Universitätsbibliothek
zu Amsterdam (A, papierhs. aus dem 15./16. jh.). ABC bieten gleich-
falls die kürzere textgestalt, die A noch weiter zusammengezogen hat.
Vgl. die ausgäbe unter Zugrundelegung von C mit Variantenangabe durch
Gr. H. van Borssum Waalkes, Dat boeck van den oorspronck, een hand-
schrift, met inleiding en aanteekeningen namens het Friesch genootschap
van geschied-, oudheid en taalkunde. Leeuwarden 1882. Ebendort
sind, wie hier beiläufig bemerkt sein mag, auch proben aus der aber-
maligen Verkürzung des urtextes in der Kölner Taulerausgabe von 1543
gegeben, s. s. 6. 7 anm. 3. 97 anm. 1.
/.i Die handschrift der bibliothek des domgymnasiums zu Magde-
burg cod. 174, ein sammelband, dessen inhalt dr. Dittmar in seinem
Verzeichnis der hss. und alten drucke der bibliothek des domgymnasiums.
3. teil. Magdeburg 1880 (programm nr 199) s. 42fgg., bes. s. 44 ein-
gehend beschrieben hat. Als 14. stück steht auf bl. 62 a — 76 b eine lat.
Übersetzung des kürzeren Neunfelsentextes und zwar handelt es sich
nur um die zweite hälfte desselben, die eigentliche neunfelsenvision
(Diepenbrock3 s. 355 fgg. cap. XXIII fgg.): bl. 62a Überschrift in roter
schritt Incipit über de novem Rupibtts. et primo de primo rupe tunc
deinceps; anfang: R (rot) Espondit: dieo tibi: si ultra debuisses vidisse
et audivisse alios defectus quam plures non potuisses sustulisse usw.
240 STRAUCH
Aus diesem unvermittelten eingang erhellt zur genüge, dass die Über-
lieferung fragmentarisch sein muss. Der erste teil fehlt nur durch Zu-
fall, die blätter, die ihn enthielten, sind verloren gegangen. Das, was
vorliegt, ist von einer hand des 15. jhs., die in der sammelhs. hier
zuerst erscheint, sorgfältig geschrieben, auch das papier ist ein anderes
als in den vorhergehenden partien. Die gleiche hand ist bis bl. 106b
zu verfolgen, bl. 107a setzt eine neue ein. Ich konnte durch die gute
des herrn prof. dr. Eberhard, derzeitigen Vorstandes der bibliothek, in
müsse von der hs. abschrift nehmen. Sie hatte zunächst mein beson-
deres interesse erweckt, da sie bl. 76 b als abfassungszeit des Neunfelsen-
textes das jähr 1302 angiebt, während die übrigen fassungen das jähr
1352 nennen. Es stellte sich aber bald heraus, dass diese abweichende
lesart nur ein Schreibfehler sein kann.
Der Seuse- druck von 1482 (a) enthält das Neunfelsenbuch auf
bl. CXb — CXLVP; dieses wird im Inhaltsverzeichnis vorne nicht er-
wähnt, am schluss heisst es bl. 146" gedruckt vnd vollendet ist dicx
buch (des geleich, noch bessers de laien nit kund ist sein leben xe-
bessern, genant der Seüsse) von Anfhonio sorg, in der keyserlichen
stat Augspurg, an dem nächsten freitag vor sant Jörgen tag do man
xalt nach Cristi gepurt, tausentuierhundertxwaiundachxig iar. Im
Seuse -druck Augsburg 1512 (b) wird, nachdem bl. 217 b im 'beschluss
dieses buchs' nochmals kurz der inhalt des ganzen zusammengefasst
ist (bl. 218b — 219b von Neunerlag ständen der menschen in geleicJinu/i
Neun hoher reisen, darauff die menschen vnderschaidenlich wonen die
da auff das aller höchst geburg ewiger säligkeit kommen sollen vnd
tödlicher in der ainem stände Endtlich nit erfunden icirt der verbleibt
vnnd verfeit ab in ewige verdamnuß), bl. 220 a gesagt, dass diese aus-
gäbe besser sei als die von 1482, wann das Exemplar des Ersten
drucks fast gebrechenlich vnd vnbegreiffenlich des smns halb gewesen,
aber yetx verstendtlicher vnd clärer nach vermüglichait gesetxt ist,
dardurch vrsach gegeben ivirt derster begirUcher vnd mit grösserem
last on verdrossenhait diß materi xü lesen. Was unsern text betrifft
— mit der Seuse -Überlieferung habe ich mich hier nicht zu befassen — ,
trifft diese behauptung wenigstens teilweise das richtige. Mehrmals
sind laknnen, die den druck von 1482 verunstalten, in dem von 1512
ausgefüllt, viele fehlerhafte lesarten auf grund einer besseren vorläge
berichtigt worden; aber andererseits bleiben doch beiden drucken ge-
legentliche wort-, ja Satzauslassungen und manche falsche lesart ge-
meinsam, so D 33G, 4 nilexend statt müssen, 354,16 die pfeile statt
den pfui, 365,32 ausgeschrieben statt ausgeschrieen, um nur ein paar
ZUR GOTTFSFREUND- FRAGE 241
solcher fälle anzuführen, die den beiden drucken allein eigen sind;
grösser noch ist die zahl, wo sich der gleiche fehler auch in einigen
der uns zur Verfügung stehenden hss. findet.
Von diesen aber zeigen M P W eine engere Zusammengehörigkeit
untereinander, M P — in beiden geht dem ISTeunfelsentractat Seuses
Buch der ewigen Weisheit voraus — sogar die engste, insofern sie
nicht selten die gleiche, oft auch eine falsche lesart gemeinsam haben
oder dieselben lücken aufweisen. In der mehrzahl der fälle beruhen
letztere auf homöoteleuton. Übrigens kann weder M aus P, noch P
aus M hervorgegangen sein, beide handschriften gehen vielmehr auf
eine vorläge zurück. "W wandelt bei mannigfachen berührungen mit
M P, insbesondere mit M, mehr eigene wege, die, wenn sie auch oft
in die irre führen, uns gelegentlich doch der directen vorläge Merswins
näher bringen (s. im zweiten abschnitt die lesa. zu 360, 4. 362, 12.
364, 36 fg. 365, 20 fg. 367,7. 372,4 fg.). Ganz ähnlich wie bei W verhält
es sich mit S. Auch hier finden sich neben zahlreichen misverständ-
nissen, flüchtigkeiten, zufälligen auslassungen und beabsichtigten kür-
zungen für die bestimmung der Merswiuschen vorläge wertvolle lesungen
(s. die lesa. zu 335,10. 339, 30 fg. 342, 20 fg. 343, 4 fg. 348,6. 352,28.
359,5. 383,24). Den excerpten nach zu urteilen, gesellt sich w zu W,
im weiteren zu M W, steht aber dem text bei Diepenbrock näher als
W. Am häufigsten mit dem Augsburger druck von 1482 berührt sich
die früher in Augsburg befindliche, 1471 geschriebene handschrift m.
Während diese nur allgemein orientierenden bemerkungen über
die handschriftliche Überlieferung des tractates in seiner kürzeren ge-
stalt, der uns weniger um seiner selbst willen als Merswins wegen
interessiert, genügen dürften, müssen wir bei /< etwas länger verweilen,
da es gilt für die Jahresangabe 1302 (gegenüber sonstigem 1352) den
beweis der unursprünglichkeit zu erbringen, damit aber zugleich auch,
dass /.i nur Übersetzung des deutschen textes sein kann. 362, 35 und
beginnent denn ser schlaffen 'erschlaffen' giebt /.i durch et sie tepeseunt
et ineipiunt clor mir e wider; selbst wenn tepeseunt Übersetzung von
schlaffen sein sollte, weist ineipiunt dormire daneben doch auf eine
Vermischung von slaffcn und släfen. 376,28 ir leiblich leben: in («
amabilis vital 378, 33 fg. ivysse das dyses hinderst tetjl das hyr ge-
schriben ist von dysem neunden reisen: in f.i scias qnod centesi ma
pars huius noni rupis utilior est ecclesie quam omnia quae in isto
libro scripta sunt; die vorläge von f.i bot wol, wie auch Merswin
meist, wenn auch nicht gerade an dieser stelle (116,6, in K jedoch
himdertost) schreibt, hiinderst, Minderst. 383,6 er gedacht er ivolt
242 STRAUCH
gern davon schreibe)): u schreibt, für scriben: sterben lesend, et co-
gitavit quod libenter inde vellet mori sicud sibi praedictum fuit, fährt
dann aber richtig, scribere voraussetzend, fort (s. im zweiten abschnitt,
lesa. zu 383, 7). 386, 29 fg. und wie klein dise vorcht ist, so last sg doch
got kein zueil ('einige zeit', Merswin 133,29 keinne lenge kann auch nur
meinen 'eine unbestimmte zeit lang, ein weilchen' — ebenso 339,14
= Merswin 18,24; auch 74,14 — , denn es heisst im folgenden: diese
— forthe, die musent si habben zu etthelichen cithen unce in iren
dot) dar inne: {.i mis verstehend et licet pauci sint, tarnen deus non
permittit eos dudum ibi. Somit werden wir auch am schluss in der
jahresangabe 1302 nur einen schreib- oder lesefehler für tusent vierte-
halp hundert und xivei jar (390,23) zu constatieren haben, der sich
gerade aus der art der Überlieferung = viertehalp hundert und zwei
leicht erklärt. Trotzdem ist auch f.i ein willkommnes hiifsmittel zur
reconstruction der von Merswin benutzten textgestalt. Neben gelegent-
lichen irrtümern — den ausfall von 357, 32 fg. teilt f.i allein mit dem
druck von 1482 — bietet // manche lesarten, die seine deutsche vor-
läge der Merswins besonders nahe rücken, s. im zweiten abschnitt die
lesa. zu 357, lfg. 358,28. 359,5.26.29.34. 360,5.8.11. 363,(26fg.)
2 7 fg. 365, 16 fg. 367, 30fg. 368,25. 372, 4 fg. löfgg. 374, 7 fg. 14 fg.
376,1.23. 377,5. 378,16. 381,7. 382, llfgg. 383, 7. 24.25 fgg. 384, 5 fg.
9. 13fgg. 385, 7 fg. 386,2. 12fg. 387, 2fg. 24. 388,14. 390,20.
Ähnlich wie /.i gewähren auch die niederländischen bearbeitungen
hie und da für Merswins vorläge charakteristische lesarten; nicht selten
berühren sie sich näher mit /.i und stehen denen der anderen hand-
schriften gegenüber. Vgl. im folgenden abschnitt die lesa. zu 341, 10.
344,33. 351, 16. 18 fgg. 352,28.30. 353,24.37. 359,5.26.34. 360,11.
363,27fg. 367, 30 fg. 368,25. 372, 4 fg. löfgg. 374, 2 fg. 14 fg. 377,5.
378,16. 383,7.24. 384,28. 385,24fg. 386,2. 4 fg. 388,14.
2. Collation des tractats von den Neun felsen
in der kürzeren gestalt.
Ich gebe hier eine auswal von lesarten aus der gesammten Über-
lieferung der kürzeren fassung, soweit sie für die beurteilung der
Merswinschen bearbeitung bedeutsam erscheinen; gelegentlich hat auch
eine Variante um ihrer selbst willen aufnähme gefunden und selbstver-
ständlich dann, wenn Diepenbrocks erneuerung directe fehler oder mis-
verständnisse zeigt. Von einer kritischen reconstruction des urtextes
Konnte abgesehen werden, da die fassung uns eben zunächst doch nur
um Merswins willen interessiert.
ZUR GOTTESFKEUND - FRAGE 243
Die Vormerkung bei Diepe?tbrock3 s. 330 ist nach den beiden
drucken von 1482 und 1512 gegeben; die hs.liche Überlieferung iveist
mit ausnähme von m, dem 330,2 — 6 ganz abgehen, den absatz ans
ende des tractates. 330, 14 klebet, dagegen falsch Merswin 1, 15 lebent!
16 fy. lesen mit fleiss MP. 26 Weihnachten] dem ewemveich tag MP;
dem cristag W; circumcisio m Sic. 331, 6 beger noch main noch en-
wil. 34 die hie (her PSW ab) nach geschriben sint (stönd S). 332,36
snödekeit. 333,2 und wis sein gezenge. 12 sorcklich. 334,9 liebe.
34 hören das es on alle masz was. 335, 7 dis gross sewechtig gebirg.
10 strichend S, während MPW ab fehlerhaft streitent lesen, vgl. Mer-
swin 11,22. nach 13: die antwürt sprach: sich! 14/y/. mit dem fl.
w.] und denn durch die fl. w. 336,1 oft und als vil W. 8fgg. komen
und si wagten das auch gar dick und vil, das si alles über sich Aussen
und Sprüngen über sich (das letztere über sich fehlt m). 14 auf das
sewichtig gebirg. 16 enmochten. 29 nur b, dem Diepenbrock folgt,
lässt hier ein neues capitel beginnen. 337, 16 jaren M. 338, 8 und
an] lies unden an, vgl. beneden van Borssum Waallces s. 28, undenan
an Merswin 16,6, vgl. 65,18. Slfg. ist in diser zeit u. w. w. m. in
diser gegenwirtigen zeit. 35 vor der lüte kranckhait. 339, 14 kein
lenge lassen sten. SO fg. dann si nun tunt. Hierauf Diß sint alle
prelaten gaistlich und weltlich S; in roter schrift als Überschrift von
allen prelaten gaistlich und weltlich MPW; vgl. van Borssum Waalkes
5.31, Merswin 19,16 — 18. 35 freunt noch mage, gut nocli ere.
340,9 meinent. 18 leiplichen freunten W. 29 als auch hievor ge-
schah fehlt S. 341, 1 erfüllt] erfolget MSW. 3 ein als rein kewsch
demütig MW. 5 von] vor mW. 7 leiplich freunt W. 10 vgl. van
Borssum Waalkes s. 34 anm. 5, Merswin 23,11. 342,7 Wenn] wo
MW. 10 fg. anders me (nu M) befinden MPa, vgl. ander mare van
Borssum Waalkes s. 37 anm. 3; Mcrsicin 25,14. 15 die natur. 15
und 16 heisset. 18 din natur S. 20 fg. die weder sich selber noch
iren nuez nitt suchen noch mainent S. 22 vor (vor hin S) fallent in
die grub MSW. und inen die lüte nach fallent S. 23 glosierten Wb,
geglosierten S. 25 ist und kunste kan. 30 dem stül MmW. 34 dein
red MPW. 36 in der ersten person redet mir der ndl. text bei van
Borssum Waalkes s. 38, sonst: sein zeit, ich] er. 343, 1 ich] er. 4 fg.
darum das wort fliehen b] um schlachen S, ommeslaen van Borssum
Waalkes s. 39, 1, dar um sy slahen MPW, dar um schlaffen m, dar um
schlauffen a, vgl. Merswin 27,25 umbe schlahende. 5 und verlüren
ains (ain MP, einen W) mit dem andern MPSW. 7 künlich. 8 der
prest W, der gebrest MS. 15 türren. 25 hie vor waß in den fr.
2 1 1 STRAUCH
clostern ein S. 26 geistliches] heilig(es). 26 fg. der wart in sich selber
(fehlt MP) geschlagen von in. 29 und ir (ir' W) gebärd und ireu
(ir' W) wort und von irs (von irs fehlt W) böses wandeis willen MPW:
möglicherweise trägt diese fehlerhafte Variante zur erklärung des etwas
abweichenden textes bei Merswin (28, 21 f gg.) bei. 30 nicht (!) gebessert
MmPWa. 344, 1 menschen spottet man und vernichtet (verachtet 8).
7 ihn] si. 9 tätten. 10 vielen. 13 unk iu seh MP. 14/V/. minne und
(fehlt m) begirde (fehlt m; hierauf der klaider ausgestrichen P; genüge
de(r) claider S; genüeg W; mit unrainen gedencken b) und (fehlt S)
mit dem (fehlt S) willen. 15 in die creaturen SW. minnent die er.
fir gott S. 16 reden und mit üppigkait b] begirde MP; hoffart m;
genügte S; genüeg W. 18 mit verporgen haimlichen sunden [die v. s.]
M. 19 getarr geschriben. treiben] sint. 24 eytelkeit. 27 die nu gr.
heiligen vor g. sint. 29 vor allen menschen. 33 beide in vrouwe en
manne cloosters — sy syn besloten of open van Borssum Waalkes s. 42,
vgl. Merswin 30, \fg. 345,7 schentlich W. vertünt und verzerent.
11 cristenheit gut, dar nmb got sein bluot hat vergossen wie das (w.
d. fehlt b) under. 13 müssent brinnen, wie das vertan wirt von geyst-
lichen und von weltlichen. Ylfgg. u. darzu ist in ze allem inwendigen
empfinden als wenig als es si n. angange (angenge m; angehör W) und
gedenkent wenig darnach, wann si gedenkent mer nach grosser k. 20
kunst gewinnen und der vil das. 23 denn das sy dar auff gangen das.
28 wenn] wo MW. 29 verschüttet. 35 kernen. 346,5 in W steht
cap. 13 nach cap. 14. 8 das sie — 9 haben fehlt PS. 12 klaider
haben MPb. Ufg. aber (fehlt W) aller (als MP; fehlt S; alles a)
inwendig (inwendiger W) zu fugen ter (gefügent Pab; gefugt 8) ernst
und inwendig (zu gefügent ernst u. inwendig sind in M durch homöo-
teleuton ausgefallen; innerlichen S; innichlich W) ledig (fehlt SW)
got ergeben. 18 fg. sy wirekent das maiste tail under in alle usser (so
auch mPa) aigenschaft 8. 28 und — haben] die haben des usiv.
347, 4 under geworfen 8; unterwerffen W. 7 darab W. 8 nain nicht
du solt noch so. 18 minniglich] inneclich(en) MPW; innerlichen S.
23 minnent und mainent MP(S). 24 man. 27 verzogen] vergessen.
33 heiligen | götlichen MP8; ersamen götliohen e. und heiligen W;
göttlichen e. h. ernst ab. 348,6 mainende und minnende 8. 7 ercl.
und erzeugen MW. 17 schentlich W. 19 gottesfurcht und mit allen
iren weisen als ob si seien on bescheidenheit. 25 beschirmen MW.
32 Von burgern und koflütten S. 349, 6 fg. concienci, darüber ge-
wissne 8; g. und consciencie ab. 8 geriwwiges M; gereiwiges P; ge-
rainen S; als ruiges W; gerüwiges ab. 14 geriw°wig M; geriwig PS;
ZUR GOTTESFREUND -FRAGK 245
rewiges W; gerüwiges ab. 350,8 göttlich] gütleich W. 17 verklaint
21 P; verclaffet den andern und ire werck S. 351,1 und] durch MW.
9 man. 12 fg. und den (der S) wollen gevallen. 15 den creaturen
MW; sin] gunst. Hierauf, aber nicht in b, und si rnügent si (sich a)
verr mer frewen (erfröwen S; gefrewen W) und betrüben denn got.
16 dieplicher (diepleichen); duyvelsche van Borssum Waalkes s. 57, vgl.
Merswin 44,4. 17 und baitet fehlt W. IS fgg. vgl. van Borssum
Waalkes hl, 10 fgg. ) insbes. 14 fg. en ontfangen alsoo dat lichaem godes
mit Merstoin 44,22 die gottes lichomen alle ior enpfohent. 19 vor
fehlt. 28 schniez 21; snitz P; sytte S; snit W. 37 die begierde] daz
dick (offt ab) geschiht. 352, 3 den wereken. 5 weise als hie gerürt
(berieret 8; gesprochen a; gesaget b) ist. 7 neigung. 8 ist. 9 die
sund fallet. 10 fg. wann sie sich also habent auß geben. 12 für habent
21 PS; fur halten W. 15 fg. u. hebt ihnen ihre s. t. vor b] und hat
(legt S; habt W) ir (in S) sollich (selchen S; semleicher a) sorg (forcht
und sorgen 8) als (als vil Wo) für ir (ir' W) süntliche (süntlich 21;
süntlichen Wa) torhait (leben 21). 17 oft und vil W. 18 Verlassenheit.
23 nicht] nimmer. 24 für koment. 28 wisse es ist dar zu kumen dz
man dem haiigen fronlichnam gottes gar ciain er erbüt und in menig
menschen gar soreklich enpfachent. wiss der dich usw. S, vgl. van
Borssum Waalkes s. 60; Merstoin 48,21 fgg. Auf 30 folgt van Borssum
Waalkes s. 61,5 — 7, vgl. Merswin 48,31. 49,1 — 4. 353,2///. wider
all (fehlt 21) die gesaezte ordenung 21 W; so auch %. 10 in Überein-
stimmung mit 8: w. die geseezte o. 15 und vermailigt fehlt S. 19
vorspils. 21 in gar kurzen z. 24 liet wort met nun erger en erger
ciin Borssum Waalkes s. 63,5///. und anm. 5, vgl. Mersivin 53,7//?.
26 wirt ermorden und gar gross angst und not (iamer 21P) wirt auf
stan under in, wann (wie S) 21 PSW; van Borssum Waalkes s. 63;
vgl. Merswin 53, 14///. 30 wurden die leut n. so b. als si nun sind, wenn
die lüt sterbent die sich nit geübet hant au (in SW) gütlicher minne wie
süllen die lernen minnen (got liep haben W) so der t. k. 21PSW;
van Borssum Waalkes s. 63; vgl. 21ersivin 57, 8 fgg. 33 sein üppig traez-
leben W. 37 süllent daz sy (daz sy fehlt b) unz an den j. t. in der
hell pein sint (sin sollent S) daz usw. 21PSWab, vgl. van Borssiou
Waalkes s. 64,7 fgg., Mersivin 58,8/////. Die lesart im ndl. text so-
wie bei Merswin ist zweifellos ursprünglich , während in der übrigen
Überlieferung (auch in den drucken) daz sy — in der hell pein sint
eine später in den text gekommene Variante zu daz si nimmer mer
empfinden ob si in der hell oder im fegfeur sind xu sein scheint.
Diepenbrock, dem doch nur die drucke vorlagen (s. V), dürfte dieser
246 STRAUCH
ansieht gewesen sein: sein text bietet das richtige. 354,13 slahen W.
16 den (die M) pfui MmPS. 17 (und S) die selbe (fehlt SWab)
sünde got. 27 feinde] friunt. 355, 1 gelassen sehen. 2 ie einer ob
dem andern MW. 9 beidemal must. 11 beweiset MP. 12 velsechten
MP; velsoten m; velsaten W; velßohten ab. 11 fg. der gesiget hie
(fehlt Pab) in diser zeit. 13 ob] an MPW. 19 hierauf du solt nun
sehen das du gern sihest und hörest. 26 Die a. sprach: sich! er (sy M)
sah das die sele (seien M) her ab vielen in d. tal und von den gieng
ein als (als ein W) lauter clarer M W. 356,7 das er sein kein ent m.
gesehen W. 25 lesen MPW auffallendericeise, aber doch wol sicher
irrig, nur (newer W) für nun. 26 genug fehlt. 357,1/"«/. et omnes
nomen christianitatis habuerunt et nmlto plures fuerunt quam estimare
potuit (.i, vgl. Mersiuin 68, 18 fg. du solt och wissen das es e me denne
minre ist. 9 laue] ableg MP s. Lexer 1, 16, Fischer, Schwab, wörterb.
1, 38. 10 fgg. und genügt sie (sy genüget M) domit unez (biez M) an iren
tot in semleicher (so getaner M) einveltikeit und dunkt MW. 18 fg.
(swer leich' W) umb si denn sie selb (selbs W) wenen. sie wenen sie mügen
MW. 25 ausgebessert] gebüst. denn — 26 seyn] wsere daz aller minst
daz in der zeit ie missetan wart MPWa. 31 den strick MW. 358, 10 fg.
gar vil iunger lewtseliger plüender m.(lewt W)MW; iuvenes nimis amabiles,
sanguinolenti iuvenes usw. f-i l'Sfgg. diser iunger lewtseliger (und 1. un-
seliger W) leut was als vil bl. und fr. die luffen all mit einander unter d. st.
23 menschen in aller der christenhait (weit MP). 26 valschen bösen
weit daz der f. 27 fg. wie (wie sie W) dise m. in den stricken sich
selben (s. s. fehlt W) entgan 'verloren gehen' (vmb gen W) MPW.
28 zeit der als unmässig vil ist in diser Avelt MPWa; übrigens er-
giebt sich aus Merswin 71, 2 6 fgg., dass bis auf (.i sowol die hss. wie
die drucke hier eine verderbte Überlieferung zeigen (vgl. auch ran Bors-
suni Waalkes s. 74J. Merswins text setxt eine gleiche vorläge wie /.t
voraus: (bl. 63a^ et dyaboli faciunt omnia quae possunt ut saltem ho-
minem sub laqueis huius mundi retineant et sub isto gravissimo rethe
ipsum includant. modo vide quis potest evadere istis temporibus istos
laqueos, quorum multitudo in isto mundo inestimabilis est? Und auf
diese frage folgt dann 358,29 als antwort, im tat. text u: Homo: bene
video, quod nullus potest evadere nisi quis se ab ipsis totaliter avertitur
cum audaci et constanti animo et humilitate debita. 33. 35 ferrer,
und so auch im folgenden. 35 es wirt umb sie sten. 37 kommen,
wann ye lenger und verrer sy lauffent, je mer und je mer sy in dye
falschen strick diser (der W) bösen weit vallent, mit der sy swerlich
(swarlich P; fräuelich ab) gevangen werdent, daz sy nit auß dem garn
ZUR GOTTESFREUND- FRAGE 247
kommen mügent und sy thünt als dye vicb. 359, 2 d. m. s. a. do was
er auf dem e. vels und sah wie ein jungew t. von 14 (24 M) jaren
fürt MW. 4 erbern (erbergen W) g. m. (m. g. M) MW. bei ihm] an
dem. 5 und eine ehrbare frau fehlt MmPWab, jedoch heisst es in [i
et una secularis mulier, auch bei van Borssum Waalkes s 75 met syn
huysvrouwe, und dies ist, wie aus dem weiteren erhellt, das richtige.
Mersivin 72,22 fgg. setzt denselben aus fall wie in MmPWab voraus,
sucht aber dadurch einklang herzustellen, dass er die eine der beiden
begleitenden frauen zur mutier des 14jährigen mädchens macht. In
8 lautet 72,27 gieng ain erbere frowe (dann am rande nachgetragen,
wol von gleicher hand vnd ain erber) man. 6 frawennamen W. 12 fg.
der f. weit und falschen freude. 20 gestund. Nach 26 folgt in u:
bl. 63 b hec est causa, quod illa iuveneula — traxit cum fune subtus
rethe — etiam istas duas iuveneulas, quae eius exemplo in eandem
superbiam corruerunt et eam secute sunt subtus rethe, quia delecta-
bantnr in istis vanitatibus huius falsi seculi sequentes verba et con-
silium huius iuvencule. et confessor ille primo consensit et admisit
fieri et ideo prius sequens eam ligatus et adtractus corruit et secum
traxit parentes eius cum istis duabus mulieribus et sie simul perierunt,
vgl. van Borssum Waalkes s. 77,2 — 5; Merswin 73,33 — 74,29. 29 et
prospexit ultra se et flevit amare et misere [.i. 32 mich nit dunkt,
vgl. Mersivin 75,12 mir mit unist. 33 du helfest (helfft Tfr) mir denn,
ich MW; soo ghy my niet en helpt soo moet ick vergaen van Borssum
W<ialkes s. 77; si non iuvabis me ultra peribo, non enim sufferre pos-
sum u. 34 vidi enim horribilem et terribilem ymaginem, quod est ita
terribilis et inestimabilis et magna sicut magnus mons et altus u, vgl.
van Borssum Wacdkes s. 77 fg., Mersivin 75, 24 fg. 35 große] grewlich.
360,4 enthielt dich (sich MPa; es W) denn (dann ab) MmPWab;
te conservaret (i, vgl. Mersivin 76,9 die craft gottes bette es denne
ufenthalthen. 5 Homo: inexeogitabile est mihi, qualiter posset esse
horribilior et terribilior u, vgl. Mersivin 76, 11 fg. Nach 8 et tarnen
nimis pauci sunt istis temporibus f.i, vgl. Mersivin 76, 20 fgg. 10 fg.
lebent die die cristenh. auf habent W. Nach 11 o utinam eos videre
deberem, ubi habitarent in quibus tota ecclesia consistit u, vgl. van
Borssum Waalkes s. 78; Mersivin 76,25 fgg. 15 nidresten M; nidrosten
P. 18 groß Zuversicht W. 38 auf] auß W. 361,5 nit zu (gen M)
himelreich. 7 unsprechleich W. 8 genomen. 362, 10 angesigen MW
und velt (vallent MP) in sie MPW. Nach 12 (vels) da man mer lebt
nach der natur Zartheit denn auf dem andern vels W (in den andern
deutschen hss. durch hoiuöoteleuton ausgefallen); ubi magis vivitur na-
248 STRAUCH
ture et delectationibus quam in rupe secundo u, vgl. van Borssum
Waalkes s. 84 anm. 4, Merswin 81,26///. 25 wellent und meinent.
26 geh. sein an gocz stat. 30 behefte MW. 33 Respondit: hec ist
quando incipiunt et proponunt aliquod bonum facere et rnagnis labori-
bus disponunt se ad altiora convertere, tunc ingerit eis, quid velint
facere ipsi sint debiles et delicate nature, quod tale opus non valeant
perficere, et sie tepeseunt et incipiunt dormire(!), non cognoscentes
fallacem astutiam dyaboli qua suggerit talia: deberent enim habere con-
fidentiam ad deum ita quia derelinquerunt mundum et possent eo bene
uti licite multis annis cum delectatione et illud totum dimisissent propter
deum u. 28 denn sere sl äffen (schlaffen MP). 363, 1 begangen] er-
geezt W; ergeezen M. 15 jene] die ersten. 22 qui per gradus sistunt
in hoc alto monte u, vgl. Merswin 85,2 die an diesen hohen berg uf
liggent (die d. h. b. u. stigent S). 2Gfg. (quod si aliquis homo — )
stabil! animo et audaci abrenuntiaret sue proprie voluntati omnimode
et omnibus creaturis u (ist vielleicht die ursprüngliche lesart). 27 fg.
und dich allein \i, im ndl. und bei Merswin, dagegen irrig in MmPWab
und alle die die dich ze einem herzlieb nemen wölten; woher hat
Diepenbrock die richtige lesart? wol durch conjeetur. 364,13 gar dick
und vil M. 27 die h' (fehlt W) under (unten W) sind; das ist die
sach (d. i. d. s.] dar umb MP) wann si an sich genomen haut vil
strenger (ain st. M; ain streng P) leben und Übung durch got denn
alle die h' (hie W) under (unten W) sind MPW (der satx ist in m,
den ndl. hss. und den drucken durch homöoteleuton ausgefallen),
vgl. Merswin 86, 31 fgg. 36 fg. darynn vinden sie sich mynnent und
maynent und dise weis und all ir streng Übung W; et se ipsos sunt
aliquo modo amantes et istum modum et conversationem et laboriosum
suum exercitium habent ex propria sua voluntate absque dimissione et
commissione sui ipsius et hec possident in bene placito sue proprie
voluntatis n, vgl. Merswin 87, 20 fg. 365,2 und irret fehlt MW. 16/#.
wie ein teil menschen komen (kom MW) fliessent (fliessen Wa; fliehen
h), und so zeigen auch die folgenden seilen ev. das verbwtn im plural,
übrigens ist die lesart unursprünglich: Merswins richtige lesung 88, 14/#.
do siht er das ein mensche usserme garne kümet schlieffende stimmt
zu (x: et ecce quidam homo inclusus subtus rethe venit reptando de-
subtus extra rethe, vgl. van Borssum Waalkes s. 91 daer was een mensch
die seer snel quam gevliegen (var. slupen). 89,2 freilich, tvo Merswin
denselben gedanken widerholt, heisst es auch bei ihm untrinnen usser
demme garne. 20 fg. vels eins vallens gevallen sein unter das garn W.
24 sie sich den veint überwinden und (fehlt M) ir natur MW. 32
ZUR GOTTESFREUNT) - FRAGE 249
ausgeschrieben ab] aus geschriren MW; auß geschrien m; auss ge-
schrwe P; cum lacrimis effundisset (i; van Borssum Waalkes s. 92 had
hy syn h. bl. können uytstorten, vgl. Merswin 89, 10/#. rnehthe imme
sin herceblüt zu den ögen us sin gangen (auß seinen äugen haben
gössen mm). 34 der m. als (ge)schwinde ein st. g. 366,12/}/. die
noctuque in virtutibus cum devotione se ipso exercent in quam pos-
sunt et fragilitas humana admittit u. 20 kommen zu irem Ursprung.
27 ja wöltent si sich lassen MPW. 31 für würffet. 32 in sie. 33
iren aigen w. 35 bekennt [es]. 367, 1 zöge sie zehandt. 7 kunnen
und mugen W. 8 und das ist. 9 gelassenheit MW. 11 gar einen
andern weg MPW. 20 fg. si ita in morte inveniuntur fi. 22 denn der
untern MW. 22 fg. denn die undern auf den (dem Ma) andern (lin-
dern a) velsen(!). 24 bevinden W. 25 h. verporgen sunderlichen (sun-
derlicher M) gn. icht (fehlt M) MW. 29 erzeigt s. sunderlichen heim-
lichen fr. MPW; s. geistl. s. heimlichen fr. ah. 30/#. si auderem
supplicare tibi, tunc libentissime peterem te, licet miserabilis et inutilis
creatura tua sim et indignus (i, vgl. van Borssum Waalkes s. 96, Mer-
swin 93, 9. 33 fgg. sed oportet multo altius ascendere de uno rupe
ad alium, donec pervenias ad illos veros secretos amicos dei contern-
plandos u. Nach 36: der mensch erschrack von hertzen. herczliep
(liep PW) ich bitt dich anders nit denn daz ich gesechen müg dein
häimlich frainde, so (und MP) sprichst du (doch il/P), du wollest mich
lassen sechen in den Ursprung MPW(f.i), vgl. van Borssum Waalkes
s. 96, ivo sich jedoch nur der erste satz de m. verschrickte van gront
synes herten findet, Merswin 93, IQ fgg. Bi m und den drucken ab
erklärt sich der aus fall durch homöoteleuton. 368, 10 fg. so viel das
maistail W(b). 14 hohen] fünften MW. 16 steigen W. 17 dem w. es
säur (ze s. M) und swer ze tünde MW. 18 und darauf bleibt stand
(stent W) MW(f). Nach 25 et idem rupis fuit multo altior, maior et
pulcrior quam alii inferiores (.t , vgl. van Borssum Waalkes s. 98, Mer-
s/rin 95, 10 fgg. (der ausfall in den andern hss. und in den drucken
erklärt sich durch homöoteleuton) . 30 wider gegeben Wab. 370, 11 fg.
das als wenig menschen (in. nur W) auf dysem velsen beliben das u.
h. k. eines blibe. 16 sach über sich. 26 waz m. sind d. m. Wab.
33 steigen W. 371, 20 abgelegt W. 372, 4: fg. wie sie ir natur ge-
drücken als verr sie mügen und sie ir beschaidenhait weist W; qualiter
naturam suam possunt sibi subiugare et penitus deprimere in quantum
possunt et eorum discretio admittit /.i, vgl. van Borssum Waalkes s. 105
unm. 1, Mersivin 101,34/^. 5 got gern g. W; libenter deo satisface-
rent f.i. 15 fgg. Homo: quare est hoc? Respondit: horum hominum
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 17
250 STRAUCH
nimis pauci sunt istis teinporibus, quorum habitatio sit supra prope
originem sicud personaliter videbis, vgl. van Borssum Waalkes s. 105,
Mersivin 102, 18 fgg. 31 und bekennent es nit noch nement es (sein W)
nicht war als sy schuldig wären noch künnent es wol mercken. 33
auch (fehlt ab) nicht (nicht fehlt m). 35 empfingen W. 36 durch dicz
ding alle. 373,16 hatte. Hierauf einzig und allein in \i: et ille rupis
pulcrior fuit et latior und splendidior quam omnes alii subtus positi.
19 fg. m. und seind menschen die dise leute alle. 27 wellen verziehen
M; sich von got genczlich wollen ge trösten W; in f.i lautet der ganze
passus: vidis enim bene, quod paucissirai sunt qui velint renunciare
istis temporalibus et naturalibus propter deum pure et largiter et ex
toto et propter veritatem velint derelinquere mundum et ea quae in
ipso sunt in laudem et honorem dei. 374, 2 sive oportet eum ea habere
tamquam non habeat id est quod habeat absque sua proprietate eo
modo quod ipsa sint sibi magis causa tristitie et desolationis quam quod
ipsum impediant ad deum perveniendo f.i. 2 fg. unachtsam] sonder
aennemen van Borssum Waalkes s. 108 anm. 7, vgl. Mersivin 105,32.
4 wol behaben W. 5 fg. si ea non diligunt sed solum deum neque etiam
se ipsos sed voluntatem dei f.i. 7 ane eigenschaft MmPW; absque pro-
prietate f.i, vgl. van Borssum Waalkes 5.109 anm. 1, Mersivin 106,3
und hant si keine eiginschaft dran {irrig ab ein (ain) eigenschaft). 7 fg.
alles (als M; al(s)o P) gar] et residuum amicis dei et pauperibus an-
nuatim ministrare et impertire in dei nomine, cuius tarnen est fi, vgl.
Mersivin 106, 4/#. alle ior (fehlt mm); übrigens dürfte die lesari in /<
und bei Mersivin unursprünglich sein. 9 ich getraw W. 11 nein nicht
mer! si sein. 13 enpfangen von gott. 14/#. et deus permisit eos videre
magna et inestimabilia mira, sed tarnen semper in ymaginibus et formis
excepto uno solo quod est super omnem ymaginem et omnem formam
u, vgl. van Borssum Waalkes s. 109, Mersivin 106, 19 fgg. 20 mit w.
auß sprechen W. 34fg. quod personaliter nesciunt neque intelligunt:
ita secrete latet in ipsis et ita funditus mortuum in ipsis non est fi.
375,3 und getarr (tarr Wab) in nicht (fehlt MP) getrawen {Mersivin
107,33 und got gedar diesen menschen nüt getrüwen): hier liegt wol
ein Verderbnis vor und es ist zu lesen und getar im nicht getrawen,
vgl. et non audet eis abstrahiere illam habundantiam spiritualem neque
abscondere \i; s. auch van Borssum Waalkes s. 110 und anm. 9. 4
enziech und verberg (überge M). 5 fg. quia ipse bene cognoscit ipsos
funditus in absconditis et oecultis ipsorum et quiequid latet secretius
in natura eorum, tarnen sibi ipsis incognitum est \i. 9 wie müssen —
10 entrinnen b, vgl. auch van Borssum Waalkes s. 111 mit der anm, 3]
ZUR GOTTESFKFUND - FRACE 251
fehlt MPWa; und die folgende rede der 'antwort' ist dem 'menschen'
in den mund gelegt, vgl. Mersivin 108, 6/##.; ähnlich mich \i: Homo:
karissime, sicud audio, quicunque debet pervenire ad suuni originem
oportet eos penitus esse inortuos et totaliter dimissos et naturam suam
funditus mortificare et viam nature fundamentaliter cognoscere cum
illuminata diseretione antequam possint apropinquare suo origini. Homo:
compatior istis hominibus quod etiam debent intrare purgatorium. Mer-
sivin setzt den in Verwirrung geratenen dialog voraus und schiebt
108,11 — 14 eine neue rede der entwrte ein. 13 ee das sie ymraer W.
27 und sam er stund an dem obersten b. W. 30 ber ab und also
wägeten sy sieb gar dicke und vielen als oft wider ab. Nach 33 et quo-
tienseunque temptabant, totiens contingit eis quod velut mortui fuerunt \i.
34 wagen; temptare \i. 36 steigen W. 376, lfgg- hinc est quod pauci sunt
qui velint temptare et se periculo mortis dare funditus in istis tempori-
bus et ideo pauci perveniunt super istum nonum rupem et cum ibi
perveniunt et perspiciunt ipsum et homines in eo babitantes et eorum
vitam, statim timore percussi revertuntur et velociter cadunt f.i, vgl.
Mersivin 110, 3 fgg. 5. 6 sind in JIJ'Wu ausgefallen; Mersivin setzt
gleichfalls die Micke voraus, ersetzt sie aber durch 110,10 — 17. 18 ad
originem et ad primum prineipium omnium creaturarum fx. 23 qua-
liter posset esse, quod debiles et infirmi non apparerent? scias, ante-
quam isti homines usiv. fi; darnach wird Mersivin 111,17 fgg. ivol
besser so xu interpungieren sein: solthent d. m. n. kr. sin worden?
ebbe (pis mm; ee 8) si — ueberstiggen bant, du solt wissen usiv.
29 ille propter cuius caritatem ita consumpsernnt sanguinem suum et
medullam: ille reddet eis pro illo natural! et luxurioso sanguine et me-
dulla alium purum et nmndum sanguinem et medullam (i. 32 verdorret
und erstorben. 38 deus infudit in eos divitias inestimabiles gratie sue fi.
377,4 si ipsi non essent in vita u. 5 quod faceret magnum tractum
cum illo rethe et sie attraberet sibi penitus Universum mundum u,
vgl. van Borssnm Waalkes s. 115 anni. 1, Merswin 112,31. 20 für
blickent. 23 schenket] sendet. 24 d. b. Ch. einveltiklich(en); quam
sequi ymaginem Ihesu Christi et carere in simplicitate vere fidei \i.
27 quod nihil desiderant nee cupiunt scire vel cognoscere \i. 36 in
allen dingen. 378,4 extra modum humiles (.t. 5 schäczent MP. 7 et
quaeeunque deus diligit, hec diligunt et ipsi u, vgl. van Borssum
Waalkes s. 117 anm. 4, Mersivin 115,1: St liest got minnent. 8 tod
und ist auch sy in ze grund tod MP; et ipse inundus est ipsis totaliter
mortuus /.i, vgl. Merswin 115,2 fg. 10 besessen heten. 10///. et hü
sunt quos diligit deus et ipsi diligunt eum in omnibus actibus suis
17*
252 STRAUCH
(11 und lassen fehlt MW) u. Hfgg> non enim diligunt se ipsos nee
etiam volunt aliquid in isto tempore neque in futuro /n. 16 et tarnen
adhuc non inspexerunt in originem nee etiam desiderant, quia con-
fitentur se esse indignos u, ein ansatz zu dieser lesart, wenn mich
lückenhaft, in MP: aber si hant noch nit wan si dunckent sicli unw.,
vgl. auch van Borssum Waalkes s. 117 fg., Mersicin 115, IS fgg. 20 quodsi
deus vellet eis mittere omnes temptationes quas um quam sustinuerunt
cum omnibus passionibus et tribulationibus quam umquam passi sunt:
hec omnia Tellent cum gaudio resumere i-i. 35 disem MP. 36 wäger
fehlt W. S8fgg. non enim est mirandum quod multa hie scripta sunt
in ymaginibus, alias enim non possent sciri Tel cognosci quid essen t
nee etiam possent alias intelligi u. 379,8 der e. g. war MPWa. 17
nicht] nu TT, vgl. van Borssum Waalkes s. 120 und anm. 6. 22 menig
MP, woraus sich wenig in a erklärt. 30 mit iren weisen (irer weis W)
und n. i. w. MW; suo more et sine labore et seeundum suam Tolun-
tatem u. der werk MW. 380,8 gratiam illuminatam it. 12 quia zi-
zania ineipit crescere istis temporibus super triticum, quia Titia Tirtuti-
bus praeesse istis temporibus videntur (i (vielleicht in der sonstiger/
Überlieferung aar durch homöoteleuton (temporibus) ausgefallen). 14
im zu und an M. 16 u. Tersuchte fehlt W. 19 wert und lieb W.
25 fg. quäle excellentissimum gaudium est nobis de te, cum te sine
medio (mittel mm) videmus f.i. Nach 381, 3 et tunc ulciscetur se per
Tindictam nimis Tehementer //. 7 numerus electus non est completus
sed scias \i, vgl. Mersicin 120,23. 13 ertötet und verderret h. durch
dich. 13. 15 eh] antequam /ti, vgl. Mersivin 121,11. 13 obe. 15 aliqui
eorum introspiciunt, antequam in istum rupem pervenerunt f.i. lSfgg.
deus enim facit aliquos eorum expeetare tres annos Tel duos, aliquos
quinque annos, aliquos decem annos. permittit etiam aliquos ibi iacere
omnes dies Tite sue et ita in expeetatione areseunt usque in mortem
et tunc permittit eos primo intus Tidere quando iacent in fine vite.
aliquibus etiam tegitur et ita areseunt usque ad separationein anime et
corporis \i. 27 gelaßner gehorsamer (geh. gel. M) m. MW. 382,8 ori-
ginem et prineipium omniuni creaturarum u, vgl. zu 376,18. 11 im-
gefüget MPS; vngefüg W. 11 fgg. quapropter peto te propter temet
ipsum et omne quod possum, quatenus tu Telis nie subportare, si um-
quam potest esse, quia huius magni et mirabilis honoris totus indignus
sum {.i, vgl. Merswin 123, 16 fgg. 15 ungemäss MPS. 26 sed graTiter
lues in posteris ante tempus mortis tue cum maximis penis et tribula-
tionibus f.i. 27 fg. deinen armen knecht W. 36 nichts wusste] ingewisset
M; eingewiset P. wider zu im selber kam S. 383,2 an. 4 über-
ZUR GOTTESFRErXD - FRAGE 253
flüssig. 7 sie non potuit nee seivit cum omni sua humana intelligentia
minimum illius visionis nee scribere nee etiarn verbis explicare de
omnibus quae vidit tu, vgl. van Borssum Waalkes s. 128 anm. 1, Mer-
sivin 125, 2 fg. 9 bekennen. 10 zu bringen. 11 dar nach b. (ge-
denken). 12 fg. tunc transcendebat omnem intellectum et omnes sensus
fi. 19 zu worten möcht pringen TT'; verbis explicari u. 22 ge(se)hen
und gehört W(fi). wan das ich zu mal fol frölicher fröden bin S; nisi
hoc solum quod repletus sum et plenus incomparabili gaudio [i. 23 fg.
müg enthalten (gehalten W) und übergan, das sie nicht ungest. ausbr.
MPWa. Nach 24 Die antw. sprach: daz mag wol geschechen. Der
m. sprach: ach bekannten alle menschen die wunne und diß fröde die
in dir ist und werent alle ding licht durch dich zu lassend S; Respon-
dit: istud bene convenit tibi ut facias. Homo: utinam cognoscerent
omnes homines quäle gaudium et qualis ioeunditas est in te! facilius
esset eis omnia derelinquere propter te fi, vgl. van Borssum Waalkes
s. 129, Mersivin 125, 34/%. 2ofgg. verum est. minimum gaudium
quod in deo est non habet simile. omne enim gaudium totius mundi,
si una hora unitum esset et compactum in unum gaudium, tarn quam
nichil esset in comparatione illius minimi quod in deo est (i, vgl.
Mersivin 126,7 — 14. 26 je] joch MPa; doch S; auch W. 32 reden]
gedencken MPSW(u); spreken noch schiyven noch gedencken van
Borssum Waalkes s. 129. 34/>/. zu (mit S) worten mugest versten noch
begr. macht SW. 384,4 doctor (i. 5 fg. tunc vidit quod ista alta scola
fuit plena litteris et illuminata vero lumine et diversis discretationibus u;
eine ähnliehe lesart muss Mcrsivins höchst unklare ausdrucksweise be-
ciuflusst haben, denn er sagt 127, 19fgg. do sach si das die schule vol
briefelin lach die alle föl gewores liethes underscheides annestünt(?).
6 die] und MPWa. 8 ingriffig MW. 9 circumdedit se et volvit se
inter istas litteras fi, vgl. Mersivin 127, 23 fg. 10 fg. scias, quando
anima tua ita venit usw. f.i. 11 dignissimus magister scole u. lSfgg.
statim cum introspexi intra originem, tunc inveni in anima mea nimiam
caritatem et indicibilem et quodammodo novum gaudium et sensi tan-
tam caritatem in anima mea u, vgl. M^erswin 128, 2 fgg. 15 die alle
die. 18 licet esset contra omnem naturam /.i. 28 — 30 fehlen bei
Mersivin, vgl. van Borssum Waalkes s. 132 anm. 4. 36 bekannten.
385,7/^/. ego iniror quod ita magnum et indieibile gaudium et inestima-
ilem caritatem (mynn TT') et mir um invenio in me (i, vgl. Mersivin
129,11 fg. 23 fehlt MPWf.1, auch bei Mersivin, der dafür 130,9 — 12
bietet. 24 fg. über (super f.t) das garn] nu siet eens neerwarts onder
alle de steenbergen en onder dat net, dat over de gantsche werelt ge-
254 STRAUCH
togen ist van Borssum Waalkes s. 134, vgl. Merswin 130, 14. 26 d. m.
s. under das garn, wie. 37 user d. w. S. 38 von im selben W; ex se ipo
[x. 386,2 quam omnes maligni spiritus, qui esse possunt f-i, vgl. van
Borssum Waalkes s. 135, Merswin 131, 24fg. 4fg. in de gantsche
Christenheit en syn geen schadelicker menschen als dese van Borssum
Waalkes s. 135; vgl. Merswin 131, 32 fgg. Für 6 fg. bietet Merswin
den passus 131,34 — 132,9. 10 fg. leuchtend getSW(u), vgl. Merswin
132,19. 12 fgg. iste homo etiam interfuit huic societati, quae hie com-
moratnr et introspexit in originem /.i , vgl. Merswin 132,20 fgg. 14 er-
bermde seines nächsten. 30 so (noch MPa) 1. sy doch (fehlt Pa) got
kein (klein a) w. dar inne, sy (en)fiirchtent; non — dudum fj., vgl. van
Borssum Waalkes s. 137. 35. 36 MmPab lesen beidemal unsinnig
leben statt leiden; 36 liden nach ausgestrichenem leben S. 387, 2/#.
et sunt illuminati splendore divinitatis ita magnifice \i, vgl. Merswin
134, ll/#. 3 von] an S. 7 groß] ein MPWa. 12 fgg. quo vellet deus
alias cum suis (den seinen W)? deberet deus id quod suum est di-
mittere inimicis? [das gez. ihm nicht] u, vgl. Merswin 134, 26fgg. 21
keinen MPSW(u). 24 pro stulto, tarn seculares quam spirituales u,
vgl. Merswin 137, 4/#. 25 cristenheit mit einander W, vgl. Merswin
137, 11. 32 hohes sewoht (sewochtig 31; seig m; seeuote S; schweigocht
a) gebirg MPSa, vgl. van Borssum Waalkes s. 139 anm. 8. 38 fgg.
unz (biß) do (das MmPab) das vallent wasser entsprang und w. s. her
ab v. und als dicke diz vische obnen an ditz gebirg komen, so (do
MP) vielen si her wider ab und viel ir ain tail ze tod MPW; ubi ista
aqua torrens cum impetu descendebat cum eis. et quotiens ascendentes
pervenerunt ad cacumen, totiens retrorsum cadebant et quidam eorum
ita cadendo mortui sunt (.i, vgl. van Borssum Waalkes s. 140 anm. 5,
Merswin 14:0,27 fgg. 388,7 Signum et figura unius mysterii //. 9 gern
mit deiner hilfe MPW, vgl. van Borssum Waalkes s. 140. 10 inneclich
MPW. 11 MU MPW. 14 der edeln (eilenden (!) MmPa, fehlt b) gottes
vorcht(!) MmPSWab] nobiles et fideles amicos dei pro nichilo reputant
\i, vgl. van Borssum Waalkes s. 140, Merswin 141, IS fgg. 15 fg. werden
enpfinden (bevinden W) MW. 20 vermag — je fehlt W. 34 lutern w.
SW(/.i). 389,3 und Messest in din gnad und (u. in MP) diu haini-
likait (deiner gnaden u. deiner h. W) befinden (empfinden MPW)
MPSW; et faceres eum invenire gratiam tuam et de absconditis et
secretis tuis eum consolares f.i, vgl. Merswin 144, 3. 4 fg. got ist alß
berait alß er ie wart und alß milt groß gnad und groß (fehlt 8) gut
ze geben, fund er MPSW(u). 7 enpfintlich gab W. 17 vertregt MPW.
20 unterstund W. BQfg. so ist din pet u. a. m. pet (gepet S) uß und
ZUR GOTTESFREUND - FRAGE 255
muß denn (denn so muß S) die b. SWfo), vgl, van Borssum Waalkes
s. 1-45. Merswin 145, 12 fg. 390,7 eine fehlt W. Sfgg. ego dico tibi
quod habent ita magnum gaudium quod indicibile est et incomprehen-
sibile. tarnen non est simile neque equipollet illo pleno gaudio, quod
essentialiter et eternaliter est in eternitate (i} 9 unsprechlich u. (u. ouchÄ)
unbegreiflich SW. volle fr. PSW. ewigen] wesenlichen MPSW; weltlich
a: tydelicke van Borssum Wadüces s. 145. 10 als ungelich (unsäglich a)
als zit und ewikeit MPSWa. 12 und das sol ouch diu lötzi sin S;
und das es auch dein lecze sei MmPWa. 20 lebet noch und fehlt fi
und Merswin 146,32; u. d. m. lebet noch (in nach mit anderer tinte
geändert) MCCCln), wan er sol sy h. biß in s. t. S. 22 fg. fehlen m.
22 der vasten — 23 jare] dem iar do man zalt von xpus gepurt MCCCC
und xlvi) iar (am runde mit bleistift: '1. 1346 'j vnt wart ausgeschriben
in der vasten 31; 22 fg. zalt MCCCln) jär S; in jeiunio quadragesimali
sub anno dominice nativitatis M°CCC°ii° (so!) anno [i. 24fgg. non est
necesse ut aliquis interroget propter quem iste über scriptus sit vel per
quem, quia ille homo usiv. (.i. 25 fg. pey s. 1. W. 27 Amen (fehlt S).
Dann rot hie haut ain ende das püch von den neun velsen MP;
AMEN, dann rot a. b. m. Hierauf folgt in MPSW(w) (in IIP mit
roter schrift) der erste absatx bei Diepenbrock s. 330: wer dicz püch
lesen wil (welle lesen S), der h. es vorn an und les es b. a. d. ende,
so v. er es erst (erst recht MP). u. b. er dann (fehlt S) nicht sein
leiten, sicher (sicherlich JHP) so wirt got einen (den MP) ewigen val
über in tun (ü. i. t. fehlt SW) und auf in lassen (1. uf in S) vallen.
vor dem (d. val W) behüt uns die ewig warheit (da vor uns got alle
gemainlich behutte M; in P fehlt dieser letxte satz). Amen (fehlt P);
quieunque proponit istum librum legere, ille a principio incipiat et
usque in finem peiiegat: tunc primo intelligit propter quid scriptus est.
et si nun emendaverit vitam suam, tunc absque dubio deus gravem
casum emittet super eum, quo perpetue cruciatur et premitur. a quo
casu deus nos custodiat qui est vera sapientia patris. quod nobis prae-
stare dignetur pater et filius et spiritus sanctus. Amen /.i, vgl. auch
van Borssum Wdalkes s. 147; in b stellt 390,27 vor dem Amen: wrie
wol er das dem willen gottes auff geopfferet hatt zu geschechen oder
nit zu geschehen.
256
3. Cgm. 843 (s. oben s. 238).
Dy IX felsz.
(131 b) Von den neun felsen und w(a)z ubung dar auf sey.
Item. Dy auf dem ersten velsen wonen, sein alle dy on todsund
sein, aber ir angl ist der sy hindert am furgang, daz sy sind loe, treg
5 und kalt zu gotes dinst; wy daz sy nit grosz sund wollen tun, so
suchen sy doch leibes lust.
Item. Dy auf dem andern felsen dy zwingen ir natur und keren
sich mit verwegen gemut von der weit, aber ir angl ist, daz sy sich
zu kranck duncken und werden slafen und ableszig und haben ge-
io dingen in ire gute werck und werden hofertig und wellen niemants rat
volgen und pleiben sten auf irem gutcluncken, daz veriret sy.
Item. Dy auf dem triten felssen sein dy sich verwegenlich zu der
warheit keren und ir natur kunlich Urlaub geben und allen creaturen,
aber ir angel ist, sy haben noch mer aufsehens auf dy weit, dar inen
15 sy sich selbs meinen, und all ir streng (132") ubung haben sy mit ir
selber eigenschaft und wolgefallen besessen.
Item. Die virten haben ir natur strengklich und kunlich angriffen
und üben sich tag und nacht als ferre sy es erleiden mugen, aber der
angel ist, daz sy ir ubung und werck mit ongenumenheit und eigner
20 weiß besessen haben und geprist in wäre gelassenheit, und wist, daz
kein eigenwilliger mensch nymer zu dem Ursprung kumpt. aber doch
werden diß leut oft und dick versucht und vermant zu gelassenheit,
aber es hilft nit an in und sy werden pald bewegt zu zorn und zu
andern untugent, daz macht daz sy noch ungeübt und unerstorben und
25 ungelassen sein.
Item. Die auf dem fünften felsen haben iren eigen willen auf
geben und got wider geben und haben ganczen willen, daz sy nichtz
thun oder lassen wollen auß eigen willen und furnemen, und wollen
sich eim freunt gotz lassen an gotes stat in aller gehorsam, aber ir
so angel ist unstetigkeit, daz sy ir eigen weiß wider an sich nemen und
irem eigen willen nit zu grünt tod sein, und laufen oft vom fünften
velssen auf den virten.
Item. Dy sechsten sein menschen dy sich got und sein trennten
haben gelassen an seiner stat und iren eigen willen auf geben und
35 daron stet wollen bleiben pis in tod. aber yr angel ist, daz sy gern
etwaz trosts und bekenen von got heten. daz ist nit ir nechstes und
20 vor wist: dz ausgestrichen. 27 und got xweimaL 31 ire.
ZUR GOTTESFREUND - FRAGE 257
disse begird hat ein heimlichen geprechen (132 b), daz sich der mensch
jemant getar geleichen, sy solten got lassen wircken waz er wil und
wa und mit wem er wil. daz bekenen sy wol und volgen jm nit.
Item. Dy sibenten sein dy sich got zu grünt gelassen hau und
daron stet wollen sein und allen im fleisz antun, wy sy ir natur trucken 5
nach irem vermugen und sy wem auch gern alle dem genung, daz got
von in wil haben, es sey äußere liebewerck oder einker in sich selber,
und da warten sy seins liebsten willen, aber ir hack ist, sy haben vil
liebreicher genad von got entpfangen, dy prauchen sy heymlich in ir
natur mit lust und nemen es nit zu grund war und gen zum h. sacra- 10
ment um daz sy trost davon entpfangen.
Item. Dy auf dem achten felssen haben sich got zu grünt ge-
lassen und aufgeben waz er mit in tun wil in zeit und in ewigkeit,
aber sy haben zwen hacken, der erst: sy haben ein wenig einplicks
des Ursprungs entpfunden und beten sein gern mer, daz ist nit ir 15
nechsts. Der ander hack ist: got hat sy fremd weg gefurt und grosse
fremde wunder lassen sehen in pildreicher form. Daz haben sy heym-
lich verporgenlich mit eigeschaft besessen und got tar in nit trauen
daz er in dy genad entzieh und verperg, er muß ir schonen, wan er
bekennt irn heimlichen grünt. 20
Item. Dy höchsten auf dem neunten felsen haben als ir plut und
marck verswent, sy furchten weder hei noch fegfeur noch (133a) veint
noch tod noch leben, sy sein als demutig daz sy sich seczen und all
ire werck unter got und all creatur und turen sich niemaut gleichen
und lieben alle menschen in got und sein der weit zu grünt tod und 25
meinen und lieben got in allem iren tun und laßen, sy meinen noch
lieben sich selber nit und suchen daz ir nyndert noch sich selb in zeit
und in ewikeit. sy haben sich selber verlorn zu grünt und all creatur
mit in. sy leben in einem un wissen und begern nichts zu wissen, wan
sy duncken sich sein unwirdig. und der veint ist durch sy gefarn mit so
allen bekorungen, dy nimant erdencken mag und sein einteil über
menschlich syn und sein nit anders dann weit sy got wider an sy
senden, sy wolten daz mit freuden entpfahen. all creatur sein in ein
kreucz gewest und sy haben sy durchliten und sy begern nichts denn
leiden und dem kreuczigten Christum nach zu volgen pis in tod. und 35
daz sein dy waren anpetter dy got anpeten im geist und in der war-
heit. Darzu helf uns got auch. amen.
3 wolgen. 6 genüg. 9 liebreicher (so auch ab, liebricht m) statt lieht-
reicher. 11 viii. 13 tu. 21 höchste. 30 sei. 31 alle bekoruag. 37 am.
258
4. Die handschriften der Neun felsen Merswins.
St Die handschrift der laudesbibliothek zu Strassburg L german.
665. CimeL, dorthin aus C. Schmidts nachlass gekommen, das sog. auto-
graph Merswins, das C. Schmidt 1859 zum abdruck brachte. Schmidt
hatte die hs. 1858 aus C. M. Engelhards bibliotliek gekauft und trug im
jähre 1865 vorne auf grund einer note von Schweighaeuser im exemplar
des Grossen johannitermemorials in folio den vermerk ein, dass das ori-
ginal dieses Buchs von den neun felsen, von R. Merswins eigener hand
geschrieben, anno 1708 in der commende zu Schlettstadt gefunden und
den 23. juli wider nach Strassburg gebracht worden sei, freilich mit
verlust 'bis 10 bläter', die aus dem gegenwärtigen exemplare ergänzt
wären. Es sind vielmehr 11 blätter, die verloren gingen und die in
der jetzigen 59 blätter umfassenden papierhs. (doch beginnt der eigent-
liche text erst auf bl. 2) der bibliothekar der Johanniter im anfang des
18. jhs. aus einer der älteren copien ersetzt hat. Die fehlenden original-
blätter, in Schmidts ausgäbe durch eckige klammern im texte kenntlich
gemacht, sind bl. 2 (1,1 — 3,17). 13. 14 (29,25 — 35,20; in der er-
gänzung geht das cap. von den begarden dem von den beginen voraus,
so auch in hs. W). 38 (98,30 — 101,6). 40 (103,27-106,11). 42
(108,23—111,6). 45 (115,32 — 118,6). 47 (120,16 — 122,25). 49
(124,33 — 127,15). 57. 58 (143,22 — 147,12). Vor bl. 1 ist eine an-
sieht des johanniterhauses auf dem Grünen wörth: A° 1633 destrueta
eingeklebt, auf bl. la steht vom bibliothekar der Johanniter aus dem
anfang des 18. jhs. eine lat. vorrede an den leser, in der gesagt ist,
dass dies buch von R. Merswin manu sua propria geschrieben sei. Dies
könne nicht bezweifelt werden, da die schriftzüge sich deckten mit
acht blättern des briefbüchleins (darin die Urschrift des Buchs von den
vier jähren), s. Schmidt Gottesfreunde s. 54. Bl. lb folgt dann ein ex-
cerpt aus dem 'grossen Teutschen auf pergament geschribenem Memo-
rialbuch', das in allem wesentlichen mit dem abdruck bei Schmidt a. a. o.
s. 56 übereinstimmt. — Bl. 59 b ist mehrfach bekritzelt, zeigt u. a., von
einer hand des 15. jhs., folgende fortlaufend geschriebene reimzeilen:
Ich weix tvol dax ich für (?) und mag doch nid abe Ion Die minec-
liche xarte, von der ich so grossen Immer han, und doch so ivil ich
warten, ir angesiht mir müt und fröde git, die ich so selten schbtven
sol etc, ausserdem noch Wer dis buch vindet der sol es wider / geben
durch got er sg ritter oder kneht /', das folgende z. t. unleserlich und
unverständlich. - Für das sog. Merswinsche autograph ist folgendes
charakteristisch: der schreiber hat so gut wie ganz auf interpunetion
ZUK GOITESf REÜMU - TRAUE 259
verzichtet, desgleichen verfährt er mit absätzen äusserst sparsam. Wenn
er nicht selten den selben satz oder eine reihe von worten doppelt
schreibt, um dann den irrtum zu tilgen, so dürfen wir daraus wol auf
abschrift, auf reinschrift nach einem concept schliessen. Gelegentlich
ist ausgelassenes nachträglich eingefügt. Auch Schreibfehler begegnen.
Auffallen muss die oft sonderbare Zerlegung componierter werter mitten
in der zeile: zahlreich sind Schreibungen wie erschrecken liehe, liep
liches, herce liep, herce kliches, minnen klichensten , gewille kliche, ge-
lich nisse, müt willen, geggen wertigen, vnge horsammekeit , unan ge-
nommen, umbe hüt, umbe kaut, ebben mensche, ogen blick, minne
kosen, for redde, usser nie (= deme), in der ivillen = underivilen
usw. usw., insbesondere auch bei praefixen, z. b. xür brach, zur sterer,
vir xogen, vir borgener, vir cleinnest, fvr lom. Schmidts abdruck hat
hier die gewöhnliche Schreibung hergestellt, mit unrecht aber auch da,
wo hie noch, wo fan, do fan, denne fern, der zu, hie zu, her zu,
der umbe, zu mole, an nemmoi, anne sehen, us flüssent, in werfen,
in rünen überliefert ist, sich zusammenziehungen gestattet. Schmidt
setzt ausnahmslos ewig, eiviklich, eivikeit, die hs. aber schreibt aus-
nahmslos eeicig , eeiviklich, eewikeit, auch seeiceht, leeive (68,30); es
ist zuzugeben, dass das zweite e eher einem c ähnlich sieht; darin
etwa einen schnörkelhaften ansatz des folgenden w zu vermuten, ver-
bietet aber der umstand, dass niemals sonst dieser Schnörkel bei iv be-
gegnet. Vgl. auch Jundt, R. Merswin s. 86: Te redouble a Tapparence
du c und ebenda im faesimile nr 3. — Das zeichen e begegnet, von
einigen vereinzelten früheren stellen (6,18. 20. 63,4) abgesehen, erst
von s. 64 ab (im Schmidtschen druck). Im allgemeinen sei schon
hier ein merkwürdiges schwanken in der anwendung oder nichtanwen-
dung diakritischer zeichen hervorgehoben, die selbst wider mehrfach
variieren.
Das ergebnis einer abermaligen vergleichung von St mit Schmidts
abdruck ist im folgenden abschnitt unter gelegentlicher berücksichtigung
auch anderer handschriften mitgeteilt worden; ausgeschlossen blieben
nur die ergänzten blätter.
Die frühere Strassburger bibliothek besass drei abschriften von St;
aus der ältesten, auf pergament aus der zweiten hälfte des 14. jhs., hat
Schmidt in seiner ausgäbe die lücken im original ergänzt. Vgl. s. IV fg.
und schon Tauler s. 180 anm. 3.
Gr Die handschrift der Stiftsbibliothek zu S. Gallen cod. 967, die
laut einem eintrag auf s. 3 früher den Closeneren ze Sant Jürgen in
der oberen Closen Sant Benedicten ordert (S. Georgen im Schwarz wald)
260 STRAUCH
gehörte und von da an das gotzhusz ze sant Gallen kam , ist ein sammel-
band mit zahlreichen mystisch -ascetischen stücken, die eingangs von
einer hand des 15. jhs. registriert sind, hier aber nicht ausführlicher
besprochen werden können. Vgl. Scherrer, Verzeichnis s. 362. Mer-
swins Neun felsen stehen s. 149 — 260. Während der eigentliche text
erst s. 150 beginnt, steht bereits s. 149: Merk wol (rot, das folgende
schwarz) we man lebet in dissen sorglichen gegenwärtigen ziten uff
ertrich und sunderUch wie gar sorglichen ez stat umb die Cristenhait,
daz vindet man in dissem nach geschreben reisen buch und och wie
gar zergangen sint alle ordenung in der cristenhait baidu gaistlich
und iveltlich. Der rest der seite ist frei und eine andre hand beginnt
s. 150 mit roter schrift Ditz ist das velsen buch merk ez eben wol,
hierauf Dv erst matterie dis büches ist tvie ain mensch betivngen wart
von gotle = Schmidt 1,22. S. 196 (Schmidt 64, 22fgg.) Hie vahet an
daz ander tau diz buchs und ist daz ivie dissen menschen wart ge-
lassen sechen usw. Schluss: Amen (Schmidt 147,20), dann rot: hie
hat dz velsen buch ain ende, got wille vns sine liebi muter zu un-
scrm ende senden. Die abschritt hat grössere (50,8 — 51, 7. 56, 3 — 63, 25.
64,28 — 65,5. 145,21 — 146, 17) und kleinere auslassungen; das princip
des kürzens ist deutlich erkennbar. Correcturen und nachtrage wol von
anderer hand. An Merswins Schreibung erinnert nichts; der text ist
in Alemannien geschrieben.
K Die handschrift der königl. und Universitätsbibliothek zu Königs-
berg nr 1785, perg., 144 bl. , klein 4°. Vgl. Zeitschr. für deutsches
altertum 13,529. Die sorgfältig geschriebene hs. zeigt mancherlei alter-
tümliche abkürzungen (de, wc, auch i) und dürfte wol noch dem
14. jh. angehören. Bei den grösseren abschnitten sind hübsche initialen
in blau und rot angebracht, für den anfang bis Schmidt s. 2, 3 ist
rubrum angewandt. Die spräche weist nach Alemannien: old so immer
= oder, tuseng = tüsent , dien dat. plur.; dafür sprechen auch die zahl-
reichen o und i in ableitungs- und endungssilben: ungernor, loblichost
obrosten, volendon redon beiton, lidigot ivandlot gebesrot spotot, soltost
redtost, solton lebton hatton, vaston icorton phaffon beginon begharton
creaturon ewigon, velsclion mensclion, die edlon margariton , rol brief-
linon, von dirr nütxon warnendon kr, was meron ist dis; wüstist,
giengi, mSchtin, lengi, armi snödi creature, dirr frowon eini, elli
buch. Ausnahmslos heisst es herzliep mis für mins. Sonst aber findet
sich von Merswins Schreibweise keine spur.
mm Cgm. 452 aus dem 15. jh., der aus Rebdorf stammt und
den dortigen Regen brüdern (carmelitern) gehörte, enthält bl. 1 — 41*
ZUR GOTTESFREUNT) - FRAGE 261
nur den zweiten teil der Neun felsen, die eigentliche neunfelsenvision
in Merswins, jedoch stark verkürzter textgestalt. Überschrift (rot): Von
gelegenhait der gancen vue'lt vie du geoffen ward ward ainem diner
gottes in sieht ildicher vnd irildlich weis vnd form als her noch volgen
ist; der anfang lautet: V(b\axi)nser herre Hess einen menschen sehen in
pild 'lecher weiß ein holten perg und ander dem perg ain garn, das
uoss über alleic dysew weit gexogen dan allain über disen perg nit.
der perg was wuuderleich hoch piß cm den hymel, des in daucht. an
dem perg woren neyn velss gar weit und hoch ye ainer ob dem an-
dern, als in daucht, das der neynt raichet bis an den hymel. mit
disem gesicht det got dem menschen (lb) künt dy gelegenhait der kristen-
hait, wann alle die, die ander dem garn worden, die het der pöß geist
gerangen mit totsätulen. aber edle die an dem perg wanten, an den
het der pöss geist kain tau noch gbalt, wann es wanten an ff den felsen
leivt piß oben an den perg, und got halff dysem menschen au ff alle
dise felß und ließ in sehen und gab ym der menschen wandet xu er-
kenen. nun ye höher die menschen an dem perg wanten, ye pesser
sy worden und got lieber. Dann rot: Der erst vels. Vgl. Schmidt
s. 64fgg. Die dialogform, im allgemeinen festgehalten, ist des öfteren
in folge der tendenz zur kürzung aufgegeben und in erzählungsform
umgewandelt worden. Dass es sich wirklich um kürzung der Mer-
swinschen textgestalt handelt, erhellt daraus, dass cgm. 452 an andern
stellen nur mit dieser, nicht mit der kürzeren bei Diepenbrock über-
einstimmt. Vereinzelte berührungen mit der fassung bei Diepenbrock
erklären sich aus der von mm angestrebten, um vieles knapperen text-
form. Merswins erweiterungen und widerholungen der vorläge hat mm
gelegentlich wider so zusammengezogen, dass diese neugewonnene kurze
textgestalt dem ursprünglichen texte bei Diepenbrock sich abermals
nähert. Das hat nichts auffällendes, denn die redseligen ergüsse und
widerholungen Merswins treten so aufdringlich zu tage, dass ein re-
dactor, der kürzen wollte, ohne besonderes geschick hie und da der
urform nahe kommen musste. Im einzelnen ist zu bemerken, dass eine
Umstellung in mm — auf Schmidt 69, 13 (D 357, 20) folgt inhaltlich
zunächst 76,33 — 80,20 (D 360,16 — 363,35) und dann 69,26 — 77,8
(D 357,30 — 360,19) — wol sicher auf die directe vorläge zurückzu-
führen ist, dass gegen schluss (insbes. von Schmidt s. 121 an) die
kürzungen stark zunehmen: es sind in mm fortgefallen die partien bei
Schmidt 115,31 -116,34. 120,2 — 121,8. 129,8 — 130,14. Ein nicht
ganz wertloser, mm allein eigentümlicher zusatz hat bei den lesarten
zum traetat Von dreierlei geistlichem sterben (s. unten abschnitt 7) er-
262 STRAUCH
wähnung gefunden. — Die hs. weist Schreibungen wie pesorgt, pebeist,
inbendig; fechfewr, feichfewr neben fegfewr auf.
Über S siehe oben s. 237 fg.
Die handschrift 2184 des bezirks-archivs des Unter -Elsass in
Strassburg, einst der dortigen johanniterbibliothek zugehörig, enthält
eine lateinische bearbeitung von Merswins Neun felsen. Vgl. Zs. für
die bist, theologie 9, heft 2, s. 6 5 fg.; Schmidt, Tauler s. 180 anm. 3.
Auf der rückseite des mit rosa leder überzogenen deckeis findet sich
unter marienglas, in messing eingefasst, folgende inschrift von einer
band des 14. oder 15. jhs.: D(rot)er ziveyger überblibener latine bucher
eins von den nun feilsen das die drie weltlichen pflegere us lihen
mogent. alse indeivendig zu aller hinderst in Mische geschriben stot.
Die handschrift besteht aus 50 pergamentblättern in folio: bl. 2 — 49
bilden vier sexternen, denen je ein blatt vorausgeht (bl. 1) und nach-
folgt (bl. 50). Blatt 1 ist das zweite blatt eines doppelblattes, dessen
erste hälfte der innenseite des vorderen holzdeckels aufgeklebt ist,
ebenso wie auch bl. 50 die erste hälfte eines doppelblattes ausmacht,
während die zweite die innenseite des hinteren holzdeckels schützt und
mit dem farbig ausgeführten wappen Wernhers von Hüneburg, das das
ganze blatt füllt, bemalt ist. Der codex dürfte in folgender weise ent-
standen sein. Bl. 2 — 49 sind schön und sorgfältig von einer und der-
selben hand geschrieben und enthalten zunächst auf bl. 2 — 46 b eine
freie und kürzende, gelegentlich aber auch dogmatisches weiter aus-
spinnende und mit stellen der heiligen schritt belegende lat. Übersetzung
der Merswinschen Neun felsen, wie uns dies das auf bl. lb wol nach-
träglich in roter schritt hinzugefügte und mit äusserst kunstvoller ini-
tiale (i7, darinn auf einem gelben, rot eingefassten Wappenschild ein
schwein — meerschwein? — ) geschmückte vorwort besagt; ihr Ver-
fasser ist der augustinerbruder Johannes von Schaftolzheim. Es heisst
auf bl. lb: Hii quatuor sexterni de novem rupibus cum alijs sequen-
tibus materiis et capitulis fuerunt una particularum pertinentium in
latinum memorialem librum, in quo coadunate sunt omnes materie
tractantes seu testimonium perhibentes qualiter scilicet domus hec vi-
ridis insule a principio sui hucusque est deducta et renovata. Et
quia liber harum novem rupium in verbis non ex toto cum vulgari
theutonico Concor dat, prout eadem verba a sui principio a spiritu
sancto processerunt , idcirco eedem materie sie manserunt remanentes
et extra stantes et iterato de novo directe seeundum vulgare theutoni-
cum in prenominatum primum scilicet memorialem librum, sunt in-
notate. Capitida tarnen omnia libri eiusdem de novem rupibus in
ZUR GOTTESFREUXD - FRAGE 263
utraque parte concordant in materia et in significatione , hoc dempto
qnod aliqualiter discordant in rerbis, idcirco qnia exemplar presentis
libri cum aliquibus incidentibus applicitum est ad sacram scripturam,
prout honcsius et devotus lector bene memorie frater Johannes de
Schaftoltxheirß ordinis fratrum heremitarum sancti angustini fieri
procuravit et in librariam eiusdem ordinis in argentina poni fecit.
Bl. 2 beginnt (rot): Incipit prologns in librum qni intitulatur de
novem rupibus. Hierauf 0 vos omnes christiani ascultate sollerter et
attendite cum quodam grandi integralique amativo \elo praemonenti
pi*op)heticae doctrine et scitote usw. Der text zeigt bei den einzelnen
grösseren abschnitten einfache initialen in rot; auch die Überschriften
der capitel sowie die dialogfolge — Homo dixit, Responsio divina —
sind durch rote schrift hervorgehoben. Das eigentliche Rügenbuch
umfasst 18 capitel und schliesst bl. 26,J: (rot) Explicit über de queri-
moniis. Incipit prologus in librum de novon rupibus. Im cap. über
die ehe (cap. 18 bl. 17afgg.) hat sich Johann von Schaftolzheim eingehend
über dogmatisches, das hier aber nicht näher besprochen zu werden
braucht, ausgelassen; er citiert u. a. bl. 23 a die ordensstifter Benedict
Augustin und Franciscus. Bl. 26 h Hoc quod nunc per gratiam dei
incipere intendimus , illud est qualiter homiui ostensus erat mons altus
magnus et terribilis usw., vgl. Schmidt, Neun felsen s. 64. Die capitel
dieses engeren Neunfelsenbuches sind wider besonders gezählt; es sind
zehn. Bl. 46 b (rot) Explicit über de novem rupibus. Unmittelbar vor-
her heisst es: Item quicunque liunc librum integre vult intelligere,
studeat illum a principio usque ad fvnem attente perlegere et sie potent
in eo expeditias perficere (Schmidt s. 147). Dann folgen von gleicher
hand verschiedene das johanniterhaus betreffende eintrage, aus dem
lat. Memoriale her übergenommen. Ich gebe nur die Überschriften.
Bl. 46 b (rot) Item octogesimum sextum capitulum est deeima huius
libri materia et est sensus sub brevibus comprehensus ex libro theuto-
nico qui traetat de duobus iurenibus quindeeim annorum pueris, in
quo scriptum continetur quomodo dilectus dei amicus in superioribus
partibus Rfdemanni merswin nostri fundatoris familiaris collega et
socius iuventutem suam vivendo deduxit, quomodo pater ipsius eum
secum duxit ad remotas et alienas patrias docens eum mereimonia
exercere et quomodo post multa animo beneplacita et voluptates unum
grande miraeuhon sibi evenit. Quedam enim crux lignea inclinavit
se inferius versus eum dum orando coram eo genu flecteret. propter
eandem etiam causam abrenuntiavit licentiative secido et onmibus
creaturis et omnibus voluptatibus nature sicut Über traetat cuius sensus
264 STRAUCH
et materia hie ineipit dieens. Es folgt ein excerpt aus dem Tractat
von den zwei fünfzehnjährigen k nahen. Vgl. Schmidt, Nie. v. Basel s. VIII.
Bl. 48* Octogesimum septimum capitulum tractat de ultimis litteris
missivis quas predilectus dei amicus (in den jähren 1379. 1380) in
superioribus partibus huc inferius transmisit Rulmanno merswin et
fratribus viridis insule. hoc etiam idem ultimum capitulum admonet
et avisat omnes viridis insule fratres et personas, quod sibi ipsis illam
magnam gratiam concessam non amittant cum ingratitudine unde pla-
gari et vindicari temporaliter et eternaliter possent.
Bl. 48 b Octogesimum oetavum capitulum tractat de vita seu modis
vivendi [Udalrici] unius nigri monachi de ordine saneti benedicti qui in
primis antiquis temporibus habitavit in loco viridis insule postquam idem
locus regimini monachorum de altdorf fuit commendatus sicut unus
praescriptorum duorum antiquorum sacerdotum de altdorf eiusdem or-
dinis saneti benedicti uni Johannitarum commoranti in viridi insida
dedit in scriptis in oetava beati Stephani anno a nativitate domini
Millesimo trecentesimo octuagesimo quinto ad maiorem notitiam et
testificationetn quod locus viridis insule in magna sanetitate ab antiquo
usque ad tempora ista deduetus est et inhabitatus prout etiam idem
duo antiqui octogenarii sacerdotes de altdorf per antea dieunt et testi-
ficantur nono capitulo huius presenlis libri et sie describitur. Anfang:
Frater Burghardus humilimus et omnium infimus fratri Nicholao
salutem.
Dann folgt nach einem Zwischenraum von drei Zeilen bl. 49 a
bis 50 b von anderer, aber gleichzeitiger band in deutscher spräche das
25. capitel des Memorials, das sich auch in hs. 2185 bl. 42 b — 44a
findet, hier mit der Überschrift Bis ist daz XXV cappittele und daz
hinderste, alse es in der drier weltlicher pflegere memorialebüch ge-
schriben stet und nüt in des meisters buch noch in keime andern
buche ivenne in den ziveien überblibenen Idtinen buchern, von den es
ouch seit, in weler wise sü die pflegere mügent uz lihen und in weller
minnen und früntliclieit sich ouch die pflegere halten süllent gegen
dem ordene und gegen den brudern zu dem Grünen werde, durch daz
sü in göttelicher minnesamer einmutikeit ewieliche deste bat. blibent.
Es heisst in unserer hs. 2184 bl. 49a, eben diese hs. (2184) und noch
ein buch mit acht sexteruen in gleichem (folio)format enthielten die
ernuiverunge und der Stifter leben und die andern materien, die von
erst usser dem tütsche zu latine geschriben wurdent und über blibent
an den drien Urkunde buchern des huses zu dem Grunentverde von
sache wegen alse die robricke seit, die zu vSrderst in ir iegelicheme
ZtTR GOTTESFREUND - FRAGE 265
geschriben stot mit eime florierten h~ (s. oben s. 262; die initiale H ist
also nachträglich in die officiellen exemplare eingezeichnet worden).
Bl. 49 b Dar umb wanne sü vil lihte nüt alle latine verstont, so ist
durch iren willen dise ordenunge xü lutsch hie geschriben und ouch
in das ander latine buch, do bi sie dise bucher beide bekennen mögent
und gerordern künnent so sü wellent, und sü ouch mit cleste grössere
n/inne bewarent und behutent xü eime gebesserlichen exemplar edler
gutwilliger gelerter tüte. Eine genauere mitteilung des ganzen ist ent-
behrlich, doch sei erwähnt, dass die diction der anweisung sich an die
ausdrucksweise der Merswin- Gottesfreund-schriften anlehnt.
Dieselbe band, die bl. 49 a — 50 b schrieb, leitet auch den ganzen
codex ein: er beginnt (bl. la) Alse nü dise nehste nochgonde (bl. lb)
rubrihe seit, wie dis latine buch von den nun reihen ettewas misse-
hillet dem tütselten an abe gebrochenen Worten und xü geleiten glosen
us der geschrift, dar umb ist es ouch über bliben und anderwerbe in
das grosse latine memoriale buch des huses xü dem Grunenwerde ge-
schriben von worte xü worte glich dem tut sehen, alse es us dem
heiligen geiste kummen ist und sü Rülman merswin der Stifter des
selben huses schriben müste, wanne er von gott dar xü betivungen
wart, alse ein iegelich menselie sunder allen xwifel ivol glouben und
wissen mag teer sü liset und vor gelesen het die vier ior sins ane-
fanges, wanne sü wol mitteinander concordierent und gliche hellent an
demutigen Worten, au inbrünstiger minne und an ilb er natürlichen
grossen wunderlichen wereken und goben gottes, und ouch beide ge-
schriben wurdent in den xiten do Rülman merswin des Jiuses Stifter
von gotte betivungen wart bucher xü schribende alse die daten sagent,
die beide glich spreclient in disen xw eggen buchern, den nun veilsen
und den vier ioren Rülman merswines anefang, ivanne in ir iegelicheme
sünderliche geschriben stot, das es rollebrol/t würde des iores do man
zalte von gottes gebürte drilzehen hundert ior fünftxig und xireg ior.
Und dis gegen wertige überblibene latine buch von den nun veilsen
and noch ein exemplar mit ahte sexternen von der ernuwerunge und
der Stifter leben und den andern materiell, die des Jiuses würdikeit
bewereut, ist den drien weltliehen pflegeru benumel und gemeinet, das
sü die us Wien mögent erbern gnthertxigen gelerteu lüteu in der forme
die xü aller hineierst in disem buche and ouch in dem andern xü
tütsch geschriben stot durch der leygen willen ehe nüt latine künnent.
Ygl. dazu Schmidt, Gottesfr. s. 56.
Den noch übrigen freien räum auf bl. la hat eine neue (dritte)
band mit folgendem vermerk ausgefüllt: Des ersten Stifters hern Mar-
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 18
266 STRAUCH
schalk Wernhers von hüneburg des edeln wolgebornen herren woffen
sint zu ende elis büches an d\ hinderste bret gemolei zu einte ewigen
memoriale und gedehtnisse aller unserre nochkomen, umbe dz er der
erste anehab gewesen ist des fundamentes und des alten gebuwes uf
die öde ruhe wilde ho festat foid hegehter hürsten und wiltbome. Dar-
umb es in den selben eilten ziten wart genennet und noch heisset der
Orunewert. Des selben ersten Stifters von hüneburg begrebede stot
och xü aller nehst vor den woffen xu ende dis büches und in den ur-
kündebüchern geschriben, zu welen ziten und an weler stat und in
welen ercu er begraben wart und noch begretben lit in dem alten ge-
buwe xü dem Grunenwerde, durch daz sin niemer vergessen werde von
allen husbrudern und hofesehssen des Grtinetuverdes. — Vgl. hierzu
Stöber -Mündel, Die sagen des Elsasses 2 (1896), 196. 345.
Bl. 50 b, gleichfalls den übrig gelassenen räum füllend, folgt dann
von gleicher (dritter) band die beschreibung des auf dem gegenüber-
stehenden innendeckel gemalten wappens des Wernher von Hüneburg
— ein Schwanenhals in schwarz -goldenem Schilde — sowie seines
grabes in der kirche zum Grünen wörth uf eler selben stal do nu die
frowen stule stont und dar gemäht wurdent bi Rüleman Merswiues
ziten dex andern nochgonden Stifters. Der och den selben alten gebu
aneving vti ernuwende und zu verändernde Sub anno dm MCCClxvi,
also die Urkunde bucher sagen f, sunderliche daz aller erste vorgonde
blat in dem Tütschen Urkunde buche. An daz selbe erste blat och
änderst te gemolei ist elise gegen teert igen woffen des obgenanten ersten
Stifters von hüneburg xü eime ewigen memoriale, nmbe dz siner ge-
dehtnisse niemer vergessen werde, trenne est ist xu glöbendc bi der
selben gnodenrichen ersten Stiftungen und bi sime andehtigem ernst-
hafte// kere in dem ersten eappitele der ernuwerunge geschriben, dz er
eiit grosser gottes frünt gewesen sige, In dez gemeinsame wir billiche
gerne sin süllent. Gott losse uns sin und aller siner uzerwelten lieben
frnnde ewecliche gemessen. Amen.
Endlich ist noch einer nachtraglich mit anderer tinte vom Schreiber
der lat. Neun felsen (bl. 2a — 49 a) gemachten notiz auf dem frei ge-
lassenen räume von bl. lb zu gedenken; sie deckt sich im wesentlichen
dem inhalte nach mit dem einleitenden vermerk auf bl. 1 tt, den sie ins
lat. überträgt. Auch hier findet sich eine kunstvolle initiale A, die
von gleicher band herrührt wie die initialen D (bl. la. 50''), H (bl. lb)
sowie / (hs. 2185 bl. 76°).
ZUR GOTTESFRErND-FR.UiE 267
5. C o 1 1 a t i o n des Merswin-autographs
von den Neun felsen.
Schmidt 1, 15 lebent nach cod. E und so auch GK, dagegen im Strassburger
Memoriale und in der ergänxung des autographs durch eine hand des lS.jhs. in Über-
einstimmung mit dem kürzeren tractate, Merswins vorläge, clebent, was sicher ur-
sprünglich ist 3, 17 sere] vbel G 18 fremmenden 19 abber 23 sellent 34 eewikeit
so ausnahmslos auch im folgenden! 4,1 nv 12 nach wnderliche: grose frellicbe
ausgestrichen 15 stot! 25 kristenheit 5,5 bessert! 15 süre 20 fg. spriebet!
6, 2 sebriggenden fehlt G; schriende mit weinenden ogen K 11. 17 also mer]
asmer G 18 nether 23 gezowe G 7, 8 gewvrket auch K 25 dunked 29 dir
fehlt! 30 küre 8,15 langer 9,6 eewikliche so immer 7 weite 8 eewiger
so immer 8 fg. ewigü ruwe G\ ewig vnrvw K 12 wil ban 31 diesen! 10,3
warnede 4 tag] dag 6 diesen! 22 fremmenden 24 diesen! 29 seewehthen
11, lfgg. über daz gebirg ab vielen ze tal daz sieb daz waszer also ser z. und als
gar grülich tet e es von G 1 das zweite mal lieber 4 grüewellicbe 18 seewebte
21 irre 28 imme] in nie = in deme 32 bettbent 12,8 sagagen! 23 strette
fehlt G 24 vonme dal 13, 13 fielent 16 seewebtbe 18 in iren u. 22 sint
körnen 14,23 minnes 34 wennet 15,6 schnldich kristenstenlicbe! 17 wrde
18 an erster stelle rebte 16, 10 wittensten 15 sehennensten minnenkliebensten
blickenden 19 also 19/#. zwarzer 22 abbe 31 nattflren 17, 26 gesibtbe
33 gründe 18,8 gründe 19 baudelde 20 münde hercekliche! 19,1 mit der
anm.: dir Überschriften auch in GK; im original geht es ohne jede Unterbrechung
fort, nur d in die entwrte ist durch rubrum hervorgehoben 6 dir] dieb 14 ge-
helgeutbent 16 bebbeusten 26 cristenheitbe 20,4 durch 13 gelebet 20 irren
21 zu liplicher 21,8 gelebbent 11 hoffart 23 iegellicber 26 dire 31 lob-
licbest ö; loblicbost K 22,2 findent 23,10 das xweite mal drömbe 20 fg.
twngent 23 berceliep mins 24,5 clesten! 25,26 als] also 29 beisset 32 tod
G\ tot K 26,9 beidemal duuked 2öfg. for fallent, nicht forfallent! 28 soltbest
27,9 getberent 11 minnes 13 underwillen] in der willen, vgl. Fünf mannenbuch
104, 32 fg. lesa. 18dnrcb 28, 7 rehtbe 24 ernestafttes 34, 25 ostüre] ledige
G\ otes old wüstes K 35,34 mensebe 36,5. 19 lebbentent 9 rehtbes 16 bere
37, 1 boffart 2 gettelicbes 10 gettelicbber 28 fg. nattüren 30 manneigfaltigen !
38,29 gewnnen 30/fy. coflüte 39,7 koüütbe 11 grüdelosen ! 14 das es in in
21 bekennet! 40,3 köflüthen S bürger 9. 10 imme 11 furtbilu 14 sinne
29 vrbarmeberzig 41,2 zit 10 swinde 16 lies lue der weite noeb? 18 bvirger
42, 1 fol 7 rebtbe 12 tbet 24 wnderlicbbe 31 sinne 43, 7 drus 9 gebüren
44,14 berceliebes 15 gi"üdelosen! 45,26 schüldich 27 brotbe 46,17 vnpfobet
liebome 25 fg. wibes nammen 47,17 erneneseblicbe! 25 cristenbeite 26 oestern
31 frefeln 48, 1 fere 7. 8 am rande daz scbilet 8 einen 9 bitter für bibtber
12 einnen 19 fere si 21 einuen 24 fertbe were 49,5 menseben 9 grüde-
losen! 12 schuldicb 50, 5 mit der anm. die correctur vollzog dieselbe hand , die
bl. 19a (%u 48, 7 fg.) an den rand schrieb daz scbilet; schlag G; seblac K 28 abbe
51,11. 13 beilege 19 unfüre 52,4 mensscblicbe 9 fg. wird mit fil oder und föl
gelesen werden müssen 21 zites (so!) 23 kosppern 53, 3 kürcen 9 diese
15/J/. cristenbeite 19 zu 54,10 iütscb G; ivdescbe K 20 cristonnammen 55,5
cristonner 24 ungedöfeten 25 das beschult] dis beschult 28 cristenbeite 30
18*
268 STRAUCH
güden 34 geggewertig 56, 4 gnden 21 geuebet seheint von anderer hanü ge-
bessert in geubet 29 cristonlicher oder cristenlicher 58,7 sündengen! 10 gungensten
29 dünt 59, 20 meinnent 27 denne 60, 3 mähte 6 einne 12. 14 beren
14 gestünde 61,7 tbettbe 9 körcen 62, 8 underworfenner 25 wor 63, 4 beser
15 smachkeut 28 cristenheite 33 fürlesschen 64,20 follebrot 22 — 65,5 rot
27 hebbe"t 65,1 (bl. 25 a) den hehensten, den unsicher, da im Seitenbeginn ab-
geblichen 4 figgvnden 8 wille geherret 9. 32 nattfire 10 nun 11 beren
herende 19 du [do] mittbe meinnest 25 lietber 66, 1 fürnümft 3. 4. 7 mögest
5 du [do] for 14 obenan 23 withen 28 worthen 67, 5 dründer 13 nüt fehlt
GS 15 cristenheithe 19 dinue m. nattfire 68, 8 die menschen zweimal 20
wolle! 21 nit noch gar G; noch fehlt K; mit fehlt S 28 wonnede 30 leewe
69, 12 nattfiren 15 gar! 16 feggefür 19 stiinde 70, 3 alsvs 9 meinnet
21 ruwen 28 Wiegender lutselger G; lütseliger K 71 , 15 swinde 24 nattfire
31 serclichhen citben 72, 24 irre 25. 27 gebunden 28 gebunden 29 gunge
73,5 einne 21 samment 24 entäte GS; tete K 28 gestosen 74,17 das 22
gesihte 23 irre 75,1 were 6 sehe! 22 grfiwelich 26 gebunden 27 ge-
bunden anzfisehhende 76, 2 grfiweliche 5 megest 8 bettbe 10 ufvnthaltben
16 bese 17 lüccefer gebunden 21 zümöle 23 gedanked 24 ufvnthalthent
31. 34 vber 77, 6 gar wol hekennede 18. 27 nattfire 78, 7 nattfire 19/~y.
natturen 32 hfiffe 79,10 kfint 12. 16. 17. 25. 32 natturen usw. 13 einigestest!
31 bist 32 gebrfihent 80, 15 uebberwindeu 81, 1 köment 16 felse 82, 23 fg.
erschricket 83, 3 angel 9 irre 25 hetthent 84, 2 beser 10 an dir »5 24 zfi
30 dire 31 fegefür 87,27 grüwellich 28 strenge 88,15 fliend K; schloff mm]
schlichen S 16 löffet 23 erbeithe 24 firden 89, 7. 30 firden 25 guttlicher
26 dirthe! 90,1 foliebringen 2 gedanked 10 du [do] for 18 grüben 31 du
91, 17 genumenen 23 gehebet 92,13 Ursprünge 18 mid 23 wisse 33 anne-
genhmmennen 34 gelossenbeithe do solt du w. 93, 3 wrked 5 wolthest 10
diene 14. 19 heimmellichen 16 firsprunc 24 ungeuebethe 27 geloshenheit
29. 30 hethe 94, 6 gelossenheit 8 gelossenbeithe 9 firde 14 dirre m. 19
fünfthen 95, 14 wonde 23 feststen ! 26 einen 29 habbe 96, 18 sint] blibeut
19 miunes 25 unstettekeit 32 bliccende] snell und gering K 97, 27 minnes
98, 19 dir6 101, 16 vber 20 hetthe 23///. lihtfar 25 die ich for er for, ich
for ausgestrichen 2?) fg. subbende! 102,5 fan in hau wulthe 7 liehtfar 9 habbe
12 urlüthet mid 20 klimmen 103, 1 uebbele 2 furlirre 5 hebbet 7 lihtriche
23 du mfist noch 106, 21 unce 107, 1 muesent 8 Strosse 10 uutrüuuent 16
ingebligked 17 driif 27 megent 108, 2 bekennende 13 rehtschüldige 14
sehhen 16 ürluthentent ! 111, 14 Hethe 26 vrstorben 32 glöben 112, 1 ur-
storben 5 unbekenne 6 durc 12 vrlobet 20 liethe 31 züg 32 gelobet
113.3 kurcen 6 ürlobbe 11 solte! 20 lüthende 22 gründe gelossen 23
suses 26 glöben 114,10 urschreckent 26 abber 30 wol gewarthent 115,2
minnent 4 werg 15 dunked 19 gebben zwischen sv si nochmals das über-
geschrieben 26 umbe kaut 29 wonnede 116,6 bund'tost K 24 wist nitt S
118, 17/2/. uf stunt 30 es fehlt 119,5 ebbe er üt an 10 haugeut 12 hohen
nunden 16 beschöhe 28 hundernis 32 sieneu aus ursprünglichem sinnen ge-
bessert, doch ist e nicht ganz sicher und vielleicht nur tilgung beabsichtigt , so
dass sinen ;u lesen wäre. 120,3 cristenheithe 12/r/. grüdelosen! 122,32 nach
sehhen ist mit gleicher tinte, mit der das ganze gesehrieben, ein verweisendes
hreux (x) gesetzt, xum \eiclien, dass hier etwas ausgefallen ist; ein nachtrag ist
ZUR OOTTESFRErXD- FRAGE 269
in der jetzigen gestalt des sog. autographs nicht vorhanden, doch mag bemerkt
/eerden, dass das diesem (48.) blatte vorausgehende (47.) wie folgende (49.) Matt
fehlt und nur von junger hand des 18. jhs. ergänzt vorliegt. Das, was Schmidt in
der an/m. s. 122 als zusato bezeichnet, steht in sämmtliehen hss. und drucken des
kürxeren traetates, Merswins vorläge, auch in GKmm (123, 29 disi hindrost K);
es handelt sielt im sog. autograph also nur um einen zufälligen aus fall, herbeigeführt
durch homöotclcutou , der nachträglich ausgemerzt werden sollte. Dass dies ge-
schehen, lässt sich jetzt nicht mehr feststellen. 123,8 ünhabbe 12 etthelicben
13 unkrüthes usgetthe 14/fy. ürsprunc 19 urlost 124,9 lidden 17 werthe
20. 24 liethes 26 freden 27 vrschrach 127, 20 lach liethes 24 liethes
128, 5 mine meinunge. miene meinunge 7 urbarmende 22 liddendende! 25
ueberswenkede 129, 32 gemeinnest 130, 7 für wegenheith 16 uebbex diese 22
lietber 131, 21 vllerscheddelicbesten! 132, 16 gebesser! 19. 22 liether 33 wie
gar swerl. 133, 1 ürbermende uebber 8 an] in 15 gründe 20 mianes 25
keinne 20 küre cristüs 28 kinlicbe! 32 keinne 134,8 groste 27 kemme
30 schritthet 31 marria 135,4 getrosten 5. 11 minnedes 15 iiach dingen:
wolte übergeschrieben 136, 5 besserthe 15 gettbelicben 16 cristenbeite 20
demmütikeit 22 lebbelichest oder lobbelicbest, die t inte ist ausgelaufen , vgl. 21,31
und lesa. 29 höbenthen! 137,10 gesehhet! 26 worensten! 138,14 geschriben
29 schulde 139,26 minnedes 140,20 seewehthe, wol, weil nicht recht verständ-
lich, ausgewischt 141,7 nü 26 gar unbek. 29 fregen wol eher als frogen; fr.
wolthe über ausgestrichenem freggen baut 142, 21 kürcen 22 ürzeget sterbotthen
143,3 fremme! 6 wrkede 10 wrked 14 einne 147,18 besserde 20 ammen
21 diese.
6. Die kürzere textgestalt und Merswins bearbeitung.
Sorgfältige vergleichung beider texte vermag einen jeden leicht
davon zu überzeugen, dass, abgesehen von einigen grösseren excursen,
inhaltlich der um so vieles umfangreichere text Merswins nicht mehr
bietet als die kürzere fassung. Dass diese aber nicht, wie gemeiniglich
angenommen, ein excerpt aus Merswin sein kann, erhellt vor allem
auch aus dem gründe, weil der kürzere text dann mit besonderem ge-
schick gerade all das ausgemerzt haben müsste, was sich bei näherer
Untersuchung als speeifisch merswinisch erweist. Ich verstehe darunter
die Stileigentümlichkeiten Merswins, seine phrasen- und formelhatten
Wendungen, wie sie neben den Neun felsen auch die Vier jähre sowie
die von ihm herrührenden zusätze zu den Schriften anderer aufweisen,
der sog. Gottesfreund- Schriften einstweilen ganz zu geschweigen. Gründe
für ein solches verfahren lassen sich nicht auffinden, der umgekehrte
weg allein ist verständlich. Merswin hat den kürzeren traetat für seine
zwecke erweitert und mit Zusätzen versehen. Die folgenden gegenüber-
stellungen werden die richtigkeit meiner behauptung, so hoffe ich, über
jeden zweifei erheben und K. Schmidts (Das buch von den neun felsen
270
s. Vfg.) und anderer auffassung des gegenseitigen Verhältnisses als irrig
erweisen.
Diepenbrock.
332, 22 darum lasz dich ('hör auf)
und schreib an.
333, 31 ich bin ein armer wurm,
und bin nicht würdig deine creatur zu
heissen.
nach 339, 31 (s. oben s. 241): Diß
sint alle prelaten gaistlich und weltlich *S';
in MPW als Überschrift von allen pre-
laten gaistlich und weltlich.
352, 18 und die beichtiger, die mit
diesen (weltlichen, sündhaften) frauen lieb-
kosen und ihnen das gestatten, die fahren
denselben sorglichen weg.
353, 7 wer die heilige ehe hielte als
sie von gott aufgesetzt ward, dem wäre
es eine Stärkung der seele und des leibes,
denn gott ist nicht ein Zerstörer der natur,
sonderu er vollbringt sie.
353, 15 und ist es nicht mit den
werken, so doch mit andern weisen, es
sei Wandlung oder Übung inwendig oder
auswendig.
353, 29 und in vil hundert jaren
wurden die leut niht so böse als si nun
sind, wenn die Kit sterbent, die sich nit
geübet hant an gütlicher minne, wie süllen
die lernen (got) minnen so der tod kompt:
so int der teufel alle seine kraft darzu
Über alle weil!, wie er den menschen
verderb, und er liebt im alles sein to-
rechtes leben als greulich für, daz der
menschen wunderlich vil verzweifeint und
die menseben werdent verlorn an den
man groli ding getrawet.
Merswin.
5, 30/'<jg. dofan lo dich diese dinc
nüt wnder hau, und foch an zfi schri-
bende und lo das mit umbe keiner bände
Sachen willen.
8, 21 fg. ich — bekenne das wol, das
ich nüt wrdig bin das ich diu armes
wrmelin heisen sol.
19, IG dis sage ich dir nüt alleine
von den bebbesten, ich sage dir und meine
öch alle die grosen höbet die in der
cristenheit ie wrdent, si werent geislich
odder weltliche. Es ist undenkbar, dass
Merswins text Verkürzung erfahren haben
sollte.
46, 29 dirre falschen liebekosenden
bihther ist manniger gefallen in den ewigen
dot und die bihtho dochther das fürlosene
wip uffe den bihther.
51, 30 wer der mensche were der die
heilige e stette hüte- noch der ordenunge
also si ufgesat ist, wer der mensche were,
er solte fere sterker sin denne der
mensche der noch allen sinnen mütwülen
lebbet; du solt wissen das got nüt ein
zursterer der natturen ist, got ist ein
l'ollefüror liebes und seilen den men-
schen die noch sinnen willen lobbent.
52, 13 fgg. sint si nüt mit der gethot
beflecket, so sint si abber mit dem willen
beflecket.
In dem umfangreichen, auf 353, 29
folgenden selbständigen wsato 54,1 bis
58,8 ist dieser passus von Merswin in
einer weise ausgesponnen /forden, die
jede möglichkeit, dir kürzere traetat sei
mir /in exeerpt aus Merswins text, aus-
sehliesst; vgl. 54, 14— IG. 57,8 — 11. 30.
58,1.
ZUR GOTTESFRErXD - FRAGE
271
Genau so ist das Verhältnis zwischen 388,11 — 21. 27 — 29 und
Merswin 141,6 — 143,13. Die sätze des kürzeren tractates sind mosaik-
artig einem grösseren, von Merswin herrührenden passus einverleibt
worden, vgl. 141, 17— 20. 22 fg. 28 — 142, 1. 142, 18 — 22. 29 fg. 31 fg.
143,5 — 7.10 — 13; unmöglich konnte aus Merswins text der text bei
Diepenbrock als excerpt hervorgehen.
Diepenbrock.
354, lQfyg. nun sich, wie schwerlich
die leute verfallen sind in den pfuhl der
unkeuschheit, der hoffart und der geitzig-
keit, Sünden, die got sonderlich hasset,
denn sie sind eine Ursache neides und
hasses und gemeinlich aller andern Sünden.
355,5 lautet die Überschrift i/um
zweiten teil Hier hebt sich an zu reden
von den neun felsen. Es mag niemand
zu gott kommen, er habe denn wohnung
auf diesen felsen.
371,17 Der mensch: ach, was meint
das, dass diese lieben menschen nicht
vorwärts gehen?
Die antwort: das ist, dass sie der natur
heimlich gesuch und ihre niedrige be-
gierde nicht zu grund abgelegt haben;
denn dies wäre ihnen gross not zu er-
kennen und auch abzulegen.
373, 25 Wie sollten der menschen
viele sein? du siehst doch, dass derer
gar wenige sind, die dieser zeitlichen
natürlichen dinge sich durch gott gänzlich
entschlagen (verzihen) und sich darin
lassen (?) und sich lauterlich iu der wahr-
Merswin.
61, 13 sich wie gar sere und wio gar
fil imd wie gar diefe die cristenheit ge-
fallen ist in den pffil der unkiischekeit
und in den pffil der gritikeit und in den pffil
der hoffart und in den pffil des nides und
des hasses. du solt wissen das diese sünden
got sünderlinge hasset, und ist das sache
das usser diesen sünden küment das meiste
deil aller sünden.
64, 27 Nu hebbet hie an von dem
eisten felse zu reddende; es mag och
nieman zu gotte knmen er habbe denne
eine wonunge uffe dieseme ersten felse.
Merswins gedanhen eilen hier voraus,
vgl. D 356,16 = Merswin 66,28 fgg.
100,21 Der mensche sprach: sage
mir, herzeliep mins, wie kumet es oder
was ist der gebresten, daz dise guten
menschen iu daz fegefür müsent? (in
Übereinstimmung mit 84, 25 fg. 87,24/*/.
92, Ufg. 97,21.)
Die entwurte sprach: daz wil ich dir
sagen, die Sache ist daz dise menschen
der naturen heimelichen gesuch noch nüt
zfi gründe hant geleret bekennen noch
och nüt zu gründe hant abegeleit.
Der mensche sprach: ach herzeliep mins,
wie wer daz eine so grose notdurft daz
ich und alle menschen der naturen heime-
lichen gesuch lertent bekennen und es
och denne ürvolgetent mit demme lebende.
105, 13 sage mir, wie sulte dirre
menschen vil gesin? du sist doch selber
wol daz men gar lüzel menschen findet
die sich dirre zittelichen natürlichen dinge
ein ganzes stettes fürlöken wellent haben
irrne gotte alleine zu eren; sage mir, die
272
heit verleugnen wollen, ihrem gott zu
ehren, und wie sollten denn die men-
schen immer dazu kommen, dass sie sich
geben könnten in ein ganzes wahres ver-
leugnen dessen, das da ewig ist und un-
ermesslich und unaussprechlich?
378, 38 man soll deshalb nicht wun-
der nehmen viel dinges, das hier steht
mit bilden, denn man wüsste anders nicht,
was es wäre; man könnte es auch nicht
verstehen, gott ist ein so grosses gut,
dass kein menschlicher sinn ihn begreifen
mag.
381, 23 das sind die verborgenen
heimlichen werke gottes, die niemand zu-
gehören zu wissen, warum er aber so
ungleich diesen edlen, lieben menschen
tut? das ist darum, weil er wol weiss,
was einem jeglichen zugehört und ihm
gut und nütz ist.
351, 10 ich meine nicht gute ehrbare
trauen, deren man noch viele findet in
zucht und in ehren, sondern ich meine
die weiber, die sich der weit annehmen,
sie heissen geistlich oder weltlich, und
der gefallen wollen in worten und in
werken, in kleidern und in gebärden, und
darauf mehr ihren fleis setzen denn an
gott, und geben ihre zeit, ihr herz und
ihre gunst den creaturen, die sie weit
mehr zu erfreuen und zu betrüben ver-
mögen als gott. die weiber sind rocht
worden zu einer teuflischen höllischen
mördergrube und die gute gottes erträgt
sie und verhält sich gegen sie zuwartend
und langmütig, und es hilft alles nichts.
menschen, die denue in deme zitlichen
ein ganzes fürlocken nüt niögent haben,
wie soltent aber die menschen ie mer
derzü komen daz si des ewigen lidig
stündent?
116,21 ich weis wol daz ez vil un-
verstandenne menschen wurt wunder ha-
bende, aber wo fürstandenne götteliche
menschen sint, die merkent wol das men
die ding mit bilden müs zubringen, an-
ders der mensche wüste waz ez were,
wenue got ist zu gros, kein menschlich
sin mag sin nüt begriffen.
121, 27 waz ist dirre meinuugen daz
du dise menschen — also gar ungeliche
in den Ursprung sehen lost? Die ent-
würfe sprach: do solt du mit noch frogen,
ez gehurt dir och nüt an zu wissende,
wenne es ist ein heimeliche fürborgen
götteliche werc, und du solt es der or-
denunge gottes billich bevelhen, wenne
got der weis wol und bekennet wol waz
eime iegelichen menschen zugehört und
och waz ime nüzze und gut ist.
43, 28 das wil ich nüt widder redden,
men finde noch gute wibesnamme, abber
wie fil der ist das weis got wol der alle
dinc weis, ich wil dir sagen , so ich zu
dir redde von wibesnamme so meinne ich
nüt alle wibesnammen, ich meinne die
wibesnammen die sich der weite annem-
ment und me besorget (s. 44) sint wie si
der weite gediennent denne gotte und me
cit und stunden der weite gent denne gotte.
ich wil dir sagen, wibesnamme ist in
diesen serclichen geggenwertigen citen
worden zu einer düfelschen hellenschen
mortgrnben. Hierauf bittet der mensche
für sie um erbarmen. Die entwrte:
weshalb? du sist doch selber wol das er
in alles das fürhenget und fürtreit das si
in diesen citen fürbringent und dünt.
Hierauf abermalige bitte am erbarmen
ZUB G i ITTESFBEUND - FRAGE
273
tinter berufung auf so manche offne
Sünderin. Die entwrte: das ist wol war,
abber die offene sünderin sündete in groser
fortke und kam och zu rfiwe und zu
bihthe; aber ich wil dir sagen, dise f reffein
wip die wellent biddenve wibesnammen
beisen, abber du solt wissen das ir fi.1 in
diesen citen uf ertliche ist die gottes
lichomen alle ior enpfohent (vgl. oben
s. 245 zu 351, IS fgg.) , die gotte fil un-
genemmer sint denne etteliche offene
siiuderin ;
und du solt wissen das die selben freffeln
wibesnammen demme tbüfele ferre weger
und lieber sint denne etteliche offene Sün-
derin, und ist das die sacho das si inime me
rotes und nucces schaffent denne etteliche
offene Sünderin. Hierauf abermals bitte
um erbarmen und antivort darauf
(44,27—30), dann:
Inge umbe dich und nim war wie gar
scbentlicbe und wie gar schem meliche
und wie gar unküschekliche wibesnamme
in diesen citen gont mit irme gewande
und mit allen iren geberden.
45,1 — 30.
45, 31 — 46, 15 h handt In neben phra-
senhaften widerholungen diu lehrbegriff
der todsünde.
46,15 — 47,15.
47. 15 — 48, 18 über unaufrichtige
beichte, fahrlässige beichtväter und sünd-
haften empfang des sacratuentes.
48,18 — 30.
48, 30 — 51, 7 knüpft an an die kurze
bemerkung des ndl. textes: hoe sorglick
is het dyn lychaem 't ontfangen. — het
en is niet sorghlick voor die, die hun te
gronde gelaten hebben und handelt aus-
führlich über würdigen und unwürdigen
empfang des abendmahls.
Und so lassen sich noch manche andere abweichungen bei Mer-
swin ungezwungen nur erklären, wenn wir seinen text als bearbeitung
des kürzeren traetates anerkennen. Ich verweise dafür noch auf die
lesa. zu 359,5. 375,9. 384, 5fg. oben im zweiten abschnitt.
sie wollen ehrsame weiber heissen,
und sint oft gott unwerther dann gemeine
offne sünderinneu, denn die sündigen in
furcht und ängsten und nicht mit frevel,
wie diese tun. sie sind dem teufel viel
lieber denn die gemeinen weiber, denn
sie sind ihm viel nützer.
sich an, wie recht unkeuschlich und
schämlich sie nun gehen vor allen mannen,
was dann 351,24 — 31 des breiteren aus-
geführt wird, u. a. muh betreffs der
Meidung und sonstigen gebahrens.
351,31 — 352,12.
352,12 — 26.
352, 26 — 30, vgl. oben s. 24.". ;u 352,
28. 30.
274
Für ein solches abhängigkeitsverhältnis spricht auch die unklare,
ja unverständliche ausdrucksweise, zu der Merswin gelegentlich durch
seine Zerfahrenheit und redseligkeit verführt wird, während die kürzere
fassung, der fälschlich sog. 'auszug' einen einwandsfreien text bietet.
Diepenbrock.
334, 30 fg. dass die grossen wasser
ausflössen in das hocligebirge, und da sie
oben ankamen, da fielen sie über die
hohen felsen nieder zu tal.
301,32/)/. und welche da blieben,
Merswin.
10, BSfgg. das die grosen wasser do
us flüssent und das hohe gebirge uebber
abbe flos (!) und fiel (!) ueber die grosen
hohen felse ueber (!) abbe zu dal. Vgl.
oben s. 267 lesa. zu 11, Ifgg.
81, 1 und welle menschen obbenan
die waren so klar (splendidi /<), dass er uffe den andern fels koment und duffe
sie nicht ansehen mochte. blibbent, die mehthe dirre mensche an
stette nümme gesehen, abbe dirre ge-
siebte nam dirre mensche gros wnder.
Ich zweifle nicht, dass nur Merswins flüchtigkeit die' worte die
waren so Mar übersehen hat; auch mit der ausdrucksweise, sich über
ein gesiebt wundern, das wenigstens z. t. darin besteht, dass man etwas
nicht sieht, wird man sich abzufinden haben. Nach dem kürzeren
traetat nimmt der glänz, der die bewohner des zweiten felsen umstrahlt,
dem begnadeten die Sehkraft.
Diepenbrock. Merswin.
384, ifgg. und da deine seole in die 127,19,%/. do diene seile in die
hohe schule kam, da sah sie, dass die schule kam do sach si das die schule vol
hohe schule alle voll briefe war, und es briefeliu lach, die alle fol gewoije liethes
waren diese voll wahren lichtes und unter- underscheides atmestönt (!? vgl. x. 22
schieds, vgl. übrigens die lesarten im annegesach).
zweiten abschnitt oben s. 253.
Dem gegenüber sucht Merswin durch kürzung über stellen seiner
vorläge hinwegzukommen, mit denen er sich nicht recht abzufinden
weiss, wol weil ihre Überlieferung nicht fehlerfrei war; auf text-
schwierigkeit weist manches, indem der Wortlaut der uns erhaltenen
handschriften oft stark divergiert; der druck von 1482 lässt geradezu
lücken im satz. Selbst wenn der grund anderswo gesucht werden
müsste: dass der sonst kürzere text nicht aus dem Merswins hervor-
gegangen sein kann, darüber lassen folgende stellen keinen zweifei.
Diepenbrock. Merswin.
344, 12 fgg. wie das sy es nicht tiint 29, 14 wie das si es mit mit den
mit den werken auswendig, so volbriugent werken follebringeut, so diint si abber
3 sy doch grosse unkeusche in manigor band grose unku.se sunde
3 doch fehlt W; grosse fehlt S; unkeuscheit mSWab
ZUR GOTTESFREUND - FRAGE
275
weyse in den sinnen mit frönibder minne
und begirde und mit dem willen und ge-
beut sich in die creaturen und minnent
dye creatur für got und verunkeusckent
5 sieb, vor got und auch mit hoffart der
kl eider und in hoffertigem weltlichem
gelässe in worteu und in freuntschaft
der leute, und auch mit verporgen haim-
lichen sünden, von den man nicht wol
LO getarr gesch reiben; die es sind, die wys-
send wol was ich maiue.
344, 22 wisse auch , das die recht
s trau II eines inwendigen götlichen ernstes
und lauterlieh ploß gott meinen und min-
.5 nen gar zu einer eytelkeit ist worden
uuder in. göttlicher heimlicheit als etwan
was, der ist under in gar vergessen und
ze mal nider gevallen.
345, 10 und sihe wie der heyligen
X) cristenheit gut, dar umb got sein bluot
vergossen hat, wie das under in verzert
wirt. das für der lewte sei stat, und sy
in dem fegfewer müssendt brinneu, wie
das verstau wirt von geystlichen und
!ö weltlichen.
und sich von in allen, wie vil sy irer
wirdigkeyt und irer eren achtent und sich
mit dem willen.
so sündet ir ein deil mit hoffertigen un-
küschen cleider und mit hoffertigen un-
küschen geberden,
so sündent ir ein deil mit heimmellichen
fürborgen sünden, von den sünden men
nüt wol gethar geschoben, die es do sint
die wissent wol was ich meinne.
29, 23 du solt wissen das die rehthen
stroseu eins indewendigen gettelichen
lebbendes
sint gar sere faste zurfallen und fürgessen
in den frowenclostern.
30, 23 lüge umbe dich und sich au
daz also rehte lüzel und also rehte wennig
gottes goben wurt gebruht und fürton
noch rehter gottelicher ordenungen also
ez uf ist gesät, lüge umbe dich und sich
an daz also lüzel und wennig gottes goben
lidig werdont, do werdent alles criege
und unselde us; lüge umbe dich und sich
an wie gar alle ordenunge sint fürgangen
und umbe sint gekeret; lüge umbe dich
und sich an was eren die priester selber
priesterlicher wurdekeite bietent, und Inge
1 liebe Wb 2 und fehlt m; vnd am xeilenschluss , dann im beginn der neuen
xeile räum für drei /forte gelassen, hierauf Vnd mit d. w. a begirde fehlt m;
nach begirde: der klaider aasgestrichen P; genüge de(r) claider S; genüeg TT'; mit
unrainen gedencken b und fehlt S dem fehlt S 3 in die creaturen bis 5 sich
durch homöoteleuton ausgefallen MP in die] den mab nement mWab 4 für
got fehlt mWab 5 auch fehlt S nach mit am teilenschluss and xeilenheginn
räum für vier worte gelassen a hoffart] begirde MP; genüegte S; genüeg W;
reden uud mit üppigkait b 7 gelisten mit w. S 8fg. mit h. sünden die verborgen
seind mPSWab 10 tarr W schrillen MS 12 w. daz auch .1/ 14 luterkait(!) S
minnent MP; minnende S; meine a l±fg- mainent MP; mainde S; lieben Wb
15 ist gar — worden MPW; gar zu e. e. ausgefallen, was aber durch ein kreuz au-
gedeutet ist S faulkeit ab worden] komen /// IG under] vn W in fehlt S
in g. heiml. ab als fehlt S etwan vor Zeiten TT" 17 geschach und was S gar
fehlt in 17 fg. zu maul under inen verg. gar und zu m. n. g. S 20 gut umb das
ab 21 hat verg. MP wie das fehlt b 22 wurt M da W 23 br. und braten
MP 24 und von Wob 26 in fehlt M; in a.J a pfaffen S 27 irer fehlt S
276
15
20
30
35
darnach haltendt und wie got geminnet
und gemainet wirt so wenig ze grund in
allen iren wercken , in thftn und in laussen,
wann aller gütlicher ernst ist zemal in in
vergangen und vergessen und darzft ist
in ze allem inwendigen empfinden als
10 wenig, als es sy nicht angange und ge-
denkent wenig darnach,
(346,1 Der mensch. Einiges her-
25 zenslieh, das lasz dich erbarmen! möchte
ich darum meines herzens blut aus meinen
äugen giessen, das tat ich gern.)
345, 19 wann sy gedenkent mer nach
grosser kirchengült wie sy der vil ge-
40 winnen und wie sy groß kunst gewinnen
umhe dich und sich an wie vil der priester
mag sin in disen ziten die sich selber
nüt findent (s. 31) minnende noch mei-
nende und die ere gottes siichent und
och meinende sint mit allen irme tnnde
und mit allem irme losende,
du solt wissen daz rehtes indewendiges
gotteliches ernesthaftes lebendes ist gar
sere fürgessen in den priestern. Der
mensche sprach: ach herzeliep mins,
ich getruwe meu finde noch gewore er-
lühte priester die rehten indewendigen
eruest hant. Die entwrte sprach: daz
ist wol war, ir ist aber also rehte lüzel
und wennig daz es onne mose ist; und
du solt wissen daz dirre indewendigen
wege und dirre indewendigen wisen in
den priestern also gar fürgangen sint und
also gar fürgessen sint. daz ist och die
sache daz men also luzel priester findet
in disen ziten die geheiliget sint, also
hievor vil beschach, die grose heiligen
sint vor gotte (vgl. s. 20. 22. 29. 35).
Der mensche sprach: ach herzekliches
liepliches liep mins, wonne mohte min
herze blöt zu den ögen usgiessen, daz
wolte ich gerne tun in der meinungen,
daz dise indewendigen wege und dise
göttelichen indewendigen wisen widerumbe
wurdent bekant also si hievor worent be-
kant. Die entwrte sprach: daz solt du
wissen , daz wer wol behalten und soltest
du den bittern strengen schemmelichen
tot darumbe lideu; wenue du solt wissen
daz dise indewendigen wege und wisen
der phafheit, bede geischliche und welt-
liche, gar fürborgen sint und ist die
schulde ir, und ist daz die meinunge das
si nie noch kunst stellent, domitte si ere
erwerbent, denne si stellent noch der in-
1 fgg. wie wenig got in iren herczen zu gr. liebend und mainent noch in iren
wercken S so w. geliebet und gem. wirt W geminnet] geliebet b 7 zemal
fehlt S 8 so ist S 9 in — inwendigen] alles gotliches inwendiges W empfinden]
Hiß zu gott S 10 w. gä'ch S; wenic in yn W alß ob Sb; sam ob W es fehlt W
sy] sollych lewte a sie semlichs nichcz W angenge m; angehör TT 38 mer
fehlt S 39 grossen kirchen und güllen S der fehlt S 39 fg. gewunnen in 40
und — gewinnen ausgefallen durch homöoteleuton m gewunneu P
ZUR GOTTESFREtTND - FRAGE
277
und der vil, das sy grossen schein und
ere und gut davon gewuunen under geyst-
lichen uud weltlichen, darauf gat ir mey-
nung verr nier wie sy den lewten ge-
vallen denn das sy darauf gangen, das
sy gewar werden und schmecken gottes
und seyner inwendigen geuade.
darumb nimmet er in die seihen genade
die sy hahent und gipt sy eynem anderen.
dewendigen kunst, domitte si den heiligen
geist mohtent erwerben, ich wil dir sagen,
dovon beschult es, so die phafheit sich
weret dez gottelichen iufluses der inde-
wendigen gottelichen gnoden, was tut
denne got? ich wil dir sagen, got der
ist also mute sine gnode zu geude und
get der: die selbe gnode die si hant die
nimet er in, und git si den menschen
die vor vil gnode hant.
Wenn Merswin einigemal, wie es den anschein hat, richtiger liest
als der kürzere tractat, so beweist das für solche fälle eine bessere
vorläge als alle uns erhaltenen fassungen und ohne dass sich hier mit
Sicherheit behauptungen aufstellen Hessen, möchte ich doch wenigstens
der Vermutung räum geben, dass z. b. Merswin 3,28 — 31 inhaltlich in
unserer Überlieferung des kürzeren textes (nach 331, 22) vielleicht nur
ausgefallen sind, dass für Merswin 4, 13fgg. eine von unserer schwer-
lich ursprünglichen Überlieferung (331,34 s. die lesa.) abweichende les-
art als vorläge vorauszusetzen sein wird. Vgl.
Diepenbrock.
331,21 Der mensch, ach lieb meines,
soll ich noch mehr wunder sehn, so fürchte
ich, ich muss meiner grossen krankheit
entgelten.
du weisst doch wol, dass ich allen crea-
turen habe Urlaub gegeben , dir (zu dienen)
in rechtem gehorsam bis in den tod (nach
MmSW).
331, 33 Die antwort. du sollst her-
nach empfinden aller dieser dinge (das
soltu befinden hernach von wunder a. d. d.
S), die hernach geschrieben sind (stond S).
Da ward der mensch zumal krank an
seiner natur usw.
Merswin.
3,25 Der mensche sprach: ach herce-
liep mins, müs ich denne noch nie groser
wnder sehhen, das ist ein zeihen das ich
ferthe das ich minner krancheit engelte.
Die entwrte sprach: dun uf diene inren
ogen, und sist gotte gehorsam. Der
mensche sprach: ach herceliep mins, des
wil ich gerne dun also fere ich mach,
und du weist doch wol, herceliep mins,
das ich allen creaturen habbe urlop gebben
und dir alleine wil gehorsam sin unce in
minnen dot.
4,12 Die entwrte sprach: das solt du
schirre befinden was got mitte meinet.
Do dirre mensche alle diese gesihthe ge-
sach die hienoch geschriben stont, do
wart dirre mensche gar zümole kraue an
sinner natturen usw.
1 und der vil fehlt muh lfy. groß schinen an eren und an gut etc S 2
gewynnen W 3 und unter w. W 4 verr fehlt S; vil b Afg. gefielen S 5
giengen S; gen W 6 wrden S und versuchen und MP und schm. g.] des
gütlichen smacks W schmackten S Qfg. g. u. seyner L] ir inwendig S 7 ge-
naden W 8 er] gott <S selbigen Ml'ab 9 gend P.
278 STRAUCH
Gelegentlich übergeht Merswin einzelheiten. Wenn sätze im kür-
zeren text (343,2. 344, 6 fg. 349,10. 387,28fg. 389,25 — 27) bei Mer-
swin fehlen, so beweist das nicht zusütze in der kürzeren fassung:
vielmehr hat Merswin sie ausgelassen, oder der verlast mag auf rech-
nung der directen, in diesem falle unvollständigen vorläge kommen.
Auffallen kann höchstens, dass der sonst so gern rügende Merswin
32, 15 die Schilderung des jetzigen weltlichen treibens der beginen
(D 346,9 — 14) oder 42,19 des übervorteilen s der handwerker (D 350,
14 — 16), ebenso 44,33 den passus über das unsittige benehmen welt-
licher frauen (D 351,24 — 31) übergangen hat.
Auch Umstellungen, wie Merswin sie hie und da zeigt, beweisen
nichts für ursprünglichkeit seines textes gegenüber dem knapper ge-
haltenen anonymen tractat: über D 346,1 s. oben s. 276; D 350,16. 17
sind bereits 42,2 — 4 vorweggenommen; D 366, 32 — 36 = Merswin
91,3 — 6. 90,33 — 91,3; D 368,36. 37 stehen (95, 18 fg.) schon vor
368,29; 380,13 — 16 sind umgestellt bei Merswin 119,8—10. 1 — 3
mit Zusätzen, die zweifellos als erweiterung aufzufassen sind; D 387,28fg.
vor 24 — 28, vgl. Merswin 137,9—15. 5 — 9; D 388, 9 fg. stehen inner-
halb eines grösseren Zusatzes schon 139,29 — -32, obwol man sie bei
Merswin erst an späterer stelle erwarten sollte.
Merswins zusätze, die aber selbst wider ihrem inhalte nach oft fremde
gedanken und anschauungen verwerten, lassen folgende kategorien erkennen.
1. Im ersten teil, dem Rügenbuch, hat Merswin in den capiteln,
die den einzelnen ständen gewidmet sind, die dialogform häufiger und
strenger durchgeführt als dies in seiner vorläge der fall war. Das ver-
fahren, das er einschlägt, ist sehr einfach. Er greift meist aus den äusse-
rungen der 'antwort' die eine oder andere heraus und setzt sie in
frageform um, damit ist dann der dialog hergestellt, aber wir müssen
zugleich auch Wortschwall und lästige widerholungen mit in den kauf
nehmen, so dass der häufige, wenn auch in anderem sinne gemeinte
ausruf 'wie einfältig ist deine frage!' (s. 94. 99. 103) hier in der tat
am platze wäre. Auch im zweiten teile wird auf diese art frage und
antwort noch vervielfältigt. Vgl. 23, 12fgg. 25, 17fgg. 26, 3fgg. (z. 5
folgt abermals eine rede des 'menschen' ohne dass die der 'antwort'
vorhergegangen wäre). 32, 17fgg. 33, 5fgg. 36, 27fgg. 39, 9fgg. 16fgg.
43, 26fgg. 44, 4fgg. lOfgg. 27fgg. 45, 6fgg. 52, 4fgg. -71, 15 — 18.
74,34 — 75,5. 93,6—8. 97,6 — 9. 102,5—9. 106,14 — 16. 107,17—19.
118,11 — 13.
2. Sehr häufig werden die durch die vorläge gebotenen gedanken
weiter ausgesponnen, z. b. 8, 18 — 26. 9,1—9. 10, lfgg. 17, 11— 26 (die
ZUR GOTTESFREUOT) - FRAGE 279
erwägung, 17,11 — 17 könnten in der vorläge Merswins vielleicht nur
durch homöoteleuton — stünde (n), wie gar sercliche es stot umbe die
cristenheit 11 fg. 17 fg. — ausgefallen sein, wird man mit rücksicht
darauf, dass der ganze abschnitt stark erweitert ist, besser bei seite
lassen). 20, 21fgg. Selbstverständliches wird weiter ausgeführt (61,21 — 23
vgl. D 354, 20 fg.). Widerholungen bis zum überdruss sind mannigfach
zu belegen: 13,11—13. 16,33 — 17,4. 30,12—15. 33,26 — 34; beson-
ders lehrreich die capitel von den kaisern und königen, von den her-
zögen s. 34fg. (vgl. D 347). 36 fg. (vgl. D 347fg.); 44,4fgg. 27fgg.
66,4 — 8. 68,34 — 69,2. 73,2 — 4. 79,20 — 26. 101,10 — 15. 106,30
bis 107,2; s. 109. 110 zu beginn des neunten felsens; 121,7 — 11.
128, 2 — 24. Ausserdem zahlreiche, nicht gerade nichtssagende, im
gründe aber doch inhaltlich unwesentliche Zusätze und erweiterungen:
26,3 — 12. 37,29 — 33 (vgl. D 348,20 — 22). 67,26 — 34. 68,5 — 13.
73,24fg. 78,13—25. 78,28 — 79,3 (vgl. D 361,6 — 8). 82,32 — 83,6.
84,4—17. 100,5 — 11 (D 371,10fg.).' 103,17—22. 111,6 — 8. 112,1
bis 13. 114, 18 fg. 21fg. (vgl. 133, 23fgg.). 114,23 — 28. 117,15 — 21.
120,27—33. 122,1—5. 11—15. 123,2 — 9 (vgl. 122, 27 — 29. 29 — 31).
126,1—3. 6fg. 127,1—13. 127,30—128,2. 129,12 — 20. 130,26 bis
131,6. 6 — 8.
3. Ausser einigen kurzen, selbständigeren zutaten (z. b. 123, 11
bis 13 -- nach D 382,9) oder abweichungen (23,1—5 vgl. D 341,6
bis 9; 27,18 — 23 statt D 343,2) kommt nun aber eine reihe kleinerer
und grösserer zusätze und excurse1 in betracht, die in ihrer tenden-
ziösen art allein der Merswinschen bearbeitung ein originelles gepräge
zu geben vermögen. "Wir müssen bei ihnen deshalb etwas länger ver-
weilen. Zunächst ist zu bemerken, dass Merswin bestrebt ist, durch
häufige anspielimgen seine Vertrautheit mit der biblischen Überlieferung
zu bekunden. Er citiert genauer als seine vorläge (25, 31 vgl. D 342, 17:
Joh. 5,14), leitet ein biblisches citat besonders mit den worten ein:
es stot doch geschriben in deine heiligen eivangelium 31,33fg. (vgl. D
345,28), men findet in der helgen sclirift geschriben 55,12, daz evan-
gelium do daz wort inne stot 116,1 (vgl. D 378, 31fgg.), verstärkt
durch einen zusatz wie in der alten e und in der nüiven e 51, 19fg.,
1) Es kommen namentlich die folgenden an umfang grösseren zusätze in be-
tracht: 6, 32— 7, 7. 26,24 — 33. 34,1 — 12. 37,25 — 28. 39,22 — 40,20. 41,3 — 27.
45,33 — 46,15. 47,15 — 48,18. 51,22 — 28. 52,21-53,1. 54,1 — 58,8 (nach D
353,29). 58,19 — 60,30 (nach D 354,5). 01,31 — 64,5 (nach D 354,23). 91,6 — 17.
93,26 — 94,8. 132,1 — 9. 13 — 15. 135,4 — 136,8. 136,16 — 33. 137,15—140,16
(nach D 387,29). 141,6 — 143, 13.
280 STRAUCH
oder verwertet für eigene gedanken bibelsprüche in freierer form
(20,28 — 31 vgl. Matth. 22,37. 39; 138, 19 fg. vgl. Matth. 16,20). Er
zieht zu ausgeführterern vergleiche biblische personen heran wie den
propheten Jonas (62, 4fgg.), Kaiphas (10,12), Maria Magdalena (134, 31 fgg.
136,20 vgl. Luc. 10,42), Petrus und Paulus (146,11. 14, vgl. Matth.
17,4. 2. Cor. 12, 2 fgg.; s. übrigens 117,3 = D 379,14) und erinnert
39, 34. 41, 3 mit nachdruck an das Schicksal des reichen mannes im
evangelium. Den wert der heiligen schrift kennzeichnet er 6,32 — 7,7
mit den Worten: wer gegen sie rede, der rede wider den heiligen geist,
aus dem sie doch geflossen sei; das wäre unser christlicher glaube
(vgl. dazu auch Meisterbuch 14, 14fgg. 25, 37fg.).
Yon dogmatischen fragen beschäftigen ihn vor allem beichte und
abendmahl. Er selbst möchte, wäre es seines amtes, keinem die beichte
abnehmen, um nicht den leuten die Wahrheit sagen zu müssen, was
ihm natürlich von der 'antwort' verwiesen wird (26,24 — 33). Des
längern eifert er (47, 15 — 48, 18) gegen die unaufrichtigkeit, die nament-
lich die frauen jetzt bei der beichte an den tag legen, gegen fahrlässige
beichtväter, die dies begünstigen, überhaupt ihren beichtkindern zum
munde reden (74,4 — 13) und zumal in ehesachen einer laxen auf-
fassung, einer 'falschen glosse und lehre' huldigen (51,22 — 28), gegen
sündhaften empfang des abendmahls, dessen bedeutung und wert (48, 30
bis 51,7) eingehend characterisiert wird; auch hier wider mit beson-
derer bezugnahme auf die frauen. 'Ihre seelen werden nach dem tode
schwer dafür in der hölle zu leiden haben, dass sie alle jähr des
herren leib nahmen, alljährlich besserung gelobten und doch wider in
sünde fielen. Die seele wird sich selbst das urteil sprechen gemäss
den werken, die der körper vollführt hat. Der reuigen frau möge
gottes leib immerhin gespendet werden: ihr wird er zum segen
(ein ewiger ufanihalt) werden, wie er der sündigen zum 'ewigen
schlage' wird; die reuige seele wird auch aus der hölle genommen
und ins fegfeuer, das nicht ewig währt, gesetzt werden.' Und als sich
der 'mensch' darüber wundert, dass die frauen so wenig die ewige
hölle fürchten, erhält er zur antwort, Lucifer wisse sie mit aller macht
an sich zu fesseln. 56,12 — 58,8 heisst es: 'heut fahren viele zur
hölle. Gottes urteil fällt anders aus, als die meisten es wähnen. Die
seele spricht sich selber das urteil. Wie viele giebt es, die heut oft
jahrelang nicht zum abendmahl gehen. Sind das Christen? Sie heissen
wol so, aber sie sind es nicht. Selbst am lebensende schieben sie es
noch auf, weil sie meinen, wider gesund zu werden. Sie haben eben
niemals liebe zu gott gehabt und so auch jetzt nicht. Werke aber, die
ZUR GOTTESFREUXD - FRAGE 281
ohne liebe geschehen, gelten wenig vor gott. Erst zu allerletzt ver-
langt der sterbende nach gottes leib und dann meinen freunde
und beichtiger, nun werde er wol fahren. Sie irren aber: ein solcher
hätte es besser unterlassen. Nicht reue, sondern angst und furcht, die
sorge, freunde und gut zu verlieren, haben ihn schliesslich zum sacra-
ment geführt, und allerlei sonst, was ihm der teufel vorhält, damit er
ihn bedränge, so dass er ohne alle göttliche liebe stirbt. Da er im
leben wenig liebe zu gott hatte, so weiss er beim tode weder was gött-
liche liebe ist noch ist er sich der bosheit und Verschlagenheit des
teufeis bewusst geworden. So ist mancher in Verzweiflung dahin ge-
gangen. — 45,33 — -46,15 widerlegt Merswin den aussprach einiger
1 ehrer, die da sagen, totsünde begehe nur der, der wissentlich, mit
absieht sündige; sonst gelte der satz: was ich nicht weiss, das schadet
mir auch nicht (ebenfalls 54, 2 fg.), indem er die frage entgegenhält,
weshalb hätte gott uns dann Vernunft und Urteilskraft gegeben? Heute
aber — auch diese stelle findet sich in dem weit ausgesponnenen ca-
pitel über die frauen — leben diese nur nach eignem willen, wie es
ihnen passt, ohne Überlegung. Dieser eigenwille ist es, gegen den
Merswin auch sonst zu fehle zieht, er ist unser grösster feind, wir
wollen nicht gottes sein (34,1 — 12). Wol ist es Christenglaube, dass
Christus seinem himmlischen vater gegenüber den eigenwillen aufgab
bis in den tod, der teufel aber sucht in uns diesen glauben zu er-
schüttern und bestärkt uns in unserm eigenwillen (91,6—17). Die
aufgäbe alles eigenwillens und wahre gottergebenheit sind es auch ge-
wesen, die gottes mutter über alle engel und heiligen erhoben haben
(93,26 — 94,8). — Der beständige kämpf zwischen leib und seele wird
von Merswin in folgender weise (62,19 — 64,5) veranschaulicht: die
Christenheit riecht heut zum grössten teil nach dem fass, d. h. gott
giesst die nach ihm gebildete seele in das stinkende gefäss des körpers
und macht diesen, indem er ihm leben giebt, zu einem menschen.
Von der seele erhält der körper erkennen dessen, was gut und böse
ist, ohne sie ist der körper eben ein stinkendes gefäss. Nun liegt es
im adel der seele, dem körper zu raten, dass er ihr folge; das geringere
sollte dem höheren folgen, das bessere das schlechtere unterdrücken.
Das geschieht aber gar selten, vielmehr muss die seele dem körper
folgen und dadurch riecht sie nach dem fasse, wird stinkend und
muss dafür mit dem körper ewiglich büssen. Nur wenige heutzutage
binden und zwingen das körpergefäss und halten es sauber und blank,
so dass es nach der seele duftet. Und dann stünde es gut um den
menschen. Yon rechtswegen sollte der leib der seele gehorsam sein
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 19
282 STRAUCH
bis in den tod, wenn der mensch selber aus freiem willen es nur
wollte. Das geschieht heut aber nur selten. Alle göttliche liebe ist heut
erloschen; die menschen meinen, sie sollten auf erden ewig wohnen
und bleiben. — Ein abschnitt, von dem Schmidt (Das buch von den
neun f eisen s. Y, s. auch L. Keller, Die reformation und die älteren
reformparteien s. 132fg.) meinte, er sei in dem kürzeren texte aus
dogmatischen rücksichten übergangen, ist vielmehr ein zusatz Merswins,
in dem dieser für Juden und neiden eintritt (54,8 — 56,12). Auf die
bitte, gott möge sich der Christenheit erbarmen, denn Juden und neiden
seien wider gott und würden einmal 'verloren' sein, erhält er zur
antwort: da irrst du. Gott hat einige Juden und heiden jetzt viel lieber
als viele Christen, die unchristlich leben. Ein Jude oder heide, der
seinen glauben für den besten hält, aber bereit wäre, ihn für einen
bessern aufzugeben, warum sollte der nicht gott lieber sein als ein
Christ, der die taufe empfangen hat und doch wider gott tut? Das tut
der gute Jude, der gute heide nicht: kennte er etwas besseres, er gäbe
sein leben, um dazu zu gelangen. — Die heilige schrift und unser
christliches bekenntnis lehren aber doch, dass man nur durch die hei-
lige taufe ins himmelreich komme. — Wol wahr! aber gott in seiner
liebe lässt auch einen gerechten guten heiden oder Juden nicht verloren
gehen. — "Wie werden aber diese ungetauften 'behalten'? — Das ist
jetzt zumeist der Christenheit unbekannt. Wenn ein solcher guter heide
oder Jude stirbt, so erleuchtet ihn gott mit dem Christenglauben, so
dass er der taufe begehrt und diese taufe vollzieht gott in seinem tode.
Auf diese weise sind viele beiden und Juden in das ewige leben ge-
kommen und unverloren wie S. Paulus.
Der grundton aller Merswinschen zusätze ist die klage über die
verderbtheit, in der sich die christliche gemeinde gegenwärtig befindet.
Sie hat Christi tod vergessen in ihrem herzen, führt ihn jedoch im
munde mit schwören, schmähen und allerlei bösen, unsaubern und un-
keuschen worten (52, 21 — 53,1); sie ist irregeleitet von falschen lehrern
(von falscher behender lere, von scheddelicher falscher heimmelicher
lere 132,1 — 9) und verschliesst sich dem rat wahrer gottesfreunde , die
allein noch sie wider auf den rechten weg führen könnten. Da heisst
es 58,19 — 60,30: man sagt der christlichen gemeinde nicht, wie es
sich in Wirklichkeit mit ihr verhält. Und Avarum nicht? weil sie es
nicht hören und glauben will; weil die lehrer fürchten, die gemeinde
würde, wenn sie die nackte Wahrheit erführe, allen halt verlieren; und
endlich: ein heiliger lehrer, der es Avirklich unternehmen wollte, zu
warnen und die Wahrheit zu sagen, er wagt es doch nicht der andern
ZUR GOTTESFREUND - FRAGE 283
lehrer wegen, die es verwerfen, Aveil sie liebekeseler sind, d. h. dem
weichherzigen und haltlosen volk zum munde reden, denn dieses will,
dass die lehrer ihm die lehre nach seinem willen sagen. — Liesse sich
denn die Christenheit nicht bessern? — Freilich! einige wenige lehrer
giebt es noch, die nicht nur sich selbst lieb haben. Geistliche und
weltliche Oberhäupter sollten nach solchen lebemeistern suchen; denen
sollte man glauben und nicht wider sie reden, nicht aber jenen glauben,
die nur sich selbst lieb haben und liebekeseler sind. Jede Stadt sollte
ihrer grosse entsprechend solche lebemeister suchen, die wider auf den
rechten weg leiteten. — Gäbe es denn aber deren genug auf erden? —
Die Oberhäupter und auch die bürger in den Städten würden solche bei
ernstlichem suchen schon finden, gott würde ihnen genug zuführen;
hat er doch auch die zwölf jünger an zwölf enden der weit gesandt. —
Würdest du dich dann solcher häupter, herren oder städte besonders
erbarmen? — Ja, wo solch ein 'gelebter heiliger lehrer' lehrte und
warnte, da würden land und leute vor allem übel leibes und der seele
sicher sein, ja selbst wenn gott eine grosse 'plage' senden sollte. Die
grossen städte sollten sich nach solchen warnenden lehrern umsehen,
auf dass sie, wenn gott seinen zorn ausliesse, dann wahre göttliche
hülfe hätten. Aber die weltweisen menschen halten das für ein 'ge-
spött'; wollten sie gott folgen, er machte aus ihnen edle gottesfreunde
— aber der teufel macht wider alles zu schänden und sie meinen gott
seine weit leiten zu können, wo er sie selber nicht zu leiten vermag.
Vgl. auch 61,31 — 62,15. Namentlich gegen den schluss hin häufen
sich die klagen über die Jetztzeit, die hinweise auf die gottesfreunde,
auf die menschen, denen der rechte weg kund ist (79, 3 — 18. 90, 25fg.
28 — 30. 126,14). 135, 16fgg.: wie soll gott gegenwärtig mit seinen
gnaden den menschen heimlich werden? du siehst, dass alles von gott
flieht. Der guten sind wenige, mit denen gott seine geheimen ver-
borgenen werke üben kann. Die heutige Christenheit lebt sinnlos da-
hin, wie tolle hunde. 136, 16fgg.: früher hielt die Christenheit sich an
ihren gott: wenn ein geistliches oder weltliches Oberhaupt gestorben
war, dann bat man gott in demut um einen nachfolger, der ihm selbst
als der beste erschienen wäre, und er gab ihr dann einen menschen
zum haupt, der in den Ursprung geschaut hatte, einen menschen, der
bei allen seinen Handlungen den heiligen geist zum helfer und ratgeber
hatte. Solche menschen, die in dieser weise von gott auserkoren wurden,
die wurden auch grosse heilige und sollen vor gott grosse ewige ehre
haben. Wozu aber ist es jetzt gekommen ! (der kürzere text beschränkt
sich 387,20 auf blosses nennen der gottesfreunde). 137, 3 2 fgg. werden
19*
284 STRAUCH
die menschen, die in den Ursprung geschaut haben, die wahren gottes-
freunde also, als solche charakterisiert, die ihren namen verloren haben,
namenlos, d. h. wesenlos geworden, gott geworden sind; ein solcher
wird aus gnaden göttlich, was gott selbst von natur ist. Diese men-
schen hat gott unbeschreiblich lieb. — Sonderbar, dass nicht ein jeder
ihnen nachstrebt, um gleichfalls aufnähme zu finden in dieser grossen
ehrwürdigen gesellschaft! — Geladen hat gott alle, aber wenige sind
berufen. Dennoch könnten wir es alle sein, wenn wir nur wollten und
die eigenwillige natur ablegten. Es wollen gegenwärtig aber nur wenige
den rechten weg gehen, sie straucheln fast alle bei dieser nachfolge
Christi oder bleiben auf halbem wege (der zum Ursprung führt) stehn.
Und endlich 142, lfgg. : man hört jetzt lieber auf die pharisäer und
will nicht glauben, dass gott mit den gottesfreunden grosse heimliche
verborgene werke ausrichten könne. Wer das nicht glaubt, ist kein
christ. Oder man sagt, die Christenheit stünde nun auf sich selber und
bedürfe nicht mehr der zeichen durch die gottesfreunde. Was sollen
diese auch sagen, liess doch gott seine eigene mutter nie erfahren, was
er zu tun beabsichtigte! — Das ist nur zum teil richtig mit bezug auf
das, was dem vater allein zu wissen taugte; man denke aber doch nur
an die jünger und heiligen! — Schon im ersten teil, im Rügenbuch,
wird der gottesfreunde nachdrücklicher gedacht als in der vorläge, wenn
Merswin 21, 27fgg. die cardinäle bei der papstwahl alle gottesfreunde
bitten lässt, sie möchten ihnen bei gott bitten helfen, den rechten zu
finden, während es D 340, 24fg. nur heisst, 'sie fielen mit allen gottes-
freunden gott zu füssen.' Merswin legt auf das vermittleramt der
gottesfreunde auch sonst besonderen wert.
Ausser diesen excursen über dogmatische und allgemein religiöse
fragen flicht Merswin ein paar mal auch bemerkungen ein, die uns
wertvoll sind, weil er da nicht anschauungen widerzugeben hat, die er
vermöge seiner laienbildung nur unvollkommen zu beurteilen im stände
war, sondern selbständig und auf grund eigner erfahrung sich äussern
kann über irdisches tun und treiben. Bei den päpsten, die gegenwärtig
ein so wenig heiliges dasein führen, schaltet er 20, 13 fg. ein, es solle
niemand besonders genannt werden. Wie die herren jetzt leben, ver-
mag er von sich aus nicht zu sagen, denn ich han alle mine tage nüt
vil democh gefroget (34, 19fg). Bei den rittern beklagt er, dass ritter-
liche zucht ganz und gar geschwunden, aus ritterlichem scherzspiel
jetzt ernst geworden sei (37,25 — 28). Dass Merswin im capitel über
die bürger und kaufleute persönliche betrachtungen, wie er sie in seinem
früheren berufe anzustellen mannigfach gelegenheit hatte, einfügt, dürfen
ZUR GOTTESFREUND -FRAGE 285
wir von vornherein erwarten. Er erweitert denn auch seine vorläge
(D349) wesentlich und schildert (39, 22 — 40,20. 41,3 — 27) des breiteren
den hang zur habsucht, den ehrgeiz, über andere emporzusteigen. Auf
den einwarf, es sei doch wol besser, auf rechtmässige weise gut zu
erwerben als müssig zu gehen, erhält er die antwort: sie sind nie um
eine ausrede verlegen, wenn sie nur ihrer geldgier fröhnen können; es
würde ihnen aber nicht anders gehen wie dem reichen manne im evan-
gelium, der schliesslich doch in die hölle kam, weil er gott das seine
vorenthalten hatte (ebenso Nie. von Basel 191; Meisterbuch 51). Davor
hätten sich auch jetzt wider die reichen kaufleute besonders zu hüten: wem
gott heute zu reichtum verhülfe, der sollte ihn auch mit gott teilen, nicht
aber in weltlichem Übermut ihn vertun (Merswin konnte glauben dieser
Vorschrift durch seine Stiftung genügend nachgekommen zu sein). Was
der mensch nötig hat, mag er schon erwerben, heutzutage aber kann
keiner genug bekommen und jeder will es darin dem andern zuvortun.
Schliesslich fragt Merswin noch, ob denn, da der kaufmannsstand hier
so sehr getadelt werde, es mit ihm schlimmer stünde als mit dem adel:
das nicht, erhält er zur antwort, aber wie es mit diesem, wenn er
(nur) der weit nachlebt, schlecht steht, so steht es mit jenem, wenn er
habgierig und hoffartig ist, nicht besser. — Und doch glauben sie recht
zu handeln und — empfangen alle jähr gottes leib! womit Merswin
wider die sittenrichterliche miene des busspredigers annimmt.
7. Zur Vorgeschichte von Merswins Neun felsen.
Der in dem circular des Strassburger bischofs Johann von Ochsen-
stein vom jähre 1317 beanstandete beghardische satz quod sunt etiam
immutabiles in nona rupe (vgl. Mosheim, De beghardis 256; Zeitschr.
für die bist, theologie 10,131. 136fg.: Preger, Gesch. der deutschen
mystik 1,215; Jundt, Histoire du pantheisme populaire s. 53) be-
stätigt das Vorhandensein einer älteren häretischen schritt De novem
rupibus spiritualibus. Fraglich aber bleibt es, ob die von Mosheim
Instit. (Helmstädt 1764) s. 482 note p) ex secretioribus eorum (der
brüder des freien geistes) libris mitgeteilten deutschen excerpte gerade
diesem Neunfei sentraetat entnommen sind: die sätze finden sich aus-
nahmslos unter den in der bulle Johanns XXII. com 27. märz 1329
als häretisch oder verdächtig bezeichneten, Eckhart zugeschriebenen
wider und lassen sich zum grössten teil auch direct aus Eckharts
Schriften, wie sie uns überkommen sind, belegen, s. schon Schmidt,
Theol. Studien 1839 s. 675fgg., vgl. auch Preger 1,443. Wenn Mos-
286 STRAUCH
heim, nachdem er Instit. s. 481 note n) gesagt, er besitze auszüge aus
einigen beghardischen Schriften, insbes. aus dem liber De novem rupibus
spiritualibus, es könnten diese Urkunden hier aber nicht beigebracht wer-
den, gleich darauf s. 483 note s), um jeden verdacht der täuschung zu
vermeiden , dennoch einige sätze aus der beghardischen geheimschrift De
novem rupibus anführt, so muss dabei auffallen, dass diese letzteren —
es sind nr. 13. 14 (vgl. Eckhart 426, 17 fgg.) und 15 der incriminierten
Eckhartschen lehrsätze — auf das engste an jene in der note p) mit-
geteilten anknüpfen: satz 13 erstreckt sich über beide anmerkungen,
der anfang steht in note p), die fortsetzung in note s); alle excerpte
sind also vermutlich einer und derselben quelle entnommen. Dass die
1329 für häretisch erklärten lehrsätze Eckharts nachträglich in den
tractat eingefügt sein sollten (Schmidt, Theol. Studien 1839 s. 679 und
Precis de l'histoire de l'eglise d'Occident 1885 s. 308 n.) ist mir nicht
wahrscheinlich, eher möchte ich glauben, dass Mosheim in der note s)
irrtümlich den liber De novem rupibus an stelle der in note p) nur
allgemein bezeichneten secretiores libri gesetzt hat. Anders Preger,
Gesch. der deutschen mystik 3, 348. L. Keller (Die reformation s. 131 fgg.)
streift nur die frage, ohne die eigentliche Schwierigkeit zu erkennen.
Jenes Neunfelsenbuch endlich, über das Mosheim sich auf grund einer
jetzt leider verlorenen elsässischen hs. des 15. jhs. in derselben anm. s)
(s. 484) kurz auslässt, ist sicher nicht die ältere bereits vor 1317 ent-
standene beghardische schrift, sondern meint den jüngeren anonymen
tractat vom jähre 1352 oder Merswins bearbeitung; die frage wird sich
schwer entscheiden lassen, doch kann m. e. wol nur der anonymus in
frage kommen. Vgl. noch Schmidt, Theol. Studien 1839, 679 und
Zeitschr. für die bist, theologie 1839 2, 66.
Der anonyme tractat vom jähre 1352 und darnach auch Merswins
bearbeitung zerfällt in vier höchst ungleiche teile, rede, wie Merswin
sagt. Diepenbrocks erstes capitel leitet im allgemeinen ein (Merswin
s. 1 — 10), cap. 2 — 4 bereiten symbolisch das Rügenbuch durch ausfüh-
rung des fischgleichnisses (cap. 2, vgl. auch D 358, 18. 387, 30 fgg. ;
Merswin s. 10 — 15, vgl. 71,9. 140, 18fgg.) sowie des neunfelsenbildes
vor, welch letzteres zunächst nur skizziert wird (cap. 4, Merswin s. 16
bis 18). Dann folgen lose aneinandergefügt das Rügenbuch (cap. 5
bis 22, Merswin s. 19 — 64) und die eigentliche Neunfelsenvision
(cap. 23fgg., Merswin s. 64fgg.), die, wenig geschickt, als widerholtes
gesiebt gedacht ist (D 355,24. 356, 12 = Merswin 65,18. 66,21). Wir
werden kaum in der annähme fehl gehen, dass hier themata mit ein-
ander verbunden sind, die ursprünglich gesondert neben einander be-
ZUR CfOTTESFREUOsD - FRAGE 287
standen. Das Rügenbuch, eine art busspredigt an clerus und laien,
reiht sich litterarisch leicht in die bekannte, im raittelalter wie im Zeit-
alter der reform1 so reich gepflegte gattung der satire auf alle stände
ein und macht in der uns vorliegenden form einen in sich abgerundeten
eindruck. Iu die entwicklungsgeschichte der Neunfelsenvision 2 lässt
sich noch tiefer eindringen. Es scheinen in ihr verschiedene, auch
sonst in der visionären litteratur beliebte bilder und vergleiche einheit-
lich verschmolzen zu sein. Es giebt einen handschriftlich mehrfach
belegten tractat Von dreierlei geistlichem sterben, der u. a. von neun
gesellschaften der gottesfreunde handelt, die sich in dem, was sie unter
einander charakterisiert, auf das engste, ja wörtlich mit den bewohnern
der neun felsen berühren, jedoch ohne dass das bild eines berges mit
neun felsen dabei erwähnung fände. Da es nicht recht vorstellbar ist,
wie der Verfasser dieses tractates aus dem anonymen Neunfelsen buch
entlehnt haben sollte, eine abhängigkeit des letzteren aber vom tractat
Ton dreierlei geistlichem sterben ausgeschlossen ist, so müssen wir
hinsichtlich der neun gottesfreundkategorien für beide eine gemeinsame
quelle voraussetzen, die der Verfasser des tractats Yon dreierlei geist-
lichem sterben für sein thema mit heranzog und mit verwertete, wäh-
rend der Verfasser des kürzeren Neunfelsentextes, vielleicht nach dem
Vorgang der beghardischen Neun felsen, diese neun gesellschaften auf
eben so viel felsen eines hohen berges verteilte, sie stufenweise dem
göttlichen Ursprung näher brachte.
Der tractat Von dreierlei geistlichem sterben liegt in sechs Münch-
ner handschriften des 15. Jahrhunderts vor und ist gewiss auch sonst
noch erhalten , wenn ich auch trotz einigem suchen bisher keine weitere
1) Vgl. z. b. auch die vorrede zu S. Francks tractat Vom reiche Christi, s.
A. Hegler, S. Francks lat. paraphrase der Deutschen theologie 1901 s. 82.
2) Für die der Xeunfelsenvision zu gründe liegende anschauung sei hier nur
beiläufig an den mons requiei (Ps. 14, 1. vgl. Schünbach zu den Altd. pred. 1,313,6),
den mons Christi (Ps. 67, 16), den mons Syon (Apoc. 14, 1 vgl. Anz. für deutsches
altertum 2, 222, 50fgg.) erinnert, sodann auch an die himmelsleiter, vgl. des Gottes-
freuodes tractate Geistliche stiege und Geistliche leiter (s. Zeitschr. für deutsches
altertum 24, 518 fg.)- Elisabeth von Schönau hat mehrfach bergvisioneu (Yisionum
üb. II c. 17. 24); ihr Liber viarum dei (ed. Koth s. 88fgg.) setzt die gleiche an-
schauung voraus. Auch Mechthild von Hackeborn sieht im Liber specialis gratiae
1,13 einen hohen berg mit sieben, 1,30 eine goldene treppe mit neun staffeln (doch
sind die daraus von Preger Gesch. d. deutschen mystik 3, 265 fg. gefolgerten Schlüsse
abzuweisen). Auf die den Neun felsen näher stehende bergvision der Elsbeth von
Beggenhofen in Ötenbach hat schon Bächtold im Zürcher taschenbuch 12 (1889), 215.
269 hingewiesen.
288 STRAUCH
handschrift ausfindig machen konnte. Es kommen folgende band Schriften
der k. hof- und Staatsbibliothek in betracht:
A cgm. 830 f. 62 ft— 77a,
B cgm. 218 f. 172d— 183c. Zur hs. vgl. C. Wolfsgruber Vander
navolginge Cristi ses boeke s. Vfg.,
C cgm. 458 f. 182a— 201b,
D cgm. 462 f. 13a- 29b,
E cgm. 281 f. 116a — 121%
F cgm. 841 f. 204a— 219 b.
Der tractat steht in den genannten sammelhandschriften zwischen
verwandter asketisch -mystischer litteratur, in den hss. BC u. a. neben
schritten Eckharts und Taulers. — 303, 17. 24 ist allen sechs- hss. der
gleiche fehler gemeinsam; vgl. auch 298, 9. 305, 17. 309, 7. Die hs. A, die
meinem texte zu gründe liegt, geht gelegentlich eigene wege (insbes.
302, 2 fgg.) und steht auch im einzelnen oft mit ihren lesarten allein
(291, lfg. 2. 293,3. 296,17. 298,6. 300, 12fg. 25. 303,13. 304,25); sie
zeigt eine grössere lücke (305,25 — 308,21) und bricht mit 310,4 vor
dem schluss ab. Durch homöoteleuton ist 295, 11 fg. ausgefallen und auch
wol 303,24fg. — 290,20 liest A allein richtig. BCD gehen überwiegend
zusammen, auch darin, dass sie keine Überschriften zu den einzelnen
abschnitten haben, die übrigens auch in F fehlen. Gemeinsam sind BCD
zwei lücken durch homöoteleuton (289, 12 fg. 291, 19 fgg.). Von ihnen
berührt sich B hie und da näher mit A als CD: 288, 3. 309, 7. BCD
stehen EF gegenüber, die öfter übereinstimmen: 289,12. 17. 294,3. 302,8.
25. 310,8. In F, das sonst stark kürzt, liegt 303, 4fg. 12. 304,4fgg. die
ursprüngliche lesart vor, vgl. auch 303,6. 304,3. — 308, 10 — 309, lOfg.
18fg. 310, 2fg. weisen AF gegenüber den andern hss. die gleiche lesart auf.
Im allgemeinen bietet die lesart am meisten gewähr für ihre ursprünglich-
keit, wo die gruppen BCD und EF ganz oder teilweise zusammengehen.
Von dreierlei geistlichem sterben.
J^f i Unser herr Jhesus Cristus spricht in dem euwangelio das sant
Johannes schreibt: es sey dann das das körnlin des traydes das in den
acker feit sterb, so beleibt es allain, ist aber das es stirbt, so pringt
es vil frucht. dar umb ist ze wissen, das under allen trübsalen die
(62 a) rote Überschrift Gute materij vint man hernach geschribii die wol ist ze
lesen vnd boren andächtige menschon A; rote Überschrift Ein schome (sie) lere wie
ain mensch sol goystlich sterben in dreyerlay weisse B; Überschrift "Wiu der mensch
geistlich sterbh sol in dreyerlay weisz G; rote Überschrift Ein Buchlin wie der'
mensch geistlich sterbii sol vh dz in dreye'ley weiß D; O hailiger gaist bis by vns F.
ZUR GOTTESFREUN'D- FRAGE '289
manckfaltig sind in diser zeit nichtz als erschrockenlich ist als der pitter
tod, besunder den weltlichen menschen und auch ettlichen gaystlichen
menschen, die nit die ere gotz und das hayl ir sei vor allen dingen
suchen: den ist die gedächtnusz des todes schwer zuo betrachten und
nichtz schwerer denn volkomenlich in selbs gaystlich sterben und im- 5
serm lieben herren allain leben, wann doch nichtz nüczers ist dem
menschen dann das er dem leb, von dem er leib und sei und alles
guot hatt und (62b) des ewigen leben warten ist. und dar umb spricht
sanctus Augustinus: o mein gott, dar umb das du bist mein herr, han
ich lang zeit gedacht, wie ich dir leben solt das du mir würdest alle 10
ding, und han gefanden, das kain ander weg dar zuo müglich ist dann
das ich von allen dingen sterb und das du allain in mir lebest du bist
alle ding, und dar umb will ich sterben das du in mir lebest, und
will rüwe haben das du in mir würckest, und will schweigen das ich
dich in mir hör reden, dise wort sant Augustein sol man mit fleysz is
mercken, so vint man die waren rechten ursach, war umb vil men-
schen, die grosz Übung habent, in selbs vil abprechent und vil gepet
teglich volbringent und doch die süssen liebe gottes nit begreiffent,
wann es bedarff grosser genad, weishait und tilgend, das man die
listikait der naturlichen naignng und die fürwiczkait gar erkenn und 20
1 (s. 288) TJ in Unser rot ABBE, desgleichen in den folgenden absät\en rote
majuskel im < ingang ABE, dagegen in D nur dafür freigelassener räum sprach B
iu dem — schreibt] also F euwangelij A 2 (s. 288) körnlin sterb des korns oder
traydes das — feit [sterb] A des fehlt B 2 fg. das in die erde fallen ist ersterbe F
3 (s. 288) stirbt es nit so beleibt AB ist eß D; ist daz F 4 (s. 288) frucht fehlt B;
friieht F es zu BGD die da m. A 1 ist F d. weit A; disem jamertal F
und nichtz in disem zeit A alzo EF erschrockenlichs A; erschreklich EF
pitter fehlt D 2 besunder — 5 sterben] Also ist nichß schwerer vnd selczner vnder
gaistlichen menschen dan volkumlichn im selbii gaistlichn widerstrebn F 2 und —
3 menschen fehlt C yedlichem geystlichem B 3 und das hayl ir sei nach 4
suchen A 5 yn im D 5 fg. unserm lieben h.] got dem h. F 6 wann] vnd F billichers
vnd loblichers vnd nüczers F ßfg. d. menschen fehlt F 7 er] der mensch F leib u. sei u.
fehlt F 8 des e. 1. w. ist] vö dem allain habe mag die ewige säligehait F ainigen
B 8 fg. so spr. sannt Augustin F 9 vnse' vatt' aug' D das fehlt D bist] hast
(heist?) B so han ABC 10 lang] kain B zeit fehlt F wie — solt] und
ich lebte F 11 und ich han A erfunden F ander fehlt D 12 zeitlichen
dingen A und] viii daz F du bist — 13 lebest fehlt BCD du = der du EF
14 rfiwe] mer F schweigen] fugen B seh. daräb das F 15 spricht s. A. D
saneti Augustini F augustini C; Augustin E 15 fg. vnd sol m. sy D 16 rechten waren
BF; wäre rechte D rechten fehlt A 17 die doch F ü. (vnd arbait F) vnd ab-
brechung EF in s. v. abprechent fehlt BCDEF 11 fg. u. vil g. t. v. fehlt F täglicher
pet A 18 verpringen E siesse F gottes] Jhesu Christi A 20 lüstikait öfter
F der fürw. BCE; die fehlt D; der sei fürw. F gancz A
290 STKAUCH
s. 93, 12 genczlich tott und ausz rewt. dar umb spricht Davit (63a) im psalter:
der mensch ist sälig den got lernet.
Nun das wir ordenlichen und nützlichen ainen gaystlichen tod
begreyffen und in dem Ursprung, der uns geschaffen und erlöst hatt,
5 süsz frücht mügen pringen vor dem tod und nach dem tod, so sullen
wir mit fleisz mercken, das wir müssen in ettlicher mass leyden drey
gaystlich dugentreich tod. in dem ersten müssen wir sterben den
sünden, zu dem andern mal müssen wir sterben unserm nächsten, zu
dem dritten mal mit unserm lieben hern an dem krücz. es ist auch
io ze merken, das alles das übel das da loydent die bösen veind und die
verdampten menschen allain dar umb leydent, das sy nit woltend leben
nach gottes willen, besunder nach irern aigen willen und wolgevallen
i.i2,25 und also Verliesen si sich selbs, wann der herr spricht in dem ewan-
gelio: wer sein sei lieb hatt, das ist seinen aygen willen, der verlüst sy.
15 0 du ewige weyshayt, o du ewiger barmhercziger gott, wie swar
und wie grosz sind deine urtail über die weysen menschen diser weit,
die auff in selbs stan wellend und doch in der warhayt nichtz von in
selbs habent dann des sy sich schämen soltend, wann sy es recht ge-
dächten! aber sy habend der genad von gott nicht, o lieber mensch,
20 wild du sein ein kluoger weyser deiner armen sei, so leb dem allain
der dir das leben geben hatt und sein leben durch deinen willen an
dem krücz gelassen hat. es ist auch ze merken, das die guotten cristen-
1 ertött A aussrumtt A; red B; ausz reit C; usreytt alz h' D. spricht F
D. der prophet A in dem D im ps. fehlt F 2 lernt ist A 3 rote Überschrift
Hie merk von ainem gaystlichen tod A; rote Überschrift Merck den gaystlichen tod
E ordenleich CD; o. weislichn F nuczleich eyn CD 4 begriffen B beschaffen
CD 5 vnd sueß D und nach d. t.] und dar nach A; fehlt B 6fg. in e. mass
müssen dr. g. d. t. leyden A 7 geistliche C 7 fg. von den s. D 8 zu] in A mal fehlt
AB müssen wir fehlt AD sterben fehlt D vnssers hails negsten B; von u. n.
D zu] iu AB 9 mal fehlt AD müssen wir sterb mit F mit Christo u. 1. h. A
lieben fehlt F 9 fg. Auch ist zu m. F 10 [das] ü. vnd ungemach F 1. sind A die
fehlt F 11 verdampf F müssend leyden A 12 nach dem w. gotz und nach
seinem wolgefallen A willen vnd haissen F sunder F sy habend nach gefolgt
i. A; sy woltn leben nach F 13 und sich selbs dar durch (63 ,J) also verlorn A
v'lassen B sich sy C selb F der h. Christus .1] die ewig warhait F in d. e.
fehlt F dem fehlt AB 14 vorlest B 15 rote Überschrift Merck die weyshait der
weit A; rote Überschrift Du solt mercken daß dy weisn dis' weit E o du ewiger
b. g. fehlt F wie] wel F swar] war ABEF 16 groß vnd erschrocklich F d. weit
fehlt BCD 18 des] daß D seh. s.] schätnent F wann — 19 nicht fehlt F be-
deuten BC; betrachten D 19 genadii E lieber fehlt F 20 wild — so fehlt F
kl. weyser mensch BCE; weyser kluoger mensch D 21 gegeben D deinet, auch
sonst D deinen w.J dich F 21 fg. am kr. D 22 hat fehlt A hat vnd dir das
ZUK GOTTESFREÜND - FRAGE 291
menschen, die noch nit volkoinen sind, nichtz änderst irret in geist-
lichem zunemen dann das sy sich nit gar lassen wellend, und dar
umb so habend sy wenig genad und. in dem (64a) fegfewr werdent sy
haben grosse pein und ain klaine krön in dem ewigen leben und hie
ain unruwige gewissen, wann süntlich gepresten fiidernt nit den men- 5
sehen zno den ewigen fröden.
Nun von dem tod da man stirpt den sünden ist ze merken, das
die göttlich lieb, wenn sy erkückt wirt in der sei, so tot sy all tod-
sünd, wann mit nichten kan die lieb gotz und todsünd in ainer sei
auff ain zeyt bey ain ander beleiben und also wenn der mensch fürbas 10
nit mer willen noch gunst geben will den sünden und tuot beycht und
puosz nach cristenlicher Ordnung, so stirbt er den sünden. eya, du
cristenliche sei, sich an mit tleysz den stareken rysen Jhesum Christum,
der an dem kruez durch deinen willen so gar ain schweren kampff
gefochten hatt, und nim an dich ain puossvertigs leben hie in diser 15
zeitt und ain manlichs unverzagtz ritterlichs gemüt, wann es gar not
ist deiner sei. es spricht sanetus Ambrosius, (64b) das niemant mit im
nimpt sein hausfrawen so er in den streit ziechen will, das send leip-
lich lüst und waichmütig sinn, die da mangen menschen irrent an
ainem haylsamen wesen seiner sei. dar umb lasz von deinem herezen 20
das du doch zuo seinen zeytten lassen muost, das ist die weit mit iren
fröden und leiplich lust. gedenck mit fleysz was dir künfftig sey und
bis berait wen dich gott vodern wöll.
Es ist ze wissen, das der mensch der sich durch got last und
ewig leben berait bat. Nu merek. Aucb ist zu 111. F wissen D 22 fg. eisten g. men-
seben B. 1 irret] wirt B \fg. in dem herren gaystbebeu zuo ze n. A 2 sieb fehlt B
willen G w. das ist aygen willen A 3 so fehlt CEF lies mit F lüczel?
werden nachträglich übergescltrieben, ursprünglich f. baben sy gr. p. B; werdent
sy b. fehlt F 5 vnraraige B; vngeruwige C; vngeruigb D; vnruigs F sun-
derlicb D preeben BCDE; breeben vnd (ausgestrichen, dafür oder) laster F fu-
deren C; fuerü D; fürent F nit in D 5 fg. den m. fehlt G den m. zuo d. e. fr.
fehlt F 6 dem e. lebii ader fr. D 7 rote Überschrift Von den sterben den sünden
(vnd and'r mater' E) AE von den s. BCDEF 9 niebte C 10 bey ain a. fehlt
F 11 gunst noeb w. F den] bey B 12 von den s. D 13 mit fl. fehlt D
vnsern berrn J. Cb. D 15 puossv. — 16 und ain fehlt F bie fehlt C 16 unverz.
bercz und A; weises besebaidelicbes unverz. F gar fehlt F 17 deiner s. fehlt F
im fehlt G IS farn F das — 20 sei fehlt F 19 waichm. — 22 lust fehlt
BCD 20 auß d. b. E; mit dem F 21 das ist — 22 lust fehlt F 22 vnd
ged. EF dir fehlt F 23 wen] zuo welcber zeit A w. dieb g. v. w. fehlt F
24 rote Überschrift Hie merck (dafür Item E) was nuez die frummen menseben
pringen AE Es ist ze w.] Wisß F von grund durch gots willen lausset F und
fehlt A
292 STRAUCH
als er sich gelassen hatt beleibt, der ist gott und allem hymlischen her
ain wunsam eugelwaid und sollich menschen haltend auff die hayligen
cristenhait mit irem rainen leben und andächtigen gebet, o lieber
mensch, hab ain gancz getrawen zuo gott mit ganczem herczen, wann
5 er vermag mer dann alle weit und aller böser veind listikait, und
wissz, das ungehört anfechtung und listikait der bösz veind suocht
wider (65*) die hayligen frumen menschen durch sich und ander bösz
menschen, der er layder vil hatt auff erd. wann sy send in allen
guotten dingen widerwertig und send erstörer und irrer alles guotz mit
io ir boshayt, die sy suochent wider die frummen menschen tag und nacht
und wider die ere gotz.
Wissz das das loblich sterben den sünden hatt gradus oder Staffel
und kan nit geschechen in kurczer zeit nach gemainem lauff der hay-
ligen frummen menschen die dise Übung habent und dar umb will ich
15 schreiben ettlich aigenschafft aines auffganges in gott diser hayligen
menschen und will auch die listikait des pösen gaystes auff decken als
vil mir gott genad verleicht, dar umb das die guotten menschen nit
betrogen werdend, wann kain mensch in diser zeit kann nit ledig stan,
er hab anfechtung von dem pösen veind, die weil leib und sei bey ain
20 ander ist, es sey dann das er seinen willen verbring mit sünden und
leiplichen Kisten (65b), als dann layder sollicher menschen hie auff
ertrich vil sind, die nit ritterlich widerstan wollend den sünden, die
all von ir sünd wegen müssend faren die weitten strasz zuo der ewigen
1 als er s. g. h.] also in gelässehait F und bei. A pleibt er so ist es D
her vnd allii engelin D 2 engelwaid ABCE; waid D; augelwaid F h. auff] tra-
gent F hailige F 3 mit — gebet fehlt F lieber fehlt F 4 hab — getrawen]
getrü F trawen BG von g. h. F 5 wann allu ganezw w. E bösen CDEF
gaist F G anfechtiguug so auch im folgenden E possen BGD gaist F (wä
sie D) suchen BGD 7 dise F frumen fehlt F durch — 8 erd fehlt F und
durch C 8 erden CD; ertreich E in fehlt D; im F i) guotten fehlt F send
fehlt A u. sy irren D und — 10 boshayt] sein' F 10 er sucht vil treibt F
die hailigii cristenhait F cristenmenschen CD 11 und auch D und — gotz
fehlt F gottes Amen D 12 rote Überschrift Nun merk aber fürbas A; Merck
furbas E (w)ye vil das sterben von D ein das fehlt C diez F den s. fehlt
F den s. wider stan A grad F vn C stapfein F 13 es kan D rat lauff
B 14 frummen fehlt DF menschen fehlt F 16 die fehlt 1) lustikait öfter BD
ausz treyben B 17 got gibt darüb F 18 nach werden: Augustinus persevera
usnue in fiuem qz temptatio perseverat usque in finem F in d. z. fehlt F 19 er
hab] der F von dem] der F geist G in diser zeit bey F 20 send F es
sey — 293,1 ewangelio fehlt F volbring B seinen s. AD 21 fg. hie auf erden
(erd C) solcher m. BG; sollicher h. a. erdenn nach vil sind D; hie auff erd nach
vil sein E
ZUR GOTTESFREUND - FRAGE 293
verdanipnus, da von Christus rett in dem ewangelio. es ist aucli ze Matth. 7,1;
wissen, das die genad gotz, so sy in die sei kompt, nit ablast bis das
sy die sele pringt in iren Ursprung, doch also das die sei mit wurcken
sey als es fodert die gottlich genad und ain rechtvertige gewissen, wan
göttliche genad und der frey will halten sich mit ain ander als ein 5
ritter und ain pferd das geritten wirt und also reitt die genad und der
frey will wirt geritten.
Merck, lieber mensch, als vil du dich lassest durch gotz willen
D 358
NF 70
20
als verr nachestu dem Ursprung, ausz dem all creatur geflossen send
und sollichs haylsamlichs lassen hept sich also an: wenn der mensch 10
verstat sein sündigs leben (66a) und in der sei enpfint rüwe und layd
dar über und ainen guoten willen die sünd ze lassen und ze büssen
mit der peycht, als bald kompt er auss dem gewalt des bösen veinds
und die genad gotz ist in im die dise ding wurcken ist. dar nach
kompt der bösz veind und ficht den menschen an und das verhengt i&
gott dar unib, das der guot will des menschen, den im gott geben
hatt, bewärt werd, wann als das gold in dem fürr bewärt wirt, also
bewärt gott sein lieb fraind und ye lieber fraind ye schwerer bewärung,
wann grosse genad sol grosse Übung haben, aber der bosz veind fleist
sich, das er die genad erlesch oder das sy nit zuo nem und tregt dem
menschen also ein, als ob er müntlich mit im redet und spricht: o
mensch, warumb volgestu nit nach deinem willen und deinen leyplichen
lusten als vil menschen tuond? waystu nit, das gott parmherczig ist
und last sich bald versünen mit den sündern? kere dich nit an die
1 dem fehlt A Auch ist ze w. F 2 bis [das] AD 3 sy fehlt D in fehlt D
doch a. das sy die s. BD das d. s. pringt iren Ursprung also arbait und wurcken ist das sy
daz also ervordret von den genaden gotz und hatt an im die göttlich forcht u. a. r.
g. A mit] nit D wirkent F 4 vordert F 5 gotes genad F willen C ha-
bent F sich] sie D 6 lies mit F reitter? doch s. 292, 22 werd C genad gottes
AE 7 willen BC w. g.] widerwertiklich A 8 rote Überschrift Item wie der
mensch sich selbs layten sol A Auch m. F 1. mensch fehlt F 9 verr] vil F
10 s. h. 1.] dise selige gelassenhait F haylsamlichs fehlt B CD wan F 11 rewe
— 12 willen] ein rueliche bewegnuß vmb sein sind mit laid seines h'czen vnd mit
einem willen vnd ganczem fursatz F 12 und fehlt D willen hat BCD 13 gaists
F 14 gotz fehlt D die] der gotheid der D ist wah alle dingk müssen gewert
werden F 15 gaist F [und] das BCD 16 des m. fehlt F im fehlt F 18
vor schwerer: lieb' ausgestrichen A 19 gaist F 20 fg. oder nicht las (fehlt E)
zu nemen (ne E) BCDE 20 sy] die gnad F zuo] auff A denn m. BC 21 als
ob — spricht fehlt F ob fehlt BCD im] dem (den B) menschen BCD; dem E
22 volgestu — 23 tuond] lassest du dein lust F 22fg. deinem leiplichem lust B
23 alz barmh. F 24 und] er DF mit d. s. fehlt F dem sunder B kere dich
— 294, 3 sündent fehlt F nit fehlt B
10
294 STRAUCH
hertten prediger und beychtiger, du macht wol zuo (66b) genaden
komen an den lesten zeitten! — und ander vil falscher trost, dar auff
layder vil menschen sündent. durch sollich einsprechen wirt manger
mensch umb gestossen und betrogen, das im ze kurcz geschieht an
seiner sei. aber der mensch, der ain Vernunft hat und willen zuo gott,
der sol also sprechen: o du falscher ratgeber, ich bekenn das gott
parmherezig ist, wann mit seiner parmherezikait pin ich dir entrannen,
o du veind meiner sei, ich will dir nit mer volgen. ich han layder
bis her nachgevolgt der weit und meiner leyplichen begircl und deinem
valschen rat. nun will ich fürchten und ansechen die göttlichen ge-
rechtikait, die dich umb dein undanckperkayt und grosse hoffart auss
dem hymel in die ewigen verdampnus gestossen hatt, und will got vor
äugen haben und suochen hie auff erd sein er und das hayl meiner
sei, als verr ich kan und mag.
15 (67a) Dar nach kumpt aber der bösz veind und will die genad
irren an sollichen menschen, das sy nit zuo nement, und pringt layder
vil menschen mit seinen falschen rätten, durch die er sy erplendet, auff
77 ainen sollichen weg das sy sprechen, sy wollend gott, der weit,
dem leib und der sei ain genügen tuon und doch nicht verdampf
20 werden, das ist plosz wider die hayligen geschrifft, wann zwain
herren mag niemant wol gedienen, dar zuo messend sy es nicht
geleich auss, wann sy prechent gott und der sei offt ettwas ab und
gebent dem leib und der weit ze vil. es sprechent auch ettlich, wir
wülten ungern töttlich Sünden und vallend doch täglich in grosse
1 pr. und lerer A den gen. A 2 deyn GE; deyne D u. also vil a. f. tr.
D 3 einsprechung BCD; einsprüchh E; vnd ander einsprich F 4 betr. — 5 sei
fehlt F 5 armen sei E der m. — 6 der fehlt F 0 soll spr. also F räter F
ich wais und b. BCD 8 du fehlt F nit mer fehlt D mer fehlt F ich —
10 rat fehlt F 8 dir layder B 9 meiner fehlt A hegirden A; begir E 10 n.
w. ich] wann ich wil F fliecheu B ansechen u. forchtn D u. ansechen fehlt F
12 ewig GF geworfen F 12 fg. und will — 14 mag fehlt F 14 kan und] fehlt
BGD; dann E vermag B 15 rote Überschrift Hie (fehlt E) mercle (m. da E) der
menschen plindikait AE aber fehlt ADF veind fehlt B; geist GF; gaist wider D
IG an s. m. fehlt F nem F 16 fg. vil m. laider F 17 mit s. f. — erplendet fehlt F
sy fehlt BG also erpl. A erfult B; plendt D 18 sin oder weg F mainet F
vnd der w. F 19 ain g.] gnvig F und doch — 21 gedienen fehlt F 20fg. vgl.
cgm 452, der folgenden xusatx, xu Diepenbrock3 s. 300,30 (NF s. 77, 28; bietet':
gar sorckleich ist und wider die lere des ewangely (Matth. 6, 24^ das spricht Nemo
potest duobus dominis servire etc; vgl. auch Buch von den xwei mannen cd. Lau-
chert 56, 12. 64, 29 (Nie. von Basel 248. 255,/ . 21 dar viii D; aber si m. F so m.
AB 22 ettwas fehlt F 23 Dise menschen sprechent also F 24 auch ung. E
ung. t. s.] nit totsind tun F doch t. fehlt F
ZUR GOTTESFRETTND - FRAGE 295
sünd, der sy nit erkennen, wenn sy wellend nit wissen noch hören
die warhait der hayligen geschrifft. ettlich sprechent auch, wir seyen
pluot und flaysch und seyen bey der weit und dürften der weit, dar
umb haben wir ainen weg gefunden, dar durch wir auch behalten
mügen werden, wir wellen allzeit, als pald wir (67b) uns in Sünden 5
erkennen, fliechen zuo gott und zuo seinem leiden, wann gott ist
parmherczig. solten wir verlorn werden, gott wer nit gestorben durch
der menschen willen, o veind ob allen veinden, wie lang wilt du die
menschen betriegen? du hast Adam und Eva auff gerett und betrogen
in dem paradisz und mengen kluogen menschen mit deiner falschen 10
underweisung. das gott alles verhengt über die menschen von der
sünd wegen die da verpracht werden teglich von den menschen hie
auff erd aun all forcht. da sol ain vernünfftig mensch sein selbs wol
war nemen, das er nit betrogen werd und sol ansechen das mennig
menschen, die sich des alles getrost habent, gestorben send in iren 15
jungen tagen und villeicht ir sei iecz send in grosser hellischer pein,
dar umb das sy nit gelept habent nach dem willen gocz und seine
gebot nit gehalten habent und sich getrost als in der bosz veind für
gelegt hatt. es ist war, gott ist parmherczig und ist gestorben von der
sünder wegen (68 a), aber niemant sol dar auff sünden. wer dar auff 20
sündet und wol wais, daz er wider gott tuot und wider sein sei, der
sündet in den hayligen gaist, und wer also wissenlichen sündet wider
sein gewissen und vernunfft, der kompt hart zuo genaden, es sey dann
das er sich fast üb in gnotten wercken und in andächtigem gebet oder
ettwan hab ainen fraind gotz der im gen ad erwerb. es war aber fast 2&
hailsam dem menschen, das er selb guotte werk tat mit gesundem leib,
tuot er des nit, so wirt er versaumpt und verlassen von allen seinen
frainden und kan im niemant mer helffen, weder fraind noch guot,
wan er wolt im selbs nit helffen, da er avoI mocht.
Die selben menschen gevallen in selbs auch unterweilen als wol,
1 groß schwer s. dy D der — 2 auch] aher F 3 bedürfen E 4 rechtn
syn runden F dar durch — 29 mocht fehlt F 5 allzeit fehlt A als p. als D
G bekennen E 7 von D 8 die fehlt E 9 auff gerett und fehlt BCD 11 den
m. B von der — 12 menschen fehlt A 12 dem m. B 13 all fehlt AB ver-
nufftiger CDE wol fehlt AD 14 werd fehlt A 14/#. mauger mensch BCD 16
ieczund BCD 17 seiner B 18 und s. getrost fehlt BCD g. haben E 20 es sol
niemant BCDE aber wer E 21 der selbig mensch B 22 vb' D 23 gewissen
und fehlt A den gen. B 25 guotten fraind A er | erwerb A fast fehlt B
27 er das nit BCD 28 frainden] kantten B [mer] gehelffen A 30 Die s. m. g.]
vnd also g. si F, vgl. oben lesa. wu %. 4 selbs fehlt BC auch unterweilen fehlt
AF so A
30
296 STRAUCH
das sv nit wollen 1er noch straff auf nemen und wollend allain nach
volgen irem aigen willen, sollich menschen werdent schwärlich
von dem posem gaist geplendet, also (68b) das sy vil sünd nit für
sünd habent oder schetzent die sünd klainer dann sy vor gott send.
5 die selben menschen sind in ainem besorglichem wesen ir sei, die
umbgeben ist mit stricken diser weit, und ir aigen synn wol gevelt:
verfarend sy aun todsünd, so habend sy gott vil ze dancken. aber
um die läslichen sünd, der sy hart ledig stend, müssend sy leiden
grosse hellische pein in dem fegfürr. sollichen menschen ist ze
io raten, das s}r rat nemen von gerechten weysen gottforchtigen menschen,
die nit änderst suochent den die ere gotz und das hayl der menschen
und kain zeittlich guot nit ansechent. den selben sullend sy volgen
und nit irem aigen willen und den leiplichen lüsten, wann es rett
8,13 sant Pauls, das sollich menschen, die also leben irem leib nach lust,
15 sterben müssent des ewigen todes und sant Augustein spricht, das die
menschen lebend dem leib, die da essent, trinckent, schlaffen t, padent,
redent, frolich send, wenn sy wellent und als vil sy wellent. das
hayst dem leib gelept und nit der sei, das gar un weislich ist getan
und auch in dar umb berait ist die ewig pein und verdampnus. Von
20 den redt sant Bernhart und spricht also, das sollich menschen etwenn
gedachtem! die ewikait und die pitterkait der hellischen pein, die in
dar umb berait ist: aun zweifei vil menschen aun zal liessend von den
sünden und volgeten nit also nach der begird und wollust irs leibs,
1 beidemal wolten B und sy wollii D allain — 2 willen] also bleibn biz
an irn tod F 2 die s. leut sint die F 4 sy schaczen BD 5 dise leut F sor-
gelichen leben F irr C ir sei — G mit] waii si wouent nachent by den F 6
diser] der F und — gevelt fehlt F aigner GDE wol gefeit 'wird wol ge-
brochen' so — 8 leiden] daz doch schwärlich zu gat so werdent si behalten vnd
gewinnent vnusprächenlich F 7 vil] wol BCD 8 der] dy D hart fehlt D 9
hellische] vnd lang F vnd dy suud'r(V) in d. f. D 10 rechtü D 11 die — 297, 3
leichnams] vnd den selben folgent vnd nit in selb F 11 menschen] sei A, vgl. 289, 3.
294, 14 12 nit fehlt BGDE den s. menschen E sollen wir D 13 de aygnen D
aigem A spricht D 14 vor irem : jn eingeschaltet B 15 dy m. st. D spricht s. A. E
augustin' CD 17 redent und andrw (69 a) fröd habend A sein BGDE wellent]
lust A als vil] zuo welcher zeit A wellent. aber umb die lässlichen sünd da
wirt der mensch doch nit ewiklich verlorn wie wol sy hertteklich gestrafft werdent
vh (lies umb?) die vorgenannten sünd A das selb A 18 vnmenschlich, darüber
vnnuzlich B get. ist A 19 wann in auch A darvmb in E pein und fehlt
BCD verdampnüg B 20 den] sollichen A; dem BCDE sanct' bernhard' CD
solleiche C; dy selbn D mit fleisz A; ettwen B; ewen C; eben DE 21 ge-
dencken B; gedachten C 22 iren A; fehlt D 23 noch also D also fehlt E
beeir DE dorn w. A
ZUR GOTTESFREHN~D - FRAGE 297
die sunst laider nit achtent der gebot gotz noch das hau ir sei, so
doch niemant mag körnen zuo den ewigen fröden die hie nach volgen
irem aigen willen und wollust und begird irs leichnams.
Die menschen, die in grosser sicherhait wollend leben hie in nf 82fg
diser (69b) zeit, die habend solliche aygenschafft und Übung in 5
irem leben, das sy widerstand starcklich totlichen und läss-
lichen Sünden und fliechend iren aigen willen und wellend
nachvolgen gott und seynen frainden und ir aigen gewissen als
yerr sy mügent. aber der pöz veindt betrügt ir vil und tregt in
also ein als ob er Sprech: o lieber mensch, warumb wiltu tuon das 10
ander menschen nit tuond. du wirst zu spott. ' leb nach deinem lust.
es werdent nit all menschen verdampt die der weit dienend, als die
pfafien predigend, du kumpst noch wol. wenn du alt wirst, so trag
gott ab dein sünd. du bist auch krancker natur und magst nit
also beharren als ander menschen, und ist das, das der mensch nit 1°
volgen will dem bösen veind, so kompt er mit ainem andern strick,
mit dem er vil menschen pint, das sy nit furbas gend zuo gott, und
spricht im zuo mit sollichen gedancken: o mensch, du hast ain
rechtes hayligs leben, hab ain genügen dar an und beleih also,
ander menschen werden dein spotten, soltestu (70 a) änderst leben denn 20
sy mit fasten, beten und predig hören und zuo hayligen zeitten beichten.
aber sollich menschen süllen den bösen gaist vertreiben mit sollichen
worten als ob sy sprechent: 0 du betrieger, ich waisz wol das gott
und sein lieb hayligen auch verspott sind worden, dar uinb ob ich
verspott würd, das will ich gern leiden und ist billich von meiner 25
sünd wegen, aber das waisz ich wol: wer gott getraut, der vermag
1 laider nach achten E des b. E hail fehlt B 2 sind v. A 3 begir E
leibs A 4 rote Überschrift Merck aber des (der E) bösen veindes (feindt E) listikait
AE Aber d. m. F stee ode' 1. D 4fy. hie in d. z. fehlt F 6 das fehlt F
krefftiklich A totlich E t. nnd 1.] den F lässl.] teglichen B 7 iren] von B
und fehlt E 8 seyen A und — 9 mügent fehlt F 8 irer A; irem D 9 gaist F
10 als ob e. spr. fehlt F lieber fehlt F 11 leut F leb — 14 sünd] wafi F 12
all] als vil BC 13 vnd predigen B es noch D 14 auch fehlt F und] du A
15 verharren F als a. m. fehlt F ein das fehlt D 16 dem b. veind fehlt F
and' C stuck CD 17 zuo g. fehlt F 18 er spr. D in BCF s. bösen g. A
dencken F 19 solchs r. B h. r. leben D rechtes] strengs vnd F benügn
[dar au] F 20 wan a. m. D ander — 21 beichten fehlt F 20 wurden D;
wirden E würdest du E 21 beten fehlt D peiebtigen E 22 solte BC feindt E
23 worten als ob sy] maufi vnd F ob] sam BCD ich zweimal A 24 lieb
fehlt F auch fehlt F 25 wird AC; wurd BDE das] so E es g. E leiden
bis 26 das] tragen vnd F es ist D von — 26 aber fehlt D 26 ich] auch F wer]
der B wol g. (traut D) DE
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 20
298 STRAUCH
alle ding, ich erkenn auch daz mein leben der frummen menschen
leben laider fast ungeleich ist, dar unib fleuch ich alles das das wider
mein arme sei ist und will mit. der liilff gotz ainen sichern weg suochen
denn ich bis her getaun hab.
Dar nach kompt der mensch in die tritten gesellschaft't der fraind
gottes. die habent hie auff erd strenge ubung umb das ewig
leben, dar umb das sy dester klainer .pein habend in (70b) dem
fegfeurr. aber die kint der weit renitent nit auss gruntlich mit
wainen und mit clagen und nit widerstant dem unkrautt ir gewissen.
i«> dar umb werdent sy hertt und plind in irem leben, ettlich menschen
die also habend ain strenges leben, die betrugt der bösz veind,
das sy noch haben ain aut'fsechen auff die weit und gevallend
in selber wol und habend in ettlicher masz lust und fräud in der
weit und gunst und lob begerend sy zuo haben von den menschen
iß und also mügent sy nit furbas kommen in ain haylsams wTesen ir sei.
den selben menschen solt man sagen, das unser her Jhesus Christus
floch von den menschen da in das volk wolt machen zuo ainem küng,
Joh. 6, 15 als geschriben statt Johannis sexto: aber da man in vachen wolt, da
gieng er engegen seinen veinten. also sullen wir auch lob und er
20 fliechen der menschen und triebsal durch gottes willen geren leiden.
nf 89 fg. Dar nach kumpt der jnensch (71a) in die vierden gesellschaft der
fraind gottes. die übend sich k ecklich wider die sünd und
habend tag und nacht grosz ubung als vil sy tragen mügent.
1 ich e. auch] vnd sich aucli wol F \fg. lohen laider f. u. ist der fr. m. 1.,
hierauf nochmals, aber ausgestrichen vii laider fast ungeleich ist A 1 fr. men-
schen] hailigen F 2 noch laider F gar vast D ich — 3 und] wafi ich F 3
mit gotes hilf F ainen — 4 hab] got zu lob vnd er höher steigen F sichern
eomparatw 4 dan CDE laider bis A 5 rote Überschrift Aber (Merck aber E)
wie der bösz veind erplent die menschen AE Und dar F zu k. C; so k. D
drit < ', fehlt {) 6 gottes der ist noch agottwil vil A hie a. e. fehlt F ertreich
E 7 [dester] klain F dort h. A 8 aber — weit] Dise menschen F auss] als
B gr. auß D gruntlichen F 9 und fehlt A mit fehlt D n. w.] mit wider-
stan alle jrem B; ir' G; ires D; irs F 10 in i. 1.] vnd bitter F gewissn vn
leim D ettlich — 11 veind] aber der böß gaist hebt sy also vnd betr. etlich F
13 selb C; selbs DE sy h. 1) der] diser A 14 weit fehlt E [und] g. BF
begerend — menschen fehlt F zuo fehlt E 15 kommen — sei] steigen F ain
fehlt l: leben oder w. 4 16 Disen m. sol F Christus Jhesus A 17 solt E;
machen wolt C [zuo] ainen BD 18 wan als D am sexten BD; an dem sexten
tail sein'r 1er F. aber fehlt D in] den herrn D 1!) er in A seinen v. fehlt .1
20 der in. fehlt F tragen F '21 rote Überschrift Item (fehlt E) man sei starck
sein wider die (fehlt Et sünd AE Vnd also k. /*' 22 kecklichen GF; wider d. s,
kecklichü /' die fehlt E lasier F 23 si h. /' getragen F
ZUR GOTTES FIJFA'XD - FRAGE
299
aber der bosz gaist vint ainen weg, das sy vil Übung tuond
nach aigen willen, man vint vil hoch genantter gaystlicber men-
schen die ain wolgefallen haben an iren verworffen klaideren und an
hohen subtilen worten und an irem züchtigem uswendigem wandel.
aber sy habent nit ain gancz antfsechen auff ir vernunfft und anff ir 5
gewissen, besunder mer habend sy ain anffsechen anff iren nächsten
denn auff sich selbs, das gar schädlich ist irer sei und dar nmb wer-
dent sy geirret an irem anffgang und werdent offt bewegt und un-
ruwig, wann sy sind in selbs nit gar getött. sollich menschen ver-
dienent auch, das gott über sy verhengt sollichs oder grössers übel dar 10
inn sy iren nächsten vermerkend und urtailend. inen ist ze sagen die
klag sant Augustein, der spricht also: o herr (71b), die weil ich nit
erfült bin mit deinen genaden, so bin ich mir schwär — , als ob er
Sprech: o herr, was ich in mir maistern oder regieren will aun dich,
aun zweiffei das irret und beschwärt mich, auch spricht der selb lerer: is
wer sich selbs paut, der paut ain val. wer oren hab, der merck was ^-'.^'J'!;
das wort sey: es ist schwär und betutt vil.
Dar nach kompt der mensch zuo der fünfften gesellschafft der g ■?';,
grossen fraind gotz und die selben habent in gancz für geseczt,
das sy wellent iren aigen willen ganczlich lassen und leben 20
nach gottes willen und nach dem willen ir obern und die sind
die ersten die auff den rechten weg komen sind zuo dem Ur-
sprung, aber der bosz gaist, so er sieht das die selben men-
schen komen sind auff den rechten weg, so macht er in ir aigen
ubung als süsz, das ir ain tail offt vallend in unstettikait und 25
*&
1 dy bösen g. D veint E der vint Ä; wirt a. w. vinden B; vinden D;
v. a. w.] krumt si auf sich selbs alzo F irrung B 2 aigem EF geweichter B;
genenter CF; genempter D geistlichen G 3 v'worffnen D klaider A 4 hoch A
sb'teilen A 5 ganezes F auff fehlt an erster stelle D irr C; irer I) 6 be-
sunder — 7 sei fehlt F 7 und fehlt BCD 8 dick F Sfg. verirrigt B; vnrurig C;
rewrig D; vnruig F 9 wann] vnd B nit in selbs F tod A sollichen F 9 fg.
verdien [auch] E verd. — 11 inen fehlt F 10 sy] sich C vh grosses D 11
inne Bö he B verurtaillend A; u. sollich vbel B inen] sollichen menschen BCD
12 augustini CE; st' Äug" D: saneti Augustini F der] vnd D nit gar F 14
reguiren D 15 der s. 1.] aug' D 16 selber CD im ain val A; yn val D
der B 17 das w. was es sey B wann daz w. ist schwanger und bedeyt F 18
rote Überschrift Aigen willen lassen ist haylsam (h. der sei E) AE in die B 19
ganczlich E; gänczlichn F 20 wellent fehlt BCD gancz A; ze grund F und
auch B 21 ir 0.] seiner lieben hailigen F obersten BC; obristenn D; öbrär E
das AD 22 den weg rechtiklieh A koment und zuo A 23fy. dise friiud gotes F
24 gerechten .! 25 alzo F ir fehlt E offt — und fehlt D
20*
300 STRAUCH
vallent wider in ir aigen Übung und also werdent die selben
lieben menschen behefft, das sy nit fürbas mügent kommen.
sollich (72 a) menschen stillend gedencken an das wort unsers herren,
uh. e, ös der spricht also in dem ewangelio: ich bin nit kommen das ich tue
5 meinen willen sundern das ich verbring den willen meines vatters.
xV'j'i!^ Dar nach kompt der mensch zuo der sechsten gesellschaii't, die
gar liebplich ist anzesechen, wann sy sind stät und habent sich
gott gar gelassen und wellend stät beleyben bis an ir end.
aber ettlich under in werdent gar listiklich geirret von dem veind,
io wann so sy hörend, das gott seinen frainden haymliche ding
offenbar macht oder ander grosse genad tuot, so pringt sy
der bösz gayst zuo fürnämschkayt, das sy auch von got be-
gerend haimliche offenwarung oder ander grosz genad, die
doch nit nott sind zuo dem ewigen leben, und sollich menschen
io koment in der selben bösen und sorglichen anvechtung darzuo, das
sy sich geleichent ettlichen hayligen, und das geschieht dar
umb das sy nit zuo grund kommen noch ablegent fürwitzkay t
natürlicher naigung. den (72b) selben menschen ist ze sagen,
das sy gott mit seynen gaben lassend würeken wie und wem
20 und wenn und wie vil er will, oder sy werdent geschlagen und
vertriben.
rpioifgg. Und so man durch dise anfechtung kompt, so wirt der mensch
gezogen und geweyst zuo der sybenden hoclrwirdigen gesellschafft und
die selben menschen habent sich von grund gott gelassen
25 und wellend mit gottes hilff der natur listikait tötten, als
] willen oder Übung B die s.] dise F 2 lieben fehlt BGD; lieb F mügent
fehlt E 3 Dise in. F h. Jhesu Christi A 4 da er spr. A sprach F also
fehlt A in dem e. fehlt F ewangeli A 5 volpring CDE v. amen I) 6 rote
Überschrift Merck den auflgangk mit fleisz AE so k. BGD seebsten fehlt F
7 gar fehlt B 8 iren tod F 9 ettl. under inj ir aiu tail F lüstielichen F 10
so fehlt D 11 o. m.] offenbart F sy auch A sy fehlt E 12 zuoj in ain F
fürmassigkait B; furmessigkeit CD; fu'memsichtikayt E; fürnemsebbait F also das A
auch fehlt A Vi fg. beg. von gott sein baymlicbayt oder A 13 haimlicher F 14
doeb] deucht D; da E ist F 15 bösen und fehlt BGD soreklieber E an-
fechtigüg E 17 k. noch fehlt D; komet ausgestrichen, um rande kenet F ab-
ienget nit A f. vnd schalckhafftighait F 18 s. menschen fehlt F 19 genaden A
und wem fehlt A \$fg. wem u. wenn] wenn und wan BGDE, jedoch ist in B vnd wan
ausgestrichen 22 rote Überschrift Merk alier (fehlt E) ainen höchern auffgang AE
l'ndj Nun A anl'echtigung GE 23 gerayezt B sybent G 24 s. menschen fehlt
AE gott /'--//// C 25 sy w. mit der J> der n. widerstan und ir 1. .! die GD
iiaturlirlien />'; uatui icidi <'l> lustikait /»'/>,' lustikait F
ZUB GOTTESFHETJND - FRAGE 301
verr ir krafft und vernunfft geraichen mag, und wollend
geren gott zuo eren sich in würckens oder schau wends leben
geben, wenn es gott wol gefalt. aber der bosz veind hept ettlich
menschen mit ainer gar haymlichen Iistikait also das sy underweilen
in den grossen gauben gotz naturlich lust mit lassent lauffen 5
und nemant des nit war als sy schuldig weren und dar umb
ist fleissikleich ze mercken, das der bosz gayst mag machen in der sei
grosz fröud und lust als verr im von gott verbeugt wirt, also das
layder in disen zeytten vil menschen kläglichen betrogen werdent.
dar umb soll man mercken auff den aussgang der fröud oder der lüst, 10
sy seyent grossz (73a) oder klain. ist das, das sy den menschen dar
zuo naigent, das er sich ettwas dunkt und wirt hoch von im halten
oder des geleichen, so sullent sy wissen für war, das sy der betrieger
facht oder fachen will, aber göttlicher trost und sussikait weysend den
menschen in ain volkomen erkanntnusz seyner aigen missetat und 15
schnödikait und in ain vollkomen diemütikait. ist aber das die lüst
gerecht sein und von gott kumen und wil der mensch die selben
suochen mit gebet oder mit enpfachen des hayligen sacramentz
oder mit ander Übung, so suocht er nit lauter gott. sunder er suocht
das sein, und dar umb ist disse Übung nit der nächst weg. 20
Dar nach wenn der mensch kompt weyslichen auss disen besorg- NFiosfgg
liehen stricken, so wirt er gerueft und genädiklich gezogen zuo der
achtenden gesellschafft, die sind gott vast gen am und gar ains
loblichen lebens. mit den übet der bosz gaist alle sein Iistikait
wie er sy verirren möcht, das sy in den Ursprung (73'') nit körnen 25
und bedeckt [die] mit ainer wunderlichen weisz und gar haymlich
1 krafft und fehlt F raichen BG; rechnen D und sy D; und fehlt E
2 ze er F in schawens (anschawens B) BGB 3 bosz fehlt F der h. D 4
underw.] wollfi D 5 1. lassen CDE 6 sy n. dz D niement F und fehlt D
7 so ist D fleyssig BE feindt E 8 von fehlt G wirt fehlt G 9 ciagleich C;
Ieyder D JOfreudüZ) der fehlt B lustü D 11 ist [das] B 11 fg. dar zuo fehlt B
12 in A gehalten B 13 der gleichen F so wiss für war F sy] in B; dich F
14 facht oder fehlt D suchet 0. suchen B 15. IG volkomne F missetat] nichsi-
kait F und fehlt F IG der lust A 17 ist A; seyen F kompt A der m. will
A] wilt F die s. sussikait A 18 empfahüg D 19 anderen BCD suech B
suchst du F Iauterlich F du suchst F suech B 20 das diu F disse ü.] es
.1 21 rote Überschrift Die acht Iistikait des bösen veinds A; rote Überschrift Merck
ab'r aine hohe aufganck vnd Iistikait dez pösen feintzs E weyssigkleichen G; w.
kumpt DF; weislich E 21 fg. disen str. die fast sorgklichen sind A sorklichen F
22 stucken B beriefft AD und fehlt D gnädiklichen F 23 achten BCDE
gar vast I> gemain B ains gar F 24 denen ABB lustikait BF 25 verirre
[möcht] F keine D 26 verdeckt A die fehlt F haimlichn F
302
BCDEF
solcher menschen beschaidenhait
und Vernunft so sy in grossem
Just mit got sindt, das sy in
5 solich begir vallend daz si der
selben gnaden geren mer ha-
ben und in grosserem einilns und
prauchent dise genad in ett-
licher aigenschaft, wan sy sind
10 nit gar danckper unsserem herren
und also haimlich ist in irem
gemütt verborgen ain aigens
wolgevallen, das sy es nit er-
kennen mugen, und die selb
i5 plinthait lest sy tuncken, sy sein
für ander menschen und haimlich
ä. 1,27 haben sy die genad gottes, als sam
es in pilleich sey. wer aber durch
20
wenn sy in grossem last sind und
in hocher andacht mit gott und
begernt von gott der mer und vil
ze haben und in dem habent sy
ain aygen wolgefallen, als ob sy
es von ir frümkait wegen haben,
und sind undanckpär, und also
haymlich ist in irem gemiit, sy
seyend fmmm und besser dann
ander menschen und die selb plint-
hait die beraupt sy denn irs Ions,
dar umb wer sollich einväll hab,
der ker wider und schecz sich all-
zeitt für ainen unnüczen diener
gotz und tuo als sant Johannes
der sprach: ich bin nit wirdig das
ich berür die ringgen an seinen
die strick ungeirret wel gen, der schuochen. er sol richten all sein
gedancken und tuen nun in gottes
lob und ere, so verpringt er den
willen gotz und enpfacht den ge-
rechten Crossen Ion.
/ L12fgg.
musz an zweyffel grosse gotzforcht
haben und ain fleyssig gepett in
ainer waren demuttigkait und nit
suechen was er wel und im lust-
lich sey besunder allain gottes ere
und ain gancz volbringen gottes
willen.
Nun will ich schreiben von dem nünden stat der volkommen
fraind gocz, die mit grosser arbait und mitt angst und nott kommen
sind in ain sollich (74a) fräudenreiche und sälige gesellschafft, wann
ir sei sind klar als die engel in dem himel und sind also durch
2 s. menschen] ir F 3fy. grossen lusten D 4 in — 5 das si fehlt BCD
5 begird F si wölten F i\fy. hettfi D 7 in] ain B; mit D groszeren B;
grossen D influß F und fehlt D pr. sy D dy D grosz genad EF mit D
vndackpär A 11 und] wan D 11. IG haimlichen F 12 willen D 14 selbig
B; selbii D 15 laut F 16 leut F 17 die fehlt D als — IS sey] für ain
billichhait F 18 ym D; in p.] uupillicb B seyn D ring | gen A 19 dil! F
stuck BD wil BCD 21 ileissigs E 23 und was E yn D 23fy. lustigldeich C
21 seyn BD sunder F 25 gancze volpringung EF 27 rote Überschrift Hie
(Da E) meick die rechten fraind gotz mit fleisz (m. fl. fehlt E) AE wollen wir F
28 frewdn E mit] Im E
zur gottesfeeiwd - frage 303
den bösen veind durchübet worden, das sollich trübsal niemant verstau
mag dann der dem sy widerfaren sind, die selben menschen sind
also lauter and plosz gott gelassen: wenn in ettwas lustlichs
trostes kompt von gott. so erschreckent sy dar ab mer denn
daz sy gut des liesz darben, wann sy begerent nit anders
denn in dem gelauben Christo Jhesu. dem Spiegel aller tugent.
ainfaltiklich nach ze volgen. sy suochent kamen trost, sy
begerent nichtz ze wissen dann das in gott ze wissen tuot. si
sind auch also diemütig, das sy sich unwirdig dunckent aller
göttlicher, haimlicher, trostlicher gab. sy habend kain be- 10
gerung dann das die er gottes volbracht werd und was gott wol
gevellt, das gevelt in von grünt wol. geyt in got, so lassend
sy es guot sein, nimpt er in, so lassend sy es aber guot sein
und stand also in allen dingen unangenomen, das ist als vil sy
seczend iren willen gänczlich in gottes willen und wellend allain sein ia
ain (74") lauter werckzeug des göttlichen willen, sy verschmachent
mer süsses dan bitters, wann sy minnent das krucz. ir krücz
ist das sy dunckt, das sy dem ebenbild und dem leben Christi
nit nachvolgend als sy geren tatten und schuldig sind, si
sind also diemüttig, das sy sich selber und alle ire werck 20
gar vernichtent und seczent sich under all creatur und dürrent
sich niemant geleichen weder in zeit noch in ewikait und
habend all menschen lieb in gott und der gott minnet, den
minnent sy auch und sind der weit zuo grund tod, als auch
1 den] des A durch geübt A 2 die s.] Dise F 3 1. und pl. und gott A
lustigkleichs BCD 4 von gott vor 3 ettwas A; von g. komt F so dar schreckn E
sy dar ab fehlt F mer — 5 darben] als diemütige berczeu ABCDE: ich habe die les-
art cm F in den text gesetzt /regen der Übereinstimmung mit dem Wortlaut in
den Nenn felsen (Diepenbroek3 s. 377; NF s. 113J ; vielleicht begünstigte drabe
(= dar ab) — darbe den ausfall; hicss *■$ ursprünglich etwa so erschr. sy als die-
mütige herzen d(a)r abe mer tisw.? 5 änderst A 6 denn in fehlt A denn] wau
D Christi ABCDE 7 ze fehlt EF 8 was BCD in] sy F ze w. t.] will
wissen F 9 auch fehlt B schaezen BCDE 10 hymlischer B und tr. AF
11 das fehlt B verprocht B 12 das — wol fehlt A von grünt (= Diepen-
broek3 s. 377 1] auch BCDE in got] er in F 13 sein und dauckent im A aber
fehlt F 14 sein B; sten C; si steen D unaug. fehlt A; angeneme B; an
angen. C; on äugen. EF als vil fehlt A 15 w. und begerent und w. A si
wellen D 17 vil mer A süsz AB wann A dann A nemant A; nement
BCDEF wä ir kr. D IS bild F von BCDE dem fehlt A 20 alz F vud
sy s. D 21 sy d. D getürrent F 22 in der z. B 23 sy h. D der in den
rt C: den D nimpt alle der A: dem E 24 nimpt A: nemen BCDE
auch sy F si s. D ab tod ABCD; abtöt E als — 301, 1 ist fehlt A
304 STRAUCH
die weit in in zu grund tod ist und alle vernünfftige werck
und menschlich sinn, die sy mit aigenschafft geübt habend,
sind in in gcänczlich gestorben, wann gott und nit ir natur ist ir
maister. sie mainent sich selb nit noch süchent daz ir in
5 kainen weg. si band sich selb verloren ze grund und alle
creatur mit in selber und alles das ye geschaffen ward, es
sey in zeit oder in ewigkait. sie lebent in ainem unwissen
und begerend auch nichtz ze wissen, wenn sy dunckent sich
unwirdig, denn allain was in got genädiklich mit taylen will, solliche
10 menschen send gangen durch grosz trübsal die ain tail un-
menschlich gewesen sind, und wölt sy gott wider in trübsal
haben, sy tättent das mit fräuden, wenn ir herr ist in mit
dem crücz vor (75a) gangen und dar umb bis an iren tod habent
sy das crutz lieb, die selben menschen sint der weit nit be-
15 kantt, aber die weit ist in wol bekannt, si sind die recht-
3h. 4, 23 schuldigen, die den vatter an bitten in dem gaist und in der
warhait und die hatt gott unaussprechenlich lieb und hatt fräud in in,
die niemant begreiffen mag.
Auch die selben menschen schreibent alle ding gott zuo und in
20 selbs nichtz dann ir sünd. si wollend nit gelopt noch geert werden
und ordnent alle ding gott zuo eren. si wegent nichtz hoch dann
allain gott und seine gebott und seinen willen und rat und seine werk,
si haltend sich für schwach und begerent verschmecht ze werden und
undertänikait und send allen menschen früntlich und haltend sy in eren
25 und sind in dienstlich, in iren sünden beschuldigent sy sich ploslich
1 ein in fehlt CE 2 menschleich, dann e angefügt G; mensehligen /)
sinu fehlt CDE gehept AB 3 sind nun A ein in fehlt CD gancz BD ab
gest. I) und nit] mit D ir] die F ist] sy D 3 ir vor 4 maister fehlt ABCDE
4 meistern D sie mainent — 7 unwissen fehlt ABCDE; vgl. aber Diepenbroek3
s. 378; NF s. 115 8 und] si ABCDE schaczen BCDE 9 gnedigclichen F
solliche] Dise F 12 so t. sy D I2fg. mit dem er. nach gangen (gegangen BC)
BGD 13 gegangen A in i. t. so D 14 lieb d. er. AD Dise m. F 15 si] Dise
menseben F ^5 fg. reebtii schuldigen D 10 vatter] herren CD petten BCD;
betet F 17 in deuan A 18 die da A 19 rote Überschrift Merck (M. furwas /•.')
von den gerechten (rechtn E) frainden gotz AE die s.J dise F schiebent A
L'l si o. D hoher D 22 got alleyn D 23 haben BGD si b. D geschieht
AB ze fehlt BD; nachgetragen G verschm. ze werden] verschmachimg E; ver-
sebmechung F \v. und verschmachuug BC; verschmachung war ursprünglich wol
nur randglosse vu verschmecht ze werden 24 haben B 25 entschuldiget^ A;
In ■schulden D; schuldigent F ploslich] nit und gebent sieh vil schuldig in warhait
A allain blösslichen F
ZUR GOTTESFREUND -FRAGK 305
und ander menschen sünd und misstat hörent sy nit geren melden ais
vil es zimlich ist. si sechent ungern (75b) der menschen sünttlich
prechen, si merkent auff sy nit noch nrtailend nymant. sv sind in
allen träbsalen die in geschieht von gott und von den menschen ge-
dultig und frölich aun als nachreden, sy bekennent das sy nichtz 5
guotz habent noch haben mügent von in selbs und was sy guotz
habent, das Übergent sy und machent es klain als vil sy mügent und
sollent, und ander menschen guottat erhöchent sy und lobent sy als
vil sy mügent.
Aussz allen disen wortten sol man mereken dise schloszred von 10
disen hayligen menseben : das sy an sechen in dem liecht der gottlichen
warhait ir aigen nichtikait, dar umb stellend sy dar zuo das sy habent
ain gancz gesammetz hercz von aller creatur ledig und entziechent in
selbs aller imordenlich lüst und bewegnusz und also machen sy iren
gaist ainfaltig und unvermischet und lauter und gebent wider ir sei 10
dem Ursprung alles guotz mit ainem rainen stillmutigen freyen durch-
Lüchtigen und zuo gott genächtem (76 a) gemüt, also das gott, das ewig
guott, durch sy würket aun all widerspänikeit und irrung was er will.
Xuu ist zuo mereken das die selben menschen mit nichten wollen
in den Ursprung sechen und habent ain grosz erschrecken dar ab, ob 20
sy gott vor irem tod wölt sechen lassen in den Ursprung, wenn sy
sind diemüttig und forebtsam und verstand wol, das dise gab über
aller menschen verstanttnusz ist; doch was gott will das wellend
sy auch.
Xu ist zu mereken das dve selben hochen und wirdigen menschen 25
nit alain got genäm sind, sy sind auch allen menschen nücz und
1 und misstat — melden] machent sy leicht F nit fehlt D 2 es yn I) süntt-
lich fehlt DF 3 si] noch F merkent — noch fehlt D nit fehlt F noch] vnd C;
fehlt F nymant] sy auch nit A; sy F sy fehlt E 4 lies mit F aller tr&bsel?
5 alles D 6 haben] gehaben A 7 das gebent sy auff J. übrigen B 8 guottheit A;
gutter B erkennent sy wol A 9 künnent und m. A 10 rote überseh riß Merk
fürbas von den frainden gotz (M. da dy vbung der frewt g. E) AE 11 gottlichen
fehlt A 12 nichßikait F und dar umb A dasj waz E 13 gesämletz A; gesamptz
B; gesamtz CD; gesamets F ledig fehlt AF in] sich BCD 14 all ABEF: allen
C; von allen D unordenlichen lusten (laste B) BCD 15 einfeltig F unvermüst
A 1(3 freyen r. stilm BCD IQ fg. durchl. fehlt BCD; du'chgenge EF; durch-
lüclitigen ist schwerlich die ursprüngliche lesart, ober /ras o/eint die lesart von EF?
17 gott fehlt ABCDEF gemachtem BCD; genägte E 18 und aun J 19 rote
Überschrift Merk (Mer .4: M. da E) ir (ir grosse E) diemutikait AK Nun] Vnd
GDF wissen D die s.] dise F '22 sy verst. D 24 nach auch rot Amen A
25 — 308, 21 fehlt A rote Überschrift Merk den grossen nuez der freunt gotz F.:
Von dem andern tod F wissen D dise hohe u. wirdige F 20 gemaio B
306 STRAUCH
trostlich gen got, wan man mag sy gleychen ainem paum, der mit
grossen esten und mit fruchten und mit ausgepraittem laub schaden
geytt und suesslich speyset alle menschen, die dar unter fliechent.
und die selben edelien menschen sterbent mit vierlay trubsal durch irs
5 negsten willen, zu dem ersten betrübt sy der menschen sttnd und ir
grosse torhait, und die weit ist in ain creucz dar umb das dy men-
schen die gepot gotz layder nit halten, der doch uns manigvaltig gutat
gethan hat von dem anfang pis auf dise zeit, das kaines menschen
zung mag aussprechen, o wer kan gesagen Avie we es irem hertzen
10 thuet, das got also manigveltklich und gröblich hie in diser zeit von
seyner creatur verschmecht wirt und die er doch hart erlost hat, und
das die menschen sich umb ciain und zergencklich trost hye in diser
zeit also cleglich und ewigklich verdamnen und sich schaiden von dem
amplick gottes! zu dem anderem mal werden die selben frummen
15 menschen ein swer kreucz den sunderen, wan als vil es in zw gehört,
so synd sy wider sy mit wortten und mit wercken, mit straffen und
durchechten und in ist nymant zu lieb: sie reden die ere gottes als vil
sy mugen und sechen nit an fraint noch gesellen, noch vorschmechung
noch durchechtung, noch gut noch gunst, weder schelten noch loben
20 und haben mit kainem menschen geselschaft der gottes forcht nit haben
wil. zu dem drytten mal werden ettlich frum menschen gecreuczigt
mit wainen und mit clagen und mit grossem gepet gen got, das sich
got erparm über die sunder und in geb ain gottlich liecht, in dem sie
mugen erkennen ir besorglich und schedlich leben und also von iren
25 sunden lassen, zu dem viertten mal komen solch hochwirdig menschen
2 grossen] gronen F das erste und fehlt ODE außpreyttem D 3 gibt F
suessl.] der D; sussielichen F gibt speiß (dy sp. D) all (allen D) CD 4 die s.] dise F
5 uechstn F 6 dy — 7 gotz] sy gotes gepot F 7 uns] diser weit so F manig-
faltigs D gut C; guecz D S von] vnd B dem] den B; fehlt E das — 9 aus-
sprechen fehlt F es scheint, dass zuerst kainz stand, z dann aber getilgt wurde
B mensch BC 9 zungen BD auspreche B kan es BCD we fehlt E 10
so BCD böslich [hie in d. z.] F 11 doch hat erl. BD; doch erlöst hat G 12
der mensch BCD sich fehlt D und fehlt 1> VI fg. hye in d. z. fehlt F 13
klagkleichen G; kleglichfi E ewigelichh F verdamen BCF: verdainen muesz D
und sich - - 14 gottes fehlt F 13 schaden sol D 14/i/. dise menschen F 15
[ein] schwerer D bort B 10 vnd auch mit E mit fehlt B wercken] sy
vvureken D 17 durchechten sy D ist in F ze F retten DE; rettent F gotes
er F 18 si s. D weder fr. D 18 verschmech F 19 weder] noch F 20 sy
h. D kainen BDEE 21 ettl. leut fr. in. B\ sie täglich F früme D bekiücziget
/•' 22 in. wortten u. m. kriegen B -'-fg. sich got] er sich F 23 u. dz er in D
liecht] lieb D dem] der D 24 besorcklickeyth D; sörglichs F schädlichs F
25 s. h. ni.l sie E
ZUR GOTTESFREUND-FRAGH 307
in solchen grossen ernst und andacht, das sy geren wolten sterben für
die sunder, darumb das sy ausz den sunden erlost wurden und sprechen
als David von seinem sun Absolon sprach: o wer gibt mir das ich 18,33
sterb für meinen lieben sun, das ist für meines ebencristen sei! das
pruderlich sterben macht die sei unserem herren also genäm, das er ir 5
begert zu ainer besunderen gespons und vvil sich geren mit ir ver-
mechellen, wan es ist ain opfer über alle opfer, der die sei aus dem
gewalt des possen gayst pringt und sy mit got wider veraint. es ist
ain gab über alle gab, der sein leben gibt oder wagt umb der men-
schen sei hayl. 10
Xu ist zu mercken von dem drytten tode, do der mensch stirbt
geystlich mit got an dem creucz. das geschieht ertlichen menschen
also wan nach der vorgeschriben ubung wirt die sei irem gesponsen
gar haymlich, also das der herre anhebt in ertlicher mas sich zu er-
zaigen und zu erkennen geben seiner gesponsen , und also in der selben 15
bekantnusz wechst gottliche lieb, wan als vil wir got erkennen als vil
haben wir in lieb und also wechst erkantnus und lieb mit ainander in
der gesponsen Cristi. das sy ein get in das leyden irs gesponsen mit
ainem ganczen initleyden des herczen und wirt durchgangen die sei mit
ainem unaussprechlichem smerczen und die selb pittrikait rainigt und 20
ainigt die sei irem gesponsen gar kreftigklichen und also wirt sy ge-
leutert als das gold in dem teuer, in mitleiden nympt die sei von irem
gesponsen das edel klayd der Unschuld und auch in disem smerczen
der sei wirt sy kreftigklich gezogen von aller creatur.
Es ist auch zu wissen, das gut, das ewig gut, sein gesponsen nit 25
1 in ein F solchem grossem B u. andacht fehlt D 2 worden BC;
wurden EF u. sy spr. also als D 3 für seinen GDE 4 für — ist fehlt F
nebencristen F 4 fg. Dicz minnenreich br. st. jP wie die B aso B gerneyn oder
genam D 6 gesponsen F 6fy. vermeheln F 7 es] er F 8 der p. g. B gaists_F
mit fehlt F v'aynig D 9 gab der — 10 hayl fehlt 1> geyt BE wigt B:
wägt E (Jfy. der m. fehlt F 11 rote Überschrift Merk den sterben mit Christo an
dem creucz E 11 fg. geystl. stirbt D 12 mit g. fehlt E erheben D 13 nach]
von D vorgesebribnen D wirt] wie B 14 der b.] er F etlich F 14/)/. sich zu
e. u. fehlt B zaign F 15 und sich CD bekennen F gesponsz so auch im
folgenden E 16 erchantnusz E; kantnuß F kennen F 17 vechet B kantnuß
F die 1. D 18 der] die B Cristi fehlt F geit C 1. Cristi B 19 lies mit
F mitleidenden h.? wurt C 20 ainen vn ausprechlichem B vnussprechenlichen
F dy reingt D 21 ayiiüg C; aiuet F gesponsem B krefftenlichn D; kräff-
ticlieh F 22 für vnd auch in dem fürin mitl. F 23 scherezen B 24 kräfftic-
lichen F 25 rote Überschrift 'Wasz got seiner gesponsz auff tut wann si sein leiden
betracht E Auch ist ze merken daz F got erzaigt E gespouß CD
308 STRAUCH
lett in disem smerczen den sy hat von seinen wegen, besunder er thut
ir auf die äugen des herczen und let si sechen in ertlicher masz, als
vil sy es getragen mag, den Ursprung und das grundlos gut ausz dem
sy geflossen ist und lat si auch erkennen, das sich das ewig glitt wolt
5 geben für den sunder in ainen solchen smerczlichen und smechlichen
tod, und in dem aufsechen wirt die sei übergössen mit ainer unaus-
sprechlichen lieb und sussikait und kumpt in ain gros wunderen und
in dem leiplichen wunderen wirt sy genedigklich erhocht in got und
erschrickt vor wunder der übertreffenden lieb gots zu dem menschlichem
10 geschlecht und also wirt die sei vor rechter grosser lieb flüssig und in
der betrachtung der gottlichen miltikait, die got mit seinem leyden so
gar offenlich erzaigt hat, wirt die sei gar mit got veraint als vil der
sei enpfengklich ist, wan es ist nichtz in diser zeit das die sei also in
gütlicher warhait erleucht und also hoch trag in ayn schawen hym-
i> lischer ding und kain weg ist als kreftig und als pald fuderlich zu
versuechen gottliche suessikait als das leyden unsers lieben herren
Jhesu Cristi, dar in man begreyft all tugent, und alles das dem men-
schen dienen sol und mag hie auf erd zu ainem volkumen leben, das
vintt man uberflussigkleich dar in, wer das suechen kan mit hilf un-
20 sers lieben herren Jhesu Cristi: der geh uns kraft und macht, sin und
beschaidenhait, lieb und beharrung in seinem willen pis an »las endt.
Her nach stat geschriben ain cristenliche ermanung, das man
fliech zuo dem creuez und aller maist zuo disen zeitten, seit das die
1 last so aueh im folgenden G; laut F den] wan D sy] die E bes. gnad
Er th. auch D; bes. er th.j vnd tut F 2 last F sij sich B 3 den] dem B
4 geflossen — 15 fuderlich auf einem eingeklebten blatte von gleicher hand nach-
getragen B 4 si] sich BCE 5 lazzö geben E schmächlichn vnd schmerczl. E;
schmerezenlichen vnd schämlichen F ü ausz sprechn E; ansehen F 6 fg. vn-
ausprechlichen B; vnaußspreche(n (gleicher CF 7 ain fehlt EF 7 fg. grosses
wundern in dem die sei die vor irem gesponsen verainet ist wirt in dem lieblichen
wundern gnädielichen F 8 leiplichen tool nur verstärkend wie vorher gros wirt
sy fehlt K in) von E 9 derschrickt D von E aüstrepfente oder austreffente D
vbertreffang der lieb B 9fg. m. g.] menschen F 10 reebter fehlt E fleissig
BGDE; minneflussig F L2 mit got — der] vergött (v ausgestrichen) alz got will
vnd die F veraynigt CD uil vnd E 13 weit F IS fg. in der götlichen F
14 erleicht vnd ist auch nichs auf erdrich daz den menschen also F tregt D ayn
fehlt B anschawen Bö; beschauüg D 15 als vor pald fehlt F 16 lieben fehlt
BF 17 dar in — 20 Cristi fehlt F 17. 19 jnne (> 17 das das BG 18 vol-
komelichn E 20 sind B; fehlt l> 21 b., 1.] beschaideliche lieh I> verharrung
DF das) vnscr E endt amen DEF 22 hier setxt A wider ein rote Über-
schrift (76" lli'' ist mit Qeysz ze mereken A) wie gar haylsam ist ze betrachten das
Leyden Jhesu Christi (xpi ihn E) AE (H)ye ernach E; Hie n. F manung F
2:; aiechen sol BGB seif — 309,8 weltlich fehlt /•'
ZUR GOTTESFREUNT) - FRAGE 309
weit aiiff das aller niderst komen ist und vol aller untrew und göttliche
forcht so gar erloschen ist in der menschen herczen und die haubt-
sünd so gar gewaltiklichen regnierent und sich der nieniant schämpt
weder gen gott noch gen den menschen, auch ist fast notturftig ze
fliechen under das kreucz zuo dem herren, seit das die lieb (76 b) gotz 5
als gar klain ist worden in der menschen herczen und also unver-
nünftiklich leben aun alle göttliche erkantnusz und layder unsträfflich
sind worden die menschen in allem wesen gaystlich und weltlich, o
lieber mensch, tuo als wol und sich an mit fleisz, das durch deinen
willen an dem kreucz der allmechtig gott nach seiner menschait aun- 10
mechtig worden ist und die ewig weiszhait verspott ist worden und
der engel süssikait so jämerlich verschmächt ist worden, la dirs ze
herzen gan. gedenck an das kläglich schreyen das gott an dem kreucz
getan hatt, bis er die sünd vergolten hatt mit seinem sterben, gedenck
an sein gros pitters leyden, seinen eilenden durst, sein verwuntz hercz, ie
sein grosse lieb, gedenck auch und gelaub das aun allen zweiffei, das
sein mynnreiches hercz noch täglich streitt und spricht also: o mensch,
sich an, wie säur du mir worden bist, ich han deine sele erlöst von
der ewigen verdampnüs und han unib dich mein leben geben, wiltu
bey mir beleiben, so entrinst du allem übel in dem du bist und auch 2^
nach deinem tod eugast du der helle pein und (77 a) will dir geben
das ewig leben und mit mir erben lassen das reich der himel. du solt
aber von dir legen die sünd und anheben ze suochen mein ere und
das hail deiner sei mit ernstlichem fleysz mer dann das zeittlich guot.
furbas spricht er: o cristenliche sei, sich an mein crucz, mein negel 25
1 auff dy E aller fehlt A vol ist BCD untrew] vnd rew C 2 gar fehlt A
3 regiren BG 4 gege D noch] ader weder D dem AB fast] gar C 6 so
GDE als A 7 gotleichen C forcht und erk. AB unsträfflich 'straflos', viel-
leicht aber ist dir Überlieferung verderbt 8 alle m. AB allen AG 9 lieber
fehlt F so tuo A tuo als wol und fehlt F mit] meyno D das] vii D 10
heiligh kr. gehangen ist F 10/i/. vnmechtig F; aunm. w.J gestorben BCD; aunm.
w. ist fehlt E 11 worden fehlt GDE vnd' A 12 iämerlichen F la — 13 gan
fehlt F dir zu C: dir es E 14 piß daz F die] dein F die s.] stim B ver-
loren B sterben] pittern (fehlt F) grossen leiden AF gedenck — 16 lieb fehlt F
15 an fehlt ABCDE seines pittern grossen leidens seinen ängstlichen tod s. e. d. A
16 aueb fehlt B IQ fg. das sein fehlt D 17 sein fehlt E liebentreichs B; mynneck-
lichs D täglichen F streitt cxu kämpfen, tu ringen hat' und spricht fehlt BGD
vu o mensch am rande Anshelmus F o lieb' m. D. 18 swer B derlost E ISfg.
von d. e. verdampnüs fehlt AF 20 entcumstu B auch fehlt BCD 21 dem D
höllischen AF; hellen BC will d. g.] gewinst BCD 22 und dich BCD erwerben D
du — 25 spricht er fehlt F 23 da(?) zu B 24 mit — 25 sei fehlt BCD guot fehlt E
25 erl d'r herr E über o cristenl. s.: Bernhardus F suech an dem er. B
310 STRAUCH, ZUR GOTTESFRKUND -FRAGE
und mein verwnnttes hercz und alles das ich durch dich gelitten han
und wisz aygenlich, das mir dein undanckperkait ain grosz misvallen
ist und nächer gatt (wer das ich noch leiden raöcht) dann alles das daz
ich durch deinen willen ye gelitten han.
5 0 abgrund menschlicher plinthait! wie tieff ist die grub deiner
verdampnus, dar umb das dich nit überwinden mag das minnreich und
wunderlich werek gots, das er mit seinem leyden und pitterem sterben
so genedigklichen gewurcht und verpracht hat dein erlosung. we dir
weit, das du in disem liecht erplint pist! we dir cristenmenseh, das
io du solcher genad undanckper pist! we dir fürst und prelat und alle
die gewalt haben in diser weit, das dich nit erschreckt und geweist
hat recht zu thun der pitter tod Jhesu Cristi, des gewalt und maiestat
nun und ewigklich bestett ist! wan du nit alain verantworten must
dein aigenne sei sunder alle die dir zu versprechen Stent, dar über
io du gewalt enpfangen hast hye auf erden, we dir das du ye mensch
pist geporen, sol ain sei deinhalben verloren werden! we allen sun-
deren und sunderin, die hye auf erden leben nach irem aigen willen
und leiplich lust suechen! we allen den, die ir bekerung von den
sunden sparen pis an ir entt! we allen herten menschen, der hercz
2" das unschuldig plutvergi essen Cristi nit erwaichen mag, das sy lassen
von iren sunden! o mynigkliche sei des menschen, du spons Jehsu
Cristi, las dich das erparmen an deinem ebencristen! doch spar dich
nit: betracht dein wesen, deinen Ursprung, da von du kumen pist,
nach dem du geschaffen pist. betracht dein erlossung, die ewigen freud
'->:' die dir wartten ist. las alle creatur nach deinem vermugen. mach
dich ledig von allen zeitlichen Sachen, wart deiner sei mit zuberaytten
aller tugent, und wen der herre kumen sey zu dir mit seinen genaden,
1 das das BCD 2 fg. ain gr. m. i.] würser (vvirsch F) tuot AE 3 nach verget
(vorgetl?) BCD; nächne' get E die parenthese fehlt ODE, sie steht nach 4 han in F
dann alles fehlt D 4 d. willen] dich E ye fehlt BCDF 5 — %um selthiss fehlt A
rote Überschrift Mereken das di liehhaber diser weit E 0 du a. F bofihait F
6 du dich B; ich D; ich dich E mocht F dy D liebenreich B; minnenrich F
7 gots] gen B pittern vor leiden D p. sterben] tod F 8 so gar FF gnädigc-
lich F volbracht BF dein e. fehlt F 9 ciistenmenschen BF 10 du s.] die
sicher B und.] v'dampt I> prelat u. fürst F f. [und] E und — 11 in fehlt
F 11 geweist] gezogen F 12 r. zu thun fehlt F 13 ewigclichen on end stät.
Amen schhiss von F an ende bestest [ist] E pestat G 14 ayuige C; aigii E
besunder E dir] dye C stindtf?; B; sten G 15 erd C du fehlt G 15///. pist
mensch BG 16 deyneth. /> 17 u. sunderin fehlt I> erd C 18 alle B den fehlt
E LH) lliu xpi /' '22 in BD 23 deinem B da von] von dem BG 24 be-
schaffn just aach dein.' v'mügn E 25 nach d. v. fehlt E 2G ze beraytten BCDE
27 seinen fehlt C
KETTNER, HANDS« IIKIFTF.X DES NIBELUNGENLIEDES 311
so Avis dich zu halten, das er genedigkiich pey dir wonung hab. und
ob er nit alczeit begab dein begert, so erschrick nit dar ab, wan das
kumpt nit an ursach, besunder halt dich in tugentten und las nichtz
zeittlichs in dein hercz wider in, wan er hat sein trew aufsecher auf
dich, fleis dich im allain zu leben hie auf erd und das du gestorben 5
seyst der weit, dem leib, den sunden. als das korenlein des traides,
«las geworffen wirt in den acker: wen es stirbt, so pringt es vill frücht
also pringt dein hayligs leiten vil frucht, got ain gros lob, allem hym-
lischen her grosse freud, den seien in dem fegfuer hilf und trost. dir
selber das ewig leben, das verleich uns Jhesus Cristus, der sun Marie, 10
der uns aus ewiger lieb mit seinem eilenden pitteren sterben im selber
erledigt hat von der verdampnus des ewigen todes. Amen.
1 pey dir genedicklich D wonung pey dir B 2 beger E 4 w. inj w.
eyn I>: w. hin ein E getrew D auf Stecher auff das B 5 im] inn B hie zw
1. D G dein s. B getraytes D 7 so precht es B; princk D 8 vnd got D
■< \. vnd D 9 hier B ey gr. fr. D trost fehlt D 10 uns fehlt D vns'r
her' J. C. E 11 im selber] vnd C: fehlt J>; im selhs E 12 erlöst I> vn pittern
t. das helft mir dy heylige triualtickeyth an endt vnnd vnser lieb' vatter sant
Augusting Amen. Bit für mich. amen. 1) Amen. Der begert ain Aue maria
durch gottes willn der Schreiber vns'r liebn frawn etc. (rot) Amen. E.
HALLE Ä..S. 1" -'■ PHILIPP STRAUCH.
ZU DEN HANDSCHEIFTENVERHÄLTNISSEN
DES NIBELUNGENLIEDES.
1. Die lesarten ADb.
In seiner schrift über die handschriftenverhältnisse des Nibelungen-
liedes stellt Braune den unanfechtbaren satz auf: die ansieht von der
ursprünglichkeit des textes A fällt, sobald sich auch nur von einem
teile der fehlerhaften lesarten von A und Db nachweisen lässt, dass
ihnen in B* nicht nur die correcten lesarten gegenüber stehen, sondern
auch die ursprünglichen, aus denen die falschen in ADb hervorgegangen
sind. Eine nachprüfung von Braunes Untersuchungen muss auf eine
von vier möglichkeiten führen. 1. Ist sein nachweis vollständig ge-
lungtii. so hat es eine dem texte B* nebengeordnete handschrift gegeben,
die sich in der gruppe ADb* darstellt, aus der sowol Db* als auch die
in der bs. A überlieferte recension a geflossen sind. Die besonderheiten
3 1 - KETTXER
von A sind teils auf nachlässigkeit und willkür des Schreibers zurück-
zuführen, teils auf änderungen des redactors a, zu dessen tätigkeit auch
die beseitigimg der mehrstrophen in B* gehören würde. 2. Ist sein
nachweis nur teilweise gelungen, lassen also mehrere stellen eine ab-
weichende, die ursprünglichkeit des A-textes nicht antastende erklärung
zu, und lässt sich bei einzelnen die lesart ADb als die ursprüngliche
feststellen, so bleibt zwar die B* nebengeordnete gruppe ADb* bestehen,
es kann dann aber der s. 192 aufgestellte Stammbaum nicht richtig sein.
3. Sollte der nachweis bei keiner der herangezogenen stellen als zwin-
gend angesehen werden müssen und bei allen räum gelassen sein für
eine mit der ursprünglichkeit des A-textes vereinbaren erklärung, so
ist man schon nicht mehr genötigt, eine gruppe ADb anzunehmen und
kann den A-text immer noch als die unmittelbare widergabe des Originals
gelten lassen. Noch mehr berechtigt dazu ist man natürlich, wenn auch
bei einem teile der stellen sich die lesart ADb als die ursprüngliche
erweist. 4. Nur wenn ausserdem noch bei stellen, wo Db* = B* ist,
die ursprünglichkeit der lesart A sich beweisen lässt, kann es eine
gruppe ADb nicht gegeben haben und A muss als der Vertreter der
urhandschrift angesehen werden, so lange nicht der beweis der ursprüng-
lichkeit auch für stellen von Db*B* gelingt. In diesem falle müsste
man annehmen, dass beider anfertigung der band Schriften A* oder Db*
oder B* mehrere texte benutzt sind.
Bevor ich auf die s. 31 — 46 behandelten stellen eingehe, will ich
auf eine der s. 26 — 29 besprochenen hinweisen, eine von denen, die
nur die engere Zusammengehörigkeit von A und Db* beweisen, über
die priorität des textes ADb oder BdJC noch nichts aussagen sollen.
Bei 680, 4 ist die weit grössere Wahrscheinlichkeit der treuen Über-
lieferung bei ADb. Bedeutet hier mit küneges friunde rate die boten
huoben sich, dan BDJ „auf den rat, mit der Zustimmung der verwandten
des königs usw." (Piper), so ist dies allerdings nicht besser oder schlechter
als mit des küneges rate ADb. Aber was soll diese bemerkung? Es
bedeutet hier rate ohne zweifei „Vorrat" und bezieht sich auf die reiche
ausstattung der boten durch den könig, wie sie auch bei den beiden
anderen botensenclungen 1092. 1348 fg. 1361, 2 hervorgehoben wird.
Vgl. auch 870, 3. 4 bei dem aufbruch zur jagd: und ander manegen
rät, den ein Inline sä riebe hurte billiehen hat. Wig. 2749 diu fraaire
/ras mil rät gevaren ran ir lande. Trist. 8600. Möglich, dass dem
redactor B* friunde rät 1136, 2 einfiel und dies ihn veranlasste der
stelle einen jener Interpretation entsprechenden sinn zu geben. Denn
dass er unter küneges friunde Uere und die seinen selbst verstanden
HANDSCHRIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 313
haben sollte, ist minder wahrscheinlich1. — Wir wenden uns nun den
bezeichneten stellen zu.
1725, 4 A.Db* ir soldet ex billichen haben län hat nach Braune
einen takt zu viel (weshalb Lachmann haben streicht) und zeigt jüngeren
Sprachgebrauch gegenüber Bd ir soldet ex pilliche län. Aber, gelesen
ir soldetx billich haben län (vgl. z. b. 2247, 4) lässt es sich gegen Bd
halten. Denn das Nib. bevorzugt bei solde den stellvertretenden inf.
perl; von den sieben gemeinsamen fällen (ohne 401, 4 B*), wo er steht,
kommen fünf auf solde: er soldex haben län 120, 3, mit anderen verben
909, 3. 4. 1066, 2. 1242, 2. Diesen fünf fällen stehen nur zwei fälle
(724, 2. 1054, 2) mit solde gegenüber unter den 25 fällen (ohne 585a, 1.
413, 2 B*), die im gebrauche des inf. praes. Übereinstimmung der hand-
schriften zeigen. — Allerdings könnte man hier auch annehmen, dass
A und Db* selbständig geändert haben, wie auch JCa änderten, und
wie es bei dieser ausdrucksweise die jüngeren handschriften öfter un-
abhängig von einander getan haben.
1678 ist eine stark abweichende strophe und daher von besonderer
Wichtigkeit. Keinen anstoss bietet in 3. 4 BdJCa ich waere ivol so riche,
hei ich mich bax verdäkt, dax ich in mine gäbe her xe lande hete
bräht. Dagegen scheint A und die vorläge von Db* zunächst in 3 um
einen takt zu lang: ich weste inch ivol so riche, ob (als) ich mich bax
hau verstau. Erst Db* hat bax gestrichen. Aber der zweisilbige auf-
takt in ob ich mich bax hän ist zulässig, da das vokalisch auslautende
cäsurwort elision gestattet. Und sogar nach konsonantisch auslautendem
cäsurwort steht derselbe auftakt: 1923, 1 versuochen \ ob ich in. 701, 1
BDJ rieten \ ob si sohlen. Wie in den bearbeitungen der zweisilbige
auftakt der zweiten vershälfte beseitigt wurde, kann man aus Bartsch,
Unters. 118 fg. ersehen. So ist denn auch in 4b her xe lande statthaft:
vgl. C* 2086 (2149) 2 b her xe lande rietet varn. Wenn also die lesart
A(Db) metrisch haltbar ist, so fragt sich nur, ob bax einen sinn gibt.
Braune verneint es. Nun will nach A Hagen sagen: Was soll das heissen,
dass ihr erwartetet, degen sollten euch gäbe mitbringen? (Haltet ihr
euch für so arm?). Ich hielt euch, wenn ich besser (als ihr selbst)
über euch zu urteilen vermag, für so reich, dass ich euch keine gäbe
1) Auch für 297, 4 findet mau vom Standpunkte A eine einfache erklärung.
Für A gut laxe in nimmer mere xe Tenemarke in dax laut gibt Db* einen voll-
ständigeren ausdruck komen in Tenemarken laut. B* nimmt anstoss an Tenemarke
zweimal in derselben strophe uud ändert deshalb, beeinflusst von 296, 1, Tenemarken
laut um in miniu küneges lant. Vgl. 394, 1. 4 A frouwe - frouice , B* frouwe- mit
triwen.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 21
314 KETTNER
mitgebracht habe. Die lesart B* ist glatter und klarer als die lesart A.
Aber die ironie, die in den Worten liegt: Hätte ich es gewusst usw. ist
etwas stumpf, schärfer die in den werten von A, die mit einer tem-
peramentvollen frage einsetzen und der reichen königin niedrige Hab-
sucht unterschieben. Es sind diese worte auch durchaus im stil des
Nib. Zu vergleichen ist vor allem 1163,3.4, daneben 2300, 3. 1709, 3.
Siehe zu der stelle unter abschnitt 4a. Somit würde B*, da die stelle
metrische härten hat und nicht gerade leicht verständlich ist, geändert
haben mit anschluss an 1681, 1. 2 (vgl. anm. s. 313).
1152, 1 Do sprach aber Hagene: mir mac nieman widersagen
BJOd.Ca, = mir mac nieman dax gesagen Db, mir mac dax nieman
gesagen A. Gibt man zu, dass widersagen das ursprüngliche ist, so
kann man, wie dies Braune bei 2097, 2 A, B, J und bei 2035,4 B, D
tut, selbständige änderung in A und Db annehmen, zumal die beiden
lesarten nicht einmal völlig übereinstimmen. Nun kommt aber au ge-
sicherten stellen des Nib. widersagen nur in dem bekannten feindlichen
sinne vor, denn auch 2035, 4 ANbJdCa ist es mit dem objekt vride
verbunden. Dadurch wird die bedeutung negare für das Nib. zweifel-
haft. Und dass in der tat widersagen nicht ursprünglich 1152, 1 stand,
zeigt eine andere mit dieser auffallend übereinstimmende stelle: 1020, 1. 2
Do sprach der künic Sigemunt: lät iux nieman sagen, vor edlen minen
mögen sult ir kröne tragen. Danach ist A mir mac dax, nieman ge-
sagen das ursprüngliche.
1146, 1 der ausdruck in BJd(Ca) ich behüete eil wol dax, wie in
A.Db* ich kein vil wol beivaren dax ist im stile des Nib. (zu B* vgl.
1051, 4); hier mag ein fehler in der urhs. gewesen sein (ursprünglich
etwa vil wol beirare ir// dax vgl. 908, 4. 1308, 2. 1597, 2). Lachmanns
konjektur ist wegen 1144, 1 abzulehnen.
1303, 4. 1304, 1 Hier stehen der lesart B ich waen man alle \ite
bi dem Kriemhilde rant Den Herren Dietrichen und amier man igen
degen als richtig gegenüber entweder A.Db* bi dem Innige Kriem-
hilde rant. Der usw. oder dJIC bi vroun Kr. rant Den usw. Die lesart
A.Db* ist gewiss metrisch „ungelenk", aber möglich, vgl. Bartsch, Unters,
s. 121 und Parz. 348, 21 bime künege ritter worden sint. Der sinn der
beiden Strophen aber lässt sich noch etwas anders auffassen, als es von
Braune geschieht. Strophe 1303 handelt vom herbergen, str. 1304 von
der kurxewile. Die gaste zerfallen in drei teile: 1. das gefolge Etzels:
dieses wird ausserhalb der Stadt untergebracht; 2. die gaste im all-
gemeinen: diese werden in der stadt beherbergt; 3. Kriemhilde: diese
ist natürlich (ich waen) immer bei Etzel - das ist der inhalt von 1303.
HAXI>m:HRIFTEX DES MKEI.rXGEXLIF.PF> 315
In 1304 wird erzählt, Dietrich und viele anderen ritter sorgten für die
erheiterung der gaste, so dass auch Küdeger und seine mannen gut
unterhalten wurden. AYenn beim abschreiben kundge aus dem etwas
schwer beladenen verse herausfiel, so ist das nicht wunderbar, und die
Verwandlung von dem in vroun ist sehr naheliegend. Ich verkenne
nicht, dass auch die andere lesart und Braunes auffassung etwas für
sich hat, aber eine evidente beweisstelle für die minderwertigkeit von
ADb vermag ich hier nicht zu erblicken.
1433, 1 — 3 Dass die lesart ADb falsch ist, unterliegt keinem
zweifei, zumal da auch die formel als ich in sagen kan vereinzelt steht.
Man müsste vom Standpunkt A in der stelle einen fehler der urhs.
sehen, dessen nächstliegende berichtigung wäre von man uut icibe
vroeltch \ als ich in sagen hin (vgl. C und 2170, 3), eine berichtigung,
zu der man sich aber schwerlich verstehen wird. Dass BdJK das ur-
sprüngliche bietet, ist durch den rührenden reim noch nicht entschieden.
Denn wenn z. b. C 1349, 3. 4 sin (ejus) : sin (ejus) einführt, so könnte
auch hier der redactor B* unter einfluss von 1431, 3 diu vrouice enbut
dö dan sein vroeltche si dö dan hineingebracht haben.
1553, 1 A Dö begunde er ruofen Danewarten eil vaste an ist
fehlerhaft, wird aber gestützt durch 1490, 1 Er begunde ruofen vaste
über die fluot. Es braucht also nicht ml vaste zugesetzt zu sein, sondern
nur das wie so oft, zuweilen auch fehlerhaft (Bartsch, Unt. s. 238) von
den Schreibern zugesetzte und weggelassene vil, das schon in die urhs.
eingedrungen und von A und Db* beibehalten sein kann. Auch hier
braucht die lesart Bdl.Ca, wenn auch an sich richtig und stilgemäss
(vgl. 1912, 1. 1920, 1. 2230, 1) nicht notwendig die echte zu sein.
1694, 2a scheint BdJ.Ca ex wurden mine gisel das richtige zu sein.
Aber sollte wol der dichter, der liagens vater zu einem mann Etzels
macht, zugleich an die vergeiselung Hagens gedacht haben? Ob nicht
auch hier der verstümmelte halbvers schon der urhs. zukommt?
1988, 3b wird man als das ursprüngliche eher das vereinzelt
stehende helmhuot annehmen als den rührenden reim heim guot : guot
(wie C ihn 310, 3. 4 hat); die leichte änderung von helmhuot in heim
guot können dann A und Db* unabhängig von einander gemacht haben,
zumal da 1969, 3b heim guot vorangeht.
1994, 3. 4 Da die lesarten hier schwanken, die lesart B in 3b als
ein unverxaget man von Braune selbst verworfen und seine entscheidung
für üf Häivartes man Jd nur als Vermutung hingestellt wird, so ist es
hier mehr als anderswo ausreichend, zu zeigen, dass die lesart ADb zu-
lässig ist. 1994, 3,J wan ich lüxel schaden Juni hat einen auftakt wie
21*
316 KF.TTXEK
1923, lh ob ich iu gehelfen kein, ist also zwar metrisch schleppend, doch
nicht metrisch falsch. Aber auch der sinn ist in ADb nicht schief;
er ist vielmehr der allein richtige. 1994 enthält die erläuterung zu
1993, 4 diu luunde frumet iu Ideine, die ich von im enphangen hän:
meine Verwundung wird euch verderblich werden (v. 1. 2), denn die
geringfügige Verletzung hat mich erst recht wütend gemacht und ge-
schadet hat sie mir gar nichts (vil Ideine die bekannte ironische form).
Dagegen ist üf Häwartes man nach üf maneges mannes tot überflüssig
und matt. Hier hat jedenfalls ADb das richtige. B* = Jd hat, indem
es üf Häwartes man einsetzte, wider aus der nachbarschaft (1989, 3)
entlehnt, vgl. zu 1678 (auch z. b. C* 1020, 4 nach 1018, 2).
2201, 3 hiez ADb statt heiz kann zufällig übereinstimmendes
versehen sein. Ebenso 303, 1 iu dienen statt in dienen, zumal dieses
durch 303, 4 iu ze dienste nahe gelegt ist. So auch 115, 4 AJ (vgl.
Braune s. G6). Unabhängig von einander können ferner A und Db*
auch 477, 4 wixe segele statt riche segele geschrieben haben, entweder
weil wizer gleich folgt oder weil ivi% das gewöhnlichere beiwort von
scgel ist. Umgekehrt 79, 3 A riche, BJ ivixe bräune, wo doch wol,
da von goldenem gewant (72, 2. 3) die rede ist, riche für das richtige
gehalten werden muss.
1020, 4b des wacre Kriemhilde not BdJ. Verdankt nach Braune
das vor Kriemhilde stehende mir in ADb einer in den handschriften
und bearbeitungen mehrfach wahrnehmbaren tendenz seinen Ursprung,
so kann diese auf A und Db* ebensowol gesondert eingewirkt haben,
wie sie auf C (des waer mir armen wibe not) gesondert eingewirkt
hat. Selbständig hat auch D 348, 12 daz waere Kriemhilde leit in daz
waere mir mit triuwen leit geändert.
1111, 1 Do sprach der maregräve BdJ.Ca ist das richtige, das in
ADb hinzugefügte Küedeger kann entweder ein fehler der urhs. sein
oder ein zufällig zusammentreffendes versehen im gebrauch der namen,
wie es auch sonst begegnet (Braune s. 59. 199); maregräve Küedeger
mit unrichtigem zusatz des namens hat D noch 1099, 1. 2141, 1.
1148, 4 an swiu ir wol gelange, daz soll ir u ngevehet lün
BdJ.Ca. Ungevehet ist allerdings nur für diese stelle belegt, aber vehen
ist, nach den stellen bei Lexer zu urteilen, ein im 13. jh. nicht gerade
seltenes wort, und die meisten partic. praet. mit un- sind überhaupt nur
vereinzelt oder selten belegt. Nun bedeutet ungevehet lau „unangefochten
lassen". Dasselbe bedeutet aber auch zuweilen beliben län, das A
statt ungevehet lau hat; es wird gebraucht, wenn jemand den kämpf
HANDSCHRIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 317
mit einem anderen aufgibt: 1978, 3. 1980, 1 (den Hex er du beliben,
Günthern er lie beliben), passt also auch hier ganz gut, wo Hagen er-
mahnt wird, Kriemhilds glück nichts in den weg zu legen. Immerhin
ist in dem ausdruck eine gewisse Zweideutigkeit, die den umgekehrten
sinn nicht ganz ausschliesst. Das mag der grund gewesen sein, wes-
halb B* den bestimmten ausdruck setzte, Db* mit möglichster bei-
behaltung des Wortlauts ir gelieben schrieb, dadurch aber den sinn ver-
änderte.
1342, 3. 4 hat der Schreiber A, wie oft, nachlässig und sinnlos
geschrieben des muose ich viende hän, wand ich von vriundes minne
nie bexxer vriunde gewan, wahrend BMdJl.Ca das richtige bieten: des
Di Urse ich vreude hän, wand ich von luibes hünne nie bexxer vriwende
gewan. Falsch Jas Db* in v. 4 vreude geican und verbesserte deshalb
das vorhergehende vreude v. 3 in das sehr nahe liegende ere. Eine
andere erklärung scheint mir hier nicht möglich, jedenfalls ist die stelle
für den vorliegenden zweck durchaus ungeeignet.
1382, 3b die mäge und ouch ir man. Wenn ADb (nicht X) mögt
statt mäge haben, so ist dies wol ein zufällig gleicher irrtum, wie auch
444, 2 maget und mine man in A und J (Bartsch, Unt. s. 69).
1401, 1 sprach Hagene, swes si halt jeken A.Db*. halt fehlt
BdJKla. Hier kann sprach Hagene als ein fehlerhafter zusatz der urhs.
gelten, wie ja solche Zusätze mit sprach öfter in hss. vorkommen, auch
838, 1 ist Er spracli fehlerhafter zusatz der urhs.
1448, 1 ist üf Db* zweifellos an die stelle von über (den hof)
getreten und hat mit dem sinnlosen u\cr in A nichts zu tun.
1497, 3 Db* herre hat wol, ebenso wie das sonderbare hiute Bdl
eine lücke füllen sollen, die durch Verschiebung von hin entstand. Das
richtige wird demnach Lachmanns nu nemt vriuntliche hin minen solt
sein, wobei hin eine Stellung erhält, in der es sehr oft vorkommt.
698, 3a Dass ADb Sivrit min sun und andere verse dieser art
unstatthaft waren in dem original, dem die an senkungslosen versen
ziemlich reiche ältere und gleichzeitige kurzzeilige epik vorlag, müsste
doch erst bewiesen Averden.
1151, 3 würde eine ausreichende erklärung finden durch die an-
nähme, dass die urhs. hatte dax wir körnen nimmer, was die hs. A am
nachlässigsten durch niht kamen, Db* besser durch nimmer kamen
widergab. Beispiele, dass in prosaischer Umstellung handschriften un-
abhängig von einander zusammentreffen, sind 772, 2 BD. 1375, 4 Dbd,
vgl. Braune s. 97.
318 KETTNEH
1159, 3 Braune gibt der lesart B* die baten minnecUche troesten
si ir muot nur deshalb vor der lesart ADb* d. b. m. und trösten ir
den muot nur deshalb den Vorzug, weil jene die schwierigere kon-
struktion hat und ADb* keinen anlass zur änderung bietet. Aber schief
ist der sinn in B*: sie baten sie freundlich, sich zu trösten. Der dichter
hat doch offenbar gemeint: sie baten sie freundlich, Etzel zu heiraten,
und suchten sie mit froher Zuversicht zu erfüllen, indem sie ihr vor-
stellten, wenn sie den könig nähme, so wäre das ihr glück. Vgl. ausser-
dem die entsprechende Zweiteilung in der parallelstelle 1022, 3. 4. Grund
zu der änderung kann ein in der den anderen handschriften vorliegen-
den fassung ausgefallenes und gewesen sein. Jedenfalls müssen wir
hier das ursprüngliche im text ADb* sehen.
1309 Hier passt sowol die durch ADb wie die durch Bdl.Ca ver-
tretene auffassung, und was sich für und wider jede der beiden Über-
lieferungen sagen lässt, gleicht sich gegenseitig aus. Zu gunsten von
B* lässt sich geltend machen: 1. „Der wirkungsvolle gegensatz" ir nie
deheiner — alle; 2. Die correcte beziehung auf ein subst., die si in
den worten der si mohten vil hdn 31' hat, während es in ADb allge-
mein = „man" gebraucht ist. Zu gunsten von ADb : 1. Der engere Zu-
sammenhang. Es handelt a) 1305. 1306 von Kriemhild; b) 1307—1309
von Etzel, und zwar a) 1307: kein könig (dehein künec) hatte eine
grössere und prächtigere hochzeit; ß) 1308: kein könig, auch Siegfried
nicht, hatte mit seinem gute sich so viel recken erworben; y) 1309:
kein könig (dehein künec)1 schenkte xuo sin selbes hdehgezit so reich-
lich, c) 1310 handelt von den mannen und gasten. 1311 schlnss.
1312 — 1314 Spezialisierung. 2. Bei der fassung B* fällt das schenken
des wirtes aus. 3. Die bezugnahme von B* auf ein fest, das ein recke
gibt, ist ungewöhnlich und auffallend. Zu rechtfertigen bliebe also bei
ADb das unbestimmte si in dem formelhaften ausdruck der si mohten
vil hdn 3b. Dies wird aber auch 455, 2. 831, 1. 1446, 1. 1524, 1.
1698, 1 u. ö. gebraucht. Hier steht es an stelle von er, das, grammatisch
auf künec deheiner bezüglich, nicht zulässig wäre, während man bei si
an die leute des königs denken kann, die auf sein geheiss gaben aus-
teilen, vgl. 634. Ferner würde selbes v. 1, wenn man, was nicht un-
bedingt nötig, es betonen will, den gegensatz einschliessen können zu
den hochzeiten oder festen anderer fürsten, bei denen könige als gaste
schenken.
Das gewonnene ergebnis ist nun folgendes: das ursprüngliche hat
ADb: 1678. 1152, 1. 1994, 3. 4. 1148, 4. 1159, 3.
1) Zu lesen ist wol nie künec deheiner, vgl. 1096, 3. 2061, 4. 2099, 4.
HANDSCHRIFTEN DES MÜK.LV NUEXLIKDE« 319
Als fehler der urhs. können gelten: 1146, 1 (-{-kern und leichte
Verstellung). 1433.2. 1553.1 (+ vil). 1094,2 (wortausfall). 1401,1
(+ sprach Hagene). 1497, 3 (hin verstellt).
Zufallig übereinstimmende änderungen und versehen in Aüb können
sein: 1725, 4 (-\-kaben). 1988, 3 (heim guot-helmhuot). 2201, 3 (hiez-
hei%). 303, 1 (iu-in). 477, 3 (ivize-riche). 1020, 4 (+mir). 1111,1
(-\- Rüedeger). 1382,3 (maget-mäge). 1151,3 (prosastell ung).
Zweifelhaft bleibt: 1303, 4 fg. 698,3. 1309,4.
Unerheblich oder nicht beweisend sind: 1342, 3. 1448, 1.
Bedenken erregen könnte die annähme von sechs fehlem der urhs.
und von acht zufällig zusammentreffenden versehen oder änderungen in
A und Db*. Aber eine beschränkte zahl von fehlem muss jeder der
urhs. zugestehen, und wenn irgendwo, so müssen sie sich bei solchen
ab weichungen, wie den besprochenen, herausstellen. Ganz ähnliche er-
scheinungen wie diese zeigen auch die stellen, in denen Braune (s. 197 fg.)
fehler des archetypus sieht. Ebenso hat Braune ein zusammentreffen
nicht verwandter hss. bei änderungen und versehen in nicht geringer
zahl angenommen1.
1) So zwischen oder gegenüber A und B (s.59fg i: 1018, 1 immer mit ougen statt
mit ougen immer. 2089,2 ie füezen | beide statt beide u füexen. 2163,3 stritmüede
^tan sturmmüede. 'US. 4 dem künige Günther --tau dem künege. 2080, 1 tage
maere statt xage boese. AB 1100,2 den edelen man falsch statt den Etxelen man.
1495, 2 dannen falsc lä nennen. Gegen AB haben die übrigen falsch Mine-
ginne statt künege 1087, 4. Beispiele zufälligen Zusammentreffens von A und J siehe
s. 67 fg., so 16G3. 4 er ist nu (Ut) lange begraben statt er ist vor maniger \it be-
graben u. a. J und Db s.68fg. z. b. 953, 2 dtnes libes statt dises (mtnes) Iridis u. a.
Zahlreiche beispiele für A und C s. 204 fg., darunter 681,4 der künie mit geleite
hie\ die boten wol betvarn statt der Icünie hiez mit geleite die boten vlixeclieke be-
warn. Ein bekanntes beispiel. wie mehrere handschriften selbständig geändert haben,
ist 1494. 1 müelich gesit, das die meisten haben statt des richtigen niulich gehtt
B(d). Von fehlerhaften Übereinstimmungen, die speziell B betreffen, will ich hier
noch anführen: 1716.4 fehlt n\ helfe BKb. 772. 2a tiicerr wesen BD statt toesen
tiieerc. 934, 4'' BD %e rate han getan, dreihebig. statt hän u rate getan. 412, lb
BDb da da% spil sulde gescheiten statt da sold&t sp. g. 907, lb BdDb da% man min
Lax naeme wäre. 201 S, 3 \u xuns in BdD zugesetzt. 2062. 1 man in BD sinnlos
zugesetzt. 2066, 2 fehlt BD dienen. 21 3S, 1 BD Ion in got statt Ion ich iu. 2033, 1
BJ frümeclichen statt friuntliehen 2069, 2 BJ verdienen statt verenden. Schon die
hier zusammengestellten fälle werden genügen, um die bedenken zu entfernen, die
man gegen die annähme von zufällig gleichen versehen und selbständig vorgenommenen
änderungen gleicher art haben könnte. Wie weit man gehen kann in der annähme
von fehlem in der urhandschrift, kann mau daraus schliessen, dass iu dem abschnitt
2018 — 2067 die handschrift B folgende fehler hat: 2018.2 mme gesellen für min
geseUe. 2021, 2 der fehlt. 2026, 1 Krienihi.lt fehlt. 2028, 4 du fehlt. 2033, 2 frümec-
320 KETTNEB
So sind denn nun unter den 25 stellen 5, bei welchen die ge-
meinsame lesart ADb sich gegenüber B* als die ursprüngliche erweisen
lässt. Von den übrigen 20 können die einen das ursprüngliche, wenn
auch in fehlerhafter gestalt, enthalten, und sind die anderen nicht be-
weiskräftig. "Wer sich in bezug auf diese 20 fälle unserer auffassung
anschliesst, tritt damit zunächst der unter 3. stehenden ansieht bei und
erklärt sich vorläufig für die ursprünglichkeit des A-textes. Wer aber
bei einzelnen dieser fälle wie z. b. bei 1433, 2, die hier ausgesprochene
auffassung ablehnt, gelangt damit zu der unter 2. stehenden ansieht,
hält also an dem Vorhandensein einer B* nebengeordneten gruppe ADb*
fest. Aber dieser muss doch bereits das Zugeständnis machen, dass bei
nicht wenigen und auch bei besonders wichtigen Varianten ADb* das
echte bewahrt hat.
Wenn dieses das ergebnis bei der Untersuchung der für ADb be-
lastendsten stellen ist, wird voraussichtlich bei den minder belastenden
sich das Verhältnis für ADb noch günstiger stellen. Es ist deshalb auch
nicht erforderlich, alle durchzugehen, sondern nur die herauszuheben,
die bedeutendere abweichungen zeigen oder zu gunsten von ADb
sprechen.
312,2 Das im bairisch - österreichischen dialekt des 13. Jahrhunderts
noch lebendige wort widerwinne kann von B* sowol hier wie 140, 2
gerade so gut für geste und viende eingesetzt sein, wie es von C*
149, 4. 315, 2 für viende tatsächlich eingesetzt ist.
656, 3 perlen BclJ konnte verlesen werden als pfelle Db, wie
berlen als borten A, dagegen konnte eine Veränderung von pfelle in
borten füglich nur mit bewusstsein geschehen. Deshalb schon ist die
abwandlung von perlen - pfelle - borten nicht recht wahrscheinlich. Ausser-
dem erwähnt das Nib. perlen sonst nirgends. Dagegen gehören borten
und edel gesteine zusammen: vgl. 31, 4. 32, 1 vil der edeln steine die
frouiven leiten in dax golt, Die si mit porten (d. h. mit goldfäden in
borten venvieret) wolden ivurken üf ir wät. 415, 1. 2 ein edel borte,
dar üf lägen steine. 793, 1.2 si den borten truoc mit edelem gesteine.
Die parallele aus dem J. Tit., die Braune anführt, würde doch nur be-
weisen, dass Albrecht das Mb. in der recension B* kannte.
1014, 4 In Bd durch mines sunes liebe : des sult ir äne xwivel
sin macht die Schlussformel, für die Ca und J eine andere eingesetzt
liehen statt friuntlichen. 2046, 2 si hiev statt so heiz ich. 2047, 1 nähe statt noch.
2056, 4 git statt tuot. 2062.1 man zugesetzt. 2066,2 dienen fehlt. Das sind in
einer guten Handschrift 10 fehler auf 50 Strophen, und wir nahen bei den 25 Strophen
6 fehler angenommen in der urhandschrift, die nichts vor B vorauszuhaben braucht.
HANDSCHRIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 321
haben, den eindruck einer willkürlichen änderung. Vgl. zu der stelle
abschnitt 4b. Die strophe könnte hier ursprünglich gelautet haben ich
teil in waege sin durch mines sunes (iwers mannes A) liebe und des
edelen kindes sin. Aber für A 3b ich tuon iu triiuen schin spricht
der gegensatz zu dem Vordersätze Sid daz uns untriuice äne hat
getan. Die änderung von iwers mannes in mines sunes könnte durch
das streben nach Variation des ausdrucks, da iiceren man in v. 2 vor-
hergeht, herbeigeführt worden sein.
1160, 1 Einfach daz wip B* wird, soviel ich sehe, nirgends für
eine der hochgestellten frauen im Nib. gebraucht und erscheint somit
als stilwidrig. ADb daz edele wip ist das ursprüngliche.
1393, 3b durch ir tuyende muot BdJ ist nicht als das ursprüng-
liche anzusehen, sondern durch ir tug enthaften muot ADNb, da dieses
eine feste forme! ist: vgl. Er. 4442. 4739. Grund der änderung kann
der zweisilbige auftakt gewesen sein.
1641, 4 Die bemerkung, Dankwart habe die geschenkten kleider
bei den Hunnen vzl rroelichen getragen — so nach ADb, vil harte
herliche BJdC — ist doch nicht so ganz gedankenlos, denn bei der
einzigen gelegenheit, wo die Burgunden am hof Etzels überhaupt präch-
tige kleider tragen mochten, am abend nach ihrer ankunft, gieng es
allerdings ganz fröhlich zu. Ob sie bei dieser gelegenheit ihre rüstungen
mit festkleidern vertauschten, darüber spricht sich der dichter nicht be-
stimmt aus. Doch ist das sachliche hier ziemlich gleichgiltig: denn die
hindeutungen auf die Zukunft werden auch sonst ohne klare Vorstellung
des Sachverhaltes hingeschrieben, wie 71. 362.
1965, 4 ist der plural bringet mir min gewaefne ADb richtig,
der singular brinc unverständlich. Das Kürnbergerlied 9, 29 wird wol
niemand damit vergleichen wollen.
2229, 3b er was der driten kere nu komen durch daz ival ADb.
Das wort daz wal, wofür BJ den sal hat, fehlt allerdings sonst dem
Nib., aber eigentliche Schlachtschilderungen, in denen es doch allein
vorkommen kann, sind im Nib. sehr beschränkt vorhanden. Indes gerade
in solcher Verbindung wie hier ist wal beliebt: Ku. 1530, 4 er Jude daz
wal des tages dicke durchhouwen. Kehr. 160, 16 (5220) si durchhiwen
daz wal. "Willeh. 429, 3 eine sträze houwen durch daz wal. Rol. 233, 7
er durchrait daz wal. AI. Vor. 1518 Alexander durch daz wale brach.
Wolfd. B 295, 2 si drungen durch daz wal.
1290, 2 ist die lesart ADbg truogeu ric/ie kleit statt truogen ir
diu kleit zweifellos richtig. Denn die ceremonie des schleppentragens
steht hier ganz vereinzelt. Dagegen wird auch 1252 Kriemhild durch
322 KK'I I :
zwei forsten, Piligrim und Eckewart, zu Gotelind geführt, und diese
führung der frauen wird überhaupt fast immer bei solchen begegnungen
erwähnt: 543. 547. 737. 1248, vgl. auch 607. Die formel truogen
richiu kleit steht auch 278, 3b. 532, 3b ADb u. ö\, vgl. zu 1290 ab-
schnitt 4a. Die beseitigung von riche, welche durch das vorangehende
fürsten riche nahe gelegt war, hängt wol auch mit dem noch sonst in
B* zu beobachtenden bestreben zusammen, häufung gleicher Wörter zu
meiden.
1531, 4b ist wol sicherliche B* das richtige, wenn auch zu dem
seltenen scherliche A.Db* == scharliche das ebenfalls seltene scharhafte
446, 2 sich stellen Hesse. Das i dürfte bereits in der urhs. gefehlt
haben.
1539, 4b da% was vil wislich getan BHd.Ca hat für sich nur den
vorzug des im letzten halbvers beliebten rhythmus, während bei der
lesart ADbg williclich die vorletzte Senkung gefüllt ist. Aber die
formel in B* ist dem Nib. fremd, auch die verwandte schlussform und
tet vil wisliche daz kommt nur noch 442, 4 BJC (811 Db) vor, mehr-
fach dagegen die schlussformel in ADbg. Indes zeigen diese schluss-
formeln ein solches durcheinander in der wähl des adverbs, dass auch
für 1539, 4 sich die originalform nicht mit voller Sicherheit feststellen
lässt. Vgl. 811. 4 und tet vil willecliche dax AdBC, wislichen Db,
güetliche Ja. 1042. 4 willecliche AC, güetliche bBdJ. 1076, 4 willec-
liche DbCa, vlizecliche B, schedelichen A. 442, 4 willeclichen Db, wis-
liche BJC. Man sieht daraus, wie unzureichend jenes metrische argu-
ment ist.
Unter den stellen, die s. 58 — 74 behandelt werden, um die zweifei
an der einheit der gruppe ADb* zu beseitigen, sind noch einige, die
nicht allein dem zwecke dieses abschnittes dienen, sondern zugleich
gegen die echtheit der lesarten von ADb oder von A allein geltend
gemacht werden. Besonders beachtenswert scheint mir folgende stelle.
593, 3b. 4b D.BdJ.Ca trüric was genuoc : swie er des tages kröne
truoc. Statt genuoc hat b gemuot. Da genuoc und gemaot in ver-
schiedenen handschriften mehr als einmal verwechselt ist, liegt es doch
am nächsten, genuoc zugleich als lesart Db* anzusehen und gemuot auch
hier als Verwechselung zu erklären. Wir haben somit hier eine stelle,
wo sich A und Db* scheiden und die frage zu beantworten ist, ob
B*Db* oder A das ursprüngliche bietet. Diese frage aber muss zu
gunsten von A beantwortet werden. Denn einmal sind Strophenschlüsse
wie 593, 3. 4 A nicht selten und begegnen noch 1518. 324. 1524. 669.
220."). vgl. dazu 1499, lb; die lesart A ist also nicht die eigenartige,
HANDSCHRIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 323
wie Braune meint. Sodann liegt in A der herre des landes, ir fröude
düht in nikt xe guot eine anakoluthie vor, für die B*Db* ein glattes
Satzgefüge haben. Vgl. Erdmann- Mensing, Synt. II § 59.
Ist aber 593, 3. 4 die lesart A die ursprüngliche, so ist damit die
gruppe ADb aufgelöst. Dann hat sich entweder die entwicklung voll-
zogen von A zu Db* zu B*. Oder es haben beziehungen zwischen den
recensionen obgewaltet, die noch der ermittelung harren, wofern sie
überhaupt mit dem uns zu geböte stehenden material ermittelt werden
können. Vgl. punkt 4.
Nun kann natürlich bei einer einzelnen stelle auch der znfall den
schein der ursprünglichkeit erzeugt haben. Es gilt also jetzt, auch die
anderen abweichungen des A-textes von Db*B* zu prüfen, die nach
Braunes ansieht notwendig änderungen der echten Überlieferung sein
müssen. Dies sind die Strophendifferenzen und die zahlreichen oft stark
sich unterscheidenden lesarten, in denen A und Db*B* auseinander-
gehen.
2. Die Strophendifferenzen.
A hat 64 Strophen weniger als Db*, 63 weniger als B:|:, dem
491. 4a — d fehlt. Dass diese 64 Strophen der urhs. nicht angehört
haben, ist mir, namentlich auch nach den neuesten Untersuchungen
von Zwierzina. ZfdA. 44, s. 67 fg. zweifellos. Ob die eine oder andere
zum original gehören und von A übersprungen sein mag, kommt nicht
in betracht. Braune hat die echtheit dieser Strophen (ausser 102 a b,
die wahrscheinlich aus C* stammen) mit neuen gründen verteidigt, auf
die einzugehen ich genötigt bin.
Er stellt sie den jüngeren Strophen, den ,, interpolationen " Lach-
manns, gleich, namentlich auch, weil sie wie diese reich an nach-
ahmungen anderer Nibelungenstellen sind. Darin sollen sie sich unter-
scheiden von den zusatzstrophen des bearbeiters C*. Und allerdings
zeigen diese viel mehr Selbständigkeit. Doch das fällt wenig ins gewicht.
Denn nach der art und weise, wie der redactor C* sonst mit dem texte
umspringt, ist ein freies arbeiten in seinen eigenen Schöpfungen ganz
erklärlich im gegensatz zu dem redactor B*, der doch seine vorläge
verhältnismässig schonend behandelt hat, wie man dies auch vom Stand-
punkt A ansehen muss. Aber nachahmungen kommen in den zusatz-
strophen von C* auch vor, z. b. 622(674), 13 Den künec müete s$re
beidenthalp diu not. doch rorchfer michels mere den Sifrides tot nach
971 (1030), 1. 2 Stete vtichel ivaer ir jämer und sivie störe ir not, doch
vorhte si //orte der Nibelunge tot. Viel nachahmungen weisen dagegen
die dJ-zusätze auf, die ich deshalb (ohne damit ein endgültiges urteil
324 KETTNEB
aussprechen zu wollen) auch nicht dem Verfasser der C*-zusätze zu-
schreiben kann. Ich führe hier die dJ- Strophen der ersten hälfte, die
für den gegenwärtigen zweck genügen, der reihe nach auf.
d 329(330), 5 — 16.
329, 11 dax rät ich iu mit tritt treu . weit ir niht ligen tot, sone.
1411(1471), 3 ich rät iu an den triuwen, 'weit ir iueh bewarn, so.
329, 14 hin xe Prünhilde, sivax halt mir geschult.
durch ir unmdxen schoene muox ex, gewäget sin.1
328 (329), 2 hin xe Prünhilde, stvie ex mir erge,
ich ivil durch ir minne wägen minen lip.
50 (49), 2 durch ir unmäxen schoene.
329, 16a wa% ob mir got gefüeget = 16, 4 ob dir noch got gc flieget.
16h dax si mir volget an den Rin — 443(474), 4 nu salt ir
uns hinnen volgen an den Rin.
dJ 756(813), 5—12.
756, 7 war umbe uns so lange den xins versexxen hat
ir man, der st unser eigen : der vräge hän ich keinen rät.
768 (825), 3 dax er dir so lange den xins versexxen hat.
der diner übermüde sohl ich von rehte haben rät.2
756, 9 Sus warte si der wtle, als ex der tiufel riet.
die fröude and ouch die höchgexit mit jämer si dö sehiet.
1334(1394), 1 Ich waen der übel rälant Kriemhilde dax geriet,
dax si sieh mit friuntschefte von Qunthere sehiet.
756, lla dax ir lac amme herzen = 1335, la Ex lue ir an dem herzen.
12 des wart in rnangen landen von ir jämers eil vemomen.
222 (223), 4 da wart von edelen froiven michel fragen vemomen.
dJ 848(905), 5 — 8.
848, 7b wie ich in gewinnen sol = 858 (915), 3a icie er ge-
winnen sohle.
Überhaupt gleicht sich der inhalt der beiden Strophen.3
1) C* hat str. 329(330), 13 — 16, die auch im ganzen nicht viel mehr als eine
widerholung von 328 (329) ist, gestrichen und den ausdmck it/irrh ir unmdxen schoene
auf 328 (329), 3 übertragen. Sollte vielleicht auch J, da 329 (330) b dasselbe sagt
wie 329(330), aus dem nämlichen gründe alle drei Strophen weggelassen haben V
2) Auch durch diese widerholung ist C* zur Streichung von 708 (825) a b ver-
anlasst und hat die beziehung auf den zins in 766 (823), 4. 767 (824), 4 verlegt.
3) Deshalb hat C* 858(915) gestrichen. Der unterschied, den C* übersehen
hat, ist: 848a sagt Hagen zu Günther, er wisse, wie er Siegfried überwältigen könne,
858 hat er ihm auseinandergesetzt, auf welche weise er ihn überwältigen werde. Mit
&ANDSCHBIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 325
dJ 858(915), 5 — 8.
858, 8b idoch erarnten si% sit — 1451 (1511), 4b iedoch gerouw
ez in stt.
Zu dJ 910(909). 5 — 8, 939 (1001), 5 — 8 habe ich keine parallelen
gefunden. Zu 1052(1112), 10 vgl. 1202(1262), 3; zu 11 vgl. 1184
(1244), 1; zu 12 vgl. 972(1031), 1. 1158(1218), 1.
Nach diesen Zusammenstellungen zu urteilen, hat der zudichter
dJ* sich fast noch enger an seine vorläge angeschlossen als der zu-
dichter B*. Die plusstrophen dJ* dürften sich demnach zu den plus-
strophen B* verhalten wie diese zu den „Interpolationen".
Wenden wir uns nun den einzelnen Strophen zu, welche Braune
behandelt (s. 80 — 89).
Die von Braune hervorgehobene Schönheit der str. 437a liegt wol
nur in dem ersten verse, der gebildet ist mit hilfe eines bekannten
epischen stilmittels, das im Nib. selten, in der Kudrun oft angewendet
wird. Für das in 438, 1 folgende si ist ein vorangehendes Prünhilt
(437, 7) hier nicht erforderlich, vgl. z. b. 361, 1. 363, 1. 386, 1. 1276, 1.
Die ankündigung 540 Nu hoert ouch disiu meiere von der künigtn,
Voten der eil riehen, wie si diu meidtn gefrumte von der bürge klingt
pathetischer, als sie gemeint ist, und verlangt keine detaillierte aus-
führung, wie sie B* 540 ab liefert. Der ton braucht durchaus nicht
auf icie zu liegen, es kann die künigtn betont und diese damit dem
künic mit seinen Jungfrauen 538 gegenübergestellt werden. Auch 90,2. 3
wird angekündigt nu hoeret wunder seigen, wie in wolden teilen der
Niblunge man, von diesem teilungsversuch selbst aber nichts angegeben,
sondern nur gesagt, dass Siegfried es sah und sich darüber wunderte.
Auch hier liegt der nachdruck nicht auf wie sondern auf teilen. Ebenso
ist es bei der nur A zugehörigen str. 21 Ich seige iu von dem degne,
wie sehoene der wart, wo dann die Schönheit nicht beschrieben, son-
dern mit einer phrase abgetan wird.
338a b Von einer „ minderwertigkeit" dieser Strophen habe ich
Zeitschr. 26, 435 nicht gesprochen, sondern von einem Widerspruch.
Siegfried sagt 338 a: sieie eil wir volkes füeren (selbst 30000), die
848a beabsichtigte dJ* der bemerkung 854(911), 4 (Hagen babe die jagd angeraten)
eine bestimmte beziebung zu geben, indem es Hagen den rat wirklieb erteilen lässt.
Die stelle zeigt übrigens, wie vorsichtig man mit dem urteil über notwendigkeit und
entbehrlicbkeit der Strophen sein muss. Auch hier könnte man sagen, B* habe
kopflos gestrichen, indem es durch auslassung von 848a jener bemerkung ihre
unterläge entzog.
326 KETTNEK
müesen doch ersterben, und 339: wir drei, ich, du, Hagen: wir salen
wol genesen, dazu Dankwart: tüsent man mit strtte geturrm nimmer
nns bestän. Das reimt sich doch nicht zusammen und kann nicht so
unmittelbar hintereinander von demselben dichter gesagt sein. 338 a
und b gehören übrigens zu einander, wie eine ganz eigentümliche nach-
ahmung, ähnlich der in der d-strophe 329, 14. 15, zeigt. 338, 5. 6 ist
gebildet nach 329, 1. 2, und 338, 11. 12 nach 328, 1. 2.
348, 5 — 20 stehen inhaltlich in engster beziehung zu 341, 5 — 12.
Und diese letzteren verraten durch den cäsurreim guoter : muoter den-
selben Verfasser, der B* 18, 1. 2 den cäsurreim muote : guote einführte,
an einer stelle, wo auch Braune in A die ältere lesart sieht. Das zu
gunsten von 348, 5 — 20 beigebrachte ist unerheblich.
383 ab c hält Braune für unbedingt notwendig, weil in ihnen
speciell von Günther und Siegfried gesprochen wird und 384, 1 rehte
in einer mäxe den helden vil gemeit von sneblanker varwe ir ros und
oucli ir kleit wären vil geliche sich sonst auch auf die schwarz geklei-
deten Dankwart und Hagen beziehen würde. Der grund ist jedoch
nicht zwingend. Denn 377 — 381 reden nur Günther und Siegfried mit
einander, auch 382. 383 werden die beiden anderen nicht erwähnt.
Wenn der dichter dann 384 auch nur an sie dachte und von ihnen
zu sprechen fortfuhr ohne ihre namen zu nennen, so wird man das bei
dieser ganzen losen erzählungsweise nicht unbegreiflich finden. Wie
wenig genau es der dichter der jüngeren teile dieses abseimittes nimmt,
zeigt auch 347. 348, wo „sie beide ;t zuerst Günther und Siegfried, dann
ohne Vermittlung Kriemhild und Siegfried sind. Die entscheidung über
die echtheit und unechtheit von 383 a b c liegt hauptsächlich bei den
Varianten 399 — 401. Betont B* 383 a b c die dienstbarkeit Siegfrieds
aufs stärkste, so hebt es dieselbe auch 399 — 401 viel nachdrücklicher
hervor als A. Statt A er erldt dieJi sin niht sagt B* min herre erlitt
dich sin niht; statt A durch dielt mit im ich her gevarn hän sagt B*
ja gebot mir her er varne der recke wol getan; statt A waerer niht
min herre, ich hetex nimmer getan sagt B möht ich es im geweigert
hfiti , ich het es gerttc Verlan. Dass B* liier änderte, zeigt namentlich
die auflösung einer im Nib. beliebten form der erwiderung 401, 4 waerer
niht nun Iterrc, 402, 1 ist er din herre (vgl. Österr. Nib. -dich tung s. 265).
Ausserdem würde 400. 401 in der fassung A vom Standpunkt B* aus
als eine sachlich völlig zwecklose stilistische Verschlechterung des durch-
aus unanstössigen B*-textes angesehen werden müssen: vgl. 400, 1 und
401,1. 400,2 und 401,3. Dazu kommt drittens der Zusammenhang
der Strophen 383abc mit 385a.
HANDSCHRIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 327
383a bc und 385a gehören nämlich zusammen wegen der 383, 7.
16. 385, 8 durchgeführten widerholung da% sähen durch diu venster
diu waetUchen wip, <ht\ sahen durch diu venster di vrowen schoen
unde her, dm. sack allh Prünhilt, diu eil herMehe meit. Wenn eine
dieser Strophen zusatz ist, müssen es alle vier sein. 385a ist aber als
solcher leicht zu erkennen, weil sie den parallelismus zwischen 384.
385 und 386. 387 aufhebt. Wie ich bereits Österr. Mb.-dichtung s. 134
hervorhob, entsprechen sich in den beiden Strophenpaaren: rosse und
kleider von schneeweisser färbe — schöne, leuchtende Schilde — stein-
besetzte sättel — si Jcdfnen xuo dem lande: kleider von rabenschwarzer
färbe — neue, gute, grosse Schilde — indische steine — sus riten xuo
der bürge. 13* hebt mit 385 a die zweistrophigkeit der ersten Schilderung
auf und hängt eine beschreibung von Speeren und Schwertern an, der
bei dem zweiten beiden- und strophenpaar nichts entspricht. Auf die
schlussformel als ex ir eilen in gebot, die Braune in A unmotiviert
iindet, kommt wenig an, da solche formeln so oft nichts mehr als fliek-
verse sind, und hier hat sie ihren sinn: ihre heldenhaftigkeit war der
grund, dass sie nach Island kamen. Gewiss ist diese bemerkung über-
flüssig, so überflüssig wie viele Schlussbemerkungen in den Strophen
des Nibelungenliedes.
582a Die antithese, die Braune in 582a, 4 und 583, 4 findet, ist
kaum zu erkennen, auch wenn man, was man unbedenklich tun kann,
den fehler in A zierlicher degen zugibt, mit den anderen hss. der xier-
Uche degen liest und dieses und v. 4 auf Günther bezieht. Im übrigen
ist in A alles in Ordnung. Wenn der dichter 582, 4 sagt Sifrides
hurxirile diu wart groexlichen guot, so sagt er doch genug. Und wenn
er fortfährt: Ich sage in nu niht mere wie er der vrowen pflac, so
kann man ihm darin nur recht geben. Bemerkungen wie 582, 4 finden
sich auch sonst abschliessend an gleicher stelle: 1260, 4 si säxen gen
den lüften und heten kürxewile gröx. 1304, 4 Rüedeger und sine
vriunde heten kürxewile guot.
Gegen 589a ist einzuwenden, dass eine solche fast wörtliche rück-
beziehung wie sie 600, 1. 2 folgt, zwar dem stil der spielmannsmässigen
epik sehr angemessen, im Nib. aber nicht üblich ist, ausser in eben
diesen plusstrophen : vgl. 338,6 und 329,2 u.a. in Zeitschr. 26, 441.
Es ist dies ein besonderes episches stilmittel, das dem redactor B* ge-
läufig gewesen sein muss. Wol zu unterscheiden davon ist die stilistische
schwäche, die in dem kurz aufeinander folgenden gebrauch desselben
vvortes liegt, die B* weniger zeigt als A. Die Strophe 588a füllt aller-
dings eine lücke aus, diese ist aber im original vorbereitet durch die
328 KETTXER
auflösung der erzählung in 588, 3. 4, wodurch, wie so oft, ein einheit-
licher Vorgang (bezwingung und fesselung) abgeschlossen wird. Mit
Do begunde 589 setzt die neue handlung ein, ohne bestimmte zeitliche
beziehung, wie auch 20. 48. 529. 1956.
Bei 417a gibt Braune selbst zu, dass die strophe „sich inhaltlich
mit ihrer beschreib ang des waffenrocks der Brünhild zwischen der be-
schreibung von schild und speer nicht eben sehr empfiehlt". Das wort
Azagouc und seine beziehung zum Parzival beweist nichts, solange man
in der rezension C* den Wolfram bekannten Nibelungentext sieht. Der
wäfenroc kommt nur hier im Nib. vor; denn das wäfenlteh gewant
1633 soll, wie auch das blosse gewant 1699,3. 2261,1 oder wät 2187,2
oder ivicgeivant 2254, 3, ohne zweifei einen hämisch bezeichnen, und
bei der äusseren erscheinung der beiden wird immer nur der unbe-
deckten brünnen und halsberge gedacht. Auch in der form ist die
strophe nicht bloss anstössig sondern verrät auch die nachdichtimg: aus
354. 355 nno hoeret ich tider von der Hellten waete sagen — seide —
der beten si genuoc stammt die ungeschickte einfügung Verneint noeb
von ir waete, der bete si genuoc.
Ich schliesse hieran noch eine von Braune s. 107 behandelte stelle,
442,3.4, die zwar nur eine Variante ist, mit der aber drei plusstrophen,
442a bc stehen oder fallen. Hier hat der redactor B* ersichtlich am
texte geändert, um die folgenden strophen anknüpfen zu können. Denn
indem er schrieb er sprach %uo dem Minige und tet vil ivisliche daz
(eine nur hier vorkommende wendung, s. s. 322) zerstörte er eine sehr
gut hierher passende altepische formel da . . . saz : alles leides vergaz,
vgl. Roth. 1337. 2507 alse die berren gesäzen, ir leides ein teil virgäzen.
Entsprungen sind diese zusätzo hauptsächlich wol dem streben
nach einer rein äusserlichen, sachlichen Vollständigkeit, woraus sich
auch die waffen- und kleiderschilderungen erklären lassen, die übrigens
nur einen beschränkten umfang haben. So sind 384. 385 nur die
schilde erwähnt: also müssen auch wenigstens noch Speere und Schwerter
besprochen werden 385a. Darum darf auch nach der Waffenschilderung
413 — 417 der waffenrock 417a nicht fehlen, obwol die goldene brünne
und das prunkende waffenhemde dabei zu kurz kommt, 519, 3 bittet
Siegfried Kriemhild ihr weinen zu lassen; 519a sagt uns, dass sie auch
damit aufhörte und ihre thränen mit sclmeeweissen geren abwischte.
530. 531 geben nur eine auf die pferde der frauen bezügliche Schil-
derung, dazu muss 531a eine entsprechende ausführung über die pferde
der Jungfrauen kommen. 532 werden 86 frauen erwähnt, also 532a auch
54 Jungfrauen. Die kleiderbeschreibungen der plusstrophen schliessen
IIAXIKi Hi;ll -TEN DES OTBELUNGEKLIEDES 329
sich den in diesem teil des Nib. so umfangreichen kleiderschilderungen
an, sind also für diese znsätze keineswegs charakteristisch. Diese proben
mögen liier für die allgemeine Charakteristik der zusatzstrophen genügen.
3. Die lesarten von A.
Bei drei stellen, 593, 3.4. 400. 401. 442, 3.4, mussten wir bereits
die von Db*B* abweichende lesart A für das original in ansprach
nehmen. Dagegen hält Braune — bis auf einige wenige ganz be-
stimmte ausnahmen — alle abweiclmngen in A für änderungen eines
redactors a, der jünger war als der redactor C*. Er findet die haupt-
eigentümlichkeiten von a erstens in einer metrischen modernisier ung,
zweitens in einer sachlich -sprachlichen modernisierung durch stärkere
geltendmachung des höfischen geschmacks.
Braune hat besonderes gewicht auf die metrischen erschein ungen
gelegt, Es handelt sich dabei um folgendes: 1. A hat weniger häufig
als B* (d.h. auch Db*) im letzten halbverse den einsilbigen zweiten takt.
2. A hat zahlreiche dreitaktige letzte halbverse. 3. A hat häufiger als
B* ein auf zwei kürzen ausgehendes wort vor der cäsur.
Die zweite und die dritte erscheinung lässt sich meist auf ein ver-
sehen des Schreibers ohne Schwierigkeit zurückführen. Dass aber auch
das original unserer Überlieferung einzelne fälle von dreitaktigem schluss-
vers hatte, hält Braune selbst für möglich (s. 93). Bei den drei fällen.
die er mit Sicherheit dem texte a zuschreiben zu können meint, kann
durch den einschub eines passenden wörtchens oder durch eine leise
formale änderung die regelmässigkeit hergestellt werden: 390,4 jir
den Itovesite sagen. 614, 4 ,hie( von minen handelt we oder von ,den'
minen banden we. 797, 4 niem* als niemere zu lesen.
Der zweisilbig stumpfe schluss vor der cäsur begegnet in allen
handschriften und lässt sich meist aus Umstellungen, auch aus wort-
vertauschungen und auslassungen erklären. So schreibt denn auch
Braune die weit überwiegende mehrzahl der fälle in A der nachlässig-
keit der letzten Schreiber zu (s. 104 fg.). Aber auch hier scheint mir
die frage nicht mit Sicherheit beantwortet werden zu können, ob nicht
diese Unregelmässigkeit auch der urhs., vielleicht sogar der dichtung
vereinzelt zukommt, zumal sie meines wissens in allen epen von dieser
strophenform sich zahlreich findet. So ist es kaum glaublich, dass
614, 4 B* sit getet diu vrowe dem kiienen Sifvide we statt A oder in
geschihet von minen handen we die ursprüngliche lesart gewesen sein
soll, da 617, 3 wider dar nmbe wart int wi in vorausdeutendem sinne
folgt, eine aufeinanderfolge, die doch nur damit zu erklären ist, dass
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 22
330 KETTXKK
der redactor B* bei seiner änderung an diese bemerkung noch nicht
dachte. Auch 1910, 2. 1911, 1 muss ich türen oder türe vor der cäsur
für das ursprüngliche halten. Bei der ersten erwähnung des turms
1774, 3 führen inhalt und ausdruck auf das wort türe statt turn. Denn
1770, 3, als Volker und Hagen das erste mal aus dem saale gehen,
heisst es und giengen ü% dem Jn'ise für die tür stau; 1774, 3 aber,
als Volker das zweite mal hinausgeht, steht und gie üz dem gademe
für den turn stau. Dass von zwei so nahe bei einander stehenden
fast identischen versen der zweite unvermittelt eine solche sachliche
änderung gebracht haben sollte, ist ganz unwahrscheinlich, und es ist
die iure 1774, 3 für die dichtung anzunehmen (wie bJCa es getan haben).
Weder inhaltlich noch handschriftlich begründen lässt sich das 1941, 3
allein in B stehende xno dem turn. Denn siver %uo dem turne gut
kann nur gesagt sein von Hunnen, die von aussen eindringen. Hier
aber spielt die scene im saal: Volker steht innerthalben (1915, 1), im
inneren kämpfen Günther und Hagen: wenn sie 1941 fg. auf ihn hin-
schauend (1943) von ihm und den Hunnen sprechen, denen er den
ausgang wehrt, können sie nur sagen siver zuo den türen oder der
türe gät, worauf auch die lesarten führen den duren b, den turn A,
de turn D, der tür JCa. Ebenso verhält es sich nun mit 1910, 2. 1911, 1.
Die scene ist dieselbe: Dankwart steht an der tür vor den äugen der
im inneren des saales kämpfenden Hagen und Volker (sehet ir dort,
geselle, mtnen bruoder stän). Und auch hier hat wider nur B an den
I ümen und an dem tarne, alle anderen handschriften zwingen zur an-
erkennung der lesart an den türen. In diesem sinne hat bereits Paul
(Beitr. 3, 483) die stellen beurteilt und sich auch 2144, 3 für die lesart
hi den türen (so A, der tür J, die anderen ausser b haben turne) ent-
schieden. Was die noch von Braune herangezogene stelle 2016, 311 be-
trifft, so ist hier sicher du stuont noch vor dem hüse der lähene spil-
man AJCa das ursprüngliche, nicht vor dem turne DbBd. Das beweist
der diese scene einleitende vers 1956, 1 Do stuonden vor dem hüse
manic tüsent mau und der fast identische parallelvers 2057, 2 noch
stuont rar dem hüse der küeue spüman. Da in diesen teilen des Nib.
so oft palas unde turne vor der cäsur vorkommt, konnten auf metrische
correetheit bedachte bearbeiter oder Schreiber leicht darauf verfallen,
Iure oder turen als turne oder turnen zu lesen.
Können wir hiernach von dieser metrischen Unregelmässigkeit die
dichtung selbst nicht ganz freisprechen, so dürfen wir überhaupt nicht
jene metrische Vollkommenheit bei ihr voraussetzen, die Braune für sie
annimmt. Ich glaube nicht, dass die Strophe des Nib. mit dem mass-
HAXDSC'HKirTF.X DES NiBELTJNGENLIEDES 331
stabe der ausgebildeten kunststrophen der dichter wie Kürnberger,
Meinloh u. a. zu messen ist. Ich bin allerdings der ansieht, dass der
dichter sogar selbst lyriker war, aber damit lässt sich wol vereinen, dass
er in der erzählenden dichtung sich freiheiten gestattete, die er in der
lyrischen sich nicht erlaubt haben würde3. Zweitens halte ich es nicht
für wahrscheinlich, dass diese später in solchem umfange verbreitete
epische strophenform als solche dem einfall eines mannes entsprungen
ist, sondern zusammen mit der alten lyrischen strophenform einer wurzel
entsprossen, aus einer lyrisch -epischen volkstümlichen strophenform her-
vorgegangen ist, dass also die freiheiten, die unser dichter sich erlaubte,
in der epischen anwendung schon bestanden. Drittens hat, wie ich in
meinem buche s. 4 — 45 nachgewiesen zu haben glaube, der dichter
auch stark unter dem einfluss der kurzzeiligen epik gestanden, kann
daher auch von deren metrischen eigenheiten nicht ganz unberührt ge-
blieben sein.
Demnach muss zu den eigenschaften des redactors B* namentlich
das streben nach metrischer regelmässigkeit gezählt werden. Dasselbe
äussert sich vor allem in der ausfüllung der Senkungen und der ein-
führung des einsilbigen auftaktes, sodann in der reichlicheren anwendung
des einsilbigen zweiten taktes im achten halbvers. Dieses doppelseitige
verfahren ist in sich weniger widerspruchsvoll als ein verfahren von a,
durch ausfüllung dieser stelle im achten halbvers zu modernisieren und
durch Streichung zahlloser Senkungen und auf takte zu archaisieren.
Als beispiel, wie B* die Senkungen ausgefüllt hat, diene 368, 1. 2:
A Sifrit dö bälde \ ein schälten gewän,
von städe er schieben \ väste begän.
Der gl eich massige auffallende rhythmus dieses verspaares kann nur
ursprünglich beabsichtigt und nicht nachträglich hergestellt sein, B* von
stdde heij ilnde schieben \ der kreftige man ist sicher das jüngere.
Beweise für das bestreben von a, jenen rhythmus im letzten halb-
vers zu beseitigen, findet Braune besonders in dem abschnitt 939 — 1004,
der durch grössere und häufigere abweichungen sich heraushebt. Aber
gerade hier verraten einige der lesarten von B* die änderung.
948, 4 A lässt auf die mitteilung des kämmerers, vor der tür
liege ein erschlagener ritter, folgen ouwe, sprach vrou Krim/hilf, waz
wil da solher inaer e sagen'-! Dafür hat B* du begonde Crieathilt vil
1) Dass nach meiner Überzeugung der den lyrikern mindestens nahestehen« le,
wenn nicht angehörige dichter nicht der alleinige Verfasser des vorliegenden Nibelungen-
liedes ist, sondern dass wir mit einem bearbeiter noch zu rechnen haben, der nicht
lyriker war, will ich nur nebenbei bemerken.
22*
332 KETTNEB
harte unmaezliche klagen. Dass hier B* im vergleich zu A schwäch-
lich und dürftig ist, sieht man leicht, doch darauf will ich kein gewicht
legen; wesentlicher ist, dass B* zum folgenden nicht passt. Kriemhild
fällt, von der richtigen ahnung durchdrungen, sprachlos zu boden, von
einem vorangehenden masslosen klagen durfte also vernünftigerweise
nicht gesprochen werden.
9G5 Da Kriemhild meint, sie würde dem mörder Siegfrieds das
denkbar schlimmste antun, liegt ein schwerer ton auf solhes leides,
und ein stark superlativischer ausdruck muss in dem folgenden stehen.
Diesen hat nur A dax al die friunde sin von minen schulden m Ursen
immer klagende sin.
966, 3. 4 B* dax von dem starken wuofe palas nnde seil und
mich diu stat %e Wormxe von ir weinen erschal. Hier ist von ir
//■einen nach von dem starken wuofe schwächer und überflüssig, während
A ze beiden siten h'üe erschal wider den dem vorangehenden also gröx
entsprechenden vollen superlativischen ausdruck gibt, der auch dem
Sprachgebrauch des Mb. durchaus angemessen ist: 751,3. 529,4. 1246, 1.
Nun scheinen allerdings A 969, 4 als im sin triwe dax gebot.
970, 4 d/n was ir ander herxeleit. 973, 4 dax dö ir herxe vol durch-
sneit wegen der darin enthaltenen künstlichen klimax die jüngeren les-
arten zu sein gegenüber B* des gie im waerlichen not — dax was ir
groexliche leit — dax ivas ir waerlichen leit. Aber von diesen drei
stellen besteht die erste auch in A aus einer beliebten formel, und für
die echtheit von wold er gerne rechen, als im sin tri iure dax gebot
spricht die verwandte stelle 2222, 4 dax räch der cdte Hildebrant, als
/m sin eilen dax gebot. Die zweite stelle soll eine höfische wendung
enthalten, wofür Braune sich auf Lachmann beruft. Aber die belege
aus der litteratur des 13. jhs., die Lachmann zu dem ausdruck reichlich
gegeben haben soll, beschränken sich auf zwei nur ähnliche stellen aus
Parz. (mit klage und ungemach), eine ebenfalls nur ähnliche aus Ulrich
von Türheim (mit not) und eine gleiche aus Ulrich v. Lichtenstein dax
ist min ander herxeleit. Dass der ausdruck aber schon längst zu den
gangbaren Wendungen gehörte, beweist Kschr. 16977(520,24) dax- was
da: ander leit. Auch leitet 970, 4 vortrefflich über zu str. 971, die
Kriemhilds beide leiden einander gegenüberstellt. Gibt man aber für
969, 4 und 970, 4 die lesart A als die ursprüngliche zu, so wird man
sie auch für 973, 4, trotzdem der ausdruck etwas gesuchtes hat, nicht
wo! ablehnen können.
Dass die tätigkeit des redactors B* ganz besonders in diesem ab-
schnitt darauf gerichtet war. die an sich schon überwiegende menge
HANDSCHRIFTEN DES N] i LEDES 333
der Schlüsse mit einsilbigem takte noch zu vermehren, ist hiernach wol
als sicher anzusehen. Übrigens ist die zahl dieser Schlüsse hier in B*
auch grösser als gewöhnlich. Es kommen deren, mit einrechnung der
durch verschleifung und elision entstandenen, auf die 66 Strophen
(939 — 1004) in B* 52, in A 40, ohne berüeksichtigung der verschleifung
in B* 45, in A 35. Die durchschnittszahl, die sich mir aus einer aller-
dings nur einige teile des Nib. (im ganzen etwa 500 Strophen) umfassen-
den durchsieht ergab, ist bei 66 Strophen in B:;: 44 — 45 (40 — 41), in
A 43 — 44 (39 — 40). Auch die zahl dieser fälle in den 62 zusatz-
strophen geht über das durchschnittsverhältnis hinaus und stimmt ziem-
lich mit der in 939 — 1004 überein. Ich zähle in ihnen 46 (44) derartige
Strophen, das macht, zu 66 ins Verhältnis gesetzt, 49 (47).
Musste bei seinem starken überwiegen dieser rhythmus als das
gesetzmässige erscheinen, so ist es begreiflich, dass der nach metrischer
correetheit strebende redactor B* gelegentlich darauf verfiel, ihn öfter
anzubringen, und dies da tat, wo es sich ohne Schwierigkeit macheu
liess. Das einfachste war die anwendung von solchen ihn enthaltenden
formein, die jedem Schreiber im gedächtnis sein mussten, wie des gie
im waerliche not (969), gie . . . vil harte groexliche not (1922), dax
was vr groexUche leit (970), da\ was ir waerlichen feit (973). Dass
A sich vor diesen formein nicht scheut und ihre häufung nicht weiter
unangenehm empfunden hat. zeigt z.b. ihr vorkommen 2251.2''. 2252. 2 \
2255, 4b. 927, 4b. 929, 3b.
Auf alle die stellen, an die Braune den nachweis der in A ein-
gedrungenen modernisierung knüpft, hier näher einzugehen, muss ich
mir versagen, zumal da Braune selbst die bei dieser beurteilung nahe-
O i *-J
liegende mögiiehkeit der beeinflussung durch ein subjektives geschmacks-
element nicht verkennt. Auch lassen sich den angeführten stellen, in
denen A moderner und höfischer erscheint, andere entgegenstellen, wo
sich dasselbe von B* sagen lässt. Manche von diesen stellen sind ausser-
dem schon behandelt und werden im folgenden abschnitt besprochen
werden.
Eine besondere bedeutung legt Braune einer stelle bei, bei der er
die lesart in B* auch durch einen sprachgeschichtlichen grund stützt.
1594, 4 hat A si waren hübseh unde klär, B* dax ist an den triuwen
war. Wenn Braune im anschluss an Bartsch hervorhebt, dass dar nur
hier im Nib. vorkomme, so ist dem entgegen zu halten, dass auch die
von B* gebrauchte formel dem Nib. fremd ist, ebenso die daraus her-
vorgegangenen Wendungen der anderen handschriften. Es kennt nur
dax ist war : jär 659, 1. dax ist alwär : jär 137, 1. 1046, 1. 1082, 1.
334 KETTNER
1327, 1, stets in stereotypen Zeitangaben, sonst noch einmal daz ist
alwär 1672, 1. Und eine so nachdrückliche betenerung bei einer so un-
auffälligen tatsache dürfte wol ganz vereinzelt im Nib. stehen. Dagegen
ist der strophenschluss in A durchaus dem stile des Nib. gemäss. Zu-
sammenstellungen wie hier findet man 1393, 4b die boten hövesch unde
guot. 1282, 2b hübsch und gemeit, und stilistisch ähnliche strophen-
schlüsse nicht selten, wie 1039,4 der was getriuwe unde guot. 1979,4
den was schoene (starc) unde guot. 1863, 4 daz was michel unde
lanc. 2287, 4 diu was tief unde lanc. Nun aber das wort dar, in
dessen gebrauch Steinmeyer und Braune einfluss Wolframs sehen. Will
man diesen darin finden, so muss man ihn in der ganzen strophe
erblicken, wie dies auch Martin bei seiner Voraussetzung, dass das Nib.
vom Parzival beeinflusst sei, mit vollem recht tat, indem er zum ver-
gleich heranzieht Parz. 776, 8 manc ungevelschet vrouwen vel man da
(bi röten münden) sach (ZfdA. 32, 385). Vgl. auch 232, 15 daz wären
junefrouwen klär, zwei schapel über bloziu här. Die spräche der
ganzen strophe ist Wolframisch und höfisch. Und auch inhaltlich ge-
hört clor durchaus zu der strophe. hübsch unde clär fasst alles vorher
gesagte noch einmal zusammen, dieses die bemerkung über die rein-
heit und frische der natürlichen färbe: gecclscltct vrouwen varwe vil
lüzel man da vant, jenes die worte si truogen üf ir houbte von golde
liehtiu baut, da\ waren schapel riche, daa tu ir schoene här zerfuorten
uilit die winde, was mehr besagen soll, dass sie fein, als dass sie hübsch
waren. So bezeichnet clär hier das, was auch durch ir rdsenrdtiu varwe
schein (281), ir varwe wol getan diu lühte ir üz dem golde (1291) und
ähnlich ausgedrückt wird. Das wort clär steht also hier noch mehr im
eigentlichen sinn als bei Wolfram. Aus den vorwolframischen belegen,
die Steinmeyer gibt, deckt sich mit unserer stelle Wig. 896 Da% ant-
lütze lüter unde Mär von rufe und von wi\e, als si got mit vlize ge-
rn /'sehet het begarwe. Vgl. auch 4632, wo lüter und klär so wol von
wät als von lip gesagt ist. Verglich man einmal frauenschönheit schon
längst gern mit morgenrot, sonne, tag und liess man von ihr auch eine
sinnlich blendende Wirkung ausgehen (z. b. Eilh. 6513 fg.), so war damit
auch der gebrauch des wortes clär gegeben, zumal da bei der Schön-
heit die lichte hautfarbe immer den dichtem das wichtigste zu sein
scheint. Also nicht aus Wolfram braucht das wort hier entlehnt zu
sein, ebensowenig wie die übrige ausdrucksweise der strophe, sondern
wir werden hierin die einwirkung der dem dichter wol vertrauten spräche
der Lyrik sehen müssen, aus der auch Wolfram und Veldeke, bei dem
eine ähnliche stelle vorkommt (En. 5169 fg.), geschöpft haben. Dem
HANDSCHRIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 335
redactor B* mag- diese weniger geläufig gewesen sein, weshalb er die
ganze Wendung durch eine von ihm selbst erfundene versfüllung ersetzte.
Auch Kl. 355 ist vil maneges triutinne dar (: här) vil lüte scriende
gie festzuhalten und nicht dar (B*C*) zu lesen, denn die klaren Jung-
frauen kamen nicht schon mit blutbesudelten geren an, sondern giengen
so unter den erschlagenen umher.
Kann hiernach das zu Ungunsten von A geltend gemachte zum
teil zurückgewiesen , zum teil in frage gestellt werden , so wollen wir
jetzt mit hilfe eines formalistischen beweismittels in der lesartenfrage
eine entscheidung zu gunsten von A oder von B* herbeizuführen suchen.
4. Die parallelstellen.
Das hier in anwendung kommende kriterium ist im gründe ge-
nommen kein anderes als die beobachtungen über die einheit des Sprach-
gebrauchs, die das gewöhnlichste mittel sind, werke einem Verfasser ah-
oi Irr zuzusprechen, sowie innerhalb eines Werkes echtes und unechtes
zu scheiden. Mehr als auf einzelne Wörter, die leicht zufälligem wandel
und verderb ausgesetzt sind, kommt es hier an auf Wortverbindungen
sowol an sich als auf ihre Stellung in der Strophe.
Die mittelalterlichen epiker und von ihnen am meisten die dichter
der volksepen, auch die der volksepen höheren stils, leiden bekanntlich
im allgemeinen an einer gewissen sprachlichen armut und stehen unter
dem einfluss traditioneller stilmittel. Beides zusammen bedingt eine
einförmigkeit des stils, die sich in zahlreichen widerholungen von Wen-
dungen, versteilen, ja auch ganzen versen äussert. Bei den strophischen
gedienten kommt noch dazu, dass gewisse versstellen leicht in über-
einstimmendem ausdruck sich bilden. Xun haben diese dichtlingen in
den handschriften zahlreiche änderungen erfahren. Jeder ändernde
Schreiber oder bearbeiter bringt seinen individuellen ausdruck in die
widergabe seiner vorläge hinein. Deshalb muss diejenige Überlieferung,
die die grösste einheit im stil, d. h. die meisten und stärksten parallel-
stellen und innerhalb der gemeinsamen parallelstellen die grössere ähn-
lichkeit aufweist, für die dem original am nächsten stehende gehalten
werden.
Ich habe von diesem mittel in der vorliegenden abhandlung schon
hin und wider gebrauch gemacht. Aber doch so, dass es mit anderen
kriterien zusammen in anwendung kam. Denn äusserlich und vereinzelt
angewendet, ist es nicht untrüglich. In einem einzelnen falle kann der
ändernde dadurch parallelismus erzeugt haben, dass er eine andere stelle
im gedächtnis oder vor äugen hatte und sie für seine Umformung be-
336 KETTNER
nutzte. Das gilt besonders von den einfachsten und gebräuchlichsten
form ein. Wenn Braune den satz aufstellt: typische redensarten und all-
gemeine formein sind das ältere, individualisierender ausdruck das
jüngere (s. 112), so ist dies theoretisch richtig und trifft in den meisten
fällen zu. Aber ebenso ist es begreiflich, dass ein bearbeiter eine ihm
nicht genehme redeform in ermangelung von besserem durch eine der
in seinem gedächtnis haftenden redensarten und formein ersetzte, von
denen manche fast überall hinpassen. Einige beispiele in C* mögen
zur begründung dienen. 143 (144), 4h des sult ir dne xwifel sin statt
B* daz ivixxet üf die triuwe min (keine Nibelungenformel). 512 (547), 4b
des sult ir gar an angest sin statt des ivil ich iiaver bürge sin. Die-
selbe änderung 1093 (1153), 4\ 535(576), 4 daz si in al der werkle
bezxer nimmer künden sin statt den edelen juncvrouivcn was vil hoher
vreuden Li. 587(636), V' daz was der frouwen leit statt unt xerfuorte
ir diu Weit. 688 (745), 4b daz wart durch liebe geiän bei stärkerer
änderung. Diese beispiele, die sich noch vermehren Hessen, geben auch
einen anhält für die beurteilung der oben besprochenen stellen in dem
abschnitt 939 — 1004.
Handelt es sich bei diesen formein gewöhnlich um eine momen-
tane eingebung des gedächtnisses, so sind stellen von grösserem umfang
oder individuellerem ausdruck bei ihrer nachahmung wol meist nach-
gelesen worden. So würde z. b. der parallelismus von C* 1352 (1412), 3. 4
und AB* 1751 (1813), 3. 4 zu erklären sein. Doch ist diese art der
nachahmung bei änderung des textes selten und sie kommt mehr auf
die zusatzstrophen. Ich habe Zeitschr. 20, 219 fg. nachgewiesen, wie bei
der dichtung der zusatzstrophen in B* der Verfasser Lachm. XVI — XVIII
stark ausgenutzt hat. Das hat auch auf den text hinübergegriffen. 1691, 3
hat zur bildung von 394, 17. 18 gedient: 1691, 2 er ist geborn von
Tronije zur Umformung von 400, 1 Er ist Jcünec xe Eine in Er ist
geborn von Rine (vgl. s. 326). Ebenso ist auch die Variante 470, 4 zu
beurteilen, wo B* statt so ivil ich iu leides laxen hie niht geschehen
einsetzte ivarumbe er des gerte, des hört in nieman verjehen, veranlasst
durch 1713, 4 ADb* wen si damit meinen, des enlioer ich niemen
sagen, obgleich eine derartige bemerkung 470, 4 nicht am platze war1.
1) Der schluss in A ist Dicht bloss durchaus stilgemäss (vgl. 672, 3. 4. 1385.
789) sondern auch der allein richtige. Nachdem Alberich gesagt hat: ich tuon swaz
ir gebietet, dm ir mich laxet genesen, muss die vollständige antwort lauten:
bringt mir 1000 Nibelunge, so ivil ich in leides laxen hie niht geschehen. -
Nach dem blossen Wortlaut könnte man 470, 4 auch dem original zurechnen, das sich
hier in seinen jüngeren teilen, besonders in den empfangsschilderungen, mehrfach an
1675 fgg. anlehnt, wie auch an andere Schilderungen dieser art, am meisten an 80fgg.
HANIisi HRIITKX DES NIBELUNGENLIEDES 337
Bei solchen änderungen kann es nun dahin gekommen sein, dass jeder
der beiden texte seine besondere parallele hat, wie an dieser stelle, wo
aber der parallelismus in A der stärkere ist (s. anm. und zu der stelle
Verzeichnis a). An anderen stellen gleicht sich der parallelismus aus.
So 845, 4h A des hän ich sorge unde leit = 931, 2b sorge unde leit A
(unser sorge unt unser leit B*); BdDC des ist mir sorgen eil bereit =
1707, 4 da ton wart sU den recken [eil] michel sorge bereit, wider
eine parallele mit diesem dem redactor B* wolbekannten abschnitt. Vgl.
auch 1004, 4, wo A = 1193, 4 und B*= 989, 4. Derartige stellen, die
sich übrigens nur in kleiner zahl fanden, sind in der folgenden Samm-
lung natürlich weggelassen.
Es ist also nicht jeder parallelismus unbedingt beweisend für die
echtheit der einzelnen lesart, wol aber ist das zahl- und wort Verhältnis
des gesamten parallelismus beweisend für die ursprünglichkeit ganzer
recensionen \ Ein einzelner parallelismus, namentlich bei geringem
umfange und formelhaftem ausdruck, kann auch sekundärer art sein.
Auch bei einer Zusammenstellung der parallelen in B* und C* würde
sich in C* eine anzahl solcher finden, die B* nicht oder nicht so gut
hat; aber schon die wenig ausgedehnten beobaehtungen, die ich früher
hierüber angestellt habe, möchten genügen, um C* als bearbeitung er-
kennen zu lassen (vgl. auch Laistner, Der archetypus des Nib. s. 1).
Aus dem angegebenen gründe sind auch in den Zusammenstellungen
solche stellen weggeblieben, wo durch zusatz oder weglassung kleiner,
bedeutungsloser Wörter, durch leichte Umstellung, durch vertauschung
der gewöhnlichsten synonyma u. ähnl. der eine text genauer überein-
stimmt als der andere (vgl. Zeitschr. 20, 205. 206). Wie wenig darauf
ankommt, ersieht man leicht aus der häufigkeit, mit welcher nicht-
verwandte handschriften im gegensatz zu verwandten handschriften in
solchen kleinigkeiten zusammentreffen.
Ein fehlen der handschriftenangabe vor der strophe bedeutet über-
einstimmende lesart in A und B% wobei ganz unerhebliche unterschiede
nicht bemerkt sind; die bezeichnung B* umfasst auch Db*, wo dies
nicht zu A hinzugesetzt ist.
1) Die höhere kritik kann man hierbei gänzlich aus dem spiele lassen. Denn
es macht hier nichts aus, wieweit man das Nibelungenlied für ein einheitliches dich-
terisches erzeugnis ansieht. Auch der dichter, der das original überarbeitete , bemühte
sich, eng an dessen darstellung sich anzuschliessen. Stellen, wo die jüngere dichtung
mit der älteren übereinstimmt, haben also hier ganz denselben wert wie solche, wo
die jüngere dichtung für sich oder die ältere für sich übereinstimmt.
338 KF.TTXF.R
a) Stärkerer parallelisraus in A.
13,1 AJ F.; troumde Kriemhilde in tilgenden der si pflac,
wie sie einen valJcen wilden xüge manegen täe.
18,1 A(J) In ir vil höhen fugenden, der si schöne pflac,
lebt diu maget edele vil manegen lieben tac.
13, 1 BdCD In disen hüben eren troumte Kriemhilde,
wi si xüge einen vallcen, starc scoen und ivilde.
18,1 BdCD Kriemhilt in ir muote sich minne gar bewac.
sit lebete diu vil guote vil manegen lieben tac.
FürAJ: 1320,1 Swax ie guoter fügende an vroun Heichen lac,
der vleix sich vrou Kriemhilt dar nach eil manegen tac.
Auch die fassung BdCD hat sicli dem Sprachgebrauch des Nib.
angeschlossen, wie 659,1. 1327,1. 39,2 zeigen, doch kommen diese
geringfügigen Übereinstimmungen nicht in betracht gegenüber dem starken
parallelismus, der A(J) 13,1. 18, 1. 1329, 1 mit einander verbindet und
die echtheit dieser lesarten erweist. Wir haben hier zugleich eine probe
von der brauchbarkeit unseres beweismittels, da hier die echtheit von
A auch aus anderen gründen gesichert ist (vgl. Braune s. 180 fg.).
89, 2b A als mir ist geseit. B* dax ist mir tvol geseit. Letztere
form ist dem Nib. fremd. Dagegen als mir ist geseit 109,1''. 1952, lb.
als ans dax ist gesät 265, 2b. 1290, lb. 1815, 2b. 2192, 3b.
ir>0. 4b A ir sult ex Sifride sagen. B* /ran mugt ir% S/rride
sagen? Für A die auch in weiterem umfang übereinstimmende stelle
450, 3. 4 mit 4h sult ir der küneginne {Prünhilde B*) sagen; vgl. auch
1801, 4b.
229, 4 A er ist an allen dingen ein riter Miene unde guot.
B* er ist an allen fugenden usw. Für A : 1697, 4 ABDb er was an
allen dingen ein riter küenc nnele guot (JdC / ugcu den). Vgl. 878, 1.
246, 41' A man hurte groexlichen schal : sab B vroelichen,
nur hier so. Wie A: 35, 4 die heten gr. seh. 1909, 4 eh) hurt man . . .
gr. seh. Ygl. 305, 1 (B*). 1940, 2. 1974, 4.
253, 1 A Der künec pflac siner geste eil güetlichen wol. B* vil
groexliche wol. Wie A noch 1625,4 der wirf ir güetliche pflac.
1886. 2 ja suhlet ir der geste vil güetlichen pflegen. Der ausdruck in
B* dagegen nur hier, eingesetzt vielleicht wegen des in v. 3 folgenden
güetlichen phlegen.
271, .'! A sine swester träte, die er noch nie gesach. B* swier
si niene gesach. Für A: 131,3 und nach in ein diu frouwe (truoc
in dem sinne), die er noch nie gesach. 605,2. 3 Biu liebe swester diu
ist mir cur in alten, die ich noch ie gesach.
HANDSCHRIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 339
275, 2 A der guoten tvaete, so oft. B* edclcn, nur hier. Hat
B* geändert wegen guot gewant in v. 1?
286, 4 A manie ivaetlichex wtp, wofür B* herlichex hat, ist
ein formelhafter strophenschluss, der sich noch findet 193. 199. 1460.
2054. diu vil waetlichen wip 23. 396. waetlichiu wip 1407. 1891.
daz vil ivaetliclic wip 1340 A. herlichiu wip, diu herlichen wtp wird
allgemein gebraucht nur in Verbindung mit schoene meide 273, 2. 753, 2,
sonst in bezug auf bestimmte frauen.
292. 293, in denen A starke Abweichungen von B* zeigt, sind
nach Braune „mit ihren im Xib. sonst nicht vorkommenden Wendungen"
besonders beweisend für die sekundäre form des A-textes (s. 107). In
292 halten sich jedoch die abweichungen und die Übereinstimmungen
die wage, genäde bieten V' X. kommt sonst nicht vor, aber die reim-
formel bi der hender si in vie : er bi der frouwen gie 292,1.2 B*,
die in ihrer pluralischen form weit verbreitet ist (vgl. Berger, zu Grendel
1920), findet sich auch nur hier, obgleich zu ihrer Verwendung reichlich
veranlassung geboten war. Ferner 292, 2 B* wie rehtc minnec-
liche er bi der frouwen gie enthält eine auch sonst im Xib. begegnende
wendung. Fast gleich ist 630, 1 A wie rehte minnecUche er bi der
vrowen lac (B* si dö bi im lac), daran schliesst sich 526, 3 B* wie
rehte minneeliehe er von der vrowen sehiet, ferner 1443, 2; mit anderen
adverbien 662, 5. 2304, 2. 1802, 4. 1294, 1. Dass B* diese wendung
gern anbringt, zeigt ihr vorkommen an den drei stellen, wo sie A nicht
hat, unter denen 526, 3 der Zusammenhang anders (A) statt wie rehte
(B*) verlangt. Anderseits ist auch der ausdruck in A 292, 3 mich
twinget eines dinges not im Xib. ziemlich häufig: 911, 1 twanc des
durstes not. 927, 4 A des twanc in ehaftiu not. 929. 3 <trs twanc
in groxiu not. 156G, 3. 1894, 3. 2028, 1. 2130, 3. Ist somit bei 292
die entscheidung schwer, so gibt 293 den ausschlag zu gunsten von A.
Hier stehen sich gegenüber:
A 293, 1 Wart da vriuntliche getriutet ir vil wixiu hant.
4 zwei minnc gerndiu herxen heten anders missetän.
B* 293, 1 Wart iht da friwentUche getwungen wixiu haut.
4 si het im holden willen Jcunt vil sciere getan.
Zu A vgl. 609, 3 si träte sine hende mit ir vil wixen hant. 556,4
mit ougen wart getriutet vil maneger schoenen vrowen t/p. 1265,4
<lü wart eil getriutet der schoenen junevrouwen lip. Ferner ere gernde
man 733,1. 2155,3. Dagegen kommt B* twingen mit hant s^nst nicht
vor, ebensowenig willen Joint tuon, beides nur noch in 0*. Und dass
293, 4 A einen logischen schluss zu 293, 3 doch icil ich niht gelouben,
3 10 KI CTNEE
da% e% wurde län bildet, ist doch leicht zu sehen. Die schon mehrfach
wahrnehmbare abneigung des redactors B* gegen ein in einer strophe
sich widerholendes auffälliges wort kann auch hier bei der aufeinander-
folge von minneclichen, minne, minne, minne der grimd der änderung
gewesen sein, während anderseits die lyrische und minnigliche ausdrucks-
weise in A ganz dem Charakter dieses abschnitts gemäss ist.
303, 1 A Ich sol in immer dienen, sprach Sifrit der degen.
B* also sprach der degen. Die form der redeeinfügung in A ist sehr
beliebt, besonders auch mit dem namen Sifrit, während die form in
B* vereinzelt steht.
307, 4b A si heten michel (michele?) kraft. B* groexlichiu.
5,37, 3b ein vil michel kraft, vgl. 129, 3b. 325, 3 b. groexlichiu kraft nur
B* 307, 4. Zur erklärung der wort ver tausch ung vgl. 305, lb A und
michelen schal, B* vil groexUchen schal. 453, 2b A mit michelre mäht,
B* groexlicher. 594, 4 b A michel gedranc, B groezlich.
312, 2 ADb unser geste wellent morgen riten (Db rtten morgen)
fruo : nu rate wie ich tuo. B* die unser widerwinnen die wellent
riten fruo. Für ADb besonders 1528 Dax sagten mir ;icei merwip
Mute morgen fruo : nu rät ich ivax man tuo. 1761, 1. 2 tuo: so komet
uns morgen vruo. Vgl. 727, 1. 2. Das blosse fruo nur hier B* sonst
%e vruo, späte unde vruo, besonders oft morgen vruo. wider Irinnen
erscheint hiernach als das jüngere, vgl. s. 320.
319, 2 A er wände niht erwerben. B* trüivete. 1413, 4 si
wänden niht zerwerben.
321, lb A so lät diu ros stein. B* diu ras (diu) läxet stän.
77, 3 lät uns sten die moere.
324, 3 A der dähte im eine werben des künic Günthers muot:
da- dühte sine recken und die herren alle guot.
B* der däJit im eine erwerben Günther der künec guot:
da von begunde dem recken vil sere hüben der muot.
1524, 3 der reite spaeheliche allen sineu muot:
swaz ie begie Hagne, dax dühte den viedelaerc guot.
381, 3 nach der diu herxe ringet, diu sin und ouch diu muot.
alle ir gebaerde [diu] dühte Gunthere guot. - Zu B*:
163, 3 dö bot in rtche gäbe Günther der künec guot.
and schuof in sin geleite: des stuont in höhe der muot.
Vgl. hierzu noch 508, 1. 2 und den ausdruck dö /rar/ im . . . ivol
gehoehet sin muot u. ä 291, 4. 282, 4. 1287, 4. Die Übereinstimmung
zwischen 324,3.4 A und 1524,3.4. 381,3.4 ist stärker als die zwischen
324,3.4 B* und 163,3.4 nebst den folgenden stellen, weil das die
HAXDSCHRIFTEX DES NIBELUNGENLIEDES 341
form des ganzen verses bestimmende intransitive höhen nur hier vor-
kommt.
331, 1. 2 A edel Sifrit : tuo des ich dich bit. B* tuostu des
ich dich bit ( Vordersatz). 320, 1. 2 [vil B*] eflfeZ 67/W7 : t/tot des ich
iuch bit. Vgl. 158, 1. 2. 853, 1. 2.
351, 1 A Frouive, merket rehte waz ich in sage.
B* Ir sult vil rehte merken waz ich iu, frouive, sage
429, 2 Wide merke rehte ivax du mich hoerest sagen.
356, 3 A dar obe pfelle lagen, sivarx alsam ein hol. B* yfelle
dar obe lägen, 415, 2 dar üf lägen steine grüene alsam ein gras.
Vgl. 1763, 4.
369, 3a. 4a A ir ros stuonden ebene, ir schif gienc ouch ebene.
B* ir ros diu stuonden schöne, ir schif daz gie vil ebene. 72, 4 ir
ros in gierigen ebene. 887, 2 sin ros truoc in ebene. Auch hier mied
wider B* den gebrauch desselben wortes in einer strophe.
386,4 A ir schilde wären niuive, michel guot unde breit. B* ir
Schilde wären schoene. 73,1 Ir schilde wären niuive, lieht unde breit.
393, 3 A die [ich] dort sihe so herlichen stän. B* di in miner
bürge so h. stän. 393, 1 — 3 entspricht durchaus 477, 2. 3, im be-
sonderen 3 die ich dort sihe fliezen so rerre üf dem se. Der metrische
fehler in 393, 3a ist der urhs. oder dem original zuzuschreiben wie der
in 614, 4 A (vgl. s. 320). Die in B* gebrauchte wendung di in miner
bürge so herlichen stän passt zu der Verschiebung der Situation, die in
B* vorgenommen ist. Nach der vorangehenden erzählung (377 fg.) sieht
Brunhild die kommenden gaste, wie auch 477, 3 (die ich dort sihe
fliexen) und wie Günther in der hier als muster dienenden schilderuug
87, 4 (der dort so herlichen gät). Das hat der redactor B* hier ver-
gessen, da er 392 a einschiebt, die von einer anmeldung der fremden
berichtet, in diesem sinne ändert er 393, 3 und lässt die meldende
einen langen bericht über das aussehen der angekommenen machen
394a — d.
398, 4b A daz het ich gerne bekant. B* gerne het ich daz
bekant, 668, 4b daz hcte si gerne bekant. Vgl. 106, 2b. 799, 3".
402, 2 A ivil er min geteiltiu spil also bestän. 403, 2a A iirer
spil geteiltiu. 402, 2 B* diu spil diu ich im teile und getar er
diu bestän, 403, 2a B* imver spil diu starken. Mehr als das enjam-
bement gab wol auch hier wider die gleichförmigkeit des ausdrucks den
anstoss zur änderung. Unverständlich wäre der umgekehrte Vorgang.
432, 4 A den (ger) schöz dö hin widere. B* den frumte ir
dö hin leidere, frumen wird nie von dem werfen einer waffe gebraucht.
342 KETTXEK
Die abschwächung des ausdrucks erklärt sich daraus, dass erst 432, 7
Siegfried den ger schiesst, in der plusstrophe, mit deren Inhalt 433, 1
unvereinbar ist (s. Zeitschr. 26, 436).
434, 2a A edel riter Günther. B* Günther, ritter edele.
1475, 2a edel riter Hugne spricht bei der eigenart des ausdrucks mehr
für A als 2273, 2a Gnu (her, künic edele für B*.
434, 3 si wunde, daz er% hete mit siner kraft getan:
4 A nein, si hete gevellet ein verre kreftiger man.
B* ir was darnach gestielten ein verre kreftiger man.
452, 3 si wänden, daz ez fuorte ein sunder starker ivint:
nein, ez fuorte Sifrit, der schoenen Siglinde kint.
Der starke parallelismus in A wird noch gestützt durch den
parallelismus, den auch 451, 3.4 mit 430, 3.4 hat, worin sich also eine
ganz entsprechende anlehn ung an die unmittelbar vorangehende dar-
stell ung zeigt.
463, 1 A Albrieh was kiiene, dar zno sture genuoc.
B* Albrich was vil grimme, starc was er genuoc.
842, 1 Si spracJi: min man ist kiiene, dar zuo starc genuoc.
Vgl. auch 437, 1. Grund der ander ung scheint gewesen zu sein Albrich
der küene 462, 2a. In 463, lb ist B* vertreten durch DbBdJ, dagegen
stimmt C überein mit A, was wol auf zufall beruht. Nicht unbemerkt
will ich lassen, dass die darstellung dieser Alberichgeschichte gerade
mit der von Siegfrieds tod sich mehrfach berührt (vgl. Österr. Nibelungen-
dichtung s. 300).
469, 2b A diu herlichen werc = 2147, 4b [vil]. B* diu degen-
Uchen werc, nur hier.
470, 3 (Bring mir 1000 Nibelunge) daz mich die hie gesellen,
A so ivil ich iu leides läzen hie niht geschehen.
B* war umbe er dö des gerte, des hört in nieman verjehen.
672, 3 (Hilf mir, dass Siegfried usw. kommen) daz wir si hie gesehen,
sone künde mir xewdre nimmer lieber geschehen.
Vgl. auch 1385. 789. - 470, 4 B* stimmt überein mit 1713,4,
s. darüber s. 336.
493, lb A diu frouwe rumüe ir laut. B* si rümte ir eigen laut.
Die Verbindung eigen lani nur hier, die phrase sonst in der form: ge-
rümen niht min laut 444, 3. so rüme ich miniu lau/ 705, 3. diu
n) tuten ihr. laut (rümten dö) 1076,1, vgl. 681,2. 834,4. Ausserdem
in Verbindung mit genetiven wie dm Sigmundes laut (67, 2), des künic
Guntheres laut (646,4). Die in dem worte eigen liegende hervorhebung
erscheint auch an sich als das jüngere.
Handschriften des Nibelungenliedes 343
494, 4 A si fuoren von dem lande, dax beweinde maneger
m not er kint.
B* si fuoren von dem laude mit eil grdxen vreuden sint.
Die lesart A mit ihrem zweisilbigen auftakt anzuerkennen hinderte
Lachmann nur seine liedertheorie. Beweisend für A sind 19. 4 durch
sin eines sterben starp eil maneger muoter kint. 822, 4,J maneger m. k.
Ähnliche betrachtungen beim abschied 1447, 4 die si dei heime Hexen,
die beweinten ex sit. 1460,4. 1648, 4 u. ö. s. Zeitschr. 17,157. Mit der
lesart B::: ist nur vergleichbar 1454, 4 si hnoben sich von hüse vil karte
vroeltche sit. Aber diese stelle zeigt auch, wie schlecht 494; 4 zu der
Strophe passt. 1454, 4 ist, wie es nach dem ausdruck nicht anders sein
kann, die rede von solchen, die erst abzureisen gedenken (am nächsten
tage), 494, 4 dagegen bezieht sich auf solche, die schon abgefahren sind.
Ausserdem wird fast dasselbe gleich 495, 4 wider gesagt.
526, 1 Ex enwart nie lote enphangen deheines fürsten ba%.
2 A getorste si in hän küsset, dax hete si eine ha:.
B* getorste si in küssen, diu erouive taete du:.
295, 3 oder Li ze ligenne. dax Hex ich äue hax
ex gediente noch nie recke nach einer küneginne hu:.
Die ursprüngliche lesart könnte gewesen sein getorste si in küssen,
du: taete si äne hax.
532, 3b ADb (vrouwen) und truogen richiu kleit. B* liehtiu kleit
4 dar kom ouch ivol gexieret vil manic waetlichiu meit.
278, 3b (vrouwen) die truogen richiu kleit.
ouch gie da nach ir tohter [vil] manic waetlichiu meit.
truogen richiu kleit als feste formel noch 386, 3b. 1234, lb. 1290, 2'' A.
liehtiu kleide r nur noch 535, 2 (in anderer Verbindung).
533, 3 A gewant, dax ir schoenen vurive xe rehte ivol ge>.um.
B* dax ir geuuoge schoene. Schöne kleider und schöne hautfarbe
werden einander gegenübergestellt auch 536,3 der ir liehtiu varwe
niht lultte gen der wät. 413, 3. 4.
544, 3 A mit wixen henden dein. B* lichten henden, nur hier.
Zu A vgl. 609, 3. 952, 2 u. a.
577, 4 A dar umbe gab ich im ze wibe die schoenen meit lobe-
lich. B* xe ini n neu. 333, 3 so teil ich, dir xe icibe miue s/vester
geben. (1368, 1 wird man nicht heranziehen wollen).
591, 4b A selten rüeren i/rer kleit. B* nimmer. Zu A:
592, 3b. 4 dax er ir schoene wät dar nach selten ruorte.
593, 3 A sivie ivol man da geburte, truric /ras sin muot.
der herre des landes, ir fröude düh t in niht xe guot.
344 KETTXKK
3B* sivie ivol man da gebarte, trürec was genuoc
der herre von dem lande, swie er des tages kröne truoc
1518, 3 ADb ivan der starke Hagne, vil xornic was sin muot (gemuot^B*),
er stiex in xuo dem gründe, dax endühte nieman guot.
1499, lb trüric ist min muot. 435, lb xornic was ir muot. 782, 1".
1785, lb. Ähnliche Strophenschlüsse wie 593. 1518 haben 324 A. 1524.
669. 2205. Durch die einschaltung des formelhaften trüric was sin
muot, xornic was sin muot ist 593 wie 1518 eine anakoluthie ent-
standen, die bei den bearbeiten! anstoss erregte und deshalb 593 von
Db*B*, 1518 von B* beseitigt wurde. Vgl. s. 322.
595,4 A do sach man under kröne elliu fieriu schöne stän.
B dö sach mans alle viere under kröne vroelichen stän.
under kröne vor der cäsur mit gän 1616, 4. 1708, 4, ebenso mit gie
631, 3, mit giengen 755, 3, mit rüde 659, 2. An anderer versstelle
nur 1314, 4 da diu schoene Criemhilt bi Exele under kröne sax.
605, 1 ADb Dax tuon ich, sprach Sifrit, üf die triuwe min.
B* Dax nim ich, [so] sprach Sifrit, üf die triuwe min.
Die phrase in B* kommt nur hier vor, sonst üf min triuwe selb-
ständig, in Verbindung mit mir ist leit 1799, 4, mir ist liep 2109, 4.
Zu dem Strophenanfang in ADb vgl.: 85 Dax tuon ich, sprach Hagne.
848. 676 Dax tuon ich, sprach der fürste.
608, 1 A Der künic beite küme, dax man von tische gie.
B* Er erbeite küme als fortsetzung zu 607, 5 Der künic usw.
300, 1 Vil küme [erjbeite Sifrit, dax man da gesanc.
607 sagt: „man gieng zu tische", 299: „man gieng ins münster",
die hauptperson wird beidemal nicht genannt und der bisherigen hand-
lang ein abschluss gegeben. 608. 300 lassen eine neue, wichtige hand-
lung beginnen und fähren dabei die hauptperson neu ein, Diesen paral-
lelismus hat B* durch die überleitende plusstrophe 607a durchbrochen
und fährt daher 608 mit dem pronomen fort.
610, 3 AD mich hat des michel wunder : war ist (si D) der
künic komcn? BbJ wä der künic si komen, 1507, 3 war ist der
verge komen? 562, 3 war sint die eide komen?
642, 3 A üz drixec hundert recken nim dir tüsent man.
B* von drixec hundert recken wir geben dir tüsent mau.
474, 1. 2 drixec hundert (A tüsent) recken . . . üx den wurden
tüsent der besten dö genomcn.
656, 3 A truoc borten (pfelle Db) und edel gesteiuc. B* perlen
kommt im Nib. nicht vor. Vgl. zu A: si den borten truoc mit edelem
gesteiue. 415, 1. 2. 31, 4 fg. S. s. 320.
HANDSCHRIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 345
658, 2 A stt was er ir herre, wie an der sachlich hiermit zu-
sammengehörenden stelle 43. 44. B* ir aller meister (vgl. 589, 1.
1064. 2) wird nie im politischen sinne gebraucht.
668. 2 <la\ was ir harte leil,
3 A der. man ir so selten / diende stniu laut.
B* daz mau ir so selten diende j von Sifrides laut
1343, 2b dar umbe ist mir so leif,
der. mich die s5 selten j ruochent hie gesehen.
Hier ist sogar Bartsch (Unt. s. 267) geneigt, in der lesart A das echte
zu sehen.
670, 4 A dö sprach diu vrouwe in ril hoch vertat siten.
B* in ril listigen siten, diese Verbindung nur hier.
1828, 4 si taten, der si trolden , in ril höehverten siten.
1819,4 si versuochten% ein die Iliunen mit vil höehverten siten.
681, 4 AC der künec mit geleite hiex die boten wol bewarn.
BDbdJ der künec ltie\ mit geleite die boten vlixecUche (herlich J)
bewarn. vlixecUche kommt bei bewarn nur hier vor. Dagegen ist wol
bewarn häufig und bildet mit heixen öfter die zweite vershälfte: 1030, 3 b
ich ltei\ iueh irol bewarn. 1626, 21' ehr. heix ich w. b. 1646, 2b hei-
xen w. b.
732,4 A iwer hovereise suln wir hohes muotes sin. B* hdch-
gemuote. Für A: 502.2 da\ wir an diser rerte hohes muotes sin A,
in hohem muote B. 835,4 des wil ich hohes muotes, sprach diu
küneginne, sin. höchgemuot kommt mit abhängigem genetiv nicht
weiter vor, sonst mit einem abhängigen substantivum nur 693, 2 in
allen tilgenden so rehte höchgemuot, im übrigen als epitheton und allein-
stehendes prädikat, in dieser letzteren weise wird auch hohe gemuot
stets gebraucht.
736, 4 A dö sach mau ril der recken, der dienen vrouiven
da niht lie. B* bi den juncvroiven stän. Der blosse Wortlaut
ist hier nicht entscheidend. Ausdrücke des vrouwen dienen wie in A
sind bei verwandten Schilderungen nicht selten, aber auch schlussverse
mit man sach stau wie in B* kommen oft genug vor. Man muss auch
das sachliche der verwandten Schilderungen vergleichen. Am nächsten
stehen 546 fgg. und besonders 1248fgg. Da zeigt sich, dass 736,4 A
keine widerholung ist von 735, 4, wofür es ein Schreiber halten konnte
oder ein flüchtiger leser sehr leicht halten kann. Wie aufeinander folgt
735, 4 die vrouwen gerne dienden, wa% der du unmüexec was und
736,4 Arfo sach man ril der recke?/, der dienen vrouwen da niht lie,
so folgen aufeinander 1. die vrouwen dienen konden, die heten kleinen
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 23
346 KETT.XEK
gemcißk 1248, 4. 2. den vrouwen wart dd dienest mit grdxem flixe
getan 1250,4. 3. dd waren in die recken mit dienste vil bereit 1255,2.
Bei 1. führen die ritter die pferde der frauen an den zäumen (vgl. 538, 3.
540 ab). Bei 2. heben sie die frauen von den pferden (vgl. 541,3). Bei
3. führen sie die Jungfrauen zur begrüssung heran (vgl. 547, 2. 3). So
besteht denn 735, 4 der frauendienst in dem abheben von den pferden,
wovon in v. 2. 3 ausdrücklich gesprochen wird; 736, 4 bedeutet das
diene// vrouwen die führung des beiderseitigen , herrlichen gesindes' zur
begrüssung, die nach der begrüssung der königinnen stattfindet und
737 erzählt wird (vgl. 547). So ist in A sachlich alles in Ordnung,
klarer ausgedrückt als in B* (bi den junefrouwen stän) und die dar-
stellung entspricht durchaus der in der Schilderung 1248fgg. Was den
redactor B* zu seinen änderungen bestimmte, ist auch hier die Ver-
meidung der widerholung. Er setzte ein 736, 3 so schöne wart getan
statt so minneclich ergie wegen 736, 1 diu minneclichen wip, ferner
736, 4 bi den juncvrouwen stän statt dienen vrouwen wegen 735, 4
vrouwen gerne die/iden. Bei diesen änderungen haben reminiscenzen
eingewirkt, weshalb jede der beiden lesarten sich durch parallelen stützen
lässt. Zu 736, 3 A vgl. 546,2. 548,1"; zu B* vgl. 104,4. Zu 736,4 A
vgl. 1255, 2 u. a.; zu B* vgl. 547, 4.
751, 2 A von trumben und von vloiten der schal wart so gröx.
B* icart der schal so gröx. 883, 2 von luden und von hunden der
schal was so gröx.
779, 3. 4 A dax drixec küueges ivip ex möhten niht erxiugen dax
eine erxiugte ir lip. B* dax tete Kriemhilde lip. Mit der schär-
feren betonung des Zahlverhältnisses entspricht die lesart A besser als
die lesart B* den steilen, die denselben gegensatz enthalten: 521, 1
ob ich nu eine hete . . . drixec lernt. 975, 3 si habent /vieler einen ie
wol drixec man. Zweck der änderung in B* kann auch hier die be-
seitigung der widerholung (erxiugen, erxiugte) gewesen sein.
788, 4 AD ex get im waerlich an den lip. B* ex gel an
Sifrides lip. Der ausdruck ex get (gienc) an den lip kommt nur
noch vor mit im 395, 3. 1073, 3. 1823, 3 und iu allen 402, 4.
792, 4 Ab ja wart (ex wurdh) Sifrit diu man. B* min Sifrit.
Diese Verbindung des possessivs mit einem namen kommt, so viel ich
sehe, trotz oft sich bietender gelegenheit sonst nie vor.
798, 4 A dd wart der Jcüene Sifrit harte balde dar besant.
B* den Kriemhilde rriedel hie: man bringen sä xehant.
.1 Sifrit den starken. Die antonomasie für Siegfried in B* nur hier.
min vriedel hat B* auch 790, 3 statt Sifrit A (J her Sifrit). Zu v. 4 A
HANDSCHRIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 347
vgl. 799, 4. 647, 4; zu B* vgl. 1347, 4. Die aufeinanderfolge von harte
balde dar besco/t und ich da here si besaut (799, 4) gibt eine aus-
reichende erklärung für die änderung in B*.
801, 3. 4 und wil dirz gerillten . . ., dax ich ir\ >/H/t gesaget
hän. B* t///d wil dir da\ enpfüeren. enpfüeren ist ajta.% uqr^iivov.
Zu A vgl. 1050, 3 iu teil der künic rihten, dax er s/n //iltt hat er-
slagen.
838, 4b ACa bax ichs nie man eng an = 161, 4 b (A ich des).
BDbJd wan ich es (sin) nieman ba\ engan.
867,4 ACa dax tnot mir innerclichen wc. SDbBd an (in)
dem herzen we [mi/tem herxen J). Der ausdruck an (in) dem herxen
icc findet sich im Nib. nicht, zu der lesart von A vgl. 1101, 4 dax tet
ir innerclichen we.
924.2 A im ragete von den herten eine gerstange lanc. B* von
dem herxen. 845, 3 du viel im zwischen herte ein linden blat vit
breit. Das die gerspitze gen dem herxen sitzt und das blut von dem
herxen springt, ist verständlich. Ein phantasieloser Schreiber konnte,
nachdem er zweimal von herxen gelesen, auch hier wider das wort an-
bringen, ein mit poetischer anschauung schaffender dichter konnte un-
möglich einen im rücken steckenden ger als von dem herzen empor-
ragend bezeichnen.
930,4 A ir habet an iwern friunden leider übele getan.
938, 4 A ex enwart nie leider an liebem vriunde getan. B* hat
930, 4 mägen statt friunden und 938, 4 nach nie noch vrowen
(BDb auch manne statt vriunde). Vgl. noch 724, 4 im enkunde an
liebe)/ friunden leider nimmer gescheiten.
939, 4 A sam muoste ouch ersterben (hs.: ersterben oucii) der
recke kilene unde gemeit. B* dö mol/te reden niht mere. 2010, 4a
Häwart muoste ersterbe//. 2157, 4 da von m/ios ersterben dö der Gote-
linde man (der schoenen G. man B*).
943, 3 A da\ weinden edeliu ivip. B* kint. D wip. 943, 4 A
ja muosten sin ei /ketten vil g/ioter wigande l/'p. B* ril guote wigande
si // 1. D sit.
252.3 daz weinden niht diu ivip : n/aneges guotc/i ritters lip.
1648, 3 si truteu schoeniu wip.
da\ muoste sit beweinen vil maneger junevrouwen lip.
kint = Jungfrau kommt in den zahlreichen versen, die vom weinen der
trauen handeln, nicht vor (494, 4 A allgemein v/uoter Jcinf), nur wip,
vrou/ve, n/eit, j/otevrouwe.
23*
348 kf.ttxf.t;
948, 4 A ,ouwe' sprach vrou Kriemhüt, ,wax wil du solher
maere sagen'?
B* du begonde Kriemhüt vil harte unmaexliche klagen.
unmaexliche klagen findet sich nur hier. V. 4 enthält häufig eine kurze
erwiderungsrede und ähnliche Strophenschlüsse wie in A begegnen
öfter :
784, 4 entriwen, sprach dö Prünhilt, dax wil ich Gunthcre sagen.
2191, 4 ,oa-e, ir guote helde, wax het in Rüedeger getan'?
222G, 4 oive wie harte Hagene den helt dö rechen began!
2268, 4 owe wie reht unsanfte mir tot der Rüedegeres tnot!
Dass 948,4 B* auch den Zusammenhang durchbricht, darüber s. s. 331.
955, 1 A Du sprach diu jämerhafte: ir satt hinegän und wecket usw.
B* Dö sprach diu jämerhafte: ir kameraer c, ir sult hin gdn.
470, 1 Du sprach der herre Sifrit: ir sult eil holde gdn and
bringet usw.
966, 2 — 4 A und diu stat xe Wormxe xe beiden siten lüte erschal
B* und ouch diu stat xe Wormxe von ir weinen erschal.
751,2.3 dax Wurmex diu vil irite dar nach lüte erschal.
Vgl. s. 332.
968, 3 A er ist in disem hüse der ex hat getan. B* in dirre
bürge. 1841, 2 ja sint in disem hüse die viende min.
969,4 A ivold er gerne rechen, als im sin triwe dax gebot.
B* wold er gerne rechen, des gie im waerlichen not.
2222,4 dax räch der alte Hildebrant, als im sin eilen dax gebot.
Vgl. s. 332.
981, 4b A dax waere bexxer verldn. B* xuo dem wuoffe
gegän. Derselbe strophenschluss wie in A auch 933, 4. 841, 4. Zu B*
vgl. 962, 3 si liefen xuo den wnofen [dem wuoffe B*). Der parallelismus
in A ist starker als der in B*, dessen lesart ausserdem nicht zu dem
glockenklang und pfaffensang passt. Vgl. Rieger, Z. krit. d. N. s. 82.
989, 3 A man unde luip: die weinden Sifrides lip. Bd wip,
man unde leint (Ca man, n-ip unde leint. DbJQ, wip unde, Teint):
die weinten Sivriden sint. man unde wip auch 556,3. 2193,4;
wip, man unde leint nur hier. Zu 4 die weinden Sifrides lip vgl.
982, 3 klagen Sifrides lip. 992, 3. 4 klagte Sifrides waetlichen lip
(B* den sinen w. I).
1017, 4a A dö sprach diu vröuden arme. B* dö sprach diu
vrowe here. Zu A vgl. 972; 1R Ex (dö) sprach diu damers riebe.
1H20, 4a dö sprach diu gotes arme, vrowe here kommt im gemein-
HANDSCHRIFTEN HKS NIBELUNGENLIEDES 349
samen text nur noch einmal in der anrede vor 2301, 3. Sonst 383, 16
die vrowen schoen /aide her, häufiger in 0*.
1038,2 A er bräkte sorgen äne, die noch, bi leide sint,
B* er bräkte sorgende ü% dem laude sint.
AB* den Jeünec bi (mit) sinen recken heim xe Niderlant.
1030, 1 Ir sult äne sorge got bevolhen varn.
1034. 3 nu riten wunden äne heim in unser lant.
Das adverb sint wendet demnach im reim B abweichend von A
an: 494, 4. 540, 8. 943, 4. 988, 4. 989, 4, was also auf eine besondere
Vorliebe für dieses wort schliessen lässt.
1103,4 AD da wart ein liebex bieten von schoenen vrouwen
getan. B* feinden. 261, 4 du wart eil michel fitzen von seh. fron-
wen getan = 1593, 4 (wiben A . frouwen B*). 365, 4 da wart von
schoenen frouiuen michel /reinen getan. In derartigen schlussversen.
deren zahl ziemlich gross ist, steht stets frouwen oder wiben , nie feinden.
Tgl. zu 943 (B* leint).
1108, 1 Aa Dö si des nahtes bi Rüedegere hie. B* des neüites
nähen. 1340 Du si eines nahtes M dem künege lac.
1152, 1 ADb Du sprach aber Hagnc: mir mac dax nieman gesagen
(niem. d. ges. Db).
sol diu edel Kriemhilt Heichen kröne tragen.
B* Du sprach aber Hagne: mir mar niemen widersagen.
1026,1 Du sprach (der) künic Sigmunt: lät iux nieman sagen,
vor edlen minen mägen sult ir kröne tragen. S. auch s. 314.
LJ 59, 3 ADb si bäten minnecUchen und trösten ir den muot.
ob si den künec genaeme, dax waer ir waerlichen guot.
B* si bäten minnecUchen troesten si ir muot.
1 •»l'2, 3 da\ bedenket, liebia swesier, und froestet iiveren muot.
belibet hl den rrianden: ex ivirt in waerlichen guot.
Vgl. s. 318.
1165, 1 A Oriemhilt diu schoene, oft; B* diu here, nur hier
so, vgl. zu 1017, 4.
1167, 31' AD elic echten ritler guot. B:;: recken. C* ändert.
Es steht edel im verein mit guot nur bei ritter, nie bei hell, denen.
recke, kneht (ZfdA. 44, 79).
1168.1 A Si säJien vor ir sitxen vil manege schoene nie it.
B* Si säJien vor ir sitxen eil manic schoene wip.
1237.2 dö si ir volgen säihen so manege schoene meit.
1168, 2b diu vrouwe vil gemeit A, wofür B* der Kriemhilde Zip
hat, ist eine Verbindung, die allerdings nur hier vorkommt (Bartsch,
350 KETTM K
Wtb. XVI), doch wird das beiwort auch frauen gegeben: vgl. 566, 1
swester vil gemeit, und Kriemhilde lip begegnet im gemeinsamen text
nur 1061, 2. Nahm vielleicht hier einmal B* anstoss an dem rührenden
reim meit : gemeit ?
1183, 2. 3 ADb dax allzu diniu leit der h'lnic Etxel ivende.
BdJCa swende. Dass nicht dieses, wie Braune (s. 49) meint, das
richtige ist, sondern ivende, beweist 155, 2 ich sol iu helfen wenden
elliu iuriu leit.
1290, 2b ADbg truogen riche Meit. B* ir diu. (die, unt) truogen
richiu Meit auch 278, 3". 386, 3b. 532, 3b ADb. 1234, lb. Vgl. s. 321
und zu 532, 3b. Geändert wurde wegen riche v. 1.
1307, 4 A alle die da wären truogen ir niive Meit. B* iteniive
Ideit. ir A bezieht sich auf Kriemhild. Ebenso heisst es 1264 von
Gotelind: alle gaste trugen ir gesteine oder ir herlich gewant. Vgl.
Rieger, Z. krit. d. N. s. 79.
1414,3 A die da varen sotten von Burgonden laut.
der Jiilncc mit guotem willen dö vil manegen (guoten)
riter vant.
B* 3b von Burgonden dan. 4b der vil manegen gewan.
1339,3 dax man ir vriunde brachte in der Hiunen laut.
des (den) argen willen niemen an der hüneginne vant.
260,4 den die im komen sohlen in (xuo) der Burgonden laut.
491,4 c die mit ir varn solden xe Burgonden dan ^ 1414, 3 B.
Diese letzte parallele mit der in B ausgefallenen zusatzstrophe be-
stätigt die änderung in B*, deren grund die beseitigung der reimgleich-
heit gewesen ist, wobei zugleich in 4b der rhythmus der fehlenden
Senkung eingeführt wurde.
1445,4 AB sit wart von in dem künege vil michel tu einen ver-
nomen, B benomen. Als ursprüngliche lesart in B* wird hier von
Rieger, Bartsch, Hofmann und Braune vil michel wünne benomen
Jda angesehen. Die entsprechenden verse mit benomen beziehen sich
aber sämtlich auf schmerzliche empfmdungen (müede 699, 2, swaere
1249,4, trüren 1751,4), nur Jda hat 1655(1717), 2. 3 der mir hat
benomen vil der minen wünne. Allgemeiner wird vernomen ge-
braucht, so in dem 1445, 4 A sehr nahestehenden verse 222, 4 da wart
von edelen frouwen michel vrägen vernomen. A ist richtig, wenn auch
infolge der Verbindung zweier eigentümlicherer konstruktionen nicht
ganz leicht zu verstehen, von in bedeutet „durch sie" wie in JdC*
756(813), 12 des wart in manegen landen von ir jämerä vil vernomen.
dem hünege wart vernomen bedeutet „der könig vernahm"; zu mir
HANDSCHRIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 351
ist vernomen „ich habe vernommen" belege aus Tristan, Barlaam,
Gerhard im Mhd. wtb. II, 1, 376 und bei Lexer.
1463,2'' A die keime heten län manege schoene vrouwen. BdK
\< Itüs si heten län. 723,1 Da keime si dö Hexen Sifrides kindelin.
492, 4a die si da keime Hexen = 1447, 4a. Der Zusammenhang ist an
allen diesen stellen derselbe.
1492, 2 ADb von des heldes sierke, diu was mickel unde gröz.
B* ivan des h. st. uns. 452, 2 von Sifrides kreften, die wären
also gröx.
1507,3 ADb* saget mir, her Hagene, war ist...? B wan
sagt ir mir. Hagene. 590, 1 Nu saget mir, her Günther, ist . . .?
2247, 1 )iu saget mir, meister Hildebrant, irie . . .? 1725, 1 Si sprach
an saget, her Hagene, wer hat . . .? Vgl. zu 150, 4, auch zu 838, 4.
1492, 2.
1509, 4" ADb* des muox ich trüric gestän = 135, 4\ B*
1509, 4h trürende stän.
1518, 3 ADb wan der starke Hagne — -vil xornic was sin muot —
B* ican der starke Hagne vil xornic was gemuot.
Siehe zu 593, 3. 4. Vgl. auch oben 1492, 2.
1537, 3 A Dbg in starken urliugen, ril ungefüege schar:
der körnen Gclpfrdten wol siben hundert \e helfe dar.
B* in starkem urliuge, vil ungefüegiu her (ser):
der körnen Gelpfräte ivol siben hundert oder vier.
1278,3 von kristen und von heiden manege wite schare.
da si die frouiren fanden, si körnen herlichen dare.
1286,1 Mit iwelf hundert mannen, die fuortens in ir schar.
dö kom der herre Bloedel mit drin tüsent dar.
203,3 drangen mich ir herren in die hertot schar:
si körnen degenltche mit samt Sifride dar.
Vgl. auch 731, 3 mit ungefüegen schäm. Dagegen kommt ungefüegiu
ser Hd.Ca nur noch in Ca 1134, 4. 2072, 3 vor. ungefüegiu her B
aber ist ein ausdruck, der in keinem Verhältnis zu der zahl 700
steht. So kann man denn nicht umhin, die lesart A als die ursprüng-
liche, wenigstens als die des archetypus anzuerkennen; und man kann
in den beiden anderen lesarten nur emendationsversuche sehen, zu
denen der überladene vers (hs. A n:ol siben hundert dar xe helfe dar)
aufforderte.
1596 A Dö si der maregräve %uo im komen sach,
ze sinen liehen gesten vroeliche er dö sprach.
B* Rüedeger der stielte vil vroelich er dö sprach.
352 KETTNEB
1658 Do si von Tronje Hagene verrist riten sack,
%uo den sinen herren gezogenliche er sprach.
Vgl. auch 398 A. Rüedeger der snelle kommt nur hier vor.
1606.2 AJ Giselher den jungen. B* G. den rechen. Dieses
beiwort ist bei Giselher ganz ungewöhnlich: das einfache Giselher der
reche findet sich nie, nur 1149, 2 der recke eil gemeit. Der redactor
B* wird geändert haben wegen Diu junge maregravinne v. 1.
1674, 4 Ab in (dien holden willen trnoc. B:!: guoten. Die
pbrase findet sich noch: 355, 4 der. si in holden w. t. = 1001, 4 (im).
1609, 4 dem wirte holden w. t.
1678, 3 ADb ich wesse iueh wol sä riche, ob ich mich ha:, kdn
verstau,
den ich in ininer gäbe her %e binde niht gefüeret hdn.
BdJCa ich icaere wol st riche, het ich mich ba\ verddht,
da: ieli in mine gäbe her te lande hete bräht.
1163,3.4 er weste sich so /eise, ob e% immer künde ergän,
dax si sich den rechen überreden müese län.
1709.3 ich weix in so übermüden {gemuoten Lachm.), dax er
mir lougent niht.
2300.3 ich weix iueh, küneginne, so zornic gemuot, dax ir . . .
1120,1'' als ich mich han verstau. — Für B*:
1681,1.2 Do sprach diu küneginne: ich In'ins ouch wol gedäht.
ir habet mirs noch eil wenic her xe lande bräht.
Der den Wortlaut und den bau beider verse umfassende parallelismus
in A wiegt viel schwerer als der in BdJCa, der nur auf gedäht und
habet bräht beruht. Vgl. zu der stelle s. 313 fg.
1681.4 A des hdn iclt xit vil s icaere und manegen trürigen tac.
B* des hdn ich alle xite vil manigen trürigen tac.
998,4 si heten naht vil arge und vil müelichen tac.
1684, lb A filrsten tohter milt, dieselbe anrede 399, 2 \ B* fürsten
wine milt. Tgl. auch 548, 3 die künege tohtre rieh als bezeichnung
Brunhilds und Kriemhilds. Von den zwei übrigen stellen, wo nach
Braune (s. 112 anm.) A wine entfernt hat, ist 640, 4 in B* zurecht-
gemacht für die einfügung von 640a; bei 841 dagegen ist die lesart A
schwerlich die ursprüngliche und wird wine im urtext gestanden haben.
1685, 4b ACa ich riet im immer sinen tot, b ich wolt im
raten den tot. DBdJ er müese kiesen den tot. Die ganze Strophe
stimmt auffallend überein mit 953, besonders v. 4, am stärksten in der
fassung ACa. Auf die altertümlichkeit des ausdrucks den töl hiesen
ist wenig gewicht zu legen, und nichts nötigt zu der annähme, dass
ham»' hkh-tkx des kibelungekliedes 353
aus diesem gründe ihn der bearbeiter C* hier und an zwei anderen
stellen entfernt habe. Gebraucht ihn doch auch Wolfram und sogar
noch jüngere dichter, wie der Stricker und Rudolf von Ems: siehe Mhd.
wb. I, 824. 825 unter kiuse und erkiuse.
1776,4 A als ich mich versinne, si wellent uns besten. B* als
ich mich versinne, ich waen, si wellent uns besten. Wie in A so
auch 1712, 4 als ich mich versinne, si sint eil wrnic gemuot, die
einzige stelle, wo die wendung als ich m. v. noch begegnet. Das über-
flüssige ich waen ist, wie leicht ersichtlich, zugesetzt, um den drei-
hebigen schluss des archetypus zu berichtigen.
1838, 2 A die rede lat beliben, hüneginne rieh. B* die bete lä
beliben. 17, 1 Die reih' tot beliben, sprach, si, vrouwe min. 611, 1
Die rede si lie beliben. bete mit beliben hin nur hier B*.
1899,1.3 A Er sluoc dem(e) meixogen einen swinden swertes sine
B* Dar nach sluog er <hm magexogen einen swinden slac.
1864,1. 2 Do sluog er Bioedel ine einen swinden swertes slac,
beidemal in Verbindung mit da-, im da: houbet schiere . . . lac. In B*
ist die bei derartigen kampfesph rasen beliebte alliteration abgeschwächt.
Ebenso 2147, 3 durch die vesten ringe rast un\ üf da% roch, wo B*
das gewöhnliche beiwort lichten einsetzt.
1932)4 A ouch gie mit Dietriche vil manic waetlicher man.
B* auch gie mit Dietriche sehs hundert waetlicher man.
745,4 dö gie mit im xe sedelc vil manic waetlicher man.
Vgl. auch 607, 4 u. ö. In ähnlicher Unbestimmtheit werden die mannen
Dietrichs eingeführt 1657, 2 dö reif mit Dietriche vil manic degen starc.
Die parallelen zu 1932, 4 B* sind minder genau: 218. 553. 1095. 1227.
Entscheidend ist die mit dieser stelle zusammengehörige Variante:
1935,3. 4 A dax was von den herren durch triuwe getan.
da von der künic Grunther sit gröxen schaden gewan. B* der von
Bechelären, rriuni und siner man, von den usw. Zu v. 3 A
vgl. 304, 4 der dienest wart dem recken durch gröze liebe getan. 544,4
dax wart durch liebe (xuht B*) getan. 1125,4 da% /ras durch groxe
mht getan. Zu v. 4 A vgl. 1501,4 da von der Elsen verge den gröxen
schaden gewan.
Die beiden stellen zeigen deutlich, wie der redactor B* von dem
schon bei den mehrstrophen beobachteten streben nach sachlicher Voll-
ständigkeit und deutlichkeit geleitet wurde. Dass die ritter, welche
Dietrich und Rüdeger folgten, auch wirklich ihre mannen waren, machte
er an beiden stellen, 1932 sowol wie 1935, bemerklich: er setzte 1935
ein der von Bechelären usw. und gab die Dietrich folgenden auf 600
354 KETTNER
an, denn so viel recken hatte Dietrich nach 1811. Zugleich beseitigte
er das in seiner beziehung (auf die drei könige) nicht recht klare von
den herren. Dass A an beiden stellen, also planraässig, den Sachverhalt
verdunkelt haben sollte, ist ganz undenkbar.
1936.3 dem gap der videlaere einen sölhen slac,
4 A da; im da: houbet schiere vor Ezeln füezen gelac.
B da: im vor Eceln füezen daz houbet schiere gelac.
1864,1.2 dax im da; houbet schiere rcjr den füezen lac.
1899, 1. 3 dax im dax houbet schiere vor tisehe nider lue.
1997, 4b A Hagne der vil küene man. B* der mortgrim-
mige man, nur hier. Hagne der küene man 1714, lb.
2016,3 A.J.Ca dö stuont noch vordem Jtdse der käenc spilman —
2057, 2 ()ioch stuont). DbBd turne. Vgl. auch 1956, 1 Do stuonden
vor dem hüse manic tüsent man. Siehe s. 330.
2055. 4 A. ich waen so grozer jämer j an helden immer mer erge.
B* ich waen der jämer immer / mer an helden erge.
2122,4 ich ivaen so riche gäbe J ein recke nimmer mer getuot.
Vgl noch 617, 4. 922, 4. 34, 4. 1272, 4. Zu B* vgl. 2067, 4 B* Die
ungewöhnliche Wortstellung in B* ist durch das streben nach dem be-
kannten rhythnius entstanden.
2106.1A Gewäffent wart dö Küedeger mit fünfhundert man:
dar über x/welf rechen, sach man mit im gän.
B* dar über zwelf rechen ce helfe er dö gewan.
1744, 1 Dö sach man mit den künegen hin :e hove gän
ir edden Ingesindes tüsent küener man,
dar über sehzic rechen. Vgl. noch 283, 1. 581, 4 u. a. ze
helfe gewan, eine sonst ganz gebräuchliche phrase, ist dem Nib. fremd.
2136, 4 A so sol dax got gebieten. B* got sol daz gebiete)/.
2033, 2 so sol in got gebieten. Änderte B* wegen 2137, 1 So ive usw.?
2149, 3 b A des reis ir schiltsteine nider in da\ bluot = 2236, 3 b.
B* verhouwen in daz pluot, kommt nur hier in einer solchen Ver-
bindung vor.
2245, 2a AD niivan die zierne aleine. b niwan die xuenc.
B* niwan die einen twene. 1698, 2a niivan si x,wene aleine.
2251, 2 A den muox ich immer hingen (weinen?) : des g§t
mir grö \ in not.
B* da \ mno\ mir sin ein jämer vor aller miner not.
1638,4 den mao: ich immer weinen: des gät mir armer (armem
wibe B*) not.
574,4 dax muoz ich immer /reinen.
HANDSCHRIFTEN DES NIBELUNGENLIEDES 355
Der versschluss aller miner not kommt zwar auch sonst vor, aber die
ganze wendung, die B* hat, steht hier im Nib. vereinzelt. Grund der
änderung war vielleicht die nähe des der lesart A ganz ähnlichen verses
2252, 2.
2309, 4 A an dem mir herzen leide vor allem leide geschach.
B* von iuwern schulden geschach. 958,2. 3 der ist ein leit getan,
da% ir vor allen leiden an ir herze gut.
b) Stärkerer parallelismus in B*.
6, 3a B* mit lobelichen eren = 43, la. A mit stolzlichen
eren. Doch vgl. zu in diende vil stolziu riter schaf t m. st. e. 1523,2.3
deheinen zagen, der aus entrinnen welle durch zegeliche not.
93, 2 B* hundert kanzwägene ex möhten niht getragen. A ex,
heten niht getragen. Wie B* die anderen formein dieser art: 1062,2
swax xicelf kanxwegene meist mohten tragen. 1211, 3 ex enkunden
hundert moere (B. miule A) dannen niht getragen. 313, 2.
104, 2 B* dax in an ir vühten vil wenic iht gebrast : gast.
A vil lüxel ie gebrast, vil lütxel gebrast J. 1257.4 dax in du wenic
iht gebrast : gast.
115. 1 B* Mit grimmigem muote j da stuonden [die b.TC] friwende
sin. A mit grimm egem muote stuonden / da die friunde sin. Der
halbvers mit grimmigem (grimmen) muote auch 417, 2a. 1502, la.
1866, 4a.
127. 2 B* man suohte herberge die besten die man rauf.
A die besten herberge man suohte die man vant.
708, 3 vrouiven Kleider suochen diu beste?/ diu mau vant. 728, 2
suochen guotiu kleider diu besten diu man vant. Und so steht die
formel noch an vielen anderen stellen, nur durch das zu beste gehörende
Substantiv werden zuweilen ihre beiden teile getrennt.
216, 4b B* des küenen Sifrides hant. A diu Sifrides haut.
Der halbvers A ist ziemlich häufig, als strophenschluss aber findet sieh
sonst nur der halbvers B*: 93, 4. 226, 4. 238, 4; vgl. 432, 4 (starken).
227, 3. 4 B;:: dax ist (uns ADb) gar ein ivint unx eine an
Sivriden. A /van aleine Sifrit. 1312, 1. 2 dax uns gar ein ivint
unx an Dietrichen.
240, 3 B* der waetliche recke, Sifrit der junge man. A Sifrit
der junge, der waetliche man. Sifrit der junge kommt sonst nicht
vor, dagegen S. der junge man auch 40, 1 \ 65, lb. Aus demselben
gründe erklärt sich auch Braune für diese lesart B* (s. 108). Allerdings
ist der waetliche. recke nie apposition zu einem namen und findet sich
356 KKTI M l:
überhaupt nur noch 547, 3 von waetlichen recken. Dagegen wird der
waetliche man häufig wie hier gebraucht, so 43, 4 Sifrit, der vilwaet-
liche man. 410. 1 Sifrit, der waetliche man. 513, 4 Giselher, d. v.
w. m. usw.
257, 4b B* so waer ex nimmer getan. A sdne waer e: niht getan.
1499, 4 da: wirdet nimmer getan. 2042, 4 ex wirdet nimmer getan.
302, 3 B* w/7 rehten triwen — 1224, 2. A in guoten triuwen.
Ebenso .">24, 4 B* mit rchteu triwen. A mit guoten triuwen.
305, 1 B* vil groexltchen schal, wie noch öfter (zu 246 ab-
schnitt a). A iiiul m ich eleu schal, vereinzelt. Doch könnte auch hier
und an mehreren anderen stellen groexltchen zur Vermeidung der be-
tonung michelen eingesetzt sein: vgl. zu 307, 4 absclm. a.
309, 41' B* des hän ich willigen muot. A vesten muot. Das
erstere auch 1366, 2b, das andere nur hier.
313, 4a dö sprach der starke Sifrit, wie 321, la u. ö. A dd
sprach Sifrit nur hier.
330, 1. 3 B* sprach dö Hagene: ir bitet Sifride mit in ,\e treujene
die eil starke)/ swaere. A reise. 2137, 1. 2 sprach, aber (so sprach
ah A) Hagene: wir heten ander swaere so vil xc tragene. Völlig ge-
sichert ist damit freilich die lesart B* nicht, denn diejenige stelle, an
die sich 3.30, 2. 3 am engsten anschliesst, verlangt ein objekt bestimm-
teren inhalts: 2279. 1. 2 got weix, her Hagene, der iu den rride Mutet
mit in \e tragene.
330, AB'" sit im dax ist kündec, wie% umb Prünhilde stät.
A sit ime da: ist kündec, wie e\ umb die frouwen stät.
65, I ich tri! da: gerne sehen (sehen gerne), wie% umbe Kriem-
hilde stät.
333, 2 B* und kumet diu schoene Prünhilt //er in dif-.e lant.
A und Inimet diu schoene Prünhilt in da : lant.
562,2 swenne da: vrou Prünhilt koeme in dixe lant.
Der vers in A wird zwar leidlich correct, wenn man mit Lachmann
die cäsur hinter schoene annimmt, dem widerstreitet aber die parallel-
stelle und auch die sonst so häufige Setzung der namen Prünhilt und
Kriemhilt vor die cäsur.
333, 4 B;: su mahtn mit der schoenen immer vroeliche leben.
A so mahtn mit ir immer vroeliche leben.
075,4 ja mac si mit dem recken immer vroelicite leben.
339,4 B* uns endurfen ander tüsint mit strite nimmer bestän.
A tüsent man mit strite geturren nimmer uns bestän.
117,4 jan durften mich diu \irelrc mit strite nimmer bestän.
HANDSCHRIFTEN DES NIBELT7NGENLIEDES 357
Dieser für B* sprechende parallelismus wiegt schwerer als die für
A günstigen stellen 1738, 4 so entar unsere herren mit strite nieman
[uvl B] bestän. 815, 4 so torst in nieman bestan.
[Von zweifelhaftem wert und nicht mitzuzählen ist 340, 4zhB*daz
soltu G initiiere sagen. A Sifrit, dax solt du mir sagen. Hier
lässt sich zwar für B* anführen 1213, 4b dax sol man Kvicmhilde sagen.
aber auch für A 225, 3b dax solt du mir sagen. Auch in den Zusätzen
von B* nennt so der redende sich selbst am schluss 348, 12 dax icaere
Kricmltilde leit , woraus man wol auf eine verliebe für diese ausdrucks-
weise schliessen könnte. Bei der mehrzahl der abweichenden lesarten
dürfte man indes mehr geneigt sein, den narnen für älter als das pro-
nomen oder appellativum zu halten. Vgl. Bartsch, Unters. 295 — 301.]
353, 2 B* unt von Zaxamanc der guoten, grüen alsam d<v
kW. A und von Zaxamanc der grüenen so der kle. Vgl. 353, lb wtx
also der sne. 356, 3b sivarx alsam ein hol. 388, 3b gr/lene alsam
ein gras.
[368, 2 B* von stach begunde seliieben der kreftige man.
A von stade er schieben raste heg an. — der kreftige
man ist ein häufiger versschluss (121, 1. 214, 2. 431, 3 usw.), der
sich bei der aus metrischen gründen erfolgten änderung in B* (s. 331)
leicht einstellte.]
376, 3b. 4 B* da von in wol gescach, dö der künic Günther die
scoenen Prünhilde sach. A 4 do der künic Gxnthev Prünhilde sach.
322, 3b. 4 da von dax geschach, dax er nu tegeliche die schoenen Kriem-
hilde sach.
377, 4 B* dax er ir niJ/t evkande, dax ivas Gunthere leit.
A dax er si niht erkande, dax was im iva erliehe leit.
81, 4 <la\ im dax sagte nieman, dax was Gunthere leit.
390,4 B* dö begunde im Sifrit da von diu rehten maere
sagen. A dö begunde Sifrit den hovesite sagen, hovesite ist nicht nur
lira'i EiQmdvov sondern der ausdruck diu rehten maere sagen begegnet
auch 515, 3. 1803,2. 2253, 1, mit dieser stelle zu vergleichen ist be-
sonders 2253, 1 Muget ir mir, meister Ilihh bvant, diu rehten maere
sagen. An sich würde das wort hovesite dem Nib. nicht fremdartig
sein, da doch auch hovegesinde, hoveveise, hovevart und namentlich
hovemaere vorkommen.
410, 2 B"';: e ix /'einen erfände. A eitd c\ ieman ivesse. 819,3
e ieman dax evfuude.
418, 2a B::: einen ger vil scharpfen. A einen vi/ scharpfen
gev. 1997, 2 einen gir vil starken.
358 KETTNEK
433, 4 B* ex enhaete der künic Günther triwen nimmer getan.
A e% enhete nimmer der künic Günther getan.
2233,4 ex enhet an einen recken zwäre niemen getan.
450, 4 B* der. ir mich habet gesendet, dax sult ir Prünhilde
sagen. A sult ir der küneginne sagen. 1213, 4 in wil behalten
Hagne, daz sol man Kriemhilde sagen. Vgl. auch 1416, 4 dax er xen
Hiunen irolte, dax hiex er Gunthere sagen.
474, 1 B* Wol drixec hundert recken die wären schiere körnen:
üz den wurden tüsent der lösten dd genomen. A tüsent. Am nächsten
steht 642, 3 A ä \ (B!; von) drizec hundert recken nim (B* wir geben)
dir tüsent man. Aber auch hier hat Db.J tüsent, offenbar eine zu-
fällige Übereinstimmung in der änderung (Braune s. 68), zugleich aber
ein beweis, wie leicht ein Schreiber die eine zahl für die andere ein-
setzen konnte, zumal da das Verhältnis 30 000:1000 degen auch 159
vorkommt. Zur lesart A vgl. 338, 4 drixec tüsent degne die waeren
(B werdent) schiere besaut, eine parallele, die jedoch nicht so gewichtig
ist wie 642, 3.
485, 4B* ex ums ir ivaerliche leit. A ex was ir swaere unde
leit. Diese Verbindung findet sich nur hier. In der übertragenen be-
deutung ist das substantivum swaere dem gemeinsamen text eigen, das
adjektivum oder adverbium nur A: 1681, 4. 1701, 3. Doch ist dies,
wie es nach Bartsch, Unters, s. 259 scheinen könnte, nicht ein jüngerer
gebrauch, vgl. dax ist (wirt) mir swaer Yeldeke, MSF. 62, 14. ßol. 64, 18.
50,12. sin gemuote ivas im swaere Kschr. 337, 1(10996). Rud. 24,20.
501,2 B* dax er heize sidelen xe {cor Dd) Worrncx an den Bin.
A dax er heize rillten sidel an den Ein.
260, 3 die wile hiex er sidelen vor Wormez an den saut.
Hier ist der parallelismus in B* stärker als der in A mit 651,2 dö hie:
si gesidele rillten sä xehant. Die phrase noch 718, 4. 559, 1 (526, 7.
1445, 2 B*).
[526, 3 B* wie rehte minnecUchen er von der vrowen schief.
A anders minneclichen. wie rehte m. auch 630, 1. 1443, 2. Doch
siehe zu 292 abschn. a. Der sinn ist in A: er wurde zwar nicht ge-
küsst, aber sonst sehr freundlich verabschiedet. Dieser klare Zusammen-
hang zwischen v. 2 und 3 ist in B* aufgehoben. Einen ähnlichen gegen-
satz haben wir in 520: ich möchte euch gern beschenken, doch das
passt sich nicht, ich will euch sunst hold sein.]
591, 2 B* durch iwer sc liier tagende. A durch iicer fugende.
1469, 2 durch iuiver selbes lugende. 2127, 2. 1427, 2.
HANDSCHRIFTEN DES NIBELTFNGENLIEDES 359
598, 2B* wol wesse wa% im waere der edel ritter guot. A wax
im ivürre der riter edel guot. 807, 1 Er wägte wax ir waere (doch
auch 363, 3 dax im iht werre). edel ritter guot das gewöhnliche, ritter
edel guot nur hier A.
614, 4 B* sit gel et diu vrowe dem küenen Sifride we.
A oder iu geschüttt von minen handen we. 624, 4 ir tüteu sine krefte
harte groexlichen we. 466, 4 xuht des jungen heldes (diu) tet Albricke
we. Doch siehe s. 329.
633, 1 B* Diu hdchxit diu (du) werte un\ an den viercehenden
tue. A fehlt nn\ an. Für B*: 756, 4 uu\ an den einliften tac, und
su auch 41, 1 (sibenden). 1276, 1 (vierden). Der dreisilbige oder (mit
elision vor der cäsur) zweisilbige auftakt in der zweiten vershälfte ist
jedoch in B* äusserst selten: vgl. Bartsch, Unt. s. 124. Die in der
kleinen ausgäbe angegebene betonung un\ an den vierxehenden ist nicht
wol anzunehmen.
797, 4 B* dax diene ich immer umbe dich = 159, 4. A ich
minne niemer dich.
800, 3 B* du habes dich des gerüemet, dax du ir schoeneu lip
airer st habes geminnet, dax seit (fron) Kriemhilt diu tri]).
Do sprach der herre (starke) Sifrit: und hat si dax gesell.
A du hast dielt gerüemet, du ivaerst ir erster man.
so seit din tvip Kriemhilt: hdstu, degen, dax getan?
Nein ich, sprach cid Sifrit. und hat si dax gesell.
In B* wird 800, 3. 4a bezug genommen auf 783, 2b. 3a [den] (litten
schoenen lip minnete erste Sifrit, in A auf 792, 4 ja wart Sifrit diu
matt. Die einfügung der rede 801, lb B* ist die gewöhnliche form;
eine form, wie sie A hat, findet sich ähnlich 816, 1 Nein er, sprach
du Hagne, wo C* nein ich hat. Der parallelismus in B* ist hier stärker
als der in A, doch fragt es sich, ob nicht dessen schroffere ausdrucks-
weise dennoch die ursprünglichere ist.
820, 4 B* von lüge erwuohsen frouwen diu aller groezesten
leit. A von lüge wuohs den frouwen groxer jämer unde leit.
820, 4 b B* = 1762, 4b. Zu A: funser] sorge unde funser] leit
934, 2 b A (B).
909, 1 B* Do sprach der herre Sifrit. A Do sprach der Nider-
le n de, eine einfügungsform, die sich sonst nicht findet, überhaupt ist
der Niderlende ana'% uqr^dvov , wenn auch an sich diese art der antono-
masie dem Nib. nicht fremd ist: vgl. der Bernaere (Dietrich) 1840, 1.
2249,1, der Truttjaere (Hagen) 1500,4. 1513,4, der TeneUnder (Iring)
1982, 4.
360 KETTNER
927, 4 B* des gie im waerliche not, die gewöhnliche formel
statt A des tivanc in ehaftiu not, das nur hier im Nib. vorkommt;
des hvanc in gröxiu not 929, 3.
932, 4 B* dax het wol verdienet der ritter küen unt gemeit.
A daz hete mich wol verdienet umbe alle Hute der hell gemeit.
fielt gemeit findet sich öfter (meist im plural, zuweilen auch im singular:
1302, 2. 1952, 1), aber nicht als strophenschluss, wozu der (ein) ritter
küen und gemeit mehrfach verwendet wird.
961, 2 B* hoeren klagen oft. A verneinen Idagen nur hier.
969, 3 B* Sigemund der herre 686,4 u. ö. A der riche nur hier.
970, 4 B* dax was ir groexliche leit. A ir ander herxeleit.
Siehe s. 332.
973, 4 B* dax tvas ir waerlichen leit. A dax dö ir herze
vol durchsneit. Ebenda.
983, 4 B* dax wolde got, sprach Kriemhilt. A ei wolde
got der wäre. Letztere formel nur hier, dagegen 1110, 1 Dax wolde
got, sprach Gotelint und so öfter.
1014, 3b. 4 Bd. Ca ich wil iu waege sin durch mines sunes
liebe : des sult ir äne xivivel sin {gar an angest sin Ca). Db 4b
und durch des edelen kincles din. A ich tuon iu triwen sei/ in
durch iivers mannes liebe und durch des edelen leindes sin. Zu 3b
BdJCa vgl. 523, 4 er welle im immer waege sin. 2053, 4 ich sol im
immer ivaege sin, während eine der lesart A entsprechende wendung
sich nicht findet, nur dax tet er groexUclien schin (adj.), dax täten si
wol schin kommt vor. Die formel des sult ir äne xivivel sin begegnet
noch einmal und zwar auch als schluss 2142, 4 (in anderer wendung
und an anderer stelle noch öfter). Doch ist der widerholte gebrauch
solcher leicht sich einstellenden, zur versfüllung besonders geeigneter
formein kaum als ein beweis für Originalität zu betrachten, wie denn
auch C* des sult ir äne xivivel sin 143, 4b und 1392, 4b einsetzt, an
ersterer stelle statt dax ivizxet üf die triive min B*, was widerum J
1014, 4b einsetzt. Vgl. zu der stelle s. 320.
1076, 4 B* und tet vil ivillecliche dax. A schedeliche. Die
wendung in B* ist nicht selten, die in A vereinzelt.
1091, 4 B* so hästu minen willen so rehte verre getan.
A und hast ouch minen ivillen so rehte verre getan.
566, 4 so hästu minen, ivillen mit grdxen triu/wen getan.
1211, 3 B* ex enkunden hundert moere dannen niht getragen.
A miule. 313,2 sivax fünfhundert moere goldes mügen I ragen.
Handschriften des Nibelungenliedes 361
1403, 4 B* und lazet die getürren xuo miner sivester mit uns
varn. A die getürstigen. 1404, 3 der getürre riten mit in %e
hove baz.
1433, 2b. 3a BdJK vroelich (mit freuden) si du dan fuoren unx
in (in xe) Swäbe)t. ADb vroelich (fehlt Db) als ich iu gesagen kan
.si fuoren un\ in Swäben. Die formel in ADb ist singulär, zur lesart
BdJK vgl. 1462,4 si fuoren rroeliehe dan. 165,4. 634,4. Siehe auch
s. 315.
1441, 4 b B* VolMr der küene spileman wie 1829, 4b. küene
fehlt A.
1442, 4b B* des stät mir holte der muot. A des stät höhe mir
der muot. 163, 4 des stuont in höhe der muot.
1524, 3 bBdH einen helt xe sinen handen. ALg zuo sinen
banden einen helt. 1728, 3 den helt xe sinen handen.
1544, 4 B* ich hete von sinen handen vil nach geivunnen den
tot. Anäch den grimmigen tot. 588, 4 ja het er von ir krefte [vil]
nach geivuuuoi den tot. Zu A vgl. 1494, 4. 460, 1. 2 ADb.
1581, 4 B* im was in manegen zitoi niht so lieber meiere
liomen. A in langen titen. 519, 4 si hete in manegen ziten so lieber
maere niht vemomen.
1586, 4 B* des bin ich vrd unt gemeit. A des bin ich vroelich
gemeit. 1102, 2 da was der künic Etzel vrd und ouch gemeit. Die
lesart A ist vielleicht veranlasst durch hinblick auf 1587, 4b dö wart
er vroelich gemuot.
1633, 4 B da von der guote Rüedeger sit muose vliesen den
lip. DbJd muost Verliesen. A doch verlos Rüedeger da von sider
den lip. B steht 327, 4 dar umbe muosen helde (eil) sit Verliesen den
lip und ähnlichen versen näher als A. Doch ist in B der im sinne
eines concessiven Vordersatzes ausgesprochene vorangehende satz der
(labe im [vil] wol gunde des marcgrdveu ivip beziehungslos geworden.
1680,2 BbCa deich hört der Nibelunge niene gepflac. A deich
der Nibelunge / hortes nie gepflac, dieselbe Stellung auch JD. hört
der Nibelunge 1679,2. 717,3. Die seltene konstruktion pflegen c. acc.
hat allerdings der gemeinsame text nirgends; 1960, 2 wo sie noch einmal
begegnet, hat A wie statt die.
1701, 3 B waz ir so schiere betr Hebet hete den muot. Ca er-
truebet. DbdJ bestvaeret. A waz ir so rehte sivaere verrihtet
hete den muot. Als lesart B* ist statt betriiebet wol bestvaeret anzu-
nehmen, zu beiden ausdrücken vgl. 1019, 1 Die dir haut bes/raeret
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE THILOLOG1E. BD. XXXIV. 24
362 KETTNEB
midc betrüebet den muot (A und betrüebet dinen muot). verrikten ist
UTtai, 6lQ1]f.UV0V.
1980, 3 B* der starke Gcruöt. A der künic Gernot, nur hier.
2068, 1 B* Ein michel kraft der recken. A Ein michel teil
der recken. 537, 3 der liöcJtgemuoten recken ein vil michel kraft.
2142, la B* Dax, wolde cjot von himele = 1638, 2a. A Dax
wolde got der riche, nur hier so, wenn auch got der r leite an sicli
sonst noch vorkommt.
2157,4 B* der schoenen Gotelinde man =1129, 4. A dö der
Gotelinde man = 1218, lb der G. man.
[2162, 4 B* weinen getan. A weinen began. iveinen tuon
öfter, besonders auch so am schluss, z. b. 365. 1225. began nur hier,
ist ganz ungewöhnlich und offenbar fehler der hs.]
2233, 2 B* dax, im von der wunde nider vlöx dax bluot. A nider
schöx dax bluot. 2156, 3b dax nider flöx dax bluot.
2261, 1 B* Dö suocht der herre Dietrich selbe s/n gewant. A Dö
nam. 831, 4 Sifrides recken suohten stritlich gewant. 275, 1.
2277, 2 B* dax ich mit in rite / heim i?i iwer laut. A dax
ich mit iu wider heim / rite in iwer lant. 162,1 Und lät die boten
riten j heim in ir herren lant. 310, 2 e wir wider riten heim in
unser lant.1
c) Ergebnis.
Wir sind ausgegangen von dem satz: derjenige text, der die meisten
und stärksten parallelstellen hat und innerhalb der gemeinsamen parallel-
stellen die grössere ähnlichkeit zeigt, steht dem original am nächsten.
1) Die stellen mit geringfügiger und für den vorliegenden zweck bedeutungs-
loser Übereinstimmung, die nicht mit aufgeführt wurden, zu bezeichnen dürfte sich
vielleicht bei diesem abschnitt zur prüfung seiner Zuverlässigkeit empfehlen. Hierbei
werden auch die erwähnt werden, bei denen der parallelismus in A durch ein offen-
bares schreiberversehen gelitten hat. Es sind ausser den bd. 20, 205 bereits angegebenen
folgende: 47, 4 noch (135, 4). 80, 3 wixe (187, 2 s. 316). 167, 4 rehte (239, 4). 346, 3
da (417,4). 407, 3 gewinnen? (2254,3. 395,1. 946,3). 417,4 :c minnen (346, 3) in
A weggelassen. 418, 4 harte (74, 4). 439, 4 dä% (434, 3). 453, 4 %e (5, 3). 506, 2
von (1267,3). 571,3 Umstellung (572,3). 584,4 wol (1620,4). 654,4 gröxe (732, 3).
659.2 um (1327, 2). 661, 2 ket (1176, 3). 745, 4 A werlieher fehler (waetlicher).
748.3 von (86, 1. 4). 786, 4 des (360, 4). 862, 4 hie (173, 1. 1410, 4). 903, 4 dö
(904,4). 1113,4 xuo (490,4). 1115,1 komm (1370,1, vgl. 1151,3). 1302,1 was
\). 1411,4 gewärliche (1528,4). 1756,1 der (1300, 1). 1876, 4 A vroeüchm
fehler (herlichen). 1959, 1 wold (618, 1. 1328, 1). 1979, 3 dax (229, 3). 2032, 2
michel? (562, 4. 370, 4). 2101, 4 da (2251, 4). 2204, 1 wol f. (1982, 1. 2279, 1).
2297,3 scharpfen (201,3 u. ö.; doch vgl. A und B* 1832,2. 1888,4. 423,4).
HANDSCHRIFTEN DES NIBELHNGENLD D] - 3G3
Das ist nach dieser Zusammenstellung nun zweifellos der text A, an
ihn würde sich als älteste form von B ;: der urtext Db* schliessen, dann
folgt der text B*.
A ist vertreten mit 114 parallelstellen, B* mit 67. Zu den A-
parallelen gehören auch etwa 15 A.Bb*- parallelen; einmal steht einer
stärkeren B*- parallele eine schwächere A.Db*- parallele gegenüber. Diese
stellen sind von sehr verschiedenem umfang und wert. Zu ihrer be-
urteilung müssen wir uns wider vergegenwärtigen, dass der text A nur
in "einer einzigen handschrift vorliegt, dass diese schon zu den jüngeren
gehört und dass sie ziemlich nachlässig geschrieben ist. Notwendig
müssen wir hier eine grosse zahl von lesarten annehmen, die der laune
und der Unachtsamkeit verschiedener Schreiber anzurechnen sind. Nach
den Variantenverhältnissen anderer handschriften zu urteilen, möchte ich
bei 42 stellen in A die möglichkeit von schreiberwillkürlichkeiten
oder schreiberversehen zugeben. Darunter sind besonders leichter art
18 fälle von wortvertauschungen (für lobelich gesetzt stolxltch, möhten —
heten, werde iht — lüxel ie, nimmer —niht, rehten — guoten(2), groez-
lichen — miehelen, erfunde — ivesse, hoeren — verneinen, herre — riche,
willecliche — schedeliche, manegen — langen, vrö unt — vroelich, der
starke — der künic, kraft — teil, von himele — der riche, vlöz — schöz,
suoht — nam), ferner 9 fälle von unerheblichen weglassungen und mehrere
leichtere Umstellungen. Dieser art von änderungen muss man auch einen
grossen teil der anal- elgyiuva, die nur A hat, zuweisen (s. darüber
s. 364). Es bleiben für B* 25 stellen von grösserem gewicht. Diesen
stehen auf seiten von A 68 stellen von mindestens gleichem gewicht
gegenüber, von denen etwa 20 schwerer, darunter wider 8 ganz be-
sonders schwer wiegen. Diesen letzteren könnte man in B* nur eine
vergleichen. Das ist 800, 3 fg. Aber hier zeigt A ebenfalls und in
ähnlicher weise Zusammenhang mit der Umgebung und hält sich auch
sonst in der diktion des Nibelungenliedes. Die möglichkeit, dass hier
B* geändert hat, ist also nicht ausgeschlossen. Ferner haben mehrere
von diesen 25 stellen die eigentümlichkeit, dass die lesart A in engerer
logischer Verbindung mit der ganzen oder der folgenden Strophe steht.
Es sind dies 614, 4. 797, 4. 970, 4. 1014, 3. 4. 1633, 4, wo B* überall
formelhafte Wendungen zeigt, über deren zweifelhaften wert ich mich
oben ausgesprochen habe.
So glaube ich nun schliessen zu können: der text A nimmt, wie
man sich auch bei den noch zu zweifeln anlass gebenden abweichungen
entscheiden mag, in jedem falle eine bevorzugte Stellung ein. Entweder
ist er den anderen texten übergeordnet; oder wenn er dem texte B*
24*
364 KETTNKR. HANl'Si HIITFTF.X DES NlBELtmGENLTEDES
(+ Db*) nur nebengeordnet ist, so befindet er sich doch mit dem weit
überwiegenden teil seiner abweichungen in Übereinstimmung mit dem
original.
Bartsch hat in der einleitung zu seinem Wörterbuch und Unt. s. 264 fg. von
den Wörtern, die nur A hat, ein verzeichuis gegeben, dem noch hinzuzufügen sind
dar, Xiili rli nile . pkettin; nur noch iu Db* finden sich tugenthaft, vertnon, ival.
Diese Wörter sind fast sämtlich unu'i tiptj/iu'v«. Bei der beurteilung solcher Wörter
sind von je her zwei möglichkeiten ins äuge gefasst und kritisch verwertet worden. Ent-
weder hat der Schreiber ein seltenes wort mit einem gewöhnlichen vertauscht oder
er hat ein individuelleres, ihm gerade zusagendes wort eingesetzt. Da das eine sich
ebenso leicht vollzieht, wie das andere, so sind Schlüsse aus dem gebrauch der änaS
tioil/tiir'i'c. sehr unsicher. Die blosse zahl würde hier zu gunsten von B* sprechen,
etwa in dem umgekehrten Verhältnis wie bei den parallelstellen. Aber auch hier
kommt wider die besondere beschaffenheit der handschrift A iu betracht, die zu dem
schluss zwingt, dass durch diese Überlieferung eine anzahl jüngerer und eigenartiger
Wörter in den text A eingedrungen, manche wörter auch formal verändert sind. Als
jüngere wörter sieht Bartsch an : hi\ (mr.J, horesite (rehten meiere), hriee (strtt), -leie
(-Jtiuule), mhde (moere), als fehler riehen (rihten), ritersptse (rtcher sptse). Diese
der handschrift allein zuzuweisen ist man durchaus berechtigt. Ebenso die nur anders
gebildeten: beiten (enbeiten?), beschouwen (schouwen), enirfelhen (berelhen), g&müete
(muote, mit ungewöhnlicher dativkonstruktion), die getürmt igen (die getiirren), lebendec
(lebende), rtchtuom (riehheit) , spenge (gespenge) , sivaeren (besivaeren) , ungewillie
(unwillie), unmaclich adj. (unmäzen). Von den übrigen konnten tugenthaft, toal,
elär, senen dem urtext zugeschrieben werden (s. 321. 333 fg. 339 fg.), zweifelhaft
stand es mit vertnon. Es bleiben somit Mint, durchsntden, ehaft, ei, gesae-.c,
gigen, hoehe, lumiheit, naz, Kiderlende, reine, sidel, rerrihten, iciclieJien, wunder-
schoene, xierliche adv. Diesen stehen in B* etwa ebensoviel gegenüber, die A nicht
hat: degenlich adj., cnjifiicren, gestaten, heinilich adj., herzertent, hohen, Iiöhenlich,
koehgexiten verb., mortgrimmic, perle, rösevar, ungevehet, unwert, weigern, wider-
ii inno (mit weglassung der nur formal verschiedenen wie benamen, erbom, er-
wahsen usw.). Von diesen 15 sind 8 als jüngere nachgewiesen: degenlich enpfüeren
(s. 347), hohen (s. 340), mortgrimmic (s. 354), perle (s. 320), ungecehet (s. 316),
ireigem (s. 326), wider winne (s. 340). Und wie mau bei gewissen singulären
Wörtern von B* ihre eigenart oder altertümlichkeit als zeichen der echtheit geltend
gemacht hat, so kann man dies auch bei einigen jener wörter in A. Es ist z. b.
schlechthin nicht einzusehen, wie ein Schreiber darauf verfallen sein sollte, ganz ver-
einzelt das doch immerhin auffallende der Niderlende 909, 1 an stelle des gewöhn-
lichen der herre Sifrit zu setzen. Dasselbe gilt von des twanc in ehaftiu not für
des gie im waerlichen not; ausserdem gehört der ausdruck ehaftiu not auch der der
spräche des Nib. nahestehenden spräche Hartmanns an, wie auch durch ir t/igent-
haften muot uud wie auch si twanc der seneden minne not sich ähnlich dort wider-
findet (s. Österr. Nib.-dichtung s. 29. 51. 26. 58).
MÜHLHAUSEN IN TIli'R. EMIL KETTNER.
ALTHOF, NAMEN IM WALTHARIUS 365
ÜBER EINIGE NAMEN IM WALTHARIUS.
Über die etyraologie der im Waltharius uns begegnenden personen-
namen sind wir, soweit sich überhaupt in dieser beziehung Sicherheit
gewinnen lässt, im klaren; doch bedarf die frage, ob einige derselben,
insbesondere die namen der elf neben Günther und Hagen als gegner
Walthers auftretenden beiden als sagenecht zu betrachten sind, noch der
erörterung.
Man hat die letzteren lange zeit auf treu und glauben hingenommen
und gemeint, dass Ekkehard sie in seiner vorläge gefunden habe. J. Grimm,
Lat. ged. s. 115 fg., sagt, dass unter den zwölf dienstmannen des Franken-
königs, Hagen ausgenommen, fast lauter der späteren sage unbekannte
namen vorkämen, dürfe nicht auffallen, da, von Hagen abgesehen, alle
von Walther getötet werden und demnach in späteren kämpfen nicht
mehr hätten auftreten können; doch vergisst er dabei, dass auch die im
Waltharius berichtete Verstümmelung Günthers und Walthers sich mit
der rolle, die sie bei späteren ereignissen in der heldensage spielen,
durchaus nicht vereinigen lässt. Grimm glaubt jedoch, spuren der
gegner Walthers in jüngeren epen gefunden zu haben, und weist z. b.
darauf hin, dass der Randolf des Waltharius sich mit den beiden helden
Randott von Mailand und von Ankona (vgl. W. Grimm, Heldensage,
3. aufl. s. 159 und 214) berühre (trotz der verschiedenen bedeutung der
grundwörter) und ein Hehnnot auch unter den helden Dietrichs auf-
träte. W. Müller, Mythologie der deutschen heldensage, s. 24 fg., sieht
in den gegnern Walthers historisch -mythische personen, repräsentanten
ihrer stamme, der Franken, Sachsen, Ostgoten, Römer und Hunnen,
mit denen die durch Walther vertretenen Westgoten kriege geführt
haben. Kögel, Litter. -gesch. I, 2, 307, glaubt, in der form, in welcher
die Trierer Waltharius -hs. den namen des dritten gegners von Walther
überliefert, einen beweis für das alter des namens gefunden zu haben;
vgl. auch Pauls Grundriss, 1. aufl., 2. bd. I, 184. Endlich betont auch
Linnig in der 3. aufl. seines „Walther von Aquitanien" s. 93, dass die
namen der am Wasgenstein kämpfenden helden „echt und alt" seien.
Mir ist jedoch von anfang an der umstand sehr verdächtig ge-
wesen, dass die übrigen berichte von Walther und Hildegunde die bei
Ekkehard auftretenden helden nicht nennen, sich auch in den sonstigen
Überlieferungen der heldensage kein einziger mit Sicherheit nachweisen
lässt, und ich habe schon früher (vgl. meine W.- ausgäbe s. 13 und
Programm des Weimarer realgymnasiums 1899, s. 9) geäussert, dass ich
diese namen für eine erfindung des dichters hielte, dabei auch auf das
366 ALT HOF
ähnliche verfahren Ovids bei seiner Schilderung der kämpfe an Cepheus'
hofe, Metam. 5, 1 fg., hingewiesen. Die einzelkämpfe im Waltharius sind
ja wahrscheinlich sagenecht; allerdings kennt sie die Thidhrekssaga nicht,
doch lässt die Situation in den ags. fragmenten auf solche schliessen.
Ekkehard hat in diese einzelkämpfe in anlehnung an seine römischen
Vorbilder eine solche abwechslung zu bringen gewusst und die Streiter
derartig zu individualisieren verstanden, dass diese partien seiner dichtung
andere Schilderungen von Zweikämpfen in deutschen epen Aveit hinter sich
lassen. Wenn aber Ekkehard derartig scharf gezeichnete Charaktere schuf,
so war er auch genötigt, ihnen namen zu verleihen, und es ist anzu-
nehmen, dass er solche wählte, die ihm in St. Gallen und Umgebung
bekannt waren. Ich habe daher schon früher vermutet, dass sich in
St. Galler Urkunden namen, wie sie Walthers gegner führen, wider-
finden könnten, und später meine erwartung bestätigt gefunden.
Das von Wartmann, Urkundenbuch der abtei St. Gallen (1863 fg.)
gebotene material ist in der 2. aufläge von Förstemanns altdeutschem
namenbuche, I, 1900, sorgfältig benutzt und geordnet, mit hinweis auf
die nummern des gen. urkundenwerkes, so dass ich im folgenden auf
citate verzichten kann. Ich werde ferner öfters gelegenheit haben, hin-
zuweisen auf Piper, Libri confraternitatum St. Galli (= I, p. 1 — 144),
Augiensis (= II, p. 145 — 352), Fabariensis (= III, p. 353 — 398), Mon.
Germ. 1884; dagegen kommen die St. Galler necrologien, herausg. von
Baumann, Necrologia Germaniae, tom. I. M. G. 1888, p. 462 — 487, sowie
die Casus St. Galli nur wenig in betracht
Der name des ersten kämpfers Camalo v. 591 fg. ist die abgekürzte
form eines mit dem stamme gamal, camal (vetus) zusammengesetzten
namens. Von den sieben bei Forst. I2, 592 unter gamal angeführten
männlichen namen ist einer vermutlich gar nicht deutsch, andere finden
sich besonders im Polyptychon Irminon., sind westfränkisch und nach
Forst, vielleicht durch das keltische beeinflusst; Oamalbert kommt auch
bei Piper II fünfmal vor. Am meisten belegt ist Qamalheri, der sich
als Kamalhere bei Piper I, 345, 17, Camalheri II, 214, 6, Gamalheri
II, 214, 20 und Camalheri in einer St. Galler Urkunde a. 833 findet.
Ich glaube, in ihm unsern Camalo widergefunden zu haben. Wie bei
Camalo ist der auslautende stamm -heri abgefallen bei Ingexo = Ingeleri,
Ludeke = Luder, Renike = Reiuerus, Wexo, Wexil = Werinhari; vgl.
Stark, Kosenamen der Germanen, 1868, s. 96.
Männliche namen, die ahd. scara schar oder scarjo Scharmeister
als bestimmungswort haben, nennt Forst, nur sechs. Ein Saarius a. 800
stammt aus Italien, ein Scaricus ist im 8. jh. bischof von Chalons s. M.,
NAMEN IM WALTHARI1 S 367
auf einen Scering lässt der Ortsname Sceringesfeld (11. jh.) schliessen.
Die drei übrigen namen weisen nach St. G. Einen Scaramimd kennt
nur der Waltharius v. 694 fg., und es ist nicht unwahrscheinlich, dass
wir in Scerun (acc. masc.) St. G. urk. 9. jh. und Skerih a. 855, Scherilo
a. 886 die abkürzung und das deminutiv für jenes ana'% Xey6f.iEvov vor
uns haben; vgl. Raino bei Stark s. 48 und 96.
W. v. 686 fg. heisst es:
Et dum forte nepos conspexerat hoc Camalonis,
Filius ipsius Kimo cognomine fratris,
Quem referunt quida/m Smramundum nomine dictum etc.
Vielleicht soll damit gesagt sein — und auch die analogie Eleuthir-
Helmnod v. 1008 spricht dafür — , dass der zweite kämpfer zwei namen
führte. Man hat bislang angenommen (vgl. u. a. W. Grimm, Heldens.,
s. 32 und Kögel I, 2, 306), dass dies auf eine verschiedene Überlieferung
der vom dichter benutzten sage hinweise; ich halte es indessen für wahr-
scheinlich, dass Ekkehard hier unberechtigterweise die für die deutsche
epik typische berufung auf die märe eingefügt hat, um seiner dar-
stellung grössere glaubwürdigkeit zu verleihen.
Es kann sich hier um einen der doppelnamen handeln, wie sie
vom 5. bis 13. jh. in grosser zahl überliefert und teilweise von Stark
s. 150 fg. mitgeteilt sind; ja, der gen. forscher meint sogar s. 6, es scheine,
als ob jeder freie Germane als Jüngling oder mann einen zunamen er-
halten habe. Der Wortlaut bei Ekkehard lässt aber auch die deutung
zu, dass Kimo der name von Scaramunds vater, Camalos bruder, war,
wie dies Geyder, Zeitschr. f. d. a. 9, 161, und Kögel, a. a. o., s. 306 im
gegensatz zu J. Grimm, Lät. ged., s. 116, für wahrscheinlich halten.
Kimo = Cimo Piper II, 57,4; 399,2; III, 130, 12; Gimo I, 72, 19,
Gfimmo1 II, 363, 4 gehört nach Grimm zu an. girna = grosse Öffnung,
kann jedoch nach Forst. I2, 641 aus sehr verschiedenen namen, wie
Gildmar, Girmund, verkürzt, gim aber auch in den namen Ginibolt,
Gimbert, Gimfrid, Gimmund durch assimilation aus gin entstanden
sein und vielleicht zu an. ginna allicere, seducere (nach Forst.) oder zu
ahd. gin rächen, ginnan beginnen gehören2.
Piper verzeichnet Gaemmunt I, 379,2, Gemmunt II, 44, 13; 54,23;
321,21; 329,4; 411,18; Kemunt mon.de Augia Necr. p.477; in St. G. U.
erscheint Kemmunt a. 809, Gemmunt a. 827, Gemmund a. 878 u. 885.
Nach der im letztgenannten jähre ausgestellten Urkunde nr. 645 sind
1) Über die konsonantenverdoppelung iu verkürzten namen vgl. Stark s. 19 fg.
2) Nach Stark s. 25 ist der name Gimo altgallisch.
368 ALTHOF
Ratmund und Thingmund brüder Oemmunds, und in einem solchen
falle ist die bezeichnung Gimo statt Gemmimd recht zweckmässig.
Der Pandaride Werinhard v. 725 scheint mir ein biederer St. Galler
Zeitgenosse Ekkehards gewesen zu sein; er fungiert als zeuge in einer
Urkunde v. j. 929 als Werinhart, doch kommt der name auch widerholt
bei Piper I und II vor.
Kögel bemerkt Litter.- gesch. I, 2, 307 zu der lesart Vuarmardus
— „d. i. Uuarin(h)ardus" — der Trierer hs., dass der mangel des Um-
lautes sehr bemerkenswert sei und die form — und der urtext, dem
sie angehöre -- dadurch in das 8. jh. zurückgeführt werde. Aber diese
Schlussfolgerung ist nicht stichhaltig, denn die Trierer, die jüngste von
allen W.-hss., stammt aus dem 15. oder 16. jh. und geht mit der Brüsseler
und Pariser auf die nämliche mutterhs. zurück. In letzterer war aber,
wie die formen uurimhardus B und uuirmhardus P zeigen, der name
bereits verstümmelt; der erste teil der Zusammensetzung entbehrte des
Stammvokals. Wir haben also in der lesart der stark interpolierten hs. T
offenbar den misslungenen versuch vor uns, die ursprüngliche namenform
widerherzustellen. Namen mit einem volksetymologisch gebildeten, west-
fränkischen warm, wie Warmher, Warmedrudis, verzeichnet Forst. I2, 1546.
Dass Warmardus T eine conjectur ist, macht auch der umstand
wahrscheinlich, dass der Schreiber dieser hs. noch an anderen stellen
die ihm auffallenden namen seiner vorläge verändert hat: v. 756, 770
und 778 findet sich Erefrid T statt Ekiurid B etc.; vgl. Errefrit bei
Forst. I2, 456. Auch v. 982 und 1008 hat T Helmod statt des dem
Schreiber unbekannten, seltenen Helmnod BP und v. 965 Wcdandia
fabrica für Wielandia f. BP, Welandia f. «V. Waland, Valand setzt
Forst. I2, 1516 zum stamm valha, ahd. wallt peregrinus, bezw. zu ahd.
ival strages, aber der bedeutung wegen nicht zu valant diabolus. Sollte
aber der geistliche Schreiber von T nicht vielleicht gerade an dieses
Avort und an eine durch teufelskünste gefeite rüstung, ein nothemd,
gedacht haben?
Der name Ekivrid v. 756 fg. ist bei Piper II, 263, 27 angeführt,
aber nicht in St. G. U.
Hadaivart v. 782 fg. kommt bei Piper als Radauuardus II, 235, 10,
Hadauuart I, 36, 19; II, 2, 2 vor. In St. G. U. begegnet uns nur die
kür/.ung (vgl. Make = Marqivard, Stark s. 97), und zwar recht häufig:
Haato a. 764, Hato a. 764, 769, 799, 805 etc., Hatho a. 903, 909,
912 etc., Haddodi. 807, 834, 853, 874 etc. Hato, Hatho, Haddo auch
oft bei Piper I— III; Necr.: Hatho p. 477, Haddo 484, Hatto 487;
Hatio Cas. cap. 142.
NAMEN IM WALTHARIUS 369
Patafrid v. 846 fg. erscheint bei Piper in der form Batufrid
II, 152, 11, Batafrid II, 479, 35, die gekürzte form (vgl. Gunda =
Gundfrid, Immo = Irminfrid, Winixo =Winifrid etc. bei Stark s. 96)
Bodo II, 208, 39; 345, 12, Bato II, 472, 4, Pato öfters I— III. Necr.:
Pato p. 475 und 486. St. G. U. haben nur die kürzung: Bato a. 779, 804,
Pato a. 806, 838, 846 etc.
Genua v. 914 fg. ist in St. G. U. nicht zu belegen, doch hat Piper
Keruuito II, 456, 7. Das von B gebotene Germanins (dagegen Keruuiti
B v. 935) findet sich als Geruuint bei Piper II, 137, 9, bei Schannat,
Necrol. Fuld. a. 793, sowie in ähnlichen formen an anderen stellen (vgl.
Forst. I2, 588) und macht Kögels annähme, dass wit = wid und eine
nebenform von wind weiss, glänzend, sei (Litter.- gesch. I, 2,314), wahr-
scheinlich.
Randolf v. 962 = Rantolf St. G. U. a. 838, 843 und 851, Randolf
Piper I, 17, 15; II, 214, 18; 216, 18, Rantholfl, 171, 3, Rantolf 11
fünfmal.
Den namen Helmnod v. 982 fg. hat Forst, nicht, aber Helmot,
was auch in der hs. T und bei Piper II, 151, 3 überliefert ist und wol
nicht, wie Kögel a.a.O., s. 317 annimmt, eine jüngere form von HelmnÖd
mit progressiver assimilation der nasale, sondern mit ahd. möt, muot
(vgl. unser Helmut) gebildet ist.
Dieser Helmnod hiess nach v. 1008 auch Eleuthir, was Kögel mit
recht für eine langobardisch- romanische Umgestaltung von Leutheri,
Liuthere hält: vgl. das beispiel a. a. o. s. 317. Der name findet sich
widerholt in St. G. U. als Liuthari a. 787, 817, 818 etc., Liutheri a. 787,
796, 806 etc., Liuthere a. 884, Liuther a. 789, Luithere a. 854 und
häufig bei Piper I — III; Necr.: Liutheri p. 464, Liutharii 483.
Der latinisierung Trogus v. 1009 fg. entspricht in St. G. U. Trogo
a. 834, Truago a. 805, 812, 824, 843 etc., Truogo a. 766, 856, sec. 9.,
882 etc., Druago a. 874 (der name auch oft bei Piper I — III; Necr.:
Truogo p. 486) und dem sonst nirgend vorkommenden namen Tanastus
v. 1010 die kürzung Tanno St. G. U. a. 864, welche die andern ge-
nannten quellen nicht haben.
Dass von den 13 oben besprochenen, z. t. seltenen namen bei
Ekkehard sich zehn mit mehr oder weniger Sicherheit in den auf uns
gekommenen St. G. U.1 nachweisen lassen2, ist mehr, als ich vor meiner
Untersuchung erwartet hatte, und jedenfalls beachtenswert.
1) Nach Wartmann I, s. V ist vielleicht nicht viel mehr als die hälfte dessen,
was das kloster ursprünglich an alten Urkunden besessen hat, vorhanden.
2) Die träger der namen gehören, heiläufig bemerkt, dem laienstande an.
370 AXTHOF
Den namen Henrich kennt die heldensage sonst nicht. Es sind
aber zwei könige dos namens Chararicus bekannt, von denen der eine,
könig der Sueven im spanischen Galicien, im 6. jh. lebte (Gregor v. Tours,
de virt. St. Mart. 1,11), der andere, beherrscher eines fränkischen ge-
bietes, ein Zeitgenosse Chlodwigs war (Greg. bist. Franc. 2, 41). Köge]
1,2,283 glaubt, man müsse den namen Heriricus Walth. 35 fg. dem
der lateinischen dichtnng zu gründe liegenden deutschen gediente zu-
schreiben wegen der allitteration mit dem namen Hildegunde. Allein
der gleiche anlaut will doch nicht viel besagen; beachtenswerter ist
schon eine gleichheit der zur namenbildung verwandten stammen wie
bei Hagäno und Hagathie. Müllenhoff, Zeitschr. f. d. a. 10, 163 fg., be-
merkt: „Der könig Herrich von Bnrgund zu Chalon sur Saöne, als vater
der Hildegnnd im Waltharins, ist sicher nur eine Aktion etc.", und
scheint damit nicht die sagenechtheit des namens überhaupt, sondern
nur die Vaterschaft von Hildegunde zu bezweifeln. Es ist immerhin
möglich, dass jener fränkische Chararicus in der burgundischen sage
nach der einverleibnng des Burgundenlandes in das Frankenreich als
ein alter Stammeskönig eine rolle spielte, wie Learned, The saga of
Walther of Aquitaine, Baltimore 1892, s. 170, meint. Ich halte indes
den namen für eine erfindung Ekkehards: Heririh findet sich in St. G. U.
a. 806 und 824; auch im Verbrüderungsbuche von St. Peter zu Salzburg
und in andern süddeutschen quellen kommt er mehrmals vor; vgl.
Forst, I2, 778.
Besonderes interesse erregt der umstand, dassEkkehard die Hunnen-
königin v. 123 und 369 Ospirin, Ospirn und Hagens vater v. 629 Haga-
thie nennt, namen, die der heldensage sonst fremd sind.
Mag Ospirin zu ans deus, wozu es Forst. I2, 1182 auch jetzt
noch setzt, oder vielmehr, wie Müllenhoff, a.a.O., 10, 171 fg., will, zu
Ös gehören: jedenfalls ist der name stammverwandt mit Oserich und
Osantrix, wie Helches (Ericas) vater im Biterolf v. 1962 und in der
Thidhrekssaga c. 38 etc. heisst. Müllenhoff erklärt sich zwar gegen die
annähme, Helche sei erst später in die sage gekommen und nur an die
stelle Ospirins getreten, hält diese aber für eine mythische, später mit
der historischen Helche in eins verschmolzene person.
Mir scheint jedoch die Übereinstimmung in den namen Ospirin
und Oserich (vgl. Asrihc St. G. IL a. 758, Osirih Piper I, p. 134e, 18)
eine zufällige zu sein, und ich halte es für wahrscheinlich, dass dem
dichter des Waltharius ebensowenig wie die namen jener elf gegner
Walthers der der gattin Attilas aus der quelle bekannt war, dass er sich
aber veranlasst sah, der Hunnenkönigin einen bestimmten namen zu
NAMEN IM WALTHARIUS 371
geben, weil er sie in seiner dichtung eine rolle spielen liess1. Der
name Aspirin, Oaspirin, Ospirin begegnet uns oft in süddeutschen
quellen {Aspirin, Aspiru, Ospirin, Ospir/i, Ospri/i, Osbirin, Osbern
Piper I — II); auch in einer St. G. U. a. 825 wird Ospirin, gattin eines
donators Wicram, genannt.
Dagegen ist ein Hagathie in St. G. U. nicht nachzuweisen (Piper
III, 155, 8: Hechidin, -diu?), und man könnte diesen namen schon
eher für sagenecht und für älter als den Aldriän der jüngeren quellen
halten; nicht nur, weil beide stammverwandten namen von Ekkehard
neben einander genannt sind, sondern auch, weil Hagens vater im epos
nicht persönlich auftritt und nur beiläufig erwähnt wird, so dass der
dichter nicht genötigt war, ihm einen besonderen namen beizulegen.
Der name Attila wird seit Grimm, Gesch. d. d. spr. I, 475, für ein
deminutiv von got. atta vater gehalten. Da uns die namen von Attilas
vater, bruder, oheimen, gattinnen und söhnen bei Priscus, Jordanis u. a.
erhalten sind, wäre es sehr auffallend, wenn uns die geschichte von dem
berühmten Hunnenherrscher selbst nur eine an das russische „Väterchen
Zar" (vgl. auch pater als anrede an den könig Carol. M. et Leo papa
149, Ermold. Nig. I, 139, Walth. 618, Ecbasis 748) erinnernde deutsche
bezeichnung überliefert haben sollte. Vielleicht ist Attila aber die germa-
nisierung eines ähnlich klingenden hunnischen namens, der aus den
türkischen sprachen zu erklären wäre, denn die Hunnen und Avaren
sind nach Ratzel, Völkerkunde 3, 736, „Türkenvölker von kaum zweifel-
hafter echtheitu; die Hunnen sind zu den osttürkischen stammen zu
rechnen. Osttürkisch (tatarisch) und westtürkisch (osmanisch) sind nahe
verwandt, und — was für das folgende von interesse ist — in der regel
entspricht westtürkische media osttürkischer tenuis2. Nach R. Youssouf,
Dictionnaire turc-franeais, Constantinopel 1888, I, p. 49 heisst osman.
cd cheval, p. 52 eitle (sprich cdhj; vgl. an. Atli) nomine ä cheval und
nach p. 205 dil langue, seglter dili langue de boeuf (wörtlich: ochse —
zunge — seine); demnach heisst osman. cd -dil oder at-dil-i, tatar. at-
til oder at-til-i pferdezunge. Dieses wort erscheint als personenname
weniger befremdlich, wenn man berücksichtigt, dass es bei manchen
asiatischen nomadenstämmen üblich ist, den neugeborenen mit dem
namen desjenigen lebenden oder leblosen gegenständes zu benennen, der
1) Hinterdrein finde ich, dass auch Scheffel den namen für eine erfindung
Ekkehards hält; vgl. die im „Ekkehard" s. 389 fg. geschilderte scone, in welcher der
dichter der zutraulichen bärin sein epos vorliest.
2) Nach freundlicher mitteilung des herrn dr. H. Wernekke in Weimar, der
mich auch auf die folgende etymologie hingewiesen hat.
372 ALTHOF
nach der gebart eines kindes die aufmerksamkeit des namengebenden zu-
erst erregt. Hierdurch erklärt z. b. der arabische reisende Ibn Batuta (1302
bis 1377) den namen des tatarischen sultans Kharbendeh (persisch =
eselknecht) und den von dessen bruder Kazaghan (tatarisch = kessel).
Benj. Bergmann bestätigt den brauch bei den Mongolen und Kalmüken,
Seetzen auch bei syrischen und arabischen stammen. Man findet hier-
über näheres bei M. Defremery, Fragments de geographes et d'historiens
arabes et persans inedits, Journal Asiatique, Paris 1850, tome XVI,
p. 173 etc.; vgl. auch ßatzel a. a. o. 3, 374.
Es ist mir nicht bekannt, ob sich bereits Orientalisten mit der
etymologie des namens Attila beschäftigt haben. Natürlich würde die
deutung „reifer" oder „pferdezunge" nur dann berücksichtigung ver-
dienen, wenn auch andere hunnische namen, insbesondere die von Attilas
verwandten, sich aus türkischen sprachen erklären Hessen, worüber ich
kein urteil habe. Die namen von Attilas söhnen Ellac, Hernach und
Dcngizich , sowie den seines oheims Oebarsios nennt Müllenhoff a. a. o.,
s. 160fg. „entschieden barbarisch x "; doch erklärt er Mundtuch als Mundvich,
Mundovech und meint, auch Buas, Octar und Bleda könnten deutsch,
letzteres aber vielleicht mehr ein beiname sein. Es ist möglich, dass
von den Hunnen infolge ihres Verkehrs mit germanischen stammen fremde
namen übernommen worden sind (vgl. Mommsen, Aetius, im „Hermes"
36, 350 anm. 3), ebensogut aber auch, dass die Germanen hunnische
namen mit ähnlich lautenden einheimischen vertauscht haben. In bezug
auf den namen Helche nimmt dies — wenigstens für die spätere zeit —
auch Müllenhoff s. 171 an: „Man kann Herkja, Erca, Herche, Helche
nicht unmittelbar mit Kot/,a (KIqao) zusammenstellen, sondern muss an-
nehmen, dass die sage einen ihr geläufigeren ähnlich klingenden (namen)
für den barbarischen gesetzt hat."
Ich wage es, hierbei darauf hinzuweisen, dass nach Jülg, Die
märchen des Siddhi-kür, 1866, Glossar s. 186, gergei, gergen im kal-
mükischen frau, gattin, gemahlin heisst. Ist gergei = Kqt/.a {Kzqv.o),
so hätten wir es nicht mit einem eigennamen, sondern mit einer be-
zeichnung für die eigentliche königin, die hauptgattin des vielbeweibten
Hunnenkönigs zu tun (Jordanis c. 49: innwnerabiles uxores), und dem
entspricht auch bei Priscus die geehrte Stellung der KgevM, welcher
byzantinische gesandte besuche machen und geschenke überreichen.
1) Nachträglich bemerke ich , dass im osmanischen elck sieb und händchen , elke
reies pferd, den ix, meer, dehixik kleines meer, ev- (osttürkisch H-) barys haus-
friede heisst.
NAMEN" IM WALTHARIUS 373
Ich füge noch einige bemerkungeu über den namen des ortes
hinzu, an dem nach dem Nibelungenliede die kämpfe Walthers statt-
fanden, und der dort als Wasgenstein (hs. A), Waskenstein (B), Waschen-
stein (C) bezeichnet wird. Strecker meint Neue Jahrbücher 1899, s. 640,
dass ein Zusammenhang des bei Zeuss,Tradit. Wizenburg., 1842, I, nr. 197
i. j. 788 urkundlich erwähnten Wassenstezns1 mit dem heute sog. Wasen-
stein oder Wasigenstein (in Urkunden und auf siegeln des 13. und 14.
Jahrhunderts Wasichenstein , Wasicltestein , Waschenstein) bei Ober- Stein-
bach im nördlichsten Elsass an der Strasse zwischen Weissenburg und
Bitsch nicht nachzuweisen und bei der abweichenden namenform auch
wol ausgeschlossen sei. Fürst. II2, 1561 fg. sagt, dass der Wassensft in
„wahrscheinlich im östlichsten teile des depart. de la Meurthe" gelegen
sei; da aber eine andere passende lokalität dieses namens nicht nach-
zuweisen ist, so müssen wir annehmen, dass in der genannten Urkunde
der Wasenstein, Wasigenstein gemeint wird, falls die betr. namenformen
als identisch zu betrachten sind.
Bezüglich der „gar zu moderneu" form Wassenstein der Urkunde
ist zu bemerken, dass nach Zeuss p. II die älteste hs. der Weissenburger
traditionen um 870 geschrieben ist, also zu derselben zeit wie die
AVeissenburger Otfrid-hss., in denen sich ebenfalls die geschwächte
deklinationsendung -en findet; vgl. Otfrid von Kelle II, 241. Im Rosen-
garten (v. Keller, Heldenbuch, 1867) heisst Walther s. 606 und 625 geboren
von Wassenstein, dagegen s. 595, 621, 662 und 664 g. v. U'achs(s)en-
stein, bei Kaspar v. d. Roen (v. d. Hagen und Primisser, Heldenbuch,
II, 192, 56) von Wassenstein. Bei Hertzog, Chronicon Alsatiae, Strass-
burg 1592, lautet buch III, s. 58 und VI, s. 216 der name der bei Ober-
Steinbach gelegenen bürg nur Wassenstein.
Ich halte einen inneren Zusammenhang mit dem gebirgsnamen
Wasgan nicht für wahrscheinlich, glaube vielmehr, dass der name der
bürg bezw. des felsens oder berges von einem personennamen Wassio
oder Waso, Wasso abgeleitet ist (vgl. die namen bei Forst. I2, 1547 fg.
und II2, 1560 fg.), der zu dem „weit durch die sprachen verbreiteten"
keltischen vasso = knabe, diener, oder dem deutschen stamme was {hwas,
was acer) gehört.
1) B quicquid inter achilla et niittiiibrunnen et ludolfespedu et
uuassensteine inter ülos terminos etc." Leider gibt Zeuss keine erläuterungen zu
den Urkundentexten. Ludolfespedu ist nach Förstemann und Österley unbekannt.
Mittilibrunnen ist Mittelbronn, kreis Saarburg, wesÜ. von Pfalzburg. Achilla ist
die Eichel, nebenflüsschen der Saar, welches unterhalb Herbitzheim mündet. Nach
Forst. II2, 101 führen zwei benachbarte, zusammenfliessende bäche diesen namen; auf
der generalstabskarte habe ich nichts darüber gefunden.
374 ALTHOF, NAMEN IM WALTHAJ;ir>
Das neben der ursprünglichen form Wassenstein vorkommende
Wasichenstein halte ich für eine jüngere, volksetymologische bildung,
die verschieden gedeutet werden kann. Wir können es mit einem ad-
jektivum ivasig, von ahd. waso feuchter erdgrund, rasen, zu tun haben
(vgl. Schmeller, Bayer, wörterb. 4, 1018: „WasenJcogl, ein mit wasen be-
deckter berg; überweisen, verweisen mit gras anwachsen, verwachsen"),
wobei ich bemerke, dass sowol bei Scheffel und Holder, Waltharius,
s. 163(„cisterne") als auch bei Becker, "Westermanns monatshefte 1885,
s. 263 fg. („wasiger vorhof") von der feuchten beschaffenheit des bodens
am fusse des burgfelsens auf dem Wasenstein die rede ist.
Wahrscheinlicher ist aber die annähme, Wasichenstein sei nach
Wasichemuald gebildet; Schoepflin, Alsatia illustrata, tom. II, 1761,
p. 233: „Wasenstein, Wasichenstein id est Vosagi r^pes". Die germa-
nisierte form des keltischen Vosagus findet sich schon im 10. jahrh.:
in nemore Wasigen in pago Spirigove a. 997, Acta acad. palat. VI, 267;
vgl. auch Wasichen a. 1301, Wassichin a. 1525, Schmeller a. a. o.
Strecker macht darauf aufmerksam, dass die benennung (Wasichenstein)
eines in keiner weise hervorragenden f eisen vorsprunges im Wasichen-
gebirge etwas sonderbar ist; ebendeswegen ist sie nicht für alt und echt,
sondern für eine speätere, ungeschickte anpassung an den namen des
gebirges anzusehen.
Zu dem von mir Zeitschr. 33, 453 gesagten bemerke ich noch, dass
nach der neuen aufläge von Forst, die namen Wieland (Velandu in
einer vielleicht aus dem 5. jahrh. stammenden, bei Mainz gefundenen
lateinischen inschrift), Bathilde (nicht in St. G. IL), Nidhad (St. G. II
a. 779, auch Piper II, 165, 1 und 199, 32), Wittich und Heime in
verschiedenen formen sehr häufig in St. Gallischen und anderen süd-
deutschen Urkunden erscheinen und auf eine frühe und grosse Ver-
breitung der Wielandsage in Oberdeutschland schliessen lassen.
Auch benutze ich die gelegenheit, zu s. 441, anm. 1 a. a. o. nach-
zutragen, dass sich die form Hilgund (ohne t) auch bei Piper II, 677, 13
findet, und darauf hinzuweisen, dass meine deutung soliiis = badeicamic
(a.a.O., s. 357 fg. zu Walth. 293), über die mir von verschiedenen sehen
privatim bedenken mitgeteilt wurden, scherzhaft gemeint ist; ich halte
natürlich an soliiim fest.
WEIMAR, IM MÄRZ 1902. HERMANN ALTHOF.
EKGLEBT, ENGERDS ÜBERSETZUNG VON AfRPACH, ODAE AXACRF.ONT. 375
J. ENGERDS ÜBERSETZUNG VON J. AURPACHS
„ODAE ANACREONTICORUM".
Im jähre 1570 veröffentlichte Johann Aurpach, fürsthischöflichei
kanzler zu Regensburg1, von dem bereits 1554 vier bücher und 1557
zwei weitere bücher lateinischer poesien erschienen waren, ein neues bänd-
chen lateinischer gedichte unter dem titel: „IOAXNIS | AVRPACHII,
AL- i TANI, IVRISCOXSVL- | TI, AXACREOXTICO- | RVM ODAE, |
Ad | Amplissimum Principem, | Dominum Yrbanum, j Episcopum Pata- |
uiensem. | MOXACI, | Excudebat Adamus Berg: I Anno, MD.LXX.kC
Dieses bändchen enthält eine lateinische widmung des Verfassers
an bischof Urban von Passau, 33 lateinische öden in anakreontischen
versen nebst einem anhang von vier weiteren lateinischen gedienten,
das erste in hexametern, das zweite im phaläkischen versmass, die
beiden letzten in distichen.
Im jähre 158-4 erschien bei Wolfg-. Eder in Ingolstadt eine neue
ausgäbe, diesmal mit metrischen Verdeutschungen sämtlicher gedichte
von Johann Enger d2.
Der titel dieser zweiten ausgäbe3 lautet: „ODAE AXACREOX- |
TICORYM | IOAXXIS AVRPACHII AL- | TAXI BOII, IVRISCON- |
SVLTI, | AD 1 AMPLISSIMVM \ PRIXCIPEM, DOMINVM VR- | BA-
NVM, EPISCOPVM PATAVIEX- | sein scriptae Anno 1570. | Jam vero |
Tum denuo in lucem editae, tum etiam Germanice j varijs rhythmorum
generibus redditae | A | M. 10 ANNE EXGERDO, P. L. | ET POES. IN
ACADEMIA IXGOL- | stad. Professore ordinario. | IXGOLSTADII | Ex
officina Typographica Vyolfgangi Ederi. | AXXO clo. Io. XXCIV."
1) Vgl. über ihn ADB 1,692.
2) Vgl. über ihn E. Höpfner, Reformbestrebungen s. 15 f. , Boriuski, Die poetik
der renaissance s. 37 ff. , C. Pranti, Geschichte der Ludw.-Max.-TJnhr. in Ingolstadt,
Landshut, München bd. 1 u. 2 (s. register), ADB 6, 144. Zu den hier gegebenen bio-
graphischen notizen füge ich noch hinzu, dass Engerd am 1. august 1546 geboren ist.
Seinen geburtstag teilt er selbst in der schritt „Nuptialia Carmina . . . autoribus M. Joanne
Engerdo . . ." Ingoist. 15S6 s. 1 mit („Carmen nuptiale autore M. Joanne Engerdo . . .
scriptum in die suo natali, Calend. Augusti"). Sein geburtsjahr ergibt sich aus einem
chronostich , das in einem von J. Dom. Hess verfassten gedichte der zu ehren der
dichterkrönung Engerds 1572 erschienenen Sammlung „Corona poetica" enthalten ist
(Bl. Db):
HaeC Vrbs te genTIt, sCeLerls CT3I Lerna LVtherVs
Infernas IVIt sVb PhLegetontls aqVas.
3) Von dieser, wie es scheint, sehr selten gewordenen ausgäbe besitzen die
hiesige Staatsbibliothek und Universitätsbibliothek je ein exemplar.
376 KM,LERT
Die rückseite des titelblattes ist leer. Dann folgt auf zwei un-
paginierten blättern die lat. widmung und auf 52 paginierten Seiten
sämtliche gediente der ersten ausgäbe, an die sich noch auf vier wei-
teren unbezifferten seiten lateinische verse von Engere! anreihen. Hier-
auf ein leeres blatt. Darnach, mit einem neuen bogen beginnend und
eigens paginiert, die deutsche Übertragung von Engerd, und zwar:
S. 1 — 11 die Übersetzung der prosavorrede Aurpachs; s. 12 ein
lateinisches lobgedicht auf Engerd „Epigramma Jacobi Fischeri Süesii
Ad Lectorem"; s. 13 der folgende titel: „ODAE AKACREONTI- /
CORVM: j Das ist, | Künstlich Poetische Gesang j vnud Lieder: | Durch
Weilandt den | Edlen vnnd Hochgelerten | Herrn, Johann Aurpach von
Ni- ] deralteich in Ba}Trn, beyder Rechten Do- | ctor, vnd Fürstlichen
Bischoff liehen Cantzler | zuRegenspurg, P. L., c. mit lustigen | Anacreon-
tischen Verssen in La- | tein beschrieben, | Zu | Dem Hochwirdigen
Fürsten vnnd | Herrn, Herrn Arrbano, Bischof- | fen zu Passaw, k. \
Vnd nachmals | Auf mehr als zweyntzig vnder- | schiedliche Genera vnd
Alt in Teut- | sehe Reym verfasset."
Auf s. 11 — 137 1 folgen die metrischen Übersetzungen der 33
anakreontischen öden, s. 138 — 152 die der vier übrigen gediehte von
Aurpach2, s. 153 fg. lateinische verse von Engerd mit deutscher Über-
tragung3, s. 155 fg. ein lateinisches gedieht auf Engerd von Emer.
Kratzer, s. 157 eine abbildung des Engerdschen Wappens mit einer er-
klärung desselben in lateinischen distichen von Joh. Freiberger, und auf
der nächsten, unbezifferten seite eine Übersetzung derselben in deutschen
versen von dem bereits oben genannten „Jacob Fischer Schlesinger".
Auf der Vorderseite des nächsten blattes sind die »Errata" verzeichnet.
Darunter: „Getrucktzu Ingolstatt, durch Wolffgang Eder. M.D.LXXXIII."
Engerd verweist an zwei stellen seiner schritt, in den metrischen
erklärungen zu ode 3 und ode 8 (s. 25 u. 44) auf seine deutsche pro-
sodie mit den worten „darvon oben in der Teutschen Prosodia
weitter". Allein keinem der beiden mir vorliegenden exemplare der
odenübersetzung ist die bis jetzt noch nicht aufgefundene abhandlung
1) Die Seitenzahl 65 ist übersprungen, die Seitenzahl 81 zweimal gesetzt, so
dass von s. 66 — 81 a falsch paginiert ist. Der einfachheit halber citiere ich diese
seiten nach den Ziffern, die sie im druck haben. Die sonst noch bei einzelnen seiten
vorkommenden falschen zahlen ersetze ich durch die richtigen.
2) Im nachfolgenden mit „nr. 1 — 4 anh." bezeichnet.
3) „Wappens Erklärung, Dem Edlen . . . Herrn Sebald Milner von Zweyen-
Kaden ... zu sondern Ehren gemacht." Im nachfolgenden mit „nr. 5 anh." be-
zeichnet.
ENGERDS ÜBERSETZUNG VON AÜBPACH, ODAF. ANACREONT. 377
vorangestellt. Es lässt sich dies durch die annähme erklären, dass Engerd
ursprünglich beabsichtigt hatte, die Übertragungen der Aurpachschen
lieder mit der prosodie zusammen herauszugeben, nachträglich aber
sich entschloss, zuerst diese1 einzeln und dann die öden Übersetzung zu-
gleich mit einem neudruck der Originalgedichte zu veröffentlichen, bei
der drucklegung der öden jedoch vergass, die erwähnten hinweise zu
streichen. Übrigens ist es auch möglich, dass ein teil der aufläge von
Engerds Übertragungen der prosodie, der andere dem neudruck der latei-
nischen öden beigebunden wurde.
Die wenigstens ursprünglich geplante, wenn nicht tatsächlich er-
folgte gleichzeitige Veröffentlichung der beiden Engerdschen Schriften
lässt darauf schliessen, dass die deutschen nachbildungen der Aurpach-
schen öden gewissermassen als muster zur veranschaulichung der in der
prosodie aufgestellten grundsätze gedacht waren. Und so sind diese bis-
her auffallenderweise trotz eines gelegentlichen hinweises in der Allg. d.
biogr. (unter „Aurpach") unberücksichtigt gebliebenen Übersetzungen vor
allem in metrischer hinsieht von grossem interesse, da wir in ermanglung
der noch nicht zum Vorschein gekommenen „Prosodia" Engerds anschau-
ungen über die behandlung des deutschen verses daraus ableiten können.
In dem der odenübersetzung vorangestellten lateinischen gedichte
„Ad Lectorem" hebt der Verfasser, vermutlich ein schüler Engerds, her-
vor, dass dieser wie kaum ein anderer deutscher dichter es sich ange-
legen sein Hess, „Musarum invisere fontes Et patriam, ut veteres, varia
decorare Camoena", d. h. die deutsche dichtkunst, in der damals der
kurze reimvers fast das einzige gebräuchliche versmass war, mit neuen
metren zu bereichern. Dass Engerd selbst die mannigfältigkeit der ver-
wendeten versformen und Strophen als einen besonderen vorzug seiner
odenübersetzung betrachtete, zeigen die einschlägigen bemerkungen auf
dem haupttitelblatt und besonders im titel zu den deutschen öden.
Die gedichte lassen sich nach ihrer metrischen form folgender-
massen einteilen:
a) In strophisch abgeteilten, paarweise gereimten jambischen
versen von gleicher länge.
1. Elf öden in anakreontischen versen, acht derselben (nr. 2, 6,
16, 17, 21, 25, 31, 33) in vierzeilige, zwei (nr. 10 und 19) in sechs-
zeilige, eine (nr. 1) in achtzeilige Strophen abgeteilt.
1) Die odenübersetzung ist im jähre 1583 gedruckt, der haupttitel gibt als er-
scheinungsjahr des buebes das jähr 1584 an. Die prosodie erschien 1583. Job. Cless
teilt in seinem „Elenchus", 2. teil, Frankfurt 1602, s. 180 den titel der prosodie aus-
ZEITSCHMPT F DEUTSCHE PHILOLOGIE. HO. XXXIV. 25
$78 EXGI.KrtT
Beispiel: ode 1, str. 1 (s. 15):
Bisehoff Vrban mit Namen,
Edel vom alten Stammen,
Hoehwirdigr Fürst, dessgleiehe
Kaum lebt im RSmisehn Reiche
Ein Fürst mit Sprachen, Tugendt
Vnd Kunst, so in der Jugendt
Eur Fürstlich Gnad geübet,
Vnd noch im Alter liebet.
2. Eine ode (nr. 5) in kurzen reimversen mit stumpfem ausgang.
— Sechszeilige str.
Str. 1 (s. 33): WI lang wirstu, du loser Tropff,
Auffwerffen deinen stoltxen Kopff?
Wie lang wiltu %u deinem Wust,
Du Lotter, haben grossen Lust,
Mit loelehem du so lange xeit
Verkleinerst fromm vnd ehrlieh Lettt?
Im selben versmass, aber in vierzeiligen Strophen, sind nr. 3 und
•I anh. (bei Aurpach in distichen) und nr. 5 anh. (die lat. fassung in
hexametern) verfasst1. Sonst bat sich Engerd der letzteren strophen-
form noch in dem von E. Höpfner, Reformbestrebungen s. 16 mitgeteilten
gedichte2 und in den deutschen „Ausslegungen" von vier in lateinischen
hexametern verfassten „Wappenbeschreibungen" in seinem Panegyricus
nuptialis3 bedient. Die mir noch ausserdem bekannten deutschen ge-
dichte von Engerd — ein akrostich auf Herzog Albrecht V. von Bayern4,
zwei gereimte stücke in der genannten schrift „Preseruatiu, Cur vnnd
SeelenArtzney" 5 und die neubearbeitung eines alten gedichtes auf die
führlicb mit „Johannis Engerdi P. L. Teutsch Prosodia, das ist, notwendiger Vnter-
richt, auff welcherley weiss vnnd alt in teutscher Sprach Verss vnnd Keimen nach
recht Poetischer Kunst zumachen vnd zu formiren seyn. Ingolstatt, 1583. in 8."
1) Ebenso die deutsche fassung der erklärung des Engerdschen wappens von
J. Fischer. Dieses gedieht zeigt dieselbe Sorgfalt in der versbebandlung wie die Engerd-
schen Übersetzungen.
2) Höpfner entnahm das gedieht den „Epitheta Engei-diana" (1582) von Georg
Eberhard. Das original steht in der schrift „ Preseruatiu, Cur vnnd SeelenArtzney
. . . Erstlich Von . . . D. Bonifacio Britanno Germano in Latein augestellt: Anjetzt aber
. . . Ins Teutsch bracht . . . Durch M. Joannem Engerdum . . .'' Ingolst. 1581, s. 142.
3) Panegyricus nuptialis . . . illustrissimo prineipi . . . domino Georgio Ludovico,
landgravio in Leuchteuberg . . . autore Joanno Engerdo . . ." Ingoist. 1584, s. 4, 8, 12, 10.
4) „Orationes funelires, in exequiis . . . prineipi . . . Alberto V. . . . celebratis . . .
ab alma Iugolstadiensi Academia solenniter habitae..." Ingolst. 15S0, s. 178.
5) S. 119 u. 122.
ENGERDS ÜBERSETZUNG VON Al'KPACH. ODAE ANACREONT. 379
Wallfahrtskirche St. Salvator in der Oberpfalz1 — sind in durchaus oder
fast durchaus stumpf ausgehenden, unstrophischen kurzen reimpaaren
verfasst.
3. Zwei öden (nr. 4 u. 14) in kurzen reimversen mit klingendem
ausgang. — Nr. 4 in sechszeiligen , nr. 14 in vierteiligen str.
Beispiel: ode 14, str. 1 (s. 71):
GEh hin, mein Musa, merck mich eben,
Ein Grus* solstu mit Demut geben
Egolpho dein von KnSring, meinem
Pätrono, vnd zugleich auch deinem.
4. Eine ode (nr. 18) in jambischen fünffüsslern mit stumpfem aus-
gang. — Vierzeilige str.
Str. 1 (s. 82): WArumb hat rnser Nachbaut- so behendt
17/ äcker, Wisen, Gärten, Hoff verschwendt.
Auch farend Hab vnd Irgend Stück verkaufft,
Ja alls mit Grund cnd Boden noch versaufft?
5. Eine ode (nr. 3) in jambischen fünffüsslern mit klingendem
ausgang. — Vierzeilige str.
Str. 1 (s. 26) : IXmassi n. wann mit Russen vnd mit Wagen
Die schwere War wirdt hin cnd her getragen,
Alsdann sich /eil der Notturfft nach geziemen,
Auff dass dem Hindergurdt he/ff der Brustriemen.
6. Eine ode (nr. 26) in stumpf endigenden jambischen sechs-
taktern (trimetern). — Die ungeraden verszeilen sind wie sonst die
ersten zeilen von Strophen eingerückt. Demnach mögen die einzelnen
reimpaare als Strophen gedacht sein.
1. reimpaar (s. 109 j:
WEr ist der Geissbart vnnd seitborstig rauch Trabant.
Der rus in fremden Kleidern ist so vnbekant?
b) In strophisch abgeteilten, paarweise gereimten trochäischen
versen von gleicher länge.
1. Eine ode (nr. 12) in dreifüssigen trochäen. — Vierzeilige str.
Str. 1 (s. 00): KOmpt jhr lieben Gsellen,
Dmin wir frölich wollen
Segn ohn alle Kluge
Heut am fiiufftcn Tage.
1) rSanct Saluator Zu Bettbrunn in Bayrn . . . Durch Joannem Engerdum," Ingoist.
1584, s. 190.
25*
380 ENGLEBT
2. Eine ode (nr. 7) in vierfüssigen trochäen. — Vierzeilige str.
Str. 1 (s. 41): ACH der stoltxe Todt alleine
Hat mir jetxt mein Kindlei u kleine,
Ach mein Töchterlein, genommen,
Dass es nicht zun Jaren kommen.
3. Eine ode (nr. 30) in unvollständigen trochäischen fiinftaktern. —
Vierzeilige str.
Str. 1 (s. 123): Lieber Lai, zceil tvir eben seindt
Lange Zeit bisshero gute Freundt,
Billich ich auss Liebe dich verman.
Leg die vorig Zeit ril besser an.
4. Eine ode (nr. 9) in fünffiissigen trochäen. - - Vierzeilige str.
Str. 1 (s. 48): 0 jhr Parce, die in allen Landen
Wohnet, seyt hie gnädig auch vorhanden
Dem Geburtstag meines Sönleins Zarte,
Dass es haben mag ein gute Warte.
Dasselbe versmass hat nr. 2 anh. und ein in der vorrede ent-
haltenes gedieht, ersteres wie ode 9 in vierzeilige Strophen abgeteilt,
letzteres ohne Stropheneinteilung. Die lateinische vorläge beider ge-
dichte ist in phaläkischen versen verfasst.
5. Eine ode (nr. 32) in sechsfüssigen trochäen mit verkürztem
schlusstakt. — Vierzeilige str.
Str. 1 (s. 131): Lieber Herr Gott, wil dann noch in diesem Jar
Die rebellisch, rngexämte, grimmig Schar,
So meine yd ig, vngehorsam, toll vnd Blindt,
Endtlich nicht erkennen jhr e greulich Sündt?
15. Eine ode (nr. 24) in sechsfüssigen trochäen. — Zeileneinteilung
wie oben a6.
1. reimpaar (s. 102):
Wie die grossen Fürsten, Kayser oder König
Haben jhr er Diener vnnd Hoff leid nicht wenig.
c) In Strophen aus paarweise gereimten jambischen versen
von ungleicher länge.
1. Eine ode (nr. 20) in Strophen von vier Zeilen, von denen die
drei ersten einen jambischen eintakter, die letzte einen jambischen drei-
takter, sämtliche mit klingendem ausgang, darstellen.
St. 1 (s. 90) : Nun höre,
Seuere,
Vnd sage,
Was ich dich jetxo frage.
ENGERDS ÜBERSETZUNG TON A.TTRPACH, ODAE ANACREONT. 381
2. Eine ode (nr. 27) in Strophen von vier Zeilen, wovon die drei
ersten aus zweifüssigen, die vierte aus vierfüssigen Jamben mit männ-
lichem ausgang besteht.
Str. 1 (s. 113): ICH icolte gern
Dess Weins entbern,
Vnd mit Begier
Das Wasser trinchen für vnd für.
d) In Strophen aus paarweise gereimten trochäischen versen
von ungleicher länge.
1. Eine ode (nr. 11) in Strophen aus vier Zeilen, von denen die
drei ersten aus unvollständigen trochäischen zweitaktern, die vierte aus
ebensolchen viertaktern besteht.
Str. 1 (s. 58) : Liehen Freundt
Wolgrmrynt.
Sehet an
Diesen vngelehrten Man.
2. Eine ode (nr. 8) in Strophen aus vier zeilen, von welchen die
drei ersten aus zwei, die vierte aus vier trochäen besteht.
Str. 1 (s. 45) : Lieber höre,
Mein Seuere,
Was ich sagen
Vnd gar billich dir soll klagen.
e) In Strophen aus verschränkt gereimten jambischen versen
von ungleicher länge.
1. Eine ode (nr. 28) in Strophen aus vier zeilen, wovon die 1.
und 3. aus jambischen ein taktern mit stumpfem, die 2. und 4. aus
jambischen zweitaktern mit klingendem ausgang bestehen.
Str. 1 (s. 116): WOlauff,
Mein Freund Seuere,
Merck auff,
Vnd mich anhöre.
2. Eine ode (nr. 22) in Strophen aus vier jambischen dreitaktern,
wovon die 1. und 3. männlich, die 2. und 4. weiblich reimen.
Str. 1 (s. 97): ERfahruug gibt es fein,
Vnd pflegens ril xusagen,
Dass es soll heilsam seyn,
Das Haupt offt sauber xwagen.
3. Nr. 1 anh. (im original hexameter) in Strophen aus vier zeilen,
von denen die 1. und 3. aus stumpfreimenden jambischen viertaktern,
die 2. und 4. aus klingend reimenden jambischen dreitaktern bestehen.
382 ENGLEBT
Str. 1 (s. 139): Die Kayserlicke Mayestät
Von Gott %um Reiek erweklet,
Dich vnder jhr getrewe Rdth
Aiiffs allergnädigst Kehlet.
4. Eine ode (m\ 15) in Strophen aus sechs zeilen mit der reim-
stellung aacbbc, von denen die 1., 2., 4. und 5. aus zweifüssigen
jamben mit stumpfem ausgang, die 3. und 6. aus dreifüssigen jamben
mit klingendem ausgang bestehen.
Str. 1 (s. 74) : MEgilla xart,
Von Edler Art,
Du schone weisse Rosse:
Weiss ist dein Hals,
Schneweiss ist als,
Was ich an dir seh blosse.
f) In Strophen aus verschränkt gereimten trochäischen versen
von ungleicher länge.
1. Eine ode (nr. 13) in Strophen aus vier zeilen, von denen die
1. und 3. abgebrochene, die 2. und 4. vollständige trochäische drei-
takter darstellen.
Str. 1 (s. 68): 0 Mi' in Willen war,
Dass mich vnd mein Liebe
Jr wandt vns ;a Ehr
Künstlich ivol beschriebe.
2. Eine ode (nr. 29) in Strophen aus fünf zeilen, von welchen die
1. und 3. aus einem einfachen trochäus, die 2. und 4. aus einem un-
vollständigen, die letzte aus einem vollständigen trochäischen dreitakter
bestehen. Je zwei Strophen sind durch reimklang der letzten zeile ver-
bunden.
Str. 1 u. 2 (s. 120):
NEulich Mercket,
Septimill die Hur Sie der Aänocat
Greulich, Stercket
Scheutxlich nid Vnpur, Tu der Missethat,
War für Recht gefodert. 17/ von Sachen plodert.
g) In Strophen aus verschränkt gereimten versen mit ab-
wechselnd fallendem und steigendem rhythmus.
Eine ode (nr. 23) in Strophen aus vier zeilen. wovon die 1. u. 3.
aus abgebrochenen trochäischen viertaktern, die 2. u. 4. aus klingend
endigenden jambischen fünffüsslern bestehen.
i N'GERDS ÜBERSETZUNG VON AURPACH, OPAE ANACREONT. 383
Str. 1 (s. 100): DIser heutig Hörnungs Tag
Hat miclt.jr Freundt, auff diese Welt geboren:
Nichts tmlustigs, weder Klag,
Xoch ein vnxüehtig Wort komm vns für Ohren.
Jedem der einzelnen gediente schickt Engerd eine kurze erklärung
des metrums voraus. Die verse mit fallendem rhythmus bezeichnet er
durch angäbe der zahl der trochäen1 und silben und unterscheidet so
verse die „vier Trocheos" oder „acht Sylben" (z.b. s. 41). „vier Trocheos
sampt einer anhangenden langen Sylben" oder „neun Sylben" (s. 123) usw.
enthalten. Die verse mit steigendem rhythmus bezeichnet er zum teil
in entsprechender weise, indem er einfach ausser der silbenzahl die
anzahl der Jamben angibt, wie z. b. „Darinn.ein Reym fünff Jambos
oder zehen Sylben begreifft" (s. 81b). Meistens aber geht er bei der
bestimmung des metrums jambischer verse von antiken versmassen,
namentlich dem anakreontischen, aus, wobei er jedoch auch einigemale
auf den kurzen reimvers („gemeiner Teutscher Reym" s. 14, „gemeiner
Jambischer Yerss" s. 112) hinweist. So bemerkt er vor der ersten ode
(s. 14): „Darin ein Yerss oder Reym sieben Silben begreifft, eine weniger,
als ein Iambicus Dimeter oder gemeiner Teutscher Reym mit acht
Sylben." Zu der in stumpf endigenden kurzen reimversen abgefassten
fünften ode gibt er die erläuterung (s. 32): „Darinn ein gemeiner Teut-
scher Reym eine Sylb mehr begreifft als ein Anacreontischer, nemlich
acht Sylben oder vier Jambos." Den kurzen reimvers mit weiblichem
ausgang bezeichnet er (s. 27) als einen reim, der „einen Jambain mehr
begreifft, als ein Anacreontischer, nemlich neun Sylben", den klingend
schliessenden jambischen fünftakter (s. 25) als reim, der „zween Jambos
mehr begreifft, als ein Anacreontischer, nemlich eylff Sylben." Zum
jambischen zweitakter bemerkt er (s. 115), dass derselbe „auff Anaereon-
tische Art gericht ist, vnd einen Jambum weniger hat", usw.
Den metrischen erklärungen sind öfters hinweise auf das vor-
kommen des betreffenden verses in den lustspielen des Terenz, den öden
des Horaz, den tragödien des Seneca oder der lateinischen psalmen-
übersetzung des Buchanan beigefügt. So ist z. B. bei ode 4 (s. o. a3)
auf Horaz, buch 1, ode 9 (alkäische Strophen, also mit jambischen neun-
silblern in der vorletzten verszeile) verwiesen, bei ode 26 (s. o. a6) auf
Horaz, buch 5, ode 1 (hier wechseln jambische zwölfsilbler mit acht-
silblern), bei ode 7 (s. o. b2) auf Buchanan, ps. 66 (strophen aus zwei
vollständigen nebst einem unvollständigen trochäischen viertakter), bei
ode 23 (s. o. g) auf Horaz, buch 2, ode 18 (mit ganz entsprechender
1) "Vgl. dazu Borinski a.a.O. s. 41, z. 16 ff.
384 ENGLEHT
strophenform) und Buchanan, ps. 100 (mit teilweise entsprechendem
strophenbau).
Am Schlüsse jeder Vorbemerkung gibt Engerd in länge- und kürze-
zeichen (- und -), welche die hebungen und Senkungen bedeuten, das
Schema der betreffenden versart oder Strophe.
Die reinheit des rhythmus und versbaus lässt sich Engerd
sehr angelegen sein. Die silbenzahl der verse ist in seinen gedichten
durchweg streng eingehalten, und der widerstreit zwischen der natür-
lichen betonung und dem versaccent viel sorgfältiger vermieden, als
dies bei fast sämtlichen übrigen dichtem des 16. Jahrhunderts der
fall ist.
Um die richtige silbenzahl der verse herzustellen, bedient sich
Engerd freilich häufig des damals beliebten mittels der wortverlänge-
rung und Wortverkürzung. Abgesehen von kürzungen, die auch
der damaligen prosasprache nicht fremd sind, und für welche auch die
vorrede und die einzelnen Vorbemerkungen zu den öden belege bieten,
wie z. b. dem sehr häufigen wegfall des flexi ons-e bei Substantiven,
adjektiven, fürwörtern und verben1, der synkope des e in der biegungs-
endimg es sowie in den endnngen en und cm nach r und Z, der Ver-
schmelzung von einen, einem , meinen, meinem etc. zu ein, eim, mein,
meim etc., der Unterdrückung der flexionssilbe es beim neutrum von
eigenschaftswörtern, der ausstossung des e in der verbalendung et nach
einem dentallaut, der weglassung der vorsetzsilbe ge bei einzelnen par-
tizipien2 hat sich Engerd auch manche der damals ausschliesslich oder
fast ausschliesslich in versen gebräuchlichen Wortverkürzungen zu eigen
gemacht. So die mundartliche synkopierung des e im präfix ge, z. b.
1) Infolge dieser häufigen apokope kommt der eigentliche hiatus, d.h. das zu-
sammentreffen von auslautendem c mit vokalischem anlaut, ebenso wie bei anderen
damaligen dichtem verhältnismässig selten vor. Absichtlich gemieden hat Engerd
den hiatus nicht. Beispiele: S. 49 spafoiere offt, lerne alle; s. 72 u. 95 alle Ehr,
136 grosse Vhruh.
2) Beispiele: a) s. 7 gut Stunden, werde, kern B/lehcr, 16 Meiji Musam, 18
und, 20 solch Krafft, die alt Welt, 21 welch, 24 dein Jar, 36 iröll. b) 17 Ootts-
gelerte, 20 solchs, alls, jhrs, 21 ein alts Weib, schimlichs, 33 deins, 45 seltxams,
46 eins, 76 grössers, 86 weits, 88 frSligs Muts; mit Verschmelzung: 82 u. 100 Haus s
(= Hauses) — 23 Elirn, 31 bewam, 63 Geselln, 64 wSlln, 82 läutern, 86 vrtheiln,
124 sonderm, 136 jhm. c) 1!» ein, dein, 21 sein (Plur.), 24 dehn, 36 meim , 69
eim. d) 37 Seim, schwartx vnd gifftig Maule, 94 ohn grob Lachen, 98 ein sauber
Becken. Mehrmals ist auch die adjektivendung en apokopiert, z. b. s. 27 mit solcher
dryfach Krön, 35 von Jcünfftig Dingen, vereinzelt cm s. 88 Mit lieblich Seitenspielen
und er s. 17 dero Fürstlich Fleisse. e) 21 man spott, 64 angehefft&. 127 gedieht.
f) 22 eingeben, 23 plindert, 40 kommen, 103 gössen, 124 bracht.
ENGERDS ÜBERSETZUNG VON ADRPACH, ODAE ANACREONT. 385
s. 7 gringen, 15 ghabt, 16 G schafften, 18 gierten, 23 Messg wandt,
28 Gsatz, 29 G muter, 30 Gbctt, 42 #/«^ 82 gdingten. Auch einmal
in der vorsilbe 6e: 35 Bkummer missen. Ferner die zum teil mund-
artlichen verschleifungen von präposition und artikel wie zun (= zu
den), ins (= in des) etc., z. b. s. 7 zun Zeiten, 48 zun freyen Künsten,
53 Ins Phebi lustig Auen, 86 Vons BSmischn Kaysers Sachen, Jen-
seits Bachs, und anlehnungen des fürwortes „es" an verben, fiirwörter
und konjunktionen wie s. 22 habs, 23 lasns, 33 Jcanstus, 35 sichs,
42 dies, 46 obs, 55 ichs. Vereinzelt s. 82 jms = jrn das (dass jms
Ilauss fall ein). Einmal sind auch die dialektischen formen naus und
uauff gebraucht (s. 66 u. 144).
Neben solchen für die ausspräche meist keine härte bedingenden
wuttkürzungen verschmäht Engerd auch nicht die von manchen kor-
rekteren dichtem seiner zeit vollständig gemiedene hässliche synkope
der endung er sowie die der endung en nach anderen konsonanten als
l und n und der endung el nach anderen konsonanten als r, gleichviel
ob das folgende wort vokalisch oder konsonantisch anlautet. Beispiele:
S. 15 Hochwirdigr Fürst, 16 rechtn Patron, 17 Odr hab, 18 Poetn
Gedichte . . . Gnadn alleine, 20 Geisl vnd . . . schindn die, 21 Krdutr
vnd, 22 lassn sie, 23 Weltlichn Sachen, 24 Leutn die, 25 Häusr,
Gurtn, vnd gantze Wälder, 35 Bekiinuncrlichn Vnfallen, 36 Fromn,
sperrt, 51 jungn rnd, 53 Vndr seiner, 62 Wissn je langr, je minder,
150 edl vnd1. Auch Wörter wie „heiligen" etc. verkürzt Engerd durch
Unterdrückung des endungsvokals statt durch die viel weniger harte
synkopierung der bildungssilbe, z. b. s. 15 RSmischn Peiche, 2± Konign,
Fürsten, 31 heilig n Dingen, 72 zuchtign Art.
Wortverlängerung gestattet sich Engerd nur am ende der verse2,
wo er nicht selten zur herstellung eines klingenden ausgangs dem reim-
worte ein unorganisches oder ein altertümliches e anhängt; z. b. s. 7
faule {Ady), 16 ungeheure (Adv.): Feiire, 17 Fleisse, 20 Rechte: schlechte
(Adv.), 21 Kraffte, 28 Wercke, 30 Arte, 31 wahre, 35 Gspunsie: Gunste,
Glucke, 37 Grcisse, Maule: faule, 40 icare (Verb), 55 Peiche: zugleiche.
In bezug auf sprachliche und rhythmische glätte stehen Engerds
verse ungefähr auf derselben stufe wie diejenigen Rebhuns, die in metri-
scher hinsieht sicher nicht ohne einfluss auf Engerd waren. Wenigstens
1) Synkope und Verschmelzung, z. b. s. 7 vmh hoher Bücher wegen, 103 mit
rhinii Silbern Gäbelein.
2) Die im vers vereinzelt vorkommende form jhme (=jhm. s. 95) gebraucht
Engerd in der vorrede und den Vorbemerkungen widerholt, z. b. s. 9, 67. Auch
(larwnben (z. b. s. 82) findet sich im vorwort mehrmals (s. 3, 8, 9).
386 ENGLEBT
ist es auffallend, dass sich letzterer, sowol was die zerdehnung und
k Urning von wortformen als auch besonders die anwendung schwebender
beton ung betrifft, im ganzen innerhalb derselben grenzen bewegt wie
der Verfasser des Susannadramas1.
Härtere Verstösse gegen den prosaischen accent sind bei Engerd
wie bei Rebhun sehr selten. Tonlose präfixe erscheinen niemals in der
hebung. Die Verlegung des rhythmischen accentes auf eine biegungs-
endung oder schwachlautige nachsilbe bei vorangehender starkbetonter
silbe kommt nur am anfang jambischer verszeilen vor, und zwar nur
zweimal in achtsilbigen versen: s. 151 u. 154 Tugendt; zweimal in neun-
silbigen versen: s. 28 Denen, 29 Sondern; einmal in einem viersilbler:
s. 113 Fliehendt; neunmal in anakreontischen versen: s. 15 Edel, lb
]}relch<:m, 17, 83, 128 Sondern, 23 Oder, Pßuel, 53 Ällergeheimsten,
89 Vnsern. Von den in anderen schritten verstreuten deutschen ge-
dienten Engerds enthält keines eine derartige accentverletzung ausser
dem oben erwähnten akrostich, in welchem die worte Ober)/ und Nidern
mit schwebender betonung im verseingang vorkommen2.
Nachsilben, die kein schwachlautiges e enthalten, und denen eine
haupttonige silbe vorangeht, kommen nicht bloss am anfang, sondern
auch im innern des verses an der hebungssteile vor, freilich sehr selten.
Beispiele: 1. h. s. 20 (leistlieh, 85 (zweimal) Reickthümb, 141 Vbüng;
2. h. s. 38 Bossheit, 87 Grechtigkeit , 144 Frcundtsehäfft ; 3. h. s. 45
(troch. v.) elendt.
In den fällen , wo einer volleren nachsilbe eine endung mit schwachem
e folgt, ist einige male die erstere, gewöhnlich jedoch die letztere in
die hebung gerückt. So z. b. a) 2. h. s. 16 Fürstlichen , 37 kunfftigen,
54 neiclicher; b) 2. h. s. 16 Fürstlichen, zoniigem, ernstlichem, 55
heilsamen; 4. h. s. 48 (troch. v.) lieblichen.
Im versausgang kommt es nur einmal vor, dass eine nachsilbe in
die hebung tritt, und zwar bei einem eigennamen: s. 50 Herr Robert
ron Stotxingen.
Häufig sind die fälle, in denen die zweite silbe eines zusammen-
gesetzten oder durch eine vorsilbe abgeleiteten begriffswortes der form
1) Auch ist es sicher nicht zufall, dass sämtliche in diesem drama vorkom-
menden aiten von reim paaren in Engerds odenübersetzungen vertreten sind. S. oben
al. 2. 3, 5 und b2, 3, 4, 6.
2) Übrigens ist diese betonung in beiden fällen durch die eigentümliche form
des gedichtes bedingt, indem die worte „Albrecht Pfaltzgraf bei Rhein Hertzog in
Obern vnd Nidern Bairn Hochloblicher Gedechtnus" auch die anfange der absätze
bilden, aus deren anfangsbuchstaben sie sich ergeben.
F.XGF.RDS DBEBSETZTJSG VnX ATTRPACH, ODAE AXA'KF.OXT. 387
xx oder xxx den versiktus auf sich zieht. Beispiele: 1. h. s. 23 Mess-
gwändt, 29 Jungkfrdwen^ 33 Auffwerffen; 2. h. s. 24 Schatzkammer,
40 Vordeutung , 42 (tr. v.) abemden, 54 Gottlöss; 4. h. s. 49 (tr. v.)
anfdng; 5. h. s. 102 (tr. v.) Hofflent, 133 (tr. v.) Andacht. Auch in
der reirasilbe begegnet diese accentverletzung häufig, z. b. s. 7 anlegen
(zweimal), angeben, 16 viischüldig , 26 Brustriemen, 29 langmütig, 35
vorsingen, 38 Geissfussen, 42 (tr. v.) abschneiden, 76 Mundholtx.
Bei den hier in betracht kommenden Wörtern der form xxx ist
die Verschiebung des verstons auf die letzte silbe sehr selten. Die fol-
genden fälle sind die einzigen: 2. h. s. 52 kunstreichsten, 75 holtseligst,
SO Abwesen; 3. ll. s. 29 Gottselig. So auch s. 30 (2. h.) unschuldigen.
Auch eigen n amen erleiden gern accentverschiebung. So z. b.:
1. h. s. 36 Pias. 107 Bacchüm; 2. h. s. 7 (tr. v.) Aurpdch, 15 Vrbän;
3. li. s. 151 Tandörff.
Verstösse gegen die natürliche Satzbetonung begegnen ebenso wie
bei anderen korrekteren dichtem des 16. Jahrhunderts sehr häufig. Neben
den auch heutzutage wenig gemiedenen leichteren accentverletzungen
kommt auch, zumal in kürzeren versen, eine ziemliche anzahl von
härteren Verschiebungen des satztones vor. Nur dem gröbsten von
diesen Verstössen, der betonung des artikels vor einem einsilbigen Sub-
stantiv, ist Eugerd durchaus aus dem wege gegangen.
Beispiele: S. 17 Dass sie folgt alten Strassen.
S. 22 Packt euch Münch, Nunnen, Pfaffen.
S 24 Vnd Herrn, so nach Gelt dürsten.
S. 37 Da schön schwanekt auff die Seiten.
S. 37 Der sein Zung kau zwyspalten.
S. 39 Das böss Jar ist vero-aniren.
S. 61 Von Gott auffgenommen.
S. 68 Dass mich vnd mein Liebe.
S. 97 Der sein Füss, Händt vnd Haupt.
S. 106 Mir ist Rhu widerfahren.
S. 134 Derohalben du heil vnd trewloss Gesind t.
S. 147 Ist Vnlust, wo ich sitz oder stehe.
S. 154 Fürt ein blaw Rad im gelben Feldt.
S. 154 Solchs Wappen durch das bläw Rad lehrt.
Hierher gehören auch die folgenden groben fälle von enjambement:
S. 78 Bissher in einem eilten
Schloss, meines Fürsten wegen.
S. 115 Mir solchs gering
Tranck von eim frischen Brunnen bring.
.''»SS ENGLERT
S. 116 Nicht ferr
Wohnt vnd sehr prächtig.
S. 128 Erbitten, jhr zuleisten
Hulff, vnd zugeben Rhate1.
Bei allem streben nach rhythmischer glätte räumt doch Engerd
nicht gründlich genug mit den mancherlei freiheiten auf, welche sich
die dichter des 16. Jahrhunderts in bezug auf wortbetonung, wortver-
stümmelung und wortverzerrung herausnahmen. Seine verse lesen sich
weder sprachlich noch rhythmisch so fliessend wie jene in Ringwalts
„Christlicher Warnung des Trewen Eckarts" oder gar diejenigen des
Opitz. Jedenfalls aber war Engerd so gut wie dieser über die Ver-
schiedenheit des quantitierenden und accentuierenden Systems im klaren.
In den schon erwähnten lateinischen versen „Ad Lectorem" empfiehlt
der Verfasser die Engerdsche odenübersetzung mit den worten:
. . . quem (librum), si tibi carmina curae,
Lector emas, relegasque, simul, distinguere versum
A rhythmo ut possis.
Das bedeutet doch zweifellos, „damit du den Unterschied zwischen
dem antiken silbenmessenden Vers und dem deutschen rhythmischen
Vers kennen lernst". Und wenn es dann weiter heisst:
Nam veram hie edocet artem;
Germanamque tibi, quae priscis floruit annis,
Ante oculos ponit, decus ad commune, Poe sin —
so wird hier von Engerds versen gerühmt, dass sie das für die deutsche
verskunst einzig richtige betonungsgesetz, welches in der älteren dich-
tung allein giltigkeit hatte, durch die später eingetretene versverwilde-
rung jedoch in Vergessenheit geriet, wider zur geltung bringen2.
1) Andere weniger schwere fälle von enjambement sind z. b. s. 49 0 wie Selig
würd es seyn von Gaben / Qott.es, vnd sein Freud am Vatter haben; s. 71 Egolpho
dem von Knßring, meinem j Patrono, vnd zugleich auch deinem; s. 81a Dein hüpscher
Nam au ff deine I Natur sich reymet feine; s. 116 Zu dieser kalten / Jarsxeit / Sein
Hochzeit halten. — Einmal kommt brechung des reimworts vor: s. 46 Ein gar wun-
der I Schon s Gesänge. — Auch zwischen zwei Strophen gestattet sich Engerd zuweilen
Überführung des sinnes, z. b. s. 35 Mir zuerlangen Gunstc / Bey meinem Hoch Patro-
nen; s. 37 Da schon schwandet auff die Seiten j Die Welt, vnd teil schir fallen;
s. 83 Dass sein Gewissen er auff dieser Welt Mit Wucher, oder mit dem Wechsel
gelt I Nicht darff beschweren.
2) Mit unrecht schliesst Borinski (Poet. d. reu. s. 39, z. 8 ff.) aus einer bemer-
kung Engerds in dessen schrift De Virginis Partu, etc., Münch. 15S6, dass der-
selbe den unterschied zwischen dem quantitierenden und dem rhythmischen System
nicht klar erkannte. Auf s. 1 dieser schrift, die eine Zusammenstellung von lateinischen
Übersetzungen der liedstrophe „Ein Kindelein so löbeleich Ist vns geboren heute" iu
ENGEKDS ÜBERSETZUNG VON ACRPACH, ODAE ANACKEOKT. 389
Es erübrigt noch, einiges über den reim bei Engerd zu bemerken.
Von den drei verschiedenen arten, in welche die endreime hin-
sichtlich der silbenzabl zerfallen, den stumpfen, klingenden und gleitenden
reimen, gebraucht Engerd nur die beiden ersten. Als weibliche reime
verwendet er meistens Wörter mit abgeschwächtem e in der senkungs-
silbe, z. b. s. 15 Tugendt: Jugendt, xulesen: Wesen, Hoffgesinde: ge-
schwinde; 18 betrachtet: achtet; 23 her linder : Wunder; 26 andern:
wandern; 48 ivehrest: verehrest; 52 Handel: Wandel. Doch kommen
auch Wörter mit vollerem vokal in der zweiten reimsilbe vor, z. b.
s. 16 vngeduldig : rnschuldig: 17 Beschreibung: Kurt \ weilt reibung; 39
Podagra: Chiragra; 40 Maria: Thalia; 45 neulich: greulich; 48 Kind -
lein: Mundlein; 52 Catullus: Tibullus; 140 Piatonis: Ciceronis. Ein-
mal findet sich ein gespaltener reim: s. 92 megnstu: Verueijnstu.
Dass Engerd häufig ein stumpf endigendes wort durch anhängung
eines unechten oder eines altertümlichen e zur benützung im klingenden
versausgang verwendbar macht, wurde bereits oben erwähnt. Umge-
kehrt stutzt er s. 76 deins gleichen durch apokope des en zu einem
männlichen reimwort zu. Dagegen kommen die härteren fälle der im
16. Jahrhundert vielfach angewendeten synkope vom en und anderen
endsilben in den öden nicht vor1.
den verschiedenartigsten metren enthält, gibt Engerd als erste Variation des themas
eine sich an das versmass der deutschen strophe anlehnende Übertragung, welche be-
ginnt „Hoc inelytus Puer die Est natus ex pudica" und fügt zur erklärung bei „Pri-
mus et Tertius, Quintus et Sextus Versus, in hac Ode ad metricam Germanicorum
Rhythmorum imitationem aecomodata. est Iambicus, Archilochius Dimeter, Acalec-
ticus, Bhythmicus, quatuor constans Iambis; admixto interim locis imparibus
Spondeo. Carminis hoc genere, sed non rhythmico, Princeps Lyricorum poetarum
noster in oranibus fere Epodon libri utitur Odis; in 2. sie: Üt piiscä gens mörtä-
liüm* usw. Borinski nimmt an, dass diese erklärung sich ebensogut auf die deutsche
wie auf die lateinische strophe bezieht und folgert aus der bemerkung über die an
ungeraden versstellen vorkommenden spondäen , dass Engerd keinen deutlichen begriff
von der Verschiedenheit der antiken und deutschen versbehandlung hatte. Nun be-
steht aber gar kein grund vorauszusetzen, dass die metrische erläuterung auch auf
die deutschen verse bezug hat. Vielmehr sprechen zwei gründe dagegen: erstens der
umstand , dass die deutsche strophe auf der dem ersten bezifferten blatt vorausgehenden
seite steht und somit nicht der fraglichen Übertragung allein, sondern sämtlichen latei-
nischen fassungen vorangestellt ist, und zweitens, dass auch die der metrischen er-
klärung folgende schematische darstellung des versmasses nur der lateinischen strophe
angepasst ist.
1) Sonst nur in den reimpaaren s. 122 der Schrift „ Preseruatiu , Cur vnnd
SeelenArtznei" (s. oben s. 378): Potentatn: rahtn. In den durchaus stumpf ausgehenden
versen auf die kirche St. Salvator (s. oben s. 378 fg.) sind die vorkommenden Synkopen
dieser art wol aus der ursprünglichen fassung herübergenommen.
390 km;lert
Rührende reime sind selten: s. 24 rüsten: Algoristen; 62 ver-
achtet : geachtet; 95 Weisen : beweisen; 116 Wolauff; Merck auff;
121 f. verlieren: Appellieren; 127 Vipiauus: Papinianus. "Wortwider-
holung behufs emphatischer gegenüberstellung zeigt die letzte Strophe
der 9. ode (s. 49):
0 wie Selig ward es seyn ron Gaben
Oottes, vnd sein Freud am Votier haben!
0 wie selig würd ich seyn von Gaben
Gottes, vnd mein Freud am Kindlein haben!1
Erweiterter reim kommt in den öden nicht vor2.
Auf reinheit des reimes ist Engerd nicht viel mehr bedacht als
die meisten seiner Zeitgenossen. Halbreime oder blinde reime finden
sich in seinen gedienten nicht. Dagegen sind unreine reime auch bei
ihm nicht selten. Beispiele von vokalisch ungenauen reimen: s. 15
geubet: liebet, Melodeyen: vernewen; 17 Sachen: Sprachen; 20 Zeiten:
Leuten, O seilen: wollen; 33 zeit: heut; 58 Freundt: Wolgemeyut; 68
war: Ehr; 74 gewiss :Fuss. Konsonantisch, zum teil noch ausserdem voka-
lisch ungenau sind z. b. die reime: s. 19 erreichest : erzeigest; 30 Kirchen:
würgen; 35 erzeige: erreiche; 59 Griechen: verschwiegen, Schnarchen:
Argen; 124 Klug: Buch; 125 Sag: nach; 56 frSlieh: gluckselig. Diese
reime sind jedoch, soweit nicht auch ungleiche vokale in betracht
kommen, nur für das äuge, nicht für das ohr unrein, da Engerd jeden-
falls das g in erzeigest usw. wie „ch" aussprach. Ähnlich verhält es
sich mit dem reim s. 113 Wassertranck: lang (vom dichter wol „lank"
ausgesprochen). Auch die reimbindung gills: Filtz s. 118 ist nur für
das äuge ungenau.
Von der Verwendung unbetonter oder nebentoniger bestandteile von
kompositis im reime war bereits oben die rede. Es sei noch bemerkt, dass
in ode 27 der artikel den zweimal im reime auf Philosophen vor-
kommt: s. 113 Vnd folgen den Philosophen, s. 114 Auch folge den
Philosophen.
Zum Schlüsse teile ich zwei öden und das zweite gedieht aus dem
anhang als proben von Engerds verskunst und übersetzungsweise mit.
Um die vergleichung mit der vorläge zu erleichtern, füge ich den text
der lateinischen Originalgedichte bei.
1) Im original: . . . satis beatus Erit meus puellus: Ero satis beatus Ego
pater puelli.
2) Ausserdem nur in den reiraversen s. 119 fg. der sebrift „Pr., Cur vnnd Seelen-
Artzney": Vhfldterin: Vbiquiteterin.
ENGERDS ÜBERSETZUNG VON AURPACH, ODAE ANACKfiONÜ.
391
[S. 41.] x Die siebende Ode, | Oder | Poetisch Gesang: | Von dem
absterben seines lie- | ben Tochterleins, Anne Ma- | rien Aurpachin:
[Folgt die metrische erklärung.]
ACH der stoltze Todt alleine
Hat mir jetzt mein Kindlein Meine,
Ach mein Tochterlein, genommen,
Dass es nicht %un Jaren kommen.
[S. 42.] Wann es lenger hett genesen,
Ach es iver allein geivesen
Meines Alters Trost vnd Wonne,
Hett geleuchtet, toie die Sonne.
Wo die Parce nicht mit Klage
Hettn verkürtzt sein junge Tage,
Vnd sein zarte schöne Jugendt
Jm missgönnet auss Vntugendt:
Welche Göttin einem jeden,
Ob er gleich nicht ivol zufrieden,
Sein bcstimpten Todt vnd Leben
Täglich ordnen xu vnd geben:
Dann sie solches stets bewegsen,
Vnd was jhnen gfält, wegreysen,
Alls abernden vnd abschneiden,
Dass sie niemandt kan vermeiden.
Also jhren frechen Willen
Mit der Sichel sie erfüllen,
Welche Stumpff vnd Scharpff sie machen,
Nach Gelegenheit der Sachen.
Ach es kondt vil Leid schon komen,
'ladt vnd Mäm sein Eltern nennen,
Auch mit seinen Schioestem schertzen,
Dies offt truckten an jhr Hertzen.
[S. 43. J Ach es seiner Mutter brachte
Tausendt Freud t zu Tag vnd Nachte:
Ach es kondt mich frölich machen
Mit dem wincken, deuten, lachen:
Ach das xartlecht Kindlein kleine!
Solches hat der Todt alleine
1) Lateinische Fassung:
Infautulam superba
Mihi abstulit puellam
Mors, quae meae fuisset
Solatiuni seneetae,
Fatalium sorores
Nisi improbae colorum
Uli suam invidisseut
Aetatulam, ut rapaces
Sunt scilicet, metuntque,
Quicquid übet, protervae
Trunca asperaque falce.
Jam noverat parentes
Suos, suas sorores:
Jam mille gaudiorum
392
Vns auff einmal weggenommen,
Dass es nicht mag ividerkommen.
Derohalben 0 Nachbauren,
0 jhr Freundt, wollt mir %um trauren
Einen schwartxen Mantel geben,
Vhnd ein schtvartxen Hut darneben.
Ich beger nicht, ach vnd leid<r,
Gulden Stuck nid kostlich Kleider:
Es soll ferner auch mich Alten
Nichts bewegen noch auffhalten:
Weder Zierde, Lust noch Freude,
Biss mir gar vergeh das Leide,
Vnd Vergessenheit den Sehmertxen
Ne/nmen ivirdt auss meinem Hertxen.
[S. 73.] l Die Fünffzehendt Ode, | Oder | Poetisch Gesang: | Zu
seiner lieben Jungfrawen | Megillen, jhr Zucht vnd Schon | mit keuschen
worten preysende: [Folgt die metrische erklärung.]
[S. 74j
M
Egilla Kart,
Von Edler Art,
Du schone weisse Bosse:
Weiss ist dein Hals,
Schneweiss ist als,
Was ich an dir seh blosse.
Dein Hertx ist tveiss
Mit hoJiem Pregss,
Licchtfarb ist dein Qem/de:
Jhr liebe Gott
Vor aller Nott
Dein weisses Haupt behüte.
Liechtweiss ist gar
Dein schönes Har:
Lichtweiss sindt deine Wangen:
Matri suae ferebat,
Ac per suos tenella
Nutus mihi iuuuebat,
Cum fata acerba nobis
Haec onmia abstuleruut.
Date ergo vos amici
Nigras mihi lacernas,
Ac verticem caputfjue
1) Lateinische Fassung:
Formose caudidarum
Flos virginum Megilla,
Tu caadidaimiue meutern,
Dein Br fistle in weiss,
Geschniert mit Fleyss,
Darmit du pflegst xuprangen.
Weiss sind geteiss
Dein Hundt vnd Fäss,
Dein Arm, vnd gantxer Leibe:
Weiss bistu gantx,
Du Elirenkrantx,
Danion ich nicht mehr schreibe.
tb) Tu kurtxer Summ,
Du bist ein Blum
Der weyssesten Jungfrauen,
Mein Hertx mir lacht,
Wann ich betracht
Dein holtseligst Ansc/iatrcn.
Pulla implieäte vitta:
Segmenta non requiro,
Nee ulla nie voluptas,
Nee ulla demoraiitur
Vel gaudia, aut lepores,
Hunc donec auferat mi
Oblivio dolorem.
Tu candiduuKjue pectus,
Collum, manus, papillas,
Malas, pedes, lacertos,
ENGERDS ÜBERSETZUNG VON AURPACH , ODAE ANACBEONT.
393
Was sols dann seyn,
Megilla mein,
Megilla schone Docke,
Dass du geziert.
Wie solchs gebürt.
Mit ei»/ schneweissen Rocke?
Dieweil dti nicht
Dein tceiss Gesicht
Mit Anstrich pflegst xufärben,
Darmit offt fein
Jungfrä/celein
Jhr schön Gestalt verderben.
Tr«s dir die pur
Vnd rein Natur
Zu eignon Glantx hat geben :
Solch herrlieh, Gunst
Acht nicht vmb sunst,
Es xiert dein gantxes heben.
[S. 76] Megilla zart,
Von edler Art,
Du allerweissest Blume,
Kein ist deins gleich
Im gantxen Reich,
Du hast den g rösten Rhume.
Die Ross ist stoltx
Mit dem Mundhol tx,
Her für wächst sie darunder:
Dann weiss %u weiss
Gepflantxt mit Fleyss
Macht vns ein grössers wunder,
Diss neu' Gesang,
Mit schönem Klang,
Sey dir, feins Lieb, gesungen:
Ich wünsch ltiemit,
Gott dich be/i/ff.
Vnd wehr den falschen Zungen.
[S. 145.]1 Ein anders Carmen, | Oder | Poetisch Gesang: j Welches
von ofi'twolgenan- | teni Herrn Cantzler, Doctor Johan | Aurpach, eben
auff derselben Reyss, zu dem | Edlen vnd Vesten, Herrn Christoph Nus- 1
ser, auch andern guten Freunden, mit | Phalecischen Verssen in Latein |
Tu candidos capillos
Habes, et illa, nobis
Quae non queunt referri
Salvo pudore, membra.
Quid est papaveratis
Ut vestibus tegare,
Cum proprio Megilla
Sat fulgeas nitore?
0 candidissimarum
Flos virginum Megilla,
Eideut niagis tenellae
Mixtis rosae ligustris.
Form und ton der Engerdscben Übersetzung, die das original in wesentlicb
breiterer darstellung widergibt, sind im ganzen niebt ungesebickt an die volksdicbtung
angelebnt. Das versmass war in der älteren volkstümlichen liebespoesie sehr beliebt.
Vgl. z. b. Goedeke- Tittmann, Liederbuch aus d. 16. jh., Lpz. 1867, I, nr. 29, 30 u. a. m.
Der von dem Übersetzer hinzugefügte scbluss besteht aus zwei im älteren volksliede
sehr häutig vorkommenden formelhaften Wendungen. Zu der bemerkung über die
falschen zungen vgl. Zs. d. ver. f. volksk. bd. 12, s. 50 ff. Auch anderes erinnert an
die spräche des Volksliedes, so besonders die bezeichnung der liebsten als „Ehren-
krantz" und „Blume" (vgl. z. b. Mittler, D. Volkslieder nr. 713) oder die wendung
„Keins ist deins gleich Im gantzen Reich" fvgl. z. b. Goedeke -Tittmann, a. a. o. I, nr. 17,
Schluss der letzten strophe: „Kaum dein gestalt Im ganzen reich wirt funden balt")
1) Lateinische Fassung:
Quae, Nussere, putas tuum sodalem
Non fastidia ferre, tristiumerue
Devorare molestiarum acervum?
Hasce dum vagus exulo per oras
Ab aris procul et focis, dum amore
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE.
Carae conjugis atrpue liberorum
Tot per hebdomadas carere cogor,
Iners dum viduas cubile noctes
Producit mihi mense longiores.
Quaeris quid faciam? inter hie agrestes
BD. xxxiv. 26
w
394 ENGLERT
geschrieben worden: | Itzo aber durch obgemeldten Dol- | metscher Joan
nem Engerdum in Teutsche | Trochaische Reym bracht: | Auff solche
Art, so mit den Phalecischen bey nahe vbereinstimpt. [Folgt das vers-
schema^
'As vermeynestu, 0 Edl vnd Vester
Juncker Nasser, du mein allerbester
Freundt vnd Gönner, dass ich muss aussstehen
Nur für Vnruh, vnd für vnlust sehen?
[S. 146] Weyl ich frembde bin in diesen Landen,
Da kein Lust noch Kurtxweyl ist vorhanden,
Vnd xuferrn von meinem Haassgesinde,
Mangel auch der Freuden meiner Kinde:
Vnd bevorab meiner lieben Frawen,
Die ich gerne wider möcht anschawen:
Hab mich so vil Wochen her begeben
Müssen in den WittwenStandt vnd Leben.
Dass ein Nacht, darinn ich schlaff alleine,
Länger als ein Monat sey, ich meyne.
Fragstu, tvas ich hie nur mach mit Trauren,
Ich faidentxe bey den groben Bauren:
Coetus agricolarum et inter istas Benigne» Supern m favore avitas
Rusticas mulierculas ferorum, Domi vivitis ad lares, nee usquam
Quorum est maxima turba, vinitorum Aut fastidia, vel molestiarum
Horas transigo lentus otiosas Quicquam gaudia vestra demoratur.
A libris procul, et sacris Camoenis. Vobis caesiolaeque lusculiieque
Desunt, praeeipuum quod est, sodales, Facetaeque venustulaeque Nymphae
Ae praesens hominum venustiorum Vestrae conciliant meros amores,
Conversatio, collocutiones, Meras delicias, meros caohinnos,
Jucundaeque deambulationes. Et meros lepidissimos lepores.
Nee libet timidas fugare damas, Hie mammosa olus in rubiginosa
Aut involvere retibus volucres. Apponit mihi Thestilis*) patella:
Nil est bic lepidnm, elegans, venustum, Hae sunt deliciae meae, haec voluptas.
Nil est caudidulum, bonum, facetum, Felices nimium mei sodales,
Nil est quod juvet, aut placere possit, 0 solem nivenm, o diem beatnm,
Sed plena omnia sunt molestiarum, Quo ad vos mcolumis redibo, et ista
Donec prineipis expetitus istum Perfruar Superum benignitate
Adventus mihi leniet dolorem, Vobiscum: interea mei sodales
Cessabit, reor, illa solitudo. Valete, et memores mei benigno
At vos quid facitis mei sodales, Vestra gaudia temperate Baccbo.
Felices nimium mei sodales, Cum Pboebe semel aureum revolvet
Qui cum conjugibusque liberisque Currum, vos iterum, ut reor, videbo.**)
*) Thestylis, name einer magd in der 2. idylle des Theokrit.
**) In der Überschrift bemerkt Aurpach, dass diese verse auf „derselben" reise
verfasst („in eodem itinere scriptum") worden seien. Doch ist in keinem der vor-
bergebenden gedichte von einer reise die rede. Vermutlich standen die obigen verse
ursprünglich im manuskript des dichters hinter der wahrscheinlich zur selben zeit ver-
fassten, inhaltlich ganz ähnlichen 16. ode, in welcher der Verfasser über die Lange-
weile seines auienthaltes auf einem alten schlösse seines fürsten klagt.
ENGERDS ÜBERSETZUNG TON AURPACH , ODAE AXACREONT. 395
Die schir allzeit sindt auff jhren ackern,
Wohn auch bey den poldrisclien Weinhdckern,
Vnd mit jhren schwartzen bösen Weihen
Muss ich meine lange Weiß vertreiben.
Hab kein Bücher auch mit mir genommen:
Gut Gesellen seynt nicht zubekommen,
Dass ich könt mit jhnen conuersieren,
Freundtlich schwätzen vnd auffs Feld spatzieren.
Ick hob auch kein Lust zum Gembssenjagen,
Thu nach Vogelfangen gar nichts fragen.
Nichts ist Lusts noch Liebs allhie zufinden,
Bas mir mocht ein Füncklein Freud anzinden:
[S. 147] Nichts ist, das mir kirnt nid mocht gefallen,
Sondern ich in meinen Sachen allen
Spür Verdr&ssligkeit, ico ich nur gehe,
Ist Vnlust, wo ich sitz oder stehe:
Biss meins Fürsten, dess ich wart von Hertxen,
Zukunfft mir ivirt lindern solchen Schmertzen:
Wolle Gott, dass er nur kam in eyle,
Vnd sich endet diese lange Weiße.
Was thut aber jhr, mein liebe Gsellen?
Ihr habt Glück genug in diesen Fällen,
Danckt nur Gott, der solches euch gegeben,
Sitzt daheym, vnd habt ein gutes Leben.
Wohnt bey euren Weibern rnnd bey Kindern,
Bie euch alle Sorgen können lindern,
In den Häusern , so jhr habt ererbet,
Gar kein Vnlust eure Freud verderbet.
Eure schone Nymphe oder Bräute
Mehren euch die Lieb zu jeder Zeite :
Wineken euch mit jhren Augen frölich,
Röttlich, weisslich, bräunlich, all holdtselig.
Dort bey euch ist lauf er schimpf}' vnd schertzen,
Lauter Huld vnd Lieb der trewen Hertxen,
Lauter Wollust, Kurtzweil, Freud vnd Lachen,
Welchs euch eure freundlich Bulen machen.
[S. 148] Aber hie bringt in ein finster Stuben,
In den Rusign Schüsseln Kraut vnd Rüben
Mir ein grossdidtächtig Bauren Gr ad el:
Das ist hie mein Lust vnd Speiss so edel.
0 ivie seyt jhr nur in diesen Fällen
So glückselig, meine liebe Gsellen?
O der selig Tag, 0 lichte Sonne,
Welche mir soll bringen Freud vnd Wonne!
Wann ich uiderumb auss Gottes Gnaden,
Heym zu euch werd kommen ohne Schaden,
Vnd sampt euch dergleiclien Freud geniessen,
Die mir zur Gesundtheit wirdt erspriessen.
26 '
390
Last hiexwischen euch gut Wein cinscltencken,
Trinekt, lebt wol, thut mein darbey gedencken,
Wie ich hoff, xu euch, mein lieben Brüder.
Wil ich nach ein Monat kommen wider.
MÜNCHEN. J. ENGLERT.
WILHELM HERTZ.1
Wilhelm Hertz wurde am 24. sept. 1835 in Stuttgart als söhn eines landschafts-
gärtners geboren. Seine mutter starb, als sie ilrm das leben gab, den vater verlor
derknabe, als er eben erst sechs jähre alt geworden war. Zwei wundervolle gedichte
(vgl. Ges. dichtungen s. 42 und 62) widmete Hertz dem andenken der eitern. Der
verwaiste knabe wurde im hause seiner grossmutter väterlicher seits erzogen. Er
durchlief die ersten sieben klassen der realschule zu Stuttgart. Mit 16 jähren kam
er auf den Bergheimer hof bei der Solitude um die Landwirtschaft zu lernen. In der
lieblichen naturumgebung entstanden die ersten dichterischen versuche, dramatische
märchenspiele. Für die Wirtschaft selbst zeigte Hertz wenig neigung, er kam daher
bald nach Stuttgart zurück, besuchte das obergymnasium und gieng 1855 nach
Tübingen, um philosophie und ästhetik zu studieren. Bei Köstlin, Holland, A.Keller
hörte er Vorlesungen und trat in persönliche beziehung zu Unland, dessen Vorbild
seine eigne forschung bestimmte. Neben dem studium, das er nach drei jähren mit
einer ungedruckten doktorschrift „Über die epischen dichtungen der Engländer im
mittelalter " abschloss, entfaltete er eine rege dichterische tätigkeit, die wir aus der
Sammlung von gedichten (1859), wovon die gesammelten dichtungen 1900 nur eine
auswahl geben, kennen lernen. Die prächtigen bailaden und romanzen aus deutscher
und nordischer sage zeigen den schüler Uldands. Auch ein ungedrucktes drama ent-
stand damals, Ezzelin, veranlasst durch den 1856 von könig Max in München aus-
geschriebenen preis. Der Ezzelin fand nur die lobende anerkennung der preisrichter.
Von mai bis august 1859 war Hertz während der kriegsbereitschaft des "Württem-
bergischen heeres leutnant in Stuttgart. Im herbst 1859 siedelte er nach München über
und trat in den von könig Max begründeten dichterkreis ein. Obwol ihn mit den
München ern, besonders Heyse und Geibel, innige freundschaft verband, blieb er im
dichten und denken doch ganz eigenartig und selbständig. Höchstens äusserlichkeiten,
die grosse auf die form verwandte Sorgfalt, die seine dichtungen auszeichnet, mögen
im verkehr mit den Münchenern sich vervollkommnet haben. Die richtung seines
geistigen Schaffens war aber von Uhland in feste bahnen gewiesen worden. Und
auf diesem grund erwuchs der dichter und forscher. 42 jähre lebte und wirkte
Hertz in München. In den 60 er jähren machte er Studienreisen nach England,
Frankreich und Italien. Immer mehr trat die gelehrte forschung in den Vordergrund :
germanische und romanische sagenkunde. Konrad Hofmanns einfluss war neben dem
Unlands für die Vereinigung altdeutscher und altfranzösischer Studien maassgebend.
1862 wurde Hertz privatdozent für deutsche spräche und litteratur an der Münchener
hochschule. 1869 wurde er ausserordentlicher, 1878 ordentlicher professor an der
technischen hochschule, 1885 ausserordentliches, 1890 ordentliches mitglied der
1) Vgl. Allgemeine zeitung 1902 beilage nr. 20 und 48; ferner meinen nach-
ruf in Qbergs Neuen Jahrbüchern 1902, I, 298 fgg. und E. Weltrich, AV. Hertz.
Stuttgart 1902.
WILHELM HERTZ 397
akadeniie der Wissenschaften, 1892 ritter des Maximiliansordens, 1900 des bayerischen
Verdienstordens. Hertz lebte 28 jähre in glücklicher, kinderloser ehe. Ein heftiger
auf all einer tiefen, organischen magenkrankheit setzte nach kurzem schwerem leiden
am abend des 7. januar 1902 seinem leben ein ende.
Hertz vereinigte in glücklichster weise den dichter und gelehrten ganz so wie
Unland. Sein schaffen wird durch diese doppelte Veranlagung nicht zerstreut, viel-
mehr nach einem bestimmten ziele hin gesammelt und nach beiden Seiten hin mächtig
gefördert. Höchstes glück ist eine solche echt künstlerische, durchaus einheitliche
und in sich abgeschlossene und vollkommene persönlichkeit. Der dichter lenkt den
forscher, der forscher den dichter. "Was minderbegabten zum unheil wird, erscheint
in seltenen ausnahmefällen als besonders glückliche fügung. Hertz durfte sich seine
lebensarbeit ganz nach innerer neigung gestalten. Daher die Sicherheit, ruhe und
reife, die wir in allen seinen leistungen bewundern. Sein arbeitsgebiet ist nicht sehr
umfangreich, aber er beherrscht es innerhalb der gesteckten grenzen gründlich.
Formwissenschaftliche Studien, grammatik und metrik, textkritik lagen ihm ebenso
fern wie Uhland. Auch die neuere deutsche litteratur behandelte Hertz niemals.
Vergleichende germanische , romanische, zuletzt auch morgenländische sagengeschichte
waren neben der Übersetzung aus dem altdeutschen und altfranzösischen seine lieblings-
beschäftigung. Bei solchen Untersuchungen verfuhr Hertz mit höchster umsieht und
gründlichkeit, gestützt auf seine eigene sehr umfangreiche und gewählte bücherei
und auf die beiden grofsen Münchener bibliotheken, die er fast täglich besuchte. So
gibt er eine in bibliographischer hinsieht fast erschöpfende darstellung des gewählten
gegenständes, dessen geschichte er feinfühlig und scharfsinnig behandelt. Seine
schritten zerfallen in drei gruppen: dichtungen, bearbeitungen , abhandlungen. In
den abhandlungen spricht nur der gelehrte, der entweder in gerneinf asslicher form
einem weiteren hörerkreise die ergebnisse der forschung vorträgt oder den fach-
genossen seine oft recht mühsamen und ungemein fleissigen Studien vorlegt. In den
dichtungen, soweit sie die sage betreffen, und in den bearbeitungen wirkt der dichter
in schönem, erspriesslichem bund mit dem gelehrten zusammen.
Auf die dichtungen kann hier im einzelnen nicht näher eingegangen werden.
Der stattliche sammelband vereinigt die bailaden, romanzen und kleinen epen jetzt
bequem. Lanzelot und Ginevra scheint mir deshalb besonders wichtig und wertvoll,
weil Hertz seine ziemlich freie nachdichtung in anläge und Stimmung dem Tristan
nachbildet und damit die erzählung sehr vertieft. Im Hugdietrich ist mit glücklichem
humor die spielmannsweise getroffen. Im Bruder Eausch seh ich eine der köstlichsten
bluten deutscher volkssage. Für schalkhaften humor wie für minnelust und leid
findet der dichter den rechten herzergreifenden ton. Die schildereien sind anschau-
lich und lebendig, spräche, reim und rhythmus fein und fliessend und stets der
Stimmung angepasst. Dabei zeichnet sich Hertz vor den mittelalterlichen erzählern
durch die wirkungsvoll kurze fassung seiner reimgedichte aus, in denen keine länge,
keine abschweifung vorkommt, die in ihrer gedrängten form den leser durchweg
fesseln. Da ist jedes wort an seinem rechten platz, keins zuviel und keins zuwenig.
Als dichter unterscheidet sich übrigens Hertz mit seiner oft glühenden leidenschaft
merklich von Unlands leidenschaftsloser sinniger ruhe. Darum war er aber auch
vor allen für liebesmähren geschaffen und erreicht als Tristandichter den höhepunkt
seines Schaffens.
In den bearbeitungen kommt der gelehrte dem dichter ebenso gut zu statten.
Wenn die neudichtungen dort, wo Hertz eignes bringt, streng im mittelalterlichen
398 UOLTHER
stile bleiben, so bedarf auch der bearbeiter feinen stil- und Sprachgefühls. Er muss
sich vor der unschönen mischsprache hüten, wie sie bei Simrock sich breit macht,
und er muss zu kürzen verstehen, doch so dass nichts wesentliches verloren geht.
Es gilt dem modernen leser einen möglichst reinen und frischen eindruck vom alten
gedieht zu gewähren, dessen unvergänglichen gehalt der gegenwart zu unmittelbarem
genuss zu retten. Nur eine ganz seltene Vereinigung wissenschaftlicher kenntnisse
und dichterischen Vermögens befähigt zu solcher aufgäbe, die Hertz mit allbekannter
und vielgerühmter meisterschaft in ganz einziger weise glänzend löste. Ich verweise
auf den im Litterarischen echo II, 1900 nr. 9 erschienenen aufsatz von Schönbach
über Wilhelm Hertz als Übersetzer. Am besten gelangen die bearbeitungen der
altfrz. novellen im Spielmannsbuch und der Tristan. Im Spielmannsbuch, Tristan und
Parzival kommt aber auch der gelehrte zur geltung. Die überaus reichhaltigen ein-
leitungen und anmerkungen enthalten einen vorzüglichen sachkommentar, worin die
ergebnisse der forschung fleissig gesammelt, gesichtet und mit mannigfachen eignen
Zusätzen vermehrt und weitergeführt sind.
Unter den gelehrten schritten sind einige vortrage zu erwähnen: Über den
ritterlichen f rauendienst , Die walküren, Deutsche sage im Elsass, Nibelungensage,
Parzival und Oral, Beowulf, von denen die Deutsche sage im Elsass ein umfang-
reiches buch mit gelehrten noten ward. In seiner habüitationsschrift über den
"Werwolf (1862) zeigte Hertz zuerst seine wissenschaftliche befäliigung für ver-
gleichende sagenforschung. Mit den „ Rätseln der königin von Saba" (1883) be-
handelte er eine tief in die morgenländischen quellen einführende sage. Über
Aristoteles im mittelalter plante Hertz ein grosses buch ähnlich Comparettis Vergib
Aristoteles selbst, der die typischen züge des weisen erziehers und beraters annahm,
hat freilich keine eigentliche sage. Doch ist er mit verschiedenen an sich selb-
ständigen sagen z. b. mit Alexanders fahrt zum Paradies und mit der Geschichte
vom giftmädchen lose verknüpft. Als Vorstudien veröffentlichte Hertz drei akade-
mische abhandlungen. Sehr hübsch ist der aufsatz über den namen Lorelei (1886),
wo Hertz die etyrnologie aus mhd. lür = elbisches wesen und leie = i eisen, also
elbenfelsen aufstellte und nachwies, wie die romantikerden Ortsnamen als Personen-
namen missverstanden.
Endlich hielt er auf Konrad Hofmann die akademische gedächtnisrede, die
die persönlichkeit Hofmanns und seine wissenschaftlichen leistungen sehr treffend
schildert.
Hertz konnte mit rücksicht auf seine zuhörer in der allgemeinen abteilung des
Polytechnikums seine Vorlesungen nicht in dem sinn zu wissenschaftlicher forschung
und Übung gestalten, wie es an einer Universität möglich gewesen wäre.
An der hochschule las Hertz als privatdozent über Walther von der Vogel-
weide, Tristan und Parzival, Nibelungenlied und Gudrun, Höfische epik und helden-
sage, Beowulf, Gotische, angelsächsische und historische deutsche grammatik; an der
technischen hochschule als professor über Deutsche und allgemeine litteraturgeschichte,
Walther, Nibelungenlied, Tristan, Deutsche mythologie und heldensage, Deutsche
grammatik. Die neuere deutsche und allgemeine litteratur überliess er bald jüngeren
amtsgenossen und beschränkte seine litterarische Vorlesung aufs mittelalter. Alt-
deutsche Sprachübungen und texterklärungen konnte er nur selten mit einigen lehr-
amtskandidaten abhalten. Aus seinen vortragen wird insbesondere die feine auswahl
und ühortragung, die er den zuhörern als textproben darbot, gerühmt.
WILHELM HERTZ 399
Nach dem riicktritt von Michael Bernays bot sich für Hertz noch einmal
gelegenheit, zur hochschiüe zurückzukehren. Doch es war zu spät. Er trug be-
denken, in vorgerücktem alter in das gebiet der neuen litteraturgeschichte , das er
in seinen Vorlesungen z\i behandeln gehabt hätte , zu diesem zwecke sich einzuarbeiten.
Der herrlichkeit mittelalterlicher sage war und blieb er treulich zugetan.
"Wilhelm Hertz war ein stiller sinniger mann, der am liebsten in ruhiger be-
schaulichkeit und häuslicher zurückgezogenheit dahin lebte. Er war im ganzen nicht
gesprächig und taute nur langsam im gemütlichen freundeskreise auf. Jede geräusch-
volle öffentlichkeit war seiner bescheidenen anspruchslosen art zuwider. Aber er war
von grosser herzensgute und hielt treue freundschaft. "Wie liebevoll und freund-
schaftlich er jüngeren fachgenossen entgegenkam und sie zu fördern suchte, durfte
ich selbst erfahren. Die letzten sommer verbrachte er auf seinem kleinen landhause
über Ammerland am "Würmsee. Auch dort lebte er, von seinen büchern umgeben,
im anblick des königlichen sees und der blauen berge seiner arbeit. Dort durfte ich
den teuren, unvergesslichen mann im September 1901 zum letzten male begrüssen.
Er war gerade mit der dritten aufläge des Tristan beschäftigt und verglich sich
scherzend dem bauern, der endlich nach jahrelangem mühen seine ernte einheimst.
Er hat auch innige liebe und Verehrung geerntet von allen denen, die ihn kannten.
Verzeichnis der Schriften.
I. Dichtungen:
Gedichte. Hamburg 1859.
Lanzelot und Ginevra, ein episches gedieht in 10 gesängen. Hamburg 1860.
Hugdietrichs brautfahrt, ein episches gedieht. Stuttgart 1863. 3. aufl. 1880.
Prachtausgabe mit bildern von A. v. Werner. Stuttgart o. j.
Heinrich von Schwaben, eine deutsche kaisersage. Stuttgart 1867. 2. aufl. 1868.
Bruder Rausch, ein klostermärchen. Stuttgart 1882. 4. aufl. 1902.
Gesammelte dichtungen. Stuttgart 1900.
IL Bearbeitungen:
Das Rolandslied, das älteste französische epos. Stuttgart 1861.
Marie de France, poetische erzählungen nach altbretonischen liebessagen. Stutt-
gart 1862.
Aucassin und Nicolette, ein altfranzösischer roman. "Wien 1865.
Tristan und Isolde von Gottfried von Strassburg, neubearbeitet und nach den
altfranzösischen Tristanfragmenten des Trouvere Thomas ergänzt. Stuttgart 1877.
3. aufl. 1901.
Beowulfs kämpf mit dem drachen, aus dem Angelsächsischen, im Schwab.
dichterbuch hrsg. von Paulus u. "Weitbrecht. Stuttgart 1883 , 85.
Spielmannsbuch, novellen in versen aus dem 12. und 13. jhd. Stuttgart 1886.
2. aufl. 1900.
Parzival von "Wolfram von Eschenbach. Stuttgart 1898. 2. aufl. 1902.
III. Gelehrte Schriften:
Der "Werwolf, beitrag zur sagengeschichte. Stuttgart 1862.
Über den ritterlichen frauendienst im „Heimgarten" hrsg. von Herrn. Schmid.
München 1864. Nr. 689, 700, 721.
Die "Walküren im morgenblatt der Bayer, zeitung 1866, nr. 114, 116, 117.
400 KAÜFFMANX
Deutsche sage im Elsas*. Stuttgart 1872.
Die Nibelungensage. Vortrag. Berlin 1877.
Die sage von Parzival und vom Gral in Nord und süd, juli 1881. Sonder-
ansgabe Breslau 1882. Neudruck im Parzival 1898.
Die rätsei der königin von Saba, Zeitschrift f. d. altertum 27, 1883, s. 1 — 33.
Beowulf. Vortrag. Nord und süd, mai 1884.
Mythologie der Schwäbischen volkssagen. (Das Königreich. Württemberg, eine
beschreibung von land, volk und staat hrsg. vom König!, statist. topographischen
bureau II, 1, 130. Stuttgart 1884).
Der Maigraf, Gartenlaube 1884, nr. 22.
Die Hexen probe, Gartenlaube 1884, nr. 52.
Mörikes Feuerreiter, Gartenlaube 1888, nr. 12.
Über den namen Lorelei, in den Sitzungsberichten der Münchener akademie
1886, II,217fgg.
Aristoteles in den Alexanderdichtungen des mittelalters, in den Abhand-
lungen der Münchener akademie I, XIX, I 1890.
Gedächtnisrede auf Konrad Hofmann. München 1892.
Die sage vom giftmädchen, in den Abhandlungen der Münchener akademie
I, XX, I 1893.
Aristoteles bei den Parsen, in den Sitzungsberichten der Münchener akademie
1899, H,475fgg.
Buch er anzeigen schrieb Hertz für die Allgemeine zeitung 1881, beilage nr. 338/9
und fürs Literaturblatt für gerrn. und rom. philologie 1883, nr. 3 und nr. 7,
1887 nr. 9.
ROSTOCK. WOLFGANG GOLTHER.
LITTEEATUK.
Briefe aus der frühzeit der deutschen philologie an Georg Friedrich Benecke
mit anmerkungen begleitet und herausgegeben von dr. Rudolf Baier. Leipzig,
Dieterichsche buchhandlung 1901. X, 173 s. 3,60 m.
Mit der erwerbung der bibliothek Benecke's ist auch der grösste teil (73) der
hier veröffentlichten briefe in den besitz der ratsbibliothek zu Stralsund gelangt;
acht weitere schreiben hat der herausgeber von familienangehörigen erhalten. Die
drucklegung ist durch A. Leitzmann vermittelt worden, von dem nicht bloss der titel
sondern auch die in den anmerkungen untergebrachten litteraturnachweise herrühren.
Eine hübsche gesamtcharakteristik der correspondenz hat Baier im vorwort s. IVfgg.
gegeben, so kann ich mich darauf beschränken, mitzuteilen, dass die briefe vom
27. februar 1810 bis zum 20. Januar 1844 sich erstrecken, dass von Graff 5, von
.!. Grimm 8, von ~W. Grimm 6, von M. Haupt 8, von Lassberg 10 und von Lach-
mann 11 schreiben herrühren. Ausserdem befinden sich in der Sammlung briefe von
Arnswaldt, Bergmann, Eschenburg, Grote, Hahn, Hoffmann von Fallersleben, Lappen-
berg, Leo, Mone, Primisser, Kenner, Schmeller, "Wackernagel u. a.
Sachlich sind die briefe nicht von erheblicher bedeutung, doch wird man die
äusserungen Lachmanns nicht unberücksichtigt lassen dürfen. Zwar findet der brief
vom 24. november 1822 (Germ. 17, 115) in unserer Sammlung kein gegenstück,
aber no. 41 (vom 7. juni 1826) beleuchtet in bemerkenswerter weise das Verhältnis
VBT.R BAIER, BRIEFE AUS DER FRÜHZEIT DER DEUTSCHEN PHILOLOGIE 401
Lachmanns zu A. "W. von Schlegel. Im ganzen nehmen wir dankbar diese schlichten
Urkunden einer uns allen teuren gelehrtengeneration entgegen. Die anmerkungen
hätten vielleicht in mehrfacher hinsieht gekürzt werden dürfen, den benutzein ist
aber zweifellos damit ein dienst erwiesen, dass auf die vielfältigsten anspielungen,
die in den briefen begegnen, mit ernst und hebe eingegangen worden ist.
Das hauptsächlichste desiderium bleibt, dass die Sammlung doch nur ein bruch-
stück bietet, dass die herausgeber vielleicht das eine oder andere stück hätten bei-
bringen können, wenn sie ihre recherchen in grösserem umfang angestellt hätten.
Durch das liebenswürdige anerbieten der frau Oberlandesgerichtspräsident
ßeseler in Kiel sind wir in die angenehme läge versetzt worden, die edition Baiers
zu ergänzen und an dieser stelle acht briefe Benecke's an den vater der gütigen
Spenderin, Moritz Haupt, gerichtet, zu veröffentlichen. Es sei uns gestattet, mit
öffentlicher danksagung diese einführenden worte zu beschliessen.
1. Göttingen, Sept. 8. 1839.
Hochgeehrter Herr Professor,
Sie haben die gute gehabt, mir im namen des Hn Bergmann den u Meyer
Helmbreht" zu übersenden.1 Ich danke Ihnen dafür gehorsamst, erlaube mir aber
zugleich, da ich Hn Bergmann nicht genauer kenne, Sie zu bitten, ihm meinen
besten dank für sein geschenk abzustatten.
Es freut mich, dass dieses gedieht durch den abdruck zugänglicher geworden
ist, und ich lasse daher einige zugaben ungerügt.
'Was Ihren Erec betrifft, so halte ich Sie bey dem worte und erwarte den-
selben mit grosser begierde. Lachmann, den ich vorige woche in meinem hause zu
beherbergen die freude hatte, ist gestern abend abgereiset, um nach Fulda und an
den Rhein zu gehen, hat mir früher so viel gutes von Ihrem buche gesagt, aber so
dass ich glauben musste, es sey bereits gedruckt, und in dieser Voraussetzung mich
allenthalben darnach erkundigte.
Wenn Sie an Ihren vater schreiben, so haben Sie die gute ihn herzlich von
mir zu grüssen.
Ich empfehle mich Ihnen hochachtungsvoll und gehorsamst,
Benecke.
Adr.: Herrn Professor Haupt
D. G. Leipzig.
2. Göttingen, Jan. 19. 1840.
Herzlichen dank, mein verehrter freund, für Ihren brief vom 8. d. m. und
für den „guoten Gerhard".2 Gut nenne ich diesen in hinsieht auf ihn selbst, in
hinsieht auf Euodolf, in hinsieht auf Haupt, Soter. Ich hatte das büchlein kaum
aufgemacht, so wurde es auch in ein paar abenden durchlaufen: mit müsse — von
der mir, leider, wenig zu theil wird — durchgelesen soll es jetzt erst werden.
Lachmann schreibt mir, er habe von Ihnen meine bemerkungen zu Erec [mit]3
einigen Zusätzen erhalten. Darf ich auch mir diese zusätze gelegentlich von Ihnen
ausbitten y — Die herbstreise ist Lachmann so gut bekommen, dass er seit jähren
sich nicht so gut befunden hat, als diesen winter, Schneidewin dagegen ist ernstlich
krank gewesen, jetzt aber, wie ich höre auf der besserung.
1) Ygl. bei Baier no. 62 (s. 93); betreffs des Erec verweise ich auf Baier no. 63.
2) Ygl. Baier no. 65 (s. 95).
3) Am rand ausgerissen.
402 KATJFFMANN
So viel für heute. — Gott segne Sie! — Bleiben Sie ferner meiner freund-
lich eingedenk. Benecke.
Adr.: Herrn Professor Haupt
Leipzig.
3. Göttingen, Novemb. 24. 1840.
Ich überschicke Ihnen, mein verehrter freund, hierbey die erste hälfte der
abhandlung die Sie für die neue Zeitschrift1 von mir verlangt haben. Die zweyte
hälfte soll spätestens in acht tagen folgen.
Ich habe so viel zu thun, dass ich nicht weiss wo mir der köpf steht: um
so mehr muss ich Ihrer Correctur den kleinen aufsatz empfehlen.
Gott segne Sie! Benecke.
4. Göttingen, Nov. 29. 1840.
Sie erhalten hierbey, mein hochgeschätzter freund, meinem versprechen gemäss,
den schluss des aufsatzes über ein Wörterbuch für leser mittelhochdeutscher Schriften.
Möge es Ihrem wünsche entsprechen.2
An dem Stoffe des aufsatzes ist zwar seit jähren gesammelt; aber der aus-
arbeitung konnte ich leider nur wenige stunden widmen.
Mehren und beßern Sie, nach Ihrem gutdünken, oder schicken Sie mir bey
gelegenheit, die blätter ungedruckt zurück, als tunschlag Ihrer „Überraschung" die
Sie mir angekündigt haben.
Ich habe Ihnen schon in meinem letzten, dem vollworte 'ich lise' beygelegten
zettelchen gesagt, dass ich über köpf und obren in verdriesslichen arbeiten stecke,
von denen mich — wenn nicht früher der tod — nur das ende des Jahres 1841
erlösen kann.
Bedaueren Sie mich und trösten Sie mich durch Ihr wohlwollendes freund-
schaftliches andenken.
Die bücher, welche Sie von der hiesigen bibliothek verlangten, haben Sie
doch längst erhalten?
Mit der aufrichtigsten hochachtuug Ihr
ergebenster freund,
N. S. Benecke.
Zu dem beyscblusse dieses paketchens hat sich Hr Müller, einer der Acces-
sisten auf unserer bibliothek, erboten. Verursacht es Ibnen eine ausluge, so haben
Sie ja die gute mir dieselbe zu melden: ich werde nicht verfehlen sie Ihnen sogleich
erstatten zu lassen.
5. Göttingen, Apr. 19. 1841.
Empfangen Sie, hochverehrter freund, meinen herzlichsten dank für das vorige
woche von Ihnen erhaltene packet. Ich war sehr besorgt, Sie möchten unwohl seyn,
und hatte meine besorgnis sogar in einem briefe an Lachmann geäussert: möge dies
auf lange jähre ein vorbote der vollkommensten gesundheit seyn!
Die bibliotheksbücher sind abgegeben und Sie erhalten Ihren schein hierbey
zurück: auch der beyschluss an Dr. Müller ist sogleich besorgt worden.
Die grundsätze für die einrichtg der Zeitschrift sind vortrefflich; dass recen-
sionen und hünengräber ausgeschlossen sind, hat meinen vollkommenen beyfall.3
1) Vgl. Baier no. 68 (s. 97).
2) Vgl. Zeitschr. f. d. a. 1, 39.
3) Vgl. Baier no. 69 (s. 98).
ÜBER BAIER, BRIEFE AUS DER FEÜHZEIT DER DEUTSCHEN PHILOLOGIE 403
Grössen Sie bestens Ihren vater von mir. So bald ich erst sicher bin, dass
sein 'Gaudeamus' den Academicis, die auf unsere bibliothek geliefert werden, bey-
gelegt wird1, so lasse ich mein exemplar mit Ihrem glückwünschungsgedichte zu-
sammenbinden: kommt es nicht mit, so gebe ich es auf die bibliothek. Es ist gar
zu hübsch, wenn alte leute immer noch jung bleiben.
Ich habe lange von dem Wörterbuch zu dem Nibel. 1. nichts gehört: darf man
hoffen es bald aus Ihrer band zu erhalten?
Kuonrads Silvester habe ich mit grossem vergnügen gelesen, nicht so sehr
der verse oder der spräche wegen, als wegen der schönen gesinnung durch die der
dichter seinen Constantin zu einem wahren fürstenspiegel macht.
Ich bin so frey, einen kleinen schein Ihrer besorgung an die Weidmännische
buchhandlung zu empfehlen.
Behalten Sie mich lieb, und seyen Sie meiner hochachtungsvollen und er-
gebensten freundschaft versichert. Benecke.
6. Göttingen, May 18. 1841.
Für Ihren brief aus Zittau vom 30. Apr. d. j.2 sage ich Ihnen, mein verehrter
freund, den herzlichsten dank.
Auf ihr Wörterbuch zu den Nibelungen, so wie auf das zweyte lieft der Zeit-
schrift freue ich mich im voraus; das erstere wird aber wohl die Jahreszahl 1842
an der stirn tragen, und, wenn ich so lange lebe, mit meinem 80tcn jähre zusammen-
treffen. Bergmann's abdruck des frauenbuchs habe ich noch nicht gesehen: von
dem frauendienst habe ich 22 bogen, aus denen ich gar manches gelernt habe.
Ich bin so frey ein paar zeilen an Ihren vater beyzulegen, und bitte Sie diese
ihm bei gelegenheit zugehen zu lassen. — Ich darf für meine person an reisen nicht
mehr denken; laßen Sie mich also hoffen Sie bey mir zu sehn.
Gott segne Sie!
Ihr treu ergebener Benecke.
Ich bitte Sie die eile dieser zeilen zu entschuldigen, Hr. Schlemmer, der Vor-
steher der Dieterichschen buchhandlung, hat sich gefällig erboten, durch die Weid-
mannische buchhandlung den verkehr zwischen Ihnen und mir zu erleichteren.
7. Göttingen, Aug. 28. 1842.
Mein hochverehrter Freund,
was Ihre gütige anfrage über den empfang Ihrer lieben geschenke betrifft,3
so erlaube ich mir folgende antwort.
Ich habe erhalten
I. das l6te und 2ia heft der Zeitschrift; —
II. die mir so freundlich gewidmeten Lieder u. Büchlein Hartmann's von Aue,
herausgegeben von Moriz Haupt, und zwar 1) die 2 ersten blätter und 2) Lieder,
bogen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. (worin 2tes büchlein anfängt) und bogen 8 (worin der arme
Heinrich anfängt).
Ich habe also nur um bogen 9 . . . . zu bitten.
Empfangen Sie meinen herzlichsten dank für Ihr unschätzbares andenken an
mich, und haben Sie die gute auch Ihrem theueren Vater für seine wohlwollende
1) Vgl. Baier no. 68 (s. 98) nebst anmerkung; es sei gestattet, hier der ,, Gedichte
Goethes ins lateinische übertragen von E. F. Haupt (1773 — 1843), Berlin 1899 u zu
gedenken.
2) Bei Baier no. 69.
3) Bei Baier no. 78 (s. 105).
404 KAUFFMANN" ÖBEB BAIER, BRIEFE AUS HER FRÜHZEIT DER DEUTSCHEN PHILOLOGIE
theilnahme in meinem namen zu danken. Gott erhalte den vortrefflichen mann noch
lange heitere jähre.
Meine kinder sind Sonntag morgen ahgereiset, um über Hamburg und Rostock,
nach Stralsund zurückzukehren, wohin Gott sie geleite!
Jetzt erwarte ich mit jeder stunde den lieben Lachmann. Möchten doch auch
Sie recht bald mich mit Ihrem besuche beglücken! Mir erlauben alter und kräfte
nicht mehr Sie in Leipzig heimzusuchen. Also kommen Sie ja recht bald zu mir!
Auch ich, so wie Sie, schreibe diese zeilen in eile. —
Mit unvergänglicher Verehrung und liebe
Ihr höchst verpflichteter und ewig ergebener
Adr.: Herrn Benecke.
Professor Haupt
frey Leipzig.
8. Göttingen, Oct. 20. 1842.
Entschuldigen Sie, mein hochverehrter und geliebter freund, vor allen dingen
meine etwas verspätete beantwortung Ihres briefes vom 5tcn october d. jahres1; theils
war ich unwohl, theils hatte ich mancherley abhaltung.
Jetzt erst kan ich meinen herzlichen glückwunsch zu Ihrer Verheiratung nach-
holen. Zuverläßig habe ich dieses frohe eräugnis erst durch Lachmann erfahren;
denn nur durch Sie erhalte ich nachrichten von Leipzig. Gott segne Sie und Ihre,
wie Lachmann mir sagte, vortreffliche gattin, der ich mich als alten freund von
Haupt, vater und söhn, bestens zu empfehlen bitte.
Ich habe längst den wünsch gehegt und auch laut ausgesprochen, Sie, lieber
freund, in Göttingen angesiedelt zu sehen; auch in Hannover ist dieses gewünscht
worden; und wenn Sie keinen ruf hierher erhalten haben, so lag, wie ich Sie bestimmt
versichern kan, der grund einzig und allein daran, dass man glaubte, Sie würden einen
solchen ruf ablehnen. Wie glücklich würde ich mich geschätzt haben, wenn uns
dieselben ringmaueren umschlossen hätten, wenn ich — sey es auch nur ein halbes
Stündchen die woche — mich mit Ihnen hätte besprechen, mich bey Ihnen hätte
belehren können.
Mit schmerzlicher theilnahme habe ich aus Ihrem briefe ersehen, dass Un-
lieber vater durch die gicht gelähmt danieder liegt. Gott stehe ihm bey! Ich ver-
ehre ihn und habe ihn verehrt von dem ersten augenblicke an, in welchem ich ihn
kennen lernte.
Empfangen Sie meinen besten dank für die büchlein und lieder und den armen
Heinrich, die Sie mir zum geschenke machten: jetzt ist alles in der besten Ordnung.
Also Sie hoffen wirklich diesen winter Ihr Wörterbuch zu den Nibelungen
und der Klage zu vollenden? Möge ich noch die freude erleben diese hoffnung
erfüllt zu sehen! Gott segne Sie!
Mit unveränderlicher Verehrung
Ihr treu ergebener freund
Adr.: Herrn Benecke.
Professor Haupt
frey Leipzig.
1) Fehlt bei Baier.
KIEL. FRIEDRICH KAUFFMANN.
KAUFFMAXN fßEE jrt'LLEXHOFF , DIE GERMANIA DES TACITUS 405
Müllenhoff, Karl: Deutsche Altertumskunde. IV. band: Die Germania des Tacitus
erläutert. Berlin, "Weidmannsche buchhandlung 1900. XXIV, 751 s.
Bereits DA. II, 9 war für das handsckriftenverhältnis der Germania im ein-
verständnis mit aller weit erklärt worden, dass alle uns erhaltenen handschriften auf
die im 15. jh. in Deutschland (vielleicht in Hersfeld) * gefundene alte hs. zurückgehen.
Diese soll nach DA. IV, 62 ein uncial- oder vielmehr halbuncial codex gewesen sein.
Doch genügt der einwand, ein codex des 10. oder 11. jh. könnte jene unsicheren
spuren frühmittelalterlicher Schrift bewahrt haben, um der Vermutung Mülleuhoffs
die begründung zu rauben; ein minuskelcodex wird übrigens von Müllenhoff selber
s. 140 genannt, s. 462 wird möglicherweise ags. Schrift gefordert (vgl. auch s. 232
gegen 278). Müllenhoffs hauptan nähme ist aber nicbt bloss wegen dieser Unklarheiten,
sondern auch deswegen in hohem grade unwahrscheinlich, weil sie sich mit dem
character eines durch zahlreiche interlinearglossen entstellten archetypus schlecht ver-
tragen will und weil die uns erhaltenen copien durchaus nicht in dem Verhältnis
viele durch scriptum continua verschuldete schreibversehen aufweisen, wie es per
analogiam zu erwarten wäre.
Aus der verlorenen urhandschrift stammen zwei abschritten, von denen die
eine durch die haupthandschrift Vatic. 1862 und den cod. Leidensis, die andere durch
den Vatic. 1518 und den Farnesinus repräsentiert werden. Müllenhoff bezeichnet die
eine gruppe mit B bezw. Bb, die andere mit C bezw. Cc (wie in der Germania
antiqua), beziehungsweise cg (s. 73). Es hätte sich aber empfohlen, diese Signaturen
zu gunsten der allgemein üblichen AB — CD zu opfern. Aus dem uns sonst zur
Verfügung stehenden material hat Müllenhoff den Vatic. 4498 herausgehoben (mit h
bezeichnet, bei Massmann R) und gezeigt, dass er denselben text wie CD enthält, aber
B näher stand und daher gelegentlich berücksichtigt werden muss. Der viel um-
strittene Stuttgarter codex (von Müllenhoff mit t bezeichnet) und der Hummelianus
(d) kommen s. 74 ff. zur erörterung. Sie figurieren unter der sigle D, gehören zur
gruppe C, müssen aber von einer altern und bessern, B noch näher stehenden ab-
schritt des zweiten textes ausgegangen sein — an dieser stelle war es unumgängliche
pflieht des redactors auf R. Wuensch, de Taciti Germaniae codicibus Germanicis
(Diss. Marburg 1893) zu verweisen. Der Vatic. 2964 (Rd bei Massmann) ist nach
Müllenhoff vollkommen wertlos (s. 78), vom Ottobonianus 1795 ist eine genauere
vergleichung abzuwarten (s. 83) — Rödiger hielt es nicht für seine pflieht, den lesern
mitzuteilen, dass über beide codd. von Vfuensch im Hermes 32, 46 fg. gehandelt
worden ist und dass sie noch einmal in besonders geistreicher weise im Philologus
57, 308fgg. (1898) bewertet sind. Nach Müllenhoff gehört der Vatic. 2964 (Rd) mit
dem Longolianus und den ersten Nürnberger drucken von c. 1473 zusammen (dazu
war auf die ältere notiz Müllenhoffs [Hermes 32, 43] zu verweisen) : er befasst diese
zeugen unter der sigle E.
Zu unverdienter ehre sind die drei Nürnberger drucke gelangt, denen Rödiger
den Anhang XXIV gewidmet hat — in ganz anderem mass hätte er der sache ge-
dient, wenn er an dieser stelle von der in Rimini aufgefundenen neuen Germaniahs.
berichtet hätte. Über sie handelt der aufsatz „Zur Textgeschichte der Germania"
von R. Reitzenstein (Philologus 57, 307 fgg.), der den Vatic. 2964 (Rd) rehabilitiert und
1) s. 61 wird die rückkehr des Enoch ins jähr 1457 oder 1458 gesetzt; wir
wissen aber längst, dass er 1453 heimgekommen ist (vgl. G.Voigt, Widerbelebung
3. ausg. 1,255. 2,202. M. Lehnert, Heimes 33,500. 503 und neuerdings Rivista di
Filologia XXIX, 262).
406 KAUFFMANN
mit dem Ottob. 1795 und der hs. von Rimini zusammen in eine bedeutsame position
bringt. Die Nürnberger drucke erscheinen danach völlig wertlos. "Wol aber ist die
behauptung Müllenhoffs (s. 81) E bilde eine coordinierte mittelgruppe zwischen AB
und CD glänzend bestätigt worden. Es „wird nicht nur wo eine sachliche entscheidung
zwischen den lesungen von AB und CD unmöglich ist, den ausschlag geben dürfen,
ja in einzelnen fällen gegen beide recht behalten, sondern es gestattet uns auch
vor allem oft die doppellesungen des archetypus besser festzustellen
und zu erkennen, wie sich die Schreiber von ABCD und ihrer vorlagen zu denselben
stellten" (Philologus 57,316).
Über den „verschollenen" Bambergensis und Aruodelianus (s. 83) vgl. Hermes
32, 42fgg. ; über den "Venetus ebenda s. 48fgg. (ihm zunächst steht ein Parisinus, über
den Wuensch zum erstenmal auskunft gibt); über den Romanus und Florentinus
ebenda s. 55fgg. Wesentlich zu modificieren sind jetzt die allgemeinen directiven,
die s. 86 fg. gegeben werden, denn vor allem kommt es (nach den ausgezeichneten
bemerkungen Reitzensteins) darauf an, die doppellesarten herauszuarbeiten, die dem
Archetypus eigneten. Das ist die besondere aufgäbe, die des textkritikers bei der
Germania harrt und es scheint nicht, dass Hüllenhoff darauf in gebührender weise
seinen Scharfsinn und seine Sachkenntnis concentriert hätte1), wenn ihm auch selbst-
verständlich der Sachverhalt durchaus geläufig war (s. 62 wird didgitubini als Ver-
besserung von dulgibini bezeichnet; durch den Vorschlag Reitzensteins, für den ar-
chetypus dulgi^bini anzusetzen [a. a. o. s. 314], ist die sache wesentlich vereinfacht).
Mit den vollen akkorden, die Müllenhoff so gern in seiner Altertumskunde
anschlägt, eröffnet er auch das neue werk. Es sind accorde eines nationalen pathos,
die hoffentlich bis in die ferne der Zeiten durch die deutsche Philologie fortklingen
werden. In dieser hohen Stimmung redet Müllenhoff auch noch von der kunstvollen
disposition der Germania — hat aber trotz der trefflichen bemerkungen auf s. 20fg.
der Stilisierung, überhaupt der formalen seite des goldenen büchleins nicht die ge-
bührende aufmerksamkeit geschenkt. Sein pathos meine ich auch da noch zu ver-
spüren, wo er die ethisch -politische tendenz der taciteischen schritt zu verteidigen
übernimmt; er sagt s. 15: Die Germania ist eine politische broschüre für den moment
berechnet — das ist mit dem Wortlaut des 27. cap. völlig unvereinbar und der Stand-
punkt unmöglich zu verteidigen, von dem aus Müllenhoff bei einem patrioten wie
Tacitus das bestreben entdeckt, die Vorzüge der Germanen vor den Römern möglichst
scharf herauszuheben (s. 359); in diesen fragen fordern wir jetzt jene nüchternheit, mit
der Monimsen (1886) den inhalt aufgefasst, unterschätzen aber nicht die bedeutuug einer
lang nachwirkenden tradition in der beurteilung der nördlichen völker, die A. Dieterich
(Nekyia s. 35 fg.) ins licht gesetzt hat. Nicht bloss bei den grundfragen vermissen
wir entsprechende hinweise des herausgebers auf den tatsächlichen stand der for-
schung2, er lässt Müllenhoff von den Limesanlagen reden, ohne auf die leistungen der
gegenwart aufmerksam zu machen; die ausgaben und commentare sind nur bis 1877
bezw. 1880/82 verfolgt (wol aber hat Roediger da und dort Monimsen röm. Geschichte
baritum
1) Durch das Zeugnis von E wird z. b. erwiesen, dass der archetypus barditum
überlieferte; wir haben es also mit einer doppellesart zu tun, das heisst aber keines-
wegs, dass baritus die minder beglaubigte lesart sei (wie Miilleuhof'f s. 136 voraus-
setzt); vielmehr ist baritus so gut beglaubigt wie borditus, sofern beide formen
im archetypus standen.
2) Vgl. jetzt die neue aufläge der römischen Literaturgeschichte von Schanz
in Iw. Müllers Handbuch.
ÜBER MÜLLENHOFF, DIE GERMAMA DES TACITXJS 407
bd. 5 oder neuere Baude der Auetores antiquissimi [MGH] citiert); ganz unentbehrlich
war, wo Müllenhoff über den titel der Germania handelt (s. 99), der hinweis, dass
ein hauptzeuge (Cassiodor) übersehen ist und dass die argumente Wölfflins u. a. nicht
gestatten, an dem titel de origine et situ Germanorum länger festzuhalten.1 Ganz
seltsam ist die entschuldiguug Roedigers im vorwort s. VIII: „ich Hess auch den plan
fallen, anhangsweise die neuere literatui zu verzeichnen, womit doch nur denen ge-
dient gewesen wäre, die sie sich verschaffen uud ihren inhalt ausschöpfen können."
Ich fürchte, Roediger hat dadurch dem andenken Müllenhoffs einen sehr schlechten
dienst erwiesen, denn unaufhörlich ärgert sich der benutzer, einer darstellung folgen
zu müssen, die um mehr als 20 jähre hinter dem, was uns jetzt zu gebot steht, zu-
rückliegt, einen commentar zu rate zu ziehen, der am schlimmsten leidet, was ihm
vorgeworfen werden kann, an der lückenhaftigkeit des materials. So wird es leider
nicht ausbleiben, dass an diesem Germaniaband niemand recht seine freude haben
kann — selbst Roediger ist es so ergangen (vorw. s. XI); aber er hätte doch tun
sollen, was in seinen kräften lag, um nicht eingestehen zu müssen: „seine her-
st eilung befriedigte wenig." Ist es nicht tief betrübend, dem werk eines so ver-
ehrten mannes wie Müllenhoff mit solchem begleitwort zu begegnen, seinem Ger-
maniacommentar vorhalten zu müssen, hinter der zeit, der die Trajaussäule, die
Marcussäule, der Limes (vgl. s. 405 fg.!), das inschriftenmaterial neu geschenkt sind,
so weit zurückgeblieben zu sein! Was erlebt der deutsche philolog, wenn er jetzt
die vollendeten reproduetionen der Marcussäule studiert, mit welchem hochgefühl
schwellt sich seine brüst, wenn er den vollkommenen adel germanischer männer-
und frauentypen im bilde schaut — nirgends hat hiefür Müllenhoff einen adäquaten
ausdruck gefunden — am wenigsten, wo er (vgl. s. 146 fg. 164. 166. 236 u. ö.) ab
und zu auf die bilderchroniken der römischen Säulen sich bezieht, die durch einen
machtspruch (s. 294) so gut wie abgelehnt werden, während andererseits mit der sog.
Thusnelda von Florenz als einer festen grosse mit Vorliebe gerechnet wird. Wie an-
regend wäre es gewesen, hätte Rödiger auf Furtwänglers Intermezzi (1896) aufmerksam
gemacht, wo aus anlass des Monuments von Adamklissi die aus dem altertum uns
verbliebenen Ger manendar Stellungen eine Würdigung gefunden haben; der neue
catalog des Pariser Cabinet des Medailles et Antiques liegt nicht so am weg, dass
ein citat und ein directer hinweis auf die in ihm enthaltenen abbildungen der Ger-
manenstatuetten sich erübrigte. Kurzum, lückenhaft ist dieser Commentar zur Ger-
mania im thatsächlichen an vielen orten (vgl. die mangelhaften listen s. 159, oder
s. 287, oder die seltsame gleichsetzung von kupfer und bronze s. 158. 163). Diesem
übel hätte durch den redactor abgeholfen werden können.
Zum teil ist er auch verantwortlich für die schiefe beurteilung der fragmen-
tarischen Überbleibsel. Nach den lebhaften debatten, die in den letzten jähren aus
anlass der bücher von Meitzen, Wittich (Die grundherrschaft in Norddeutschland
1S96) und Hildebrand (Recht und sitte auf den verschiedenen wirtschaftlichen kultur-
stuf en 1896) gespielt haben, wird mancher wie ich mit besonderer Spannung die aus-
führungen zum 26. cap. der Germania gesucht haben. Auch nach Müllenhoffs meinung
ist es die schwierigste stelle des büchleins (s. 363). Herr Roediger verweist aber statt
auf die neuere literatur auf Heinrich Rückert a. 1853 (s. 371 anm.) uud hat in selbstän-
diger weise die ansichten Müllenhoffs formuliert. Das ergebniss ist sehr wenig be-
1) Für den sich freilich in der Rivista di Filologia 1. c. ein Verteidiger ge-
funden hat.
408 SÜTTERLIN
friedigend. Der leser muss den eindruck bekommen, als sei durch die agrarhisto-
rischen arbeiten von Hanssen die sache erledigt worden (es spielt der russische Mir
und die Triersche höferschaft noch jene exemplarische rolle, die ihnen ganz und gar
nicht zukommt). Wie das schwierige problem in der gegenwart behandelt werden
muss, kann auch der willigste aus der Müllenhoff-Roedigerschen darstellung unmöglich
lernen, wol aber aus der geistvollen erörterung Felix Rachfahls (Zur geschichte des
grundeigentums. Jahrb. für nationalökonomie und Statistik 3. f., bd. 19, 1. 161), wenn
man diesem autor auch nicht zugeben wird, dass der vielberufene abschnitt über
die agrarverfassung des selbständigen rruellenwerts entbehre1.
Erfreulich ist die lebhaftigkeit, mit der Müllenhoff (s. 272) dafür eintritt, dass
der berühmte, fast zum Schlagwort gediehene eingang des 15. cap. sich nicht auf
die Germanen im ganzen und allgemeinen, sondern nur auf die comites bezieht.
Anderes hingegen, wie z b. die behandlung der ethnogonie, ist durch Kossinna voll-
ständig überholt worden und die erläuterung des avunculats (s. 318 fgg.) erscheint an-
gesichts der neueren anthropologischen forschungen auffallend dürftig und befangen.
Wie man aber auch fortfahren möge, auf lücken und unvollkommeuheiten
aufmerksam zu machen: es bleibt als der beherrschende gesamteindruck des werks,
dass es aus einer so intimen kenntnis des classischen altertums geboren ist, wie
sie jetzt keinem Germanisten mehr eigen sein dürfte. Hier ist auch zum ersten mal
ernst gemacht mit der forderung, Tacitus nicht bloss aus seinen quellen, sondern
aus der von ihm unabhängigen altgermanischen Überlieferung heraus zu erklären.
Müllenhoff hat in weitem umfang den altgermanischen Sprachschatz ausgenützt, da
und dort — allerdings noch lückenhafter als das lexicon — die archäologischen fund-
ergebnisse angezogen und dadurch die interpretation der Germania auf bahnen ge-
lenkt, von denen sie nicht wider wird abgehen dürfen.
Unter den dankenswerten beigaben hebe ich nicht so sehr die zeitschriften-
artikel und den unvollendet gebliebenen aufsatz über die zeit- und himmelseiuteilung
der Germauen (s. 639 — 689) hervor, als die reichhaltigen register, in denen die im
commentar besprochenen germanischen Wörter eine besondere rubrik bilden. Sie
rühren von dr. E. Petsch her, doch hat M. Roediger das namen- und Sachregister
einer gründlichen bearbeitung unterworfen und die Inhaltsübersicht hinzugefügt.
1) Nachträglich verweise ich auf Johannes Steenstrup, Etnografien (Kjobenh.
1902) s. 25. 34fgg.
KIEL. FR. KAUFF.MANX.
Herman Hirt, Der indogermanische ab laut, vornehmlich in seinem Verhältnis
zur betonung. Strassburg, Trübner 1900. VI, 224 s.
In seinem buch über den indogermanischen ablaut hat Hirt die Untersuchungen,
die er vorher in den 'Indog. forschungen' einzeln veröffentlicht hatte, zusammen-
gefasst und ergänzt. So sehr er sich dabei an seine Vorgänger auf diesem gebiet
anlehnt, wie de Saussure, Hübschmaun u. a. , so sehr unterscheidet er sich auch
wider von ihnen, vornehmlich durch die ausdehnung, in der er die erscheinungen
verfolgt, und durch die folgerichtige hartnäckigkeit , mit der er seine anordnung
durchführt. Hirt nimmt drei hauptstufen des ablauts an, eine vollstufe, eine re-
ductionsstufe (für die ich der gleichmässigkeit halber lieber Schwächungsstufe sagen
möchte) und eine Schwundstufe. Von diesen ist die vollstufe ursprünglich; sie ist
aber nur in der tonsilbe des wortes erhalten; in den nichttonsilben entwickeln sich
ÜBER HIRT, IXDOGERM. ABLAUT 409
aus ihr die beiden andern stufen: die reductionsstufe (R) entsteht in den ersten silben
eines Wortes (ai. sthitds, gr. dorög, ay.(Svr\ixi, lat. patere, got. sijau, guma, ivulfs),
die Schwundstufe (S) hauptsächlich nach dem ton und zwischen neben- und hanptton
(ßiq-nos, ßi'iQ neben lat. ferus). Zwei weitere stufen bilden sich unter bestimmten
Verhältnissen heraus, eine zweite schwächere Schwundstufe in den enklitischen silben
(ai. devä-ttas 'von gott gegeben', igv&QÖg neben ai.rudhiräs) und eine dehnstufe in
den tonsilben, hinter denen ein kurzer vocal ausgefallen ist (peds aus pedos). Eine
wichtige, anerkennenswerte neuerung ergibt sich zum teil schon aus dem gesagten:
Hirt betrachtet nicht, wie man das bisher beinahe ausschliesslich getan hatte, die
einzelne silbe, sondern immer gleich das ganze wort und setzt die einzelnen silben
dieses Wortes in ihrer verschiedenen abstufung nebeneinander (stamm iveröd 'wurzel':
RS ist radix, SS oäöuuvog). Er gibt demgemäss auch meist nicht die Vertretung
der einzelnen indogermanischen vocale an, sondern gewöhnlich die von ganzen silben-
gruppen (ere, ene usw.) und unterscheidet dabei nicht nur genau nach der art der
laute üu allgemeinen , sondern hält z. b. selbst unter den liquidaverbindungen die
einzelnen auseinander. Das ist natürlich und klar und lässt die tragweite des einzelnen
besser übersehen. Dagegen fasst er am schluss umgekehrt verschiedene gestaltuugen
der tempus- und Wortbildung zusammen und erleichtert damit die Übersicht.
Im grossen ganzen entwirft Hirt ein sehr einheitliches deutliches bild. Ich
meine aber, er hätte bei der aufstellung der verschiedenen arten der Stammformen
noch mehr verallgemeinern sollen. An viele Scheidungen, die noch jetzt eingehalten
werden, glaube ich nicht; sie beruhen meist auf Voraussetzungen, die ich nicht für
bewiesen halte. Wie Hirt jetzt schon für die alte form bhendh 'binden' ein blienedh
einsetzt, so muss man wenigstens grundsätzlich die möglichkeit anerkennen, dass
überall sowol vor einem anlautenden consonanten und hinter einem auslautenden eine
Schwundstufe vorliegt, als auch inlautend zwischen zwei consonanten, dass also hier die
urform überall einen vollstufenvocal enthalten haben kann : man müsste also beispiels-
halber für onokt 'nacht' sogar eine form onokete zulassen, für skercb sogar sekerebe,
für dekemto sogar edekemeto. Vielleicht lässt sich so der doppelheit von gr. ccq und qu
beikommen, ie'Qarj neben iveres begreifen, steur auf sthewä zurückführen und dergl.
Diese formen brauchen natürlich nicht alle vorzukommen; aber schon die möglichkeit
mit ihrem Vorhandensein zu rechnen erweitert den blick und schützt vielleicht vor
einseitigkeit. Wie diese langen formen entstanden sind, ist gleichgültig: es können
mehrsilbige einzelwörter gewesen sein, aber auch wortgruppen. Auf wortgruppen
scheint besonders das nasalinfix zu weisen, an dessen dasein jetzt ja wol niemand
mehr zweifelt. Ich kann mir aber die Verwendung dieses gebildes mitten in der
wurzel nicht anders erklären, als durch die annähme, dass hier einmal ein wortein-
schnitt war, und dass das jetzige infix ein altes präfix oder suffix fortsetzt.
Ich glaube auch nicht an den unterschied von einsilbigen und zweisilbigen
basen, obwol ich weiss, was man alles dafür gesagt hat; denn die beispiele, die
man zum beweis anführt, überzeugen mich nicht, und die lehre, mit der man eine
solche annähme stützen will, befriedigt mich nicht; dagegen bestärken mich viele
etymologien, die ich nicht preisgeben möchte und die mit dem Standpunkt jener wurzel-
verschiedenheit nicht vereinbar sind, in meinem zweifei. Hoffentlich finden wir bald
einen ausweg aus diesen Schwierigkeiten — wenn auch vielleicht auf kosten der
Hirtschen ablautsreihen. Diese reihen haben ja auch jetzt schon ihre schwachen
Seiten: bald muss eine neubildung vorliegen, bald gr. ncü.y.ög für nkaxög stehen
u. dergl. Beinahe möchte ich sagen, die grosse Ordnung kommt mir verdächtig vor.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 27
410 SÜTTERUX ÖBEB HIRT, INDOGERM. ABLAUT
In der jüngeren entwicklung der indogermanischen sprachen, wo wir die geschiebte
überblicken können, ist selten eine solche einheit vorhanden. Und die indogerma-
nischen sprachen hatten in der zeit, in die wir sie zurück verfolgen , doch auch schon
eine lange entwicklung hinter sich. Dass damals aber nur vollstufen mit e vor-
gekommen sein sollen, selten a und o, dagegen gar keine Schwundstufe mit i und u,
ist in jedem falle sonderbar.
Die beispielsammlung, die Hirt gibt, ist sehr reichhaltig. Aber es ist manches
recht zweifelhafte stück dabei. Vielleicht hätte Hirt seiner sache einen besseren
dienst erwiesen, wenn er diese unsicheren Wörter, wo nicht weggelassen, so doch
besonders gestellt oder durch kleindruck als minderwertig bezeichnet hätte. Es be-
trifft das Zusammenstellungen wie (payuv: ahd. baeckan, gr. yekdta: ylaaaa und
Unklarheiten, wie äonäto) neben arep. Was soll das auch für ein ahd. buozzan sein
neben lat. fari? Zu diesen unsicheren fällen gehören auch die, die mit einem so-
genannten wurzeldeterminativ versehen sind. Hirt glaubt ja an diese determinative
so wenig wie ich; er hätte also keleu nicht so ohne weiteres neben got. hlaupan zu
stellen brauchen.
Über beispiele, die seiner lehre widersprechen, geht Hirt meines erachtens
etwas zu rasch hinweg. Wir haben das Schauspiel doch schon erlebt, dass etymo-
logien, die man früher einer bestimmten ablautslehre zuliebe als unhaltbar zurück-
gewiesen hatte, die ablautslehre überdauert haben und nachher wider zu ehren ge-
kommen sind; so könnte es vielleicht auch mit beispielen gehen, die Hirt jetzt von
der betrachtnng ausschliesst. Wenn ich etymologien fände, die mit Hirts ablauts-
reihen in einklang sind, würde mich das freuen; wenn die form und die bedeutung
aber sonst stimmte, würde ich sie Hirts wegen nicht fallen lassen.
Was Hirt nach dem Vorgang von Passy und Finck zur erklärung der vocal-
schwächung anführt, halte ich für ganz ungenügend. Mit der flüsterstimme ist es
hier nicht getan. Da ich bald an anderer stelle über diese frage handle, genügt hier
der hinweis, dass geflüstertes suep eher sfep ergibt als sup.
Auch im einzelnen ist manches zweifelhaft. Wenn es heisst, in jedem wort
sei nur eine vollstufige silbe möglich, ausgenommen, wenn ein gegenton vorliege, so
wird da x mit y erklärt. Denn wann liegt ein solcher gegen ton vor? Kann dejeires
nicht z. b. zu dejtvös geworden sein? Unklar ist die rolle, welche die enklise spielt.
Kann die nicht auch andere neuerungen in den ablautsreihen hervorgebracht haben
ausser der zweiten Schwundstufe? Streitbergs ansieht ferner, dass ai. madhukrt aus
medhicokertos hervorgegangen sei, hält Hirt deswegen für unrichtig, weil kein voll-
stufenvocal in der Wortzusammensetzung schwinde. Ich meine aber, das eine schliesst
das andere nicht aus. Zusammensetzungen sind zu allen zeiten entstanden. Unter
der Voraussetzung, )ucdliwokertos (oder die bildungen, die ihm zum muster dienten)
seien schon zu der zeit vorhanden gewesen, als der ablaut noch gar nicht entwickelt
war, also in der zeit, wo alle wortsilben noch vollstufig waren, ist die spätere ge-
schwächte form leicht begreiflich; tv7iihwQ, in dem sich e zu ö gewandelt hat, ent-
stammt dagegen einer jüngeren zeit. Dass im aus u entwickelt worden sei, wenn es
vor einem vocal stand, hat man vorher jedenfalls nicht allgemein angenommen; schon
Osthoff hat Morph, unters. 4, 353 fgg. ganz dasselbe gelehrt wie Hirt. Bei der auf-
zählung der beispiele, welche die Vertretung des tonlosen « veranschaulichen sollen,
hätten die liquidahaltigen fälle von den übrigen getrennt werden dürfen (s. 15 fg.).
Dass ywr) für gwnä stehe, will mir nicht einleuchten, weil es mir bedenklich scheint,
nur hier den labialen beiklang von dem guttural loszulösen. Auf s. 17 (§ 33) ist ein
R.M.MEYER ÜBER DEET.TEX. IMMKRMAXX 411
abschnitt als erster bezeichnet, ohne dass der erwartete zweite folgt! Att. xtcXr] kann
man vielleicht aus y.aßdh] herleiten (s. 38). Wie ist nach Hirt das zweite a in ahd.
salaha 'Weide' zu erklären, als ursprünglich oder als Svarabhakti? Aus welcher
urform ist ahd. bräwa 'Braue' entstanden, wenn es dehnstufe enthält? (s. 17). Dass
gwenä entweder gw&nä wurde oder gu'nCi, und nichts weiteres, kann man doch mit
der Silbentrennung der geschichtlichen formen nicht beweisen. Diese könnten doch
ebenso gut von gwnnä abgeleitet werden. Und zum ansatz von nn ist man nicht
gekommen, weil man von u ausgieng, sondern weil man ein gegenstück zu ij und im
haben wollte.
Zum schluss möchte ich noch auf einige wichtige darlegungen Hirts aufmerksam
machen, die sich auf das germanische beziehen. Got. sat 'sass' setzt ein altes sode
(s-sode) fort, wie es besonders in kompositis üblich war (prosode), setwn dagegen
sex(e)dme; ahd. teta 'tat' ist ein altes imperfect ädadhät 'setzte'; ahd. tätun ist ein
perfect dhedlwnt, dessen stamm auf die einfache widerholung der langvocalischen
wurzel zurückgeht (dhe-dhe). Das £ - präterituin hat als compositum im sing. got.
salböda einfaches dhem als zweiten bestandteil, während sich das pluralische dedun
in salbödedun mit ahd. tätun deckt. Diese erklärungen sind jedenfalls besser als alle
bisher gegebenen.
HEIDELBERG. LUDWIG SÜTTERLIN.
Werner Deetjen, Immermanns „Kaiser Friedrich der Zweite". Ein beitrag
zur gesch. der Hohenstaufendramen (Litterarhistor. forschungen herausgegeben von
J. Schick und M. v. Waldberg XXI.) Berlin, E. Felber 1901. X. 216 s. 4 m.
Die arbeit eines wol geleiteten Schülers liegt vor, der fortwährend noch etwas
ängstlich nach dem concept sieht und auch seinem dichter unaufhörlich G. Freytag.
Klein und Volkelt zur nachachtung vorhält; auf eigene hand wagt er nur etwa
günstige Hohenstaufenthemata vorzuschlagen und vor dem Konradinstoff zu warnen
(s. 145). Doch besitzt die Studie auch die Vorzüge solcher arbeiten: fleiss und Ordnung.
Die entwickelung des dramas von der ersten conception bis zur letzten fassung wird
sorgfältig analysiert, unter überreichlicher beigäbe von proben; einzelfragen wie kolorit
(s. 114fg.), stil (s. 117), reim (s. 121) und technische momente wie die „kleinigkeit
des entscheidenden motivs" (s. 96) werden beleuchtet. Schwächlich ist der abschnitt
über ., einwirkungen " (s. 123 fg.) ausgefallen; bei Immermanns eigentümlicher art, sich
litterarisch anregen zu lassen , musste hier viel weiter gegriffen werden. Auch werden
haupt- und nebenmuster zu wenig unterschieden: Lessings „Nathan" (nur s. 91 er-
wähnt) hat auf die ganze Zeichnung der atmosphäre, auf die erfindung der nicht
christlich erzogenen tochter (s. 39) und die freigeisterei des Marinus (deren bekenntnis
übrigens auf mich keineswegs „ergreifend'- wirkt, s. 114) starken einfluss geübt,
Schillers „Wallenstein " nur- auf die ausdrucksweise.
In bezug auf die ästhetischen urteile des verf. können wir einige bedenken
nicht verschweigen; uns scheinen die beiden stamme der handlung (s. 86) so wenig
glücklich verschürzt als im „Wallenstein ", „Teil" und andern Vorbildern Immermanns. —
Lehrreich sind die mitteilungen über die Vorbereitung (s. 38 fg.) und die Wirkung
(s. 134 fg.) des stücks; die einwirkung auf B. Wagner (s. 140fg.) scheint überschätzt.
BERLIN, 28. FEBRUAE 1902. RICHARD M. MKYER.
27*
412 R. M. MEVER ÜBER CASTLE, LENAU
Eduard Castle, Nikolaus Lenau. Zur Jahrhundertfeier seiner geburt. Mit
neun bildnissen und einer Schriftprobe. Max Hesse, Leipzig 1902. VIII, 120 s.
1,50 m.
Der rührige verlag von Max Hesse in Leipzig hat seit einiger zeit eine neue
reihe von classiker- ausgaben begonnen, die sich wegen brauchbarkeit und billigkeit
verdienten beifalls erfreuen. Zu dieser Sammlung hat Eduard Castle eine Lenau -
ausgäbe beigesteuert, die gegenüber der von Barthel bei Reclam zwar einen eigent-
lichen f ortschritt kaum darstellt, jene aber doch in text und einleitung in will-
kommener weise ergänzt. Nunmehr hat er auch zur Jahrhundertfeier des dichters
eine selbständige darstelluug erscheinen lassen, die sich wol vor allem an die weiteren
kreise richten sollte. Leider muss gesagt werden , dass der verf. durch die art seiner
darstellung diesen zweck von vornherein selbst vereitelt hat. Seit einer reihe von
Jahren haben unsere litterarischen arbeiten in erfreulicher weise die zunehmende
tendenz, wissenschaftlichen ernst mit ästhetisch gefälliger form zu vereinigen. Bei
C. fühlt man sich mit einem male wider um Jahrzehnte zurückgeworfen, fast bis in
die epoche, in der Danzel seine tiefen anschauungen und originellen erkenntnisse
stilistisch so garnicht zu beherrschen wusste. Ich glaube der Verfasser hat selbst
etwas davon gefühlt; denn aus der „trotzig verzagten" Selbstverteidigung vor den
anmerkungen (s. 108) klingt beinahe etwas wie reue nach der tat heraus. Freilich
hat C. nicht gut daran getan, sich an dieser stelle auf Brünetteres mathematische
schärfe zu berufen; viel eher fühlt man sich an das buch erinnert, über das er selbst
(s. 112) das treffende urteil abgibt: „stoffreich doch verworren".
Zunächst fehlt es dem buche an einer scharf eingreifenden disposition. Vor
allem kommt dies in dem einleitungs-capitel „Wiener cultur im Zeitalter Franz I."
an den tag. Ich halte es für ganz ausgeschlossen, dass sich irgend jemand aus dieser
hastigen häufung mannigfaltiger tatsachen irgend eine klare auschauung bilden könnte,
sei es über den gesamtcharakter jener zeit oder gar über ihre historische eutwickelung.
Dazu verführt die eile des Vortrags zu den wunderlichsten Zusammenstellungen, wie
denn eine schiefere parallele als zwischen Hoff bauer und Schleiermacher (s. 21) kaum
zu erdenken ist — es sei denn die unglaubliche verkoppelung der namen Comte und
Schopenhauer (s. 107) !
Leidet dies capitel vor allem au der hypertrophie der namen und daten (was
hat z. b. der name des cardinals Rauscher mit dem Zeitalter Franz I. zu tun?), so
tritt in dem verlauf des übrigen Werkes an die stelle der hierdurch verursachten
Unklarheit nur zu oft eine Unklarheit in des Verfassers eigenen ausdrücken und an-
schauungen. Völlig unklar ist z. b. was er über Lenaus melancholie (s. 31 und 83)
unter fortwährenden selbstwidersprüchen sagt, sehr undeutlich die übrigens an sich
überflüssigen erörterungen über das wesen der liebe (s. 68), sonderbar die moralischen
betrachtungen über die Stellung des ehern anns zu dem Iiebesverhältnis zwischen seiner
gattin und ihrem freunde (s. 75). Gelegentlich tritt übrigens auch hier die citiersucht
verwirrend hinzu, wrie wenn (s. 53) Herkomer und Schönbach bemüht werden müssen,
um Lenau's antipathie gegen den „ Amerikanismus " zu erklären. "Wieviel mehr hätte,
wenn doch schon litterarische belege nötig waren , Kürnbergers „ Amerikamüder "
getaugt!
Sehr häufig haben wir ausserordentliche Ungeschicklichkeit des Stils zu beklagen.
Ausdrücke wie „plasticität des gemüts" (s. 31) oder „aneifern" im sinne von „zur
nacheiferung anspornen" (s. 32) sind wenigstens nur unschön. Aber was soll man
zu einem satze sagen, wie dem folgenden (s. Gl): „Als unwiderstehlich gefeiert und
JELLINEK, ZU THEOB. HOCK 413
gehuldigt, erregte sie durch, correctes spiel, selbst unbefangen, in jedem, ohne auch
nur von einem, nicht einmal dem gatten, in eine tiefe leidenschaft gerissen zu werden,
wünsche und hoffnungen, die zu erfüllen ihr nicht in den sinn kam." Solche trau-
rigen gebilde finden sich noch öfter (z. b. s. 42. 64).
"Wir haben uns bei form und stil am längsten aufgehalten, weil doch schliess-
lich bei einer darstellung die darstelluug die hauptsache ist. Je mehr wir aber be-
dauern, dass durch die Vernachlässigung dieser Wahrheit C. sein buch um die beste
Wirkung gebracht hat, desto entschiedener müssen wir hervorheben, dass es für den
litterarhistoriker und für jeden, der sich intensiver mit Lenau beschäftigen will, von
unzweifelhafter Wichtigkeit ist. Zwar die erkenntnis seiner litterarischen Ursprünge
wird keineswegs so sehr gefördert wie man aus der breite der nomenclatur in jenem
anfangscapitel schliessen könnte. Mangelt es doch nachher fast ganz an versuchen,
zwischen jenem milieu und den dichtungen Lenaus eine nähere beziehung herzustellen.
Nur das ist von bedeutung, dass der verf. mit entschiedenheit Lenau als Deutschen
fasst und die slavischen und ungarischen bestandteile seines wesens fast ganz abweist.
In andern punkten aber kommt er öfters zu ergebnissen, die wir uns zwar nicht
immer anzueignen vermögen, die aber doch als resultate eines sechsjährigen ernsten
und eindringenden Studiums mindestens genauere erwägung verlangen dürfen. Dahin
rechne ich besonders sein ungünstiges urteil über den einfluss der familie Schwab
und ihre haltung dem dichter gegenüber (s. 42) und vor allem den ritterlichen ver-
such, Sophie zu „retten". Ich kann mich, wie gesagt, beidemal nicht als überzeugt
bekennen; noch weniger bei der überaus harten Verurteilung der Caroline Unger
(s. 92). Aber ich räume durchaus ein, dass C.s auffassung eine nachprüfung der
acten nötig macht. Diese wird dann hoffentlich auch die folge haben, dass der verf.
seine eindringenden und vielseitigen Studien zur erkenntnis Nikolaus Lenau's noch
einmal vorlegt und zwar in einer form, die dem wertvollen inhalt mehr als die diesmal
gewählte rücksicht trägt.
BERLIN, 5. JUNI 1902. RICHARD M. MEYER.
MISCELLE.
Zu Theobald Hock.
In dem jüngst erschienenen heft der Beiträge (27, 154 fgg.) hat A. Goetze einen
sehr fördernden artikel über Hock1 veröffentlicht. Aus den von ihm beigebrachten
parallelen geht hervor, dass Hock stark unter dem einfluss von Fischart steht'-. Viele
verderbte stellen hat Goetze durch einleuchtende konjekturen gebessert. Aber in einigen
punkten bin ich anderer meinung und auch sonst habe ich ein paar bemerkungen an-
zuknüpfen.
1) Eine sichere entscheidung über die namensform — Hoch oder Hock —
scheint mir unmöglich. Auf das anagramm Öckh kann ich kein so grosses gewicht
legen wie Röster und E. Schröder, Anz. f. d. a. 26, 306. Eine majuskeltype Ö, wie
sie der originaldruck des Schönen blumeufelds bietet, ist für jene zeit eine grosse
Seltenheit. H. konnte von vornherein nicht darauf rechnen, dass die druckerei sie
besitzen würde. Hätte er also wert darauf gelegt, dass der umlaut im anagramm zum
ausdruck komme, so würde er wol ö in o e aufgelöst haben, wie er ä in Pfälzem
im anagramm als a -f- e verwertet.
2) Zu 73, 26. 27 vgl. Aller praktik grossmutter s. 12 des neudrucks z. 10. 11 v. u.
Händleintrucker, Brüstleinschmucker.
414 JELLINEK
13, 13 ist es Dicht möglich Nefo statt Nost zu lesen, da dadurch der binnen-
reim auf gwöst zerstört würde. — Zu 14,26 bemerkt G. „hall, mhd. hale ^ glatt'."
Warum hat ihn meine bemerkung Zs. 33, 118 nicht befriedigt? — 14, 45 G.s einwand
gegen Kösters Verbesserung leyden st. leyder ist richtig, seine Verbesserung leichter
sehr wol möglich, näher scheint mir aber graphisch lieber zu liegen. — 21, 39. 40 Was
doch im Weibsbildt rain, Auff Erd kein haben nit gmain. G. hält gmain für ein
substantivum. Aber das gäbe nur daun einen sinn, wenn sich für ireibsbild dieselbe
kollektive bedeutung nachweisen Hesse, wie für frauenzimmer. Ich glaube, man
muss für im ein und für nit in lesen. 'Was nur ein edles weib auf erden haben
kann'. — 21,48 ist nicht %,schaffen st. beschaffen zu lesen; der sinn der stelle ist:
der mensch macht sich oft selbst sein Schicksal. — 23, 18 interpretiert G. wol mit
'welches'. Kann er eine derartige unflektierte form in derselben bedeutung id quod
in einem text nachweisen, dessen spräche der Hocks nahe steht? — 39, 7:10. 49, 17:18.
G. muss meine bemerkung Zs. 33, 110, anm. 1 übersehen haben. Gerade wenn Hock, wie
G. annimmt, befüdern gesprochen hat, ist der reim auf Oüttern unrein, da Oüttern
in der tonsilbe den diphthong üe hat. — 59, 21 — 24 Dem Hawer folg dergleichen:
Der gruebt, schneidt vnd auch haut Die Weinreben, ivil nit zveichen, Ob ers vmb
so[nst] lang baut. So ist sinngemäss zu interpungieren. (Ahme auch dem winzer
nach, der die weinrebeu durch graben, schneiden und hauen bearbeitet und nicht ab-
lassen will, wenn er auch lange umsonst baut'. G. übersetzt weichen mit 'mild
werden' (hat also offenbar die Weinreben als Subjekt aufgef asst) ; das geht nicht an,
da man Hock nicht ohne not einen reim von * auf ei zutrauen darf. — 75, 49 fgg.
meine auffassung deute ich durch die interpunktion und durch einen Zirkumflex au:
Die Vnderthancn, so ohn scheuch Sein allxeit gleich Dem AjJpetit, an straffen Der
Oberkeit, die da perfect gleich dem. Affect, Nie ruwig werden schlaffen. G.s äuderung
von Der (Oberkeit) in Die ist vom übel. — 85, 10. 11 Das stärekest auch fürwar,
So allem sonst muß teeichen. G. schlägt vor Dem alles statt So allem. Allerdings
würde der sinn dies erfordern, aber man sieht nicht ein, wie der druckfehler zu
stände kommen konnte. Es liegt ein lapsus calami des dichter vor; in demselben
gedieht v. 21 schreibt er Das schonest wirdt fürs Liecht erkandt, meint aber fürs
schönest wirdt das Liecht erkandt. — 91, 85 Von vnsern Alten kommen her Die
nacJ/gesetxten Nammen sehr. Die beiden verse sind jeder um zwei silben zu lang.
G. tilgt die beiden reimwörter; das ist aber doch sehr bedenklich, namentlich da eines
(her) so gut passt, was für Hock schon viel sagen will. Wollte man G. beistimmen
und also auch zugeben, dass kommen, Namen als stumpfe wörter gebraucht werden
können, so müsste man kommen = kamen setzen, denn das präsens kommen hat H.
mit u gesprochen. G.s hinweis auf Anz. f. d. a. 26, 289 verstehe ich nicht. An die
a. a. o. in der anmerkung erörterte form kemmen wird er doch wol hier nicht denken.
name kommt zwar im bayr. im plural umgelautet vor, hat aber dann helles a, das
mit dem e von kemmen nicht reimen kann.
Was die metrik H.s betrifft, so stimme ich G. darin bei, dass mehrere fehler
durch den dichter und nicht durch den setzer verschuldet sind1. Auch glaube ich
wie G., dass H.s verse nichts prinzipiell neues bieten. Aber mit G.s ausführungen
1) Über das fehlen eines verses in 45, str. 4 hat einer meiner zuhörer, herr
R. Junk, eine plausible Vermutung aufgestellt. Nach dem Schema soll die vierte zeile
mit der zweiten, die fünfte mit der letzten reimen; in str. 4 reimt die vierte mit der
zweiten und mit der letzten. H. glaubte, als er die vierte zeile geschrieben hatte,
dass dies schon die fünfte sei; durch diese entgleisung erklärt sich das fehlen einer zeile.
ZU THKOB. HOCK 415
über die zweisilbigkeit der Senkungen bin ich nicht einverstanden. Xach der theorie
des 16. jhs. sollte jeder vers eine bestimmte silbenzahl haben. Wir finden aber in
den gedruckten werken auch solcher dichter, die sicher jener theorie huldigten, verse,
die diese forderung nicht erfüllen. Wir haben auch äusserungen von dichtem, die
sich darüber beklagen , dass die silbenzahl der verse durch die setzer verändert werde.
Wir finden ferner in gedichten des 16. jhs. Wortverkürzungen und Wortverlängerungen,
die in gleichzeitigen prosatexten nicht oder doch nicht so häufig vorkommen. Wir
haben ferner direkte Zeugnisse, dass solche Veränderungen der wortlänge aus metri-
schen gründen vorgenommen wurden. Da liegt es doch nahe in einem augenschein-
lich auch sonst verderbten texte die gleichbeit der silbenzahl dadurch herzustellen,
dass man gegen die Überlieferung, aber doch durch sie geleitet, Veränderungen der
wortlänge einführt. Im 16. jh. glaubte man, dass jede silbe einen vokal haben müsse,
dass man also durch weglassung eines schwachen e ein wort um eine silbe verkürze.
Für die Charakteristik des einzelnen dichters ist es wichtig, ob er nur solche Ver-
kürzungen gebraucht, die auch vom ohr als minderungen der silbenzahl empfunden
werden können, oder nicht. Ich hahe für Hock keine selbständige metrische Unter-
suchung gemacht; aber Kösters Zusammenstellungen und eigene oftmalige lectüre des
textes haben mich gelehrt, dass in der überwiegenden mehrzahl der fälle, wo die
weglassung eines e die gewünschte silbenzahl herbeiführt, auch phonetisch Verkürzung
des Wortes um eine silbe eintritt. Freilich darf man bei dem dichter nicht die schritt -
deutsche ausspräche des beginnenden 20. jhs. voraussetzen. G. hält wortformen wie
schaidn, erlaidn, Qnadn, schadn für notwendig zweisilbig; er übersieht, dass im
bayr. -österr. in solchen fällen das d nicht gesprochen wird und seine ehemalige existenz
sich nur in der nichtnasalierung des vorhergehenden vokals äussert, vgl. Schmeller,
Mundarten §§446.672, Nagl, Roanad, Einleitung §32. Nagl bemerkt ausdrücklich,
dass das n nicht silbisch ist. (Über die fälle, wo d in Nagls mundart erhalten bleibt
vgl. Eoanad s. 174 zu v. 209 und s. 164 zu v. 200.)
Allerdings bleiben einige fälle übrig, in denen ein wort mehr silben als vokale
hat. Allein es ist etwas anderes H. zuzutrauen, dass er aber, oder einsilbig gemessen
hat, und etwas anderes, ihm beliebige zweisilbige Senkungen zuzutrauen. Für die
altnordische metrik gelten Wörter wie sandr für einsilbig (Sievers, Altgerm, metrik § 39),
phonetisch sind sie zweisilbig; deshalb darf man ihnen doch nicht beliebige andere,
phonetisch auch zweisilbige, Wörter gleichstellen1. Köster musste freilich einige mal
auch wörter streichen, aber die von G. s. 158 beanstandeten tilgungen sind für einen
so korrupten text gewiss nicht allzu kühn zu nennen, nur die auslassung von dem
11, 2 ist syntaktisch unmöglich, man muss hier nach»/ schreiben. Zweisilbige Senkungen
in den text hineinzukonjizieren halte ich für bedenklich. Beinahe bei allen Ver-
besserungen, die G. s. 158 vorbringt und die ich zum teil für durchaus notwendig,
zum teil für wahrscheinlich halte, lässt sich durch die bekannten mittel zweisilbigkeit
der Senkung vermeiden. Die einzige, wo das nicht geht, ist auch aus einem andern
grund abzulehnen. 38, 9 will G. Wo Lieb recht -ist Calid rnd Standhafft schreiben
statt V Lieb usw. Da gienge das akrostichon Viridis verloren, denn am beginne
1) Wir wissen gar nicht, wie formen wie abr gesprochen wurden. Vielleicht
wurden solche wörter in der ausspräche so verstümmelt, dass sie tatsächlich einsilbig
wurden. Wer gegen seine mundart ab st. aber spricht, begeht im gründe keine grössere
roheit, als derjenige, der gegen seine mundart gesehlage reimt, oder derjenige, der
an Flexionsendungen ein -e anflickt (tute, hane=tuot, hdn). Und beides ist trotz
den verboten der tabulaturen geschehen.
416 JELLINEK
des 17. jhs. wird — wenigstens meines wissens — W im anlaut nicht als zeichen für
u gehraucht. Hocks können ist hier wider einmal hinter seinem wollen zurück-
geblieben, er verstand es nicht ein mit u anlautendes wort in den vers zu bringen
und setzte einfach den buchstaben V an den anfang der zeile. — Die verse 19, 36. 37
sind sehr schwierig: Man ?nuss die Pedcs gleich so wol scandiren, Den Dactilum
vnd auch Spondcum rieren. Vielleicht bedeutet der zweite vers: ,man muss (wie
im lateinischen hexameter) dactylus und spondaeus durcheinander rühren, abwechseln
lassen'. Aber was hat sich Hock unter deutschen dactylen und spondäen vorgestellt?
Eine sichere beziehung auf zweisilbige Senkung lässt der vers nicht zu.
Dass Hocks gedichte beinahe alle nicht für den gesang bestimmt waren, glaube
auch ich. Aber gegen ein argument G.s möchte ich ausdrücklich einspräche erheben,
da die sache von prinzipieller bedeutung ist. 0. meint, dass gedichte mit so starken
enjambements, wie sie viele (capitel' Hocks zeigen, „schlechthin unsangbar " seien.
Demgegenüber stelle ich fest, dass gedichte mit sehr starken enjambements im 16.
und 17. jh. von ihren Verfassern für den gesang bestimmt worden sind. Es ist doch
wol ein starkes enjambement, wenn es bei Melissus heisst 12 III 1. 2 Es wöl der
Herr' cd libkofende lefxen \ In heuchelet, fchneiden ünt reiffen aus oder 12 YIII 3. 4
Wem unter yn herfen fo-viel haillofer \ Schandflek, erhebt unter xü trukken's land.
Andere beispiele sind 14 II 4. 5 xü fuchen yn dcer [ich \ Fund williglich. 15 V 4
War alfo fert, eiviger xeit \ Nit darf befurchten um xü ßurtxen. 321 1. 2 0 feiig
iß, deem feine vieler meiffcn | Ubertrettüng aus gnaden iß erlqffen. feine vieler
meiffen Ubertrettüng ist eine wortgruppe! Satz- und versgliederung durchkreuzen
sich in fällen wie den folgenden. 22XIII 1 — 4 Von dir mein lob xü deinem preis
heer-rint | In gr offer fchar : xü xalen bin gefint \ Meine gelubd für frommen, da
man find \ Oots furcht ermeffen. 30 VIII 1 — 3 Domais haß mir verkert mein
laid | In raiens lüst, ünt mich mit fraid | Beklaidet, anftat des traurfaks. Die
strophe des 18. psalms zerfällt in zwei teile zu je vier versen, was schon äusserlich
durch einrücken der fünften zeilen angedeutet ist. Im allgemeinen stimmt dazu die
syntaktische gliederung. Aber in strophe V v. 3 — 6 lesen wir Darnach xertrant fich
durch des glantxes lauf] Dcer für ym leucht, fein duster wolkenhauf, || Mit wetter-
ßain ünt feuers - Mute krallen. \ Im himel hoch tonnert der Her mit brallen: und
in strophe VI v. 3 — 6: Manch' tiffe Hüft der wafferguffen piekt, \ Unt ward der
gründ des eerdbodens entdekt, \\ Vom fehelten Herr' ünt deines edems faufer, \ Dcer
im wrn fchnaubt aus dein naslöchern raufer. Auch in psalm 35 zerfällt die acht-
zeilige strophe in zwei gleiche teile, aber XI 3 — XII 5 zerstört die syntaktische
gliederung gänzlich die metrische: Wölft dich von mir Her nit fern machen: \ Sonder
%k richten meine fachen, \\ Wach -auf, Oot mein Her, mündre dich. \ 0 Her mein
Gott' eutfchlichle mich \ Nach deiner felbs gereehtikait , \ Das s' über mich nit fei'n
erfrait: \\\ Noch fagen mugen aus hochmüt, \ lach! gekult han wir unfern müt, \
JEr iß verfchlikt. Dem leiden allen, | Welch' an meim übel han gefallen, || Mus
fchani' ünt fpot fein beigebracht : Enjambement von strophe zu strophe findet sich
auch 49 III/IV, wo die zweite hälfte der dritten strophe den konzessivsatz, der anfang
der vierten strophe den hauptsatz einer längeren periode enthält. Ferner 50 VI 7 —
VIII: Wi darfst mein bünd in dein ßinkend maul f äffen, \ Weil du der xin-ht
gram biß, ünt tüß fi liaffen, \\\ Auch /linder dich wirfst meine toort xü ruk?
Ich könnte die beispiele noch vermehron. Aber schon die beigebrachten zeigen
wol zur genüge, welch starke enjambements sich Melissus gestattet. Und diese
schlechthin unsaugbaren verse hat er, der gelernte musicus, für den gemeindegesang
ZU THEOB. HOCK 417
bestimmt. Gedruckt wurden sie in Hocks geburtsjahr, ihr dichter ist ein jähr nach
dem erscheinen des Schönen blumenfelds gestorben.
Lobwassers psalmen sind nicht nur für den gesang bestimmt, sondern auch
tatsächlich gesungen worden. Und doch treffen wir stellen wie die folgenden:
2 III 6. 7 Zum König ich jn hob gesalbt, die krön \ Vnd scepter er hat von
mir selbst empfangen. 8 V 1. 2 Nur dx du in den Engeln nicht gar gleiche \ Ge-
schaffen hast, gemacht hastu jhn reiclie. 10 V 4. 5 Biß er ein armen bringt in
seine strick, \ Den er verschling ; er ist vol böser tiick. 14 I 1. 2 Der vnweiß Man
in seinen/ hertxen spricht, \ Es ist kein Gott, darumb ist böß sein wandet. Man
denke, was für ein sinn herauskommt, wenn man nach Gott keine pause macht.
18 V 4. 5 (vgl. oben Melissus 18 VI 4. 5) Die teuff des wassers frey man selten
kundt || Von deinem schelten vnnd von deinem blasen. 3G II 1 — 3 Herr, deine
grosse gütigkeit \ Stöst an den Himmel, dein ivarheit | Thut an die wölken reichen.
37 IV 5. 6 Nim dich deß nicht an, vnd dir nicht mit jhn \ Zusündigen fürnim in
deinem sinn. 45 IV 5 — 7 Dein Kleidung reucht nach eitel Mirr md Amber \ Vnd
Aloes, wann du gehst auß der Kammer | Deines Pallasts von helffenbein gexiert.
50 VI 3fgg. Zum Sünder spricht Gott, was redt doch dein Mund | Von meinem
recht, was nimstu meinen bund \ Auff deine Zung? so du doch zuckt sehr hassest, \
Mein Wort verwirffst, vnd nicht xu hertxen fassest. Hocks cap. 46, meint G., sei
nach einer melodie gedichtet worden, aber das eujambement von strophe 10 auf
strophe 11 mache das gedieht unsangbar. Das enjambement besteht darin, dass str. 10
einen relativsatz (Was ich verthan hob usw.), str. 11 den dazu gehörigen hauptsatz
(Das wil ich wider gewinnen usw.) enthält. In Lobwassers 8. psalm enthält die
3. strophe einen bedingungssatz (Wenn ich nun deine teerek pfleg anxuschaiven usw.),
die 4. den dazu gehörigen hauptsatz (Dann muß ich mich verwundern usw.). Also
ist auch Lobwassers 8. psalm unsangbar? Und doch ist er lange gesungen worden.
Oder verhindert nur der schlusstriller bei Hock die sangbarkeit?
Liest man die worte: Selig sind die dotten die in dem herren hie scheiden
aus diesem leben, so wird man schwerlich durch die syntaktische gliederung darauf
geführt werden, dass wir es mit drei versen zit tun haben, von denen der erste nach
dem ersten die, der zweite nach hie schliesst. Aber so hat diese worte Abraham
Letscher in einem meistergesang verwendet, vgl. Beitr. 19, 223. Und dass meisterlieder
für den gesang bestimmt waren, wird sich kaum bezweifeln lassen.
Der fall steht in den von Streinz a. a. o. veröffentlichten meisterliedern keines-
wegs vereinzelt da. Vgl. s. 202, 113, 7.8 Ein sinnger kan arbeitten vnd j frölich
sinngen dorneben \ frii vnd spat was gibt sein andacht: s. 222, XV 3, 2. 3 Am himel
ersch röckliche wunder zeichen | wir offt sehen, drurnb ist das end nicht ferren.
S. 244, XXIX 3, 7 — 9 Vnd wenn auch die \ herren seitidt hie | fürsichtig nid sanft-
müetig. Enjambement von bar zu bar: s. 211, VII 1/2 Do drat Elias der prophet
hin mit fleiß \\\ Vnnd xu allem volck also sprach. S. 230, XXIII 1/2 Ehret den
herren kumpt für in andeehtig \ \ \ Vnnd betet seinen namen an. S. 242, XXVIII 4/5
du uollest vns hinfort in disem leben 1 1 1 die einigkeit verleihen \ an allem ortt.
Auch die in den Haller neudrucken nr. 104 — 169 veröffentlichten meistergesänge
des Hans Sachs liefern nicht eben wenige beispiele. Vgl. etwa 2, 115. 116 Die spin
sprach: Ich \ Hab ril freyheit vnd küre. 3, 1 — 4 Ein reicher kauffniann sase \ In
welschem land; er zvase \ xu Messina, ich läse \ In cento nouella. 125, 38 — 40
Auf eint palcken da sas ein huen, \ Das eim nachtpawren ause | Was komen den
vorigen tag. 194, 49fgg. Was ligt dir dron, \ Es sey sandt oder gölte, \ Weil dws
418 JKLLINEK
nit 011 | Oreufs? Sag mir warxio solde \ Das gold da sten? warumb hastu das holde.
232, 2 — 4 Ztv dem kam aus dem hag \ Ein fuchs vnd fraget die \ Saw : „ Was
machstw alhie?" Übergang von stollen zu abgesang: 15, 21 — 24 Als sie sahen xw
leucken | Die hasen alxwmal, || Sprangen sie dl \ In das wasser hinunder. Über-
gang von bar zu bar: 9, 13. 14 Des erschraek meehtig hart der stareke stiere ||
Vnd floch hinweg, vngerochen der sehmach. 27, 13 — 15 Doch meint der müelner
do, | Sein weih ersewfxt also, ||| Das sie ir gelt hetten vertan. 54, 20. 21 Pleck die
xen wie ein ackergawl 1 1 1 Vnd steck den kamb in deinen part. 145, 40. 41 Pald
das der dieb vernome \ \ \ Sprach er usw. 237, 38 fgg. Als nun haim kam der pawer
alt, | Der pfarrer hets ausgspccht. Als sas \ Der pawer gleich xu diseh vnd as , \\
Schickt er den mörser im xu haus.
Dass diese enjambements schön sind, behaupte ich nicht. Aber darum handelt
es sich auch gar nicht bei der frage, ob ein dichter um die wende des 16. und 17. jhs.
gedichte mit starken enjambements für den gesang bestimmt haben könne. Dem
philologen, der die möglichkeit einer erscheinung in einer bestimmten zeit erweisen
will, genügt es, wenn die erscheinung in dieser bestimmten zeit und zwar nicht nur
ausnahmsweise vorkommt.
Ich benutze diese gelegenheit, um eine behauptung in meiner recension der
Kochschen ausgäbe richtig zu stellen. Zs. 32, 396 anm. 1 habe ich gesagt, dass Hock
für cap. 91 das 3. buch von Beatus Ehenanus, Rer. germ. libri III benutzt habe. Vor-
sichtiger wäre es gewesen zu sagen ( direkt oder indirekt'. Hock schöpfte wahr-
scheinlich aus Andreas Althamers Commentara Germaniae (Nürnberg 1536). Althamer
benutzte seinerseits wider u. a. auch das werk des Beatus Rhenanus. Man vergleiche:
H. 91,25: A. p. 53 fg. Tuisconis filius fuit MAN-
Der ander König hieß NVS . . . Hie quoque Germanorum pater
Hanno; drauß wohl schließ, ac heros censetur: hoc inde colligitur, quöd
Der Orthen sey worden illius nomen , honor et memoria in uni-
Genandt die Helden groß uersa permanserit Germania, ut aliquem
Herman, Ottman, Kriegßman, Landman ab insigni uirtute atque fortitudine com-
Vnd Edelman nit bloß. mendaturi, appellemus Mannum, ein mann
.... Hinc est Germanus, Alamannus ....
nomina gentilia et Hermannus Ringman-
nus . . . propria: Similiter appellatiua illa
Gotsman, Biderman, Landtsman, Adel-
man ... et infinita huius generis composita
ac denominatiua ä Manno.
Ott mann hat bei A. keine entsprechung.
Die etymologie von Germani H. 91, 31 — 36 geht auf Aventiu I 361,19 — 21
zurück. Aber das folgende beruht wider auf Althamer
Qerhardus, Oerbaldus A. p. 67 : ... meram Teuthonicam dic-
Daher wirdt gnent; das ist tionem esse Germaniam, ä Ger et Man
Qar hard1, gar baldt. conflatam. Ger ueteres Germani dicebant,
quod nos, gar, id est totum, prorsus,
plane. Inde est Gerhardus prorsus durus
.... Gerbaldus totus celer.
1) Der druck hat Gerhard.
ZU THEOB. HOCK
419
91,42 — 47:
Ir vill main doch,
Germania sey noch
Ein Wort Lateinisch gar,
Frantzösisch oder zwar
Thue kriechen von Griechen;
Der Warheit ist nicht gleich.
91, 39 — 42:
in solcher gstaldt
Heist Alman zu der frist,
Als wolt man sagen: die Teutschen fein
All Mannen dapffer sein,
dagegen Aventin 1359, 11: Alman und Almou, der aller ein man ist.
91, 49 — 54 = Aventin I 364, 7. 8; 91, 55. 5b' vielleicht = Aventin I 113, 17 aber
auch = Althamer p. 54: Est autem Ingteuon Germanica dictio, quae incolam seu in-
habitatorem significat. Ingaeuon ein inwoner.
A. p. 67 : nach einer längeren aus-
einandersetzung über die verschiedenen
etymologien von Germania: intelligen-
dum est non Graecam, non Romanam,
nee Gallicam, sed meram Teuthonicam
dictionem esse Germaniam etc.
A. p. 69: Quod uocabulum quoque est
Teuthonicum, ex AI et Man compositum,
quasi dicas Alman, omnes uiri.
A. p. 54 fg. : Beatus Rhenanus ... in
elegantissimis suis rerum Germanicarum
libris, uolumine tertio . . suum . . iudicium
hac de re in hunc modum protulit. In-
gaeuones, quid am scribunt Ingenones. Sed
neutrum recte. Kam . . . Germanica dictio
est, . . . innuens eos qui sinus maris aeco-
lant. Itaque sciendum Vuic siue Vuig
lingua Saxonum et eorum Germanorum
qui circa mare habitant, significare sinum
maris aut iluuij , quod superior Germania
Vuog appellat, et Vuonen est habitare.
Vude Vuigeuuones dicti, qui sinus maris
incolerent etc.
A. p. 56: Qui IstaBuones ä Vigeuonibus
Septentrionalibus tarn quam ultimi et remo-
tissimi eultores fuerunt appellati, die Ey-
steruuoner, siue die Vsserstenuuoner, aut
Vueitstenuuoner, qui non sint medij , neque
maritimi aut insulares Oceano proximi,
sed plane ripeuses remoti ab Oceano,
Ingaeuonibus et Hermionibus.
Bei H. steht i in Isserst für ü (v). Althamer geht auch hier auf Beatus
Rhenanus (p. 115) zurück. — Weiter ab liegt Aventin IV 100,8.
91, 71 — 83: A. p. 56: ultimos Germanias Hermiones
Weil er sein Reich hat so weit vom Meer uocat. Hi sunt haud dubie Lusatij, Silesij,
[Vnd fürth am Landt sein Heer, Boemi, Misnenses, Toringi, Saxones. Dicti
Der Herimanno hat den Namm, uero sunt mediterranei Germanise populi
91,57—66:
Die dritten erstritten
Daß Wort noch änderst schier
Vnd sagen, er soll recht heissen woll
Der Wigeuuan darfür.
Denn die am Deutschen Meer von hinn
Vnd in Seestedten drinn
Nennen das Gstätt am Meer so klueg
Die Wie vnd VVig mit fueg.
Drumb heist der VVigeuuon,
Der auß Meers Gstätten kom.
91, 67—70:
Der vierdte Regierte
Teutschlandt, Istteuuon war;
Heist einer, der wohnt wider Meer1
Vnd Isserst wohnet so gar.
1) Es ist wol sicher zu lesen weiter mehr; damit ist auch einer der wenigen
unreinen reime von er : er beseitigt, mehr neben comparativ auch 75, 39.
420
JELLINEK, ZU THKOB. HOCK
Hernuuones, Teuthonica api)ellatione: Her
enim Septentrionalium Germanorum lin-
gua, terram significat, nos hie addimus
literam t uel d, dieimus enim Herd uel
Hert, inde Herthum deam appellatam
puto, id est, terram matrem, et Herd-
uuoner mediterraneos habitatores terrae.
Sonst Hermnion vom Stamm.]
Die Schlesing, Mähren, Schwaben
Polen, Böheimb gnendt sich haben
Hermioner, Hernnaoner,
Die zum Septentrion
Ghaust; den Her heist Erdt dorther,
Wir henckens D noch dran:
Berät oder Erdt. die Hertha zart
Der Erdt die Göttin wardt,
Sonst Nertha.
Die eingeklammerten verse bei Hock gehn auf Aventin I 371, 35. 36 zurück:
dalier noch Herimannus den namen hat, gleich als ein man des hers. Von den
neuen wirdi er Rermion oder Eermon genant. Es ist sehr charakteristisch, wie
Hock die beiden widersprechenden etymologien in einander schiebt. — Aus Aventin
(I 372, 7fgg.) hat H. auch die Mähren, Schwaben und Polen (die Schlesier uud Böhmen
werden von Aventin wie von Althamer erwähnt). "Während aber Aventin sagt, dass
die Hermiones ;die letzten Teutschen gegen mittag und Welschland' seien, versetzt
sie H. tzum Septentrion', weil er die bemerkung über die Septentrionalium Oerma-
norum lingua missverstanden hat. Althamer geht auch hier auf Beatus Ehenanus
zurück, der der meinung war, dass der name vom Standpunkt der nördlichen Germanen
gegeben ist, vgl. Rer. Germ, libri III p. 115. Die erwähnung der Nertha beruht auf
erinnerung an Aventin I 364, 21.
91, 89—100:
der sechst darbey
Marso [durchs Glückes fahl
Vom Gott des Kriegß den Namen het.
Marsemer Landt versteht:
Die alten gaben eim jeden Ort,
See, Weiher und Deicht, das Wort
Meers vnd Merlude, Mar,
Als Thietmars vnd Stormar
Entsprungen — beyn jungen
Der Nam ist Maria
(Die Meer versteh oder die See) —
Vor hieß Stormarsia.
A. p. 56 fg.: Marsus ... Ab hoc dieta
est Marsorum regio (Marsemerlandt) in
Germania . . . Marsi etymum habent germa-
nicum. Veteres namque Germania? populi
Saxones palustria et aquosa loca Mers, et
Merlude appellant, et Marsos palustres . . .
Inde estVuilstermers, Crempermers, Thiet-
mers omnem ego Holsatiam et Stor-
mariam . . . Marsorum genti deputandam
puto . . . Stormaria uero, quasi Storemarsia
ä Stora flumine appellata, ut pro Marsia,
Maria sit inolitum, ut fit uerborum de-
torsio.
Ich denke jetzt wird man erst die verse Hocks verstehen, meine auffassung
habe ich hier wie sonst durch die interpunktion angedeutet. Mar nach Merlude ist
durch eine flüchtigkeit Hocks zu erklären , bei A. ist Mar = sos durch den zeilen-
schluss getrennt. Aber wie er wol auf die sehr unpassende anspielung auf Mars ge-
kommen ist? Auch die Übersetzung von Maria hätte er sich schenken können. —
Althamer geht an dieser stelle auf die Vandalia des Albert Crantzius zurück.
91, 101 — 110: A. p. 58: De Gambriuio, Gemper oder
< itniibriuio heist jKempffer' frey Kempfer... Albertus Crantzius libro I. Van-
Der sibent; daher Qambrey dali«, Gambriuij nulla reliquere uestigia,
Vnd Camcrach, Sickambri, die nisi forte Sicambros . . inde deriuari cre-
Jetz ( Geldern' heissen hie; damus ... Et ubi nunc Montenses uel
tiueuus der acht: die Schwaben potius Bergenses, atque Geldrenses degunt,
Von jhm den Namen haben. olim Sicambrorum fuere sedes . . . Est
BERICHTIGUNGEN — NEUE ERSCHEINUNGEN
421
Der neundte befreundte
Von defi Tuitschons Stam
Hieß Yandalus; von ihm der Fluß
In Polin die Weichsel kam.
Althamer ist auch im cap. 86,
chronistische angaben benutzt worden.
Schliesslich bemerke ich zu der
Maiden im sehen sich nit müssigen,
Anz. f. d. a. 26, 304, dass nach meiner
Dwb. III 680. — Mit Dauben ist gewiss
zu lesen, aber mit rücksicht auf das
bedeuklich.
WIEN , 22. APRIL 1902.
episcopalis urbs Gambreu prope Neruios,
id est Tornacenses, nunc Cameracensis
dicta, quas mihi coniecturam facit Gam-
briuios in eo tractu habitasse.
Sueuus . . Hie amplissimam Sueuorum
gentem ac regnum condidit et de suo
nomine cognominauit. . . p. 63 A quo (sc.
Vandalo) Vandalos prodiuisse nomen est
argumento. Vandali autem . .Vandaii fluuij
aecolas, qui Vistula ab autoribus appel-
latur, . . . Vistula — per mediam eurrit
Poloniam.
das sonst auf Aventin beruht, für viele syn-
überschrift von cap. 72 Danten kern einer der
es wer auch Epschen vnartig gegen Köster,
meinung zu lesen ist epsch vnd vnartig, vgl.
nicht Dante gemeint; nabe läge es Der autor
Zs. 32, 395, anm. 1 bemerkte scheint es doch
M. H. JELLINEK.
BERICHTIGUNGEN.
Zu Zeitschr. 33, 561.
Die runentafel von Bure ist nicht 1600, sondern 1599 erschienen und nicht
1882, sondern 1881 neu aufgelegt.
WIEN. TH. VOX GRIENBERGER.
Zu Zeitschr. 34, 130.
Die von Schiffmann veröffentlichte predigt findet sich bruchstückweise auch im
Cgm. 5250, 6e wider, dessen inhalt ich in Zfda. 41, 367 fgg. mitgeteilt habe; vgl. da-
selbst s. 368 abschnitt A2a mit Zeitschr. 34, 131 z. 27— 33.
HALLE A. S.
PH. STRAUCH.
NEUE ERSCHEINUNGEN.
Abhandlungen , Germanistische, Hermann Paul zum 17. märz 1902 dargebracht.
Strassburg, Trübner 1902. (IV), 332 s. 8 m.
Inhalt: A. Heusler, Die lieder der lücke im Cod. regius der Edda. — E. Sulger-
Gebing, Aug. Willi. Schlegel und Dante. — EKoeppel, M. G. Lewis's gedieht
'The tailor's wife' und Bulwer's 'Wife of Miletus'. — Fr. v. der Leyen, Kleine
Studien zur deutschen mythologie [I. Ooinn und Oörerir; U. Oöinn als zauberer]. —
Joh. Hoops, Hunnen und Hünen. — F. Muncker, Eine hauptquelle für Lessings
tagebuch seiner italienischen reise. — L. Sütterlin, Die vorstellungswelt der
422 NEUK ERSCHEINUNGEN
niederen volkskreise in Heidelberg. — P. Zimmermann, Englische komödianten
in Wolfenbüttel. — A. Thumb, Die germanischen demente des neugriechischen. —
R. Woerner, Die älteste Maria Stuart -tragödie. — Fr. Panzer, Erzbischof Albero
von Trier und die deutscheu spielmannsepen.
Angelus Silesius, Heilige seelenlust oder Geistliche hirtenlieder der in ihren Jesum
verliebten Psyche. 1657 (1668). Herausg. von Georg Ellinger. [Neudrucke
deutscher litteraturwerke des 16. u. 17. jhs., nr. 177 — 181.] Halle a. S., Niemeyer
1901. XXXVII, 312 s. 3 m.
Barnouw, A., Textkritische Untersuchungen nach [sie] dem gebrauch des bestimmten
artikels und des schwachen adjeetivs in der altenglischen [ags.] poesie. Leiden,
E. Brill 1902. (VIII), 236 s. [Leidener dissert.]
ßatt, Max, The treatment of nature in German literature from Günther to the appearance
of Goethes Werther. Chicago 1902. 112 s. [Dissertation.]
Hoch in. 0., Die volkshymnen aller Staaten des deutschen reiches. Beiträge zu einer
geschichte über ihre entstehung und Verbreitung. Wismar, Hinstorff 1901.
(II), 82 s.
Bonner beitrage zur Anglistik, hrg. von M. Trautmann. Heft 9 — 11. Bonn, Han-
steiu 1901. (II), 220; VIII, 152; II, 154 s. 7 + 5 + 5 m.
Inhalt: H. Steffens, Versbau und spräche des mittelengl. stabreimenden ge-
dachtes 'The wars of Alexander'. — U. Lindelöf, Wörterbuch zur interlinear-
glosse des Rituale ecclesiae Dunelmensis. — Derselbe, Die südnorthumbrische
mundart des 10. jhs. (die spräche der sog. glosse Rushworth2). — J. Fischer,
Die stabende langzeile in den werken des Gawaindichters. — M. Trautmann,
Zum zweiten Waldhere-bruchstück. — J. Fischer uud F. Mennicken, Zur
mittelengl. stabzeile.
Brenner, Oscar, Die lautlichen und geschichtlichen grundlagen unserer recht-
schreibung. Leipzig, Teubner 1902. (IV), 68 s. 1 m.
Carolina. — Die Carolina und ihre Vorgängerinnen. Text, erläuterung, geschichte.
In Verbindung mit anderen gelehrten herausg. und bearb. von J. Kohl er. IL bd.
Die Bambergische halsgerichtordnung . . . herausg. von J. Kohler und Willy
Scheel. Mit 23 ahbild. Halle a. S., Waisenhaus. XCI, 312 s.
Chantepie de la Saussaye, P. D., The religion of the Teutons, translated from the
Dutch by Bert J. Vos. Boston and London, Ginn & Co. 1902. VIII, 504 s.
10 s. 6 d.
Deutsche Thalia. Jahrbuch für das gesamte bühnenwesen, herausg. von F. Arnold
Mayer. 1. band. Wien und Leipzig, W. Braumüller 1902. XII, 553 s. Geb.
12 m.
Engelien , Aug1., Grammatik der neuhochdeutschen spräche. 5. auf!., herausg. unter
mitwirkuug von Herrn. Jantzen. Berlin, W. Schultze 1902. VIII, 619 s. 8 m.
Fischart, Johann, Das glückhafte schiff von Zürich, hrg. von Georg Baesecke.
[Neudrucke deutscher litteraturwerke des 16. und 17. jhs., nr. 182]. Halle a. S.,
Niemeyer. XXV, 60 s. 0,60 m.
Friöbjöfs saga ins freekna herausg. von Ludv. Larsson. [Altnord, sagabibl. 9.]
Halle a. S., Niemeyer 1901. XXIV, 56 s. 2 m.
Gerzon, Jacob, Die jüdisch - deutsche spräche. Eine grammatisch -lexikalische Unter-
suchung ihres deutschen grundbestandes. Frankfurt a. M., J. Kauffmann 1902.
134 s. 2,50 m.
NEUE ERSCHEINUNGEN 423
Goethe. — Achelis, Thomas, Grundzüge der lyrik Goethes. [Velhageu & Klasings
Sammlung deutscher schulausgahen 81.] Bielefeld und Leipzig, Velhagen &
Klasing 1900. IV, 120 s. Cart. 1,20 m.
— Heynacher, Max, "Wie spiegelt sich die menschliche seele in Goethes Faust?
Berlin, Weidmann 1902. 67 s. 1,40 m.
— Goethe -briefe, herausg. von Phil. Stein. 1. lief. Berlin, Otto Eisner 1902. XVI,
48 s. [50 lieff. ä 0,50 m.]
Gudrun. — Benedikt, Siegmund, Die Gudrunsage in der neueren deutschen
litteratur. Rostock, Warkentien 1902. 119 s. [Rostocker dissert.]
Hebel, Job. Peter, Alemannische gedichte, auf grundlage der heimatsmundart des
dichteis für schule und haus, herausg. von Otto Heilig. Heidelberg, Winter
1902. XV, 137 s. 1,20 m.
Hcliauri. — Behaghel, Otto, Der Heliand und die altsächsische Genesis. Giessen,
Ricker 1902. 48 s.
Kauffmanu, Friedrich, Balder. Mythus und sage nach ihren dichterischen und
religiösen elementen untersucht. Strassburg, K. J. Trübner 1902. XII, 308 s.
8° (= Texte und Untersuchungen zur altgermanischen religionsgeschichte, herausg.
von Fr. Kauffmann. Untersuchungen: erster band.)
Kleist, Hehir. v. — H. Badstüber, H. v. K., sein leben und seine werke. Wien o. j.,
A. Pichler. X, 58 s. Kr. 1,60.
— Holzgraefe, Wilh., Schillersche einflüsse bei H. v. K. [Progr. der höheren
Staatsschule in Cuxhaven 1902.] (II), 32 s. 4.
Jean Paul. — Jean Pauls briefwechsel mit seiner frau und Christian Otto, herausg.
von Paul Nerrlich. Berlin, Weidmann 1902. XVI, 350 s.
Leuau. — Castle, Ed., Nikolaus Lenau. Zur Jahrhundertfeier seiner gehurt. Mit
neun bildnissen und einer Schriftprobe. Leipzig, Hesse 1902. VIII, 120 s. 1,50 m.
Lindner, Felix, Zur geschichte der Oberonsage. Rostock, Warkentien 1902. 18 s.
[Akad. festrede.]
Lohre, Heinr., Von Percy zum Wunderhorn. Beiträge zur geschichte der volkslied-
forschung in Deutschland. Berlin, Mayer & Müller 1902. [Palaestra . . hrg. von
A. Brandl und E. Schmidt XXIL] XII, 136 s. 4 m.
Meier Helmbrecht von Wernher dem gartensere, hrg. von Fr. Panzer. [Altdeutsche
textbibliothek hrg. von H. Paul XL] Haile a. S., Niemeyer 1902. XVII, 64 s.
0,80 m.
Memoires de la Societe neo - philologique ä Helsingfors. III. Helsingfors , W. Hagel-
stam (Leipzig, O. Harrassowitz) 1902. IV, 576 s. und 1 taf.
Darin u.a.: Uno Lindelöf, Die handschrift Junius 27 der Bibl. Bodleyana. —
Hugo Palander, Der französische einfluss auf die deutsche spräche im 12. jh. —
T. E. Karsten, Beiträge zur german. wortkunde.
Oswald von Wolkenstein, Geistliche und weltliche lieder ein- und mehrstimmig.
Bearbeitet: der text von Josef Schatz, die musik von Oswald Koller. Wien,
Artaria & Co. 1902. XXII, 233 s. und 7 taff. 4. [A. u. d. t.: Denkmäler der
tonkunst in Österreich. IX. Jahrg., 1. teil.] 20 m.
Rost, Job. Christ. — Wahl, Gust, J. Chr. R. 1717—1765. Leipzig, Hinrichs 1902.
VH, 183 s. 3,20 m.
424 NACHRICHTEN
Roetteken, Hubert, Poetik. 1. teil: Vorbemerkungen; Allgemeine analyse der psychi-
schen Vorgänge beim genuss einer dichtung. München, C. H. Beck 1902. XIII,
315 s. 7 m.
Sa i nrnn. M. L., Essai sur le Judeo-allemand et specialement sur le dialecte parle
en Valachie. I. [Memoires de la Societe de linguistique de Paris, t. XII.] 69 s.
Schöllbach, Anton E., Miscellen aus Grazer handschriften. 4. reihe. 9. Aus alt-
deutschen predigten. Graz, Selbstverlag 1902. 103 s. [Sonderabdruck aus den
Mitteilungen des histor. Vereins für Steiermark, L. lieft]
— Studien zur erzählungslitteratur des mittelalters. IV. Über Caesarius von Heister-
bach. I. [Sitzungsberichte der Wiener akad. der wissensch., phil.-hist. cl. CXLIV.]
Wien, Gerold 1902. II, 93 s.
Schünfeld, E. Dagobert, Der isländische bauernhof und sein betrieb zur sagazeit.
Strassburg, Trübner 1902. [QF. 91.] XVI, 286 s. 8 m.
Schroetter, Otto, Vom papiernen stil. 5. aufläge. Leipzig, Teubner 1902. VIII,
102 s. 2 m.
Schwarzenberg, Job. von, Das büchlein vom zutrinken, herausg. von Willy Scheel.
[Neudrucke deutscher literaturwerke des 16. und 17. jhs., nr. 176.] Haue a. S.,
Niemeyer 1900. XIII, 44 s. 0,60 m.
Weise, 0., Unsere muttersprache , ihr werden und ihr weseu. 4. aufl. Leipzig,
Teubner 1902. VIII, 263 s. Geb. 2,60 m.
NACHRICHTEN.
Der ord. professor dr. Konrad Burdach an der Universität Halle a. S. ist als
mitglied der Akademie der Wissenschaften nach Berlin berufen worden.
Als nachf olger pro f. Boethe's ist prof. dr. Edward Schröder von Marburg
nach Göttingen und als nachfolger prof. Schröders ist prof. dr. Friedrich Vogt von
Breslau nach Marburg versetzt worden.
Prof. dr. Gustav Kossinna ist zum ausserordentlichen professor für deutsche
altertumskunde an der Universität Berlin ernannt worden.
Der ausserord. professor dr. A. E. Berg er ist von der Universität Kiel nach
Halle versetzt worden.
Buchdruckerei des Waisenhauses in Halle a. S.
BEITEÄCrE ZUE KRITIK UND EEKLÄEUNG DEE GUDEUN.
1. Die Nibelungenstrophen.
Den Nibelungenstrophen innerhalb des textes der Gudrun hat zu-
erst Sijmons, PßB. 9, lfgg. eine zusammenfassende Untersuchung ge-
widmet. Sie hat die geschiente dieser seltsamen erscheinung wesentlich
aufgehellt, im einzelnen aber fordern ihre beweisführung wie ihre er-
gebnisse in vielen punkten Widerspruch heraus. Da seit dem erscheinen
von Sijmons' kritik im jähre 1884 manches zur geschichte der Gudrun
erarbeitet ist, mag es an derzeit scheinen, die Untersuchung mit neuen
mittein nochmals aufzunehmen. Es wird uns dabei am ehesten zum
ziele führen, wenn wir ganz von vorne beginnen.
Die Ambraser handschrift überliefert innerhalb des Gudrun textes
104 Strophen mit Nibelungenschluss. Fünf davon werden in allen
neueren ausgaben in Gudrunstrophen zurück verwandelt, worüber später;
es bleiben also 99 Nibelungenstrophen.
Stellen wir zunächst die tatsache fest, dass mehrere dieser str.
für den überlieferten Zusammenhang unentbehrlich, also nicht ausscheid-
bar sind, während andere überflüssig oder störend, ja nach der ansieht
mancher kritiker an ihrem orte geradezu unmöglich erscheinen. Wollen
wir ein selbständiges urteil gewinnen, so ergibt sich uns aus diesem
stände der dinge ohne weiteres die notwendigkeit, jede dieser str. zu-
nächst für sich zu betrachten und ihren inhalt auf die Stellung in dem
überlieferten zusammenhange zu prüfen. Erweist die str. sich danach
als notwendig oder wenigstens möglich, so bleibt noch die form der
str. zu untersuchen, ob sie nach stil und gedanken mit den Gudrunstr.
des gedichtes übereinstimme. Die einheit unseres epos wird dabei als
durch frühere Untersuchungen erwiesen vorausgesetzt, auf kritische
theorien also, die das gedieht auf einen oder mehrere Verfasser und so
und so viele interpolatoren verteilen, keine rücksicht genommen.
Str. 6 wird von Sijmons s. 11 fg. für interpoliert erklärt. Er meint
in v. 4 könne nur von Ute die rede sein; man müsse lesen der edelen
kimeginne was nach Sigebanden we und erklären „die königin konnte
ZEITSCHRIFT F- DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 28
426 PANZER
Sigeband nicht entbehren." Mit dieser behauptung aber stehe 7, 1 in
widersprach. Dagegen ist einzuwenden, dass die phrase mir ist we
nach stets nur von der Sehnsucht nach einem nicht im besitze des
(logischen) subjects befindlichen gegenstände gebraucht werden kann;
die von Sijmons angenommene Verwendung ist durch keine parallele zu
stützen und in sich unmöglich. Zudem ist Sijmons' lesart auch schon
eine conjectur, denn in der hs. steht der edelen küniginnen und man
darf dafür umso zuversichtlicher mit C. Hofmann s. 223 den edelen küni-
ginnen einsetzen, als we sin nach bei unserem dichter ein stehender
ausdruck für liebessehnsucht ist, vgl. 630, 2 dem küenen Herwige was
ivol also we alse Hartmuote nach Küdrün der riehen, 748, 2 ex was
nach Küdrünen Hartmuoten we, 967, 2 diu maget von Hegelingen,
fläch der dicke we wecre Hartmuote. Diese Übereinstimmung ist darum
besonders bemerkenswert, weil solche Verwendung der phrase keineswegs
häufig ist. Das Mhd. wb. citiert 3, 541 , ausser Mise. 2, 200 = Carm.
bur. 112, nur stellen aus Wolfram (Parz. 55, 25. 94, 16. 327, 28. 389, 10;
übersehen sind Parz. 711,9, Wilieh. 26,29) und die fügung wäre danach
vielleicht Hilde -Gudrun s. 149 unter den aus Wolfram entlehnten auf-
zuführen gewesen.
Der gedanke der str. ist untadelig und passt sehr gut in den Zu-
sammenhang: Ute bleibt witwe1, deshalb wollte ihr söhn nicht heiraten2,
obwol alle Prinzessinnen ihn begehrten. Schlösse str. 7 an 5 an, so
würde es 7, 1 wol heissen: Do riet sin muoter dem riehen.
Die ursprünglichkeit der Strophe lässt sich zudem noch von einer
anderen seite her klar erweisen. Der ganze eingang ist, wie Kettner,
Zeitschr. 23, 147 fgg. gezeigt hat, nach der 2. aventiure des Nibelungen-
liedes gearbeitet. Str. 3.4 geben Nib. 24,1. 26, 1. 2 sehr genau wider.
Die rücksichtnahme auf die mutter in unserer str. 6 leitet Kettner mit
recht ab aus Mb. 43, wo Sigfrid es ablehnt bei lebzeiten seiner eitern
die kröne zu übernehmen (denn darum handelt es sich natürlich auch
hier, da heirat und Übernahme der herrschaft zusammenfallen, wie nach-
her 18 fgg. und bei Hagen ausführlich erzählt wird). Der vielerörterte
vers 6, 4 aber ist sicher angeregt durch Nib. 24, 2 manee frouive und
manec meit im wünschten, daz sin wille in immer triiege dar. holt
ivurden im genuoge. Es ist nun gewiss wahrscheinlicher, dass der dichter,
1) So, denn den witeivenstuol besitzen ist nicht, wie Sijmons erklärt, = in
dem witeivenstuol sitzen „witwe sein", sondern perfectiv, also entweder „witwe
werden " oder „witwe bleiben " ; hier das letztere.
2) Vgl. die umkehrung des gedankens 209: Hetel will heiraten, weil ihm
vater und mutter gestorben sind.
BEITRÄGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 42?
der die ganze, in den um 6 stehenden Strophen erzählte geschiente in
engster anlehnung an diesen abschnitt des Nib. verfasste, ihm auch die
in str. 6 selbst von ebenda genommenen züge entlehnte, als dass ein
interpolator die quelle des ersten dichters scharfsinnig erkannt und
aus ihr (sogar aus derselben strophe!) nochmals einen zug eingefügt
haben sollte.
14. 15 haben ziemlich einstimmige Verurteilung gefunden. Nament-
lich wird die „unbeholfene" str. 14 getadelt (W. Grimm); „sie greift
weit voraus und durchschneidet die nachher fortgesetzte erzählung"
(Martin). Sijmons s. 12 wollte die Strophen nach 16 einschieben, was
ganz unmöglich ist, weil 15, 4 deutlich 16 vorbereitet und nur vor
dieser str. einen sinn hat, worüber unten. Der ganze anstoss besteht
überhaupt nur in der angäbe von 14, 2 a der (buhurt) was nü xer-
gangen, während er 16, 2 doch fortdauert. Das steht aber ja auch gar
nicht in der hs., die vielmehr liest es was mixergangen. Diese lesart
ist formal anstössig und gewiss verderbt (sichtlich infolge des bestrebens,
den cäsurreim herzustellen); eine conjeetur hat aber doch kein recht,
ihren sinn in das gegenteil zu verkehren. Wie der text ursprünglich
lautete, lässt sich kaum mehr mit Sicherheit feststellen, vielleicht in
/ras unxerrunnen noch groxer arbeit (vgl. 1134,4 dö was in ir arbeit
gar xerrunnen , 524, 3 sit ist in groxer eren von helden unxerrunnen,
1403, 4 im was noch hohes muotes unxerrunnen, 257, 3 dax uns in
einem järe des si unxerrunnen, ebenso 1193, 3. 1576, 4). Die Her-
stellung der herausgeber der was nü xergangen ist auch sachlich un-
richtig, denn sie widerspricht durchaus dem überall eingehaltenen
empfangsceremoniell. Man kann durch eingehendere prüfung der braut-
empfänge wie unser gedieht und viel detaillierter das Nibelungenlied
sie schildern, sich leicht überzeugen, dass der Vorgang sich in folgender
art abspielt: auf der einen seite ziehen braut und brautführer zu pferde
heran. Auf der andern kommt der königliche bräutigam mit seinem ge-
folge im buhurd angesprengt. Sind beide teile zusammen getroffen, so
werden die frauen von den rossen gehoben und auch der könig mit
seinem engeren gefolge steigt ab und begrüsst mit kuss die braut
und deren gefolge. Unterdess aber treibt die übrige begleitung den
buhurd weiter, der auch noch andauert, während der könig und die
vornehmsten die braut und deren frauen in die zelte führen (bes. deut-
lich Nib. 1353 fgg. beim empfange Kriemhilds durch Etzel). — So ist
auch hier alles in bester Ordnung. Die gelandeten erholen sich in den
vom könig vorgesorgten zelten am strande von den Strapazen der See-
fahrt 13,4. Unterdess sprengt der (durch boten besandte, vgl. 456 fgg.)
28*
428 Panzeü
könig mit seinem gefolge im buhurd heran 14,1. 2; Ute wird ihm ent-
gegengefahrt 14,3 (natürlich zu pferd, tgezoumet' wie Nib. 582); 14,4
ist eine der beliebten vorausdeutungen (vgl. bes. 163, 4 sit wart er ge-
ivaltic). Die dienstleistung, von der 15, 1 spricht, besteht in dem
herabheben der trauen vom pferd (vgl. Mb. 584,4. 1349), daher passend
15, 2. 3 die kostbaren satelkleit erwähnt werden, die dem dichter, der
in der anschauung der Situation stand, hier vor äugen kommen mussten.
15,4 lenkt den blick (mit geschickter Überleitung : gemütlicher reflex
des bisher erzählten auf der gegenseite!) wieder auf den könig, der
(unterdess gleichfalls abgestiegen) nun die braut mit kuss empfängt
16, 1, während der buhurd um ihn weitertobt 16, 2. Dass str. 16 je
unmittelbar auf str. 13 gefolgt wäre, halte ich für unmöglich, weil es
dem stil unseres gedichtes durchaus widerstreiten würde, die einleitung
des empfangs zu übergehen.
Der Wortlaut der Strophen im einzelnen gibt keinen anstoss. Das
adj. (bez. adv.) ritterlich (en) 14, 1 begegnet auch 355,4. 388,3. 413,4.
471,3. 1103,4. 1409,3, darunter zweimal in dem allgemeineren sinne
wie hier. Zu dem zweimaligen guoten 15, 2 vgl. Hilde -Gudrun s. 71.
Die satelkleit werden auch 971, 1 erwähnt, wo die normannischen frauen
zum empfange der Gudrun ausziehen; für die formulierung hat dem
dichter jedenfalls Klage 4170 fg. vorgeschwebt, also ein auch an vielen
anderen stellen benutztes vorbild, Hilde-Gud. s. 144 fgg. — ahi 15,4 steht
auch 675, 2. — voget von lrlande heisst Sigeband sonst nicht, doch ist
voget zur bezeichnung des königtums in Gud. überaus häufig.
Unterstützt wird unsere auffassung von der ursprünglichkeit der
beiden Strophen auch hier wider durch das Verhältnis des ganzen ab-
schnittes zum Nib. Die ganze Strophenreihe ist, wie Kettner s. 149 fg.
ausführt, eine nachahmung von Brünhilds empfang in Worms; speziell
str. 16 zeigt weitgehende wörtliche Übereinstimmung mit Nib. 585. Da
nun 15, 1 swaz si ir künden dienen, des ivas man in bereit aus der-
selben partie entlehnt ist (Nib. 561,1 des bin ich vil bereit, swaz ich
im Jean gedienen, dax ist im unverseit; Kettner vergleicht das entlegenere
744, 1) so wird doch auch diese Strophe wahrscheinlicherweise denselben
Verfasser haben wie 16 und die übrigen.
Str. 21 nennt Sijmons s. 17 „sehr überflüssig und nach form und
inhalt gleich schlecht." Einfach ausscheiden lässt sie sich nicht, da
ohne sie das pron. si 22, 2 keine beziehung hätte. Der Wortlaut gibt
keinen anstoss. Zu v. 1 im dienten sine huobe vgl. 917, 4 dar dienten
wol driii hundert huobe, ebenso 2, 2. 204, 4. 1227, 2. — daz kreftige
guot=321,l. — 2* sin ivip diu kü/tegiuue = 26, 2a = 44, 3b = 423,4a. —
BEITRÄGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 429
Zu 2h diu was ouch so gemuot vgl. 351,2 die wären so gemuot gerade
auch von der gesinnung, die den besitz nicht achtet. Das ouch, das
Sijmons in der anm. s. 46 seiner ausgäbe als „kaum verständlich"
bezeichnet, ist adversativ: Sigebands einkünfte waren gewaltig; seine
gattin brauchte das aber auch bei ihrer freigebigen gesinnung. — drizec
künege laut 3b ist jetzt richtig von Martin als änb /.oivov gefasst; es
ist von ähnlich gewaltsamer art wie 654,1. 214,2. Dreissig als formel-
hafte zahl ist bei unserem dichter beliebt, Hilde-Gud. s. 92; der gedanke
dieser zwei verse aber ist angeregt (Kettner s. 150) durch Nib. 557
Op ich nu eine hete drizec laut, so enphienge ich doch gerne gäbe üz
iuwer hant: diese stelle, die der Gudrundichter innerhalb der in den
vorausgehenden Strophen ausgeschöpften stelle las, löste bei ihm die
erinnerung aus an jene stehende formel, in der die freigebigkeit oder
Würdigkeit eines fürsten damit charakterisiert wird, dass man ihr dreissig
länder als allein ausreichendes wirkungsgebiet zuweist, vgl. Bit. 6716
Günther zu Küedeger: sit ich iu des hcere jehen, duz habe gegeben
iuwer hant, und licet ir drizec künege lant, daz ir niht milter mähtet
sin, nemet ditz, Wartb. 15, 13 er hat den muot, daz drizec lant und
alle ir guot ze sinem eilen ivteren ivol beivant, j. Tit. 86 der stam be-
gunde breiten mit esten ivol geschcenet, vil zwi da von sich leiten, der
drizec lant mit wirde ivcer bekrctnet, ebd. 4283 drizec krön, ob die üf
einem houbet solden sin, die mohten niht gerichet mit keiner gimme
stiure gesin, daz si (diner wirde) mohten hän gelichet.
Str. 30 ist für den Zusammenhang entbehrlich, aber im einzelnen
nicht zu tadeln, magetlich la steht auch 10, l; dass die fürstin hier in
Frideschotten saz, 8,4 aber in Nonvcege gibt keinen anstoss, vgl. 9,3
und Hilde-Gud. s. 108. 109. — her künec 2a wird auch Hagen ange-
redet 435,1 und Hartmut 734, 1 ; das ihrzen, das mit diesem verse im
gegensatze zum vorausgehenden einsetzt, dauert in den folgenden Strophen
fort; zu miniii meere merket vgl. 903, 4 merket mich vil ebene. — Der
höhe pris 4 a erscheint auch 570,1. 971,4; werben nach steht 199.4.
213,2. 508,4. 628,3. 668,2. 1458,4; künde getvinnen auch 79,2. —
Entscheidend für die ursprünglichkeit der str. ist wider das Verhältnis
zum Nib. Kettner s. 151 fgg. hat gezeigt, dass die ganze erzählung von
Sigebands und Utes gespräch eine nachahmung des gespräches zwischen
Günther und Brünhild ist in avent. XII mit vielen wörtlichen anklängen
im einzelnen. So entsprechen Gud. 27 = Nib. 725, 28 = 727. 726, 29
— 728; 30 aber ist ohne zweifei angeregt durch Nib. 730, wo Brün-
hild denselben rückblick in ihre Vergangenheit tut wie Ute: Diner
swester zühte unt ir wol gezogener muot, sivenne ich dar an gedenke,
430 PANZER
wie sanfte mir dax tuot, wie wir ensamet sdxen, dö ich erste zuart
din wipf
Für die ursprünglichkeit der Strophe darf man endlich auch noch
die „einheit der Charaktere" ins feld führen; Ute ist consequent als die
freigebige geschildert (Hilde -Gud. s. 121), so dass also auch diese strophe
schon mit rücksicht auf die folgende erzählung gedichtet erscheint.
Nicht ausscheidbar ist auch str. 26, die durch 27 vorausgesetzt
wird. Wilmanns s. 131 und Sijmons s. 17 haben aber anstoss genommen
an dem „unbestimmten" und „inhaltsleeren" gerede der königin, die
erst in den folgenden str. zur sache kommt. Ich verstehe diesen Vor-
wurf nicht, da der dichter hier doch vermutlich den brauch des täg-
lichen lebens treu und gut widergibt. Anstössig könnte ich nur finden,
Avenn der dichter, wie die kritiker es wollen, die königin in dieser
heiklen sache, wo sie den mann auf seine königlichen pflichten auf-
merksam macht, mit der türe hätte ins haus fallen lassen. — Unbedenk-
lich ist auch der xederboum in v. 3; denn derartige Verstösse gegen die
pflanzengeographie sind im deutschen wie im französischen epos häufig
genug, insonderheit werden Ölbaum und lorbeer sehr oft in unmög-
liche klimata versetzt, vgl. GParis, Hist. poet. de Charlemagne s. 80,
Heinzel, Ostg. hs. s. 86, Jiriczek, DHS. 1, 208 A.
Der Wortlaut gibt keinen anstoss. la eines tages steht ebenso 324, 4
(anders 631, 2). — 2a sin ivip diu Mineginne vgl. oben s. 428 zu 21, 2. —
Zu 3b ivir haben eren vil vgl. 1226,4 wold er iht haben ere, 279,3
swä man sol haben ere, ebenso 551, 4. 178, 3. 302, 4. — Zu 4a mich
tvundert einer mcere vgl. 793, 1 mich wundert, ivax doch iccere . .,
1475, 2. -- verdagen 4b steht oft: 767, 4. 820, 1 (ebenfalls mcere object),
925, 1. 1336, 2. 1337, 2.
Str. 58 ist für den Zusammenhang nicht zu entbehren; Sijmons'
versuch s. 18 aus 58. 59 eine neue strophe zu dichten (mit unmöglichem
reim) mag auf sich beruhen. Im Wortlaut der str. lässt sich kein an-
stoss finden. Die kläwe des greifen 2a werden auch 69, 2. 70, 1. 4 er-
wähnt (nach herzog Ernst B 4282). — schin tuon 2b steht noch 264,1
(vgl. 304, 4. 1012, 2) dö tete sines ivillen da heime Hetele schin, wo
schin subst. ist, daher auch hier nicht gröxe zu lesen ist (wie alle heraus-
geber setzen), sondern mit der hs. gröxen, zumal es ein adv. gröxe in
der Gud. nicht gibt, sondern nur gnexllchen 63, 4. 510, 4. 748, 4. —
Zu 3* dax er grimmic wcere vgl. 295, 3b dax er da grimyne ivcere. —
Zu 4 dax muosen sit beweinen vgl. 952, 4 dax muosen s'it die weisen
beweinen, ähnlich 504,4. 1311,3. 1431,4. 1496,4. — die helde küene
linde guot 4b gibt eine sonst in Gud. nicht genau widerkehrende ver-
BEITRÄGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 431
bindiiDg (nur 479, 2 die küenen helde guote). Da die hs. statt küene
vielmehr schone liest, so wird vielleicht richtiger nach 115,2 hergestellt
die helde stolz linde guot.
Die Strophen 60 — 69 sind mindestens nicht alle entfernbar, da 70
nicht an 59 anschliesst. Sijmons s. 12 fg. findet alle entbehrlich bis auf 69;
„offenbar sind 60 — 68 interpoliert und die letzte Nibelungenstrophe 69
aus einer älteren, die an 59 anschloss, umgestaltet". Mir ist es, muss
ich gestehen, schwer verständlich, wie man dem dichter, wenn man sich
einigermassen mit seiner art vertraut gemacht hat, eine solche stil-
widrigkeit zutrauen kann, dass er den abschluss des festes, ja über-
haupt die Wirkung des ungeheuerlichen ereignisses auf den könig und
seine gaste mit stillschweigen hätte übergehen sollen. Auch der gedanken-
inhalt der Strophen ist ganz in der art unseres dichters. Das weinen
der männer erwähnt er oft genug (Martin zu 62, 1). Der fatalistische
trost 62, 3 fg. kehrt 928 und 1698,2 wider. Sijmons findet die lang
anhaltende festfreude nach der entführung Hagens unpassend, aber gerade
63fgg. entsprechen völlig der gesinnung des dichters; betont er doch
auch sonst nachdrücklich, dass der edle trotz heftigster gemütsbewegung
auf der erfüllung der anf orderungen feiner sitte besteht, vgl. besonders
das benehmen Hildes nach dem tode ihres gatten oder Hagens benehmen
538. Dass die initiative der königin auch hier festgehalten wird, zeigt
consequente Charakterschilderung, Hilde-Gud. s. 121.
Dazu kommt denn auch hier das Verhältnis zu den im voraus-
gehenden und nachfolgenden benützten quellen. Kettner s. 153fgg.bat
gezeigt, dass die ganze festschilderung ein mosaik von reminiscenzen
aus dem Nib. darstellt; in derselben art aber schöpfen aus derselben
quelle die erzählung vom abschluss des festes str. 60 — 66, vgl. ebenda
s. 154/55. Weiter ist Hilde-Gud. s. 193 fgg. ausgeführt, dass die greifen-
geschichte in engster anlehnung an den Herzog Ernst erzählt ist, viel-
fach mit directer benutzung des Wortlauts; dies Verhältnis aber tritt
bereits in 67 — 69 klar zu tage, vgl. besonders die a. a. o. zu 68, 1. 3.
69, 1. 3. 4 gegebenen vergleichungen.
Am Wortlaut der Strophen dürfte auch nicht viel auszusetzen sein.
60,1 leide not vgl. leidiu mcere 532,4, leider tac 1622,4. — 2a harte
sere steht auch 194,3. 399,4. 623,4. 979,3 u. o. — 3a des ivas in un-
muote der kiinec = 978, 2 des ivas in luimuote der juncvrouwen lip;
vgl. 76,2. — 3b der kiinec und ouch sin ivip = 1200,3. — 4a si klageten
al gemeine vgl. 1598, 1 si weinten al gemeine, ebenso 127, 1. 137, 4.
336, 1. 906, 1. 1114, 2 u. ö. — Adj. teert == trefflich, mit dem es be-
kanntlich seine eigene bewandtnis hat (Steinineyer, Epitheta s. 8 fgg.;
432 PANZER
Braune, Hss. des Nib. s. 111) ist unserem gedichte besonders in der
fögöng die werden geste geläufig 47,4. 322,1. 328,1. 472,4. 508,3.
719,4, ausserdem 51,4. 912,2. 1578,4. Dass unmuot und wert gleich in
61 sich widerholen, ist nichts aussergewohnlicb.es, Hilde-Gud. s. 71. —
61, 2 sich zerlaxen steht auch 1217, 1. 1219, 2, ebenso 3a xervüeren
804, 2. 1218, 3. 1614, 2. Zu 61, 4 in was vil innerlichen leit vgl. 1208, 2
mir ist innerliche beide liep und leit. — 62, 1 der tvirt weinte sere
vgl. 520, 4 die vromven weinten sere; nax, wie hier die brüst, werden
sonst die äugen 824,2. 1598,2. — 2" diu edele küneginne heisst Ute
auch 40, 4. 152, 3. — 2b mit xühten = 52, 3. 340, 4. — Die schwer-
fällige fügung: diu küneginne sprach dö daz, daz er... ist unserem
dichter überaus geläufig, vgl. 549, 2. 404, 1. 1058, 1. 1695, 1 u. o. —
4b got von himele vgl. Martins anm.; als got gebot = 68, 1. 1134, 1. —
63, lb = 1539,2. — 3 lät iu niht versmähen ist eine lieblingswendung
des Gudrundichters: 89,3. 781,3. 904,3. 1156,3. 1514,4 (während sie
im Mb. B nirgends begegnet, nur C 1682, 1); vgl. auch 46,4 und 1567,2.
4a daz haben wir xe gebene vgl. 672, 3 sivaz er xe gebene hete. — 64, 1
Dö nigen ir die recken vgl. 336, 1. 1588, 1. 1532, 1. — 3a manegen
riehen phclle vgl. manegen phelle riehen 41, 3. 1614, 3. — Dass 4a sume-
liche in der Gud. beliebt ist, hat Martin angemerkt; zu den von ihm
gesammelten stellen sind nachzutragen 1006,1. 1348,4. 1690,2, so dass
es in der Gud. zwölfmal steht, im längeren Nib. nur fünfmal. — 4b von
verren landen = 118, 2. 850, 2. — Die rosse von Irland 65, 2 erwähnt
auch 551,3; ebenda golt dax röte = 65,3. — güetliche 4b ist ein lieb-
lingswort des dichters, vgl. Martin zur stelle und zu 96, 1 (wo aber
statt 1233, 4 zu lesen ist 1234,4 und 1021,1. 1579,2. 1602,1. 1679,4
nachzutragen sind), speziell güetlichen phlegen steht noch 83,4. 1001,2.
— 66, 1 scheiden laxen ebenso 164, 1. 284, 1. 402, 3; vgl. 1697, 1. —
2b ir lip ir gäbe was getiuret vgl. 437, 2 des ist uns der lip getiuret
an ein ende, ähnlich 7, 2. 566, 2. — 3b si truogen guot geivant vgl.
219, 2 er und sine gesellen truogen guot geivant, 1645, 1. — 4a vgl.
1687, lb; 4b vgl. 552, 1. 1694, 1. 274, 4. 799, 2. — Die art wie 67, 1
der Übergang auf ein anderes thema ausdrücklich bezeichnet wird, be-
gegnet öfter wörtlich so wie hier, die stellen sind Hilde-Gud. s. 86 ge-
sammelt. — 4b starkez leit = 1331, 3, vgl. 1505, 3 st. jämer, 345, 3.
1074, 3 st. arbeit. — 68, lb vgl. zu 62, 4. — 2a besunder ist der Gud.
sehr geläufig, vgl. 292,4. 307,3. 353,2. 484,1. 913,1. 4. 980,1. 1007,2.
1105,3. 1337,2. 1561,4. 1610,3 und die Hilde-Gud. s. 94 anm. citierten
stellen; im Nib. begegnet das wort nur zweimal. — Über die gotes
güete 69,4 vgl. Martins anm.
BEITRÄGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 433
Str. 73 ist anentbehrlich, michel ivunder la steht auch 70, 2.
307,4. 505,1. 1610,4; zu lb des mac man vergehen vgl. 1374,1 des
mac ich ivol jehen, 1255, 1 des müge wir verjehen, 192,2 des mohte
er wol verjehen. Zu 2b ex was geschehen daz vgl. Hilde- Gud. s. 83. —
Warum 4a „sehr unverständig" sein soll, wie Sijmons will, ist schwer
einzusehen; der dichter sagt m.e. sehr verständig: Die Jungfrauen wohnten
ganz nahe der stelle, wo Hagen dem greifen entfiel. Zu 4b nü kan
iu nieman gesagen vgl. 1115, 2 daz iu daz ivunder niemen künde vol
gesogen und Hilde- Gud. s. 85.
Str. 77 ist nicht zu entbehren; in Wortlaut und gedanken ist nichts
auffälliges. 1B= 118, 1, 3b= 287, 1.
Str. 82. 83 lassen sich gleichfalls nicht ausscheiden, da 84,1 un-
mittelbar an 83, 4 anschliesst. Als äusseres moment für die ursprüng-
lichkeit der Strophen lässt sich das Verhältnis der ganzen partie zum
Parzival anführen. Durch 99,4 = Parz. 485,7 ist festgestellt, dass dem
dichter für seine Schilderung Trevrezents Waldeinsamkeit vorschwebte
(vgl. Hilde-Gud. s. 149); so wird das suchen der tvurxe (würze und ir
krüt Parz. 486,3 == Gud. 82,1), wie es dort Parzival und der einsiedler
treiben, wol auch für unsere str. vorbild gewesen sein. Auch das Ver-
hältnis zum Herzog Ernst kommt in betracht, vgl. die nachweisungen
Hilde-Gud. s. 194.
86 ist unentbehrlich; der inhalt stammt wider aus dem Herzog
Ernst. Wie v. 4 herzustellen sei, ist schwer zu sagen; vielleicht des
manec wtp von klage vil der sorgen gewan, vgl. 901, 4 vil helme lac
zerbrochen, daz klaget da heime vil der schämen ivibe. — klage in der
cäsur wäre nicht anstössig, vgl. Bartsch, Germ. 10, 74fg., Hilde-Gud. s. 17.
101. 102 sind stets mit besonderer Zuversicht für interpoliert erklärt
worden. 103,1 soll an 100,4 besser anschliessen als an 102,4. Schon
das ist nicht richtig. Es müsste dann 103,1 etwa lauten: Do er daz
Her hete ze töde erslagen, er gedähte ez ze hüse heim mit im tragen;
so wie die verse aber da stehen, setzen sie voraus, dass im unmittelbar
vorhergehenden nicht von dem Her die rede war. Zudem lässt sich die
ursprünglichkeit gerade dieser Strophen schlagend mit inneren gründen
erweisen. Sie darzutun genügte allein schon das wort anelich 101, 1.
Es erscheint in unserem gedichte noch 1239,2 si ist vil minniclich und
doch miner swester nindert anelich und 1241, 2 dem sit ir anelich,
immer im reim. Ausserhalb der Gud. erscheint es in der ganzen mhd.
litteratur nach ausweis der Wörterbücher nur noch Diera. 88, 22, Engelh.
470 (Mhd.wb. l,971b), Rothes Düring. Chron. 87 [ellichj, Wolfd. DVII 24
[enlichj, (Lexer 1, 67, Nachtr. 24), Cgm. 89, XV. jh. (Schindler2 1,82,
434 PANZER
dort noch zwei belege für einlich), dazu änleich in der Berliner hs. des
Meier Helmbr. v. 738 für geleiche der Wiener hs. Das sind im ganzen
acht belege, wovon vier auf das 13. jh. fallen und von diesen belegen
steht einer im Engelh. (druck ehnelich), drei in der Gud. Man wird es bei
dieser läge der dinge kaum wahrscheinlich finden können, dass der
mann, der das wort 101, 1 gebraucht, verschieden sei von dem dichter
der verse 1239,2. 1241,2.
Kaum minder charakteristisch ist 101, 3 dö er des vol getraue.
Dies vol bei verben ist unserem dichter sehr geläufig; vgl. 181, 2 dö
man vol gesanc, 384, 1 do er dri deene sunder vol gesanc, 394, 3 unx
si vol gehörte die wise, 398, 1 do er die süexen wise xe lobe vol ge-
sanc, 442,2 e diu tür der krame vol wurde üf getan, 733,4 vol rechen
gar ir ariden, 1115, 2 dax wunder niemen künde vol gesagen und
unserer stelle besonders genau entsprechend 183, 1 dö der herre üx Ir-
lande vol enbixxen was. Im Nibelungenliede ist der gebrauch sehr viel
seltener. — Vgl. noch zu 2b dö wart er krefte rieh: 1678, 1 die ivurden
guotes rieh, vgl. 400, 4. 1096, 3; zu 3a in luste sines bluotes: 395, 3
des lustet mich vil sere, 1641, 4 so mac dich des wol Misten, 1027, 3.
Schliesslich kommt auch hier von aussen bestätigung der echtheit;
der stärketrank, ausgestaltet nach der Sigfridsage, stammt zunächst aus
derselben quelle, aus der so vieles in der erzählung von den drei Jung-
frauen und ihrem befreier geflossen ist, Hilde- Gud. s. 212.
102 wäre entbehrlich, wenn man 101 stehen lässt, da 103 sich
allenfalls an 101 anschliessen könnte. Doch lässt sich für die echtheit
auch dieser str. ein äusseres moment geltend machen. Kettner a. a. o.
155 hat schon v. 2 bi im er harte nähen einen lewen vant mit Nib.
935, 4 dar nach er vil schiere einen ungefüegen leinen vant zusammen-
gestellt. Da aus derselben str. wahrscheinlich auch 103, 1 dax Her dax
er hete xe töde erslagen = Nib. 935, 2 sin tier was dax erste, dax er
xe töde sluoc, aus demselben abschnitte des Nib. sicher 98, 3 = Nib. 976, 3
stammt, so wird deswegen auch str. 103, die die nämliche quelle in
derselben weise benutzt, von dem gleichen dichter verfasst sein. Der
Wortlaut ist in seiner art: zu 3a der mohte im niht enphliehen, vgl.
167,2 des mohte im einen spnmc lebendes niht enphliehen; zu 3b wie
schiere er xuo im gie, vgl. 245,2 wie schiere er dö sprach, 1098,3 wie
schiere si im dax künden; zu 4a des beleip er unverhouiven , vgl. 203, 1
noch beleip ex ungeivorben niht, 933, 4 dax Hagenen Mut beleip un-
bescholten; 4b güetliche enphähen steht auch 75,4. 96,1, vgl. 274,2.
Der inhalt der Strophen ist für unser empfinden gewiss wunder-
lich, ihr dasein aber doch erklärbar. Die begegnung mit dem gabilün
BEITRÄGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 435
ist offenbar angeregt durch den abschnitt des Nib., der dem dichter hier
überhaupt vorschwebte und es ist einfach ein Wundertier durchs andere,
das halpful Nib. 935, 3 durch das chamaeleon ersetzt, das der Gud. aus
dem Parz. oder Rother bekannt gewesen sein mag. Auch die begegnung
mit dem löwen stammt aus Nib. 935, nur ist sie modifiziert im anschluss
an die sage von Heinrich dem Löwen (nicht den Iwein, vgl. Hilde-
Gud. s. 196), deren benutzung in dieser greifengeschichte ja nahe genug
lag. Von dem löwen ist nicht weiter die rede, doch rinden sich in
unserem gedichte derartige „blinde motive" auch sonst, vgl. Hilde-
Gud. s. 115.
107. 108 sind für den Zusammenhang unentbehrlich, geben auch
inhaltlich keinen anstoss. Die schamhaftigkeit der Jungfrauen wird wie
107,2 auch 114,4. 116,2. 157,2 betont, die selbst verfertigten kleider
erscheinen 113, 3 wider. Die von Kettner s. 156 bemerkte Überein-
stimmung von 108,4 mit einem auch in 106,1 benutzten abschnitte des
Nib. lässt sich hier nicht ins feld führen, da der Wortlaut von 108,4
auf conjectur beruht.
Der Wortlaut ist in der art des gedichtes: 107,2 niht ze giwt =
608, 1, zu 3* ir kleider diu si truogen vgl. ir wät die si truogen 605,2;
zu 4b in ir eilende vgl. 1579,4 in minem eilende, 1040, 4. Die zahl
24 in 108, 1 kehrt öfter wider Hilde- Gud. s. 92 , zu 2" an einem morgen
vrileje vgl. 1349, 1 an dem morgen vrileje, zu 3" ein schif geladen
swcere vgl. 923, 3 die mcere geladen harte sivcere.
114 ist, da später mehrfach auf die männliche kleidung der Jung-
frauen angespielt wird, ebenso unentbehrlich wie 117. Zu 114, 1 e si
xem schiffe giengen vgl. 1117,4 do si zen schiffen giengen; zu 4b iedoch
verendet sich ir klagen vgl. 663,4 do verendet sich al sin ande; 117,3
so rehte schcene = 1222, 1, dasselbe so rehte vor adj. und adv. 165, 4.
348, 3. 412, 2. 822, 4. 860, 1. 1409, 3. 1424, 4 und wie rehte 447, 2.
902,1. 1292,2.
126. 127 wird man ebenfalls nicht entbehren mögen, da Hagens
tat durch 125,4 nicht genügend bezeichnet, die furcht der gräflichen
128 nicht genügend motiviert wäre. Zu 126,2 wie diu not dir si ge-
ringet vgl. 1014, 3 daz ir diu groze sivcere geringet ivcere, ähnlich 156,4.
1145,2; zu 4 vgl. 360,3. 640,3. Zu 127,1 vgl. 1114,2 daz sprächen
si gemeine, zu 2 dich mügen loben balde vgl. 128, 4 ja mohte in sin
komen balde leiden, 1473,2 si mohte balde klagen.
142 ist unentbehrlich. Die zahl 12 v. 1 ist eine der häufigsten
im gedichte (Hilde -Gud. s. 91). 4b (diu) herzen leide vgl. 1311,3 mines
herzen leide, 810, 3 diu herzenliche leide, 801, 4 do was der edelen
436 PANZER
Hilden herzen leide (daz, diu herzen leit 681, 2. 710, 2. 845, 2. 979, 2.
1582,2, herxenleit adj. 880,4, herzenliehe leide 1152,4. 1198,4).
Von den str. 150. 151 ist jedenfalls die erste unentbehrlich (zu
v. 3 her Hagene tvas gestanden nider üf den sant vgl. 1574, 1 si wären
von den rossen gestanden üf den sant), die zweite schwer zu streichen
(für hin engegene gän vgl. ausser den fünf von Martin citierten parallel-
stellen noch 340,4. 1077,3; auch 1659,2 hin engegene varn, 1661, 1
h. e. riten; zu 3a wer im grüexen kunt tcete vgl. 357, 2 oh in wcere
iht kunt getan schirmen also starke, 1124, 2 sit ivart in kunt getan
michel arbeite; zu 4 ein starkez dringen vgl. 1449, 1 dö ivart ein michel
dringe?i).
Auch die str. 154. 155 lassen sich kaum ausscheiden. 154,1 mit
weinenden ougen = 686, 1. 977, 3. 1293,2; zu 3a bis willekomen Hagene
vgl. 220, 4 bis willekomen neve Fruote, zu 4 nü mügen sich din tvol
t 'rasten die hie bi Sigebande sint vgl. 1262, 3, wo Gudrun ihre ver-
wandten und freunde bezeichnet als der ich mich ie getroste, d. h. auf
deren hilfe ich rechnete. Zu 155, 1 der kilnec trat näher vgl. 525, 1.
841,4. 787,2. 1576,2. 1518,1; zu lb min vreude diu was gröz vgl.
187.1 diu vreude diu was gröz, 501,2. 790,2. 1219,2.
160 ist entbehrlich, doch nicht anstössig. 160, lb ist im Wortlaut
gleich 747, 2b, zur bedeutung vgl. ausser den von Martin citierten 291, 1.
301.2 noch 1146,1; zu 2a in dem vride Hag enen vgl. 1687,3 m vride
siner frouiven, zu 4 genäde sagen 1040,1. 1629,1. 1704,1.
184 ist entbehrlich, aber gewiss ursprünglich. Die zahl vierund-
zwanzig la findet sich mehrfach Hilde-Gud. s. 92; das charakteristische
wort (Zwierzina, Z.f.d.a. 45,35fg.) plan steht auch 174,1. 1096, 2. 1569,2,
während es im Nib. und verwandten epen fehlt. Zu 2b da wart ez tvol
getan vgl. 785,4 si tätenz wol mit Hartmuotes hehlen, 1470,1 er was
ouch ein recke und tele in strite tvol, 240,2. Zu 3a manic richiu tjoste
vgl. 179, 4 manegen buhurt riehen, 1660, 3 manegen puneiz riehen.
Sijmons s. 13 findet anstössig, dass die tjoste erwähnt ist, da ja gerade
ein buhurt geschildert wird; aber beides sind natürlich verschiedene
dinge und hier findet buliurdieren und justieren gerade so nebeneinander
statt wie etwa bei könig Markes maifest Trist. 61 7 fg. Entscheidend für
die echtheit der str. ist wider das Verhältnis zum Nib. In dem ganzen
abschnitt ist die Schilderung des Wormser festes ausgeschlachtet, Kettner
s. 159; str. 179 [schöpft schon aus Nib. 584, dieselbe strophe aber ist
in 184 intensiv benutzt. Sonach wird sie von keinem anderen Verfasser
herrühren als ihre Umgebung.
BEITRÄGE ZUR KRITIK UND KRKLÄRUNG DER GUDRUN 43?
191 ist für den Zusammenhang unentbehrlich. Die „undeutliche
bezeichnung" der drei königstöcher in v. 1, die Martin anstoss gibt, stellt
sich unter den Hilde -Gud. s. 84 bezeichneten gesichtspunkt, vgl. be-
sonders das erste dort citierte beispiel. Zu v. 4b xe wünsche icol getan
vgl. 430, 2 xe Wunsche ivol gesniten.
Es würde zu viel räum erfordern, wollten wir alle Nibelungen-
strophen unseres gedichtes so ausführlich wie die ersten 38, unter
str. 1 — 200 der Gud. eingemengten besprechen. Ich werde daher im
folgenden auf eine vergleichung ihres Wortlauts mit den Gudrunstr. ver-
zichten und nur jeweils vorführen, was sich sonst gegen oder für ihre
ursprünglich keit ins feld führen lässt.
213. 214 sind unentbehrlich; auf ihre ursprünglichkeit aber weist
wider das Verhältnis zum Nib., dessen VI. aventiure — beratung und
beschluss von Günthers Werbung — dem dichter mehrfach anregung
gegeben hat (Kettner s. 160 fg.). Da nun 213 aus Nib. 330, 214 aus
Nib. 331 geschöpft hat, so müssen diese str. doch wol von demselben
Verfasser herrühren wie ihre Umgebung.
217 ist entbehrlich; es wäre aber für den stil des gedichtes auf-
fällig, wenn die bestellung der 216 befohlenen botschaft nicht er-
zählt wäre.
233. 234 sind entbehrlich, das von Wate erzählte aber ist aus
der vollen auschauung seines Charakters geflossen (Hilde- Gud. s. 128),
wie sie wol nur dem dichter selbst eignen konnte. Dasselbe gilt von
der an sich entbehrlichen str. 237, wo Wate dem könige sehr fein, wie
mehrfach sonst (Hilde-Gud. s. 131), mit einem sprichworte entgegnet.
249 ist für den Zusammenhang unentbehrlich und ohne anstoss.
258, durch enjambement an 257 geknüpft, scheint entbehrlich.
Aber einmal musste doch gesagt sein, dass Hetel als der vertreiber
gelten sollte und zweitens ist die bestimmte voraussage 259, 2 xehant
so vähet gnade der ivilde Hagene min kaum berechtigt, wenn nicht
vorher von den reichen gaben die rede war, mit denen ein so bereit-
williges entgegenkommen doch erst verdient werden muss.
268 ist für den Zusammenhang entbehrlich, aber sicher echt, denn
die anker aus kostbarem metall entstammen der gleichen quelle, aus
der die kostbare ausrüstung, wie str. 265 — 267 sie schildern, genommen
ist, s. die nachweise Hilde-Gud. s. 270 fg.
270 ist unentbehrlich.
274, mit der folgenden str. durch enjambement verbunden, wird
man doch kaum missen können, da das er 275, 4 durch 273, 2 nicht
genügend erklärt wäre. Ihr fehlen wäre auch gegen den stil des dichters,
438 PANZER
der 1105 der begrüssung der zur heerfahrt zusammengeströmten Hege-
lingen eine eigene strophe widmet.
281 lässt sieh herausnehmen, ist aber als ausführung des 256 vor-
geschlagenen wol begründet. Die Umstellung der str., wie sie Sijmons
nach Wilmanns vornimmt, ist nicht zu billigen, da 281. 282 entschieden
zusammengehören, beide von der mitzunehmenden mannschaft handelnd.
287 ist entbehrlich, im besonderen lässt sich nichts für oder gegen
sie anführen.
304 ist unentbehrlich, ebenso 314 (wo für alle einzelheiten des
Wortlauts sich zahlreiche parallelen aus Grudrunstr. finden) und 333. 334.
Letztere str. wird durch den Zusammenhang gefordert, 333 aber muss
notwendig der kleidung Horands gedacht sein, nachdem 331. 332 die
Wates und Morungs geschildert ist. Es ist dabei folgerichtig und fein,
dass Horand als der bestgekleidete erscheint, vgl. Hilde-Gud. s. 126.
Als äusserer beweis für die ursprünglichkeit beider str. lässt sich noch
das Verhältnis derselben zum Rother anführen, nach dem sie wie ihre
Umgebung gebildet sind, Hilde-Gud. s. 224. 226.
336 wird nicht durch den Zusammenhang, aber durch den stil des
gedichts gefordert. Dass die str. aus derselben partie des Nib. schöpft,
wie die umgebenden, zeigen Kettners nachweise s. 164.
346 ist unentbehrlich und auch 364 kann man kaum streichen,
da sie doch wol durch 365, 1 vorausgesetzt wird.
390 entbehrlich, gilt den kritikern als „elend" (Martin) und „ganz
besonders schlecht" (Sijmons). Der einzige ernsthafte Vorwurf, den man
ihr machen kann, ist freilich nur der, dass sie schwer zu verstehen
ist1, besonders wenn man sie durch unnütze conjecturen verdirbt. Mit
Zingerle, Z. f. d. a. 44. 139 fg. und Schönbach, Christentum s. 146 hat
man in engstem anschlusse an die Überlieferung zu lesen: sich minnert
in ir kceren da von der phaffen sanc; das gibt einen formal und in-
haltlich vollkommen befriedigenden vers und wie ich gegen Zingerle
betonen möchte, auch den geforderten parallelismus zu v. 3. Denn auch
hier ist nach meiner meinung nicht von dem wolgefallen die rede, das
die glocken früher und jetzt nicht mehr erregten, sondern der vers
meint: die glocken wurden nicht mehr so eifrig geläutet wie sonst.
Also: priester und küster liefen Horands gesang nach und versäumten
darüber ihre pflicht.
1) Denn dass 390, 1 aus 384, 2 „entlehnt" ist, ist nicht weiter ernst zu nehmen;
von dem gedieht bliebe nicht viel übrig, wenn alle derartigen „ entlehnungen " be-
seitigt werden inüsten.
BEITRÄGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 439
416. 417 sind unentbehrlich und untadelig.
450 lässt sich nur dann streichen, wenn man 451, 3 so versteht
wie Hüdebrand, Zeitschr. 2, 470, was ich an sich allerdings für möglich
halte. Näher liegt aber gewiss die einfachere auffassung, dass 451,3
Wate persönlich gemeint sei und dann ist unsere str. nicht zu ent-
behren.
480 wird niemand entbehren mögen, der die sonstigen Schilderungen
eines brautempfanges in unserem gedieht wie im Nib. vor äugen behält,
vgl. oben zu str. 14.
502 ist für den Zusammenhang entbehrlich, aber sie ist nicht
störend, wie wol behauptet wurde. Nach Sijmons s. 13 soll die str.
zwischen 501 und 503 einfach unmöglich sein, weil Hagen in ihr schon
den kämpf mit Hetel beginne, während er doch erst 503 ins wasser
springt. Davon steht aber absolut nichts da, vielmehr wird in voll-
kommener Ordnung erzählt: Hagen fordert seine beiden auf, ihm den
Strand gewinnen zu helfen (501). Er selbst war mit seinem schiffe schon
ganz nahe an den Strand vorgedrungen, wo er Hetel, direkt am wasser,
kampfbereit stehen fand (502). Er springt jetzt aus dem schiff und
watet vollends ans land (503), um dort nun mit Hetel sich im kämpfe
zu messen (504 fgg.)- Das einzige woran man in str. 502 anstoss nehmen
könnte, ist, dass 2a vorzeitig das erklingen der Schwerter erwähnt wird.
Der halbvers kann sehr wol erst vom cäsurreimer herrühren; möglich ist
aber auch, dass wie öfter in unserem gedieht (vgl. Hilde- Gud. s. 113 fg.)
ein typischer zug auf eine Situation übertragen ist, zu deren indivi-
dualität er nicht passt.
Die ursprünglichkeit von str. 541 wird durch das er 542. 1 nicht
sicher erwiesen, aber sehr wahrscheinlich gemacht. Ihr Inhalt ist gewiss
angeregt durch Nib. 255 x, eine str. aus derselben IY. aventiure, die
auch für die vorausgehenden kampfschilderungen benutzt ist, wie Kettner
s. 167 fg. zeigt.
546 ist entbehrlich. Der ausgesprochene gedanke aber — freude
derer, denen die verwandten gesund heimkehren, klage derer, denen
sie erschlagen sind — findet sich, wie schon Martin anmerkt, genau
so in den Gudrunstr. 952. 955.
556 ist entbehrlich; irgend welche angriffspunkte bietet die str. nicht.
671 ist unentbehrlich und untadelig.
Ebenso lässt str. 754 sich nicht ausscheiden, weil ohne sie 755,1
keinen sinn hätte. Sijmons nimmt anstoss an der „leeren parenthese"
1) Über die einträglichkeit der arzneikunst vgl. auch Parz. 516, 29 fgg. 523, 6 fgg.
440 Ganzes
v. 2; genauere Überlegung zeigt gerade sie völlig im sinne des dichters,
der immer wider Hartmuts aufrichtige zuneiguug zu Gudrun betont,
s. Hilde-Gud. s. 132. Ich verstehe auch nicht, warum v. 4 „ein über-
mässiges versprechen" enthalten soll, da Gudrun als Hartmuts gattin
eben herrin seines reiches würde, vgl. 1622, 2. 1642, 4; Minold ver-
spricht der Bride Orend. 3229 (= 3311) ir solent mich nemen zuo
einem man, so ivil ich iu machen undertän üf diser wilesten Babi-
lonie ziven unde sibenxic künege d. i. eben sein reich; Fore, könig von
Wendelsee sagt zu Salme Salm. 108: frouwe ich ivil dir geben me. du
solt gewaltig iverden über daz lant zu Wendelse, ebd. 585 verspricht
Morolf der künftigen gattin des königs von Jerusalem: So soltu ge-
ivaltic werden über daz lant zu Jerusale usw.
773 mag trotz 775,4 entbehrlich scheinen, kann aber ebensogut
oder wahrscheinlicher ursprünglich sein. Dass die herausfordernde rede
hier nicht mehr am platze sei, wird Sijmons (s. 14) niemand zugestehen
mögen. Die boten sind mit aller gebührenden zuht entlassen; aber dass
die mannen sich nicht enthalten können, den scheidenden die trotzrede
nachzurufen, ist so gewiss aus dem leben genommen wie die gans, die
dem jungen Parzival aus knappenmund von der Gralburg nachfliegt.
786 lässt sich ohne schaden für den Zusammenhang ausscheiden,
nicht aber 788, auf deren aussage 789, 2. 3 offenbar bezug nehmen.
Die von Wilmanns vorgeschlagene, von Sijmons befolgte anordnung der
Strophen: 787. 786. 788 ist verfehlt, da 788, 1 direkt an 787 anschliesst:
die Hegelingen bereuen jetzt (dö) ihren Übermut, als Ludwig an die
bürg (näher dar) herandringt.
800 ist entbehrlich. Dass ihr inhalt aber den Strophen 795 und
808 widerspräche, wie Sijmons s. 14 behauptet, ist nicht richtig; Hart-
mut kann, als er die eroberte bürg eilig verlassen will, doch gewiss den
befehl geben: „Lasst das plündern jetzt bleiben" \ nachdem seine mannen
vorher schon geplündert haben. Sijmons findet auch v. 3 „sehr wunder-
lich"; er hatte wol vergessen, dass nach der Gudrunstr. 439 von den
Hegelingen dieselbe rücksicht geübt wird.
819 ist für den Zusammenhang unentbehrlich; auch der inhalt ist
untadelig. Der hinweis auf die unebenbürtigkeit Hartmuts kehrt 610.
959, 3 wider. Martin erklärt es allerdings für auffallend, dass Hetel
hier sogleich das bedürfnis zeige, sich wegen der abweisung Hartmuts
1) Denn so ist lät den roup beliben! zu übersetzen. Nib. 663, 1 die rede si
lie beliben heisst auch nicht: „sie sagte überhaupt nichts", sondern „sie sagte jetzt
uichts weiter".
BEITRÄGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 441
zu entschuldigen. Ich finde den zug im gegenteil vollkommen natürlich
und dem wirklichen leben abgelauscht: im augenblicke, da die kata-
strophe eingetreten ist, muss Hetel das bedürfhis haben, sein verhalten,
das sie herbeigeführt hat, vor sich und anderen zu rechtfertigen durch
eine recapitulation der untadeligen motive, die ihn geleitet haben.
822 ist unentbehrlich und gut; dasselbe gilt von 1004, die das
notwendige Zwischenstück von 1003 zu 1005 bietet.
Was die str. 1041. 1042 anlangt, so ist die letztere str. für den
Zusammenhang unentbehrlich. Martin findet allerdings ihren inhalt an-
stössig und auch nach Sijmons s. 14 soll sie „falsche angaben" ent-
halten. Wieso, ist aber nicht einzusehen, da sie mit dem 1045 fgg.
erzählten (vgl. besonders 1046,2 mit 1042,1 gegen Martins bemerkung1),
sowie mit 1039, 3 fg. in genauem einklang steht; es wird eben der ver-
such gemacht, Gudrun durch gütige behandlung umzustimmen, nachdem
Gerlinds methode versagt hat.
Entbehrlich ist dagegen str. 1041, ja für unser gefühl entschieden
anstössig, indem sie den fortschritt der handlung durch allzu reichliche
vorausdeutungen unterbricht. Man darf aber doch nicht vergessen, dass
diese vorausdeutungen zum stil unseres gedichtes gehören und in zahl-
reichen fällen den Zusammenhang kaum minder störend unterbrechen.
Selbst dass wie hier volle drei Zeilen einer strophe damit angefüllt
werden, steht keineswegs vereinzelt da, vgl. str. 665, ferner die unserem
geschmack höchst störende str. 466, und besonders auffällig str. 586, in
der nur die erste zeile weiter erzählt, die übrigen drei mit voraus-
deutungen auf Herwig angefüllt sind, der bisher noch gar nicht einmal
aufgetreten war. Die Vermutung von Sijmons, die str. 1041 sei wol
erst vom Schreiber der aventiurenüberschrift eingefügt, ist gewiss nicht
wahrscheinlich, da v. 4 ja weit über die 21. avent. hinausweist. Gerade
im gegenteil darf man mit Sicherheit behaupten, dass die str. unbedingt
vor der Überschrift vorhanden gewesen sein muss; denn deren einfügung
gerade an dieser stelle, wo sie so unpassend ist als möglich, erklärt sich
nur daraus, dass 1041, 2 fg. zum ersten mal von Gudruns waschen die
rede ist. — Zu v. 4 des vlos den sige her Ludewic dö er mit Herwige
vaht, vgl. noch 890,4 des vlös den sige der gast mit al den svnen.
1) Nach Martin soll 1052, 1 mit 1042, 1 in Widerspruch stehn. Ich glaube
dagegen behaupten zu dürfen, dass 1052, 1 vielmehr gerade mit rücksicht auf 1042, 1.
1046, 2 gesagt sei : Gerlind wählt eine andere methode als Hartmut und Ortrun. Der
einwand, dass das echte Lied es Gudrun erst dann wol ergehen lasse, als sie zu-
gesagt hat, Hartmuts gattin zu werden, ist für diejenigen gegenstandslos, denen die
Überlieferung allein massgebend ist.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCH« PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 29
442 PANZER
Str. 1079, inhaltlich entbehrlich, ist doch nicht wol auszuscheiden,
weil 1080 nicht gut an 1078 anschliesst.
1126 mit Sijmons zu streichen ist ganz unmöglich, da ohne diese
str. 1127, 2 fg. einfach unverständlich ist. Der befehl Wates, die anker
zu kappen (so ist der vers zu verstehen, Hilde-Gud. s. 367), ist eben
dadurch bedingt, dass die Hegelingen durch sie an den magnetberg ge-
zogen sind. Die massregel befreit die flotte natürlich noch nicht sofort,
weil sie ja zugleich im windstillen lebermeer festsitzt.
1204 lässt sich ausscheiden, ohne dass der Zusammenhang ge-
stört wird.
Ob 1210 entbehrlich sei oder nicht, lässt sich nicht objektiv ent-
scheiden; jedesfalls aber ist die antwort Hildeburgs vollkommen passend
und aus der genauen anschauung ihres Charakters gegeben, wie sie vom
dichter consequent festgehalten ist, vgl. Hilde-Gud. s. 136.
1219 ist entbehrlich; scheidet man sie aus, so bekommt man aller-
dings die üble widerholung den vil edelen landen 1218,4, den eilenden
kinden 1220,2.
1235 ist unentbehrlich, ebenso 1242. Auch 1287 lässt sich nicht
ausscheiden, wie Sijmons behauptet, da 1288,4. 1289, 2. 3 bestimmt auf
1 287, 3 bezug nimmt.
1359 ist für den Zusammenhang unentbehrlich. Der Vorwurf, dass
1359,1 die Situation verkenne, trifft vielmehr die kritiker, die ihn er-
heben. 1347 konnte belehren, dass die Hegelingen in der nacht zu
schiffe vor die bürg gefahren sind, daher natürlich Gudrun am morgen
nun die segel sehen muss. Gudruns worte hat man , unnatürlich weich '
gescholten, als ob die Jungfrau sich nicht fortdauernd weich genug be-
zeigte, nachdem ihre sittlichen Überzeugungen und entschliessungen nicht
mehr bedroht sind; vgl. speziell auch die vollkommen analoge Ver-
sicherung 1377, 2 die vrouwen eilende dühte ex übel und guot (was
man nicht mit Martin in dühte ex unguot ändern darf).
1405 ist ebenso unentbehrlich wie 1408 und 1418. Dagegen lässt
1444 sich zur not ausscheiden, obwol man ungern die angäbe ver-
missen wird, dass Herwig und Ludwig sich wirklich im Zweikampf
messen; durch 1443, 2 wäre das nur ungenügend angedeutet.
Dass 1452 überflüssig sei, muss ich Sijmons bestreiten. Der ent-
schluss der Normannen, den widerstand im offenen felde aufzugeben
und sich in die bürg zu werfen, kann nicht so beiläufig angedeutet
sein, wie sonst durch 1453,3 geschähe.
1470 ist entbehrlich. Sijmons hat den v. 2 zuerst genannten berc
getadelt, von dem noch nirgends die rede war; „der dichter dieser str.
BEITRÄGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 443
hatte keine lebendige anschauung von der Situation". Aber auch hier
meistert der kritiker ohne berechtigung nach seiner subjectiven an-
schauung den dichter, der die bürg eben selbstverständlich auf einer
anhöhe gelegen dachte. Es wird das zum überfluss erwiesen durch
1549,2, wo die Hegelingen aus der bürg xe tal reiten. Im übrigen
fällt die betrachtung der str. völlig mit der Gudrunstr. 505 zusammen.
1473. 75 sind für den Zusammenhang ebenso unentbehrlich wie
1501 und die schöne str. 1621.
Str. 1672 wird schon durch innere gründe gehalten; denn die
1673 fgg. berichtete allgemeine beschenkung erfolgt üblicher weise am
ende der festtage, das erst die Nibelungenstr. andeutet. Von aussen er-
wiesen wird ihre ursprünglichkeit durch das Verhältnis des abschnittes
zum Nib. Er ist aufs intensivste mit entlehnungen aus der 12. aven-
tiure des Nib. ausgestattet; da unsere str. sich ebenfalls aufs engste an
eine str. derselben partie anlehnt (Kettner s. 200), so muss sie notwendig
von demselben manne verfasst sein wie ihre Umgebung.
1692 ist ohne Verletzung des Zusammenhangs auszuscheiden; doch
ist zu ihren gunsten geltend zu machen, dass es dem stile unserer
dichtung kaum gemäss wäre, wenn von der reise nichts gesagt würde.
Die Versicherung des nichtwissens findet sich ebenso in der Gudrun-
strophe 288.
Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass von sämtlichen Nib.str.
unseres gedichtes tatsächlich keine einzige sich mit durchschlagenden
gründen als nachträglich eingefügt erweisen lässt. Dagegen vermochten
wir für die weit überwiegende mehrzahl dieser str. entweder aus ihnen
selbst und dem zusammenhange, in dem sie stehen, oder aber von
aussen, nach den quellen, die in ihnen benutzt sind, den nachweis ihrer
ursprünglichkeit zu erbringen. Es liegt also der schluss nahe, dass
auch die weit geringere zahl der str., die inhaltlich entbehrlich und
nicht direkt als ursprünglich zu erweisen sind, doch ebensowenig inter-
poliert sein werde.
Auch die Nib.str. sind also ursprünglich, sind von demselben dichter
wie alles übrige verfasst. Und der selbst hätte ihnen nun auch ihre
seltsame metrische form gegeben? Aber das hält ja wo) niemand für
möglich, dass ein so unerfreuliches gemenge verschiedener strophen-
masse auf künstlerischer absieht beruhen könne. Wer den ersten dichter
für die form dieser Strophen verantwortlich macht, der müsste wirklich
schon mit Bartsch erklären, er habe seinem werke aus irgend welchen
gründen nicht die letzte feile geben können. Ich denke aber, es werden
29*
444 PANZER
auch dazu wenige sich überreden können, dass der dichter der Gud.
nicht gleich und nicht überall im stände gewesen sei, das schwierigere
mass der Gudrunstr. zu bezwingen, dass er darum hie und da seine
gedanken vorläufig in eine Nib.str. gegossen hätte. Die abweichende
metrische form muss also doch wol spätere entstellung sein. Diese an-
nähme ist an sich durchaus möglich, trotz der weitgehenden Über-
einstimmung, die wir in stil und ausdrucksweise zwischen den Nib.str.
und den Gudrunstr. constatiert haben. Sie ist nach der negativen seite
erwiesen, wenn es gelingt, in diesen str. momente aufzuzeigen, die mit
der uns bekannten art des Gudrundichters in Widerspruch stehen.
Derartige momente sind nun tatsächlich vorhanden. Eine Samm-
lung derselben ist schon von Sijmons veranstaltet, doch ist nicht alles
von ihm vorgebrachte beweisend, so dass wir auch hier uns einer
revision nicht entziehen können.
Sijmons hat den Nibelungenstrophen zunächst eine auffallende ein-
tönigkeit der reime zum vorwürfe gemacht. Aber die von ihm an-
geführten zahlen sind erstens nicht ganz genau und zweitens können
sie für unsere frage einen wert doch erst dann bekommen, wenn sie
zu den in den Gudrunstrophen herrschenden Verhältnissen in beziehung
gesetzt werden. Tatsächlich liegen die dinge nun so.
Gudrun- und Nibelungenstrophen haben 46 verschiedene arten des
stumpfen reims mit einander gemeinsam. 44 arten dagegen kommen
nur in je einer Strophengattung vor. Da sich nun die möglichkeit des
Vorkommens verschiedener reimarten im allgemeinen mit der zahl der
reime überhaupt steigert, so wäre zu erwarten, dass diese 44 arten nach
dem Verhältnis der zahl ihrer reimpaare auf die beiden Strophengattungen
1603 x 44
verteilt seien; man erwartete also in den Gudrunstr. — ,„*~ — = 39,07,
1805
204 x 44
in den 102 Nibelungenstrophen1 — — = 4,9 der in der anderen
-LoUO
strophengattung nicht vertretenen reime. Die tatsächlichen Ziffern stimmen
fast genau, indem 40 reimarten der Gudrunstrophen den Nibelungen-
strophen fehlen und 4 reimarten dieser jenen abgehen. D. h. also:
Nibelungen- und Gudrunstrophen verhalten sich in bezug auf eintönig-
keit oder Verschiedenheit des reims absolut gleich.
Das bild ändert sich wenig, wenn man die einzelnen reimgattungen
für sich betrachtet. Sijmons ist es u. a. anstössig gewesen, dass in den
Nibelungenstrophen 21 reimpaare auf -ant begegnen. Es sind sogar 23,
1) Ich rechne 110. 47G. 1143 mit, nicht aber 28. 1578; vgl. darüber unten
s. 451 fg.
BEITRÄGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 445
wenn wir 110,3 und 1143,1 einrechnen. Nun haben aber die Gudrun-
strophen diesen reim 210 mal. danach wäre er in den Nibelungenstrophen
210 x 204 __ _ . , . . , . . L . , _ ,
zu erwarten — :— — — = 26,7 nial; d. h. also der reim ist m den Gudrun-
X DUO
Strophen sogar etwas häufiger als in den Nibelungenstrophen. Sijmons
beanstandete weiter die 27 reimpaare auf -an/ -an. In Wirklichkeit
sinds sogar 30. Die Gudrunstrophen haben den reim 229 mal, die
229 x 204
Nibelungenstrophen sollten ihn danach — — = 34,08 mal haben,
haben ihn tatsächlich, wie man sieht, noch etwas seltener. Grössere
gruppen sind noch die reime auf -not und -in. Erstere art, in den
Gudrunstrophen 106 mal vorkommend, sollte in den Nibelungenstrophen
— - — = 11,2 mal, letztere, in den Gudrunstrophen 92 mal belegt,
92 x 204
= 13,4 mal erscheinen: tatsächlich finden sie sich 13, bez.
1603
10 mal. Prüft man die kleineren gruppen nach, so herrscht da ein be-
trächtliches schwanken. Die Nibelungenstrophen haben den Gudrun-
strophen gegenüber mehr reime auf -agen und -ax, doppelt so viel auf
-e und -dt, weniger auf -eit, noch nicht 1/3 soviel reime auf -int
(alle zahlen natürlich im Verhältnis genommen). Schlüsse irgendwelcher
art lassen sich hieraus deswegen nicht ziehen, weil die zahlen, mit denen
man es hier zu tun hat, so klein sind, dass von vornherein ein zu-
sammentreffen der Wirklichkeit mit der mathematischen Wahrscheinlich-
keit nicht zu erwarten steht. So viel aber steht fest, dass von einer
grösseren eintönigkeit des reims in den Nibelungenstrophen gegenüber
den Gudrunstrophen nicht die rede sein kann.
Man könnte nun noch die einzelnen reimwörter auf ihr vorkommen
in beiden Strophengattungen untersuchen. Aber hier werden die zahlen
so klein, dass sich keine rechnung mehr darauf bauen lässt. Als auf-
fällig mag nur hervorgehoben werden, dass in den 11 reimpaaren der
Nib.str. auf -e 10 mal we als reim wort erscheint (und zwar 8mal am
strophenschluss), während unter den 36 analogen reimpaaren der Gudrun-
strophen we nur 19 mal den reim trägt. Weniger überrascht 9 maliges
not in den 10 reimpaaren auf -dt, indem das wort auch in 41 -6t-
paaren der Gudrunstr. 35 mal erscheint.
An ungenauigkeiten des reims findet sich in den Nibelungen-
strophen nur die bindung -an : -an, 4 mal (Sijmons s. 8 hat 788,1
übersehen). In den Gudrunstrophen kommt dieser fall 53 mal vor,Mst
in den Nibelungenstrophen also verhältnismässig seltener, da er an der
446 PANZER
204 x 53 cn . , . .,
verspaarzahl gemessen • — Yröö. — = ' ' an er summe der beiderseitigen
X Duo
reimpaare auf -anj -an gemessen — — - — = 6,9 mal vorkommen sollte.
Sehr auffällig dagegen ist, dass von den fünf fällen, in denen im
gedieh te Strophenenjambement sich findet, dreimal eine der beiden str.
eine Nib.str. ist, vgl. Sijmons s. 9.
Manches auffallende zeigt denn auch die spräche der Nib.str. Zu-
nächst finden sich in Wortschatz und stil einige besonderheiten; das
meiste davon hat schon Sijmons s. 9 fgg. zusammengestellt. Ich führe
das material, etwas anders gruppiert und ergänzt, nochmals vor1.
Nur in den Nibelungenstr., nicht auch in den Gkidrunstr., begegnen
folgende substantiva: gabilün 101,1, olbende 541,3, tjoste 184,3, kör
390.2, xederboum 26,3, ziperboum 249,2, siule 249,4, segelboum
1126,2, hergesinde 1235,2, spilgeselle 786,4, zeiter 65,1, marc 65,1,
vole 1408,4, hehse 1408,2, Wirtschaft 61, 1, hiieteere 417,4, huot 480, 1,
heime 346, 4, quäle 1287, 2. Ferner folgende adjeetiva und adverbia:
bar 1204,3 (mit den baren vüezen : barvüeze 1197,4. 1199,4), bitter-
lich 83, 2, getriulich 217,2, grcezltch 217, 4 (das sonst nur als adv.
erscheint, vgl. oben s. 430 zu 58,2), griulichen 77,4, scclicltchen 127,4,
liehtgevar 333,3 (vgl. 173,2 Schilde lieht und ivol gevar, 869,2), kunst-
los 364,1, hermüede 546,1, unge wegen 65,3 (doch vgl. 1576, 2 wider-
wegen), unerstorben 68,1, ungezogen 1475,3. Endlich folgende verba:
schinden 101,2, spisen 117,1, trinten 346,4, ivaten 1204,2, erwallen
416.3, ergellen 1444,2, widersagen 671, 1.
Einige andere Wörter kennen die Gudrunstr. zwar auch, aber nicht
in der besonderen bedeutung, in der sie in den Nib.str. gebraucht sind:
trüt ,sohn' 82, 2 (sonst nur , geliebter' oder , geliebte' und 501, 2 im
cäsurreim ,gefolgsmann'), undertän von der gattin 1621,4, triben von
der tjost 184, 3, truoben von geistiger betrübnis 416, 3, dienen ,zins
tragen' mit acc. obj. 21, 1.
Ebenso finden einige fügungen sich nur in den Nib.str.: xam
mit gen. 217, 2, [heize trehene 155, 3, der röte schin 786, 2 (vgl. den
1) Einiges von dem, was Sijmons als eigentümlichkeiteu der Nib.str. anspricht,
ist zu streichen, xe wünsche wol getan 191, 4 kehrt 430, 2 xe ivansche ivol gesniten
wider; er was ouch ein recke 1470,1 entspricht Hartmuot was ein recke 1413, 1;
zu 546, 4 des gienc in wcerlwhen not vgl. 817, 1 des get uns michel not, 843, 1 des
gienc im michel not, ebenso 901, 1. 1016, 1; über ritterlich vgl. oben s. 428 zu 14, 1,
über magetlichen oben s. 429 zu 10, 1. Seltsam ist die behauptung (s. 11), dass xuo
als reim wort nur 258,2 stehe, da es doch in den Nibelungenstrophen noch zweimal,
in den Gudrunstrophen aber nicht weniger als zwanzigmal im reime begegnet.
BEITRAGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 447
heixen viures schin 1388,2, des viures ivint 499,2, den viurheixen
tri ?>t 644, 1, die viurvanken 361, 3, dax viur von den ringen 1423, 3,
dax viur üx helmen 514,3, viures blicke 1398,4), mit vroelichem muote
480,4 (vgl. vrcelich gemuot 966, 1, in vroelichem sinne 1292, 4 im cäsur-
reim), gerender muot 268,2 (allerdings ist gern vorn verlangen der liebe
häufig gebraucht z. b. 170,4. 192,1. 421,4. 622,4. 624,4. 640,4 u. ö.),
dax kreftige guot dienen , reichen zins tragen' 21, 1, höhex danken sagen
64,2 (auch danken sagen fehlt den Gudrunstr.; vgl. allenfalls hohe mieten
1296,3), diu not grifet einen 60, 1, an ein mcere grifen 67,2, aht
ivixxen eines dinges 1444, 3 (vgl. aht hän 1669, 2), manigen gedanc
hän 181,4, in brüsten tragen 786,3, dax soltu mir sagen 126,1.
Schliesslich muss noch bemerkt werden, dass auch in den epitheten
der personen die Nib.str. manches auffällige zeigen, voget von Irlande
heisst Sigeband nur 15,4, der üz Garadie wird der graf nur 126,1 ge-
nannt, Hetele der biderbe begegnet nur 270, 4, Ludewic der küene nur
786,1, Hartmuot der starke nur 1418,2, her Ludeivic nur 1041,4.
Es ist nun gewiss richtig, dass nicht jeder der aufgeführten fälle
beweisend ist. Vieles davon wird auf zufall beruhen und wäre auch
dem Verfasser der Gudrunstr. wol zuzutrauen ; finden sich doch auch in
diesen genug der «Vra| eiQ^iuva^ darunter so auffällige wie wigant
1587,3 oder schumphentinre 646,2 und pnneix 1660,3, um nur auf
diese zwei entgegengesetzten kategorien des epischen Wortschatzes zu
deuten. Auch die epitheta der personen sind nicht immer einheitlich
und manches singulare findet sich darunter1. Aber die masse ist doch
wol beweisend; so viel besonderheiten wie aus diesen Nib.str. wird man
aus einer gleichen zahl beliebiger Gudrunstr. schwerlich zusammen-
tragen können.
Diese auffassung wird endlich durch eine beobachtung lautlicher
art an den durch die reime festgelegten sprachformen entscheidend be-
stätigt. Dass diese in den Nib.str. sich im allgemeinen mit denen der
Gudrunstr. in genauem einklang befinden, braucht hier nicht näher aus-
geführt zu werden. In die Hilde- Gud. s. lfgg. vorgelegte sprachliche
Untersuchung sind die Nib.str. mit einbezogen und es hat sich dort
keine sprachliche besonderheit gezeigt, die ihnen eigentümlich wäre.
Einen punkt aber erlaubt eine seit der abfassung jener Untersuchung
1) So heisst Frute nur 833, 1 der recke F., erhält nur 1611,4 das attribut der
starke, nur 1182, 4 der aide, nur 549, 4 der icise, nur 1090, 1 der ritter biderbe,
Gerlind heisst nur 979, 4 diu aide küneginne, Hagen nur 478, 4 der grimme, nur
524,1 der übermüete (im cäsurreim), Hartmut nur 620,4 der stolxe, nur 629,3 der
vil grimme usw.
448 PANZER
erschienene abhandkmg Zwierzinas jetzt hervorzuheben. Z.f.d.a. 44,378
ist festgestellt, „dass ein grosser teil der österreichischen volksepen , für
welche die häufigkeit des ei < age im reim geradezu charakteristisch
ist, kein ei < ege im reim aufweisen." In unserem gedichte finden sich
nun für das durch vokalisation eines g entstandene ei 60 beweisende
fälle (Hilde- Gud. s. 7). In 59 von diesen 60 fällen finden wir ei < age
(bez. < äge in meide[n]), und nur einmal ei < ege in treit : herxeleit
67, 3. 4: einer Nibstr. Nun steht gerade treit allerdings auch im Bit.
allein neben ei < age und Zwierzina, a. a. o., s. 380 möchte es aus traget
ableiten; aber da auch Nib., Roseng A, Rabenschi, bei häufigem ei < age
(bez. äge) treit streng fernhalten, so wird auch in der Gud. das isolierte
auftauchen des reims gerade in einer Nibstr. kein zufall sein. Und das
umso weniger, als auch die Verwendung des präsens an dieser stelle
anstössig und ohne parallele im sonstigen gebrauche der dichtung ist.
Es hat sich uns also ergeben, dass die Nibstr. sich durch eine
reihe sprachlicher und stilistischer eigentümlichkeiten von den Gudrun-
strophen abheben. Diese beobachtung berechtigt uns zu dem Schlüsse,
dass auch ihre abweichende metrische form das ergebnis einer Über-
arbeitung sei.
Das mass dieser Überarbeitung hat man sich allerdings sehr gering
vorzustellen; die quantitativ wie qualitativ geringe zahl von eigentüm-
lichkeiten einerseits, die weitgehende formale und inhaltliche Überein-
stimmung der str. mit dem übrigen texte auf der anderen seite be-
weisen, dass die bearbeitung wesentlich mit dem vorgefundenen gute
gewirtschaftet hat.
Wird das dasein dieser str. nun der zielbewussten tätigkeit eines
mannes verdankt? Sijmons s. 22 fg. hat diese frage bereits behandelt
und, allerdings mit reserve, bejaht. Die vorhandenen kriterien möchten
dazu schwerlich ausreichen. Die stilistischen berührungen innerhalb
dieser str. überschreiten nicht das mass dessen, was für die Gudrunstr.
in dieser richtung Hilde-Gud. s. 53fgg. beigebracht ist. Der den Nib.str.
eigentümliche Wortschatz zeigt ebensowenig eine feste tendenz; sog. , un-
höfische Wörter' stehen in ihm neben modernen fremdwörtern. Dass
unter den adj. mehrere bildungen auf -lieh erscheinen, lässt sich kaum
als beweisendes moment anführen. Und gewiss ist dem Schlüsse auf
einen bearbeiter nicht günstig, dass keine einzige der aufgeführten
Spracheigentümlichkeiten in den betr. Strophen öfter als je einmal vor-
kommt. Am ehesten könnten noch das häufige we als reimwort, das
dreimalige enjambement und das gruppenweise zusammenstehen der
Nib.str. besonders am anfange des gedichtes auf einen bearbeiter deuten.
BEITRÄGE ZUE KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 449
Auf keine weise aber kann der all diesen Strophen gemeinsame
Nibelungenschluss als kriterium gelten, das auf einen bearbeiter wiese.
Vielmehr lässt sich durch eine reihe von beobachtungen sehr wol zeigen,
dass auch ohne bewusste tendenz Gudrunstrophen sehr leicht, gleichsam
auf natürlichem wege und durch allmähliches hinübergieiten, zu Nib.str.
werden konnten. Sind doch eine ganze anzahl von Zwischenstufen zwischen
beiden Strophenmassen in der Überlieferung noch wol erkennbar.
Es lässt sich da zunächst einmal feststellen, dass eine ganze an-
zahl unserer Nibelungenstrophen ihren letzten halbvers mit den fünf
hebungen der Gudrunstrophe überliefern. Es sind: 30, 4 des ich hie
künde noch nie gewän, 249, 4 sülen siule werden geslägen, 258, 4 sin
vride vil statte getan, 281, 4 der hünec in willecltchen bot, 287, 4 der
müox mit üngemäche genesen, 304,4 däx was an der gäbe ivol seh in,
541, 4 horte ich nie deheinen (hs. kainen wie immer) man gesägen,
556, 4 e si iueh xe vriedel ie erkös, 788, 4 und verlos ouch mäneger
da den lip, 1004,4 däz sol iur deheiniu vertan, 1041,4 = 1444, 4 den
sie dö er mit Herwige väht, 1210,4 und liden beide übel ünde gnot,
1242,4 ist in gröxen arbeiten tot, 1470,4 vil grimme was der recke
gemüot, 1501,4 verlos mänegex da sinen lip, 1621,4 sol si dir iverden
xe vroüwen ündertän. Die herausgeber lassen diese verse teils bestehen
(wenn man sie nämlich mit oft gewaltsamerer skandierung zur not vier-
hebig lesen kann), teils haben sie durch änderung der Überlieferung
aus den fünfhebigen versen vierhebige hergestellt.
Neben den angeführten bieten die Nibelungenstr. noch einige letzte
halbverse, die sich zwar leicht vierhebig, aber ohne gewalt auch fünf-
hebig lesen lassen, z. b. 77,4 und ist uns hie griulichen tve, 114,4
iedöch verendet sich ir klagen, 127,4 ex ist dir sMicUchen (so die hs.)
ergän, 160,4 müosen im des genäde sägen, 184, 4 ja wäre däx übele
beliben, 237,4 und Ute vil güetlichen däx, 754,4 tvölde er Küdrünen
geben, 819,4 hin xe im nach eren niht gewänt.
Eine vollkommen analoge beobachtung lässt sich aber auch nach
der anderen seite hin machen. Wer die ausgaben unseres gedichtes
fortlaufend mit der hs. vergleicht, findet rasch, dass der text der letzten
halbzeile jeder strophe in erstaunlich vielen fällen auf conjeetur beruht,
weil die hs. nämlich statt des fünfhebigen verses, den das'inetrum er-
fordert, nur einen vier- oder dreihebigen überliefert. Ich zähle'unten,
um das Verhältnis recht anschaulich zu machen, alle von der'überlieferung
so um einen oder zwei takte verkürzten letzten halbverse auf1.
1) Ich rechne natürlich auch diejenigen verse mit, wo die herausgeher die vom
Schreiber gewollte cäsur verschoben und ihre ergänzuug oder änderung im ersten
450 PANZER
Diese verkürzten Strophenschlüsse entstehen auf verschiedene weise.
Zum teil so zu sagen auf natürlichem wege, indem die fortgeschrittene
spräche späterer aufzeichnung die silbenzahl verminderte z. b. durch
wegfall des en- (288, 4 ex [enjist dem mcere niht geliche, 575, 4 des
[enjliexen si sich niht betragen u. ö\), beseitigung der pronominalen
flexion von eigennamen (1094, 4 dax was Küdrün[en] unmcere, 1293,4
ivolde Küdrünfen] umbevähen u. ö.) und andere Vorgänge sprachlicher
art (z. b. 143,4 vor an miner brüst [e bejvinde, 359,4 ex- vrumfejt dir
xetelwher xite, 578,4 lobfejtfej man Küdrünfen] tegeliche, 1142,4 dax
dax nieman [ge] merken künde usw.). Sehr viel häufiger aber sind die ver-
kürzten verse sichtlich durch bewusste auslassung eines oder mehrerer
Wörter entstanden. Hier und da ist der text dadurch unsinnig geworden.
in der weit überwiegenden mehrzahl der fälle dagegen ist der überlieferte
text entweder untadelig oder doch annehmbar und nur das strophen-
mass zwingt die kritiker zu ihren ergänzungen, z. b. 27,4 in der minen
fliehten] ougeniveide, 44, 4 sax [mit den vrouwen] obene an der xinne,
96, 4 [nach ir ivillen] nähen oder verren, 185, 4 er icas ein [tinrer]
helt xe sinen handen, 369, 4 yhlegent [beide] ritter unde knehte usw.
Auf jeden fall lehrt die häufigkeit dieser lücken (bes. im vergleich zu den
so viel seltneren auslassungen ganzer Wörter in den übrigen sieben halb-
versen der str.), dass sie nicht dem zufall, sondern einer festen tendenz
ihr dasein verdanken. Und was stellt diese tendenz her? Eine strophe,
die zwischen Gudrun- und Nibelungenstrophe in der mitte liegt, d. h.
halbverse der vierten strophenzeile angebracht haben. Wo der letzte halbvers sich
so, wie er überliefert ist, auch, mit fünf hebungen lesen Hesse, vier hebnugen an-
zunehmen aber ungezwungen ist, habe ich die Ziffer in klammern geschlossen: Str. 4.
27. 31. 40. 44. 59. 72. 74. 79. 80. 87. 89. 93. 95. 96. 105. 112. 119. 120. 122. 131.
132. 143. 175. 183. 185. 187. 194. 203. 215. 218. (241). 263. 272. 273. 288. 290.
292. 298. 303. 309. 311. 316. (322). 331. 342. (354). 359. 369. 370. 375. 379. 386.
(388). 391. 393. 395. (415). 418. 419. 421. 434. 447. 451. 456. 458. (462). 479. 484.
485. 486. 490. 500. 510. (511). 514. 522. 529. 531. 532. 538. 545. 549. 555. 567.
570. 572. 575. 577. 578. 583. 589. 592. 593. 597. (614). 619. 620. 635. 638. (639).
640. 645. 648. 655. 666. 672. 682. 684. 693. 696. 698. 700. 708. 714. 717. (718).
740. 747. 756. 761. 772. 773. 790. 812. 814. 823. 830. 835. 839. 840. 843. 844. 845.
850. (856). 859. 863. 865. 867. 875. 886. 887. 894. 896. 902. 906. 915. 922. 941.
942. 958. 963. 969. 979. 996. 1006. 1023. 1034. 1037. 1038. 1045. 1046. 1056. 1066.
1078. 1090. 1092. 1094. 1099. 1105. 1107. 1129. 1132. 1142. 1150. 1155. 1157. 1158.
1171. (1190). 1195. (1215). (1218). 1220. 1240. 1251. 1264. 1276. 1279. 1283. 1287.
1288. 1293. 1302. 1307. (1321). 1344. 1352. 1355.. 1369. 1371. (1375). 1379. 1H82.
1393. 1394. 1399. 1427. 1436. (1448). 1453. 1456. 1460. 1463. 1464. 1483. 1492.
1497. 1500. 1504. 1506. 1511. (1512). 1513. 1515. 1516. (1520). (1521). (1528). 1532.
1539. 1547. 1562. 1565. 1576. 1582. (1587). 1588. 1601. 1607. 1611. 1614. 1616.
1617. 1618. 1625. 1632. 1636. (1648). 1649. 1667. 1681. 1691. 1695. 1699.
BEITRAGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 451
also prinzipiell ganz dasselbe, was wir in den oben aufgeführten Nibe-
lungenstr. mit fünfhebigem letzten halbvers gefunden haben.
Diese beiden erscheinungen * lassen sich also nicht von einander
trennen. Ihr dasein hat nichts auffallendes. Die Gudrunstrophe ist das
schwierige, seltene mass, ausserhalb unseres gedichtes nirgends bezeugt;
ihr aufs nächste verwandt, ja zu zwei dritteln mit ihr identisch aber
ist die Nibelungenstr., in zahlreichen epen gleichmässig verwendet und
jedem abschreiber geläufig. Ihr metrum klang jedem ständig im ohr,
der unser gedieht kopierte, und übte bewusst und unbewusst auf die
treue widergabe der originalen form desselben einen ungünstigen ein-
fluss. Diese beobachtung und Überlegung muss uns vorsichtig machen,
die Nibelungenstrophen unseres gedichtes ohne haltbare indicien der be-
wussten tätigkeit eines Überarbeiters zuzuschreiben.
Sehr schön lässt sich an einigen einzelfällen die rein zufällige ent-
stehung von Nib.str. beobachten. Es ist oben s. 425 bereits bemerkt,
dass in unseren ausgaben von den 104 Nib.str., die die hs. überliefert,
fünf von den herausgebern regelmässig in Gudrunstr. umgeschrieben
werden. Bei dreien (110. 476. 1143) scheint mir diese herstellung
allerdings sehr wenig gesichert und es wäre wol richtiger, wenigstens
110 und 1143 bei dem überlieferten Nibelungenschluss zu belassen2.
Dagegen bieten 28 und 1578 gesicherte beispiele.
1) Als weitere Zwischenstufe Hesse sich endlich anführen, dass mehrmals nur
der vierte vers mit stumpfem reim überliefert ist, z. b. 137, 4 geporn statt gebären,
180,4 cammerknelit statt -knehte, 193,4 gnedielich statt genoedecliche , 275,4 lust-
lich statt kostliche, 609,4 frey statt vrie, 1433,4 hand statt hande. Vgl. auch 588, 3.
2) 110,3. 4 lauten in der hs. :
er was er ir nachgebaut- da het von Eyrlant
sun den Sigebandes der bilgrin ainer niht bekant.
Dafür lesen die herausgeber seit Bartsch:
er was ir nächgebüre da her von Irlande
sun den Sigebandes der pilgerine einer niht bekande.
Es scheint mir aber sehr zweifelhaft, ob diese lesung möglich ist; denn wie kann der
graf „von Irland her" Hagens und seines geschlechtes nachbar sein, da sein reich
doch keineswegs zu Irland gehört, vielmehr ein neben Irland (dessen eigenschaft als
insel der dichter nicht kennt oder mindestens nirgends respectiert , Hilde -Gud. s. 101)
gelegenes selbständiges land ist? Man muss also doch wol bei der hs. bleiben: do
hete von Irlant sun den Sigebandes der pilgerine einer niht bekant. dö ist adver-
sativ und man hat zu übersetzen: der graf hatte Hagen und sein geschlecht früher
gekannt, war er doch ihr nachbar; jetzt aber hatte keiner der pilger den söhn Sige-
bands von Irland erkannt. Wir haben also eine Nibelungenstrophe mit fünf hebungen
im letzten halbvers, die erst durch die Schreibung bilgrin die regelrechteu^vier
hebungen erhielt. Beim dichter füllt das wort überall (114, 2. 135, 4. 139, 2. 142, 1.
149,1. 158,4. 160,4. 488,4. 839,1. 843,1. 931,2. 932,3. 933,2. 1364,3. 1367,1)
452 PANZER
28,3. 4 lauten in der hs.:
das lass du mich erfinden kunigine her
durch deinen willen so han ich arbait destmer,
also mit reinem Nibelungenschluss. Man braucht aber nur die unserem
dichter neben her und mer geläufigen (Hilde- Gud. s. 13 fg.) formen here
und mere und vollere formen in v. 4b einzusetzen so erhält man den
Gudrunschluss: here : so hän ich arbeite deste mere, den alle heraus-
geber in den text setzen.
Völlig gesichert als ursprüngliche Gudrunstrophe ist auch 1578,
obwol v. 3. 4 in der hs. Nibelungenschluss zeigen:
da küsset sy in vor liebe also tet auch Ortwein
da was auch komen Herwige mit den stoltxen iverden recken sein.
Denn hier ist 3b offenbares missverständnis: Ortwin kann nicht (den
Wate) küssen, sondern er selbst wird, wie dieser, von seiner mutter
mit knss empfangen. Es muss also heissen: als tele si ouch Ortwinen:
sinen. Wie in diesen beiden str. aber die entstehung- der Mb.str. durch
einfache verderbnis beim abschreiben sich vollzogen hat, so wird das
auch in anderen fällen geschehen sein. Wir erkennen also einmal, wie
gering das mass der Umarbeitung bei diesem prozess sein konnte und
weiterhin, dass er nicht notwendig überall der tätigkeit eines Über-
arbeiters zuzuschreiben ist.
Steht also fest, dass durch einführung von cäsurreimen und Mbe-
lungenschluss der ursprüngliche text der Gudrun an vielen stellen zer-
stört und oft unwiderbringlich verloren ist, so kann ich doch eine Über-
arbeitung, die über diese beiden formal greifbaren punkte hinausgienge,
nirgends für erwiesen erachten. Es war meine absieht, und die vorrede
zwei verstakte (dass die gekürzte form auch 139, 2. 843, 1 , wo sie besser in den über-
lieferten text passte, vom sebreiber eingeschwärzt ist, zeigt besonders deutlicb 1364,3,
wo ihr zu liebe der reim sinnlos geändert wird); wir sehen hier also recht deutlich
das stufenweise hinübergleiten ins mass der Nibelungenstrophe.
Am meisten kann man sich bei der in allen versen sehr fehlerhaft überlieferten
str. 476 die Verschiebung des geschach : gesehach der hs. in gescehe : geschähe ge-
fallen lassen. Viel weniger sicher ist die herstellung von str. 1143,3.4:
wische kalte prunnen die flussen in tan
niihrj-on den per gen des freuten sich die tvassermüeden man.
Die herausgeber lesen in dem tanne : manne. Aber der nom. pl. lautet in unserem
gedichte ausnahmslos (er ist 35 mal durch den reim bezeugt) man und es tröstet nicht
ganz, dass auch für den dat. sg., gen. und dat. pl. die doppelformen man / manne fn)
bezeugt sind (Hilde -Gud. s. 8) denn diese sind auch sonst geläufig, der nom. pl. manne
aber äusserst selten. Es wäre also auch hier vielleicht vorsichtiger, eine Nib.str. mit
fünf hebungen im schlussvers anzuerkennen.
BEITRAGE ZUR KRITIK UND ERKLÄRUNG DER GUDRUN 453
zu Hilde- Gud. hat ein darauf bezügliches versprechen gegeben, die frage
nochmals im zusammenhange zu erörtern, ob kleinere interpolationen,
wie Sijmons sie annehmen wollte, in unserem gedichte anzuerkennen
seien. Ich kann mich nun doch nicht überwinden, die blätter, auf
denen eine polemik gegen diese aufstellungen skizziert ist, vorzulegen.
Sijmons hat PBB. 9, 51fgg. über das unhaltbare der gesichtspunkte, von
von denen die kritikea von Müllenhoff und Wilmanns ausgegangen sind,
nüchtern und sehr verständig gesprochen, so dass ich mich diesem
negativen teile nur anschliessen kann. Betrachte ich aber die aus-
führungen von Sijmons zu den textstellen, an denen er interpolationen
vermutet, a. a. o. wie in den anmerkungen seiner ausgäbe im einzelnen,
so finde ich auch hier allenthalben ein arbeiten mit subjectiven und
ungeschichtlichen kriterien, d.h. urteilen, die von modernem Standpunkte
gefällt keine rücksicht nehmen auf den geschichtlich gewordenen stil
des gedichtes, den der forscher festzustellen und anzuerkennen hat, ehe
er ihn meistern darf. Ich habe diesen Standpunkt in dem öfter citierten
buche durch eingehendere Untersuchung zu begründen gesucht und ver-
möchte hier nichts vorzubringen, was schliesslich nicht jeder, der von
jenen ausführungen kenntnis genommen hat und geneigt ist, sich auf
ihren Standpunkt zu stellen, selber sagen könnte. Und so darf ich
schliesslich abwarten, dass man erst die dort zusammengestellten be-
obachtungen widerlege, die, wie mir scheint, die einheit des gedichtes
zwingend erweisen, ehe eine abermalige diskussion im gleichen sinne
die öffentlichkeit ermüdet. Einige öfter hervorgehobene anstösse zu be-
sprechen, wird der folgende abschnitt noch gelegenheit bieten.
FRELBURG I. B. FRIEDRICH PANZER.
454 GERING
DIE RHYTHMIK DES LJÖDAHÄTTR.
Zweiter teil.
Die Yollzeile (V).
Cap. 17. Vorbemerkungen.
§ 118. Dass die regelmässige form der volheile ein schwellvers
von drei Hebungen ist, wird durch Skm 37 ausdrücklich bezeugt:
pars ristk per ok pria stafi:
ergi ok #pi ok öpola;
auch lassen sich die meisten verse, ohne die natürliche betonung zu
verletzen, gar nicht anders lesen. Verse, die dieses tnass nicht erreichen
oder es überschreiten, sind selten und erregen bedenken (vgl. unten
§ 181—183). Durch die alliteration sind gewöhnlich nur zivei Hebungen
hervorgehoben: die erste und zweite (1. 2), die erste und dritte (1. 3)
oder die zweite und dritte (2. 3); zuweilen aber tragen auch alle drei
Hebungen den Stabreim (1. 2. 3).
Die vollzeilen sind nach demselben princip geordnet wie die
schwellverse in L (oben § 63).
§ 119. Für den ausgang von V gibt es eine feste, zuerst von
Bugge gefundene regel (Forhandlinger pä det ferste nordiske filolog-
mode, Kebenh. 1879, s. 142 fgg.J. Nach dieser regel muss der vers ent-
weder schliessen:
1) mit einem zweisilbigen worte von der form ^x (^x); oder
2) mit einem einsilbigen ivorte (jl); oder
3) mit einem dreisilbigen worte, das die beiden letzten Hebungen
trägt. In diesem falle sind die folgenden drei Variationen zulässig:
JLJ.X, _1^X, -LX J..
Anm. Selten finden sich an stelle des dreisilbigen wortes ein einsilbiges
und ein xweisilbiges : es müssen in diesem falle die beiden Wörter (die dann einem
compositum gleich geachtet werden) begrifflich und grammatisch zusammengehören
(§ 154 anm. 1).
A. Dreihebige verse.
Cap. 18. A- verse.
§ 120. 1) AA. Nach dem Buggischen gesetze über den schluss
von V sind normale AA- verse {j- x I ± x > x) der zeile überhaupt nicht
angemessen. In der tat kommen sie auch äusserst selten vor. In den
eddischen liedern findet sich (wie bereits Sievers, Altgerm, metrik,
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 455
§57, 6a richtig angibt) nur ein einziger fall: H<jva rä])S at fregna
Hgv 1082, ein vers der überdies ivegen des mangels der alliteration ver-
dächtig ist (es findet nur 'anreimung' an die vorhergehende xeile statt)
und von Sijmons als interpoliert betrachtet ivird. Der metrische fehler
Hesse sich allerdings durch Umstellung leicht heilen: at fregna Hqva
räps (BB) . — In der ausser eddischen poesie bieten die Sölarljöp und
die Getspeki Heipreks je ein und die Hugsvinnsmgl fünf beispiele:
(1.2) alt at öskum ganga Sl 254 [lies: (1.3) at öskum ganga alt, BB?];
(1. 2) ljötu leynir rä|)i Hgsv 944; (2. 3) pat es sjalfan sökir Hgsv 844,
upp koma svlk of sipir Hgsv 614 (v er Schleifung der 1. Senkung), svelgr
hann votn ok yeisur [lies: yeisur ok YQtn, AB?] Herv 352, efla pik at
prifa Hgsv 812. Man wird in den Hugsvinnsmgl ivol eher unbekannt-
schaft mit der alten technik als Verderbnis der Überlieferung annehmen
müssen.
Anm. Der vers Herv 66 2: hveijum vitrari visa (AA*lnk) ist von Bugge auf
grund der prosa hergestellt, kann also nicht mitzählen.
§121. Der typus AA2k (zxlzipix) verstösst dagegen ivider
das Buggische gesetx nicht. Es sind jedoch nur ivenige beispiele be-
legt: (2. 3) pat kvepa ödyggs apal Hgsv 67 4 (verschleifung der 1. Senkung),
mapr säs [sä er] döinendr cluga Hgsv 954, pess vas FJQlkaldr fapir Fj 64,
skerpir NipliQggr nepan Grm 35 4, her matt [mättu] Svipdag sea Fj 43 2,
bann es yaltastr Tina Hgv 754. Dazu drei verse mit ztveisilbiger erster
Senkung: (1. 2. 3) firrisk ge forn rok firar Ls 254; (2. 3) brettir sinn
Hrimgerpr hala HHv 20 2, papan eigu VQtn q11 Tegu Grm 26 4 (ver-
schleifung der ersten hebung).
Anm. Hierher ist wol auch der folgende vers xu stellen, in dem eine änderung
der hsl. Überlieferung nötig schien: (1. 2) auptrua's cinfaldr gumi [mafr] Hgsv 147 4.
§ 122. 2) BA. Normale BA- verse (xj. Ixz.xz) würden eben-
falls gegen das Buggische gesetx Verstössen und die zivei handschriftlich
bexeuyten beispiele sind sicher der verderbten überliefei'ung zur last zu
legen. Der von Sievers (a. a. o.) angeführte beleg: (1. 2) at leip se
laun ef psegi Hgv 40 4 ist bereits von G. Vigfüsson richtig emendiert
worden, welcher pegin für ef pffigi einsetzte, wodurch ein regelrechter
BC-vers geivonnen wird. Der ziveite vers: (1. 2) eromk i hepen nvern
handar vseni Hgv 732 ist ohne allen zweifei eine langxeile:
eromk i hepen hverjan | handar vseöi;
die strophe, in der er sich findet, ist schon ihrer hypertrophie ivegen
als verderbt anzusehen (vgl. oben § 35 anm. 1 und § 71).
§ 123. Der typus BA2k (xzlxn.^x) der das Buggische gesetz
nicht verletzt, kommt mehrere male vor: (1.2) ok fröpr ok forsjäll vesa
456 GERING
Hgsv 764; (2. 3) es kendu fröpleik firum Hgsv 544, ok feil ä glsevalds
gQtu Sl 542, ok bitr af Lseräps limura Grm 25 2 26 2, vij) pat skal
vilbjorg Yaka Grm 45 2. — Dazu drei verse mit auflösungen: (2. 3) epa
hvat vilt yinlauss vita Fj 22 (auflösung der eingangssenkung) ; (2. 3) ok
nai hann Jnirrfjallr pruma Hgv 304 (auflösung der ersten hebung);
(2.3) ok sveigja pinn Hrimgerpr lialda HHv 214 (auflösung der binnen-
senkung) .
§ 124. 3) CA. Nur ein paar beispiele des typus CA2k (x j. I j. a. . ^x)
smd bezeugt: (1.3) hverr's öblaupastr alinn .Fm 242; (2.3) per se kcjld
rqp koma Ls 514. Dazu zwei verse mit zweisilbiger eingangssenkung:
(2. 3) ok hefr se yergJQrn yerit Ls 26 2; (1. 2. 3) kalla sumbl Suttungs
synir J.fo 344; «wrf ein vers mit auflösung der ersten hebung: (2.3) ok
hafit metnap mikinn Hgsv 592.
§ 125. 4) DA. Als beispiele für den typus DA2k (j. i j. a. . ^ x)
sind wol die folgenden beiden verse zu betrachten: (1. 3) gagnmqlugr
gorask Hgsv 784, YiphlaVjendr vini Hgv 242 252. Der erste vers könnte
allenfalls auch als ein DB (mit vernachlässig ung des nebentons) gelten.
Cap. 20. B-verse.
§ 126. 1) AB. Dieser typus, dem ca. 550 verse angehören, ist
in V weitaus der häufigste. Wir unterscheiden zwei fälle, den regel-
mässigen vers, der die 3. hebung auf langer silbe hat (ABl: /xl/.xz)
und den vers mit verschleifung der 3. hebung (AB 2: jl x I .l . x v^x).
Der ziveite untertypus ist viel zahlreicher vertreten als der erste.
a) ABl: (1. 2) allt til enda dags Hgsv 1034, annan aldrigi Hgv
922; einum allan hug Hgv 1232, ey i einum stap Hgv 352; ymsum
elda til 81 164; &sir aldrigi Ls 82, &sir isarn köl Grm 37 4; orn ä
aldinn mar Hgv 62 2; brot frä brjösti mer Sl 46 2, brtipir bekkjum ä
Sd 282, bundinn bQlvasmipr Ls 414, bundit bepjum ä Hgv 1004, H>q1 es
beggja pr<$ Ls 392; clömr of daupan hvern Hgv 77 4, dvergar drjüpan
sal Alv 12 4; fäs es fröpum vant Hgv 106 2, fe ok fJQrvi ramt Sl 642,
frost ä fjalli hq Gg 12 2; glapr enn göpa mJQp Grm 134; lieilagr
himnum af Sl 234, heilir hildar til Hgv 1564, heilir hildi frä Hgv 1565,
heimi hverjum i Alv 94 ll4 134 154 174 194 214 234 254 274 294 314
33 4, liljöpr es hygginn mapr Hgsv 98 4, hvats [hvat sem] at hendi konir
Fm 294, hvit und bjälmi niser HHv 282, hygg fyr liverri gjnf Hgsv 94,
hyggju Hröptaty Hgv 160 4, hsettr es heimiskvipr Sd 25 4, liQggvask
hverjan dag Vm 404 412, hQlpum hygginn mapr Hgsv 1192, H^va IiqIIu
at H$v 110°, Ho>a hQllu i Hgv 1083 HO7; kranga kostalaus *S'A;m354,
kranga kostavQn Skm 35 5; leika lopti ä Hgv 1552, Loptr of langan
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 457
veg Ls 62; neiss es nekkvipr halr Hgv 49 4, nftum Njarpar bur
Grm 434; reipr vip rekka lif i7</si' 572; segja seggjum frä Ls 252
602, sitja sumbli at Ls 102, slita sjunir ör Fj 452, sott ok synda fjVp
Hgsv 127 4, sullu sütir mer Sl 382, sveigp at sipum rner £7 37 2, ssezk
vif) sjalfan f)ik i7<7sv 192; vinr säs välapr es i?$w 352, yäfa virgilnä
Hgv 157 2, yegr es ygetki trepr Z7pÄ 1187, yerpa vatni ä üTp?; 1582, Visum
vilja frä iTpfl 982, vitnis vigi at Fm 534; J)ings ne pjöpans mäls üfpv
1132, pursa pjöpar sJQt Fj l4, pyr ok pjöpans raggr Hgsv 1374.
(1. 3) aldaheimi i 5/ 414, annars brjöstum f LT^H- 84 i^m 244, annars
brjöstuin ör H$v 94, annars fletjum sl Hgv 354, äsa gorpum i Ls 372;
eig pu hann ok unn Hgsv 42, eyrartinu at iJpv 1145; Organs stöli ä
ä/762, ossum ronnum l <S&m 142; Urpar brunni at Hgv HO2; ynpisheimi
i SZ 33 2; ^Igis bekki ä £rm 45 4, #]gis drekku at Grm 45 5, #)gis
hQllu i Ls 104 164 182; ögisheimi ör Sl 302; jqtna garpa l FIX 68,
jntna gorpum i «Sättc 302 i^Jf 625, jotna gQrpum ör Hgv 107 2; Baldri
glikan bur Ls 272, blandnir inJQk vij) blöp Sl 424; gambantein ek
gat Skm 324, geiruin leika gop Fm 152, gQrnum binda gop Ls 494 502;
heiptum gjaldi härm Sd ll2, hrottaraeipi hrafns Rm 20 4, hvassa väpna
hlynr Sd 202, hsett es peira hvärt H$v 87 4; morgun hverjan mQr
M219, möpur brautir niser Vm 47 4; nipja strip of nept Rm 82, njöti
sä es nara* Hgv 1374; sandi orpin samg Sl 494; vittu hvat pat vas
Herv 31 2;
(2.3) verprat fss ä <$ Fm 164; verpumk orpi ä Fm 72; beittu yxn
fyr arpr Hgsv 1342; en ör beinum bJQrg Vm 212, pat mäk [mä ek]
böta brätt Hgv 1534; en til dölskr af tlul Hgv 57 4; engi feigp of
flyr Hgsv 37 4: örir gestr vip gest Hgv 324, opt bann gjojd of getr
Hgv 654, msel pu gott ok g0r Hgsv 154, hveims [hveim er] ser göpan
getr Hgv 764, sä enn grimmi greppr Sl l2; alt af lieilum hug Sl 42,
dselt es lieima hvat Hgv 52, säs [sä er] vill heitinn horskr Hgv 63 2,
unz hann Helgi hjo HHv 17 4, pser of hugpi Hröptr Sd 132, minn enn
hvassa hJQr Fm 262, pats mik hvatti hugr Ls 642, räp pü hverjum
heilt Hgsv ll4, fär's [fär er] at hyggju horskr Hgsv 254, nser stendr
hQipum Hei Hgsv 344, en af liQndum hapt Hgv 1495; sä befr kr^s es
krefr Sl 294; eypisk land ok lop Hhn 212, auk at lopti lip FM 412,
brigt es lypa lif Hgsv 47 4; lätat [lät ei] magnask mJQk Hgsv J?92, sä's
[sä er] per inakligr mapr HHv 25 4, okkarn mala mog Skm l2, hverra'st
[ertu] inanna mQgr Fm l2, lätit mat i munn Sl 722, hverr es meipir
*) Sievers schreibt (mit Sijmons) njoti säs nam und bezeichnet den vers als
ein ziveihebiges F. Der dichter war aber nicht gezwungen, überall das bragarmäl
durchzuführen und sa kann hier dem sinne nach sehr wol eine hebung tragen.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 30
458 GERING
mann Hgsv 514 pripju menskir menn Grm 314, auk at morni mettr
Rm 25 2, gorva mQrgum mein Hgsv HO4, sä enn ui(Jtki munr Hgv93A;
auk of ragna rok Vm 55 4, bipa ragna rokkrs Ls 39 4, peirns [peim er]
mep rögi rinnr Ä/sy 712; ek kann segja satt Vm 43 2, heyrpak [heyrpa
ek] segja sva Hgv 110s, emk [em ek] enn setti sjalfr Eir 82, hvar skal
sitja sjä Hgv 22, pina sjalfa sik Sl 73*, stripir sjqlfum ser Hgsv 814,
pat's [pat er] ä sJQlfum s^nst Hgv 412, auk mep snotrum sitr Hgv b*,
auk at sumbli sitr i7#sv 15 2, en ör sveita sser Vm 214 6rrra402; äk
[ä ek] und steini stap J[fc32; armr es vära vargr &^234, sumr af
verkuni vel H$v 69 4, päs [pä er] enn verri vegr fi^v 1246, allt es vilt
sem vas Hgv 23 4, telr ser vsetkis vant Hgsv 105 2, telja VQmm enn v<^r
Ls 52 4; mQrg es J)jup of J)jäp Üfora 214, ketumk pundr fyr J>at
Grm 54 2;
(1. 2. 3) gjald pu gJQf vip gjgf Hgsv 82; halr es heima hverr
Hgv 36 2 37 2, liefna hl^ra harms Rm 10 4, hvat per hvergis hlyr
Ket 29 K
Anm. 1. In der vollzeile /S7 404: frä pvis [pvi er] fyrri vas, trägt auffallen-
der weise eine präposition , Jtebung und stabreim (vgl. § 182).
Anm. 2. Nach vornähme geringfügiger emendationen sind ferner auch die
folgenden verse sicher hierher zu stellen: (1. 2) gremjat fgremattu] gop at per Ls
124, g0r [g. fm] vip göpa vel Hgsv ll2; sjalfr kenn [k. pü] sjalfan pik Hgsv 29 4,
sjalfr leib [1. fm] sjalfan pik Qg 64; (1. 3) halt [h. pü] vip firpa heit Hgsv 104; (2. 3)
peim es annarr ä [abrir eiga Schev., metrisch falsch] Hgsv 129 2, mun [mun pii] pau
eptir oll Hgsv 2 '-', hlyrat [h. henni] borkr ne barr fl§» 50 2, peims [{)eim er] til fiskjar
für [foru hs., metrisch falsch] Ket 19 2, siz mep folkum fork [siz ek m. f. for] Grm
48 4, svät [svä at] per fylgpit [fylgpi ei] fe Hgsv 36 4, fylgir [f. henni] mart til nieins
Hgsv 127 2, pvit [pvi at] ek veit at vegr [pü vegr] Ls 64 4, pars [pars pü] at vigi vepr
Rm 242, pot [pot hann] set vjeddr til vel Hqv 612.
§ 127. Auflösungen i?i ABl. a) auf der ersten hebung.
(1. 2) JQtunn 1 arnar ham Vm 37 2, fara at finna opt Hgv 44 4, gapi pu
grindum frä 8km 28 5, inepan [m. ek] of menjum Jak Fm 162, saka
heldr sjalfan pik Hgsv 38 4; b) auf der ersten Senkung: (1. 2) afli
ok ollu fe Hgsv 118 4, allir at einum mer Grm 54 G, elska af ollura hug
Hgsv 16 4, £ til ens eina dags Fm 10 2, qsum ok qlfum nser Grm 42;
brigp eru hragna orp Hgsv 28 4; farpu at finna opt Hgv 1185, fJQlp
es [pvi es] und Fäfni lä Fm 34 4, hlyddak ä Hova ihqI Hgv HO4, hniga
ä Heljar sJQt Fj 25 4, Surtr ok en svqsu gop Vm 17 4 18 2; (2. 3) vseltu
of annars eign Sl 63 2, tsela peir yta opt Hgsv 80 2, pigg pu at qsum
ql Hkm 16 2, teygpak ä fkerpir fijop Hgv 1014, hvars pu ä foldu fipr
Sd 33 2, pot [po] honum g'angi greift Sl 82, launapu göpu gott ä/s«; 142,
bota of gQrvan grün Hgsv 142 4, gaftat [gaftattu] af heilum hug Rm72,
lata pinn hryggvask hug Hgsv 66 2, deila mep niQnnum mat Ls 46 2,
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 459
eigi hann satt of ser Hgsv 57 4, eigi bat satt of ser Hgsv 65 4, farfu i
sess 1 sal Fw 92, hei 11 bu ä sinn um ser Vm 42; vestu i trygbum trür
ifysv 67-'; nü bera [b. beir] yänar yqI Hgv 752, peiri es yeita vilt
Hgsv 40 2, fäsktu at yirbi Tel Hgv 115 5; (1. 2. 3) lQng eru lyf)a lse
Sd 42, yerk mer af yerki verks Hgv 1414; cj auf der ziveiten
Senkung: (1. 3) sessa kostum i sal Grm 14 2; (2. 3) J>at's [bat er] bö
betra an foön Hgv 36 4, varbir höss eba hvärs Ls332, bot hann liiseli
til mart Hgv 27 6, bat hefk sannliga set 5/ 15 2; d) auf der ersten
hebung und der ersten Senkung: (2. 3) sumar hafa menskir inenn
Sd 186; e) auf der ersten hebung und der ziveiten Senkung:
(2. 3) nema hann mseli til mart Hgv 27 4.
Anm. Emendationen werden in folgenden versen vorxunehmen sein: a) (2.3)
nema [nema fjü] f)er sJQlfura [sj. {»er] ser Hqv 1255; b) (1.2) har|)ar'u hilmir greipr
[greipr fehlt in den hss., ergänzt von Bngge\ Herv 43 4, hirpat at hrösa pvi [hirp {ivi
ei at hrösa Schev., metrisch falsch] Hgsv SO4; (2.3) rngela [msel ei] vip yta illt
Hgsv 12-, per manu gop ef getr [pü getr] Hqv 11 13 112 3 1143 1153 1163 118 3 1193
1203 1213 1243 1253 1263 1283 1293 130:! 1313 1333 1343 1363, kosta fkosta pü] at
vinna vel Hgsv 120 2, allt vorumk [var mer pat] leitt es leitk [ek leitk] HHv 28 7;
e) (1. 3) iijota mundu ef nemr [pü nemrj Hqr 111- 1122 114'2 115' 1162 1182 1192
1202 1212 1242 1252 1262 127 2 1282 1292 1302 1313 1332 1342 1362. Dazu noch
ein vers mit anflösung der ersten Senkung und der %iveiten hebung: (1.2.3)
veizta [veizta püj pä vesall hve [hve pü] Tegr Ls 42 4. — Zwei verse mit verschleifter
erster Senkung sind ohne alliteration überliefert : englar of hofpi peim Sl 704 [Bugge
schlug vor. %u lesen: (1.2) englar of ollum peim]; eigi ä trygpir veg Hgsv 10 2 (an-
reimung an die vorhergehende langxeile??).
§ 128. Zivei nicht v er schleif bare silben kommen auf der
ersten Senkung zuweilen vor: (1. 2) liuggar bat hjarta ei Hgsv A32;
(1. 3) siban bik mangi ser Ls 59 4; (2. 3) rek bina alla sett Hgsv 34,
fellir hann eldr ne jarn Fj 14 4, stondumk til hjarta hjorr Fm l4, fylgja
skal kvebju koss Fj 48 2; hvers hann af rötum rinn Hgv 138 6 Fj 14 2;
(1.2. 3) hafbisk [hafj>i ser] ä hofbi hjalm Sd 14 2. Hierher gehören wol
auch: (1.2) mim [nmn bü] hann ok niQrgum seg Hgsv 30 2; (2.3) lätit
sinn [läti sinn ei] hryggvask liug Hgsv 75 2 96 4; ebenso der vers Hgv
137 4, der sicher zu emendieren ist (1.2): heillir beirs hKddu ä (vgl.
unten § 133, fussnote) . Dreisilbige Senkung, in der jedoch die ersten
beiden silben verschleifbar sind, ist einmal bezeugt : (1. 2) gestr epa enn
gamli bulr Vm 94.
§ 129. Selten sind erweiterte verse mit nebenhebung auf der
zweiten silbe. des ersten fusses (Ä*B1): (1. 2) einhverjum allan hug
Hgv 120 7, froblikt et iyrsta orb Sd 14 4; (2.3) fram gengr hann drjögt
i clul Hgv 79 4, ey ser til gildis gjof Hgv 145 2, äbornu skjör ä skei{)
Fm 54. Dazu ein paar verse mit auflösungen: (auf der ersten hebung)
30*
460 GERING
(2. 3) papan kemr mej) oldum lir HHv 28 6; (auf der ersten Senkung)
(1. 2) liQtimbrupuni horgi raVbr Grm 16 4; faz</ der zweiten hebung)
(2.3) pser eiga gQtur til gups 5/ 74 2. — Nebenhebung auf der dritten
silbe des ersten fusses ist nur einmal bezeugt: (2. 3) engi raepr ssettam
sjalfr Sl 84.
Anm. Ein vers mit nebenhebung im zweiten fusse (und verschleifung der
ersten Senkung scheint Qautr 52 vorzuliegen: (2.3) ftetta 'ru bannvten bysn. Oder
ist die zeile etwa als katalektisckes AA2 aufzufassen"?
§ 130. b) AB2: (1. 2) alls fyr engar sakir Sl 744, aptr i Öpins
sali Eir 2*, arfs ok öpra hu gar i2m 12 2, aupit ipugliga Hgsv 174, ort
ä annan logit Sl 672, jör es andarvani J9m> 54 4; blendum blpbi saman
Ls 92, byggum bsepi saman Sbrc 20 4; dr}rkk ens dfra rnjapar H(>v
105 2; flein i folki vapa i?pv 150 2, fleiri forna stafi Alv 35 2, fyrst
enn fröpi JQtunn Vm 20 4 30 4; gJQld ens göpa hugar Hgv 1167, glgp
ör gollnum kerura örm 74, gott's [gott er] til gors at taka Hkm 17 4,
g0r svät [svä] göpir lofi Hgsv 83 4; hagl i liQva vibi HHv 28 5, halda
helga daga Sl 652, heilsa's fh. er] liolpum framarr Hgsv 107 '2, hröpugr
Herjafapir (rrm 19 2; kvep pü kunnugliga Hgsv 52; laun rnep leigum
taka Hgsv 146 4, leika lausum hala Ls 49 2, leiks ne ljössa daga Sl 12-,
lett es lauss at fara Sl 37 4, lif i lyba SQlum i2m 32, ljöt es likams
munugb Hgsv 70 2; meins ä marga vegu iJ^r.sy 124 4, menn et meira
forap .?} 94 ll4, minzt at mqrgu login Sl 814, Mjollnir mal fyrnema
Ls 57 2 59 2 612 63 2, lnodd mep miklum trega 57 58% niQgr .til minna
sala i*}'454; nenna Njarpar syni Skm 39 4; r$p ok retta sipu Hgsv
104 4; ser ok sinu tibi ii/^sz; 53 4, siban sumbl of gora Ls 65 2, ssell's
[ssell er] säs [sä er] sinu unir Hgsv 43 4 1324, sqI af syndum pvegit
Ä/ 73 2; telja tiva fyrir Hgv 159 2; yäpn til yfgs at lea i^' 30 4, virbusk
v^nuin framarr Sl 66 2; J>arfta [parft pu ei] J>eim at trua Hgsv 412,
peim es jmrftum dugir Hgsv 49 4, per ok |)inum vinum i7<^ 1432,
pöt hon Jmtla saki iT^su 23 2, pyrstr til pinna sala Vm 82;
(1. 3) orpum msela jotun Vm 44, orpuni skiptir JQtun Gg 14 2;
blöpgar raudar bera Hkv 212, bröjbum fagna bana Hgsv 138 2, buplungs
monnum bana Äffy 26 7; dyggvir menn pöt deyi Hgsv 1384; Fenrisulfr
at fara Hkm 20 2, fimbulvetr niej» firum Vm 44 4, flest of rQp sein
fapir Alv 4:-, fornar toptir fojmr Grm ll1, fiökn at lief na fopur Grm
17', fyrri nqtt mep firum HHv 26 2; ganibanreipi gopa Skm 33 4,
gambansumbl of geta Ls 84, gambantein at geta Skm '62 2, Crautr ok
Jalkr mep gopum GVm 54 4, gisl of sendr at gopum Ls 34 2 35 2, gott
at lgera gumi Hgsv 86 ', göprar meyjar Gfymis Skm 12 4, grandalausar
gjafir Gautr l4, gronna lieima gopa Hkm 13 2; lialfr es aupr und
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 461
hvQtum Hgv 59 4, beilags andi biinins S7 752, hraezlufullr ok bnipinn
Sl A3-; lasta ei ne lofa Hgsv 68 2, lasta fätt ne lofa Hgsv 125 2, leipi-
ligri litit Ket 17 4, lypa kind at lygi flgrsw 714; manni heimskum
magi Hgv 20 4, ineiri ipn an megir Hgsv 93 2, Mör ok Lungr mep Mari
jPil/10fi, mser af pinum munum /Sfc/ra 364; rygjar blöpi ropin £7 594;
ser of gorva sali Grm 52 12 3 162, silfri pokpu sali Grm 62, Silfrintoppr
ok Sinti Grm 30 2, sitja skal säs [sä er] segir JJfl4 sipan seva sea
Äftm 26 4, sipan Baldr at SQlum Ls 28 4, sjalfr i eyra syni Vm 54 4,
Surtr ok sesir saman Fm 14 4, svQsum armi sofa Fj 414 42 2; yammafull
ä yegi &Z262, vammalansa yesa Ls 53 4, väpnalausar vega LTm>492,
yerri orp an yiti 5c? 24 4, viljalauss ä yegum Gg 72, vindi likust yesa
Hgsv 40 4, Yisi gestr of yarit Alv 82, vor ok grom at yeri Ls 54 2;
punnu hljöpi J)egir Hgv 72;
(2. 3) pann enn aldna JQtun ify« 27 2, par vask [var ek] upp of
alinn Jie£302, pat es #zta unap Sl 714; äpr ä bäl vas borinn ZZm;
66 4, auk af bauguni bua Fm 38-', opt enn betri bilar Hgv 1245, pöt a
brautu bui Hgv 34 2, sinum bröpurbana £/ 20 4, hverstu 'st [livärstu ert]
bröpurbani Sd 353, ätta br#pr kvap Bragi LTätw 16 4, hverju 'st [hverju
ert] bolvi borin Gg 2 2 ß^m /ws. schieben vor bolvi em überflüssiges
nü emj; vekk [vek ek] pik daupra dura Gg l2, beipk [beip ek] pin
dogr ok daga Fj 49 2; kvepja Fäfni fear Rm 124, sä vekr fjön mep
firum Sl 76 4, ank hefr fjQlp of farit Hgv 182, en af fötnm fjoturr Gg
10 5, sins of freista fraraa Hgv 2±, pins of freista fraraa Fw ll2 13 2
15 2 17 2, peims [peim er] skal fremstr mep firum &Z364, milli frosts
ok funa Sl 18 4, hveim es füss at fara Skm 13 2; pann kannk [kann
ek] galdr at gala Hgv 1524, skjalfa garpar Grymis Skm 14 4, vex nü
gengi gopa Hkm 10 2, mjok emk [em ek] gifrom gramastr HHv 15 2;
en ör hausi biminn Grm 40 4, springa haupr ok biminn Sl 54 4, sins
ens beila hugar Hgv 105 4, illt's [illt er] fyr heill at hrapa Rm 25 4,
ser at heilluni hafa Sd 19 5, peirs [peir er] i beimi hafask Hgsv 56 4,
pvis [pvi er] parf horskr at bafa Hgsv 24, rok pin hüs ok hiu Hgsv 64;
hve pik kalla konir Lfflv 14 2, auk und kvernum klaka Ls 44 4, brüpr
at kvön of kvepin i^)'424, pöt til kynnis komi Hgv 30 2; pitt veitk
[veit ek] lif of lipit Grm 53 2, finn mer lindar loga Rm l4, her's [her
er] nü ljöbum lokit Hgsv 139 4, ä vas lüpr of lagipr Fw 35 4, & spyrr
lypr at lokuin Hgsv 93 4, Qn vip lost at lifa Hgv 68 4; ser i mal hvert
matar Hgv 31 \ hann hefr margr til mikinn >SZ502, bot hann meira
megi Hgsv 63 2, pöttu [pöat pü] meira megir Hgsv 48 2, bjarg pü möpir
megi Gg 52; pöt pik nött of nemi Sd 26 4; unz of rjüfask regin
Grm 44 Ls 41 2, päs [pä er] of rjüfask regin Vm 52 4; einn's [einn er]
462 GERING
bann ser of sefa Hgv 94 2, heim 1 sinni snuask Alv l2, en til sib i suma
Hgv 66 2, bot hon sJQlfgi segi Ls 29 4, ne til snimma syni Hgv 87 2, uü
skinn söl i sali J7y 35 5, runnit sundr f sega <S7 434, heill at sverba
svipun Rm 19 4 20 2, emkak [ernka ek] ssettir svika Rfn l2, pöt [bö]
hann söfi sinala figrsy 1144, helclr at SQiinum sipum Hgsv 115 4, bot
vip skylda skyli Sl 48 4; kosta yakr at yesa Hgsv 17 2, slikt es Tälabs
yera i7pv 10 4, bser es yeittu yinir figrsv 49 2, beim es yeizl meb yinum
Hgsv 84 2, mart gengr yerr an yarir Hgv 39 4, deila yig meb verum
Ls 22 2, allt bats [pat er] yiljak Tita Alv 84, auk ek Tiija Tita Skm 32,
auk vif) Tillu Tarask Hgsv IQ2 109 2, millum Tirkbar Tina $Z 134, en
at Tirbi Trekask Hgv 32 2, heim meb Visum TQiuim Vm 39 4, pess man
Viparr Treka Vm 53 2, kalla Tffigin Tanir ^4/y 26 2, heldr skalt Tseginn
Tesa Hgsv 145 2, bä es TOgu Terar Ls464; standa per fyr Jmfurn
Hgsv 26 4, hve of preyjak J>riar Skm 43 2;
(1. 2. 3) clvergr fyr Dellings durum Hgv 160 2; d<?gg i djüpa dali
HHv 28 4; haldi Hei pvis [pvi er] hefir i^il/515, hve pik hetu hiu
jp)'462; meer at minum munum Skm 26-' 36 5, mölu mold til matar
Sl 57 4; slns ens svära sefa Hgv 105 5, sitja sättar saman Fj 37 4.
Anm. Nach vornähme geringfügiger änderungen sind ferner ivol noch folgende
verse hierher %u stellen: (1. 3) unnir glymja yfir [yfir gl. i?A, metrisch falsch] Qrm 72,
grip pot verpak gamall [gr. po ek gamall verpi, metrisch falsch) Qautr 54, gö,tu
peirar's getit [getit er peirar {seil. gQtu) hss.] Herv 31 ' u. ö., I>ät es bazt at pegi
[haun p.] 5i?y 27 2, pa hefr [h. hann] bazt ef pegir [hann p.] Hqv 784; (2. 3) mimdit
[mundi eigi] betr of bopit Ket 32 4, oll est [ertu] deigja dritin Ls 56 4, uppi 'st [u. ertu]
dvergr of dagapr Alv 35 4, sprettr [sp. mer] af fötum fjohirr Hqv 149 4, fys [f. pu]
hann gott at gora Hgsv 242, po komsk [komsktu] heill af hau Sei 9 6, hve's [hve hon
er] i las of lokin Qrm 22 4, hvi ne lezkat [lezkattu] Loki Ls47'-', mjQk vask [var ek
pä] lystr at lifa Sl 36-, fjolp of reyndak [ek of reynda] regin Vm32 442 46 2 48 2
50 2 52 2 54% kendi sinuni syni [syni sinum Scher., metrisch falsch] Hgsv l4, drygjat
[dryg pü ei] sjalfr en somu Hgsv 442, harola [harpliga] sjonir slitu *SZ 67 4, hvars [hv.
hann] getr sväst at sea Fj 5\ — Ohne alliteration überliefert ist die xeile Ls 14'-':
iEgis hQll of kominn. Vielleicht ist %u lesen: (1. 2) Hles IiqII of kominn (DB), siehe
Sn. E. I 206 14. — Zu AB 2 gehörte wol auch der verstümmelt überlieferte vers
Qrm 13 2: valda veum.
§ 131. Auflösungen in AB 2. In den AB-versen mit auf-
lösung der 3. hebung kommen öfter auch noch andere v er Schleifungen
vor: a) auf der ersten hebung: (1. 2) ofund of annars hagi Sl 612,
jofurr i Obins sali Eir 34; (2. 3) papan komr dQgg of dali Vm 14 d,
knegut oss f<$lur iura HHv 13 4, nema ser göpan geti Sd 25 5, seum ver
hans of hugi Hkm 154, koma peir heilir hvapan Hgv 1566, nema hann
heilsu hafi Hgsv 107 4, fara til hetjar hepan Fm 104 34 2 39 4, varasktu
lQst meban lifir Hgsv 31 2, lifattu mart at inunugb Hgsv 77 4, nema ok
DIE RHYTHMIK DES LJÖDHAHATTR 463
Tel mart Tita Hgsv 54 2, suniar mep visuni Tonum Sd 185; b) auf
der ersten Senkung: (1. 2) unna es aflat hefir Hgsv 1294, jfevi ok
aldri saraan Fj 50 4, bäpa i bapm of tekit Ls 26 4, brynjurn of bekki
strait Grm 94, sjükum ok sorura gaman i^)'363; (1.3) sagpir 1 eyra
syni Fm552; (2.3) pat kvepa daupum duga Sd 22*, allan i dreyra
drifinn Grm 52 4, vel kvepa dyggva dugask Hgsv 1134, nefndu pinn
fäla fopur HHv 16 2, pöt honum geirar gen" Bj?w 16 4, pser enar g'löddu
gQtur <S7 314, sytir se gloggr vif) ajofum Hgv 48 4, sipr pik of heilli halir
Hgv 128 g, kalla 1 helju hnipinn .i/r 32 K kalla i helju hropup Alv 26 4,
kalla i helju kvipup Alv 20 4, langir 'u [eru, 'ru] manna munir Gg 42,
q11 eru mein of metin .SY/204, se koma mein ept munugp Sl 68 4, pö
seumk meirr of Munin Grm 20 4, vastu i iiQtt mep nai Alv 2-'; doma
of seggja sipu iZ^s*; 314, pat kvepa Solu sama 67 26 4, allar'u [eru] tipir
truar Hgsv 79 *, vaxi per tor mep trega Skm 29 \ hvars [hvar 17 2]
skulu vreipir Tega i<w 17 2 28 2 Sd 27 2; (1. 2. 3) knigra sä halr fyr
lijorum Hgv 158 4, romm eru rög of risin Sd 37 4, pars ver ä pjaza
prifum Ls 50 4, pars er ä pjaza prifup Ls 512; c) auf der zweiten
hebung: (1.3) visa fiandr at vinum Hgsv 484; (2. 3) svät [svä at] hon
lyki pik lipum Hgv 1 1 2 5, räp's [r. er] at sea vi]) svikum Hgsv 85 4;
c^ «?//" der zweiten Senkung: (1. 2) illt es aupi at trua Hgsv 33 4;
(1.3) Öskir ser epa oask B^s«; 80 4, lof ok vit mepan lifir Hgv 92, nytt
at kenna ok nema Hgsv 126 2, pylsk bann umb epa prumir Hgv 17-';
(2.3) rnlnu fJQrvi at fara Fm 52, bverr pik glappi at gepi Ls 20 2, ser
til heilsu at hafa Hgsv 1354, verpa naupgir at liQiim <S7 334, auk mik
sjalfan at sama Fm 42, mseli parft epa pegi Hgv 19 2 Vni 10 -'; ej o^/"
der ersten und zweiten Senkung: (2. 3) gott kvepa dyggvum at
duga Hgsv 109 4, par vas ok Oyllis of getit FM 10 14.
Anm. Ferner sind wahrscheinlich noch folgende verse hierher ;i< stellen,
i)i denen unbedeutende emendationen sich als nötig erweisen: b) (1. 2) parfta [barft
pü ei] til pess at hlera Hgsv 32 2; (1. 3) kallapir braut [br. fehlt in den hss.] frä
kvQlum S1244; (2.3) pot sei [s. bann] g-olli g-laddr <SV/356, skalat [skalt pü ei] at
hlätri hafa Hgsv 13 2, toygjat [teygjattu per] at kossi konur Sd 28 4, bverjan [bv. peerj
6r naupum nema Fj 404, oll eru [eru pau] nyt at liema Sl 324; (1. 2. 3) vilkak
[vilkat ek] at [at it] vreipir yegisk Ls 184; d) (1. 3) skjQldum's [sk. er] tjaldat a
skipum [ybrum add. R) HHv 12 2; e) (2.3) aldri baup [b. bann] manni til matar ,S2 22.
§ 132. Zweisilbige nicht ver schleif bare Senkung ist nur
im ersten fusse häufiger nachzuweiseil: (1. 2) fold skal vip flöpi taka
Hgv 136;', heÜQg fyr helgum dyrum Grm 22 2; (1.3) gep bennar alt
ok gaman Hgv 98 4, letak [litt ek R] per pat fyr lygi Ls 14 4; (2. 3) pö
pser mep JQtnum alask Vm 49 4, her mundak [munda ek] opli una -?)'54,
emkak [emka ek] mep bleypi borinn Sd 212, äpr henni Fenrir fari
(4 GEBING
Vm 47 2, raargan hef k [hefi ek] fors of farit Rm 2 2, pö vildak gisting
geta Ket 30 4, deilit vip heimska hali Sd 24 2, upp vas pä hildr of hafit
Hkm 24, her ste hon land af legi HHv 26 4, hvat skal hann lengi lifa
H$v 50 4, fankak [fanka ek] svä marga niQgu Fm 16 4, pitt varp nü
meira megin -Pw 22 4, forpask sem niest hann megi Ä/sv 65 2, sä's
[sä er] hann mep nionnum mjotupr Fj 164, se menn hann sjalfan of
sea Vm 36 4, hvat skal hans trygpum trua Hgv 109 2, mjok kvepk hann
vigum vanan üTe/ 33 4, sjaldan verpr viti TQrum i^v 64, svä skal vip
VQmmura vanask Hgsv 1 1 1 2, bitat peim vöpn ne velir Hgv 148 4. Dazu
noch ein vers mit auflösung der ersten hebung: (2. 3) nema vip pat
11k at lifa Hgv 96 4.
Anm. 1. Ein vers mit sehr sehiver sprechbarer zweisilbiger Senkung ist
Air 54 überliefert : (2. 3) hverr hefr bik baugum borit. Auch dieser timstand spricht
dafür, dass die Überlieferung nicht in Ordnung ist; ich vermute, dass zu lesen
ist: hver hefr bäga bik borit (Ztschr. 29, 49 fg.).
Anm. 2. Hierher gehören auch ivol folgende verse, in denen geringfügige
änderungen oder Streichungen vorgenommen sind: (1. 2) baiitattu [barft bü ei] beim
at trua Hgsv 85 2; (2.3) bötattu [bot ])ü eigi] illu yfir S1262, röbatta [röb bü ei]
fyrstr meb firum Hgsv 27 - 602, unnattu [unn bü ei] Igst ne lygi Hgsv 124, nalgask
bii mik ef megir [bü megir] Grm 53 4, kannat [kannat ser] vib viti varask Rm l2. —
Dazu noch ein vers mit drei silben in der 1. Senkung, von denen jedoch die 2. und
3. verschleifbar sind: (2.3) velit bik i trygb, ef truir [bü truir] Sd72.
Anm. 3. In der ztceiten Senkung sind zwei nicht verschleifbare silben
nur selten überliefert {Hqv 27 2 78 4 Grm 53 4 Ls472 Sdl2); s. oben §130 anm.,
132 anm. 2. In allen diesen versen ist sicher Streichung einer entbehrlichen silbe
vorzunehmen.
§ 133. Verse mit nebenhebung im ersten fusse (A2B2) kommen
ein paarmal vor: (1. 2) alskir äsa synir Alv 16 4, allpQrf yta sunuin*
Hg'v 137 2, qpQi'f JQtna sunum* Hgv 137 2, jafnliQtt upp sem himinn
FM 610; Bglporns Bestlu fQpur Hgv 140 2, niipgarp nianna sunum
Grm 412, ValliQÜ vip of prumir Grm 82; (1. 3) vigdrött q11 of vakin
Hg-v 99 2.
§ 134. Selten ist der er iv eiterte typus A*B2, in dem die
nebenhebung fast immer auf der zweiten silbe ruht: (l. 2) jö lsetr til
jarpar taka Skm 15 2, ver sjalfir viljum hafa Hkm 11-, Jiarf se vip peini
at sea Hgsv 128 4; (2.3) beim rfpa a*sir JQum Grm 30 4, ey tysir niQn
*) Ich tvürde diese Strophe (von Sijmons abweichend) folgender massen an-
ordnen: Nü 'ru Hqvamöl kvebin h.q\\\x i
allb«jrf yta sunum,
oborf jotna sunum;
heill säs kvab, beul säs kann,
njoti säs nam
heilir beirs hlyddu[ä].
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 465
af niari Ym 12 4. — Dazu ein vers mit auflösung der ersten kebung
und ersten Senkung: (1.2.3) hinig deyja ör heljii halir Ym 43 5 (doch
ist ivol mit Finnur Jönsson ör helju als interpolation auszuscheiden,
luodurch der vers zu einem DB würde), ein vers mit auflösung der
ersten Senkung: (1.3) Grollfaxi ok Jör mep gopum FM 10 10, und ein
vers mit auflösung der ziveiten Senkung: (2. 3) margr ver|)r af aul)i
of api Hgv 74 2.
Anm. Auf der dritten silbe findet sich die nebenhebung mir in einem verse,
in dem ein entbehrliches wort entfernt worden ist: (2.3) siga lsetr [1. pu] brynn fyr
braar HHv 19 2.
§ 135. 2) BB. Wir unterscheiden bei diesem ebenfalls recht
häufigen typus ivider zwei Unterabteilungen: den vers der die letzte
hebung auf langer silbe hat (BB1: x 2. 1 x jl . x j) und den vers mit ver-
schleif ung der 3. hebung (BB2: xzlxz.x>ix). Der 2. untertypus
ist der iveitaus beliebtere.
a) BB1: (1.2) ä akri Irasigulls Oautr 42, oss alla eympum frä
S/754, af JQfnum ästarhug Hgsv 102 2; es fäjii fimbulpulr* Hgv 142 4,
ok fäpi fimbulpulr Hgv 78 3 (§161, fussnote) , sva lisettak [hsetta ek]
hofpi til Hgv 1044, at niapr es moldar sunr aS/474, ok rinnr es rinna
mä Herv 55 4; (1.3) at gQfga hsestan gup Hgsv IQ2, ok meini blandin
mJQk Ls 32 2 56 2, enn iuöpurlausi uiQgr Fm 2 2, ok seldir pitt svä sverp
Ls422, ok svsefik allan sse Hgv 154 4, en J>verri se fyr per Og 84;
(2.3) hverrs hefr vip annan ost Fj 48 4, at tyni annars ost Hgsv 102 4,
pvit [pvl] hann es endir ills Hgsv 1012, en halfan Opinn ä Grm 144;
ef getrat fgetr ei] beinan byr Hgsv 130 2, pä hefr hon bQlva bötr HHv
24 4; ept penna dreyra drykk Fm 314, an sigla foldu frä Hgsv 130 4;
en iasta heimskan hal Hgsv 126 4, ok minn enn hvassi hJQrr Fm 62,
ok plns ens hvassa hJQrs Fm 27 4, es eiga hverfan hug Sl 312; ef fipr
at iiiäü mann Hgsv 54, ok kendak rekkum räp Hgsv 139 2; es pü ä
sinnum ser Og 74, ok boti syndir svä Hgsv 135 2; ok nefna tysvar Ty
Sd 64; at fär es vamma yanr Hgsv 20 4, ok horfir yepri vipr Ket 29 2,
ef hann es Yitis rerpr Hgsv 96 2, ef gorvask parfar J)ess Skm 37 4 i^)'394
Hgsv 22 2 58 4; (1. 2. 3) ok gjalda gJQf vip gjQf Hgv 42 2, ok gjalt svä
gllku glikt Hgsv 414, ok gjalda gliku glikt Hgsv 88 4, mep slaevu sverpi
sigr Fm 28 4, ef pü vilt piggja par Ket 314.
*) Ich würde diese strophe (von Sijmons abweichend) folgendermassen an-
ordnen: Runar munt finna ok räjjna stafi,
es fäf)i fimbulpulr
ok g0r|)u ginnregin,
mjok stora stafi, mjok stinna stafi
es reist ragna hroptr.
466 GERING
Anm. Ferner gehören noch folgende verse hierher, in denen geringfügige
emendationen notwendig waren: (1. 3) ä hverju kveldi heim [heim ä hv. kv. hss.,
metrisch falsch] Sl 38 4, ok k0msk bä vsetr ef [ef bä] kvam Fj 22 4; (2. 3) bot se
fbo haDn se] til dauba dombr Hgsv 754, sem sfejak [ek s£ja] gofgau gub Sl 4P, ok
blentk [bleud ek] beim [b. svä] meini mjob Ls 34, ves [v. bu] berat n0kkvi [nokkru]
nytr Hgsv 4t7 2, en bu et sanua satt [satt et sanna, metrisch falsch] Sl 83 2, ef [ef
bü] veizt bik sekjan sjalfr Hgsv 444, ok töku sqI [s. hans] til sin 5/ 7 '-, bot fallit [ei
falli] straumar stritt Hgsv 128 2; (1. 2. 3) es hefk [ek hef] i hendi her Skm 232 25 2.
§ 136. Auflösungen in BB1: a) auf der eingangs Senkung:
(2. 3) voru peim at beginn bjQrg Herv 63 2, mepan pu 1 lyngvi lätt
Fm 2Q\ epa hverra'st [hverra ert] manna rnggr Fj Q2, nema reisi nipr
at nif) i7pv 724; 6j auf der ersten hebung: (1. 2) en pverüp af
prsetum vex Hgsv 50 4; (1.2.3) ok gerisk svä göpum glikr i£/sy924;
c) auf der ersten binnen Senkung: (1. 2) ok leika i logni fätt Herv
53 4; (2.3) bot [pö] gangi at öskum allt ifys^ 74 2, ok eigu ept fir{)i
fQr iJen; 53 2, ok rista ä Iijalti hjors Sd 62, ok leysir ör hQptam kvern
Ls 37 4, ok drekka enn maera mJQp &&ra 162, ok merkja ä nagli Naup
&d 74, ok peygi of sanna SQk i^z> 117 4, at bann esa vamma Aranr
Hgv 22 4, ok halda of Yisa YQrp ITHy 23 2; d) auf der zweiten
binnensenkung: (2. 3) ok leggja eldi i <jr Sd 94, ok verpa laugi i
lf)g #d 76, pöt kqniii J>y" epa praM i7</si> 90 2; ej az*/" der eingangs-
senkung und der ersten hebung: (1. 3) enn niundu hverju liQtt
57cm 2 14; f) auf der ersten und zweiten binnensenkung: (2.3)
ok ganga sins verka ä vit Höv 59 2.
Anm. Dazu sind tvol noch die folgenden verse zu stellen, in denen über-
schüssige silben entfernt wurden: a) (1. 3) ok [ok es] af gijöti einu gorr Herv 59 2;
c) (2.3) opt kaupir [k. ser] i litlu Iof Hqv 52 2; (1.2.3) ä per muuu [m. bau] herra
I>at Ls 44; d) (2.3) ef gengk [ek geng] at maela vib mog SA»« 22.
§ 137. Zwei nicht ver schleif bare silben sind nur in der
eingangs Senkung häufiger anzutreffen: (1. 2) svät [svä at] per brotnar
beina hvat Ls Ol1, kalla dvergar djüpan mar Alv 24', pöttu hotir hamri
mer Ls 62 2, svät [svä at] mer mangi mat ne baup Qrm 22; (1.3) säs
ä golli einu gengr iJerv 34 4; (2.3) es hann fellir eldr ne jarn i*}'154,
ef peir liQggvask orpum il Rm 34, leipisk mangi gott ef getr Hpv 1297,
mjok vask [var ek] pä ör heimi hallr Sl 40 2 44 2, ef pü mer i krummur
kemr ÄBt? 22 4, ef pii vilt per nnela man Hqv 97 2, at hon ätti mQg
vip mer Ls 40 2, ef pat bipr at verpa vel i2j$v 414; — Hierher gehört
wol auch der vers Hl 24, e?m *c/z herstellen möchte: (1.2) es fyr lqngu
lipnar 'ö (fyr lQngu lijmar cod.).
Anm. 1. Finntal findet sich in einem verse mit zweisilbiger eingangssenkung
auch auflösung der ersten binnensenkung: (2. 3) til bess golls es i lyngvi liggr
Fm 2V. Fin entbehrliches toort- wird in dem verse S12V- zu entfernen sein, in
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 467
dem neben zweisilbiger eingangssenkung auch auflösung der xweiten binnensenkung
sieh findet: (2. 3) en beir hetu [h. honuni] golli i gogn. — Dreisilbige eingangs-
senkung nebst auflösung beider binnensenkungen ist in dem folgenden verse über-
liefert: (1.2) en bess at fegri at faera of ser [lies: en bvi fegri?] Herv 63 4.
An/m. 2. Zweisilbige erste binnensenkung ist selten und zweifelhaft:
(2. 3) en \>ö kvqmu flserbir frain Sl 214 [lies: en kvqmu bo?]. en fötum til solar snyr
Herv 384, 6r bvi vas hann Gleipnir gorr FM 89 [das bann ist wol xu streichen],
ok svalztu ba hungri heill Ls 62 5 [bä istf entbehrlich], ok bafbak bess Tfetki vifs
fli?t> 1016 [bess könnte fehlen]; (1. 2. 3) ok horfir til heljar halfr IZe/'y 36 2. — Drei
silben fron denen jedoch die 2. und 3. rersehleifbar sind) finden sich Sd 18 2:
(1. 2) ok hverfbär vib enn helga mjoj).
.4«/«. 5. Zweisilbige xweite binnensenkung (mit gleichzeitiger auf-
lösung der ersten binnensenkung) ist nur einmal bezeugt: (2. 3) ef byrftak at niqlungi
mat Hqv 67 2 [lies: mälege?].
§ 138. Nebenhebung im xweiten fitsse kommt zweimal vor:
(1. 2) ok versnar yinskapr allr [allr vinskapr R; vgl. Sievers, Altgerm.
metrik §57, 4a] Hqv 514; (2. 3) af J>vi vas [vas bann] Gautrekr gQrr
Gautr 2 *
§ 139. b) BB2: (1.2) at engi's [engi er] einna hvatastr Hqv 64 4
i Fm 17 4, nieb ungum ÖJnns syni Skm 2\'2 22 2; ok brigb i brjöst of
lagib Ü0t> 83 4; ok firrask flaerbarstafi Sd 32*; opt's [opt er] gott bats
[bat er] gamlir kveba Hqv 133 5; ok kofbnsk hlifar fyrir Hkm ll4; en
Xott vas NQrvi borin F?» 25-, ok sagbi sanna stafi Sd 14 5, bäs [bä er]
sloknar Surta logi Vm 504 512; (1.3) ef engi botti yfir Hgsv 82*; ok
brinni f)6r ä baki Ls 65 5; enn fräni onnr mep firum Skm 27 4, 1 fulla
döma fara Sd ll6; ok ganga bä af grasi Hqv 212; es ltbuni reynisk
lygi Hgsv 27 4; ok silfri ])akbr* et sama Grm 15 2, beini's [beim er]
sorgalausastr sefi Hqv 56 4, ok svsefir allar sakar örw 15 4, ok sökja
mina sali Ket 312; gott's [gott er] yammalausum yesa Sl 30 4, ok yarbar
alla yega Skm ll2, ok yegr ä alla yega Herv 32 4; (2.3) ok kölnat
allt fyr utan Sl 44 4; ok fengn bäbir bana Sl 144, bat's [bat er, bat
verbr] ykkarr beggja bani Tim 64; ok bibja disir duga Sd 84, stob ^r
i dreyra drifinn Hkm 15 2; es seinar finna fobur Sl 27 x; at eigi gebs
sins gai üfr/w 72 4, ok hQfbu goll fyr gaman Sl 18 2, an kenna gott at
gora i?^5?; 143 4, ok beita göj)r meb gumum Hgsv 1162; en töku hörn
til hiniins Sl 55 4, bat tselir horska hugi i7py 904; ok leysa kind frä
konum Sd &2, ne qii til kynnis korai Hqv 33 2, bvers beir'u kyns es
koma Hqv 132 2; ok stekkr bä läss af limum Og 10 4, bat fylgir ljöba
lokum Hqv 163 4, ef niabr es l^tum loginn Hgsv 95 2, ne bat es l<^ir
*) Sijmons schreibt gegen die Handschriften bakebr, icas kaum xu billigen
ist, da verschleifung der xweiten hebung in diesem tgpus nicht beliebt war.
468 GEBING
lofa Hgsv 78 2, peirs [peir er] vilja lseknar lifa Hgv 147 2; es [sem] girnisk
mart at liiuna Hgsv 1224, ok kjösa niopr frä niQgum Fm 12 4; es gengr
af rettu riß Hgsv 45 2, en ek per satt eitt segik Fm 9 2, ok kenn bat
sipan sunum Hgsv 7 \ psers [pser er] deyfa sverp ok sefa Sd 27 4, ok
bibja sselan sofa Sd 34 4, ok kunna s<jr at sea Sd 10 2; at leynask spakr
at speki Hgsv 69 4; ok skripr sem yargr af yi])i Ket 52, at eiga yipa
vini Hgsv 55 4, es hefk J>ik TQpnum regit Fm 44; (1.2.3) svä öx unz
ör var{) JQtunn Vm 31 2, oflengi leipa limar Rm 44, et Ijöta lif of lagit
Ls 48 4, es ser getr slikan sefa .ff^m 19 2, peir yQru villir yega S/622.
Anm. Hierher gehören ferner wol noch folgende verse, in denen gering-
fügige emendationen vorgenommen wurden: (1. 3) ok festi [f. svä] ybvarn flota
HHv 26 5; (2.3) ok reisat [r. hqnura] burst ä bald Herv 414, ok hefr [h. hann] f>aer
fyrr of farit Herv 34 2, ok stigak land [stiga ek ä ].] af legi HHv 213, at fylgit [ei
fylgi] mein til mikit Hgsv 26 2, ok drapt [draptu] ä vett sem vglur Ls 24 2, at vserit
[ei Vieri] biggja begit Hqv 40 2. Endlich ist auch tvol der vers Vm 433 hierher xu
stellen, den Sijmons als langxeile auffasst, während ich ihn für eine (interpolierte)
vollxeile ansehe: (1. 2) bvit hvern hefk [hefi ek] heim of komit.
§ 140. Nebenhebungen sind in BB2 selten. Nebenhebung
statt der ersten binnensenkung kommt einmal vor: (1. 3) svä's [sva er]
tirott hundrab talit Hat 100 2; statt der zweiten binnensenkung findet
sie sich zweimal: (2.3) ok hugjmsk gott eitt gora <S7 162; (1.2.3) ok
orlQg ösvinns apa Fm ll2.
§ 141. Auflösungen in BB2. In den BB-versen mit auf-
lösung der dritten hebung kommen öfter auch noch andere verschlei-
fungen vor: a) auf der eingangssenkung : (2. 3) honum aldri dagr
of dugir Hgsv 136 4, menan sina heilsu liafa Hgsv 120 4, an at hann vip
syndura sjai Hgsv 70 4 140 4, sa3i mapr bik yreinan Tega Fm 72, at ek
pötturak ysetki yita Sl 422; b) auf der ersten hebung: (2. 3) en
papan af aldar alask Vm 45 4, ok vasat hann qsum alinn Vm 38 5, ok
vitut bat fir])ar fyrir Hgsv 64 4, ok sea sem gorst vip grununi Hgsv 1362,
ok svima i m6{)u inarir Fm 15 4; (1. 2. 3) ok snuisk til sätta sefi
Og 94; c) auf der ersten binnensenkung: (1.2) ok hvarflar umb
hsettan loga Fj l2; (2. 3) ok lat per i brjösti bua Gg 16 2 Hgsv 122 2,
en nti vas daupr fyr durum Hqv 70 4, ])äs pessi hefr Fenrir farit Vm
46 4, ok letu hans fJQrvi farit Sl 22 4, en lät per at göpu getit Hgv 121%
at I)in se at göpu getit Hgsv 116 4, en falla til Heljar hepan Grm 28 7,
an petta et h^va liQfup* Ket 34 4, ok haldi per lik at lipum Gg 12 4
ok beygi at minum munum Skm 44, ok hvergi fyr räb fram rasa
Hgsv 44, ok vilja pik säran sea Rm 24 4, ok yrkir ä söl til saka Herv
35 4, ok leipa mep tQrum trega \Skm 30 4, ok runnu sem yargar til
*) Die Verstellung dieser strophe in den FAS ist natürlich ganx unmöglich.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 469
vipar Sl 94, ok drif pu nü vargr at regi Fj 44, at skyldak [ek skylda]
i vatni vapa 7?w 24, ok sendar ä yipa vega £d 18 3; f?j az«/" der
zweiten binnensenkung : (1. 3) ok lempa alla i lipu Ls 43 4, ok
laiknishendr mepan lifuin Sd 34, ok siklings mQnnum et sama HHv2^i\
(2.3) ok hqfpu byrpar af blyi Sl 63 4, es slna inailgi ne manat Ls 47 4;
<?j auf der eingangs Senkung und der ersten hebung: (2. 3) ej)a
hafir pü feldan fQpur <SVZ 35 4; /^ aw/" der eingangssenkung und
der ersten binnensenkung : (1. 2) epa föru p£er fleiri saraan HHv
27 4; (2.3) nema okkr vseri bQpuin borit Ls 94, ef ek vas per at kvQn
of kvepin jF)' 46 4; g) auf der eingangssenkung und der zweiten
binnensenkung : (2. 3) nema pü enn snotrari seir Vm 74; h) auf
beiden binnensenkung en: (1. 2) at yamta ens yildara hlutar üZi/sy
124 2; (2. 3) per verpa peir baugar at bana Fm 94 20 4, ok eigu 1 yindi
at vaka Herv 514.
Afim. Ferner sind wahrscheinlich noch folgende verse hierher zu stellen, in
denen geringfügige emendationen sich nötig machten: c) (2. 3) ok dulpak enn [pann
enn] aldna jotun Grrn 50 2, af hverju vast [vastu] undri alinn Fm 3-, ok mattira
[m. pü pä] nesti naa Ls 62 4; d) (2. 3) ok hlaupa inn mepan [m. peir] eta Fj 23 4
244. Endlich auch ein vers mit auflösung der zweiten hebung: (2. 3) ok bjarga
fari [f. minu] ä floti Hqv 1542.
§ 142. Zwei nicht v er schleif bare silben kommen öfter auf
der eingangssenkung , zuweilen auch auf der ersten binnen-
senkung vor: a) auf der eingangssenkung: (1. 3) lgetr opt gopum
lgekni gora Hgsv 74 4, vildu hefja raik til himins FM 627, ferr pü
sorgafullr at sofa Hgv 113 4; (2. 3) estat pü til brüpar borinn Alv2\
pot [pö] peim verpi flaerp at frama Hgsv 612, ef pü ser pä fyrri fara
Rm 22 4, es pü perrir Gram ä grasi Fm 25 2, es hann hafpit gtgjar
gaman Vm 32 4, ef hann vill ser kjösa konu Hgsv 912, hon vas peim
til lyta lagip Sl ll4, sitja meirr of sättir saman Vm ll4, pö vas honum
skalli skapapr Hgsv 1412, pvit [pvi] hann hugpisk väligr yesa Sl 44,
sipans [sipan, mepan] peim vas varzla vitup Fj 22 s, kannat hann vip
viti >arask Hgsv 106 2;
An/n. 1. Zuweilen sind in versen mit zweisilbiger eingangssenkung auch
Vnoch versckleifungen zu constatieren : a) auf der ersten hebung und der zweiten
\binne7isenkung : (2.3) päs [pä er] peir fara vip vitni at vega Gnn 234; b) auf
der ersten binnensenkung : (2. 3) päs [pa er] pü lezt mer ä bep pinn bopit
Ls 52 2; c^ auf der ziceiten hebung : (2. 3) at pü gangir snimina at sofa Hqv 19 4,
kannat bann vip svikum at sea Fm 374; r/j auf der ziceiten binnensenkung :
(1.2) ne svä Mir at einugi dugi Hqv 1324; (1. 3) ok halt Fäfnis hjarta vip funa
Fiii 31 2; (2. 3) es pü fcer per Oefjon at gremi Ls 219. Z>a*w «oc& ein vers, in dem
ein entbehrliches wort zu streichen sein wird: (1. 3) ok nem liknargaldr mepan [m.
[>ü] lifir Hqr 119 5.
470 GERING
b) auf der ersten binnen Senkung: (1. 3) ok sn^k [sn^ ek]
hennar Qllum sefa Hgv 1614; (2.3) es sinura hefr aurum amat Hgsv
100 4, ok standit per mein fyr munum Og 15 2, ok rasekimsk 1 sessi
saman Vm 192, ok eigut pa§r yarpir vera Herr 48 4 (ebenso wird auch
52 4 zu lesen sein); (1.2.3) ok launa svä leipum lygi Sd 25 7, ok
skeikar pö Skuldar at skopum Gg 44. Dazu noch folgende verse, in
denen entbehrliche Wörter zu streichen sein werden: (2. 3) pä pykkir
[p. pü] me|) bleypi borinn Sd 25 2, ok keppask umb [umb pat] yargar
avalt Herr 45 4 (oder avalt?); (1.2.3) ok bötir [b. per] svä baugi Bragi
Ls 12 2.
Anm.2. Auch hier ist einmal eine auflösung (der zweiten hebnng) bezeugt:
(2.3) ok berjask vib Framar til fear Ket 33 2.
Anm. 3. Zweisilbige eingangssenkung und ziveisilbigc erste binnensenkung
kommt ein paarmal vor: (2.3) bann muu okkr verba b<}bum at bana* Fm'2%* (zu-
gleich rerschleifung der zweiten binnensenkung) ; (1. 2. 3) ok vreri [v. bä] at ber
vreibum vegit Ls 27 4, ok verbr bä binu fjorvi of farit** Ls 57 4 (zugleich verschleifung
der zweiten binnensenkung).
Anm. 4. Zwei nicht verschleif bare silben auf der zweiten binnensenkung
sind nur einmal überliefert: (2.3) svä nysisk frobra hverr fyrir Hqv 7 * (lies: fröbr
hverr?).
§ 143. Verse mit drei- und mehrsilbigen Senkungen sind selten
und erregen verdacht, a) überladene eingangssenkung findet sich
in folgenden versen: (1.2) at pü 'st [pü ert] aptr*** kominn mögr til
lninna salai<}'494 [lies: at kvarat mqgr usw.?]; (1. 3) ok lätt i fjarpar
niynni fyrir HHv 18 2, bregpi engi fQstu heiti fira Ah 34 [lies: skal-
at bregpa festum fira?], sä skal fyr heipa brüpi himins Grm 39 4 [sä
ist wol von Sijmons mit recht gestrichen), ek drekpa Hlqpvarps sunum
i haß HHv 194, pat raun se TQtru sett of trega Gautr 44 [se ist wol
zu tilgen]; (2.3) ok knsettak [knaetta ek] pö per [per pö] i fapmi felask
HHII 214 [ok scheint entbehrlich und ist schon von Sijmons bean-
standet], vorum pö verpir gagns frä gopum Hkm 12 2 [es ist wol vQrum
zu lesen], pä skaltu hann vip yamrai yara Hgsv 24 4 [lies: skalt bann
pö vip v. v.].
b) Im Innern bez. am Schlüsse sind die folgenden beiden verse
überladen, in denen ivol grössere Streichungen vorzunehmen sind:
(1.2) esa sä vinr Qprum es yilt eitt segir Hov 123 4 [lies: esat vinr es
*) hann und okkr streicht Sijmons, doch sind die beiden tvörter kaum xu
entbehren.
**) Sijmons streicht das kaum entbehrliche binu, wodurch der vers zu einem
CB würde.
***) aptr strich bereits Bugge, s. Sijmons z. st.
DIE RHYTHMIK DES LJClDHAHATTR 471
vilt eitt segir]; (1. 2. 3) vij) sorgum ok sqkuni ok sütum gorvoüiim
Hgv 146 4 [lies: vi}) sorgum ok sütum ok sokum*].
§ 144. 3) CB. Von den beiden untertypen, die wir auch hier
unterscheiden, CB1 (xzU.xz) und CB2 (x j. I j. x ^x) ist wider der
zweite der beliebtere.
a) GBl: (1. 2) ok fä fQgnu|) af Hgv 129 5, ok reist ragna hröptr
Hgv 142 5; (1. 3) ne heldr forpask hei Hgsv 133 4, et manunga man
Hgv 162 2, ok skjarrastr vip skot Ls 13 5, ä stallhelgum staj) i<)'402;
(2.3) ept pann dapra dag 5Z452, at per gorvisk gagn Hgsv 34 2, ok
galzt liarpan hug i^>« 192, ef sä's [sä er] horskr es hefr Shm 94, an
pat ljösa lik £Z 12 4, ok vipr sipan sigr Hgsv 63 4, ok verpr sipan snaupr
Hgsv 1414, an pinn visan vin Hgsv 46 2. Dazu noch ein vers, in dem
ein entbehrliches wort zu streichen ist: (2. 3) ef ätt [pü ätt] ßräla per
Hgsv 137 2: und ein vers, in dem eine Umstellung notwendig ist:
(2.3) es pü settir sjalfr [sjalfr settir Schev., metrisch falsch] Hgsv 134.
§ 145. Auflösungen in GBl; a) auf der eingangs Senkung:
(1.3) en at Asmundar Jalkr Grm 49 2, ef i barnösku's [b. er] blaupr
Fm 64, pat et mjallhvita man Alvl\ es 1 srellifi sitr Hgsv 11 14, esat
[er ei] värkunnar yerpr Hgsv 72 2; (2. 3) an at se tungu trür Hgsv 18 4,
esa per yamma yant Ls 30 2, vasat J)at vin ne yatn fierv 33 2; b) auf
der ersten hebung: (1.2.3) hvi prasir J)ü svä pörr Ls 582; c) auf
der eingangssenkung und der ersten hebung: (2. 3) neraa gorisk
jjarfar J)ess Hgsv 69 2; d) auf beiden Senkungen: (2. 3) ef ek hann
sjönum of sek Hgv 150 4.
Anm. Hierher sind ferner noch einige verse xu stellen, in denen entbehr-
liehe tvörter gestrichen wurden: a) (1. 3) eta [bann eta] mein heldr an nrik Hqv
1514, meban [m. bü] min orb of mant Og 164; (2.3) meban [m. ek] per galdra golk
[gol] Gg 15 4; b) bot [b. bü] hafir reina rodd HHv 204. — Daxu noch ein vers mit
auflösung der beiden ersten hebungen: (2. 3) ok gefat [g. binuni] fi^ndum frib
Hqv 126 5.
§ 146. Nebenhebung statt der binnensenkung ist in CB1 zivei-
mal bezeugt: (2. 3) epa hK'tr ögagn af Hgsv 212 (zugleich auflösung
der eingangssenkung): (1.2.3) ok svä ssellikt setr Ls 43 2.
§ 147. Verkürzung der ersten bez. zweiten hebung kommt
ein paarmal vor: a) (1. 3) sä's [sä er] vitandi's [v. er] vits Hgv 18 4;
b) (1. 3) mart's [mart er] fripara an fe Hgsv 214 (zugleich auflösung
der binnensenkung), enum slsevurum sigr Ls 22 4 23 - (zugleich auf-
lösung der eingangssenkung); (2.3) at per gorisk gagn Hgsv 34 2.
*) Sijmons streicht die drei letzten Wörter ok sütum g^rvollum : dadurch wird
aber der vers xu kurz.
472 GERING
§ 148. Zwei nicht v er schleif bare silben sind in der ein-
gangssenkung mehrmals anzutreffen: (1. 3) ef sä's [sä er] alsnotr es ;i
H$v 55 4, an se ofdrykkja ols i7jpv ll4; (2.3) es per sleit Fenrir frä
Ls 38 3, berr pat ofarr kne an kvip Herr 44 4 (zugleich auflösung der
ersten hebung). — Ziveisilbige binnensenkung findet sich nur ein-
mal: (1.3) es sundrpykkisk vip sik Hgsv 19 4.
J.«»2. J. iVacA vornähme von emendationen werden ferner noch die folgenden
verse hierher zu stellen sein: (1. 2) es f>eir svikum srelask ;i [es peir ssel. a sv.J
Hgsv 664, es hann par I>vengum nam |pv. es hann par nam] Oautr l2; (1.3) pars
[pars pu] i steius liki stendr HHv 30 4.
Anm. 2. Dreisilbige eingangssenkung, von der jedoch die letzten beiden
silben verschleifbar sind, kommt einmal vor: (2. 3) ok esa po 6mi veir Ls 36 4.
Anm. 3. Verkürzung der zweiten hebung ist einmal belegt: (2. 3) vijj
per m^tkara mann Hgsv 6-3.
§ 149. b) CB2: (1. 3) enn alsvinni jotunn Vm 42 5, enn äniQtki
JQtunn 8km 10 5, en Aurgelmir afi Vm 29 4, vip tfsvinna apa Hyv 1215;
ä brodds oddi bifask Fj 32 2; sera drengmenni (-manni) dugir Hgsv392
1 18 2, pats [pat er] drengmanni dugir Hgsv 86 2 104 2; at forvitni fQpur
Herv 50 2 512 52 2; pats [pat er] grunsamlikt g0ri.sk Fcp HO2; psers
[pser er] helgengnir hafa 57 68 2, vip kugfulla hau Sd 31 2, vip hvass-
orpa liali flgrsw 25 2; til kumbldysjar koraa Og l4; en lausung vip lygi
Hgv 42 4, öleipastan lifa Skm 19 4, per Ises hvers ä lipu üfp«; 135 4;
ä meips kvistum Mima Fj 18 2; ok ser peira sipu Hgsv 20 2; en Skip-
blapnir skipa Orm 44 2; sem Vafprüpni yesa Vm 24, ojl Vafprüpnir vitir
Vm 38 2 42 2, til Valhallar vega Hkm 94, peirs [peir er] Vapgelmi vapa
lim 42; (2. 3) umb pinn bröpurbana Ls 17 4; ef hans freista firar
H(>v 26 4, bverrs [hverr er] tekr fyrstr ä iüna Orm 42 2, es peirn fsezlu
faä Hgsv 42 4, i sinn fQgnup fara Sl 24 2; ä peim glöddu gqturn Sl 59 2;
säs [sä er] sköp haupr ok himin Sl£82, ä pik Hrimnir hari Skm 282;
hefk [henk] pö lengi UM Ket 34 2, ok allt lif of lagit Slcm 13 4; at pitt
minkisk megin Hgsv 77 2; ok svä n^tr at nema i7^5v 82 2, ä pat sumbl
at sea Ls S2 42; panns [pann er] hefr skatna skapat S1272; pvit pü
yel hvat vitir Eir 3 2, of pik vela vinir Orm 52 2. — Dazu noch vier
verse, in denen geringfügige Änderungen vorgenommen sind: (1. 3) pöt
kann göpan kafit [pöt bann hafit göpan R, metrisch falsch] Hgv 615;
(2. 3) es lezt [pü lezt] hoggvinn Hata HHv 24 2, at [at pü] mer seggr
ne segir Skm 5 2, es läk [ek lä] stirpr ä strQura Sl 47 2.
§ 150. Auflösungen in CB2: a) auf der eingangssenkung:
(1. 3) sa enn ämötki JQtunn Orm ll2, hafa gep allt ok gaman* Hgv
16 12, ok ä formselendr faa Hgv 62 4, ok ör Ijöpheimum lipin Gg 24,
*) Sievers (Altgerm, metrik §57, 6m) stellt diesen vers wol mit unrecht zu DE.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 473
mepan sökndjarfir sofa Fj 214, ok i YalhQllu. yesa Hkm l4; (2.3) skylit
pann ysetkis yaa Hgv 74 4 [conjectur; vitka vär R\\ b) auf der ersten
hebung: (1.3) fyr kelisjükar konur Fj IQ2: (2.3) ok gapir eldi yfir
Ket 142, en binar fegri fara Herr 49 4, at muni lengi lifa Hgsv 133 2,
ok haßt [ei hafi] megn til mikit Hgsv 62 2; (1. 2. 3) es ha na hefr frä
hlipi Fj 104; c^ auf der binnensenkung: (1.3) ör salkynni at sea
(Sfcm 17 4; (2.3) an ser ongu at una Hgv 94 4, ok kann fregna at fQii
Hgv 33 4, ä hann sjalfan at sea Hkm 134, ä pik sjalfan at sea F?rc 62;
(1.2.3) ok svä Solar et sarna Vm 23 2; t/j auf der eingangs Senkung
und der binnensenkung: (1.3) yjmr salkynni at sea £&*« 18 4.
Anm. Hierher gehören trol auch noch einige verse, in denen kleinere
änderungen vorgenommen sind: a) (1. 3) eba [eba eru] Täpndaubir verar »Sc? 334,
vasat [eigi vas] I)arfsamla [barfsamliga] |>egit Sl 5'2; ty (2. 3) at [at vit] myiiim
sjalfir of sakask Hm 29 -.
§ 151. Zwei nicht v er schleif bare silben kommen in der ein-
gangs Senkung öfter vor: (1.3) pess ens alsvinna JQtuns Vm 52, es
mep avitum aga Hgsv 108 2, vi{) hvat einherjar alask Grm 18 4; pä vas
Bergelmir l)orinn Fw 29 2 35 2; pöt per fagrt mseli fyrir Sl 19 2; säs
[sä er] vill lieilindi hafa Hgsv 79 2, säs [sä er] vill hyggindi hafa if^sü
92 2 140 2, nem pii hyggindi liugar Hgsv 112 2; f)ä vas saldrött of sofin
Hgv 100 2, pser of setr allar sainan -S^ll4, ok peir Sölkotlu synir £2 782;
ok I)ü Vafprü|)nir vitir Vm 20 2 22 2 24 2 26 2 28 2 30 2 32 2 34 2 36 2 38 2
40 2, pöt [pö] pik Tel aupgan vitir Hgsv 39 4, kalla yindofni yanir Alv
12 2; peims [peim er] ä ßräreipum J)runia Sl 77 4; (2. 3) ef hann hefr
aurum amat i^/sy 52 4; ok hefr sä bQrn of horit Ls 33 4; mnnkak
[munka ek] pvi leyna lengr Ls 36 2: (1. 2. 3) pvi's [pvi er] pat a? alt
til atalt Vm 314. — Dazu ein vers, in dem eine entbehrliche silbe ge-
strichen wurde: (1.3) pöt [pöttu] ser fullsterkr at fei Hgsv 33 2.
Anm. 1. Verkürzung der ersten hebung ist einmal bexeugt: (1. 3) es
mep Haraldi hafask Hkv 183. — Auflösung der binnensenkung kommt xweimal
vor: (1.3) svä hykk [hygg ek] Bilskirni mep bugum* Grm 242 [svä ist entbehrlich'];
(2.3) es hann parf hvergi at hafa Hgsv 45 4.
Anm. 2. Dreisilbige eingangssenknng ist selten und zweifelhaft : (1.3)
vib bann enn alsvinna jqtun Fm l4 [bann könnte fehlen], ok binna andfanga JQtunn
Vm 84 [binna ?s< entbehrlich und scheint auch mit dem plur. kaum vereinbar]; at
hann ä formäMendr faa Hqv 25 4 [hann ist von Sijmons gestrichen]; svä hykk [hygg
ek] ä YalhQllu. vesa Grm 23 2 [svä könnte wegfallen]; (2. 3) ok pykkir sä äsa Japan-
Ls 35 4 [lies : ok es sä ?] , ok hefr bü bar born of borit Ls 23 6 [pü *s< #o» Sijmons
gestrichen], es siban brytr hregg i hafi Hgsv 59 4 [sipan könnte fehlen].
Anm. 3. Viersilbige eingangssenknng tst einmal überliefert: (2.3) ok
mundir bü pä Freyja frata Ls 32 4 [bü streicht Sijmons].
*) Sievers (Altgerm, metrik §57, 6i) stellt diesen vers xu AE.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 31
474 GERING
§ 152. 4) DB. Auch hier unterscheiden wir zwei untertypen:
DB1 (j. I jl . x j) und DB 2 {jl I jl , Xv^x). Der ztveite ist ividerum der
beliebtere.
q) DB1: (1.2) fiskr flöpi i Grm 212, sjalfr sjotfum mer fl£v 138 4;
(1. 3) ill vsetr ok qrm .Hery 671, mer tijja mey Skm 62, ntftr mangi näs
Hgv 714, sigrheima sjau /S7 522; (2. 3) allt lopt ok lQgr Skm 64, auk
manzkis niQgr Hgv 146 2, heil nott ok nipt Sd2'\ auk solar syn üTjw 68 2.
Anm. Auflösung der ersten hebung ist dreimal bezeugt: (1. 2) Bragi
foekkjum ä Ls IV ; (1.3) munafullan mjok «S7 35 4; (2. 3) bera tut mep tveim Ls 38 2. —
Zweimal findet sich auch auflösung der Senkung: (1. 3) jafngQrla sem ek Ls 214,
üelbliücli ok Hör Grm 46 5.
§153. b) DB 2: (1.2) eitt allra hluta Sl 50 4, orp illrar konu
iJpv 117 2, ql alda sunum Hgv 12 2; (1. 3) ofreipi afi Skm l1 24, olprm^l
til qfug &2 292; beits stafni bua Äfft; 14 4; daufr vegr ok dugir Hgv
712; frett eina f irar .F)' 32 4, fugls jarmi fyrir FM 2 17; gaghalsir gnaga
Grm 33 2, Gerpr unna gamans Skm 40 4 42 4, gop q11 ok guma Ls 55 4,
gop qII ok gumar Ls 45 2, göj)s laun of geta Hgv 122 2, grund auk mep
gopum Fm 15 4 16 2; Herteitr ok Hnikarr Grm 47 2, liröprfüsa liali
Am 214, hugbrigp vip hau iJpv 1012, kugdyggva hali Hgsv 1312, hsel-
drsepir lialir iJ/cv 244; lostfagrir litir Hgv 92 4; Hieips kvistu maa Grm
34 6; nsetr allar niu Hgv 138 2, nsetr einar niu FM 212; rop qII ok regin
7/Ä7« 18 4; säryrpum sakask Ls 52 19 2, sigtiva synir Ls l4 22, Sölblinda
synir Fj 10 2, sölhvita sofa Hgv 96 2, Suttunga synir Skm 34 2, Ssehrimni
sopinn 6rrw 18 2; skars upp und skipi HHv 23 4, SkeggQld ok SkQgul
Grm 36 2, sky" qII of skQpup Grm 414; staplausu stafi i/^292; yanrettis
vesall L.<?402, väpndaupa yera Grm 84, vfgdjorfum verum Hkv 20 n;
pjöpmsera |)ruma i*}' 35 4; (1.3) grund auk mep gopum Vm 15 4 16 2;
(2.3) minn bröpurbani -S/cm 16 4, heim l)Qnd of bopit Hkm 10 4; sä fser
es friar I7pv 914; pvis [pvi er] gengr of guma Hgv 28 4, ögött of gala
L.s 31 2; unz rjüfask regin Fj 20 4 #d 19 7; deyr sjalfr et sama Hgv
76'-' 77 2; umb skyggnask skyli Hgv l3; mJQk stinna stafi* Hgv 142 3;
mJQk störa stafi* i^i> 142 2; auk trinnan trega Skm 29 5; einyaldi yesa
.Fw 38 4, hvern yeg at yinum <S'e? 37-, heldr ygeginn yesa Hgsv 50 2.
Anm,. Auflösung der ersten hebung kommt mehrmals vor : (1. 2) Dvaliun
dvergum fyrir .H^y 143 2; (1. 3) feti ganga framarr IT?» 38 2, feti gangir framarr Ls l2,
g-opa heill ok guma ßm 19 2, vorumk dvergr at vitir Alv9- IV 13 2 15 2 17 2 19 2
21 2 23 2 25 2 27' 29 2 31 2 33 2, salakynni sei Vm 3\ £oka hylr banns [pann] fregir
IT^ 119'; (2. 3) bvaa hendr ok hofup 5» 34 2, hinum likn es lifa Sl 824. — Ebenso
ist auflösung der Senkung durch mehrere beispiele vertreten: (1.3) liknfastan
at lofi Hqv 1224, salkynni at sea Grm 92 10 2, SkiJ>blabni at skapa Grm 43'-', valglaumi
*) Vgl. jedoch oben § 135, fussnote.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 475
at Tat>a Grm 214; (2. 3) auk Fäfni of farit Fm 23'-', sva lengi sem lifik [ek lifi] Rm 92
Sd 214, auk segja et sama Hqv 28 2, en svartan of sumar Herr 504. — Auflösung
der ersten hebung und der Senkung ist einmal bezeugt: (2. 3) vesa hollar i hugum
Sl 25'-; ebenfalls einmal findet sich auflösung der ersten hebung nebst zwei-
silbiger Senkung: (1.3) funi kveykisk af fiina Hqv öl2.
Cap. 21. C-verse.
§ 154. 1) AG Bei den C-versen sind, ivie bei der B-gruppe,
zwei untertypen zu unterscheiden, je nachdem die letzte hebung auf
einer langen (Cl) oder auf einer kurzen (C2) silbe steht.
a) Der typus ACl (zx I s. ' x) ist auf wenige beispiele beschränkt.
Dem Buggischen gesetze entsprechend bilden fast ausschliesslich drei-
silbige icörter den ausgang des vei'ses; die alliier ation ist stets 1.2: or
til ärsepis* Ket 18 4, gest ne ganganda Hqv 1315, hlser at hvivetna Hqv
22 2, kraust i Hrafnseyju Ket 182, kverf es liaustgrima Hqv 735, Hin
ok Rinn an di Grm 27 3. — Dazu ein vers mit auflösung der ersten
hebung: apask at öheillum £/624; und ein vers mit auflösung der
ersten hebung und der binnen Senkung: segir fm et sanuasta Vm
424. — Auflösung der zweiten hebung würde in dem verse Hqv 782
zu statuieren sein, falls meine conjectur: rünum reginkunnum [enum
regink. R] das richtige getroffen hat.
Anm. 1. Einmal findet sich ein vers, indem zwei Wörter den schluss bilden:
dieselben gehören jedoch (als nomen und attributives adj.) eng zusammen: gestr at
gest hjefuim Hqv 312.
Anm. 2. Der erweiterte typus A*C1 (lixliizx) ist nur durch ein bei-
spiel vertreten: Gräbakr ok GrafvQlluJ>r Grm 34 4.
§ 155. b) Der typus AC2 (zxU.vix) ist desto häufiger: (1.2)
allir ql saman Ls 45 4, Arfr ok Arfuni FM ll6, ausian OJreri Hqv 140 4,
eign ok auf)SQlum Fj 74 84, Eir ok Aurbofm Fj 38 4, eiri aurglasis
Fj 28 4, eldi urnb siegin &Z664, etr sex aldrtrega Hqv 2Q2, illum ey
vana 5/804, inn gekk Yggr Jtegar Vm 54, innan asniega Fj 33 4, inni
aupstQfum Sd 314, orka einnsaman Hgsv 113 2, orfnnn einbani Grm 50 4,
orjbs ok endrf)Qgu Hqv 44, Of)inn $b lifir Grm 194, ulf und asklimum
Rm 22 2, a? gengk [geng ek] einn saman Fm 2 ', qflgan Atrijpa FM 10 12,
qflgir eitrdrekar Sl 64 4, qss 1 ärdaga Grm 64; breg[)a blundstQfum
Sd 44, brendir bjartliga Sl 69 4, bond at boglimum Hqv 149 2; dag of
dröttniQgu Vm ll4 12 2, drögu daprliga Sl 58 2; fäf)ar feiknstQfum Sl
60 i, fljöf)s ens fagrgloa Alv 52, flserpar frumkvojmll Hgsv 60 4, frjälsum
fröpara Hgsv 90 4, fröpan fJQlvaran Sl 54, full-um forns mjafmr Skm 38 2
*) Über die Unordnung der strophe s. oben § 113, 1, fussnote.
31*
476 GERING
Ls 53 2, fyrst me{) fröj) regin Vm 26 4, ftesta feiknstafi Grm 12 4; gat
vi{) Grarprom FM 414, gestr of gepspeki Fm 194, goldin grimmliga
Sl 14 2, OrQj) ok Grunnporin Grm 27 7, Gqll ok Gfeirgnul Grm 36 4;
hafpar hagliga 5/ 72 4, harpan hugtrega Hgsv 36 2, höf ok liagspeki
Hgsv 100 2, hei man Hlörri])a 2>s 55 2, Helgi helstofum 7/ffy 29 2, hryggr
munt heim fara Ls 314; leipa langvini Hgv 1562, ljöta leipstafi Ls 292,
lof ok liknstafi Hgv 82, lypa lggskilum fi^sw 84; mapr es manns gaman
Hgv 47 4, merkbar meinliga Sl 614, mev ne manns konu Hgv 163 2,
niey ok niog saman Vm 33 2, meyja MQgprasis Fwa 49 2, miklum mins
fQpur i^w 182, mina meinstafi Ls 28 2, möti Menglojm Gg 34, möl ok
inisseri Hgv 60 4; negldar naupliga Sl 654, n<$tt ä niflvegi Gg 13 2,
llQtt of nyt regin Fra 13 4 14 2; sal of sessmogum Hgv 152 2, ser ä sjot
goJ)a* Eir 6i, sjaldan siit ala i7^y 48 3, sunr emk [em ek] Sfpgrana
Alv 6-, Surt ok SinniQru i$ 184, Svafr ok Svafiiogi £Z802, svaugir
söl draga Grm 37 2, sväran süsbreka Skm 29 4; skäld til skemtanar
Hgsv 97 4; Varr ok Vegdrasill Fj 34 2, visan Tafiioga Skm 82 92, yisum
yafrloga Fj 314, vorum vargdropa Sd 35 2; J>jota pungliga <S7 394, pripja
pjopmirna Grm 28 \ pripja pjöpvara Fj 38 2, pursa pjop yfir Sfcm 10 3,
paer skal pörr vapa Gnu 29 2;
(1.3) alla menn yfir Vm 37 4, allri pjöp yfir 5/ 17 2. ürig fjgll yfir
N/,//? 10 2, jormungruud yfir GVv« 20 2; beggja vanr Bragi Ls 13 2,
brennuspän bera Hkv 242; geirs of porf guma i^>w 384, geita bland
gefi Skm 36 2, goll mitt allt grafit Gautr 34, gott ok illt gumar Hgsv
1254; heilog fjoU hinig Fm 30 2, heÜQg VQtn hloa Grm 29 6; kristin
dauj) kona Gg 13 4; manna glaum mani Skm 34 5, man na nyt mani
Skm 34 6, minum fepr-inunum Fm 82 (auffallende alliteration) , mund-
argjold mikil Hgsv 914, inseran drykk mjapar Ls 64; Njarpar dotr
iiiu$7 792; säral auk supu Herv 39 4, slikan lQSt saman Hgv 97 4; vamma-
laust yesir Sd 22 2, vel of pyrmt yeum U&m 182, vitr ok sterkr vesa
Hgsv 112 4, Vlpars land Vipi Grm 17 2;
(2. 3) auk'st [ok ert] ä braut buinn Rm 212, |)ä's [|)ä er] per b^ls
bepit i^v 125 7; verpr f>inn feigr fapir Skm 25 4, allt es feigs forap
Fm ll4, brinnumk feldr fyrir Grm l4, gQngumk firr fimi Grm l2, pik
skal Freyr fiask Skm 33 2; bverr sitt gep gumi jE^2> 144, sins til geps
gumi Hgv 12 4, betri gJQld geta Grm 3 ', ssßll's [ssell er] säs [sä er] gott
gerir Sl 49 2, opt skal göps geta Hgv 102 4, vinua grand grami HHv 132,
*) Die halbstroplie ist sicher so herzustellen:
|>vit uvist's at vita, aser Ulfr enn hosvi
ser ä sjot go|>a.
(So bereits Opb. /, 267; Heusler, BLZ. 1901, sp. 1375).
LUE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 477
svät [svä] peim grand gorir Hgsv 512, auk of grjöt gnaga Hgv 104 2,
seg pü gorr grami HHv 27 2; sinna heim-haga Hgv 1 55 5, sinna lieim-
kama üpi; 1554, pars [par er] pik Hei hafi Fm 214; auk ä kne kalinn
Hgv 32, elr vip kvqn kona fierv 48 2; sfns of mal maga Hgv 214; ek
reist sjalfr suniar Hgv 1434, peim's par syst saman Hkv 214; kalla rag
vanir Alv 24 2, lengi vaur vesa Hgv 162 4, säk [sä ek] ä reg yega iZery
32 2, kalla Teig yanir Alv 34 2, pü'st Q)ü ert] vip yig yarastr Ls 13 4,
pä varpk [varp ek] yillr yega Hgv 47 2, sä's [sä er] peim yQÜr yitapr
Vm 18 4, kalla yqnd yanir JA- 28 4, kalla yQxt yanir Alv 32 2; mart's
[inart er] pats [pat er] J)grf J>ear Rm 10 2;
(1.2.3) uiins veitk [veit ek] niest magar Grm 244.
Anm. 1. Ohne alliteration überliefert ist der vers Hör 1394: feil ck aptr
papan (anreimung an die vorhergehende xeile?). Ebenso S/o/t 34 3: sjalfir äslipar.
Anm. 2. Hierher sind ferner noch folgende rerse %u stellen, in denen über-
flüssige silben gestrichen wurden: (1. 2) gakk [g. pü] ü gest sea Fj 4A-; (2. 3) pot
|>. bann] se firr farinn Hqv 34 4, allr [a. hann] vip goll gloir Fj 17 4, pöt [{). bann] mep
gTQmum glami Hör 314, ä sat när na'i [mir ä na] Herr 54'-'.
§ 156. Auflösungen in AC2: a) auf der ersten hebung:
(1.2) borinn at boglimum Gg 10 2, gefit at gups lqguin /S7 692, skapapi
skirliga Sl 10 4; (2. 3) knaat sü veig yanask Grm 25 4; b) auf der
binnen Senkung: (1. 2) Atli til aldrlaga HHv 30 2, UDguni i ärdaga
Sfem 72. yrpi i ärdaga Vm 28 4, a? mepan old lifir Fj 124, ongurn es
illt skapat Hgsv 106 4, oldum at ärtali Vm 23 4 25 4, qllum at upploki
Hgv 135 2; falla at fjorlokum Gg 82, fe epa fjor hafa Hgv 58 2, fe epa
fljops munugp Hgv 79 2. frammi 'ru [eru] feigs gQtur Sl 364, fyrri at
flauraslituni Hgv 120 -5; gqrvir ä galgvegi Gg 92; Herjan ok Hjalmberi
6r/7w 46 2, hör ok af Hlörripa Ls 54 l: littu ä ljöp vega Ket 14 4; meira
an iiienn viti Grm 35 2 ö^ ll'2, nuerar af mars baki Hkm ll2, uiQrguni
at möptrega £rf302, svipr skal of sik vesa Hgv 102 2; skammer 'ru
skips raar flj?« 734; tivar at tannfei Grm 54; Yingnis at yigproti Vm
51 5; perru ok pjoplapar %42; (1.3) daupi ok lif duga Hgsv 1214,
daupi ok lif dugir Hgsv 1014; (2. 3) pins epa mins munar Skm 414,
seva til snotr sei' Hgv 54 2 55 2 56 2; (1.2.3) gangip i gogn grami Hkm
14-'. glik skulu gJQld gjofura Hgv 46 4; cj auf der ziveiten hebung:
(1.2) ysentik yerit hafa Hervül2, [>risvar prumu fyrir Ket 54; (1. 3)
hungri farit hgrund Sl 71 2, leiki yfir logi Ls 65 4; (2. 3) kalla yega
yanir* Alv 10 2; $ auf der ersten hebung und ersten Senkung:
*) .Es /?>#< Ä-ei« grund vor, diesen vers mit Sievers (Altgerm, metrik §57, 8b)
für xweihebig zu erklären. Eine verbalform kann, je nach dem bedürfnisse des
verses, in der hebung wie in der Senkung verwandt iverden.
478 OKHING
(1.2) fianda enn folkskaa Fm 37 2; e) auf der ersten Senkung und
zweiten hebung: (2.3) sitja ä fleti fyrir* Hqv l5.
Anm. Hierher gehören ferner die folgenden verse, in denen geringfügige
änderungen vorgenommen sind: a) (2. 3) nerna [n. bu] mer stett segir Skm 23 4;
b) (2. 3) hans emmk [e. nü] v^n vitub &44; c) (2. 3) skalt [skaltu] fyr kvikum
kveba S/812.
§ 157. Zwei nicht v er schleif bare silben kommen in der
binnensenkung zuweilen vor: (1.2) eigut pser gett saman Fm 13 2, JQfra
frä egg|)riniu Eir 74, fekk ek mer felaga Hqv 52 4 (es ist aber wol
fekkumk zu lesen); (1. 3) kennip mer tiafn konungs** HHv 124;
(2. 3) margan hefr aupr apat Sl 34 4, pau munk [mun ek] per Gerpr
gefa 8km 192, uppi's [uppi es] pä gep guma Hqv 174, kennik [kenni
ek] per sjau saman 57 32 2. — Dazu ein vers mit auflösung der ersten
hebung: (2. 3) papan vask [var ek] ä liest hafinn Sl 512.
Anm. 1. Hierher gehören auch wol die folgenden verse, in denen emen-
dationen nötig erschienen: (2. 3) bar mun hann aldr [sinn a.] ala Herr 594, bykkjumk
[b. ek] til ungr afi Og 54, reyndu hvat satt sei Hgsv 23 4 [r. hvat et sanna se Scher.}. —
Eine sehr schwere xweisilbige Senkung findet sich Ls 30 4: (1. 2) hverr hefr binn
ho rr verit. Ich vermute, dass hier umgestellt werden muss: hverr hefr liörr binn
verit (AA2h).
Anm. 2. Dreisilbige binnensenkung, von der jedoch die zweite und dritte
silbe verschleif bar sind, ist zweimal belegt: (1. 2) heima skalat hvilb nema Alv l4;
(2.3) litil eru ge]) guma Hqv 53 2. — Drei nicht ver schleifbare silben kommen
nur einmal vor: (1. 3) hapts vib mina heiptmogu Hqv 148 2: offenbar ist mina xu
streichen.
§ 158. Nebenhebung auf der zweiten silbe des ersten fusses
kommt ein paarmal vor: MenglQp mitt gaman Fj 43 4, hyggsk veetr
kvatr fyrir Ls 154; (2.3) pann göl Rindr Rani Gg 62.
Anm. Der erweiterte typus A*C2 ist für die folgenden verse anzusetzen;
a) mit der nebenhebung auf der zweiten silbe: (1. 2) qst fylgir aums gJQfum Hgsv
35 4, heldr ueyt mep hagspeki Hgsv 52 2; (1. 3) öhopp at per Tita Hqv 1166; (2. 3)
begn knätti Blakkr hera FM 10 8, vel msettim tveir truask Skm 54; b) mit der
nebenhebung auf der dritten silbe: (2. 4) margan stelr Tin viti Sd 29 4. — Einmal
ist auftakt überliefert in einem verse, der die auf der xweiten silbe ruhende neben-
hebung verkürzt: (1.3) sus [su er] fapmapi minn fQpur Gg 32.
§ 159. Katalektische AC- verse (z x I z ') sind ebenfalls einige
male bezeugt: (1.2) J)eim ok pess vinl^v432; (1.3) hQlf es <}ld livar
Hqv 53 4; (2. 3) ey getr kvikr kü Hqv 70 2, bess kann mapr nijqt Hqv
60 2; (1. 2. 3) sumr's [sumr es] af sunum saell Hgv 69 2. Dazu zwei
*) FfjrZ. oiera $ 29, awm.
**) So liest R; Sijmons stellt mit Hild. um: kennip mer konungs nafn, was
keinen correcten vers gibt.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 479
verse mit auflösung der xweiten hebung: (1. 2) fjQlJ>'s [fJQlf> er] pats
[f>at er] fira tregr Sd 30 4; (1.3) flestir giifi frä 81 154.
J.»wre. Auch einige katalektische A*G- verse sind überliefert: (1.2) gangandi
af g(jtu kvam 67 2 4 (auflösung der Senkung und der xweiten hebung); fojöb veit ef
J>r£r '6 Hqv634. — Dazu noch xwei verse mit aufteilet: (1.2) ok brytjubu Iminn nibr
(auflösung der Senkung) N/232; (1.3) ne sofandi mabr sigr Hqv 58 4.
§160. 2) BC. a) Der typus BC1 (x-i'x' _j.x) &2 ividerum
nur durch wenige bcispiele vertreten: (1. 2) ok allar olriinar Sd 19 2,
ör hausi Hei]>draupms Sd 134, ok hyggr at hvivstna Hqv 23 2, at vitja
Vafjrüfnis F?w l2. — Auflösung der eingangssenkung ist einmal be-
zeugt: (1. 2) ok ör horni Hoddrofnis Sd 13 5; ebenfalls einmal auf-
lösung der zweiten hebung: (1.2) ok instar meginrünar Sd 19 3. —
Verkürzung der zweiten hebung (BClh2k) findet sich einmal in
einem verse, der zugleich die binnensenkung auflöst: (1.2)at kjösa of
kominga Hkm l2.
Anm. Folgende verse sind ebenfalls hierher %u stellen, falls die von mir
vorgenommenen emendationen das rechte getroffen haben: (1. 2) fyr ft& afgorpir
[f. afg. yta Schev., metrisch falsch] Hgsv 114 2, ör skyjmn skydrupnis [ör skydr.
skyjum hss., metrisch falsch) 67 514; au hinns veifar rilmrilum [au kinn sein vilm.
veifar Schev., metrisch falsch] Hgsv 108 4 (xweisilbige eingangssenkung); (2.3) bäs
[bä er] kann lagbi ä vald [vald kans] Tigulfs Sl-202 (xweisilbige eingangssenkung;
statt eines dreisilbigen Wortes ein nomen mit abhängigem genet.).
§ 161. b) Weit häufiger ist der typus BC2 (x^lxz^x): (1. 2)
ok allra öskmaga Lsl62, at annars öfgrum Hgsv 88 2, of annars ösiJDii
Hgsv 94 2, at aski Yggdrasils Grm 29 4 30 6 32 2, und aski Yggdrasils
Grm 312, ne eggja ofgamans Sd 32 4, ok or|)a upphefill Herv 314; ör
brunni Baugregins Sl 56 4, at byggja bolstafi Herv 614; i gar|)i Griinn-
laf>ar Hqv 134, ok grötta Gunnlqfm Hqv 109 4, ok gerfm ginnregin Hqv
142 4, J>eims [peim er] gorpu ginnregin* Hqv 78 3; 1 liolti Hoddmimis
Fw452; ok kvalfar kveldripur HHv 15 4; f)ä nislti Mims hqfuf) Sd
143; fyr reij)i rangs hugar Hgsv 1311, ä rötum ras vijjar Hqv 1512;
ä sundi seglragrum /Sd 92; hann teymjm tveir saman Sl 55 2; enn
yitri Vigdvalinn Sl 78 4;
(1.3) ä alda ves japar Hqv 106 4, ok blö|mkt sverf) borit iftr 54;
ok gervask hollr gumi Hgsv 144 2; £>äs [f)ä er] hefja af hvera Grm
*) Z>ie strophe ist vermutlich folgender müssen anxuordnen:
fat's bä reynt, es at runum spyrr
peims gorpu ginnregin
ok fapi fimbulpulr,
pat's pä reyt, es at runum spyrr,
runum reginkunnum:
bä kefr bazt ef begir.
480 GERING
42 4, i hildileik hafask Fm 29 2; bess's [|>ess er] lüta austr limar Sd 10 4;
ük nfta mer nai Rfm l4;
(2.3) ok drüpir qrn yfir Grm 10 4; hvers [hverr] peira bipr buinn
Hgsv 74 4; at deila fe fojmr Skm 22 4, beims [peim er] hefr of fjojl
farit Hgv 34; ok kennir g'ott gumnni Hgsv 1 17 4, fieims [peim er] leynir
gup guma üftjrsv 56 2; es bat's [pat er] til hatrs hugat Rm 84; ok verp
pins mildr matar Hgsv 58 2, ok vsettak mins munar i7^r 95 2, en bu
til mins munar -F)'502, ok ber i munn migu Ls 344; es veit ä sik
sakar fl^s^; 32 4, ok veldk [veld ek] bö sjalfr sumu F?w 25 4, ok v<$ru
sjau saman >S7 5 6 2 ; ok vill bann tein taka Fj 27 4 28 2; bess's [bess
er] bykkir yant yesa *S7 282;
(1. 2. 3) ok haltu heim heban .?}' 34, ok haldib heim heban Rm 94.
Antn. Hierher sind ferner die folgenden verse xu stellen, in denen gering-
fügige emendationen vorzunehmen waren: (2. 3) bars kafbak [ek haf[)a] eitt etit
Hqv674, ä[>r ribak [ek riba] heim heban SkmS92, bot [bot batj se vib lost lagit
FjAl4; (1.2.3) es kvarak [ek kom] vib kirm konu Gautr 22.
§ 162. Auflösungen in BC2. a) auf der eingangssejikung:
(1.2) e])a ljötr ok lägskapapr .fli/sv 62 4; (1.3) ok es jarni klingt utan
Herv 552; 6j aw/ tfer binnensenknng: (1.2) bair hverfa of hodd
goba örm 272, en meira ä mänabi i?j?i; 73 7, en svartir i sand grafask
Herv 40 4, ok vaxa ok yel hafask Hgv 1412; (2.3) Jm fant at ek lauss
lifi Fm 84; (1. 2. 3) ok gangip i gogn grami Eir 4-; cj aw/ der
zweiten hebung: (2.3) en binar fiandr flugu 5te 124.
Anm. Hierher sind ferner wol auch die folgenden verse xu stellen, in denen
entbehrliche Wörter gestrichen ivurden: b) (2. 3) ef [ef bann] a ser i vrq veiii Hqv
26 2, ef [ef per] kvgemit i hverst I)vari HHv 18 4; c) (2 3) ok [ok pü] stigir feti
framarr Skm 412. — Eine grössere änderung wird in dem verse (b) Ket 19 4 vor-
zunehmen sein: (1. 2) es skyldi i sker koma [er (kingat add. E) kominn er i
skerin hss.].
§ 163. Zwei nicht v er schleifbare silben sind in den Sen-
kungen mehrfach bezeugt: a) auf der eingangssenkung: (1.2) kalla
alfar ärtala Alv 14 4, kalla dvergar dags veru Alv 22 4, kalla d vergär
draumnJQrun Alv 30 4, kalla gneggjuj) ginnregin Alv 20 2, kalla grimu
ginnregin Alv 30 2, ok J)ü lagpir la^r yfir Ls 204; (1.3) ef [ef pü] vilt
göpan vin geta Hgsv 115 2, ok ber's [ber er] grunr at hans gebi Hgv
46 2; (2. 3) peirar's [beirar ei] lQgbumk arm yfir Hgv 107 4, bvit [bvf
at] ek vissa fätt fyrir Sl 35 2, bess's [pess er] of raargan gengr guma
Hgv 93 2, at beim mundi heill hrapa Sl 92, svät [svä at] hon mjetti
hvil]) hafa Sl 46 4, näbi engi kvikr komask Sl l4, pat vill hann fyr
tafn toka Hgsv 1344, an pü pykkisk yerpr yesa Ifysv 38 2; fy «?</" der
binnensenknng: (1.2) ok väfir mep vilmQgum i/pz; 1339; (2.3) ef
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 481
vissak [ek vissa] f>at far fyrir* Rm 74, ok hittumk i yik Varins HHv
22 2. — Dazu ein ve?'s (a), in dem die letzten beiden silben einer drei-
silbigen eingangssenknng verschleifbar sind: (1.2.3) kalla i helju lijalm
huli|)s Alv 184.
Anm. 1. Zweisilbige eingangssenknng und zweis ilbige binnen-
senkung ist einmal bezeugt: (2.3) vilt [vildu] af hqniiiii bo gott geta Hqv 452;
ebenso einmal zweisilbige eingangssenknng und auflösung der zweiten
Hebung: (1.2) kalla d vergär Dvalius leika Alv 16'2. Auch zweisilbige binnen-
senkung und auflösung der eingangs Senkung ist einmal überliefert: (2.3)
nema [nema bu] fryj)ir mer hvats hugar Fm 304.
Anm. 2. Auch drei- und mehr s ilbige eingangssenknng kommt zu-
weilen vor: a) dreisilbige eingangssenknng: (2. 3) ok vilt [vildu] af hqnum
gott geta Hqv -li-; (1. 2. 3) ättat [attatu] her verndarvanr veru Fj2*; b) vier-
silbige eingangssenknng: (1. 2) hvärgi mätti aunars on vesa Sl ll2; (1.3) ok verbr
bvi en folva gygr fegin Fj 294. — Dazu ein vers mit fänfsilbiger eingangssenknng,
in dem jedoch die letzten beiden silben verschleifbar sind: (1. 3) es beir hofbu i
Rygjardal ribit Sl 22-.
Anm. 3. Viersilbige binnensenkung ist einmal überliefert : (1. 3) ok
J)öttiska bü bä J>6rr vesa Ls 60 4. bü bä ist jedoch entbehrlich und wird von Sijmons
gestrichen.
§ 164. Katalektische BC-verse sind selten: (l. 2) at liüsurn Haralds
Hiev 22 :i; (2.3) ok gakk i Iiqü horskr Eirl2, ok Jieira systr sjau
Sl 79 4.
§ 165. 3) CG. a) Für den typus CGI (xjiI ' _ix) fand ich
nur ein bcispiel, in dem die ziveite hebung verschleift ist: (1.2) f onn
ofanverjja Skm 31 5.
§ 166. b) Der typus CC2 (x _i I _£. . ^ x) kommt dagegen öfter vor:
(1.3) |)ü 'st [f)ü ert] alsvifr joturm Vm 34 4, J)at's [pat er] ösnotrs af)al
#^>1026; mitt banorp bera Fm 39-'; fyr Dellings durum j&™ 38 2
39 2 40 2 412 42 2 43-' 44 2 45 2 46 2, dömvalds dyra SZ292; ok göp
verk gera Hgsv l2; an manvit mikit Hgv 6K; fyr nägriudr nepan Skm
35 2 Ls634 -f)'262; fyr Sigtfs soluni Filf 7 7, ok snapvist snapir Ls
44 2, i Suttungs SQlum i7^r 1034, en Svosu])r Surnars Vm272; ok vaiiim-
lauss yesa Hgsv 32, ok vanmettr vesa Sl 32, es Tel mart vitu Hgv 54 4,
ok Tel mart vitu Fm 122 14 2, ok vigdjarft vesa Hgv 15 2; (2. 3) unz
sinn bij>r bana Hgv 154, at sä gengr gumi Hgv 157 4, ok ri|) heim
hefjan Fm 20 2, at Tpann hjalm hafi Fm 194, {»ei ms |j)eim er] sjalfr heelt
hefir Hgsv 123 2, ef J)at klifr kona Fj 36 4, ne Jpvis [])vi er] kvepr kona
J^v 83 2, at vit samt seiru Skm 74, ok dregr sekk saman Hgsv 89 2.
Anm. Hierher sind ferner auch icol die folgenden verse zu stellen, in denen
entbehrliche Wörter gestrichen wurden: (1.3) ves [ves bü] glabmteltr gumi Hgsv 87*.
*) Glatter würde der vers, wenn man umstellte: ef vissak far bat fyrir (BB 2).
482 GERING
an [an se] manvit mikit Hqv 10- ll2 (vgl. Hqv 66), ef [ef \>i\] lastvarr lifir Hgsv 83 2,
pot [pot bann] lastvarr lifi Hgsv 22 4. — Auch der vers Gfrm 39 2 «■*>£?, we/m cfoe
besserung von Sijmons das richtige getroffen hat, hierher gehören: (1.3) til isarn-
vi]>ar faZZ#. r: rocal).
§ 167. Auflösungen in CC2: a) auf der eingangs Senkung:
(1.3) efm alsvipr JQtimn Vm 64, ef ä sik veit sakar i^/.sy 146 -', efm
yerlauss yesa «S/cm 312; (2. 3) ne of pat onn ala Hgsv 64 2, ne of pat
onn ali Hgsv 37 2 1212, ne at pvi ganm gefa Hgsv 147 2, ne at peirn
gaum gefir Hgsv 99 *, nema panns [pann er] sapr sei &/232, skylit
ma[>r J>Qif Jjola Höv 39 2; />j ««/" der ersten Hebung: (1.2) ok vaka
Torpr gopa Ls 48 4; (2. 3) ok vesa göj)r gjafa Hgsv 89 4, ok dugir Tel
Tinum Hgsv 532; cj «/-/" der zweiten hebung: (1. 3) at oldrupum
afa i7</sy 117 2, es her kvefit kefi Hgsv 103 2, ör Leirbrimis linmrn
Fj 12 2, vip SvafrJ)orins syni Fj 82; (2. 3) hann steh* ge|)i guina* üfpi;
132; d) auf der eingangssenkung und ersten hebung: (2.3) ef
er vilif) heyrt hafa Hl l4; ej auf der erstell und zweiten hebung:
(1.3) ä feginsdegi fira Sl 82 2.
§ 168. Zwei nicht verschleif bare silben sind in der ein-
gangssenkung mehrfach überliefert: (1.2) kalla am uppregin Alv 104;
(1.3) ok hann fjorg q11 fiar Ls 19 4, säs [sä er] vill fljöps qst faa Hgv
91 2, ok pat gjaforp geta Alv 64 7 2, säs vill göps Qst geta Hgsv 18 2,
kalla hlippang kalir Alv 28 2, hykk [hygg ek] at Svipdagr sei i*}'444,
kalla vindflot yanir ^?y 18 2, kalla vindslot vanir Alv 22 2, pu 'st [pu
ert] se visastr yera Vm 55 6. — Dazu noch ein vers mit auflösung der
ersten hebung: (1. 2) pä hann yeginn vaknape Sl 62. — Dreisilbige
eingangssenkung , in der jedoch die beiden letzten silben zu ver schleifen
sind, findet sich zweimal: (1. 3) ok ern sextän saman Herv 612; (1. 2. 3)
peygi emk [em ek] mins mildr matar Fj 42.
Anm. 1. Ausserdem gehören icol auch die folgenden beiden verse hierher,
in denen eiuendationen vorzunehmen waren: (1. 3) ef vilt [pu vilt] vinsrell vesa
Hgsv 55 2; (1.2.3) J)eygi at heldr haua hefik [peygi ek hana at heldr hefik] Hqv 95 4
(verschleifung der letzten beiden silben in der dreisilbigen eingangssenkung).
Anm. 2. Dreisilbige eingangssenkung ist selten: (1. 2) peims [peim er]
vilja mitt mal nema HIY2\ (1-3) ok vilja heims skrum hafa Hgsv 68*, ok pykkisk
välapr vesa Hgsv 105 4; (2. 3) ok hugbak pat args apal Ls 23 6 24 4. Dazu auch tool
ein vers, in dem fünfsilbige eingangssenkung durch Streichung von zwei silben zu
kürzen sein wird: (1.3) pot [pot hqnum] verpi skapapr skapi Hgsv 132 2 (Verkürzung
der ersten hebung).
§ 169. Von katalektischen CC-versen sind nur ivenige beispielc
überliefert (alle mit zweisilbiger eingangssenkung) : (1.3) alls mer Bopmöpr
*) Sievers stellt diesen vers zu AG, aber hann ist schwerlich höher betont
gewesen als sieh.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR
483
b£pr Ket 32% q11 eru lostverk lett Hgsv 87 4; (2.3) fär kann ösnotr
svä* Hgv 159 4. — Umstellung ist wol vorzunehmen in dem verse Skm
43 3: (1.3) an sjä lifnott liolf [botf hynQtt hss.].
§ 170. 4) DC. a) Der typus DC1 (j.\j-.-lx) ist nur durch xivei
beispiele vertreten (eins mit auflösung der ersten Hebung): (1.2) Bragi
l)ekkskrautul)r Ls 152, tveim tr&nonnum Hgv 49 2.
b) Auch der typus DC2 (j.\ j. vjx) ist nicht häufig: (1.2) Baldrs
bälfarar FM 5 13, fripr fimm daga iJpy 512, lundr lognfara Skm 40 2
42 2; (1.3) lipskjalfr Loki ^)* 34*, iQnd oll limar Fj 134.
Anm. Auflösung der ersten hebung kommt einige male vor : (1.2)mikil
mins bQfubs Äw62, mikiun möptrega S/cm 4'-; (1.3) konungmabr komi Hhn 20*,
Veratyr vesa GVm 32; (2.3) sumar dötr Dvalins F>;> 134; (1.2.3) vinar vinr vesa
Hqv 43*. — Auflösung der zweiten hebung ist nur einmal bezeugt: (2. 3) umb
skobask skyli Hqv V.
Cap. 22. IV. D-verse.
§ 171. 1) AD. Nur xivei beispiele von dem erweiterten typus
AD* (j. x l ± x ' ^ x) die beide die nebenhebung auf der xiueiten (kurzen)
silbe tragen: (1. 2) viti hafa at Tarnapi Sl 19 4 (v er Schleifung der zweiten
hebung); (1.2.3) ergi ok opi ok öpola Skm 37 2 (verschleif ung auf
den beiden binnensenkungen) .
§ 172. 2) BD. Ich fand nur ein beispiel für den erweiterten
tyjus BD* (x ± I x 2. x ' ^ x), in dem die nebenhebung ebenfalls auf
der zweiten (kurzen) silbe steht: (1. 3) ok svelgr hann allan SigfQpur
Ls 58 4.
Cap. 23. V. E-verse.
§ 173. 1) AE. a) Zaun typus AFI (zxl^ix.z) sind wol die
folgenden verse zu stellen: (1.2) opt ser ögott of gelr Hgv 29 4, drüpa
dynheimum i Sl 39 2; (2. 3) brigp 'ru [eru] titlendra orp Hgsv 46 4,
hirp {)itt velfengit fe Hgsv 72 (auffallende alUteration), fär hyggv
peggjanda J)Qrf Sl 28 4, fätt gatk [gat ek] pegjandi J)ar Hgv 103 2.
Anm 1. Auflösung der ersten Senkung findet sich dreimal: (2. 3) b?er
bera eiuherjuui q1 Grm 36 e, berbu fyr ömalgan upp Hgsv 73 2, beil sja en f jglnyta
fold Sd32.
Anm. 2. Kürzung der zweiten hebung ist einmal belegt: (2. 3) unna
vaningja vel Skm 384; zweimal findet sich kürxung der nebenhebung: (2.3)
drekk {m värliga vin Hgsv9'2, get {ni VQlubum vel Hqv 134 5.
Anm. 3. Nur einmal findet sich die nebenhebung auf der dritten silbe
des zweiten fusses (neben auflösung der ersten hebung): (2. 3) flugu svä margir sem
my £Z534.
*) Sievers stellt diesen vers zu AB und nimmt anreimung an die vorher-
gehende langzeile an. Aber beispiele, dass das zweite glied einer compos. die
alUteration trägt, sind auch sonst nachgewiesen.
484 GERING
§ 174. b) Zinn t g pus AE '2 (j. x I j_ a. x ^x) gehören die folgenden
verse: (l. 2) ffe mep almotkum guj)i 81 74; (2. 3) veittu fätokum frama
Sl 70 2, opt verpr kvalrsepi af konum Sl 10 - (verschleif hing der zweiten
Senkung), vinnat skJQldungar skqpum HH II 212.
Anm. 1. Auflösung der ersten Senkung ist ein paarmal bezeugt:
(1. 3) Gondlir ok Härbarpr ine]) gopum Grm 49 6; (2. 3) se kvepa bandingja hifask
Fm 7*. Dazu ein vers, in dem bereits Sievers eine emendation vorgenommen hat:
(2.3) sva vorumk [var mei] vilstigr of vitapr Hqv 99 4.
Anm. 2. Nebenhebung auf der dritten silbe des zweiten fusses findet sieh
nur zweimal: (2.3) brigpr es karla hugr konum Hqv 902; (1.2 3) I>6 gekk [g. ek]
J)orstalauss ]>af)an üerr 33 4.
Anm. 3. Für den erweiterten typus A*E2 (J. x I ± i. X . v£X) ?'s£ ^^r em
beispiel vorhanden: annan veg almQtkum gupi <S? 17 4.
§ 175. 2) BE. a) Für den typus BEI (xz'xzix j) gibt es
nur ivenige beispiele: (2.3) ok byprat IlpQndum loj) Fj 32, ok segja
NiphQggvi nipr Gnu 32 4, ef hefr [liann hefr] ser veltraustan yin Herv
36 4, sä byr i polleyju purs HHv 25 2. Da«?« em vers ?/227 neben-
hebung auf kurzer silbe: (2. 3) pä heyrpak [heyrpa ek] grimmligan
gny SJ572.
§ 176. b) Häufiger ist der typus BE2 (x/lx^ix(^x): (2. 3)
ok gjalda lausung vip lygi iZpi'454. ok halda lijarpläsar niu Fj 26 4,
panns [pann er] liggr 1 Vipofnis yolnm Fj SO2.
Anm. 1. Ferner gehören wol noch die folgenden verse hierher, in denen
unbedeutende änderungen vorgenommen sind: (2. 3) hvar vaerimk [mer vseri] greipastar
gotur Sl 524, es vask ("pa ek var] i kvolheima kominu S/532, es [es hann] hafjji
saklausaa svikit Sl (34.
Aum.2. Auflösung der eingangssenkung kommt einmal vor: (1. 2. 3)
papan Frqkumk vindkalda vega .F)' 47 -\ Hierher vielleicht noch der folgende vers, in
dem ein entbehrliches wort zu streichen sein wird: (2. 3) epa hef [>i [h. honuni]
Suttungr of soit Hqv 1085. — Auflösung der ersten binnensenkung ist einmal
bezeugt: (2.3) ok seldu at gislingu gopum Vm392. Ausserdem wird noch ein vers
hierher zu stellen sein, den bereits Wisen dureh eine leichte änderung gebessert
hat: (2.3) at peir 'u i kuuuleik [kunleikum] vip konung Hkv 19 2.
Anm. 3. Zweisilbige eingangssenkung nebst auflösung der ersten
binnensenkung ist einmal bezeugt: (2. 3) ok vas |>at sa enn lsevisi Loki Ls 54 5.
Dazu käme, falls die conjeetur von Sijmons das richtige getroffen hat, der vers
.■!//■ -I1: (2. 3) at fä einn f>er gjafoip nie]) gojium. — Zweisilbige binnensenkung
kommt ebenfalls einmal vor: (2. 3) ok le per & fripdrjügrar farar Gg 11*. Dazu
ein vers, in dem auch noch auflösung der eingangssenkung stattfindet: (2. 3) an
of hyggi hverr ösvipra apa Grm 34 \
§ 177. 3) CE. a) Der typus CE1(x^.\jl^x j.) ist selten: (2.3)
ok q11 ginnheilug gop Ls ll2. Dazu ein vers mit auflösung der ersten
hebung: (2.3) ok gefip sitJQndum sigr Sd 2*, ein vers mit kürzung
der zweiten hebung: (1. 2) at uppvesaudi söl (alliteration u : v)
DIK RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 485
Ket 172; ferner zwei verse mit zweisilbiger eingangssenkung:
(1.3) ok est fäskrüpugr at fe Hgsv 42 2, hveinis vip kaldrifjafcan kömr
(kürzung der nebenhebung) Vm 10 4.
§178. b) Der typus CE2 (xj.^j.^x ^x) ist ebenfalls nicht
häufig. Ganz normal ist nur ein alliterationsloser vers (der jedoch
mit der vorhergehenden vollzeile durch stab- und endreim verbunden
ist): ä pik hotvetna stari Skm 28 3. Die übrigen beispiele haben alle
auflösungen oder zwei- oder dreisilbige eingangssenkung. Auflösung
der eingangssenkung findet sich einmal: (2. 3) en ek kvarf kallanr frä
kvolum 57 454; zweisilbige eingangssenkung ist dreimal belegt: (1-3)
|)ik kvepk öblaupastan alinn Fm 23 4, pö hefk forntiJ)endi fregit [fregit
von Egilsson ergänzt] Hl 22; (2.3) nü vill oss hvervetna haa Gautr
32; dreisilbige eingangssenkung kommt einmal vor: (1.3) pann vissak
ämqtkastan JQtun HHv 17 2.
§ 179. 4) DE. a) Zu dem typus DE 1 sind vielleicht die folgen-
den beiden verse zu stellen: (1. 3) sexhQfpapan sun (^!_^x ') Vm 334;
(2.3) päs [pä er] fikjask ä fe {j. I jl x ±. j) Sl 34 2.
§180. b) Sicherer bezeugt ist der typus DE 2 (zlzix^):
(1. 2) opt öparfra hluta Hgsv 99 4, skjqldr skinanda gopi Grm 38 2;
(1. 3) nytsamlikt at nema Hgv 153 2, vergjarnasta resa Ls 11-; (2. 3) minn
dröttinn of daga Skm 34, heldr gsetinn at gepi Hgv 62, illt's [illt er]
yerkpjöfr at resa Hgsv 1444. — Dazu zwei verse mit auflösung der
binnensenkung : (1. 3) k<T molkandi ok kona Ls 23 4; (2. 3) illt's [illt
er] yälyndum at Yesa Hgsv 123 4; und zwei verse mit der nebenhebung
auf kurzer silbe: (1. 3) fröpgepjapar fara Vm 48 4, gepsvinnari guma
&U22.
B. Zweihebige verse.
Cap. 24.
§ 181. Von den von Sievers (Altgerm, metrik § 57,8) als 'sicher
ziveihebig' bezeichneten versen sind mehrere m. e. doch als dreihebig
anzusehen. Ohne zweifei dreihebig sind die beiden verse Hgv l2 und
l3: umb skopask skyli, umb skygnask skyli, von denen der erste als
DC2 zu bezeichnen ist (§ 170, anm), der zweite als DB 2 (§ 153).
Der sinn verlangt, dass das umb stark betont wird; vgl. %. b. prk l4:
rep Jarpar burr | umb at preifask, £Z664: eldi umb siegin, Hgsv 76 ]:
umb litask | parf mapr ä alla vegu. Wahrscheinlich liegt auch drei-
hebigkeit vor in dem verse: svä lengi sem lifik [ek lifi hss.] Btn 9-
Sd 214, der ebenfalls als DB2 zu betrachten ist (§ 153); zur betonung
486 GERING
vgl. %. b. die dröttkvaett- verse: svä pykt flugu si|>an | snoridon* of sköru
Hkr III 55 5. — Ferner wird mehrfach im eingange von vollzeilcn statt
der in der proklise abgeschivächten form ok das ursprüngliche auk
herzustellen sein*, das hochbetont auch eine prägnantere bedeutung hatte
(''überdies', 'noch dazu' u. ä.J. Der vers Hgv 32: auk ä kne kalinn
wird von Sievers (§ 57, 6 f) vollkotnmen richtig als dreihebig (AC) an-
gesetzt; mit demselben rechte sind aber auch die folgenden verse für
dreihebig zu erklären: (ABl) auk at lopti lip FM 412, auk at morni
mettr Rm 25 2, auk of ragna r«k Vm 55 4, auk inep snotrum sitr Hgv 54,
auk at sumbli sitr Hgsv 15'-' 98 2; (AB 2) auk af baugum l)ua Fm 38 2,
auk hefr fJQlp of farit Hgv 182, auk und kvernum klaka Ls 44 4, auk
mik sjalfan et sama FM 42, auk ek vilja vita Skm 32, auk vip villu
varask Hgsv 76 2 109 -; (DB1) auk manzkis mqgT Hgv 146 2, auk solar
Syn 77pv 68 2; (7)52,) auk Fäfni of farit Fm 23 2, auk segja et sama
Hgv 28 2, auk tvinnan trega Skm 29 5; (AC2) auk 'st [ok ert] a braut
buina Rm 21 2 (.ET'7 haben statt dessen einen sicher dreüiebigen vers:
ok til brautferpar buinn), auk of grjöt g'naga Hgv 104 2. Auch in einem
verse, in dem die conjunction an zweiter stelle steht, glaube ich die
■unverkürzte, der hebung fähige form a?isetzen xu müssen: (DB 2) grund
auk niep gopum Vm 15 4 162. - — Auch die conjunction en(n) vermag
die hebung zu tragen, vgl. z. b. Hkr 1 141 15: en i kveld mepan knyjum,
Hkr I 3304: en i gQgn at gunni, HkrIS5S&: eu til lands pess's lindar,
Hkr II 72 3: eu fyr bor}) pars bQrpusk usw. Wir sind demnach be-
rechtigt, auch die folgenden verse als dreihebig anzusehen: (ABl) en
ör beinum bjqrg Vm 21 2, en til dölskr af clul Hgv 574, en af liQndum
hapt Hgv 149 5, en ör sveita sser Vm 214 GrmAO2; (AB 2) en af fötum
fJQturr Gg 105, en ör hausi himinn Grm 40 4, en til sip i suma Hgv
66 2, en at yirpi yrekask Hgv 32 2; (DB 2) en svartan of sumur Herv
50 4. — Ebenso ist die conjunction unz der hebung fähig, vgl. pörs-
drdpa 91: unz mep yta sinni; mithin können auch die folgenden verse
als dreihebig gelten: (AB 2) unz of rjüfask regin Grm 44 Ls 41 2;
(DB 2) unz rjüfask regin Fj 20 4 »Sdl97. — Dass die conjunction pöt
alliteration und hebung tragen kann, beweist z. b. der vers Hgsv 23 2
$ 736ty: J)öt hon J)r?ela saki (vgl. auch Hgsv 118 :!, oben § 57, 2. 115 a.l);
daher können auch die nachstehenden verse als dreihebig betrachtet
iverden: (AB 2) pöt til kynnis komi Hgv 30 2, pöt hann ineira megi
*) Im dröttkvpett sind verse, die mit betontem auk beginnen, gar nicht selten;
vgl. %.b. auk til möts ä Meita Hkr I 285 15, auk vif. frost at freista JTÄrJ29917,
auk jieirs optast tuku Hkr II 352 1S, auk hefr odda Leikuar Hkr II 400a, auk at
isarnleiki Hkr II 490 b usw.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 487
Hgsv 63 2, J)öttu meira megir Hgsv 48 2, pöt pik liQtt of nemi 5tf264,
pöt bann sofi smala Hgsv 1144, J>6t [|)6] vip skylda skyli <$/ 48 4. —
Endlich ist auch die conjunction neraa «/.s hebungsfähig erwiesen durch
den vers: fätt's til nema jätta H kr III 133 23, sodass die folgenden beiden
verse ebenfalls das regelrechte mass haben dürften: (ABl) nema bann
liiseli til mart Hgv 274, nema per sJQlfum ser Hgv 125 5; (AB 2) nema
vip pat 11k at lifa Hgv 96 4.
§ 182. Nach abzug dieser verse bleiben nur die folgenden als
■x iceihebig zurück :
(BT) vip jotna sfett Skm 84, es und oprum ätt Hgsv 28 2, ef bann
fellr i frä Orm 38 4, peims [peim er] liangir mep liQm Hgv 133 7, ne
härm in heldr Sd 36 -, ne hests in heldr Hgv 614, epa at lopti lipr
-FL1/49, ef pü mselir til mart Ls 54, ok mselir vip mik Hgv 157 5, ef
[ef hann] mep snotrum sitr Hgv 244, epa sonnu sagpr Sd, 25 3, ok skoliir
mep skrQm Hgv 133 8;
(B2) i aupn of alin Hm 29 4, at ens frupa Fjalars Hgv 14 -', ept
genginn guma Hgv 72 2, at göpu getit Hkm 19 4, fyr greyjum Oymis
Skm II4. i gQrpum gopa Vm 2'-', til hallar hinig Hkm 14 4, epa heitip
mik hepan Ls 74, i hufi hafa Hgv 64 2, at manzkis luunum Skm 20 2
24 2, epa mengi til mikit Eir 2\ at er maäla ne megup Ls- 72, epa
liQtt mep nipum Vm 24 4, epa söl et sama Vm 22 4, epa min systir sei'
Hgv 163 6, hjä SQngvi svana EM 214, ok ek vilja vita Fj 72 92 ll2 13 2
152 172 192 212 232 252 272 292 312 332 352 372 392 412, ef pü
Till pat Tita Fj 20 2 24 2, ne vissa vana Skm 172 18 2;
(C2) ef [ef bann] vip ylg varask Hgv 16 2;
(FJ gnöga of gefit Gg 14 4, möpug ä miinap Sl 772, njöti säs nam
Hgv 1374 ^^. ^ 255, fussnote), njöttu ef [ef pü] namt Ärf 19°, nfsta
ek nipr Hgv 139 2, iiyt ef [ef pü] nemr i7^ 162 5, pQrf ef [ef pü] piggr
Hgv 162 6 — m summa 38 verse, d. h. icenig mehr als 2°/0.
Erwägt man, dass unter dieser geringen anzahl vermutlich noch
ein 'paar falsch überlieferte verse enthalten sind (Skm ll4 liegt es nahe
zu emendieren: greyjum Gymis fyrir; Vm 2 2 war vielleicht die ursprüng-
liche lesung: äsa gQrpum i, vgl. Ls 37 2 u.aj; erwägt man ferner, dass
von den ziveihebigen volkeilen mehrere die strophe überfüllen (Hgv
133 7-8, ivo die beiden endreimenden Zeilen nicht den abschluss der
strophe bilden, sondern erst die folgende zweifellos dreisilbige dies tut;
Sd 253 Hgv 1575 162 5-6 Sd 196-7), so erscheint es ziveifelhaft , ob man
befugt ist, ziveihebige verse in V als erlaubt zu bezeichnen. Es fragt
sich ebenfalls, ob nicht auch Wörter tvie epa, ne, ef unter umständen
die hebung auf sich ziehen konnten (in den Strophen der Ileimskringla
488 GERING
finde ich freilich kein beispiel); haben ja doch — wenn auch äusserst
selten — einzelne skalden es sogar geivagt, die conjunction es oder
eine präposition hebung und Stabreim tragen zu lassen, vgl. z. b.
Hkr II 383 5 es vip Aleifs fJQrvi (Sigvatr); i77 5914: til HriDgstapa
iljar (JyjöÖölfr Arnorsson) . Vgl. auch § 126, anm. 1.
C. Verse von vier und mehr hebungen.
Cap. 25.
§ 183. Ob es gestattet ist, verse mit mehr als drei hebungen in
V als eine licenz zu statuieren, erscheint bei der äusserst geringen zahl
der fälle höchst ziveifelhaft. Wo sich die möglichkeit bietet, die verse
durch emendation auf das normale mass zu bringen, wird man daher
unbedenklich von diesem mittel gebrauch machen dürfen. Es ist in
den folgenden vollzeilen anwendbar:
1) Grm 2i: Greirropar simr Grotna landi. Dieser vers, der auch
gegen das Buggische gesetz verstö'sst, also sicherlich falsch über lief ei't
ist, ist bereits von Sievers (Beitr. 6, 355) durch conjeetur gebessert
ivorden. Sievers liest: Greirrepar sunr Gfotum (A*C2).
2) Skm 272: liorfa lieimi ör, snugga heljar til. In dieser sechs-
hebigen (!) vollzeile hat bereits Sijmons die icorte heimi ör snugga als
Interpolation ausgeschiede?i. Dadurch erhalten wir den normalen vers:
horfa heljar til (ABl).
3) Alv 14 2: kalla hverfanda kvel helju i. Das wort hverfanda
ist als interpoliert zu streichen. Was übrig bleibt, ergibt einen vers
GBl mit zweisilbiger eingangssenkung.
4) Skm 24 4: vigs ötraupir at ykkr vega tipi. Dieser unvers, der
ebenfalls dem Buggischen gesetze zuwider ist, enthält sicher auch eine
interpolation. Ich habe schon früher (Beitr. 13, 206) vigs ötraupir
ausgemerzt und die beiden Schlussworte umgestellt. Dadurch entstellt
ein regelrechter vers: at ykr tipi vega (CB2).
5) Grm 514: ollum einherjum ok Opins hylli. Auch dieser vers
hat einen metrisch unmöglichen ausgang und die hand eines unbefugten
schlimnibesserers verrät ausserdem der ganz sinnlose dativ ojlum ein-
herjum (man müsste erwarten: allra einherja). Da Opins huld schon
in der vorhergehenden zeile erwähnt ist (minu gengi), so war es ganz,
überflüssig , sie hier nochmals aufzuführen; ok Öpins hylli dürfte daher
als interpolation zu streichen sein. Stellen ivir ausserdem den not-
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 489
wendigen genet. her, xu dem natürlich noch ein ok gehört, so erhalten
wir einen normalen vers: ok allra einherja (BC1).
6) HHr 16 4: ok vaxi J>er a babmi barr. Das fier kann als über-
flüssig gestrichen werden, sodass ein regelrechter vers BB1 (mit ver-
Schleifung auf der ersten binnensenkung) entsteht.
7) Ls 24: mangi es per i orßi rinr. Lies: neinn's f)er i or[>i
vinr (ABl mit verschleifuug der ersten Senkung)? neinn kommt frei-
lich in den eddischen liedern sonst nicht vor.
8) Hör 66 4: sjaldan hittir leifir i li|>. Lies: hittira leibr i lib
(ABl)?
9) Grm 39 4: sä skal fyr heiba brribi himins. sä ist mit Sijmons
zu streichen (BB2, s. § 143 a).
10) Air 34: b reg{)i engi fostu heiti fira. Lies: skalat bregba festum
fira (BB2, s. § 143 a).
11) Sl3i: peims ä])r hafpi yälyndr verit. Lies: es bafbi välyndr
verit (CO 2 mit dreisilbiger eingangssenkung)?
12) Sl 13-: engan mottu beir sötan sofa. Lies: möttut beir s<>tan
sofa (A*2B2J?
13) Sl 60 2: jbäs [bä er] eigi mottu bjönustu na. Der vers erweist
sich schon durch dir fehlende alliteration als verderbt; lies: es J)ogut
j>jönustu (BC1)?
14) Sl 83 i: es äbr heyf>i Sölarljöps SQgu. Lies: es nam Sölarljöbs
sogu (BC2 mit zweisilbiger eingangssenkung)?
§ 184. Keine besser nng weiss ich für die folgenden vier verse:
15) Hgv IIP: epa J>ü leitir ber innan üt stapar /^C2 mit fünf-
silbiger eingangssenkung, die durch Streichung von bu um eine silbe
verkürzt werden könnte?).
16) Hat 100 4: ef svä f;er alla hätta ort. Da das svä unbedingt
eine hebung tragen muss, scheinen hier wirklich vier hebungen vor-
zuliegen, was um so auffallender ist. als es um einen vers aus Snorris
mustersammlung sich handelt.
IT) Hgsr 14 4: unn \m beim es f>ik elska vel (??).
18) Hgsv 97 -: ef margfrobr vilt vesa. Ein überaus schlechter vers,
da das einzige nomen des satxes nicht an der alliteration teil nimmt.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 32
490
Anhang.
Statistische übersieht üher die typen der vollzeile.
AA
4
Übertrag:
1126
Übertrag :
1571
AA2k
10
AC1
10
BD*
1
BA2k
8
A*C1
1
AE1
13
CA2k
5
AC2
211
AE2
9
DA2k
2
A*C2
8
A*E2
1
ABl
243
ACkat
7
BEI
5
A*B1
9
A*Ckat
4
BE2
14
AB 2
317
BC1
13
CE1
5
A2B2
7
BC2
94
CE2
6
A*2B2
10
BCkat
3
DE1
2
BB1
109
CC1
1
DE 2
13
BB2
168
CC2
73
Bl
12
CB1
47
CCkat
4
B2
19
CB2
98
DC1
2
C2
1
DB1
7
DC2
12
F
7
DB 2
82
1126
AD*
2
4 heb. verse
4
1571
1683
Versregister.
Alv lx:2. 81,1. 12:130. 13:4. 75,1. l4:157a.2. 24:32. 84a.l. 22: 131. 23:
2. 97a.l. 24:142. 31 : 6 a.l. 93 a.l. 32:126. 33:55. 93a.l. 3':143. 183.
44:2. 81a.l. 42 : 130. 43 : 3. 81a.l. 44:176a.3. 51:29. 57. 52:155. 53:
65,1. 88c. 54:132a.l. 61 : 6 a.l. 82°. 62:155. 63 : 14 a.4. 115 a.4. 64 : 168.
7':2. 82d. 7-: 168. 73 : 2. 93. 74 : 145. 81 : 2. 7S
84:130. 91:8a.3. 115a.2. 92:153a. 93:34.84b
102:156. 10 3: 6. 102 a.4. 104:168.
II1 = 9*. II2 = 92. II3: 117.
123:6. 114,1. 124:126. 131 = 91.
141 : 64 a. 2. 79 e. 142 : 183. 143 : 2. 87
34. 114 a. 10. 154;=94. 161:64a.5.
133. 171 = 91. 172 = 92. 173:34.
82:130.
94:126.
Kl
:21a. 3. 72,2.
:64 a. 5. 81,1.
II4 = 94. 121:64, 5. 79a.9. 122:151.
132 = 92. 133:16. 89a.l. 134 = 94.
. 14': 163. 151 = 91. 152 = 92. 15 3:
79f. 102:163a.l. 163:6. 114,1. 164 :
75,1. 174 = 94. 184:64a.4. 114 a. 10.
184:163.
202:163
182:
94.
22 3
64 a
25 3:
131.
28 2:
64 a. 5. 79 c. 30 a : 1 C3. 30 a : 0. 102, 2. 30 ' : 163.
168. 18 3: 6. 106,2.
20 4 :64 a. 5. 114 a. 10
211 = 91. 212 = 9
6. 102,2. 224:163. 231 = 91
5. 114 a. 10. 242: 155. 243 : 6
34. 114 a. 8. 254 = 9
271 = 91. 272 = 9:
191 = 91. 19 s = 92. 193:34. 78. 194
20 3: 2. 102,2. 204 : 131.
213:34. 78. 214 = 94. 221:04a.5. 79
232 = 92. 233:34. 89. 23 4
102, 3. 244 : 137.
26 ':64 a. 5. 82 c. 26 2: 130.
273:34. 114 a.8. 274 = 94
168. 28 3: 2. 102,2. 284:155. 291 = 91. 29 2
22 2: 168.
94. 241:
251 = 9I. 252 = 92.
263:54. 113,2. 264:
28 4 :04 a. 5. 114 a.8.
293:34. 75, 1. 30' :
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 491
311 = 91. 312 = 92. 313:34. 114a. 10. 314 = 94. 321:64a.4. 79c.
32-:155. 323:2. 102,3. 324:131. 331 = 91. 332 = 92. 33:!:34. 114 a.8.
334 = 94. 341 :64 a. 5. 81,1. 342:155. 34:; : 13. 79. 344 : 124. 35* : 15. 81,1.
35*: 130. 35*: 2. 81,1. 35 4 :130 a. 35 5: 130.
ESr 2»:22. 79c. 2*: 182. 23:44. 94. 24:130. 31: 2. 82 a.8. 3': 149. 33:65,3.
97. 3*: 131. 4l: 66, 2. 71a. 2. 4' . 162. 43:55. 75a.5. 44:156a. 51:25a.2.
91. 53:15a.2. 82«. 5*:161. 61:64,5. 97. 63: 65a.5. 75, 1. 64 : 155. 71 :
8a.l. 93a.l. 7- : 164. 73:5a.l. 78. 74 : 157. 81:49. 115a.l. 82:126.
Fj l1 : 29. 95. 12:141. 13:2. 82c. I4 : 126. 24:2. 114a.8. 22:123. 23:2.94.
24: 163 a.2. 31:29. 95. 3-': 175. 33 : 65, 1. 82 a.5. 34:161. 41:6a.l. 82d.
42:168. 4": 2. 81,1. 4*: 141. 51 : 57, 2. 91 a. 1. 52:130a. 53: 57, 2. 84a. 1.
54:132. 6':3. 82c. 62:136. 6S: 6 a.l. 113, 1. 64:120. 7* : 8 a.3. 82. 72:
182. 7:1 : 55. 78a.5. 74 : 155. 81: 10. 82 f. 83: 167. 83:55. 78a.5. 84 = 74.
91 = 71 92 = 72. 93:34a. 94b. 94 : 130. 10': 10. 92. 102:153. 103:62.
76. 104:150.
111 = 71. II2 = 7-. ll:34a. 94b. 11* = 9 4. 121:10. 82a.3. 122:
167. 12*: 3. 81,1. 124 : 156. 131 = 71. 132 = 72. 13*:34. 78. 134 : 170.
144:10a.3. 81,1. 142 : 128. 143 : 19. 79c. 144 : 128. 15 l = 71. 152 = 72.
15*:21. 82a.5. 154:137. 16' :5. 90. 162:150. 163 : 65, 1. 79 a.6. 164 : 132.
171 = 71. 172 = 72. 173:35. 85,2. 174:155a.2. 181 : 10 a.2. 97. 182:149.
183:2. 77, 2. 184:155. 19, = 71. 192 = 72. 19:!:16. 79c. 20 ' : 64. 5. 88 a. 2.
202:182. 203 :4.87 a. 4. 204: 153. 181.
211 = 71. 212 = 72. 213:16. 115*. 214 : 150. 221:48. 82c. 222:142.
223:8a.3. 79a.9. 224:13öa. 23, = 71. 232 = 72. 23 s: 35. 93 a.l. 234 :
141a. 241 :47. 114 a. 11. 242 = 202. 243 : 22 a.l. 82c. 244 = 234. 251 = 71.
252 = 72. 253: 16. 114a. 11. 254:127. 261:13. 99. 262:166. 263:15a.4.
97. 264:176. 271 = 71. 272 = 72. 27:i:58. 78 a.l. 27*: 161. 284:57, 2.
78a.L 282 = 274. 28*:28. 88b. 284 : 155. 29' = 71. 292 = 72. 293:16.
89a.l. 294:163a.2. 30 x: 57, 2. 94. 302:176. 30 3 : 12 a.2. 93. 304 : 130.
311 = 71. 312 = 72. 31* : 34. 78. 314 : 155. 321:2. 81,1. 322:149.
32": 56. 94. 32*:153. 331 = 71. 332 = 72. 333:28. 110. 334:155. 341:
4. 107d. 342:155. 34* : 4. 114 a. 4. 344:170. 35* = 71. 352 = 7'. 35:!:34.
82. 35*: 153. 361 : 13 a. 1. 84b. 36 - : 131. 36 3 : 55. 115, 4. 364:166. 371 = 71.
372 = 72. 373:16. 114a.ll. 374 : 130. 38l:65,4. 102,2. 382:15ö. 38:i:55.
106. 384:155. 391 = 71. 392 = 72. 39:!:2. 78 a.l. 394:135. 40 4 :62 a.
81a.4. 402:144. 403:37. 82c. 404:131a.
411 = 71. 412 = 72. 413:16. 98. 414 : 130. 421:29. 98. 422 = 414.
42* :21a. 2. 99. 424:130. 43x:3. 73,2. 432:121. 43 :; : 59 a.l. 79. 434:158.
441:8. 93. 442 : 155 a.2. 443: 2. 115 a.2. 444 : 168. 451: 2. 92 a.2. 452:126.
45 :!: 58 a.l. 97. 454 : 130. 461:57,1. 115 a.l. 46 2: 130. 46 ' : 15. 75 a. 5.
46': 141. 471:6a.l. 103,1. 472: 176 a.2. 47:;:2. 78. 47J : 161 a. 481:51.
82a.4. 482:128. 483:47. 79c. 484 : 135. 49 l : 55 a.2. 114, 1. 492:130. 49:(:
55.90. 494:143. 50x:53. 98. 50 "2 : 161. 503: 55 a.2. 82c. 504:131.
Fm P:55. 114 a.5. 1- : 126. l:i : 21 a.3. 75. 2. I4 : 128. 21:6a.2. 79a.3. 22:
135. 2:!:4. 90b. 2 > : 155. 31 : 64 a. 1. 90b- 39:141a. 4' : 47. 114 a. 11. 42:
131. 181. 4': 6 a.l. 114 a.5. 4': 139. ö ' : 2. 78. 5 ' : 131. 5:1:65, 3. 92 a.3.
54:129. 6l:2. 102,1. 62:135. 6::55. 109. 6J:145. 7> : 64. 1. 961'. 72:
141. 73: 55 a.3. 89. 74:174a.l. 81 : 64, 5. 821-. 82:155. 83: 57 a.3. 97 a.l.
32*
492 GERING
84:162. 94:47. 9öa. 92:139. 9:! : 19. 114 a.10. 9':141. 101:54. 78. 102:
127. 103:15a.2. 78. 104 : 131.
II1: 55. 82a. 7. 11--.140. II3: 15a.5. 79. II1 : 155. 121:5a.l. 82c.
12-:166. 12:!:4a.2. 114, 4. 124 : 139. 131 : 47 a.2. 81 a.4. 132: 157. 133:
43a.2. 101,1. 134:170a. 141 = 121. 142 = 122. 14:! : 34. 97. 144 : 130. 151:
10 a.2. 93. 15-:126. 153:6. 97. 154:141. 161 : 55. 82 a.4. 162:127. 163:
40. 82 a.4. 164 : 132. 171 : 55. 78. 17":131. 173:55. 81,1. 17* : 139. 181:
3.79. 182:155. 19':19. 95. 192:144. 193:2. 79<\ 194 : 1G6. 20x:8a.3.
93. 20-:lGG. 203:19. 114 a. 10. 204 = 94.
211:3. 79. 21-:137a.l. 213:28. 93. 214 : 155. 22 ] : 57, 1. 114, 4. 222:
142a.3. 22 3: 2. 82 a.4. 224:132. 231:8a.l. 93a.l. 232 : 153 a. 181. 233:
2. 89. 23 4 : 178. 241 : 65 a. 5. 82 a. 7. 242 : 124. 24:l : 55 a. 3. 78. 244 : 126.
254:8a.3. 79 c. 252:142. 25:;:55. 93. 254:161. 26 l: 57, 3. 82a.l. 26 - :
126. 263:64,1. 89. 264 : 136. 271 : 2. 83, 1. 272:130. 273 : 22 a.l. 91. 274 :
135. 28 ^ 2. 93. 282 = 17\ 283:59a.l. 82a.4. 284:135. 29]:4. 93a.5.
292: 161. 29 s: 4. 91. 294:126. 304:55. 75a.2. 302:155. 303:4. 84a.
304:163a.l.
31* : 8 a.2. 92 c. 312: 142 a.l. 313 : 61. 92 b. 31' : 135. 341 : 2. S4a. 342 =
104. 343:2. 95. 344 : 127. 371 : 58 a.l. 93. 372 : 156. 373: 59 a.l. 81. 1. 374 :
142a.l. 38 ': 2. 114,4. 382:130. 181. 383:48. 81,1. 384:153. 39x:8a.3.
90b. 392:166. 393 : 25 a.l. 90. 394 = 104.
FM 13:55. 106. I4 : 130. 2": 57, 3. 82. 212:153. 2 13: 55. 99 a.l. 2ie:4a.l.
114,1. 217:153. 218:55. 79. 219:126. 48 : 55. 106. 49 : 182. 41' : 55. 106.
412: 126. 181. 413:28. 87a.l. 414 : 155. 512:2. 71. 513:170. 514 : 55. 93 a. 1.
515:130. 67 : 51. 96b. 68:126. 69:57a.3. 115a.4. 610:133. 624:2. 93.
625:126. 62G:20. 103, 2. 627:142. 76:62. 75,1. 77:166. 8e:19. 88 c. 87:
28. 79. 88:28. 79d. 8°: 137 a.2. 103:2. 102,1. 104:44. 102,2. 10s:48.
1138. 10°:130. 10 7: 55. 102, 2. 108:158a. 109 : 22 a.l. 114, 2. 1010:134.
101I:68, 1. 88b. 1012:155. 10 13 : 43. 102, 2. 10 14 : 131.
ll:!:65a.3. 79d. II4 : 16. 107. ll5:10a.3. 11G: 155.
Gautr l1: 62. 114,4. l2:148a.l. 13:61. 75 a.2. I4 : 130. 21: 62,2. 81, 1. 22:
161a. 23:55. 841-. 2 ' : 138. 3J:2. 82 b. 32:178. 33:3. 79 a. 6. 34 : 155.
41:55. 78. 42:135. 43 : 57, 3. 115 a.2. 44 : 143. 51 : 61. 79b. 52 :129 a. 53:
15 a.2. 101,2. 54 :130 a.
Grm P:8a.5. 79c. 1- : 155. 18:54. 93a.l. I4 : 155. 21:55. 83a. 22:137. 23:
30.75,1. 24:183. 34:3. 81,1. 32:170a. 33:53. 81,1. 34:155. 41 : 2. 79.
42:127. 43:30. 89. 44:130. 181. 51: 12. 108. 52:130. 53:56. 94. 54:156.
61: 57 a.2. 89. 62:130. 6 :( : 13. 78. 64:155. 71:64,2. 94b. 72:130a. 7S:
16 a.2. 82 d. 74:130. 81:64a.l. 91. 82:133. 8:!:58. 78. 84:153. Q'-.S.
82a.4. 92:153a. 93:8a.2. 115 a.2. 94:131. 101 = 91. 102 = 92. 103:
53. 78. 104: 161.
ll1:64a.l. 78. II2: 150. II3: 35. 73,1. II4: 130. 124:64,2. 110.
122 = 52. 12 3: 28. 79. 124:155. 131 : 10 a.3. 75 a.6. 132:130a. 13s: 31.
75,2. 134:126. 141 : 10 a.3. 81, 1. 142 : 127. 143 : 55. 81,1. 144 : 135. 151:
5 a.3. 81,1. 152: 139. 15 8: 37. 81,1. 154 : 139. 161 : 66, 2. 110. 162 = 52.
163:2. 89. 164:129. 17»:55. 79". 172:155. 173:58. 97. 174 : 130. 18* :
53.91. 182:153. 183:55. 94b. 184:151. 19 l: 57, 4. 89. 192:130. 193:
59 a.3. 111. 19 ' : 155. 201 : 57, 4. 81, 1. 202:155. 203 : 57 a.4. 82°. 204:131.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 493
211 : 61. 8Sa. 21': 152. 213: 61. 93. 214 : 153 a. 221:6. 81,1. 22-:
132. 223:55a.2. 94b. 224:130a. 231:48. 79d. 232:151a.2. 233: 67, 1. 82d.
234:142a.l. 241 : 10. 79d. 242:151a.l. 243 : 2. 90. 244 : 155. 251:65a.l.
Sla.l. 252:123. 253:6. 82d. 254:156. 26 4 : 65, 2. 81 a.l. 262 = 252. 263:
30.91. 264:121. 271 : 55. 72, 2. 272 : 8 a.4. 102, 3. 273:154. 274 : 57, 4. 102
a.7. 275:162. 27° : 55. 106. 277: 155. 28 4 : 65 a.l. 73, 2. 282: 155. 283:55.
106. 2S':55. 106. 285:55. 106. 286:55. 83,1. 28 7: 141. 294:55. 114,4.
29*:155. 293: 53 a.l. 81,1. 29 ' : 161. 29= : 58 a.l. 89. 29,;:155. 304:2.
102,2. 302:130. 303 : 43. 115, 2. 304:134. 305 : 53 a. 1. 82c. 306 = 294.
31 1: 62. 94°. 312: 161. 313 : 64, 5. 115, 2. 314:126. 32 4 : 67. 78. 322 =
294. 323:55.94b. 324 : 175. 331 : 66 a.l. 114, 4. 33-':153. 33 3 : 57 a.4. 115, 2.
341: 64, 1.115,3. 342:176a.3. 343: 57,4. 114 a. 11. 344:154a.2. 345 : 4. 93a.l.
346:153. 35 l : 40. 93. 352:156. 353:7. 88c. 35*:121. 361: 55. 97 a.l.
362: 153. 363:55. 102 a. 6. 364:155. 365:10a.l. 109. 366: 173 a.l. 371:
10 a.l. 94. 372:155. 373 : 15 a.3. 93. 374 : 126. 38l:54. 82c. 382:180. 383:
55. 82 a.4. 384:182. dü^iOS,*. 114,4. 39a:166a. 393:22. 103,1. 394:
143. 183. 40l:30". 79 c. 402:126. 181. 403:2. 71. 404:130. 181.
414:33. 93. 412 : 133. 4P : 30. 92 a. 2. 414 : 153. 424:2. 82c. 422:149.
423: 15a.2. 82d. 424:161. 434:48. 94. 432:153a. 433:62. 106. 434:126.
44I:40. 93. 442:149. 443 : 2. 88b. 444:7. 88b. 445:6. 78. 451:65,4. 114
a.10. 45': 123. 45:!:2. 93. 454:126. 45': 126. 46* : 55. 102, 2. 46 2: 156.
463: 57, 2. 106. 464 :152 a. 471 : 57, 2. 89. 47': 153. 47:i ; 8 a.5. 73. 1. 47':
2.73,3. 484:8a.5. 73a.2. 482:8a.6. 102 a.8. 48": 2. 81,1. 484:126a.2.
494:3. 89. 492:145. 493:31. 79. 494 : 41 a. 1. 72 a. 1. 495 : 4. 102 a.3. 496:
174a.l. 501: 4. 95 a.l. 502:141a. 503:34a. 82c. 504:155.
511 :8a. 2. 91. 513:2. 75,2. 514:183. 52^3. 81,1. 522:149. 523:
2.93. 524:131. 534:47. 93. 532:130. 533: 4. 82 a.4. 534 : 132 a. 2 und 3.
541:5a.l. 103,1. 542:126. 543:8. 114,2. 544:130. 545:4.83a. 546:127.
Hai 100 ' : 55. 79d. 100 2 : 140. 100 3 : 53 a.3. 82d. 100 4 : 184.
Herv 31':4a.l. 79a.5. 312:126. 3P : 57, 2. 79c. 314:161. 31« : 41. 71. 317:
130a. 32 * :55a. 2. 115, 1. 322:155. 323:2. 89. 324:139. 334:29. 79. 332:
145. 33:;:8. 8Sb. 334:174a.2. 341:4. 82°. 343 : 139 a. 343:6. 81,1. 344 :
137. 351:4a.2. 93. 352;120. 35 3: 57, 2. 88 b. 354:141. 364:4a.2. 78.
362:137a.2. 363:50. 93. 364:175. 384:29. 79. 382:166. 38 8: 2. 81,1.
384:137a.2. 39J:29. 79. 392 = 382. 39 3 : 47. 71. 394:155. 40x:29. 79.
402 = 382. 40:i:8. 71. 404 : 162.
41': 29. 79. 412 = 382. 413 : 55. 82 a.4. 414 : 139 a. 424:29. 79. 422 =
382. 43 l: 29. 79. 432 = 382. 433:49. 106a. 434:127a. 441 : 29. 79. 442 =
382. 443:2. 88b. 444:148. 454:29. 79. 452 = 382. 453:2. 73,1. 454:142b.
46 ': 29. 79. 462 = 38'-. 481 : 4 a.2. 88b. 482:155. 483:2. 106. 484:142b.
491:4a.2. 79 a. 2. 492:130. 493 : 4 a.2. 82c. 494:150. 50l:4a.2. 97. 502:
149. 503:55. 82c. 50' : 153 a. 181.
511: 4 a.2. 95. 512 = 502. 513:2. 92a.2. 514 : 141. 521: 4 a.2. 84''.
522 = 502. 523: 5 a.2. 82°. 524 = 484. 534:4a.2. 96a. 532:136. 533:55.
92 a.2. 534:136. 541 : 62, 1. 102, 2. 542: 155 a.2. 543:6. 103, 1. 544 : 130.
554:29. 115,4. 552:162. 553:2.88b. 554:135. 59 ' : 4 a.2. 83, 1. 592:136a.
59 3: 4. 92 a.4. 594: 157 a.l.
494 GERING
6V-:4a.l. 83. 61- : 168. 613 : 2. 97. 614 : 161. 63 ' : 55 a.2. 71. 632:
136. 63 3: 4. 87. 634:137a.l. 66":4a.2. 91. 662:120a. 663:64, 5. 75,1.
664:130. 674:8. 75. 67-: 150. 67:i : 14 a. 1. 106. 674 : 152.
Hgsv lx:2. 98. I2 : 106. F:55. 78a.l. I4 : 130 a. 2^47. 85,1. 22:126a.2.
2:i:47. 78. 24:130. 3*:6. 79°. 32:166. 33:4. 93. 3 ' : 128. 4l : 25. 114,5.
42:126. 43:57, 3. 114, 4. 44 : 141. 51: 55. 109. 52:130. 53:6. 78. 54:135.
6':2. 81,1. 62:148a.3. 63:12. 94. 04 : 130. 71 : 6. 78. 72 : 173. 73:8a.l.
82. 74:139. 8*:4. 73 a. 3. 83:126. 83 : 65, 4. HOa.l. 84:155. 9':2. 78.
92: 173 a.2. 98: 13 a.3. 81, 1. 94 : 126. 101: 4.83,1. 10'-' :127 a. 10:!:15a.5.
81,1. 104: 126 a.2.
II1: 2. 93. ll2:126a.2. 11<:2. 82c. 114:126. 124:47.79. 12':127a.
123:5. 114a.6. I24:132a.2. 13':47. 89. 132:131a. 13;I:66a.3. 81,1.
134:144. 14':15. 75,1. 142 : 127. 143 : 55. 81, 1. 144 : 184. 151 : 47. 81, 1.
152: 126. 181. 15 3: 3. 107. 154:126. 16*:2. 81a.l. 162:135. 16:i:15. 94.
164:127. 171 : 10. Sla.l. 172 : 130. 17:1 : 4. 81 a. 1. 174 : 130. IS1 : 47. 79.
182:168. 18«; 55. 81,1. 184:145. 191: 55. 81,1. 19- : 126. I9:i:15. 93.
194:148. 201: 15 a.3. 102, 2. 202:149. 20:!:55. 91. 204:135.
211:20. 82c. 212 : 146. 213: 55 a.3. 91. 214 : 147. 22 ': 55. 97. 22':
135. 223:5. 97. 224:166a. 231 : 54. 97 a.l. 232:130. 181. 233 : 37. 78 a.5.
23*: 157 a.l. 241:58a.l. 93. 242 :130a. 243: 15. 82. 244 : 143. 251:4. 93.
25'-': 149. 25": 7. 79''. 25 ' : 126. 264:4. 105. 26'-' :139 a. 263:2. 81,1.
26 J : 130. 27':4U. 89. 27-' : 132 a.2. 273:4 a.2. 75, 1. 274 : 139. 281:2. 81,1.
28': 182. 288:2. 94b. 284 : 127. 291:55. 79c. 29': 126. 293 :2.82 s. 29':
126 a.2. 301:2. 82^. 30'-': 128. 303:54. 93. 304 :127 a.
311 : 66, 1. 114a.ll. 31':131. 318 : 66, 2. 81, 1. 314 : 131. 321:66,2.
81,1. 322 :131a. 323 : 65, 2. 79 a.6. 324 : 161. 33':15. 79c. 33 2 : 151. 333:
55 a.3. 81,1. 33 ' : 131. 341 : 15. 81, 1. 34- : 147. 343 : 12. 78. 344 : 126. 351:
25.81,1. 35*: 120. 353: 55 a.3. 75 a.5. 354:158a. 36x:6. 82 a. 4. 36 3: 155.
36» : 55. 81,1. 364:126a.2. 371 : 12. 81, 1. 37': 167. 373 : 57, 1. 75, 1. 374 :
126. 38 l: 54. 93. 382:163. 383:6a.l. 107. 384 : 127. 39 ' : 4. 79c. 39'-':
149. 393:2. 114a.ll. 39*: 151. 40':2. Sla.l. 40':127. 403:56. 81,1.
404:130.
411:6. 91. 41- : 130. 4P : 55. 93. 414 : 135. 424:34. 106. 422:177.
42 :: 65 a.l. 101, 1. 42* : 149. 431 : 64 a.4. 91. 432:128. 433:55. 82°. 434:
130. 441: 55. 81,1. 44'' :130 a. 443 : 65, 1. 72, 2. 444 : 135 a. 451:2. 83, 1.
45 3: 139. 45:i:56. 82c. 454:151a.l. 461:47. 82c. 462:144. 463:55a.3.
75a.6. 464:173. 471 : 55 a.l. 82-=. 47'- :135 a. 473 : 65, 1. 93 a. 1. 474 : 126.
481:15. 84b. 482:181. 483 : 15 a. 1. 81 a.l. 48* : 131. 49':4a.l. 78. 49'-':
130. 49 8: 2. 82 c. 494:130. 504:5a.2. 82 a. 8. 50': 153. 50 3: 2. 88 a.
50*: 136.
51l:2. 97a.l. 512 : 155. 513:55. 93. 514 : 126. 521 : 2. 114 a.ll. 522:
158a. 523:47. 79c. 52*:151. 531 : 55. 82 a.l. 53 -' : 167. 533:2. 89. 534 :
130. 541:5Ü. 91. 54'-': 131. 543 : 57, 2. 84»'. 544 : 123. 55>:53. 84". 55'':
168a.l. 55": 2. 81,1. 55*:139. 56 l : 53. 85,2. 56'-':161. 563 : 65 a.5. 79
a.10. 56*:130. 57' : 2. 114 a.ll. 57- : 126. 573 : 58 a.2. 93. 574 : 127. 58':
57, 2. 94b. 58': 161. 58 3: 2. 114 a. 11. 58' =22'-'. 59 J: 2. 81,1. 59': 124.
15.81,1. 59' : 151 a.2. 601:40. 93. 602 = 272. 60": 66, 1.89. 604:155.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 495
ei1: 10. 75 a. 5. 612:142. 613:2. 82d. 61* : 120. 621 : 65, 1. 75 a.5.
622:150. 623:64, 5. 75a.5. 62*:162. 63*:61. 81,1. 632:130. 181. 633:
2. 114 a. 9. 634:144. 64L : 12. 94. 64a:167. 64": 55. 83,1. 64* «141. 651:
11.78. 652:132. 653:17. 93. 65*:127. 661:25. 93. 662:127. 66": 55.
84b. 664:148a.l. 67*:2. 82d. 67*:127. 673:4. 78a.2. 67*: 121. 68*:55.
93. 682:130. 68": 2. 75,1. 684:168a.2. 69 J : 17. 82d. 692:145. 693:2.
79c. 694:139. 701: 10. 81,1. 70*: 130. 703:6. 78. 704 : 141.
711 : 47. 82c. 712 : 126. 713 : 19 a.l. 82c. 714 : 130. 72*: 47. 93. 722:
145. 72«: 55. 110. 724:139. 731:61. 82 a. 4. 732: 173 a.l. 733:55. 82c.
734:142. 74* : 4. 81,1. 74* : 136. 743 : 55. 82 a.4. 74*: 161. 75 l : 61. 81 a.3.
75:12S. 75 3: 53. 78. 754:135a. 76,:53. 84b. 76 3: 130. 181. 763:53.
81,1. 764:123. 771 : 2. 81 a.l. 77*:149. 773:2. 94. 77*: 131. 781 : 47. 82.
782:139. 783:5. 78. 78*:125. 79,:6. 94. 79': 151. 793:3. 82f. 79* : 131.
80 *: 2. 79a. 10. 80*: 127. 803: 11 a.2. 75 a.4. 80*:131.
81* : 55. 81,1. 81": 120. 81«: 58. 81,1. 814 : 126. 82*:2. 81,1. 82":
149. 823:56. 82c. 824:139. 831:43. 81,1. 83*:166a. 833 : 8 a.l. 75, 1.
834:130. 84* : 2. 87a.5. 84*: 130. 843 : 5. 79. 844 : 120. 85*:2. 82c. 852:
132a.2. 85 3: 34. 93. 85*:131. 86 *: 51. 93 a.l. 86*: 149. 86 a: 15. 75, 1.
86*:130. 87* : 40. 82. 87*:166a. 87": 47. 75,1. 874 : 169. 88* : 5 a.l. 93 a.l.
88* : 161. 883: 2. 78 a.2. 884:135. 89»: 56. 81,1. 89*: 166. 893:54. 93.
894:167. 90*: 61. 82. 902: 136. 903:47. 93. 904:155.
91*: 56. 78. 91*: 142. 91": 2. 81a. 1. 91* : 155. 92*:2. 81,1. 922:
151. 92 3: 2. 98. 92*:136. 93*: 2. 81,1. 932:130. 933:56. 78. 934:130.
94*: 5 a.l. 115, 5. 94* : 161. 943 : 10. 78 a.3. 94*:120. 95 * : 2. 76. 952:139.
953:55. 79c. 95*: 121. 96* : 55. 82 a.7. 96*:135. 968:7. 81,1. 96* = 75*.
97*:48. 82 d. 97*:184. 97s : 65, 2. 79d. 97*: 155. 98* : 47. 81 a.l. 982 = 152.
983:50. 89. 984:126. 99 *: 54. 97 a.l. 99*:167. 99 3: 7. 114 a. 11. 994:180.
100*:15. 93. 100*:155. 1003 : 65, 1. 79 c. 100*:142b.
101*: 62,1. 75,2. 101- : 135. 1013:2. 89a. 1014 : 156. 102*: 4. 93.
1022:135. 1023:2. 72a.l. 1024 : 135. 103* : 47. 85, 1. 103*:167. 1033:2.
81,1. 103*:126. 104* : 15. 79d. 104* = 86*. 1043 : 4. 115a.5. 1044 : 130.
105': 61. 92 a.l. 105*:126. 105 3 : 15 a.4. 114 a. 10. 1054:168a.2. 106*:56.
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2. 81,1. 107*: 131. 108*: 4. 93. 108* : 151. 108 3: 3. 81 a.l. 108* :160 a.
109* : 3. 81, 1. 109* = 76*. 109 3: 2. 82d. 109*: 131. HO1: 55. 94. 110- :
149. HO3: 2. 79a.6. HO4: 126.
Hl1: 10. 93. 111*: 132. 111» : 6. 81, 1. 111*: 145. 112*: 2. 81, 1. 112*:
151. 1123:2. 78. 1124 : 155. 113* : 10. 81, 1. 1132: 155. 1133:55. 93. 113*:
131. 114*: 2. 94. 1142:160a. 1143: 55. 85, 1. 114* : 130. 181. 115*: 49. 94.
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82. 116*:141. 117*:5a.l. 93a.l. 1172 : 167. 1173 : 68, 1. 114, 4. 117* : 161.
118* : 10. 79c. 118* = 39*. 1183:57, 2. 115 a.2. 118* : 127. 119 l: 2. 81.
1192:126. 1193:15. 107. 119* : 153. 120* : 10. 82 a.4. 1202:127a. 1203:
12. 82 c. 1204:141.
121* : 56. 79d. 1212 = 372. 1213:51. 97. 121* : 156. 122 * . 15. 81,1.
1222:141. 122': 6. 81,1. 122* : 139. 123 *: 2. 82 a.l. 123- : 166. 123:i:28.
94b. 123*: 180. 1241 : 59 a.2. 82c. 124* : 141. 1243 : 28. 74, 2. 124* : 130.
125* : 55. 79 c. 1252:130. 1253:14. 82c. 125*:155. 126* : 57, 2. 74, 2. 1262:
496 GERING
131. 126^:57,2.79. 1264:135. 1271 : 40. 97. 127- : 126 a. 2. 127:i : 2. 114 a.8.
1J71 : 126. 1281:62. 79d. 128' :135 a. 128a:3. 102 a.5. 128 4 : 134. 129 J :
19. 82d. 129*:126a.2. 129 :!: 2. 78. 129*:131. lSO^öö. 78. 1302:135.
130:J: 10a. 2. 75,1. 1304 : 135.
1311 : 22 a. 1. 82 a.5. 131* : 153. 131 3 : 57,2. 82c. 131*: 161. 1321:55.
82a.7. 132*: 168 a.2. 132 3: 57, 2. 81, 1. 1324 = 434. 133 r: 43. 79*. 133":
150. 133:):55. 74a.3. 1334:144. 1341 : 2. 82 a.l. 1342 : 126. 1343:47. 79c.
1344:163. 135 *: 10. 80. 135*:135. 135»: 43. 81,1. 135*: 131. 1361:53.78-
136- : 141. 136": 56. 91. 136*: 141. 1371 : 55. 94. 137* : 144. 1373: 2. 93 a.l.
1374 : 126. 1384:10. 81 a.l. 138*: 130. 1383:2. 79°. 1384 : 130. 139l:61.
82a.l. 139*: 135. 1393 : 55. 94 a.3. 139*:130. 1404:5. 106. 140* = 92*.
1403:57,2. 81, 1. 1404 = 70 4.
1411:47. 82 a. 4. 141 - : 142. 141s : 58 a.2. 93 a.6. 1414 : 144. 142;j:20.
lUa.10. 1424 : 127. 1434:10. 82d. 143*:130. 143J:2. 82c. 143 l : 139.
1441:3. 83 a. 144- : 161. 1443:2. 81, 1. 1444 : 180. 1451 : 2. 79 a.2. 145':
130. 1464:2. 79. 146*: 167. 146:J:2. 108. 1464:130. 1471 : 2. 82d. 147':
167. 147y:2. 114 a. 10. 1474 : 121a.
HHII 211:64, 1. 78a.2. 21* : 174. 21 ; : 8 a.3. 103, 3. 214 : 143.
HHv 12l:4. S8b. 12-': 131a. 12«: 3. 103,1. 124:157. 131 : 4. 81, 1. 13- : 155.
13!:47. 75 a.5. 13 ' : 131. 141 : 2. 102,1. 14* : 130. 143:51. 82. 144 : 153.
15 1: 3. 114,5. 15*: 130. 153:55. 93. 15': 161. 16* : 2. 102,1. 16- : 131.
16 3: 54. 99. 164:183. 171:6a.2. 114,5. 17* : 178. 17;:2. 96b. 174 : 126.
m1-^. 79c. 18- : 142 b. 143. 18s: 2. 97 a.l. 184:162a. 191 : 11 a.2. 115 a.2.
19 -:134 a. 19^:55. 82°. li)4:143. 201:64, 1. 75 a.2. 20* : 121. 20:J:5.
84 a.l. 20 4: 145 a.
21* : 64,1. 81,1. 21* :139 a. 213:3. 93a.l. 21* : 123. 22 4 : 65, 1. 75, 1.
22*:163. 22 a: 2. 93 a.l. 22 4 : 137. 234:3. 75,1. 23- : 136. 233 : 8a.l. 79c.
23*: 153. 244:4. 115, 3. 24*: 149. 243 : 55. 84b. 244 : 135. 25 ': 64, 2. 102, 2.
25- : 175. 253: 7. 103,2. 254:126. 26' : 66 a.2. 82c. 26*: 130. 26' : 47. 114 a.5.
2ö4:132. 265:139a. 26°: 19. 79. 267:130. 271 : 8 a.2. 114 a.8. 27* : 155.
27;::8. 82-\ 274 : 141. 28 ' : 64 a. 1. 115 a.2. 28*: 126. 283:54. 92b. 284 : 130.
285:130. 286:129. 287 :127 a. 29': 13 a.3. 81 a.3. 29*: 155. 29a:15a.5.
75,2. 29*: 141. 301 : 8 a.2. 81 a.3. 30*:156. 303:55. 82c. 30*:148a.l.
Ilkm l1 : 57, 5. 81,1. 1* : 160. 1 5 : 15. 82d. I4 : 150. 2;!:43. 75a.5. 2*:132
9:,:57, 1. 75a.4. 94 : 149. 101 : 5. 91. 10*:130. 10 a : 65 a.4. 89. 104 : 153
ll1: 4. 113, 2. 11- : 150. ll:i:4a.2. 76. II4 : 139. 12 ': 34. 93. 12*
143. 123:2. 81,1. 12 4 : 162. 131 : 57 a.5. 79 a.ll. 13*:130. 13a:4. 75a.7
13*: 150. 141:48. 78. 14* : 156. 143: 20 a.3. 75, 1. 144 : 182. 15 f: 5. 82c
15*: 139. 153:47. 82e. 15 ' : 131. löl:47. 82°. 16J : 127. 16;;:2. 79. 164
130. 174:2. 79a.l0. 17': 134. 17:i : 2. 78. 174 : 130. 18 L : 2. 92b. 18 - : 155
18 :1 : 15. 107. 18*:153. 194:2. 82L'. 19*:139. 19 :;: 53. 107. 194 : 182. 201
28.78. 20-: 130. 203:58. 78. 204 :170 a.
211 : 61. 106. 21* : 126. 21 3 : 19. 78. 21J : 126.
HkvlS^lö. 97. 18- : 15. 75,1. 183:151a.l. 19«: 66, 3. 88*. 19*:176a.2
20': 4. 93. 20 J: 153.
2P:10. 91. 21*:130. 218:2. 93. 214 : 155. 22 4 : 17. 93. 22*: 29. 93
22 :164. 241: 4 a.3. 90. 24*:155. 243:11. 72. 24« : 153.
DIE RHYTHMIK DKS LJÜDHAHATTR 497
HI 14:2. 82 a. 4. l2:168a.2. I3 : 53. 79c. I4 : 167. 21:2. 82a.4. 2- : 178. 23:
65 a. 4. 75,2. 24;137.
Hm 29 1: 2. 93 a. 2. 29 -:150 a. 29 3 : 28. 79 a.6. 294 : 182.
Hovl1^. 78. I2 :170a. 181. P:153. 181. I4 : 29 a. 89 a.2. I5 : 156. 2J:7a.
101'. 2-:126. 23:55. Sla.l. 24 : 130. ß^öS. 79c. 32: 155. 181. 33:4. 78.
34 : 161. 4': 55. Sla.l. 4- : 156. 43:2. 92b. 44 : 155. öl:bo. 79a.6. 52:
126. 5S:15. 81a.l. 5*: 126. 181. 6*:17. 82d. 62:180. 63:22. 114,3. 64:
132. 63:65,2. 81,1. 66:166. 71 : 59. 81, 1. 72:130. 73:2. 79c. 74:142a.4.
8':55. 78. 82:155. 83 : 47 a.l. 81, 1. 84:126. 9*:55. 78. 92 : 131. 93:
58a.l. 93. 94:126. 10x:2. 82a.l. 102:166a. 103:2. 114,4. 104 : 130.
11, = 101. 112=102. 113:6. 82. 114:148. 121:59,2. 89. 122:153.
12 3: 20. 78. 124:155. 131 : 64, 2. 82 a.4. 132:167. 133:28. 80. 134 : 161.
Ul:55. 87ä.2. 142 : 182. 143 : 58 a.l. 75, 1. 144 : 155. 151 : 57, 4. 79. 152 :
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171: 44. 81 a.2. 17": 131. 17s:55. 81,1. 174 : 157. 181:58. 79c. 18"2: 130.
181. 18 3: 57, 2. 81,1. 184:147. 191 : 65 a.l. 84". 19 2 : 131. 19": 47. 81,1.
194:142a.l. 201:56. 90. 202:155. 20": 6. 81,1. 204 : 130.
211:51.93. 212:139. 21 ! : 19 a.2. 78. 2l4 : 155. 221 : 62, 1. 79c. 222:
154. 223:57,3. 92b. 224 : 136. 231:56. 82. 232:160. 233:55. 79. 234 :
126. 24' : 56. 82 c. 242 : 125. 243 : 57, 3. 99. 244 : 182. 25 l = 241. 25 2 = 242.
25 3: 55. 79. 254:151a.2. 261:56. 93. 262:162a. 26:: : 57, 3. 97. 264:119.
271:56. 81,1. 272 :130 a. 132 a.3. 27-: 57, 3. 81,1. 274 : 127. 181. 275 : 55.
7Sa.4. 276:127. 28x:6. 78. 282 : 153 a. 181. 283:12. 79d. 284 : 153. 291:
2. 79 a.6. 292:153. 293:6. 75 a. 5. 294:173. 301:15.82d. 30' : 130. 181.
30:::34a. 94b. 304:123.
311: 53. 78 a.l. 31':154a.l. 313 : 2. 75, 2. 314:155a.2. 32J:2. 88a.
32-':130. 181. 323:55. 93. 324:126. SS'.S. 94. 332:139. 33": 2. 81,1.
334:150. 341:7. 93. 342:130. 34:! : 37. 93. 344: 155 a.2. Sö^öö. 90. 35 2:
126. 353:55. 78. 354:126. 36 1: 2. 78 a.6. 36 2: 126. 36 3: 66, 4. 114.4.
364:127. 37» : 2. 78 a.6. 372 = 362. 373:3. 78 a.l. 374 : 130. 38 1: 2. 82.
38 s :153 a. 38 :! :65 a. 5. 96 b. 384 : 155. 391:62. 78. 39 2: 167. 39 3: 66, 5.
82°. 394:130. 404:25. 92'-. 402:139a. 403 : 33 a. 71 a.l. 404:122.
411:4. 88 c. 412:126. 413:53a.3. 90 a. 414 : 137. 421:53. 93 a.3.
42 2: 135. 423:2. 79 d. 424:149. 431 = 421. 43': 159. 43 3: 65 a.4. 79.
434 :170 a. 44^8 a.2. 93. 44': 163 a.2. 443 : 64a.5. 88b. 444 : 127. 45':29.
82c. 452:163a.l. 453 : 64 a.5. 87. 454:176. 46 x: 20. 82". 462:163. 46':
65,1. 88a. 464:156. 471 : 3. 93. 472 : 155. 473:6. 79. 474 : 155. 48 l : 2.
73.1. 482:155. 48 3 : 19 a.2. 102, 1. 484:131. 491:2. 79. 492:170. 493:
5.91. 494:126. 50x:55. 81a.l. 502:126a.2. 503 : 55. 78 a.l. 504:132.
514:44. 82e. 512:170. 51a : 28. 79. 514:138. 521:62. 79d. 522:136a.
523:15. 82c. 524:157. 631: 10. 74,1. 532:157a.2. 533:19. 93. 534 : 159.
54' : 62. 79. 542 : 156. 543 : 2. 107. 544 : 166. 55 ' = 541. 55 2 = 542. 55 3 :
14 a. 78. 55 4 : 148. 56 J = 541. 56 2 = 542. 56 :; : 56. 79d. 56 4 : 139. 57 ' : 2.
114a.l. 572:153a. 57*: 53. 81,1. 57* : 126. 181. SR1-^. 78a.l. 582:156.
583:47a.2. 91 a.l. 584 :159 a. 59 ' : 2. 75 a.6. 592:136. 59:;:55. Sla.l.
594:130. 60':2. 76. 602:159. 60:i : 62, 2. 79c. 604 : 155.
6P : 57, 1. 114, 4. 612:126a.2. 61- : 4. 114, 1. 614 : 182. 615 : 149. 621:
57,4. 81,1. 622:126. 623:55. 81,1. 624:150. 63l:4b. 78. 63':12G
498
633:62, 2. 78. 634:159a. G41 : 55. 114 a. 10. 64- : 182. 643:55a.3. 81,1.
644:139. 65Ä:2. 82c. 654:126. öß1:!. 82a. 4. 66': 130. 181. 663:2. 93,
664:183. 67' : 55. 82 d. 672:137a.3. 67:J : 15 a.4. 79d. 674:161a. 68*:55i
79c. 68': 152. 181. 683:47. 94b. 684:130. 691:37a.l. 81,1. 692:159
698:2. 115,1. 694:126. 701:3. 91 a. 3. 702:159. 703:43a.2. 114 a.5.
70*: 141.
711:6a.2. 102 a.8. 71- : 153. 713:2. 89. 714 : 152. 72x:2. 82«. 722:
182. 72»: 16. 81.1. 724 : 136. 731:43. 115a.2. 732:35a.l. 71. 122. 733:
57,2. 79 a. 6. 734:156. 73 5 : 154. 73e:2. 89. 73 7 : 162. 741 : 55. 78a.4. 742:
134. 743:8. 102 a. 2. 744 : 150. 751 : 55. 82a.4. 752:127. 753:55. 78. 754:
121. 761:61. 106. 762:153. 763:58. 78. 764:126. 771 = 761. 77* = 76*
773:55a.l. 78. 774 : 126. 781:55a.2. 82. 782:154. 78 3 : 135. 161. 784 :
130 a. 132 a. 3. 701:56. 78. 792:156. 793 : 48 a. 75 a.5. 794:129.
831:2. 79d. 832:166. 833:17. 82d. 834:139. 871 : 43. 79. 87'- : 130
873:6. 89. 874:126. 90x:3. 81a.l. 902:174a.2. 903:34. 91. 904 : 139.
911 : 2. 87. 912:168. 913:2. 78. 914 : 153. 92 » : 2. 79. 922:126. 923
15. 79 a.5. 924:153. 931: 12. 81,1. 932:163. 933:4. 79d. 934:126. 941
47.81,1. 942:130. 943 : 34. 75, 1. 944 : 150. 954:3. 79a.2. 95- : 161. 953
2. 82a.l. 95*:168a.l. 961:55. 81,1. 962:153. 96:i: 53. 82 a.4. 964:132
181. O?1^. 82°. 972:137. 973 : 8 a.l. 79d. 974 : 155. 981: 55. 75,1. 982
126. 983:2. 88c. 984:132. 99 >: 65, 4. 79. 992:133. 99 3 : 17. 79c. 994
174a.l. 100J:2. 82d. 100- : 151. 100a: 3. 82c. 100* : 126.
1011: 8.75,1. 1012:153. 1013:3. 90. 1014 : 127. 10P : 10. 84a. 101"
137a.2. 102 » :66 a. 3. 81, 1. 1022:156. 102 3 : 10 a.l. 75 a. 7. 1024:155. 1025
64,1. 75a.2. 1026:166. 103':66,3. 79 a. 10. 103- : 173. 1033:2. 115 a.2
1034 : 166. 1041:62. 81,1. 1042 : 155. 181. 1043 : 4. 82«. 1044 : 135. 105'
7.114,1. 1052:130. 1053 : 53 a.3. 82 a.7. 1054:130. 1055:130. 106': 7. 90
1062:126. 1063: 32. 93. 1064:161. 107' : 57 a. 1. 97 a.l. 1072 : 126. 1073
65 a.4. 82c. 1074 : 163. 108 1 : 19. 91. 1082:120. 10S:J: 126. 108 4 : 64, 4. 84 a.2
1085:176a.2. 1091 : 6. 82 a.4. 109 2 : 132. 1093:7. 81,1. 1094 : 161. HO1
3.103,1. HO2: 126. 1103 : 3. 71 a.2. HO4 : 127. 1105:64,3. 75a.3. HO6
126. 1 10 7 = 108 3. HO8: 126.
Hl1: 66, 1. 93. lll2 : 127 a. Hl3 : 127 a. lll4 : 2. 94. lll5 : 184.
112l-3 = lll1-3. 1124:68, 2. 82a.7. 1128:131. 1131 : 31. 92b. 1132:126.
1133:2. 79«. 1134:142. 1141~3= Hl1"3. 114* : 57, 2. 81a. 1. 1145:126.
1151— 3 = lll1—3. 1154:15a.5. 92b. 1155:127. 1161^3 = lll1"3. 1164 : 55.
81,1. 1166:158a. 116° : 16 a. 1. 81, 1. 1167 : 130. 1171 : 4. 81, 1. 117- : 153.
1173: 6. 98. 1174:136. 118 1-3 = Hl1-3. 1 184 : 8 a.2. 93. 1185 : 127. 1186:
20. 79c. IIS7: 126. 1191-3 = lll1-3. HO4 : 55. 92 a.4. 1195 : 142 a. 1.
1201— 8 = lll1—3. 1204:53. 114a.3. 1205 : 156. 120G:6. 82s. 1207:129.
1211— :i = lll1—3. 121*: 2. 81,1. 1215 : 149. 122' : 16 a.l. 81, 1. 1222:
153. 1223:58. 82c. I224:153a. 123' : 5 a. 1. 78 a. 1. 1232 : 126. 1233:2.82e.
1234 : 143b. 1241-3 = lll1-3. 1244 : 64, 5. 85, 2. 1245 : 130. 1246 : 126.
1251— 3 = lll1—3. 1254:48. 78. 125 5: 127 a. 181. 125 6 : 64 a.5. 79. 1257:155.
1261-3 = 1111-3. 1264:58a.l. 82. 1265:145a. 1271— 3 = lll1—3. 1274 :
57,2.81,1. 1276 : 141. 1281— 3 = lll1-3. 1284 : 53. 92 a.2. 1285: 2. 82c.
1286:131. 1291-3 = 1111-3. 1294 : 26. 102 a.5. 129B:144. 1296:5a.l. 97.
1297: 137, 1301— 3= lll1—3. 130*: 48. 97 a.3. 1305:38. 82°. 1306 : 16. 75, 2.
DIE RHYTHMIK DKS L.lnDHAHATTR
499
1311— 3= lll1— s. 1314 :15 a. 5. 102, 3. 1315 : 154. 1321 : 43 a. 1. 84a.l.
132 •: 139. 132": 21. 75a.4. 1324:142a.l. 1331— 3 = lll1—3. 133 4 : 19. 102, 3.
1335:139. 1336:25. 73 a.2. 133 ': 182. 133S:182. 133 9: 163. 1344-3 =
lll1-3. 1344:3. 88a. 1345:173a.2. 1351 : 55 a.2. 78. 1352:156. 135;;:55.
82. 1354:149. 1361"3 = lll1-3. 1364:58a.l. 82a.7. 1365:64,3. 75,1.
1366:43. 102, 1. 136 7 : 66, 3. 113, 1. 136s : 43 a.l. 75, 2. 1369 : 132. 1371 : 25.
79. 1373 : 133. 1373 : 55 a.2. 106. 1374 : 126. 128. 182. 1381 : 55 a.3. 114, 1.
138- : 153. 1383:8. 88b. 1384 : 152. 1385:28. 78. 1386:128. 1394:15a.5.
81,1. 139-:182. 139 3 : 29. 103, 1. 1394:155a.l. 140 4 : 51. 84 a.2. 1402:
133. 1403:20. 79 c. 140 4 : 155.
1411 : 3. 89. 141-:162. 14P:4. 101,2. 141* : 127. 1421:5a.l. 79c.
142- : 153. 1423:153. 1424 : 135. 161. 1425:144. 1431:5182°. 143 2 :153 a.
143:!:65a.l. 1434 : 155. 1441:65a.l. 114a.6. 1442:66a.4. 114a.6. 1443 :
65 a.l. 114 a. 6. 1444:65a.l. 115,2. 1454:66a.3. 91 a.2. 145?:129. 1453:
8 a.2. 93a.4. 1455 : 19. 78 a.5. 1456 : 25. 81, 1. 146x:8. 84b. 146 - : 152. 181.
1463:65,4. 83, 1. 1464:143b. 1471 : 3. 84\ 147':139. 1481 : 64, 5. 97. 148'-:
157a.2. 1483:3. 93. 1484:132. 1491 : 64, 5. S2e. 1492:155. 1493:55. 79.
1494:130a. 149 5 : 126. 181. lSO'^ö. 84 a 1. 1502:130. 1503:50. 79.
1504: 145.
15P:ü4, 5. 81 a.3. 151': 161. 151* : 58. 81, 1. 1514 :145 a. 1521:64,5.
82a.l0. 1522:155. 152 3 : 50. 79 a.2. 1524:130. 1531 : 64, 5. 78. 1532:180.
1533:58. 79c. 1534 : 126. 154':64a.4. 81,1. 1542 :141a. 1543 : 2. 106.
1544:135. 1551 :64 a. 4. 93 a.l. 1552:126. 1553:58. 82c. 1554 : 155. 1555:
155. 1561:67,3. 95a.l. 1562:155. 1563:20. 84b. 1564 : 126. 15G5: 126.
1566:131. 1571:64,5. 95a.l. 1572 : 126. 1573 : 55. 79. 1574 : 166. 1575 : 182.
l^-.&i^S. 91a.l. 1582:126. 1583 : 4. 93 a. 1. 15S4 : 131. 159 4 : 67, 3. 82 a.4.
159-M30. 159": 4. 81,1. 159 4 : 169. 1601 : 67, 3. 93. 1602:130. 1603:64,5.
79c. 1604 : 126.
1614:67,3. 83 a. 16P : 150. 1613 : 4. 103, 1. 1614:142b. 1621 : 67, 3. 95.
1622:144. 1623:2.91. 1624 : 155. 162 5 : 37a. 4. 88 b. 182. 1626:182. 1634:67,3.
75a.2. 163?:155. 1633:2. 78. 1634:139. 163 B : 14 a.3. 81, 1. 1636:182.
Ket51:29. 82. 52:139. 53 :5a. 81,1. 54:156.
14*: 29. 79 a.2. 142:150. 143 : 10. 82c. 144 : 156. 171 : 29. 82 a.8. 172 :
177. 173 :31a. 71 a.l. 174 : 130. IS1 : 54 a.l. 114 a.5. 182:154. 183:43a.3.
113,1. IS4 : 154. 19*:2. 82a.4. 192:126a.2. 193 : 55 a.l. 87. 194 : 162.
294:3. 79. 292:135. 293 : 47. 82 a.4. 294 : 126. 30 ': 54 a.l. 102 a.5.
30'-: 130. 303:6. 81,1. 304 : 132.
31x:3a. 114 a. 7. 312 : 139. 313 : 53. 81 a.l. 314 : 135. 321 : 5 a.l. 114 a.7.
322:169. 323:55. 83,1. 324:130a. 33x:3a. 116. 332:142a.2. 333:15a.l.
82. 334:132. 341 : 2. 81a.l. 342 : 149. 343 : 62, 1. 82c. 34' : 141.
Ls l':3. Sla.l. l2:153a. I3 : 28. 92. I4 : 153. 24:15. 113,2. 22=14. 23:4.
81a.l. 24:183. 3':2. lUa.l. 33:149. 33:2. 82 a.4. 34:135a. 41:8a.2.
114a.l. 42-=32. 43: 4. 97 a.2. 44 :136a. 5*:3. 82c. 52:153. 53:6. 93a.l.
54:182. 61: 55. 114,1. 62:126. 63:4. 93. 64 : 155. 71 : 24. 106. 72 : 182.
73:57,5.82. 74 : 182. 8':57,5.82. 82:126. 83 : 22 a.l. 82c. 84:130. dl:S.
94. 92:130. 93:2. 75a.2. 94 : 141. lO1^. 93. 102:126. 103 : 37 a.2. 107.
104 : 126.
500
GERING
ll1 : 2. 102, 1. II2 : 177. ll3:59a.2. 78. ll4:152a. 121:2. 93a.l
122:180. 12 3: 2. 74,2. 124:l26a.2. 131:43. 93. 132 : 155. 133 = 23. 134
155. 13 5: 144. 141:64a.2. 81a.l. 142 : 130 a. 143 : 55. 82a.l. 144 : 132
93a.l. 152: 170. 15": 57,1. 93. 154 : 158. 161:57a.2. 114a.5
163 :35 a. 2. 107. 16* = 104. 171 : 4. 113, 1. 172:180. 173:16. 91
18': 4. 107. 182=104. 18;!:4. 105. 184 : 131 a. 19
19": 57,1. 81,1. 194: 168. 201:4. 103,3. 202:131. 20:
21. 79.
2. 81, 1.
151:5a.l
162:161.
174:149.
192 = 52.
204:163.
211 :57 a. 2. 89. 212:142a.l. 213 : 15 a.4. 82 a.4. 214 : 152 a. 224:4
113,3. 222:130. 223 : 55. 75 a.4. 224:147. 23 l : 57 a. 3. 75 a.4. 232 = 224
23 3: 55. 94. 234:180. 235:151a.2. 236:168a.2. 241 : 28. 114, 4. 242 : 139 a
243:2. 75a. 6. 244 = 236. 251:12. 79. 252:12G. 253:21. 94. 254 : 121
261:57,1. 101,3. 262:124. 263 : 16 a.2. 82. 264:131. 271 : 64, 1. 114a.l
272 : 126. 273:3. 79 c. 274 :142 a. 3. 28 l: 65, 4. 75 a.2. 28 2: 155. 283:55
75 a.2. 284:130. 29 P 57 a.2. 81,1. 29 2: 155. 293:56. 93a.l. 294:130
301: 4 102,1. 302:145. 30:! = 23. 304:157a.l.
3P:3. 97a.l. 312:153. 313:5a.2. 87. 314 : 155.
135. 323:36. 93. 324:151a.3. 331:29. 93 a.2. 332:
334: 151. 341 : 57, 1. 115 a.2. 342 : 130. 34:i : 54. 98.
93a.l. 352 = 342. 35s : 59, 2. 79 a.6. 354:151a.2. 36
151. 363:15. 81,1. 364:148a.2. 371 : 55. 93. 372 : 126.
136. 38 *: 57,1. 113,3. 382:152a. 383:3.79d. 384:148.
126
39 2
84a.
126.
404:
4P:
422:135.
64, 1. 87.
45P3. 82
65 a.2. 79 a.4. 39^
401:57, 1. 82
321:4. 101,1. 322:
127. 333:8a.2. 82c.
344: 161. 35': 57, 3.
:55 a. 3. 79 a.2. 36 -' :
373:3. 89. 374 :
57 a. 3. 91 a.2.
137. 40 3: 2.
39 J
40*
39 ;
153.
3.103,1. 412:130. 181. 4P : 55 a.3. 90 a. 4P : 126. 42P2
423: 15 a.4. 75, 2. 42 ' : 127 a. 43 i : 64, 1. 114a. 9. 432:146.
434:141. 441: 4 a.2. 82. 442 : 166. 443 : 19. 93. 444 : 130
c. 452:153. 453:66, 1. 97. 454:155. 46 P 4. 113,3. 46 ''
92b.
43 3:
181.
: 127.
463:38. 72,2.
474:141. 48'
49'-': 130. 493:25a.l.
503:55. 93a.l. 504:
5P:65, 1. 93a.l. 5P
142 a.l. 52P48. 82 c.
130. 541:2. 91 a.2.
82.
49'
464:130. 471: 57 a.2. 93 a.l. 472 : 130 a. 132 a.3. 473:29. 78.
8a.l. 115 a.2. 482:139. 483 : 57, 2. 93. 484:167. 49P57a.2.
114a.l0. 494:126. 501 : 65 a. 1. 114 a.10. 502 =
131.
: 131. 5P:30h. 79°. 5P : 124. 521: 12 a.2. 114a.ll.
524:126. 53P51. 95. 532:155. 533 : 4 a.2. 84b.
54- : 130. 54' : 55. 92 a. 3. 544 : 156. 545 :176 a. 3.
2. 93a.l. 55": 155. 553 : 58. 78 a. 1. 554:153. 50':4. 101,3. 562 = 322.
10. 82d. 5ö4 :130 a. 571:8al. 97. 57- : 130. 57:! : 55. 81 a.l. 574: 142 a.3.
55.97. 582:145. 5S3 : 64 a.3. 97 a.l. 584 : 172. 591 = 571. 592 = 572.
55 a.2. 90. 594:128. G01:12. 81,1. 60- = 25'. 603:66, 3. 115 a.2.
163 a.3.
6P = 571. 6P — 572. 61 !: 3. 82 a.4. 6P : 137. 62P41. 106. 622:137.
623:2. 82d. 62':141a. 625:137a.2. 631 = 571. 632 = 572. 633:57,2. 94.
63': 166. 64': 3. 114 a.5. 642 : 126. 64:1 : 34. S8a. 644: 126 a.2. 65P64, 5.
81,1. 65-:130. 65 *: 57, 3. 81,1. 654 : 156. 651
Rfn P : 7 a. 114, 1. I2 : 130. P : 2. 82c. 1 ' : 161.
Rm l1 : 29. 81, 1. P:132a.2. 1»: 55. 81,1. P : 130.
23 :55. 97. 2* : 141. 31 : 44 a.l. 81, 1. 32:130.
I':(il. 79a. 10. 42: 149. 43 : 10. 81 a.l. 44 : 139.
139.
2':l2a.l. 114,5. 22: 132.
33:61. 79a. 10. 34:137.
6P50. 110. 62 :170 a.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 501
63:54. 82c. 64 : 139. 71 : 57, 1. 102, 2. 72 : 127. 73:2. 82d. 74 : 163. S1^.
88". 82:126. 8:!:43. 93a.l. 84:161. 9X:2. 82 a. 4. 9' : 153 a. 181. 93:
61.114,1. 94:161. lO^lOa.l. 84e. 102:155. 103:2. 88b. 104:120.
124:2.93. 12- : 130. 123: 59,2. 82c. 124:130. 191 : 51. 114, 4. 192 :153a.
193:31. 78. 194:130. 201 : 57, 3. 88b. 202=194. 203:2. 82a.4. 204 : 120.
2P:2. 82 a. 4. 212:155. 181. 213 : 55. 88 \ 21* : 153. 221:3. 75 a. 2.
22 - : 155. 22 3 : 2. 94. 224 : 142. 241 : 32. 81, 1. 242 : 126 a.2. 243 : 2. 98.
244:141. 251:57,2. 78. 252:126. 181. 25s:29. 79. 254:130.
Sd 21: 61. 102,2. 22:152. 23:10. 93. 24:177 34:2. 102,1. 32:173a.l. 33:
8.82. 34:141. 44:55a.2. 114a.2. 42:127. 43 : 8. 75a.2. 44 : 155. 61:
062. 93a.l. 62:136. 63:44. 102 a.5. 64:135. 71 : 66, 2. 82 a. 3. 7': 132 a.2
und 3. 73:15a,6. 79d. 74:136. 7S:2. 82a.5. 76:136. 81: 66,2. 81, 1. 82:
139. 8:,:15a.6. SSC. 84 : 139. 91: 66, 2. 82d. 92:161. 9:; : 14 a.6. 79rt. 94:
13ii. 95: 37 a.l. 92». 9,;:130a. 101 : 66, 2. 82d. 102:139. 10:! : 15 a.6. 79d.
104:161.
II1 : 66, 2. 83 a. 112:126. 113:55. 106. II4: 151. 115:28. 79c. II6:
139. 12*: 66, 2. 82d. 122:180. 134:55. 106. 132:126. 133:31.88b. 134:
160. 135:160. 14':19. 88b. 142:128. 14:!:161. 144:129. 145:139. 181:
66 a.2. 92 a. 1. 18 a: 137 a.2. IS3: 141. 184: 4, 2. 72,2. 18": 131. 1SC : 127.
19 4: 43 a.l. 102 a.5. 192:160. 193:160. 194:36. 87. 195:130. 19';:182.
197 : 153. 181. 204:3. 82 a. 4. 202:126. 203:57,3. 82. 204 : 131.
214:3. 82c. 212:132. 21!:56. 90. 21* : 153 a. 181. 221:64a.4. 91a.l.
22- : 155. 223:2. 92b. 224: 131. 231 : 64, 5. 82c. 232:167. 23 3 : 57, 2. 102 a. 7.
234:126. 24l : 64, 5. 81, 1. 242:132. 243 : 20 a. 2. 89. 244 : 130. 254:55. 93.
252:142b. 25:;:182. 254:126. 255:131. 256:55. 82 d. 257:142b. 261 :
64a. 4. 93. 262:130. 268:3. 79c. 264:130. 181. 271 : 10. 94". 272:131.
273: 65 a.5. 81,1. 274 : 139. 281 : 64 a. 4. 82c. 282:126. 283:55. 75,2. 284:
131a. 291: 64 a. 4. 82c. 292:153. 293:2. 94a.l. 294:158a. 30l : 57, 3. 79c.
302:156. 30 3: 57, 4. 102 a. 7. 304:159.
314:64a.4. 92b. 312 : 149. 31 ; : 3. 79c. 314 : 155. 321:64a.4. 84a.l.
322:139. 32 3: 2. 89. 324 : 161. 331 : 64 a. 4. 92b. 332:127. 333 : 35. 92 a.2.
33 4 :150 a. 341 : 2. 78 a.l und 2. 342 : 153 a. 343 : 4. 82 c. 344 : 139. 35 4 :64 a. 4.
92a.3. 352:155. 35:::130. 354:141. 355:55. 79c. 35ü:131a. 36J:4. 82c.
362:182. 36 3: 2. 114,5. 364:130. 37' : 66, 2. 82d. 372 : 153. 373 : 61. 84 a.l.
374:131.
Hon l1 :3 a. 75 a. 1. 1- : 126. I8: 15. 81,1. I4 : 153. 24:2. 114a.8. 22:136a.
23=ls. 24 = 14. 31: 57, 3. 103,1. 32:130. 181. 33: 58a. 1. 1031. 34:180.
41:21. 71. 42:170a. 4:! : 32. 82d. 44:141. 51:54. 84a.l. 52:149. 53:
22 a.l. 94. 54:158a. 61 : 30b. 87 a.4. 62:152. 63:2.89. 64:152. 74:44a.l.
114,4. 72:156. 7»: 4. 81,1. 74 : 166. 81 : 41. 82a.7. 82:155. 83:58. 89.
84:182. 94:50. 82. 92 = 82. 93:58. 79c. 94:144. 10x:2. 103,3. 102:
155. 103:155. 104:51. 82. 105:149.
ll1^. 82. II2: 139. II3: 36. 82. II4: 182. 121 : 55 a.3. 96a. 123:47.
93. 124:130. 134:4. 82. 132:130. 13 8 : 2. 79 a. 10. 134:149. 141 : 29. 79.
142:]26. 143:62, 2. 79-. 144 : 130. 154:6a.l. 94. 152:134. 161:64,5. 78.
162:136. 163:33. 81,1. 164 : 153. 171:29. 79('. 172 : 182. 173 : 20. 103, 3.
174 : 150. 184:3. 79-. 182 = 172. 18:1 : 20. 103, 3. 184:150. 191 : 44. 91 a.l.
502 GERING
19- : 157. 193:2. 94 a. 2. J94:149. 201:44. 81,1. 202:182. 203:58. 98.
204 : 130.
211:50. 108. 212:139. 213 :43 a.2. 87. 214 : 136. 221:2. 108. 222 =
212 223:8a.l. 79a.7. 22 4 : 161. 23»: 86. 73,2. 232:135a. 233:2. 8la.l.
234:156a. 241 : 7. Sla.l. 242 = 202. 243 : 58 a.l. 88c. 244 : 183. 25'=23l.
252 = 232. 25 3: 15 a.l. 82 a.2. 254:155. 26 l :48 a. 82. 262:130. 26 3: 3.
82c. 264:130. 271:48. 91. 272:183. 273: 44 a.2. 78. 274 : 139. 28*:64,4.
110. 282:149. 283:178. 284 : 64a.7. 79. 285:127. 291 : 4. 102 a.7. 292:
131. 293:55. 79 a.2. 294:155. 295:153. 181. 304:54a2. 82. 302:126.
30 3: 2. 94. 304:141.
31»: 67, 2. 115 a.2. 312:167. 313 : 28 a. 87 a.2. 314 : 3. 87a.3. 316:165.
324:19. 93. 322:130. 324:126. 331 : 3. 114 a.2. 33'-':155. 333 : 65 a.5. 81, 1.
334:130. 34» : 2. 102 a.2. 342:153. 343: 155 a.l. 344:55a.2. 71 a.2. 345 :
155. 346:155. 35 4 : 65,2. 110 a.2. 352:166. 35 3 : 64, 4. 81, 1. 354:126. 355:
126. SQ'-.M. 88 b. 36-': 155. 36 3 : 2. 81,1. 364:130. 365: = 262. 371 :
53a.2. 90b. 118. 372 : 171. 373 : 58 a.l. 110. 374 : 135. 38l : 66 a.4. 95. 382:
155. 38 3: 64, 5. 83, 1. 384: 173 a.2. 39 1 : 47. 90. 39 2 :161a. 39 3 : 4, 2. 72, 2.
394:130. 40l:2. 82c. 402:170. 40 3 : 33. 82 <". 404:153.
411: 5 a.l. 83a. 41- : 161. 413:37.88b. 414 : 156. 42»:2. 82c. 422— ' =
402-4. 431:55. 107c. 432:130. 433:2. 71. 434 : 169.
Sil1: 4. 81,1. I2: 126. I8: 31 a. 93a.6. I4 : 163. 21:55. 105. 22:131a. 23
55. 114a. 10. 24:159a. 34:2. 81,1. 32:166. 3a:2. 73,1. 34:183. 4'
55.117. 42:126. 43 : 2. 72a.2. 4':142. 51 : 55. 71. 52:150a. 53:55. 74,2
54:155. 61: 55. 81,1. 62:168. 6:):58. 79c. 64:176a.l. 71:2. 82d. 72
135a. 73: 15. 107. 74 : 174. 84:2. 78. 82 : 127. 8:!:5. 79e. 84:129. 91
4.115,2. 92:163. 9:!:5. 115,3. 94 : 141. 101 : 11. 79 c. 102:174. 103:5.
81,1. 104:156.
II1: 5. 115, 2. ll2:163a.2. 113:5. 79c. 114:142. 12»:5. 81,1. 122;
130. 12a : 55. 82d. 124:144. 13»:5. 79. 13 2 : 183. 133:30. 89. 134:130
14':10. 79c. 14- : 155. 14:! : 15. 79. 144:139. 15»:10. 79. 152: 127. 153:
29.75,1. 154 : 159. 161 : 2. 115,2. 162:140. 163:2. 79a.7. 164 : 126. 171
66,4.115,3. 172:155. 173 : 58. 106. 174:174a.3. 18 » : 11. 79c. 182:139,
183:3. 82e. 184:130. ld'-.U. 81,1. 192:151. 193:57,3. 71. 194 : 171
201: 57, 3. 102 a.l. 202 :160 a. 203: 4 a.2. 114, 3. 204:130.
211:5. 78. 212:137a.l. 213:2. 88c. 214 : 137 a.2. 221:28. 79c. 222:
163a.2. 223:5. 80. 224:141. 23':5. 79t'. 232:159a. 233:4,2. 78. 234:
126. 24» : 55. 78. 242:149. 243: 30. 82 a.4. 244 :131a. 25': 65, 1. 71. 252:
153a. 25": 54. 81,1. 254:120. 261 : 55. 81, 1. 262:132a.2. 263:2. 82d
264:131. 27,:15. 79c. 272 : 149. 273 : 55 a.l. 106. 274 : 139. 28» : 57, 2. 102,2
282:161. 283:41. 78a.l. 284:173. 291 : 55 a.2. 71. 292:166. 293:3. 114,1.
294:126. 30': 66 a.l. 82 a. 6. 302:126. 303:2. 90. 304:139.
3P:2. 81,1. 312: 135. 313: 57, 2. 78 a.l. 31' : 131. 32»:47. 88". 322;
157. 32:i:57,3. 88b. 324:131a. 331 : 15 a.l. 78. 332:126. 333:30. 79^,
334:131. 34': 55. 82c. 342:179. 34:! : 2. 82'1. 344 : 157. 35 !: 2. 82 a.4
352:163. 35 3: 62. 79'-. 354:152a. 36' : 55. 102, 2. 362:130a. 36:!:58. 108,
364:156. 37» : 55. 93. 372:126. 373:3. 91. 37l:130. 38»:2. 82a.5. 382
126. 38;,:2. 82p. 384:135a. 39' : 55. 102, 1. 392:173. 39:i : 19. 114 a.5,
394:155. 40 »: 55. 102,2. 402:137. 403:50. 79c. 404:126a.l.
DIE RHYTHMIK DES LJODHAHATTR 503
4P: 55. 101, 3. 4P:135a. 413:55a.2. 71. 414:126. 42 l: 55. 102,2.
42*: 141. 423:15. 114,2. 424:126. 431:55. 115,3. 43 2: 130. 433:20. 108.
434:130. 441: 55. 102,2. 442 = 402. 443:55. 93. 444:139. 45 ': 55. 102, 3.
45 2: 144. 45 3: 66, 3. 73. 454:178. 46* : 65,1. 108. 462:126. 46:!:55a.3. 71.
464:163. 471:2. 82. 472 : 149. 473: 53. 87 a. 4. 474 : 135. 48 l :57 a. 5. 78.
482:149. 483:37a.3. 107. 484 : 130. 181. 49x:2. 78. 492:155. 493:55.
81,1. 494:126. 501:49. 81,1. 502:130. 50*: 55. 81,1. 504 : 153.
5P:15. 90c. 512:157. 513:55. 93. 514:160a. 52J:4. 82a.4. 522
152. 523:4. 82d. 524:176a.l. 53':15a.l. 79a.3. 532:176a.l. 533:2
75,1. 534:173a.3. 541 : 66, 1. 107. 542 : 123. 543 : 4. 75a.2. 544 : 130. 551
55. 82c. 55- : 161. 55 3 : 61. 81, 1. 554:139. 561 : 66, 1. 107. 562:161. 563
2. 84a. 564:161. 57l:53. 101,2. 572:175. 573:2. 103, 1. 574 : 130. 581
2. 82d. 582:155. 583:2. 84c. 584:130. 594:55. 79d. 592:149. 593:6.
93a.l. 594:130. 601 :55. 75 a.2. 602:183. 603:2. 82a.l. 604:155.
Ol1 :55 a. 2. 89. 612 : 131. 613:2. 82. 614:155. 62 1 : 55 a.2. 102,1.
622:139. 623:65,4. 78. 624:154. 631:55a.2. 79c. 632:127. 633:5. 75a.5.
634:141. 641: 55 a.2. 75,1. 642:126. 64* : 2. 81,1. 644:155. 65* : 55 a.2.
87. 652:130. 653:53. 75, 2. 654:155. 66 ': 55 a.2. 88 c. 662:130. 66:::2.
90. 664:155. 671 : 55 a.2. 87. 67- : 130. 673:2. 78. 674:130a. OS1^. 82c.
682:149. 6S3:2. 75, 2. 684 : 131. 691 : 55 a.2. 87. 692:156. 69:! : 2. 82 a.l.
694:155. 701: 55 a.2. 79. 702:174. 703:25. 78. 704 :127 a.
711:55a.2. 87. 71- : 156. 713:55. 79. 714:130. 72 »: 55 a.2. 75,1.
722:126. 72s:2. 92c. 724:155. 731:2. 93. 732:130. 733:2. 79d. 734:
126. 74' :2.82 a. 4. 742:129. 743: 2. 78 a.2. 744 : 130. 751:22. 111. 752:130.
753:3. 119. 754:135. 761:10a.l. 82a.l0.
764:130. 771:55. 82 c. 772 : 182. 773:2. 89
782:151. 783:55. 81 a.l. 784:161. 79x:2
794:164. 801:2. 89. 802:155. 803:2. 79e.
811: 2. 93 a.l. 812 :156 a. 813:55. 79c
167. 82:i:55. 79. 824:153a. 83':10.82d. 832:135a. 833:2.82°. 834:183.
Vm lx:50. 92b. 12:160. ls: 10. 82a.7. I4: 151 a.l. 21: 2. 82a. 4. 2-': 182.
23:22a.l. 91a.l. 24:149. 31: 55. 102,2. 32:130a. 33:65,4. 87. 3*:153a.
41:57,2. 73a.l. 42:127. 43:57, 5. 82 a. 4. 44 : 130. 51:2. 115,3. 5- : 151
53: 23. 97 a. 4. 54:155. 61 : 43 a.2. 93 a.l. 62:150. 63:66a.3. 93. 64 : 167,
71:29. 79. 72:126. 73:55a.3. 114,1. 74:141. 8l:6a.l. 82a.4. 82:130
83:54. 79d. 84:151a.2. 91: 8 a.l. 114a. 6. 92: 127. 93:2. 79d. 94:128,
101: 65, 3. 81,1. 102: 131. 103:48. 82a.4. 104:177.
II1 :8a. 2. 82. II2: 130. 113:34. 78. II4: 155. ^MIO. 79. 122=114
123:55. 99. 124:134. 131-,= 111-". 133:34. 78. 134:155. 141 : 10. 78,
142 = 134. 143:62,2. 83. 144 : 131. 151-2 = 111-2. 153:34. 85,2. 154:153,
181. 161:48. 85,2. 162 = 154. 16s:54. 94. 164 : 126. 171-2=111-2. 173
34.83. 174:127. 181 : 65 a.l. 83. 182 = 174. 183:2. 81a.l. 184:155. 19l:
55a. 3. 115 a.2. 192:142b. 193:2. 82. 194:155. 20l:4a.2. 82c. 20':151
20:,:21. 90. 204:130.
211:30b. 79e. 2l2:126. 181. 213:4. 114a.l0. 214:126. 181. 22':3
82c. 222=202. 223 :24a. 93 a.l. 224:182. 231:13a.2. 82L'. 232:150
233:54. 82. Z34 : 156. 241 : 4 a.2. 82r. 242 = 202. 243 :21. 93 a.l. 244 : 182
251:6. 93. 25':139. 258:55. 93. 254 = 234. 261 : 4 a.2. 82c. 262 = 202
76 2: 126.
76s:2a. 115 a.3
774:151.
78 l: 57,2. 114,1
79c. 792
155. 793:10. 76
804:155.
814 : 130.
82 »: 2. 79°. 82 2
504 GERING, DIE RHYTHMIK DES L.IÖDHAHATTR
263:21. 90. 2G4:155. 271 : 6. 82c. 272 : 166. 281:4a.2. 82e. 282 = 202.
28:i:19. 88c. 284 : 156. 291:10. 84\ 29= : 151. 293:53. 89. 294:149. 30l:
4 a. 2. 82 c. 302 = 202. 30:!:30. 82 c. 304 = 20'.
311 : 15. 93. 31- : 139. 313: 15. 82c. 314:151. 321 : 4a.2. 82c. 32- =
202. 323:25. 79c. 32 4 : 142. 331 : 15 a.2. 91. 332:155. 333:2. 79d. 334:179.
341 : 4 a. 2. 82 c. 34- = 20 2. 343 : 20. 79. 344 : 1 66. 35 4 : 1 0. 84b. 35 2 = 29 -'.
353:21. 82d. 354 : 130. 361:4a.3. 82c. 362 = 202. 363:21. 93a.l. 364:
132. 37': 6. 96b. 372 : 127. 373:28. 90. 374 : 155. 381:4a.3. 81,1. 382:
149. 383:21a.l. 79a.8. 38*:4. 91. 385:141. 39':30. 94. 392:176a.2.
393:19. 93. 394:130. 401 : 43 a.2. 82c. 402 = 202. 403:69. 404 : 126.
4P :43. 114,1. 412 = 404. 4P : 2. 83. 414 : 142. 42]:4a.2. 81,1.
422 = 382. 423:15. 79c. 424:154. 425:149. 431 = 423. 432:126. 43':
139. 434:4. 75a.5. 435:134. 441-* = 31-*. 443 : 30. 81 a.3. 444 : 130. 451:
44.82°. 452:161. 453:2. 94. 454:141. 461-2 = 31-2. 463 : 57, 1. 79d. 464 :
141. 474:2. 89. 472:132. 473:2. 88a.l. 474:126. 481-2 = 31-2. 48 3:
4a.2. 97. 484:180. 491 : 54. 93. 492:155. 493 : 11. 81a.l. 494:132.
501-* = 31-". 503:64a.4. 107. 504 : 139.
5P:5. 93. 512=504. 513:4. 79d. 514:156. 5212 = 31-2. 523:2. 89.
524:130. 534:53. 79c. 532:130. 533:2. 78. 534:126. 54,-2 = 31.8. 543:
64, 5. 115 a.2. 544 : 130. 551:48a. 94. 55 2 : 131. 553:2. 85,2. 554:126.
181. 555:3. 99. 55 6: 168.
Berichtigungen und nachtrüge.
/// den Vorbemerkungen, absatx3, xeile 10 füge ein: verse mit alliteration
auf der ersten und dritten heb/mg mit 1. 3.
§ 16 füge am Schlüsse (hinter Fj253) hinzu: (ß) ok vif) hat et hribja Hov 130u.
§ 66, 5 lies: leibum.
§ 71, xeile 4 lies 122 statt 117.
§82, anm. 4, x. 12 füge ein (nach Hqvlh1): ef skalk [ek skalj fyrba libi
Hov 159'; ebenda x. 19 füge ein (nach Sl 24'%): bykkjumk [bykkir ek] skotmim
vesa Hl l1.
Zu den quellen des ljoÖahältr ist noch ein in der Flörents saga (FSS 2043y
überlieferter visuhelraingr xu rechnen, den Cederschiöld (FSS s. XIV) /rot mit un-
recht als eine halbstrophe im fornyröislag ansieht:
deyr dugga, bot i dali skribi,
bäs oll 'ru erlqg farin.
Die langxeile (F1A-C1) ist in den §§53 und 92 b nach: ut ragen , die rull-
xcile (BA2L) in § 123.
KIEL. H. GERING.
MENSIKG. BEITRÄGE ZUR NIEDERDEUTSCHE!* SYNTAX 505
BEITRÄGE ZUR NIEDERDEUTSCHEN SYNTAX.
1. dede in irrealen bedingungssätzen.
Die eigentümliche Verwendung des conj. praet. von tun in irrealen
bedingungssätzen in der bedeutung gäbe es nickt, wäre nicht vorhanden
ist in dieser Zeitschrift mehrfach erörtert worden (vgl. 16, 374; 23, 41.
293; 24,41. 43. 201. 504; 25,431). Nachdem zuerst nur beispiele
aus dem frühen nhd. bekannt geworden waren, habe ich Zs. 26, 533 fg.
durch zwei stellen aus Gerhard v. Minden den gebrauch als ursprüng-
lich niederdeutsch gekennzeichnet, und Leitzmann Gerhard v. Minden
s. 284 ist mir unter hinzufügung anderer mnd. beispiele darin beigetreten.
Aus mitteldeutschen quellen, namentlich Hansens Marienliedern und
dem Kai) meinet, hatte schon Dittmar im ergänzungsbande dieser Zeit-
schrift s. 227 fg. beispiele nachgewiesen. Eine erklärung versuchte zu-
erst Erdmann Zs. 23, 41 fg. Seine ausführungen sind beachtenswert,
treffen aber nicht überall den kernpunkt der sache. Unzureichend ist
die erklärung Heynes im D. wb. 3, 971. Es lohnt sich die frage noch
einmal im zusammenhange zu erörtern, zumal da mir jetzt aus meinen
Sammlungen reicheres material zu geböte steht, das die entwicklung
meines erachtens mit ziemlicher klarheit zu übersehen gestattet. Da der
zu behandelnde Sprachgebrauch fast allen herausgeben! mittelnieder-
deutscher denkniäler unbekannt geblieben ist, so wird dabei auch einiges
für die erklärung und kritik der texte abfallen.
Ich unterscheide drei stufen der entwicklung.
I. Das verbuni tun ist das allgemeinste, unbestimmteste, farb-
loseste wort zur bezeichnung einer tätigkeit. Es wird daher seit alters
sehr häufig angewendet, um da, wo die nötigung vorliegt, einen eben
ausgedrückten begriff nochmals auszudrücken, zur Vermeidung schwer-
fälliger widerholung und anstössigen gleichklangs für ein anderes voraus-
gehendes verbum einzutreten. Dieser ersatz jedes beliebigen verbums
durch tun ist in der älteren spräche in mannigfachen, heute zum teil
verlorenen formen entwickelt. Ich gebe belege aus dem Heliand und
dem mnd. und füge zur vergleich ung ein paar mhd. stellen an (vgl.
Mhd. wb. 3, 142). Die beispiele lassen sich beliebig vermehren.
Das wort tun dient zunächst als ersatz solcher verba, die eine
tätigkeit im engeren sinne bezeichnen, gleichviel ob diese rein für
sich allein ausgedrückt oder zu einem object in beziehung gesetzt oder
durch eine adverbiale bestimmung eingeschränkt wird. Folgende fälle
lassen sich unterscheiden.
ZEITSCHRIFT F- DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXXIV. 33
50G MENSINÖ
1. Ersatz eines verbums, das keine nähere Bestimmung irgend
welcher art bei sich hat. Hei. 4364 (Heyne) so humid the dag the
latsto, so sama so thiu flöd deda cm furndagun. Schachb. 5839 (Schlüter)
so ne utoghevi se nicht wedderkeren also ivol dort de eddelen heren. —
Walth. 70,8 in gesach nie tage slichen so die mtne tu out. Wig. 5380
wander doch nicht genesen kern, zwar, er tuot.
2. Ersatz eines verbums, das ein objeet bei sich hat.
a) Das objeet ist bei tun erspart. Hei. 322 lest/' thu inka ivinitreiva
ford so thu dädi. Eneit 617 sprdket ir sie? ja tvir ddden. 620
meinet sft so? ja si doet. Schachb. 4701 vorterck he syn gud
edso vil mennich clore dut. Vgl. AH. 96. Iw. 2470.
b) Das objeet ist bei tun ausgedrückt und zwar in demselben
casus, den das ersetzte verbum hat. Das objeet kann sein
a) Accusativ. Hei. 3565 neri üs af thesaru nödi so thu ginoge
dös. Dodesdanz 849 (Baethcke) o here erlose mi alse du deckst
den hilgen Heliam. Schip van Narr. 5984 (Schroeder) he straffet
unsz atze eyn vader doet sine kint. Korner (Germ. 9, 277,28)
se smededen de zelen mit gloinghen hameren, also de srnede
dat iseren dön. Vgl. Iw. 5108 kern Qaiveinen minn ich : ich
weix wol, also tuot er mich. Walth. 35,19 u. o.
ß) Dativ. Hei. 3440 nu ni gibis thu üs skattes than mer thie
thu them öctron duos. Eberh. v. Gandersh. 1521 (Weiland)
nu ne mochte ok ein koning luden bat bevallen clemie he tivar
deck beide armen und riken. Schip v. Narr. 1910 den wisen
levet (= ist lieb) eyntvoldicheyt ; den gecken dat so nicht enckit.
Schachb. 3048. 3118. Mnd. ged. ed. Lübben 11, 30 dat du gyffst
alle iaer in dynen hochtyckn den hillighen licham, de des synt
iverdich, unde en tust de des synt untverdich. Vgl. Iw. 4260
dö halft ir mir von sorgen: also tuon ich iu morgen. Iw. 139.
Wig. 1974.
/) Genetiv. Hei. 1972 so hwe so min than farlögnid liudibarno,
so dorn ik is an himile. Im mnd. ist mir kein beispiel auf-
gestossen. Vgl. noch Iw. 1379 si gerten sins tödes alsam der
wolf der schafe tuot und Benecke z. d. st.
ö) Substantivuni mit praeposition. Schip v. Narr. 1809 do
dachte eyn up de flasscheti mere dan he deck an dat evan-
gelium (mit leiser änderung der construetion). Vgl. Nib. 1654
si warte nach den mägen, so vriunt nach friunden tuot.
3. Ersatz eines verbums, das durch einen adverbialen ausdruck
näher bestimmt ist. Hei. 2627 quad, that luttiles hivat so hoho afhöbi,
BEITRÄGE ZUR XlKDKRDEÜTSCHEN SYNTAX 507
so dttot himilriki, wo das adverbium bei dön erspart ist. 972 nu
kumis thu the minero dupi , skolde ik te thinero duan. Eberh. v. Gaüd.
428 dat se vor anderen chsterjuncvrowen lüchten, so de sunne vor
den klenen sternen duot. Vgl. Wig. 1227 in einem jare wuohs ex wie
dan ein ander% in xwein tuo.
Nichts beweist deutlicher, wie gering der inhalt des begriffs tun
in dieser anwendung ist, als die in den angeführten beispielen zu tage
tretende anpassungsfähigkeit an die construction des vorausgehenden
verbums. Das wort tun erscheint oft mehr als eine äusserliche stütze
des satzbaus denn als ein lebendiges glied und ein unentbehrlicher be-
standteil der rede. Namentlich in den zahlreichen vergleichenden sätzen,
die durch also und ähnliche conjunctionen eingeleitet werden, könnte es
nicht selten fehlen, ohne dass nach unserem gefühl dem sinn irgend
ein abbruch geschähe.
Ferner aber kann tun auch als ersatz dienen für verba, die einen
zustand, eine ruhe ausdrücken; der begriff des „tuns" ist dann ganz
aus ihm geschwunden. Im Hei. finde ich kein ganz sicheres beispiel,
wol aber im mnd. und mhd. RV 159 stunde he also in des koninges
love so alse gi dot. Dodesdanz 976 (Baethke) na gelde unde na gude
steit al min mot , likeuise der katteu na der muse dot. Vgl. Lampr. AI.
4546 (AVeismann) der Möre lach da vile tot; so tetiz ouch der Griechen.
Nib. 1944 ich gesuch nie videlaere so herliche stän also Volker Mute
hat gedän.
Von hier aus ist es nur noch ein kleiner schritt, das verbum tun
auch für das inhaltloseste und allgemeinste wort zur bezeichnung eines
zustandes, für das einfache, nicht näher bestimmte, reine sein zu setzen,
so dass es die bedeutung dasein, vorhanden sein, existieren gewinnt.
So ergibt^sich die möglichkeit einer satzform wie dieser:
ein tgranne mannich were
over den armen, en dede ein here.
Vgl Gerh. v. Mind. 114, 22. Mitgewirkt hat auch hier gewiss das streben
nach Wechsel des ausdmeks und nach Vermeidung ungeschickter wider-
holung. Dieser gebrauch von dede für were inuss sich dann in dieser
bestimmten satzart festgesetzt und eine formelhafte geltung gewonnen
haben, sodass es nun auch nach jedem beliebigen anderen verbum in
der einmal ausgebildeten bedeutung gebraucht werden konnte. Eine
natürliche folge der historischen entwicklung ist es, wenn dann neben
dem einfachen praeteritum mit präsensbedeutung für den in die Ver-
gangenheit verlegten irrealen fall die sog. plusquamperfectumschreibung
en hadde gedän auftritt.
33*
508 MENSTNG
Ich gebe nun für diese stufe der entwicklung die belege. Wenn
bisher als ältester zeuge dieses gebrauches Gerhard v. Minden (um 1400)
gelten musste, so kann ich die fügung jetzt schon anderthalb Jahr-
hunderte früher belegen, nämlich aus Bertholds von Holle Crane, der
zwischen 1250 und 1260 anzusetzen ist. Es ist bekannt, wie stark die
niederdeutsche färbung in den werken dieses dichters ist. Vor Gerhard
fällt auch die gleich aufzuführende stelle aus Hermann v. Fritzlar, dessen
heiligenleben um die mitte des 14. jhs. verfasst ist und ebenfalls starke
spuren niederdeutschen idioms aufweist.
1. Einfaches Präteritum: clede.
a) der bedingende satz folgt dem bedingten:
Crane 3988 (Bartsch) dit riche were im gar genomen, i% in-
dede üwes herxen manheit, die den van Sconfe hie irstreit.
Hermann v. Fritzlar, Dtsche myst. 1,45,29 (Pfeiffer) her (Jesus)
heixit ouch ein gedang des vaier; da% ist durch die inwonunge
di her hat in dem vater; wem dikeine gedanc enmochte gedang
gesin, int et e daz, des gedanc ist.
Stephans schachbuch 5131 we mochte des koninges voghet bestan,
en dede de gude ackerman, de eme moet werten kost unde spise.
Schlüter im Glossar (Norden 1889) s. 20 erklärt dede fälschlich
durch arbeitete.
Laiendoctrinal (ed. Scheller, Braunschweig 1825) s. 9 der stemme
lud ne brockte neu undersched ut, ne dede de hinge. Diese
stelle ist wie alle übrigen aus dem Laiendoctrinal wörtliche Über-
tragung aus dem mittelniederländischen, worüber unten mehr;
vgl. Die dietsche doctrinale (ed. Joenckbloet s' Gravenhage 1842)
1, 178 en dade die thonge.
I>) der bedingende satz steht vor dem bedingten:
Valentin und Namelos 1839 (Seelmann) se hat ein serpentelin,
dat is stark, schone unde fin, en dede dat, so ivolde ik se mit
ivalt wol winnen, de jnnkvrowe balt. Auch Seelmann trifft hier
in der anm. z. d. st. nicht ganz das richtige.
Guido v. Alet, Nd. Jb. 13,95 (prosa) endeden de bede Marien
unde anderer hilgen, de truiveliken vor uns bidden, god de en
legte nicht ungewroken de sunde.
Laiendoctr. 5 en dede sprake, so bleue gedan ivipheid forborgen
hu den man = Doctr. 1, 72 en dade sprake. Das. 153 en dede
rechticheit forivar, de lüde dochten nicht en här = Doctr. 3, 39 en
daedt gerechtigheit. Das. 136 de richter is den guden ein seker
BEITRÄGE ZUR NIEDERDEUTSCHEN SYNTAX 509
toverlät . . .wart en clede he, de guden hieven ungemoied nicht =
Doctr. 2, 3365 en dade hijt.
Analog sind die sämtlichen von Dittmar a. a. o. aus Hansens
Marienliedern und Karlmeinet beigebrachten beispiele.
2. Plusquamperfectumschreibung: hadde gedan.
a) bedingender satz nach dem bedingten:
Theoph. XL (Ettm.) daer ici alle verloren waren mede, en-
hadde ghedaen de moghentede; vgl. Dittmar a. a. o., s. 228.
b) bedingender satz vor dem bedingten:
Hier kommen mehrere stellen des Laiendoctr. in betracht, die
wider wörtliche Übertragungen aus dem mittelniederländischen sind.
Laiend. s. 8 en hadde de lauist gcdaen, men konde nog fiske
noch fogele fein; derselbe vers kehrt viermal wider; = Doctr.
l,146fgg. en hadt conste ghedaen, das sechsmal widerkehrt.
Laiend. s. 151 en hadde sin Itulpe gedaen, de andere hadde 's
lichte argan = Doctr. 3, 39 en hadt sin hulpe ghedaen.
Laiend. s. 80 hadde sunder ivan unse vader unde moder en
gedan, tue en hctdden nicht gewest = Doctr. 2, 1581 en hadden
onse vader ende moeder ghedaen.
Im mittelniederländischen ist die Verwendung der formel en
dade und besonders der plusquamperfectumschreibung en hadde ghedaen
sehr verbreitet und viel geläufiger als im mnd. Beispiele bei de Vries
im Glossar zu Boendales Lekenspieghel s. v. doen, bei Franck Flan-
drijs (QF 18) s. 42 fg. und 131 fg., bei Verwijs-Verdam II, 240. —
L. Sp. 1, 6, 9 en dade des ynghels hoede, hi maecte ons tongoede. Das.
1,8,23. 1,9,5. 3,14,30 u. o. Maerl. bist. v. Troyen 2047 (Verdam) en
hadde die scaemte ghedaen, hg haddie cleder ontfaen. 2715 ne hadde
Tgdeus sone ghedaen, die Grieken waren cd ontdaen; vgl. das. 296.
1539. 2663. 2868. 4534. 4785. Diese acht beispiele fand ich in den
ersten 5000 versen des gedichtes, während mir in den 14 277 versen
der Alexanders geesten desselben dichters kein einziger beleg aufstiess.
Ob das nur ein wunderlicher zufall ist, kann ich im augenblicke nicht
entscheiden. — "Was Franck a. a. o., s. 131 zur erklärung dieser fügung
beibringt, ist wenig überzeugend. Wenn er meint, dass das jetzt fast
durchgehends fehlende pronomen het ursprünglich auf jeden fall zur
construction gehört habe, so ist er demselben irrtum verfallen wie
Woeste, Zeitschr. 9, 226, der in den ihm bekannten niederdeutschen bei-
spielen it ergänzen will. Ich nehme für das mnl. genau dieselbe ent-
wicklung an, wie ich sie oben für das mnd. darzulegen gesucht habe.
510 MBNS1MG
"Wie im mnl. doen als ersatz für verba der tätigkeit und der ruhe ein-
tritt, mögen folgende beispiele zeigen: Maerl. bist. v. Tr. 4072 (Verdam)
nie en droech vrouwe ghestadigeu rouive noch nummer en doet. Maerl.
Alex. 7, 593 (Franck) segghe ein, dat hi mi begrave eerlike mit groter
have, alsi Telico mijn wijff dede. Das. 1,919 alse Athenen hem algader
diende alset sinen fader (dativ) hadde ghedaen. 9, 118 inen ervint in
(irieken alsulc goet als inen in u letutscap doet. 1, 44 hadde Alexander
so langhe ghelevet alse daden andere orloghes Hede und ebenso 5, 1216.
Damit fällt dann auch die ganz unwahrscheinliche annähme Francks, als
sei die fügung ne hadde ghedaen erst aus der älteren en (= het en)
hadde ghedaen entstanden. Übrigens begegnet bei de Vries a. a. o. ein
beispiel, das gar nicht hierher gehört: L. Sp. 1,7,72 si sijn in iville de
iverelt altemale te bedervene metten Heden, en dade dat hem verbieden
die goede gngle. Hier liegt nichts weiter vor als die im mnl. so ausser-
ordentlich kräftig entwickelte Umschreibung des einfachen verbums durch
doen mit dem infinitiv, für die sich fast auf jeder seite beispiele finden
(sogar doen doen kommt vor: L. Sp. 1, 23, 36 ticijf antwoorde te haut
mede, dat haer tserpent doen dede).
IL Während das mittelniederländische auf dieser stufe der ent-
wicklung stehen geblieben zu sein scheint, ging das mittelniederdeutsche
einen schritt weiter. Es ist eine bekannte tatsache, dass in verneinten
bedingungssätzen und namentlich in den ihnen nahe verwandten sog.
excipierenden sätzen schon frühzeitig die unbetonte negation en- oder
ne- vor dem verbum im schwinden begriffen war, sodass sich satz-
formen ausbildeten wie: in ivelle got behüeteii, du muost in schiere
rloren hau (Nib. 14) oder niemeii kan hie vröide vinden, si xergc
(Walth. 42, 11). Dittmar a.a.O. und Erdmann, Greiz, d. d. synt. I, § 189
haben diese entwicklung für das hochdeutsche im einzelnen nachgewiesen.
Das niederdeutsche ist denselben weg gegangen; es zeigt von anfang an
eine starke tendenz zur Unterdrückung der negation in diesen satz-
gebilden. Auch die von Erdmann für das hochdeutsche aufgestellten
Zwischenglieder: ex en si danne und ex si danne lassen sich nach-
weisen. Vgl. RV. 5366 so deine hören ok nemandes bede, dar en volge
denne de gyfte mede. Guido v. Alet, Nd. Ib. 13, 95 et en sij dein dat
gi jiredeken bei, de iverlt vergeit drade in erer boesheit. Ohne negation,
aber mit danne: Seentrecht, Nd. Ib. 8,93 weigert dat dan de provest, se
geven em dan meer geldes, so solen se klagen dat eren pastor. Water-
recht, Nd. Jb. 7, 35 nach der Auricher handschrift: de schipper maeh
dat schip nicht verkopen, he hebbe dan orhff (die ältere Emder hand-
schrift hat he en hebbe orhff); das. 39 de meister is cm nicht schul-
BEITRÄGE ZUR NIEDERDEUTSCHEN SYNTAX 511
dich tho geven, he sy dan op des schippers kost (Enider handschrift
he en sy up des meisters Lost und so öfter in diesem denkmal).
Die fügung ohne negation und ohne danne findet sich bereits in
den frühesten denkmälern neben dem älteren typus. Schon Berthold
v. Holle kennt sie: Demantin fragm. 23 (Bartsch) so ne ivil ich ouch
(sc. zoll geben), ich tö daz mit betiruugenheit. Appingadammer bauern-
brief von 1327 (Xd. Jb. 7,22): item so moet gheen buer gheenerleg wis
wrdke don . hg hebbe dat ersten mitten bueren breff end zeghel ver-
volget. Gerh. v. Mind. 122, 22 (Leitzm.) so stolt is niclit noch so her
oi rrouive, ik vlege an er ler. Braunschw. schichtspei 3603 (Chron.
d. dtsch. städte, bd. 16) gy schult nicht egr losscheten, idt schege, dat
ice dat heten. Oft im RV., z. b. 31 en /ras dar neu, he hadde to
klagen over Reinken. 104 he enheft ok nemande aho leff, he icolde
dat he gud unde ere rerlorre; vgl. 714. 1414. 1690. 5884. Henselyn
VI, 13 he Jean nicht draden breken, he rese mit U7is, ivor ivy ok vorn.
Xd. Jb. 2, 67 v. 400 so mach er (die perle) nemant rorkopen arte min,
he wylle se gheme werpen hin. Seltener mit indicativ; z. b. Nd. Jb.
2, 56 v. 67 dar rit neu konink, Ite heft enen vilthoet up sin hovet.
In der prosa des 15. jhs. überwiegt die deutlichere satzform mit negation;
z. b. Lüb. chron. 1,78 (Graut off) de ghiricheyt beivegede den konink, dat
he nicht wolde theeu ran den slote, he ne hadde dat ghewunnen; der
herausgeber hat die construetion nicht verstanden, er setzt vor he einen
punkt. Das. 93 doch vorteghen se nicht eres gudeu willen, se enkiveden
ieghen den heidenen, wo der herausgeber abermals falsch interpungiert.
Doch findet sich auch positiver satz nicht selten. Lüb. Chron. 1, 140
(er Hess ihnen melden): dat se ngne ivalt mer scholden don an den
sarracenen, he icolde komen luide icolde sulreu irreken.
Das ergebnis dieser entwicklung ist für den irrealen bedingungs-
satz mit dede die formation, die z. b. bei Gerh. v. Mind. 114, 22 vorliegt:
egn ty ranne mannich were
over den armen, dede ein here.
Die hierher gehörigen, nicht eben zahlreichen stellen sind von den
herausgebern fast sämtlich missverstanden oder ungenügend erklärt
worden; ja schon die handschriftliche Überlieferung zeigt mehrfach, dass
den Schreibern diese fügung nicht mehr geläufig war.
Gerh. v. Mind. 114,14 (Leitzm.) dede de am, de konink her, ik
wulde gik an truwen gloven (vgl. Zs. 27, 533 fg. und Leitzmann z. d. st.).
Zeno 1519 (Lübben) ist von Lübben nicht verstanden und auch
nicht auf den ersten blick klar. Der Zusammenhang ist dieser: Die
leichen der heiligen drei köuige sind aus dem kloster zu Mailand von
512 MENSING
dem bischof von Köln fortgeschafft ohne wissen der nonnen und des
kaisers. Dieser kommt sie zu sehen. Man findet die sarge leer. Eine
nonne erklärt, sie seien gestohlen und nach Köln gebracht. Nun heisst
es weiter: Do rep van Meilern alle de stat:
„Diu keiserlike haut de wreke hat
Unde helpe uns de Rinland betwingen
Unde de koninge hir ivedder bringen."
De heiser sprak to on allen:
„De rede mi missevallen;
Dedet ein dink, dat scholde mi leit sin.
Io het gesproken de munt min,
Dat ik on der cre gan,
Sint dat ik in ore broderschap bin entfan."
Do spraken de borger nicht mere,
Men se iveren bedrovet sere.
So Lübben nach der Hannoverschen hs. ; es ist aber mit der
Wolfenbüttler hs. dede zu lesen. Der kaiser will sagen: „Eure auf-
forderung die Rheinlande zu bezwingen missfällt mir, und ich müsste
darüber zürnen, wenn nicht eins wäre: dass ich nämlich versprochen
habe, ihnen ehre zu gönnen, seit ich in ihre brüderschaft aufgenommen
bin". Die bürger müssen nach diesen Worten einsehen, dass der kaiser
ihnen nicht helfen will, und schweigen betrübt. — Dass dem dichter des
Zeno dieser gebrauch von don bekannt war, beweist eine zweite von
Lübben ebenfalls missverstandene stelle, an der die plusquamperfectum-
schreibung erscheint. Zeno ist längere zeit von der heimat fern gewesen
und sagt bei der rückkehr zu seinem alten vater: v. 1233 ik were
noch lenk gewesen, heddestu gedän; ik enwolde di nicht so drorich
län; d. h. ich wäre noch länger fortgeblieben, wenn du nicht gewesen
wärest. Alle bemühungen Lübbens, die stelle zu erklären, sind als
gescheitert anzusehen.
Ganz analog ist noch Dan. v. Soest, Gem. bicht. 1401 (Jostes) hed-
dent de fromme borgers gedaen, se wolden sc al doet släu.
Durch leise änderung herzustellen ist die fügung Veronika 2(i, 1 1
(ed. Euling Herrigs archiv 81,383fgg). Der hohepriester Caiphas schiebt,
um sich selbst vor dem „fürsten" Philosion, dem abgesandten des kaisers,
zu rechtfertigen, alle schuld auf Pilatus und sagt nach der Überlieferung,
der Euling folgt: edele vorste, dat si juk gesaget, de schult is sin eghen.
He (Christus) levede noch, hedde dar sin strenghe richte. Das ist
sinnlos; es ist zu lesen hedde dan sin strenghe richte, also: „er lebte
noch, wenn sein strenges gericht nicht gewesen wäre."
BEITRÄGE ZUR NIEDERDEUTSCHEN SYNTAX 513
III. Die corruptelen der handschriften bew eisen, dass der gebrauch
von dede ohne negation frühzeitig unverständlich geworden ist. Dieselbe
tatsache ergibt sich aus der Umgestaltung, die bereits um 1403 Pseudo-
Gerhard v. Minden mit dem oben angeführten beispiel aus Gerhard
v. Minden 114, 12 vorgenommen hat. Er der sonst seiner quelle gerade
in dieser fabel fast wort für wort folgt, gibt die worte:
dede de am, de konink here
so wider: oft min konink nicht enwere.
Damit werden wir auf eine neue stufe der entwicklung geführt.
Die ungeläufig werdenden formationen en dede . . und noch mehr dede . . .
wurden verdeutlicht und gewissermassen neu belebt durch eingliederung
in die übliche form des bedingungssatzes; eine der gangbaren conjunc-
tionen des conditionalen nebensatzes wurde an die spitze gestellt, das
verbum trat ans ende des satzes. Natürlich konnten dabei zwei typen
entstehen, je nach dem man sich der älteren negativen oder der jüngeren
positiven satzgestalt anschloss. Aus jener entstand die formation: oft
{wan etc.) . . . en dede, aus dieser: oft . . . dede.
Diese Umgestaltung des conjunctionslosen nebensatzes zum con-
junctionalen ist schon im mnd. vor sich gegangen. Ich kenne freilich
nur ein beispiel: Im Koker (in Hachmanns ausg. des KV. Wolfenbüttel
1711), dessen Verfasser wahrscheinlich der Braunschweiger Hermann
Bote (um 1500) ist, steht s. 339:
alle dünge is worden gud,
wen de ervet schade it nicht dede.
Es scheint, dass hier it zu streichen und zu lesen ist: wen de
nicht en dede.
In dieser form hat sich dann der gebrauch von dede lange ge-
halten, hat auch in Mittel- und Oberdeutschland boden gewonnen und
ist in die nhd. Schriftsprache aufgenommen. Luther war namentlich die
form ohne negation geläufig; er verwendet sie nicht nur im zwang-
losen briefstil (de Wette 5, 786 wir hätten gute tage, wenn der ver-
driessliche handcl tliät), sondern auch in seinen prosaschriften und sogar
an einer stelle der bibelübersetzung (1. Kön. 21, 7 was wäre für ein
Königreich in Israel, wenn du thätest). Aber auch die negierte
form ist ihm bekannt (Zs. 24, 201 wo die Verfolgung nicht thäte,
würden wir wohl so arg sein als unser Widersacher). Vgl. noch Lexer
im D. wb. 11,451. Die positive satzform herrscht noch durchaus in
den zahlreichen belegen, die Birlinger Zs. 16, 374 aus den predigten
des Hessen Conrad Dieterich, also aus der ersten hälfte des 17. jhs. bei-
gebracht hat: wann die wälder tha'tcn, ivo wollt der gemeine mann
514 MENSING, BEITRÄGE ZUR NIEDERDEUTSCHEN SYNTAX
hinauss? Einmal findet sich wann die waldkräutl einthäten; steckt
darin ein unverstandener rest des alten endede?
Mit der zeit schwand das Verständnis für den negierenden gehalt
dieser sätze immer mehr und nun gewann natürlich die negative formation
die oberhand. Sie hat sich dann mit merkwürdiger Zähigkeit bis gegen
das ende des 18. jhs., freilich in der litteratur immer nur in verhältnis-
mässig spärlichen belegen erhalten. Zu den anderswo verzeichneten
beispielen füge ich noch folgende hinzu:
Chr. Günther, „Die von Theodosio bereuete und von der Schul-
jugend vor Schweidnitz a. 1715 vorgestellte eifersucht", gedichte, 3. aufl.
(Breslau und Leipzig 1742), s. 989, act 2, sc. 3. Bonifacius: Ach dass
die Laster doch bei Hofe glücklich sind! Chrysapius: Der Kayser wäre
gut. Polylogus: Wenn nur sein Weib nicht thäte!
Teutscher Merkur, december 1774, in einer recension von Goethes
Clavigo (Braun, Goethe im urteile seiner Zeitgenossen 1, 67): aber die
Proccssion mit aller ihrer brittischen Feyerlichkeit, und der gewöhn-
liche tragische Tod des Clavigo würde den Schluss des Stückes immer
kalt lassen, wenn nicht Clavigos Monolog noch thäte.
Über die 80 er jähre des 18. jhs. hinaus ist noch kein beispiel nach-
gewiesen.
Neben der zum conjunctionalen bedingungssatze umgestalteten form
bleiben aber die alten conjunctionslosen formationen mit und ohne
negation bestehen, sodass für die ältere zeit des nhd. im ganzen vier
verschiedene typen im gebrauche sind:
1. a) täte Gott nicht, wäre kein Mensch,
b) täte Gott, iväre kein Mensch,
2. a) wenn Gott nicht täte, iväre kein Mensch,
b) wenn Gott täte, wäre kein Mensch,
Am frühsten abgestorben scheint als die undeutlichste die oon-
junctionslose positive form; das letzte bis jetzt nachgewiesene beispiel
ist aus Logau. Dagegen hält sich die conjunctionslose negative, d. h.
die älteste und ursprünglichste satzform sowol im einfachen präteritum
wie in der plusquamperfectumschreibung bis tief ins 18. jh. Zu den
veröffentlichten belegen kommt noch hinzu:
Chr. Weise, Erznarren (1673) Ndr. 12 — 14, s. 195 da hat man
das Ansehen allein und geht über die andern weg . . . Ja hätte diss
nicht geihan, mein Mann hätte nicht so viel Geld dürff'eu hingehen,
dass er wäre Fürstlicher Rath geworden. -- Weist du nicht, wie viele
Leute Geld durgegen spendieren wollen, dass sie deinen Mann wieder
KAUFFMANN, TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR ALTGER.M. RELIGIONSGESCHICHTE 515
herunter bringen? Ach thäte dass nicht, ich hätte lang ein stücke
(int verkaufft, dass wir auch einen solchen Ehrenstand kriegt hätten.
Gewiss werden sich für jeden einzelnen fall noch mehr beispiele
auffinden lassen; aber ich zweifle nicht, dass sie sich sämtlich in den
rahmen der oben dargelegten entwicklung bequem einfügen werden.
KIEL. OTTO MENSLNG.
LITTEEATUK.
Texte und Untersuchungen zur altgermanischen religionsgeschichte
herausgegeben von Friedrich Kauffmaim. Strassburg, K.J. Trübner 1899 fgg.
Texte. Erster band: Aus der schule des Wulfila. Auxenti Dorosto-
rensis epistula de fide vita et obitu "Wulfilae im zusammenbang der dissertatio
Maximini contra Ambrosium hrsg. von Friedrich Kauffmann. Strassburg,
K. J. Trübner 1899. LXV, 135 s. 4° mit einer schrifttafel in heliogravüre.
Untersuchungen. Erster band: ßalder. Mythus und sage nach ihren
dichterischen und religiösen elementen untersucht von Friedrich Kauffmann.
Strassburg, K. J. Trübner 1902. XII, 308 s. 8°.
In den 50er jähren des 19. jhs. begann die deutsche altertumsforschung ihre ersten
ernten einzuheimsen. Das germanische nationalmuseum in Nürnberg und das römisch -
germanische centralmuseum wurden 1S52 begründet. Im selben jähr hat Müllenhoff
zum ersten mal ausgang und ziel seiner Deutschen altertumskunde formuliert (der
erste entwurf stammt aus dem jähr 1850); 1851 waren Weinholds Deutsche trauen
zum erstenmal erschienen und 1856 folgte sein Altnordisches leben. Vornehmlich aber
begann in dieser zeit das religionsgeschichtliche interesse sich in wissenschaft-
lichen leistungen zu betätigen, welche bis auf den heutigen tag pfadweis 3r geblieben
sind. W. Schwartz hat 1850 sein grundlegendes werk „Der heutige Volksglaube" ver-
öffentlicht, aus dem jähr 1858 stammt Wuttke, Der deutsche volksaberglaube der
gegenwart — Simrocks mythologie war 1853 dazu gekommen. Auf die 50er jähre
sehen wir uns auch zurückverwiesen, wenn wir zusammenfassend -historische dar-
stellungen befragen wollen. Ein philologe, ein theologe und ein Jurist haben gleich-
zeitig daran gearbeitet. Heinrich Rücker t (Culturgeschichte des deutschen volkes
in der zeit des Übergangs aus dem heidentum in das Christentum , 2 bde . Leipzig
1853 — 54), W. Krafft (Die anfange des Christentums bei den germanischen Völkern,
Berlin 1854), Konrad Maurer (Bekehrung des norwegischen Stammes zum christen-
tume in ihrem geschichtlichen verlaufe quellenmässig geschildert, 2 bde., München
1855 — 56) haben damals eine bahn gebrochen, auf der sie leider fast ohne gefolge
geblieben sind. Nun aber scheint die zeit gekommen zu sein , da die deutschen philo-
logen sich jenen anregungen nicht länger werden verschliessen können. Denn immer
vielseitiger drängt sich in der gegenwart die altertumskunde in den Vordergrund. Bei
der allgemeinen zeitlage ist es nicht zu verwundern, wenn wir der in den letzten
decennien zur Vorherrschaft gelangten religionsgeschichte auch auf dem arbeits-
feld unserer fachwissenschaft das heim neu bestellen wollen.
„Es soll hier der versuch gemacht werden'1, erklärte H. Rückert. „gestützt
auf historische tatsachen, den umschwung in dem geistesleben des deutscheu volkes,
namentlich in der religiösen seite desselben, der das eindringen dos «hristentums
51fi KAUFFMANN
ermöglichte, im wahren sinn genetisch nachzuweisen." Auch Konrad Maurer bewegte
die frage nach dem inneren hergang bei dem übertritt der germanischen stamme vom
heidentum zum Christentum. Er bezeichnete seinen Standpunkt als einen religions-
geschichtlichen und sprach es aus: „vor allem müssen die zustände des skandinavischen
heidentums zur zeit seiner ersten berührungen mit dem christentume klargestellt
werden; sodann ist nicht minder aufmerksam die Verfassung zu prüfen, in welcher
die christliche kirche ihrerseits zu eben jener zeit in denjenigen hindern sich befand,
von welchen aus die neue lehre zu dein norwegischen stamme vordrang." Doch
wurde die frage nach der beschaffeuheit des Christentums nur sehr beiläufig ins äuge
gefasst. Diesen mangel hat Maurer selbst als eine sehr empfindliche Kicke seines
buches anerkannt. Dass auch für die historische beurteilung der heidnischen religions-
formen das buch Maurers nicht in allen stücken ausreicht, ist bei den ausserordent-
lichen f ortschritten , welche die religionsforschung in der zweiten hälfte des 19. jhs.
in Deutschland und England gemacht hat, nicht zu verwundern.
Es fehlt uns noch immer an einer adäquaten darstellung dessen, was man unter
Christentum verstand, als die neue religion sich unter den Germanen zu verbreiten
begann. Es fehlt aber auch eine J. Grimms systematische ausschöpfung historisch -
kritisch begleitende darstellung der altgermanischen religion. Was die handbücher der
deutschen mythologie an ihrer statt bieten, kann nicht entfernt als ersatz gelten, ist
auch zu wenig von der modernen auffassung historischer gebilde berührt. Die ge-
schichtswissenschaftliche methode, wie sie sich in der deutschen philologie längst ein-
gebürgert und bewährt hat, leitet in parallel zu den principien der Sprachgeschichte
verlaufenden gängeu zu der cardinalfrage deutscher religionsgeschichte : das ist die
frage nach dem alter, der herkunft und dem wesen dessen, was man in der religion
der gegenwart „ aberglauben " nennt. Zwar hat sich die aufstrebende „Volkskunde"
bereits fruchtbar betätigt, aber die in ihren dienst gestellten Zeitschriften und Sammel-
werke bedürfen [der ergänzung. Denn es müssen die geschichtlichen probleme
mit gauz anderem nachdruck als es dort geschieht vertreten werden , um endlich eine
klärung über die wahre natur derjenigen factoren herbeizuführen , mit deren namen
man sich gar zu oft zufrieden gibt.
Mit der tendenz auf die schon in den 50er jähren eingeleitete religiousgeschicht-
liche d. h. antiquarische und folkloristische interessen vermählende bearbeitung der
„ mythologie * und mit dem zweck ein geschichtliches Verständnis des deutschen volks-
aberglaubens vorzubereiten, habe ich die „Texte und Untersuchungen zur altgerma-
nischen religionsgeschichte" begründet. Sie sollen möglichst umfassend und weitest
ausholend eine nach unserem vermögen sicher construierte basis für den geschicht-
schreiber schaffen und dazu beitragen, dass dem öden dilettantismus auch auf diesem
feld ein ende bereitet werde.
Wie in den 50er jähren wird zunächst das problem der Umbildung des germa-
nischen heidentums in die volkstümlichen formen römisch -griechischen Christentums
(sog. Christentum zweiter Ordnung) wider in angriff zu nehmen sein. Damit sich dies
mit besserem erfolg als ehedem erreichen lasse, ist ein doppeltes von nöten. Einmal
zuverlässige editioneu der religionsgeschichtlich bedeutsamen frühchristlichen denk-
mäler, die nicht nur der kritischen Sichtung sondern auch der ergänzung bedürfen.
Es ist ein vielseitig empfundenes bedürfnis,*dass wir über jene primäre form deutscheu
Christentums aufgeklärt werden, die wir als den Arianismus der germanischeu völker
bezeichnet zu hören gewohnt sind. Dabei handelt es sich, wie schon Haso, Kückert u. a.
TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR ALTGERM. RELIGIONSGESCHICHTE 51 T
erkannt haben, um eine nationalreligion in ganz anderem sinn als dies bei annähme
des römisch-katholischen Christentums der fall war.
Nächst den frühchristlichen denkmälern müssen wir mit H. Usener eine voll-
ständige und rein quellen massige Sammlung aller Zeugnisse des fortlebens heidnischer
religion fordern, um einerseits die christliche volksreligion in ihrem Wesensverhältnis
zur älteren (sog. heidnischen) religion, andererseits diese ältere religion selbst völliger
und wahrer kennen und verstehen zu lernen.
Ein zweites ist die religionsgeschichtliche bearbeitung der in die reihe
der quellenschriften gehörenden texte. Herkömmlicherweise spricht man hier von
„mythologie". Es wird sich indessen empfehlen, in der Verwendung dieses terminus
vorsichtig zu sein und ihn auf die wissenschaftliche bearbeitung der mythen ein-
zuschränken. In ganz anderer Schätzung als die mythen stehen heutzutage die ge-
brauche und die kulte, die von unsern mythologen immer noch stiefmütterlich be-
handelt werden. Ich folge den Vertretern der orientalischen und der klassischen
Philologie und wende mich lieber den Institutionen als den speculationen zu. Sitte
und recht, kultus und brauch sind die primären factoren. Die dichterischen gebilde
des mythus sind nur zu teilen der religionsgeschichte, zu andern teilen der litteratur-
geschichte einzuverleiben.
Mein erster, bereits a. 1899 ausgegebener textband1 — im folgenden als TUT
citiert — beschäftigt sich mit der für die bekehrungsgeschichte wichtigsten vortrage
nach der herkunft des arianischen Christentums, das sich noch vor der mitte
des 4. jhs. unter den Goten verbreitete, danach in volkstümlichen Organisationen weit-
räumig über die germanische weit sich verzweigte und bis auf die tage des Bonifacius
im südöstlichen Deutschland sich erhalten zu haben scheint. Es gehört wahrlich kein
besonderer Scharfblick dazu, um die tragweite jener grundfrage abzumessen. Trotz-
dem hat ein sachkundiger beurteiler gemeint, die von mir behandelten dinge hätten
weder mit dem heidentum noch mit dem volkstümlichen Christentum der Germanen
etwas zu tun. So lange über die bekehrungsgeschichte deutscher stamme unter so
beschränktem horizont geurteilt wird, ist leider wenig aussieht vorhanden, dass wir
mit unsern erkenntnissen vorwärts kommen. Denn so wenig wir z. b. für das Ver-
ständnis der gotischen bibelübersetzung die frage umgehen können, woher der Über-
setzer seinen griechischen text bezogen habe, so wenig ist für die einschätzung des
ganzen bekehrungswerks die feststellung der geistigen heimat des missionars zu ent-
behren. Dies scheint denn auch jener selbe sachkundige beurteiler anzuerkennen,
— hält er es doch für ein verdienst, dass nunmehr einblick in die lehren und kämpfe
desjenigen kreises gewährt sei, dem Wulfila angehörte — behauptet aber unentwegt,
dieser erste textband meiner Sammlung liege ausserhalb ihrer grenzen!
"Wulfila, dem begründer der gotischen nationalkirche, und den aus seiner schule
hervorgegangenen mitarbeitern ist der (Hermann Paul zum professorenjubiläum dar-
gebrachte) erste band der textreihe gewidmet. Die Prolegomena beschäftigen sich mit
dem nachweis, dass der erste arianische bischof und primas der Goten zu jener
arianischen hofpartei der Homöer gehörte, die von der theologenschule des Luciau
von Antiochien ihren ausgang genommen hat. Die aus diesem kreis hervorgegangenen
1) Vgl. Literaturblatt für germ. und roman. phil. 1900, 362 fgg. (H. Usener);
Literarisches centralblatt 1900, 1 177 fgg. (W. Streitberg; dazu Pauls Grundr. 2'-, 4fgg.);
Deutsche literaturzeitung 1900, 3223fgg. (A. E. Schönbach); Anzeiger für deutsches
altertum 28, 190fgg. (Fr. Vogt); Theologische literaturzeitung 1900, löfgg. (G. Krüger);
Theol. jahresber. 19 (1900), 230fgg.; Revue critique 1902, 6 fg. usw.
Ol 8 KAUFFMANN
männer (Syllukianisten) haben die autorität des Arius nicht anerkannt, sind vielmehr
als anwälte der biblischen Überlieferung aufgetreten. Zur zeit der regierung des
auch unserem Wulfila gewogenen kaisers Constantius hatte jene von dem souverän
protegierte hofpartei weite territorien im abend- und im morgenland zur Verfügung.
Als Wulfila starb konnte sich die abendländische gruppe nur noch in Illyrien auf einen
zuverlässigen stamm von anhängern stützen. Schliesslich fielen die Lateiner und die
Griechen ganz aus. Nur unter den Barbaren behielt die parteiparole des alten (vor-
nicänischen) glaubens werbende kraft. Wer die „sekte" nicht mit einem Spottnamen
belegen wollte, nannte sie die partei der Goten. Denn bei ihnen war die auf das
alte bekenntnis Lucians begründete missionskirche zu einer nationalkirche ausgewachsen.
Das massgebende Symbol war a. 359 auf dem concil zu Riminf redigiert worden.
Sokrates (2, 41) und Sozomenos (4, 24) melden ausdrücklich, die in Rimini verlesene
formel habe auch Wulfila zu der seinigen gemacht; (ein schüler des Wulfila) der
gotische bischof Maximinus antwortete auf die frage nach seinem bekenntnis: si fidem
nieam postiäas, ego illam teneo fidem, quae Arimini a trecentis et triginta episcopis
nun sola in exposita, sed etiavi subscriptionibus firmata est (MSL. 42, 710). Noch
für die arianischen Goten in Spanien ist dieses formular autoritativ gewesen (Hahna
s. 234) l. Die männer von Rimini hatten sich an die vierte antiochenische formel vom
jähr 341 angelehnt. Diese schrieb sich von Eusebianern her d. h. von bischöfen, die
zu dem Syllukianisten Eusebius von Nikomedien hielten. So führt in gerader linie
eine schultradition von Lucian über Eusebius von Nikomedien zu Acacius von Caesarea
und Auxentius von Mailand bis auf Demophilus von Beröa und Wulfila.
Wir haben es den englischen und deutschen dogmenhistorikern zu verdanken,
wenn es möglich war, die heimat des gotischen „ Arianismus" zu bestimmen. Gelehrte
wie Waitz, Massmann, Krafft, Bessell hatte dies problem auch schon beschäftigt.
Die ihnen zur Verfügung stehenden quellen gestatteten aber keine feststellung, es sei
denn dass man die verstreuten (vielfach zu unrecht angezweifelten) historischen notizen
in die kirchenpolitischen Strömungen, wie sie um 350 wogten, eingliederte. Durch
die Veröffentlichung neuen quellenmaterials ist diese arbeit wesentlich erleichtert worden.
Längst lag dieses material zur herausgäbe bereit. Aus Chartres, wo sie seit
Jahrhunderten geruht hatte, war a. 1793 die prächtige uncialhandschrift des Hilarius
nach Paris gelangt (Bibliotheque nationale, cod. lat. 8907). Im frühjahr 1840 hat
H. Knust die in diesem codex erhaltene queilenschrift ans licht gezogen, G. Waitz davon
in kenntnis gesetzt und so die editio princeps des Wulfila gewidmeten Auxentius -
1) Der schon genannte sachkundige beurteiler setzt sich in widerstreit zu unsern
besten quellen, wenn er dem symbol von Rimini wol kirchenpolitische, aber keine
dogmatische bedeutung zugestehen und das bekenntnis des Wulfila in die nachbar-
schaft des Eunomius rücken möchte, eines mannes, der nicht dazu zu bewegen war,
jenes symbol anzuerkennen! Ein solches experiment hat genau so viel wert, wie der
aussprach (Anz. f. d. a. 28, 197 fg. 211), das epitheton solus ingenitus sei von funda-
mentaler bedeutung für die lehre des Wulfila und seiner gesinnungsgenossen — als
ob nicht auch orthodoxe dieses prädikat anstandslos gebrauchten (vgl. z. b. Euuk,
Apostolische Constitutionen, s. 120 fg. 294). Für unsere Arianer handelte es sich nicht
um solus ingenitus, sondern um prädikate wie verus ingenitus, sempiternus itigeni/us,
sapiens ingenitus, bonus ingenitus etc. (filius deus bonus sed non ingenitus bonvA
TUT 1, 72 fg. nebst anm.); der terminus solus ingenitus konnte nicht einmal, wie
Vogt meint, als schriftgemäss verteidigt werden, weil er in der bibel gar nicht vor-
kommt! Wol aber hat Vogt darin recht, dass ich p. 73, 7 Arri nicht hätte ein-
klammern sollen, denn zwischen divinum magisterium und eristiana professio hat
dieser name sein gewicht ohnedies verloren.
TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR AXtGERM. RKLIG10NSGESCHIHCTE 519
briefes ermöglicht. Ich habe das denkmal jetzt vollständig herausgegeben1. Fol. 298
des cod. lat. 8907 beginnt des Anibrosius berühmter tractat De fiele und reicht bis
fol. 336 ; auf demselben blatt setzt das protokoll der syuode von Aquileja (3. sept. 381)
ein und erstreckt sich bis fol. 353'. Foll. 298 — 311'. 336 — 349 sind von einer und
derselben haud in der halbunciale des 6. jhs. — die herkömmliche datierung ist an-
gesichts des übereinstimmenden Urteils der erfahrensten paläographen nicht aufrecht
zu erhalten (vgl. die meiner ausgäbe beigegebene Schriftprobe) — auf dem rings um
die uncialschrift frei gebliebenen rändern des pergaments mit einem eintrag versehen
wurden. Evident falsch ist die annähme wir hätten mit ihm ein autographou vor
uns. Die randschrift (P) ist vielmehr aus einer vorläge abgeschrieben, die geraume
zeit nach der abfassung des Werkes — jedenfalls erst, wie Benell erkannte, nach
dem jähr 438 — mit glossen versehen wurde. Diese Zusätze, (auch die vielerörterten
citate aus dem cod. Theodos.) heben sich schon paläographisch ab und haben kein
weiteres interesse zu beanspruchen, als etwa eine verfehlte conjeetur. P ist, wie
Orthographie und spräche dartun, in Italien entstanden; der archetypus stammte aus
Illyrien, hat eine nicht unbewegte geschichte gehabt (TUT I, XXIV) und ist nicht
intakt auf uns gelangt. Ich schliesse mich der von Usener (Literaturblatt 1900, 303)
aufgestellten hypothese an, wonach wir im ersten teil nur einen auszug aus einem
grösseren und völligeren ganzen besitzen, dessen tendenz und stilistische eigenart erst
aus dem zweiten teil (fol. 336 — 349) recht ersichtlich wird '-. "Wir haben es danach
mit einer gegen Anibrosius gerichteten rechtfertigungsschrift zu tun , die einen bischof
Maximinus zum Verfasser hat. Höchst wahrscheinlich denselben mann, der im jähr 427
als geistlicher hirte einer gotischen heerschaar nach Africa gekommen und in einen
dogmatischen streit mit Augustin verwickelt worden ist (TUT I, LIVfgg. Literaturblatt
1900, 363 u.a.; dagegen H. von Schubert in der 2. aufl. von Möllers Lehrbuch der
kirchengeschichte I [1902], 486). Für die Zeitbestimmung ergibt sich ein terminus
post quem aus der bemerkenswerten tatsache, dass der zweite teil mit wörtlichen
anführungen einsetzt, die einer a. 379 veröffentlichten schrift des bischof s Palladius
von Eatiaria (an der untern Donau) entnommen sind (TUT I, XXXV fg.)3. Das in
beiden teilen angezogene protokoll der synode von Aquileja gestattet jenen terminus
noch weiter herabzurücken. Ferner ist in beiden teilen von P ein libellus perfidiae
benützt. Gemeint ist (p. XXXIX) eine Expositio fidei der abendländischen Orthodoxie,
über welche neuerdings noch von "W. Riedel, Die kirchenrechtquelleu des patriarchats
Alexandrien (Leipzig 1900) s. 94. 181. 303 gehandelt worden ist. Nach Theodoret
stammte sie von einer a. 382 in Rom versammelten synode (Riedel s. 306 fg.). "Wäre
dies datum richtig, so würde dem versuch Vogts unsern text in den sommer 382 zu
1) Prolegomena s. XIII — LXV (Die handschrift. ßibelcitate. Der tag von
Aquileja. Die rechtfertigungsschrift. Die parteien. Palladius und Secundianus. Maxi-
minus und Auxentius. "Wulfila). Die handschrift (Diplomatischer abdruck) s. 1 — 63.
Der text (Versuch einer kritischen herstellung) s. 65 — 90. Anmerkungen s. 91
bis 118. Indices (Orthographie. Bibelstellen. Nomina. Verba) s. 119 — 135.
2) Auch die bemerkung zu p. 68, 8 hätte sich Vogt (Anz. f. d. a. 28, 194) er-
sparen können, wenn er bedacht hätte, aus welchem grund das Stichwort Anibrosius
68, 8 von mir gesperrt worden ist.
3) Auf die Streitschrift des Palladius ist auch p. 85, 8. 9 verwiesen. Vogt, dessen
sachkundige beurteilung schon beleuchtet wurde, hat sich mit diesem wichtigen punkt
gar nicht auseinandergesetzt und a.a.O. s. 192fgg. behauptungen aufgestellt, die ich
in aubetracht des vorerst noch feststehenden datums 379 nur aus einem starken lapsus
memoriae herzuleiten vermag.
KAUFFMANN
verlegen ein rasches ende bereitet seiu. Aber die datiernng Tbeodorets ist strittig und
es ist vorerst immer noch möglich, dass jener libellus im sommer 381 von Rom aus
in umlauf gesetzt wurde, wie TUT I, XL angenommen ist1.
Als terminus ante quem erhalten wir den monat december des Jahres 384, in
welchem pabst Damasus, der für unsern Verfasser noch unter den lebenden weilt,
gestorben ist. Da nun aher für Maximin der tag von Aquileja bereits der entfernteren
Vergangenheit angehört — im sommer 382 konnte er kaum sagen: tempore conspi-
rationis vestrae apud Aquileiam 87, 16 — werden wir das datum seiner kleinen
Schrift näher bei 384 denn bei 381 anzusetzen haben. Deutlicher ist die zeitlage
fol. 304 fgg. gezeichnet. Nachdem die bischöfe Palladius und Secundianus auf der synode
von Aquileja durch Ambrosius und seinen anhang ihrer ämter entsetzt worden waren,
haben sie als Orientalen bei dem kaiser des Ostreichs schütz gesucht und sich in be-
gleitung des AVulfila an das hoflager des Theodosius begehen. Der erfolg dieser reise
war, dass Theodosius ihnen versprach, ihre angelegenheit vor ein concil zu bringen.
Dies versprechen, so klagt unser autor, hat Theodosius nicht gehalten, sondern in
Übereinstimmung mit Gratian, dem kaiser des westreiches, gehandelt und die Streit-
sache niedergeschlagen. Im frühjahr 383 hat sich das kirchenpolitische einverstäudnis
zwischen den beiden kaisern besonders innig gestaltet.
Ganz plötzlich muss damals der Umschwung der gesinnung des kaisers gegen
unsere Arianer erfolgt sein. "Wulfila ist noch auf befehl des kaisers zu einer dispu-
tatiou nach Constantinopel berufen worden2. Kurze frist nach seinem eintreffen haben
die orthodoxen es beim kaiser durchgesetzt, dass die bereits eingeleiteten concils-
1) Auch diese quellenschrift glaubte unser sachkundiger beurteiler übergehen
zu dürfen, obwol er sie gelegentlich streifen musste (Anz. f. d. a. 28, 196). Mit dem
den teilen PI und P2 gemeinsamen Cypriancitat hat sich Vogt so abgefunden, dass
er es auf conto jenes mannes setzen möchte, der PI und P2 zusammengeschrieben
habe und dabei gesteht er (s. 194) noch ein, die beruf ung der einen stelle auf die
andere nicht verstanden zu haben. Als eines deus ex machina bedient er sich daher
des von den textkritikern allmählich gefürchteten „unverständigen" iuterpolators.
Füllt hier die annähme einer „unverständigen" interpolatiou, dann ist nach Vogts
Zugeständnis (s. 193fg.) Maximin zweifellos der Verfasser von P2. Ich habe also
nicht die geringste Veranlassung, zu gunsteii des von Vogt vertretenen, von mir selbst-
verständlich hinlänglich erwogenen , einfalls, Palladius sei der Verfasser von P2, meine
darstellung zu revidieren. Ich constatiere nur (mit bezuguahme auf s. 196), dass ich
ausdrücklich bemerkte, der zweite teil bedürfe des ersten als folie und dass ich
l'p. XLI anm.) die möglichkeit offen gelassen habe, dass Maximin ein schreiben des
Palladius benützte. Was den in P2 sich findenden rück verweis auf das Cypriancitat
in PI anlangt, so bezog sich Maximin auf das beispiel des Cyprian, um zu recht-
fertigen, dass Palladius dem Ambrosius die antwort verweigert habe (p. 68,30); hier-
mit ist p. 83, 3 zu vergleichen. Die antwort habe Palladius dem Ambrosius wegen dessen
blasphemischer lästerung verweigert: in diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen,
dass die Vergewaltigung der religion den orthodoxen durch Vorbilder eingegeben sei, die
bei dem bereits früher erwähnten beispiel des Demetrianus zur spräche gekommen seien.
Von impietas ist hier wie dort die rede; dort lesen wir ut vos dicitis tres unum
solum verum deum (69, 34), hier vos tres omnipotentes deos credendos dixistis, tres
sempiternos, tres aequales, tres veros etc. (87, 41); 88, 27 wird dieselbe bibelstelle
augezogen wie 69, 32, aber offensichtlich die behauptung der tres veri dii kurz zurück-
gewiesen, weil darüber bereits p. 69 ausführlicher gesprochen war.
2) Zu Pneumatomacos (p. 22, 16) bemerke ich, dass die gleichzeitig mit mir
in Paris arbeitenden proff. Suchier und Creizenach über anlautend Pn. . . des cod. so
wenig als ich selbst im zweifei waren; was den Anz. f. d. a. 28, 199fg. erhobenen ein-
wand betrifft, so ist für mich Augustin massgebend (Macedoniani . . . quos et Ilvtv-
(tuiofiiixovs Graeci vocant MSL. 42, 39). Den in Pauls Grundr. 22, 11 gegen mich
erhobenen Vorwurf hat Streitberg a. a. o. s. 18. 19 selbst entkräftet.
TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR ALTGERM. RELIGIONSGESCHICHTE 521
Verhandlungen abgebrochen wurden 1. Das trifft haarscharf auf die ereignisse zu Con-
stantinopel im sonimer 383. "Wir besitzen nun aber glücklicherweise noch ein ganz
einwandfreies moment, das die datierung endgiltig ermöglicht. Es wird uns von
Auxentius berichtet, dass beim tode des Wulfila in Constantinopel eine so grosse an-
zahl arianischer bischöfe anwesend war. dass man die stadt Gristianopolis hätte nennen
können (p. 75fg.). Um dieses wort zu würdigen, muss man sich daran erinnern, dass
Constantinopel seit 379 einen orthodoxen bischof besass. dass im herbst 380 die
arianergemeinden der stadt aufgelöst worden waren und dass der unserem Wulfila
nahestehende arianerbischof Demophilus die stadt und die kirchen hatte räumen müssen.
Die residenz war unter Theodosius eine orthodoxe stadt geworden, die vom
arianischen Standpunkt aus den namen einer christlichen stadt nicht beanspruchen
konnte. Es müssen also von auswärts nach der hauptstadt hereingeströmte gesinnungs-
genossen gewesen sein, die "Wulfila die letzte ehre erwiesen haben. Aber nicht im
jähr 382, sondern erst im sommer 383 sind die Parteigänger des gotischen bischofs
in grosser zahl nach Constantinopel gekommen (Vogt a.a.O. s. 200); der alte bischof
Demophilus war wider erschienen: jetzt konnte man die stadt als Cristianopolis be-
zeichnen, was seit november 380 auch dem verbohrtesten Arianer unmöglich gemacht
worden war2.
Wulfila ist also etwa im juni 3S3 in Constantinopel verstorben. Dass P bald
danach entstanden sei, ist nicht bestritten; folglich werden wir die dissertatio Maxi-
mini ins zweite semester des Jahres 383 zu verlegen haben.
1) Die datienwg der von Theodosius erlassenen lex (p. 77, 29) ins jähre 383
stammt nicht von mir, wie Streitberg a. a. o. s. 13 es darstellt, sondern von den
grossen gelehrten des 17. jhs. (TUT I, LXDH); bei Sokrates 7, 6 sind ausdrücklich
avvoSoi, genannt, was Streitberg s. 14 nicht erwähnt.
2) Die ausführungen Vogts, die nur aus ratlosigkeit sich erklären lassen, ver-
raten eine völlige Unkenntnis der hauptstädtischen zustände (Anz. f. d. a. 28, 209) und
lassen mich nicht befürchten, dass irgend wer bei dem streit um die jähre 381 und
383 mit Vogt den goldenen mittelweg wählen und sich zur abwechslung auch einmal
für das jähr 3S2 entscheiden werde. „Natürlich (sie!) ist hier an den gegensatz
zwischen der volkreichen christlichen hauptstadt und der abseits in montibus hausen-
den Gotengemeinde des Wulfila gedacht" (s. 209). „Natürlich (sie!) muss a coetu
sanetorum se alienos fecerunt vor jene recogitatio de statu concilii gesetzt werden"
(s. 202). Nach Vogt bezieht sich a coetu sanetorum alienos se fecerunt auf die
Vorgänge in Aquileja. Nun hat aber bekanntlich die Versammlung (vgl. coetus p. 72, 8)
in Aquileja unter beteiligung der saneti tatsächlich stattgefunden; ultro a coetu
sanetorum alienos sc fecerunt kann nun einmal nichts anderes heissen, als dass die
impii (Nicaener) sich fernzuhalten bemühten und es zu einer Versammlung bezw.
disputation überhaupt nicht kommen iiessen. Ein noch feineres kritisches heldenstück
hat Vogt mit der behauptung fertig gebracht, das massgebende Schriftstück, das in
Constantinopel zur Vereitelung des concils geführt habe, sei uns bei Ambrosius MSL
16, 94fg. (1. 940 fgg.) erhalten. Dieses schreiben trägt die adresse: Gratiano, Valen-
tiniano et Theodosio; ist aber wie wir wissen, nur an Gratian gegangen (tos a
bcatissimo principe fratre tuae pietatis adiuoniti, ut tuae clementiae scriberemus
MSL 16,953; Rauschen, Jahrbücher s. 108 fg.). Erst der brief „Sanctum" (MSL
16, 950; Vogt s. 204; Eauschen s. 110) war für Theodosius bestimmt. In diesem
schreiben wird aber von Palladius gar nicht gesprochen; meinte doch Vogt sogar
(gegen Rauschen s. 132 anm. 3), den Orientalen sei es erst nach ihrem eintreffen in
Constantinopel zugegangen. Vogts ausführungen bedeuten eine entgleisung; fatal ge-
staltet sich die Situation für ihn bei den s. 205 construierten zusammenhängen. Seine
behauptung steht mit dem betr. canon in Widerspruch. Nach dem Wortlaut dürfen,
wie Vogt selbst bemerkt, von häretikern ausgehende klagen kirchlicher natur über-
haupt nicht angenommen werden; nur wenn sie von orthodoxen ausgehen, sollen
sie vor die provinzialsynode gebracht werden (vgl. z. b. Rauschen s. 133).
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. ED. XXXIV. 34
522 KAUFFMANN
Sie enthält, als für uns wichtigstes stück, jenen berühmten brief eines Schülers
des Wulfila, des Auxentius, bischofs von Dorostorum, dem ich in anlehnung an ein
verwandtes werk den titel De fide vita et obitu Wiilfilae gegeben habe1.
Die nachvergleichung der handschrift ist nicht ohne ertrag geblieben; wie auch
zu hoffen steht, dass meine lesungen bei erneuter prüfung des zum teil schwer be-
schädigten codex noch ergänzungen erfahren werden. Zu eingang der epistula glaubte ich
Erat quidem Wulfila episkopus satis p eloquio valde decorus ansetzen
zu dürfen; im übrigen verzeichne ich folgende Verbesserungen des Waitzschen textes:
18, 7 ist omni sapientiae sapientiorem zu ergänzen; 18, 10 interminatum zu streichen;
18, 19 1. magnum honen et magnüm pontificern predicavit et; 18, 20 redemptorem et
salvatorem; pa gentium ante omnia saeeula; 18, 23. 34 — usianorum;
18,30 eonciliis; 19,2 keine lücke; 19, 7 1. [siue Psabellianos] ; 19,21 spiritus sanc-
tus advocatus; 19. 23 sed W: et; [ejducator W: ducator; 19, 23 fg. 1. pre töt-
et informator (?) ; 19, 27 docente; 19, 28 ergo lii sunt cristiani, adorant; 19, 29
eo [ita praedicjante: ante; 19, 30 agimt(?J. Haec; 28, 28 hie W: his; 20, 33
at hune W: athuc; 20, 35 liberavit et per mare transire; 20, 38 servire. Degens
cum suo populof?); 20,39 tibi sine W: absque; 20,40 quorum : antiquorum Usener ;
[similis esset] quod W: quod explevit Usener; 20, 41 multis; 21, 1 disputationem
quidem; 21, 2 docerent et in[cstarent (?) ; 21, 3 abat W: ..at; et ingressus cst(?);
recogitato ab impiis; 21,5 in qua; 21,9 [per] W: in; 21, 11 describtam ; 21, 13
testamentumW : transitum; 21, 16 deus pater qui et dei nostri est deus; 21, 18 propter
correctionem : post resurr ectionem; 21,20 item et; 21,21 Oristi fidelem(?); 21,22
equalemf?) sed subditum; 21, 23 suo in omnibus deo patri eique similem secundum
scribturas qui per cristum eius a spiritu sanctof?).
Das hauptgewicht hat der in litterarischen dingen wenig erfahrene briefschreiber
auf die darstellung des bekenntnisses seines meisters gelegt (p. 73,14 — 74,44); nicht
gerade inhaltsreich ist der kurze biographische teil ausgefallen (p. 75, 1—37), denn
der autor war noch beherrscht von der auch sonst unter den Zeitgenossen wirkenden
Vorstellung, in der person des Wulfila sei eine erscheinung biblischen stils
unter dem Gotenvolk aufgetaucht. Als ein Elisa sollte der verwichene bischof seinen
freunden und landsleuten auch in der zukunft gegenwärtig bleiben. Es ist nicht
immer leicht zu sagen, wo die biblische formel und das pastorale pathos aufhören
und die nackten biographischen tatsachen anfangen, doch kommen wir unter sorg-
fältiger berücksichtigung des starken einflusses der bibelspraehe — den ich in den
aumerkungen aufzuzeigen mich bemüht habe — über die hauptereignisse und ihre
chronologische folge ins reine.
Danach war Wulfila a. 311 geboren, hatte in ungewöhnlich rascher lauf bahn
als lector im alter von 30 jähren zu Antiochien durch Eusebius von Nikomedien die
bischofsweihe erhalten und a. 342 (als chorbischof) mit der missionsarbeit unter den
Goten begonnen. A. 349 musste er wegen innerer unruhen die heimat verlassen.
Kaiser Constantius hat ihm die Douaugreuze geöffnet und schon a. 350 scheint er
stadtbischof mit festem sitz geworden zu sein. Über sein ende handelt Auxentius
p. 75, 38 — 76, 2 und beschliesst seine epistula mit wörtlicher anführung des denk-
würdigen Credo. Er lenkt in die fragen ein, mit denen er das schreiben begonnen
hat und drückt das siegel der echtheit darunter.
1) Der entscheidung Lagarde's , Dorostorum sei auch als bischofsitz des Wulfila
anzusehen, habe ich mich vielleicht in allzu bestimmter fassung angeschlossen, vgl.
11. von Schubert a.a.o. s. 485.
TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR ALTGERM. RELIGIONSGESCHICHTE 523
Das bekenntnis zeugt von dem glauben an einen universalen und uranfänglichen,
weltfernen gott des jenseits; unser gott, der gott der diesseitigen weit, ist Christus,
der in allen dingen dem vater aller dinge Untertan ist. Gottvater ist dem gottessohn
übergeordnet, wie Christus dem Spiritus sanctus als seine gottheit übergeordnet ist;
doch gilt der heilige geist nicht als göttliche potenz und hat an der weltregierung nur
als dienendes organ des eingeborenen sohnes teil. In dem immanenten gottes-
begriff, der durch den köyos dargestellt ist, hat AVulfila seinen religiösen halt ge-
funden; in dem transcendenten gottesbegriff &tög nccriiQ tiuvtwv war, wenn wir
es so ausdrücken dürfen, seine philosophische Weltanschauung und weltauffassung
begründet. Schon die älteren forscher haben die arianische weltauffassung im ganzen,
wie die arianische religion im besondern zu der altgermanischen religion und welt-
auffassung ins Verhältnis zu setzen gesucht. Doch haben sie darin gründlich geirrt,
dass sie die nordische mythologie mehr berücksichtigt haben, als die hellenistische
Philosophie.
Nun muss constatiert werden, dass weder die Epistula des Auxentius, noch
die Dissertatio des Maximin irgend ausreichen, um die philosophischen und religiösen
grundgedanken des Wulfila mit einiger bestimmtheit zu entwickeln. Für das Ver-
hältnis des jungen Christentums zur altem volksreligion ist die gotische bibelüber-
setzung ergiebiger. Aus dem Sprachschatz der gotischen bibel werden die wichtigsten
aufschlüsse zu holen sein. Nur auf diesem feld lässt sich in umfänglicherem rayon
das problem der anpassung alt - volkstümlicher Vorstellungen an die neue weit des
glaubens und des wissens verfolgen. Ich werde es mir daher angelegen sein lassen,
falls die erforderliche Unterstützung und mitarbeit der facbgenossen nicht ausbleibt,
eine neue ausgäbe der gotischen bibel zu veranstalten.
Die intensität, mit der Wulfila eine nationalisierung der hellenistischen
religion anstrebte, wird nur auf grund der bibel und der Skeireins festgestellt
werden können. Die formen religiösen lebens, die unter den Goten herrschten, lernen
wir sodann aus andern quellen kennen. Ich erinnere an die überraschenden nach-
weise, die wir Achelis verdanken („Der älteste deutsche kalender* in der Zeitschr.
f. neutestam. wissensch. 1900, 308 fgg.), an die Verhandlungen, die Maximin mit Augustin
gepflogen hat (MSL 42, 709 fgg.), an die von A. Mai veröffentlichten arianischen frag-
mente, die einen mit der schriftstellerei des Maximin so nahe verwandten Charakter
tragen, dass sie als erzeugnisse seines geistes angesehen werden könnten. Die haupt-
quelle ist aber m. e. das sog. Opus imperfectum in Matthaeum, dessen Verfasser —
ganz unabhängig von der frage, ob es ein werk des Wulfila sei oder nicht1 — wegen
1) Seltsamerweise heften sich meine gegner zäh an die von mir ausgesprochene
und noch recht mangelhaft begründete Vermutung, Wulfila möchte der Verfasser dos
merkwürdigen commentars sein. Mich aber interessiert die frage nach der Verfasser-
schaft nicht im selben grade, wie die religionsgeschichtliche Stellung des werkes. „Bei
meinen der germanischen religionsgeschichte " — nicht litteraturgeschichte — „ge-
widmeten Studien bin ich auf ein werk gestossen, dass sicher der gotischen litteratur
angehört, vermutlich den grossen Gotenbischof, den bibelübersetzer selbst zum
Verfasser hat." „Dass der commentar einen Goten zum Verfasser hat, wird nicht
bestritten werden können und die hypothese, dass dieser Gote Wulfila gewesen sei,
dürfte zum mindesten zulässig sein" (Beil. zur Allg. ztg. 1897, nr. 44, 4. 5. 6). Noch
in seiner neuesten besprechung des denkmals (Pauls Grundr. 22, 26 fgg.) wo übrigens,
wenn Jülicher citiert werden sollte, die zweite aufläge seiner Gleichnisreden angezogen
werden musste, begnügte sich Streitberg damit, dasjenige, was ich als Vermutung
geäussert hatte, zu discutieren; was ich als sicher hingestellt habe, bleibt unberührt.
34*
524 KA.UFFMANN
der glaubensgemeinschaft in aller erster linie befragt werden nrass, wenn man eine
bevölkerung kennen lernen will, die unter dem „gotiscben Arianismus" gelebt bat.
Weil obne kenntnis und Verständnis dieser bisher arg vernachlässigten häre-
tischen litteratnr ein einblick in das wesen der religionsveränderung sich nicht ge-
winnen lässt, betrachte ich es als unumgängliche aufgäbe, diese häretischen texte
quellenmässig aufzuarbeiten und habe eine kritische ausgäbe des Opus imperfectum
in angriff genommen.
AVenn wir erst im stand sein werden, glauben und aberglaubcn der gotischen
A rianer nach ihren geschichtlichen zusammenhängen und quellenmässigen Voraus-
setzungen zur darstellung zu bringen, ist auch eine neue basis zur religionsgeschicht-
lichen einschätzung der vorchristlichen religion gewonnen. Aber erst sollen wir die
vorchristliche religion der alten Germanen kenneu lernen. Und das ist der andere
hauptzweck, den ich im äuge habe und dem ich mit einer Serie von „Unter-
suchungen" zu dienen hoffe: religionsgeschichtliche erhellung des germanischen
altertums.
Bei der frage nach der einwirkung des Christentums auf das germanische,
speciell nordgermanische heidentum hat seit 100 jähren der Mythus von Balder
die erste rolle gespielt. Durch Sophus Bugge ist er aufs neue in den mittelpunkt
der debatten gerückt worden. Eine systematische Untersuchung dürfte daher kaum
als unzeitgemäss erscheinen. Der vorwiegend litterarhistorischen betrachtungsweise
Bugges stelle ich eine religionshistorische zur seite, die den mythus als altgermanisch
erweist. Nicht so , dass ich an den litterarhistorischen Vorfragen vorbeigegangen wäre.
Im gegenteil. Ich habe ihnen, und zwar nicht bloss den hereinspielenden antiken
und (sehr spärlichen) christlichen motiven so viel aufmerksamkeit geschenkt, dass ich
ihre bedeutung auch im titel meines buches zum ausdruck gebracht habe.
Der erste, Hugo Gering gewidmete, band meiner „Untersuchungen", bringt
einleitend eine revue der hauptsächlichsten mythologischen deutungsversuche (s. I — 19),
unter denen die theorien von J. G. Frazer und S. Bugge hervorragen. Namentlich
die leistung von Frazer in seinem grossen werk „The golden bough" (second edirion.
revised and enlarged, 3 voll., London 1900) muss ich als die religionsgeschichtlich
förderndste bearbeitung des themas bezeichnen. In wesentlichen punkten konnte ich
mich ihm anschliessen; im ganzen konnte mich seine im gründe doch eklektische be-
handlung des mythus nicht befriedigen. Ausführlich habe ich sodann die quellen-
frage untersucht (s. 19 — 135) und das erste kapitel der quellenuntersuctning dem
Mythus der Eddalieder, Snorra Edda uud der andern norrönen belege gewidmet
(s. 19 — 63); das zweite kapitel bringt eine quellenuntersuchung der sage, wie sie
durch Saxo Grammaticus bezeugt ist (s. G3 — 105), in der durch A. Olrik vorgezeich-
neten richtung; doch habe ich mich mit seinen ergebnissen noch nicht ganz zufrieden
geben können, sondern mich bemüht, sie zu einem definitiveren abschluss zu bringen.
In einem kurzen dritten kapitel habe ich erörtert, was wir vom kultus des Balder und
des Hoftr wissen. Schliesslich wurden die hauptergebnisse in einem vierten kapitel
„Sagenkritik" (s. 112 — 135) herausgearbeitet. Als resultat dieses ersten abschnitte
stelle ich s. 132 hin, dass wir zwei voneinander unabhängige (koordinierte) berichte
über Balders leben und tod besitzen: einen altnorwegischen (Voluspä v. 31fgg.) und
altdänischen (Saxo p. 121 fgg.); jenen in der formsprache des mythus, diesen
in der formsprache des märchens. Aus dem altnorwegischen mythus sind jüngere
gisch - isländische sprossformen hervorgegangen. Sie stellen durch mythische
oder novellistische interpolationen herbeigeführte ausweitungen der ursprünglichen
TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR ALTGERM. RELIGIONSGESCHICHTE 525
mythischen dichtung dar. Die norröne sprossform gahelte sich in zwei Varianten:
einen norwegischen roman (Saxo) und eine isländische saget (Sn. E.). Nach solchem
hefund musste der mythus (ebenso wie der kultus) als gern ein nordisch angesprochen
werden. Aus einer — uns unbekannten — gemeinnordischen mythischen dichtung,
deren hauptmotive sich reconstruieren lassen (s. 133 fg.), müssen die lokalen niythen-
bezw. sagenvarianten hergeleitet werden. Unmöglich ist es und schon wegen der be-
trächtlichen Verschiedenheit der litterarischen gattungen unzulässig, die eine Variante
aus der andern, das dänische märchen aus dem norwegischen mythus, den norwegischen
roman aus der isländischen saga entstehen zu lassen. Am besten ist der alte mythus
hinter den abgerissenen Strophen der Voluspä und hinter der dänischen prosa zu er-
kennen; am entferntesten steht die jüngere norwegische, durchaus romanhaft aus-
gestattete Überlieferang. Der abstand der dichterisch -mythischen motive von den kult-
formen ist ein so beträchtlicher — vielfach sind nicht bloss die sakralen, sondern auch
die mythischen bezichungen in unsern litterarischen dokumenten abgestossen — dass
notwendig die Interpretation auf die totalität der Überlieferung gerichtet bleiben muss.
Der interpretation des quellenmässigen befundes ist der zweite abschnitt ge-
widmet: Dichtung und glaube (s. 136 — 298). Im ersten kapitel gebe ich eine 1. auf
die dichterische einkleidung. 2. auf die gl aubens Vorstellungen gerichtete analyse dessen,
was wir von Balders leben erfahren (Analyse des mythus s. 137; Die religiösen
grundgedanken s. 170). Balders tod bildet das thema des zweiten kapitels, das in
eine analyse des mythus (s. 223) und eine darlegung der religiösen grundgedanken
jener rituellen handlung, die zu Balders tod geführt hat, zerfällt (s. 226).
Die dichterische hauptquelle unserer nachrichten von Balders leben bildet,
wie Prazer entdeckt hat, ein märchen1. Es war nicht zu umgehen, die hauptsäch-
lichsten direct oder indirect in frage kommenden nordischen Varianten des märchens
„Vom verborgeneu leben" (ek sä Baldre orlqg folgen Vql. 32) noch einmal vorzuführen
(s. 137 fgg.), schon weil die Schlussfolgerungen Frazers nicht übernommen werden
konnten. In der identificierung der religiösen grundgedanken, die unter den nach-
richten über Balders leben sich verhüllen, weiche ich bei dankbarer ausnützung der
von ihm gesammelten materialien, noch mehr von dem verehrten forscher ab. Ich
suche sie in den volkstümlichen Vorstellungen von einem heroisierten könig (ahd.
baldcr), der runenkundig die natur zu beherrschen versteht, dem jedoch im ent-
scheidenden augenblick seine magische kunst versagt. Als insasse von Valhqll, war
Balder (semideus) zu den Äsen d. h. zu den um Odin sich sammelnden heroen, zauber-
mächtigen fürsten und königen gerechnet. Die mit hilfe der runen (d. h. eines namen-
und wortzaubers) '-' wirkende magische gewalt und die in ihr begründete uuantastbarkeit
der geweihten person des königs hatte ihr volkstümliches Symbol in dem schon durch
den namen „Balder-' zum ausdruck gebrachten glanzvollen haarwuchs; baldr verstehe
ich, unter Zustimmung zu der von E. Schröder entwickelten etymologie des Wortes,
als epitheton eines rex crinitus (wie etwa auch hadingus). Es bewährt sich so viel
ich sehe in jeder beziehung, wenn wir daran festhalten, dass Balders, als eines heros,
1) Vgl. die behandlung des Goldenermärchens für die geschichte der Hildesage
durch Fr. Panzer. Sie bedeutet eine wesentliche förderung auf dem gebiete philo-
logischer kritik.
2) Vgl. F. von Andrian, Über wortaberglauben. Correspondenzblatt der deut-
schen gesellschaft für anthropologie, ethnologie und Urgeschichte XXVII (1896), 109 fgg.
Fr. Gieseb recht, Die alttestamentliche Schätzung des gottesnamens und ihre religions-
geschichtliche grundlage, Leipzig 1901.
526 KAUFFMANN
wesen iu seiner königlichen rangstellung und seiner legend arischen abkunft vom
stammesgott wurzle. Glänzende haarfülle war die alte königliche Standestracht, das
schöne haar des königs, das nicht geschnitten werden durfte, war das symbol der
unverletzlichkeit der person. Königliches rangzeichen sind aber ebensowol die schwach
bezeugten kriegerischen wie die hochentwickelten religiösen eigenschaften Balders, die
in dem prädikat „der gute" hervortreten. Doch ist daran zu erinnern, dass nicht
ein historisches oder sagenhaftes königtum Balders für den mythus wesentlich war,
dass wir es überhaupt nicht mit einem leiblichen, sondern — in dem sinn wie Erwin
Kohde diesen begriff entwickelte — mit einem heroisierten könig zu tun haben. Der
mythus von Balder zeigt uns einen apotheosierten könig, einen äsen (d.h. einen heros).
In dieser entscheidenden auffassung treffe ich mit J. Grimm (Mythol. I4, 282) zu-
sammen.
Balders tod sehe ich im einverständnis mit fast allen erklärern als rituellen
Vorgang an. Doch haben sich dichterische motive angesetzt, die mit den kultischen
nicht verwechselt werden durften. Die rahmenerzählung stimmt auch hier im allge-
meinen zu dem verlauf der katastrophe in dem märchen „Vom verborgenen leben";
nur ist zu berücksichtigen, dass die sage weiterhin romanhaft ausgebaut wurde und
dass auf das isländische lied, das Snorri als quelle vorgelegen hat, das mythische
motiv von den kampfspielen der Äsen einüuss gewonnen hatte. Eine dichterische
ergänzuug stellt auch die fabel von einem postumen räch er Balders dar, der ihm
erst in der poesie erstehen konnte, als sie den rituellen Vorgang wie einen kriminellen
behandelte und das vorgehen des HqJh' gegen Balder auf eine zwischen ihnen be-
stehende fehde oder auf absichtslose missetat zurückführte. Selbst der mythus lässt
unter dem an Balders tod beteiligten personal die figur des rächers vermissen; er
gehört einer jüngeren generation an.
Den heroen gleich, von der erde entrückt wurden Balder und HoJ)r als äsen
(einherjar, tivar) im himmel fortlebend gedacht und walteten schützend und hilfreich
über ihren kultgemeinden. Sie gehörten zu Oäins J/err, wie es nach altgermanischer
Vorstellung in Valbojl sich sammelte. Der gefolgschaft des Odin (gengi) stellte nun
aber die nordische mythologie das siuni der Hei bezw. des Loki gegenüber: wenn es
dereinst dazu kommen wird, dass die beiden gefolgschaften im kämpf ihre kräfte
messen, wird Loki an der spitze der unterweltsmannschaft erscheinen. In diesen
mythischen kreis gehört auch die von dem genyi Odins vollzogene auslieferung Balders
au Loki. Die blindheit des HQpr ist das symbol seiner abhängigkeit von Loki; er ist
in diensten des Loki tätig, von dem er sich anweisen lässt, den mistelzweig gegen
Balder abzuschiessen. Er hat sich herbeigelassen, im interesse Lokis den Balder zu
töten, um ihn der unterweit als opfer auszuliefern. Loki hasst alle lebenden wesen
(Lokas. 19), nicht bloss das blühende leben der menschen, mehr noch das potenzierte
leben der äsen und einst werden die äsen alle den höllenpfad wandern müssen. Als
Vorspiel dieser götterhekatombe , der götterdämmerung fällt dem Loki als erstling
Balder zum opfer.
In der tat verläuft die auf den heiligen Auren von Valholl sich abspielende
scene unter den formen einer opfer handlung (vgl. den opfertod auf der walstatt
[reyrteinn : mistelteinn] oder noch genauer den ritus der Opferung des königs Vikwrr).
Das opfer fällt unter der zauberhaften Wirkung der waffe, die der opfernde aus der
band desjenigen gottes empfangen hat, dem das opfer zufällt (altnorwegischer opfer-
ritus s. 247). Den uns zur vergleichung dienenden Odinsopfern steht der tod Balders
als dem Loki goltendo Opferung eines königlichen äsen gegenüber. Nach dem mythus
TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR ALTGERM. RELIGIONSGESCHICHTE 527
wurde Balder von Hobr mit hilfe des (aus der Unterwelt) eingeholten, Balders leben
verwahrenden mistelzweigs getötet; nach dem ritus musste Hqdi' in den heiligen wald
des Loki eindringen, um vom alten eichbaum, dem heiligtum des Loki, die waffe des
gottes (speer oder pfeil) als opferwaffe zu holen. Der gott lieh ihm den tötlichen
pfeil (harmflaug). Hopr kehrte zurück, um das erlesene numen wie ein opfertier
dem Loki zu überantworten (killing the god; sacrilice du dieu). Die götter sind ver-
sammelt und wohnen der auf heiligem boden sich abspielenden opferscene bei. Denn
es handelt sich um eine sache, die alle äsen betraf, um einen öffentlichen akt, um
ein gemeinschaftsopfer der äsen. Durch steinwurf haben diese sämtlich am opfer sich
beteiligt. Das ist der weitverbreitete brauch, auf einen den unterirdischen verfallenen
menschen steine zu werfen, sodass über seinem grabe Steinhaufen entstehen, wie
vielleicht schon nach dänischer sage bei dem über Balders leiche aufgeschichteten
grabhügel.
Die dänische sage bringt überhaupt den hergang bei der opferceremonie vor-
trefflich zum ausdruck. Ob infcliccs verum cursus tritt die opfergemeiude zur be-
ratung zusammen; das ergebnis besteht in der dem Höther zugefallenen opfermissiou
(vgl. das Orakel Vegtamskv. 9). Es wird in das opfer eingetreten. Die ersten Vor-
bereitungen beziehen sich auf die besondern rituellen pflichten, die demjenigen zu
erfüllen obliegt, der das opfertier zu töten berufen ist. Höther verlässt in tiefer trauer
die statte seines wirkens, um sich in die einsamkeit zu begeben, die opferwaffe ein-
zuholen , mit den schicksalsmächten sich in contact zu setzen und aus geweihter speise
kraft zu schöpfen. Nachdem so der opferpriester förmlich geweiht worden ist, ver-
sammelt sich die opfergemeinde mit dem durch eine von der Unterwelt ausgehende
orakelkundgebuug als opfer erwählten mitglied auf dem opferplatz. Im vollen schmuck
der Schönheit und reinheit wird Balder mitten in dem durch die opfergemeinde ge-
bildeten zauberkreis aufgestellt, denn nach altherkömmlicher Vorschrift wird erfordert,
dass das opfertier ohne tadel und ohne makel sei — auch diesem wichtigen puukt
ist bei der Opferung Balders in idealem sinn genügt. Zögernd geht der opfernde an
sein werk, endlich setzt er sich durch abgäbe des Schusses in directe berührung mit
dem opfer. Nachdem es getötet worden ist, setzt die rituelle klage um den geopferten
ein und es bleibt nur noch die rituelle beseitigung der leiblichen Überreste zu er-
ledigen und die lustration der opfergemeinde zu vollziehen. Dies geschieht nach Ulfs
Hüsdräpa durch erweckung von notfeuer und die in ihm bewerkstelligte Verbrennung
der leiche. Damit ist das „ leben" Balders endgültig nach der unterweit verbannt
und dort in gewahrsam gegeben.
Neben der äussern ceremonie läuft der magische process der opferweihe her.
Dieser gipfelt in dem moment, da Odin dem söhn die allerheiligste der runen ins ohr
flüstert. Doch würde ich die beim tod Balders mitwirkende opfermagie nicht zu ent-
wickeln vermocht haben, wenn mir nicht durch die meisterhafte behaudlung dieses
factors von Seiten zweier französischer religionshistoriker (aus der sociologischen schule)
der weg gewiesen worden wäre (H. Hubert et E. Hauss, Essai sur la nature et la
fonetiou du sacrifice, Paris 1899 = L' annee sociologique1 2, 29 fgg.). Die weihende
Wirkung der opferceremonie schuf dem geopferten Balder eine wesensveräuderung (vgl.
die selbstopferung Odins). Diese wesensveräuderung bedeutete für ihn eine erhöhung
der existenz und garantierte seins verklärte widerkehr: Balder wird widerkommen.
1) In meinem buch ist dieser titel ärgerlicherweise in L'annee sociale ent-
stellt worden.
528 KAUFI'MANN, TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR ALTGERM. RELIGIONSGESCHICHTE
Die weihe wurde aber nicht bloss auf den geopferten, sondern vornehmlich auch auf
den opfernden und die opfergemeinde ausgestrahlt, zumal das opfer im interesse der
opfergemeinde dargebracht ward.
Von hier aus erhellt sich der ganze akt in seinen wesentlichen zügen. Auf
eiueu auserlesenen Vertreter der gemeinde wurde (durch die magische procedur des
steinwerfens) das in der gemeinde umschleichende übel übertragen und als „sünden-
bock" wurde der opfermensch aus der gemeinde verbannt (vgl. die Opferung des
Saturnalienkönigs). Am reinsten ist speciell der typus des geopferten gottes bei den
gebrauchen des todaustragens zu Lätare noch in der gegenwart erhalten. Indem ich
diesen volksbrauch auf den Baidermythus bezog, habe ich einen gedanken N.M. Petersens
verfolgt und mich bemüht, die richtigkeit dieser combination im einzelnen nachzuweisen.
Namentlich glaubte ich in der niedersächsischen spielform des todaustragens die mit
dem Baidermythus übereinstimmenden details aufzeigen zu können (s. 281 fgg.).
Durch solche Übereinstimmung erwies sich der ritus von Balders Opferung als
gemeingermanisch. Denn er ist für Deutschland durch den fortlebenden volks-
brauch (survival) so gut bezeugt, als für Scandinavien durch mythus und sage. Er
hat ausserdem an dem altgermanischen (z. b. für die Burgunder durch Ammianus
Marcellinus bezeugten) königsopfer eine unerschütterliche stütze. Als in der traditiou
des mythus magisch fortwirkendes urbild des altgermanischen königsopfers suche ich
schliesslich den hinter den dichterischen (prellen versteckten ritus von Balders Opferung
zu verstehen. In wiefern dieses mythische königsopfer als eine art Vorspiel der all-
gemeinen Opferung der äsen in die prophetie von dem ablaufenden weltenjahr ein-
gestellt werden konnte, habe ich im einzelnen begründet und hoffe dadurch ein rich-
tigeres Verständnis der „ götterdämmerung " angebahnt zu haben.
Man wird es verzeihlich finden, dass in dem ersten bände meiner „Unter-
suchungen" programmatische ausführungen sich räum zu verschaffen wussten. Es
kam mir darauf an, zum ausdruck zu bringen, dass ich mit der bei uns herkömm-
lichen methode der mythendeutung keine gemeinschaft habe. Sie ist durch eine
religionsgeschichtliche d. h. auf die religiösen grundgedanken und die religiösen ge-
brauche gerichtete philologisch -historische analyse der mythen zu ersetzen. Darin
folge ich mit lebhaft empfundenem drang dem beispiel, das mir Erwin Rohdes
Psyche und "W. Robertson Smiths Religion der Semiten gegeben haben. Nach
dem Vorgang von H. Oldenberg habe ich mich auch gern — dank den reichen Samm-
lungen Frazers — auf die Vorstellungen der sog. naturvölker bezogen und wert darauf
gelegt, meinen auschluss an die anthropologisch gerichtete religionsforschung der
Engländer und Franzosen zu constatieren. Dass ich mit BT. Usener, den Überbleibseln
der alten religion in brauch und sitte des heutigen volkes nachgegangen bin, kommt
einerseits in der berufung auf die „Italischen Mythen", andererseits in der art und
weise zum ausdruck, wie ich die sitte der „geworfenen steine" und den brauch des
„ todaustragens " verwertete.
Besonders aber wollte ich betonen, dass der Baidermythus, wie jedes mythische
gebilde, nicht dem gebiet des begriffsmässigen , sondern dem gebiet des gegenständ-
lichen denkens angehört (s. 171), dass er aus der weit der naiven, gegenständlich
denkenden menschen heraus beurteilt und dass daher als ganz wesentlicher factor der ihm
angeborene magische wert berücksichtigt werden muss1. Der echte, alte mythus
1) Auch im volkstümlichen Christentum, wie es zur zeit der mission unter den
Germanen sich einbürgerte, wie überhaupt im Urchristentum sind zauber und magie
von umfassender bedeutuug gewesen. Es hängt also vieles daran, den magischen
TÄNZER ÜBER BRAUNE, HANDSCHRIFTENVERHÄLTNISSE DES .NIBELUNGENLIEDES 529
enthält zum unterschied von der novelle ein magisches element, weil er vermutlich
in seiner ursprünglichsten form als zaubermärchen diente, wie dies in grundlegender
erörterung (über das spell) zuerst von Edward Schröder richtig erkannt worden ist.
Die hauptgesichtspunkte religionsgeschichtlicher arbeit auf dem felde der „ Deut-
schen mythologie ", wie sie sich mir aus dem Studium der zeitgenössischen religions-
geschichtlichen litteratur, in der neben den genannten autoren Herbert Spencer und
Edward B. Tylor hervorragen, ergeben haben, werden sich, wie ich hoffe, neben den
rein mythologischen Systemen bewähren. Der umschwung, der sich in der orienta-
lischen und klassischen philologie vollzogen hat, kündigt sich auch bei den deutschen
Philologen an. Wenigstens glaube ich einen erfreulichen fortschritt in derselben richtung
bei F. v. d. Leyens „ Kleinen Studien zur deutschen mythologie " (in den Germanistischen
abhandlungen Herrn. Paul dargebracht, Strassburg 1902 s. 143 fgg.) beobachtet zu haben.
gehalt der alten volksreligion , weit über die gebiete hinaus, die man herkömmlicher-
weise in der deutschen mythologie uuter dem Stichwort „zauber" abzuhandeln pflegt,
unbeeinträchtigt zur geltung zu bringen.
KIEL. FRIEDRICH KAUFFMANN.
Die handschriftenverhaltnis.se des Nibelungenliedes von Wilhelm Brauue.
Halle a. S., Max Niemeyer 1900. 222 s. 8°.
Mehr als zwei Jahrzehnte ists in unserer Wissenschaft still gewesen von einem
problem, das die vorangegangenen zwanzig jähre hindurch geister und gemüter der
germanisten aufs lebhafteste beschäftigt und mehr als billig erregt hatte; seit Pauls
arbeit vom jähre 1876 ist kein buch mehr erschienen, das die handschriftenverhält-
nisse des Nibelungenliedes im zusammenhange erörtert hätte.
Dieser wandel hängt offenbar zusammen mit dem Umschwünge, der seither in
den fragen der sog. höheren kritik des gedichtes eingetreten ist. So lange Lachmanns
liedertheorie, wenn schon nicht allgemein geglaubt wurde, so doch allgemein im
Vordergründe des interesses stand, war die frage nach dem Verhältnisse der hand-
schriften allerdings (wie es etwa in der 1855 erschienenen schritt Max Riegers „Zur
kritik der Nibelunge" heisst) „von erschütternder Wichtigkeit für alle freunde des
gedichtes"; denn „von der lösung dieser frage hängt es ab, ob man die ausscheidung
von interpolationen in Lachmanns sinne versuchen darf und welche ansieht man von
der entstehung des gedichtes fassen wird." Seitdem aber Lachmanns kritische auf-
teilung des liedes ihre anhänger mehr und mehr verloren hat, ja beinahe allgemein
aufgegeben wurde, verlor naturgemäss auch die frage nach dem Verhältnisse der hand-
schriften ihre grosse Wichtigkeit und das allgemeinere und tiefere interesse.
Ist dies problem demgemäss heute der teilnähme weiterer kreise mehr als
früher entrückt, so musste die fachwissenschaftliche forschung nur um so dringender
die püicht fühlen, jetzt, wo keine allgemeinen theorien und kein parteieifer den blick
mehr zu trüben brauchen, die tatsächlichen Verhältnisse einer erneuten unbefangenen
prüfung zu unterziehen. Mit freude begrüssen wir daher die vorliegende Schrift, in
der dieser forderung aufs gründlichste genüge getan wird. Und irren wir nicht, so
ist der grosse fortschritt, den Braune erreicht hat, wesentlich mit aus der geänderten
Sachlage entsprungen. Er hat darauf verzichtet, von allgemeinen gesichtspunkten aus-
zugehen und unter beiseitesetzung aller theorien lieber von unten aus zu bauen ver-
sucht, indem er durchaus von der wirklich vorhandenen Überlieferung, d. h. also von
530 PANZER
den einzelnen handschriften seinen ausgangspunkt nahm. Und ziol der Untersuchung
ist ihm nicht, irgend welche fragen dor höheren kritik zur entscheidung zu bringen,
sondern einfach die Überlieferung des liedes nach denselben grundsätzen zu sichten,
die wir bei jeder Überlieferung alter denkmäler sonst anzuwenden pflegen, also die
handschriften zu classificieren und in einen Stammbaum einzuordnen. Die forderung
mag selbstverständlich erscheinen, aber auch das feste bestehen auf dem selbst-
verständlichen wird zum Verdienste, wo es wie hier durch die langen und erhitzten
debatteu um allgemeinere fragen so sehr aus dem bewusstsein gedrängt war. Im
einzelnen überzeugend aber wurden die ausführungen des Verfassers besonders dadurch,
dass er die Strophendifferenzen, die bei den früheren Untersuchungen meist im Vorder-
gründe gestanden hatten, zunächst bei seite liess und lieber mit der kritischen be-
trachtung der lesarten begann, wo doch eher eine objeetive entscheidung möglich ist.
So war der weg klar erkannt, den eine neue Untersuchung einschlagen musste und
da der Verfasser ihn vorsichtig, aber konsequent und wolgerüstet gegangen ist, hat
er ihn auch wirklich zum erwünschten ziele geführt. Denn man mag in einzelheiten
zweifelhaft oder auch geneigt sein sich anders als der verf. dieser schrift zu ent-
scheiden , vielleicht auch den festgestellten Verhältnissen hie und da eine abweichende
deutung zu geben, im ganzen dürfte die grundsätzliche auffassung der Überlieferung
durch Braune festgelegt sein.
Braune beginnt seine erörterungen zweckentsprechend mit einer Untersuchung
der gruppe Db*, die nach der sog. zweiten Münchener hs. D und der einst Hundes-
hagen gehörigen Berliner hs. b als den führenden handschriften sich benennt. Als
ausgangspunkt liegt diese gruppe deswegen nahe, weil die zu ihr gehörigen hss. bis
268, 1 der recension C*, von da an aber der recension B* folgen. Diese erscheinung
muss natürlich auf einer einmal infolge irgend welcher gründe beliebten mischung
beruhen, weist also für sämtliche hss., die sie zeigen, notwendig auf eine stamm-
handschrift zurück. Ihre besondere Stellung zeigt die gruppe denn auch innerlich
nach ihren lesarten, indem Db*i (str. 1 — 268, 1) deutlich von den übrigen hss. der
recension C*, Db*n (str. 268, 2 bis schluss) von AB* sich unterscheiden, wie vom verf.
durch beispiele überzeugend dargetan wird. Eine besondere eigenart oder tendenz
verrät sich in diesen abweichungen nicht.
Die Stellung der einzelnen hss. innerhalb der gruppe Db* präcisiert der verf.
dahin , dass zunächst die Würzburger fragmente N sich näher zu b stellen ; sie gehen
mit b auf eine gemeinsame vorläge zurück, die von N genauer widergegeben sind
als von dem jüngeren b, das sich viel eigenmächtige änderungen und auslassungen
erlaubt. Eine ganz selbständige Stellung nehmen die Prager fragmente S ein, denen
gegenüber D und Nb öfter zusammengehen, sowol in bewahrung echter lesarten als
in fohlern, so dass die drei letzteren wider eine gemeinsame quelle voraussetzen.
Diese wird von Nb treuer widergegeben als von D, das recht oft selbständig ändert.
Sonach erhalten wir für die gruppe Db* folgenden Stammbaum:
Db*
S ' x
— L» D
N~" b
Kritischer grundsatz bei der Verwertung der hss. dieser gruppe (in Sonderheit der
ja allein vollständigen hss. D und b) für die herstell ung des Originaltextes muss also
sein, dass nie eine einzelne lesart von D oder b für sich dafür verwendet werden darf,
ÜBER BRAUNE, HANDSCURIFTENVERIULTNISSE DES NIBELUNGENLIEDES 531
sondern es muss immer zunächst die lesart der gruppe Db* festgestellt werden. Streng
genommen ist das eigentlich nur dort mit Sicherheit möglich, wo auch S vorhanden
ist; hier ist denn jeweils die Übereinstimmung von S mit D oder b entscheidend. Wo
S fehlt, ist man eigentlich nur im stände die lesart der schon abgeleiteten hs. x fest-
zustellen, nicht aber die originale der stammhs. Db*. Praktisch fällt das nicht all-
zusehr ins gewicht, da doch wahrscheinlich erweise die meisten änderungen, die x
gegenüber den anderen, nicht zu Db* gehörigen hss. aufweist, von ihm aus Db* über-
nommen sind.
Um den kritischen wert des textes Db* zu illustrieren, stellt der verf. für
100 Strophen des zweiten teils (1542 — 1641, wo auch S erhalten ist) sämmtliche
Varianten dieser gruppe zusammen. Ihre abweichuugen erweisen sich als nicht zu
häufig und qualitativ gering, so dass die recension Db* die stelle einer alten guten hs.
aus dem anfange des 13. jh. (S selbst stammt noch aus der ersten hälfte des 13. jh.)
vertreten kann.
Dies gilt nun zunächst für den zweiten und hauptteil der gruppe Db*; denn
Db*i gehört ja zum texte C*. Um die Stellung der gruppe auch innerhalb dieser
recension genauer festzulegen , erörtert der verf. zunächst nochmals das Verhältnis der
übrigen hss. dieses textes. Hier war die Zusammengehörigkeit der Meihinger hs. a
mit den Nürnberger fragmenten R schon von Zarncke und Bartsch erkannt; Braune
stellt nur überzeugend fest, dass a doch nicht, wie Bartsch gemeint hatte, aus R ge-
flossen sein kann. Die Offenburger blätter E stellen sich dagegen näher zu C, ohne
dass das Verhältnis zu dieser hs. oder zu Ra sich genau festlegen Hesse; auch das
Karlsburger fragment F ist nicht sicher unterzubringen. Jedenfalls aber ergibt sich
so viel mit gewissheit, dass alle diese hss. zusammen eine gruppe C*t ausmachen,
welcher der zu C* gehörige teil von Db* sich als gesonderte gruppe C*2 gegenüber
stellt und zwar mit derselben art leichter Varianten, mit denen Db*n von AB* ab-
weicht; Db*n = C*2 hat Öfter den echten C*-text bewahrt, wo G*± ändert, bald seiner-
seits leise geändert.
Ähnlich wie Db: n haben auch die zu 0* gehörigen teile in der vorläge der
Umarbeitung des Nibelungenliedes, die in k, der hs. des "Wiener Piaristenkollegs , vor-
liegt, sich von C\ unterschieden. Da aber diese teile von k sich nirgends mit Db*n
decken, so ist nicht festzustellen, ob die vorläge von k direct zur gruppe C*2 gehört
habe, oder vielleicht eine selbständige gruppe C*3 repräsentierte. Näher mit k gehören
noch die Innsbrucker bruchstücke U zusammen. So erhält man für C* nur einen
ungefähren Stammbaum mit der gruppierung:
C*
c^ " c*2
ER^a F?
Db*i U
Innerhalb der recension B* steigt der verf. nun im zweiten capitel, s. 24fgg.,
von der gruppe Db* weiter auf, indem er zunächst die Stellung der hs. A zu dem
bisher umschriebenen kreise zu bestimmen sucht. Er führt im ersten abschnitte eine
reihe von stellen vor, in denen eine lesart A = Db* einer lesart aller übrigen hss.
entgegensteht, ohne dass es möglich wäre, diese oder jene ohne weiteres als die
originale zu bezeichnen. Diesen Varianten gegenüber müssen diejenigen, welche mit
Lachmann A für den originalen text halten, notwendig folgende position einnehmen:
532 PANZKR
sie müssen erklären Db: habe hier wie A die originale lesart bewahrt, während die
übrigen hss. (B*, C*) ändern. Das ergäbe also den Stammbaum:
Archetypus
Db* y
B*T(?
Aber gegen diese position marschiert alsbald eine zweite phalanx von lesarten
auf, in denen sich. A = Db* zweifellos secundär und fehlerhaft erweisen gegenüber
den lesarten der übrigen hss. Da hier durch die besondere art dieser stellen es so
ziemlich für alle fälle ausgeschlossen ist, dass B*C* das richtige durch conjectur hätten
finden können, so ist die ausflucht abgeschnitten, dass B*C* bier etwa einen von
A = Db* treu widergegebenen fehler des arcbetypus corrigiert hätten. Also ist der oben
aufgestellte Stammbaum falsch und damit ist natürlich der ausgaugspunkt als falsch
erwiesen, dessen notwendige consequenz er ist. A bewahrt hier nicht originale les-
arten, sondern zeigt mit Db* gemeinsame fehler, muss also der herrschenden Stellung
entsetzt werden, die Lachmann ihr anweisen wollte. Diese auffassung hilft eine
grössere dritte gruppe von lesarten erhärten , wo A = Db* nicht so entschieden secundär
sind gegenüber B*C*, bei denen aber jeweils in sich schon eine entwicklung B*C* >
A = Db* sehr viel einleuchtender und wahrscheinlicher ist als das umgekehrte.
Damit rückt also A um eine stufe vom originale ab und muss mit Db* zu
einer durch gemeinsame fehler charakterisierten gruppe ADb* zusammengeschlossen
werden. Zu ihr gehören an tatsächlich überlieferten texten ausser A und den zu Db*
vereinigten texten SDNb noch einige fragmente. So geben das Berliner bruchstück
L und die daraus abgeschriebenen Heidelberger fragmente g an den entscheidenden
stellen überall mit A = Db* gegen die übrigen hss., stellen sich aber weder näher zu
A noch zu Db*. Sie müssen also selbständig aus der stammhs. geflossen sein , höchstens
dass vielleicht zwischen den vorlagen von A und L ein etwas näheres Verhältnis be-
standen hat. Auch das Linzer fragment M gehört wol zu ADb*, nur ist seine ge-
nauere Stellung in der gruppe unsicher. Einwände gegen die nähere zusammen-
scbliessung von A uud Db*, die sich aus einem vereinzelten zusammentreffen von A
(gegen Db*) mit B oder J, oder von Db* .(gegen A) mit J erheben Hessen, werden
vom verf. abgewehrt, indem er solches zusammentreffen für zufällig erklärt.
Nachdem so die grundsätzliche beurteilung von A gewonnen ist, sucht Braune
im dritten capitel, s. 75 fgg., die Stellung und den kritischen wert dieser hs. nocb
genauer zu präcisieren. A ist abschrift einer vorläge «, die in A zwar nachlässig,
doch in der hauptsaohe treu copiert ist. a aber erlaubte sich abweichungen vom
originalen texte nacb zwei Seiten. Einmal im strophenbestande, wo die differenz
zwischen A und B* nach allem bisher festgestellten nur so erklärt werden kann , dass
e. die betreffenden Strophen (und zwar mit bcwusstsein) ausgelassen hat. Und dies
ergebnis ist aucb in sich wahrscheinlich. Denn die plusstrophen von B* zeigen einmal
dieselbe auffassung und art wie zahlreiche andere Strophen des A und B* gemein-
samen textes, die unserem geschmacke überflüssig oder störend erscbeinen könnten.
Andererseits aber lassen manche der in A fehlenden Strophen sich nicht wol entbehren,
ja in einigen fällen bedeutet die auslassung in A geradezu eine grobe Störung. So
werden die Strophen 338ab, 348a— d, 383a_ c, 385a, 582% 589a durch den Zusammen-
hang unbedingt gefordert; 417a aber wird durch ein äusseres kriterium, den im Parz.
widcrkehreiHlen namen Azagouc als echt erwiesen. Was die lesarten von A anlangt,
ÜBER BRAUNE, HANDSCHRIFTENVERHÄLTNISSE DES NIBELUNGENLIEDES 533
so sind die bekannten zahlreichen nachlässigkeiten dieser hs., ihre groben verschrei-
bungen und auslassungen , wol erst auf das conto des Schreibers von A zu setzen.
Für viele fälle kann man dagegen zweifelhaft sein, ob erst A oder schon a geändert
habe. Jedenfalls aber lässt sich für eine ganze reihe von stellen der unursprüngliche
charakter des textes A nachweisen, indem in seinen lesarteu gruppenweise Ver-
änderungen des Originals nach bestimmten tendenzen hervortreten. Formell durch
häufige Veränderung des rhythmus und der Strophe: ausfüllung der Senkung im zweiten
takt des letzten halbverses, Verkürzung desselben auf drei takte und einführung drei-
taktiger halbverse in der vorderen hälfte der langverse; sachlich aber durch Weiter-
bildung des textes in fortgeschritten höfischem sinne und vielfache ersetzung allge-
meiner und typischer redensarten und formein durch individueller gefärbte. Letztere
änderung trifft besonders den letzten vers der Strophe, wo in A oftmals der haupt-
gedanke weitergeführt ist, während das original die Strophe mit einer allgemeineren
wendung gefüllt hat. Man kann also sagen , dass A oder vielmehr die vorläge « den
text des originales in ähnlicher weise modernisierte und variierte wie C*, hinter dem
seine änderungen allerdings nach quantität und qualität beträchtlich zurückbleiben.
Damit sind nun alle hss. behandelt bis auf diejenigen der gruppe Jd*, der das
vierte capitel. s. 115fgg., gewidmet ist.
Es ist bekannt, dass Jd* nach lesarten und Strophenbestand eine mittelstellung
einnimmt zwischen B* und C*. TTie ist diese zu erklären? Sie war ganz eindeutig
bei der auffassung von Zarncke, wo Jd* in der entwickelung von C* zu B* einfach
die Zwischenstufe bedeutete; aber jene von Zarncke angenommene entwicklung, nach
der ein höfisch glatter, moderner text nachträglich in altertümelndem sinne um-
gestaltet, gleichsam auf eine frühere stufe der poetischen technik und des poetischen
stils im weitesten sinne zurückgeschraubt wäre, ist heute allgemein als unmöglich
aufgegeben. Betrachtet man aber nun die tatsächlich gegebenen Verhältnisse vom
Standpunkte der hypothese von Bartsch und Paul, wonach B* und C* aus einem
gemeinsamen originale hervorgegangen wären, so ergeben sich sofort die grössten
Schwierigkeiten. Um die Stellung von Jd* zwischen B* und C* begreiflich zu machen,
hatte Bartsch den text dieser gruppe für das ergebnis einer mechanischen mischuug
erklärt: der Schreiber der stammhs. sei im allgemeinen B* gefolgt, habe daneben
aber einzelne Strophen und lesarten aus C* genommen. Nun hat aber schon Paul
gezeigt, dass eine solche erklärung bei der eigentümlichen art der Übereinstimmungen
zwischen Jd* und C* kaum haltbar ist. Man müsste annehmen, dass Jd* in den
lesarten nur die kleinen und unbedeutenden abweichungen der recension C*, nirgends
aber die stärkeren, sachlich einschneidenden änderungen derselben entlehnt hätte, und
das ist doch höchst unwahrscheinlich. Dazu kommt überdies, dass sehr viele Über-
einstimmungen mit C* sich nur in J*, nicht aber auch in d* finden, was einen sehr
complicierten vorgaug bei der mischung voraussetzte. Infolge dessen sah Paul in
allen lesarten Jd*=C* bewahrung des originalen, während die abweichung von B*
auf sekundärer änderung beruhte. Aber diese annähme lässt sich keinesfalls auf
die auffälligste Verschiedenheit zwischen B* und Jd*, die differenz im Strophenbestand,
ausdehnen. Für jeden, der eine entwicklung C* > B* für ausgeschlossen hält, muss
hier eine entwicklung Jd* > B* ebenso unmöglich erscheinen. Denn die plusstrophen
von Jd* stehen mit den plusstrophen von C* auf genau derselben linie', sind von ganz
denselben tendenzen getragen wie diese. Die Otenheimstrophe Jd* 939 a vergleicht
sich genau den Lorscher Strophen in C*; die angäbe, dass Etzel dem Christentum
wider abtrünnig geworden Jd* 1201% die entschuldigung der Kriemhild Jd* 1775a,
534 PANZER
1837ab sind aus der Klage genommen, derselben quelle also, nach der C* den originalen
text vielfach aufgeputzt und umgestaltet hat. Hier wird die annähme, dass Jd*=C*
in ihrer Übereinstimmung mit der Klage das originale zeigten, besonders unwahr-
scheinlich; denn man müsste dann annehmen, dass der Verfasser von B*, der doch
Nibelungenlied und Klage bearbeitete, durch beseitigung dieser Übereinstimmung beide
gedichte nachträglich differenziert hätte. Also könnten die plusstrophen von Jd* nicht
dem originale angehört haben, sondern müssten aus C* hineingeraten sein. Dazu
stimmen aber nicht die Lesarten, die man sich, wie oben erwähnt, nicht aus C* ent-
nommen denken kann; dagegen spricht auch ein zweiter schon von Paul angeführter
umstand, dass die plusstrophen von Jd* in der fassung, die sie in C* zeigen, ebenso
variiert sind, wie der ganze übrige text von Jd* = B* ; es müssen also diese Strophen
bei anfertigung der bearbeitung C* in deren vorläge schon vorhanden gewesen sein.
Bleibt also die existenz der grappe Jd* von dem Standpunkte, den Bartsch
und Paul eingenommen haben, unerklärbar, so muss wol dieser Standpunkt selbst
nicht der richtige sein. In der tat vermögen die dafür erbrachten gründe einer näheren
prüfung nicht stand zu halten.
An den aufstellungen von Bartsch hat bereits Paul die bekannte einschneidende
kritik geübt. Wenn er trotzdem an der grundanschauung von Bartsch, dass B* wie
C* aus einem originale hervorgegangen seien, das noch einige, wenn auch wenige
assonanzen zeigte, glaubte festhalten zu müssen, so haben ihn dabei zwei beobachtungen
bestimmt. Erstens, dass B* und C* jedes für sich einige ungenaue reime zeigen, die
in den gemeinsamen teilen fehlen. Aber diese tatsache bleibt auch für eine grup-
pierung B* > C* erklärlich und berechtigt noch nicht auf ein assonierendes original
zu schliessen. In der tat hat C* auf grund seiner tendenz zu genauerem reim alle
sieben ungenauen reime von B* beseitigt, selbst freilich fünf andere in seinen text
hineingebracht. Sie sind nicht durchaus gleichartig mit denen von B*, aber drei un-
genaue reime auf Hagene hat C* doch in den ihm eigenen teilen ganz wie B*. Das
ist eine inkonsequenz; doch lässt sich ähnliches auch in anderen einwandfreien fällen
bei C* beobachten (z. b. beim cäsurreim, Braune s. 166a.), wie auch die einzelnen hss.
für ein ähnlich inconsequentes, kritisches verfahren mehrfach beispiele bieten.
Der zweite grund an Bartschens hypothese festzuhalten war für Paul die be-
obachtung, dass dort, wo B* und C* im reimworte abweichen, sich durch kreuzung
bisweilen eine assonanz herstellen lässt und zwar öfter als das beim walten reinen
zufalls sein dürfte. Aber die rechnungen, die Paul dies zu beweisen anstellt, wären
nur dann zwingend, wenn einmal an den betreffenden stellen der anlass zu der in
C* vorliegenden änderung nur in einer assonanz des Originals gesucht werden könnte
und nicht etwa inhaltliche anstösse eine genügende erklärung der abweichung bieten.
Letzteres ist aber bei den in Pauls rechnungen einbezogenen stellen tatsächlich mehr-
fach der fall; hier besteht also überhaupt kein anlass auf einen assonierenden text
als ausgangspunkt der Veränderung zu schliessen. Und zweitens setzen die rechnungen
Pauls voraus, dass dem bearbeiter jeder sprachlich mögliche reim gleich nahe gelegen
hätte. Auch das aber ist nicht der fall. Vielmehr lässt sich zeigen, das der neue
reim in vielen fällen veranlasst ist durch den inhalt und das wortmaterial der ge-
änderten stelle.
Damit fällt also nun überhaupt der zwang weg, für B* und C* ein gemein-
sames original vorauszusetzen und es bleibt, da die Originalität von C* nach all-
gemeiner ansieht unwahrscheinlich ist, nur der alte Lachmannsche Standpunkt übrig,
dass C* aus B* entstanden ist. Und der muss umsomehr als der richtige gelten,
ÜBER BRAUNE, HANDSCHRIFTENVKRHÄLTNISSE DES NIBELUNGENLIEDES 535
als er allein eine plausible erklärung für die existenz der gruppe Jd* zu liefern
vermag.
Diese gruppe stellt also eine etappe dar auf dem wege von B* nach C* oder
eigentlich zwei; denn man hat zu unterscheiden zwischen den Untergruppen d* und J*.
d* würde eigentlich zunächst durch die jetzt Berliner hs. 0 repräsentiert sein; da von
ihr aber nur geringe hruchstücke erhalten sind, so muss d, der Nibelungentext der
Ambraser hs., der direct aus 0 abgeschrieben ist, als hauptvertreter gelten. Ihm
ordnet sich das verschollene Münchener fragment H in etwas selbständigerer Stellung
zu. Dagegen gehören zur gruppe J* ausser der Berliner hs. J (und der aus ihr ab-
geschriebenen hs. h) noch die Basler hruchstücke 1, die Coblenzer, jetzt Berliner K
und endlich das einst Grieshaber gehörige, jetzt Freiburger ' fragment Q. Dagegen
können i und c nicht mit vollständiger Sicherheit bestimmt werden. Für k bestätigt
Braunes Untersuchung die ansieht Lunzers, dass deren vorläge trotz der auffälligen
Übereinstimmung mit d in den drei plusstrophen 329 a—c nicht direct zu d* gehört,
vielmehr eine alte hs. der gruppe B* vertritt, von der wir sonst nichts haben.
Die Untergruppe J* nimmt nun eine interessante Übergangsstellung ein zwischen
d* und C*. Die zu C* stimmenden lesarten sind in J* nach quantität und qualität
bedeutender als in d*, so dass die hearbeitung C:: also auf einer handschrift dieser
1) Mit rücksicht auf Piper, Nibelungen 2, 508, wo dies bruchstück für ver-
schollen gilt, sei erwähnt, dass es wolbehalten unter nr. 511 auf der hiesigen Univer-
sitätsbibliothek bewahrt wird. Der abdruck in Pfeiffers Germ. 3, 208fgg. löst die ab-
kürzungen auf. die für die berechnung des fehlenden nicht ganz ohne Bedeutung sind;
da der abdruck auch sonst nicht ganz genau ist, wird eine collation nicht unwill-
kommen sein. 1. blatt, 1. seite links: z. 1 mange 4 recke. 7 recken 10 (/' 11 vö
16 v'howen 20 sei thoe. 23 (V 24 do sprach vö rechts: 2 gage 5 nid' 6 d>
hsre 7 rnSgt 9 lovff'en. 12 iehe 16 v'suchen. spach 17 iV 2. seite, 1.: 5 mei
9 vö 18 alle 20 mange 24 ds r. : 1 taget 6 d1 8 hange Gent- 11 ds 12 vn
13 Gvnther 18 d* 20 sein' 21 xvhte vn 23 hagne. vö. Die unterste zeile ist
ganz abgeschnitten, doch sind die köpfe der buchstaben s — h und nochmals h mit
einem «"-strich dahinter noch wol erkennbar, so dass da gestanden haben muss:
spranek er hin. 2. blatt, 1. seite, 1.: 2 h'xen 3 Hagne 8 h'xen 11 d' 13 d*
14 ds groxxe 15 v'san 16 d* 19 li'xen r. : 1 ist die zeile oben beschnitten, doch
ist deutlich zu lesen seines Schildes (so) 4. 12. 19 d> 17. 18 sein' 20 sw't 21 hagn
2. seite, 1. 1 ist sicher zu erkennen: stereke. dev (nicht der) mvst gar 3 seine
4 k'xen 8 d* kriemhilde 9 vö 10 mä 15 vngelUce 16 d' 19 met r. : 4 de
7, mei 6 vö 7 sei 8 lieffe 10 sßmleiche. 12 ab' face 14 v'dienet 15 d* kfne
17 vngethoe Ghtf- 18. 19. 21 cV 3. blatt, 1. seite, 1.: über der 1. zeile die Pfeiffer
gibt, ist noch deutlich als Zeilenanfang zu erkennen meinen. 1 di 2 ivsde?i 3.
15 niemä 5 vn 8 ivaffes 9. 17. 20 d> 17 v'lox r. : 2 ds 8 menster 9 h'ren.
14 mvnsV 15 ds glocke 17 vn vil ds 19 d> künch Gfnther. 20 vn seine 2. seite,
1.: 1 laides sein, wir müx- 4 spach 9 v'gexzen 12 meine liebe mä 14 kriem-
hilt (immer) 20 d' r. : in der obersten zeile sind noch wol erkennbar die unteren
teile von ex noch ge 4 sei 5 geschach. 13 di künch Genther. 16 hagen 18 di
4. blatt, 1. seite, L: 2 Gent- 7 ab' 12. 22 vn 14 tkeen o20 mhi- 24 di r.: \me%n
3 set. 7 gegebe. 11 d* l&müxxe 19 vnä 22 h'zenelichen. Vte 23 vn 2. seite, l.:vh
11 schalt dMch 14 gdn- 19 chint 20 klain. da-, mo witxe (das mo durchstrichen)
2J mvst 24 kvndert r. : 2 gesvnge 3 hvb 6 schult 7 bewache 9 seine 10 mei
22 kein punkt hinter herbergen 24 ds. Beide doppelblätter sind, das eine oben, das
andere unten beschnitten. Sie sind 31,6, bez. 31,2 cm breit (der bruch liegt nicht
ganz in der mitte); die jetzige höhe beträgt in der mitte der einzelnen blätter ge-
messen, für blatt 1: 16,5, 4: 16, 2: 15,5, 3: 15 cm. Pfeiffer sagt, die spalte müsste
ursprünglich 28 zeilen gehabt haben. Wer unter berücksichtigung der Schreibweise der
hs. und der lesarten von J* nachrechnet, wird aber in allen controlierbaren fällen mit
bestimmtheit auf 27 zeilen kommen.
536 PANZER
gruppe beruhen muss. Die beste widergabe jenes J*, aus dem C* floss, bietet aber
keineswegs die hs. J, die vielmehr zusammen mit Q am weitesten davon absteht.
Schon K ist eine Vorstufe von JQ, ohne doch deren vorläge zu sein, da K in einigen
füllen abweicht, wo JQ das echte bewahren. Dagegen steht 1 auf einer noch älteren
stufe als K und JQ in öfterer bewahrung des echten bei manchen selbständigen
änderungen, so dass wir also für die ganze gruppe folgenden Stammbaum bekommen:
d<
3—
J Q
Es erhellt hieraus die wichtige Stellung von 1, das relativ am genauesten den
text bewahrt, aus dem C* hervorgegangen ist.
Damit ist nun wirklich ein vollständiger stamm der hss. des Nibelungenliedes
gewonnen, den der verf. in dem als ,abschluss' bezeichneten sechsten capitel, s. 192 fgg.,
so darstellt:
x
y
ADb* B d* z,
A Db* J* |
C*
x ist der aus unseren hss. zunächst reconstruierbare archetypus, aber noch
nicht das original. Denn x hatte dem originale ja schon die Klage augehängt, die in
allen vollständigen hss. dem Nibelungenliede angeschrieben ist. Und weiterhin wies
dieser archetypus schon eine reihe von fehlem auf, die zwar z. t. von dem scharf-
sinnigen Überarbeiter C* (entweder auf der stufe J*C* oder erst in C*) verbessert,
worden, z. t. aber auch in allen hss. stehen geblieben sind. Im ganzen lassen sich
18 fehler für x erweisen.
Von diesem archetypus ist nun y eine nach strophenbestand und lesarten im
wesentlichen treue copie; zu den fehlem von x sind hier nur einige änderungen uud
fehler gewöhnlicher und leichter art dazu getreten. Dagegen trug die zweite copie
des archetypus z schon einen etwas anderen Charakter. In diesem zweige der Über-
lieferung gehen die stufen z, zt und C* auf ein und denselben mann zurück uud sind
uicht eigentlich abschritten, sondern bearbeitungen. Der bearbeiter hat auf der ersten
stufe z zunächst die plusstrophen von Jd* hinzugefügt, die lesarten aber noch wenig
geändert; aus dieser stufe stammt d*. Auf der zweiten stufe zt gieng er mit seinen
änderungen schon etwas weiter und daraus floss J*. Diese stufe zx aber hat er nachher
nochmals in lesarten und strophenbestand gründlich umgearbeitet zu C*.
Aus dieser gruppierung der hss. ergeben sich nunmehr mit notwendigkeit die
folgenden grundsätze für eine kritische widerherstellung des archetypus. Von vorn-
herein kann die echte lesart ebensowol in z als in y erhalten sein; doch wird mau
im zweifelsfall immer y den vorzug geben müssen, in dem x eben im allgemeinen
treuer widergegeben war als in z. Nur wo y in sich anstössig ist, muss man z folgen.
Die lesart von y muss natürlicb immer erst reconstruiert werden und zwar bietet
überall dort, wo ADb* und B, die beiden zweige von y, auseinandergehen, derjenige
ÜBER BRÄUNE, HANDSCHRIFTENVK.RHÄI.TMSSK DES NIBELUNGENLIEDES §3*7
den echten text von y, der zu z stimmt. Es is das zumeist bei B der fall, doch
weist auch diese hs., wie gelegentliche Übereinstimmungen von ADb* mit z beweisen,
öfter änderungen auf. Von z ist dagegen d der beste, tatsächlich überlieferte Ver-
treter und mehrfach wird der originale text von x allein durch Bd bezeugt. Für die
vier alten haupthss. AB CD und ihren kritischen wert ergibt sich also, dass C am
weitesten vom originale absteht. Aber auch A hat einen vergleichsweise geringen
wert und kann für sich allein nie für den echten text beweisen. Es hilft vielmehr
nur den text der gruppe ADb* feststellen, der immer noch erst B gleich geordnet ist
und nur dann als der originale gelten kann, wenn er zu z stimmt. Noch weiter tritt
die hs. D zurück, die so zahlreiche junge änderungen aufweist, dass sie selbst fin-
den text der Untergruppe Db* uoch wenig beweist; der wert ihrer selbständigen les-
arten .für die reconstruction des archetypus ist daher sehr gering. Dem originale
weitaus am nächsten steht die hs. B, indem hier der text des archetypus verhältnis-
mässig wenige und geringe änderungen erfahren hat.
Dies Verhältnis der hss. und recensionen lässt sich für den ganzen text des
Nibelungenliedes durchführen, indem scheinbar widerstreitende fälle sich als manch-
mal merkwürdiges , aber doch zufälliges zusammentreffen selbständiger glieder erklären
lassen. Es versagt dagegen vollständig für die Strophen 1 — 21 des liedes, daher
Braune dieser einleitung ein besonderes capitel , s. 155 fgg., gewidmet hat. Die be-
sonderheiten dieser eingangsstrophen sind augenscheinlich nur so zu erklären, dass
hier entlehnungen hinüber und herüber stattgefunden haben. Zum glück helfen innere
gründe diese ausweichende annähme bestätigen.
So zeigt gleich für die erste strophe, die Adk allen bisherigen feststellungen zu-
wider wie 0* überliefern, während sie in BJ fehlt, eine kritische betrachtung der strophe
selbst, dass diese unmöglich dem originale angehört haben kann. Vielmehr muss sie
eigentum des bearbeiters C* und von Adk nachträglich aus C* übernommen sein. Die
strophe hat durchgehenden cäsurreim, was innerhalb des textes B* ausser hier und in
str. 17 nie begegnet, während die gleiche erscheinung in den plusstrophen von C* sich
fünfmal findet. Der Verfasser zeigt nun durch eine scharfsinnige erörterung, dass über-
haupt erst C* den cäsurreim in der zweiten strophenhälfte eingeführt hat, so dass also
durchgereimte Strophen nur von ihm herrühren können. Demnach gehören sowol str. 1
(die in BJ fehlt) als str. 17 (die in Jd* fehlt) dem archetypus nicht an und da auch
str. 16 in Jd* fehlt, so wird wol auch sie von AB(k) erst aus Ü; entlehnt sein. Auch
hier unterstützen innere gründe die ausscheidung. Str. 16. 17 tragen ganz das gepräge
der plusstrophen von C*: sie haben ausgefüllte Senkung in vers 4b, 17,3 aber irir
liebe mit leide xe jungest Ionen kein ist aus dem Schlüsse des gedichts 2315, 4 ent-
nommen und die hindeutung hierauf entspricht ganz der mehrfach hervortretenden
„ harmonistischen " tendenz von C*. Zudem erweitert diese bearbeitung auch sonst
gerne einen dialog und zwar mehrfach gerade wie hier, indem sie noch eine rede
und gegenrede einfügt.
Ebenso müssen aber auch die strophen 7 — 12, die ebenfalls in Jd* iehlcn.
dichtung von C* und daraus erst von ABk übernommen sein. Und das scheint widerum
in sich recht einleuchtend. Die strophen haben alle ausgefüllte Senkung in 4b, was
in B* kaum wider sechs strophen hintereinander vorkommt. Ferner ist der text B
hier durch alle sechs strophen völlig identisch mit dem von C*, auch das eine er-
scheinung, die sich im ganzen gedichte nirgends widerholt; die beiden einzigen Varianten,
die Bartsch hier unter seinem texte notiert, erledigen sich als ausweichungen einzelner
hss., nicht der recensionen. Es kann hier also nicht Überarbeitung von C* sondern
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE rilII.OI.OGIK. BD. XXXIV. 35
538 • PANZER
nur dichtung von C* vorliegen. Und diese auffassung wird durch den inhalt der
strophen bestätigt. Das einschieben des vollständigen „ theaterzettels " ist ganz im
siune des C*-dichters, der auch den eingaDg der Klage in ähnlichem sinne geändert
hat. Die Verteilung der hofämter ist aus B* 719 ausgetiftelt, Dankrat und Alzeie
stammen aus der Klage.
Für str. 19, die nur in J fehlt, während ABkd sie überliefern, ist ein innerer
beweis der unechtheit nicht zu erbringen. Doch ist die Strophe inhaltsleer und steht
in Ak an widersinniger stelle, was wol darauf hinweist, dass sie einmal am rande
nachgetragen war. Eigentümlich ist das Verhältnis bei den strophen 20 und 21. Str. 20
steht in ABdC*, 21 nur in A. Dagegen bieten Jk eine strophe mit den versen 20, 1.2,
21, 3. 4 und dies muss das ursprüngliche sein. C* ersetzte die beiden letzten verse
dieser strophe mit ihrem allgemeinen und nichtssagenden inhalt duich 20, 3. 4, um
die erwähnung von Santen anzubringen, die aus- B* 653, 4 genommen ist. C* hat
dieselbe erwähnung dieses ortes auch in den anfang der Klage eingeschoben; in unserer
strophe stimmt die formulierung (hu ivas xe Santen genant überdies (auch im rhyth-
mus mit seiner syncope im zweiten tact) genau mit der form überein, die C* dem
verse 653, 4 in seiner bearbeitung gegeben hatte {diu was geheizen Santen B* v. 4%
diu was ze Santen genant C* v. 4,J). Die C*- strophe wurde dann von Bd entlehnt
und ebenso von «, der vorläge von A, die aber gleichzeitig noch die echten schluss-
verse von B* festhielt. A hätte dann die leeren verse 21, 1. 2 neu hinzugedichtet, um
statt einer sechsversigeu zwei ganze strophen zu erhalten.
Eine etwas andere beurteilung verlangt die str. 3, die, in AkJd — Di überliefert,
in BC fehlt. Sie muss in einer hs. von B* entstanden sein und daraus in andere B*-hss.,
sowie in die C*-hs. Di eingang gefunden haben. Dagegen stammen die lesarten von
13, 1. 2, 18, 1. 2 in Bd wider aus C*, während AJk hier den originalen text be-
wahren.
Von dieser ganzen einleitung enthielt also das original nur die strophen 2. 4.
5. 6. 13. 14. 15. 18. 20, ein bestand, der am genauesten durch .1 widergegeben wird,
wo nur str. 3, aber aus einer B*-hs., eingeschoben ist. d hat sich schon weiter vom
ursprünglichen entfernt, indem es 1. 19. 20 aus C* dazu nahm; weiter noch B, das
zwar 1 vermied, aber 7 — 12. 16. 17. 19. 20 aus C* entlehnte. Am weitesten ist der
bestand in A vom originale entfernt.
Braunes kritische behandlung der einleitung trifft z. t. zusammen mit einer
ähnlichen erörterung, die Zwierzina diesen strophen in einem gleichzeitig erschienenen
abschnitte seiner ,Mhd. Studien', Z. f. d. a. 44, 76fgg., gewidmet hat. Diese aus-
führungen, die str. 1 — 12 für unecht erklären, werden durch Braunes Untersuchung
teils widerlegt, teils bestätigt und Braunes aufstellungen selbst gewinnen durch
die von Zwierzina beigebrachten beobachtungen neues gewicht. Zwierzinas einwen-
dungen gegen die einleitung treffen sämtlich nur die von Braune als werk des C*-
dichters ausgeschiedenen strophen 1. 7 — 12 mit ausnähme von zweien: die fügung
ein degen üxerivelt 4, 3 (= C* 10, 1. 11, 3) als apposition gesetzt und der concreto
gebrauch von riterschaft = ,die gesamtheit der ritter' kommen im echten texte sonst
nicht vor. Da aber doch genug andere dichter das wort riterschaft nebeneinander
abstract und concret gebrauchen, auch die Verbindung von degen mit dem attribut
üxerwelt dem echten texte keineswegs fremd ist, so wird man nicht geneigt sein, die
Isoliertheit des gebrauchs an den beiden stellen für genügend zu erachten, um die
durch die Überlieferung in keiner weise verdächtigten strophen auszuscheiden. Aller-
dings hat Zwierzina, Z.f.d.a. 4."), 396 doch au der möglichkeit festgehalten, dass die
ÜBER BRAUNE, HANDSCHRIFTENVERHÄLTNISSE DES NIBELUNGENLIEDES 539
einleitung auch schon in J interpoliert sein könne und auf einige andere eigentüm-
lichkeiten der str. 4 — 6 und Übereinstimmungen mit C* hingewiesen. Ich glaube aber
nicht, dass diese wirklich beweisend sein können. Zwierzina selbst meint, dass man
str. 2 „ schon des parallelismus zu str. 20" halber kaum werde entbehren wollen. Man
darf aber wol bestimmter sagen, dass ein anfang mit str. 13 absolut gegen den stil
unseres gedichtes sein würde, an dessen einheitlichkeit auch Zwierzina nicht zweifelt,
auch str. 4 könnte in diesem sinne wol kaum entbehrt werden. Nun könnte man
gegen str. 2 aber doch auch formelle bedenken von ähnlicher art geltend machen , wie
Zwierzina sie gegen 4 — 6 erhebt, da z. b. die Verbindung edel (schäme A ist offen-
barer fehler) magedin 2, 1 sonst nicht wider begegnet, ebenso die fügung in allen
landen 2, 2 in B* sonst nie vorkommt, wol aber in einem unserem ganz ähnlichen
verse B* 541, 4 ex enkunde in dirre werlde ein böte be%%er niht gesfai, C* in dirre
werlde geändert hat in in allen landen. Damit ist jedoch nichts zu beweisen. Es
mag ganz richtig sein, dass in diesen einleitungsstrophen, auch in den echten, die
lina'i tlorj/nfr« dichter stehen als in einem sonstigen abschnitte des liedes, aber das
ist eine erscheinung, die wol bei jedem gedichte mehr oder weniger ähnlich sich findet,
indem hier eben der stil des dichters sich noch nicht befestigt hat.
Schroffer als für die einleitung stehen die gleichzeitigen erörterungen von Braune
und Zwierzina einander rücksichtlich der sog. plusstrophen von B* gegenüber. Letzterer
hat Z. f. d. a. 44, 67 fgg. ihre unechtheit durch formale beobachtungen darzutun gesucht,
während für Braunes auffassung des handschriftenverhältnisses kein zweifei bestehen
kann, dass A in seiner isoliertheit hier wie sonst sekundär ist, die in frage stehen-
den Strophen also dem originale angehörten und von A (bez. a) einfach ausgelassen
sind. Aber hier hatte Braune für seine meinung auch entscheidende innere gründe
ins feld führen können, da die in A fehlenden Strophen mehrfach für den Zusammen-
hang unentbehrlich sind (oben s. 532). Diese ausführungen haben auch Zwierzina
z. t. überzeugt, und er ist daher Z.f.d.a. 45, 393fg. zu einem compromiss geneigt,
mit der annähme, dass zwar einige plusstrophen von B* echt seien, darum aber nicht
alle echt zu sein brauchten. Diesem Standpunkt ist eine gewisse principielle berech-
tigung nicht abzusprechen. Die anstösse sind mindestens an zwei stellen (531, 7.
392,5. G) sehr bedeutend. Überdies hat auch Braune die str. 102 ab, deren eine wegen
ihres isolierten toixze Krist von Zwierzina angefochten war, preisgegeben und für
eine entlehnung aus C* erklärt. Allerdings lag hier, anders als bei den übrigen plus-
strophen von B*, auch in der handschriftlichen Überlieferung ein anstoss.
Aber ich glaube wirklich mit Zwierzina, dass wir für die Überlieferung des
Nibelungenliedes in noch ausgedehnterem masse, als Braune angenommen hatte, mit
der entlehnung einzelner Strophen aus einer anderen handschrift als der jeweiligen
vorläge zu rechnen haben. Nicht bloss für die einleitung scheint diese annähme un-
erlässlich, sondern auch für den Strophenbestand von Jd*. Hier befriedigt Braunes
erklärung nicht und ich halte Zwierzinas auffassung für wahrscheinlicher, der Z.f.d.a.
45, 396 fgg., zu Bartsch zurückkehrend, mischung annimmt: d* entlehnte die betr.
Strophen aus C* und J, bez. die nächste vorläge dieser hs. (der gruppe J* können sie
überhaupt nicht zugewiesen werden) entnahm sie ihrerseits aus einer d*- handschrift.
Ich möchte dabei gar nicht so sehr mit Zwierzina betonen, wie unwahrscheinlich es
sei, dass der C*- dichter den Originaltext dreimal überarbeitet haben und alle drei
Stadien uns erhalten sein sollten; man könnte hier beispielsweise auf die entfernt ähn-
lichen Verhältnisse beim Willehalm Ulrichs von dem Türlin verweisen. Aber bei
Braunes auffassung bleiben zwei tatsachen höchst auffällig, ja unerklärlich. Einmal.
3.0*
540 PANZER
dass die plusstrophen von Jd*=C* dort mehrfach an anderer stelle stehen als hier.
Nun kommt ja eine Strophenversetzung in dieser oder jener hs. auch sonst einmal
vor; aber dass sie in Jd* gerade diese Strophen betrifft und dass sie in den 14 fällen,
wo Jd* plusstrophen zeigt, dreimal vorkommt und überdies 858a in d an zwei ver-
schiedenen stellen erscheint, das kann unmöglich zufall sein. Diese tatsache aber
erklärt sich nur durch die annähme, dass diese Strophen einmal zu einem fertigen
text am rande nachgetragen waren und so liegt hier, wie schon Paul betont hat
(PßB. 3, 487 fg.), der stärkste beweis für nachträgliche mischung zweier texte vor.
Zweitens spricht unbedingt gegen Braune, dass das fragment Q die Strophe 910% die
es nach seiner auffassung des Vorgangs bei der Überlieferung enthalten müsste, nicht
enthält. Braune sieht sich hier gezwungen (s. 141) zufälligen ausfail in Q anzunehmen
und verweist, ihn zu erklären, darauf, dass sowol 910 als 910a mit Do anfangen.
Aber der Verfasser verfällt hier in eine sünde, die er früher selbst abgewehrt hat;
s. 63 fg., 65 hatte er gegen Bartsch betont, dass ein so häufiger strophenanfang wie
Do sprach oder gar Do nicht als argument citiert werden dürfe, das eine auslassung
wahrscheinlich machen könne. Nun möchte immerhin in dem, äusserlich wenigstens
sehr sorgfältig geschriebenen Q, irgend einmal eine stropho übergangen sein; aber dass
gerade diese Strophe durch puren zufall ausgefallen sein soll, ist eine zu harte Zu-
mutung.
Ich glaube daher mit Zwierzina, dass hier vielmehr an Bartschens erklärung
einer seeundären mischung festzuhalten ist. Zwierzina selbst hat betont, dass es bei
dieser erklärung allerdings auffällig sei, dass gerade immer nahe verwandte hss. sich
auseinander ergänzt haben, erst d* aus C*, dann wider J oder deren vorläge aus d*.
Aber diese tatsache verliert vielleicht etwas an Sonderbarkeit durch den hinweis, dass
gerade auch die hss. dieses zweiges z, wie Braune ihn nennt, sich räumlich nahe
waren; stammen doch C wie Od und J aus Tirol, bez. Vorarlberg. Und dazu kommt
noch ein innerer grund, der, glaube ich, entscheidend gegen Braunes auffassung und
für nachträgliche entlehnung der fraglichen strophen aus C* spricht.
Dass die 20 plusstrophen Jd* von dem C*- dichter verfasst sein müssen und
und von niemandem sonst, ist kein zweifei; Braune selbst hat das nachdrücklich be-
tont und für einige fälle überzeugend nachgewiesen. Seine ansieht ist nun, wie wir
wissen (oben s. 536) die, dass. der Überarbeiter diese strophen auf der stufe z ein-
gesetzt hätte, wo er den text selbst noch so gut wie gar nicht änderte; die strophen
hätten also, dürfen wir sagen, im originalen texte gestanden. Das aber ist meiner
ansieht nach eine reine Unmöglichkeit; diese strophen setzen vielmehr unbedingt den
text C* voraus, waren für einen denkenden und empfindenden menschen — und das
war der C*- dichter, wie jede zeile seiner bearbeitung beweist — nur in diesem texte
möglich. Mir wenigstens scheint es ausgeschlossen, dass der C*- dichter in der zu-
satzstrophe 1001, o1 festgestellt hätte, dass Sigfrid bei Otenheim vor dem Otenwalde er-
mordet wurde, den in z bewahrten fehler des arehetypus, wonach die jagd im Wasken-
walde stattfand (911, 3), aber erst auf der stufe C* verbessert hätte (Braune s. 198).
Ich kann auch nicht glauben , dass dieser mann die strophen 1837, 5 und 1900, 5— 12,
die Kriemhild so nachdrücklich und tendenziös entschuldigen und Hagen anschwärzen,
gedichtet und eingeschoben, daneben aber alle stellen im originalen texte, die Kriem-
hild scharf verurteilen (wie etwa die in der originalen fassung so krasse str. 1912
gleich hinter jenen zweiten plusstrophen) unangetastet könnte gelassen haben. Auch
1) Ziffern hier nach Bartsch, wo man B* — C* mit einem blick übersieht.
ÜBER BRAUNE, HANDSCHRIFTENVERHÄLTNISSE DES NIBELUNGENLIEDES 541
die str. 1584, 5— IG setzen doch wol den text C* voraus, der str. 1585 getilgt hat;
denn tatsächlich können 1585 und jene plusstrophe (immer natürlich für einen über-
legenden mann wie der C*- dichter war) nicht nebeneinander bestehen. Für C:; lag der
anlass zu seiner umdichtung doch augenscheinlich in der halb spöttischen bemerkung
des Originaltextes 1585, 4, dass der ins wasser geworfene kaplan üf sinen f Hexen
muose hin wider xuo dem Rhic gdn. Denn C* verstand keinen spass (wie auch die
beseitigung der harmlosen scherze 513 — 518. 661.62 beweist), am wenigsten mit dem
heiligen; seine umdichtung hebt den priester und schändet zugleich Hagen, worauf
der umarbeiter consenuent aus ist. Die beiden aus dem gleichen geiste geborenen
Strophen 1584, 17 — 24 fehlen in Jd>:; wol nur zufällig (vielleicht weil sie auf den rand
der d*-hs., die sie zuerst entlehnte, nicht mehr giengen) wie ähnlich 1911,9 — 16,
wo die anspruchsvolle ankündigung 1911, 5 dax uil ich iu sagen wol schon mehr
als eine Strophe erwarten lässt. Besonders deutlich ist auch str. 1261,5, die Etzel
als apostaten bezeichnet. Hier hat die plusstrophe in d*J, die 1262, 3 mit dem
originale lesen icaz ob ir da% verdienet dax er toufet sinen llj>?. den Zusammenhang
aufs gröbste gestört; sie war eben nur möglich in einem texte, der in der folgenden
str. mit C* änderte: ir mugt ouch Uhte eriverben dax der fürste guot ivider ze gote
wendet beide sele unde muot. Das Verhältnis tritt nicht überall so deutlich heraus
wie in den angeführten str., doch werden auch 813, 5—12 verständlicher beim texte
0*, der auch 725,3. 823,4. 824,4 immer vom xins redet, während er im originale
nur 825, 3 erwähnt war; auch für 915, 5 möchte man lieber den text C* voraussetzen,
der 926, 4 getilgt hatte, was in dieser plusstrophe ausführlicher gesagt wird. Das-
selbe gilt für die str. 1898,5 — 12, die Etzels bereitwüligkeit. die gaste gegen seine
eigenen leute zu schützen, ganz im sinne des C*-dichters so lebhaft betonen. Die
schneidige drohung siver aber niinen gesten tuot deheiniu leit, ex get im an sin
honbei : da\ st iu Hiunen geseit 1898, 11 muss doch wol in einem atem gedichtet
sein mit C* 1896,2, wo die sanfte missbilligung, die Etzel im originale ausspricht (ob
ir hie bi mir slüeget disen spileman. dax wäre missetän) so schneidig geändert ist
in: ich hicx iueh alle haben, dem wider das nachdrückliche dax teil ich iu sagen
folgt wie 1898, 12. Alles in allem also: ich kann mir denken, dass ein abschreiber,
der ein möglichst vollständiges exemplar haben wollte, diese Strophen aus einem
C*-text einem d*J-text beischrieb, aber ich kann mir unmöglich vorstellen, dass ein
denkender bearbeiter, wie der C*- dichter, einen solchen text durch zudichtung dieser
Strophen so inconsequent und grob hätte entstellen können.
Dies ergebnis müsste bedenklich erscheinen, wenn sich etwa aus den lesarten
eine bestätigung für Braunes auffassung ergäbe, nach der z = Jd*, zt = J*, endlich C* als
drei aufeinander folgende, vom selben manne bewirkte stufen der C* - bearbeituug zu
betrachten sind. Allein so sicher die entwicklung des textes Jd* > J:;: > C* feststeht,
so lässt sich aus dem fortschreiten der lesarten doch nirgends ein beweisendes moment
dafür auftreiben, dass diese Weiterbildung der lesarten gerade der tätigkeit des C;-
dichters zugeschrieben werden müsste. Denn wenn dies richtig wäre, so müssten
dabei doch ganz notwendig die für 0* charakteristischen tendenzen hier ebenso deut-
lich hervortreten, wie in den plusstrophen von d*J. Aber nichts dergleichen ist der
fall. Die berühmte str. 193 2 (A 1849) ist hierfür sehr charakteristisch. Wenn es
hier in ADbBd heisst Do der strit niht anders künde sin erhaben (Kriemhilde leit
dax alte in ir herzen ivas begraben), do hiex si tragen xe tische den Etzelen snn.
wie künde ein icip durch räche immer vreislicher tuon?, in C* aber diese str. ver-
ändert ist in: Do die fiirstcn gesexxen uären über al unt nu begunden cxxen, do
542 BERNHARDT
wart in den sal getragen xuo den fürsten dax Etxelen kint. da von der künec
riehe gewan vil starken jämer sint, so ist vollkommen deutlich, dass die lesart von
J*: Do die fürsten alle gesdxen über al und exxen begunden, Kriemhilt hiex in
den sal tragen dar xe tiselie den Etxelen stm. wie moht ein ivtp durch räche
immer vreisllcher tuon? in der mitte steht zwischen ADbBd und C* und der schluss
ist unabweislich , dass der text C* aus dem texte J* entstanden ist. Aber muss mau
deshalb auch schliessen, dass von demselben manne, der J* in C* umgebildet hat,
auch der text ADbB = d* in J* umgebildet wurde? Ich denke doch, die stelle be-
weist stringent das gegenteil. Die tendenz der Umbildung J* > C;; war deutlich die-
selbe, die ein paar verse vorher die plusstrophen 1900ab eingeschoben hatte: Kriemhild
zu entschuldigen. Hiervon zeigt sich aber bei der Umbildung d* > J* keine spur;
der furchtbare Vorwurf, dass die mutter mit kalter berechnung das blut des eigenen
kindes benutzt habe, um nur endlich den ausbrach des rächenden kampfes herbei-
zuführen, wird auch in der fassung J* mit aller schärfe gegen Kriemhild erhoben. Nun
sind in J* aber doch die beiden ersten verse der str. ganz umgedichtet und da sollen
wir es wirklich für möglich halten, dass der C*- dichter diese gründliche aber rein
formale Umarbeitung der strophe bewerkstelligt und gar nichts getan hätte, die furcht-
bare anschuldigung zu mildern, nachdem er ein paar zeilen vorher eigens eine strophe
eingeschoben hatte, um Kriemhilds vorgehen im mildesten lichte erscheinen zulassen?
Ich glaube, hier liegt wirklich ein zwingender beweis vor, dass der text d* nicht von
demselben manne zu J* umgearbeitet sein kann, der C;: aus J* gemacht hat, dass
also auch die vom C::- dichter verfassten plusstrophen in .1 und d* erst aus C* in
diese handschriften eingefügt sein können.
Im ganzen ist diese frage aber nebensächlicher natur. Die hauptergebnisse von
DrauDes Untersuchung werden dadurch kaum berührt; auch der aufgestellte Stamm-
baum bleibt bestehen, wenn auch der eine zweig einer etwas veränderten interpretation
bedarf. Wir scheiden von dem buche dankbar für die entscheidende förderung, die
der beurteilung dieser weitverzweigten Überlieferung hier zu teil geworden ist und
knüpfen daran den wünsch, der verf. möchte die neu gewonnene einsieht bald zu
einer neuen ausgäbe des liedes verwenden. Denn dies denkmal hat vor allen anderen
ein recht darauf , der nation in der reinsten gestalt geboten zu werden, die der gegen-
wärtige stand der Wissenschaft zu erkennen vermag.
FREIBURG I. B. FRIEDRICH PANZER.
Johanna Maria Nassau Noordewier, Bijdrage tot de beordeeling van den
Willehalm. Delft 1901.
Die Verfasserin hat durch diese schrift den doctorgrad ,in de Nederlandsche
letterkunde" an der Universität zu Groningen erworben. Sie bestreitet vielfach die
viiii mir in der abhandlung „Zu Wolframs Willehalm " im XXXII. bände dieser Zeit-
schrift s. 38fgg. aufgestellten behauptungen J ; aber ich stehe nicht an auszusprechen,
dass ihre arbeit durch fleiss und Scharfsinn anerkennung verdient und die den Wille-
halm Wolframs betreffende forschung gefördert hat.
Drei fragen werden darin besprochen: 1. Hat Wolfram bei abfassung des Wille-
lialin ausser Aliscans noch andere gedichte aus dem cyclus Guillaume d'Orange ge-
kannt und benutzt? 2. Müssen wir annehmen, dass Wolframs französische vorläge
1) Ich bezeichne diese meine abhandlung, wo ich sie citiere, mit Bh.
ÜBER N00RDEW1ER, WILLEHALM 543
eine von den uns erhaltenen verschiedene redaction von Aliscans war? 3. Hat Wolfram
den Willehalm vollendet?
Der wertvollste teil der abhandlung scheint mir der zweite, den ich zuerst be-
spreche; vielleicht hätte die Verfasserin wol getan diesen an die spitze zu stellen;
die heweisführung des ersten würde dadurch an Wahrscheinlichkeit gewonnen haben.
Im zweiten teile will sie beweisen, dass Wolfram an gewissen stellen, wo er von
Aliscans abweicht, mit den Storie Nerbonesi, einer italienischen erzählung des 14.
Jahrhunderts, häufiger mit einem französischen roman in prosa aus dem 15. Jahr-
hundert (Bibliotheque nationale in Paris, mscr. 1497), den ich wie die Verfasserin
mit P bezeichnen will, zusammengeht1. Beide erzählungen beruhen nach ausdrück-
licher Versicherung der Verfasser auf alten gedichten; aus Wolfram können sie nicht
geschöpft haben; es ist also zu schliessen, dass ihnen sowol wie Wolfram Aliscans
in einer von den uns erhaltenen mehrfach abweichenden fassung vorlag. Es empfiehlt
sich hier die stellen aufzuzählen, die die Verfasserin ihrem beweise zu gründe legt.
Nicht alles freilich, was sie anführt, ist gleich beweiskräftig. Zwischen Gyburgs
kriegslist (Wh. 111,15. 230,6), die bei der belagerung von Oransche tote bewaffnet
auf die mauer stellt, um die feinde über die zahl der Verteidiger zu täuschen, und
der Willehalms, der in den Storie Nerbonesi rüstungen mit erde füllt und auf der
mauer hin und her schiebt, ist doch recht geringe ähnlichkeit, ganz abgesehen von
der Verschiedenheit der handelnden personen; dagegen sollen sich genauer entsprechende
erzählungen in Siege de Barbastre und in Ogier le Danois finden (Bijdr. s. 36). Be-
deutsamer ist, dass bei Wolfram Willehalm den gefangenen Matribleiz beauftragt die
leichen der gefallenen heidnischen könige einbalsamiert zu Terramer zu bringen,
(465, 17) von der toufbeeren erden, da man si schone nach ir e bestate, und dass
die Storie Nerbonesi berichten, die meisten leichen der heiden seien verbrannt, aber
die der brüder Eennewarts ehrenvoll nach heidnischer sitte bestattet worden : secondo
ü modo barbaro messt in rieche sepolture2. Dass Willehalm bei Wolfram einen
goldenen stern in blauem felde im wappen führt, und nach dem Italiener blau und
gold seine wappenfarben sind, ist die Verfasserin (s. 41) selbst geneigt dem zufall zu-
zuschreiben.
Wichtiger und zahlreicher sind Wolframs anklänge an P:
1. Dem sterbenden Vivianz verheisst auf sein gebet der engel Kerubin, dass
er seinen oheim noch einmal sehen werde (Wh. 49, 14, vgl. 65,6. 18); in P tut das-
selbe eine stimme vom himmel. In Aliscans (400 Guessard) betet Vivianz nur um
beistand für seinen oheim; eine handschrift, Jonckbloets A, Guessards c, weiss von
der erscheinung eines engeis; doch dieser erteilt dem sterbenden nur den mangelhaften
trost, Willehalm nahe heran, er aber, Vivianz, werde ihn nicht mehr sehen, was
nachher doch geschieht (s. 862).
2. In Alisc. (1912) ist es Gyburg, die ihren gatten auffordert in Frankreich
hilfe zu suchen; bei Wolfram (95, 16fgg.) und in P geht der Vorschlag von Wille-
halm aus.
1) Die Verfasserin hat die handschrift eingesehen. Einzelne abschnitte daraus
sind abgedruckt bei L. Gautier, Les epopees francaises, 2. aufläge, band IV. Vgl. die
dissertation von Job. Weiske, Die quellen des altfrauzösischen prosaromans von Guillaume
d'Orange, Halle 1898, s. 79.
2) Diese toten werden im Wh. 462, 26 als Gyburge mäye, 464, 4. 18. 467, 7
als künege bezeichnet; beides fällt bei Wolfram so ziemlich zusammen, denn von
namhaften heidnischen fürsten steht nur Poydwiz ausserhalb der Verwandtschaft mit
Terramer. S. Bh. s. 44.
544 BERNHARDT
3. Auf dem wege nach Orleans übernachtet nach Alisc. 2075 Willehalm nirgend
{Um! va li quens par plains et par boseage que wie nuit ne prist il herbergaje) ;
dagegen sagt Wolfram (112,3), er habe die zahl der tage, die der markgraf zu seinem
ritt brauchte, nicht vernommen, und ebenso redet P von mehreren tagen, desquclles
I' istoire ne fait pour cause de la mattere abregier nulle mention.
4. In Orleans verlangt nach Alisc. 2088 der burggraf (castelains) von Willehahn
auskunft, wer er sei; nachdem er erschlagen ist, findet ein auflauf des volkes statt;
bei Wolfram und in P verlangt der beamte von Willehalm zoll; Wolfram bezeichnet
ihn als rihtcere (113, 10), dem daz geleite benant ist (112,24). Er ruft die comune
zusammen.
5. Arnalt kommt in Aliscans 2153 zufällig vom könige nach Orleans und er-
fährt da von dem streit Willehalms mit den bürgern von Orleans; bei Wolfram (115, 7)
und in P ist er in Orleans zu hause, allerdings mit dem unterschiede, dass P Wille-
halm bei seinem bruder übernachten lässt (doch wol nach dem kämpfe und der er-
kennung), wovon Wolfram nichts meldet; hier wird er von Arnalt vergeblich zur
um- und einkehr eingeladen.
6. Wolfram berichtet ausführlich (215 fgg.) über eine Unterredung zwischen
Gyburg und Terramer, worin dieser seine nie erloschene väterliche liebe beteuert
und ihr zuredet zu ihrem alten glauben und dem verlassenen gatten zurückzukehren,
jene ihren vater von der Wahrheit des christlichen glaubens zu überzeugen sucht;
hiervon hat Alisc. nichts, aber P enthält ein solches Zwiegespräch, kürzer freilich und
dürftiger als das Wolframs, und es endet mit gegenseitiger Verfluchung, s. Weiske
a. a. o. s. 69.
7. Über Renuewart und seine gewaltige stange wundern sich bei Wolfram
(269,22) Burgunjoys, Bertüri, Flaminc, Engeloys, Brabant, Fran%eys; an der ent-
sprechenden stelle hat auch P vier von diesen volksnamen , Alisc. nicht.
Mehrere von diesen stellen, die ehrenvolle bestattung der heidnischen könige,
die Verabredung zwischen Willehalm und Gyburg, das gespräch Terramers mit Gyburg,
gehören zu denen, die man der eigenartigen erfinduog Wolframs zurechnete. Die
Verfasserin bemerkt s. 58, dass man nunmehr darin vorsichtiger sein müsse und nicht
ohne weiteres alle abweichungen Wolframs von den uns erhaltenen handschriften der
französischen gedichte dem deutschen dichter als selbständige erfiuduug zuschreiben
dürfe. Es ist wol möglich, dass auch die von mir s. 56 erwähnten „rätsei und frage-
zeichen", betreffend die steinsärge auf Aliscans, den kastanienwald mit Weinreben,
den Juden von Narbon, das zeit Terramers mit den einbalsamierten leichen und
auderes sich ohne weiteres erklären Avürden, wenn wir Wolframs vorläge vergleichen
könnten.
Auf der anderen seite scheint mir die Verfasserin auf s. 52 in den folgerungen
aus ihrer entdeckung etwas zu weit zu gehen. Wolframs vorläge kann doch wol
nichts anderes gewesen sein, als eine 'chanson de geste', also mit denjenigen unvoll-
kommenheiten der form, die nach meiner annähme (s. 40) Wolfram beseitigte, den
widerholuugen und Widersprüchen der 'laisses similaires? usw.1 Auch der geist
religiöser duldsamkeit den Sarazenen gegenüber, das lob ihrer ritterlichen gesinnuug,
ihr minnedienst, die Umgestaltung Rennewarts in einen zweiten Parzival werden nach
1) Vgl. über die form dieser gedichte Suchiers jüngst erschienene Französische
literaturgeschichte s. 22, und über Wolframs behandlung des sagenstoffs die Geschichte
der deutschen literatur von Vogt und Koch s. 119 fgg.
DBKR NOOHDEWIRK. WILLEHALM 545
^ ie vor als Wolframs eigentum anzusehen sein. "Wie wäre es denkbar, dass in der
redaction, die Wolfram vorlag, eine andere religiöse und nationale gesinnung sollte
geherrscht haben, als in den uns erhaltenen fassungen?
Es lag nahe, für die forschuug nach Wolframs vorläge diejenigen stellen heran-
zuziehen, an denen er sich auf seine quelle, die ärentiure oder das meere, ausdrück-
lich beruft, wie es Heinzel, Über Wolframs von Eschenbach Parzival (Sitzungsberichte
der kaiserlichen akademie der Wissenschaften in Wien, bd. CXXX, s. 2fgg.) für den
Parzival getan hat. Dies hat die Verfasserin unterlassen, und ich glaube, es ist damit
nicht viel verloren. Es sei mir gestattet diese stellen kurz zu besprechen.
Nicht selten liegt Übereinstimmung mit Aliscans vor; so bei dem kuss, den
Alyze dem scheidenden Kennewart gibt Wh. 213, 13 und Alisc. 3912, bei dem namen
von Synagüns ross Wh. 368, 21 und Jonckbloet zu Alisc. 6301 ; nach 425, 25 sind
halsbergo und heim könig Purreis aus Schlangenhäuten gefertigt, und auch in Alisc.
5096 werden fabelhafte tiere genannt, deren haut dazu verwandt sein soll; freilich
weisen die erste und dritte stelle doch auch wider bedeutsame abweichungen vom
französischen text auf. Mit Wolframs angäbe von der unzähligen menge der heid-
nischen zelte (16, 20) lassen sich stellen wie Alisc. 26 und sonst vergleichen; mit 37, 3
(icir hoeren von slm [Terramers] poynder sagen, es mähten starke reise tragen),
Alisc. 48 (tel noise mainent, la terre en fönt fremir). ßennewarts starkes essen
und trinken (275, 6) schildert auch Alisc. 4300, freilich ohne Wolframs scherzhafte
vergleichung mit den zehn bienen. Die bedrängnis, die durch Purreis eingreifen in
den kämpf über die Franzosen kommt (425, 20), beschreibt auch Alisc. 6000fgg. Auch
361, 2 weist nicht auf eine von Aliscans verschiedene quelle hin. Zweifelhaft ist die
ähnlichkeit zwischen 129, 16 und Alisc. 2321; das gleichnis vom wolf ist gewiss
Wolframs eigentum; Aliscans hat dagegen plus le redoutent que l'aloe faucon.
An vielen anderen stellen ist die berufung auf die äventncre oder Überlieferung
nichts als eine versfüllende redensart. Wolfram nennt einen heidnischen fürsten
Eskalibön, den er in der ersten schlacht durch Vivianz töten lässt (46, 19); in der
zweiten wollen ihn die seinen rächen: 363, 14 der wart mit maneger tjoste geldagt
und ouch mit swerten, als man sagt; der dichter beruft sich also auf die Über-
lieferung; keine französische quelle kennt einen fürsten dieses namens, wol aber den
volksnamen Esclaron (Alisc. 359. 5585. 7117), woraus Wolfram den namen ent-
nommen hat. Da, wo Wolfram unter berufung auf die äventiure von dem minne-
dienst der heidnischen fürsten. von waffen und kleidern, die ihnen ihre freundinnen
geschenkt haben sollen, und von ihren ritterlichen fugenden redet, hat ihm sicher
nichts ähnliches im französischen vorgelegen, vgl. 27, 2. 55, 10. 371, 18. 387, 4. 389, 23.
Ebenso willkürlich scheint mir solche berufung 45, 26 : man hört an Halxibiere,
swax iemen tet, er ivold et klagen Pinel, der da uas erslagen. Pinel heisst Halzi-
biers neve; weder von dieser Verwandtschaft noch von Halzibiers klage ist in den er-
haltenen französischen handschriften irgendwo die rede. Nicht anders steht es mit
437,10: nachdem Terramer und seine fürsten die flucht ergriffen haben, heisst es
weiter: man swuor dö bt ir hulden niht, als uns dix meere dannen giht. Auch
Willehalms schonendes verfahren gegen seinen Stiefsohn Ehmereiz dürfte, trotz der
berufung auf das meere (74,30), auf Wolframs erfiudung beruhen, vgl. Alisc. 1047 fgg.
Doch ist immerhin denkbar, dass Wolframs vorläge hierin von der uns erhaltenen
französischen Überlieferung abwich. Dies halte ich für wahrscheinlich bei 112, 6;
Willehalm kommt nach Orleans: sin herberge ist mir gesagt, dax er die sehoenen
stat vermeil und eine smeehe gaxxen reit, vor dem graben in ein hiuselm; in dem
546 BERNHARD!
bericht über die ereignisso in Orleans stimmt ja, wie oben erwähnt ward, Wolfram
einigermassen mit P überein und weicht ab von den erhaltenen französischen hand-
schriften. Mit 302, 1 hat es besondere bewandtnis; die vor der zweiten schlacht
schmählich entweichenden französischen fürsten werden nicht genannt; der dis även-
tiur bescheiden hat, der tuot in kirnt durch icaz man lät dax die fürsten niht
sint benant die der reemesch künce dar hat gesant. wart etslich wider wanden,
die ir fürstie schänden; mit den worten der dis dventiur bescheiden hat meint
Wolfram wol sich selbst, und nach gesant stünde richtiger ein kolon.
Es dürfte hiernach erwiesen sein, dass diese stellen, die ich vollständig auf-
gezählt zu haben glaube, für die frage nach "Wolframs vorläge wenig ergeben; man
kann nie wissen, ob die berufung auf die Überlieferung ernsthaft gemeint ist.
Der erste teil der Bijdrage beschäftigt sich, wie oben gesagt ward, mit der
frage, ob Wolfrain, neben Aliscans, andere zweige der geste Guillaume gekannt und
benutzt habe; diese frage wird verneint, die entgegengesetzte von San-Marte (über
Wolframs von Eschenbach rittergedicht Wilhelm von Orange s. 29. 39. 63. 83) und
mir (Bh s. 51 fgg.) verfochtene behauptung, dass er mit Guibers d'Andrenas, Charrois
de Nimes, Covenans Vivien bekannt gewesen sei und einzelne züge, auch namen.
daraus entnommen habe, wird bestritten. Durch eingehende vergleichung der be-
treffenden stellen im Willehalm mit den von San-Marte und mir angezogenen in
jenen französischen gedichten sucht die Verfasserin nachzuweisen, dass in keinem
falle reminiscenz und entlehnuug anzunehmen sei; sie vermutet, Wolfram habe, was
von Aliscans abweicht und an jene gedichte anklingt, in seiner vorläge gefunden;
nur in bezug auf 5, 16 fgg., die enterbung der söhne Heimrichs zu gunsten des paten,
spricht sie eine solche Vermutung nicht aus, s. unten. Ehe ich auf einige einzelheiten
eingehe, bemerke ich folgendes1:
1. Da die Verfasserin bewiesen hat, dass Wolframs vorläge sich mit keiner der
erhaltenen fassungen von Aliscans ganz deckte, so ist die möglichkeit nicht zu
bestreiten, dass aus dieser vorläge entnommen ist, was San-Marte und ich aus
erinnerung des dichters an andere zweige der Geste Guillaume herleiteten. Aber
dieser möglichkeit steht doch die andere gegenüber, dass die handschrift Wolframs,
wie fast alle uns erhaltenen (Bh. s. 51), nicht Aliscans allein, sondern auch andere
gedichte des kreises enthielt, und dass diese dem dichter nicht unbekannt blieben.
2. Wolfram verfährt mit den aus auderen gedichten entlehnten zügen und
reminiscenzen sehr eigenmächtig, sei es infolge verdunkelter erinnerung, sei es infolge
der freiheit, mit der er überhaupt seinen stoff behandelt. Man sehe, wie er Wh.
286, 19 mit Walthers Spruch vom braten (Lachmann 17, 11) umspringt. Im Parzival
481, 30 erzählt Trevrizent von den bemühungen zur heilung des Anfortas: do gc-
wunne wir daz selbe ris dar üf Sibille jach Eneas für hellesch ungemach und
für den Flegetönen roueh, für d' ander flüxx drin fliezent ouch; aber bei Heinrich
von Veldeke (Ettmüller 88, 28) dient wider den helleschen stanc und roueh nicht das
reis, sondern ein kraut, das Sibille und Eneas essen; durch das reis bewegen sie
1) Ich gebe der Verfasserin zu, dass die von San-Marte und mir (s. 53) aus-
gesprochene Vermutung, 91,24 enthalte eine beziehung auf Charrois 199 zur erklärung
nicht notwendig ist. Beiläufig bemerke ich gegen die Verfasserin s. 17 amn. 1 : es war
mir wol bekannt, dass die mäse ob der nasen dem französischen boce sor le nex in
Aliscans entspricht; dies steht aber eben in Widerspruch mit dem beinamen ehkurneis =
an cort nex, der doch nur vom Verluste der nasenspitze verstanden werden kann.
ÜBER NOORDBWIER, WILLEHALM 547
Charon zur überfahrt. Dem Heinrich von Veldeke wirft Wolfram (Pz. 292, 18) vor,
er habe zwar angegeben, wie man minne erwerbe, aber nicht, wie man sie erhalte;
dies bezieht sich doch wol auf das berühmte gespräch zwischen Lavinia und ihrer
mutter, wo aber vom erwerben der minne nicht die rede ist, sondern von den kenn-
zeichen ihres Vorhandenseins. Man vergleiche auch Pz. 420, 26 mit der rede Rumolts
im Nibelungenliede (handschrift C, in Zarnckes ausgäbe s. 224, 1). Ob sich bei Nithart
etwas findet, das der anspielung im Wh. 312, 4 genau entspricht, weiss ich nicht,
Im Wh. 125, 20 wird Cristjäns getadelt, weil er dem markgrafen bei seinem erscheinen
in Munleun ein alten tyrmt anlege, während er doch die kostbare rüstung und kleidung
Arofels trug. Ich kann mir nicht anders denken, als dass Wolfram Cristjäns (Chrestien
von Troyes) freilich wol irrtümlich, für den dichter seiner französischen vorläge hielt,
und ich glaube, dieser annähme steht nicht im wege, dass Alisc. 2343 nicht von
tyrriit, sondern von un mavais siglaton fmhd. xiklät) redet.
Bei solchem verfahren darf man sich nicht wundern, wenn die reminiscenzen
aus Guibers d'Andrenas, Charrois de Nimes, Covenans Yivien von ihren quellen iu
manchen dingen abweichen ; stimmen hervorragende und bedeutsame züge überein , so
sind daneben bestehende Verschiedenheiten kein beweis dafür, dass Wolfram die be-
treffenden stellen nicht gekannt und in seiner art verwertet hätte.
3. Mit drei stellen, die mir erinnening an Charrois zu enthalten schienen, hat
es eine besondere bewandtnis; sie finden sich in einem abschnitt (Wh. 298 bis 310),
den AVolfram selbständig zugedichtet haben muss. Auf Glorjet wird vor dem auf-
bruch zur zweiten Schlacht eine art von kriegsrat gehalten; die Verhandlung beginnt
mit einer rede Willehalms und endet mit einer höchst merkwürdigen anspräche
Gyburgs: nicht alle heiden seien zur Verdammnis bestimmt, heiden seien vor der
taufe auch alle christenkinder, und die heiden überhaupt seien auch Gottes hantgeteit;
somit mahnt sie die Christen im falle des sieges barmherzig mit den feinden zu ver-
fahren. Solche gedauken religiöser duldung wird man in keiner chanson de geste
finden; sie sind Wolframs eigentum. Der ganze abschnitt hat in den erhaltenen hand-
schriften von Aliscans nichts entsprechendes, ebenso wenig, so viel ich sehe, in den
Storie Nerbonesi oder im prosaroman. Wenn nun also Wolfram den inhalt dieses
abschnitts, so viel zu erkennen ist, nicht aus seiner französischen vorläge entnahm,
so ist mit grosser Wahrscheinlichkeit zu schliessen, dass die unzweifelhaften anklänge
an Charrois aus seiner kenntnis dieses gedichts entsprangen. Es handelt sich um
drei, richtiger gesagt, zwei stellen in Willehalms rede: 297, 14. 298, 11. 298, 14.
Was 298, 11 (des ha/n ich siben ja/r gebiten) betrifft, wo ich einfluss von Charrois 586
zu erkennen glaubte, so gebe ich der Verfasserin (s. 19fgg.) zu, dass die betreffenden
worte sich auch ohne solche annähme erklären lassen. Dagegen weist 298, 14 ich
was so lange ein koufman, unx ich Nimes geican, die guoten stat, mit wagen be-
stimmt auf die erzählung in Charrois hin, wie Willehalm, sich für einen kaufmann
ausgebend, einen teil seiner leute in fässern verborgen in die Stadt fährt und sie so
erobert; auch Lachmann (W. v. E. 2. ausgäbe s. XXXIX) nimmt an, dass Wolfram
dieses gedieht kannte. Dies scheint mir auch aus 297, 13 hervorzugehen. Willehalm
schildert die Verwüstung seiner mark durch die Sarazenen und ihre grausamkeit; dabei
heisst es: getauften uiben sint gesniten ab die brüste, und ähnlich in Charrois 571:
der markgraf sieht von Saint -Gile aus die Sarazenen städte verbrennen, klöster und
kirchen zerstören, mameles tordre as cortoises moilliers. Obgleich sonst die beiden
beschreibungen verschieden sind, glaube ich doch diesen besonders auffallenden zug
aus Wolframs erinnerung an das französische gedieht herleiten zu müssen. Die ver-
.">4<S lll.RNHARI'l
fasseriu meint, au beiden .stellen habe Wolfram nur aus seiner französischen vorläge
geschöpft.
Nach Wh. 5, löfgg. enterbt Heimlich von Narbon alle seine söhne zu gunsten
eines paten, der der söhn eines im kämpfe gefallenen lehensmanns ist. Wolfram
tadelt dies und kann es nicht ersonnen haben. In Aliscans findet sich nichts derartiges,
aber in Guibers d'Audreuas teilt Heimrich das erbe eines seiner söhne, Guibers,
später d'Andrenas genannt, dem paten zu. Wolfram kennt zwar einen söhn Heimrichs
mit namen Gybert, aber den beinameu von Tandarnas führt bei ihm Schubert, der
waffengefährte des jüngeren Heimrich, des schetis. Bei dieser Verschiedenheit, meint
die Verfasserin, sei San-Martes schluss, Wolfram habe das gedieht Guibers d'Andrenas
gekannt, voreilig, „veel te haastig". Wie sie selbst die unleugbar vorhandene ähn-
lichkeit beider berichte erklären will, ist mir aus der anmerkung auf s. 8 nicht klar-
geworden1. Diese ähnlichkeit ist jedesfalls grösser, als die zwischen Gyburgs kriegs-
list und der Willehalms in den Storie Nerbonesi, die die Verfasserin aus einer cruelle
herleiten will.
Auch in bezug auf die anklänge an Covenans Vivien kann ich nicht umhin
trotz des Widerspruchs der Verfasserin an meiner ansieht festzuhalten.
Um zu beweisen, dass Wolfram Charrois de Nimes und Covenans Yivien ge-
kannt habe, hatte ich s. 53 fgg. auf die gemeinsamkeit einiger namen hingewiesen. Die
Verfasserin meint s. 29, dieser gemeinsamkeit von namen sei kein gewicht beizulegen.
Ich glaube, darin hat sie nicht recht. Man weiss ja, welche menge von namen
Wolfram teils anderen dichtem, teils im Willehalm seinem eignen Parzival entnommen
hat, um seinen grossen bedarf daran zu decken; vgl. ausser Bh. s. 53, Bartsch in
den Germanistischen Studien II s. 124 fgg., auch Heinzel a. a. o. s. 4. Wenn nun im
Wh. namen vorkommen, die sonst nur in Charrois und Covenans erscheinen, so liegt
doch gewiss der schluss nahe, dass er diese gedichte kannte. Hierher gehört ins-
besondere auch Tompasie von Tabrasim (74, 8) = Temjjesle d' Argastaine in Cov. 180.
Der uame Tewpeste erscheint zwar, worauf mich die Verfasserin nicht aufmerksam
zu machen brauchte, auch in Aliscans, aber der zusatz d' Argastaine nur in Covenans.
Der dritte teil der Bijdrage s. 59 fgg. behandelt die frage, ob der Willehalm
vollendet sei; sie wird verneint. Den von mir s. 37 gelieferten beweis, dass zwischen
dem schluss des Wh. und der unmittelbar vorhergehenden erzählung (Bernarts mahnung
und rat an Willehalm) Widerspruch bestehe, hat die Verfasserin nicht besprochen.
Dagegen sucht sie, für mich überzeugend, nachzuweisen, dass Wolfram be-
absichtigt haben müsse Willehalms und Gyburgs geschick zu glücklichem ende zu
führen, wozu die widervereinigung mit Rennewart notwendig gehöre. Sie weist auch,
nach meinem und Seebers Vorgang (Programm des gymnasiums zu Brixen 1884), auf
mehrere stellen hin, in denen auf Kennewarts spätere Schicksale, seine erkennung
durch Gyburg, seinen ritterschlag uud seine Vermählung mit Alyze angespielt wird.
Hier will ich noch einen weiteren beleg hinzufügen '-. Vor beginn der ersten, unglück-
1) Mit einem andern epos „Departement des eufans Aimeri" berührt sich Wolfram
insofern, als dort alle söhne entsandt werden, ihr glück in der fremde zu suchen;
aber dies geschieht aus armut, nicht um einen paten zu bereichern. Die Verfasserin
sagt nun s. 8 anmerkung: „Het bericht bij Wolfram komt dus noch volkomeu overeen
met dat van den Guib. d'Andr., noch met dat van de Dep., maar zou een eombinatie
moeten zijn uit beide gedichten." Denkt sie sich die combination von Wolfram ge-
macht oder von dem, der Wolframs französische vorläge schrieb V
2) Hindeutungen auf künftige ereignisse sind im Wh. nicht so selten, wie ich
früher annahm (Bh. s. 38). Bisweilen beziehen sie sich auf unmittelbar folgende teile
ÜBER NOORDEWIER. W1LT.EHAT.M 549
liehen schlacht heisst es 12, 1: ex muox nu walzen als ex- mac : etswenne onch
hohes muotes tac mit frettden känfte slt erschein. Als der dichter dies sagte, kann
er nicht beabsichtigt haben, es bei Willehalms schmerzerfüllter klage um den ver-
lorenen Rennewart bewenden zu lassen, denn dieser verlust lässt bei dem markgrafen
keine freude über den sieg aufkommen.
Dass die zahl der verse im Willehalm nicht durch 30 teilbar ist, der letzte
der Lachmann'schen abschnitte nur acht verse hat, möchte ich nicht, wie es die Ver-
fasserin tut, als beweis dafür gelten lassen, dass das gedieht nicht vollendet sei; vgl.
über Lachmanns einteilung San-Marte, Über "Wolfram von Eschenbachs rittergedicht
Wilhelm von Orange s. 115, auch Bartsch in der Einleitung zu Parzival und Titurel
s. XIX.
Der abhandlung hat die Verfasserin Verzeichnisse der personen- und der Orts-
namen beigegeben. Unter den personennamen fehlen Abel (Wh. 51,30) und Samuel
(359,8. 413,28). Mit dem namen Samirant belegt Wolfram zwei personen, den
könig von Boytendroyt, der Terramer den heim bringt und mit allen andern, die den
admirät bewaffnen, zu seiner rechten reiten soll (356,19. 358,11), und den könig
von Beäterr (359,1), der zur linken reiten soll. Welcher von beiden von Rennewart
erschlagen wird (413, 27), ist nicht ersichtlich. Die Verfasserin scheint nur einen
Samirant zu kennen. Ebenso verhält es sich mit Talimön; die Verfasserin erwähnt
nur einen Talimön von Boctan, könig von Valpinöse; bei Wolfram aber wird Talimön
von Boctan von Willehalm erschlagen (56, 18); seine leute kämpfen in der zweiten
schlacht unter Halzebier (341, 26. 363,15); ein zweiter Talimön ist könig von Val-
pinöse und kämpft in der zweiten schlacht unter Josweiz (349, 28). Unter Tampaste
führt die Verfasserin zwei personen auf; bei Wolfram tragen vielleicht drei diesen
namen: einer fällt in der ersten schlacht durch Vivianz (46,20); seine leute kämpfen
später unter Synagün (344, 7. 371, 3); seinen gleichnamigen söhn tötet Rennewart
(442,29); ausserdem ist ein Tampaste von Tabrasten unter den fünfzehn königen, die
Willehalm am morgen nach der ersten schlacht anfallen (74,8); doch kann dieser
als identisch mit dem zweiten gedacht sein. Dass zwei personen gleichen namen
führen, kommt bekanntlich auch im Parzival vor, so Astor, Affinamus, Alexander,
Ehkunaht. Iwan, Kahenis, Kardeiz, Kiot, Cundrie, Floiie; dreimal erscheint Clauditte.
Die namen Eschenbach, Veldek sind unter den Ortsnamen angeführt; warum
Vogel weid unter den personennamen?
Die mit C und K beginnenden namen hat die Verfasserin vereinigt, aber die
mit F und V anfangenden unzweckmässiger weise nicht.
der eizählung: 116, 28 auf 117 fgg.; 133, 10 auf 135, 16. Auf entfernteres gehen
folgende: 30,16 auf 81, 12; 81,30 auf 89, 9; 302,9 und 321,12 auf 323,12; 271,12.
285, 11. 311, 30 auf Rennewarts nachher erzählte taten. Wenn die Verfasserin s. 74
das von dem dichter 271, 12 verheissene lob Rennewarts vermisst, so kann ich ihr
darin nicht beistimmen; von seinen taten ist nachher genugsam die rede, ganz ab-
gesehen von Willehalms klage 452, 15 fgg., worin seine Verdienste zusammengefasst
werden.
ERFURT. E. BERNHARDT.
550 STEIG
MISCELLEN.
Zu den Kleineren Schriften der brüder Grimm.
(Viertor beitrag1.)
1. Adam Oehlenschläger und "Wilhelm Grimm.
Es liegt den nachfolgenden erörterungen ob, die Kleineren schritten Wilhelm
Grimms von einem aufsatze zu befreien, der zu unrecht in sie hinein geraten ist: von
dem über Oehlenschlägers Palnatoke, bd. 1, s. 248 — 260. Dieser aufsatz erschien im
jähre 1810, in einer zeit also, aus der wirklich gedruckte äusserungen der brüder
Grimm über Oehlenschläger vorhanden sind, und in einem Berliner Journale, dem
„ Pantheon ", in dessen vorwort auch „ Hr. Grimm zu Kassel " als künftiger mitarbeiter
genannt ist. Es ist hier Wilhelm Grimm gemeint, der 1809 in Berlin mit demjenigen
kreise Berliner Schriftsteller und gelehrter bekannt geworden war. auf die das Pantheon
sich stützte.
Oehlenschläger war in Deutschland damals mode. Er hatte sich gerade in
letzter zeit in Deutschland aufgehalten, war bei Goethe gewesen und stand mit der
jüngeren dichterschicht auf gutem fusse. Als Däne hatte er auch seinen landsmann
Steffens in Halle widerbesucht, und hier, in dem weiten interessenkreise der grossen
Reichardtschen familie, war Wilhelm Grimm 1809 seinen dichterischen werken näher
getreten. Durch gunst und innere notwendigkeit. Wilhelm beschäftigte sich damals
mit allen zweigen der dänischen poesie. Wir wissen ferner, wie die brüder durch
Tieck's Minnelieder und seine art, die deutsche Vergangenheit und märchenweit auf-
zufassen, in den entscheidenden Jugendjahren angeregt wurden. In der vorrede zu
dem dramatischen spiele „ Aladdin oder die wunderlampe ", die ein märchen aus
Tausend und einer nacht zum Vorwurf hat, bekennt sich auch Oehlenschläger 1808 aus-
drücklich in die nachfolge Ludwig Tiecks. Sein Octavian habe ihn angeregt, den
Aladdin zu dichten. Wie Tieck ein märchen, ohne rücksicht auf haupthandlung und
hauptperson, in einer lyrischen, epischen und dramatischen mischung dargestellt habe,
so sei er (Oehlenschläger) durch die erzählung von der lampe darauf gekommen, ein
wirkliches drama, ungeachtet der breite, zu machen. Treffend wies Jean Paul in
seiner recension des Aladdin in den Heidelberger Jahrbüchern von 1809 auf diese
Tieckische Weitschweifigkeit und weitläuftigkeit hin, die niemand soviel zu geniessen
gebe als dem Verfasser selbst, um im übrigen dem werke Oehlenschlägers möglichstes
lob zu spenden, das wider in der vertrauten ausspräche zwischen Grimms und Arnim
damals als zu hoch befunden wurde.
Die dänische litteratur war, wie gesagt, damals Wilhelm Grimms arbeitsfeld.
„Um doch etwas", schrieb er aus Halle mitte april 1809 an Arnim, „von meinem
wenigen dänischen zu profitieren, hab ich Oehlenschlägers gedichte gelesen". Das
allernachlässigste, schlechteste jedoch stehe rund um einiges sehr schöne, einfach
rührende. Er habe aus den (damals nur dänisch vorhandenen) gedichten einiges für
Luise Reichardt zum componieren übersetzt, und schicke es jetzt auch Arnim. Es
war zweierlei: das lied von Christi geburt und das lied vom fischerknaben , das
letztere aber nur in seinem anfang, der seiner heitern schönen färben wegen Wilhelm
• nimm gefiel, während das übrige ihn nicht befriedigte. Damals verband Grimm
weder mit der Übersetzung noch mit der Zusendung an Arnim irgend welche littera-
rische nebenabsichten.
1) Die früheren beitrage sieh Zeitschr. 25, 562. 29, 195. 31, 165.
Zu DEN KLEINKREN SCHRIFTEN DER BRÜDER GRIMM 551
Anders gestaltete sich die sache ein jähr später. Der erste band des Pantheons
von Büsching und Kannegiesser war erschienen. Am 12. april 1810 schrieb Wilhelm
Grimm an Arnim: „Da ich sehe, dass der Oehlenschläger im Pantheon so heraus-
gestrichen wird, so habe ich eine Übersetzung einiger seiner lieder, die ich im sommer
der Luise (Reichardt in Halle) machte, unter der bank hervorgesucht, und weil ich
doch gewissermaassen etwas versprochen, so sei doch so gut, sie für das Journal
dem Büscbing zu übersenden." Zweierlei ergibt sich also: 1. die jetzt überschickten
lieder sind dieselben wie die vor einem jähre, und 2. der aufsatz des Pantheons, in
dem Oehlenschläger so herausgestrichen wird, ist nicht von Wilhelm Grimm. Im
Pantheon aber kommt allein in betracht die anonyme anzeige des Palnatoke (1, 251)
mit einem Übersetzungsversuche aus dem vierten acte. Diese anzeige ist also, da sie
aus irrtümlicher auffassung der stellen des Arnim- Grimmschen briefwechsels in Wilhelm
Grimms Kleinere Schriften aufgenommen wurde, aus diesen wider zu entfernen. Den
1. mai 1810 besass Grimm den Palnatoke überhaupt noch nicht (Nordische gelehrte
s. 20). Es ist gewiss eine heikle sache, sich auf blosse stileindrücke hin, gegen an-
scheinend sicherste beglaubigung, über die autorschaft eines Schriftstückes anders zu
entscheiden. So sind denn im vorliegenden falle herausgeber und benutzer der Kleineren
Schriften, ich auch, irre gegangen. Ich wundre mich jetzt selbst darüber, wie über-
haupt die wirre inhaltsangabe des Palnatoke und der hölzerne stil Wilhelm Grimm
zugetraut werden konnte. Wer der autor ist, weiss ich nicht. Aus dem neuen
Goedeke G, 169 ist die Wilhelm Grimm belastende notiz wider zu streichen.
Die anzeige ist indessen für Wilhelm Grimm der anlass geworden, an eine
vollständige Übersetzung des Palnatoke zu denken. „Kannst du nicht", fragte er im
august 1810 bei Arnim an, „gelegentlich den Hitzig fragen, was er etwa für eine
Übersetzung eines Oehlenschlägerischen trauerspiels gäbe, etwa in seinem Theater-
almanach, Palnatoke? Es ist mir an sich eine unangenehme arbeit, und meiu namen,
was auch nichts ausmachen kann, soll dabei nicht sein, ich wollte gern etwas dadurch
verdienen" etc. Hitzig machte damals derartige untern ehmungen. Sein taschenbuch
für trauerspiel und lustspiel „Melpomene und Thalia" hatte soeben, für 1810, Wolfarts
„Katakomben" und von Bartholdy „Der liebe luftgewebe" gebracht, sein Taschenbuch
für freunde der poesie des Südens enthielt die Numancia des Cervantes nach der
Madrider ausgäbe von 1783 nebst (des ungenannten) Fouques Übersetzung, Wilhelm
Schlegels Spanisches theater war mit dem zweiten bände aus Reiiner's in Hitzig's
verlag übergegangen. Darin lag es, dass Wilhelm Grimm an Hitzig das angebot ge-
langen Hess. Arnims bemühungen blieben aber erfolglos. „ Hitzig sowol wie Reimer",
meldete er zurück, „waren zu keiner Übersetzung Oehlenschlägerscher Schauspiele
geneigt, hauptsächlich weil der mann immer selbst in zwei sprachen zugleich lebt
und jede andere, auch die bessere Übersetzung vernichten kann." Wie gut Grimm
den Palnatoke aber kannte, zeigt sich daran, dass seiner öfters in recensioneu und in
den Altdänischen heldenliedern erwähnung geschieht.
Aber auch von den von Wilhelm Grimm übersetzten liedern ist keins im
Pantheon erschienen, obwol Arnim zurückgeschrieben hatte: „Deine Übersetzung aus
Oehlenschläger wird im Pantheon erscheinen." Das Pantheon ging schon mit dem
zweiten bände ein. Dagegen begann in Hamburg vom juli 1810 ab im Perthesschen
verlage das Vaterländische museum zu erscheinen, an dem mitzuarbeiten auch Grimms
Berliner freunde aufgefordert worden waren. Zu grosser Verwunderung fanden die
brüder im augustheft (1, 211) „Christi wiedererscheinen in der natur. Nach dem
dänischen des A. Oehlenschläger übersetzt von Wilhelm Carl Grimm". Ohne ihr vor-
352 STEIG
wissen hatte Arnim das inanuscript, offenbar als es ihm nach dem eingehen des
Pantheons im juni von Büsching zurückgestellt worden war, Perthes für das Vater-
ländische museum übergeben.
Es liegt nahe, Wilhelm Grimms Übersetzung mit derjenigen deutschen gestalt
dieser gedichte zu vergleichen, die Oehlenschläger ihnen selbst in seiner ausgäbe von
1817 gegeben hat. Oehlenschlägers poetischer plan war, in einem cyclus von gedichten
Christi leben allegorisch mit den erscheinungen der natur in beziehung zu setzen.
Aus diesem cyclus sind nur die Übersetzungen der drei ersten gedichte im Vater-
ländischen museum erschienen und demgemäss in "Wilhelm Grimms Kleinere Schriften
(1,245) übernommen worden: 1. Christi geburt, 2. Maria, 3. Joseph. Ebenso lauten
die Überschriften auch bei Oehlenschläger 1817, s. 209. Aber wenn man vergleichend
Grimm und Oehlenschläger zu lesen beginnt, erhält man den eindruck, dass Oehlen-
schläger selbst doch nur einen massigen, äusserlich zwar abgeglätteten , innerlich aber
ärmer gewordenen text auf den deutschen markt gebracht hat. Grimm dagegen bleibt
der dänischen urgestalt der lieder viel näher. Seine spräche ist kräftiger und un-
schuldig - unbewusster. Er hält vers und rythmus des dänischen Originals fest, die
Oehlenschläger aufgegeben hat. Kurz, "Wilhelm Grimm ist uns ein besserer interpret
des dänischen dichters als dieser selbst.
2. Über spiele.
In den früheren arbeiten der brüder Grimm, bis über die freiheitskriege hinaus,
zeigt sich öfter, dass sie aufmerksame leser und benutzer des Gothaischen reichs-
anzeigers gewesen sind, der, als das Deutsche reich zu ende gegangen war, den titel
„ Allgemeiner anzeiger der Deutschen " erhielt. Herausgeber war Zacharias Becker in
Gotha. Dorthin hatten die brüder Grimm eine bequeme Verbindung, da ihre tante
Henriette Zimmer, nach dem politischen Zusammenbruch in Hessen, der landgräfin
von Hessen nach Gotha gefolgt war. Durch ihre bände gingen die meisten bestellungen
der brüder für den Allgemeinen anzeiger. Eine anzahl derselben wenigstens wird es
widerzugewinnen möglich sein; und sie werden uns immerhin manchen blick in die
die späteren grossen werke der brüder vorbereitende Jugendarbeit verstatten.
In einem briefe "Wilhelm Grimms, mit dem empfangsstempel des 9. august 1809,
an Jacob (Jugendbriefe s. 145) lesen wir: „Gestern ist mir . . . der RAnzeiger in die
hände gefallen, da habe ich eine anfrage von dir über die spiele gefunden." In den
anmerkungen zu dieser stelle (Jugendbriefe s. 508) heisst es: „Der Reichsanzeiger 1809
war mir nicht zugänglich." Dies ist jedoch nur insofern zutreffend, als dem namen
nach der Reichsanzeiger 1809 nicht mehr bestand. "Wilhelm Grimm hielt nur aus
alter gewohnheit die frühere bezeichnung fest. Nachzusehen war für diese zeit im
Allgemeinen anzeiger der Deutschen, und hier findet sich in nr. 188, vom 17. Julius
1809, sp. 2171—2172, die gesuchte
Anfrage.
"Wo findet man nachricht über die europäischen gesellschaftsspiele, nament-
lich über die in Deutschland gewöhnlichen und vorzüglich über die der altern zeit?
Man meint hier nicht gerade die schach-, bret-, würfel- und kartenspiele , über
welche schon Untersuchungen genug angestellt worden sind, man sehe z. b. ßreitkopfs
gelehrte arbeit vom Ursprung der Spielkarten. Sondern man wünscht belehrung oder
wenigstens einzelne nachweisungen über die altern pfänder-, plumpsack-, naoh-
spreche-spiele etc. Fischart's bekauntes verzeichuiss in seinem Gargantua dürfte
ZU DEN' KLEINEREN SCHRIFTEN DER BRÜDF.R GRIMM 553
leicht die hauptquelle seyn, aber alles ist unerklärt, und wer könnte wol jetzt mehr
als etwa ein zehntel der von ihm angegebenen spielnamen erläutern?
Die gewöhnlichen anweisungen zu gesellschaftsspielen , welche wol siimmtlich
von einem, etwa vor 20 jähren in einem Becker'schen oder andern taschenbuche ge-
standenen aufsatze ausgegangen sind, genügen wenig, enthalten meistens schlecht
erfundene neue spiele und beschreiben die wenigen altern äusserst unvollständig.
Gibt es nicht mehrere, und besonders ältere spiel -anweisungen? Und wo
stehen sie abgedruckt? Gr.
3. Aufforderung (wegen des Mythologischen Wörterbuches von Majer).
Am 14. märz 1810 schreibt Jacob Grimm an die taute Henriette Zimmer in
Gotha: ..Die einlage seyn Sie doch so gut, in die expeditiou des Reichsanzeigers
tragen zu lassen, es kostet nichts." Diese briefstelle führte in nr. 94 des Allgemeinen
anzeigeis, vom 5. april 1810, sp. 1014 — 1015, zu folgender, Jacob Grimm zugehörigen
Aufforderung.
Nichts ist unangenehmer, als wenn ein alphabetisch geordnetes brauchbares
buch nicht ausgeschrieben wird.
Von Fr. Majer" s Mythologischem Wörterbuch sind 1803 und 1804 zwey bände
im Landes -industrie-comptoir zu Weimar erschienen und das werk hat vermuthlich
abgang genug gehabt, so dass man nicht darin die Ursache suchen darf, warum die
andere hälfte zurückbleibt.
Der plan der schrift ist freylich sehr schlecht und fast unbegreiflich. Ganz
verschiedene mythologien, deren einige genauer , andere schlecht bekannt sind, werden
untereinander geworfen und willkürlich in einzelne namen zerschnitten. Der einzige
vortheil alphabetischer anordnung, nämlich das erleichterte aufschlagen, wird durch
die schwankende Orthographie der fremden Wörter aufgehoben, eine
menge Wiederholungen sind unvermeidlich geworden und gerade die artikel sind die
besten, die dem plan nach die schlechtesten, d. h. die langen, welche eben so gut und
eben so schlecht auch noch vielfach hätten verschnitten werden können. Und aller
etwaige vorzug dieser geschmacklosen einrichtung wäre am ende durch alphabetische
register erreicht worden, man hätte die mythologien in einfacher Zusammenstellung
gehabt, ohne dass ein systematisiren verlangt worden wäre.
Diess alles benimmt der fleissigen und guten ausarbeitung der einzelnen artikel
nichts und es ist die Vollendung des werks zu wünschen. Gute register zu den ein-
zelnen mythologien würden den gebrauch verbessern. Eben so wTenig lasse sich der
verf. durch die Verbesserungen und Zusätze abhalten, welche aus andern seitdem er-
schienenen werken, z. b. aus Bergmann's über die Kalmücken und S.. Polier's
über die indische mythologie gewonnen werden könnten. Denn es liegt daran, ein
ganzes werk zu bekommen, wenn man sich auch die materialien zusammenstellen muss.
Und erscheint nicht das versprochene werk über die römische mythologie, das
Böttiger in Dresden übernommen hat?
Cassel. G.
4. Anfrage (wegen Tallmann und "Wagner).
Am 5. october 1810 bittet Jacob Grimm die taute in Gotha, ., eine beilage in
den Allgemeinen anzeiger befördern zu lassen und vielleicht eingehende antwort dem-
nächst für mich in empfang zu nehmen." La nr. 332, vom 8. december 1810, sp. 3621,
erscheint die folgende anonyme
ZKITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. HU. XXXIV. 36
554 sTKifi
Anfrage.
Leben noch im Thüiiugischen die nachkommen und erben folgender beyden
männer, die zu ende des sechzehnten oder anfangs des siebzehnten Jahrhunderts ge-
lebt haben müssen:
Quirinus Tallmann, Bürgermeister zu Eisenach.
Marcus "Wagner, auch aus Thüringen.
Letzterer war nach Jöcher einmahl priester zu Bussleben und schrieb mehrere bücher.
Dem aufrager kommt es darauf an: zu erfahren, ob die papiere und hand-
schriften dieser männer noch irgendwo aufbehalten worden sind, unter denen sich
einiges von Wichtigkeit für die geschichte der altdeutschen litteratur befunden zu haben
scheint. Die gefällige antwort bittet man an die expedition des Allg. anz. d. D. zu
adressiren, welche solche, falls sie im blatte selbst nicht räum finden kann, weiter
befördern wird.
Mau würde sich, ohne anhält, schwer dazu verstehen können, dies anonyme
stück Jacob Grimm zuzusprechen. Es hat sich aber noch dazu die an ihn gerichtete
kostenrechnung unter seinen papieren gefunden. Der Verlust der anfrage würde ja
Jacob Grimm nicht schaden. Immerhin ist sie ein damals doch schon in die öffent-
lichkeit getretenes zeugnis für die absieht der brüder, auf eine „Geschichte der alt-
deutschen litteratur" los zu arbeiten.
Ob übrigens antworten erfolgt sind, weiss ich nicht. Im Allgemeinen anzeiger
wenigstens findet sich, wie das sonst häufig der fall ist, keine antwort abgedruckt.
5. Zum Reinhart Fuchs.
Die erste ankündigung der brüder Grimm, dass sie den hochdeutschen Reinhart
Fuchs, nach Glöckle's abschrift einer Yaticana, herauszugeben gedächten, geschah in
öffentlichen blättern 1811. Im nächsten jähre legte Jacob seinen und seines bruders
arbeitsplan ausführlicher in Friedrich Schlegel's Deutschem museum dar. Beide
Schriftstücke findet man in der brüder Kleineren Schriften abgedruckt. Ich füge zu-
nächst ein neues zeugnis hinzu.
a.
Ferdinand Weckherlin hatte in seinen „Beyträgen zur geschichte altteutscher
spräche und dichtkunst, Stuttgart 1811" ein eigenes capitel über die geschichte und
litteratur des Reineke Fuchs geschrieben; eine anzeige des buches findet man in Jacob
Grimm's Kleineren Schriften. Weckherlin bemerkt in seinem buche s. 126: „Nach
einer von herrn prof. Veesenmeyer in Ulm uns mitgetheilten nachricht fand dieser einst
eine teutsche handschrift des R. F., die er in das XV. jahrh. setzen zu dürfen glaubte,
bey einem jungen studirenden, der die handschrift als familiengut aufbewahrte, und
ungeachtet aller bitten nicht entäussern wollte. Der junge mensch reiste nachher
weg, und seither konnte von der handschrift sowohl, als dem besitzer nichts sicheres
mehr in erfahrung gebracht werden." Diese notiz erregte natürlich das interesse
Jacob Grimms, und am 11. mai 1812 wandte er sich an die tante Henriette Zimmer nach
<iotha: „Darf ich Sie, liebe tante, wieder plagen und bitten, beikommendes blättchen
an den redacteur des Allgemeinen anzeigers abgeben zu lassen, und die geringe
iusertionsgebühr auszulegen? Es betrifft eine andre unserer arbeiten, die gleichfalls
sehr am herzen liegt." Auf dem „beikommenden blättchen" stand nun die im Gothaer
Allgemeinen anzeiger 1812, nr. 172, vom 30. juni, sp. 1773—1774, abgedruckte.
ZU DEN KLEINEREN SCHRIFTEN' DER BRÜDER GRIMM 555
Anfrage wegen einer Handschrift des altdeutschen Reinecke Fuchs.
Der prof. Veesenmeyer in Ulm fand einst (wann?) eine deutsche handschrift
des Reinecke oder Reinhart Fuchs, die er in das XV. Jahrhundert setzen zu
dürfen glaubte, bey einem jungen studirenden, der das manuscript als familiengut
aufbewahrte und ungeachtet aller bitten nicht entäussern wollte. Der junge mensch
reiste hernach weg, und seither konnte von der handschrift sowohl, als dem besitzer
nichts sicheres mehr in erfahrung gebracht werden.
Da ich gegenwärtig mit der herausgäbe des altdeutschen (vom plattdeutschen
und flandrischen ganz abweichenden) gedichts aus der vaticanischen handschrift be-
schäftigt bin, so wäre es mir angenehm, über die beschaffenheit und den inhalt obiger
handschrift umständliche nachricht einzuziehen. Nicht nur würde mich der prof.
Veesenmeyer sehr verbinden , wenn er seiner seits dazu mitwirken wollte, sondern
es könnte sich auch der besitzer des manuscripts, falls ihm die gegenwärtige auf-
forderung zu gesiebte kommt, unmittelbar an mich wenden, und über die bedingung,
worunter er mir dasselbe, oder eine abschrift davon zur benutzung geben möchte,
mit mir unterhandeln. Ist der inhalt seiner handschrift mit der meinigen überein-
stimmend, so könnte es immer auf kleine Varianten ankommen, und es würde ihm
mit dem ausschliesslichen besitz jenes familienguts nicht länger gedient seyn; auf
jeden fall wird er der guten sache einen dienst leisten.
Cassel, im may 1812. Staatsrates - auditor Grimm.
Diese anfrage hat nicht zur auffindung der angeblichen handschrift geführt.
Zwar veranlasste sie in der angelegenheit weitere äusserungen, die heute ungedruckten
quellen entfliessen. V\'eckherlin schrieb an Jacob Grimm, aus Stuttgart, 2. august 1812:
..Um die wiederauffiuduug der verlornen handschr. des R. F. hat sich Veesenmeyer
schon alle ersinnliche mühe gegeben. Der besitzer war ein Student aus Isny, den
Veesenmeyer in Altorf kennen lernte. Wenn ich nicht irre, ist er aber aus unseren
gegenden weggezogen.11 Und Veesenmeyer wandte sich gleichfalls unmittelbar an
Jacob Grimm. Ulm, 18. September 1812: .Ew. hochwohlgeboren haben in dem Allge-
meinen anzeiger nr. 172, sp. 1773 fg.. mich aufgefordert, nähere nachweisungen, die
von mir gesehene alte handschrift von Rheineke Fuchs betreffend, zu geben" — und
nun folgt eine ausgiebige darstellung der näheren umstände, unter denen ihm einst
die handschrift vor die äugen und aus den äugen gekommen sei. Ich verzichte auf
die widergabe im einzelnen. Als Jacob 1834 die vorrede zu seinem Reinhart Fuchs
schrieb, hatte er die angelegenheit noch nicht vergessen; auf s. CHI merkte er an:
„Ob die hs., welche Veesenmeyer gesehen haben will, die aber seitdem verschollen
ist, auch unser [hochdeutsches] gedieht enthielt? sie soll aus dem 15. jh. gewesen
sein. AVeckherlins Beiträge, Stuttgart 1811. p. 127 V
b.
Kein buch haben die brüder Grimm länger in sich getragen, als den Reinhart
Fuchs, von dessen ausgäbe Wilhelm schliesslich sich lossagte, so dass die ausführung
Jacob allein zufiel. Gegen ende des Jahres 1817 nahmen sie einen neuen anlauf, von
1) Die briefstelle Jacob Grimms vom 11. mai 1812 setzt mich in ziemliche Un-
bequemlichkeit. Der ausdruck „wiederplagen" und die erwähnuug einer „anderen
unserer arbeiten " lässt schliessen , dass nicht zu lauge vorher eine ähnliche Zusendung
für den Allg. anzeiger erfolgt war. Ich habe die zeitungsblätter geduldig rückwärts
gewendet, aber obwol einiges in betracht kommen könnte, doch nichts gefunden, das
ich mit Sicherheit für Jacob Grimm in ansprach nehmen möchte.
36 '■
556 STEIG
dem uns auch eine gedruckte ankündigung, die ich neu den Kleineren Schriften der
brüder zuführe, künde gibt. Die ankündigung, auf einem octavblatte, lautet:
Reinhart Fuchs,
herausgegeben
von
den Brüdern Grimm.
Ostern 1818 erscheint in der Realschulbuchhandlung zu Berlin der erste
Band dieses längst angekündigten AVerks, welcher, ausser einer historischen Einleitung
in die gesammten Quellen, enthalten wird:
I ) Das altdeutsche Gedicht des Glichsener aus dem 13ten .Jahrhundert, nach der
Heidelberger und Coloczer Handschrift.
2) Altdeutsche Beispiele (Fabeln) aus diesem Thierkreis, sämmtlich im 13 teil Jahr-
hundert gedichtet, nach Wiener und Heidelberger Handschriften.
3) Ein noch völlig und selbst allen Literaturen bisher unbekanntes lateinisches Ge-
dicht: Beinardus et Isangrinus, aus dem 12 ten Jahrhundert in elegischem Vers-
maass, aus einer Pergamenthandschrift des 14ten Jahrhunderts.
Der zweite Band wird sodann umfassen:
1) Den vollständigen Auszug der altfranzösischen Gedichte aus dem Ende des 12 ten
und Anfang des 13 ten Jahrhunderts.
2) Das altflandrische Gedicht des 14ten Jahrhunderts, berichtigt und mit einer noch
ungedruckten wichtigen Ergänzung aus der dazu gütig verstatteten Handschrift
des Königl. Niederländischen Ober -Archivars Herrn van "Wijn.
3) Vielleicht auch einen benöthigten Abdruck des plattdeutschen Gedichts aus dem
löten Jahrhundert.
4) Die umständliche Untersuchung der Thierfabel, mit besonderer Hinsicht auf ihr
volksmässiges Element.
Subscribenten erhalten das Alphabet für 1 Thlr. 12 Gr. Der erste Band wird
auf anderthalb Alphabete berechnet. Nachher erhöht sich der Preis beträchtlich.
Sammler erhalten überdies noch auf 8 Exemplare eins frei.
6. Ein Berliner „Eingesandt" von Jacob Grimm.
Unter dem Stichwort „ Eingesandt L findet sich in der Zeitungshalle vom
1. december 1846 nr. 52 folgende bemerkung, und zwar mit lateinischen lettern
inmitten deutscher schritt, widergegeben:
„Im Thiergarten steht längs dem neuen Canal auf Brettern die kauderwelsche
Warnung angeschrieben: Niemand solle die „Dossirung und Banquette" betreten.
Ob das wohl die Leute verstehen, für welche die Warnung dient, und ob wohl die
Leiter des Baues kein ehrliches Deutsch verstehen, um ein Brett aufzustellen, auf
dem gesagt ist, dass man den Rücken und die Seite des angelegten Rasens nicht be-
treten dürfe? Ueber vieles grämt man sich, nur nicht über schlechtes Deutsch."
Ich glaube, dass man, einmal darauf hingewiesen, die spräche Jacob Grimms
nicht verkennen wird. Als äussere beglaubiguug dient, dass der Zeitungsausschnitt
sich im Grimmschen nachlasse fand, und dass er von Jacob eigenhändig mit nummer
und datum der zeitung versehen ist.
7. Zu Jacob Grimms erklärung über Wilhelm Müller.
An Jacob Grimm's Verurteilung von Wilhelm Müller's System der altdeutschen
religion 1844 (5, 336) knüpfte sich eine neue fehde gegen Adolf Friedrich Heinrich
ZU DEN KLEINKREN SCHRIFTEN DER BHÜDER GRIMM 557
Schaumanu, damals professor und bibliothekar in Göttingen, an, der Müllers buch in
den Gott. gel. anzeigen, gegen Jacob Grimm's mythologie, herausgestrichen hatte.
1885 hat Frensdorf in seiner abhandlung über Jacob Grimm in Göttingen , durch eine
biief stelle Kraut's an Grimm veranlasst, auf die zwischen Grimm und Schaumann
1845 in der Leipziger Allgemeinen deutschen zeitung gewechselten erklärungen hin-
gewiesen, und Ippel im Grimm -Dahlmann-Gervinus'schen brief Wechsel (2, 518) hat
davon notiz genommen. In die Sammlung der Kleineren schritten aber ist Jacob
Grimm's erklärung nicht eingesetzt worden, weil es schliesslich sein ausgesprochener
wünsch war, dass die sache ruhe und liegen bleibe.
Im Grimmschen nachlasse hat sich jetzt das ganze material über die augelegen-
heit zusammen gefunden, darunter auch JacoVs eigenhändige Urschrift zu der „ Auf-
klärung über Adolf Friedrich Heinrich Schaumann, professor in Göttingen". Das blatt
hat auch, wie bleistiftzüge verraten, Wilhelm vor dem abdruck vorgelegen. Der ab-
druck selber aber (in der beilage zur Augsburger allgemeinen zeitung nr. 128 s. 1021)
weicht so schädlich für einzelne worte und sätze von der Urschrift ab, dass nichts
übrig bleibt als die annähme, es sei von ungeübter hand eine, zugleich in die ge-
wöhnliche deutsche schrift umgesetzte, abschrift angefertigt und in der redaction be-
nutzt worden. Wem einmal daran liegen sollte, den reinen Wortlaut der erklärung
zu besitzen, müsste ihn den Grimmschränken entnehmen.
Diese „erklärung" enthält nun aber, in der Urschrift wie im abdruck, zwei
correcturen zu der voraufgegangenen erklärung au „Wilhelm Müller und die Göttinger
anzeigen" (Kl. sehr. 7, 600), auf die etwas ankommt. Jacob Grimm sagt nach dem
gedruckten Wortlaut, er würde zu Müller's eigenhändig und augenscheinlich auf den
grund seiner deutschen mythologie geschriebenen buche, ohne seine und Schaumann's
Göttinger recension, geschwiegen haben; früher, vor acht monaten, hätte Müller, als
sein gefühl noch unverdorben war, dies verfahren für ungeziemend gehalten. Die
worte „eigenhändig" und „unverdorben" sind aber an ihrer stelle falsch gedruckt. Jacob
Grimm merkt in der erklärung gegen Schaumann an: „In meiner erklärung an ihn
(Müller) vom 4. april sind die druckfehler eigenhändig in eingeständig und unverdorben
in unverdorbner zu berichtigen." Namentlich die letztere Verbesserung mindert sehr
merklich den ton der erklärung gegen Müller. Jacob Grimm's Kleinere Schriften
7, 600 sind hiernach also abzuändern.
8. Wilhelm Grimm über Franz Horns „Schöne litteratur Deutschlands".
In den Neuen Heidelberger Jahrbüchern 1902 stelle ich eine anzahl Urkunden
zusammen . die sich auf die die deutsche litteratur betreffenden recensionen der Heidel-
berger Jahrbücher beziehen. Planvoll und durch glückliche funde vermehrt, könnte
so das material für eine geschichtliche betrachtung der verschiedenen, in den Jahr-
büchern damals sich abspiegelnden Strömungen der deutschen litteratur erbracht worden.
Es ergibt sich schon jetzt für mich mancherlei, was sich früher nicht wissen Hess.
So hat ein Fn z. b. ziemlich philiströs Kleist's Käthchen recensiert ■ (H. v. Kleist's
Berliner kämpfe s. 451); jetzt ist der urkundliche beweis da, dass dieser Fn der da-
mals in Berlin lebende Franz Hörn war. Er hat noch mancherlei anderes recensiert.
Er bat auch Wilken, den damaligen redacteur dieses teils der Jahrbücher, für eine
anzeige seiner eiguen bücher zu sorgen, und Wilken übertrug Horns „Schöne litteratur"
Wilhelm Grimm.
Grimms recension wurde im juui 1812 fertig. Am 13. schickte er sie auf fünf
octavblättern quer geschrieben an Arnim: „Ich mögte Dein Urtheil hören, ob Dir die
558 STEIG
Recension nicht zu hart und wirklich gerecht vorkommt; weil der Gegenstand von
einem gewissen allgemeinen Interesse ist, mögte ich nirgend einen bösen Schein haben.
Schreib mir auch, wo Dir meine Ansicht nicht gefällt und wo sie Dir nicht so fremd
ist, dass Du etwas hinzufügen mögtest, so lass Dich nicht abhalten." Arnims autwort
besagt sachlich nicht viel mehr (13. juli 1812) als: die recension habe er mit ver-
gnügen gelesen und in das buch gekuckt, worauf er ein paar worte zugefügt habe.
Die recension erschien in den Heidelberger Jahrbüchern 1812 s. 913 und ist in Wilhelms
Kleineren Schriften 1, 266 abgedruckt. Hinrichs bemerkt schon nachträglich im Vor-
wort des ersten bandes (s. VII), dass nach ausweis des im Grimmschen nachlasse auf-
gefundenen original blattes der Schlussabsatz der ganzen recension von Arnim herrühre.
Dies hat seine richtigkeit. Weil auf dem letzten manuscriptblatte Arnims band war,
hat Wilhelm Grimm offenbar dieses blatt für den druck neu abgeschrieben, es selbst
aber in Arnims brief eingelegt und mit demselben aufbewahrt.
Durch diesen umstand ist uns nun aber auch alles das erhalten, was überhaupt
von der recension auf den beiden seiten dieses blattes stand, dass heisst im ganzen
drei Seiten des urdrucks und des neudrucks, beginnend mit „wenn (s. 200) bei" auf
der vorletzten zeile von Kl. sehr. 1,285. Es versteht sich für uns, dass wir mit der
handschrift die druckgestalt prüfen; wobei jedoch zu bemerken ist, dass Wilhelm
Grimm beim abschreibenden herstellen der druckvorlage ändern konnte und geändert
hat. Unter diesem vorbehält treten dennoch unzweifelhafte fehler der druckgestalt
hervor.
Beidemal lesen wir (s. 1007 u. s. 287) von einer „ zerfetzenden kritik"; Wilhelms
handschrift hat den schlichten ausdruck „ zersetzende kritik ". Gleich darauf darf es,
mit der handschrift imd nach dem Zusammenhang, nur „Freudelosigkeit" heissen,
nicht „Freudelosigkeit". Auf s. 1008 und s. 288 steht im druck der sinnentstellte
satz: „die erste Pflicht wird dann sein, jedes Bestehende, jede Bestrebung anerkennend
und der Freude und dem Genuss wieder empfänglich zu machen-; die handschrift
lehrt, dass es heissen muss: „uns der Freude .... empfänglich zu machen". Die
zahl „Hundert" auf der achtletzten zeile des ganzen ist klein zu schreiben. Dagegen
glaube ich an einer anderen stelle (s. 1007 und s. 287) die spur fremden eingreifens
aufweisen zu können. In der handschrift heisst es: „Herr Hörn sagt von Wallenstein,
unstreitig eins von den herrlichsten und kräftigsten Werken Schillers, das am sichersten
auf der Erde steht, es sey „ein Analogon der Poesie". Man muss „unstreitig eins
.... steht" sich in klammern geschlossen denken, um diese art scheinbarer eon-
structionslosigkeit der apposition richtig zu begreifen, eine ausdrucksweise, die bei
Grimm und bei Arnim und ihren freunden so regelmässig eintritt, dass jede andere
art auffällig sein müsste. Beide druckgestalten haben aber „von Wallenstein, un-
streitig einem von den herrlichsten und kräftigsten Werken Schillers etc." Schleppen-
der könnte man sich kaum ausdrücken. Ich nehme hier lieber den wolgemeinten,
aber übelgeratenen eingriff des Heidelberger druckcorrectors an. Die Heidelberger
redactoren haben auch sonst eingesendete manuscripte eigenmächtig abgeändert, für
eine Schlegel - recension Arnims erbringt die publication in den Neuen Heidelberger
Jahrbüchern den beweis.
Aber noch etwas anderes bemerken wir. Wilhelm Grimms recension schloss
ursprünglich (s. 1008 und s. 288) hinter dem worte „vereinigen" mit dem sätzchen:
„Nur der darf vernichten wollen, der die Kraft in sich fühlt, göttlicher wieder-
zuschaffen". Dieses sätzchen liess Grimm fort, als er die druckvorlage zurecht
schrieb, und schob nun zwischen das seinige und die jetzt folgenden zusätze Arnims
ZU DES KLEINEREN SCHEUTEN DER BRÜDER GRIMM 559
die neutrale Übergangswendung: „Unsere Betrachtungen über dies Buch schliessen wir
mit folgender". Man braucht in Grimms sinne nur die worte unsere und folgender
zu betonen, um zu empfinden, wie hier wahrheitsgemäss, wenn auch nicht für jeder-
mann handgreiflich, das eigne von dem zugekommenen geschieden werden soll. Die
freunde, wenn dies Arnim las, verstanden sich. Andererseits wider hat Wilhelm
Grimm nicht alles von Arnim an- und aufgenommen. Arnim schloss so: „Wir wün-
schen H. Hörn dieses Glück, dass er einen Dichter oder sich selbst als Dichter so
lieben lerne, dass er nicht über ihn oder über sich schreiben möge, oder über ihn
oder über sich allein, und indem er die andern vergisst, so wird er die Masse leicht-
sinniger Urtheile, die deutsche Gesellschaften so langweilig machen, nicht zu ver-
mehren sich bemühen, ungeachtet wir ihm schliesslich das Zeugniss geben müssen,
dass er unter der ausserordentlichen Zahl der Säkularkritiker weit über Jenisch im
Obelisk steht und dass wir eben keines andern uns erinnern, der seine Sache besser
gemacht hätte. Das Publikum verlangt solche Bücher — vox populi, vox dei — ."
Wilhelm Grimm hat aber schon hinter „sich bemühen" ein punkt gesetzt und alles
weitere fortgelassen. Das war ihm des gutmütigen denn doch zu viel — auch ein
kleiner meinungsuuterschied zwischen Arnim und Wilhelm Grimm.
9. Zu Bürgers ehestandsgeschichte.
Öfters ist das ein- und zufügen Arnims in bezug auf Wilhelm Grimmsche auf-
sätze von uns beachtet worden. Aber auch der umgekehrte fall lässt sich nachweisen
und telegen.
1812 war zwischen Arnim und den brüdern Grimm natürlich von dem auf-
sehen erregenden buche über Bürgers ehestandsgeschichte die rede, um so mehr, als
Elise Bürger kurz zuvor in Berlin gewesen war und zur zeit des erscheinens in
Cassel ihre Vorstellungen gab. Arnim schrieb eine recension und schickte sie am
22. october 1812 an Wilhelm Grimm: „schreibt etwas hinzu, wenn es Euch gefällt,
das Buch ist zu merkwürdig, um ungenutzt in der Fluth zu versinken, missfällt Euch
etwas in meinen äusserungen, so änderts, nachher sendet es wohin Ihr wollt, am
liebsten nach Heidelberg ". Und Wilhelm Grimm antwortete schon am 29. october
1812: „Die Recension über Bürger, die mir gerade so recht ist, geht heut nach
Heidelberg ab, ich habe nur drei Worte eingerückt, die Du vielleicht nicht findest,
und die sich auf das gar zu zimperliche Verdammungsurtheil beziehen, das Foucpie
über das ganze in den Erholungen aus Erfurt, wo er und Eranz Hörn besonders sein
Nest hat, ausgesprochen etc." Es hat darnach gar keine Schwierigkeit, die Arnimsche
recension in den Heidelberger Jahrbüchern noch 1812, s. 1199 und 2000, ganz zuletzt
im Jahrgang, aufzuweisen. Sie hat weder im texte noch im register irgend eine
Unterfertigung, und ich wüsste nicht, dass man dieses stück bereits für Arnim je
hätte in ansprach nehmen können. Jeden zweifei übrigens vernichtet die im Grimm-
schen nachlass verbliebene originalschrift Arnims. Die anzeige macht den glücklichen
versuch, das gute in dem buche zu retten und aus der niedrigen Sphäre heraus-
zuheben, in die es durch das übrige hinabgezogen wird.
Da das Schriftstück keine einfügung von Wilhelm Grimms band enthält, so
muss dieser eine abschritt gemacht und nach Heidelberg geschickt haben. Dadurch
sind wir in die läge versetzt , wider die druckgestalt mit der urgestalt in vergleichung
zu bringen.
Die zufügung. zu der sich Wilhelm Grimm bekennt, ist gleich im ersten satze.
der lautet: „Es gibt Bücher, die leicht von einem Mißverständnisse oder von einer
560 KAUM MANN. CITHAROEDUS
einzelnen schlimmen Seite so verdunkelt werden , dass ihr besseres "Wesen den meisten
unentdeckt bleibt, oder sie gar deshalb ganz verdammt werden." Das gesperrt
gedruckte ist eben Grimms zusatz; auf Fouque waren beide brüder überhaupt nicht
gut zu sprechen. Im übrigen aber hat Wilhelm Grimm sich doch noch in scribendo
mancherlei stilistische änderungen gestattet, obwol einzelnes auch auf drucker und
corrector in Heidelberg fallen mag: s. 1199 z. 12 vor „das" ein „auch" gestrichen.
Z. 25 „als manches hochgelobte ist; wir wünschen", Arnim schrieb „als manches
hochgelobte; ja wir wünschen". Z. 29 wie der Wunsch mancher anderer, dass
schöne Gegenden ihr Eigenthum wären; Arnim: wie der Wunsch mancher anderer,
dass ihnen schöne Gegenden gehören möchten; der grund für Grimms änderung war
ersichtlich der, dass gleich darauf ein zweiter nebensatz auf „möchten" ausgeht.
Z. 31 und 35 „Werke" und „Werk", wofür Arnim beidemal „Worte" und „Wort" hat:
ein tausendfacher schreib- und d ruckfehler. Z. 32 heyrathen; Arnim: gern heirathen.
Z. 38 ein wildes Geschick; Arnim: ein mildes Geschick. S. 2200 z. 2 Bürgers Werken;
Arnim: Schriften. Z. 5 seiner nachherigen Frau; Arnim: seiner künftigen Frau. Z. 10
bey dem vielen Scandalosen, das; Arnim: bei dem vielen Scandal, der. Z. 25 seine
Klagen über sie; Arnim: die Klagen über seine Frau. Z. 35 freylich; Arnim: doch.
Z. 43 Es sollten sich .... die Schuldigen schämen, aber die Unschuldigen nicht
schamroth gemacht werden; Arnim: Es sollten sich .... die Schuldigen schämen,
aber die Unschuld sollte nicht schamroth gemacht werden". Das letztere am Schlüsse
durchaus wirksamer, als die änderung im drucke; denn „die schuldigen" geht natür-
lich auf Elise Bürger, die „Unschuld" aber ist allgemein gesagt von demjenigen teil
des publikums, der anrecht darauf habe, mit derartigen dingen verschont zu werden.
BERLIN -FRIEDENAU. REINHOLD STEIG.
Citharoedus.
Die von Kögel (Literaturgesch. I, 1, 130) vertretene auffassung der von Cassiodor
(Variae ed. Mommsen p. 70fgg.) geführten correspondenz Theoderichs über einen von
Chlodwig gewünschten citharoedus habe ich im Literaturbl. 1895 , 42 fgg. beanstandet
und zurückgewiesen. Trotzdem ist in der neuen aufläge von Kögel's Althoch- und
altniederdeutscher literatur, die W. Brückner besorgt hat, der irrtum verschärft worden
(Pauls Grdr. 2'-, 54 im widersprach zu Sievers - Streitberg ebenda s. 2). Der citharoedus
sei ein harfenspieler gewesen und ein sänger, der lieder Vortrag. „Obwol er nun
von einem Germanen einem andern Germanen gesendet wird, und obwol es als ganz
sicher angesehen werden darf, dass von den gef olgschaften beider nur ganz wenige
lateinkundig waren, so will man dennoch diesen citharoedus für einen lateiner halten.
Ich gestehe, dass es mir völlig an Verständnis für diese meinung fehlt. Vielmehr halte
ich den künstler für einen gotischen scoj), dessen epische kunstweise dem Franken-
könig etwas neues und darum begehrtes war."
Dem gegenüber constatiere ich, dass der inhalt der correspondenz sich mit
dieser privatmeinung nicht verträgt. Theoderich (d. h. Cassiodor) schreibt nämlich zu-
nächst an Boethius als an seinen sachverständigen: Cum rex Francorum con-
vivii nostri fama pellectus a nobis citharoedum magnis preeibus expetisset, sola ratione
complendum esse promisimus quod te eruditionis musicae peritum esse novera-
mus. adiacet enim vobis doctum eligere qui diseiplinam ipsam in arduo collo-
catam potuistis attingere . . .
SPRENGER, ZU V. D. HAGENS GESAMTABENTKUER 561
Es folgen jene denkwürdigen ausführuogen über griechische musik, die von
den Musikhistorikern hinlänglich gewürdigt worden sind1. Danach bandelte sichs für
männer wie Cassiodor und Boethius um einbürgerung der theoreme der Griechen im
abendland. „Stammhalter des Griechentums war vor allem der hof von Ravenna
unter Theoderich d. gr., der brief des Boethius2 über die musik, den dieser im auftrag
Theoderichs an den Frankenkönig Chlodwig schrieb, bezeugt die Verbreitung griechi-
scher musikalischer anschauungen nach dem Frankenreiche " (0. Fleischer, Neunten -
studien 2, 58).
Cassiodor lässt denn auch keinen zweifei darüber offen, was von dem citharoedus
gefordert werde. Er schliesst sein schreiben an Boethius mit den worten: citharoedum
quem a nobis diximus postulatum, sapientia vestra eligat praesenti tempore meliorem,
facturus aliquid Orphei, cum dulci sono gentilium fera corda domuerit.
Chlodwig wünschte einen virtuosen tonkünstler griechischer schule, darauf ver-
stand sich Boethius jedesfalls vortrefflich. Der auftrag einen gotischen scop auszu-
wählen, würde ihn vermutlich in peinliche Verlegenheit versetzt haben.
1) Vgl. z. b. 0. Paul, Boetius und die griechische harmonik, s. XLVI1I fgg.
2) 1. Cassiodor.
KIEL. FR. KAUFFMANN.
Zu v. d. Hagens (Jesamtabeiiteuer.
I, 263, 76 fgg. (fraueu treue).
diu vrouwe truog üf irem houbet
har, gespunnen golt gelich,
dar ob gebende zwinzerlich.
\icinxcrlich wird bei Lexer III, 1217 = xinxerlich (III, 1130) niedlich zärt-
lich? erklärt, wobei auf Schmeller- Frommann, Bayer, wb. II, 1141 verwiesen wird.
Wahrscheinlicher ist der Zusammenhang mit x winzig, klein bei A. a St. Clara: „Bleiben
bifsweilen zwey zwinzige Büscherle Haar under der Nasen"; s. Schm.-Fr. II, 1180.
Statt xivinxerlieh bietet eine ander hs. fraxerlich, das im Mhd. wb. und bei Lexer
nicht erklärt wird. Ich vermute entstellung aus franxelich, mit fransen besetzt. Vgl.
fransig, fransicht in M. Heynes deutschem wb. I, 964.
II, 306, 315 fg. (Jacob Appets Ritter untemi zuber).
Nie was gesezzen neben in
ein hüsbach brötbekkerin.
hüsbach, das in der einen hs. fehlt, wird vom herausgeber durch kliioge er-
setzt und ist wol deshalb im Mhd. wb. und bei Lexer nicht aufgenommen. Das wort
ist aber richtig gebildet; vgl. das nhd. Zwieback, hüsbachbröt ist unser „hausbacken
brof, das im gegensatz zu dem feineren „ bäckerbrof so bezeichnet wird, obgleich
es ebenfalls beim bäcker gebacken wird (s. Danneil, "Wb. der altmärk. plattdeutschen
mundart, s. 87fg.). Im mhd. heisst es gewöhnlich hüsbröt, s. Lexer I, 1401.
I, 498 ich heixe sine kaxxe müs.
Über diese stelle habe ich schon in Bezzenbergers Beiträgen III, s. 85 gehandelt
und Lambel, Erzählungen und schwanke, 2. aufl., s. 345 hat meine erklärung ange-
nommen. Ich will noch bemerken, dass die redensart zu den spiich wörtlichen gehört,
die ja in dem gedrehte (Frauenzucht von Sibot) häufig sind. Noch heute sagt man in
5G2 SPRENGER, DER DIEBSEINGER
Ostfriesland: „de kan sin hatte wol ./jus' heten" (J. ten Doornkaat-Koolman, Ostfries.
wb. II, s. 187). Zu v. 430 (Lambel 436): „ja", sprach si, „ Hcnncnberk ! '" verweise
ich noch auf Grimms Gramm. III, 307, ein citat, das ich unter deu von Lambel zu
v. 108 gegebenen vermisse.
11,21 (Das häselein) v. 145 fgg.
Da lag er sanfte, äne vluoch,
nider üf daz hungertuocb.
Und betvvang in kündecliche ir wer,
diu betwuugen hat vil manic her
Unde alle künige twinget;
Der herausgeber hat hungertuoch Dicht erklärt. Ein wol zu demselben gedichte
gehöriges frgm. (22, 246) aus Myllers Sammlung deutscher ged. ist citiert im Mhd.
wb. III, 132 und bei Lexer I, 1387: er lac sanfte äne fktoeh nider üf daz hunger-
tuoch (zu der schönen magd). Wilh. Müller meint, dass hungertuoch, womit sonst
der Vorhang bezeichnet wird, der in den fasten vor den altar und die altarbilder ge-
zogen wird, hier tropisch den erdboden bezeichne. Wie dieser zu der bezeichnung
kommen sollte, scheint auch Lexer nicht eingesehen zu haben, der den ausdruck
nicht erklärt. Da der altarvorbang auch vortuoeh, rürtuoclt genannt wird, und damit
zugleich ein weibliches gewandstück (noch jetzt in Bayern fäertuech = schürze; siehe
Sehm.- Fr., Bayer, wb. I, 746) bezeichnet wird, so scheint ein leicht erkennbares Wort-
spiel vorzuliegen.
NORTH EIM. R. SPRENGER.
Der diebsflnger.
im Kcdentiner osterspiel sagt Lucifer zum Tabernator, v. 1493 (Schröder):
Du haddest ok enes deves du reu
Bavene henget an (= nhd. in.) d" tunne.
Der herausgeber bemerkt dazu mit Verweisung auf das Deutsche wb. 2, 1094 :
„Nach dem Volksglauben sollen in dem einem am galgen hängenden diebe abge-
schnittenen daumen wunderkräfte liegen; wirtsleute im besitze eines diebsdaumens
glaubten dadurch gaste herbeizuziehen, ja sie steckten ihn in wein oder bier, um die
käufer dadurch herbeizulocken." Wuttke, Deutscher volksaberglaube §188 weiss nur
im allgemeinen zu berichten, dass der besitz eines diebsfingers glück bringe. Heine
berichtet in seineu Memoiren (werke in 12 bden., Hamburg 18S4, bd. 5, s. 247) von
der witwe eines Scharfrichters: „Ihre besten künden waren bierwirte, denen sie die
totenfinger verkaufte, die sie noch aus der Verlassenschaft ihres mannes zu besitzen
vorgab. Das sind finger eines gehängten diebes und sie dienen dazu, das bier im
fasse wolschmeckend zu machen und zu vermehren. Wenn man nämlich den finger
eines gehenkten, zumal eines unschuldig gehenkten, an einem bindfaden befestigt im
fasse hinabhängen lässt, so wird das bior dadurch nicht bloss wolschmeckender, sondern
man kann aus besagtem fasse doppelt, ja vierfach soviel zapfen, wie aus einem ge-
wöhnlichen fasse von gleicher grosse." Als leitendes motiv dient dieser aberglaube
in Theodor Storms novelle „Im brauhause" (sämtl. werke, bd. 4, s. 297 fgg.), die des-
halb auch zuerst unter dem titel „Der finger" erschien.
NORTHEIM. R. SPRENGER.
BERICHTIGUNGEN — NEUE ERSCHEINUNGEN 563
BERICHTIGUNGEN.
S. 371 z. 8 lies: Aldriän statt Aldriän.
S. 372 z. 2 v. u. lies: freies statt r e i e s und osttürkisch üi statt ost-
türkisch ii.
S. 396 z. 5 lies: Ä. Englert statt J. Englert.
S. 475 ist § 154 anm. 1 folgendermassen zu ändern: Einmal findet sich ein vers,
in dem zwei Wörter den schluss bilden: gestr at gest hasbinn Hqv 312. Das adjectiv
und die vorausgehende adverbiale bestimmung gehören jedoch eng zusammen.
S.491 z. 12 lies: 64:121 statt 6*: 120.
S.496 z.23 streiche: 142 b.
S. 500 z. 2 lies: 12 2 : 142b statt 12 2 : 180.
NEUE ERSCHEINUNGEN.
Cuttiug, St. Willard, The modern german relatives 'das' and -was'. [Sonderabdruck
aus: The decennial publications of the University of Chicago. VII.] 21 s. 4°.
Eberliii. — Lücke, Wilh.. Die entstehung der '15 hundesgenossen' des Johann
Eberlin von Günzburg. Hallische dissert. 1902. X, 102 s.
Festschrift des germanistischen Vereins in Breslau herausgegeben zur feier seines
25jährigen bestehens. Leipzig. Teubner 1902. VIII, 225 s. und eine noten-
beilage. 8 m.
Inhalt: E. Arens, Das balladenjahr der A. v. Droste- Hülshoff. Nebst einer
verschollenen quelle zu ihren gedichten. — P. Drechsler, Der alten weiber
philosophey; ein beitrag zur deutschen Volkskunde aus dem 16. jahrh. — J. Wahn er,
Die wilde jagd in Schlesien. I. — H. Jantzen, G. A. Dethardings Übersetzungen
Holbergscher Lustspiele. — K. Schaube, Der gebrauch von Hansa in den Urkunden
des mittelalters. — O. Warnatsch, Die sage vom Wunderer und der Saligen
in ihrer litterarischen gestaltung. — W. Vogt, Ortnits waffen: fragen und Unter-
suchungen zur text- und sagengeschichte des Eckenliedes. — Fr. Brie, Eulen-
spiegel und Hans Sachs. — H. Speck, Zu A. v. Arnims Päpstin Johanna. —
K. Gusinde, Aus der Sterzinger sammelhaudschrift.
Das Germanische uatioualmuiseum von 1852 bis 1902. Festschrift zur feier seines
50jährigen bestehens im auftrage des directoriums verfasst von dr. Theodor
Hampe. Druck von J. J. Weber in Leipzig. (IV), 150 s. 4° u. 24 taff.
Gloth, Walther, Das spiel von den sieben färben. [A. u. d. t. : Teutonia. Arbeiten
zur german. philologie hrg. von W. Uhl. I.] Königsberg i. Pr., Gräfe & Unzer
1902. ZH, 92 s. 2 m.
Goethe. — Morris. Max. Goethe -Studien. 2. veränderte aufläge. Berlin, Conrad
Skopnik 1902. 2 bde. VIII, 340; IV, 298 s. 6 m.
Kiseh, Alex., Versuch einer neuen erklärung der in der Alkuiuhandschrift (nr. 795)
der k. k. hofbibliothek in Wien enthaltenen gotischen fragmente. (Progr. des
Staats - ober -gymn. in Prag -Neustadt.) Prag 1902. (II), 16 s.
Kleist, Heiur. v., Michael Kohlhaas. Krit. ausgäbe mit erläuteruugen von Eugen
Wolff. Minden, J. C. C. Bruns o. j. 150 s. 1,30 m.
Klimke, Carl, Das volkstümliche Paradiesspiel und seine mittelalterlichen grundlagen.
[German. abhandlungen . . hrg. von Fr. Vogt. XIX.] Breslau, M. & H. Marcus
1902. VIII, 96 s. 3 m.
564 NAOHHICHTEN
Langbein. — Jess, Hartwig, A. F. E. Langbein und seine verserzähluugen. Berlin,
A. Duncker 1902. [A. u. d. 1: Forschungen zur neueren lit.gesch. hrg. von Franz
Muncker. XXL] VIH, 181 s. 5 m.
Lenau. — Klenze, Camillo von, The treatment of nature in the works of Nie.
Lenau. [Sonderabdruck aus: The decennial publications of the University of
Chicago. VII.] 83 s. 4°.
Lichtenberg. — G. Chr. Lichtenbergs Aphorismen. Nach den handschriften big. von
Alb. Leitzmann. Erstes heft: 1764 — 1771. Berlin, B. Behr 1902. X,276s. 6 m.
Lotzer, Sebastian. — Seb. Lotzers Schriften brg. von Alfred Goetze. Leipzig,
Teubner 1902. VI, 86 s. 3 m.
Opitz, Martin, Teutsohe poemata. Abdruck der ausgäbe von 1624 mit den Varianten
der einzeldrucke und der späteren ausgaben, brg. von G. Witkowski. [A. u. d. t. :
Neudrucke deutscher litt, werke des 16. und 17. jhs. nr. 189 — 192.] Halle a. S.,
Niemeyer 1902. XLVI, 248 s. 2,40 m.
Reuter, Fritz. — Müller, Carl Friedr., Zur spräche Fr. Beuters. Ein beitrag
zur keuntnis der mecklenburgischen mundart. Leipzig, Max Hesse 1902. 50 s.
0,80 m.
Der mecklenburger volksmund in Fr. Reuters Schriften. Leipzig, Max Hesse
o. j. XII, 132 s. 1,80 m.
Strengleikar. — Meissner, Rud., Die Strengleikar, ein beitrag zur geschichte der
altnordischen prosalitteratur. Halle, Niemeyer 1902. IV, 320 s. 8 m.
{Mörekssaga. — Bertelsen, Henrik, Om Didrik af Berns sagas oprindelige skikkelse,
omarbejdelse og händskrifter. Kobenhavn, Chr. F. R0mer 1902. VIII, 195 s.
4 kr. [Kopenh. dissertation.]
Uliland. — Moestue, Wilh., Uhlands nordische Studien. Berlin, "Wilh. Süsserott.
68 s. [Tübinger dissert.]
Vogt, Walther, Die wortwiderbolung, ein stilmittel im Ortnit und "Wolfdietrieb A
und in den mbd. spielmannsepen Orendel, Oswald und Salman und Morolf.
[A. u. cl. t.: Germanist, abhandlungen . . . hrg. von Fr. Vogt. XX.] Breslau,
Marcus 1902. VIII, 86 s. 3 m.
NACHRICHTEN.
Der ausserordentl. professor dr. Theodor Siebs in Greifswald wurde als
Ordinarius an die Universität Breslau berufen; an seiner stelle liest in Greifswald
interimistisch professor dr. J. Stoscb aus Kiel.
Aus anlass der erbebung der academie Münster zur Universität wurden der
ausserordentl. professor dr. Franz Jostes zum Ordinarius und der privatdocent pro-
fessor dr. Julius Schwering zum extraordinarius befördert.
Am 16. September verschied zu München Konrad von Maurer (geb. 29. april
1823 zu Frankenthal).
I. SACHREGISTER
565
I. SACHREGISTER.
ablaut s. 408 fgg.
alemanisch: eine alem. fronleichnamspre-
digt, lautstand s. 50 fg., heimat der pre-
digt s. 52 fgg., s. 55, Verfasser und alter
s. 55, text s. 55 fgg.
Arnim s. 550 fgg.
Aurpach: Odae Anacreonticae vgl. Engerd.
auslautgesetze : abfall ungedeckter kürzen
a. e, i s. 114fgg., ob unbetontes e in
letzter silbe > * s. 114fg.. in mittel-
silben e > * s. 115, zeitliche fixierung
des abfalls von * s. 115 fg. , *", e, a m
endsilben drei- und mehrsilbiger wörter
s. 116, Schwund in ebensolchen silben
vor s s. llöfg., vor n und m s. 117fg.,
ausfall in mittlerer silbe s. 118, quali-
tative Veränderungen unbetonter vokale
s. 118 fgg.. Verkürzung von langdiph-
thongen s. 118fg., Verwandlung der kon-
sonanten im auslaut s. 1.1 9 fgg., Chrono-
logie der auslautgesetze s. 121. behand-
lung auslautender urgerm. kürzen im
nordischen s. 121 fgg. , im westgerma-
nischen s. 124 fgg.
Baldr: quellen des Baldrmythus s. 524fgg.,
religionsgeschichtliche Stellung s. 525 fgg.
Benecke : brief e an Moritz Haupt s. 401 fgg.
Berthold von Regensburg: hss. des Rusti-
canus de Dominicis s. 127 fgg.
brechuug im gotischen: /-umlaut urger-
manisch durch h und r nicht gehindert
s. 46 fg. , bisherige anschauung über a-
umlaut s. 47 fg., er -um laut nicht urger-
manisch s. 48, die brechung zu ai vor
// und r ist älter als der got. Übergang
des urgerm. e zu * s. 48 fgg.
Bürger, G. A. : vgl. Grimm.
Citharoedus: der bei Cassiodor erwähnte
c. war kein germanischer scop s. 560 fg.
Clermouter runenkästchen s. 127.
diebsfinger s. 566 fg.
Engerd: Übersetzung der Odae Anacreon-
ticae des Aurpach s. 375 fgg., eine ver-
loren gegangene Teutsche Prosodia des
Engerds s. 376 fg. , die verschiedenen
metrischen formen der deutschen öden
Engerds s. 377 fgg., metrische erklärungen
Engerds s. 383, reinheit des metrums
s. 384, Wortverlängerung und wortver-
kürzung s. 384 fg., Verstösse gegen den
prosaischen accent s. 386 fgg., Verhältnis
zu Opitz s. 388, reim s. 389 fg., proben
s. 391 fgg.
Fischart: Flöhhaz s. 132 fg.
Fruchtbringende gesellschaft s. 81 fg.
Goethe: spräche s. 112 fgg.
gotisch: vgl. brechung; vgl. religionsge-
schichte.
Gottesfreund: arbeitsweise Merswins s.
235 fg., quellen der Neun felsen des
Merswin s. 236 fgg., handschriften und
drucke des kürzeren textes der Neun
felsen s. 236 fgg., lesarten dieser texte
s. 242 fgg., text des auszuges Cgm 843
s. 256 fgg., hss. der Neun felsen des
Merswin s. 258 fgg., Merswins autograph
s. 267 fgg., der kürzere text ursprüng-
licher als der Merswins s. 269 fgg., Mers-
wins Zusätze zu seiner quelle s. 278 fgg.,
Vorgeschichte der Neun felsen s. 285 fgg.,
der tractat Von dreierlei geistlichem
sterben, eine parallele zu den Neun
felsen s. 287 fgg.
Grimm. Wilhelm: die anzeige von Oehlen-
schlägers Palnatoke im Pantheon ist nicht
von Grimm s. 550 fgg., Oehlenschläger-
sche gedichte durch Grimm übersetzt
s. 551, Grimms anfrage über spiele im
Gothaischen Reichsanzeiger s. 552 fg..
Majers Mythologisches Wörterbuch s.
553. anfrage wegen nachkommen Tall-
manns und "Wagners s. 553 fg., Rein-
hard Fuchs s. 554 fgg., schlechtes deutsch
einer Berliner Warnungstafel s. 556, Wil-
helm Müllers System der altdeutschen
religion und A. Fr. H. Schaumann s.
556 fg., Franz Hörn s. 557 fgg., Bürgers
ehestandsgeschichte s. 559 fg.
Gudrun : die Nibelungenstropheu s. 425 fgg.,
sind ursprünglich s. 443. beruhen auf
späterer entstellung der ursprünglichen
regelrechten Gudrunstrophen s. 444 fg.,
448, reim der Nibelungenstrophen s.
444fg., Wortschatz s. 446 fg., lautliche
besonderheit s. 447 fg., die änderung
rührt nicht von einem bearbeiter her
und ist nicht absichtlich erfolgt s. 448 fgg.
Hätzlerin : Liederbuch der Klara H. s. 97 fgg.
Haupt vgl. Benecke.
heldensage vgl. Waltharius.
Hertz, AVilheim: lebensgeschichtes.396fg.,
bedeutung s. 397 fg. , Verzeichnis der
Schriften s. 399 fgg.
Hock, Theobald: s. 413, zweisilbigkeit der
Senkungen s. 414 fg., starkes enjambe-
ment macht ein gedieht nicht für den
gesang ungeeignet s. 416 fg., quelle für
cap. 91 ist Andreas Althamers Commen-
tarii Germaniae s. 418 fgg.
Immermann: Kaiser Friedrich der zweite
s.411.
Jacobsbrüder vgl. Kunz Kistener.
Kinderlieder aus Bern s. 110 fgg.
566
I. SACHREGISTER
Kunz Kistener, Die Jacobsbrüder : S. Jacob
patron der aussätzigen s. 75, quellen der
diclitung s. 75 fgg.
lehnwörter im deutschen s. 72 fg.
Lippillorium: mittelniederdeutsche Über-
setzung s. lfgg., hss. s. 1 anm., ver-
gleichung der latein. texte mit der Über-
setzung s. 2 fgg., lücken der hs. M s. 6
und 8, Übereinstimmung von B und M
s.6.
ljoÖahättr: rhythmik des lj. s. 162 fgg.,
454fgg., I. langzeilen: A-verse ohne
nebenhebungen undohne silbenverschlei-
fung im ersten halbvers s. 164fgg.,
überschüssige silben bei solchen versen
s. 169 fg., die gleichen verse mit ver-
schleifung s. 169 fgg., die gleichen verse
mit zweisilbiger binnensenkung s. 171 fg.,
A-verse mit nebenhebung im ersten
fuss s. 172 fg., im zweiten s. 173 fg., er-
weiterte A-verse s. 174 fg., A-verse mit
auftakt s. 176 fgg., B- verse mit ein-
silbigem eingang und ohne verschleifuug
s. 178 fg., mit verschleifuug s. 179 fg.,
B - verse mit mehrsilbigem eingangs. 180,
C- verse mit einsilbigem eingangs. 180fgg.,
mit mehrsilbigem eingang s. 182 fgg., D-
verse s. 184 fgg., B-verse s. 186 fg., F-
verse s. 187 fgg., G- verse s. 193, schwell-
verse s. 194fgg., A-verse im zweiten
halbverse s. 199 fgg., dgl. mit auftakt
s. 201 fg., B-verse mit einsilbiger ein-
gangssenkung s. 202 fgg., dgl. mit zwei-
silbiger s. 207 fgg., mit mehrsilbiger s.
214fg., C- verse mit einsilbigem eingang
s. 215fgg., mit zweisilbigem s. 218 fgg.,
mit mehrsilbigem s. 222 fgg., D- verse s.
223fg., E-verse s. 225, F-verse s. 225fg.,
G- verse s. 227, schwellverse s. 227 fg.,
verstümmelte verse s. 231, Statistik der
verstypen in der langzeile s. 232 fgg.
II. voll z eile: A-verse s. 454 fgg., B-
verse s. 456 fgg., typus AB mit 3. hebung
auf langer silbe s. 456 fg., mit ver-
schleif ung der 3. hebung s. 460 fgg., typus
BB mit 3. hebung auf langer silbe s.
465 fgg., mit verschleifuug der 3. hebung
s. 467 fgg., typus CB s. 471 fgg., DB s.
474 fg., C-verse s. 475fgg., D-verse s.
483, E-verse s. 483 fg., zweihebige verse
s. 485 fgg., vier- und mehrhebige verse
s. 488fg., Statistik der verstypen der
vollzeile s. 490, register s. 490 fgg.
li'jbwasser s. 417.
Melissus s. 416.
Merswin vgl. Gottesfreund,
metrik, germ. gesetze ursprünglich nicht
metriscb s. 97, vgl. Engerd, vgl. Hock,
vgl. ljödahättr.
Nibelungenlied, Verhältnis der hss. s.31 lfgg.,
s. 363 fg., s. 530fgg., A enthält ursprüng-
lichere lesarten als die anderen hss.
s. 312 fgg., die bei A fehlenden Strophen
s. 323fgg., A steht dem archetypus auch
in hinsieht der metrik näher als andere
hss. s. 329 fgg-, in hinsieht des Sprach-
gebrauchs S. 325 fgg., änn'S BiQf](J.iva
s. 364, hss.-gruppe Db* s. 530 fg., C*
s. 531, B* s. 531 fg., hs. A s. 531 fg.,
gruppe Id* s. 533 fg., C* über Id* aas
B* s. 534 fgg., Stammbaum der hss. s.536.
widerherstellung des archetypus s.536 fg.,
hs. B dem original am nächsten s. 537,
die Strophen 1—21 s. 537 fgg., die plus-
strophen von B* s. 539, von Id*
s. 539 fgg.
niederdeutsch vgl. syntax.
Nikolaus von Strassburg: lesarten der
Florianer hs. s. 14 fgg., s. 21 fgg., der
Heidelberger s. 37 fgg., beschreibung der
Flor. hs. s. 14, dialekt s. 14, alter s. 14,
älter als die Heidelb. hs. s. 14 fg., ver-
gleichung der lesarten von A und C
s. 15 fgg., die Flor. hs. bietet den besten
text s. 21.
Opitz vgl. Engerd.
Opus imperfectum s. 523.
predigten: vgl. Berthold, eine predigt aus
dem I2.jhd. s. 129 fg., aus dem 13. jbd.
s. 130fg., s. 421.
rätsei s. 89 fgg.
religionsgeschichte : tendenz der Texte und
Untersuchungen zur allgem. religions-
geschichte s. 515 fgg, 524 fgg., kirch-
liche Verhältnisse zur zeit des Wulfila
s. 517 fgg. , Auxentiusbrief s. 518 fgg.,
religiöse gedanken des Wulfila s. 523 fg.
Sachs, Hans, s. 417 fg.
soldatenstück: ein soldatenstück aus der
zeit des 7 jähr, krieges s. 83.
studentenlieder s. 100 fgg.
syntax im niederdeutschen: das verbum
tun wird infolge des eigenen geringen
bedeutungsinhaltes gebraucht, um voran-
gehende andere verben aufzunehmen
s. 505 fg., tun gleich Vorhandensein s.
507 fgg., parallele erscheinung im mittel-
niederländischen s. 509 fg., dede in irre-
alen bedingungssätzen ohne conjunetion
und ohne negationspartikel s. 510 fgg.,
einfügung der conjunktion und der nega-
tionspartikel s. 513 fgg.
Tacitus: Verhältnis der hss. und drucke
der Germania s. 405 fg., baritus oder
barditus s. 406, tendenz der Germania
s. 406, titel s. 407.
Tieck: Genoveva s. 108 fg.
Volkslied s. 105 fg.
II. VERZEICHNIS D. BESPROCHENEN STELLEN
567
Waltharius : die namen der gegner des
Walth. sind von Ekkehard frei erfunden
s. 365 fgg., Henrich s. 370, die Hunnen-
königin Ospirin s. 370 fg.. Hagathie s 371,
Attila türkisch gleich 'reiter' oder 'pferde-
juDge' s. 371 fg., Helene s. 372, Wasgen-
stein s. 372 fg., namen der Wielandsage
s. 374.
Weinhold, Karl: lebenslauf s. 138 fgg.. W.
als dichter s. 139 fg. , germanistische
Studien s. 140 fgg. die ersten arbeiten s.
142 fg., professur in Breslau s. 143 fgg.,
in Krakau s. 145, ..Deutsche flauen im
md." s. 145 fg., professur in Graz, wei-
tere arbeiten s. 146 fgg., dialektforschung
s. 151 fg. , professur in Kiel s. 154 fgg.,
literarhistorische arbeiten s. 155 fg.,
professur in Berlin s. 158 fgg., volks-
und alteitumsforschung, Zeitschrift des
Vereins für Volkskunde s. 158fgg. . tod
s. 161.
Wielandsage vgl. "Waltharius.
Wolfram: quellen des Willehalm s.542fgg.,
Vollendung des gedichtes s. 548 fg.
Wulfila vgl. religionsgesehichte.
II. VERZEICHNIS DER BESPROCHENEN STELLEN.
Cassiodor, Variae p. 70fgg. :
Gudrun :
Gudrun
s. 560 fg.
str. 336 s.438.
str. 1672 s. 443.
Eddalieder (und andere alt-
.. 346 s.438.
„ 1692 s. 443.
nord. gedichte): siehe das
„ 390 s. 438.
v. d. Hagen Gesamtabenteuer
versregister s. 490 fgg.
„ 416 s.439.
I 263, 76 fgg. s. 565.
Fischart: Flöhhaz v. 1341 i
„ 417 s.439.
I 498 s. 566.
bis
1350 s. 132fg.
„ 450 s. 439.
II 21, 145 fgg. s. 566.
Gudrun:
„ 480 s.439.
II 306, 315 fee. s. 566.
str.
11
11
6 s. 425 fg.
14u.l5 s. 427 fg.
21 s. 428 fg.
28 s.452.
., 502 s. 439.
.. 541 s.439.
.. 546 s.439.
„ 556 s. 439.
Hock.
13
14
19
21
Schönes Blumen fehl
13 s.414.
45 s. 414.
36 s. 416.
39 s. 414.
H
30 s. 429 fg.
„ 671 s.439 fg.
58 s. 430 fg.
„ 773 s.440.
91
48 s.414.
18 s. 414.
9 s. 41 5 fg.
7 s.414.
17 s.414.
21 s.414.
49 fgg. s.414.
10 s.414.
85 s.414.
60 — 69 s. 431 fg.
73 s.433.
77 s.433.
„ 786 s.440.
„ 800 s.440.
„ 819 s. 440fg.
_ 1
23
38
39
49
59
75
85
91
H
11
n
82 s.433.
83 s. 433.
86 s. 433.
101 U.102 s.433 fg.
107u.l08 s. 435.
110 s. 451.
„ 882 s.441.
„ 1004 s.441.
„.1041 s.441.
„ 1042 s.441.
„ 1079 s. 442.
., 1126 s. 442.
114 s. 435.
„ 1143 s.452.
Hovam
£:
n
126u.l27 s.435.
„ 1204 s.442.
str.
100 s. 133 fg.
•H
142 s.435 fg.
„ 1210 s. 442.
K. Kistener, Jacobsbrüder:
n
150 u. 151 s. 436.
., 1219 s.442.
V.
29 fgg. s.79.
11
154 u. 155 s. 436.
„ 1235 s.442.
n
101 s.79.
1)
160 s. 436.
„ 1242 s.442.
205 s.79.
n
184 s. 436.
„ 1287 s.442.
n
296 s. 79.
n
191 s.437.
„ 1359 s.442.
D
307 s. 79.
n
213u.214 s.437.
„ 1405 s.442.
V
467 s. 79.
n
217 s.437.
„ 1408 s. 442.
•n
473 s. 79.
•n
233u.234 s.437.
„ 1418 s. 442.
n
675 u. 676 s.80.
n
249 s. 437.
„ 1444 s.442.
n
726 s. 80.
n
258 s. 437.
„ 1452 s. 442.
837 s.80 fg.
ii
268 s.437.
„ 1470 s.442 fg.
V
947 s.81.
n
270 s. 437.
„ 1473 s. 443.
n
971 u. 972 s.81.
n
274 s.437 fg.
, 1475 s.443.
n
1066 s. 81.
n
281 s. 438.
„ 1501 s.443.
n
1083 s.81.
w
287 s.438.
„ 1578 s. 452.
n
1195 s.81.
1)
304 s. 438.
„ 1621 s.443.
n
1205 s.81.
568
in. WORTREGISTER
Lippiflorium:
Nibelungenlied :
Nibelungenlied :
v. 143 s.3.
442abc s. 328.
1393, 3 s. 321.
.. 186 s. 3.
540 ab s. 325.
1401,1 s. 317.
.. 239 s. 4.
582a s. 327.
1433, 1-3 s. 315.
.. 301 s. 4.
5S9a s. 327 fg.
1448,1 s. 317.
.. 483 fg. s.9fgg.
593, 3 u. 4 s.3 22 fg.
1497,3 s. 317.
., 489 s. 5.
656, 3 s. 320.
1531, 4 s. 322.
.. 559 s. 5.
680, 4 s. 312fg.
1539, 4 s. 322.
„ 061 s. 5.
698,3 s. 317.
1553,1 s. 315.
„ 703 s. 9.
1014,4 s. 320 fg.
1641,4 s.321.
„ 716 s. 9.
1020, 4 s. 316.
1678 s.3 13 fg.
., . 71 fg. s. 6 anm.
1111,1 s. 316.
1094,2 s. 315.
„ 849 s. 7.
1146,1 s. 314.
1725, 4 s. 313.
.. 049 s.8.
1148,4 s. 316 fg.
1965,4 s.321.
„ 963 fgg. s.S.
1151,3 s. 317.
1988,3 s. 315.
„ 967 s.S.
1152,1 s. 314.
1994,3u.4 s.3 15 fg.
„ 1021 s.8.
1159,3 s. 318.
2201, 3 s. 316.
Nibelungenlied:
1160. 1 s. 321.
2229, 3 s. 321.
312, 2 s. 320.
1290,2 s. 321 fg.
Zeno:
338 ab s. 325.
1303.4 s. 314 fg.
519 s. 511 fg.
1233 s. 512.
348, 5-20 s. 326.
1304,1 s. 314.
383abc s. 326.
1309 s. 31S.
Veronika :
26,11 s. 512.
385 a s. 326 fg.
417 a s. 328.
1342, 3 u.4 s. 317.
1382, 3 s. 317.
III.
WORTREGISTER.
Alemannia
h.
Gotisch.
behugde, behüglic
aeii
Attila s.
371 fg.
s. 54 fg.
beneimt s. 53.
Mittelhochdeutsch .
glichsarni s. 53 fg.
hungert!
loch s. 566.
"verwertsalet, unvei
•wei
tsalet
hüsbach
s. 566.
s. 52 fg.
zwinzerlich s. 565.
Buchdruckerei des Waisenhauses in Halle a. S.
BINLHtw. ÖECI. MAY a 1974
PF Zeitschrift für deutsche
3003 Philologie
Z35
ßd.34
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